Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht: unter Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen der Steuerpflichtigen [1 ed.] 9783428513727, 9783428113729

Karin Beck untersucht in ihrer hochaktuellen Arbeit die gesetzliche Neuordnung der Besteuerung von Beteiligungen an körp

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German Pages 266 Year 2004

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Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht: unter Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen der Steuerpflichtigen [1 ed.]
 9783428513727, 9783428113729

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Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 80

Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommenund Körperschaftsteuerrecht unter Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen der Steuerpflichtigen Von

Karin E. M. Beck

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

KARIN E. M. BECK

Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht unter Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen der Steuerpflichtigen

Schriften zum Steuer recht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 80

Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommenund Körperschaftsteuerrecht unter Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen der Steuerpflichtigen

Von

Karin E. M. Beck

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 703 Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-11372-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Geschwistern im Andenken an unsere Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2003 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung wurden einige Aktualisierungen vorgenommen. Mein herzlicher Dank gilt zu allererst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Karl-Georg Loritz. Er hat die Arbeit in einer Art und Weise betreut, wie man es jedem Doktoranden nur wünschen möchte. So war er jederzeit für Fragen und Probleme da und steuerte zahlreiche Anregungen zu der Arbeit bei. Besonders hervorzuheben ist die ungemein schnelle Korrektur des Manuskripts und die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Weiterhin danke ich meinem Zweitkorrektor, Herrn Prof. Dr. Lutz Michalski, für die ebenfalls sehr zügige Erstellung seines Gutachtens und Herrn Prof. Dr. Gerhard Dannecker für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsausschuß. Besonderer Dank gebührt Herrn Notarassessor Sebastian Apfelbaum, der die mühsame Arbeit des ersten Korrekturlesens übernommen hat und damit zum zügigen Ende meiner Arbeit wesentlich beitrug. Herzlichen Dank möchte ich auch meinem früheren Deutschlehrer Herrn Wolfgang Webersinke sagen, der die Schlußkorrektur übernommen hat. Dr. Miguel Azpitarte, PD Dr. Dietmar Börner, Klaus Dumser, Joachim Englisch, Dr. Christian Fischer, Dr. Robert Käß, Dr. Steffen Kautz, Yasemin Körtek, Dr. Hèctor Lopez-Boffil, Dr. Georgios Matsos, Christoph Müller, Bianca Pfeuffer, Dr. Stephan Plötscher LLM und Dr. René Wiederkehr danke ich für ihre fachliche und menschliche Unterstützung. Herrn Martin Cordes von der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg bin ich zu großem Dank verpflichtet, weil er mich stets auf dem neuesten Stand der Gesetzgebungstätigkeit hielt. Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Kollegen Bernd Ramming, dem ich maßgeblich meine Assistentenstelle verdanke, die mir große Freude bereitet hat. Meinen Kolleginnen am Lehrstuhl Frau Silke Käß-Goller und Frau Dr. Sabine Hauck danke ich für die fachliche und menschliche Unterstützung, die mich immer bestärkt hat. Danken will ich auch unserer Sekretärin Frau Gerlinde Kambach und den studentischen Hilfskräften Herrn Michael Lamsa und Herr Michael Rudolf, die mir bei organisatorischen und technischen Schwierigkeiten stets zur Seite standen.

8

Vorwort

Den Lehrstuhlvertretern Herrn Prof. Dr. Lothar Michael, PD Dr. Wolfgang Weiß, Prof. Dr. Christian Waldhoff danke ich für die stets erfreuliche Zusammenarbeit. Vielen Dank sage ich dem Personal der RW-Bibliothek, insbesondere Frau Gabriele Zapf und Herrn Ulrich Böhm, die mich immer umfassend versorgten. Frau Herta Wolf und Herrn Gerhard Schlegel danke ich recht herzlich für Ihre Arbeit im Dekanat, die mir einen reibungslosen Verlauf des Promotionsverfahrens gewährte. Nicht zuletzt gilt mein Dank meinen Geschwistern und dem Rest unserer Familie für ihre stetige Unterstützung. Meinen Geschwistern und dem Andenken an unsere Eltern ist dieses Buch gewidmet. Karin E. M. Beck

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

Teil 1 Besteuerung der Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

26

A. Einkommensteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

1. Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

2. Aufwendungen, Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

3. Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

4. Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

II. Besteuerung bei natürlichen Personen und Personengesellschaften . . . . . . . . . . .

28

1. Besteuerung nach Einkunftsarten – Einkünftedualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

a) Einkünfte aus einer Überschußeinkunftsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

b) Einkünfte aus einer Gewinneinkunftsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

2. Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

I. Klassisches System: Doppelbelastung (KStG 1920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

1. System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

a) Verstoß gegen die Neutralität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

b) Schaffung von Interessengegensätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

c) Behinderung breiter Bevölkerungsschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

d) Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

e) Benachteiligung von Inländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

3. Zusammenfassung und Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

10

Inhaltsverzeichnis II. Anrechnungsverfahren (KStG 1977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

1. Reformauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

2. Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

3. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

4. Zusammenfassung und Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

III. Halbeinkünfteverfahren (KStG 1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

1. Gründe für den Systemwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

a) Schwächen des Anrechnungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

aa) Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

bb) Mißbrauchsanfälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

cc) Fehlende Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

dd) Tarif / Diskriminierung thesaurierter Gewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

ee) Europarechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

b) Anforderungen des Gesetzgebers an die Strukturreform der Unternehmensbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

aa) Koalitionsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

bb) Zukunftsprogramm „Deutschland erneuern“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

cc) Begründung des Gesetzesentwurfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

2. Gesetzliche Konzeption des Halbeinkünfteverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

b) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

aa) Vereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

bb) Geringe Mißbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

cc) Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

dd) Förderung der Innenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

ee) Europarechtskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

ff) Schonung des Steueraufkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

3. Konsequenz für die ausschüttende Gesellschaft, § 23 Abs. 1 KStG . . . . . . . . .

46

4. Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbelastung, § 3 Nr. 40 EStG . . . . . . .

47

a) Systematische Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

b) Besteuerung laufender Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

aa) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. d EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

bb) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. e EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

cc) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. f EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

dd) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. g EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

ee) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. h EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

Inhaltsverzeichnis

11

ff) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

gg) Konsequenz für den Sparerfreibetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

c) Behandlung von Veräußerungsgewinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

aa) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

bb) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

cc) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. c EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

dd) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. j EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

d) Rechtssystematische Begründung der Erfassung unterschiedlicher Erträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

e) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

5. Zusammenfassung und Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

I. Begriff und Rechtsnatur von steuerlichen Abzugsbeschränkungen . . . . . . . . . . . .

60

1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

2. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

II. Entstehungsgeschichte der bisherigen Abzugsbeschränkung des § 3 c EStG . .

62

1. Ausfüllung einer Gesetzeslücke durch Richterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

a) Nicht steuerbare Einnahmen; steuerfreie Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

b) Steuerfreie Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

aa) Vermeidung eines doppelten steuerlichen Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

2. § 3 c EStG als Ausdruck eines „Fundamentalprinzips“ des EStG . . . . . . . . . . .

65

a) Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

b) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

aa) Merkmal soweit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

bb) Steuerfreie Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

cc) Unmittelbarer Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

c) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

III. Einführung des § 3 c Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

1. Beratungen zur Steuerreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

2. Intention des Gesetzgebers: „Negativseite“ zu § 3 Nr. 40 EStG . . . . . . . . . . . .

70

3. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

12

Inhaltsverzeichnis 4. Zweifelsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Wirtschaftlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

b) Ausgabenüberhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

c) Zeitlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

5. Steuersystematische Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

a) Vereinbarkeit mit der gesetzlichen Grundentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

aa) Auffassung des BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

bb) Auffassung der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

b) Keine Abstimmung mit speziellen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

c) Kein Abzugsverbot bei Pauschbeträgen, Freibeträgen und Freigrenzen

76

6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

D. Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . .

77

I. Einfluß des Verfassungsrechts auf das Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

1. Staatsorganisationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

a) Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

b) Anforderungen des Art. 20 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

2. Grundrechtskatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

a) Freiheitsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

aa) Berufsfreiheit, Art. 12 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

bb) Eigentumsgarantie, Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

(1) Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

(a) Einschränkende Begriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

(b) Übermaßverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

(c) Halbteilungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

(2) Praxis, BFH und Halbteilungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

(3) Halbteilungsgrundsatz in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

(a) Lehre von der Eigentümerfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

(b) Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

(c) Subsidiaritätsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

(d) Privatnützigkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

(4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

(5) Bezugspunkt – Halbteilungsgrundsatz und Verluste . . . . . . . . . . . .

97

cc) Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

Inhaltsverzeichnis

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b) Gleichheitsgrundrecht, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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aa) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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bb) Gleichbehandlung der Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Synthetischer Einkunftsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Forderung aus dem Gleichheitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 cc) Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (1) Neutralitätserfordernis der Wirtschaftswissenschaften . . . . . . . . . 105 (2) Rechtsformneutralität als Verfassungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (3) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (a) BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (b) BFH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 dd) Leistungsfähigkeit (ability to pay principle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (1) Subjektives Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (2) Objektive Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (a) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (aa) BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (bb) BFH, Finanzgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Fundamentalprinzip der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Axiom zur wirksamen Machtausübung . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Vermittelnd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111 111 112 113

(c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Rechtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Verfassungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113 114 114 116

ee) Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (1) Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (2) Grundlage in der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (3) Teilhabegemeinschaft als Risikogemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (4) Argumentation der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (a) BFH und Finanzgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (bb) § 2 Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (b) BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (5) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (6) Politik der Ausgleichs- und Abzugsbeschränkungen . . . . . . . . . . . 121

14

Inhaltsverzeichnis ff) Verfassungsgebot Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (1) Differenzierung von Lang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (2) Bindung des Gesetzgebers an die Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . 129 (a) Ansicht des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (b) Literatur zur Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (3) Konsequenzgebot und technische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (a) Konsequenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (b) Folgerichtigkeit in der technischen Umsetzung . . . . . . . . . . . . 133 gg) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Verfassungsmäßigkeit von § 3 c Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Freiheitsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Erdrosselnde Wirkung; Halbteilungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Differenzierungsziel: Einmalbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Gleichbehandlung der Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (1) Subjektive Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (2) Objektives Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 dd) Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (1) Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (2) Vorbelastungscharakter der KSt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Sonstige Differenzierungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Gemeinwohlüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Aufkommensschonende Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 cc) Gestaltungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Vermeidung eines wirtschaftlichen Zusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Einheitlicher Betriebsmittelkredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Finanzierung auf Gesellschaftsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 3. Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Inhaltsverzeichnis

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IV. Einfluß auf die verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Rechtsprechung des BFH zur Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG . . 145 3. Leerlaufen von Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4. Effektiver Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 V. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Einfluß des Europarechts auf das innerstaatliche Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Ziel des Europarechts: Gemeinsamer Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Zielerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 c) Rechtlicher Gehalt des Marktprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Primäres Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Steuervorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 aa) Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (1) Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (a) Formelle / Offene Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (b) Materielle / Versteckte / Verschleierte Diskriminierung . . . . . 154 (c) Feststellung der Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Beschränkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (3) Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (4) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (a) Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (b) Sonstige anerkannte Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . 163 (c) Schaffung steuerlicher Wettbewerbsgleichheit . . . . . . . . . . . . . 163 (d) Vermeidung von Steuervorteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (e) Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (f) Sonstige abgelehnte Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 bb) Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 cc) Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 dd) Verhältnis Art. 43 – Art. 58 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

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Inhaltsverzeichnis 3. Sekundäres Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Mutter-Tochter-Richtlinie (RiL 90 / 435 / EWG v. 23. 7. 1990) . . . . . . . . . . 169 b) Richtlinienvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Abzugsbeschränkungen und Verluste in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (1) Innerstaatlicher Verlustausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (2) Verlustrichtlinie zur Berücksichtigung ausländischer Verluste . . 170 4. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Gemeinschaftsrechtliche Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Allgemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Beschränkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Ausgangspunkt: Verstoß gegen nationales Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Baars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Verkooijen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Höchst / Metallgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

F. Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Teil 2 Besteuerung der Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

178

A. Körperschaftsteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuervorbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Rechtslage bis zum KStG 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Freistellungsmethode nach dem KStG 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Vermeidung der Mehrfachbelastung, § 8 b Abs. 1 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Bisherige Regelung des § 8 b KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Inhaltsverzeichnis

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b) Systemwechsel: Neufassung von § 8 b KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Sachliche Rechtfertigung der Steuerbefreiung für Inlandsbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Systematische Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Behandlung von Veräußerungsgewinnen, § 8 b Abs. 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) § 8 b Abs. 2 KStG a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Rechtfertigungsgründe des Gesetzgebers für die Steuerbefreiung . . . . . . . 181 C. Abzugsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 I. § 3 c EStG und frühere Schachtelprivilegien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. § 9 KStG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. DBA – Besonderheit der Vorbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Freistellung von Dividendeneinkünften oder Dividendeneinnahmen . . . . 186 b) Höhe des Abzugsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Unbeschränkter Abzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 bb) Teleologische Reduktion von § 3 c EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 cc) Vermittelnde Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Verstoß gegen die gesetzliche Grundwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Technischer Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. „Ästhetischer“ Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Verfassungsmäßigkeit der Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Freiheitsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Gleichbehandlung der Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Anwendbarkeit des Leistungsfähigkeitsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 d) Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2 Beck

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Inhaltsverzeichnis IV. Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Zweifelsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 aa) Abzugsfähigkeit von Finanzierungskosten einer Organbeteiligung 195 (1) Ablehnende Stellungnahmen / „Formeller Ansatz“ . . . . . . . . . . . . . 195 (a) Gewinnabführung „steuerfreie Einnahme“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (b) Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . 196 (c) Billigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (2) Bejahende Ansichten / „Materieller Ansatz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (a) Gewinnabführung nicht steuerfrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (b) Unmittelbarer Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (c) Sonstige Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 bb) Vororganschaftliche Geschäftsvorfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 cc) Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 dd) Gesetzesvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. „Ballooning“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Gewinnthesaurierung mit anschließender Ausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Gewinnthesaurierung mit anschließendem Verkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 c) Gesetzesvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Verlagerung der Finanzierungsaufwendungen auf die Tochtergesellschaft . . 205 4. Zuordnung des Fremdkapitals zu Auslandsbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 5. Finanzierung inländischer Tochtergesellschaften durch Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 6. Vermeidung eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs . . . . . . . . 206 7. Mittelbare Beteiligungsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Finanzierung über inländische Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) Einbringung der Beteiligung in eine ausländische Zwischen-Holding . . . 208 8. Verschmelzung der Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 V. Einfluß auf verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 VI. Gescheiterte Korrektur im UntStFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Inhaltsverzeichnis

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VII. Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 VIII. Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Grenzüberschreitende Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Folgen einer verfassungskonformen Auslegung von § 3 c Abs. 1 EStG . . . . . 216 IX. Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG für Auslandsbeteiligungen . . . . . . . . . . . . 217 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 2. Einfluß der Mutter-Tochter-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3. Verhältnis DBA – Treaty Overriding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 a) Vorrang des DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 b) DBA nicht einschlägig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 c) Treaty Overriding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 5. Volkswirtschaftliche Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Diskriminierung von Inlandsbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG . . . . 222 2. Inländerdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Grenzüberschreitender Bezug erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Gegenauffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 3. Verstoß gegen Art. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 III. Diskriminierung von Auslandsbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 1. Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 IV. Generelle Kritik an der Pauschalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 VI. Gesetzesvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2*

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E. § 8 b Abs. 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Norminhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 II. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 F. Besteuerung bei zwischengeschalteter Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 I. Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Gesetzliche Regelung, § 8 b Abs. 6 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 2. Zweifelsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 § 3 c EStG (bis VZ 2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 § 3 c EStG (ab VZ 2001; geändert durch StSenkG v. 23. 10. 2000 BGBl. I, S. 1433) 235 § 3 c EStG (Abs. 2 S. 2 geändert durch UntStFG v. 20. 12. 2001 BGBl. I, S. 3858) 235 § 3 c EStG (Abs. 2 S. 3, 4 angefügt durch StBÄndG v. 23. 7. 2002 BGBl. I, S. 2715) 236 § 8 b KStG Beteiligung an ausländischen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 § 8 b KStG Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen . . . . 238 § 8 b KStG (Abs. 5 geändert durch UntStFG v. 20. 12. 2001 BGBl. I, S. 3858) . . . . . . 239

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Abkürzungsverzeichnis a.A. (A.A.) a.F. AÖR bzw. DStJG H/H/R i.d.F. i.d.R. i.e.S. i.S.d. i.V.m. JurA KÖSDI krit. KritV KStG m.E. m.w.N. RiL SteVAG-E StSenkG StVergAbG UntStFG usw. VVDStRL VZ z. B.

andere Ansicht alte Fassung Archiv des öffentlichen Rechts beziehungsweise Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Hermann / Heuer / Raupach, Kommentar zur Einkommen- und Körperschaftsteuer in der Fassung in der Regel im engeren Sinn im Sinne des / der in Verbindung mit Juristische Analysen Schriftenreihe des Kölner Steuerdialogs kritisch Kritische Vierteljahreszeitschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Körperschaftsteuergesetz meines Erachtens mit weiteren Nachweisen Richtlinie Steuervergünstigungsabbaugesetz-Referentenentwurf Steuersenkungsgesetz v. 23. 12. 2000 (BGBl. I S. 1433) Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 16. 5. 2003 (BGBl. I S. 660) Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz v. 19. 12. 2001 (BGBl. I S. 3922) und so weiter Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer Veranlagungszeitraum zum Beispiel

Soweit nicht sprachgebräuchliche Abkürzungen verwendet wurden, wird verwiesen auf – Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Aufl. 1993; – Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Stand September 2002), Abkürzungsverzeichnis (AbkVerz).

Einführung Unter einem Körperschaftsteuersystem versteht man das technische System, das den Integrationsgrad zwischen der Besteuerung der Gesellschaft und des Gesellschafters festlegt. Mit dem Steuersenkungsgesetz (StSenkG)1 wurde in Deutschland zum zweiten Mal ein grundlegender Systemwechsel vollzogen. Diese Steuerreform wurde sowohl von der Wirtschaft als auch von der Wissenschaft überwiegend positiv aufgenommen, da sie u. a. mit einer Senkung des Körperschaftsteuersatzes verbunden war. In der vorliegenden Arbeit geht es nicht um die grundsätzliche Zweckmäßigkeit des neuen Verfahrens, untersucht wird vielmehr die konkrete Ausgestaltung im Hinblick auf die Behandlung von Steuerpflichtigen nach dem EStG (Teil 1) und nach dem KStG (Teil 2). Im Wahlkampf 2002 war diesbezüglich häufig von „handwerklichen Fehlern“ die Rede, i.d.R. ohne die wirklichen Problempunkte anzusprechen. Im Hinblick auf die Behandlung der Erwerbsaufwendungen, die bei den Steuerpflichtigen entstehen, wird sich einmal mehr zeigen, daß Ausgaben bzw. als steuerliches Ergebnis Verluste die „Stiefkinder des Steuerrechts“2 sind. Das StSenkG hat mit §§ 3 c Abs. 1, 2 EStG, 8 b Abs. 5 KStG drei völlig verschiedene Abzugsverbote etabliert.3 Bei Beteiligung einer natürlichen Person gilt das Halbabzugsverbot des § 3 c Abs. 2 EStG, bei Beteiligung einer Körperschaft an einer inländischen Gesellschaft das Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 EStG und bei Beteiligung einer Körperschaft an einer ausländischen Gesellschaft die 5 %-Klausel des § 8 b Abs. 5 1 V. 23. 10. 2000 – BGBl. I, S. 1433; Das Gesetzgebungsverfahren zu diesem einschneidenden Gesetz verlief außergewöhnlich. Es wurde sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat in formeller und materieller Hinsicht sehr strittig debattiert. Bemerkenswert ist, daß der Bundesminister der Finanzen die Gesetzesvorlage in einem offenen Brief an alle mittelständischen Unternehmen vom 29. 3. 2000 als mittelstandsfreundlich verteidigte und daß 78 Wirtschaftswissenschaftler in einem Appell an den Vermittlungsausschuß in letzter Minute gegen die Abschaffung des Anrechnungsverfahrens intervenierten. Ungewöhnlich ist ferner, daß die Bundesregierung vor der Abstimmung über das Vermittlungsergebnis zu dem Gesetzentwurf im Bundesrat einigen Ländern finanzielle Zusagen erteilte („Stimmenkauf“). Erwähnung verdient auch, daß der Bundesrat bereits bei der Verabschiedung der Gesetzesvorlage in einem Entschließungsantrag Nachbesserungen des Gesetzes forderte, die dann mit dem Steuersenkungsergänzungsgesetz (StSenkErgG) realisiert wurden. Eine weitere Besonderheit liegt schießlich auch darin, daß das StSenkG zwei Jahre nach seiner Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt noch einmal geändert wurde, um finanzielle Mittel für die Bewältigung der Flutkatastrophe vom August 2002 zu erlangen, vgl. im einzelnen Beichelt, StuW 2002, S. 357 ff. 2 Ritter, FR 1978, S. 397 ff. mit Beispielen aus dem „Gruselkabinett der steuerlichen Verlustlehre“. 3 Herzig, DB 2003, S. 1462 spricht von einem „Irrgarten“.

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Einführung

EStG. Diese Vorschriften sind in ihren Auswirkungen auf das Finanzierungsverhalten von Anteilseignern und Unternehmen als willkürlich und gefährlich eingestuft worden. Es gehört aber zum Schicksal der Besteuerungspraxis, problembeladene Neuerungen zunächst lautstark zu beklagen, nach einiger Zeit resignierend hinzunehmen, in ihren nachteiligen Auswirkungen durch gezielte Sachverhaltsgestaltung abzumildern und schließlich als selbstverständliche Elemente des Steuerwesens zu betrachten.4 Diese Arbeit will einen Beitrag dazu leisten, die wissenschaftliche Diskussion am Leben zu erhalten, um diese negative Prognose nicht zur Realität werden zu lassen. Die Arbeit betrachtet zunächst allgemein den Systemwechsel, insbesondere die verfahrensmäßige Umsetzung [Teil 1 B. III. 4. e)]. Danach wird auf die Rechtsnatur und die historische Entwicklung von Abzugsbeschränkungen eingegangen. Ferner wird die Systemkongruenz von § 3 c Abs. 2 S. 1 1. Halbsatz EStG geprüft. Anschließend wird auf die Fragen der Verfassungsmäßigkeit eingegangen. Auch die aktuell diskutierten Schlagworte Halbteilungsgrundsatz, synthetischer Einkünftebegriff, Rechtsformneutralität, Leistungsfähigkeit, Nettoprinzip, Systemgerechtigkeit bedürfen einer näheren Erläuterung. Im Steuerrecht findet das Streben nach Vermeidung von Rechtsfolgen besondere Beachtung, der „Steuerspartrieb“ ist deshalb mehrfach als unerwünschte Quelle wirtschaftlich abzulehnender Gestaltungen kritisiert worden. Gerade Änderungen im Bereich der Unternehmensbesteuerung werden von der zeitgleichen Entwicklung von Ausweichmöglichkeiten begleitet. Bereits die unveröffentlichten Referentenentwürfe finden erstaunlich schnell den Weg zu den steuerlichen Beratern und werden berücksichtigt. Ein unüberlegtes Handeln der beteiligten Behörden hat deshalb faktisch oft fatale Wirkungen. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Reformbestrebungen in diesem Bereich deshalb häufig mit einer gewissen Panik verbunden. Dem Aspekt der Gestaltungsmöglichkeiten und deren Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung wird deshalb besondere Beachtung geschenkt. Schließlich wurde der Systemwechsel vor allem auch mit europarechtlichen Gesichtspunkten begründet. Es wird zu prüfen sein, ob die konkrete Ausgestaltung europarechtskonform ist. Im Teil 2 werden die systematischen, verfassungs- und europarechtlichen Überlegungen in bezug auf das KStG und die damit zusammenhängenden Abzugsbeschränkungen angestellt. Insgesamt ist Gegenstand der Prüfung, ob die Abschaffung des Anrechnungsverfahrens wegen drohender Europarechtswidrigkeit nicht durch ein neues Verfahren ersetzt wurde, dessen konkrete Ausgestaltung sichere Verfassungs- und Europarechtsverstöße mit sich bringt. Die Arbeit geht von der Rechtslage 2002 aus, wobei insbesondere Änderungen durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) v. 19. 12. 2001 4

Vgl. Schön, FR 2001, S. 381 f.

Einführung

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(BGBl. I S. 3922) und das Steuerberaterausbildungsänderungsgesetz (StBÄndG) v. 24. 4. 2002 (BGBl. I S. 2714) sowie das Flutopfersolidaritätsgesetz v. 19. 9. 2002 (BGBl. I S. 3651) berücksichtigt werden. Außerdem werden die Änderungsvorschläge im Referentenentwurf zu dem Steuervergünstigungsabbaugesetz (SteVAG-E) und im Regierungsentwurf vom 2. 12. 2002 (BT-Drucks. 15 / 119)5 berücksichtigt. Schließlich konnte auch die endgültige Gesetzesfassung des Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) v. 16. 5. 2003 (BGBl. I, S. 660)6 und das Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums zu § 8 b KStG v. 28. 4. 2003 (BStBl. I, S. 292)7 eingearbeitet werden. Neue Literatur und Rechtsprechung wurden bis einschließlich Juli 2003 berücksichtigt.

5 Ob das Gesetz tatsächlich in Kraft treten wird, war fraglich. Der Bundestag hatte am 21. 2. 2003 das Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) in der durch den Finanzausschuß des Bundestages geänderten Fassung angenommen. Der Finanzausschuß des Bundesrates hatte in der Sitzung vom 27. 2. 2003 mit den Stimmen der Länder von CDU / CSU dem Bundesrat die Ablehnung des Gesetzes empfohlen, diese erfolgte am 14. 3. 2003. Im Vermittlungsausschuß wurde – u. a. im Hinblick auf den Parlamentsvorbehalt bedenklich – in § 37 KStG ein dreijähriges Moratorium für das Körperschaftsteueranrechnungsguthaben neu eingefügt, vgl. Schwedhelm, BB 2003, S. 605 ff.; Streck / Binnewies, DB 2003, S. 1133 ff. Birk / Desens, DB 2003, S. 1644 ff. gehen von einem verfassungswidrigen Zwangskredit aus. Am 11. 4. 2003 wurde das Gesetz von Bundestag und Bundesrat angenommen. Neben der Beschlußempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz legte der Vermittlungsausschuss gleichzeitig eine Protokollerklärung vor, so daß mit weiteren Reformen zu rechnen ist. Am 4. 8. 2003 wurde ein erster „Gesetzentwurf zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ bekannt, auf den diese Arbeit nur mehr vereinzelt eingeht. 6 Zum StVergAbG vgl. Höreth / Schiegl / Zipfl, BB 2003, S. 983 ff.; Förster, DB 2003, S. 899 ff.; Melchior, DStR 2003, S. 709 ff.; Rödder / Schumacher, DStR 2003, S. 805 ff. 7 Dazu vgl. Dötsch / Pung, DB 2003, S. 1016 ff.; Eilers / Schmidt, GmbHR 2003, S. 613 ff.; Rödder / Schumacher, DStR 2003, S. 909 ff.; Füger / Rieger, FR 2003, S. 543 ff.

Teil 1

Besteuerung der Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen A. Einkommensteuerpflicht I. Begriffe1 1. Einnahmen

Eine Legaldefinition für Einnahmen im Bereich der Überschußeinkünfte enthält § 8 Abs. 1 EStG. Danach sind Einnahmen Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Überschußeinkunftsart zufließen. Daneben gibt es Betriebseinnahmen im Bereich der Gewinneinkünfte. Generell versteht man unter Einnahmen daher alle Vermögensmehrungen, die unter eine Einkunftsart gem. § 2 Abs. 1 EStG fallen.2 Beteiligungseinnahmen sind im folgenden Dividenden und andere Zuflüsse, die im Zusammenhang mit einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten bezogen werden. Auf die Problematik der erzielten Veräußerungsgewinne wird allerdings nur am Rande eingegangen.

2. Aufwendungen, Ausgaben

Erwerbsaufwand ist der Oberbegriff für Betriebsausgaben und Werbungskosten.3 Gem. § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG definiert Werbungskosten final als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Wegen Art. 3 Abs. 1 GG ist anerkannt, daß auch im Bereich der Überschußeinkünfte 1 Krit. zur Begrifflichkeit im Steuerrecht Tipke, StuW 1980, S. 1 ff.; Würdinger, StuW 1966, S. 673. 2 HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c Anm. 40; Schmidt / Heinicke § 3 c Rn. 11. Der Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes (http: / / www.uni-heidelberg.de / institute / fak2 / kirchhof / estg-entwurf.pdf (31. 1. 2002)) – im folgenden KE – stimmt damit überein. § 3 Abs. 2 S. 1 KE definiert Erwerbseinnahmen als Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch erwerbswirtschaftliches Handeln veranlaßt sind. 3 v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c EStG B 76.

A. Einkommensteuerpflicht

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das Veranlassungsprinzip Anwendung findet.4 Erwerbsaufwendungen können daher entsprechend § 8 Abs. 1 EStG als Ausgaben definiert werden, die in Geld oder Geldeswert bestehen und durch ihr Abfließen eine Vermögensminderung bewirken, wobei eine Veranlassung durch die Einnahmeerzielung bestehen muß.5 Auch § 11 Abs. 2 S. 1 EStG spricht von „Ausgaben“ und will damit sowohl Werbungskosten als auch Betriebsausgaben erfassen.6 Aus Sicht der Betriebswirtschaft erfaßt der steuerliche Begriff Aufwendung sowohl Ausgabe als auch Aufwand, d. h. jeden Wertabgang, also auch Abschreibungen. Zusätzlich erfordert der steuerliche Begriff eine Vermögensminderung um steuerlich erfolgswirksam zu sein.7 Der Begriff der Ausgaben in § 3 c Abs. 1 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH weit auszulegen und umfaßt jede gewinnmindernde Aufwendung einschließlich Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten, Abschreibungen8, Teilwertabschreibungen9, Gemeinkosten u. ä.10 Damit entspricht diese Definition der „Ausgabe“ dem der hier definierten Erwerbsaufwendung bzw. geht darüber hinaus. Zur Erzielung von Beteiligungseinnahmen werden häufig Finanzierungs- und Verwaltungsaufwendungen getätigt.

Drensek in Schmidt, § 9 Rn. 7 m.w.N. Drensek in Schmidt, § 9 Rn. 2 ff. 6 v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c EStG B 69. 7 Stapperfeld, FS f. Kruse, S. 550 ff. m.w.N. Aufwand wird in der betriebswirtschaftlichen Erfolgsrechnung (GuV-Rechnung) verwendet und bedeutet dort Wertverbrauch; Ausgabe ist ein Begriff der betriebswirtschaftlichen Finanzrechnung und bedeutet eine Minderung des Geldvermögens (Auszahlung betrifft nur den Zahlungsmittelbestand), Kosten wird in der internen Betriebsabrechnung (Kosten- und Leistungsrechnung) verwendet; die Begriffe finden aber auch im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung und werden dort nicht strikt getrennt, vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 861 ff. Ausgabe, Aufwendung und Kosten werden im Steuerrecht synonym gebraucht, vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 320. Entsprechend der hier gefundenen Definition definiert auch § 3 Abs. 2 S. 3 KE Erwerbsausgaben als Ausgaben in Geld oder Geldeswert, die durch erwerbswirtschaftliches Handeln veranlaßt sind. In § 5 KE werden dann die Begriffe Aufwendungen, Ausgabe und Zahlungen nebeneinander verwendet krit. dazu Tipke, StuW 2002, S. 157, 161 er hält Aufwendung für den Oberbegriff, nachdem auch der KE weiterhin eine GuV-Rechnung vorsieht. 8 Die Behandlung von Abschreibungen als Betriebsausgaben ist umstritten, zur Frage, ob ein Veranlassungszusammenhang erforderlich ist, vgl. Söhn, DStJG 3 (1980), S. 34 m.w.N. Neuere Ansätze fordern statt Abschreibungen den Sofortabzug der Investition zuzulassen, ggf. mit Vortragsmöglichkeit für den Unternehmer, vgl. Wagner, DStR 1997, S. 520 ff.; Elikker, StuW 2002, S. 231 f. Auch Tipke, StuW 2002, S. 165 hält dies für eine „effiziente Investitionsförderung“ mit „merklicher Vereinfachung“. 9 Die Teilwertabschreibung betrifft die bloße Wertminderung; es handelt sich um ein reines Bewertungsproblem. Daher erfolgt die Regelung auch in § 6 EStG. Sie gehört nicht zu den Ausgaben im Sinne von Erwerbsaufwendungen, vgl. RFH, RStBl. 1938, S. 67; BFH, BStBl. 1970, S. 107 (109). Zur Abgrenzung: Loritz, Einkommensteuerrecht, Rn. 545. Zur Neuregelung durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002: Glanegger in Schmidt, § 6 EStG Rn. 217. 10 Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 10 m.w.N. 4 5

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen 3. Einkünfte

Einkünfte sind nach § 2 Abs. 2 EStG der Gewinn und der Überschuß.11 D. h. von den Einnahmen sind bereits die Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen. Es handelt sich um eine saldierte Rechnungsgröße. Übersteigen die Erwerbsaufwendungen die Erwerbseinnahmen, so entstehen Verluste, also negative Einkünfte.12 Problematisch ist, daß die „Beteiligungseinkünfte“ nicht entsprechend dieser Definition besteuert werden.

4. Einkommen

Steuergegenstand ist das Einkommen. Gem. § 2 Abs. 4 EStG berechnet es sich als Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) vermindert um Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Soweit es um das Einkommen einer juristischen Person geht, wird teilweise auch von Gewinn / Ertrag gesprochen.13

II. Besteuerung bei natürlichen Personen und Personengesellschaften 1. Besteuerung nach Einkunftsarten – Einkünftedualismus

Das deutsche Einkommensteuerrecht besteuert nicht generell Einkünfte14, sondern unterscheidet in § 2 Abs. 1 EStG zwischen 7 Einkunftsarten.15 Beteiligungs11 Das Gesetz hält diese Trennung selbst nicht durch, vgl. § 23 Abs. 4 EStG. Der Gewinnbegriff ist nicht bestimmten Einkunftsarten vorbehalten. Nach Lang, Bemessungsgrundlage, S. 61 eignen sich ,Gewinn‘ und ,Verlust‘ als Oberbegriff für alle Einkunftsarten, weil sie den Wesensgehalt der positiven und negativen Nettoeinkünfte am aussagekräftigsten vermitteln. Zur fehlenden terminologischen Stringenz, vgl. auch Raupach in Münsteraner Symposion I, S. 29 m.w.N. 12 Kirchhof in Kirchhof / Söhn, § 2 A 59, A 61. Verluste werden im Gesetz nicht genannt, dies entspricht der aufkommensorientierten Betrachtung des Gesetzgebers, Verluste sind die „Stiefkinder des Steuerrechts“; Ritter, FR 1978, S. 397 ff., dort auch zur „tiefenpsychologischen“, historischen und systematischen Problematik der Verluste im Steuerrecht. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß Verluste innerhalb einer Einkunftsart (horizontal) und innerhalb der Einkunftsarten (vertikal) ausgeglichen werden können, vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 61 m.w.N. Ablehnend zur neueren Unterscheidung in „echte“ und „unechte / künstliche“ Verluste: Kohlhaas, BB 2002, S. 2527 ff. 13 Vgl. HHR / Hey, KSt, Einf. Anm. 4, die Finanzwissenschaft geht davon aus, nur natürliche Personen könnten Einnahmen erzielen. Eng verbunden mit dieser terminologischen Frage soll das Problem der Anwendbarkeit des Leistungsfähigkeitsprinzips auf juristische Personen sein, dazu Teil 2 C. III. 2. c) aa). 14 So aber der Vorschlag des Karlsruher Entwurfs § 2 KE lautet: „Abs 1: Der Einkommensteuer unterliegen die Einkünfte aus erwerbswirtschaftlichem Handeln. . . .“. 15 Zur Bedeutung der Einkunftsarten vgl. Raupach in Münsteraner Symposium I, S. 96 ff.

A. Einkommensteuerpflicht

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einnahmen können dabei von verschiedenen Einkunftsarten erfaßt werden. Wichtig ist die Unterscheidung vor allem im Hinblick auf die Einkunftsermittlung und die Behandlung von Veräußerungsvorgängen.16

a) Einkünfte aus einer Überschußeinkunftsart Bei den sog. Überschußeinkünften werden gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG die Einkünfte als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Beteiligungseinnahmen fallen beim typischen privaten Kapitalanleger unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG. § 20 EStG konkretisiert die Vorschrift, allerdings ohne die Einkünfte aus Kapitalvermögen zu definieren, er zählt vielmehr die einzelnen Einnahmen auf. Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Gewinnanteile also Dividenden und sonstige Vorteile. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG erfaßt die verdeckten Gewinnausschüttungen.17 § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG stellt klar, daß die Liquidation nicht als veräußerungsgleicher Vorgang behandelt wird, sondern vielmehr zu Kapitalerträgen führt, wenn sie nicht zugleich die Rückzahlung von Nennkapital ohne Gewinnrücklagen darstellt.18 § 20 Abs. 2 Nr. 2 a S. 2 EStG erfaßt Einnahmen aus der Veräußerung der Gewinnanteilsscheine ohne die Veräußerung der zugrundeliegenden Kapitalbeteiligung. Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung im Privatvermögen können nur ab Erreichen der Beteiligungsgrenze in Höhe von 1 % als gewerbliche Einkünfte nach § 17 EStG bzw. innerhalb der Jahresfrist als sonstige Einkünfte nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerbar sein. Insoweit sind aufgrund der aktuellen politischen Diskussion Änderungen in § 23 EStG zu erwarten. Der SteVAG-E sah den Verzicht auf die Behaltensfristen vor. Im Regierungsentwurf zum StVergAbG wurde zudem eine pauschale Besteuerung mit 15 % vorgeschlagen.19 16 Tipke / Lang, § 9 Rn. 181 ff.; Tipke, StRO II, S. 645 ff. Der Dualismus der Einkunftsermittlung wird teilweise für verfassungswidrig – Verstoß gegen Art. 3 GG – gehalten vgl. Elicker, StuW 2002, S. 229 ff. m.w.N. Er fordert einheitlich die Anwendung der Überschußrechnung. Für die einheitliche Anwendung der Einnahme- / Ausgabenrechnung auch Tipke, StuW 2002, S. 164 f. 17 Zu den verdeckten Gewinnausschüttungen vgl. Heinicke in Schmidt, § 20 EStG, Rn. 60 ff. m.w.N. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG i.d.F. d. UntStFG stellt die Rückgewähr von Gesellschaftereinlagen steuerfrei, dazu und zur Problematik ausländ. Kapitaleinkünfte: Clausen, Linklaters DBBeilage zu Heft 7 2002, S. 7. 18 v. Beckerath in Kirchhof, § 20 EStG, Rn. 101 mit Nachweisen zum Streitstand zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 a.F. 19 § 32 Abs. 7 EStGE, vgl. Änderungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Formulierungshilfe v. 06. 02. 2003. Zur Kritik an der Altfassung und an der geplanten Neufassung des § 23 EStG vgl. v. Bornhaupt, BB 2003, S. 125 ff. Diese Vorschläge wurden nicht in das StVergAbG übernommen.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

b) Einkünfte aus einer Gewinneinkunftsart Bei den Gewinneinkunftsarten sind Einkünfte der Gewinn, § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Zur Gewinnermittlung ist ein Betriebsvermögensvergleich durchzuführen. Beteiligungseinnahmen können in allen 3 Gewinneinkunftsarten: Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1), Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2), Selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3) anfallen. Ihnen wird wie der Überschußeinkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6) nach § 20 Abs. 3 EStG Vorrang vor § 20 EStG eingeräumt. Veräußerungsgewinne im Betriebsvermögen werden automatisch im Betriebsvermögensvergleich als Gewinn erfaßt.

2. Personengesellschaften

Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 EStG sind nur natürliche Personen einkommensteuerpflichtig. Anders als für Körperschaften, für die das Körperschaftsteuergesetz (KStG) gilt, gibt es für Personengesellschaften auch kein eigenes Gesetz. Personengesellschaften werden daher nicht als steuerpflichtiges Rechtssubjekt behandelt. Abzustellen ist vielmehr auf die einzelnen Gesellschafter. Dieses „Durchschlagen“ auf den Gesellschafter wird als Transparenzprinzip bezeichnet.20 Das EStG sieht für Personengesellschafter lediglich einige Sondervorschriften vor z. B. §§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; 15 Abs. 3; 15 a; 16 Abs. 1 Nr. 2; 18 Abs. 4 EStG.21 Somit gelten die Ausführungen unter Nr. 1 für die Gesellschafter von Personengesellschaften entsprechend. Oft erzielen Personengesellschafter aber keine Kapitaleinkünfte über ihre Beteiligung, sondern gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. gem. § 13 Abs. 7 EStG Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft oder gem. § 18 Abs. 4 S. 2 EStG Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, also Gewinneinkünfte. Zwar werden auch bei der Personengesellschaft alle Einkunftsarten unterschieden, eine Umqualifizierung erfolgt jedoch häufig über § 15 Abs. 3 Nr. 1 (Abfärben) und Nr. 2 (gewerbliche Prägung). Etwas anderes gilt nur für rein vermögensverwaltende Personengesellschaften.22 Auf Personengesellschaften findet im Falle der Umqualifizierung weder das Halbeinkünfteverfahren § 3 Nr. 40, 3 c Abs. 2 EStG noch § 8 b KStG Anwendung.23

20 Für Körperschaften gilt hingegen das Trennungsprinzip. Körperschaft und Anteilseigner sind getrennt zu betrachten. 21 Vgl. Birk, Steuerrecht, Rn. 1000 ff.; Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 2: hält diese Differenzierung bei den gewinnabhängigen Steuern für eine „Crux“ des deutschen Steuerrechts. Aktuelle Kritik zur Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform äußert Pezzer, DStJG 25 (2002), S. 39 ff. 22 Vgl. Teil 2 E. I. 23 Krit. unter dem europarechtlichen Aspekt der Rechtsformneutralität, Matsos, S. 206 f., 211. Im Gesetzgebungsverfahren war noch eine Optionsmöglichkeit vorgesehen, vgl. BTDrucks. 14 / 2683 S. 77 (§ 4 a KStGE).

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner Die Beteiligungseinnahmen sind bereits mit einer Steuer auf den Ertrag belastet, nämlich der Körperschaftsteuer, die insoweit die Einkommensteuer der juristischen Person darstellt. Es stellt sich daher die Frage, wie dieser Umstand im deutschen Körperschaftsteuersystem berücksichtigt wurde und wird.24

I. Klassisches System: Doppelbelastung (KStG 1920) 1. System

Als nach dem 1. Weltkrieg im Rahmen der Erzbergerschen Steuerreform 1920 die Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich der Besteuerung des Einkommens auf das Reich überging25, wurde die Einkommensteuer auf natürliche Personen beschränkt und durch das KStG 1920 eine neue Steuer für Körperschaften26, die Körperschaftsteuer, eingeführt. Dabei wurde dem grundlegenden Unterschied zwischen den Steuersubjekten dadurch Rechnung getragen, daß die bis dahin auch für Körperschaften geltende progressive Besteuerung aufgehoben wurde. Es wurde für die Körperschaften ein proportionaler Steuersatz von 10 % eingeführt. Mit diesem System bestand auch gleichzeitig das Problem der wirtschaftlichen27 Doppelbesteuerung; denn die Anteilseigner mußten ihre Einkünfte im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Körperschaft nochmals gesondert ihrem persönlichen Einkommensteuersatz unterwerfen. Als rechtfertigender Grund galt, daß es sich jeweils um verschiedene Rechtssubjekte handelte.28 Das Problem der Doppelbesteuerung wurde bei den relativ niedrigen Steuersätzen zudem nicht als gravierend angesehen.29 Dies änderte sich, als nach dem Zweiten Weltkrieg die Steuersätze auf Druck der Besatzungsmächte drastisch erhöht wurden.30 1953 wurde deshalb der gespaltene Körperschaftsteuersatz für ausgeschüt24 Zu den unterschiedlichen Körperschaftsteuersystemen vgl. HHR / Hey, KSt. Einf. Anm. 9 – 11; eine Systematisierung findet sich unter Anm. 11; Übersicht über die Körperschaftsteuersysteme verschiedener Länder: HHR / Hey, Einf. KSt. Anm. 448, Tabelle 5. 25 Bis dahin lag die Kompetenz bei den deutschen Ländern. Das PreußEStG 1891 sah eine einheitliche Steuer für natürliche Personen und Gesellschaften vor, wobei der Steuersatz bis zu einem Einkommen von 100.000 progressiv von 0,6% – 4% (!) und danach proportional verlief. Vgl. zur Entwicklung der Körperschaftsteuer Pezzer, FS f. Tipke, S. 420 ff.; KnobbeKeuk, Unternehmensbesteuerung, S. 558 ff. m.w.N. 26 Die Körperschaftsteuer galt und gilt auch für Vermögensmassen, worauf in dieser Arbeit aber nicht näher eingegangen wird. 27 Zum Unterschied rechtliche und wirtschaftliche Doppelbelastung vgl. HHR / Hey, Einf. KSt. Anm. 9. Kritisch zum Begriff der Doppelbelastung: Pezzer, FS f. Tipke, S. 426 f. 28 Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 558 ff. m.w.N. 29 Zur Körperschaftsteuer in der Weimarer Republik, HHR / Hey, KSt. Dok. 1 Anm. 20.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

tete und einbehaltene Gewinne eingeführt.31 Der allgemeine Steuersatz für nicht ausgeschüttete Gewinne betrug 60 %. Er ermäßigte sich für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen auf 30 %.32 Das KStG 1955 ermäßigte den allgemeinen Steuersatz auf 45 %.33 Ab dem Jahr 1958 wurden zwei Gruppen von Kapitalgesellschaften unterschieden. Für Publikumsgesellschaften, deren Aktien und Anteile an der Börse gehandelt werden, betrug der allgemeine Steuersatz 51 %, der ermäßigte 15 %. Personenbezogene Kapitalgesellschaften wurden mit 49 % bzw. ermäßigt mit 26,5 % besteuert, um ihren „erhöhten Selbstfinanzierungsnotwendigkeiten“ Rechnung zu tragen.34 2. Kritik

Die Hauptkritikpunkte gegen dieses Körperschaftsteuersystem waren35: a) Verstoß gegen die Neutralität der Besteuerung Die Doppelbelastung verstoße gegen das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung von betrieblichen Gewinnen und damit gegen das Prinzip der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung. Die Doppelbelastung beeinflusse die Rechtsformwahl, insbesondere habe sie zur Verbreitung der GmbH & Co. KG beigetragen.36 Zudem benachteilige die Doppelbelastung die Eigenfinanzierung. b) Schaffung von Interessengegensätzen Die Doppelbelastung in Verbindung mit dem gespaltenen Körperschaftsteuertarif führe zu einem Interessengegensatz zwischen Gesellschaft und Anteilseignern sowie zwischen Anteilseignern mit hohem Einkommensteuersatz und solchen mit 30 Vgl. HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R 5; HHR / Hey, KSt. Dok. 1 Anm. 60; Bühner, Die Einkommensteuer in den drei Besatzungszonen der WestAllierten, S. 174. 31 Zweck war also u. a. die wirtschaftliche Doppelbelastung zu mildern; zur geschichtlichen Entwicklung: Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Teil IV KSt, Rn. 2 ff. 32 § 19 Abs. 1, 2 KStG 1953. ESt- und KSt-Ergänzungsgesetz v. 20. 05. 1952, BGBl. I 1952, S. 302 (303). 33 Gesetz zur Neuordnung von Steuern v. 16. 12. 1954, BGBl. I 1954, S. 373 (387). 34 StÄndG v. 18. 07. 1958, BGBl. I 1958, S. 473. Näher dazu und zu den Ausnahmen: HHR / Heining, KSt. § 23 Anm. 2 – 9; Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 561. 35 Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Teil IV KSt Rn. 15 – 38; Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 561; dies. GmbHR 1987, S. 125 ff. (129 f.); Herzig, GmbHR 1987, S. 140 ff. Zur aktuellen Kritik gegen das klassische Verfahren vgl. Kellersmann / Treisch, S. 104 m.w.N. 36 Auf die Diskriminierung der Aktiengesellschaft hat vor allem Flume, FS f. Smend, S. 19 ff. hingewiesen.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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niedrigerem Einkommensteuersatz. Großaktionäre zögen es schon auf Grund ihrer engen Beziehungen zu ihrer Kapitalgesellschaft in der Regel vor, Gewinne in geringerem Umfang auszuschütten und statt dessen den Rücklagen zuzuführen und damit zur Selbstfinanzierung zu verwenden. Dazu traten steuerliche Überlegungen. Aufgrund der Doppelbelastung war die Steuerlast für ausgeschüttete Gewinne häufig höher als für einbehaltene Gewinne. Kleinaktionäre wünschten in erster Linie hohe Bardividenden, an der Bildung von Rücklagen seien sie weniger interessiert. Umso mehr gelte dies, als aus ihrer Sicht die Steuerlast für einbehaltene Gewinne insgesamt höher sei als die Steuer, welche auf Gewinnausschüttungen anfalle.37 c) Behinderung breiter Bevölkerungsschichten Die Schmälerung der Nettorendite der Aktie durch die Doppelbelastung behindere eine Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten am Produktivvermögen der Wirtschaft. d) Komplexität Durch die Sonderregelungen zur Durchsetzung der Doppelbelastung oder zu ihrer Milderung sei das bisherige Körperschaftsteuersystem zu kompliziert und kaum noch überschaubar geworden. e) Benachteiligung von Inländern Ausländische Anteilseigner an inländischen Kapitalgesellschaften würden als Folge des gespaltenen Tarifs steuerlich besser gestellt.

3. Zusammenfassung und Rechtsvergleich

Nach diesem System lag eine Definitivbelastung mit der Körperschaftsteuer vor, d. h. die bereits bezahlte Steuer auf das Einkommen der Körperschaft wurde beim Anteilseigner nicht weiter berücksichtigt. Dieses System der ungemilderten wirtschaftlichen Doppelbelastung wird als klassisch bezeichnet und findet z. B. noch in den USA38, Rußland und der Schweiz Anwendung. In der EU findet es seit 1999 nur mehr in Irland umfassende Anwendung, während Belgien, Dänemark, Niederlande und Schweden auf unterschiedliche Weise Abmilderungen vornehmen und damit ein System der Teilentlastung besitzen.39 Vgl. Geiger / Zeitler, S. 12 ff. dort auch zur Möglichkeit der Ausgabe von Gratisaktien. Im Rahmen eines Konjunkturpaketes plant die Regierung Bush gegenwärtig einen Systemwechsel. 39 Jaeger, S. 118; HHR / Hey, Einf. KStG, Anm. 232, 241, 286, 340, 394. 37 38

3 Beck

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

II. Anrechnungsverfahren (KStG 1977) 1. Reformauftrag

Bereits 1968 wurde vom damaligen Finanzminister Franz Josef Strauß eine Kommission zur Vorbereitung einer umfassenden Steuerreform einberufen. Ihr Auftrag war40: „Die Vorschläge der Kommission sollen zu einem Steuerrecht führen, das – ohne Aufgabe der allgemein gültigen Grundsätze des Steuerrechts – insbesondere den Zielsetzungen moderner Finanzpolitik entspricht sowie den Grundsatz der Gleichmäßigkeit und sozialen Gerechtigkeit der Besteuerung berücksichtigt. Dabei sollen auch Möglichkeiten zum weiteren Abbau von Steuervergünstigungen eingehend untersucht werden. Ganz besonderer Wert ist auf eine Vereinfachung des Steuerrechts zu legen. Es werden schießlich die Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der EWG berücksichtigt werden müssen, wobei u. a. auch das Verhältnis zwischen direkten und den indirekten Steuern von Bedeutung sein wird.“

Dem folgte ein großes Aber: „Durch die Steuerreform soll das Volumen der Steuereinnahmen gegenüber dem jetzigen Rechtszustand einschließlich der Zuwachsquoten nicht verändert werden.“

2. Ziele

Die Kommission, deren Beratungen über 2 Jahre dauerten, setzte sich, ausgehend von dem obigen Auftrag in bezug auf die Reform der Unternehmensbesteuerung, folgende Hauptziele: – Rechtsformneutralität der Besteuerung – Finanzierungsneutralität der Besteuerung – Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit – Gewährleistung einer Einmalbesteuerung – Vereinfachung der Besteuerung

Ergebnis der Reformbestrebungen war die Einführung des Anrechnungsverfahrens zum 1. 1. 1977. Dem lag eine Gesetzesinitiative der sozial-liberalen Regierungskoalition zugrunde. Ziele des Gesetzgebers waren die Vermeidung der steuerlichen Doppelbelastung, Neutralität der Besteuerung und Förderung der Vermögensstreuung.41

40 Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Allg. Teil, Rn. 34 ff. u. Teil IV KSt. Rn. 160. 41 BT-Drucks. 7 / 1470, S. 327; vgl. Bozza-Bodden, S. 134 ff.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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3. Verfahren

Infolge des Anrechnungsverfahrens wurde nur noch der thesaurierte Gewinn (und die nicht abzugsfähigen Ausgaben) mit der Körperschaftsteuer belastet, der ausgeschüttete Gewinn wurde lediglich mit der individuellen Einkommensteuer des Anteilseigners belastet. Aus steuertechnischen Gründen wurden zwar auch die Gewinnausschüttungen formal noch der Körperschaftsteuer unterworfen, jedoch wurde die auf dem ausgeschütteten Gewinn lastende Körperschaftsteuer auf die individuelle Steuerschuld des Anteilseigners angerechnet. Auf diesem Wege wurde erreicht, daß der Anteilseigner den ihm von der Kapitalgesellschaft zufließenden Gewinn im Ergebnis unbelastet von Körperschaftsteuer vereinnahmen konnte. War die anrechenbare Körperschaftsteuer höher als die Steuerschuld für das gesamte Einkommen des Anteilseigners, so wurde der übersteigende Betrag an den Anteilseigner erstattet. Die steuerpflichtige „Bruttodividende“42 des Anteilseigners setzte sich damit aus zwei Bestandteilen zusammen: aus der Bardividende, die das Unternehmen auszahlte und aus einer Steuergutschrift in Höhe der anrechenbaren Körperschaftsteuer. Die anrechenbare Körperschaftsteuer zählte als Teil der Gesamtdividende zu den Einkünften des Anteilseigners. Der Anteilseigner versteuerte also den Gewinn vor Abzug der Körperschaftsteuer.43 Im Hinblick auf das Eigenkapital mußte in der Steuerbilanz eine nach den verschiedenen Steuersatzänderungen komplizierte Gliederungsrechnung erfolgen, um die steuerliche Tarifvorbelastung der einzelnen Eigenkapitalbestandteile zu erfassen. Aus Gründen der Gleichbehandlung wurde der Steuersatz für thesaurierte Gewinne bei Körperschaften an den Einkommensteuerspitzensatz für gewerbliche Einkünfte der Einzel- und Personenunternehmer44 angeglichen. Das KStG 197745 sah einen Thesaurierungssteuersatz von 56 % vor, während auf ausgeschüttete Gewinne nur 36 % erhoben wurden. Das Standortsicherungsgesetz (StandOÄG)46 senkte 1993 die Steuersätze auf 45 % und 30 %. Durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999 / 2000 / 200247 wurde der Thesaurierungssatz auf 40 % abgesenkt.48 Zur Anrechnung von Körperschaftsteuer waren nur Anteilseigner berechtigt, bei denen die GewinnausschütZum Begriff Matsos, S. 112 FN 17 m.w.N. Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 563 f. Vgl. zur Wirkweise des Anrechnungsverfahrens auch Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 39 – 43. http: // home.t-online.de / home / jarasss / public_html / dat / pub / 0799 / ubestteil1. pdf (31. 1. 2002); BMF-Schriftenreihe Heft 66, 1999. Im folgenden nur zitiert als Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung. Die Seitenzahlen stimmen in den Quellen überein. 44 Krit. zum Ziel Gleichbehandlung von Einzel- und Personenunternehmen schon Loritz, Die Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 450 f.; ders., NJW 86, S. 8; zu grundlegenden Unterschieden zwischen Einzel- / Personenunternehmer; aktuell Hennrichs, StuW 2002, S. 214. 45 KStReformG v. 31. 8. 1976, BGBl. I 1976, S. 2597. 46 V. 13. 9. 1993, BGBl. I 1993, S. 1569. 47 V. 24. 3. 1999, BGBl. I 1999, S. 402. 48 Zur Rechtsentwicklung im einzelnen: HHR / Hey, KSt. Dok. 1, Anm. 100 ff. 42 43

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

tung in vollem Umfang der deutschen Besteuerung unterliegt. Dies entsprach den Grundsätzen des Anrechnungsverfahrens, wonach eine Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne im Inland zwar vermieden, ihre Einmalbelastung mit inländischer Steuer aber sichergestellt werden sollte.49 Um das Anrechnungsguthaben trotzdem zu erlangen, wurden inländische Vermögensverwaltungsgesellschaften in der Rechtsform der Personengesellschaft zwischengeschaltet. Knobbe-Keuk war stets der Auffassung, daß das Anrechnungsverfahren in der Sache für die Besteuerung über die rechtliche Selbständigkeit der Kapitalgesellschaft hinwegging.50 Sie entspreche mehr der Sichtweise der Wirtschaftswissenschaften, wonach das Unternehmen nicht um seiner selbst willen da sei, sondern lediglich dem Zweck diene, dem Eigentümer ein persönliches Einkommen zu verschaffen.51 Dem entspricht es auch, wenn Wirtschaftswissenschaftler F. W. Wagner dieses Verfahren als „natürlichste Sache der Welt“ bezeichnet, die zu der Sichtweise, daß die Unternehmen wirtschaftliches Eigentum der Aktionäre sind, perfekt passe.52

4. Zusammenfassung und Rechtsvergleich

Eine steuerliche Doppelbelastung wurde durch dieses System vermieden und jeder Anteilseigner wurde nur mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz belastet. In der EU besitzen noch Finnland und Italien Vollanrechnungsverfahren.53 Die Doppelbelastung wird auf der Ebene des Anteilseigners durch die Dividendenfreistellung im Rahmen des griechischen Steuersystems beseitigt.54 Modifizierte Anrechnungsverfahren praktizieren Spanien und Portugal.55

Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 39. Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 566. Zu diesem Streit zwischen Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern vgl. auch Sigloch, StuW 2000, S. 163 ff. Während die rechtliche Betrachtung von selbständigen Marktteilnehmern ausgeht, stellt die wirtschaftliche Betrachtung allein auf die dahinterstehenden Personen als Träger von Leistungsfähigkeit ab. Der Streit ist so alt wie die Einkommensteuer selbst und wurde auch schon bei den Beratungen zum Preußischen Einkommensteuergesetz vorgebracht, vgl. Birk, StuW 2000, S. 333 m.w.N. Daraus ergeben sich zwei Reinformen (zu diesen Grundformen auch Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Teil IV KSt, Rn. 41) der Unternehmensbesteuerung: die personale Besteuerung, die in Deutschland für Personengesellschaften Anwendung findet (Transparenzprinzip) und die institutionelle Besteuerung, deren Umsetzung eine Betriebssteuer ist. Dazu, zu den Zwischenformen und zu Anwendungsfällen in ausgewählten Ländern: Übersicht bei Sigloch, StuW 2000, S. 165. 51 Wöhe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre I, S. 112. 52 F.W. Wagner, SZ 2002, Nr. 30 (5. 2. 2002), S. 20. 53 Jaeger, S. 118 f.; zum Sonderfall Frankreich vgl. HHR / Hey, Einf. KSt., Anm. 259. 54 Matsos, S. 63: „Charakter einer Quellensteuer mit Abgeltungswirkung“. 55 Jaeger, S. 119 m.w.N. 49 50

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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III. Halbeinkünfteverfahren (KStG 1999)56 1. Gründe für den Systemwechsel57

Das deutsche Vollanrechnungsverfahren ist seit seiner Einführung als modernes58 und geschlossenes System mit punktgenauer Beseitigung der Doppelbelastung gelobt worden. Stets gab es aber auch Kritiker.59 Das Ziel der Rechtsformneutralität sei ebensowenig verwirklicht worden wie eine grundlegende Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung.

a) Schwächen des Anrechnungsverfahrens Folgende Schwächen haben eine erneute Systemumstellung für geboten erscheinen lassen: aa) Komplexität Das Anrechnungsverfahren wurde als äußerst kompliziert angesehen. Die Kompliziertheit ergab sich aus dem gespaltenen Steuersatz, dem Ziel der Einmalbelastung in Deutschland erwirtschafteter Gewinne, der Anrechnung und insbesondere auch der Gliederungsrechnung für das Eigenkapital.60 Eine weitere Verkomplizierung ergab sich daraus, daß es trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen war, dem Anrechnungsverfahren im Rahmen der Zerlegung Rechnung zu tragen. Dies führte im Ergebnis dazu, daß häufig ein Bundesland die Körperschaftsteuer erhe56 Vgl. die Begründungen zu den Gesetzentwürfen in BT-Drucks. 14 / 2683, 14 / 3366. Vorangegangen war das Gutachten einer vom damaligen Finanzminister Oskar Lafontaine einberufenen Expertenkommission, Mitglieder: A. Kühn; Prof. Dr. J. Lang; H. Brandenburg; H. Hilgers; Prof. Dr. Jarass; Dr. S. Luther; J. Nagel; Dr. A. Peters; Prof. Dr. H. Pollak; C. Raabe; Prof. Dr. A. Rädler; Prof. Dr. H. Schaumburg; Dr. G. Senger; J. Täske; Prof. Dr. J. Thiel; Dr. H. G. Wehner; A. Willemsen; Prof. Dr. H. Zitzelsberger (Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung). Vgl. zum neuen Verfahren auch sämtliche Beiträge in StuW 2000, S. 109 – 216 und HHR / Staringer, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, vor § 20 EStG. 57 Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Abschaffung des Anrechnungsverfahrens, insbesondere von Steuerwirtschaftswissenschaftlern (vgl. Siegel / Bareis / Herzig u. a., BB 2000, S. 1269 ff. mit Zustimmung von 72 Professorenkollegen) kritisiert. 58 Raupach, DStJG 20 (1997), S. 21; Wagner, SZ 2002, Nr. 30 (5. 2. 2002), S. 20. 59 Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 564 ff.; HHR / Hey, KSt. Einf. Anm. 171 (K142 – 145) m.w.N. 60 Vgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 45 f.; Raupach in Münsteraner Symposion I, S. 123 f.; HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform, R 9 (S. 21); BT-Drucks. 14 / 2683, S. 94; Alternativvorschläge zur Vereinfachung des Anrechnungsverfahrens: Schneeloch / Trockels-Brand, DStR 2000, S. 9 m.w.N.; HHR / Wrede, vor § 27 KStG Anm. 7.

38

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

ben und ein anderes Bundesland das entsprechende Guthaben des Anteilseigners auszahlen mußte.61

bb) Mißbrauchsanfälligkeit Zudem sei das deutsche Körperschaftsteuersystem besonders anfällig für mißbräuchliche Gestaltungen. Im diesem Zusammenhang wurde insbesondere das „Dividendenstripping“62 genannt, dabei wurde die z. T.63 steuerfrei mögliche Anteilsveräußerung dazu genutzt, um im Ergebnis Gewinne der Kapitalgesellschaft auf der Ebene der Gesellschafter steuerfrei vereinnahmen zu können. Die Kommission bezweifelte, daß die gesetzliche Einschränkung des § 50 c Abs. 11 EStG die vielfältigen Erscheinungsformen ausreichend verhindern könnte. Daneben waren vermehrt Fälle aufgetreten, in denen Steuerbescheinigungen erstellt worden sind, ohne daß entsprechende Körperschaftsteuerzahlungen geleistet wurden (Leerverkäufe).64

cc) Fehlende Rechtsformneutralität65 Man war weiter der Ansicht, daß diese Komplexität eine rechtsformneutrale Ausgestaltung verhindere. Besteuerungsunterschiede ergeben sich vor allem darVgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 47. BT-Drucks. 14 / 2683; vgl. dazu die Entscheidung des BFH v. 19. 12. 1999, FR 2000, S. 446; kritisch dazu Crezelius, DB 2000, S. 1631; zur veränderter Form weiterhin möglicher Stripping-Maßnahmen vgl. S. Wagner, NWB v. 6. 5. 2002, Fach 3 S. 11965. Hey, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 19 fordert daher die vollständige Aufgabe der Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG. Unter Dividendenstripping versteht man die Übertragung von inländischen Aktien mit Dividendenanspruch kurz vor dem sog. „Ex“-Tag durch einen nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner an einen anrechnungsberechtigen Anteilseigner und zeitnahen Rückverkauf gleicher oder gleichwertiger Aktien ex Dividenden. Ziel ist die indirekte Nutzbarmachung des Anrechnungsguthabens für den nichtanrechnungsberechtigen Anteilseigner über den Verkaufspreis, da der anrechnungsberechtigte Anteilseigner, sofern er den Anteil im Betriebsvermögen hält, die Steuerpflicht der Dividenden mit dem Veräußerungsverlust verrechnen kann. Durch Einführung des Abs. 10 in § 50 c EStG (früher Abs. 8) wurden diese Gestaltungsmöglichkeiten unterbunden, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt waren. Str. war ob § 50 Abs. 10 EStG § 42 AO verdrängte (so BFH v. 15. 12. 1999; a.A. BMF v. 6. 10. 2000, DB 2000, S. 2247). 63 Anteile im Privatvermögen, nach Ablauf der Veräußerungsfrist des § 23 EStG, soweit der Anteil unterhalb der Beteiligungsgrenze des § 17 EStG liegt. 64 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 46. 65 Dazu Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 44 f.; HHR / Hey, KSt. Einf. Anm. 163, 170. Das Ziel der rechtsformneutralen Besteuerung wäre durch eine allgemeine Unternehmensteuer, Betriebsteuer (FN 25) zu erreichen. Mit einem entsprechenden Reformvorschlag beschäftigte sich der 33. DJT bereits 1924, Enno Becker kam damals in seinem Gutachten aber zu einem ablehnenden Urteil und sprach sich statt einer ein61 62

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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aus, daß Körperschaften im Unterschied zu Personenunternehmen nach einem strengen Trennungsprinzip besteuert werden, mit der Folge, daß z. B. Leistungsund Nutzungsverträge zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sowie Verluste unterschiedlich behandelt werden. Allerdings sah auch der Gesetzgeber, daß die Besteuerung insoweit rechtsformneutral war, als ausgeschüttete Gewinne letztlich dem persönlichen Einkommenssteuersatz des Anteilseigners unterworfen wurden.66

dd) Tarif / Diskriminierung thesaurierter Gewinne Ein weiterer Nachteil sei die tarifliche Ausgestaltung. Die Kritik richtete sich zum einen gegen den im internationalen Vergleich hohen Körperschaftsteuersatz auf thesaurierte Gewinne, weil schon allein der nominal hohe Satz im internationalen Wettbewerb Investoren abschrecke (Psychologisches Argument). Daneben wurde das Verhältnis der beiden Körperschaftsteuersätze kritisiert. Der höhere Thesaurierungssatz mache insofern wenig Sinn, als die zur Stärkung der Unternehmenssubstanz im Dienste einer besseren Investitionsfähigkeit vorgenommene Thesaurierung „bestraft“ wird und lediglich eine Erleichterung über den Umweg des sog. „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahrens“67 erreicht werden kann.68

ee) Europarechtswidrigkeit Statt des begünstigenden Ausländereffektes des klassischen Verfahrens bestand nunmehr das Problem, daß die ausländischen Anteilseigner von der Körperschaftsteueranrechnung ebenso wie deutsche Anteilseigner einer ausländischen Gesellschaft vollkommen ausgeschlossen waren69 und somit eine Diskriminierung vorlag. Der Belastungsvergleich zwischen inländischen und ausländischen Dividenden hat die EU-Kommission veranlaßt, die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit durch das deutsche Vollanrechnungsverfahren zu beanstanden.70 Eine weitere Beanstandung der EU-Kommission richtete sich heitlichen Betriebsteuer für großzügige Optionslösungen aus. Vgl. HHR / Hey, KSt. Einf. Anm. 184. 66 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 94. 67 Verfahren der Gewinnausschüttung unmittelbar in Verbindung mit anschließender Reinvestition, vgl. Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 618. 68 Näher dazu auch BT / Drucks. 14 / 2683, S. 95. Kritisch Jachmann, DStJG (23), S. 32 f. 69 Knobbe-Keuk, FS f. Klein, S. 351 sprach von „Isolationismus“. 70 Schreiben v. 31. 10. 1995, SG (95) D / 13622 an die BReg. – bislang unveröffentlicht (ausschnittsweise wurde das Schreiben der Bearbeiterin am 9. 4. 2003 zugeleitet); vgl. HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R 9 (S. 21); HHR / Hey Einf. KSt. Anm. 173 – 175. Nach Auffassung des zuständigen EU-Kommissars Monti führte der Ausschluß ausländischer Körperschaftsteuer aus dem deutschen Körperschaftsteuer-Anrech-

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

schließlich gegen die Besteuerung von inländischen Betriebsstätten ausländischer Stammhäuser. Sie sei im Verhältnis zu inländischen Tochtergesellschaften zu hoch.71

b) Anforderungen des Gesetzgebers an die Strukturreform der Unternehmensbesteuerung aa) Koalitionsvereinbarung Ziele und Leitgedanken für die grundlegende Steuerreform waren in der Koalitionsvereinbarung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Bündnis 90 / Die Grünen vom 20. Oktober 1998 vorgegeben. Unter III 1 wurde die Absenkung des allgemeinen Höchstsatzes bei der Einkommensteuer auf 48,5 % und eine Absenkung der Unternehmensbesteuerung auf höchstens 35 % angestrebt. Die Unternehmenssteuerreform verfolgte daneben folgende Ziele: – Stärkung des Wirtschaftstandortes Deutschland / Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, – Stärkung der Investitionskraft der Unternehmen, – Mehr Steuergerechtigkeit, – Deutliche Vereinfachung des Steuerrechts, – Berücksichtigung der europäischen Integration und der globalen Verflechtungen. nungsverfahren dazu, daß in Deutschland ansässige Investoren bevorzugt Anteile an inländischen Gesellschaften erwerben, um durch die Erlangung von Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben eine höhere Rendite zu erzielen. Monti sah darin eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 73 b EG-Vertrag (jetzt Art. 56 EG). (Zu dieser Ausgestaltung des Art. 56 EG als Beschränkungsverbot vgl. Teil 1 E. 2. b) cc) Die Bundesregierung widersprach in ihrer Erwiderung an die EU-Kommission vom 21. 3. 1996: das Anrechnungsverfahren sei durch Art. 73 d Abs. 1 lit. a EG-Vertrag gedeckt; zudem stehe ein deutscher Anteilseigner bei Einbeziehung aller Belastungen – auch auf der Ebene des in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmens – trotz der Anrechnung nicht besser da als ein ausländischer; vgl. Raupach, GS f. Knobbe-Keuk, S. 688 (FN 53). Zahlreiche Stimmen hielten das Anrechnungsverfahren insgesamt für europarechtskonform: Matsos, S. 29 f.; 201 ff.; Raber, DStJG 24 (2001), S. 104 ff.; lediglich einzelne Teilaspekte (§ 50 Abs. 5 S. 2, 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a.F. EStG) sollten gegen die Grundfreiheiten verstoßen. Auch Ritter in Grundrechtsschutz im Steuerrecht, Diskussionsbeitrag, S. 137 sah das Anrechnungsverfahren als nach Art. 73 d (jetzt Art. 58 Abs. 1 lit. a EG) EGV bestandsgeschützt an. Umfassende und differenzierte Darstellung der Vereinbarkeit des deutschen Anrechnungsverfahrens mit dem Europarecht bei Bozza-Bodden, S. 306 ff. 71 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 47 f. Tochtergesellschaften zeichnen sich durch ihre rechtliche Selbständigkeit aus. Im Gegensatz zu Kapital(tochter)gesellschaften, auf die der gespaltene Körperschaftsteuersatz Anwendung fand, galt gem. § 23 Abs. 2 KStG a.F. für Betriebsstätten ein einheitlicher Steuersatz von 42%, vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 215 f.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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bb) Zukunftsprogramm „Deutschland erneuern“ Mit dem sog. Zukunftsprogramm „Deutschland erneuern“ wurden die wirtschaftspolitischen Ziele der Unternehmenssteuerreform weiter konkretisiert. So äußerte Bundesfinanzminister Hans Eichel, das Ziel der Reform sei „die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die im internationalen Vergleich hohen nominalen Steuersätze sollen gesenkt, die Bemessungsgrundlagen an den internationalen Standard angepaßt werden. Für Kapitalgesellschaften und Anteilseigner soll es einen einheitlichen Körperschaftsteuersatz von 25 % geben. Den gleichen Steuersatz sehen wir auch für Personengesellschaften und Einzelunternehmen vor. Damit werden alle betrieblichen Gewinne gleich besteuert. Unser Ziel ist es, Unternehmen zu entlasten, nicht Unternehmer.“72

cc) Begründung des Gesetzesentwurfes Im Gesetzesentwurf von SPD / BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN73 lautet die Begründung: „Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft muß gestärkt werden. Nur über die Wiedergewinnung wirtschaftlicher Dynamik sind Investitionen zu erwarten, die das Wirtschaftswachstum stärken und die notwendigen Arbeitsplätze schaffen. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft muß die Steuerbelastung für die Unternehmen zurückgeführt werden. Selbst wenn Investitionsentscheidungen auch von anderen Standortfaktoren, wie z. B. Infrastruktur, Ausbildungsstand etc. abhängen, darf der Faktor ,Steuerbelastung‘ im Wettbewerb der Steuersysteme und Standorte zumindest nicht negativ belegt sein. Zurzeit rangiert die Bundesrepublik Deutschland bei diesem Aspekt noch im hinteren Feld. Das gewählte Besteuerungssystem muß gleichzeitig so gewählt sein, daß es europatauglich ist und dadurch mittelfristig die Aussicht auf eine stärkere Angleichung der Systeme in der Europäischen Union besteht, um systembedingte Wettbewerbsverzerrungen zukünftig zu vermeiden. Ferner muß die Besteuerung auf eine Stärkung der Innenfinanzierung der Unternehmen ausgerichtet sein, damit die schlechte Eigenkapitalstruktur der deutschen Wirtschaft und die dadurch bedingte Anfälligkeit der Unternehmen in Krisenzeiten beseitigt wird. Dies kann nur mit einer Tarifstruktur erreicht werden, die den im Unternehmen belassenen Gewinn begünstigt, ohne Umstrukturierungen zu behindern.

72 Zitiert bei Ernst & Young, A. Rn. 4, S. 31. Krit. dazu Lang, DStJG 24 (2001), S. 53: „Derartige altsozialistische Klassenideologie täuscht darüber hinweg, daß mit jedem Unternehmen zugleich auch der Inhaber gefördert wird. Jede Art von Unternehmensbesteuerung beeinflußt den Wohlstand des Unternehmers. Die Klassenideologie agiert auch insofern wirklichkeitsfremd, als sich die Steuerzahler nicht in Unternehmer und Arbeitnehmer aufteilen lassen.“ 73 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 93 f. (Hervorhebungen im Original).

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen Schließlich muß das Besteuerungssystem so angelegt werden, daß die Binnennachfrage in Deutschland gestärkt wird, damit sich Investitionen lohnen. Gleichzeitig muß Steuerpolitik für mehr Gerechtigkeit sorgen. Nur wenn die Belastung leistungsgerecht verteilt wird, wird sie vom Bürger angenommen. Steuerwiderstand und Steuervermeidung, die dramatisch zugenommen haben, kann nur durch eine leistungsgerechte Besteuerung wirksam begegnet werden. Zur Wiederherstellung der Steuergerechtigkeit muß ein Steuersystem gleich mehrere Voraussetzungen erfüllen. Es muß an allererster Stelle einfach und transparent sein, damit der Bürger es in seinen Grundlinien verstehen kann. Komplizierte Steuergesetze erzeugen beim Einzelnen Unsicherheit und den Verdacht, übervorteilt zu werden. Darüber hinaus fördert eine komplizierte Differenzierung in den Steuergesetzen auch tatsächlich nur Scheingerechtigkeit, da die Gesetze von der Verwaltung nicht mehr konsequent vollzogen werden können. Zudem werden Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, aus denen der besser beratene Steuerbürger Vorteile schöpft. Die effektive Steuerbelastung für den Einzelnen ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Bemessungsgrundlage und Tarif. Ein gerechtes Steuersystem muß daher das versteuernde Einkommen auf eine systemgerecht breite Grundlage stellen, damit auch hier keine Gestaltungsspielräume eröffnet werden. Gleichzeitig garantiert der Tarif nur dann eine leistungsgerechte Besteuerung, wenn die Verteilungsaufgaben der Einkommensteuer berücksichtigt werden, ohne gleichzeitig leistungshemmend zu wirken. Eine sachgerechte Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist schließlich nur dann gewährleistet, wenn die Belastungsunterschiede zwischen den Unternehmensformen lediglich dadurch bedingt sind, daß die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in einer bestimmten Unternehmensform anders ist.“

Der Gesetzgeber folgte dem Ergebnis der eingesetzten Steuerkommission, daß die Nachteile mittlerweile überwögen und deshalb eine Systemumstellung geboten sei.74 Ein Anrechnungsverfahren scheide dabei wegen des hohen Verwaltungsaufwandes, der Mißbrauchsanfälligkeit und seiner nationalen Beschränktheit75 aus. Das vorgeschlagene Halbeinkünfteverfahren wurde als zielkonform angesehen76 und nach einem umstrittenen Gesetzgebungsverfahren77 durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (kurz: Steuersenkungsgesetz (StSenkG), bekannt auch als Unternehmenssteuerre74 In der Vergangenheit entwickelte Unternehmens- bzw. Betriebssteuermodelle (vgl. HHR / Hey, KSt. Einf. Anm. 180) wurden bereits zu Beginn der Beratungen verworfen; ein ganzheitlicher Ansatz kam nicht in Betracht, vielmehr sollten Personen- und Kapitalgesellschaften weiterhin getrennt besteuert werden. Vgl. Schaumburg / Rödder, S. 102. 75 Krit. dazu: HHR / Hey, Einf. KSt. Anm. 217 (zur Anpassung des Anrechnungssystems an die Anforderungen des EG-Vertrages; dazu führt die Kommission aber auf S. 49 der Brühler Empfehlung aus, dadurch wäre das Problem nur an die Grenzen der EU verlagert; im übrigen gab es im Hinblick auf die Erfahrungen im Bereich der Umsatzsteuer kaum Hoffnung auf die baldige Umsetzung eines grenzüberschreitenden Finanzsystems, vgl. Schaumburg / Rödder, S. 103); vgl. auch Hey, DStJG 24 (2001), S. 197 (insb. FN 181 m.w.N.). 76 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 48 f. 77 Vgl. Kirchhof, FAZ v. 24. 7. 2000, S. 15, 17; Wermeckes, NVwZ 2002, S. 48 f.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

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form 2001) grundsätzlich mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 2002 eingeführt.78

2. Gesetzliche Konzeption des Halbeinkünfteverfahrens

a) Grundzüge Beim Halbeinkünfteverfahren werden die Gewinne der Körperschaft definitiv mit einem einheitlichen Körperschaftsteuersatz belastet. Die Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne wird durch pauschale Berücksichtigung im Rahmen eines Freistellungssystems zu vermeiden versucht. Beteiligungserträge natürlicher Personen werden zur Hälfte (System des partial shareholder relief79), von Körperschaften ganz von der Einkommens- / Körperschaftsteuer freigestellt. Grundlage des Halbeinkünfteverfahrens ist damit die getrennte Besteuerung des Einkommens der Kapitalgesellschaft einerseits sowie der Dividenden- und Veräußerungseinkünfte des Anteilseigners andererseits. Es bestehen zwei Besteuerungsebenen.80 Dies entspricht einer nach den einzelnen Steuersubjekten getrennten Besteuerung (Subjektprinzip). Die Kapitalertragsteuer als Einkommensteuervorauszahlung wurde beibehalten.81 Die Vorstellungen des Gesetzgebers weichen aber vom Subjektprinzip im Sinne einer strengen Trennung ab. Das Halbeinkünfteverfahren für natürliche Personen dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich der Kompensation der körperschaftsteuerlichen Vorbelastung und nicht einer Privilegierung von Dividenden. Die hälftige Einkommensteuerbelastung soll zusammen mit der Vorbelastung durch die Körperschaftsteuer die ertragsteuerliche Einmalbelastung des Gewinns sicherstellen. Typisierend und generalisierend entspreche dies der Steuerbelastung anderer Einkünfte.82

BGBl. I 2000, S. 1433; BStBl. I 2000, S. 1428. Vgl. Dickescheid, StuW 2002, S. 127, der das Halbeinkünfteverfahren aus betriebswirtschaftlicher Sicht sowohl in nationaler als auch in internationaler Hinsicht als geeigneten Kompromiß ansieht. 80 E. Schmidt, Münchener Steuerfachtagung 2002, S. 6 f. 81 Gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 lit. b EStG i.V.m. § 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die Kapitalertragsteuer iHv 20% einzubehalten und auf die sonstige Steuerschuld des Anteilseigners anzurechnen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 EStG). Zum Problem der Abgeltungswirkung bei beschränkt Steuerpflichtigen nach § 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 6 EStG, vgl. Matsos, S. 178, 204. 82 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 96; vgl. Hey, DStJG 24 (2001), S. 196 f.; v. Lishaut, StuW 2000, S. 194; Sigloch, StuW 2000, S. 166; Schön, StuW 2000, S. 154 f.; Pezzer, StuW 2000, S. 149 f. 78 79

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

b) Vorteile83 aa) Vereinfachung Das neue Verfahren habe eine einfache Struktur und schaffe damit mehr Transparenz und damit auch mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Die tarifliche Entlastung auf beiden Ebenen kann zur Beseitigung der Doppelbelastung auf Anrechnungsmechanismen verzichten.84

bb) Geringe Mißbrauchsgefahr Das neue System sei nicht so mißbrauchsanfällig. Allerdings sollte nach Ansicht der Kommission darauf geachtet werden, daß mißbräuchlichen Gestaltungen von vornherein entgegengewirkt werde. § 8 a KStG und Abschaffung oder Einbindung der Gewerbesteuer wurden in diesem Zusammenhang genannt.85

cc) Rechtsformneutralität Der Gesetzgeber hielt eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung für möglich. Das einfache System eröffne die Möglichkeit, diese Struktur der Besteuerung auch auf Personenunternehmen zu übertragen.86

dd) Förderung der Innenfinanzierung Man ging davon aus, durch das neue Verfahren werde die Innenfinanzierung der Unternehmen verbessert und damit die Eigenkapitalquote erhöht. Es trägt dem grundlegenden Politikwechsel Rechnung, nachdem gesparte (d. h. thesaurierte) Gewinne besser sind als Gewinne für Konsumzwecke.87 Den drohenden „Lock-In83 Mössner in Lüdicke / Internationale Aspekte, S. 28 f. kritisiert, daß sich die Vorteile lediglich als Folge der Kritik am Anrechnungsverfahren darstellen. 84 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 94; Kritisch zum Vereinfachungsgedanken aber Kanzler, FR 2000, S. 857 f.: „legislatorisches Marketing“; Heinicke in Schmidt, § 3 ABC S. 115: erst nach Ablauf der 15jährigen Übergangszeit. 85 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 51; BT-Drucks. 14 / 2683, S. 95. 86 „Optionsmodell“ hieß der Schlüssel zur steuerlichen Rechtsformangleichung. Personengesellschaften sollte die Optionsmöglichkeit zur steuerlichen Behandlung als Kapitalgesellschaft als Alternative zur Gewerbesteueranrechnung eröffnet werden. Auf Grund heftigster Kritik der Fachwelt wurde dieses Modell aber nicht eingeführt, vgl. Ernst & Young, S. 29. 87 Vgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, Vorwort S. 3; HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 15 (S. 29). Kritisch zu der Spaltung in „gute“ und „schlechte“ Gewinne: Ernst & Young, B. Rn. 89, S. 98; Lang,

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

45

Effekt“ sah man aufgrund der Notwendigkeit einer attraktiven Dividendenpolitik für die Anleger nicht als gravierend an. Im übrigen zeige das Beispiel der USA, daß ein klassisches Körperschaftsteuerverfahren (Doppelbelastung) trotzdem florierende Kapitalmärkte haben kann und daß die Gefahr eines Einschlußeffektes nicht zu hoch bewertet werden sollte. Der „Shareholder-Value“ realisiere sich nämlich i.d.R. gerade nicht über Dividendenausschüttungen, sondern über Veräußerungsgewinne.88

ee) Europarechtskonformität Sowohl Investitionen innerhalb Deutschlands als auch ins Ausland oder vom Ausland ins Inland führen im Grundsatz beim Halbeinkünfteverfahren zur gleichen Belastung. Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften werden – bei ausreichender steuerlicher Vorbelastung – wie inländische Dividenden behandelt. Dies habe zur Folge, daß Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU gewährleistet seien. Für das österreichische Doppelhalbsatzverfahren89, das in etwas anderer Form die Entlastung auf beiden Ebenen vornimmt, habe der Ruding-Ausschuß die Europatauglichkeit bereits ausdrücklich bestätigt.90 DStJG 24 (2001), S. 88; auch Kirchhof, StuW 2002, S. 8 kritisiert die staatliche Lenkung zum Thesaurieren, die oft den individuellen Bedürfnis und nicht selten auch der wirt. Vernunft widerspreche; Hey, DStJG 24 (2001), S. 206 FN 218 verneint ein legitimes Gestaltungsziel des Gesetzgebers angesichts der Gefahren wirtschaftlicher Fehlallokation; zur Vermeidung des „Lock-In-Effektes“ vgl. Blumers / Beinert / Witt, DStR 2002, S. 565 ff., 616 ff. 88 HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 15 (S. 29 m.w.N.). 89 Zum Österreichischen Körperschaftsteuersystem: HHR / Hey, Einf. KSt. Anm. 358 ff.; zur Vorbildwirkung und Rechtsvergleich vgl. HHR / Staringer, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, vor § 20 EStG R 35 ff. Österreich besitzt ebenfalls ein klassische Körperschaftsteuersystem mit Teilentlastung. Der Körperschaftsteuersatz beträgt seit 1. 1. 1994 einheitlich 34%. Die wirtschaftliche Doppelbelastung wird grundsätzlich durch Erhebung einer mit Abgeltungswirkung ausgestatteten Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% (sog. Endbesteuerung) abgemildert. Alternativ kann für die Veranlagung unter Anwendung des halben persönlichen Durchschnittssteuersatzes der Einkommensteuer optiert werden (sog. Halbsatzverfahren). Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Beteiligung stehen, können grundsätzlich nicht geltend gemacht werden (Bruttobesteuerung). 90 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 51. Ruding, S. 469. Gegen die konkrete Ausgestaltung des Halbsatzverfahrens in Österreich bestehen allerdings erhebliche Bedenken: der halbe Steuersatz wird nur auf inländische Beteiligungen angewandt, dies verstoße gegen Art. 56 Abs. 1 i.V.m. 58 Abs. 1 lit a, b; Abs. 3 EG, vgl. Vorabentscheidungsersuchen C-516 / 99 – Schmid, Abl. 2000, C 79 / 15; Schlußantrag GA Tizzano Rz. 38 ff., EuGHE 2002, I-4573 – Schmid; vgl. auch Matzka, S. 123 ff. Auch gegen das Halbeinkünfteverfahren werden europarechtliche Bedenken geltend gemacht: Bedenklich ist die Ungleichbehandlung der beschränkt Steuerpflichtigen, sie werden mit Kapitalertragsteuer belastet, der nach § 50 Abs. 5 S. 1 EStG Abgeltungswirkung zukommt, also eine Veranlagung ausschließt, eine Berücksichtigung lediglich über den Progressionsvorbehalt des § 32 b (vgl. § 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 6 EStG) wird als unzureichend angesehen, vgl. Matsos, S. 178, 204; Fock, RIW 2000, S. 108; Dautzenberg, BB 2001,

46

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Verwunderlich ist, daß das neue Verfahren im nationalen Alleingang, ohne Diskussion auf gemeinschaftlicher Ebene, eingeführt wurde.91

ff) Schonung des Steueraufkommens Den eigentlichen Grund für die Abschaffung des Vollanrechnungsverfahrens wird in dem Ziel gesehen, mit der körperschaftsteuerlichen Definitivbelastung die Körperschaftsteuerbelastung aufkommensschonend in die Nähe des Koalitionsziels von 35 % zu bringen.92 An dieser Stelle erfolgt keine Bewertung des neuen Verfahrens. Der Systemwechsel war eine politische Entscheidung und der Gesetzgeber konnte zwischen einer Vielfalt von Möglichkeiten, die von Doppelbelastung über Teil- bis hin zur Vollentlastung reichten, wählen. Ziel dieser Arbeit ist die Überprüfung der konkreten Ausgestaltung in bezug auf die Behandlung der Erwerbsaufwendungen. Ob die neu eingeführten Abzugsbeschränkungen sich systematisch in das neue System einfügen, erscheint zweifelhaft.

