Die Beihilfe und ihr Erfolg: Zur objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat in § 27 StGB [1 ed.] 9783428506675, 9783428106677

Die Frage nach der richtigen Bestimmung des objektiven Tatbestandes der Beihilfe hat in neuerer Zeit vermehrt Aufmerksam

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Die Beihilfe und ihr Erfolg: Zur objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat in § 27 StGB [1 ed.]
 9783428506675, 9783428106677

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STEPHAN A. OSNABRÜGGE

Die Beihilfe und ihr Erfolg

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begriindet von Dr. Eberhard Sehnlidhäuser (t) em. ord. Prof. der Rechte an der Univernität Harnburg

Herausgegeben von Dr. Dr. h. c. (Breslau) Friedrich-Christian Schroeder ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 145

Die Beihilfe und ihr Erfolg Zur objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat in§ 27 StGB

Von

Stephan A. Osnabrügge

Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. lngeborg Puppe, Bonn

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Osnabrügge, Stephan A.: Die Beihilfe und ihr Erfolg : zur objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat in § 27 StGB I Stephan A. Osnabrügge. Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Strafrechtliche Abhandlungen; N.F., Bd. 145) Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 2001 ISBN 3-428-10667-9

D5 Alle Rechte vorbehalten

© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübemahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 3-428-10667-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

matri et memoriae patris

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2001 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind bis Anfang Juni 2001 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meiner verehrten Lehrerin, Frau Prof. Dr. Iogeborg Puppe. Sie hat das vorliegende Thema angeregt und über die Zeit der Erstellung der Dissertation in unnachahmlicher Weise Anteil daran genommen. Im Rahmen meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Strafrechtlichen Institut gewährte sie mir viel Freiheit, mich mit meinem Thema zu beschäftigen. Sie stand stets für Diskussionen zur Verfügung und nahm sich selbst in Phasen größter Arbeitsbelastung stets die Zeit, so manches "Knötchen im Gehirn" aufzulösen. Ihr stetes Bemühen um den Fortgang der Arbeit und ihr Engagement verdienen wahrlich die Bezeichnung "Betreuung einer Dissertation"; ich bin mir sicher, mir keine bessere "Doktorrnutter" hätte aussuchen zu können. Herrn Prof. Dr. Kindhäuser danke ich für die schnelle und freundliche Erstellung des Zweitgutachtens, den Herren Prof. Dr. Dr. h. c. Schroeder und Prof. Dr. Schmidhäuser für die Aufnahme in die von ihnen herausgegebene Schriftenreihe ,,Strafrechtliche Abhandlungen N. F.". Meine Kollegen am Strafrechtlichen Institut, Frau Friederike Hirsch, Frau Julia Jankowski, Frau Inken Knief, Herr Markus Pahlen sowie Frau Sirnone Laubereau, insbesondere aber Herr Ass. jur. Tino Seesko mußten sich so mancher Diskussion stellen und Leiden und Freuden einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit mir teilen. Sie haben dies mit Anstand und mit vielen guten Hinweisen erduldet. Hierfür und für die Jahre kollegialer und freundschaftlicher Zusammenarbeit möchte ich an dieser Stelle herzlich danken. Meiner Lebensgefährtin, Frau Dipl. Kauffrau Birgit Schmitz, sowie meinem Freund Herrn Rechtsanwalt Michael Beitzel danke ich für das Korrekturlesen meiner Arbeit. Im Laufe von zwei Jahren hat sich eine Zuneigung besonderer Art zu meinem Thema entwickelt. Und so hoffe ich, Gelegenheit haben zu werden, diejenigen Problembereiche, die ich aus Gründen der Beschränkung des Umfangs ausklammern mußte, an anderer Stelle aufgreifen zu können. Bonn, im Juni 2001

Stephan Osnabrügge

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Einleitung

15

Zweiter Teil Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik I. Grammatische Auslegung . . . . . . . .. .. . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . .. .. . .. .. . .. . . . .. .. . .. . 1. Hilfeleisten . .. . . . .. .. .. .. .. . . . .. . . .. .. .. .. . . .. . . . . . . . . .. .. . .. .. . . .. . . .. . . . . .. .. . . . . 2. Haupttat . .. . . . . . .. .. .. .. .. . . . . . . . .. .. .. .. .. . .. . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . 3. Verwendung des Perfekt in § 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Systematische Auslegung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. . . . .. . . . . .. .. . . . .. . .. .. . . . . III. Historische Auslegung . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . .. . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . .. . .. .. .. .. 1. Historische Entwicklung des § 27 und zugehöriger Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzgeberische Motivation und Rückschlüsse auf die Auslegung des Merkmals Hilfeleisten . . . .. . . .. . .. .. .. . . . . . . . . . .. . . . . .. .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . .. a) Die Bedeutung des § 49 a Abs. 3 a. F. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. . b) Die Streichung der Tatmodalitäten . .. .. .. . . . . . . . . .. . . . .. . .. . .. .. . . . .. . .. . .. . .. IV. Der Strafgrund der Teilnahme . . .. .. .. . .. . . . . .. .. .. . . . . . .. . .. . .. .. . . .. .. . .. .. . . . . . . . ..

24 24 24 26 26 27 31 31 32 32 34 35

Dritter Teil Die kausale physische Beihilfe - Eine Problemexposition unter besonderer Berücksichtigung der Kausalitätsproblematik I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Lösung des Leiterfalles nach der sog. Äquivalenztheorie........... . ...... . .. a) Korrektur durch den ganz konkreten Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Korrektur durch den ganz konkreten Kausalverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Korrektur durch das Außerachtlassen hypothetischer Kausalverläufe . . . . . . . . 2. Die Lösung des Leiterfalles nach der Theorie der gesetzmäßigen Bedingung . . . . a) Die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung nach Engisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fortführung der Theorie nach Puppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Erfolg als Bezugspunkt der Kausalbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der strafrechtliche Erfolg im historischen Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Erfolgsbestimmung nach Jakobs........ . . ... ...... .. ..... . ..... . .... cc) Was ist ein Erfolg? . . . .. . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . dd) Einwände gegen den Erfolg als nachteilige Veränderung und der Ansatz

43 46 47 50 62 64 67 67 74 93 94 96 98

Samsons .. .. . .. .. . . . . . . . .. .. .. . . .. .. . . . . . . . . . . .. .. . . . . .. . .. .. . . .. . . . .. .. . . 110

10

Inhaltsverzeichnis

ee) Zwischenergebnis .. . ...................... . . . . . .. ..................... . . . . d) Der Erfolg der Haupttat als Bezugspunkt der Beihilfekausalität . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Erfolgsbestimmung für die Beihilfe nach Baunack und Bloy . . . . . . . . bb) Quantifizierbarkeit des Erfolges und Zurechnung von Teilquanten bei der Beihilfe, Fallbeispiel2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Übertragung der Kausalitätsgrundsätze auf die Beihilfe, Lösung des Leiterfalts = Fallbeispiel I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vom Wert der sog. "Kausalitätsmodifikationen" für die Beihilfe ............ . . .. . a) Die "Kausalitätsmodifikationen" des Ermöglichen und lntensivierens, Fallbeispiele 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfolgskausalität durch Anwesenheit? Die ,,Kausalitätsmodifikation" des "Sichems", Fallbeispiele 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Kausalitätsmodifikation der (kausalitätsergänzenden) Risikoerhöhung .. 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB- Zu den Grenzen der kausalen Beihilfe . l. Der objektive Bezugspunkt der Kausalbeziehung bei (auch mehraktigen) Verletzungsdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der objektive Bezugspunkt der Kausalbeziehung beim abstrakten Gefahrdungsdelikt, Fallbeispiele 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der objektive Bezugspunkt der Kausalbeziehung beim konkreten Gefahrdungsdelikt 4. Zwischenergebnis ......... . ... . . . .................... . . . . ................ . . . . ... .. 111. Ergebnis .. . .......................................... . . . . . . . . . ........................ 0

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Vierter Teil

Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe I. Das Einwirken auf die kognitive Täterpsyche als Anwendungsfall der kausalen Erklärung .. . . . ................................. . ........ . . . . . ... . ........................ II. Die sogenannte psychische Beihilfe - Das Einwirken auf die voluntative Täterpsyche . .. . .. .. . .... ..... . . . . . . .. . ........ .......... . . . . .. . . . ........... . . . . . . . .......... . . l. Das Vermitteln eines höheren Gefühls der Sicherheit und das Bestärken des Tatentschlusses als psychische Beihilfe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Sichern der Tat als psychisch vermittelter Kausalfaktor? .............. . ...... 3. Die vorgeleistete Begünstigung und Strafvereitelung als psychische Beihilfe? ... a) Psychische Beihilfe und Begünstigung ...... . . . . . . . . . . . . . . . . .. ......... . ... .. b) Psychische Beihilfe und Strafvereitelung .... . . . . . .... . . . . .. .... . . . ..... . ... . . c) Zwischenergebnis ........ . . . ................. . ........... . ..... .. ..... . . . . . ... 111. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Fünfter Teil

Was ist Beihilfe? Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg 186 I. Die Unterscheidung nach ,,Haupt- und Hilfshandlung" als universales Zurechnungskriterium? ..... . .. .. ..... . . . . .. .. .. . . . ..... . . . . . . . ..... . . .... . . . . . .... ... .... . . . ... .. . . 187

Inhaltsverzeichnis II. Die Durchbrechung der Täterisolation als Zurechnungskriterium? ......... ... ...... III. Die Motivation des Täters als Erldärungsmodell im nicht determinierten Bereich? . IV. Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung als kausalitätsersetzende Zurechnungskriterien? ................................. . ....... . . . . . ................ . . . . . . ... 1. Risikoerhöhung ex ante und ex post . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung der Grundsätze der additiven und alternativen Mittäterschaft nach Roxin auf die Beihilfe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis ................................. . . . .............. . ..... . . . ...... V. Die Beihilfe und ihr Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beihilfe im kausal determinierten Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beihilfe im kausal nicht determinierten Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Prinzip der Risikoerhöhung, Wahrscheinlichkeitsgesetze und Prinzip der maximalen Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen, Fallbeispiele 6 . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis ............................. . . . . . .................... . ...... d) Weitere Anwendungsbeispiele nicht kausaler Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Hilfeleistung durch Einwirken auf den Tatentschluß, Fallbeispiele 7 . . . . bb) Das Sichern der Tat, nochmals Fallbeispiel 4.1; FallbeispielS . . . . . . . . . . VI. Die Beihilfe zum Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Bezugspunkt der Kausalität beim Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Talentschluß als Bezugsobjekt der Hilfeleistung zum Versuch . . . . . . . . . . . b) Das unmittelbare Ansetzen als Bezugsobjekt der Hilfeleistung zum Versuch 2. Die Beihilfe zum Versuch nach Küper und Harzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Beihilfe zum Versuch nach Baunack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beihilfe zum Versuch im nichtdeterminierten Bereich? Fallbeispiel 7.2 . . ........ 5. Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen ... . . . . . ....... ..... . . .. . . .... . a) Grundfälle der Beihilfe zum Versuch, Fal1beispiele9 .................. . ...... b) Der "fortgeschrittene Versuch", Fallbeispiel1 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 188 189 192 193 198 201 202 203 203 205 214 223 224 224 226 232 232 233 234 241 243 245 246 247 254 260

Sechster Teil

Zusammenfassung der Ergebnisse in 8 Thesen

261

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. abgedr. a.E. a.F. Anh. Anm. AO ARSP Art. AT Aufl. BAK BayObLG BGBI. BGH BGHR BGHSt BRDrs. BT BTDrs. BtMG bzw. d. h. diff. DRiZ DStR DVO EGStGB EwiR f. ff. Fn. FS g GA GG ggf. GS

anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt amEnde alte Fassung Anhang Anmerkung Abgabenordnung Archiv für Rechts- und Staatsphilosophie Artikel Allgemeiner Teil Auflage Blutalkoholkonzentration Bayerisches Oberstes Landesgericht Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung - Strafsachen" hrsg. von den Richtern des BGH Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Bundesrat-Drucksachen Besonderer Teil Bundestags-Drucksachen Betäubungsmittelgesetz beziehungsweise das heißt differenzierend Deutsche Richterzeitung Deutsches Steuerrecht Durchführungsverordnung Einführungsgesetz zum StGB Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende die folgenden Fußnote Festschrift Gramm Goltdammer's Archiv Grundgesetz gegebenenfalls Gedächtnisschrift

Abkürzungsverzeichnis h.L. h.M. Hrsg., hrsg.

i.E. i.S.

i.S.d. i.S.v.

i.V.m. JA JR JuS JZ Lb. Lfrg. LG LK m.a.W. MDR

m.E. m.w.N.

n.F. NJW NK NStZ o.a. o.ä. OGHSt q.e.d. Rdnr. RG RGBI. RGSt Rspr.

s.

s. Sch./Sch. SchwZStR sei!. SK s. o. sog. StRÄG StRRG StV StVFo s.u.

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herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber, herausgegeben im Ergebnis Im Sinne im Sinnedes im Sinnevon in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung Lehrbuch Lieferung Landgericht Leipziger Kommentar mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch Neue Zeitschrift für Strafrecht oben angegeben, eben angegebenes oder ähnliches Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone in Strafsachen quod erat demonstrandum [was zu beweisen war] Randnummer Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Rechtsprechung siehe Seite Schönke/Schröder, Kommentar zum Strafgesetzbuch Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht scilicet [nämlich] Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch siehe oben sogenannte, sogenannter Strafrechtsänderungsgesetz Strafrechtsreformgesetz Strafverteidiger Strafverteidiger-Forum siehe unten

14 u.a. usf. usw. u.U. vgl.

vo

Vorb., Vorbem., VRS wistra WiVerw. z.B. zit. ZStW zust.

Abkürzungsverzeichnis unter anderem, und andere und so fort und so weiter unter Umständen vergleiche Verordnung Vorbemerkungen Verlcehrsrechts-Sammlung Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer und Strafrecht Wirtschaft und Verwaltung zum Beispiel zitiert Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zustimmend

Erster Teil

Einleitung Beim vollendeten, täterschaftlieh begangenen Erfolgsdelikt muß die Beziehung des Täters zu dem Erfolg, dessen Verwirklichung ihm vorgeworfen wird, grundsätzlich in der Verursachung bestehen. Dies ergibt sich daraus, daß anders nicht der Schritt von der Existenz eines der Rechtsordnung widersprechenden Zustandes hin zu der Zuweisung der Verantwortung für diesen Zustand erklärbar ist, und bisweilen auch unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, in dem statt des tatbestandliehen Erfolges die tatbestandliehe Handlung beschrieben ist, die sich erst als solche über den Erfolgseintritt definiert ("töten", "verletzen"). Bei der Beihilfe dagegen ist die Qualität der tatbestandliehen Handlung unklarer. Dies liegt daran, daß einerseits der Strafbarkeilsbegründung eine Unrechtszuweisung zugrunde liegen muß. Dieses Unrecht liegt, was heute nicht mehr zweifelhaft ist, nicht in der Korrumpierung des Haupttäters, sondern resultiert aus dem Unrecht der Haupttat Deren Unrechtsgehalt wird im deutschen Strafrecht, das auf Grundlage der weitreichenden im Grundgesetz verbürgten Freiheiten des Einzelnen dessen Gesinnung von staatlichen Sanktionen weitgehend freistellt, durch den Eintritt des Unrechtserfolges vermittelt. Andererseits beschreibt aber das Gesetz die Handlung des Gehilfen diffus als "Hilfeleisten zur Haupttat". Das Unrecht der Gehilfenhandlung ergibt sich demnach nicht aus einer terminologisch zu typisierenden Handlungsqualität, wie dies beispielsweise durch das "Töten" umschrieben ist, sondern vielmehr aus der im Einzelfall vorhandenen Beziehung der Hilfeleistung zur Haupttat. Der Frage, welche Beziehung zwischen Hilfeleistung und der Haupttat notwendig ist, um deren Unrecht einem Beteiligten als Gehilfe zuzurechnen, soll im Rahmen dieser Arbeit nachgegangen werden. Zwar haben sich mit dieser Problematik bereits zahlreiche Veröffentlichungen beschäftigt 1, jedoch scheint es gleichwohl lohnend, diese Frage insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Zurechnungsdogmatik wieder aufzugreifen und um einige neue Aspekte zu erweitern. Dabei kann sich die Arbeit aus Gründen des Umfangs nur der- allerdings für alle weiteren Fragen auch grundlegenden- Problematik widmen, welche objektive Beziehung stets zwischen der Hilfeleistung und der Haupttat bestehen muß, welche Beziehung also hinreichend und notwendig ist. Aus 1 Allen voran Samson (1972), lff.; ders., FS Peters (1984), 121 ff.; vgl. auch - ohne Anspruch auf Vollständigkeit- Class, FS Stock (1966), 115ff.; Schaffstein, FS Honig (1970), 169ff.;Dreher (1972); Bloy (1985), 1 ff.; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501 ff.; aus neuererZeit: Altenhain (1994), 155ff.; Baunack (1999), 34ff.

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I. Teil: Einleitung

Gründen der notwendigen Beschränkung des Umfangs muß demgegenüber die Frage unbeachtet bleiben, unter welchen Bedingungentrotz Bestehens dieser Beziehung in bestimmten Ausnahmefallen eine Zurechnung gleichwohl ausscheidet. Weitgehend unberücksichtigt bleibt daher die Problematik der sog. "Alltagshandlungen" oder der Beihilfe durch ,,neutrale Handlungen". Dermit diesen und anderen Topoi verbundene Problemkreis ist richtigerweise als Einschränkung der Strafbarkeit unter den nach allgemeinen Kriterien strafbaren Handlungen einzuordnen2 • Er hat in letzter Zeit nicht zuletzt wegen der aktuellen Entscheidung des BGH, in der dieser die Verurteilung eines Sparkassenmitarbeiters, der Kunden bei anonymisierten Kapitaltransfers geholfen hatte, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestätigte\ erhöhte Aufmerksamkeit erfahren 4 • Unberücksichtigt bleibt aus Gründen der notwendigen Beschränkung des Umfangs der Arbeit auch, welche Konsequenzen sich aus der hier erarbeiteten Position für fortführende Probleme der Beihilfedogmatik ergeben, so für die Frage der Beihilfe zwischen Vollendung und Beendigung der Tat. Da die Kausalität das grundlegende Zurechnungskriterium im Strafrecht ist5, ist dieser Ausgangspunkt auch für die Beziehung des Gehilfen zum Erfolg der Haupttat als Grundlage der Zurechnung naheliegend6• Daß die Kausalität sich dabei auf den Erfolg der Haupttat beziehen muß, ist eine Folge aus der Ablehnung des Korrumpierungsgedankens als Strafgrund der Beihilfe und ergibt sich zudem aus anderen Gründen, auf die später noch einzugehen sein wird. Die Bestimmung des Erfolgs der Haupttat als Bezugspunkt der Kausalität resultiert zudem aus einer der grundlegenden Eigenschaften einer Kausalbeziehung, der Transitivitäf. Nichts anderes als 2 So zutreffend Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr. IOa. §§ohne weitere Bezeichnung sind solche des StGB. 3 BGH JZ 2000, 1175 = wistra 2000, 340 = StV 2000, 492. 4 Vgl. alleine zum o. a. Urteil des BGH: Beckemper, Jura 2001, 163; Harzer/Vogt, StVFo 2000, 39; Jäger, wistra 2000, 344; Kudlich, JZ 2000, 1178; Lesch, JA 2001, 187; Marx, DStR 2001, 96; Pelz, wistra 2001, ll; Samson!Schillhorn, wistra 2001, l; und zu LG Wuppertal, wistra 2000, 353 Marxen!Karitzky, EwiR 2000, 353. 5 LK-Roxin § 27, Rn. 2; Roxin AT/I § ll, Rdnr. l; Class, FS Stock (1966), 115: "denn die Kausalität ist notwendiger Bestandteil einer jeden Zurechnung"; Spende/, FS Dreher (1977), 167, 169; Mezger Lb. § 1511: "die Untergrenze jeder strafrechtlichen Haftung"; a. a. 0. § 5711: "der wissenschaftliche Ausgangspunkt jeder strafrechtlichen Teilnahmelehre"; dies ist eine Diagnose, die über die Jurisprudenz hinaus verbreitet ist, vgl. Liebmann ( 1900), 187: ,,Alles in der Welt geschieht nach unveränderlichen Gesetzen mit realer Notwendigkeit. Man könnte daher das Kausalprinzip auch das Prinzip der ausnahmslosen Gesetzlichkeit alles Geschehens benennen"; Max Planck (1949), 250, 253, gleichwohl aber angefochten wird, dazu später noch. 6 So auch LacknerlKühl § 27, Rdnr. 2; LK-Roxin § 27, Rdnr. 2; Sch./Sch.-Cramer/H eine § 27, Rdnr.IO; SK-Samson §27, Rdnr. 9f.; Bocke/mann/Volk §25 III2a.; Haft AT208; Mezger Lb. §57 II; ders. Stuß § 83 I; C/ass, FS Stock (1966), ll5 ff.; Dreher, MDR 1972, 553 ff.; Ebertl Kühl, Jura 1979, 561, 562; Samson (1972), 55ff.; Rogat (1997), 45; wohl auch Benfer AT Rdnr. 408 f., gleichwohl dessen Aussage, im Rahmen des § 27 sei die Kausalität weit auszulegen, denn auch überflüssige Assistenz könne eine Bedingung für die Tatbestandserfüllung durch den Haupttäter sein, offen läßt, nach welchen Kriterien er die Kausalität bestimmen will. 7 Joerden (1988), 16ff., 38.

1. Teil: Einleitung

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eine Umschreibung dieser Eigenschaft ist mit dem alten Ausspruch "causa causae est causa causati" 8 gemeint. Von diesem Ausgangspunkt der Untersuchung läßt sich aber nun keineswegs über Nutzen und Nachteil der Kausalität für die Beihilfe diskutieren. Denn der Inhalt der Beziehung "Kausalität", namentlich die Beschreibung der logischen Beziehung zwischen Bedingung und Erfolg, sind äußerst umstritten, und je nach Position ergeben sich andere Urteile über den Wert der Kausalität als Zurechnungskriterium der Beihilfe. Die Rechtswissenschaften haben sich schon früh auf die Formel der conditio sine qua non zur Überprüfung der Kausalität festgelegt. Die Forderung, daß eine Bedingung nur dann als kausal angesehen werden kann, wenn sie nicht hinwegzudenken ist, ohne daß der Erfolg entfiele, wenn sie also eine notwendige Bedingung ist, wurde auch für die Beihilfe erhoben9 • Formeln wie die von der notwendigen Bedingung werden in der Juristerei durch die Vereinbarkeil des durch ihre Anwendung erzielten Ergebnisses mit dem Rechtsgefühl kontrolliert, und so stellte man fest, daß die Anwendung der conditio- Formel nicht nur, aber insbesondere auch bei der Beihilfe nicht in der Lage ist, Ergebnisse zu produzieren, die durchweg mit dem Rechtsgefühl vereinbar sind. An dieser Stelle nun divergieren die Ansätze, wie der Beihilfe näherzukommen ist. Die Rechtsprechung besann sich auf die Terminologie des Gesetzes, in dem seit jeher der Begriff der Hilfeleistung die Beihilfe umschrieb. "Hilfeleisten" beschreibt zunächst einen in bezug auf die Haupttat förderlichen Beitrag. Unter Zugrundelegung dieser sprachlichen Implikation und deshalb auch in vollem Einklang mit dem Wortlaut des § 27 wird die Hilfeleistung bestimmt als die Förderung einer fremden Tat, sog. Förderungsforme I. Diesen Grundsatz vertritt die ständige Rechtsprechung 10 genauso wie ein Teil der Literatur 11 • Es sei, so die Leitentscheidung des Reichsgerichts 12, nicht erforderlich, "daß der Erfolg der Haupttat durch die Gehilfentätigkeit ursächlich mitbewirkt, gefördert oder erleichtert" worden ist. Die bloße Absicht des Gehilfen, die Haupttat zu unterstützen, reiche aber auch nicht aus. Es müsse "die den 8 So schon Bockelmann, DR 1941, 987, 989; Stratenwerth AP, Rdnr. 899; Spende!, FS Dreher (1977), 167, 179; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 506; Dreher (1972), 250, 259; Joerden (1988), 38. 9 Kohlrausch/Lange § 49 Anm. III I; Olshausen (12. Autl.), 3 zu§ 49; Frank StGB (1931), 125; A. KöhlerLb. (1917) §42 IV2; v.Liszt Lb. (1919) §51 II; ders., ZStW 38 (1916), 295, 303; Schmidt Lb. (1932) §4911; Welzel AT§ 16 III3. 10 Seit RGSt 58 (1925), 113ff., 114f.; 67, 191; 71, 176; 73, 53; 75, 113; BGHSt 8, 390; zuletzt BGH wistra 2000, 340, 341. 11 V.Hippel II, 462; LK-Lobe (4.Aufl.) §49, Rdnr. 7; Berner, Lb. (1898), 166; H. Mayer AT (1953), 323; Baumann/Weber/Mitsch § 31, Rdnr. 1, 13 ff.; Blei AT § 80 112b; Brodag AT Rdnr. 570ff., 580; EbertAT 189; Köhler AT 534; Mürbe AT 57; Wessels/Beulke, Rdnr. 582; Harzer, StV 1996, 336, 338; Weigend, FS Nishihara (1998), 197, 207. 12 RGSt 58, 113, 114f.

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1. Teil: Einleitung

Verbrechenstatbestand verwirklichende Handlung, bevor sie zum Abschluß gekommen ist, zu irgendeinem Zeitpunkt durch das Tätigwerden des Gehilfen tatsächlich gefördert worden" sein. Dieses Abstellen auf die Förderung der den Verbrechenstatbestand verwirklichenden Handlung wird jedoch keineswegs so konsequent verfolgt, wie dies einige Darstellungen 13 nahelegen. Der Oberste Gerichtshof für die Britische Besatzungszone wandte sich zwar gegen die Annahme von Erfolgskausalität als zwingende Voraussetzung der Beihilfe, forderte aber, daß die Hilfe den verbrecherischen Gesamterfolg gefördert oder erleichtert habe 14• Das OLG Freiburg 15 stellt in einem Fall, in dem der später als Gehilfe Verurteilte als Mitglied eines Erschießungskommandos nicht geschossen hatte, darauf ab, daß der Tater auch den Erfolg der Haupttat mitbeeinflußt hat. Neuerdings wird auch vorgeschlagen, von der Beihilfehandlung eine Erfolgsförderlichkeit zu verlangen 16• Dabei soll nur eine solche Handlung als förderlich betrachtet werden, die das Risiko für das vom Täter angegriffene Rechtsgut in nennenswerter Weise erhöht hat 17• Dieser Tendenz folgt nunmehr auch der BGH, der in objektiver Hinsicht eine Förderung im Falle der präsumptiven Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung(§ 370 AO) dann annimmt, wenn der Gehilfe "das Entdeckungsrisiko für die Nichtangabe der Beträge in der Steuererklärung stark verringert hat" 18 • Sieht man davon ab, daß hier mit einer typischerweise auf die Strafvereitelung passenden Argumentation eine typisch strafvereitelnde Handlung zur Beihilfe gemacht wird, vgl. dazu noch unten 5. Teil IV 1., und reduziert die Argumentationsführung des BGH auf dogmatische Grundlagen, dann wäre hiernach der objektive Tatbestand der Beihilfe wohl dann gegeben, wenn der präsumptive Gehilfe das Risiko des Erfolgseintritts erhöht hat. Diese Bemühungen führen von der eigentlichen Förderungsformel, die ihren Reiz gerade dadurch gewinnt, ergebnisoffen zu sein, weg, und hin zu einer kausalitätsersetzenden Risikoerhöhungstheorie. Hierzu, auch in bezug auf dieneuere Rechtsprechung, vgl. 5. Teil IV 1. Abgesehen von den weiteren Ansätzen, der "Förderlichkeit" einen klar definierten Bezugspunkt angedeihen zu lassen, in welchem diese sich realisiert, büßt das Merkmal in seiner bislang üblichen Verwendung, nämlich ohne weitere inhaltliche Spezifizierung, gerade durch seine Vorzüge an Tauglichkeit ein: Indem es völlig übereinstimmt mit dem Wortlaut des Gesetzes, ist es nicht nur mit dem Vorwurf des Verstoßes gegen die Wortlautgrenze nicht angreifbar, es ist gleichzeitig auch genauso nichtssagend 19 wie der vom Gesetz verwandte Begriff des Hilfeleistens. InVgl. nur Dreher (1972), 250,253. OGHSt. 2, 23 (44). 1s OLG Freiburg JZ 1951, 85. 16 Weigend, FS Nishihara (1998), 197, 207. 17 Weigend, FS Nishihara (1998), 197, 210, der dieses Kriterium für die Fälle der Beihilfe durch Alltagshandlungen entwickelt, dazu siehe noch unten 3. Teil 13.c), und es dann zur allgemeinen Anforderung erhebt. 1s BGH wistra 2000, 340, 342. 19 Class, FS Stock (1966), 115, 123: "Die Förderungsformel ist inhaltlos", "Der Begriff entzieht sich aufgrund seiner Schwammigkeit einer inhaltlichen Faßbarkeit", a. a. 0., 124. 13

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dem es weiterhin ermöglicht, alle als strafwürdig erkannten Fälle einer Hilfeleistung unter dem Begriff der Beihilfe zu vereinen, ermöglicht es andererseits nicht mehr, klar definiert und dogmatisch stringent straffreies von strafbarem Verhalten zu trennen. Inwieweit ein Beitrag förderlich war, wird bezeichnenderweise teilweise auch nur mit dem Hinweis auf seine Förderlichkeit "beantwortet". So hat das Reichsgericht im Falle eines präsumptiven Gehilfen, der dem Haupttäter einen nicht passenden und daher zum Eindringen nicht geeigneten Nachschlüssel übergeben hat, mit welchem der Täter dann vergeblich versuchte, die Tür zu öffnen und schließlich anderweitig einbrach, unter Anwendung der Förderungsformel eine Beihilfe zur vollendeten Tat angenommen. Denn es reiche aus, wenn "die Tat selbst, die als eine und dieselbe sich darstellt, verübt und dem Täter ... Hilfe geleistet worden ist, auch wenn die geleistete Hilfe für den Erfolg ohne Einfluß geblieben ist" 20 • Dabei spiele es auch keine Rolle, daß das hingegebene und versuchsweise angewandte Mittel mangels Tauglichkeit gar nicht zum Erfolg führen konnte. Das Reichsgericht erblickt eine fördernde Beziehung zur Tat - vollendeter Einbruchsdiebstahl, im Fall dann auf andere Weise durchgeführt als geplant - in der Überlassung des untauglichen Dietrichs deshalb, weil B anfangs die Öffnung der Tür mit diesem versuchte. In welcher Weise hierin allerdings eine Förderung liegt, ist unklar. Handelt es sich nicht vielmehr um eine Behinderung, weil die Verzögerung der Tat durch den Versuch, die Tür mittels Dietrich zu öffnen die Entdeckungsgefahr erhöht und die Tat in die Länge zieht? Inwieweit eine Hilfe, die objektiv völlig ungeeignet ist, eine fördernde Wirkung zu entfalten, als förderlich die Strafbarkeit begründen können soll, ist offen und unbegründet. Schon Bockelmann 21 wandte ein, daß dort, "wo die Gunst der Umstände nicht genutzt wurde", auch keine Förderung stattgefunden habe. Roxin bezeichnet deshalb die Vorstellung, es handle sich bei der Förderungsformel der Rechtsprechung um ein gegenüber der Kausalität selbständiges dogmatisches Konstrukt, als Mißverständnis. Denn sei die den Verbrechenstatbestand verwirklichende Handlung tatsächlich gefördert worden, so sei sie für den Erfolg in seiner konkreten Gestalt auch ursächlich; ansonsten könne auch nicht von einer Förderlichkeit gesprochen werden 22• Auch wenn der Ansicht Roxins eine Vorstellung über die Kausalität zugrundeliegt, die noch zu thematisieren sein wird, so belegt sie doch, daß die Förderlichkeitsformel entweder zu unbestimmt oder aber im Hinblick auf andere Zurechnungskriterien redundant ist. Schließlich läßt sich auch nicht die Differenzierung nach Förderung der Handlung des Haupttäters einerseits und Förderung des Erfolgs der Haupttat andererseits durchhalten, ohne die Grenzen zwischen Versuch und Vollendung der Beihilfe gänzlich aufzuheben, abgesehen davon, daß ohne Beziehung zum strafrechtlichen Anknüpfungspunkt, dem tatbestandliehen Erfolg, als Strafgrund der Teilnahme dann nur die Einwirkung auf den Haupttäter in Betracht käme. RGSt 6, 169, 170. A. A. (keine Beihilfe): Mayer AT (1953), 323. Bockelmann, DR 1941,987 (988); ebenso Dreher (1972), 250, 255. 22 Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 502f. 2o

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I. Teil: Einleitung

Einen theoretischen Ansatz auf der Basis dieses Förderungsbegriffs zu suchen, erscheint wenig erfolgversprechend, insbesondere deshalb, weil der Vorzug der Ergebnisoffenheit gerade durch den Mangel an dogmatischer Konsequenz erkauft wird. Daß die Praxis und ihr folgend ein Teil der Literatur freilich dergestalt "untheoretisch" wurde, liegt wohl nicht zuletzt daran, daß die Theorie durch ihr Abstellen auf die conditio-Formel zunächst "unpraktisch" wurde. Diese Arbeit wird deshalb dem Förderungsbegriff nicht weiter nachgehen und statt dessen versuchen, dogmatisch fundiert darüber Auskunft zu geben, welcher förderliche Beitrag Beihilfe ist. Gegenüber dem Lösungsansatz der Rechtsprechung beschritt ein Teil der Literatur andere Wege, um der oben beschriebenen Unvereinbarkeit von durch System gewonnenen Ergebnissen und Rechtsgefühl zu begegnen. Die reine Anwendung der conditio-Formel in allihren Konsequenzen wird dabei kaum mehr vertreten, gleichwohl die Literatur bei mannigfachen Differenzen im Einzelnen 23 an der Kausalität auf Grundlage der conditio-Formel als Zurechnungskriterium festhält und eine in irgendeiner Weise notwendige Bedingung fordert. Daß eine bestimmte, etwa eine als Ursache intuitiv erkannte Bedingung notwendig wird, läßt sich dadurch erreichen, daß der Bezugspunkt dieser Notwendigkeit, der Erfolg, entsprechend definiert wird. Dies leistet die Lehre von der ganz konkreten Erfolgsgestalt, und sie liefert gleichzeitig für die Beihilfe Ergebnisse, die in der Regel vom ergebnisorientierten Standpunkt aus betrachtet Zustimmung verdienen. Ein Beispiel für den so beschriebenen Weg zeigt Roxin. Es geht um die Begründung der Gehilfenschaft zu Lasten desjenigen, der "Schmiere" steht, ohne jedoch darüber hinaus tätig werden zu müssen. Roxin behauptet: "An der Kausalität dieser Hilfeleistung fehlt es ... nicht; denn ein Diebstahl durch zwei Personen (den Wegnehmenden und den Wachestehenden), der etwas anderes ist als eine allein ausgeführte Tat, wird selbstverständlich durch jeden der beiden Beteiligten mitverursacht" 24• Indem Roxin den Erfolg als Endpunkt der Kausalbeziehung darstellt als "Diebstahl durch zwei Personen" erschließt sich die Kausalität der Wache, denn ansonsten handelte es sich ja um einen Diebstahl durch nur eine Person und damit um einen anderen Diebstahl- und damit Erfolg. Für diesen so verstandenen Erfolg ist die Wache notwendige Bedingung, quod erat demonstrandum. Daß eine durch den Täter während der Tat vor der Haustür abgestellte Wache in irgendeinem Zusammenhang mit der Tat steht, wird jeder einsehen, ebenso mag das Strafbarkeitsbedürfnis gegenüber dieser "Beteiligung" unstreitig gestellt werden. 23 Lackner/Küh/ § 27, Rdnr. 2; LK-Roxin § 27, Rdnr. 2; SK-Samson § 27, Rdnr. 9f.; Sch./ Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr. 10; Bocke/mann/Volk§ 25 III 2a.; Mezger Lb. §57 II; Haft AT208; Dreher, MDR 1972, 553 ff.; Ebert/Kühl, Jura 1979, 561, 562; Class, FS Stock (1966), 115ff.; Samsan (1972), 55 ff.; Rogat (1997), 45; wohl auch Benfer AT Rdnr.408f., gleichwohl dessen Aussage, im Rahmen des § 27 sei die Kausalität weit auszulegen, denn auch überflüssige Assistenz könne eine Bedingung für die Tatbestandserfüllung durch den Haupttäter sein, offen läßt, nach welchen Kriterien er die Kausalität bestimmen will. 24 LK-Roxin §27, Rdnr.8; ders., FS Miyazawa(l995), 501,511.

I. Teil: Einleitung

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Aber ob es sich in strafrechtlicher Sicht um einen Diebstahl durch zwei Personen handelt, ob also die Wache strafrechtlich relevant an dem Diebstahl beteiligt ist, gilt es doch gerade festzustellen. Warum der Erfolg in einem Diebstahl "durch zwei Personen" besteht, legt Roxin nicht dar. Die Berechtigung, dem Schmieresteher die Tat als Gehilfe zuzurechnen, wird damit sehr zweifelhaft. Durch die ergebnisorientierte Modeliierung des Zurechnungskriteriums werden praktisch akzeptable Ergebnisse auf Kosten theoretischer Ungereimtheiten, diesmal der Rechtfertigung des Bezugspunktes der Kausalität erkauft. Daß auf der Basis eines solchen "offenen" Kausalbegriffs dann die Kausalität wiederum als nicht hinreichend erscheint und erscheinen kann, belegt das Bemühen der Literatur um kausalitätsergänzende Modifikationen 25. So schlägt beispielsweise Roxin selber vor, unter denjenigen Bedingungen, die die Ausführung modifizieren und von ihm deshalb als kausal begriffen werden, nur diejenigen als Beihilfe zu beurteilen, die das Risiko der Tat erhöhen. Dies sei dann der Fall, wenn der kausale Beitrag den Erfolg ermögliche, erleichtere, intensiviere oder sein Gelingen absichere26. Sich mit der Berechtigung kausalitätsergänzender Voraussetzungen der Beihilfestrafbarkeit auseinanderzusetzen macht jedoch erst dann Sinn, wenn geklärt ist, inwieweit die Kausalität, die ja die gemeinsame Grundlage auch für diese Meinungsgruppe ist, überhaupt als Zurechnungsgrundlage tauglich ist. Das der Kausalität nicht zuletzt aufgrund der dargestellten Entwicklung entgegengebrachte Mißtrauen gipfelt schließlich in dem Befund, daß sich die objektive Verknüpfung zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg der Haupttat beschränke auf eine "auf minimale, in concreto nicht unbedingt durchschlagende Chancenerhöhung reduzierte Kausalbeziehung" 27 und daß der Streit um die Mitursächlichkeit des Gehilfenbeitrages für die Tat im Hinblick auf die Eingrenzung der Strafbarkeit zwar "verdienstvoll" gewesen sei, jedoch den Blick auf den eigentlichen Mechanismus der Beihilfe verdecke. Dieser eigentliche Mechanismus bestehe in einem verbotswidrigen Engagement, das die Gefahr für das Rechtsgut ex ante erleichtere. Ob sich die Hilfe bei der Tat auch tatsächlich ausgewirkt habe, spiele demgegenüber keine Rolle. Insoweit sei es "weitgehend konsentiert", daß an die Beihilfestrafbarkeit nur geringe Anforderungen zu stellen seien28 • Der aus dieser Auffassung resultierende Verzicht auf jegliche objektive Verknüpfung von Gehilfenhandlung und Erfolg kollidiert allerdings seinerseits damit, daß das Gesetz versuchte Beihilfe straflos beläßt. 25 Vgl. insbesondere C/ass, FS Stock (1966), 115, 126 (Zufluß- oder Verstärkerkausalität); ihm folgend: Seebald, GA 1969, 193, 208f.; Dreher (1972), 250, 256; Spende/, FS Dreher (1977), 167, 179f.; Samsan (1972), 160ff.; ders., FS Peters (1984), 121, der dort C/ass zwar eine elementare Verkennung der Äquivalenztheorie vorwirft, 124, gleichwohl aber zu derselben Formel kommt, seinerseits ergänzt um die Merkmale "ermöglichen" und "erleichtern", S. 134 f.; Lackner/Küh/ § 27, Rdnr. 2; SK-Samson § 27, Rdnr. 10; Jakobs AT22/34 ff.; Jescheck/ Weigend AT§ 64 III2. c); Kienapfel AT573; Kühl AT215; Geppert, Jura 1999,266, 268. 26 LK-Ro.xin § 27, Rdnr. 4 ff. 27 Heghmanns, GA 2000, 473, 476. 2s Heghmanns, GA 2000, 473, 476ff.

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I. Teil: Einleitung

Der Verzicht auf eine objektive Verknüpfung, der es unmöglich macht, versuchte von vollendeter Beihilfe zu trennen, kann deshalb schlechterdings nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Manipuliert man wie dargestellt den Kausalbegriff, so verwundert es nicht, daß sich die Ergebnisse nicht mehr von der Förderungsformel der Rechtsprechung unterscheiden. Deshalb wird vertreten, daß der Streit um die objektive Beziehung der Gehilfenhandlung zum Unrechtserfolg der Haupttat obsolet sei, weil die Gerichte übersähen, daß bei jeder Förderung auch eine Mitverursachung des Erfolgs in seiner besonderen Modalität, also in seiner besonderen Art und Weise vorliege 29. In Wirklichkeit ist aber die Frage nach dem richtigen Zurechnungskriterium jedenfalls dann nach wie vor offen, wenn man sich nicht mit unmethodisch gewonnenen Ergebnissen allein ihrer Billigkeit wegen begnügen möchte. Dann ist die Frage nach der objektiven Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg doch eine Frage von "weittragender praktischer Bedeutung"30. Neben der "Förderung der Tat" und der "Kausalität für den ganz konkreten Erfolg" wird schließlich auch vertreten, daß das maßgebliche Zurechnungskriterium in der Erhöhung des Risikos des Erfolgseintritts alleine bestehe, ohne daß es nach dieser Auffassung auf die Frage der Kausalität ankäme, sog. kausalitätsersetzende Risikoerhöhungstheorie. Dabei soll teils die Beihilfe wie ein konkretes Gefährdungsdelikt zu behandeln sein 31 , teils soll die abstrakte Risikoerhöhung hinreichen32, teils wird auf eine abstrakte Gefahrerhöhung bei konkreter Förderung abgestellt33. Rechnet man nun grundsätzlich schon dann zu, wenn ein Erfolgseintrittsrisiko geschaffen wurde, so läge der Einwand nahe, daß eine Unterscheidung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe unmöglich würde. Denn ob der Erfolg nicht vielleicht auch ohne das durch den präsumptiven Gehilfen gesetzte Risiko eingetreten wäre, dieses also lediglich der Versuch der Hilfe war, bliebe hiernach ja stets unbeantwortet. Die Unmöglichkeit dieser Unterscheidung ist, da das Gesetz grundsätzlich nach Versuch und Vollendung unterscheidet, nur auf Basis des § 11 Abs. 1 Nr. 6 dann tragbar, wenn es sich bei dem Delikt um ein Unternehmensdelikt handelt. Sanktioniert das Gesetz dagegen nur die vollendete Tat, nicht aber die versuchte, so hat die Unmöglichkeit der Unterscheidung zwischen diesen Alternativen einen Verstoß gegen den Grundsatz in dubio pro reo zur Folge. Auf die Frage, ob § 27 als Unternehmensdelikt begriffen werden kann, und auch auf die Frage nach der Bedeutung des Topos der Risikoerhöhung wird noch zurückzukommen sein. Notwendiger Ausgangspunkt einer Untersuchung zur objektiven Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg ist damit die Überprüfung der Tauglichkeit der 29 Bocke/mann/Volk§ 25, 1112a; Mezger Lb. §57 II; ders. Stuߧ 83 I a.E. 30 Ranft ZStW 97 (1985), 268, 277f. 31 Schaffstein, FS Honig (1970), 169; Otto, JuS 1982, 557ff.; Salamon, (1968), 135ff., 142,

147; Heghmanns, GA 2000, 473, 476ff. 32 Herzberg, GA 1971, I, 4ff. 33 Vogler, FS Heinitz (1972), 295ff.

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Kausalität als Zurechnungskriterium, genauer die Suche nach einer definitionsmethodisch einwandfreien, insbesondere nicht zirkulären Begriffsbestimmung der Einzelursache und einem korrekten, insbesondere nicht manipulierbaren Verfahren der Ermittlung der Ursache im Einzelfall 34• Die Kausalität ist insoweit das stärkste Zurechnungskriterium, dessen Tauglichkeit für die Beihilfe die Berechtigung anderer Zurechnungskriterien nachfolgt. Demgemäß wird sich die vorliegende Arbeit dieser Aufgabe in den Teilen 3 und 4 für die physische und die sog. psychische Kausalität widmen, wobei Gegenstand der Untersuchung ausführlich auch die Fixierung des Bezugspunkts der Kausalität sein wird. Zuvor werden im Teil 2 die Implikationen der allgemein bekannten Auslegungsmethoden für das gegenständliche Problem thematisiert werden. Nachdem die Möglichkeiten und Grenzen einer auf Kausalität gestützten Zurechnung umrissen sind, wird zu überprüfen sein, inwieweit zusätzliche Kriterien benötigt werden, um die Ausgangsfrage nach der objektiven Qualität der Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg beantworten zu können (Teil 5). Die in diesem Rahmen streitigen Fallkonstellationen stehen seit langem fest, so daß die Ergebnisse, die zu erzielen sind zumeist unstreitig sind, ganz anders als deren Begründungen. Es soll daher nicht verwundern, daß diese Arbeit nicht beabsichtigt, völlig neue, überraschende Ergebnisse zu finden, schon deshalb nicht, weil es Aufgabe der Juristerei sein muß, größtmögliche dogmatische Stringenz mit größtmöglicher Laienakzeptanz der Ergebnisse zu verbinden. Jedoch scheint die Ergebnisorientierung im Bereich der Beihilfe derartiges Übergewicht gewonnen zu haben, daß die dogmatische Absicherung dieser Ergebnisse zu weit in den Hinterrund getreten ist. Es erscheint deshalb lohnend, den Versuch zu unternehmen, die anerkannten Ergebnisse auf dogmatisch standfestere Füße zu stellen, als dies bislang der Fall ist. Dort dagegen, wo dogmatische Grundsätze die Ergebnisse nicht absichern können, ist es an der Zeit, diese zu benennen und die Konsequenzen daraus zu ziehen.

34 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 83; vgl. auch Charalambakis, FS Roxin (2001), 625, 631: "es muß zunächst auch eine kausale Verbindung des Verhaltens des Gehilfen zum tatbestandmäßigen Erfolg hergestellt werden".

Zweiter Teil

lmplikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik Jeder Versuch, sich einer strafrechtsdogmatischen Frage anzunähern, muß zwingend an den gegebenen Gesetzestext anknüpfen. Denn selbst ein in sich konsistenter Ansatz müßte gegenüber einer noch so unstringenten dogmatischen Alternative scheitern, wenn alleine letztere dem Gesetz entspräche. Da Gegenstand der Untersuchung nicht der status de lege ferenda, sondern derjenige de lege lata ist, sollen zunächst die Vorgaben erarbeitet werden, die der Gesetzeswortlaut für die gegenständliche Frage setzt.

I. Grammatische Auslegung Gegenstand der Auslegung ist der Gesetzestext als Träger des in ihm niedergelegten Sinnes, um dessen Verständnis es in der Auslegung geht, weshalb jede Auslegung eines Textes mit dem Wortlaut beginnen muß 1• Das Gesetz spricht in § 27 vom "Hilfeleisten zur Tat". Dies könnte gleich in zweierlei Hinsicht aufschlußreich sein, einerseits nämlich unter dem Gesichtspunkt des "Hilfeleistens", andererseits unter dem der "Tat".

1. Hilfeleisten Vom Wortsinn meint Hilfeleisten zunächst nur unterstützen. Der Begriff der Hilfeleistung ist im Hinblick auf die hier interessierende Fragestellung blaß und farblos2. Denn im Gegensatz zum Begriff beispielsweise des "Tötens", der seinerseits zwar offen hinsichtlich der Tatmodalität, sehr bestimmt dagegen im Hinblick auf den Erfolg ist, läßt sich aus dem Begriff der Hilfeleistung weder entnehmen, welchen Erfolg die Hilfe haben muß, um diese Bezeichnung tragen zu dürfen, noch welche Beziehung die Hilfeleistung zu ihrem Erfolg aufweisen muß. Es fehlt der hinsichtlich einer Rechtsgutsverletzung pejorative Charakter3• Larenz (1975), 299ff., 305. Sch./Sch.-Cramer!Heine § 27, Rdnr. 6; Salamon (1968), 8; Weisert (1999), 123. 3 Weisert (1999), 123. 1

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I. Grammatische Auslegung

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Jedoch soll der Begriff implizieren, daß die Lage des Hilfeempfängers von einer schlechteren in eine bessere Lage überführt wird\ daß zumindest irgendein fördernder Einfluß auf die Tat ausgeübt worden sein muß 5• Diese so postulierte "Förderung" der Tat ist zwar eine mögliche Konsequenz einer Hilfeleistung, sie ist aber entgegen der scheinbar gefestigten Meinung rein sprachlich nicht vorgegeben 6 • Denkbar und mit dem Wortsinn durchaus vereinbar sind sowohl die fördernde Hilfe als auch die nutzlose oder gar hinderliche Hilfe. Genausowenig wie "billigen" notwendigerweise gutheißen bedeuten muß7 , muß Hilfeleistung eine solche im Sinne von fördernder Handlung sein. Die Grenze des Wortsinnes ist nicht bereits dort überschritten, wo eine Handlung keinerlei Auswirkung auf ihr konkretes Bezugsobjekt hat. "Hilfeleisten" bezeichnet, ohne Berücksichtigung des systematischen Zusammenhanges, kaum mehr als die Tatsache einer Handlung 8• Zwar wird man aus dem sprachlichen Verständnis des "Hilfeleistens zu ..." schließen müssen, daß diese Handlung in einer bestimmten Beziehung zu etwas anderem, nämlich dem "Geholfenen" stehen muß. Jedoch muß diese Beziehung nicht zwingend objektiver Natur sein und entgegen Engisch 9 wird durch den Begriff schon gar nicht ein "Bewirken", heute verstanden als kausale Beziehung, impliziert. Eine mögliche Beziehung kann beispielsweise auch in einer abstrakten Erhöhung einer Tatwahrscheinlichkeit in dem Sinne liegen, daß dann, wenn die Hilfe zum Einsatz käme, eine Kausalbeziehung vorläge. Sie kann auch alleine durch die Intention des Handelnden bezeichnet und damit rein subjektiv zu verstehen sein. Der Farblosigkeit des Begriffs der Hilfeleistung ist es auch zuzurechnen, daß ein Ansatz wie der Charalambakis nicht weiterführt. Dieser bezeichnet die Kausalität und die Hilfeleistung als zwei selbständige Merkmale des Beihilfetatbestandes 10• Doch der Wortsinn gibt eine derartige Bedeutung nicht her. Bezeichnenderweise unternimmt Charalambakis schließlich den Versuch der Definition, der sich in dem Hinweis auf die "Förderung der Haupttat" erschöpft 11 • Im übrigen: Wann eine Handlung eine "Hilfeleistung" ist, läßt sich nicht damit beantworten, sie sei es, wenn sie kausal und eine Hilfeleistung sei. Zutreffend rekurriert Charalambakis dann auch auf die von der Literatur vorgeschlagenen "kausalitätsmodifizierenden" Merkmale, vgl. dazu unten 3. Teil I 3. Weisert (1999), 124. Fördernde Mitwirkung: Lackner/Kühl §27, Rdnr. 2; LK-Roxin §27, Rdnr.4; ders., FS Miyazawa (1995), 501 , 509ff.; Sch./Sch.-Cramer/Heine §27 Rdnr.IO; SK-Samson §27, Rdnr.10; Jescheck/Weigend AT §64 III2.c); Maurach!Gösse/!ZipfAT/2, 53/19; Haft AT213; Kühl AT20/215; Irgendwie niedergeschlagen: Salamon (1968), 7; Bewirkung: Engisch (1931), 76; finales Tätigkeitswort: SK-Samson § 257, Rdnr. 19. 6 So auch Haft AT212: ,,Hilfe ist sprachlich auch die erfolglose Hilfe". 7 Vgl. RGSt 67,424, 425; 72, 36, 43f.; BGHSt 7, 363; 36, 1, 9; BGH StV 1998, 128; Tröndle/Fischer § 15, Rdnr. lOff. m. w. N. s Rogat (1997), 23. 9 Engisch (1931), 76. 1 Charalambakis, FS Roxin (2001), 625,633. 11 Charalambakis, FS Roxin (2001), 635, 639. 4

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

Aufgrund des pejorativen Kontextes, in den das Gesetz die Hilfeleistung setzt, und weiterhin der Formulierung des § 27, hierauf wird noch zurückzukommen sein, liegt es jedoch nahe, aus den möglichen Wirkungen einer Hilfeleistung als Hilfe im Sinne des § 27 nur diejenigen zu bezeichnen, die der rechtswidrigen Tat des Haupttäters in irgendeiner Weise zuträglich, förderlich sind. Aber diese Auswahl unter den möglichen Wortbedeutungen ergibt sich erst mit Blick auf die strafbarkeilsbegründende Qualität des Begriffs, denn erst eine rechtsgutsmindernde Auswirkung ist geeignet, das Unrecht des Gehilfen zu begründen. Diese Eingrenzung ist jedoch bereits Ausfluß einer systematischen Betrachtung und nicht schon zwingender Ausfluß des Wortlautes.

2. Haupttat Bezugsobjekt der Hilfeleistung ist die Tat des Haupttäters. Möglich sind nun zwei denkbare Verständnisarten: Einerseits, das Hilfeleisten weist einen Bezug zur Handlung des Haupttäters auf, wobei es unerheblich ist, ob eine objektive Beziehung zum Erfolg der Haupttat besteht, und andererseits, die Hilfeleistung bezieht sich auf den Erfolg der Haupttat und muß sich in diesem "niedergeschlagen haben". "Tat" wird im materiellen Recht allgemein definiert als die tatbestandsmäßige Handlung 12• Der Begriff der Tat als solcher läßt aber alle Möglichkeiten offen: Weder hat der Gesetzgeber formuliert "Wer einen mitursächlichen Beitrag zum tatbestandliehen Erfolg der Tat eines anderen leistet, ohne dabei Täter zu sein", noch hat er die ,,Förderung einer tatbestandsmäßigen Handlung" unter Strafe gestellt. Ob sich die Hilfeleistung damit auf die Handlung des Haupttäters beziehen und ob sie eine Wirkung im Erfolg bedingen muß, läßt der Begriff der Tat somit offen.

3. Verwendung des Perfekt in § 27 Im Gegensatz zur üblichen Formulierung der Straftatbestände im StGB "wer etwas tut", normiert § 27 wie auch schon § 49 a. F. die Strafbarkeit desjenigen, der "Hilfe geleistet hat". Die Verwendung des Perfekt findet sich außer in § 27 nur noch in § 26, und sie ist für die hier interessierende Frage gleichermaßen auffällig wie bedeutungslos. Die perfektische Formulierung ist eine Art grammatikalischer Verstärkung des Gedankens der Akzessorietät zur Haupttat 13, eine bloße Kennzeichnung der Teilnahmeform 14• Denn im Präsens steht immer diese Haupttat, vor der die als Teilnahme bestrafte Tat stattfindet. Diese ist als Moment auf dem Weg des Zustandekoromens der Haupttat einzuordnen. Dies bildet die grammatikalische Form ab; die Hilfeleistung befindet sich aus Sicht der im Präsens befindlichen Haupttat in der Vergangenheit. Lackner/Küh/ § 11, Rdnr. 18; Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr. 26/27. So auch Schmidhäuser LB 14/60 und ders. StuB 10/17. 14 Weisert (1999), 155.

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II. Systematische Auslegung

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Für diese Bedeutung des Perfekts sprechen auch die §§ 30 und 257. Dort nämlich, wo keine zumindest ins Versuchsstadium gedrungene Haupttat existiert, so in § 30, steht die maßgebliche Handlung des (eigentlich) Beteiligten im Präsens als die für die selbständige Strafbarkeit maßgebliche Handlung: "Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ...". Ähnliches gilt für § 257, wo die Beziehung der Hilfeleistung zur Vortat ersichtlich eine andere ist als bei der Beihilfe 15 , der "Erfolg" der Hilfeleistung nämlich nicht in einem Beitrag zur Begehung der Vortat besteht, sondern im Beitrag zur Perpetuierung deren Erfolgs. Da diese Perpetuierung nicht einzutreten braucht, steht die Handlung des Helfenden nicht im Vorbezug vermittelnden Perfekt, sondern im Präsens. Gegen die Annahme, daß die Verwendung des Perfekts noch weitergehendere Bedeutung hat, spricht auch die historische Behandlung dieses Unterschiedes. Während nämlich § 49 a. F. im Perfekt formuliert war, sah § 29 AE 1966/69 die Formulierung " ... wer Hilfe leistet" vor 16• Eine Begründung hierfür findet sich dagegen nicht, was vor obigem Hintergrund aber auch nicht verwundert. Die limitierte Akzessorietät der Gehilfenstrafbarkeit war im Gesetzgebungsverfahren unbestritten, und die Frage war nur, ob dies im Wortlaut des § 27 über die Regelung des § 29 hinaus noch verdeutlicht werden sollte, oder eben nicht. Aus der Verwendung des Perfekts ergeben sich also keine Rückschlüsse für die Frage der objektiven Beziehung der Hilfeleistung zur Haupttat

II. Systematische Auslegung Weiter könnte zur Frage, welche objektive Beziehung sich der Gesetzgeber zwischen der Hilfeleistung und der Haupttat vorgestellt haben könnte, die Verwendung derselben Tathandlungsbeschreibung in anderen Tatbeständen aufschlußreich sein, also der Bedeutungszusammenhang innerhalb des Gesetzes. In Frage kommt hier nur § 257, da die Hilfeleistung in § 323 c ersichtlich einen anderen Sinngehalt, nämlich denjenigen der Gefahrabwendung 17 , hat. Gleichzeitig zeigt das Beispiel des § 323 c allerdings die Grenze dieses Versuchs der Auslegung auf: Der Gesetzgeber kann ein und denselben Begriff in demselben Gesetz durchaus in verschiedener Bedeutung gebrauchen 18 , vgl. z. B. die "besonderen persönlichen Merkmale" in§ 14 Abs. 1 und in § 28. Gleichwohl spricht eine Vermutung für die sachliche Übereinstimmung: Unter mehreren, dem Wortsinn nach möglichen Auslegungen verdient diejenige den Vorzug, die die Wahrung der sachlichen Übereinstimmung mit einer 1s Wobei an dieser Stelle nicht interessiert, ob diese Beziehung eine objektive Bedingung der Strafbarkeit ist oder nicht, vgl. Sch./Sch.-Stree § 257, Rdnr. 3 ff. 16 Baumann u. a., AE66 § 29. 17 Lackner/Kühl § 323 c, Rdnr. 5. 1s Vgl. nur Larenz (1975), 298f.

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

anderen Bestimmung ermöglicht 19• Eine unterschiedliche Auslegung dagegen bedarf einer gesonderten Rechtfertigung. Für einen Wortlautvergleich ist also zunächst die tatbestandliehe Qualität des "Hilfeleistens" in § 257, scil. die objektive Beziehung zwischen der Hilfeleistung und der Sicherung der Vorteile zu klären. Ob hierin gleichzeitig eine nachträgliche versuchte Beihilfe zur Vortat liegt 20 , kann für die Problematik dieser Arbeit dahinstehen. Genau wie im Rahmen des § 27 21 ist allerdings auch bei § 257 umstritten, was unter dem Merkmal des Hilfeleistens zu verstehen ist. Zu unterscheiden sind zwei Hauptrichtungen, die subjektive und die objektive Theorie. Die subjektive Theorie läßt eine jede auf die Vorteilssicherung gerichtete Handlung als Hilfeleisten ausreichen 22 und fordert als objektive Qualität des Begünstigungstatbestandes lediglich, daß eine Handlung vorliegt, die der Verwirklichung der Absicht dienen soll und den Bereich der straflosen Vorbereitung überschreitet23• Nach der objektiven Theorie ist zwar die Notwendigkeit einer objektiven Eignung der Hilfeleistung zur Besserstellung des Haupttäters unstreitig, nicht jedoch die Notwendigkeit einer objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg. Im Rahmen dieses Ansatzes sind nämlich zwei Ansichten zu unterscheiden: Nach der einen muß die Handlung objektiv geeignet sein, Hilfe zu bedeuten und es muß eine tatsächliche Besserstellung des Haupttäters eintreten 2\ nach der anderen, überwiegend vertretenen Ansicht, muß die Handlung zur Vorteilssicherung lediglich objektiv geeignet sein, ohne daß es auf eine tatsächliche Besserstellung ankäme25• Die Berechtigung der jeweiligen Ansätze wird vor allem anband der Frage der Versuchsstrafbarkeit in § 257 diskutiert: Von seitender überwiegend vertretenen objektiven Theorie wird argumentiert, daß § 257 die versuchte Hilfeleistung nicht unter Strafe stelle und man diese Regelung umgehe, wenn man auf die objektive Besserstellung verzichte und so das typische Versuchsunrecht bestrafe, was der GesetzLarenz (1975), 310. So Tröndle/Fischer §257, Rdnr. 1; a.A.: LK-Ruß §257, Rdnr.1; Vogler, FS Dreher (1977), 405,415: "Der Versuch liegt nicht in der Beziehung zur Vortat vor, sondern im Hinblick auf die überschießende Innentendenz der Vorteilssicherung"; wie Vogler: BGHSt 4, 221, 224. 21 s. dazu oben I I. 22 Arzt/Weber LH 4, Rdnr. 397 ff. (die jedoch zusätzlich zur Absicht ausdrücklich eine subjektive "Begünstigungstendenz" fordern); Jescheck/Weigend AT § 49 VIII 2 a. E.; Schröder, NJW 1962, 1037, 1038; See/mann, JuS 1983, 34; Bocke/mann (1957), 192,203. 23 Bocke/mann (1957), 192, 203. 24 RGSt 16, 157; 55, 178; 63, 241; 76, 34; BGHSt 2, 375, 376; OGHSt 2, 224; Franck, StGB (1931) § 257, Bem. V; Liszt/Schmidt Lb. (1927), 845; Benfer BT 1, Rdnr. 845; Otto BT §57, Rdnr.6. 2s RGSt 36, 77; 58, 15; 76, 123; BGHSt 4, 221 , 224; 24, 166; BGHNJW 1971 , 526; BGH JZ 1985, 299; Lackner/Küh/ § 257, Rdnr. 3; LK-Ruß § 257, Rdnr. 13; Sch./Sch.-Stree § 257, Rdnr.15; SK-Samson §257, Rdnr. 19; § 11, Rdnr. 29; Tröndle/Fischer § 257, Rdnr.6; Maurachl Schröder!Maiwald BT/2 § 101, Rdnr. 6; Geerds, GA 1988, 243, 259; Stoffers, Jura 1995, 113, 122; Zipf, JuS 1980, 24, 27; Vogler, FS Dreher (1977), 405, 421. 19

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II. Systematische Auslegung

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gebernicht gewollt habe 26 • Versteht man demgegenüber mit der subjektiven Theorie unter "Hilfe" eine Handlung, die ihren Erfolg nur versucht und nicht unbedingt erreicht, so ergibt sich, daß eine Erfassung des Versuchs durch eine Ergänzung der Vorschrift gar nicht sinnvoll wäre, da die Tatsache der Versuchsstrafbarkeit zwanglos aus dem Verständnis des Merkmals "Hilfeleistens" als tatbestandlieh verselbständigte Versuchshandlung 27 resultiert. Daß es auf die objektive Eignung der Handlung nicht ankomme, ergebe sich zudem aus der ansonsten zwingenden wie ungereimten Konsequenz, daß ein untauglicher Versuch der Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 4 strafbar sei, ein untauglicher Begünstigungsversuch aber straflos. Hieraus könne nur die Konsequenz gezogen werden, daß der Gesetzgeber § 257 nicht auf objektiv geeignete Hilfshandlungen beschränkt sehen und so mit dem Wortlaut auch objektiv ungeeignete Handlungen erfassen möchte 28 • Die überwiegende Ansicht wendet für ihr Verständnis gegen die subjektive Auffassung weiterhin noch ein, daß nur das Postulat der objektiven Eignung der Tathandlung die Gefährlichkeit verleihe, die eine Bestrafung kriminalpolitisch nötig mache 29 • Abgesehen von den kriminalpolitischen Argumenten und dem Bedeutungsargument beschränken sich die Argumente soweit auf den Wortlaut. Der kriminalpolitische Ansatz ist zu pauschal, um eine Überprüfung überhaupt zu ermöglichen, und das Bedeutungsargument setzt, da die praktische Bedeutung einer Vorschrift vom Gesetzgeber durch die Wahl des Wortlauts steuerbar ist, gerade voraus, was es herzuleiten gilt, nämlich daß § 257 überhaupt die praktische Bedeutung haben soll, die die Vertreter dieser Ansicht ihm beilegen wollen, und der Gesetzgeber gerade mit dieser Intention einen bestimmten Wortlaut gewählt hat. Aber auch der Wortlaut ist wenig hilfreich: Impliziert er nun eine Wirkung (also eine Erfolgskausalität) oder gerade Beschränkung auf ein Unternehmensdelikt? Ist aus der fehlenden Versuchsstrafbarkeit zu schließen, daß der Gesetzgeber den Versuch ungestraft sehen möchte - dann würde eine Auslegung ohne objektives Erfordernis dem widersprechen- oder, daß eine solche Regelung bewußt unterblieben ist, weil der Versuch eo ipso durch das Wortlautverständnis erfaßt wird? Beide Ansichten sind mit dem Wortlaut vereinbar und bewegen sich innerhalb möglicher Auslegung. Eine sichere Entscheidung zugunsten der einen oder anderen Ansicht ist dem Wortlaut des insoweit mit dem des § 27 identischen § 257 gerade nicht zu entnehmen, was die argumentativ im wesentlichen bezugslos divergierenden Auffassungen demonstrieren. Die bis hier vorgebrachten Argumente sind im wesentlichen zirkulär, denn sowohl die Bezeichnung als Erfolgsdelikt als auch diejenige als Unternehmensdelikt setzten voraus, was es zu beweisen gilt 30• Geppert, Jura 1980,269, 274; Zipf, JuS 1980,24,27. Bocketmann (1957), 192, 198; See/mann, JuS 1983,32, 34. 28 In diesem Sinne, aber bezogen auf§ 257 a. F. und § 257 a a. F.: Schröder, NJW 1962, 1037, 1038. 29 Sch./Sch.-Stree § 257, Rdm. 15. 30 So auch schon Vogler, FS Dreher (1977), 405, 406; Arzt/Weber LH4, Rdm. 398, Fn. 7. 26

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

Soweit ersichtlich liegt die Differenz zwischen den Argumentationsketten zu § 257 vor allem in der Art der Bestimmung der Eignung einer Handlung. Während die subjektive Sicht eine Handlung fordert, deren Hilfetendenz aus einer Sicht ex post und bezogen auf die konkreten Umstände zu beurteilen ist, spricht die objektive Sicht von einem "objektiv bezwecken", also einer Beurteilung ex ante und losgelöst vom Einzelfall. In diesem Sinne schließt Vogler seine Betrachtung mit der eher beiläufigen Bemerkung, daß den Unterschied zwischen einer ungeeigneten und einer geeigneten aber gescheiterten Handlung zu leugnen hieße, "als gefährlich nur solche Handlungen anzusehen, durch die die Gefahr sich tatsächlich verwirklicht hat, die Wahrscheinlichkeit zur Wirklichkeit geworden ist" 31 , während Bocke/mann feststellt: "Zwischen der geglückten und der nicht geglückten Strafentziehung gibt es nichts Drittes" 32• Übertragen auf § 27 liefe diese zu § 257 diskutierte Differenzierung darauf hinaus, eine Hilfeleistung entweder anzunehmen, wenn sie objektiv (d. h., aus Sicht des "objektiven" Dritten) und ex ante die Gefährlichkeit im Sinne Voglers erhöht hat (als zweckhaft gesetzt im Hinblick auf die Rechtsgutsverletzung gedacht werden kann), oder dann, wenn die Handlung Hilfeleistungstendenz aufweist, oder schließlich nur dann, wenn die Hilfeleistung zu einer objektiven Besserstellung i. S. v. § 257, also zu einer Förderung der Haupttat i. S. v. § 27 geführt hat. Es machte nun wenig Sinn, den Streit um die notwendige Qualität des Hilfeleistens im Rahmen des § 257 mit möglicherweise sehr spezifischer Argumentation zu lösen, um sodann diese dem Wortlaut beizumessende Auslegung auf die Belange der Beihilfe zu übertragen. Der systematische Ansatz führt also bereits deshalb nicht weiter. Im übrigen wäre zur Übertragbarkeit der Ergebnisse zu § 257 auf § 27 auch der unterschiedliche Wortzusammenhang beider Paragraphen beachtet werden, so daß selbst eine möglicherweise unterschiedliche Auslegung gerechtfertigt wäre. Während nämlich§ 257 die Tathandlung mit "in der Absicht Hilfe leistet..." umschreibt, heißt es in § 27 "Hilfe geleistet hat". Bei § 257 mag es insofern nicht zwingend sein, daß die Hilfe eine objektive Qualität zum haupttatliehen Erfolg aufweist, als lediglich die Vornahme der Handlung beschrieben ist. Auf deren Erfolg kommt es schon nach dem Wortlaut nicht an, lediglich auf die Frage, unter welchen Umständen eine Handlung überhaupt als Hilfe zu definieren ist. Aus der Formulierung des § 27 läßt sich im Gegensatz dazu aber schließen, daß der Erfolg der Hilfeleistung eingetreten sein muß. Der Täter nimmt nicht eine bestimmte Handlung vor, er hat Hilfe geleistet. Die möglichen Wortbedeutungen des Begriffs Hilfeleisten, die bei § 257 alle als Bedeutung in Betracht kommen, lassen sich damit bei § 27 darauf eingrenzen, daß die Handlung dem Erfolg förderlich gewesen sein muß, die Tat vorangebracht hat. Hilfeleistung meint im Zusammenhang mit dem Vorwurf der strafbarkeilsbegründenden Beihilfe, anders als bezogen auf den reinen Wortsinn, mehr als eine Vogler, FS Dreher (1977), 405,424. Bocke/mann (1957), 192, 201, wobei nach der a. F. Strafvereitelung und Begünstigung nach heutigem Verständnis beide an die Handlung des Beistand Leistens gekoppelt waren. 31

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III. Historische Auslegung

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bloße Handlungsbeschreibung. Sie impliziert, um überhaupt "Hilfe" sein zu können, eine Wirkung 33 • So löst sich dann der Streit um die objektive Eignung im Rahmen des § 257 für die Belange des § 27 auf, denn eine Handlung, die Hilfe gewesen ist, muß jedenfalls auch dazu geeignet gewesen sein. Gleichzeitig bringt der Vergleich zu§ 257 aber auch einen Fortschritt für§ 27: "Wer Hilfe geleistet hat" ist etwas anderes als "Wer es unternimmt, Hilfe zu leisten". § 27 ist jedenfalls kein Unternehmensdelikt. Aufgrund des unterschiedlichen grammatikalischen Zusammenhangs ist deshalb eine Übertragung der Bestimmung des Hilfeleistens nach § 257 auf § 27 nicht ohne weiteres möglich. Die Frage, was eine Hilfe nach § 27 ist, läßt sich damit weder aus dem reinen Wortsinn noch durch systematische Auslegung erfahren. Was Hilfe ist, ergibt sich vielmehr aus der Beantwortung der Frage, welche objektive Beziehung die Gehilfenhandlung mit dem Erfolg der Haupttat verbinden muß, damit sie strafbarkeilsbegründend unter § 27 subsumiert werden kann.

111. Historische Auslegung Neben den anderen Auslegungsmethoden ist auch die normhistorische Entwicklung des Beihilfetatbestandes zu beleuchten, gleichwohl die Erforschung des historischen Willens des Gesetzgebers im Sinne der subjektiven Theorie zur historischen Auslegung 34 nur bedingt die Auslegung bestimmen kann, zumindest- und das ohne auf die grundlegenden Bedenken gegen eine psychologisierende Auslegung einzugehen35 -deshalb, weil motivierende Aspekte des historischen Gesetzgebers nicht mehr zwingend der heutigen (Rechts-)Wirklichkeit entsprechen müssen. Die Ansicht, daß sich die Auslegung nicht über den historischen Willen des Gesetzgebers hinwegsetzen darf, da "Auslegung" sonst zur "Hineinlegung" wird 36, überzeugt nicht. Denn im komplexen System der Normen ist die innere Stimmigkeit höher zu achten als die ursprüngliche Wertentscheidung des Normgebers, solange die Wortlautgrenze gewahrt bleibt. Der historische Wille des Gesetzgebers, also dessen Regelungsabsichten, stellen lediglich eine Hilfestellung für die Auslegung dar, einen möglichen Ausgangspunkt. Es ist Sache des Gesetzgebers, seine Intention deutungssicher zu normieren.

1. Historische Entwicklung des § 27 und zugehöriger Vorschriften Mit lokrafttreten des StGB vom 15.05.1871 (RGBl., 127) lautete die Vorschrift des § 49 "Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung einer als VerbreBloy (1985), 272. In der Tradition von Windscheid und Bierling. 35 Binding (1885), 450ff.; Larenz (1975), 31 ff. m. w. N. 36 Larenz (1975), 304. 33

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

chen oder Vergehen mit Strafe bedrohten Handlung durch Rat oder Tat Hilfe geleistet hat ...". Diese Fassung blieb im wesentlichen bis zum 2. StRRG vom 04.04.1969 (BGBI. I, 717), in Kraft getreten am 01.01.1975, erhalten. Die zwischenzeitliche Änderung durch die DVO zur Strafrechtsangleichung vom 29.05.1943, RGBI. I, 341, betrafnicht das Merkmal des Hilfeleistens, sondern trug dem Gedanken der limitierten Akzessorietät Rechnung, daß also eine Strafbarkeit des Gehilfen auch bei fehlender Schuld des Haupttäters eintreten solle. Durch das StRRG vom 04.04.1969 wurde der alte § 49 zum einen in § 27 umbenannt, zum anderen erhielt die Beihilfe die noch heute gültige Wortlautfassung. Im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls interessant ist § 49 a a. F. Ursprünglich der sog. "Duchesne-Paragraph", so benannt nach dem Belgier Duchesne, der sich gegenüber dem Jesuitenprovinzial in Belgien zur Ermordung Bismarcks erboten hatte, erfaßte er zunächst nur die mißlungene Anstiftung bei Verbrechen als damals noch selbständiges Sonderdelikt Seit dem 29.05.1943 (StrafrechtsangleichungsVO, RGBI. I, 339) und bis zu seiner Änderung durch das 3. StRÄG vom 04.08.1953 (BGBI. I, 735) lautete § 49 a Abs. 3: " ... Wer dem Täter zur Begehung eines Verbrechens Hilfe leistet, wird auch dann als Gehilfe bestraft, wenn das Verbrechen nicht oder unabhängig von seiner Hilfeleistung zur Ausführung gelangt..." und erfaßte somit auch die mißlungene Beihilfe. Seit dem 3. StRÄG fand sich in § 49 a a. F. dagegen kein Bezug mehr zur Beihilfe. 2. Gesetzgeberische Motivation und Rückschlüsse auf die Auslegung des Merkmals Hilfeleisten Für die vorliegende Arbeit ergeben sich aus der geschichtlichen Entwicklung somit zwei Fragen, deren Beantwortung Rückschlüsse auf die Auslegung des Merkmals Hilfeleisten zulassen können: Läßt sich aus § 49 a Abs. 3 a. F. entnehmen, daß der historische Gesetzgeber - argurnenturn e contrario - im Rahmen des § 49 a. F. ein Hilfeleisten nur annehmen wollte, wenn die dortige Haupttat nur durch oder im Zusammenhang mit der Hilfeleistung zur Ausführung gelangt (siehe dazu unter a)? Und weiter: Ergeben sich aus der Änderung des Wortlauts des § 49 a. F., insbesondere durch das Verschwinden der ehemals normierten Tatmodalitäten "Rat und Tat" Rückschlüsse für die Auslegung des§ 27 (siehe dazu unter b)?

a) Die Bedeutung des §49a Abs.3 a.F Die Fassung des § 49 a Abs. 3 a. F. war ein Hauptargument dafür, im Rahmen des § 49 a. F. Kausalität der Hilfeleitung für den Erfolg der Haupttat zu verlangen 37 • Gleichwohl wurde in der Literatur argumentiert, daß sich durch die Abschaffung 37 Schänke (6. Aufl., 1952) § 49, Anm III 1; Kohlrausch-Lange (39./40. Aufl., 1950), Anm. III I ; LK-Mezger (6.Aufl., 1944) §49, Anm. 2.

III. Historische Auslegung

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des § 49 a Abs. 3 a. F. nichts an der Klarstellung des Gesetzgebers geändert habe, daß die Beihilfe dem Grunde nach nur kausale Beiträge erfasse 38 . Weiterhin wird argumentiert, daß die Ansicht, auch völlig unwirksame Beiträge des Gehilfen strafen zu wollen, dem Willen des Gesetzgebers bei Abschaffung des § 49 a Abs. 3 a. F. widerspreche39. Nach Auffassung des BGH war an der Vorschrift aus dem Jahre 1943 auch nach 1949 festzuhalten, denn § 49 Abs. 3 a. F. normiere kein typisches nationalsozialistisches Gedankengut40 • In gleichem Sinne äußerte sich Dreher, der in der Änderung des § 49 a im Jahre 1943 zwar eine Hinneigung vom Tatstrafrecht zum Täterstrafrecht sah, dieses aber nicht als typisch nationalsozialistisch einstufte41 . Ob man § 49 a Abs. 3 a. F. allerdings jene vorentscheidende Bedeutung beilegen kann, wie dies insbesondere Schönke 42 tut, indem er auf Basis dessen Fassung Kausalität der Hilfeleistung für den Erfolg der Haupttat fordert, erscheint sehr fraglich. Geht man davon aus, daß der damalige Gesetzgeber mit der Einführung des § 49 a Abs. 3 für Verbrechen den Anwendungsbereich des § 49 für Vergehen mitdefinierte, so ergibt sich dieser als Rückschluß aus der Ausnahmeregelung des § 49 a Abs. 3. Hiernach wird die Hilfeleistung auch dann als Beihilfe bestraft, wenn das Verbrechen nicht oder unabhängig von ihr zur Ausführung gelangt. Hilfeleistung zu Vergehen würde demnach nur dann als Beihilfe bestraft, wenn das Vergehen zur Ausführung gelangt (§ 49 a Abs. 3 a. F.: "nicht") und zwar in einer Abhängigkeit (§ 49 a Abs. 3 a. F.: "oder unabhängig") von der Hilfeleistung. Wahrend ersteres die Akzessorietät betrifft, bezieht sich zweites auf die hier gegenständliche Frage der objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg. Jedoch ginge es zu weit, die Abhängigkeit zwingend und ausschließlich als Kausalität zu deuten. Dem mag zugrunde liegen, daß Sehröder als den wesentlichen Kritikpunkt an der Rechtsprechung des RG zur ,,Förderungsformel" anmerkt, es sei ihm unverständlich, inwiefern ein Verhalten eine Tat tatsächlich gefördert haben soll, ohne ursächlich für den Erfolg gewesen zu sein 43. Die Beschränkung einer Abhängigkeit von Hilfeleistung und Haupttat auf eine Kausalitätsbeziehung ergäbe sich also nur dann, wenn eine andere Form der Abhängigkeit (z. B. Förderung, Gefahrerhöhung) nicht vorstellbar wäre. Solches kann jedenfalls nicht von vornherein angenommen werden. Ungeachtet der Qualität der objektiven Beziehung wäre die Einführung des § 49 a Abs. 3 nicht nötig gewesen, wenn der Gesetzgeber der Auffassung gewesen wäre, daß die Gehilfenhandlung auch Hilfe sein kann, ohne eine objektive Beziehung zur Haupttat aufzuweisen. Daß überhaupt irgendeine objektive Beziehung zwischen 38 Sch./Sch.-Schräder (7. Autl., 1954) §49, Anm III 1; Kohlrausch-Lange (41. Autl., 1956), Anm. III 1 a. E. 39 Lackner/Maassen (4.Autl., 1967) §49, Anm.3. 40 BGHSt 1, 59, 60. 41BGHSt 1, 59, 60: Hinneigung zum "Willensstrafrecht"; Dreher, GA 1954, 11, 12. 42 Schänke (6. Autl., 1952) a. a. 0 . 43Schänke (6.Autl., 1952) §49, 111, 1. 3 Osnabrügge

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2. Teil: lmplikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

Haupttat und Hilfeleistung bestehen muß, ist demgemäß für die Beihilfe auch unbestritten44. Da sich durch die seltsame Formulierung "oder unabhängig" die Frage stellt, was der Gesetzgeber mit dem Begriff der "Abhängigkeit" meint, vermag der Wortlaut des § 49 a Abs. 3 a. F. darüber hinaus, insbesondere zur Frage der Qualität der objektiven Beziehung, wenig Erhellendes beizutragen. Gegenteiliges könnte sich im Zusammenhang mit § 49 a Abs. 3 a. F. allenfalls noch aus den Motiven seiner Abschaffung ergeben, dann z. B., wenn der Gesetzgeber zu diesem Zeitpunkt argumentiert hätte, durch die Abschaffung des § 49 Abs. 3 die Bestrafung der Hilfeleistung zu einer Straftat auf solche Beiträge beschränken zu wollen, die kausal für den Erfolg oder die Handlung des Haupttäters sind, oder auch dann, wenn sich der Gesetzgeber von einer dem § 49 a Abs. 3 entsprechenden Auslegung des § 49 ausging und § 49 a Abs. 3 damit obsolet geworden wäre. Jedoch ergeben die Gesetzesmaterialien, daß der Bundesgesetzgeber der Akzessorietät Rechnung tragen und die als zu weit gehend empfundene Strafbarkeit des Gehilfen in den Fällen einschränken wollte, in denen Haupttäter und eventuelle Mittäter straflos bleiben, weil die Tat nur ins Vorbereitungsstadium gedrungen ist. Die Stratlosigkeit der Beihilfe zu Vorbereitungshandlungen zu erreichen, stand auch im Hinblick auf die unabhängig vom Gehilfenbeitrag zur Ausführung gelangte Haupttat im Vordergrund45. Gesetzgebenscher Zweck war somit, die erfolglose Beihilfe aus der Strafbarkeit auszuscheiden 46• Daß die Strafbarkeit der Beihilfe zurückgeführt wurde auf Fälle existenter Haupttaten, sagt allerdings nichts über das Verhältnis der Beihilfehandlung zu diesen Haupttaten aus. Insbesondere ergibt sich aus dem Bestreben, erfolglose Beihilfe auszugrenzen, nicht zwingend ein Schluß auf eine bestimmte Qualität der objektiven Beziehung, beispielsweise dergestalt, daß eine andere Verbindung als durch Kausalität nicht denkbar ist47. Allenfalls ist die Kausalität das stärkste Zurechnungskriterium, nicht jedoch das einzig in Frage kommende. Die historische Entwicklung des § 49 a Abs. 3 StGB ist nach alledem nicht geeignet, Aufschluß über das Verständnis des Gesetzgebers zur hier behandelten Frage zu geben.

b) Die Streichung der Tatmodalitäten Mit dem 2. StRRG vom 04.07.1969, in Kraft getreten nicht wie ursprünglich vorgesehen zum 01.10.1973, sondern erst zum 01.01.1975, wurde dervorherige §49 im Wortlaut geändert und als § 27 in den neuen AT eingefügt. Mit der Wortlautänderung verschwanden die Tatmodalitäten "Rat und Tat" aus der Beihilfe. Anders für das Hilfeleisten und den Sicherungserfolg in § 257, siehe dazu oben II. Vgl. zum Ganzen: Amt!. Begründung, BTDrs. 1/3713, 31; Schwarz, StGB (1953) § 49a, Anm. I a B ("untragbare Härten"). 46 So auch Lackner (9.Aufl., 1975) § 27, Anm. 2. a). 47 So aber Lackner (9. Aufl., 1975) § 27, Anm. 2. a). 44

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IV. Der Strafgrund der Teilnahme

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Die Literatur betonte nach der Änderung, daß sich am sachlichen Anwendungsbereich nichts geändert habe 48 , und orientierte sich weiterhin an Rat und Tat als möglichen Mitteln der Beihilfe49 • Dieser Schluß ergibt sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien. Bereits der Entwurf des Bundesrates 1960 sah für die Beihilfe im dortigen § 31 Abs. l den Wortlaut vor: "Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Haupttat Hilfe geleistet hat". In der Begründung findet sich, daß der in der geltenden Fassung ( 1960, § 49 a. F.) enthaltene Hinweis, daß die Beihilfe durch "Rat und Tat" geleistet werden könne, selbstverständlich und daher entbehrlich sei5° . Der Entwurf der Bundesregierung im Jahre 1962, E62, übernahm die Fassung des § 31 Abs. I wortgleich 51• Im Alternativentwurf 1966/69, AE66, wurde lediglich eine für die Limitierung der Akzessorietät relevante Änderung vorgenommen, indem die Worte "vorsätzlich begangener rechtswidriger" gestrichen wurden 52 . In Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates ist schließlich in den Niederschriften über die Beratungen der Großen Strafrechtskommission zu lesen, daß das Beiseitelassen der Anstiftungs- und Gehilfenmittel bereits dem Vorentwurf von 1909 entspräche und keine Schwierigkeiten bereite53• Demzufolge sollte von seiten des Gesetzgebers mit der Änderung des Wortlauts bei der Überführung der Beihilfe von § 49 in § 27 im Rahmen des 2. StRRG keine Änderung des sachlichen Anwendungsbereiches erreicht werden.

IV. Der Strafgrund der Teilnahme Eine Vorentscheidung für die Frage nach der objektiven Beziehung der Hilfeleistung zur Haupttat kann die Beantwortung der Frage geben, was der Strafgrund der Teilnahme ist. Strafgrundtheorien wie die Schuldteilnahmetheorie54 und die Theorie der sozialen Desintegration/Unrechtsteilnahmetheorie55 oder auch die Solidarisierungstheo48 Sch./Sch.-Cramer (18. Aufl., 1976) § 27, Rdnr.2; Maurach AT (4.Aufl., 1971), 691; Baumann AT (6.Aufl., 1974), 598. 49 Sch./Sch.-Cramer (18.Aufl., 1976) §27, Rdnr.l2; Dreher(35.Autl., 1975) §27, Anm.2C; Wessels AT (4.Aufl., 1974) § 13 IV3. 5o BRDrs. 270/60, 142. 51 BTDrs. IV/650, 150f. 52 Baumann u. a., AE66 § 29. 53 Niederschriften 2/67, 88. 54 Schaffstein, ZStW 57 (1938), 295, 323; Mayer LB (1963), 333 ff.; ders., FS Rittler (1957), 243, 254 ff.; Esser, GA 1958, 332 ff., die jedoch, worauf Roxin, LK Vor § 26, Rdnr. 10 zutreffend hinweist, mit der geltenden Fassung der §§ 26, 27, welche die limitierte Akzessorietät festschreiben, nicht mehr vereinbar ist, und gegen die für die Beihilfe im übrigen dieselben Ein-

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

rie Schumanns 56 sind entweder nicht mehr mit dem Gesetz vereinbar oder widersprechen keiner der denkbaren Lösungen zur Frage der Qualität der objektiven Beziehung. Sie bedürfen deshalb keiner .vertieften Betrachtung. Daß zwischen der Gehilfenhandlung und dem Unrechtserfolg der Haupttat überhaupt eine objektive Beziehung bestehen muß, kraftderer das Unrecht der Haupttat dem Gehilfen zugerechnet wird, ist nicht zweifelhaft. Auch diejenigen, die die Teilnehme als selbständiges Delikt begreifen57 , verzichten nicht auf die Beziehung. Zwar wird nach dieser Lehre, die auch als "reine Verursachungstheorie" bezeichnet wird, der Teilnehmer für eigenes tatbestandliebes Unrecht verantwortlich gemacht, dieses Unrecht speist sich aber aus der durch die Haupttat verwirklichten Rechtsgutsverletzung, die der Teilnehmer mittelbar bewirke58• Damit ist zwar die Abhängigkeit des Teilnehmers vom Vorliegen der Haupttat "rein faktischer Natur", die Strafbarkeit des Teilnehmers knüpft aber gleichwohl an eine objektive Beziehung des Gehilfen zum Erfolg, nach der gängigen Diktion die der Verursachung, an 59 • Wie Lüderssen geht Schmidhäuser 60 von einem eigenständigen Teilnehmerdelikt aus, für das zwar kein eigener Straftatbestand im Besonderen Teil existiere, das gleichwohl aber einen eigenen Unwert aufweise. Der Teilnehmer werde nicht wegen der Teilnahme an unerlaubter fremder Tat bestraft, sondern wegen unerlaubter Teilnahme an einer fremden Tat. Gegenstand des Vorwurfs ist der eigene Handlungsunwert der Hilfeleistung, während die Teilnahme den Erfolgsunwert aus der Haupttat beziehe 61 • Durch diese Bedeutung der Haupttat für den Erfolgsunwert der Beihilfe stellt sich auch nach Schmidhäuser die Frage, in welchem objektiven Zusammenhang die Gehilfenhandlung mit dem Erfolg der Haupttat stehen muß, damit wände gelten wie gegen die Unrechtsteilnahmetheorie, s. u.; H. Mayer, FS Ritt!er ( 1957), 243, 254, stellt dagegen auf die "Vereinigung mit dem schuldhaften Täterwillen" ab. 55 Trechsel ( 1967), 54 ff., die jedoch auf die Beihilfe nicht wirklich paßt und von Trechsel, a.a.O., 107ff., insoweit auch nicht aufrechterhalten wird; ähn!ichLess, ZStW 69 (1957), 43, der, allerdings nur bezogen auf die Anstiftung, diese als das "Werben für tadelhaftes Verhalten" des präsumptiven Angestifteten bezeichnet. Stratenwerth AT3, Rdnr. 858, sieht in § 27 dagegen das Verbot, jemanden anderen bei dessen rechtswidrigen Tun zu unterstützen und damit im Verbot der Unrechtsteilnahme den Strafgrund der Teilnahme und steht damit wohl eher der sog. modifizierten Verursachungstheorie nahe. Gegen die Unrechtsteilnahmetheorie spricht aber die Orientierung des Strafrahmens am Strafrahmen der Haupttat und nicht an der Unrechtsbereitschaft des Haupttäters, vgl. LK-Roxin Vor §26, Rdnr. 12; Stein (1988), 107; Stratenwerth AT3 , Rdnr. 854, sowie die Milderung für den Teilnehmer, dem beim Täter vorhandene besondere persönliche Merkmale fehlen nach§ 28 I, vgl. Sch./Sch.-Cramer!Heine Vorbem. §§ 25 ff., Rdnr.19. 56 Schumann (1986), 44ff., 49ff. 57 Lüderssen (1967), 137, 210; so auch Trechsel, (1967), l07ff.; Baumann, JuS 1963, 125, 136; Sax, ZStW 90 (1978), 925, 946; Meyer, GA 1979, 252,254,271. 5s Meyer, GA 1979,252,268. 59 Lüderssen (1967), 131; Sax, ZStW 90 (1978), 925, 946; Meyer, GA 1979,252,254,271. 60 Schmidhäuser Lb. 14/57 und ders. Stuß 10/9f. 61 Schmidhäuser Stuß 10/9.

IV. Der Strafgrund der Teilnahme

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die Unrechtsverknüpfung hergestellt werden kann. Schmidhäuser bezeichnet diesen Zusammenhang so, daß sich "die Hilfeleistung wirklich ausgewirkt haben muß" 62 • Da die Frage, wann sich die Hilfe "ausgewirkt" hat, gerade die Qualität der objektiven Beziehung betrifft, tangiert Schmidhäusers Auffassung zwar im Ansatz, nicht aber in den Ergebnissen die Ausgangsfrage dieser Arbeit. Auch H erzberg 63 geht von der Selbständigkeit der Teilnahme aus. Der einzige Erfolg der Beihilfe sei die Hilfeleistung, für diese müsse der Gehilfe kausal sein. Herzberg wendet sich allerdings gegen Lüderssen und möchte seinerseits trotz des Verständnisses der Teilnahmevorschriften als selbständige Tatbestände die Akzessorietät nicht aufgeben. Herzberg sieht in der Hilfeleistung ein abstraktes Gefährdungsdelikt im Hinblick auf den Erfolg der Haupttat Hilfe werde- in Anschluß an Schaffstein 64 - geleistet, wenn das Risiko des Erfolgseintritts der Haupttat erhöht wird, womit die Bedeutung der Haupttat über eine reine objektive Bedingung der Strafbarkeit hinausgeht. Damit stellt sich auch nach Herzberg die Frage nach der Qualität der objektiven Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg der Haupttat, so daß auf diesen Ansatz an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden muß. Dazu, inwieweit sich die Risikoerhöhung als Zurechnungskriterium eignet, s. unten 5. Teil IV und V. Nach heute wohl "herrschender" Ansicht ist im Gegensatz zur reinen Verursachungstheorie und zu Schmidhäuser65 kein selbständiges Teilnehmerdelikt anzuerkennen, die §§ 26, 27 sind vielmehr Bezugsnormen. Das Unrecht der Teilnahme besteht danach aus der Mitwirkung an fremder Tatbestandsverwirklichung, nämlich der Beteiligung an einer tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Haupttat eines anderen durch eigenes schuldhaftes Verhalten 66 • Nicht die Förderung des Schuldigwerdens des Täters inkriminiert den Teilnehmer, sondern das Schuldigwerden an der Haupttat, die Veranlassung fremden Unrechts 67 • Dieser Ansatz wird als modifizierte Verursachungs- oder Förderungstheorie 68 bezeichnet, und er unterscheidet sich von der Unrechtsteilnahmetheorie im wesentlichen dadurch, daß das Augenmerk im Gegensatz zu jener auf der Beziehung zur Haupttat statt auf der Teilhabe an dem durch den Haupttäter verkörperten Unrecht liegt. Hierdurch wird dem Akzes62 Schmidhäuser Lb. 14/143; vgl. auch die Darstellung zum Gegenstand der Untersuchung bei Schmidhäuser Stuß 10/145f. 63 Herzberg, GA 1971, 1, 2ff. 64 Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 178. 65 Schmidhäuser AT 14/57ff. 66 Lackner/Küh/ Vor§ 25, Rdnr. 8; Sch./Sch-Cramer/Heine Vorbem. §§ 25ff., Rdnr. 17; Tröndle/Fischer Vor§ 25, Rdnr. 5; Jescheck/Weigend AT § 61 VII 4; Maurach/Gössel/Zipf AT/2 §50, Rdnr. 57; Baumann/Weber/Mitsch AT§ 31, Rdnr. 3. 67 Vgl. Baumann/Weber/Mitsch AT§ 31, Rdnr. 3. 68 Die Begriffsbildungen sind in diesem Bereich einmal mehr uneinheitlich und verwirrend. Zur "modifizierten Verursachungstheorie" vgl. SK-Samson, Vor § 26, Rdnr. 10; Kienapfel AT 565, bezeichnet diesen Ansatz als "akzessorische Unrechtsteilnahmetheorie"; Jescheck/ Weigend AT§ 6412, als "Förderungs- oder (Verursachungs) Theorie" und LK-Roxin Vor§ 26, Rdnr. 17 als "akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie".

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

sorietätsgedanken mehr Rechnung getragen69 • Nun wird die Art dieser Beteiligung, die die Strafwürdigkeit vermittelt, gemeinhin als .,Verursachen" bezeichnet70 und bei der hier gegenständlichen Frage dann auf den Strafgrund der Teilnahme verwiesen, nach dem Ursächlichkeit für die fremde Tat zu fordern sei71 • Die Entscheidung zum Strafgrund der Teilnahme wäre dann ein Präjudiz für die hier gegenständliche Frage. Man wird dem aber in diesem Sinne nur dann folgen können, wenn dieser definitorische Vorgriff im Hinblick auf den Strafgrund zwingend ist; dies vorausgesetzt erledigte sich dann gleichfalls die Frage nach der objektiven Beziehung zwischen der Haupttat und dem Gehilfenbeitrag. Was ist nun der Grund dafür, den Strafgrund in der Kausalität für die fremde Rechtsgutsverletzung zu sehen? Das Bedürfnis, sich einerseits von der reinen Unrechtsteilnahmetheorie und andererseits von der reinen Verursachungstheorie abzugrenzen, gründet in folgendem: Die reine Unrechtsteilnahmetheorie sieht gar keine Verbindung zwischen Teilnehmer und Rechtsgut der Haupttat Strafgrund ist nur die Teilnahme an fremdem Unrecht und unbeachtlich ist die eigene Beziehung des Teilnehmers zum Erfolg der Haupttat Nicht zu erklären ist von dieser Warte die Regelung des § 28 II, denn wieso sollten besondere persönliche Merkmale, die beim Haupttäter im Gegensatz zum Teilnehmer vorhanden sind, den Unrechtsgehalt beim Teilnehmer überhaupt berühren, wenn es doch das Unrecht des Haupttäters ist, das den Teilnehmer trifft. Nicht erklärlich wäre die Straflosigkeit der notwendigen Teilnahme, und das volle Unrecht der Haupttat würde auch demjenigen Gehilfen zugerechnet, der über die durch die Haupttat angegriffenen Rechtsgüter disponieren kann. Den Gegenpol dazu bildet die reine Verursachungstheorie, zu der wegen der identischen Konstruktion auch Schmidhäuser gezählt werden soll, die von der Selbständigkeit des Rechtsgutsangriffs des Teilnehmers ausgeht und diesem das Erfolgsunrecht unmittelbar zurechnet. Die Regelung des § 30 Abs. 1 könnte zwar als Ausdruck einer solchen Auffassung gewertet werden. Jedoch wäre Teilnahme an echten Sonderdelikten nicht möglich72, was der in § 28 Abs. I vorausgesetzten Strafbarkeit des Extraneus zuwiderliefe. Möglich wäre dagegen Teilnahme an einer Tat, welche sich gegen ein dem Haupttäter gegenüber disponibles Rechtsgut richtet, letztlich also eine Teilnahme ohne Haupttat Indem die Bedeutung der Haupttat auf ,,rein faktische Natur" 13 reduziert wird, steht im Vordergrund letztlich die Tat des Teilnehmers 69 Kienapfel AT565, bezeichnet den Ansatz der "h. M." dann auch als "in Wahrheit eine akzessorische Unrechtsteilnahmetheorie". 70 Z. B. Wetze/ AT§ 16 13 ,,Fördern" und§ 16 III 3: ,,Fördern heißt: Einen ursächlichen Beitrag zur Begehung der Haupttat leisten"; Sch./Sch.-Cramer/Heine Vorbem. §§ 25 ff., Rdnr. 17: "ursächlich werden"; anders: Lackner/Kühl vor § 25, Rdnr. 4; Maurach/Gössei/Zipf AT/2, 281. 71 Sch./Sch.-CramerlH eine § 27, Rdnr., Rdnr. 10: "Teilnahme ist nach ... der Verursachungstheorie Mitwirkung an fremdem Unrecht. An einer solchen fehlt es, wenn der Teilnehmer keinen kausalen Beitrag zur fremden Tatbestandsverwirklichung geleistet hat"; ähnlich LK -Roxin § 27, Rdnr. 2. 72 So konsequenterweise Schmidhäuser Lb. (l. Auflage, 1970) 14/98. 73 Lüderssen (1967), 137.

IV. Der Strafgrund der Teilnahme

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und nicht mehr die Tat des Haupttäters, was der gesetzlichen Regelung ("dessen Tat") widerspräche und verwischt, daß die bloße Teilnahme ohne Haupttat keinen selbständigen Tatbestand des StGB erfüllt14 • Aus dem Bedürfnis heraus, die Schwächen der beiden Ansätze zu vermeiden, wird nun der Strafgrund einerseits in der Einflußnahme auf den Haupttäter gesehen, welche andererseits aber unmittelbar einmündet in die Rechtsgutsverletzung. Das Unrecht leitet sich dann aus der durch die somit mit zu verantwortenden Haupttat ab, allerdings über den Umweg des Haupttäters. Das Unrecht der Teilnahme ist von dem der Haupttat nach Grund und Maß abhängig75 • Mit dieser Konstruktion wird der gesetzlich angeordneten Akzessorietät Rechnung getragen, denn es ist die Mitwirkung an der Haupttat, die die Zurechnung von Unrecht rechtfertigt. Erklärlich ist aber auch die Regelung des § 28 I, denn der Teilnehmer leitet sein Unrecht vom Haupttäter und nicht unmittelbar von einem ihm gegenüber u. U. nicht geschützten (Extraneus) Rechtsgut ab. Das "Verursachen" ist somit das Mitwirken an der Normverletzung des Haupttäters, welches Ausdruck der Akzessorietät ist. Da der Fortschritt insbesondere gegenüber der reinen Verursachungstheorie nun darin besteht, daß Bezugsgegenstand der Hilfeleistung nicht unmittelbar der Erfolg der Haupttat, sondern das Handeln des Haupttäters ist, und man davon ausgehen kann, daß dem Gedanken der Akzessorietät Rechnung zu tragen auch das Anliegen der Vertreter dieser Meinung ist, ist die Art und Weise der Mitwirkung jedenfalls für die Beihilfe nicht auf eine Verursachung beschränkt. Da Bezugspunkt des Gehilfenunrechts primär das Handeln des Haupttäters ist, ist das Postulat einer Kausalität zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg in zweierlei Hinsicht sogar nicht das Naheliegendste. Zum einen ist zur Erklärung einer willensgelenkten Handlung die Anwendung der Kausalität nicht unproblematisch. Hierauf wird im Einzelnen noch zurückzukommen sein. Zum anderen impliziert die Kausalität wiederum eine stärkere Bedeutung des tatbestandliehen Erfolges als Endpunkt einer transitiven Kausalbeziehung. Wichtig im Hinblick auf den Strafgrund ist nur der Beitrag, den der Teilnehmer erbringt im Hinblick auf die Ausführung der Haupttat, also die Hilfeleistung. Mit anderen Worten: Es ist nicht Aussage der modifizierten Verursachungstheorie, daß der Gehilfe einen kausalen Beitrag für fremdes Unrecht leistet76, sondern daß er an diesem mitwirkt, damit erklärlich ist, warum ihn das Unrecht trifft, das originär der Haupttäter verwirkt. Um also ein Präjudiz für die hier behandelte Frage zu vermeiden, empfiehlt es sich (und geht nicht am Sinn der Theorie vorbei), von einer Förderungs- oder Mitwirkungstheorie zu sprechen und nicht, auch nicht nur im Hinblick auf die Anstiftung77, von einer Verursachungs- oder Förderungstheorie. In diesem Sinne auch Jakobs AT 22/6. Vgl. SK-Samson Vor §26, Rdnr. IO. 76 So aber LK-Roxin § 27, Rdnr. 2; Sch./Sch.-Cramer!Heine § 27, Rdnr. 10. 11 Vgl. Otto AT§ 22, Rdnr. 7: "Förderung"; Kienapfel AT S.565: "Förderungstheorie"; Maurach/Gössel/Zipf AT/2 §50, Rdnr. 57: "Unterstützung und zwar ohne Rücksicht auf die Kau74 75

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2. Teil: Implikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

Da es aber immer nur das Unrecht der Haupttat, also das vom Haupttäter verwirkte Unrecht ist, welches sich auf den Teilnehmer erstrecken kann, ist dieser Ansicht vorzuwerfen, daß sie das Augenmerk zu einseitig auf das Unrecht beim Haupttäter legt und so die aus § 28 Abs. 2 resultierende Strafschärfung beim Teilnehmer jedenfalls nicht durch ein insoweit erhöhtes Unrecht erklären kann78 • Ohne unmittelbaren Bezug zum angegriffenen Rechtsgut kommt der Ansatz darüber hinaus auch in Begründungsschwierigkeiten in den Fällen, in denen das haupttatliehe Unrecht kein solches für den Teilnehmer ist, namentlich bei der straflosen notwendigen Teilnahme und der Anstiftung zur Vereitelung der Bestrafung des Anstifters 79 • Deshalb wird obiger Ansatz bei Roxin 80 dahingehend ausgestaltet, daß das Gewicht von der Verursachung fremden Unrechts auf das eigene Unrecht des Teilnehmers verlagert wird. Dieses besteht aus dem mittelbaren Rechtsgutsangriff auf das auch dem Teilnehmer gegenüber geschützte Rechtsgut Die Konzeption, die Roxin bezeichnet als die Theorie des ,,akzessorischen Rechtsgutsangrijfs" 81 fußt damit auf zwei Gründen der Teilnehmerbestrafung, zum einen der Ableitung des Unrechts aus dem Unrecht der Haupttat (was der modifizierten Verursachungstheorie entspricht), zum anderen dem eigenen Unrecht des Teilnehmersaufgrund des von ihm betriebenen eigenen Rechtsgutsangriffs gegen das ihm gegenüber geschützte Rechtsgut Diese Konzeption ist den anderen aufgezeigten Lösungen gegenüber vorzugswürdig, weil sie deren Schwächen vermeidet. Fraglich ist aber nun, ob durch die Festlegung des Strafgrundes der Beihilfe auf den akzessorischen Rechtsgutsangriff die Frage präjudiziert wird, ob als objektive Verknüpfung von Gehilfenhandlung und Erfolg der Haupttat nur die Kausalität in Frage kommt. Dies wird namentlich so von Küh/ 82 und Roxin 83 vertreten. Hiernach soll der Strafgrund der Teilnahme kein Absehen von der Ursächlichkeit des Gehilfenbeitrages gestatten, denn von einem gelungenen Angriff könne man nur sprechen, wenn sich der Beitrag des Gehilfen bei der Tatbestandsverwirklichung ausgewirkt habe 84 • Diese Aussage scheint den Schluß nahezulegen, daß die Entscheidung für die Figur des akzessorischen Rechtsgutsangriffs die hier behandelte Frage der Ursächlichkeit des Gehilfenbeitrages präjudiziert. salität der Teilnahme"; Baumann!Weber!Mitsch AT § 31, Rdnr. 3, die auf oben erörterte Schwierigkeiten der "Verursachungstheorie" hinweisen und anregen, dies dadurch zu überbrücken, daß man in jeder noch so nutzlosen Beihilfehandlung wenigstens eine psychische Bedingungssetzung erblickt, s. dazu noch 4. Teil. 78 Anders wohl Jakobs AT 22/7: "Deshalb ist nur bei Sonderdelikten die Qualität des Unrechts höchstens so groß wie das Unrecht, das der Intraneus verwirklicht". 79 Worauf zutreffend Roxin hinweist, LK Vor § 26, Rdnr. 18. 80 Roxin, FS Stree/Wessels (1993), 365, 369ff.; LK-Roxin Vor§ 26, Rdnr. 2 ff.; ihm folgend SK-Samson Vor§ 26, Rdnr. 14; Wessels/Beulke Rdnr. 551; Charalambakis, FS Roxin (2001), 625,631. ÄhnlichJakobs AT22/9. 8 1 LK-Roxin Vor § 26, Rdnr. 7. 82 Kühl AT, Rdnr.214. 83 LK-Roxin § 27, Rdnr. 2. 84 LK-Roxin a. a. 0 .

IV. Der Strafgrund der Teilnahme

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Roxin will sich mit der Figur des akzessorischen Rechtsgutsangriffs einerseits abgrenzen von einer rein akzessorischen Zurechnung, andererseits von der Figur des eigenständigen Teilnehmerdelikts. Die Teilnahme weist danach einen eigenen Unrechtsgehalt auf, der aber rechtsstaatlich konturiert 85 werden muß. Roxin sieht den Grund für diese Notwendigkeit in der mangelnden Bestimmbarkeit der für die Strafandrohung hinreichenden Handlungsqualität beim Gehilfen. Im Gegensatz zur Strafbarkeit des Haupttäters eines Delikts läßt sich auf Seiten des Gehilfen keine Klasse von Handlungen bilden, die in einer derartigen Nähe zur Rechtsgutsverletzung stehen, daß man sie als strafbarkeitsbedingend qualifizieren könnte. Durch die Bindung an die Tatbestandshandlung soll der amorphen "Urheberschaft" eine Absage erteilt werden. Nun ist Gegenstand der hier untersuchten Frage nicht das Maß der rechtsstaatliehen Konturierung im Rahmen des Akzessorietätserfordemisses, sondern vielmehr gerade der zweite von Roxin entworfene Bestandteil des Teilnahmeunrechts, das eigene Unrecht der Teilnahmehandlung. Roxins Argumentation, der Strafgrund der Teilnahme gestatte kein Absehen von der Kausalität der Gehilfenhandlung für den tatbestandsmäßigen Erfolg, gewinnt ihre Logik erst dann, wenn man zwischen den Elementen "Strafgrund der Teilnahme" und "Kausalität der Gehilfenhandlung" einen weiteren Zwischenschritt denkt. Es handelt sich dabei um das Axiom, Kausalität sei das einzige denkbare Zurechnungskriterium86 • Der Begriff des Axioms 87 ist hierbei bewußt gewählt, denn eine Begründung sucht man bei Roxin vergebens. Sollte sich Roxins Axiom bei der ganz unaxiomatischen Überprüfung seiner Richtigkeit als berechtigt herausstellen, so ist, hält man denn an der Figur des akzessorischen Rechtsgutsangriffs als Strafgrund der Beihilfe fest, Roxin zuzustimmen in der Feststellung, auf die Kausalität der Gehilfenhandlung könne nicht verzichtet werden. Ob die Kausalität notwendige Bedingung für die Zurechnung zum Begehungsdelikt ist, ist somit die notwendigerweise zu klärende Frage. Die Entwicklung von Zurechnungskriterien außerhalb der kausalitätsorientierten Ansätze erübrigt sich bei Bejahung dieser Vorfrage. Andererseits würde aber die Existenz anderer Zurechnungsformen als der Kausalität es nicht verbieten, an der zustimmungswürdigen Figur des akzessorische Rechtsgutsangriffs festzuhalten. Es wäre dann die Frage, welche Anforderungen man an die (nicht kausale) Hilfeleistung stellt, um auch hierin einen hinreichend bestimmten akzessorischen Rechtsgutsangriff sehen zu können. Die Entscheidung zum Strafgrund der Teilnahme hat also nur zum Inhalt, ein eigenes Unrecht der Teilnahmehandlung zu fordern, nicht aber festzulegen, unter welLK-Roxin § 27, Rdnr. 5. LK-Roxin § 27, Rdnr. 2: "Denn erstens ist die Kausalität schlechthin die notwendige, wenn auch nicht immer hinreichende Bedingung für die Zurechnung zur Begehungstat ( ...)". 87 Axiom: =Satz der Logik, der weder beweisbar noch beweisbedürftig ist. Der Satz von der Kausalität als Grundlage einer jeden Zurechnung ist aber kein solches Axiom, sondern wird von Roxin lediglich als ein solches behandelt. Vielmehr handelt es sich um eine ihrerseits beweisbedürftige Bedingung. 85

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2. Teil: lmplikationen herkömmlicher Auslegungsmethoden für die Thematik

chen Bedingungen einer Handlung dieses Unrecht beizumessen ist. Die Feststellung, Kausalität sei konstitutierendes Merkmal der Gehilfenstrafbarkeit, ist also entgegen Roxin kein zwingender Schluß aus der Entscheidung zum Strafgrund der Teilnahme. Um an der zustimmungswürdigen Figur des akzessorischen Rechtsgutsangriffs festhalten zu können, ohne dabei die hier untersuchte Frage zu präjudizieren, läßt sich das eigene Unrecht der Teilnahmehandlung begrifflich weiter auch als "Mitwirkung" bezeichnen 88• Versteht man Mitwirkung als Oberbegriff einer jeden Beziehung, die sich durch ein objektives Verhältnis zwischen den Beziehungsgegenständen, hier Hilfeleistung und Haupttat, auszeichnet, oder auch als Synonym für "Teilnahme", dann ist es möglich, dem zutreffenden Gedankengang zum Strafgrund unter Verzicht auf das Kausalitätsdogma Rechnung zu tragen. Die Frage nach der Kausalität der Gehilfenhandlung ist nach diesem Verständnis also zu trennen von der oben umrissenen Frage zur Kausalität als grundlegendem Zurechnungsmerkmal. Da letztere Frage nicht im Rahmen des Strafgrunds der Beihilfe geklärt zu werden braucht, kann somit als Zwischenergebnis festgehalten werden, daß es dem Strafgrund der Teilnahme entspricht, daß eine Beziehung zwischen der Hilfeleistung und der Haupttat bestehen muß, will man das Unrecht der Haupttat dem Teilnehmer zurechnen. Welcher Qualität diese Beziehung zu sein hat, wird hierdurch aber nicht festgelegt. Kausalität zwischen der Gehilfenhandlung und dem Erfolg ist damit nicht a priori notwendige Voraussetzung der Zurechnung zum Gehilfen. Allerdings ist Roxin darin zuzustimmen, daß Kausalität das stärkste Zurechnungskriterium ist, dessen Reichweite die Notwendigkeit ergänzender oder anderer Kriterien erst definiert. Inwieweit sich dergestalt die Kausalität als zumindest hinreichend erweist, wird noch zu prüfen sein.

