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German Pages 174 Year 1998
STEFFEN FORTUN
Die behördliche Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau
Schriften zum Strafrecht Heft 111
Die behördliche Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau
Von Steffen Fortun
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Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Fortun, Steffen: Die behördliche Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau / von Steffen Fortun. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum Strafrecht ; H. 111) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-09016-0
Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-09016-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @
Meinen Eltern
Vorwort
Die vorliegende Untersuchung wurde der juristischen Fakultät der EberhardKarls-Universität Tübingen im Wintersemester 1994/95 als Dissertation vorgelegt. In der Folgezeit erschienene weitere Arbeiten zu den behandelten Problemkreisen wurden in der nunmehr veröffentlichten Version berücksichtigt. Sie ist auf dem Stand Dezember 1996. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Hans-Ludwig Günther, für wertvolle Anregungen und die reibungslose Betreuung der Dissertation. Herrn Professor Dr. Ulrich Weber gilt mein Dank für seine Bereitschaft zur Übernahme des Zweitgutachtens und dessen rasche Erstellung. Dank schulde ich ferner dem Land Baden-Württemberg, durch dessen Stipendium gemäß dem LandesgraduiertenfÖrderungsgesetz die Dissertation erst ermöglicht wurde. Nicht zuletzt habe ich Frau Marlies Krüger und Frau Ilona Flebus zu danken, die das Manuskript in mühevoller Arbeit auf druckfertigen Standard gebracht haben. Stuttgart, im August 1997
Steffen Fortun
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel
Einleitung A. B.
Der Begriff der Genehmigung Gliederung der Arbeit
15 15 16
2. Kapitel
Die Unterscheidung von Verwaltungsrechtsund Verwaltungsaktsakzessorietät A. B.
19
Die Verwaltungsrechtsakzessorietät Die Verwaltungsaktsakzessorietät
19 22
I.
22
Verwaltungsaktsakzessorisch ausgestaltete Tatbestände 1. Delikte, die einen Verstoß gegen belastende Verwaltungsakte zum Inhalt haben 2. Delikte, die ungenehmigtes Handeln sanktionieren II. Die Problematik der behördlichen Duldung III. Nicht genehmigte, aber genehmigungsfähige Handlungen
22 24 25 26
3. Kapitel
Die Relevanz behördlicher Genehmigungen auf Tatbestandsoder Rechtswidrigkeitsebene A.
Das Verhältnis von Tatbestand und Rechtswidrigkeit
I. II. III. IV. B.
Die Lehre von der unrechtsindizierenden Bedeutung des Tatbestandes... Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen Vermittelnde Lehre Praktische Relevanz der verschiedenen Ansichten
Strafrechtliche
Abgrenzung
I. Unterscheidung nach strafrechtsspeziflschen Kriterien II. Wortlautauslegung des Straftatbestandes III. Systematische und historische Auslegung des Straftatbestandes
27 27
28 28 29 29 31
31 32 34
Inhaltsverzeichnis
10
IV. Teleologische Auslegung des Straftatbestandes 1. Verwaltungsrechtliche Unterscheidung repressiver Verbote mit Befreiungsvorbehalt von präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt a) Einordnung nach gesetzessystematischen Gesichtspunkten b) Einordnung nach quantitativen Gesichtspunkten c) Einordnung nach Sinn und Zweck des Verbotes 2. Abgrenzung anhand einzelner Beispiele a) Beispiele von Genehmigungen mit rechtfertigender Wirkung.. aa) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 22 a KWKG bb) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 16 Kultur SchG cc) Genehmigungen in den Strafvorschriften der §§ 52 a, 53 Abs. 1,3 WaffenG dd) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 324 StGB... ee) Die abfallrechtliche Genehmigung in § 326 StGB ff) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 284 StGB... b) Beispiele von Strafnormen, in denen die Genehmigung zum Tatbestandsausschluß führt aa) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 327 Abs. 1 StGB bb) Die Genehmigung nach dem BlmSchG in den §§ 325, 325 a, 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB cc) Die Fahrerlaubnis in § 21 StVG
35
36 38 39 40 40 40 40 42 42 43 45 46 46 46 46 47
4. Kapitel
Überblick über die verwaltungsrechtliche Fehlerlehre in bezug auf Verwaltungsakte A. B.
Sachwalterfunktion der Exekutive Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten
I. II.
Die nach verwaltungsrechtlichen Kriterien nichtige Genehmigung Die bloße Rechtswidrigkeit fehlerhafter Verwaltungsakte 1. Formelle Fehler einer Genehmigung a) Zuständigkeitsfehler b) Verfahrens- und Formfehler 2. Materielle Fehler einer Genehmigung a) Ermessensfehler bei der Genehmigungserteilung b) Verstoß gegen drittschützende Normen 3. Begründung für die Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte.. a) Überkommene Auffassung: Staatliche Autorität b) Neuere Begründungsansätze: Rechtssicherheit und Vertrauensschutz
48 48 50
51 52 52 52 53 54 55 57 58 58 59
Inhaltsverzeichnis c) d) C.
Die Aufhebung rechtswidriger
I. II. D.
Verobjektivierter Vertrauensschutz als Begründung der Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte Tatbestandswirkung wirksamer Verwaltungsakte Genehmigungen
60 61 62
Gesetzliche Grundlagen Zeitliche Wirkung der Rücknahme
62 63
Genehmigungen, die in Form von Rechtsverordnungen
ergehen
64
5. Kapitel
Die behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal A. B.
66
Handeln aufgrund nach verwaltungsrechtlichen Kategorien nichtiger behördlicher Genehmigung 66 Die Wirkung rechtswidriger behördlicher Genehmigungen auf Tatbestandsebene 69
I.
Abhängigkeit des Tatbestandsausschlusses von der Art der Fehlerhaftigkeit der Genehmigung II. Tatbestandsausschluß aufgrund jeder wirksamen, wenn auch rechtswidrigen Genehmigung 1. Schutz bloßen Verwaltungsungehorsams 2. Auslegung des Tatbestandes a) Das Verhältnis von Analogie und Auslegung b) Nichtbeachtung der rechtswidrigen Genehmigung auf Tatbestandsebene als Auslegung oder Analogie? III. Auswirkungen der Rücknahme rechtswidriger Genehmigungen auf die strafrechtliche Beurteilung C.
Zurückdrängung der tatbestandsausschließenden fraudulös erlangter behördlicher Genehmigung
I. II.
D.
71 71 73 74 75 79
Wirkung in Fällen
Eingrenzung der Problematik Meinungsstand 1. Fallgruppen rechtsmißbräuchlichen Verhaltens 2. Einschränkung der Wirkung einer fraudulös erlangten Genehmigung auf Tatbestandsebene? a) Argumentation der Mindermeinung b) Gegenargumente c) Argumente gegen die Mindermeinung aus § 34 Abs. 8 AWG. d) Argumente gegen die Mindermeinung aus § 330 d Nr. 5 StGB e) Nicht tragfähige Gegenargumente
Zusammenfassung
70
81
81 82 82 83 83 84 87 89 90 92
12
Inhaltsverzeichnis 6. Kapitel
Die behördliche Genehmigung auf Rechtswidrigkeitsebene A.
Einordnung der behördlichen Genehmigung unter anerkannte Prinzipien der Rechtfertigung
I. II.
Allgemeine Prinzipien der Rechtfertigung Die Einordnung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung in das System der Rechtfertigungsgründe 1. Die Einordnung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung als Spezialfall der Einwilligung 2. Die Einordnung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung als Unterfall des Prinzips des überwiegenden Interesses III. Lösungsansatz jenseits der Rechtswidrigkeitsebene IV. Zusammenfassung Β. C.
Handeln aufgrund nichtiger Genehmigung Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung
Sperrwirkung des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB auch für Rechtfertigungsgründe? II. Übersicht über den Meinungsstand zur Rechtfertigungswirkung rechtswidriger Genehmigungen 1. Die herrschende Meinung und ihre Kritik a) Begründung der herrschenden Meinung b) Kritik an der herrschenden Meinung aa) Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bb) Verwaltungsrechtliche Bewertung eines Handelns aufgrund rechtswidriger Genehmigung - Einheit der Rechtsordnung ( 1 ) Der allgemeine Begriff der Rechtswidrigkeit (2) Die Rechtswidrigkeit eines Handelns in verwaltungsrechtlicher Hinsicht cc) Rechtmäßigkeit von Hoheitsakten als Voraussetzung strafrechtlicher Rechtfertigung dd) Berücksichtigung des unterschiedlichen Kontextes 2. Abweichende Lösungsansätze a) Lösungsansatz Sozialadäquanz b) Irrtumslösungen aa) Strafrechtswidrigkeit trotz verwaltungsrechtlicher Erlaubnis? bb) Materieller Durchgriff auf die Rechtswidrigkeit der Genehmigung c) Lösungsansatz "persönlicher Strafausschließungsgrund" d) Lösungsansatz "objektive Straflosigkeitsbedingung" III. Zwischenergebnis IV. Reformgesetzgebung V. Eigener Lösungsweg: Strafunrechtsausschließungsgrund 1. Anerkennung einer spezifischen Strafrechtswidrigkeit?
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94 95 95 98 100 102 102 103
I.
104 107 107 107 108 110
110 111 111 114 117 118 118 120 120 121 128 130 131 132 134 135
Inhaltsverzeichnis a) Die derzeit herrschende Dogmatik b) Die im Vordringen begriffene Meinung 2. Stellungnahme 3. Die rechtswidrige öffentlich-rechtliche Genehmigung als Strafunrechtsausschließungsgrund VI. Weiterer Anwendungsbereich des Strafunrechtausschließungsgrundes... VII. Sonderfall der "bestandsgeschützten" Genehmigung VIII. Auswirkungen der Rücknahme rechtswidriger Genehmigungen auf die strafrechtliche Beurteilung D.
Zurückdrängung der strafunrechtsausschließenden fraudulös erlangter Genehmigung
I. II.
E.
141 143 144 145
Wirkung in Fällen
Grundsätzliche Einschränkbarkeit von Strafunrechtsausschließungsgründen Rechtsmißbrauchserwägungen als geeignetes Einschränkungskorrektiv? 1. Meinungsstand a) Zurückdrängung auf subjektiver Ebene b) Zurückdrängung auf objektiver Ebene 2. Kritik an der "objektiven Rechtsmißbrauchslösung" 3. Versuch einer Kompromißlösung 4. Kritik an der Kompromißlösung 5. Reformvorschlag
Zusammenfassung
135 136 138
146
146 147 147 148 149 151 152 153 155 158
Literaturverzeichnis
159
Sachwortverzeichnis
172
1. Kapitel
Einleitung
Das in dieser Arbeit behandelte Thema der behördlichen Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau berührt sowohl verwaltungsrechtliche als auch strafrechtliche Problemkreise, insbesondere aber solche der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts. Zur begrifflichen Klarstellung ist vorab kurz auf den im Titel verwendeten Begriff der behördlichen Genehmigung einzugehen, bevor dann die weitere Gliederung der Arbeit umrissen wird.
A. Der Begriff der Genehmigung Zum Begriff der Genehmigung im Rechtssinne ist zunächst klarstellend auszuführen, daß dieser in den einzelnen Teilbereichen der Gesamtrechtsordnung keineswegs in einem einheitlichen Sinne verstanden wird. Nach der Legaldefinition des § 184 Abs. 2 BGB wird die Genehmigung im zivilrechtlichen Kontext als "nachträgliche Zustimmung" umschrieben. Sie wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme eines Rechtsgeschäfts zurück 1. Zu unterscheiden ist sie von der Einwilligung, die die vorherige Zustimmung zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts beinhaltet2, § 183 BGB. Anders verhält es sich mit der Genehmigung im öffentlichen Recht, deren Hineinwirken in das Strafrecht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist: Öffentlich-rechtliche Genehmigungen stellen Befreiungstatbestände von unter Genehmigungsvorbehalt gestellten Tätigkeiten dar. Es handelt sich dabei um Erlaubnisse, die vor Vornahme einer genehmigungspflichtigen Handlung eingeholt werden müssen. An zivilrechtlichen Kategorien gemessen, handelt es sich bei der öffentlich-rechtlichen Genehmigung also um eine "Zustimmung", die durch die zuständige Behörde vorab erteilt werden muß. Wird die genehmigungspflichtige
1
Zur zivilrechtlichen Genehmigung vgl. Palandt - Heinrichs § 184 Rdnr. 1 ff. Vgl. hierzu Palandt - Heinrichs § 183 Rdnr. 1 ff.; Oberbegriff fiir Genehmigung und Einwilligung ist gemäß § 182 BGB der Begriff der "Zustimmung". 2
16
Kapitel 1: Einleitung
Handlung ohne Genehmigung vorgenommen, so kann dies für den Handelnden sowohl öffentlich-rechtliche als auch straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die öffentlich-rechtliche Genehmigung ergeht in aller Regel3 in der Form eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 35 VwVfG 4 , denn es handelt sich dabei um eine Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls.
B. Gliederung der Arbeit Die Diskussion über die Thematik der "Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts" wurde durch die Eingliederung der Umweltdelikte (§§ 324 - 330d sowie §§ 31 ld, 31 le) aus den einzelnen öffentlich-rechtlichen Fachgesetzen5 in den 28. Abschnitt des Strafgesetzbuchs 6 als "Straftaten gegen die Umwelt" (§§ 324 330d StGB)7 entfacht. Hieraus resultierende Probleme wurden in einer Vielzahl von Veröffentlichungen aus straf- und öffentlich-rechtlicher Sicht abgehandelt8
3
Ein Beispiel dafür, daß öffentlich-rechtliche Genehmigungen nicht ausschließlich in der Form von Verwaltungsakten ergehen, bietet etwa das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3 Abs. 4 und 4 Abs. 2 KWKG werden sogenannte Allgemeine Genehmigungen in Form von Rechtsverordnungen erlassen. 4 Der Begriff des Verwaltungsaktes wird sowohl im VwVfG des Bundes als auch in den einzelnen VwVfGen der Länder einheitlich definiert. Im folgenden wird aus Gründen der Vereinfachung an den Verwaltungsaktsbegriff des § 35 VwVfG des Bundes angeknüpft. Bei den angesprochenen verwaltungsrechtlichen Fachgesetzen handelt es sich um das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), das Abfallgesetz (AbfG) und das Atomgesetz (AtG). 6 Die §§ 31 ld, 31 le wurden als gemeingefährliche Straftaten in den 27. Abschnitt des StGB eingegliedert. 7 18. Strafrechtsänderungsgesetz ("Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität"), BGBl. 1980 I, S. 373. Diese Umweltdelikte werden ergänzt durch die §§ 31 ld und 31 le StGB (Freisetzen ionisierender Strahlen, fehlerhafte Herstellung einer kerntechnischen Anlage), die den gemeingefährlichen Straftaten des 27. Abschnitts des StGB zugeordnet wurden. 8 Aus öffentlich-rechtlicher Sicht vgl. etwa Breuer DÖV 1987, 179, Gerhardt Bay VB1. 1990, 549 ff., Ossenbühl DVB1 1990, 969 ff., Ossenbühl/Huschens UPR 1991, 161, 166, Schröder VVDStRL 50 (1991), 196 ff.; aus strafrechtlicher Sicht etwa Dölling JZ 1985, 461 ff., Horn UPR 1983, 362 ff., Keller in FS für Rebmann S. 241 ff., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 27 ff., Otto Jura 1991, 309 ff., Rengier ZStW 101
Β. Gliederung der Arbeit
17
und waren Gegenstand sowohl des 57. Deutschen Juristentages in Mainz 19889, der Strafrechtslehrertagung 1989 in Trier ("Problematik der Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts") 10 als auch Thema der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 1990 in Zürich, die sich mit dem Verhältnis von Verwaltungsrecht und Strafrecht befaßte 11. Vor der gebündelten Regelung der Straftaten gegen die Umwelt führten die Probleme der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts eher ein Schattendasein, obgleich schon zuvor zahlreiche verwaltungsakzessorisch ausgestaltete Tatbestände im sogenannten Nebenstrafrecht 12 geregelt 13 bzw. als Ordnungswidrigkeitentatbestände in öffentlich-rechtlichen Fachgesetzen ausgestaltet waren 14 . Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit einem Teilaspekt der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts, nämlich der Anbindung des Strafrechts an verwaltungsrechtliche Einzelverfügungen in Form von Verwaltungsakten. Der Schwerpunkt der Arbeit soll dabei auf der strafrechtlichen Behandlung öffentlichrechtlicher Genehmigungen liegen. Hierbei können sich Differenzierungen ergeben, je nachdem, ob die Genehmigung auf Tatbestands- oder aber erst auf Rechtswidrigkeitsebene zum Tragen kommt. Zu denken ist hierbei in erster Linie an den Anwendungsbereich der sogenannten Rechtsmißbrauchslehre. Es soll aber insbesondere auch der Frage nachgegangen werden, ob rechtswidrige behördliche Genehmigungen geeignet sind, als echte Rechtfertigungsgründe zu fungieren oder welche Alternativen sich hierzu bieten. Der Arbeit liegt dabei folgender Aufbau zugrunde: Im 2. Kapitel wird ein kurzer Überblick über die unter dem Stichwort der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts diskutierten Problemstellungen gegeben, um die hier zu behan-
(1989), 874 ff., Samson JZ 1988, 800 ff., Schünemann wistra 1986, 235 ff., Winkelbauer S. 11 ff., ders. NStZ 1988, 201 ff. 9 Heine/Meinberg S. D l ff., Keller, Sitzungsbericht S. L 1, Ossenbühl, Sitzungsbericht S. L 36. 10 Vgl. hierzu den Sitzungsbericht von Mitsch in JZ 1989, 1047, 1049. 11 Der zweite Beratungsgegenstand der Jahrestagung befaßte sich mit dem Thema "Verwaltungsrecht als Vorgabe für Zivil- und Strafrecht", vgl. VVDStRL 50 (1991), 196 ff. 12 Zu strafrechtlichen Nebengesetzen vgl. Jescheck § 12 HL, Schönke/Schröder Eser Vorbem. § 1 Rdnr. 3. 13 So zum Beispiel § 23 ApothekenG, § 29 BtMG, § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG, § 22a KWKG n.F. (bis zur Änderung des KWKG durch Gesetz vom 5.11.1990, BGB1.I S. 2428 § 16 KWKG), § 51 LMBG, §§ 40, 42 SprengG, § 21 StVG, § 17 TierschutzG, § 53 WaffenG. 14 Als Beispiel hierfür dienen etwa § 61 PBefG, § 38 GWB. 2 Fortun
18
Kapitel 1: Einleitung
delnden Themen in den Gesamtzusammenhang einordnen zu können. Daran anschließend setzt sich das 3. Kapitel der Arbeit mit dem Fragenkreis auseinander, wann behördliche Genehmigungen als Tatbestandsmerkmale zu behandeln sind und wann sie - ihre Rechtmäßigkeit vorausgesetzt - als Rechtfertigungsgründe zu qualifizieren sind. Das 4. Kapitel hingegen befaßt sich allgemein mit den Gründen und Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten. Im 5. und 6. Kapitel der Arbeit sollen dann die Konsequenzen aufgezeigt werden, die sich aus der Qualifizierung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal bzw. als Rechtfertigungsgrund ergeben, wobei insbesondere die Problematik der Fehlerhaftigkeit von Genehmigungen und ihre strafrechtlichen Auswirkungen auf den verschiedenen Deliktsstufen sowie Fragen des rechtsmißbräuchlichen Ausnutzens behördlicher Erlaubnisse berücksichtigt werden sollen.