3. Konsequenz für die ausschüttende Gesellschaft, § 23 Abs. 1 KStG

Durch das StSenkG wurde der gespaltene Körperschaftsteuersatz aufgehoben und ein einheitlicher Steuersatz von 25 % für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne festgelegt (§ 23 KStG).93 Im Rahmen des Flutopfersolidaritätsgesetzes aus Anlaß der Flutkatastrophe in Deutschland wurde ab VZ 2003 der Steuersatz für ein Jahr um 1,5 % auf 26,5 % angehoben.94 S. 2137; Bedenken bestehen gegen die in § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG angeordnete Abgeltungswirkung der Kapitalertragsteuer auf Ausschüttungen an ausländische Kapitalgesellschaften, vgl. Mössner in Lüdicke, Internationale Aspekte der Unternehmenssteuerreform, S. 48 f., 51; Beteiligungen an ausländischen Investmentfonds werden weder nach § 3 Nr. 40 EStG noch nach § 8 b KStG begünstigt, darin sieht Raber, DStJG 24 (2001), S. 108 einen Verstoß gegen Art. 58 EG; vgl. auch Heinicke in Schmidt, § 3 ABC S. 123 m.w.N. Zu den europarechtlichen Bedenken gegen die Abzugsbeschränkungen vgl. Teil 1 E.; Teil 2 C. VIII., D. III. 91 Krause-Junk in Lüdicke, Internationale Aspekte der Unternehmenssteuerreform, S. 24 ff. Kritisch zum Argument Investitionen innerhalb und außerhalb Deutschlands würden gleichbehandelt: Mössner in Lüdicke, Internationale Aspekte der Unternehmenssteuerreform, S. 30 ff. 92 Lang, Diskussionsbeitrag in Grundrechtsschutz im Steuerrecht, S. 135. 93 Die Brühler Kommission hatte im Hinblick auf die Lage der öffentlichen Haushalte noch 28% im Rahmen einer ersten Stufe als richtungsweisenden Schritt für ausreichend gehalten, vgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 49. 94 BStBl. I 2002, S. 865; BGBl. I 2002, S. 3651. Diese Steuererhöhung kam aus Anlaß einer Debatte über die soziale Verteilungsgerechtigkeit zustande. Nachdem die Regierungskoalition lediglich eine Verschiebung der 2. Stufe der Steuerreform 1999 / 2000 / 2002 vor-

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

47

4. Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbelastung, § 3 Nr. 40 EStG95

Der Wechsel vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zur Definitivbesteuerung mit niedrigerem Körperschaftsteuersatz wird ergänzt durch die hälftige Steuerbefreiung der mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Einnahmen des Anteilseigners. § 3 Nr. 40 EStG regelt, für welche Einnahmen die Steuerbefreiung gilt.

a) Systematische Stellung Die systematische Stellung der Vorschrift ist verfehlt. Die Überschrift steuerfreie Einnahmen trifft auf die Dividenden gerade nicht zu. Ziel des Gesetzgebers war nicht die Privilegierung von Dividenden.96 Treffend beschreibt Frotscher den Unterschied zwischen Steuerbefreiungen von Einnahmen, die bei dem Leistenden steuerlich abzugsfähig sind („above the line“, z. B. Lohnzuschläge), und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist („below the line“, im wesentlichen Dividenden (wirtschaftliche Doppelbelastung) und ausländische Einkünfte (rechtliche Doppelbelastung)). Das deutsche Körperschaftsteuersystem sehe gerade kein „Dividendenabzugsverfahren“ vor, bei dem die gezahlte Dividende wie Betriebsausgaben bei der Einkünfteermittlung abgezogen werden könnten. Die Dividenden sind daher wirtschaftlich mit der Körperschaftssteuer der ausschüttenden Gesellschaft belastet. Die Regelung des Halbeinkünfteverfahrens, pauschalierend eine Doppelbesteuerung zu vermeiden und eine Einmalbelastung herzustellen, hätte daher in den Zusammenhang des § 20 EStG gehört.97 Nach § 2 Abs. 5 a EStG findet § 3 Nr. 40 EStG – ebenso wie 3 c Abs. 2 EStG – nur für die Zwecke der Einkommensbesteuerung Anwendung. gesehen hatte, warf der Kanzlerkandidat Stoiber der Regierung eine einseitige Belastung unterer Einkommensschichten bzw. von Personenunternehmen vor, da weder Eingangsteuersatz noch Spitzensteuersatz (weiter) gesenkt würden. Nachdem auch Industriepräsident Michael Rogowski erklärte, die Unternehmer seien bereit, ihren Anteil zu tragen, wurde der Körperschaftsteuersatz erhöht, wovon man sich Mehreinnahmen bis zu 800 Millionen Euro verspricht, vgl. SZ Nr. 193 (23. 8. 2002), S. 1: „Auch Konzerne zahlen für die Flutopfer“. 95 Durch das UntStFG wurde außerdem § 3 S. 1 Nr. 41 EStG neu eingeführt, danach findet § 3 c Abs. 2 EStG entsprechende Anwendung im Falle des § 10 Abs. 2 AStG. Zur Problematik der Anpassung der Hinzurechnungsbesteuerung an das Halbeinkünfteverfahren, vgl. Lieber, FR 2002, S. 139 ff.; Wassermeyer, DStJG 25 (2002), S. 103 ff. 96 Vgl. Gemeinsame Eingabe von BDI, DIHT u. a. zum Referentenentwurf des UrefSenkG v. 25.1. 2000, zitiert von Hey, DStJG 24 (2001), S. 197, FN 179. 97 Frotscher, DStR 2001, S. 2046, 2050 f. Bis zum VZ 1974 war die Steuerbefreiung nach einem DBA in § 3 Nr. 41 EStG geregelt. Seit dem EStG 1975 v. 15. 8. 1974 ist diese Regelung in § 3 EStG nicht mehr enthalten. Das legt es nach Frotscher (ibid, FN 5) nahe, einen systematischen Unterschied zwischen der Steuerbefreiung inländischer Einkünfte nach §§ 3, 3 b EStG und der Steuerbefreiung ausländischer Einkünfte zu sehen.

48

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Zu der Regelung im einzelnen: b) Besteuerung laufender Einnahmen98 aa) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. d EStG Dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen Bezüge aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 9 EStG, insbesondere Dividendenausschüttungen aus Aktien und GmbH-Anteilen, einschließlich verdeckter Gewinnausschüttungen. Ausgenommen sind Ausschüttungen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG).99

bb) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. e EStG Zur Hälfte steuerfrei sind Bezüge aufgrund Kapitalherabsetzung oder Liquidation, soweit Eigenkapital i. S. d. § 28 S. 4 KStG als verwendet gilt (= Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG).100

cc) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. f EStG Vom Halbeinkünfteverfahren werden besondere Entgelte oder Vorteile i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, z. B. Disagio, Vorfälligkeitsentschädigungen erfaßt.101

dd) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. g EStG Einnahmen aus der Veräußerung von Ertragsansprüchen aus Anteilen (= Fälle des § 20 S. 1 Nr. 2 lit. a EStG; z. B. Veräußerung von Dividendenscheinen) unterliegen dem Halbeinkünfteverfahren.102

98

Vgl. HHR / Nacke, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 2 (S. E

11). 99 Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 123 – 138. 100 Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 150. 101 Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 155. 102 Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 160.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

49

ee) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. h EStG Erfaßt sind Einnahmen aus der Abtretung von Dividendenansprüchen, die nicht in einem Wertpapier verbrieft sind (§ 20 Abs. 2 S. 2 EStG).103

ff) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. i EStG Bezüge i. S. d. § 22 Nr. 1 S. 2 EStG (vor allem Zuwendungen von Stiftungen an ihre Stifter oder deren nahe Angehörige, sowie Zuwendungen von Familienstiftungen an ihre Destinatare), soweit sie nicht von einer von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft stammen, werden ebenfalls erfaßt.104

gg) Konsequenz für den Sparerfreibetrag Nicht gekürzt werden die bei der Einkünfteermittlung zu berücksichtigenden Werbungskostenpauschbeträge (§ 9 a Nr. 2, 3 EStG), Freibeträge (§ 20 Abs. 4 EStG – Sparerfreibetrag, §§ 17 Abs. 3, 16 Abs. 4, 13 Abs. 3 EStG – Veräußerungsfreibeträge) und Freigrenzen (§ 23 Abs. 3 S. 6 EStG).105 Damit führt das Verfahren bei laufenden Erträgen zu einer faktischen Verdopplung des Sparerfreibetrags. Im Ergebnis führt es dazu, daß bei Aktienvermögen bis zu 150.000 DM i.d.R. keine Einkommenssteuer zu entrichten ist.106

c) Behandlung von Veräußerungsgewinnen Grundlegend verändert hat sich die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen natürlicher Personen. Die steuerliche Erfassung von Kapitalgesellschaftsgewinnen beim Anteilseigner wäre unvollständig beschrieben, würde ausschließlich die Besteuerung des ausgeschütteten Gewinns betrachtet.107 Der mit Körperschaftsteuer belastete Gewinn kann nämlich auch durch Veräußerung der Anteile realisiert werden. Der thesaurierte Gewinn beeinflußt den Wert des Anteils und schlägt sich in der Höhe des Veräußerungsgewinns nieder. Nacke sieht einen weiteren Grund für den Systemwechsel darin, daß er in weiten Teilen die Mißstände, die durch die unterschiedliche Behandlung von Dividendenausschüttungen und Veräußerungstat103

Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R

165. 104

Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R

170. 105 106 107

4 Beck

Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 31. Vgl. dazu Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 58 ff. So auch Raupach, DStJG 20 (1996), S. 21, 31 ff.

50

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

beständen (private Veräußerungsgewinne waren weitgehend steuerfrei) entstehen, behebe. Der Gleichlauf werde dadurch erreicht, daß bestimmte Veräußerungstatbestände ebenfalls vom Halbeinkünfteverfahren erfaßt würden.108 Demgegenüber kritisiert Raupach, daß die verschiedenen Stufen der Steuerreform zu einem „systemlosen Mix“ unterschiedlichster Regelungen geführt haben.109 Gewinne aus Beteiligungsveräußerungen werden bei natürlichen Personen nunmehr grundsätzlich dem Halbeinkünfteverfahren unterworfen. Nach § 3 Nr. 40 S. 1 EStG ist die Hälfte der Einnahmen steuerfrei:

aa) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. a EStG Wenn die Beteiligung zum Betriebsvermögen der natürlichen Person bzw. Personengesellschaft gehörte, greift § 3 Nr. 40 S. 1 lit. a EStG mit den einzeln aufgeführten Fällen (Veräußerung / Entnahme, Auflösung / Liquidation, Teilwertzuschreibung) ein.110

bb) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. b EStG Fälle der unmittelbaren und mittelbaren Betriebsveräußerung und -aufgabe i. S. d. § 16 Abs. 2 und 3 EStG (ggf. i.V.m. §§ 14 bzw. 18 III 2 EStG) fallen unter § 3 Nr. 40 S. 1 lit. b EStG.111 Das Unternehmenssteuerfortführungsgesetz (UntStFG)112 hat klargestellt, daß beide Regelungen auch für die Veräußerung von Organbeteiligungen i. S. d. §§ 14, 17, 18 KStG gelten.113

HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 35 (S. E 34 f.). HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 14; ders., DStJG 25 (2002), S. 9 ff. Zur Forderung alle privaten Veräußerungsgewinne zu besteuern, vgl. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, S. 152 ff.; Birk, StuW 2000, 335. 110 Eine Ausnahme enthält Satz 2. Im einzelnen: HHR / Nacke / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 71 – 85. Vgl. auch § 52 Abs. 16 S. 3 – 6 EStG zu gewinnerhöhenden Rückstellungsauflösungen. 111 Im einzelnen: HHR / Nacke / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 86 – 101; zur analogen Anwendung in den Fällen der §§ 14, 18 Abs. 3 EStG vgl. Nacke / Intemann, DB 2002, S. 757 f. 112 V. 20. 12. 2001, BGBl. 2001 I, S. 3858. 113 Die seit dem StSenkG erwogene Gestaltungsmöglichkeit, Veräußerungsverluste im Organkreis voll geltend zu machen und bei Entstehen eines Veräußerungsgewinns vor der Veräußerung die Organschaft zu beenden, so daß ein Gewinn nach § 3 Nr. 40 S. 1 lit. c dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt, ist durch die Neuregelung überholt, vgl. HHR / Trossen, Jahresband 2002, § 3 Nr. 40 J 01 – 6 (E 7). 108 109

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

51

cc) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. c EStG Die Gewinne aus der Veräußerung / verdeckten Einlage von Beteiligungen, die nach § 17 EStG im Privatvermögen gehalten werden, sowie die Fälle der Auflösung und Kapitalherabsetzung nach § 17 Abs. 4 EStG werden von § 3 Nr. 40 S. 1 lit. c EStG erfaßt. Der maßgebliche Prozentsatz in § 17 EStG wurde bereits durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002 auf 10 % und durch das StSenkG nochmals auf 1 % gesenkt, so daß nunmehr statt der wesentlichen Beteiligung nur mehr eine „Bagatellgrenze“ erreicht werden muß.114

dd) § 3 Nr. 40 S. 1 lit. j EStG Veräußerungsgewinne innerhalb der Fristen des § 23 EStG fallen unter § 3 Nr. 40 lit. c EStG. Die maßgeblichen Fristen wurden dabei durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002 verlängert.115

d) Rechtssystematische Begründung der Erfassung unterschiedlicher Erträge Sowohl die laufenden Beteiligungserträge als auch die Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft unterliegen bei natürlichen Personen der Halbeinkünftebesteuerung. Der Gesetzesentwurf wollte damit zusammen mit der steuerlichen Vorbelastung durch die Körperschaftsteuer die ertragsteuerliche Einmalbesteuerung116 des Gewinns sicherstellen.117 Nach dem Systemwechsel versteht der Gesetzgeber unter „Einmalbesteuerung“ nicht mehr nur die definitive Belastung mit der inländischen Körperschaftsteuer, sondern das Zusammenspiel von Halbeinkünftebesteuerung in der Einkommensteuer und körperschaftsteuerlicher Vorbelastung, die eine ertragsteuerliche Einmalbesteuerung des Gewinns sicherstellen, die typisierend und generalisierend der Steuerbelastung anderer Einkünfte entspricht.118 Das Argument der Vorbelastung mit Körperschaftsteuer trifft eigentlich nur offene Rücklagen. Die Brühler Kommission schlug daher lediglich die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf den Ver114 Im einzelnen: HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 106 – 108. 115 Im einzelnen: HHR / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 175. 116 Zum Ursprung dieses Grundsatzes bei der Einführung des Anrechnungsverfahrens und zur allgemeinen Kritik hierzu: HHR / Hey, KSt. Einf. Anm. 34 (K 59); Knobbe-Keuk, StuW 1982, S. 201; Leisner, StuW 1984, S. 247 f.; Prinz, FR 1998, S. 1108. 117 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 96. 118 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 96.

4*

52

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

äußerungsgewinn vor, soweit dieser sich auf offene Rücklagen bezog.119 Stille Reserven waren nicht von seiner Zielsetzung erfaßt. Der Gesetzgeber sah aber wohl die körperschaftsteuerliche Nachbelastung als ausreichend an. Im übrigen wäre das Verfahren sonst noch komplizierter geworden. Systematisch zutreffend ist dieser Gleichlauf deswegen, weil Veräußerungsgewinne aus wirtschaftlicher Sicht nur zukünftige Dividendenzahlungen – in Gestalt von Gewinnrücklagen als bereits realisiertes Dividendenpotential oder in Form eines Firmenwertes als noch zu realisierendes Dividendenpotential – repräsentieren. Ein Veräußerungsgewinn erweist sich mithin als antizipierte Totalgewinnausschüttung, was die Notwendigkeit für eine identische Besteuerung offensichtlich macht.120

e) Verfahren Die Brühler Kommission ging davon aus, daß die körperschaftsteuerliche Vorbelastung bei einem individuellen Einkommensteuersatz des Anlegers von 40 % kompensiert wird. Für Anleger mit einem Steuersatz von unter 40 % kommt es zu einer Mehrbelastung, die allerdings u. a. durch die faktische Verdopplung des Sparerfreibetrages kompensiert werde. Insoweit bestehen m.E. keine Bedenken gegen die Typisierung. Die Frage, wie Anleger mit Erwerbsaufwendungen behandelt werden sollen, wurde indessen von der Kommission nicht erörtert. Im folgenden soll anhand von Beispielen die Wirkungsweise des Halbeinkünfteverfahrens dargestellt werden. Im Rahmen einer vereinfachten Darstellung bleiben Progression, Freibeträge etc. außer Betracht.

119 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 52; Schaumburg / Rödder, S. 107 f. werfen dem Gesetzgeber daher vor, er sei über das Ziel hinaus geschossen. Vgl. auch Desens, FR 2002, S. 248: In den Fällen des § 3 c Abs. 2 S. 1 2. HS EStG würden stille Reserven ohne den hälftigen Abzug nicht besteuert, so daß diese Regelung an sich systemkonform ist (m.w.N. FN 12). Deshalb greifen systematische Bedenken gegen § 3 c Abs. 2 S. 1 2. HS nicht durch; Schön, FR 2001, S. 388: „( . . . ) Finanzierungs-Verwaltungskosten müssen zum Abzug zugelassen werden. Für Veräußerungsverluste oder Teilwertabschreibungen gilt dies jedoch ebensowenig wie im Rahmen von § 8 b Abs. 3 KStG.“ Diese Erwägungen treffen aus dem im folgenden ausgeführten Grund nicht zu. 120 Dies zeigen bereits die gängigen Verfahren zur Unternehmensbewertung, die den Unternehmenswert im wesentlichen auf künftige Dividendenströme an den Anteilseigner stützen, vgl. Fox, Oppenhoff & Räddler, S. 26; Müller-Gatermann, GmbHR 2000, S. 650 ff., 654; v. Lishaut, StuW 2000, S. 182 ff., 189 ff.; Hötzel in Schaumburg / Rödder, S. 209. Vgl. auch Teil 2 B. II. 2. c).

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

53

Ausgangspunkt: ausgeschütteter Gewinn 10.000; KSt-Satz 25 %; ESt-Satz 40 % (Alleingesellschafter):

Beispiel 1: Ohne Erwerbsaufwendungen Vollanrechnungsverfahren: ausgeschütteter Gewinn

10.000

25 % KSt

2.500

Dividende

7.500

davon 40 %

4.000

(Anrechnungsguthaben 2.500; d. h. noch zu zahlende Steuer 1.500) Ergebnis nach Steuern + 6.000 Halbeinkünfteverfahren ausgeschütteter Gewinn

10.000

25 % KSt

2.500

Dividende

7.500

0,5 = 3.750

davon 40 %

1.500

Ergebnis nach Steuern: + 6.000 Der Systemwechsel hat keine Auswirkungen.

Beispiel 2: Die Erwerbsaufwendungen sollen 1.000 betragen Vorab zum Vergleich: Wirkung von Erwerbsaufwendungen im Vollanrechnungsverfahren ausgeschütteter Gewinn

10.000

25 % KSt

2.500

Dividende

7.500

– 1.000 = 9.000

davon 40 %

3.600

(Anrechnungsguthaben 2.500; d. h. noch zu zahlende Steuer 1.100) Ergebnis nach Steuern + 5.400 d. h. die Steuerlast sank um 400 = 40 % von 1.000 Variante 1: Hälftige Freistellung der Einnahmen und voller Abzug der Aufwendungen ausgeschütteter Gewinn

10.000

25 % KSt

2.500

Dividende

7.500 davon 0,5 = 3.750 – 1000 = 2.750 davon 40 % = 1.100

Ergebnis nach Steuern: + 5.400 (gleiches Ergebnis wie im Vollanrechnungsverfahren) Das im Gesetzentwurf genannte Ziel, der Einmalbelastung Rechnung zu tragen, würde durch diese Variante 1 erreicht.

54

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Variante 2: Einnahmenfreistellung zur Hälfte; Aufwendungen nur zur Hälfte abzugsfähig, bei negativen Ergebnis nur hälftige Berücksichtigung (Gesetzeslage) Halbeinkünfteverfahren ausgeschütteter Gewinn 25 % KSt Dividende

10.000 2.500

7.500 davon 0,5 = 3.750 – 0,5 * 1000 = 3.250 davon 40 % = 1.300

Ergebnis nach Steuern: + 5.200 d. h. die Steuerlast sinkt nur um 200 = 20 % von 1.000 Dieses Verfahren führt dazu, daß bei den Anlegern, die Erwerbsaufwendungen haben, das Ziel der Einmalbelastung – bei typisierender Betrachtung – nicht erreicht wird. Die Tatsache der Erwerbsaufwendungen führt zu einer größeren Steuerbelastung bzw. geringeren Entlastung von der Vorbelastung durch Körperschaftsteuer.

Beispiel 3: Die Erwerbsaufwendung betragen 12.000 DM Vorab zum Vergleich: Wirkung von Erwerbsaufwendungen im Vollanrechnungsverfahren ausgeschütteter Gewinn

10.000

25 % KSt

2.500

Dividende

7.500

– 12.000 = – 2.000 davon 40 %

– 800

(Anrechnungsguthaben 2.500; d. h. zu erstattende Steuer 2.500; Verlustvortrag bzw. mit anderen Einkünften zu verrechnender Verlust: – 2.000; d. h. ggf. Reduktion der Steuerlast um 800 + 2.500 Erstattung = 3.300) Ergebnis nach Steuern: – 2.000; d. h. der Verlust wird voll berücksichtigt und führt falls weitere Einkünfte vorhanden sind zu einer Reduktion der Steuerlast um 800 = – 1.200 D. h. der Sachverhalt ist nicht mehr mit Ertragsteuern belastet. Variante 1: Hälftige Freistellung der Einnahmen und voller Abzug der Aufwendungen ausgeschütteter Gewinn 25 % KSt Dividende

10.000 2.500

7.500 davon 0,5 = 3.750 – 12.000 = – 8.250

davon 40 %

= – 3.300

Ergebnis nach Steuern: – 4.500 (da keine Anrechnung); der überschießende Teil der Erwerbsaufwendungen führt zu einem Verlust von 8.250, falls dieser mit anderen Einkünften verrechnet werden kann, reduziert sich die Steuerlast um 3.300 damit ergibt sich ein Endergebnis aus dem Vorgang von – 1.200 (wie im Vollanrechnungsverfahren). Die steuerliche Vorbelastung mit der Körperschaftsteuer würde voll kompensiert. Das im Gesetzentwurf genannte Ziel, der Einmalbelastung Rechnung zu tragen, würde durch diese Variante 1 erreicht.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

55

Variante 2: Einnahmenfreistellung zur Hälfte; Aufwendungen nur zur Hälfte abzugsfähig, bei negativem Ergebnis nur hälftige Berücksichtigung (Gesetzeslage) Halbeinkünfteverfahren ausgeschütteter Gewinn

10.000 2.500

25 % KSt Dividende

7.500 davon 0,5 = 3.750 – 0,5 * 12000 = – 2.250 davon 40 % = – 900 (weniger Steuern, falls ausgleichsfähig)

Ergebnis nach Steuern: – 4.500 falls der steuerliche Verlust (– 2.250) mit anderen Einkünften verrechnet werden kann, sinkt die Steuerlast nur um 900 (es gibt kein Anrechnungsguthaben mehr) d. h. das Endergebnis beträgt: – 3.600. D. h. die steuerliche Vorbelastung mit KSt wird nicht voll kompensiert. Der Sachverhalt bleibt steuerlich belastet. In Variante 2 beträgt die Mehrbelastung 2.400 = 3600 (Endergebnis nach derzeitiger Gesetzeslage) – 1200 (Endergebnis nach Vollanrechnungsverfahren).

Beispiel 4: Steuerbelastung über 50 % wegen Halbabzug121 Es sind Fälle (bei hohen Erwerbsaufwendungen) denkbar, in denen der bloße Halbabzug zu einer Steuerbelastung von über 50 % beim Steuerpflichtigen führt. Beispiel: Die Summe der Einkünfte betrage – ohne die Kapitaleinkünfte – + 40.000; ausgeschütteter Gewinn 100, KSt 25 %, Dividende 75; Erwerbsaufwendungen 20.000 Variante 2: Halbeinkünfteverfahren: Einkünfte ohne § 20 EStG

40.000

(§§ 20, 3 Nr. 40, 3 c Abs. 2: 37,50 – 10.000) – 9.962,50 Summe der Einkünfte

30.037,50

davon 40 %

12.015

bei Anwendung von Variante 1 ergäbe sich: Einkünfte ohne § 20 EStG 37,50 – 20.000 Summe der Einkünfte davon 40 %

40.000 – 19.962,50 20.037,50 8.015

D. h. bezogen auf die tatsächliche Summe der Einkünfte beim Steuerpflichtigen (20.037,50) beträgt die Einkommensteuerbelastung (12.015) 59,96 %. Der Effekt steigert sich, je höher die Erwerbsaufwendungen sind. Projekte mit hohen Anfangsinvestitionen werden auf diese Weise benachteiligt.

121 Wegen dieser Wirkung will Crezelius, DB 2001, S. 227, wenigstens den überschießenden Betrag voll abziehen; a.A. Schön, FR 2001, S. 387 Nettoprinzip fordert vollen Abzug, dazu unter Teil 1 C. III. 5., 6.

56

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen Beispiel 5: Steuerbelastung über 100 %

Bei entsprechend hohen Erwerbsaufwendungen kann in Fortführung des vorherigen Beispiels die Steuerbelastung über 100 % betragen. In der Prüfung, ob die Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG verfassungsgemäß ist, wird darauf und auf das Problem einer verfassungsrechtlich gebotenen Steuerfreistellung des Existenzminimums einzugehen sein.122 Das Problem der übermäßigen steuerlichen Belastung eines – wirtschaftlichen – Zusammenhangs taucht beim Halbeinkünfteverfahren auch in einem anderen Zusammenhang auf. Rödder123 beschreibt den Fall, wann unter Berücksichtigung der bei der Gesellschaft gezahlten Gewerbe- und Körperschaftsteuer eine Steuerbelastung von über 100 % eintritt: Altes Recht (Zins 50)

Neu (Zins 50)

Neu (Zins 80)

Gewinn vor Steuern

120

120

120

GewSt (400 %)

– 20

– 20

– 20

KSt-pflichtig

100

100

100

KSt (ohne SolZ)

– 40

– 25

– 25

Nettodividende

60

75

75

KSt-Minderung

+ 10





Bardividende

70

75

75

Zinsaufwand

– 50

– 50

– 80

ESt-pflichtig

100

37,50

37,50

Zinsaufwand

– 50

-25

– 40

50

12,5

– 2,5

– 24,2

– 6,1

+ 1,2

+ 30





verbleiben ESt (48,5 %) Anrechnung KSt Netto Gesellschafter Steuerbelastung % bezogen auf die tatsächlichen Nettoeinkünfte

25,8

18,9

– 3, 8

63,1 %

73 %

110 %

Rödder sieht darin einen Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Dies betrifft die Frage, ob die steuerliche Belastung bei den zwei selbständigen Rechtssubjekten Gesellschaft und Gesellschafter gemeinsam zu betrachten ist und damit den Ausgangspunkt der Unternehmensbesteuerung. Das Beispiel beruht nicht vorrangig auf der Wirkungsweise von § 3 c Abs. 2 EStG und bleibt daher im Rahmen dieser Arbeit außer Betracht. 122 123

Dazu Teil 1 D. II. 1. a). Schaumburg / Rödder, 249 f.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

57

Das Ziel, der körperschaftlichen Vorbelastung durch hälftige Freistellung beim Anteilseigner Rechnung zu tragen, hätte theoretisch auch durch weitere Verfahrensvarianten verfolgt werden können: Variante 3: Bruttobesteuerung Die ausgeschüttete Bruttodividende (ohne Körperschaftsteueranrechnung) könnte hälftig freigestellt werden. Soweit ersichtlich wird diese Bruttobesteuerung in Österreich praktiziert, mit der Modifikation, daß statt hälftiger Freistellung der halbe Steuersatz auf die Bruttodividende angewandt wird. Die damit zusammenhängenden Aufwendungen können in Österreich generell nicht abgezogen werden. Variante 4: Besteuerung der Einkünfte (Nettoergebnis) nur zur Hälfte, bei negativem Ergebnis nur hälftige Berücksichtigung In den Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung ist auf S. 52 von der Nettodividende (ausgeschütteter Gewinn abzüglich Werbungskosten oder Betriebsausgaben) die Rede, die nur zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage für die persönliche Einkommensteuer einbezogen werden soll. Auf den Verlustfall wird nicht eingegangen, soweit dann auch nur eine hälftige Berücksichtigung hätte erfolgen sollen, ergebe sich zur Variante 2 (Gesetzeslage) kein Unterschied. Variante 5: Besteuerung der Einkünfte (Nettoergebnis) nur zur Hälfte, bei negativem Ergebnis dessen volle Berücksichtigung Falls allerdings im Verlustfall, d. h. wenn die Erwerbsaufwendungen die Dividende übersteigen, der Verlust voll berücksichtigt wird, kann es jedenfalls nicht zu einer Steuerlast kommen, die den individuellen Steuersatz wesentlich übersteigt. Eine Ertragsteuerbelastung von über 50 % kommt dann grundsätzlich nicht in Betracht. Variante 6: Einnahmenfreistellung zur Hälfte; Aufwendungen nur zur Hälfte abzugsfähig, bei negativem Ergebnis dessen volle Berücksichtigung Diese Modifikation von Variante 2 entspricht im Ergebnis der Variante 5. Sie würde dem herrschenden Verständnis des Tatbestandsmerkmals „soweit“ in § 3 c Abs. 1 EStG124 entsprechen, d. h. im Verlustfall würden die Erwerbsaufwendungen voll berücksichtigt.

Der Kommissionsentwurf sah vor, daß auf der Ebene der Anteilseigner die körperschaftsteuerliche Vorbelastung dadurch berücksichtigt werden soll, daß die Nettodividende (ausgeschütteter Gewinn abzüglich der Werbungskosten) nur zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage für die persönliche Einkommensteuer der Anteilseigner einbezogen wird.125 Dann wäre auch ein negatives Endergebnis berücksichtigt worden – von einer Verlustausgleichsbeschränkung war nicht die Rede – und der Begriff „Halbeinkünfteverfahren“ für die Besteuerung beim Anteilseigner wäre richtig gewesen.126 Der Gesetzentwurf führte statt dessen § 3 c Abs. 2 EStG ein, wonach die Aufwendungen nur zur Hälfte berücksichtigt werden dürfen, während Dazu Teil 1 C. II. 2. B) aa). Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 49, 52. 126 HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 1 (S. E 10); R 37 (S. E 37). 124 125

58

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

andererseits von den Bruttoeinnahmen die Hälfte über § 3 Nr. 40 EStG erfaßt wird.127 Richtigerweise handelt es sich also um ein Halbeinnahmeverfahren, das um ein Halbabzugsverfahren ergänzt wird.128 Eine amtliche Begründung für das Verfahren, zweimal die Hälfte vom Bruttobetrag statt einmal die Hälfte des positiven Nettobetrages, fehlt.129 Solange das Ergebnis positiv ist, bestehen keine Unterschiede. Grundsätzlich steht das gewählte Vorgehen im Einklang mit der bisherigen Regelung in den §§ 3, 3 c EStG. Die Schwierigkeit, die zu befreienden Einkünfte tatbestandlich zu umschreiben, hat den Gesetzgeber veranlaßt, sich auf die Befreiung von Einnahmen zu beschränken und in § 3 c EStG lediglich auf die erforderliche Korrektur beim Ausgabenabzug hinzuweisen und dem Rechtsanwender die nähere Formulierung des Korrekturerfordernisses und seiner Ausformung in den verschiedenen Befreiungsfällen zu überlassen. Gegenstand der Besteuerung sind Einkünfte (§ 2 Abs. 2 EStG). Welche Tätigkeiten zu Einkünften führen, ist in den §§ 13 – 24 EStG umschrieben. Eine Einkünftebefreiung müßte daher konsequenterweise so gestaltet sein, daß sie die Tätigkeit beschreibt, die zur Erzielung gerade der steuerfreien Einnahmen und nichtabziehbaren Ausgaben führt. Eine derartige Abgrenzung von Untereinkunftsarten aus übergeordneten Einkunftstatbeständen ist aber i.d.R. definitorisch kaum möglich. Der Gesetzgeber behilft sich damit, Einnahmen für steuerfrei und korrespondierende Ausgaben für nichtabziehbar zu erklären.130 Der Weg über die Steuerbefreiungen ermöglicht deshalb eine feinere Regulierung der individuellen Steuerbelastung, als es der Weg über die nichtsteuerbaren Einkünfte erlaubt.131 Zwar wurde früher einmal die Auffassung geäußert, die Befreiung von Einkünften führe über die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen und Sondertatbestände zu reduzieren, zu Einfachheit und besserer Überschaubarkeit.132 Gegen eine solche „Verformung des Definitionskreises“ erhebt Kirchner133 aber 3 Einwände: BT-Drucks. 14 / 2683, S. 4, 113. HHR / Nacke / Intemann, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 37 (S. E 37). In Übereinstimmung mit der übrigen Fachliteratur wird aber am Begriff des Halbeinkünfteverfahrens festgehalten, u. a. deshalb weil im Hinblick auf den Begriff Einkünfte keine terminologische Einigkeit herrscht, vgl. Raupach in Münsteraner Symposion I, S. 29 m.w.N. 129 Auf meine Nachfrage teilte das Bundesfinanzministerium mit: „Die Brühler Empfehlungen enthalten jedoch keine Detailausführungen, wie das neue Halbeinkünfteverfahren gesetzestechnisch umzusetzen ist. Sie enthalten auch keine konkreten Formulierungsvorschläge. Von daher vermag ich in der gesetzlichen Umsetzung keine Abweichung von den Empfehlungen der Kommission zu erkennen.“. Die Literatur sieht in der Schaffung eines Halbeinnahmeneben einem Halbabzugsverfahren, den Ursprung einer Großteil der Probleme im Zusammenhang mit dem „Halbeinkünfteverfahren“, vgl. Nacke / Intemann, DB 2002, S. 762. 130 v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c EStG A 5; Wüllenkemper, S. 62 f. 131 Ebenso Kirchner, S. 4 ff. 132 Bulletin; Steuerreform 1974 – Die Beschlüsse der Bundesregierung vom 11. Juni 1971 über Eckwerte und Grundsätze, Bonn 1971. S. 999, 1000. 133 Kirchner, S. 4 f. 127 128

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner

59

aa) Die Rechtssicherheit wäre in unerträglichem Maße gefährdet, da bei einer Definitionsänderung die Gefahr von unbeabsichtigten und schwer vorhersehbaren Auswirkungen besonders groß erscheint. bb) Der Gesetzgeber wäre mit ständig neuer Definitionsbildung überfordert. cc) Das Prinzip der Universalität und angestrebte Übersichtlichkeit werde nur scheinbar verwirklicht. Es komme zu Subsumtionschwierigkeiten. Der Verstoß gegen das Universalitätsprinzip sei bei restriktiver Definition nur besser getarnt als bei Normierung von Ausnahmetatbeständen. Es erscheint fraglich, ob diese Kritikpunkte für die Steuerbefreiung der mit Körperschaftsteuer belasteten Einnahmen greifen würden, da es sich um eine einmalige Definition gehandelt hätte und eine kompliziertere Regelung als die gewählte kaum vorstellbar erscheint. Die grundsätzliche Möglichkeit134 des gewählten Vorgehens ändert jedenfalls nichts an der Tatsache, daß zumindest das hälftige Verlustabzugsverbot, wenn die Aufwendungen die Einnahmen übersteigen, nicht von der Kommission vorgeschlagen worden war. Werbungskosten und Betriebsausgaben wurden zwar explizit angesprochen. Es erscheint aber zweifelhaft, daß die Konsequenz, wonach Erwerbsaufwendungen zu einer Benachteiligung führen überhaupt bedacht und damit im Ergebnis tatsächlich gewollt war.

5. Zusammenfassung und Rechtsvergleich

Das Halbeinkünfteverfahren kehrt zurück zu einem klassischen Körperschaftsteuersystem mit Definitivbelastung. Die Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne wird im Rahmen eines Freistellungssystems berücksichtigt.135 Ein ähnliches Verfahren – Teilentlastung über die Bemessungsgrundlage – kennt in der EU nur Luxemburg. Belgien, Dänemark, Großbritannien, Niederlande, 134 Zur systematischen Kritik an § 3 Nr. 40 EStG vgl. Teil 1 C. III. 5. a) bb); Teil 2 B. II. 1. b) bb). 135 Das Halbeinkünfteverfahren wird wohl überwiegend als verfassungsgemäß angesehen. Der Hauptkritikpunkt, wonach Kleinaktionäre benachteiligt würden, weil erst ab einem Spitzensteuersatz von 40% das Halbeinkünfteverfahren für den Anteilseigner günstiger als das Anrechnungsverfahren ist, soll dem Recht des Gesetzgebers, einen Systemwechsel durchzuführen, nicht entgegenstehen. Im übrigen ist wohl nur ein geringer Teil aller Aktionäre betroffen, vgl. hierzu Birk, Steuerrecht, Rn. 1110 ff. m.w.N.; Pezzer, DStJG 25 (2002), S. 54; BTDrucks. 14 / 2683 S. 95 f. Für Verfassungswidrigkeit hingegen: HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 49 ff.; Jachmann, DStJG 23 (2000), 23 u. 161 f.; Schneeloch / Trockels-Brand, DStR 2000, S. 909; Nacke / Intemann, DB 2002, S. 756 ff. – wo insbesondere auf den Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des Existenzminimums hingewiesen wird; vgl. auch Lang, DStJG 24 (2001), S. 97, 103 f.; Hey, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), schlägt auf S. 17 f. als Alternative ein pauschaliertes Teilanrechnungsverfahren vor und gibt dem neuen Verfahren insgesamt keine Zukunft.

60

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Österreich, Schweden erreichen eine pauschale Teilentlastung über einen ermäßigten Steuersatz.136

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben Zentrales Problem ist die Behandlung der Erwerbsaufwendungen. Die Beispiele haben gezeigt, daß der neuen Abzugsbeschränkung eine entscheidende Rolle zukommt. Im folgenden soll unter I. zunächst allgemein auf Begriff und Rechtsnatur steuerlicher Abzugsbeschränkungen eingegangen werden. Unter II. wird die Entstehungsgeschichte von § 3 c EStG und unter III. die Einführung von § 3 c Abs. 2 EStG und dessen systematische Inkonsequenz erörtert.

I. Begriff und Rechtsnatur von steuerlichen Abzugsbeschränkungen 1. Begriff

Abzugsbeschränkungen / -verbote verhindern den Abzug von Positionen in der steuerlichen Einkommensberechnung, die ansonsten abzugsfähig wären. Das hier zu behandelnde Abzugsverbot des § 3 c EStG betrifft Erwerbsaufwendungen137, die nicht von den Einnahmen abgezogen werden dürfen. Es schränkt damit die in §§ 2 Abs. 2, 9 und 4 EStG angeordnete Abzugsfähigkeit von Werbungskosten und Betriebsausgaben ein. Spezielle Abzugsverbote bestehen im Sonderausgabenbereich (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a; Nr. 8 Satz 1; Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG). Sie beruhen ebenso wie die Abzugsverbote des § 22 Nr. 4 S. 2 und § 50 Abs. 1 S. 1 EStG auf dem Korrespondenzgedanken.138 § 50 Abs. 1 S. 1 EStG ist die Parallelvorschrift zu § 3 c Abs. 1 EStG, die klarstellt, daß es für die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger lediglich auf die inländische Leistungsfähigkeit ankommt.139 Eine zentrale Abzugsverbotsnorm ist § 12 EStG. Ebenso wie § 4 Abs. 5 EStG beruht sie nicht auf dem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen, sondern in der typisierend unterstellten privaten (Mit-)Veranlassung der Aufwendungen. Lediglich § 12 Nr. 2 EStG, der mit § 22 Nr. 1 S. 2 EStG korrespondiert, beruht auch auf dem Korrespondenzprinzip.140 Das Korrespondenzprinzip bezeichnet den Grundsatz, demzufolge der Empfänger einer Leistung nicht zu versteuern braucht, was der Geber nicht abziehen darf 136 137 138 139 140

Jaeger, S. 127. s. o. Teil 1 A. I. 2. HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 30 f. v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c EStG A 13. HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 32.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

61

(negative Korrespondenz), und – umgekehrt – der Empfänger versteuern muß, was der Leistende von der Bemessungsgrundlage abziehen darf (positive Korrespondenz).141 Nach finanzwissenschaftlicher Auffassung ist bei Einkommensübertragungen zwischen verschiedenen Steuersubjekten innerhalb der gleichen Periode dieses „interpersonale Korrespondenzprinzip“ zu beachten. Dadurch werde die Einmalbesteuerung des Einkommens gewährleistet.142 Die Rechtsprechung und Rechtswissenschaft lehnt hingegen – abgesehen von den gesetzlich normierten Fällen – ein allgemeines Korrespondenzprinzip ab. Beispielhaft sei auf den Mieter verwiesen, der seinen Mietzins grundsätzlich nicht abziehen kann, obwohl der Vermieter die Mieteinnahme versteuern muß. Eine unbedingte wechselseitige Abhängigkeit i. S. d. Korrespondenz wäre mit dem Grundsatz der Individualbesteuerung unvereinbar.143 Rechtssystematisch komme es darauf an, daß die Bemessungsgrundlage die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einkommensteuerschuldners ausweist; diese Bemessungsgrundlage ist von der steuerlichen Leistungsfähigkeit eines anderen Steuersubjekts grundsätzlich unabhängig.144 2. Rechtsnatur

Nach einer Ansicht betreffen Abzugsverbote steuerlich die Ebene der Einkünfteermittlung.145 Im Gegensatz dazu betreffen Verlustausgleichsverbote die Ebene der Einkünftesaldierung, d. h. die Frage, ob der als Ergebnis der Einkünfteermittlung entstandene Verlust mit den übrigen Gewinnen derselben Einkunftsart (interner / horizontaler Verlustausgleich) oder mit positiven Ergebnissen bei anderen Einkunftsarten (externer / vertikaler) verrechnet werden dürfe.146 Diese TerminoloVgl. BFH 10. Senat, BStBl. II 1994, S. 597 (598); Lang, Bemessungsgrundlage, S. 83. Littmann in Sachverständigenkommission Alterssicherungssysteme, Berichtsband 2, 1983, S. 425 (485); zitiert bei Söhn, StuW 1985, S. 406. 143 BFHE 157, 88; BFH, BStBl. II 1994, S. 597 (598); BStBl. II 1995, S. 121 (125); FG Hamburg, EFG 2000, S. 21; Ausdrücklich offengelassen: BFH, BStBl. II 1996, S. 157 (158). 144 Lang, Bemessungsgrundlage, S. 84; Loritz, DRV-Schriften – Band 29 (2001), S. 69, 76, 78 f. m.w.N.; Blümich-Stuhrmann, § 22 EStG Anm. 47; Söhn, StuW 1985, S. 395 ff.; HHRRaupach / Schencking, § 2 Anm. 63, verweisen auch auf BFH, BStBl. 1967, S. 178: „Ein allgemeines Verbot einer Doppelbesteuerung gibt es im deutschen EStRecht nicht.“; Tipke, StuW 1980, S. 8 und Kirchhof in Kirchhof / Söhn, § 2 Anm. 189 halten darüber hinaus auch die Korrespondenz in § 22 Nr. 1 S. 2 i.V.m. § 12 Nr. 2 EStG für verfehlt. Es handle sich um eine ungerechtfertigte Durchbrechung des Prinzips der Nichtabziehbarkeit privater Aufwendungen. Beispiel für die ungerechtfertigte Annahme eines Korrespondenzprinzips auch bei Loritz, Lehrbuch des Steuerrechts, Rn. 435. Tipke, StRO I, S. 500 f. leitet aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip – dazu unter Teil 1 D. I. 2. b) cc) – u. a. das Prinzip der Individualeinkommensbesteuerung ab – daraus ergibt sich das Verbot eines Korrespondenzprinzips zwischen verschiedenen Steuerpflichtigen. 145 Birk, Steuerrecht, Rn. 548. 146 Birk, Steuerrecht, Rn. 548. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, S. 108, hält den gewährten Verlustabzug nach § 10 d EStG für eine Steuervergünstigung. Er definiert 141 142

62

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

gie wird aber nicht streng eingehalten. Häufig werden beide Begriffe synonym verwendet. Beide tangieren das objektive Nettoprinzip.147 Folge jedes Abzugsverbotes ist streng genommen auch ein Verlust- bzw. Erfolgsausgleichsverbot, da der auszugleichende Verlust höher, bzw. ein Gewinn niedriger ausgefallen wäre. Synonym ist ebenfalls der Begriff Abzugsbeschränkung.

II. Entstehungsgeschichte der bisherigen Abzugsbeschränkung des § 3 c EStG148 1. Ausfüllung einer Gesetzeslücke durch Richterrecht

Im Einkommensteuerrecht hatte der Gesetzgeber für den Bereich der Sonderausgaben schon sehr früh, beginnend im Preußischen EStG von 1891, Regelungen normiert, die mit § 3 c EStG vergleichbar sind. Eine Gesetzeslücke bestand vor seiner Einführung für Betriebsausgaben und Werbungskosten. Soweit Einkünfte von der Besteuerung ausgeklammert wurden (nicht steuerbare Einnahmen; steuerfreie Einkünfte), hat der RFH ein Abzugsverbot für Werbungskosten und Betriebsausgaben aus der Systematik des Einkommensteuerrechts hergeleitet [dazu unter a)]. Soweit nach heutiger Terminologie Einnahmen freigestellt wurden, begründete der RFH ein Abzugsverbot im Wege der Rechtsfortbildung [dazu unter b)]. Steuervergünstigung als einen Rechtssatz, der nicht auf einem steuerartbegründenden Prinzip beruht und die Rechtsfolge der Steuerschuld für bestimmte Steuerrechtssubjekte oder für bestimmte steuerbare Sachverhalte nicht oder nur eingeschränkt eintreten läßt. § 10 d EStG durchbreche seiner Ansicht nach das Periodenprinzip, d. h. den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Es handle sich aber um eine sinnvolle Einschränkung des Periodizitätsprinzips, um die wirkliche steuerliche Leistungsfähigkeit bei schwankenden Jahreseinkommen zu berücksichtigen. Dabei stellt sich die Frage, ob dem Einkommensteuerrecht nicht ein „Lebenseinkommensprinzip“ zugrundeliegt, das § 10 d EStG gerade verwirklicht. Gerade das Bestehen von AfAVorschriften zeigt, daß das Steuerrecht nicht nur den gegenwärtigen Steuerzeitraum betrachtet. Die strenge Anwendung der Abschnittsbesteuerung würde AfA-Vorschriften hinfällig werden lassen, so jetzt Elicker, StuW 2002, S. 217 ff., (232), der das Interesse an einer „periodengerechten Erfolgsermittlung“ als rein fiskalisches Interesse am stetigen, möglichst frühen Zufluß von Steuereinnahmen ansieht; allerdings zieht er nicht die Folgen aus der Anwendung eines strengen Periodenprinzips, sondern fordert eine „Vortragsmöglichkeit“ für den Unternehmer. Im Ergebnis wird man wohl sagen müssen, daß das Einkommensteuerrecht beide Prinzipien zugrundelegt und wohl eher das Ziel der „Lebenseinkommensbesteuerung“ nur unzureichend verwirklicht, da Progressionsfolgen nicht ausreichend gemindert werden. Vgl. auch Ritter, FR 1978, S. 398: „Jedermann weiß heutzutage, daß der wirtschaftlich und damit auch der steuerlich richtige Gewinn der Totalgewinn ist. ( . . . ) Jedermann weiß auch, daß der Steuerpflichtige allein aus praktischen Bedürfnissen der Steuererhebung die Willkür einer Besteuerung nach dem Jahresabschnitt erdulden muß.“ 147 Dazu unter Teil 1 D. I. 2. b) dd). 148 Ausführliche Beschreibung der rechtsgeschichtlichen Entwicklung bei v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c EStG A 30 – 34, B 28, 29.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

63

a) Nicht steuerbare Einnahmen149; steuerfreie Einkünfte150 Der RFH nahm in der Entscheidung vom 5. 6. 1928 an, wenn Mitgliedsbeiträge bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz blieben (nach § 11 Nr. 6 KStG 1925), dürften auch die Ausgaben nicht berücksichtigt werden, die „in unmittelbarem oder wirtschaftlichen Zusammenhange“ mit den Beiträgen stünden. § 15 EStG (1925) i.V.m. § 13 KStG (1934) lasse den Abzug von Ausgaben nicht zu, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einkünften stünden, die für die Einkommensteuer außer Betracht blieben. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F. spreche dies zwar ausdrücklich nur für Schuldzinsen und gewisse Renten und Lasten aus, es müsse folgerichtig aber auch für die Werbungskosten gelten. „Ausgaben, die mit Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die überhaupt nicht Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes sind, können das steuerpflichtige Einkommen nicht mindern.“151 Zum gleichen Ergebnis gelangte der RFH für nicht steuerbare Einkünfte.152 Das Abzugsverbot bei nicht steuerbaren Einnahmen und Einkünften wurde damit aus dem System der Einkunftsarten abgeleitet.

b) Steuerfreie Einnahmen153 aa) Vermeidung eines doppelten steuerlichen Vorteils Schwieriger war die Begründung eines Abzugsverbots für Betriebsausgaben und Werbungskosten, die mit steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang standen. Im Ergebnis behandelte der RFH steuerfreie Einnahmen wie steuerbefreite Einkunftsteile. Dabei setzte der RFH voraus, daß steuerbefreite Teile an sich steuerbarer Einkünfte ebenso wie nicht steuerbare Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer herausfielen. Bei seiner Argumentation griff er anfangs auf § 15 Abs. 2 S. 1 EStG 1925 zurück. Löste sich davon aber in der Folgezeit und stellte mehr auf die Plausibilität des Ergebnisses ab und stützte das Abzugsverbot auf allgemeine Gerechtigkeitserwägungen. Es wurde der allgemeine Rechtsgrund149 Das sind Vermögensmehrungen, die schon nicht unter eine Einkunftsart gem. § 2 Abs. 1 EStG fallen. 150 Bei steuerfreien Einkünften stellt der Gesetzgeber den Saldo, d. h. die Nettogröße steuerfrei. In der Literatur wird hierfür auch der Begriff „nicht steuerbare Einkünfte“ gebraucht vgl. Kirchner, S. 3 – er sieht darin (S. 4) eine Verformung des Definitionskreises. 151 RFH v. 5. 6. 1928, RStBl. 1928, S. 288; vgl. HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 4. 152 RFHE 21, 244; v. 27. 10. 1928. Entsprechendes gilt für Ausgaben beschränkt Steuerpflichtiger, denen der Inlandsbezug fehlt. 153 Der Gesetzgeber stellt hier Einnahmen frei, diesen Weg über Steuerbefreiungen beschreibt Kirchner, S. 4 als das Bilden von Inseln im Kreisinnern, ohne den Definitionskreis zu verformen.

64

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

satz154 herausgearbeitet, daß bei steuerfreien Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil (Ruppe sprach später vom „ungerechtfertigten superfluum“155) durch den zusätzlichen Abzug damit unmittelbar zusammenhängender Aufwendungen erzielt werden soll.

bb) Kritik Diese Rechtsprechung ist nicht unbestritten. Es wird bezweifelt, ob sie dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung genügte. Wüllenkemper ist der Ansicht, der RFH habe das Abzugsverbot ohne gesetzliche Grundlage entwikkelt. Er stützt diese These im wesentlichen auf zwei Argumente: Erstens sei diese Frage im Einkommensteuergesetz nicht geregelt. Zweitens lasse sich der Grundsatz auch nicht aus der Systematik des Gesetzes begründen, da sich hieraus ein Abzugsverbot nur insoweit ergebe, als eine Befreiungsvorschrift bei Einkünften und nicht bei Einnahmen ansetze.156 Seiner Ansicht nach hatte die Einführung von § 3 c EStG konstitutive Bedeutung. Dagegen wird vorgebracht, daß der Konnexitätsgrundsatz (= Korrespondenzprinzip) in der Systematik des EStG Niederschlag gefunden hat und aus diesem Grunde eine richterliche Rechtsfortbildung praeter legem nicht ausgeschlossen war. Die Analogievoraussetzungen157 lagen nach dieser Meinung vor. Aber statt den Gerechtigkeitserwägungen, die der RFH anstellte, könne besser das objektive Nettoprinzip angeführt werden. Wenn die zur Erzielung von Einnahmen getätigten Aufwendungen die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern, da sie nicht zur privaten Verwendung zur Verfügung stehen, ist die Abziehbarkeit von Aufwendungen zur Erzielung steuerfreier Einnahmen nicht gerechtfertigt. Denn es tritt gerade keine Minderung der objektiven Leistungsfähigkeit ein, da die Einnahmen, auf die sich die Ausgaben beziehen, gar nicht in die Bestimmung der Leistungsfähigkeit eingehen.158

154 Vgl. dazu auch Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, § 298, S. 356. 155 Ruppe, DStJG 3 (1980), S. 128. 156 Wüllenkemper, S. 47 ff. 157 Zur Analogie im Steuerrecht vgl. Birk, Steuerrecht, Rn. 144; Hey, Steuerplanungssicherheit, S. 567 ff.; ablehnend: Friauf, DStJG 5 (1982), S. 67 ff.; Schneider, DStJG 5 (1982), S. 85 ff.; Pelka Jürgen, DStJG 5 (1982), S. 209 ff.; bejahend: vor allem Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, S. 142 ff.; Tanzer, StuW 1981, S. 201. Jedenfalls ging der RFH noch nicht von einem Analogieverbot aus, vgl. Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 123 ff. 158 HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 5; Ruppe, DStJG 3 (1980), S. 128; Kirchhof, DStJG 3 (1980), S. 214.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

65

2. § 3 c EStG als Ausdruck eines „Fundamentalprinzips“ des EStG

a) Gesetzliche Regelung Durch das StÄndG 1958159 wurde die Vorschrift des § 3 c EStG eingeführt, sie entspricht § 3 c Abs. 1 S. 1 EStG in der heutigen Fassung. Vorangegangen war der sog. Troeger-Ausschuß, mit dem Ziel nach dem Wiederaufbau auf die Phase der Vollbeschäftigung umzustellen. Der Ausschuß begründete die Einführung damit, daß sich die Vorschrift an § 13 KStG 1934160 anlehne und eindeutig klarstelle, daß alle Ausgaben, die mit einer der zahlreichen steuerfreien Einnahmearten in unmittelbarem, wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bei der Festsetzung des steuerpflichtigen Einkommens außer Ansatz bleiben müssen. In der Stellungnahme des Bundesrates hieß es, die Vorschrift beruhe auf Rechtsgrundsätzen, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sind. Sie bringe kein materiell neues Recht, sondern diene lediglich der Klarstellung. Aus der Sicht des Gesetzgebers setzte § 3 c EStG kein neues Recht. Die Vorschrift hat danach lediglich deklaratorische Wirkung und dient der systematischen Vervollständigung des EStG.161 Mitte der siebziger Jahre war geplant, den Anwendungsbereich dieses Verbots im wesentlichen auf den Betriebsausgabenabzug zu beschränken.162 Dies wurde aber nicht durchgeführt, so daß § 3 c EStG bis zum Jahre 2001 in unveränderter Fassung galt.

b) Tatbestand aa) Merkmal soweit § 3 c EStG jetzt § 3 c Abs. 1 EStG regelt ein Abzugsverbot für Betriebsausgaben und Werbungskosten, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Das Abzugsverbot ist begrenzt auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen („soweit“).163 BGBl. I 1958, S. 473; BStBl. I 1958, S. 412, 415. § 13 S. 1 KStG 1934 lautete: „Ist das Einkommen nur zu einem Teil steuerpflichtig, so dürfen Ausgaben nur insoweit abgezogen werden, als sie mit steuerpflichtigen Einkünften in unmittelbaren Zusammenhang stehen.“; vgl. RGBl. I 1934, S. 1031 (1033). 161 HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 6 m.w.N. Für nicht steuerbare Einnahmen und steuerfreie Einkünfte fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Nach Ansicht von HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 40 ist dies auch nicht notwendig, da sich das Abzugsverbot weiterhin aus der Systematik des EStG ergebe; a.A. Tipke in Tipke / Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 275: analoge Anwendung von § 3 c. 162 § 17 S. 1 Nr. 8 Entwurf EStG 1975, BT-Drucks. 7 / 1470, 22. 163 Heinicke in Schmidt, § 3 c EStG Rn. 19; BFH, BStBl III 1967, S. 92 (94). A.A. v. Bekkerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c EStG B 55, 56: nach seiner Auslegung erfordert das objektive Nettoprinzip ein uneingeschränktes Abzugsverbot (ablehnend dazu Wüllenkemper, vgl. nächster Punkt c)), eine Beschränkung will v. Beckerath nur in den Fällen aberkennen, die durch steuerfreie Einnahmen ersetzt werden und bei Ausgaben, mit denen steuerfreie Einnahmen 159 160

5 Beck

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

bb) Steuerfreie Einnahmen Steuerfreie Einnahmen sind alle derzeitigen und künftigen Vermögensmehrungen, die unter eine Einkunftsart des § 2 Abs. 1 EStG fallen und von der Besteuerung freigestellt sind.164 cc) Unmittelbarer Zusammenhang Problematisch ist das Kriterium des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt ein unmittelbarer Zusammenhang bei Ausgaben vor, die „nach ihrer Entstehung oder Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Zusammenhang stehen, d. h. ohne diese nicht angefallen wären“165. Der Zusammenhang ist für jede Ausgabe und jede steuerfreie Einnahme nach dem Gesetzeszweck der Steuerbefreiung zu prüfen.166 Die Unmittelbarkeitsforderung wird von einigen Stimmen in der Literatur als systemwidrig angesehen, ein Veranlassungszusammenhang wie bei §§ 9 Abs. 1; 4 Abs. 4 EStG solle ausreichen.167 Besonders umstritten ist die Rechtsprechung zu den Schachteldividenden168, wonach Ausgaben nur dann nicht abzugsfähig sind, wenn sie im selben Veranlagungszeitraum anfallen.169 Das Kriterium der Unmittelbarkeit ist unbestimmt und daher Einbruchstelle für juristische Wertungen.170 Indem der Gesetzgeber daran festhält, zeigt er, daß er den bisherigen Gebrauch durch die Rechtsprechung jedenfalls nicht unterbinden will. Das Kriterium ist nicht überflüssig. Die von der Rechtsprechung dazu entwickelten Einschränkungen sollen zugleich einer Überdehnung der Ausgabenzuordnung entgegenwirken, sie dienen dem Schutz des Steuerpflichtigen vor einer Benachteiligung durch eine Steuerfreistellung. § 3 c EStG wirkt damit nach zwei Seiten: Ausschluß von ungerechtfertigten Vorteilen (dazu sogleich unter c), aber ebenso von sachwidrigen Nachteilen.171 zurückgezahlt werden; „soweit“ bedeute seiner Ansicht nach nur ein Aufteilungsgebot für gemischte Aufwendungen. 164 Heinicke in Schmidt, § 3 c EStG Rn. 11 m.w.N. 165 BFH, BStBl. II 1993, S. 450 (451). 166 Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 2. 167 v. Beckerath in Kirchhof, § 3 c Rn. 13. Wassermeyer, DB 1998, S. 642; Lang / Seer, FR 1994, S. 531; Kraft / Kraft, FS f. Debatin, S. 252; BFH, BStBl. II 1997, S. 60 (62); a.A. HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 62; BFH, BStBl. II 1996, S. 415. 168 Ausführlich unter Teil 2 C. I. 169 BFH, BStBl. II 1997, S. 60 (62); 63 (67). Wobei diese Rechtsprechung auch von Befürwortern des Unmittelbarkeiterfordernisses kritisiert wird, vgl. HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 100 ff. 170 Vgl. auch die Problematik im (gesetzlich nicht geregelten) Staatshaftungsrecht: Das Merkmal der Unmittelbarkeit ist im Staatshaftungsrecht ein vielverwendetes Kriterium und im Grunde ein Verlegenheitsbegriff, der überall dort auftaucht, wo klare Grenzziehungen fehlen; es handelt sich um ein „semantisch verunglücktes Etikett für die wertende Zurechnung von Schadensfällen“, Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 208 ff.; 256.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

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Für den Gewerbesteuerabzug als derzeit diskutiertem Einzelfall fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang, da die Gewerbesteuer auf dem Betrieb als Ganzem lastet und unabhängig davon abzugsfähig ist, welche Rechnungsgrößen ihre Bemessungsgrundlage bestimmen.172

c) Normzweck Als Normzweck des § 3 c EStG wird entsprechend dem vom RFH entwickelten Rechtsgedanken überwiegend die Vermeidung eines doppelten steuerlichen Vorteils gesehen.173 Außerdem soll er die Wahrung der Systematik des EStG bezwekken.174 Es wird ihm weiterhin der Charakter eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zugeschrieben.175 Diese Begründungsversuche hält Meincke176 für wenig ergiebig. § 3 c sei eine Norm des positiven Rechts und stehe den Anforderungen der Steuergerechtigkeit, dem allgemeinen Volksempfinden177 und den allgemeinen einkommensteuerlichen Rechtsgrundsätzen nicht näher als andere Bestimmungen des EStG. Auch der Hinweis auf die Systematik des EStG führe zur Erläuterung des § 3 c nicht weiter, weil § 3 c nicht den Anwendungsbereich der Einkunftsarten abgrenze, sondern für Befreiungstatbestände innerhalb der Einkunftsarten gelte. Die Systematik des EStG und das aus ihr abgeleitete Nettoprinzip zeige andererseits das Bedenkliche eines Begründungsweges, der den Zweck des § 3 c in der Vermeidung doppelter Steuervorteile sieht. Denn nach der Konzeption des EStG kann der Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht als ein dem Steuerpflichtigen gewährter „Steuervorteil“ gelten.178

171 Ritter, BB 1994, S. 512; Altehoefer in Lademann / Söffing / Brockhoff, § 3 c EStG Anm. 15. 172 Kessler / Kahl, DB 2002, S. 1029; Fischer, DStR 2002, S. 613; Beinert / Mikus, DB 2002, S. 1471 verweisen auch auf zwei BFH-Urteile (BStBl. II 1984, S. 347; BStBl. II 1978, S. 100), wonach die Gewerbesteuer in keiner Beziehung zu einzelnen betrieblichen Geschäftsvorfällen stehe. 173 Heinicke in Schmidt, § 3 c EStG Rn. 1; BFHE 148, 460; Wüllenkemper, S. 59 m.w.N. 174 BFH, BStBl. II 1977, S. 507, 508. 175 BFHE 148, 460 (465). 176 Meincke in L / B / H, § 3 c Rn. 4 f. 177 Entsprechend dem damaligen Zeitgeist führte der RFH in einer Entscheidung vom 18. 11. 1942 aus, es widerspreche dem Grundsatz der Gerechtigkeit der Besteuerung und dem allgemeinen Volksempfinden, wenn die dem Pflichtigen mit Rücksicht auf die Hochwasserschäden gewährte Entschädigung steuerfrei gelassen und die zur Beseitigung der Schäden aufgewendeten Beträge als gewinnmindernde Betriebsausgaben anerkannt würden; RFH v. 18. 11. 1942, RStBl 1942, 1138 (1139); v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c A 38. 178 Der Ausgabenabzug erfährt aber durch die Befreiung der Einnahmen einen Funktionswandel, so daß er einen wirtschaftlichen Vorteil darstellt, vgl. Wüllenkemper, S. 60.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

In Wahrheit werde durch § 3 c lediglich die Tragweite der Steuerbefreiungen, wie sie §§ 3 bis 3 b EStG vorsehen, begrenzt. Obwohl die Überschrift zu § 3 von steuerfreien „Einnahmen“ spricht, zeige § 3 c, daß nicht Einnahmen, sondern aus Einnahmen und Ausgaben gebildete Saldoposten, also „Einkunftsteile“ freigestellt werden sollen. Zu diesem Zweck wird der Vorteil der Freistellung von Einnahmen mit dem Nachteil des Abzugsverbots für korrespondierende Ausgaben verknüpft, womit sich die Begünstigung des Steuerpflichtigen auf den Differenzbetrag von Einnahmen und Ausgaben reduziere.179 Der Abzug sei daher eine dem objektiven Nettoprinzip immanente Selbstverständlichkeit.180 Wüllenkemper führt zudem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an. Der Gesetzgeber dürfe eine Steuerbefreiung nicht unbegrenzt gewähren, sie führe nämlich ebenso wie ein Abzugsverbot zur Durchbrechung des Nettoprinzips.181 Auch seiner Ansicht nach soll § 3 c EStG den mit der Einnahmebefreiung verbundenen rechtlichen Vorteil auf ein angemessenes Maß begrenzen. Die quantitative Begrenzung des Abzugsverbots bestätige dies. Überschreiten die Ausgaben die steuerfreien Einnahmen, so fehlt es in diesem Umfang an einem Vorteil, der der Einschränkung bedürfte. Das Abzugsverbot könnte nur eine Belastung darstellen. Der durch die Formulierung „soweit“ in § 3 c EStG zum Ausdruck gebrachte Abzugsvorbehalt stellt sicher, daß die Ausgaben für diesen Fall abziehbar bleiben.182 Frotscher stellt ebenfalls auf das objektive Nettoprinzip als Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips ab und unterscheidet Einnahmen „above the line“ und solche „below the line“.183 Letztere haben tatsächlich doch einer Besteuerung unterlegen, so daß die Anwendung des § 3 c EStG nicht zulässig sei. Er führt als Beispiel steuerfreie Zuschläge nach § 3 b EStG an. Ihre Steuerfreiheit mag rechtspolitisch vertretbar sein oder nicht; keinesfalls sei der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit tangiert, wenn die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Ausgaben nicht abgezogen werden können. Diese Einnahmen seien 179 Ebenso v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 3 c Rn. A 65, A 69. Diesen Streit halten HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 20 nicht für weiterführend. (Entscheidend für die teleologische Auslegung der Norm sei nur, daß steuerfreie Einnahmen im Ergebnis wie steuerfreie Einkünfte bzw. Einkunftsteile behandelt würden. Dieses Zweckverständnis finde seine Rechtfertigung im objektiven Nettoprinzip.) 180 Wüllenkemper, S. 60; Döllerer, BB 1984, S. 546; Lang, StuW 1985, S. 23; Ulsenheimer, NJW 1985, S. 1932. 181 Wüllenkemper, S. 62 f.; vgl. auch Tipke / Lang, Steuerrecht, § 7 Rn. 37. 182 Wüllenkemper, S. 62 f., 110. Eine teleologische Reduktion des § 3 c EStG will er für die Fälle der „qualifizierten Einnahmebefreiung“ vornehmen. Darunter versteht er Einnahmebefreiungen, die ihrem Zweck nach eine uneingeschränkte Befreiung ohne Gegenrechnung verlangen, weil sie ihrem Wesen nach keine Roherträge, sondern Reinerträge, also ein Saldo aus Ertrag und Aufwand, sind. Vgl. Wüllenkemper, S. 63 f., auf S. 58, 64 weist er auf die seiner Ansicht nach methodisch problematischen Ansätze der Rechtsprechung hin, über das Tatbestandsmerkmal „umittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang“ zu ähnlichen Ergebnissen zu gelangen. 183 Frotscher, DStR 2001, S. 2046.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

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wirtschaftlich unbesteuert geblieben. Sie sind beim Arbeitgeber mit steuerlicher Wirkung abgezogen worden (sie stehen „above the line“), und werden beim Arbeitnehmer steuerlich nicht erfaßt. Auf ihnen ruht damit keine steuerliche Belastung. Werde dagegen § 3 c EStG auf Dividendeneinkünfte angewandt, werden Ausgaben nicht oder nicht vollständig zum Abzug zugelassen, die mit steuerlich belasteten Einkünften in Zusammenhang stehen. Das Steuersubstrat, das sich in den Einnahmen niederschlägt, sei besteuert worden. Die Besteuerung sei lediglich bei einem anderen Steuerpflichtigen durchgeführt worden. Anders als die steuerfreien Zuschläge nach § 3 b EStG konnten die Dividenden bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft nicht von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden (sie stehen „below the line“).184 Entsprechendes gelte seiner Ansicht nach für steuerbefreite ausländische Einnahmen, die bei demselben Steuerpflichtigen, aber in einem anderen Staat, steuerlich belastet werden. Insoweit widerspreche die Abzugsbeschränkung auch dem Gedanken der Globalisierung. Auf die angesprochenen Probleme der rechtlichen Doppelbelastung (im Fall der steuerbefreiten ausländischen Einkünfte) und der wirtschaftlichen Doppelbelastung wird im Teil 2 näher einzugehen sein. 3. Zusammenfassung

§ 3 c EStG enthält die gesetzgeberische Entscheidung, daß die Steuerbefreiung im Ergebnis nur auf die Einkünfte zu beziehen ist und eine gewährte Steuervergünstigung nur in diesem eingeschränkten Umfang besteht. Insoweit ist die Norm notwendige Ausnahme zu §§ 9 Abs. 1; 4 Abs. 4 EStG. Die bisherige Abzugsbeschränkung des § 3 c EStG ging stets von tatsächlich steuerbefreiten Einnahmen aus. Ein etwaiger Verlust bei überschießenden Ausgaben war voll abzugsfähig. Letzteres gilt jetzt nur mehr für § 3 c Abs. 1 EStG.

III. Einführung des § 3 c Abs. 2 EStG Das Ziel einer Verbesserung der Beschäftigungssituation war auch leitend in den Gesetzesberatungen zur Unternehmensteuerreform185, die zur Einführung des § 3 c Abs. 2 EStG führten.186 184 Beispiel: Ein nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerfreier Nachtarbeitszuschlag iHv 1000 führt beim Arbeitgeber zu einer Minderung seiner steuerlichen Bemessungsgrundlage iHv 1000; eine Kapitalgesellschaft müßte bei einem Körperschaftsteuersatz von 25% damit 250 weniger Steuern zahlen. Könnte nun auch der Arbeitnehmer Werbungskosten, die ihm im Zusammenhang mit der Nachtarbeit entstehen, von seiner Einkommensteuerbemessungsgrundlage abziehen, würde sich der Steuerausfall weiter erhöhen. Dividenden werden vom Gewinn nach Steuern ausgeschüttet. Eine Steuerentlastung auf Seiten der Gesellschaft findet nicht statt. 185 Vgl. Teil 1 B. III. 1. b) aa) und bb). 186 StSenkG v. 23. 10. 2000, BGBl. I 2000, S. 1433; BStBl. I 2000, S. 1428.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen 1. Beratungen zur Steuerreform

Der Kommissionsbericht geht auf die Problematik der Erwerbsaufwendungen nicht weiter ein. Deshalb ist nirgends die Rede von der Einführung einer Abzugsbeschränkung. Schaumburg / Rödder berichten allerdings, daß im Zusammenhang mit der geplanten Dividendenfreistellung das Problem der Ausgabenabzugsbeschränkung kontrovers diskutiert worden sei. Da die Kommission davon ausging, daß die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an inländischen Körperschaften steuerpflichtig sein würden, sah die Mehrheit der Kommissionsmitglieder keinen Grund, für steuerbefreite inländische Dividenden eine Abzugsbeschränkung vorzuschlagen. Insbesondere sei eine Abzugsbeschränkung im Zusammenhang mit dem steuerfreien inländischen Dividendentransfer nicht sachgerecht. Aus diesem Grunde enthalten die „Brühler Empfehlungen“ keinen dementsprechenden Hinweis. Das Problem wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen des vom Staatssekretär Zitzelsberger einberufenen Beirats diskutiert, in dem erstmals auch die Frage der Freistellung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an inländischen Körperschaften erörtert wurde.187

2. Intention des Gesetzgebers: „Negativseite“ zu § 3 Nr. 40 EStG

Im Gesetzentwurf des StSenkG von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen war die Einführung des § 3 c Abs. 2 EStG zwar vorgesehen, allerdings ohne jede Begründung.188 Ziel war es anscheinend, der (vermeintlich) hälftigen Steuerbefreiung des § 3 Nr. 40 EStG bei natürlichen Personen als Steuerpflichtigen ein umfassendes, gestaltungsunanfälliges Abzugsverbot für damit zusammenhängende Aufwendungen gegenüberzustellen. Deshalb enthält die Regelung des § 3 c Abs. 2 EStG nicht das Erfordernis eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs. Trotz der Kritik an der Systemwidrigkeit der Vorschrift hielt das BMF in seinem Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts an der Vorschrift fest. Abs. 2 solle bestehen bleiben, da es sich beim Halbeinkünfteverfahren nicht um ein pauschaliertes Anrechnungsverfahren handle. Aufwendungen könnten daher systembedingt nur zur Hälfte abgezogen werden. Statt des Halbeinkünfteverfahrens hätte der Gesetzgeber auch die ausgeschütteten Gewinne mit dem halben Steuersatz – wie in Österreich – besteuern können. In diesem Fall hätten sich die Aufwendungen auf der Ebene des Anteilseigners ebenfalls nur mit dem halben Einkommensteuersatz ausgewirkt.189

Schaumburg / Rödder, S. 106 leider ohne Fundstellen. BT-Drucks. 14 / 2683. Auf S. 94 wird nur wiederholt, daß infolge der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren die Dividende! nur zur Hälfte herangezogen werden solle. 189 Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts – veröffentlicht als Beilage zu Heft 11, FR 2001, S. 22. In Österreich gilt allerdings ein generelles Abzugsverbot. 187 188

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

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3. Sachlicher Anwendungsbereich

Um Auslegungsprobleme wie bei § 3 c Abs. 1 EStG zu vermeiden, sind in § 3 c Abs. 2 EStG alle den steuerbegünstigten Einnahmen / Vermögensmehrungen iSv § 3 Nr. 40 EStG entsprechenden „Ausgaben“ aufgeführt. Das sind bei laufenden Einnahmen iSv § 3 Nr. 40 lit. d – h EStG Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben (insbesondere Finanzierungsaufwendungen). Bei Betriebsvermögensmehrungen durch Veräußerung oder Entnahme von Kapitalbeteiligungen sowie bei Liquidationserträgen oder bei Teilwertaufholungen iSv § 3 Nr. 40 lit. a und b EStG die entsprechenden Betriebsvermögensminderungen einschließlich Teilwertabschreibungen sowie gegenzurechnende Veräußerungskosten, AK oder Einlagewerte (§ 3 c Abs. 2 S. 1 2. HS EStG). Bei voller Teilwertabschreibung ohne Wertaufholung ist später das Halbeinkünfteverfahren nicht anwendbar (§ 3 Nr. 40 lit. a S. 2 EStG). Bei Veräußerungserträgen im Privatvermögen (§ 3 Nr. 40 lit. c, j EStG) sind Veräußerungskosten sowie Anschaffungs- oder Einlagewerte erfaßt.190

4. Zweifelsfragen

a) Wirtschaftlicher Zusammenhang Nach § 3 c Abs. 2 EStG reicht jeder auch nur mittelbare wirtschaftliche Zusammenhang für das Eingreifen des Abzugsverbots aus. Es genügt jede objektiv kausale oder finale Verknüpfung. Vorab entstandene und nachträgliche Erwerbsaufwendungen werden ausdrücklich erfaßt. Anders als bei § 3 c Abs. 1 EStG greift die hälftige Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG also auch in Perioden, in denen gar keine Einnahmen zufließen.191 Heinicke und Nacke meinen sogar, § 3 c Abs. 2 EStG greife über seinen Wortlaut hinaus auch, wenn offen bleibt, ob überhaupt Einnahmen anfallen.192 Problematisch ist, wenn die Aufwendungen sowohl mit steuerbefreiten als auch mit steuerpflichtigen Erträgen zusammenhängen. Ist z. B. ein Betriebsmittel eines Unternehmens mit einem Betriebsmittelkredit finanziert worden, kann der Zinsaufwand nicht direkt der Anschaffung einer Beteiligung zugeordnet werden. Nach Ansicht von Nacke kommt eine Zuordnung der Beteiligung nur in Betracht, wenn der Kredit unmittelbar zum Erwerb der Beteiligung aufgenommen worden ist. Insoweit könne auf die Rechtsprechung zur Fremdfinanzierung von Wertpapieren zurückgegriffen werden.193 Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 30. Die Gestaltung des Ballooning, dazu unter Teil 2 C. IV. 2., kommt deshalb nicht in Betracht. 192 Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 35; HHR / Nacke, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 26; a.A. Clausen in Oppenhoff & Rädler, Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 58; Riotte in Erle / Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 66; vgl. aktuell FG Düsseldorf, DStRE 2003 S. 834 f. 190 191

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Mit Einführung des § 8 Nr. 5 GewStG (ungemilderte Gewerbesteuerbelastung für Streubesitzdividenden) durch das UntStFG entstand der Streit, ob die Gewerbesteuer unter den Anwendungsbereich des § 3 c Abs. 2 EStG fällt.194

b) Ausgabenüberhang Überschießende Ausgaben werden anders als bei § 3 c Abs. 1 EStG auch nur zur Hälfte berücksichtigt. Die Folge ist das schon erwähnte hälftige Verlustabzugsverbot. c) Zeitlicher Zusammenhang Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Aufwendungen wird von § 3 c Abs. 2 S. 1 EStG nicht gefordert. Damit führt bereits die abstrakte Möglichkeit, irgendwann steuerfreie Zuflüsse zu erhalten, zum Abzugsverbot. Dieses führt in allen Konstellationen, die unter § 3 Nr. 40 fallen, zu einem hälftigen Verlustabzugsverbot.195

5. Steuersystematische Bedenken

a) Vereinbarkeit mit der gesetzlichen Grundentscheidung aa) Auffassung des BMF Nach Auffassung des BMF ist die Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG folgerichtig. Sie zeige, daß das Halbeinkünfteverfahren ein klassisches Verfahren und kein pauschaliertes Anrechnungsverfahren sei. Das Halbeinkünfteverfahren unterscheide vielmehr klar zwischen den Besteuerungsebenen der Körperschaft und des Anteilseigners als natürliche Person. Die Aufwendungen können daher auf der Ebene des Anteilseigners nur zur Hälfte abgezogen werden, auch wenn sich dadurch Aufwen193 HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R. 25; ebenso Hötzel in Schaumburg / Rödder, S. 251. Zur Aufteilung von Werbungskosten bei Kapitaleinkünften, die teilweise dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen: BMF Schreiben v. 12. 6. 2002, BStBl I 2002, S. 647 f.; DStR 2002, S. 1093 f.; dazu Harenberg, FR 2002, S. 768 ff. 194 Ablehnend, da nur rechtlicher Zusammenhang: Kessler / Kahl, DB 2002, S. 1017; v. Beckerath in Kirchhof, § 3 c Rn. 36 (laut Internetaktualisierung v. 21. 8. 2002); Beinert / Mikus, DB 2002, S. 470 f.; Strahl, Harzburger Steuerprotokoll 2002, S. 90 ff.; bejahend für § 3 c Abs. 2, da ein nur wirtschaftlicher Zusammenhang ausreiche, der auch vorliege: Fischer, DStR 2002, S. 610 ff. 195 Erhard in Blümich, EStG, § 3 c Rn. 42. Kritisch zum Konflikt mit dem periodenbezogenen steuerrechtlichen Nettoprinzip vor allem Crezelius DB 2001, S. 227; Freshfields / Bruckhaus / Deringer, S. 30; Schaumburg / Rödder, S. 253. Zum Zeitaspekt des Nettoprinzips vgl. auch Elicker, StuW 2002, S. 220 f.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

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dungen nicht einmal in voller Höhe auswirkten.196 Die Verwaltung stützt sich damit allein auf das Subjektprinzip.

bb) Auffassung der Literatur Die Literatur ist überwiegend der Ansicht, daß das neue Abzugsverbot nicht sachgerecht sei und zu völlig systemwidrigen Ergebnissen führe. Der elementare Fehler der gesetzgeberischen Überlegung bestehe darin, daß es sich bei den Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG zwar formal um hälftig steuerfreie Einnahmen handelt. Tatsächlich sei dies nicht der Fall. Vielmehr werde durch die hälftige Steuerbefreiung nur die körperschaftsteuerliche Vorbelastung der Gewinne auf der Ebene der Körperschaft in pauschaler Form neutralisiert. § 3 Nr. 40 EStG erweise sich somit nicht als Steuervorteil / steuerliche Subvention für den Steuerpflichtigen, sondern als zwingend gebotenes steuertechnisches Instrument, um Steuernachteile für den Dividendenempfänger zu verhindern.197 § 3 c Abs. 2 EStG stelle damit einen systemwidrigen Eingriff in die Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren dar, der zu einer Gesamtbelastung bei Dividenden von über 100 % führen könne.198 Insbesondere zeige die Gesetzesbegründung, daß das Halbeinkünfteverfahren auf der Prämisse beruhe, daß es zusammen mit der steuerlichen Vorbelastung durch die Körperschaftsteuer zu einer Ertragsteuerbelastung von Dividenden führe, die typisierend der Steuerbelastung anderer Einkünfte entspreche.199 Da allerdings bei anderen Einkünften der Abzug von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten in vollem Umfang erfolgt, fehle es an der systematischen und sachlichen Berechtigung eines nur hälftigen Abzugs. Das gesetzgeberische Ziel einer Einmalbesteuerung werde verfehlt.200 § 3 c Abs. 2 EStG entlarve die „Zwitterhaftigkeit“ des Halbeinkünfteverfahrens. Zum einen sollen die Steuersubjekte getrennt besteuert werden, andererseits ist das Verfahren bestimmt durch den Gedanken einer steuerlichen Einmalbelastung durch aufeinander abgestimmte doppelte Niedrigbesteuerung.201 Daneben werde durch § 3 c Abs. 2 EStG die Zielsetzung nach einer Stär196 HHR / Müller-Gatermann, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 38 (S. 51). 197 v. Beckerath in Kirchhof, § 3 c EStG, Rn. 29; Schön, StuW 2000, S. 153; ders., FR 2001, S. 386 f.; Pezzer, StuW 2000, S. 148; ders., DStJG 25 (2002), S. 54 f.; Birk, StuW 2000, S. 328 ff.; Rödder in Schaumburg / Rödder, S. 249; Erhard in Blümich, EStG, § 3 c Rn. 41; Crezelius, DB 2001, S. 228; HHR / Haep / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c R 3 m.w.N. 198 Vgl. Teil 1 B. III. 4. e). 199 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 94; vgl. auch Teil 1 B. III. 4. c). 200 Fox in Oppenhoff & Räddler, S. 27 m.w.N.; Schön, FR 2001, S. 387; Heinicke in Schmidt, § 3 c EStG Rn. 2 d. 201 Hey, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 20 f.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

kung der Eigenkapitalausstattung konterkariert, weil eine notwendige Fremdfinanzierung nunmehr steuerlich günstiger auf der Gesellschaftsebene erfolgt.202 Das Grundproblem zeigt die Differenzierung bei Sigloch:203 „Wer die Trennung von Kapitalgesellschaft und Anteilseigner für wirtschaftlich begründet hält und von jeweils getrennter steuerlicher Belastbarkeit ausgeht, für den ist der „Halbabzug“ folgerichtig, er muß sich allerdings fragen lassen, warum man sich jeweils mit „halber“ Besteuerung begnügt. Geht man von der wirtschaftlichen Einheit von Kapitalgesellschaft und Eigentümer aus und stellt auf die Einmalbesteuerung ab, so ist der Halbabzug abwegig: Nach seiner Idee soll das Halbeinkünfteverfahren die jetzt definitive teilweise Vorwegbelastung auf Unternehmensebene durch eine anschließende Halbbesteuerung auf Eigentümerebene ergänzen mit der Folge, daß insgesamt letztlich eine Einmalbesteuerung erreicht wird. Damit vermeidet das Halbeinkünfteverfahren die wirtschaftliche Doppelbelastung der in Kapitalgesellschaften erwirtschafteten Gewinne – ein Ergebnis, das alternativ auch durch die Anwendung eines reduzierten Ausschüttungssatzes hätte erreicht werden können ( . . . ).“ Im Anwendungsbereich der § 34 EStG alter und neuer Fassung wurde noch nie eine Abzugsbeschränkung diskutiert.204 Die Literatur zieht die gesetzgeberische Intention von der Einmalbesteuerung heran. cc) Stellungnahme Die Grundüberlegung des Gesetzgebers erscheint nur auf den ersten Blick plausibel. Auch die Regelung des § 3 c Abs. 2 EStG wollte einen (angeblich) doppelten Vorteil verhindern. In der Sache stellt sich der Gesetzgeber bei § 3 c Abs. 2 EStG offenbar vor, daß eine Parallelität zwischen der Besteuerung nur der halben Einnahmen und der Geltendmachung auch nur der halben Aufwendungen bestehen soll. Dabei wird übersehen, daß die bisherige Abzugsbeschränkung des § 3 c EStG von tatsächlich steuerbefreiten Einnahmen ausging. Solche liegen dem Sachverhalt des § 3 c Abs. 2 EStG aber nicht zugrunde. Die Dividende resultiert aus dem bereits mit Körperschaftsteuer belasteten Gewinn. Unabhängig davon, wie man die juristische Person qualifiziert, wollte der Gesetzgeber ausdrücklich dieser Vorbelastung Rechnung tragen.205 Ansonsten hätte ein klassisches System der Doppelbelastung näher 202 Hey, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 21. Vgl. Teil 1 B. III. 1. b) cc); Teil 1 D. III. 1. b). 203 Sigloch, StuW 2000, S. 166. 204 Ebenso: v. Beckerath in Kirchhof, § 3 c Rn. 34; Crezelius, DB 2001, S. 227; ders., DB 2002, S. 1125; v. Lishaut, FR 1999, S. 938. 205 Vgl. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 60: die rechtliche Qualifikation der juristischen Person differiere je nach Steuerart (USt, ErbSt, ESt) – es gibt kein einheitliches systemprägendes Verständnis; auf die rechtliche Qualifikation komme es aber gar nicht an.