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Roxin selber wählt diesen Begriff, LK-Roxin Vor§ 26, Rdnr. 4, 6.

Dritter Teil

Die kausale physische Beihilfe Eine Problemexposition unter besonderer Berücksichtigung der Kausalitätsproblematik Als Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen soll festgehalten werden, daß zunächst der Versuch zu unternehmen ist, die Tauglichkeit der Kausalität als objektives Zurechnungskriterium für die Beihilfe zu bestätigen. Wenn es sich so verhielte, daß die Kausalität ein durchweg taugliches Kriterium wäre, mittels dessen sich in allen Fällen befriedigende Antworten auf die gestellten Probleme finden läßt, dann würde sich die Suche nach weiteren Kriterien erübrigen. Die Suche nach einem oder mehreren tauglichen Kriterien ist freilich keine sich in der Dogmatik erschöpfende Frage, sondern auch eine rechtspolitische. Man könnte selbstverständlich die Kausalität als notwendig postulieren, müßte dann aber möglicherweise, hierauf wird noch zurückzukommen sein, "Strafbarkeitslücken" in Kauf nehmen. Nun ist die Frage, wann eine mißliche Strafbarkeitstücke vorliegt, wann eine hinnehmbare Schwäche der Theorie und wann ein richtiges Ergebnis, höchst subjektiv dem Rechtsempfinden des Einzelnen unterworfen. Allerdings läßt sich dazu ein gewisser gesellschaftlicher Konsens ausmachen, wozu die Ergebnisse der Anwendung der Förderungsformel des Reichsgerichts und der heutigen Rechtsprechung aufschlußreich sind. Denn indem durch das Abstellen auf eine "Förderung" völlig auf Methodik verzichtet wird, ist das nach dem als richtig empfundenen Ergebnis strebende Rechtsempfinden das ergebnisdefinierende Kriterium. Rechtsprechung also, die gewisse Fallkonstellationen der Beihilfe zuweist, läßt den Schluß zu, daß insoweit ein Strafbarkeilsbedürfnis besteht. Es muß jedoch betont werden, daß sich das Ziel dieser Arbeit nicht in dem Anspruch erschöpft, dem Rechtsempfinden Rechnung zu tragen; dann wäre die beste Lösung, ein Kriterium anzulegen, das so weich in alle Richtungen ist, daß es einer zu dem gewünschten Ergebnis führenden "Rechtsanwendung" nicht im Wege steht. Da ein solches Kriterium aber keinem Ergebnis im Wege steht, und dies nicht nur für den Wissenschaftler unerträglich ist, sondern auch mit Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 in Konflikt gerät, gilt es möglichst beide Ansprüche zu erfüllen: Eines oder mehrere Kriterien zu entwerfen, die stringent zu einer Lösung führen und mit anderen Lösungen nicht zu vereinbaren sind, gleichzeitig aber auch soweit als möglich vereinbar sind mit dem in der bisherigen Handhabung gespiegelten Rechtsempfinden.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Die Arbeit wird sich hierzu an einigen Fallbeispielen orientieren. In allen Fällen ist nach der Strafbarkeit des A wegen Beihilfe zu demjeweiligen Delikt der Haupttat gefragt: 1. A trägt B, der in das Haus des C einsteigen möchte, die Leiter zum Tatort und entfernt sich dann schleunigst. Hätte A die Leiter nicht getragen, so hätte B dies selber übernommen 1• 2. B plant, C am Abend anläßtich eines Besuches im Fitneßstudio eine Lektion zu erteilen. Um C während dieser sich umzieht einen ordentlichen Schlag über den Kopf verabreichen zu können, füllt B einen kleinen Sack mit Sand und packt diesen sodann für den Abend in seine Sporttasche. A ist über den Plan seines Freundes B unterrichtet. Er möchte C ebenfalls eine Lektion erteilen, meint aber, daß ein wenig Schmerzen nicht ausreichen. Unbemerkt von B leert er deshalb den Sack und befüllt ihn mit Bleikugeln. Hiervon verspricht er sich, daß C ganz erhebliche Schmerzen erleiden soll. Wie geplant versetzt B am Abend dem C in der Umkleidekabine einen kräftigen Schlag mit dem Sack über den Kopf, merkt aber aufgrund des vorher absolvierten Krafttrainings nicht, daß der Sack schwerer ist als er es ursprünglich war. C erleidet ganz erhebliche Schmerzen. 3.1. B müht sich bei einem Einbruch ab, den Tresor des C zu öffnen. Der Sohn des C, A, wird durch die Geräusche wach, schleicht sich ins Wohnzimmer und erkennt in dem Einbrecher seinen Bekannten B. Deshalb und weil er seinem Vater den Verlust gönnt, übergibt A dem B nun den Schlüssel des Tresors, der im Wohnzimmer versteckt war. B hätte den Tresor auch ohne den Schlüssel geöffnet, allerdings hätte dies noch einige Zeit in Anspruch genommen. Mit Hilfe des Schlüssels gelingt B dies nun in kürzester Zeit. 3.2. B will in die Wohnung des C einsteigen und benötigt zu diesem Zweck eine Leiter von einiger Länge. Zwar könnte er diese Leiter auch alleine zum Tatort tragen, jedoch nur unter erheblicher Mühe. A hilft B deswegen: Beide tragen die Leiter gemeinsam zum Tatort. A, der weiter nicht an der Tat teilnehmen möchte, entfernt sich danach. 4.1. B bricht in die Villa des E ein. A, der am Abend zuvor von dem Vorhaben erfahren hatte, begleitetBundsteht "Schmiere". Es gehtjedoch alles gut, niemand nähert sich in der dunklen Nacht dem Tatort. A und B entkommen unentdeckt2• 4.2. A erklärt sich bereit, im Hinblick auf den von B und C geplanten Einbruch die Alarmanlage im Hause des D außer Betrieb zu setzen. B und C haben keine Ahnung von Alarmanlagen, hätten den Einbruch notfalls aber auch ohne das Zutun des A unternommen. Was B und C nicht wissen, ist, daß der Auslösemechanismus der Anlage nicht zu umgehen ist sowie daß von der Alarmanlage im Fall der Alarmierung automatisch schließende Gitter ausgelöst werden und die nächste Polizei1 2

Fall nach Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 181. Fall nach RGSt 26, 351.

3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

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dienststeHe alarmiert wird. A setzt die Anlage außer Betrieb, B und C begehen die Tat. 4.3. B verdient sich seinen Lebensunterhalt durch Taschendiebstähle. Sein Freund A, der gerade nichts Besseres zu tun hat, postiert sich in der Nähe des B, um bei Entdeckung eines Diebstahls notfalls ein künstliches Gedränge! erzeugen zu können, damit B entkommen kann. B bestiehlt den C, entnimmt sofort das Geld aus dessen Brieftasche, steckt es in die eigene Börse und läßt die gestohlene Brieftasche unauffällig auf den Boden fallen. Der in der Nähe stehende D hat den Vorgang beobachtet und schreit nun: "Haltet den Dieb". A erzeugt daraufhin ein künstliches Gedränge!, indem er mehrere Passanten heftig anrempelt, und A und B entkommen unerkannt. 5.1. B will als Zeuge in einem Strafverfahren zugunsten des Angeklagten C einen Meineid schwören. Er bespricht sich mit seinem engsten Freund A. A fährt B zum Gericht. 5.2. B will als Zeuge in einem Strafverfahren zugunsten des Angeklagten C einen Meineid schwören. Er bespricht sich mit seinem engsten Freund A. A rät B, entgegen dessen Vorhaben einen Sachverhalt anders darzustellen, weil, was zutrifft, die Unwahrheit seines Vorbringens dann nicht so leicht zu bemerken sei. B trägt den Sachverhalt genau so vor, wie A ihm dies geraten hat. 6.1. B plant, einen Nahrungsmittelhersteller mit der Drohung zu erpressen, in dessen Produkte Gift zu mengen. B weiß jedoch, daß er allenfalls registriertes Geld, also solches, dessen Seriennummer gespeichert ist, erpressen kann. A sagt B vor der Tat zu, ihm dieses Geld im Ausland zu "waschen". B begeht die Tat. 6.2. Anlageberater B überredet den Kunden K zum Kauf wertloser Papiere unter der Vorspiegelung, diese Papiere hätten einen erheblichen Wert und würden demnächst noch steigen. K wendet sich ratsuchend an den A, der, um B zu helfen, K mitteilt, dem Rat des B könne man blind vertrauen. K kauft die Papiere und erleidet hierdurch einen erheblichen Schaden3• 7 .1. B verprügelt den an seinem Äußeren als südländischer Ausländer erkennbaren C. A, der zufällig vorbeikommt, stellt sich in die Nähe des Geschehens und feuert den B unter anderen mit den Worten an ,,Ja, gib's dem Sozialparasiten" und "Mach die Ratte fertig". B prügelt weiter auf C ein. 7 .2. Wie Fallbeispiel 7 .1. Vor Gericht sagt B aus, er habe C verprügelt, weil dieser Fan des Fußballclubs "Schalke 04" sei und er selber Fan von "Borussia Dortmund". Sie seien nach einem von beiden besuchten Fußballspiel zufällig aneinandergeraten und C habe ihn durch Rufe wie "Scheiß Millionentruppe" provoziert. Er, B, sei aktives Mitglied der linksextremen "Antifa" und verurteile Ausländerfeindlichkeit aufs Tiefste. Als er den kahlrasierten A während seiner Tat sah und hörte, sei er ver3

Abwandlung des von Puppe, ZStW 92 (1980), 339, 883 gebildeten Falles.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

sucht gewesen, bereits deshalb von C abzulassen. Das Verhalten des A habe ihn aufgrund dessen Motivation zutiefst abgestoßen, wäre nicht die Polizei erschienen und hätte ihn festgenommen, hätte er, B, sich gleich nach C den A vorgenommen. Das tatsächliche Vorbringen des B ist bewiesen. 8. B und C wollen, um Mittemacht beginnend, einen Einbruch in das Haus des D unternehmen. A ruft ohne Wissen von B und C kurz vor Mittemacht die Polizeistation in der Nähe an und meldet eine Großschlägerei am anderen Ende der Stadt. Wie geplant werden alle Streifenwagen dorthin abgezogen und sind für eine Stunde beschäftigt. Nun können Bund C ungestört einbrechen. 9. A liefert dem B im Vorfeld von dessen geplanten Einbruch bei C einen Nachschlüssel: 9.1. B nimmt den Dietrich, der zum Öffnen der Tür geeignet wäre, mit zum Haus des C. Bei dem von B zu ungestüm durchgeführten Versuch, hiermit die Tür zu öffnen, bricht der Dietrich ab. B bricht anderweitig in das Haus ein.

Abwandlung: B führt den Nachschlüssel in der Tasche mit. Da es aber seine persönliche Note ist und es sich nach den Örtlichkeiten so anbietet, zieht er es vor, ein Loch in eine Fensterscheibe zu schneiden, um so in das Haus einzudringen. 9.2. B nimmt den Nachschlüssel mit zum Einbruchsort. Hier stellt sich aber heraus, daß der Dietrich ungeeignet zum Öffnen der Tür ist oder dieser bricht, weil er unsauber gearbeitet und somit zum Öffnen des fein gearbeiteten Sicherheitsschlosses untauglich ist, im Schloß ab. B bricht dann anderweitig in das Haus ein4 • 10. A liefert dem B im Vorfeld von dessen geplanten Einbruch bei C einen Nachschlüssel. B steigt über den hohen Gartenzaun und dringt mittels des Nachschlüssels in das Haus des C ein. Im Haus findet B einen Tresor und schickt sich an, diesen zu öffnen. Bei der ersten Berührung löst er jedoch eine laute Alarmanlage aus. B ergreift unverrichteter Dinge die Flucht.

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4 Die Fallkonstellation des Fallbeispiels 1, in dem A dem B eine Leiter zum Tatort dessen Einbruchdiebstahls trägt, die B aber auch alleine hätte tragen können, wurde von Schaffstein 5 in die Diskussion um die Kausalität der Beihilfehandlung eingebracht. Schaffstein, der sich auf die Basis einer konsequent angewandten (kausalitätsergänzenden) Risikoerhöhungstheorie stellte, kam zu dem Ergebnis, daß A nicht Gehilfe zur Tat des B sei. Denn das Risiko, daß die Tat mittels der Leiter ausgeübt werde, habe A nicht erhöht. Es sei vor der Handlung des A genauso groß gewesen 4

5

Fall nach RGSt 6, 169. Schaffstein, FS Honig, (1970), 169, 182.

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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wie danach, denn hätte nicht A die Leiter getragen, so hätte dies B selber übernommen. Dieses Ergebnis ist auf einhellige Ablehnung gestoßen6, so daß die Frage, ob A in dem Beispielsfall eine kausale Hilfe leistet, nicht mehr als streitig bezeichnet werden kann. Es soll, weil gerade dieser nicht mehr streitige Falllehrreich im Hinblick auf die genaue Methodik erscheint, mit der die Kausalität festgestellt wird, nachvollzogen werden, mit welcher Argumentation die Kausalität zu begründen ist. Der Fall eignet sich überdies gut dazu, die Grundlagen festzustellen, die gegeben sein müssen, damit man gemäß den Kausalitätstheorien zur Beihilfe die Beihilfehandlung auf ihre Erfolgskausalität prüfen kann. Hierzu bedarf es nämlich einer Theorie, mittels derer man Kausalität überprüfen kann. Um die Lösung des Falles also darzustellen, soll nach den zur Kausalität vertretenen Theorien unterschieden werden.

1. Die Lösung des Leiterfalles nach der sog. Äquivalenztheorie Die Äquivalenztheorie, begründet von Stüber und weiterentwickelt zuerst von v. Buri8, benennt in einer Reihe von kausalen Bedingungen alle Bedingungen als gleichwertig9 • Um nun die Frage beantworten zu können, welche Bedingungen denn als ,,kausal" angesehen werden können, wurde die Methode der "conditio sine qua non" entwickelt. Hiernach ist eine Bedingung 10 dann als kausal anzusehen, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele 11 , wenn sie also "Bedingung, ohne die nicht. .." ist. 6 LK-Roxin §27, Rdnr.6; Sch./Sch.-Crarner §27, Rdnr. 10; Jakobs AT22/37; Schmidhäuser Stuß 10/145; Ranft, ZStW 97 (1985), 268, 283; Spende!, FS Dreher (1977), 167, 184; Sarnson, FS Peters, (1984), 121, 134; Dreher (1972), 250, 258. 7 Stübel (1805) §§ 96, 137, 153. 8 V.Buri (1873), 1 ff., 3; ders., (1885), 2. 9 Hierbei ist der Begriff der Äquivalenz im rein sprachlichen Sinn von "gleichwertig" (nach Duden) gemeint, alle Bedingungen besitzen das gleiche Gewicht, es ist also keine Zurechnung bereits aufgrundeines "gewichtigeren Kausalanteils" möglich. Nicht gemeint ist eine Äquivalenz im logischen Sinne, vgl. Herberger/Simon (1980), 50f., denn dies würde bedeuten, daß stets dann und nur dann wenn eine Bedingung (B) vorliegt, der Erfolg (E) auch eintritt (B-E). Dies ginge über die reine Aussage der Äquivalenztheorie zumindest in einer Hinsicht hinaus: Die Existenz von B läßt keinen Schluß auf das Vorliegen des Erfolges zu (es gilt nicht: stets wenn-dann). Ob der zweite Teil der Äquivalenz mit der sog. Äquivalenztheorie bereits impliziert ist, also die Aussage "nur wenn- dann", kann dahingestellt sein. Denn diese Aussage wird jedenfalls über die Methode des conditio sine qua non eingebracht. 10 Der Begriff der Bedingung ist hier zunächst i. S. v. empirischer, nicht analytischer Bedingung gebraucht. 11 RGSt 1, 374; 44, 244; 54, 349; 77, 18; BGHSt I, 332f.; 2, 20, 24; 3, 62, 63; 7, 112, 114; 24, 31, 34; 331,96, 98; BGHNJW 1993, 1723; Welzel §911; Tröndle/Fischer Vor§ 13, Rdnr.l6; Baumann!Weber!Mitsch AT§ 14, Rdnr. 8; Gropp AT §5, Rdnr. IOff.; Jescheck/Weigend AT§ 28 li 1; Otto AT§ 6, Rdnr.13ff.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Für das Verhältnis zwischen Bedingung (B) und Erfolg (E) gilt in logischer Hinsicht demnach folgende Beschreibung: Nur wenn B vorliegt dann kann E sein 12• Es handelt sich um eine sog. Replikation 13, welche den folgenden Wahrheitswert hat,

B

E

w

B+-E

2.

w w

F

3.

F

w

w w

4.

F

F

w

1.

F

Abbildung 1

wobei W für "Wahr" und F für "Falsch" steht. Die Möglichkeit, daß E vorliegt, ohne daß B gegeben ist, ist qua definitionem ausgeschlossen (Zeile 3.). Die Aussage der Bedingungstheorie, daß bei Hinwegdenken der Bedingung auch der Erfolg entfällt, schließt die Existenz anderer Bedingungen aus, die den Erfolg herbeiführen können, die hinweggedachte Bedingung also in ihrer Bedeutung für E ersetzten. Gilt zwischen Bedingung B undErfolgE also: B +- E, Bist notwendige Bedingung für E 14, so läßt sich hieraus folgender Schluß ziehen: Liegt E vor, so muß auch B vorgelegen haben, also: KeinE ohne B. Es ist danach möglich, ausgehend vom Erfolg auf eine Ursache zu schließen. Andere Schlüsse lassen sich aus der durch die conditio sine qua non-Methode vorgenommenen logischen Verknüpfung aber nicht ziehen. Insbesondere ist der Schluß von B auf E nicht möglich, es gilt also nicht: "wenn B dann E". Denn indem B eine notwendige Bedingung für E ist, ist noch nichts darüber ausgesagt, ob B für den Eintritt von E auch hinreicht 15 • An der obigen Tabelle zum Wahrheitswert (Zeile 2) demonstriert: Die Tatsache, daß die Bedingung B vorliegt, nicht aber der Erfolg E, macht die Replikation, also die Aussage, daß B eine notwendige Bedingung für E ist, nicht falsch. Ob dieser Satz nicht bereits daran krankt, daß der Terminus der ,.Bedingung" als Relationenbegriff "Bedingung für" immer auch das Bestehen einer Kausalbeziehung zwischen Bedingung und Bedingtem voraussetzt, sei dahingestellt. Klug (1982), 42, nutzt den Terminus Bedingung z. B. synonym mit "Voraussetzung". Unter Bedingung soll hier ein tatsächlicher Umstand verstanden werden, der darauf überprüft werden kann, ob er Ausgangspunkt oder Teil einer zum Erfolg führenden Kausalkette ist. 12 Vgl. zu dieser Aussage im Verhältnis zur Aussage der Äquivalenztheorie Fn.l31. tJ Herberger/Simon (1980), 48. 14 Vgl. Herberger/Simon (1980), 48f.; Klug (1982), 42f. 15 Weinherger (1989), 349f.: "Ursache von A sind( ... ) nur jene, die dazu genügen, das Eintreten der Wirkung B notwendig zu machen." Eine solche Ursache ist mit "notwendig" nicht zureichend beschrieben.

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Mit dem bisher Dargelegten ist die logische Beziehung beschrieben, die nach der conditio sine quanon-Methodezwischen Bedingung und Erfolg besteht. In ihren Ursprüngen war die Formel als reine Denkmethode gedacht, also eine Arbeitsanweisung, die gedanklich aus den Kategorien der Logik durchzuführen ist. Dies setzte voraus, daß die Kausalität eine rein logische Beziehung zwischen den Dingen bedeutet, eine Verknüpfung, deren Bestand durch eine rein gedankliche Operation des Wegdenkens überprüft werden kann 16• Tatsächlich ist die Kausalität aber ontologischer Natur. Ihre Feststellung ist keine analytische, sondern eine empirische Leistung. In diesem Sinne besteht heute weitgehend Einigkeit, daß die Methode der conditio sine qua non keine Methode zur Gewinnung eines Kausalurteils ist. Sie setzt die Kenntnis bestimmter Gesetzmäßigkeiten 17 bereits voraus 18• Anderer Ansicht ist, soweit zu erkennen, nur Toepel, der behauptet, in einfacheren Fällen, wie der Frage nach der Kausalität eines Faustschlages in ein Gesicht für die Verletzung beim Geschlagenen, benötige man keine Naturgesetze 19• Aber das stimmt nicht, denn rein analytisch ließe sich die aufgeworfene Frage nicht klären. Naturgesetze sind Erfahrungssätze. Bei einfachen Gesetzmäßigkeiten, z. B. der Wirkung eines auf ein Gesicht aufprallenden harten Gegenstandes, macht man sich lediglich keine Gedanken mehr über die Gesetzmäßigkeit, weil diese so vertraut ist, daß aktuelles Bewußtsein nicht nötig ist. Um solche Gesetzmäßigkeilen in das ständige Bewußtsein zu überführen und anzuwenden, ist kein eigenes Erleben erforderlich, denn der Mensch ist zum Transfer fähig. Ein Kind beispielsweise kennt nicht die Wirkung einer Faust. Es wird deshalb irgendwann entweder die Erfahrung der elterlichen Reaktion auf einen entsprechenden Schlag seinerseits oder die eigene Erfahrung des Schmerzes bei einem Schlag z. B. durch einen Spielkameraden machen. Vielleicht beobachtet es auch eine entsprechende Szene bei Geschwistern, Freunden, im Kindergarten oder im Fernsehen. Aus jeder der aufgeführten Erfahrungen läßt sich durch Transferleistung das Gesetz von der Wirkung eines Schlages ableiten. Offenbar sind die Gelegenheiten, entsprechende Erfahrungen zu machen, so häufig, daß man das Gesetz als Grundlage in sein gedankliches Mitbewußtsein 16 So v. Liszt/Schmidt Lb. (26. Aufl., 1932), 162; Mezger Lb. § 15 I; Traeger (1904), 13ff.; vgl. zur Kritik hieran bereits Welzel (7. Auflage, 1960) § 9 I 2; Art. Kaufmann, FS E. Schmidt (1961), 200, 209. 17 Nämlich genau der Gesetze, die die Aussage erlauben "Nur wenn B dann E". Nicht voraus setzt die conditio sine qua non- Formel dagegen die "Kausalität". Denn es ist eine Frage der Definition, was man hierunter versteht. Kausalität ist nicht in der Natur vorgegeben. Man kann sich noch so sehr bemühen, eine "Kausalität" wird man nicht finden, sehr wohllassen sich dagegen Gesetzmäßigkeilen in der Natur feststellen, z. B. die Schwerkraft, die Wirkung gewisser Stoffe auf organische Zellen, die Wirkung einer Schußverletzung im Herzen auf das System "Mensch". 18 Engisch (1931 ), 18 ff.; Lackner/Kühi Vor § 13, Rdnr. 10; SK-Rudolphi Vor § 1, Rdnr. 40; Jescheck/Weigend AT§ 281l 4; Maurach/Gössel/ZipfAT/1 § 18, Rdnr. 45; Otto AT § 6, Rdnr. 22 (,,Allgemeingut der strafrechtlichen Wissenschaft"); Roxin AT/1 § 11, Rdnr.11; Wessels/Beulke Rdnr.156; Art. Kaufmann, FS E. Schmidt (1971), 200, 209f.; Samson (1972), 24. 19 Toepel (1992), 53ff.

4 Osnabrügge

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

aufnimmt2°. Daß die Schwerkraft ein Naturgesetz ist, wird im übrigen ja auch niemand bestreiten. Trotzdem macht man sich keine Gedanken darüber, ob der aus der Hand rutschende Teller beim Abtrocknen nach unten fallen wird. Man ist sich dessen ohne aktuelles Bewußtsein des Gesetzes genau so sicher wie um die Wirkung der Faust bei einem Schlag gegen einen Körper. Indem jeder diese Erfahrung nämlich bereits gemacht und sie analogisiert hat, ist auch jeder "Naturforscher"21 • Das Naturgesetz ist also in den von Toepel angeführten Fällen nicht obsolet, der vertraute Umgang mit einigen von ihnen verbaut vielmehr die Sicht darauf, daß man sie anwendet. Im Fallbeispiel 1 ist also zu prüfen, ob der Erfolg E 22, auch ohne die Handlung des A eingetreten wäre, ob also diese Handlung notwendige Bedingung für den Erfolg ist. Hier stellt man nun unschwer fest, daß dann, wenn A die Leiter nicht getragen hätte, B sie selber getragen hätte. Die Assistenz des A ist also ganz und gar überflüssig, es soll angenommen werden, daß es sich um eine moderne Leichtmetalleiter handelte, die zu tragen den kräftigen B in keiner Weise ermüdet hätte. Die hieraus nach der strengen Anwendung der conditio sine qua non-Formel eigentlich zu ziehende Konsequenz wäre die Straflosigkeit des A. Dieses Ergebnis wird, vgl. oben Fn. 6, zu Recht abgelehnt. a) Korrektur durch den ganz konkreten Erfolg

Daß das vorgenannte Ergebnis für strafrechtliche Zwecke nicht brauchbar ist, resultiert daraus, daß die conditio-Formel eine falsche logische Verknüpfung vornimmt, indem sie eine notwendige Bedingung fordert23 • Die hieraus gezogene Konsequenz ist aber weithin24 nicht eine Berichtigung der anzuwendenden Methode zur 20 Soweit will dies auch Toepel (1992), 57, scheinbar nicht in Abrede stellen, wenn er die Erfahrung der Wirkung einer Faust als Alltagserfahrung bezeichnet und formuliert: "Das analogisierende Denken bedeutet nichts anderes als die Ersetzung der Erfahrung des Naturforschers durch die eigene Alltagserfahrung". 21 In Anlehnung an die Begriffswahl Toepels ( 1992), 57, der diesen Schluß allerdings gerade nicht zieht, sondern, wie aufgeführt, bestreitet, daß es sich hier um Naturgesetze handelt. Warum nicht, wird nicht mitgeteilt. 22 Im Sinne einer Konsequenz. Die Erkenntnis, daß Umstände keine "Wirkkraft" besitzen, es also eine (geheimnisvolle) Kraft ist, die Ursache und Konsequenz miteinander verbindet, ähnlich eines Magnetismus (so z. B. noch A.Horn, ZStW 20 [1900], 309, 315; ders., GS54 [1898], 321 ff.), beginnt sich in der Strafrechtswissenschaft durchzusetzen, vgl. Engisch (1931), 19ff.; Hall, EG Grünhut (1965), 213; NK-Puppe, Vor§ 13, Rdnr. 84; Jakobs AT 11/32; a. A. Kahlo ( 1990); 282. Roxin AT/I § 11, Rdnr. 4 weist allerdings zutreffend darauf hin, daß dieser eingebürgerte Sprachgebrauch für die Rechtsanwendung unschädlich ist. Vgl. auch Weinherger (1989), 344, Fn.l, der den Begriff der Wirkung deshalb bevorzugt, weil Konsequenz auch im Sinne von "logischer Konsequenz" verwendet wird. 23 Vgl. in diesem Sinne bereits Müller (1912), 14. Falsch natürlich nur im Hinblick auf die "absurden", vgl. Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 12, Ergebnisse. 24 Zu denjenigen, die hieraus eine Aufgabe der Methode fordern, namentlich SK-Rudolphi, Vor§ 1, Rdnr. 41; Jescheck/Weigend AT§ 28 114; Otto AT § 6, Rdnr. 18 ff.; Roxin AT/I

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Feststellung eines Kausalzusammenhanges, sondern eine Ergänzung der alten Formel. Abzustellen sei auf den ganz konkreten Erfolg25 • Hiernach soll nicht zu fragen sein, ob der Erfolg ohne die Handlung des Täters entfiele, sondern ob er in seiner ganz konkreten Gestalt, d. h., in dieser Weise, unter diesen Umständen und in diesem Augenblick, entfiele. Maßgebliche Konkretisierungsmomente sollen z. B. die Zeit des Erfolgseintritts und die Art des Todes oder der Verletzung sein. Die Methode, den Erfolg zu konkretisieren, wird in zweierlei Hinsicht nutzbar gemacht: zum einen, um die Kausalität eines Umstandes begründen zu können, der nach erster Betrachtung nicht kausal war, zum anderen, um Ersatzursachen, die die Annahme von Kausalität hindem könnten, auszuscheiden. Ein Beispiel für den erstgenannten "Vorzug" dieser Methode ist der sog. Staubhemdfall des Reichsgerichts 26. Der der Beihilfe zur Körperverletzung Angeklagte hatte dem Haupttäter einer Körperverletzung zur Unkenntlichmachung der Person ein blaues Staubhemd geliehen, welches jener während der Tat über seiner bürgerlichen Kleidung trug. Bei erster Betrachtung läßt sich mit der Formel von der conditio sine qua non keine Kausalität des Staubhemdlieferanten beweisen, denn die Verletzungen beim Opfer wären dieselben gewesen, wenn der Täter ein schwarzes Hemd oder gar keines getragen hätte. Gleichwohl besteht (oder bestand) offensichtlich ein Strafbarkeitsbedürfnis. Mezger schreibt hierzu: " ... hier hat die Beihilfehandlung bei der konkreten Ausführung tatsächlich mitgewirkt, an der Kausalität für den Erfolg besteht keinerlei Zweifel. Daß die mit der Tat bezweckte weitere Wirkung (erschwerte Entdeckung und Bestrafung) sich auf die Zeit nach der Vollendung bezieht, ändert nicht das geringste daran, daß schon die Tat selbst in anderer Weise sich vollzogen hat, als sie dies ohne Unterstützung des Gehilfen getan hätte. Auch ganz abgesehen von der psychischen Unterstützung des Täters ist daher Mitverursachung zu bejahen" 27; statt bekleidet nur mit bürgerlicher Kleidung hat nämlich der Haupttäter zusätzlich während der Tat noch ein weiteres Kleidungsstück getragen28. Man braucht also den Erfolg, um die Hingabe des Staubhemdes als notwendige Bedingung bezeichnen zu können, lediglich statt als "Körperverletzung" § ll, Rdnr. 13; Art. Kaufmann, FS E. Schrnidt (1961), 200, 209; Engisch (1965), 13lf., Fn.288. 2s Zuvorderst wohl Müller (1912), 11 undEngisch (1932), 9ff.; BGHSt 10, 369, 370; v.Listz Lb. (26. Aufl., 1932), 157ff., 162ff., Lackner/Küh/ Vor § 13; Sch./Sch.-Lenckner Vor § 13, Rdnr. 75, 78; Baumann!Weber/Mitsch AT 14/10ff.; Maurach/Gössel!Zipf, AT/1 18/54; Schmidhäuser Lb. 8/56; Wessels/Beulke Rdnr.161 ; Schlüchter, JuS 1976, 518; Toepel, JuS 1994, 1009 1010; Samson, (1972), 30ff.; ders., FS Peters (1984), 121 ff. 26 RGSt 8, 267. 27 Mezger Lb. §57 Il. 28 Mezger Lb. §57 II; im StuB § 83 I weist Mezger darauf hin, daß auch derjenige, der dem Täter einen falschen Schlüssel mitgibt, den jener aber nicht benutzt, Gehilfe sein kann, weil schon dieser Schlüsselbesitz als solcher die Tat des Täters in besonderer Weise gestaltet (Hervorhebung nicht im Original). Ebenso Roxin, FS Miyazawa (1995), 501 , 509, kritisch hierzu: Charalambakis, FS Roxin (2001), 625, 631, Fn. 36. Siehe dazu noch unten, Fallbeispiele 9. 4•

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

als "Körperverletzung durch einen mit einem blauen Hemd bekleideten Tater" zu beschreiben, muß ihn also konkretisieren. 29 Der zweitgenannte "Vorzug" der Methode, derjenige der Ausscheidung von Ersatzursachen, wird deutlich, wenn man sich den Fall vergegenwärtigt, daß A und B unabhängig voneinander planen, den C zu erschießen. B hat zu diesem Zweck eine Pistole von D erhalten. Wahrend B von seinem Platz aus noch zielt, schießt A und trifft C tödlich. Nahezu zeitgleich mit dem Brechen des Schusses von A schießt auch B und trifft den nun schon toten C ins Herz. Daß die conditio-Methode mit dem Erfordernis der notwendigen Bedingung die Kausalität des Pistolen-Lieferanten nicht erweisen kann, liegt an der Anwesenheit des B. Denkt man sich nämlich gemäß der Anweisung der conditio-Methode den A hinweg, so hätte die Kugel des B den C getötet. A ist nach der conditio-Formel nicht kausal für den Tod des C. Gleiches gilt fürBundnatürlich auch D, denn man kann sich jeden einzeln und auch A und B zusammen hinwegdenken, ohne daß der Tod des C entfiele. Anders sieht es dagegen auch hier aus, wenn man den Erfolg nicht als Tod durch eine Schußverletzung, sondern als Tod durch eine Schußverletzung mit der durch D gelieferten Waffe des A beschreibt, also den Erfolg konkretisiert. Die Frage nach der Relevanz eines Umstandes für einen Erfolg entscheidet sich damit in der Beschreibung, genauer in der Konkretisierung des Erfolges. Nach und durch die Konkretisierung sind sowohl A und D als auch der Lieferant des Staubhemdes kausal für den so konkretisierten Erfolg. Mit welchem Recht jedoch bestimmt Mezger den Erfolg als Körperverletzung durch einen mit einem Staubhemd bekleideten Tater? Man könnte dazu einzuwenden, dies sei schon deshalb wichtig, weil der Tater nun einmal ein solches Hemd getragen habe. Aber die Bedeutung einer rein deskriptiven Bezeichnung des Geschehens für die strafrechtliche Erfolgsfestlegung kann man nicht durch den Hinweis auf die Bedeutung der Beschreibung belegen. Was stünde entgegen, die Tat anders zu beschreiben: Der Haupttäter begegnet seinem Opfer mit dem vom präsumptiven Gehilfen gelieferten Staubhemd und ausgerüstet mit den mit besonders leisen Sohlen 29 Vgl. Puppe, ZStW 92 (I980), 863, 873. Diese Bestimmung des Erfolges kann auch in das Gegenteil umschlagen, dann nämlich, wenn man erkennt, daß bestimmte Faktoren aus der Erfolgsbeschreibung eigentlich nicht ausgespart werden können, man aber denjenigen, der hierfür eine notwendige Bedingung gesetzt hat, nicht für kausal erklären möchte. Hier wird dann die Kausalität mit dem Hinweis auf die Wertlosigkeit der Kausalitätsfeststellung bejaht und eine normative Korrektur der "objektiven Zurechnung" angelegt. Mittel solcher Korrekturen sind die Sozialadäquanz (Maurach/Gössel!Zipf AT/I § I8, Rdnr. 30), die angeblichfehlenden Risikoschaffung (Roxin AT/I § 11, Rdnr.43) oder die nicht enttäuschten Normgeltungserwartung (Jakobs AT 1/4 und 7/15). Aber wenn das erklärungsbedürftige Unrecht in der Verursachung des ganz konkreten Erfolges besteht wie sollte dann ein Teil dieses Unrechts oder dessen Ursache sozialadäquat sein (NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 70; Sofos [1999], 71)? Und wenn man eine Bedingung als für den konkreten Erfolg kausal erkannt hat, wie soll es dann an der Risikoschaffung fehlen? Das Risiko des Eintritts dieses konkreten Erfolges wurde doch auf genau 100% erhöht (NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 70; Sofos [1999], 71).

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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versehenen Schuhen, die C lieferte. Ist C nun Gehilfe, weil man ihn sich aus dieser Tatbeschreibung nicht hinwegdenken kann, ohne daß ein so beschriebener Erfolg unmöglich würde? Und wie stünde es um die Strafbarkeit des C, wenn er nicht leise Schuhe (die ja noch entfernt mit der Tatbestandserfüllung in Verbindung stehen könnten), sondern eine geschmackvoll bedruckte Krawatte beigetragen hätte? Durch den Mangel an Maßstäben dafür, welche V mstände in die Beschreibung des Erfolges aufgenommen werden dürfen, wird die Methode beliebig. Erweitert man nämlich die Tatbeschreibung solange, bis man die präsumptive Bedingung in die Tatbeschreibung aufgenommen hat, die man sich sodann zur Feststellung der Kausalität wieder "wegdenken" möchte, so erfahrt die Kausalitätsfeststellung eine willkürliche Korrektur. Denn es ist möglich, schlechthin jeden vor der Tatausführung liegenden Umstand für kausal zu erklären, indem man behauptet, er oder ein mit ihm kausal verbundener Umstand gehöre zur konkreten Gestalt des Erfolges 30. Ohne die Existenz allgemeingültiger Kriterien dafür, welche Tatsachen zu der Tat in ihrer ganz konkreten Gestalt zu rechnen sind, ist die geschilderte Methode damit willkürlich. Im Staubhemdfallläßt sich eine Kausalität nach der conditio- Methode nicht feststellen, ohne das Hemd in die Erfolgsbeschreibung aufzunehmen. Die Aufnahme in die Erfolgsbeschreibung aber geschieht nur im Hinblick auf die hierdurch ermöglichte Kausalitätsfeststellung zu Lasten des Staubhemd - Lieferanten. Da der Umfang der Beschreibung über die Frage der Kausalität der in die Beschreibung aufgenommenen Umstände entscheidet, ist es nicht damit getan, diesen Umfang der Beschreibung des Erfolgs zu umgrenzen mit einer "eindeutigen Definition des Geschehens im Weltgeschehen"31 oder mit der Arbeitsanweisung, die Konkretisierung stets nurgenauso weit voranzutreiben, wie zur Differenzierung zwischen Ursachen und Ersatzursachen notwendig 32• Vielmehr bedarf es, um einen Erfolg überhaupt konkretisieren zu können, einer allgemeinen Methode, die frei von Beliebigkeit bestimmt, welche Umstände zum Erfolg gehören, also in dessen Beschreibung aufzunehmen sind. Die Forderung nach einer solchen Methode, respektive der Einwand gegen den "Erfolg in seiner konkreten Gestalt" in der heutigen Form aufgrund des Mangels an einer solchen Methode, würde sich allerdings erübrigen, wenn die Ereignisse in der Natur vorgegeben wären und man deren Beschreibung somit nicht beliebig aus Umständen des Einzelfalles zusammenstellen, sondern nur die Natur zu beschreiben brauchte; man könnte dann herangehen, den Tod in seiner ganz konkreten Explikation so zu beschreiben, wie ihn die Natur oder die Umstände vorgeben. Nun ist es zweifelsfrei so, daß zur rein kommunikativen Bestimmung eines Ereignisses bereits Umstände herangezogen werden, die dieses nach Ort, Zeit, vielleicht dem Namen des Opfers oder auch weiteren Umständen spezifizieren. Diese Beschreibungen haben aber eine rein kommunikative Identifikationsfunktion und bezeichnen einen willkürlichen Ausschnitt aus allen möglichen Umständen, nach denen sich ein NK-Puppe, Vor§ 13, Rdnr. 92; Sofos (1999), 73ff. SoErb(l991), 48. 32 So Toepel ( 1992), 71. 30 3t

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Ereignis beschreiben läßt. Es bleibt damit bei der Frage, ob es eine Gestalt der Dinge, Ereignisse, Tatsachen gibt, die diesen von Natur aus beigegeben ist und die es nur zu beschreiben gälte. In der Literatur wird der Eindruck, daß vorgegebene Gestalten der Tatsachen existieren, gelegentlich bereits durch Wahl der Begrifflichkeiten erzeugt. Ausdruck dieser Begriffswahl sind z. B. der ,,Nachschlüssel-Diebstahl", mit dem die Kausalität des Lieferanten eines untauglichen Nachschlüssels für den mit diesem Mittel begangenen untauglichen Versuch festgestellt wird 33, "Erschießungs-Tod", mit dem die Kausalität des Schützen für den Tod festgestellt wird, um die bereitstehende Ersatzursache ("Bomben-Tod") auszuschließen 3\ "der Tod durch eine Kugel aus der Waffe der A, abgefeuert durch C", um die bereitliegende Waffe des B als Ersatzursache auszuschließen35, der Tod durch ein bestimmtes Messer, um die Existenz eines anderen Messers und dessen Lieferanten als Ersatzursache auszuschließen36, der "Tod durch Gifteinwirkung" statt des "Todes durch Ersticken" 37 oder schließlich die Ofenwärme, die etwas anderes sein soll als Wanne als solche 38• Diese Liste könnte anband der existierenden Literatur beinahe beliebig fortgesetzt werden39• Mit der Frage, ob es möglich ist, eine Tatsache vollständig, das heißt, ganz konkret zu beschreiben, beschäftigen sich nicht nur die Juristen, sondern auch die analytische Sprachphilosophie40• Carnap 41 wirft die Frage auf, welche Eigenschaften ein Satz besitzen muß, um eine Tatsache auszudrücken. Er beantwortet dies mit drei Eigenschaften: Ein Satz muß erstens wahr sein, zweitens kontingent (oder tatsachenabhängig), also nicht schon aus logischen Gründen wahr. Schließlich müsse drittens der Satz in einem gewissen Sinne spezifisch oder vollständig sein. Carnap führt an, dieses letzte Kriterium nicht greifen zu können und führt zur Dokumentation dieser Schwierigkeit das Beispiel der Beschreibung eines Stück Papiers an: Der Satz, "dieses vor mir liegende Stück Papier ist blau" ist wahr und kontingent. Aber er ist nicht spezifisch, denn die Eigenschaft "blau" schließt viele Töne ein. Es gibt keine Farbe, die schlechthin blau ist, sondern nur unendlich viele Blauschattierun33 Spende/, FS Dreher (1977), 167, 186. Vgl. auchRoxin, FS Miyazawa (1995), 501,509: "Ursächlich ist auch, wer dem Dieb einen Nachschlüssel mitgibt, den dieser aber nicht benutzt und von vornherein nicht benutzen will, weil er weiß, daß die Tür offensteht Denn immerhin modifiziert das Beisichführen eines Nachschlüssels die konkrete Art und Weise der Ausführung". 34 Ebert/Kühl, Jura 1979,561, 564. 35 Beispiel nach Sofos (1999), 72. 36 Baumann!Weber!Mitsch AT§ 14, Rdnr. 20; ebenda, Rdnr. 19: Tod durch Ertrinken nach Zurückstoßen von der Planke in Abgrenzung zum einfachen Ertrinkenstod (Karneadesfall), Tod durch Auslösen des Fallbeils durch V statt durch den Scharfrichter (Scharfrichterfall). 37 Toepel (1992), 86. 38 Schlüchter, JA 1984, 673, 678. 39 Vgl. z. B. Koriath, GA 1990, 531, 549: ,,Nur das Leben liefert Konkreta". 40 Vgl. Carnap (1955/1972), 35ff.; Hempel (1977), l36ff.; M. Weber (1973), 271. 4 ' Carnap ( 1955/1972), 36.

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gen. Selbst dann aber, wenn man die Blauschattierung mit einem ihr zugewiesenen Namen beschreibt, ist damit das Ding nur in einer Hinsicht, die Farbe betreffend, vollständig spezifisch. Um nun aber eine wirklich spezifische Beschreibung abzugeben und damit der Tatsache gerecht zu werden, müßte man, da es willkürlich erscheint, an einem bestimmten Punkt Halt zu machen, alle Eigenschaften des Papiers angeben. Zu diesen Eigenschaften gehören aber auch die Beziehungen, in der das Papier zu allen anderen Dingen des Universums steht. Schließlich: "Wenn wir von einer Tatsache diesen höchsten Grad der Vollständigkeit fordern, dann gibt es nur eine Tatsache, die Totalität der wirklichen Welt, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" 42 • Bezogen auf einen strafrechtlichen Erfolg, der in der Form als ganz konkreter Erfolg ja nichts anderes ist als ein singuläres Ereignis, also eine Tatsache, bedeutete dies, daß man, wollte man beispielsweise eine vollständige Beschreibung eines Verkehrsunfalls angeben, neben Bauart, Richtung, Geschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge auch Informationen über die Straße, einschließlich ihres Zustandes, ihrer Temperatur, ihrer Farbe etc. machen müßte, weiter auch Angaben über die Fahrer und Insassen etc. Es müßten alle Einzelheiten der Aufprallwirkung auf die beteiligten Fahrzeuge angegeben werden, genauso wie die Wirkung des Geschehens auf andere unbeteiligte Zuschauer etc. ad infinitum. Einegenaue Beschreibung des Ereignisses "Verkehrsunfall" würde konsequenterweise zu einer Beschreibung der Welt zum Zeitpunkt des Unfalls und aller Antezedentien, also zu einer Beschreibung der historischen Entwicklung der Welt bis zum Zeitpunkt des Unfalls führen 43 • Eine solche Beschreibung wäre im Hinblick auf die mit einer Konkretisierung eines Erfolges verbundenen Intention sinnlos, denn dann wäre alles kausal für alles Spätere. Die Konsequenz der dargestellten Überlegungen kann nur lauten, daß die Wirklichkeit nicht in einer bestimmten Gestalt vorgegeben ist, die nur noch der Beschreibung, nichtjedoch der Auswahlleistung des Beschreibenden bedürfte 44 • Es gibt also ohne methodische Berechtigung dieser Auswahl keinen "Erschießungstod" in Abgrenzung zum "Bombentod", sondern allenfalls den "Tod", und auch diese Beschreibung bedarf einer Legitimation, vgl. näher dazu unten I 2. c ), es gibt keine "Ofenwärme", sondern allenfalls die "Wärme". Es handelt sich bei einer Beschreibung immer um eine Auswahlleistung des Beurteilenden, da es eben keine unabwendbare Tatsache der vorgegebenen Natur ist, diverse Merkmale mit in die Beschreibung aufzunehmen. Dies haftet jeder Beschreibung des Erfolges eines gegebenen Sachverhalts an, solange der Umfang der Beschreibung nicht eine methodische Grundlage erhält, eine normative Rechtfertigung45• In der Literatur sind einige Carnap (1955/1972}, 37. Carnap (1955/1972), 38; Hempel (1977), 136ff.; M. Weber (1973), 271; NK-Puppe Vor § 13, Rdnr. 71; dies., ZStW 92 (1980), 863, 872; dies., GA 1994,297, 301;Jakobs AT (l.Aufl.), 7/15, anders allerdings in der 2.Autl.; Hilgendorf, GA 1995, 515,520. 44 Vgl. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 71 ; dies., ZStW 92 (1980), 863, 872; dies., ZStW 99 (1987), 595, 597; Jakobs AT7/16; Hilgendorf, GA 1995, 515, 521; Sofos (1999), 69ff. 45 Puppe, ZStW 99 (1987}, 595, 598; Sofos (1999), 73. 42

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Versuche unternommen worden, eine solche generelle Festlegung des Beschreibungsumfangs zu treffen. Engisch46 und Müller 41 schlugen vor, nur die konkreten Tatsachen auszuwählen, die im Hinblick auf die juristischen Erfolgskategorien relevant sind. In dem gleichen Sinne wird argumentiert, daß ja nicht alle Umstände einer Tatsache gleichermaßen bedeutsam seien: einige interessierten den Juristen, andere dagegen nicht48 • So wollen die Vertreter des Erfolgs in seiner ganz konkreten Gestalt die Beschreibung nicht in der aufgezeigten Totalität sehen. Es sollen vielmehr nur Ausschnitte, Teilerfolge, auf ihre Ursachenqualität untersucht werden. Denn es seien nur rechtlich erhebliche Faktoren relevant, solche, die nach rechtlichen Gesichtspunkten begrenzt wurden49 • Daß die Möglichkeit besteht, mit rationaler Berechtigung nach juristisch relevanten und irrelevanten Umständen zu unterscheiden, scheint rein intuitiv bei täterschaftliehen Beiträgen unmittelbar einzuleuchten: Wer abdrückt, tut etwas juristisch relevantes, wer dagegen die Pistole vorher bemalt, nicht. Wie die Frage der Auswahl unter allen im Grundsatz äquivalenten Umstände auf "rechtlich relevante Faktoren" bereitet auch die Erfolgskonkretisierung bei täterschaftliehen Beiträgen scheinbar keine Probleme, weil man sich eine intuitive Meinung dazu gebildet hat, was kausal ist und was nicht. Anders ist dies aber bei der Beihilfe, wo der Tatbeitrag des präsumptiven Gehilfen in dem Sinne "schwächer" ist, als er nicht die typische Unrechtshandlung darzustellen braucht50• Was nämlich juristisch relevant ist, ergibt sich dort regelmäßig nicht bereits aus der juristischen Intuition. Und weiter: Läßt man bei der Taterschaft die Intuition beiseite, so läßt sich auch hier kein Unterschied mehr zwischen juristisch relevanten und irrelevanten Handlungen ausmachen ohne daß man zuvor einer Methode habhaft geworden wäre, die die Unterscheidung des einen von dem anderen rational und mit Gültigkeit über den Einzelfall hinaus beschreibt. Eine unmethodische Auswahl unter allen möglichen Umständen einer Beschreibung ist weder bei der Täterschaft noch bei der Teilnahme dogmatisch befriedigend. Anders als bei der Taterschaft fehlt bei der Teilnahme zudem regelmäßig die vormethodische Intuition, die sich am als richtig empfundenen Ergebnis ausrichtet. Eine Methode zur richtigen Erfolgsbestimmung kann damit um so weniger durch eine rein intuitive Auswahl aller Umstände ersetzt werden. Denn was rechtlich relevant ist, gilt es ja gerade erst herauszustellen. Die intuitive Bestimmung des relevanten Erfolgs aber setzt bereits das Wissen darüber voraus, was ursächlich ist und was nicht. Dies wird gut deutlich an einer leichten Abwandlung des von Toepel mitgeteilten Beispiel des Arztes, der ein schmerzfreies Gift wählt, um seinen Patienten zu töten. Jener jedoch bekommt von einem Apotheker, bei dem er noch eine Medizin kauft, zu dieser Medizin ein Mittel beigemischt, das heftige 46

Engisch ( 1931 ), 11.

Müller (1912), 14. Erb (1991), 48; Toepel (1992), 70. • 9 Vgl. Samson (1972), 26. 50 Inwieweit der Erfolg dann dem Gehilfen zugerechnet wird, ist eine Frage der Akzessorietät, siehe dazu unten I 2. d) bb). 47 48

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Magenschmerzen verursacht51 • Was läge näher, als den Erfolg als Tod unter heftigen Schmerzen zu beschreiben? Der Apotheker wäre damit ursächlich für diesen Tod! Toepel will diesen Weg hier nicht beschreiten, weil "die Prüfung mit der conditio-Formel hier nicht aufgrund des Bestehens einer Ersatzursache zu einem negativen Ergebnis kommt" 52 und daher die Leibschmerzen nicht als Gegenstand der Erfolgsbeschreibung aufzunehmen seien. Ist es aber nur dort erlaubt zu konkretisieren, wo dies zur Ausscheidung von Ersatzursachen notwendig ist53, so lautet das "zirkuläre Rezept der Erfolgskonkretisierung": "Nimm nur Ersatzursachen ausschließende Elemente in die Beschreibung des zu erklärenden Erfolges auf' 54• Wie man aber weiß, was Ursache und Ersatzursache unterscheidet, ohne die Kausalität zwecks Identifizierung der Ursache als Vorfrage bereits geklärt zu haben, bleibt offen. Roxin möchte Geschehensmodifizierungen (also Modalitäten eines Erfolges) nur dann für beachtlich halten, wenn sie für Art und Weise sowie Ort und Zeit der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals relevant sind55 • Ähnlich konkretisiert Erb 56 , der Zeit und Ort als Ereignisvariablen in die Beschreibung aufnehmen möchte, da hierüber ein Ereignis "in den Koordinaten des Weltgeschehens" eindeutig identifizierbar sei und es so möglich werde, wirkliche von bloßen Ersatzursachen zu scheiden. Im übrigen sei auf die Angaben des zur Debatte stehenden Tatbestandes abzustellen. Roxin demonstriert seine Auffassung am bekannten Vasenfall, in dem nach der Kausalität des vasenbemalenden Künstlers für den ganz konkreten Erfolg der Zerstörung der bemalten Vase gefragt ist, indem er betont, daß die Tatsache der Bemalung für den gesetzlich (in § 303) allein geforderten Erfolg der Sachbeschädigung in keiner Weise relevant ist57• Dies ist zutreffend. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit der Ort des Erfolgseintritts im Hinblick auf den "gesetzlich geforderten Erfolg" (z. B. § 303: Sachbeschädigung,§ 212: Tod,§ 223: Körperverletzung) relevant ist. Auch die Art und Weise der Verwirklichung ist für den gesetzlich geforderten Erfolg irrelevant. Entscheidend ist lediglich die Tatsache der Verwirklichung. Dabei ließe sich im Hinblick auf die Zeit über eine Relevanz für den Erfolg zwar nachdenken, denn jedes Rechtsgut entfaltet nicht nur einen abstrakten Wert, der in seiner Existenz als solcher liegt, sondern auch einen Zuweisungswert, der darin begründet liegt, daß das entsprechende Gut einem Rechtsgutsträger zusteht und diesem zur Verfügung steht. Das gilt für das Rechtsgut Leben gleichermaßen Toepel (1992), 79. Toepel (1992), 79. 53 Toepel (1992), 71. 54 Sofos (1999), 80. 55 Roxin AT/1 § II, Rdnr.20. 56 Erb (1991), 48 ff.; HilgendorfGA 1995,515, 529; genauso neuerdingsßaunack(l999),40. 57 Roxin AT/I § 11, Rdnr. 20. 51

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wie beispielsweise für das Eigentum. Ob jemand früher getötet wird oder später macht insoweit einen Unterschied, als der Zuweisungswert des Rechtsguts von vom herein durch die Zeit der Inhaberschaft bestimmt wird. In diesem Zusammenhang gewinnt die Zeit des Erfolgseintritts aber keine Bedeutung zur Trennung von Ursache und Ersatzursache. Selbst bei einer Angabe der Erfolgszeit muß die Frage der Kausalität bereits geklärt sein, um Ursache von Ersatzursache zu trennen. Dies wird dann deutlich, wenn sich die durch Ursache und Ersatzursache herbeigeführten Zustände in zeitlicher Hinsicht nicht unterscheiden, vgl. dazu näher noch unten I 1. b). Es bleibt festzuhalten, daß ein überzeugender Vorschlag zur methodischen Auswahl unter allen möglichen Umständen mit dem Ziel der Fixierung eines "ganz konkreten Erfolges" nicht existiert. Es gibt keine rationale Begründung dafür, in die Beschreibung des Todes das "Erschießen" mit aufzunehmen, nicht jedoch z. B. die Farbe des Hemdes des Täters oder das Wetter. Daß man letzteres als absurd betrachten würde (die Marke der Pistole, mit der geschossen wurde, würde weniger absurd anmuten als die Aufnahme des Wetters in die Beschreibung), liegt nicht daran, daß bestimmte Umstände von Natur aus zu der Beschreibung hinzugehören oder eine geheime rationale Begründung für die Aufnahme bestimmter und das Ausschließen anderer Modalitäten existiert, deren Methoden man sich bei der gleichwohl unfehlbaren Anwendung nicht bewußt wäre. Es ist vielmehr nur vormethodische Intuition die bestimmte Dinge in die Beschreibung Aufnahme finden läßt und andere nicht58 • Die Intuition bietet aber keinen festen Maßstab. Sie variiert von Betrachter zu Betrachter, und sie kann täuschen. Vor allem aber ist sie keine Methode und schon gar keine wissenschaftliche. Letztlich verliert hierdurch aber auch das gesamte Kausalitätsmerkmal seinen Zurechnungswert. Denn wenn man den Bezugspunkt nach Belieben (d. h., nach dem Maßstab der Intuition) variiert, so beruht diese Intuition ja bereits auf einem (intuitiven) Kausalurteil. Es wird dann über die Definition des Ergebnisses die Möglichkeit der Kausalitätsfeststellung eröffnet. Durch die nicht nur unmethodische, sondern zum Teil auch unbewußte Festlegung des maßgeblichen Erfolgs wird über die Frage der Kausalität vor- und mitentschieden59• Es wäre, wollte man so verfahren, allemal ehrlicher, die Kausalität generell nach Maßstäben der Intuition oder der Plausibilität zu beurteilen als den Erfolg mit dem heimlichen Ziel zu bestimmen, einen bestimmten Umstand, So auch Hilgendoif, GA 1995,515, 520. Kuhlen WiVerw 1991, 181, 196;MöhrenschlagerWiVerw 1984,47, 61; ebensoderBGH, BGHSt 37, 106, l26ff., im berühmten Lederspray-Fall: ,,Auf diese Weise leisteten sie den notwendigen Beitrag dazu, daß ( ...) ein- durch ihre Billigung komplettiertes- Einverständnis darüber erzielt wurde, keine Rückrufaktion anzuordnen" (Hervorhebungen nicht im Original). Samson dagegen erkennt dies: ,,Daß der Umfang der Zurechnung nicht von der Kausalitätstheorie entschieden wird, sondern durch die Modifizierung der Erfolgsdefinition reguliert werden kann, isteine Erkenntnis, die sich(...) zum Konsens verdichtet hat.", ZStW99 (1987), 617, 630. Wo allerdings Konsens herrscht, bleibt ein Geheimnis. Auch Samson weiß zum Beleg dieses allgemeinen Konsens nur Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 873f. anzuführen. 58

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der intuitiv als kausal erkannt wurde oder auch nicht, einzubeziehen bzw. auszuscheiden60.

Carnap 61 zog aus der Erkenntnis, daß keine Tatsache von Natur aus begrenzt zu beschreiben ist, die Konsequenz, den Begriff der Tatsache nicht als terminus technicus, sondern nur mehr in formloser Erklärung zu gebrauchen, also zur bloßen Verständigung. Im juristischen Kontext allerdings ist die Frage, was ein Erfolg, also eine Tatsache ist, von überragender methodischer Bedeutung, indem sie über die Kausalität entscheidet. Diese Bedeutung verbietet es, wie Carnap, für dessen Zwekke dies möglich war, über die Begrifflichkeiten hinwegzugehen. Wenn es sich so verhält, daß die einzige legitime deskriptiv - konkrete Gestalt eines Ereignisses die Totalität ist 62, so ist diese deskriptiv- konkrete Gestalt nicht geeignet, einen Erfolg im strafrechtlichen Sinne darzustellen. Gleichzeitig ist aber auch die Aufgabe des Erfolgsbegriffs nicht möglich, nicht nur deshalb nicht, weil das Gesetz an seine Existenz anknüpft, sondern auch deshalb, weil mit der Aufgabe des Bezugspunkts jede kausale Zurechnung unmöglich würde. Die Antwort auf die Frage, welche Umstände eines Ereignisses den Erfolg im strafrechtlichen Sinne darstellen, steht also noch aus. Es liegt nahe, daß dann, wenn die Natur etwa die Entscheidung, welche Erfolgsumstände maßgeblich sind, nicht festlegt, andere Maßstäbe anzulegen sind. Die Erfolgsbestimmung wird jedoch später thematisiert, siehe dazu unten I 2. c) und d). Abgesehen davon, daß die Methode der Erfolgskonkretisierung im deskriptiven Bereich durchschlagenden Einwänden ausgesetzt ist, besitzt sie diese (methodisch also angreifbare) Funktion auch nur dann, wenn der ganz konkrete Erfolg und der hypothetische, also der ohne die in Frage kommende Ursache gedachte Erfolg, sich tatsächlich unterscheiden. Ist dies nicht der Fall, so ist jede Konkretisierung des Erfolgs vergebens, ein "sine qua non" wird sich nicht anhand eines Unterschiedes des tatsächlichen und des ohne die Ursache gedachten Erfolgs feststellen lassen. Ein Beispiel hierfür ist das Fallbeispiel I. Denn hätte nicht A die Leiter getragen, so wäre die Rechtsgutsverletzung, vorliegend zunächst die Verletzung des Rechtsguts "Integrität des Eigentums" durch den Hausfriedensbruch (=Einsteigen durch das Fenster) zu genau derselben Zeit und auf genau dieselbe Weise, auch mit genau derselben Leiter geschehen. Ein weiteres Beispiel ist der bekannte Scharfrichterfall63 : Zu einer Hinrichtung ist der Vater V des Opfers zugelassen. Er bringt es fertig, sich in die Nähe des Schafotts zu schleichen, und drückt im entscheidenden Augenblick 60 Diese Erkenntnis führt bei Erb, JuS 1994, 449, 452 dazu, Kausalität generell nur mit Plausibilitätserwägungen und nach Intuition annehmen zu wollen; die Rspr. tendiert scheinbar dazu dort, wo Kausalität nicht feststellbar ist, ebenfalls auf plausible Zusammenhänge abzustellen, so in BGHSt 41,206 (Holzschutzmittelfall); vgl. hierzu Roxin AT/I § 11, Rdnr.l7. 61 Carnap (1955/1972), 37. 62 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 71; dies. , ZStW 92 (1980), 863, 872; dies., GA 1994,297,301. 63 Die Fallkonstellation stammt, soweit ersichtlich, von Feuerbach (1828), 28. Engisch ( 1931 ), 15 f. hat den Fall unter Kausalitätsgesichtspunkten aufgegriffen.

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an Stelle des von ihm uno actu zurückgestoßenen Scharfrichters auf den Knopf, um selbst sein Kind zu rächen. Hätte V den Knopf nicht gedrückt, so hätte der Scharfrichter dies in demselben Augenblick und mit derselben Konsequenz getan. Wie sehr man den Erfolg "Tod des Delinquenten" auch konkretisiert z. B. nach Ort und Zeit, einen Unterschied, der es erlaubte, den Tod dem V eindeutig zuzuweisen, wird sich nicht ergeben. Der einzige Unterschied zwischen hypothetischen und wahren Fall besteht in der Person, die auf den Knopf drückt.

Toepel wendet sich gegen diesen Befund mit dem Argument, daß stets noch ein, wenn auch noch so winziger Unterschied zwischen den konkurrierenden Erfolgserklärungen feststellt werden könne 64 • Er zweifelt die praktische Möglichkeit an, daß die zwei Handlungen, in dem von ihm aufgegriffenen "Scharfrichterfall" das Beiseitestoßen des Henkers und das Auslösen der Guillotine durch den Vater des Opfers, zeitlich gleichzeitig erfolgten, denn wenn der Scharfrichter weggedrängt worden sei, dann habe er gar nicht mehr in demselben Augenblick wie der Vater tätig werden können, weil der Vater durch sein Handeln diese Möglichkeit gerade ausgeschaltet habe 65 • Der Vater sei dem Scharfrichter zuvor gekommen, weshalb sich eine zeitliche Differenz des tatsächlichen Erfolges zum gedachten ergebe, und man den Vater somit nicht hinwegdenken könne, ohne daß der (zeitlich) konkrete Erfolg entfiele. Aus der Feststellung, daß es unmöglich sei, daß eine wahre und eine gedachte Ursache zur gleichen Zeit wirksam werden, folgert Toepel: ,,Es ergeben sich stets nur folgende Möglichkeiten: Entweder es ist eine Zeitdifferenz vorhanden, und somit kann die Ersatzursache ausgeschaltet werden, oder es liegt Gleichzeitigkeit mehrerer Beiträge vor ..." 66 Aber dies löst nicht das Problem, sondern ändert den problematischen Sachverhalt, statt ihn als gegeben hinzunehmen. Denn die Prämisse war Gleichzeitigkeit von tatsächlichem und hypothetischem Erfolgseintritt. Es ist zweifelsohne technisch möglich, daß der Erfolg durch den Scharfrichter zu derselben Zeit eingetreten wäre, wie der durch den Vater herbeigeführte. Das Argument Toepels basiert somit auf einer falschen Auffassung der zugrundeliegenden Konstellation 67 • Diese war so, daß der Vater exakt in dem Moment auf den Knopf drückt, in dem auch der Scharfrichter dies getan hätte, wenn er nicht vom Vater beiseite gestoßen worden wäre. Toepels Argumentation paßt also nicht zum vorgegebenen Sachverhalt. Auch seine Alternative der Gleichzeitigkeit mehrerer Ursachen entspricht nicht den Vorgaben Engischs. Toepel beschreibt hier, insoweit abweichend von Engischs Vorgaben im Scharfrichterfall, nach denen nur der Vater, nicht aber der Scharfrichter den Knopf betätigt, den Fall so, daß zwei wahre Bedingungen gleichzeitig wirksam werden und beide zur Erfolgsherbeiführung ausreichen, mithin genau die KonToepel (1992), 75ff.; ähnlich wohl Baumann/Weber/Mitsch AT§ 14, Rdnr.18. Toepel (1992), 76f. 66 Toepel (1992), 77. 67 So auch Sofos (1999), 74.

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stellation der sog. alternativen Kausalität, um dann zu dem Ergebnis zu kommen, daß es unmöglich sei, diese so gebildete Konstellation logisch von derjenigen der alternativen Kausalität zu scheiden. Toepels Einwand, entweder sei ein zeitlicher Unterschied festzustellen oder es liege eben Gleichzeitigkeit mehrere Beiträge, also ein Fall der alternativen Kausalität vor, trifft somit deshalb nicht zu, weil der Beitrag des Henkers eben tatsächlich nicht stattgefunden hat. Hier wird der Fall der doppelten wahren Ursache (alternative Kausalität) vermengt mit dem Fall des Bereitstehens einer hypothetischen (also nicht wirklich eingetretenen, d.h. nicht wahren) Ersatzursache. Abgesehen davon ist auch die Lösung Toepels 68 zur alternativen Kausalität, nämlich Ablehnung der Kausalität weil ja nur überflüssige Bedingungen vorlägen (jede wahre Bedingung kann durch eine andere ebenfalls wahre Bedingung ersetzt werden), abzulehnen. Kommt eine Methode zu dem Ergebnis, daß dann, wenn zwei Menschen gleichzeitig auf einen Dritten schießen und beide Kugeln gleichzeitig treffen, deshalb keiner der beiden Schützen kausal für den Tod ist, weil man den Beitrag jedes einzelnen wegdenken könne, ohne daß der Erfolg entfiele, so ist dies keine mögliche Lösung, sondern Anlaß zur Korrektur oder zur Aufgabe der Theorie. Bereits Traeger 69 hat es für dieses Beispiel mit der Korrektur versucht. Toepel möchte dagegen das Ergebnis so hinnehmen. Die mit Toepels Argumentation verbundene Unterstützung der Erfolgskonkretisierung, daß nämlich entgegen deren Vorbringen eine (im Zweifel winzige zeitliche) Konkretisierung immer möglich sei, geht also fehl. Möglicherweise ist es die Ahnung davon, daß der Zeit des Erfolgseintritts eine Bedeutung zukommt, vgl. näher dazu unten I 2. b), die hier dazu verleitet, die Fallkonstellation Engischs nicht so zu akzeptieren, wie sie ist. Mit der Möglichkeit der Gleichzeitigkeit von durch Ursache bzw. Ersatzursache herbeigeführtem Erfolg geht die Möglichkeit verloren, auf Basis der conditio-Formel zwischen Ursache und Ersatzursache zu differenzieren. Dies kann aber nicht dazu führen, die von Engisch eingebrachte Konstellation zu leugnen, sondern muß zu der Überzeugung leiten, daß trotz ihrer Bedeutung für jedes Rechtsgut auch die Zeit des Erfolgseintritts jedenfalls nicht das zur Scheidung von Ursache und Ersatzursache taugliche Kriterium ist. Hinsichtlich der Kausalitätsfeststellung gilt, daß die vormethodische und zirkuläre Beschreibung des Erfolgs in seiner konkreten Gestalt nicht geeignet ist, die Schwäche der Bedingungstheorie beim Ausscheiden von Ersatzursachen als Korrekturformel zu beheben.

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Toepel (1992), 77 mit Verweis auf74. Traeger (1904), 45f.

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b) Korrektur durch den ganz konkreten Kausalverlauf

Damit steht man im Fallbeispiel I an genau derselben Stelle wie schon oben: A als Träger der Leiter ist nicht notwendige Bedingung für den konkreten Erfolg. Jedoch hat A immerhin den Ablauf der konkreten Tat verändert, denn tatsächlich hat ja nicht B die Leiter getragen, sondern eben A. Es bliebe nun die Möglichkeit, auf eben diese Erkenntnis abzustellen, daß zwar nicht der Erfolg in seiner Gestalt, wohl aber der Kausalverlauf in seiner Gestalt verändert wurde. Maßgeblich wäre demnach der Kausalverlauf in seiner konkreten Gestalt70 • Die Konkretisierung des Kausalverlaufs ist eine methodische Erweiterung, die bereits Hartmann vorgeschlagen hat. Hiernach soll eine Handlung dann kausal sein, wenn "bei ihrem Wegfall der Erfolg entweder überhaupt nicht oder doch nicht auf dem Wege hätte eintreten können, wie er thatsächlich eingetreten ist" 71 • Diese Methode hat bereits Engisch, der demgegenüber die Konkretisierung des Erfolges ja energisch verfochten hat, als zirkulär stigmatisiert72 • Engisch hat dies am Scharfrichterfall und am Prügelfall demonstriert. Im Prügelfall verprügelt A den B und ruft seinen Freunden C und D zu, sie möchten ihm doch den in der Ecke stehenden Stock reichen. C und D greifen beide bereitwillig zu, C erwischt den Stock aber zuerst, weil er D wegstößt, und reicht ihn A, der diesen nun zur weiteren Körperverletzung einsetzt13 • Nun wäre der konkrete Erfolg- wie auch im Fallbeispiel I -ganz genauso eingetreten, wenn man sich C, im Beispiel A, hinwegdenkt Um also das erwünschte Ergebnis - Kausalität des C bzw. A - doch noch auf dem eingeschlagenen Weg der conditio-Methode zu erreichen, muß man mit der Konkretisierung vollends ernst machen und den Erfolg wie folgt darstellen: Auf die ganz konkrete Weise, nämlich durch A mittels des durch C gelieferten Stocks wäre die Körperverletzung nicht eingetreten, wenn C nicht den Stock geliefert hätte. Oder: Der Erfolg mittels der durch A getragenen Leiter wäre nicht eingetreten, wenn man sich das Leitertragen durch A hinwegdenkt Engisch weist also zu Recht auf die Zirkularität dieser Methode hin, denn dasjenige, um dessen mögliche Kausalität es geht, wird zunächst in die Beschreibung mit aufgenommen und damit als kausal vorausgesetzt. Denkt man sich nun genau diesen Faktor weg, so verbleibt gegenüber dem vorher gebildeten Kausalverlauf ein Minus, was die Kausalität des Faktors belegen soll. Wie bei der Methode der Konkretisierung des Erfolges resultiert Beliebigkeit: Der Einbruchdiebstahl wäre auch nicht auf 70 So Hartmann (1900), 77; Baumann/Weber/Mitsch, AT§ 14, Rdnr.19f.; Jalwbs AT7/15, 18; Mezger Stuß § 831; Roxin AT/1 11/20; Welzel Lb. § 911a); Schlüchter, JuS 1976, 378, 380f.; Ebert/ Kühl, Jura 1979, 561, 564; Roxin FS Miyazawa (1995), 501; Erb, (1991), 41 ff. und neuerdings Baunack ( 1999), 39: "Von besonderer Bedeutung ist daher bei der Beihilfe eine sachgerechte Konkretisierung des Kausalverlaufs". 11 Hartmann (1900), 77. 72 Engisch (1931), 16; vgl. auch Spende/ (1948), 32; Jescheck/Weigend AT §28 114 und zuletzt Sofas (1999}, 67ff. Zur Kritik vgl. auch RanftZStW 97 (1985}, 268, 285ff. 73 Vgl. Engisch (1931), 15.

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die konkrete Weise, nämlich bei Sonnenschein und während B ein blaues Hemd trug, eingetreten, wenn nicht die Sonne geschienen hätte bzw. die Ehefrau des B ihm das Hemd am Morgen bereitgelegt hätte. Ebenso wie bei der Konkretisierung des Erfolges, resultiert der sich aus der Zirkularität ergebende Vorwurf der Beliebigkeit daraus, daß keine Methode existiert, hier den konkreten Kausalverlauf, dort den konkreten Erfolg so zu beschreiben, daß die Beschreibung allgemeingültig ist. Allgemeingültigkeit bedeutet, daß unabhängig von dem jeweils erbrachten Beitrag und dem Bedürfnis, intuitiv als solche erkannte Ersatzursachen auszuscheiden, feststeht, was der relevante Erfolg ist. Denn dann wäre ausgeschlossen, durch Hinzufügen beliebiger Modalitäten zu konkretisieren und so auch solche Umstände mit in die Erfolgsbeschreibung aufzunehmen, die gerade kausal auf den fraglichen Beitrag zurückzuführen sind. Gleichfalls müßte auch feststehen, wie der Kausalverlauf genau auszusehen hat, damit man nicht in die Gefahr geriete, den präsumptiven Beitrag selbst um seiner Kausalität willen in die Beschreibung des Kausalverlaufs aufzunehmen. Toepel rechtfertigt die Erfolgs- und Handlungskonkretisierung damit, daß mit ihrer Hilfe Ersatz- von wahren Ursachen geschieden werden können: "Scheitert die Prüfung mit der conditio- Formel, wenn man den Erfolg nur mit seiner tatbestandlieh relevanten Eigenschaft beschreibt, weil eine Ersatzursache bereitsteht, nur dann darf konkretisiert werden." 74 • Toepel entwickelt sodann ein Verfahren, Ersatzursachen zu erkennen: Komme man nämlich mit der conditio - Prüfung nicht zur Feststellung der Kausalität, so müsse man sich die Frage stellen, ob die Kausalität nur wegen des Vorhandenseins einer Ersatzursache scheitere. Eine solche erkenne man daran, daß die Kausalität der richtigen Ursache im Verfahren des conditio - Methode dann zu bejahen sein muß, wenn man sich die Ersatzursache ganz wegdenke. Dann und nur dann, wenn solchermaßen Ersatzursachen ausgemacht sind, dürfe und müsse man konkretisieren75, und zwar nur so weit, wie dies zur Differenzierung notwendig sei76 •

Allerdings setzt Toepel damit bereits das Wissen um die Existenz und die Identifizierung der Ersatzursache voraus. Ist aber bekannt, was Ursache und was Ersatzursache ist, dann benötigt man auch keine Konkretisierung mehr, um genau dies in Erfahrung zu bringen. Das vorgeschlagene Verfahren ist also, gemessen am eigenen Anspruch der Methode, Kausalität feststellen zu können, ohne Aussagekraft Denn genausogut wie man auf diese Weise die Kausalität des einen Umstandes ("Ursache") unter Außerachtlassen der Existenz der ,,Ersatzursache" feststellen kann, kann man auch die Kausalität der Ersatzursache unter Außerachtlassen der "Ursache" nachweisen. Es hängt eben davon ab, welchen Umstand man sich wegdenkt Den Anspruch, hiermit eine formale Bestimmung des Begriffs "Ersatzursache" vorgenommen zu haben, erfüllt die Methode Toepels nicht. Sie leistete das, was Toepel Toepel (1992), 79. Vgl. soweit Toepel (1992), 79f. 76 Toepel (1992), 71. 74

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an die Stelle des Begriffs Ersatzursache gesetzt sehen möchte, nämlich das Ausscheiden von einem "die Kausalerklärung störenden Faktor" 17• Da die Bestimmung dessen, was stört, und dessen, was gestört wird, aber der Methode nach Belieben des Prüfenden vorangeht, besitzt die Methode keinen Erkenntniswert. Hat man auf diese Weise die Existenz einer Ersatzursache herausgestellt, dann schließt sich, gleichsam zur Erfüllung der Prophezeiung, die Konkretisierung an. Auch dies ist letzten Endes zirkulär. Diese Zirkularität der so begründeten Konkretisierung wird deutlich, wenn man vor dem Hintergrund der geschilderten Rechtfertigung deutlich macht, was ihr Inhalt ist: Es wird eine konkrete Erfolgsgestalt herausgestellt, deren notwendige Bedingung der zu prüfende Umstand ist. Damit ist dieser Umstand "wirkliche Ursache" des Bedingten (q. e. d.). Die Umstände aber, die die konkrete Erfolgsgestalt ausmachen, sind genau deshalb Umstände dieser Erfolgsgestalt, weil nur bei ihrer Einbeziehung die "wirkliche Ursache" notwendige Bedingungen des Erfolges ist. Das eigentlich bemerkenswerte an diesem Rettungsversuch der conditio- Methode ist aber wohl, daß Toepel hiermit bereits vollständig den Standpunkt der Betrachtung des wirklichen Kausalverlaufs und der kausalen Erklärung eingenommen hat, jene Sichtweise, die gerade die Formel von der gesetzmäßigen Bedingung ausmacht, dazu sogleich unten I 2. Viel mehr als zur Stütze der Bedingungstheorie ist Toepels Argumentation also dazu geeignet, diese Theorie zu widerlegen. c) Korrektur durch das Außerachtlassen hypothetischer Kausalverläufe Eine weitere Möglichkeit, das unerwünschte Ergebnis zu korrigieren, daß Bedingungen, die nicht notwendig sind auch nicht kausal sind, geht auf Hartmann 18 zurück und wird von Engisch 79 aufgegriffen, der sich diese allerdings nicht zu eigen macht. Es handelt sich um die Anweisung, nichts hinzuzudenken, was nicht tatsächlich passiert ist, heute oft anzutreffen in dem Satz, daß ein Hinzudenken von Reserveursachen, die anstelle der wegzudenkenden Handlung wirksam geworden wären, unzulässig sei80; der Umstand, daß der Erfolg- wenn nicht durch dieses, danndurch ein anderes Ereignis eingetreten wäre, beseitige die Kausalität der realen "Bewirkungshandlung" nicht 81 • Spendet wählt in seiner sorgfältigen Untersuchung der logischen Zusammenhänge nach der conditio - Formel einen noch differenzierteren Ansatz, der partiell auf die oben geschilderte Korrektur hinausläuft: Er unterscheidet nämlich zwischen der positiven und der negativen Fassung der conditio-Formel. Positiv könne man die Toepel (1992), 80. Hartmann (1900), 73. 79 Engisch (1931 ), 16f. 80 BGHSt 2, 20; 13, 13; Baumann/Weber/Mitsch AT§ 14, Rdnr.l7 f.; Kühl AT§ 4, Rdnr.ll; Wessels/Beu/ke Rdnr.l61; Ebert/Kühl, Jura 1979, 561, 563. 8 1 Ebert/Kühl Jura 1979,561,563. 77

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Formel wie folgt fassen: Eine Bedingung ist dann kausal, wenn beim Hinwegdenken der Handlung der Erfolg entfällt; negativ: Eine Bedingung ist dann nicht kausal für den Erfolg, wenn beim Hinwegdenken der Handlung der Erfolg nicht entfällt. 82 Bezogen auf das "Prügel- Beispiel" Engischs (C stieß B beiseite und reichte A den Stock) findet man insoweit bei Spende!: "Das Fazit der Überlegung, auf das sich ein rabulistischer Verteidiger oder der C als Angeklagter dreist beruft: Nach der herkömmlichen positiven Conditio-sinequa-non-Formel kann der Kausalzusammenhang zwischen dem Tun des C und dem Erfolg nicht bejaht werden, ,folglich' (!) -auf diesem Schluß beruht die (stillschweigend oder ausdrücklich angewandte) negativ gefaßte Formel (eine Handlung nicht kausal, wenn ohne diese der konkrete Erfolg auch eingetreten wäre)- ist der Ursachenzusammenhang zu vemeinen" 83 (Hervorhebungen im Original). Spende! möchte nun die positive Fassung der Formel wie folgt gelten lassen: "Eine Handlung gilt dann als kausal, wenn ohne sie- unter alleiniger Berücksichtigung der dann übrigbleibenden, tatsächlich auch verwirklichten Umstände!- der konkrete Erfolg nicht eingetreten wäre" 84 • Im Gegensatz dazu soll nach Spende! der sog. negative Schluß aber nicht gelten: "Zwingend ist ein solcher hypothetischer Schluß von dem Nichtsein des Grundes auf das Nichtsein der Folge nur, wenn die Folge allein notwendig von einem und demselben Grunde abhängt(...) Dieses hypothetische Urteil (die negative Formel) beruht demnach auf der ,Umkehrung' des logischen Denkgesetzes vom zureichenden Grunde, indem man folgert: Mit der Aufhebung des Grundes ist auch die Folge aufgehoben (... ),ein solches Denkgesetz gibt es aber nicht. Während also die übliche positiv gefaßte Conditio-sine-qua-nonFormel (...) logisch zwingend ist, ist die negative Formel in ihrer üblichen Fassung unrichtig, logisch gesprochen: nicht notwendig" 85• Spendeis Ansatz ist in zweierlei Hinsicht der Kritik ausgesetzt, zum einen bezüglich der Geltung der (modifizierten) positiven Formel, zum anderen hinsichtlich des von ihm vorgeschlagenen Ausscheidens der negativen Formel:

Hinsichtlich der Geltung der modifizierten positiven Formel, die der o. a. Arbeitsanweisung entspricht, keine Reserveursachen hinzuzudenken, gilt, wie auch bei Toepels Methode zur Trennung von "wahren Ursachen" von "Ersatzursachen", daß es keine Berechtigung gibt, einige zur Zeit des Handeins bereits vorliegende Umstände, die den Erfolg in gleicher Weise und zur gleichen Zeit herbeigeführt hätten, unberücksichtigt zu lassen, andere dagegen einzubeziehen, es sei denn, man ist sich vorher darüber im Klaren, was Ersatzursache und was wahre Ursache ist. Wenn nun aber die conditio-Methode vorschreibt, danach zu fragen, ob der Erfolg bei HinwegSpendet (1948), 30ff. Spendet (1948), 31. 84 Spendet ( 1948), 38. 85 Spendet (1948), 40f. 82 83

5 Osnabriigge

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

denken der Bedingung entfiele, so lautet die Fragestellung doch, was passiert wäre, wenn gerade diese Bedingung nicht vorhanden gewesen wäre. Um das zu ermitteln, bleibt gar nichts anderes übrig, als etwas hinzuzudenken. Gegenstand der conditio- Methode ist gerade die Fragestellung "Was wäre wenn?". Das Verfahren läßt sich nicht durchführen, ohne sich nach Wegdenken der präsumptiven Bedingung etwas hinzuzudenken, was in der Wirklichkeit nicht (Standardfall) oder bisher unbeachtet war (alternative Kausalität) 86• In diesem Sinne hat bereits Engisch angemerkt, daß in der Anweisung, beim hypothetischen Eliminationsverfahren der conditio sine qua non alleine die tatsächlich verwirklichten Umstände zu berücksichtigen, bereits eine partielle Preisgabe der conditio-Formel liege: "Man macht mit dieser Formel nicht mehr ernst, wenn man nicht mehr fragt: Was wäre ohne das fragliche Verhalten geschehen? (wobei man die Wirkungsbereitschaft und Dynamik bereitstehender Ersatzfaktoren nicht unberücksichtigt lassen kann), sondern nur noch fragt: Was ist tatsächlich geschehen?" 87 • Weiterhin setzt die Anweisung Spendeis das Wissen darüber voraus, was man sich nicht hinzudenken darf. Dies wiederum setzt eine kausale Erklärung voraus. Mehr noch als die von Spendel vorgeschlagene Geltung seiner "positiven Formel" ist aber das Ausscheiden des negativen Schlusses als Korrektur der conditio - Formel ungeeignet. Es sei dazu der Grundlagen der conditio- Methode aus der Logik wie sie oben beschrieben wurden, erinnert: Für das Verhältnis zwischen Bedingung (B) und Erfolg (E) gilt demnach folgendes: Nur wenn B vorliegt dann E. Denn würde man die Existenz anderer Bedingungen zulassen, die den Erfolg herbeiführen, die hinweggedachte Bedingung also in ihrer Bedeutung für E ersetzen, dann käme es nicht zu der Feststellung, daß bei Hinwegdenken der Bedingung auch der Erfolg entfallt. Zwischen Bedingung B und Erfolg E gilt also: B +- E, B ist notwendige Bedingung für E. Hieraus läßt sich folgender Schluß ziehen: Liegt E vor, so muß auch B vorgelegen haben, also: Kein E ohne B. 88 Hierbei fallt auf, daß es gerade die von Spende/ so genannte "negative Formulierung" (besser: der negative Zurechnungswert, also der Schluß vom Nichtsein des Grundes auf das Nichtsein der Folge) der Formel ist, die die conditio- Methode ausmacht. Diese grundlegende Aussage der Bedingungstheorie, die auf der Verknüpfung "ist notwendige Bedingung von" beruht, gab gerade den Anlaß zur Erfolgskonkretisierung (der Erfolg wäre eben nicht genauso eingetreten, sondern geringfügig anders) und auch zur Korrekturform, um die es hier geht.

Vgl. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 869f. Engisch (1965), 130, Fn.288; ders. bereits in derersten Auflage (1950), a.a.O. So im Anschluß an Engisch auch: Roxin AT/1 § II , Rdnr. 13; Jescheck/Weigend AT§ 28 114; Art. Kaufmann, FS E. Schmidt (1961), 200, 209. 88 Vgl. oben I 1. 86 87

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Indem Spendet seine negative Formulierung, den Schluß vom Nichtsein der Bedingung auf das Nichtsein der Folge, als logische Verknüpfung ablehnt und also den Schluß, daß Kausalität dann ausscheidet, wenn beim Hinwegdenken der Handlung der Erfolg nicht entfällt, nicht gelten läßt, hat er die Grundfesten der Bedingungstheorie bereits eingerissen, nämlich die Verknüpfung "ist notwendige Bedingung von" (B +- E). Viel mehr als auf Grundlage der conditio-Formel neu aufzubauen hat sich Spende/ damit von dieser entfernt und die ihr zugrundeliegende logische Verknüpfung von Einzelursache und Erfolg aufgegeben. Inhaltlich ist damit bereits die Hinwendung zur Formel von der gesetzmäßigen Bedingung vollzogen.

2. Die Lösung des Leiterfalles nach der Theorie der gesetzmäßigen Bedingung Die heute wichtigste Gegenposition zur Bedingungstheorie ist die Theorie von der gesetzmäßigen Bedingung89. Diese geht zurück auf Engisch, der die These aufstellte, daß jedes Verhalten, das auf dem Weg über zeitlich nachfolgende Veränderungen mit dem Erfolgseintritt naturgesetzlich verbunden ist, mit diesem in einem Kausalzusammenhang stehe90• In der Literatur ist diese Auffassung heute weit verbreitet91.

a) Die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung nach Engisch Mit der Formulierung der "gesetzmäßigen" Verbindung zwischen Bedingung und Erfolg ist allerdings ein Terminus eingeführt, der als Ausdruck einer logischen Beziehung zwischen Bedingung und Erfolg nicht existiert. Nach den Regeln der formalen Logik kann eine Bedingung für einen Erfolg entweder notwendig oder hinreichend oder notwendig und hinreichend sein92 , nicht jedoch ganz allgemein "ge89 Der Begriff der "gesetzmäßigen Bedingung" ist heute gebräuchlich für die Formel Engischs, vgl. SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr. 41; Sch./Sch.-Lenckner Vor§ 13ff., Rdnr. 75; Jakobs AT7/12; Jescheck/Weigend AT §28 114 und 5; Kühl AT4/27; Roxin AT/I§ 11, Rdnr. I4; Wessels/Beulke Rdnr.159. Puppe, weist daraufhin, daß diese Betitelung unzutreffend ist: "Spricht man von einer Bedingung, ohne sie als notwendige oder hinreichende zu bestimmen, so handelt es sich nicht um eine Bedingung im logischen Sinne, sondern lediglich in dem umgangssprachlichen Sinne eines Begleitumstandes, etwa in Ausdrücken wie Lebensbedingungen oder Arbeitsbedingungen." 90 Engisch ( 1932), 35; ders. (1965), 131 ff. 9 1 SK-Rudolphi Vor§ I, Rdnr.41 ; Sch./Sch.-Lenckner Vor§ 13, Rdnr. 75; Jakobs AT7/12; Jescheck/Weigend AT §28 114; Kühl AT §4, Rdnr.22ff.; Roxin AT/I§ II, Rdnr.l4; Walder, SchwZStR 93 (1977), 112, 139; Art. Kaufmann, FS E. Schmidt (1961), 200,210. 92 Klug (1982), 42ff. Die letztere Beziehung (notwendig und hinreichend) liegt vor, wenn eine Bedingung hinreichend und gleichzeitig notwendig ist, die Verknüpfung lautet: stets dann und nur dann wenn B vorliegt, folgtE, Herberger/Simon, Wissenschaftstheorie, 50ff. Klug ( 1982), 43 formuliert als Beispiel: Die Geburt [B] ist gern. § 1 BGB hinreichende und notwendige Bedingung für die Rechtsfähigkeit des Menschen [E]. Dieses Beispiel von Klug istjedoch

5*

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setzmäßig". Selbst wenn man mitErb den Begriff der Bedingung als ,,Einzelursache für einen bestimmten Erfolg nach Naturgesetzen" 93 verstehen wollte, führt dies nicht weiter, weil nach wie vor offen bleibt, welches Bedingungsverhältnis durch das Naturgesetz begründet werden soll 94 • Um die Formel nach Engisch also in den Rahmen allgemeiner Übereinkünfte der Wissenschaft zu setzen, muß das logische Verhältnis benannt werden, das sie zur Feststellung der Kausalität zwischen Bedingung und Erfolg erfordert. Die Anhänger der Theorie bleiben diese ausdrückliche Benennung schuldig 95 • Nach anderen geläufigen Formulierungen soll sich die Kausalität nach der Formel von der gesetzmäßigen Bedingung aber danach bestimmen, " ... ob sich an eine Handlung zeitlich nachfolgend Veränderungen angeschlossen haben, die mit der Handlung nach den uns bekannten Naturgesetzen notwendig verbunden waren" 96 • Wenn danach eine (zeitlich nachfolgende) Veränderung (E) notwendig auf die Bedingung (B) folgt, so gilt: Immer wenn B vorliegt, folgtE. Eine solche Verknüpfung wird in der formalen Logik dargestellt mit B -+ E und bezeichnet als "hinreichende Bedingung" oder "Implikation" 97 • Eine Implikation hat folgenden Wahrheitswert98: B

E

B-+E

w

w

2.

w w

3. 4.

1.

F

F

F

w

F

F

w w

Abbildung 2

wobei W für "Wahr" und F für ,,Falsch" steht. nicht zu Unrecht eines, das analytisch ist, es beschreibt nur eine bestehende Gesetzessituation. Bei der strafrechtlichen Zurechnung hat man es dagegen mit einer Verknüpfung nach einer naturwissenschaftlichen Kausalität (Engisch [1931], 21; einschränkend: ders. [1965], 111, 126 ff.) zu tun, bei der Äquivalenz eheruntypisch ist. Das Auftreten einer logischen Äquivalenz kann daher als Anzeichen einer tautologischen Kausalerklärung gedeutet werden: Ist nämlich die Verletzung durch B mittels des von C gelieferten Knüppel nur erklärbar, weil C den Knüppel geliefert hat, dann ist die Lieferung des Knüppels durch C nicht nur notwendige Bedingung, sondern auch notwendige und hinreichende Bedingung, also äquivalent. Was aber von dieser Beschreibung des Erfolges und des dahin führenden Kausalverlaufs zu halten ist, wurde bereits oben gezeigt. 93 Erb, JuS 1994, 449, 452, Fn. 24. 94 Vgl. Puppe, Jura 1997,408,414. 95 Hierauf weist schon NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 93; dies., Jura 1997,408,414 hin. 96 Jescheck/lVeigend AT§ 28 114; Kühl AT§ 4, Rdnr. 22; Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 14. 97 Herberger/Simon (1980), 45ff.; Klug (1982), 42. 98 Nach Herberger/Simon (1980), 45.

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Es findet sich in dieser Wahrheits wert-Tabelle der Implikation insbesondere die auch von Jescheck/Weigend u. a. hergestellte Verknüpfung, daß bei Vorliegen der Bedingung die Veränderung notwendig eintritt (Zeile 1.) 99 • Damit ist die Aussage, B ist hinreichende Bedingung für E, mehr als eine Tatsachenbeschreibung wenn sowohl B als auch E wahr sind. Sie erlaubt vielmehr auch eine Prognose, daß immer dann, wenn B vorliegt, auch E eintreten wird. Liegt dagegen eine Bedingung B vor, der Eintritt der Veränderung E kann aber nicht festgestellt werden, so ist B keine hinreichende Bedingung für E (Zeile 2.). Das Vorliegen der Veränderungtrotz FehJens der Bedingung macht die Implikation nicht unwahr (Zeile 3.). Denn die Bedingung ist eben keine notwendige. Dies verdeutlicht nochmals, daß die Erkenntnis, daß die Veränderung auch ohne die zu prüfende Bedingung eingetreten wäre, die Kausalität der zu prüfenden Bedingung nicht ausschließt. Gleichzeitig gilt, daß der Schluß von der Veränderung auf die Bedingung nicht statthaft ist 100• Grundlage der Formel von der gesetzmäßigen Bedingung ist somit eine andere Verknüpfung zwischen Ursache und Erfolg als sie die Bedingungstheorie vornimmt, nämlich diejenige der hinreichenden Bedingung. Verglichen mit der Bedingungstheorie ist mit der Theorie von der gesetzmäßigen Bedingung die Wendung Spendels101 abgebildet, gleichwohl die zeitliche Folge natürlich umgekehrt war: Statt alles andere als den zu dem zu erklärenden Erfolg führenden Kausalverlauf in den Blick zu nehmen (so die Bedingungstheorie mit der Anweisung, sich das zu Erklärende hinwegzudenken), werden nun nur die präsumptive Bedingung, die mit ihnen notwendig naturgesetzlich verbundenen weiteren Bedingungen und der tatbestandliehe Erfolg in Augenschein genommen. Statt hypothetische Kausalverläufe zum Gegenstand der Betrachtung zu machen, wird hier auf den wirklichen Kausalverlauf abgestellt. Die Probleme, die dazu führen, daß die Bedingungstheorie als Kausalitätstheorie abzulehnen ist, treten mit der Theorie von der gesetzmäßigen Bedingung nach Engisch nicht auf, vgl. Zeile 3 der Abbildung 2. Gibt man mit der Formel das Verhältnis zwischen Bedingung (B) und Erfolg (E) an, so gilt die Verknüpfung, daß auf B notwendig E folgt, nur für eine Gesamtursache, nicht aber für jede einzelne Bedingung. Bildlich gesprochen: Daß der Lieferant einer Pistole, mit der 0 erschossen wird, kausal für den Tod ist, leuchtet ohne weiteres ein, läßt sich aber nicht im Sinne einer Implikation zwischen der Lieferung der 99 In diesem Sinne Weinberger (1989), 349 f., der schreibt: "Ursache von A sind ... nur jene, die dazu genügen, das Eintreten der Wirkung B notwendig zu machen." 100 So auch ausdrücklich Puppe, SchwZStR 107 (1990), 141, 148; a. A. aber wohl Jakobs AT7/12, Fn. 14: "Dabei kann von einer Bedingung auf den Erfolg geschlossen werden (Beispiel: Die herabstürzende Vase muß zerschellen) oder vom Erfolg auf die Bedingung (Beispiel: Die zerschellte Vase muß herabgestürzt sein)." Die Vase kann aber auch von jemandem zerschlagen worden sein. Jakobs beschreibt hier im Hinblick auf die Theorie Engischs das logische Verhältnis falsch, wie man an der Wahrheitswert-Tabeile ablesen kann. Ob er wirklich eine Bedingung mit der Verknüpfung der Äquivalenz (B - E) fordern möchte, darf bezweifelt werden. 101 Spende/ (1948), 38; Engisch demgegenüber aus dem Jahre 1931.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Pistole und dem Tod feststellen; das hinreichende Bedingungsverhältnis gilt nur im Rahmen der Gesamtursache des Todes, in der neben der Lieferung der Waffe auch deren Benutzung vorkommt. Die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung trifft damit im Hinblick auf den tatbestandliehen Erfolg nur eine Aussage zur Gesamtursache und läßt die Frage, in welchem logischen Verhältnis die Einzelursache zum Erfolg stehen muß, offen. Zwar könnte man die Einzelursache lokalisieren als einen Bestandteil der Gesamtursache. Aber auch damit ist über das logische Verhältnis zwischen Einzelursache und Erfolg nichts gesagt. So ist wohl auch der Einwand Spendeis zu verstehen, daß die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung keine Formel in dem Sinne bildet, daß aus ihr heraus unmittelbar die Kausalität bestimmbar wäre 102• Der zweite, von Engisch 103 bereits antizipierte Einwand Spendeis gegen die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung scheint auf den ersten Blick durchgreifend zu sein: Die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung unterscheide sich nicht von der conditio- Methode, denn auch nach ihr müsse man gedanklich einzelne Bedingungen eliminieren, um die Gesetzmäßigkeit zu prüfen 104• Die Feststellung der Gesetzmäßigkeit der Aufeinanderfolge der Erscheinungen setze die Beantwortung der Frage der conditio sine qua non voraus 105• Die von Engisch bereits vorweggenommene Erwiderung auf diesen von ihm antizipierten Einwand überzeugt Spende/ nicht, und dies zum Teil zu Recht. Engisch führt nämlich auf, daß das von ihm in Bezug genommene Naturgesetz auf dem Wege des Experiments gewonnen werde, bei dem ein Tatsachenkomplex (K) "bald in, bald außer Verbindung mit einem hinsichtlich seiner Ursachenqualität interessierenden Moment U auf seine Folgen ..." untersucht wird. Soweit sich nun die Folge F nicht an K alleine, sondern nur an K in Verbindung mit U anschließe, so stelle sich die Frage, ob das nicht auch heiße: "F ist- K vorausgesetzt- nicht ohne U", und ob dieses "Fist nicht ohne U" nicht doch wieder auf die Formel von der conditio sine qua non hinausläuftHl6. Nun ist zweierlei zutreffend, erstens daß der Schluß ,,Fist nicht ohne U" U als notwendige Bedingung für F postuliert, aber zweitens auch, daß dies kein legitimes Ergebnis des besagten Experiments ist. Denn dieses läßt lediglich den Schluß zu, daß U (in Verbindung mit K) hinreichend für Fist: Immer wennKund U dann F. Nicht aber: Kein F ohne U, vgl. Zeile 3 der Abbildung 2. Der Einwand also, dies sei genau die Aussage der conditio- Methode, beruht auf einer falschen Interpretation des besagten Experiments. Eine Antwort auf die Frage, die die conditio sine qua non stellt, nämlich "Bleibt Fauch dann, wenn ich mir U hinwegdenke?" kann das Experiment nicht geben und, in einem Antropomorphismus gesprochen, will es auch nicht107• Spende/ (1948), 87. Engisch ( 1931 ), 24. 104 Spende/ (1948), 87 f. Ios So formuliert Engisch (1931 ), 24 den möglichen Einwand gegen seine Theorie, den Spende/ dann auch aufgreift. 106 SoweitEngisch (1931), 24f. 107 Vgl. zu dem Erkenntniswert eines naturwissenschaftlichen Experiments auch Maiwald (1980), 15f. 102 103

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Engisch scheint sich nun auch von dieser Aussage distanzieren zu wollen, indem er sagt: ,,Zunächst einmal darf das ,K bewirkt F nur in Verbindung mit U' nicht dahin gedeutet werden, daß K in keiner anderen Verbindung als in der mit dem Moment U die Folgeerscheinung F nach sich ziehe(... ) Die Umkehrung des Satzes gleiche Ursachen haben gleiche Wirkungen, ist untersagt ( ...)" 108 • Gleichwohl macht sich Engisch diesen "falschen" und in logischer Hinsicht auch seinen Standpunkt nicht richtig beschreibenden Satz zu eigen, indem er weiter sagt: "K bewirkt F nur in Verbindung mit U, bedeutet also nach seiner negativen Seite hin nicht, daß K in keiner anderen Verbindung als der mit U zu F führe, sondern ausschließlich, daß der Komplex K, so wie er im Experiment vor Einführung des U angesetzt ist, nicht allein zu F hinführt." 109• Aber das ist, nur auf die Logik der Aussage abgestellt, nicht eindeutig, denn "K bewirkt F nur in Verbindung mit U" bedeutet, betrachtet man den Satz als Verallgemeinerung, genau das, was Engisch hierin nicht sehen möchte. Engisch möchte den Satz auf das Experiment beziehen, Spendet erblickt, wie gezeigt im Gegensatz zur Intention Engischs, in ihm die naturgesetzliche Formulierung, die man aus dem Gesetz zu ziehen hoffte. Ware die Aussage "Kein F ohne K und U" in der Verallgemeinerung das Ergebnis des Experiments, so würde das Naturgesetz eine notwendige Bedingung konstatieren und Spendet hätte Recht, daß im Falle der Anwendung dieses Gesetzes die logische Verbindung zwischen Ursache und Folge mit derjenigen der Bedingungstheorie gleich wäre. In der Fassung Engischs aber ist dies gerade nicht der Fall.

Daß kein Unterschied zwischen der conditio- Methode und derjenigen Engischs bestehe, macht Spendet noch an zwei weiteren Argumenten fest: Zum einen knüpft er an den zuletzt zitierten Satz Engischs an, daß das Experiment nicht so gedeutet werden könne, daß K in keiner Verbindung als mit U F bewirke, und stellt die Behauptung auf: "Das braucht man( ...) auch nach der conditiosine-qua-non-Formel nicht anzunehmen"u 0• Aber auch das stimmt nicht. Nimmt man die conditio- Methode ernst, so muß man genau diesen Satz "K bewirkt F nur in Verbindung mit U" annehmen, um Kausalität zu bejahen. Anders verhält sich dies in der Tat nach Spendeis Modifizierung, denn er lehnt die sog. "negative Form" (also den Replikationsschluß, die Feststellung einer notwendigen Bedingung) der conditio- Methode ja bekanntlich ab 111 • Allerdings wurde schon festgestellt, daß Spende/ sich damit genau in die Linie der Theorie der hinreichenden Bedingung begibt und die Kernaussage der Bedingungstheorie aufgibt. Es verwundert also nicht, daß er unter diesen Bedingungen keinen Unterschied mehr zwischen seiner Form der Bedingungstheorie und dem Ansatz Engischs feststellen kann. Zum anderen begründet Spendet anknüpfend an die Beschreibung des Experiments Engischs seine Identitätsvermutung wie folgt: ,,Es ist aber nicht verständlich, Engisch (1931), 25. Engisch (1931), 25. 11 0 Spende/ (1948), 88. 111 Spende/ (1948), 40f., vgl. dazu näher schon oben I l.c). 108

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wie man einen konkreten strafrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt, der im Wege des Experiments als ,Tatsachenkomplex K bald in bald außer Verbindung mit einem hinsichtlich seiner Ursachenqualität interessierenden Moment U auf seine Folgen' (Engisch) zu prüfen ist, anders untersuchen will, als daß man das interessierende Verhalten U durch Wegdenken ausscheidet. Man kann schließlich nicht, wie bei einem naturwissenschaftlichen ,Experiment', K mit oder ohne U ,aufbauen' und nochmals ,in Wirklichkeit' so beide Male ,ablaufen' lassen, sondern muß ein solches Eliminationsverfahren eben ,in Gedanken' durchführen!"m. Dieser Einwand beruht auf einem Mißverständnis. Engisch beschreibt hier gar kein Gedankenexperiment zum konkreten Fall. Die zitierten Ausführungen stehen in einem Abschnitt, der sich mit der Frage beschäftigt, was Engisch im Zusammenhang mit der gesetzmäßigen Verknüpfung unter "Gesetz" versteht. Er beschreibt hier den Ablauf eines naturwissenschaftlichen Experiments, dessen Ziel es ist, ein solches Gesetz zu gewinnen, und sein Bestreben ist es zu zeigen, daß hiermit immer nur Bedingungen als hinreichend, abweichend zur conditio- Methode dagegen niemals als notwendig erkannt werden können. Im Gegensatz zum Gedankenspiel der conditio- Formel hat das naturwissenschaftliche Experiment gerade den Vorzug, die Wiederholbarkeil der jeweiligen Versuchsanordnung sicherzustellen und vermag damit gerade das Merkmal der "Gesetzlichkeit" der Aufeinanderfolge deutlich zu machen 113• Diebeschriebene Anordnung des Experiments bei Engisch beschreibt ein solches naturwissenschaftliches Experiment und nimmt auch ausdrücklich Bezug 114 auf Mill 115 • Es ist also bei den Einwänden Spendeis keiner zu finden, der tatsächlich gegen die Theorie von der gesetzmäßigen Beziehung spräche. In ähnlicher Weise behauptet auch Toepel, daß zwischen Bedingungstheorie und Theorie der gesetzmäßigen Bedingung kein Unterschied bestehe 116: "Der Jurist steht meist vor der Situation, daß eine bestimmte Veränderung mit einem bestimmten vorangegangenen Täterverhalten in Verbindung gebracht werden muß. Das Vorliegen der Veränderung ist bekannt, ebenso das Taterverhalten. Wissen möchte der Jurist nun nur noch, ob die Veränderung deswegen eingetreten ist, weil das Taterverhalten vorher stattgefunden hat. Die Folgen des Täterverhaltens sollen gewissermaßen von den übrigen Geschehnissen der Welt isoliert werden. Und dies bedeutet nichts anderes, als daß man danach fragt, ob das Geschehen sich anders weiterentwickelt hätte, wenn das Täterverhalten nicht stattgefunden hätte" 117 • Wenn es bei Engisch aber heißt" (... )[Es] ist( ... ) nicht der ErfolgE um deswillen die Wirkung von [B], weil er ohne [B] nicht eingetreten wäre, sondern eher umgeSpende/ (1948), 88. Maiwald (1980), 15. Die Anführungsstriche der "Gesetzlichkeit" beziehen sich auf die bekannte Unsicherheit des lnduktionsschlusses; vgl. dazu Hume (hrsg. 1967), 4. Abschnitt 1. Teil (S.43f. in der zitierten Ausgabe) und Maiwald (1980), 18f, 47ff. !1 4 Engisch (1931), 24, Fn. 1. 11s Mill (1900), 278ff. (Chapter VIII). !1 6 Toep el (1992), 57f. 117 Toep el (1992), 57. ll 2

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kehrt: E wäre ohne [B] nicht eingetreten, weil [B] Ursache für E war ..." 118, so bedeutet dies, daß die Frage, ob E nun auch ohne B eingetreten wäre oder nicht, gar nicht gestellt zu werden braucht. Alleine entscheidend ist die Feststellung, daß B Ursache von E war. Und dies ermittelt Engisch eben nicht durch Bildung eines kontrafaktischen Konditionalsatzes, sondern durch das Beschreiben eines Natur- (Erfahrungs-) Gesetzes und Subsumtion der tatsächlichen Gegebenheiten darunter. Der Schluß Toepels also, daß dies nichts anderes bedeute, als danach zu fragen, ob das Geschehen sich anders weiterentwickelt hätte, wenn das Täterverhalten nicht stattgefunden hätte, ist falsch. Diese Frage stellt sich nach der Theorie der gesetzmäßigen Bedingung gerade nicht 119 • Es bleibt bis hierher also bei der Feststellung, daß die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung gegenüber der Bedingungstheorie den Vorzug bringt, sich von der hypothetischen Fragestellung und dem Glauben, Kausalität auf rein logisch-analytischer Basis feststellen zu können ab- und der kausalen Erldärung 120 auf empirischer Basis zugewandt zu haben. Ebenso aber verbleibt es bei der Kritik, daß die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung nicht das logische Verhältnis zwischen Einzelursache und Erfolg angibt. Puppe hat deswegen auch gegen die Formulierung der Theorie nach Engisch eingewandt, daß Bestandteil einer hinreichenden Bedingung zu sein nicht ausreicht, um die Ursachenqualität eindeutig festzustellen: "Wenn ein Satz eine nach einem allgemeinen Gesetz zureichende Bedingung für irgendeinen Erfolg beschreibt, so tut das auch jeder andere Satz, der diesen impliziert, auch wenn er darüber hinaus noch weitere Behauptungen enthält( ...) Das Erfordernis, Bestandteil einer hinreichenden Bedingung zu sein, ist also offensichtlich zu schwach, um als Explikation der Kausalität von Verhalten im strafrechtlichen Sinne zu dienen" 121 • Tatsächlich ist eine nach allgemeinen Gesetzen hinreichende Bedingung für einen Erfolg auch dann noch hinreichend, wenn man zu ihrer Beschreibung beliebige Tatsache hinzufügt; es dürfen lediglich keine den Erfolg hindemden Tatsachen sein, die die Kausalerldärung unschlüssig machen. Verbindet man mit einem Satz, der eine hinreichende Bedingung für einen Erfolg angibt, irgendeine andere Bedingung oder einen anderen Satz, so erhält man wieder eine hinreichende Bedingung. Betrachtet man das Fallbeispiel I, so ist eine Gesamtbedingung, die etwa die Einzelbedingungen "Vorhandensein einer Leiter, A trägt diese Leiter zum Tatort und lehnt sie an die Engisch (1931), 18. Diese Frage wird sich dagegen der Naturforscher bei Ermittlung des Gesetzes gestellt und sie sodann experimentell überprüft- Versuch der Falsifizierung- haben. Der Jurist dagegen arbeitet nur noch mit der positiven Anwendung. Er findet da Naturgesetz mit seiner jeweiligen Konsequenz vor und vergleicht seinen Sachverhalt damit. 120 Der Begriff der ,,kausalen Erklärung" wurde eingeführt von Popper (1984), 32 und Vorauflagen ( 1934): "Kausalsatz nennt man einen Satz, der behauptet, daß jeder beliebige Vorgang ,,kausal erklärt", d. h., prognostiziert werden kann" und aufgegriffen bereits von Hempel/Oppenheim, Philosophy of Science 15 (1948), 135, 139: "causal explanation". 121 Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 867; so auch Sofas (1999), 108. 11s

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Hauswand" enthält, hinreichend dafür, daß B in das fremde Haus einsteigt und dort stiehlt. Die Tatsache eines Einbruchdiebstahls läßt sich durch diese Gesamtbedingung hinreichend erklären. Die Erklärung des Erfolges im Einzelfall wird jedoch auch dadurch nicht unschlüssig (die Bedingungskette bleibt also hinreichend), wenn man die Tatsache, daß A ein blaues Hemd trug, mit in die Erklärung aufnimmt. Damit wäre aber auch das blaue Hemd Bestandteil einer hinreichenden Erfolgserklärung. Letztlich bezeichnet im Rahmen der Theorie der gesetzmäßigen Bedingung der Begriff "Bedingung" nur noch ein Verhältnis von antecedens und postcedens, also einen zeitlichen Ablauf, im Optimalfall zwischen Versuchsbeginn und Erfolgseintritt. Eine Isolierung der Einzelursache mit dem Ziel der Ausscheidung von Ersatzursachen ist damit genauso wenig geleistet wie die Bestimmung der relevanten von mehreren kumulativen Ursachen. b) Fortführung der Theorie nach Puppe Der obigen Kritik Rechnung tragend hat Puppe eine Verbesserung der Theorie der gesetzmäßigen Bedingung vorgeschlagen, die die Regeln für die Feststellung der Kausalität eines Verhaltens für einen strafrechtlich relevanten Erfolg so formuliert, daß sie den bisherigen intuitiven Urteilen möglichst entsprechen 122• Gleichzeitig hat sie damit die Methode Engischs fortentwickelt und präzisiert. Puppe erinnert daran, daß Gesetzmäßigkeilen nicht auf den Einzelfall bezogen sein können. Der singuläre Satz B -+ E ist immer wahr, wenn B und E wahr sind, er gibt deshalb für die Kausalität nichts her. Ein Satz aber der Art "Immer wenn A dem B eine Leiter zu einem Haus trägt und(... ), dann begeht B einen Einbruchsdiebstahl" stellt keine praktikable und sinnvolle Abwendung vom Einzelfall dar. Denn im Gegensatz zu einem naturwissenschaftlichen Experiment, bei dem es Ziel ist, die Rahmenbedingungen reproduzierbar zu gestalten, ist dies im strafrechtlichen Bereich nicht möglich. Eine Aussage darüber, was passierte, wenn man die Situation mit denselben strafrechtlichen Zurechnungssubjekten öfters "durchspielen" könnte, ist hypothetisch. Puppe hat deshalb Engischs Satz von der gesetzmäßigen Verbindung von Ursache und Folge zunächst wie folgt präzisiert: "Eine kausale Erklärung eines singulären Ereignisses wird dadurch gegeben, daß man ein Kausalgesetz angibt, unter das jenes Ereignis als Folge und bestimmte wirklich gegebene Antecedentien des Ereignisses als Ursache subsumierbar sind" 123• Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen zur Kausalität ist die Theorienbildung der Naturwissenschaften 124 und die Feststellung, daß eine kausale Erklärung Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 864; Sofos (1999), 107. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 874; vgl. hierzu auch Hempel (1966/1974), 72ff. 124 Einegenaue Darstellung findet sich, abgesehen natürlich von der unten in Bezug genommenen Literatur, bei Stegmüller ( 1983 ), 113 ff. und Sofos ( 1999), 22 ff. 122

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ein Unterfall der wissenschaftlichen Erklärung ist. Der Naturwissenschaftler stellt ans (prinzipiell vorläufige 125) Ende seiner Überlegungen eine Theorie der Art, daß aus einer bestimmten Art und Anzahl von Allteeedens - Bedingungen eine Folge notwendig folgt. Zur kausalen Erklärung eines Ereignisses E,., bei dem es sich um ein Ereignis an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit handelt 126, sind nach dem Schema Hempel- Oppenheims 127 (H-0 Schema) zwei Klassen von Aussagen zu bilden: zum einen die Antecedensbedingungen A 1.....A. des Ereignisses E. (also die tatsächlichen Umstände 128), zum anderen die Gesetzmäßigkeit G 1..... G.-. E 129, wobeiEals die naturwissenschaftlich bestätigte Folge der Gesetzmäßigkeit G 1.....G. bezeichnet wird. G 1.....G.-+ Eist nun umzuwandeln in ein Minimalgesetz130. Hiermit wird sichergestellt, daß das Gesetz keine Überbedingung enthält, also dem Umstand Rechnung getragen, daß eine Gesetzmäßigkeit auch dann noch hinreichend bleibt, wenn man ihr eine beliebige zusätzliche, den Erfolg nicht hindernde Bedingung beifügt. Als überflüssig erkennt man im Gesetz eine Bedingung, wenn das Gesetz auch ohne sie gilt. Ob ein Minimalgesetz angegeben ist, kann man im optimalen Fall anhand der eigenen Erfahrung überprüfen, indem man 125 Seit Popper (1984), 47ff., 54f., wird eine Theorie nie als wahr, sondern nur als -vorläufig -noch nicht falsifiziert akzeptiert. 126 Hempel ( 1966/1974), 74 sieht noch weitere Möglichkeiten vor, z. B. in der Natur vorgefundene Regelmäßigkeiten. Strafrechtlich relevant werden freilich nur Einzelereignisse, an die das StOB eine Rechtsfolge knüpft. 127 Hempel/Oppenheim, Philosophy of Science 15 (1948), 135, 136ff., 138; vgl. Stegmüller (1983), 120ff.; Popper (1984), 31 ff. 128 Hempel (1966/1974), 73, betiteltE, mit ,,Explanandum-Phänomen", A 1..... A.mit ,,Explanandum-Satz" und G1.....G. mit "Explanans-Satz". Dies weicht von der herkömmlichen, von Hempel/Oppenheim geprägten Bezeichnung ab. Hiernach werden beide Klassen von Aussagen, die das Explanandum (das zu erklärende Ereignis E.) erklären, nämlich Antecedensbedingungen einerseits und allgemeines Gesetz andererseits als Explanans bezeichnet. Das Explanandum ist damit nur das zu beschreibende Ereignis. Vgl. Hempel/Oppenheim, Philosophy of Science XV (1948), 135, 137; Stegmüller (1983), 124. Es soll dabei belassen werden, den Explanandum-Satz (Hempel) als ,,Antecedensbedingungen" zu bezeichnen und die Explanans-Sätze (Hempel) mit ,tzllgemeinem oder Naturgesetz", weil diese Bezeichnung die Zusammenhänge für die Belange dieser Arbeit besser verdeutlicht. 129 Hempel (1966/1974), 73: ,,Explanans-Sätze". 130 Stegmüller (1983), 593: ,,Mindstbedingung"; Hempel (1977), 17ff. ,,minimal covering law" =minimales umfassendes Gesetz; Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 877. Stegmüller richtet sich gegen das Postulat nach einem Minimalgesetz im Rahmen des H-0 Schemas: ,,Eine derartige Zusatzforderung aufzustellen, wäre auch widersinnig: Sofern ein Gesetz G in den umfassendsten Rahmen einer Theorie T eingebettet werden kann, muß überall dort, wo G für Erklärungs- und Voraussagezwecke benützbar war, statt dessen auch die allgemeine Theorie T verwendbar sein." Aber in unserem Zusammenhang ist es entscheidend, keine überbedingte Beschreibung des allgemeinen Gesetzes zuzulassen, damit auch die Kausalhypothese keine Überbedingungen enthält. Nur so kann sichergestellt werden, daß nur solche Bedingungen als kausal identifiziert werden, die eine bestimmte Bedeutung für die Folge haben, nämlich in diesem Sinne notwendig sind, daß die konkrete Kausalhypothese ohne sie unschlüssig wird. Stegmüller übersieht, daß eine hinreichende Erklärung auch dann noch hinreichend bleibt, wenn man ihr eine beliebige zusätzliche Bedingung beifügt.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

probeweise die eine oder andere Bedingung aus dem Kausalgesetz streicht und überprüft, ob es schlüssig bleibt. Ist dies der Fall, so kann die Bedingung endgültig aus dem Gesetz gestrichen werden. Ist dies nicht der Fall, so gehört sie in die Erklärung. Die Klasse der Antecedensbedingungen, die man nach dem eigenen Arbeitsprogramm mit dem Naturgesetz abgleicht, wird als Kausalhypothese bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die Arbeitshypothese, daß bestimmte Umstände, Handlungen o. ä. kausal sind für ein bestimmtes, zu erklärendes Ereignis. Dabei muß die Kausalhypothese wahr sein, nicht in dem Sinne, daß sich aus den Prämissen tatsächlich die Konsequenz ergeben muß, sondern in dem Sinne wahr, daß alle beschriebenen Umstände wirklich bestehen müssen, also wahr sind. Zu einer Aussage bezogen auf den konkreten Einzelfall gelangt man, indem man die Klasse der Antecedensbedingungen vergleicht mit (subsumiert unter die 131 ) Minimalgesetzmäßigkeit:

Abbildung 3

Antecedensbedingungen, die in der (Minimal-)Gesetzmäßigkeit nicht vorkommen, sind aus der Reihe der Antecedensbedingungen zu streichen: G 1 + G2 + G 3 + G4

~

A 1 + A 2 + A 3 + A4 +

E

/s + /4, ~ E.