2. Kapitel
Die Unterscheidung von Verwaltungsrechtsund Verwaltungsaktsakzessorietät Probleme der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts werden insbesondere unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten diskutiert: zum einen sorgt die Problematik der sogenannten VerwaltungsrecA&akzessorietät für Diskussionsstoff, zum anderen werden Probleme der Verwaltungsateakzessorität kontrovers behandelt1. Die Problematik der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts läßt sich, auf einen kleinen Nenner gebracht, mit der Fragestellung umreißen, inwieweit das Verwaltungsrecht dem Strafrecht gegenüber eine Vorgabewirkung entfaltet oder anders formuliert, inwieweit das Strafrecht an verwaltungsrechtliche Wertungen gebunden ist.
A. Die Verwaltungsrechtsakzessorietät Unter dem Stichwort der Verwaltungsrechtsakzessorietät werden Probleme der Anbindung des Strafrechts an das Verwaltungsrecht abgehandelt, sofern das Strafgesetz explizit oder implizit auf Normen des Verwaltungsrechts verweist 2. Eine solche Verweisung kann beispielsweise durch die bloße Übernahme verwaltungsrechtlicher Begriffsbildungen in den Wortlaut von Straftatbeständen erfolgen. Daß hier eine Anbindung des Strafrechts an die verwaltungsrechtliche Begriffsbildung stattfindet, liegt besonders bei nebenstrafrechtlich geregelten Strafnormen nahe. Dies ergibt sich in diesen Fällen bereits aus der Tatsache der Regelung verwaltungs- und strafrechtlicher Normen innerhalb eines Gesetzes. Aber auch für das Umweltstrafrecht, für das der Sachzusammenhang zu den entsprechenden verwaltungsrechtlichen Fachgesetzen zumindest formal durch
Zur Unterscheidung zwischen Verwaltungsrechtsakzessorietät und Verwaltungsaktsakzessorietät Breuer DÖV 1987, 179, Kühl in FS für Lackner S. 834. 2 Breuer DÖV 1987, 179. 2*
20
Kapitel 2: Verwaltungsrechts- und Verwaltungsaktsakzessorietät
die Einstellung der Umweltdelikte in das Kernstrafrecht aufgegeben wurde, wird eine Akzessorietät des zwischen beiden Materien bestehenden materiellen Sachzusammenhangs für naheliegend und sachgerecht erachtet3. Konsequent durchgeführt wird diese strenge Anbindung des Strafrechts an verwaltungsrechtlich vorgeprägte Begriffsbestimmungen jedoch nicht. Hierzu besteht auch aus methodologischer Sicht kein zwingender Anlaß, da kein Rechtsgrundsatz dahingehend existiert, daß in verschiedenen Rechtsgebieten gleichlautende Begriffe auch exakt der gleiche Bedeutungsgehalt beigemessen werden muß 4 , auch wenn dies unter dem Gesichtspunkt der Normenklarheit und dem aus Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB folgenden strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz5 nicht ganz unproblematisch erscheint6. Dies spiegelt sich etwa in der Diskussion um den in § 326 StGB verwendeten AbfallbegrifF wider. § 326 StGB knüpft erkennbar an die Regelungsmaterie des Abfallrechts, im Hinbück auf den Abfallbegriff an die Begriffsbestimmung im ehemaligen § 1 Abs. 1 AbfG 7 an. Es entspricht jedoch inzwischen gesicherter Rechtsprechung8 und herrschender Meinung in der Literatur 9, daß die im ehemaligen § 1 Abs. 3 AbfG 1 0 vorgenommene Beschränkung des Anwendungsbereichs des Abfallbegriffs strafrechtlich nicht zum Tragen kommen soll. Auch der Anlagenbegriff des § 325 StGB wird in einem weiteren Sinne verstanden als der Begriff der Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 BImSchG 11 . Deutlich wird dies ebenfalls an dem strafrechtlichen Waffenbegriff, der sich zwar an die waffengesetzliche Begriffsbestimmung anlehnt, jedoch seine eigene strafrechtliche Prägung erfahren hat 12 . Anders hingegen verhält es sich in bezug auf aus dem Verwaltungsrecht entlehnte Begriffe, sofern diese im Strafrecht Tatbestandswirkung entfalten. So wird
3 Otto Jura 1991, 309, Schall NJW 1990, 1265, Stellungnahme des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages BT-Drucksache 8/3633 S. 21. 4 Bruns S . l l l , Otto Jura 1991, 310, Winkelbauer S. 12; dies gilt selbst für identische Begriffe, die innerhalb eines Gesetzes verwendet werden, vgl. Larenz S. 321. 5 Vgl. hierzu Dreher/Tröndle Vor § 13 Rdnr. 6, Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 6, 17 ff., Wessels § 21. 6 Otto Jura 1991, 310, Schall NJW 1990, 1265. 7 Nunmehr § 2 Abs. 1 KrW-/AbfG. 8 BGHSt 37, 21, 24, OLG Oldenburg wistra 1988, 200, OLG Celle NJW 1986, 2326, OLG Karlsruhe NStZ 1990, 128. 9 Dreher/Tröndle § 326 Rdnr. 2, LK - Steindorf § 326 Rdnr. 24, Otto Jura 1991, 310, Schönke/Schröder - Lenckner § 326 Rdnr. 2a ff. 10 Nunmehr ersetzt durch § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG. 11 Bundestagsdrucksache 8/2382 S. 34, Dreher/Tröndle §325 Rdnr. 2, Schönke/ Schröder - Stree § 325 Rdnr. 4, Winkelbauer S. 12. 12 BGHSt 37, 24 m.w.N.
Α. Die Verwaltungsrechtsakzessorietät
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etwa der Begriff der Kriegswaffe in der sogenannten Kriegswaffenliste, einer Anlage zum KWKG, die durch Rechtsverordnung geändert werden kann, in Form von konkreter Umschreibung einzelner Waffengattungen letztverbindlich sowohl für die verwaltungs- als auch strafrechtlichen Normen des K W K G definiert 13 . Gleiches gilt im Bereich des Umweltstjafrechts (§ 329 Abs. 1-3 StGB) für die durch die Exekutive mit konstitutiver Wirkung nach dem WHG bzw. landesrechtlicher Wasser- und Naturschutzgesetze durch Rechtsverordnung festgesetzten Smog-Gebiete, Wasserschutz-, Heilquellen- und Naturschutzgebiete 14 . Des weiteren wird unter dem Oberbegriff der Verwaltungsrechtsakzessorietät die Problematik der strafrechtlichen Blankettnormen behandelt. Hierbei geht es um solche Straftatbestände, in denen die Strafhorm - bildlich gesprochen - als zunächst inhaltslose Hülse lediglich eine Strafdrohung aufstellt, die durch die Anknüpfung des jeweiligen unvollständigen Tatbestandes an andere - überwiegend verwaltungsrechtliche - Normen mit Inhalt gefüllt wird 15 . Weniger problematisch erscheinen dabei Konstellationen, in denen der Straf-Gesetzgeber auf das Strafrecht ausfüllende Normenkomplexe verweist, die ebenfalls durch ihn erlassen werden. In diesen Fällen hat der Gesetzgeber Einfluß darauf, daß nicht strafwürdige Verhaltensweisen in den die Strafhormen ausfüllenden verwaltungsrechtlichen Normen nicht mitgeregelt werden und somit Gegenstand von Normen des Strafrechts werden 16. Bedenklich hingegen wird die Bezugnahme in Strafhormen auf Normen, die nicht der Gesetzgeber erläßt, sondern die durch die Exekutive in Form von Rechtsverordnungen geschaffen werden 17. Hier begibt sich der Gesetzgeber seiner Möglichkeit der Überwachung und Einflußnahme darauf, daß nicht strafwürdige Verhaltensweisen durch die Anwendung der Blankettechnik zum Gegenstand strafrechtlicher Normen werden. Teilweise wird hiergegen der rechtspolitisch und verfassungsrechtlich begründete Einwand erhoben, der Strafgesetzgeber entmachte sich damit selbst18. Dieser Ansicht ist zuzugeben, daß zumindest die verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Art.
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Vgl. hierzu Potrykus § 1 Anm. 4, § 16 Anm. 1, Pottmeyer § 1 Rdnr. 14 ff. Winkelbauer S. 12. 15 Baumann/Weber § 12 I. 2a), § 12 Π. 2d), Jescheck § 12 ΙΠ., Roxin § 5 Rdnr. 40, § 12 Rdnr. 94, Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 3; zur verfassungsrechtlichen Problematik von Blankettstrafhormen im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot BVerfGE 41, 314; 47, 109. 16 BVerfGE 78, 374; Otto Jura 1991, 310, Winkelbauer S. 12. 17 Beispiele hierfür stellen die §§ 31 ld, 326 Abs. 2, 329, 330 Abs. 1 Nr. 2, 4 StGB dar. 18 Vgl. hierzu Kühl in FS für Lackner S. 825, Otto Jura 1991, 310, Schall wistra 1992, 4. 14
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Kapitel 2: Verwaltungsrechts- und Verwaltungsaktsakzessorietät
103 Abs. 2, 104 GG tangiert sind 19 . Die Problematik dieser Blankettechnik soll 20
hier jedoch nicht weiter vertieft werden .
B. Die Verwaltungsaktsakzessorietät Die Verwaltungsaktsakzessorietät des Strafrechts stellt einen speziellen Ausschnitt aus dem Problemfeld der Verwaltungsrechtsakzessorietät dar 21 , der es jedoch im Interesse begrifflicher und sachlicher Klarheit wert ist, gesondert behandelt zu werden 22. Hierbei geht es um das Zusammenspiel von Verwaltungs- und Strafrecht innerhalb solcher Tatbestände, die eine Bestrafung entweder an die Existenz oder aber an die Nichtexistenz von Verwaltungsakten anknüpfen 23.
I. Verwaltungsaktsakzessorisch ausgestaltete Tatbestände 1. Delikte, die einen Verstoß gegen belastende Verwaltungsakte zum Inhalt haben In oben zuerst genanntem Fall sind Delikte angesprochen, durch die Verstöße gegen in Form von den Bürger belastenden Verwaltungsakten bzw. Allgemeinverfügungen aufgestellte Verbotsverfügungen inkriminiert werden 24. So begeht gemäß § 24 StVG, § 49 StVO in Verbindung mit Vorschriften der StVO etwa deijenige Verkehrsteilnehmer eine Ordnungswidrigkeit, der gegen eine
19
Vgl. zu dieser Problematik BVerfGE 78, 374, Kühl in FS für Lackner S. 825, Schall NJW 1990, 1266. 20
Vgl. hierzu ausführlich und unter Berücksichtigung der Abgrenzung der Blankettzur 2 1bloßen Verweisungstechnik Winkelbauer S. 12 ff. Verwaltungsafcte sind selbstredend dem Verwaltungs recht zuzuordnende Maßnahmen. 22 Breuer DÖV 1987, 179, Kühl in FS für Lackner S. 824 ff., Schall wistra 1992, 4f., Winkelbauer S. 33 ff. 23 Breuer NJW 1988, 2078. 24 Zur speziellen Problematik der teilweisen Anbindung der Umweltstrafvorschriften an Verstöße gegen in Form von Verwaltungsakten ergangenen Anordnungen, Auflagen oder Verfügungen, wie etwa in § 325 Abs. 4, 327, 328 Abs. 1, 330 Abs. 1 Nr. 2,4 StGB unter dem Gesichtspnkt der "Verfilzung zwischen Behörden und Industrie" vgl. Kühl in FS für Lackner S. 824, Lackner Vor § 324 Rdnr. 3, Schall wistra 1992, 5.
. Die Verwaltungstsakzessorietät
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im Wege eines Verkehrsschildes erlassene Allgemeinverfügung verstößt, die einen bestimmten Verbotstatbestand enthält. Im Regelungsbereich des Umweltstrafrechts macht sich u.a. deqenige strafbar, der gegen eine vollziehbare Anordnung oder Auflage verstößt bzw. eine vollziehbare Untersagung mißachtet (§§ 325 Abs. 4, 327 Abs. 1, 328 Abs. 1, 329 Abts. 1, 330 Abs. 1 Nr. 2, 4 StGB). Die genannten Anordnungen, Auflagen und Untersagungen ergehen allesamt in Form von Verwaltungsakten 25. Probleme treten hier in zweierlei Hinsicht auf: Unter rechtspolitischen Aspekten wird kritisiert, daß das Strafrecht als Folge der insoweit bestehenden Akzessorietät Schädigungen der Umwelt machtlos zusehen muß, wenn die zuständigen Behörden von der ihnen zustehenden Eingriffskompetenz keinen Gebrauch machen und von einem Erlaß erforderlicher Anordnungen, Auflagen oder Untersagungsverfügungen absehen. Diskutiert wird innerhalb dieser Fallgruppe aber auch noch über ein ganz anderes Thema. So stellt sich die Frage, inwieweit das Strafrecht zurückgedrängt werden kann, wenn entsprechende belastende Verwaltungsakte nach verwaltungsrechtlichen Kategorien fehlerhaft sind und ggf. zu einem späteren Zeitpunkt sogar aufgehoben werden. Hier hat der BGH mit seiner "VerkehrszeichenEntscheidung"26 Maßstäbe gesetzt, indem er festgestellt hat, daß es für die Ahndung eines Verstoßes gegen ein durch Verkehrszeichen angeordnetes Parkverbot unbeachtlich sei, daß die Aufstellung nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften fehlerhaft war und selbst die nachträgliche Aufhebung dieses strafbewehrten Verwaltungsaktes durch Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht an dieser Beurteilung nichts ändere 27. Für die Straf- bzw. Ahndbarkeit komme es allein auf die rechtliche Existenz der Verfügung zum Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung an. Gezweifelt wird teilweise an der Übertragbarkeit dieser, der Ordnungsfunktion von straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen Rechnung tragenden Ent28
Scheidung auf andere strafrechtliche Materien wie beispielsweise § 123 StGB oder das Umweltstrafrecht. Unter Hinweis auf den insoweit bestehenden Unterschied, daß die Verwaltungsakte außerhalb des speziellen Bereichs des Straßenverkehrsrechts nicht als Allgemein- sondern dort als Einzelverfügungen ergehen und die formelle Ordnungsfunktion des Verwaltungsaktes nicht zum Tragen 25
Dreher/Tröndle § 325 Rdnr. 3, Lackner § 325 Rdnr. 3. BGHSt 23, 86, 92; hierauf bezugnehmend OLG Karlsruhe JZ 1977, 478. 27 BGHSt 23, 86, 92; in diesem Sinne auch BayVRS 35, 195; für eine Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf das Umweltstrafrecht Dölling JZ 1985, 466, Dreher/Tröndle § 325 Rdnr. 3a, Seier JA 1985, 25, SK - Horn Vor § 324 Rdnr. 7, Tiedemann, Neuordnung, S. 39. 28 Vgl. hierzu OLG Karlsruhe NJW 1978, 116 = JZ 1977, 478; hier ging es um die Mißachtung eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes. 26
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Kapitel 2: Verwaltungsrechts- und Verwaltungsaktsakzessorietät
kommt, vielmehr materielle Sachinteressen betroffen sind 29 , wird dafür plädiert, einen objektiven Strafaufhebungsgrund zumindest dann anzunehmen, wenn der rechtswidrige belastende Verwaltungsakt nach Vornahme der Tathandlung aufgehoben wird 3 0 oder gar die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal zu erheben 31. Durchgesetzt hat sich dieser neuere Ansatz bislang jedoch noch nicht, sodaß von der herrschenden Meinung ungeachtet der Rechtswidrigkeit der Verfugung bei Vorhegen der übrigen Stafbarkeitsvoraussetzungen für eine Bestrafung desjenigen plädiert wird, der gegen einen solchen Verwaltungsakt bzw. gegen eine solche Allgemeinverfügung verstößt.
2. Delikte, die ungenehmigtes Handeln sanktionieren Unter die zweite angeführte Fallgruppe verwaltungsaktsakzessorisch ausgestalteter Tatbestände sind solche Delikte einzuordnen, in welchen die Strafbarkeit an ein Handeln ohne eine nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften erforderliche Genehmigung anknüpft. Expressis verbis knüpfen diese Tatbestände nicht ausschließlich an ein "Handeln ohne Genehmigung bzw. Erlaubnis" an, wenn dies auch zumindest in den nebenstrafrechtlich normierten Tatbeständen32 oder in Ordnungswidrigkeitentatbeständen 33 die Regel ist. So macht sich nach §§ 324, 326 StGB strafbar, wer "unbefugt" eine in diesen Tatbeständen umschriebene Handlung vornimmt, wohingegen die §§ 31 l d und 325 StGB an eine Handlung "unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten" anknüpfen. Lediglich die Straftatbestände der §§284, 327, 328 StGB verwenden die Umschreibung "Handeln ohne behördliche Erlaubnis" bzw. "Handeln ohne die erforderliche Genehmigung". Die verwaltungsrechtliche Genehmigung bildet in diesen Tatbeständen eine Schnittstelle zwischen verwaltungsrechtlichen Kategorien und dem Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht. Die Straf- bzw- Ahndbarkeit hängt vom NichtVorliegen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung ab. Probleme, die an 29
Arnhold JZ 1977, 790, Lorenz DVB1. 1971, 171. So Winkelbauer S. 65, ders. NStZ 1988, 203, Wüterich NStZ 1986, 108,; differenzierend danach, ob gebundenes Verwaltungshandeln bzw. eine Ermessensreduzierung auf null zugunsten des Täters vorliegt (dann Annahme eines Strafaufhebungsgrundes) oder ob die Behörde mit anderer Begründung den gleichen belastenden Verwaltungsakt in rechtmäßiger Weise hätte erlassen können (dann Versagung eines Strafaufhebungsgrundes) Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 22. 31 Arnhold S. 63 ff., ders. JZ 1977, 789, explizit für hoheitliche Hausverbote in bezug auf § 123 StGB Gerhards NJW 1978, 89. 32 Vgl. etwa § 29 Abs. 1 Nr. 1, 2 BtMG, § 22a Abs. 1 KWKG, § 21 StVG. 33 So z.B. § 61 Abs. 1 Nr.l PBefG. 30
. Die Verwaltungstsakzessorietät
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dieser Schnittstelle auftreten, sollen entsprechend der in der Einleitung beschriebenen Aufgabenstellung nachfolgend näher untersucht werden. Zur Vervollständigung dessen, welche weiteren Themen unter dem Stichwort der Verwaltungsaktsakzessorieät des Strafrechts abgehandelt werden, wird kurz die Problematik der behördlichen Duldung angerissen sowie auf die Fragestellungen der Genehmigungsfähigkeit genehmigungspflichtigen aber nicht genehmigten Handelns eingegangen.