C. Abzugsmöglichkeit von Ausgaben

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gelegen. Ein Halbabzugsverfahren wäre (ebenso wie früher die Einführung eines gespaltenen Körperschaftsteuersatzes und danach das Anrechnungsverfahren) eine unnötige komplizierte gesetzliche Regelung. Das Argument der subjektbezogenen Besteuerung kann nicht erklären, warum man sich mit einer „halben“ Besteuerung begnügt. Somit bestand für die Abzugsbeschränkung kein Grund. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Brühler Empfehlung umfassend in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen wurde und lediglich in der technischen Umsetzung statt des Halbeinkünfte- ein Halbeinnahme- mit Halbabzugsverfahren gewählt wurde, ergibt sich daraus kein Grund, einen möglichen Ausgabenüberhang – anders als bei § 3 c Abs. 1 EStG – zur Hälfte unberücksichtigt zu lassen. Insoweit erscheint die Umsetzung durch den Gesetzgeber inkonsequent.206 Zwar ist auch in Österreich das Halbsatzverfahren mit Abzugsverboten gekoppelt, daraus lassen sich aber keine Aussagen über die rechtliche Zulässigkeit in Deutschland ableiten. Insgesamt bedenklich ist der Wechsel des Beurteilungsmaßstabs. Während der Gesetzgeber bei den Einnahmen auf die Sicht des Steuerpflichtigen abstellt und eine Doppelbelastung vermeiden will, soll es bei den Ausgaben auf verschiedene Steuersubjekte ankommen. Darin liegt ein widersprüchlicher Wechsel der Grundprinzipien.207 Zutreffend wäre es gewesen, wenn die Aufwendungen voll abzugsfähig geblieben wären.208

b) Keine Abstimmung mit speziellen Vorschriften Weitere systematische Bedenken ergeben sich daraus, daß keine Abstimmung mit speziellen Vorschriften des Steuerrechts stattfand. Aus dem Wortlaut der §§ 3 Nr. 40; 3 c Abs. 2 EStG ergibt sich, daß die Neuregelung im Prinzip das einkünfterelevante Nettoergebnis zur Hälfte eliminieren will, welches sich aus dem Saldo der Erlöse (§ 3 Nr. 40 EStG) und Aufwendungen (§ 3 c Abs. 2 EStG) ergibt. Problematisch sind die Fälle, in denen die hälftigen Betriebsvermögensminderungen bzw. Ausgaben die hälftigen Betriebsvermögensmehrungen bzw. Einnahmen überGem. § 39 AO sei auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen und entscheidend sei letztlich die Belastungsentscheidung des Gesetzgebers. 206 Vgl. dazu Teil 1 D. II. 2. c). 207 Vgl. Pezzer, DStJG 25 (2002), S. 55 f. 208 Schaumburg / Rödder, S. 155, die ggf. Ausnahmen für Teilwertabschreibungen anerkennen wollen. Ebenso Schön, FR 2001, S. 386: Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste spielten sich primär bei der Beteiligungsgesellschaft selbst ab, und könnten sich dort steuerlich auswirken. Gefordert wird i.d.R. wie hier der einkommenssteuerliche Vollabzug, vgl. Rödder / Schumacher, DStR 2000, S. 355; Crezelius, DB 2001, S. 227. Allerdings nehmen einige Wirtschaftswissenschaftler komplizierte Rechnungen vor und kommen zu Lösungen, die sie selbst als unpraktikabel bezeichnen, vgl. Bolik, BB 2001, S. 813; zum Lösungsvorschlag einer pauschalen Vergütung, Hundsdoerfer, BB 2001, S. 2242 ff.

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steigen. In solchen Fällen ist nach dem Wortlaut der §§ 3 Nr. 40; 3 c Abs. 2 EStG der überschießende Betrag nicht voll abziehbar. Im Ergebnis können also Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben usw. unabhängig von ihrer Höhe und ihrem Verhältnis zur Einnahmenseite immer nur hälftig abgezogen werden. Der darin liegende Unterschied zu § 3 c Abs. 1 EStG führt dogmatisch gesehen zu einem hälftigen Verlustabzugsverbot in allen Konstellationen, in denen der Idee nach § 3 Nr. 40 EStG eingreift. Damit schießt der Gesetzgeber an diesem Punkt über das Ziel hinaus, weil es zum einen keine Abstimmung mit den speziellen Verlustausgleichsbegrenzungsnormen z. B. §§ 17 Abs. 2 S. 4; 23 Abs. 3 S. 8, 9 EStG gibt209 und weil dieses allgemeine (hälftige) Verlustausgleichsverbot vom Grundgedanken des Halbeinkünfteverfahrens nicht mehr getragen ist.210 Es bleibt die Forderung nach einem abgestimmten Regelwerk.211

c) Kein Abzugsverbot bei Pauschbeträgen, Freibeträgen und Freigrenzen Die Werbungskostenpauschbeträge (§ 9 a Nr. 2 u. 3 EStG), die Freibeträge (§§ 20 Abs. 4; 17 Abs. 3; 16 Abs. 4 u. 13 Abs. 3 EStG) sowie die Freigrenzen (§ 23 Abs. 3 S. 6 EStG) werden nach § 3 c Abs. 2 EStG nicht gekürzt.212 Nacke sieht auch darin einen Systembruch. Verfolge § 3 c Abs. 2 EStG den Zweck, entsprechend der Behandlung der Einnahmen auch die Ausgaben nur zur Hälfte zu berücksichtigen, so hätte dieser Zweck auch eine Halbierung dieser Beträge nach sich ziehen müssen.213

6. Zusammenfassung

§ 3 c Abs. 2 EStG ist eine Vorschrift, die sich nicht in das System des EStG einfügt; sie ist systemwidrig.

209 Vgl. aber Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 36: vorrangige Verlustabzugsbeschränkungen (§§ 2 a; 2 b; 15 Abs. 4 S. 3, 4) schließen § 3 c Abs. 2 EStG aus. 210 Crezelius, DB 2001, S. 227. 211 Kanzler, FR 2000, S. 1253. 212 Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 31. Die Brühler Empfehlung ging ausdrücklich von einer faktischen Verdopplung des Sparerfreibetrages aus, vgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 58, dadurch sollte die Aktie auch für Kleinanleger attraktiv bleiben. 213 HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R. 25.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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D. Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG Raupach stellt in seiner Einführung zur Unternehmenssteuerreform als Fazit fest, daß das in sich geschlossene, aber auch national abgeschlossene Anrechnungsverfahren zugunsten einer Rückkehr zum klassischen System, kombiniert mit einem Halbeinkünfteverfahren ersetzt wurde, ohne daß die meisten der dabei entstehenden Probleme ausreichend gelöst wurden. Die Folge sei, daß die Planungssicherheit weitgehend auf der Strecke blieb, sich eine Entwicklung in Richtung einer permanenten Steuerreform ergeben hat und erhebliche verfassungsrechtliche Problemstellungen entstanden seien.214 Im folgenden soll daher unter I. allgemein der Einfluß des Verfassungsrechts auf das Steuerrecht und unter II. sollen die Verfassungsprobleme spezifisch im Hinblick auf die Einführung der Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG erörtert werden.

I. Einfluß des Verfassungsrechts auf das Steuerrecht Unser Verfassungsstaat ist ein Steuerstaat.215 Nahezu alle Grundfragen des Steuerrechts haben einen verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt. Das Grundgesetz regelt im Staatsorganisatonsteil (dazu unter 1.) die Finanzverfassung und die Strukturprinzipien der Verfassung, die auch für das Steuerrecht Anwendung finden. Im Grundrechtsteil (dazu unter 2.) werden auch die Rechte des Steuerzahlers als Individuum geschützt.216 Eine entscheidende Bedeutung hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.217 Die Schranken der Verfassung bleiben ohne richterliche Kontrolle nutzlos. Zudem ist das Grundgesetz eine „offene“ Verfassung, d. h. es enthält nur wenige Detailregelungen, gerade und auch im Bereich des Steuerrechts. Aufgabe der Rechtsprechung ist es daher, das „ungeschriebene Finanzrecht“218 aus den vorHHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 16 (S. 34). Friauf, DStJG 12 (1989), S. 3. 216 Die deutsche steuerverfassungsrechtliche Theorie und Praxis stellt nach Lang die wohl strengste der Welt dar. In zahlreichen anderen Ländern – insbesondere in Großbritannien und Frankreich – wird die Steuergesetzgebung von grundrechtlichen Schranken weitgehend freigehalten; vgl. Lang, DStJG 24 (2001), S. 55. 217 Zur Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG im Steuerrecht, vgl. Vogel, FS 50 Jahre BVerfG, S. 529 ff. Im Steuerrecht besteht eine besondere Situation insoweit, als während der Ära Kirchhof eine maßgebliche Literaturmeinung mit dem Richteramt gleichzeitig zur Rechtsprechung wurde. Für die zeitliche Einordnung ist daher wichtig, daß die Amtszeit von Prof. Kirchhof am 2. Senat am 16. November 1987 begann und im November 1999 endete (Bände: BVerfGE 77 – BVerfGE 101). V. a. Tipke kritisiert, daß sich die Literaturmeinung Kirchhof jetzt gerne auf die Rechtsprechung des BVerfG beruft, an der er selbst mitgewirkt hat, vgl. Tipke, StuW 2002, S. 152 (FN 27), 165 (FN 161). 214 215

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handenen Rechtsprinzipien vor allem auch aus den Grundrechten zu konkretisieren. Das BVerfG nimmt diese Aufgabe in zunehmendem Maße wahr und Lang führte zur Eröffnung der 24. Jahrestagung der Steuerjuristischen Gesellschaft in Leipzig aus, daß in keinem Land der Welt die Verfassungsgerichtsbarkeit so streng mit dem Gesetzgeber verfahre, wie in Deutschland.219 Das Beispiel der Besteuerung von Alterseinkünften zeigt, das der Gesetzgeber mittlerweile sogar seine gesetzlichen Aktivitäten zurückstellt um die Entscheidung des BVerfG abzuwarten und damit politisch unbequeme Entscheidungen auf eine andere Ebene zu verlagern, bzw. eine zusätzliche Rechtfertigung zu erhalten.220 Es besteht am BVerfG allerdings ein Grundkonsens dahingehend, daß dem Gesetzgeber auf dem Gebiet der Gesetzgebung und speziell des Steuerrechts eine weitgehende Gestaltungsfreiheit gebührt. Diese beruhe letztlich auf seinem demokratisch legitimierten Gestaltungsauftrag sowie auf der von der Verfassung als selbstverständlich vorausgesetzten Grundpflicht des Staatsbürgers, zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs beizutragen.221 Diese Gestaltungsfreiheit findet ihre Grenzen in der Gesetzgebungskompetenz („ob“ der Besteuerung), der inhaltlichen Ausgestaltung („wie“) und der maximalen Gesamtbelastung des einzelnen („Höhe“).222

1. Staatsorganisationsrecht

a) Finanzverfassung Die Frage der Kompetenzen spielt für die vorliegende Arbeit keine Rolle. Allerdings enthalten die Art. 105 ff. GG (ab Art. 108 ff. GG – Verwaltung) auch allgemeine Aussagen, auf die zurückzugreifen sein wird.

b) Anforderungen des Art. 20 GG Art. 20 Abs. 1 GG normiert das Sozialstaatsprinzip, das u. a. zur Gewährleistung der Steuerfreiheit des Existenzminimums herangezogen wird. 218 Vogel, GS f. Martens, S. 265 ff.; Vogel / Waldhoff, Grundlagen der Finanzverfassung, Rn. 36; Waldhoff, S. 309 ff. (Rechtsvergleich Deutschland – Schweiz); Bergmann Ávila, S. 31, 279, 282, 290 (Rechtsvergleich Brasilien – Deutschland). 219 Lang, DStJG 23 (2000), S. 5. Dies bleibt natürlich nicht ohne Kritik: Isensee, StuW 1996, S. 6 spricht vom deutschen Sonderweg der „Steuerreform durch Verfassungsinterpretation“, das Grundgesetz sei nicht das „juristische Weltenei“, in dem das komplette Steuerrecht angelegt wäre. 220 Kritisch Loritz, DRV-Schriften – Band 29 (2001), S. 65 ff. 221 BVerfGE 47, 1 (37) (Sondervotum von Simon). 222 Dazu Loritz, NJW 1986, S. 2 ff.; vgl. inzwischen auch die Aussagen im Vermögensteuerbeschluß, BVerfGE 93, 121 (134 ff.).

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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Art. 20 Abs. 3 GG enthält das Rechtsstaatsprinzip. Es ist Grundlage für die Fragen des Übermaßverbotes223, das Ausdruck in der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Grundrechtseingriffen findet. Tipke gründete auf dem Prinzip der formellen und materiellen Rechtsstaatlichkeit eine „steuerrechtswissenschaftliche Systemlehre“. Diese Lehre fordert vom Gesetzgeber und vom Anwender der Steuergesetze den folgerichtigen Vollzug systemtragender Prinzipien224, ein folgerichtig entwickeltes Steuersystem sachgerechter Regeln225, das Steuergerechtigkeit, Rechtssicherheit im Steuerrecht und auch Zweckmäßigkeit der Besteuerung verbürgt.226 2. Grundrechtskatalog

Die Bedeutung der Grundrechte für das Steuerrecht ist noch nicht vollkommen geklärt.227 Während die traditionellen Auffassungen den Schutz der Freiheitsgrundrechte erst für erdrosselnd wirkende Steuern eingreifen lassen und im übrigen den Schutz durch den Allgemeinen Gleichheitssatz für ausreichend halten, streben neuere Ansichten danach, auch im Steuerrecht den Freiheitsgrundrechten umfassende Geltung zu verschaffen. In der Tat ist eine Einschränkung des Schutzbereichs speziell für die Abgabenbelastung durch den Staat nicht einsichtig, da gerade die Steuer für den Bürger einen unmittelbaren Eingriff darstellt, es sich also um den Bereich der klassischen Eingriffsverwaltung handelt. Nach dem traditionellen Verständnis des Art. 2 Abs. 1 GG: „Jeder kann tun und lassen was er will“, stellt die Steuerbelastung jedenfalls einen Eingriff in die Allgemeine Handlungsfreiheit dar.228 Freiheitsrechte und Gleichheitssatz müssen sich zu einem verfassungskräftigen Konzept ergänzen, denn auch wenn eine Steuer den Anforderungen der Besteuerungsgleichheit genügt, kann beim einzelnen Steuerpflichtigen eine individuelle Zahllast entstehen, die seinen Freiheitsraum unverhältnismäßig beschränkt.229 Im Vgl. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 19 ff. Tipke, StRO I, S. 281 ff. (Gerechtigkeit durch systemtragende Prinzipien), 288 (Konsequentes Zu-Ende-Denken). 225 Tipke, StRO I, S. 296 ff. (Sachgerechtigkeit als auf die Sache bezogene, sachangemessene Gerechtigkeit). 226 Tipke, StRO I, S. 143 ff. 227 Zum (gescheiterten) demokratischen Ideal, allein das Gesetzgebungsverfahren gewährleiste eine maßvolle und gleichmäßige Steuerlast: Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 9; Friauf, JurA 1970, S. 312 ff. 228 BVerfGE 9, 3 (11); 19, 253 (257); 31, 145 (173); 42, 223 (227). Grundrecht, nur aufgrund formell und materiell verfassungsmäßiger Befugnisnormen zu Abgaben herangezogen zu werden. 229 Geißler, S. 99 mit Verweis auf Kirchhof / Birk / Lehner, S. 45: „Eine Einkommensteuer bis zu 90% oder eine Umsatzsteuer von 50% könnte – wenn auch evident übermäßig – noch gleichheitskonform sein.“ In diesem Sinne auch Eschenbach, DStZ 1997, S. 414; Lehner, FS f. Offerhaus, S. 127. 223 224

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folgenden wird daher unter a) die Bedeutung der Freiheitsgrundrechte und unter b) die des Gleichheitssatzes untersucht.

a) Freiheitsgrundrechte Das Steuerrecht gehört also zum klassischen Eingriffsrecht.230 Den individuellen Steuereingriff können Freiheitsgrundrechte in ihrer Funktion als subjektive Abwehrrechte begrenzen. Im Steuerrecht wird die Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), i.d.R. von der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) bzw. der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) als spezielleren Wirtschaftsgrundrechten verdrängt.231 Art. 19 Abs. 3 GG erweitert die Grundrechtsberechtigung auf inländische juristische Personen, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Darunter fallen juristische Personen des Privatrechts, insbesondere Kapitalgesellschaften und auch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, vor allem Personengesellschaften. 232 Auf diese verselbständigten Personenmehrheiten sind insbesondere solche Grundrechte ihrem Wesen nach anwendbar, welche einen ökonomischen Schutzbereich sichern. Dies trifft auf die Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie und die allgemeine Handlungsfreiheit zu.233

aa) Berufsfreiheit, Art. 12 GG Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ist die Basis jeder wirtschaftlichen Betätigung. Sie schützt jede auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung einer Lebensgrundlage234 und konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich individueller Leistung bzw. Existenzerhaltung.235 Nach der Wittig-Formel erfolgt die Abgrenzung zu Art. 14 GG danach, daß Art. 12 den Erwerb (die Betätigung) und Art. 14 das Erworbene (das Ergebnis der Betätigung) schützt.

230 Kirchhof, StuW 2002, S. 186 kritisiert, daß Öffentlichkeit und Medien das Steuerrecht kaum als neuen Bereich permanenten, periodischen und intensiven Eingriffs in die Rechte der Bürger wahrnehmen – anders als etwa im Polizei- und Strafrecht. 231 Die allgemeine Handlungsfreiheit behält ihre Bedeutung als Auffanggrundrecht für Ausländer vgl. Seer, DStJG 23 (2000), S. 90 m.w.N.; Aus Art. 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG leitet man außerdem das Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ab, vgl. dazu Wilk, S. 140 m.w.N. 232 Stern, Staatsrecht Bd. III / 1, S. 1122 f. m.w.N. 233 Seer, DStJG 23 (2000), S. 91 m.w.N. 234 BVerfGE 7, 377 (397) – Apothekenurteil; Auf bestimmte Berufsbilder kommt es nicht an, auch die vom einzelnen erlaubtermaßen frei gewählte untypische Betätigung ist geschützt. 235 BVerfGE 75, 284 (292); 91, 12 (25).

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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Den umfassenden Schutz durch Art. 12 GG schränkt das BVerfG im Steuerbereich erheblich ein, indem es einen engen Zusammenhang der Abgaben mit der Ausübung des Berufs fordert, wobei die Abgabe zudem eine – objektiv – berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen muß.236 Bei allgemeinen Steuergesetzen soll regelmäßig die unmittelbare Auswirkung auf die berufliche Tätigkeit fehlen, da diese „als Normen mit einem unspezifischen Adressatenkreis ohne unmittelbare Beziehung zu einem Beruf an generelle Merkmale wie Gewinn, Ertrag, Umsatz oder Vermögen“ anknüpften.237 Verfassungsrechtliche Bedenken können erst geltend gemacht werden, wenn die Besteuerung die zugelassene Betätigung „in aller Regel wirtschaftlich unmöglich macht“ und durch diese „erdrosselnde Wirkung“ dem steuerlichen Hauptzweck der Einnahmeerzielung geradezu zuwiderlaufe.238 Diese Rechtsprechung wird in der Literatur überwiegend abgelehnt.239 Die Formel „objektiv berufsregelnde Tendenz“ sei bereits in sich widersprüchlich.240 Zudem sei kein Grund erkennbar von der allgemeinen Grundrechtsdogmatik abzuweichen. Danach schützt Art. 12 Abs. 1 GG prinzipiell vor jeder hoheitlichen Einwirkung, wobei sich der Schutz an der materiellen Betroffenheit des Grundrechtsträgers zu orientieren habe. Die Berufsfreiheit gewährleistet damit, daß Selbständige und Nichtselbständige Einkommen erwirtschaften können. Greift der Staat z. B. durch Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbesteuer auf dieses in Ausübung der Erwerbsfreiheit erwirtschaftete Einkommen zu, dann berührt er unweigerlich auch den Schutzbereich der Berufsfreiheit. Ebenso kann die WittigFormel nur als Faustformel dienen.241 Letztlich überschneiden sich Art. 14 und Art. 12 Abs. 1 GG in vielen Fällen, z. B. wenn nach dem (von Steuern beeinträchtigten) Erwerb die Einkommensteuer aus bereits übertragenen Vermögen entrichtet wird. Sind die hoheitsrechtlichen Beschränkungen sowohl erwerbs- als auch objektbezogen, so gelten beide Grundrechtsgarantien nebeneinander.242 Diesen Paradigmawechsel hat das BVerfG in dem Grundfreibetragsbeschluß angedeutet, indem es dort eingangs ausführt, daß „Steuergesetze in die allgemeine Handlungsfreiheit gerade in deren Ausprägung als persönliche Entfaltung im verBVerfGE 95, 267 (302); 97, 228 (254). Grundlegend BVerfGE 47, 1 (21 f.). 238 BVerfGE 31, 8, (23); 14, 76 (101); 16, 147 (163); 29, 327 (332, 333 f.). Ebenso Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 244 ff. 239 Seer, DStJG 23 (2000), S. 93 m.w.N.; Kirchhof, StuW 2002, S. 194; ablehnend auch Simon BVerfGE 47, 1 (38 f.). Nach Fiskal- und Lenkungsnormen differenzierend Hey, Steuerplanungssicherheit, S. 165 ff. 240 Weber / Crezelius, GS f. Klein, S. 553. 241 Umfassende Nachweise bei Geißler, S. 112 ff. 242 Seer, DStJG 23 (2000), S. 95 m.w.N.; Jachmann, FS f. Schiedermair, S. 395; gegen die starre Abgrenzung bereits Loritz, BB 1993, S. 227; ders. in Dichmann / Fels (Hrsg.), S. 117 f. mit Hinweis auf das Mitbestimmungsurteil, BVerfGE 50, 290 (361 f.), wonach Art. 12 GG nicht durch Art. 14 GG verdrängt werde. 236 237

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mögensrechtlichen und im beruflichen Bereich (Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG) eingreifen.“243

bb) Eigentumsgarantie, Art. 14 GG244 Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet das Privateigentum sowohl als Rechtsinstitut als auch als subjektives Recht des einzelnen Eigentümers.245 Die Eigentumsgarantie wird durch die Rechtsprechung des BVerfG charakterisiert, danach ist das Eigentum ein elementares Grundrecht; das Bekenntnis zu ihm ist eine Wertentscheidung des Grundgesetzes von besonderer Bedeutung für den sozialen Rechtsstaat.246 Der Eigentumsgarantie kommt im Gefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen.247 Das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum ist durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet.248 Es soll ihm als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen sein249 und genießt einen besonders ausgeprägten Schutz, soweit es um die Sicherung der persönlichen Freiheit des einzelnen geht.250 Obwohl es sich um ein normgeprägtes Grundrecht handelt, steht das verfassungsrechtliche Eigentum nicht allein zur Disposition des Gesetzgebers. Der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums muß vielmehr aus der Verfassung selbst gewonnen werden.251 Begrifflich besteht der Grundsatzstreit, ob Art. 14 GG neben den einzelnen Vermögensgegenständen auch das „Vermögen als solches“ schützt.252 BVerfGE 87, 153 (169); Seer, DStJG 23 (2000), S. 94. Zu Besteuerung und Eigentum vgl. insbesondere Kirchhof, VVDStRL 39, S. 213 ff.; v. Arnim, VVDStRL 39, S. 286 ff.; Draschka, S. 87 ff.; Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 ff.; Rittstieg, S. 403 ff.; Rodi, S. 88 ff.; Rüfner, DVBl. 1970, S. 881 ff.; Vogel, BayVBl. 1980, S. 523 ff.; Waldhoff, S. 321 ff. 245 Papier in Maunz / Dürig, Art. 14 GG, Anm. 1 m.w.N. 246 BVerfGE 14, 263 (277); 102, 1 (15) – Altlast. 247 BVerfGE 78, 58 (73); 79, 292 (303 f.); 83, 201, 208; 93, 121 (141); 97, 350 (370 f.); 102, 1 (15). 248 BVerfGE 31, 229 (240); 50, 290 (339); 52, 1 (30); 100, 226 (241); 102, 1 (15). 249 BVerfGE 100, 226 (241); 102, 1 (15). 250 BVerfGE 50, 290 (340); 102, 1 (15) – Altlast. 251 BVerfGE 58, 300 (335); Papier in Maunz / Dürig, Art. 14 Rn. 35 ff.; Kirchhof, FS f. Leisner, S. 651. 252 Dafür: Isensee, FS f. Klein, S. 621 f.; Friauf, JurA 1970, S. 308; ders., DÖV 1980, S. 488; Kimminich in BK, GG, Art. 14 Rn. 62; ders., JuS 1978, S. 218 f.; Leisner, in HStR VI, § 149 Rn. 127; Loritz, NJW 1986, S. 9; Meessen, BB 1971, S. 930 f. m.w.N.; Rüfner, DVBl. 1970, S. 882; Sendler, DÖV 1971, S. 22; Wendt, NJW 1980, S. 2114; ders. in Sachs, Art. 14 243 244

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Seit den Einheitswertbeschlüssen des Bundesverfassungsgerichts253 ist Art. 14 GG zentraler Gegenstand der aktuellen verfassungsrechtlichen Steuerdiskussion.254 Streitpunkt ist, ob sich aus der Verfassung – insbesondere aus Art. 14 GG – Rn. 38 ff.; Vogel / Waldhoff, Grundlagen der Finanzverfassung, Rn. 542 m.w.N. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 51 f., führt überzeugend aus: „Das ursprüngliche, vom zivilrechtlichen Begriff des Sacheigentums geprägte Eigentumsverständnis anerkennt kein Eigentum an Forderungen und sonstigen nicht gegenständlich verdeutlichten Vermögenspositionen. Nachdem jedoch heute der Grundrechtsträger die ökonomische Grundlage individueller Freiheit weniger in landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben oder anderen Sachgegenständen, sondern in seinem Lohn- und Sozialversicherungsanspruch sowie vermehrt auch in gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen findet, muss der verfassungsrechtliche Eigentumsanspruch heute alle rechtlich ausgeformten vermögenswerten Rechtspositionen schützen, die der Berechtigte durch Leistung erworben hat und nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben kann. (BVerfGE 45, 142 (179) – Kaufpreisanspruch –, 51, 193 (216 ff.) – Warenzeichen –; 79, 174 (191) – Erbbaurecht –; 83, 201 (209) – Vorkaufsrecht –; 89, 1 (6) – Mieterrecht –; vgl. auch 70, 191 (1999) – Fischereirechte –, ständige Rechtsprechung) Damit sind auch die steuerlich beanspruchten Vermögenspositionen, wie das Einkommen, die Kaufkraft oder das Gesamtvermögen, Eigentum im Sinne des Art. 14 GG. Dementsprechend ist heute anerkannt, dass die Eigentumsgarantie nicht nur körperlich greifbare Sachen schützt, sondern auch geldwerte Forderungen, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger privatnützig zugeordnet sind, auf Eigenleistungen beruhen und als materielle Grundlage persönlicher Freiheit dienen. Eine wesentliche Freiheitsgarantie des Eigentums liegt gerade darin, Sachgüter und Geld gegeneinander austauschen zu können. Die Gleichwertigkeit von Sach- und Geldeigentum ist auch eine der Funktionsgrundlagen des Art. 14 GG. Geld ist geprägte Freiheit; es kann frei in Gegenstände eingetauscht werden (BVerfGE 97, 350 (370) – Euro -).“ Es erscheint in der Tat kaum einsichtig, warum der Steuererstattungsanspruch (BVerfGE 70, 278 (285)) in den Schutzbereich des Art. 14 GG fällt, der Steuerzugriff aber nicht. Im Vordringen befindet sich ein „eingriffsorientiertes“ Erklärungsmodell, das im Endergebnis auf die konkreten Vermögensgegenstände abstellt, vgl. Eschenbach, S. 601 ff.; Hey, Steuerplanungssicherheit, S. 143 f. m.w.N. Den Vermögensschutz lehnen dagegen ab: Wieland in Dreier, GG I, Art. 14 Rn. 48; ders., DStJG 24 (2001), S. 46; Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO, § 4 Rn. 590; Bryde, in v.Münch / Kunig, GG, Art. 14, Rn. 23; Dederer, StuW 2000, S. 94; Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, S. 398; Lepsius, JZ 2002, S. 313 ff.; Papier, Der Staat 11 (1972), S. 490; ders., AöR 98(1973), S. 532; ders., DVBl. 1980, S. 788; ders. in Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 160; ders. in Dichmann / Fels (Hrsg.), S. 101 f. Im wesentlichen verbergen sich hinter diesem Streit die Fragen, ob: a) die Gesamtheit aller Vermögensrechte als Rechtsinstitut überhaupt zu fassen sei; b) die Eigentümerfreiheit ein vergegenständlichtes Schutzgut voraussetze, so daß nur das Sachvermögen, nicht das Geldvermögen geschützt werde; c) das Gesamtvermögen angesichts aller vermögenswerten Wertschwankungen als gleichbleibende Wertgarantie faßbar sei; d) der Gesamtbestand, dessen einzelne Objekte vom Willen des Eigentümers abhängen, als Rechtsfolge oder Rechtsvoraussetzung zu bewerten sei; e) die Steuer ihrer Eingriffsart nach von vornherein keinen Eingriff in individuelles Eigentum darstelle und deshalb die Eigentumsgarantie nur institutionellen Schutz gegen die Besteuerung gewähren könne; vgl. Kirchhof, StuW 1984, S. 310 (FN 96 m.w.N.). 253 BVerfGE 93, 121 ff.; 165 ff. 254 Die Theorien, wonach der Steuergesetzgeber durch andere, dem Art. 14 GG vorgehende Verfassungsnormen von der Bindung an die grundrechtliche Gewährleistung des privaten Eigentums freigestellt wird (Stichwort: „Exemtion der Steuergesetze von der Eigentumsgarantie kraft verfassungsrechtlichen Sondertitels“), konnten sich nicht durchsetzen, zu den Theorien im einzelnen und deren Ablehnung vgl. Friauf, JurA 1970, S. 309 ff. 6*

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eine Obergrenze der Steuerlast ableiten läßt. Friauf prophezeite, daß die Frage, nach den verfassungsrechtlichen Grenzen des staatlichen Steuerzugriffs eines Tages zu einer Schicksalsfrage des freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaates werden wird.255 Nach traditioneller Auffassung gehört die verfassungsrechtliche Eindämmung des Superfiskalis in die „Traumfabrik des Staatsrechts“.256 (1) Rechtsprechung des BVerfG Zunächst soll auf die Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG eingegangen werden, die in 3 Phasen verlief.257 (a) Einschränkende Begriffsdefinition In seiner Entscheidung zur Investitionshilfeabgabe vom 20. Juli 1954 begründete der Erste Senat die Definition, das Eigentum schütze nicht das Vermögen als solches, das selbst kein Recht verkörpere, sondern den Inbegriff aller geldwerten Güter einer Person darstelle, gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten.258 Die Aussage wurde weder begründet noch belegt und Kritiker sprachen im nachhinein von einer ohne näheren Begründung aufgestellten Behauptung, die einfach wiederholt259 wird und dann den Heiligenschein des objektiven Rechts durch die auszeichnende Benennung als ständige Rechtsprechung erhält, deren Inhalt durch ständige Wiederholung nicht an Überzeugungskraft gewinne.260 (b) Übermaßverbot In seiner späteren Rechtsprechung sprach das BVerfG von Ausnahmen für Extremfälle, wenn die Steuerpflicht den Betroffenen übermäßig belaste und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtige.261 Dies sei der Fall, wenn die Friauf, DÖV 1980, S. 480. Papier, KritV 1987, S. 147; ders. in Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 179; vgl. Lang, FS f. Vogel, S. 176. 257 Vgl. Seer, DStJG 23 (2000), S. 96; zur diffusen Rechtsprechung auch Friauf, DStJG 12 (1989), S. 19 ff. 258 BVerfGE 4, 7 (17). 259 Vgl. BVerfGE 8, 274 (330); 10, 89 (116); 10, 354 (371); 11, 105 (126); 14, 221 (241); 19, 119, 128 f.; 19, 253 (267 f.); 23, 288 (314 f.); 26, 327 (338); 28, 119 (140); 29, 402 (413); 30, 250 (271 f.); 96, 375 (397). 260 Friauf, JurA 1970, S. 302; Spanner, DStR 1975, S. 480; Wilk, S. 137. Zu den unausgesprochenen Gründen, warum Art. 14 GG nicht vor Geldleistungspflichten schützen soll (gesellschaftlich minderwertige Stellung der Sachwalter des Geldes in der Geschichte; Lehre von den „preferred freedoms“, wonach wirtschaftliche Freiheiten den demokratischen nachrangig seien; Vorstellung Geld sei in der öffentlichen Hand besser aufgehoben) vgl. Vogel, FS f. Maurer, S. 304 f. 255 256

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Steuer erdrosselnde262 Wirkung zeige. Diese sog. Übermaßformel findet sich bis heute in einer Vielzahl von Entscheidungen, ohne daß ein solcher Fall bislang angenommen worden wäre.263 Problematisch und ungeklärt ist bereits der Begriff „erdrosselnde Wirkung“. Nach Lang gibt es nur eine sichere Quantifizierung, das international anerkannte Konfiskationsverbot, d. h. den Schutz vor der totalen Wegnahme von Einkommen und Vermögen.264 Das Bundesverfassungsgericht spricht darüber hinaus aber von einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse.265 Im Rahmen dieser Arbeit wird von erdrosselnder Wirkung ausgegangen, wenn sich der Steuerpflichtige die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nicht leisten kann. Es entspricht der Definition zu Art. 12 GG, wenn die Betätigung wirtschaftlich unmöglich gemacht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bezogen auf die tatsächliche Summe der Einkünfte wegen Nichtberücksichtigung der verringerten Leistungsfähigkeit durch Abzugsbeschränkungen, sich seine Gesamtsteuerlast durch die steuerpflichtige Tätigkeit um 100 % und mehr erhöht. (c) Halbteilungsgrundsatz Effektuiert wurde Art. 14 GG für das Steuerrecht durch den Zweiten Senat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit von § 10 Nr. 1 VStG.266 Obwohl es im Kern grundsätzlich um die Vereinbarkeit mit Art. 3 GG ging, nutzte der Senat die Gelegenheit grundlegende Aussagen zu Fragen der Zulässigkeit von Steuereingriffen zu treffen. Der Schutzbereich wurde – ohne eine explizite Feststellung zum Schutze des Vermögens durch Art. 14 GG – als eröffnet angesehen.267 Der umstrittenste Schritt war die Statuierung einer Belastungsobergrenze: „Nach Art. 14 Abs. 2 GG dient der Eigentumsgebrauch zugleich dem privaten Nutzen und dem Wohl der Allgemeinheit. Deshalb ist der Vermögensertrag einerseits für die steuerliche Gemeinlast zugänglich, andererseits muß dem Berechtigten ein privater Ertragsnutzen verbleiben. Die Vermögensteuer darf deshalb zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen 261 BVerfGE 14, 221 (241); 16, 147 (161); 19, 119 (128 f.); 23, 288 (315); 26, 327 (328); 27, 111 (131); 29, 402 (413); 30, 250 (272); 38, 61 (102); 63, 312 (327); 63, 343 (368); 67, 70 (88); 68, 287 (310 f.); 70, 219 (230); 72, 200 (248); 76, 130 (141); 78, 214 (230); 78, 232 (243); 78, 249 (277); 82, 159 (190); 89, 48 (61); 93, 121 (137); 93, 165 (172); 96, 267 (300); 97, 332 (349). 262 BVerfGE 23, 288 (314); BVerfGE 30, 250 (272). 263 Lang, FS f. Vogel, S. 176 f. nennt seiner Ansicht nach gebotene Anwendungsfälle. Kritisch zur Rechtsprechung des BVerfG, die die „offene Flanke der Eigentumsgarantie“ nicht zu decken vermag: Hesse, Grundzüge, Rn. 447, vgl. auch Berg, Staatsrecht, Rn. 612. 264 Lang, FS f. Vogel, S. 177. 265 BVerfGE 23, 288 (315). 266 BVerfGE 93, 121. 267 Vgl. Geißler, S. 105; Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO, § 4 Rn. 588; Dederer, StuW 2000, S. 93; Eschenbach, DStZ 1997, S. 414.

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und sonstigen Entlastungen in der Nähe der hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt und dabei insgesamt auch Belastungsergebnisse vermeidet, die einer vom Gleichheitssatz gebotenen Lastenverteilung nach Maßgabe finanzieller Leistungsfähigkeit zuwiderlaufen.“268 (Halbteilungsgrundsatz) Das Wort „zugleich“ wurde in dieser Entscheidung also als Wertbegriff gebraucht.269 Böckenförde führte in seinem Sondervotum zum Vermögensteuerbeschluß aus, daß Art. 14 GG keine Grundlage für ein steuerrechttheoretisches und steuerpolitisches Konzept sei, das sowohl Grund wie auch Intensität und Grenze der Besteuerung aus einer in sich differenziert interpretierten Eigentumsidee herleite. Das Grundgesetz „beläßt für die Ausgestaltung der Steuerrechtsordnung vielmehr einen prinzipiell weiten Spielraum und legt die Entscheidungen zu Gegenstand, Maßgabe und Ausmaß der Besteuerung weitestgehend in die Hände des Gesetzgebers, der für sie und ihre weitreichenden Auswirkungen die politische Verantwortung trägt.“ In Zahlen nachrechenbare Maßgaben seien der Verfassung nicht zu entnehmen.270 Zahlreiche Stimmen in der Literatur folgen diesem restriktiven Ansatz.271 Die Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit von § 10 Nr. 1 VStG wurde aber trotzdem einstimmig gefaßt, weil sich der Senat in der Frage des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz einig war. Der Erste Senat bewertete im LPG-Urteil272 die eigentumsrechtlichen Ausführungen des Zweiten Senats als obiter dicta. Seer273 meint daher, dessen Rechtsprechung befinde sich noch auf der Stufe der 2. Phase. Auch Rose274 sieht die Gefahr eines möglichen Dissenses zwischen den Senaten. Kirchhof und Haas betonten in der Diskussion der Steuerjuristischen Gesellschaft 2001 allerdings, daß von einem Dissens der Senate keine Rede sein könne.275

BVerfGE 93, 121 (138). Kirchhof, Diskussionsbeitrag in Kirchhof / Birk / Lehner, Steuern und Verfassungsstaat, Symposion zu Ehren von Klaus Vogel, S. 62; vgl. Seer, DStJG 23 (2000), S. 105 ff. Diese Ansicht verteidigt List, NJW 2000, S. 1840 f. mit umfassenden Nachweisen zum etymologischen Ursprung des Wortes „zugleich“. Seit 1655 nachweisbar mit der Bedeutung „zu gleichen Teilen“, vgl. Vogel, FS f. Maurer, S. 307 m.w.N. Nachweise auch bei Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 57 (FN 155). 270 BVerfGE 93, 121 (154 ff.) Böckenförde sieht in der Entscheidung zudem die Anwendung einen neuen – von Kirchhof entwickelten – Konzepts, wonach die Intensität des Schutzes nach Art. 14 GG unterschiedlich ist, je nachdem, ob es sich um Vermögenserwerb, -bestand oder Vermögensverwendung handle. 271 Wieland, DStJG 24 (2001), S. 38 m.w.N. (FN 33). Gegenargumente bei Vogel, FS f. Maurer, S. 302. 272 BVerfGE 95, 267 (300). 273 Seer, DStJG 23 (2000), S. 97 f. 274 Rose, DB 1998, S. 1154 f. 275 Diskussionsbeiträge, DStJG 24 (2001), S. 137. 268 269

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(2) Praxis, BFH und Halbteilungsgrundsatz Auf den Alltag der Finanzverwaltung hat der Halbteilungsgrundsatz bislang noch keinen Einfluß276. Die Rechtsprechung hält sich nicht nach § 31 Abs. 1, 2 BVerfGG an die Entscheidung des BVerfG gebunden, da Streitgegenstand lediglich die Vermögensteuer gewesen sei.277 Der XI. Senat des BFH lehnt außerdem ausdrücklich die Rechtsprechung des 2. Senats ab. Zum einen hält er daran fest, daß das Vermögen an sich nicht vom Eigentumsbegriff des Art. 14 GG erfaßt ist.278 Auf den freiheitsgrundrechtlichen Ansatz geht er nur im Hinblick auf das traditionelle Übermaßverbot ein. Zum anderen lehnt er den Halbteilungsgrundsatz ab. In seinem Urteil vom 11. 8. 1999 führt er aus, aus Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG lasse sich kein Gebot der annähernd hälftigen Teilung erkennen. „Der Formulierung ,zugleich‘ vermag der Senat dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch dem Wortsinn nach lediglich ein finales, nicht hingegen ein arithmetisches Element im Sinne einer Zuordnung zu rechnerisch etwa gleichen Teilen (50 %) zu entnehmen.“279 Angesichts dieser offenen Rechtslage ist es die Aufgabe der Wissenschaft die dogmatischen Grundlagen eines in der Verfassung verankerten Halbteilungsgrundsatzes herauszuarbeiten. Mit einem dogmatischen Fundament wird auch seine Akzeptanz in der richterlichen Praxis wachsen. Im folgenden sollen deshalb die dogmatischen Ansätze der Literatur näher untersucht werden. (3) Halbteilungsgrundsatz in der Literatur Der Gedanke der Eigentumsrelevanz der Besteuerung und der hälftigen Teilung zwischen Staat und Bürger war in der Literatur schon vor der Verfassungsgerichtsentscheidung zu finden [dazu unter (a)].280 Neben Kritik281 findet der HalbteiVgl. Wilk, S. 138 m.w.N. BFH, NJW 1999, S. 3798; FG Münster, DStRE 2002, S. 508; EFG 2002, S. 27; insoweit zustimmend Lang, NJW 2000, S. 457. Ablehnend Rose, DB 1998, S. 1154 f. m.w.N., insbesondere weil es bei einem obiter dictum keines Sondervotums des Richters Böckenförde bedurft hätte, ebenso Butzer, S. 136. 278 BFH, NJW 1999, S. 3799. 279 BFH, NJW 1999, S. 3799. Gegen diese Entscheidung ist Verfassungsbeschwerde eingelegt worden (Az. 2 BvR 2194 / 99), über die das BVerfG voraussichtlich 2003 entscheiden wird, vgl. Mellinghoff, DStR 2003, Beihefter 3, S. 11. Aufgrund seiner hohen SPD-Mitgliedsdichte wird dem XI. Senat unter Vorsitz der Präsidentin Ebling jedoch vorgeworfen, sein Urteil sei politisch motiviert: Klein, FAZ, 6. 11. 1999, S. 14. Hierzu kritisch der Bund der deutschen Finanzrichter, Handelsblatt, 29. 11. 1999, S. 57, der die Entscheidung des XI. Senats begrüßt und dem ehemaligen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten „unsachliche Richterschelte“ vorwirft. Auch die Instanzgerichte lehnen eine Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes ab, vgl. FG Münster, EFG 2002, S. 27. Umfassende Nachweise zur Rechtsprechung bei Geißler, S. 126, FN 774. 276 277

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lungsgrundsatz große Zustimmung, und es werden neue Begründungsansätze entwickelt [dazu unter (b) (c) und (d)]. (a) Lehre von der Eigentümerfreiheit Den stärksten Einfluß auf die Diskussion hat Kirchhofs Lehre von der Eigentümerfreiheit gewonnen. Schon 1973 griff er den Gedanken von Friauf282 auf, wonach Art. 14 GG auch den „Tauschwert“ schütze.283 In seinem Staatsrechtslehrerreferat von 1980 führte er aus: „Der Schutz des privaten Eigentümerhandelns findet seinen Maßstab in der Eigentümerfreiheit, weniger im Eigentum: ,Eigentum‘ definiert nicht ein Wirtschaftsgut, das gegen steuerlichen Zugriff abzuschirmen wäre, sondern umgrenzt den Handlungsspielraum des Eigentümers. Grundlage der Eigentümerfreiheit ist das Gesamtvermögen“284. Art. 14 GG gebietet seiner Ansicht nach für das Steuerrecht weniger sachenrechtlichen Bestandsschutz, sondern mehr personenrechtliche Freiheitsgarantie zur Veränderung des Vermögens, sei also primär Freiheitsrecht und weniger Bestandsgarantie. Zusätzlich begründete er die „Markttheorie“ als Rechtfertigung für die Steuerlast. Danach rechtfertigt sich die Besteuerung insbesondere aus einem wesentlichen Beitrag des Staates zum Entstehen und zum Bestand des zu besteuernden Wirtschaftsgutes. Diese Voraussetzung sei erfüllt, „wenn der Einzelne ein Wirtschaftsgut am Markt erwirbt“, der von der Rechtsgemeinschaft organisiert und gefördert und vom Staat rechtlich geordnet wird. In dieser Vorstellung realisiert die Einkommensteuer typisierend den Anteil der Allgemeinheit an diesem individuellen, durch die Gemeinschaft ermöglichten Erwerb, ein Leistungsempfang außerhalb des Marktes, dazu gehört auch die Wertschöpfung für den privaten Eigenbedarf oder die Nutzung privater Wirtschaftsgüter, bleibt einkommensteuerfrei. Nachdem lediglich die Marktteilhabe besteuert wird, muß die Substanz unangetastet bleiben. Besteuert werden soll nur das „in Bewegung“ befindliche Vermögen.285 Mit diesem „geschlossenen steuerrechtlichen Weltbild“ kam er zum BVerfG und wirkte dort im 2. Senat an der Entste280 Zur Geschichte der Dogmatik zur freiheitsrechtlichen Begrenzung von Steuerlasten: Lang, NJW 2000, S. 459; ders, FS f. Vogel, S. 173 ff. 281 Ablehnend Lang, Reformentwurf – Münsteraner Symposion II, S. 20; kritische Redebeiträge von Püttner, Meesen, Breuer, Massgnung, Badura und Wike in VVDStRL 39 (1981), S. 380 ff.; weitere Nachweise bei Lang, FS f. Vogel, S. 178, FN 39; Geißler, S. 126 ff.; nach Weber-Grellet, FS f. Posser, S. 414 verkennt ein strikter Halbteilungsgrundsatz die „Verpflichtungen des aufgeklärten Wohlfahrtsstaates“. 282 Friauf, JurA 1970, S. 307 ff. 283 Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 11 f., 42. 284 VVDStRL 39 (1981), S. 213 (These 7), 271, 282. weiter ausgereift in Kirchhof / Birk / Lehner, Steuern und Verfassungsstaat, Symposion zu Ehren von Klaus Vogel, S. 27 ff. 285 Kirchhof, StuW 1984, S. 299 ff. Ablehnend zur Markttheorie: Loritz in Dichmann / Fels (Hrsg.), S. 126 ff.; Tipke, StuW 2002, S. 155 f., 168 m.w.N. – sie stellt eine Einschränkung der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dar, der KE hält sich selbst nicht an diese Prämisse, da Unterhalt beim Empfänger zu versteuern wäre, vgl. § 14 Nr. 2 KE.

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hung der Einheitswertbeschlüsse mit.286 Auch zur Frage einer Obergrenze der progressiven Besteuerung aus Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG nahm er 1980 Stellung: „Das „Zugleich“ von Allgemein- und Privatnützigkeit bringt staatliches und privates Ertragsbegehren nebeneinander zur Geltung. ( . . . ) Wie das Einkommen dem Eigentümer grundsätzlich zum Lebensunterhalt dient, wird eine hälftige Ertragsteilhabe des Staates in der Regel nicht mehr vertretbar sein.“287 Diese Aussagen entsprechen im wesentlichen den Ausführungen zu Art. 14 GG im Vermögensteuerbeschluß des BVerfG288, an dem Kirchhof als Richter mitwirkte. Kritisch ist anzumerken, daß Kirchhof seine Auffassung nicht konsequent weitervertritt. Bereits in den ersten Vorträgen, die zeitlich dem Vermögensteuerbeschluß nachfolgten, relativierte er die Aussagen des Halbteilungsgrundsatzes. Überraschenderweise reduziert er jetzt sogar den Halbteilungsgrundsatz des BVerfG, der offensichtlich seinen bisherigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen entsprach, auf seine „verfassungspolitische Bedeutung“ und fordert ihn bei der nächsten Revision der Finanzverfassung in das Grundgesetz aufzunehmen, da er z.Z. nicht in einem individuellen Abwehrrecht enthalten sei. Er übt insbesondere Kritik an der Anknüpfung „zugleich“, dies sei seines (neuen) Erachtens primär funktional zu verstehen.289 Wenigstens hält er an dem Schutzbereich von Art. 14 GG, der auch das Vermögen und die ökonomische Handlungsfreiheit erfasse, fest. Zur Begründung eines Grundrechtseingriffs in Art. 14 GG stützen sich andere Teile Literatur allein auf den von Kirchhof betonten Freiheitsaspekt (lehnen also den Vermögensschutz ab). Der Besteuerungszugriff erschöpfe sich gegenüber dem zur Steuerzahlung Verpflichteten nicht allein in dem Entzug von Geldmitteln, sondern der Steuerpflichtige könne durch die Besteuerung zugleich in einer durch die Freiheitsgrundrechte – vornehmlich in Art. 14 Abs. 1; 12 Abs. 1 GG – geschützten Freiheitsbetätigung beeinträchtigt werden.290 286 Vgl. Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, S. 31 m.w.N. Tipke, GmbHR 1996, S. 9, 12 kritisiert: „Kirchhof leitet sein verfassungsmäßiges Steuersystem nicht durchgehend aus der Verfassung ab, sondern er deutet zum Teil in die Verfassung hinein, was er zu Rechtfertigung seiner Systemvorstellung benötigt.“ 287 Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 272 aber: „Mit wachsenden Erträgen verbleibt dem Eigentümer jedoch auch nach hälftiger Besteuerung ein substantieller Wert seiner Eigentumsnutzung. Es ist deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Einkommensteuer im Spitzensteuersatz einer Belastung von 56% des zu versteuernden Einkommens nähert.“ 288 Vgl. Teil 1 D. I. 2. a) bb) (1) (c). 289 Kirchhof, StuW 2002, S. 192 f. insbesondere dürfe nicht übersehen werden, daß nach Art. 14 Abs. 2 GG das Eigentum dem Allgemeinwohl dienen „soll“, nachdem nach herkömmlicher Auffassung im Verwaltungsrecht „soll“ grundsätzlich „muß“ bedeutet, würde der Halbteilungsgrundsatz eine Pflicht zur hälftigen Besteuerung bedeuten. Damit verkennt er – was noch zu zeigen ist – die Bedeutung der Privatnützigkeit; m.E. verbietet sich die verwaltungsrechtliche Interpretation eines Verfassungstextes. 290 Geißler, S. 109 ff.; Dederer, StuW 2000, S. 94; Jarass, in Jarass / Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 15; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit,

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Jedenfalls kann gegen die Annahme eines Grundrechtseingriffs durch Besteuerung nicht angeführt werden, daß stets – sinnwidrig – eine entschädigungspflichtige Enteignung vorläge. Denn die Enteignung, die eine Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 GG auslösen würde, setzt voraus, daß es sich um die finale Entziehung einer konkreten Eigentumsposition zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe handelt.291 Die Besteuerung entzieht weder das Vermögen als solches noch geht es um die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe. Die Steuergesetze enthalten die generell-abstrakte Festlegung der Pflichten des Steuerzahlers als Eigentümer.292 Ausgehend vom – wie auch immer – bejahten Grundrechtseingriff293 in Art. 14 GG wird die Besteuerung als Grundrechtsschranke diskutiert.294 Die betragsmäßige Beschränkung wird sodann in der Literatur auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (unter (b)) bzw. auf das Subsidiaritätsprinzip (unter (c)) und den Grundsatz der Privatnützigkeit (unter (d)) gestützt. (b) Verhältnismäßigkeitsprinzip Dogmatisch ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip die naheliegende Grundlage für eine Begrenzung der Steuerhöhe. In der Pflichtexemplarentscheidung295 stellte das BVerfG fest, daß auch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums unverhältnismäßig sein kann. Paul Kirchhof setzte 1980 aber unmittelbar an der Sozialbindung des Eigentums mit einer quantifizierenden Interpretation des Wortes „zugleich“ in Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG an, weil die herrschende Staatsrechtslehre damals und auch heute noch die Ansicht vertritt, das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei gegenüber Steuereingriffen ineffizient.296 Ein Grundrechtseingriff ist verhältnismäßig, wenn er geeignet, erforderlich und verhältnismäßig i.e.S. angemessen / zumutbar ist. Bezogen auf den Eingriffszweck der Einnahmeerzielung ist jeder Steuereingriff im allgemeinen geeignet und erfor2000, S. 33 ff.; dies. StuW 1996, S. 100; Papier, Der Staat 11 (1972), S. 492 f.; ders. in Maunz / Dürig, GG, Art. 14 Rn. 170; ders., DVBl. 1980, S. 790; Schenke, FS f. Armbruster, S. 190 ff.; Söhn, FinArch 46 (1988), S. 165. 291 Anerkannt seit: BVerfGE 58, 300 – Naßauskiesung. 292 Friauf, JurA 1970, S. 304 m.w.N. 293 Einen neuen Ansatz verfolgt Möstl, DStR 2003, S. 725 f. Er hält den Schutzbereich von Art. 14 GG nicht für einschlägig, nimmt einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG an und versteht den Halbteilungsgrundsatz als Ausfluß der objektiven Institutsgarantie privatnützigen Eigentums, was in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einfließt. 294 Umfassend Geißler, S. 119 ff. 295 BVerfGE 58, 137. 296 Papier, Diskussionsbeitrag VVDStRL 39 (1981), S. 370; ders. in Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 176; Isensee, FS f. Ipsen, S. 434 ff.; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 189, 223; Jachmann, S. 42; Lehner, Einkommensteuer und Sozialhilfe, S. 404 f.; vgl. Lang, FS f. Vogel, S. 178, FN 36.

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derlich.297 Ob der Eingriff auch angemessen ist, ist (zunächst) mittels einer ZweckMittel-Relation festzustellen. Es handelt sich dabei um die abstrakte Betrachtung der betroffenen Güter. Daneben hat die Rechtsprechung aber immer schon auf den konkreten Einzelfall abgestellt, eine übermäßige, unzumutbare Belastung des Einzelnen galt es zu vermeiden.298 Ein neuerer Literaturansatz will die Verhältnismäßigkeit i.e.S. (als abstrakte Zweck-Mittel-Betrachtung) von der Zumutbarkeit trennen und auf dieser 2. Stufe / Dimension der Verhältnismäßigkeitsprüfung fragen, ob das Verhältnis einer (unter Umständen bereits als verhältnismäßig anzusehenden) Pflicht im Hinblick auf die persönliche Situation des Betroffenen zumutbar ist.299 Auch Papier schreibt diesbezüglich einschränkend: „Im allgemeinen wird auch das Verhältnis zwischen dem verfolgten Eingriffszweck der Verschaffung öffentlicher Mittel und dem vom Bürger abverlangten Steueropfer nicht disproportional sein.“300 Diese Einschränkung ist das Einfallstor einer Besteuerungsgrenze: im Rahmen der Zumutbarkeit / Angemessenheitsprüfung kann entschieden werden, ob die Besteuerung so intensiv ist, daß wichtige andere Verfassungsgüter gefährdet werden. Ein Steuereingriff in den individuellen, lebensnotwendigen Finanzbedarf, der in letzter Konsequenz existentielle Bedürftigkeit verursachen würde und staatliche Transferleistungen auslösen müßte, steht jedenfalls und immer außer Verhältnis zum Zweck der Besteuerung, die allgemeinen Staatsaufgaben zu finanzieren. Da der Eingriffszweck der Mittelbeschaffung für den allgemeinen Finanzbedarf bei Fiskalzwecknormen stets gleichbleibend ist, muß sich eine Angemessenheitsprüfung an der Eingriffsintensität der Steuerlast orientieren. Bei den Fiskalzwecknormen drückt sich die Intensität des Grundrechtseingriffs durch die in der Bemessungsgrundlage und den Steuertarif bestimmten Höhe der Steuer aus. Die Höhe der Steuer ist als Kriterium für die Angemessenheit eines durch den Steuerzugriff bewirkten Grundrechtseingriffs heranzuziehen, wenn sie im Verhältnis zu den beschränkten Freiheitsrechten gesehen wird. In diesem Sinne vermag das Übermaßverbot dem fiskalzweckorientierten Besteuerungszugriff Grenzen zu ziehen.301 Das Übermaßverbot ist zudem in Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 GG ausdrücklich in der Finanzverfassung des Grundgesetzes vorgesehen.302

297 Zu Fiskal- im Gegensatz zu Lenkungsnormen, vgl. Geißler, S. 98 ff.; Bergmann Ávila, S. 269. 298 BVerfGE 16, 147 (175); 30, 292 (316); 33, 240 (244); 37, 1 (22); 57, 121 (236); 78, 77 (85 f.). Die Begriffe werden synonym gebraucht. 299 Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, S. 242; Bergmann Ávila, S. 73; Michael, S. 265. 300 Papier in Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 176. 301 Zum Grundsatz der Angemessenheit als Prozentformel schon Draschka, S. 181 ff.; vgl. auch Vogel, FS f. Maurer, S. 306; Geißler, S. 120 ff. 302 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Bd. II S. 1110, fragt sich, ob die Gerichte diese Vorschrift noch nicht entdeckt haben!

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(c) Subsidiaritätsgedanke Die Grenze der hälftigen Teilung wird von zahlreichen Stimmen im Schrifttum unter Zuhilfenahme des Subsidiaritätsprinzips begründet, das seit 1992 eine Positivierung in der Struktursicherungsklausel des Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG gefunden hat.303 Ausgangspunkt im Verhältnis Bürger Staat ist das Wertesystem des Grundgesetzes, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Der Staat hat in zweiter Reihe zu stehen und tritt nur dann hervor, wenn die Aufgaben durch die Individuen nicht bewältigt werden können. Demzufolge sorgt der Mensch als ein auf Freiheit angelegtes Wesen vorrangig für sich selbst. Der individuellen Selbstverantwortung gebührt der Vorrang.304 Diesem Menschenbild sieht sich das Grundgesetz verpflichtet, wenn es den Menschen als frei und damit als Subjekt seiner Lebensführung und nicht als Objekt des Willens anderer konstituiert.305 Der geschilderte philosophische Verständnishorizont macht deutlich, daß das Subsidiaritätsprinzip zunächst dem Bereich der Staatsethik angehört und in erster Linie ein aus vernunftmäßigen Erwägungen gewonnenes Ordnungs- und Gestaltungsprinzip darstellt, das dem Recht vorgeordnet ist. Insoweit kommt ihm Bedeutung vor allem als „politische Klugheitsregel“ zu.306 (d) Privatnützigkeitstheorie Das Subsidaritätsprinzip ist – schon wegen seines Prinzipcharakters – „entwicklungsoffen“307. Im Bereich der Eigentumsgarantie hat es eine Konkretisierung durch die Privatnützigkeit erfahren, die vor allem im Steuerrecht Bedeutung erlangt. Denn um seiner Eigenverantwortung genügen zu können, muß der Steuerpflichtige primär eigennützig arbeiten.308 Diese grundsätzliche Orientierung des Grundgesetzes spiegelt sich auch in Art. 14 Abs. 2 GG wider. Der Abgabeneingriff, mit dem der Staat die Sozialgebundenheit des Eigentumsgebrauchs konkretisiert, darf dem Bürger grundsätzlich nicht mehr als die Hälfte des durch seine pri303 Butzer, S. 26 f.; Jachmann, StuW 1996,S. 103 f.; Seer, FR 1999, S. 1285 f.; ders., DStJG 23 (2000), S. 104 ff. Vgl. auch Zühlsdorff, ThürVBl 2001, S. 32 FN 100 m.w.N. Ausführlich Geißler, S. 130 ff.; Lang, FS f. Vogel, S. 183 f. der auf S. 181 jüngeren Autoren vorwirft, sie würden statt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sofort auf das Subsidiaritätsprinzip ausweichen. 304 Zu Begriff und Herleitung des Subsidiaritätsprinzips: Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 14 ff.; Pieper, S. 29 ff.; Michael, Normersetzende Absprachen, S. 266 f. Seinen Ursprung hat es in der katholischen Soziallehre. Mit der päpstlichen Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“, die Papst Pius XI am 15. Mai 1931 veröffentlichte, wurde der Begriff ausdrücklich in die gesellschaftspolitische Diskussion eingeführt und auf das Verhältnis zwischen Gemeinwesen verallgemeinert. 305 BVerfGE 4, 7 (15 f.); 30, 1 (20); 35, 202 (225); 45, 187 (227); 50, 290 (339); 60, 253 (268); 79, 256 (278). 306 Butzer, S. 79; Michael, Normersetzende Absprachen, S. 271 f. 307 Dazu Häberle, Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, S. 419. 308 Friauf, DStJG 12 (1989), S. 29.

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vatinitiierte Leistung Erworbenen wegnehmen. Anderenfalls trete der einzelne seine primäre Verantwortung für sich selbst an die Allgemeinheit ab, und der Staat übernähme die Erstverantwortung.309 Der Bürger würde primär fremd- und nicht mehr primär eigennützig handeln.310 Diese Ansicht stimmt mit der ständigen Rechtsprechung des BVerfG überein, wonach der Bürger von Verfassungs wegen einen Anspruch darauf hat, daß ihm die Privatnützigkeit des Erworbenen und die Verfügungsbefugnis über geschaffene vermögenswerte Rechtspositionen jedenfalls im Kern erhalten bleibt.311 Bis zur Einheitswertentscheidung wurde in diesem Zusammenhang allerdings noch nicht von der 50 % – Grenze gesprochen. Nachdem der Grundsatz der Privatnützigkeit das Subsidiaritätsprinzip im Rahmen des Art. 14 GG konkretisiert, ist er auch in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellen.312 Im Rahmen einer denkmalschutzrechtlichen Problematik stellte das BVerfG ausdrücklich fest, daß die Belastung des Eigentümers unzumutbar und damit unverhältnismäßig ist, wenn die Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt wird und die Rechtsposition des Eigentümers sich einer Lage annähert, die den Namen „Eigentum“ nicht mehr verdient. Wo die Grenze der Zumutbarkeit im einzelnen verlaufen soll, wurde allerdings offen gelassen.313 Reinhardt, der 1954 die Privatnützigkeitstheorie allgemein begründet hat, sah sein Ergebnis neben Art. 14 Abs. 2 auch durch Art. 19 Abs. 2 GG bestätigt. Art. 19 Abs. 2 GG garantiert den Wesensgehalt eines Grundrechts.314 Nach Reinhardt kann dies bezogen auf die Eigentumsgarantie nur im Sinne einer Respektierung der Privatnützigkeit auf der Grundlage privater Initiative gedeutet werden. Wo dieses Prinzip ausgeschaltet wäre, fehlte es an demjenigen Kern der Befugnisse, die dem Privateigentum seine Funktionsfähigkeit, d. h. seine den Wirtschaftsprozeß bewegende und auch ordnende Kraft erst verleiht. Im Steuerrecht kommt man nach Butzer zumindest in die Nähe einer Verkehrung des materiellen Wesensgehalts des Art. 14 GG, wenn der Bürger mehr als die Hälfte des Erworbenen an den Staat qua Steuer abliefern muß, weil er dann primär fremdnützig arbeitet.315 (4) Stellungnahme Die vorstehenden Begründungsansätze schließen einander nicht aus, sondern stützen und ergänzen sich gegenseitig. Die Auferlegung einer Geldleistungspflicht stellt einen Eingriff in den Schutzbereich der Freiheitsgrundrechte Art. 12 und / bzw. Art. 14 GG dar. Die Gegenauffassungen widersprechen sich selbst, da sie, Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, S. 32. Loritz, BB 1993, S. 229 f.; ders. in Dichmann / Fels (Hrsg.), S. 125 ff. 311 BVerfGE 31, 229 (240); 37, 132 (140); 87, 153 (169); 93, 121 (135); 102, 1 (15). 312 Sonst besteht Streit, ob das Subsidiaritätsprinzip den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit konkretisiert, vgl. Michael, Normersetzende Absprachen, S. 271 m.w.N. 313 BVerfGE 100, 226 (243). 314 Vgl. Häberle, Die Wesensgehaltsgarantie, S. 234 ff. 315 Butzer, S. 78. 309 310

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soweit ersichtlich, alle die Möglichkeit einer konfiskatorischen Wirkung anerkennen. Das ist aber dogmatisch ausgeschlossen: Entweder berühren Abgaben die Freiheitsgarantie, dann können sie unter Umständen auch übermäßig belastend sein; oder sie berühren sie nicht, dann bleiben sie selbst dann irrelevant, wenn sie im Einzelfall oder generell konfiskatorisch wirken.316 Ob man in bezug auf Art. 14 GG einen Eingriff in das Vermögen annimmt oder auf die geschützte Freiheitsbetätigung abstellt, stellt im Ergebnis (und m.E. auch in der Sache) keinen Unterschied dar. Ein die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit beschränkender Gesetzgeber muß die grundlegenden Wertentscheidungen zugunsten des Privateigentums und seiner privatnützigen Verwendung einerseits und der Freiheit der Erwerbstätigkeit andererseits beachten. Die Forderung nach einer quantitativen Begrenzung entspricht einem freiheitlichen Staatsverständnis. In einer Situation, in der der Steuerpflichtige nicht mehr primär für sich selbst, sondern für den Staat Einkünfte erwirtschaftet, ist Konsequenz die sog. „heimliche Steuerrevolte“, d. h. der Versuch des Steuerpflichtigen, seine als drückend empfundene Steuerlast durch geschicktes Steuergestalten, Schattenwirtschaft oder unter Rechtsverletzung zu verringern. Die Achtung vor dem Gesetz sinkt.317 Auch wenn der Spitzensteuersatz nach Inkrafttreten des Grundgesetzes in Deutschland 95 % betrug, läßt sich dies nur mit der besonderen Situation der Kriegsniederlage erklären. Unsere freiheitliche Verfassung, die nunmehr ohne Druck von außen aus sich selbst heraus wirken kann, läßt es jetzt nicht mehr zu, daß der Einzelne derart – übermäßig – belastet wird. Daß die dem BVerfG obliegende Konkretisierung von Verfassungsprinzipien in bestimmten Fällen eine Quantifizierung verlangt, ist anerkannt. Der gefundene Zahlenwert ist an Plausibilitätskriterien zu messen.318 Grundrechtsdogmatisch stellt die betragsmäßige Begrenzung eine SchrankenSchranke dar. Art. 12 Abs. 1 S. 2 und Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG sehen Grundrechtsschranken vor. Durch diese ist die Besteuerung i.d.R. gedeckt, fraglich ist nur bis zu welcher Höhe.319 Die Grundrechtseinschränkung unterliegt ihrerseits wieder sog. Schranken316 Vgl. zu diesem Wertungswiderspruch in der Rechtsprechung des BVerfG: Kimminich in B / K, Art. 14, Rn. 55, 62 m.w.N.; Isensee, FS f. Klein, S. 620 f.; Seer, DStJG 23 (2000), S. 99; Friauf, JurA 1970, S. 303; ders., DStJG 12 (1989), S. 22 m.w.N. Eine dogmatische Begründung versucht Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 185, 205 f.; ders. in Hübschmann / Hepp / Spitaler, § 4 AO Rn. 582 ff.: im Wege einer „Dechiffrierung“ will er auf die hinter dem Vermögen stehende konkrete Eigentumsposition abstellen. BVerfGE 93, 121 (138). 317 Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, S. 25 mit Hinweis auf die kalifornische Steuerrevolte, die mit einer verfassungsrechtlichen Begrenzung der Steuergesetzgebungshoheit endete. Der Nobelpreisträger James M. Buchanan fordert eine konstitutionelle Begrenzung der Steuerlasten vgl. Brennan / Buchanan, The power to tax, Analytical foundations of a fiscal constitution. 318 Vogel, NJW 1996, S. 1258; Vogel / Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfassungsrechts, Rn. 546. 319 Vgl. Seer, DStJG 23 (2000), S. 100 ff.; Loritz, BB 1993, S. 229; Meesen, BB 1971, S. 929 ff.

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Schranken.320 Ein die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit beschränkender Gesetzgeber muß die grundlegenden Wertentscheidungen zugunsten des Privateigentums und seiner Privatnützigkeit einerseits und der Freiheit der Erwerbstätigkeit andererseits respektieren. Den verfassungsrechtlichen Gütern, Wirtschaftsfreiheiten einerseits und sozialstaatlicher Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers andererseits, müssen daher Grenzen gezogen werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können. Diesem für verfassungsrechtliche Kollisionslagen von Konrad Hesse geprägten Abwägungsprinzip der praktischen Konkordanz321 entspricht der Gedanke des nach beiden Seiten hin schonenden (verhältnismäßigen) Ausgleichs. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt damit jeden Grundrechtseingriff.322 Überzeugend sind die Ausführungen zur Privatnützigkeit, die einen Kernbereich der Eigentumsgarantie beschreiben und als Wert in der Abwägung, der für Art. 14 GG streitet, einen Eingriff als unzumutbar erscheinen lassen können.323 Der Gedanke des Umschlagens von Privat- in Fremdnützigkeit ist bestechend einfach und bestätigt das Ergebnis, das das BVerfG bereits aus dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 2 GG gewonnen hat. Der Gedanke der „hälftigen Teilung“ ist diesbezüglich jedenfalls von so überzeugendem Charakter, er spiegelt ein fundamentales Gerechtigkeitsgefühl324 wider, daß er neuerdings sogar losgelöst von Art. 14 GG auf andere Bereiche angewendet wird.325 Felix hält das Maß der Mitte für ein Moralprinzip mit EwigkeitsDazu Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Bd. III / 2, S. 691 ff. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 72, 317 f. 322 Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 153. 323 Während Geißler, S. 120 ff. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur für evident unangemessene Steuereingriffe heranzieht und ansonsten das Subsidiaritätsprinzip bemüht – wird hier eine einheitliche Lösung über die Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgeschlagen, was der Verfassungsdogmatik mehr entspricht. Auch Lang, NJW 2000, S. 457, 459 sieht den dogmatischen Ausgangspunkt des Halbteilungsgrundsatzes im Übermaßverbot. 324 Bereits Friedrich II., hielt in seinem zweiten politischen Testament 1768 es für nicht gerecht, wenn der einzelne die Hälfte seines jährlichen Einkommens mit dem Souverän teilen müsse: „Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Es ist gerecht, daß jeder einzelne dazu beiträgt, die Ausgaben des Staates tragen zu helfen. Aber es ist nicht gerecht, daß er die Hälfte seines jährlichen Einkommens mit dem Staate teilen muß.“, zitiert bei Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 11 (FN 6). Im Zusammenhang mit „Gerechtigkeit“ ist auch auf das unter Teil 1 D. I. 2. b) cc) zu behandelnde Leistungsfähigkeitsprinzip hinzuweisen, auf das in der Literatur ebenfalls die 50% – Grenze gestützt wird, vgl. Kurt Schmidt in JbFStR 1995 / 96, S. 45. 325 Im Gutachten zum Länderfinanzausgleich zieht Arndt den Halbteilungsgrundsatz als Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips heran. Wenn ein gesetzlicher Zugriff i.S. des Art. 14 GG nur dann verhältnismäßig sein soll, der dem Pflichtigen zumindest 50% beläßt, müsse dieser Maßstab auch bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Art. 107 Abs. 2 S. 1 GG gelten. Ablehnend dazu Huber / Storr, Kommunaler Finanzausgleich, S. 108; Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, S. 55 f. m.w.N. Frenz, VerwArch 90 (1999), S. 222 ff. untersucht die Anwendbarkeit des Halbteilungsgrundsatzes auf schuldlose Sanierungs- und Entsorgungslasten, er lehnt den Halbteilungsgrundsatz generell ab, insbesondere aber für das Sicherheitsrecht, da dort die Gefahrenabwehr oberste Priorität hat, während im Steuerrecht 320 321

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garantie.326 Auch für Friauf beginnt die verfassungsrechtliche Problemzone spätestens dort, wo die 50 % – Marke der Gesamtbelastung des Einkommens in Sicht kommt.327 Der Schweizer Bankier Vontobel hält es für im höchsten Maße vertretbar, wenn die Schweiz Vermögenswerte von fiskalisch Verfolgten anderer Länder vor dem Zugriff ihrer Behörden schützten. Wer mehr als 50 % seiner rechtmäßig erworbenen Einkünfte als Steuern und Abgaben weggeben müsse, sei faktisch ein Steuersklave und bedürfe besonderer Anteilnahme und Hilfe.328 An dieser Stelle ist einzuräumen, daß die Frage, was gerecht ist, keine juristische, sondern eine politische und dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber allein zur Entscheidung vorbehaltene Fragestellung ist.329 Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung steht es den Gerichten auch nicht zu, eigene Wertungen anstelle der Entscheidung des Gesetzgebers zu setzen. Im Rahmen des Art. 14 GG ist aber die Privatnützigkeit zwingend zu beachten, so daß dieser Vorwurf hier nicht greift. Für die Prüfung von Art. 12 GG muß Entsprechendes für die Erwägung der geschützten (privatnützigen) Erwerbstätigkeit gelten. Die Formulierung „Nähe einer hälftigen Teilung“ normiert schließlich keine absolute 50 %-Grenze. Es verbleibt also eine Ungewißheit über den Grenzverlauf. Dieser ist jedoch dann unwichtig, wenn die staatlichen Gewalten gar nicht erst versuchen, in diesen Grenzbereich vorzustoßen.330 Damit ergibt sich auch kein Widerspruch zu der rechtsvergleichenden Betrachtung von Tipke, wonach andere Länder wesentlich höhere Höchstbelastungen zulassen.331 Diese höheren Belastungen können für staatliche Ausnahmesituationen (also bei besonderer Rechtfertigung) auch nach dieser Auffassung vorgesehen werden.332 Es wäre wünschenswert, wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber diesen Erwägungen folgte und durch Verfassungsänderung dem dogmatischen Streit ein Endie Belastungsgleichheit im Vordergrund steht. Für höchstens hälftige Inanspruchnahme an sich privater Handlungs- und Nutzungsbefugnisse: Sodan, DÖV 2000, 361 (363). Seer, DStJG 23 (2000), S. 108 weist darauf hin, daß die Formulierung zahlreiche Fragen aufwirft: „Welche Steuern und Abgaben gehen in die Gesamtbetrachtung ein? Welche Bezugsgröße bildet den Maßstab für die Gesamtsteuerlast? Wie sind staatliche Transferleistungen und Subventionen zu behandeln? Welche Kontrolldichte soll bei der Überprüfung des Halbteilungsgrundsatzes durch die Gerichte gelten, wenn er denn überhaupt justitiabel ist? Welche Rechtsfolgen ergeben sich, wenn die Belastungsobergrenze überschritten wird.“ 326 Felix, Harzburger Protokoll 1983, S. 25 f. 327 Friauf, DStJG 12 (1989), S. 8 f. 328 Zitiert bei Tipke, Besteuerungsmoral und Steuermoral, S. 48. 329 Jüptner, S. 42 ff. 330 Lücke, DVBl. 2001, S. 1478. M. E. kann dem BVerfG nicht unterstellt werden, es wollte einen „salomonischen Ausgleich“ zwischen Privatnützigkeit und Allgemeinnützigkeit finden – so Butzer, S. 137. Es ging ihm lediglich um die grundsätzlich nicht zu überschreitende Obergrenze. 331 Tipke, Besteuerungsmoral und Steuermoral, S. 47. 332 Vgl. Lang, FS f. Vogel, S. 184; BVerfGE 93, 121 (138).

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de bereitete. Er könnte sich im Steuerrecht verdient machen, wenn er – ohne auf weitere Verfassungsgerichtsentscheidungen zu warten, Art. 14 GG dahingehend ergänzte, daß die Besteuerung bzw. generell die Belastung eines Lebenssachverhalts grundsätzlich nicht zur Verkehrung der Privatnützigkeit führen darf und deshalb dem Grundrechtsträger mindestens die Hälfte verbleiben muß. Nachdem der Halbteilungsgrundsatz als allgemeine Grundaussage des Eigentumsgrundrechts nachgewiesen wurde, ist – entgegen Kirchhof – eine Aufnahme in der Finanzverfassung systematisch unzureichend und verfehlt. (5) Bezugspunkt – Halbteilungsgrundsatz und Verluste Für die konkrete Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes ist entscheidend, auf welche Bezugspunkte abgestellt wird. (a) Zunächst ist auf jedes erwerbswirtschaftliche Handeln im einzelnen abzustellen.333 Art. 14 GG schützt jede einzelne Betätigung. Wenn durch den Steuerzugriff das Handeln nicht mehr privatnützig ist, kann dies in der Abwägung kaum überwunden werden. Bezugspunkt ist der Ertrag aus der grundrechtlichen Betätigung. Dabei kann an die Ermittlungsvorschriften der Steuergesetze angeknüpft werden.334 Grundsätzlich müssen die erwerbsbedingten Aufwendungen abgezogen werden, da sie den Ertrag aus der grundrechtlichen Betätigung des Steuerpflichtigen mindern, Ausnahmen vom objektiven Nettoprinzip bedürfen einer gesonderten Rechtfertigung. Eine weitere Begrenzung auf „notwendige Aufwendungen“335 überzeugt nicht, da das Steuerrecht den Steuerpflichtigen nicht zum Sparen zwingt und eine Abgrenzung wohl auch kaum praktikabel wäre. (b) Fraglich ist, welche Steuerzugriffe in die Gesamtbelastung zu addieren sind. Unter dem Stichwort des „additiven Grundrechtseingriffs“ ist bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch zu berücksichtigen, wenn mehrere Steuerzugriffe auf dieselbe Grundlage erfolgen. Nach Kirchhof muß das „Problem der Steuerhäufung ( . . . ) in einer zweistufigen Verfassungsprüfung sichtbar gemacht werden: Zunächst muß die gesonderte Belastung des speziellen Steuergegenstandes als angemessen dargetan werden; sodann ist die steuerliche Gesamtbelastung des gesamten Individualvermögens zu rechtfertigen.“336 Hinsichtlich verschiedener Steuerarten 333 Loritz, BB 1993, S. 229 f.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, S. 53. Insoweit kommt es dann auch nur auf die tatsächliche steuerliche Belastung dieses einen Erwerbsvorgangs an, eine „Durchschnittsbetrachtung“ verbietet sich; a.A. Jachmann, ibid; vgl. Geißler, S. 178 m.w.N. 334 Vgl. Seer, DStJG 23 (2000), S. 120 ff. 335 So aber Jachmann, StuW 1996, S. 105; dies., DStJG 23 (2000), S. 21 f. Davon zu unterscheiden ist der existenzsicherende Aufwand, dieser ist nicht zu berücksichtigen, er steht in keinem Zusammenhang zur Erwerbstätigkeit und muß auf einer anderen Ebene berücksichtigt werden, vgl. Geißler, S. 173 ff. 336 Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 240. Lücke, DVBl. 2001, S. 1475 ff. stützt allein auf diesen Aspekt auch die Rechtfertigung des Halbteilungsgrundsatzes, vgl. S. 1477 f., FN 65. Zur „Kumulation von Eingriffen“ auch Vogel, FS f. Maurer, S. 306 m.w.N.

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kommt es auf die „Gleichgerichtetheit“ des Eingriffs an.337 Insoweit ist umstritten, ob die Körperschaftsteuer in die Gesamtbelastung des Anteilseigners miteinzubeziehen ist.338 (c) Noch nicht behandelt wurde, wie sich Verluste auf den Halbteilungsgrundsatz auswirken. Ausgehend von (a) wonach jedes erwerbswirtschaftliche Handeln einzeln zu betrachten ist, könnte man sagen, bei einem Verlust erfolge keine Besteuerung, damit werde der Halbteilungsgrundsatz also auch nicht verletzt.339 Neben dem einzelnen erwerbswirtschaftlichen Handeln muß aber auch das Ergebnis der Gesamttätigkeit geschützt sein. Ansonsten würde mittelbar das einzelne erwerbswirtschaftliche Handeln sanktioniert. Dieser (mittelbare) Eingriff muß aber seinerseits gerechtfertigt werden. Daraus ergibt sich, daß Verluste grundsätzlich ausgeglichen werden müssen und das Ergebnis der gesamten Erwerbstätigkeit darf grundsätzlich nicht zu mehr als der Hälfte belastet werden. Die Summe der Einkünfte ist Ausdruck der wirtschaftlichen Betätigung und daher relevantes Vermögen im Hinblick auf den Steuerzugriff.

cc) Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG Art. 2 Abs. 1 GG ist ein Auffanggrundrecht und bedeutet im Steuerrecht das Grundrecht, nur aufgrund eines formell und materiell verfassungsmäßigen Gesetzes mit Steuern belastet zu werden. Prüfungsmaßstab ist die verfassungsmäßige Ordnung, d. h. die allgemeine Rechtsordnung, die „die materiellen und formellen Normen der Verfassung zu beachten hat“340, so daß durch jede formell und materiell verfassungsmäßige Rechtsnorm eine Einschränkung möglich ist. Dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) kommt besondere Bedeutung zu. Aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG leitet man daher das Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ab. Zweifel bestehen an der formellen Rechtmäßigkeit des StSenkG. Es konnte erst nach einem umstrittenen „Stimmenkauf“ im Bundesrat verabschiedet werden. Hiergegen wurden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Regelungen des Grundgesetzes über Verfahren und Zuständigkeit seien unterlaufen worden. Nachdem aber keine rechtlichen Verpflichtungen begründet wurden, erscheint mit Wermeckes eine Verfassungsklage unter diesem Aspekt keinen Erfolg zu haben.341 337 Geißler, S. 155 ff. Bei natürlichen Personen seien jedenfalls Einkommen- und Gewerbeertragsteuer sowie Solidaritätszuschlag zu addieren. 338 So Jachmann, DStJG 23 (2000), S. 21 f. 339 Etwas anderes gilt bei Verlusten aus Kapitalbeteiligungen, weil die Erwerbsaufwendungen des Anteilseigners die Einnahmen übersteigen, wenn man auch die Körperschaftsteuer einbezieht, dann liegt ein Steuerzugriff vor, obwohl das Ergebnis sogar negativ ist. Allerdings wird man diese Folge als notwendige Konsequenz aus der Definitivbesteuerung durch das neue Verfahren, jedenfalls als gerechtfertigt ansehen. 340 BVerfGE 6, 32 (37) – Elfes.