Abbildung 4

Wird Übereinstimmung zwischen Antecedensbedingungen und Gesetzmäßigkeit erzielt, so folgt: A 1••••• A. ~Ex oder: Alle Antecedensbedingungen sind notwendige Bestandteile einer hinreichenden Gesamtbedingungfür die Folge Ex. Zu dieser Feststellung, die in strafrechtlichem Kontext, etwa lauten könnte, alle A 1••••• A. sind kausal für den Erfolg, kommt man jedoch erst und nur dann, wenn auch E, unterE subsumiert wurde, also festgestellt wurde, daß der Endpunkt der Kausalhypothese (E.) zur Klasse E und, da E ein Erfolg des StGB ist (z. B. der des § 303, die Beschädigung einer Sache), gleichzeitig zur Klasse der strafrechtlich relevanten Erfolge gehört. 13 1 Der Begriff der Subsumtion ist für den Vorgang des Vergleichs von Antecedensbedingungen und allgemeinem Gesetz bereits von Hempel/Oppenheim, Philosophy of Science XV (1948), 135, 136 geprägt worden: "Thus, the event under discussion ist explained by subsuming it under generallaws".

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Erklärungen dieser Art werden Erklärungen durch deduktive Subsumtion unter allgemeine Gesetze genannte oder deduktiv-nomologische Erklärungen einer Tatsache (z. B. E,) mittels einer Gesetzmäßigkeit (G 1••••• G ..... E) 132• Die Anwendung der Methode setzt zunächst nomologische, strikte Gesetze voraus, unter die die Antecedensbedingungen subsumiert werden können. Es scheint Einigkeit zu bestehen, daß unterschieden werden kann zwischen determinierenden Naturgesetzen und Gesetzen probabilistischer Gestalt 133 • Ein Naturgesetz im strengen Sinne soll demnach eine Aussage dergestalt sein, daß wo und wann auch immer Bedingungen einer bestimmten Art zusammentreffen, immer und ohne Ausnahme ein Erfolg E eintritt 134• Probabilistische Gesetze dagegen erlauben eine derartige Aussage über den Zusammenhang zwischen B und E nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Beispiele für strikte Gesetze sind: Immer wenn die Temperatur eines Gases bei konstant gehaltenen Druck ansteigt, vergrößert sich sein Volumen, oder auch: Setzt man Schwarzpulver einem Funken aus, explodiert es. Ein probabilistisches Gesetz ist dagegen die Aussage, darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Ansteckung durch einen mit einer Infektionskrankheit Behafteten stattfindet, oder eine Aussage darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Behandlung durch einen Arzt zur Heilung führt. Die Unterscheidung in strikte und probabilistische Gesetze scheint nahe zu liegen, sind doch jedem Gesetze vertraut, deren Geltung man im Alltag dauernd erlebt und deren Nichtgeltung im Einzelfall unmöglich erscheint, so die Schwerkraft: Nach aller Erfahrung gilt: Immer dann, wenn man beim Abtrocknen ein Glas aus der Hand gleiten läßt, fallt dieses zu Boden (deterministisches Gesetz) und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (probabilistisches Gesetz) auch noch eine heftige Reaktion der anwesenden Ehefrau/des anwesenden Ehemannes. Aber bereits Hume hat darauf hingewiesen, daß der Eindruck der Bestimmtheit täuscht 135• Dies muß bereits aufgrundder Technik der Erkenntnisgewinnung der Naturwissenschaften als möglich berücksichtigt werden. Jedes Naturgesetz beruht nämlich auf einem Induktionsschluß 136• Eine bestimmte Anzahl beobachteter Ab132 Hempel (1966/1974), 74; ders. (1977), 5ff.; Stegmüller (1983), 113ff. ("ON-Erklärung"). 133 Hempel (1966/1974); 78; ders. (1977), 56; Walder, SchwZStR 93 (1977), 113, 125; HilgendorfGA 1995, 515, 525; ders., Jura 1995,514,518. 134 So Hempel (1966/1974), 78. 135 Hume (hrsg. 1967), 4. Abschnitt. 136 Dem liegt die Überzeugung zugrunde, daß Erkenntnis keine analytische Kategorie, sondern eine empirische ist, es sich also bei einer Verknüpfung zwischen einer Bedingung und einer Folge nicht um eine aus dem Vorliegen von B und F unmittelbar aufweisbare Gegebenheit handelt, sondern um die Anwendung eines Kausalgesetzes. Die Tatsache, daß laut der getätigten Beobachtung F auf B gefolgt ist, festigt wiederum das angewandte Naturgesetz. Die Diskussion darüber dauert noch an, vgl. Hume (hrsg. 1967), 4. Abschnitt; Popper ( 1984), 5 ff.; Reichenbach (1951/68), l79ff.; Hempel (1966/1974), 78; ders. (1977), 27ff.; Stegmüller (1983), 128ff., 511 ff.

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Iäufe im Experiment bringt den Naturwissenschaftler dazu, eine Regel der Art "immer wenn ... dann" aufzustellen. Ein solches Experiment muß natürlich nicht im Labor stattfinden. So gibt es gewisse Regelmäßigkeiten, die man ungeachtet der- vielleicht durchaus existierenden - wissenschaftlichen Erklärung als Gesetz einordnet, beispielsweise die Schwerkraft. Daß das Glas zu Boden fällt, wenn man es losläßt, weiß auch ein Kind ohne physikalische Grundkenntnisse, sofern es nur die Erfahrung bereits gemacht hat. Die zur Erlangung dieser Erkenntnis angewandte induktive Methode ist aber ungeachtet des Experimentierenden identisch. Der Wert der Existenz eines Gesetzes und der Kenntnis darum ist ein doppelter: Zum einen ermöglicht die Existenz eines Gesetzes eine kausale Erklärung eines Ereignisses auf dem beschriebenen deduktiv nomologischen Weg. Zum anderen legt das Gesetz eine Prognose über künftige Verläufe nahe, bestimmte Bedingungen vorausgesetzt. Gerade an letzterem offenbart sich aber die maßgebliche Schwäche des lnduktionsschlusses: Es ist ein Schluß aus vergangenen Beobachtungen auf zukünftige Ereignisse. Man findet eine bestimmte Häufigkeit von beobachteten Ereignissen und macht die Annahme, daß ungefähr die gleiche Folge bestehen wird, wenn die Beobachtungen fortgesetzt werden 137 • Stellt man eine Häufigkeit von 100% fest, so nimmt man jedenfalls ein striktes Gesetz an: Die Extrapolierung einer in der Vergangenheit beobachteten Regelmäßigkeit in die Zukunft 138• Ein solcher permanenter Zusammenhang ist ein Kausal- (Natur-) Gesetz.

Hume aber hat darauf hingewiesen, daß zwar für die beobachteten Fälle eine Wahrscheinlichkeit von 100% besteht, dies aber keine strikte Aussage über zukünftige Fälle ermöglicht 139• Er eliminiert damit die Vorstellung einer strikten kausalen Notwendigkeit und deutet den Satz, daß E Folge von B sei, so, daß B E zeitlich vorangeht, E und B räumlich und zeitlich benachbart sind 140 und daß Ereignisse von dieser Art regelmäßig miteinander verknüpft sind 141 • Abgesehen von der prinzipiellen Unvollständigkeit der Tatsachenbasis des Induktionsschlusses ist aber die moderne Physik mittlerweile auch aus anderen Gründen von der Auffassung abgerückt, daß Naturgesetze strikte, also deterministische Gesetze sind. Zu dieser Annahme zwingen die Ergebnisse insbesondere der Atomphysik, und sie ist in der Sache heute wohl fast unstreitig 142, vgl. dazu ausführlich unten Reichenbach ( 1951/1968), 179 ff. So beschreibt Stegmüller (1983), 511 das Verfahren. 139 Hume (hrsg. 1967), 4. Abschnitt, 2. Teil: "Es ist daher unmöglich, daß irgendwelche Erfahrungsbeweise diese Ähnlichkeit der Vergangenheit mit der Zukunft erweisen können, da alle diese Argumente auf der Annahme dieser Ähnlichkeit gründen. Mag der Gang der Dinge bislang auch noch so regelmäßig gewesen sein, so kann das allein( ... ) nicht beweisen, daß es auch in Zukunft so bleiben werde."; vgl. ebenso Reichenbach (1951/1968), 184; Goodman ( 1950/1975), 90. 140 Kausalgesetze sind Nahwirkungsgesetze. 141 Vgl. auch Stegmüller (1983), 512f. 142 Vgl. die Nachweise unten, 4. Teil, Fn.46. 137

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4. Teil. Kausalgesetze sind stets Wahrscheinlichkeitsgesetze mit unterschiedlich hohem Wahrscheinlichkeitsgrad. Die Annahme der strikten Kausalität ist eine Vereinfachung, zu der man durch die große Anzahl der stets beteiligten Elementarvorgänge verleitet wird, so daß strikte Gesetze angenommen werden, wo in Wirklichkeit nur statistische Gesetze am Werke sind 143• Zwischen dem Maß der Sicherheit, mit dem in dem obigen Beispiel das Glas zu Boden fällt, und dem Maß der Sicherheit, mit dem eine Reaktion des jeweiligen Ehepartners erfolgt, besteht also kein qualitativer Unterschied, sondern nur ein quantitativer. Allerdings ist dies kein Grund, deshalb den Sprachgebrauch zu ändern und sich in letzter Konsequenz vom Begriff der Kausalität ganz zu verabschieden. Denn bei Vorgängen im physikalischen Grobbereich (makrophysikalischer Bereich) spielt das statistische Element aufgrund der empirisch fortlaufend bestätigten, äußerst hohen Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Ereignis im allgemeinen keine Rolle, so daß man angenähert von strikten Gesetzen ausgehen kann; eine Fehlerquote ist praktisch nicht wahmehmbar 144• Die einzige Frage ist diejenige, welches Maß an Sicherheit man fordert, um von Kausalität zu sprechen, sich dabei aber bewußt zu bleiben, daß es nur ein bestimmtes Maß an Wahrscheinlichkeit ist. Es ist beispielsweise derart wahrscheinlich, daß ein Glas, das man fallen läßt, auch tatsächlich in Richtung Boden fallt, daß eine gegenteilige Erfahrung zutiefst verunsichern würde. Es spricht deshalb nichts dagegen, in Bereichen mit einer derartigen Wahrscheinlichkeit von Iimes 100% vereinfachend von strikten Kausalgesetzen zu sprechen. Genauso wie die Naturwissenschaften mit ihren umfangreichen Erkenntnissen ermöglichen, im makrophysikalischen Bereich in der Regel von einer Kausalität auszugehen, gibt es aber Bereiche, in denen dies nicht in derselben Weise selbstverständlich ist. Dies ist unmittelbare Folge der physikalischen Erkenntnisse des 20. Jahrhunderts 145 • Im strafrechtlichen Kontext hat erstmals Stratenwerth 146 in voller Konsequenz hierauf hingewiesen. Die Umsetzung dieser sich aus den Naturwissenschaften ergebenden Erkenntnis hat sich dagegen noch nicht wirklich durchgesetzt 147 • Daß es solche unvollständig determinierte Prozesse gibt, läßt sich jedoch nur bei Unkenntnis des heutigen Standes der Wissenschaft bestreiten 148• Als unvollständig determinierReichenbach (1951/1961), 186f. unter Rückgriff auf Heisenbergs Unschärferelation. Vgl. Heisenberg, Atomphysik und Kausalgesetz, in: Blum u.a. (1984), 376, 381 ; Maiwald (1980), 42. 145 Vgl. dazu Reichenbach (1951/1961), 186f.; Planck (1948), 4ff.; ders. (1949), 250ff., 253; Heisenberg, Das Naturbild der heutigen Physik, in: Blum u. a. (1984}, 398ff.; Hawking (1988/1991), 29ff., 75ff. 146 Stratenwerth, FS Gallas (1973), 267, 233f.; vgl. aber auch schon Hall, EG Grünhut (1965), 213, 214. 147 Dafür Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 293ff.; dies., NK Vor§ 13, Rdnr. 131; Kahlo, GA 1987,66, 74ff.; Stratenwerth AT§ 13, Rdnr.56. Vgl. dazu z. B. Lackner/Kühl Vor 13 Rdnr.ll: "Läßt sich ein Kausalzusammenhang unter Ausschluß jeder anderen Möglichkeit unzweifelhaft feststellen, so kommt es nach der Rspr. nicht darauf an, ob der zugrundeliegende Wirkmechanismus unzweifelhaft geklärt ist oder nicht."; SK-Samson Anhang zu§ 16, Rdnr. 27 a; Jakobs AT7/101; Erb (1991}, 144. 148 Stratenwerth AP § 13, Rdnr. 56. 143

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te Prozesse erscheinen zuvorderst solche, in denen menschliche Entscheidungen eine Rolle spielen, "weil das Prinzip des Willens (beschränkte) Autonomie und nicht Naturkausalität ist" 149• Dies ist der Grund dafür, daß im Hinblick auf die Tauglichkeit der Erfolgskausalität zur Herstellung eines objektiven Zurechnungszusammenhang zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg, vorerst nur die sogenannte physische Beihilfe in den Blick genommen wird, also diejenige Hilfeleistung, deren Erfolgskausalität über physisch wahrnehmbare Umstände gemittelt wird, näher zu der angesprochenen Problematik der psychischen Beihilfe dann unten, 4. Teil. Die Prämisse Stegmül/ers 150, daß die Anwendung des H-0 Schemas nomologische Gesetze voraussetzt, ist also nicht im Sinne eines strikten Gesetzes zu erfüllen. Genauso ist die Unterscheidung von Hilgendorf 51 und Walder 152 , aber auch Stegmüller153 und Puppe 154 in deterministische und statistische Gesetze im Grundsatz verfehlt und kann in die Irre führen. Denn Zurechnung über strikte Kausalgesetze ist, wie gezeigt, nur quantitativ, nicht jedoch qualitativ etwas anderes als Zurechnung über Wahrscheinlichkeitsgesetze. Ein Naturgesetz muß weiterhin so formuliert sein, daß die genaue Angabe der Bedeutung aller in ihm vorkommenden Prädikate keinen Bezug zu einem speziellen Gegenstand, einen Individuennamen oder Raum-Zeit-Punkt erfordert. So gibt es kein Naturgesetz des Inhalts, daß das Einatmen der Dämpfe von "Erdal-Nässeschutzsspray" 155 Lungenödeme verursacht, sondern allenfalls ein solches, daß das Einatmen einer bestimmten Chemikalie zu Lungenödemen führt 156• Auch ein so formuliertes Gesetz wäre im übrigen kein Naturgesetz nach herkömmlichen Verständnis, sondern ein Wahrscheinlichkeitsgesetz, denn strikte Aussagen über Vorgänge im menschlichen Körper zu treffen, ist nicht möglich. Die Tatsache schließlich, daß ein Minimalgesetz im oben beschriebenen Sinne für das Verfahren herangezogen wird, löst die Problematik der Redundanz der "nur" hinreichenden Erfolgsbedingung. Die Einzelbedingung ist damit notwendig für die Erfolgserklärung. Diese Notwendigkeit hat aber nichts mit dem Einzelfall zu tun, sie gehört in dem Sinne in das Kausalgesetz, daß dieses keine überflüssigen Bestimmungen enthalten darf. Dies ist auch die Stelle, an der man "wegdenken" muß, jedoch nicht aus der Realität, sondern aus dem Kausalgesetz. Dabei ist es nicht erforderlich, sich an Stelle des Weggedachten irgend etwas hinzuzudenken. Kahlo, GA 1987, 66,78. ( 1983 ), 121. 15 1 Hilgendorf, GA 1985, 515, 525; ders., Jura 1995, 514, 518. 152 Walder, SchwZStR 93 (1977), 113, 125. I5l Stegmüller (1983), 121. 154 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 132f.; dies., ZStW 95 (1983), 287, 293ff., 299ff. und passim. 155 Vgl. BGHSt 37, 106. 156 Hempel (1977), 13; NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 85a.; Puppe, JZ 1994, 1147, 1149; a.A.: Hilgendorf, FS Lenclmer (1998), 699, 717, der z. B. auch die Angabe eines Markennamens wie Contergan in dem Kausalgesetz für richtig hält. 149

1so Stegmüller

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Lediglich die Frage, ob das Kausalgesetz auch ohne eine Bestimmung gültig, schlüssig oder sinnvoll bleibt, ist damit zu klären. Bei der Anwendung des Kausalgesetzes auf den Einzelfall dagegen handelt es sich um ein rein logisches Schließen von einem Gesetz auf einen Einzelfall, und man muß sich strikt an das halten, was tatsächlich gegeben ist 157• Aus dem Dargestellten folgert die Fortentwicklung Puppes zu Engischs Formel zur logisch richtigen Bestimmung der Einzelursache: "Die Einzelursache ist ein notwendiger Bestandteil einer bestimmten wahren und nach allgemeinen empirischen Gesetzen hinreichenden Mindestbedingung des Erfolgs" 158 Hierbei ist die Formel noch in zweierlei Hinsicht geringfügig erläuterungsbedürftig: Zum einen ist die Bestimmung des "notwendigen" Bestandteils für den Inhalt der Formel redundant. Denn nach dem Abgleich der Antecedensbedingungen mit dem Mindestgesetz ist jeder Bestandteil der Kausalhypothese in Gestalt der Mindestbedingung zwingend notwendig, d. h., die Hypothese ließe sich bei Hinwegdenken eines ihrer Bestandteile nicht mehr unter das Minimalgesetz subsumieren, und die kausale Erklärung würde damit unschlüssig. Jedoch wird durch die Verwendung des Begriffs deutlich, in welchem Zusammenhang eine Bedingung auch nach der fortentwickelten Gesetzmäßigkeitsformel notwendig zu sein hat. In diesem Sinne ist auch die Feststellung Weinhergers aufzufassen, Ursache von A seien nicht alle vorhergehenden Erscheinungen, sondern nur diejenigen, die dazu genügen, das Eintreten der Wirkung A notwendig zu machen 159• Die Einzelbedingungen der hinreichenden Gesamtbedingung "genügen" dann, wenn das hinreichende Maß erreicht ist. Eine Überbedingung ist durch Puppes Forderung nach der Mindestbedingung ausgeschlossen. Zum zweiten ergibt sich die Eigenschaft der "wahren Mindestbedingung" bezogen auf den Einzelfall erst nach dem Ausscheiden von Überbedingungen im Wege des Subsumtionsverfahrens. Die Notwendigkeit einer hinreichenden Mindestbedingung bezieht sich zunächst auf das empirische Gesetz. Dieses darf keine Umstände enthalten, die im Rahmen des Gesetzes nicht notwendig sind. Hat man ein solches Gesetz hinsichtlich B und E gebildet, so wird man bei dem Subsumtionsverfahren, Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 876. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 96; dies., ZStW 92 (1980), 863, 876; dies., SchwZStR 107 (1990), 141, 151; dies., Umweltstrafrecht, 231ff.; dies., FS Spende! (1992), 451, 457; dies., GA 1994, 297, 303; dies., Jura 1997,408, 415; zust.: Kindhäuser(l989), 86f.; ders., GA 1982, 477, 485ff.; Kleine Cosack (1988), 12f.; Vogel (1993), 150; Namias (1993), 51; Neudecker (1995), 224f.; Hilgendorf, Jura 1995, 514, 516; Sofos (1999), 109; Altenhain (1994), 159; ders., GA 1996, 19, 21; vgl. auch Stegmüller (1983), 593, der von einem nicht hinreichenden, aber notwendigem Teil einer komplexen Bedingung redet, die selbst als ganze nicht notwendig, aber hinreichend für das fragliche Resultat ist, kürzer auch: von einer hinreichenden Mindestbedingung, und damit Bezug nimmt auf die "inus"- Bedingung von Mackkie. 159 Weinberger (1989), 349. 157

158

6 Osnabrügge

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also bei der Feststellung, daß der wirklich gegebene Umstand B 1 und der wirklich gegebene Umstand E 1 zu der Klasse allerB bzw. aller E gehören, all diejenigen Umstände A0 ...Z" aus der Kausalhypothese ausscheiden, die sich darin noch befinden. Im Ergebnis sind dann sowohl das angewandte Kausalgesetz als auch die Beschreibung des Kausalverlaufs im Einzelfalls Minimalbedingungen bzw. Beschreibungen solcher. Man könnte die Formel daher noch geringfügig wie folgt präzisieren: "Eine Einzelursache ist ein notwendiger und wahrer Bestandteil einer durch Subsumtion unter ein empirisches Minimalgesetz als hinreichend bestätigten wahren Kausalhypothese." Die Formulierung Puppes ist jedoch, ist man sich der obigen Erläuterungen bewußt, hinreichend präzise. Mit der Bestimmung Puppes sind auf der Basis der Erkenntnisse Engischs alle bisher bei den anderen Vorschlägen aufgetretenen Probleme der Kausalbestimmung gelöst und es läßt sich insbesondere hiermit auch befriedigend das Problem der Mehrfachkausalität beschreiben und auflösen 160• Puppe ist in diesem Zusammenhang von Toepel vorgeworfen worden, mit dieser Methode könne man nicht Ersatzursachen von Ursachen scheiden, ohne vorher zu wissen, was das eine und was das andere sei. Wenn man allerdings bereits bejaht habe, daß das Täterverhalten kausal sei, so werde die Ersatzursache immer nur ein irrelevanter Bestandteil der Erklärung bleiben 161 • Toepel erläutert seinen Einwand, die Methode sei beliebig und daher umkehrbar, an dem Beispiel des Todkranken, der auf dem Krankenbett kurz vor seinem natürlichen Tod noch vom Täter vergiftet wird: "Man kann durch eine tödliche Krankheit zu Tode kommen. Das Opfer war todkrank und ist gestorben. Die tödliche Krankheit ist damit ein unabdingbarer Faktor in der Kausalerklärung für den Tod des Opfers. Daß der Täter es vergiftete, bleibt ein für diese Erklärung überflüssiger Faktor." 162• Aber es wurde gezeigt, daß es nicht mit der Beschreibung des Ausgangspunktes (Antecedens) und des Endpunktes (Konsequens) in der Kausalhypothese getan ist. In der Kausalhypothese müssen auch die Zwischenstadien beschrieben werden, die diese miteinander verbinden 163 • Die Folge ist eine genetische Kausalerklärung 164, eine Rekonstruktion der zum Erfolg führenden Bedingungen, nicht dagegen eine vollständige Rekonstruktion, hierzu sogleich. Kausalgesetze sind Nahwirkungsgesetze. Das heißt, daß eine Bedingung, die an einem Ort gesetzt wird, nur dann kausal für einen Erfolg an einem anderen Ort sein kann, wenn sich dies mit der Erkenntnis der Nahwirkung vereinbaren läßt. Dieser Zusammenhang zwischen einer Bedingung und einem Erfolg läßt es überhaupt erst möglich werden, zwischen Ursache und Ersatzursache zu differen160 Vgl. dazu Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 877f.; dies., GA 1994,297, 303; präzise undausführlich Sofos (1999), 107ff.; a.A.: Dencker (1996), ll2. 161 Toepel (1992), 69. 162 Toepel (1992), 69. 163 Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 889. 164 Vgl. dazu Stegmüller (1983), 117ff.; Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 889. Eingeführt ist hierfür auch der Begriff der "kinetischen Kausalerklärung", vgl. Puppe (1972), 24; dies., ZStW 95 (1983), 287, 310.

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zieren. Denn wäre ein Kausalverlauf nicht kontinuierlich und durch Nahwirkung verbunden, dann ließe sich niemals feststellen, welcher Umstand einen Erfolg verursacht hat. Die genetische Kausalerklärung ist insoweit notwendig, um überhaupt sinnvoll von einer Ursache sprechen zu können. Demgemäß wird der Sachverständige in Toepels Beispiel bald darüber belehren, daß der Zustand und das Versagen bestimmter lebenswichtiger Organe nur durch Einwirkung des Giftes zu erklären sind, nicht aber durch die Krankheit. Unter das von Toepel aufgestellte Gesetz, daß man an einer tödlichen Krankheit zu Tode kommen kann 165 läßt sich dieser Kausalverlauf nicht subsumieren. Denn naturgesetzlich läßt sich eben feststellen, daß die durch das Gift angegriffenen Nieren den Tod herbeiführten und nicht die durch das Krebsleiden zerstörte Leber. Man könnte nun einwenden, auch das Nierenversagen könne auf die Krankheit zurückzufuhren sein. Aber auch hier wird der Sachverständige darüber belehren, daß der Zustand der von ihm gesichteten Niere sich nicht durch die Krankheit resultiert, sondern durch das Gift 166• Geht man wie beschrieben vor, so erledigt sich Toepels Einwand. Denn es ist gar keine Kausalerklärung, die man voraussetzt, sondern eine Kausalhypothese, die an der Realität gemessen wird. Und die von ihm für seinen Fall vorgeschlagene Kausalhypothese hat sich als nicht zutreffend erwiesen, weil zumindest ein notwendiger Zwischenschritt in dieser Hypothese nicht wahr ist, also in der Wirklichkeit keine Entsprechung findet 167• Man darf eben nicht wie Toepel bei einem Gedankenexperiment wie "Ist es möglich, an dieser Krankheit zu sterben?" stehenbleiben, sondern muß alle notwendigen Zwischenschritte der genetischen Kausalerklärung mit hinreichender Genauigkeit angeben. Daß hierbei "Kausalität" als Naturgesetzmäßigkeit vorausgesetzt wird, ist evident. Es wird aber nicht Kausalität im konkreten Fall vorausgesetzt, um dann diese Kausalität durch eine Wegdenkmethode im Zirkelverfahren zu bestätigen. Folglich ist auch der Vorwurf Toepels, nicht Ursachen von Ersatzursachen scheiden zu können, nicht berechtigt. Auch eine Ersatzursache ist ein notwendiger Be165 Das Gesetz wird weit weniger redundant und damit lächerlich, wenn man die Krankheit benennt und als Kausalhypothese angibt, das Opfer habe diese Krankheit gehabt und sei daran gestorben. Genauer: Die Krankheit sei in ein entsprechendes Stadium fortgeschritten, habe beispielsweise alle inneren Organe angegriffen (was, angenommen, typisch für diese Krankheit ist), was schließlich zum Tode geführt habe. 166 Vgl. zu der Methode mit anschaulichem Beispiel Puppe, SchwZStR 107 (1990), 141, 147ff. ,,Ein Weißkittel". 167 Es ist nicht der Schritt "Tod durch die Krankheit", den man nicht in der Wirklichkeit vorfindet, denn dann wäre die Methode zirkulär. Es ist eine bestimmte Auswirkung der Krankheit, die notwendiger Zwischenschritt zum Tode durch die Krankheit wäre, die sich in concreto nicht findet. Dafür findet sich eine typische Auswirkung des Giftes und diese Auswirkung ist hinreichend für den Tod. Das veranlaßt den Sachverständigen dazu, das Gift als Todesursache anzugeben und den Strafrechtler, die Giftgabe als strafrechtlich relevante Tötungshandlung zu bezeichnen.

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standteil einer denkbar möglichen hinreichenden Minimalbedingung zum Erfolg. Es unterscheidet sie auch nicht von der wirklichen Ursache, daß sie nicht wahr ist; regelmäßig ist sogar auch die Ersatzursache wahr, z. B. der Absturz des durch die Ermordung verpaßten Flugzeugs oder die Krankheit des todkranken Mordopfers. Ersatzursachen erkennt man vielmehr daran, daß die Abläufe, über die sie nach Naturgesetzen zum Erfolg führen, mindestens teilweise nicht gegeben, d. h., wahr sind 168• So ist in Toepels Beispiel des Todkranken der Ablauf, über den die Krankheit zum Tode führen kann, teilweise nicht gegeben, weil eine andere Ursache zuvor den Tod herbeiführte. Im Beispiel des verpaßten Flugzeuges ist der Flugzeugabsturz eine Ersatzursache, weil sich die Wirklichkeit nicht unter das allgemeine Gesetz subsumieren läßt "Wer in einem abstürzenden Flugzeug sitzt, kommt zu Tode". Dies ist deshalb so, weil die Bedingung "Wer im abstürzenden Flugzeug sitzt" keine Entsprechung in der Wirklichkeit findet, denn das Opfer war nicht im Flugzeug. Da das Sitzen im Flugzeug aber notwendiger Bestandteil einer Kausalhypothese ist, deren Erfolg im Tod durch Flugzeugabsturz besteht, stellt sich ein Teil der Kausalhypothese, nämlich genau dieses Sitzen, als nicht wahr und der Flugzeugabsturz (der ja real= wahr ist!) als Ersatzursache für den Tod des Opfers heraus. Es ist auch nicht möglich, statt des zur Feststellung der Kausalität des Flugzeugabsturzes nicht tauglichen Gesetzes nunmehr ein anderes anzuführen, beispielsweise den Erfahrungssatz "Wer einen Flug bucht, bei dem das Flugzeug abstürzt, stirbt". Zwar mag die Buchung des Fluges notwendig dafür sein, später im Flugzeug zu sitzen, sie ist aber nicht hinreichend für den Tod. Denn um das Buchen mit dem Tod verbinden zu können, bedarf es der weiteren Bedingung des "Im Flugzeug Sitzens". Ist nun das Argument Toepels, die Methode sei beliebig, weil sie ein Urteil über die Kausalität bereits voraussetze, wodurch man nicht Ursachen von Ersatzursachen scheiden könne, widerlegt, so setzt man sich hierdurch sofort dem nächsten Einwand aus, nämlich demjenigen, nun auf den Kausalverlauf in seiner konkreten Form abgestellt zu haben und damit in den bereits oben kritisierten Fehler selber verfallen zu sein: "Der Unterschied zur herrschenden Meinung besteht also darin, daß zwar eine ,Konkretisierung' des Kausalverlaufs stattfindet( ...), diese jedoch nicht mit letzter Konsequenz bis zur Einbeziehung aller Umstände durchgeführt wird." 169• Auch in einer in toto wahren Erfolgserklärung können nämlich Tatsachen enthalten sein, die, so lehrt es der gesunde Menschenverstand, nichts mit der Verursachung des Erfolges zu tun haben. Das Problem bei der Konkretisierungsmethode der Bedingungstheorie war ja gerade, daß auch solche Begleitumstände ohne weiteres zu Ursachen erklärt werden können, wenn man sie oder ihre typischen Folgen mit in die Erfolgserklärung, dazu später, oder gar in den Kausalverlauf aufnimmt. Jedoch trifft auch dieser Einwand die Methode nach Puppe nicht. Denn Voraussetzung war ja, ein Mindestgesetz zu bilden, unter das die Wirklichkeit dann subsu168 169

Puppe ZStW 92 (1980), 863, 869, 889; dies., NK Vor§ 13, Rdnr.lOl. So Erb (1991), 42f.; vgl. auch ders., JuS 1994,449,451 f.; Toepel (1992), 70.

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miert wird. Bestandteile der Kausalhypothese, die im Subsumtionsvorgang keine Entsprechung im Kausalgesetz finden, fallen deshalb aus der Hypothese und damit aus der genetischen Erfolgserklärung heraus 170• Hat man also im Staubhemdfall des Reichgerichts unbefangen die Kausalhypothese aufgestellt: "G liefert A ein blaues Hemd, A trifft B auf der Straße und schlägt ihn mit der Faust auf die Nase, B trägt Körperverletzungen davon", und findet das für den Erfolg hinreichende Kausalgesetz im Einklang mit den Naturgesetzen: "Wenn jemand einen anderen mit einem harten Gegenstand (z. B. Faust) auf einen feinknöchernen Körperteil (z. B. Nase) schlägt, dann führt dies zum Bruch der Knochen", so wird man bei der Subsumtion der Kausalhypothese unter das Naturgesetz feststellen, daß das blaue Hemd in diesem Gesetz keine Entsprechung findet. Mit anderen Worten: Die Tatsache, daß der Täter ein blaues Hemd trug, kann man aus der Kausalhypothese streichen, ohne daß diese gemessen am hinreichenden Kausalgesetz unschlüssig wird. Damit ist das blaue Hemd kein notwendiger Bestandteil der hinreichenden Gesamtbedingung des Erfolges; die so durch das Minimalgesetz bereinigte Kausalhypothese ist eine hinreichende Mindestbedingung. Indem die Kausalhypothese an einem Minimalgesetz gemessen wird, das ungeachtet des Einzelfalles eine hinreichende Mindestbedingung aufstellt, wird nichts konkretisiert, schon gar nicht der Kausalverlauf. Das, was hier als "Konkretisierung" bezeichnet wird, ist in Wahrheit eine Minimierung des Naturgesetzes, die sich, im Gegensatz zu der maßstabslosen Konkretisierung des Kausalverlaufs, stets an der Notwendigkeit der Schlüssigkeit des Kausalgesetzes messen lassen muß. Damit ist das Verfahren aber, entgegen den Vorwürfen von Erb und Toepel, nicht manipulierbar, trifft der Vorwurf, den Kausalverlauf so lange konkretisiert zu haben, bis das Explanandum hierin enthalten ist, nicht zu. Die Konkretisierung nach Puppe geht gewissermaßen "in die Tiefe", nicht "in die Breite". Dencker 111 behauptet, daß deshalb kein Unterschied zum konkreten Kausalverlauf der Bedingungstheorie bestehe, weil die Formulierung des Mindestgesetzes nur den Anschein erwecke, eine Gesetzmäßigkeit zu sein, tatsächlich aber lediglich eine unvollständige Schilderung des ganz konkreten Kausalverlaufs sei. So sei ein Gesetz des Inhalts "Wer x mg Strychnin zu sich nimmt, stirbt", nicht brauchbar, da es nicht möglich sei, x durch eine bestimmte Mindestmenge zu ersetzen. Denn die exakte Menge hänge von allen möglichen Konkretisierungen ab, z. B. dem Alter des Opfers, dessen Konstitution, den Resorptionsbedingungen usw. Auf diese Weise müsse man alle Einzelheiten des konkreten Falles aufnehmen, um ein Mindestgesetz zu erhalte. Dann mache es aber auch keinen Sinn mehr, auf ein abstraktes Kausalgesetz abzustellen. Die Methode der Bildung eines Mindestgesetzes werde beliebig manipulierbar.

Jedoch geht es nicht um die Formulierung eines Gesetzes, das auf alle Unterfälle der Gattung der beteiligten Bedingung anwendbar wäre 172• Beispielhaft gesprochen So auch Sofos (1999), 113. Dencker (1996), 113f. 172 Soi.E. auchNK-Puppe, Vor§ 13,Rdnr. 96a; kritischzuDenckerauchSofos(1999), 116ff. 110 111

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sucht man, wenn ein Mensch durch die Gabe von Gift getötet wurde, nicht nach einem Kausalgesetz, bei welcher Giftdosis jeder Mensch gestorben wäre; vielmehr läßt sich im Rahmen der Gattung Mensch noch differenzieren. Und so benötigt in der Tat der Sachverständige die Angabe des Gewichts, des Alters usw. Diese Angaben sind Randbedingungen, deren Angabe notwendig ist, damit ein passendes Kausalgesetz aufgestellt werden kann. Da die Angabe der Menge des verabreichten Gifts im Kausalgesetz generell relevant ist, bedarf es zur Angabe eines Mindestgesetzes (einer Mindestmenge) auch der Angabe bestimmter für den naturwissenschaftlichen Vorgang relevanter Tatsachen, so eben des Alters und Gewichts des Opfers. Bestimmte Rand- oder Rahmenbedingungen vorauszusetzen, ist in jedem Naturgesetz typischerweise notwendig, um ein Kausalgesetz angeben zu können, nur ist man sich dessen nicht immer bewußt. So ist zur Formulierung des Gesetzes der Schwerkraft (es sei an den Fall des abtrocknenden Ehemannes erinnert) selbstverständlich die Randbedingung notwendig, daß man sich auf der Erde befindet, der Naturwissenschaftler würde wahrscheinlich die Angabe ausreichen lassen, daß man sich in der Nähe einer großen Masse befindet. Der Laie, der die die Gravitation aus eigener Empirie kennt und dessen Empirie sich auf die Nähe zu einer großen Masse, nämlich der Erde, beschränkt, formuliert diese Randbedingung nicht mit, aber sie ist für den Naturwissenschaftler notwendig, um das Gesetz der Schwerkraft angeben zu können. Ginge es nun beispielsweise nicht um die Gravitation, sondern um den Luftdruck (der Naturwissenschaftler soll ein Kausalgesetz für die Veränderung in einem Barometer aufstellen), so würde der gefragte Physiker selbstverständlich nicht nur die Angabe der Nähe zur Erde und damit der Befindlichkeit in der Atmosphäre berücksichtigen, sondern auch die Angabe des Ortes, an dem man sich befindet, genauer, dessen Höhe über dem Meeresspiegel, denn danach richtet sich das Maß des auf der Säule lastenden Drucks. Wahrend er die Angabe, sich auf der Erde zu befinden, aber als selbstverständlich voraussetzen wird, würde er die Höhenangabe über NN erfragen und in die Beschreibung des Gesetzes aufnehmen. In derselben Weise ist für einen Mediziner die Angabe des Gewichts und des Alters eines Menschen notwendig, um eine körperliche Reaktion, beispielsweise den Tod, auf die Gabe eines Giftes zu erklären. Der Hinweis, daß hierdurch eine Beschreibung des maßgeblichen Erfolgs vorgenommen werde, die der Konkretisierung entspreche und deshalb denselben Vorwürfen ausgesetzt sei wie diese, verkennt, daß der größte Fehler der Konkretisierung des Erfolgs, nämlich die Maßstabslosigkeit, durch die Beliebigkeil eintritt, hier nicht gegeben ist. Zwar setzt die Forderung nach einem Mindestgesetz ein Abstellen auf Umstände des Einzelfalls voraus, aber welche Umstände, welche Randbedingungen des Einzelfalls zur Identifikation des maßgeblichen Gesetzes herangezogen werden, entscheidet nicht der juristisch Beurteilende aus freien Stücken. Die Entscheidung ist vielmehr streng gebunden an durch die naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeilen vorgegebenen Maßstäbe; das Naturgesetz stellt den Maßstab für die Aufnahme von Randbedingungen in die Erfolgsbeschreibung auf. Nur solche Randbedin-

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gungen, deren Vorhandensein einen Einfluß auf das Naturgesetz haben, haben in der Erfolgsbeschreibung Legitimität. Es handelt sich schlicht um die Angabe der zur Benennung des Mindestgesetzes notwendigen Randbedingungen, und zwar nur dieser. Ein Naturwissenschaftler würde sich weigern, beispielsweise die Farbe des Täterhemdes in das Naturgesetz aufzunehmen, da diese nach aller Empirie unter keinem erdenkbaren Umstand für die gestellte Beweisfrage, nämlich der Wirkung des Gifts, von Relevanz ist. Gleiches gilt für die Tatzeit oder den Tatort. Die Auswahl der Faktoren ist nicht beliebig, sondern durch das Naturgesetz vorgegeben. Das Tragen eines blauen Hemdes ist nach allem Wissen der Naturwissenschaften eben keine Voraussetzung für eine Körperverletzung. Auch der Einwand Stegmüllers 113 , daß die Zusatzforderung nach einem Minimalgesetz widersinnig sei, weil, sofern ein Gesetz G in den umfassenden Rahmen einer Theorie T eingebettet werden könne, überall dort, wo G für Erklärungs- und Voraussagezwecke benutzbar war, statt dessen auch die allgemeine Theorie T verwendet werden könne, trifft nicht die juristische Anwendung des Grundsatzes. Abgesehen davon, daß Stegmüller den Begriff der Theorie nicht einführt, so daß unklar ist, was genau die Theorie vom Gesetz unterscheidet 17\ gibt er auch keinen Grund an, warum auf die allgemeinste Theorie und nicht die spezielle, die er wohl mit G bezeichnet, zurückgegriffen werden soll. Er spricht im übrigen der spezielleren Theorie nicht die methodische Berechtigung ab, sondern postuliert für seine Zwecke nur die Verwendung der allgemeineren. Für die strafrechtlichen Zwecke muß dagegen die Verwendung der spezielleren Theorie postuliert werden. Denn im Gegensatz zum Naturwissenschaftler, der zunächst danach strebt, ein möglichst allgemeines Gesetz zu entwickeln, um dieses dann erst in zweiter Linie auf Einzelfälle anzuwenden, geht es dem Juristen stets um die Beurteilung eines Einzelfalls. Hempel bezeichnet es in diesem Sinne als ein wichtiges Ziel wissenschaftlicher Forschung, Gesetze und Theorien mit breitem Anwendungsbereich aufzustellen, unter die sich dann speziellere Gesetze subsumieren lassen 175 • Methodische Bedenken dagegen, die speziellere Theorie anzuwenden, dürften den nicht Naturwissenschaftlern fremd sein. Sie sind, da die Grenzen der "Konkretisierung" die Naturwissenschaften festlegen, wiegezeigt auch im strafrechtlichen Anwendungsbereich nicht angebracht. Wahrend Dencker der Methode vorwirft, so genau zu beschreiben, daß man die Abstraktionsstufe zwischen Minimalgesetzen und der Kausalhypothese aufhebt, stößt Erb mit seiner Argumentation in gerrau die entgegengesetzte Richtung. Erb 116 wendet ein, daß es zur Vermeidung von falschen Ergebnissen notwendig wäre, den Kausalverlauf in unendlich viele Zwischenursachen zu unterteilen, um ihn im RahStegmüller (1983), 123. Gerneint ist (wahrscheinlich) die Entsprechung zu Hernpels Bezeichnungen G~...,(Theo­ rie?) und G* (Gesetz?), vgl. Hernpel (1977), 18f. Die Begriffe der Theorie unddes Gesetze stehen jedenfalls üblicherweise nicht im Verhältnis des größeren zum kleineren, sondern bezeichnen vielmehr Schritte auf dem Weg der empirischen Gewinnung von Erkenntnis. 11s Hempel (1977), 19. 176 Erb, JuS 1994,449,451. 173

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men der Kausalhypothese beschreiben zu können: "Wirklich exakt erfassen könnte man einen Kausalverlauf nur dann, wenn wir nicht nur umfassende Kenntnisse von den Naturgesetzen im allgemeinen hätten, sondern auch den konkreten Kausalverlauf in unendlich viele Zwischenschritte zerlegen könnten, um auch theoretisch mit letzter Sicherheit auszuschließen, daß im Einzelfall nicht vielleicht doch an irgendeiner Stelle nicht die in der Kausalerklärung postulierte, sondern eine andere, unbekannte (Zwischen-)Ursache den nächsten Schritt des Geschehens ausgelöst hat" 177 • Beispielsweise könne man nicht ausschließen, daß der Splitter, der das Opfer tötete, letztlich doch nicht aus der Briefbombe stamme, sondern von der gleichzeitig explodierenden Gasheizung, wenn man nicht den Kausalverlauf entsprechend kleinstufig beschreibe. Dieser Vorgang setze sich aber in die Unendlichkeit fort, weil bei einem vorausgesetzten kontinuierlichem Ablauf des Kausalgeschehens zwischen zwei Zwischenschritten eine Untergliederung in unendlich viele Zwischenschritte möglich sei. Daraus zieht Erb die Konsequenz, daß es generell nicht möglich sei, auf ein logisches Bedingungsverhältnis abzustellen. Vielmehr sei die Kausalität im juristischen Sinne hinreichend genau festgestellt, indem man ein intuitives Urteil darüber treffe, ob ein Gesetzmäßigkeitszusammenhang zwischen Ursache und Wirkung bestehe 178• Dieses gründe auf "Plausibilitätserwägungen bzw. den Hinweis auf die Lebenswahrscheinlichkeit" 179• In demselben Maße, in dem die Argumentation Erbs den Ansatz Puppes zutreffendenfalls beträfe, wäre sie auch gegen Engisch einschlägig. Denn wie auch Puppesgründen Engischs Überlegungen in der Annahme eines Zeitkontinuums 180• Die erste Konsequenz Erbs, auf eine logische Bestimmung des Begriffs der Bedingung zu verzichten, führt nicht weiter, denn das Wort "Bedingung" ist ohne eine nähere Bestimmung (notwendig, hinreichend oder sowohl notwendig als auch hinreichend) sinnlos, gleiches würde für den Begriff der Gesetzmäßigkeit folgen. Würde Erb seinen Gedanken konsequent verfolgen, müßte er nicht nur ganz auf ein Gesetzmäßigkeitsverhältnis verzichten, sondern vielmehr auf eine Zurechnung im allgemeinen. Denn es ist nicht nur völlig unbestimmt, was Inhalt der Intuition ist, oder gar was die "Lebenswahrscheinlichkeit" ausmacht. Die Intuition würde stets auch die Möglichkeit offenlassen, daß eben doch kein Zusammenhang zwischen der Bedingung und dem Erfolg besteht, was unmittelbar zur Anwendung des in-dubio Grundsatzes führte 181 • Die Tatsache des stets in letzter Konsequenz nicht geklärten Kausalverlaufs vor Augen, postulierte schon v. Buri, sich auf die meßbaren Ursachen zu beschränken 182• Erb, JuS 1994,449,452. Erb, JuS 1994,449,452. 179 Erb, JuS 1994,449,452. 180 Engisch (1931), 21. 181 Dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund der Annahme Erbs, daß es sich nicht um einen aus prinzipiellen Gründen nicht behebbaren Zweifel handelt, vgl. 4. Teilll. 182 V.Buri (1873), 69. 177

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Auch die Grenzen der Meßbarkeit ändern sich jedoch, woraufbereits Hall 183 zutreffend hinwies, im Fortschritt der Wissenschaft. Die Kausalhypothese, die Ausgangspunkt jeder kausalen Erklärung ist, kann, damit ist Erb zuzustimmen, gar nicht vollständig sein in dem Sinne, daß die Gesamtheit aller wirklich existierenden Zwischenbedingungen beschrieben wird. Dies zu fordern, stieße an prinzipielle Erkenntnisgrenzen, denn es hieße, einen Abschluß des immer weiter fortschreitenden Erkenntnisvorgangs zu einer beliebigen Zeit zu postulieren, so daß auf Grundlage der sich dann nicht mehr verändernden Gesamtschau eine Beschreibung "en detail" vorgenommen werden könnte. Einen solchen Abschluß der Erkenntnis wird es nie geben, so daß keine andere Wahl bleibt, als mit dem status quo der Erkenntnis sowohl im tatsächlichen als auch im wissenschaftlichen zu arbeiten. Das Schicksal der Unvollkommenheit und damit, niemals richtig, sondern stets nur vorläufig richtig weil noch nicht falsifiziert zu sein, teilt die kausale Erklärung aber mit allen Bereichen der Wissenschaft. Selbst die noch am ehesten als allgemeine Überzeugung einzuordnende Auffassung, daß die Ursache der Wirkung zeitlich vorausgeht, kann vor dem Hintergrund der modernen Wissenschaft nicht mehr unvoreingenommen als sicher vorausgesetzt werden 184• Im Gegensatz zur Überzeugung vorhergehender Generationen kann heute nicht mehr angenommen werden, daß an irgendeinem Punkt wissenschaftlicher Erkenntnis der Prozeß der Erkenntnis abgeschlossen ist. Dies betrifft sowohl den Fortschritt der Wissenschaft im Bereich der Naturgesetzmäßigkeilen als auch den Bereich der reinen Erkenntnis, der stets fortschreitenden Fähigkeit zur Zerlegung von Sachverhalten in immer kleinere Zwischenschritte. Die Kausalhypothese, die ja eine Arbeitshypothese bezogen auf ein singuläres Ereignis ist, bedingt gerade deshalb noch eine weitere Unsicherheit: Gesetze sind niemals auf singuläre Ereignisse bezogen, sondern können auf diese lediglich angewandt werden. Diese Anwendung gewährt nur dann eine Aussage über den Einzelfall, deren Sicherheit genau derjenigen des Gesetzes entspricht, wenn das singuläre Ereignis Rahmenbedingungen aufweist, die identisch sind mit denen, unter denen das Gesetz formuliert wurde. Eine solche vollständige Übereinstimmung ist, da sich die Kausalhypothese eben auf ein singuläres Ereignis bezieht, nie zu erreichen. Die Subsumtion eines singulären Ereignisses unter ein abstraktes Gesetz bringt damit immer auch eine Unsicherheit hinsichtlich der Identität der Rahmenbedingungen, unter denen die Experimente zur Aufstellung des Gesetzes standen und denen des singulären Ereignisses mit sich. Schließlich ist auch niemals ausgeschlossen, daß eine die Konsequenz des Gesetzes hindernde Bedingung in den RahmenbedingunEG Grünhut, 213, 216. Auch die Zeit ist relativ. In einem Punkt unendlicher Massekonzentration und der daraus resultierenden Schwerkraft könnte, jedenfalls nach dem Modell, sich die Abfolge von Vorher und Nachher verkehren. Auch außerhalb der Physik wird die Frage diskutiert, was Zeit ist, und gibt es ernsthafte Ansätze, die unser bisheriges Verständnis des Zeitkontinuums in Frage stellen. 1s3

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gendes singulären Ereignisses "versteckt" ist und die Rahmenbedingungen insoweit nicht identisch sind. Sowohl das Naturgesetz als auch die Kausalhypothese sind in ihrer Aufstellung und in ihrer Anwendung der ständigen Unsicherheit des wissenschaftlichen Fortschritts unterworfen; Naturgesetz und Kausalhypothese stehen stets unter dem Vorbehalt, nicht "wahr", sondern lediglich noch nicht falsifiziert zu sein. Es bedarf allerdings entgegen Erb auch keiner vollständigen Kausalhypothese, um zu einem Urteil über die Kausalität zu gelangen, gleichwohl natürlich ständig die Möglichkeit besteht, daß weitere Umstände oder deren Bedeutung bekannt werden, die die Kausalhypothese nun unschlüssig machen. So ist jeder Umstand, der das mittels der Methode einmal gewonnene Ergebnis falsifiziert, beachtlich und muß auch in diesem Sinne beachtet werden. Angenommen, jemand ist kurz nach seiner Bypass-Operation offensichtlich an Herzversagen gestorben 185• Dieser Zusammenhang rechtfertigt nach Subsumtion unter Kausalgesetze der Medizin, deren Aufzählung im Einzelnen hier unterbleiben kann, durchaus die Annahme, daß der Bypass nicht anständig vernäht wurde, geplatzt ist, so daß sich der Herzbeutel mit Blut füllte und das Herz mit der Folge des Herztodes "abdrückte". Damit wäre der Schluß gerechtfertigt, daß der Arzt einen Behandlungsfehler mit der Folge strafrechtlicher Verantwortlichkeit begangen hat. Stellt der Pathologe aber späterhin fest (dies kann noch im Zuge der ersten Kausalitätsüberlegungen sein, aber auch Jahre später nachdem der Arzt schon längst verurteilt ist, z. B. im Rahmen einer Wiederaufnahme und mittels neugewonnener medizinischer Möglichkeiten), daß ein Herzkranzgefäß geplatzt ist, wodurch der Tod eintrat, dann ist die vorher aufgestellte Kausalhypothese falsifiziert dadurch, daß ein weiterer Umstand bekannt wurde- die Tatsache, daß die Naht des Bypass eben nicht aufgeplatzt ist. Da zudem nun noch bekannt ist, daß ein Herzkranzgefäß aufgeplatzt ist, läßt sich außerdem eine neue Kausalhypothese aufstellen und ihrerseits als vorläufig bestätigt ansehen. Im Fall "Weimar-Böttcher" hat eine viele Jahre nach der ersten, auf Indizien gestützten Verurteilung neu gewonnene wissenschaftliche Methode, Fasern auf Geweben nachweisen zu können, zur Wiederaufnahme des Verfahrens geführt: Die mittels dieses Verfahrens nachgewiesenen Fasern am Pullover eines der Opfer stammten nicht von der Verurteilten, sondern von dem anderen der ursprünglich zwei Verdächtigten. Hier hat eine Weiterentwicklung der naturwissenschaftlichen Erkenntnistechnik zwar nicht unmittelbar zur Falsifizierung der vorher vermuteten Kausalhypothese geführt, jedoch zu erheblichem Zweifel an dem- nicht bewiesenen sondern durch eine Indizienkette vermutetem - tatsächlichen Vorliegen der einzelnen Bedingungen der ersten Kausalhypothese. Man hatte vermutet, daß es die Mutter war, die in einen körperlichen Kontakt mit den Kindern trat und diese dann tötete. Die Tatsache, daß sich nunmehr Fasern des Pullovers des Vaters fanden, der nach vorherigem Stand der Ermittlungen zur Todeszeit keinen unmittelbaren Kontakt mit den Kindern hatte, ließ diese Annahme ex post fraglich erscheinen. tss Fall nach Puppe, SchwZStR 107 (1990), 141, 147.

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Man ist also niemals dagegen gefeit, Umstände in der Kausalhypothese nicht beschrieben zu haben, die relevant gewesen wären, und auch nicht dagegen, ein Kausalgesetz angewandt zu haben, das sich späterhin als nicht zutreffend herausstellt. Es muß somit bei jeder Kausalitätsfeststellung aufgrund empirischer Gesetze die Möglichkeit späterer Widerlegung der Gesetzmäßigkeilen beachtet werden, was aber nicht zum Unterbleiben der Zurechnung führen darf, sondern nur bedeutet, sich der Möglichkeit der Falsifikation des vorläufigen Ergebnisses nicht verschließen zu dürfen 186• Die von Erb gerügte Unsicherheit ist bei weitem nicht die einzige Unsicherheit im Zusammenhang mit der Kausalitätsfeststellung, sie ist aber eine grundlegende Unsicherheit der Erkenntnis 187, mit der man leben kann, weil man mit ihr leben muß. Und deshalb ist sie schließlich kein Grund, das Modell der genetischen Kausalerklärung zu verwerfen. Im Hinblick auf die mögliche Falsifizierung der Kausalhypothese spielen auch Zeit und Ort eines Ereignisses eine Rolle, die allgemein aber falschlieh als Explikationen des "konkreten" Erfolges eingeordnet werden 188• Angenommen, A schickt dem MinisterialbeamtenBeine Briefbombe an dessen Bonner Adresse. An demselben Tag, an dem dort die Briefbombe ankommt, stirbt B durch einen Herzinfarkt bei einer Feierlichkeit an seinem Dienstort Berlin. Bestandteil der Erfolgsbeschreibung des§ 212 ist nun nicht der Ort des Todes oder dessen Zeit. Es handelt sich also nicht um einen "Tod in Berlin", den es zu erklären gilt, sondern nur um einen "Tod". Gleichwohl ist evident, daß der fragliche Erfolg hier nicht gesetzmäßig mit der fraglichen Bedingung verknüpft ist. Die Angabe von Zeit und Ort, bezogen auf den Erfolg im Rahmen der Kausalhypothese, ist damit kein Bestandteil des zu erklärenden Erfolges, und sie läßt sich auch nicht unter das Kausalgesetz subsumieren. Sie ist aber geeignet, eine bestimmte Kausalhypothese bereits vor Subsumtion unter das Kausalgesetz zu falsifizieren. Denn indem man weiß, daß Naturgesetze Nahwirkungsgesetze sind, ist auch klar, daß eine Bedingung und eine Folge nicht gesetzmäßig miteinander verknüpft sein können, wenn die Grundbedingung des zeitlichen und örtlichen Zusammenhanges nicht gegeben sind. Würde man dagegen den Erfolg als "Tod in Berlin" beschreiben, so würde in der Tat auch der Flugkapitän, derB nach Berlin beförderte, für dessen Tod kausal. Aufgrund dieses Phänomens wird die Kausalität als "uferlos" 189 bezeichnet und eine normative Einschränkung zu ihrer Korrektur gefordert. Tatsächlich aber ist diese Uferlosigkeit kein mit der Kausalität einhergehendes Problem, sondern ein solches der falschen Bestimmung von Kausa186 Dies gilt nur für den determinierten Bereich. In anderen Bereichen dagegen können die Naturwissenschaften Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nicht mit derselben Sicherheit feststellen, wie dies im determinierten Bereich möglich ist. Ein Beispiel hierfür ist der Mensch als Zwischenursache. 187 Worauf schon Hempe/!Oppenheim, Philosophy of Science XV (1948), 135, 137 hingewiesen haben. 188 Z. B. Erb (1991 ), 52. 189 SK-RudolphiVor § 1, Rdnr.54; Kühl AT §4, Rdnr.37;Roxin AT/1 § 11, Rdnr.39ff.; Wessels/Beulke Rdnr. 176.

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lität. Umstände, die nach der h. M. den konkreten Erfolg ausmachen, dienen in Wahrheit nicht zur Konkretisierung des Erfolges, sondern sind Umstände zur Falsifizierung der Kausalhypothese bereits vor der Subsumtion unter ein Kausalgesetz. So richtig es ist, daß die Methode Puppes genau wie jede Methode einer kausalen Erklärung von den beschränkten Erkenntnismöglichkeiten der Naturwissenschaften abhängt, so falsch wäre es aber, sich mit Erb in Anbetracht dieser potentiellen Fehlerquelle der Methode ganz von der Methodik zu verabschieden. Denn noch anfälliger gegen Fehler als selbst die fehlerhafteste Methode ist die Methodenlosigkeit. Es ist in Anbetracht der von Erb aufgezeigten generellen Schwäche einer jeden auf empirischer Erkenntnis aufbauenden Methode um so wichtiger, ein Ergebnis stets nur als vorläufig zu verstehen, gleichwohl aber bereit zu sein, mit vorläufigen Ergebnissen zu arbeiten, solange sie dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Ist es nämlich gar nicht möglich, eine Kausalhypothese zu bilden oder gibt es kein passendes Kausalgesetz, so stößt die Methode Puppes wie auch jede andere Methode der kausalen Erklärung an ihre Grenzen: Ist ein Gesetz nicht zu bilden, so handelt es sich um einen prinzipiell nicht determinierten Bereich, vgl. 4 . Teil li. Ist der Kausalablauf nicht in den obigen Grenzen hinreichend zu beschreiben, weil es an Tatsachenkenntnis mangelt, dann liegt ein Anwendungsfall des Grundsatzes in dubio pro reo vor. Gegen die Notwendigkeit, daß die Kausalhypothese wahr sein muß, wendet Hilgendorf90 ein, daß das Merkmal der Wahrheit unhaltbar sei, wenn man es nicht auf die logische Wahrheit der Ableitung beziehe, sondern auf die faktische Wahrheit des Kausalgeschehens. Man könne nie sicher sein, daß empirische Gesetze wahr sind. Es geht bei der Wahrheit in der Tat nicht um die Wahrheit der logischen Ableitung, also des Subsumtionsvorganges. Entgegen Hilgendorf geht es aber auch nicht um die Wahrheit des Naturgesetzes. Ob ein Gesetz wahr ist, ist, auch dort ist Hilgendorf zuzustimmen, nicht möglich anzugeben. Nach dem oben dargelegten sind empirische Gesetz niemals als wahr, sondern nur als noch nicht falsifiziert zu qualifizieren. Hilgendorfhat also inhaltlich vollumfänglich Recht. Aber der Bezug dieser Aussage auf das Wahrheitskriterium nach Puppe 191 ist nicht zutreffend. Denn unter Wahrheit ist die Wahrheit derjenigen singulären Sätze zu verstehen, die die Kausalhypothese bilden, genauer: die Tatsächlichkeit des Vorliegens der in der Kausalhypothesebeschriebenen Sachverhalte 192• Verprügelt beispielsweise A den B mit einem Knüppel und fügt ihm hierbei nicht nur erhebliche Schmerzen zu, sondern führt, da er ihn am Kopf trifft, auch die Erblindung eines Auges herbei, so wäre die Hilgendorf, GA 1995,526, Fn.62. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 875ff.; dies., NK Vor§ 13, Rdnr. 96; dies., ZStW 99 (1987), 595,599. 192 So auch Stegmüller (1983), 120: "Solche Aspekte [eines Ereignisses, die es zu erklären gilt] sind durch Sätze beschreibbar und werden gewöhnlich Sachverhalte genannt. Sind die beschreibenden Sätze wahr, so daß die Sachverhalte bestehen ("wirklich der Fall sind"), so spricht man von Tatsachen". 190 191

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Kausalhypothese dann nicht mehr wahr, wenn man die Tatsache des Knüppels wegließe und den Schlag als Schlag mit der Faust beschriebe. Denn tatsächlich hat A ja nicht mit der Faust, sondern mit einem Knüppel geschlagen. Die Unwahrheit der Kausalhypothese führte also zu ihrer Unschlüssigkeit; ohne den Knüppelläßt sich diese Einwirkung auf den Körper des B nicht erklären. Eine Kausalhypothese ist auch dann unwahr, wenn statt der weggelassenen Tatsache eine andere eingeführt wird, beispielsweise ein Hammer. Beschreibt man den Schlag als einen Schlag mit einem Hammer, dann ist diese Beschreibung zwar nicht unschlüssig im Hinblick auf die Folge, aber unwahr, da tatsächlich gar kein Hammer verwendet wurde. Daran änderte sich im übrigen auch dann nichts, wenn ein Hammer vor Ort vorhanden wäre, denn die Kausalhypothese beschreibt nicht die Tatsache des Vorhandenseins der verschiedenen Faktoren, sondern die Art ihrer Bedeutung im Hinblick auf den Erfolg. Es läßt sich damit festhalten, daß im Ansatz Puppesdiejenige Methode beschrieben ist, die keinen spezifischen (von den generellen Bedenken der Erkenntnisgrenzen abgesehen) und durchgreifenden Bedenken ausgesetzt ist. Eine Einzelursache kann somit als ein notwendiger Bestandteil einer bestimmten wahren und nach allgemeinen empirischen Gesetzen hinreichenden Mindestbedingung des Erfolgs beschrieben werden.

c) Der Erfolg als Bezugspunkt der Kausalbeziehung

Wie auch jede andere Theorie der Kausalitätsfeststellung oder -Überprüfung ist auch die Theorie der gesetzmäßigen Bedingung wie in der Fassung Engischs so auch in der Fortentwicklung Puppes auf eine exakte Bestimmung des Bezugspunkts angewiesen. 193 • Wahrend die Bedingungstheorie den Bezugspunkt in Form des ganz konkreten Erfolgs benötigt, um ihre Schwächen vermeintlich zu korrigieren, stellt der Erfolg für die Theorie der gesetzmäßigen(= hinreichenden Minimal-) Bedingung einen nötigen Bezugspunkt in Gestalt desjenigen dar, was durch die kausale Erklärung erklärt wird. Die Festlegung, was Bezugspunkt der Kausalbeziehung ist, entscheidet, wie am Beispiel der ganz konkreten Erfolgsgestalt gezeigt wurde, über die Kausalität als solche. Hierfür Kriterien zu finden, ist deshalb zwingend notwendig, bevor über Nutzen und Reichweite der Kausalität für die Beihilfe entschieden werden kann.

193 Im Gegensatz zur Behandlung des anderen Fixpunkts der Kausalkette fehlt es diesbezüglich allerdings noch weitgehend am Problembewußtsein. Gleichwohl wird durch intuitive Bestimmung des Erfolges über die Frage der Kausalität vorab entschieden, vgl. zu einer solchen Vorabentscheidung Samson ZStW 99 (1987), 617, 628 und mit anderer PrämisseMöhrenschlager, WiVerw 1984,47, 61; Kuhlen, WiVerw 1991, 181, 196.

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aa) Der strafrechtliche Erfolg im historischen Überblick Über die Methode der Erfolgsbestimmung wurde bereits zu Anfang des abgelaufenen Jahrhunderts Diskussion geführt, es standen sich, wobei hier die Benennung Samsons 194 übernommen wird, die abstrahierende und die konkretisierende Erfolgsbetrachtung gegenüber. Die abstrahierende Betrachtung soll danach ihren Namen damit verdienen, daß sie sich von der konkreten Beschreibung des Erfolges löst. Traeger 195 formuliert: "Nicht etwa schon dasjenige Antecedens, bei dessen Wegfall die geringfügigste Änderung des konkreten Erfolges eintritt, ist Bedingung des Erfolges im Rechtssinne. Vielmehr interessiert uns der Erfolg nur in einer gewissen Verallgemeinerung. Wir sehen ab von allen Einzelheiten, die in juristischer Beziehung bedeutungslos sind. Das gilt vor allen Dingen von solchen Nebenumständen, die für denjuristischen Effekt überhaupt nicht in Frage kommen können". Traeger entwickelt dann die Methode, nach juristischen Erfolgskategorien zu unterscheiden: "Was ist aber die in juristischer Hinsicht wesentliche Seite des Erfolges? Worin ist sie zu erblicken? Im allgemeinen läßt sich sagen: sie wird durch den gesetzlichen Tatbestand gebildet. Jedes Antecedens ... , dessen Wegfall zur Folge hat, daß der dann eintretende Erfolg oder der dann vorhandene Zustand überhaupt nicht mehr in die durch den gesetzlichen Tatbestand gebildete Wirkungskategorie W (Tod, Körperverletzung, Sachbeschädigung usw.) fallt, sondern in deren Gegensatz (Nicht-Tod, Unversehrtheil des Körpers, der Sache usw.) ist demnach sicherlich Bedingung des juristischen Erfolges" 196• Im berühmten "Vasenfall", in dem der Maler, der eine Vase bemalte, den konkreten Erfolg der nunmehr zerstörten Vase mitverursacht haben soll, da es sich bei den am Boden liegenden Scherben um bemalte Scherben handelt, kommt Traeger, vom obigen Grundsatz ausgehend zu dem Ergebnis, daß die Bemalung der Vase zwar unter ästhetischer, nicht aber unter juristischer Sichtweise von Bedeutung sei. Denn juristisch interessiere nur das Zerbrechen, also die Sachbeschädigung 197 • Während der Weg und die Lösung im Vasenfall noch unmittelbar einleuchten, werden die Dinge im berühmten Überschwemmungsfall v. Buris 198 schwieriger. Hier wird nach der Kausalität desjenigen (A) für eine Überschwemmung gefragt, der in die Fluten, die sich während einer Überschwemmung über das Land ergießen, einen Eimer mit Wasser leert. Denn hat nicht A genau das getan, was sich mit dem Erfolg einer Überschwemmung laienevident verbindet, nämlich Wasser auf das Land gekippt? Begriffe nach Samson (1972), 26ff. Traeger (1904), 41; ebenso: Tarnowski (1927), 38ff. 196 Traeger (1904), 42. 197 Traeger (1904), 41. 198 V.Buri (1873), 69; Traeger (1904), 41; Engisch (1931), 10: A kippt in die Fluten, die sich über das Land ergießen, weil B die Deiche geöffnet hat, einen Trog (Eimer) voll Wasser. 194

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I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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Auf die Beantwortung der Frage leitet Traeger selbst über: "Umgekehrt läßt sich nun keineswegs ohne weiteres sagen: ein für den konkreten Erfolg kausales Moment, das sich wegdenken läßt, ohne daß der dann eintretende Erfolg aus der Kategorie W (Tod, Verletzung usw.) fallt, ist keine Bedingung des juristischen Erfolges. Denn in einem solchen Falle kommt es noch auf die Frage an, ob die von jenem Antecedens abhängige Veränderung des ganz konkreten, aber innerhalb der Kategorie W bleibenden Erfolgs (etwa nach Zeit, Ort, Stärke der Verletzung oder nach sonstigen Umständen) in juristischer Hinsicht erheblich ist.(... ) Wann nun die durch solche Umstände bewirkte Veränderung in juristischer Sicht erheblich ist, läßt sich nicht in abstracto bestimmen" 199• Traeger stellt dann hinsichtlich des Überschwemmungsfalls auf den konkreten Erfolg ab und bejaht eine Kausalität, wenn die Überschwemmung durch das Auskippen des Eimers erheblich verstärkt oder beispielsweise zeitlich beschleunigt wurde. Würde dagegen die Höhe des Wasserpegels nur um einige Millimeter verändert, "so wird dadurch der juristisch bedeutsame Erfolg: die Überschwemmung des Gebiets, das Einstürzen der Häuser usw. kaum ein anderer und deshalb ist jenes Hinzufügen der Wassermenge keine Bedingung für die Überschwemmung, obgleich diese sich, ganz konkret vorgestellt, etwas anders gestaltet hat" 200• Über den Umweg einer juristischen Erfolgskategorie stellt Traeger also innerhalb dieser doch auf eine Veränderung des konkret beschriebenen Erfolges ab mit der Besonderheit, daß diese eine gewisse Erheblichkeit erreichen muß, also eine erhebliche Beschleunigung oder Intensivierung. Damit beschreibt Traeger den Erfolg nicht mehr abstrakt nach der tatbestandliehen Fassung, sondern konkret nach bestimmten Umständen, die er festlegt (Zeit und Intensität) und deren Bedeutung er dann sogleich relativiert ("erheblich"). Demgegenüber stand die Auffassung Müllers 201 und Engischs 202 , nach der auf den konkreten tatsächlichen Erfolg abzustellen ist, und lediglich die Tatsachen, im Hinblick auf die die Kausalität einer Bedingung geprüft wird, auszuwählen und nach juristische Erfolgskategorien abzugrenzen sind. Mit den Worten Müllers: "So ist m. E. das ganze Abstrahierungsverfahren bei der Frage nach dem Bedingungsverhältnis verfehlt. Richtig ist nur, daß juristisch die Kausalfrage eine nach juristischen Gesichtspunkten abgegrenzte Tatsache voraussetzt. Sie ist nur zu stellen, wo sich aus der Fülle der Erscheinungen ein Komplex abgrenzen läßt, in welchem der Erfolgstypus eines rechtswirksamen Tatbestandes verwirklicht erscheint; denn nur die Verursachung einer solchen konkreten Tatsache ist vonjuristischem Interesse( ... ) Maßgebend ist also stets die konkrete Tatsache, in welcher der Erfolgstypus des in Frage Traeger (1904), 43f. Traeger (1904), 44. Auch an anderer Stelle wird der zurechenbare Erfolg durch Kriterien wie "wesentlich" oder "meßbar" beschränkt,. v.Buri (1873), 69; Spende/ (1948), 76; vgl. dazu auch Hall EG Grünhut (1965), 213,216. 201 Müller (1912), !Off. 202 Engisch ( 1931), 9 ff. 199

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

kommenden rechtswirksamen Tatbestandes in dem zu beurteilenden Geschehen verwirklicht wird" 203. Der Vasenfall soll danach so zu lösen sein, daß das Bemaltsein der Vase gar keinen Bestandteil des gemäß dem gesetzlichen Tatbestand abgegrenzten konkreten Erfolges bilde, es komme nur darauf an, daß die Vase zerbreche. Im Überschwemmungsbeispiel sei die winzige hinzugegebene Wassermenge für die menschliche Betrachtung kein Bestandteil des Sachverhalts, den man als Überschwemmung bezeichnet204. Die heute überwiegende Meinung geht davon aus, daß der Erfolg in seiner ganz konkreten Gestalt der Bezugspunkt der Kausalität ist, und dies unabhängig von der zugrundeliegenden Theorie der Kausalität2°5 , vgl. dazu schon oben I 1. a). Die Aufarbeitung des historischen Streits um den Erfolgsbegriff ist danach für die Suche nach einem Bezugspunkt für die Kausalität nur sehr bedingt von Wert. Die beiden historischen Auffassungen unterscheiden sich nur in ihrem Ausgangspunkt zur Erfolgsbestimmung, nicht dagegen in den theoretischen Grundlagen, und auch nicht in den Ergebnissen. Dies gründet darauf, daß nach beiden Auffassungen grundsätzliches Maß der gesetzliche Tatbestand ist, im Bedarfsfalle aber dann auf den konkreten Erfolg abgestellt wird. Beide Auffassungen gehen damit von der ontologischen Prämisse aus, daß die Tatsachen in ganz konkreter Bestimmtheit vorgegeben sind. Die heute herrschende Lehre folgt ihnen darin. Die Differenz beschränkte sich darauf, inwieweit diese Tatsachen in ihrer Konkretheil Bedeutung erlangen206. Die Unrichtigkeit dieser Prämisse wurde jedoch oben schon dargelegt. bb) Die Erfolgsbestimmung nach Jakobs Jakobs sieht als Grund für die Normierung der strafrechtlichen Erfolge die durch die Tat bewirkte Enttäuschung der Normgeltungserwartung der anderen Menschen207. Nur das sei ein relevanter Erfolg, was eine Differenz in der Enttäuschung ausmachte 208. Vor diesem Hintergrund bezeichnet Jakobs die konkrete Beschreibung des Erfolges aus zwei Gründen als "mindestens mißverständlich": zum einen Müller (1912), 14. Engisch (1931), 11 f. 205 Sch./Sch.-Lenckner Vor§ 13, Rdnr. 75, 78; SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr. 41; Tröndle/Fischer Vor§ 13, Rdnr.16; Baumann!Weber!Mitsch AT§ 14, Rdnr.lOff.; Kühl AT§ 4, Rdnr. 25; Maurach!Gössel/Zipf AT/1 § 18, Rdnr. 54; Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 20; Schlüchter, JuS 1976, 378, 380; Ebert/Kühl, JuS 1979,561, 564; Erb, JuS 1994,449,452. 206 Traeger (1904), 41, ähnlich Tarnowski (1927), 38, steht auf dem Standpunkt, daß der ganz konkrete Erfolg zwar existiere, den Juristen aber nicht interessiere, während M . L. Müller (1912), lOff. und Engisch (1931), 11 ff. von vornherein von der Maßgeblichkeil des ganz konkreten Erfolges ausgehen. 2o1 Jakobs AT l/4ff.; vgl. auch Jakobs (1992), 31 ff. 208 Jakobs AT7/15. 203

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sei nicht jeder Umstand in der Gestalt eines Erfolges relevant, wie z. B. die Anzahl der Stücke, in die eine Vase nach dem Fall zerspringe. Ob die Vase in 100 oder in 101 Stücke gesprungen sei, ergebe in der Regel keine Differenz der Enttäuschung. Zum zweiten suggeriere die Formel von Erfolg in seiner konkreten Gestalt, daß es nur auf den Erfolg, nicht aber auf den Weg hierhin ankomme 209 • Zur Lösung trägt Jakobs vor, es sei zwischen der tatbestandliehen Erfolgsverursachung und dem Bewirken von bloßen Begleitumständen, einerseits Risikoschaffung und andererseits Risikovariation, zu unterscheiden 210• Die Unterscheidung des einen vom anderen hänge davon ab: "in welchen Zusammenhängen die riskante Welt geordnet wird, und diese Bildung von Ordnungen hängt wiederum davon ab, auf welche Differenzierung man sich zur Beherrschung (Erzeugung oder Vernichtung) riskanter Verläufe einstellen muß, und insbesondere, wo die Grenzen der Zuständigkeit für die Beherrschung verlaufen (... ) Je mehr man zum Schutz vor den Gefahren unterschiedliche Sicherheitsmaßnahmen ergreift, je eher man das eine Risiko isoliert vom variierten Risiko anzutreffen gewohnt ist, je deutlicher für die Risiken unterschiedliche Zuständigkeiten bestehen, um so mehr geht es nicht um bloße Variation, sondern um neue Risiken. Wenn aber die Differenzierungen unter keinem Aspekt mehr sinnvoll erscheinen, geht es um eine Risikovariation." 211 Der Erfolg ist danach im Hinblick auf das gesetzte Risiko für das Rechtsgut zu bestimmen. Details der Erfolgsbeschreibung, die auf eine Variation eines bestehenden Risikos zurückgehen, soll man unbeachtet lassen, jene Details, die sich als Realisierung des maßgeblichen Risikos darstellen, sind legitimer Bestandteil des Erfolges. Jakobs führt als Beispiel an, daß ein Totschläger mehrere Schüsse aus einer Pistole abgegeben hat, bevor der erste im Ziel anlangt. Ein anderer schießt die erste Kugel in der Luft ab, so daß nicht diese (tödlich) trifft, sondern erst die zweite 212 • Die Angabe, welche Kugel den Tod herbeiführt, sei danach kein legitimer Bestandteil der Erfolgsbeschreibung, da dieses nur eine Variation bedeutet, einen Begleitumstand, der nicht relevant ist. Anders will Jakobs aber entscheiden, wenn die zweite Kugel einen völlig anderen Tod herbeiführt, beispielsweise einen qualvollen Tod, weil es sich bei der zweiten Kugel um ein Schrapnell handelte. So sehr intuitiv das Ergebnis Jakobs einleuchten will: an der Handlung des Kunstschützen ändert sich im Vergleich beider Fälle nichts. Geändert hat sich nur ein Umstand in der Gestalt des Erfolgs, hier der "schnelle Erschießungstod", "dort der qualvolle Erschießungstod". Um diese Differenzierung treffen zu können, bedürfte man allerdings einer Methode, unter allen möglichen Details der Erfolgsbeschreibung bestimmte auszuwählen. Die Angabe dieser Methode bleibt auch Jakobs schuldig 213 • Der Vorschlag, nur diese Details in die Beschreibung des Erfolgs aufzunehmen, die auf ein maßgebJalwbs AT7/15. Jalwbs AT7/16. 211 Jalwbs AT7/16. 212 Jalwbs AT7/16. 213 Ebenso: Sofos (1999), 86; Hilgendorf, GA 1985,515,521. 209

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

liebes Risiko zurückgehen, und jene außenvorzulassen, die auf bloße Variation zurückgehen, ähnelt sehr dem Ansatz, nur diejenigen Details in die Beschreibung aufzunehmen, die tatbestandsrelevant sind. Dort wie hier setzt die Methode bereits Klarheit darüber voraus, was maßgeblich ist. Ohne eine Antwort auf diese Frage, führt der Begriff der Tatbestandsrelevanz nicht weiter als der Begriff der Maßgeblichkeit. Die Anweisung lautet dann, zur Ergrundung des maßgeblichen Erfolges nur diejenigen Tatsachen in die Beschreibung aufzunehmen, die maßgeblich sind. Was aber maßgeblich ist, klärt sich über die Vorfrage, welche Bedingungen man als nicht kausal erachtet und welche als kausal oder, welche Bedingung zu einer Variation führt, die die Erwartung des Rechtsanwenders nicht enttäuscht, und welche Bedingung zu einer Erfolgsänderung. Bei einer Erfolgsänderung ist dann der geänderte Umstand in die Erfolgsbeschreibung aufzunehmen und so die Relevanz der Handlung für den konkreten Erfolg zu begründen. Das Risiko des Täters, den man so behandeln möchte, definiere man als maßgeblich, jedes anderes als Variation. Dies ist nichts anders als der Fehler der konkreten Erfolgsgestalten der h. L. in anderem Gewand, dem Gewand der Risikoschaffung und -Variation. Ohne Bestimmung der Frage, was eine Variation und was ein relevantes Detail ist, führt die Unterscheidung nicht weiter214 • Die hier maßgebliche Frage, was in die Erfolgsbeschreibung hineingehört, wird mit der Diskussion um Risikoschaffung und Risikovariation somit nicht gelöst. Die Antwort auf diese Frage machte die Diskussion um die Unterscheidungskriterien von Jakobs vielmehr überflüssig. Wenn Jakobs in einem von Samson 215 mitgeteilten Fall die Handlung desjenigen, der während eines Gebäudebrandes eine Truhe so herumdreht, daß diese von links nach rechts statt von rechts nach links verbrennt, als kausal für eine bloße Variation des Risikos der Sachbeschädigung216 auffassen möchte, so müßte doch zunächst geklärt werden, ob die von Jakobs so herausgegriffene Tatsache tatsächlich ein Bestandteil des Erfolgs des § 303 ist und damit das Herumdrehen überhaupt einen Platz in der Kausalhypothese findet.

cc) Was ist ein Erfolg? Es wurde gezeigt, daß es keine "konkreten Gestalten" der Tatsachen gibt. Trotzdem ist es natürlich möglich, Tatsachen in Sätzen zu beschreiben. Wenn es allerdings keine Konkreta gibt und keine vollständige Tatsache, so stellt sich die Frage, wann eine Beschreibung überhaupt eine Berechtigung in dem Sinne hat, daß der Satz, durch den etwas über die Tatsache ausgesagt wird, wahr ist. Die analytische Sprachphilosophie befaßt sich mit demselben Problem. Während bislang allerdings die Tatsache a priori gesetzt und deren Beschreibung im Mittelpunkt stand, fragt die So auch Sofas (1999), 89. Samsan (1972), 88 f. 216 Beispiel nach Jakobs AT7/16. 21 4

2 1s

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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analytische Sprachphilosophie zunächst danach, was eine Tatsache überhaupt ist. Es soll versucht werden, die sprachanalytische Behandlung dieser Problematik nach ihrer Darstellung für die Belange der Beihilfe zu verwenden.

Patzig geht von der Aussage aus, daß die Sprache das einzige Mittel der Beschreibung von Dingen ist. Die Sprache bedient sich der Sätze. Damit stehen sich die Dinge (Ereignisse) und die Sätze gegenüber. Der Ausdruck "Ich sehe, daß p ..." ist von anderer Form als der Ausdruck "Ich sehe ein x". In diesen Kontext gesetzt sind Tatsachen das, was wahre Sätze darstellen 217 • Ohne Sprache gibt es zwar Dinge (Ereignisse), nicht aber Tatsachen. Der Begriff der Tatsache stellt etwas vor Augen, was unabhängig von Gedanken und Sprache und insbesondere auch unabhängig von dem Begriff der Tatsache real ist. Andererseits entzieht sich die Tatsache einer Definition von Seiten dieses Realen. Sätze sind nicht beispielsweise Portraits gleichzusetzen, die Personen darstellen. Denn zwar stellen die Portraits Personen dar, aber die Personen sind noch etwas anderes als das Dargestellte. Ludwig XIV war beispielsweise mehr als ein Mann in bestimmter Kleidung und mit bestimmten Machtinsignien, als den ihn Portraits darstellen. Er war von einer bestimmten Größe, hatte bestimmte Eigenschaften, Vorlieben, Abneigungen usf. Tatsachen definieren sich nur über die Aussage, das und genau das zu sein, was wahre Sätze darstellen, und sie erschöpfen sich auch hierin. Ohne Sätze kann es Tatsachen nicht geben, Tatsachen sind sprachabhängig 218 • Die Erkenntnis nun, daß keine konkreten Ereignisse oder Dinge in ihrer konkreten Gestalt vorgegeben sind, sondern eine exakte Beschreibung dieser Gestalt zur Beschreibung der Welt in ihrer Totalität führen würde, bedeutet nicht gleichzeitig zwingend, daß es ebenso unmöglich wäre, einen wahren Satz über ein Ding oder Ereignis so zu bilden, daß der Satz eine Tatsache beschreibt. Denn die Tatsache, daß es nicht möglich ist, das Ding oder Ereignis erschöpfend zu beschreiben, bedeutet noch lange nicht, daß ohne dieses "Mehr" der Satz keine Tatsache mehr beschriebe. Der Satz "Es schneit" oder auch "Das ist Schnee", kann wahr sein, also eine Tatsache beschreiben, obwohl die Beschreibungen "Es schneit" und auch "Das ist Schnee" die Wirklichkeit nicht annähernd konkret wiedergeben, denn welche Farbe der Schnee hat, welche Temperatur, woher er kommt usf. ist damit nicht beschrieben. Trotzdem kann der Satz ,,Das ist Schnee" eine Tatsache bezeichnen, obwohl eine Beschreibung dieser Tatsache in deskriptiver Erschöpfung nicht möglich ist. Setzt man den Begriff der Tatsache einmal synonym mit dem strafrechtlichen Begriff des Erfolges, so werden die Parallelen zwischen der hier gegenständlichen Frage und den Ausführungen Patzigs deutlich. Wie die Tatsache beschreibt der Erfolg ein Ereignis, ohne daß es möglich wäre, dieses Ereignis erschöpfend zu beschreiben. Trotzdem verneint Patzig nicht die Möglichkeit eines wahren Satzes über ein Ereignis, der eine Tatsache beschreibt. Es scheint deshalb vielversprechend, sich 217 21s

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Patzig (1980), 8, 11, 13. Patzig (1980), 8, 13.

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über die Bedeutung des Begriffes der Tatsache Klarheit zu verschaffen. Wenn es nämlich möglich ist, einen wahren Satz über eine Tatsache zu bilden und gleichzeitig die deskriptiv vollständige (konkrete) Beschreibung nicht das Maß der Wahrheit, also das Maß der Tatsache ist, wonach bestimmt sich dann, ob der Satz eine Tatsache beschreibt, oder nicht? Wenn es also, um in strafrechtliche Zusammenhänge zurückzukehren, nicht die vollständige Beschreibung einer Verletzung (wo, wann, wie, durch wen) ist, die die Aussage "diese Verletzung ist eine Körperverletzung" als wahr legitimiert und damit zu einer sprachlichen Tatsache macht, was ist es dann? Wenn die Tatsache der Bezugspunkt der Kausalitätsbeziehung ist und es sich als nicht durchführbar erwiesen hat, ein Ereignis hinreichend konkret zu beschreiben, um ihm die Legitimation der Tatsache zu geben, wie ist der Umfang des Bezugspunktes dann zu bestimmen?

Patzig führt hierzu aus:"( ...) Wenn wir gefragt werden, wann der Satz "Fido hat den Briefträger gebissen" wahr ist, so werden wir(... ) nichts anderes antworten können als dies: Der Satz ist genau dann wahr, wenn Fido den Briefträger gebissen hat. Die Tatsache, die der Satz p darstellt oder ausdrückt oder beschreibt, ist genau das, was vorliegen muß, wenn der Satz p wahr sein soll. Die Tatsache, die ein Satz darstellt, ist also der Inbegriff der Wahrheitsbedingungen dieses Satzes"219 • Es gibt damit eine Tatsache nur insofern, als es Wahrheitsbedingungen von Sätzen gibt. Über die Wahrheitsbedingungen von Sätzen entscheiden Spielregeln im weitesten Sinne, die sich in einer Sprache äußern. Wahrheitsbedingungen von Sätzen kann es nicht geben, wenn es keine sprechenden Wesen gibt. "Der Satz "x ist eine Tatsache" ist genau dann wahr, wenn es einen Satz p einer Sprache S gibt derart, daß x eine Erfüllung der Wahrheitsbedingungen von p ist'm0 • Übertragen auf strafrechtliche Belange bedeutet dies, daß der Satz "diese Verletzung ist eine Körperverletzung, also ein Erfolg" dann und nur dann wahr ist, wenn es einen Satz p einer Sprache S gibt derart, daß die Verletzung die Wahrheitsbedingungen des Satzes erfüllt. Ein solcher Satz p ist § 223 Abs. 1, die Sprache als Sammlung von Sätzen der Art p das StGB. Tatsachen sind damit genau nur diejenigen Umstände, für die gilt, daß die Tatsache eine Erfüllung eines Satzes/Satzteils des StGB ist. Ein Erfolg ist also notwendig und hinreichend genau dann beschrieben, wenn er dem Erfolg eines Tatbestandes entspricht. Es gibt damit keinen ,,konkreten Erfolg", gleichwohl aber eine legitime Erfolgsbeschreibung dergestalt, daß der den Erfolg so beschreibende Satz eine Tatsache feststellt, nämlich diejenige, die die Wahrheitsbedingungen des entsprechenden Satzes der entsprechenden Sprache erfüllt und, wie hinzugefügt werden soll, darüber nicht hinausgeht. Der "Erfolg" ist somit ein Begriff des Strafrechts, dessen Inhalt allein durch das Gesetz bestimmt wird. Was eine legitime Erfolgsbeschreibung ist und was nicht, richtet sich nicht nach der Natur oder der "natürlichen Auffassung" über die Be219 22o

Patzig ( 1980), 32. Patzig ( 1980), 34.

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schreibung der Dinge oder nach der .,Alltagssprache"221 , sondern einzig nach den Wahrheitsbedingungen des Gesetzes, in dem der Tatbestand normiert ist. Eine Erfolgsbeschreibung ist also keine deskriptiv-ontologische, sondern eine deskriptivnormative Leistung. In der Konsequenz des Gesagten kann als Erfolg nur die gesetzliche Beschreibung in ihrer ganzen Abstraktion gelten, also die Tatsache der .,Körperverletzung", der .,Sachbeschädigung" oder auch des "Todes". Die Natur kann, wie gerade gezeigt, nicht festlegen, was ein Erfolg ist, sondern nur eine Sprache. Da Sanktionen an den Erfolg angeknüpft werden, ist nur der Gesetzgeber legitimiert festzulegen, was ein Erfolg ist. Die Aufnahme bestimmter Erfolgsmodalitäten ist nur dann legitim, wenn das Gesetz diese in seine Erfolgsbeschreibung aufgenommen hat, z. B. die besonderen Tatmodalitäten in den Qualifikationen. Wie aber ist nun nach dem StGB ein "Erfolg" definiert? Puppe weist darauf hin, daß ein weiterer Fehler der bisherigen Auffassung vom Erfolg derjenige ist, diesen als Zustand zu beschreiben. Was jedoch erklärt werden müsse, sei eine Veränderung von Zuständen 222 • Das, was durch das Strafrecht einer Person zugerechnet werden soll, ist nur die nachteilige Veränderung am Rechtsgutsbestand der Person 223 • Während sich der Rechtsanwender beispielsweise bei der Körperverletzung nicht klarmacht, daß eine Körperverletzung eine Differenz zwischen zwei Zuständen, nämlich demjenigen vor der Verletzungshandlung und demjenigen danach beschreibt, ist dies bei anderen Tatbeständen anerkannte Methode, nämlich typischerweise dort, wo dieser Erfolg keine Laienevidenz genießt, sondern einer Beschreibung bedarf. Ein Beispiel hierfür ist der Betrug, bei dem der Schaden als Differenz zweier Vermögenslagen beschrieben wird, nämlich einmal vor der Betrugshandlung, das andere Mal danach 224 • Wenn man den Satz aufstellt .,X ist tot", so ist zwar Voraussetzung dieses Zustandes, daß X vorher gelebt hat, erklärungsbedürftig ist aber nur die negative Veränderung in Gestalt des Erfolges. Das, was es also zu erklären gilt, ist nicht der Zustand des Tot-Seins, sondern die Veränderung im Rechtsgutsbestand des X vom status quo So HilgendorfGA 1995, 515,534. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 880; dies., NK Vor§ 13, Rdnr. 75; Sofas (1999}, 94ff.; Walder, SchwZStR 93 (1977), 113, 123; auf denersten Blick ähnlich Samsan (1972), 100 und Wolf! ( 1965), 21 ff., die beide aber nicht auf die Differenz zweier tatsächlicher und wahrer Zustände abstellen, sondern auf die Differenz zwischen Status des Rechtsguts nach Handeln des Täters und dem (hypothetischen) Status zu demselben Zeitpunkt bei hinweggedachtem Handeln des Täters; das ist nicht dasselbe, sondern nicht weniger als Ausdruck des Unterschieds zwischen der Bedingungstheorie und der hier zugrundegelegten Kausaltheorie I 223 So schon Schroeder, JR 1976, 338339; Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 880; dies., NK Vor § 13, Rdnr. 76; Walder, SchwZStR 93 (1977), 113, 123; Sofas (1999), 94ff.; so auch Sch./SchLenckner, Vor§§ 13 ff., Rdnr. 79, der allerdings auf die ,,konkrete Gestalt der nachteiligen Veränderung des Ist-Zustandes" abstellt. In der Tendenz auch Charalambakis, der zwischen "ganz konkretem Erfolg" und tatbestandsmäßigem Erfolg schwankt, vgl. FS Roxin (2001), 625, 631 einerseits und a. a. 0., Fn. 36 andererseits. 224 BGHSt 3, 102; 16, 321; 30, 388; Lackner/Küh/ § 263, Rdnr. 36; Sch./Sch.-Cramer §263, Rdnr. 99; Tröndle/Fischer § 263, Rdnr. 30. 221

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ante zum status quo post. Es gilt zu erklären, daß X gestorben ist. Das ist der Erfolg des Tötungsdelikts, die nachteilige Veränderung eines gegebenen Rechtsgutsobjekts. Nicht der Erklärung bedarf damit die Existenz des X oder, abstrakt, des Rechtsgutsobjekts, denn die Existenz der Rechtsgutsobjekte wird von den Tatbeständen vorausgesetzt. Es kann nicht strafbar sein, ein Rechtsgutsobjekt zu schaffen.

Bilgendorfführt an, daß der Begriff ,,nachteilig" nicht bedeuten könne, daß neben die Entscheidung darüber, ob die Merkmale des jeweiligen Tatbestandes erfüllt sind, noch ein Wertung darüber treten müßte, ob es sich um eine nachteilige Veränderung am jeweiligen Rechtsgut handle. Eine eigene Wertung des Rechtsanwenders darüber, ob er die Veränderung als nachteilig empfinde, sei nicht erforderlich, vielmehr reiche jede im Gesetz typisierte Veränderung aus 225 • Es ist zutreffend, daß die Beurteilung eines Geschehens als nachteilig zunächst einmal im Gesetz vorgegeben ist: Die Zerstörung einer fremden Sache ist bereits begrifflich nachteilig für den Eigentümer. Gleiches gilt für den Tod, die Körperverletzung usw. Stellt man also fest, daß B eine Körperverletzung erlitten hat und diese kausal durch den Schlag des A gegen den Kopf des B zu erklären ist, so bedarf es nicht mehr einer Beurteilung dergestalt, daß eine Körperverletzung eine negative Veränderung eines unversehrten körperlichen Anfangszustandes vor dem Tätigwerden des A ist. Dies ist aber trivial und geht am Inhalt der Erfolgsbestimmung als negative Veränderung vorbei. Der Begriff der Nachteiligkeil ist nichts anderes als die Bezeichnung einer Gemeinsamkeit aller Verletzungserfolge. Da der Gesetzgeber die einzelnen Verletzungserfolge nicht in allen denkbaren Erscheinungen enumerativ dargestellt (beispielsweise: Schnittverletzung an einem Finger, Prellung an einem Finger usw.), sondern durch einen Begriff umschrieben hat (Körperverletzung), kann sich bei dem Versuch festzustellen, ob ein singuläres Ereignis unter den Begriff des Gesetzgebers zu subsumieren ist, durchaus die Notwendigkeit ergeben, den Inhalt des Begriffes herauszustellen und festzustellen, ob das Ereignis dieser Beurteilung entspricht. Nichts anders meint der Begriff der Nachteiligkeit für ein Rechtsgut, welche allen tatbestandliehen Erfolgen gemein ist. Die Notwendigkeit dieser Wertung ergibt sich also zwangsläufig infolge der abstrakten Normierung überhaupt und ist nicht kritikwürdige Besonderheit der Erfolgsbestimmung nach Puppe. Der im Begriff der Nachteiligkeit liegenden Wertung stehen auch andere Autoren kritisch gegenüber. Roxin merkt an: "Auch wird auf diese Weise der größte Teil der normativen Zurechnungslehre in den Kausalbegriff hereingeholt. Das ist unzweckmäßig"226; Jakobs: ,,Ein Vorteil dieser Formulierung eines Haftungsproblems als Kausalproblem ist nicht ersichtlich" 227• Jedoch ist der Einwand, daß auf diese Weise eine "Normativierung der Kausalität" stattfindet, nicht besonders überzeugend. Es HilgendorfGA 1995,515,527. Roxin AT/1 § 11, Rdnr.21. 227 Jakobs AT (I. Auflage; aufgegeben in der 2. Auflage),7/17, Fn. 19; in derselben Richtung kritisch SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr. 34 a.E.; Bloy (1984), 276; Küpper (1990), 95; Erb (1991), 37 und 39ff. 22s

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macht kaum Sinn, im Rahmen einer strafrechtlichen Prüfung erst eine Verantwortlichkeit nach angeblich außerrechtlichen Kriterien festzulegen und diese dann durch mehr oder weniger systematische Zurechnungskriterien wieder auszuschalten228 • Die Auffassung daß Kausalität als deskriptives Merkmal einerseits und objektive Zurechnung als normative Korrektur andererseits streng zu trennen sind, verkennt, daß zur Kausalitätsfeststellung zwingend die Festlegung eines Bezugspunktes für die Kausalität gehört, denn die Kausalität ist ein Relationenbegriff: "kausal für ... " 229 • Sieht man diesen Bezugspunkt in "konkreten Ereignissen" so ist zwar eine Festlegung ohne normative Kriterien möglich, die Prüfung verliert aber aufgrund der Beliebigkeit, ja Manipulierbarkeil dieser Methode jeden Wert. Sieht man den Bezugspunkt im Erfolg, so ist dessen Festlegung zwingend normativ, weil nichts anderes ein Erfolg sein kann als das, was der Gesetzgeber als solchen festgelegt hat230• Die Kausalität dient ja auch zu nichts anderem, als ein objektives Unrecht zuzurechnen. Wie kann da etwas anderes als dieses normativ bestimmte Unrecht der Bezugspunkt sein? Es ist Ausgangspunktjeder Lehre vom Unrecht, daß dasjenige, was dem Täter zugerechnet werden soll, negativ bewertet ist. Und die Festlegung dessen, was so negativ zu bewerten ist, daß die Gesellschaft hieran persönliche Sanktionen anknüpft, obliegt ausschließlich dem Gesetzgeber. Damit kann nichts anderes als der Gesetzestatbestand als Ausprägung der der Handlung als ihr Erfolg gegenübergestellten negativen Beurteilung Maßstab, der im Tatbestand normierte Erfolg Gegenstand der Zurechnung sein. Es scheint, als sei die Ausblendung normativer Gesichtspunkte im Rahmen der Erfolgsfestlegung viel mehr eine Verschiebung der maßgeblichen Gedanken aus der Kausalität heraus und hin zu einem nachfolgenden Kriterium, als umgekehrt231 • Es geht also nicht um die Normativierung des Erfolges, sondern es gilt zu erkennen, daß der Erfolg, sofern strafrechtlich erheblich, zwingend normativ bestimmt ist. Denn was ein Erfolg ist, steht nicht im Belieben des Richters oder orientiert sich an "ganz konkreten Gestalten". Was ein Erfolg ist, bestimmt ein228 Die "Normativierung" des Erfolges ist auch nicht besonders neu, vgl. hierzu schon Wolff (1965), 19ff.; Armin Kaufmann, FS Jescheck (1985), 250, 255f. 229 Joerden (1988), 16ff. 230 Dies scheint Erb (1991), 37, zu verkennen, wenn er konstatiert: ,,Puppe löst sich damit vom naturwissenschaftlichen, den Erfolg umfassenden, erklärenden Kausalbegriff und bestimmt die Kausalität ,,normativ" , bezogen auf die vom jeweiligen Tatbestand beschriebene Rechtsgutsverletzung". Aber auch mit einem naturwissenschaftlichen, erklärenden Kausalbegriff, von dem sich Puppe auch nicht löst, sondern den sie geradezu propagiert, läßt sich die Kausalität nicht ohne Bezugspunkt bestimmen (Kausalität wofür?). 231 In Anlehnung an den gegenteiligen Vorwurf bei Bloy (1984), 276: "Man kann dieses Ergebnis [keine Zurechnung einer Schadensminderung] auch durch eine "geeignete Bestimmung des Erfolges" erzielen, aber eine solche Manipulation, durch die die Art und Weise der Veränderung vom Ausgangs- zum Endzustand in den Erfolgsbegriff einbezogen wird, bedeutet nur eine Verschiebung des Risikoerhöhungsgedankens [sei!.: eines normativen Zurechnungsgedankens] in die Kausalität selbst" und Erb (1991), 41: "Verschiebung des Problems" . Warum aber der normative Zurechnungsgedanke nicht vielmehr originärer Bestandteil der Kausalität ist, erklären Bloy und Erb nicht.

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zig der hierzu legitimierte Gesetzgeber, und er tut dies durch die Fassung der Tatbestände unter anderem des StGB. Den Erfolg als negative Veränderung zu begreifen oder, genauer, die Gemeinsamkeit aller tatbestandliehe normierten Erfolge darin zu verstehen, daß sie negative Veränderungen am geschützten Rechtsgut beschreiben, hat zur Konsequenz, daß die Intensität der negativen Veränderung zur legitimen Beschreibung des Erfolgs gehört232. Diese Unterscheidung nach der Intensität ist eine Eigenschaft der Intension der erfolgsbeschreibenden Tatbestandsmerkmale 233 • Anders als die Frage, wo ein Vermögensschaden eingetreten ist, oder auf welche Weise, ist die Beschreibung des Schadens seiner Höhe nach keine willkürliche, sondern eine solche, die dem Begriffsmerkmal des Schadens implizit mitgegeben ist 234. Dies ist auch der Grund, warum die Differenzierung der Höhe nach keine Konkretisierung im Sinne der Lehre von der konkreten Erfolgsgestalt ist. Im Unterschied zu der dort vorgenommenen Konkretisierung ist nämlich die hier betriebene Differenzierung nach Erfolgsquanten nur dann und nur deshalb möglich und legitim, weil die Differenzierung eine Intension des tatbestandliehen Merkmals und damit ihrerseits tatbestandlieh (mit-)normiert ist. Die Intensität einer Einwirkung auf ein Rechtsgut interessiert in zweierlei Hinsicht: Zum einen, um den Erfolg überhaupt als strafrechtlich relevant bezeichnen zu können, wobei man sie intuitiv berücksichtigt, zum anderen zur Trennung von Verantwortlichkeiten. Zur ersten Funktion ist zunächst zu erkennen, daß das Gesetz stets nur eine Untergrenze der Verletzungsintensität festlegt und ab dieser Intensität die Strafbarkeit eintreten läßt. Es ist dann eine vom Rechtsanwender zu entscheidende Frage, ob diese Grenzschwelle bereits überschritten ist, oder nicht. Dies wird deutlich, wenn man sich die Frage vergegenwärtigt, ob (ab wann) ruhestörender Lärm auch eine Körperverletzung ist, oder nicht. Bei jedem Tatbestand sind Handlungen denkbar, die zwar in Richtung der Rechtsgutsverletzung tendieren, aber (noch) bloße Belästigungen sind. Die Entscheidung hierüber ist eine Wertungsleistung, die zum Teil bereits vom Gesetzgebervorgeschrieben ist,§§ 184c Nr.l, 171, 176aAbs.l Nr.3, §226 Abs.l Nr. 3, § 267 Abs. 3 Nr. 2, zum Teil auch von der Rechtsprechung, z. B. über das Kriterium der Erheblichkeit235 eingeführt worden ist. Aber auch dann, wenn die zu er232 Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 883; dazu, daß eine Veränderung der Schadensintensität beachtlich ist, vgl. auch schonArmin Kaufmann, FS Jescheck ( 1985), 250, 256 ("von Seiten der Rechtsgutslehre aus zu lösen"); ähnlich Wolff (1965), 23, der auf das Maß der erlittenen Schmerzen abstellt; Walder SchwZStR 93 (1977), 113, 130. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, daß das Gesetz die Qualifizierung nach Schadenshöhe kennt: § 263 Abs. 3 Nr. 2, oder andere Folgen daran knüpft, § 248 a. 233 Vgl. dazu Carnap (1955/1972), 21 ff.; Puppe, GA 1990, 145, 149. 234 Vgl. Puppe (1979), 77ff.; dies. (1992), 7. 235 § 223 Abs. l "Körperverletzung", vgl. BGHSt 14, 269; Lackner/Kühl § 223, Rdnr. 4; Tröndle/Fischer § 223, Rdnr. 3; § 239, Dauer der Freiheitsberaubung: RGSt 7, 259, 260; Sch./ Sch-Eser § 239, Rdnr.4.

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bringende Wertungsleistung nicht unmittelbar an den Gesetzeswortlaut anknüpft, muß sie in gleicher Weise erbracht werden, denn bei jedem Tatbestand ist die Entscheidung zu treffen, ab wann ein Verhalten oder eine Tatsache die abstrakte Beschreibung erfüllt. Diese Entscheidung kann rein quantitativer Art sein, aber auch qualitativer, wie Tatbestände wie§§ 90a, 186, 189 ("verächtlich") lehren. Die Tatsache des Vorhandenseins solcher Einschränkungen nach der Intensität ist Ausdruck des Gedankens, daß erst ein bestimmtes Quantum einer Folge unter den gesetzlichen Tatbestand subsumierbar sein soll. Aber auch die scheinbare Objektivierung durch gesetzliche Fixierung oder definitorische Bemühungen kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß es bereits einer Wertung bedarf, um festzustellen, ob die Grenzschwelle überschritten ist. Ist dagegen der Verletzungsgrenzwert erst einmal überschritten, dann wird die zweite Funktion der Beachtlichkeit der Intensität deutlich. Denn man könnte nun jede Intensivierung des Erfolg für irrelevant erklären, solange sie nicht den nächsten Grenzwert des Gesetzes überschreitet, z. B. denjenigen einer Erfolgsqualifikation. Dieses Vorgehen erscheint jedoch gemeinhin als unrichtig, was zu einer breiten Diskussion über die Frage geführt hat, wie in den Fällen der ,,Risikominderung oder -Steigerung", gemeint sind tatsächlich Fälle der Erfolgsminderung oder -intensivierung, zu verfahren ise36• Hat man aber erkannt, daß das Gesetz stets nachteilige Veränderungen als Erfolg beschreibt, dann ist die Angabe der Intensität der Rechtsgutsverletzung legitimer Bestandteil der Erfolgsbeschreibung, was auch im Ergebnis dem strafrechtlichen Grundauftrag des größtmöglichen Rechtsgüterschutzes entspricht237. Der Erfolg erweist sich damit, was für die Trennung von Verantwortlichkeit wichtig ist, als quantiftzierbar238 dann, wenn das Sanktionierte nicht die völlige Vernichtung des Rechtsgutsobjekts ist (denn diese ist nicht steigerbar, so bei den Tötungsdelikten) oder eines der Rechtsgüter, deren Beeinträchtigung begrifflich nicht intensivierbar ist, so wie § 226 Abs. 1 Nr. 2, der den Verlust eines Körperteils sanktioniert239. Quantifizierbarkeit bedeutet zunächst, daß das Maß der negativen Veränderung am Rechtsgutsbestand tatbestandsrelevant und deshalb in die Erfolgsbeschreibung aufzunehmen ist. In zweiter Hinsicht bedeutet Quantifizierbarkeit auch, daß ein Quantum dieses Erfolges, das ohne das Verhalten des Täters kausal zu erklären ist, aus der Erfolgsbeschreibung zu eliminieren ist240 • Der Umstand, daß ein Ereignis Vgl. z.B. Stratenwerth APRdnr.224ff.; Jescheck/Weigend AT §28 IV2 m. w. N. Vgl. Rudolphi, FS Maurach ( 1972), 51, 66, Aufgabe des Strafrechts ist allein der Schutz der Rechtsgüter. 238 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 77; dies., ZStW 99 81980), 863, 883; Sofas (1999), 99. In neuerer Zeit für den Bereich des Umweltstrafrechts auch Samson, ZStW 99 (1987), 617, 628; Kuhlen WiVerw 1991, 181, 196. 239 Hierauf weist schon Wolff ( 1965) hin: "Dem C wird von einer Stanzmaschine ein Finger abgeklemmt. Für diesen Vorgang macht es keinen Unterschied, auf wie starkes Eisen die Maschine eingestellt war. Wenn A die Kraft der Maschine erhöht hat, so hat er gleichwohl an der Körperverletzung keinen Anteil". 240 Puppe ZStW 92 (1980), 863, 886. 236 237

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mit anderen gleichartigen zusammenfällt, rechtfertigt noch nicht, dem Verursacher des einen Ereignisses nun den Gesamterfolg zuzurechnen. Beispielhaft mag ein Vermögen durch zwei verschiedene Täter verursacht Schaden erleiden. Allein aufgrund der Tatsache, daß beide Erfolge mit dem Begriff des Vermögensschaden zu umschreiben sind, ist noch nicht gerechtfertigt, den Gesamtschaden nun dem einen oder anderen Verursacher in Gänze zuzurechnen. Im Überschwemmungsfall v. Buris241 rechtfertigt die Tatsache, daß sowohl infolge der Überschwemmung als auch in Folge des Auskippens des Eimers Wasser vergossen wurde, nicht, alles Wasser zu einer Überschwemmung zusammenzufassen und denjenigen, der den Eimer auskippte, für diese verantwortlich zu machen. Abstrakt: Keinem Beteiligten kann ein Erfolg zugerechnet werden, der ohne sein Verhalten erklärbar ist242. Im Grundsatz ist jeder nur für das von ihm verursachte Quantum verantwortlich. Hat ein Täter nur einen Teil des Verletzungsquantums verursacht, so darf ihm nicht etwa um der tatbestandliehen Einheit des Gesamtgeschehens willen dieser insgesamt zugerechnet werden. So kann bei jedem Erfolg, der quanifizierbar ist, jedem Verursacher auch genau das Quantum der Veränderung zugerechnet werden, das durch seine Handlung kausal zu erklären ist. Diese Quantifizierbarkeit stellt kein Zählurteil dar243 und ist im übrigen auch dann durchführbar, wenn die Verletzungsquanten nicht in irgendeiner Maßeinheit numerisch angehbar sind, wie z. B. bei der Beleidigung und der Körperverletzung 244. Das Verfahren der Quantifizierbarkeit ist, um einen möglichen Einwand vorwegzunehmen24S, auch nicht zirkulär, etwa weil beim Erfolg bereits die Kausalität (für Teilquanten) im Blick liegt und dann die Kausalität in Beziehung auf den Erfolg festgestellt wird. Denn die Frage, wie der Erfolg zu beschreiben ist, orientiert sich nicht am gewünschten Ergebnis der Kausalitätsprüfung, sondern an einem festen Maßstab außerhalb des vorgeblichen Zirkels. Dieses Maß wird an die Quantität der Tatbestandsverwirklichung im Hinblick auf den Rechtsgüterschutz angelegt. Das, was den Anschein der Zirkularität erweckt, ist vielmehr ein "Hin und Herwandern" des Blicks zwischen verschiedenen Kausalhypothesen zur kausalen Erklärung einzelner Erfolgsquanten. Dabei wird mal mit einer bestimmten Bedingung, mal ohne sie überprüft, ob die Kausalhypothese auch ohne die Bedingung schlüssig bleibt. Ist dies so, dann ist diese Bedingung nicht notwendiger Bestandteil einer hinreichenden Mindestbedingung für das betreffende Quantum. Dieses Verfahren ist also keinesfalls zirkulär, es entspricht vielmehr vollständig der Methode zur Fixierung einer Mindestbedingung, vgl. hierzu schon oben 12. b).