Π. Die Problematik der behördlichen Duldung Strafrechtliche Auswirkungen einer "behördlichen Duldung", etwa von Umweltbeeinträchtigungen, stellen Teilaspekte der Verwaltungsrechts- und der Verwaltungsaktsakzessorietät dar. Hierbei geht es um die Fragestellung, inwieweit ein bewußtes Nichteinschreiten einer Behörde gegen ein formell bzw. materiell verwaltungsrechtswidriges Verhalten oder einen entsprechenden Zustand auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Täters durchschlägt 34. Ein bewußtes Nichteinschreiten kommt dabei sowohl bei Sachverhalten in Betracht, in denen die vorherige Einholung einer Gestattung verlangt ist 35 als auch bei solchen, in denen ein genehmigungsfreies Handeln aus zwingenden öffentlichrechtlichen Gründen untersagt oder mit Auflagen versehen werden müßte 36 . Nach derzeitigem Stand der Diskussion in bezug auf die erste Variante ist davon auszugehen, daß das bloße Stillhalten einer Behörde in Form des Untätigbleibens oder Hinnehmens eines Verhaltens (sog. "passives Dulden") keine genehmigungsersetzende Wirkung in Form eines Tatbestandsausschlusses oder einer Rechtfertigung entfalten kann 37 . Umstrittener hingegen ist die Situation in Fällen sog. "aktiver Duldung" 38 Hier gibt die Behörde zu erkennen, daß sie von einem Einschreiten gegen ein 34
Vgl. hierzu Bickel ZfW 1979, 145 ff., Hallwaß S. 10 ff., Heider S. 14 ff. Insoweit handelt es sich um einen Unterfall der Verwaltungsaktsakzessorietät. 36 So zum Beispiel bei den genehmigungsfreien Vorhaben nach den §§ 22 ff. BImSchG; da nicht an eine behördliche Genehmigung angeknüpft wird, handelt es sich hierbei um einen Unterfall der Verwaltungsrechtsakzessorietät. 37 OLG Stuttgart NJW 1977, 1408, LG Bonn NStZ 1988, 224; Breuer NJW 1988, 2082, Sack JR 1978, 295. 38 Abzugrenzen ist die bloße aktive Duldung von der konkludenten Erteüung einer Genehmigung. Eine konkludent erteilte Genehmigung ist dann anzunehmen, wenn die zuständige Behörde den der Genehmigung zugrundeliegenden Sachverhalt ermittelt, diesen an den entsprechenden Vorschriften gemessen und - zumindest behördenintern 35
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Kapitel 2: Verwaltungsrechts- und Verwaltungsaktsakzessorietät
bestimmtes Verhalten Abstand nehmen wird, ohne hiermit jedoch eine Genehmigung zu erteilen. Es wird teilweise vertreten, daß dieser Form der Duldung Legalisierungswirkung beikomme 39 . Überwiegend wird dies jedoch unter dem Hinweis abgelehnt, bloßes Dulden habe nur zum Inhalt, daß von der Möglichkeit des Einschreitens gegen ein bestimmtes Verhalten abgesehen werde, was ein "Weniger" im Vergleich zur stillschweigenden Erlaubnis darstelle 40.
ΙΠ. Nicht genehmigte, aber genehmigungsfähige Handlungen Ein anderer Ausschnitt aus dem Bereich des Problemfeldes der Verwaltungsaktsakzessorietät ist geprägt von der Diskussion um die Strafbarkeit eines verwaltungsrechtlich - obwohl erlaubnispflichtigen - nicht genehmigten, aber nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften genehmigungsfähigen Verhaltens 41. Hier wird teilweise vertreten, daß die Genehmigungsfähigkeit einer genehmigungspflichtigen Handlung den Erfolgsunwert des tatbestandsmäßigen Handelns als durch gegenläufige Interessen an der Vornahme der Handlung kompensiert anzusehen sei und deshalb eine Bestrafung jedenfalls wegen vollendeten Delikts verneint werden müsse. Vielmehr sei entsprechend den Regeln des Versuchs zu bestrafen 42. Anders entscheidet jedoch die herrschende Meinung in dieser Frage, die in aller Regel mangels Annahme einer Befugnis des Täters, die Handlung eigenmächtig vorzunehmen, zu einer Strafbarkeit wegen vollendeten Delikts kommt 43 .
eine dem Antragsteller gegenüber positive Entscheidung getroffen hat, vgl. Dolde NJW 1988, 2330, Ensenbach S. 201f., Hallwaß S. 20, Winkelbauer JuS 1988, 696; zur damit einhergehenden Problematik ggf. erforderlicher Schriftform der Genehmigung Dolde NJW 1988, 2330. 39 Dolde NJW 1988, 2333, Winkelbauer JuS 1988, 696. 40 Ensenbach S. 196 ff., Hallwaß S. 103 ff.; zur Fragwürdigkeit der Unterscheidung zwischen aktivem Dulden und stillschweigender Genehmigung vgl. Schönke/Schröder Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 63a. 41 Grundlegend hierzu Brauer S. 109f., 123 ff. 42 Brauer S. 109f., 123 ff., ähnlich Bloy ZStW 100, 506 f. 43 Vgl. hierzu Frank S. 39 ff., Roxin § 17 Rdnr. 49, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 62, Rengier ZStW 101 (1989), 903 unter Hinweis auf den Gedanken der Subsidiarität privater Selbsthilfe; unter engen Voraussetzungen wird allerdings auch von dieser Ansicht Straflosigkeit des Täters angenommen, so etwa wenn die Genehmigungsbehörde kraft verwaltungsgerichtlichem Urteil zur Erteilung einer entsprechenden Genehmigung verpflichtet wurde, sich aber weigert, die entsprechende Genehmigung zu erteilen.
3. Kapitel
Die Relevanz behördlicher Genehmigungen auf Tatbestands- oder Rechtswidrigkeitsebene Der Existenz einer behördlichen Genehmigung kommt aus strafrechtlicher Sicht die Funktion zu, die Strafbarkeit des Genehmigungsinhabers auszuschließen. Dogmatisch kann dies nach ganz überwiegender Ansicht entweder auf Tatbestandsebene oder aber auf Rechtswidrigkeitsebene erfolgen. Dies ist jedenfalls für die rechtmäßige Genehmigung nahezu unbestritten1. Ersteres ist dann der Fall, wenn die Genehmigung ein negatives Tatbestandsmerkmal darstellt, wohingegen ein Strafbarkeitsausschluß auf Rechtswidrigkeitsebene in Betracht kommt, wenn sie einen Rechtfertigungsgrund büdet. Diese differenzierende Behandlung der behördlichen Genehmigung kann jedoch nur für den Fall richtig sein, daß zwischen beiden Deliktsstufen auch tatsächlich zu unterscheiden ist. Daher ist an dieser Stelle vorab, zumindest in gedrängter Form, auf den Meinungsstand hinsichtlich des Verhältnisses von Tatbestand und Rechtswidrigkeit einzugehen.
A. Das Verhältnis von Tatbestand und Rechtswidrigkeit In der modernen Strafrechtswissenschaft sind im wesentlichen zwei Strömungen zum Verhältnis von Tatbestand und Rechtfertigung auszumachen: Zum
1 Diese Differenzierung geht zurück auf Goldmann S. 93 ff.; ihm folgend Brauer S. 46 ff., von Burchard S. 17, Dölling JZ 1985, 462, Dreher/Tröndle Vor §324 Rdnr. 4b, Hübenett S. 43 ff., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 27, LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 160, Pottmeyer § 22a Rdnr. 10, Rademacher S. 5, Roxin § 10 Rdnr. 32, § 17 Rdnr. 43 ff., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 61 m.w.N., Tiedemann/Kindhäuser NStZ 1988, 342 f., Winkelbauer S. 16 ff; a.A. Horn UPR 1983, 366.
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Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
einen ist dies die vom dreistufigen Verbrechensaufbau ausgehende Lehre von der unrechtsindizierenden Bedeutung des Straftatbestandes, zum anderen die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen.
I. Die Lehre von der unrechtsindizierenden Bedeutung des Tatbestandes Nach dieser Lehre gliedert sich der Verbrechensaufbau - ungeachtet verschiedener Spielarten - in drei Stufen: die Übereinstimmung menschlichen Verhaltens mit einem strafgesetzlichen Tatbestand (Tatbestandsmäßigkeit), dessen Widerspruch zur Rechtsordnung (Rechtswidrigkeit) und die persönliche Vorwerfbarkeit der Tat (Schuld)2. Der Tatbestand beschreibt die Verbotsmaterie und vertypt damit das Unrecht. Insofern genießt er Filterfunktion, nämlich als sozialschädlich erkannte und vertypte Verhaltensweisen von strafrechtlich irrelevanten Handlungen zu scheiden. Tatbestand und Rechtswidrigkeit stehen im Verhältnis von Regel und Ausnahme3. Wer die gesetzlichen Merkmale eines Straftatbestandes verwirklicht, macht sich in der Regel strafbar, es sei denn, zu seinen Gunsten greift ein Rechtfertigungsgrund ein. Dem Tatbestand wird insoweit Indizwirkung beigemessen. Unrechtskonstituierend wirken jedoch auch nach dieser Lehre nur Tatbestand und Rechtswidrigkeit im Zusammenspiel.
Π. Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen vereinigt unter Ausschluß der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit und der Schuldelemente alle positiven, unrechtsbegründenden und unrechtsausschließenden Merkmale in einem Gesamtunrechtstatbestand4. Der Tatbestand hat nach dieser Ansicht die Aufgabe, die Grenze zwischen Recht und \jnrecht in concreto abschließend zu ziehen. Das NichtVorliegen von Rechtfertigungsgründen hat danach die gleiche
2
Zurückgehend auf Beling, S. 3, 23, 110; vgl. weiter Dreher/Tröndle Vor § 13 Rdnr. 8, Ebert/Kühl Jura 1981, 225 f. Jescheck § 21 Π., Armin Kaufmann JZ 1955, 37, Welzel S. 81, Wessels § 3 I. 3 Baumann/Weber § 19 m. 4 Zu den Wurzeln dieser Lehre vgl. Reinhard Frank, S. 79, Merkel S. 35, 82; weiterführend Engisch DJT-Festschrift Band I 1960, S.406, ders. ZStW 70, 583 ff., Arthur Kaufmann JZ 1954, 653, ders. JZ 1956, 353, 359, Roxin, Offene Tatbestände S. 121 ff., 173 ff., zusammenfassend Hirsch S. 21 ff., Jescheck § 25 ΠΙ.
Α. Das Verhältnis von Tatbestand und Rechtswidrigkeit
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Funktion wie das Vorliegen der im Gesetz formulierten Tatbestandsmerkmale. Tatbestand und Rechtswidrigkeit sind somit zu einer einheitlichen Wertungsstufe verschmolzen5. Tatbestandsmäßig im Sinne des Gesamtunrechtstatbestandes handelt danach deijenige, der alle gesetzlich umschriebenen Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat und zu dessen Gunsten kein Unrechtsausschließungsgrund eingreift.
ΙΠ. Vermittelnde Lehre Auf diesem Gebiet der Strafrechtsdogmatik ist in jüngerer Zeit eine vermittelnde Lehre aufgekommen. Sie geht zwar von einer grundsätzlichen Dreiteilung des Verbrechensaufbaus aus. Allerdings wird erkannt, daß die strafrechtliche Bewertung eines Verhaltens nur in den Kategorien der Rechtswidrigkeit und der Schuld stattfindet 6. Der Tatbestand erfüllt damit nicht die Funktion einer Wertungsstufe, sondern nimmt Aufgaben wahr, die sich eher als "technisch" umschreiben lassen. Dem Straftatbestand kommt straftatsystematisch allerdings wegen seiner Appellfunktion, als Bezugspunkt für (Straf-)Rechtswidrigkeit und (Straf-)Schuld und im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB eine exponierte Stellung zu7.
IV. Praktische Relevanz der verschiedenen Ansichten Die praktischen Auswirkungen der verschiedenen Positionen dürfen nicht überbewertet werden. Gerade im Bereich des Irrtums über die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes, einer "Domäne" der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen, weisen die Ergebnisse kaum noch Unterschiede auf. Dies gilt insbesondere im Verhältnis der Lehre von der unrechtsindizierenden Bedeutung des Tatbestandes zu den vermittelnden Ansichten. Zu unterschiedlichen Ergebnissen kann die strenge Anwendung der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen dann führen, wenn die Anwendung der Rechtsmißbrauchslehre zur Diskussion steht8. Erkennt man Rechtfertigungs-
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Wessels § 5 Π 3. Baumann/Weber § 19 I. 7 Vgl. hierzu Günther S. 126. 8 Lenckner als Vertreter des dreistufigen Deliktsaufbaus spricht in seiner Kommentierung in Schönke/Schröder, 22. Auflage, Vorbem. §§ 32 Rdnr. 61 der Unterscheidung zwischen tatbestandausschließender und rechtfertigender Genehmigung die praktische Bedeutung ab, revidiert diese Ansicht jedoch in der 23. Auflage aaO; vgl. hierzu auch Lenckner in FS für Pfeiffer, S. 32, Fn. 25. 6
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Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
gründe als zum Tatbestand gehörend an, so müßte es bei konsequenter Anwendung der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen von vornherein ausgeschlossen sein, daß sich Konsequenzen aus der unterschiedlichen Qualifizierung der behördlichen Genehmigung als negativem Tatbestandsmerkmal oder Rechtfertigungsgrund ergeben. Dies würde insbesondere für die Anwendbarkeit des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB im Hinblick auf die Rechtsmißbrauchslehre 9 als strafrechtlichem Korrektiv des Grundsatzes der strafbarkeitsausschließenden Wirkung wirksamer Genehmigungen gelten10. Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen ist jedoch abzulehnen. Sie verwischt den wertungsmäßigen Unterschied zwischen von vornherein tatbestandslosem Verhalten und einem Tatgeschehen, das geschützte Rechtsgüter beeinträchtigt, aber durch das Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes die Einstufung als nicht rechtswidrig erfährt 11. Wertungsmäßig besteht doch ein Unterschied, ob etwa ein Mensch getötet wird, diese Tötung jedoch durch Notwehr gedeckt ist, oder ob er nicht getötet wird. Selbst die Tötung in Notwehr bleibt eine Rechtsgutsverletzung12. Aber auch die aus der Existenz von Rechtfertigungsgründen resultierenden Duldungspflichten, denen ein Betroffener in Fällen gerechtfertigter Eingriffe in seine Rechtsgüter unterliegt, lassen sich nur aus dem selbständigen Charakter der Erlaubnisnormen herleiten. Nur in atypischen Ausnahmefällen werden derartige Eingriffsrechte gewährt 13. Darüber hinaus verbietet sich eine Gleichsetzung von tatbestandslosem und tatbestandsmäßigem, aber erlaubtem Verhalten deshalb, weil ein straftatbestandlich nicht erfaßtes Verhalten nicht notwendig von der Rechtsordnung gebilligtes Verhalten darzustellen braucht. Es kann sich hierbei, wie der Fall der verbotenen Eigenmacht zeigt, durchaus um Unrecht handeln, das jedoch in strafrechtlicher Hinsicht kein Unrecht darstellt 14. Letztendlich spricht auch der Wortlaut des Gesetzes in §§ 32, 34 StGB für eine Trennung von Tatbestand und Rechtswidrigkeit. Eine durch Notwehr oder durch Notstand gerechtfertigte Tat läßt lediglich die Rechtswidrigkeit eines tatbestandsmäßigen Verhaltens entfallen.
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Vgl. hierzu im 5. und 6. Kapitel Hierzu SK - Samson Vor § 32 Rdnr. 57, 61 als Vertreter der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen. Ansonsten fehlt zu diesem Problem eine dezidierte Stellungnahme durch die Anhänger dieser Lehre. 11 Haft 1 .Teil § 2 5., Jescheck § 25 ΠΙ. 2b), Wessels § 5 Π. 3. 12 Dreher in Festschrift für Heinitz, S. 218, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 17, Welzel S. 81. 13 LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 8, Wessels § 5 Π. 3. 14 Krey Rdnr. 465. 10
Β. Strafrechliche Abgrenzung
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Der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen wird aus diesen Gründen im weiteren Gang der Untersuchung nicht gefolgt. Vielmehr wird von einer Trennung der Deliktsstufen Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit ausgegangen.
B. Strafrechtliche Abgrenzung Festgestellt werden konnte, daß der behördlichen Genehmigung eine Doppelfunktion entweder als negatives Tatbestandsmerkmal oder aber als Rechtfertigungsgrund zukommen kann. Daran schließt sich die Frage an, wie darüber zu befinden ist, ob nun die eine oder die andere Variante vorliegt. Hierzu kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht.
I. Unterscheidung nach strafrechtsspezifischen Kriterien Nach neuerer Unterscheidung wird, strafrechtsspezifischen Kriterien folgend, der entsprechende Tatbestand daraufhin untersucht, ob er seinen Unwertgehalt entweder allein oder neben anderen zusätzlichen Unrechtsmerkmalen aus dem Verstoß gegen die Genehmigungspflicht bezieht. Ist dies zu bejahen, so habe die Genehmigung in dem betreffenden Tatbestand die Funktion eines negativen Tatbestandsmerkmals15. Anders verhält es sich hingegen nach dieser Ansicht, sofern der Tatbestand ohne Berücksichtigung des Genehmigungsmerkmals einen ausreichenden Unrechtssachverhalt umschreibe und damit Verbotsmaterie das tatbestandlich umschriebene Verhalten selbst sei. Dann sei die behördliche Genehmigung als Rechtfertigungsgrund zu qualifizieren 16. Zutreffend an dieser Auffassung ist, daß grundsätzlich verwaltungsrechtliche Kategorien keinesfalls zwingende Vorgaben für die strafrechtliche Einordnung erzeugen können17. Dies ergibt sich schon aus der grundsätzlichen Eigenständigkeit der verschiedenen Teilrechtsgebiete der Gesamtrechtsordnung 18. So besteht beispielsweise Einigkeit darüber, daß bestimmten Begriffen wie dem der Anlage in § 325 StGB erne weitreichendere Bedeutung beigemessen wird als
15 16 17 18
Blei § 43 1.1., Rengier ZStW 101 (1989), 878 f. Blei § 43 1.1., Rengier ZStW 101 (1989), 878. Vgl. Rengier ZStW 101 (1989), 878. Bruns S. 111.
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Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
dem Anlagenbegriff des § 3 Abs. 5 BImSchG 19 oder daß der Abfallbegriff strafund verwaltungsrechtlich verschieden definiert wird 20 . Allerdings bleibt nach dieser Ansicht ungeklärt, wann ein Tatbestand in der einen oder anderen Form zu interpretieren ist. Daher ist auf andere Methoden der Bestimmung des systematischen Standortes der behördlichen Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau Rückgriff zu nehmen. Insbesondere sind hierbei die von der Methodenlehre begründeten Auslegungsmethoden von Rechtsnormen zu berücksichtigen 21. Unterschieden wird dabei gemeinhin nach vier Methoden der Auslegung, nämlich der grammatikalischen, der systematischen, der historischen und der teleologischen22.