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Auf die formelle Rechtmäßigkeit des Zustandekommens der Vorschriften wird daher hier nicht weiter eingangen. Die Arbeit beschäftigt sich allein mit den materiellen Rechtsverstößen. b) Gleichheitsgrundrecht, Art. 3 Abs. 1 GG aa) Allgemeine Grundsätze Die verfassungsrechtliche Überprüfung anhand des Gleichheitssatzes gehört zur „klassischen“ Problemstellung im Steuerrecht.342 Art. 3 GG normiert sowohl ein subjektives Recht auf Gleichbehandlung343 als auch einen allgemein gültigen Verfassungsgrundsatz.344 Er beginnt mit der Feststellung „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ (Abs. 1) und verbietet jede Benachteiligung oder Bevorzugung wegen persönlichkeitsbedingter Eigenheiten (Abs. 2 und 3). Der Gleichheitssatz beläßt dem Gesetzgeber einen weiten (Gestaltungs- / Typisierungs-) Spielraum. Er ist umso strikter, je mehr eine Regelung den einzelnen als Person betrifft, und umso offener für gesetzgeberische Gestaltungen, je mehr allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden.345 Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind zum einen die allgemeinen Verfassungsgrundsätze. Danach darf das verfolgte Differenzierungsziel selbst nicht gegen die Verfassung verstoßen.346 Zum anderen hat bis 1980 das BVerfG die Voraussetzungen einer Wermeckes, NVwZ 2002, S. 48 f.; offen Crezelius, DB 2000, S. 1631. Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 AO ist ein Merkmal der Steuer, daß sie „allen auferlegt werde“, es geht zurück auf Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I, 1924, S. 316: „Es gehört zum Wesen der Steuer, daß ihre Auflage geschieht nach einem allgemeinen Maßstab. Andernfalls wäre sie keine Steuer mehr, sondern Brandschatzung.“ Vgl. zur historischen Entwicklung Tipke / Kruse, § 3 Rn. 41 m.w.N., wonach das Steuerrecht am Anfang der Debatte um den Gleichheitssatz stand. 343 BVerfGE 6, 84 (91); 34, 139 (146); 35, 263 (271). 344 BVerfGE 1, 208 (233); 6, 84 (91); 23, 98 (106 f.); 35, 263 (271 f.); 38, 225 (228); 41, 1 (13); 84, 90 (121). 345 FG Düsseldorf, DStRE 2002, S. 684; BVerfG BStBl. 1997, S. 518. 346 Zwischen dem Regelungsziel und der Ungleichbehandlung besteht keine unmittelbare Finalbeziehung, wie dies bei einem Eingriff in ein Freiheitsrecht häufig ist. Aus dem Verhältnis von Zweck und Differenzierung kann daher nichts für die Frage ihrer Rechtfertigung abgeleitet werden. Das ist offensichtlich bei ungewollt eintretenden Differenzierungen; doch auch wenn der Staat scheinbar ausdrücklich eine Ungleichbehandlung intendiert, ist sie doch nur das Resultat der unmittelbar eine von zwei evidenten Vergleichsgruppen treffenden Belastung oder Begünstigung, auf die es tatsächlich ankommt. Der sachliche Zweck ergibt sich nämlich daraus, warum eine Gruppe von Normadressaten oder bestimmte Lebenssachverhalte in der einen oder anderen Weise zum Gegenstand der Regelung gemacht worden sind; eine Differenzierung ist selten reiner Selbstzweck. Das gewollte Differenzierungsziel bzw. der sonstige legitimierende Differenzierungsgrund ist daher zu ermitteln und in Relation zu Art, Ausmaß und Gewicht der Verschiedenbehandlung zu setzen, vgl. Brüning, JZ 2001, S. 670 f. m.w.N. Während Brüning zwischen Differenzierungsziel und –grund unterscheidet, soll im folgenden der Begriff Differenzierungsziel auch den (unbeabsichtigten) Differenzierungsgrund erfassen. 341 342

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Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG stets mit der Willkürformel umschrieben.347 Dann erfolgte eine Ergänzung durch den ersten Senat, wonach der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Steuerpflichtigen im Verhältnis zu anderen Steuerpflichtigen ungleich behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.348 Diese „neue Formel“ verbindet den Gleichheitssatz mit dem Rechtsstaatsprinzip, indem es die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes fordert. Das BVerfG hat das Verhältnis von Willkürverbot und neuer Formel bisher nicht geklärt. Der Erste Senat formuliert einleitend: „Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. ( . . . )“ (entscheidend ist das Anknüpfen an personengebundene Merkmale) „Andererseits sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers dort enge Grenzen gesetzt, wo eine Ungleichbehandlung Auswirkungen auf grundrechtlich gesicherte Freiheiten hat.“349 Die neue Formel findet also (jedenfalls dann) Anwendung, wenn Gruppennachteile entstehen, weil die Differenzierung an personengebundene Merkmale anknüpft und wenn neben dem Gleichheitssatz außerdem Freiheitsgrundrechte betroffen sind. Der Zweite Senat vermeidet eine deutliche Trennung zwischen verschiedenen Maßstäben der Gleichheitsprüfung und formuliert seine Obersätze pragmatischer: „Der Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muß allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. ( . . . ) Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll ( . . . ).“350 Die Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung richtet sich nach der Intensität der Beeinträchtigung. Sie steigen, je weniger der Betroffene das Kriterium der 347 Willkür lag vor, wenn ein sachlicher Grund generell fehlte. Zur Kritik an der Willkürformel: vor allem Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 139. 348 St. Rspr. seit BVerfGE 55, 72 ff. Nach Rechtsprechung des 2. Senats muß der Differenzierungsgrund vor allem sachbereichsbezogen sein, vgl. BVerfGE 75, 108 (157); 76, 256 (329); 78, 249 (287); Wilk, S. 141 f. 349 BVerfGE 89, 365, 375 f.; bei Steuern ist das regelmäßig der Fall, vgl. Kirchhof, StuW 2002, S. 187. 350 BVerfGE 90, 145 (196); 78, 249 (278).

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Ungleichbehandlung beeinflussen kann und je mehr die Ungleichbehandlung den Gebrauch grundrechtlicher Freiheiten beeinträchtigt.351 Trotz der unterschiedlichen Formulierung ändert dies nichts an der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.352 Bei Ungleichbehandlung geringer Intensität beschränkt das BVerfG die Rechtfertigungsprüfung auf eine Evidenzkontrolle und reduziert seine Prüfung auf das Willkürverbot. Bei Ungleichbehandlungen größerer Intensität nimmt es eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vor. Die herkömmliche dreistufige Prüfung der Verhältnismäßigkeit: geeignet, erforderlich, angemessen bedarf einer der Struktur des Gleichheitssatzes Rechnung tragende Modifizierung.353 Ausgangspunkt ist das Differenzierungsziel. Die Geeignetheitsprüfung entspricht dem gleichheitsbezogenen Willkürverbot.354 Willkürlich ist eine Differenzierung, wenn für sie keine rational nachvollziehbaren Gründe bestehen, d. h. wenn sie nicht geeignet ist, dem Differenzierungsziel zu dienen. Die Differenzierungskriterien müssen an die Unterschiede in geeigneter Weise anknüpfen. Erforderlich ist also ein innerer Zusammenhang zwischen den vorhandenen Unterschieden und der differenzierenden Regelung.355 Im Rahmen der Erforderlichkeit ist zu prüfen, ob keine weniger belastende (einschneidende) Differenzierung zur Verfügung steht.356 Entscheidend ist auch bei der Rechtfertigung im 351 BVerfGE 96, 1 (6) – Arbeitnehmer- und Weihnachtsfreibetrag – ; 99, 88 (94) – § 22 Nr. 3 S. 3 EStG a.F. (jeweils 2. Senat). 352 Osterloh in Sachs, Art. 3 Rn. 25 ff. 353 Michael, JuS 2001, S. 153 f. m.w.N. Michael, Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme, S. 275 ff., 283 f. Art. 3 Abs. 1 GG sei als Methodennorm die verfassungsrechtliche Verankerung der Systemgerechtigkeit. Als Methodennorm reiche Art. 3 Abs. 1 GG jedoch nur soweit, als positivrechtliche inhaltliche Maßstäbe eine systematische Verhältnismäßigkeit gebieten. ibid, S. 312 mit Verweis auf Schmitt Glaeser, FS BayVGH, S. 291 ff. (Komparative Systeme bestehen nach Michaels Definition (S. 307) aus Elementen, deren rechtliche Gewichtung nicht feststeht, sondern mit Hilfe von Steigerungsformen („je mehr . . . , desto . . .“) gewonnen wird.) 354 Vgl. auch Kirchhof, HStR V, § 124, S. 911. 355 BVerfGE 71, 39 (58) – Ortszuschlag. Brüning, JZ 2001, S. 672 hält es für falsch, die Ungleichbehandlung auf ihre Geeignetheit zur Verwirklichung eines Differenzierungsziels zu überprüfen, da die Differenzierung nur Folge, nie Ursache ist. Er spricht daher von Geeignetheit der Verschiedenbehandlung zur Abbildung des Differenzierungsgrundes. 356 BVerfG 91, 389 (403 f.); Brüning, JZ 2001, S. 672. Nach Grubelt in Münch / Kunig, Art. 3 Rn. 29; Michael, JuS 2001, S. 154 kommt wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers eine Erforderlichkeitsprüfung i.d.R. nicht in Betracht, Michael verweist auf BVerfGE 71, 39 (58), wo der Differenzierungsgrund nur auf „sachbezogen und vertretbar“ überprüft wurde. (Allerdings liegt dies wie gesehen in der Natur der Formulierungsunterschiede.) Eine Ausnahme will er bei Prüfung von Art. 3 Abs. 2, 3 GG machen. Die Erforderlichkeit wird seiner Ansicht nach systematisch vorrangig bei den Freiheitsrechten geprüft. Diese Aspekte brauchen daher nicht wiederholt zu werden. Etwas anderes muß aber dann gelten, wenn keine Freiheitsrechte geprüft werden, weil eben „nur“ eine Ungleichbehandlung vorliegt und diese auch nicht lediglich in einer Typisierung besteht. Die Erforderlichkeit wurde von BVerfGE 91, 389 (403 f.) – Ausbildungsförderungsgesetz – geprüft, zustimmend: Jarass in Jarass / Pieroth, Art. 3 Rn. 27. Unklar: Osterloh in Sachs, Art. 3 Rn. 21.

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Rahmen des Gleichheitssatzes die Angemessenheitsprüfung. Je gewichtiger die sachlichen Gründe, die für eine Ungleichbehandlung sprechen, um so stärker sind rechtliche Differenzierungen gerechtfertigt. Eine Zweck-Mittel-Relation (1. Dimension der Verhältnismäßigkeitsprüfung) ist nur bei „externen“ – z. B. wirtschaftspolitischen Differenzierungs- / Lenkungszielen möglich und geboten. Ungleichbehandlungen aufgrund relevanter Unterschiede der Vergleichsgruppen („interne“ Zwecke) bedürfen nur eines Vergleichs von Wertungen gegebenenfalls aus vorangegangenen Güterabwägungen.357 Insoweit ist Gleichheitssatz eine „ergebnisoffene Methodennorm“, die auch differenzierendes Handeln gebieten kann.358 Bei der Gewichtung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Vergleichsgruppen ist die Wirkungsgrenze des Art. 3 Abs. 1 GG erreicht; d. h. der allgemeine Gleichheitssatz sagt nicht, wie Gattungen zu bilden und wann differenzierende Regelungen zulässig sind. Die inhaltliche Unbestimmtheit ist insoweit Strukturmerkmal des Art. 3 Abs. 1 GG.359 Im Gegensatz zum absoluten Gehalt der Freiheitsgrundrechte hat der Gleichheitssatz einen relativen Gehalt.360 Jenseits spezieller Differenzierungsverbote muß die inhaltliche Leere des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungssystematisch aufgefüllt werden.361 Im Abgabenrecht kommt dem in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Grundsatz der Gleichheit der Belastung eine überragende Bedeutung zu.362 Unter dem Aspekt der Gleichbehandlung werden unter aa) das Postulat der Gleichbehandlung der Einkunftsarten und unter bb) die Forderung rechtsformneutraler Besteuerung erörtert. In diesem Kontext wird häufig angeführt, die Steuergerechtigkeit verlange, daß die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet werde.363 Das Leistungsfähigkeitsprinzip und seine gesetzliche Ausprägung als objektives Nettoprinzip werden daher unter cc) und dd) behandelt. Unter ee) wird schließlich die Frage der Bedeutung von Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit im Steuerrecht untersucht. Sämtliche Begriffe sind schillernd und werden häufig 357 Huster, Rechte und Ziele, S. 142 ff.; 165 ff.; Cordewener, S. 337 m.w.N.; Michael, Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme, S. 265 f.: beide Dimensionen sind durch den Begriff der Werteordnung verbunden. 358 Michael, JuS 2001, S. 154 unter Bezugnahme auf Wittig, DÖV 1968, S. 822: „Gebot der Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten, bei denen eine verschiedene Relation der Mittel und Zweck besteht“. 359 Die Verfassungsdogmatik sieht dies nicht immer klar, weil der Gleichheitssatz mit wertenden Gesichtspunkten überfrachtet wird (Gerechtigkeit als Inhalt des Gleichheitssatzes), vgl. Starck in Mangoldt / Klein / Starck, Art. 3 Abs. 1 Rn. 9, 15. 360 Zu dieser Unterscheidung vgl. Cordewener, S. 175 ff. m.w.N. 361 Brüning, JZ 2001, S. 672; Starck in Mangoldt / Klein / Starck, Art. 3 Abs. 1 Rn. 9, 15; BVerfG 93, 121 (133 f.). 362 BVerfGE 6, 55 (70); 66, 214 (223); FG Düsseldorf, DStRE 2002, S. 685; Osterloh in Sachs Art. 3 Rn. 134; Gubelt in v. Münch, Art. 3 Rn. 51; Birk, ZRP 1979, S. 221 ff.; Tipke, StRO Bd. 1, S. 311 f. 363 BVerfGE 66, 214 (223); 82, 60 (86); 89, 346 (352); BFHE 146, 403 (405); 163, 162 (166); Birk, Leistungsfähigkeit, S. 66 ff.; 123 ff.; Vogel, FS f. Klein, S. 367 ff.

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als Schlagwörter, d. h. ohne nähere Erläuterung gebraucht, obwohl die Inhalte keineswegs allgemein geläufig – und teilweise sogar umstritten – sind. Eine ausführliche oder gar erschöpfende Behandlung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. Es geht lediglich um begriffliche Klarstellung und um die dogmatische Stellung im Rahmen der Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Im Ergebnis handelt es sich nämlich um Kriterien der Ungleichbehandlung / Vergleichsgruppenbildung bzw. um Wertmaßstäbe der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Denn Steuergleichheit ist immer verhältnismäßige Gleichheit.364 Die Begriffe konkretisieren die Verhältnismäßigkeitsprüfung. Mit den Worten des Zweiten Senats kann man auch von sachbereichsbezogenen Argumentationshilfen sprechen.

bb) Gleichbehandlung der Einkunftsarten (1) Synthetischer Einkunftsbegriff Das Ideal der deutschen Einkommensteuer ist die synthetische Gesamt- oder Einheitseinkommensteuer.365 Im internationalen Vergleich gehört sie zur Gruppe der „global income taxes“ (Steuern auf das Gesamteinkommen). Diese Steuern sind dadurch gekennzeichnet, daß sie synthetisch die Gesamtheit der Einkünfte (Summe der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 – 3 EStG) in einer einheitlichen Bemessungsgrundlage (§ 2 Abs. 5 EStG) berücksichtigen. Im Gegensatz dazu erfaßt die analytische Schedulensteuer die zu versteuernden Einkünfte nach Art ihrer Einkunftsquellen auf mehreren Listen (schedules); die so aufgeteilten Einkünfte können unterschiedlich besteuert werden, indem die Schedulensteuer die Einkünfte jeder Liste einem gesonderten Einkommensteuertarif unterwirft.366 Die Schedulenbesteuerung wird in der Literatur zum Teil als veraltet und rückständig angesehen.367 Dem deutschen Einkommensteuerrecht gelingt es aber nicht, die synthetische Einkommensbesteuerung durchzuhalten. Es verknüpft mit den einzelnen Ein364 BK-Vogel / Waldhoff, Vorbem.z.Art. 104a-115 Rn. 516. Die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Kontext, soweit dieser in Freiheitsrechten besteht, vgl. Starck in v.Mangoldt / Klein / Starck, Art. 3 Abs. 1 Rn. 22. Nachdem der Schutzbereich von Art. 2 GG seit dem Elfes-Urteil des BVerfG weit verstanden wird, fällt der Steuereingriff (zumindest) unter den Schutzbereich dieses Freiheitsrechts. 365 Lang, DStJG 24 (2001), S. 50 f. weist darauf hin, daß Ende der siebziger Jahre das Konzept einer synthetischen, alle Arten von Einkommen gleichmäßig erfassenden und belastenden Einkommensteuer als das international anzustrebende Ideal galt. Im Hinblick auf den Steuerwettbewerb unter den Ländern wird dieser Aspekt heute häufig durchbrochen. 366 Tipke / Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 1. 367 Tipke / Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 1 behaupten moderne, westliche Industriestaaten hätten sich von dieser Form der Besteuerung abgewandt, sie sei nur noch in Lateinamerika, Entwicklungsländern und sozialistischen Staaten vorhanden; HHR / Ruppe, Einf. ESt., Anm. 1; Kanzler, FR 1999, S. 366, weist dagegen darauf hin, daß das Vereinigte Königreich sein Schedulensystem seit über 200 Jahren ohne größere Klagen anwendet. Die einzelnen Schedulen werden dort aber nicht unterschiedlich besteuert, vielmehr wird das Gesamteinkommen aller Schedulen einem progressiven Einheitstarif unterworfen.

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kunftsarten so viele unterschiedliche Bemessungsfaktoren und Sondervorschriften, daß es ins Schedulenhafte zurückfällt.368 (2) Forderung aus dem Gleichheitssatz Ob ein Schedulensystem in Deutschland verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen kann, mußte bislang noch nicht vom Bundesverfassungsgericht beurteilt werden. Der BFH sieht in § 32 c EStG (i.d.F. d. StandOG vom 13. September 1993 (BGBl. I 1993, S. 1569)) einen gleichheitswidrigen Schedulentarif.369 Das BVerfG hat aber – zuletzt in seinem Urteil zur Besteuerung der Alterseinkünfte370- deutlich gemacht, daß jedenfalls die systematische Unterscheidung der Einkunftsarten durch den Gesetzgeber allein eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen kann. Hinzukommen muß immer ein die unterschiedliche Belastung tragender besonderer, sachlicher Grund. Der Gesetzgeber bedarf also einer besonderen Rechtfertigung, wenn er einzelne Einkunftsarten durch nachteilige Regelungen diskriminiert. Dies versteht man unter dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung der Einkunftsarten.371 Nach diesen Maßstäben verstieß der völlige Ausschluß der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände durch § 22 Nr. 3 S. 3 EStG a.F. gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.372 Dogmatisch ist die Einkunftsart ein Kriterium zur Feststellung der Ungleichbehandlung.

Vgl. auch Tipke / Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 1. BFH, BStBl. II 1999, S. 450 ff. (Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG). Zur Ungleichbehandlung gewerblicher Einkünfte Jachmann, Steuergesetzgebung, S. 111. 370 BVerfG, NJW 2002, S. 1103 (1109); ebenso BVerfGE 84, 348 (363 f.); 96, 1 (6); 99, 88 (95). 371 Die verschiedenen Einkunftsarten rechtfertigen sich ausschließlich aus der Typisierungsmöglichkeit des Gesetzgebers, mit der er der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung trägt, vgl. Jachmann, Steuergesetzgebung, S. 109. Insoweit bestehen gegen die unterschiedlichen Abzugsverbote, Beschränkungen des vertikalen Verlustausgleichs oder des interperiodischen Verlustabzugs Bedenken, vgl. Kirchhof, StuW 2002, S. 190. 372 BVerfGE 99, 88; vgl. auch Vorlage des BFH zu § 22 Nr. 1 S. 3 a; 20 Abs. 4 EStG (Verfassungswidrigkeit der Besteuerung pauschalierter Kapitaleinkünfte aus GegenleistungsLeibrenten ohne Berücksichtigung des Sparerfreibetrages) DStRE 2002, S. 500 ff.; das FG Berlin, DStRE 2002, S. 616 ff. zweifelt an der Vereinbarkeit von § 2 Abs. 3 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG, u. a. weil Steuerpflichtige mit selbständigen und nichtselbständigen Einkünften gegenüber solchen mit Gewerbeeinkünften benachteiligt würden, da für sie keine Möglichkeit zur Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen bestehe. 368 369

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cc) Rechtsformneutralität Die Forderung nach einer rechtsformunabhängigen Unternehmensbesteuerung durchzieht wie ein roter Faden die (parlamentarischen) Diskussionen um die Reform der Unternehmensbesteuerung.373 Die Rechtswissenschaft beschäftigte sich schon 1924 auf dem 33. Deutschen Juristentag ausführlich mit dieser Frage.374 Problematisch dabei ist, daß der Gesetzgeber mit Einführung der Körperschaftsteuer ausdrücklich an die zivilrechtliche Rechtsform anknüpfen wollte und daß bereits der Dualismus Einkommen-, Körperschaftsteuer zu einer rechtsformabhängigen Unternehmensbesteuerung mit zahlreichen Belastungsunterschieden geführt hat.375 Die Besteuerung ist damit zum wesentlichen Faktor der Wahl der Unternehmensform geworden.376 Zahlreiche Belastungsunterschiede bestehen nach der jüngsten Unternehmenssteuerreform fort, bzw. neue treten durch sie hinzu.377 Fraglich ist, ob es einen Verfassungsgrundsatz gibt, der eine rechtsformneutrale Besteuerung fordert. (1) Neutralitätserfordernis der Wirtschaftswissenschaften Die Ökonomie kennt das Gebot der Rechtsformneutralität als Konkretisierung des ökonomischen Grundsatzes der Neutralität der Besteuerung. Neben der Finanzierungs- und Verwendungsneutralität ist er ein weiterer Teilaspekt der Wettbewerbsneutralität. 378 Die Forderung nach Neutralität der Besteuerung ist in erster Linie als ökonomisches Postulat der Ausgestaltung von Steuersystemen von der Betriebswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft entwickelt worden.379 Die Betriebswirtschaftslehre mit ihrer einzelwirtschaftlichen Betrachtung interpretiert Neutralität als Forderung nach Entscheidungsneutralität. In Bezug auf das Steuerrecht bedeutet dies: Der Steuerpflichtige soll frei von steuerlichen Ausweichüberlegungen über die Wahl der Rechtsform (Rechtsformneutralität), die Wahl zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung (Finanzierungsneutralität) und zwischen Ausschüttung und Thesaurierung der Gewinne (Verwendungsneutralität) entscheiden. In der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung der Finanzwissenschaft korresponVgl. Teil 1 B. I. 2.; II. 2.; III. 1. a) bb); III. 2. b) cc). Vgl. zur historischen und aktuellen Diskussion Sieker, DStJG 25 (2002), S. 145 ff. 375 Zu den Unterschieden vgl. Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 1027 ff. 376 Tipke, Besteuerungsmoral und Steuermoral, S. 28; Jachmann, DStJG (23), S. 19 m.w.N. Unterschiede bestehen vor allem hinsichtlich Unternehmerlohn, Darlehenszinsen, Pensionsrückstellungen vgl. Knobbe-Keuk, DB 1989, S. 1304; Raupach, GS f. Knobbe-Keuk, S. 682 f.; Ausführlich Jachmann, Steuergesetzgebung, S. 66 ff. 377 Hey, DStJG 24 (2001), S. 181 ff.; Balmes, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 25 ff. Eine Übersicht zum steuerlichen Rechtsformvergleich findet sich bei E. Schmidt, Münchener Steuerfachtagung 2002, S. 9. 378 Hey, DStJG 24 (2001), S. 157; van Lishaut, StuW 2000, S. 187. 379 Jachmann, DStJG 24 (2001), S. 9; Wagner, StuW 1992, S. 2 ff. 373 374

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diert mit der betriebswirtschaftlichen Entscheidungsneutralität das Gebot der effizienten Allokation, die Allokationsneutralität. In der Rechtswissenschaft finden Effizienz- und Neutralitätskriterien als Ergänzung verfassungsrechtlicher und rechtssystematischer Gestaltungspostulate zunehmende Beachtung. Gerade das Steuerrecht ist von seiner Regelungsmaterie her stark ökonomisch ausgerichtet. Mit der Begründung einer ökonomischen Theorie des Rechts (vgl. insb. Chicago School of Law) steigt die Bedeutung volkswirtschaftlicher Kriterien in der (Steuer)Rechtstheorie. Volkswirtschaftlich allokationseffiziente Handlungen werden mit gerechten 7Rechtsgestaltungen gleichgesetzt. Dem liegt das Verständnis zugrunde, daß funktionsfähiges Recht die zu regelnden ökonomischen Sachverhalte und Wirkungsmechanismen realitätsgerecht abbilden muß.380 (2) Rechtsformneutralität als Verfassungsgebot In der Literatur ist teilweise von einem Verfassungsgebot Rechtsformneutralität die Rede, das auf Art. 3 Abs. 1 GG und auf die Freiheitsgrundrechte Art. 12; 14; 2 Abs. 1 GG381 gestützt wird. Besonders Kirchhof382 zieht zudem Art. 9 Abs. 1 GG heran und betont, daß die Rechtsform eines wirtschaftlichen Verhaltens allein Belastungsunterschiede nicht rechtfertigen kann. Die verfassungsrechtlich garantierte Vereinigungsfreiheit sichere dem Bürger das Grundrecht, sich allein nach seinen freiheitlichen Wünschen und Bedürfnissen zusammenzuschließen und dabei auch die Rechtsform wählen zu dürfen, die dem Berechtigten in seiner Freiheit wünschenswert erscheint. In seinem Karlsruher Entwurf, den er schon als künftiges „Bundessteuergesetzbuch“383 sieht, ist die Körperschaftsteuer wieder in die Einkommensteuer integriert. Im historischen Kontext kehrt er also zur Rechtslage vor der Erzbergerschen Steuerreform zurück.

380 Im einzelnen HHR / Hey, Einf. KSt. Anm. 37; Hey, DStJG 24 (2001), S. 157. Die ökonomische Theorie fragt also, ob eine rechtliche Regelung auch aus volkswirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist. Ihre wichtigsten Vertreter sind Posner, Coarse und Friedmann, vgl. insbesondere Friedmann, Law’s Order. Auch das BVerfG zieht ökonomische Erwägungen in seinen Entscheidungen heran, so kann „eine empfindlich ungünstigere Wettbewerbslage ( . . . ) in einem Mißverhältnis zu den mit der Typisierung verbundenen Vorteilen stehen“ und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen; BVerfGE 21, 12 (26); zur Bedeutung der ökonomischen Rechtstheorie für das Verfassungsrecht: Grzeszick, JZ 2003, S. 647 ff. 381 Hey, DStJG 24 (2001), S. 170 f., 222. Kirchhof, StuW 2000, S. 230; ders., StuW 2002, S. 11. 382 Kirchhof, BB 2002, Heft 30 Seite I; ders. StuW 2000, S. 230; ders., StuW 2002, S. 11, 194 f.; DStJG 25 (2002); S. 7 f.; Ablehnend Thiel, Diskussionsbeitrag, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 92, die Steuer sei nur eine von vielen Rahmenbedingungen, die der Kaufmann bei der Rechtsformwahl zu berücksichtigen habe. Zur Kritik auch Hey, DStJG 24 (2001), S. 172 f.; Sieker, DStJG 25 (2002), S. 155 f. 383 Zum Forschungsstand: Kirchhof, DStR 2003, Beihefter 5 zu Heft 37.

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Eine absolute Neutralität wird von den Vertretern aber nicht gefordert. Vorhandenen Unterschieden soll vielmehr Rechnung getragen werden.384 (3) Rechtsprechung (a) BVerfG Das BVerfG erhob bislang keine grundsätzlichen Einwände gegen eine steuerliche Ausrichtung an der Rechtsform.385 Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität wurde verfassungsrechtlich ebenfalls nicht ausdrücklich anerkannt. Allerdings bedarf ein Eingriff in die Wettbewerbsgleichheit eines hinreichend sachlichen Grundes.386 In der „Schwarzwaldklinikentscheidung“ stellt das BVerfG jetzt ausdrücklich fest, daß das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) eine allein nach der Rechtsform eines Unternehmers unterscheidende Umsatzsteuerbefreiung verbiete. Die Rechtsform, in der eine Leistung von einem Unternehmer erbracht werde, sei kein hinreichender Differenzierungsgrund für eine Umsatzsteuerbefreiung, da Belastungsgrund und Entlastungszweck keinen Bezug zur jeweiligen Rechtsform aufweisen.387 (b) BFH Der BFH hält die Differenzierung nach der Rechtsform bislang für grundsätzlich zulässig. Der Dualismus EStG – KStG sei gerechtfertigt, da unterschiedliche Sachverhalte geregelt würden.388 In der Vorlageentscheidung zu § 32 c EStG betont er zudem, daß es sich bei den rechtsformabhängigen Unterschieden in der Besteuerung um eine gestaltbare Konsequenz der Rechtsformwahl handelt.389 (4) Ergebnis Auch wenn die Vertreter eines eigenen Verfassungsgrundsatzes Rechtsformneutralität sich durch die Schwarzwaldklinikentscheidung bestätigt sehen390, so ist das nicht der Fall und dadurch wäre auch nichts gewonnen. Das BVerfG hat vielmehr in seiner Entscheidung die allgemeinen Grundsätze des Gleichheitssatzes wiederHey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, S. 126 ff. BVerfGE 13, 331 (339); 40, 109 (116, 117). 386 BVerfGE 19, 101 (114); 21, 160 (167 ff.); 43, 58 (70). 387 BVerfGE 101, 151 (156 f.). 388 BFH, BStBl. II 1975, 666 (668 f.). 389 BFH, BStBl. II 1999, S. 463. Der Verweis auf Gestaltungsmöglichkeiten wird aber nach der hier vertretenen Ansicht für grundsätzlich unzulässig d. h. rechtlich irrelevant gehalten, vgl. Teil 1 D. IV. 390 Kirchhof, StuW 2002, S. 11; Hey, DStJG 24 (2001), S. 162 ff. 384 385

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holt. Ebenso wie die sieben Einkunftsarten stellt auch die Rechtsform nur eine systematische Unterscheidung dar, die allein keine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt. Es gibt also kein Verfassungsgebot der Rechtsformneutralität. Die Rechtsform allein darf aber auch nicht zur Differenzierung herangezogen werden, d. h. allein ist sie kein sachlicher Grund, der die Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigen kann. Nur insoweit kann von einem Gebot der Rechtsformneutralität aus Art. 3 Abs. 1 GG gesprochen werden.391 Aus der Dogmatik des Gleichheitssatzes ergibt sich daher auch das Verbot, Unternehmensformen egalitär gleich zu behandeln. Den jeweiligen zivilrechtlichen und / bzw. wirtschaftlichen Unterschieden muß Rechnung getragen werden.392

dd) Leistungsfähigkeit (ability to pay principle) Das Gebot der Belastungsgleichheit muß konkretisiert werden393; dazu soll das Leistungsfähigkeitsprinzip dienen. Bereits in Art. 13 der französischen Erklärung von 1789 war die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als grundlegender Verteilungsmaßstab formuliert.394 Es geht darum, daß die Steuerlast eines jeden nach 391 Insoweit ist es Ausdruck der Besteuerung nach der (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit, vgl. Ebling, DStJG 24 (2001), S. 542 (Resümee); kritisch Sieker, DStJG 25 (2002), S. 151. Die Rechtsformneutralität als Teilaspekt eines Gleichheitsrechtes entspricht auch dem europarechtlichen Verständnis, vgl. Teil 1 E. I. 2. B) bb). 392 Lang, Grundrechtsschutz im Steuerrecht, S. 26; Jachmann, Besteuerung von Unternehmen, S. 64. 393 Viele ziehen zur Konkretisierung den Gedanken der Steuergerechtigkeit heran. Sie können die Argumentation bereits auf Aristoteles, Nikomachische Ethik, V 2 stützen: „Das Gerechte ist die Achtung vor Gesetz und bürgerlicher Gleichheit. Folglich ist die Gleichheit ein Gebot der Gerechtigkeit, jedoch nicht das einzige.“ Zur Gleichgerechtigkeit muß also stets die Sachgerechtigkeit hinzukommen, vgl. Kruse in Tipke / Kruse, § 3 AO, Rn. 42 m.w.N., der kritisiert, daß das BVerfG indem es die Forderung nach Steuergerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitet den Aspekt der Sachgerechtigkeit vergißt. Allgemein zur Gerechtigkeit: Henkel, Rechtsphilosophie, S. 393 ff.; Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 151 ff. Zur Gerechtigkeit im Steuerrecht vgl. Vogel, DStZ-A 1977, S. 5 ff.; Tipke, FS f. Wacke, S. 214; ders., StRO I, S. 259 ff.; ders., Steuergerechtigkeit, S. 1 ff. (m.w.N.); Crezelius, Rechtsanwendung, S. 336 ff. Die Entscheidung was „gerecht“ ist, ist in der Demokratie dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Dem Juristen kann eine Gerechtigkeitsordnung vorgegeben werden, z. B. in der Verfassung. Mit der „Steuergerechtigkeit“ wird damit der Weg zur verfaßten Gerechtigkeitsordnung des Grundgesetzes eingeschlagen. Ohne gesetzlichen Anknüpfungspunkt kann sich der Jurist nicht auf die Gerechtigkeit berufen, er begäbe sich ansonsten in das Feld der Politik. Vgl. Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, S. 42 ff. 394 Art. 13 der Erklärung von 1789: „Für den Unterhalt der Streitmacht und für die Aufgaben der Verwaltung ist eine allgemeine Abgabe unumgänglich. Sie muß gleichmäßig auf alle Bürger unter Berücksichtigung ihrer Vermögen verteilt werden.“ – zitiert nach Lang in Grundrechtsschutz im Steuerrecht, S. 17 FN 13 mit Hinweis auf die heutige Auffassung, wonach die Leistungsfähigkeit idealiter am Einkommen gemessen wird; vgl. auch Adam Smith, Wealth of Nations, erstes Prinzip: „The subjects of every state ought to contribute towards the support of the government, as nearly as possible, in proportion to their respective abilities

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seiner Fähigkeit zu bemessen ist, Steuerleistungen aus seinem Einkommen zu erbringen.395 Es geht also um eine Lastenzuteilung entsprechend der Zahlungsfähigkeit.396 Es werden zwei verschiedene Arten der Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips unterschieden:397 (1) Subjektives Nettoprinzip In subjektiver Hinsicht seien für eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit Umstände in der Person des Besteuerten relevant. Dazu gehört beispielsweise die Freistellung des Existenzminimums oder die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen für Kinder (subjektives Nettoprinzip).398 Die Steuerfreiheit des Existenzminimums ist mittlerweile allgemein anerkannt. Es wird neben Art. 3 Abs. 1 GG auch mit Art. 1 Abs. 1 GG, den Freiheitsgrundrechten und dem Sozialstaatsprinzip begründet.399 Die Mindestbesteuerung durch § 2 Abs. 3 S. 2 ff. EStG (= „Leistungs“-Fähigkeiten); that is, in proportion to the revenue (= Einkommen) which they respectively enjoy under the protection of the state“; zur ideengeschichtlichen Entwicklung (Produkt naturrechtlicher Aufklärung im 18. Jahrhundert): Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 6 ff. m.w.N.; zum Leistungsfähigkeitsprinzip in der Finanzwissenschaft: Pohmer / Jurke, FinArch. 42 (1984), S. 445 ff. 395 Vgl. BK-Vogel / Waldhoff, Vorbem.z.Art. 104a-115 Rn. 516; Tipke, StRO I, S. 478, fügt noch hinzu: „im Verhältnis zum Einkommen“; das ist jedoch schon der nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip aus dem Einkommen abzuleitende Maßstab. Dieser ist wiederum zu unterscheiden von den nach den Steuergesetzen der Steuerbemessung zugrundegelegten Indikatoren der Leistungsfähigkeit. Indikatoren können z. B. auch das Vermögen (BVerfGE 93, 121 (134)) oder die Einkommensverwendung sein; auch andere Steuern als die Einkommensteuer sind also mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar und daran zu messen. 396 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 166 f.; Kirchhof, HStR IV, Rn. 115; Lang, Bemessungsgrundlage, S. 97. 397 Vgl. Wilk, S. 144. Hinsichtlich der Verwirklichung der Steuergerechtigkeit wird zwischen horizontaler und vertikaler Steuergerechtigkeit unterschieden: In horizontaler Hinsicht ist darauf zu achten, daß Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch besteuert werden (horizontal equity). Vertikale Steuergerechtigkeit beinhaltet, daß Steuerpflichtige mit unterschiedlich hoher Leistungsfähigkeit im Vergleich zueinander gerecht besteuert werden (vertical equity), vgl. Vogel, DStZ / A 1975, S. 411 f.; Arndt / Schumacher, AöR 118 (1993), S. 520; Weisflog, FS f. Tipke, S. 551. Die horizontal equity entspricht dabei grundlegend der Gleichheit vor dem Gesetz, vgl. Schön, StuW 2000, S. 369; BVerfGE 82, 60 (89 f.); 99, 246 (260 ff.). 398 Zur Lehre vom indisponiblem Einkommen vgl. Tipke, StRO II, S. 672 ff. m.w.N. 399 BVerfGE 61, 319 (343 f.), 82, 60 (85 ff.): die Steuerfreiheit des Existenzminimums wird aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsgrundsatz des Art. 20 Abs. 1 GG gefordert; im Hinblick auf kinderlose Paare gebiete Art. 3 Abs. 1 GG die Berücksichtigung der geminderten Leistungsfähigkeit; BVerfGE 82, 198, 207: Art. 6 Abs. 1 GG gebiete darüber hinaus, daß bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muß, vgl. auch BVerfGE 91, 93, 108 ff.; BVerfGE 87, 153 (169): stützt die Steuerfreiheit des Existenzminimums auf die Freiheitsgrundrechte, d. h. Art. 2 Abs. 1 GG und vor allem Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG. Wegen der verfassungsrechtlichen Maßstäbe, auf die die Steuerfreiheit des Existenzminimums auch gestützt werden könne, lehnt Arndt, FS f. Mühl, S. 32 f., ein gesondertes subjektives Leistungsfähigkeitsprinzip ab.

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i.d.F. des StEntlG 1999 / 2000 / 2002 wird jedenfalls insoweit vom BFH als verfassungswidrig angesehen, soweit dem Steuerpflichtigen von seinem im Veranlagungszeitraum Erworbenen nicht einmal das Existenzminimum verbleibt.400 (2) Objektive Leistungsfähigkeit Die objektive Leistungsfähigkeit erfährt ihre einfachrechtliche Ausprägung als (objektives) Nettoprinzip und bedeutet, daß nur Reineinkünfte besteuert werden sollen (vgl. dazu ee). Im folgenden soll die Bedeutung dieses Prinzips auf unser gegenwärtiges Steuerwesen untersucht werden. Während Art 134 WRV noch ausdrücklich ein Verfassungsgebot Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vorsah401, ist seine dogmatische Bedeutung und Verankerung heute umstritten. Kern des Streits ist die Frage, inwieweit dem Leistungsfähigkeitsprinzip konkrete Aussagen für die Rechtsanwendung des Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmen sind. (a) Rechtsprechung (aa) BVerfG Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG erfordert der im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz der Steuergerechtigkeit, daß zumindest die direkten Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen im Verhältnis ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden. Das gelte insbesondere für das Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin angelegt sei.402 Das Leistungsfähigkeitsprinzip sei ein fundamentales Strukturmerkmal, die verfassungsrechtliche Anerkennung dieses Prinzips wurde jedoch bislang offengelassen. Selbst wenn es verfassungsrechtlich vorgeschrieben wäre, bestünde nach Auffassung des BVerfG für den Gesetzgeber die Möglichkeit, es bei Vorliegen gewichtiger Gründe zu durchbrechen.403

BFH v. 6. 3. 2003, DStRE 2003, S. 797 ff. Art. 134 WRV: „Alle Staatsbürger tragen ohne Unterschied im Verhältnis ihrer Mittel zu den öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei“. Nachweise zu der Diskussion um eine verfassungsmäßige Verankerung des Leistungsfähigkeitsprinzips ins GG bei Schaumburg, FS f. Tipke, S. 125 FN 1. 402 BVerfGE 6, 55 (67); 8, 51 (68 f.); 9, 237 (243); 13, 290 (297); 14, 34 (41); 27, 58 (64); 32, 333 (339); 36, 66 (72); 43, 108 (118 ff.); 47, 1 (29); 55, 274 (302); 61, 319 (343 ff.); 66, 214 (223); 68, 287 (310); 72, 200 (260); 74, 182 (200); 82, 60 (86); 89, 346 (352); 99, 216 (232). 403 BVerfGE 81, 228 (237). 400 401

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(bb) BFH, Finanzgerichte Der BFH stellt fest, aus Art. 3 GG folge für das Steuerrecht, daß jeder Steuerpflichtige nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen werde. Dabei habe der Steuergesetzgeber Belastungsgleichheit herzustellen. Bezugspunkt der Gleichheitsprüfung sei die Fähigkeit, Steuern zu zahlen.404 Konkrete Folgerungen wurden allein aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip aber in noch keiner Entscheidung gezogen.405 (b) Literatur Die Rechtswissenschaftler in Deutschland streiten über die Anerkennung bzw. den Inhalt des Leistungsfähigkeitsprinzips.406 (aa) Fundamentalprinzip der Besteuerung Tipke und Birk begreifen das Leistungsfähigkeitsprinzip als relevante Bezugsgröße i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG. Auf dem Verständnis des Leistungsfähigkeitsprinzips als Prinzip der Steuergleichheit beruht wesentlich die Gerechtigkeitstheorie von Tipke.407 Birk und Kirchhof betonen daneben das Leistungsfähigkeitsprinzip als Basis freiheitlicher Betätigung.408 Teilweise wird auch auf eine Verankerung in der Finanzverfassung verwiesen409. Diese Begründungsansätze schließen einander ebenfalls nicht aus und deshalb wird das Leistungsfähigkeitsprinzip auch als Ergebnis einer Verfassungszusammenschau aus Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere dem sich daraus ergebenden Übermaßverbot, Freiheitsrechten, Gleichheitsgrundsatz und Sozialstaatsgedanken (Art. 20 Abs. 1 GG) angesehen. Es sei freiheitsschützend (Art. 2, 12, 14 GG), fordere aber auch eine sozial ausgewogene Verteilungsgerechtigkeit 404

BFH, DStRE 2002, S. 500 (504) – zur Verfassungswidrigkeit von § 22 Nr. 1 S. 3 a

EStG. 405 FG Berlin, DStRE 2002, S. 616 ff. (bejaht den Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durch Art. 2 Abs. 3 EStG n.F. jedenfalls insoweit, als von der Regelung auch „echte“ Verluste (im Unterschied zu reinen Buchverlusten) erfaßt würden; zur Begründung wird auf S. 617 aber auch vom FG Berlin vorrangig auf das Nettoprinzip abgestellt. Vgl. zur Problematik des § 2 Abs. 3 EStG auch unter Teil 1 D. I. 2. b) ee) (4) (a) (bb). 406 Umfassende Nachweise bei Tipke, StRO I, S. 488 f. (FN 54 f.). 407 Tipke, StRO I, S. 349 ff., 490 ff.; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 156 ff.; ders, StuW 1983, S. 295, 297. Auch Ruppe in HHR, Einf. EStG, Rn. 543 leitet das Leistungsfähigkeitsprinzip aus dem Gleichheitssatz ab und hält es primär für ein Problem der vertikalen Gleichmäßigkeit der Besteuerung. 408 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 123 ff.; Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 17 ff. 409 Kirchhof in Kirchhof / Söhn, § 2 EStG A 152; Vogel, DStJG 12 (1988), S. 142 f.; ablehnend Tipke, StRO III, S. 1090 ff. m.w.N.

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(Art. 3 Abs. 1, 20 GG).410 Vogel / Waldhoff sehen seine vier Wurzeln in Art. 106 GG, Gleichheitsgrundsatz, Rechtsstaatsgebot und Sozialstaatsprinzip. 411 Kirchhof begreift das Leistungsfähigkeitsprinzip auch als ethisches Axiom412 im Sinne einer Rechtswertungsquelle, das sich aus einer Zusammenfassung von verfassungsrechtlichen Prinzipien, namentlich von Freiheit, Gleichheit, Existenz- und Friedenssicherung, ergebe.413 Einigkeit besteht darin, daß das Leistungsfähigkeitsprinzip durch eine Mehrheit verfassungsrechtlicher Grundwertungen konstituiert wird, sein Inhalt daher verfassungsrechtlich abgeleitet ist und daß ihm der Rang eines obersten Rechtsgrundsatzes zukommt, der die gesamte Ordnung des Steuerrechts prägt.414 Ausgehend von diesem Ansatz vergleicht Lang das Leistungsfähigkeitsprinzip mit dem Grundsatz der Privatautonomie im Zivilrecht und begreift es als fundamentalen Wertmaßstab, der hochabstrakt angelegt sei und deshalb der Konkretisierung bedürfe.415 (bb) Axiom zur wirksamen Machtausübung Einige Stimmen in der Literatur lehnen das Leistungsfähigkeitsprinzip kategorisch ab und halten es sogar lediglich für ein Axiom zur wirksamen Machtausübung, mit dessen Hilfe eine steuerliche Belastung nach der Belastbarkeit erfolge.416 410 Weber-Grellet, FS f. Posser, S. 407; Schaumburg, FS f. Tipke, S. 126 mit Verweis auf Tipke und Lang, die diese Aspekte ebenfalls ansprechen. 411 BK-Vogel / Waldhoff, Vorbem.z.Art. 104a-115 Rn. 519 ff. 412 Axiome sind Grundformeln, aus denen alle übrigen immer richtigen Formeln abgeleitet werden, vgl. Engisch, Studium Generale 10 (1957), S. 173 m.w.N. Gegen die Bezeichnung des Leistungsfähigkeitsprinzips als Axiom spricht, daß das Ideal eines axiomatisch-deduktiven Systems in der Rechtswissenschaft nicht zu verwirklichen ist, da es keine geschlossene Anzahl jeweils letzter Axiome gibt. Die Bedeutung von Wertungen im Recht wird verkannt, vgl. Canaris, Systemdenken, S. 20 ff., 58 ff.; Engisch, Studium Generale, Bd. 10 (1957) S. 173 ff. 413 Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 21 ff.; S. 23: „Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt in den Bindungen der Art. 3 und 14 GG, daß eine individuell bemessene Steuerlast (Personensteuer) ein privatnütziges Wirtschaftsgut (Steuergegenstand) so zu belasten hat, daß der Ertrag dieses Gutes zur Steuerzahlung befähigt, dabei aber die Substanz des Gutes nicht vermindert wird und der Ertrag auch nach Besteuerung von privatem Nutzen bleibt (Bemessungsgrundlage); ders., StuW 2000, S. 325. 414 Lang, FS f. Kruse, S. 315. 415 Lang, Bemessungsgrundlage, S. 125 ff.; 167 ff.; ders., DStJG 24 (2001), S. 56 ff. Zur Konkretisierung zieht er die Prinzipien der Universalität, wonach jeder steuerpflichtig ist, der Totalität, jeder Steuerpflichtige hat sein Gesamteinkommen zu versteuern und der Periodizität, wonach auf die gesamte Lebenszeit abzustellen ist (Lebenseinkommensprinzip), heran. Zu den einzelnen Ausprägungen des Leistungsfähigkeitsprinzips im Einkommensteuerrecht auch: Tipke, StRO I, S. 500 f.; Jakob, Einkommen, S. 26. 416 Leisner, StuW 1983, S. 97 ff.; umfassend zum Streitstand: Arndt, FS f. Mühl, S. 26 ff. Die Finanzwissenschaft kennt ebenfalls kein eindeutiges Erklärungsmodell, vgl. Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 42; die Kritiker berufen sich regelmäßig auf Gustav von Schmol-

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(cc) Vermittelnd Andere erkennen das Leistungsfähigkeitsprinzip zwar an, verweisen aber auf seinen unbestimmten Inhalt und sehen seine Funktion nur darin, den Gleichheitssatz zu konkretisieren. Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sei selbst kein Fundamentalprinzip des Steuerrechts und er könne durch andere Differenzierungsgründe überwunden werden.417 (c) Stellungnahme Auch Befürworter räumen die Unbestimmtheit des Leistungsfähigkeitsprinzips ein.418 Im Ergebnis ist es derart offen, daß nahezu jedes gewünschte Resultat damit begründet werden kann.419 Ohne nähere Konkretisierung bleibt es eine bloße Leerformel. Neben den rechtlichen Qualifizierungsproblemen bestehen insbesondere auch Unklarheiten im Sprachgebrauch. Wer von Leistungsfähigkeit spricht, bewegt sich entweder auf einer rechtspolitischen420, steuerrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Ebene.421 Oft handelt es sich lediglich um den vorschnellen Gebrauch eines Schlagwortes.422 ler, Die Lehre vom Einkommen, ZgS 1863 (Bd. 19), S. 57: „Die Leistungsfähigkeit ist ein leerer Begriff, mit dem man ohne näheren Inhalt nichts machen kann, man mag ihn drehen und wenden wie man will. Was der einzelne zu einem bestimmten Zwecke beitragen könne, darüber gibt es so viele Urteile als es Menschen gibt. Das Prinzip der Leistungsfähigkeit läßt nur eine Auflösung zu: nimm, wo es geht, dieser oder jener kann noch etwas geben.“ Krit. zur Umverteilungsargumentation: Lang, FS f. Kruse, S. 313. Tipke, StRO II, S. 778 m.w.N. bezeichnet diese Auffassung als „cynical rule of taxation“. 417 Kruse in Tipke / Kruse, § 3 Rn. 50; Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung, S. 355 ff. 418 Tipke, StRO I, S. 493 ff. Das BVerfGE 47, 1 (29) spricht von „vieldeutig“; Schaumburg, FS f. Tipke, S. 131. Oechsle, S. 38 ff., 95 ff. erläutert ausführlich, daß Adam Smith unter dem Leistungsfähigkeitsprinzip das Äquivalenzprinzip verstand, während Adolph Wagner damit die Forderung nach einem progressiven Tarif begründete. 419 Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, S. 38: „Dem Leistungsfähigkeitsprinzip werden so letztlich unterschiedliche Inhalte unterschoben, die allerdings vom gleichen Ziel erfüllt sind, nämlich Indisponibilität der Einkommensteile zu begründen: Die Indisponibilität ergibt sich dann aber aus anderen Kriterien als dem der Leistungsfähigkeit; anders: die Maßstäbe der Disponibilität werden an das Leistungsfähigkeitsprinzip herangetragen.“ 420 Die Partei- bzw. Regierungsprogramme enthalten häufig die Forderung der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Vgl. Regierungsprogramm SPD 2002 – 2006, Punkt 3: „Der Staat muß sicherstellen, daß jeder einen gerechten, seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitrag zur Finanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben leistet . . .“; Regierungsprogramm CDU / CSU 2002 – 2006, S. 8: „Deutschland braucht eine Steuerpolitik, die Anreize setzt. Wir wollen Menschen motivieren, ihre Leistungskraft zu entfalten . . . Die Unübersichtlichkeit der Regelungen eröffnet Möglichkeiten, durch Steuergestaltung die Steuerschuld so zu beeinflussen, daß diese kaum mehr der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Zu den Parteiprogrammen der Vergangenheit: Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 20 FN 21; Tipke, StRO I, S. 488 FN 53. Zur Rolle des Leistungsfähigkeitsprinzips in der Politik: Tipke, StRO I, S. 499; Lang, Reformentwurf – Münsteraner Symposion II, S. 5. 421 Zu dieser Differenzierung vgl. Loritz, Steuerrecht, Rn. 197; ders., StuW 1986, S. 15. 8 Beck

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(aa) Rechtsprinzip Andererseits ist die kritisierte Unbestimmtheit dem Wesen eines „Prinzips“ immanent. Canaris hat die Bedeutung von Prinzipien im Recht herausgestellt. Ein axiomatisch-deduktives System ist für die Rechtswissenschaft nicht erreichbar. System in der Rechtswissenschaft ist daher eine teleologische Ordnung allgemeiner Rechtsprinzipien. Anders als bloße Wertungen enthalten Prinzipien auch (grob) Tatbestand und Rechtsfolge.423 Prinzipien sind die ersten, obersten Grundsätze einer Ordnung / eines Systems, hierarchische Obersätze.424 Rechtsprinzipien sind allgemeine Wertungsmaßstäbe im Hinblick auf die Rechtsideen, die noch nicht zu unmittelbar anwendbaren Rechtsregeln verdichtet sind, für sie aber „Rechtfertigungsgründe“ darzustellen vermögen. Auf der höchsten Stufe enthalten sie erst einen allgemeinen Rechtsgedanken, der „Leitfaden“ für weitere Konkretisierungen ist. Die daraus entwickelten „Unterprinzipien“ sind dann vom Gesetzgeber und / bzw. von der Rechtsprechung auf den einzelnen Fall zu konkretisieren.425 Im Gegensatz zur Begriffsjurisprudenz erlaubt das Denken in Prinzipien die Lösung offener Rechtsfragen.426 Entscheidende Aussagen von Canaris in bezug auf Prinzipien sind: Prinzipien können in Widerspruch zueinander treten; Prinzipien erheben nicht den Anspruch auf Ausschließlichkeit; Prinzipien entfalten ihren eigentlichen Sinngehalt erst in einem Zusammenspiel wechselseitiger Ergänzung und Beschränkung.427 Rechtliche Systeme sind zudem offene Systeme. Wissenschaftliche Erkenntnisse und die Wandelbarkeit von Grundwertungen haben Einfluß auf die Prinzipien.428 Mit diesem rechtstheoretischen Hintergrund ist das Leistungsfähigkeitsprinzip ein Prinzip des (einfachen) Steuerrechts.429 Eine Ausprägung (Konkretisierung) des Leistungsfähigkeitsprinzips im deutschen Steuerrechts soll unter ee) herausgearbeitet werden. (bb) Verfassungsprinzip Die rechtshistorische und rechtsvergleichende Betrachtung zeigt, daß das Leistungsfähigkeitsprinzip das Entstehen der Grundrechte begleitete und von Anfang Woerner, GS f. Knobbe-Keuk, S. 985. Canaris, Systemdenken, S. 48 ff. 424 Sodan, JZ 1999, S. 866. 425 Larenz, Methodenlehre, S. 227, 474 ff. 426 Larenz, Methodenlehre, S. 165. Zur Begriffsjurisprudenz, Wolff, Studium Generale 10 (1952), S. 199 m.w.N. 427 Canaris, Systemdenken, S. 53 ff. 428 Canaris, Systemdenken, S. 61 ff.; Lang, FS f. Kruse, S. 319. 429 Streitpunkte sind insoweit sein Bezugspunkt / Indikator Einkommen: (h.M.), Vermögen oder Konsum; ob es einen progressiven Einkommensteuersatz verlangt, Lebenszeitbesteuerung, vgl. Lang, FS f. Kruse, S. 322 ff. 422 423

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an das rechtsstaatliche Verständnis von Besteuerung prägte.430 Fraglich ist, ob es sich deshalb auch um ein „Verfassungsprinzip“ handelt. Tipke spricht insoweit von einem Vergleichsmaßstab der Gleichheitsprüfung, das durch das Sozialstaatsprinzip mitfundiert werde und den Grundrechten z. B. Art. 1 GG genüge. Es sei Schutzprinzip, damit durch die Steuerlast Art. 12, 14 GG nicht verletzt werde. Ihm folgend beschrieb es Lang als „tertium comparationis“ des Gleichheitssatzes, das durch die Gerechtigkeitsinhalte des verfassungsrechtlichen Wertesystems konkretisiert werde.431 Der Begriff der Leistungsfähigkeit im Verfassungsrecht ist damit Ausdruck des Verständnisses des Gleichheitssatzes als „Methodennorm“. Im Steuerrecht wurde schon frühzeitig erkannt, was die (jungen) Verfassungsrechtler432 heute beschäftigt. Eigentlich bräuchte es nicht unbedingt einen eigenen Verfassungsgrundsatz, da die Wertungen der Verfassung herangezogen werden.433 Anderseits kommt es aber gerade auch auf bereits vorgenommene Abwägungen, also auf Ergebnisse an (s. o.). Soweit unklar ist, ob dem Prinzip selbst Verfassungsrang zukommt, ist auf die Bedeutung der Rechtsprechung des BVerfG hinzuweisen. Die kompetenziell ordnungsgemäß vorgenommenen Konkretisierungen ausfüllungsbedürftiger Grundrechte und sonstiger Verfassungsnormen durch das BVerfG („gestaltende Verfassungsfortbildungen“), besitzen – sofern sie maßstäblich sind – selber Verfassungsrang, sind Teil des Verfassungsrechts. Das ergibt sich u.U. auch aus der Bindungswirkung des § 31 BVerfGG. Sofern die Staatsrechtslehre entsprechende Konkretisierungen entwickelt, postuliert sie deren Verfassungsrang, falls das BVerfG die vorgeschlagenen Gestaltungen übernimmt.434 Für die Dogmatik des Gleichheitssatzes hat das Leistungsfähigkeitsprinzip eine doppelte (mehrdimensionale) Bedeutung: (1) Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist primärer Differenzierungsgrund im Steuerrecht. Insoweit kann es (bei Lenkungssteuern) durch andere Gründe überwunden werden.435 (2) Im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung bei Art. 3 Abs. 1 GG kommt dem Leistungsfähigkeitsprinzip als Wertmaßstab bei der Angemessenheitsprüfung Bedeutung zu. Es ist ein Abwägungsmaßstab. Sein Inhalt wird durch die Wertungen der Verfassung bestimmt. Die Konkretisierung obliegt in letzter Instanz dem BVerfG. Nach seiner Rechtsprechung ist das Prinzip der Gleichheit der Lastenzuteilung das umfassende Gerechtigkeitsgebot, weil der Bürger den Steuerzugriff in seine Vermögens- und Rechtssphäre nur deshalb hinnehmen muß, weil jeder Mitbürger – gemessen an seiner individuellen Leistungsfähigkeit als Ausgangspunkt und Maßstab steuerlicher Lastenzuteilung – eine gleiche Steuerlast Vgl. Tipke, StRO I, S. 322 ff.; 471 ff. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 99 f. 432 Vgl. Michael, JuS 2001, S. 153 f.; Brüning, JZ 2001, S. 672. 433 In diesem Sinne Gassner / M. Lang, Gutachten 14. Österreichischen Juristentag, ÖJT Bd. III / 1, S. 58 ff.; 64 ff.; 117 ff.; 121: auf das Schlagwort von der Leistungsfähigkeit sollte verzichtet und statt dessen offengelegt werden, ob eine Weiterentwicklung oder Änderung eines Systems angestrebt werde. 434 BK-Vogel / Waldhoff, Vorbem.z.Art. 104a-105 Rn. 524 mit Verweis auf Hesse, Grundzüge, Rn. 34, 49 ff. 435 Bergmann Ávila, S. 342 f. 430 431

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zu tragen hat.436 Wenn der Steuerzugriff des Staates als Gemeinlast gleichzeitig auch Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Bürgers ist und wenn dieser Eingriff seine Rechtfertigung „auch und gerade“ aus der Gleichheit der Lastenzuteilung gewinnt und wenn deshalb auch die steuerbegründenden Vorschriften dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung aller Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen müssen, dann müssen auch steuerbegründende Vorschriften im Hinblick auf die Gleichheit der Lastenzuteilung strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügen.437 In diesem Sinne kann bei der Überprüfung einer Steuernorm formuliert werden: Je mehr eine gesetzliche Vorschrift das Leistungsfähigkeitsprinzip berührt, umso schwerwiegender müssen auch die Gründe sein, welche eine Beschränkung rechtfertigen sollen.438 Unter dem Gesichtspunkt Methodennorm und Leistungsfähigkeit als Wertmaßstab wird auch die Herleitung des subjektiven Leistungsfähigkeitsprinzips in der Rechtsprechung des BVerfG verständlich. Das Leistungsfähigkeitsprinzip in seiner subjektiven Ausprägung vereint die Wertungen des Sozialstaatsprinzips439, Art. 1 GG etc. (vgl. oben440). Ebenso fließt in das Leistungsfähigkeitsprinzip die Wertung der Privatnützigkeit aus Art. 14 GG. Durch Kirchhof wurde es insoweit im Rahmen der Rechtsprechung des BVerfG durch den Halbteilungsgrundsatz bereichert.441 (cc) Ergebnis Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein Rechtsprinzip und bedarf als solches der Konkretisierung, ohne die es eine Leerformel bleibt. Das konkretisierte Leistungsfähigkeitsprinzip ist sowohl Ausgangspunkt für die einfachrechtlichen Regelungen als auch Differenzierungsgrund eines unterschiedlichen Steuerzugriffs und Wertmaßstab in der Angemessenheitsprüfung einer Ungleich- bzw. entsprechend bei einer Gleichbehandlung trotz unterschiedlicher Leistungsfähigkeit.

BVerfGE 35, 324 (335); 84, 239 (269 f.) m.w.N. BVerfGE 93, 121 (135). 438 Vgl. Jüptner, S. 99. 439 Zum Leistungsfähigkeitsprinzip als grundlegendes Steuerverteilungsprinzip im sozialen Rechtsstaat vgl. Ossenbühl, Die gerechte Steuerlast, S. 83 ff. 440 Teil 1 D. I. 2. b) dd) (1). Bei indirekten Steuern wird dem subjektiven Leistungsfähigkeitsprinzip nicht Rechnung getragen. Insoweit muß gegebenenfalls ein Ausgleich durch Sozialhilfe erfolgen, vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 104 ff. Teilweise wird behauptet, das Leistungsfähigkeitsprinzip könne generell nur für die Einkommensteuer angewandt werden. 441 Lang, FS f. Kruse, S. 323.; Möstl, DStR 2003, S. 726 bezeichnet dies als Einfluß der objektiven Institutsgarantie des Art. 14 GG. 436 437

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ee) Nettoprinzip Das (objektive) Nettoprinzip ist ein grundlegendes Prinzip des deutschen Einkommensteuerrechts. Das Bundesverfassungsgericht hat es als Grundsatz definiert, den der Gesetzgeber der Einkommensteuer zugrundelegt. Es besagt, daß nur das Nettoeinkommen besteuert wird. D. h. von den Erwerbseinnahmen werden die Erwerbsaufwendungen und die existenzsichernden Aufwendungen abgezogen.442 Nur der Vermögenszuwachs unterliegt dem Steuerzugriff (nicht der Zugang), die Einkunftsquelle soll in der Hand des Steuerpflichtigen belassen werden.443 Gesetzlich verankert ist dieses Saldierungsgebot in § 2 Abs. 2 (Nettoeinkünfte)444 und § 2 Abs. 4 (Nettoeinkommen) EStG. Auch dessen dogmatische Herleitung und Bedeutung ist umstritten: (1) Leistungsfähigkeitsprinzip Eine Ansicht sieht das Nettoprinzip als zwingende Folge des finanziellen Leistungsfähigkeitsprinzips, wie es in Art. 3 GG verankert sei. Gesetzliche Abzugsverbote für Erwerbsaufwendungen bewirken eine Besteuerung nicht disponiblen Einkommens und bedürfen deshalb einer Rechtfertigung vor dem Gebot der Besteuerungsgleichheit.445 (2) Grundlage in der Finanzverfassung Nach anderer Ansicht bzw. als zusätzliches Argument gehört das objektive Nettoprinzip zu den Wesensmerkmalen der Einkommensteuer, das von jeher anerkannt worden sei und auch in dem finanzverfassungsrechtlichen Typus der Einkommensteuer (i. S. d. Art. 105 ff. GG) vorausgesetzt werde. Eine Abschaffung des objektiven Nettoprinzips hätte eine Denaturierung des Einkommensteuerrechts zur Folge, die nicht ohne Änderung der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlagen vollzogen werden dürfe.446 442 BVerfGE 99, 280 (290 f.); BVerfG DStR 1998, S. 1743 (1745); DStR 1999, S. 202 (205). 1988 bezeichnete auf dem 57. Deutschen Juristentag Isensee das Nettoprinzip als identitätskonstituierendes Merkmal des Einkommensteuerrechts, vgl. Verhandlungen des 57. Deutschen Juristentages, S. N 64. 443 Palm, DStR 2002, S. 153. 444 Durchbrechungen enthalten §§ 4 Abs. 5; 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4; 22 Nr. 3 S. 3 EStG; zu 3 c EStG vgl. oben. 445 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 161 ff.; ders., StuW 2000, S. 331 f.; Schön, StuW 1995, S. 369 f.; Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, S. 112; Wendt, DÖV 1988, S. 719; Elicker, StuW 2002, S. 220. 446 J. Schulze-Osterloh, DStJG 23 (2000), S. 69; Schön, StuW 1995, S. 368; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 589 ff..; BK-Vogel / Waldhoff, Vorbem.Art. 104a-115 Rn. 519. In diesem Kontext soll auch die Argumentation von Lang erwähnt werden, wonach § 2 Abs. 2 EStG das Konzept der Reinvermögenszugangstheorie verwirkliche. Die wirtschaftli-

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(3) Teilhabegemeinschaft als Risikogemeinschaft Im Zusammenhang mit dem objektiven Nettoprinzip weist Kirchhof darauf hin, daß die durch die Partizipation des Staates an den Erwerbseinnahmen des Steuerpflichtigen begründete Teilhabegemeinschaft auch als Risikogemeinschaft verstanden werden muß. Aus diesem Grund mindere § 2 Abs. 2 EStG die Erwerbseinnahmen von vornherein um die Erwerbsaufwendungen.447 (4) Argumentation der Rechtsprechung (a) BFH und Finanzgerichte (aa) Allgemein In seiner Entscheidung zur Abzugsfähigkeit von Geldbußen als Betriebsausgaben sah der BFH den Abzug als notwendige Folge des steuerrechtlichen Nettoprinzips, das als Ausfluß der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vom BVerfG anerkannt sei.448 In späteren Entscheidungen spricht es vom objektiven Nettoprinzip als prägendem Grundsatz des Einkommensteuerrechts.449 (bb) § 2 Abs. 3 EStG450 In diesem Zusammenhang ist auf den Beschuß vom 9. 5. 2001, XI B 151 / 00 einzugehen, in dem der BFH die ab VZ 1999 geltende Mindestbesteuerung des § 2 Abs. 3 EStG als verfassungsgemäß ansieht, aber ausdrücklich offen läßt, „ob der Gesetzgeber verpflichtet war, zwischen ,echten‘ Verlusten, die sich aus unternehche Leistungsfähigkeit sei danach durch Vermögenszuflüsse und Vermögensabflüsse zu messen, vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 183. Die Reinvermögenszugangstheorie (es lag dem ersten Reichseinkommensteuergesetz von 1920 zugrunde, sog. Erzbergersche Steuerreform) wurde von Schanz begründet, ihre Folge ist, daß auch Wertsteigerungen des Vermögensstammes zu berücksichtigen sind – sie findet im heutigen EStG bei den Gewinneinkünften Anwendung. Gegenstück ist die von Fuisting entwickelte Quellentheorie, wonach nur die Früchte einer ständigen Einnahmequelle zum Einkommen gehören – Wertsteigerungen des Vermögensstammens bleiben danach unberücksichtigt – sie findet im heutigen EStG bei den Überschußeinkünften Anwendung; vgl. dazu Birk, Steuerrecht, Rn. 531, 540 f. Das heutige EStG unterscheidet also nach Einkunftsarten, denen jeweils die eine oder andere Theorie zugrundeliegt, aus diesem Grunde kann die Erläuterung von Lang nicht überzeugen – das Nettoprinzip ist ein allgemeiner Grundsatz, der den Abzug von Ausgaben / Aufwendungen gebietet. 447 Kirchhof in Kirchhof / Söhn, § 2 EStG Rn. A 128. Tipke, StRO II, S. 592 spricht insoweit von einer „Klugheitsregel“: Würden Aufwendungen nicht zum Abzug zugelassen, so würde die Wirtschaft gehemmt, und zwar auch zum Nachteil des Steueraufkommens. Ähnlich Loritz / Wagner, BB 1991, S. 2269. 448 BFH, FR 1984, S. 177 (179). 449 BFH, BStBl 1999, S. 450 (460); DStRE 2002, S. 500 (502). 450 Vgl. aktuell Kohlhaas, DStR 2003, S. 1142 ff.

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merischer Tätigkeiten ergeben, und Verlusten, die insbesondere aus der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen entstehen, zu unterscheiden und ,echte‘ Verluste451 aus dem Anwendungsbereich der Mindestbesteuerung herauszunehmen“.452 Insoweit ist unklar, ob die Mindestbesteuerung bei „echten“ Verlusten verfassungsgemäß ist oder ob sie insbesondere dem objektiven Nettoprinzip widerspricht, ob es also ausreicht, daß die Verluste grundsätzlich in zukünftigen Veranlagungszeiträumen abziehbar sind. Jedenfalls stellt der Beschluß ausdrücklich fest, daß die Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs nicht dazu führe, daß erwerbssichernder Aufwand gar nicht berücksichtigt würde und bestätigt insoweit den Mindestinhalt des objektiven Nettoprinzips, in Form der Besteuerung von Nettoeinkünften.453 Die Finanzgerichte Münster454, Düsseldorf455, Hessen456 und Berlin457 haben Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben, weil ernstliche Zweifel an 451 Die Unterscheidung „echte“ Verluste trafen bereits Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 492, 621. Diese Unterscheidung und damit § 2 Abs. 3 EStG insgesamt hält Kohlhaas, BB 2002, S. 2527 ff. für zu unbestimmt. 452 BFH / NV 2001, S 1078 (1080). 453 Der BFH folgt also einer überperiodischen Betrachtungsweise, a.A. FG Münster, DStRE 2001, S. 281. Kohlhaas, DStR 2002, S. 1252 weist auf den Unterschied zum „existenzsichernden“ Aufwand, individuelles = subjektives Nettoprinzip hin, dazu jetzt BFH, DStRE 2003, S. 797 ff. Hübschmann / Hepp / Spitaler, § 4 AO Rn. 472, halten eine Beschränkung des externen Verlustausgleichs für generell möglich, er werde nämlich nicht vom objektiven Nettoprinzip erfaßt. Stapperfeld, FR 2001, S. 782 f. weist demgegenüber auf den Aspekt der individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im jeweiligen Veranlagungszeitraum hin. Ökonomisch sei ein Steuerpflichtiger in einem bestimmten Veranlagungszeitraum nur in dem Umfang leistungsfähig, in dem ihm nach Abzug aller erlittenen „echten“ Verluste auch positive Einkünfte verbleiben, nur insoweit sei er individuell zahlungsfähig. Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung sei daher einzuhalten. Diesen Aspekt betont auch Elicker, StuW 2002, S. 217 ff. (Zeitaspekt des objektiven Nettoprinzips). Nur in diesem Zusammenhang wird man Kirchhof zustimmen können, der die „Gleichheit in der Zeit“ als Zentralforderung materieller Gerechtigkeit ansieht, vgl. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 41; ders., Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag (1988), S. 75 f. Ansonsten bestehen gerade im Hinblick auf die „Steuergerechtigkeit“ Bedenken gegen ein Jahresprinzip, das die h.M. – entgegen Kirchhof – zu Recht als rein technisches Prinzip ansieht. Danach wird eine „Lebenseinkommensbesteuerung“ bzw. zumindest Verlustabzug und Progressionsglättung gefordert, vgl. Tipke, StuW 2002, S. 165 ff., der sich auch gegen die in § 8 KE vorgesehene Beschränkung des Verlustvortrags auf 5 Jahre wendet. Zur „Optimal Taxation Theory“, deren Vertreter überperiodisch und lebenszeitlich konzipierte Einkommensbegriffe propagieren, vgl. Lang in Kirchhof / Neumann, S. 41 f. m.w.N. 454 V. 7. 9. 2000, DStRE 2000, S. 1121; 15. 11. 2000, DStRE 2001, S. 281 – insoweit von BFH / NV 2001, S. 1078 ff. zurückgewiesen; vgl. jetzt erneut FG Münster v. 7. 11. 2002, DStRE 2003, S. 421 f. 455 V. 4. 3. 2002, DStRE 2002, S. 762 f.; v. 8. 5. 2002, DStRE 2003, S. 799 f. 456 V. 4. 12. 2001, EFG 2002, S. 776 f.; jetzt bestätigt: BFH, v. 6. 3. 2003, BB 2003, S. 1161 f. 457 V. 4. 3. 2002, DStRE 2002, S. 616 ff.; jetzt bestätigt: BFH v. 6. 3. 2003 (Az. XI B 76 / 02), DStRE 2003, S. 797 ff.

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der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung bestünden. Es werde gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verstoßen, weil das Nettoprinzip nicht beachtet werde und deshalb der Steuerpflichtige ohne aktuelle Leistungsfähigkeit belastet wird.458 (b) BVerfG Wie eingangs erwähnt, spricht das BVerfG in seinen Entscheidungen explizit das Nettoprinzip an.459 Während das subjektive Nettoprinzip, also die Gewährleistung des steuerfreien Existenzminimums zusätzlich mit den Grundrechten bzw. dem Sozialstaatsprinzip begründet wird, spricht es vom objektiven Nettoprinzip als positivistischer Grundentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers und läßt offen, ob es verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgeschrieben ist.460 (5) Stellungnahme M. E. fügt sich das Nettoprinzip zwanglos in die Prüfung des Gleichheitssatzes ein. § 2 Abs. 2 EStG sieht als gesetzlichen Regelfall den Abzug der Erwerbsaufwendungen vor. § 2 Abs. 4 EStG enthält die Saldierung auf der Ebene der Einkommensermittlung. Es handelt sich dabei um den gesetzlichen Regelfall. Ausnahmen führen zu einer Ungleichbehandlung und bedürfen der Rechtfertigung. Soweit ersichtlich lassen auch alle Ansichten eine Durchbrechung des Nettoprinzips bei entsprechender Rechtfertigung zu. Im Rahmen der Rechtfertigung ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen und bei der Angemessenheitsprüfung müssen dann die Verfassungswertungen berücksichtigt werden. Diese werden unter dem Wertmaßstab des Leistungsfähigkeitsprinzips erfaßt.461 In diese Dogmatik fügt sich auch das Sondervotum von Simon ein, das als grundlegend für eine verfassungsrechtliche Absicherung des Nettoprinzips angesehen wird. Danach könne es „schon nach Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot und dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit nicht im völlig freien Belieben des Gesetzgebers stehen, ob er ertragsmindernde Aufwendungen steuerlich berücksichtigt oder nicht.“462 Es fragt sich daher, ob die Politik der Ausgleichs- und AbFG Berlin, DStRE 2002, S. 616 ff. Zur älteren Rechtsprechung: Arndt / Schumacher, AöR 118 (1993), S. 521 ff. 460 Vgl. BVerfGE 27, 58 (64 f.); 81, 228 (237); 101, 297 (310); aktuell DStRE 2003,S. 608 ff. (doppelte Haushaltsführung). Den Beschluß BVerfGE 34, 103 in dem das BVerfG das Nettoprinzip nicht als Sachgesetzlichkeit ansieht, da es zahlreiche Spezialnormen gäbe, und daher eine Durchbrechung auch ohne sachlichen Grund zuließ, wird allgemein als in sich widersprüchlich, inkonsequent, steuersystematisch und verfassungsrechtlich inakzeptabel bezeichnet, vgl. Söffing, StbJb 1988 / 89, S. 128. 461 S.o. Zu den Anforderungen an die Rechtfertigung vgl. auch Elicker, FR 2002, S. 1049 m.w.N. 462 BVerfGE 47, 39 ff. 458 459

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zugsbeschränkungen463 wirklich stets gerechtfertigt ist. Soweit hinsichtlich § 2 Abs. 3 EStG bezüglich unechter Verluste eine „erhöhte Leistungsfähigkeit“ als Gesetzesbegründung angeführt wird, erscheint fraglich, ob dies der richtige Ansatzpunkt ist. Denn im Rahmen der Rechtfertigung ist bereits die Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung zu diskutieren. Das Differenzierungsziel erhöhte Leistungsfähigkeit, die zu höheren Steuereinnahmen führen soll, kann wesentlich einfacher durch die direkte Beseitigung der Steuervergünstigung, die zum unechten Verlust führt, erreicht werden.464 Ergebnis: Das Nettoprinzip ist der gesetzliche Regelfall. Abweichungen stellen eine Ungleichbehandlung dar und müssen gerechtfertigt werden. (6) Politik der Ausgleichs- und Abzugsbeschränkungen Bevor in dieser Arbeit auf die Abweichung vom Nettoprinzip durch § 3 c Abs. 2 EStG eingegangen wird, soll die Problematik anhand anderer umstrittener Vorschriften in einen Gesamtkontext gestellt werden. Es gibt in Deutschland seit langem Versuche, die Geltendmachung von Verlusten zu begrenzen. Grund dafür war das seit dem Ende des 2. Weltkriegs bestehende Hochsteuersystem, das mit einer ausufernden steuerlichen Lenkungspolitik durch Steuervergünstigungen kombiniert wurde.465 Nur über eine derartige Reduzierung der Bemessungsgrundlage konnte eine wirtschaftlich erträgliche Besteuerung erreicht werden. Akzeptiert wurde zunächst auch die mit der Steuerlenkung verbundene Vermögensbildung aus Steuerersparnissen. Die Möglichkeit zur direkten Verlustverrechnung auf die Gesellschafter von Personengesellschaften nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG begünstigte die Entwicklung von Kapitalsammelstellen in Form von kapitalistischen Personengesellschaften, die als Abschreibungs- und Verlustzuweisungsgesellschaften hoch verdienenden Steuerpflichtigen Steuervorteile vermittelten. Die Tatsache, daß die Steuervorteile bei hoch verdienenden Steuerpflichtigen wegen des progressiven Einkommensteuertarifs am größten sind und es 463 Dazu HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R 5 (S. 12) und sogleich unter (6). 464 Vgl. Durchlaub, FS f. Kruse, S. 529 (zu § 2 b EStG); Kirchhof, StuW 2002, S. 186 (gerechtfertigte Steuervergünstigungen werden mit unlegitimierten Steuerexemtionen in einen Topf geworfen). Die Ökonomen Alfred Boss und Astrid Rosenschon vom Kieler Institut für Weltwirtschaft kamen zu dem Ergebnis, daß die Steuersätze um fast zwei Drittel sinken, wenn innerhalb von 5 Jahren die Subventionen vollständig abgebaut würden. Danach hätte 2001 der Eingangssteuersatz einschließlich Solidaritätszuschlag 7,7 statt 21%, der Spitzensteuersatz 18,8 statt 51,2% betragen. Nach den Berechnungen beliefen sich die Subventionen 2001 auf knapp 156 Milliarden Euro. Das entspricht 7,5% des Bruttoinlandsprodukts und 35% des Steueraufkommens. Der größte Teil (116 Milliarden Euro) entfiel dabei auf Finanzhilfen. Die Steuervergünstigungen betragen 40 Milliarden Euro, vgl. Wirtschaftswoche Nr. 36 v. 29. 8. 2002, S. 14. 465 Ausführlich Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 490; HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R 5 (S. 12) m.w.N.

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im übrigen durch die Hebelwirkung von eingesetztem Fremdkapital („leverage effect“) dazu kommen kann, daß der Steuerpflichtige seine gesamte Anlage aus ersparten Steuern finanziert, führte zu zunehmender Kritik und allgemeiner Inakzeptanz dieser Steuerpolitik sowie schließlich zu der einhellig von Regierung und Opposition verfolgten Reformpolitik. Diese Reformpolitik kann mit „Kampf den Steuerschlupflöchern und Abschreibungskünstlern“ plakativ umschrieben werden. Generell muß allen Versuchen der Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht an der Ursache – nämlich der Steuervergünstigung – ansetzen.466 Nach zahlreichen erfolgten und geplanten Gesetzesänderungen stellt Kirchhof jetzt fest, daß die Gesetzesmaßstäbe für die Berücksichtigung von Verlusten heute auch den Experten nicht mehr verständlich seien.467 Die einzelnen Vorschriften haben daher teilweise eine kurze Lebensdauer, bzw. es werden gravierende Bedenken gegen sie geltend gemacht. Historisch begann die Entwicklung vor ca. 30 Jahren, als 1971 für einzelne Spezialfälle die ersten Verlustklauseln eingeführt wurden.468 § 7 a Abs. 6 EStG a.F.469 sah dann erstmals eine allgemeine Verlustklausel zur Begrenzung und Geltendmachung aller erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen vor.470 Sie beruhte auf einer Fehleinschätzung des Gesetzgebers. Die beabsichtigte positive Wirkung (Eindämmung von Verlustzuweisungsgesellschaften) wurde überschätzt, die negativen Auswirkungen unterschätzt. Es kam zu Ausweichhandlungen471 und nachdem die Vorschrift auch „normale Unternehmer“ mit regulären Verlusten traf, wurde die allgemeine Verlustklausel durch das Steueränderungsgesetz 1980472 wieder abgeschafft. Statt dessen führte das Gesetz § 15 a EStG ein.473 Damit wurde die steuerliche Anerkennung des sog. negativen Kapitalkontos des Kommanditisten abgeschafft.474 §§ 13 Abs. 7, 18 Abs. 4 S. 2, 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 und 21 Abs. 1 S. 2 erklären § 15 a bei anderen Einkunftsarten für entsprechend anwendbar. Er verfolgt den Ansatz, negative Einkünfte nur dann anzuerkennen, wenn sie tatsächlich Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 490 f. m.w.N. Kirchhof, StuW 2002, S. 4. 468 Im einzelnen HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R 5 (S. 12). 469 Eingeführt durch das Einkommensteuerreformgesetz v. 5. August 1974, BStBl. I 1974, S. 530. 470 § 7 a Abs. 6 a.F.: „Erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen bei Wirtschaftsgütern, die zu einem Betriebsvermögen gehören, dürfen bei dem Betrieb nicht zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen.“ 471 Vgl. Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 483. 472 BStBl. I 1980, S. 589. 473 Vgl. zu dieser Vorschrift umfassend die Arbeit von Lüdemann. 474 Loritz, Einkommensteuerrecht, Rn. 649 ff.; Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 482 ff. 466 467

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vom Steuerpflichtigen getragen werden, also „soweit die Haftung reicht“475. Kurz nach seiner Einführung kritisierte Knobbe-Keuk die Vorschrift als Beispiel für „Geschwätzigkeit“, „Reglementierungssucht“ und „Flickschusterei“ als Merkmale des Gesetzgebungsstils unserer Zeit, dem es an Konsequenz in der Gedankenführung fehle.476 Selbst wenn man die Vorschrift dem Grunde nach als gerechtfertigt ansieht477, begegnet ihre konkrete Ausgestaltung Bedenken478. Teile der Literatur halten die Vorschrift sogar für verfassungswidrig.479 U. a. verstoße die Beschränkung des erweiterten Verlustausgleichs auf die Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da die Haftung aus anderen Rechtsgründen z. B. aus Bürgschaften nicht anerkannt werde.480 Ebenfalls gleichheitswidrig sei die in Umkehrung zu § 15 a Abs. 3 S. 1 EStG nicht mögliche Umpolung verrechenbarer in ausgleichsfähige Verluste durch nachträgliche Einlagen.481 Schließlich sei mit den bei den Überschußeinkünften angebrachten Verweisungsvorschriften auf § 15 a EStG die Grenze überschritten, bis zu der nach den Maßstäben eines rechtsstaatlichen Gesetzesbegriffs überhaupt noch von einem Gesetz gesprochen werden könne.482 Andere Sondervorschriften zielen darauf ab, für bestimmte Einkünfte den Verlustausgleich / -abzug mit anderen Einkunftsarten oder anderen Einkunftsteilen zu versagen. § 2 a Abs. 1 EStG, 1969 als § 2 AIG eingeführt und 1983 als § 2a ins EStG aufgenommen, betrifft enumerativ aufgeführte ausländische Einkünfte. Genannte negative Einkünfte dürfen lediglich mit ausländischen Einkünften aus der jeweils selben Art und aus demselben Staat (per country limitation) ausgeglichen werden; nur in diesem Umfang sind sie auch rück- und vortragsfähig. Der BFH483 und das BVerfG484 halten die Vorschrift bislang für verfassungsgemäß. In der Literatur 475 Begründung in BT-Drucks. 8 / 3648 S. 15 f. Zum umstrittenen Regelungszweck vgl. Lüdemann, S. 78 ff. 476 Knobbe-Keuk, StuW 1981, S. 97 ff. 477 Dazu v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 15 a EStG A 242 ff. 478 v. Beckerath in Kirchhof / Söhn, § 15 a EStG A 271 ff. 479 Vgl. Lüdemann, S. 224 ff. m.w.N. In seiner Entscheidung vom 11. 12. 1985 hat der österreichische Verfassungsgerichtshof die dem deutschen § 15 a EStG entsprechende Vorschrift (§ 23 a ÖEStG) für verfassungswidrig erklärt. Zur Übertragbarkeit dieser Entscheidung vor allem im Hinblick auf die Vereinbarkeit von § 15 a EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG vgl. Haarmann / Sagasser, DB 1986, S. 1692 ff. 480 Lüdemann, S. 281 ff. m.w.N. a.A. BFH, BStBl. II 2000, S. 265. 481 Lüdemann, S. 285 f. m.w.N. a.A. BFH / NV 1998, S. 1078; BStBl. II 1999, S. 163; BStBl. II 2000, S. 265. 482 Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 502 f.; Loritz, Einkommensteuerrecht, Rn. 672. A.A. Lüdemann, S. 237 ff.: auslegungsfähig. Unklar Heinicke in Schmidt, § 20 Rn. 144: „Was unter dieser zwangsläufig lückenhaften sinngemäßen Anwendung zu verstehen ist, wird erst die künftige Rechtsprechung zeigen. Eine klarere gesetzliche Regelung wäre wünschenswert.“ 483 BFH, BStBl. II 1991, S. 136; S. 704; BStBl. II 1992, S. 192.