241 Vgl. bereits oben 12.c)aa): A kippt in die Fluten, die sich überdas Land ergießen, weil B die Deiche geöffnet hat, einen Trog (Eimer) voll Wasser. 242 Puppe, ZStW92 (1980), 863 (883), dies., NK Vor§ 13, Rdnr. 77; dies. Umweltstrafrecht, 231, 232f. 243 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 77 entgegen der Kritik Samsons ZStW 99 (1987), 617, 629f. 244 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 77; a.A.: HilgendorfGA 1995,515, 528. 245 Ein Einwand, der in Ansätzen bei Toepel (1992), 69 mitklingt

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Der Gedanke, daß nach dem Quantum der Rechtsgutsverletzung zu differenzieren ist, ist im übrigen im Rahmen der Strafzumessung nicht nur selbstverständlich, sondern geradezu konstitutiv. Denn spielte nur eine Rolle, ob die Schwelle zum Tatbestand überhaupt überschritten ist, so gäbe es auch nur eine Einheitsstrafe für einen jeden Tatbestand. Die Differenzierung nach dem vom Täter verwirklichten Unrecht knüpft u. a. an den Unterschied an, der in dem quantitativen Maß der Rechtsgutsbeeinträchtigung liege46. Eine Veränderung der Intensität der Rechtsgutsbeeinträchtigung kommt in zweierlei Richtung in Betracht, schadensmindernd und schadenssteigernd, wobei an beiden Möglichkeiten die Methode der Quantifizierung demonstriert werden soll. Bereits nach den allgemeinen, oben erarbeiteten Grundsätzen zur Kausalität läßt sich die erste Möglichkeit der Schadensvariation behandeln, diejenige der Schadensminderung247: B will den C mit dem Knüppel auf die Schulter schlagen, A fährt, in der Absicht, dem C zu helfen, dazwischen, indem er von unten gegen den herabsausenden Knüppel schlägt. Hierdurch mindert er den Schlag in seiner Wucht, kann ihn aber nicht völlig aufhalten 248.

Puppe schreibt zu dieser Fallgestaltung: "Man braucht gar nicht zu erklären, daß der Erfolg genau so schwer, sondern nur, daß er mindestens so schwer ausgefallen ist. Wir lassen die Erfolgshöhe also gewissermaßen nach oben hin offen. Für die Kausalerklärung des so bestimmten Erfolgs brauchen wir dann nicht mehr den schadensmindernden Eingriff, denn sie wird ja nicht dadurch unrichtig, daß sie auch auf einen höheren Schaden zutreffen würde, als den tatsächlich eingetretenen" 249. Damit soll der Erfolg ,,nach oben offen" beschrieben werden 250. Dieser Auffassung wird vorgeworfen, sie stelle auf hypothetische Kausalverläufe ab, denn wenn man auf die "Gesundheitserwartung" abstelle, so prüfe man, was das Verhalten des B ohne das Eingreifen des A bewirkt hätte 251 . Dencker schreibt: "Mit diesem ,mindestens so schwer' handelt sich Puppe in ihrem Modell (natürlich) genau das ein, was sie meint, ausschalten zu können, nämlich die Prüfung eines hypothetischen Verlaufs: Wie soll festgestellt werden können, ob eine ,nachteilige Veränderung' ,mindestens so' nachteilig (und nicht etwa ,weniger nachteilig') ausgefallen ist, wenn nicht durch einen Vergleich, und womit soll der Vergleich stattfinVgl. hierzu ausführlich Puppe (1979), 97ff. Diese Fallgruppe wird häufig mit ,,Risikoverringerung" bezeichnet, vgl. LK-Jescheck Vor§ 13, Rdnr. 60; SK-Rudolphi Vor§ I, Rdnr. 58; Sch./Sch.-Lenckner Vor§§ 13ff., Rdnr. 94; Roxin AT/I § II, Rdnr. 47; Wessels/Beulke Rdnr. 190ff. Aber mit einem Risiko hat dies nichts zu tun. Was vermindert wird, ist der tatsächliche Schaden am Rechtsgutobjekt im Vergleich zum (gedachten) möglichen Schaden ohne Handeln desjenigen, auf dessen Handlung es hier ankommt. 248 Beispiel nach Woljf(1965), 23; NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 79. 249 Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 884. 250 Puppe ZStW 99 (1980), 863, 884f.; Sofos (1999), 104. 251 Küpper (1990), 95. 246

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den, wenn nicht mit der Situation, die sich ohne die fragliche Handlung ergeben hätte" 252 • Tatsächlich legt die Formulierung "mindestens so schwer" die Vermutung nahe, hier würde auf einen hypothetischen Ablaufvergleichend abgestellt. Jedoch ist fraglich, ob die zitierte Passage wirklich in dem Sinne gemeint ist, in dem die Kritik sie versteht. Betrachtet man den mitgeteilten Sachverhalt, so läßt sich zunächst feststellen, daß die Kausalhypothese nicht unschlüssig wird, denkt man sich die Handlung des A weg. Denn die vorhandenen Umstände erklären den Erfolg ja hinreichend: B schlägt C mit dem Knüppel auf die Schulter und dieser erleidet Schmerzen. Auch die Subsumtion unter das Kausalgesetz und den am Ende stehenden Erfolg der § § 223, 224 gelingt ohne Aufnahme des Beitrags des A in die Kausalhypothese ohne weiteres. Jedoch ist, wie gezeigt, der Intensität einer Rechtsgutsverletzung Beachtung zu schenken. Es ist im Hinblick auf das Rechtsgut (und sicherlich auch aus Sicht des betroffenen C) relevant, wie stark der Schlag letztlich ausfällt. Aber auch unter Beachtung der Schadensintensität ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn zu erklären gilt es nur den strafrechtlichen Erfolg, der in der negativen Veränderung am Rechtsgutsbestand des Opfers besteht. Um diesen kausal zu erklären, bedarf es des A in der Kausalhypothese nicht. Kausal erklärt werden muß der Erfolg in der tatsächlichen Intensität, nicht jedoch, daß der Erfolg nicht intensiver, also für das Rechtsgut nachteiliger ausgefallen ist. In Bezug auf A ist kein solcher Erfolg in Sicht, denn der gegebene Erfolg läßt sich kausal erklären, ohne daß A in dieser Erklärung als notwendiger Bestandteil vorkäme. Es existiert keine negative Veränderung am Rechtsgutsbestand des C, in deren kausaler Erklärung A notwendiger Bestandteil wäre. Es bedarf damit gar keines Abstellens auf das, was A verursacht hat als "Schadensminderung" im Gegensatz zu einer "Schadenssteigerung"253 , die für den Erfolg relevant wäre. Das volle Quantum der Rechtsgutsverletzung bei C ist alleine von B verursacht worden. Der Handlung des A bedürfte es nur zur Klärung der Frage, warum der Schaden nicht noch höher ausgefallen ist. Da aber nur die tatsächliche negative Veränderung interessiert, braucht diese Frage nicht beantwortet zu werden. Der Eintritt des schlimmeren Erfolges ist, da er ja nicht stattgefunden hat, hypothetisch und deshalb auch nicht beachtlich. A ist unter Beachtung der Tatsache, daß ein Erfolg die negative Veränderung am Rechtsgutsbestand des Opfers ist, für diesen Erfolg nicht kausal. In diesem Sinne dürfte auch die zitierte Aussage Puppes gemeint sein und nicht, wie dies Dencker argwöhnt, als Prüfung eines hypothetischen Verlaufs. Gemeint ist, daß nur die tatsächliche negative Veränderung erklärt zu werden braucht, nicht, daß sie nicht schwerer ausgefallen ist. "Mindestens" stellt nicht auf einen möglicherweise höheren Erfolg ab, sondern ist im Sinne von "jedenfalls" zu lesen. 252 253

Dencker (1996), 102. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 884; Sofos (1999), 104.

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Die Quantifizierung des Erfolgs ist aber nur im Rahmen ein und desselben tatbestandliehen Erfolges und dann durchführbar, wenn der Grundsatz der Wahrheit der Kausalhypothese gewahrt bleibt. Zur Verdeutlichung sei der folgende Fall angeführt: B lenkt den auf A gelenkten Schlag des C ab, indem er geistesgegenwärtig gegen den Arm des C schlägt. Dabei hielt es C für möglich, daß die hinter A befindliche Schaufensterscheibe durch den Schlag beschädigt wird, z. B. indem A hineinstürzt. Durch die Ablenkung des Schlages landet die Faust des C unmittelbar in der Scheibe und zerstört diese. B hat sicherlich den A drohenden Körperschaden auf 0 reduziert. Hinsichtlich der Sachbeschädigung an der Schaufensterscheibe kann man allerdings die Handlung des B nicht hinwegdenken, ohne daß die kausale Erklärung unschlüssig wird. B ist diesbezüglich kausal. Der Umstand, daß B hierdurch einen Schaden bei A verhindert hat, ist somit nicht von Belang, denn mit Körperverletzung einerseits und Sachbeschädigung andererseits liegen zwei verschiedene Erfolge vor. Auch daß die Scheibe möglicherweise auch ohne das Eingreifen des B zerstört worden wäre, spielt keine Rolle, denn dieses Geschehen ist hypothetisch und nicht wahr. Will man B helfen, so läßt sich das nur über die Regeln der Rechtfertigung, hier des rechtfertigenden Notstandes, bewerkstelligen. Es sei also festgehalten, daß sich die Fälle der Schadensminderung über eine dem Gesetz entsprechende Erfolgsbestimmung lösen, bei der nicht nur die abstrakte Beschreibung des Erfolges Berücksichtigung findet, sondern auch die Intensität der negativen Veränderung am Rechtsgutsbestand. Derjenige, dessen Beitrag keine Steigerung der Schadensintensität bewirkt, ist nicht kausal für den so fixierten Erfolg 254 • Die Grenzen dieser Lösung liegen dort, wo der tatbestandliehe Erfolg ein anderer ist als er es ohne die fragliche Handlung gewesen wäre und dort, wo die Wahrheit der Kausalhypothese nicht mehr gewahrt bleibt. In die Konstellation der schadenssteigemden Erfolgsvariation soll der folgende Fall einführen: Unternehmer B überredet den Geschäftsmann C, 30 Anteile an der Firma des B zu kaufen. Diese Anteile sind wegen einer verborgener Überschuldung der Firma wertlos. Prokurist A, der bei den Gesprächen zwischen B und C teilweise anwesend war, spricht C während der Abwicklung des Anteilskaufs an und überredet diesen unter Hinweis auf die eminente Ertragskraft der Papiere, statt 30 insgesamt 45 Anteile zu kaufen. C läßt sich durch A überzeugen und zeichnet sogleich255 • Der dem C entstandene Schaden, der sich mit "45 Anteile" bezeichnen läßt, beruht auf dem von B erregten Irrtum. Würde man nun den Schaden als Gesamtschaden betrachten, so wäre dieser von A und B verursacht, denen beiden jeweils ein Schaden in Höhe von 45 Anteilen zuzurechnen wäre. Nach dem oben geschilderten 254 Nichts anderes ist gemeint, wenn davon die Rede ist, daß "zur Strafbarkeit ist aber doch wohl zu fordern ist, daß der Täter den Erfolgsunwert zumindest erhöht hat", so Ebert/Kühl, Jura 1979,561,564. 255 Vgl. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 883.

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Grundsatz ist der relevante Erfolg aber nicht nur der "Schaden" nach§ 263, sondern, da § 263 das Vermögen schütze56, auch die Höhe des Schadens. Denn ein Schaden in Höhe von 45 Anteilen ist rechtsgutsintensiver als ein solcher in Höhe von 30 Anteilen. Nach dem Grundsatz, daß jedem Beteiligten dasjenige Quantum der Rechtsgutsverletzung zuzurechnen ist, das dieser auch verursacht hat, erweist sich A als notwendiger Bestandteil der Erklärung des Schadens in Höhe von 15 Anteilen, weshalb ihm dieses Quantum auch zuzurechnen ist. Da A hier den Entschluß in Höhe von 15 Anteilen erregt hat, § 263 Abs. 1, zum Irrtum als Anknüpfungspunkt der Kausalbeziehung vgl. näher noch unten II 1., ist er als Täter des Betrugs für seinen Anteil am quantifizierbaren Erfolg strafbar. dd) Einwände gegen den Erfolg als nachteilige Veränderung und der Ansatz Samsons Gegen die mit Puppes Vorschlag zur Erfolgsbestimmung verbundene Beschränkung auf Veränderungen eines Rechtsgutsobjekts wendet Hilgendorf ein, daß auch Geschehnisse kausal erklärt werden müßten, die als solche rechtsgutsirrelevant seien, und führt als Beispiel das Vorliegen eines Geschäftsführerbeschlusses im Ledersprayfall257 an 258 • Richtig ist hieran, daß auch Zwischenbedingungen im Rahmen der Kausalhypothese kausal erklärt werden müssen, denn diese Kausalität vermittelt letztlich die Kausalität zwischen präsumptiver Bedingung und dem Erfolg; dies ist die Transitivität der Kausalbeziehung. Welche Zwischenursachen ihre Berechtigung in der Kausalhypothese haben, bestimmt das anzuwendende Kausalgesetz. Puppes Kriterium dagegen richtet sich ausschließlich darauf, den Erfolg als Endpunkt des Naturgesetzes festzulegen. Ein Bedürfnis hierzu besteht schon deswegen, weil ohne eine normative Festlegung des Endpunktes der Kausalkette die Feststellung der Kausalität beliebig wird, wie die Lehre von dem Erfolg in seiner ganz konkreten Gestalt demonstriert. Bei den Stationen der Kausalerklärung, auf die sich Hilgendorf bezieht, handelt es sich aber nicht um den Erfolg, sondern um Zwischenbedingungen im Rahmen der Kausalhypothese, die gar nicht nach Puppes Methode auf Eignung als strafrechtlicher Erfolg untersucht zu werden brauchen. Die Konfundierung von Naturgesetzen, an deren Ende sich der Erfolg findet, und der Kausalhypothese 259, spiegelt sich auch in Nilgendorfs eigener Erfolgsbestimmung, wobei er im maßgeblichen Erfolg den ,,konkreten Erfolg" erblickt. Dieser sei so zu bestimmen, daß er: "1) unter ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal subsumiert werden kann und 2) einen Unterfall der Konsequenz der zur Kausalerklärung verTröndle/Fischer § 263, Rn. 1 b. BGHSt 37, 106. 258 HilgendorfGA 1995,515,527. 259 Ähnlich auch Walder, SchwZStR 93 (1977), 113, 119 einerseits: ,,Ein strafrechtlich bedeutsamer Erfolg ist eine tatbestandlieh umschriebene Rechtsgutverletzung wie der Tod ..." und S. 139 andererseits: "Wäre der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfallen?" . 256 257

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wendeten Gesetzmäßigkeit darstellt" 260• Das Merkmal zu 1) ist trivial, denn niemand wird ein Ereignis in das Prüfungsverfahren der Subsumtion unter einen juristischen Erfolg schicken, ohne daß die Möglichkeit der Subsumtion grob vorgedacht wurde. Die Bestimmung zu 2) sagt nichts anderes, als daß nur dasjenige Geschehen betrachtet werden soll, das unter die Konsequenz der Gesetzmäßigkeit (dabei handelt es sich um den Erfolg) subsumiert werden kann. Hilgendoifbeschreibt damit nicht den Erfolg, sondern ein beliebiges Ereignis, das auf seine strafrechtliche Relevanz und seine kausale Erklärung hin zu betrachten ist, und läßt im übrigen die maßgebliche Frage, um welche "Gesetzmäßigkeit" es sich handeln soll, offen.

Hilgendoif meint weiter, der Quantifizierbarkeit stünden "schwere Bedenken" entgegen. Er wendet zunächst gegen die Quantifizierbarkeit ein, daß der Gesamtschaden nicht erklärbar sei ohne das Verhalten beider Täter. Im Überschwemmungsfall v. Buris 261 sei A deshalb kausal geworden, weil die konkrete Überschwemmung alleine aus dem Öffnen des Dammes nicht erklärt werden könne 262 • Warum aber überhaupt die "konkrete Überschwemmung" erklärt werden muß, wenn § 313 nur von "Überschwemmung" spricht, erklärt Hilgendoif nicht. Begründung hierfür kann kaum sein, daß die Überschwemmung nun einmal in der von A und B verursachten Höhe ausgefallen sei, denn dies wäre eine Rückkehr zu den konkreten Tatsachen. Wenn Hilgendoif also A den Gesamterfolg zurechnen will, obwohl er gleich danach einsieht, daß "das Entleeren des Eimers am Vorliegen einer Überschwemmung als solcher nichts ändert" 263 , dann ist dies ein Rückfall in den ganz konkreten Erfolg, dessen Untauglichkeit auchHilgendoiferkannt hat264 und dessen es auch auf der Grundlage von Hilgendoifs Kausalmodell 265 gar nicht bedarf. Der konkrete Erfolg, nämlich das Wasser, das sich vorher hinter den Deichen befunden hatte, vermischt mit dem Inhalt des Eimers des A, spielt als Erfolg gar keine Rolle. Maßgeblich ist nur die Intensität des Erfolgs, hinsichtlich der A aber keine rechtsgutsrelevante Veränderung verursacht hat. Weiterhin führt Hilgendoif den Fall an, daß A und B gleichzeitig Schimpfworte gegen C ausstoßen. Es sei ausgeschlossen, die Ehrverletzung quasi in zwei Portionen aufzuteilen und die eine dem A, die andere dem B zuzuschreiben. Quantifizieren bedeute, umfangs- oder mengenmäßige Abstufungen vorzunehmen und diesen Zahlenwerte zuzuschreiben266• Puppe hat auf diesen Einwand bereits vorbeugend repliziert, indem sie sich die Frage stellte, wie man zu mehreren Erfolgen komme, wenn verschiedene Personen eine Sache unabhängig voneinander beschädigten. Hilgendorf, GA 1995, 515, 530. Vgl. dazu oben Fn.198. 262 Hilgendorf, GA 1995, 515, 528. 263 Hilgendorf, GA 1995, 515, 528. 264 Hilgendorf, GA 1995, 515,524. 265 Hilgendorf, GA 1995, 515, 525f., dessen Vorstellung von Kausalität der hiesigen entspricht. 266 Hilgendorf, GA 1995, 515, 528. 260 261

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Puppe sieht die Lösung darin, daß der Erfolg des§ 223 oder§ 185 in dem die Handlung ausdrückenden Wort "mißhandeln" oder "beleidigen" einen Bezug herstellt zwischen einem Täter und einem Erfolg. Man beschreibe den Erfolg des § 223 als einen Körperschaden, den des § 303 als eine Beschädigung einer Sache usw. 267 •

Gerade am Beispiel des§ 185 wird deutlich, daß Hilgendorfs Einwand nicht zutrifft. Denn durch eine Beleidigung verliert der Beleidigte nicht an Inhalt oder Größe seines Achtungsanspruchs. Deshalb liegt der Einwand, eine Ehrverletzung ließe sich schwerlich in Verletzungsquanten aufteilen, hier ganz deutlich neben der Sache. Die Mißachtung des A gegenüber C ist eine andere als die des B gegenüber C. Streng am Tatbestand orientiert ergibt sich also die Berechtigung des Satzes, daß auch das Opfer einer Beleidigung noch Objekt einer weiteren Beleidigung sein kann. Es finden hier eben zwei Ehrverletzungen, also Kundgaben von Mißachtung, nebeneinander statt. Es macht keinen Unterschied, ob A und B den C gleichzeitig oder zu verschiedenen Zeiten beleidigen, es liegen in jedem Fall zwei verschiedene Ehrverletzungen vor. Die Verrnengung mehrerer Erfolgsquanten zu einem Gesamterfolg, dessen Aufspaltung in die ursprünglichen Teilquanten Gegenstand der Quantifizierung ist, findet bei§ 185 gerade nicht statt. Unerheblich ist hier, ob der Ehranspruch bereits einmal vorher verletzt wurde, erheblich dagegen, die einzelnen Tatbestandsverwirklichungen als Tatsachen zu konstatieren. Sie sind dann und genau dann Tatsachen, wenn die Handlungen die Wahrheitsbedingungen des gesetzlichen Tatbestandes, also des§ 185, erfüllen. Die Tatsache ist damit durch das Gesetz bestimmt, nicht durch die Natur oder "das Leben" 268 • Selbst wenn man aber mit Hilgendorf die Ehrverletzung als den Erfolg betrachten wollte, wäre die Überlegung, daß die Beleidigung des einen Täters zur Erklärung dieser Ehrverletzung beim Opfer deshalb nicht notwendig ist, weil dieses bereits eine Ehrverletzung erlitten hat, ein Rückfall in das Postulat einer notwendigen Bedingung. Nach der hier zugrundegelegten Theorie der Kausalitätsfeststellung geht es ja gerade nicht darum zu fragen, was ohne die untersuchte Handlung passiert wäre oder darum, ob das Unterlassen der Handlung die Rechtsgutsverletzung vermieden hätte. Es wird vielmehr nach der kausalen Erklärung eines Erfolges gefragt. Die Tatsache aber, daß ein bestimmtes Ereignis über eine hinreichende Mindestbedingungskette zum untersuchten Erfolg führt, schließt nicht aus, daß noch weitere hinreichende Mindestbedingungen existieren. Insbesondere schließt die Erklärung eines Erfolgs durch eine Kausalhypothese seine Erklärung durch eine weitere auch dann nicht aus, wenn die erste Kausalhypothese bestätigt wird. Einen Grundsatz "Ein Erfolg, eine Ursache", gibt es nicht. In den Fällen, in denen mehrere bestätigte Mindestbedingungen zum Erfolg existieren, sind eben mehrere Personen für den Erfolg verantwortlich, dies ist der typische Fall der Doppel- oder Mehrfachkausalität. 267

268

Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 882. Als Anspielung auf Hettinger, GA 1990, 531 , 549: "Nur das Leben liefert Konkreta".

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Für den von Nilgendorf aufgeworfenen Fall bedarf es aber dieser Überlegung nicht, weil es bereits an der Voraussetzung des einen Erfolgs fehlt. Es bedarf, wie gezeigt, aber auch nicht der Quantifizierung des Erfolges im Sinne Puppes, also im Sinne einer Differenzierung nach der Intensität der Rechtsgutsbeeinträchtigung. Da in Nilgendorfs Beispiel gar kein Gesamterfolg vorliegt, erübrigen sich methodische Anstrengungen zur Isolierung der Einzelursache269. Schließlich wendet Nilgendorf noch gegen die Ansicht Puppes ein, daß mit der Bezeichnung des Erfolges als nachteilige Veränderung ein wertendes Element in die Erfolgsbestimmung einfließe. Nilgendorf möchte jedenfalls bei deskriptiven Tatbestandsmerkmalen die Notwendigkeit einer Wertung durch den Rechtsanwender verneinen270. Aber die Unterscheidung in deskriptiv und normativ ist nicht die richtige Unterscheidung für die Wertungsnotwendigkeit Die Notwendigkeit einer Wertung ergibt sich gleich in mehrerer Hinsicht ungeachtet der Einordnung des Tatbestandsmerkmals als deskriptiv oder normativ, nämlich zur Festlegung des Verletzungsgrenzwerts in quantitativer Hinsicht, teilweise auch in qualitativer Hinsicht, zur Festlegung des Veränderungsgrenzwerts (siehe Überschwemmungsbeispiel) und auch im Hinblick darauf, ob die Folge überhaupt nachteilig ist (siehe sog. Risikoverringerung). Jeder Anwendung eines Begriffs liegt eine Wertung zur Bestimmung der Grenzen des Begriffs zugrunde. Dies gilt auch für nicht quantifizierbare Erfolge wie den Tod. Zwar gibt es im Gegensatz zu "mehr oder weniger verschmutzt" oder "mehr oder weniger verletzt" nicht "mehr oder weniger tot". Aber was überhaupt "tot" ist, muß doch festgelegt werden, und diese Festlegung ist ja auch, bezeichnend genug, streitig 271 . Da der Begriff der "Nachteiligkeit" eine Gemeinsamkeit aller Verletzungserfolge aufzeigt, verweist er zwangsläufig auf eine Wertung, führt diese aber, entgegen Nilgendorf, nicht in die Erfolgsbestimmung ein. Im übrigen distanziert sich Nilgendorf zwar einerseits vom Ansatz Puppes, wählt im Ergebnis aber denselben, wenn er für den Erfolg auf die Fassung der strafrechtlichen Tatbestände abstellt und für die Frage, welche Erfolgsmodifikationen zu berücksichtigen sind, die Regel aufstellt: "[Es sind] nur solche Erfolgsmodifikationen in die Beschreibung des "Erfolgs in seiner konkreten Gestalt" aufzunehmen, die die tatsächlich eingetretene Rechtsgutsverletzung gefördert haben, also für das in Frage stehende Rechtsgut nachteilig waren" 272 • Nilgendorf gibt einerseits zu, daß die herrschende Lehre vom konkreten Erfolg zirkulär ist: "Damit wird zugleich deutlich, daß der Zirkularitätsvorwurf PuppesimKern gerechtfertigt ist" 273 , um dann selber genau diese Lehre neu vorzuschlagen: "Besteht etwa im Warnruf-Fall die Chance, 269 Vgl. Walder SchwZStR 93 (1977), 113, 142f.: "Handeln die Vorsatztäter voneinander unabhängig, dann ist maßgebend, ob der Beitrag eines jeden den konkreten Erfolg allein herbeigeführt hätte." 270 Hilgendorf, GA 1995,515,527. 271 Vgl. z. B. Sch./Sch.-Eser Vorbem. §§ 211 ff., Rdnr. 16. 2n Hilgendorf, GA 1985, 515, 532. 273 Hilgendorf, GA 1985, 515, 524.

8 Osnabrügge

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daß auch dem A ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann, so ist der Erfolg in der Weise zu beschreiben, daß auch A's Verhalten erforderlich ist, um die Beeinträchtigung des Rechtsgutsobjekts zu erklären (... ) Ist hingegen von vornherein offensichtlich, daß einer bestimmten Person in bezug auf einen bestimmten Erfolg kein strafrechtlicher Vorwurf zu machen ist, etwa weil es offenkundig an Vorsatz und Fahrlässigkeit in bezug auf die Rechtsgutsverletzung fehlt, so kann bei der Erfolgsbeschreibung das Verhalten dieser Person unberücksichtigt bleiben, d. h., der Erfolg wird so beschrieben, daß zu seiner kausalen Erklärung das Verhalten dieser Person nicht erforderlich ist" 274 • Hier erklärt Nilgendorf den Zirkel ganz offen zum Prinzip der Rechtsfindung. Nilgendorf schreibt, daß es keine konkreten Gestalten gibt: "Die vollständige Beschreibung eines Sachverhalts im Sinne der Beschreibung aller seiner Aspekte ist daher unmöglich(...) Die Annahme, die Wirklichkeit sei unabhängig vom menschlichen Dafürhalten in einzelne Sachverhalte oder ,Tatsachen' unterteilt, ist nicht begründet" 275 , erkennt die Beliebigkeit, die mit einer nicht fest orientierten Erfolgsbeschreibung verbunden ist und die Grund dafür ist, die einzige Autorität der Definition eines Erfolges dem Gesetzgeber zuzusprechen, und propagiert gleichzeitig eine freie Erfolgsbeschreibung: "Handelt es sich um einen Sachverhalt, der nicht zum Tatbestand einer Rechtsnorm gehört(...) so tritt an die Stelle des Gesetzeswortlauts die Alltagssprache" 276 • Inwieweit dieser Lösungsansatz gegenüber dem von Puppe "verbessert" 271 sein soll, ist nicht ersichtlich. Eine ganz ähnlichen Ansatz wie Puppe wählt Samson 278 • Nach seinem Intensivierungsprinzip ist nur die Verschlechterung der Situation des Schutzobjekts verboten. Samsan verfolgt hiermit das Ziel, einen Bezugspunkt für eine Täterhandlung als notwendige Bedingung zu schaffen. Während ein Mörder für den Tod nicht notwendige Bedingung ist, weil der Mensch eines Tages ja sowieso gestorben wäre (Ausgangsform der Methode der conditio sine qua non) und das Abstellen auf die Zeit und die Umstände des konkreten Todeseintritts (also den Verlust des Rechtsguts bezogen auf den ganz konkreten Fall des ganz konkreten Opfers, m. a. W., eine ontisch-deskriptive Erfolgsbenennung) als beliebig und damit nicht akzeptabel erkannt ist, definiert Samsan den Erfolg als die "Lebensverkürzung" 279 • Wenn das Recht Tötungsverbote aufstelle, so könne es, da jeder Mensch einmal sterbe, den Tod damit nicht im ganzen verhindern. Es könne nur erreichen, daß der Zeitpunkt des Todeseintritts hinausgeschoben wird280• Mit dem Merkmal der Verkürzung stellt Hilgendorf, GA 1985, 515, 531. Hilgendorf, GA 1985, 515, 520 und 529. 276 Hilgendorf, GA 1985,515,534. 277 So aber Hilgendorf, GA 1985, 515, 532. 278 Samson (1972), 96ff.; unklar neuerdings ders., ZStW 99 (1987), 617, 630; vgl. auch SKSamson § 27, Rdnr. 17 ff.: Wer das bereits in Brand gesetzte Haus mit Benzin übergießt, macht sich der Beihilfe strafbar, weil sein Beitrag in der tatbestandliehen Rechtsgutsverletzung "weiterwirkt". 279 Samson (1972), 101. 28o Samson (1972), 98. 274 275

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Samson einen Vergleich zwischen zwei Zeitpunkten her, nämlich demjenigen der Tötung und demjenigen des hypothetischen Todes. Nur dann, wenn der Tod ohne die Handlung des Täters später eingetreten wäre, liege eine Verkürzung und damit ein strafrechtlich relevanter Erfolg vor 281 , womit die Methode der conditio sine qua non gerettet wäre.

Trotz der scheinbaren Ähnlichkeit unterscheiden sich die Ansätze von Puppe und Samson entscheidend. Denn während Samson auf eine Zeitdifferenz zwischen zwei tatsächlichen Zuständen abstellt, meint Puppe eine Zustandsdifferenz in der persönlichen Rechtsgutsbilanz des Rechtsgutsinhabers. Samson stellt auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Zustand und einem hypothetischen späteren ab, Puppe auf die Differenz zwischen dem vorherigen Zustand und dem jetzigen282• Der Ansatz Samsons hat entscheidende Schwächen: Samson stellt die These auf, daß der frühere oder spätere Untergang eines Objekts immer erwartet werden müsse. Jeder Eingriff in das Schutzobjekt stelle sodann eine Lage her, die mit dem sonst zu erwartenden Untergang verglichen werden könne 283 • Aber das trifft in Fällen wie beispielsweise der Körperverletzung nicht zu, denn es ist keineswegs zwingend, daß das Opfer jemals verletzt worden wäre. Zudem legen Beispiele wie die von Samson gegebenen, in denen eine Ersatzursache bereitsteht, den Eindruck nahe, die Erwartungsdifferenz exakt bestimmen zu können. Läßt man jedoch diese Beschreibung weg, so weiß man nicht, wann der entsprechende Zustand ohne das Täterhandeln eingetreten wäre. Und tatsächlich kann man selbst im Beispiel einer Tötung niemals ausschließen, daß nicht der Tod vielleicht kurz nach der Tötungshandlung des Täters, vielleicht sogar zeitgleich mit dieser aus anderen Gründen eingetreten wäre. Diese Überlegungen zwingen zu der Erkenntnis, daß das Abstellen auf eine Zeitdifferenz zwischen einem realen und einem hypothetischen Zustand offenbar praktisch nicht durchführbar ist. Diese Schwierigkeiten bringt der Ansatz Samsons deshalb mit sich, weil er auf ein hypothetisches Geschehen abstellt und nicht auf das tatsächliche. Dies gründet darin, daß der Ansatz Samsons in der Bedingungstheorie verwurzelt ist, deren Fragestellung ja gerade lautet "Was wäre wenn?" 284 • Es sind im übrigen nicht nur die rein tatsächlichen Schwierigkeiten, die gegen den Ansatz Samsons einzuwenden sind, sondern auch normative. Denn das Gesetz verbietet nicht, jemanden früher zu töten als er sonst gestorben wäre, sondern jeSamson (1972), 99. V gl. dazu auch Dencker (1996), 102, der Puppe gerade im Sinne Samsons (miß-)versteht: "Puppe [handelt sich] genau das ein, was sie meint, ausschalten zu können, nämlich die Prüfung eines hypothetischen Verlaufs.(... ) Womit soll der Vergleich stattfinden, wenn nicht mit der Situation, die sich ohne die je fragliche Handlung ergeben hätte?" 283 Samson (1972), 100. 284 Genau wie Samson und auch auf Basis des Bedingungstheorie stellt Wo{ff(1965), 22 auf eine Veränderung des Geschehens im Vergleich der hypothetischen Entwicklung zu der tatsächlichen ab. Der Vorwurf, genau dies zu tun, erhoben von Küpper (1990), 95, trifft den hier vertretenen Ansatz dagegen nicht. 28t

282

s•

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manden überhaupt zu töten 285 , es verbietet nicht, jemandem Lebenszeit zu nehmen, sondern jemandem das Leben zu nehmen. Selbstverständlich kann das Gesetz, entgegen Samson, die Tötung verbieten, denn hiermit "will es" nicht den Tod, sondern das Töten als Widerspruch gegen das Rechtsgut Leben und damit als Unrecht verhindern. Und der Rechtsgutsstatus beinhaltet auch nicht eine Prognose über die wahrscheinliche Dauer der Rechtsgutsinhaberschaft, die durch die Tötung verändert wird. Gegenstand der Veränderung ist damit nicht die weitere Dauer der Lebenszeit; das von § 212 geschützte Rechtsgut ist nicht die Lebenserwartung, sondern das Leben an sich. Nur so ist es zu erklären, daß hinsichtlich der Vorwerfbarkeit bei Tötungsdelikten nicht nach der verbleibenden Lebenserwartung des Opfers differenziert wird, selbst dann, wenn diese, wie bei Moribunden, nur noch wenige Minuten beträgt. ee) Zwischenergebnis Um sinnvoll von erfolgskausaler Beihilfe reden zu können, bedarf es einer dogmatisch stringenten und strikt an die Grenzen des Normensystems angelegten Erfolgsbestimmung. Der Erfolg als Gegenstand der Zurechnung und als Endpunkt der Kausalbeziehung ist nicht eine Tatsache, die es zu erkennen und möglichst genau zu beschreiben gilt, sondern zunächst nur eine normativ fixierte Beschreibung von Tatsachen. Welche Tatsache als Erfolg in Frage kommt, also ein legitimer Bezugspunkt einer Kausalbeziehung ist, ergibt sich nicht aus einer Beschreibung der Natur, sondern ausschließlich aus dem Gesetz. Ein Erfolg im Sinne eines legitimen Bezugspunkts für eine kausale Anknüpfung ist nur diejenige negative Veränderung eines Zustandes, die tatbestandlieh normiert ist. Infolge der Aufgabe des Strafrechts, Rechtsgüter zu schützen, ist auch die Intensität einer Rechtsgutsverletzung beachtlich. Es sind die Grundsätze zur Quantifizierbarkeit des Erfolgs unter strenger Wahrung der Wahrheit der Kausalhypothese zu beachten.

d) Der Erfolg der Haupttat als Bezugspunkt der Beihilfekausalität Ist, um von einer Kausalbeziehung überhaupt sprechen zu können, der tatbestandlieh normierte Erfolg als objektiver Bezugspunkt der Kausalität und damit der Zurechnung unabdingbar, so muß dies grundsätzlich auch für die kausale Beihilfe gelten. Allerdings ist damit nicht gesagt, daß der Gehilfe unmittelbar den Erfolg der Haupttat verursachen muß, um für diesen kausal sein zu können. Typischerweise ist derjenige Gehilfe, der für eine der Bedingungen der hinreichenden Mindestbedin285

A. A. aber Armin Kaufmann, FS Jescheck (1985), 250, 254 f.

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gung kausal ist. Diese Kausalität für eine der Bedingungen des Erfolgs mitteil dem Gehilfen die Erfolgskausalität, causa causae est causa causati286• aa) Die Erfolgsbestimmung für die Beihilfe nach Baunack und Bloy Baunack281 stellt, ausgehend von der Erkenntnis, daß der Gehilfe nur vermittelt über den Täter eine Beziehung zur Haupttat aufweist, fest, daß die Beihilfe sich auf zwei verschiedene Erfolgssachverhalte beziehe, auf die Ausführungssituation und auf den Schadenseintritt Im Rahmen der "Ausführungssituation" komme als Bezugspunkt einer Kausalitätsbeziehung jeder Umstand des Kausalverlaufs in Betracht, der tatbestandsrelevant sei. Insoweit müsse der Kausalverlauf konkretisiert werden. Von Bedeutung sei ein Umstand bereits dann, wenn er eine Tendenz zur Erfolgsherbeiführung enthalte 288 • Zwischen dem so konkretisierten Kausalverlaufund dem Erfolg der Haupttat bestehe, so Baunack weiter, eine naturgesetzliche Beziehung und somit Kausalität.

Diese Argumentation ist gleich in mehrerlei Hinsicht angreifbar. Zum einen stellt sie auf Umstände im Kausalverlauf ab, der ja im Gegensatz zum Erfolg tatbestandlieh nicht normiert ist, und bleibt die Angabe schuldig, wann ein bestimmter Umstand beachtlich ist. Zwar wird die Beachtlichkeit durch die "Tatbestandsrelevanz" ersetzt, jedoch bleibt auch hinsichtlich dieses Topos unklar, was er beinhaltet. Tatbestandsrelevant soll ein Umstand sein, wenn er eine "Tendenz zur Erfolgsherbeiführung" habe oder auch "wesentlich" sei 289 • Diese Erklärungen führen aber nicht weiter, sondern sind in ihrer Inhaltsleere redundant: Das Merkmal der Wesentlichkeil bezeichnet schon sprachlich lediglich eine Steigerung der Relevanz und ist ohne Bezugspunkt ("wesentlich für ...") und ohne Maßstab, der klärt, wann ein Umstand mehr oder weniger wesentlich ist, aussagelos. Gänzlich unklar ist, welche Kriterien einem Umstand eine bestimmte Tendenz zur Erfolgsherbeiführung verleihen sollen. All diese Begriffe sind wiederum nur Einfallstore für eine vormethodische Intuition. Baunacks Argumentation ist weiterhin auch nicht konsequent wenn sie in der Prämisse zwischen der Handlung des Haupttäters als Ansatzpunkt der Gehilfenhandlung und dem Erfolg unterscheiden möchte, letztlich aber doch nur auf den Erfolg abstellt. Diese Inkonsequenz dürfte jedoch kein Zufall sein, denn die vorgenommene Unterscheidung zwischen Kausalität für die Handlung und Kausalität für den Erfolg macht keinen Sinn. Da es um die Zurechnung eines strafrechtlich relevanten Umstandes geht, kann als Erfolg auch immer nur der Erfolg der Haupttat von Bedeutung sein, ungeachtet der Frage, ob dieser in einer Rechtsgutsverletzung oder in einem Handlungserfolg (vgl. dazu noch unter II.) besteht. Ein Umstand des KausalVgl. oben, I. Teil, Fn. 8. Baunack (1999), 38 ff. 288 Baunack (1999), 41. 289 Baunack (1999), 41. 286

287

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verlaufs ist also kein Erfolg, sondern eben nur eine Bedingung, die sich von jenem dadurch unterscheidet, daß sie nicht Endpunkt der Kausalbeziehung, sondern nur Zwischenglied ist. Zwischenglieder eines Kausalverlaufs sind aber im Gegensatz zum Erfolg in ihrer Erscheinungsform nicht tatbestandlieh fixiert, sondern definieren sich nur über die naturgesetzliche Beziehung der Kausalität, die bestimmte Umstände einbezieht, andere eben nicht. Auch die Tatsache, daß Baunack selbst letztlich doch wieder auf den Erfolg der Haupttat rekurriert, zeigt, daß über die Relevanz einer Bedingung eben nur im Hinblick auf den Erfolg entschieden werden kann und daher der Ansatz Baunacks nur dann durchführbar ist, wenn bereits eine Kausalhypothese im Hinblick auf den Erfolg aufgestellt ist. Wenn aber die ,,Zwischenbedingungen" nicht isoliert als Erfolg zu fixieren sind, sondern sich nur aus ihrer Bedeutung in der kausalen Erklärung des Erfolgs definieren, dann ist aufgrund der Transitivität der Kausalität jeder Umstand, der für eine der Bedingungen des Erfolges kausal ist, immer auch für den Erfolg kausal. Baunacks Unterscheidung gerät damit in methodischer Hinsicht zur sinnlosen Übung, deren Sinn allenfalls darin besteht zu verdeutlichen, daß, der Charakteristik der Beihilfe als akzessorischem Delikt folgend, der Gehilfe typischerweise nicht unmittelbar den Erfolg verursacht, sondern durch die Kausalität für eine der Bedingungen dieses Erfolges mit ihm verbunden ist. Dies mag phänomenologisch den "Beihilfeerfolg" bezeichnen, führt aber für die Frage, welche objektive Beziehung die Gehilfenhandlung zur Haupttat aufweist, aus den benannten Gründen nicht weiter. Der Ansatz Baunacks, als Bezugspunkt der Kausalbeziehung auch die Handlung des Haupttäters in Unterscheidung zum Erfolg der Haupttat zu postulieren, erweist sich also als nicht weiterführend. Daß der maßgebliche Bezugspunkt für die kausale Beihilfe überhaupt der Erfolg der Haupttat ist, wird, namentlich von Bloy, bestritten 290, allerdings nicht aufgrund dogmatischer Gründe, insbesondere der möglichen Überlegung, was sich hierzu aus dem Strafgrund der Beihilfe ergibt, sondern aus Gründen der praktischen Konsequenzen. Setzt man nämlich den Erfolg der Haupttat als Bezugspunkt der Beihilfekausalität, so stellt sich die Frage, wie bei Delikten zu verfahren ist, die, zumindest ihrer Benennung nach, keinen Erfolg aufweisen müssen, so bei den sog. schlichten Tätigkeitsdelikten, vgl. hierzu noch näher unter II. Erst am Beginn steht weiterhin die Diskussion über die Konsequenzen einer rein kausalen Sichtweise für die Beihilfe zum Versuch, bei dem der jedenfalls sich als solcher eignende objektive Bezugspunkt der "Rechtsgutsverletzung" ebenfalls nicht mehr vorkommt, vgl. dazu näher 5. Teil VI. Andererseits ist es, solange kein objektiver Bezugspunkt für die Kausalbeziehung existiert, nicht möglich, auf Basis einer kausalen Sicht vollendete von versuchter Beihilfe zu trennen, womit aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, versuchte Beihilfe straflos zu belassen, die Annahme einer Beihilfe ohne objektiven Bezugspunkt nicht haltbar ist. Diese Konsequenz wird als mißlich empfun290

Bloy (1984), 268.

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den 291 • Sie darf jedoch nicht Anlaß geben, das Nachdenken über die richtige Lösung aufzugeben, indem man die falsche, zudem wissend um ihre Unrichtigkeit, kurzerhand akzeptiert und letztlich eine methodische Bestimmung der Frage, welche objektiven Anforderungen an die Beihilfe zu stellen sind, ersetzt durch vormethodische Intuition. Richtigerweise kommt Bloy selber dann auch zu dem Ergebnis: "Zurechnungsobjekt ist das tatbestandliehe Unrecht, verstanden als das Taterunrecht, wie es im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches in den einzelnen Delikten vertypt ist. Nicht nur die Täterschaft, auch Anstiftung und Beihilfe sind auf das tatbestandliehe Unrecht bezogen" 292 • Auch für die Beihilfe hat sich, da eine Zurechnung aufgrund von Kausalität nur dann durchführbar ist, wenn für die Kausalität ein objektiver Bezugspunkt existiert, der Erfolg der Haupttat als maßgeblicher Bezugspunkt erwiesen. Ist kein objektives Merkmal des Tatbestandes als Bezugspunkt einer Kausalbeziehung vorhanden, so scheitert hieran auch die Möglichkeit einer erfolgskausalen Beihilfe überhaupt. Allerdings bedarf es einer sehr exakten Festlegung des jeweiligen Erfolgs, wie beispielsweise der folgende Fall lehrt: A stellt dem B sein abgelegenes und bestens schallgedämmtes Haus während seiner Abwesenheit zur Verfügung in Kenntnis der Tatsache, daß B beabsichtigt, dort die C zu vergewaltigen. So kommt es. Es stellt sich die Frage, ob das Zurverfügungstellen des Hauses in irgendeiner Weise kausal mit dem objektiven Handlungserfolg der Tat, der "Vergewaltigung" oder der damit uno actu eingetretenen Rechtsgutsverletzung verbunden ist. Für die Tatsache der Vergewaltigung ist der Umstand des Ortes nicht konstitutiv, denn ein Vergewaltigung ist nicht notwendig verknüpft mit einem die Tatausführung umgebenden Haus. Auch die Intensität der Rechtsgutsverletzung wird durch die Vergewaltigung im Haus statt beispielsweise im Auto des A, nicht verändert. Jedoch besitzt § 177 mehrere objektive Merkmale, die Gegenstand einer Kausalbeziehung sein können, so die Gewalt des § 177 Abs. 1 Nr. 1 und das Merkmal des § 177 Abs. 1 Nr. 3 "unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Taters schutzlos ausgeliefert ist". Die Tatsache, daß sich die Vergewaltigung innerhalb des Hauses ereignet hat, kann sowohl im Hinblick auf die Gewalt als auch auf die hilflose Lage von Belang sein. Gewalt i. S. d. § 177 ist jede Einwirkung des Täters, die bestimmt und geeignet ist, die physischen oder psychischen Voraussetzungen des Opfers zu beeinträchtigen, derer dieses bedarf, um sich dem sexuellen Ansinnen des Täters verweigern zu können 293 , wobei nach der Rechtsprechung auch eine Freiheitsberaubung "Gewalt" ist294 • Ob das Verbringen an einen einsamen Ort Gewalt ist, war nach der alten Fassung des § 177 umstritten. Mit dem 6. StRRG v. 26.01.1998 (BGBI.I, 164, berichtigt 704) wurde§ 177 Abs.l Nr. 3 eingefügt, um Vgl. Bloy (1984), 268. Bloy (1988), 249f. 293 SK-Horn § 177, Rdnr.lO.

29t

292

294 BGH GA65, 57; 81, 196; BGH NStZ 1993, 340; SK-Horn § 177, Rdnr. 10; Trönd!e/Fischer § 177, Rdnr.6.

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Stratbarkeitslücken zu schließen, die mangels körperlicher Zwangseinwirkung oder spezifischer Drohungen in Fällen entstehen, in denen das Opfer nur deshalb auf Widerstand verzichtet, weil es sich in einer hilflosen Lage befindet und Widerstand gegenüber dem überlegenen Täter aussichtslos erscheint295 • Es kann hier dahinstehen, ob bereits Gewalt vorliegt. Jedenfalls hat A durch das Zurverfügungstellen des Hauses die Bedingung dafür gesetzt, daß die Tatbestandsvariante des § 177 Abs. 1 Nr. 3 erfüllt werden konnte. Durch die exakte Erfassung der Nötigungsmittel in § 177 Abs. 1 existieren also eine Reihe objektiver Umstände/fatmodalitäten, die jedenfalls dazu führen, die Tatsache des Hauses mit in die Erfolgsbeschreibung aufzunehmen, so daß auch A kausal ist. Zur Frage, wie es sich mit der Normierung objektiver Umstände in den Tatbestandsarten des StGB verhält, und damit zur Frage der Reichweite einer kausalen Sicht der Dinge, vgl. unten II. bb) Quantifizierbarkeit des Erfolges und Zurechnung von Teilquanten bei der Beihilfe, Fallbeispiel2 Ist der tatbestandsmäßige Erfolg Bezugspunkt für die Beihilfekausalität, so sind auch in bezug auf die erfolgskausale Beihilfe die obigen Grundsätze zum Erfolg zu beachten. Anders als die Tatsache der Quantifizierbarkeit überhaupt, dazu sogleich, erlangt dabei der Grundsatz der Zurechnung nur der jeweils verursachten Teilquanten hinsichtlich der Beihilfe aber keine Bedeutung. Denn dieser Grundsatz gilt typischerweise nur dort, wo Nebentäter handeln. Das StGB kennt mehrfach die Anweisung, mehrere Teilquanten zu einer Tat zusammenzufassen mit der Konsequenz, daß das volle Tatunrecht jedem Beteiligten zugerechnet wird. Eine solche Anweisung enthält § 25 Abs. 2, nach dem dann, wenn zwei Täter eine Straftat gemeinschaftlich begehen, jeder als Täter der Tat bestraft wird. Wollte man verlangen, daß ein jeder für sich dabei tatsächlich den vollen Tatbestand verwirklicht hat, so wäre diese Vorschrift obsolet. Vielmehr ordnet das Gesetz an, daß unter der Voraussetzung der "gemeinschaftlichen Begehung" die Tatbeiträge des einen Mittäters dem jeweils anderen zugerechnet werden. Auch für die Beihilfe gilt ein solcher Grundsatz. Selbst dann, wenn der Gehilfe nur für einen Teil des Erfolges kausal ist, ist ihm nach dem Grundsatz der Akzessorietät das volle Unrecht der Haupttat zuzurechnen296, er muß die Tat so nehmen, wie der Täter sie begeht. Eine Zurechnung nur des jeweils verursachten Quantums der Tat kommt also bereits aus diesem Grund bei der Beihilfe nicht in Betracht. Allerdings hängt die Frage, was dem Gehilfen zugerechnet wird, davon ab, was als Haupttat verstanden wird. Im Grundsatz ist, setzt man Kausalität als Zurech295 296

BTDrs 13n324, 6. Jakobs AT22/19f.; Jescheck/Weigend AT§ 61 VII; Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 887.

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nungskriterium voraus, Gegenstand der Zurechnung bei der Beihilfe stets die Tat, für die der Gehilfe letztlich kausal ist und zu der er deshalb Hilfe geleistet hat, nicht dagegen die Tat, für die der Täter als solcher haftet. Daß der Gehilfe infolge der Akzessorietät die Tat des Täters so nehmen muß, wie dieser sie gestaltet, bedeutet nicht, daß er auch für andere Taten dieses Täters haftet. Dies kann insbesondere im Falle der natürlichen Handlungseinheit einen Unterschied bedeuten. Schlägt beispielsweise der Täter sein Opfer mehrfach und rappelt sich dieses dann auf, um wegzulaufen, wird aber vom Gehilfen A festgehalten, dann ist A nur für diejenigen Schläge kausal, die das Opfer ab seiner Hilfe empfängt, nicht aber auch für die vorherigen Schläge. Daß für den Täter die Vielzahl von einzelnen Schlägen als iterative Tatbegehung im Wege der tatbestandliehen Handlungseinheit zu einer Tat zusammengefaSt werden 297, spielt für den Gehilfen keine Rolle. Und daß dem Gehilfen, dem Akzessorietätsgrundsatz folgend, die Tat so zugerechnet wird, wie der Gehilfe sie gestaltet, bedeutet nicht, daß ihm auch Tatbestandsverwirklichungen zugerechnet werden, für die er nicht kausal ist. Denn "die Tat", die dem Gehilfen infolge der Akzessorietät zugerechnet wird, bedeutet in diesem Zusammenhang nicht die Tat nach Anwendung der Konkurrenzregeln, sondern davor298 • Die Zusammenfassung mehrerer einzelner Tatbestandsverwirklichungen zu einer Tat erfolgt nicht durch das Gesetz- zu Fällen, in denen dies anders ist, sogleich- sondern infolge der Konkurrenzregeln, die für jeden Täter gesondert anzuwenden sind. Und A ist eben nur für einen Teil der Schläge notwendiger Bestandteil ihrer kausalen Erklärung. Diese Lösung steht im übrigen hinsichtlich der Zurechnung bereits verwirklichter Erfolgsquanten eines Gesamterfolges in Übereinstimmung mit der absolut herrschenden Ansicht zur sukzessiven Mittäterschaftz99: Es findet keine Zurechnung dessen statt, was bereits vorhanden war, bevor der Gehilfe/Mittäter mit seinem Beitrag "zur Tat hinzutrat". Eine Ausnahme findet dieser Grundsatz dann, wenn der eine (Handlungs-)Erfolg, für den der Gehilfe kausal ist, aufgrundder gesetzlichen Regelung alleine nicht oder nicht nur einen Tatbestand erfüllt, sondern erst zusammen mit anderen Handlungen oder Tatbestandsakten. So verhält es sich beim Betrug oder auch beim Raub. Selbst wenn der Gehilfe "nur" die Waffe besorgt hat, werden ihm nicht nur die Nötigung und die Bedrohung zugerechnet, sondern auch der Raub. Dies ist nicht etwa so, weil die einzelnen Akte für den Täter auf Konkurrenzebene zu einer Tat im Wege der tatbestandliehen Handlungseinheit verbunden werden 300, auch hier spielt die Beurteilung auf Konkurrenzebene keine Rolle. Es ist vielmehr deshalb so, weil das Gesetz selber mehrere Akte zu einem Erfolg zusammenfaßt und für diesen Erfolg jeder der 297 Str.: Für tatbestandliehe Handlungseinheit Sch./Sch.-Stree Vorbem. §§ 52ff., Rdnr. 13; Wessels/Beulke Rdnr. 763, für natürliche Handlungseinheit Kühl AT Rdnr. 17 f.; Otto AT § 23, Rdnr.9. 298 RGSt 56, 326, 328; Jescheck, FS Welzel (1974), 683, 689. 299 LK-Roxin § 25, Rdnr. 192m. w. N.; Köhler AT, 520; Maurach/Gössel/Zipf AT/2 § 49, Rdnr. 76; Otto AT § 20, Rdnr. 129. 300 Kühl AT§ 21, Rdnr. 23; Otto AT§ 23, Rdnr. 15; Wessels/Beulke Rdnr. 760.

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Einzelakte notwendige Bedingung ist. Derjenige, der kausal ist für einen der Teilakte, beispielsweise für die Nötigung, ist damit gleichzeitig auch notwendiger Bestandteil der kausalen Erklärung des mehraktigen Delikts, also des Raubes. Aufgrund dieser gesetzlichen Anordnung der Zusammenfassung von Einzelerfolgen wird dem Gehilfen hier im Ergebnis auch derjenige Teil der Tat zugerechnet, derbereits geschehen war, bevor der Gehilfe überhaupt tätig wurde. So wird dem Gehilfen im Rahmen der Zurechnung des Erfolges "Raub" beispielsweise auch die Gewalt (z. B. Niederschlagen des Opfers) dann zugerechnet, wenn er nur für die Wegnahme kausal wird. Auch die Dauerdelikte bilden keine Ausnahme zu dem oben Gesagten. Zwar besteht Einigkeit, daß mehrere Handlungen, die das Rechtsgut angreifen, im Zustand der Rechtsgutsverletzung zu einer Handlung im Wege der juristischen Handlungseinheit zusammenzufassen sind301 , also alle Tätigkeitsakte, die der Begründung oder Aufrechterhaltung des widerrechtlichen Zustandes dienen, Bestandteile einer Handlung sind. Aber auch hier gilt, daß der Gegenstand der Zurechnung für den Gehilfen nicht die durch Anwendung der Konkurrenzregeln gebildete Tat des Haupttäters ist, sondern nur diejenige(n) Tat(en), für die der Gehilfe kausal ist. Liefert beispielsweise A dem B für dessen Einbruchsvorhaben eine Leiter und übersteigt B zunächst den Gartenzaun, um danach unter Verwendung der Leiter im ersten Geschoß einzubrechen, dann liegt zwar infolge tatbestandlieber Handlungseinheit nur ein Hausfriedensbruch vor. Tatsächlich hat B aber den Hausfrieden zweimal auf tatbestandlieh normiertem Wege verletzt, zum einen durch das Eindringen in das befriedete Besitztum, zum anderen durch das Einsteigen in die Wohnung. Nur für den zweiten Erfolg ist A kausal und damit Gehilfe zu einem Hausfriedensbruch. Stiehlt B dann im weiteren Verlauf der Tat Gegenstände aus der Wohnung, dann ist A im übrigen nicht nur Gehilfe zum Hausfriedensbruch, sondern auch zum Einbruchsdiebstahl. Denn § 243 Abs. 1 Nr. 1 verbindet den Hausfriedensbruch mit dem Diebstahl zu einerneuen Tat, dem besonders schweren Fall des Diebstahls. Während in diesem Beispiel die vorgenommene Differenzierung unbeachtlich ist, weil die im Konkurrenzwege gebildete Tat keine andere ist als diejenige, die Bezugsobjekt der Hilfeleistung ist, verhält sich dies ganz anders, wenn das Gesetz an eine Verlängerung des rechtswidrigen Zustandes weitere Konsequenzen knüpft, so wie bei der Freiheitsberaubung. Bringt also beispielsweise der Gehilfe auf Geheiß des Täters zwei Tage nach Einsperrung des Opfers in einen Schuppen ein Schloß an, wo bislang nur ein Riegel die Tür sicherte, dann ist der Gehilfe nur kausal für den Entzug der Freiheit des Opfers ab diesem Zeitpunkt. Dauert die Freiheitsberaubung nun noch sechs Tage, dann überschreitet die gesamte Zeit der Freiheitsberaubung die Wochenfrist des § 239 Abs. 3 Nr. 1. Während der Täter nun für die qualifizierte Freiheitsberaubung haftet, ist der Gehilfe nur für eine Freiheitsberaubung von sechs Tagen mitkausal, also für die Erfüllung des Grundtatbestandes. Dies ist, da der 301

Kühl AT §21, Rdnr. 23f.; Otto AT §23, Rdnr.l6; Wessels/Beu/ke Rdnr. 761.

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Grundtatbestand der Qualifikation logisch implizit ist, auch keine Durchbrechung des Akzessorietätsgrundsatzes. Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn Täter und Gehilfe das Tätigwerden des Gehilfen bereits vor der Tat abgesprochen haben. Denn die Figur einer "funktionalen Tatherrschaft" des Gehilfen, die die Zurechnung der gesamten Tat zur Beihilfe begründen könnte, gibt es nicht. Jedoch besteht die Möglichkeit, daß die geschilderte Funktion im Tatplan des Taters eine Mittäterschaft begründet, dann für die qualifizierte Tat. Anders als eine Zurechnung von Teilquanten einer Tat zum Gehilfen gewinnt der Gedanke, daß der Erfolg aufgrund seines Verständnisses als negativer Veränderung quantifizierbar ist, auch bei der Beihilfe Bedeutung, weil sich danach auch der Bezugspunkt einer Kausalität des Gehilfen bestimmt. Die Bedeutung des Grundsatzes der Quantifizierbarkeit des Erfolges für die Beihilfe läßt sich anhand von fünf Beispielen verdeutlichen: 1) B plant, C am Abend anläßlich eines Besuchs im Fitneßstudio eine Lektion zu erteilen. Um C, während dieser sich umzieht, einen ordentlichen Schlag über den Kopf verabreichen zu können, füllt B einen kleinen Sack mit Sand und packt diesen sodann für den Abend in seiner Sporttasche. A ist über den Plan seines guten Freundes B unterrichtet und weiß, daß er diesen nicht ganz von der Tat abbringen kann. Deshalb entfernt er heimlich etwa die Hälfte des Sandes aus dem Sack und ersetzt ihn durch Holzspäne. Wie geplant versetzt B dem C am Abend dann einen Schlag über den Kopf. Aufgrund der durch A vorgenommenen Manipulation fallt der Schlag aber wesentlich weniger hart aus, als dies bei einem Schlag mit einem mit Sand gefülltem Sack der Fall gewesen wäre. C erleidet kaum Schmerzen. 2) B plant einen Raubüberfall mittels einer Pistole, die sich in seinem Besitz befindet. A erfahrt hiervon. Weil er seinen Freund B nicht ganz von der Tat abbringen kann, entfernt er, von B unbemerkt, die Patronen aus der Waffe, um so Schlimmeres zu verhindern. Was B hierbeit nicht weiß ist, daß der Schlagbolzen der Waffe abgefeilt ist, was die Waffe auch im geladenen Zustand objektiv ungeflihrlich macht. 3) B plant, C am Abend anläßtich eines Besuches im Fitneßstudio eine Lektion zu erteilen. Um C, während dieser sich umzieht, einen ordentlichen Schlag über den Kopf verabreichen zu können, füllt B einen kleinen Sack mit Sand und packt diesen sodann für den Abend in seine Sporttasche. A ist über den Plan seines Freundes B unterrichtet. Er möchte C ebenfalls eine Lektion erteilen, meint aber, daß ein wenig Schmerzen nicht ausreichen. Unbemerkt von B leert er deshalb den Sack und befüllt ihn mit Bleikugeln. Hiervon verspricht er sich, daß C ganz erhebliche Schmerzen erleiden soll. Wie geplant versetzt B am Abend dem C in der Umkleidekabine einen kräftigen Schlag mit dem Sack über den Kopf, merkt aber aufgrund des vorher absolvierten Krafttrainings nicht, daß der Sack schwerer ist als er es ursprünglich war. Cerleidet ganz erhebliche Schmerzen (Fallbeispiel2). 4) A weiß, daß B plant, den C zu erschießen. Er schleicht sich in das Büro des B, in dem dieser seine Waffe versteckt hält, und tauscht diese gegen eine baugleiche

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Waffe aus, angenommen, weil er über die Seriennummer der Waffe eine falsche Spur legen möchte. B erschießt den C mit der von A deponierten Waffe, ohne den Unterschied zu merken. 5) B plant, dem C "eine Lektion" zu erteilen, indem er ihn mit einer schweren Eisenstange verprügelt. Diese Eisenstange verpackt er in eine Sporttasche, um sie zum Tatort zu transportieren. Von B unbemerkt entfernt A, der zufallig von dem Plan erfahren hat und Schlimmeres verhindern will, die Eisenstange aus der Tasche und ersetzt diese durch einen leichten HolzknüppeL Am Tatort angekommen entdeckt B den Austausch und muß sich nolens volens mit diesem Knüppel begnügen. B verprügelt C mit dem Holzknüppel, C trägt keine ernsthaften Verletzungen davon und erleidet nur mäßige Schmerzen. In allen Fällen ist nach der Strafbarkeit des A wegen Beihilfe zu dem jeweils in Frage kommenden Delikt gefragt. Beschränkt man sich, wie es der Arbeitsanweisung dieser Arbeit entspricht, zunächst auf den Gesichtspunkt der Kausalität, dann hängt die Frage der Zurechnung des Tatunrechts zum Gehilfen an der Beantwortung der Frage, ob A in einem der Fälle zumindest ein Teilquantum des Erfolges verursacht hat. Es soll anhand der Fälle überprüft werden, inwieweit eine Anwendung des Grundsatzes der Quantifizierbarkeit des Erfolges die Beispielsfalle so zu lösen hilft, daß sich die Tatsache der Kausalität als hinreichend für eine Zurechnung des Tatunrechts zum Gehilfen erweist. Im Falll) ist die Tat ungeachtet des Gewichts des verwendeten Werkzeugs eine qualifizierte, weil gefahrliehe Körperverletzung. Da § 224 Abs. 1 Nr. 2 das gefahrliehe Werkzeug für tatbestandsrelevant erklärt und es sich um ein solches auch noch nach der Manipulation durch A handelt, ist der Sandsack auch Bestandteil der Erfolgsbeschreibung. Gleichermaßen relevant ist das Maß der erlittenen Schmerzen, also die Quantität des Erfolgs. Zur kausalen Erklärung der qualifizierten Körperverletzung des C durch B ist aber die Handlung des A gleichwohl nicht erforderlich, A ist nicht kausal für die Körperverletzung des C. Das hat nichts mit der Berücksichtigung eines hypothetischen Kausalverlaufs zu tun, denn das Zuschlagen des B mit dem Sandsack ist ja real. Zur kausalen Erklärung des tatbestandliehen Erfolges bedarf es der Handlung des A nicht, weder im Hinblick auf das Vorhandensein des gefahrlichen Werkzeugs, noch im Hinblick auf die grundsätzlich beachtliche Intensität des Erfolges. Denn daß die Körperverletzung leichter ausgefallen ist als im Tatplan des B beabsichtigt und in dessen Handlung angelegt, ist kein Bestandteil des als negative Veränderung verstandenen Erfolges. Anders ausgedrückt: Es gibt kein Quantum des Erfolges, zu dessen kausaler Erklärung die Angabe der Handlung des A notwendig wäre. Daß die Körperverletzung nicht schwerer ausgefallen ist, braucht nicht erklärt zu werden. Gleiches gilt im Fall2). Aistauch mit ungeladener Waffe nach§§ 249, 250 Abs.l Nr. 1 lit. b strafbar. Es ist nun keinesfalls so, daß der "konkrete Erfolg" ein Raub-

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überfall mit einer nicht geladenen Waffe wäre, so daß es diesen Umstand kausal zu erklären gälte. Der normativ verstandene Erfolg ist vielmehr ein schwerer Raub, der unter den Modalitäten des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ausgeführt wurde. Es gilt also, die Existenz des Drohungsmittels kausal zu erklären. Auch die ungeladene Waffe bleibt eine solche, der Ladezustand keine Rolle spielt. In der kausalen Erklärung des so verstandenen Erfolgs kommt die Handlung des A nicht als notwendiger Bestandteil vor. A ist also nicht kausal für den Erfolg. Im Fall 3) = Fallbeispie/2 ist wiederum neben dem Vorhandensein des gefahrliehen Werkzeugs die Höhe des Schadens, also das Maß der Rechtsgutsverletzung bei C relevant und muß in der Erfolgsbeschreibung mit angegeben werden. Erklärt man das Vorhandensein des gefahrliehen Werkzeugs am Tatort kausal, so kommt A in dieser Erklärung nicht vor, denn der gefüllte Sack war ja ungeachtet des Tätigwerdens des A bei B vorhanden. Die Höhe des Schadens dagegen, das Maß der erlittenen Schmerzen, läßt sich nur mit der Information über die Füllung des Sackes mit Bleikugeln erklären, diese wiederum läßt sich kausal durch die Handlung des A erklären. Es existiert damit ein Erfolgsbestandteil, der nicht ohne das Tätigwerden des A zu erklären ist. So wird deutlich, daß die Handlung des A ein Bestandteil der kausalen Erklärung des Erfolgs und damit kausal für die Tat ist. Im Fall4) liegt ungeachtet der Handlung des A ein Mord(fotschlag vor. Es bedarf auch einer Waffe, um diesen Erfolg unter Beachtung der Wahrheit der Kausalhypothese kausal zu erklären, denn mit der Angabe, C sei etwa von B erwürgt worden, so daß es der Angabe der Waffe nicht bedürfte, widerspräche man diesem Grundsatz. Auf den ersten Blick scheint es deshalb so, als ob es der Angabe über die Herkunft der Waffe nicht bedürfe, zumal A die Situation für C ja nicht verschlechtert hat: er hat es lediglich unterlassen, sie zu verbessern, wozu er allerdings auch nicht, jedenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt einer unechten Unterlassungsstrafbarkeit, verpflichtet gewesen ist. Gleichwohl ist A für den Erfolg kausal, denn es gilt, das Vorhandensein der Waffe, mittels derer der Erfolg herbeigeführt wurde, kausal zu erklären. In dieser kausalen Erklärung findet sich die Handlung des A als notwendiger Bestandteil wieder. Zu einem anderen Ergebnis könnte man nur kommen, wenn man sich dem Fall mit der Fragestellung der conditio-sine-qua-non näherte. Tatsächlich ist A kein notwendiger Bestandteil des Geschehens, denn hätte A nicht die Waffen vertauscht, so hätte B eben mit der eigenen Waffe geschossen. Die Vertreter der Bedingungstheorie würden nun allerdings, weil sie die Waffe des B intuitiv als Ersatzursache erkannt haben, den Erfolg konkretisieren und schließlich als "Tod durch Erschießen mit der Waffe des A" bezeichnen. Dann wäre A doch wieder kausal. Ungeachtet des schließlich doch wieder übereinstimmenden Ergebnisses ist dies aber wie nachgewiesen weder die richtige Fragestellung, noch eine geeignete Korrektur des unzutreffenden Ausgangspunkts. Vielmehr zwingt der Grundsatz der Wahrheit der Kausalhypothese zu dem Ergebnis, daß A kausal für den Tod des C ist, denn dessen Handlung ist notwendiger Bestandteil der eine hinreichende Gesamtbedingung aufzeigenden wahren Kausalhypothese.

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Im Fall 5) handelt es sich sowohl bei der Tat nach dem Tatplan des B als auch bei der wirklich ausgeführten Tat mit dem Holzknüppel um eine gefährliche Körperverletzung, so daß das Vorhandensein des gefährlichen Werkzeugs ein Bestandteil des Erfolgs ist. Auch die Quantität der Rechtsgutsverletzung ist, wie bereits gezeigt, ein Erfolgsbestandteil, so daß man vorliegend annehmen könnte, A habe diese Intensität verringert und sei deshalb nicht kausal. Da jedoch auch das gefährliche Werkzeug ein Bestandteil des Erfolgs ist, gilt es, dieses kausal zu erklären. In dieser kausalen Erklärung ist die Handlung des A notwendiger Bestandteil, denn denkt man sich aus der Kausalhypothese diese Handlung hinweg, so wird diese unschlüssig, da nicht erklärlich wäre, wie das gefährliche Werkzeug in die Hände des B gelangte. DaßBin diesem Fall eine Eisenstange und damit ebenfalls ein gefährliches Werkzeug benutzt hätte, ändert nichts, denn es läßt sich keine Kausalhypothese hinsichtlich des Erfolgs der gefährlichen Körperverletzung bilden, in der die Eisenstange als wahrer und notwendiger Bestandteil vorkommt. Das Abstellen auf die ehemals vorhandene Eisenstange wäre also ein Abstellen auf eine hypothetische Reserveursache. A ist somit kausal für den Erfolg der gefährlichen Körperverletzung. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß der Erfolg ohne das Eingreifen des A intensiver ausgefallen wäre. Denn auch hier gilt, daß nur dasjenige zu erklären ist, was wahr ist, nicht aber, warum es nicht schlimmer kam. Mit dem Mittel der Quantifizierung in Verbindung mit einem normativen Erfolgsbegriff wie er hier zugrundegelegt wird, lassen sich Handlungen also sehr präzise als kausal oder nicht kausal identifizieren. Daß A im Fall 1) und 2) nicht kausal für den Erfolg ist, entspricht den Ergebnissen der Literatur, die solcherlei Fälle über vorgeblich kausalitätsbegrenzende Kriterien der objektiven Zurechnung wie die sog. Risikominderung lösen will. Auch die Tatsache, daß A im Fall 3) kausal für den Erfolg ist, ist im Ergebnis akzeptabel und läßt nicht an der These zweifeln, daß Erfolgskausalität hinreichend für die Annahme von Beihilfe ist. Ist die Identität des notwendigen Erfolgsbestandteils dagegen nicht gewahrt, hat der Gehilfe also, untechnisch gesprochen, z. B. das in der normativ legitimierten Erfolgsbeschreibung vorhandene Werkzeug "ausgetauscht", so daß es sich bei der Tat gegenüber der ursprünglich angelegten Tat um ein aliud handelt und nicht ein "Minus" oder "Plus", so läßt sich mit der Begründung, ein quantitativ schwererer Erfolg sei durch ein anderes Mittel (das ausgetauschte) angelegt gewesen, die Kausalität des Austauschenden nicht verneinen. Denn nach dem Grundsatz der Wahrheit der Kausalhypothese gilt es, das tatsächlich vorhandene und benutzte Werkzeug in der Kausalhypothese kausal zu erklären. Daß dann, wenn der Gehilfe es nicht ausgetauscht hätte, der Täter ein anderes Werkzeug mitgenommen hätte, ist eine hypothetische Überlegung, die für die Kausalität keine Rolle spielt. Dies hat nichts mit einem "konkreten Erfolg" zu tun, es handelt sich ausschließlich darum, einen normativen Erfolgsbestandteil mit der Realität abzugleichen und dasjenige, was dem normativen Erfolgsbestandteil entspricht, kausal zu erklären. So ist es im Fall 5). Für den tatbestandliehen Erfolg der gefährlichen Körperverletzung ist A deshalb kausal,

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weil das verwendete gefährliche Werkzeug nur unter Hinzunahme der Handlung des A kausal zu erklären ist. Nun liegt aber der Einwand nahe, daß A ja den drohenden Schaden verringert habe und damit in Wahrheit den ursprünglich im Tatplan des B angelegten Erfolg der, wie angenommen werden kann, bei C ein höheres Maß an Schmerzen bedeutet hätte, verhindert habe. Selbst dann, wenn die Kausalitätsprüfung ergibt, daß A für den Erfolg kausal ist, könnte die Annahme eines "Hilfeleisten" i. S. d. § 27 ausscheiden, denn wer hindert, hilft nicht. Die Konsequenz dieser Überlegung, die verallgemeinert darauf hinausliefe, daß Falle denkbar sind, in denen jemand zwar kausal für einen Erfolg ist, gleichwohl aber keine "Hilfe" geleistet hat, müßte lauten, daß die Kausalität für die Annahme von Beihilfe nicht hinreichend ist. Zu dieser Überlegung verführt jedoch nur die Mitteilung eines ganz hypothetischen Geschehens, nämlich desjenigen, was sich möglicherweise ohne das Tatigwerden des A ereignet hätte. Selbst wenn man sich nicht formaliter auf den Standpunkt stellen möchte, daß hypothetische Kausalabläufe ohne Ausnahme unbeachtlich sind302, sind jedoch die oben angestellten Überlegungen zur Ablehnung der Beihilfe trotz Kausalität nicht einschlägig. Denn § 27 normiert im Tatbestand die Hilfeleistung zu der "Tat" eines anderen, nicht dagegen zum "Tatplan" eines anderen. Die Hilfe muß eine solche folglich im Hinblick auf die reale Tat sein, also die Tatbestandsverwirklichung, die der Täter realisiert hat, nicht dagegen auf die vom Tater ursprünglich geplante. Es ist auch unbeachtlich, ob die geplante und die durchgeführte Tat tatbestandlieh identisch sind oder, wie im Fall 5), die vorgestellte Tat tatbestandsidentisch und sogar rechtsgutsintensiver gewesen wäre als die tatsächlich durchgeführte. Daß zur Feststellung der "Kausalität für die Tat" unter Beachtung des Grundsatzes der Wahrheit der Kausalhypothese stets auf die wahren Umstände abzustellen ist und hypothetische Ursachen außer Beachtung zu bleiben haben, leuchtete im Fall 4) ohne weiteres ein. Die Annahme von Beihilfe im Fall4) ruft auch nicht gleichermaßen eine intuitive Ablehnung hervor wie im Fall 5), was weniger daran liegen dürfte, daß A im Fall4) etwa "Hilfe zur Verletzung geleistet" hätte, seine Handlung war ja im Hinblick auf die Rechtsgutsverletzung indifferent. Vielmehr liegt es am "guten Willen" des A im Fall 5), daß die beiden Fälle unterschiedlich empfunden werden. Dies mag aus der Überlegung resultieren, daß es dem Opfer ohne das Handeln des A im Fall 5) ja viel schlechter gehen könnte, oder der Einsicht, daß A ja jegliches Handeln auch ganz hätte unterlassen können und sich damit besser gestellt hätte, als er dies nach dem gutgemeinten Austausch des Werkzeugs tut. Die Beurteilung im Hinblick auf die Hilfeleistung ist jedoch in beiden Fällen dieselbe: zu der Tat, die real stattgefunden hat, hat A Hilfe geleistet. Jede andere Überlegung stellte nicht auf "die Tat", sondern auf "den Tatplan" ab, nicht darauf, ob A für die tatsächliche Rechtsgutsverletzungkausal war, sondern darauf, ob er Hypothetisches verhindert hat. Ge302 So ist es in Rspr. und Schrifttum anerkannt, vgl. RGSt 19, 141, 145; BGHSt 2, 20, 24; 13, 13, 14f.; Lackner/KühlVor § 13, Rdnr. ll; Sch./Sch.-Lenckner Vor§ 13, Rdnr.l8; SK-Rudolphi Vor § I, Rdnr. 45; Tröndle/Fischer Vor § 13, Rdnr. 18.

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radedann also, wenn man Hilfe im Kontext des§ 27 als "etwas voranbringen", "etwas fördern" versteht, hat jeder, der im Rahmen einer hinreichenden Bedingungskette eine notwendige Bedingung setzt, ohne dessen Handlung also die kausale Erklärung des Erfolges unschlüssig wird, für diesen Erfolg auch Hilfe geleistet. Denn ohne ihn ist der Erfolg nicht zu erklären. Also hat A auch im Fall 5) "Hilfe zur Tat" geleistet. Vor solchem Hintergrund wird zwar erwogen, einen Erfolg dann nicht zuzurechnen, wenn der Täter durch sein Handeln die Situation für das geschützte Rechtsgut in keiner Weise verschlechtert hat 303• Auch diejenigen, die über eine normative Korrektur des oben beschriebenen Inhalts nachdenken, erkennen aber, daß die Rechtsordnung ihre Normen für den einen Tater nicht deshalb suspendieren kann, weil auch noch andere willens sind, diese zu übertreten 304 • Würde man einem Tater zugestehen, sich damit zu entlasten, daß eine Rechtsgutsverletzung auch dann eingetreten wäre, wenn sich nicht die seinige realisiert hätte, so müßte man diesen Einwand erst recht auch demjenigen zugestehen, der Ursache ist für diejenige Rechtsgutsverletzung, die sich nicht realisierte. In der Konsequenz könnten sich beide gegenseitig entlasten. Für den obigen Fall 5) wird diese Überlegung deutlich, wenn man einen Deinführt als denjenigen, der die Eisenstange mit Gehilfenvorsatz geliefert hat. Berücksichtigte man den hypothetischen Kausalverlauf, so könnte sich A befreiend auf D berufen und gleichzeitig D auf A. Eine Lösung aus diesem "Zurechnungsvakuum" eröffnete sich nur dann, wenn man auf die Quantität der Rechtsgutsverletzung abstellte, die der eine verursacht hat und der andere verursacht hätte, und beide unter dem Aspekt, daß A durch Zufügung des einen Schadens einen schlimmeren verhindert hat, wertend gegeneinander stellte. Mit einem solchen Vergleich von verwirklichtem Schaden zu verhindertem Schaden und der Abwägung von Handlungsmöglichkeiten gegenüber der Rechtsgutsverletzung wird aber deutlich, daß im System der Unrechtszurechnung der rechte Platz für die Berücksichtigung des hypothetischen Kausalverlaufs nicht die Kausalität oder die objektive Tatbestandsmäßigkeit ist. Abwägungen wie die oben angerissene sind typischerweise Gegenstand einer ausnahmsweisen Rechtfertigung im übrigen tatbestandlieh sanktionierten Unrechts. Möchte man also im Fall 5) dem A zugute halten, trotz seiner Erfolgskausalität Schlimmeres verhindert zu haben, so muß man hierzu z. B. die Figur der mutmaßlichen Einwilligung305 oder aber § 34 heranziehen. Nun erscheint die Verschiebung der Problematik in die Rechtfertigung als eine allzu einfache Lösung vor dem Hintergrund, daߧ 34 von dem Nothelfer verlangt, das Optimale zu tun, also die Tat ohne weitere Rechtsgutsverletzung abzuwenden, 303 SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr. 60; Stratenwerth AT3 , Rdnr. 227f., anders allerdings in AT4 § 8, Rdnr.42; Samsan (1972), 86ff., 96ff. 304 SK-Rudolphi Vor § 1, Rdnr. 60; Stratenwerth AP § 8, Rdnr. 42 so auch schon in AP, Rdnr.228. 305 Vgl. zur mutmaßlichen Einwilligung als Rechtfertigungsgrund: BGHSt 35, 246; Lackner/Kühl Vor § 32, Rdnr. 19 ff.

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wenn dies möglich ist. Dieses Merkmal der fehlenden Abwendungsmöglichkeit bei minderer Interessensverletzung wird gemeinhin streng beurteilt306 und ist in Fällen der bloßen Reduzierung eines Schadens gegenüber einem im Tatplan des Täters angelegten Schaden kaum je gegeben. Regelmäßig dürfte es nämlich möglich sein, zumindest die Polizei zu informieren und hierdurch den Schaden ganz zu verhindern. Die Rechtsordnung stellt den Schutz der körperlichen Integrität über das Bestandsinteresse an einer Freundschaft. Jedoch ist es aufgrund der typischen Rechtfertigungslage gleichwohl zwingend, die Problematik der Rechtfertigung zuzuweisen. Allerdings scheint die gegenwärtige Dogmatik der Rechtfertigung nicht auf dem Stand, der Problematik gerecht zu werden. Es handelt sich vorliegend um die nach h. L. zu verneinende Frage, ob § 34 auch auf den internen Rechtsgüterkonflikt anwendbar ist, also den Fall, daß beeinträchtigtes und begünstigtes Rechtsgut demselben Inhaber zustehen und, wie im beschriebenen Fall, zudem identisch sind 307• § 34 regelt den Ausgleich zwischen zwei verschiedenen Rechtsgütern durch eine Abwägung gegeneinander, so daß fraglich ist, inwieweit der interne Rechtsgüterkonflikt hierdurch wirklich geregelt ist. Ohne im Rahmen dieser Arbeit den Streitstand aufarbeiten zu können, der sich mit der Frage der Inhaberschaft der kollidierenden Interessen beschäftigt, kann hier nur angedeutet werden, daß die Lösung des fraglichen Problems Gegenstand einer differenzierten Betrachtung der Rechtfertigung beim internen gegenüber dem Standardfall des externen Rechtgüterkonflikts zu sein scheint. Es erscheint dabei eher fraglich, ob die Ausgliederung aus dem Anwendungsbereich des § 34 die vorzugswürdige Lösung ist308, oder ob nicht vielmehr der Problematik durch eine interessensgerechte Modifizierung des Tatbestands des § 34, etwa dadurch Rechnung getragen werden kann, daß man bei Rechtsguts- und Inhaberidentität eine Reduktion durch Austausch beispielsweise des Tatmittels unter festzulegenden Voraussetzungen hinreichen läßt. Im Rahmen dieser Voraussetzungen müßte die Überlegung Berücksichtigung finden, daß es beim internen Rechtsgüterkonfliktanders als beim externen nicht Möglichkeiten und Motive sind, die den Erfolg heiligen, sondern vielmehr die Tatsache der Schadensreduktion an sich. Kommt man allerdings in diesem Rahmen zu der Überzeugung, daß A aufgrund der Möglichkeit, die Tat z. B. durch Einschalten der Polizei ganz zu verhindern, gleichwohl nicht zu rechtfertigen ist, so ist kaum einzusehen, warum im Rahmen der Tatbestandsmäßigkeit dieselben Umstände, die nicht zur Rechtfertigung hinreichen, zu einem entgegengesetzten Ergebnis unter Aufgabe der dortigen dogmatischen Grundsätze verleiten sollten. Die Auffassung, daß dem Tun des A der Unwert fehlt, kann jedenfalls nicht im Rahmen der Kausalität seiner Handlung berücksichtigt werden. 306 V gl. BGHSt 3, 7; LG Köln, NJW 1998, 2688; BGH NStZ 1988, 558; Lackner/Kühl § 34, Rdnr. 3; SK-Samson § 34, Rdnr. 29f.; LK-Hirsch § 34, Rdnr. 52. 307 Vgl. zu der Problematik Lackner/Küh/ § 34, Rdnr. 4; LK-Hirsch § 34, Rdnr. 59; Sch./Sch.Lenckner § 34, Rdnr. 8a; SK-Samson § 34, Rdnr. l2ff.; Roxin AT/l § 16, Rdnr. 86f.; Jakobs AT 13/3; Schroth, JuS 1992, 476,478. 3os So SK-Samson § 34, Rdnr. 12.

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e) Die Übertragung der Kausalitätsgrundsätze auf die Beihilfe, Lösung des Leiterfalls == Fallbeispiel I Es sind nun die Grundsätze geklärt, nach denen methodisch und frei von Widersprüchen Kausalität festgestellt werden kann unter Bestimmung der geeigneten Methode und des Bezugspunkts der Kausalität. Vor diesem Hintergrund kann nun auch der Ausgangsfall gelöst werden. Im Fallbeispiel I, dem Leiterfall nach Schaffstein, in dem A dem B, der in das Haus des C einsteigen möchte die Leiter zum Tatort trägt und sich dann schleunigst entfernt, sind die maßgeblichen Erfolge zunächst der Hausfriedensbruch durch B und dann der Diebstahl, die sich zusammen zu der Diebstahlsqualifikation des § 243 Abs. 1 Nr. 1 verbinden. Das zweiaktige Delikt hat zwei Erfolge im Sinne objektiver Anknüpfungspunkte, zum einen die Rechtsgutsverletzung aus§ 123, zum anderen diejenige aus § 242. Das Zusammentreffen beider Delikte in der Form, daß das eine, Hausfriedensbruch, "zur Ausführung" des anderen, Diebstahl, begangen wird, führt zu der tatbestandliehen Verbindung in § 243, vgl. zur Frage, welche Bezugspunkte für die Kausalität in den Tatbestandsarten des StGB in Betracht kommen, genauer noch II. Unproblematisch ist der Anknüpfungspunkt jedenfalls dann, wenn zwei Erfolgsdelikte zu einem (qualifizierten) Delikt verbunden sind, so wie dies in § 243 der Fall ist. Aus den im Sachverhalt gegebenen Tatsachen läßt sich nun, zunächst im Hinblick auf den ersten Erfolg, also den Hausfriedensbruch, eine wahre Kausalhypothese bilden, in der die Leiter als Mittel zur Erreichung des Erfolgs des§ 123 "Eingedrungen sein" enthalten ist. Denkt man sich die Leiter aus der Kausalhypothese weg, so wird diese unschlüssig, da das Explanandum, "Eingedrungen sein", nicht mehr bei gleichzeitiger Wahrheit der Kausalhypothese zu erklären ist. Das Vorhandensein der Leiter ist aber durch die Handlung des A kausal zu erklären. Da der Erfolg des§ 123 aufgrundder gesetzlichen Entscheidung in § 243 zu einem tatbestandliehen Umstand erklärt wurde, reicht die Verursachung dieses Zwischenerfolges aus. Daß A nicht die Wegnahme unmittelbar verursacht hat, hat dabei bereits deshalb keine Bedeutung, weil er vermittels der Verursachung des Zwischenerfolges letztlich auch den Enderfolg verursacht. Selbst wenn dies nicht so wäre, änderte dies aber nichts an der Zurechnung des gesamten haupttatliehen Unrechts zu A, denn aufgrund der Akzessorietät der Beihilfe kommt eine Zurechnung lediglich von Teilquanten des Erfolges zum Gehilfen nicht in Betracht. Eine Gehilfenschaft des Leiterlieferanten im Leiterfallläßt sich also auf Basis einer rein erfolgskausalen Sicht ohne weiteres begründen, vorausgesetzt, man wird sich über die richtige Methode zur Kausalitätsfeststellung und über einen manipulationsfreien Bezugspunkt der Kausalität klar. Um die Gehilfenschaft des Leiterlieferanten zu belegen, bedarf es insbesondere auch keiner neuen Zurechnungskriterien für die Beihilfe. Alle Versuche, die Beihilfe des Leiterträgers auf anderem

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Wege als der reinen Kausalität zu begründen, beginnend mit dem Gedanken, kausalitätsersetzend auf die Risikoerhöhung abzustellen, über die Rückkehr zur Kausalität unter fallorientierter Festlegung des ganz konkreten Erfolgs, bis hin zu der kausalitätsergänzenden Risikoerhöhung oder den kausalitätsmodifizierenden Merkmalen .,ermöglichen, erleichtern, intensivieren oder absichern" haben sich damit als unnötig erwiesen. Gelangt die rein auf Kausalität abstellende Zurechnung unter der Voraussetzung des richtigen Kausalitätsbegriffs zwanglos zu den als richtig empfundenen und somit auch widerspruchsfrei begründeten Ergebnissen, so stellt sich die Frage, inwieweit es überhaupt kausalitätsergänzender Merkmale, z. B. der Risikoerhöhung oder der Kausalitätsmodifikationen von Class bedarf. Diese Frage wird zu untersuchen sein, bevor ein vorläufiges Urteil über die Leistungsfähigkeit der Kausalität zur Zurechnung bei der Beihilfe getroffen werden kann.

3. Vom Wert der sog. "Kausalitätsmodifikationen" für die Beihilfe Nach Teilen der Literatur309 reicht einfache Kausalität nicht für die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg der Haupttat aus. Keinesfalls löse sich die Frage nach der Strafbarkeit der Beihilfe durch Zuhilfenahme allgemeiner Kausalitätskriterien, vielmehr sei dem Begriff der Hilfeleistung, der die Beihilfehandlung beschreibt, Bedeutung zuzuerkennen 310• Deshalb sei zu fordern, daß die Hilfeleistung den Erfolg ermöglicht, intensiviert, seinen Eintritt beschleunigt oder die Sicherheit seiner Verwirklichung erhöht hat. Zum Teil wird dabei das Vorliegen eines der genannten Kriterien zusätzlich zur Kausalität gefordert311 , unter gleichzeitiger grundsätzlicher Beibehaltung der Kausalität als Zurechnungskriterium teilweise auch alternativ an Stelle einer notwendigen Bedingung bei .,ausnahmsweisen Versagen der conditio-Formel" 312• Insoweit die Kriterien zusätzlich gefordert werden, 309 Class, FS Stock (1966), 115, 126 (Zuftuß- oder Verstärkerkausalität). Ihm folgend: Seebald, GA 1969, 193, 208f.; Dreher (1972), 250, 256; Spendet, FS Dreher (1977), 167, 179f.; Samson, (1972), 160ff.; ders., FS Peters (1984), 121, der dortClass zwar eine elementare Verkennung der Äquivalenztheorie vorwirft, S.l24, gleichwohl aber zu derselben Formel kommt, seinerseits ergänzt um die Merkmale .,ermöglichen" und .,erleichtern", S.l34 f.; ders., SK § 27, Rdnr. 10; Lackner/Küh/ § 27, Rdnr. 2; Jalwbs AT 22/34 ff.; Jescheck/Weigend AT § 64 III 2 c ); Kienapfel AT573; Kühl AT2l5; Geppert, Jura 1999,266,268. 310 Charalambakis, FS Roxin (2001), 625, 629. 311 Lackner/Küh/ § 27, Rdnr.2; SK-Samson §27, Rdnr. 10; ders. (1972), 160ff.; ders., FS Peters(l984), 121, 134f.;Spende/,FSDreher(1977), 167, 179f.; Werle,FSLackner(1987),481, 483. 312 So C/ass, FS Stock (1966), 115, 126, derdie von ihm entwickelten Modifikationen dann einsetzen möchte, wenn die conditio-Formel nicht funktioniert. Stelle man nach Anwendung der Modifikationen fest, daß der dergestalt modifizierte Kausalbegriff zum gewünschten Ergebnis der Zurechnung kommt, so möchte Class .,Kausalität" annehmen. In diesem Ansatz liegt also gleichzeitig eine partielle Abwendung von der conditio-Formel zur Kausalitätsfest-

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ist zu prüfen, ob sie einen über die Kausalität als solche hinausgehenden Erkenntniswert haben. Fordert man sie an Stelle der Kausalität, ist zu prüfen, ob sich nicht bereits die Kausalität unter denselben Kriterien bejahen läßt, so wie sich im Fallbeispiell die Kausalität ohne Abstellen auf zusätzliche Erwägungen bejahen läßt, vgl. dazu 12.e). Unter dem von Roxin begründeten Topos der Beihilfe als akzessorischem Rechtsgutsangriff durch kausale Risikoerhöhung 313, der sogenannten kausalitätsergänzenden Risikoerhöhungslehre, soll Beihilfe dann gegeben sein, wenn die Hilfeleistung den Erfolg verursacht, indem sie ihn ermöglicht, intensiviert oder sein Gelingen absichert, was also der Definition nach mit der sog. modifizierten Kausalität nach Class übereinstimmt. Schließlich wird auch vertreten, überhaupt nicht auf die Kausalität in einfacher oder modifizierter Form abzustellen, sondern ausschließlich auf den Gedanken der Risi.koerhöhung 314• Mit diesem kausalitätsersetzenden Gedanken wird die Arbeit sich später beschäftigen, nachdem die Leistungsfähigkeit der Kausalität als Zurechnungskriterium abschließend geklärt ist. Da es ergänzender Merkmale nur dann bedarf, wenn die Kausalität insoweit auch tatsächlich lückenhaft in dem Sinne ist, daß sich bei alleinigem Abstellen auf die Kausalität nicht zu den gewünschten Ergebnissen gelangen läßt, setzte die Berechtigung der Ergänzungen voraus, daß die durch sie beschriebenen Veränderungen (ermöglichen, intensivieren, absichern) nicht bereits kausal für einen Erfolg der Haupttat sind. a) Die ,. Kausalitätsmodifikationen" des Ermöglichen und Intensivierens, Fallbeispiele 3 "Ermöglichen" bedeutet, daß ohne diese Bedingung der Erfolg nicht eingetreten wäre, die Bedingung also notwendig ist. Ein Beitrag, der den Erfolg ermöglicht, ist damit ohne weiteres kausal für diesen. Es bedarf also insoweit keines die Kausalität ergänzenden Merkmals, eine Ergänzung des Kausalitätserfordernisses um die "Ermöglichung" ist redundant. Diese Redundanz resultiert daraus, daß die Kausalitätsmodifikation desErmöglichensauf Basis eines der conditio-Formel folgenden Verständnisses von der Kausalität entwickelt wurde. Hiernach ist nur ein notwendiger Beitrag kausal, nicht aber ein solcher, der die Tat zwar ermöglicht, aber ersetzbar ist. Der Notwendigkeit, diese Anforderung an eine Bedingung zu relativieren, ist man Stellung. Ebenso: Jescheck/Weigend AT §64 III2c); Dreher (1972), 250, 256; Küper JZ 1981, 251, 256. 313 LK-Roxin § 27, Rdnr. 2, 4; Schmidhäuser Stuß 10/146; Rogat (1997), 46, 54; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 512. 314 So wohl schon Zimmer/ (1930), 989ff.; Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 180; Vogler, FS Heinitz (1972), 295, 309; Hardwig (1957), 146f.; Salamon (1968), 148f.

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enthoben, wenn man mit der hier vertretenen Formel von Kausalität auf die Bedeutung der Bedingung im Rahmen einer genetischen Kausalerklärung abstellt. Auch der Wert einer näheren Beschreibung der Kausalität als "Ermöglichung" ist nicht ersichtlich, da insoweit der Begriff Kausalität aussagekräftig genug ist. Im Fallbeispiel3.1 hat A, indem er seinem Bekannten B den Schlüssel des Tresors zur Schädigung seines Vaters übergab, den Erfolgseintritt beschleunigt. In der wahren Beschreibung des Kausalverlaufs übergibt A dem B den Schlüssel, dieser öffnet mittels des Schlüssels den Tresor und nimmt den Inhalt weg. Das Öffnen des Tresors ist tatbestandsmäßig, vgl. § 243 Abs. 1 Nr. 2. Das Öffnen ist im Rahmen der wahren Kausalhypothese nicht ohne Vorhandensein des Schlüssels erklärbar. Den Besitz am Schlüssel hat B durch A erlangt. Die Frage, ob und wie B den Tresor geöffnet hätte, falls er nicht den Schlüssel bekommen hätte, ist hypothetisch und braucht nicht beantwortet zu werden. A ist also kausal für den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges. Wer den Erfolgseintritt beschleunigt, ist ein Bestandteil der wahren Kausalhypothese und damit kausal. Im Fallbeispiel3.2 ist A, derB hilft, die lange Leiter zu tragen, deshalb kausal, weil die Existenz der Leiter und ihre Verfügbarkeil am Tatort notwendige Bestandteile der kausalen Erfolgserklärung sind, und sich das Vorhandensein der Leiter aus dem wahren Ablauf der Dinge so erklärt, daß A und B diese gemeinsam zum Tatort getragen haben. Genauso wie schon im Fallbeispielt ist es unerheblich, was gewesen wäre, wenn A nicht geholfen hätte, denn tatsächlich hat A ja getragen/mitgetragen. Zwar hat A hier dem B die Tat erleichtert, es bedarf aber keines zusätzlichen Merkmals neben der Kausalität, um dem Rechnung zu tragen. Auch im Hinblick auf die vorgebliche Kausalitätsmodifikation des lntensivierens gilt das im Ergebnis zum Ermöglichen gesagte: Nach den oben beschriebenen Grundsätzen zur Quantifizierbarkeit des Erfolges ist regelmäßig auch das Maß der Rechtsgutsbeeinträchtigung tatbestandlieh relevant, weshalb also auch die Intensivierung eines Erfolges Kausalität bedingt, im Rahmen der Beihilfe aufgrund deren Akzessorietät für den gesamten Unrechtserfolg. Im Fallbeispiel2, in dem A den Inhalt des Sandsacks mit Bleikugeln vertauschte, hat er das tatbestandsrelevante Maß der Schmerzen deutlich erhöht. Um den Schaden in seiner vollen Höhe zu erklären, bedarf es des A, der deshalb kausal ist. Auch hier ist also die Intensivierung bereits durch die Kausalität erfaßt und die zusätzliche Forderung nach einer Kausalitätsmodifikation in Gestalt der Intensivierung ist somit redundant. Bei einer methodisch korrekten Bestimmung von Kausalität und Erfolg bedarf es also der Merkmale der sogenannten Kausalitätsmodifikationen, sieht man sie nun kausalitätsergänzend oder alternativ zur Kausalität, nicht. Die bloße Kausalität reicht insoweit ohne weitere Ergänzungen aus, um zu genau denselben Ergebnissen zu kommen. Die Kausalitätsmodifikationen sind auch nicht dort von Wert, wo jemand kausal für den Erfolg ist, man ihm aber zugute halten möchte, daß er den Schaden, der hy-

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pothetisch ohne seinen Beitrag entstanden wäre, gemindert hat. Wer kausal für den Taterfolg ist, hat zu diesem auch Hilfe geleistet, lediglich den Eintritt eines im Tatplan des Täters angelegten Schadens und damit den Eintritt einer Ersatzursache hat er gehindert. Eine Rechtsgutsverletzung nicht zu bestrafen, weil Umstände vorlagen, die von der Regel der Sanktionierung eine Ausnahme gebieten, ist aber nicht Gegenstand des objektiven Tatbestandes, sondern der Rechtswidrigkeit und der Schuld. Es ist kein Vorzug dafür erkennbar, die hierzu vorzunehmende Wertung der gegeneinanderstehenden Interessen in den Tatbestand zu verlagern.

b) Erfolgskausalität durch Anwesenheit? Die "Kausalitätsmodifikation" des "Sicherns", Fallbeispiele 4 Von den vorgeschlagenen "Modifizierungen" der Kausalität verbleibt also nur noch das Merkmals des ,,Sicherns". Ein Beispiel für einen Beitrag, der die Tat sichert, ist das Fallbeispiel4.1, in demBeinbricht und A "Schmiere steht". In diesem Fall wird die Beihilfe in der Literatur ohne weiteres bejaht, weil "auch der schmierestehende [A] zu dem konkreten, von zwei Beteiligten durchgeführten Diebstahl einen kausalen Beitrag geleistet hat" 315 oder weil der präsumptive Gehilfe "keine entscheidende, sondern nur eine befördernde Wirkung setze", gleichwohl aber für die Entwendung des gestohlenen Gutes kausal werde 316• Es sei nämlich so, daß ein Diebstahl durch zwei Personen (den Wegnehmenden und den Wachestehenden), der etwas anderes als eine allein ausgeführte Tat sei, selbstverständlich durch jeden der beiden Beteiligten mitverursacht werde 317• Nun ist es zweifelsohne so, daß der präsumptive Gehilfe durch seine physische Anwesenheit in zeitlichem und örtlichen Zusammenhang mit der Tatausführung durch den Haupttäter völlig ungeachtet der Frage, ob der Täter hiervon weiß oder nicht, einen physischen Beitrag im Sinne einer objektiven Zustandsveränderung geleistet hat. Ob es sich aber deshalb um einen Diebstahl "durch zwei Personen" handelt, ob also der Beitrag des Schmierestehers jene Grenze überschreitet, jenseits derer man ihn als strafrechtlich relevant bezeichnen kann, ist genau die zu beantwortende Frage. Die Kausalität kann nicht dadurch begründet werden, daß man die Anwesenden zu Beteiligten zusammenfaßt und dann die Kausalität aus dieser formalen m LK-Roxin §27, Rdnr.8; Kühl, ATRdnr.218;Roxin, FS Miyazawa(1995), 501, 511; Otto JuS 1982, 557,564 (Risikoerhöhung + Risikorealisierung); Charalambakis, FS Roxin (2001), 625, 632f. An anderer Stelle nimmtRoxin Täterschaft des Wachestehers an, vgl. JA 1979,519, 523; ders. (2000), 282 ff. Hierzu tendiert soweit ersichtlich auch die Rechtsprechung, so im Fall desjenigen, der aufpaßte, während sein Komplize PKW mit einem Butterfly-Messer öffnete, vgl. OLG Hamm 2 Ss 638/00. 316 V. Hippe/ Strafrecht II, 139; vgl. auch RGSt 26, 351 , 353, nach dem der Aufpasser durch die bloße Gegenwart "physisch mitwirksam" sei; RGSt 2, 160, 162, nach dem der Aufpasser als Mittäter zu bestrafen ist. 317 Kühl, AT Rdnr. 218, der sich hier (Fn. 350) die Argumentation von LK-Roxin § 27, Rdnr. 8, zu eigen macht.

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Stellung "als selbstverständlich" bejaht. Vielmehr setzt die Zusammenfassung als Beteiligte die Feststellung des Vorliegens eines Zurechnungskriteriums, z. B. von Kausalität, voraus. Um zu wissen, wen man zum Mitbeteiligten macht, muß man sich über die Kausalitätsfrage bereits klar geworden sein. Wie mit dem "ganz konkreten Erfolg" durch Aufnahme des zu Erklärenden in die Erfolgsbeschreibung Kausalität festgestellt, oder auch Ersatzursachen ausgeschlossen werden können, so wird auch hier am Bezugspunkt der Kausalität ergebnisorientiert manipuliert. Betrachtet man den einschlägigen Tatbestand, so stellt man fest, daß zur legitimen Erfolgsbeschreibung des Einbruchdiebstahls nicht die Tatsache eines Aufpassers auf der Straße gehört. Indem der Einbruchsdiebstahl beschrieben wird als ein "Diebstahl durch zwei Personen" wird ein Umstand, nämlich die Anwesenheit des A, vormethodisch in die Erfolgsbeschreibung aufgenommen, um dann bei der Kausalitätsfeststellung im Wege der Wegdenkmethode festzustellen, daß ohne diesen Umstand der Erfolg nicht mehr derselbe ist. Tatsächlich ist die Tatsache der Existenz eines Schmierestehers aber kein Umstand des Erfolges und dieser ist daher auch nicht kausal für die Haupttat Allein die Anwesenheit des A am Tatort führt nicht zu dessen Kausalität für den Erfolg der Haupttat Auch bei dem zweiten Argumentationsansatz handelt es sich um eine zirkuläre Argumentation. Denn auch ob es sich um eine "befördernde Wukung" handelt, wenn jemand "Schmiere" steht, ist gerade die Frage, die es zu beantworten gilt. Man kann dies nicht durch die Behauptung erreichen, der Schmieresteher habe, wenn schon keine entscheidende, so doch befördernde Wukung erzielt. Was sich hinter dem Begriff der "Förderlichkeit" verbirgt, ist völlig unklar. Auch dies ist wiederum ein Beispiel dafür, daß der Begriff des Fördems über mangelnde Methodik hinwegzutäuschen geeignet ist. Er ermöglicht keine eindeutige Bestimmung eines Beitrages als Hilfeleistung oder seine Ausscheidung aus dem Kreis der möglicherweise strafbaren Verhaltensweisen. Daß das Merkmal des "Förderns" gerade dort, wo es um nicht kausale Beiträge geht, kein zuverlässiges Zurechnungskriterium ist, belegt eine Entscheidung des BGH318, der, im Gegensatz zum Reichsgericht319, im Falle eines "Schmierestehers" die Begründung der Vorinstanz nicht gelten ließ, der Aufenthalt des Angeklagten in der Nähe mit der Absicht, gegebenenfalls dem Haupttäter beizustehen, reiche zur Annahme eines die Tat fördernden objektiven Gehilfenbeitrages aus. Andererseits verweist der BGH den Fall aber zurück, damit weitere Feststellungen über die örtlichen Gegebenheiten und die Vorstellungen des der Beihilfe Angeklagten getroffen werden sollten. Geht es aber darum, inwieweit der Beitrag die Haupttat tatsächlich physisch und nicht psychisch gefördert hat, was scharf zu trennen ist von der Frage, inwieweit er bei einem möglichen Eingreifen eines Dritten hätte förderlich sein können, so ist unklar, inwieweit Feststellungen über die Vorstellungen des Angeklagten oder die objektiven Möglichkeiten des Eingreifens hierzu etwas beitragen können. 318 319

BGHR StGB § 27 Abs. I Hilfeleisten Nr. 18 "Dabeisein". RGSt 2, 160, 162 (Mittäterschaft) und 26, 351, 353.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Damit beschränkt sich im Fallbeispiel 4.1 der Beitrag des A auf die Anwesenheit am Tatort in zeitlichem Zusammenhang mit der Tatausführung durch B. Zur Frage, wie die bloße Anwesenheit am Tatort zu behandeln ist, herrscht in der Rechtsprechung eine wohl an der Einzelfallgerechtigkeit orientierte dogmatische Orientierungslosigkeit. Während der BGH im Falle der bei der Einfuhr des Rauschgifts anwesenden und der Beihilfe zu § 29 Abs. 1 Nr. 1 beschuldigten Angeklagten feststellt, daß "die bloße Kenntnisnahme von der Tat eines anderen und gegebenenfalls deren Billigung ohne einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag" nicht ausreicht, um Beihilfe zu begründen 320, lehnt das Gericht an anderer Stelle zwar die Beihilfe aufgrund von bloßer Anwesenheit ab, meint aber, daß sich hieran etwas ändere, wenn dem Tater gegenüber durch die Anwesenheit die Billigung der Tat deutlich gemacht wird 321 • In einem vergleichbaren Fall, in dem der Beifahrer bei einem Rauschgifttransport ins Bundesgebiet der Beihilfe angeklagt war, findet sich die Feststellung: ,;zwar kann auch das bloße Dabeisein die Tat eines anderen im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern, doch bedarf es bei einer solchen Fallgestaltung sorgfaltiger und genauer Feststellungen dazu, daß und wodurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde." 322 • Da die Einfuhr von Betäubungsmitteln ein Erfolgsdelikt ist, das erst vollendet ist, wenn die Grenze zur Bundesrepublik passiert ist323, und die Anwesenheit des präsumptiven Gehilfen mit diesem Erfolg des Delikts in keinem kausalen Zusammenhang steht, läßt sich die Gehilfeneigenschaft jedenfalls nicht auf Basis einer rein erfolgskausalen Sicht begründen. Was aber über die bloße Anwesenheit in Kenntnis der Tatbegehung hinaus die "Förderung" ausmacht, läßt das Gericht offen. Während der BGH weiterhin die Anwesenheit am Tatort einer Vergewaltigung nicht zur Bejahung eines objektiven Beitrages ausreichen läßt32\ will er an anderer Stelle einen objektiven Beitrag darin sehen, daß der der Beihilfe zur Vergewaltigung Angeklagte am Tatort anwesend war und dann diesen während der Vergewaltigung verließ. Die Strafbarkeit soll nur daran scheitern, daß dem Angeklagten nicht bewußt gewesen sei, hierdurch die Tat des Haupttäters zu unterstützen325 • Wie soll aber, wenn die Anwesenheit keine Hilfe ist, das Weggehen eine solche sein? Damit bleibt nur die Feststellung, daß die Annahme einer erfolgskausalen Beihilfe im Fallbeispiel4.1 an der Forderung nach Kausalität (vorläufig) scheitert 326• BGHR StGB §27 Abs.l Hilfeleisten Nr.l3 "Dabeisein", S. l. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten Nr. 14 "Dabeisein", S. 2, wobei es dann aber darauf ankomme, daß der Haupttäter dadurch in seinem Talentschluß bestärkt werde. 322 BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten Nr. 15 "Anwesenheit bei Rauschgifttransport", S. 1; ebenso BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten Nr. 17 "Anwesenheit", S. 1 f. und BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten Nr. 18 "Dabeisein", S. 2; BGH StV 1982, 516, 517; neuerdings BGH NStZ 1999, 451. 323 BGHSt 31 , 252, 254; 34, 180, 182; Franke!Wienroeder § 29, Rdnr. 7; Körner § 29, Rdnr. 514; Weber§ 29, Rdnr. 286. 324 BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten Nr. 13 "Dabeisein". 325 BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz Nr. 2 "Bewußtsein der Förderung". 320

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Mit der Feststellung, daß derjenige, der vor dem Haus, in dem die Tat verübt wird, Wache steht, nicht kausal ist, ist aber die Bedeutung der Fallgruppe des "Sichems" nicht erschöpft. Obwohl das "Sichern der Tat" gemeinhin als strafwürdig angesehen wird, fehlt es an einer hinreichenden Explikation zum Inhalt dieser Fallgruppe, weshalb es nicht verwundem kann, daß eine präzise Problemstellung Fragen aufwirft. Verbreitet wird, begrifflich pauschal, das "Schmierestehen" als Anwendungsfall des Sicheros und damit der Beihilfe bezeichnet327• Etwas differenzierter ist schon die Tätigkeitsbezeichnung der "Übernahme von Abwehr- und Warnfunktionen" 328 oder der "Anwesenheit zur Ermöglichung der Fluchthilfe" 329• Eine Tätigkeit, die die Tat absichert, kann aber auch so aussehen wie im Fallbeispie/4.2, in dem A sich bereit erklärt, im Hinblick auf den von Bund C geplanten Einbruch die Alarmanlage im Hause des D außer Betrieb zu setzen. B und C hätten den Einbruch notfalls auch ohne das Zutun des A unternommen; was B und C aber nicht wissen, ist, daß von der Alarmanlage im Fall der Alarmierung automatisch schließende Gitter ausgelöst werden und die nächste Polizeidienststelle alarmiert wird. Schließlich übernimmt auch A im Fallbeispie/4.3 eine absiehemde Funktion, indem er seinen Freund B bei dessen Taschendiebstählen begleitet und, nach der Entdeckung der Tat durch D, dem B zur unerkannten Flucht verhilft. Im Gegensatz zum Grundfall des Fallbeispiels 4.1 hat A im Fallbeispiel 4.2 durch sein Tatigwerden den Eintritt einer die Vollendung der Tat hindemden Bedingung abgewendet. Ob ein Umstand, der den Nichteintritt einer bereitstehenden, die Rechtsgutsverletzung hindemden (im folgenden: rettenden) Bedingung, verursacht, seinerseits für den Eintritt der Rechtsgutsverletzung kausal ist, ist umstritten, freilich nicht in dem Maße, wie dies behauptet wird 330• Auch Armin Kaufmann, dem nachgesagt wird, die Kausalität in diesem Fall abzulehnen, vertritt: "daß eine bestimmte Nichtveränderung eines Zustandes sehr wohl Bedingung (Ursache) des Eintritts oder Nichteintritts einer Folge zu sein vermag. Und da der Mensch durch sein Handeln kausal für eine Nichtveränderung werden kann - etwa indem er eine rettende Kausalreihe inhibiert -, so kann menschliches Handeln 326 Bocke/mann, DR 1941, 987, 989; ders. AT (2. Autl., 1975), 186; Spende/, FS Dreher (1977), 167, !79 (der vom ,.Schüren eines Feuers" spricht, welches zu einem ,.intensiveren Brand" führt und dann auf den Grundsatz von Bocke/mann rekurriert: ,.causa causae est causa causati") wollen psychische Kausalität annehmen. 327 LK-Roxin § 27, Rdnr. 8; ders. , FS Miyazawa (1995), 501, 511; Blei AT§ 80 I; Mürbe AT, 57; Geppert, Jura 1999,266, 268; Murmann, JuS 1999,548, 551; Gores (1982), 61. 328 Kühl AT § 20, Rdnr. 224; Schmidhäuser Stuß 10/1443. 329 BGHR § 27 Hilfeleisten Nr. 18, Dabeisein; Nach den Feststellungen des Gerichts wollten die Angeklagten einen Raubüberfall begehen. Vor Ort angekommen verblieb einer der Angeklagten im Auto, um notfalls, wenn etwas schief gehen sollte, das Fahrzeug schnell wegfahren zu können. 33 Kausalität bejahen: Traeger (1914), 15; Engisch (1931), 27; Welzel AT §9 Ilc); Jakobs AT 11/33; Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 33; Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 895ff.