Π. Worthautauslegung des Straftatbestandes Ausgangspunkt einer Auslegung von Rechtsnormen ist dabei immer die grammatikalische Auslegung, das heißt der Wortlaut bzw. Wortsinn der zu interpretierenden Norm 23 . Aus dem Sprachsinn soll der Sinn der betreffenden Norm erschlossen werden 24. Es wird die Ansicht vertreten, im Falle der Formulierung eines Straftatbestandes "...Vornahme einer Handlung ohne Genehmigung..." lasse dieser erkennen, daß die behördliche Genehmigung hier als negatives Tatbestandsmerkmal zu betrachten sei 25 . Hier habe der Gesetzgeber durch die Formulierung des Tatbestandes zu erkennen gegeben, daß durch das Vorliegen einer Genehmigung bereits der Tatbestand begrenzt werden solle 26 und nicht etwa nur ein allgemeiner Hinweis auf den möglichen Rechtfertigungsgrund "Genehmigung" gegeben wird. Als Beispiele derartiger Tatbestandsformulierungen lassen sich aus dem
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Dreher/Tröndle § 325 Rdnr. 2, Winkelbauer S. 12.
Zur Unterscheidung des strafrechtlichen vom verwaltungsrechtlichen Abfallbegriff vgl. 2 1 Dreher/Tröndle § 326 Rdnr. 2, Schönke/Schröder - Lenckner § 326 Rdnr. 2c. Vgl. hierzu allgemein Bydlinski S. 428 ff., Engisch, Einführung S. 77, Larenz S. 288 ff. 22 BGHSt 29, 204, 206; Engisch, Einführung S. 77, Jescheck § 17 IV., Larenz S. 312 ff. 23 Engisch, Einführung S. 77, Larenz S. 343. 24 Jescheck § 17 IV., Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 37. 25 So etwa zum Tatbestand des § 22a KWKG von Burchard S. 27, HWiStr Schünemann, Art. Kriegswaffenkontrolle S. 3. 26 Maurach/Zipf § 29 Rdnr. 15, Tiedemann, Neuordnung, S. 25, Triffterer S. 98; für das Nebenstrafrecht und das Ordnungswidrigkeitenrecht ausdrücklich Meyer JuS 1983, 514 f.
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
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Bereich des Umweltstrafrechts die §§ 327, 328 StGB, aus dem Nebenstrafrecht etwa § 22a KWKG anfuhren. Diese Ansicht - so plausibel sie zunächst erscheinen mag - erweist sich letztendlich jedoch nicht als stichhaltig. Der Gesetzgeber hätte für diese Tatbestände ebensogut die Formulierung "wer unbefugt...", wie etwa in den §§ 324, 326 StGB wählen können. Für diese Art der Formulierung wird jedoch allgemein angenommen, es handle sich nicht um ein objektives Tatbestandsmerkmal sondern lediglich um ein allgemeines Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit 27. Daß der Gesetzgeber bei der Formulierung der Straftatbestände diese feinen Unterscheidungen nicht immer berücksichtigt und bestimmte Tatbestandsformulierungen teilweise mehr oder minder zufällig zustande kommen, wurde bereits von Winkelbauer anhand des Gesetzgebungsverfahrens hinsichtlich § 330 Abs. 1 Nr. 2 StGB nachgewiesen28. Im damaligen Gesetzgebungsverfahren wurde ohne sachlichen Grund das zunächst für die Tatbestandsformulierung vorgesehene Merkmal "unbefugt" durch die Formulierung "wer...gegen eine Rechtsvorschrift, vollziehbare Untersagung, Anordnung oder Auflage verstößt" er29
setzt . Aufgrund dieser Formulierung ist der Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift, die eine Genehmigungspflicht statuiert, nach heute einhelliger Meinung objektives Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 330 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Eine öffentlich-rechtliche Befugnis führt daher nach dieser herrschenden Ansicht bereits zum Tatbestandsausschluß30. Neben den genannten Zufälligkeiten gesetzgeberischer Tatbestandsformulierungen kann als Argument gegen die Geeignetheit der Tatbestandsformulierung in der einen oder anderen Weise zur Klassifizierung der behördlichen Genehmigung eingewandt werden, Veränderungen in den gesellschaftlichen Wertevorstellungen könnten bei starrer Auslegung anhand der Tatbestandsformulierung nicht berücksichtigt werden. So erscheint es nicht ausgeschlossen, daß das heute im Hinblick auf § 1 Nr. 1 AtomG wohl kein strafrechtliches Unrecht begründende Betreiben kerntechnischer Anlagen in Zukunft, aufgrund veränderter Einstellung gegenüber der Nutzung von Kernenergie - man denke an sich häufende Störfälle in Kernkraftwerken und deren teilweise heute noch nicht absehbaren Spätfolgen -, als solches betrachtet werden könnte 31 .
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Dreher/Tröndle § 324 Rdnr. 7, § 326 Rdnr. 10, Lackner § 324 Rdnr. 8, Schünemann wistra 1986, 238. 28 Winkelbauer S. 17. 29 Winkelbauer S. 17 mit Nachweisen zum Gesetzgebungsverfahren. 30 LK - Steindorf § 330 Rdnr. 46, Sack § 326 StGB Rdnr. 145, Schönke/Schröder Cramer § 330 Rdnr. 34, SK - Horn § 330 Rdnr. 16. 31 Vgl. auch Rengier ZStW 101 (1989), 879. 3 Fortun
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Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
Der isoliert betrachtete Wortlaut der Strafhorm, sei es, daß er die Begriffe "Handeln ohne Genehmigung", "unbefugt" oder "unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten" verwendet, ist daher nicht geeignet, Rückschlüsse auf die Qualifizierung der behördlichen Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal oder als Rechtfertigungsgrund zu ziehen32.
ΙΠ. Systematische und historische Auslegung des Straftatbestandes Auch die systematische und historische Auslegung, nach der Erkenntnisse aus dem Systemzusammenhang im gesetzlichen Kontext 33 bzw. aus dem geschichtlichen Zusammenhang, der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien 34 gewonnen werden, gibt für die hier aufgeworfene Frage nicht viel her. Zum einen lassen sich aus der systematischen Stellung der entsprechenden, an verwaltungsrechtliche Kategorien anknüpfende Straf- oder Ordnungswidrigkeitenvorschriften im Gesetzesganzen des Kernstrafrechts (wie ζ. B. die Eingliederung des § 311 d in den 27.Abschnitt des StGB "gemeingefährliche Straftaten" oder der §§ 324 ff. StGB in den 28. Abschnitt "Straftaten gegen die Umwelt") bzw. innerhalb sonstiger verwaltungsrechtlicher Gesetze, die derartige nebenstrafrechtliche oder Ordnungswidrigkeitenvorschriften enthalten, keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung innerhalb dieser Tatbestände zum Tatbestandsausschluß oder lediglich zur Rechtfertigimg des Täters führt. Zum anderen wird sich aus Materialien zum Gesetzgebungsverfahren kaum je ausdrücklich ergeben, ob der Gesetzgeber von der einen oder anderen Variante ausgegangen ist.
32 So auch ausdrücklich für Formulierungen "wer ohne Genehmigung ... ausführt" etwa im Sinne des § 16 Abs. la KulturgutSchG, § 16 Abs. 1 Nr. 4 a.F. KWKG Rengier ZStW 101 (1989), 880; im übrigen KK - Rengier Vor §§ 15, 16 Rdnr. 16 m.w.N. 33 Larenz S. 324, Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 39. 34 BGHSt 29, 85, 87 f., Jescheck § 17 IV. lb), Loos in FS für Wassermann S. 123 ff.; zum Streit, ob es insoweit auf den historischen Willen des Gesetzgebers (sog. "subjektiv-historische Theorie") oder auf den aktuellen objektiven Sinngehalt (sog. "objektive Theorie") des Gesetzes ankommt vgl. Baumann/Weber § 13 I. 2b), Engisch, Einführung S. 88 ff., Jescheck § 17IV. 2., Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 41 ff.
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
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IV. Teleologische Auslegung des Straftatbestandes Aus dem Sinn und Zweck der - isoliert betrachteten - verwaltungsaktakzessorisch ausgestalteten Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitentatbestände als Gegenstand der teleologischen Auslegung35 können ebenfalls keine Erkenntnisse fur die Klassifizierung der behördlichen Genehmigung gewonnen werden, da sie lediglich eine bestimmte Handlung unter Androhung von Strafe oder Geldbuße stellen, die ohne eine hierzu erforderliche Genehmigung bzw. unbefugt vorgenommen wird. Vielmehr ist auf den mit den entsprechenden Strafhormen korrespondierenden Kontext der Normen des öffentlichen Rechts Rückgriff zu nehmen. Sie sind als Auslegungshilfe der entsprechenden Strafhormen unerläßlich. Nur aus deren Sinn und Zweck läßt sich erschließen, ob der öffentlich-rechtlichen Genehmigung der eine oder andere Bedeutungsgehalt zuzubilligen ist. So entspricht es auch ganz der herrschenden Meinung, daß danach zu unterscheiden ist, ob die in den verwaltungsrechtlichen Fachgesetzen normierten Genehmigungsvorbehalte bestimmte Verhaltensweisen aufgrund ihrer Sozialschädlichkeit und Unerwünschtheit in bezug auf zu schützende Rechtsgüter grundsätzlich unterbinden wollen und nur im Einzelfall, bei Überwiegen gegenläufiger Interessen, einen Dispens von dem generellen Verbot vorsehen, oder ob sie nur aufgrund der latenten Gefahrenträchtigkeit des Vorhabens ein vorgeschaltetes Prüfungsverfahren im Hinblick auf die Unbedenklichkeit des konkreten Vorhabens für die im Vorfeld durch die Verwaltung zu schützenden Güter gewährleistet wissen wollen. Zu unterscheiden ist danach, ob die Erlaubnis eine Aufhebung eines nach öffentlich-rechtlichen Kategorien als präventiv zu qualifizierenden Verbots mit Erlaubnisvorbehalt darstellt. Kann dies bejaht werden, so hat die behördliche Genehmigung im Strafrecht den Charakter eines negativen Tatbestandsmerkmals. Dispensiert sie hingegen nur von einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt, hat sie unter strafrechtlichem Blickwinkel die Funktion eines Rechtfertigungsgrundes und kommt erst auf der Deliktsstufe der Rechtswidrigkeit zum 36
m
Tragen .
35
Baumann/Weber § 13 I. 2., Blei § 9 IV., Jescheck § 17 IV. 2b), Larenz S. 333. Brauer, S. 53, Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4b, Ensenbach S. 34, Goldmann S. 128, Jakobs 16. Abschn. Rdnr. 29, Jescheck § 33 VI., Lenckner in FS für Pfeiffer, 36
3*
36
Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
Während die Genehmigung bei präventiven Verboten aus strafrechtlicher Sicht die Funktion einer Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne eines behördlichen Nichtfiirmöglichhaltens der Gefährdungen 3 geschützter Rechtsgüter hat, läßt sie bei der Dispensierung von repressiven Verboten gewissermaßen "dosierte", unter Berücksichtigung der Interessen des Genehmigungsempfängers noch hinnehmbare Gefährdungen 8 bzw. Verletzungen 39 der geschützten Rechtsgüter zu. An diese grundsätzliche, für das Strafrecht unter Rückgriff auf verwaltungsrechtliche Kategorien entwickelte Unterscheidung zwischen beiden Arten von Verboten schließt sich die Frage an, wie eine Abgrenzung der einen von der anderen Verbotsform vorzunehmen ist 40 . Daß diese Abgrenzung im Einzelfall zweifelhaft sein kann, hegt auf der Hand 41 . Daher werden im folgenden die verwaltungsrechtlichen Kriterien dargestellt, nach denen eine Unterscheidung zwischen beiden Arten von Verboten erfolgen kann.
1. Verwaltungsrechtliche Unterscheidung repressiver Verbote mit Befreiungsvorbehalt von präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt Bei Otto Mayer finden sich die Wurzeln der Lehre vom Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 42. Ausgangspunkt dieser Lehre war, daß es Lebensäußerungen gebe, die zwar nicht generell, wohl aber nach den Umständen des Einzelfalls, zu StöS. 27, LK - Hirsch Vor §32 Rdnr. 60, Roxin §10 Rdnr. 32, §17 Rdnr. 43, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 61, Tiedemann/Kindhäuser NStZ 1988, 343, Wimmer JZ 1993, 68, Winkelbauer S. 18 ff., ders. NStZ 1988, 202 f. 37 Vgl. BrauerS. 51m.w.N. 38 Für die Qualifizierung solcher Straftatbestände als abstrakte Gefährdungsdelikte etwa Pottmeyer § 22a Rdnr. 4, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 9, Winkelbauer S. 49. 39 Von Rechtsgutsverletzungen im Sinne einer "Funktionsstörung von geschützten Institutionen" und nicht nur von der abstrakten Gefährdung geschützter Rechtsgüter geht Brauer S. 123 f. in Fällen repressiver Verbote aus. Die Verletzung eines bestimmten Handlungsobjektes würde danach zwar nicht nach außen sichtbar. Vielmehr würden aber "Funktionseinheiten, Wirkungsmechanismen oder Interaktionsprozesse" verletzt. 40 Zweifelnd an der Unterscheidung präventiver und repressiver Verbote Gusy JA 1981, 81. 41 Ausführlich dazu Brauer S. 46 ff., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 27, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 61; die Schwierigkeit einer Qualifizierung der behördlichen Genehmigung in der einen oder anderen Weise zeigt sich etwa daran, daß Winkelbauer S. 64 f. die wasserrechtliche Genehmigung als Rechtfertigungsgrund behandelt, wohingegen er in NStZ 1988, 202 vertritt, diese habe trotz repressiven Charakters tatbestandsausschließende Wirkung. 42 Mayer, S. 240.
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
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rungen der Ordnung fuhren könnten. Deshalb verbiete der Gesetzgeber zunächst einmal bestimmte Verhaltensweisen, um nach einer Prüfung durch zuständige Behörden im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob eine Erlaubnis erteilt oder versagt werde. Das Verbot hat hier also eine Überwachungsfunktion gegen mögliche Gefährdungen 43. Nun sieht sich der Gesetzgeber häufig vor das Problem gestellt, daß gewisse Handlungen unter bestimmten Voraussetzungen sozialschädlich sind, unter anderen Umständen aber als unschädlich oder gar als erwünscht erscheinen44. Weder eine generelle Erlaubnis noch ein generelles Verbot werden dieser Situation gerecht. Es bedarf daher einer Koppelung von Verbotsnorm und Erlaubnis 4 . Daher hat die im Grundsatz damals4 wie auch in neuerer Zeit 47 auf breite Zustimmung gestoßene Lehre Mayers eine bedeutende Modifizierung erfahren. Unterschieden wird nach neuerer Lehre nämlich das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vom repressiven Verbot mit Befreiungs- oder Dispensvorbehalt 48. Beim präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verbietet der Gesetzgeber bestimmte Tätigkeiten nicht aus dem Gedanken heraus, daß er sie grundsätzlich verhindern will, sondern lediglich deshalb, weil er einen Kontrollmechanismus vorschalten will, der gewährleisten soll, daß bei ihrer Ausführung bestimmte rechtliche oder technische Regeln eingehalten werden 49 . Das fragliche Verhalten an sich ist sozial nützlich, sozialadäquat50 oder wenigstens neutral 51. Bildlich läßt sich die Genehmigung in diesen Fällen als aufgehende Schranke darstellen, wenn die vor der Schranke stattfindende Kontrolle zu keinen Beanstandungen gefuhrt hat 52 . Bei Erfüllung aller Voraussetzungen für die Aufhebung eines präventiven Verbots hat der Bürger regelmäßig einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis 53. Sein Rechtskreis wird im Gegensatz zur Befreiung von einem repressiven Verbot nicht erweitert, vielmehr wird der dem Bürger grundgesetzlich garantierte Zustand durch die Erteilung der Genehmigung wiederhergestellt 54.