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wird dies bezweifelt. Es erscheine bedenklich, lediglich Verluste aus bestimmten Auslandsaktivitäten steuerlich unberücksichtigt zu lassen, Gewinne hingegen einzubeziehen. Die dadurch bedingte Ungleichbehandlung und zugleich die Ungleichbehandlung gegenüber Steuerpflichtigen mit entsprechenden sowie mit anderen inländischen Einkünften verstoße gegen das Gleichheitsgebot, insbesondere gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip in seiner Konkretisierung als Nettoprinzip. Vorgebrachte Rechtfertigungsgründe (Vermeidung unerwünschter Investitionen, Lenkungszwecke) seien nicht tragfähig, schon gar nicht, wenn sie typisierend sämtliche Auslandsverluste treffen.485 Daneben werden gemeinschaftsrechtliche Bedenken vorgebracht, weil Auslandsverluste steuerlich ungünstiger behandelt werden als Inlandsverluste. Tangiert seien die Niederlassungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 43, 53 EG).486 § 15 Abs. 4 EStG betrifft Verluste aus gewerblicher Tierzucht und aus Termingeschäften. Ziel des Ausgleichs- und Abzugsverbotes in § 15 Abs. 4 S. 1 – 2 EStG ist es, die traditionelle, mit Bodenwirtschaft verbundene land- und forstwirtschaftliche Tierzucht und –haltung vor der industriellen Tierveredelungsproduktion zu schützen. Ausgeglichen werden soll der Wettbewerbsnachteil der Landwirte, die regelmäßig nicht über andere zum Verlustausgleich geeignete Einkünfte verfügen.487 Es erscheint zweifelhaft, ob in der heutigen Zeit eine Differenzierung zwischen gewerblicher Tierzucht und konventioneller Landwirtschaft gerechtfertigt werden kann. Das durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002 eingeführte Ausgleichs- und Abzugsverbot in § 15 Abs. 4 S. 3 EStG soll sicherstellen, daß Verluste aus betrieblichen Termingeschäften nur mit Gewinnen aus derartigen Geschäften verrechnet werden können. Der Gesetzgeber will es als Folgeänderung zur Neufassung des § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG verstanden wissen.488 Die Bedenken zur Verlustausgleichsbeschränkung in § 23 EStG wegen der Begrenzung auf eine Einkunftsart greifen auch in bezug auf § 15 Abs. 4 S. 3 EStG. Daneben ist die Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 4 S. 4 EStG auf (inländische bzw. EG) Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Finanzunternehmen i. S. d. KWG begrenzt und verstößt damit gegen 484 BVerfGE 78, 214 (226). Zwischenzeitlich sind weitere Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen worden (BVerfG v. 27. 3. / 17.4 / 20. 4. 98; vgl. IStR 1998, S. 344; 376), so daß die Finanzverwaltung diesbezügliche Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr ruhen läßt, vgl. OFD Berlin FR 1998, S. 702. 485 Gosch in Kirchhof, § 2 a EStG Rn. 2; vgl. auch Loritz / Wagner, BB 1991, S. 2266 ff.; Wilk, S. 167 ff. 486 Gosch in Kirchhof, § 2 a EStG Rn. 2; vgl. auch Loritz / Wagner, BB 1991, S. 2272 ff.; Dautzenberg, FR 2001, S. 812; HHR / Probst, § 2 a EStG Rn. 12; Wilk, S. 207 ff., 227 ff. 487 Der BFH hält die Vorschrift bislang für verfassungsgemäß vgl. BFH BStBl. II 1988, S. 264. 488 BT-Drucks. 14 / 23 zu § 15 Abs. 4; § 23 Abs. 1 Nr. 4 unterwirft private Termingeschäfte umfassend der Besteuerung und sieht eine Verlustausgleichsbeschränkung vor, deren Umgehung verhindert werden sollte.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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Art. 3 GG, da andere Gewerbetreibende ausgenommen werden. Ebenfalls kommt ein Verstoß gegen Art. 12 GG in Betracht.489 § 22 Nr. 3 S. 3 EStG a. F. betraf den völligen Ausschluß der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände und wurde vom BVerfG 1998 für verfassungswidrig erklärt.490 Auf Grund dieses Beschlusses läßt der neue § 22 Nr. 3 S. 3 EStG nunmehr zu, daß Verluste nach Maßgabe des § 10 d EStG die Einkünfte aus § 22 Nr. 3 S. 1 EStG mindern dürfen. Die jetzige Neuregelung differenziert damit wieder nach Einkunftsarten, ohne daß dafür eine Rechtfertigung ersichtlich ist.491 § 23 Abs. 3 S. 4 EStG a.F. sah vor, daß Verluste aus Spekulationsgeschäften nur bis zur Höhe des Spekulationsgewinns ausgeglichen werden können, den der Steuerpflichtige im gleichen Jahr erzielt hat, wobei sie nicht nach § 10 d EStG berücksichtigt werden durften. Der BFH hatte im Hinblick auf die vom BVerfG zu § 22 Nr. 3 S. 3 EStG a.F. ergangene Entscheidung ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 23 Abs. 3 S. 4 EStG a.F. Der generelle Ausschluß wurde durch § 23 Abs. 3 S. 7 i.d.F. StEntlG 1999 / 2000 / 2002, der dem jetzigen § 23 Abs. 3 S. 9 EStG entspricht, aufgehoben. Verluste mindern nun Veräußerungsgewinne jeder Art iSv § 23 Abs. 1 aus dem Vorjahr und den späteren Jahren nach Maßgabe von § 10 d EStG. Es werden die zu § 22 Nr. 3 S. 3 EStG n.F. vorgebrachten Bedenken wegen der Differenzierung nach Einkunftsarten gegen die Neuregelung vorgebracht.492 § 2 Abs. 3 EStG enthält seit dem StEntlG 1999 / 2000 / 2002 ein Konzept der Mindestbesteuerung (Mindestbemessungsgrundlage der Einkommensteuer)493 in Form einer Verlustausgleichsbeschränkung, das durch eine Neuregelung des Verlustabzugs nach § 10 d EStG ergänzt wird. Im Grunde bedeutet das Mindestbesteuerungskonzept eine Ausdehnung der vorher genannten Spezialvorschriften auf alle Einkunftsarten und begeht damit den gleichen Fehler wie § 7 a Abs. 6 EStG a.F. Raupach / Böckstiegel wiesen schon bei Einführung der Vorschrift darauf hin, daß die Mindestbesteuerung neben § 2 b EStG überflüssig sei. Sie treffe i.d.R. nur noch Fälle, die sie nicht treffen solle und sei damit zur Erreichung des ursprünglichen Zwecks (zu verhindern, daß gut verdienende Abschreibungskünstler, sich völlig der Einkommensteuer entziehen) ungeeignet. Mehreinnahmen entstehen i.d.R. durch die Anwendung auf „echte Verluste“, die der Gesetzgeber eigentlich nicht treffen wollte. Daneben sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, da für geringe Mehreinnahmen eine extrem komplizierte Regelung geschaffen wurde. Außerdem werde das Jahresprinzip durchbrochen und deshalb nicht erVgl. Reiß in Kirchhof, § 15 Rn. 615. Vgl. auch Teil 1 D. I. 2. b) bb) (1). 491 So Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 625; Haarmann, Stbg 2001, S. 151. 492 Vgl. Urban, INF 1999, S. 391. 493 Im Gegensatz zur Mindeststeuer (Mindeststeuersatz) vgl. Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 488. 489 490

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zielte Einkünfte besteuert.494 Das letzte Argument betrifft zugleich die Durchbrechung des Nettoprinzips, die jetzt auch von den Finanzgerichten gerügt wird.495 Daneben verstoße die komplizierte Vorschrift zudem gegen das Rechtsstaatsprinzip nämlich gegen die Gebote der Vollziehbarkeit von Normen und Vorhersehbarkeit von Rechtsfolgen.496 § 2 b EStG wurde ohne vorherige öffentliche Anhörung durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002 eingeführt.497 Er untersagt den Verlustabzug aus „Verlustzuweisungsgesellschaften“ und seine Einführung dient vor allem der Abschrekkung.498 Gegen die Vorschrift bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.499 Mehrere Tatbestandsmerkmale (u. a. „ähnliche Modelle“; „im Vordergrund stehen“; „Rendite nach Steuern“) sind nicht nur unbestimmt, sondern erscheinen auch unanwendbar. Es wird deshalb für möglich gehalten, daß das BVerfG mit § 2 b EStG erstmals eine Norm wegen Verstoßes gegen den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz für verfassungswidrig erklärt.500 Ferner wird auch im Hinblick auf die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip angenommen. Sonderabschreibungstatbestände einerseits und das Verlustausgleichsverbot andererseits beinhalteten gegensätzliche Handlungsanweisungen.501 Schließlich führe die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung und damit zu einen Verstoß gegen Art. 3 GG.502 SteVAG-E; StVergAbG: Die aktuellen Gesetzesaktivitäten lassen weitere Vorschriften erwarten. Sowohl im Referentenentwurf (SteVAG-E), als auch im Regierungsentwurf zum StVergAbG war die Einführung einer Mindestbesteuerung für Unternehmen geplant: Die geplanten Änderungen in §§ 10 d EStG, 10 a GewStG Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 491; 621. Vgl. Teil 1 D. I. 2. b) dd) (4) (a) (bb); BFH / NV 2001, S. 1078 ff. 496 Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 621 f.; Kirchhof, AöR 2003, S. 39. 497 Zur Entstehungsgeschichte vgl. HHR / Hallerbach, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 2 b R 2. 498 Ausführlich Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 557 ff. 499 Umfassend Elicker, FR 2002, S. 1041 ff., der insbesondere darauf hinweist, daß das BMF-Schreiben, BStBl. I 2000, S. 1148 als Verwaltungsvorschrift niemals zur verbindlichen Interpretation, Ergänzung oder gar Abänderung einer unzulänglichen Gesetzesvorschrift herangezogen werden könne. A.A. Tiedtke / Striegel, FR 2003, S. 439, die sich aber selbst widersprechen, da „die Befugnis der Finanzverwaltung durch höchtsricherliche Rechtsprechung(!) eingeschränkt werde“. 500 v. Beckerath in Kirchhof, § 2 b Rn. 15; Elicker, FR 2002, S. 1042 m.w.N.; a.A. Tiedtke / Striegel, FR 2003, S. 433 ff. Zur Auslegung des § 2 b EStG vgl. jetzt die Dissertation von Striegel. 501 Birk / Kulosa, FR 1999, S. 436; Arndt / Jenzen, DStR 1998, S. 1821; a.A. v. Beckerath in Kirchhof, § 2 b Rn. 14. 502 Vgl. Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 623; Seeger in Schmidt, § 2 b Rn. 23 ff. m.w.N.; Elicker, FR 2002, S. 1041 ff. m.w.N.; a.A. v. Beckerath in Kirchhof, § 2 b Rn. 13, Tiedtke / Striegel, FR 2003, S. 440, Striegel, S. 185. 494 495

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sahen eine Begrenzung des Verlustabzugs auf die Hälfte der Einkünfte bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer bzw. auf die Hälfte des Gewinns aus Gewerbebetrieb nach Berücksichtigung der Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Gewebesteuer vor.503 Verfahrensrechtlich führen die Verlustbeschränkungen zum Entstehen eigener Verrechnungskreise, d. h. es ist jeweils eine gesonderte Feststellung erforderlich, was zu vermehrtem Verwaltungsaufwand führt.504 Die verschiedenen Normen zur Einschränkung der Berücksichtigung von Verlusten führen zu einer Durchbrechung des Nettoprinzips. Daneben bestehen andere Bedenken gegen die Vorschriften. Stets wird dem Gesetzgeber in diesem Zusammenhang ein plan- / system- / konzeptloses Vorgehen vorgeworfen. Dieser Aspekt wird in Zusammenhang mit der Forderung nach Systemgerechtigkeit und Art. 3 GG genannt und soll deshalb als weiterer Aspekt des Gleichheitssatzes im Steuerrecht im folgenden näher betrachtet werden. ff) Verfassungsgebot Systemgerechtigkeit Unter dem Stichwort Systemgerechtigkeit werden zahlreiche Probleme diskutiert: Systemgerechtigkeit in der Zeit bedeutet häufig Vertrauensschutz (Stichworte: Rückwirkung; rechtsstaatliche Diskontinuität505) und wird neuerdings auch unter dem Begriff Kontinuitätsprinzip506 diskutiert. Unter dem Aspekt des Verbots eines „Systems der Systemlosigkeit“ wird erörtert, daß Systemlosigkeit und Unübersichtlichkeit z. B. der Steuergesetze den einzelnen hindern, nicht gerechtfertigte Belastungen abzuwehren und damit faktisch den grundrechtlichen Freiheitsraum verengen. Darin wird ein Verstoß gegen das Prinzip der Rechtsklarheit gesehen.507 (Außerdem liegt natürlich auch ein (mittelbarer) Eingriff in die entsprechenden Grundrechte vor.) Diese Fragestellungen werden hier nicht weiter erörtert. Es geht vielmehr um die Frage, inwieweit der Gesetzgeber seinen eigenen Entscheidungen treu bleiben muß. Kirchhof unterscheidet Systemgerechtigkeit innerhalb der Gesamtrechtsordnung; Systemgerechtigkeit innerhalb des Vielsteuersystems und das 503 Ablehnend: Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 1969 ff. Die im SteVAG-E geplante Begrenzung des Verlustvortragszeitraums auf 7 Jahre ist im StVergAbG Regierungsentwurf nicht mehr enthalten. Statt dessen ist ein Sockelbetrag von 100.000 Euro als „Mittelstandskomponente“ vorgesehen, vgl. BT-Beschluß vom 21. 02. 2003 unter http: / / www.bundesfinanzministerium.de. Die endgültige Fassung des StVergAbG beläßt es nunmehr bei der bisherigen Gesetzeslage, vgl. Hüreth, BB 2003, S. 986. 504 Raupach / Böckstiegel, FR 1999, S. 570, 628. 505 Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 79. 506 Dazu A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 7 ff.: Kontinuität tritt nach ihrer Auffassung neben die bekannte Vertrauensdogmatik; auch das FG Düsseldorf spricht in DStRE 2002, S. 685 (zu § 34 EStG) von einer Kontinuitätsgewährleistung, geht damit aber, soweit ersichtlich, nicht über den Vertrauensschutz hinaus. 507 Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 75, 112.

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Gebot der Folgerichtigkeit, z. B. innerhalb des Einkommensteuersystems.508 Die Einheit der Rechtsordnung ist kein Verfassungsgebot.509 Der Gesetzgeber ist also grundsätzlich nicht verpflichtet, z. B. die Rechtslage im Zivilrecht auch im Steuerrecht als verbindlich anzusehen.510 Jedes Rechtsgebiet enthält vielmehr seine eigenen Wertungen. Problematisiert wird hier die Systemgerechtigkeit innerhalb eines Ordnungssystems, wobei das Steuerrecht mit seinen einzelnen Steuerarten wohl wiederum in einzelne Ordnungssysteme unterteilt werden kann. Diese Arbeit behandelt nur Probleme des Ertragsteuerrechts. (1) Differenzierung von Lang Lang511 unterscheidet zwei Stufen der verfassungsrechtlichen Überprüfung eines Rechtssatzes: die originäre Verfassungskontrolle (aa) und die Überprüfung der folgerichtigen Gesetzesumsetzung (bb). (aa) Kernstück der parlamentarischen Kompetenz sei die Werteschöpfung und Wertekonkretisierung. Das BVerfG habe dabei zu prüfen, ob die parlamentarische Wertentscheidung mit dem übergeordneten verfassungsrechtlichen Wertesystem zu vereinbaren sei. Die Wertentscheidung des Gesetzgebers sei zu berichtigen, wenn sie mit verfassungsrechtlich vorgegebenen Werten breche. Als Beispiel führt er die einkommensteuerliche Nichtberücksichtigung von zwangsläufigen Unterhaltsaufwendungen an, die mit Art. 1; 3 Abs. 1; 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sind. Da die verfassungsrechtliche Wertekorrektur in den Kernbestand parlamentarischer Kompetenz eingreife, sei sie dem Einwand richterlicher Supergesetzgebung, des „Regierens durch Richter“ besonders intensiv ausgesetzt und bürde der Verfassungsgerichtsbarkeit besondere Verantwortung auf. Das Wertesystem der Verfassung findet – wie gezeigt – im Steuerrecht häufig im Rahmen der Überprüfung am Gleichheitssatz in der Verhältnismäßigkeit durch das Leistungsfähigkeitsprinzip Eingang. Daneben soll hier unter (2) und (3) (a) der Frage nachgegangen werden, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, seine eigenen Entscheidungen konsequent durchzuführen. (bb) Das Postulat der Systemgerechtigkeit bezieht sich aber nach Lang in erster Linie nicht auf die angeführte Wertekontrolle, sondern auf die Systemkonsequenz. Darunter versteht er die folgerichtige Verwirklichung der normativen Grundentscheidung, die sich im demokratisch-politischen Willensbildungsprozeß herausgebildet habe. Die Hauptaufgabe des BVerfG bestehe daher darin, die Willkürfreiheit des deutschen (Steuer-)gesetzes zu sichern. Die Ungleichbehandlung der Bürger resultiere nämlich am häufigsten aus der mangelhaften Umsetzung der parKirchhof, StuW 1984, S. 301 f.; ebenso: Weber-Grellet, FS f. Posser, S. 399. Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 90 ff. (97). 510 Zur Frage der Bedeutung des Zivilrechts im Steuerrecht vgl. Loritz, Einkommensteuerrecht, Rn. 41 ff. m.w.N. 511 Lang, Reformentwurf – Münsteraner Symposion II, S. 9 ff. 508 509

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lamentarischen Grundsatzentscheidungen. Diese juristisch mangelhafte Gesetzgebungsarbeit müsse verworfen werden.512 (2) Bindung des Gesetzgebers an die Systemgerechtigkeit Es stellt sich die Frage, ob es einen Verfassungsgrundsatz „Systemgerechtigkeit“ gibt und ob damit eine Art Selbstbindung des Gesetzgebers zu bejahen ist, wie sie etwa für die Verwaltung anerkannt ist.513 (a) Ansicht des BVerfG Das BVerfG führt in ständiger Rechtsprechung aus, daß im Sachbereich des Steuerrechts der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsspielraum habe.514 Nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes aber hat er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen.515 Eine Systemwidrigkeit verstoße allein nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Gründe für die Durchbrechung des einmal gewählten „Ordnungsprinzip“ müssen, um überzeugend zu sein, in ihrem Gewicht der Intensität der Abweichung von der zugrunde gelegten Ordnung entsprechen.516 Die vom Gesetz selbst statuierte Sachgesetzlichkeit dürfe nicht in willkürlicher Weise, d. h. ohne sachlichen Grund, durchbrochen werden.517 Dementsprechend sah es in der Systemwidrigkeit einer Einzelvorschrift jedenfalls ein Indiz für Willkür.518 Es verpflichtet den Gesetzgeber bei gegensätzlichen Regelungen zu einer folgerichtigen Begründung.519 512 Auf diesen Aspekt, Folgerichtigkeit in der technischen Umsetzung, wird unter (3) (b) näher einzugehen sein. 513 Nachweise bei Peine, Systemgerechtigkeit, S. 18; Rausch-Gast, S. 20 ff. 514 Dieser beruht auf dem demokratisch legitimierten Gestaltungsauftrag sowie auf der von der Verfassung als selbstverständlich vorausgesetzten Grundpflicht des Staatsbürgers, zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs beizutragen, vgl. Simon, BVerfGE 47, 1 (37). Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 9 f. hält die These der weiten Gestaltungsfreiheit für ein Relikt des demokratischen Ideals, wonach allein durch das Gesetzgebungsverfahren eine maßvolle und gleichmäßige Steuerlast gesichert werden könne. Nachdem die Abgeordneten sich aber nicht als Garanten einen niedrigen Steuerlast, sondern als Vordenker zusätzlicher Staatsleistungen und damit weiterer Steuererhöhungen verstehen, habe sich dieses Ideal überholt. 515 BVerfGE 93, 121 (136); 99, 88 (95); 101, 151 (155). 516 BVerfGE 59, 36 (49). 517 BVerfGE 13, 331 (340); 15, 313 (318); 18, 366 (372). 518 BVerfGE 9, 20 (28); 12, 341 (349); 13, 31 (38); 15, 313 (318); 17, 122 (132); 36, 383 (393 f.); 40, 109 (120); 60, 16 (43); 81, 156 (207). 519 BVerfGE 81, 156 (207); 84, 239 (271); auch BFH, FR 1999, S. 586; Vogel, DStJG 12 (1988), S. 123, 126 ff., 138 ff.; Osterloh in Sachs, Art. 3 Rn. 98 ff.; Kirchhof, HStR V § 124 Rn. 232.

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(b) Literatur zur Systemgerechtigkeit Der Gedanke der Systemgerechtigkeit knüpft an das wertungsjuristische Konzept einer rational begründbaren Werteordnung an.520 Ausgehend von den tragenden Elementen Einheit und Ordnung definiert Canaris das System in der Rechtswissenschaft als teleologische Ordnung allgemeiner Rechtsprinzipien.521 Abzulehnen sind Versuche, unter dem Begriff der Systemgerechtigkeit eine Bindung des Gesetzgebers nach dem Motto „Beim ersten sind sie frei, beim zweiten sind sie Knechte“ zu begründen.522 Wie bereits erwähnt, sieht Tipke den (rechtsstaatlichen) Ordnungsauftrag der Steuerrechtswissenschaft darin, das Steuerrecht zu einem geschlossenen System zu entwickeln. Dabei sei das innere System des Steuerrechts als teleologische Prinzipienordnung zu entwickeln. „Den Gesetzen müssen Regeln (Prinzipien, Wertungen) zugrunde gelegt werden, an denen Gerechtigkeit gemessen werden kann. Regellosigkeit ist nicht nur Unordnung, sie ist auch Beliebigkeit. Beliebigkeit ist Willkür. Willkür ist Verstoß gegen den Gleichheitssatz, ist Ungerechtigkeit.“523 Gegen die Herleitung eines inneren Systems ist allerdings das Demokratieprinzip anzuführen.524 Nicht die Wissenschaft kann dem Gesetz ein System geben, sondern der Gesetzgeber muß ein System in seinen Gesetzen umsetzen. Battis bezweifelt sogar, ob dem geltenden Steuerrecht überhaupt ein System zugrundeliegt.525 Soweit man sich die „Disziplinierung“ des künftigen Gesetzgebers zum Ziel setzten wollte, ergibt sich die Unzulässigkeit ebenfalls aus dem Demokratiegebot als „Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit“.526 Der große Verdienst Tipkes besteht daher nicht in der Begründung eines Systemgerechtigkeitsprinzips, sondern vielmehr in seiner Forderung nach einem Systemdenken bei den Steuerjuristen; denn erst mit dem Denken in Systemen gelangt man zu einer Rechtswissenschaft.527 Die Begründung bzw. Pflege einer bestimmten Dogmatik ist hingegen nicht Gegenstand des Gleichheitssatzes.

520 Lang, Reformentwurf – Münsteraner Symposion II, S. 9 mit Verweis auf Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 458 ff.; Peine, Systemgerechtigkeit, S. 76 ff. 521 Canaris, Systemdenken, S. 46, 61. Dazu und zu anderen Systembegriffen: Meins, S. 121 ff. 522 Zeidler, DVBl. 1971, S. 572. Ansätze und Kritik dazu bei Meins, S. 88 ff. 523 Tipke, Münsteraner Symposion I, S. 134. 524 Dazu Kischel, AöR 124 (1999), S. 206. 525 Battis, FS f. Ipsen, S. 20 f.; krit. zu Tipkes Ansicht auch Crezelius, Steuerliche Rechtsanwendung, S. 336 ff. 526 Mößle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 233 mit Verweis auf BVerfGE 30, 367 (404) m.w.N. 527 Wolff, Studium Generale 10 (1952), S. 205: „Rechtswissenschaft zumindest ist systematisch oder sie ist nicht.“; Larenz, Methodenlehre, S. 166 f. m.w.N.; Canaris, Systemdenken, S. 13 mit Verweis auf Binder und Coing.

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Während Tipke die sachgerechte und konsequente Durchführung eines Prinzips verlangt, der Systembruch nur durch ein sachgerechtes Gegen- oder Ausnahmeprinzip gerechtfertigt werden könne, nimmt Canaris – auf den Tipke sich eigentlich beruft – einen Systembruch erst dann an, wenn für einen ähnlichen Sachverhalt trotz gleicher Wertungszusammenhänge eine unterschiedliche Rechtsfolge angeordnet wird. Dieser Systembruch hat Folgen jedoch nur bei evidenter Sachwidrigkeit, wobei auch Nichtprinzipien einen sachlichen Grund darstellen können. Wertungswidersprüche nimmt Canaris im Interesse der Rechtssicherheit hin.528 Tipke geht es also um die Entfaltung materieller Gerechtigkeit,529 während für Canaris die Systemgerechtigkeit zunächst nur Mittel zum Zwecke der Rechtsanwendung ist.530 Peine kam in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, Systemgerechtigkeit könne schon deshalb kein Verfassungspostulat sein, weil ihr Inhalt zu unbestimmt sei und zur Beliebigkeit tendiere.531 Auch Michael lehnt eine Bindung des Gesetzgebers an die Systemgerechtigkeit ab. Gem. Art. 20 Abs. 3 GG sei der Gesetzgeber nur an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden. Auch wenn sich der Grundsatz der Systemgerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebe, erstrecke sich dessen Bindung ausschließlich auf den methodenrechtlichen Gehalt. Danach beschreibt Systemgerechtigkeit lediglich die Forderung, bei einem Systembruch eine Güterabwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen.532 Für das Steuerrecht stellte bereits Loritz in diesem Sinne fest, daß sich der Gedanke der Systemgerechtigkeit in die Dogmatik des Gleichheitssatzes einfügt: „Ein Systembruch kann verfassungsgemäß sein, wenn ein solcher beabsichtigt ist, die Abweichung vom System also gerade für die Erreichung des gesetzgeberischen Zieles erforderlich ist und die Maßnahme nicht gänzlich untauglich erscheint.“533

Canaris, Systemdenken, S. 117, 126 ff. Auch Pollak hält insoweit die „Systemhaftigkeit“ für ein Allheilmittel, es diene der Bewahrung der Steuergrundidee und gewährleistet die Minimierung ungewollter Anreize zu Ausweichreaktionen der Steuerpflichtigen, ferner die steuerliche Gleichbehandlung wirtschaftlich gleicher Tatbestände im Sinne steuerlicher Gerechtigkeit, Einfachheit und Transparenz, sowie Verfassungsmäßigkeit und Kompatibilität der Steuer mit dem Gemeinschaftsrecht der EU, vgl. Pollak, Sondervotum zu Brühler Empfehlungen, S. 110. 530 Vgl. Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, S. 14 FN 98; Peine, Systemgerechtigkeit, S. 2. Vgl. zur Systemrichtigkeit und materieller Gerechtigkeit, Canaris, Systemdenken, S. 106 ff. 531 Peine, Systemgerechtigkeit, S. 77 ff. 532 Michael, Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme, S. 275 ff., 283 f. 533 Loritz, NJW 1986, S. 7 (Thesen zum Gleichheitssatz). 528 529

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(3) Konsequenzgebot und technische Umsetzung (a) Konsequenzgebot Die vorstehenden Ansichten schließen einander nicht aus, da nach allen Auffassungen eine Regel zugunsten einer anderen aufgegeben werden kann. Gesetzliche Widersprüche begründen zunächst lediglich eine gesetzespolitische Unzulänglichkeit, sie werden aber zur Gleichheitswidrigkeit, wenn der Widerspruch zu Rechtsfolgenunterschieden führt und diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist. Dann ist das Konsequenzgebot / Gebot der Folgerichtigkeit verletzt. Mit dieser Einschränkung ist eine Regelung systemwidrig, wenn sie ein Prinzip durchbricht und dies nicht durch ein gegenläufiges Prinzip gerechtfertigt ist.534 Der gesetzliche Widerspruch, die fehlende Folgerichtigkeit ist mit dem Gleichheitssatz in seiner Ausprägung durch das Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Das Gebot der Widerspruchsfreiheit wird in der jüngeren Steuerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu einem immer bedeutsameren Maßstab. Diese Entwicklung hat ihren Grund in den Widersprüchlichkeiten, der systematischen Schwäche, der Kompromissanfälligkeit und den punktuellen Verbandsinterventionen im geltenden Steuerrecht.535 Insoweit behält das Zitat von Tipke aktuelle Gültigkeit: „Nur die Bindung an Regeln schützt vor den Versuchungen der Macht, der Korruption und des Opportunismus. Ein Gesetzgeber, der sich nicht an Regeln hält, sondern auf Machtpokerei beschränkt, löst nicht nur das System der rechtlichen Ordnung auf, er nimmt auch Abschied vom Recht. Leges sine regulis, sine moribus vanae! Das gilt auch heute noch, und für den demokratischen Gesetzgeber gilt da keine Ausnahme.“536 Damit kehren wir zum Ausgangspunkt zurück. Aufgabe des Systems ist es nach Canaris, Folgerichtigkeit zu verwirklichen.537 Das Gebot der Folgerichtigkeit entspricht dem „formalen Charakter“ des Gleichheitssatzes. Aufgabe des teleologischen Denkens ist, soweit es in diesem Zusammenhang in Betracht kommt, nicht, eine irgendwie a priori inhaltlich „richtige“ Regelung zu finden – etwa im Sinne des Naturrechts oder im Sinn der Lehre vom „richtigen Recht“ –, sondern allein, eine einmal gesetzte (primäre) Wertung in allen ihren Konsequenzen zu Ende zu denken, sie auf vergleichbare Fälle zu übertragen, Widersprüche mit anderen, schon gesetzten Wertungen zu beseitigen und Widersprüche bei der Setzung neuer Wertungen zu verhüten. Diesem Zweck dient ein teleologisches System. Das aus dem Gleichheitssatz folgende Gebot wertungsmäßiger Folgerichtigkeit ist also der entscheidende Ansatz für die Anwendung des Systemgedankens in der Jurisprudenz.538 534 Lang, StuW 1985, S. 14; Proksch, FS f. Vogel, S. 305; Kirchhof, HStR § 124 Rn. 232; ders., DStJG 24 (2001), S. 21. 535 Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, S. 44. Vgl. auch ders., StuW 2000, S. 332; Battis, FS f. Ipsen, S. 18 m.w.N.; auch in der neueren Finanzgerichtsrechtsprechung wird die Einhaltung der Folgerichtigkeit verlangt: FG Düsseldorf, DStRE 2002, S. 685. 536 Tipke, Münsteraner Symposion I, S. 134. 537 Canaris, Systemdenken, S. 18.

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Die Durchbrechung des einmal gewählten Ordnungsprinzips bedarf danach der Rechtfertigung. Der Gleichheitssatz untersagt willkürliche539 und ebenso unverhältnismäßige Prinzipdurchbrechungen. Der Gesetzgeber unterliegt erhöhten Begründungsanforderungen, warum er von einer (gleichheitskonkretisierenden) Grundentscheidung abweicht. Ohne diese Forderung nach hinreichender Wertungsund Begründungsrationalität läßt sich nicht über verfassungsrechtlich ausreichende Gründe für Gleich- oder Ungleichbehandlung diskutieren.540 Der Gesetzgeber muß sich der Folgen seines Handelns (Ungleichbehandlung) bewußt sein, Gesetzesfolgen sollen keinesfalls zufällig entstehen. (b) Folgerichtigkeit in der technischen Umsetzung Die logisch vorgelagerte Frage ist die der folgerichtigen technischen Umsetzung, die Lang einfordert. Der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers muß sich im Gesetzeswerk widerspiegeln. Wo Gesetze erlassen werden, die schon nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, fehlt es an einem verfassungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren. Rechtsstaat- und Demokratieprinzip fordern aber nur die Einhaltung des grundgesetzlich vorgesehenen Verfahrens. Zur Frage, wie eine Gesetzesvorlage entsteht, enthält das Grundgesetz keine eigenen Regeln. Die Gesetzesvorbereitung betrifft nämlich das verfassungsrechtlich nicht definierte Kräftegeflecht „soziologischer Legislativkräfte“.541 Gerade im Steuerrecht erscheint es dann auch fast aussichtslos, daß die Mehrheit der Volksvertreter die Regelungen im einzelnen versteht. Trotzdem muß die von der Mehrheit beschlossene parlamentarische Grundentscheidung sich in der daraus folgenden gesetzlichen Regelung wiederfinden. Wenn die endgültige Regelung vom ursprünglichen Ziel evident abweicht, ist die gesetzliche Regelung dem Willkürvorwurf ausgesetzt, da ein sachlicher Grund eher fehlen wird. Allerdings ist Willkür in einem objektiven Sinn zu verstehen, d. h. die Feststellung setzt keinen subjektiven Schuldvorwurf voraus. Voraussetzung ist lediglich die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit einer Maßnahme im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, deren sie Herr werden soll. Deshalb richtet sich die Vereinbarkeit eines Gesetzes nicht danach, wie es zustande gekommen ist.542

Canaris, Systemdenken, S. 45 f.; 16. Papier, StuW 1984, S. 318. 540 Vgl. Osterloh in Sachs, Art. 3 Rn. 98. 541 Masing in v. Mangoldt / Klein / Stark, Art. 76 Rn. 2 f. 542 BVerfGE 4, 1 (25); Leibholz / Rink / Hesselberger, Art. 3 Rn. 28. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigung, S. 155 führt als Beispiel für Willkür wegen unzureichender technischer Umsetzung Steuervergünstigungen an, die nicht auf einem Steuervergünstigungsgrund beruhen, weil sie der Gesetzgeber einfach nicht erkannt hat, mangels Rechtfertigungsgrund seien sie daher evident sachfremd, also willkürlich. 538 539

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

gg) Zusammenfassung Das Steuerrecht als Eingriffsrecht kann den Schutzbereich sämtlicher Freiheitsgrundrechte betreffen. Die Grundrechte sind daher im einzelnen zu prüfen. Besondere Bedeutung kommt den Wirtschaftsgrundrechten Art. 12 und 14 GG zu. Innerhalb der freiheitsgrundrechtlichen Grenzen hat der Gesetzgeber Belastungsgleichheit zu verwirklichen. Weder Rechtsform noch Einkunftsart sind i.d.R. hinreichende Differenzierungsgründe. Die Differenzierung danach begründet vielmehr eine Ungleichbehandlung. Daneben können das Nettoprinzip und der Gedanke der Systemgerechtigkeit / Folgerichtigkeit zum Feststellen einer Ungleichbehandlung herangezogen werden. Eine Ungleichbehandlung bedarf der Rechtfertigung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Gleichheitssatzes kommt dem konkretisierten Leistungsfähigkeitsprinzip u. a. als Wertmaßstab, der den objektiven Gehalt der Grundrechte und die sonstigen Verfassungsgrundsätzen für das Steuerrecht effektiv macht, Bedeutung zu. Im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bedeutet dies, daß der Gesetzgeber für Neugestaltungen weitgehend freie Hand hat. Systemabweichungen bedürfen hingegen eines sachlichen Grundes. Im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung muß auf den Unterschied von Fiskal- und Sozialzwecknormen (Lenkungsnormen) nochmals hingewiesen werden. Beide sind schon nach § 3 Abs. 1 AO gesetzlich zulässig. Fiskalzwecknormen dienen ausschließlich der Deckung des notwendigen Finanzbedarfs der öffentlichen Haushalte. Im Hinblick auf Art. 3 GG ist Prüfungsmaßstab die eintretende Belastungswirkung in Relation zur Leistungsfähigkeit für den Betroffenen.543 Für Sozialzwecknormen kommen auch andere Rechtfertigungsgründe in Betracht, die dann mit abzuwägen sind. Eine besondere Rolle kommt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu. Mit der strengeren Handhabung der verfassungsrechtlichen Vorgaben kann das Bundesverfassungsgericht die Grenzen des demokratisch legitimierten Steuereingriffs befestigen und damit auch die Schutzfunktion des konkretisierten Leistungsfähigkeitsprinzips gegen übermäßige Steuerbelastung durch ein Gesetz, das leistungsfähigkeitsmindernde Umstände negiert, aktivieren. Schließlich würde nach Ansicht von Lang das ideologisch geprägte Mißverständnis, das Leistungsfähigkeitsprinzip diene dem Steuerstaat als Rechtfertigung für den weiteren Ausbau einer nivellierenden und leistungshemmenden Besteuerung, widerlegt.544 Friauf, StuW 1985, S. 315. Lang, Reformentwurf, Münsteraner Symposion II, S. 11: „In der Krise der parlamentarischen Gesetzgebung wächst die Aufgabe des BVerfG, die Gerechtigkeit der Gesetze zu sichern.“ Er zitiert Alexis de Tocqueville 1835: „. . . Ausgerüstet mit dem Recht, Gesetze für verfassungswidrig zu erklären, mischt sich der amerikanische Richter ständig in die politischen Angelegenheiten ein. Er kann das Volk nicht zwingen, Gesetze zu machen, aber zumindest nötigt er es, seinen eigenen Gesetzen nicht untreu zu sein und mit sich selbst in Einklang zu bleiben . . .“. 543 544

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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II. Verfassungsmäßigkeit von § 3 c Abs. 2 EStG 1. Freiheitsgrundrechte

a) Erdrosselnde Wirkung; Halbteilungsgrundsatz Unstreitig ist aus der Sicht der Freiheitsgrundrechte von einer Verfassungswidrigkeit auszugehen, wenn § 3 c Abs. 2 EStG gegenüber dem Steuerpflichtigen erdrosselnd wirkt. Nachdem das hälftige Abzugsverbot zu einer steuerlichen Belastung des Sachverhalts von über 100 % führen kann545, müßte bereits in solchen Fällen das BVerfG die Vorschrift für nichtig oder mit Art. 14 und / bzw. Art. 12 GG unvereinbar erklären. In Fällen, in denen das Abzugsverbot zu einer Besteuerung des Existenzminimums führt, steht gleichzeitig die fehlende subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen dem Steuerzugriff entgegen. Bei der gebotenen Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes greift das Verdikt der Verfassungswidrigkeit auch für die Fälle, in denen die Gesamtbelastung des Steuerpflichtigen größer ist als die Hälfte der im Veranlagungszeitraum erwirtschafteten Summe der Einkünfte.546

b) Ergebnis In bestimmten Konstellationen greift die Anwendung von § 3 c Abs. 2 GG unverhältnismäßig in die Freiheitsrechte des Steuerpflichtigen ein. Ein Verstoß gegen die betreffenden Grundrechte muß bejaht werden.

2. Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG

a) Differenzierungsziel: Einmalbesteuerung Die Überprüfung von § 3 c Abs. 2 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG beginnt mit der Frage nach einer Ungleichbehandlung. Vergleichsgruppen547 sind andere inländische Steuerpflichtige, die mit vergleichbarem finanziellen Aufwand andere Vermögensanlagen finanzieren [dazu aa)], Steuerpflichtige, die mit vergleichbaren Aufwand an Personengesellschaften beteiligt sind [dazu bb)], sowie andere Steuerpflichtige, die nicht durch Beteiligungsaufwand belastet sind, also eigenfinanzieren und -verwalten [dazu cc)]. Im Rahmen der Rechtfertigung ist dann zunächst das Differenzierungsziel festzustellen. Ausweislich der Unterlagen zur Gesetzesbegründung, wurde § 3 c Abs. 2 EStG nicht näher begründet. Der Gesetzgeber sah 545 546 547

Vgl. Teil 1 B. III. 4. e) Beispiel 5. Vgl. Teil 1 B. III. 4. e) Beispiel 4. Vgl. dazu auch Schön, FR 2001, S. 390.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

ihn anscheinend als „logische Folge“ an, um das Ziel einer Einmalbesteuerung, die der anderer Einkünfte entspricht, herzustellen. Zunächst soll auf dieses Differenzierungsziel abgestellt werden. Es entspricht dem primären Differenzierungsgrund im Steuerrecht: Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Es wird zu zeigen sein, daß § 3 c Abs. 2 EStG zur Verfolgung dieses Ziels schon nicht geeignet, also in dieser Hinsicht willkürlich war.

aa) Gleichbehandlung der Einkunftsarten Schon in den ersten Kommentaren zur Unternehmenssteuerreform fand sich der Hinweis, daß es aus Anlegersicht bemerkenswert sei, daß mit der Dividende eine Art des Kapitalertrags hälftig besteuert wird, während z. B. Zinsen voll steuerpflichtig bleiben.548 Dies ergibt sich aber als Folge der Umstellung auf ein Shareholder-Relief-System. Bemerkenswerter ist, daß nur bei Dividenden und den sonstigen in § 3 Nr. 40 EStG einzeln aufgeführten Einnahmen die hälftige Abzugsbeschränkung greift. Die Einschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG betrifft damit die Abzugsfähigkeit von Erwerbsaufwendungen bei einer einzigen (Unter-)Einkunftsart, nämlich den Einkünften aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Darin liegt eine Ungleichbehandlung und speziell ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Einkunftsarten. Denn bei anderen Einkunftsarten, etwa im Rahmen von Personenunternehmen oder Immobilienvermögen, sind Finanzierungs- und Verwaltungsaufwendungen vollständig abzugsfähig. § 3 c Abs. 2 EStG führt damit zu einer Ungleichbehandlung der privaten Anteilseigner an Kapitalgesellschaften. Soweit sie Erwerbsaufwendungen haben, sind nur sie mit dem hälftigen Abzugsverbot belastet. Mit dem Ziel der Einmalbelastung besteht schon kein erkennbarer Zusammenhang. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist also nicht ersichtlich.549 Insbesondere stellt die nur hälftige Besteuerung keinen sachlichen Grund dar, da sie lediglich die körperschaftsteuerliche Vorbelastung ausgleichen soll. bb) Rechtsformneutralität Die Rechtsform allein kann die Differenzierung nicht rechtfertigen. Indem Anteilseigner an Kapitalgesellschaften hinsichtlich des Ausgabenabzugs benachteiligt werden, wird vielmehr die Rechtsform als Anknüpfungspunkt gewählt und damit das Gebot der Rechtsformneutralität verletzt. Es liegt eine Ungleichbehandlung vor, die keinen Bezug zum Ziel der Einmalbelastung hat. Sie ist daher willkürlich und verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. 548 549

Ernst & Young, S. 90. Ebenso Schön, FR 2001, S. 387.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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Fremdfinanzierte Beteiligungen bzw. die Finanzierung von Unternehmen auf der Ebene des Anteilseigners an Kapitalgesellschaften werden durch § 3 c Abs. 2 EStG diskriminiert. Damit wird die Finanzierungsneutralität und damit die Wettbewerbsneutralität verletzt.550 Es liegt also eine Ungleichbehandlung von eigen- und fremdfinanzierten Beteiligten vor, die mit dem Ziel der Einmalbelastung nichts zu tun hat und daher ebenfalls willkürlich ist.

cc) Nettoprinzip (1) Subjektive Leistungsfähigkeit Besonders deutlich wird die Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips dann, wenn bei einem Steuerpflichtigen die Hälfte der Aufwendungen, die nicht abzugsfähig ist, überwiegt. Es handelt sich dann um die Situation eines „echten“ Verlustes. Die eingreifende Besteuerung kann zu Fällen führen, wo der Steuerpflichtige Steuern bezahlen muß, obwohl ihm insgesamt gesehen keine bzw. unterhalb des Existenzminimums liegende positive Einkünfte verbleiben, aus denen er die Steuern bezahlen könnte. Er ist gezwungen, auf sein Vermögen zurückzugreifen. Es wird gegen die Steuerfreiheit des Existenzminimums und damit gegen das subjektive Leistungsfähigkeitsprinzip verstoßen. Die Ungleichbehandlung an die anzuknüpfen ist, ist die Situation des echten Verlusts von Beteiligten an Kapitalgesellschaften und sonstigen Einkunftsarten. (2) Objektives Nettoprinzip Gleichzeitig führt § 3 c Abs. 2 EStG zu einer Durchbrechung des Nettoprinzips, das als Grundprinzip des Einkommensteuerrechts qualifiziert wurde, obwohl der Gesetzgeber bei Einführung des Halbeinkünfteverfahrens nur einen Systemwechsel im Hinblick auf das Anrechnungsverfahren wollte. Die Dividendeneinkünfte unterliegen gerade keiner effektiven steuerlichen Begünstigung, die für die korrespondierenden Werbungskosten eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit rechtfertigt. Es liegt eine Gleichbehandlung mit Einkünften „above the line“ vor, die gerechtfertigt werden muß. Ziel ist die Einmalbelastung. Die Gleichbehandlung ist dazu nicht geeignet, da sie in den Fällen, in denen Aufwendungen anfallen, die Steuerbelastung erhöht. Dafür ist kein Grund ersichtlich. Die Regelung ist willkürlich bzw. für die Einschränkung des objektiven Nettoprinzips ist keine Rechtfertigung erkennbar, so daß ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.551

550 551

Schön, StuW 2000, S. 154; Hey, DStJG 24 (2001), S. 196. Schön, StuW 2000, S. 154; Lang in Tipke / Lang, § 9 Rn 143.

138

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

dd) Systemgerechtigkeit In Teil 1 C. III. 4. wurde festgestellt, daß sich § 3 c Abs. 2 EStG nicht in das System der Einkommenssteuer einfügt. Fraglich ist, ob diese (einfachrechtliche) Systemwidrigkeit auch im Hinblick auf die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit Folgen hat. Der Grundsatz der Systemgerechtigkeit kann durch § 3 c Abs. 2 EStG zweimal verletzt sein. Unter aa) wird auf die ursprüngliche Entscheidung des Einkommensteuergesetzgebers zum objektiven Nettoprinzip, unter bb) auf die Entscheidung des Einkommensteuergesetzgebers bei der Neuordnung der Unternehmensbesteuerung und deren technische Umsetzung eingegangen. (1) Nettoprinzip Der Gesetzgeber geht im Einkommensteuerrecht grundsätzlich von der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen aus. Das Nettoprinzip wurde durch § 3 c Abs. 2 EStG (zur Hälfte) durchbrochen, obwohl dafür ein sachlicher Grund fehlt. Die hälftige Steuerfreistellung in § 3 Nr. 40 EStG sollte lediglich der Vorbelastung durch die Körperschaftsteuer Rechnung tragen. Das Nettoprinzip stellt ein der Einkommensteuer immanentes Strukturprinzip dar, von dem nicht ohne Grund abgewichen werden darf. Gegen dieses Systemerhaltungsgebot552 wurde verstoßen. In den Materialien zur Gesetzesbegründung wird auf dieses Problem an keiner Stelle eingegangen. Es muß also davon ausgegangen werden, daß es dem Gesetzgeber gar nicht bewußt war, zumal die durchgeführten Berechnungen in der Brühler Empfehlung553 stets eventuelle Aufwendungen außer acht ließen. Den strengen Begründungsanforderungen des BVerfG an die folgerichtige Gesetzesumsetzung kann ein solches Verfahren nicht genügen. (2) Vorbelastungscharakter der KSt Wie dargestellt, bezweckte die hälftige Steuerfreistellung lediglich den Ausgleich der körperschaftsteuerlichen Vorbelastung. Es sollte gerade keine Steuerbefreiung im Sinne des § 3 c EStG sein. Der Gesetzgeber wollte eine ertragsteuerliche Regelbelastung von 40 – 50 % herstellen. Mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens wollte der Gesetzgeber ein neues System aufstellen. Durch das hälftige Abzugsverbot erhöht sich die jeweilige Steuerbelastung, wenn Erwerbsaufwendungen anfallen. Zudem kann es zu einem hälftigen Verlustabzugsverbot kommen, das der Gesetzgeber nicht vorgesehen hatte. Wenn man da552 553

Dazu Peine, Systemgerechtigkeit, S. 52 Vgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 58 f.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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von ausgeht, daß er die Brühler Empfehlungen umsetzen wollte, wäre ein „echtes“ Halbeinkünfteverfahren das Ziel gewesen, das kein Verlustabzugsverbot vorgesehen hatte. Es fehlt an einer stringenten Umsetzung der Gesetzesabsicht. Damit besteht im Sinne von Lang eine Systeminkonsequenz. Auch in diesem Fall resultiert die Ungleichbehandlung der Bürger aus der mangelhaften Umsetzung der parlamentarischen Grundsatzentscheidung (für die Einführung eines Halbeinkünfteverfahrens). Zumindest in bezug auf das hälftige Verlustabzugsverbot muß die mangelhafte Gesetzgebungsarbeit verworfen werden. Der widersprüchliche Wechsel der Grundprinzipien – bei den Einnahmen Abstellen auf das Ziel der Einmalbesteuerung und deshalb Reduktion der Doppelbesteuerung; bei den Ausgaben Wechsel zum Subjektprinzip – erscheint zudem bereits grundsätzlich als willkürlich.554

ee) Zusammenfassung Unter a – d wurden unter Anwendung der in Teil 1 D I. 2. b) entwickelten Grundsätze zahlreiche ungerechtfertigte Ungleich- bzw. Gleichbehandlungen festgestellt. Nachdem das Leistungsfähigkeitsprinzip auch Maßstab zur Feststellung der Ungleichbehandlung ist, hätte man auch einfacher formulieren können: Anteilseigner an Kapitalgesellschaften mit Erwerbsaufwendungen werden hinsichtlich ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit ungleich behandelt. Die unterschiedlichen Einkunftsarten bzw. Rechtsformen können diese nicht rechtfertigen. Ebensowenig das Differenzierungsziel der Einmalbesteuerung. Falls sonstige Rechtfertigungsgründe fehlen, verstößt § 3 c Abs. 2 EStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

b) Sonstige Differenzierungsziele Möglicherweise gibt es neben dem Differenzierungsziel Einmalbesteuerung, auf das bislang allein abgestellt wurde, auch andere Differenzierungsziele:

aa) Gemeinwohlüberlegungen Die im Gesetzgebungsverfahren angestellten Gemeinwohlüberlegungen rechtfertigen die Ungleichbehandlung nicht. Der Gesetzgeber wollte eine Verbesserung der Bedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze. Dem läuft die Diskriminierung von Fremdfinanzierungen diametral entgegen. Die Wiederherstellung der Steuergerechtigkeit sollte durch ein einfaches und transparentes System erreicht werden, das insbesondere auch die Rechtsformen gleichbehandelt. Die Abzugs554 Pezzer, DStJG 25 (2002), S. 55 f. Zum Fehlen sonstiger Rechtfertigungsgründe sogleich.

140

Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

beschränkungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Schließlich wurde ausdrücklich festgestellt, daß der Steuerwiderstand mit den Gestaltungsmöglichkeiten zur Steuervermeidung wächst. Gerade das Halbeinkünfteverfahren bietet für „Großkapitalisten“ zahlreiche Gestaltungen, die auch sofort entdeckt wurden. Ziel war gerade die Herstellung einer Einmalbelastung. Daher ist der Abzug der korrespondierenden Aufwendungen des Anteilseigners durch das objektive Nettoprinzip zwingend geboten.

bb) Aufkommensschonende Gestaltung Lang meint zur Kürzung des Steuerabzugs von Erwerbsaufwendungen und der damit verknüpften Verletzung des Nettoprinzips können eigentlich nur Erwägungen einer aufkommensschonenden Ausgestaltung des Shareholder-Reliefs vorgebracht werden.555 Das BVerfG hat aber bereits mehrfach klargestellt, daß Haushaltserwägungen eine verfassungswidrige Besteuerung nicht rechtfertigen können. Der Finanzbedarf des Staates ist daher niemals geeignet eine verfassungswidrige Steuer zu rechtfertigen. Auch wenn der Staat auf Einsparmaßnahmen angewiesen ist, muß er auf die gerechte Verteilung der Lasten achten.556 Söffing hat gerade in bezug auf das objektive Nettoprinzip festgestellt, daß bei Anerkennung haushaltsmäßiger Überlegungen „der Willkür Tür und Tor offenstehen“.557 Das Ziel einer „Aufkommensschonenden Gestaltung“ ist daher kein sachlicher Differenzierungsgrund. Es würde außerdem an der Erforderlichkeit fehlen. Es ist nicht nötig, nur Beteiligte mit Erwerbsaufwendungen zu belasten. Durch eine andere Ausgestaltung z. B. höherer Körperschaftsteuersatz (gerade wegen des Aspekts der Schonung des Steueraufkommens sah die Brühler Empfehlung alternativ einen Körperschaftsteuersatz von 28 % vor), Freistellung nur zu 0,4 % etc., wären alle Beteiligten an körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen gleich belastet worden.

cc) Gestaltungsspielraum Die Ausgestaltung könnte sich noch im Rahmen des Spielraums halten, der dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Shareholer-Relief eingeräumt wird.558 Auch wenn dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Körperschaftsteuer das ganze Spektrum der diversen Körperschaftsteuersysteme, von der Vollanrechnung bis zur Doppelbelastung, zur Verfügung stand, fragt sich, inwieweit die zusätzliche 555 556 557 558

Lang, Grundrechtsschutz im Steuerrecht, S. 31. BVerfGE 6, 55 (80); 82, 60 (89). Söffing, StbJb 1988 / 89, S. 126. So Raupach, Diskussionsbeitrag, DStJG 25 (2002), S. 67.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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Belastung von Beteiligten mit Erwerbsaufwendungen von diesem Spielraum gedeckt ist. M.E. hätte man als Folge des Systemwechsels allenfalls eine bloße Freistellung der Einkünfte vorsehen können, insoweit hätte sich eine geringere Entlastung ergeben. Keinesfalls kann aber das hälftige Verlustabzugsverbot vom Systemwechsel erfaßt sein. Allenfalls könnte auf die Argumentation des BFH zu § 15 EStG zurückgegriffen werden (dazu unter IV.2.). Danach soll kein Differenzierungsgrund erforderlich sein, wenn die rechtlichen Folgen vermieden werden können. Einleitend wurde festgestellt, daß der Gestaltungsspielraum umso strikter ist, je mehr eine Regelung den Einzelnen als Person betrifft und umso offener für gesetzgeberische Gestaltungen, je mehr allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden.559 Wegen der besonderen Bedeutung im Steuerrecht soll die Möglichkeit von Steuergestaltungen und die Folgen für die Rechtfertigung in einem eigenen Punkt behandelt werden.

III. Gestaltungsmöglichkeiten In der Begründung des Gesetzesentwurfes wird ausgeführt, ein Gesetz muß an allererster Stelle einfach und transparent sein, da ansonsten Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden, aus denen der besser beratene Steuerbürger Vorteile schöpft. Auch daran sieht man, daß er die Folgen des § 3 c Abs. 2 EStG nicht gesehen hat; denn tatsächlich wurden schon mit der Einführung Gestaltungen zu seiner Vermeidung diskutiert. Auf sie soll im folgenden eingegangen werden. Im anschließenden Punkt IV. werden dann die Auswirkungen auf die verfassungsrechtliche Beurteilung diskutiert.

1. Vermeidung eines wirtschaftlichen Zusammenhangs

§ 3 c Abs. 2 EStG verlangt nur einen wirtschaftlichen Zusammenhang. Dieses Merkmal muß restriktiv ausgelegt werden.560 Durch Vermeidung des wirtschaftlichen Zusammenhangs wird auch das Abzugsverbot vermieden. In Betracht kommen folgende Möglichkeiten:

a) Einheitlicher Betriebsmittelkredit Statt eines speziellen Kredits für die Anschaffung von Gesellschaftsanteilen kann ein allgemeiner Betriebsmittelkredit für die Finanzierung des Erwerbs verwendet werden. Eine quotale Zuordnung, die teilweise im Hinblick auf nicht kon559 560

FG Düsseldorf, DStRE 2002, S. 684; BVerfG, BStBl. 1997, S. 518. Vgl. Crezelius, DB 2002, S. 1125 ff. (zur Betriebsaufspaltung).

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

kret trennbare Aufwendungen vertreten wird561, kommt für einen Betriebsmittelkredit, der später für die Anschaffung von Beteiligungen verwandt wird, nicht in Betracht. Denn der durch die erstmalige tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel entstandene Zusammenhang muß zuvor eindeutig beendet worden sein.562

b) Finanzierung auf Gesellschaftsebene Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen kann steueroptimal gestaltet werden, indem die Finanzierung auf die Gesellschaftsebene verlagert wird.563 Der Gesellschafter ersetzt Dividenden durch (voll steuerpflichtige) Zinserträge. Als Instrumente kommen z. B. eine Massivausschüttung der Rücklagen, die auf Gesellschaftsebene fremdfinanziert wird, oder auch das Schütt-Aus-Hol-Zurück-Verfahren mit Rückführung der Ausschüttung in Form von Darlehen in Betracht.564 Diese Instrumente setzen voraus, daß nicht bereits die Ausschüttung in der Gesamtbetrachtung zu steuerlichen Nachteilen führt.565 Beim Erwerb von Anteilen an Mitunternehmerschaften, zu deren Betriebsvermögen auch Anteile an Kapitalgesellschaften gehören, besteht ein weiteres Abgrenzungsproblem hinsichtlich des einheitlichen Kaufpreises. Neben der Abgrenzung des auf die Anteile an Kapitalgesellschaften entfallenden Veräußerungsgewinns, besteht auch hinsichtlich der Aufwendungen des Erwerbers ein Zuordnungsproblem. Auch hier ist der wirtschaftliche Zusammenhang zu den im Kaufpreis enthaltenen Anteilen, die auf die Anteile an Kapitalgesellschaften entfallen, zu bestimmen.566 Nacke / Intemann stellen daher fest: „Die Zuordnung der Ausgaben, die im Zusammenhang mit Einnahmen gem. § 3 Nr. 40 EStG stehen, wird in Zukunft ein neues Feld der Auseinandersetzung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt sein. Der Steuerpflichtige wird bestrebt sein, die Annahme eines ,wirtschaftlichen Zusammenhang‘, den das Gesetz in § 3 c Abs. 2 EStG fordert und der zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen, die 561 Vgl. Blümich / Erhard, § 3c EStG, Rn. 42; HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG, R 25. 562 Nacke / Intemann, DB 2002, S. 761. Zur Aufteilung von Werbungskosten aus Kapitalvermögen, die teilweise dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen: BMF-Schreiben vom 12. 6. 2002, DStR 2002, S. 1093 f. 563 Zur ähnlichen Situation in Österreich vgl. HHR / Staringer, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, vor § 20 R 35. 564 Beispiele bei Schaumburg / Rödder, S. 254; Freshfields / Bruckhaus / Deringer, NJWBeilage 51 / 2000, S. 21, 30; Riotte in Erle / Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 68. 565 Schaumburg / Rödder, S. 231 f. nach dem Halbeinkünfteverfahren ist die Ausschüttung i.d.R. steuerlich nachteilig, im Hinblick auf § 37 KStG kann sich eine andere Beurteilung ergeben, wenn es zu einer Körperschaftsteuerminderung kommt und die persönliche Steuerbelastung z. B. wegen nutzbarer Verluste diese nicht überschreitet. 566 Nacke / Intemann, DB 2002, S. 762; Starke, FR 2001, S. 25 f.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, bestehen muß, soweit wie möglich zu verhindern. ( . . . ) Neben Gestaltungen wird der böswillige Steuerpflichtige versuchen, den wirtschaftlichen Zusammenhang zu verschleiern. Es ist somit in Zukunft die Frage danach, was unter dem Begriff „wirtschaftlichen Zusammenhang“ i. S. d. § 3 c Abs. 2 EStG zu verstehen ist, ein wichtiges Problemfeld.“567

2. Eigenkapital

In Einzelfällen kann eine Finanzierung mit Eigenkapital günstiger sein, nämlich wenn das Fremdkapital im Bereich uneingeschränkt steuerpflichtiger Einnahmen eingesetzt werden kann.568 Bestehende Kredite soll der Gesellschafter mit Eigenmittel ablösen. Eigenmittel können durch Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaft aus Gewinnen, Rücklagen oder durch fremdfinanzierte Ausschüttungen beschafft werden. Die Beteiligungsgesellschaft kann Schuldzinsen auf den von ihr aufgenommenen Kredit zur Finanzierung der Ausschüttung steuerlich unbegrenzt abziehen.569 3. Organschaft570

Die negativen Folgen des beschränkten Abzugs der Aufwendungen gem. § 3 c Abs. 2 EStG bestehen schließlich nicht, wenn eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen dem Gesellschafter oder der Personengesellschaft (Organträger) und der Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) gem. § 14 KStG besteht. Dies führt – nach h.M. – im Ergebnis dazu, daß die Erträge der Kapitalgesellschaft nicht mehr dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen.571 Damit findet auch der Halbabzug keine Anwendung und alle Aufwendungen des Gesellschafters sind unbeschränkt abziehbar. Nachteilig wirkt allerdings, daß die Erträge der Organgesellschaft unmittelbar als Erträge des Organträgers gelten und der vollen Besteuerung unterliegen.572

Nacke / Intemann, DB 2002, S. 761. Schaumburg / Rödder, S. 255; Riotte in Erle / Sauter, Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 67; Herrmann in Frotscher, § 3 c Rn. 16, 34, 63 empfiehlt insoweit ein Mehrkontenmodell; ebenso Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 94 f. – § 4 Abs. 4 a EStG stehe dem nicht entgegen, da es nur für Betriebsausgaben gelte. Vgl. auch Ley / Strahl, DStR 2002, S. 2059. 569 Herrmann in Frotscher, § 3 c EStG Rn. 64. Daneben schlägt er vor, eine Kapitalgesellschaft zwischenzuschalten um vom Ballooning Konzept vgl. unter Teil 2 C. IV. 2. Gebrauch zu machen (ibid, Rn. 65); für Kleinanleger empfiehlt er den Erwerb von Fonds, da Depotund Verwaltungsgebühren von der Fondsgesellschaft selbst getragen werden (ibid, Rn. 65). 570 Ausführlich zur Organschaft unter Teil 2 C. IV. 1. 571 A.A. Thiel, DB 2002, S. 1340 ff. will das Halbeinkünfteverfahren auch in diesen Fällen anwenden. 572 HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 25. 567 568

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Nach dem Referentenentwurf zum SteVAG sollte die Einkommensermittlungsvorschrift für Organschaften, § 15 KStG um einen Abs. 2 erweitert werden, danach sollte die neue Fassung von § 8 b Abs. 3 KStG573 und auch § 3 c Abs. 2 EStG bei dem Organträger für Ausgaben anzuwenden sein, die im Zusammenhang mit den Anteilen des Organträgers an der Organschaft stehen. Die Gestaltungsmöglichkeit Organschaft hätte sich damit erledigt. Der Regierungsentwurf (StVergAbG) sieht diese Änderung nicht mehr vor.

IV. Einfluß auf die verfassungsrechtliche Beurteilung Möglicherweise ist aufgrund dieser Gestaltungsmöglichkeiten der Eingriff in den Gleichheitssatz gerechtfertigt.

1. Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung

Nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats richten sich die Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung nach der Intensität der Beeinträchtigung. Sie steigen, je weniger der Betroffene das Kriterium der Ungleichbehandlung beeinflussen kann und je mehr die Ungleichbehandlung den Gebrauch grundrechtlicher Freiheiten beeinträchtigt.574 Bei Ungleichbehandlung mit geringer Intensität beschränkt das BVerfG die Rechtfertigungsprüfung auf eine Evidenzkontrolle und reduziert den Gleichheitssatz auf ein Willkürverbot. Bei Ungleichbehandlungen größerer Intensität ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen. Im Steuerrecht muß für die Frage der Beeinflußbarkeit die Werteordnung des GG herangezogen werden, die das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisiert. „Steuerliche Leistungsfähigkeit meint wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, nicht geistiges Puzzle zum Herausfinden der steuergünstigsten Gestaltung, meint nicht: Besteuerung nach Raffinesse ( . . . )“575. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis zu würdigen, daß das Ausmaß der Belastung des Unternehmergewinns durch die Wahl der Rechtsform beeinflußbar ist.576 Daß der Betroffene die Möglichkeit hat, der gleichheitswidrigen Benachteiligung auszuweichen, wirkt sich nach der sog. neuen Formel des Ersten Senats lediglich auf die Intensität der Beeinträchtigung und die Anforderungen an die Rechtfertigung aus, schließt aber einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht aus. Zwar erweist sich die Rechtsform aus der Sicht der am Unternehmen beteiligten natürlichen Personen als ein abänderbares, verhaltensbezogenes Merkmal. Den573 574 575 576

Vgl. dazu Teil 2 C. IV. 1. b) dd). BVerfGE 96, 1 (6) – Arbeitnehmer- und Weihnachtsfreibetrag – ; 99, 88 (94). Tipke, StRO I, S. 495. Birk, Steuerrecht, Rn. 1111; Watrin, DStZ 1999, S. 241.

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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noch würde die Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf eine bloße Willkürkontrolle dem freiheitsrechtlichen Aspekt der Rechtsformabhängigkeit nicht gerecht; denn der Steuerpflichtige kann der Ungleichbehandlung nur um den Preis einer rein steuerlich ausgerichteten Ausübung seiner Unternehmerfreiheit ausweichen. Bezieht man den Grundsatz der Rechtsformneutralität im Hinblick auf Art. 19 Abs. 3 GG577 auf das Unternehmen selbst, so betrifft die Ungleichbehandlung ein unabänderliches personenbezogenes Merkmal, so daß bereits aus diesem Grunde ein strenger Maßstab anzulegen ist. Freie Rechtsformwahl und die Möglichkeit steuerneutraler Umwandlung sind nicht mit Rechtsformneutralität zu verwechseln, noch handelt es sich hierbei um einen Rechtfertigungsgrund und die Umwandlungsmöglichkeit beseitigt auch nicht die Ungleichbehandlung578. Im Hinblick auf den einzelnen Anleger besteht diesbezüglich außerdem keine Gestaltungsmöglichkeit. Vor diesem Hintergrund soll zunächst ein Anwendungsfall dargestellt werden, bei dem die höchstrichterliche Rechtsprechung ausdrücklich auf gestalterische Ausweichmöglichkeiten verweist. Im Anschluß erfolgt die Erörterung der Kritikpunkte.

2. Rechtsprechung des BFH zur Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärbewirkung) hält der BFH in ständiger Rechtsprechung für verfassungsgemäß. Es liege keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmen vor; denn der Eintritt der Abfärbewirkung könne durch Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine personenidentische zweite Gesellschaft vermieden werden.579 Dieser „höchstrichterlichen Steuerberatung“ trat ein Berichterstatter am Niedersächsischen Finanzgericht in einem Vorlagebeschluß nach Art. 100 GG entgegen.580 Seiner Ansicht nach würden die Grundrechte durch eine solche Rechtsprechung weitgehend bedeutungslos. Die Staatsgewalten versäumten ihre Pflicht, eine verfassungsmäßige Rechtsordnung herzustellen und zu gewährleisten. Zudem verletzt die „höchstrichterliche Steuerberatung“ den durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutz, weil die Kläger die Rechtsverletzung hinSo Jachmann, Steuergesetzgebung, S. 16 ff., 61 f., 104 f. Bozza-Bodden, S. 121. 579 BFH, BStBl II 2002, S. 221 ff. m.w.N. (Im übrigen: „Die unterschiedliche Behandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften ist sachlich gerechtfertigt. Das Steuerrecht folgt nämlich den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, die auf der Vorstellung beruhen, daß Personengesellschaften nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können und daß diese insgesamt kaufmännisch anzusehen ist, wenn diese Voraussetzungen auch nur partiell erfüllt sind.“) 580 EFG 1997, S. 1456 ff.; die Vorlage wurde als unzulässig abgewiesen: BVerfG, 1 BvL 23 / 97 v. 5. 5. 1998, http: / / www.bverfg.de / , da nach der FGO der Einzelrichter nicht vorlageberechtigt sei. 577 578

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nehmen mußten und damit die aktuelle Verletzung ihrer subjektiven Rechte nicht tatsächlich verhindern konnten. Er hält den Zustand auch rechtsstaatlich für nicht hinnehmbar. Auf diese Kritikpunkte, die die Frage der Bedeutung von Gestaltungsmöglichkeiten im Grundsatz betreffen, soll im folgenden näher eingegangen werden.

3. Leerlaufen von Grundrechten

Für diese Behauptung wird folgendes Beispiel angeführt581: Unterstellt, eine neue gesetzliche Regelung erlaube es der Polizei, Wohnungen ohne Anlaß und ohne gerichtliche Erlaubnis zu durchsuchen. Einem Bürger, der sich gegen eine bei ihm stattfindende Durchsuchung unter Berufung auf das Grundrecht des Art. 13 GG wende, könnte dann entgegengehalten werden, daß zwar durch diese gesetzliche Regelung sein Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG berührt sei; verfassungswidrig sei die Regelung aber gleichwohl nicht, da er ja die Möglichkeit habe, auf das Wohnen in einer Wohnung zu verzichten, oder im Ausland, wo deutsche Polizeibehörden nicht tätig werden dürften, seinen Wohnsitz zu nehmen. Eine solche Rechtfertigung erscheine als evident unzulässig. Die Staatsgewalten seien verpflichtet, eine verfassungsgemäße Rechtsordnung herzustellen und zu gewährleisten. Allerdings besteht ein grundlegender Unterschied zwischen einem verletzten Grundrecht und der Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung. Art. 3 Abs. 1 GG kennt keinen absoluten Inhalt. Eine Ungleichbehandlung kann gerechtfertigt werden.582 4. Effektiver Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG583

Außerdem vereitele die Auffassung des BFH dem Bürger, der die Gestaltungsmöglichkeiten nicht erkannt und genutzt hat und die verfassungswidrige Norm hinnehmen muß, den effektiven Rechtsschutz. Er kann die aktuelle Verletzung seiner subjektiven Rechte nicht tatsächlich verhindern. Derjenige, dem die Gestaltungsmöglichkeiten verborgen bleiben, zahlt Lehrgeld in Form einer „Dummensteuer“584. Damit sind zugleich die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens angesprochen.

FG Münster, EFG 1997, S. 1467. Lenkungssteuern (z. B. Kampfhundesteuer) zielen z. B. auf ein Unterlassen und können trotzdem durch den Lenkungszweck gerechtfertigt sein. 583 Umfassend dazu BK / Schenke, Art. 19 Abs. 4, Rn. 383 ff.; Schulze-Fielitz in Dreier, Art. 19 IV, Rn. 61 ff. m.w.N. 584 Diesen Begriff prägte Rose, StbJb 1975 / 76, S. 41, 47. 581 582

D. Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 2 EStG

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5. Rechtsstaatsprinzip

Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes ist Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Vor allem der letztgenannte Aspekt muß daher in die Verhältnismäßigkeitsprüfung eingestellt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß ein Grundkonsens in Wissenschaft und Politik darüber besteht, daß Gerechtigkeit eine Frage der Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen ist, die sich teuren Expertenrat nicht leisten können, d. h. daß eine Besteuerung notwendig ist, die sich nicht nach Rechtserkenntnis und Geschick in Steuervermeidung bemißt.585 Da die Qualität von Recht und insbesondere des Steuerrechts auch und gerade an seiner praktischen Verwirklichung gemessen werden muß, ist besonders gestaltungsintensives Recht ein Indiz für schlechtes Recht, insbesondere dann, wenn die Konstruktionen extrem künstlich sind und wenn sie es zulassen, daß das vom Gesetzgeber wirtschaftlich gewollte Ziel vermieden werden kann.586 Diese Aspekte sind also bereits in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellen. Nur bei sehr einfachen Gestaltungsmöglichkeiten wird man die Ungleichbehandlung als zumutbar ansehen können. Gestaltungsmöglichkeiten können nur ausnahmsweise das Verdikt der Verfassungswidrigkeit verhindern. Wenn es sich um Normen des Einkommensteuerrechts handelt, muß bedacht werden, daß der „normale“ Steuerzahler keinesfalls verpflichtet ist, steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen.587 Wenn man als Differenzierungsgrund die Typisierung durch den Gesetzgeber annehmen will, muß im Rahmen der Rechtfertigung berücksichtigt werden, daß es darauf ankommt, ob für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden. Im Steuerrecht kommt es daher darauf an, wie praktikabel und eingängig die Gestaltung ist. Im Hinblick auf die erörterten Gestaltungen, die das Abzugsverbot des § 3 c Abs. 2 S. 1 EStG betreffen, ist offensichtlich, daß sie dem normalen Kleinanleger nicht offenstehen. Er kann den wirtschaftlichen Zusammenhang nicht durch einheitliche Betriebsmittelkredite bzw. Finanzierungen auf Gesellschaftsebene vermeiden, da die Finanzierungsentscheidungen auf der Managementebene des Unternehmens getroffen werden. Die Möglichkeiten der Organschaft sind dem Kleinanleger in der Regel nicht bekannt bzw. für ihn nicht praktikabel. Allenfalls die Umschichtung in Eigenkapital und damit der Wegfall von Finanzierungsaufwendungen kommt für ihn in Betracht. Im Normalfall kann der Betroffene das Kriterium der Ungleichbehandlung damit kaum beeinflussen. Im übrigen sind die Gestaltungen mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet bzw. werden vom Gesetzgeber gezielt „verfolgt“, so daß sie keine sichere Disposition erlauben. Herzog, NJW 1999, S. 26 f.; Tipke, StuW 2002, S. 54; Kirchhof, Stbg 1997, S. 193. Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 89. 587 BFH, NVwZ 2002, S. 638 f.; Tipke / Kruse, § 173 AO Rn. 79. Kirchhof, StuW 2002, S. 195 hält eine Rechtsberatung für diejenigen Wirtschaftssubjekte zumutbar, die sich professionell am Markt betätigen. Er verkennt dabei, daß in einem Rechtsstaat jeder Bürger seine Rechte und Pflichten aus den Gesetzen selbst erkennen können muß. 585 586

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

Die Gestaltungsmöglichkeiten haben daher keinen Einfluß auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 3 c Abs. 2 EStG als gleichheitswidrige Vorschrift. V. Rechtsfolge

§ 3 c Abs. 2 S. 1 EStG verstößt jedenfalls gegen den Gleichheitssatz, in bestimmten Fällen auch gegen das subjektive Nettoprinzip – Gewährleistung des Existenzminimums und gegen Art. 14 GG (bzw. Art. 12 GG). Nur in den letztgenannten Fällen käme in Betracht, daß die Möglichkeiten der Verwaltung nach §§ 163, 227 AO zur Vermeidung unbilliger Härten als ausreichend angesehen würden588. Wenn aber der Regelfall schon gegen das Grundgesetz (hier gegen Art. 3 GG) verstößt, ist dies ausgeschlossen. Im Falle einer Verfassungsbeschwerde wird das BVerfG die Vorschrift gem. § 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG, im Falle der abstrakten Normenkontrolle gem. § 78 Abs. 1 S. 1 BVerfGG und im Rahmen der konkreten Normenkontrolle § 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 1 S. 1 BVerfGG verwerfen.589

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht590 I. Einfluß des Europarechts auf das innerstaatliche Steuerrecht591 Die Herstellung einer europarechtskonformen Dividendenbesteuerung war ein Hauptgrund für die Abschaffung des Anrechnungsverfahrens.592 Die Europäische Kommission beurteilt die Steuerreform auch positiv, allerdings habe sie „nur unwesentliche Auswirkungen auf den Platz Deutschlands in der Rangfolge der EU588 Die Möglichkeit, im Einzelfall die Gerechtigkeit durch Billigkeitsmaßnahmen herbeizuführen, soll dem Gesetz die Verfassungswidrigkeit nehmen, vgl. BVerfGE 38, 61 (95, 102); 50, 57 (86). 589 Als „nichtig“ oder mit dem Grundgesetz „unvereinbar“, ausführlich zur Unvereinbarkeitserklärung, Schlaich / Korioth, Rn. 382 ff. Zum „sparsamen“ Gebrauch der Unvereinbarkeitserklärung: Hey, FR 2001, S. 1282 f. 590 Zur Zitierweise: entsprechend der vom EuGH seit 1. 5. 1999 verwendeten Praxis (vgl. EuGHE I u. II. ab Mai 1999), wird der EG-Vertrag i.d.F. des Vertrags von Amsterdam mit EG abgekürzt. Die mit EGV bezeichneten Artikel betreffen die vorherige Fassung (Vertrag von Maastricht). 591 Vgl. auch die Dissertation von Cordewener, deren Schwerpunkt der Einfluß der Grundfreiheiten ist. Eine Zusammenstellung möglicher Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht im deutschen Steuerrecht findet sich bei Kellersmann / Treisch, S. 178 ff. m.w.N. Zu diesen „Schwarzlisten“ vgl. auch Cordewener, S. 29 m.w.N. und aktuell Kessler / Spengel, DB 2003, Beilage 5 zu Heft 26, S. 1 ff. 592 Mössner in Lüdicke, Internationale Aspekte der Unternehmenssteuerreform, S. 30.

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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Länder und das Land kommt sowohl beim Gesamtkörperschaftsteuersatz als auch bei der effektiven Steuerbelastung nach wie vor auf einen der höchsten Werte in der EU.“593 Im folgenden soll die allgemeine Bedeutung des Europarechts, insbesondere das relevante Primär- und Sekundärrecht aufgezeigt werden, um daran anschließend unter II. die Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 S. 1 EStG mit dem Europarecht zu prüfen. 1. Allgemein

Das Verhältnis von nationalem Steuerrecht und Europarecht ist geprägt vom Anwendungsvorrang des Europarechts.594 Während bis Ende der 80er Jahre eine gerichtliche Überprüfung von Rechtsnormen vor allem im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht stattfand, gewinnt seither das Europarecht als Maßstab der Beurteilung von Steuerrechtsnormen zunehmende Bedeutung. Der EuGH hat sich neben dem Verfassungsgericht als zweite Kontrollinstanz über das Steuerrecht etabliert.595 Seine Urteile werden in bezug auf die Unternehmensbesteuerung als so bedeutend erachtet, daß die Kommission neuerdings vorschlägt, zu wichtigen EuGH-Urteilen Orientierungshilfen auszuarbeiten und die Umsetzung dieser Urteile im Wege geeigneter Mitteilungen der Kommission zu koordinieren.596 a) Ziel des Europarechts: Gemeinsamer Markt Die „Verfassung Europas“, wie sie im EU- und EG-Vertrag vorzufinden ist, ist wirtschaftspolitisch nicht neutral ausgestaltet, sondern von ökonomischen Zielsetzungen bestimmt.597 Gem. Art. 2 EG ist Gemeinschaftsaufgabe die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes. Der EG-Vertrag geht damit von der klassischen ökonomischen Theorie aus. Danach zeichnet sich eine einheitliche Volkswirtschaft dadurch aus, daß (fast) ausschließlich naturgegebene Standortunterschiede oder Unterschiede in der Leitung der Unternehmen über die Rendite der Anlageobjekte 593 Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß v. 23. 10. 2001, KOM(2001) 582 endg, Anhang (Zusammenfassung der Studie der Dienstellen der Kommission zur Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt), Punkt (29). 594 EuGHE 1964, 1251 – Costa / Enel; BVerfGE 73, 339 (375) – Solange II. 595 HHR / Hey, Einf. KSt. Anm. 173. Überblick über aktuelle Verfahren auf dem Gebiet der direkten Steuern: Schmitt, EuGH Verfahrensreport: Direkte Steuern (Stand: Januar 2002), IWB F. 11 a Rechtsprechung (1999), S. 567 ff. Zum Verhältnis BVerfG – EuGH vgl. BVerfGE 73, 339 – Solange II; BVerfGE 89, 155 – Maastricht; BVerfG, NJW 2000, S. 3124 ff. 596 Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß v. 23. 10. 2001, KOM(2001) 582 endg, S. 14. Zur Wirkungsweise der EuGH-Rechtsprechung vgl. Thömmes, StbJb 1998 / 1999, S. 178. 597 Schön, DStJG 23 (2000), S. 191 f.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

entscheiden. Das hat zur Folge, daß die Lenkung des Kapitaleinsatzes durch den Marktmechanismus zu einer optimalen Allokation der Ressourcen und damit zur effizientesten Produktion des gesamtwirtschaftlichen Bedarfs führt.598 Mit der Größe des Marktes verstärken sich die Effekte optimaler Faktorallokation. Konsequenz dieses wirtschaftlichen Ideals ist, daß die Grenzen abgebaut und das Vorhandensein eines unverzerrten Wettbewerbs gewährleistet sein muß.

b) Zielerreichung Dafür kommen zwei Konzepte in Betracht: Der traditionelle Ansatz setzt auf eine Angleichung der nicht natürlichen Wettbewerbsbedingungen im Wege einer durchzuführenden Rechtsangleichung. Folge ist die Forderung einer Vollharmonisierung aller nicht natürlichen Faktoren einschließlich des Steuerrechts.599 Ein anderer Ansatz hält diesen Weg nicht für zielführend. Bezweifelt wird, daß die Staaten in der Lage sind, eine Politik der Rechtsangleichung tatsächlich durchzuführen. Vorzufinden seien in der Realität vielmehr Normen, die dem Machterhalt der herrschenden Gruppen, der Bedienung der Interessen ihrer Unterstützer dienten, was zulasten finanzkräftiger Minderheiten ginge. Diese Entwicklung könne nur umgedreht werden, wenn auch zwischen den Staaten Wettbewerb herrsche. Der internationale Konkurrenzdruck veranlasse dann die Staaten, den Bürgern ein ausgewogenes Verhältnis von öffentlichen Gütern und steuerlicher Belastung zu präsentieren. Gelinge dies nicht, würden die Bürger und Kapital dorthin wandern, wo dieses Verhältnis besser sei. Das zwinge die Staaten, ihre Rechtsordnungen anzupassen, um sie effektiver und damit konkurrenzfähig zu machen. So komme es zu spontaner Rechtsangleichung (Konzept des Systemwettbewerbs oder bezogen auf das Steuerrecht des Steuerwettbewerbs).600 Die nationalen Steuersysteme anzuerkennen, entspreche auch dem Subsidiaritätsprinzip gem. Art. 5 EGV. Die Entwicklung der Grundfreiheiten von Diskriminierungs- zu allgemeinen Beschränkungsverboten in der EuGH Rechtsprechung zeigt, daß der Gerichtshof sich der Aufgabe einer „negativen Rechtsangleichung“ stellen will. Folge für das Steuerrecht ist, daß statt auf Harmonisierung durch einheitliche Regelungen die sekundärrechtlichen Maßnahmen der EG-Organe bislang allein auf den Abbau nationaler diskriminierender und den Binnenmarkt behindernder Vorschriften abstellen.601

Dautzenberg, S. 44 ff.; Herzig, DStJG 19 (1996), S. 130. Dautzenberg, S. 19; Herzig, DStJG 19 (1996), S. 126. 600 Schön, DStJG 23 (2000), S. 199 f. Kritisch zum Begriff „Wettbewerb“ Kirchhof, Diskussionsbeitrag, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform) S. 150. 601 Wilk, S. 201 f. 598 599

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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c) Rechtlicher Gehalt des Marktprinzips Das Marktprinzip weist also einen starken ökonomischen Inhalt auf. Sein rechtlicher Gehalt ergibt sich aus den Vorschriften des EG-Vertrages, nämlich aus den Grundfreiheiten (Art. 29 – 60 EG) und den Wettbewerbsregeln (Art. 81 – 89 EG).602 Fraglich ist, ob die verschiedenen in dieser Arbeit erörterten Abzugsverbote mit den Erfordernissen eines Gemeinsamen Marktes vereinbar sind. Zunächst wird allgemein das primäre Gemeinschaftsrecht, sodann werden die Vorgaben des sekundären Gemeinschaftsrechts dargestellt.

2. Primäres Gemeinschaftsrecht

a) Steuervorschriften Die Vorschriften im EG-Vertrag erwähnen die direkten Steuern nur in Art. 92 EG (Steuerausgleich) und Art. 293 2. Spiegelstrich EG (Beseitigung der Doppelbesteuerung603). Ein ausdrücklicher Harmonisierungsauftrag fehlt.604 Hinsichtlich einer Harmonisierung fehlt es gegenwärtig auch am politischen Willen.605 Die verKellersmann / Treisch, S. 69. Zu nennen ist außerdem die gemeinsame Außengrenze. Mit allen Mitgliedstaaten wurden Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, für die Besteuerung der Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten gilt stets die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt, vgl. Wilk, S. 194 m.w.N. 604 Zu Harmonisierungsüberlegungen der Vergangenheit vgl. Jaeger, S. 7 ff.; Cordewener, S. 21 ff. Umstritten ist, ob die Kompetenz in Art. 94 EG enthalten ist. Bejahend Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 704, soweit der Wettbewerb betroffen wird; vgl. auch Matsos, S. 21 f. m.w.N.; Ohler, Die fiskalische Integration in der Europäischen Gemeinschaft, S. 201 ff. m.w.N. Die Existenz der Mutter-Tochter und der Fusionsrichtlinie, zeigen, daß – zumindest in bestimmten Fällen – von einer Kompetenz aus Art. 94 EG ausgegangen wird. 605 Die Kommission verwies seit 1990 auf das Subsidiaritätsprinzip, so daß keine Harmonisierungsmaßnahmen zu erwarten waren, vgl. Brinkmann, S. 44; Tumpel, S. 375. Gegen das Subsidiaritätsargument ist anzuführen, daß die Handlungskompetenz nicht deshalb abgesprochen werden kann, weil die Mitgliedstaaten auch handeln könnten – lediglich hinsichtlich der konkreten Maßnahmen muß das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden, auf Vorteile an beliebiger anderer Stelle kann nicht abgestellt werden; der Druck, der vom Steuerwettbewerb ausgeht, kann die Souveränität der Mitgliedstaaten viel stärker einschränken, vgl. Kellersmann / Treisch, S. 83 m.w.N.; 87 ff.- zur historischen Entwicklung; Schön, DStJG 23 (2000), S. 206, 221 f. Neben dem Subsidiaritätsprinzip sind die Verhältnismäßigkeit und das gemeinschaftliche Gebot der Rücksichtnahme Schranken der Harmonisierungskompetenz, Kellersmann / Treisch, S. 80. Faktisch erweist sich das Einstimmigkeitserfordernis in Art. 94 EG, an dem auch der Vertrag von Nizza nichts geändert hat, als kaum zu überwindendes Hindernis, Thömmes, FS f. 50 Jahre Fachanwalt im Steuerrecht, S. 588 f. Der Entwurf für eine europäische Verfassung hält am nationalen Vetorecht fest, vgl. SZ Nr. 120 (26. 5. 2003), S. 23. Neue Ansätze enthält jetzt die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss „Steuerpolitik in der europäischen Union – Prioritäten für die nächsten Jahrzehnte“, KOM(2001), 260 endg. Danach will die Kom602 603

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schiedenen Steuersysteme der Mitgliedstaaten stehen damit automatisch in einem Wettbewerb.606 Das primäre Gemeinschaftsrecht – insbesondere die Grundfreiheiten – sind auf den Bereich der direkten Steuern anwendbar.607 Der EuGH wiederholt in ständiger Rechtsprechung die Formel aus dem Schumacker-Urteil, daß der Vertrag keine expliziten Vorschriften über die direkten Steuern enthält, daß jedoch die Mitgliedstaaten bei ihrer Steuergesetzgebung, die sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Grenzen zu beachten haben.608 Eine Sonderbehandlung im Bereich der Steuern wird in Anlehnung an die Rechtsprechung zu den Systemen der sozialen Sicherheit allenfalls insoweit diskutiert, als bedacht werden muß, daß es sich bei der einzelnen Norm um den Teil einer Ordnung handelt, in der die einzelnen Elemente nicht zur Disposition stehen, ohne daß das ganze System bedroht werde. Die Anwendung der Grundfreiheiten müsse deshalb mit ,großer Behutsamkeit‘ erfolgen, um eine Desintegration des Steuerrechts oder gar ein Steuerchaos zu vermeiden.609 Daraus kann aber keine Bereichsausnahme für das Steuerrecht abgeleitet werden. Das eigentliche Problem – der Widerstreit zwischen den Grundfreiheiten und den direkten Steuern als letzte Bastion nationalstaatlicher Souveränität610 – ist im Rahmen der Rechtfertigung zu lösen. Es geht um die Frage der Wahrung nationalstaatlicher Rechtssysteme. Dabei stellt sich das Problem, ob insoweit ein besonderer Rechtfertigungsgrund besteht und ob dieser für systemwidrige Normen überhaupt greifen kann.611

mission im Bereich der Unternehmensbesteuerung nicht nur Teillösungen, sondern auch Harmonisierungsmaßnahmen – in Form einer einheitlichen konsolidierten Bemessungsgrundlage – prüfen, die Höhe der Steuersätze soll aber weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben. Sie stellt zudem das Einstimmigkeitsprinzip ausdrücklich in Frage. Außerdem plant sie im Steuerbereich das Instrument des Vertragsverletzungsverfahrens (Art. 177 EG) verstärkt einzusetzen. Zu den unterschiedlichen Ansätzen einer Konzernbesteuerung in Europa vgl. Oesterreicher, StuW 2002, S. 342 ff. Kritisiert werden insbesondere die hohen „Befolgungskosten“, die 15 verschiedene Rechtsordnungen mit sich bringen, vgl. KOM(2001), 582 endg. S. 18, 20; ibid Anhang (34), (66); KOM(2001), 260 endg., S. 7, 19. Am 29. / 30. April 2002 fand in Brüssel eine Europäische Unternehmensteuerkonferenz statt, die sich ebenfalls langfristig für eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (CCBT – Common Consolidated Base Taxation) aussprach, vgl. Diskussionsbeitrag unter http: // europa.eu.int / comm / taxation_customs / taxation / company_tax / conference.htm. 606 Ernst & Young, B. Rn. 88, S. 97. 607 Hirsch, DStZ 1998, S. 491. 608 EuGHE 1995, I-249 (257) Rz. 21 – Schumacker; EuGHE 2000, I-2787 Rz. 17 – Baars; EuGHE 2000, I-4071 Rz. 32 – Verkooijen; EuGHE 1999, I-2651 Rz. 19 – Royal Bank of Scotland; DStRE 2002, S. 1441 ff. Rz. 28 – Rolf Dieter Danner; FR 2003, S. 182 ff. Rz 26 – Lankhorst-Hohorst GmbH gegen Finanzamt Steinfurt. 609 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 212 ff. 610 „The power to tax is the power to govern“ vgl. Knobbe-Keuk, AG 1990, S. 439 FN 17; Cordewener, S. 31 f. 611 Zum Rechtfertigungsgrund der Kohärenz vgl. Teil 1 E. I. 2. b) aa) (4) (a).