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auch ursächlich werden für die Folgen einer bestimmten Nichtveränderung" 331 • Lediglich Schmidhäuser332 und Maiwald333 vertreten das Gegenteil. Maiwald bezeichnet es also logisch widerspruchsfrei zu behaupten, daß für das Zustandekommen jedes Ereignisses unabdingbare Voraussetzung sei, daß nicht Faktoren wirksam werden, die das Ereignis verhindern 334• Er stellt sich aber gleichwohl auf den Standpunkt, die Hinderung eines rettenden Kausalverlaufs verursache- genau wie ein Unterlassen- nichts. Die Begründungslosigkeit der Ablehnung bei Schmidhäuser und bei Maiwald deutet allerdings darauf hin, daß der Ansicht ein Mißverständnis335 über die Kausalität zugrundeliegt Bei der Verteidigung, daß das, was nicht ist, auch nicht Ursache sein kann, scheint ganz intuitiv die Vorstellung mitzuschwingen, daß Bedingungen einen Erfolg durch eine geheimnisvolle Kraft oder kraftvolle Impulse in die Realität zwingen336• Dann käme die Hinderung eines den Erfolgseintritt ansonsten hindernden Umstandes nicht als Bedingung für diesen Erfolg in Betracht. Wenn man eine Bedingung dann als kausal bezeichnet, wenn sie notwendiger Bestandteil einer hinreichenden Mindestbedingung ist, dann fällt unter diese Bestimmung eine Bedingung auch dann, wenn sie den Nichteintritt eines Umstandes bezeichnet. Schießt B auf C, dann ist Bedingung für den Eintritt einer Folge bei C auch, daß sich zwischen B und C keine Wand befindet. Das Nichtvorhandensein der Wand ist also gleichberechtigt notwendiger Bestandteil in der hinreichenden Mindestbedingung337. Denn streicht man die Negation aus der kausalen Erklärung, so wird diese unschlüssig. Freilich beinhaltet jede kausale Erklärung damit eine unendliche Anzahl von Negationen, die alle gleichberechtigte Bedingungen für den Erfolgseintritt sind. Diese Negationen können weder, noch müssen sie in der Erfolgserklärung angegeben werden. Das Problem der unendlich großen Auswahl unter möglichen Bedingungen ist kein spezifisches der negativen Tatsachen. In jede kausale Erklärung kann man unendlich viele Bedingungen aufnehmen, die in der Gesamtbedingung notwendig sind. Das Problem liegt vielmehr in der Auswahl unter all diesen Bedingungen. Diese richtet sich nach den Bedürfnissen des Beurteilenden, nach seinen aktuellen Interessen. So sind die Eltern eines jeden Zurechnungssubjekts notwendige Bestandteile einer denkbaren hinreichenden Gesamtbedingung. Man nimmt diese nicht in die Erklärung auf, weil ihnen im Hinblick auf die kausale Verursachung des Erfolgs kein Vorwurf gemacht werden kann. 'JYpischerArmin Kaufmann (1959), 202. Schmidhäuser StuB sn4; ders. Lb. 8n6. 333 Maiwald (1980), 79. 334 Maiwald (1980), 78 f. 335 Jakobs AT7/22. 336 Vgl. Puppe ZStW 92 (1980), 863, 896;Jakobs AT7/22, derden Abbruch eines rettenden Verlaufs zwar als kausal bezeichnet, AT 7/22, es jedoch ablehnt, das Fehlen eines rettenden Verlaufs als Bedingung anzuerkennen, AT7/25. Denn das Fehlen eines Umstands sei kein Ereignis, sondern das Ausbleiben eines Ereignisses. 337 Anders: Jakobs AT7/25. 331 332

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weise richtet sich das Interesse des Strafrechtlers auf Zurechnungssubjekte, also Menschen, deren Handeln in nahem Zusammenhang zum Erfolg stehen, und deren Handeln möglicherweise Anknüpfungspunkt für einen strafrechtlichen Vorwurf sein kann 338•

Die Hinderung des Eintritts einer den Erfolg verhindernden wahren Bedingung ist kausal für den Erfolgseintritt. Voraussetzung dafür, daß Verhinderung des Eintritts einer rettenden Bedingung im Einzelfalls kausal für den Erfolg ist, ist allerdings zweierlei: Zum einen, daß bei Ausbleiben der Verhinderung der verhindernde Umstand auch wirklich eingetreten wäre. Zum anderen, daß die Negation der Negation, also der gedachte Eintritt der Tatsache, hinreichende Bedingung für den Nichteintritt des Erfolges ist, namentlich also die Verhinderung in Wirklichkeit nicht der untaugliche Versuch der Verhinderung war. Denn nur dann hat die Verhinderung den notwendigen Bezug zum Erfolg. Nur dann also, wenn der rettende Umstand, dessen Eintritt durch einen Dritten verhindert wird, die Rettung auch erreicht hätte, ist das Handeln des Dritten kausal für den Erfolgseintritt Beide Voraussetzungen sind beispielsweise eindeutig zu beantworten, wenn jemand einen Eisenbahnwaggon anhält, der ansonsten zwischen einem Politiker, der Ziel eines Sprengstoffanschlags sein soll, und der deponierten Bombe zum Stehen gekommen wäre. Stirbt nun der Politiker durch die Wucht der Explosion und durch Splitter, so ist derjenige, der den Waggon angehalten hat, kausal für den Erfolg, wenn zweierlei feststellbar ist: Erstens wäre der Waggon ohne Eingreifen weitergefahren und im Moment der Explosion zwischen Explosionsherd und Politiker gewesen, zweitens wäre dieser infolge der ihn schützenden Masse des Waggons dann nicht getötet worden. Auch im Fallbeispiel4.2 ist die Frage der Kausalität eindeutig zu beantworten. Hätte A die Alarmanlage nicht außer Kraft gesetzt, dann wäre diese durch B und C bei der von ihnen gewählten Tatmodalität ausgelöst worden, was sich objektiv klären läßt. In diesem Fall wären Bund C im Hause eingesperrt gewesen und die Polizei wäre alarmiert worden. Damit wäre es B und C unmöglich gewesen, die Tat zu vollenden. Diesen Fortgang der Tat hat A abgewehrt, indem durch das Außerkraftsetzen der Alarmanlage die dies auslösende Bedingung hinderte. A hat damit eine real und physisch wirkende rettende Bedingung beseitigt und ist somit kausal für den Erfolg der Tat geworden. Insoweit kann eine Sicherungshandlung also erfolgskausale Beihilfe sein. Im Fallbeispiel4.3 dagegen kannAnicht mehr für die Vollendung der Tat kausal sein, denn diese war zum Zeitpunkt seines Tätigwerdens bereits eingetreten. Auch für die sogenannte Beendigung der Tat kann A nicht mehr kausal geworden sein, denn auch diese war, nachdem B das gestohlene Geld zwischen seine eigenen Scheine gesteckt hatte, bereits eingetreten, so daß die Frage, wie es sich mit der erfolgskausalen Beihilfe im Stadium zwischen der Vollendung und der Beendigung ver338

Vgl. dazu Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 899.

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hält, hier nicht beantwortet zu werden braucht. Das Fallbeispiel zeigt also deutlich, daß man genau unterscheiden muß, welche Handlung man mit dem Begriff des "Sichems" anspricht: Bis zu seinem Tätigwerden entspricht das Verhalten des A demjenigen des Wachestehers im Fallbeispiel 4.1. Mit seinem Tätigwerden verwirklicht A aber die Tatbestände der Strafvereitelung und der Begünstigung. Für den Grundfall des "Schmierestehers", während dessen Tätigkeit eine Störung nicht eintritt, Fallbeispiel 4.1, resultiert aber auch unter Berücksichtigung der möglichen Kausalität durch Verhinderung des Eintritts einer rettenden Bedingung kein anderes Ergebnis. Denn A ist nicht tätig geworden, sondern hat nur zur Verhinderung des Eintritts einer rettenden Bedingung bereitgestanden. Insoweit hat er versucht, kausal tätig zu werden. Strukturell handelt es sich damit- beschränkt auf die kausale Beihilfe - um eine versuchte und damit straflose Beihilfe oder eben eine Vorbereitung. Ob man für den Schmieresteher im Fallbeispiel 4.1 wenigstens Beihilfe zum Versuch annehmen kann 339 und wie das Beispiel abschließend zu lösen ist, dazu 5. Teil V2.b)bb) und VI4. Die Kausalitätsmodifikation des Sicheros umfaßt also zwar Fälle, in denen das Verhalten des präsumptiven Gehilfen nicht erfolgskausal ist, gleichwohl aber strafwürdig erscheint. Sie umfaßt andererseits aber auch Fälle, in denen das Verhalten erfolgskausal und damit Beihilfe ist und schließlich Fälle, in denen das Verhalten nicht Beihilfe, sondern Strafvereitelung und oder Begünstigung ist. Das Merkmal des Sicheros ist so offen formuliert, daß eine klare Begrenzung seiner Bedeutung nicht zu leisten ist. Das Sichern ist damit einerseits zwar nicht redundant im Hinblick auf die Zurechnungsvoraussetzung der Erfolgskausalität340 , andererseits aber auch nicht geeignet, als abstraktes Kriterium zu dienen. Zusätzlich zur Kausalität, also im Sinne einer kausalen Sicherung der Tat 341 , macht das Merkmal schließlich auch keinen Sinn, wenn man die Kausalität bereits zur Begründung der Zurechnung ausreichen läßt. Überdies würde hiermit die Problematik der als strafwürdig empfundenen aber nicht kausalen Verhaltensweise im Fallbeispiel4.1 auch nicht erfaßt. c) Die Kausalitätsmodifikation der (kausalitätsergänzenden) Risikoerhöhung Daß die Kausalität der Gehilfenhandlung für den tatbestandliehen Erfolg für die Annahme des objektiven Tatbestandes der Beihilfe hinreichend ist, wird unter Hinweis auf das ergänzend heranzuziehende Kriterium der Risikoerhöhung bestritten342 • 339 Vgl. Baunack (1999), 42. Jedenfalls die Unterscheidung in Kausalität für die Handlung und Kausalität für den Erfolg, die Baunack, 40ff., hier vornehmen will, greift wegen der Transitivität der Kausalität nicht. 340 V gl. auch Ranft ZStW 97 (1985), 268, 287: Sichern ist das materiell schwächsten Merkmal. 34 1 Vgl. LK-Roxin § 27, Rdnr. 8; ders., FS Miyazawa (1995), 501,511. 342 Vgl. nur LK-Roxin §27, Rdnr. 2, 4; SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr.57; ders., StV 1982,518, 519; Schmidhäuser StuB 10/146; Rogat (1997), 46, 54; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501,512.

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Die Risikoerhöhung wird als zusätzliches Kriterium typischerweise dann herangezogen, wenn das Ergebnis aufgrund der- falschen - Anwendung der Zurechnung nach Kausalgesetzen nicht zu befriedigen vermag. Beihilfe soll dann vorliegen, wenn die Handlung des Gehilfen im Hinblick auf das Rechtsgut der Haupttat eine Gefahr setzt und sich diese in der Haupttat realisiert hat. Mit dieser Argumentation tendiert Roxin im Fallbeispiel 4.1 zur Bejahung der Beihilfe 343 • Es wird unterschieden zwischen einer Risikoerhöhung aus Sichtex post und einer solche ex ante 344• Die Risikobeurteilung "ex post" hat dort, wo ein Erfolg kausal durch eine Bedingung verursacht wurde, keine Bedeutung. Denn ein Umstand, der für einen genau definierten tatbestandliehen Erfolg kausal ist, hat das Risiko von dessen Eintritt auf genau 100% erhöht. Demgegenüber gewinnt die Beurteilung ex post vor einem anderen Hintergrund eine Bedeutung, nämlich dort, wo Kausalität nicht nachzuweisen ist und ausschließlich nach Gesichtspunkten der Risikoerhöhung zugerechnet werden soll, dazu später 5. Teil IV und V. Wenn nun aber alle kausalen Umstände ein Risiko in Höhe von 100 % dafür gesetzt haben, daß der Erfolg eintritt, dann macht es keinen Sinn, unter den kausalen Umständen die Risikoerhöhung als (zusätzliches) Kriterium anzulegen. Auch die Terminologie, daß das vom Täter geschaffene Risiko sich im Erfolg realisiert haben muß 345, führt nicht weiter. MurnuJnn beispielsweise führt als Grundfall der Risikorealisierung an, daß sich das Risiko durch eine Modifikation im Erscheinungsbild der Tat niederschlägt 346• Wenn es sich aber um eine rechtsgutsrelevante Modifikation handelt, dann ist der diese begründende Umstand kausal. Ist die Modifikation dagegen rechtsgutsneutral, dann steht sie auch in keiner Risikoverbindung zum Rechtsgut. Ranft341 teilt zur Frage, was unter der "Risikoverwirklichung" zu verstehen ist, ein Beispiel mit: Gegeben sei der Fall, daß A, weil er von dem geplanten Einbruch des B in das Büro seines Chefs gehört hat, tagsüber heimlich eine Haftladung an den Tresor, dem Ziel des Einbruchs, anbringt, um dem B das Aufbrechen zu erleichtern. A teilt dies B auch mit, B entfernt jedoch die Ladung des Nachts und bricht den Tresor mit seinen Mitteln auf. Nach Rarift ist nun die Gehilfeneigenschaft des A mit der Begründung abzulehnen, zwar sei das Anbringen einer Haftladung generell gefahrlieh und erfolgsgeeignet, jedoch entspreche das Risiko, das sich LK-Roxin §27, Rdnr.8; ders. , FS Miyazawa (1995), 501 ,511. Einerseits SK-Rudolphi, Vor § I, Rn. 69; Burgstaller, ( 1974), 140ff.; Stratenwerth, FS Gallas (1973), 227, 229f.; Schünemann, JA 1973, 649; Küper, FS Lackner (1987), 248, 284ff.; andererseits Ranft ZStW 97 (1985), 268, 294. 345 So die allgerneine Diktion zur Risikoerhöhung, vgl. statt vieler nur Lackner/Küh/ Vor § 13, Rdnr. 15; Sch./Sch.-Lenckner, Vor§ 13, Rn. 93; SK-Rudolphi Vor§ I, Rdnr. 63; Roxin AT/I § 11, Rdnr. 63; Wessels/Beulke Rn.l80; Ranft, ZStW 97 (1985), 268, 289: "das zwn Erfolg führende Risiko". Dem entspricht auch, daß Ranft, ZStW 97 ( 1985), 268, 288 die Risikoschaffung, die zum Erfolg führt, gleichsetzt mit den Kriterien ,,Ermöglichen, Erleichtern und Intensivieren". Es werde aber bereits festgestellt, daß diese Merkmale in Wahrheit Kausalität beschreiben. 346 Murmann, JuS 1999, 548,551. 347 Nach Ranft, ZStW 97 (1985), 268,287. 343

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

im Erfolg verwirklicht habe ("Aufbrechen des Tresors") schon der Art nach nicht demjenigen Risiko, das der "Beteiligte in spe" begründet habe ("Aufsprengen des Tresors mittels der Haftladung"). Da sich somit der Gehilfenbeitrag nicht im Erfolg fortgesetzt, also realisiert habe, liege nur Versuch der Beihilfe vor 348 • Aufgrund der Tatsache, daß Ranft die Kausalität durch das Abstellen auf den ganz konkreten Erfolg bejaht, ergibt sich für ihn scheinbar die Notwendigkeit, die Relevanz der Gefahrbeurteilung ex ante, also ohne Beachtung des weiteren Verlaufs, zu verteidigen, um die Zurechnung dann am Kriterium der Risikorealisierung scheitern lassen zu können. Des Gefahrurteils bedarf Ranft jedoch nur, um eine durch eine falsche Methode verzerrte Kausalitätsbeurteilung zu korrigieren, denn bestimmt man die Kausalität richtig, vgl. dazu oben I 2. b ), dann ist der Beitrag des Bankangestellten bereits nicht kausal. Eine Erfolgsrealisierung wäre weiterhin wohl nur dann von Ranft bejaht worden, wenn der Täter auch tatsächlich den Tresor mittels der Haftladung aufgesprengt hätte. Dann wäre aber die Explosion, die die Tür zerstörte und dem Dieb die Wegnahme ermöglichte, notwendiger Bestandteil einer hinreichenden Mindestbedingung zur Erfolgserklärung der Wegnahme, mithin also kausal. Eine Risikorealisierung wird also dort angenommen, wo eine Kausalität des das Gefahrurteil begründenden Umstandes für den Erfolg gegeben ist, und dort abgelehnt, wo dies nicht der Fall ist. Das Merkmal der Realisierung der Gefahr bezeichnet damit nichts anderes als die Existenz einer Kausalbeziehung, nämlich derjenigen zwischen dem gesetzten Risiko und dem tatbestandliehen Erfolg. Daß die Risikorealisierung nichts anderes als eine Kausalitätsfeststellung ist, ist aus der Geschichte des Gedankens der Risikoerhöhung im Strafrecht zu erklären, wobei in diesem Rahmen eine stark verkürzte Darstellung genügen muß. In der ursprünglichen Fassung sollte die von Roxin begründete Diktion von Risikoschaffung und -realisierung ein zusätzlich zur Kausalität zu prüfendes Kriterium des fahrlässigen Verletzungsdelikts sein. Diesem Kriterium entsprechen inhaltlich vollständig die Erfordernisse der "Sorgfaltspflichtsverletzung" und der "Kausalität der Sorgfaltspflichtsverletzung". Heute scheint sich immer mehr durchzusetzen, daß die Verletzung der objektiven Sorgfalt auch bei Vorsatztaten genauso wie bei Fahrlässigkeitstaten erforderlich ist349 und dasjenige, was kausal für den Erfolg sein muß, diese Sorgfaltspflichtsverletzung ist. Dies hat zur Konsequenz, daß in Wahrheit das Fahrlässigkeitsdelikt das in den Anforderungen allgemeinere Delikt gegenüber dem Vorsatzdelikt ist. In der bisherigen Dogmatik zum Vorsatzdelikt besteht lediglich das Defizit, daß an die Handlung nicht explizit die Anforderung der Pflichtwidrigkeit gestellt wird, wohl weil die vom Täter vorsätzlich zur Erfolgsherbeiführung gewählte Handlung typischerweise pflichtwidrig ist. Die bloß vorsätzliche VerursaRanft, ZStW 97 (1985), 268, 294. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.143; Jakobs AT7/103; Bloy (1988), 257f.; Herzberg (1972), 243ff.; Jakobs (1972), 67f.; Maihofer, FS Rittler (1957), 141, 157; KraußZStW 76 (1964), 19, 4 7; vgl. auch Otto AT § 19, Rdnr. 2f., der im Grundsatz der Vermeidbarkeilstheorie folgt. 348 349

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chung eines Erfolges begründet aber noch kein Verletzungsunrecht 350• Das Merkmal der Kausalität einer Handlung für den Erfolg ist insoweit aussageschwach und die die Strafbarkeit begründenden Umstände ergeben sich erst daraus, daß im Wege der "objektiven Zurechnung" festgestellt wird, daß es gerade die riskanten Bestandteile der Handlung sind, die kausal wurden für den sanktionierten Erfolg. Um Assoziationen zum Fahrlässigkeitsdelikt zu vermeiden, verwendet man die Begriffe des unerlaubten Risikos statt der Sorgfaltspflichtsverletzung und der Risikorealisierung statt der Kausalität der Sorgfaltspflichtsverletzung351 • Streng genommen ist damit das Merkmal der unerlaubten Risikoschaffung kein Merkmal der Zurechnung, sondern ein solches der Bestimmung des unerlaubten Verhaltens 352• Aus dieser Erkenntnis folgt auch die eigentliche Bedeutung, die dem Merkmal der Risikoerhöhung beim Vorsatzdelikt analog zur Sorgfaltspflichtswidrigkeit der Handlung bei Fahrlässigkeitsdelikten353 zukommt: daß nämlich die Handlung ein unerlaubtes Risiko schaffen muß, das sich im Erfolg realisiert354• Da sich die Anforderungen an Fahrlässigkeits- und Vorsatzdelikt nur terminologisch, nicht jedoch funktional unterscheiden 355, läßt sich sagen, daß die Eigenschaft einer Handlung als unerlaubt oder auch pflichtwidrig im täterschaftliehen Bereich anerkannte Voraussetzung für die Erfolgszurechnung ist. Im Bereich der kausalen Zurechnung beim Vorsatzdelikt wird also der Begriff des Risikos mißverständlich verwandt: Es geht hier nicht um ein Risiko für das Rechtsgut aus Sicht ex ante, sondern vielmehr um die Frage, ob die, aufgrund der Kausalität zweifellos als Risikosetzung zu bezeichnende Handlung, auch pflichtwidrig oder auch unerlaubt ist. Beispielhaft beinhaltet es auch ein Risiko, den Erbonkel in der Hoffnung zu einer Flugreise zu überreden, dieser werde abstürzen. Aber dieses Risiko ist nach allgemeiner Ansicht ein erlaubtes. Jede Handlung, die für einen Unrechtserfolg kausal ist, beinhaltet auch das Risiko, daß dieser Erfolg eintreten kann. Aber nicht jedes Risiko ist auch unerlaubt oder eben eine SorgfaltspflichtsverletNK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.142. Vgl. auch LK-Jescheck Vor § 13, Rdnr. 64; NK-Puppe Vor § 13, Rdnr. 143; Sch./Sch.Lenckner Vor§ 13, Rdnr.93; SK-Rudolphi Vor§ 1 Rn.62; Jakobs AT7/99; Jescheck/Weigend AT § 28 IV; Roxin AT/1 11/49; Wessels/Beulke Rdnr. 180. m NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.143; Frisch (1988), 33ff. 353 Lackner/Küh/ § 15, Rdnr. 36; Sch./Sch.-Cramer!Sternberg-Lieben § 15, Rdnr. I2I, I80; SK-Samson Anh zu§ I6, Rdnr.6f., IOff.; Jescheck/Weigend AT §54 14 §55 I I; Kühl AT§ I7, Rdnr. I4ff.; Wessels/Beulke Rdnr. 664. A. A.: Schroeder, JZ I989, 776; Schmidhäuser, JuS I987, 373, 377; gegen die Terminologie und für die "Setzung einer nicht erlaubten Gefahr": Jakobs AT 9/6; Roxin AT/I § 24, Rdnr. 12. 354 LK-Jescheck Vor§ 13, Rn.64; Sch./Sch.-Lenckner Vor§ I3, Rn. 93; SK-Rudo/phi Vor§ I Rn. 62; Jakobs AT7/99; Jescheck/Weigend AT§ 28 IV; Schmidhäuser Lb. 9/31; ders. StuB, 6/109; Stratenwerth, AT350; Roxin AT/I § 11, Rdnr.49; Wessels/Beulke Rn.I80; Blei AT§ 82 II 1; Otto, NJW 1980, 420; vgl. aber auch LK-Jescheck Vor§ 13, Rn.20; Jescheck/Weigend AT §54 12. 355 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 1443; Frisch (1988), 33ff. u. passim; anders aber Kindhäuser, GA I994, I97, 198 und passim. 35o

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

zung. Fälle, in denen eine Handlung kausal für einen tatbestandliehen Erfolg, jedoch nicht gefährlich im Sinne der Setzung eines Risikos für das Rechtsgut ist, sind jedenfalls auf Basis der hier zugrundegelegten Erfolgsbestimmung nicht denkbar, denn als Erfolg interessiert nur der rechtsgutsrelevante, namentlich der tatbestandsmäßige Erfolg. Für die Beihilfe gilt, daß jede für den Erfolg der Haupttat durch die hierdurch bestehende objektive Beziehung zum Unrechtserfolg kausale Handlung alle Elemente aufweist, die das Unrecht der Beihilfe ausmachen. Eine andere Frage ist nun aber, wann ein Risiko, das sich späterhin realisiert, dessen es tragende Handlung also kausal wird, gleichwohl erlaubt ist oder, um die Begriffsverwirrung des Risikos zu meiden, wann ein Kausalverlauf ein erlaubter ist. Bei dieser Frage geht es um die Ausscheidung erlaubter Risiken, oder besser erlaubter Kausalverläufe, aus der Anzahl derjenigen Handlungen, die kausal für den Unrechtserfolg sind, und deshalb das Risiko dessen Eintritts erhöht haben 356• Es werden z. B. der Wirt genannt, der die Verfolgung eines Straftäters durch seine Gäste verhindert, indem er sich ihnen entgegenstellt und zuvor die Begleichung der Zeche verlangt, oder auch der Inhaber eines Haushaltswarengeschäfts, der in Kenntnis der Tatsache ein Messer verkauft, daß der Käufer dieses sogleich auf der Straße zu einem Mord einzusetzen gedenkt. Neuerdings ist die Problematik durch eine Entscheidung des BGH offenkundig geworden, in der dieser in einem anonymisierten Geldtransfer durch einen Mitarbeiter einer Sparkasse eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung gesehen hat357• Gegenstand des beachtlichen Literaturechos ist die Problematik solcher zweifelsohne kausaler58 Handlungen, die jedoch als "Alltagshandlungen", "normale Geschäfte des täglichen Lebens" oder "berufstypische Verhaltensweisen" nicht strafwürdig erscheinen359• Die Bezeichnung als "neutrale Handlungen" ist streng genommen falsch, denn den Handlungen haftet zweifelsfrei ein Risiko an und sie sind kausal für den Erfolg, also jedenfalls nicht neutral. Es wird z. B. vorgeschlagen, sie mit dem tatbestandseinschränkenden Kriterium der Solidarisierung mit fremden Unrecht360 oder auch mit dem des deliktischen Sinnbezugs 361 aus dem Bereich der Strafbarkeit auszuschei356 V gl. zur Systematisierung als Einschränkung unter allen kausalen Beiträgen ausführlich auch Sch./Sch.-Cramer/Heine §27, Rdnr.lOa. 357 BGH JZ 2000, 1175 = wistra 2000, 340 = StV 2000, 492. 358 Schumann (1986}, 57. 359 Vgl. alleine zum o. a. Urteil des BGH: Beckemper, Jura 2001 , 163; Harzer/Vogt, StVFo 2000, 39; Jäger, wistra 2000, 344; Kudlich, JZ 2000, 1178; Lesch, JA 2001 , 187; Marx, DStR 2001, 96; Pelz, wistra 2001, 11; Samson/Schillhorn, wistra 2001, 1; und zu LG Wuppertal v.l9.05.1999, wistra 2000, 353 Marxen/Karitzky, EwiR 2000, 353. 360 Schumann (1986), 49ff., 57, 60. 361 Frisch (1988), 280ff., 295ff., 301 f., 320ff. Welche Voraussetzungen Frisch grundsätzlich an eine Beihilfestrafbarkeit anlegt, ist freilich nicht leicht zu erschließen. Während er einerseits die Kausalität voranstellt: "Bei der Beihilfe muß der im normativen Sinn je ausreichende Förderungseffekt ... kausal durch die als Beihilfehandlung anzusehende Aktion bedingt sein." (S. 521, Fn. 49), findet sich an anderer Stelle die folgende Aussage: "Notwendig ist demnach (im Bereich der aktiven Beihilfe) ein Verhalten, das über die Erleichterung der Tatbege-

I. Die Erfolgskausalität der Beihilfehandlung, Fallbeispiele 1-4

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den 362• Ob die Kriterien der Solidarisierung oder des deliktischen Sinnbezugs geeignet sind, eine scharfe Abgrenzung in Zweifelsfällen zu leisten 363, oder ob sich z. B. der Gedanke des § 193, der Wahrnehmung berechtigter Interessen, zur Grenzziehung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten eignet, mag dahinstehen. Mit dieser Frage, wann nämlich eine kausale Handlung eine trotz Tätervorsatzes erlaubte Handlung ist, etwa weil sie nicht pflichtwidrig ist, wobei allerdings der Begriffsinhalt der Pflichtwidrigkeit zu bestimmen wäre, kann sich diese Arbeit aus Raumgründen nicht beschäftigen; sie beschränkt sich insoweit auf die objektive Beziehung zwischen der Handlung des präsumptiven Gehilfen und dem Erfolg und läßt die denkbaren Fälle eines (ausnahmsweise) erlaubten Risikos außeracht Für die Belange der Beihilfe läßt sich im Hinblick auf die kausalitätsergänzende Risikoerhöhung daher festhalten, daß weder das Merkmal der Risikoerhöhung noch das der Risikorealisierung geeignet sind, zusätzlich zur Kausalität als ergänzende Zurechnungskriterien zu dienen. Jedoch mögen Risikosetzung- und realisierung eine Rolle zur Ausscheidung erlaubter Kausalverläufe spielen, womit sich diese Arbeit aus Gründen der Raumbegrenzung nicht näher befassen kann. 4. Ergebnis Es wurde gezeigt, daß die Diskussion um die Zurechnung bei der Beihilfe bislang daran krankte, daß das Zurechnungskriterium der Kausalität falsch aufgefaßt wurde. Wird man sich demgegenüber über die logisch richtige Methode der Kausalitätsfeststellung und weiterhin über den richtigen Bezugspunkt der Kausalität klar, dann werden diejenigen Schwierigkeiten vermieden, die in der Vergangenheit dazu führten, die Kausalität nicht als zureichendes Zurechnungskriterium bei der Beihilfe zu akzeptieren. Die Kausalität erweist sich damit als deutlich tauglicheres Kriterium als ihr dies gemeinhin zugeschrieben wird. Begrenzt wird der Zurechnungswert freilich durch hung seitens eines Dritten risikoerhöhend wirkt- und zwar in einem Bereich, in dem thematisch Risikoerhöhungsverbote bestehen, und: unter Überschreitung des insoweit etwa hinzunehmenden Risikos. Außerdem muß das- vom Handeln in dieser Dimension erfaßte- Verhalten so geartet sein, daß es angemessen erscheint, den Handelnden bei tatsächlichem Eintritt der Taterleichterung für diesen Erfolg (und dadurch vermittelt für die Tat überhaupt) im Gewand des Erfolgsdelikts haften zu lassen." (S. 321 f.). Das Kriterium der "Angemessenheit" erscheint freilich mehr wie die Aufgabe jeder Methode denn als eigene Methode. Schließlich findet sich an dritter Stelle ein Hinweis darauf, daß der deliktische Sinnbezug die Bestrafung der ,,klassischen" Beihilfehandlungen, hier wird an erster Stelle das "Wachestehen" aufgelistet, legitimiere (S. 301 ). Zur Kritik vgl. auch Weigend, FS Nishihara (1998), 197, 203. 362 Vgl. statt Vieler Jalwbs AT24/13ff.; Otto, FS Lenckner (1998), 193; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 512; Ambos, JA 2000, 721; Jalwbs, ZStW 89 (1977), 1; Meyer!Arndt, wistra 1989, 281; Frisch (1988), 295 ff.; Geppert, Jura 1999, 266, 269f.; Schild/Trappe (1995), 1 ff.; Schumann (1986), 54ff.; Wohlers, NStZ 2000, 169. A.A.: Samson/Schillhorn, wistra 2001, 1, 8ff. 363 Zweifelnd insoweit Weigend, FS Nishihara (1998), 197, 203ff. 10 Osnabriigge

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

die Notwendigkeit eines manipulationsfrei bestimmten und der kausalen Erklärung unterworfenen Bezugspunkts. Deshalb ist es unabdingbar, sich zunächst mit den hierdurch gegebenen Grenzen der kausalen physischen Beihilfe zu befassen (unter II), bevor ein Resümee über die Tauglichkeit der Kausalität als Zurechnungskriterium im physischen, kausalen Gesetzen unterworfenen Bereich gezogen wird (unter III).

II. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB Zu den Grenzen der kausalen Beihilfe Aufgrund des Umstandes, daß man die Kausalität nach der Bedingungstheorie nicht als vollwertige Zurechnungsmethode erkannte und sich weiterhin durch die hierdurch notwendigen Korrekturen, z. B. den Erfolg in seiner ganz konkreten Gestalt, eine völlige Beliebigkeil der Kausalfeststellung ergab, geriet die Frage der Leistungsfähigkeit der Kausalität als Zurechnungskriterium bei der Beihilfe aus dem Blick. Statt auf Grundlage der Kausalität deren mögliche Reichweite auszutesten, wandte man sich der Entwicklung neuer und globaler, vor allem aber kausalitätsersetzender Zurechnungskriterien zu 364• Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen und insbesondere auf Basis einer manipulationsfreien Bestimmung von Kausalität, stellt sich dagegen unmittelbar die Frage, inwieweit die Kausalität geeignet ist, die Zurechnung strafwürdiger Verhaltensweisen zur Beihilfe zu leisten. Grenzen sind der Möglichkeit einer Zurechnung mittels Kausalität nämlich bei deren Bezugspunkt gesetzt: Nur dann, wenn ein objektiver Bezugspunkt existiert, der überhaupt tauglicher Gegenstand der Verursachung sein kann, kann auch die Kausalität Grundlage einer Zurechnung sein. Eine weitere Grenze liegt in der Voraussetzung kausaler Gesetze. Nur für Erfolge, die der kausalen Erklärung offenstehen, kann die Kausalität Grundlage der Zurechnung sein, vgl. näher dazu 4. Teil II. Für die Anknüpfung einer Kausalbeziehung kann es nicht entscheidend sein, ob ein Umstand beispielsweise sinnlich wahrnehmbar ist 365 , sondern vielmehr, daß es sich um eine Tatsache handelt. So läßt sich ein "Schaden" nicht sinnlich wahrnehmen, die Tatsachen aber, die Gegenstand der Differenzrechnung sind, deren negatives Ergebnis mit dem Begriff "Schaden" bezeichnet wird, können gleichwohl verursacht werden, z. B. ein Kontosaldo. Gleichfalls ist für die Anknüpfung unerheblich, ob es sich um eine Tatsache außerhalb oder innerhalb des Menschen handelt, lediglich muß deren Verursachung nach strikten Kausalgesetzen möglich sein. Für bestimmte Umstände in der Psyche des Menschen, insbesondere voluntative Umstände, kann dies bezweifelt werden, dazu näher 4. Teil II. Hinsichtlich anderer Umstände, insbesondere kognitive Umstände, kommt dagegen eine Verursachung in Betracht, dazu sogleich II 1. 364 Beispiele hielfür sind die Beiträge von Scha.ffs tein, FS Honig (1970), 169ff., Vogler, FS Heinitz (1972), 295 ff. und Salamon ( 1968), 1 ff., vgl. genauer oben unter 13. 365 So auch Küper, NJW 1976, 543, 544.

II. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB

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Grundfall der möglichen kausalen Anknüpfung sind zweifelsohne tatbestandlieh normierte Erfolge im Sinne von Rechtsgutsverletzungen. Nun enthalten aber nicht alle Tatbestände des StGB einen Erfolg im Sinne einer Rechtsgutsverletzung. Um also klären zu können, inwieweit die Kausalität taugliches Zurechnungskriterium ist, gilt es, die Tatbestände des StGB daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie taugliche Anknüpfungspunkte für eine Kausalbeziehung enthalten. Vor dem Hintergrund, daß das StGB ganz verschiedene Spielarten von Tatbestandsformulierungen kennt und die Sanktionsfolgen auch an ganz verschiedene Umstände anknüpft, soll deshalb nun versucht werden, mittels einer Systematisierung eine allgemeine Aussage zu gewinnen, bei welchen Deliktstypen eine kausale Anknüpfung in Betracht kommt, und woran. Die h. M. unterscheidet in der Einteilung der Delikte zunächst in Handlungs- und Unterlassungsdelikte, weiterhin, bezogen jeweils sowohl auf die Handlungs- als auch auf die Unterlassungsdelikte, in Erfolgs-Verletzungsdelikte, abstrakte Gefährdungsdelikte, konkrete Gefährdungsdelikte und schlichte Tatigkeitsdelikte (bei denen der Tatbestand nur einen Handlungsvollzug umschreibt) 366• Der Einfachheit halber beschränkt sich die Arbeit auf die Handlungsdelikte. Erfolgs - Verletzungsdelikte sollen demnach z. B. § 223 (Erfolg: Körperverletzung) und§ 212 (Totschlag, Erfolg: Tod) sein, abstrakte Gefährdungsdelikte § 306a Abs.1 (schwere Brandstiftung), § 316 (Trunkenheit im Verkehr), § 154 (Meineid). Konkrete Gefährdungsdelikte sollen z. B. sein§ 306 a Abs. 2 (schwere Brandstiftung),§ 306 b Abs. 2 Nr. 1 (besonders schwere Brandstiftung) und § 315c Abs. 1 (Gefährdung des Straßenverkehrs), schlichte Tätigkeitsdelikte § 154 (Meineid), § 316 (Trunkenheit im Verkehr). Bereits die Doppelnennung einiger Paragraphen deutet an, daß die obige Einteilung keinen ausschließlichen Charakter besitzen kann. Ob die Gruppe der sogenannten Tatigkeitsdelikte eine eigenständige Bedeutung haben, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Betrachtet man nämlich die Tatbestände, so fällt auf, daß in den dortigen Beschreibungen regelmäßig an Tätigkeiten, Handlungen anknüpft wird: "Wer( ...) wegnimmt"(§ 242), "Wer( ... ) mißhandelt"(§ 223), "Wer(...) tötet"(§ 212), "Wer( ... ) schwört"(§ 154), "Werein Fahrzeug führt( ...)"(§ 316)" (...)und dadurch( ...) gefährdet"(§ 315c). Diese Tatsache wird mit Recht als Ausdruck dafür gesehen, daß das Gesetz nicht schlechthin nur den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung (also den Erfolgsunwert) sanktioniert, sondern der Unrechtsgehalt vielmehr auch367 durch die Art und Weise der Begehung bestimmt wird, in der der sogenannte Handlungsunwert368 Ausdruck findet. Die Tatsache, daß das Gesetz eine Handlung beschreibt, hindert also nicht die Annahme, daß eine Voll366 Jescheck/Weigend AT § 26 II; Otto AT § 4, Rdnr. l ff.; Roxin AT/I § l 0, Rdnr. 102 ff.; vgl. hinsichtlich der in Definition und Legitimation äußerst umstrittenen abstrakten Gefährdungsdelikte Jescheck/Weigend AT § 26 II 2. 367 A. A. (das strafrechtliche Unrecht gründet sich ausschließlich auf den Handlungsunwert): Zielinski (1973), l ff.; Lüderssen, ZStW 85 (1973), 292. 368 Jescheck/Weigend AT § 24 III 3; Kühl AT § 3, Rdnr. 4.

to•

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

endungsstratbarkeit erst mit Eintritt einer Rechtsgutsverletzung gegeben ist. Enthalten damit aber die Tatbestände ungeachtet der Anknüpfung der Strafbarkeit an den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung eine Handlungsbeschreibung, so erscheint es wenig hilfreich, für eine materielle Systematisierung gerade danach unterscheiden zu wollen, ob der Tatbestand einen Handlungsvollzug beschreibt oder nicht. Gleichermaßen erscheint aber auch die Abgrenzung der Delikte danach, ob sie einen Verletzungserfolg vorsehen oder nicht, in dieser Form fraglich. Jede Handlung hat einen Erfolg, nämlich eine außenweltliche Veränderung, durch die sie sich definiert und erst zu einer Handlung wird369• Daß jemand etwas "anzündet" läßt sich beispielsweise als Beschreibung einer Handlung nur dann behaupten, wenn eine Veränderung am angezündeten Gegenstand erzielt wird, z. B. indem sich eine offene Flamme am angezündeten Gegenstand auch noch nach Entfernen des angehaltenen Streichholzes erhält. Erst die Tatsache dieses Ergebnisses, man könnte es "Handlungserfolg" nennen, begründet die Beschreibung der menschlichen Bewegungen als "Handlung", wobei die Beschreibung des Handlungserfolges die Art der Handlung definiert und die Handlung ohne den Eintritt dieses Ereignisses als solche nicht als ausgeführt gelten kann 370• § 212 beispielsweise beschreibt das "Töten" als tatbestandliehe Handlung. Definiert man die Handlung über die Veränderung in der Außenwelt, so ist das Ereignis, durch dessen Eintritt sich die Bezeichnung als "Töten" rechtfertigt, der Eintritt des Todes. Dieser ist gleichzeitig die Unterbrechung der realen Beziehung der getöteten Person zu dem von der Rechtsgemeinschaft anerkannten Wert "Leben" und damit eine Rechtsgutsverletzung 371 • Danach könnte man also jedes Delikt als ein "Erfolgsdelikt" bezeichnen, was aber wenig sinnvoll wäre. Der Handlungserfolg kann nämlich, er muß aber nicht auch ein Verletzungserfolg in dem Sinne sein, daß ein tatbestandlieh geschütztes Rechtsgut verletzt ist. § 306 a wird nicht bereits deshalb zum Erfolgsdelikt, weil der Täter einen Handlungserfolg herbeiführen muß, nämlich das Anzünden. Anders wäre dies nur dann, wenn § 306 a zumindest auch das Eigentum schützen sollte, das also mit dem Anzünden verletzt wäre, oder dann, wenn man das geschützte Rechtsgut beispielsweise als ,;Schutz vor Brandgefahren" definierte 372• Mit der Definition eines unmittelbar am Handlungserfolg orientierten Rechtsguts würde jedoch gleichzeitig die Qualifikation als abstraktes Gefährdungsdelikt aufgegeben: Mit dem Inbrandsetzen tritt der tatbestandliehe Erfolg ein. Auch bei Verletzungsdelikten ist es schließlich möglich, daß Handlungserfolg und Tatbestandserfolg (gleich Rechtsgutsverletzung) nicht zusammenfallen, so beim Betrug. Schließlich haben auch Delikte, deren Tatbestand eine Beschreibung 369 Vgl. Kindhäuser (1980), 157ff., 158; ders., (1989), 145 und 50; Roxin AT/1 § 10, Rdnr.l04. 370 Kindhäuser (1980), 157. 371 V gl. ausführlich Otto AT § l, Rdnr. 26 ff. 372 Vgl. SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr. 9a.

li. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB

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eines Handlungsvollzuges enthält, und deren Unrechtsgehalt sich hierin erschöpft, z.B. § 316, einen so verstandenen Erfolg, nämlich die Veränderung, überdie sich die Handlung definiert, beim Autofahren eben die Tatsache, daß ein Auto sich in Bewegung befindet 373 • Die Unterscheidung nach "Tätigkeitsdelikt" und "Erfolgsdelikt" ist somit weder im Hinblick auf die Bestimmung der Voraussetzungen einer Strafbarkeit noch auf das Vorhandensein objektiver Umstände als Bezugspunkte von Kausalbeziehungen von Wert. Roxin 374 schlägt vor, die Unterscheidung in Erfolgs- und schlichte Tatigkeitsdelikte nur in dem Sinne zu brauchen, daß die Lehre vom Kausalzusammenhang nur bei den Erfolgsdelikten eine Rolle spielt, weil bei den Tatigkeitsdelikten nur das Vorliegen der Täterhandlung selbst, nicht aber ein davon unterschiedlicher Erfolg und damit auch dessen Zurechnung geprüft werden müsse. Roxins Konsequenz trifft jedoch nur auf die Belange der Täterschaft zu. Hinsichtlich der Teilnahme wird die Frage der Kausalität auch bei den so bezeichneten schlichten Tätigkeitsdelikten wieder relevant. Aus diesem Grunde ist die von Roxin vorgeschlagene Begründung der Unterscheidung für hiesige Belange nicht tragfähig. Die oben vorgeschlagene Deliktseinteilung vermag also im Hinblick auf das Vorhandensein eines objektiven Bezugspunktes für eine Kausalbeziehung nicht weiterzuhelfen. Für die Einteilung der im StGB enthaltenen Tatbestandsarten soll deshalb eine andere Systematisierung zugrunde gelegt werden, die sich wie folgt rechtfertigt: Das StGB sanktioniert Taten, Handlungen und Erfolge, nicht aufgrund ihres bloßen Vollzugs (Handlungen) oder ihres Eintretens (Erfolge), sondern stets aufgrunddes ihnen beigemessenen Unrechtsgehalts. Das Handlungsunrecht ist nicht in jedem Fall hinreichend für die Begründung der Strafbarkeit, aber stets notwendig. Beschreibt das Gesetz also eine Handlung, dann ist deren Unrechtsgehalt stets wohl normiert: Der Unrechtsgehalt einer Handlung kann sich zunächst daraus ergeben, daß der Begriff sich nur durch das Vorhandensein einer Rechtsgutsverletzung legitimiert, so beim "Töten", einer Handlung, der zur Begründung ihres Unrechts keine weiteren Beschreibungen beigegeben zu werden brauchen, weil der Begriff bereits grammatikalisch nur dann einen Sinn macht, wenn er in einen an sich verbotenen Erfolg einmündet. Andere Handlungen sind außerhalb des strafrechtlichen Kontextes nicht verboten ("Fahren") und erhalten ihren deliktstypischen Unrechtsgehalt erst durch die tatbestandliehe Beschreibung bestimmter Modalitäten ("Fahren" als Handlung, "Autofahren und die Modalitäten des § 316" andererseits; "Schwören" einerseits, "falsch Schwören" andererseits) oder auch bestimmter Umstände, die als solche keine Rechtsgutsverletzung sind, beispielsweise die Tatsache einer "konkreten Gefährdung" in§ 313 (Handlung: "Herbeiführen einer Überschwemmung", Er373 Daß bestimmte Vorbereitungshandlungen wie das Einführen des Zündschlüssels noch nicht unter den Begriff des Führens eines Fahrzeuges zu fassen sind, ist heute im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung unstreitig, Lackner/Küh/ § 315 c Rdnr. 3; Tröndle/Fischer § 316, Rdnr.4. 374 Roxin AT/I § 10, Rdnr. 104.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

folg: "Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutenden Wert"). Zur Vollständigkeit sei noch erwähnt, daß auch eine Kombination von beschriebenen Handlungsmodalitäten und weiteren Umständen vorkommt, so in§ 315c (Handlung: ,,Autofahren", "Modalitäten": § 3l5c Abs. I Nr. 1 a) und b)", Erfolg: "Gefährdung von Leib und Leben ...."). Innerhalb der Delikte, die keinen Verletzungserfolg vorsehen, kann unterschieden werden zwischen denjenigen, die eine konkrete Gefährdung verlangen und denjenigen, die sich in der Beschreibung einer Handlung erschöpfen. Tatsachen, die für die Anknüpfung einer Kausalbeziehung in Betracht kommen, sind dabei sowohl die Verletzungserfolge ("Körperverletzung" als nachteilige Veränderung eines Zustandes im Vergleich mit einem späteren Zustand), als auch die tatbestandliehen Handlungs - Erfolge, die keine Rechtsgutsverletzung sind (z. B. "Autofahren" und ihre tatbestandlieh normierten Modalitäten und "Trunkenheit"). Systematisiert man also die Arten der Tatbestände im Hinblick auf tatbestandlieh normierte mögliche Anknüpfungspunkte für eine Kausalbeziehung, so kann unterschieden werden in (auch mehraktige) Verletzungsdelikte, abstrakte Gefährdungsdelikte und konkrete Gefährdungsdelikte 375• Die sonst unter den Begriff der schlichten Tätigkeitsdelikte gefaßten Delikte sind stets Gefährdungsdelikte; konkrete Gefährdungsdelikte, wenn der Tatbestand eine konkrete Gefahr vorsieht (z. B. § 315 c ), abstrakte, wenn dies nicht der Fall ist (z. B. § 316). Vor dem Hintergrund dieser Einteilung ist nun der Blick auf die so umgrenzten einzelnen Deliktsarten zu richten, um die objektiven und gleichzeitig tatbestandlieh normierten Bezugspunkte (Tatbestandserfolge und Handlungserfolge) für eine Kausalbeziehung weiter einzugrenzen und näher zu bezeichnen.

1. Der objektive Bezugspunkt der Kausalbeziehung bei (auch mehraktigen) Verletzungsdelikten Ist eine Rechtsgutsverletzung tatbestandlieh normierte Voraussetzung für den Eintritt der Strafbarkeit, also die Veränderung eines Zustandes am Rechtsgutsbestand, so kann diese Veränderung völlig unproblematisch Bezugspunkt einer Kausalbeziehung sein. Hat B den C getötet, so ist die Tatsache der Zustandsänderung vom Leben zum ,,Nicht-Leben" (Tod) bei C Rechtsgutsverletzung, Gegenstand des Erfolgsunwerts und Bezugspunkt jeder Zurechnungsbeziehung. Obwohl der Tatbestand nur eine Handlung benennt ("töten"), ist die Tatsache der negativen Veränderung tatbestandlieh normiert, da der Erfolg der Handlung notwendig ist, um ihre Benennung im Sinne des Tatbestandes zu rechtfertigen. Was es also kausal zu erklären gilt, ist die Zustandsveränderung, deren Grund sprachlich mit dem Begriff des "Tötens" umschrieben wird. 375

So auch Roxin AT/1 § 10, Rdnr. 122.

II. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB

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Demgegenüber kennt das Gesetz aber auch Delikte, bei denen zwar eine Rechtsgutsverletzung Tatbestandsvoraussetzung ist, diese aber nicht unmittelbar mit Eintritt des tatbestandliehen Handlungserfolges gegeben ist, sondern erst nach diesem eintritt, unter Umständen getrennt durch mehrere Zwischenschritte, sog. mehraktige Delikte. Dies sind zunächst diejenigen Delikte, die mehrere tatbestandliehe Handlungen des Täters vorsehen, so der Raub (vollendete Wegnahme und qualifizierte Nötigung) oder die Vergewaltigung § 177 (qualifizierte Nötigung und Vomahme von sexuellen Handlungen). Hinsichtlich des Bezugspunkts der Kausalbeziehung unterscheiden sich diese Delikte nicht qualitativ von den einaktigen Delikten, sondern nur quantitativ: Das Gesetz verbindet mehrere, unter Umständen auch an anderer Stelle einzeln normierte Verhaltensweisen mit ihren Erfolgen miteinander, beispielsweise eine qualifizierte Nötigung mit einer Wegnahme zu einem Raub. Hier kommen als objektive Bezugspunkte der Verletzungserfolg, die Handlungserfolge und ihre tatbestandliehen Modalitäten in Betracht. So lassen sich bei § 249 die Tatsache der "GewaltNerletzung der Willensentschließungsfreiheit" und die Tatsache der "WegnahmeNerletzung der Eigentumausübungsrechte" als Erfolge abtrennen. Für den Gehilfen kommen dabei alle einzelnen Erfolge als mögliche Gegenstände einer kausalen Beihilfe in Betracht. Dies ist nicht nur deshalb so, weil die verschiedenen Erfolge der mehraktigen Delikte in der Regel tatbestandlieh kausal miteinander verknüpft sind, sondern vor allem auch deshalb, weil aufgrundder Akzessorietät dem Gehilfen die Vollendung der gesamten Tat auch dann zugerechnet wird, wenn er selber nur für einen Teil kausal war. Den objektiven Tatbestand der Beihilfe zum schweren Raub erfüllt also, wer dem Täter beispielsweise ein Messer zur Verfügung stellt, das dieser bei der Tatausführung dazu einsetzt, das Opfer zu bedrohen. Von den zwei Erfolgen des Raubes, der Nötigung und der Wegnahme, ist der Gehilfe durch die Lieferung des Messers für die Nötigung unmittelbar kausal geworden. Zwar besteht die Nötigung nur in der Beschreibung eines Handlungserfolges, aber jedenfalls dann, wenn deren Modalitäten tatbestandlieh beschrieben sind, bietet sich ein Anknüpfungspunkt für eine Kausalbeziehung. Der Messerlieferant ist also bereits deshalb kausal, weil § 250 Abs. 2 Nr. 1 die Verwendung einer Waffe, wozu das Messer zählt, ausdrücklich normiert. Ein Delikt mit mehreren Erfolgen ist auch der Betrug, § 263. Hier besteht der erste Erfolg in der Tatsache eines Irrtums, der zweite in der Vermögensverfügung und der dritte im Vermögensschaden. Als Anküpfungspunkt für eine Kausalbeziehung kommt auch der Irrtum in Betracht, unter der Voraussetzung, daß dessen Vorhandensein der Erklärung durch kausale Gesetze unterworfen ist, vgl. hierzu ausführlich 4. Teil I.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

2. Der objektive Bezugspunkt der Kausalbeziehung beim abstrakten Gefahrdungsdelikt, Fallbeispiele 5 In den als "abstrakte Gefahrdungsdelikte" bezeichneten Tatbeständen wird ein äußerer Zustand beschrieben, der sich durch das Vorhandensein verschiedener Faktoren definiert. Grund für die Normierung ist dabei, daß der Gesetzgeber den beschriebenen Zustand für generell gefahrlieh und deshalb sanktionswürdig erachtet hat 376• Die abstrakten Gefahrdungsdelikte sind gegenüber den konkreten Gefahrdungsdelikten insoweit spezieller, als jedes konkrete Gefahrdungsdelikt auf einer abstrakten Gefahr aufbaut, teilweise sogar auf derjenigen Gefahr, die bereits als abstrakte normiert ist, so in§§ 316 und§ 315 c 377 •

Die abstrakten Gefahrdungsdelikte normieren stets eine Handlung und deren zugehörigen Handlungserfolg. Die Handlung kann, davon soll hier ausgegangen werden, nicht verursacht werden. Ob das hier zugrundegelegte Kausalmodell vereinbar ist mit dem Gedanken, daß die Möglichkeit existiert, die Handlung eines anderen zu verursachen, ist nämlich insbesondere vor dem Hintergrund sehr fraglich, daß die Kausalität von einem eindeutigen Schluß von der Bedingung auf den Erfolg ausgeht (B -+ E). Würde man als Bedingung die Verursachung einer menschlichen Handlung und als Erfolg den dieser Handlung nachfolgenden tatbestandliehen Erfolg begreifen, so setzte dies zwingend voraus, daß der menschliche Träger der verursachten Handlung keine Entscheidungsmöglichkeit hat, auf den Reiz der Verursachung anders als mit genau dieser Handlung zu reagieren. Da hier nicht jede menschliche Bewegung sondern nur die Handlung als willensgetragene menschliche Bewegung interessiert, stellte sich an dieser Stelle das Problem, die Willensfreiheit des Handelnden mit der Möglichkeit der Verursachung dieser Handlung zu vereinbaren. Unter anderem hiermit wird sich die Arbeit näher im 4. Teil befassen. Als möglichen Gegenstand einer Verursachung und damit auch als möglichen Bezugspunkt einer Kausalbeziehung soll an dieser Stelle die Handlung deshalb ausgeblendet werden. Bei den abstrakten Gefahrdungsdelikten kommen der Handlungserfolg und seine tatbestandlieh bestimmten Modalitäten als Gegenstand einer Verursachung in Betracht. Dies kann z. B. an§ 316 verdeutlicht werden (Handlungsbeschreibung: "Führen", Handlungserfolg: "die Tatsache, daß ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt wird" und weitere tatbestandliehe Modalität: "der Führer des Kraftfahrzeuges ist infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ...") oder auch an § 154 (Handlung: "Schwören" Handlungserfolg: "Existenz eines falschen Schwurs" weitere tatbestandliehe Modalität: "es handelt sich bei dem Schwur um einen Mein376 Jakobs AT6/86ff.; Jescheck/Weigend AT§ 26112; Puppe (2000), 271; Roxin AT/I § 11, Rdnr. 119. Kindhäuser (1989), 277 ff. stellt statt dessen darauf ab, daß der Täter durch die tatbestandlieh normierte Handlung eine Bedingung gesetzt hat, auf deren Ausbleiben ein rational handelndes Kosubjekt vertrauen können muß. Für die Belange dieser Arbeit ergibt sich durch den unterschiedlichen Ansatz kein Unterschied. 377 Vgl. dazu näher Puppe (2000), 269ff.

li. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB

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eid"). Wer beispielsweise dem Täter des § 316 ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stellt, ist mitkausal für die Trunkenheitsfahrt. Auch§ 154, Meineid, enthält eine objektive Komponente, nämlich aufgrund der Tatsache, daß sich der Schwörende an einem bestimmten Ort, nämlich vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle aufhält. Der Ort des Schwurs ist daher legitimer objektiver Bestandteil der Erfolgsbeschreibung. Im Fallbeispiel 5.1 ist A, wenn erB, der vor Gericht einen Meineid schwören will, zum Gerichtsgebäude fährt, also für einen tatbestandlieh normierten Umstand kausal. Ob infolgedessen der objektive Tatbestand der Beihilfe erfüllt ist, oder ob deshalb, weil der Auftritt vor Gericht dem Zeugen sogar geboten ist und die Rechtsordnung die Fahrt zu Gericht nicht schlechthin verbieten kann, oder deshalb, weil A geltend machen kann, berechtigte Interessen zu verfolgen, wenn er B zu Gericht fährt, ein erlaubter Kausalverlauf vorliegt, soll in diesem Zusammenhang nicht entschieden werden378• Kommt es zum Meineid, so ist derjenige, der den Zeugen zu Gericht fuhr, jedenfalls notwendiger Bestandteil der hinreichenden Minimalbedingung hierfür. Während die Möglichkeit der Kausalität für den tatbestandliehen Zustand oder dessen tatbestandliehen Modalitäten unproblematisch gegeben ist, ist dies nicht ebenso eindeutig im Hinblick auf eine mögliche Verursachung von Veränderungen der Gefahrintensität Ein Beispiel hierfür ist das Fallbeispie/5.2, in dem A dem B im Vorfeld von dessen Aussage Tips gibt, wie die Aussage besser zu verfassen sei, um deren Glaubhaftigkeit zu erhöhen. Rechtsgut des § 154 ist die Gefährdung der staatlichen Rechtspflege§ 154 379• Das reine Vorhandensein eines Zustandes, der dieses Rechtsgut auf tatbestandliebem Wege gefährdet, läßt sich ohne das Zutun des A erklären. Dieser ist vielmehr kausal für eine bloße Modalität der Tatbestandserfüllung, ohne daß diese Modalität, also der Inhalt der Aussage, tatbestandlieh normiert wäre. Mit der Verursachung der Modalität hat A aber auch das Risiko erhöht, daß die Falschaussage des B nicht entdeckt wird, und damit die Gefahr für das Rechtsgut intensiviert. Wenn nun schon die Intensivierung der Rechtsgutsverletzung tatbestandlieh relevant ist, so muß dies auch für eine Intensivierung der Gefahr für das Rechtsgut dann gelten, wenn diese Gefahr der "Erfolg" des Tatbestandes ist. Bei den abstrakten Gefährdungsdelikten ist aber Gegenstand der Normierung gerade die Gefahr für das Rechtsgut. Durch die Normierung des bestimmten Zustandes, dem der Gesetzgeber die Gefahr beilegt, wird die Gefahr als Gegenstand der Normierung nicht etwa verdrängt, sondern vielmehr erst deutlich. Gegenstand der Verursachung wäre danach eine gegenüber der ursprünglich vom Täter gesetzten intensivere Gefahr. Voraussetzung dafür wäre freilich, daß eine Gefahr als solche überhaupt verursacht werden kann. 378 Die Frage, inwieweit sog. Alltagshandlungen aus dem Kreis der möglichen Beihilfehandlungen ausscheiden, ist im Rahmen dieser Arbeit ausgeklammert, vgl. hierzu z.B. Niedermair, ZStW 107 (1995), 507ff.; Frisch (1988), 284ff.; Meyer!Arndt, wistra 1989, 281; Schild Trappe (1995) und oben, 3. Teil 13. c). 379 Absolut h.M., vgl. NK-Vormbaum Vor§ 153 Rdnr.1 m. w.N.; Tröndie/FischerVor § 153, Rdnr.1.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Der BGH äußert sich im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Gefahr eine solche Folge i. S. d. § 18 ist, zu der objektiven Qualität einer Gefahr: ,,Es ist schon sprachlich nicht möglich, die Herbeiführung einer (Leibes- oder Lebens-)Gefahr als "Folge" einer Tat zu bezeichnen. Tatfolgen sind durch tatbestandsmäßige Handlungen verursachte, sinnlich wahrnehmbare und durch Personen, die sie wahrgenommen haben, feststellbare Veränderungen in der Außenwelt. Eine Gefahr für ein Rechtsgut ist dagegen nicht sinnlich wahrnehmbar. Die Aussage, eine Handlung habe ein Rechtsgut in Gefahr gebracht, enthält nicht die Feststellung einer durch die Tat herbeigeführten Veränderung in der Außenwelt; sie ist vielmehr ein auf die gesamten äußeren und inneren Tatumstände gegründetes nachträgliches Wahrscheinlichkeitsurteil über die naheliegende Möglichkeit des Eintritts eines schädlichen Erfolgs, der aber in der Wrrklichkeit nicht eingetreten ist. Gefahr ist die Vorstufe einer Folge" 380• Der BGH stützt die Ausscheidung der "Gefahr" aus dem Kreis der Folgen nach § 18 also gerade darauf, daß es an der objektiven Qualität ermangele. Es gilt jedoch, was im zitierten Urteil des BGH argumentativ vermengt wird, zweierlei zu unterscheiden, zum einen die- hier als solche nicht gegenständliche- Frage, was eine schwere Folge im Sinne des § 18 sein kann, zum anderen die Frage, ob eine Gefährdung objektive Erfolgsqualität hat. § 18 knüpft an den Eintritt eines erhöhten Maßes an Erfolgsunrecht (schwere Folge) eine geringere Anforderung hinsichtlich der subjektiven Seite des Täters (mindestens Fahrlässigkeit). Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, auf welche Umstände= ,,Folgen" diese Konsequenz zutreffen soll, und es ist nicht zwingend, die Konsequenz des§ 18 auf alle Erfolge anzuwenden, die die Definition als "Veränderungen in der Außenwelt" erfüllen. Ausdruck einer solchen Entscheidung sind die Regelungen der§§ 306ff., woraus zu schließen ist, daß nach Auffassung des Gesetzgebers dem Eintritt einer Lebensgefahr nicht derselbe Unrechtsgehalt zuzumessen ist wie dem Eintritt des Todes. Diese Unterscheidung ist legitim, denn ein Gefahrerfolg kann von einem Verletzungserfolg unterschieden werden. Ob eine Gefahr eine ,,Folge" im Sinne § 18 ist, obliegt der Wertung des Gesetzgebers im Hinblick darauf, für welches Maß an gegenüber dem Grundtatbestand gesteigertem Erfolgsunrecht er das verminderte Maß in subjektiver Hinsicht ausreichen läßt. Um also die Gefahr des Todeseintritts aus dem Kreise der Folgen nach § 18 auszuscheiden, war es gar nicht nötig, einer Gefahr "schon sprachlich" die objektive Qualität abzusprechen. Die insoweit über das Begründungsziel hinausschießende Argumentation des BGH, einer Gefahr komme keine objektive Qualität zu, ist aber, wie gezeigt, nicht nur im zitierten Fall nicht notwendig zur Begründung des Ergebnisses, sondern führt zudem auch zu einer den Blick vom Wesentlichen ablenkenden Vereinfachung im Hinblick auf die vorgeblich nicht gegebene objektive Qualität der Gefahr. Die Tatsache einer Gefahr wird in anderen Regelungszusammenhängen durchweg als ein Zustand von objektiver Qualität bezeichnet, so in§ 315c, bei dem die Jso

BGHSt 26, 176, 181.

II. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB

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Gefahr "verursacht" werden muß 381 • Eine Verursachung ist ohne objektive Qualität dessen, was verursacht wird, nicht zu definieren, so daß sich bereits hieraus die Notwendigkeit der objektive Qualität eines Gefahrzustandes ergibt. Mit dem BGH ist allerdings festzustellen, daß eine Gefahr nicht sinnlich wahrnehmbar ist, so wie dies bei einem Apfel oder einem Kraftfahrzeug möglich ist. An diesem Punkt aber den Schluß zu ziehen, daß eine Gefahr nicht verursacht werden kann, griffe zu kurz. Wie alle Erfolge des Strafgesetzbuches bezeichnet auch der Begriff der Gefahr eine Veränderung eines Zustandes in einen anderen, nämlich eines ungefährlichen im Vergleich zu einem späteren gefährlichen, und damit einem objektiven Umstand 382• Daß ein Zustand gefährlich ist, also eine Gefahr vorliegt, ergibt sich nicht aus einer Beschreibung in der Objektsprache wie "der Apfel ist rot", sondern nur durch eine Beurteilung der Zustandsveränderung im Hinblick auf Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses 383• Der Begriff der Gefahr ist kein Begriff der Objektsprache, sondern ein solcher der Metasprache. Denn eine Gefahr ist eine Prognose, daß aufgrund bestimmter, in der Gefahrbeschreibung aufgezählten Voraussetzungen der Eintritt eines negativ bewerteten Ereignisses wahrscheinlich ist 384• Daß nun ein Zustand beurteilt und dann benannt wird, ist hinsichtlich der sprachlichen Fixierung eines strafrechtlichen Erfolges nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Selbst Umstände, die man gemeinhin geneigt wäre, als beurteilungsunabhängig zu bezeichnen, z. B. die Körperverletzung oder der Tod, sind dies in Wirklichkeit nicht, vgl. näher dazu oben I 2. c) cc). Gleichwohl bezeichnen "Körperverletzung" und "Tod" unzweifelhaft objektive Umstände, genauer, sie bezeichnen genau diejenigen Umstände, die konstitutiv für die Beurteilung "Körperverletzung" oder "Tod" sind, im ersten Fall z. B. die Tatsache des Verlust eines Beines, im zweiten Fall z. B. die Tatsache des Herzstillstandes oder der Beendigung von meßbaren elektrischen Aktivitäten des Gehirns. Auch eine tatbestandlieh normierte Gefahr ist damit ein möglicher Bezugspunkt für die Anknüpfung einer Kausalbeziehung, genauer: Verursacht werden können genau diejenigen Tatsachen, die konstitutiv dafür sind, den Sachverhalt als Gefahr zu bezeichnen. 381 Lackner/Küh/ § 315c, Rdnr. 20, 27; SK-Horn § 315 c, Rdnr. 20; Ga/las, FS Heinitz (1972), 171, 175ff. bezeichnet die konkrete Gefahr als "soziale Realität"; Kindhäuser (1989), 190. 382 So auch Horn (1973), 31 ff., 45; SK-Horn Vor §306, Rdnr.4; Roxin AT/I § 10, Rdnr.119, § 11, Rdnr. 121 ff.; Ga/las, FS Heinitz (1972), 171, 175ff.; a. A. noch Finger (1889), 20ff.; Henckel (1930), 16. 383 Vgl. Horn (1973), 44f.; Küper NJW 1976,543,544. 384 Ga/las, FS Heinitz (1972), 171, 175ff.; Küper, NJW 1976, 543, 544; Puppe (2000), 269f. Die an die Prognose anknüpfenden weiteren Fragen, z. B. nach Zeitpunkt und maßgeblicher Urteilsbasis, berühren nicht den objektiven Charakter der Gefahr und werden deshalb hier nicht aufgegriffen.

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Auch daß die Tatsachen, die dieses Urteil zum Gegenstand hat, nicht gesetzlich festgelegt sind, sondern sich erst aus der Beurteilung rückschlüssig e~eben, hindert nicht die Eignung für eine kausale Anknüpfung an die der Beurteilung zugrundeliegenden Umstände. Das Gesetz normiert regelmäßig nicht die Umstände, sondern das Ergebnis einer beurteilenden Beschreibung dieser Umstände, so z. B. auch bei der Körperverletzung. Der Umfang der in die Erfolgsbeschreibung aufzunehmenden objektiven Umstände bestimmt sich aber über die Gefahrbeschreibung: Deren legitime Bestandteile sind alle Umstände, die in der Gefahrbeschreibung notwendige Bestandteile sind. Auch bei anderen Delikten, die nicht einen tatsächlichen Zustand beschreiben, lassen sich diejenigen Umstände, die legitimer Bestandteil der Erfolgsbeschreibung sind, stets nur rückschlüssig aus der Beurteilung e~eben, daß man sie aus der Gefahrbeschreibung nicht hinwegdenken kann, ohne daß die Beurteilung als Gefahr entfiele. Erklärt man die Gefahr des Eintritts eines schädigenden Ereignisses als solche für rechtsgutsrelevant, so ist auch das Maß dieser Gefahr und damit ihre Intensität erfolgsrelevant, vgl. dazu schon oben 2). Es gilt deshalb, daß der objektive Umstand sowohl der Gefahr wie auch anderer Eifolge diejenige Zustandsveränderung ist, die aus der Gefahrbeschreibung nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß sich die Beurteilung als Gefahr oder diejenige der Intensität der Gefahr änderte. Die Überlegung zur Beachtlichkeit von Gefahr und deren Intensität ist sorgsam zu trennen von der Setzung einer Gefahr für ein Rechtsgut, das tatbestandlieh nur gegen Verletzung geschützt ist. Ließe man auch hier die Kausalität für einen die Gefahr des Verletzungseintritts erhöhenden Umstand für die Annahme einer Beihilfe genügen, so reduzierte man die Beihilfe auf einen allgemeinen Gefährdungsgedanken. Diese Überlegungen werden noch eine Rolle spielen unter 5. Teil IV, V 2. a) bb) und VI. Im Fallbeispiel5.2 ist das Wissen um den Inhalt der Aussage eine Tatsache, die verursacht werden kann, und dieses Wissens hat sich B bei seiner Aussage auch bedient. Der Gegenstand des Wissens ist, gleichwohl nicht tatbestandlieh normiert, so aber doch notwendig, um das Maß der Gefährdung des Rechtsguts zu erklären. A ist deshalb kausal für die Tatbestandsverwirklichung und damit Gehilfe. Ein anderes Beispiel hierfür ist der folgende Fall: A verrät dem betrunkenen B, welcher in seinem Auto sitzt und mitteilt, nun über die zu dieser Zeit einsame Autobahn nach Hause fahren zu wollen, einen Weg über die Dörfer, den B dann auch wählt. In diesem Beispiel ist die Frage, welchen Weg B einschlägt für dessen Strafbarkeit nach § 316 unerheblich. Die Modalität des Fahrweges gehört nicht bereits aufgrunddes Tatbestandes zu denjenigen Modalitäten der Tat, die legitimerweise Bezugspunkt für eine Kausalbeziehung sind. Der Weg über die Dörfer ist aber rechtsgutsintensiver, denn dort ist die Möglichkeit naheliegender, den Straßenverkehr oder konkret Menschen zu gefährden. Wendet man also die Grundsätze zur Quantifizierung des Erfolges an, so ist diese Veränderung des Gefahrdungsquan-

11. Der Erfolg in den Tatbeständen des StGB

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tums im Hinblick auf den vom Gesetz beabsichtigten Rechtsgüterschutz relevant. Die Gefahr für die geschützten Rechtsgüter ist zwar nicht als solche ausdrücklich bezeichnetes TatbestandsmerkmaL Jeder der tatbestandlieh normierten Umstände ist aber notwendiger Bestandteil desjenigen Zustandes, der nichts anderes ist, als eine vom Gesetzgeber als für die Anknüpfung von Sanktionsfolgen für hinreichend definierte Wahrscheinlichkeit eines Verletzungseintritts, mit anderen Worten, eine Gefahr. Jede Modalität, die auf tatbestandliebem Wege die Intensität dieser Gefahr erhöht, ist somit tatbestandlieh relevant. A ist damit Gehilfe des B zu dessen Tat. Verursacht wird damit, dies zur Klarstellung, nicht etwa die Gefahr, dazu sogleich unten, sondern vielmehr eine Modalität der tatbestandlieh normierten Umstände, im letzten Beispiel namentlich eine Modalität des Autofahrens. Lediglich macht die Tatsache, daß diese Modalität die tatbestandlieh mitnormierte Gefahr erhöht, jene zu einer tatbestandlieh relevanten und somit zu berücksichtigenden Modalität. Beim abstrakten Gefährdungsdelikt kommt eine kausale Beihilfe also immer auch dann in Betracht, wenn der präsumptive Gehilfe kausal für eine Modalität der Tatbestandserfüllung ist, die durch ein tatbestandlieh normiertes Merkmal die Gefahr für das geschützte Rechtsgut intensiviert. 3. Der objektive Bezugspunkt der Kausalbeziehung beim konkreten Gefährdungsdelikt Delikte, die eine konkrete Gefahrdung tatbestandlieh normieren, sehen typischerweise eine Handlungsbeschreibung vor, einen Handlungserfolg und darüber hinaus einen tatbestandliehen Erfolg, der zu trennen ist von diesem Handlungserfolg. Dem Handlungserfolg können dabei Modalitäten beigegeben sein. So beschreibt § 315 c eine Handlung ("Führen"), einen Handlungserfolg (die Tatsache, daß ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt wird), weitere Modalitäten dieses Handlungserfolges (der Führer des Fahrzeugs befindet sich infolge des Genusses alkoholischer Getränke in einem verkehrsuntauglichen Zustand) und schließlich einen weiteren tatbestandliehen Erfolg, nämlich die Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert. § 306 a Abs. 2 beschreibt eine Handlung (Brandlegung), einen Handlungserfolg (Brennen), dessen Modalitäten (Brennen eines der Räumlichkeiten aus Abs. 1) und schließlich einen tatbestandliehen Erfolg (die Gefahr der Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen). Anders als die Tatsache einer Handlung alleine, vgl. dazu oben 2), bieten der Handlungserfolg, also die durch sie herbeigeführte objektive Zustandsveränderung, und die tatbestandlieh normierten Modalitäten wiederum ohne weiteres objektive Ansatzpunkte für eine Kausalbeziehung. So ist für den Handlungserfolg des § 315 c "ein Fahrzeug führen" ein Kraftfahrzeug notwendig, dessen Existenz ein Bestandteil des Handlungserfolges ist. Schließlich ist zur Erfüllung des persönlichen Zustandes des Kraftfahrzeugführers gern. § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a) der dort beschriebene

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

Genuß alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel notwendig. Wenn der Tatbestand den Genuß alkoholischer Getränke normiert, so ist das Vorhandensein solcher Getränke ein objektiver Umstand, der unmittelbar im Tatbestand fixiert ist. Es ist allerdings nicht zwingend, daß der Tatbestand die Sanktionierung der Handlung an bestimmte mit ihr verbundene objektive Umstände knüpft, und auch die Verbindung mit anderen Umständen, deren Verursachung im Zusammenhang mit der Tat schwer vorstellbar ist, ist möglich, so die der "geistigen oder körperlichen Mängel" in§ 315c Abs.1 Nr.1 b). Neben den objektiven Umständen in der Beschreibung des Handlungserfolges kommt weiterhin auch der außerhalb dessen liegende Erfolg als Bezugspunkt für die Kausalität in Betracht, namentlich also die ,,konkrete Gefahr", nach den oben unter 112. dargelegten Grundsätzen zur Verursachung einer Gefahr oder deren Intensivierung. Es ist daher sowohl denkbar, daß jemand die Tatsache einer konkreten Gefahr verursacht als auch, daß er sie intensiviert: Die erste Möglichkeit ist zum Beispiel dann gegeben, wenn A dem B eine wertvolle und zerbrechliche chinesische Vase zum Transport zu C übergibt, die A, was B weiß, zuvor gestohlen hat. B, der durch einen gebrochenen und in Gips gelegten Arm derart gehandicapt ist, daß er nicht in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen, verursacht während der Fahrt deshalb mehrere "Beinaheunfalle", im Falle deren Verwirklichung das Paket sicher zerstört worden wäre. Die (in § 315 c tatbestandlieh normierte) konkrete Gefahr für die für B fremde wertvolle Sache begründet hier die Strafbarkeit.des B nach§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 lit. a 385• A ist für die Umstände kausal, deren Vorhandensein notwendige Voraussetzung für die Beurteilung "Gefahr" sind und kann insofern Gehilfe zu dem von B verwirklichten Delikt sein. Ein Beispiel für die Intensivierung der konkreten Gefahr ist der Fall des BayObLG, das eine Angeklagte, die ein ihr von einem Amtsträger überlassenes Dienstgeheimnis weiter verbreitete 386, wegen Beihilfe zur Verletzung von Dienstgeheimnissen(§ 353 b) verurteilt, und dies- zutreffend - damit begründete, daß die weitere Verbreitung der Dienstgeheimnisse zu einer Steigerung der Gefährdung des bereits durch die Offenbarung dem jetzigen Gehilfen gegenüber gefährdeten wichtigen öffentlichen Interesses führte 387 • Hier ist die "Gefährdung der wichtigen öffentlichen Interessen" Tatbestandsmerkmal und deren Intensivierung daher legitimer Bestandteil der Erfolgsbeschreibung.

385 Lediglich das gefahrene Kfz scheidet aus dem Schutzbereich des § 315 c aus, nicht dagegen die Ladung, vgl. Lackner/Küh/ § 315c, Rdnr. 25. 386 BayObLG NStZ 1999,568, 568. 387 BayObLG NStZ 1999,568, 569; vgl. dazuMartin, JuS 2000,301.

III. Ergebnis

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4. Zwischenergebnis Die Reichweite einer kausalen Beihilfe wird durch die Möglichkeit bestimmt, an tatbestandliehe Umstände eine Kausalbeziehung anknüpfen zu können. Dieses ist bei allen tatbestandlieh normierten Tatsachen und Beurteilungen möglich. Die verschiedenen Tatbestandsspielarten des StGB lassen sich im Hinblick auf die Art der tatbestandlieh normierten objektiven Qualität des Delikts nach Verletzungsdelikten, abstrakten Gefährdungsdelikten und konkreten Gefährdungsdelikten klassifizieren. Die sonst unter dem Begriff der schlichten Tätigkeitsdelikte gefaßten Delikte sind stets Gefährdungsdelikte. Als strafrechtlich sanktionierte Zustandsveränderungen, die Anknüpfungspunkt einer Kausalbeziehung sein können, kommen neben den Rechtsgutsverletzungen alle gesetzlich normierten Modalitäten von Handlungserfolgen sowie tatbestandlieh normierte Beurteilungen in Betracht. Bei tatbestandlieh normierten Beurteilungen, wozu auch die Gefahr bei den abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikten zu zählen ist, sind tauglicher Gegenstand der Verursachung diejenigen Tatsachen, die konstitutiv für die tatbestandliehe Beurteilung sind und diejenigen, die die tatbestandliehe Beurteilung in rechtsgutserheblicher, namentlich intensivierender Weise verändern.

111. Ergebnis Die Kausalität ist als Zurechnungskriterium ein Einfallstor für die vormethodische Intuition, wenn man sich nicht Klarheit über die logische Beziehung zwischen Einzelursache und dem Bezugspunkt der Kausalität verschafft. Eine Bedingung ist dann kausal für einen Erfolg, wenn sie notwendiger Bestandteil einer hinreichenden Mindestbedingung für diesen Erfolg ist. Der Erfolg als Gegenstand der Zurechnung und als Endpunkt der Kausalbeziehung ist nicht eine Tatsache, die es zu erkennen und möglichst genau zu beschreiben gilt, sondern eine normativ fixierte Beschreibung von Tatsachen. Welche Tatsache als Erfolg in Frage kommt, also ein legitimer Bezugspunkt einer Kausalbeziehung ist, ergibt sich nicht aus einer Beschreibung der Natur, sondern ausschließlich aus dem Gesetz. Ein Erfolg im Sinne eines legitimen Bezugspunkts für eine kausale Anknüpfung ist nur diejenige negative Veränderung von einem in einen anderen Zustand, die tatbestandlieh normiert ist. Infolge der Aufgabe des Strafrechts, Rechtsgüter zu schützen, ist auch die Intensität einer Rechtsgutsverletzung beachtlich. Es sind die Grundsätze zur Quantifizierbarkeit des Erfolgs unter strenger Wahrung der Wahrheit der Kausalhypothese zu beachten. Verzichtete man dagegen ganz auf eine objektive Beziehung der Beihilfehandlung zum Erfolg der Haupttat, dann wäre es nicht mehr möglich, versuchte Beihilfe von vollendeter Beihilfe zu scheiden. Denn es ist kein anderes Kriterium ersichtlich

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3. Teil: Die kausale physische Beihilfe

als dasjenige, welchen Erfolg die Beihilfe gezeitigt hat. Der Erfolg der Haupttat ist der einzige Bezugspunkt, der sich manipulationsfrei anbietet und normative Rechtfertigung besitzt, und er ist somit auch Bezugspunkt für die Kausalität der Gehilfenhandlung. Auf Basis einer rein kausalen Betrachtung lassen sich nicht alle Fallgruppen der Beihilfe zuweisen, bei denen dies üblicherweise getan wird. Dieser Einwand gilt jedenfalls für die Sicherungsfalle (Schmieresteher). Auch die Anwesenheit eines Dritten bei der Tat des Haupttäters (z. B. das Dabeistehen während einer Vergewaltigung durch den Täter oder während einer Körperverletzung) läßt sich auf Basis der Forderung nach einem physisch kausalen Beitrag des präsumptiven Gehilfen nicht als Beihilfe erfassen. Damit steht man vor den Möglichkeiten, sich auf Erfolgskausalität zu beschränken und deren Unzulänglichkeiten zu akzeptieren, auf eine Globaldefinition auszuweichen, etwa in Gestalt des "Förderns", oder schließlich Teildefinitionen zu finden. Der erste Weg zwingt zur Inkaufnahme von Ergebnissen, die mit der Erwartung nicht übereinstimmen 388, der zweite zur Aufgabe jeglicher dogmatischer Stringenz und dazu, die Ergebnisse sämtlich der rein intuitiven Beurteilung zu unterwerfen. Der dritte Weg schließlich zwingt zur Aufgabe der Vorstellung von einem universalen Zurechnungskriterium. Die Tatsache aber, daß eine Methode nicht Unfehlbarkeit verspricht, sondern in Randbereichen nicht zu den gewünschten Ergebnissen kommt, ist kein legitimer Grund zur Aufgabe der Methode, sondern eher ein Grund, sich über mögliche Ergänzungen Gedanken zu machen. Überdies scheint es erfolgversprechend, den Versuch zu unternehmen, auch diejenigen Fallgruppen zufriedenstellend zu lösen, die sich mit dem Kriterium der Erfolgskausalität nicht greifen lassen. Mit dieser Aufgabe wird sich die Arbeit im 5. Teil beschäftigen. In diesem Sinne wird die vorliegende Arbeit den letztgenannten Weg beschreiten, wobei eine Teildefinition bereits mit dem bisherigen Ergebnissen vorliegt: Kausalität des präsumptiven Gehilfen für den im Sinne dieser Arbeit verstandenen Erfolg der Haupttat ist für die Annahme von Beihilfe stets hinreichend. Danach liegt jedenfalls dann Beihilfe vor, wenn jemand einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Beitrag leistet, ohne Mittäter, Nebentäter oder Anstifter zu sein. Im weiteren Verlauf der Arbeit soll zunächst der Frage nachgegangen werden, ob es eine kausale psychische Beihilfe gibt, bevor sich der Aufgabe zugewandt wird, Kriterien für eine mögliche nicht erfolgskausale Beihilfe zu umreißen.

388 Vgl. dazu auch Spendet FS Dreher (1977), 167, 170 im Hinblick auf den "Schrnieresteherfall": "Andererseits steht dieser in einer gewissen Beziehung zu dem Tater und erscheint strafwürdig.".

Vierter Teil

Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe In Literatur und Rechtsprechung wird nahezu übereinstimmend, insbesondere auch insoweit, als die Kausalität als maßgebliches objektives Kriterium des Beihilfetatbestandes begriffen wird, angenommen, daß eine Hilfeleistung nicht nur physisch, sondern auch psychisch möglich sein soll 1, also durch Beeinflussung dessen, was das denkende, wahrnehmende und handelnde Subjekt in seinen Wahrnehmungen erlebe. Diese Unterscheidung in physische und psychische Beihilfe knüpft zunächst an die Unterscheidung nach Beihilfe durch ,,Rat und Tat" im § 49 a. F. an, wobei die Beeinflussung durch Rat die Möglichkeit psychischer Beihilfe andeutet. Jedoch ist mit der Hilfe durch Rat bei weitem nicht das umfaßt, was allgemein unter den Begriff der psychischen Beihilfe subsumiert wird. Ob die Fälle der Rathilfe, bei denen dem Täter eine Information gegeben und damit die kognitive Seite der Täterpsyche beeinflußt wird, überhaupt Anwendungsfälle der psychischen Beihilfe sind, gilt es zunächst zu klären, unter I, bevor dann das Einwirken auf die voluntative Täterpsyche thematisiert wird, unter II.

I. Das Einwirken auf die kognitive Täterpsyche

als Anwendungsfall der kausalen Erklärung

Die Annahme der Möglichkeit einer kausalen Hilfe durch Rat ist auch nach Streichung der entsprechenden Modalität des alten §49 aus dem Gesetzestext nahezu allgemeine Meinung 3• Hierfür kommen z. B. die Beschreibung des sichersten Wegs zum Tatort, eine Unterrichtung über die Lebensgewohnheiten des Opfers oder die Mitteilung des Tresorcodes 4 in Betracht. 1 Traeger (1904), 33ff.; Engisch (1931), 28; ders., FS v. Weber (1963), 247, 269; v.LisztLb. (21.-22. Aufl.) §51 111; A. Köhler AT (1917) §42 IV2; Laclmer/Kühl § 27, Rdnr. 3; LK-Roxin § 27, Rdnr. lO; Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr. l2; Benfer AT Rdnr.410; Jescbeck/Weigend AT §64 III2c); Kühl AT §20, Rdnr.225; Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 30; Wesse1s/Beulke Rdnr. 581; Rudolphi, StV 1982, 518, 520; Küper, IZ 1981, 251, 256; Weigend FS Nishihara (1998), 197, 209; Spende/, FS Dreher (1977), 167, 176. Heghmanns, GA 2000,473,480 schlägt neuerdings vor, die Beihilfe überhaupt auf die psychische Einflußnahme zu beschränken. Einschränkend: Hruschka, IR 1983, 177, 178. 2 Traeger (1904), 31. 3 LK-Roxin §27, Rdnr. ll; SK-Samson §27, Rdnr.l3; Kühl AT §20, Rdnr.225; Schmidhäuser Lb. 14/136; Köhler AT, 534; Otto, JuS 1982, 557, 564; Rudolphi StV 1982,518, 520; Frisch (1988), 291; Samson (1972), 187. 4 LK-Roxin § 27, Rdnr. 11; SK-Samson § 27, Rdnr. 13; Joerden, JuS 1999, 1063, 1064.

II Osnabrügge

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

Gares wendet hiergegen ein, daß es sich gerade nicht mit naturgesetzmäßiger Sicherheit feststellen läßt, ob der Täter einen Rat, den ihm ein Dritter gegeben hat, auch bei der Tat verwertet hat, so daß man von einer Kausalität sprechen könnte 5 • Der Einwand Gares ist jedoch nicht zutreffend. Jedenfalls der Täter kann mit absoluter Sicherheit sagen, woher die Information stammt. Daß diese Information niemandem außer dem Täter unmittelbar zugänglich ist, begründet keine prinzipielle Unsicherheit, sondern lediglich die forensische Unsicherheit des Beweises. Gares scheint, auch indem er sich auf Kahrs beruft, hier eher den Fall der Motivationssetzung zu meinen, also denjenigen, daß ein Täter durch äußere Reize eines Dritten, beispielsweise Anfeuern, zur Tat motiviert wird. Tatsächlich bestehen insoweit Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Kausalität. Dies aber ist ein anderer Problembereich, der hier mit dem Einwirken auf die voluntative Täterpsyche beschrieben wird, vgl. näher dazu unter II. Im Gegensatz zu der Frage, ob das Anfeuern kausal für die Tat geworden ist, läßt sich aber die Frage, woher der Täter einen Umstand weiß, sicher beantworten. Der Mensch verfügt über kein angeborenes Wissen, weshalb es zwingend ist, daß das durch deren Verwertung demonstrierte Vorhandensein dieser Information ein Informationszufl.uß zuvorgegangen sein muß, sei es durch eigene Informationsverschaffung durch den Täter, sei es durch einen Dritten6 • Diese Informationsverschaffung ist deshalb zwar isoliert keine hinreichende Erklärung des Erfolges, jedoch notwendiger Bestandteil der insgesamt hinreichenden Mindestbedingung des Erfolges. Verschafft jemand dem Täter eine Information, die diesem zuvor unbekannt war, und verwertet der Täter den Gegenstand dieser Information erfolgsrelevant bei der Tat, dann ist der Verschaffer der Information kausal für diesen Erfolg 7 •

Gegenstand der Erklärung ist beim Einwirken auf die kognitive Täterpsyche gerade nicht, ob das durch den Dritten vermittelte Wissen kausal für den Erfolg geworden ist, Gegenstand ist auch nicht der Entschluß des Täters, das Wissen zu verwerten, sondern zunächst nur die Existenz des Wissens als solches 8• Dies verkennt Gores, was durch die Berufung auf Kahrs deutlich wird, der gerade den Entschluß zum Gegenstand der Erklärung macht 9• Im Unterschied zur Beihilfe durch Einwirken auf die kognitive Täterpsyche ist bei der Anstiftung und der psychischen Beihilfe der Entschluß als solcher Gegenstand der Erklärung, zu letzterer siehe näher unter II. Während beispielhaft die Tatsache eines Irrtums beim Betrug kausal verursacht sein kann, indem der Täter dem Opfer Wissen vermittelt, das sich dadurch auszeichnet, falsch zu sein, ist die Frage, ob das Opfer gerade durch den Irrtum zu seiner Vermögensverfügung gebracht wurde, eine ganz andere und auch nach anderen Grundsätzen zu beantwortende Frage. 5 Gores (1982), 89f., der sich hierbei auch auf Kahrs (1968), 22f. beruft. Kahrs schildert aber gerade nicht den Fall der Einflußnahme auf die kognitive Seite der Täterpsyche. 6 Vgl. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 113; Schutz, FS Lackner (1987), 39, 46. 7 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 113; Altenhain (1994), 114. 8 Vgl. auch Altenhain (1994), 114. 9 Vgl. dazu Kahrs (1968), 22ff.

II. Die sogenannte psychische Beihilfe

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Gegenstand der Wissensverschaffung bei der Beihilfe durch Rat kann also genauso die Verschaffung des Wissens um die Tatgelegenheit als solche sein wie der einfache Modalitätenrat Je eher die in Frage stehende Wissensvermittlung auch ohne den präsumptiven Gehilfen denkbar ist, desto schwieriger wird die Beweisführung sein, daß es der Gehilfe war, der dem Täter das Wissen verschaffte. Dies ändert aber nichts am Grundsatz der prinzipiell möglichen Verursachung. Das Wissen um die Fahrtroute eines Geldtransporters, einen besonders wertvollen Tresorinhalt oder auch den Weg eines Joggers, der Ziel eines Mordanschlags werden soll, kann der Täter beispielsweise nicht aus eigenen Überlegungen gewonnen haben. Anders verhält es sich dagegen mit der Wissensverschaffung in bezug auf eine risikominimierte oder gewinnoptimierte Tatausführung. Voraussetzung dafür, daß die Wissensvermittlung als kausale Hilfeleistung angesehen werden kann, ist aber immer, daß das Wissen notwendiger Bestandteil der hinreichenden Mindestbedingung zur kausalen Erklärung des tatbestandliehen Erfolges ist, das heißt also, daß dasjenige, was verursacht wird, legitimer Bestandteil der Erfolgsbeschreibung ist. So verhält es sich beispielsweise beim Irrtum im Rahmen des Betrugstatbestandes, vgl. oben 3. Teil II 1. Weil der Begriff der psychischen Beihilfe also insoweit unscharf ist und sich unter ihn ggf. auch der kausalen Erklärung zugängliche Tatsachen einordnen lassen wie z. B. die Tatsache des Vorhandenseins eines Wissens über bestimmte Umstände, wird hier der ergänzende Begriff der Beeinflussung der voluntativen Täterpsyche für die psychische Beihilfe gewählt. Nur um die so verstandene psychische Beihilfe geht es im folgenden.

II. Die sogenannte psychische Beihilfe Das Einwirken auf die voluntative Täterpsyche Verbindet man die Kausalität als Voraussetzung der Beihilfe mit der Annahme der psychischen Beihilfe, so ergibt sich die Annahme kausal determinierter Vorgänge im psychischen Bereich als notwendige Prämisse. So findet sich schon bei Traeger die Aussage: "Gewiß ist, daß ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen innerem Vorgang und äußerem Reize besteht wie auch zwischen Willensvorgang und Körperbewegung ... Daß der Kausalzusammenhang zwischen jenen Vorgängen kein unmittelbarer ist, sondern durch zum Teil bekannte, zum Teil unbekannte Zwischenglieder vermittelt wird, ist für das Recht bedeutungslos. Ohne jedes Bedenken können wir deshalb auch hier einen Kausalzusammenhang in demselben Sinne annehmen, wie wir ihn auf dem Gebiete des physischen Geschehens angenommen haben ..." 10• Diese Auffassung hat sich sehr verbreitet und bis heute gehalten, so stellt Roxin fest: "An der Kausalität fehlt es schließlich auch nicht dort, wo der gesetzmäßige Zusammen10

II*

Traeger (1904), 33 f.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

bang durch die Psyche eines anderen vermittelt wird" 11 • Allenfalls werden gewisse Beweis- oder Feststellungsschwierigkeiten eingeräumt, die allerdings nichts daran änderten, daß eine Kausalität im psychischen Bereich existiere 12• Auch dort, wo die Kausalität nicht als konstituierendes oder zumindest notwendiges Merkmal der Verbindung von Hilfeleistung und Haupttat begriffen wird, herrscht gleichwohl der Glaube an bestehende Naturgesetze im psychischen Bereich und an die grundsätzliche Aufklärbarkeit: die psychisch vermittelte Kausalität sei jeder anderen Kausalität gleichzustellen 13 • Vor diesem Hintergrund dient die psychische Beihilfe insbesondere dazu, einen Kausalzusammenhang feststellen zu können, wo ein solcher im physischen Bereich nicht aufzuzeigen ist. Dies gilt z. B. für den folgenden Fall, der später noch als Fallbeispiel 9 .I aufgegriffen werden wird: A liefert dem B im Vorfeld von dessen geplanten Einbruch bei C einen Nachschlüssel. B nimmt den Dietrich, der zum Öffnen der Tür geeignet wäre, mit zum Haus des C. Bei dem von B zu ungestüm durchgeführten Versuch, hiermit die Tür zu öffnen, bricht der Dietrich ab. B bricht anderweitig in das Haus ein. Der tatbestandliehe Erfolg, zu dessen Erklärung jedenfalls das Eindringen in das Haus des C Bedingung ist, läßt sich ohne Hinzunahme der Schlüsselübergabe durch A erklären. A ist damit nicht kausal für den Erfolg der Tat des B. Gleichwohl scheint dort, wo Konsens ist, daß an der Prämisse der Kausalität als notwendiger Bedingung für die Beihilfe festzuhalten ist, auch Einigkeit zu bestehen, daß das Verhalten des A einer Strafe würdig ist 14• Deshalb soll sich A nach einigen Stimmen 15 der Beihilfe zum vollendeten Delikt strafbar gemacht haben, was, repräsentativ für Viele, z. B. Baumann wie folgt begründet: "A hat die konkrete Tat des B zwar nicht physisch, aber psychisch unterstützt, denn ohne Werkzeug wäre B vielleicht gar nicht zum Tatort gegangen" 16• Zu demselben Fall schreibt We11 Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 30; ebenso für eine grundsätzliche Geltung der Kausalgesetze im psychischen Bereich: Engisch (1931), 28; ders. (1965), 115, 122, 138; ders., FS v. Weber (1963), 247, 268f.;Jakobs AT7/27; Heinitz, IR 1959, 386, 381;Niedermair, ZStW 107 (1995), 507, 511; Charalambakis, FS Roxin (2001), 625, 634; Frisch (1988), 521, Fn.49; Stein (1988), 146; Neid/inger (1989), 125, Fn. 265; Altenhain (1994), 112, 170ff.; Dencker (1996), 31 ff. 12 Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr. 12; H. Mayer Lb. § 49 IV 1 a); Kühl AT § 20, Rdnr.226; Rudolphi, StV 1982,518, 520; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 505; WeigendFS Nishihara (1998), 197, 209; Scheurl (1972), 98ff.; Gores (1982), 95; Stein (1988), 146; vgl. schon Salamon (1968), 114: "Die Schwierigkeiten der Entscheidung in der Beweisfrage im konkreten Fall sind unlösbar". 13 Stratenwerth AT3, Rdnr. 899; Schmidhäuser Lb. 14/136, Fn. 30; Baumann/Weber!Mitsch AT§ 14, Rdnr. 35. 14 Hierfür spricht die Formulierung bei Iescheck/Weigend AT§ 64 III2c), daß sich nur durch Auflockerung des Kausalitätserfordernisses die Fälle der psychischen Beihilfe unter § 27 subsumieren lassen. 15 Baumann/Weber!Mitsch AT § 31, Rdnr. 19; Bocke/mann/Volk§ 25 III 2a; Jescheck!Wei· gend AT§ 64 III2c); Baumann, JuS 1963, 125, 136; ebenso in der älteren Literatur: Welzel § 16 III3; Mezger Lb. §57II; Bocke/mann, DR 1941 ,987,989. Ebenso das RG, ROSt 58, 113; RG v.07.11.1913 (zitiertnachRGSt58,1 13). 16 Baumann, JuS 1963, 125, 136.

II. Die sogenannte psychische Beihilfe

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ber: "Auch im obigen Fall des nicht benutzten Nachschlüssels liegt die Vermutung nahe, daß [B] den Diebstahl nicht begangen hätte, wenn er nicht den Schlüssel zur Verfügung gehabt hätte" 17• Das als unbillig empfundene Ergebnis einer kausalen Betrachtungsweise erfährt also Korrektur über eine Hilfskonstruktion, nämlich derjenigen der psychischen Beihilfe. Die Möglichkeit dieser Korrektur führt dann auch zu der Ansicht, der Streit um die Kausalität der Beihilfehandlung sei in den praktischen Ergebnissen nicht relevant, da sich, nach Mezger, "bei einer klaren und scharfen Fassung des Kausalitätsbegriffs im wesentlichen das ... gewünschte Ergebnis ohne Verzicht auf ursächlichen Zusammenhang zwischen Teilnahmehandlung und Erfolg erreichen" 18 lasse und somit alle Ansichten letztlich zu identischen Ergebnissen gelangten, da fast in allen Fällen "wenigstens psychische Beihilfe" angenommen werden könne 19• Bei dem Satz "denn ohne das Werkzeug wäre B vielleicht gar nicht zum Tatort gegangen" handelt es sich jedoch keinesfalls um die Feststellung einer Kausalbeziehung, sondern um eine bloße Vermutung. Wie unsicher diese mit dem Titel der psychischen Kausalität versehene Beziehung ist, zeigt bereits die Formulierung "vielleicht". Denn ob B tatsächlich zu Hause geblieben wäre oder nicht, vermag nun niemand mehr zu sagen. Selbst B vermag dies nicht mehr zu sagen, kann er sich doch nicht mehr unbefangen gegenüber der weiteren ja bereits erlebten Entwicklung in die Entscheidungssituation zurückversetzen. Man könnte also Baumann vorwerfen, daß er vorliegend den Grundsatz in dubio pro reo in grober Weise mißachtet, indem er es ungeklärt beläßt ("vielleicht" ), ob die Lieferung des Werkzeuges kausal war, oder nicht. Denn war sie dies nicht, müßte A freigesprochen werden. Aber die Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo ist gerade nicht das, was Baumann Argumentation zum Vorwurf gereicht. Vollendete Beihilfe durch die Hilfskonstruktion der psychischen Kausalität anzunehmen, stößt auf viel grundlegendere Einwände. Ein Verstoß gegen den Zweifelsgrundsatz setzt nämlich voraus, daß tatsächlich ein Zweifel bestehen kann und besteht. Dies ist aber nur möglich, wenn unter bestimmten Voraussetzungen die Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten mit Sicherheit getroffen werden kann, diese Voraussetzungen aber gerade nicht vorliegen, weil der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt ist. Von einem Zweifel kann dagegen jedenfalls dann nicht gesprochen werden, wenn sich die Frage, welche der beiden Möglichkeiten "richtig" ist, nicht nur auf Basis der gegebenen Informationen BaumannfWeberfMitsch AT §31, Rdnr.l9. Lb. § 5711. 19 Vgl. z. B. Baumann, JuS 1963, 125, 136; Mürbe AT, 57: "Denn mag eine physische Unterstützung auch erfolglos geblieben sein, so wird sie doch regelmäßig durch die in ihr liegende Ermutigung des Haupttäters eine (rnit-)ursächliche psychische Unterstützung darstellen." Anders aber C lass, FS Stock ( 1966): "Das Problern hat eine nicht geringe Bedeutung, Begründung und Lösung liegen auf theoretischem Gebiet, die Auswirkungen sind von beträchtlicher Wichtigkeit für die Praxis.". 17

1s Mezger

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

nicht beantworten läßt, sondern sich auch dann nicht beantworten ließe, wenn man Zugriff auf "die Allwissenheit" hätte. Ob es sich bei der Unsicherheit über psychische Vorgänge um einen (aufklärbaren) Zweifel im herkömmlichen Sinne handelt, ist deshalb eine Frage, die für den Umgang mit psychischen Vorgängen maßgebliche Bedeutung erlangt. "Ein intelligentes Wesen, das sowohl alle Kräfte kennt, die in der Natur in einem gegebenen Augenblick wirken, als auch die augenblicklichen Positionen aller Dinge im Universum, wäre in der Lage, die Bewegungen der größten Körper ebenso wie der winzigsten Atome in der Welt in einer einzigen Formel zusammenzufassen, vorausgesetzt, sein Geist wäre mächtig genug, alle Daten der Analyse zu unterwerfen; ihm wäre nichts ungewiß, die Zukunft sowohl wie die Vergangenheit wäre seinem Auge gegenwärtig" 20 • Diese Aussagen, die wie eine Verteidigung der strikten Zurechnung im Strafrecht klingen, stammen in Wirklichkeit von dem französischen Mathematiker Marquis Pierre Sirnon de Laplace aus dem Jahre 1820. Es waren die Erfolge der wissenschaftlichen Theorien, vor allem der Newtonsehen Gravitationstheorie, die Laplace zu der Auffassung brachten, die Welt und das Universum an sich seien völlig determiniert, und wenn man nur den Zustand der Welt in einem beliebigen Moment vollständig beschreiben könne, so lasse sich mit wenigen Gesetzen alles vorhersagen, was auf der Welt geschehen werde. Auch in der juristischen Literatur wurde und wird die Auffassung vertreten, die Dinge seien vorherbestimmt und es gebe somit grundsätzlich nur Aufklärungsmängel, nicht aber prinzipielle, nicht zu behebende Zweifel21 • Aber die Auffassung, alles sei kausal erklärbar, wenn man die Dinge nur betrachten könnte wie "ein an Weisheit uns himmelhoch überlegenes Wesen, welches jede Falte in unserem Gehirn und jede Regung unseres Herzens durchschauen kann" 22 läßt sich mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaften, insbesondere den Erkenntnissen der Quantenphysik23 , nicht mehr halten. Denn um die Vergangenheit zu erklären und die künftigen Positionen der Teilchen vorherzusagen, müßte man die Position eines jeden Teilchens im Raum und seine Geschwindigkeit sehr genau messen können und weiterhin Regeln kennen, nach denen sich die Teilchen verhalten. Die Vorgänge im Atom weisen gegenüber der klassischen Mechanik jedoch Besonderheiten auf, die sich mit der Annahme von strikten Gesetzen nicht vereinbaren lassen. Experimentelle Ergebnisse, ausgehend von der Arbeit Max Plancks über die Strahlungstheorie und fortgeführt von Ein2o Laplace

(1820), Preface. Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 30; Heinitz, JR 1959, 386, 387; Klauser, NJW 1959, 2245; Engisch, FS v. Weber (1963), 247, 269; Altenhain (1994), 117. 22 Planck (1965), 139, 164. 23 =: Die theoretische und systematische Erfassung der Wellen- und Teilchenphänomene im atomaren Bereich; vgl. hierzu Hawking (1988/1991), 75ff.; Maiwald (1980), 23ff.; Heisenberg, Atomphysik und Kausalgesetz, in: Blum u. a. (1984), 376ff.; ders., Das Naturbild der heutigen Physik, in: Blum u.a. (1984), 398ff. 21

II. Die sogenannte psychische Beihilfe

167

stein, Bohr, Sommerfeld24 und schließlich Heisenberg, nach denen Elektronen, die sich auf einer Bahn mit niedriger Energie befinden, in dem Moment, in dem ihnen Energie zugefügt wird, ihre Bahn wechseln, dies jedoch nicht, wie nach der Grundannahme des Nahwirkungsprinzips zu vermuten, sukzessive, sondern in Sprüngen, führten den deutschen Physiker Werner Reisenberg dazu, Ort und Bewegungsgröße von Elektronen nicht nach strikten Gesetzen, sondern nach statistischen Gesetzen zu bestimmen25• Revolutionär daran war die Annahme, daß die experimentellen Ergebnisse nicht Ausfluß noch unperfekter Beobachtungsmöglichkeiten sind, sondern die räumliche Veränderung des Elektrons als prinzipiell nicht determiniert anzusehen ist, so daß sich seine Bahnen nicht mehr nach Kausalgesetzen bestimmen lassen. Mit dieser, die Experimente erklärenden Theorie war gleichzeitig aber auch die Annahme der Allgemeingültigkeit der Nahwirkungsgesetze, deren Geltung ja Voraussetzung dafür ist, überhaupt sinnvoll von Kausalität, Ursachen und Ersatzursachen sprechen zu können, desavouiert26 • Nun ist die Annahme der strikten Geltung der Kausalgesetze damit nicht nur für die Mikrophysik 27 durch die Entdeckung von Quantensprüngen falsifiziert, sie kann auch in der Makrophysik nicht mehr richtig sein, wovon nach Hume, vgl. dazu schon oben I 2. b), bereits aus methodischen Gründen ausgegangen werden mußte, was nunmehr aber durch diese und weitere Erkenntnisse der Naturwissenschaften 28 belegt wird. Aber in der Makrophysik ist es wegen der im irdischen Bereich praktisch nicht wahrnehmbaren Fehlerquote29 ein hinreichend tauglicher Behelf, von der Geltung kausaler Gesetze auszugehen und die verbleibende Unsicherheit zu ignorieren. Es ist zwar durch noch so zahlreiche Experimente nicht sicher zu beweisen, daß jeder schwere Gegenstand, den man auf der Erde aus der Hand gleiten läßt, zu Boden fallt; jedoch ist diese Situation derart oft experimentell nachgestellt und mit einem konstanten Ausgang beobachtet worden, daß man für den täglichen Gebrauch von der Geltung eines strikten Naturgesetzes des Inhalts ausgehen kann, daß auf der Erde schwere Gegenstände in Richtung Boden fallen wenn man sie losläßt. Die aus den Erkenntnissen über den mikrophysikalischen Bereich resultierende grundlegende Unsicherheit über die Möglichkeit der kausalen Erklärung ließe sich 24 Vgl. zur historischen Entwicklung Heisenberg, 50 Jahre Quantentheorie, in: Blum u. a. ( 1984), 354 ff. 25 Heisenberg, 50 Jahre Quantentheorie, in: Blum u.a. (1984), 354, 358; ders., Die Plancksche Entdeckung und die philosophischen Grundlagen der Atomlehre, in: Wandlungen (1959), 160, 169. 26 Heisenberg, Atomphysik und Kausalgesetz, in: Blum u. a. (1984), 376, 379ff.; vgl. auch ders., Neue Physikalische Blätter 2 (1946), 4f.; Reichenbach (1951/1968), 186f. 27 Die Unterscheidung in Mikro- und Makrophysik in diesem Zusammenhang stammt ebenfalls von Heisenberg (1955), 30. 28 Hervorzuheben ist insbesondere die spezielle Relativitätstheorie, vgl. dazu Hawking (1988/1991),29ff., 36f. und weiterhin bei Heisenberg, Atomphysik und Kausalgesetz, in: Blum u. a. (1984), 376, 384, sowie die Darstellung bei Maiwald (1980), 28ff. 29 Maiwald (1980), 42.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

allerdings analog der dargestellten Vereinfachung auflösen, wenn es möglich wäre, auch für den mikrophysikalischen Bereich in dieser Weise Wahrscheinlichkeitsgesetze mit sehr hohen Wahrscheinlichkeilen zu beschreiben, so daß letztlich der obigen Erkenntnis die praktische Relevanz genommen würde. Es müßte dann möglich sein, das "Verhalten" von Elektronen zumindest statistisch zu erfassen, um entsprechende statistische Gesetzmäßigkeilen aufstellen zu können. An dieser Stelle wird eine weitere Überlegung relevant, die als der "Comptoneffekt" bezeichnet wird. Jede Beobachtung, so auch die eines Elektrons, setzt einen lichtelektrischen Effekt beim beobachtenden Medium voraus, so im Auge oder auf der Photozelle. Dieser Effekt resultiert daraus, daß der beobachtete Gegenstand, das Elektron, von einem Lichtquant getroffen wird und dieses beugt. Das Lichtquant wird dann durch die Linsen des Mikroskops nochmals gebeugt, um dann den lichtelektrischen Effekt beim Beobachter oder auf der Photozelle auszulösen. Kurz bevor der Beobachter eine Information über den Ort des beobachteten Gegenstandes erhält, nämlich dann, wenn das Lichtquant das Teilchen trifft, erhält dieses durch das auftreffende Lichtquant einen Impuls. Bei genügend schweren Gegenständen der Beobachtung ist es der Trägheit der Masse zu verdanken, daß der Impuls wirkungslos bleibt, wir würden andernfalls vom Licht gestoßen stetig umherfliegen. Ein Elektron dagegen wird durch den Quantenimpuls in seiner eigenen Geschwindigkeit (korrekt: seinem Impuls) und seiner Bahn verändert; allerdings verliert hierdurch auch das Wort "Bahn" seinen Sinn, denn bereits ein einziges Lichtquant von Licht mit der notwendigen Wellenlänge von weniger als 10- 8 genügt, ein Elektron völlig aus seiner Bahn zu werfen, weshalb von einer solchen Bahn nur ein einzelner Raumpunkt definiert werden kann. Diese Änderung ist um so größer, je kleiner die benutzte Wellenlänge des Lichts ist. Um überhaupt Elektronen "sichtbar" machen zu können, müßte man sie durch ein hochauflösendes Mikroskop betrachten. Mikroskope mit entsprechender Auflösung arbeiten mit dem extrem kurzwelligen und damit energetischen y-Licht. Man lernt also durch das Experiment immer nur etwas über einen Zustand, der aufgrund der Beobachtung nicht mehr wahr ist, die Beobachtungen beschreiben nicht mehr das Verhalten der Teilchen an sich, sondern ihr durch die Beobachtung verändertes Verhalten 30 • Diese "Unschärfe" der Beobachtung findet, wie Heisenberg nachgewiesen hat, im Produkt aus der Ungenauigkeit des Orts und der Geschwindigkeit in der Plankschen Konstante eine Untergrenze, mit anderen Worten, sie wird niemals ein bestimmtes Maß größer 0 unterschreiten. Die mathematische Darstellung des beschriebenen Effekts wird als die Unbestimmtheits- oder Unschärferelation der Quantenmechanik bezeichnet3 1• Nach den Ergebnissen Heisenbergs lassen sich die Veränderungen des Elektrons bei gegebener Geschwindigkeit also weder meßbar 30 Vgl. zum ganzen Heisenberg, Zeitschrift für Physik, Band 43 (1927), 172, 174f.; ders., Das Naturbild der heutigen Physik, in: Blum u. a. (1984), 398,405. 31 Heisenberg, Die Entwicklung der Quantenmechanik, abgedr. in Blum u.a. (1984), 74, 86; ders., Atomphysik und Kausalgesetz, abgedr. in: Blum u.a. (1984), 376, 378.