43
Mayer, S. 239. FriaufJuS 1962, 422. 45 FriaufJuS 1962, 422 46 Vgl. etwa Jellinek,S. 260. 47 Maurer Rdnr. 51 ff., Wolff/Bachof § 48 Π a 1. 48 Grdl. Thoma VerwArch 32 (1927), 247 f.; vgl. auch Drews/Wacke/ Vogel/Martens, S. 356, Forsthoff, S. 268, Giemulla/Jaworski Rdnr. 280, Maurer Rdnr. 51 ff., Schmalz S. 101, Wallerath, S. 110. 49 Forsthoff S. 127 ff., Giemulla/Jaworski/Müller-Uri Rdnr. 280. 50 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 27. 51 FriaufJuS 1962, 423. 52 Bsp. nach Giemulla/Jaworski/Müller-Uri S. 126. 53 BVerfGE 20, 150, 155; Brauer S. 47 m.w.N., Ossenbühl DÖV 1968, 624. 54 Brauer S. 47 f. 44
38
Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
Anders verhält es sich bei den repressiven Verboten mit Befreiungsvorbehalt. Hier wird die vom Bürger angestrebte Tätigkeit als grundsätzlich sozialschädlich bzw. unerwünscht angesehen. Daher soll ein solches Verhalten nicht nur einer vorherigen Kontrolle unterworfen werden, sondern prinzipiell unterdrückt werden 55 . Nur im Einzelfall, namentlich wenn private, grundrechtlich geschützte Interessen den Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr überwiegen, kann eine Erlaubnis erteilt werden, die in diesem Zusammenhang auch als Dispens bezeichnet wird 56 . Hier wird dem Bürger nicht die Schranke geöffnet, vielmehr wird ihm erlaubt, "über die Mauer zu steigen"; sein Rechtskreis wird erweitert. Die Erteilung des Dispenses steht im - wenn auch pflichtgemäßen - Ermessen der Genehmigungsbehörde. Das bedeutet, daß der Genehmigungsbehörde in diesen Fällen im Rechtsfolgenbereich grundsätzlich ein eigener Entscheidungsspielraum dahingehend eingeräumt ist, ob sie den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung positiv oder negativ bescheidet57. Grenzen ihres Ermessens sind der Behörde lediglich durch die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG relevante Selbstbindung sowie durch etwa existierende Ermessensrichtlinien gesetzt. a) Einordnung nach gesetzessystematischen Gesichtspunkten Wenn auch die Unterscheidung zwischen präventiven und repressiven Verboten auf den ersten Blick einleuchtend erscheint, so läßt sich doch eine klare Trennlinie im Einzelfall nicht ohne Schwierigkeiten ziehen, da die Übergänge zwischen den Arten der Verbote fließend sind 58 . Die Gesetzgebungstechnik kann dabei lediglich ein schwaches Indiz, jedoch nicht die endgültige Lösung des Problems darstellen 59. Ob das repressive Verbot im Gesetz eindeutig als Verbot bezeichnet wird ("Die Handlung X ist verboten. Sie kann ausnahmsweise erlaubt werden, wenn..."), gefolgt von Vorschriften, die eine Ausnahme des generellen Verbots regeln, oder ob umgekehrt ein bestimmtes Verhalten von vornherein einer Genehmigung unterstellt wird ("Die Handlung X bedarf der Genehmigung"), kann von gesetzgeberischen Zufällen abhängen. Ein einheitliches, strikt durchgehaltenes legislatorisches Prinzip ist nicht erkennbar. Als Beispiele anerkannter repressiver Verbote seien hier § 19 BSeuchenG60, § 3 BtmG 61 , § 1 Abs. 4 KulturgutSchG 62, § 35 WaffenG 63 , § 31 BauGB 64 ge-
55
Faber S. 109, Huber S. 698. Giemulla/Jaworski/Müller - Uri Rdnr. 280, Drews/Wacke/Vogel/Martens § 26 1 b), § 23 Nr.5 a). 57 Schwabe JuS 1973, 138. 58 Bachof, S. 221, Friauf JuS 1962, 424. 59 In diesem Sinne Schwabe JuS 1973, 134. 60 Vgl. Jescheck §33 VI. 3., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 61. 56
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
39
nannt, bei denen jedoch gesetzgebungstechnisch nie ein ausdrückliches Verbot statuiert wurde. Im Gegensatz dazu verbietet § 16 Abs. 1 VersG - ein ebenfalls repressives Verbot mit der Möglichkeit der Dispensierung 65- explizit Versammlungen unter freiem Himmel innerhalb bestimmter Bannkreise. Ausnahmen hiervon sind nach § 3 Bannmeilengesetz möglich. Gesetzestechnisch repressiv ausgestaltet ist hingegen § 5 Abs. 1 AMG, der das Verbot, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen ausspricht, obwohl er von der normativen Zielsetzung her überwiegend präventive Zwecke verfolgt 66 . Die Gesetzgebungstechnik erweist sich daher als ein unscharfes Kriterium, bzw. lediglich als schwaches Indiz zur Abgrenzung von präventiven und repressiven Verboten. b) Einordnung nach quantitativen Gesichtspunkten Einen anderen Ansatzpunkt zur Abgrenzung könnte die Unterscheidung nach quantitativen Gesichtspunkten bieten67. Ausgehend davon, daß beim repressiven Verbot das Verbotensein der Handlung die Regel, die Erlaubnis dagegen die Ausnahme sein soll, handle es sich bei Genehmigungen für Tätigkeiten, die nur einer derart kleinen Minderzahl der Interessenten erlaubt werden kann, daß der Begriff "Ausnahme" seinen Wortsinn behält, um Ausnahmebewilligungen (Dispense)68. Aber auch dieses Abgrenzungskriterium erweist sich als unscharf. Es ist durchaus denkbar, daß bei dispensierungsfähigen Tatbeständen absolut die Zahl der erteüten Genehmigungen die Zahl der abschlägigen Bescheide übersteigt. Auch umgekehrt ist es möglich, daß bei Genehmigungsverfahren bezüglich 61
Jescheck § 33 VI. 3. Lenckner in FS für PfeifferS. 27. 63 Giemulla/Jaworski/Müller - Uri Rdnr. 280; Faber, S. 110 führt hierzu zutreffend aus, im engeren deutschen Kulturkreis verletze die öffentlich getragene Waffe soziale Normen, während dies beispielsweise im amerikanischen Raum vor dem historischen Hintergrund der Wildwest-Pioniere wohl kaum der Fall sein wird. 64 Giemulla/Jaworski/Müller-Uri Rdnr. 280. 65 Erbs/Kohlhaas - Meyer § 16 2., Wolff/Bachof §48 Π c, Dietel/Ginzel § 16 Rdnr. 15, Schwarze DÖV 1985, 219, OVG Saarlouis 1974, 277. 66 Zur präventiven Zielsetzung des § 5 Abs. 1 AMG vgl. Räpple S. 21. 67 In diesem Sinne Schwabe JuS 1973, 135. 68 Schwabe JuS 1973, 135. 62
40
Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
präventiver Verbote die abschlägigen Bescheide gegenüber der erteilten Genehmigungen in der Überzahl sind. Das Resultat des Genehmigungsverfahrens kann etwa damit zusammenhängen, wie sorgfältig die Antragstellung durch den Antragsteller vorbereitet wurde. Zuverlässige Ergebnisse lassen sich hieraus nicht gewinnen. c) Einordnung nach Sinn und Zweck des Verbotes Richtigerweise hat sich die Unterscheidung zwischen repressivem und präventivem Verbot insbesondere daran zu orientieren, welche Ziele und Zwecke mit den die jeweiligen Genehmigungsvorbehalte beinhaltenden Gesetzen verfolgt werden und ggf. in welchem historischen Gesamtzusammenhang sie zu sehen sind. Nur so läßt sich ein Genehmigungsvorbehalt hinreichend dahingehend interpretieren, ob er bestimmte Tätigkeiten grundsätzlich zu unterbinden beabsichtigt und nur in Fällen, in denen Grundrechte des Antragstellers dies erfordern, eine Ausnahme davon zuläßt, oder ob der Vornahme der Handlung lediglich eine Präventivkontrolle vorgeschaltet werden soll. Auch hierbei ist auf die oben bereits beschriebenen Auslegungsmethoden zurückzugreifen 69. Es ist also eine gewissermaßen "verschachtelte" Auslegung der jeweiligen Straftatbestände vorzunehmen: Der Straftatbestand ist teleologisch anhand des korrespondierenden verwaltungsrechtlichen Gesamtzusammenhangs zu interpretieren, der sich selbst jedoch auch nur aufgrund teleologischer Erwägungen erschließen läßt.
2. Abgrenzung anhand einzelner Beispiele Diese Abgrenzung läßt sich anhand einzelner Beispiele verdeutlichen: a) Beispiele von Genehmigungen mit rechtfertigender
Wirkung
aa) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 22a KWKG So bestimmt etwa § 6 Abs. 1 KWKG ausdrücklich, daß ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung der in den §§ 2 - 4a KWKG statuierten Verhaltensweisen nicht besteht. Mit dieser deutlichen Formulierung soll dem Zweck des KWKG im Hinblick auf Art. 26 GG Rechnung getragen werden, da das KWKG als Ausfuhrungsgesetz gemäß Art. 26 Abs. 2 GG ergangen ist.
69
Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter Β.Π., ΠΙ., IV.
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
41
Es stand bei den Beratungen des Grundgesetzes zur Debatte, ein ausnahmsloses Verbot für Kriegswaffen zu statuieren . Dieser Vorschlag wurde jedoch aus verteidigungspolitischen und strategischen Überlegungen heraus verworfen, da es nicht realisierbar erschien, auf deutschem Boden gänzlich auf Kriegswaffen zu verzichten, weil Kriegswaffen auch zu Verteidigungszwecken verwendet werden können. Der Grundsatz, daß Kriegswaffen auf deutschem Boden unerwünscht sind, sollte aber durch Art. 26 Abs. 2 GG zum Ausdruck gebracht werden. So wurde die erste Fassung des späteren Art. 26 Abs. 2 GG (damals Art. 29 c GG) folgendermaßen formuliert: "Kriegswaffen dürfen außer mit Genehmigung der Bundesregierung weder hergestellt, noch..."71. Aus redaktionellen Gründen wurde in der 29. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates die Formulierung "außer...", die besonders deutlich auf den Ausnahmecharakter der Genehmigung hinweist, durch "nur..." ersetzt, wodurch Art. 26 Abs. 2 GG seine endgültige Fassung erhielt 72. An der grundgesetzlichen Ächtung der Kriegswaffen sollte sich durch diese Umformulierung nichts ändern. Es wurde ausdrücklich betont, es handle sich lediglich um eine redaktionelle Änderung 73 . Eine historische Aspekte berücksichtigende Auslegung des K W K G führt zum Ergebnis, daß jedenfalls die Herstellung, Beförderung und das Inverkehrbringen von Kriegswaffen 74 - wie in Art.26 Abs. 2 GG ausdrücklich erwähnt - einem repressiven Verbot unterliegen, das in Einzelfällen durch die Erteilung eines Dispenses aufgehoben werden kann 75 .
70
Pari. Rat Drucksachen S. 279, Pari. Rat Verhandlungen des Hauptausschusses S. 349 f. 71 Pari. Rat, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Entwürfe, Bonn 1948/49, Drucksache 279, S. 17. 72 Vgl. hierzu auch Brauer S. 119. 73 Pari. Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses S. 349 f.; die Änderung des Wortlautes entsprang dem Vorschlag des Mitglieds des Pari. Rates Dr.Lehr (CDU), bzgl. dessen der Vorsitzende des Hauptausschusses Schmid ausdrücklich die Zustimmung zu einer redaktionellen Änderung feststellt; dies übersieht Pottmeyer, Einl. Rdnr. 75. 74 Nur diese Handlungen sind in Art. 26 Abs. 2 GG ausdrücklich genannt. 75 Zu diesem Ergebnis gelangen: AK - Frank F. Rdnr. 47, Brauer S. 118, Gusy JA 1981, 84, Jarass/Pieroth Art. 26 Rdnr. 7, von Münch - Hernekamp Art. 26 Rdnr. 27, Roeser S. 97, andeutungsweise auch Rengier ZStW 101 (1989), 880; aA von Burchard S. 27, Epping S. 122 ff., Pottmeyer Einführung Rdnr. 72 ff. unter Berufung auf den Beschluß der Bundesregierung vom 28.4.1982, veröffentlicht im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 5.5.1982, Nr. 38 S. 308, wonach eine Genehmigung für den Handel mit Kriegswaffen innerhalb der Bundesrepublik und über ihre Grenzen hinaus in NATO-Länder zu erteilen ist. Dieser Regierungsbeschluß vermag aber die grundsätzliche Zielsetzung des KWKG nicht zu ändern.
42
Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
Gestützt wird diese Ansicht durch die drastische Strafdrohung des § 22a KWKG, durch die die grundsätzliche, besondere Sozialschädlichkeit des Umgangs unterstrichen wird: Ein kriegswaffenkontrollrechtlich relevantes Verhalten, das einer Genehmigungspflicht unterliegt wird als Verbrechen verfolgt, sofern die Handlung ohne Genehmigung durchgeführt wird 76 . Der kriegswaffenkontrollrechtlichen Genehmigung kommt somit jedenfalls in den Fällen, in denen sie die Herstellung, das Befördern und Inverkehrbringen im Sinne der §§ 2 - 4 K W K G erlaubt, "nur" rechtfertigende Wirkung zu, obwohl der Wortlaut des Straftatbestandes § 22a KWKG ausdrücklich auf ein Handeln ohne Genehmigung Bezug nimmt. bb) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 16 KulturSchG Gleiches gilt etwa auch für den nebenstrafrechtlich geregelten § 16 KulturSchG, der die ungenehmigte Ausfuhr von Kultur- oder Archivgut unter Strafe stellt. Auch dort fungiert die behördliche Genehmigung, sofern vorhanden, als bloßer Rechtfertigungsgrund 77. Das KulturschG hat zur Aufgabe, national wertvolles Kultur- bzw. Archivgut (§§ 1, 10 KulturSchG) im Inland zusammenzuhalten, ein Abwandern dieser Güter ins Ausland soll verhindert werden. Deshalb enthält § 1 Abs. 4 KulturSchG die Anweisung an die Exekutive in Form einer Negativschranke, den grundsätzlich unerwünschten Vorgang des Abwanderns von Kultur- oder Archivgut zu versagen, "..., wenn bei Abwägung der Umstände im Einzelfall wesentliche Belange des deutschen Kulturbesitzes überwiegen" 78. Erst wenn diese Negativschranke, die auf die generelle Unerwünschtheit hinweist, überwunden ist, kann die Behörde ihr Ermessen hinsichtlich der Erteilung der Genehmigimg ausüben. cc) Genehmigungen in den StrafVorschriften der §§ 52a, 53 Abs. 1, 3 WaffenG Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang auch das Verbot des § 37 Abs. 1 WaffG, nach dem die Herstellung, Bearbeitung, Instandsetzung, etc. bestimmter, als besonders gefährlich eingestufter Waffen, Waffenteile oder Geschosse unter einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 37 Abs. 3 WafïG gestellt
76
Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die erhebliche Strafdrohung des § 22a KWKG Pottmeyer § 22a Rdnr. 5. Gerade wegen der ungewöhnlich hohen Strafdrohung dieser Norm und ihrer zunehmenden praktischen Bedeutung erscheint es zumindest erwägenswert, die Strafhorm des § 22a KWKG in das Kernstrafrecht einzustellen. Die Appellwirkung der Norm ließe sich so steigern. W Blei § 43 1.1., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 27, Roxin § 17 Rdnr. 46, Winkelbauer NStZ 1988, 204. 78 Entsprechendes gilt für Archivgut gem. § 10 Abs. 3 KulturSchG.
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
43
wurden. Zuwiderhandlungen werden gemäß §§ 52a, 53 Abs. 1, 3 WaffG teils als Verbrechen, teils als Vergehen bestraft. Der Genehmigungsvorbehalt ist dabei so formuliert, daß § 37 Abs. 1 WaffG zunächst ein generelles Verbot statuiert, von dem das nach § 37 Abs. 3 WaffG zuständige Bundeskriminalamt im Einzelfall Ausnahmen zulassen kann 79 . Schon die Formulierung des § 37 Abs. 1 WaffG als absolutes Verbot ist ein Indiz für den repressiven Charakter dieses Verbots. Bestätigt wird dies durch die mit den in § 37 WaffG verfolgten Zielsetzungen: Die dort aufgeführten Waffen bzw. das genannte Zubehör wird im allgemeinen häufig für die Begehung von Straftaten verwendet oder zeichnet sich durch besondere Gefährlichkeit aus80. Deshalb besteht ein staatliches Interesse daran, den Umgang mit derartigen Gegenständen grundsätzlich gänzlich zu verbieten und nur in begründeten Ausnahmefällen zuzulassen. Dies kommt darin zum Ausdruck, daß zunächst feststehen muß, daß öffentliche Interessen der Genehmigungserteilung nicht entgegenstehen dürfen, und erst danach dem Bundeskriminalamt als zuständiger Genehmigungsbehörde ein Ermessen in Bezug auf die Genehmigungserteilung eingeräumt ist. Hierfür werden "schwerwiegende Interessen des Antragstellers" 81 gefordert. dd) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 324 StGB Daß im Bereich des § 324 StGB das Merkmal "unbefugt" als allgemeines Deliktsmerkmal, das auf mögliche Rechtfertigungsgründe aufmerksam machen soll und nicht als den Tatbestand einschränkendes Merkmal zu interpretieren ist 82 , ergibt sich vor folgendem Hintergrund: Zunächst einmal ist festzuhalten, daß zumindest das Vorliegen einer (rechtmäßigen) wasserrechtlichen Genehmigung (Erlaubnis nach § 7, Bewilligung nach § 8 WHG) die entsprechende Gewässerverunreinigung zu einer "befugten" werden läßt.
79
Zu den Ausnahmegenehmigungen gemäß § 37 Abs. 3 WaffenG vgl. Apel Erl. § 37 WaffG Anm. 4., Ehmke S. 116. 80 Apel Einführung Anm. 1., Ehmke WaffG § 37 S. 104. 81 Vgl. Ehmke WaffG § 37 S. 116. 82 So die ganz herrschende Meinung: BayObLG ZfW 1983, 42, OLG Stuttgart ZfW 1977, 121, OLG Frankfurt JR 1988, 169; Dreher/Tröndle §324 Rdnr. 7, Gieseke/Wiedemann/Czychowski § 324 StGB Rdnr. 30, Kloepfer/Brandner ZfW 1989, 10, Sack § 324 StGB Rdnr. 59 ff., Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 14, § 324 Rdnr. 11, SK - Horn § 324 Rdnr. 6, Winkelbauer S. 24, jedoch einschränkend für alte Rechte und Befugnisse nach § 15 WHG, Gewässerbenutzung bei Übungen und Erprobungen nach § 17 a WHG und für Fälle des Eigentümer-, Anliegerund Gemeingebrauchs nach §§ 23, 24 WHG; für die Berücksichtigung des Merkmals unbefugt bereits auf Tatbestandsebene hingegen Roxin § 17 Rdnr. 46, Winkelbauer NStZ 1988, 203.
44
Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung
Daneben kann festgestellt werden, daß der vom WHG und den landesrechtlichen Wassergesetzen intendierte Zweck nicht der ist, jegliche Gewässerbenutzung schlichtweg zu unterbinden und nur in Einzelfällen die Benutzung zu gestatten. Für industrielle und gewerbliche Zwecke oder Zwecke der Daseinsvorsorge ist die Inanspruchnahme von Grund- oder Oberflächenwasser unerläß83
lieh . Allerdings muß die Entscheidung über die Zulassung der Gewässerbenutzung "...immer in das Wohl der Allgemeinheit einzuordnen und der Ordnung des Wasserhaushalts im Sinn einer Bewirtschaftung der Gewässer unterzuordnen sein" 84 . Ein Anspruch, etwa aus Art. 14 oder Art. 2 GG auf Befreiung von wasserrechtlichen Verboten besteht nicht 85 . Vielmehr wird das Recht, die Benutzung des Gewässers vorzunehmen, erst durch die Genehmigung begründet. Dies allein spricht schon für die Behandlung des wasserrechtlichen Verbotes als repressiv. Im übrigen verbietet der als Erfolgsdelikt ausgestaltete Straftatbestand des § 324 StGB 86 zunächst jede nachteilige Veränderung der Eigenschaften eines Gewässers, knüpft also nicht lediglich an eine unbefugte Benutzung des Gewässers an. Die bloße genehmigungslose Gewässerbenutzung ohne das qualifizierende Merkmal der Gewässerverunreinigung wird gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 WHG als Ordnungswidrigkeit geahndet87. Wird eine solche Gewässerbenutzung mit einhergehender nachteiliger Veränderung des Gewässers zugelassen, so ist diese Entscheidung Ergebnis einer Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Belangen, bei der den privaten Belangen ein höherer Stellenwert eingeräumt wurde 88 . Die behördliche Genehmigung im Rahmen des Straftatbestandes § 324 StGB beseitigt daher nicht straftatbestandlich umschriebenes Unrecht als negatives Tatbestandsmerkmal, sondern fungiert als Rechtfertigungsgrund.