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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b) Grundfreiheiten612 Die Gewährleistungen des freien Warenverkehrs (Art. 28 ff. EG), des freien Personenverkehrs: Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 ff. EG) und Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff. EG), des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 49 ff. EG) und des freien Kapitalverkehrs (Art. 56 ff. EG) werden wegen ihrer konstituierenden Bedeutung für den Gemeinsamen Markt – und wohl auch wegen der Begründung von Individualgrundrechten – als die vier Grundfreiheiten des EG-Vertrages bezeichnet, zu denen als notwendige „Hilfsfreiheit“ („Annexfreiheit“) der freie Zahlungsverkehr hinzutritt.613 Im Gegensatz zu Grundrechten setzen sie stets einen grenzüberschreitenden Sachverhalt voraus. Wenn dieser vorliegt, binden sie jeden Mitgliedstaat auch im Verhältnis zu seinen eigenen Staatsangehörigen.614 Die Auslegung615 der Grundfreiheiten hat sich im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c EG vorrangig am Vertragsziel eines Binnenmarktes, der den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet, auszurichten. Im hier interessierenden Bereich der Unternehmensbesteuerung sind die steuerlichen Regelungen, insbesondere an der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff. EG) und der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 ff. EG) zu messen. Als Auffangtatbestand kommt das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG in Betracht. Das Verbot jeder Differenzierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ist die „Magna Charta“616 der Gemeinschaft. Der EuGH hat als ungeschriebenes Grundrecht auch den allgemeinen Gleichheitssatz für das Gemeinschaftsrecht entwickelt. Art. 12 EG ist „lediglich eine besondere Ausformung“ dieses Grundsatzes.617 Daraus ergibt sich für die Prüfung, daß vergleichbare Lagen nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, außer eine Differenzierung ist objektiv gerechtfertigt.618 aa) Dogmatik Bevor auf die Grundfreiheiten im einzelnen eingegangen wird, sollen einige terminologische und dogmatische Klarstellungen erfolgen. Während im deutschen Verfassungsrecht eine klare Trennung der relativen Gleichheitsrechte und der abso612 Vgl. zum nationalen Steuerrecht und den europäischen Grundfreiheiten die Arbeit von Cordewener. 613 Streinz, Europarecht, Rn. 652. 614 Gegenstück bildet die reine Inländerdiskriminierung vgl. dazu Teil 2 D. II. 2. 615 Zur Bedeutung der teleologischen Auslegung im Europarecht vgl. Lackhoff, S. 28 ff. m.w.N. 616 Ipsen, GemR, 592. 617 EuGHE 1980, I-3005 (3019) Rz. 7 – Hochstrass; vgl. Holoubek in Schwarze, Art. 12 Rn. 6. 618 Zum Streitstand in der Literatur hinsichtlich der Rechtfertigungsmöglichkeiten bei Diskriminierungen vgl. Epiney in Calliess / Ruffert, Art. 12 Rn. 41 ff.; Teil 1 E. I. 2. b) aa) (4).

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luten Freiheitsrechte, wobei bei letzteren eine Prüfung nach Schutzbereich – Eingriff – Rechtfertigung (Schranken – Schranken-Schranken / Verhältnismäßigkeit) erfolgt, anerkannt ist, fehlte es für die Grundfreiheiten lange an einer einheitlichen Dogmatik. Die Rechtsprechung des EuGH wurde von der Wissenschaft häufig unreflektiert übernommen. Neuere Ansätze weisen eine einheitliche Linie auf, die der Grundrechtsprüfung der deutschen Verfassungslehre stark ähnelt. Die Zielsetzung einer einheitlichen Prüfung der Grundfreiheiten wird unter dem Stichwort der „Konvergenz“ bzw. „Symmetrie, Parallelität“619 untersucht. Zunächst sind einige Begriffe zu klären: (1) Diskriminierungsverbot620 Sämtliche Grundfreiheiten wurden ursprünglich als Diskriminierungsverbote konzipiert. (a) Formelle / Offene Diskriminierung Entsprechend dem völkerrechtlichen Verständnis (vgl. Art. 24 OECD-MA) werden Maßnahmen, die ausdrücklich an die Staatsangehörigkeit anknüpfen, als formelle Diskriminierung bezeichnet. Diese offene Form ist selten geworden.621 Das Gebot der Inländergleichbehandlung kann aber als traditioneller Kernbestand im Sinne einer Mindestgarantie der Grundfreiheiten angesehen werden.622 (b) Materielle / Versteckte / Verschleierte Diskriminierung Maßnahmen, die zwar an ein anderes Unterscheidungskriterium anknüpfen, im Ergebnis aber dieselbe Wirkung haben (z. B. Wohnsitz), werden als materielle / versteckte / verschleierte Diskriminierungen bezeichnet. Faßt man den Begriff weit und erstreckt ihn auf alle Maßnahmen, die für einheimische und ausländische Wirtschaftsteilnehmer bzw. Güter unterschiedliche materielle Wirkungen und damit Wettbewerbsbedingungen verursachen, dann verbleibt für diskriminierungsfreie Maßnahmen kaum noch Raum. Der EuGH betrachtet den Begriff der „versteckten Diskriminierung“ enger und betrachtet Maßnahmen, die allein wegen der unterschiedlichen Erfordernisse aufgrund unterschiedlicher Rechtsordnungen zu Erschwernissen führen, als „unterschiedslos“ mit der Folge, daß auf sie die Rechtfertigungstatbestände der „immanenten Schranken“ zur Anwendung kommen.623 619 Vgl. Cordewener, S. 105 m.w.N. Speziell zum Gleichlauf der Diskriminierungsverbote Plötscher, S. 24, 268 ff., 318. 620 Zum Problemkreis vgl. aktuell die Arbeit von Plötscher. 621 Streinz, FS f. Rudolf, S. 218. A.A. Matsos, S. 14 ff. will auf alle Merkmale örtlicher Zugehörigkeit abstellen. 622 Cordewener, S. 245, 832.

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(c) Feststellung der Diskriminierung624 Die Feststellung der Diskriminierung erfolgt im Steuerrecht häufig zweistufig. Der EuGH untersucht in einem ersten Prüfungsschritt, ob die gerügte Vorschrift formal zwei verschiedene Gruppen von Steuerpflichtigen unterschiedlich behandelt. Daher entspricht die Funktion der Grundfreiheiten als Diskriminierungsverbote der deutschen Verfassungsdogmatik von (relativen) Gleichheitsrechten. Im zweiten Prüfungsschritt ermittelt der EuGH, ob die formale Ungleichbehandlung auch materiell diskriminierend ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn vergleichbare Sachverhalte rechtlich unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte rechtlich gleich behandelt werden. Sind die Unterschiede von solchem Gewicht, daß die Vergleichsgruppen nicht mehr vergleichbar sind, liegt bereits keine Ungleichbehandlung vor. Die Vergleichbarkeit überprüft der EuGH, indem er untersucht, ob die Zwecke, die mit der Ungleichbehandlung verfolgt werden, tatsächlich erreicht werden. So erkennt er den Zweck der unterschiedlichen Behandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden für die Gewährung von Steuervorteilen darin, daß grundsätzlich nur der Wohnsitzstaat über die erforderlichen Informationen verfügt, um die Gesamtsteuerkraft des Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung seiner persönlichen Lage und seines Familienstandes zu beurteilen.625 Das gewählte Vorgehen ist dogmatisch angreifbar. Die Frage, ob zwei Sachverhalte vergleichbar sind, ist eine Wertungsfrage. Sie kann sinnvoll nur im Hinblick auf die Zwecke beantwortet werden, die mit der Ungleichbehandlung verfolgt werden. Die Verwirklichung jener Zwecke ist aber Gegenstand auf der Rechtfertigungsebene. Auf dieser Ebene steht mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein geeigneteres Kriterium als die Kategorien vergleichbar / nicht vergleichbar zur Verfügung. In der Rechtsprechung ordnet der EuGH die Prüfung der Vergleichbarkeit teilweise auch der Rechtfertigungsebene zu.626 Dogmatisch entspricht letzteres der deutschen Verfassungsdogmatik. (2) Beschränkungsverbot Die Grundfreiheiten wurden schrittweise zu Beschränkungsverboten weiterentwickelt. Dogmatisch ist der Rechtscharakter dieser Funktion noch ungeklärt. Eine Ansicht sieht sie in den Kategorien des deutschen Verfassungsrechts als absolute freiheitsrechtliche Komponente der Grundfreiheiten.627 Andere verstehen das Be623 Streinz, FS f. Rudolf, S. 218 f. m.w.N. Matsos, S. 14 ff. bezieht dies auf faktische Diskriminierungen. 624 Zum folgenden: Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 225 ff.; 230. 625 EuGHE 1995, I-225 (260) Rz. 33 – Schumacker. 626 EuGHE 1998, I-4695 (4722 f.) Rz. 25 – 28 – ICI; EuGHE 1999, I-6161 (6198 f.) Rz. 45 – 48 – Saint Gobain. 627 Cordewener, S. 175 ff.; Lackhoff, S. 366 ff.

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schränkungsverbot als weiteren Anwendungsbereich des Gleichheitssatzes. Es habe stets der Vergleich zwischen transnationalem und binnenstaatlichem Sachverhalt vorauszugehen.628 Eine am Vertragsziel Binnenmarkt orientierte teleologische Auslegung ergibt, daß nur ein freiheitliches Verständnis dem Vertragsziel eines Binnenmarktes, der die Hindernisse für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beseitigt, gerecht wird. Die Folge eines absolut wirkenden Schutzbereichs ist im Hinblick auf die Effektivität des Gemeinschaftsrechts gerade gewollt.629 Die Grundfreiheiten sind damit zugleich Freiheitsrechte. Während das sich unmittelbar aus dem EG-Vertrag ergebende Diskriminierungsverbot die Schlechterstellung von Ausländern gegenüber Inländern bzw. Importprodukten verbietet, fordert ein Beschränkungsverbot, daß sich auch unterschiedslos auf Inländer und Ausländer bzw. Import- und Inlandsprodukte anwendbare Vorschriften auf ihre Vereinbarkeit am Maßstab der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht am Maßstab der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen lassen müssen.630 Unterschiede zwischen den Grundfreiheiten sind im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.631 Der Natur der Grundfreiheiten entsprechend, gelten sie als Beschränkungsverbote nicht unbeschränkt, sondern nur soweit sie sich auf den Zugang zum jeweiligen Markt beziehen. Das Kriterium des Zugangs hat sich gegenüber Behinderungen, die nicht dem Beschränkungsverbot unterfallen, in der Rechtsprechung weitgehend etabliert.632 Es bedarf im einzelnen einer weiteren Konkretisierung durch Fallgruppen.633 Nach der schon erwähnten Ansicht von Randelzhofer / Forsthoff sollen die Grundfreiheiten grundsätzlich nicht als Beschränkungsverbote wirken, wenn es sich bei den überprüften Regelungen um einen Bestandteil „integrierter nationaler Ordnungssysteme“ handelt, wie z. B. dem Sozial- und Steuerrecht.634 Die Anwendung der Freiheiten als Beschränkungsverbote würde sonst die Funktionsfähigkeit der nationalen Ordnungssysteme in Frage stellen. Als Beispiel wird der Bereich der direkten Steuern angeführt. Es käme zur unannehmbaren Konsequenz, daß der EuGH darüber befinden müsse, ob die Höhe der Steuersätze angesichts einer möglichen mobilitätsfeindlichen Wirkung zu rechtfertigen sei.635 Sie sehen sich durch Englisch, StuW 2003, S. 89 f. Lackhoff, S. 360 ff. m.w.N. 630 Streinz, FS f. Rudolf, S. 207 ff. dort auch zur Rechtfertigung dieser Rechtsprechung. 631 Streinz, FS f. Rudolf, S. 215. 632 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 112 m.w.N.; Cordewener, S. 288 ff.; 323; EGHE 1995, I-4921 (5070) Rz. 103 – Bosmann, vgl. dazu auch GA Lenz Anm. 205, 206, 210; EuGHE 1995, I-1141 (1178) Rz. 38 – Alpine Investment; EuGHE 1997, I-6013 (6051) Rz. 51 – Dior; EuGHE 1999, I-2835 (2860), Rz. 19 – Pfeiffer. 633 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 117. 634 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 118; a.A. Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 437 ff.; generell kritisch zu Versuchen Beschränkungsverbote einzugrenzen: von Wilmowsky, EuR 1996, S. 362 ff. 635 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 119. 628 629

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die Rechtsprechung des EuGH bestätigt, wonach Ungleichbehandlungen, die aus der unterschiedlichen Höhe der Steuersätze in den einzelnen Mitgliedstaaten resultieren, nicht als Diskriminierungen angesehen werden können.636 Diese Argumentation kann nicht überzeugen. Die zitierte Rechtsprechung enthält eine bloße Selbstverständlichkeit. Soweit die Steuersätze in den Mitgliedstaaten für In- und Ausländer einheitlich sind, sind sie nicht diskriminierend und können auch den Marktzugang nicht behindern. Randelzhofer / Forsthoff müssen zudem Ausnahmen anerkennen.637 In der Regel reicht das Merkmal des „Zugangs“ bereits aus, um Steuerregelungen als bloße Behinderungen vom Tatbestand der Grundfreiheiten auszunehmen. Sollte dies im Einzelfall nicht der Fall sein, ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen der Rechtfertigung der geeignete Ort für nötige Einschränkungen.638 (3) Verhältnis Es stellt sich daher die Frage nach dem Verhältnis beider Komponenten. Ein neuerer Ansatz lehnt die Vermengung der Begriffe Diskriminierung und Beschränkung streng ab. Diskriminierungen seien als Ungleichbehandlungen stets im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu prüfen.639 Diese Ansicht verkennt die Systematik des EG-Vertrages. Ebenso wie das allgemeine Diskriminierungsverbot in Art. 12 EG eine besondere Ausprägung des ungeschriebenen allgemeinen Gleichheitssatzes ist, sind die Grundfreiheiten als besondere Diskriminierungsverbote lex specialis zum allgemeinen Gleichheitssatz. Richtigerweise handelt es sich also um spezielle Gleichheitsrechte. Den Grundfreiheiten kommt eine „doppelfunktionale Diskriminierungs- und Beschränkungsfunktion zu.640 Nach dem hier vertretenen Verständnis entsprechen sich die Begriffspaare Diskriminierungs- / Beschränkungsverbot und Gleichheits- / Freiheitsrecht. Cordewener spricht daher einheitlich von „Benachteiligung“, die in den Schutzbereich der Grundfreiheiten fällt.641 Eine Belastungsgleichheit im Sinne einer Forderung nach nominal gleichen Steuerlasten zwischen den Staaten ist dabei abzulehnen, da sie der Dogmatik des Gleichheitssatzes, der Gewaltenteilung und der Effektivität des Rechtsschutzes widerspricht.642 In der EU besteht damit nur eine „Kästchengleichheit“, deshalb kann sich ein Mitgliedstaat auch nicht auf Vor- / Nachteile in anderen Staaten berufen.643 636 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 216 (Verweis auf Rs. C-336 / 96 – Gilly). 637 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 217. 638 Auch Hirsch geht in DStZ 1998, S. 492 nicht von Einschränkungen aus. 639 Matsos, S. 15 mit Verweis auf Michael, S. 268 ff. 640 Cordewener, S. 303 m.w.N. Plötscher, S. 320 „mehrdimensional“. 641 Cordewener, S. 121, 230, 433 f., 826 f. 642 Kokott, Münchner Schriften zum internationalen Steuerrecht 23 (2000), S. 6. 643 Cordewener, S. 829, 913.

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Nachdem das absolute freiheitsrechtliche Beschränkungsverbot ein „Vakuum“ hinterläßt (es kassiert nur), ist es im Rahmen eines „Stufenverhältnisses subsidiär anzuwenden.644 Das freiheitsrechtliche Beschränkungsverbot wurde im Bereich der direkten Steuern erstmals im Fall Futura angewandt. In Zukunft werden Problemfelder vor allem im Hinblick auf die tarifliche Ausgestaltung der nationalen Steuersysteme, also über Besteuerungsschranken der Höhe nach und im Bereich der Doppelbesteuerung erwartet.645 Wie im nationalen Verfassungsrecht werden erdrosselnde Steuern für unzulässig gehalten.646 Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG wird ausdrücklich auch eine 50 % – Grenze erörtert.647 Überzeugend erscheint insoweit der Ansatz von Reimer, der auf die als ungeschriebenes Grundrecht anerkannte Eigentumsgarantie zurückgreifen will.648 Wenn der Gedanke der Privatnützigkeit bereits für das deutsche Verfassungsrecht als entscheidender Grund für den Halbteilungsgrundsatz angeführt wurde649, so muß dies im Bereich der Grundfreiheiten erst recht gelten. Die klassische ökonomische Theorie, auf der die Verträge aufbauen, setzt gerade den eigenverantwortlichen Marktteilnehmer voraus. (4) Rechtfertigung Die Unterscheidung in gleichheits- und freiheitsrechtliche Funktion hat Bedeutung für die Rechtfertigung. Auch diesbezüglich ist eine Vereinheitlichung zu beobachten.650 Sofern ein Sachverhalt vom Schutzbereich der Grundfreiheiten erfaßt ist, kann eine Rechtfertigung im Rahmen der ausdrücklich geregelten Schranken (Art. 30; 39 Abs. 3; 46 Abs. 1, ggf. i.V.m. Art. 55 EG; 58 Abs. 1 EG) erfolgen.651 Diese geschriebenen Rechtfertigungsgründe spielen im Steuerrecht i.d.R. keine Rolle.652 Cordewener, S. 312 ff. Cordewener, S. 843 ff. Zur Doppelbelastung auch Plötscher, S. 149 ff. 646 Ohler, S. 123 ff. (zu Art. 28, 30 EG); Kingreen in Calliess / Ruffert, Art. 6 EUV, Rn. 140 ff. 647 Heydt, Münchner Schriften zum internationalen Steuerrecht 23 (2000), S. 32. 648 Reimer, Münchner Schriften zum internationalen Steuerrecht 23 (2000), S. 59 (FN 96). Zur Bedeutung der Gemeinschaftsgrundrechte vgl. Kingreen in Calliess / Ruffert, Art. 6 EUV, Rn. 16 ff. Art. 17 der Grundrechtecharta v. 18. 12. 2000 normiert ein Eigentumsgrundrecht. Die Grundrechtecharta ist allerdings lediglich ein bloßer Programmsatz, kein verbindliches Gemeinschaftsrecht. 649 Vgl. Teil 1 D. I. 2. a) bb) (d). 650 Cordewener, S. 330, 980. Voraussetzung für eine Konvergenz der Rechtfertigungsmöglichkeiten soll nach HHR / Staringer, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, vor § 20 KStG R 60 eine Relativierung des Steuervorbehalts in Art. 58 Abs. 1 lit. a EG sein; andere Auffassungen in der Literatur gehen grundsätzlich von dessen bloß deklaratorischer Bedeutung aus, vgl. Cordewener, S. 332 f. m.w.N. Zur Konvergenz der Schrankentatbestände, vgl. auch Streinz, FS f. Rudolf, S. 216 f. m.w.N. zum Streitstand. 651 Streinz, Europarecht, Rn. 692 ff.; zu Bereichsausnahmen und Tatbestandsreduzierungen – Streinz, FS f. Rudolf, S. 210; ders., Europarecht, Rn. 696 ff. 644 645

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Die Ausweitung auf Beschränkungsverbote hatte eine Ausweitung der Schranken zur notwendigen Folge.653 Anstelle offene Rechtsbegriffe extensiv auszulegen, entwickelte der EuGH ungeschriebene Schranken.654 Heute gilt für alle Grundfreiheiten ein vierstufiger Rechtfertigungstatbestand. Nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten einschränken oder weniger attraktiv machen können, müssen vier Voraussetzungen erfüllen: „Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.“655 Wie im deutschen Verfassungsrecht ist Schranken-Schranke die Verhältnismäßigkeitsprüfung.656 Zu einer Abwägung im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung kommt es aber regelmäßig nicht.657 Umstritten ist, ob der ungeschriebene Rechtfertigungsgrund658 „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“659 darüber hinaus auch Diskriminierungen erfaßt.660 Dafür spricht, daß mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ein Instrument zur Verfügung steht, um die besondere Schwere der Beeinträchtigung der Freiheiten angemessen berücksichtigen zu können.661 In seinem Urteil zum deutschen Stromeinspeisungsgesetz hat der EuGH, neben den in Art. 30 EG genannten Gründen, ausdrücklich auch den Umweltschutz als Rechtfertigungsgrund anerkannt.662 Danach sind die Rechtfertigungsgründe des Art. 30 EG nicht abschließend.663 Entsprechend der deutschen Verfassungsdogmatik unterscheidet sich die Verhältnismäßigkeitsprüfung je nachdem, ob die Grundfreiheit als Gleichheitsrecht Vgl. Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 231. Ähnlich der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 2 Abs. 1 GG; vgl. Weiß, EuZW 1999, S. 498. 654 Streinz, Europarecht, Rn. 699 ff. 655 EuGHE 1999, I-4165 (4197 f.) – Gebhard; Streinz, Europarecht, Rn. 677. 656 Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Europarecht, Cordewener, S. 70 ff.; 333 ff. 657 Streinz, Europarecht, S. 283. 658 Zur „Cassis“-Doktrin („rule of reason“), die vom EuGH als Tatbestandsbegrenzung statt richtigerweise als ungeschriebener Rechtfertigungsgrund eingeordnet wurde, jetzt ausführlich Cordewener, S. 63 ff.; 131 ff. 659 Daneben verwendet der EuGH auch die Begriffe zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls, vgl. Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 134. 660 Ablehnend: Emmert, Euoparecht, S. 330, 336; Plötscher, S. 154 ff., der allerdings einen engeren Diskriminierungsbegriff verwendet. Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 140 halten die Entscheidung des Vertragsgebers für bindend; dort auch umfassende Darstellung und Nachweise zum Streitstand. 661 So Weiß, EuZW 1999, S. 497 f.; Cordewener, S. 150 ff., 330 ff. 662 EuZW 2001, S. 242 ff. – PreussenElektra AG / Schleswag AG. 663 Plötscher, S. 316 f. m.w.N. spricht insoweit allerdings von einer „Sonderlösung“ in bezug auf Umweltschutz. 652 653

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oder als Freiheitsrecht tangiert ist. Das Verdikt der Rechtswidrigkeit hängt beim Freiheitsrecht von der Intensität des Eingriffs ab, während beim Gleichheitsrecht nicht die isoliert betrachtete Belastungswirkung, sondern allein die (relative) Ungleichbehandlung bei der Auferlegung dieser Belastung bzw. der Gewährung der Begünstigung entscheidend ist.664 Der Schwerpunkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung liegt bei der Erforderlichkeit, vor allem differenzierende (diskriminierungsverdächtige) Regelungen müssen daraufhin überprüft werden, ob es nicht weniger einschränkende, nicht diskriminierende Mittel gibt, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Im Rahmen dieser Prüfung bewegt sich auch der sog. „Anerkennungsgrundsatz“ bzw. das „Herkunftslandprinzip“, danach ist eine Doppelregulierung nicht erforderlich, wenn die Regelungen des Herkunftslandes den Schutzbedürfnissen des Bestimmungslandes bereits ausreichend Rechnung trägt.665 Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Kollisionsregel, deren Aufgabe die Abgrenzung zwischen den staatlichen Hoheiten ist. Ausgehend vom Grundsatz, daß jeder Staat seine öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in beliebiger Weise regeln kann, besagt das Anerkennungsprinzip nur, daß jede Angelegenheit grundsätzlich nur einmal zu regeln ist.666 Im Bereich des Steuerrechts bedeutet dieser Grundsatz zugleich eine gewisse Zurückhaltung gegenüber der nationalen Besteuerungshoheit. Die Mitgliedstaaten werden an ihre Grundstrukturen erinnert und zu einer Systemkonsequenz angehalten, d. h. zu einer Folgerichtigkeit hinsichtlich der detailgenauen Umsetzung einmal getroffener grundsätzlicher Regelungsentscheidungen und damit letztlich auch zu einer Widerspruchsfreiheit ihrer nationalen Rechtsordnungen für den Bereich der direkten Steuern.667 Für das Steuerrecht wurden vor allem folgende zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt [dazu unter (a), (b)] bzw. abgelehnt [dazu unter (c) – (f)]668: (a) Kohärenz Der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz wurde im Fall Bachmann669 vom EuGH entwickelt. Danach sollen Regelungen der nationalen Steuersysteme, zwischen denen ein zwingender / unmittelbarer Sachzusammenhang besteht, nur gemeinsam betrachtet werden können.670 Der Vorwurf der Diskriminierung entfällt, Cordewener, S. 334 f. m.w.N. Cordewener, S. 339 f. m.w.N. 666 Matsos, S. 13 f. 667 Cordewener, S. 828. 668 Eine umfassende Darstellung findet sich bei Cordewener, S. 926 ff. 669 Rs. C-204 / 90 u. C-300 / 90 EuGHE 1992, I-249 ff.; 305 ff. – Bachmann u. Kommission / Belgien. Die Entscheidung wurde häufig kritisiert, da der EuGH die bestehende DBARechtslage verkannt habe, vgl. Thömmes, GS f. Knobbe-Keuk, S. 827 f. 670 Der Rechtfertigungsgrund bezieht sich also auf das System des Mitgliedstaates, davon zu unterscheiden ist das Kohärenzprinzip des EU-Vertrages (Art. 1 Abs. 3 S. 2; Art. 3; Art. 11 664 665

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wenn eine europarechtsrechtskonforme Anwendung nicht möglich ist, ohne daß es zu Widersprüchen im Steuersystem des Mitgliedstaates kommt. Allerdings ist dieser im Schrifttum stark kritisierte Rechtfertigungsgrund „einer der schillerndsten Begriffe, die das europäische Steuerrecht bislang hervorgebracht hat“671. In den neuen Urteilen wurde er immer mehr eingeschränkt, so daß Teile der Literatur ihm seine praktische Relevanz vollkommen absprechen.672 Die Analyse der EuGH-Rechtsprechung durch Cordewener ergab, daß der EuGH den Grundsatz nicht zur Leerformel degradierte, ihn aber andererseits auch nicht zum Allheilmittel emporgehoben hat, sondern ihn vielmehr inhaltlich präzisiert hat. Insbesondere wurde seine Anwendbarkeit dem Grunde nach inzwischen im Rahmen sämtlicher Marktfreiheiten anerkannt.673 Präzisierungen, die eine funktionellere Handhabung des Grundsatzes ermöglichen674, wurden in positiver und negativer Hinsicht vorgenommen: Positiv wird ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer strengen Wechselbeziehung in bezug auf dieselbe Person und dieselbe Steuer vorausgesetzt.675 Das Erfordernis der Personenidentität wurde zuerst in der Rechtssache Svensson genannt und wird gerade im Hinblick auf das Zusammenspiel Einkommens- / Körperschaftssteuer stark in Frage gestellt.676 Ein negatives Merkmal wurde durch die Wielocks-Entscheidung hinzugefügt: danach darf sich nicht aus den von dem betreffenden Mitgliedstaat abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen ergeben, daß ein „intern“ unter Erfüllung obiger positiver Kriterien in der innerstaatlichen Gesetzgebung angelegter spezifischer Regelungszusammenhang „extern“ aufgegeben worden ist.677 Insgesamt überzeugt das von Cordewener entwickelte Verständnis der Kohärenz, wonach im Konfliktfeld zwischen den EG-Grundfreiheiten und dem nationalen Steuerrecht im Rahmen der Rechtfertigung ein Gegengewicht zugunsten der Mitgliedstaaten erforderlich ist. Ein Prototyp des per se „kohärenten“ SteuerEU), das Abstimmung und Widerspruchsfreiheit innerhalb der EU fordert, vgl. Calliess in Calliess / Ruffert, Art. 1 Rn. 41 f. m.w.N. 671 Thömmes, GS f. Knobbe-Keuk, S. 826; zur Kritik Thömmes, DStJG 19 (1996) S. 96 ff.; Knobbe-Keuk, EC Tax Review 1994, S. 74 ff. 672 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 235. 673 Cordewener, S. 926 ff.; 958 ff. Allerdings blieb die tatsächliche Annahme bislang singulär. 674 Vgl. Cordewener, S. 973 m.w.N. 675 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 238; Cordewener, S. 967 ff. EuGH v. 12. 6. 2003, DStR 2003, S. 1112 (1113) – Armoud Gerritse / FA NeuköllnNord; EuGH v. 18. 09. 2003 – Bosal Holding BV, Rs. C-168 / 01, Rz. 32. 676 Vor allem von Bozza-Bodden, S. 309 ff.; zur Gruppen- / Konzernbesteuerung ebenso Cordewener, S. 969. Schlußantrag GA Tizzano Rz. 51, EuGH 2002, I-4573 – Schmid; Hey, AöR 2003, S. 243. 677 Cordewener, S. 533 ff.; 969 ff. Vgl. auch DStRE 2002, S. 1441 ff. Rz. 41 – Rolf Dieter Danner. 11 Beck

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systems existiert daher nicht.678 Kohärenz ist vielmehr zu verstehen als grundlegende Gewährleistung von Systemgerechtigkeit und Lastengleichheit innerhalb der jeweiligen nationalen Steuerrechtsordnung.679 Der von seinen Grundfreiheiten Gebrauch machende Steuerpflichtige soll nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als der Steuerpflichtige, der den Besteuerungstatbestand im rein nationalen Kontext der betreffenden Regelung verwirklicht. Eine einseitige Vorteilsmitnahme, durch die der „free mover“ zum „free rider“ wird, soll nicht stattfinden.680 Bedenken gegen eine Einbeziehung des Kriteriums der Kohärenz des Steuersystems in den Kreis der zwingenden Erfordernisse des Allgemeininteresses werden im Hinblick darauf geltend gemacht, daß das Verhältnis zwischen Steuerrecht und Kapitalverkehrsfreiheit bereits durch Art. 58 EG geregelt sei. Zum anderen stünden – bei weitem Verständnis des Begriffs der Kohärenz – fast alle Vorschriften eines nationalen Steuersystems miteinander in einem gewissen Zusammenhang im Hinblick auf ihre Bedeutung für das Steueraufkommen eines Mitgliedstaates.681 Dagegen kann eingewendet werden, daß Art. 58 EG deklaratorischen Charakter hat und in sinnvoller Weise die Frage der Kohärenz sich nur im Bereich des materiellen Steuerrechts und dort speziell bei der Ausgestaltung der einzelnen Teilelemente des Steueranspruchs im engeren Sinne, d. h. insbesondere im Hinblick auf Bemessungsgrundlage und Tarif stellt.682 Vor allem soweit die Grundfreiheiten als (absolute) Beschränkungsverbote wirken und daher tief in die mitgliedstaatliche Souveränitätssphäre eindringen, droht der Konflikt zwischen Marktfreiheit und systemgerechter Besteuerungsgleichheit besonders deutlich hervorzutreten. In diesem Bereich könnte der ungeschriebene Rechtfertigungsgrund Kohärenz daher von besonderer Bedeutung sein.683 Im Hinblick auf die Frage der Doppelbesteuerung könnte der EuGH in Anlehnung an die Rechtsprechung des U.S. Supreme Court zur Interstate Commerce Clause den Grundsatz der Kohärenz neu interpretieren als Zustand, „in dem eine nationale Steuerrechtsordnung dem kategorischen Imperativ des internationalen Steuerrechts genügt: Sie müßte so zugeschnitten sein, daß dann, wenn auch alle anderen Staaten dieses Steuersystem hätten, alle Einkünfte exakt einmal besteuert und alle Aufwendungen exakt einmal berücksichtigt würden, so daß es weder zu Doppelbesteuerung noch zu sog. weißen Einkünften käme“684. Cordewener, S. 958. Cordewener, S. 238; 961; Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 238 halten hingegen – ohne nähere Begründung – den Gedanken der Systemgerechtigkeit nicht für einschlägig. 680 Cordewener, S. 963 f.; 981. 681 Ress / Ukrow in Grabitz / Hilf, Art. 56 Rn. 77. 682 Cordewener, S. 172, 473; 459 ff.; 958 ff.; 980. 683 Cordewener, S. 967. 684 Reimer, Münchner Schriften zum internationalen Steuerrecht 23 (2000), S. 62. Vgl. auch Cordewener, S. 871 ff.; 972 f. 678 679

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In besonders gelagerten Fällen könnte daher sogar an eine Ausweitung dieses Rechtfertigungsgrundes gedacht werden, wenn sonst ein Steuerchaos drohte.685 Bereits nach nationalem Steuerrecht systemwidrige Regeln können eine solche Rechtfertigung aber keinesfalls in Anspruch nehmen. Der Gedanke der Systemgerechtigkeit, der im nationalen Verfassungsrecht lediglich zur Feststellung der Ungleichbehandlung im Rahmen des Art. 3 GG herangezogen wurde, bekommt mit dieser Argumentation eine entscheidende Bedeutung für die Frage der Rechtfertigung im Gemeinschaftsrecht. (b) Sonstige anerkannte Rechtfertigungsgründe Daneben wurden ausdrücklich die wirksame Steueraufsicht bzw. Steuerkontrolle686, die Vermeidung von Steuerumgehung / Mißbrauch687, Ausschluß von Steuerlücken (white income)688 und die Maßnahmen zur Anwendung der Steuerprogression689 anerkannt. (c) Schaffung steuerlicher Wettbewerbsgleichheit Kein legitimes Ziel ist die Auferlegung einer steuerlichen Belastung, um eine geringere Besteuerung im Heimatland auszugleichen.690 (d) Vermeidung von Steuervorteilen691 Eng damit verbunden und unzulässig ist eine Besteuerung, die den Steuervorteil, der aus der zufälligen Unterschiedlichkeit der Steuersysteme der Mitgliedstaaten resultiert, vermeiden oder abschöpfen soll. Eine steuerlich diskriminierende Vorschrift kann grundsätzlich nicht durch das Bestehen anderweitiger Steuervorteile gerechtfertigt werden.692 Eine Ausnahme bilden allenfalls die Fälle der Kohärenz.

Dazu Teil 1 E. I. 2. a). Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 240 m.w.N.; Cordewener, S. 938 ff. 687 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 241 m.w.N.; Cordewener, S. 950 ff. 688 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 242 m.w.N. 689 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 243 m.w.N. 690 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 244 m.w.N. 691 Cordewener, S. 933 f.; neu EuGH v. 21. 11. 2002, C-436 / 00-X,Y / Riksskatteverk, DStRE 2003, S. 400 ff. 692 Schlußantrag GA Tizzano Rz. 52 f., EuGH 2002, I-4573 – Schmid, lehnt daher einen nur bei ausländischen Kapitalerträgen zulässigen Werbungskostenabzug als Rechtfertigungsgrund für eine steuerliche Benachteiligung von ausländischen Kapitalerträgen ab. 685 686

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(e) Gestaltungsmöglichkeiten Eine Diskriminierung kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß es dem Steuerpflichtigen offenstehe, der Diskriminierung auszuweichen. Die Wahlfreiheit, die die Grundfreiheiten gewähren, dürfen nicht durch diskriminierende Steuervorschriften eingeschränkt werden.693 (f) Sonstige abgelehnte Gründe Unzulässig sind Regelungen zur Förderung der Wirtschaft eines Landes694, zur Vermeidung von Einnahmeausfällen 695 und zur Vereinfachung der Steuererhebung696. Auf die fehlende Steuerrechtsharmonisierung in der Union können sich die Mitgliedstaaten ebenfalls nicht berufen.697

bb) Niederlassungsfreiheit Art. 43 Abs. 1 EG verbietet Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats. Nach Art. 43 Abs. 2 EG umfaßt die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates (primäre Niederlassungsfreiheit). Gem. Art. 43 Abs. 1 S. 2 EG sind auch für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften verboten (sekundäre Niederlassungsfreiheit). Die Tochtergesellschaft zeichnet sich durch rechtliche Selbständigkeit aus. Zweigniederlassung und Agentur können und müssen nicht genau unterschieden werden. Sie erfassen als Sammelbegriffe sämtliche unselbständige Betriebsteile.698 Gem. Art. 48 EG sind auch nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründete699 Gesellschaften mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat nach Art. 43 EG berechtigt. Gesellschaften sind neben den juristischen Personen auch die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts. Eine Niederlassung ist eine EuGHE 1986, S. 305 Rz 22 – avoir fiscal; Thömmes, GS f. Knobbe-Keuk, S. 820 f. Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 246 m.w.N. 695 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 247 m.w.N.; Cordewener, S. 936 f. 696 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 248 m.w.N.; Cordewener, S. 937 f. 697 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 249 m.w.N.; Cordewener, S. 931 f. Daneben ist auch im Europarecht ein Verweis auf Billigkeitsmaßnahmen unzulässig, vgl. Cordewener, S. 430 f. m.w.N., 538. 698 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, Art. 43 Rn. 56 m.w.N. 699 Zum Konflikt mit der in Deutschland vertretenen Sitztheorie vgl. EuGH v. 5. 11. 2002, GmbHR 2002, S. 1137 – Überseering; Meilicke, GmbHR 2003, S. 793 ff. 693 694

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feste Einrichtung, die bei Eingliederung in die nationale Volkswirtschaft der tatsächlichen Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu dienen bestimmt ist.700 In den Bereich der Vorschrift fallen alle Regelungen, die die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar beeinflussen. Sie verbietet auch Einschränkungen der Wahl der Form des Zweigbetriebes.701 Das bewirkt, daß sie zu einem Gebot der Gleichbehandlung von Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften wird.702 Dies wird ebenfalls unter dem Begriff der Rechtsformneutralität diskutiert. An dieser Stelle macht sich aber die fehlende Harmonisierung innerhalb der Steuersysteme bemerkbar. Anders als im nationalen Verfassungsrecht besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen den betriebswirtschaftlichen Neutralitätsgeboten und den rechtlichen Forderungen aus den Grundfreiheiten. Die Grundfreiheiten fordern nur die Gleichbehandlung grenzüberschreitender Sachverhalte, (noch) nicht die Belastungsgleichheit. 703 Es gibt daher keine Verpflichtung alle Sekundärniederlassungsformen völlig gleich zu behandeln. Fundamentale Prinzipien des internationalen Steuerrechts würden sonst offen in Frage gestellt und die Steuerpflichtigen zum Rosinenpicken geradezu eingeladen. Es drohten erhebliche Verwerfungen und Unsicherheiten innerhalb der nationalen Rechtsordnung.704 Die Rechtsformneutralität im rechtlichen Sinn ist ein weiterer europarechtlicher Teilaspekt des Gleichheitssatzes, der im speziellen Diskriminierungsverbot der Niederlassungsfreiheit verankert ist. Insoweit kann auf die Aussage zum deutschen Verfassungsrecht zurückgegriffen werden: allein die Rechtsform ist kein zulässiges Differenzierungskriterium.705 Es handelt sich um nicht mehr als die Ablehnung eines unzulässigen Rechtfertigungsarguments auf dem Weg zur Inländergleichbehandlung.706 Bei der Prüfung der Niederlassungsfreiheit kommt dem Kriterium des Marktzugangs besondere Bedeutung zu. Zu berücksichtigen ist, daß der Niederlassungswillige sich dauerhaft und freiwillig in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und damit in dessen Rechtsordnung begibt. Der besondere Charakter der Niederlassungsfreiheit liegt in dem Element der Dauerhaftigkeit. Für die Verhältnismäßigkeitsprüfung bedeutet dies, daß nur solche Regelungen, die die freie Standortwahl – den Zugang – beeinträchtigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen können. Im übrigen sind die vorgefundenen Standortbedingungen hinzuneh700 EuGHE 1995, I-4165 – Gebhard. Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, Art. 43 Rn. 13 ff. 701 EuGHE 1999, I-6161(6198) – Saint-Gobain. 702 Schön, EWS 2000, S. 281 ff. 703 Zum Verhältnis der betriebswirtschaftlichen Neutralitätsgebote zu den Grundfreiheiten vgl. Jaeger, S. 109 ff. 704 Cordewener, S. 401 f.; 833 ff.; 671 ff.; 769; 831 ff. 705 Vgl. Teil 1 D. I. 2. b) bb) (4). 706 Cordewener, S. 835.

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men.707 Zu diesen Standortbedingungen gehört grundsätzlich das jeweilige nationale Steuerrecht. Soweit einzelne Vorschriften des nationalen Steuerrechts den Zugang zum Markt betreffen, können sie aber ein entscheidender Faktor über den Ort der Niederlassung sein. Die Frage der Vereinbarkeit nationaler direkter Steuervorschriften mit der Niederlassungsfreiheit beschäftigt daher seit 1986 regelmäßig die Rechtsprechung des EuGH.708 Wie Art. 294 EGV zeigt, kann auch die Beteiligung an Unternehmen Ausdruck der Niederlassungsfreiheit sein. Der Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen fällt nur dann in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit, wenn mit dem Anteilserwerb die Aufnahme einer bestimmten Tätigkeit und nicht bloß eine Kapitalanlage verbunden ist. Dies setzt voraus, daß die Beteiligung an einer Gesellschaft einen Umfang erreicht, der dem Gesellschafter maßgeblichen Einfluß auf die unternehmerischen Entscheidungen ermöglicht.709 Es gilt bloße Finanz- / Portfoliobeteiligungen abzugrenzen. Schön greift zur Unterscheidung auf die Mutter-Tochter-Richtlinie zurück und nimmt eine unternehmerische Beteiligung, die in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fällt, ab einer Beteiligung von 25 % an. cc) Kapitalverkehrsfreiheit Integrierte europäische Kapitalmärkte werden als entscheidend für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung angesehen. Die Finanzdienstleistungen machten zu Beginn des 21. Jahrhunderts etwa 6 % des BIP der EU und 2,5 % der Beschäftigung aus. Es handelt sich dabei um einen Sektor, der allen Wirtschaftstätigkeiten zugrunde liegt und in dem die EU das größte Wachstumspotential hat. Ein integrierter europäischer Kapitalmarkt und ein dynamischer Finanzsektor sind mit einer Vielzahl von Vorteilen verknüpft: Die Unternehmen profitieren davon, überall 707 Bröhmer in Calliess / Ruffert, Art. 43 Rn. 30; Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, EGV vor Art. 39 – 55 Rn. 105 ff.; Cordewener, S. 401 ff. 708 Beginnend mit Rs. 270 / 83 – avoir fiscal, EuGHE 1986, 273; später: Rs. 81 / 87 – Daily Mail, EuGHE 1988, 5483; Rs. C-112 / 91 – Werner, EuGHE 1993, I-429; Rs. C-330 / 91 – Commerzbank, EuGHE 199,3 I-4017; Rs. C-80 / 94 – Wielocks, EuGHE 1995, I-2493; Rs. C-484 / 93 – Svensson und Gustavsson, EuGHE 1995, I-3955; Rs. C-107 / 94 – Asscher, EuGHE 1996, I-3089; Rs. 250 / 95 – Futura und Singer, EuGHE 1997, I-2492; Rs. C-264 / 96 – ICI, EuGHE 1998, I-4695; Rs. C-311 / 97 – Royal Bank of Scotland, EuGH 1999, I-2651; Rs. C-254 / 97 – Societé Baxter, EuGHE 1999, I-4809; Rs. 307 / 97 – Compagnie de Saint-Gobain, EuGHE 1999, I-6161; Rs. C-200 / 98 – X AB und Y AB, EuGHE 1999, I-8261; Rs. C-251 / 98, EuGHE 2000, I-2787 – Baars; Rs. C-156 / 98 – Deutschland / Kommission, EuGHE 2000, I-6857; Rs. C-141 / 99 – AMID, DStRE 2001, 20; Rs. C-397 / 98 – Metallgesellschaft und C-410 / 98 – Hoechst, DStRE 2001, 403 ff. Eine Kurzzusammenstellung aller für die direkten Steuern relevanten Urteile befindet sich bei Kellersmann / Treisch, S. 329 ff. 709 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, Art. 43 Rn. 115 m.w.N.

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in der EU Kapital aufnehmen zu können; es eröffnen sich billigere und flexiblere Finanzierungsregelungen für kreditaufnehmende Unternehmen und innovative Unternehmensneugründungen können eine besser geeignete Finanzierung für ihre Bedürfnisse finden wie Gründungs- und Risikokapital. Die Anleger können bessere Erträge erzielen und mit einer höheren Produktivität vorhandener Ersparnisse rechnen. Moderne Finanzmärkte, die für alle Unternehmen leicht zugänglich sind, können im übrigen zum Entstehen einer neuen Generation von Unternehmern und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.710 Die Kapitalverkehrsfreiheit wurde, anders als die übrigen Grundfreiheiten, in der jetzigen Fassung erst zum 1. 1. 1994 in den EG-Vertrag aufgenommen. Inhaltlich stimmt sie zu einem großen Teil mit den Bestimmungen der Kapitalverkehrsrichtlinie 88 / 361 / EWG überein.711 Sie gewährleistet gem. Art. 56 Abs. 1 EG Investitionstätigkeit jeder Art und einseitige Wertübertragungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen und stellt im Gegensatz zur Freiheit des Personenverkehrs nicht auf die Staatsangehörigkeit ab.712 Sie kommt auch im Verhältnis zu Drittstaaten zur Anwendung.713 Allerdings setzt sie – auch nach der Neufassung – weiterhin einen grenzüberschreitenden Bezug voraus, so daß die Inländerdiskriminierung nicht darunter fällt.714 Der Schutzbereich umfaßt nicht nur den grenzüberschreitenden Transfer von Geld- und Sachkapital, sondern ebenso die Nutzung des Kapitals als Rückflüsse in Form von Gewinnen, Zinserträgen oder Dividenden.715 Unerheblich für die Einordnung als Kapital i. S. d. Art. 56 Abs. 1 EGV ist die Eigenschaft als Eigen- oder Fremdkapital, da beide Formen erfaßt werden.716 Der EuGH hat erst in zwei Fällen zur Bedeutung 710 Ress / Ukrow in Grabitz / Hilf, vor Art. 56 Rn. 1 mit Verweis auf Kommissionsmitteilung, KOM(2000) 336 endg. 711 Zur Entwicklung Ohler, vor Art. 56 Rn. 1 ff. 712 Streinz, Europarecht, Rn. 656. Auf eine Definition des „Kapitalverkehrs“ wurde bewußt verzichtet, um den Anwendungsbereich für die wirtschaftlich vielfältigen Lebensvorgänge, die den Wirtschaftsfaktor „Kapital“ betreffen, von vornherein offen zu halten, vgl. Ohler, Art. 56 EGV Rn. 15 m.w.N. 713 Diese „Erga-Omnes“-Konzeption des Art. 56 EG stellt hinsichtlich des Produktionsfaktors „Kapital“ einen wesentlichen, wenngleich zunächst einseitigen Beitrag der EU zur globalen Öffnung der Märkte dar, die über die aktuellen Verpflichtungen im Rahmen der OECD und des IWF hinausgehen. Er ist geeignet, das internationale Vertrauen in den Euro als einheitliche europäische Währung zu stärken. Vgl. Ress / Ukrow in Grabitz / Hilf, Art. 56 Rn. 54 m.w.N. Wegen möglicher Probleme im Zusammenhang mit einer vollständigen Liberalisierung sehen Art. 57, 58, 60 EG zusätzliche Beschränkungsmöglichkeiten im Verhältnis zu Drittstaaten vor. 714 Ohler, Art. 56 EGV Rn. 207; Ress / Ukrow in Grabitz / Hilf, Art. 56 Rn. 39 mit Verweis auf neue weitergehende Ansichten: Weitergehend im Ansatz Schlußanträge des GA Geelhoed v. 20. 11. 2001 in den verb. Rs.en C-515 / 99 u. a. – Hans Reisch u. a. / Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg, Rz. 104: die innerhalb der vollendeten Wirtschafts- und Währungsunion entstandene Einheitlichkeit des Kapitalmarktes führe dazu, daß beim freien Kapitalverkehr nicht mehr von einer rein internen Situation gesprochen werde könne. Dieser Ansatz verkennt allerdings die fortbestehenden Lücken bei der Entwicklung eines einheitlichen Kapitalmarktes. Zum Streitstand vgl. Teil 2 D. II. 2. 715 EuGHE 2000, I-4071 (4125) Rz 29 – Verkooijen; Freitag, EWS 1997, S. 187 m.w.N.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

der Kapitalverkehrsfreiheit im Bereich der direkten Steuern Stellung genommen.717 In der Rechtssache Verkooijen wurden in bezug auf die europarechtliche Beurteilung nationaler Körperschaftsteuersysteme entscheidende Aussagen getroffen. Eine Beschränkung des Kapitalverkehrs liegt danach vor, wenn eine Regelung – zum einen bewirkt, daß Staatsangehörige, die in dem betreffenden Mitgliedstaat wohnen, davon abgeschreckt werden, ihr Kapital in Gesellschaften anzulegen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben; – zum anderen sich gegenüber Gesellschaften, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, einschränkend auswirkt, weil sie für sie ein Hindernis darstellt, im betreffenden Mitgliedstaat Kapital zu sammeln, da die von ihnen an dort wohnende Personen gezahlten Dividenden steuerlich ungünstiger behandelt werden als die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschütteten Dividenden; ihre Anteile sind dadurch für in dem fraglichen Mitgliedstaat wohnende Investoren weniger attraktiv als die von Gesellschaften, die dort ihren Sitz haben.718

dd) Verhältnis Art. 43 – Art. 58 EG Die (subjektbezogene) Niederlassungsfreiheit ist von der (objektbezogenen) Kapitalverkehrsfreiheit auf der Konkurrenz- nicht auf der Tatbestandsebene719 abzugrenzen.720 Fast alle Niederlassungsvorgänge sind zugleich mit Zahlungs- oder Kapitalbewegungen verbunden. Die Abgrenzung auf Konkurrenzebene schließt es nicht aus, daß die Freiheiten auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt für den jeweils von ihnen erfaßten Sachbereich nebeneinander anwendbar sind (parallele Anwendung). Der in Art. 43 Abs. 2 EG und Art. 58 Abs. 2 EG ausgedrückte Vorbehalt bezüglich der jeweils anderen Freiheiten besagt nur, daß die Freiheiten in dem jeweils von ihnen erfaßten Sachbereich zur Anwendung kommen, ohne durch die anderen Freiheiten verdrängt zu werden.721 716 Ohler, Art. 56 EGV Rn. 41. Umstritten ist, ob die Kapitalverkehrsfreiheit entsprechend zur Niederlassungsfreiheit ein Neutralitätsgebot in Form der Finanzierungsneutralität enthält, zum Streitstand Jaeger, S. 80 f. m.w.N. Ablehnend HHR / Hey, Einf. KSt Anm. 110. 717 Rs. C-439 / 97 – Sandoz, EuGHE 1999, I-7041; Rs. C-35 / 98 – Verkooijen, EuGHE 2000, I-4071. 718 EuGHE 2000, I-4071 (Rz. 34 f.) – Verkooijen; Schlußantrag GA Tizzano Rz. 38, EuGH 2002, I-4573 – Schmid. 719 So aber Brinkmann, S. 59 f. – Vorrang der Niederlassungsfreiheit, wenn Anleger zum Unternehmer wird. 720 Schön, GS f. Knobbe-Keuk, S. 753. 721 Randelzhofer / Forsthoff in Grabitz / Hilf, Art. 43 Rn. 114; Schön, GS f. Knobbe-Keuk, S. 749; HHR / Hey, Einf. KSt Anm. 110; Ohler, Art. 56 EGV Rn. 107 ff. (dort auch umfassend zur Abgrenzung). A.A. Exklusivitätstheorie: so noch Ohler, WM 1996, S. 1804; Freitag, EWS 1997, S. 188. Offen Bröhmer in Calliess / Ruffert, Art. 56 Rn. 25.

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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3. Sekundäres Gemeinschaftsrecht

Seit 1990 gibt es mit der Mutter-Tochter-Richtlinie, der Fusionsrichtlinie und der Schiedsverfahrenskonvention (multilaterales Abkommen) die ersten materiellen gemeinschaftlichen Regelungen, die ausschließlich den Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung betreffen.722 Im Rahmen dieser Arbeit soll näher auf die Mutter-Tochter-Richtlinie sowie auf darauf bezogene Änderungsvorschläge und auf Vorschläge zur Verlustberücksichtigung eingegangen werden:

a) Mutter-Tochter-Richtlinie (RiL 90 / 435 / EWG v. 23. 7. 1990) Die Mutter-Tochter-Richtlinie bezieht sich auf die Dividendenausschüttungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sind mehrere Maßnahmen vorgesehen: Der Staat der Muttergesellschaft, die die Dividende empfängt, muß entweder diese Dividende von der Besteuerung freistellen (Freistellungsmethode) oder die von der Tochtergesellschaft entrichteten Steuern auf die der Muttergesellschaft anrechnen (Anrechnungsmethode) (Art. 4 Abs. 1 MTR 1990).723 Reformvorschläge sehen vor allem eine Senkung der Mindestbeteiligung (derzeit 25 %) und eine Erweiterung des subjektiven Anwendungsbereiches, insbesondere auch die Einbeziehung der Europäischen Aktiengesellschaft, vor.724

b) Richtlinienvorschläge aa) Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie Ziel des Richtlinienvorschlages ist die Sicherstellung der Einmalbesteuerung im Mitgliedstaat der Ansässigkeit des Darlehens- bzw. Lizenzgebers. Er sieht daher inhaltlich die Befreiung von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen von allen Quellen- und sonstigen Steuern vor. Nachdem für Dividenden die Mutter-Tochter-Richtlinie greift, würde insoweit Finanzierungsneutralität hergestellt.725

722 Tsourouflis, S. 49. Die Amtshilferichtlinie 77 / 779 / EWG war die erste EG-Richtlinie zur gegenseitigen Amtshilfe im Bereich der direkten und indirekten Steuern, vgl. EG-Amtshilfegesetz, BGBl. I 1985, S. 2436. 723 Im einzelnen vgl. Kellersmann / Treisch, S. 209 ff. 724 Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß v. 23. 10. 2001, KOM(2001) 582 endg, Anhang (37), (55); Dautzenberg, S. 481; Ruding, S. 203. 725 Vgl. Kellersmann / Treisch, S. 242 ff.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

bb) Abzugsbeschränkungen und Verluste in Europa Abzugsbeschränkungen haben unmittelbar Auswirkung auf die Höhe des steuerlichen Ergebnisses. Die Berücksichtigung von Verlusten, insbesondere der grenzüberschreitende Verlustausgleich, wird von der Europäischen Kommission als eine der wichtigsten Fragen für die Wirtschaft betrachtet, die durch spezifische Maßnahmen am schwierigsten zu lösen sind. Die zentrale Bedeutung des Verlustausgleichs für den Gemeinsamen Markt, insbesondere für die Wettbewerbsneutralität wird allgemein erkannt und hervorgehoben.726 (1) Innerstaatlicher Verlustausgleich Der Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der steuerlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Übertragung von Unternehmensverlusten727 hat das Ziel, ein einheitliches und liberales innerstaatliches Verlustberücksichtigungsverfahren in allen Mitgliedstaaten einzuführen, um die Investitions- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Der Richtlinienvorschlag betrifft nur bilanzierende Steuersubjekte. Verluste sollen wahlweise bis zu 2 Jahre (nach der Änderung bis zu 3 Jahre) zurückgetragen oder zeitlich unbefristet vorgetragen werden können. Die Richtlinie wurde nicht verabschiedet und wird z.Z. auch nicht diskutiert, sie löste jedoch eine „stille Harmonisierung“ aus, indem mehrere Mitgliedstaaten den Verlustvortrag nun zeitlich unbefristet zulassen.728 Gegenwärtig ist in Deutschland allerdings eine gegenläufige Tendenz zu beobachten. Die auch noch im StVergAbG geplante Begrenzung des Verlustabzugs auf die Hälfte der Einkünfte bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer bzw. auf die Hälfte des Gewinns aus Gewerbebetrieb nach Berücksichtigung der Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Gewerbesteuer (§ 10 d Abs. 2 Satz 2 EStG; § 10 a Satz 1 GewStGE) soll faktisch eine Mindestbesteuerung des Gewinns gewährleisten. (2) Verlustrichtlinie zur Berücksichtigung ausländischer Verluste729 Ziel des Richtlinienvorschlages war es sicherzustellen, daß eine Tätigkeit auf Gemeinschaftsebene steuerlich nicht schlechter gestellt wird als eine auf einen Vgl. Ruding, S. 299 ff. – Arbeitspapier von Rädler. 84 / C 253 / 05 v. 11. 9. 1984, KOM(1984) 404 endg. Abl. 1984, C 253 / 5 – 6 – Verlustrichtlinie 1985; Änderungen v. 25. 6. 1985, KOM(1985) 319 endg. Abl. 1985, C 170 / 3. 728 Kellersmann / Treisch, S. 282 f.; Dautzenberg, S. 423. 729 Auslands-Verlust-Richtlinie 1990: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung der Verluste ihrer in anderen Mitgliedstaaten 726 727

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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Mitgliedstaat beschränkte Tätigkeit. Gerade die Nichtberücksichtigung ausländischer Verluste stellt einen gravierenden steuerlichen Nachteil für Investitionen im Ausland dar. Die Berücksichtigung der Verluste ausländischer Betriebstätten und Tochterkapitalgesellschaften ist nur begrenzt in den Mitgliedstaaten möglich und zudem sehr unterschiedlich geregelt. Angestrebt wird eine umfassende grenzüberschreitende Ergebniskonsolidierung im Konzern.730 Im Gegensatz zu dem ursprünglichen Vorschlag aus dem Jahr 1990 sollen Verluste von Tochtergesellschaften nicht mehr von der Richtlinie erfaßt werden.731 Der neue Vorschlag betrifft ausschließlich die Berücksichtigung von Betriebsstättenverlusten. Die Richtlinie beschränkt sich auf den horizontalen Verlustausgleich und zwar ausschließlich auf die Verrechnung von Verlusten einer Betriebsstätte mit Gewinnen des Stammhauses. Der Richtlinienvorschlag ist nicht verabschiedet worden. Eine aktuelle Studie der Europäischen Kommission zur Unternehmensbesteuerung befaßt sich jedoch wieder näher mit der Problematik.732 Die Kommission plant weitere Untersuchungen, um einen neuen Harmonisierungsvorschlag bis Ende 2003 zu unterbreiten und wird daher ihren bisherigen Richtlinienvorschlag zurückziehen.733 Sie stellt schon jetzt fest: „Der grenzüberschreitende Verlustausgleich ist eine der wichtigsten Fragen für die Wirtschaft und stellt eines der Probleme dar, die durch spezifische Maßnahmen am schwierigsten zu lösen sind.“734 In der neuen Studie zur Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt werden zwei unterschiedliche Maßnahmen untersucht: Zum einen die Anpassung der Verlustrichtlinie (KOM(1990) 595), insbesondere die (Wieder-)Einbeziehung von Tochtergesellschaften, zum anderen die Orientierung am dänischen System zur gemeinsamen Besteuerung von Konzernunternehmen, danach ist es dänischen Muttergesellschaften in bestimmten Fällen gestattet, nicht nur ihre Betriebsstätten, sondern auch ihre ausländischen Tochtergesellschaften in Dänemark besteuern zu lassen. Durch die Verabschiedung des Verordnungsentwurfs über ein Statut der Europäigelegenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften – 91 / C 53 / 03, v. 6. 12. 1990, KOM(1990) 595 endg. Abl. 1991, C 53 / 30 – 34. Auslands-Verlust-Richtlinie 1992: Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung von Verlusten. -Vorschlag für eine Richtlinie KOM(1990) 595 – C 3 – 69 / 91. Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über eine Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung der Verlusten ihrer in anderen Mitgliedstaaten gelegenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften, Abl. 1992, C 94 / 152 – 153. 730 Kellersmann / Treisch, S. 284 m.w.N. Vorgeschlagen werden ein Anrechnungsverfahren oder die Methode des Verlustabzugs mit Nachversteuerung, ausführlich: Kellersmann / Treisch, S. 284 ff. m.w.N. 731 Kritisch (Verstoß gegen die Rechtsformneutralität): Kellersmann / Treisch, S. 288 ff. m.w.N. 732 SEK(2001), 1681 eine Zusammenfassung ist als Anhang zu KOM(2001) 582 endg., S. 31 – 54 abgedruckt. 733 Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß v. 23. 10. 2001, KOM(2001) 582 endg, S. 24. 734 Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß v. 23. 10. 2001, KOM(2001) 582 endg, S. 14.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

schen Aktiengesellschaft gewinnt die Auslandsverlustverrechnungsmöglichkeit erneut an Bedeutung. Der Verordnungsentwurf gab auch den Anstoß für die Auslands-Verlust-Richtlinie. 735 Möglicherweise werden daher die Diskussionen um die Harmonisierung der Verlustberücksichtigung wiederbelebt. Logisch vorgelagert ist dann die Frage der Zulässigkeit von Abzugsbeschränkungen. Das aktuelle Strategiepapier sieht die unverzügliche Inangriffnahme der gezielten Maßnahmen und gleichzeitig die Aufnahme einer umfassenden Diskussion über umfassende Maßnahmen vor, mit dem langfristigen Ziel für die grenzüberschreitende Unternehmensbesteuerung eine konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage in der EU zu schaffen.736 4. Rechtsprechung

Gegenwärtig schafft allein der EuGH mittels Rechtsprechung eine Art innergemeinschaftlichen Verlustausgleich. Insoweit sind die Urteile ICI737, X AB und Y AB738, AMID739 und Metallgesellschaft / Höchst740 zu nennen.741 5. Zusammenfassung

Die Entwicklungen im Bereich der Rechtsprechung und im Sekundärbereich zeigen, daß eine Doppelbelastung aufgrund des Grenzübergangs vermieden werden soll. Die Grundsätze der Verlustberücksichtigung und das Nettoprinzip sollen auch im Rahmen des Gemeinschaftsrechts berücksichtigt werden.

II. Gemeinschaftsrechtliche Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG742 Die Prüfung der Vereinbarkeit einer Norm des nationalen Steuerrechts mit dem Europarecht beginnt stets mit einem Vergleich. Wird ein und derselbe Sachverhalt Knobbe-Keuk, AG 35 (1990), S. 437. Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß v. 23. 10. 2001, KOM(2001) 582 endg, S. 23. 737 EuGHE 1998, I-4695. 738 EuGHE 1999, I-8261. 739 DStRE 2001, S. 20 ff. 740 EuGHE 2001, I-1760. 741 Vgl. Kellersmann / Treisch, S. 290 m.w.N. Aktuell: EuGH v. 18. 9. 2003 – Bosal Holding BV, Rs. C-168 / 01. 742 Es handelt sich hier um den Sonderfall einer grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Doppelbelastung, auf den Cordewener nicht näher eingeht, vgl. Cordewener, S. 857 f. 735 736

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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steuerlich von Deutschland deswegen anders behandelt, weil er sich nicht im Inland, sondern im EU-Ausland oder umgekehrt abspielt? Wenn die Behandlung in beiden Fällen die gleiche ist, kann trotzdem eine Europarechtswidrigkeit vorliegen, nämlich wenn die grenzüberschreitende Betätigung behindert wird.743

1. Allgemeine Erwägungen

a) Diskriminierungsverbot Eine natürliche Person, die sich an einer Kapitalgesellschaft aus einem EG-Mitgliedstaat beteiligt, kann nur die Hälfte ihrer damit zusammenhängenden Erwerbsaufwendungen abziehen (§ 8 b Abs. 5 KStG findet keine Anwendung). Beteiligt sie sich an einer ausländischen Personengesellschaft, kann sie ihre Aufwendungen voll abziehen. Die Fremdfinanzierung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist damit weniger lukrativ. Eine offene Diskriminierung liegt nicht vor, da die Rechtslage bei Beteiligung an inländischen Gesellschaften nicht anders ist. Teile der Literatur bejahen daher die Europarechtskonformität.744 Dabei wird möglicherweise die Problematik der verdeckten Diskriminierung übersehen. Wenn man bedenkt, daß in Deutschland über 80 % aller Unternehmen Personengesellschaften sind, während im EU-Ausland die Kapitalgesellschaften überwiegen, kommt es zu einer Ungleichbehandlung, die überwiegend auf der Tatsache der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft beruht und damit Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten verstärkt betrifft.745 In diesem Zusammenhang ist allerdings auf die Literaturansichten hinzuweisen, die ein bloß wirkungsorientiertes Diskriminierungsmodell ablehnen. Danach stellen unterschiedslos anwendbare, d. h. einheitliche Rechtsfolgen vorsehende Regelungen, die sich aber unterschiedlich „auswirken“, grundsätzlich keine Diskriminierung dar. Entscheidend ist danach grundsätzlich die Ausgestaltung als diskriminierende Norm. Eine Ausnahme liegt dann vor, wenn die „faktische Schlechterstellung“ nur den Sinn haben kann, eine der Vergleichsgruppen zu benachteiligen (intendierte Diskriminierung).746 Nach diesem Verständnis könnte grundsätzlich den Abzugsbeschränkungen kein Diskriminierungsvorwurf gemacht werden. Gegen diese Auffassung, die eine zurechenbare Diskriminierung voraussetzt, spricht die teleologische Auslegung der Grundfreiheiten. Sie dienen der Verwirk743 744

Dies verkennt Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 114. Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 114 f. Der Gesetzgeber befaßte sich nicht mit der Problema-

tik. 745 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 97; Lang, DStJG 24 (2001), S. 49, 54. Üblicherweise wird dieser Aspekt zur Kritik an der Spreizung von Körperschaftsteuer- und Einkommensteuerspitzensatz herangezogen. 746 Plötscher, S. 285 ff. m.w.N.; S. 319.

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

lichung des Binnenmarktes. Dazu müssen alle Hindernisse beseitigt werden, unabhängig von der Motivation ihrer Entstehung. M.E. liegt damit eine versteckte Diskriminierung von fremdfinanzierten Beteiligungen an Kapitalgesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten vor. Man könnte an den Rechtfertigungsgrund der Kohärenz denken, da dem Halbabzug eine hälftige Besteuerung der Einnahmen gegenübersteht. Nach den bisherigen Ausführungen747 kann dieser Rechtfertigungsgrund aber bei systemwidrigen Normen nicht greifen. § 3 c Abs. 2 EStG ist im deutschen Einkommensteuerrecht systemwidrig.748

b) Beschränkungsverbot Soweit das Abzugsverbot zu einer steuerlichen Belastung von über 100 % bzw. über 50 % führt, ist in Anwendung der freiheitsrechtlichen Komponente gegebenenfalls unter Hinzunahme des Eigentumsgrundrechts ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht anzunehmen.

2. Ausgangspunkt: Verstoß gegen nationales Verfassungsrecht

Nach dem gefundenen Ergebnis749, verstößt § 3 c Abs. 2 EStG gegen das Grundgesetz. Im Rahmen einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung müßte die Vorschrift daher vom Bundesverfassungsgericht verworfen werden. Es würde dann bei der vollen Abzugsfähigkeit von Erwerbsaufwendungen für (inländische) Beteiligungen bleiben. Der Gesetzgeber könnte aber auf den Gedanken kommen die Abzugsbeschränkung für ausländische Beteiligungen beizubehalten. 750 Fraglich ist, ob für diesen Fall die Grundfreiheiten eine Erstreckung der innerstaatlichen Abzugsfähigkeit für Beteiligungsaufwendungen auf ausländische Gesellschaftsanteile fordern. Eine Ungleichbehandlung zwischen den Situationen einer inländischen Beteiligung und der Beteiligung in einem EU-Mitgliedstaat läge vor. Als Rechtfertigung kommt nur die fehlende innerstaatliche Körperschaftsteuervorbelastung und damit der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz in Betracht. Wie ausgeführt751 kann dieser Rechtfertigungsgrund für systemwidrige Vorschriften wie § 3 c Abs. 2 S. 1 EStG nicht gelten. Im übrigen darf nach der neueren Rechtsprechung des EuGH die Besteuerung eines Gesellschafters nicht davon abhängen, ob die ausschüttende Ge747 748 749 750 751

Teil 1 E. I. 2. b) aa) (4) (a). Teil 1 C. III. 5. a). Teil 1 D. V. Vgl. Schön, FR 2001, S. 388. Teil 1 E. I. 2. b) aa) (4) (a).

E. Vereinbarkeit von § 3 c Abs. 2 EStG mit Gemeinschaftsrecht

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sellschaft ihrerseits im Inland oder im Ausland besteuert wurde. Auf diese drei Urteile soll daher kurz eingegangen werden.752

a) Baars753 In der Rechtssache Baars ging es um eine niederländische Vermögensteuerbefreiung, die auf die Beteiligung an inländischen Gesellschaften beschränkt war. Der niederländische Staat verteidigte sich mit dem Argument der Kohärenz, für Anteile aus anderen Mitgliedstaaten fehle es an einer auszugleichenden Doppelbelastung mit inländischen Steuern. Diese Rechtfertigung wurde abgelehnt. Es fehle an einem unmittelbaren Zusammenhang, da es um verschiedene Steuerpflichtige und verschiedene Steuern gehe.

b) Verkooijen754 In der Rechtssache Verkooijen ging es um das niederländische Einkommensteuerrecht, das einen begrenzten Freibetrag für Dividendeneinkünfte aus niederländischen Beteiligungen gewährte, der einen Ausgleich für die Vorbelastung der Dividenden mit niederländischer Körperschaftsteuer schaffen sollte. Auch hier lehnte der EuGH die Kohärenz mangels eines unmittelbaren Zusammenhanges ab.

c) Höchst / Metallgesellschaft755 In der Rechtssache Höchst / Metallgesellschaft wurde eine (günstige) Vorschrift des britischen Körperschaftsteuerrechts zur Behandlung von Dividendenausschüttungen, die lediglich auf interne britische Konzernbeziehungen Anwendung fand, für europarechtswidrig erklärt. Es wurde verlangt, daß ausländische Muttergesellschaften gleich behandelt werden, d. h. in gleicher Weise wie inländische Muttergesellschaften von dieser Begünstigung Gebrauch machen können.

d) Zusammenfassung Insgesamt ist die Rechtsprechung Folge des zulässigen Steuerwettbewerbs. Die Staaten werden sich damit abfinden müssen, daß sie ihre eigene Politik nicht mehr Zum folgenden vgl. auch Schön, FR 2001, S. 388 f.; Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 114 f. EuGHE 2000, I-2787 Rz. 33 ff.; 40; Cordewener, S. 719 ff. 754 EuGHE 2000, I-4071 Rz. 56 ff.; 61; Cordewener, S. 739 ff.; ablehnend Hey, AöR 2003, S. 243. 755 EuGHE 2001, I-1760 (1777) Rz. 52 ff.; Cordewener, S. 801 ff. 752 753

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Teil 1: Beteiligungseinkünfte von natürlichen Personen

mit Abwehrmaßnahmen führen können, sondern mit Standortpolitik. Bereits im Eurowingsurteil hatte der EuGH klargestellt, daß das von der deutschen Finanzverwaltung häufig beklagte internationale Steuergefälle keine Berechtigung biete, Schutzwälle in Form steuerlicher Abzugsbeschränkungen um das Hochsteuerland Deutschland herum zu errichten. Das „Trutzburgdenken“ des deutschen Gesetzgebers wird deshalb vor dem EuGH keinen Bestand haben.756 Das Ergebnis zu § 3 c Abs. 2 EStG lautet, daß eine nicht gerechtfertigte verdeckte Diskriminierung von Kapitalgesellschaften aus den Mitgliedstaaten vorliegt. Es liegt ein nicht gerechtfertigter Verstoß gegen Art. 43 und / bzw. Art. 58 EG vor, da die Beteiligung an Kapitalgesellschaften benachteiligt wird, was aufgrund der besonderen tatsächlichen Gegebenheiten Gesellschaften aus dem EU-Ausland stärker belastet als inländische Gesellschaften. Außerdem kommt ein Verstoß gegen das freiheitsrechtliche Beschränkungsverbot bzw. das Gemeinschaftsgrundrecht der Eigentumsfreiheit in Betracht, wenn die Steuerbelastung bestimmte Grenzen überschreitet. Ferner ist davon auszugehen, daß das deutsche Verfassungsrecht dazu zwingt, den Beteiligungsaufwand bei Inlandsbeteiligungen voll zum Abzug zuzulassen, und andererseits die Niederlassungsfreiheit und / bzw. die Kapitalverkehrsfreiheit dazu zwingen, diesen Abzugstatbestand diskriminierungsfrei auf Auslandsbeteiligungen anzuwenden.757

3. Ergebnis

Der EuGH wird die Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG als mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages unvereinbar erklären. Der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz kann auf diese systemwidrige Norm keine Anwendung finden.

F. Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung Diese Konsequenz hat auf Seiten der Finanzverwaltung zu folgender Gegenargumentation geführt758: Zwar wäre es gerechtfertigt, bei Inlandsdividenden den vollen Ausgabenabzug zuzulassen, doch müsse dann aufgrund des EG-Rechts der Abzug auch auf EU-Auslandsbeteiligungen erstreckt werden. Um dies zu vermeiden, sei es gerechtfertigt, eine einheitliche Abzugsbeschränkung für inländische und grenzüberschreitende Beteiligungen anzuordnen. 756 Thömmes, IStR 1999, S. 753; Dautzenberg, FR 2000, S. 725 ff. – Urteilsanmerkung zu Verkooijen. Soweit Schön, FR 2001, S. 389 doch auf die Vorbelastung abstellen möchte, bleibt festzuhalten, daß im Rahmen eines in sich geschlossenen Steuersystems dies wohl denkbar wäre, bei einer schon systemwidrigen Vorschrift kommt eine Rechtfertigung aber nicht in Betracht. 757 Schön, FR 2001, S. 390; Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 115. 758 v. Lishaut, StuW 2000, S. 190.

F. Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung

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Diesen Versuch, für den Inlandsfall die verfassungsmäßigen Rechte deshalb zu verwehren, damit der Auslandsfall keine diskriminierungsfreie Behandlung verlangen könnte, stellt kein zulässiges Differenzierungsziel im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG dar; denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt vor allem, den inländischen Anteilseigner im Vergleich zu anderen inländischen Steuerpflichtigen, die entweder nicht durch Beteiligungsaufwand belastet werden oder die mit Hilfe eines vergleichbaren finanziellen Aufwands andere Vermögenslagen finanzieren, sachlich korrekt zu behandeln. Diese wesentliche Dimension der Belastungsgleichheit kann nicht durch den Hinweis auf den Auslandsfall ausgeschaltet werden.759

759

So Schön, FR 2001, S. 390.

12 Beck

Teil 2

Besteuerung der Beteiligungseinkünfte von Körperschaften1 A. Körperschaftsteuerpflicht Im Körperschaftsteuerrecht gilt der Trennungsgrundsatz2, das körperschaftsteuerpflichtige Subjekt ist eigenständiger Steuerpflichtiger. Die Körperschaftsteuer bemißt sich grundsätzlich nach dem zu versteuernden Einkommen, § 7 Abs. 1 KStG. Die Ermittlung erfolgt gem. §§ 7 Abs. 2; 8 KStG. § 8 Abs. 1 KStG erklärt die Vorschriften des EStG über die Einkommensermittlung für anwendbar. Nach § 8 Abs. 2 KStG sind bei Steuerpflichtigen, die zur Führung von Büchern verpflichtet sind (§§ 13 Abs. 3 GmbHG, 3 Abs. 1 AktG, § 6 Abs. 1 HGB), alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG) zu behandeln. § 24 KStG sieht dann einen Freibetrag vor. In diesen Fällen stellt § 2 Abs. 3 EStG kein Problem dar, da es nur horizontale Verlustausgleiche gibt.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuervorbelastung I. Rechtslage bis zum KStG 1999 Bis zum 31. 12. 1976 war ein klassisches Verfahren anzuwenden, d. h. es bestand eine Doppelbelastung. Ab dem 1. 1. 1977 fand das Anrechnungsverfahren Anwendung. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 36 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 EStG regelten die Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die eigene Körperschaftsteuer. Erwerbsaufwendungen waren grundsätzlich voll abzugsfähig. 1 Gegenstand der Kritik ist vor allem die angebliche Benachteiligung des Mittelstandes. Insbesondere seien die Kapitalgesellschaften bereits ab 2002 nur mehr mit 25% besteuert worden, während die Personengesellschaften nur stufenweise in den Genuß der Steuererleichterungen kämen. Erst ab 2005 betrüge der Spitzensteuersatz für sie 42%. Besonders kritisiert wird auch die steuerfreie Verkaufsmöglichkeit der Beteiligungen für Kapitalgesellschaften. Kirchhof sieht als Konsequenz dieser Ungleichbehandlung, daß Unternehmer aus Steuergründen gezwungen werden, sich für die Rechtsform der Kapitalgesellschaft zu entscheiden. Damit sterbe der persönlich haftende Eigentümer zwangsläufig aus. Statt dessen wandere das Kapital in anonyme Kapitalgesellschaften, in denen Vorstände für Fehlentscheidungen nicht persönlich herangezogen würden. Vgl. Wirtschaftswoche Nr. 22, 23. 5. 2002, S. 30 ff. 2 Gegenstück zum Transparenzprinzip, vgl. Teil 1 A. II. 2.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuervorbelastung

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II. Freistellungsmethode nach dem KStG 19993 1. Vermeidung der Mehrfachbelastung, § 8 b Abs. 1 KStG4

a) Bisherige Regelung des § 8 b KStG § 8 b a. F. KStG wurde durch das StandOG5 eingefügt und bezog sich ausschließlich auf Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften und war damit Bestandteil des internationalen Steuerrechts. Nur mehr Abs. 2 S. 2 und Abs. 5 n.F. haben insoweit Parallelen im alten Recht.6

b) Systemwechsel: Neufassung von § 8 b KStG Im neuen „klassischen“ Körperschaftsteuersystem dient § 8 b KStG der Vermeidung von Mehrfachbelastungen. Er ist die zentrale Norm im Rahmen der Umstellung des Körperschaftsteuerrechts vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren.7 Abs. 1 enthält eine Steuerbefreiung für laufende Erträge aus Beteiligungen an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften. 8 Er ist lex specialis zu § 3 Nr. 40 EStG.9 Derartige Beteiligungserträge, wie insbesondere Dividenden, die eine unbeschränkt oder beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft erhält, bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz.

aa) Sachliche Rechtfertigung der Steuerbefreiung für Inlandsbeteiligungen Eine solche „Steuerbefreiung“ bedarf, wie das BVerfG zur „Zulage Ost“ (§ 3 Nr. 12 EStG) festgestellt hat, einer sachlichen Begründung, soll nicht das Prinzip der Besteuerungsgleichheit verletzt werden.10 Eine Steuerbefreiung stellt eine Durchbrechung des Nettoprinzips dar, die – wie gezeigt – gerechtfertigt sein muß. Der Gesetzesentwurf sah im Anschluß an die Brühler Kommission die sachliche 3 Ausführlich HHR / Hey, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, vor § 36 KStG; Eisgruber, DStR 2000, S. 1493 ff. 4 Dazu jetzt auch BMF-Schreiben v. 28. 4. 2003, BStBl. I, S. 292 ff. 5 V. 13. 9. 1993; BGBl. I, S. 1569; BStBl. I, S. 774. 6 HHR / Watermeyer, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b R 1. 7 Binnewies in Streck, § 8 b Anm. 1. 8 Das BMF stellt in seinem Schreiben zur Anwendung des § 8 b KStG 2002, BStBl. I 2003, S. 292 ff. in Rdnr. 5 u. 8 klar, daß die Aufzählung in § 8 b Abs. 1 abschließend sei, vgl. dazu Rödder / Schumacher, DStR 2003, S. 910. 9 HHR / Nacke, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 Nr. 40 R 57 (E 51). 10 BVerfGE 99, 280 (290 f.).

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

Begründung für die Steuerfreistellung in der steuerlichen Vorbelastung der Dividenden bei der auszahlenden Gesellschaft: „So wird vermieden, daß Gewinne, die bei einer Körperschaft bereits einer definitiven Körperschaftsteuer von 25 % unterliegen haben, bei Weiterausschüttung an eine andere Körperschaft noch einmal mit Körperschaftsteuer belastet werden. In Beteiligungsketten bleibt es danach bei einer Körperschaftsteuerbelastung von 25 % solange, bis der Gewinn die Ebene der Körperschaft verläßt und an eine natürliche Person ausgeschüttet wird.“11 Danach stellt die Regelung des § 8 b Abs. 1 KStG kein „Privileg“ (systemwidrige Vergünstigung) dar, sondern ist die folgerichtige Konsequenz aus der Änderung der Körperschaftsbesteuerung.12

bb) Systematische Stellung Anders als bei § 3 Nr. 40 EStG13 wurde die systematische Stellung von § 8 b Abs. 1 KStG bei den Vorschriften über die Einkommensermittlung richtig gewählt.14 Es handelt sich eben nicht um einen typischen Fall der steuerfreien Einnahme, die in § 5 KStG geregelt sind.15

2. Behandlung von Veräußerungsgewinnen, § 8 b Abs. 2 KStG

a) § 8 b Abs. 2 KStG a.F. Das StandOG führte zum 1. 1. 1994 mit § 8 b Abs. 2 KStG a.F. eine Regelung über die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus der Veräußerung ausländischer Gesellschaftsanteile etc. ein, um die Bundesrepublik Deutschland als Holdingstandort attraktiver zu machen.16

11 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 120; Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 51 f. 12 Vgl. Schön, FR 2001, S. 384; Frotscher in Frotscher / Maas, § 8 b KStG Rn. 3 f. hält sie sogar für verfassungsrechtlich geboten. 13 Vgl. Teil 1 B. III. 4. a). 14 A.A. Frotscher in Frotscher / Maas, § 8 b KStG Rn. 1. 15 Im Hinblick auf § 3 c Abs. 1 EStG kann man diese Vorschrift daher bereits als vom Wortlaut her nicht einschlägig betrachten, da er „steuerfreie Einnahmen“ voraussetzt, § 8 b Abs. 1 KStG stellt die Bezüge erst „bei Ermittlung des Einkommens außer Ansatz“, Klingberg in Herzig (Hrsg.), Unternehmenssteuerreform, S. 6, bezeichnet dies als „haarspalterisch“. M.E. ist jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift notwendig und möglich, dazu unter Teil 2 C. VIII. 16 BMF v. 20. 1. 1997, BStBl. I, 99; Krabbe, DB 1994, S. 244; Förster, DStR 1994, S. 645.

B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuervorbelastung

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b) Neuregelung17 Im Gegensatz zu den verschiedenen Regelungen für natürliche Personen18 ist die Regelung für Körperschaften einheitlich. § 8 b Abs. 2 KStG sieht generell die Steuerfreiheit für Gewinne aus der Beteiligungsveräußerung von Kapitalgesellschaften vor. Über § 8 b Abs. 2 KStG wird die mittelbare Gewinnausschüttung in Form der Beteiligungsveräußerung der unmittelbaren Gewinnausschüttung nach § 8 b Abs. 1 KStG gleichgestellt. 19

c) Rechtfertigungsgründe des Gesetzgebers für die Steuerbefreiung Die Brühler Empfehlungen sahen nur die Steuerbefreiung für offene Rücklagen vor20, bei denen also bereits eine Körperschaftsteuervorbelastung bestand. Der Gesetzgeber ging über diese Empfehlung hinaus, indem er auch die stillen Reserven miteinbezog.21 Dies wird in der Literatur teilweise kritisiert.22 Nach anderer Ansicht zieht die Steuerbefreiung des § 8 b Abs. 1 KStG zugleich die Steuerfreistellung von Gewinnen, die aus der Veräußerung von Beteiligungen resultieren, nach sich. Denn ein derartiger Veräußerungsgewinn setzt sich aus offenen und stillen Reserven der Beteiligungsgesellschaft zusammen. Die offenen Reserven wurden bereits einer Definitivbesteuerung von 25 % unterworfen. Die stillen Reserven sind als auf Ebene der Beteiligungsgesellschaft noch nicht erzielter Gewinn einzuordnen und können erst bei Gewinnrealisierung der Körperschaftsteuer unterworfen werden. „Der insoweit erzielte Veräußerungsgewinn ist das wirtschaftliche Gegen17 BMF-Schreiben, BStBl. I 2003, S. 292 ff. Rdnr. 13 – 24; zu verbleibenden Kritikpunkten Füger / Rieger, FR 2003, S. 543 ff. 18 Vgl. Teil 1 B. II. 1.; III. 3. c). 19 Oppenhoff & Rädler-Benz, Unternehmensbesteuerung, S. 238 f. Dementsprechend geht Dötsch in Dötsch / Eversberg / Jost / Witt, § 3 c EStG Rn. 11 auch von der Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG aus. A.A. Herzig, DB 2003, S. 1465: er sieht in § 8 b Abs. 2 KStG das Gegenstück zu § 8 b Abs. 3 KStG, der sich nur auf Wertveränderungen des Stammrechts beziehe, deshalb seien die Refinanzierungskosten im Rahmen von nach § 8 b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinnen voll abzugsfähig; vgl. auch Scheipers / Dauster, DStR 2003, S. 1597 ff. 20 Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, S. 52. 21 Schaumburg / Rödder, S. 107. 22 Wochinger in Rödder / Wochinger, FR 2001, S. 1256; Hey, DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 20; Crezelius, DB 2001, S. 226; Schön, FR 2001, S. 388; Pezzer, DStJG 25 (2002), S. 56 f. kritisiert, daß nicht sichergestellt sei, daß es zu einer Besteuerung von stillen Reserven komme; es spreche daher viel für die Annahme eines mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Steuerprivilegs; zu internationalen Aspekten vgl. Krause-Junk in Lüdicke, Internationale Aspekte der Unternehmenssteuerreform, S. 6; Romswinkel, GmbHR 2002, S. 1061 f. fordert wegen der Folgen für den Erwerber die volle Steuerpflicht, durch Dividendenausschüttung könnten die Steuerpflichtigen thesaurierte Gewinne steuerfrei stellen.