II. Die sogenannte psychische Beihilfe

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noch überhaupt theoretisch als determiniert beschreiben32• Und anders als im makrophysikalischen Bereich läßt sich noch nicht einmal die Annahme der Geltung von statistisch zumindest angenähert strikten Gesetzen für den subatomaren Bereich aufrechterhalten. Die Unschärferelation bereitete damit dem Laplaceschen Traum(a) von einem absolut deterministischen Modell des Universums ein Ende. Man kann künftige Ereignisse nicht vorhersagen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, ihren gegenwärtigen Zustand genau zu messen 33 oder, mit Heisenberg gesprochen: "An der scharfen Formulierung des Kausalgesetzes: ,Wenn wir die Gegenwart genau kennen, können wir die Zukunft berechnen', ist nicht der Nachsatz, sondern die Voraussetzung falsch. Wir können die Gegenwart in allen Bestimmungsstücken prinzipiell nicht kennenlernen ... Da nun der statistische Charakter der Quantentheorie so eng an die Ungenauigkeit aller Wahrnehmung geknüpft ist, könnte man zu der Vermutung verleitet werden, daß sich hinter der wahrgenommenen statistischen Welt noch eine , wirkliche' Welt verberge, in der das Kausalgesetz gilt. Aber solche Spekulationen erscheinen uns, das betonen wir ausdrücklich, unfruchtbar und sinnlos(...) Weil alle Experimente den Gesetzen der Quantenmechanik( ... ) unterworfen sind, so wird durch die Quantenmechanik die Ungültigkeit des Kausalgesetzes definitiv festgestellt." 34• Obwohl gegen die Ergebnisse Heisenbergs auch Gegenrede laut wurde, erinnert sei an den berühmten Ausspruch Albert Einsteins "Gott würfelt nicht" 35 , der, wie andere 36, trotz, möglicherweise auch gerade wegen aller Erkenntnis nicht akzeptieren wollte, daß das Universum vom Zufall regiert wird, hat sich in den heutigen Naturwissenschaften durchgesetzt, daß jedenfalls die Quantenmechanik ein Bereich der Nichtgeltung determinierter Gesetze und demgemäß der Bereich der Geltung statistischer Gesetze ist 37 • Diese Ergebnisse Reisenbergs sind für den Zusammenhang mit der psychischen Kausalität ganz unmittelbar in zweierlei Hinsicht relevant. Zum einen finden psychische Vorgänge, so sie denn überhaupt mechanistisch zu erklären sind, im mikro32 Vgl. dazu Heisenberg, Zeitschrift für Physik Band 43 (1927), 172, 174ff.; ders. (1971), 170f. 33 Hawking (1988/1991), 77. 34 Heisenberg, Zeitschrift für Physik Band 43 (1927), 173, 197; die Länge des Zitats sei um der Klarheit der Heisenbergschen Aussagewillen verziehen. Anschaulich auch: Heisenberg, Die Entwicklung der Quantenmechanik, abgedr. In Blum u. a. (1984), 74, 77. 35 Das korrekte Zitat Einsteins, bezogen auf die Quantenmechanik, lautet: "1 cannot believe that God plays dice with the cosmos", The London Observer, 05.04.1964. 36 Gegen die Ergebnisse Heisenbergs wandte sich namentlich auch Max Planck (1975), 250ff.; das Scheitern des deterministischen Modells steht auch im Widerspruch zur abendländischen, christlichen Tradition, aus der heraus selbst von Physikern deshalb Widerspruch laut wird, so von Hawking ( 1993/1996), 127 ff. , der ausdrücklich zugesteht, daß menschliches Verhalten nicht vorherzusagen ist, gleichzeitig aber daran festhält, daß "alles vorherbestimmt ist". 37 Siehe zur Darstellung der historischen Entwicklung Heisenberg, Physik und Philosophie (1959); ders., Die Entwicklung der Quantenmechanik, abgedr. In Blum u. a. (1984), 74; des weiteren Carnap (1974), 279ff.; Koriath (1988), 49; Reichenbach (1951/1968), 186f.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

physikalischen Bereich statt und entziehen sich dadurch schon aus prinzipiellen Gründen der Erforschung. Zum zweiten gilt das, was für die Elektronen aufgrund ihrer geringen Masse gilt, für die Menschen aufgrund ihrer Fähigkeit zu denken: Jede experimentelle Anordnung beeinßußt den Menschen als Objekt des Experiments, und eine Reproduzierbarkeit und damit auch die Gewinnung anderer Daten als bloßer Einzelergebnisse ist per se ausgeschlossen. Stratenwerth hat darauf hingewiesen, daß sich die Fallkonstellation von BGHSt 11, 1, nicht wiederholen ließe; hier hatte ein LKW in pflichtwidrig zu kleinem Seitenabstand einen nach AlkoholgenuS nicht in gerader Spur fahrenden Radfahrer überholt, tangiert und getötet. Denn alleine die Tatsache, daß der betroffene Radfahrer um das Experiment wüßte, schlösse ein brauchbares Ergebnis aus 38 • Wenn Koriath also behauptet, daß man analog des Umgangs mit der Unmöglichkeit induktiver Verifikation empirischer Gesetze auch im mikrophysikalischen Bereich nicht genötigt ist, auf die kausale Sprechweise zu verzichten 39, so übersieht er die prinzipielle Unmöglichkeit der Gewinnung empirischer Daten und damit die maßgebliche Unvergleichlichkeit beider Bereiche. Um nun die Bedeutung des Dargestellten für die Belange der psychischen Beihilfe zu ergründen, soll gar nicht so weit gegangen werden, wie dies Demokrit nabelegt mit der Aussage "Nur scheinbar ist ein Ding süß oder bitter, nur scheinbar hat es eine Farbe, in Wirklichkeit gibt es nur die Atome und den leeren Raum" 40• Zu den Bereichen, in denen die entscheidenden Vorgänge sich subatomar abspielen, gehört aber jedenfalls der psychische Bereich. Die Vorgänge, nach denen im Gehirn des Menschen angeregt Entscheidungen getroffen werden, sind nicht nur nicht hinreichend erforscht, um allgemeine Gesetzmäßigkeiten aufstellen zu können, sondern unterfallen vor allem den Vorbehalten gegen die Geltung strikter Gesetze überhaupt. Es gibt konsequenterweise im menschlichen Verhalten ein aus der Quantenmechanik folgendes Zufallselement. Damit ist nicht nur die Vorhersage von menschlichem Verhalten allenfalls bedingt möglich, nämlich als Transfer eigener oder empirisch gewonnener Verhaltensvorstellungen Dritter, sondern auch die kausale Erklärung menschlichen Verhaltens ausgeschlossen. Selbst die im physischen Bereich hilfreiche Annäherung an als strikt vorgestellte Gesetze kann hier in Anbetracht der Unmöglichkeit, die experimentelle Situation zu reproduzieren, nicht helfen, vgl. oben. Es läßt sich beispielsweise mit sehr großer Aussicht auf Richtigkeit anhand der noch nicht falsifizierten Naturgesetze erklären, warum sich eine Kugel aus dem Lauf der Waffe löste und weiterhin auch, warum eine bestimmte Wunde beim getroffenen Menschen zum Tode führte. Aber warum entschloß sich Gaius Julius Caesar im Jahre 49 v. Chr., den Rubikon zu überqueren? Und welch glücklicher Fügung ist es zu verdanken, daß sich die Volkspolizisten, die am Abend des 09. November 1989 an der Berliner Mauer Dienst taten, entschlossen, nicht geStratenwerth, FS Gallas (1973), 227,223. Koriath (1988), 49. 40 Zitiert nach Heisenberg, Atomphysik und Kausalgesetz, in: Blum u. a. (1984), 376, 378.

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mäß ihren Befehlen41 zu reagieren, als die ersten Menschen aus West-Berlin begannen, die Mauer zu ersteigen; warum blieben sie passiv, als die ersten Bürger OstBerUns durch die engen Durchgänge der "Check-Points" nach Westen drängten? Diese menschlichen Entscheidungen lassen sich nicht kausal erklären, allenfalls anhand von Motivationszusammenhängen nachvollziehen, hier vielleicht der Instinkt des Feldherren für den richtigen Moment, dort vielleicht die Kenntnis um die Worte Erich Schabowkis auf der berühmt gewordenen Pressekonferenz am Abend des 09. Novembers 1989. Aber Motivationszusammenhänge lassen sich nicht spezifisch für das betroffene Individuum feststellen, sondern gründen bestenfalls auf Erfahrungswissen, regelmäßig aber nur auf die Einschätzung des Beurteilenden über mögliche Motive. Selbst wenn sie sogar im Einzelfall als inneres Erlebnis des Betroffenen feststellbar wären, z. B. durch Befragung, würde sie dies noch nicht zu einem gesetzmäßigen Zusammenhang machen. Deshalb sind die Geschichtswissenschaften nach dem Geschmack des Juristen so wenig exakt in der Erklärung dessen, was geschah. Doch für jede Erklärung menschlichen Verhaltens gilt, daß der Richter der einzige Sachverständige ist. Seelische Vorgänge, die der Willensbildung zugrunde liegen, folgen nicht den Regeln empirischer Wissenschaft wie schwere Körper den Gesetzen der klassischen Mechanik folgen. Nach den modernen Entwicklungen der Naturwissenschaften ist aber auch nicht mehr fraglich, daß das Unwissen über psychische Gesetzmäßigkeilen kein Ergebnis bislang nicht ausreichender Erkenntnismethoden ist, sondern prinzipielle Gründe hat, nach denen die Anwendung einer auf strikte "Gesetze" basierenden Kausalitätsfeststellung ausscheidet. Insbesondere in diesem Bereich hat der Laplacesche Weltgeist42 damit endgültig abgedankt43 • Daß diese Erkenntnisse auch für das Strafrecht gelten muß, da seine Zurechnungssubjekte mit den Untersuchungsobjekten der Naturwissenschaften identisch sind, hat zuerst Stratenwerth 44 erkannt. Ob eine ärztliche Behandlung zum Erfolg der Heilung führt, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab und selbst bei Kenntnis aller Umstände, die auf den Patienten einwirken, läßt sich keine sichere Aussage über die Heilung machen, sondern stets nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage. Ob ein Fußballschiedsrichter in einer Entscheidungssituation die richtige Entscheidung trifft, ist nicht nur von seiner theoretischen Ausbildung, seiner körperlichen Fitneß, den Umständen im Stadion etc. abhängig, sondern auch von seiner Tagesform. Eine sichere Prognose darüber, wie in einer bestimmten Situation entschieden werden 41 Für die Einheiten der ostdeutschen Grenzpolizei hatte der Polizeichef von Ost-Berlin, Generalleutnant Friedhelm Rausch am 26.10.1989 eigens eine Urlaubssperre verhängt, weil man befürchtete, daß im Durcheinander der Demonstrationen Bürger wie diejenigen, die in Prag über den Zaun der deutschen Botschaft gestiegen waren, die Gelegenheit nutzen könnten, unbemerkt über die Mauer zu klettern. 42 Begriffsbildung nach Emil du Bois-Reymond, vgl. Planck (1965), 139ff., 161. 43 So auch Koriath (1988), 48f.; Hawking (1988/1991), 75, 77. 44 Stratenwerth, FS Gallas (1973), 227, 233; vgl. aber auch schonH. Mayer, FS Rittler (1957), 243, 256ff.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

wird, ist nicht möglich, allenfalls eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die auf plausiblen Motivationszusammenhängen beruht, vgl. dazu unten 5. Teil V. Auch wie ein Autofahrer, mit einer bestimmten Situation konfrontiert reagiert, läßt sich nicht vorhersagen und noch nicht einmal nachträglich stets erklären. Immer ist es möglich, daß ein Mensch eine Handlungsentscheidung "aus dem Bauch heraus" trifft, deren Begründung noch nicht einmal er selber geben könnte. Gerade in Fragen der menschlichen Leistungsfähigkeit, aber auch bei der Entwicklung von Krankheitsverläufen und genauso hinsichtlich menschlicher Entscheidungen kann von einer strikten Kausalität nicht die Rede sein. Der Bereich wissenschaftlicher Erklärung, in denen Kausalgesetze nicht vorhanden sind, wird als prinzipiell nicht determinierter Bereich bezeichnet45 • Man kann nun daran zweifeln, ob der Unterschied zwischen determiniertem und nichtdeterminiertem Bereich überhaupt existiert, oder ob nicht vielmehr aufgrund der großen Anzahl der prinzipiell nicht determinierten und nicht den Nahwirkungsgesetzen folgenden Teilchen, die, in eine große Form gebracht, von uns z. B. als "Vase" bezeichnete Gegenstände konstituieren, in statistischer Vereinfachung angenommen wird, der Gegenstand der makrophysikalischen Beobachtung folge qualitativ anderen Gesetzen als seine dem mikrophysikalischen Bereich angehörenden Bestandteile, das Ganze verhalte sich also grundlegend anders als die bloße Summe seiner Teile dies erlauben. Da die Existenz eines kausal determinierten Bereiches aber jedenfalls nicht der positiven Nachweisbarkeit unterliegt, vgl. oben, wäre diese Diskussion in diesem Kontext fruchtlos. Die Ergebnisse der empirischen Wissenschaften rechtfertigen es, in bestimmten Bereichen, die aufgrundder hohen empirischen Bestätigung und bislang nicht erfolgten Falsifizierung als determiniert bezeichnet werden, am Modell der Kausalerklärung im Sinne determinierter Verläufe festzuhalten. Stratenwerths Erkenntnis beginnt sich auch im Strafrecht durchzusetzen46• Daß das Strafrecht mit der Möglichkeit eines Schuldvorwurfs überhaupt von dem Grundsatz ausgehen muß, daß das Handeln des Menschen nicht determiniert ist, sondern frei 47 , ist nur ein weiterer Aspekt, der die Annahme strikter Gesetzmäßigkeiten in diesem Bereich in Frage stellt. Auch der Hinweis darauf, daßtrotzder Willensfreiheit die menschlichen Handlungen nicht Zufallsprodukte sind, sondern je45 Stratenwerth, FS Gallas (1973), 227, 223f.; ders. ZStW 87 (1975), 961, 967; Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 293ff.; dies. NK Vor§ 13, Rdnr.120ff.; ebenso Horn (1973), 191. 46 Lackner/Küh/ Vor § 13 Rdnr. 10; Jescheck/Weigend AT § 37 I 2 b ); Otto AT § 6, Rdnr. 37; Schünemann JA 1975,650f.; Hruschka, IR 1977, 177, 178; Walder, SchwZStR 93 (1977), 160ff.; Ranft, ZStW 97 (1985), 268, 281; Hansen, Jura 1990, 510, 515; Puppe, IR 1994,515, 516; dies. ZStW 95 (1983), 287, 299ff.; Hilgendorf, Jura 1995,514, 520; Jakabs, FS Lackner (1987), 53, 65, Fn. 17; Lampe, GS Arrnin Kaufmann (1989), 189, 190; Wo(ff(l965) , 20f.; BurgstaUer (1974), 144f.; Joerden (1988), 113; Vogel (1993), 82. 47 Vgl. schon Kahrs (1968), 23ff.; Jescheck/Weigend AT §37 12b); Scheurl (1972), 100, aber auch den grundlegenden Aufsatz von Planck (1965), 139ff. (Kausalgesetz und Willensfreiheit).

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denfalls motiviert werden können 48 , ändert nichts daran, daß die Annahme des freien Willens eine strikt kausale Determination der psychischen Vorgänge ausschließt. Zudem ist die Gegenmeinung, die die Nichtgeltung der Erkenntnisse anderer Wissenschaften im strafrechtlichen Kontext behauptet, eine Begründung schuldig geblieben. Dencker weist darauf hin, daß selbst dann, wenn Umstände der Zufälligkeit folgen, so z. B. ein Losgewinn, diese Umstände doch notwendige Bedingungen haben können, so den Kauf des Loses durch den späteren Gewinner49 • Darauf aufbauend behauptet er: "Läßt sich feststellen, daß ohne das Vorhandensein eines bestimmten Außenweltreizes (z. B. einer Anstiftungshandlung) ein Tatentschluß und damit eine Tat nicht entstanden wäre, läßt sich dieser Umstand auch als notwendige Bedingung und damit als (,psychisch') kausal anstandslos bezeichnen"50• Aber Ereignisse (z. B. der Losgewinn) haben immer bestimmte logische Voraussetzungen, von deren Vorhandensein der Ereigniseintritt notwendig abhängig ist, z. B. der Loskauf, ebenso stets die Existenz des sich Entscheidenden. Gleichwohllassen sich keine Determinanten für die Entscheidung angeben, aus deren Vorliegen die Entscheidung kausal folgt. Aus dem Vorliegen aller Bedingungen der hinreichenden Mindestbedingung muß nämlich zur Annahme einer Kausalität der Erfolg notwendig folgen, immerwenn-dann, vgl. oben 3. Teil I 2. Kann bei Vorliegen aller Antecedensbedingungen der Erfolg eintreten, muß es aber nicht, dann hängt sein Eintritt eben noch von anderen Umständen außer den genannten ab, diese erklären also nicht vollständig den Eintritt oder Nichteintritt Es liegt dann keine Mindestbedingung vor, oder eine kausale Erklärung ist, da der Eintritt des Erfolges nicht kausal determiniert ist, nach strikter Kausalität nicht möglich. Aus dem Kauf eines Loses folgt eben nicht notwendig der Losgewinn, sondern nur möglicherweise. Wollte man den Losgewinn kausal erklären, so müßte man Umstände aufzeigen, aus deren kumulativen Vorliegen der Gewinn notwendig folgt, nicht nur eine der logisch zwingenden Voraussetzungen dafür, daß es überhaupt zum Losgewinn kommen kann. Dies ist gerade nicht möglich. Es läßt sich lediglich eine analytische (logische) Bedingung angeben, nicht aber eine kausale Erklärung des Ereignisses. So ist Denckers Feststellung, daß für das Strafrecht diese praktische Möglichkeit der Bestimmung notwendiger Bedingungen vollständig ausreiche, nicht richtig. Aus der Tatsache, daß die Existenz des Angestifteten z. B. eine logisch notwendige Bedingung dafür ist, daß es zu einer Anstiftung kam, läßt sich nicht folgern, daß der Tatentschluß aus der Anstiftung resultiert. Der Wille ist zwar an die Existenz gebunden, im übrigen aber frei. Und die Tatsache der Existenz notwendiger Rahmenbedingungen zwingt noch lange nicht zu der Annahme strikter Kausalität. Dencker führt weiter das Beispiel eines beleidigenden Briefes an, der den Adressaten auf dem Postwege erreicht, und stellt fest, daß auf dem Postwege viele PostSalamon (1968), 111. Dencker (1996), 40. so Dencker (1996), 40.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

bedienstete als Werkzeuge notwendig sind, um den Brief zu befördern. Obwohl auch diese einen freien Willen haben, zweifle keiner an der Kausalität des Briefeschreibers für die Beleidigung 51• Allerdings ist auch nicht die Tatsache der Beförderung des Briefes kausal zu erklären, sondern die Beleidigung des Adressaten. Die Besonderheit bei der juristischen Zurechnung ist nun, daß man in einer hinreichenden Gesamtbedingung zur kausalen Erklärung des Erfolges Bedingungen, die selber nicht Gegenstand der kausalen Erklärung sind, als gegeben setzen kann 52• Liefert beispielsweise der Gehilfe dem Haupttäter eine Pistole, mit der dieser dann sein Opfer erschießt, dann ist aus Sicht des Gehilfen zum Zeitpunkt seiner Handlung der weitere Ablauf, beispielsweise die Verwendung der Waffe zur Tat, keineswegs sicher, denn der Haupttäter ist in seiner Handlung ja frei. Dies wirft übrigens für den Vorsatz des Gehilfen keine Probleme auf, denn zu dessen Bejahung muß der Gehilfe den weiteren Ablauf ja nicht als zwingend und bei ungestörtem Verlauf unabwendbar vorausgesehen haben. Erklärt man nun aber den gegebenen Erfolg kausal, dann ist die Existenz der Waffe gleichwohl eine notwendige Bedingung in der kausalen Erklärung, denn ohne Existenz der Waffe läßt sich nicht der Erfolgseintritt im Rahmen einer wahren kausalen Gesamtbedingung erklären. Dies ist trotz der lndeterminiertheit des Haupttäters möglich, weil Erklärungsobjekt der tatbestandliehe Erfolg und nicht derTatentschluß des Haupttäters ist. Der Tod als strafrechtlicher Erfolg läßt sich durch eine hinreichende Gesamtbedingung kausal erklären, und die Waffe ist notwendiger Bestandteil dieser Erklärung. Die Tatsache der Handlung des Haupttäters muß in der kausalen Erklärung des Erfolges also stets als gegeben in die Erklärung einbezogen werden. Daß im Rahmen einer Kausalerklärung eine andere Entwicklung möglich gewesen wäre, schließt die Bedingungsqualität also dann nicht aus, wenn feststeht, daß die fragliche Bedingung notwendiger Bestandteil der hinreichenden Bedingung ist. Daß der Brief beim Adressaten anlangte, läßt sich somit kausal durch die Beförderung erklären, völlig ungeachtet der Frage, ob die Postbediensteten auch anders gekonnt hätten. Mit anderen Worten: Es braucht gar nicht erklärt zu werden, warum die Postbediensteten so und nicht anders gehandelt hat, sondern es bedarf zur Erklärung des Briefzugangs nur der Tatsache, daß sie so gehandelt haben. Daß sie eine andere Handlungsmöglichkeit gehabt hätte, schließt im übrigen, auch wenn dies nicht unmittelbar mit dem hiesigen Thema zusammenhängt, nicht den Vorsatz des Briefeschreibers aus, denn wenn niemand die Möglichkeit des vorsätzlichen und pflichtwidrigen Dazwischentretenseines Dritten in seine Vorstellung vom Kausalverlauf einbeziehen muß, gilt das umgekehrte für das pflichtgemäße Handeln eines Dritten. Niemand kann sich auf den Standpunkt stellen, aufgrund der Willensfreiheit der Postbediensteten nicht mit der Möglichkeit der Beförderung eines Briefes, den er zur Post gegeben hat, gerechnet zu haben oder nicht habe rechnen können. 51 52

Dencker (1996), 42. Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 294.

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Anders wäre es, wenn die Beförderung durch den Postboten oder, um ein vergleichbares aber strafrechtlich relevantes Beispiel zu wählen, die pflichtwidrige Ausstellung einer Urkunde durch einen Beamten der erklärungsbedürftige Erfolg wäre. Dann ließe sich aufgrund des freien Willens nicht beantworten, ob es die Geldleistung durch den von der Urkunde Begünstigten war, die den Entschluß des Beamten verursachte, oder ob er vielmehr dem Irrtum erlag, auf den er sich im Zweifel berufen wird. Zwar mag eine Geldzahlung noch sehr zu der hiermit verbundenen Leistung motivieren, kausal determinieren kann sie diese nicht53 • Demselben Fehler wie Denker ist auch bereits Samson erlegen. Samson geht von der Feststellung aus, daß die Kausalität eines Umstandes für einen Erfolg nicht mit der Behauptung geleugnet werden kann, der Eintritt des Umstandes sei nur zufallig und nicht zwangsläufig. Von diesem zutreffenden Standpunkt aus leitet Samson über auf die psychische Kausalität: "Das gleiche gilt für ein von außen herangetragenes Motiv; läßt der Täter die Wirkung des Motivs zu, obwohl er sich ihr versagen könnte, dann verursacht das Motiv den Entschluß im Sinne der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung" 54• Beide Fallgestaltungen sind aber nicht identisch, denn in der letzteren ist "der Umstand" der ersten Fallgestaltung das Motiv und nicht der Erfolg. Ob dagegen das Vorliegen des Motivs den Handlungsentschluß (Erfolg) verursachte, ist eine prinzipiell nicht zu beantwortende Frage, denn die Vorgänge zur Entschlußbildung folgen keinen mechanistischen Naturgesetzen. In der ersten Fallgestaltung setzt Samson bereits als Prämisse voraus, daß ein Umstand für einen Erfolg kausal ist, so z. B. die Beförderung des Briefes für die Existenz des Briefes beim Empfanger. Diese Prämisse läßt sich aber nicht auf die zweite Fallgestaltung übertragen, da aufgrund der prinzipiellen Unbestimmtheit nicht zu klären ist, warum der Tater so und nicht anders gehandelt hat. Samsons Schluß von seinen Vorüberlegungen auf die Konsequenz ("Ergreift der Täter in voller Freiheit einen an ihn herangetragenen Plan und führt ihn aus, dann ist dieser Plan für den Erfolg ursächlich geworden, obwohl der Entschluß, ihn zu ergreifen, nicht zwangsläufig entstand"55) ist also im Sinne strikter Kausalität nicht zulässig, da die Frage, warum derTaterden Plan ausführte, gerade Gegenstand der prinzipiellen Unaufklärbarkeit ist. 53 Ein identisches Problem beschäftigte den BGH im sog. "Referendarfall", BGHSt 13, 13. Ein Referendar hatte einen Kaufmann, der ihn offensichtlich für einen Richter hielt, um einen Kredit von 2000DM angegangen mit der falschen Behauptung, er erwarte in Kürze Geld aus Bergwerks-Aktien und weiteres Geld von seinem reichen Vater, benötige den Kredit also nur ganz kurzfristig. In dem Strafverfahren gegen den Referendar wegen Betruges erklärte der Kaufmann, er hätte dem Angeklagten den Kredit auch dann gegeben, wenn er gewußt hätte, daß er nicht Richter, sondern nur Referendar war und wenn er ihm nichts von Bergwerks-Aktien und einem reichen Vater vorgelogen hätte. Der BGH mühte sich, die Kausalität des Referendars vor dem Hintergrund der Wegdenkmethode der conditio-Forrnel zu bejahen. Tatsächlich ist dies aber, ungeachtet der Fragwürdigkeit der Methode als solcher, gar kein Bereich, in dem sich mit Kausalität arbeiten läßt. 54 Samson (1972), 186. 55 Samson (1972), 186.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

Schließlich wird vorgebracht, es sei nicht möglich, eine Unterscheidung zwischen determiniertem und nichtdeterminiertem Bereich zu treffen 56• Die Unterscheidung zwischen determiniertem und indeterminiertem Bereich beruht phänomenologisch auf der Beobachtung, daß bestimmte Ereignisse bei Vorliegen bestimmter Bedingungen stets, d. h. ohne Ausnahme eintreten, andere nur mit einer bestimmten Häufigkeit, sowie der aus den Erkenntnissen der Physik folgenden Erkenntnis, daß jedenfalls in bestimmten Bereichen keine kausalen Gesetzmäßigkeilen existieren. Aufgrund der Tatsache, daß auch der "determinierte Bereich" nur einen Bereich bezeichnet, in dem es möglich ist, aufgrund prägnanter empirischer Daten, die eine hohe statistische Wahrscheinlichkeit zeigen, Wahrscheinlichkeitsgesetze mit sehr hohem Grad der Wahrscheinlichkeit aufzustellen, läßt es sich nicht ausschließen daß auch Bereiche in denen kausale Gesetze von den Naturwissenschaften aufgestellt werden, in Wahrheit nicht determiniert sind; das Gegenteil läßt sich nur vermuten, aufgrund der prinzipiellen Unzulänglichkeit des Induktionsschlusses aber nicht beweisen. Die Unterscheidung zwischen determiniertem und nichtdeterminiertem Bereich stößt also bereits aus den Gründen der prinzipiellen Beschränktheit der Erkenntnisgewinnung durch die Methode der Induktion an seine Grenzen, und der Einwand, daß eine Unterscheidung nicht möglich ist, ist daher aus erkenntnistheoretischen Gründen nicht zu widerlegen 57 • Es läßt sich weder nachweisen, daß es überhaupt einen determinierten Bereich gibt, noch läßt sich der postulierte determinierte Bereich von dem nichtdeterminierten Bereich scharf trennen. So zutreffend aber dieser Einwand ist, so falsch wäre es, hieraus den Schluß zu ziehen, auf eine Zurechnung im nichtdeterminierten Bereich ganz zu verzichten 58• Denn die Zurechnung im nichtdeterminierten Bereich ist nach dem Gesagten sogar die grundlegende Methode der Zurechnung, da aufgrund der logischen Einwände gegen die tragende Methode der Empirie, den Induktionsschluß sowie aufgrund der ganz praktischen Probleme der Beobachtung, vgl. dazu oben, dieAnnahme der Existenz von Kausalgesetzen auf einer terminologischen Vereinfachung beruht, vgl. genauer dazu unten 5. Teil V 2. a). Der Vorschlag müßte konsequent also lauten, statt auf die Zurechnung nach Risikoerhöhung auf die Zurechnung nach Kausalität zu verzichten. Krümpelmann weist darauf hin, daß "mindestens in Grenzfällen" im sog. nichtdeterminierten Bereich ebenso sichere Aussagen möglich seien wie im kausalmechanischen Bereich. Er führt als Beispiel für solche Fälle die Nahrungsverweigerung eines neurotisch Magersüchtigen im Endstadium der Krankheit an, wo es praktisch keinen Unsicherheit über den weiteren Verlauf gebe. Hieraus möchte Krümpelmann die Konsequenz ziehen, daß kein grundsätzlich indeterminierter Bereich zu fixieren sei 59 • Aber dort, wo der Eintritt eines Erfolgs prinzipiell nicht kausalen 56 SK-Samson Anh. zu§ 16, Rdnr.27a; ders., FS We1zel (1974), 579,593, Fn.68; Krümpelmann GA 1984, 491 , 499f. 57 Vgl. dazu auch NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.132. 58 So aber SK-Samson Anh zu§ 16, Rdnr. 27 a. 59 Krümpelmann, GA 1984,491 , 500.

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Gesetzen unterliegt, läßt sich gleichwohl noch unterscheiden in unterschiedliche Grade der Wahrscheinlichkeit, die von nahezu 0% bis hin zu nahezu 100% bezogen auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses liegen können. Die Erkenntnis, daß ein Mensch, dem man 200g Zyankali verabreicht, mit nahezu 100%iger Sicherheit sterben wird, ändert nichts daran, daß der Vorgang der Vergiftung und der körperlichen Reaktion prinzipiell keinen Kausalgesetzen folgt. Mit der Erhöhung der Giftdosis wird nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, nicht aber die Qualität der Erklärung verändert. Weiter wendet Krümpelmann ein, daß man nie sicher sein könne, daß nicht nachträglich Tatsachen bekannt würden, die auch die Erklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen widerlegten. Wenn dies aber auch im vorgeblich nichtdeterminierten Bereich möglich sei, dann könne man nie sicher sein, daß nicht eines Tages doch alle Umstände aufzuklären sind. Damit sei die Ungewißheit keine prinzipielle60 • Richtig am Vorbringen Krümpelmanns ist, daß sich auch Aussagen im nichtdeterminierten Bereich stets auf eine Tatsachengrundlage stützt, die der Aufklärung bedarf und bei der stets die Möglichkeit besteht, daß neue Tatsachen die Beurteilung verändern. Es ist sicherzustellen, daß vor einer Aussage über mögliche weitere Verläufe im nichtderminierten Bereich, diese Tatsachengrundlage möglichst vollständig ist, vgl. genauer dazu noch 5. Teil V 2. a). Insofern unterscheidet sich die Erklärung nach Wahrscheinlichkeilen nicht von der nach Kausalgesetzen. Gegen eine Widerlegung durch Entdeckung einer neuen Tatsache, aufgrund derer sich die Tatsachengrundlage verändert, ist auch eine Kausalerklärung nach strikt kausalen Gesetzen nicht gefeit. Wenn Krümpelmann daraus aber Schlüsse für die Frage der Existenz prinzipiell nicht determinierter Bereiche ziehen möchte, so konfundiert er die stete Unsicherheit über die Vollständigkeit der Information über die Tatsachengrundlage mit der Frage, ob jene Tatsachen selbst dann, wenn sie vollständig bekannt wären, einen Erfolgseintritt als notwendig erklären könnten. Die besondere Qualität nun von Aussagen über den Verlauf der Dinge im nichtdeterminierten Bereich, sei es als Prognose, sei es als Versuch der Erfolgserklärung, ist, daß die These, ein bestimmter ein Umstand führe notwendig zu einem Erfolg bzw. habe zu diesem geführt, sich nicht im Sinne von "wahr" oder "falsch" beantworten läßt, sondern nur im Sinne von "mehr oder weniger wahrscheinlich", und zwar aus prinzipiellen und nicht behebbaren Gründen. Damit hat sich gezeigt, daß Baumann in seiner Argumentation zu Fallbeispiel 9.1 keinesfalls ein Verstoß gegen den Zweifelsgrundsalz vorzuwerfen ist, denn in dem fraglichen Bereich kann es keinen entscheidbaren Zweifel geben. Was Baumann jedoch vorzuwerfen ist, ist die unmethodische Zurechnung durch ein Institut, das, genau wie Baumanns Begründung der Zurechnung, den Anschein der Exaktheit erweckt, ohne daß diese Exaktheit prinzipiell erreichbar ist. Da dies aber so ist, darf die Begründung der Zurechnung nicht bei der Berufung auf eine angebliche psychische Kausalität stehenbleiben, sondern muß sich um aussagekräftige und verläßliche Zurechnungskriterien bemühen. 60

Krümpelmann, GA 1984,491,501.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

Daß tatsächlich keine Gesetzmäßigkeilen innerhalb der Psyche des Menschen existieren, die diese determinierten, wirkt sich auch im praktischen Umgang mit dem Institut der psychischen Beihilfe aus. Ein Urteil kann nicht strikte Gesetze falsch anwenden, wenn es solche gar nicht gibt, was eine an den Ergebnissen orientierte Beliebigkeit der Rechtsanwendung zur Konsequenz hat. Die psychische Beihilfe ist auf diese Weise zum Auffangtatbestand 61 geworden, dessen Verwirklichung man jemanden revisionsfest zumindest immer dann beschuldigen kann, wenn sich andere Tatvorwürfe nicht nachweisen lassen, das Rechtsempfinden gleichwohl aber eine Strafbarkeit verlangt und sich so das Judiz der Rechtsprechung durchsetzt62. Gleichzeitig wird gefordert, daß die Fallgruppen der psychischen Beihilfe, so das Bestärken des Täterwillens, nicht zu einer "immer passenden Floskel" werden dürfen63. Indem aber zur Vermeidung dieser Erscheinung der "Nachweis wirklicher psychischer Beeinflussung" 64 gefordert wird, wird verkannt, daß die Floskelhaftigkeit die notwendige Konsequenz gerade der Nichterfüllbarkeit dieser Forderung ist. Denn die Rede von etwas, was nicht existiert, ist zwingend floskelhaft. Im Ergebnis führt die Berufung auf die psychische Beeinflussung aber nicht nur zu gerecht erscheinenden Ergebnissen im Einzelfall, sondern hat auch Rückwirkungen auf die Dogmatik. Denn die solchermaßen für den Einzelfall bequeme Rechtsfigur der psychischen Beihilfe führt zur Auflösung klarer und differenzierter Konturen einer in sich schlüssigen Teilnahmelehre, weil es einer solchen dann nicht mehr bedarf65 • Eine Beendigung des Bemühens um den Nachweis einer klaren Zurechnungsbeziehung mit dem Hinweis, daß "wenigstens psychische Beihilfe vorliegt" 66 ist dann eine bequeme und naheliegende Lösung. Auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse ist nun festzustellen, welcher Anwendungsbereich für die erfolgskausale psychische Beihilfe verbleibt. Einwirkungen auf die voluntative Täterpsyche sind z. B. vorstellbar indem sie einen Täter in seinem Tatentschluß bestärken oder, freilich wäre dies strafrechtlich irrelevant, ihm diesen ausreden. In Rechtsprechung und Lehre werden mehrere Anwendungsfälle der psychischen Beihilfe durch Einwirken auf die voluntative Täterpsyche diskutiert.

61

639.

SK-Samson § 27, Rdnr. l4f.; Scheurl (1972), 98; Charalambakis, FS Roxin (2001), 625,

62 Roxin GS Sehröder (1978), 145, 160; Samson (1972), 181; i.E. auch Scheurl (1972), 101: "Immerhin handelt es sich um Fälle, in denen ganz allgemein ein Strafbedürfnis angenommen wird". 63 Scheurl (1972), 104. 64 Scheur/ (1972), 104. 65 Hruschka, JR 1983, 177, 178. 66 SK-Samson § 27, Rdnr. 6; Baumann/Weber/Mitsch AT § 31, Rdnr. 18; Brodag AT Rdnr. 580; Mürbe AT, 57; Mezger Lb. § 5711; Welzel AT § 16 III 3; Baumann JuS 1963, 125, 136; Dreher (1972), 251.

II. Die sogenannte psychische Beihilfe

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1. Das Vermitteln eines höheren Gefühls der Sicherheit und das Bestärken des Tatentschlusses als psychische Beihilfe? Als Beispiel für die Einwirkung auf die voluntative Täterpsyche wird zuvorderst das Bestärken des Tatentschlusses und das Vermitteln eines Gefühls der Sicherheit genannt67 • Die Argumentation, der Gehilfe habe dem Tater ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit gegeben, wird von der Rechtsprechung vorwiegend dort genutzt, wo sich eine Beziehung des Gehilfenverhaltens zur Haupttat, sei es als Kausalität, sei es nur als Förderlichkeil im Sinne der Rechtsprechung, nicht herstellen läßt. So verurteilte der BGH am 25.10.196668 den der Beihilfe angeklagten A, der mit zwei anderen und dem späteren Opfer des Nachts in einen einsamen Feldweg gefahren war. Dort stiegen alle Mitfahrer aus dem Fahrzeug aus. Die zwei Haupttäter schlugen nun auf das Opfer ein und beraubten es. A stand währenddessen in der Nähe, setzte sich sodann noch für das Opfer ein, um Schlimmeres zu verhindern, und fuhr schließlich mit den zwei Haupttätern davon. A wurde mit der Begrundung verurteilt, er habe, was ihm bewußt gewesen sei, durch sein Dabeisein, den Haupttätern ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit gegeben und sei mit der späteren gewaltsamen Wegnahme des Geldes einverstanden gewesen. Im Fall des Urteils vom 10.02.198269 war ein junger Rechtsanwalt, A, angeklagt, der zusammen mit zwei Sozietätspartnern und drei italienischen Mandanten der Kanzlei in ein Restaurant zum Essen gegangen war. Die italienischen Mandanten waren seinerzeit des gemeinschaftlichen Erpressungsversuchs von "Schutzgeld" gegenüber dem Besitzer des fraglichen Restaurants angeschuldigt. A glaubte, es handle sich um ein Versöhnungsgespräch, tatsächlich aber wollten die drei Italiener, vorsätzlich unterstützt von den zwei Sozietätspartnern, wiederum den Restaurantbesitzer erpressen. Dies wurde A während des Essens und des Gesprächs mit dem Restaurantbesitzer gewahr. Er distanzierte sich räumlich etwas von den übrigen Mitangeklagten und saß im übrigen lediglich still dabei weil er glaubte, er sei als Neuling in der Kanzlei den Partnern zur Rücksichtnahme verpflichtet. Der BGH verurteilte A der Beihilfe zur Erpressung mit der Begründung, A habe durch seine Anwesenheit die Haupttäter psychisch unterstützt und gefördert, sowie den Forderungen noch mehr Nachdruck verliehen 70• In mehreren Urteilen und Beschlüssen fordert der BGH seitdem unter Berufung auf die dargestellten Urteile sorgfaltige und genaue Feststellungen dazu, inwieweit 67 BGH StV 1982, 517; BGH JR 1983, 202; BGH NStZ 1998,517, 518; Lackner/Kühl §27, Rdnr. 3; LK-Roxin § 27, Rdnr. 13; Sch./Sch.-Cramer § 27, Rdnr. 12; Trönd!e/Fischer § 27, Rdnr. 7; Jescheck/Weigend AT § 64 II1 2 a); A. Köhler AT ( 1917) § 43 IV 2; Kühl AT § 20, Rdnr. 226; Maurach!Gössel/Zipf AT/2 §52, Rdnr. 2; Schmidhäuser Lb. 14/136; Roxin, StV 1986, 384; ders. GS Schröder(1978), 145, 161; Puppe, NStZ 1991,571, 573; Sonnen, JA 1995, 746, 747; Murmann, JuS 1999, 548, 551; Mallison (1979), 30. 6s BGH MDR!D 1967, 173. 69 BGH StV 1982, 517. 1o BGH StV 1982,517, 518.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

der Angeklagte durch seinen, unstreitig jeweils nur in der Anwesenheit bestehenden Tatbeitrag die Tat gefördert hat1 1• Eine Feststellung alleine aufgrund der Aussage des Haupttäters zur Frage, inwieweit bei ihm der Beitrag des präsumptiven "Gehilfen" gewirkt habe, ist nicht durchführbar. Denn zum einen wird sich der Tater nicht zwingend nach der Tat seiner wirklichen Motivation noch erinnern. H. Mayer meint hierzu: "Wenn ein Dritter den Mörder angefeuert hat, auf das Opfer zu schießen, möge gerade noch nachweisbar sein, daß der Tater den Zuruf gehört hat: inwieweit er aber davon beeinflußt worden ist, vermöge er nachher selbst nicht mehr zu sagen"72. Weiterhin ist auch fraglich, inwieweit das subjektive nachtatliehe Empfinden prinzipiell beachtlich sein kann, wenn es aus prinzipiellen Gründen keine objektivierbaren Zusammenhänge gibt, der Haupttäter seine Aussage also niemals glaubhaft machen kann, indem er bestimmte Tatsachen aufzeigt, sondern den Richter stets auf das bloße Empfinden verweisen muß. Ist die subjektive Reaktion schließlich nicht kausalen Gesetzen unterworfen und deshalb aus prinzipiellen Gründen nicht prognostizierbar, so war die "Wirkung" der Gehilfenhandlung vorab auch nicht absehbar. Eine auf die subjektive Täterreaktion gestützte Verurteilung ist deshalb auch im Hinblick auf das Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 Abs. 2, § 1 bedenklich. Beschränkt man sich also auf die objektive Frage nach der erfolgskausalen Beihilfe, so läßt sich nach dem bisher Festgestellten sagen, daß es in keinem Fall gelingen kann, einen kausalen Beitrag vermittelt über die voluntative Psyche des Haupttäters aufzuzeigen, nicht etwa weil sich die Stärkung des Tatentschlusses im konkreten Einzelfall nicht nachweisen ließe 73 , sondern weil in diesem Bereich keine strikten Kausalgesetze existieren. Auf der Grundlage der bisherigen Überlegungen erweist sich die ablehnende Haltung von Teilen der Literatur74 zu der hier gegenständlichen Konstruktion der psychischen Beihilfe durch bloße Anwesenheit jedenfalls im Hinblick auf eine erfolgskausale Beihilfe als berechtigt. Mit der Ablehnung einer erfolgskausalen Beihilfe in diesem Bereich ist allerdings nicht gleichzeitig eine mögliche Zurechnung nach anderen Kriterien ausgeschlossen, vgl. 5. Teil V 2. bb), so daß der Vorwurf, die dogmatische Klarheit allzu teuer auf Kosten der materiellen Gerechtigkeit erkauft zu haben 75 , nicht vorschnell erhoben werden sollte.

2. Das Sichern der Tat als psychisch vermittelter Kausalfaktor? Ein weiterer Bereich, in dem die Einwirkung auf die Psyche des Taters als maßgebliches Zurechnungskriterium herangezogen wird, ist die Fallkonstellation des Vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten Nr.l2, 13, 15. H. Mayer, FS Rittler (1957), 243, 257f.; ebenso Salamon (1968), 115. 73 So aber Salaman (1968), 116. 74 SK-Samsan §27, Rdnr.l5; Köhler AT, 534; Otta, JuS 1982,557, 564; Hruschka, JR 1983, 177; Staffers, Jura 1993, II, 15 ff.; Samsan (1972), 189ff.; Altenhain (1994), 170ff. 1s Gares (1982), 98. 71

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II. Die sogenannte psychische Beihilfe

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Sichems, vgl. Fallbeispiel4.1 76• Sie unterscheidet sich von den eben genannten Fällen dadurch, daß der präsumptive Gehilfe hier durchaus einen Beitrag leistet, nämlich die Rolle des Aufpassers übernimmt, der an ausgewähltem Ort bereitsteht, den oder die Täter bei Eintreffen eines Störers am Tatort so rechtzeitig zu warnen, daß dieser die Täter nicht mehr zu Gesicht bekommt. Zirkulär, nämlich unter Voraussetzung dessen, was es zu beweisen gilt, namentlich der Beteiligung des Schmierestehers an der Tat, hat Bocke/mann die Beihilfequalität des Sichems als psychischen Tatbeitrag in derselben Weise begründet, wie dies für die physische Beihilfe bereits Kühl und Roxin, vgl. dazu 3. Teil I 1., getan haben: "Und außerdem: zur Ausführung der Tat, so wie sie tatsächlich begangen wird, ist immer die Mitwirkung aller irgendwie Beteiligten unerläßlich; ein ohne Deckung durch Aufpasser verübter Diebstahl zeigt eben ein anders Bild als einer, bei dem die Täter in der Gewißheit handeln konnten, daß sie gegen Überraschungen durch die Polizei gesichert seien, gleichviel ob es schließlich auf diese Sicherung angekommen ist oder nicht" 77 • Zum Teil wird als formales Unterscheidungskriterium zur Bestimmung eines strafbaren Verhaltens vorgeschlagen, darauf abzustellen, ob der Täter den Einbruch ohne den Wachposten nicht gewagt hätte, den Einbruch begangen hätte, sich dabei aber ständig hätte vergewissem müssen, ob die Luft rein ist, oder der Täter den Diebstahl auch ausgeführt hätte, sich dabei aber nicht so sicher gewesen wäre78 • Allerdings wird dabei übersehen, daß alle diese Kriterien letztlich doch wieder an das subjektive Empfinden des Täters anknüpfen und deshalb nicht formaler oder objektiver sind als das bloße Abstellen auf das SicherheitsgefühL Ob aber das Sichern der Tat, während derer niemand stört, den Täter bestärkt oder nicht, und damit letztlich auch die Frage, ob der Diebstahl "ein anderes Bild zeigt", läßt sich objektiv nicht klären, denn es liegen keine strikten Gesetze darüber vor, unter welchen Umständen man in seinem Talentschluß bestärkt wird. Die "Wirkung" einer Handlung auf einen anderen ist von seinem Wahrnehmungs- und Verarbeitungsvermögen abhängig, worüber man nichts Genaues weiß und aus prinzipiellen Gründen nichts Sicheres erfahren kann. Wenn Schaffstein also das Sichern dann als kausalen Tatbeitrag sehen möchte, "wenn etwa feststeht, daß der von Furcht geplagte Täter die Beute, auf die er es abgesehen hat, bei hastiger Suche nicht gefunden haben würde" 79 , so ist hiergegen nicht das der Einwand, was Schaffstein dem selber entgegenhält: "Aber ein solcher Nachweis der Ursächlichkeit wird sich kaum je führen lassen" 80• Richtig müßte es heißen, daß sich ein solcher Nachweis aus prinzipiellen Gründen nie führen läßt und lassen wird. 76 So Tröndle/Fischer § 27, Rdnr. 7; Benfer AT Rdnr. 410; Blei AT § 80 I; Kühl AT § 20, Rdnr. 224; Schmidhäuser StuB 10/147; Scheurl (1972), 104; Spende[, FS Dreher (1977), 167, 179; Gores ( 1982), 61 . 77 Bocke/mann (1957), 109, ll6. 78 So Spende/, FS Dreher (1977), 167, 179. 79 Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 178, Fn.2l. 80 A.a.O.

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

Unter dem Gesichtspunkt der psychischen Kausalität läßt sich also auch für die Fallgestaltung des Sicheros kein Zurechnungsmaßstab gewinnen. 3. Die vorgeleistete Begünstigung und Strafvereitelung als psychische Beihilfe? Als psychische Beihilfe wird häufig auch die von Class 81 entwickelte sog. vorgeleistete Strafvereitelung 82 aufgefaßt. Class hat hiermit Fälle wie denjenigen bezeichnen wollen, in dem A dem B zur Durchführung von dessen Raubvorhaben eine Motorradmaske leiht, Fälle also, deren Charakteristik darin besteht, daß die Haupttat zeitlich zwischen Leistung der Hilfe und der "begünstigenden Auswirkung", im Maskenfall also der die Strafverfolgung vereitelnden Wirkung liegt83 • Aufgrund der Fassung des § 257 a. F., der für die Beistandsleitung an die Zeit ,,nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens" anknüpfte, bestand weder im Falle der vorzeitigen begünstigenden noch im Falle der vorzeitigen strafvereitelnden (früher: "persönlich begünstigenden") Handlung eine Möglichkeit der Bestrafung. Während das Reichsgericht84 wohl auch im Hinblick auf die alternative Straffreiheit nach § 258 a. F., eine psychische Beihilfe desjenigen annahm, der dem Täter ein "Staubhemd" lieferte, nach heutiger Diktion also strafvereitelnd tätig wurde, wies Class auf die aus dem Analogieverbot resultierende Tatbestands- und Stratlosigkeit des beschriebenen Verhaltens hin. Durch die Änderung des § 257 a. F. durch das EGStGB vom 02.03.1974 (BGBI. I, 469) hat sich jedoch nicht nur die Trennung von Begünstigung und Strafvereitelung ergeben, sondern es ist auch die enge zeitliche Positionierung der Hilfeleitung entfallen.

a) Psychische Beihilfe und Begünstigung Für § 257 ist heute, obwohl der Wortlaut auf den ersten Blick etwas anderes nahezulegen scheint, unstreitig, daß es für die Beurteilung des begünstigenden Charakters auf den Zeitpunkt der Auswirkung, nicht dagegen auf den Zeitpunkt der Begünstigungshandlung ank.ommt 85 • Da die begünstigende Wirkung nach dem WortClass, FS Stock (1966), 115, 117ff. Class hat diese Fallgruppe im Hinblick auf den früheren §257 noch als"vorgeleistete Begünstigung" bezeichnet, jedoch den Anwendungsbereich des heutigen § 258 beschrieben. 83 Class, FS Stock (1966), 115, 118; ihm folgend Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 183. 84 RGSt 8, 267, 268 f. 85 LK-Ruß § 257, Rdnr. 5; Sch./Sch.-Stree § 257, Rdnr. 6; SK-Samson § 257, Rdnr. 27; Tröndle/Fischer § 257, Rdnr.4; Geppert, Jura 1980, 269, 273; See/mann, JuS 1983, 32, 34. Anders noch Spende/, FS Dreher (1977), 167, 178, der sich hinsichtlich seines Standpunktes auf den Wortlaut beruft und diesbezüglich die mangelhaft durchdachten Reformen des Strafrechts anprangert. Die Rechtswissenschaft hat diesen Fehler des Gesetzgebers ignoriert und dadurch mittlerweile stillschweigend korrigiert. 81

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II. Die sogenannte psychische Beihilfe

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laut ja nicht eintreten muß, ist nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts der Begünstigung, sondern auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem nach Vorstellung des Hilfeleistenden seine Hilfe zum Tragen kommen sollte. An dieser Stelle scheiden sich dann versuchte weil erfolglose (straflose) Beihilfe und vollendete, also strafbare Begünstigung. Streitig ist im Rahmen der Begünstigung, wie diejenige Hilfeleistung einzuordnen ist, die sich zwischen Vollendung und Beendigung auswirkt. Jedoch kommt nach dem oben Gesagten86 nach Eintritt des tatbestandliehen Erfolges, also der so bezeichneten Vollendung, eine Beihilfe nicht mehr in Betracht, weshalb von diesem Standpunkt aus eine Abgrenzung unproblematisch ist. Als psychische Beihilfe wird dagegen weit verbreitet die vorab zugesagte Begünstigung behandelt87 , ebenso wie die vorab zugesagte Hehlerei88 • Da es an einer materiellen Hilfeleistung mangelt, unterfällt diese Tatmodalität nicht dem § 257 Abs. 1. Andererseits existiert nach der Abschaffung des § 257 Abs. 3 a. F. 89 keine gesetzliche Regel mehr zur Einordnung, so daß die allgemeinen Regeln Anwendung finden. Hiernach müßte aber, um die vorab zugesagte Begünstigung als Beihilfe bestrafen zu können, jedenfalls nach dem bisher Gesagten ein erfolgskausaler Beitrag vorliegen. Dieser scheidet aus, da sich die "Wirksamkeit" der Zusage aus prinzipiellen Gründen nicht im Sinne einer Kausalität feststellen läßt. Ob dieses Verhalten dagegen ausnahmsweise als nicht kausale Beihilfe aufzufassen ist, dazu 5. Teil V2.d)aa).

b) Psychische Beihilfe und Strafvereitelung Hinsichtlich § 258, der Strafvereitelung und früheren "persönlichen Begünstigung", ist es unstreitig, daß jede Handlung, die einen Vereitelungsecfolg zeitigt, unabhängig von ihrem Zeitpunkt als Strafvereitelung zu bestrafen ist90• Darüber hinaus tendiert dieneuere Literatur dazu, in solchem Verhalten (wohl: auch) eine psychische Beihilfe zu sehen, denn man müsse annehmen, daß der Täter die Tat regelmäßig nicht ohne ausreichende Sicherung vor dem späteren Gefaßtwerden begangen oder die ,,Hilfe" jedenfalls letzte Bedenken des Täters beseitigt hätte91 • Aber die Frage, ob der Täter die Ausführung der Tat von der Überlassung des seiner Identität verbergenden Gegenstandes abhängig gemacht hat oder eben nicht, ist, Vgl. oben 3. Teil 12.c) und d). BGH wistra 1994, 94; LK-Ruß § 257, Rdnr. 24; Tröndle/Fischer § 257, Rdnr. 11; Geppert, Jura 1980,269, 273; See/mann, JuS 1983, 32,34. 88 BGHSt 11 , 390, 392; Schmidhäuser Lb. 14/136. 89 "Die Begünstigung ist als Beihilfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der Tat zugesagt worden ist. ...", gestrichen durch das EGStGB vom 02.03.1974 (BGBI. I, 469). 90 LK-Ruß § 258, Rdnr. 6; Sch./Sch.-Stree § 258, Rdnr. 5; SK-Samson § 258, Rdnr. 41. 91 LK-Roxin §27, Rdnr.12; ders. , FS Miyazawa (1995), 501 , 506; Schmidhäuser Lb. 14/136 (mit dem Hinweis, daß hier "in der Praxis die Gefahr der Verdachtsstrafe" bestehe); ders., Stuß. 10/137; Köhler AT, 534; Küper, IZ 1981,251, 256f. Die Rspr. nimmt neuerdings sogar vollendete physische Beihilfe an, BGH wistra 2000,340,341, vgl. dazu noch unten, 5. Teil IV. 86

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4. Teil: Über die Möglichkeit kausaler psychischer Beihilfe

entgegen Spendel92, keine Beweisfrage, sondern, wie oben gezeigt, prinzipiell nicht zu klären. Auch insoweit ist eine kausale Verknüpfung über die Psyche des Täters nicht möglich. Dasselbe gilt für die vorab bloß zugesagte Strafvereitelung, bei der es schließlich zu der zugesagten Handlung nicht kommt. Auch hier soll psychische Beihilfe vorliegen93. Etwas undifferenziert im Hinblick auf die entweder begünstigende oder strafvereitelnde Wirkung soll zudem danach zu unterscheiden sein, ob der Tater von der Hilfeleistung Kenntnis hatte oder nicht94. Wußte beispielsweise der Taschendieb nicht, daß sich in seiner Nähe ein Freund postiert hatte, um im Falle der Entdeckung ein künstliches Gedränge herbeizuführen, durch das dann die Flucht ermöglicht würde, so soll, wenn der Freund nicht tätig wird, keine psychische Beihilfe vorliegen. Dies ist stringent wenn man auf die Fiktion einer psychisch kausalen Beeinflussung abstellt, bedarf aber auf Grundlage der Ablehnung eines kausalen Zusammenhangs vermittels der Psyche der näheren Untersuchung, vgl. dazu 5. Teil V 2. d) aa).

Altenhain meldet dagegen grundsätzliche Bedenken gegen die Aufnahme der Zusage der späteren Strafvereitelung und Begünstigung an und möchte, insoweit gegenüber der Literatur einschränkend, nur diejenige Zusage als Beihilfe begreifen, von der der Täter die Begehung der Haupttat abhängig gemacht hat95 . Aber auch die von Altenhain somit vor die Annahme einer Strafbarkeit gestellte Vorfrage ist, da sie grundsätzlich nicht zu beantworten ist, kein sinnvolles Kriterium.

c) Zwischenergebnis Es bleibt damit festzuhalten, daß eine begünstigende Hilfeleistung stets dann (nur) Begünstigung nach § 257 ist, wenn die begünstigende Wirkung nach Vollendung der Haupttat eintritt. Vor diesem Zeitpunkt ist eine Begünstigung nicht denkbar, da dann noch keine Vorteile der Tat vorhanden sind, hinsichtlich derer eine Sicherungsabsicht bestehen kann. Eine Hilfeleistung, die strafvereitelnden Charakter hat, ist stets, unabhängig von ihrem Zeitpunkt, (nur) Strafvereitelung nach § 258. Sowohl für die Begünstigung als auch für die Strafvereitelung gilt, daß die bloße Zusage, entsprechend tätig zu werden, auch dann keine (kausale) Beihilfe ist, wenn diese noch vor Vollendung der Tat erfolgt. Ob ein entsprechendes Verhalten davon abgesehen überhaupt als Beihilfe erlaßt werden kann, dazu sogleich 5. Teil V2.b). Spende/, FS Dreher (1977), 167, 176. BGH NJW 1951, 451; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501,506 (Zusage eines Alibis). 94 Schmidhäuser Stuß 10/147; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 519. Anders aber: Maurach!Gössel!Zipf AT/2 §52, Rdnr.8; Baumann, JuS 1963, 125, 137; Murmann, JuS 1999,548, 551. 95 Altenhain (1994), 175 f. 92 93

III. Ergebnis

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111. Ergebnis Während das Einwirken auf die kognitive Psyche nach kausalen Gesetzen zu beurteilen ist, gilt für das Einwirken auf die voluntative Psyche: Eine über die Psyche ohne physische Hilfe vermittelte Hilfeleistung im Sinne einer Einwirkung aufdie voluntative Psyche ist jedenfalls nicht als erfolgskausale Hilfe zu fassen, denn eine psychische Kausalität existiert nicht im Sinne einer strikten Kausalität. Nun ist zuzugeben, daß angesichts der Tatsache, daß die psychische Beeinflussung vom Gesetzgeber, wie die Existenz von § 26lehrt, für eine strafbarkeitsbegründende Verhaltensweise gehalten wird, die gänzliche Ablehnung einer Beihilfe vermittelt über die Psyche des Haupttäters kaum dem Willen des Gesetzgebers entsprechen kann 96 • Aber wie auch bei der Kausalität gilt hier, daß die als strafwürdig erkannte Verhaltensweise auf Basis einer sicheren dogmatischen Grundlage als strafbar zu erfassen, gegenüber methodenloser Zurechnung zumindest den Vorteil größerer Rechtssicherheit mit sich bringt. Will man sich also nicht auf ein schwaches Allgemeinkriterium zurückziehen, das im Ergebnis praktische Vorteile mit sich bringt, gleichzeitig aber auch wie jedes pauschale Kriterium allen Einwänden, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmtheit strafbarkeitsbegründender Normen ausgesetzt ist, so gilt es, ein Zurechnungskriterium zu finden, das auch diejenigen Verhaltensweisen zu erfassen geeignet ist, denen man im Hinblick auf die Psyche des Haupttäters Bedingungsqualität beimißt in Kenntnis der Tatsache, daß sie solche, nämlich Bedingungen in einer kausalen Erklärung, gerade nicht sind. Hiermit wird sich die Arbeit ausführlich im 5. Teil befassen.

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So auch Puppe, NStZ 1991,571,573.

Fünfter Teil

Was ist Beihilfe? Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg Nach den bisherigen Ergebnissen der Arbeit verbleiben neben den Erfolgen, die der kausalen Erklärung unterworfen sind und bei denen jedenfalls derjenige Gehilfe ist, dessen Handlung notwendiger Bestandteil einer hinreichenden Gesamtbedingung für den Erfolg ist, auch Fallgestaltungen, bei denen allgemein eine Strafwürdigkeit angenommen wird, die Gehilfenhandlung aber nicht kausal mit dem Erfolg verbunden ist. Das Abstellen auf das als richtig empfundene Ergebnis ist natürlich angreifbar, es steht jedoch bewußt unter der Prämisse größtmöglicher Zustimmung für das Ergebnis, einem Aspekt, der zwar in den Naturwissenschaften als Ausdruck der Unwissenschaftlichkeit gilt, in den Rechtswissenschaften, deren Aufgabe es nicht sein kann, einen Normenkomplex, der das Sozialwesen lenkt, vor dessen Mitgliedern durch letztlich nicht akzeptable Ergebnisse zu desavouieren, aber nicht vernachlässigt werden darf. Es ist nun aber keine Lösung, zur Erfassung auch dieser Fälle das Kausalitätskriterium aufzuweichen oder eine dem Einzelfall augepaßte Erfolgsdefinition vorzunehmen. Bei einer solchen Manipulation handelt es sich letztlich um eine ausschließlich am Rechtsempfinden orientierte Entscheidung. Die Zurechnung eines strafrechtlichen Erfolges zu einer Person ist aber durch § 1 und Art.103 Abs. 2 GG an das Vorhandensein eines Gesetzes gebunden, welches genau das Verhalten sanktioniert, das dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird. Da bei den Erfolgsdelikten die Strafbarkeit eines Verhaltens über die hieraus resultierende Konsequenz der Erfolgsherbeiführung begründet wird, bedeutet eine Aufweichung der dogmatischen Grundsätze zur Verbindung einer Handlung mit einem tatbestandliehen Erfolg auch gleichzeitig eine Aufweichung des Grundsatzes nullum crimen sine lege durch die Hintertür. Im Folgenden wird sich die Arbeit nun mit verschiedenen, speziell für die Beihilfe aufgebrachten Vorschlägen für andere Zurechnungskriterien bei der Beihilfe als der Kausalität sowohl in dem der Kausalität bis hierhin zugewiesenem Bereich als auch im nichtdeterminierten Bereich auseinandersetzen, damit schließlich eine abschließende Antwort dazu gefunden werden kann, welche objektive Verknüpfung Hilfeleistung und Erfolg bei der Beihilfe verbindet.

I. Die Unterscheidung nach "Haupt- und Hilfshandlung"

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I. Die Unterscheidung nach "Haupt- und Hilfshandlung" als universales Zurechnungskriterium? In der neueren Literatur wird als formale Abgrenzungsmöglichkeit zwischen Täterschaft und Teilnahme vorgeschlagen, danach zu differenzieren, ob die fragliche Handlung den Charakter einer Haupt- oder einer Hilfshandlung habe 1• Während die Verhaltensnormen des Besonderen Teils unmittelbar nur Grund dafür seien, Haupthandlungen zu unterlassen, würde die Vomahme von Hilfshandlungen durch die Teilnahmevorschriften der §§ 26, 27 sanktioniert. Die Formen der Teilnahme stellten als solche nicht normwidrige Hilfshandlungen dar, die eine andere Person in den Stand setzten, eine Haupthandlung zu vollziehen. Eine Hilfeleistung nach § 27 sei eine Hilfshandlung, die den Handlungsvollzug der Haupthandlung ermögliche oder erleichtere 2• Im Grundsatz geht es bei der Unterscheidung um eine Charakterisierung der Handlungen, sei es abstrakt, oder sei es, wie bei Kindhäuser 3, in Beziehung auf ihre Distanz zur Zielverwirklichung. Daß im Hinblick auf die Zielerreichung sich in der Handlungsqualität solche Handlungen, die unmittelbar in die Zielerreichung einmünden, von denjenigen unterscheiden, die Hilfsqualität in bezugauf diese Haupthandlung haben, mag nicht bestritten werden. Die objektive Handlungsqualität soll weiterhin den Vorsatz des Täters spiegeln und damit letztlich seinen Täter- oder Gehilfenvorsatz belegen. Damit kann in normtheoretischer Sicht eine Abgrenzung von Handeln mit täterschaftlieber Qualität zu Handeln mit Teilnahmequalität bezeichnet werden. Allerdings erschöpft sich die Bedeutung dieser Begriffe auch in dieser normtheoretischen Bedeutung. Was nämlich eine Hilfshandlung über ihren zeitlichen Zusammenhang mit einer weiteren, nachfolgenden Handlung hinaus konstituiert, und welche objektive Beziehung zwischen diesen Handlungen, oder auch dem Handlungserfolg der nachfolgenden Handlung eine Unrechtszurechnung mit der Folge eines Sanktionseintritts bei demjenigen, der mit Hilfsqualität handelt, legitimiert, ist damit nicht beantwortet. Die Bedeutung dessen, was Beihilfe ist und sein muß, kann sich vielleicht in handlungslogischer, keinesfalls jedoch in strafrechtlicher Sicht darin erschöpfen, eine bestimmte Handlungsqualität zu bezeichnen. Selbst die Bestimmung der Handlungsqualität ist letztlich aber auch nicht unter Betrachtung der isolierten Handlung möglich, sondern resultiert erst daraus, daß diese Handlung mit anderen Handlungen in Bezug gesetzt wird, um dann diese als Haupt-, jene als Hilfshandlung zu bezeichnen. Jener objektive Zusammenhang ist also nicht ein weiterer Aspekt, sondern ein logisch vorrangiger. Mit Wright kann man sagen, daß sich der Charakter der Handlung aus dem Ausgangszustand, dem Endzustand und dem Wissen darum definiert, in welchem Zustand die Welt wäre, 1 Vogel (1993), 74, 86ff. Vogelberuft sich aufWright(1977), 56ff., wo allerdings wederdiese Begriffe verwendet werden, noch überhaupt ein verwandtes Thema behandelt wird. 2 Vogel (1993), 86. 3 Kindhäuser (1989), 62ff., 64.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

hätte keine Handlung stattgefunden\ mit anderen Worten, dem Zusammenhang zwischen Handlung und Endzustand. Erst dieser Zusammenhang konstituiert jene Handlungsqualität, die schließlich als "Haupt-" oder "Hilfsqualität" bezeichnet wird. Beispielhaft: Das Reichen eines Hammers und eines Nagels steht nur deshalb mit dem Einschlagen des Nagels in eine Wand in der Beziehungzweier Hilfs- zu einer Haupthandlung, weil etwa das eine das Risiko des Eintritts des anderen erhöht, weil das eine das andere "gefördert" hat oder auch, weil das Einschlagen ohne das vorherige Anreichen nicht zu erklären ist, mit anderen Worten, weil jenes kausal für dieses ist. Die normtheoretische Unterscheidung nach Haupt- und Hilfshandlungen ermöglicht also nicht eine Bezeichnung der Zurechnungsvoraussetzungen einer Handlung zu einem deliktischen Erfolg, sondern setzt die Kenntnis um die Qualität dieser Zurechnungsbeziehung vielmehr voraus.

II. Die Durchbrechung der Täterisolation als Zurechnungskriterium? Heghmanns geht davon aus, daß ein Täter sich durch alle möglichen Verhaltensweisen der ihn umgebenden Menschen dann bestärkt fühlen kann, wenn diese Menschen um die Strafbarkeit seines eigenen Handeins wissen. Beispielsweise mag ein Täter in sozialer Integration der Zusage seiner Freundin, daß sie ihn auch dann noch lieben werde, wenn er straffällig würde, große Bedeutung zumessen, und aus der Angst, in soziale Isolation zu fallen, keine Gegenimpulse zu geplanten Tat mehr empfinden. Diesen Gedanken zugrundelegend bezeichnet Heghmanns die Isolierung des Täters, den Zustand des "ausgestoßenen und auf sich alleine gestellten Rechtsbrechers" in Beziehung auf die anstehende Tatbegehung als den Idealzustand, dessen Wertschätzung sich aus §§ 27, 120, 257, 258 sowie aus der Billigung der Verfolgung des Straftäters durch Private,§ 127 StPO, und der dem Staat obliegenden Bekämpfungspflicht, §§ 152 Abs. 2, 163 Abs.1 StPO ergebe. Zudem müsse aber die Durchbrechung der Isolierung auch strafwürdig dadurch sein, daß sie sich als Gefahrsteigerung bei der konkreten Haupttat erweise. Nach Heghmanns, der damit um den Aspekt der Risikoerhöhung über ein bloßes Solidarisierungsverbot hinausgeht, ist Beihilfe damit jede im Hinblick auf die anstehende Tat zu deren Förderung geeignete Durchbrechung der Isolierung des Täters 5 • Jedoch ist zu beachten, daß das Gesetz weder eine vortatliehe noch eine nachtatliehe Solidarisierung mit dem Täter grundsätzlich verbietet. Das Gesetz fordert nicht, Straftäter sozial zu isolieren und zu boykottieren, sie zu meiden und alle sozialen 4

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Wright (1977), 87. Heghmanns, GA 2000, 473, 478.

111. Die Motivation des Täters als Erklärungmodell

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Kontakte zu ihm, zu denen eben auch normale Hilfestellungen zur Bewältigung der Alltagsprobleme gehören, abzubrechen. Es verbietet lediglich bestimmte, gegen staatliche Aufgaben und Interessen zielgerichtete Verhaltensweisen, fordert aber nicht, diese Aufgaben und Interessen positiv zu unterstützen, indem der Straftäter aus seinen sozialen Bezügen hinausgedrängt und isoliert wird6 • Neben dem Anspruch des Täters, für seine Tat nicht der völligen sozialen Desintegration ausgesetzt zu werden, ist auch die Handlungsfreiheit Dritter betroffen, die ein durch Art. 2 Abs. 1 GG geschütztes Interesse daran haben, sich im Rahmen dessen, was rechtlich erlaubt ist, frei verhalten zu dürfen 7 • Deshalb ist das Postulat der sozialen Desintegration im Hinblick auf die bevorstehende Tat nicht Beschreibung dessen was verboten ist, sondern dessen Folge. Nicht der Idealzustand der Isolation bestimmt über das, was als Beihilfe verboten ist, sondern die richtige Auslegung des jeweiligen Sanktionstatbestandes bestimmt über das Maß an Isolation, das dem Täter entgegenzubringen das Gesetz dem obigen Grundsatz entgegen ausnahmsweise fordert. Zur Frage aber, was bei der Beihilfe Gegenstand der objektiven Beziehung zwischen Handlung und Erfolg ist, rekurriert Heghmanns auf die ein Tatrisiko erhöhende Förderung: Soweit die vom Täter wahrgenommene Durchbrechung der Isolierung, also die Beihilfehandlung, die Tatbegehung ex ante betrachtet erleichtere, habe der Gehilfe die Gefahr für das Rechtsgut gesteigert. Ob sich seine Hilfe dann später bei der Tat auch tatsächlich förderlich auswirke, spiele demgegenüber keine Rolle 8•

Heghmanns Ansatz unterscheidet sich damit im Ergebnis nicht von denjenigen, die als Beihilfe jedes risikosteigerndes Verhalten begreifen wollen. Hierauf wird sogleich unter IV näher einzugehen sein.

111. Die Motivation des Täters als Erklärungsmodell im nicht determinierten Bereich? Ausgehend von der Einsicht, daß menschliches Verhalten sich nicht nach gleichen oder ähnlichen Gesetzen richtet und beschreiben läßt wie andere Vorgänge in der Natur, andererseits aber menschliche Entscheidungen nicht willkürlich getroffen werden, weil die Welt sonst längst in einen Zustand größter Atropie verfallen wäre, wird vorgeschlagen, für den psychischen Bereich auf einen Begriff des alltagssprachlichen Erklärungsmodells zu rekurrieren, denjenigen der "Motivation" 9• Möchte man die Motivation des Täters einbringen, so muß Ausgangspunkt der Überlegungen die Unmöglichkeit sein, an den psychischen Bereich dieselben Maßstäbe anzulegen, die im naturgesetzlich determinierten Bereich gelten. Es existieren Zutreffend Otto, FS Lenckner (1998), 193, 217; Meyer-Arndt, wistra 1989, 281. Vgl. Samson, ZStW 99 (1987), 617, 633; Frisch, JuS 1983,915, 922; Meyer-Arndt, wistra 1989, 281. 8 Heghmanns, GA 2000,473, 478ff. 9 Vgl. schon Lersch (1962), 90f.; Engisch, FS v. Weber (1963), 247, 258. 6

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

im psychischen Bereich keine strikten Gesetze, vgl. ausführlich dazu 4. Teil II. Deshalb ist das Modell der kausalen Erklärung nicht auf den psychischen Bereich übertragbar und dies steht einer Zurechnung eines tatbestandliehen Unrechtserfolges zunächst entgegen. Man muß sich deshalb davor hüten, vor dem Hintergrund eines subjektiv empfundenen Strafempfindens diese Einsicht zu vergessen und in den logischen Zirkel zu verfallen, den z. B. Engisch am Beispiel des Falles BGHSt 13, 13 demonstriert, indem er einerseits erkennt, daß der psychische Bereich keinen strikten Gesetzen unterworfen ist und sich eine Zurechnung in diesem Bereich abhebt von jedem naturwissenschaftlichen Kausalbegriff10, andererseits aber feststellt: "Angenommen( ... [es steht fest] ...) daß also ein Irrtum den B ,motiviert' hat. Steht die Motivation fest, so steht auch der Kausalzusammenhang fest" 11 • Denn dieser Satz setzt ja gerade voraus, daß die Motivation als einerseits feststehend, unabänderlich, andererseits überhaupt als nachweisbar und damit insgesamt als strikt determinierend begriffen werden kann. Wenn aber der Bereich der psychischen Beeinflussung sich nicht gesetzmäßig begreifen läßt, dann ist dies keinesfalls wie Engisch meint, nur theoretisch, nicht aber praktisch ein "Stein des Anstoßes'm. Allenfalls sind die auf diese Weise unmethodisch erzielten Ergebnisse kein "Stein des Anstoßes", was aber auch kaum verwunderlich ist, resultieren sie ja schließlich aus vorab angestellten Gerechtigkeitserwägungen, deren Ausfluß dann später, gewogen vor dem fiktiven Tribunal der Gerechtigkeit und gemessen an demselben Maßstab, der sie erzeugte, niemals für zu leicht befunden werden. Es bliebe also nur, rein subjektiv auf die vom Täter erlebte Motivation 13 abzustellen, oder auch auf das "Kausalerlebnis" 14• Die Motivation des Haupttäters jedoch ist nicht etwa eine Beschreibung der objektiven Beziehung von Gehilfenhandlung und Erfolg, sie ist vielmehr gerade der Handlungserfolg der Gehilfenhandlung, der dem Gehilfen die objektive Beziehung zur Haupttat mittelt. Insoweit wird durch die Kriterien der erlebten Motivation oder des Kausalerlebnisses ausschließlich auf das subjektive Empfinden des Haupttäters abgestellt, darauf, was er als motivierend empfunden hat. Jedoch wird der Täter schon unmittelbar nach der Tat möglicherweise keine Auskunft mehr hierüber geben können, und stets besteht die- prinzipiell nicht zu widerlegende aber auch nicht dem Beweis des Gegenteils zugängliche - Möglichkeit, daß die Auskunft durch andere Überlegungen als den Willen zur Objektivität geprägt ist 15 • Die Zweifelhaftigkeit dieser Methode zeigt auch schon die Würdigung des Falls BGHSt 13, 13 durch den BGH. Dort hatte ein Referendar, der sich zufällig alleine im Dienstzimmer des ihn ausbildenden Richters aufhielt, eiEngisch, FS v. Weber (1963), 247, 258. Engisch, FS v. Weber (1963), 247, 253. 12 Engisch, FS v. Weber (1963), 247, 251. 13 Engisch, FS v. Weber (1963), 247, 267. 14 Vogel (1993), 83. 15 H.Mayer, FS Rittler (1957), 243, 257f.; ebenso Salamon (1968), 115. 10

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III. Die Motivation des Täters als Erklärungmodell

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nen dort vorsprechenden Kaufmann unter dem Hinweis um Geld gebeten, er erwarte in Kürze eine größere Geldsumme und könne dann das Darlehen sofort zurückzahlen, dies allerdings ohne Aufklärung darüber, daß er selbst nicht der Richter war. Obwohl der als Zeuge befragte Kaufmann aussagte, daß er das Geld auch dann hingegeben hätte, wenn er die Wahrheit gekannt hätte, weil es ihm schlicht darauf angekommen sei, einer "Gerichtsperson" dienlich zu sein, nicht dagegen konkret einem Richter, hielt der BGH eine Kausalität zwischen der Tauschung des Referendars und der Vermögensverfügung des Kaufmanns für gegeben. In objektiver Hinsicht ist völlig unklar, was unter der Begrifflichkeit ,,Motivation" verbleibt. Sollte die Strafbarkeit des Gehilfen tatsächlich im besten Falle von der Beeinflußbarkeit des Haupttäters, im schlechtesten Falle von dessen Wunsch, jemandem zu schaden abhängen? Die Mitwirkung des Taters wird zur Aufdeckung einer psychischen Beihilfe zwar stets notwendig sein. Jedes objektive Kriterium aufzugeben und anstatt dessen nicht nur hinsichtlich der Aufklärung des Sachverhaltes auf den Täter zu rekurrieren, sondern auch hinsichtlich der Strafbarkeilsbegründung etwaiger Gehilfen auf dessen Empfinden, löst nicht die Problematik. Ein solcher Weg kollidierte zwangsläufig mit den grundgesetzliehen Grenzen der Strafbarkeit, denn welches Verhalten strafbar wäre und welches nicht, wäre weder normiert, noch ließe es sich vorab benennen, da es seine Qualität ja erst durch das Empfinden des Täters erlangte. Die begriffliche Übernahme der allgemeinverständlichen Umschreibung "Motivation" löst daher nicht die Zurechnungsfrage und bietet für deren Lösung auch keinen Ansatz, sondern lediglich eine plakative begriffliche Umschreibung des Handlungserfolges. Für die Beschränkung auf einen Motivationszusammenhang tritt auch Otto ein, der sich dazu wie folgt äußert: ,,Es genügt hier die Feststellung, daß ein Ereignis als Motiv für die Handlung einer Person als hinreichend notwendig nachgewiesen ist." 16• Nun ist es gerade Ausfluß der grundsätzlichen Nichtdetermination und der Nichtgreifbarkeit möglicherweise existenter Kategorien menschlicher Vernunft, daß sich eine Motivation im Einzelfall niemals objektiv feststellen läßt, sondern allenfalls subjektiv durch Befragen des Motivierten. Eine Notwendigkeit kann es dem Wortsinne also gerade nicht geben, da es auch keine allgemeinen Gesetze darüber gibt, unter welchen Bedingungen Menschen Entscheidungen fassen oder handeln. Insoweit gehtOttos Umschreibung also nicht über diejenige der erlebten Motivation hinaus. Vermutlich ist hier aber anderes gemeint, was die begrifflich eigentümliche Wendung "hinreichend notwendig" nahelegt und durch Ottos anschließende Relativierung bestätigt wird. An Stelle des strikten Kausalgesetzes bezeichnet Otto sodann nämlich ein Wahrscheinlichkeitsgesetz als hinreichend. Ein Verhalten begründe die Zurechnung des Erfolges bereits dann, wenn feststehe, daß es diesen Erfolg wahrscheinlicher gemacht habe 17 • Otto bezeichnet hier also mit "Motivation" nicht die 16 17

Otto AT § 6, Rdnr. 38. Otto AT§ 6, Rdnr. 39.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

objektive Beziehung zwischen Handlung und Erfolg, sondern vielmehr den Handlungserfolg selber, der dem Gehilfen durch die Psyche des Täters die Beziehung zum Erfolg der Haupttat mittelt. Die objektive Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und deren Erfolg bestimmt sich danach gerade nicht etwa nach einer erlebten Motivation, sondern vielmehr nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen. Hiermit ist die Motivation als Kriterium der objektiven Beziehung aufgegeben und der Übergang geleistet zu der Beschreibung der objektiven Beziehung, die diese Motivation des Täters mittelt. So zutreffend aber der Ansatz ist, so wenig ist mit der bloßen Berufung auf Wahrscheinlichkeitsgesetze gewonnen. Diese Arbeit wird sich deshalb unter V. u. a. der Frage widmen, wie die objektive Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und Motivation des Haupttäters genau zu bestimmen ist.

IV. Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung als kausalitätsersetzende Zurechnungskriterien? Den Gedanke, daß die Feststellung einer Erhöhung des Verletzungsrisikos für das geschützte Rechtsgut durch die Handlung des Täters als Zurechnungskriterium in Betracht kommt, hat zuerst Roxin für die Fahrlässigkeitsdogmatik entwickelt 18, vgl. näher dazu auch schon 3. Teil I 3.c). Dieser Gedanke ist inderneueren Literatur fruchtbar gemacht und weiterentwickelt worden 19• Gegenstand der folgenden Überlegungen soll zunächst sein, inwieweit die Risikoerhöhung als allgemeines Zurechnungskriterium an Stelle der Kausalität sowohl für den determinierten als auch für den nicht determinierten Bereich in Frage kommt. Nachdem die Kausalität sich für den determinierten Bereich als grundsätzlich taugliches Zurechnungskriterium erwiesen hat, muß sich die Tauglichkeit der Risikoerhöhung als universelles Zurechnungskriterium auch genau hieran messen lassen. Insoweit geht es also zunächst nur um die Frage, inwieweit die Risikoerhöhung als ein die Kausalität verdrängendes Kriterium im determinierten Bereich verstanden werden kann. Zu ihrer Anwendung im nichtdeterminierten Bereich vgl. unten V. Mit dem determinierten Bereich bezeichnet man die Klasse derjenigen Ereignisse, für die eine kausale Erklärung nach strikten Gesetzen, Kausalgesetzen, möglich ist. Dies sind alle naturkausal angelegte Verläufe 20 • Ist der Erfolg ohne die Handlung des präsumptiven Gehilfen kausal zu erklären, empfindet man die Handlung des Gehilfen aber gleichwohl als strafwürdig, dann soll der Erfolg dem Gehilfen unter dem Aspekt zugerechnet werden, daß dessen 18 Roxin, ZStW74 (1962), 411 ff.; ders. AT§ 11, Rdnr. 39ff.; ders., FS Honig (1970), 133ff.; vgl. auch Roxin (1994), 219ff. 19 Vgl. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.120ff.; SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr.57ff.; Stratenwerth, FS Gallas (1974), 227; Wolter (1981). 20 Ranft, ZStW 97 (1985), 268; Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 293f.

IV. Kausalitätsersetzende Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung?

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Handlung gleichwohl die Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen oder erhöht hat21• So stellt sich also die Frage, ob die Risikoerhöhung im als determiniert bezeichneten Bereich die nicht festgestellte Kausalbeziehung zu ersetzen geeignet ist.

1. Risikoerhöhung ex ante und ex post Teilweise wird vertreten, daß eine Hilfeleistung nur dann vorliege, wenn die entsprechende Handlung aus der Sicht ex post als rechtsgutsgefährdend zu bezeichnen sei 22• So sei nach Schaffstein der Leiterträger (Fallbeispiell) nicht als Gehilfe zu bestrafen, denn er habe ja die Gefahr des Erfolgseintritts nicht erhöhen können, da der Haupttäter, unterstellt der Gehilfe hätte die Leiter nicht getragen, dies selber übernommen hätte 23 • Im Fall des OLG Freiburg 24, in dem jemand als elfter Mann zu einem Erschießungskommando hinzubefohlen wird, selber aber nicht schießt, begründet Schaffstein die Straflosigkeit des Soldaten damit, daß für einen einsichtigen Beobachter vorauszusehen gewesen sei, daß die Erschießung auch dann erfolgt wäre, wenn der Angeklagte nicht dem Exekutionskommando hinzugetreten wäre 25 • Wenn Schaffstein nun den Leiterträger, der ja unstreitig kausal für den Erfolg ist26 , nicht als Gehilfen ansieht, weil dieser das Risiko des Erfolgseintritts nicht erhöht habe, so berücksichtigt er hierbei eine hypothetische Ersatzursache bzw. ein Ersatzrisiko und stellt damit gerade nicht auf das der Handlung des präsumptiven Gehilfen innewohnende Risiko ab. Warum sich jemand, der eine Rechtsgutsverletzung herbeiführt, darauf berufen können soll, daß sonst jemand anderes dieses Rechtsgut geschädigt hätte, ist nicht einzusehen, es sei denn, der tatsächliche Schädiger hindert auf diese Weise ein viel höheres Risiko vor dem Eintritt, vgl. dazu schon oben 3. Teil I 2. d) bb). Schaffsteins Anwendung seiner Methode auf diesen Fall ist daher zu Recht auf keine positive Resonanz gestoßen27 • Sieht man freilich, wie dies richtig wäre, von bereitstehenden Ersatzrisiken ab, rekurrierte also, ungeachtet der falschen Anwendung durch Schaffstein, selbst auf dessen Methode, dann wäre die Zurechnung nach Risikoerhöhung im determinierten Bereich ein durchweg gangbarer Weg, der im übrigen ja auch mit der neueren Lehre von der notwendigen Pflichtwidrigkeit der Handlung beim Vorsatzdelikt korrelierte. Sie würde allerdings, da aus der von Schaffstein zugrundegelegten Sichtex post betrachtet bei eingetreteMaurach/Gössel/Zipf AT/2 §52, Rdnr.8; Murmann, JuS 1999,548,551. Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 180. 23 Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 182. 24 OLG Freiburg, JZ 1951, 85. 25 Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 181. 26 Das erkennt auch Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 182. 27 LK-Roxin § 27, Rdnr. 7; Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr.lO; Jakobs AT22/35; Kühl AT§ 20, Rdnr. 216; Maurach/Gössel/Zipf AT/2 §52, Rdnr. 22; Wessels/Beulke Rdnr. 582; Dreher, MDR 1972,553, 555f.; Herzberg, GA 1971, 1, 7; Spende/, FS Dreher (1977), 167, 183f.; Ranft, ZStW 97 (1985), 268, 283; Geppert, Jura 1999, 266, 268; Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 504; Samsan (1972), 75ff.; ders., FS Peters (1984), 121, 125. 21

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13 Osnabrügge

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

nem Erfolg jeder kausale Umstand das Risiko für den Eintritt dieses Erfolges auch erhöht hat, nämlich genau auf 100%, nicht über die rein kausale Betrachtung hinausführen. Um also dem Gedanken der Risikoerhöhung im determinierten Bereich überhaupt zu einem eigenen Anwendungsbereich zu verhelfen, müßte man das Risiko ex ante bestimmen, und darauf beruhend insbesondere auch demjenigen den eingetretenen Erfolg zurechnen, dessen Risikosetzung mit einer kausalen Erklärung des Erfolges konkurriert, dessen Risiko sich also nicht verwirklicht hat28 • Dieser Ansatz wird zum Teil darauf gestützt, daß der Gehilfe so zwar nicht den Erfolg, jedoch Hilfe verursacht habe, indem er dem Rechtsgutsangriff des Haupttäters zuträglich war 29, was im Hinblick auf den Erfolg der Haupttat wiederum eine Risikoerhöhung bedeutet. Auf Grundlage dieser Ansicht wird sodann beispielsweise vertreten, daß A, der dem B einen passenden Nachschlüssel liefert, während B bei seinem Einbruch die Tür unverschlossen vorfindet und den Dietrich deshalb auch nicht benutzt, gleichwohl Gehilfe sei. Denn wer dem Täter einen Dietrich mitgebe, erhöhe schon hierdurch das Risiko für das angegriffene Rechtsgut30• Ist ein Verlauf jedoch nach Naturgesetzen determiniert, so läßt sich bereits bei Vorliegen der Bedingungen eine 1OO%ige Prognose über den Erfolgseintritt treffen, bevor dieser Erfolg überhaupt eingetreten ist. Bei der Beurteilung eines solchen determinierten Verlaufs gibt es daher keinen Unterschied zwischen der Beurteilung ex ante und ex post 31 • Dies gilt auch für den Fall der Doppelkausalität, in dem sich zwei konkurrierende Ursachen gleichermaßen verwirklicht haben. Es läßt sich beispielsweise bereits bei Übergabe des Dietrichs eine 100%ige Prognose des Inhalts aufstellen, daß ein Dietrich nicht die Gefahr erhöht, daß in ein nicht verschlossenes Haus eingebrochen wird. Anders wäre dies nur dann, wenn man die Information, daß die Tür nicht verschlossen ist, ausblendete und nicht beachtete, also auf das Wissen beispielsweise des Gehilfen zum Zeitpunkt der Gehilfenhandlung abstellte. Nur in dieser Bedeutung, also im Sinne von "unter Ausblendung der später gewonnenen Daten" gewinnt der Bezugspunkt "ex ante" im determinierten Bereich eine Bedeutung32. Läßt man jedoch die existente und nach strikten Gesetzen aufgestellte kausale Erklärung des Erfolges, in der die Handlung des präsumptiven Gehilfen gerade nicht vorkommt, außer Beachtung, dann verzichtet man in dem hier behandelten der kausalen Erklärung zugänglichen Bereich bewußt auf die Möglichkeit, versuchte von vollendeter Beihilfe zu trennen. Dies führt zwingend dazu, versuchte Beihilfe gleich 28 So wohl schon Zimmer/ (1930), 99ff.; Hardwig (1957), 146f.; Vogler, FS Heinitz (1972), 295, 309; Salamon (1968), 147ff. Neuerdings Heghmanns, GA 2000,473, 478f. 29 Herzberg, GA 1971, 1, 7; Vogler, FS Heinitz (1972), 295, 309; Hardwig (1957), 146f. 30 Hardwig (1957), 146. 31 Puppe, ZStW 95 (1983), 287,295. 32 Vgl. auch Samsan (1972), 47.

IV. Kausalitätsersetzende Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung?

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der vollendeten Beihilfe zu strafen, so denn eine Risikoerhöhung nach dem Beurteilungsstand zum Zeitpunkt der Gehilfenhandlung (also "ex ante") gegeben ist 33 • Hiermit verkürzte man durch Außerachtlassung des vorhandenen Wissens um die kausale Erklärung des Erfolges die Urteilsbasis. Dies führte zu einem Verständnis der Beihilfe als abstraktem Gefahrdungsdelikt besonderer Art, dessen Verwirklichung nämlich anders als bei den Gefahrdungsdelikten zwar den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung voraussetzt, jedoch auf die kausale Verknüpfung von riskantem Verhalten und Erfolg verzichtet und damit den Eintritt des Erfolgs zu einer objektiven Strafbarkeilsbedingung macht 34• Setzt man die gesetzgebensehen Entscheidung, die versuchte Beihilfe im Gegensatz zur vollendeten Beihilfe straflos zu belassen, voraus, so führte dieser Verzicht auf die kausale Verknüpfung letztlich zu einer gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstoßende Strafbarkeitsausweitung. Diese Ergebnisse zeigen sich auch anhand der neueren Rechtsprechung des BGH zur "Förderungsformel" 35• Der BGH nimmt, sieht man von den weiteren kritikwürdigen Besonderheiten des Einzelfalles ab 36 und reduziert die Argumentation auf die dogmatischen Grundzüge, den objektive Tatbestand der Beihilfe dann an, wenn der präsumptive Gehilfe das Risiko des Erfolgseintritts erhöht hat. Hierbei bleibt in der Argumentationsführung des BGH offen, ob er eine Tatsachengrundlage aus Sichtex ante oder ex post zugrundelegt, was gerade im Hinblick auf die Bedeutung des Maßstabesexpost ein beredtes Beispiel für die "Theorienlosigkeit" der Rechtsprechung ist und im konkreten Fall des BGH den Blick auf die richtige Lösung verstellt. Denn hat eine Gehilfenhandlung das Erfolgsrisiko aus Sicht ex post tatsächlich erhöht, dann ist sie kausal und der Streit erübrigte sich. Hat sie es nicht, dann hat sie diesen Erfolg auch nicht gefördert37 • Stellt man dagegen auf die Sichtex ante ab und ist der Erfolg grundsätzlich kausalen Erklärungen unterworfen, so setzt man sich den obigen Einwänden aus, straft insbesondere bloß versuchte als vollendete Beihilfe. Daß der BGH im konkreten Fall, in dem es um die mögliche Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch einen Bankmitarbeiter ging, der den Kunden beim anonymisierten Kapitaltransfer unterstützte, eine Beihilfe deshalb annahm, weil der Gehilfe "das Entdeckungsrisiko für die Nichtangabe der Erträge in der Steuererklärung stark verringert hat" 38, und sich um die Frage, aus welcher Sicht er die Tatsachengrundlage betrachtet, offensichtlich keine Gedanken machte, dürfte andere Gründe haben: Mit dem Entdeckungsrisiko stellt der BGH nämlich nicht auf den Erfolg des § 307 AO ab, also den tatbestandliehen Erfolg dessen Delikt, zu dem der Bankangestellte 33 LK-Roxin § 27, Rdnr. 27; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 504; Jakobs AT 22/35; Jescheck/Weigend AT § 64 1112c); Köhler AT, 535; Samson (1972), 202ff.; ders., FS Peters (1984), 121, 132; Geppert, Jura 1999, 266, 268. 34 Vgl. Samson (1972), 48, 157. 35 BGH wistra 2000, 340, 342. 36 Vgl. hierzu oben, Einleitung, und sogleich. 37 Zutreffend insoweit Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 503. 38 BGH wistra 2000, 340, 342.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

als Gehilfe verurteilt wird, sondern vielmehr auf den Erfolg des § 258, den der Strafvereitelung. Dies zeigt in aller Deutlichkeit auch die Tatsache, daß der BGH die Strafbarkeit letztlich nicht an einer Risikoerhöhung festmacht, was wohl seiner Intention zur Auslegung der Förderungsformel entspräche, sondern vielmehr an einer Risikoverringerung. Hier wird also mit der Argumentation, der Bankangestellte sei strafvereitelnd tätig geworden, die Beihilfe zum Hauptdelikt begründet und so letztlich eine (möglicherweise) versuchte zur vollendeten Beihilfe gewandelt 39• Abgesehen von den obigen grundsätzlichen Einwänden gegen die Risikoerhöhung als Zurechnungskriterium im determinierten Bereich, wird deren Leistungsfähigkeit aber auch infolge einer zu pauschalen Feststellung der Risikoerhöhung überschätzt. So setzte beispielsweise der Versuch, die weithin als strafwürdig empfundene sogenannte vorgeleistete Strafvereitelung/Begünstigung40 mittels des Gedankens der Risikoerhöhung unter die Beihilfe zu subsumieren, voraus, daß das entsprechende Verhalten auch tatsächlich das Risiko der Rechtsgutsverletzung erhöht hat. Von der Literatur wird für diesen Fall weitgehend Beihilfe bejaht, wobei teilweise psychische, teilweise physische, zumeist kausale Beihilfe angenommen wird 41 • Fälle, in denen eine vorab geleistete Strafvereitelung als physische Hilfeleistung nach§ 27 in Betracht kommen, sind z. B. der berühmte Staubhemdfall des RG, vgl. schon oben 3. Teil I 1. a) und 4. Teil III 1., oder das Überlassen von Handschuhen zur Vermeidung von Fingerabdrücken. Während das Überlassen des Staubhemdes und der Handschuhe keine erfolgskausalen Handlungen sind, haben sie gleichwohl die Qualität einer vorab geleisteten Strafvereitelung, denn sowohl die Maskerade als auch die Handschuhe zielen ja auf das Unterbleiben einer Identifikation des Täters ab. Die Annahme einer auf Risikoerhöhung gründenden physischen Beihilfe setzte aber voraus, daß die physischen Gegenstände der begünstigenden oder strafvereitelnden Handlungen, also z. B. die Handschuhe oder das Staubhemd, gleichzeitig das Risiko des Eintritts oder der Intensivierung der Rechtsgutsverletzung durch den Haupttäter zu erhöhen geeignet sind, wobei von einer durch die Psyche des Tä39 Was um so schwerer wiegt, als der BGH, legt man die Ausführungen von Jäger, wistra 2000, 344, 345, einem Wissenschaftlichen Mitarbeiter am erkennenden 5. Strafsenat, zugrunde, erkannt hat, daß es eines objektiven Merkmals der Beihilfe vor allem deshalb bedarf, um die Bestrafung der bloßen Gesinnung zu verhindern. Zutreffend dagegen nur im Ergebnis, nicht in der Begrundung Samson!Schillhorn, wistra 2001, 1, 5, die versuchte Beihilfe deshalb annehmen, weil sich Ermittlungsmaßnahmen der Finanzverwaltung, die wegen der Anonymisierung des Transfers nicht zur Aufdeckung der Iuxemburgischen Zinserträge geführt haben, nicht feststellen lassen. Der Erfolg, in bezugauf den Samson!Schi/lhorn hier die Kausalität ablehnen, ist aber gerade nicht derjenige des § 307 AO, sondern der des § 257. 40 Lackner/Kühl § 27, Rdnr. 4; LK-Roxin § 27, Rdnr. 11; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 506; Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr.12; Köhler AT543; Schmidhäuser StuB 14/136; Küper, JZ 1981,251, 256f.; Geppert, Jura 1999,266, 268; Class, FS Stock (1966), 115, 116ff.; so neuerdings auch der BGH wistra 2000, 340, 341. 41 Lackner/Kühl §27, Rdnr.4; LK-Roxin §27, Rdnr.l2; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 506; Sch./Sch.-Cramer!Heine § 27, Rdnr. 12; Köhler AT 543; Schmidhäuser StuB 14/136; Küper, JZ 1981, 251, 256 f. (jeweils unter fälschlicher Bejahung der Kausalität bei gleichzeitiger Annahme psychischer Beihilfe).

IV. Kausalitätsersetzende Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung?

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ter vermittelten Risikoerhöhung zunächst abgesehen werden soll. Die Tatsache, daß die Handlungen Begünstigung bzw. Strafvereitelung sind, rechtfertigt noch nicht bereits deshalb die Annahme von Beihilfe, denn hierdurch wird das Rechtsgut der staatlichen Rechtsverfolgung angegriffen, während die Beihilfe einen Angriff gegen das durch die Haupttat verletzte Rechtsgut sanktioniert. Greift also derjenige Helfer, der begünstigend hilft, beispielsweise den Schlüssel für das spätere Beuteversteck überläßt, oder derjenige, der strafvereitelnd hilft, also beispielsweise die Handschuhe oder das Staubhemd liefert, auch das Rechtsgut der Haupttat an, indem er das Risiko des Eintritts deren Erfolgs erhöht? In allen geschilderten Fällen richtet sich die Hilfe eindeutig auf einen bestimmten Zweck, nämlich die Strafvereitelung oder Begünstigung, und im Falle des § 257 ist diese Intentionalität der Handlung bereits Tatbestandsvoraussetzung der Annahme einer Begünstigung. Wer einen Nachschlüssel liefert, erhöht jedenfalls das Risiko der Verletzung des Rechtsguts der Integrität des Besitztums. Wer eine Waffe liefert, erhöht das Risiko, daß hiermit ein Mensch verletzt oder getötet wird. Wer dagegen Handschuhe liefert, die zur Tatbegehung eingesetzt werden sollen und werden, erhöht nicht das Risiko der Tatbegehung oder ein dieser Tatbegehung immanentes Risiko für das durch die Tat angegriffene Rechtsgut Er erhöht lediglich das Risiko, daß die staatliche Rechtsverfolgung nicht erfolgreich tätig werden kann und senkt das Risiko für den Täter, erfolgreich belangt zu werden. Mit dem Risiko, das für das durch die Haupttat angegriffene Rechtsgut besteht, hat dies aber nichts zu tun. Gleiches gilt für den vorab Begünstigenden. Der Helfer, der also solchermaßen tätig wird leistet im Hinblick auf die Haupttat nur einen rechtsgutsirrelevanten Begleitumstand. Eine Risikoerhöhung im Hinblick auf die Haupttat durch die physische Hilfeleistung besteht nicht. Das Abstellen auf eine Risikoerhöhung hat also im determinierten Bereich keine die Kausalität ersetzende Bedeutung: Ist ein Umstand kausal für einen Erfolg, so hat er zwingend auch das Risiko dessen Erfolgseintritts maßgeblich, nämlich auf 100 %, erhöht, es sei denn, es liegt ein Fall der Mehrfachkausalität vor. Ist ein Umstand aber als risikoerhöhend im Hinblick auf den möglichen Eintritt einer Rechtsgutsverletzung zu beurteilen, so rechtfertigt dies alleine noch nicht die Zurechnung dieser Verletzung. Eine andere, hiermit nicht zu verwechselnde Frage ist, ob der kausale Umstand als weitere Voraussetzung der Zurechnung pflichtwidrig sein muß, wobei sich diese Pflichtwidrigkeit natürlich nicht etwa in einer Risikosetzung im konkreten Fall beschränken dürfte, denn eine solche ist ja bereits aufgrund der Kausalität unzweifelhaft. Diese Frage, die in die Problematik der sog. neutralen Handlungen oder auch Beihilfe durch Alltagshandlungen einmündet, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

2. Übertragung der Grundsätze der additiven und alternativen Mittäterschaft nach Roxin auf die Beihilfe? Während die oben angegebenen Vertreter einer Risikoerhöhung ex ante generell die Kausalität als unbeachtlich bezeichnet, nehmen Roxin 42 und ihm folgend andere43 für die Mittäterschaft eine Zurechnung sowohl bei unklarer als auch bei fehlender Kausalität nach dem Kriterium der Risikoerhöhung an. Als Beispiel für ersteres, die sog. additiven Tatbeiträge, führt er einen Fall an, in dem 20 Verschwörer planen, jemanden zu erschießen. Um das Gelingen wahrscheinlicher zu machen, schießen sie gleichzeitig. In der Leiche finden sich mehrere Kugeln, nicht alle jedoch haben getroffen 44 • Für den Fall fehlender Kausalität, sog. alternative Beiträge, führt Roxin das Beispiel eines Mordanschlages gegen jemanden an, der wechselnde Wege wählt. Aus diesem Grunde legen sich die zwei Mörder an zwei verschiedenen Punkten auf die Lauer. Einer von beiden tötet das Opfer wie geplant45 • In beiden Fällen möchte Roxin46 Mittäterschaft annehmen, weil aus der Beurteilung ex ante die Beiträge den Erfolg wahrscheinlicher gemacht haben. Wenn dagegen sich das Opferper Flugzeug bewege und der eine Mörder in Singapur, ein anderer in Hongkong und ein dritter in Manila lauere, so seien die letzteren nicht Mittäter des Mordes in Singapur47. Zwar wird zur Bejahung der Mittäterschaft nach dieser Prägung der Tatherrschaftslehre nicht die Kausalität eines jeden Mittäters für den tatbestandliehen Erfolg als das maßgebliche Zurechnungskriterium bezeichnet48, sondern vielmehr die funktionelle Tatherrschaft Jedoch soll wesentliches Indiz hierfür sein, daß die Mittäter gegenseitig wesentliche, das heißt kausale Beiträge leisten49, deren Bedeutung dadurch dargelegt wird, daß ohne den jeweiligen Beitrag die Tat unterblieben oder nicht möglich gewesen wäre 50• Gleichwohl betont Roxin, daß es verfehlt wäre, im nachhinein Beweis darüber erheben zu wollen, ob die Tat ohne den fraglichen Beitrag unterblieben wäre, namentlich also die Kausalität zu prüfen. Vielmehr sei alleine bedeutend, daß der Beitrag im Tatplan eine sachlich bedeutende Funktion ausRoxin, JA 1979, 519, 524. SK-Hoyer § 25, Rdnr. 110f.; Kühl AT § 20, Rdnr. 109; Bloy (1985), 372ff.; Joerden (1988), 81 f. 44 Roxin (2000), 691; Fall nach Herzberg (1977), 56. 45 Roxin (2000), 692; Fall nach Rudolphi, FS Bockelmann (1979), 369, 379. 46 Roxin (2000), 691 ff.; ebenso schon Herzberg ( 1977), 58; Maurach!Gössel!Zipf AT/2 § 49, Rdnr. 37ff.; See/mann, JuS 1969,571,574. 47 A. A. bezüglich der letzten Konstellation aber Maurach!Gössel!Zipf AT/2 § 49, Rdnr. 42. 48 Ausdrücklich: Bloy (1985), 375; anders aber Herzberg ( 1977), 58. Anders auch der BGH, der sich auf Grundlage der animus-Theorie bemüht, eine Kausalität als Indiz für den Täterwillen nachzuweisen, vgl. nur BGHSt 37, 289ff. und BGHSt 37, 106, 128 f. 49 LK-Roxin § 25, Rdnr.189. Lackner/Küh/ § 25, Rdnr. 11 stellt dagegen ausdrücklich auf die "Mitursächlichkeit" ab, ebenso See/mann, JuS 1980,571, 574. 50 Roxin, JA 1979,519, 523; ders. (2000), 280: "unerläß1iche Beiträge". 42 43

IV. Kausalitätsersetzende Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung?

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übe, so daß es auf ihn aus der Sicht ex ante "wesentlich" in dem Sinne ankomme, daß der Beteiligte durch Verweigerung des Beitrags die Tat als Ganze zum Scheitern bringen könnte 51 . Sieht man davon ab, daß nach diesen Ausführungen zusätzlich zur funktionalen Stellung im Tatplan und trotz gegenteiliger Beteuerung doch regelmäßig Kausalität Voraussetzung für die Mittäterschaft ist, wäre es, dem Vorgehen Roxins in obigem Beispielsfall folgend, jedenfalls denkbar, auch für die Beihilfe einen tatsächlich geleisteten Beitrag schon dann die Gehilfenstellung begründen zu lassen, wenn dieser Beitrag von Täter und Gehilfen als eine Art funktionale Hilfe in die Tat eingeplant war und aus der Beurteilung ex ante für das Rechtsgut eine Gefahr geschaffen hat, mit anderen Worten, wenn man aus Sichtex ante eine Kausalprognose aufstellen kann, in der die Hilfeleistung als (potentielle) Bedingung vorkommt, die sich aber nicht realisiert hat. Eine solche Auflockerung des Kausalitätserfordernisses würde den Vorgaben der Tatherrschaftslehre für die Mittäterschaft entsprechen, und es ist ohnehin nicht ohne weiteres einsichtig, warum es leichter möglich sein sollte, Mittäter bei einer Tat zu werden als Gehilfe zu dieser. In welch engem Kontext die Bereiche der Mittäterschaft und der Teilnahme hier stehen, läßt sich an der Behandlung des "Schmierestehers", Fallbeispiel4.1, ersehen. Dessen Beitrag wird nämlich als mittäterschaftlicher Beitrag angesehen insoweit er im gemeinsamen Tatplan eine sachlich bedeutende Funktion zukommt 52. Und dies, so Roxin, sei regelmäßig der Fall 53 • Würde man dieses Kriterium der Funktion im Tatplan ausreichen lassen und weiterhin im Fallbeispiel4.1 voraussetzen, daß der Schmieresteher eine etwa der Verbrechervernunft54 entsprechende Funktion hatte, so ließe sich dieser Beitrag im Hinblick auf diese Fallkonstellation und den im Tatplan gedachten möglichen Einsatz des Gehilfen, bei Bedarf den Eintritt einer rettenden Bedingung zu verhindern, also kausal zu werden, bereits deswegen als "Hilfe" i. S. d. § 27 bezeichnen. So wertvoll Roxins Abgrenzung allerdings für die praktische Beurteilung der Mittäterschaft sein und insbesondere bei ungeklärter Kausalität die gegenseitige Zurechnung der Tatbeiträge erleichtern mag 55, an ihrer dogmatischen Begründung mangelt es im Wesentlichen, und sie rückt das Kriterium der Tatherrschaft, nach dem ja eine Mitherrschaft im Ausführungsstadium erforderlich ist, nahe an die subjektive Theorie. Mit der Kritik56 wird man einwenden müssen, daß es an jeglicher LK-Roxin §25, Rdnr. 154; ders. (2000), 278f.; SK-Hoyer §25, Rdnr. 109. SK-Hoyer §25, Rdnr.I09;Maurach/Gössel/ZipfAT/2 §49, Rdnr.35; Ga/las, DRiZ 1950, 67; Stein (1988), 325; Roxin (2000), 282; ders. JA 1979, 519, 523. 53 LK-Roxin §25, Rdnr.154, 191, wobei es noch nichteinmal eines ausdrücklichen gemeinsamen Tatplans bedarf, vgl. BGHSt 37,289. 54 Vgl. dazu noch unten V. 55 Auf die praktischen Vorzüge weist Schmidhäuser Stuß 19/62 hin. 56 Schmidhäuser Stuß 10/62; Rudolphi, FS Bocketmann (1979), 369, 380; Spendet, JuS 1969,314, 315; Stein (1988), 327f. sowie Jakobs AT21/55, der in "Mittäter" und "Reserve51

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Beteiligung an der Ausführung fehlt und eine objektive Unterscheidung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe damit nicht mehr möglich ist. Ebensowenig ist aber noch eine Unterscheidung nach Versuch und Vollendung möglich, was, legt man die Straflosigkeit versuchter Beihilfe zugrunde, das erste Argument dahingehend weiterführt, daß eine Unterscheidung zwischen Mittäterschaft, versuchter Mittäterschaft, Beihilfe und versuchter (strafloser) Beihilfe unmöglich wird. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn der (Reserve-)Mittäter seinen Beitrag zu keiner Zeit "aus der Hand gibt", sondern über dessen Einsatz oder eben Nichteinsatz stets die Kontrolle behält, ohne jemals in die Entscheidungssituation der "Feuerprobe der kritischen Situation" 57 zu gelangen, wie dies in Roxins Beispiel des doppelt gelegten Hinterhalts der Fall ist. Doch mag die Berechtigung dieser Durchbrechung des Kausalitätsgrundsatzes für die Mittäterschaft dahinstehen, zumal der Wortlaut des § 25 Abs. 2 "gemeinsam eine Tat begehen" einen anderen Spielraum hinsichtlich der Effektivität des Beitrages eines jeden Einzelnen eröffnen mag, als dies nach dem Verständnis dieser Arbeit der Wortlaut des § 27 leistet. Auch Bloy weist darauf hin, daß erst die Existenz der besonderen gegenseitigen Zurechnung des § 25 Abs. 2, also die Zurechnung eines fremdverursachten Erfolges als selbstverursacht, es ermöglicht, Beiträge, die keine (nachweisbare) Wirkung hatten, statt als Versuch als Vollendung zu bestrafen 58• Jedenfalls für die Beihilfe scheiden solche Ausnahmen der Zurechnung akausaler Beiträge aus. Hilfeleistung meint im Kontext des § 27 mehr als eine bloße Handlungsbeschreibung, sondern impliziert, um überhaupt "Hilfe" sein zu können, eine Wirkung 59 • Entscheidend ist die Beteiligung an der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes. Die tatsächliche Beteiligung, nämlich die Anwesenheit am Tatort, stellt keine Beziehung zum Erfolg der Haupttat her, weil sie nicht Bestandteil dessen kausaler Erklärung ist. Der Möglichkeit, die Modalitäten der Tat für beachtlich zu erklären, etwa beschränkt auf diejenigen Modalitäten, die zu einer der "Verbrechervernunft"60 entsprechenden Tatausführung gehören, stünden alle Argumente entgegen, die auch schon gegen den "ganz konkreten Erfolg" vorgebracht worden sind. Denn hierbei würde es sich um nichts anderes als um eine Manipulation des Erfolges mit dem Ziel handeln, einen als vernünftigerweise dem Verbrechen dienend erkannten Umstand für kausal und damit beachtlich zu erklären. Auch durch die Tatsache der Risikoerhöhung aus der Sicht ex ante wird schließlich keine hinreichende Beziehung zur Tat hergestellt, vgl. oben unter l). Damit verbliebe es bei der Funktion im Tatplan des Täters. Aber auch daß nach dem Tatplan der präsumptive Gehilfe eine wenn auch wichtige Rolle erfüllen sollte, stellt zunächst - ungeachtet nämmittäter'' unterscheidet und die Mittäterschaft "mangels verwirklichter Gestaltungsherrschaft" ablehnt. 57 Bocke/mann, JZ 1954, 468,473. 58 Bloy ( 1985), 373. 59 Bloy ( 1985), 272. 60 V gl. dazu noch näher unten V.