83
Gieseke/Wiedemann/Czychowski § 2 Rdnr. 4, Sieder/Zeitler § 2 WHG Rdnr. 2b. Sieder/Zeitler § 2 WHG Rdnr. 2b. 85 Gieseke/Wiedemann/Czychowski § 6 Rdnr. 2. 86 OLG Frankfurt JR 1988, 169, Keller JR 1988, 173, LK - Steindorf § 324 Rdnr. 40. 87 Vgl. Gieseke/Wiedemann/Czychowski § 41 Rdnr. 1, Kloepfer/Brandner ZfW 1989, 23. 88 Gieseke/Wiedemann/Czychowski § 324 Rdnr. 25; allerdings ist zu beachten, daß gemäß § 6 WHG ein Ermessensspielraum von vornherein nicht eröffnet ist, wenn von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Nebenbestimmungen oder andere Maßnahmen abgewendet werden können. 84
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
45
ee) Die abfallrechtliche Genehmigung in § 326 StGB Das Abfallrecht ist von seiner Zweckrichtung her daran orientiert, im Interesse der Allgemeinheit die Umwelt in ihren verschiedenen Medien zu schützen89. Nach dem in § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG 90 aufgestellten Grundsatz dürfen Abfalle deshalb ausschließlich in den hierfür zugelassenen Abfallentsorgungsanlagen entsorgt werden. Es soll damit vermieden werden, daß Abfälle wild beseitigt werden und dadurch Gefahren für die Umwelt und die Allgemeinheit entstehen. Ausnahmsweise können Abfälle auch auf andere Art und Weise entsorgt werden, sofern die zuständige Behörde von der geordneten Entsorgung Ausnahmen zuläßt, § 4 Abs. 2 KrW-/AbfG. Durch diese Regelung soll der zuständigen Behörde ermöglicht werden, Ausnahmen zu gestatten, sofern eine besondere Situation im Einzelfall gegeben ist, die die Entsorgung von Abfällen außerhalb von Anlagen nach § 27 Abs. 1 KrW/AbfG unbedenklich und angebracht erscheinen läßt 91 . Hier wird deutlich, daß auf eine solche Ausnahmegenehmigung kein Anspruch besteht, und der Rechtskreis des Bürgers durch die Erteilung der Genehmigung erweitert wird. Die Ausnahmegenehmigung darf nur nach vorheriger sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen - Interesse der Allgemeinheit am Unterbleiben von wüder Abfallbeseitigung und Individualinteresse an der Entsorgung von Abfall außerhalb dafür vorgesehener Anlagen - erteilt werden. Das abfallrechtliche Verbot der ungeregelten Abfallbeseitigung ist daher als repressiv, das Merkmal "unbefugt" insoweit als allgemeines Merkmal der Rechtswidrigkeit zu qualifizieren 92 . Die entsprechende Genehmigung ist daher ein Rechtfertigungsgrund.
89
Dazu, daß der Straftatbestand des § 326 Abs. 1 StGB, der teilweise auf das Abfallrecht rekurriert, neben der Umwelt in Nr. 1 zumindest in den Modalitäten der Nr. 2 und 3 letztlich den Menschen schützt (Leben, Gesundheit, Eigentum) Schittenhelm GA 1983, 312. 90 Das KrW-/AbfG wurde als Art. 1 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen vom 27.09.1994, BGBl. I, S.2085, verkündet und trat überwiegend zum 06.10.1996 in Kraft; §27 Abs. 1 KrW-/AbfG hat von seinem Regelungsgehalt her § 4 AbfG abgelöst. 9f Hoschützky/Kreft § 4 Anm. 2.1. zu § 4 AbfG 92 So auch Schönke/Schröder - Cramer § 326 Rdnr. 16, Winkelbauer S. 25 f.; das Merkmal "unbefugt" in § 326 StGB kann aber auch Tatbestandsbegrenzungsfunktion haben. Dies gilt etwa dann, wenn die Beseitigung spezieller Abfalle außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen - wie z.B. in § 5 Abs. 2 Tierkörperbeseitigungsgesetz geregelt
46
Kapitel 3: Relevanz behördlicher Genehmigung ff) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 284 StGB
Die Liste repressiver Verbote läßt sich schließlich noch mit den grundsätzlichen Verboten der Veranstaltung von Glücksspielen fortsetzen, deren Durchführung gem. § 284 StGB sanktioniert sind. Die grundsätzlich mißbilligte Spielleidenschaft der Bevölkerung wird nur im Einzelfall zu Gunsten überwiegender 93
fiskalischer Interessen wegen geopfert . b) Beispiele von Strafnormen, in denen die Genehmigung zum Tatbestandsausschluß fährt aa) Die Genehmigung im Straftatbestand des § 327 Abs. 1 StGB Hingegen ergibt sich beispielsweise aus der Intention des AtomGes, die Erforschung, die Entwicklung und die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwekken zu fördern, die in § 1 Nr. 1 AtomG ihren Niederschlag gefunden hat, daß etwa der Genehmigungsvorbehalt des § 7 Abs. 1 AtomG lediglich präventiven Charakter besitzt, das Vorliegen einer atomrechtlichen Anlagengenehmigung daher also bereits zum Tatbestandsausschluß im Rahmen des § 326 StGB führt 94 . bb) Die Genehmigung nach dem BImSchG in den §§ 325, 325 a, 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB Hinsichtlich der Verbote nach dem BImSchG, auf die in den Strafvorschriften der §§ 325, 325 a, 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB Bezug genommen wird, stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Eindeutige Hinweise des Gesetzgebers, wie im Falle des Atomrechts, die auf ein grundsätzliches Verboten- oder Erlaubtsein des Betreibens von immittierenden Anlagen schließen lassen, existieren im Bereich des BImSchG nicht. Allerdings lassen sich aus der gesetzlichen Systematik Folgerungen ableiten. So unterscheidet das BImSchG in seinem Regelungsbereich zwischen gänzlich genehmigungsfreien (§§ 22 ff. BImSchG) und genehmigungspflichtigen Anlagen (§ 4 BImSchG). Bereits daraus läßt sich folgern, daß der Gesetzgeber nicht von vornherein von einem grundsätzlichen Verbotensein des Betreibens immittierender Anlagen ausgeht. Darüber hinaus gibt § 6 BImSchG, nach dem eine Genehmigung zu erteilen ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Hinweis darauf, daß das Betreiben von immit-
- generell zulässig ist, vgl. Schönke/Schröder - Cramer § 326 Rdnr. 16, Winkelbauer S. 25 f; aA LK - Steindorf § 326 Rdnr. 60. 93 Roxin § 17 Rdnr. 46. 94 Keller in FS für Rebmann S. 255, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 27, LK Steindorf § 327 Rdnr. 22, Roxin § 17 Rdnr. 44.
Β. Strafrechtliche Abgrenzung
47
tierenden Anlagen nicht generell verboten sein soll 95 . Anders als im Wasserrecht unterliegt das Medium Luft keinem behördlichen Bewirtschaftungsermessen. Es findet also kein behördlicher Abwägungsvorgang statt, so daß es der ganz herrschenden Meinung entspricht, der behördlichen Genehmigung in den genannten Normen von einem präventiven Verbot befreiende und demgemäß strafrechtlich tatbestandsausschließende Wirkung zukommen zu lassen96. cc) Die Fahrerlaubnis in § 21 StVG Es mag kaum zu bezweifeln sein, daß es nicht Intention des StVG ist, das Autofahren in der Bundesrepublik gänzlich zu unterbinden. Das Erfordernis zur Ablegung einer Eignungsprüfung zum Erwerb des Führerscheins nach § 2 StVG beruht auf bloßen Ordnungsvorstellungen, nämlich daß die Verkehrssicherheit eben eine prinzipielle Fahrerlaubnispflicht erfordert 97. Ein generelles Verbot der Teilnahme am Straßenverkehr wäre mit der durch die Verkehrsfreiheit konkretisierten allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG gar nicht vereinbar 98. Das Merkmal der Fahrerlaubnis in § 21 StVG, die ebenfalls in Form eines begünstigenden Verwaltungsaktes ergeht, dient daher als negatives Tatbestandsmerkmal der Begrenzung des Straftatbestandes § 21 StVG.
95
Vgl. Bender/Sparwasser Rdnr. 242 f. m.w.N. Ensenbach S. 31 m.w.N., Heider S. 87, Sack § 325 Rdnr. 120, Schönke/Schröder - Stree § 325 Rdnr. 7, Winkelbauer S. 25. 97 BVerfG VRS 1956, 407; Jagusch/Hentschel § 2 StVG Rdnr. 1. 98 Vgl. Haselau S. 83. 96
4. Kapitel
Überblick über die verwaltungsrechtliche Fehlerlehre in bezug auf Verwaltungsakte Behördliche Genehmigungen ergehen in aller Regel in Form von Verwaltungsakten im Sinne des § 35 VwVfG 1 . Sie stellen, da sie dem Betroffenen einen rechtlich erheblichen Vorteil in Form der Gestattung zur Vornahme einer Handlung verschaffen, sogenannte begünstigende Verwaltungsakte dar 2.
A. Sachwalterfunktion der Exekutive Die Funktion der Verwaltung bei der Erteilung von Genehmigungen ist vor folgendem Hintergrund zu sehen, der an späterer Stelle auch für strafrechtliche Beurteilungen von Relevanz sein kann: Insoweit, als der Verwaltung durch entsprechende Gesetze die Kompetenz eingeräumt ist, unter den jeweils gesetzlich normierten Voraussetzungen Genehmigungen zu erteilen, handelt sie als Sachwalterin des Gemeinwohls3. Sie verwaltet also bestimmte Güter, die dem Gemeinwohl zuträglich sind, indem sie darüber entscheidet, ob bestimmte Verhaltensweisen, die in bezug auf das jeweilige Gut einem Genehmigungsvorbehalt unterhegen, zugelassen werden oder nicht. Die Verwaltung dieser Güter ist ihr treuhänderisch übertragen 4. Im Falle präventiver Verbote beschränkt sich die Prüfung auf die Frage, ob im Einzelfall Gründe einer Tätigkeit entgegenstehen, auf deren Erlaubnis der Bürger grundsätzlich einen Anspruch hat. So wird etwa die Erteilung einer Fahrerlaubnis dann versagt, wenn der Betroffene aufgrund gesundheitlicher Mängel oder aber auf-
Zur öffentlich-rechtlichen Genehmigung in Form einer Rechtsverordnung vgl. in diesem Kapitel unter D. 2 Zur Unterscheidung begünstigender und belastender Verwaltungsakte vgl. Battis Rdnr. 119, Maurer § 9 Rdnr. 47. 3 Vgl. zur Sachwaltertheorie Achterberg § 1 Rdnr. 27. 4 Hübenett S. 49, Zeitler S. 47.
Α. Sachwalterfunktion der Exekutive
49
grund mangelnden fahrerischen Könnens nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug sicher im Straßenverkehr zu steuern und deshalb eine erhöhte potentielle Gefahr für den Straßenverkehr darstellen würde. Bei repressiven Verboten und mit ihnen korrespondierenden Ausnahmebewilligungen findet hingegen eine zusätzliche, über die Präventivkontrolle hinausgehende Güterabwägung zwischen den Interessen des Antragstellers an der Vornahme und entgegenstehenden Gründen des Gemeinwohls am Unterbleiben der Tätigkeit statt. Wie bereits oben dargestellt wurde 5, bezwecken die gesetzlichen Verbote, gleichgültig, ob sie als präventiv oder repressiv einzustufen sind, zumindest auch eine präventive Vorabkontrolle der Verwaltung, um Gefahren für das Gemeinwohl schon im Vorfeld zu verhindern. Ein repressives Verbot enthält immer gewissermaßen als "Minus", ein präventives Verbot 6. Die verwalteten Güter sind dabei vielfältiger Art. So "verwaltet" die Exekutive etwa im Bereich der Führerscheinpflicht gemäß § 2 StVG die Sicherheit des Straßenverkehrs, indem sie sicherzustellen hat, daß ungeeigneten Personen das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr nicht gestattet wird 7 . Sie tritt im Anwendungsbereich der Umweltschutzgesetze als Sachwalterin des Gemeinwohls insoweit auf, als die Vermeidung oder Reduzierung auf ein noch erträgliches Maß für die Umwelt schädlicher Tätigkeiten in Form der Durchführung von Genehmigungsverfahren in ihre Hände gelegt ist. Die zuständigen Behörden verwalten also mit den ihnen zur Verfügung stehenden Instrumentarien die Umwelt 8 . Im Bereich des KWKG "verwaltet" sie den durch das K W K G geschützten Völkerfrieden, verstanden im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens der Völker 9, durch die Vorschriften des KulturSchG sind ihr Verwaltungsaufgaben hinsichtlich des Schutzes von Kultur-und Archivgut übertragen. Aus dem aus Art. 20 GG folgenden Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ergibt sich, daß sie diese Verwaltungsaufgaben in der gesetzlich vorgegebenen Art und Weise vorzunehmen hat und Genehmigungen nur dann erteilen darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
5
Vgl. hierzu das 2. Kapitel der Arbeit. Hüwels S. 25, 28, Rademacher S. 140. 7 BVerfG VRS 1956, 407; Jagusch/Hentschel § 2 StVG Rdnr. 1. 8 Kloepfer/Meßerschmidt S. 102 ff., Schmitz S. 51. 9 Zur Schutzrichtung des KWKG vgl. von Burchard S. 6 ff., Erbs/Kohlhaas Steindorf KWKG Vorb. Anm. 5, Hinze § 1 KWKG Anm. 2, Potrykus Einl. Anm. 1, Pottmeyer Einleitung Rdnr. 63. 6
4 Forlun
50
Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
B. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten Allerdings wird die beschriebene Verwaltungstätigkeit in praxi nicht immer in der gesetzlich vorgeschriebenen Form durchgeführt. Für Fälle fehlerhaft ausgeübter Verwaltungstätigkeit im Bereich des Erlasses von Verwaltungsakten existieren spezielle Rechtsnormen, die bestimmte Rechtsfolgen hinsichtlich fehlerhaften Verwaltungshandelns vorsehen. Anwendbar sind, vorbehaltlich spezialgesetzlich geregelter Sonderbestimmungen10, die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Regelungen über Rechtsgrund und Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten. Da Auswirkungen der Fehlerhaftigkeit der behördlichen Genehmigungen auf das Strafrecht im 5. und 6. Kapitel der Arbeit näher betrachtet werden, soll an dieser Stelle ein Überblick über die verwaltungsrechtliche Fehlerlehre in bezug auf Verwaltungsakte gegeben werden. In einer ersten, rechtsfolgenorientierten Grobunterscheidung werden fehlerhafte Verwaltungsakte in nichtige (§ 44 VwVfG) und bloß rechtswidrige (§ 48 VwVfG) unterteilt 11 . Beiden ist gemeinsam, daß sie nicht im Einklang mit der Rechtsordnung stehen, also an rechtlich relevanten Defiziten leiden. Sie unterscheiden sich jedoch in der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge: während nichtige Verwaltungsakte gemäß § 43 Abs. 3 VwVfG keinerlei Rechtswirkung nach außen zeitigen, vielmehr eo ipso unwirksam sind 12 , sind lediglich rechtswidrige Verwaltungsakte, abgesehen von ihrer etwaigen Aufhebung mit ex-nunc oder extunc-Wirkung oder aus anderen, in § 43 Abs. 2 VwVfG aufgeführten Gründen der Erledigung 13, grundsätzlich wirksam.
10 So beispielsweise § 16 Abs. 2 AsylVfG, § 17 Abs. 2 AtomG, § 15 Abs. 1, 4 GastG, § 35 Abs. 2 Nr. 1 KWG, § 47 Abs. 1 WafJG, §§ 12 Abs. 2 Nr. 1, 19c Abs. 2 Nr. 1 WHG. Nicht entscheidend ist dabei der Wortlaut der entsprechenden Aufhebungsvorschrift: § 7 KWKG etwa, der zwar nach seinem Wortlaut den Fall des Widerrufs (rechtmäßiger Verwaltungsakte, vgl. § 49 VwVfG) behandelt, gilt jedoch auch für Genehmigungen rechtswidrigen Inhalts, vgl. Pottmeyer § 7 Rdnr. 4. 11 Achterberg § 21 Rdnr. 189. 12 Vgl. Kopp § 43 Rdnr. 20. 13 Zur Befristung bzw. anderweitigen Erledigung eines Verwaltungsaktes vgl. Kopp § 43 Rdnr. 16 ff.
Β. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten
51
I. Die nach verwaltungsrechtlichen Kriterien nichtige Genehmigung Die Nichtigkeit von Verwaltungsakten kann sich sowohl aus formellen als auch aus materiellen Fehlern ergeben. Formelle Fehler betreffen dabei die Verletzung allgemein- oder spezialverwaltungesetzlicher Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften. Materielle Fehler resultieren aus der Nichtbeachtung materiell verwaltungsrechtlicher Normen. So enthält § 44 Abs. 2 VwVfG einen Katalog, der sich aus formellen und materiellen Fehlerquellen eines Verwaltungsakts zusammensetzt. Bei deren Vorliegen ist zwingend die Rechtsfolge "Nichtigkeit des Verwaltungsakts" angeordnet. Daneben statuiert § 44 Abs. 3 VwVfG einen Negativkatalog von Fehlern, deren Vorliegen allein nicht schon zur Nichtigkeit des entsprechenden Verwaltungsaktes führen. § 44 Abs. 1 VwVfG hingegen beschreibt generalklauselartig, daß ein Verwaltungsakt jedenfalls dann nichtig ist, "...soweit er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig 14 ist 15 ". Für die behördliche Genehmigung als begünstigendem Verwaltungsakt hat dies zur Folge, daß bei Vorliegen von Nichtigkeitsgründen gemäß § 44 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG die Genehmigung die von der erlassenden Behörde beabsichtigten Folgen nicht auslösen kann. Die Vornahme einer genehmigungspflichtigen Handlung wird daher nach verwaltungsrechtlichen Kategorien durch eine mit Mängeln im Sinne des § 44 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG behaftete Genehmigung nicht gestattet16.