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

stück künftig erwarteter Ausschüttungen.“23 Jedenfalls entspricht die Steuerfreistellung des gesamten Veräußerungsgewinns dem Ziel des Gesetzgebers. Ziel der Regelung war nämlich vor allem die „Entflechtung der Deutschland AG“.24 Die gegenseitigen Beteiligungen der großen Unternehmen untereinander wurden nach deren Angaben insbesondere deshalb beibehalten, weil die steuerlichen Nachteile einen rentablen Verkauf unmöglich machten. Die Union plante die Abschaffung dieser Vorschrift nach einem Wahlsieg, nachdem es zu beträchtlichen Einbrüchen25 bei den Körperschaftsteueraufkommen gekommen war. Dagegen wird angeführt, die Ausfälle beruhten vor allem auf der Ausnutzung der Anrechnungsguthaben, bevor diese verfallen und tatsächlich hätten erst wenige Unternehmen in nennenswerten Umfange Beteiligungen verkauft. Im übrigen würden vor allem ausländische Investoren mit dieser Sonderregel die Hoffnung verbinden, auf dem deutschen Markt Fuß fassen und Anteile erwerben zu können.26

C. Abzugsbeschränkung Im heutigen27 Körperschaftsteuerrecht fehlt eine dem § 3 c entsprechende Vorschrift. Jedoch ist § 3 c EStG uneingeschränkt anwendbar, da sich gem. § 8 Abs. 1 KStG nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts bestimmt, was Einkommen i. S. d. KStG ist. Wie unter Teil 1 C. II. 2. dargestellt, ist das Abzugsverbot nach Abs. 1 inhaltlich dasselbe geblieben, im Zuge des StSenkG soll sich aber sein Geltungsbereich als Folge neuer Befreiungsvorschriften entscheidend verändert haben. Für Körperschaften soll sich der Anwendungsbereich des § 3 c Abs. 1 EStG auf die durch die mit der Unternehmenssteuerreform neu geschaffenen Steuerbefreiungen in 23 v. Lishaut / Förster, GmbHR 2000, S. 1121; Lang, GmbHR 2000, S. 458; Eisgruber, DStR 2000, S. 1494; Scheffler, DB 2003, S. 680 ff. weist § 8 b Abs. 2 KStG als unabdingbaren Bestandteil des Halbeinkünfteverfahrens nach. 24 Hilmar Kopper (Bundesbeauftragter für Auslandsinvestitionen und ehemaliger Aufsichtsratschef der Deutschen Bank AG) in Wirtschaftswoche Nr. 25 (13. 6. 2002), S. 28. Nach der Meldung über die Gesetzesänderung am 21. 12. 1999 stiegen die Kurse der deutschen Standardwerte erheblich an. 25 Die Steuerausfälle gegenüber dem – auch wirtschaftsstärkeren – Jahr 2000 betragen 23, 5 Mrd., vgl. Wirtschaftswoche Nr. 26 (20. 6. 2002), S. 89. 26 Hilmar Kopper in Wirtschaftswoche Nr. 25 (13. 6. 2002), S. 28. Die Summe der Auslandsinvestionen in Deutschland stieg von 22. Mrd. 1998 auf 60 Mrd. 2001, dies sei aber vor allem auf die Zentrumslage in Europa zurückzuführen. Pöllath, DB 2002, S. 1342 ff. fordert eine (Wieder-)Einführung der allgemeinen Veräußerungsgewinnbesteuerung in einer Größenordnung von 0% – 20% aus Gründen der Steuergerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Kritisch zur Wahlkampfdiskussion Prinz GmbHR 2002, S. R 297 f. 27 Zur Rechtsentwicklung im Körperschaftsteuerrecht HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c Anm. 15.

C. Abzugsbeschränkung

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§ 8 b KStG erweitern. Ausgaben dürfen demnach nicht als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG abgezogen werden, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. § 8 b Abs. 1 KStG stelle die Beteiligungserträge (insbesondere Dividenden) steuerfrei, § 8 b Abs. 2 KStG die Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen. Während sich nach der alten Fassung des § 8 b KStG derartige Steuerbefreiungen auf ausländische Gesellschaften beschränkten, gelten sie nunmehr generell, also auch für inländische Gesellschaften. Bei beiden Vorschriften handelt sich um eine systematisch notwendige Konsequenz des neuen Körperschaftsteuersystems.28

I. § 3 c EStG und frühere Schachtelprivilegien Bevor auf die mögliche System- und Verfassungswidrigkeit der Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG auf Sachverhalte nach § 8 b Abs. 1 KStG eingegangen wird, soll der Frage nachgegangen werden, wie die Anwendung des § 3 c EStG auf Vorgängersachverhalte, nämlich das nationale Schachtelprivileg nach § 9 KStG vor der Reform von 1977 (dazu unter 1.) und dem internationalen Schachtelprivileg in seiner traditionellen DBA-rechtlichen Form (dazu unter 2.) beurteilt wurden.

1. § 9 KStG a. F.

§ 9 Abs. 1 KStG a. F.29 sah für den nationalen Bereich eine Steuerbefreiung für Gewinnanteile aus sog. Schachtelbeteiligungen vor. Eine Schachtelbeteiligung war gegeben, wenn bestimmte unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte zu mind. 20 % bzw. später zu mind. 25 % unmittelbar am Grund- oder Stammkapital einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft beteiligt waren. Die Befreiung der Gewinnanteile aus dieser Beteiligung sollte eine körperschaftsteuerliche Mehrfachbelastung vermeiden.30 Bis zur Körperschaftsteuerreform 1977 wurde die Ausschüttung doppelt belastet, da die von der Körperschaft entrichtete Körperschaftsteuer nicht auf die Einkommensteuer des Anteilseigners ange28 Fox in Oppenhoff & Rädler, S. 55. Nach Starke, FR 2002, S. 613 ff. soll das Aufwendungsabzugsverbot aber keine Anwendung auf die Ausschüttung von Altrücklagen im Konzern finden. 29 Die Vorschrift läßt sich bis auf das KapErtrStG von 1916 zurückverfolgen, vgl. Schön, FR 2001, S. 385. 30 RFH RStBl. 1931, S. 862; BFH, BStBl. III 1951, S. 63 f.; BStBl. III 1963, S. 464 ff. Die Unterscheidung trägt folgenden Gedanken Rechnung: Beteiligungen, die einem direkten unternehmerischen Engagement dienen, sollen im Gegensatz zur bloßen Kapitalanlage (Portfoliobeteiligung) privilegiert behandelt werden, vgl. Matsos, S. 106, 114. Wegen der schwierigen Abgrenzungsproblematik stellt das Steuerrecht auf die Höhe des Anteils ab (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA; Art. 3 Abs. 1 lit. b MTR: 25%; § 8 b KStG a.F.: 10%).

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

rechnet wurde. Diese Doppelbelastung hätte sich bei einer Beteiligung der ausschüttenden Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft ohne eine Steuerbefreiung verdreifacht etc. § 9 Abs. 1 KStG a.F. verhinderte (teilweise) diese von Lang als substanzbedrohend und daher als verfassungswidrig angesehene Mehrfachbelastung.31 Angesichts dieser Funktion wurde § 9 Abs. 1 KStG a.F. von Teilen der Literatur nicht als „Privileg“, sondern als systembedingte und daher notwendige Befreiung angesehen.32 Für den Ausgabenabzug folgerte Rose33 aus der Terminologie der §§ 9 Abs. 1; 13 S. 1 KStG a.F., daß mit Schachteldividenden zusammenhängende Ausgaben ausnahmslos abziehbar seien. Derartige Dividenden waren zwar Betriebseinnahmen der Obergesellschaft. Es handelte sich jedoch nicht um Roherträge, die einer Kürzung um Ausgaben bedurften, sondern um versteuertes Einkommen der Untergesellschaft. Die Anwendung eines Abzugsverbots auf diese Betriebseinnahmen führe dazu, daß nicht ein Steuervorteil angemessen begrenzt, sondern der Zweck des Schachtelprivilegs relativiert werde. Jede Gegenrechnung von Ausgaben mit Schachteldividenden mußte die vom Gesetzgeber gewollte Verhinderung der Doppelbelastung durch die Hintertür zunichte machen. Denn das Verfahren führe dazu, daß der Teil der Schachteldividenden, denen Aufwendungen entsprachen, steuerpflichtig wurde. Nach dieser Auffassung enthielt § 9 Abs. 1 KStG a.F. eine „qualifizierte“ Steuerbefreiung, auf die § 3 c EStG nicht anwendbar sei.34 Im Rahmen des § 10 d EStG folgte die Rechtsprechung der Auffassung, daß die Vorschrift des § 9 KStG nicht relativiert werden dürfe. U.a. anhand dieser Vorschrift wurde der später allgemein anerkannte Grundsatz entwickelt, daß steuerfreie Einnahmen weder im Jahr der Entstehung eines Verlustes noch im Jahr seines Abzugs mit diesem zu verrechnen seien, da andernfalls die Steuerfreiheit mittelbar beseitigt würde. Obergesellschaften, die Verluste haben, würden gegenüber solchen mit Gewinnen benachteiligt. 35 Bei der Behandlung der in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Ausgaben stellte man hingegen nicht auf diese Argumentation ab. Die Benachteiligung von Obergesellschaften mit Aufwendungen hindere nicht die Anwendung von § 3 c EStG, diese Aufwendungen erhöhten damit auch nicht den ggf. nach § 10 d EStG auszugleichenden Verlust. Das BVerfG36 und der BFH (vorher auch schon der RFH37) wendeten also die Vorgängernorm des § 3 c EStG (§ 13 KStG a.F.) an, die Einnahmen seien insbeson31 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, S. 121; vgl. Wüllenkemper, S. 66 m.w.N. 32 Wüllenkemper, S. 66 m.w.N. Zur Terminologie Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, S. 141. 33 Rose, DB 1962, S. 450. Zustimmend Wüllenkemper, S. 67 m.w.N. 34 Wüllenkemper, S. 67 m.w.N. 35 BFH, BStBl. III 1963, S. 464 ff.; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, S. 109; Heinicke in Schmidt, § 10 d Rn. 15. 36 BVerfG, HFR 1973, S. 306 ff.

C. Abzugsbeschränkung

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dere „steuerfrei“ i. S. d. § 3 c EStG, da die Besteuerung der Untergesellschaft nicht als Steuer der die Schachteldividende vereinnahmenden Obergesellschaft angesehen werden könne.38 Das entscheidende Argument waren damit die unterschiedlichen Steuersubjekte. Gegen eine teleologische Reduktion sprach vor allem, daß das Schachtelprivileg für Großaktionäre systematisch eine Ausnahme von der Grundregel war, wonach Dividendenzahlungen bei jedem Empfänger – natürlicher oder juristischer Person – steuerpflichtig sind, und zwar ungeachtet ihrer Vorbelastung bei der ausschüttenden Körperschaft. Denn wenn der gewöhnliche Dividendenempfänger keine Steuerfreiheit genieße, dann müsse für den privilegierten Großaktionär der Steuerfreiheit auf der Einnahmenseite die Nichtabzugsfähigkeit auf der Ausgabenseite korrespondieren.39 Abzugrenzen davon waren Erwerbsaufwendungen, die auf die Beteiligung selbst entfielen. Nach damaliger Rechtslage war der Verkauf steuerpflichtig, so daß es an einem unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen fehlte.40 § 8 b Abs. 1 KStG n.F. unterscheidet sich von § 9 KStG a.F. darin, daß er ausnahmslos gilt. Er ist für das neue Körperschaftsteuersystem prägend, eine Doppelbelastung eines wirtschaftlichen Sachverhalts gerade bei verschiedenen Steuersubjekten sollte ausdrücklich vermieden werden.

2. DBA – Besonderheit der Vorbelastung

Durch die Einführung des Anrechnungsverfahrens wurde das innerstaatliche Schachtelprivileg entbehrlich. Für den internationalen Bereich war bis zum 31. 12. 1998 (Einführung von § 8 b Abs. 7 jetzt Abs. 5 KStG) vor allem umstritten, ob und in welcher Höhe Schuldzinsen bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens (bei deutschen Konzernmüttern) abgezogen werden können, die mit dem Erwerb einer Schachtelbeteiligung an ausländischen Kapitalgesellschaften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Für die Besteuerung von Dividenden regelt das OECD-Musterabkommen (OECD-MA), daß nach Art. 10 Abs. 1 OECD-MA das Besteuerungsrecht dem Staat zusteht, in dem der Zahlungsempfänger (die inländische Muttergesellschaft) ansässig ist. Nach Art. 10 Abs. 2 a) OECD-MA steht aber auch dem Quellenstaat (Staat der ausländischen Tochtergesellschaft) das Besteuerungsrecht zu, sofern der Nutzungsberechtigte der Dividende (die inländische Muttergesellschaft) eine Kapitalgesellschaft ist und über mindestens 25 % des Kapitals der die Dividenden zahlenden Tochtergesellschaft verfügt. Dieses „Schachtelprivileg“ besteht also erst ab einer Beteiligung von 25 %. § 8 b Abs. 5 KStG a.F. setzte die Mindestbeteiligung in Deutschland auf 10 % 37 BFH, BStBl. III 1967, S. 92 ff.; BStBl. II 1973, S. 508 ff.; RFH, RStBl. 1936, S. 1181 f.; RStBl. 1938, S. 67 f. 38 BFH, BStBl. III 1967, S. 92 ff. 39 Schön, FR 2001, S. 386. 40 BFH, BStBl. III 1967, S. 92 (95).

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

herab. Die Doppelbelastung bei der inländischen Muttergesellschaft wird dadurch vermieden, daß der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft die im Quellenstaat erhobenen Steuern nach Art. 23 A und Art. 23 B OECD-MA anrechnet. Abweichend vom OECD-MA sieht die deutsche Abkommenspraxis auch die Freistellung der Dividenden im Ansässigkeitsstaat vor.41 Daraus ergeben sich vor allem im Hinblick auf die Anwendung des § 3 c EStG folgende Probleme:

a) Freistellung von Dividendeneinkünften oder Dividendeneinnahmen Im Gegensatz zum nationalen Schachtelprivileg ergab sich bei der Freistellung nach DBA bereits ein Auslegungsproblem, weil die DBA den Begriff der „Einkünfte“ verwendeten. Teilweise wurde vertreten, der Begriff entspreche der deutschen Rechtsterminologie und Nettoeinkünfte seien freigestellt, so daß Ausgaben von vornherein nicht zu berücksichtigen seien.42 Diese Auffassung konnte sich zu Recht nicht durchsetzen, da bei der Wortlautinterpretation der Sinn- und Vorschriftenzusammenhang innerhalb des DBA der Begriffsbestimmung des innerstaatlichen Rechts vorgehen. Dieser ergibt, daß der Begriff anhand des Besteuerungsrechts des Quellenstaates auszulegen ist. Besteuert er Bruttoerträge, so sind diese auch Gegenstand der Freistellung. Damit sind die Dividendeneinnahmen freigestellt.43

b) Höhe des Abzugsverbots Sie stellen deshalb grundsätzlich steuerfreie Einnahmen i. S. d. § 3 c EStG dar. Fraglich ist, welche Bedeutung dem Abzugsverbot zukommt.

aa) Unbeschränkter Abzug Eine Mindermeinung44 hält das Abzugsverbot für unbeschränkt und kommt damit ebenso wie die Auffassungen zu a) zu einer Nichtberücksichtigung von Verlusten. Diese Auffassung ist mit dem Charakter des § 3 c EStG als Ausprägung des Abkommensübersicht bei Vogel, DBA, Art. 23 Rn. 98. Krabbe, DB 1994, S. 243; ders., IStR 1996, S. 389; zum Streitstand in der Verwaltung und Rechtsprechung vgl. Ritter, BB 1984, S. 510; Wilk, S. 82 ff. Sofern nur Einkünfte freigestellt sind (z. B. aus ausländischen Betriebsstätten), führt die Freistellungsmethode im Gegensatz zur Anrechnungsmethode ggf. zu einem eingeschränkten Verlustausgleich; zur Verfassungsmäßigkeit vgl. Wilk, S. 190 ff. 43 BFH, BStBl. II 1997, S. 57 (58 f.); Ausführlich auch Ritter, DB 1984, S. 510 f.; Förster, DStR 1994, S. 643 f.; HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c Rn. 102 f. m.w.N.; Wilk, S. 87 f. 44 Vgl. Teil 1 C. II. 2. c), „soweit“ in § 3 c EStG sei nach dieser Auffassung nur ein Aufteilungsgebot. 41 42

C. Abzugsbeschränkung

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objektiven Nettoprinzips nicht zu vereinbaren. Im übrigen käme es zu einer ungewollten Benachteiligung des Steuerpflichtigen im Gegensatz zur Anwendung des Anrechnungsverfahrens.45 bb) Teleologische Reduktion von § 3 c EStG Frotscher erwägt generell eine teleologische Reduktion des § 3 c EStG für die Fälle, in denen lediglich eine Doppelbelastung beseitigt werden soll, diese Einkünfte stünden „below the line“.46 Ebenso sieht Wüllenkemper in der DBAFreistellung eine „qualifizierte Steuerbefreiung“.47 Danach wäre das Abzugsverbot nicht anwendbar. cc) Vermittelnde Ansicht Insoweit folgt der BFH einer vermittelnden Betrachtung. Eine teleologische Reduktion lehnt er ab: „Zwar mag es dem Sinn des Schachtelprivilegs entsprechen. Zu berücksichtigen ist aber, daß im Bereich des internationalen Schachtelprivilegs das Besteuerungsrecht für den Gewinn der ausschüttenden Tochtergesellschaft bei dem einen Vertragsstaat und für den Betriebsausgabenabzug auf Seiten der Muttergesellschaft bei dem anderen Vertragsstaat liegt. Es ist nicht selbstverständlich, daß der andere Vertragsstaat nicht nur auf die Besteuerung der Dividende verzichtet, sondern auch noch den Betriebsausgabenabzug anerkennt.“ Dies sei vielmehr eine Frage des innerstaatlichen Rechts und angesichts der langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hätte der Gesetzgeber zu einer entsprechenden Regelung Veranlassung gehabt.48 Ein Verlustüberhang wird aber entsprechend dem Wortlaut „soweit“ zum Abzug zugelassen. dd) Zusammenfassung Zu § 8 b KStG n.F. bestehen zahlreiche Unterschiede: Auch das internationale Schachtelprivileg galt erst ab einer bestimmten Beteiligungsquote. Die höchstrichterliche Rechtsprechung qualifizierte Schachteldividenden als Einnahmen i. S. d. § 3 c EStG. Für die Anwendbarkeit des § 3 c EStG a.F. sprach vor allem, daß es an einer deutschen (Körperschaftsteuer-)Vorbelastung fehlt.49 Die fehlende VorbelaFörster, DStR 1994, S. 644. Nachweise unter Teil 1 C. II. 2. c). Frotscher, DStR 2001, S. 2046 sieht sich insbesondere durch die systematische Auslegung bestätigt, da das EStG 1975 die Steuerbefreiung in § 3 Nr. 41 EStG beseitigte. 47 Nachweise unter Teil 1 C. II. 2. c). 48 BFH, BStBl. II 1997, S. 57 (59 f.); vgl. auch Breuninger, FR 1995, S. 561 ff. 49 Schön, FR 2001, S. 386. 45 46

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

stung mit der deutschen Körperschaftsteuer stellt einen Differenzierungsgrund im Rahmen der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips dar. Im Rahmen der Rechtfertigung fällt es in die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, inwieweit er die Aspekte der Globalisierung berücksichtigt und Auslandsengagements deutscher Kapitalgesellschaften fördert.50 § 8 b Abs. 1 KStG geht demgegenüber von der körperschaftsteuerlichen Vorbelastung der Dividenden aus und will gerade dieser ausdrücklich Rechnung tragen. Der Auslandsfall ist in § 8 b Abs. 5 KStG gesondert geregelt. Gegenüber seinen Vorgängerregelungen hat § 8 b Abs. 1 KStG damit eine völlig veränderte systemprägende Bedeutung.51

II. Verstoß gegen die gesetzliche Grundwertung Im Hinblick auf die Frage nach der Berechtigung einer Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG im Zusammenhang mit Finanzierungskosten bei inländischen Kapitalbeteiligungen stehen sich zwei Auffassungen gegenüber:

1. Technischer Ausgangspunkt

Seitens der Wirtschaft und von Teilen der Literatur wird schon seit der Diskussion zum StSenkG gefordert, § 3 c Abs. 1 EStG bei Dividenden nicht anzuwenden. § 8 b Abs. 1 KStG enthalte keine Steuerbefreiung, da die Dividendenerträge bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft bereits versteuert worden seien. Nach der Systematik des Halbeinkünfteverfahrens sind sie mit 25 % Körperschaftsteuer vorbelastet und unterliegen beim Letztempfänger (natürliche Person oder Personenmehrheit) nochmals dem Halbeinkünfteverfahren. Eine sachliche Rechtfertigung für das Abzugsverbot bestehe also nicht.52 In die gleiche Richtung zielte eine Argumentation in der Brühler Steuerreformkommission, wonach § 8 b Abs. 1 KStG keine echte Steuerbefreiung sei, sondern nur eine technische Lösung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung.53 Wochinger bezeichnet die Vertreter dieser Auffassung als „Technikfreaks“.54

Vgl. dazu Schön, FR 2001, S. 386. Schön, FR 2001, S. 386. 52 Frotscher, DStR 2001, S. 2048; Fox in Oppenhoff & Rädler, S. 30; Rödder / Schumacher, DStR 2000, S. 357 f. m.w.N.; Schön, FR 2001, S. 385; Werra, FR 2000, S. 649; Eilers / Wienand, GmbHR 2000, S. 917, Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 1163 f.; Krebs / Blumenberg, BB 2002, S. 1723 fordern daher ausdrücklich eine teleologische Reduktion des § 3 c Abs. 1 EStG, ablehnend dazu HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R 11; vgl. Teil 2 C. VII. 53 HHR / Müller-Gatermann, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 38 (S. 50). 54 Rödder / Wochinger, FR 2001, S. 1268. 50 51

C. Abzugsbeschränkung

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2. „Ästhetischer“ Ansatz

Als Steuer-„Ästheten“ bezeichnet Wochinger, und zählt sich dazu, diejenigen, die ausgehend vom Prinzip der subjektbezogenen Besteuerung die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG für geboten halten.55

3. Stellungnahme

Wenn Wochinger sich auf das Prinzip der subjektbezogenen Besteuerung / Grundsatz der Individualbesteuerung beruft, widerspricht er dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der die Vorbelastung berücksichtigen wollte. Bei § 8 b Abs. 1 KStG handelt es sich tatsächlich lediglich um die technische Umsetzung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Die in den Beratungen zum UntStFG geplante Streichung der Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG (dazu unter VI.) war daher die einzige systemgerechte Lösung. Sie war zudem – wie noch zu zeigen ist – verfassungsrechtlich geboten. Die durch den Bundesrat befürchteten Haushaltsausfälle können den Verstoß gegen die Systematik und den Gleichheitsgrundsatz nicht rechtfertigen. Frotscher führt zutreffend aus: „Soweit der Bundesrat in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sieht, da diese bei dem einzelnen Steuerpflichtigen zu erfassen sei und ein Abzug von Aufwendungen nicht dadurch begründet werden könne, daß die dazugehörigen Einnahmen bei einem anderen Steuerpflichtigen der Besteuerung unterlägen, übersieht er, daß das Halbeinkünfteverfahren diese Verbindung zwischen der Besteuerung zweier Personen (der ausschüttenden Kapitalgesellschaft und des Dividendenempfängers) gerade hergestellt hat. Es ist ein Verstoß gegen das Postulat der Widerspruchsfreiheit der gesetzlichen Regelung, wenn für das Halbeinkünfteverfahren die angemessene steuerliche Belastung in der Addition der Steuerbelastung für ausschüttende Körperschaft und Dividendenempfänger gesehen, für den Abzug der Aufwendungen dies aber ignoriert wird.“56

III. Verfassungsmäßigkeit der Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG 1. Freiheitsgrundrechte

§ 3 c Abs. 1 EStG begrenzt den Ausgabenabzug auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen. Ein Ausgabenüberhang bleibt also abzugsfähig. Eine erdrosselnde Wirkung kommt deshalb hier nicht in Betracht. Das Abzugsverbot führt höchstens 55 56

Rödder / Wochinger, FR 2001, S. 1268; ebenso Thiel, StbJb 2001 / 2002, S. 13. Frotscher, DStR 2001, S. 2048 f.

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

zu einer erneuten Steuerbelastung von 25 % von 75 % d. h. die Gesamtsteuerbelastung beträgt 43,75 %. Zwar ist eine weitere Kumulation denkbar, von einer übermäßigen Körperschaftsteuerbelastung kann aber nicht die Rede sein. Das Körperschaftsteuersystem betrachtet nur die Gesamtbelastung von Gesellschaft und Gesellschafter. Die Besteuerung von Beteiligungsketten steht im Ermessen des Gesetzgebers. Gem. Art. 19 Abs. 3 GG ist auch die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes geboten. Das Verdikt der Verfassungswidrigkeit greift aber erst für die Fälle, in denen die Gesamtbelastung des Steuerpflichtigen größer ist als die Hälfte des im VZ erwirtschafteten Ertrags. Dies ist hier nicht der Fall.

2. Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG

Auch hier sind Vergleichspaar die Steuerpflichtigen mit und ohne Erwerbsaufwendungen.57 Bei der Prüfung soll hinsichtlich § 3 c Abs. 1 EStG ebenfalls vom Differenzierungsziel der Einmalbesteuerung, d. h. der Vermeidung einer Doppelbesteuerung ausgegangen werden.

a) Gleichbehandlung der Einkunftsarten Die Ausführungen zu § 3 c Abs. 2 EStG gelten für § 3 c Abs. 1 EStG entsprechend, d. h. auch hier wird danach unterschieden, ob eine Beteiligung in körperschaftsteuerpflichtige Unternehmen oder statt dessen in Immobilien, Personengesellschaften etc. erfolgt. Ein sachlicher Grund für die Benachteiligung der Untereinkunftsart ist nicht ersichtlich. Insbesondere besteht kein Zusammenhang mit dem Ziel einer Einmalbesteuerung.

b) Rechtsform Das Abzugsverbot betrifft nur Kapitalgesellschaften mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Auch hier kann die Rechtsform diese Differenzierung nicht rechtfertigen. Es liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralität sowie gegen die Finanzierungs- und Wettbewerbsneutralität vor.

57 Zum Vergleichspaar Beteiligung an ausländischer versus inländischer Kapitalgesellschaft vgl. § 8 b Abs. 5 KStG, Teil 2 D.

C. Abzugsbeschränkung

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c) Leistungsfähigkeit aa) Anwendbarkeit des Leistungsfähigkeitsprinzips Als offenes Problem wird es angesehen, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip auf juristische Personen anwendbar ist.58 Diese Frage ist natürlich für die subjektive Leistungsfähigkeit zu verneinen, aber ebenso natürlich für die objektive Leistungsfähigkeit zu bejahen.59 Nach dem hier referierten Verständnis bedarf das Leistungsfähigkeitsprinzip der Konkretisierung und ist sodann sowohl Ausgangspunkt für die einfachrechtlichen Regelungen (auch im Körperschaftsteuerrecht findet das Nettoprinzip Anwendung), als auch Differenzierungsgrund eines unterschiedlichen Steuerzugriffs und Wertmaßstab in der Angemessenheitsprüfung einer Ungleichbzw. entsprechend bei Gleichbehandlungen trotz unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Über Art. 19 Abs. 3 GG60 findet Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls auf juristische Personen des Privatrechts Anwendung. Vor allem geht es bei der Fähigkeit, Steuern zahlen zu können, nicht um den „sozialen Status“, sondern um eine ökonomische Pflicht. Solange die Gewinne thesauriert sind, ist deshalb auf die Körperschaft selbst abzustellen.61 Entsprechend dem gefundenen Ergebnis ist das Leistungsfähigkeitsprinzip auch für Körperschaften Differenzierungsgrund und Maßstab in der Angemessenheitsprüfung.

bb) Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip Nur der steuerwirksame Ausgabenabzug gewährleistet eine sachgerechte, dem objektiven Nettoprinzip Rechnung tragende Besteuerung. Die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG auf steuerfreie Einnahmen nach § 8 b Abs. 1 KStG stellt eine Durchbrechung und damit eine Ungleichbehandlung dar. Diese ist nicht gerechtfertigt. Die Dividendeneinkünfte unterliegen gerade keiner steuerlichen Begünstigung, die eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit korrespondierender Betriebsausgaben rechtfertigt. Das Ziel der Einmalbelastung wird verfehlt, wenn der Steuerpflichtige Erwerbsaufwendungen tätigt.

Kirchhof, StuW 2002, S. 187 f. nennt aus seiner Sicht problematische Fälle. Vgl. Lang, DStJG 24 (2001), S. 59; HHR / Hey, Einf. KSt., Anm. 4; Birk, StuW 2000, S. 328. A.A. noch Lang, Bemessungsgrundlage, S. 107 FN 354 m.w.N., die dort geäußerte Ansicht ging von dem finanzwissenschaftlichen Opfergedanken aus und verkannte m.E. Art. 19 Abs. 3 GG. Zur außerbetrieblichen Sphäre der Körperschaft vgl. Ruppe, DStJG 3 (1980), S. 144 ff. 60 Zu Art. 19 Abs. 3 GG, vgl. Leibholz / Rinck / Hesselberger, GG, Art. 19 Rz.192 m.w.N. 61 Kirchhof, Diskussionsbeitrag zu DStJG (Sonderband Unternehmenssteuerreform), S. 87 f. 58 59

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

d) Systemgerechtigkeit Die von der Bundesregierung im Entwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vorgeschlagene Nichtanwendung des § 3 c Abs. 1 EStG war die einzige systemgerechte Lösung.62 Durchbrochen wird durch die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG zum einen – wie gezeigt – das Nettoprinzip. Daneben fehlt es auch hier an der stringenten Umsetzung der Intention des Gesetzgebers. Daraus resultiert eine willkürliche Ungleichbehandlung. Es ist nicht sinnvoll vorstellbar, für die Einnahmenseite § 8 b Abs. 1 KStG mit einer subjektübergreifenden Sichtweise zu rechtfertigen, für die Ausgabenseite aber diese Sichtweise abzulehnen und auf dem Prinzip der Individualbesteuerung zu beharren.63 Dieser Verstoß gegen das Postulat der Widerspruchsfreiheit in Form des widersprüchlichen Wechsels der Grundprinzipien ist bereits grundsätzlich willkürlich.64

3. Zusammenfassung

Die Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG auf nach § 8 b Abs. 1 KStG steuerfreie Dividenden verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn neben dem Differenzierungsziel der Einmalbesteuerung nicht andere Rechtfertigungsgründe greifen.

IV. Gestaltungsmöglichkeiten Wie bereits dargestellt65, kommt den Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht eine besondere Bedeutung zu. Wenn der Steuerpflichtige das Kriterium der Ungleichbehandlung beeinflussen kann, soll dies Auswirkungen auf die Rechtfertigung haben. Auch bei § 3 c Abs. 1 EStG soll daher in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten eingegangen werden.66 Möglicherweise ergeben sich daraus für § 3 c Abs. 1 EStG auch Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung (dazu unter Teil 2 C. V.). Der Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts erwähnte die Gestaltungen Organschaft (im folgenden unter 1), Ballooning (im folgenden unter 2) und Verlagerung der Finanzierungsaufwendung auf die Tochtergesellschaft (dazu unter 3), die den vollen Betriebsausgabenabzug sicherstellen.67 Frotscher, DStR 2001, S. 2048 f. Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 1163; a.A. Wochinger in Herzig, Unternehmenssteuerreform, S. 154. 64 Pezzer, DStJG 25 (2002), S. 55 f. 65 Teil 1 D. III. und IV. 66 Nachdem die Erfolgsaussichten einer teleologische Auslegung des § 3 c Abs. 1 EStG vor Gericht fraglich sind, muß die Rechtsberatung darauf ausgerichtet sein, von vornherein seine Anwendung rechtssicher zu vermeiden. 67 FR 2001, Beilage zu Heft 11, S. 22. 62 63

C. Abzugsbeschränkung

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1. Organschaft68

Das Institut der Organschaft wurde von der Rechtsprechung (erstmals vom Preußischen Oberverwaltungsgericht) entwickelt und – sehr spät – vom Gesetzgeber zunächst in § 7 a KStG 1969, anschließend in den §§ 14 – 19 KStG geregelt.69 Zweck der Organschaft war bzw. ist es den Verlustausgleich zwischen – in bestimmter Weise – verbundenen Gesellschaften zu ermöglichen und eine steuerliche Doppel- bzw. Mehrfachbelastung zu vermeiden.70 Sie stellt daher keine Steuervergünstigung dar, sondern entspricht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und ist zentraler Baustein des deutschen Konzernsteuerrechts.71 Die Rechtsfigur wird heute teilweise als überholt und unzureichend angesehen. Sie sei teilweise auf inländische Sachverhalte beschränkt und behindere die Unternehmen daher in ihrer Europäisierung bzw. Globalisierung.72 Durch die Unternehmenssteuerreform hat sie aber eine Renaissance und Aufwertung erfahren, da im Rahmen des neuen Körperschaftsteuersystems ein Verlustausgleich in einer Unternehmensgruppe generell nur noch über eine Organschaft möglich ist. Außerdem soll sie den uneingeschränkten Abzug von Finanzierungskosten für die Beteiligung an einer Gesellschaft ermöglichen.73

a) Gestaltung Die Organschaft erlaubt die konsolidierte Besteuerung von rechtlich selbständigen Gesellschaften einer Unternehmensgruppe. Gesellschaftsrechtlich wie auch steuerlich bleibt die Organgesellschaft dabei ein eigenständiges Rechtssubjekt. Organträger kann gem. § 14 Abs. 1 KStG jedes gewerbliche Unternehmen sein. Organgesellschaft kann nur eine Kapitalgesellschaft sein. Das einkommensteuerpflichtige Einkommen der Organgesellschaft wird zunächst nach den allgemeinen Vorschriften ermittelt und anschließend gem. §§ 14, 17 KStG dem Organträger zugerechnet (Zurechnungstheorie).74 Damit erfolgt eine Versteuerung beim Organ68 Die Organschaft wird u. a. empfohlen von: Klingberg in Herzig, Unternehmenssteuerreform, S. 10; HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14 (E 16); Starke, FR 2001, S. 25 f.; Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 110. 69 Zur Rechtsentwicklung, Staringer, DStJG 25 (2002), S. 74, Schmidt / Müller / Stöcker, Die Organschaft, Rn. 1 ff. m.w.N.; Schnittker / Schmitz-Herscheidt, FR 2002, S. 1164. 70 Schmidt / Müller / Stöcker, Die Organschaft, Rn. 8 ff. 71 Prinz / Schürner, GmbHR 2003, S. 281 m.w.N. 72 Krebühl, DStR 2002, S. 1241 ff.; ders., StbJb 2001 / 2002, S. 21 ff. Zur identischen Kritik in Österreich vgl. Gassner / M. Lang, Gutachten 14. Österreichischen Juristentag, ÖJT Bd. III / 1, S. 112 ff. 73 Rödder in Herzig, Unternehmenssteuerreform, S. 139; Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, FR 2001, Beilage zu Heft 11, Abschn. C. (S. 13 ff.; S. 16: „Grundlage für die Durchbrechung des Subjektsprinzips und berücksichtigt den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“); Orth, DB 2002, S. 811 ff.

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

träger. Daneben ist die tatsächliche Gewinnabführung zu berücksichtigen.75 Gewinnabführungen einer Organgesellschaft an den Organträger haben ihre rechtliche Grundlage in einem Gewinnabführungsvertrag i. S. d. § 291 Abs. 1 AktG (GAV) oder in einem entsprechenden Vertrag (vgl. § 17 KStG). Der Gewinnabführungsvertrag beruht auf dem Gesellschaftsverhältnis.76 Die Gewinnabführung darf das Einkommen der Organgesellschaft nicht mindern. Sie ist nach § 8 Abs. 3 KStG als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft hinzuzurechnen. Der abgeführte Gewinn ist zugleich in dem zuzurechnenden Einkommen enthalten. Er muß deshalb zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei ein- und demselben Rechtsträger aus dem eigenen Einkommen des Organträgers ausgeschieden werden.77 Eine gesetzliche Regelung für die Behandlung der Gewinnabführung fehlt, die Verwaltung trägt der vom BFH geforderten Korrektur durch ihre Richtlinien Rechnung.78 Die Organgesellschaft nimmt damit keine steuerfreie Dividendenausschüttung vor. Durch das StSenkG wurde die Bildung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft erleichtert, während bisher ein Ergebnis- / Gewinnabführungsvertrag (GAV) sowie eine ununterbrochene, finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung in den Organträger vorausgesetzt wurde, reichen nunmehr gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG der GAV79 und die finanzielle Eingliederung.80 Das UntStFG hat zudem in § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG die Voraussetzungen der gewerbesteuerli74 Eine Ausnahme vom Grundsatz der getrennten Ermittlung enthält § 15 KStG; zur „verunglückten Neufassung“ von § 15 Nr. 2 KStG, der zu einer Durchbrechung des Halbeinkünfteverfahrens bei steuerfreien ausländischen Beteiligungserträgen einer Organgesellschaft führe, vgl. Pyszka, GmbHR 2002, S. 468 ff. 75 Zu den beiden Bezugsgrößen auch Krebs / Blumenberg, BB 2002, S. 1721 ff. 76 BFH, BStBl. II 1977, S. 441 f. 77 BFH, BStBl. II 1975, S. 126 ff. 78 Abschn. 58 Abs. 3 KStR: „Verdeckte Gewinnausschüttungen der Organschaft sind beim Organträger zur Vermeidung der Doppelbelastung aus dem Einkommen auszuscheiden, wenn die Vorteilszuwendung den Bilanzgewinn erhöht oder dessen Bilanzverlust gemindert hat. Entgegen dem BFH-Urteil vom 20. 8. 1986 (BStBl. II 1987, S. 455) ist jedoch nicht das zuzurechnende Organeinkommen, sondern das eigene Einkommen des Organträgers zu kürzen.“ Zu den alternativen Zurechnungsmethoden und Schlußfolgerungen daraus, vgl. Köplin / Klein / Lüpges, FR 2002, S. 922 f. 79 Nachdem § 8 b Abs. 3 KStG keine Teilwertabschreibung mehr zuläßt, sieht Schön, StbJb 2001 / 2002, S. 57 es als möglich an, auf den GAV zu verzichten. Für einen Verzicht auch Staringer, DStJG 25 (2002), S. 99 f. 80 Finanzielle Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger unmittelbar oder mittelbar in der Weise an einer Organgesellschaft beteiligt ist, daß er seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen kann, vgl. BFH, NV 1999, S. 1136. Damit ist jetzt auch für verwaltende Holdinggesellschaften eine Organschaft möglich, vgl. Eichner, S. 112 m.w.N., vorher fehlte es bei der rein vermögensverwaltenden Tätigkeit an einer wirtschaftlichen Eingliederung. Das Organschaftsmodell ist jetzt relativ einfach konstruierbar, der organisatorische Aufwand beschränkt sich auf den Abschluß eines GAV, der formell den Anforderungen der §§ 293 ff. AktG und materiell den Vorschriften der §§ 300 ff. AktG genügen muß, vgl. Eichner, S. 118 (analoge Anwendung für die GmbH).

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chen Organschaft an die körperschaftsteuerliche vollständig angepaßt.81 Das StVergAbG schränkte die Organträgereigenschaft für Personengesellschaften auf gewerblich tätige ein, § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG n. F.82

b) Zweifelsfragen aa) Abzugsfähigkeit von Finanzierungskosten einer Organbeteiligung Seit dem Aufsatz von Thiel83 ist in der Literatur kaum ein anderes Thema so intensiv behandelt worden, wie die Frage, ob Kosten für den Erwerb einer Organbeteiligung steuerlich abziehbar sind oder ob dem § 3 c Abs 1 EStG entgegensteht. Diese Diskussion wurde bereits vor 30 Jahren geführt. Damals setzte sich die Ansicht für eine Abzugsmöglichkeit durch.84 Entsprechende Regelungen wurden zunächst im sog. Organschaftserlaß des BMF85 und später in den Richtlinien zum KStG86 aufgenommen. Die beiden sich gegenüberstehenden Standpunkte sollen im folgenden erörtert werden. (1) Ablehnende Stellungnahmen / „Formeller Ansatz“ Die Gestaltung mittels Organschaft wäre erfolglos, wenn sich die Auffassung von Thiel u. a.87 durchsetzt und die Abzugsfähigkeit vor allem von Finanzierungskosten abgelehnt wird. Folgende Argumente werden angeführt: (a) Gewinnabführung „steuerfreie Einnahme“ Nach Thiel ist die Gewinnabführung der steuerfreien Gewinnausschüttung gleichzustellen. Er stützt sich auf die bilanziellen Auswirkungen: Das Ergebnis der Organgesellschaft werde dem Organträger gem. § 14 KStG zugerechnet. Die tat81 Durch das UntStFG erfolgte auch die gesetzliche Regelung der Mehrmütterorganschaft in § 14 Abs. 2 KStG und das neue Verlustberücksichtigungsverbot in § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG, vgl. dazu Rödder, DStR 2002, S. 1800 ff. Das StVergAbG hat die Regelung zur Mehrmütterorganschaft jetzt so verschärft, daß man von einer faktischen Beseitigung spricht, vgl. Förster, DB 2003, S. 905. 82 Dazu Förster, DB 2003, S. 903 f.; Löwenstein / Maier / Lohrmann, DStR 2003, Beihefter 4. 83 DB 2002, S. 1340 ff. 84 Schnittker / Schmitz-Herscheidt, FR 2002, S. 1163 m.w.N. 85 BMF BStBl. I 1972, S. 2, 10 Anlage Tz. 43. 86 Abschn. 58 Abs. 1 KStR. 87 Thiel, DB 2002, S. 1340 ff.; früher schon: Schmidt, JbFStR 1970 / 71, S. 179 zu § 7 a KStG a.F.; HHR / Winter, § 14 KStG Anm. 96 (Stand April 1982); Schmidt / Müller / Stöcker, Die Organschaft, Rn. 486, 584 aber in Rn. 585 wird der Verwaltungsauffassung im Rahmen des Anrechnungsverfahrens zugestimmt, da Organschaft und Anrechnungsverfahren im Prinzip gleichwertige Methoden der Ausschaltung der Doppelbelastung seien.

13*

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

sächliche Gewinnabführung führe bei dem Organträger handelsrechtlich zu Ertrag (§ 277 Abs. 3 S. 2 HGB). Solle diese Vermögensmehrung steuerlich nicht erfaßt werden, damit eine Doppelbelastung vermieden werde, benötige man hierfür einen gesonderten Rechtssatz. Das Steuerrecht enthalte keine eigenständigen Vorschriften für die Behandlung von Gewinnabführungen einer Organschaft. Gewinnabführungen könnten deshalb bei dem Organträger nur außer Ansatz bleiben, wenn man sie als steuerfreie Einnahme betrachte. Die Gewinnabführung sei daher eine „steuerfreie Einnahme“ i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG. Anders als bei § 8 b Abs. 1 KStG ergebe sich dies nicht aus dem Gesetz, sondern aus der Auslegung des § 14 KStG.88 (b) Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang Außerdem stünden die Finanzierungskosten mit der Gewinnabführung in „unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang“, daher seien sie gemäß § 3 c Abs. 1 EStG nicht abziehbar. (c) Billigkeit Hauptsächlich hält Thiel die „Privilegierung“ der Organschaft für unbillig. Seine „Störgefühle“ hindern ihn aber nicht daran, die bisherige andere Behandlung durch die Praxis im Rahmen des Anrechnungsverfahrens für unbedenklich zu halten und im Rahmen der Personengesellschaften und natürlichen Personen eine Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zu fordern.89 (2) Bejahende Ansichten / „Materieller Ansatz“ Die vorstehende Auffassung widerspricht der herrschenden Auffassung in der Literatur, den Richtlinien90 und damit der durchgängigen Besteuerungspraxis in Deutschland. Sollte sie sich durchsetzen, hätte dies Auswirkungen nicht nur für die Zukunft, sondern auch für Altfälle und insgesamt für den Holdingstandort Deutschland.91 Als Gegenargumente werden vorgebracht: 88 Thiel, DB 2002, S. 1526 (Replik). Er wählt als Vergleichsmaßstab den Fall der schlichten Beteiligung und stellt eine formale Betrachtung an, wonach Organträger und Organgesellschaft streng zu trennen sind. Die Gewinnabführung ordnet er der Ebene des Organträgers zu, während die Einkommenszurechnung die Organgesellschaft betreffe. Als Folge der formalen Betrachtung verbiete sich eine „Wechselwirkung“ zwischen den beiden Ebenen. 89 Thiel, DB 2002, S. 1340 ff. 90 Entgegen § 3 c Abs. 1 EStG regelt Abschn. 58 Abs. 1 KStR: „Zinsen für Schulden, die der Organträger zum Erwerb der Organbeteiligung aufgenommen hat, dürfen bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers abgezogen werden.“ Zur rechtlichen Bedeutung der Richtlinien vgl. Abschn. 1 EStR, Abschn. 1 KStR: Weisungen an Finanzbehörden, wie zur Vermeidung unbilliger Härten und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung verfahren werden soll. 91 Vgl. Pupeter, GmbHR 2002, S. 769.

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(a) Gewinnabführung nicht steuerfrei Überwiegend wird davon ausgegangen, daß die Gewinnabführung nicht steuerfrei sei. Die Vermeidung der Doppelbelastung erfolge nicht durch Steuerbefreiung, sondern nach den „spezifischen Organschaftsgrundsätzen, wonach beim Organträger die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft an die Stelle der Gewinnabführung tritt“92. Diese materielle Betrachtung stellt auf den telos des § 3 c Abs. 1 EStG ab, doppelte Vorteile zu vermeiden. „Steuerfreie Einnahmen“ könnten daher nur Einnahmen sein, deren Nichtbesteuerung als Begünstigung anzusehen sei. Die Gewinnabführung werde nur aus der Bemessungsgrundlage herausgerechnet, da bereits das steuerliche Ergebnis der Organgesellschaft zugerechnet werde. Somit sei die Steuerneutralität der Gewinnabführung keine „Begünstigung“, sondern unselbständiger Berechnungsschritt (technischer Rechengang93) bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens des Organträgers. Denn im Saldo dürfte für den Organträger die Versteuerung des zugerechneten (positiven) Einkommens der Organgesellschaft u.U. sogar ungünstiger sein, als es die (fiktive) Versteuerung der Gewinnabführung wäre, da die Gewinnabführung auf Grund von zulässiger Rücklagenbildung geringer sein kann. Die Gewinnabführung werde freigestellt, um eine Doppelbesteuerung neben der Einkommenszurechnung zu vermeiden, die Freistellung stelle damit keine Begünstigung dar. § 3 c Abs. 1 EStG sei von seinem Gesetzeszweck her nicht einschlägig.94 (b) Unmittelbarer Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen Außerdem sei unstreitig das zugerechnete Einkommen steuerpflichtig. Aus steuerlicher Sicht sollen die Ausgaben damit und nicht mit der zivilrechtlichen Gewinnabführung in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dagegen macht Thiel geltend, der Organträger zahle die Schuldzinsen nicht, um das Einkommen zugerechnet zu bekommen, sondern um den abgeführten Gewinn zu kassieren.95 Schaden / Franz führen dagegen aus, die Korrektur erfolge nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung, was § 3 c Abs. 1 EStG aber zwingend voraussetze, sondern auf einer nachgelagerten Stufe III der Einkommensermittlung beim Organträger.96 Ähnlich äußert sich Pupeter: § 3 c Abs. 1 EStG sei eine steuerliche Norm zur Ermittlung der richtigen steuerlichen Bemessungsgrundlage. Wenn aufgrund besonderer steuerlicher Vorschriften (§ 14 KStG) ein bestimmter Sachverhalt (tatsächliche Gewinnabführung) bei Ermittlung der steuerlichen BemessungsgrundKrebs / Blumenberg, BB 2002, S. 1721. Dötsch / Eversberg / Jost / Witt, § 14 KStG Rn. 140; Frotscher / Maas, § 14 KStG Rn. 247. 94 Pupeter, GmbHR 2002, S. 771. Zu dieser Argumentation vgl. oben Teil 1 C. II. 2. c). 95 Thiel, DB 2002, S. 1526 (Replik). 96 Schaden / Franz, GmbHR 2002, S. 880 ff. 92 93

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

lage ersetzt wird durch einen anderen Sachverhalt (Ergebniszurechnung), dann wirke diese Ersetzung auch bei der Frage des „Zusammenhangs“ i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG.97 Diese Betrachtung bestätige der neue § 15 Nr. 2 KStG.98 Wenn in dem zugerechneten Einkommen Bezüge, Gewinne oder Gewinnminderungen i. S. d. § 8 b Abs. 1 bis 3 KStG oder hiermit zusammenhängende Ausgaben i. S. d. § 3 c EStG enthalten sind, sind sowohl § 8 b KStG als auch § 3 Nr. 40 EStG und § 3 c EStG „bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers anzuwenden“ (Bruttomethode). Der Verweis auf die Anwendung des § 3 c EStG beim Organträger müsse sich auf die Ausgaben beschränken, die im zugerechneten Einkommen enthalten sind und könne nicht auf eigene Aufwendungen des Organträgers ausgedehnt werden.99 (c) Sonstige Erwägungen In der Literatur wird außerdem vorgebracht, das Ergebnis entspreche der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, da die Ausgaben die Leistungsfähigkeit der Gruppe reduzierten.100 Intention des Gesetzgebers war es, verbundene Unternehmen sachgerecht zu besteuern. Insoweit überzeugt die Argumentation von Frotscher:101 Bei der Organschaft ist der Vergleichsmaßstab, den der Gesetzgeber verwendet, nicht die Portfoliobeteiligung, die zur Vermögensanlage gehalten wird, sondern das Einheitsunternehmen, das seinen Gewerbebetrieb nicht über Tochtergesellschaften, sondern über Betriebsstätten ausübt. Bei solchen Unternehmen ist § 3 c EStG nicht anwendbar. Einem solchen Einheitsunternehmen wollte der Gesetzgeber den Konzern mit Tochtergesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen gleichstellen. Die Konzernbildung sollte nicht steuerlich gehemmt werden. Insoweit ist es konsequent, für die Besteuerung auf die organschaftliche „Einkommensgemeinschaft eigener Art“102 abzustellen. Dieses Verständnis entspreche insbesondere der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Steuerrecht.103 Wenn die ungleiche Behandlung von Ausschüttung und Abführung hinsichtlich der Anwendung von § 3 c EStG als ungerecht empfunden wird, liege dies an der verfehlten Anwendung einer Vorschrift auf Gewinnausschüttungen nach § 8 b Abs. 1 EStG. Eine verfehlte Anwendung einer Vorschrift auch auf die OrganPupeter, GmbHR 2002, S. 769 f. Kritisch zur Durchbrechung des Halbeinkünfteverfahrens bei steuerfreien ausländischen Beteiligungserträgen einer Organschaft, Pyszka, GmbHR 2002, S. 468 ff. 99 Schaden / Franz, GmbHR 2002, S. 882 f.; Pupeter, GmbHR 2002, S. 769 f.; Baldamus, DStR 2003, S. 544 f. 100 Stoschek / Peter, INF 2003, S. 708 f. 101 Frotscher, DB 2002, S. 1524. Zum Vergleichsmaßstab auch Schnittker / Schmitz-Herscheidt, FR 2002, S. 1165 ff.; dort auch zu den Unterschieden zwischen Organschaft und schlichter Beteiligung. 102 Vgl. Rudolf Thiel, StKongrRep. 1971, S. 196. 103 Schnittker / Schmitz-Herscheidt, FR 2002, S. 1170. 97 98

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schaftsbesteuerung auszudehnen, hieße eine „Gleichmäßigkeit der Beschädigung“ herzustellen. Eine so verstandene Gleichmäßigkeit ohne gesetzliche Grundlage wird abgelehnt.104 Die Ansicht von Thiel sei zudem inkonsequent, soweit er für Personengesellschaften und natürliche Personen als Organträger das Halbeinkünfteverfahren anwenden wolle.105 Die Bedenken wären außerdem schon früher angebracht gewesen.106 Die Meinung von Thiel sei nicht geeignet, Investitionen am Standort Deutschland zu fördern. Die Versicherung der Unternehmen habe eher eine investitionshemmende Wirkung.107 In der Gesetzesbegründung zum StSenkG heißt es ausdrücklich, die steuerliche Organschaft werde erleichtert, um die Auswirkungen des Systemwechsels abzumildern.108 Die Vertreter dieser Ansicht halten daher eine klarstellende Erläuterung der Finanzverwaltung für wünschenswert, wonach diese ihre bisherige Rechtsauffassung beibehalte.109 (3) Stellungnahme M. E. nimmt die h. M. [unter (2)] in der Sache eine teleologische Reduktion des § 3 c Abs. 1 KStG vor, jedenfalls wenn man den Begriff „steuerfreie Einnahmen“ wie hier weit faßt.110 § 277 Abs. 3 S. 2 HGB bestimmt die Gewinnabführung als handelsrechtlichen Ertrag, steuerrechtlich bleibt er außer Ansatz. Argumentationen mit „organschaftsspezifischen Steuerungsmechanismen“, „telos des § 3 c EStG“ etc. lassen kaum eine andere Deutung zu. Für die teleologische Reduktion sprechen hier sehr überzeugende Gründe. Jedenfalls die Gewinnabführung muß danach aus dem Anwendungsbereich des § 3 c EStG ausscheiden. Zu der von Thiel beklagten Ungleichbehandlung kommt es nach der hier vertretenen Ansicht schon deshalb nicht, da bereits allgemein eine teleologische Reduktion des § 3 c Abs. 1 EStG gefordert wird.111 Pannen / Stifter, DB 2002, S. 1525. Man könnte hier sogar an das Analogieverbot denken. Lüdicke, BB 2002, S. 1522 f.; Frotscher, DB 2002, S. 1522; Schaden / Franz, GmbHR 2002, S. 881; Köplin / Klein / Lüpges, FR 2002, S 925; Thiel, DB 2002, S. 1526 räumt dies ein, sieht darin aber kein Argument für die Gegenauffassung. 106 Frotscher, DB 2002, S. 1522; Köplin / Klein / Lüpges, FR 2002, S. 921; auch dies räumt Thiel, ibid, ein. Köplin / Klein / Lüpges, FR 2002, S. 924 f. führen zudem Inkonsistenzen im Gewerbesteuerrecht an, dagegen Thiel, FR 2002, S. 925 f. mit Verweis auf die Rechtsprechung des BFH. 107 Krebs / Blumenberg, BB 2002, S. 1723 f.; Lüdicke, BB 2002, S. 1523; Köplin / Klein / Lüpges, FR 2002, S. 925. 108 BT-Drucks. 14 / 2683, S. 121; Hey, FR 2001, S. 1280. 109 Pupeter, GmbHR 2002, S. 771; Krebs / Blumenberg, BB 2002, S. 1724; Stoschek / Peter, INF 2003, S. 709. 110 Vgl. Teil 1 C. III. 2. b). 111 Vgl. Teil 2 C. VII. 104 105

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

bb) Vororganschaftliche Geschäftsvorfälle Gem. Abschn. 59 Abs. 4 S. 3 KStR (i.V.m. Abschn. 92 Abs. 3 S. 5 – 7 KStR) sind Mehrabführungen als Gewinnausschüttung zu behandeln. Damit könnte der Anwendungsbereich von § 3 c Abs. 1 EStG – trotz Organschaft – eröffnet sein. Diese Verwaltungspraxis würde dann für die Gestaltungsempfehlung „Organschaft“ regelmäßig zu Anlaufschwierigkeiten führen. Für die Verwaltungspraxis wird angeführt, daß es ansonsten zu einer Blockade des bei der Tochtergesellschaft ruhenden Körperschaftsteuerguthabens käme.112 Diese Argumentation kann nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens nicht mehr gelten. Die Gegenauffassung ging im übrigen schon bisher davon aus, daß allein die Tatsache der vorvertraglichen Zeit nicht ausreicht, um die Systematik der Organschaftsbesteuerung partiell außer Kraft zu setzen.113 Für diese Auffassung spricht nunmehr auch die Neuregelung des § 27 Abs. 6 S. 4 KStG. Der Wortlaut „andere“ könne sich im Umkehrschluß zu S. 1 nur auf vororganschaftliche Ursachen beziehen.114 cc) Ausblick Der Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts ging ausdrücklich von der Gestaltungsmöglichkeit der Organschaft aus.115 Die Mindermeinung wird sich daher nicht durchsetzen können.116 Für Konzerne wird daher die Bedeutung des Abzugsverbots als gering angesehen, sofern nicht anderweitige Gründe der Bildung einer Organschaft entgegenstehen (z. B. zivilrechtliche Konsequenzen des für die Organschaft nach § 14 S. 1 KStG erforderlichen Gewinnabführungsvertrags, insbesondere bei bestehenden Minderheitsbeteiligungen, oder das Verbot der Verrechnung vororganschaftlicher Verluste gem. § 15 Nr. 1 KStG).117 Aus europarechtlicher Sicht ist strittig, inwieweit die gesetzlichen Regelungen den Anforderungen des EG-Vertrages genügen.118 Dötsch / Witt, DB 1996, S. 1595 f. FG Münster, DStR 2002, S. 231, danach gehen die Regeln der Organschaft vor; Mehrabführungen aus vorvertraglicher Zeit übersteigen nicht den Höchstbetrag der Abführung gem. § 301 AktG und seien daher in die organschaftliche Ergebniszurechnung einzubeziehen. Die Finanzverwaltung hat hiergegen Revision (Az. des BFH: I R 68 / 01) eingelegt. 114 Vgl. Storg / Wehr, DStR 2002, S. 438 f.; Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 110; Stadler / Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 51. 115 FR 2001, Beilage zu Heft 11, S. 22. 116 Nach den bisherigen Verlautbarungen soll das geplante BMF-Schreiben zur Organschaft nicht der Auffassung von Thiel folgen, vgl. Lingemann, GmbHR 2002, R 429; Schnittker / Schmitz-Herscheidt, FR 2002, S. 1163 ff. 117 Vgl. zu den Vor- und Nachteilen der Organschaft Oppenhoff & Rädler-Benz, Unternehmensbesteuerung, S. 235: die uneingeschränkte Verlustübernahme nach § 302 AktG kann nicht gewünscht sein. Hundsdoerfer, BB 2001, S. 2246, weist darauf hin, daß der GAV zu einer stärkeren Zentralisierung im Konzern führe. 118 Kellersmann / Treisch, S. 183 f. m.w.N. Dazu unter Teil 2 C. VIII. 1. 112 113

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Insgesamt ist die Gestaltungsempfehlung nicht frei von rechtlichen Unsicherheiten. Das Problem, ob auch Gewinne aus der Veräußerung von Organgesellschaften nach § 8 b Abs. 2 KStG steuerfrei sind, wurde durch die Neufassung im UntStFG durch ausdrückliche Einbeziehung gelöst. Nachdem tatsächlich viele Unternehmen von der Möglichkeit der Organschaftsbildung Gebrauch machen, was u. a. auch zu einem weiteren Rückgang des Gewerbesteueraufkommens führte, wird neben einer Ausdehnung der Gewerbesteuer auf Freiberufler auch eine erneute Änderung der Organschaftsbesteuerung erwogen.119 dd) Gesetzesvorhaben Gem. Art. 3 SteVAG-E (§ 15 Abs. 2 KStGE) sollten der neue § 8 b Abs. 3 KStG sowie § 3 c Abs. 2 EStG beim Organträger anwendbar sein. § 8 b Abs. 3 Nr. 1 KStGE hatte folgenden Wortlaut: „(3) Bei der Ermittlung der Einkünfte dürfen nicht abgezogen werden: 1. Ausgaben, die mit Bezügen im Sinne des Absatzes 1 in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Bezüge anfallen“.

Damit hätte der gleiche Gedanke wie bei § 3 c Abs. 2 EStG – kein unmittelbarer Zusammenhang erforderlich – Anwendung gefunden. Die Ansicht von Thiel wäre im Gesetz festgeschrieben geworden. Diese Neufassung diente laut der Entwurfsbegründung ausdrücklich dem Ziel, die entwickelten Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung des Abzugsverbots zu verhindern. Damit hätte sich die Gestaltungsmöglichkeit der Organschaft erledigt.120 Der Regierungsentwurf (StVergAbG) sah diese Änderung nicht mehr vor. Gesetz geworden ist die Mindestlaufzeit für Gewinnabführungsverträge von 5 Jahren, § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 KStG.121 2. „Ballooning“122

Weiterhin wird das sog. „Ballooning“ diskutiert. Darunter fallen zwei Sachverhaltsgestaltungen der Gewinnthesaurierung: 119 Christine Scheel in Wirtschaftswoche Nr. 33 (8. 8. 2002), S. 31. Geplant ist gegenwärtig eine Streichung der Verrechnungsmöglichkeit bei der Gewerbesteuerschuld, SZ Nr. 239 (16. 10. 2002), S. 21 – dem entspricht die Streichung der gewerbesteuerlichen Organschaft, dazu unter Teil 2 C. IV. 1. b) dd). 120 Die Rechtsberatung hat für diesen Fall bereits Alternativen angeboten. Kessler / Reitsam, DStR 2003, S. 269 ff.; 315 ff.: typisch stille Beteiligung; Prinz / Schürner, GmbHR 2003, S. 279 ff.: Tracking Stocks-Strukturen. 121 Zu weiteren Änderungen durch das StVergAbG vgl. Höreth / Schiegl / Zipfl, BB 2003, S. 983 ff.; Förster, DB 2003, S. 899 ff. 122 Das Ballooning empfehlen HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14; Thiel, DB 2002, S. 1342; Klingberg in Herzig, Unternehmenssteuerreform,

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a) Gewinnthesaurierung mit anschließender Ausschüttung Da Inlandsdividenden nach § 8 b Abs. 1 KStG ebenso steuerbefreit sind wie vorher nur ausländische Schachtelbeteiligungen, soll die dazu ergangene Rechtsprechung übertragen werden können. Nach der BFH-Rechtsprechung zu ausländischen Schachteldividenden besteht ein unmittelbarer Zusammenhang nur, wenn Ausgaben und Einnahmen in demselben Veranlagungszeitraum anfallen. Dies ermöglichte es, eine Anwendung des § 3 c EStG bei ausländischen Schachteldividenden dadurch zu vermeiden, daß Gewinne in den Jahren, in denen Finanzierungskosten entstehen, bei der Tochtergesellschaft thesauriert wurden und eine Ausschüttung in die Jahre verlagert wurde, in denen keine oder nur geringe Finanzierungskosten anfielen. Gegen diese Rechtsprechung wurde und wird eingewandt, daß sie im Widerspruch zur übrigen Rechtsprechung stehe, wonach das zeitliche Auseinanderfallen von steuerfreien Einnahmen und Ausgaben unbeachtlich sei.123 Wegen dieser Kritik könne die Gewinnthesaurierung nicht als Gestaltung empfohlen werden, die sicher eine Anwendung des Abs. 1 vermeide.124 Zu bedenken ist, daß die Rechtsprechung in bezug auf einen Einzelfall entwickelt wurde. Angesichts der geänderten Gesetzeslage ist es durchaus möglich, daß die Rechtsprechung sich ändert, auf eine gefestigte Rechtsprechung kann man sich nicht berufen. Der BFH begründete seine bisherige Rechtsprechung mit den unterschiedlichen Motiven auf denen ein Beteiligungserwerb beruht. Werde eine Beteiligung z. B. zu dem einzigen Zweck gehalten, später verkauft zu werden und kommt es zu keiner Ausschüttung, dann ist ein unmittelbarer Zusammenhang ausgeschlossen.125 Nachdem die Bundesregierung in ihrem Bericht auf die Gestaltung des Ballooning verweist, wird wohl auch die Verwaltung daran festhalten. In der Begründung zum UntStFG wird ausdrücklich auf die veranlagungszeitraumbezogene Betrachtung des BFH hingewiesen.126 Alternativ kann die Tochtergesellschaft die thesaurierten Gewinne in toto an die Muttergesellschaft ausschütten, die dann das Anschaffungsdarlehen möglichst weitgehend zurückführt. Die in diesem Veranlagungszeitraum eventuell noch anfallenden nicht abziehbaren Zinsaufwendungen werden wohl nicht mehr erheblich sein.127 Eine weitere Variante des Ballooning besteht bei langjährig gleichbleibendem Zinsaufwand darin, auf regelmäßige Dividendenausschüttungen zu verzichten und statt dessen nur gelegentlich die Gewinne mehrerer Jahre in einer Ausschüttung S. 11; Werra, FR 2000, S. 649; Breithecker / Klapdor / Zisowski, S. 41; Atescher / Blaufuß, DStR 2000, S. 1381 ff.; Zimmermann in Erle / Sauter, § 8 b Rn. 284 ff. 123 BFH, BStBl. II 1992, S. 666; BFH / NV 1993, 224. 124 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14; HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c EStG Anm. 66. 125 BFH, BStBl. II 1997, S. 60 (62 f.). 126 BT-Drucks. 14 / 6882, S. 36.

C. Abzugsbeschränkung

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zusammenzufassen, so daß diese nur um den Zinsaufwand eines Jahres gekürzt werden. Voraussetzung ist, daß die Liquiditätssituation der Muttergesellschaft es gestattet, daß Liquiditätszufluß und Finanzierungsdienst phasenverschoben erfolgen.128 Für den Fall, daß die Mutter – aufgrund von Liquiditätsengpässen – zur Rückzahlung der Akquisitionsdarlehen auf den cash flow der Tochter zurückgreifen will, wird empfohlen, die Gewinnthesaurierung bei der Tochter mit der Vergabe angemessen verzinster Darlehen der Tochter an die Mutter zu verbinden (Ballooning-Darlehen-Konzept). Später könne dann eine Tilgung der Darlehen durch Aufrechnung im Rahmen einer Ausschüttung der bei der Tochter thesaurierten Gewinne erfolgen.129 Für Haep stellt sich diesbezüglich aber die Frage, inwieweit die Darlehensvergabe durch die Tochter ernsthaft gewollt war und ob es sich nicht lediglich um ein Scheingeschäft, § 41 Abs. 2 AO (getarnte Gewinnausschüttung) handelte.130 Außerdem bestehe das Problem, daß das BMF in den Verzicht auf Dividendenausschüttung bei gleichzeitiger Darlehensgewährung Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmißbrauch nach § 42 AO sehe.131 Zu diesen Bedenken ist folgendes anzumerken: Ein Scheingeschäft nach § 41 Abs. 2 AO ist dann gegeben, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abgegeben wird und beide Teile darüber einig sind, daß das Erklärte nicht gewollt ist, der Wille also nur zum Schein erklärt sein soll.132 Wird mit dem Geschäft ein bestimmter, wirtschaftlich vernünftiger Zweck verfolgt, so ist es i.d.R. kein Scheingeschäft. Diese Gründe können auch steuerrechtlicher Art sein.133 Abzugrenzen sind insbesondere Umgehungsgeschäfte. Gerade die Absicht der Steuerumgehung spricht bei echten Umgehungsgeschäften stets dafür, daß das Umgehungsgeschäft wirklich gewollt ist.134 Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei Ballooning-Darlehen-Konzepten nicht um Scheingeschäfte, da sie auf jeden Fall den wirtschaftlichen Zweck verfolgen, die Steuerlast zu mindern. Durch diese Konstruktion wird außerdem die Eigenkapitalausstattung der Tochter verbessert und die Liquidität der Mutter sichergestellt. Daraus ergeben sich Folgen für den zweiten Einwand. 127 Eichner, S. 107 m.w.N., dort auch zu Befürchtungen, die Finanzverwaltung könne § 3 c Abs. 2 EStG auch auf § 8 b Abs. 1 KStG anwenden. 128 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14. 129 Eilers / Wienands, GmbHR 2000, S. 961. 130 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14 m.w.N. 131 BMF, BStBl. I 1997, S. 99 (Ziff. 1.3. a.E.); vgl. auch Seibt, DStR 2000, S. 2075. 132 Tipke / Kruse, § 41 AO Rn. 65 m.w.N. 133 Tipke / Kruse, § 41 AO Rn. 68 m.w.N. 134 Tipke / Kruse, § 41 AO Rn. 74 m.w.N.

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

Mißbrauch nach § 42 Abs. 1 S. 1 AO ist Wahl einer den wirtschaftlichen Vorgängen unangemessenen Gestaltung zum Zwecke der Steuervermeidung.135 Die rechtliche Gestaltung ist unangemessen, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck dient, wenn ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund überhaupt fehlt, wenn sie der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.136 Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht eine rechtliche Gestaltung nicht unangemessen. Dies gilt auch dann, wenn die Gestaltung allein aus einer steuerlichen Motivation heraus gewählt worden ist. Sie muß jedoch einen vernünftigen wirtschaftlichen Zweck haben. Nur wenn neben dem Zweck der Steuerersparnis kein solcher erkennbar ist, ist die Gestaltung unangemessen. M.E. ist bereits das Ziel einer verbesserten Eigenkapitalstruktur bei der Tochtergesellschaft durch höhere Gewinnrücklagen ein vernünftiger wirtschaftlicher Zweck, der den Mißbrauchsvorwurf ausschließt.

b) Gewinnthesaurierung mit anschließendem Verkauf Bei diesem Verfahren werden Gewinne in der Gesellschaft thesauriert und dann die Beteiligung zu einem höheren Preis veräußert. Betriebs- und volkswirtschaftlich sind der damit verbundene „lock-in Effekt“ und die Notwendigkeit, u.U. die Tochtergesellschaft veräußern zu müssen, kritikwürdig.137 In den Fällen der Holdinggesellschaft, die außer Dividenden keine sonstigen Einkünfte hat, stellt sich das Problem, daß die (voll abzugsfähigen) Betriebsausgaben nicht verrechnet werden können. Es kommt lediglich zu einem Verlustvortrag, der aber im Hinblick auf die dann ausgeschütteten steuerfreien Dividenden verfallen muß. In solchen Fällen ist das Ballooning-Modell sinnlos.138

c) Gesetzesvorhaben Durch die geplante Neufassung des § 8 b Abs. 3 Nr. 1 KStGE139 wäre die Gestaltung des ballooning in Variante a) hinfällig geworden.

135 Tipke / Kruse, § 42 AO Rn. 30 m.w.N.; vgl. dazu insbesondere BFH, BStBl. 2000, S. 222 (Dublin-Dock). 136 Tipke / Kruse, § 42 AO Rn. 33 m.w.N. 137 Frotscher, DStR 2001, S. 2049. 138 Eichner, S. 108; Klingberg in Herzig, Unternehmenssteuerreform, S. 11. 139 Vgl. Teil 2 C. IV. 1. b) dd).

C. Abzugsbeschränkung

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3. Verlagerung der Finanzierungsaufwendungen auf die Tochtergesellschaft140

Eine weitere Möglichkeit, Betriebsausgaben, die auf Ebene einer Erwerber-Gesellschaft entstehen und bei dieser wegen § 3 c Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 b Abs. 1 KStG nicht abzugsfähig sein sollen, mit operativen Erträgen der TochterZiel-Gesellschaft zu verrechnen, liegt in einer Verlagerung des Kapitaldienstes von der Mutter- auf die Tochtergesellschaft („debt push down transaction“). Dazu realisiert die Tochtergesellschaft ausschüttungsfähige Rücklagen oder nimmt eine effektive Kapitalherabsetzung vor: Fremdverbindlichkeiten aus der Akquisition einer Kapitalgesellschaft bei entsprechenden handelsrechtlich ausschüttungsfähigen Rücklagen der Tochtergesellschaft können steuerneutral aus der Ebene des Erwerbers in die akquirierte Kapitalgesellschaft verlagert werden, indem die Tochtergesellschaft ihre gesamten Rücklagen an den Erwerber ausschüttet und diese Ausschüttung fremdfinanziert wird. Die Tochter nimmt also ihrerseits ein Darlehen auf und schüttet das dadurch generierte Kapital an die Muttergesellschaft aus. Bei einer operativ tätigen Tochtergesellschaft sind die dabei anfallenden Finanzierungskosten sodann unproblematisch mit den Betriebseinnahmen aus dem operativen Geschäft der Tochtergesellschaft verrechenbar, d. h. steuerlich abziehbar, da bei ihr kein Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen besteht.141 Möglicherweise kommt auch eine Kapitalherabsetzung (Teilliquidation) bei der Tochtergesellschaft, verbunden mit einer Fremdkapitalaufnahme der Tochtergesellschaft in Betracht, um der Muttergesellschaft die Mittel zur Zurückführung von Verbindlichkeiten zukommen zu lassen.142 Die Muttergesellschaft führt bei dieser Konstruktion die nicht mehr steuereffiziente Fremdfinanzierung zurück, so daß keine Finanzierungsaufwendungen mehr auf ihrer Ebene anfallen. So werden die wegen des Abzugsverbots in § 3 c Abs. 1 EStG steuerlich ineffizienten Schulden auf der Ebene der Muttergesellschaft in steuerlich abzugsfähige Finanzierungsaufwendungen auf Ebene der Tochtergesellschaft verlagert. Eine „Debt Push Down“- Maßnahme kommt ebenfalls in Betracht, um im internationalen Konzern Verbindlichkeiten in eine inländische Zwischenholding zu verlagern, die nur steuerfreie Auslandsdividenden bezieht (dazu im folgenden 4.).

140 Empfohlen bei Pupeter, GmbHR 2002, S. 768; Eilers / Wienands, GmbHR 2000, S. 962. 141 Eilers / Wienands, GmbHR 2000, S. 962. 142 Freshfields / Bruckhaus / Deringer, NJW-Beilage 51 / 2000, S. 29. Zur Gläubigerschutzvorschrift des § 58 GmbHG vgl. Eichner, S. 117.

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften 4. Zuordnung des Fremdkapitals zu Auslandsbeteiligungen143

Da § 8 b Abs. 5 KStG stets 5 % der Auslandsdividenden als nichtabziehbare Betriebsausgaben fingiert, unabhängig von deren tatsächlicher Höhe, werden Auslandsdividenden im Vergleich zu Inlandsdividenden bessergestellt, wenn sie in hohem Maße fremdfinanziert sind.144 Deshalb kann es sich aus Sicht des deutschen Steuerrechts empfehlen, in einem international tätigen Konzern möglichst ausländische Tochtergesellschaften mit Fremdkapital, deutsche Tochtergesellschaften dagegen mit Eigenkapital zu finanzieren. Hierzu kommt z. B. eine Verlagerung von Verbindlichkeiten auf eine inländische Zwischenholding, die nur steuerfreie Auslandsdividenden bezieht, in Betracht. Denn bei einer Zwischenholding, die nur steuerfreie Auslandsdividenden bezieht, findet § 8 b Abs. 5 KStG Anwendung.145 Der SteVAG-E sah die Streichung von § 8 b Abs. 5 KStG vor. Der Regierungsentwurf sah dies nicht mehr vor und es wurde auch nicht Bestandteil des StVergAbG.

5. Finanzierung inländischer Tochtergesellschaften durch Gesellschafterdarlehen

Tochtergesellschaften sollten künftig nicht mit Eigenkapital, sondern durch Gesellschafterdarlehen der Muttergesellschaft finanziert werden, sofern diese sich gegenseitig durch Kreditaufnahme refinanziert. Die Darlehenszinsen sind bei der Tochter als Betriebsausgabe abziehbar. Bei der Mutter stehen sich – ebenfalls voll abziehbare – Zinsaufwendungen und steuerpflichtige Zinserträge gegenüber. Würde das Kapital als Eigenkapital zur Verfügung gestellt, so fiele bei der Tochter ein höherer Gewinn an. Dieser könnte als Dividende ausgeschüttet werden. Der Zinsaufwand der Mutter wäre aber nach § 3 c Abs. 1 EStG nicht abziehbar.

6. Vermeidung eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit knüpft an das Tatbestandsmerkmal „unmittelbar“ in § 3 c Abs. 1 EStG an, wenn die gesamten Finanzierungsbedürfnisse eines Konzerns aus einem Pool verfügbarer Mittel finanziert werden (indem z. B. Fremd- und Eigenkapital oder Fremdkapital aus verschiedenen Quellen eingestellt wird). Die Verwischung von Eigen- und Fremdkapital wird auch als Mezzanine-Finanzierung bezeichnet.146 Läßt sich nicht mehr feststellen, daß eine bestimmte Be143 Wird empfohlen von Arthur / Andersen, Steuerreform 2001, S. 125 f.; Köhler, DStR 2000, S. 1849. 144 Dazu unter Teil 2 D. II. 145 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14 m.w.N. 146 Dazu Jänisch / Moran / Waibel, DB 2002, S. 2451 ff.

C. Abzugsbeschränkung

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teiligung mit einem bestimmten Fremdkapital finanziert wurde, fehlt der unmittelbare Zusammenhang.147 Es besteht allerdings die Gefahr, daß die Betriebsprüfung gleichwohl eine schätzweise Aufteilung vornimmt.148 Insgesamt wird eine restriktive Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG gefordert.149 Entsprechend der bisherigen restriktiven Rechtsprechung des BFH zum DBASchachtelprivileg150, müsse eindeutig festgestellt werden, ob die Fremdmittel überhaupt dem Erwerb der Inlandsbeteiligung im Sinne einer konkreten Zweckbestimmung gedient haben.151 Diese Überlegungen hätten sich mit § 8 b Abs. 3 Nr. 1 KStGE152 erledigt, dessen Einführung durch das StVergAbG nicht erfolgte.

7. Mittelbare Beteiligungsfinanzierung

a) Finanzierung über inländische Tochtergesellschaft Geht man davon aus, daß die frühere Rechtsprechung zu ausländischen Schachteldividenden153 auf die nunmehr steuerfreien inländischen Dividenden übertragbar ist, so kann es sich empfehlen, im Konzern Eigenkapitalzuführungen mittelbar durch Zwischenschaltung weiterer Konzerngesellschaften fremd zu finanzieren. § 3 c Abs. 1 EStG findet keine Anwendung, wenn die Muttergesellschaft auf dem Kapitalmarkt Fremdkapital aufnimmt und dieses der Tochtergesellschaft als nahezu zinsloses Darlehen154 zur Verfügung stellt, solange die Tochter keine Dividendenzahlungen an die Mutter leistet. Die ersparten Darlehenszinsen stellen bei der Tochter auch keine verdeckte Einlage dar.155 147 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14 m.w.N. Herrmann in Frotscher, § 3 c EStG Rn. 61. 148 Frotscher in Frotscher / Maas, § 8 b KStG Rn. 98; BMF BStBl. I 1997, S. 99 (Ziff. 1.4.1 aE); zur Zuordnung von Verwaltungskosten und Dienstleistungen: Beinert / Mikus, DB 2002, S. 1468 f. 149 Eichner, S. 108 ff. m.w.N. Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 99 verweist auf die Auffassung von Neu / Rohde, GmbH-StB 2001, S. 110 wonach bei verdeckten Gewinnausschüttungen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang vorliege und lehnt diese Auffassung ab. 150 BFH, BStBl. II 1997, S. 57. 151 Freshfields / Bruckhaus / Deringer, NJW-Beilage 51 / 2000, S. 29. 152 Vgl. Teil 2 C. IV. 1. b) dd). 153 Vgl. Teil 2 C. IV. 2. a). 154 Nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG wäre eine Zinslosigkeit schädlich. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine verzinsliche Verbindlichkeit vor, „wenn ein Zinssatz von mehr als 0% vereinbart ist“, OFD München, DB 2000, S. 2043. 155 Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 99 mit Verweis auf BFH GrS v. 26. 10. 1987, BStBl. II 1988, S. 348. Es geht um das Problem, das nach wohl überwiegender Auffassung Nutzungen nicht Gegenstand einer verdeckten Einlage sein können. Vgl. auch A 36 A Abs. 2 S. 3 KStR: „Der Vorteil der zinslosen oder zinsverbilligter Darlehensgewährung stellt deshalb keine verdeckte Einlage dar.“. Dies gilt auch, wenn der Gesellschafter ein verzinsliches Darlehen auf-

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

Die Tochter kann die Darlehensvaluta dann einer Enkelgesellschaft als Eigenkapital zur Verfügung stellen. Dividendenzahlungen der Enkel an die Tochter führen nicht zu einer Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG, da bei der Tochter keine Betriebsausgaben anfallen. Zur Anwendung käme es nur, wenn die Tochter Ausschüttungen an die Mutter vornimmt. Gegen diese Gestaltung bestehen die schon erwähnten Bedenken156, daß auch eine weniger restriktive Auslegung des § 3 c Abs. 1 EStG denkbar ist.157 b) Einbringung der Beteiligung in eine ausländische Zwischen-Holding158 Denkbar ist weiterhin, die Finanzierung über eine ausländische Zwischen-Holding. Durch Einbringung deutscher Tochtergesellschaften in eine ausländische Kapitalgesellschaft können inländische Dividenden in ausländische Dividenden „transformiert“ werden. Folge ist dann die Anwendung von § 8 b Abs. 5 KStG statt § 3 c Abs. 1 EStG. Zu beachten sei nach Haep allerdings, daß diese Konstruktion einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe, um die Anwendung des § 42 AO zu vermeiden.159 In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des BFH zu Basisgesellschaften hinzuweisen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erfüllt die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrig besteuernden Ausland den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Die Rechtsprechung ist Ausdruck des Grundsatzes, daß das Steuerrecht grundsätzlich die gewählte zivilrechtliche Genimmt, um die eigene Darlehensgewährung an die Kapitalgesellschaft zu refinanzieren. Aus dieser unentgeltlichen bzw. verbilligten Nutzungsüberlassung erzielt der Gesellschafter keine Einkünfte. Er kann die ihm entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben auf die Beteiligung abziehen. Nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung liegen hier nicht vor, vgl. BFH, BStBl. II 1988, S. 348 (355). Der Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöht sich infolge des Fehlens eigenen Zinsaufwandes entsprechend. Hieran nimmt der Gesellschafter gegebenenfalls in Form von Gewinnausschüttungen teil. Vgl. Dötsch / Cattelaens / Gottstein / Stegmüller / Zenthöfer, Körperschaftsteuer, Rn. 408, 414. Zur Problematik, daß Nutzungen nicht Gegenstand einer verdeckten Einlage sein können vgl. Knobbe-Keuk, Unternehmensbesteuerung, S. 289 f.; Crezelius, Steuerrecht II, § 8 Rn. 57;Weber-Grellet in Schmidt, § 5 Rn. 206; a.A. Wolter, S. 181 ff., 227. 156 Vgl. Teil 2 C. IV. 2. a). 157 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14 m.w.N. Bedenken gegen diese Gestaltung bringt auch Piltz, StbJb 2001 / 2002, S. 99 f. vor. 158 Wird empfohlen von: Becker, IWB F. 3 Gr. 1, S. 1663; Klingberg in Herzig, Unternehmenssteuerreform, S. 11 (nach § 23 Abs. 4 UmwStG steuerneutrale Einbringung in eine EUKapitalgesellschaft, gegen den Vorteil des weitgehenden Zinsabzugs sind etwaige Nachteile nach § 50 Abs. 1 a EStG und etwaige ausländische Quellensteuerbelastungen abzuwägen). 159 HHR / Haep, Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c EStG R 14. Zu § 42 AO vgl. bereits Teil 2 C. IV. 2. a).

C. Abzugsbeschränkung

209

staltung respektiert. Dies gilt jedoch nicht für solche Gestaltungen, die nur der Manipulation dienen. Sie können der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn mit ihnen ein angemessener wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird.160 In der aufsehenerregenden Entscheidung des 1. Senats zu den „Dublin-Dock-Gesellschaften“ stellte der BFH fest, daß es im wesentlichen um die Abgrenzung zu bloßen Briefkastengesellschaften gehe und die Entscheidung zum „outsourcen“ einer Betriebsaufgabe für sich genommen keine von den zivilrechtlichen Vorgaben abweichende steuerliche Zuordnung der Einkünfte rechtfertige.161 Die Zwischenschaltung der Holding dient der Auslagerung der Beteiligungsverwaltung und ist in Übereinstimmung mit der zitierten BFH Entscheidung nicht als rechtsmißbräuchlich anzusehen. Im übrigen geht es bei der vorliegenden Gestaltung handelt nicht um die Problematik des niedrig besteuernden Auslandes, sondern um die Nutzung einer deutschen Steuernorm. Gegen § 8 b Abs. 5 KStG, auf dem diese Gestaltung beruht, bestehen allerdings erhebliche Bedenken.162 Die geplante Streichung von § 8 b Abs. 5 KStG hätte diese Gestaltungsmöglichkeit hinfällig werden lassen. 8. Verschmelzung der Einheiten163

Schließlich wird die Verschmelzung der Gesellschaften diskutiert. Gem. § 2 UmwG ist Verschmelzung definiert als die Übertragung des gesamten Vermögens eines Rechtsträgers auf einen anderen, entweder schon bestehenden oder neu gegründeten Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Auflösung ohne Abwicklung, wobei den Anteilsinhabern des übertragenden und erlöschenden Rechtsträgers im Wege des Anteilstausches eine Beteiligung an dem übernehmenden Rechtsträger gewährt wird.164 Unter „Up-Stream-Merger“ versteht man die Verschmelzung der Tochter- auf die Muttergesellschaft.165 Dadurch wird das operative Ergebnis der Tochter- auf die Ebene der Muttergesellschaft heraufgeschleust.166 160 BFH, BStBl. II 1975, S. 553; BStBl. II 1986, S. 496; BStBl. II 1992, BStBl. II 2000, S. 222. 161 BFH, BStBl. II 2000, S. 222, vgl. auch die Anmerkung von Clausen, IStR 2000, S. 186; dagegen allerdings BMF, BStBl. I 2000, S. 243 wonach „ins Gewicht fallende außersteuerliche Gründe“ oder eine „substanzielle wirtschaftliche Tätigkeit“ erforderlich sein soll. 162 Vgl. Teil 2 D. 163 Wird empfohlen von Klingberg in Herzig, Unternehmenssteuerreform, S. 11. 164 Umfassend zu den umwandlungsrechtlichen Regelungen Sagasser / Ködderitzsch in Sagasser / Bula / Brünger, S. 136 ff. 165 Eichner, S. 229, dort auch Nachweise (FN 910) zum (rechtlich problematischeren) „Down-Stream-Merger“. 166 Eichner, S. 118; erwähnt bei Pupeter, GmbHR 2002, S. 769.