IV. Kausalitätsersetzende Risikoerhöhung und/oder funktionelle Bedeutung?

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lieh einer möglichen Beziehung "durch den Haupttäter", also auf psychischem Wege - keine Beziehung zwischen dem Gehilfen und dem Erfolg der Haupttat her. Denn die Tat wird nicht durch den Tatplan des Haupttäters definiert, sondern durch den gesetzlichen Tatbestand. Schließlich macht es für die Strafbarkeit als Beihilfe doch einen Unterschied, ob es lediglich beabsichtigt und im Tatplan angelegt war, Hilfe zum Rechtsgutsangriff des Haupttäters zu leisten und dies scheitert, oder ob diese Hilfe auch tatsächlich gelingt und zwar, wegen der gesetzlichen Unterscheidung in Versuch und Vollendung, einen relevanten Unterschied. Ließe man eine Funktion im subjektiven Tatplan des Täters ausreichen, so bliebe kein Bereich einer versuchten Beihilfe, bzw. würde jede versuchte Beihilfe wie eine vollendete behandelt. Überdies könnte der Gehilfe nicht mehr über seine eigene Strafbarkeit entscheiden, weil es der Plan des Haupttäters wäre, der die Strafbarkeit begründete. Hiergegen läßt sich nicht einwenden, daß auch bei der kausalen Beihilfe letztlich der Haupttäter über Verwendung und Nichtverwendung eines vom Gehilfen gelieferten Mittels und damit über dessen Strafbarkeit entscheidet. Denn anders als in diesen Fällen muß der Gehilfe, um eine funktionale Stellung im Tatplan zu erhalten, nichts getan haben. Wollte man dem abhelfen, etwa indem man zusätzlich z. B. eine Veranlassung der funktionalen Stellung durch den Gehilfen forderte, so übersähe man, daß es infolge der prinzipiellen Undeterminiertheit des Willens nicht möglich wäre, diese "Veranlassung" abstrakt zu beschreiben. So wie Rudolphi61 daran erinnert, daß die Tatausführung der maßgebliche Beteiligungszeitraum ist, und ein gemeinsames Ziel sowie eine gemeinsame Planung nicht ausreichen, eine hinreichende Verbindung vom Gehilfen zur Rechtsgutsverletzung zu knüpfen, wird man also jedenfalls für die Beihilfe eine außerhalb der existenten kausalen Erklärung bestehenden Rechtsgutsgefahrdung nicht dazu ausreichen lassen können, von einer "Hilfe zur Tat" sprechen zu können. Zu einem anderen Ergebnis kann man nur kommen, wenn man die Verbindung über die Taterpsyche sucht, vgl. dazu unten V 2. 3. Zwischenergebnis Dort also, wo der präsumptive Gehilfe einen physischen Beitrag leistet, der durchaus Gegenstand einer kausalen Erklärung eines Ereignisses sein könnte, in der kausalen Erklärung des Erfolges aber nicht vorkommt, läßt sich die Gehilfenstrafbarkeit nicht nach Gesichtspunkten der Risikoerhöhung oder aufgrund der Funktion im Tatplan begründen. Das Abstellen auf den Tatsachenhorizont zum Zeitpunkt der Handlung des präsumptiven Gehilfen unter bewußter Ausblendung des weiteren Verlaufs, oder, was im Ergebnis keinen Unterschied macht, auf die funktionale Bedeutung des präsumptiven Gehilfen im Tatplan des Taters ist im kausal determinier61

Rudolphi, FS Sockelmann (1979), 369, 379f.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

ten Bereich schweren Bedenken ausgesetzt und de lege lata, insbesondere im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe, nicht zu halten. Das Abstellen auf eine Risikoerhöhung hat also im determinierten Bereich keine die Kausalität ersetzende Bedeutung.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg Nach allem ergibt sich folgender status quo im Hinblick auf die Ausgangsfrage: Keines der bislang in der Diskussion befindlichen Kriterien hat sich als alleine tauglich für die Beihilfe herausgestellt. Ausgehend davon, daß es unerläßlich ist, eine objektive Verknüpfung zwischen der Gehilfenhandlung und dem Erfolg der Haupttat feststellen zu können, hat sich das "Fördern der Tat" als nicht tauglich erwiesen. Dies liegt nicht etwa daran, daß sich das Fördern nach der Rechtsprechung nicht unmittelbar auf den deliktischen Erfolg der Haupttat beziehen, sondern die Ausführung dieser Tat betreffen soll. Denn wie auch die Kausalität müßte die Beziehung des Förderns, wie auch immer sie ausgestaltet sein soll, so postuliert sein, daß ein mittelbarer Bezug der Gehilfenhandlung zum deliktischen Erfolg resultiert. Grund für die Untauglichkeit dieses Kriteriums ist vielmehr die Farblosigkeit des Begriffs, die es nicht ermöglicht, die Abgrenzung von straflosem zu strafbarem Verhalten auch nur einigermaßen zu konturieren. Die Kausalität der Gehilfenhandlung für den Erfolg ist zwar ein den täterschaftliehen Zurechnungsregeln entsprechendes Kriterium und leistet eine objektive und konturierte Abgrenzung, sofern man die Methode zu deren Feststellung und ihren Bezugspunkt methodisch korrekt bestimmt. Aber die Kausalität ist gleichzeitig nicht geeignet, in allen Bereichen möglicher Zurechnung als Kriterium zu dienen, weil eine kausale Zurechnung unter der Voraussetzung der Existenz kausaler Gesetze steht. Sie ist weiterhin nicht geeignet, in allen Fallen allgemein als strafwürdig empfundenes Verhalten auch als strafbar zu identifizieren. Auch der Gedanke der Risikoerhöhung hat sich weder als ein die Kausalität verdrängendes Zurechnungskriterium, noch im Verständnis der Realisierung der in der Sorgfaltswidrigkeit liegenden Gefahr im Sinne der Lehre von der objektiven Zurechnung und der Zurechnung zur Fahrlässigkeit bestätigen lassen. In der ersten Sichtweise scheitert der Gedanke der Risikoerhöhung daran, daß diese im kausal determinierten Bereich entgegen der gesetzlichen Entscheidung zur Straßosigkeit der versuchten Beihilfe nicht geeignet ist, erlaubtes von verbotenem Verhalten zu trennen. In der zweiten Sichtweise bereinigt das richtige Verständnis von Kausalität und dem zuzurechnenden Erfolg weitestgehend den der Risikoerhöhung insoweit zugewiesenen Anwendungsbereich. Die danach verbleibenden Fälle der Ausscheidung erlaubter Kausalverläufe sind in der Beihilfe diejenigen, die unter den mehr oder weniger angebrachten Begriffen des "neutralen Verhaltens", der "Alltagshandlun-

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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gen" oder des "berufstypischen Verhaltens" diskutiert werden. Die Ausscheidung solchermaßen erlaubter Kausalverläufe ist jedoch nicht Thema dieser Arbeit. Nachdem sich auch kein anderes universelles Zurechnungskriterium für die Beihilfe hat finden lassen, verbleibt somit nur die Möglichkeit, hinsichtlich der Frage nach der objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg nach dem kausal determinierten und dem kausal nicht determinierten Bereich zu differenzieren.

1. Beihilfe im kausal determinierten Bereich Für den kausal determinierten Bereich hat sich die Kausalität der Gehilfenhandlung für den tatbestandliehen Erfolg als stets hinreichend erwiesen. Kausalität ist dann gegeben, wenn eine Bedingung notwendiger Bestandteil einer nach allgemeinen Gesetzen hinreichenden Minimalbedingung für den Erfolg ist. Der Erfolg als Bezugspunkt der Kausalbeziehung ist der tatbestandlieh normierte Umechtserfolg, beschrieben ausschließlich nach den im Tatbestand fixierten Kriterien.

2. Beihilfe im kausal nicht determinierten Bereich Indem die Kausalbeziehung die Existenz strikter Gesetze voraussetzt, welche in Form von Wahrscheinlichkeitsgesetzen mit größter statistischer Bestätigung durch die Naturwissenschaften als sogenannte Kausalgesetze aufgestellt und, solange nicht falsifiziert, als gültig angenommen werden, ist eine Zurechnung nach Kausalität dann nicht möglich, wenn ein Erfolg im sog. nichtdeterminierten Bereich der Erklärung durch solche Gesetze nicht zugänglich ist. Als nichtdeterminiert, genauer als Bereich mit Wahrscheinlichkeitserklärungen geringer statistischer Prägnanz, sind alle Prozesse zu klassifizieren, in denen menschliche Entscheidungen eine Rolle spielen, wozu auch die Motivationen der Entscheidungen zählen, menschliche Zustände, seien es physische Krankheitsverläufe, seien es seelische Zustände, oder menschliche Leistungen, weiterhin alle mikrophysikalischen und mikrobiologischen Prozesse62; als determinierter Bereich dagegen all diejenigen Verläufe, in denen außer der Handlung des Täters alle Kausalfaktoren naturgesetzlieh determiniert sind63 • Zu den nichtdeterminierten Prozessen zählen damit u. a. auch alle Vorgänge, in denen nach der die Zurechnung begründenden Handlung des Täters ein weiteres menschliches Verhalten eine Rolle spielt64• Die Teilnahme im allgemeinen und die Beihilfe im speziellen ist jedoch nicht etwa deshalb ein Bereich, in dem eine ZuNK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 132, dies., ZStW 95 (1983), 287, 294. Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 295. 64 Puppe, ZStW 95 (1983), 287,294. 62

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

rechnungnach quasi-strikten Gesetzen niemals möglich ist, weil auch der Haupttäter als nicht determiniert gesetzt werden muß und deshalb niemals zum Zeitpunkt der Hilfeleistung eine strikte Prognose über den weiteren Ablauf getroffen werden kann. Denn Gegenstand der Zurechnung des Erfolgs zum Gehilfen ist nicht die Prognose vom Zeitpunkt der Handlung aus, sondern die Bedeutung des Gehilfen als notwendiger Bestandteil der kausalen Erklärung. Und innerhalb dieser kausalen Erklärung gilt, daß man in einer hinreichenden Gesamtbedingung zur kausalen Erklärung des Erfolges Bedingungen, die selber nicht Gegenstand der kausalen Erklärung sind, als gegeben setzen kann 65 , vgl. dazu schon 4. Teil. Etwas anderes ergibt sich allerdings, wenn der Gehilfenbeitrag nicht unmittelbar im Erfolg "wirkt", sondern "im Haupttäter": B plant, einen Nahrungsmittelhersteller mit der Drohung zu erpressen, in dessen Produkte Gift zu mengen. B weiß jedoch, daß er allenfalls registriertes Geld, also solches, dessen Seriennummer gespeichert ist, erpressen kann. A sagt B vor der Tat zu, ihm dieses Geld im Ausland zu "waschen". B begeht die Tat (Fallbeispiel6.1) 66• Um eine Bedingungsqualität der Gehilfenhandlung für den tatbestandliehen Erfolg feststellen zu können, reicht es eben nicht, die Handlung des Haupttäters als gegeben in die kausale Erklärung aufzunehmen. Es muß vielmehr dargelegt werden, daß und inwieweit der Gehilfenbeitrag für diese Haupttäterhandlung kausal war. Dies ist aber nach strikten Kausalgesetzen nicht zu leisten. Gleiches gilt, wenn der Gehilfenbeitrag nicht im Haupttäter "wirkt", sondern in einem Dritten, beispielsweise dem Opfer: Anlageberater B überredet den Kunden K zum Kauf wertloser Papiere unter der Vorspiegelung, diese Papiere hätten einen erheblichen Wert und würden demnächst noch steigen. K wendet sich ratsuchend an den A, der, um B zu helfen, K mitteilt, dem Rat des B könne man blind vertrauen. K kauft die Papiere und erleidet hierdurch einen erheblichen Schaden (Fallbeispiel6.2) 61 • Damit sind für die Beihilfe all diejenigen Erfolgserklärungen als nicht determiniert anzusehen, bei denen der Gehilfenbeitrag Bedingung für einen selber nicht kausalen Gesetzen unterworfenen Umstand sein muß, um Erfolgsrelevanz zu erhalten, sei es als Bedingung unmittelbar für den Erfolg, sei es als Bedingung für eine weitere Bedingung des Erfolgs. Solche, kausalen Erklärungen nicht unterworfene Umstände, sind menschliche Verhaltensweisen, menschliche Leistungsfähigkeit, physiologische und seelische Reaktionen und Zustände. In diesem nicht determinierten Bereich kommt eine Zurechnung aufgrund von Kausalität also nicht in Frage, jedoch eine Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen.

Puppe, ZStW 95 (1983), 287,294. Zur Lösung des Fallbeispiels vgl. unten 5. Teil V2. b). 67 Abwandlung des von Puppe, ZStW 92 (1980), 339, 883 gebildeten Falles. Die weitere Behandlung des Falles - vgl. dazu unten 5. Teil V2. b) - steht unter der Prämisse, daß eine Beihilfe nicht bereits deshalb ausscheidet, weil der Gehilfe den tatbestandsmäßigen Unrechtserfolg der Haupttat nicht über das tatbestandsmäßige Verhalten des Haupttäters mitbewirkt, so aber Rudolphi, FS Jescheck I (1985), 559, 569; ders., SK Vor§ 22, Rdnr. 9. 65

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V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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a) Das Prinzip der Risikoerhöhung, Wahrscheinlichkeitsgesetze und Prinzip der maxi11Ullen Bestimmtheit

Im 3. Teil der Arbeit ist mit der Anwendung von Gesetzmäßigkeitengearbeitet worden, die als Kausalgesetze bezeichnet werden. Dabei ist diese Bezeichnung, wie gezeigt, eine terminologische Vereinfachung. Denn zwar besteht aufgrundder grundsätzlichen Unsicherheit des Induktionsschlusses die prinzipiell nicht zu behebende Unsicherheit darüber, ob das Gesetz ein striktes Kausalgesetz ist, also einen Schluß der Art "immer- wenn- dann" ermöglicht, oder vielmehr ein Wahrscheinlichkeitsgesetz. Sollte aber letzteres der Fall sein, dann würde aufgrund der sehr hohen Zahl der empirischen Bestätigung in (dann nur noch) limes 68 100% der Fälle dieses Wahrscheinlichkeitsgesetz eine so hohe Wahrscheinlichkeit für den Erfolgseintritt aufweisen, daß die Berücksichtigung der Gegenwahrscheinlichkeit nicht mehr sinnvoll erscheint. Deshalb gibt es keinen Grund, dieser Annäherung nicht zu folgen und also die Gesetze nicht als strikt im Sinne von Kausalgesetzen zu betrachten, einerseits aufgrund der sehr hohen Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Kausalgesetze doch keine Ausnahmen zulassen, also keine Wahrscheinlichkeitsgesetze im strengen Sinne sind, und andererseits aufgrund der sehr hohen prozentualen Wahrscheinlichkeit, die ein solches Wahrscheinlichkeitsgesetz, sollte es sich doch um ein solches handeln, aufweisen würde 69• Gleichwohl wird deutlich, daß die Kausalität bei richtigem Verständnis ein Spezialfall der Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen ist. Unterschiedliche Erklärungsbereiche weisen aber unterschiedliche Grade empirischer Sicherheit auf, die von - obiger Annahme entsprechend - 100 % Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines bestimmten Ereignisses bis hin zu 0% Wahrscheinlichkeit reichen. Diese Wahrscheinlichkeitsfeststellung ist das Ergebnis von Versuchsreihen, daß bei einer sehr großen Anzahl von Versuchen das fragliche Ereignis stets bzw. nie eingetreten ist. Will man aus den Versuchsergebnissen eine Gesetzmäßigkeit ableiten, um für in den Rahmenbedingungen gleich gelagerte Falle eine Prognose erstellen zu können, so reicht die Sicherheit der Prognose von (nahezu) 100% bis hin zu- im strikten Sinne analog den obigen Erläuterungen- nahezu 0%. Das obere Ende auf dieser nur graduell zu unterscheidenden Skala von Wahrscheinlichkeiten bilden die Kausalgesetze in der oben beschriebenen terminologischen Vereinfachung, darunter ist von Wahrscheinlichkeitsgesetzen die Rede. Ein Bereich, in dem nicht mit Kausalgesetzen gearbeitet werden kann und der somit für eine Zurechnung nach Risikoerhöhungsgesichtspunkten in Frage kommt, ist 68 Der Tatsache, daß selbst bei empirisch und bezogen auf die Anzahl der Versuche festgestellten 100% Ereigniseintritt eine Prognose nur unter Beachtung der grundsätzlichen Unsicherheit des Induktionsschlusses möglich ist, trägt die Verwendung des mathematischen Begriffs "Iimes" Rechnung, mit dem ausgedrückt wird, daß sich die Zahl der Prozentangabe annähert, diese jedoch niemals erreicht. Denselben Wert könnte man mit 99, Periode 9 ausdrücken. 69 So auch Maiwald (1980), der in den "Grenzfällen der Wahrscheinlichkeit" von praktisch 100% die verbleibende Unsicherheit außer Betracht lassen möchte.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

der Bereich menschlichen Verhaltens und menschlicher Leistungsfähigkeit. So läßt sich beispielsweise nicht sagen, wie der konkrete Radfahrer in BGHSt ll, 1 typischerweise bei einer gegebenen BAK die Spur hält. Es läßt sich aber eine empirisch bestimmte Aussage treffen, wie die Steuerungsfähigkeit von Menschen im allgemeinen von einer bestimmten BAK beeinflußt wird und wie sich dieser Verlust der Steuerungsfähigkeit auf die Fähigkeit auswirkt, mit einem Fahrrad die Spur zu halten. Über die "Beweisfrage" lassen sich somit ganz selbstverständlich nur Wahrscheinlichkeitsaussagen treffen. Das Maß der maximal erreichbaren Wahrscheinlichkeit richtet sich nicht zuletzt auch an der aus den oben angegebenen Gründen notwendigen starken Abstraktion bei den Rahmenbedingungen aus. Über die Leistungsfähigkeit des konkreten Arztes unter bestimmten Bedingungen läßt sich eben niemals eine empirische Aussage treffen, möglich sind allenfalls Aussagen darüber, ob ein Arzt desselben Alters und derselben Qualifikation typischerweise bestimmten Anforderungen genügt. Im Bereich menschlicher Physiologie lassen sich Aussagen mit wechselnder maximaler Wahrscheinlichkeit treffen. So wird niemand mit einem akzeptablen Maß an Wahrscheinlichkeit eine Aussage darüber treffen können, wie ein Mensch auf ein Maß der BAK von l,Oo/oo reagiert. Dagegen läßt sich nach allen Erfahrungen der Medizin eine mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgestatteten Aussage darüber treffen, wie ein Mensch auf die Gabe von 200 g Zyankali reagiert. In der forensischen Praxis sind es beispielsweise Sachverständige, die Aussagen darüber treffen, ob eine Handlung ein Risiko für einen bestimmten Erfolgseintritt gesetzt hat, oder nicht. Der nichtdeterminierte Bereich ist damit völlig selbstverständlich ein Bereich, in dem legitimerweise unter Zuhilfenahme von Wahrscheinlichkeitsgesetzen, nach anderer Diktion, aber in der Sache identisch, nach Risikoerhöhung zugerechnet wird. Gleiches muß auch gelten, wenn die Zurechnung nicht zur Täterschaft, sondern zur Beihilfe erfolgt. Gegen eine Zurechnung nach Risikoerhöhungsgesichtspunkten wird vor allem eingewandt, sie verwandle Verletzungs- in Gefährdungsdelikte 70 und sie verstoße, indem sie einen Erfolg zurechne, obwohl nicht sicher sei, daß der Täter diesen auch verursacht habe, gegen den Grundsatz in dubio pro reo 71 • Wenn man für die Beihilfe eine Beziehung zwischen der Hilfeleistung und dem tatbestandliehen Erfolg behaupten möchte und diesen Versuch im beschriebenen Rahmen über die Risikoerhöhung unternimmt, so kann der Einwand, dies verwandle Verletzungsdelikte in Gefährdungsdelikte, nicht bedeuten, daß der Erfolg als Bezugspunkt bereits in der Gestalt der Gefährdung geahndet wird, denn daß der Erfolg, durch den Haupttäter verursacht, eingetreten ist, steht ja fest. Also kann mit dem 70 LK-Schroeder § 16, Rdnr. 190; SK-Samson Anh. zu § 16, Rdnr. 27 a; Baumann/Weberl Mitsch AT§ 14, Rdnr. 87; Jakobs AT?/99; Ebert/Kühl, Jura 1979, 561 , 572; Dencker, JuS 1980, 210, 212; Schlüchter, JA 1984, 673, 676; Samson (1972), 144ff. 7 1 BGHSt 11,1; 21, 59; 24, 31; GA 1988, 184; LK-Schroeder § 16, Rdnr.190; Sch./Sch.Stree § 13, Rdnr. 173; SK-Samson Anh. zu§ 16, Rdnr. 27 a; Baumann/Weber/Mitsch AT§ 14, Rdnr. 86; Jakobs AT?/101; Wessels/Beulke Rdnr. 186; Dencker, JuS 1980, 210, 2 12.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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fraglichen Einwand nur gemeint sein, daß die Feststellung eines erhöhten Erfolgseintrittsrisikos durch eine Handlung keine hinreichend zurechnungsbegründende Beziehung zwischen dieser Handlung und dem zu betrachtenden Erfolg darstellt72 • Es ist nicht zu widerlegen, daß die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen eine in dem Sinne schwächere Verknüpfung von Bedingung und Erfolg bedeutet als eine solche nach strikten Gesetzen, und daß im Gegensatz zur Zurechnung nach Kausalgesetzen kein eindeutiger Schluß von der Bedingung auf den Erfolg vorgenommen werden kann. Wenn aber das stärkere Kriterium nicht zur Verfügung steht, etwa weil eine Kausalität aus prinzipiellen Gründen nicht existiert oder empirische Daten aus prinzipiellen Gründen nicht zu gewinnen sind, dann ist das schwächere Kriterium nun einmal das einzige, was bleibt. Will man nicht gänzlich auf eine Zurechnung in den beschriebenen Anwendungsfallen verzichten, so muß man sich mit der schwächeren Zurechnungsform begnügen 73 • Der wahre Kritikpunkt wird daher in der Bedeutung liegen, daß die Wahrscheinlichkeitserklärung keine hinreichende Aussage über den Einzelfall, also über die objektive Beziehung zwischen Handlung und Erfolg macht. Die Aussage, daß der Erfolg E mit einer Wahrscheinlichkeit von beispielsweise 80% eintritt, wenn die Bedingung B vorliegt, bezeichnet den Grenzwert der relativen Häufigkeit von E in einer Anzahl von Versuchen, in denen stets die Bedingung B gegeben war. Um einen hinreichend repräsentativen Wert zu erhalten, muß auch die Anzahl der Fälle entsprechend groß gewählt sein, denn die statistische Sicherheit wächst mit der Anzahl der zum Vergleich herangezogenen Fälle, auch Gesetz der großen Zahlen genannt. Auch die Wahrscheinlichkeitsaussage basiert damit grundsätzlich auf einer empirischen Datengrundlage. Die Angabe X% bezeichnet man als statistische Wahrscheinlichkeit. Die statistische Wahrscheinlichkeit trifft keine Aussage über einen Einzelfall, sondern grundsätzlich nur eine solche über eine Anzahl von Fällen74• Analog zu der Angabe der statistischen Wahrscheinlichkeit läßt sich aus dieser jedoch eine sogenannte induktive Wahrscheinlichkeit ableiten, die sich auf den Einzelfall bezieht. Ihr Inhalt ist, daß aus der Anwendung des Wahrscheinlichkeitsgesetzes, resultierend aus der Beobachtung, daß in einer hinreichend großen Gruppe von Versuchen der Bedingung B mit einer Wahrscheinlichkeit von X% E eingetreten ist, für jeden Einzelfall mit B gilt, daß mit der Wahrscheinlichkeit von X % E eintritt75 • Die induktive Wahrscheinlichkeit ist eine Aussage über einen Einzelfall, auch wenn die prozentuale Angabe diesbezüglich verwirrend ist. Aber sie läßt sich erset72 Vogel (1993), 165; vgl. zu dieser Auslegung des Arguments auch NK-Puppe Vor 13, Rdnr.127. 73 So auch Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 306; dies., NK Vor 13, Rdnr.129. 74 Carnap (1976), 28ff. 75 Carnap (1976), 28ff., 38ff., 46; Carnap/Stegmüller (1959), 23ff.; Stegmüller (1983), 650ff.; Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 307.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

zen durch eine graduelle Angabe des Typs ,,hohe" oder "niedrige" Wahrscheinlichkeit16. Im Gegensatz zu der in einer Kausalerklärung enthaltenen Aussage über den Einzelfall, beinhaltet die induktive Wahrscheinlichkeit natürlich die Möglichkeit, daß E eintritt oder auch nicht, so daß durch sie niemals eine zwingende Beziehung hergestellt wird dergestalt, daß die Erklärung des Erfolgs ohne die Bedingung unschlüssig würde. Aber dies ist eine prinzipielle Eigentümlichkeit einer Zurechnung nach Wahrscheinlichkeit und kann nur umgangen werden, wenn man auf eine Zurechnung außerhalb des Anwendungsbereichs kausaler Gesetze gänzlich verzichtete, oder, ist man sich bewußt, daß auch Kausalgesetze im strengen Sinne Wahrscheinlichkeitsgesetze sind, auf die Zurechnung insgesamt. Den Inhalt der Information, die eine Wahrscheinlichkeitsaussage über eine Einzelfall gibt, kann man wohl arn griffigsten so bezeichnen, daß die Wahrscheinlichkeitsaussage für den Einzelfall einen Grad der Sicherheit angibt17• Hierbei läßt sich für die Zurechnung ein Grad der noch zu akzeptierenden Fehlerwahrscheinlichkeit und, rückschlüssig, damit ein Grad der Sicherheit festlegen. Ergeben die Versuchsreihen eine höhere Fehlerwahrscheinlichkeit als den festgelegten Grad, beispielsweise 5 %, so würde man das Ergebnis nicht zum Zwecke der Zurechnung nach Wahrscheinlichkeit akzeptieren. Auf welchem Grad der noch zu akzeptierenden Fehlerwahrscheinlichkeit das angewandte Naturgesetz resultiert, gilt es vorn gerichtlichen Sachverständigen in Erfahrung zu bringen. Die Frage, welcher Grad der Wahrscheinlichkeit maximal möglich ist, wird in der forensischen Praxis dadurch gelöst, daß der Gutachter die jeweils aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Beurteilung zugrundelegt Ob der Wahrscheinlichkeitsgrad des Wahrscheinlichkeitsgesetz dann für die Zurechnung hinreicht, ist eine Entscheidung des Juristen. Dieser Grad der Sicherheit erhält seinen größtmöglichen Einzelfallbezug, seine Objektivität und seine Unabhängigkeit von willkürlicher Prämissenauswahl durch die Wahrung des Prinzips der maximalen Bestimmtheit der Wahrscheinlichkeitserklärung78. Dies bedeutet, daß, um eine den Aussagebedingungen möglichst angepaßte Wahrscheinlichkeitsaussage zu erhalten, alle das Wahrscheinlichkeitsurteil beeinflussenden Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. Es darf keine Antezedenzbedingung des Einzelfalls bekannt sein, deren Aufnahme in die Gruppe derjenigen Umstände, auf die das Risikourteil gründet, das Maß des statistischen Risikos verringert oder erhöht. Die Wahrung dieses Prinzips bei der Bestimmung des anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsgesetzes ist um so wichtiger, je eher Gegenstand der Wahrscheinlichkeitserklärung in hohem Maße persönlichkeitsbestimmte Verhaltensweisen von Menschen sind. Die denkbaren Varianzen möglicher Charaktereigenschaften und deren Interaktion mit anderen persönlichen Merkmalen sind so vielfältig, daß allgerneine Erfahrungssätze für den Einzelfall kaum eine einPuppe, ZStW 95 (1983), 287,307. Vgl. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 127. 78 Hempel, Minnesota Studies in the Philosophy of Science (1966), 98, 138 f.; vgl. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.127; dies, ZStW 95 (1983), 287, 308; dies. GA 1984, 101 , 106. 76 77

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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schlägige Aussage treffen können. Keine andere Bedeutung hat die Forderung, das Risiko unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen ex post zu bestimmen79• Dabei kann die angewandte Wahrscheinlichkeitserklärung gleich in zweierlei Hinsicht für den Einzelfalls "falsch" werden, zum einen in ihrer prinzipiellen Gültigkeit bei gleicher Tatsachengrundlage aufgrund neuer empirischer Erkenntnisse, zum anderen durch neue Erkenntnisse zur Tatsachengrundlage des Einzelfalls, die eine Auswechslung der angewandten Wahrscheinlichkeitsaussage bedingen. Diese Unsicherheiten, zum einen hinsichtlich neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse bezüglich des Gesetzes, zum anderen hinsichtlich der maximalen Bestimmtheit der Tatsachengrundlage im Einzelfall, die über die Auswahl des anzuwendenden Gesetzes entscheidet, sind prinzipiell nicht zu behebende Unsicherheiten, die auch im Bereich strikter kausaler Erklärungen herrschen. Die Bedeutung des Prinzips der maximalen Bestimmtheit der Wahrscheinlichkeitserklärung läßt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen, das bewußt aus der Alleintäterschaft gewählt ist, weil den Zurechnungskriterien im indeterminierten Bereich bei der Teilnahme insoweit nicht vorgegriffen werden soll. Es handelt sich um den sog. "Punktberührungsfall" des BayObLG80• Es soll zunächst von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden: Ein volltrunkener Autofahrer, B, befahrt mit 160 km/h die Autobahn und paßt sich dem Verkehrsfluß an. Als ein anderes Fahrzeug ihn in engem Abstand überholt, gerät er ins Schleudern, prallt gegen die Leitplanke und kollidiert mit einem anderen Fahrzeug. Dabei stirbt die Beifahrerin in diesem anderen Fahrzeug. B hat sich hier zweifelsohne nach § 316 strafbar gemacht. Für die Frage, ob B auch nach § 315c, GeHihrdung des Straßenverkehrs, und vor allem nach § 222 der fahrlässigen Tötung strafbar ist, ist relevant, ob genau diejenigen Umstände, die die Pflichtwidrigkeit begründen, namentlich die Trunkenheit, sich im Erfolg ausgewirkt haben. Ob die Alkoholisierung Grund dafür war, daß B ins Schleudern geriet, läßt sich nicht im Sinne einer kausalen Erklärung feststellen, denn die menschliche Leistungsfähigkeit und die Einwirkung von berauschenden Mitteln auf den menschlichen Organismus zählen jedenfalls zum nichtdeterminierten Bereich. Ein Sachverständiger kann nun die Aussage treffen, daß die Wahrscheinlichkeit, infolge eines Schreckens, der z. B. aus einem zu engen Überholmanöver resultieren kann, ins Schleudern zu geraten, bei einem Betrunkenen höher ist als bei einem Nüchternen. Die wissenschaftlich-empirische Erkenntnis, auf die der Sachverständige seine Aussage gründet, soll Wahrscheinlichkeitsgesetz W 1 genannt werden. Unter Zuhilfenahme des Wahrscheinlichkeitsgesetzes läßt sich für den Einzelfall eine objektive Verknüpfung mittels einer induktiven Wahrscheinlichkeit dafür aufstellen, daß es genau die Trunkenheit war, die zu dem unfallverursachenden Fehlverhalten des B führte. Danach wäre B nach § 222 zu verurteilen. 79 SK-Rudolphi, Vor§ 1, Rn. 69; Schünemann, JA 1973, 649; Stratenwerth, FS Gallas (1973), 227, 229f.; Küper, FS Lackner (1987), 248, 284ff.; Burgstaller, (1974), 140ff. so BayObLG VRS 87 (1994), 121.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Wenn nun aber der Sachverständige, wie dies im Fall des BayObLG geschah, aufgrund zusätzlich gewonnener Erkenntnisse, insbesondere einer Untersuchung des überholenden Fahrzeugs, zusätzlich feststellt, daß der Unfall sich geringfügig anders zugetragen hat, nämlich der Überholer den B leicht touchierte, was zu einer unkontrollierten Driftbewegung des Fahrzeugs des B führte, und weiterhin, daß es bei Eintritt der kritischen Verkehrslage nach dem Wahrscheinlichkeitsgesetz W2 nahezu auszuschließen ist, daß selbst ein nicht betrunkener Kraftfahrer den weiteren Fortgang der Dinge unter Kontrolle bekommen hätte, dann ist B zwar gleichwohl nach§ 316, dem abstrakten Gefährdungsdelikt zu strafen, denn er handelte jagemäß den dort typisierten Handlungsbedingungen alkoholisiert und setzte damit eine abstrakte Gefahr. Anders aber als beim abstrakten Gefährdungsdelikt kommt aber eine Verurteilung nach § 222 nun nicht mehr in Betracht. Zwar gilt nach wie vor das Wahrscheinlichkeitsgesetz W 1• Jedoch haben sich die Tatsachengrundlagen so geändert, daß dieses Gesetz nun auf den Einzelfall nicht mehr anwendbar ist. Vielmehr entspricht nun das Wahrscheinlichkeitsgesetz W2 am ehesten den bekannten Tatsachen. Nach diesem Gesetz hat die Trunkenheit des B die Erfolgswahrscheinlichkeit aber nicht erhöht. Die Sorgfaltspflichtverletzung des B steht damit in keinem die Zurechnung vermittelnden Zusammenhang mit dem Erfolg des § 222 bei der Beifahrerin 81 und eine Strafbarkeit nach § 222 scheidet mangels Risikoerhöhung aus, während B nach wie vor wegen der Setzung der abstrakten Gefahr nach § 316 zu verurteilen ist. Anhand des geschilderten Beispiels wird deutlich, daß die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsaussagen eine Beziehung zwischen Handlung und Erfolg im Einzelfall herstellt und nicht zu einer Umdeutung von Verletzungs- in Gefährdungsdelikte führt. Auf den zweiten Einwand gegen die Zurechnung aufgrund einer Risikoerhöhung, diese verstoße gegen den in-dubio-Grundsatz, ist bereits oben im 4. Teil II ausführlich eingegangen worden. Von einem Zweifel im Sinne des prozessualen indubio-Grundsatzes zu sprechen, ist nur dann sinnvoll, wenn er bei optimaler Beweislage überhaupt aufklärbar wäre. Und dies ist nur dann der Fall, wenn eine Entscheidung zwischen der einen und der anderen Möglichkeit nach strikten Gesetzen überhaupt möglich ist82• Ist der Zweifel von dieser Art, dann kann nicht ausge8 1 Das BayObLG, das feststellte, daß "bei Eintritt der kritischen Verkehrslage ( ... )der Angeklagte den Unfall auch dann nicht (hätte] vermeiden können, wenn er nüchtern gewesen wäre", hat übrigens A doch nach § 222 verurteilt, indem es kurzerhand die Sorgfaltspflicht "Du sollst nicht betrunken Auto fahren" ersetzt hat durch eine des Inhalts "Wenn Du betrunken Auto fährst, mußt Du so langsam fahren, daß Du das Auto jederzeit beherrschst". Dies sei, so das Gericht, vorliegend eine Geschwindigkeit von max. 130 krn/h. Zwischen dem Verstoß gegen diese Sorgfaltspflicht und dem Erfolg läßt sich dann ein Zusammenhang herstellen, allerdings steht die Annahme einer solchen Sorgfaltspflicht in krassem Widerspruch zu dem Verbot des§ 316, überhaupt angetrunken zu fahren, vgl. Puppe, NStZ 1997,389, 390. Aber diese Problematik kann im hiesigen Zusammenhang dahinstehen. 82 Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 304; dies., NK Vor§ 13, Rdnr. l30.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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schlossen werden, daß der Erfolg kausal ohne den präsumptiven Gehilfen erklärbar ist, also ein anderer ein 100%iges Risiko gesetzt hat. Diese Unsicherheit hindert, abgesehen von den Fällen der Doppelkausalität, die Zurechnung. Dort allerdings, wo die Kausalität eines anderen für den Erfolg ausgeschlossen werden kann, wo es keine nahezu strikten Gesetze, Kausalgesetze, gibt, handelt es sich bei der Nichtaufklärbarkeil der Kausalität nicht um einen Zweifel im Sinne des in dubio- Grundsatzes83. Jakobs möchte es dahinstehen lassen, ob die Unterscheidung zwischen determiniertem und nicht determinierten Bereich möglich ist, jedenfalls sei das "behauptete Prinzipielle der Unaufklärbarkeit kein Grund einen Zweifel contra reum wirken zu lassen" und weiter in Bezug auf ein Risiko im nichtdeterminierten Bereich: "Dieses Risiko mag man nun wiederum ex post beurteilen, aber solange das Ergebnis nicht 0% oder 100% ergibt, kann man ihm nicht entnehmen, wie der Krankheitsverlauf im konkreten Fall angelegt war" 84 • Wenn aber der Erfolgseintritt losgelöst vom Einzelfall nicht kausal zu erklären ist, weil er dem nichtdeterminierten Bereich angehört, dann ändert sich hieran auch nichts im Einzelfall. Innerhalb der Kausalitätsprüfung des Einzelfalls ist das allgemeine Gesetz, das es gerade nicht gibt, ja Bestandteil der kausalen Erklärung. Die Frage, wie der nichtdeterminierte Bereich im Einzelfall determiniert war, ist sinnlos. Der Begriff des Zweifels hat deshalb in dieser Verwendung keinen Sinn, denn ein Zweifel setzt eine grundsätzliche Beantwortbarkeit der Frage voraus. Die Frage aber, ob der Erfolg im nichtdeterminierten Bereich auch ohne die Pflichtwidrigkeit des Täters eingetreten wäre, ist nicht zu beantworten, sie ist sinnlos 85 . Samson schreibt: "Wenn auch der ,,Laplace'sche Weltgeist abgedankt haben mag, so ergibt sich daraus noch nicht die Abdankung des Grundsatzes "in dubio pro reo". Man vergegenwärtige sich nur einmal die unabsehbaren Konsequenzen der gegenteiligen Annahme für den Bereich der psychischen Kausalität beim Betrug, der Anstiftung oder der psychischen Beihilfe" 86. Aber auch die Vergegenwärtigung von Konsequenzen darf nicht davon zurückhalten, der Erkenntnis gemäß zu verfahren, allenfalls dazu motivieren, andere Lösungen zu suchen.

Im übrigen lehnt Samson die Risikoerhöhung als objektives Zurechnungskriterium mit der Begründung ab, andernfalls seien objektiver und vorsätzlicher Tatbestand nicht kongruent. Da eine Risikoerhöhung nur dann vorliege, wenn die Möglichkeit bestehe, daß der Täter alleine ohne den Hilfebeitrag den Erfolg nicht erreichen könne, müsse der Gehilfenvorsatz auch diese Möglichkeit erfassen. Da in diesem Fall aber eine Kausalität des Gehilfenbeitrages vorliege, könne man von einem Gehilfenvorsatz als Gefährdungsvorsatz auch nur dann sprechen, wenn der Gehilfe NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.l30. Jakobs AT7/101. 85 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.131 ; dies., FS Roxin (2001), 287,302, Fn.54. 86 Samson, FS Welzel (1974), 579,593 Fn. 68. 83

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

es wenigstens für möglich halte, daß er für den Erfolg kausal werde und sein Beitrag für den Erfolgseintritt unersetzlich sei87 • Auf diese Weise tauche die Kausalität, nunmehr gespiegelt im Vorsatz, doch wieder auf. Über die Berechtigung dieser Kritik hat sich zunächst ein wissenschaftlicher Streit zwischen Samson und Vogler 88 entwickelt, zu dem, soweit ersichtlich, zuletzt Ranft mit dem Hinweis beitrug, daß es sich grundsätzlich der Berechenbarkeit entziehe, ob der Teilnehmerbeitrag in der Haupttat überhaupt wirksam werden werde, weshalb die Gesetzmäßigkeit der Wirksamkeit des Verhaltens auch nicht Bestandteil des Vorsatzes sein könne 89• Die Einzelheiten des Streits zwischen Samson und Vogler sind hier nicht relevant, da Samsons Argument jedenfalls in der pauschalen Anwendung auf den Bereich fehlender kausaler Gesetze, wie zu zeigen sein wird, auf einem Mißverständnis beruht, auf das auch schon Ranfts Beitrag hindeutet, und das es genauer zu explizieren gilt. Das Urteil einer Risikoerhöhung gründet auf einer Wahrscheinlichkeitsaussage bezogen auf den Erfolgseintritt Diskutiert man über die Frage der Anwendung von Wahrscheinlichkeitsgesetzen im nicht determinierten Bereich, dann muß man sich darüber klar werden, welchen Inhalt eine Wahrscheinlichkeitsaussage hat, beispielsweise diejenige, daß ein Umstand mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% zu einem bestimmten Erfolg führt. Diese Aussage kann in zweierlei Hinsicht begriffen werden, entweder als Aussage über eine vollständig determinierten, aber nicht vollständig bekannten, oder über einen nicht vollständig determinierten, aber vollständig bekannten Prozeß90• Im erstem Verständnis gibt es zwei Gruppen von Ereignissen, eine Gruppe, die 60% erfaßt, und in der der Erfolg mit 1OO%iger Sicherheit eintritt, und eine weitere, in der der Erfolg mit 100%iger Sicherheit nicht eintritt. Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse könnten z. B. bislang unerkannt unterschiedliche Antecedenzbedingungen sein. Nach diesem Verständnis hat beispielsweise der BGH91 die Sachverständigenaussage interpretiert, die postoperative Bestrahlung eines Krebspatienten verschaffe diesem zu 94 % eine längere Lebensdauer. Wäre dieses Verständnis einer Wahrscheinlichkeitsaussage zutreffend, dann würde dies auch für den Einwand des Verstoßes gegen den in-dubio-Satz gelten, denn dann wäre bei 94 von 100 Patienten die Lebensverlängerung zwingend gewesen, bei 6 von 100 Patienten ebenso sicher unterblieben. Daß der fragliche Patient zu der Gruppe der Sechs gehörte, ließe sich, im Zweifel zugunsten des angeklagten Arztes, nicht ausschließen. Samson (1972), 76. Vgl. Samson (1972), 76f.; Vogler, FS Heinitz (1972), 295, 314; Samson FS Peters (1984), 212, 131. 89 Ranft, ZStW 97 (1985), 268, 299f. 90 NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr. 124. 91 BGH GA 1988, 184. 87 88

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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Dieses Verständnis ist aber zu Recht auf Kritik gestoßen92 • Richtigem Verständnis folgend, ist eine Wahrscheinlichkeitsaussage in diesem Zusammenhang zu verstehen als eine Aussage über einen (möglichst) vollständig bekannten, aber nicht determinierten Prozeß. Der Wahrscheinlichkeitsaussage liegen Beobachtungen zugrunde, daß bei Vorliegen eines bestimmten Umstandes mit einer gewissen Signifikanz, genauer im Rahmen eines festgelegten Grades der Fehlerwahrscheinlichkeit, ein Erfolgsereignis eintritt, vgl. schon oben. Das Eintreten des Erfolgsereignisses richtet sich aber in den hier fraglichen Bereichen nicht nach Kausalgesetzen. Es kann damit für keinen der 100 Fälle eine Aussage getroffen werden, in der Vorliegen der Bedingung und Eintritt des Erfolges mit Notwendigkeit verbunden sind. Über jeden der 100 Fälle läßt sich nur aussagen, daß der Erfolg mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 % eintritt, über keinen läßt sich eine Aussage einer Wahrscheinlichkeit von 100% treffen. Es ist sinnlos, davon zu reden, daß ein B bei gegebenem A mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten "muß". Denn muß B eintreten, so muß es das stets und nicht nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit. Man kann also nicht sagen, daß A mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ,,kausal" für B ist, man muß sagen daß A aufgrund einer gewissen Wahrscheinlichkeit als kausal für B angesehen wird. Der Begriff der Notwendigkeit, und damit auch der der Kausalität, hat in diesem Erklärungsmodell keinen Platz, er ist sinnlos. Wenn Samson nun den Inhalt des Gehilfenvorsatzes damit bestimmt, der Gehilfe müsse seinen Beitrag als möglicherweise notwendig und damit kausal erkannt haben, so liegt dem genau das beschriebene Mißverständnis des Begriffs der Wahrscheinlichkeit zugrunde. Samson begreift die dem Risikourteil zugrundeliegende Wahrscheinlichkeitsaussage als eine Aussage über einen prinzipiell determinierten Vorgang mit tatsächlich partiell unbekannten Antecedensbedingungen, die sie aber gerade nicht ist. Nur im Verständnis Samsons macht aber die Verwendung des Begriffs der Kausalität oder Notwendigkeit einen Sinn. Samson hat also Recht mit der Aussage, ein Wahrscheinlichkeitsurteil beinhaltete das Bestehen der Möglichkeit, daß der Täter ohne den Gehilfenbeitrag der Erfolg nicht herbeigeführt hätte. Aber der Schluß, daß damit der Gehilfenvorsatz die Vorstellung beinhaltet, die Hilfe sei möglicherweise kausal, und damit die Kausalität doch wieder in den Tatbestand, diesmal den subjektiven, Einzug hält, ist nicht zutreffend. Redet man von Wahrscheinlichkeiten, dann kann der Erfolg jedenfalls eines nicht sein, nämlich notwendige Folge der Bedingung. Die Wahrscheinlichkeitsaussage beinhaltet vielmehr stets nur, daß der Erfolg ohne die Bedingung möglicherweise nicht eingetreten wäre, niemals aber, daß die Bedingung möglicherweise kausal war, sie schließt also genau entgegen der Auffassung Samsons sogar aus, daß der Umstand eventuell kausal für den Erfolg sein könnte. Auch der Gehilfenvorsatz beinhaltet somit nur das Bewußtsein der Möglichkeit, daß ohne die Hilfeleistung der Erfolg möglicherweise nicht eintritt, die Hilfeleistung also das Risiko des Erfolgseintritts erhöht. Er ist damit dem objektiven Tatbestand vollständig kongruent. 92

Puppe, JR 1994, 515, 517; NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.124.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Wenn nun auch die Argumente gegen eine Zurechnung nach Gesichtspunkten der Risikoerhöhung nicht durchgreifen, so ist doch die Verwendung des Topos der "Risikoerhöhung" für die Zwecke der Zurechnung bei der Beihilfe nicht prägnant und kann zu Verwechslungen führen. Denn mit ihm wird im Anschluß an Roxin die Frage bezeichnet, ob sich im Erfolg genau das in der Pflichtwidrigkeit eines kausalen Umstandes liegende Risiko verwirklicht hat, namentlich die Frage der Kausalität im Rechtssinne oder besser die der Kausalität der Pflichtwidrigkeit Dieser Inhalt des Topos der ,,Risikoerhöhung" ist eine Grundvoraussetzung jeglicher Strafbarkeit ungeachtet der Frage nach kausal determiniertem oder nicht determiniertem Bereich. Ist dagegen im hiesigen Zusammenhang von ,,Risikoerhöhung" die Rede, dann ist damit gemeint, daß ein bestimmter der kausalen Erklärung nicht zugänglicher Erfolg demjenigen zugerechnet wird, der das Risiko dessen Eintritts erhöht hat. Ob dies der Fall ist, ist aber, wie die obigen Ausführungen zeigen, kein Ergebnis einer diffusen "Wertung" über eine Risikoerhöhung und auch nicht Ausfluß eines vom Richter zu treffenden Risikourteils. Die Aussage, B habe das Risiko für den Eintritt von E erhöht, ist vielmehr das Ergebnis der Anwendung eines Wahrscheinlichkeitsgesetzes des Inhalts "Wenn B, dann mit der Wahrscheinlichkeit von x% E". Was also in diesem Zusammenhang der Topos der Zurechnung nach Risikoerhöhung umschreibt, ist die Ersetzung strikter Kausalgesetze durch Wahrscheinlichkeitsgesetze93, durch Gesetze, die die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses bezogen auf das Vorliegen bestimmter Antecedensbedingungen angeben. b) Die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen, Fallbeispiele 6 Einziger vollumfänglich legitimer Grund für die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen ist, daß ein Kausalgesetz aus prinzipiellen Gründen nicht existiert und deshalb nicht zur Veifügung steht. Diese Voraussetzung ist stets bei Erfolgen im deshalb so bezeichneten nicht determinierten Bereich gegeben. Ein anderer Bereich, für den die Zurechnung riach Wahrscheinlichkeitsgesetzen diskutiert wird, sind diejenigen Erklärungen im determinierten Bereich, bei denen man zu einer für eine hinreichende Erklärung ausreichend vollständigen Angabe der Antecedensbedingungen aufgrund der Komplexität des Sachverhalts nicht in der Lage ist. Dies hat zur Konsequenz, daß eine Aussage darüber, ob das Verhalten des Täters im Rahmen der Bedingung notwendig ist, um diese schlüssig zum Erfolg zu führen, nicht mit Sicherheit gemacht werden kann94 • Für die Belange der Beihilfe jedoch ist es nicht notwendig, die Frage zu erörtern, ob auch in diesen Fällen nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen zugerechnet werden kann oder vielmehr dem Grundsatz in dubio folgend stets die dem Täter jeweils günstige Tatsachen zu unterstellen sind. Denn die wichtigsten Fälle der Beihilfe, in denen das Fehlen kausaler Gesetze zu Scheirilösungen führt, sind Anwendungsfälle im nichtdeterminierten Bereich und damit je93 94

Vgl. Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 296. Vgl. dazu ausführlich Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 299ff.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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denfalls Fälle, in denen die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen legitime Anwendung findet. Befindet man sich jedoch im solchermaßen legitimen Anwendungsbereich von Wahrscheinlichkeitsgesetzen, dann ist der Weg zu einer Zurechnung nach diesen Gesetzen eröffnet. Eine Erklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen muß, genau wie die Kausalerklärung, als Aussage über einen Einzelfall die Ausgangsbedingung in eine definierte Beziehung zum tatbestandliehen Erfolg setzen. Zunächst muß ein Wahrscheinlichkeitsgesetz gefunden werden, bei dem nicht die Hinzunahme weiterer wahrer Umstände eine geringere oder höhere Wahrscheinlichkeit ergibt. Die Bedeutung eines Umstandes in einem Wahrscheinlichkeitsgesetz kann am Maß der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintrittes, am Wahrscheinlichkeitswert abgelesen werden: Eine Tatsache ist dann legitimer Bestandteil einer Erfolgserklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen, wenn ohne sie eine geringere Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts besteht95 • Entsprechend läßt sich als Hilfe diejenige Handlung bezeichnen, die im legitimen Anwendungsbereich von Wahrscheinlichkeitserklärungen dergestalt Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitserklärung des Erfolgs ist, daß ohne sie eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit (ein geringerer Wahrscheinlichkeitswert) besteht. Demonstriert man den Grundsatz am Fallbeispiel6.1 96, so folgt eine mögliche "Wirkung" der Zusage des A nicht kausalen Gesetzen. Gleichwohlläßt sich eine für den objektiven Beihilfetatbestand ausreichende objektive Beziehung zwischen der Zusage und der Durchführung der Haupttat dann annehmen, wenn sich Wahrscheinlichkeitsregeln finden lassen, unter welchen Umständen ein Mensch einen Verbrechensentschluß faßt, und sich die Handlung des A dergestalt in ein solches Wahrscheinlichkeitsgesetz einpassen läßt, daß ohne sie eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit besteht. Worin besteht aber nun genau die Beziehung zwischen Handlung und Erfolg im Einzelfall, was sind solche Wahrscheinlichkeitsgesetze, welche Bedeutung hat das subjektive Empfinden des Betroffenen, der z. B. behaupten könnte, ihm persönlich sei die Einstellung seiner Umwelt zu seinem Verhalten egal oder er sei bereits fest zur Tat entschlossen gewesen? Daß auch die Erklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen eine Aussage über den Einzelfall beinhaltet, sofern bei der Bestimmung der Voraussetzungen des jeweils anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsgesetze das Prinzip der maximalen Bestimmtheit gewahrt wird, wurde schon oben gezeigt. Nun scheint sich allerdings- analog zum Problem der Ausscheidung von Ersatzursachen im kausal determinierten Bereich - die Frage zu stellen, wie sichergestellt werden kann, daß sich nicht ein ganz anderes Risiko als das vom präsumptiven Gehilfen gesetzte verwirklicht hat. So wie s Puppe, ZStW 95 (1983), 287, 305ff.; dies., NK Vor§ 13, Rdnr.120.

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B plant, einen Nahrungsmittelhersteller mit der Drohung zu erpressen, in dessen Produkte Gift zu mengen. B weiß jedoch, daß er allenfalls registriertes Geld, also solches, dessen Seriennummer gespeichert ist, erpressen kann. A sagt B vor der Tat zu, ihm dieses Geld im Ausland zu "waschen". B begeht die Tat. 96

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Ersatzursachen im determinierten Bereich ausgeschieden werden können, indem sich nämlich als Ersatzursache diejenige herausstellt, hinsichtlich derer ein Teil der sie gesetzmäßig mit dem Erfolg verknüpfenden Ereignisse nicht stattgefunden hat, ist dies im Bereich der Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsregeln nicht möglich, obwohl sich auch eine Erklärung nach Wahrscheinlichkeitserklärungen als genetische Erklärung aufstellen läßt. Denn es gibt keinen Maßstab der Vollständigkeit von Wahrscheinlichkeitsgesetzen. Deshalb läßt sich eine Wahrscheinlichkeitserklärung nicht wie eine Kausalerklärung dadurch als nicht realisiert erweisen, daß ihre Voraussetzungen nicht vollständig gegeben sind97 • Daß ein Risiko ein Ersatzrisiko ist, läßt sich also nicht durch Untersuchung dieses Risikos positiv feststellen. In dem hier interessierenden Bereich der legitimen Anwendung von Wahrscheinlichkeitsgesetzen ist aber auch nicht denkbar, daß sich eine der beiden konkurrierenden Erklärungen als hundertprozentige Wahrscheinlichkeitserklärung erweist, so daß etwa eine negative Ausscheidung des anderen Risikos als Ersatzrisiko in Frage käme. Ob derjenige, der ein Risiko gesetzt hat, sich durch eine andere konkurrierende Kausalerklärung entlasten kann, ist ohnehin streitig98 • Jedoch ist diese Problematik nicht identisch mit der hier gegenständlichen Frage. Vielmehr verführt wiederum nur die mehrdeutige Verwendung des Begriffs "Risiko" zu der gegenteiligen Annahme. Denn die Prämisse, nach Wahrscheinlichkeitserklärungen zuzurechnen, schließt ja die Existenz einer kausalen Erklärung für denselben Erfolg aus, so daß in dem hier gegenständlichen Bereich nur mehrere Erklärungen nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen konkurrieren können. Daß ein Risiko sich nicht realisiert hat, läßt sich also nicht anband eines Vollständigkeitserfordernisses beweisen und, in dem hier interessierenden prinzipiell nichtdeterminierten Bereich, auch nicht durch die Existenz einer vollständigen Kausalerklärung des Erfolgs. Die einzige Möglichkeit, ein Risiko für den Erfolg als unbeachtlich herauszustellen, ist, Umstände des Einzelfalls aufzuzeigen, deren Vorliegen den Wahrscheinlichkeitswert reduzieren, oder die Wahrscheinlichkeitsregel für den Einzelfall unanwendbar machen. Genauso kann es Umstände geben, deren Fehlen den Wahrscheinlichkeitswert auf nahezu 0 reduziert. Untersucht man beispielsweise die nicht der kausalen Erklärung zugängliche Frage, ob der Tod eines Menschen auf eine Krankheit zurückzuführen ist oder auf die Giftgabe eines anderen, dann reduPuppe, ZStW 95 (1983), 287, 312. Die herrschende Lehre, eingeschlossen die Vertreter der Risikoerhöhungstheorie, untersucht in diesem Fall alleine das der 100%igen Erklärung konkurrierende Risiko und fragt danach, ob der Erfolg vermieden worden wäre, wenn dieser Tater sich sorgfaltsgemäß verhalten hätte, was zu verneinen ist, wenn das sorgfaltspflichtswidrige Verhalten des anderen alleine zur Erfolgsherbeiführung ausgereicht hätte, vgl. Roxin AT/I lln6; SK-Rudolphi Vor § I, Rdnr.107; Sch./Sch.-Lenckner Vor§ 13, Rdnr. 99a. So kann sich ein Täter mit der Sorgfaltswidrigkeit des anderen entlasten. Nach der Gegenansicht ist das Risiko eines jeden Beteiligten isoliert vom Risiko des anderen zu betrachten, jeder andere Beteiligte wird also als pflichtgemäß handelnd gesetzt. Konsequenz ist die Annahme einer Mehrfachkausalität, vgl. NK-Puppe Vor§ 13, Rdnr.199af. 97

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V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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ziert das Fehlen der giftspezifischen Folgeerscheinungen, wie beispielsweise Nierenversagen, den Wahrscheinlichkeitswert des Eintritts des vom Giftgebers gesetzten Risikos auf nahezu 0. Was aber hier demonstriert wurde, ist nichts anderes, als die Tatsachengrundlage nach dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit zu bestimmen: Bei Berücksichtigung bestimmter Umstände des Einzelfalls erweist sich das zur Anwendung bestimmte Wahrscheinlichkeitsgesetz für den Einzelfalls als unanwendbar. Führt jedoch diese Methode nicht dazu, ein Risiko als mit hinreichender Sicherheit nicht realisiert auszuscheiden, dann bilden alle riskanten Faktoren nach dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit zusammen eine reale Gefahr, die in den Erfolg umgeschlagen ist 99• Dies ist die einzige Beziehung, die zwischen einem Umstand und einem Erfolg möglich ist, wenn eine kausale Erklärung des Erfolgs mit den gegebenen Bedingungen aus prinzipiellen Gründen ausscheidet. Diese Beziehung ist schwächer als eine kausale Beziehung. Sie ist aber unter Wahrung der oben genannten Voraussetzungen für die Bestimmung des anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsgesetzes nicht nur die einzige, mittels derer eine Zurechnung vorgenommen werden kann, sondern ermöglicht auch eine hinreichende Aussage über den Einzelfall. Die Beziehung, die durch die Anwendung des Wahrscheinlichkeitsgesetzes zwischen Bedingung und Erfolg gezeigt wird, kann also nicht einfach mit "Risikorealisierung" beschrieben werden. Denn der Begriff der "Risikorealisierung" ist der terminus technicus für die "Kausalität der Sorgfaltsptlichtswidrigkeit" und bedeutet, daß genau diejenigen Eigenschaften der Handlung kausal für den Erfolg sein müssen, die pflichtwidrig sind, vgl. oben 3. Teil 13.c). Ist dies jedoch so, dann handelt es sich um eine kausale Erklärung. Der Anwendungsbereich, der der Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen hier zugewiesen wird, zeichnet sich ja demgegenüber gerade dadurch aus, daß eine Aussage, welche Umstände den Erfolg verursacht haben, prinzipiell nicht möglich ist. Aber auch in dem Sinne von einer "Risikorealisierung" sprechen zu wollen, daß jedenfalls sichergestellt wäre, daß kein anderes, konkurrierendes und vielleicht sogar einen höheren Wahrscheinlichkeitswert aufweisendes Risiko Zweifel an der Relevanz des betrachteten Risikos aufkommen läßt, ist sinnlos. Denn nach dem Grundsatz der maximalen Bestimmtheit der Wahrscheinlichkeitserklärung bilden ja wie gezeigt alle Faktoren, die bekannt sind, eine einzige Gefahr. Das Realisationsverhältnis besteht also alleine daraus, daß der Erfolg bei Bestehen eines die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts erhöhenden Umstandes eingetreten ist und die fragliche Bedingung legitimer Bestandteil dieses Umstandes ist. Aus der dargestellten Unmöglichkeit der Konkurrenz zwischen einer kausalen Erklärung und einer Erklärung nach Wahrscheinlichkeit im nicht determinierten Bereich kann natürlich nicht der Schluß gezogen werden, daß es immer dann, wenn ein Erfolg kausal zu erklären ist, dessen Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsregeln zu 99

Puppe, ZStW 95 (1983), 287,314.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

einem Beteiligten, der nicht Bestandteil der kausalen Erklärung ist, ausscheidet. Denn der Beteiligte handelt typischerweise durch den Täter, greift also das Rechtsgut akzessorisch an. Daß also der tatbestandliehe Erfolg kausal zu erklären ist, schließt nicht aus, daß der Gehilfe für eine der Bedingungen dieser kausalen Erklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen verantwortlich ist. Hiermit wird nicht etwa die Zwischenbedingung, die Gegenstand der Erklärung durch Wahrscheinlichkeitsgesetze ist, zum ,,Erfolg des Gehilfen", sondern der Erfolg der Haupttat wird dem Gehilfen nach dem Grundsatz der Akzessorietät zugerechnet. Nimmt man also an, daß eine bestimmte Handlung des Gehilfen den Täter dergestalt beeinflußt haben kann, daß hierdurch die Gefahr der Rechtsgutsverletzung durch den Haupttäter gestiegen ist, dann ist dies genau dann der Fall, wenn sich nach dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit eine Wahrscheinlichkeitsregel aufstellen läßt, die einen geringeren Wahrscheinlichkeitswert erhält, wenn man sich aus ihr den Gehilfen hinwegdenkt Gegenstand der Erklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen ist hier zwar der Haupttäter in seinem Tatentschluß, Gegenstand der Zurechnung zu dieser Hilfe ist aber nach wie vor der tatbestandliehe Erfolg. Daß der tatbestandliehe Erfolg gegenüber dem Haupttäter kausal zu erklären ist, hindert nicht die Verantwortlichkeit eines Gehilfen nach Wahrscheinlichkeitsregeln für eine selbst nicht kausal erklärbare Zwischenbedingung dieser kausalen Erklärung. Dem widerspricht allerdings der Einwand Hruschkas, eine Einwirkung auf den Täter stelle keine Einwirkung auf die Tat dar, wie dies Voraussetzung des § 27 sei. Die Einwirkung auf den Täter habe der Gesetzgeber in § 26 ausschließlich unter der Voraussetzung des "Bestimmens" unter Strafe gestellt, das schwächere "Bestärken des Tatentschlusses" aber ausdrücklich straffrei gelassen 100• Hieran ist richtig, daß über die Einwirkung auf den Täter eine Beziehung zum tatbestandliehen Erfolg hergestellt werden muß. Dies wird gewährleistet durch die Feststellung der Risikoerhöhung im Einzelfall, dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit der Wahrscheinlichkeitsaussage Rechnung tragend. Unzutreffend ist allerdings, daß diese Beziehung nicht über den Täter hergestellt werden kann. Auch diese Beziehung zur Tat ist transitiv. Damit ist die Abgrenzung, Beihilfe sei Einwirkung auf die Tat, Anstiftung Einwirkung auf den Täter, nicht zur Begrenzung des Anwendungsbereichs der Beihilfe geeignet 101 • Bedeutet nun im Fallbeispiel6.1 die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen zwar eine hinreichende Aussage über den Einzelfall, so ist damit aber noch keine Aussage über die Rechtfertigung einer Zurechnung getroffen. Die vorab zugesagte Begünstigung 102 ebenso wie die vorab zugesagte Hehlerei 103 und die vorab zuHruschka, JR 1983, 177, 178. Vgl. dazu auch Otto, FS Lenckner (1998), 193, 198f. 102 BGHwistra 1994, 94; LK-Ruߧ257,Rdnr.24; Tröndle/Fischer §257, Rdnr.11; Geppert, Jura 1980,269, 273; Seelmann, JuS 1983,32,34. 103 BGHSt 11,390, 392; SchmidhäuserLb. 14/136. 100 101

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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gesagte Strafvereitelung 104 werden im allgemeinen als psychische Beihilfe behandelt 105• Bei der Zusage dieser Delikte handelt es sich noch nicht um deren Versuch, der bei der Begünstigung ohnehin straflos wäre. Lediglich die mögliche psychische Wirkung auf den Haupttäter begründet die Annahme, dieses Verhalten sei als Beihilfe zu bestrafen. Da diese W1rkung aber nicht im Sinne einer Kausalität feststellbar und typischer Gegenstand des nichtdeterminierten Bereichs ist, stellt sich die Frage, auf welche Wahrscheinlichkeitsgesetze hier abzustellen ist. Genau wie die Kausalgesetze Ergebnis naturwissenschaftlicher Forschung sind, sind auch die anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsgesetze nicht etwa Ausfluß richterlichen Billigkeitsdenkens. Es ist auch gegenüber beispielsweise der "Förderungsformel" nichts gewonnen, wenn man auf den "billig und gerecht denkenden objektiven Dritten abstellt", da solche Topoi letztlich wieder nur Einfallstore für ergebnisorientierte Einzelfallargumentationen sind. Grundlage muß vielmehr eine abstrakt psychologisierende Sicht sein, die auf typische Verhaltensmuster abstellt, also darauf, daß es nach "allgemein oder wenigstens durchschnittlich üblichen spezifischen Reaktionsweisen" 106 Umstände gibt, die das Verhalten von Menschen beeinflussen und solche, die dies nicht tun. Soweit rationale Überlegungen betroffen sind, läßt sich freilich nicht auf den vernünftig denkenden Menschen abstellen, denn dieser würde die strafbare Handlung als solche vermeiden, so daß es durchaus der allgemeinen Vernunft entsprechen könnte, auf eine Handlung zu verzichten, während es, den Rechtskreis und die rechtsfeindliche Intention des Betroffenen zugrundegelegt, durchaus genau umgekehrt sein kann. Im Hinblick auf rational geleitete Entscheidungsvorgänge bietet es sich deshalb an, auf diejenigen Maßstäbe, Überlegungen und Reaktionen abzustellen, die ein Mensch des betroffenen Rechtskreises typischerweise zugrundelegt Geht es um die durch den Haupttäter psychisch vermittelte "Wirkung", so ist dies der von Roxin zur Frage, ob ein Täter nach § 24 "freiwillig" vom Versuch zurückgetreten ist, entwickelte Maßstab der "Verbrechervernunft": Maßstab für die Wahrscheinlichkeitsregel ist ein hartgesottener, Risiko und Chancen des konkreten Tatplans kalt abwägender Delinquent 107• Bezogen auf das Fallbeispie/6.1 gilt, daß zu den elementar wichtigen Umständen, die einen Täter beeinflussen, die Sorge um die Tatmodalitäten gehört, die Sorge vor Entdeckung während der Tat und die Sorge um Nutzen und Risiko der Tat. Deshalb läßt sich von einem Wahrscheinlichkeitsgesetz ausgehen, nach dem die Tatbe104 BGH NStZ 1993, 535; NJW 1998, 1327; LK-Roxin §27, Rdnr.12; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 506; Schmidhäuser Lb. 14/136; ders. Stuß. 10/137; Köhler AT, 534; Küper, JZ 1981, 251, 256f.; Geppert, Jura 1999, 266, 268, 270. ws Nach Class, FS Stock (1966), 115, 116ff., der hier allerdings keine Beihilfe annehmen will; Lackner/Küh/ §27, Rdnr.4; LK-Roxin §27, Rdnr.ll; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 506; Sch./Sch.-Cramer!Heine § 27, Rdnr. 12; Köhler AT543; Schmidhäuser Stuß 14/136; Küper JZ 1981,251, 256f. 106 Engisch (1931), 28. 107 Roxin, ZStW 77 (77), 60, 97; ders., FS Heinitz (1972), 251, 256; SK-Rudolphi § 24, Rdnr.14.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

gehung durch einen rational kalkulierenden Tater wahrscheinlicher wird, wenn diesem die Sorge um die nachtatliehe Verwertung abgenommen worden ist. Als eine Hilfe kommt demnach die frühzeitige Zusage in Betracht, für den Täter die Gefahren, die mit der nachtatliehen Verwertung der Beute verbunden sind, zu tragen, oder auch die Zusage, ihn in persönlicher Hinsicht vor der Strafe zu bewahren. Tragende Gründe, die einen Täter von der Tat abhalten, können typischerweise die Angst vor Strafe und das Bewußtsein sein, daß es "nichts zu gewinnen gibt". Handlungen, die einem diesen Ängsten entsprechendem Ergebnis entgegenwirken, sind in den §§ 257 ff. mit Strafe bedroht. Jede Handlung eines Dritten, die dem Täter diese Ängste nimmt, beseitigt deshalb generell im bis zum Versuchseintritt ablaufenden Prozeß der persönlichen Entscheidungsfindung Hemmnisse gegen die Tat. Hinsichtlich der Bedeutung der Zusage einer Nachtathilfe wird man also sagen können, daß die Zusage, dem Täter nach dessen rechtswidriger Tat Hilfe zu leisten, kraftderer dieser ein geringeres Risiko zu befürchten hat, wegen seiner Taten später zur Verantwortung gezogen zu werden, und eine höhere Wahrscheinlichkeit annehmen darf, die Früchte seiner Tat genießen zu können, oder die Sachbeute in marktkompatible Werte umzusetzen, in aller Regel den rational denkenden Täter zu seiner Tat anspornen, seine Bedenken zerstören und seine Hemmungen beseitigen wird. Als zugesagte Nachtathilfe kommen zunächst diejenigen Zusagen in Betracht, deren Erfüllung strafbar wäre, also der Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei. Von diesen Überlegungen geht auch der Gesetzgeber aus: Wäscht A im Fallbeispiel 6.1 das Geld für B, so begeht er eine Begünstigung, § 257. Nach § 257 Abs. 3 a. F. war die Begünstigung als Beihilfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der Tat zugesagt wird. In Anbetracht der Anwendbarkeit des Strafrahmens der Haupttat bedeutete dies selbst unter Beachtung der Milderungsmöglichkeit des § 27/49 a. F. eine stärkere Bestrafung der vorab zugesagten Begünstigung als der nicht zugesagten. Diese höhere Bestrafung konnte sich nur aus einem durch die objektive Verbindung zur Haupttat begründetes höheres Unrecht der vorab zugesagten Begünstigung rechtfertigen. Der BGH 108 legte § 257 Abs. 3 dann auch so aus, daß eine unwiderlegbare Vermutung dafür existiere, daß die Zusage dem Täter eine (psychische) Hilfe gewesen sei. Ob die Zusage den Täter tatsächlich gestärkt hat oder nicht, spielte weder nach der Gesetzesfassung, noch nach dem Verständnis der Vorschrift eine Rolle109. Vielmehr ging man abstrahierend davon aus, daß jeder Täter sich von der Zusage der Nachtathilfe stärkend beeinflussen läßt 110. Durch das EGStGB vom 02.03.1974 111 sind die Tatbestände der Begünstigung und Hehlerei dann erheblich umgestaltet worden, unter anderem wurde § 257 Abs. 3 abgeschafft. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zielte diese Änderung aber nicht darauf ab, eine solche Zusage nunmehr nur unter die Sanktion der 1os BGHSt

6, 20, 23; 8, 390, 391 und vorher schon das RG, St 49, 381,385. BGHSt 11, 316, 317; Sch./Sch.-Schröder (17. Auflage, 1974) § 257, Rdnr. 50. 1w BGHSt 8, 390, 392. 111 BGBl.I, 469. 109

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

221

§§ 257 ff. n. F. zu stellen. Vielmehr ging man davon aus, daß eine solche Verhaltensweise, soweit sie eine Hilfeleistung zur Vortat ist, auch ohne die Regelung des § 257 Abs. 3 a. F. durch § 27 erlaßt wird. Umgekehrt fehle, sofern dies nicht der Fall sei, der Grund für die strengere Bestrafung 112• Da zwar nach § 257 Abs. 3 a. F. Voraussetzung der Beihilfestrafbarkeit war, daß der Zusage auch tatsächlich eine nachtatliehe Unterstützung folgte, im Falle deren Ausbleibens aber § 49 a. F. gleichwohl Anwendung fand 113, sollte somit durch die Rechtsänderung keine Änderung der Rechtslage eintreten.

Freilich wendet Otto gegen eine Strafbarkeit insbesondere der vorab zugesagten Nachtathilfe ein, daß es wenig überzeugend sei, daß ein Verhalten- nach der Tat verwirklicht- als Strafvereitelung nicht strafbar sei, während die Zusage desselben Verhaltens vor der Tat eine strafbare Beihilfe sein solle 114• Aber dies kann nicht das Argument zur Ausgrenzung bestimmter Verhaltensweisen aus der Beihilfestrafbarkeit sein. Denn die Bestrafung wegen Beihilfe knüpft gerade nicht an das Unrecht der zugesagten Strafvereitelung an, sondern an das Unrecht, das dem Zusagenden durch die Wirkung der Zusage auf die Haupttat vermittelt wird. Von diesem Standpunkt aus ist es durchaus denkbar, daß eine Zusage vor der Tat das Risiko der Rechtsgutsverletzung erheblich erhöht, gleichwohl aber die Verwirklichung der Zusage aus in der Gesetzessystematik liegenden Gründen nicht mehr als Beihilfe strafbar wäre. Daß das Beihilfeunrecht im Hinblick auf die Haupttat dann unbeachtet bleiben soll, kann nicht aus dem fehlenden nachtatliehen Beihilfeunrecht resultieren. Aus demselben Grunde wäre es auch kein Argument gegen die Bestrafung der Zusage der Strafvereitelung als Beihilfe, daß bei Ausbleiben der Verwirklichung des zugesagten Verhaltens ein Verhalten, das strukturell nur versuchte Strafvereitelung ist, schärfer bestraft wird als die vollendete Strafvereitelung; es ist nicht das Versuchsunrecht, das Grund der Sanktion ist. Nach dem bisherigen Stand der Überlegungen hat sich A also deshalb der Beihilfe strafbar gemacht, weil seine Zusage der späteren Nachtathilfe Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitserklärung des Erfolgs dergestalt ist, daß ohne sie eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit besteht. Was aber, wenn nun B aussagt, daß ihn die Sorge um die Verwertbarkeit der registrierten Scheine nicht gekümmert habe, etwa, weil er sich hierum gar keine Gedanken gemacht habe, und er die Tat ganz sicher auch ohne die Zusage begangen hätte? Soll die nachtatlieh geäußerte Ansicht des Betroffenen über die Strafbarkeit des Gehilfen entscheiden? Und wenn nicht: Würde die Beihilfe damit nicht letztlich doch zum Geflihrdungsdelikt? Ausgangspunkt der Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen war, daß die Gegenstände des nichtdeterminierten Bereichs diskret und deshalb einer Erklärung des konkreten Einzelfalles, wie dies die kausale Erklärung im determinierten BeBTDrs. 7/550, 248. Sch./Sch.-Schröder (17. Auflage, 1974) § 257, Rdnr. 51. 114 Otto, FS Lenckner (1998), 193, 194. 112 113

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

reich leistet, nicht zugänglich sind. Maßgebliches Zurechnungskriterium ist deshalb, daß die Gehilfenhandlung ein Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitserklärung ist, die sich in letzter Konsequenz unabhängig vom Einzelfall aus der Anwendung von Wahrscheinlichkeitsgesetzen ergibt, gleichwohl durch das Prinzip der maximalen Bestimmtheit größtmöglicher Einzelfallbezug gewährleistet wird. Dieser Unterschied der kausalen Erklärung zur Erklärung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen macht es verständlich, daß bei letzterer die Erklärung unabhängig von der Aussage des Haupttäters über die von ihm empfundene Wirkung, also sein Kausalerlebnis, aufgestellt und von einer solchen auch nicht beeintlußt wird. Neben den aufgezeigten strukturellen Unterschieden zur kausalen Erklärung macht es auch die andernfalls drohende, nicht dem Gegenbeweis zugängliche freie Manipulierbarkeil der Zurechnung notwendig, auf die Berücksichtigung des (vorgeblichen?) Kausalerlebnisses des Betroffenen zu verzichten. Beachtlich sind demgegenüber alle Erkenntnisse über die Person und Persönlichkeit des Täters, die dann im Rahmen der Auswahl des richtigen Wahrscheinlichkeitsgesetzes nach dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit Berücksichtigung finden. Man könnte nun hiergegen einwenden, daß die Beihilfe danach zum abstrakten Gefährdungsdelikt wird. Aber die Unterscheidung zwischen Verletzungs- und Gefährdungsdelikt setzt voraus, daß der fragliche Vorgang überhaupt kausalen Gesetzen unterworfen ist. Denn nur dann läßt sich überhaupt nach bloßer Gefährdung einerseits und nach kausal verursachter Verletzung andererseits differenzieren. Im nichtdeterminierten Bereich dagegen ist die durch den Begriff "Verletzung" implizierte kausale Verknüpfung zwischen Bedingung und Erfolg durch strikte Gesetze qua definitionem ausgeschlossen. Die auf Subsumtion unter Wahrscheinlichkeitsgesetze beruhende Aussage zur Erhöhung des Erfolgseintrittsrisikos ist dort die einzig mögliche Aussage über den Einzelfall. Die Wahl besteht im nichtdeterminierten Bereich insoweit nur zwischen dem hier vertretenen Modell der Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen oder der Ablehnung der Beihilfe für diesen Bereich überhaupt. Entscheidet man sich zugunsten der ersten Möglichkeit, so geht die Kritik, aufgrund einer Gefährdung zuzurechnen, ins Leere. Die Zurechnung erfolgt nicht wegen einer Gefährdung, sondern weil eine signifikante Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß der fragliche Umstand bei der Herbeiführung des Erfolges maßgeblich beteiligt war. Nach dem gleichen Muster läßt sich das Fallbeispie/6.2 115 lösen. Die Wirkung des Ratschlags von A auf den Kaufentschluß des K läßt sich bezogen auf den Einzelfall nach strikten Gesetzen nicht festlegen, da Voraussetzungen und Umstände von menschlichen Entschlüssen solchen Gesetzen nicht folgen. A hat aber dann Beihilfe geleistet, wenn er Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitserklärung des Erfolgs 115 Anlageberater B überredet den Kunden K zum Kauf wertloser Papiere unter der Vorspiegelung, diese Papiere hätten einen erheblichen Wert und würden demnächst noch steigen. K wendet sich ratsuchend an den A, der, um B zu helfen, K mitteilt, dem Rat des B könne man blind vertrauen. K kauft die Papiere und erleidet hierdurch einen erheblichen Schaden.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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dergestalt ist, daß ohne seine Handlung eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit bestanden hätte. Da K nicht verbrecherisch tätig ist, sind den Wahrscheinlichkeitsregeln über sein Verhalten nicht die Regeln der Verbrechervernunft zugrundezulegen, sondern allgemeine psychische Verhaltensmuster vernünftig handelnder Menschen im besonderen Rechtskreis. Hierzu sind keine Besonderheiten des Einzelfalls mitgeteilt, so daß von der allgemeinen Regel ausgegangen werden kann, daß der Entschluß desjenigen, der einen Dritten um Rat fragt, von dem erteilten Rat maßgeblich beeinflußt wird. Danach hätte ohne die Handlung des A eine geringere Wahrscheinlichkeit bestanden, daß K die wertlosen Papiere gekauft hätte. Hiergegen könnte man nicht einwenden, K sei, vielleicht sogar nach seiner eigenen späteren Aussage, bereits zum Kauf fest entschlossen gewesen, gleichsam ein omnimodus facturus. Zwar wäre die Festigkeit des Entschlusses jedenfalls dann ein im Rahmen der maximalen Bestimmtheit der Wahrscheinlichkeitsaussage zu berücksichtigender Umstand, wenn dieser gar nicht mehr gestärkt und damit die Wahrscheinlichkeit des Erfolges nicht mehr erhöht werden könnte. Wie der Tatentschluß 116 konstituiert sich aber auch der Handlungsentschluß letztlich erst in und mit der Handlung, so daß Angaben über die "Festigkeit des Handlungsentschlusses" an der Wrrklichkeit vorbeigehen und damit obsolet sind. A hat also, entsprechenden Vorsatz vorausgesetzt, Beihilfe zum Betrug des B geleistet.

c) Zwischenergebnis Eine Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen kommt nur dort in Betracht, wo der Zurechnungsgegenstand, nämlich der tatbestandliehe Erfolg, oder der dem Gehilfen den tatbestandliehen Erfolg mittelnde Umstand, z. B. der Tatentschluß des Täters, dem nichtdeterminierten Bereich zuzurechnen, namentlich nicht einer kausalen Erklärung zugänglich sind. Dort leistet Hilfe im Sinne des § 27, wessen Handlung dergestalt Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitserklärung eines der kausalen Erklärung nicht zugänglichen Umstandes ist, daß ohne sie eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit (ein geringerer Wahrscheinlichkeitswert) besteht. Um zu einer Wahrscheinlichkeitsaussage über den Einzelfall zu gelangen, ist zu berücksichtigen, daß die verwendete Wahrscheinlichkeitsregel dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit folgt. Dies bedeutet, daß alle risikorelevanten Umstände des Einzelfalls bei der Auswahl der anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsregel zu berücksichtigen sind. Es darf keine Antezedenzbedingung des Einzelfalls bekannt sein, deren Aufnahme in die Gruppe derjenigen Umstände, auf die das Risikourteil gründet, das Maß des statistischen Risikos verändert. Entspricht die Wahrscheinlichkeitsregel diesen Vorgaben, dann läßt die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeit in dem ihr zugewiesenen Anwendungsbereich zwar 116

Vgl. dazu NK-Puppe § 15, Rdnr.l39; dies., GA 1984, 101, 117.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

nur eine schwächere Aussage über die Verbindung von Hilfeleistung zum Erfolg zu als dies das Zurechnungskriterium der Erfolgskausalität leistet. Sie stellt aber gleichzeitig die einzige Möglichkeit dar, den Erfolg überhaupt zur Hilfeleistung zuzurechnen. d) Weitere Anwendungsbeispiele nicht kausaler Beihilfe Abschließend sollen die Ergebnisse zur Beihilfe im kausal nicht determinierten Bereich dargestellt und anhand einiger Fallbeispiele vertieft werden. Hierbei wird kein abschließender Anwendungsbereich beschrieben, sondern nur eine exemplarische Darstellung der Ergebnisse. aa) Hilfeleistung durch Einwirken auf den Tatentschluß, Fallbeispiele 7 Der Bereich der Hilfe durch Einwirken auf den Talentschluß stellt in Literatur und Rechtsprechung den großen Auffangtatbestand zur Beihilfe dar. Es wird vertreten, daß in einer gescheiterten physischen Beihilfe regelmäßig auch eine psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses liege 117 • Dabei mag man beispielsweise in der Übergabe eines Werkzeugs oder Schlüssels durchaus eine Solidarisierung mit dem Delikt sehen können, und es ist auch denkbar, daß im Rahmen der Vorbereitung eine kommunikative Beeinflussung stattfindet, die Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitsregel so sein kann, daß ohne sie ein geringerer Wahrscheinlichkeitswert für den Erfolgseintritt besteht. Eine allgemeine Wahrscheinlichkeitsregel aber, daß die Besorgung eines Werkzeugs das Risiko der Tatbegehung und damit der Rechtsgutsverletzung erhöht, ist nicht ersichtlich. Auch in der Zusage späterer begünstigenden Handlungen oder auch in der Vornahme von Handlungen, die bei richtiger Betrachtung Strafvereitelung sind 118, mag eine Beihilfe durch Einwirken auf den Talentschluß liegen, allerdings nur dann, wenn auch tatsächlich Wahrscheinlichkeitsregeln ersichtlich sind, die eine Aussage über die Bedeutung der jeweiligen Handlung treffen. Dies gilt es für die jeweilige Handlung zunächst festzustellen, bevor die Annahme einer strafbaren Beihilfe begründet werden kann. Hinsichtlich der Täterbestärkung wird häufig das ausdrückliche Anfeuern genannt 119• Ein solches Verhalten, ein eindringliches Auffordern durch Worte oder Ge117 Mezger Lb. § 5711; Welzel AT§ 16 III3; Baumann!Weber!Mitsch AT§ 31, Rdnr. 18; Brodag AT Rdnr. 580; Jescheck/Weigend AT §64 III2a); Mürbe AT, 57; Schmidhäuser Lb. 14/144; ders. Stuß 10/145 a. E.; Baumann JuS 1963, 125, 136; Dreher (1972), 250, 251. 118 So auch im Falle BGH wistra 2000, 340. 119 Das Anfeuern zur Tat wird deshalb zu Recht als Beihilfe gesehen nach BGH VRS 59, 185 (,,Los drauf und hinterher", "Volles Rohr drauf'); Sch./Sch.-Cramer/Heine § 27, Rdnr. 12; LKRoxin § 27, Rdnr. 13; Jescheck/Weigend AT § 64 III 2 a); Kühl AT § 20, Rdnr. 226; Maurach/ Gössel/Zipf AT/2 §52, Rdnr. 6. Fälschlich wird dagegen in diesem Zusammenhang BGH VRS

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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stik, die Tat weiterzuführen oder ihre Intensität zu erhöhen, durch welches das volle nach außen getragene und dem Täter wahrnehmbare Einverständnis des Anfeuernden mit der Tat offenkundig wird, wird nach allen Regeln der Vernunft und nach den bekannten psychologischen Verhaltensmustern einen Täter in seiner Überzeugung, richtig zu handeln und mit der Bejahung von Tat und Konsequenzen nicht isoliert zu sein, festigen, seinen Tatwillen und damit die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts erhöhen. Im Fallbeispiel 7.1 120 ist B strafbar einer Körperverletzung an C. Daß A durch seine Handlung kausal für die Körperverletzung durch B wird, ist ausgeschlossen, denn eine objektive Beziehung des A zum Körperverletzungserfolg könnte nur durch dessen Einwirkung auf die Psyche des B bestehen. Solche Einwirkungen unterliegen nicht kausalen Gesetzmäßigkeiten. A hat B aber während dessen Tat ausdrücklich durch Zurufe aus nächster Nähe angefeuert. Nach allgemeinen Erfahrungssätzen der Psychologie hat die intensive Solidarisierung durch anfeuernde Zurufe auf den Angefeuerten eine die Ausführung des Gegenstands der Anfeuerung förderliche Wirkung, was sich bei Sportveranstaltungen täglich beobachten läßt und deshalb bereits Laienevidenz genießt. Es sind keine Umstände bekannt, die den Schluß zuließen, daß diese Wahrscheinlichkeitsregel für den Einzelfall zu modifizieren oder nicht anwendbar wäre. Insbesondere wäre die spätere Aussage des Täters, daß er auch ohne die Anfeuerung genauso fest und genauso lang geschlagen hätte, nach den oben entwickelten Grundsätzen ohne Belang. Einziges Zurechnungskriterium ist die maßgebliche WahrscheinlichkeitsregeL A ist deshalb, den subjektiven Tatbestand vorausgesetzt, strafbar der Beihilfe zur Körperverletzung des C durch den B. Im Fallbeispie/7.2 121 gelten hinsichtlich der Strafbarkeit des A zunächst die gleichen Aussagen wie im Beispiel 7.1: A ist nicht kausal für die Körperverletzung und 23, 207, 209 zitiert (so Jescheck/Weigend AT § 64 Ili 2 a), hier hatte der u. a. der Beihilfe zur Unfallflucht Angeklagte den Fahrer sogar aufgefordert, anzuhalten: "Der Angeklagte und die übrigen Wageninsassen forderten, als sie den Fuß sahen, den Fahrer auf, anzuhalten", a. a. 0., 207 f. Auch BGH StV 1982, 517 wird fälschlich zitiert, denn hier saß der der Beihilfe Angeklagte während der Tat nur still dabei. 120 B verprügelt den an seinem Äußeren als südländischer Ausländer erkennbaren C. A, der zufällig vorbeikommt, stellt sich in die Nähe des Geschehens und feuert den B unter anderen mit den Worten ,,Ja, gib's dem Sozialparasiten" und "Mach die Ratte fertig" an. B prügelt weiter auf C ein. 121 Wie Fallbeispiel 7.1. Vor Gericht sagt B aus, er habe C verprügelt, weil dieser Fan des Fußballclubs "Schalke 04" sei und er selber Fan von "Borussia Dortmund". Sie seien nach einem von beiden besuchten Fußballspiel zufällig aneinandergeraten und C habe ihn durch Rufe wie .,Scheiß Millionentruppe" provoziert. Er, B, sei aktives Mitglied der linksextremen .,Antifa" und verurteile Ausländerfeindlichkeit aufs Tiefste. Als er den kahlrasierten A während seiner Tat sah und hörte, sei er versucht gewesen, bereits deshalb von C abzulassen. Das Verhalten des A habe ihn aufgrund dessen Motivation zutiefst abgestoßen, wäre nicht die Polizei erschienen und hätte ihn festgenommen, er, B, hätte sich gleich nach C den A vorgenommen. Das tatsächliche Vorbringen des B ist bewiesen. 15 Osnabrügge

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

feuert den B während der Tatausführung an. Im Unterschied zum Fallbeispiel 7.1 ist jedoch die oben geschilderte Wahrscheinlichkeitsregel zum Anfeuern auf B hier nicht anwendbar. Nach dem Grundsatz der maximalen Bestimmtheit der Datenbasis sind alle risikorelevanten Informationen über den Einzelfall heranzuziehen. Die vorhandenen Informationen über einerseits die Motivation des B und seine gesellschaftspolitische Einstellung, andererseits die durch die Wortwahl deutlich werdende Motivation des A und dessen durch sein Äußeres demonstrierte gesellschaftspolitische Eisteilung sind risikorelevant, weil unter Beachtung dieser Umstände die Reaktion des B auf die Anfeuerung anders ist, als nach dem allgemeinen Gesetz zu vermuten wäre. Die hinreichend bewiesenen persönlichen Umstände des B kontraindizieren die Geltung des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsgesetzes. Deshalb gilt dessen Wahrscheinlichkeitswert nicht für den Einzelfall. Ein psychologischer Erfahrungssatz, nach dem auf Basis der Informationen überBinfolge des Verhaltens des A die Verletzungswahrscheinlichkeit durch B erhöht wird, gibt es nicht. A ist deshalb nicht der Beihilfe zur Körperverletzung des C durch B strafbar. Unberührt bleibt hiervon eine Strafbarkeit nach§ 323 c sowie § 130 122• bb) Das Sichern der Tat, nochmals Fallbeispiel 4.1; FallbeispielS Unter 3. Teil, 13. b) wurde bereits gezeigt, daß die Umschreibung des "Sichems" viel zu grob ist, um eine eindeutige Zuordnung zu ermöglichen. Es verbergen sich hinter diesem Begriff gleichermaßen Fälle, in denen der Gehilfe kausal für den tatbestandliehen Erfolg ist wie auch Fälle, in denen dies nicht der Fall ist. Letzteres gilt für den Grundfall des unter Sicherung des A ausgeführten Diebstahls des B, während dessen niemand die Tat stört. Die Besonderheit der Fallgruppe des Sicheros der Tat besteht darin, daß der Sichernde nicht unmittelbar auf den Erfolg der Haupttat Einfluß nimmt, sondern seine Tätigkeit auf die Abwehr von oder die Warnung vor einer den Eintritt des Erfolgs hindemden Bedingung richtet. Dabei können freilich beide Fälle gleichbehandelt werden, denn auch derjenige, der nicht den Eintritt einer rettenden Bedingung durch unmittelbares Einwirken auf diese hindert, sondern nur vor ihr warnt, hindert hierdurch ihren ,,rettenden", nämlich die Vollendung des Erfolgs hindemden Eintritt. Das Sichern bei dem der Gehilfe tatsächlich tätig wird, kann sich nun so gestalten, daß der Sichemde den Eintritt einer kausalen Gesetzen unterworfenen rettenden Bedingung hindert. So verhält es sich im beispielsweise im Fallbeispiel 4.2, vgl. oben 3. Teil I 3. b). da das Schließen der Gitter die Vollendung der Tat verhindert hätte. Der so Sichemde ist dann für den Erfolg kausal und schon deshalb Gehilfe. Die gehinderte Bedingung kann, sie muß aber nicht kausalen Gesetzen unterworfen sein. Ist sie es nicht, hindert der Sichemde also nur den Eintritt einer potentiell oder wahrscheinlich rettenden Bedingung, dann ist dies ein Fall der Zurechnung 122

Vgl. OLG Frankfurt a. M., NStZ RR 2000, 368.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen, wenn sich ein solches dafür finden läßt, daß die Vollendung bei ungehindertem Eintritt der Bedingung wahrscheinlich gehindert worden wäre. Gibt es ein solches Wahrscheinlichkeitsgesetz, dann ist der Sichemde Gehilfe zur Haupttat So verhält es sich im Fal/beispie/8 123• Hierzu wird vertreten, daß Beihilfe vorliege, wenn "durch das Verhalten des Gehilfen die Aktion objektiv ungestört geblieben oder gar erst ermöglicht worden ist" 124• Aber ob die Polizei tatsächlich am Tatort patrouilliert und ob sie die Tat bemerkt hätte, ob also A durch seinen Anruf tatsächlich den Eintritt einer rettenden Bedingung gehindert hat, steht ja, da es sich nicht um determinierte Bedingungen handelt, keineswegs fest. Schmidhäusers Voraussetzung für eine Strafbarkeit läßt sich also niemals erfüllen. Überdies liegen im FallbeispielS sogar zwei Eventualitäten zwischen Hinderung und potentieller "Rettung" durch die gehinderte Bedingung, namentlich nicht nur die Effektivität der Rettungshandlung, sondern schon das Eingreifen der Retter als solches. Eine Möglichkeit des Auswegs wäre es, die Polizisten als pflichtgemäß handelnd determiniert zu setzen, also fehlende Naturgesetze durch normativ begründete Postulate zu ersetzen, etwa weil die Rechtsordnung von der Erfüllung ihrer Normen auszugehen hat, solange das Gegenteil nicht feststeht 125 • Der hypothetische Streifenweg ließe sich dann entsprechend der dienstlichen Anweisungen als determiniert setzen. Aber schon im Hinblick auf die hypothetische Entdeckung des Einbruchs ist dies keine Lösung mehr: die Rechtsordnung kann nämlich nur davon ausgehen, daß niemand Handlungsverbote überschreitet und Handlungsgebote so gut es eben geht befolgt. Keine Pflicht kann mehr verlangen, als der Pflichtenträger zu erfüllen in der Lage ist, und was dies ist, ist ja gerade nicht determiniert. Gerade in Bereichen, in denen nicht die Übertretung eines Handlungsverbots gegenständlich ist, sondern nur die Frage der Effektivität der Befolgung eines Handlungsgebots ("Verhindere Straftaten"), hilft dieser Ausweg nicht weiter, so auch nicht für die Frage der Effektivität der Polizisten. Wahrend ein normatives Postulat nun nicht dazu führen kann, die Polizisten als determiniert ansehen zu können, hilft es aber in anderer Hinsicht: Es kann davon ausgegangen werden, daß die Polizisten alle für sie gültigen Anweisungen und Verhaltensregeln tatsächlich auch erfüllen. Setzt man entsprechend der Sachverhaltsangabe voraus, was konkret zu belegen wäre, daß der Streifenweg üblicherweise am von der Tat betroffenen Haus vorbeigeführt hätte und die Dienstanweisungen für Streifen so gestaltet sind, daß Straftaten bestmöglichst bemerkt werden, so läßt sich 123 B und C wollen, um Mittemacht beginnend, einen Einbruch in das Haus des D unternehmen. A ruft ohne Wissen von B und C kurz vor Mittemacht die Polizeistation in der Nähe an und meldet eine Großschlägerei am anderen Ende der Stadt. Wie geplant werden alle Streifenwagen dorthin abgezogen und sind flir eine Stunde beschäftigt. Gemäß ihrem Dienstplan und den festgelegten Streifenrouten hätten ansonsten Streifenwagen vor dem Haus des D patrouilliert; eine Entdeckung des Einbruchs wäre dann höchstwahrscheinlich gewesen. Nun können B und C ungestört einbrechen. 124 Schmidhäuser StuB 10/147. 12s Vgl. Puppe, ZStW 92 (1980), 863, 907; dies., ZStW 95 (1983), 287,296.

15*

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

im Ergebnis über die Zurechnung des Erfolgs zu A entscheiden: A ist Bestandteil einer Wahrscheinlichkeitserklärung dergestalt, daß ohne sein Tätigwerden die Vollendung des Erfolges einen geringeren Wahrscheinlichkeitswert gehabt hätte. A ist demnach Gehilfe zur Tat von Bund C. Die Unkenntnis von Bund C um die Tätigkeit des A hindert die Gehilfenschaft des A im übrigen nicht, da sich die Zurechnung zwar über Wahrscheinlichkeitsgesetze, nicht jedoch über die Psyche der unwissenden Haupttäter vollzieht. Problematischer gestalten sich die Dinge, weiiD der Sichernde nicht hindernd tätig wird, also nur potentiell eine rettende Bedingung hindert, so im Fa/lbeispie/4.1126. Es scheint allerdings weitestgehend Konsens zu bestehen, daß derjenige, der nach dem Tatplan eine sichernde Rolle übernimmt, dem Täter regelmäßig die Sorge der Entdeckung abnimmt und deshalb einen für den Täter wertvollen und bedeutsamen, damit seine Tatsicherheit und -bereitschaft erhöhenden Beitrag leistet, so A im Fallbeispiel 4.1. Dies mag, wie Bocke/mann zusammenfaßt, daran liegen, daß "ein ohne Deckung durch Aufpasser verübter Diebstahl(...) eben ein anderes Bild [zeigt] als einer, bei dem die Täter in der Gewißheit handeln koiiDten, daß sie gegen Überraschungen durch die Polizei gesichert seien" 127• Und auch die Feststellung Roxins, ein Diebstahl mit zwei Personen, dem Täter und dem Wachesteher, sei eben etwas anderes als ein Diebstahl ohne die Wache 128, zeugt von dieser Auffassung. Auch weiiD diese Aussage sich nicht eignet, Kausalität zu begründen, was Bocke/mann und ihm folgend Roxin damit bezwecken, vgl. dazu ausführlich oben 3. Teil 12. b), so spricht aus ihr doch die intuitive Überzeugung, daß dem Wachesteben aus Sicht des Täters eine tatrelevante Bedeutung zukommt. Dies alleine reicht jedoch nicht aus, eine Strafbarkeit zu begründen. Durch seine Anwesenheit verringert A allerdings gleichzeitig die Chancen einer aussichtsreichen Strafverfolgung und begünstigt den Täter somit in persönlicher Weise. Das Absichern der Tat ist damit jedenfalls versuchte Strafvereitelung und als solches nach § 258 strafbar. Für das Sichern der Tat als zumindest versuchte (vorgeleistete) Erfolgssicherung kaiiD es schließlich auch keinen Unterschied machen, ob der Täter hiervon weiß oder nicht 129• Lediglich die objektive Beurteilung ex ante ist beachtlich. Gleichwohl scheint damit aber die Rolle des "Schmierestehers" nicht adäquat beschrieben zu sein, deiiD jedenfalls erhöht er durch seine Tätigkeit doch das Risiko 126 B bricht in die Villa des E ein. A, der am Abend zuvor von dem Vorhaben erfahren hatte, begleitet B und steht "Schmiere". Es geht jedoch alles gut, niemand nähert sich in der dunklen Nacht dem Tatort. A und B entkommen unentdeckt. 127 Bocke/mann (1957), 109, 116. 128 LK-Roxin § 27, Rdnr. 8; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 511. 129 So unterscheiden aber Dreher (1972), 250, 257; Scheurl (1972), 104; Gares (1982), 61. Daß demgegenüber kein Unterschied zu machen sei, wird gemeinhin unter Verkennung der Tatsache begründet, daß der Schmieresteher gerade nicht kausal ist, vgl. Maurach!Gössel!Zipf AT/2 §52, Rdnr. 8; Baumann, JuS 1963, 135, 137.

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

229

oder hat zumindest im Tatplan des Täters eine derart funktionelle Bedeutung, daß sich eine Strafbarkeit aufdrängt. Zur Frage der Risikoerhöhung findet sich z. B. die folgende, für andere Stellungnahmen repräsentative Aussage: "Entscheidend ist, daß [A] durch sein Verhalten die Tat sicherer gemacht, d. h. die in der Haupttatbegehung liegende Gefahr für das Opfer erhöht hat. Diese Gefahr ist vom Gehilfen mitgeschaffen (...) Mit der Haupttat realisiert sich nicht nur die von [B] geschaffene Gefahr, sondern gleichzeitig die durch den Gehilfen bedingte Gefahrerhöhung" 130• Es fragt sich freilich, inwieweit der Sichernde tatsächlich die in der Haupttatbegehung liegende Gefahr für das Opfer erhöht hat. Hinsichtlich dieser Risikoerhöhung ließe sich wie folgt argumentieren: Sofern es überhaupt möglich ist, daß eine rettende oder zumindest wahrscheinlich rettende Bedingung tatsächlich auftritt, konterkariert der Gehilfe bereits durch seine Anwesenheit diese Wahrscheinlichkeit des Scheiteros der Haupttat Hierin ließe sich dann unmittelbar eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts bereits durch die Anwesenheit des Gehilfen sehen. Die bloße Anwesenheit reichte dann für die Zurechnung des Erfolges aus. Diesem Weg, die Gehilfenschaft des erfolglos Sichernden zu begründen, stehen jedoch letztlich durchschlagende Argumente entgegen. Zunächst ist dies kein Abstellen auf eine reale Hilfeleistung, sondern vielmehr auf eine hypothetische. Jedes hypothetische Verhalten erhöhte mit der obigen Argumentation bereits durch seine Möglichkeit das Erfolgsrisiko, da es für den Fall bereitsteht, daß die Ursache nicht greift. Ob dann noch eine Unterscheidung zwischen vollendeter und versuchter Beihilfe möglich wäre, erscheint fraglich. Bei der gegebenen Fallkonstellation der potentiellen Hinderung der rettenden Bedingung, also des reinen Bereitstehens, wurde weiterhin nicht danach unterschieden, ob es sich bei der rettenden Bedingung um eine solche handelt, die kausalen Gesetzen unterworfen ist, oder eine solche, auf die dies nicht zutrifft. Im Gegensatz zu dem Fall, daß der Gehilfe auch tatsächlich tätig wird, ist dies hier aber von Bedeutung. Denn wenn die nicht eingetretene Bedingung kausalen Gesetzen unterworfen ist, stand deren Nichteintritt ja von Anfang an fest. Das Bereitstehen des Sichernden kann dann gar kein Risiko konterkarieren, da ein solches nie bestand, und es erhöht folglich auch nicht die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts. Ein solches Bereitstehen entspricht vollständig dem Bereitstehen, einen Erfolg herbeizuführen, was allenfalls der Versuch dieser Herbeiführung sein kann. Ist dagegen der Eintritt der rettenden Bedingung nicht kausalen Gesetzen unterworfen, so bestand tatsächlich während des Bereitslehens eine Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der Bedingung, die der Sichernde antizipierend konterkariert hat. Nur in diesem Falle ließe sich überhaupt davon sprechen, daß der Gehilfe die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht hat. Nun läßt sich aber, da der rettende Umstand ja gerade nicht eingetreten ist, auch nicht unterscheiden, ob dieser (hypothetische) Umstand kausalen Gesetzen gefolgt wäre oder nicht. Ist aber keine Unterscheidung möglich, ob der Gehilfe verIJo

Murmann, JuS 1999,548, 551.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

suchte oder vollendete Beihilfe geleistet hat, so kann nicht einfach für alle Fälle vollendete Beihilfe angenommen werden. Schließlich ist das Bereitstehen, um ggf. kausal oder nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen in einen rettenden Kausalverlauf eingreifen zu können, strukturelllediglich ein Versuch dieser Tätigkeit. Die vollendete Beihilfe im nichtdeterminierten Bereich weist folgende Struktur auf: Der dem Gehilfen das Unrecht mittelnde Umstand, der nicht nach kausalen Gesetzen zu erklären ist, tritt ein, und der Bezug zum Gehilfen läßt sich über Wahrscheinlichkeitsgesetze herstellen. Bei der versuchten Beihilfe tritt demgegenüber der dem Gehilfen den Erfolg der Haupttat mittelnde Umstand nicht ein, weshalb man also vom Versuch der Beteiligung spricht. Im Fall des Wachestehers ist zwar der Erfolg der Haupttat eingetreten. Das ist aber nicht der Umstand, der dem Gehilfen auch den Bezug zu diesem Erfolg mittelt. Dieser besteht vielmehr gerade in dem Nichteintritt einer Bedingung, nämlich der rettenden. Ein real den Erfolg mittelnder Umstand, hinsichtlich dessen den Gehilfen eine Verantwortlichkeit treffen kann, fehlt also. Damit ist zwar im Hinblick auf den Erfolg der Haupttat der Nichteintritt der rettenden Bedingung ohne Zutun des Gehilfen nicht von dem Nichteintritt aufgrund des Zutuns des Gehilfen zu unterscheiden. Für den Gehilfen macht dies aber doch einen Unterschied: Tritt die rettende Bedingung durch Tätigwerden des Gehilfen nicht ein, sei es, daß sich das "durch" definiert über kausale Gesetze, sei es über Wahrscheinlichkeitsgesetze, so führt dies zur Zurechnung des Erfolgs zur Beihilfe. Tritt die Bedingung dagegen aus anderen Gründen nicht ein, sei es kausal erklärbar, sei es durch Realisierung der Nichteintrittswahrscheinlichkeit, so hat der präsumptive Gehilfe hieran keinen Anteil und hat im Hinblick auf den Nichteintritt einer rettenden Bedingung folglich nur den (straflosen) Versuch der Beteiligung begangen. Nichts anderes gilt im Ergebnis unter Berücksichtigung der zweifelsohne gegebenen funktionellen Bedeutung im Tatplan. Alleine über diese ergibt sich für die Zurechnung noch keine hinreichende objektive Beziehung zur Rechtsgutsverletzung, vgl. dazu ausführlich unter IV 2. Anders wäre dies nur dann, wenn man den Erfolg um die dem Tatplan entnommenen Tatmodalitäten ergänzen würde, also beschriebe als "Diebstahl unter Sicherung". Dies mag mit der oben zitierten "Risikorealisierung" gemeint sein und mag auch der erkannten funktionalen Bedeutung hinreichend Rechnung tragen. Es wäre aber ein Rückfall in die unmethodische Erfolgsbestimmung und letztlich eine Manipulation der Zurechnungsbeziehung. Eine Bedeutung hat aber die funktionale Stellung des sichemden A im Fallbeispiel 4.1 in anderer Hinsicht: Ein rational und kühl agierender Dieb wird eine Tat viel wahrscheinlicher unter der Absicherung durch einen Komplizen durchführen als alleine und ungesichert. Genau dieses ist auch Gegenstand der als evident empfundenen funktionalen Bedeutung des Beitrags des A im Tatplan des B. Wahrend die physischen Beiträge des A zur Tat des B also unter keinerlei Gesichtspunkt ausreichen, eine kausale Beihilfe anzunehmen, begründen sie aufgrunddes dargestellten Wahrscheinlichkeitsgesetzes und unterstrichen durch ihre funktionale Bedeu-

V. Die Beihilfe und ihr Erfolg

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tung Beihilfe durch die Psyche des Haupttäters und damit im nichtdeterminierten Bereich: Die Handlung des A ist derart Bestandteil der Wahrscheinlichkeitserklärung der Tatbestandsausführung durch B, daß ohne sie jene unwahrscheinlicher gewesen wäre. Erst in diesem Kontext gewinnt die Aussage Salamons ihre Bedeutung für die Zurechnung, daß die Verwirklichung des Erfolges der Haupttat in dem Augenblick wahrscheinlicher werde, "in dem der Haupttäter die Möglichkeit hat, den Beitrag des Gehilfen in die Steuerung der auf ein Ziel ausgerichteten Kausalfaktoren mit einzubeziehen, das heißt, über die ihm zuteil gewordene Unterstützung final zu verfügen" 131 • Im Fallbeispie/4.1 ist A daher Gehilfe zur Tat des B. Dabei ist die persönliche Einstellung des Täters wie dargestellt unerheblich. Selbst wenn B also behauptete, daß ihm das Schmierestehen des A völlig egal gewesen sei, führt dies nicht zu einer Änderung dieser Regel für den Einzelfall. Im Fallbeispiel 4.1 ist die angewandte Wahrscheinlichkeitsregel maximal bestimmt. A hat deshalb den Wahrscheinlichkeitswert der Vollendung der Haupttat erhöht und so Hilfe geleistet. Freilich zieht die Erkenntnis, das im übrigen untätige "Schmierestehen" nicht als kausale Beihilfe, sondern nur als nichtkausale Beihilfe vermittels der Täterpsyche bestrafen zu können, ein weiteres nach sich: Insoweit der Beitrag des Gehilfen im nichtdeterminierten Bereich seine Beziehung zum Erfolg der Haupttat vermittels der Täterpsyche erfährt, ist es Voraussetzung, daß dieser Täter von der Hilfe Kenntnis hat 132• Dies ist deshalb so, weil das Wahrscheinlichkeitsgesetz eine Aussage über psychische Verhaltensmuster macht. Auf einen Umstand zu reagieren setzt aber Kenntnis von diesem voraus. Deshalb wäre die Nichtkenntnis von dem sichernden Gehilfen ein Umstand des Einzelfalls, der nach dem Prinzip der maximalen Bestimmtheit mit in die Wahrscheinlichkeitserklärung aufzunehmen wäre. Dann aber fände sich kein Wahrscheinlichkeitsgesetz mehr, das etwa einem Umstand, von dem der Täter nichts weiß, eine den Täter in seinem Entschluß bestärkende Wirkung zuwiese. Demgegenüber ist es nicht etwa so, daß die "heimliche Hilfe" außerhalb des kausalen Bereichs überhaupt nicht als Beihilfe angenommen werden könnte 133• Dies demonstriert bereits das Fallbeispiel8, vgl. dazu oben. Die sogenannte "heimliche Beihilfe" scheidet nur dann aus dem Bereich der Beihilfe aus, wenn ohne die Kenntnis des Täters von dem fraglichen Umstand kein Wahrscheinlichkeitsgesetz mehr existiert, das einen höheren Wahrscheinlichkeitswert als 0 aufweist.