14
Zum Erfordernis der Offenkundigkeit vgl. Knack - Klappstein § 44 Rdnr. 4.2, Kopp § 44 Rdnr. 8 ff. 1 Diese Regelung wurde aus der vor Erlaß des VwVfG herrschenden Evidenztheorie entwickelt, vgl. BVerwGE 19, 287, BVerwG DÖV 1978, 405, Wolf/Bachof § 511 c) 4. 16 BVerwG JZ 1990, 382, wo betont wird, daß die Nichtigkeitsfolge nicht nur bei einer durch den Verwaltungsakt hervorgerufenen Belastung sondern auch bei einer nicht erlaubnisfähigen Begünstigung in Form einer Genehmigung (im entschiedenen Fall die als sittenwidrig erkannte Genehmigung zum Betrieb einer "Peep-Show") eintritt; aA noch die Vorinstanz OVG Hamburg NVwZ 1985, 841. 4*
52
Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
Π. Die bloße Rechtswidrigkeit fehlerhafter Verwaltungsakte Weniger gravierende und/oder nicht offenkundige Fehler, gleichgültig ob formeller oder materieller Natur, führen zur bloßen Rechtswidrigkeit des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Der an solchen Fehlern leidende Verwaltungsakt ist und bleibt daher wirksam, bis er gemäß § 48 VwVfG oder entsprechender Spezialvorschriften zurückgenommen wird. Auch solche Genehmigungen gestatten grundsätzlich für die Zeit der Wirksamkeit der Genehmigung die Vornahme von Handlungen, die sich inhaltlich mit diesen, wenn auch rechtswidrigen Verwaltungsakten decken. Allerdings können solche Genehmigungen unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Da es strafrechtlich von Relevanz sein könnte, ob einzelne Fehlerarten sich zu Lasten des Antragstellers, der die Erteilung einer Genehmigung erstrebt, auswirken oder ob sie negative Auswirkungen auf die von der Exekutive jeweils verwalteten Güter zeitigen, wird an dieser Stelle auf verschiedene Fehlerarten begünstigender Verwaltungsakte eingegangen. 1. Formelle Fehler einer Genehmigung Formelle Fehler einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung können sich sowohl aus der Nichteinhaltung von Zuständigkeits- als auch von Form- und Verfahrensvorschriften ergeben. a) Zuständigkeitsfehler Zunächst ist hierbei auf Zuständigkeitsfehler einzugehen. Ein verwaltungsverfahrensrechthcher Zuständigkeitsfehler ist dann gegeben, wenn nicht die nach gesetzlichen Kompetenzverteilungsvorschriften örtlich (§ 3 VwVfG) und sachlich zuständige Behörde die Genehmigung erteilt hat, sondern an ihrer Stelle eine andere, unzuständige Behörde. Örtliche und sachliche Zuständigkeit einer Behörde sind zwingende Voraussetzung von Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns17. Durch die gesetzlich getroffenen Vorschriften über die Zuständigkeit bestimmter Behörden, bzw. innerhalb dieser bestimmter Fachabteilungen, soll sichergestellt werden, daß die den einzelnen Behörden zugewiesenen Sachgebiete möglichst optimal verwaltet werden 18. Erfahrungen und angesammeltes know-how sollen eine qualifizierte Entscheidungsfindung gewährlei-
17
Kopp § 3 Rdnr. 4. Für Zuständigkeitsvorschriften in bezug auf Umweltbehörden vgl. Schmitz S. 50 f. m.w.N. 18
Β. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten
53
sten. Diese Vorschriften dienen nicht ausschließlich dem Schutz des Bürgers vor unzutreffenden Behördenentscheidungen sondern selbstredend auch den jeweils durch die Fachgesetze den Behörden zur Verwaltung übertragenen Gütern 19. b) Verfahrens-
und Formfehler
Bei Verfahrensfehlern ist zwischen ausschließlich den Schutz der verwalteten Güter betreffenden Verfahrensvorschriften und den die Genehmigung beantragenden Antragsteller schützenden Verfahrensvorschriften zu differenzieren. Zur ersten Kategorie sind dabei solche Vorschriften zu rechnen, die die Durchführung eines förmlichen Verwaltungsverfahrens im Sinne der §§63 ff. VwVfG vor Erteilung einer Genehmigung anordnen. Solche Bestimmungen finden sich beispielsweise im Wasserrecht 20 oder Immissionsschutzrecht 21. Hier soll die Verwaltung in besonderem Maße in die Lage versetzt werden, etwaige Risiken des Vorhabens zu erkennen und diese bei der Erteilung der Genehmigung zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für gesetzlich angeordnete Planfeststellungsverfahren gemäß §§72 ff. VwVfG. Aber auch die Verfahrensvorschrift des § 24 VwVfG, in der der verwaltungsrechtliche Untersuchungsgrundsatz festgeschrieben ist, und die dem Grundsatz der Effektivität des Verwaltungshandelns entspringt 22, dient zumindest auch dem Schutz der durch die Exekutive verwalteten Güter. Eine Nichtbeachtung dieser Vorschriften birgt Gefahren für diese Güter in sich. Daneben existieren aber auch verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften, die überwiegend den Interessen der Antragsteller zu dienen bestimmt sind. Auch diese Fehler führen nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung. Hierbei ist in erster Linie an Anhörungsrechte des Antragstellers im Verwaltungsverfahren zu denken23. Anhörungsrechte sind für das förmliche Verwaltungsverfahren in § 66 VwVfG, für das übrige Verwaltungsverfahren in §28 VwVfG normiert. Nach ganz herrschender Meinung findet die Vorschrift des § 28 VwVfG auch dann mit der Folge, daß der Betroffe-
19
Zu denken ist hier etwa an die durch das AbfallG, das AtomG, das BImSchG, das WHG mit den jeweiligen Landeswassergesetzen geschützten Umweltmedien, den durch das KWKG geschützten Völkerfrieden oder den durch das KulturSchG Bestand des Kultur- und Archivgutes in der Bundesrepublik. 20 § 9 WHG in Verbindung mit den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen der Landeswassergesetze. 21 §10 BImSchG. 22 Kopp §24 Rdnr. 1. 23 Schmitz S. 51.
54
Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
ne angehört werden muß, Anwendung, wenn ein Antrag auf Erlaß eines begünstigenden Verwaltungsaktes ganz oder teilweise abgelehnt wird 24 . Dies ergibt sich daraus, daß die Versagung einer Genehmigung für einen Betroffenen vergleichbar gravierende Folgen haben kann wie ein Eingriff in Rechtspositionen, die er bereits innehat25. Diese Vorschriften dienen der Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips und sind Ausprägung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs 26 . Sie geben dem Bürger die Gelegenheit, Einfluß auf den Gang des Verfahrens zu nehmen27. Einen Schutz der durch die Exekutive verwalteten Güter bezwecken sie hingegen nicht. Gleiches gilt auch für etwaige verwaltungsgesetzlich angeordnete Schriftformerfordernisse, sofern sie nicht - wie in aller Regel anzunehmen ist 28 - gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG zur Nichtigkeit führen 29.
2. Materielle Fehler einer Genehmigung Auch materielle Mängel einer Genehmigung, die die Fehlerintensität des § 44 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG nicht erreichen, führen zur Rechtswidrigkeit einer Genehmigimg. Erläßt also eine Behörde eine Genehmigung, obwohl die gesetzlichen Voraussetungen hierfür gar nicht vorlagen, so führt dies zur Rechtswidrigkeit des entsprechenden Verwaltungsaktes. Da verwaltungsrechtliche Normen - von einem etwa eingeräumten Ermessen zunächst einmal abgesehen zwingend bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die beabsichtigte Handlung genehmigt und wann ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung abschlägig zu bescheiden ist, dienen auch diese Vorschriften dem Schutz der verwalteten Güter. Sie erfüllen hingegen keine Schutzfunktion zugunsten des Antragstellers. Entsprechende Fehler bei der Gesetzesanwendung im Genehmigungserteilungsverfahren wirken sich daher lediglich zu Lasten der verwalteten Güter aus.
24
Götz, NJW 1976, 1427, Kopp §28 Rdnr. 10, Obermayer §28 Rdnr. 12 f., Pitschas JuS 1983, 436 zum entsprechenden § 24 SGB X; ablehnend BVerwG DVB1 1983,271. 25 Götz NJW 1976, 1427. 26 Stelkens Rdnr. 258. 27 Kopp § 28 Rdnr. 2. 28 Vgl. Badura in FS für Boorberg S. 216, Kopp § 44 Rdnr. 21. 29 Dies gilt etwa für die kriegswaffenkontrollrechtliche Genehmigung nach § 10 Abs. 3 KWKG aber auch für die Genehmigung nach § 10 Abs. 7 BImSchG und die wasserrechtliche Genehmigung vgl. Rademacher S. 151, Schmitz S. 51 f.
Β. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten a) Ermessensfehler
55
bei der Genehmigungserteilung
Bei Ermessensnormen stellen des weiteren Fehler bei der Ausübung des behördlichen Ermessens solche Fehlerquellen dar, die zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung führen können. Zu unterscheiden sind hier verschiedene Formen von Ermessensfehlern 30: In Betracht kommt zum einen eine Ermessensüberschreitung, d.h. die Behörde wählt eine Rechtsfolge, die außerhalb der Ermessensvorschrift liegt und überschreitet damit die äußeren Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens31. Einen weiteren Ermessensfehler stellt die Ermessensunterschreitung, auch Ermessensnichtgebrauch genannt, dar. Hier ist der Behörde aufgrund einer verwaltungsrechtlichen Norm generell ein Ermessensspielraum eingeräumt, von dem die Behörde im Einzelfall jedoch keinen Gebrauch macht, obwohl sie hierzu verpflichtet ist 32 . Darüber hinaus ist der Ermessensfehlgebrauch als weiterer Ermessensfehler anerkannt 33. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt dann vor, wenn der gesetzliche Weg, der die Behörde zu ihrer Entscheidung geführt hat, fehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Behörde ihrer aus § 40 1.Variante VwVfG folgenden Verpflichtung, ein ihr eingeräumtes Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben, nicht nachkommt und sich bei ihrer Entscheidung von sachfremden Erwägungen leiten läßt 34 . Gleiches gilt für Konstellationen, in denen die Behörde die diversen öffentlichen und privaten Interessen, die sie zu beachten und bei ihrer Entscheidungsfindung gegeneinander abzuwägen hat, nicht hinreichend mitberücksichtigt 35. Schließlich kann auch eine Reduzierung oder Schrumpfung des Behördenermessens auf nur noch eine richtige Entscheidung eintreten. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten ist oder wenn ermessensbindende Richtlinien, die eine einheitli-
30
Battis Rdnr. 130 ff., Knack - Busch § 40 Rdnr. 9.2 ff., Maurer § 7 Rdnr. 11 ff. BVerwGE 15, 207, 212, BVerwG DVB1. 1980, 960, 962, BayVBl. 1973, 440, VGH München GewArch 1983, 330; Maurer § 7 Rdnr. 11 ff. 32 BVerwGE 31, 212, 213; 48, 81, 84; BVerwG NVwZ 1986, 553; Maurer §7 Rdnr. 11 ff, von Mutius Jura 1987, 99. 33 BVerwGE 42, 331, 339, BayVGH BayVBl. 1986, 625, OVG Lüneburg NUR 1988, 151, OVG Berlin NVwZ 1983, 481; Erichsen/Martens § 10 Rdnr. 17 ff. 34 Battis Rdnr. 133 f., Maurer § 7 Rdnr. 14. 35 Maurer §7 Rdnr. 14. 31
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Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
che Handlungsweise der Behörde festlegen, eine Ermessensbindung herbeiführen 36 . Hinsichtlich dieser Fallgruppen verschiedener Ermessensfehler ist weiter nach den Auswirkungen der Ermessensfehler zu differenzieren. Zum einen können sich die dargestellten Fehler zu Lasten des Antragstellers auswirken, nämlich dann, wenn er weniger erhält, als ihm von Gesetzes wegen zusteht. Die Genehmigung ist dann insoweit rechtswidrig, als sie ihrem Inhalt nach hinter dem zurückbleibt, worauf der Betroffene nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen einen Anspruch hat 37 . Dies kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Behörde eine sie bindende Ermessensreduzierung dahingehend mißachtet hat, daß dem Antragsteller eine Genehmigung in bestimmtem Umfang zwingend zu erteilen ist. Zum anderen sind aber auch Ermessensentscheidungen zu Lasten der von der Exekutive verwalteten Güter denkbar, die zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung führen. Das ist dann der Fall, wenn die Behörde eine Genehmigung erteilt, und oben dargestellte Ermessensfehler zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Belastung der verwalteten Güter führen. Ein solcher Ermessensfehler ist unproblematisch dann zu bejahen, wenn die Genehmigungsbehörde bei Erteilung der Genehmigung davon ausgegangen ist, sie müsse die Genehmigung zwingend erteilen und deshalb gar keine Ermessenserwägungen anstellt. Gleiches gilt aber auch insoweit, als die Genehmigungsbehörde, etwa durch Ermessensrichtlinien, wie z.B. Verwaltungsvorschriften nach § 7a WHG, in ihrer Entscheidungskompetenz eingeschränkt ist und diese bei ihrer Entscheidung mißachtet. Genehmigt sie eine Gewässernutzung in einem Ausmaß, das die existierenden Grenzwerte überschreitet, so führt dies zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Belastung des Umweltmediums Wasser. Schließlich sind Konstellationen denkbar, in denen die Genehmigungsbehörde aufgrund fehlerhaften Gebrauchs des ihr eingeräumten Ermessensspielraums eine Genehmigung erteilt. Läßt sich eine Behörde bei ihrer Entscheidung über die Ge-
36
Vgl. hierzu Erichsen/Martens § 7 Rdnr. 48, § 10 Rdnr. 20, Kopp § 40 Rdnr. 23, Maurer § 24 Rdnr. 21. 37 In diesem Sinne auch Schmitz S. 54 ff.; dies kann freilich nur für den Fall Gültigkeit haben, daß man eine Genehmigung, die dem Genehmigungsempfänger ein Zuwenig gestattet - genehmigte Immissionen bleiben etwa unterhalb der Grenze, die die Behörde in vergleichbaren Fällen gestattet hat - als insgesamt verwaltungsrechtlich rechtswidrig einstuft; vgl. hierzu Eyermann/Fröhler § 42 Anh. Rdnr. 5. Erstrebt der Genehmigungsempfänger eine Genehmigung, die ihm ein "Mehr" gestattet, so hat er diesbezüglich - nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gemäß § 68 VwGO Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Variante VwGO zu erheben.
Β. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten
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Währung einer wasserrechtlichen Genehmigung etwa ausschließlich von dem Motiv leiten, daß der Antragsteller ohne die beantragte Genehmigung weniger Profit erwirtschaften würde, so wirkt sich eine solche Genehmigung im Ergebnis auch zu Lasten des durch die Behörde verwalteten Gutes aus, da sie Umweltschutzbelange überhaupt nicht berücksichtigt. Darüber hinaus kann sich eine aufgrund von Ermessensfehlgebrauch zustandegekommene rechtswidrige Genehmigung in bezug auf die verwalteten Güter "neutral" verhalten. Das ist dann der Fall, wenn sowohl die Erteilung der Genehmigung als auch die abschlägige Bescheidung des Antragstellers eine rechtmäßige Entscheidung der Behörde darstellen würden. Aufgrund der sachfremden Erwägungen ist die Genehmigung zwar rechtswidrig, beinhaltet jedoch letztendlich keine Beeinträchtigung des verwalteten Gutes. b) Verstoß gegen drittschützende
Normen
Die Rechtswidrigkeit einer Genehmigimg kann sich auch unter dem Gesichtspunkt ergeben, daß die Genehmigung Rechte Dritter nicht hinreichend berücksichtigt, in die durch die erteilte Genehmigung eingegriffen wird. So darf eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 8 Abs. 3,4 WHG nur dann erteilt werden, wenn nachteilige Wirkungen auf Rechte anderer durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden. Ergeht eine Bewüligung trotz Versäumung der Anhörung möglicher beeinträchtigter Dritter oder unter Nichtberücksichtigung dieser Umstände, so führt dies zur Rechtswidrigkeit der entsprechenden Bewilligung. Die Rechtswidrigkeit folgt in diesen Fällen nicht aus einem Verstoß der Bewilligung gegen Allgemeinwohlinteressen, zu deren Schutz die Genehmigungsvorschriften grundsätzlich existieren, sondern weil der Bewilligung Rechte einzelner Dritter entgegenstehen38. Allerdings kann auch das entgegenstehende Recht eines einzelnen dazu führen, daß die trotzdem erteüte Genehmigung Gemeinwohlinteressen verletzt. Das ist dann der Fall, wenn ein allgemeines Interesse daran besteht, daß dem Dritten durch das Gebrauchmachen von der Genehmigung durch den Begünstigten keine Nachteile entstehen39.
38
Hübenett S. 63 f. So für die wasserrechtliche Bewilligung Gieseke/Wiedemann/Czychowski §6 WHG Rdnr. 36, Hübenett S. 64, Sieder/Zeitler § 6 WHG Rdnr. 9. 39
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Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre 3. Begründung für die Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte
Der Grundsatz der Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte ist von vornherein schwer einsichtig und bedarf näherer Erklärung. Eine metaphysische Erklärung für die Verbindlichkeit rechtswidriger Verwaltungsakte ist nicht möglich. Denn sicherlich hat eine Norm keine geringere Autorität als der Verwaltungsakt; dennoch ist eine rechtswidrige Norm grundsätzlich nichtig, der rechtswidrige Verwaltungsakt hingegen wirksam 40 . Begründet wird der Grundsatz der Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte aus verschiedenen Blickwinkeln. a) Überkommene Auffassung: Staatliche Autorität Zunächst ist hierfür die Autorität des Staates zu nennen, der durch den Erlaß eines Verwaltungsaktes einen bestimmten Wülen kundtut. Die Staatsautorität "als solche" habe Anspruch auf Beachtung durch den Bürger, der unbeschadet der Ordnungsmäßigkeit oder Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes bestehe41. Mit Erlaß des Verwaltungsaktes bezeuge die Obrigkeit, "daß die besonderen Voraussetzungen für die Gültigkeit ihres Aktes gegeben sind" 42 . Diese Erwägungen gelten in erster Linie für den Bereich der Eingriffsverwaltung. Die Sicherung der Staatsautorität spielt jedoch im Bereich der Leistungsverwaltung, die bei der Erteüung begünstigender Verwaltungsakte zum Tragen kommt, nur eine untergeordnete Rolle. Staatsautorität äußert sich in erster Linie bei der hoheitlichen Durchsetzung von Pflichten des Bürgers. Bei begünstigenden Verwaltungsakten in Form von Genehmigungen ist es dem Bürger freigestellt, diese in Anspruch zu nehmen. Eine staatlich durchsetzbare Pflicht hingegen besteht nicht. Daneben wird eine solche Begründung auch für den Bereich der Eingriffsverwaltung einem modernen Verständnis von rechtsstaatlicher Demokratie, in der die Exekutive an Recht und Gesetz gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG), nicht mehr gerecht. Sie wird daher heute zu recht als weitgehend überholt angesehen43. Der Bürger steht dem Staat nicht mehr als Untertan gegenüber, sondern als ein mit Abwehrrechten gegen rechtswidriges Staatshandeln ausgestattetes Rechtssubjekt. Die Lehre von der Selbstbezeugung des Verwaltungsaktes bleibt die
40
Vogel BayVBl. 1977, 617. Forsthoff S. 224. 42 MayerS. 95. 43 Faber § 20 m a), Maurer § 9 Rdnr. 41, Rademacher S. 64 f. m.w.N., Vogel BayVBl 1977, 617. 41
Β. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten
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Erklärung schuldig, woraus das Recht der Obrigkeit zum Rechtmäßigkeitszeugnis folgt 44 . Wenn auch im Rechtsstaat auf ein gewisses Maß an staatlicher Autorität nicht verzichtet werden kann, so bedarf der Wirksamkeitsgrundsatz noch weiterer Begründung. b) Neuere Begründungsansätze: Rechtssicherheit und Vertrauensschutz Als dem Gesetzesvorrang in diesen Fällen übergeordnete Prinzipien werden nach neuerer Auffassung die Rechtssicherheit und der Vertrauensschutz genannt45. Der Grundsatz der Rechtssicherheit folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und genießt damit verfassungsrechtlichen Rang 46 . Der Vertrauensschutz wird wiederum aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit abgeleitet; auch er genießt daher Verfassungsrang 47. Nach dieser Auffassung hätte die Nichtigkeit als regelmäßige Folge der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes unerträgliche Folgen für die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Einmal entschiedene Fragen müßten ständig neu auf die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung hin überprüft werden, wäre der Verwaltungsakt nicht wirksam 48 . Dies würde die Verwaltung lähmen. In diesem Zusammenhang spielt auch die teilweise durch Verwaltungsakte gewährleistete Ordnung verschiedener Lebensbereiche eine Rolle 49 . So würde es zu untragbaren Verkehrsverhältnissen führen, wenn in bezug auf aufgestellte Verkehrszeichen, die in Form von Allgemeinverfügungen im Sinne des § 35 S.2 VwVfG, also auch als Verwaltungsakte ergehen, Unsicherheit darüber bestünde, ob die von ihnen angeordnete Regelung überhaupt Wirkungen nach außen entfaltet 50. Für den Bereich der staatlichen Leistungsverwaltung steht jedoch speziell der Gedanke des Vertrauensschutzes im Vordergrund. Der Bürger soll auf eine Regelung durch staatliche Institutionen grundsätzlich vertrauen und seine Dispositionen an der getroffenen Regelung ausrichten dürfen 51. Er selbst wird davon entlastet, Prüfungen dahingehend vorzunehmen, ob sein Verhalten mit öffent-
44
Faber § 20 m a). Hübenett S. 86, Rademacher S. 65 ff. 46 BVerfGE 3, 225, 237; 7, 194, 196. 47 BVerfGE 45, 142, 167; DVB1 1978, 882; Lange Jura 1980, 456, Ossenbühl DÖV 1972, 27. 48 Faber § 20 m a), Vogel BayVBl. 1977, 618. 49 BGHSt 23, 86, 92, Erbel S. 110 ff. 50 Vgl. Rademacher S. 67. 51 Bull Rdnr. 719 ff., Erichsen/Martens § 15 Π 2. 45
60
Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
lich-rechtlichen Vorschriften übereinstimmt oder nicht. Dazu sind die jeweils zuständigen Behörden kraft Gesetzes aufgrund größerer Sachkenntnis berufen. Andere Behörden wiederum werden durch erteüte Genehmigungen entlastet, selbständig Prüfungen anzustellen, ob ein bestimmtes Verhalten genehmigungsfähig ist, wenn die hierfür zuständige Behörde eine solche Genehmigung erteilt hat 52 . Es bleibt daher als Zwischenergebnis festzuhalten, daß der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Begründung dafür liefert, daß auch rechtswidrige Verwaltungsakte Rechtswirkungen entfalten, obwohl sie gegen formelle oder materielle Rechtsvorschriften verstoßen und daher den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verletzen 53. c) Verobjektivierter
Vertrauensschutz als Begründung der Wirksamkeit widriger Verwaltungsakte
Es wird behauptet, der verwaltungsrechtliche Vertrauensschutz sei in bezug auf den Grundsatz des Bestandes auch rechtswidriger Verwaltungsakte abhängig von tatsächlichem Vertrauen des Begünstigten in die durch den Verwaltungsakt getroffenen Regelungen54. Dies ist insoweit richtig als bei mangelndem Vertrauen des Begünstigten rechtswidrige Genehmigungen - teüweise auch mit Wirkung ex-tunc 55 und ggf. unter Ausschluß des Ausgleichs von Vermögensnachteilen - zurückgenommen werden können. Zumindest mißverständlich, aber wohl auch falsch, ist eine solche Behauptung insoweit, als die in § 43 Abs. 2 i.V.m.§ 48 VwVfG angeordnete Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte gerade unabhängig davon besteht, daß der Adressat eines solchen Verwaltungsaktes auf die Wirksamkeit tatsächlich vertraut. Anders ließe sich nicht erklären, warum die Wirksamkeit von durch unlautere Machenschaften oder falsche Angaben erwirkten rechtswidrigen Verwaltungsakten bzw. bei Kenntnis des Begünstigten um die Rechtswidrigkeit unberührt bleiben soll und der Verwaltungsakt zur Beseitigung der von ihm ausgehenden Rechtsfolgen erst zurückgenommen werden muß (§ 48 Abs. 2 S.3 Nr. 1 3 VwVfG).