14 Beck

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

Zivilrechtlich ist diese Gestaltung verhältnismäßig einfach.167 Handelsrechtlich ist die Verschmelzung der übertragenden Körperschaft, deren sämtliche Anteile sich inm der Hand der übernehmenden Körperschaft befinden, besonders privilegiert. Gemäß § 5 Abs. 2 UmwG entfallen die Angaben im Verschmelzungsvertrag nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 UmwG, soweit sie die Aufnahme betreffen. Ferner sind gem. § 8 Abs. 3 UmwG der Verschmelzungsbericht, gem. § 9 Abs. 2 UmwG die Prüfung der Verschmelzung sowie der als Ergebnis zu erstellende Prüfungsbericht gem. § 9 Abs. 3 UmwG entbehrlich.168 In steuerrechtlicher Hinsicht ist diese Gestaltung problematisch. Zwar gewährt § 24 UmwG dem übernehmenden Rechtsträger ein handelsbilanzielles Bewertungswahlrecht, ob er den Beteiligungsansatz oder aber die in der Schlußbilanz des übertragenden Rechtsträgers angesetzten Werte als Anschaffungskosten i. S. d. § 253 Abs. 1 HGB bucht. Insoweit lassen sich also die übergehenden Wirtschaftsgüter „bis zur Höhe des untergehenden Beteiligungsansatzes“ aufstocken, so daß ein Übernahmeverlust bzw. -gewinn auch dann vermieden werden kann, wenn der Beteiligungsansatz wegen der darin enthaltenen stillen Reserven sowie des Firmenwertes die kumulierten Netto-Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter übersteigt. Im übrigen würde ein Übernahmeverlust (oder -gewinn) auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers ohnehin körperschaftsteuerlich (§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG) und gewerbesteuerlich (§ 19 Abs. 1 S. 1 UmwStG) außer Ansatz bleiben. Ferner vollzieht auch das Umwandlungssteuerrecht noch den Schritt nach, daß ein (steuerliches) Bewertungswahlrecht zwischen Ansatz des untergehenden Beteiligungsansatzes, der übergehenden kumulierten Netto-Buchwerte oder eines Zwischenwertes und damit die Möglichkeit einer Buchwertaufstockung gewährt werden. Die Buchwertfortführung ist aber nur möglich, sofern sichergestellt ist, daß die in dem übergegangenen Vermögen enthaltenen stillen Reserven später bei der übernehmenden Körperschaft der Körperschaftsteuer unterliegen und eine Gegenleistung nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht (§ 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG). Die übertragende Tochter kann mithin in ihrer steuerlichen Schlußbilanz die Buchwerte ihrer Wirtschaftsgüter bis auf das von der Mutter gezahlte Anschaffungskostenniveau aufstocken (§ 11 Abs. 1 S. 2, 3 UmwStG). Jedoch realisiert der Steuerpflichtige im Fall der Buchwertaufstockung sowohl körperschaft- als auch gewerbesteuerpflichtigen (§ 19 Abs. 1 S. 1 UmwStG) Übertragungsgewinn auf Ebene der Tochter, der sich aus der Differenz zwischen dem Ansatz der ursprünglichen Buchwerte und der aufgestockten Teilwerte ergibt.169 Vgl. Eichner, S. 230. Eichner, S. 230 m.w.N. Gesellschaftsrechtlich scheidet einerseits zwar ein möglicher Konflikt mit den speziellen Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG und AktG aus, da die Vermögenswerte der Tochter automatisch für die Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft haften. Allerdings werden die Gläubiger dafür durch spezielle umwandlungsrechtliche Schutzvorschriften (§ 22 UmwG; §§ 25 ff. UmwG) abgesichert. 169 Eichner, S. 232, Freshfields / Bruckhaus / Deringer, NJW-Beilage 51 / 2000, S. 51. Vor Inkrafttreten des StSenkG war noch umstritten, ob der Übertragungsgewinn insoweit steuer167 168

C. Abzugsbeschränkung

211

Nach § 8 b Abs. 2 KStG sind Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften steuerfrei, wenn der Veräußerer eine unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist. Zu beachten sind die Ausnahmen nach § 8 b Abs. 3, 4 KStG.170 Alternativ kann die übertragende Tochter gem. § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG zwar auch den Buchwert in ihrer steuerlichen Schlußbilanz ansetzen und so einen Übertragungsgewinn vermeiden. Das führt allerdings dazu, daß auch die zur Erhöhung des cash flow benötigte Buchwertaufstockung wegfällt.

V. Einfluß auf verfassungsrechtliche Beurteilung

Die aufgezeigten Gestaltungen könnten Finanz- und Konzernstrukturen zur Folge haben, die vom Steuerrecht dominiert werden und weder betriebswirtschaftlich sinnvoll sind noch volkswirtschaftlich eine sachgerechte Güterverteilung gewährleisten.171 Daneben können die Gestaltungsmöglichkeiten auch am Verdikt der Verfassungswidrigkeit der Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG nichts ändern. Angesichts der zahlreichen Zweifelsfragen sind die Gestaltungen allenfalls eine Quelle ständig neuen Streites der Unternehmen mit den Finanzbehörden. Keinesfalls handelt es sich um sehr einfache Gestaltungsmöglichkeiten, die ausnahmsweise das Verdikt der Verfassungswidrigkeit verhindern könnten.172 Die Aktivitäten des Gesetzgebers zeigen außerdem, daß die Gestaltungsmöglichkeiten keinen sicheren Bestand haben. Allen droht eine Bekämpfung als steuerliche Vergünstigung und die steuerlichen Berater müssen jederzeit mit einer Einschränkung bzw. Abschaffung rechnen. Ein vorausschauendes Handeln im Sinne einer Planungssicherheit ist damit nicht möglich. Die Gestaltung mittels Organschaft verschärft sogar die Ungleichbehandlung, da Konzerne in der Regel auch die Voraussetzungen der Organschaft erfüllen. Allerdings kann man insoweit möglicherweise auf die originäre Unterscheidung Portfolio – Schachtelbeteiligung abstellen. Beteiligungen, die einem direkten unternehmerischen Engagement dienen, sollen im Gegensatz zur bloßen Kapitalanlage (Portfoliobeteiligung) privilegiert behandelt werden.173 Im Konzern dient die Befrei war, als er aufgrund der Beteiligung einer ausländischen Kapitalgesellschaft entstand, die die Voraussetzungen des § 8 b Abs. 2 KStG a.F. erfüllte, vgl. Sagasser in Sagasser / Bula / Brünger, S. 382 (L 11) m.w.N. 170 Vgl. Schmitt in Schmitt / Hörtnagl / Stratz, § 11 UmwStG Rn. 102; Sagasser in Sagasser / Bula / Brünger, S. 382 (L 11). Für die Übertragung auf eine Personengesellschaft gilt für den Übertragungsgewinn § 4 Abs. 7 UmwStG. Zur Gewerbesteuer vgl. Schmitt in Schmitt / Hörtnagl / Stratz, § 19 UmwStG Rn. 9. 171 Frotscher, DStR 2001, S. 2050. 172 Vgl. Teil 1 D. IV. 5. 173 Matsos, S. 106, 114. Wegen der schwierigen Abgrenzungsproblematik stellt das Steuerrecht auf die Höhe des Anteils ab (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA; Art. 3 Abs. 1 lit. b MTR: 25%; § 8 b KStG a.F.: 10%). 14*

212

Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

teiligung regelmäßig einem unternehmerischen Engagement – jedenfalls wenn wie bei der Organschaft ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen wird. VI. Gescheiterte Korrektur im UntStFG174 Die Bundesregierung wollte der Kritik an ihren Steuergesetzen Rechnung tragen und deshalb entwarf das Bundesministerium der Finanzen einen Bericht an den Finanzausschuß des Deutschen Bundestags zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts.175 Der darauf folgende Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts – Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) sah folgende Änderung des § 8 b Abs. 5 S. 1 KStG vor: „Für Ausgaben, die mit Bezügen im Sinne des Absatzes 1 oder mit Betriebsvermögensmehrungen im Sinne des Absatzes 2, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, gilt § 3 c Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes nicht.“176

Zur Begründung177 wurde ausgeführt: „Die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG zwischen Körperschaften wird ausgeschlossen, da die Dividenden nicht „steuerfrei“ im eigentlichen Sinne sind. Tatsächlich hat die Dividende infolge der Definitivbesteuerung im Halbeinkünfteverfahren bereits einer vollen Gewinnbesteuerung bei der ausschüttenden Tochter unterlegen. Sie wird deshalb lediglich zur Vermeidung einer doppelten Inlandsbesteuerung nach § 8 b Abs. 1 KStG außer Ansatz gelassen.“

Damit befürwortete das BMF die Forderung der Wirtschaft und trug den dargestellten Bedenken Rechnung. Die Entscheidung in diesem Sinne wurde wohl dadurch erleichtert, daß § 3 c Abs. 1 EStG praktisch für Inlandsbeteiligungen aufgrund der unter Teil 2 C. IV. dargestellten Gestaltungsmöglichkeiten keine Bedeutung hat. Mit dem Vorschlag, § 3 c Abs. 1 EStG nicht auf Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerfreien Inlandsdividenden anzuwenden, öffnet man sich vorsichtig einer Konzernbetrachtung, da es hierbei – im Unterschied zu einer an sich gebotenen rechtssubjektsbezogenen Besteuerung – nicht darauf ankommt, auf welcher Besteuerungsebene (Beteiligungsstufe) Finanzierungsaufwendungen anfallen. Das Halbeinkünfteverfahren wäre insoweit finanzierungsneutral wie das Anrechnungsverfahren.178 174 Das Gesetz trat mit Abänderungen des Entwurfs am Tag nach der Verkündung (20. 12. 2001) in Kraft, und ist damit Beispiel für die schon von Raupach in Münsteraner Symposion I, S. 21 m.w.N. beklagte „Torschußgesetzgebung“. 175 Veröffentlicht als Beilage zu Heft 11, FR 2001. 176 BT-Drucks. 14 / 6882, S. 9 – Gesetzentwurf der Bundesregierung. 177 BT-Drucks. 14 / 6882, S. 36. 178 HHR / Müller-Gatermann, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 38 (S. 50).

C. Abzugsbeschränkung

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Raupach sah die Gefahr gravierender Ungleichbehandlungen, wenn zwischen verbundenen Unternehmen auf die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG verzichtet würde, gleichzeitig aber das Abzugsverbot nach § 3 c Abs. 2 EStG beim Halbeinkünfteverfahren erhalten bliebe.179 Dementsprechend führt Thiel180 außer dem Nettoprinzip, dem Prinzip der subjektbezogenen Besteuerung und Haushaltsgründen auch die drohenden (europarechtlichen) Auswirkungen auf § 8 b Abs. 5 S. 3 KStG und § 3 c Abs. 2 EStG als Gegenargumente an. Die Beschlußempfehlung des Finanzausschusses zum UntStFG strich lediglich die Nichtanwendung in bezug auf § 8 b Abs. 2 KStG (kursiv).181 Bereits in der Stellungnahme des Bundesrats zu dem Gesetzesentwurf wurde die Beibehaltung des Verbots des Abzugs von Aufwendungen von Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften gefordert. Grund war die Angst vor Steuerausfällen.182 Im Vermittlungsausschuß war die Intervention einiger Länder erfolgreich und das Abzugsverbot für Kapitalgesellschaften blieb in vollem Umfang erhalten.183

VII. Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit Die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG auf § 8 b Abs. 1 KStG verstößt gegen den Gleichheitssatz, weil die Ungleichbehandlung insbesondere in bezug auf die Durchbrechung des Nettoprinzips nicht gerechtfertigt ist. Fraglich ist, ob die Vorschrift deshalb vom BVerfG ebenfalls für nichtig erklärt werden müßte, oder ob eine verfassungskonforme Auslegung in Betracht kommt. Die verfassungskonforme Auslegung obliegt jedem Richter. Wenn sie möglich ist, hat eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zu unterbleiben. Anlaß zu einer verfassungskonformen Auslegung besteht immer dann, wenn eine Gesetzesbestimmung im Rahmen ihres Wortlauts unterschiedliche Auslegungen ermöglicht, aber nicht alle diese möglichen Auslegungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind.184 Eine verfassungskonforme Auslegung darf weder gegen den erkennbaren Wortlaut einer Vorschrift noch gegen den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers erfolgen.185 Im Hinblick auf § 3 c Abs. 1 EStG stellt sich die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal „steuerfreie Einnahme“ auf ein Steuersubjekt beschränkt ist. Wenn statt dessen HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 16 (S. 33). Thiel, StbJb 2001 / 2002, S. 13. 181 BT-Drucks. 14 / 7343, S. 17. 182 BT-Drucks. 14 / 7084, S. 5; Clausen in DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 10. 183 BT-Drucks. 14 / 7780, S. 5. 184 BVerfGE 64, 229 (242); 69, 1 (55); 74, 297 (299, 345, 347); 88, 203 (331 f.). Zur Verfassungskonformen Auslegung: Schlaich / Korioth, Rn. 428 ff.; Umbach / Clemens, Rn. 49 ff. 185 BVerfGE 18,97 (111); 90, 263 (275). 179 180

214

Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

eine steuersubjektübergreifende Sichtweise herangezogen werden kann, wären die Einnahmen aus § 8 b KStG nicht steuerfrei i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG, da die ausschüttende Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer belastet wird. Nach Haep186 scheidet eine teleologische Reduktion aus. Sie widerspreche dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Durch Einführung des Abs. 2 in § 3 c EStG habe der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er bei den Einkünften, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, nur einen hälftigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten erlaubt, obwohl dies dem Zweck des Halbeinkünfteverfahrens widerspreche. Angesichts dieser klaren Entscheidung des Gesetzgebers, für die Anwendung des § 3 c EStG alleine auf die Besteuerung des Anteilseigners abzustellen, ohne die Vorbelastung auf Seiten der ausschüttenden Körperschaft zu berücksichtigen, könne die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG nicht teleologisch reduziert werden. Diese Ansicht ist abzulehnen. Nachdem § 3 c Abs. 2 EStG nach dem hier gefundenen Ergebnis insgesamt verfassungswidrig ist und daher für nichtig erklärt werden muß, kann bei der Argumentation nicht auf diese Vorschrift zurückgegriffen werden. Nach der Gesetzesbegründung kommt es gerade auf die Herstellung der Einmalbelastung an. Das Prinzip der Individual- / Subjektbesteuerung sollte im Rahmen der Unternehmensbesteuerung durchbrochen werden. Auf die Vorbelastung mit Körperschaftsteuer ist daher abzustellen.187 Die Einnahmen sind deshalb nicht steuerfrei i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG. Diese teleologische Auslegung ist zugleich verfassungskonform. Eine teleologische Reduktion entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, da eine vollständige Nichtigerklärung wesentlich weitergehende Konsequenzen hätte. Es bleiben für § 3 c Abs. 1 EStG zahlreiche wichtige Anwendungsfälle. Er soll weiterhin die Tragweite der Steuerbefreiungen aus §§ 3 – 3 b EStG begrenzen.188 Der Wortlaut „steuerfrei“ ist nicht ausdrücklich auf dasselbe Steuersubjekt bezogen, so daß die Norm mehrere Auslegungen zuläßt. Dann ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Norm verfassungsgemäß und muß verfassungskonform ausgelegt werden.189 Ergebnis: Die Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG auf Erwerbsaufwendungen, die mit § 8 b Abs. 1 EStG in unmittelbarem Zusammenhang stehen, verstößt gegen HHR / Haep, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 3 c R 11 (E 8 f.). Vgl. auch Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 1163. Der Unterschied zu den Fällen DBA-steuerfreier Schachteldividenden besteht darin, daß Deutschland auch den Gewinn der ausschüttenden Gesellschaft besteuert. 188 Schlaich / Korioth, Rn. 439 lassen die verfassungskonforme Auslegung nur zu, wenn sich mit Sicherheit feststellen läßt, daß der Gesetzgeber gerade die Möglichkeit, die die verfassungskonforme Auslegung noch läßt, bei Kenntnis der verfassungsrechtlichen Lage auch selbst gewählt und gewollt hätte. Dies ist m.E. hier der Fall. 189 Für eine verfassungskonforme Auslegung sprechen sich auch Rödder / Schumacher, DStR 2002, S. 1163 aus. 186 187

C. Abzugsbeschränkung

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den Gleichheitssatz. Die Vorschrift ist deshalb aber nicht verfassungswidrig. Sie kann verfassungskonform ausgelegt werden. Die teleologische Reduktion der Vorschrift ergibt, daß Einnahmen, die unter § 8 b Abs. 1 KStG fallen, nicht steuerfrei i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG sind. Die im SteVAG-E vorgesehene Neufassung des § 8 b Abs. 3 Nr. 1 KStG hätte diese Überlegungen zunichte gemacht. Der Regierungsentwurf verzichtet aber auf die Neuregelung.190

VIII. Gemeinschaftsrecht191 Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht begegnet v.a. die Gestaltungsmöglichkeit der Organschaft Bedenken. Es geht um die Problematik der grenzüberschreitenden Organschaft.

1. Grenzüberschreitende Organschaft

Die Gestaltung Organschaft, die es nach h.M. inländischen Konzernen ermöglicht das Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 EStG leerlaufen zu lassen192, läßt als Organgesellschaften nur Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland zu (§§ 14 Abs. 1, 17, 18 KStG). Das UntStFG v. 20. 12. 2001 hat nur zu einer begrenzten grenzüberschreitenden Öffnung geführt. Für den Organträger reicht es demnach gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 KStG aus, wenn er seine Geschäftsleitung im Inland hat. Beschränkt Steuerpflichtige mit inländischen Unternehmen kommen weiterhin nicht als Organträger in Betracht. Ein Organschaftsverhältnis kann nach § 18 KStG mangels ausländischen Unternehmens mit einer inländischen Zweigniederlassung nicht begründet werden. Eine Organschaft scheidet nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG ebenfalls aus, weil nach dieser Vorschrift der Organträger als natürliche Person oder Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sein muß.193 Diese Rechtslage erscheint aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht problematisch. Es kann auf die Argumentation in der EuGH-Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Bereits im Fall ICI entschied der EuGH, daß es gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, wenn die Gewährung bestimmter Steuervorteile (Verlustverrechnung) im Konzern davon abhängig gemacht wird, daß eine Gesellschaft keine Tochtergesellschaften im Ausland hat.194 In der Entscheidung X AB und Y AB 190 191 192 193 194

Im einzelnen vgl. Teil 2 C. IV. 1. b) dd). FG Hessen, IStR 2003, S. 209 ff. hält § 3 c EStG a.F. für europarechtswidrig. Vgl. Teil 2 C. IV. 1. HHR / Wischmann, Sonderband 2002, § 18 KStG J 01 – 6. EuGHE 1998 I, 4695 – ICI.

216

Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

durfte der Verlustausgleich zwischen zwei schwedischen Gesellschaften eines Konzerns nicht deshalb versagt werden, weil die eine Gesellschaft die Beteiligung an der anderen über mehrere ausländische Tochtergesellschaften hält.195 Daraus läßt sich ableiten, daß die Verlustberücksichtigung auch auf Tochtergesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in anderen Mitgliedstaaten ausgedehnt werden muß.196 Die deutsche Rechtslage ist daher mit Art. 43 EG unvereinbar.197 Im Hinblick auf das Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 EStG muß deshalb auch eine grenzüberschreitende Organschaft möglich sein, da ansonsten Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten einen steuerlichen Nachteil zu tragen haben, während es für deutsche Gesellschaften eine Gestaltungsmöglichkeit gibt, die Zusatzbelastung gegen Null tendieren zu lassen.198

2. Folgen einer verfassungskonformen Auslegung von § 3 c Abs. 1 EStG

Falls man die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG auf Inlandsdividenden als verfassungswidrig ansieht und eine teleologische Auslegung anwendet, bleiben die Erwerbsaufwendungen voll abzugsfähig. Der Gesetzgeber könnte daran denken, die Abzugsbeschränkung für Auslandsbeteiligungen aufrechtzuerhalten. Als Rechtfertigung kommt die fehlende Vorbelastung mit inländischer Steuer in Betracht.199 Dem stünde dann aber im räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich des EGVertrages das Gemeinschaftsrecht entgegen. Die Grundfreiheiten erfordern den vollen Abzug auch für Erwerbsaufwendungen im Zusammenhang mit Auslandsdividenden. Art. 4 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie gestattet zwar den Mitgliedstaaten, bei steuerbefreiten Schachteldividenden den tatsächlichen Beteiligungsaufwand vom Abzug auszuschließen oder die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben in Höhe von 5 % der Dividenden zu pauschalieren. Wenn die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber ein Wahlrecht gibt, dann hat er dieses aber in nicht EuGHE 1999 I, 8261 – X AB und Y AB. Vgl. Weerth, RIW 2000, S. 509 ff., weitere Literaturnachweise zur grenzüberschreitenden Organschaft, auch zur vergleichbaren Fragestellung in anderen Mitgliedstaaten bei Cordewener, S. 652 (FN 1013), S. 710 (FN 1185). Vgl. aktuell auch EuGH v. 18. 9. 2003 – Bosal Holding BV, Rs. C-168 / 01. 197 Vgl. auch Kellersmann / Treisch, S. 183; Lüdicke, IStR 2000, S. 342; Meilicke, GmbHR 2003, S. 803; Saß, StuW 1999, S. 168 f.; Saß, DB 2001, S. 510; Bedenken äußert auch Staringer, DStJG 25 (2002), S. 90; zur grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung auch schon Knobbe-Keuk, EC Tax Review 1992, S. 22 ff. 198 Zur Problematik der Gestaltungsmöglichkeiten für Inländer vgl. auch Cordewener, S. 697 f. (Urteil Eurowings). 199 Schön, FR 2001, S. 389. 195 196

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

217

diskriminierender Weise auszuüben. Wenn er pauschaliert, muß er es auch für Inlandsdividenden tun. Insoweit besteht eine Wechselwirkung zwischen Verfassungsund Europarecht.200

IX. Folgen für die verfassungsrechtliche Beurteilung Auch hier ist die Finanzverwaltung der Auffassung, daß die Streichung des § 3 c Abs. 1 EStG aus europäischer Sicht für die Geltung anderer Normen nämlich, des § 8 b Abs. 5 KStG gefährlich werden kann. Die Beibehaltung des § 8 b Abs. 5 KStG könnte als Diskriminierung angesehen werden.201 Nach Müller-Gatermann sei aber mit Rücksicht darauf, daß sich § 8 b Abs. 5 KStG für den Normalfall als großzügigere Regelung darstelle und im Rahmen der Mutter-Tochter-Richtlinie bewege, eine Beanstandung von Seiten der EU jetzt noch wenig wahrscheinlich.202 Im folgenden soll untersucht werden, ob die Bedenken nicht schon deshalb obsolet sind, weil die Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG ihrerseits einer rechtlichen Überprüfung nicht stand hält.

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG für Auslandsbeteiligungen I. Allgemeines Im Hinblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere auf das mehrfach erwähnte Ballooning, sah der Entwurf des StEntlG 1999 / 2000 / 2002 zunächst eine deutliche Verschärfung von § 3 c Abs. 1 EStG vor. Von diesen Plänen blieb lediglich hinsichtlich der DBA-Schachteldividenden eine Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs zunächst iHv 15 % übrig (§ 8 b Abs. 7 KStG a.F.). Wegen der erheblichen europarechtlichen Bedenken wurde der Satz noch vor Inkrafttreten auf 5 % reduziert.203

200 Raber, DStJG 24 (2001), S. 114. Vgl. auch FG Hessen, IStR 2003, S. 209 ff. für § 3 c EStG a.F. 201 So ausdrücklich Frotscher, DStR 2001, S. 2049 – Verstoß gegen Art. 56 EGV. 202 HHR / Müller-Gatermann, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 38 (S. 51). 203 StBereinG 1999 BStBl. I 1999, S. 2601; Zur Entstehung vgl. Buyer in Dötsch / Eversberg / Witt, § 8 b Rn. 260 ff. Zum Verstoß gegen die Mutter-Tochter-Richtlinie insbesondere Thömmes, DB 1999, S. 500 ff.

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften 1. Gesetzliche Regelung

Obwohl die Steuerfreistellung des § 8 b Abs. 1 KStG durch das StSenkG für inund ausländische Dividendenerträge gleichermaßen gewährt wird, bleibt die Sonderregelung des § 8 b Abs. 5 KStG (Nachfolger von Abs. 7) auf steuerfreie Auslandsdividenden beschränkt. Durch das UntStFG wurde das Abzugsverbot neu formuliert. Bemessungsgrundlage sind nicht mehr „Dividenden“, sondern „Bezüge“. Damit sind verdeckte Gewinnausschüttungen ausdrücklich erfaßt.204 Die dogmatische Verknüpfung mit § 3 c Abs. 1 EStG wurde aufgegeben. Während bislang 5 % der Dividenden „als Betriebsausgaben, die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen“, galten, heißt es nun einfach, daß 5 % der Bezüge i.S. des § 8 b Abs. 1 KStG205 als Ausgaben gelten, „die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen“. Die Rechtsfolge des Abzugsverbots ergibt sich also nicht mehr über § 3 c Abs. 1 EStG, sondern aus § 8 b Abs. 5 KStG selbst.206 Es gilt weiterhin nur für Auslandsbeteiligungen.

2. Einfluß der Mutter-Tochter-Richtlinie

Die Regelung ist nur vor dem Hintergrund verständlich, daß die Anlehnung an die Mutter-Tochter-Richtlinie207 den Vorwurf der Europarechtswidrigkeit vermeiden soll. Den Grund für die Neuformulierung des Gesetzestextes sieht Clausen in dem Bemühen, europarechtlichen Einwendungen wegen der Ungleichbehandlung von Inlands- und Auslandsbeteiligungen zu begegnen. Der Loslösung von § 3 c EStG entspricht ein stärkerer Bezug zu Art. 4 Abs. 2 der Mutter- / Tochterrichtlinie vom 23. 7. 1990. Diese Vorschrift enthält in Satz 1 ein Wahlrecht des Mitgliedstaats, den Abzug von „Kosten der Beteiligung“ und von ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibungen bei der Muttergesellschaft zu untersagen. Im Falle der ebenfalls zugelassenen Pauschalierung begrenzt Satz 2 das Abzugsverbot für die mit der Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten208 pauschal auf 5 % der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne und im Ergebnis 204 Zum bisherigen Streitstand vgl. HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 83. Zur verfassungsrechtlichen Kritik am rückwirkenden Inkrafttreten, vgl. Schmidt / Hageböke, IStR 2002, S. 154 ff. 205 Nachdem nicht auf § 8 b Abs. 2 KStG Bezug genommen wird, bietet sich als Gestaltung das „Ballooning“ in Form der Gewinnthesaurierung mit anschließenden Verkauf an, vgl. Frotscher, DStR 2001, S. 2051, der diese Möglichkeit aber als betriebs- und volkswirtschaftlich nicht neutral und tendenziell schädlich einstuft. 206 Der Streit, ob § 8 b Abs. 5 KStG tatsächliche Betriebsausgaben voraussetze, die dann über § 3 c Abs. 1 EStG korrigiert werden, vgl. HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 88, ist damit ebenfalls hinfällig. 207 Richtlinie Nr. 90 / 435 / EWG des Rates vom 23. 7. 1990, Abl.EG Nr. L 225 S. 6. 208 Zum Streit, ob der Richtlinienbegriff „Verwaltungskosten“ alle Kosten der Beteiligung umfaßt, vgl. Thömmes, DB 1999, S. 501 f.; Thömmes / Scheipers, DStR 1999, S. 613 f.

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

219

damit das Besteuerungsrecht des Staats der Muttergesellschaft auf 5 % der Dividenden der Tochtergesellschaft. Damit ist ein pauschaliertes Abzugsverbot bis zu 5 % bei Auslandsbeteiligungen europarechtlich legitimiert und ein darüber hinaus gehendes Abzugsverbot mit dem EG-Recht unvereinbar.209 3. Verhältnis DBA – Treaty Overriding

Verwirrend ist die terminologische Verwendung von „Bezügen“, die als „Ausgaben“ gelten. Materiell bedeutet dieser Kunstgriff einen besonderen Steuersatz auf Gewinnausschüttungen ausländischer Gesellschaften.210 In der Fassung bis zum StSenkG konnte man von einer „Schachtelstrafe“ 211 sprechen, da nur an die Schachtelprivilegierung angeknüpft wurde. In Bezug auf DBA-Schachtelbeteiligungen ist auch jetzt noch streitig, in welchem Verhältnis die Regelung des § 8 b Abs. 5 KStG zum jeweiligen DBA steht. Sofern die betreffenden Artikel der von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellung von Schachteldividenden vorsehen, bezieht sich die Regelung ausnahmslos auf 100 % der Dividendenzahlung.212 Es geht um die Frage der Wirksamkeit des Treaty Overridings. Treaty Overriding bezeichnet einen Vorgang, bei dem durch zeitlich nachfolgende nationale Steuergesetzgebung die innerstaatliche Geltung einzelner Vorschriften von–Doppelbesteuerungsabkommen geändert oder aufgehoben wird.213 a) Vorrang des DBA Nach einer Auffassung geht gem. § 2 AO das jeweilige DBA dem § 8 b Abs. 5 KStG vor. Ein wirksames Treaty Overriding hätte einen ausdrücklichen Hinweis auf den Vorrang der Norm bedurft.214 Sie beruft sich dabei auf die Rechtsprechung des BFH.215 Beispiele aus der jüngeren Gesetzgebung seien § 20 Abs. 1 AStG und § 50 d EStG. Der Gesetzeswortlaut des § 8 b Abs. 5 KStG enthalte keine spezifische Formulierung in diesem Sinne. Demzufolge sei die Vorschrift nicht geeignet, die Anwendung der DBA-Vorschriften bzw. die Anwendung von § 2 AO zu übergehen und eine teilweise Steuerpflicht von Dividenden zu erzeugen. 209 Clausen, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 10. Auch Frotscher, DStR 2001, S. 2049 (FN 22) hält an sich die Regelung des § 8 b Abs. 5 KStG für europarechtskonform. 210 Effektive Steuererhöhung von 2,78% bei einem KStSatz von 40% und einem GewSt.Hebesatz von 400%, vgl. HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93 (K 65). 211 Körner / Köhler, IStR 1999, S. 270. 212 Körner / Köhler, IStR 1999, S. 270. 213 Zum Begriff vgl. Musil, S. 26 m.w.N. 214 Körner / Köhler, IStR 1999, S. 270. Gleiche Ansicht zum vergleichbaren Problem bei § 8 Abs. 5 GewStG Köhler, DStR 2002, S. 1343. 215 BFH, BStBl. II 1995, S. 129 (130).

220

Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

b) DBA nicht einschlägig Andere argumentieren formalistisch, wonach die Steuerfreistellung der Schachteldividende es weder verbiete, damit zusammenhängende Aufwendungen als nicht abzugsfähig zu behandeln noch diese Aufwendungen pauschal zu ermitteln. Trotz des insoweit unglücklichen Wortlauts des § 8 b Abs. 5 KStG schränke die Vorschrift nicht die Steuerfreiheit der Einnahmen ein, sondern pauschaliere die damit zusammenhängenden Aufwendungen. Es gebe keine DBA-Vorschrift, die dies verbiete.216 c) Treaty Overriding Nach Haep und Menck liegt ein wirksames Treaty Overriding vor. Die Vorschrift des § 8 b Abs. 5 KStG sei innerstaatlich wirksam. Ein besonderes Formerfordernis, um den gesetzgeberischen Willen zur Abkommensverdrängung zu manifestieren, bedürfe es nicht.217

d) Stellungnahme Formaljuristische Argumentationen können nicht überzeugen. Wenn kein Gegenbeweis zugelassen wird, entsteht faktisch eine nur teilweise Steuerbefreiung, worin eine unzulässige Umgehung der Abkommen liegt. Haep interpretiert das Urteil, auf das er sich – ebenso wie die Auffassung zu a) – beruft, falsch. Dort hatte der BFH ausdrücklich festgestellt, daß § 2 AO sich nicht auf Fälle beziehe, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich eine vom Zustimmungsgesetz abweichende Regelung treffe – wie die streitgegenständliche Vorschrift des § 50 d Abs. 1 EStG.218 Dogmatisch ergibt sich das daraus, daß § 2 AO eine gesetzlich normierte Abweichung der Lex-Posterior-Regel darstellt, die der Gesetzgeber nur durch ausdrückliche Normierung wieder außer Kraft setzen kann.219 Damit geht die DBA-Freistellung dem § 8 b Abs. 5 KStG vor. Soweit man zur Lösung der Normenkollision die Lex-Specialis-Regel anwenden will, stellen nach wohl herrschender Auffassung220 DBA generell die spezielleren Vorschriften dar, eine Ausnahme soll für Fälle gelten, in denen die nationale Vorschrift günstiger ist. § 8 b Abs. 5 KStG ist 216 Krabbe, IStR 2000, S. 55; Herrmann in Frotscher, § 3 c EStG Rn. 44; Frotscher, DStR 2001, S. 2051; anders aber ders. in Frotscher / Maas, § 8 b KStG Rn. 93 „materiell stellt sie aber einen Bruch des DBA dar“. 217 HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93 (K 68); Menck in Blümich, § 8 b KStG Rn. 98. 218 BFH, BStBl II 1995, S. 129 (130). 219 Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, § 2 AO Rn. 163 ff., 167; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3.26. 220 Kruse / Drüen in Tipke / Kruse, § 2 AO Rn. 2 m.w.N.; Vogel, DBA, Einl. Tz. 135 a.

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

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keine derart allgemein günstigere Vorschrift. Wenn man eine „Rosinentheorie“ anwendet, vermag sich § 8 b Abs. 5 KStG gegenüber dem abkommensrechtlich verankerten internationalen Schachtelprivilegien in den Fällen nicht durchzusetzen, in denen tatsächlich entweder überhaupt keine Betriebsausgaben angefallen sind oder diese weniger als 5 % der Dividenden betragen.221 Nachdem eine derartige Rosinentheorie sonst im Völkerrecht nicht bekannt ist, erscheint ein genereller Vorrang der DBA zutreffender.

4. Systematik

Systematisch fügt sich die Vorschrift nicht ein. § 8 b KStG wurde ursprünglich zur Förderung des Holdingstandortes Deutschland eingefügt. Eine punktuelle Einschränkung ist insofern kontraproduktiv.222 Nachdem die neue Fassung des § 8 b KStG jetzt alle Beteiligungen betrifft, erscheint eine Sonderregelung für ausländische Beteiligungen zusätzlich verwirrend. Auch nach der Neuregelung ist § 8 b Abs. 5 KStG lex specialis zu § 3 c Abs. 1 EStG.223 Er hat als „safe haven“ für den Steuerpflichtigen daher auch positive Wirkungen.224

5. Volkswirtschaftliche Kritik

Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Neuregelung kritikwürdig. Durch die Ausnahme entstehen dem deutschen Staat fiskalische Kosten. Krause-Junk / Müller sprechen davon, daß der deutsche Fiskus sich gewissermaßen zum Objekt internationaler fiskalischer Ausbeutung gemacht habe.225 Die merkwürdige Ungleichbehandlung, nach der die im Zusammenhang mit der Erzielung ausländischer Divideneinkünfte zusammenhängenden Betriebsausgaben von der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu 95 % abzugsfähig sind, die zur Erzielung inländischer Divideneinkünfte hingegen nicht, fordere Steuergestaltungen geradezu heraus. Es kommt damit zu einer steuerlichen Subventionierung von Auslandsanlagen. Die tatsächliche Regelung ist damit konträr zur ökonomischen Vernunft.226

So Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 263. Frotscher in Frotscher / Maas, § 8 b KStG Rn. 82; ders., DStR 2001, S. 2051. 223 Heinicke in Schmidt, § 3 c Rn. 16, 27, 37. 224 Vgl. dazu Frotscher, DStR 2001, S. 2052. Vgl. zu den Gestaltungsmöglichkeiten Teil 2 C. IV. 4. und 7. 225 Krause-Junk / Müller, StuW 2002, S. 337 m.w.N. 226 Krause-Junk / Müller, StuW 2002, S. 339. 221 222

222

Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

II. Diskriminierung von Inlandsbeteiligungen 1. Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

Da seit dem StSenkG Inlands- und Auslandsdividenden nach § 8 b Abs. 1 KStG in gleicher Weise steuerbefreit sind, bedarf seit der Neufassung des § 8 b auch die mit Abs. 5 erfolgende Ungleichbehandlung der Auslandsdividenden im Vergleich zu den ebenfalls steuerfreien Inlandsdividenden der Rechtfertigung. Auf die Inlandsdividenden findet nach hier bestrittener Ansicht das volle Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 EStG Anwendung. § 8 b Abs. 5 KStG sieht eine Abzugsbeschränkung in Höhe von 5 % der Bezüge vor. Das Nebeneinander dieser Abzugsgrenzen beruht nicht auf einem systematischen Konzept; es wurde in den Gesetzesmaterialien nicht begründet. Inlandsdividenden werden schlechter behandelt, wenn die Betriebsausgaben höher als 5 % der Bezüge sind. Eine Erstreckung der Vorschrift des § 8 b Abs. 5 KStG erfolgte wegen haushaltspolitischer Bedenken nicht.227 Allerdings hält Haep es auch nicht für geboten, diese Sonderregel für Inlandsdividenden anzuwenden, da dies bei Gewinnausschüttungen über mehrere Beteiligungsstufen einen Kaskadeneffekt zur Folge hätte, der mit der einmaligen Anwendung des Abs. 5 beim „Grenzübertritt“ einer Auslandsdividende nicht vergleichbar sei.228 Gerade im Hinblick auf die volkswirtschaftliche Kritik kann diese Ansicht aber nicht überzeugen, sie fordert grenzüberschreitende Gestaltungen heraus. Gegen die Abzugsbeschränkung als solche bestehen grundsätzlich die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken wie gegen § 3 c Abs. 1 und Abs. 2 EStG.229 In Betracht kommt allenfalls eine Rechtfertigung durch die Mutter- / Tochterrichtlinie.

2. Inländerdiskriminierung

In diesem Zusammenhang ist auf die Problematik der umgekehrten Diskriminierung einzugehen. Eilers / Wienands halten die Benachteiligung inländischer Dividenden für europarechtlich sehr fragwürdig.230 Fraglich ist, ob der Sachverhalt überhaupt vom Gemeinschaftsrecht erfaßt wird. Unter umgekehrter Diskriminierung / Inländerdiskriminierung231 werden die Fälle erfaßt, in denen ein MitgliedHHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93 (K 66). HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93 (K 67). 229 Vgl. Teil 1 D. II.; Teil 2 C. III.: Ungleichbehandlung im Hinblick auf Rechtsform, Einkunftsart, Nettoprinzip, Sachgesetzlichkeit, die nicht gerechtfertigt ist. Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 263 sieht einen Verstoß in Art. 3 GG darin, daß eine Ungleichbehandlung zu den Fällen der indirekten Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2 KStG a.F. vorliege. Diese Vorschrift wurde mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens obsolet. 230 Eilers / Wienands, GmbHR 2000, S. 963. 231 Beide Begriffe werden synonym verwendet, umfassend zur Terminologie: Hammerl, S. 23 ff. 227 228

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

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staat rein innerstaatliche Sachverhalte stärker belastet als Sachverhalte im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts. Bei der Frage der Inländerdiskriminierung geht es also um den sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts.232 § 8 b Abs. 5 KStG gilt ausdrücklich nur für Dividenden aus dem Ausland, terminologisch liegt damit eine direkte Inländerdiskriminierung233 vor, wenn die Erwerbsaufwendungen größer als 5 % sind. Umstritten ist, wie die Fälle der umgekehrten Diskriminierung zu behandeln sind.

a) Grenzüberschreitender Bezug erforderlich Nach der Rechtsprechung des EuGH, dem ein Teil der Literatur folgt, setzt der Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts einen grenzüberschreitenden Bezug voraus. Die Inländerdiskriminierung ist danach allein nach nationalem Verfassungsrecht zu beurteilen.234 In Deutschland sind vor allem Art. 12 und Art. 3 GG heranzuziehen. 235

b) Gegenauffassung Andere Ansichten in der Literatur argumentieren – teilweise unter Bezug auf einen weit fortgeschrittenen Integrationsgrad – die Grundfreiheiten seien als umfassende Beschränkungsverbote zu verstehen, die auch reine Inlandssachverhalte erfaßten.236 Teilweise wird die Anwendung auf innerstaatliche Sachverhalte auch auf bestimmte Grundfreiheiten beschränkt.237 Epiney vertritt insoweit eine vermittelnde Meinung, als sie im Gegenzug zur Ausweitung zusätzliche Rechtfertigungsgründe zulassen will.238

Holoubek in Schwarze, Art. 12 Rn. 33. Vgl. Hammerl, S. 27, 55, der auf S. 89 auch darauf eingeht, daß gerade die Umsetzung von Sekundärrecht zu solch direkten Inländerdiskriminierungen führt. 234 Übersicht zur EuGH Rechtsprechung bei Epiney in Calliess / Ruffert, Art. 12, Rn. 29 f. FN 57 ff. Streinz in Deutsches und europäisches Lebensmittelrecht, S. 115 f.; 120; KnobbeKeuk, DB 1990, S. 2577; Holoubek in Schwarze, Art. 12, Rn. 33 f.; Hammerl, S. 153 ff. Zur Unbeachtlichkeit der Staatsangehörigkeit jetzt umfassend Cordewener, S. 183 ff.; 218: es geht vielmehr um Diskriminierung aufgrund Zu- oder Abwanderung. 235 Streinz, Europarecht, Rn. 685 m.w.N. 236 Bleckmann, RIW 1985, S. 917 ff.; ders., Europarecht, Rn. 1759; Eckhoff in Bleckmann, Europarecht, Rn. 1711; Bode, S. 300 f. – Diskriminierungsverbot sei umfassendes Gleichbehandlungsgebot; Kewenig, JZ 1990, S. 23 f.; Eberhartinger, EWS 1997, S. 51. 237 Schulz, Freizügigkeit der Unionsbürger, S. 83 f. – für die Personenfreizügigkeit; Heydt, EuZW 1993, S. 105; Matsos, S. 18 ff. – für die Kapitalverkehrsfreiheit. 238 Epiney, S. 205 ff.; dies. in Calliess / Ruffert, Art. 12, Rn. 33 ff. Ablehnende Stellungnahme bei Hammerl, S. 153 ff. 232 233

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

c) Stellungnahme Gerade das Unternehmenssteuerrecht mit den in 15 Mitgliedstaaten im einzelnen verschieden ausgestalteten Körperschaftsteuersystemen zeigt, daß von einem fortgeschrittenen Integrationsgrad keine Rede sein kann. Art. 58 Abs. 1 lit. a EG erlaubt ausdrücklich für das Steuerrecht die unterschiedliche Behandlung von Inund Ausländern.239 Dem EuGH auch für rein nationale Sachverhalte die Rechtsprechungskompetenz zuzusprechen, ist weder erforderlich noch gegenwärtig politisch gewollt. Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts erfordert daher (noch) einen grenzüberschreitenden Bezug und die Fälle der umgekehrten Diskriminierung sind ausschließlich anhand des nationalen Verfassungsrechts zu beurteilen.

3. Verstoß gegen Art. 3 GG

Unabhängig davon, ob man für diese Fälle auch einen Verstoß gegen die Grundfreiheiten annimmt, verstößt § 8 b Abs. 5 KStG jedenfalls gegen Art. 3 GG. Auf die Richtlinie kann sich der nationale Gesetzgeber nicht berufen. Wenn er freiwillig für die Auslandsbeteiligung die günstigere Variante wählt, indem er nur 5 % der Erwerbsaufwendungen für nicht abzugsfähig erklärt, dann ist nach nationalem Verfassungsrecht kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich, warum bei Inlandsbeteiligungen ein totales Abzugsverbot greifen soll.240 Diese Problematik wird obsolet, wenn mit der hier vertretenen verfassungskonformen Auslegung des § 3 c Abs. 1 EStG – dem Gleichheitssatz folgend – bei Inlandsbeteiligungen ohnehin der volle Aufwandsabzug zulassen wird.

III. Diskriminierung von Auslandsbeteiligungen Soweit der tatsächliche Beteiligungsaufwand unter 5 % liegt, werden Auslandsbeteiligungen benachteiligt, wenn man davon ausgeht, daß wegen der gebotenen verfassungskonformen Auslegung § 3 c Abs. 1 EStG auf Inlandsbeteiligungen keine Anwendung findet.

239 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 685; soweit Matsos, S. 19 demgegenüber auf die Stillhaltevereinbarung verweist, wonach ab dem 1. 1. 1994 nur mehr mit Drittstaaten Regelungen nach Art. 58 Abs. 1 lit. a EG zulässig sein sollen (ABl. 1992 Nr. C 191, S. 1 (99)), muß klargestellt werden, daß eine solche Vereinbarung nur politische Wirkung hat und sich daraus kein Schluß für den sachlichen Geltungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ziehen läßt, vgl. Ohler, Art. 58 EGV Rn. 5. 240 So ausdrücklich Schön, FR 2001, S. 391.

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

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1. Verfassungsrecht

Die Ungleichbehandlung von Einkünften aus Inlands- und Auslandsbeteiligungen nur hinsichtlich der Rechtsform der Kapitalgesellschaft abweichend vom Nettoprinzip könnte für das nationale Verfassungsrecht eventuell mit der fehlenden deutschen Körperschaftsteuervorbelastung gerechtfertigt werden.241 Nachdem das Unternehmenssteuerrecht aus einer Gesamtschau von Gesellschaft- und Gesellschafterbesteuerung besteht, ist dieser Rechtfertigungsgrund im Rahmen des nationalen Verfassungsrechts grundsätzlich noch anzuerkennen. Soweit ein DBA die Freistellung vorsieht, ist nach der Auffassung Vogels die völkerrechtswidrige Vorschrift des § 8 b Abs. 5 KStG als verfassungswidrig ansehen. Der Wortbruch stelle einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip dar.242

2. Gemeinschaftsrecht

Nach einer Auffassung regelt § 8 b Abs. 5 KStG eine Diskriminierung, die gegen die Grundfreiheiten verstößt.243 Andere halten ein pauschaliertes Abzugsverbot bis zu 5 % bei Auslandsbeteiligungen für europarechtlich legitimiert.244 Gegen die letzte Auffassung spricht, daß die Richtlinie als Sekundärrecht die im EG-Vertrag verankerten Diskriminierungsverbote beachten muß.245 Geht man zudem – wie hier – davon aus, daß bei Inlandsdividenden keine Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs erfolgt, weil die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG verfassungswidrig wäre, so folgt hieraus zwangsläufig, daß Abs. 5 zu einer europarechtswidrigen Diskriminierung von Auslandsdividenden führt, da unter der Prämisse eines uneingeschränkten Betriebsausgabenabzugs bei Inlandsdividenden jede Regelung über ein Abzugsverbot für Auslandsdividenden letztere diskriminiert.246

241 Schön, FR 2001, S. 391; Schmidt / Hageböke, IStR 2002, S. 153 nehmen hinsichtlich dieser „Sondersteuer auf ausländische Beteiligungserträge“ generell einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG an. 242 Vogel, FS f. Schiedermair, S. 113, 123 f.; ders., JZ 1997, S. 161 ff.; a.A. die absolut h.M. vgl. FN 1 bei Vogel, FS f. Schiedermair, S. 113; Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, § 2 AO Rn. 3 m.w.N. 243 Dautzenberg, StuB 2000, S. 865; Schön, FR 2001, S. 391. 244 Clausen, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 10; Frotscher, DStR 2001, S. 2049; HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93. 245 Schön, FR 2001, S. 391; Bozza-Bodden, S. 348. 246 HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93 (K 67); Frotscher, DStR 2001, S. 2052, Schön, FR 2001, S. 391.

15 Beck

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

IV. Generelle Kritik an der Pauschalierung Schließlich werden generelle Bedenken gegen die Pauschalierung vorgebracht. Zumindest im nationalen Verfassungsrecht sind grundsätzlich dem Gesetzgeber vereinfachende Typisierungen erlaubt. Um dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu genügen, muß er aber einen typischen Fall als Leitbild wählen.247 Die Norm unterstellt typisierend, daß in Höhe von 5 % der Dividendeneinnahmen Finanzierungskosten und sonstige Kosten als Betriebsausgaben anfallen, die unmittelbar mit den Dividendeneinnahmen in Zusammenhang stehen. Gerade für den Finanzierungsaufwand läßt sich ein solcher „typischer“ Fall nicht feststellen: Beteiligungen können zu 100 % eigen- oder fremdfinanziert sein, bzw. eine beliebige Mischfinanzierung aufweisen. Der Prozentsatz ist damit notwendig willkürlich, da niemand den typischen Sachverhalt kennt und dieser auch niemals empirisch ermittelt worden ist.248 Gründe der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung können unter dem Aspekt der Typisierung die vorliegende Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Birk / Jahndorf sehen die Regelung aber unter dem Begünstigungseffekt gerechtfertigt, da die 5 % Pauschale aus Sicht des Steuerpflichtigen großzügig sei und in vielen Fällen zu einer Begünstigung führe. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich die Steuerpflichtigen durch Gestaltung der Finanzierungsstrukturen (Fremdfinanzierung von Auslandsbeteiligungen) auf § 8 b Abs. 5 KStG einstellten. Sie berufen sich auf die Rechtsprechung des BVerfG, wonach bei bevorzugender Typisierung die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers weiter sei als bei benachteiligender Typisierung. Die Möglichkeit eines Einzelnachweises sei von Verfassungs wegen nicht geboten. Soweit in Einzelfällen, in denen die tatsächlichen Betriebsausgaben geringer seien als 5 % der Dividendeneinnahmen, der Begünstigungseffekt nicht eintrete, sei dies hinzunehmen.249 Diese Auffassung ist abzulehnen. In der Entscheidung, auf die sich Birk / Jahndorf berufen, geht es um eine Rentenvorschrift, die Witwen eine Nachweispflicht erspart und damit für einen geringen Prozentsatz von ihnen begünstigend wirken kann. Das BVerfG führt aus: „Bei der Typisierung jedoch besteht ein Unterschied in der Gestaltungsfreiheit, je nachdem ob es sich um eine ,Bevorzugung‘ oder um eine ,Benachteiligung‘ handelt. ( . . . ) Denn dann ist es bei einer an die Gerechtig247 BVerfGE 39, 316 (329); 99, 280 (290); 101, 297 (309). Typisierung bedeutet, daß typische Fälle erfaßt werden und abweichende Fälle diesen gleich behandelt werden. Werden rechnerische Grundlagen eines steuergesetzlichen Tatbestandes typisiert, so läßt sich von Pauschalierung als Unterart der Typisierung sprechen, vgl. Hübschmann / Hepp / Spitaler, § 4 Rn. 491; umfassend dazu: Tipke, StRO I (2. Aufl.), S. 349 ff. m.w.N. 248 Thömmes / Scheipers, DStR 1999, S. 613; v. Lishaut, StuW 2000, S. 195; Schaumburg, StuW 2000, S. 376; ders., DStJG 24 (2001), S. 262 f.; Schön, FR 2001, S. 391; Kroppen / Schreiber, IWB F. 3, Gr. 3, S. 1241; Schmidt / Hageböke, IStR 2002, S. 153. A.A. Frotscher, DStR 2001, S. 2049 (FN 22); ders. in Frotscher / Maas, § 8 b KStG Rn. 83; Herrmann in Frotscher, § 3 c EStG Rn. 43; Plitz, StbJb 2001 / 2002, S. 115 f. – Typisierung sei maßvoll. 249 HHR / Birk / Jahndorf, § 3 c Rn. 114 (S. E 87). Ähnlich Raber, DStJG 24 (2001), S. 112 ff.

D. Abzugsbeschränkung des § 8 b Abs. 5 KStG

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keit im allgemeinen und an den Wertentscheidungen des Grundgesetzes im besonderen orientierten Betrachtung leichter erträglich, wenn gelegentlich einer Typisierung auch Personen in den Genuß von Vorteilen kommen, die ihnen nach dem strengen Zweck des Gesetzes nicht gebührten, als wenn Personen davon ausgeschlossen werden, denen die Vorteile nach dem Zweck des Gesetzes zukämen. Benachteiligung wird auch bei Typisierung nur in Einzelfällen hinzunehmen sein.“250 M.E. ist nichts dazu gesagt, daß bzw. ob die Benachteiligung nur bei besonderer Rechtfertigung zulässig ist.251 Im übrigen erscheint es fraglich, ob es sich hier im Rahmen des § 8 b Abs. 5 KStG in den benachteiligten Fällen tatsächlich um Einzelfälle handelt. Warum ein Einzelnachweis – gerade bei Einzelfällen! – die Verwaltung unzumutbar mehr belasten soll, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung ist damit nicht geeignet, diese Typisierung zu rechtfertigen. Haep252 will auf die moderaten Auswirkungen abstellen und hält daher die Pauschalierung für zulässig. Diese Ansicht würde willkürlichen Steuervorschriften Tür und Tor öffnen, außerdem übersieht er, daß eine Typisierung verfassungsrechtlich nur erlaubt ist, wenn sie der Vereinfachung dient und ein erkennbares Bedürfnis besteht.253 Gerade bei nur geringen finanziellen Auswirkungen verbietet sich aus rechtspolitischen und m.E. auch aus verfassungsrechtlichen Gründen eine neue komplizierte Regelung. V. Ergebnis Die Vorschrift ist wegen der möglichen Gestaltungsmöglichkeiten wohl eher fiskalisch kontraproduktiv. In den Fällen einer DBA-Freistellung findet sie bereits keine Anwendung, da es sich um ein unzulässiges Treaty Overriding handelt. Die komplizierte Formulierung kann daran nichts ändern. Als Abzugsverbot ist sie bereits an sich verfassungswidrig und stellt eine gemeinschaftswidrige Diskriminierung dar. Die Pauschalierung entspricht zudem nicht den Erfordernissen des Verfassungsrechts. VI. Gesetzesvorhaben Art. 3 des Referentenentwurfs (SteVAG-E) sah die Aufhebung von § 8 b Abs. 5 KStG vor. Die Neuregelung des § 8 b Abs. 3 KStG sollte für alle Bezüge BVerfGE 17, 1 (24 f.). Der EuGH hat in der Rechtssache AMID v. 14. 12. 2000 (DStRE 2001,S. 20) entschieden, daß die Tatsache, wonach sich die Freistellungsmethode meist günstiger auswirke, nichts am Vorliegen einer Beschränkung ändere, wenn sie sich einmal ungünstig auswirke. 252 HHR / Haep, Bd. 2 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, § 8 b KStG R 93 (K 67). 253 Rose, FR 2000, S. 315; BVerfG 71, 146 (157). 250 251

15*

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Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

aus inländischen und ausländischen Beteiligungen gelten. Der Regierungsentwurf des StVergAbG enthielt diese Vorschläge nicht mehr. Die Protokollerklärung des Vermittlungsausschusses zum StVergAbG schlug aber erneut die Ausdehnung der 5-%-Fiktion auf Inlandsbeteiligungen vor.254 Dieser Vorschlag ist Bestandteil des am 4. 8. 2003 bekanntgewordenen Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz.255

E. § 8 b Abs. 3 KStG I. Norminhalt § 8 b Abs. 3 KStG regelt ein Abzugsverbot bei Veräußerungsverlusten, Liquidationsverlusten und Teilwertabschreibungen. Durch das UntStFG hat die Vorschrift einen sehr weit gefaßten Wortlaut erhalten. In der Literatur wird auf Grund der systematischen Stellung und ihres Verhältnisses zu § 3 c Abs. 1 EStG eine enge Auslegung vertreten und § 8 b Abs. 3 KStG nur auf Gewinnminderungen angewandt, die auf eine Wertminderung der Anteile selbst zurückzuführen sind. Das BMF-Schreiben zu § 8 b scheint dem zu folgen.256

II. Kritik Teile der Literatur halten das Abzugsverbot für gerechtfertigt. Während es sich bei den Aufwendungen i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG – z. B. Kosten der Finanzierung oder Verwaltung der Beteiligung – um Aufwendungen handle, die ausschließlich bei der Muttergesellschaft anfallen und auch nur dort geltend gemacht werden können, bildeten die Teilwertabschreibungen oder Veräußerungsverluste bei Beteiligungen regelmäßig solche Vorgänge ab, die sich primär bei der Beteiligtengesellschaft selbst abspielen – z. B. ein schlechter Geschäftsverlauf oder gar eine dauernde Verluststrecke – und daher dort – auf der Ebene des Tochterunternehmens – steuerliche Wirkung erlangen können. Es sei nicht erforderlich, dieselben Geschäftsvorfälle ein zweites Mal – bei dem Mutterunternehmen – steuerlich anzusetzen. Es handle sich um die Konsequenz aus der systematischen Trennung der Besteuerungsebenen, die verfassungsrechtlich nur schwer angegriffen werden könne.257

Vgl. Höreth / Schiegl / Zipfl, BB 2003, S. 989. Vgl. Hill / Kavazidis, DB 2003, S. 2028 ff. 256 Vgl. BMF-Schreiben v. 28. 4. 2003, BStBl. I, S. 295 (Punkt D) Rz. 25; Rödder / Schumacher, DStR 2003, S. 913 m.w.N. 257 Schön, FR 2001, S. 386. 254 255

F. Besteuerung bei zwischengeschalteter Mitunternehmerschaft

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Die Nichtabziehbarkeit von Veräußerungsverlusten ist aber nicht die logische Umkehrung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen. Veräußerungsverluste, die sich daraus ergeben, daß der Veräußerer seine Anschaffungskosten nicht mehr realisieren kann, stellen endgültige Vermögensverluste dar, deren Ausschluß von der Abziehbarkeit einen eklatanten Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bedeutet.258

F. Besteuerung bei zwischengeschalteter Mitunternehmerschaft259 Im Geltungsbereich des alten Anrechnungsverfahrens wurden Personengesellschaften als Vermögensverwaltungsgesellschaften zwischengeschaltet, um ausländischen Gesellschaftern das Anrechnungsguthaben zu sichern. Im folgenden soll kurz der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen der Systemwechsel auf die Zwischenschaltung einer Mitunternehmerschaft hat. Der folgende Punkt I betrifft den Fall, daß natürliche Personen eine Gesellschaft zum Halten der Kapitalgesellschaftsbeteiligung zwischenschalten, II betrifft die Konstellation der Zwischenschaltung durch eine Kapitalgesellschaft.

I. Personengesellschaften Die Regelungen der § 3 Nr. 40 EStG über das Halbeinkünfteverfahren gelten auch für natürliche Personen als Gesellschafter von Mitunternehmerschaften, soweit keine Umqualifizierung der Einkünfte erfolgt, wenn es sich also um eine rein vermögensverwaltende Personengesellschaft handelt. Die Zwischenschaltung ändert dann nichts an der hälftigen Freistellung der Dividenden etc. und dem korrespondierenden Abzugsverbot des § 3 c Abs. 2 KStG. Letztere Vorschrift ist allerdings nach der hier vertretenen Auffassung verfassungswidrig. Die hälftige Freistellung von Veräußerungsgewinnen erfaßt sowohl die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch die Mitunternehmerschaft als auch gem. § 3 Nr. 40 lit. b) EStG die Veräußerung eines Mitunternehmer-Anteils, soweit der Gewinn auf die Veräußerung von begünstigten Anteilen an Kapitalgesellschaften entfällt.260 Die Gesetzeslage sieht auch hier ein hälftiges Abzugsverbot nach § 3 c Abs. 2 EStG vor.

Raupach, DStJG 25 (2002), S. 20; Romswinkel, GmbHR 2002, S. 1060 f. Mitunternehmerschaft ist der Oberbegriff für weder einkommensteuerpflichtige noch körperschaftsteuerpflichtige Steuersubjekte, d. h. Personengesellschaften und Gemeinschaften, vgl. Schmidt in Schmidt, § 15 Rn. 160. 260 Schmidt in Schmidt, § 15 Rn. 438; Neyer, GmbHR 2002, S. 104. 258 259

230

Teil 2: Beteiligungseinkünfte von Körperschaften

Falls in den Fällen der Zwischenschaltung einer Personengesellschaft § 3 c Abs. 2 EStG Anwendung findet, können die Gesellschafter sich erfolgreich gegen diese Vorschrift wenden.261 Spätestens das BVerfG wird die Vorschrift für nichtig erklären.

II. Kapitalgesellschaften 1. Gesetzliche Regelung, § 8 b Abs. 6 EStG

Gem. § 8 b Abs. 6 S. 1 KStG sind die Absätze 1 bis 5 der Vorschrift – also vor allem Abs. 1 und 2 betreffend die Steuerbefreiung für Dividendeneinnahmen und begünstigte Veräußerungsgewinne – auch dann anzuwenden, wenn die Anteile von einer Mitunternehmerschaft gehalten und der an dieser beteiligten Kapitalgesellschaften zugerechnet werden. Mit Blick auf § 8 b KStG a.F. hatte die Verwaltung die Anwendung bei Mitunternehmerkonstellationen versagt (Abschn. 41 Abs. 2 KStR). § 8 b Abs. 6 KStG n.F. schaut durch die Mitunternehmerschaft „durch“. Für den Fall der Veräußerung eines Anteils an der Mitunternehmerschaft war eine dem § 3 Nr. 40 lit. b) EStG entsprechende Steuerbefreiung im KStG bisher nicht enthalten. In der Literatur wurde teilweise eine analoge Anwendung vertreten.262 Dieses Problem ist inzwischen im Rahmen des UntStFG bereinigt worden. § 8 b Abs. 6 S. 1 a.E. KStG sieht jetzt eine Erstreckung der Veräußerungsgewinnbefreiung auf Veräußerung von Anteilen im Rahmen von Mitunternehmeranteilen vor.

2. Zweifelsfragen

Ob § 8 b Abs. 6 KStG auch auf die Gewerbesteuer durchschlägt, ist umstritten. Während einige die Anwendung bejahen, weil § 7 S. 2 GewStG als lex specialis ansehen sei,263 wofür der Wortlaut spricht, lehnen dies andere unter Berufung auf Sinn und Zweck der Vorschrift ab.264 Nach dem nunmehr ergangenen BMF-Schreiben sind § 8 b Abs. 1 bis 5 KStG sowie § 3 Nr. 40 EStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) einer Mitunternehmerschaft nicht anzuwenden. Die gleichen Grundsätze sollen für den Gewinn i.S. des § 7 S. 2 GewStG aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch eine Kapitalgesellschaft gelten.265 Teil 1 D. V. Watermeyer, GmbH-StB 2001, S. 170 m.w.N. 263 HHR / Altendorf, Jahresband 2002, § 8 b KStG J 01 – 23. 264 Haun / Winkler, GmbHR 2002, S. 199; Füger / Rieger DStR 2002, S. 933 ff. 265 BMF-Schreiben v. 28. 4. 2003, BStBl. I, S. 298 Rz. 57, 58. Ablehnend dazu Herzig, DB 2003, S. 1467 f. 261 262

F. Besteuerung bei zwischengeschalteter Mitunternehmerschaft

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Das geplante BMF-Schreiben zur Dividendenbesteuerung (ursprünglich geplant für November 2002) sollte eine „Klarstellung“ enthalten, wonach die Abzugsbeschränkung des § 3 c EStG auch bei mittelbarer Beteiligung über eine Personengesellschaft Anwendung finden soll.266 Dies würde der hier vertretenen verfassungskonformen Auslegung von § 3 c Abs. 1 EStG widersprechen. Im aktuellen BMF-Schreiben zu § 8 b KStG wird auf § 3 c EStG ausdrücklich nicht eingegangen, sondern auf das gesonderte Schreiben hierzu verwiesen.267

266 267

54.

Lingemann, GmbHR 2002, R 429. BMF-Schreiben v. 28. 4. 2003, BStBl. I, S. 293 Rz. 3; offen formuliert auch S. 298 Rz.

Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit untersucht die gesetzliche Neuordnung der Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht unter besonderer Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen der Steuerpflichtigen. Ein Schwerpunkt lag auf der rechtlichen Überprüfung der §§ 3 c Abs. 1, 2 EStG, 8 b KStG. Die Arbeit kam zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens erfolgte als wirtschaftspolitische Entscheidung für ein europarechtskonformes und einfach zu handhabendes Körperschaftsteuersystem bei Schonung des Steueraufkommens trotz deutlicher Steuersatzsenkung. Die Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne wird im Rahmen eines Freistellungssystems berücksichtigt. Beteiligungserträge natürlicher Personen werden zur Hälfte (System des partial shareholder relief), von Körperschaften ganz von der Einkommens- / Körperschaftsteuer freigestellt. Die hälftige Einkommensteuerbelastung soll zusammen mit der Vorbelastung durch die Körperschaftsteuer die ertragsteuerliche Einmalbelastung des Gewinns sicherstellen. Typisierend und generalisierend soll dies der Steuerbelastung anderer Einkünfte entsprechen. 2. Die Ausgestaltung des Verfahrens begegnet grundsätzlichen Bedenken. Das hälftige Verlustabzugsverbot des § 3 c Abs. 2 EStG in Fällen, in denen die Aufwendungen die Einnahmen übersteigen, war nicht von der Kommission vorgeschlagen worden. Es erscheint zweifelhaft, daß die Konsequenz, wonach Erwerbsaufwendungen zu einer Benachteiligung führen, im Gesetzgebungsverfahren überhaupt bedacht und damit im Ergebnis tatsächlich gewollt war. 3. Die systematische Stellung von § 3 Nr. 40 EStG ist verfehlt. Intention des Gesetzgebers war nicht die Freistellung von Einnahmen im Sinne einer Begünstigung, sondern die Vermeidung einer Doppelbelastung. Das damit korrespondierende Abzugsverbot des § 3 c Abs. 2 EStG ist eine systemwidrige Vorschrift, die mit den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht übereinstimmt. Es verzichtet auf das Korrektiv des unmittelbaren Zusammenhangs und läßt auch einen Aufwendungsüberhang nur hälftig zum Abzug zu. 4. Der Halbteilungsgrundsatz wurde als im Grundgesetz verankert nachgewiesen. Entscheidend ist der Grundsatz der Privatnützigkeit, der in den Wirtschaftsgrundrechten, Art. 12 und 14 GG enthalten ist. Er ist Ausdruck eines freiheitlichen Menschenbildes, welches dem Grundgesetz zugrunde liegt. Es geht von eigenverantwortlichen Bürgern aus.

Zusammenfassung

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§ 3 c Abs. 2 EStG kann zu einem hälftigen Verlustabzugsverbot und damit auch zu einem Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz führen. In Extremfällen ergibt sich sogar eine erdrosselnde Wirkung, weil die Tätigkeit für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich sinnlos wird. Außerdem kann gegen die Steuerfreiheit des Existenzminimums verstoßen werden. 5. § 3 c Abs. 2 EStG verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Anteilseigner an Kapitalgesellschaften mit Erwerbsaufwendungen werden ungleich behandelt. Das Nettoprinzip wird durchbrochen. Die unterschiedlichen Einkunftsarten bzw. Rechtsformen kommen nicht als Rechtfertigungsgrund in Betracht. Ebensowenig das Differenzierungsziel der Einmalbesteuerung. 6. Gestaltungsmöglichkeiten können unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nur in besonders einfach gelagerten Fällen eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Die zu § 3 c Abs. 2 EStG erörterten Gestaltungen erfüllen diese Voraussetzung nicht. 7. § 3 c Abs. 2 EStG ist daher verfassungswidrig und vom BVerfG für nichtig zu erklären. 8. Die Überprüfung anhand des europäischen Gemeinschaftsrechts ergab, daß im Hinblick auf § 3 c Abs. 2 EStG eine nicht gerechtfertigte verdeckte Diskriminierung von Kapitalgesellschaften aus den Mitgliedstaaten vorliegt. Es wird gegen Art. 43 und / bzw. Art. 58 EG verstoßen, da die Beteiligung an Kapitalgesellschaften benachteiligt wird, was aufgrund der besonderen tatsächlichen Gegebenheiten Gesellschaften aus dem EU-Ausland stärker belastet als inländische Gesellschaften. Außerdem kommt ein Verstoß gegen das freiheitsrechtliche Beschränkungsverbot bzw. das Gemeinschaftsgrundrecht der Eigentumsfreiheit in Betracht, wenn die Steuerbelastung bestimmte Betragsgrenzen überschreitet. Ferner ist davon auszugehen, daß das deutsche Verfassungsrecht dazu zwingt, den Beteiligungsaufwand bei Inlandsbeteiligungen voll zum Abzug zuzulassen und andererseits die Niederlassungsfreiheit und / bzw. die Kapitalverkehrsfreiheit dazu zwingen, diesen Abzugstatbestand diskriminierungsfrei auf Auslandsbeteiligungen anzuwenden. 9. Der vom EuGH entwickelte Rechtfertigungsgrund der Kohärenz gilt nicht für systemwidrige Normen. 10. § 8 b Abs. 1 KStG ist keine Steuerbefreiung im eigentlichen Sinne, sondern lediglich eine technische Vorschrift zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Die Anwendung der Abzugsbeschränkung des § 3 c Abs. 1 EStG ist von seinem Sinn und Zweck her nicht geboten. 11. Die Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG auf nach § 8 b Abs. 1 KStG steuerfreie Dividenden verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten erlauben auch hier keine andere Beurteilung, da die Aktivitäten des Gesetzgebers keine Planungssicherheit gewährleisten. 12. Im Rahmen der Gestaltungsmöglichkeiten ist die Organschaft von besonderer Bedeutung. Eine Literaturmeinung hatte diesbezüglich eine neue Kontroverse

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Zusammenfassung

ausgelöst. Die Anwendung von § 3 c EStG würde die Gestaltung ausschalten und zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Insgesamt handelt es sich bei der Organschaft um einen Rechtsbereich, in dem der Gesetzgeber großen Aktionismus an den Tag legt, was zu Rechtsunsicherheiten führt. 13. Die Anwendung von § 3 c Abs. 1 EStG auf Erwerbsaufwendungen, die mit § 8 b Abs. 1 KStG in unmittelbaren Zusammenhang stehen, verstößt gegen den Gleichheitssatz. Die Vorschrift ist deshalb aber nicht verfassungswidrig. Sie kann verfassungskonform ausgelegt werden. Die teleologische Reduktion der Vorschrift ergibt, daß Einnahmen, die unter § 8 b Abs. 1 EStG fallen, nicht steuerfrei i. S. d. § 3 c Abs. 1 EStG sind. 14. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Organschaft geboten. Auch die jüngere Rechtsprechung des EuGH drängt dazu, In- und Auslandsbeteiligungen im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit des Beteiligungsaufwandes gleichzubehandeln und daher die umfassende Abzugsfähigkeit des Beteiligungsaufwandes einzuführen. 15. Die kompliziert formulierte Vorschrift des § 8 b Abs. 5 KStG ist wegen der möglichen Gestaltungsmöglichkeiten fiskalisch kontraproduktiv. In den Fällen einer DBA-Freistellung findet sie bereits keine Anwendung, da es sich um ein unzulässiges Treaty Overriding handelt. Als Abzugsverbot ist sie bereits an sich verfassungswidrig und stellt eine gemeinschaftswidrige Diskriminierung dar. Die Pauschalierung entspricht zudem nicht den Erfordernissen des Verfassungsrechts. 16. Als Fazit bleibt festzustellen, daß die zahlreichen bereits erfolgten und geplanten Gesetzesänderungen zeigen, daß das verhältnismäßig streitunanfällige Anrechnungsverfahren aufgegeben wurde und wir uns nunmehr im Bereich der Unternehmensbesteuerung in der Situation einer „permanenten Steuerreform“1 befinden. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Politik der Abzugsbeschränkungen einen Weg, der aus steuersystematischen, verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Gründen in höchstem Maße bedenklich erscheint.

1

HHR / Raupach, Einf. Bd. 1 zur Steuerreform 1999 / 2000 / 2002, R. 16 (S. 34).

Anhang § 3 c EStG (bis VZ 2000) Ausgaben dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

§ 3 c EStG (ab VZ 2001; geändert durch StSenkG v. 23. 10. 2000 BGBl. I, S. 1433) (1) Ausgaben dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden; Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 zugrundeliegende liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dürfen unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden; Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Satz 1 gilt auch in den Fällen des § 3 Nr. 40 S. 3 und 4. (Satz 3, der das hälftige Abzugsverbot auch auf Betriebsvermögensminderungen innerhalb der ursprünglich vorgesehenen einjährigen Behaltefrist des § 3 Nr. 40 S. 5 i.d.F. des StSenkG erstreckte, wurde noch vor Inkrafttreten der Norm durch das InvZulG 1999 v. 20. 12. 2000 (BGBl. I, S. 1850) wieder gestrichen.)

§ 3 c EStG (Abs. 2 S. 2 geändert durch UntStFG v. 20. 12. 2001 BGBl. I, S. 3858) (1) Ausgaben dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden; Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 zugrundeliegende liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dürfen unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden; entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder

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Anhang

des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Satz 1 gilt auch für Wertminderungen des Anteils an einer Organgesellschaft, die nicht auf Gewinnausschüttungen zurückzuführen sind.

§ 3 c EStG (Abs. 2 S. 3, 4 angefügt durch StBÄndG v. 23. 7. 2002 BGBl. I, S. 2715) (1) Ausgaben dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden; Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 zugrundeliegende liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dürfen unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden; Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Satz 1 gilt auch für Wertminderungen des Anteils an einer Organgesellschaft, die nicht auf Gewinnausschüttungen zurückzuführen sind. Satz 1 gilt auch in den Fällen des § 3 Nr. 40 Satz 3 und 4. Soweit § 3 Nr. 40 Satz 3 anzuwenden ist, sind die Sätze 1 und 3 nur auf Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten anzuwenden, soweit sie die Betriebsvermögensmehrungen, Einnahmen oder Werte im Sinne des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a oder den Veräußerungspreis im Sinne des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe b übersteigen und mit diesen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne des Satzes 1 stehen; Entsprechendes gilt in den Fällen des Satzes 1 Halbsatz 2.

§ 8 b KStG Beteiligung an ausländischen Gesellschaften (eingeführt durch StandOG v. 13. 9. 93 (BGBl. I S. 1569; BStBl. I S. 774) geändert durch das StMBG v. 21. 12. 93 (BGBl. I S. 2310) und das Ges. z. Änderung des UmwStR v. 28. 10. 94 (BGBl. I S. 3267) (1) Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft oder von einer sonstigen Körperschaft im Sinne des § 43 erhält, bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, soweit dafür der Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 als verwendet gilt. Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 1 ist, daß die Verwendung des Teilbetrags im Sinne des § 30 As. 2 Nr. 1 durch eine Steuerbescheinigung nach § 44 oder § 45 nachgewiesen wird. Gewinnminderungen, die 1. durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an der in Satz 1 genannten ausschüttenden Kapitalgesellschaft oder sonstigen Körperschaft oder 2. durch Veräußerung des Anteils oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Nennkapitals dieser Kapitalgesellschaft oder sonstigen Körperschaft

Anhang

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entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder die sonstige Gewinnminderung auf die Gewinnausschüttungen zurückzuführen ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Bezüge, die in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 steuerbefreiten Körperschaft anfallen. (2) Bei der Ermittlung des Einkommens einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer ausländischen Gesellschaft oder bei deren Auflösung oder der Herabsetzung von deren Nennkapital außer Ansatz, wenn Gewinnausschüttungen dieser Gesellschaft nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder nach Absatz 5 befreit oder nach § 26 Abs. 2 oder 3 begünstigt wären, soweit sich nicht in früheren Jahren eine bei der Gewinnermittlung berücksichtigte Gewinnminderung durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils ergeben hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Teilwerts ausgeglichen worden ist. Die Vorschriften über die Abziehbarkeit von Verlusten, die bei der Veräußerung, Auflösung oder Kapitalherabsetzung nach Satz 1 entstehen, bleiben unberührt. neu: geändert durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002 mit Wirkung ab dem VZ 1999: Verluste, die bei der Veräußerung, Auflösung oder Kapitalherabsetzung nach Satz 1 entstehen, sind nicht abziehbar. Hängt die Befreiung oder Begünstigung von der Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft ab, muß die unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft nachweisen, daß die in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder in § 26 Abs. 2 festgelegten Tätigkeiten seit der Gründung dieser Gesellschaft oder während der letzten fünf Jahre vor und in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Einkünfte aus der Veräußerung, Auflösung oder Kapitalherabsetzung bezogen werden, ausgeübt worden sind. (3) Absatz 2 ist nicht anzuwenden für die Anteile an einer ausländischen Gesellschaft, die 1. ein Einbringender nach § 23 Abs. 4 als Gegenleistung für die Einbringung von Anteilen an einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft oder nach § 23 Abs. 1 oder Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes oder 2. eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 2 oder § 23 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes von einem Einbringenden, der mit Gewinnen aus der Veräußerung der Anteile an der ausländischen Gesellschaft oder bei deren Auflösung oder der Herabsetzung von deren Nennkapital im Inland steuerpflichtig ist und nicht zu den nach Absatz 2 begünstigten Körperschaften gehört, zu einem unter dem Teilwert anzusetzenden Wert erworben hat, wenn die Veräußerung, Auflösung oder Kapitalherabsetzung innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt der Einbringung stattfindet. (4) Gewinnanteile, die von einer ausländischen Gesellschaft auf Anteile ausgeschüttet werden, die einer inländischen gewerblichen Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft zuzurechnen sind, bleiben bei der Ermittlung des der inländischen gewerblichen Betriebsstätte zuzurechnenden Einkommens außer Ansatz, soweit sie nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder nach Absatz 5 befreit wäre. Die Absätze 2 und 3 gelten sinngemäß für die Ermittlung des Einkommens einer inländischen gewerblichen Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 im übrigen erfüllt sind. Hängt die Befreiung oder Begünstigung vom Halten der Beteiligung für einen Mindestzeitraum ab, muß die Beteiligung während dieses Zeitraums auch zum Betriebsvermögen der inländischen gewerblichen Betriebsstätte gehört haben.

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Anhang

(5) Sind Gewinnanteile, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter der Voraussetzung einer Mindestbeteiligung von der Körperschaftsteuer befreit, so gilt die Befreiung ungeachtet der im Abkommen vereinbarten Mindestbeteiligung, wenn die Beteiligung mindestens ein Zehntel beträgt. (6) Sind Gewinnanteile, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach Absatz 4 Satz 1 und 3 oder nach Absatz 5 von der Körperschaftsteuer befreit oder nach § 26 Abs. 2 bis 3 oder Abs. 7 begünstigt, so sind Gewinnminderungen, die 1. durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an der ausländischen Gesellschaft oder 2. durch Veräußerung des Anteils oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals der ausländischen Gesellschaft entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder die sonstige Gewinnminderung auf die Gewinnausschüttung zurückzuführen ist. Eingefügt durch das StEntlG 1999 / 2000 / 2002 v. 24. 3. 1999 (BGBl. I, 402) mit Wirkung ab dem VZ 1999; vor Inkrafttreten geändert durch StBerG 1999 v. 21. 12. 1999 (BGBl. I, 2601): (7) Von den Dividenden, aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder nach den Absätzen 4 und 5 von der Körperschaftsteuer befreit sind, gelten 5 vom Hundert als Betriebsausgaben, die mit den Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

§ 8 b KStG Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen i.d.F. des KStG 1999 v. 22. 4. 1999 (BGBl. I 817; BStBl. I, 461), (vor Inkrafttreten) neu gefaßt durch Ges. zur Änd. des InvZulG 1999 v. 20. 12. 2000 (BGBl. I, 1850; BStBl. I 2001, 28) (1) Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. (2) Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes gehören, aus der Auflösung oder der Herabsetzung ihres Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Wertes außer Ansatz. Das gilt nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. Veräußerung im vorstehenden Sinne ist auch die verdeckte Einlage. (3) Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts des in Absatz 2 genannten Anteils oder durch Veräußerung des Anteils oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Nennkapitals entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.

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(4) Absatz 2 ist nur anzuwenden, soweit die Anteile nicht 1. einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes sind oder 2. durch eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar über eine Mitunternehmerschaft von einem Einbringenden, der nicht zu den von Absatz 2 begünstigten Steuerpflichtigen gehört, zu einem Wert unter dem Teilwert erworben worden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn 1. der in Absatz 2 bezeichnete Vorgang später als sieben Jahre nach dem Zeitpunkt des Erwerbs der in Satz 1 genannten Anteile stattfindet oder 2. die in Satz 1 bezeichneten Anteile auf Grund eines Einbringungsvorgangs nach § 20 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes erworben worden sind, es sei denn, die Anteile sind unmittelbar oder mittelbar auf eine Einbringung im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 oder des § 23 Abs. 1 bis 3 des Umwandlungssteuergesetzes innerhalb der in Nummer 1 bezeichneten Frist zurückzuführen. (5) Von den Dividenden aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, die von der Körperschaftsteuer befreit sind, gelten 5 vom Hundert als Betriebsausgaben, die mit den Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. (6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, soweit einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse Bezüge oder Gewinne im Sinne der Absätze 1 bis 3 im Rahmen eines Gewinnanteils aus einer Mitunternehmerschaft im Sinne der § 13 Abs. 7, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 und des § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes zugerechnet werden. die Absätze 1 bis 5 gelten für Bezüge oder Gewinne entsprechend, die einem Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts über andere juristische Personen des öffentlichen Rechts zufließen, über die sie mittelbar an der leistenden Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse beteiligt ist und bei denen die Leistungen nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erfasst werden. (7) Die Absätze 1 bis 6 sind bei Kreditinstituten nicht auf Anteile anzuwenden, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1 Abs. 12 des Gesetztes über das Kreditwesen dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Gleiches gilt für Anteile, die von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben werden. Satz 2 gilt auch für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR-Abkommens.

§ 8 b KStG (Abs. 5 geändert durch UntStFG v. 20. 12. 2001 BGBl. I, S. 3858) Absätze 1 – 4: unverändert (5) Von den Bezügen im Sinne des Absatzes 1 aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, gelten 5 vom Hundert als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Absätze 6, 7: unverändert

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Sachwortverzeichnis Abzugsbeschränkung 60, 62, 121, 170, 182 – § 3 c Abs. 1 EStG 182 – § 3 c Abs. 2 EStG 69 – § 3 c EStG a.F. 62 Abzugsverbot 61 additiver Grundrechtseingriff 97 Allgemeine Handlungsfreiheit 98 Anrechnungsverfahren 34, 37 – Europarechtswidrigkeit 39 aufkommensschonende Ausgestaltung 140 Aufwendungen 26 Ausgaben 27, 60 Auslandsbeteiligung 206, 217 – § 8 b Abs. 5 KStG 218 – DBA – Treaty Overriding 219 – Gemeinschaftsrecht 225 – Inländerdiskriminierung 222 – Pauschalierung 226 – Verfassungsrecht 225 Ballooning 201 – Mißbrauch nach § 42 Abs. 1 S. 1 AO 204 Berufsfreiheit 80 Beschränkungsverbot 155, 174 Beteiligungseinkünfte 28, 178 Betriebsausgaben 26 Brühler Empfehlung 37 Diskriminierungsverbot 154, 173 Dividendenstripping 38 Doppelbelastung 31, 69 Eigentumsgarantie, Art. 14 GG 82 Einkünfte 28, 63 Einmalbesteuerung 73, 135, 188 Einnahme 26, 63 – Steuerfreie ~ 63, 66 Erwerbsaufwand 26 Folgerichtigkeit 102, 133

Gemeinschaftsrecht 148, 215 – Gemeinsamer Markt 149 – Grundfreiheiten 153 – Innerstaatlicher Verlustausgleich 170 – Steuervorschriften 151 Gestaltungsmöglichkeiten 141, 192, 211 Gleichbehandlung der Einkunftsarten 103, 136, 190 Gleichheitsgrundrecht, Art. 3 Abs. 1 GG 99, 135 – Angemessenheitsprüfung 102 – ergebnisoffene Methodennorm 102 – Vergleichsgruppenbildung 103 – Willkürverbot. 101 Halbeinkünfteverfahren 37, 179 – Gesetzliche Konzeption 43 Halbteilungsgrundsatz 85, 135 Kapitalverkehrsfreiheit 166 Kohärenz 160, 176 Konsequenzgebot 132 Körperschaftsteuervorbelastung 178 Korrespondenzprinzip 60 Leistungsfähigkeitsprinzip 102, 108, 115, 117, 191 Mezzanine-Finanzierung 206 Mutter-Tochter-Richtlinie 169, 218 Nettoprinzip 62, 117, 137, 138 – objektives 102, 110, 137, 191 – subjektives 109, 137 Neutralität der Besteuerung 32 Niederlassungsfreiheit 164, 215 Organschaft 143, 193 – grenzüberschreitenden Organschaft 215

Sachwortverzeichnis Personengesellschaften 30, 229 Prinzipien im Recht 114 Privatnützigkeit 92, 96, 116 Rechtsformneutralität 105, 136 Schachtelprivileg 183 – § 9 KStG a. F. 183 – DBA 185 Schedulensteuer 103 Steuerwettbewerb 150 Subjektprinzip 73, 189 Subsidiaritätsprinzip 92 Synthetischer Einkunftsbegriff 103 System 77 Systemgerechtigkeit 102, 127, 138, 192

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Übermaßverbot 84 Veräußerungsgewinne 49, 180 verfassungskonforme Auslegung 213 Verfassungsrecht 77 Verhältnismäßigkeitsprinzip 90 Verlustausgleichsverbote 61 Werbungskosten 26 widersprüchlicher Wechsel der Grundprinzipien 75, 192 Wirtschaftlicher Zusammenhang 66, 71, 206 Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie 169