Salamon (1968), 149. A.A. aber Schaffstein, FS Honig (1970), 169, 180. 133 So aber LK-Roxin § 27, Rdnr. 9; ders., FS Miyazawa (1995), 501, 512. 131 132

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

VI. Die Beihilfe zum Versuch In Literatur und Rechtsprechung wird nahezu übereinstimmend angenommen, daß es möglich ist, Beihilfe zum Versuch zu leisten 134• Dabei nähert man sich der gegenständlichen Frage zumeist von der Seite der Akzessorietät, etwa mit der folgenden Gedankenführung: Auch eine versuchte Tat ist eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat, und sie muß damit auch teilnahmefähig sein. Die Tatsache aber, daß die Voraussetzung der Akzessorietät die Beihilfe zum Versuch nicht ausschließt, rechtfertigt nicht den Schluß, daß alle Voraussetzungen einer kausalen Beihilfe beim Versuch gegeben sein können. Die Ergebnisse, zu denen die h. L. kommt, erscheinen ansprechend. Im Fallbeispiel 9.1 liefert A dem B im Vorfeld von dessen geplanten Einbruch bei C einen Nachschlüssel. B nimmt den Dietrich, der zum Öffnen der Tür geeignet wäre, mit zum Haus des C. Bei dem von B zu ungestüm durchgeführten Versuch, hiermit die Tür zu öffnen, bricht der Dietrich ab. B bricht anderweitig in das Haus ein. Hier wird man nicht einsehen wollen, Aals denjenigen, dessen Tatbeitrag aufgrundeines Fehlers des Haupttäters B nicht zu dem von beiden angestrebten Ziel kam, straffrei zu lassen. Es sollen aber diese, offensichtlich dem Rechtsgefühl entsprechenden Ergebnisse, im Hinblick auf ihre dogmatische Haltbarkeit hinterfragt werden. Denn wie oben gezeigt, benötigt eine Kausalbeziehung einen Bezugspunkt, der frei von Beliebigkeil bestimmt werden kann, und es liegt, wie gezeigt, gerade bei der Beihilfe stets die Möglichkeit nahe, ein gewünschtes Ergebnis durch Manipulation der Prämissen herbeizureden. 1. Der Bezugspunkt der Kausalität beim Versuch Da der Versuch dadurch gekennzeichnet ist, daß der tatbestandliehe Erfolg nicht eintritt, stellt sich die Frage, welcher objektive Bezugspunkt für die Beihilfe zum Versuch in Frage kommt. Dabei darf die Frage nicht auf die formalistische Erkenntnis beschränkt bleiben, daß es beim Versuch keinen Erfolg im Sinne einer Rechtsgutsverletzung gibt und man deshalb vor der Wahl steht, entweder das Merkmal der Erfolgskausalität zu verabschieden oder die Beihilfe zum Versuch generell abzuleh134 Welze/ AT§ 16 III3; Mezger Lb. §5711; Frank, StGB (1931), 125; Lackner/Küh/Vor §25, Rdnr. 9; LK-Roxin § 27, Rdnr. 7; Sch./Sch.-Cramer!Heine § 27, Rdnr. 25 a. E.; Baumann!Weber!Mitsch § 31 , Rdnr. 7; Haft AT208; Jescheck/Weigend AT §64 1113; Kühl AT§ 20, Rdnr.232; Otto AT §22, Rdnr.51 i.V.m. 26; Wessels/Beu/ke Rdnr.585; Otto JuS 1982,557, 559; Küper, JuS 1986, 862, 863; Geppert, Jura 1999,266, 267; Class, FS Stock (1966), 115, 119; Dreher (1972), 250, 251; Rudolphi, FS Maurach (1972), 51, 67; Spendet, FS Dreher (1977), 167, 186; Bloy (1984), 283. Anders nur SK-Samson Vor §26, Rdnr. 23 für die Teilnahme am Versuch generell, der darauf abstellt, daß der Teilnahme am Versuch der Erfolgsunwert fehle: "( ... )ist festzuhalten, daß die Teilnahme am Versuch ihrer Natur nach einen Versuch darstellt."; Otto AT §22, Rdnr.65 und ders. , FS Lange (1976), 197, 216; Baunack (1999), 85ff. für den untauglichen Versuch: es fehle an der eigenständigen Gefährdung des Rechtsguts durch den Gehilfen.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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nen 135• Da der Versuch sich von der Deliktsverwirklichung gerade dadurch unterscheidet, daß er keinen Erfolgsunwert aufweist, oder anders gesprochen, daß es zu einer Rechtsgutsverletzung gerade nicht zu kommen braucht, gibt es außerhalb des Versuchs selber qua definitionem keinen Verletzungserfolg dieses Versuchs. Es kann damit auch keine Beihilfe zum Versuch in dem Sinne geben, daß die Beihilfe den so verstandenen Verletzungserfolg des Versuchs mitverursacht hätte 136• Geht man jedoch ab vom Verständnis des Erfolg als personale Rechtsgutsverletzung und erweitert diese so, daß ein solcher Bezugspunkt auch eine sonstige objektive Zustandsveränderung sein kann 137, so ist die Beihilfe zu dem so verstandenen "Erfolg des Versuchs" nicht mehr begrifflich ausgeschlossen. Es ist lediglich zwingend, einen objektiven und manipulationsfreien Bezugspunkt für die Kausalität zu fixieren. Man kann nun den Versuch analog zu denjenigen Delikten betrachten, die ebenfalls keinen Taterfolg aufweisen, sondern sich in der Vornahme einer Handlung erschöpfen. Auch zu diesen ist, wie oben gezeigt, die Möglichkeit der kausalen Beihilfe eröffnet, soweit es objektive Umstände gibt, an die der jeweilige Tatbestand die Gefährdung und damit die Strafwürdigkeit des Täterverhaltens anknüpft. Es ist danach nicht ausgeschlossen, daß Anknüpfungspunkt für eine Kausalbeziehung auch die Versuchshandlung als solche ist, vorausgesetzt, daß sich diese über eine bestimmte Qualität einer Veränderung in der Außenwelt oder etwas, was vom Gesetz so behandelt wird, definiert. Abgestellt auf den Tatbestand des § 22 kommen als mögliche Bezugspunkte einerseits der Tatentschluß und andererseits das unmittelbare Ansetzen in Betracht. a) Der Tarentschluß als Bezugsobjekt der Hilfeleistung zum Versuch Der Tatentschluß eignet sich aus zweierlei Gründen nicht als Bezugspunkt einer auf naturwissenschaftlichen Zusammenhängen basierenden Kausalität: Zum einen kann ein Tatentschluß nicht im Sinne etwa der conditio sine qua nonFormel oder der Theorie von der gesetzmäßigen Bedingung verursacht werden. Selbst wenn man nicht dem Standpunkt folgen möchte, daß der Wille frei ist in dem Diesem Gedanken folgt aber Küper, JuS 1986,862, 865. Ebenso Küper, JuS 1986, 862, 865. Dem von Küper vorgebrachte Einwand gegen die Vertreter einer kausalitätsergänzenden Risikoerhöhungslehre, bei untauglichen Versuch könne es auf deren Grundlage keine Beihilfe geben, da eine risikorhöhende Wirkung der Gehilfenhandlung durchweg fehle, solange man zur Risikobeurteilung nicht nur auf die Sicht des Täters bei Ausführung der Tat abstelle, ist damit die Grundlage entzogen. Die Zurechnung scheitert in dieser Konstellation bereits an der Erfolgskausalität, nicht erst an der mangelnden Risikoerhöhung. Relevant wird dieser Einwand dagegen hinsichtlich der kausalitätsersetzenden Risikoerhöhungstheorie, vgl. VI4. 137 Vgl.oben3. Teill2.c). Vgl. z.B. auch Köhler AT, 26,derden,,Erfolg" nichtnur im Sinne eines naturalistischen Verletzungserfolg verstehen, sondern auch sonstige äußere Realisationsmomente begrifflich erfassen möchte. 135

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Sinne, daß er nicht verursacht, sondern allenfalls motiviert 138 werden kann, müßte man, dann unter der Prämisse grundsätzlicher Determination, akzeptieren, daß die Gesetze, nach denen sich das menschliche Verhalten richtet, nicht bekannt und auch prinzipiell nicht (empirisch) erforschbar sind 139• Die sich aus dieser Überlegung im Hinblick auf die Anstiftung ergebenden Probleme sind an anderer Stelle bereits diskutiert140 und sollen hier nicht Gegenstand der Darstellung sein. Jedoch gilt unter obiger Prämisse, daß, was auch immer die Anstifterhandlung in Beziehung zum Angestifteten auszeichnet, es jedenfalls nicht die "Verursachung" eines Entschlusses im Sinne einer der im Strafrecht vertretenen Kausalitätstheorien ist. Zweitens wäre, würde man vom ersten Argument absehen und mit der h. L. die Verursachung des Tatentschlusses postulieren, die Beihilfe nichts anderes als eine Anstiftung, denn eine "Mitursächlichkeit" für den Entschluß eines anderen ist erst recht nicht denkbar. Entweder hat man den Entschluß verursacht, dann ist man also Anstifter, oder man hat dies nicht, dann kann man auch nicht (kausaler) Gehilfe sein.

b) Das unmittelbare Ansetzen als Bezugsobjekt der Hilfeleistung zum Versuch Es verbleibt als Bezugsobjekt einer Verursachung also nur das, was vom Versuch objektiv in die Welt gelangt ist, dasjenige, was § 22 mit dem "unmittelbaren Ansetzen" umschreibt. Es ist dann fraglich, ob das unmittelbare Ansetzen des Taters zum Versuch durch eine Zustandsveränderung in der Außenwelt beschrieben werden kann, die einerseits nicht bereits eine Rechtsgutsverletzung ist, andererseits aber auch mehr als ein beliebiges Nach-Außen-Treten des Tatentschlusses, z. B. durch eine Körperbewegung des Handelnden. Um die Manipulationsfreiheit zu bewahren muß dieser so verstandene "Erfolg" als objektiver Bezugspunkt weiterhin auch normativ fixiert oder zumindest frei von Beliebigkeil festzustellen sein. Zur Frage, ob man beim Versuch einen solchen "Erfolg" als Explikation der Handlung des "unmittelbaren Ansetzens" als existent betrachten möchte, können die zum Strafgrund des Versuchs vertretenen Theorien herangezogen werden. 138 Köstlin (1855), 256, 300; Berner Lb. (1898), 162; Wachenfeld, Lb. (1914), 204; Frank StGB (1931), 14f., 118; Klee, GA67 (1919), 82, 99f.; Joerden (1988), 113, der den Tatentschluß des Angestifteten als causa libera setzt, wie überhaupt jedes zurechnungsfahige Verhalten eines Menschen frei sein muß, a.a. 0., S.30f.; Bernsmann, ARSP 68 (1982), 536, 548ff. A. A. (nämlich im Sinne eines naturgesetzliehen Verursachens): Binding (1902), 136; Kohler, GA 55 (1908), 1, 3; Engisch, FS f. Weber (1963), 247, 269; Lackner/Küh/ § 26, Rdnr. 2; Sch./ Sch.-Cramer/Heine §26, Rdnr.4; SK-Samson Vor §26, Rdnr. 34 und §26, Rdnr.5; Tröndle/Fischer § 26, Rdnr. 3; diff.: Bocke/mann, ZStW 75 (1963), 372, 377, 388. 139 H.Mayer AT (1953), 323; ders., FS Rittler (1957), 243, 254; Puppe, GA 1984, 101, 105; zum Ganzen vgl. schon oben, 4. Teil Il. 140 Puppe, GA 1984, 101, 103, 105.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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Nach der rein subjektiven Theorie 141 ist der Strafgrund des Versuchs der in der (gefährlichen oder ungefährlichen) Handlung betätigte rechtsfeindliche Wille. Die Willensbetätigung muß dabei noch nicht ein Merkmal des Tatbestandes der versuchten Norm erfüllen, jedoch unmittelbar auf diesen abzielen und insofern die Kundgabe des verbrecherischen Willens enthalten. Zum unmittelbaren Ansetzen gehört auf Grundlage dieser Theorie demnach außer der räumlichen und zeitlichen Nähe zur tatbestandsmäßigen Ausführung keine objektive Qualität, die normativ gesicherter Bezugspunkt für eine Kausalitätsbeziehung sein könnte. Die gemischt objektiv-subjektive Theorie 142, ergänzt die rein subjektive Auffassung um ein vorgeblich objektivierendes Merkmal. Strafgrund des Versuchs ist der Umstand, daß der Täter durch sein Handeln den subjektiven Handlungsunwert nach außen trägt. Für die Erfüllung des Versuchstatbestandes bedeutet dies nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, hier beispielhaft aus einem Urteil des Jahres 1996, daß dieser anzunehmen ist "sobald der Tater subjektiv die Schwelle zum ,jetzt geht es los' überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so daß sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht. Subjektive und objektive Abgrenzungskriterien sind also miteinander verknüpft. Der konkrete Tatplan bildet die Beurteilungsgrundlage und auf dieser Grundlage ist nach objektivem Bewertungsmaßstab zu entscheiden, ob die Tatbestandsverwirklichung bis zu einem ,unmittelbaren Ansetzen' gediehen war. " 143 Nun könnte nach dieser Aussage die Zustandsveränderung, die nach dem objektiven Bewertungsmaßstab notwendig ist, um ein unmittelbares Ansetzen anzunehmen, ein objektiver Umstand sein, der sich generell als Bezugspunkt einer Kausalbeziehung eignet. Hierzu müßten aber objektive, das heißt, von der Vorstellung des Täters losgelöste Kriterien dafür existieren, was objektiv das unmittelbare Ansetzen ausmacht. Daß genau dies der Fall ist, suggeriert die zitierte Entscheidung, sie bezeichnet allerdings den objektiven Maßstab nicht weiter. An anderer Stelle findet sich dazu folgendes: "Das ,unmittelbare Ansetzen' zur Tatbestandsverwirklichung, wie es § 22 StGB voraussetzt, besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur- vollständigen- Tatbestandserfüllung führt oder in unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr steht ( ...) Ob der Täter zu der ( ...) entscheidenden Rechtsverletzung angesetzt hat oder ob er sich noch im Stadium der Vorbereitung befindet, hängt von seiner Vorstellung über das ,unmittebare Einmünden' seiner Handlung in die Erfolgsverwirklichung ab." 144 Damit ist geklärt, was hier der vorgeblich "objektive Maßstab" sein 141 RGSt 1, 439, 441; 34,217, 219; BGHSt 1, 16; 2, 76; 4, 200; 11,324, 327; 15, 211; Lackner/Kühl § 22, Rdnr. 11; Trönd!e/Fischer § 22, Rdnr. 24. 142 BGHSt 28, 162, 163; 30,363, 364; 31,10, 12f.; 178, 182; 37, 294, 297; BGH NJW 1980, 1759; BGH StV 1984, 420; 1987,528, 529; NStZ 1987, 20;Jakobs AT25/20ff.; Kühl AT§ 15, Rdnr. 45; Köhler AT 454; Stratenwerth AP § 11, Rdnr. 39. 143 BGH NStZ 1997, 83. 144 BGHSt 31, 178, 181 f.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

soll: Ein unmittelbares Ansetzen liegt dann vor, wenn die Tat nach objektivem Maßstab bis zum unmittelbaren Einmünden in die Tatbestandsausführung gediehen ist; ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach der Vorstellung des Täters über das unmittelbare Einmünden seiner Handlungen in die Erfolgsverwirklichung. Es verbleibt also dabei, daß ein Versuch dann gegeben ist, wenn der Täter nach seiner Vorstellung unmittelbar ansetzt. Der Handlung kommt ausschließlich, aber auch immerhin, der Wert des Expressiv-Werdens 145 des Täterplans zu. Objektive Umstände dienen allenfalls dazu, eine dem Täter zugesprochene Vorstellung zu begründen. Insbesondere bedarf es keiner Gefährdung des angegriffenen Rechtsguts. Teilweise wird diese Auffassung noch dadurch ergänzt, daß es nach Auffassung des Täters zu einer konkreten Gefährdung des Rechtsguts gekommen sein muß 146• Auch nach der gemischt objektiv-subjektiven Versuchstheorie findet sich damit keine Erscheinung in der Außenwelt, die über das Nach-Außen-Treten des Tatentschlusses und eine subjektive Einschätzung des Täters hinausginge und daher in irgendeiner Weise fixierbar wäre, etwa so wie dies die Beurteilung "konkrete Gefahr" dergestalt leistet, daß Bezugspunkt für eine Kausalbeziehung nur diejenigen Umstände sein können, die in der Beschreibung der Gefahr notwendig sind. Denn es ist maßgeblich auf die Vorstellung des Täters von der Handlung abzustellen. Objektive Umstände können diese Vorstellung allenfalls erregen oder motivieren, nicht jedoch kausal verursachen, vgl. 4. Teil li. Wäre der Versuchstäter solchermaßen zu determinieren, so könnte ihm auch kein Schuldvorwurf gemacht werden. Daß es auf eine objektive Qualität des Ansetzens im Hinblick auf die Erfolgseignung der Handlung nicht ankommt, zeigt auch die Behandlung des untauglichen Versuchs, der nach dieser Ansicht ohne weiteres strafbar ist, denn entscheidend ist alleine die Vorstellung des Täters von der Tauglichkeit seiner Handlung. Die objektive Komponente des Ansetzens im Hinblick auf die Nähe zur Tatbestandsverwirklichung, auf die nach dieser Theorie maßgeblich abzustellen ist 147, erschöpft sich in der Beurteilung der Vorstellung des Täters von der Nähe zur Tat und bietet deshalb auch keinen Ansatzpunkt für eine Kausalbeziehung. Zu keinem anderen Ergebnis kommt man, wollte man darauf abstellen, daß aus Sicht des Täters bereits eine Gefährdung des Rechtsguts eingetreten ist, denn an der objektiven Qualität der Handlung änderte dies nichts. Die Einschätzung des Täters von der Gefährlichkeit der Handlung hingegen könnte zwar nach herkömmlicher Diktion durch den Gehilfenbeitrag "verursacht", besser wohl "erregt" sein, es handelt sich aber nicht um einen objektiven Bezugspunkt. Bezugsobjekt für die Hilfeleistung im Bereich physischer Kausalität kann nur ein Umstand der Außenwelt sein, nicht dagegen eine psychische Einschätzung oder Empfindung des (VerJakobs AT25/20. BGHSt 30, 363, 364; BGH StV 1984, 420; BGH NStZ 1987, 20; Sch./Sch.-Eser §22, Rdnr. 42. 147 Vgl. BGH NStZ 1997, 83; BGHSt 31, 178; 43, 177. 14l

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VI. Die Beihilfe zum Versuch

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suchs-)Täters. Andernfalls wäre die Beihilfe zum Versuch eben keine physische Beihilfe, sondern eine psychische, nicht im Hinblick auf die Qualität des Mittels, aber im Hinblick auf dessen "Wirkung". Auch der ,,Erfolg" einer höheren Sicherheit des Täters oder auch nur einer geänderten Einschätzung der Handlung durch den Täter, reichen für eine dem Beweis zugängliche Kausalbeziehung nicht aus 148• Die Frage, ob ein Beitrag eines präsumptiven Gehilfen dem Täter den Endruck vermittelt haben kann, die Tat nun sicherer oder besser zu begehen als ohne diesen, ist nicht im Sinne strikter Kausalität zu beantworten, vgl. genauer dazu oben, 4. Teil II. Auf den Gedanken der gemischt objektiv-subjektiven und der subjektiven Theorie aufbauend, präzisiert die sog. Eindruckstheorie 149 das objektive Moment dahingehend, daß die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens das Vertrauen auf die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit bei demjenigen zu erschüttern geeignet sein muß, dem sie zur Kenntnis gelangt. Die Möglichkeit, daß die Handlung einen rechtsfeindlichen Eindruck bei den Rechtsgenossen hinterlassen kann, dient dabei nur zur abstrakten Beurteilung der Handlung des unmittelbaren Ansetzens. Inhalt dieser Beurteilung ist es, objektiv, also nicht nur aus Sicht des Täters, geeignet zu sein, einen rechtsfeindlichen Eindruck zu hinterlassen. Welche Tatsachen beurteilt werden, richtet sich dagegen nach der Vorstellung des Täters von seinem Versuch. Grundlage der Beurteilung sind genau diejenigen Handlungen, die für den Täter Betätigung des rechtsfeindlichen Willens sind. Würde man hinsichtlich der Auswahl der bewerteten Umstände auf einen objektiven Dritten abstellen, dann könnte es nämlich keinen untauglichen Versuch geben. Bereits die Frage, was einen ,,rechtsfeindlichen oder friedensstörenden Eindruck" zu erwecken geeignet ist, ist kaum zu beantworten. Die Behauptung eines erschütterten sozialpsychologischen Zustandsgefühls ist bestimmungslos beliebig. In Wahrheit kann niemand sagen, wann eine Handlung einen rechtserschütternden Eindruck machen könnte 150• Sie läßt sich allenfalls dann absichern, wenn in dem Verhalten des Täters bereits ein tatbestandliebes Verhalten liegt, wenn auch im Hinblick auf einen anderen Tatbestand als denjenigen, der als Versuch verwirklicht ist. Denn jedenfalls objektiv rechtsfeindliches, weil das Recht brechendes Verhalten ist auch geeignet, einen ebensolchen Eindruck zu erregen. Ein Beispiel hierfür ist die Abwandlung zum Fallbeispiel9.1: A liefert dem B im Vorfeld von dessen geplanten Einbruch bei C einen Nachschlüssel: B führt den Nachschlüssel in der Tasche mit. Da es aber seine persönliche Note ist und es sich nach den Örtlichkeiten so anbietet, Vgl. oben 3. Teil 13. b). LK-Vogler (10. Aufl.), Vor § 22, Rdnr. 54; Sch./Sch.-Eser, Vor § 22, Rdnr. 22, § 22, Rdnr. 62ff.; SK-Rudolphi Vor§ 22, Rdnr. 13 ff.; Baumann!Weber!Mitsch AT§ 26, Rdnr. 17; Jescheck/Weigend AT §49 III3; Maurach!Gössel!ZipfAT/2 §40, Rdnr.40ff., 48; Wessels/Beulke Rdnr. 594; Roxin, JuS 1979, 1; Schünemann, GA 1986, 311; in der Tendenz: Dicke, JuS 1968, 157, 161 ("abstraktes Gefährdungsdelikt"), der freilich fälschlich zur objektiven Theorie gezählt wird. 150 Köhler AT454; Stratenwerth AT4 § 11, Rdnr. 21. 148 149

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

zieht er es vor, ein Loch in eine Fensterscheibe zu schneiden und so in das Haus einzudringen. Daß die Tatsache einer vollendeten Sachbeschädigung einen rechtsfeindlichen Eindruck erweckt, braucht in Anbetracht der tatbestandliehen Nonnierung nicht mehr begründet zu werden. Was aber außerhalb objektiv das Recht negierenden Verhaltens einen rechtsfeindlichen Eindruck hinterläßt, was nur einen unsittlichen oder schließlich einen solchen Eindruck, der gar keine Rückschlüsse auf das Recht betreffende Einstellungen hinterläßt, z. B. einen ungehörigen Eindruck, ist völlig dem Belieben des Beurteilenden freigestellt. Der Versuch wird das Vertrauen auf die Geltung des Rechts dann zu erschüttern geeignet sein, wenn er strafwürdig erscheint und umgekehrt 151 • Im übrigen ist auch fraglich, inwieweit die Beurteilung als rechtsfeindlich für die Annahme des Versuchs konstitutiv sein soll, und für welche Tat. Die Frage, ob in der Abwandlung zum Fallbeispiel9.1 aufgrunddes die Unversehrtheit des Eigentums betreffenden und damit das Eigentumsrecht negierenden Verhaltens des B bereits auch ein unmittelbares Ansetzen zum qualifizierten Diebstahl gegeben ist, richtete sich wohl danach, im Hinblick auf welche Nonn das Verhalten ,,rechtsfeindlich" wirkt, §§ 123/303 oder bereits §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, denn nur insoweit kann, ungeachtet des zweifellos auch hinsichtlich des Diebstahls vorliegenden Tatentschlusses, auch ein unmittelbares Ansetzen vorliegen. Es erschiene allerdings ein wenig willkürlich, bei Delikten mit mehreren Erfolgen nur bis zum ersten Erfolg auf den einmal erregten rechtsfeindlichen Eindruck abzustellen, den Umfang des Versuchsunrechts danach aber alleine an den Tatplan des Täters anzuknüpfen. Selbst wenn diese Frage aber entschieden werden könnte, gäbe es gleichwohl auch auf Basis der Eindruckstheorie keine legitimen Ansatzpunkte für eine Kausalbeziehung. Zwar könnte man, analog zur Beurteilung "Gefahr", eine Kausalbeziehung genau an diejenigen Umstände anknüpfen, die notwendiger Bestandteil der Beurteilung als ,,rechtserschüttemd" sind. Jedoch stellt diese Beurteilung ja nur eine objektive Kontrolle der Vorstellung des Täters dar. Welche Tatsachen in die Beurteilung durch den objektiven Dritten überhaupt eintließen dürfen, bestimmt sich nach der Vorstellung des Täters. Damit läßt sich auch auf Basis der Eindruckstheorie kein möglicher Bezugspunkt für eine Hilfeleistung finden, der in der Handlungsqualität besteht. Aufbauend auf der älteren objektiven Theorie 152 hat die Rechtsprechung früher zusätzlich zur Umsetzung des verbrecherischen Willens eine objektive Gefahr des Stratenwerth AT4 § 11, Rdnr. 21 . Feuerbach Lb. (9. Auflage, 1826) § 42, der den Versuch definiert als "eine auf Hervorbringung des Verbrechens absichtlich gerichtete äußerliche Handlung, die( ... ) objektiv gefährlich ist" und weiter "weil bürgerliche Strafbarkeit ohne eine dem äußeren Rechte widersprechende Handlung unmöglich, eine Handlung aber nur dann (äusserlich) rechtswidrig ist, wenn sie das Recht verletzt oder gefährdet"; v. Hippe[ II (1930), 403 f.; v. Liszt/Schmidt (1919), 302; zuletzt Treplin ZStW 76 (1964), 441, 447, 454 (Die Handlung müsse entweder objektiv gefährlich sein oder den Tater als Angreifer dieses Rechtsguts erkennen lassen) und Spende/ NJW 15 1

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VI. Die Beihilfe zum Versuch

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Erfolgseintritts verlangt 153 • Diese Rechtsprechung basierte auf der Fassung des § 43 Abs. 1 a. F. ("Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuchs zu bestrafen"), bei der es keine dem § 23 Abs. 3 entsprechende Regelung gab. Sie ist durch die heute gefestigte Rechtsprechung im Sinne der gemischt objektiv-subjektiven Theorie, die der heutigen Gesetzeslage entspricht, als überholt anzusehen. Dasselbe gilt auch für die rein objektive Theorie. Allein Otto 154 vertritt die Auffassung, daß der durch das unmittelbare Ansetzen des Täters nach außen getragene Tatentschluß seinen rechtserschütternden Eindruck gerade durch die Tatsache einer objektiv vorliegenden konkreten Gefahrdung des Rechtsguts erhalten muß. Stellt man sich auf den Standpunkt Ottos, so ist eine kausale Beihilfe zum Versuch möglich. Denn im Gegensatz zu der Vorstellung einer konkreten Gefährdung, die eben nur im Kopf des Täters zu existieren braucht, kann die reale konkrete Gefährdung Ansatzpunkt für eine Kausalbeziehung sein, wenn diejenige Zustandsveränderung, die nach objektivem Urteil notwendiger Bestandteil der Gefahrbeschreibung ist, physisch verursachbar ist. Besteht also das Urteil, es sei eine konkrete Gefährdung des Eigentums dadurch eingetreten, daß der Täter bereits eine Brechstange an den Fensterrahmen angesetzt habe, so beruht das Urteil über die Gefahrdung auf der objektiven Tatsache der angesetzten Brechstange. Ausgehend von dieser läßt sich eine Kausalitätsbeziehung nach dem dargestellten Muster bis hin zu demjenigen aufzeigen, der die Brechstange dem Täter zur Verfügung gestellt hat. Insoweit käme also nach Otto kausale Beihilfe zum Versuch in Betracht. Aber auch die Voraussetzung einer konkreten Gefährdung läßt sich nicht mit der geltenden Gesetzesfassung, namentlich § 23 III, vereinbaren. Denn der Gesetzgeber nimmt an, daß auch dann ein Versuch, nicht etwa ein dem Versuch gleichzustellender Nicht-Versuch als Ausnahme zur Regel, vorliegt, wenn die Handlung des Täters aufgrund des Gegenstandes an dem oder des Mittels mit dem sie begangen wurde, gar nicht zum Erfolg führen konnte. Wenn aber eine Gefahrdung eine Bedrohung ist, die davor steht, in eine Verletzung umzuschlagen 155, dann kann in solchen Fällen eine konkrete Gefährdung nicht eintreten.

Otto 156 versucht sodann, die Strafwürdigkeit in diesen Fällen aus der abstrakten Gefahr herzuleiten, die der Täter dadurch begründe, daß er seinen verbrecherischen 1965, 1881, 1888. Hieraus resultiert, daß ein unmittelbares Ansetzen erst mit Beginn der tatbestandliehen Ausführungshandlung vorliegt, vgl. v.Hippe/11 (1930), 398f.; v. Liszt/Schmidt (1919), 182, 305. 153 BGHSt 2, 380, 381; 4, 333, 334; 9, 62, 64; 22, 80, 81. 154 Otto AT§ 18, Rdnr. 3; ders., JA 1980, 641, 642f. Unklar Küper, JZ 1992, 338, 340. 155 V gl. zur Definition der "Gefährdung" Kindhäuser ( 1989), 189 ff. 156 Otto AT § 18, Rdnr. 58.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Willen nach außen in einem Verhalten manifestiere, das aus seiner Sicht bereits eine konkrete Gefährdung darstelle. Eine abstrakte Gefahr existiert aber als solche gar nicht, sondern besteht in gesetzlich vollständig normierten Tatsachen, denen typischerweise ein hohes Gefährdungspotential zukommt, vgl. oben 3. Teil II 2. Eine vermeintlich konkrete Gefahr kann deshalb keine abstrakte Gefahr begründen. Also kann beim untauglichen Versuch auch keine abstrakte Gefährdung angenommen werden. Eine konkrete Gefährdung dagegen aus der Vorstellung des Täters heraus, daß eine solche Gefährdung bestehe, zu begründen, überzeugt nicht. Dies bedeutete nichts anderes, als das Gefahrurteil auf subjektive Beurteilungsgrundlage zu stellen. Hinzu kommt, daß selbst dann, wenn man an das Gefahrurteil des Täters anknüpfen wollte, es eines für die Kausalität tauglichen objektiven Bezugspunktes ermangelte. In dem gleichen Maße, in dem Ottos Einschränkung seinen Ansatz wieder zu der rein subjektiven Lehre zurückführt, entfernt er sich auch von dem Vorhandensein einer objektiven Qualität, deren Postulat konstitutiv für die Annahme einer Kausalität ist. Insoweit aber, als Otto eine konkrete Gefahr fordert, ist sein Ansatz, den Strafgrund des Versuchs aus einer Gefährdung des Rechtsguts herzuleiten, mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren. Dies erkennt auch Otto selbst, wenn er einerseits seinen Ansatz als dem Willen des Gesetzgebers entsprechend tituliert 157, andererseits aber seinen Ansatz von der normativen Wirklichkeit abgrenzt 158 • Eine abstrakte oder konkrete Gefährdung zu fordern mag danach im Hinblick auf die Eingrenzung der Versuchsstrafbarkeit gegenüber der Vorbereitung de lege ferenda wünschenswert sein, sie ist aber de lege lata nicht zu halten. Nur wenn man also im Widerspruch mit der Iex lata de lege ferenda eine konkrete Gefährdung für die Annahme eines unmittelbaren Allsetzens forderte, ließe sich eine kausale Beihilfe zum Versuch annehmen. Auch keine fortführende Möglichkeit ist es, Beihilfe dann anzunehmen, wenn der Beitrag des präsumptiven Gehilfen nach Vorstellung des Täters Hilfe zu seinem Versuch bedeutete. Denn zum einen muß der Täter von der Hilfe gar nicht wissen, damit der Gehilfe eine Hilfe geleistet haben kann 159 • Zum anderen bestünde auch auf diesem Wege keine Beziehung von objektiver Qualität zwischen Hilfeleistung und Haupttat, weshalb ein solches Abstellen auf die Tätervorstellung allenfalls auf Basis 137 Otto AT § 18, Rdnr. 28. 1ss Otto AT § 18, Rdnr. 58. 139 Heghmanns, GA 2000, 473, 479 bildet den Fall, daß Freund F des Einbrechers E unbemerkt von diesem Wache steht und einen hinzukommenden Hausbewohner, der den Einbruch zu entdecken droht, umbringt. Heghmanns will F nicht als Gehilfen haften lassen. Aber F wird hier, indem er, wie man annehmen kann, eine hindernde Bedingung beseitigt, kausal, vgl. oben 3. Teil I 3. b). Warum diese physische Kausalität aufgrund der Unkenntnis des E nicht zur Annahme von Beihilfe führen soll, erklärt Heghmanns nicht weiter. Insbesondere rechtfertigt seine Bestimmung der Beihilfe als Unrechtspakt zwischen Täter und Gehilfe im Sinne der Stärkung des Tatentschlusses (a. a. 0., 473, 480) nicht, daß auf die Möglichkeit der kausalen Beihilfe zu verzichten sein soll.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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der Schuldteilnahmetheorie denkbar wäre und überdies zur Konsequenz hätte, daß versuchte Beihilfe nicht von der Beihilfe zum Versuch zu unterscheiden wäre. Folgt man dagegen den hier gegen angemeldeten Bedenken, so bleibt nur der Schluß, daß eine kausale Beihilfe zum Versuch grundsätzlich mangels eines tauglichen Anknüpfungspunktes für eine Kausalbeziehung nicht, d. h. jedenfalls nicht immer schon dann, wenn ein Versuch vorliegt, möglich ist. Diese Konsequenz sieht auch Küper 160, der aus diesem Grunde den Schluß zieht, daß es nicht auf die Kausalität für den Haupttaterfolg (Rechtsgutsverletzung) ankommen könne, sondern auf die Kausalität für das Haupttäterverhalten. Aber welche Umstände des Haupttäterverhaltens tatbestandlieh relevant sind und welche nicht, bestimmt sich nur über die Frage der Erfolgskausalität Wer für einen tatbestandlieh relevanten Umstand kausal ist, ist aufgrund der Transitivität der Kausalität auch für den Erfolg der Haupttat kausal, so daß Küpers Bestimmung den von ihm erhofften Vorzug nur dann bedeutet, wenn man die methodische Bestimmung des Bezugspunktes der Kausalität aufgibt. Dann aber ist diese "Methode" soweit es die physische Beihilfe betrifft, kein Fortschritt, sondern eine Wiederaufnahme der vormethodischen Bestimmung der ganz konkreten V mstände, oder erschöpft sich in dem Rekurs auf den "Auffangtatbestand" der psychischen Beihilfe. 2. Die Beihilfe zum Versuch nach Küper und Harzer Hat man akzeptiert, daß sich die Frage, ob schon ein Versuch vorliegt, alleine nach der Vorstellung des Täters von der Handlung entscheidet, so steht fest, daß ein Versuch, der über dieses Mindestmaß dessen, was den Versuch begründet hinaus keine objektiven Merkmale aufweist, nicht Haupttat einer kausalen Beihilfe sein kann. Das Gegenteil läßt sich auch nicht durch einen Umkehrschluß dergestalt begründen, daß das, was bei Vollendung Beihilfe gewesen wäre, diesen Charakter nicht dadurch verliere, daß es nicht zur Vollendung gekommen sei 161• Dieser Schluß ist nicht zulässig, denn auch das, was bei Vollendung Beihilfe gewesen wäre, kann im Zustand der Nichtvollendung versuchte Beihilfe sein. Also muß die Beihilfequalität in bezug auf die versuchte Haupttat positiv festgestellt werden und kann nicht aus Erwägungen zu hypothetischen Abläufen hergeleitet werden. Ansonsten läßt sich versuchte Beihilfe nicht von Beihilfe zum Versuch scheiden. Küper 162 schlägt nun vor, die untaugliche Haupttat gedanklich durch eine taugliche zu ersetzen und vielleicht nach diesem Muster auch die versuchte durch eine vollendete, um damit zu prüfen, ob der Tatbeitrag des Gehilfen unter diesen nun veränderten Umständen kausal ist (gewesen wäre) oder die Gelingenschance der Tat verbesserte. Doch hiermit legt Küper einen hypothetischen und keinen realen KauKüper, JuS 1986, 862, 865. Küper, JuS 1986, 862, 864. 162 Küper, JuS 1986, 862, 866. 160 161

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

salverlauf zugrunde. Denn dabei würde es sich nicht um eine tatsächliche Kausalität handeln, sondern nur um eine hypothetische. Feststellen läßt sich auf diese Weise lediglich die generelle Tauglichkeit des Gehilfenbeitrages, unter bestimmten, hypothetischen Umständen Hilfe zu sein. Daß ein Beitrag sich bei einer möglichen Entwicklung des Kausalverlaufs, nämlich einer, die zu einem tatbestandliehen Erfolg führt, als kausal erwiesen hätte, hat als zurechnungsbegründende Feststellung nicht mehr Berechtigung als die umgekehrte Feststellung, daß nämlich der Beitrag in einer Vielzahl anderer, ebenfalls hypothetischer Verläufe des Kausalgeschehens, die allesamt nicht im tatbestandliehen Erfolg münden, diese Bedeutung nicht entfaltet hätte. Also kann die gedankliche "Komplettierung" des warum auch immer abgebrochenen Kausalverlaufs für eine Zurechnung bei Ausbleiben einer jeglichen weiteren Entwicklung nicht ausreichen. In Anwendung der Methode würde die Möglichkeit entfallen, versuchte Beihilfe von der Beihilfe zum Versuch zu unterscheiden. Die Tatsache einer zwecktauglichen Hilfeleistung besagt nämlich nichts über den dadurch vermittelten Erfolg 163• Harzer 164 baut auf der Lehre Zaczyks vom Versuch als subjektives Moment in einem interpersonalen Verhältnis 165 auf und resümiert, daß Beihilfe zum Versuch nur dann in Betracht komme, wenn die Leistung des Gehilfen den Täter dem Erfolg hätte näherbringen können, er also an dem Teil mitgewirkt habe, "in welchem die Momente der Gefahr des verletzungsmächtigen Willens liegen", nicht aber dann, wenn "der Gehilfe gerade an der den Erfolg verhindernden Zufallsseite mitwirkt" . Allerdings beschreibt dies nur die ohnehin schon bestehenden sprachlichen Grenzen der Normexegese. Denn die Lieferung dessen, was den Versuch untauglich macht, ist bereits sprachlich keine Hilfe für den Täter, sondern ein Hemmnis. Da andererseits beim untauglichen Versuch aber auch der den Erfolg hindernde Umstand als solcher notwendige Bedingung der Strafbarkeit sein kann, so z. B. die Existenz einer Gaspistole, mit der der Täter versucht, jemanden auf eine Distanz von 50 Meter zu erschießen, würde der Ansatz Harzers in bezugauf die Beihilfe zwischen untauglichem und tauglichem Versuch unter Rückgriff auf die objektive Gefährlichkeit differenzieren müssen. Abstrahiert man von der "Gefahr des verletzungsmächtigen Willens", der ja konstitutiv für die Annahme eines Versuchs sein soll, so resultiert die Aussage, daß die Hilfeleistung sich auf genau dasjenige richten muß, was notwendig für die Annahme eines Versuchs ist. Dies führt nicht weiter als zu der bereits gewonnenen Erkenntnis, daß kausale Beihilfe überhaupt nur dann in Betracht käme, wenn dieses konstituierende Moment des Versuchs ein objektives wäre, das sich als Bezugspunkt einer Kausalbeziehung eignete. Eine kausale Beihilfe zum Versuch wird sich damit nach der Lehre Zaczyks in der Portenwicklung durch Harzer nur dann begründen lassen, wenn die "Gefahr des verletzungsmächtigen Willens" einen objektiven Umstand bezeichnet. Aber dieser "Gefahr des verletzungsmächtigen Kritisch auch Baunack ( 1999), 88 f. Harzer, StV 1996,336, 339. 165 Zaczyk ( 1989), 21 ff. 163

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VI. Die Beihilfe zum Versuch

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Willens" fehlen jegliche objektiven Momente der Bezugnahme. Liegt der Schwerpunkt der Aussage auf dem "verletzungsmächtigen Willen", so bleibt es dabei, daß diesen keine objektiven Umstände stützen müssen. Kommt es nämlich auf den Willen des Versuchstäters an und dient das objektive Moment des unmittelbaren Ansetzens ausschließlich zur Verhinderung eines Gesinnungsstrafrechts, so spielt es keine Rolle, ob der Versuch, einmal ungeachtet dessen, was ihn untauglich machte, objektiv zur Erfolgsherbeiführung geeignet war oder eben nicht. Der Rechtsanwender muß sich diese Frage nicht im Hinblick auf die generelle Strafbarkeit stellen, sondern nur im Hinblick auf die persönlichen Strafbemessungsfolgen für den Haupttäter, § 23 III. Die Unterscheidung in tauglichen und untauglichen Versuch ist im Hinblick auf die Strafbarkeilsbegründung streng genommen obsolet, die Bestimmung des § 23 Abs. 3 nur deklaratorisch. Soll es dagegen auf die "Gefahr" ankommen, so würde dies eine Abkehr von der subjektiven Versuchstheorie bedeuten. Daß nämlich der Versuch objektiv zu einer Gefahr geführt haben muß, ist nicht Voraussetzung der Versuchsstrafbarkeit, vgl. oben. 3. Die Beihilfe zum Versuch nach Baunack

Baunack 166 schlägt neuerdings vor, im Fall des Wachestehers, Fallbeispie/4.1, Beihilfe zum Versuch des Einbruchdiebstahls anzunehmen. So schreibt sie 167: "Der Gehilfe ist wegen Beihilfe zum versuchten Diebstahl strafbar. Eine Zurechnung der vollendeten Tat scheidet aus, da zwischen dem Wachestehen und dem Erfolg des Diebstahls kein Kausalzusammenhang besteht. In Bezug auf die Tatausführung läßt sich dagegen Kausalität bejahen, weil das der Absicherung der Tathandlung dienende Wachehalten einen tatbestandsrelevanten Begleitumstand der Ausführungshandlung darstellt". Deshalb, so Baunack, sei der Gehilfe kausal für den versuchten Diebstahl. Und weiter: "Eine Zurechnung der versuchten Haupttat setzt neben der Kausalität voraus, daß der Gehilfe die Tatausführung gefahrlieber gemacht hat( ... ) Danach begründet das Wachestehen eine erhöhte Gefahrlichkeit, weil die Gelingenschancen des Diebstahls nach allgemeiner Erfahrung steigen, wenn ein Dritter den Täter gegebenenfalls warnt oder einen Störerunschädlich macht( ...)". Hinsichtlich der Begründung der Kausalität verweist Baunack auf eine andere Stelle der Arbeit, wo sie sich der Kausalitätstheorie Engischs anschließt und, wie auch diese Arbeit, auf den tatbestandsmäßigen Erfolg abstellt. So läßt sie die Kausalität des Lieferanten von bei einem Einbruchsdiebstahl benutzten Handschuhen mit der Begründung scheitern, der Umstand, daß der Täter bei der Tatdurchführung Handschuhe getragen habe, habe keinen Bezug zum "Enderfolg" ("Wegnahme von Sachen" 168), weil die Handschuhe mit diesem in keinem gesetzmäßigen Zusammenhang stünden. Allerdings seien Umstände wie eine Absicherung "in Bezug auf die Baunack (1999), 91. Baunack (1999), 91. 168 Baunack (1999), 42. 166 167

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Ausführungssituation rechtlich bedeutsam, weil sie eine Tendenz zur Erfolgsherbeiführung enthalten" 169• Hier verfangt sich Baunack in ihrer eigenen, im Ansatz durchaus konsequenten Argumentation. Denn wenn eine Kausalität für erforderlich gehalten wird, dann ist eine Fixierung des Bezugspunkt unumgänglich. Damit stellte sich bereits die Frage, mit welcher Rechtfertigung die Handschuhe an den Händen des Täters legitimer Bestandteil der Handlung "Einbrechen" sind, wenn sie nicht legitimer Bestandteil des Erfolges sind. Gleiches gilt aber für die Tatsicherung. Die vorgebliche "Tendenz zur Erfolgsherbeiführung" täuscht hier eine in Wirklichkeit nicht existente Beziehung vor, vgl. ausführlich oben 3. Teil I 3. b) und 5. Teil V2.d) bb). Während die vorgebliche Beschränkung auf die tatbestandsmäßigen Erfolge durchaus konsequent wäre, zeitigt sie jedoch beim Versuch aufgrund der dem Gesetz zugrundeliegenden subjektiven Konzeption die fatale Konsequenz, aufgrund des FehJens objektiver tatbestandlieh legitimierter Bezugspunkte eine Zurechnung nach Erfolgskausalität gerade zu verbauen. Während Baunack nun zunächst noch die, in ihrer Bedeutung nicht weiter begründeten und in ihren Voraussetzungen nicht weiter spezifizierte, "Tendenz zur Erfolgsherbeiführung" anführt 170, behauptet sie fünfzig Seiten weiter schlicht eine Kausalität und rekurriert sodann auf die Risikoerhöhung 171 • Aber abgesehen davon, daß bei festgestellter Kausalität eines Umstandes dieser stets die Gefahr des Erfolgseintritts auf 100% erhöht hat und damit die Einnahme der zur Kausalitätsfeststellung notwendigen Sicht ex post die Feststellung einer gleichzeitigen Risikoerhöhung erübrigt, läßt sich ein gleichzeitig objektiver und tatbestandlieh normierter Umstand beim Versuch gerade nicht fixieren, weshalb Baunacks Zurechnung zum Versuch im Ergebnis auf eine reine Zurechnung nach Risikoerhöhungsgesichtspunkten hinausläuft. Es verbleibt damit der Vorschlag, bei der Beihilfe zum Versuch eine reine Zurechnung nach Gesichtspunkten der Risikoerhöhung vorzunehmen. Will man die Risikoerhöhung beim Versuch als Zurechnungskriterium einführen, dann kann sich diese jedenfalls nicht auf das Risiko der Rechtsgutsverletzung beziehen. Denn nach weit überwiegender Ansicht muß der Versuch ja überhaupt kein Risiko für das durch ihn angegriffene Rechtsgut entfalten, um als solcher (schon) angesehen zu werden. Dies gilt insbesondere auch für die Eindruckstheorie, nach der es ja nur auf den Eindruck, nicht aber auf ein tatsächliches Risiko ankommt. Als Risiko, das durch den Versuch erhöht werden kann, kommt damit nur das Risiko in Betracht, daß der Versuch als solcher begangen wird. Der Versuch besteht aber nur im objektiv manifestierten Tatentschluß. Bereits die Frage, was einen solchen Talentschluß kausal, also aus Sicht ex post verursacht hat, läßt sich nicht klären. Der Talentschluß konstituiert sich letztlich erst in und mit der Tat 172• Dieser Einwand gilt im übrigen auch für die AnBaunack (1999), 41. Baunack (1999), 41. 171 Baunack (1999), 91. 172 NK-Puppe § 15, Rdnr. 139; dies., GA 1984, 101, 117.

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VI. Die Beihilfe zum Versuch

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stiftung, was hier aber nicht thematisiert werden soll. Um so weniger als sich der Talentschluß kausal erklären läßt, läßt sich für den Einzelfall die Frage klären, welche Umstände das Risiko, daß der Täter einengefaßten Tatentschluß umsetzt, erhöht haben. Insofern ist das Kriterium der Risikoerhöhung als abstraktes Zurechnungskriterium untauglich, abgesehen davon, daß auch hier die bereits oben vorgebrachten Argumente gegen die Risikoerhöhung als pauschales Zurechnungskriterium einschlägig sind, vgl. oben IV. Auch auf Grundlage des Ansatzes von Baunack ist also eine Beihilfe zum Versuch nicht zu begründen. 4. Beihilfe zum Versuch im nichtdeterminierten Bereich? Fallbeispiel7.2 Stellt man auf die Beeinflussung des Täters ab, dann wird es hierüber denkbar, eine Beihilfe zum Versuch anzunehmen, dann nämlich, wenn die vorher vom Gehilfen unterstützte Tat im Versuch steckenbleibt Jedoch ist die Beeinflussung des Täters in der bisherigen Bedeutung ja nur ein Mittel zur objektiven Verknüpfung der Gehilfenhandlung mit dem Erfolg, insoweit also nur ein "Zwischenerfolg" , dessen Relevanz unter der Bedingung der Relevanz des Täterverhaltens für einen tatbestandliehen Erfolg steht. Rein statisch könnte man also auf diesen Zwischenerfolg abstellen und somit versuchte Beihilfe trennen von der Beihilfe zum Versuch. Nachdem der Versuch aber nur eine Bestrafung des expressiv gewordenen Gesinnungsunrechts des Taters ist, bleiben doch Zweifel daran, ob eine solche Bestrafung des Gehilfen dem Strafgrund der Beihilfe entspricht. Denn irgendeine Rechtsgutsrelevanz braucht der Versuch, und mit ihm auch der Gehilfenbeitrag, nicht zu haben, und er hat dadurch, anders als die Anstiftung, bei der auch Einfluß auf den Täter genommen wird, sich das Unrecht der Anstiftung aber gerade nicht hierin beschränkt, auch keinen Erfolgsunwert. Das Unrecht des Gehilfen erschöpfte sich mangels tatbestandsmäßigem Erfolg der Haupttat und objektiver Verknüpfung seiner Handlung zu einem solchen, in der Einflußnahme auf die Täterpersönlichkeit, mithin der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, daß der Gehilfe die Gefahr der Versuchsausführung als solche erhöht hat, und damit in dem Unrecht gegen den Täter. Das Unrecht gegen den Täter, der in die soziale Desintegration geführt und in Schuld und Strafe verstrickt wird, wird nur von der Schuldteilnahmetheorie 173 und ihre der limitierten Akzessorietät der Beihilfe angepaßten Nachfolgertheorie, der Unrechtsteilnahmetheorie als Unrecht der Teilnahme gesehen. Die Schuldteilnahmetheorie sah den Strafgrund der Teilnahme nicht in der durch den Teilnehmer herbeigeführten Rechtsgutsverletzung, sondern in der Korrumpierung des Täters, indem dieser in eine schuldhafte Handlung geführt wird. Nachdem aber§ 27 lediglich limitert akzessorisch ist und überdies § 29 die Bestrafung jedes Beteiligten nach sei173 Schaffstein, ZStW 57 (1938), 295, 323; H. Mayer LB, 333ff.; ders. , FS Rittler (1957), 243, 254ff.; Esser, GA 1958, 332ff.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

ner eigenen Schuld ohne Rücksicht auf die Schuld anderer Beteiligter anordnet, ist die Schuldteilnahmetheorie nicht mehr mit dem Gesetz vereinbar und wird deshalb auch nicht mehr vertreten. Anknüpfend an diese Schwäche der Theorie und der Gesetzesfassung Rechnung tragend, ist nach der, soweit ersichtlich nur von ihrem Begründer Trechsel vertretenen sog. Unrechtsteilnahmetheorie 17\ Strafgrund der Anstiftung, daß der Teilnehmer dem Haupttäter ein Unrecht zufügt, indem er diesen zur Tat veranlaßt und ihn dadurch der sozialen Desintegration durch die folgende Strafuntersuchung und die Reaktion seiner Umwelt aussetzt. Für die Beihilfe dagegen wurde diese Auffassung auch nicht von Trechsel vertreten 175• Eine Anerkennung dieses Gedankens und eine Übertragung auf die Beihilfe bedeutete die Anerkennung eines Rechtsguts der Freiheit vor Verführung, also der Integrität eines jeden, im Grunde eigenverantwortlichen Menschen. Dem widerspricht nicht nur der Grundsatz der Eigenverantworlichkeit, die soziale Desintegration ist auch ein kaum greifbares Rechtsgut, da sie vom sozialen Status quo ante des Täters abhängt 176• Ist die Einwirkung auf den Haupttäter als solche aber nicht unrechtsvermittelnd, sondern erst das tatbestandliehe Unrecht der Teilnahme, dann kann die psychische Einwirkung auf den Täter ohne daß es zu einem tatbestandliehen Unrecht kommt, auch keine Beihilfestrafbarkeit begründen. Begreift man das Erfolgsunrecht der Haupttat als konstitutiv für die Beihilfe und den Erfolg der Haupttat als notwendigen Bezugspunkt, dann kann eine Risikosetzung durch den präsumptiven Gehilfen auch nur dann zu dessen Strafbarkeit führen, wenn sich diese auf den Erfolg der Haupttat bezieht, sei es auch vermittels der Psyche des Haupttäters. Auch auf nonkausaler Basis ist also eine Beihilfe zum Versuch nicht möglich.

5. Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen Ungeachtet also der Tatsache, daß auch ein Versuch als Erfüllung einer Strafnorm eine vorsätzliche und rechtswidrige Tat im Sinne des § 27 ist, verbleibt es bei der Notwendigkeit, die objektive Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und tatbestandsmäßigen Erfolg zu bestimmen. Kausale Beihilfe zum Versuch kommt dann und nur dann in Betracht, wenn der Gehilfe für einen Umstand kausal ist, der legitimer Bestandteil der Beschreibung des Versuchs ist. Die abrißartige Untersuchung zum objektiven Tatbestand des Versuchs hat gezeigt, daß jedenfalls nicht immer dann, wenn schon ein Versuch vorliegt, ein objektiver Bezugspunkt für die Anknüpfung einer Kausalbeziehung existiert. Es soll nun anband der Fallbeispiele 9 und I 0 der Frage nachgegangen werden, welche Konsequenzen dies für die Beihilfe zum Versuch hat. 174 Trechsel (1967), 54 ff.; ähnlich Less, ZStW 69 (1957), 43, der, allerdings nur bezogen auf die Anstiftung, diese als das "Werben für tadelhaftes Verhalten" des präsumptiven Angestifteten bezeichnet. 11s Trechsel (1967), 107f. 176 Zusammenfassend LK-Roxin Vor§ 26, Rdnr.ll; SK-Samson Vor§ 26, Rdnr. 6.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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a) Grundfälle der Beihilfe zum Versuch, Fallbeispiele 9 Die Fallbeispiele 9.1 und 9.2, in denen der von A dem B gelieferte Nachschlüssel einmal tauglich war und aufgrund der Ungeschicklichkeit des B im Schloß abbrach (9.1), ein anderes Mal ungeeignet zum Öffnen der Tür war (9.2), haben gemein, daß nach der Bedingungstheorie im eigentlichen Sinne keine Kausalität vorliegt, denn man kann sich in jedem Fall die Existenz des Schlüssels hinwegdenken, ohne daß der Erfolg entfiele. Die Annahme einer kausalen Beihilfe zur vollendeten Tat läßt sich nur begrtinden, wenn man den Erfolg oder den Tatablauf entsprechend beschreibt. In dem mit der Abwandlung des Fallbeispiels 9.1 vergleichbaren Beispiel bei Haft, in dem ein Tresorknacker es aus Berufsstolz ablehnt, die ihm mitgeteilte richtige Kombination zu verwenden und statt dessen den Tresor sprengt, nimmt Haft Kausalität für die konkrete Tatausführung an, die er angibt mit "Aufsprengen des Tresors erst nach Ablehnung des Vorschlags, ihn mit Hilfe der Kombination zu öffnen"177. Für das Nachschlüsselbeispiel wird an anderer Stelle die Vollendungsbeihilfe wie folgt begründet: "Auch wer dem Täter einen falschen Schlüssel mitgegeben hat, ohne daß ihn dieser tatsächlich benutzt, kann Gehilfe(...) sein, weil schon dieser Schlüsselbesitz als solcher die Tat des Haupttäters in besonderer Weise gestaltet" 178• Bei einer derartigen Beschreibung des Tatablaufs oder des Erfolgs ist es nicht verwunderlich, daß der Lieferant der Kombination oder des Nachschlüssels kausal für den Erfolg der vollendeten Tat ist. Das Vorgehen demonstriert, wie der vormethodischen Intuition folgend der Bezugspunkt der Kausalität, der ganz konkrete Erfolg, auch beim Versuch so bestimmt wird, daß er ohne den präsumptiven Gehilfenbeitrag nicht zu erklären ist. Beispielsweise wird die Mitteilung der Kombination als strafwürdig empfunden, steht jedoch, weil nicht verwendet, mit dem eigentlichen Erfolg, dem Öffnen des Tresors, in keiner Beziehung, denn dieser Erfolg ist auch ohne die vorherige Mitteilung der Kombination erklärbar. Nunmehr wird der Erfolg als Aufsprengen des Tresors erst nach Ablehnung des Vorschlags, ihn mit Hilfe der Kombination zu öffnen bestimmt. Damit erweist sich die Mitteilung der Kombination als notwendig, um den konkreten Erfolg zu erklären, oder auch als Bedingung ohne die der konkrete Erfolg nicht derselbe wäre. Diese Methode ist, wie oben schon gezeigt, zirkulär. Das einzige, was eine "Tat" gestaltet, ist der normierte tatbestandliehe Erfolg, so daß mit der beliebigen besonderen Gestaltung nicht argumentiert werden kann. Weigend schreibt: "Im Ergebnis bedeutet dies, daß erfolgreiche Beihilfe dann vorliegt, wenn das Verhalten des Gehilfen in dem konkreten Ablauf der Haupttat erfolgsfördemd wirksam geworden ist. Diese Voraussetzung ist etwa dann gegeben, wenn der Einbrecher die Haustür mit Hilfe des vom Gehilfen gelieferten NachHaft AT213. Mezger Stuß § 83 I; ähnlich Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 509. Kritisch dazu: Charalambakis, FS Roxin (2001), 625,631 f. und Fn. 36. 177 178

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

schlüssels geöffnet und ihm dies den Zugang zur Beute erleichtert hat; (erfolgreiche) Beihilfe liegt dagegen nicht vor, wenn der Einbrecher den Nachschlüssel zwar mitgenommen, aber nicht verwendet hat, oder wenn er ihn zwar eingesetzt, aber dadurch - da die Haustür wider Erwarten nicht verschlossen war- nur Zeit verloren hat. Wie das Beispiel zeigt, kann die Strafbarkeit des Gehilfen, der seine ,Leistung' erbracht hat, von Umständen abhängen, die für den Gehilfen zufällig sind; darin unterscheidet sich die Beihilfe nicht von anderen Erfolgsdelikten" 179• Weigends Hinweis auf die Verwendung des Schlüssels leuchtet unmittelbar ein: Verwendet der Täter das gelieferte Werkzeug, so haftet der Gehilfe, verwendet er es nicht, so haftet er auch nicht. Aber diese Evidenz besteht nur auf den ersten Blick und läßt in Wirklichkeit alles offen. Denn die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs des "Verwendens" täuscht eine Exaktheit vor, die ihr in Wirklichkeit nicht beiliegt. Verwendet der Täter seine Schuhe? Verwendet er seine Krawatte oder sein blaues Hemd? Verwendet der Täter den Schlüssel, wenn der Täter ihn ins Schloß steckt, dieses damit aber nicht öffnen kann? Der Begriff des Verwendeos macht im juristischen Kontext nur dann Sinn, wenn man ihm den entsprechenden Bezug beilegt, hier "Verwenden zur Tat". Ein Werkzeug wird genau dann verwendet, wenn es für die Tat eine Bedeutung erlangt. Auch hier läßt sich allerdings wieder die Frage nach Schuhen, Krawatte und Hemd stellen, wenn diese zur Tat getragen wurden. Also reicht die Benutzung mit örtlicher und zeitlicher Tatkoinzidenz nicht hin. Auch das Verwenden, das eine außertatbestandliche Zustandsveränderung zur Folge hat, kann nicht gemeint sein. Denn strafrechtlich relevante Beihilfe kann nur zur Tat geleistet werden. Bezieht sie sich auf außertatbestandliehe Umstände, bleibt offen, ob (noch) versuchte Beihilfe zur Tat oder (schon) Beihilfe zur versuchten Tat vorliegt. Eine "Verwendung" liegt genau dann vor, wenn etwas in der kausalen Erklärung des Taterfolges genau diejenige Bedeutung erlangt, daß man es aus ihr nicht hinwegdenken kann, ohne daß die Erklärung unschlüssig wird. Mit anderen Worten: Ein Tatmittel ist genau dann "zur Tat verwendet" worden, wenn es kausal für den Taterfolg war. Deshalb haftet der Gehilfe in Weigends Fall, in dem der Nachschlüssel verwendet wird: Er ist für den tatbestandsmäßigen Erfolg kausal. Nur in der dargestellten Bedeutung des Begriffs "Verwendung", in der Kausalität, gewinnt Weigends Aussage ihre Bedeutung, führt dann aber auch nicht über bereits gewonnene Erkenntnisse hinaus. Im Fallbeispie/9.1 ist jedenfalls keine Erfolgskausalität gegeben, denn um den Erfolg des Einbruchdiebstahls kausal zu erklären, braucht es nicht die Angabe der Existenz des Schlüssels in der Kausalhypothese. In bezug auf die vollendete Tat liegt damit straflose versuchte Beihilfe vor. Überwiegend wird dann auf Basis der Bedingungstheorie auch angenommen, daß Beihilfe zum Versuch gegeben sei 180• Zu Weigend, FS Nishihara (1998), 197,207. LK-Roxin § 27, Rdnr. 7; Haft AT213; Welzel AT§ 161113; Mezger Lb. §57 II; Class, FS Stock (1966), 115, 119. 179

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der Begründung dieses Ergebnisses findet sich bei Spendet: "Hier ist T [B] eines vollendeten Diebstahls in einem schweren Fall, G [A] dagegen einer vollendeten Beihilfe zu einem versuchten (Nachschlüssel) Diebstahl schuldig. Denn ohne das von dem Gehilfen gelieferte Hilfsmittel wäre es nicht zu diesem ersten konkreten Erfolg bzw. Mißerfolg gekommen, sondern sofort zu dem Einbruchsdiebstahl" 181 • Das wäre richtig, wenn es sich bei dem von Spendet so bezeichneten "Nachschlüsseldiebstahl" tatsächlich um einen genau so zu beschreibenden Erfolg handelte, denn dann wäre die Existenz des Nachschlüssels notwendiger Teil der hinreichenden Mindestbedingung für diesen Erfolg. Wenn man aber im Fallbeispiel 9.1 überhaupt einen selbständigen Versuch aus der Tat des B ausgliedern kann, als der dann Bezugspunkt einer Kausalbeziehung in Frage kommt 182, so gilt gleichwohl der Spende/, FS Dreher (1977), 167, 186. Da die Haupttat ja vollendet ist und damit eigentlich kein Versuch, sondern eine Vollendung vorliegt, ist dies nicht selbstverständlich. Für die Aussonderung des versuchten Einbruchdiebstahls aus der Tat, die ja letztlich ein vollendeter Einbruchsdiebstahl ist, gibt es zwei Begründungsansätze: Der eine muß die Zusammenfassung der Handlungen"versuchtes Öffnen der Tür mittels Dietrich" und "anderweitiges Einsteigen" zu einem einheitlichen Einbruchsdiebstahl in Abrede stellen und zwei selbständige Taten annehmen, von denen die erste- fehlgeschlagen- im Versuchsstadium steckenblieb. Der andere Ansatz muß annehmen, daß in jeder vollendeter Tat ein Versuch enthalten ist, der dann auf Konkurrenzebene zurücktritt. Die erste Methode entspricht der sog. Einzelaktstheorie, die zum Rücktritt vom Versuch entwickelt wurde, aber hier über diesen hinaus Bedeutung gewinnt. Denn eine selbständige, fehlgeschlagene Tat (Versuch) läßt sich nur annehmen, wenn man den Tatabschnitt, den B zunächst für erfolgsgeeignet hielt, gesondert erfaßt und als fehlgeschlagenen, gleichwohl aber teilnahmefähigen Versuch behandelt (Jakobs AT26/19; ders., JuS 1980, 714; Sch./Sch-Eser § 24, Rdnr.21). Möchte man nicht den fehlgeschlagenen Versuch aus der Tat isolieren, so findet man sich auf der Seite der sog. Gesamtbetrachtungslehre, die eben die Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs solange ablehnt, wie der Täter, wie er weiß, in unmittelbarem Anschluß an sein bisheriges Tun erneut zum Angriff ausholen oder ein neues, bereitstehendes Mittel einsetzen kann (vgl. Wessels/Beulke Rdnr.629; Kühl AT§ 16, Rdnr. l7ff.; Schmidhäuser Stuß ll/79; Otto AT § 19, Rdnr. 10 jeweils m. w. N.). Wenn die Differenzierung auf Basis dieser Theorie auch entwickelt wurde und regelmäßig herangezogen wird, um die verbleibende Rücktrittsfähigkeit eines Versuchs zu begründen, so muß doch die Ablehnung des selbständigen fehlgeschlagenen Versuchs erst recht dann gelten, wenn der Täter durch Vollendung des Tatbestandes gezeigt hat, daß ihm ebenjene Möglichkeiten zur Fortsetzung derTat auch nach dem ,,Fehlschlag" zur Verfügung standen. Um auf dieser Grundlage einen noch rechtlich existenten Versuch innerhalb der Haupttat bejahen zu können, muß man sich dann allerdings der Auffassung anschließen, daß in der vollendeten Tat auch ein Versuch enthalten ist, weil die Tat nämlich dieses Stadium durchlaufen hat und zwischen Vollendung und Versuch i. S. eines notwendigen Zwischenstadiums ein Plus-Minus-Verhältnis besteht. Diese Auffassung wird mit beachtlichen Argumenten vertreten (Herzberg, JA 1986, 190, 192; ders., JuS 1996, 377, 378; Frisch, FS Lackner (1987), 113, 138f.), entspricht aberwohl nichtderh.M. (LK-Vogler [IO.Aufl.] §22, Rdnr. l26; Baumann/Weber/Mitsch AT 474; Wessels/Beulke Rdnr. 595; Schmidhäuser Stuß ll/26; Maurach/Gössel!ZipfAT2 §40, Rdnr. 6; Otto AT225; Kühl AT 445). Ohne die Annahme eines PlusMinus-Verhältnisses ist die Isolierung des (untauglichen) Versuchs aus der Gesamttat jedoch mit der Gesamtbetrachtungslehre nicht vereinbar. Denn dieser geht es gerade darum, den ersten, untauglichen Versuch mit dem nachfolgenden Versuch und die Vollendung zu einer Tat zu verbinden. Die "h. M." ist insoweit wenig stringent. 181

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

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Grundsatz, daß sich die Frage nach der Modalität des Versuchs alleine nach der Vorstellung des Täters bestimmt. Danach mag es sein, daß B indem er den falschen Schlüssel in das Schlüsselloch einführte, die Grenze zum ,jetzt geht's los" überschritt, es mag sein, daß er es früher tat oder auch später. Das unmittelbare Ansetzen knüpft jedenfalls, innerhalb der Grenzen des räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs, alleine an die Vorstellung des B an, nicht dagegen an irgendeinen objektiven Umstand. Die Tatsache der Verwendung eines Schlüssels kann daher auch nicht in eine Beschreibung des Versuchs (-erfolges) aufgenommen werden. Die einzige legitime Beschreibung des Versuchs ist die, daß B ansetzte indem er nach seiner Vorstellung die Grenze zum "jetzt geht's los" überschritt. Hier bietet sich kein objektiver Bezugspunkt für eine Kausalbeziehung. Benfer äußert sich wie folgt zu dem Fallbeispiel 9.1: ,,Prinzipiell gilt § 27 als Delikt, das die Mitwirkung an einer fremden Tat bestraft. Mangelt es daran vollkommen, kann der Teilnehmer einen für die Haupttat kausalen Tatbeitrag nicht geleistet haben( ...) Vernünftigerweise wird man im Rahmen des § 27 StGB die Kausalität weit auslegen müssen; denn letztendlich auch überflüssige Assistenz kann eine Bedingung für die Tatbestandserfüllung durch den Haupttäter gewesen sein und ihn in der Art der Durchführung beeinßußt haben" 183• Aber Kausalität ist kein Tatbestandsmerkrnal, das einmal mehr, einmal weniger "weit" ausgelegt werden könnte. Und die von Benfer nachgeschobene "Begründung" ist keine solche, sondern hat mehr den Charakter eines "ceterum censeo" im Hinblick auf die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Erfolg. Stellt man auf Erfolgskausalität ab, so bedingt das Attribut der Assistenz "überflüssig" zwingend, daß diese gerade nicht kausal war. Der Begriff der "Bedingung" verliert bei Benfer seinen Sinn. Zur Bedingung wäre der überflüssige Tatbeitrag möglicherweise geworden, wenn die Tat vollendet worden wäre. Aber die Frage nach der Bedingungsqualität im Falle der fiktiven Vollendung ist sinnlos, denn sie behandelt einen irrealen hypothetischen Fall, über den keine Aussage getroffen werden kann, ohne Annahmen zu machen, die nicht gegeben sind. Schließlich findet sich bei Dreher: "Qua Deliktsverwirklichung ist Vollendungskausalität nicht gegeben; die Kausalität des Gehilfenbeitrages ist nur typische Versuchskausalität (Gefährdungskausalität). Demgemäß ist das Ergebnis klar: es liegt vollendete Beihilfe zum versuchten schweren Delikt vor" 184• Eine Unterscheidung in Vollendungs- und Versuchskausalität ist aber nur dann möglich, wenn sie an unterschiedliche Bezugspunkte für die Kausalbeziehung anknüpft, einmal den Vollendungserfolg, einmal den Versuchserfolg. Die Möglichkeit der Versuchskausalität hängt damit an der Existenz eines Versuchserfolges. Mit der Aussage Drehers ist also das Problem nicht gelöst, sondern nur beschrieben. Freilich kommt man der Existenz eines Versuchserfolges dann schon näher, wenn man ihn als Gefährdungs1sJ

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Benfer AT Rdnr. 408 f. Dreher (1972), 250,251.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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erfolg versteht. Dann müßte man aber konsequent für die Bejahung eines unmittelbaren Ansetzens eine konkrete Gefährdung des bedrohten Rechtsguts fordern, was de lege lata nicht haltbar ist. Zu einem anderen Ergebnis muß man gelangen, wenn man sich, wie oben geschehen, klar darüber wird, was die legitime Beschreibung des Versuchs ist. Da sich die Frage, was der Versuch ist, wie dargestellt, ausschließlich an der Vorstellung des Täters von seinem Versuch orientiert, mangelt es an einem tauglichen Bezugspunkt für die Kausalbeziehung. Zur Beschreibung dessen, was ein Versuch ist, enthält sich das Gesetz jeder Normierung von Tatsachen oder Beurteilungen und verweist ausschließlich auf die Tätervorstellung, die damit einziger legitimer Bestandteil der Versuchsbeschreibung ist. Kausale Beihilfe kann es daher beim Versuch nicht geben und deshalb auch nicht im Fallbeispiel9.1 185 • Man könnte, angelehnt an Dreher sagen, daß der Gehilfenbeitrag hier nur typische Versuchsqualität hat; versuchte Beihilfe ist jedoch nicht strafbar. Während im Fallbeispiel9.1 noch überwiegend Beihilfe zum Versuch angenommen wird, soll in der Abwandlung zu diesem Fallbeispiel, in dem der geeignete Schlüssel mitgeführt wurde, der Einbruch aber durch ein Fenster erfolgte, nach teilweise vertretener Auffassung keine strafbare Beihilfe vorliegen, weil der Nachschlüssel ja gar nicht benutzt wurde 186• Bei Maurach/Gössel/Zipf dagegen findet sich: "Führt der Täter bei Tatbegehung den Nachschlüssel dagegen bei sich und könnte ihnjederzeit verwenden, nimmt aber davon aufgrundanderer Umstände Abstand(... ), so liegt( ... ) strafbare Beihilfe zum Versuch vor" 187 • Nach anderer Ansicht soll sogar wiederum Beihilfe zur Vollendung vorliegen 188• Vielleicht ist es gerade die von Weigend, vgl. oben, so bezeichnete Zufälligkeit der Haftung des Gehilfen in Abhängigkeit vom Geschehen am Tatort, die bei der Frage der Beihilfe zum Versuch zur Aufgabe methodischer Grundsätze und der Umsetzung vormethodischer Intuition zugunsten der als richtig verstandenen Ergebnisse führt. Eine erfolgskausale Beihilfe läßt sich in der Abwandlung zu dem Fallbeispiel ebensowenig begründen, wie im Fallbeispiel selber. Eine Differenzierung zwisehen beiden Konstellationen läßt sich auch nicht beispielsweise über eine Differenzierung nach ,,fehlgeschlagener und gar keiner Verwendung" erzielen. Denn die Feststellung, daß der Nachschlüssel nicht benutzt wurde, kann sich nur auf "die Tat" beziehen und ist daher für beide Beschreibungen wahr. Da sich weiterhin das "fehlgeschlagen" auf die Bedeutung des Schlüssels in der Tat bezieht, würde dies offenbaren, daß es in Wahrheit nicht der Versuch der Haupttat ist, der mit oder infolge der Verwendung des Schlüssels fehlschlug, sondern die Hilfe als solche. Eine fehlgeEbenso Jescheck/Weigend AT§ 64III2c): Keine physische Kausalität. Tröndle/Fischer § 27, Rdnr. 2b; Haft AT213; Weigend, FS Nishihara (1998), 197, 207. 187 Maurach/Gössel!Zipf AT 2 §52, Rdnr. 28. 188 Roxin, FS Miyazawa (1995), 501, 509: ,,Denn immerhin modifiziert das Beisichführen eines Nachschlüssels die konkrete Art und Weise der Ausführung". 185

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

schlagene Hilfe ist aber versuchte Hilfe und nicht Hilfe zum Versuch. Auch in der Abwandlung bleibt der Lieferant des Nachschlüssels also straflos. Auch im Falle des untauglichen Versuchs, Fallbeispiel9.2, in dem der Schlüssel ungeeignet zum Öffnen der Tür war, wird Beihilfe zum versuchten Delikt angenommen189. Die Hilfe "wirke hier bis ins Versuchsstadium fort". Wie eine Hilfe "wirkt", die überhaupt nicht "wirken" kann, wird allerdings nicht erläutert. Die Rechtsprechung nimmt ebenfalls Beihilfe zum Versuch an 190. Zwar habe der Nachschlüssel dem B nicht dienlich werden köllllen, jedoch reiche es aus, weiUl die Tat verübt und dem Täter Hilfe geleistet worden sei. Es ändere nichts daran, daß die geleistete Hilfe ohne Erfolg geblieben sei und bleiben mußte. Dies sei auch beim Versuch bzw. beim untauglichen Versuch so. Wieso jedoch ein untaugliches Werkzeug überhaupt noch unter den Wortlaut der "Hilfeleistung" subsumiert werden kann, wird nicht gesagt. Sowohl die Begriffe der "Wirkung" als auch der "Förderung" sind hier wiederum nur Leerbegriffe, die eine objektive Beziehung vorspiegeln, die tatsächlich nicht existiert. Nach Maurach/Gössel/Zipf dagegen hat sich A im Fallbeispiel 9.2 der vollendeten Beihilfe zum vollendeten Diebstahl strafbar gemacht. 191 . Dort geht man von einer Kausalität im Silllle der Adäquanztheorie 192 aus, die dahingehend konkretisiert wird, daß es maßgeblich auch auf die Verwirklichung des geschaffenen Risikos ankomme193. In die Adäquanzformel, die nach dem ursprünglichen Verständnis keine naturwissenschaftliche Kausalität zugrundelegte, sondern "Kausalität" sogleich auf Basis der Risikoschaffung, korrigiert um die Vorhersehbarkeit 194bestimmte, fließt auf diese Weise über die Risikorealisierung doch die rein naturwissenschaftliche Kausalität ein, dellll ein Risiko hat sich eben dann realisiert, wellll der Erfolg als Realisierung kausal auf den Umstand zurückzuführen ist, der das gesteigerte Risiko ausmachte, was im Ergebnis nichts anders ist als die Kausalität der Sorgfaltspflichtsverletzung, oder, um Assoziationen zur Fahrlässigkeit zu vermeiden, die Risikoverwirklichung 195. Gleichwohl kritisieren Maurach/Gössel/Zipf die reinen Risikoerhöhungsansätze mit dem Argument, wer auf die Verwirklichung der Gefahr in 189 LK-Roxin §27, Rdnr.26; Kühl AT §20, Rdnr.217; MezgerLb. §5711; Wetze/ AT§ 16 III3; Hillenkamp, 205; Seebald GA 1969, 193, 208; Class, FS Stock (1966), 115, 116, 119; Otto, JuS 1982, 557, 564; Geppert, Jura 1999, 266, 269; Spende/, FS Dreher (1977), 167, 186; Dreher (1972), 250, 251. Anders Haft AT213, der die Kausalität bejaht, die Strafbarkeit aber an der objektiven Zurechnung scheitern lassen will: "keine tatbestandsrelevante Gefahr", und Baunack (1999), 86: "strafloser psychischer Beihilfeversuch". 190 RGSt 6, 169, 170. 191 Maurach/Gössel/Zipf AT/2 §52, Rdnr. 27, ohne ausdrückliche Erwähnung der Untauglichkeit des Schlüssels, aber unter Bezug auf RGSt 6, 169. 192 A. a. 0., Rdnr. 20. 193 A. a. 0., Rdnr. 22. 194 Vgl. Roxin AT/1 § 11, Rdnr. 33ff., 46; SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdnr. 54f.; Maurach/Gössel/Zipf AT! § 18, Rn. 30ff. 195 V gl. dazu näher oben 3. Teil I 3. c ).

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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der rechtsgutsbeeinträchtigenden Haupttat verzichte, verzichte auf ein wesentliches Merkmal objektiver Zurechnung 196, und stellen in bezugauf die Beihilfe den Satz auf: "Die Abgrenzung der (straflosen) versuchten Beihilfe zur (strafbaren) Beihilfe zum Versuch als auch zur vollendeten Beihilfe ist schwierig. Streng genommen bildet für die letztere Abgrenzung die Kausalität das einzige Kriterium" 197 • Trotzdem wird im Fallbeispiel 9.2 vollendete Beihilfe angenommen: "Mit der Überlassung des Nachschlüssels hat [A] eine Gefahr für das bedrohte Eigentum geschaffen, die sich aber nicht auf die mit dem Nachschlüssel verbundene erleichterte Begehungsweise gleichsam als Werkzeug- oder Sachgefahr beschränkt, vielmehr die vom Täter ausgehende Gefahr einer Rechtsgutsbeeinträchtigung hinsichtlich des mit dem Nachschlüssel erreichbaren Eigentums umfaßt. Diese Gefahr aber besteht unabhängig vom Abbrechen des Schlüssels und verwirklicht sich auch in dem auf andere Weise vollendeten Diebstahl" 198• Bereits die Annahme einer Gefahr mit dieser Argumentation ist fraglich, denn welche Gefahr schafft ein untaugliches Werkzeug im Hinblick entweder auf eine bestimmte Begehungsweise, die eigentlich ein taugliches Werkzeug voraussetzte, oder auch im Hinblick auf eine Rechtsgutsverletzung, deren Eintritt die Benutzung eines tauglichen Werkzeugs voraussetzte? Gefolgt werden kann MaurachiGösseI/Zipfaber insbesondere nicht im Hinblick auf die Gefahrrealisierung. Denn selbst wenn das Übergeben eines untauglichen Nachschlüsselstrotz der Untauglichkeit die Gefahr einer Rechtsgutsverletzung geschaffen haben sollte, so hat sich diese Gefahr doch bereits mangels einer erfolgreichen Benutzung des Nachschlüssels gerade nicht "realisiert"; faktisch ist A nicht kausal für den Erfolg geworden, die von ihm gesetzte Gefahr wäre also als "Reservegefahr" zu werten. Wieso aber eine Reservegefahr anders zu werten sein soll, als eine Ersatzursache, nämlich im Gegensatz zu jener als beachtlich, wird nichtdargelegt Nach der ArgumentationMaurach/Gössel!Zipfsmüßte A mit der Lieferung des Schlüssels eine Art "Garantiehaftung" eingegangen sein dafür, daß das hinter der Tür befindliche Eigentum nicht geschädigt wird. Woraus diese weite Haftung desjenigen begründet werden soll, den mit dem Eintritt des tatbestandliehen Erfolgs gerade nicht das Band des vorgeblich einzig denkbaren Abgrenzungskriteriums, nämlich das der Kausalität verbindet, bleibt offen. Die Argumentation, mit der insoweit vollendete Beihilfe vertreten wird, vermag also bereits im Ansatz nicht zu überzeugen. Sie ist beliebig und austauschbar, was auch das folgende Zitat Ottos belegt: "[A] hat Beihilfe zum versuchten Diebstahl geleistet, denn in der im Versuch liegenden Gefährdung des Rechtsguts hat sich auch das von ihm begründete, die Gesamtgefahr erhöhende Risiko verwirklicht" 199• Die Argumentation entspricht hier der von Maurach/Gössel!Zipf, nur die Ergebnisse entsprechen einander nicht. Maurach/Gössel/Zipf, AT/2 §52, Rdnr. 23. Maurach!Gössel/Zipf, AT/2 §52, Rdnr. 1. 198 Maurach/Gössel/Zipf, AT/2 §52, Rdnr. 27. 199 Otto, JuS 1982,557, 564. 196

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Die richtige Charakterisierung der dem A vorgeworfenen Handlung gibt das Reichsgericht mit der Aussage, die Annahme von Beihilfe werde deswegen nicht dadurch gehindert, daß die Hilfe nicht zum Erfolg der Haupttat führen konnte, weil dies typischerweise auch beim versuchten Delikt so sei 200• Die vom Reichsgericht daraus gezogene Konsequenz, die Annahme von Beihilfe zum Versuch nämlich, wird diesem Charakter der Handlung aber nicht gerecht: Der Charakter des Gehilfenbeitrags, der selber untauglich ist und daher die Beurteilung der Haupttat als untauglichen Versuch bedingt, ist keine Beihilfe zu diesem untauglichen Versuch, sondern versuchte Beihilfe. Im Vergleich zu der vollendeten Tat beinhaltet die untaugliche Hilfe typisches Versuchsunrecht 201 • Sowohl die taugliche Hilfe, die nicht oder nicht erfolgreich zum Einsatz kommt (Fallbeispiel 9.1 mit Abwandlung) als auch die untaugliche Hilfe (Fallbeispiel 9.2) sind also im Hinblick auf die vollendete Haupttat nur versuchte Beihilfe. Im Hinblick auf den Versuch fehlt es an objektiven Bezugspunkten, auf die bezogen eine Kausalität oder auch eine Zureclmung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen festzumachen wäre./n allen Fällen scheidet also Beihilfe aus.

b) Der "fortgeschrittene Versuch". Fallbeispiel1 0

Es wurde gezeigt, daß kausale Beihilfe zum Versuch dann nicht möglich ist, wenn als Ansatzpunkt die "Mindestvoraussetzungen des Versuchs" begriffen werden, also das unmittelbare Ansetzen. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, bei denen der Täter die Fortsetzung des Versuchs über den Punkt des unmittelbaren Ansetzens hinaus betreibt, die Vollendung des Delikts aber späterhin scheitert. Ein Beispiel für solche Konstellationen, die typischerweise bei mehraktigen Delikten auftreten, ist das Fallbeispiel10: A liefert dem B im Vorfeld dessen geplanten Einbruchs bei C einen Nachschlüssel. B steigt über den hohen Gartenzaun und dringt mittels des Nachschlüssels in das Haus des C ein. Im Haus findet B einen Tresor und schickt sich an, diesen zu öffnen. Bei der ersten Berührung löst er jedoch eine laute Alarmanlage aus. B ergreift unverrichteter Dinge die Flucht. Im Unterschied zu dem Grundfall des Versuchs ist die Tat des Versuchstäters, die sich ja nur durch dessen Vorstellung bar jeder objektiver Tatbestandliehkelt mit Ausnahme des Expressiv-Werdens dieser Vorstellung konstituiert, hier soweit fortgeschritten, daß sie in objektiver Hinsicht tatbestandliehe Konturen annimmt. Hier stellt sich dann die Frage, ob diejenigen Veränderungen der Außenwelt, die Gegenstand der Bezeichnung "fortgeschritten" sind, legitimer Bestandteil der Beschreibung eines solchen Versuchs sind.

RGSt 6, 169, 170. So auch Seebald GA 1969, 193, 208; vgl. auch die bereits zitierte Aussage von Class, FS Stock (1966), 115. 2oo 201

VI. Die Beihilfe zum Versuch

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Für das Fallbeispiel wird in der Literatur vollendete Beihilfe zum Versuch 202 angenommen: "Die Mitwirkung des Gehilfen kann sich( ... ) ebenso auf weitere Stadien des Geschehens des Versuchsbeginns beziehen und beschränken, auch wenn es nicht zur Vollendung der Haupttat kommt" 203 • Küper schlägt insoweit vor, in "Versuchsfortsetzungsbeihilfe" im Gegensatz zur "Versuchsbegründungsbeihilfe" zu unterscheiden. 204 Der Diebstahl, der im Fallbeispiel als strafbegründende Norm in Betracht kommt, ist erst mit der Wegnahme vollendet. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß in der Qualifikationsform die die Qualifikation erfüllenden Umstände von der Diebstahlshandlung getrennt sind. Um hinsichtlich des somit noch im Versuch befindlichen Delikts Beihilfe annehmen zu können, müßte in die Beschreibung des Versuchs der ,,Fortschritt" in der Ausführung aufgenommen werden. Insoweit könnte die Tatsache, daß der Versuch als solcher ja bereits mit dem unmittelbaren Ansetzen verwirklicht ist, der Aufnahme der zeitlich hiernach verwirklichten Tatbestandsteile in die Versuchsbeschreibung entgegenstehen. Maßgeblich für diese Frage ist die Klärung des Begriffs des Versuchs: Ist ein "Versuch" nur das erstmalige Überschreiten der Strafbarkeitsschwelle nach § 22 oder ist es der gesamte Zeitraum zwischen diesem Überschreiten, also dem unmittelbaren Ansetzen mit Tatentschluß, und der Vollendung der Haupttat? Das Gesetz gibt zu dieser Frage keine Auskunft, was allerdings keine Beantwortung der Frage zugunsten der ersten Alternative impliziert, denn das Gesetz umschreibt typischerweise nur die untere Schwelle der Strafbarkeit. Im Gegenteilläßt sich aus § 24 Abs. 1 und dem Begriff der "Aufgabe der weiteren Ausführung" schließen, daß der Zeitraum des Versuchs vom Zeitpunkt des Strafbarkeilsbeginns bis hin zum Einsetzen der Vollendungsstrafbarkeit andauert205 • Auch die weitere Ausführung der Tat ist also, als Stadium der Tatausführung, noch Versuch der Tat. Vor dem Hintergrund der bisherigen Ergebnissen können weiterhin nur diejenigen Umstände Teil der Beschreibung eines Erfolgs sein, die tatbestandlieh relevant sind. Dies sind die tatbestandlieh normierten Umstände sowie diejenigen Umstände, die rechtsgutsrelevant sind wie die Intensität einer Verletzung. So ist im Beispielsfall die Tatsache des Wohnungseinbruchs ein tatbestandlieh beschriebener Teil des versuchten Delikts, namentlich der §§ 243 Abs. 1 Nr. 2 und 244 Abs. 1 Nr. 3. 202 Versuchter Diebstahl in einem besonders schweren Fall,§§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1, 2, 22, 23 Abs. 1 und versuchter Wohnungseinbruchsdiebstahl, §§ 242, 244 Abs.l Nr. 3, 22, 23 I; vgl. zur Strafbarkeit nach dem qualifizierten Delikt bereits bei Verwirklichung des Qualifikationsmerkmals: Kühl AT Rdnr. 50 ff.; Otto AT § 18, Rdnr. 78 ff. 203 Küper, JuS 1986, 862, 864; ebenso: Kühl AT§ 20, Rdnr. 232. 204 Küper, JuS 1986, 562, 564. 205 Hierfür spricht auch, daß die Literatur zwischen Versuch und Vollendung keine weitere Stufe der Strafbarkeit kennt: SK-Rudolphi Vor§ 22, Rdnr. 5 ("Das Stadium des Versuchs beginnt ..."); Otto AT § 18, Rdnr. 1 ff.; Baumann!Weber!Mitsch § 26, Rdnr. 4 (Versuch als unvollständige Vollendung); Jescheck/Weigend AT 3. Abschnitt Vor§ 49.

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5. Teil: Was ist Beihilfe?

Damit wäre es im Hinblick auf die normative Legitimation des Beschreibungsdetails möglich, den Versuch beispielsweise als "Versuch durch unmittelbares Ansetzen und danach Eindringen in das Gebäude mit einem falschen Schlüssel" (§ 243 Abs.l Nr. 1) zu beschreiben. In diesem Fall wäre Aals derjenige, ohne dessen Beitrag, die Lieferung des Schlüssels, mittels dessen B in das Gebäude eindrang, unschlüssig wäre, kausal für den so beschriebenen Versuch. Ein weiterer Gedanke spricht für die Einschiagong des beschriebenen Weges. Hinsichtlich der Erfolgsbeschreibung wurde nämlich erarbeitet, daß nicht nur die tatbestandliehen Umstände Teil der Erfolgsbeschreibung sind, sondern, weil in der Konzeption der Tatbestände angelegt, auch die Intensität der Rechtsgutsverletzung. Man könnte also analog zu dieser Erkenntnis beim Versuch die Aufnahme bestimmter tatbestandlieh normierter Umständeaufgrund der Steigerung der Gefährdungsintensität in Betracht ziehen. Denn die Gefahr für das Rechtsgut, dessen Schutz Grundlage jeder Sanktionsnorm ist206, wird um so intensiver, je mehr sich der Täter gegen das in der Norm enthaltene Verletzungsverbot richtet207 • So läßt sich auch im Verlauf eines Versuchs vom unmittelbaren Ansetzens bis zur Vollendung eine steigende Gefahrdungsintensität jedenfalls dann feststellen, wenn überhaupt eine Gefährdung des durch die Vollendungsnorm geschützten Rechtsguts gegeben ist. Während die Gefahr der Beeinträchtigung des Rechtsguts "Eigentum" in dem Fallbeispiel I 0 mit Öffnen der Haustür noch relativ klein ist, schließlich muß der Täter noch das Haus durchsuchen, den Tresor finden und diesen öffnen, ist die Gefahr des Schadenseintritts mit dem Versuch der Öffnung des Tresors gestiegen. Somit liegt also der Gedanke nahe, zur legitimen Beschreibung eines Versuchs nicht nur das zu zählen, was für die rechtliche Existenz des Versuchs als solchem konstitutiv ist, sondern auch diejenigen Umstände, die die Gefahr für das Rechtsgut erhöhen, zumindest diejenigen, die die Gefahr auf dem tatbestandliehen Wege der Haupttat erhöhen. Würde man also für den Versuch die Gefahr des Erfolgseintritts als tatbestandsrelevant bezeichnen wollen, so wären alle Umstände, die zu einer Steigerung dieser Gefahr führen, tatbestandlieh relevant und damit legitimer Bestandteil der Beschreibung. Es stünde dann nichts entgegen, den Versuch des B im FallbeispiellO nicht nur bis zu dem Punkt der Vollendung des Versuchs zu beschreiben, sondern auch unter Berücksichtigung aller Modalitäten, die die intendierte Haupttat näher an die Vollendung und damit das durch diese Haupttat geschützte Rechtsgut näher an die Verletzung bringt. Durch eine solche Beschreibung würden eine Fülle von objektiven Modalitäten als Ansatzpunkt einer Kausalbeziehung gesetzt. Kein Gegenargument wäre, daß der so dargestellte Weg der Beschreibung eines Versuchs nicht mit dem Strafgrund des Versuchs zu vereinbaren ist. Denn die Beschreibung des Versuchs gibt ja bewußt nicht nur die für das Versuchsunrecht konstitutiven Elemente wieder. Sie enthielte also mehr Umstände als für die Tatsache 206 SK-Rudolphi Vor§ 1, Rdm. 2; Baumann/Weber/Misch AT§ 3, Rdm. lOff.; Jescheck/Weigend AT§ 1 III 1, § 24 112; Roxin AT/I § 2, Rdm. 1; Schmidhäuser Lb. 8/28. 201 Jescheck/Weigend AT § 24 II 2.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

257

des Versuchs notwendig. Auch die Tatsache, daß Strafgrund des Versuchs der verbrecherische und nach außen manifestierte Wille des Täters ist, spricht nicht gegen den beschriebenen Ansatz, denn der verbrecherische Wille wird auf Grundlage unserer Gesetze und der ihnen zugrundeliegenden grundsätzlichen Freiheit des Individuums nicht um seiner selbst willen sanktioniert, sondern ebenfalls letztlich nur um des Rechtsgüterschutzes willen. Eher für die obige Annahme spricht auch, daß der Umstand einer objektiven Gefahrdung und deren Maß auch dann, wenn sie nicht schon tatbestandlieh normiert ist, so doch zur Bemessung des Unrecht- und Schuldquantums des Täters herangezogen werden soll 208 • Es sind vielmehr andere Überlegungen, die gegen eine so weitreichende Beschreibung des Versuchs sprechen: Die beschriebene Argumentation müßte bereits im Hinblick auf die Strafbarkeitsbegründung und nicht erst im Hinblick auf die Strafzumessung, für die § 46 alle objektiven Umstände und Folgen der Tat einbezieht, auch für die Vollendung gelten. Denn die Tatsache, daß es der Rechtsgüterschutz ist, der hinter den Tatbeständen steht, gilt ja auch für alle Sanktionsnormen und erledigt sich nicht bei Vollendung eines Delikts. In der Konsequenz wäre jeder Tatbestand nicht nur mit den tatbestandlieh normierten Modalitäten zu beschreiben, sondern mit allen Modalitäten, die die Gefahr für das Rechtsgut erhöhen und dies auch dann, wenn das Gesetz nicht die Gefahrdung, sondern nur die Verletzung sanktioniert. Damit würden letztlich alle Delikte zu gemischten Gefahrdungs-Verletzungsdelikten, zuvorderst der Versuch. Nimmt man weiterhin an, daß zu jedem Vollendungsdelikt, welches auch im Versuch unter Strafe steht, ein entsprechendes Versuchsdelikt existiert, so zeichnet sich dieses wie jedes andere Delikt durch einen objektiven und einen subjektiven Unrechtstatbestand aus. Gegenstand des subjektiven Versuchstatbestandes ist nach § 22 die Vorstellung des Taters von der Tat, in Verbindung mit§ 15 also der Vorsatz des Täters bezogen auf alle objektiven Merkmale des jeweiligen Delikts. Inhalt des objektiven Tatbestandes dagegen ist nach§ 22 nur das unmittelbare Ansetzen. Objektive Umstände, die Teil der Beschreibung des vollendeten Delikts gewesen wären, sind dagegen nicht Bestandteil des objektiven Tatbestandes des Versuchsdelikts. Der Tatbestand des Versuchs ist erfüllt mit dem unmittelbaren Ansetzen. Ist kein objektiver Umstand notwendig für dieses Ansetzen, so spricht dies gegen die Aufnahme objektiver Umstände aus einem anderen Delikt. Es erscheint zwar ausgehend von der Beschreibung des Tatplans konsequent, durchweg von einem versuchten Einbruchsdiebstahl zu sprechen, und auch die für den Täter geltende Annahme eines solchen Versuchs des qualifizierten Delikts durch Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes soll gar nicht bestritten werden. Was aber den vollendeten Hausfriedensbruch zum versuchten Einbruchsdiebstahl macht, ist gerade kein objektiver Umstand, sondern wiederum nur die Vorstellung des Haupttäters. Nach dem Eindringen in das Haus hat A zweifelsohne Hilfe zu 2os

Vgl. SK-Rudolphi Vor§ 22, Rdnr. 5 a a. E.

17 Osnabriigge

258

5. Teil: Was ist Beihilfe?

dem vollendeten Hausfriedensbruch geleistet. Ob dies aber auch Hilfe zum Einbruchsdiebstahl ist, entscheidet sich erst mit der Vollendung, dann muß der Gehilfe die Tat so nehmen, wie sie der Täter ihm vorgibt. Bis zur Vollendung aber ist an keinem objektiven Umstand die Verbindung des Hausfriedensbruchs mit dem versuchten Diebstahl festzumachen. Die Verknüpfung über den subjektiven Tatplan des Täters mag für diesen ausreichen, für den Gehilfen gilt dies nicht. Mit welchem Tatbestand also die gegebenen objektiven Umstände verbunden werden, um einen entsprechenden Versuch zu begründen, ist in objektiver Hinsicht völlig beliebig, die Auswahl zugunsten eines Tatbestandes, beispielsweise desjenigen, der dem Tatplan des Täters entspricht, also auch nicht berechtigt. Es kann diesbezüglich auch keinen Unterschied machen, ob der Versuch noch unbeendet ist, der Täter also vom Versuch nach § 24 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. zurücktreten kann, oder ob der Versuch beendet ist, der Täter also alles nach seiner Auffassung Nötige zur Erfolgsherbeiführung getan hat und nur noch nach§ 24 Abs. I Satz 1, 2. Alt. durch Verhindern des Erfolges zurücktreten kann. Denn die Berechtigung der Aufnahme von Umständen in die Beschreibung wird ausschließlich über die sich aus der Kausalität ergebenden Voraussetzungen für den Erfolg vermittelt, so daß es dessen Eintritt ist, der die Erweiterung der Beschreibung über das unmittelbare Ansetzen hinaus rechtfertigt, nicht dagegen eine bestimmte Nähe zum Erfolg. Zwar ist gerade bei den mehraktigen Delikten eine Beihilfe zum Versuch im Hinblick auf Hilfe zu bereits vollendeten tatbestandlieh normierten Teilakten konstruktiv denkbar. Und gerade in Fällen, bei denen aufgrund äußerer Umstände der Tatplan des Täters offenkundig ist, beispielsweise, wenn B mit der von A zur Verfügung gestellten Pistole einen Raubüberfall verübt und die Kassiererin C mit den Worten "Geld oder Leben" bedroht, bevor er in der weiteren Tatausführung gestört wird, scheint die Berechtigung einer Berücksichtigung der vorhandenen Waffe naheliegend. Im Gegensatz zu anderen Konstellationen der versuchten Tat hat sich der Versuch des B, die Bank zu berauben, auch nicht unbedingt als ungefährlich bereits dadurch erwiesen, daß er eben gescheitert ist. Dies kann so sein, wenn beispielsweise gar kein Geld in der Bank war, ein rettender Polizist bereits bereitstand etc. Kommt B aber nicht zum Erfolg weil C sich von der Waffe nicht beeindrucken läßt und kaltblütig Alarm auslöst, so läßt sich über die objektive Gefährlichkeit kein gleichermaßen sicheres Urteil treffen, da eine Prognose ex ante über die "Wirkung" der Handlung des B auf C aufgrund der prinzipiellen Undeterminiertheit menschlicher Verhaltensweisen nicht möglich ist. Würde man nun über die Einbeziehung eines Umstandes in die Versuchsbeschreibung anband des Kriteriums der objektiven Gefährlichkeit entscheiden, so wäre ein und derselbe Umstand einmal zu nennen und ein anderes Mal nicht, je nachdem ob die Gefährlichkeit sich im determinierten Bereich feststellen läßt, oder eine Aussage hierüber im nichtdeterminierten Bereich nicht getroffen werden kann. Dies führte zu zufälligen Ergebnissen. Eine solche zufällige Differenzierung hat bereits aus Gründen der dogmatischen Konsequenz und damit nicht zuletzt auch aus Gründen der Gerechtigkeit zu unterbleiben.

VI. Die Beihilfe zum Versuch

259

Aber auch der Gesetzgeber differenziert im Hinblick auf die Versuchsstrafbarkeit mit der Grenze des Wahndelikts nicht danach, ob ein Tatmittel objektiv tauglich und also zumindest möglicherweise objektiv gefahrlieh oder objektiv untauglich und damit jedenfalls nicht objektiv gefahrlieh ist. Indem der Gesetzgeber auch den untauglichen Versuch für strafbar erklärt, gibt es im Hinblick auf die Versuchsbeschreibung keine Rechtfertigung, nach der Gefährlichkeit zu differenzieren. Ein Umstand erlangt also, indem der Gesetzgeber nur an das subjektive Vorhaben des Täters anknüpft, nicht dadurch legitimen Platz in der Versuchsbeschreibung, daß er objektiv gefahrlieh im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut ist. Da dies jedoch so ist, verliert auch die auf der zwischen unmittelbarem Ansetzen und Vollendung steigende Gefahr für das geschützte Rechtsgut basierenden Argumentation ihre Rechtfertigung. Dies bedeutet für das Fallbeispiel 10, daß die Tatsache des Eindringens mittels Nachschlüssel keine legitime Beschreibung des Versuchs des Einbruchdiebstahls ist. Insoweit für den Haupttäter schon Versuch zum Einbruchsdiebstahl angenommen wird, sind für die Diebstahlskomponente hierfür Anhaltspunkte nur aus Sicht des Täters vorhanden. Dies reicht zwar nach der gesetzlichen Konzeption des Versuchs für einen täterschaftliehen Versuch zum Diebstahl aus, das Öffnen der Tür ist damit aber gleichwohl kein legitimer Bestandteil der Beschreibung eines versuchten Einbruchdiebstahls. Es findet sich damit im Rahmen des Versuchs kein objektiver Bezugspunkt, an den man Beihilfe anknüpfen könnte. Anders sieht es mit dem vollendeten Delikt des Hausfriedensbruchs aus. Indem das Gesetz zwischen dem befriedeten Besitztum und der Wohnung unterscheidet, ist das Eindringen in die Wohnung legitimer Bestandteil der Handlung des Eindringens, obwohl der Hausfriedensbruch ja bereits mit dem Eindringen in den und dem Aufenthalt in dem befriedeten Besitztum des C vollendet ist. Dies wäre im übrigen auch dann der Fall, wenn die Tatbestandsalternative der Wohnung nicht in § 123 Abs. 1 normiert wäre. Der Erfolg des Hausfriedensbruchs erweist sich hier als teilbar. Das Eindringen in die Wohnung ist von der durch das Eindringen in das befriedete Besitztum eingetretenen Rechtsgutsverletzung zu trennen. Genau genommen liegen dann zwei Verletzungen des Hausfriedens in tatbestandlieber Handlungseinheit vor, für deren zweite, das Eindringen in die Wohnung, der Gehilfe kausal ist. Nicht kausal ist er nach wie vor für das Eindringen in das befriedete Besitztum, denn die Zusammenfassung zu einer Tat des Täters auf Konkurrenzebene führt nicht auch zu einer Zusammenfassung beim Gehilfen, vgl. dazu schon oben 3. Teil II und III. Dem stünde auch nicht die obige Überlegung gegen die Aufnahme der Gefährdungsmodalitäten in die Beschreibung entgegen. Denn es macht einen Unterschied, ob man im Rahmen einer eingetretenen Verletzung im Sinne einer Tat nach Quantität (Intensität) der Verletzung oder unterschiedlichen, selbständigen Rechtsgutsangriffen differenziert, was selbst dann legitim ist, wenn die unterschiedlichen Rechtsgutsangriffe im Wege der tatbestandliehen Handlungseinheit zu einer "Tat" zusammengefaßt werden, oder das Maß der Gefahrdung auch außerhalb des Umfangs tatbestandlieber Normierung für tatbestandsrelevant erklären möchte, was nicht legitim ist, vgl. oben. 17*

260

5. Teil: Was ist Beihilfe?

Aistim Fallbeispiel 10 also Gehilfe zum Hausfriedensbruch des B, nicht aber Gehilfe zu dessen versuchten EinbruchdiebstahL

6. Ergebnis Will man Beihilfe zum Versuch unterscheiden von versuchter Beihilfe, so ist die Kausalität der Gehilfenhandlung "für den Versuchserfolg" das einzige Mittel hierzu. Auch die Annahme von kausaler Beihilfe zum Versuch setzt aber notwendig das Vorhandensein eines objektiven Bezugspunktes für die Kausalbeziehung voraus. Nach der Konzeption des § 22 richtet sich die Annahme eines Versuchs nach der Vorstellung des Täters von seiner Tat. Das unmittelbare Ansetzen ist das ,,Expressiv-Werden" des Tatentschlusses. Auf Grundlage dieser subjektiv ausgerichteten Grundkonzeption des Versuchs ist grundsätzlich kein objektives Merkmal für die Annahme eines Versuchs notwendig, weshalb weder eine Kausalbeziehung noch eine Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsregeln angeknüpft werden kann. Damit ist Beihilfe zum Versuch nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn der Versuch als vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat in seiner Ausführung bereits über das zur Annahme eines unmittelbaren Ansetzens Notwendige hinaus fortgeschritten, der tatbestandliehe Verletzungserfolg aber noch nicht eingetreten ist. Denn erst der Eintritt des Erfolges rechtfertigt die Aufnahme anderer Umstände als das unmittelbare Ansetzen in die Tatbestandsbeschreibung des Versuchs.

Sechster Teil

Zusammenfassung der Ergebnisse in 8 Thesen These 1 Das "Fördern der Tat" im Sinne der Rechtsprechung ist nicht geeignet, eine Abgrenzung erlaubter von verbotenen Verhaltensweisen zu leisten. Die Kausalität ist das stärkste und grundlegende Zurechnungskriterium im Strafrecht und deshalb einer Zurechnung nach Risikoerhöhungsgesichtspunkten soweit vorrangig, wie der Anwendungsbereich strikter Kausalgesetze reicht. These 2 Um eine Kausalbeziehung bestimmen zu können, ist es unabdingbar, deren Bezugspunkt frei von Beliebigkeit zu markieren; Folge einer unmethodischen Erfolgsbestimmung ist, was die Versuche zeigen, einen "ganz konkreten Erfolg" zu bestimmen, die Beliebigkeit der Zurechnung. Objektiver Bezugspunkt einer Kausalbeziehung kann im Strafrecht nur ein strafrechtlicher Erfolg sein. Was ein Erfolg ist, beschreiben die gesetzlichen Tatbestände abschließend. Ein Erfolg ist jede tatbestandlieh normierte objektive Zustandsveränderung. Der strafrechtliche Erfolg der Haupttat ist einziger legitimer Bezugspunkt auch für die Kausalität der Beihilfehandlung. These 3 Kausal für einen Erfolg ist eine Bedingung dann, wenn sie ein notwendiger Bestandteil einer nach allgemeinen strikten Gesetzen hinreichenden Mindestbedingung für diesen Erfolg ist. These 4 Erfolgskausalität der Hilfeleistung ist, vorbehaltlich der Ausscheidung erlaubter Kausalverläufe, für die Annahme von Beihilfe stets hinreichend. These 5 Die Kausalität ist nur dann taugliches Zurechnungskriterium, wenn strikte Kausalgesetze existieren, die eine kausale Erklärung des Erfolges ermöglichen. In be-

262

6. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse in 8 Thesen

stimmten Bereichen, so hinsichtlich menschlicher Entscheidungen und menschlicher Leistungsfähigkeit, existieren aus prinzipiellen Gründen keine solchen strikten Gesetze. Die Erfolgskausalität ist deshalb zwar stets hinreichend für die Annahme von Beihilfe, nicht jedoch notwendig. These 6

Die Existenz einer objektiven Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat ist auch dort unverzichtbar, wo die Kausalität als Zurechnungskriterium ausscheidet. Als einzig legitimes Zurechnungskriterium für den nicht den kausalen Gesetzen zugänglichen Bereich hat sich die Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen erwiesen. Außerhalb des kausal determinierten Bereichs leistet demnach Hilfe im Sinne des § 27, wer nach einer Wahrscheinlichkeitsregel unter Beachtung des Prinzips der maximalen Bestimmtheit der Wahrscheinlichkeit den Wahrscheinlichkeitswert des Erfolgseintritts erhöht hat. These 7

Beihilfe zu einer Tat leistet damit ausschließlich derjenige, der, ohne Täter zu sein, entweder- im determinierten Bereich- für einen tatbestandliehen Erfolg kausal ist oder- im nichtdeterminierten Bereich- nach einer Wahrscheinlichkeitsregel unter Beachtung des Prinzips der maximalen Bestimmtheit den Eintritt des tatbestandliehen Erfolgs wahrscheinlicher gemacht hat. Ohne Erfüllung einer dieser Zurechnungsvoraussetzungen kann eine Strafbarkeit wegen Beihilfe nicht gegeben sein. These 8 Beihilfe zum Versuch ist mangels objektiven Bezugspunkts im Rahmen der Voraussetzungen der Versuchsstrafbarkeit nicht möglich. Das gilt sowohl für die Beihilfe zum Versuch im kausal determinierten wie auch im nichtdeterminierten Bereich. Beihilfe zum Versuch ist auch nicht möglich bei dem sog. "fortgeschrittenen Versuch", nämlich dann, wenn bei mehraktigen, nicht vollendeten Delikten der präsumptive Gehilfe kausal für einen eingetretenen tatbestandliehen Teilerfolg oder Teilschritt ist.

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Sachwortverzeichnis Alltagshandlungen 16, 18 Anfeuern zur Tat siehe Wahrscheinlichkeitsgesetzen, Zurechnung nach Anwesenheit als Tatbeitrag 136, 180 Äquivalenztheorie 47 Auslegung - grammatische 24 - normhistorische 31 - Strafgrund der Teilnahme 35 - systematische 27 Bedingung - gesetzmäßige 67 - hinreichende 67 - notwendige 47 - notwendiger Bestandteil einer hinreichenden 74 - Replikation 48 Beendigung der Tat 16 Beihilfe - als abstraktes Gefährdungsdelikt 37 - durch Einwirken auf die kognitive Täterpsyche 161 - durch Einwirken auf die voluntative Täterpsyche 163 - heimliche 231 psychische 161 psychische - als Auffangtatbestand 178 - psychische und Zweifelsgrundsatz 165 - und Begünstigung 27 - Unternehmensdelikt 31 Beihilfe zum Versuch - Akzessorietät 232 - auf Grundlage einer Risikoerhöhung 244 - Bezugspunkt 232 - Bezugspunkt Talentschluß 233 - Bezugspunkt unmittelbares Ansetzen 234 - fortgeschrittener Versuch 254 18*

- Gefahr des verletzungsmächtigen Willens 242 - Strafgrund des Versuchs 234 - Tendenz zur Erfolgsherbeiführung 244 - und hypothetischer weiterer Tatablauf 241 - und Verletzungserfolg 232 - untauglicher Versuch 252 - Versuchsbegründungs- und Fortsetzungsbeihilfe 255 - Verwendung des Tatmittels 248 Bezugspunkt der Kausalität - beim abstrakten Gefährdungsdelikt 152 - beim konkreten Gefährdungsdelikt 157 - beim Verletzungsdelikt 150 Comptoneffekt 168 Deliktsarten 147 - materielle Systematisierung 148 - Tätigkeitsdelikte, schlichte 150 Dietrich siehe Nachschlüssel Duchesne-Paragraph 32 Einzelaktstheorie 249 Erfolg 93, 100 - der- in den Tatbeständen des StGB 146 - ganz konkreter 51 - Gesamtschaden 111 - Handlungserfolg 148, 157 - Intensität 104 - iterative Tatbegehung 121 - nachteilige Veränderung von Zuständen 101 - Normativierung der Kausalität 102 - Quantifizierbarkeit 105 - Quantifizierbarkeit bei der Beihilfe 120, 123 - Rechtsgutsverletzung 147 - Trennung von Verantwortlichkeit 105

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Sachwortverzeichnis

- Wertung I02 - Zeit und Ort 91 - Zurechnung von Teilquanten 121 Erfolgsbeschreibung 101 Erklärung, deduktiv-nomologische 77 Ersatzursache 52, 83 Erschießungskommando 18, 193 Fallbeispiel9, Abwandlung 251 Fallbeispiel 1 130, 193 Fallbeispiel 2 125 Fallbeispiel3.1 133 Fallbeispiel 3.2 133 Fallbeispiel4.1 134, 181, 199, 231,243 Fallbeispiel4.2 137, 139, 226 Fallbeispiel4.3 137, 139 Fallbeispiel 5.1 153 Fallbeispiel5.2 153, 156 Fallbeispiel6.1 204,215,218,219 Fallbeispiel 6.2 204, 222 Fallbeispiel 7.1 225 Fallbeispiel 7.2 225 Fallbeispiel 8 227, 231 Fallbeispiel9.1 164, 177, 247,248 Fallbeispiel9.1, Abwandlung 237 Fallbeispiel9.2 247,252 Fallbeispiel 10 254, 259 Förderungsformel siehe Kausalität 17 Gefahr - abstrakte 152 - Begriff der 155 - Verursachung einer 154, 155 Gesamtbetrachtungslehre 249 Gesetze - nomologische 77 - statistische 169 - strikte 167 Haupt- und Hilfshandlung 187 Haupttat 26 Hilfeleisten 24 - als selbständiges Merkmal des Beihilfetatbestandes 25 - pejorativer Kontext 26 - Verwendung des Perfekt 26 - Wirkung 31 hinreichende Bedingung siehe Kausalität

Holzschutzmittelfall 59 Induktionsschluß 72, 78, 176, 205 Kapitaltransfer, anonymisierter und Beihilfe 18, 195 Kausalerklärung, genetische 82 Kausalerlebnis 190 Kausalhypothese 76, 83 - Falsifizierung der 92 - Wahrheit der 84, 125, 126 Kausalität - conditio sine qua non- Formel 47 - Determination als pflichtgemäß handelnd 227 - Förderungsformel 33, 43 - für die Erlangung einer Information 162 - gesetzmäßige Bedingung 67 - Hinderung einer rettenden Bedingung 137,226 - hinreichende Bedingung 67 - Mehrfachkausalität 112 - notwendige Bedingung 17, 48 - notwendiger Bestandteil der hinreichenden Bedingung 74 - Transitivität 110 Kausalitätsmodifikationen 131 - Ermöglichen und Intensivieren 132 - kausalitätsergänzende Risikoerhöhung 140 Sichern 134 Laplacescher Weltgeist 166, 171 Leiterfall 46, 59, 62, 73 Mehrfachkausalität 112 Minimalgesetz 75, 80, 81, 82, 85, 87 Mittäterschaft - additive Tatbeiträge 198 - alternative Tatbeiträge 198 Motivation - des Täters 189 - erlebte 190 Motivationszusammenhänge 171 Nachschlüssel 19, 46,54 Nachtathilfe, Zusage der 220 Naturgesetz 49, 50

Sachwortverzeichnis - Ersetzung durch normative Postulate 227 - probabilistisches 77 - striktes 77 neutrale Handlungen 16, 18, 144, 195 nichtdeterminierter Bereich 172 notwendige Bedingung siehe Kausalität Prügelfall 62 psychische Beihilfe 161 - Gefühl der Sicherheit 179 - gescheiterte physische Beihilfe 224 - Sichern der Tat 181 - und Strafvereitelung 183,224 und zugesagte Begünstigung 182, 224 - vorgeleistete Strafvereitelung 182 Punktberührungsfall 209 Randbedingungen 86 Rauschgifttransport 136 Rechtsgüterkonflikt, interner 129 Referendarfall 175, 190 Reservemittäter 200 Risikoerhöhung - ausSichtexante 141,194 - aus Sichtex post 141, 193 - Risikorealisierung 141 Risikoerhöhung, Zurechnung nach siehe Wahrscheinlichkeitsgesetzen, Zurechnung nach Risikoerhöhungslehre - kausalitätsergänzende 132, 140 - kausalitätsersetzende 192 Risikovariation 97 Risikoverringerung siehe Schadensminderung Schadensminderung 107, 109 Schadenssteigerung 109 Scharfrichterfall 59 Schmieresteher 21, 134 Sichern der Tat siehe Wahrscheinlichkeitsgesetzen, Zurechnung nach Sorgfaltspflichtsverletzung - als Merkmal aller Tatbestände 142 - Kausalität der 142 Sprachphilosophie, analytische 98 Staubhemdfall 51, 53, 85, 196

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Strafgrund der Teilnahme 35 - akzessorischer Rechtsgutsangriff 40 - als Präjudiz 40 modifizierte Verursachungs- oder Förderungstheorie 37 - reine Verursachungstheorie 36 - Schuldteilnahmetheorie 35 - Solidarisierungstheorie 36 - Teilnehmerdelikt 36 - Unrechtsteilnahmetheorie 35 Tatbeitrag, funktionaler 199 Täterisolation, Durchbrechung der 188 Tatherrschaftslehre 198, 199 Tatsachengrundlage im nichtdeterminierten Bereich 177 Transitivität siehe Kausalität Überschwemmungsfall 94, 106, 111 Unschärferelation der Quantenmechanik 168 Unsicherheit - forensische 162 - prinzipielle 166 Vasenfall 57, 94 Verbrechervernunft 199, 200, 219, 223 Wahrscheinlichkeitsgesetz - Maßstab im psychischen Bereich 219 Wahrscheinlichkeitsgesetzen, Zurechnung nach 204 - Abstraktion vom Einzelfall 206 - Anfeuern 224 - Anwendungsbereich 206 - Aussage über den Einzelfall 207 - Fehlerwahrscheinlichkeit 208 - Grad der Sicherheit 208 - Grenzwert der relativen Häufigkeit 207 - Hinderung einer potentiellen rettenden Bedingung 227 - Hinderung einer rettenden Bedingung 227 - induktive Wahrscheinlichkeit 207 - Kausalität als Spezialfall 205 - Kongruenz von objektivem und subjektivem Tatbestand 211

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Sachwortverzeichnis

potentielle Hinderung einer rettenden Bedingung 228 Prinzip der maximalen Bestimmtheit 208 reale Gefahr 217 Risikorealisierung 217 Sichern der Tat 226 statistische Wahrscheinlichkeit 207

- Topos der Risikoerhöhung 214 - und forensischer Beweis 206 - und in-dubio-Grundsatz 210 - Verletzungsdelikte 206 - Vorwurf des Gefährdungsdelikts 222 Willensfreiheit 152 Zeitkontinuum 88