So fehlt etwa den Zollbehörden die Kompetenz, Genehmigungen nach dem KWKG auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dies ist die Konsequenz aus der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes. 53 Im Ergebnis so auch Hübenett S. 70. 54 So etwa Hübenett S. 71, Rademacher S. 67. 55 Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. Π.
rechts-
Β. Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten
61
Subjektive Momente in Form des Vertrauens des einzelnen in die Wirksamkeit des rechtswidrigen Verwaltungsaktes spielen für den Bestand des Verwaltungsaktes zunächst keine Rolle. Fehlendes Vertrauen kann lediglich zur entschädigungslosen Rücknahme des Verwaltungsaktes im Rahmen des § 48 Abs. 3 VwVfG fuhren, macht ihn jedoch nicht automatisch von Anfang an ungültig 56 . Es bedarf hierzu immer noch eines Aufhebungsaktes durch die Verwaltung. Die Rechtsfolge "von Anfang an nichtig" als Folge der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes kann lediglich dadurch erreicht werden, daß die Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung ex-tunc erfolgt. Dadurch wird fingiert, daß der Verwaltungsakt nie existent war. Festzuhalten bleibt daher, daß die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes unabhängig davon besteht, ob der durch ihn Begünstigte auf die Wirksamkeit vertraut oder nicht. Individuelle Vertrauensschutzaspekte kommen lediglich bei der 57
Entscheidung über die Rücknahme zum Tragen . Tatsächlicher, also "subjektiver" Vertrauensschutz und Wirksamkeit des Verwaltungsaktes haben also prinzipiell nichts miteinander zu tun. Es geht hierbei vielmehr nur um einen Vertrauenschutz in einem generellen, "verobjektivierten" Sinne, der unabhängig von der inneren Einstellung des Adressaten besteht. Nur dieser hat in §§ 43 Abs. 2 i. V.m. 48 VwVfG Niederschlag gefunden. d) Tatbestandswirkung
wirksamer
Verwaltungsakte
Aus der nach verwaltungsrechtlichen Wertungen zu folgernden Wirksamkeit auch rechtswidriger Genehmigungen wird eine von solchen Verwaltungsakten ausgehende Tatbestandswirkung hergeleitet. Diese dient allgemein der Umschreibung der Wirksamkeit und Bindungswirkung von Verwaltungsakten im allgemeinen und von behördlichen Genehmigungen im besonderen, über den Kreis des Verfahrensbeteiligten und der involvierten Behörde hinaus, gegenüber sonstigen Personen, Behörden und Gerichten 58. Jedermann hat sowohl die Tatsache, daß eine solche Regelung erlassen wurde als auch deren Inhalt als gegeben und maßgeblich hinzunehmen59. Unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt bereits unaufhebbar ist oder nicht, genießt jeder Genehmigungsempfänger einen objektiven und generalisierenden Vertrauensschutz.
56
Zur Intensität des Vertrauensschutzes nach dem VwVfG vgl. Lange Jura 1980,
457.
57 58
59
Dies verkennen Hübenett S. 87 ff. und Rademacher S. 67 ff. Kopp Vorbem. § 35 Rdnr. 25. Kopp § 35 Rdnr. 26, Wolff/Bachof § 50 I.e.
62
Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
Die Reichweite der Tatbestandswirkung rechtswidriger Verwaltungsakte für den Bereich des Strafrechts wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Ganz überwiegend wird vertreten, die Tatbestandswirkung, die von rechtswidrigen behördlichen Genehmigungen ausgeht, sei auch vom Strafrecht bei den verwaltungsaktakzessorisch ausgestalteten Straftatbeständen zwingend hinzunehmen 60 . Bei der Tatbestandswirkung von Hoheitsakten handle es sich um den Ausdruck eines "fundamentalen staatlichen Ordnungsprinzips", was dem Strafrecht verbiete, eigene Wertungen anzustellen, die die bestehende Wirksamkeit negieren 61. Dagegen wird teilweise postuliert, der Grundsatz der Tatbestandswirkung mache vor dem Strafrecht halt 62 . Eine strafrechtliche Rechtfertigung eines Handelns aufgrund rechtswidriger behördlicher Genehmigungen scheidet danach aus. Inwieweit den Argumenten der einen oder der anderen Seite Vorrang einzuräumen ist, soll an späterer Stelle erörtert werden 63.
C. Die Aufhebung rechtswidriger Genehmigungen I. Gesetzliche Grundlagen Um gesetzwidrige Zustände zu beseitigen, die durch fehlerhafte Genehmigungen geschaffen werden, bedient sich das Verwaltungsrecht des Instrumentariums der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 48 VwVfG bzw. spezialgesetzlich normierter Rücknahmevorschriften . Eine Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte kommt jedoch nur in Betracht, sofern der die Genehmigung beinhaltende Verwaltungsakt die Schwelle zur Nichtigkeit nicht überschritten hat, da der nichtige Verwaltungsakt von vornherein ein rechtliches Nullum ist 65 . Für einen begünstigenden Verwaltungsakt, wie ihn die behördliche Genehmigung verkörpert, kommen die einschränkenden Vorschriften der Abs. 2 - 4 des § 48 VwVfG zur Anwendung 66 . Da die öffentlich-rechtliche Genehmigung einen
60
Vgl. nur Czychowski ZfW 1984, 267, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 42. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 42. 62 So Hübenett S. 57 ff., Rademacher S. 57 ff., 85. 63 Vgl. hierzu im 6. Kapitel unter C. Π. 64 So z.B. § 7 Abs. 1 KWKG, der nach ganz h.M. neben der Aufhebung rechtmäßiger auch diejenige rechtswidrig erteilter Genehmigungen erfaßt, obwohl der Wortlaut ("Widerruf') nur auf die Aufhebung rechtmäßiger Genehmigungen hindeutet, vgl. von Burchard S. 31 ff., Pottmeyer § 7 Rdnr. .3. 65 Vgl. Forsthoff S. 227. 66 Vgl. hierzu Battis Rdnr. 196 ff., 201 ff., Maurer § 11 Rdnr. 28 ff. 61
C.
e ufun
rechtswidriger Genehmigung
begünstigenden Verwaltungsakt darstellt, der nicht eine Geld- oder teilbare Sachleistung gewährt, ist sie gemäß § 43 Abs. 3 VwVfG grundsätzlich nur gegen Ausgleich des Vertrauensschadens rücknehmbar 67.
Π. Zeitliche Wirkung der Rücknahme § 48 Abs. 1 S.l VwVfG normiert, daß rechtswidrige Verwaltungsakte entweder mit Wirkung für die Zukunft, also ex-nunc, oder für die Vergangenheit, d.h. mit Wirkung ex-tunc zurückgenommen werden können. Im letzteren Fall wird fingiert, daß die Rechtslage so zu betrachten ist, als ob der entsprechende Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt, für den die Rücknahme verfügt wurde, schon nicht mehr existent gewesen sei 68 . Entscheidendes Kriterium, welche Wirkung der Rücknahme beigemessen wird, ist dabei der Vertrauensschutz des Begünstigten. Die Rechtsprechung des BVerwGs 69 und die vor Inkrafttreten des VwVfGes herrschende Meinung 70 , die ihren Niederschlag in den gesetzlichen Regelungen des § 48 VwVfG gefunden hat, ging davon aus, daß eine Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte nur dann in Betracht kommt, wenn der Rücknahme der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht entgegensteht. Nur wenn das Vertrauensschutzinteresse des Begünstigten das öffentliche Interesse an der Herstellung der Gesetzmäßigkeit überwiegt, ist eine Rücknahme unzulässig 71 . Die Entscheidung darüber, welcher Zeitpunkt für die Rücknahme gewählt wird, steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Behörde, wobei der Umstand, daß Vertrauensschutz nicht gegeben ist, eine Rücknahme ex-tunc begründen kann 72 . Dieser Grundsatz güt allerdings nur mit einer Einschränkung: eine Rücknahme mit ex-tunc-Wirkung ist nur sinnvoll und kann nur dann erfolgen, sofern die Rücknahme und die mit ihr verbundene Rückwirkungsfiktion auch tatsächlich eine Vergünstigung unwirksam werden läßt 73 . Dies kann etwa für eine Anlagen-Betriebserlaubnis gelten, die rechtswidrigerweise genehmigt wurde, wenn der Betrieb Folgen ausgelöst hat, die wieder beseitigt werden müssen. Gegenstandslos hingegen ist die Rücknahme von Genehmigungen, deren Ausnutzung sich in der Vornahme einer einmaligen Handlung erschöpfen, da die Genehmigung nach Vornahme der genehmigungspflichtigen Handlung schon voll-
67 68 69 70 71 72 73
Vgl. hierzu näher Erichsen/Martens § 16 Rdnr. 20, Faber § 25 Π b). Obermayer § 48 Rdnr. 33. BVerwGE 9, 251, 254; 24, 294, 296; 36, 252, 255. Vgl. Wolff/Bachof§53 V.h). Maurer § 11 Rdnr. 23. Stelkens/Bonk/Sachs - Sachs § 48 Rdnr. 68. Obermayer § 48 Rdnr. 34.
64
Kapitel 4: Überblick über verwaltungsrechtliche Fehlerlehre
ständig "verbraucht" ist 74 . Beispielhaft lassen sich (Ausfuhr-) Beförderungsgenehmigungen nach § 3 KWKG oder Ausfuhrgenehmigungen nach § 1 Abs. 4 KulturSchG nennen.
D. Genehmigungen, die in Form von Rechtsverordnungen ergehen In Ausnahmefällen können öffentlich-rechtliche Genehmigungen auch in Form von Rechtsverordnungen ergehen. Ein Beispiel hierfür findet sich in § 8 Abs. 1 KWKG, nachdem sogenannte Allgemeine Genehmigungen in Form der Rechtsverordnung ergehen. Der Allgemeinen Genehmigung kommen die gleichen Funktionen zu, wie der kriegswaffenkontrollrechtlichen Genehmigung, die durch Verwaltungsakt ergeht 75. Die Form der Allgemeinen Genehmigung wurde im KWKG für einzelne, eng begrenzte Fälle aus Vereinfachungs- und Rationalisierungsgründen vorgesehen, da sie für eine unbestimmte Anzahl von Transporten und Personen gilt 7 6 . Begrifflich ist unter einer Rechtsverordnung ein von der Exekutive auf Grund gesetzlicher Ermächtigung erlassener Rechtssatz zu verstehen, der grundsätzlich allgemeine, für jedermann verbindliche Regelungen enthält77. Sie ist materielles Gesetz und dient speziell im Bereich des KWKG der Ausführung dieses förmlichen Gesetzes, zu dem sie erlassen erlassen wird. Bei der verwaltungsrechtlichen Rechtsfolge hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit einer Allgemeinen Genehmigung gilt folgendes: Ist diese Rechtsverordnung bei Erlaß derselben rechtswidrig, so folgt daraus aus verwaltungsrechtlicher Sicht deren Nichtigkeit 78 . Unerheblich ist hierbei, ob die Fehlerhaftigkeit auf formellen
74 Holthausen NStZ 1988, 257, Hübenett S. 120, Meyer/Borgs § 48 Rdnr. 32, Obermayer § 48 Rdnr. 34, Rengier ZStW 101 (1989), 896; zweifelnd von Burchard S. 37 unter Berufung auf die Bestimmung des § 48 Abs. 2 S. 4 VwVfG, nach der bei mangelndem Vertrauensschutz der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung ex-tunc zurückgenommen wird. Er übersieht dabei aber, daß nach der für behördliche Genehmigungen einschlägige § 48 Abs. 3 S. 2 VwVfG nur auf § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG verweist. Die Regelwirkung des § 48 Abs. 2 S. 4 VwVfG greift daher nicht ein. Hierunter fallen die Einzel- und die Dauergenehmigung. 76 Pottmeyer § 3 Rdnr. 173. 77 Stern §381.4. 78 Anders wohl Pottmeyer § 8 Rdnr. 6, der wohl in jedem Fall einen Widerruf der Allgemeinen Genehmigung für erforderlich hält.
D. Genehmigungen, die in Form von Rechtsverordnungen ergehen
65
oder materiellen Gründen beruht 79. Die Nichtigkeit erfaßt die Rechtsverordnung von Anfang an ipso iure 80 . Im Gegensatz zu nichtigen Gesetzen hat die Verwaltung eine Prüflings- und Verwerfungskompetenz in bezug auf nichtige Rechtsverordnungen. Dips wiederum hat zur Folge, daß entsprechende Rechtsverordnungen nicht zu beachten sind.
79
Jarass/Pieroth Art. 80 Rdnr. 20, von Münch - Bryde Art. 80 Rdnr. 24, Ossenbühl in Handbuch des Staatsrechts IQ § 64 Rdnr. 73. 80 Stern §381.4 5 Fortun
J. Kapitel
Die behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal Hat die Auslegung des zur Diskussion stehenden Tatbestandes1 ergeben, daß die behördliche Genehmigung von einem präventiven Verbot befreit, so kommt die Genehmigung auf Tatbestandsebene zum Tragen. Dabei ist unstreitig, daß zumindest die in jeder Hinsicht rechtmäßige Genehmigung tatbestandsausschließend wirkt. Etwas anderes könnte jedoch für fehlerhafte bzw. durch unlautere Machenschaften erlangte Genehmigungen gelten. Im weiteren wird daher auf folgende Problemkreise eingegangen: Zunächst soll dargestellt werden, wie sich die nach verwaltungsrechtlichen Kategorien nichtige Genehmigung auf tatbestandlicher Ebene auswirkt. Daran anschließend wird der Frage nachgegangen, ob der rechtswidrigen, aber die zur Nichtigkeit führende Fehlerintensität nicht erreichende Genehmigung die Funktion zukommt, als negatives Tatbestandsmerkmal zu fungieren. Abschließend wird dann erörtert, ob Einschränkungen des negativen Tatbestandsmerkmals "behördliche Genehmigung" dann in Betracht kommen, wenn deren Ausnutzung als rechtsmißbräuchlich erscheint.
A. Handeln aufgrund nach verwaltungsrechtlichen Kategorien nichtiger behördlicher Genehmigung In Fällen der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist nahezu unstreitig, daß das Strafrecht diese nach verwaltungsrechtlichen Kategorien getroffene Wirkung übernimmt. Untersuchungen sind hier aus zwei Richtungen vorgenommen worden, die beide jedoch im selben Ergebnis münden.
Vgl. hierzu das 3. Kapitel.
Α. Handeln aufgrund nichtiger behördlicher Genehmigung
67
Einerseits wurde zur Wirkung nichtiger belastender Verwaltungsakte im Strafrecht Stellung genommen. Ganz einhellige Ansicht ist hier, daß nichtige Verbote oder andere Anordnungen, die in der Form eines Verwaltungsaktes ergehen, auch strafrechtlich unbeachtlich sind2. Aber auch für begünstigende Verwaltungsakte ist nahezu unbestritten, daß sie, je nach dogmatischer Einordnung, im Falle der Nichtigkeit weder den Tatbestand ausschließen noch die Rechtswidrigkeit beseitigen können3. Begründet wird dieses Ergebnis mit dem Argument, daß von einem rechtlichen Nullum weder im Verwaltungs- noch im Strafrecht rechtliche Wirkungen ausgehen können. Es kann sich weder der Bürger auf eine nichtige Genehmigung berufen, noch muß sich eine Behörde oder ein Gericht eine solche Genehmigung entgegenhalten lassen. Das Strafrecht übernimmt also insoweit die verwaltungsrechtlichen Kategorien vollständig, verhält sich insoweit also streng akzessorisch. Wenn verwaltungsaktsakzessorische Tatbestände, die die Strafbarkeit an ein Handeln ohne Genehmigung anknüpfen, tatsächlich auch nichtige Genehmigungen erfassen wollten, so hätte eine Anbindung des Tatbestandes an die Existenz oder das Fehlen eines genehmigenden Verwaltungsaktes völlig unterbleiben können. Es hätte dann im Tatbestand darauf abgestellt werden können, daß ein bestimmtes Verhalten - ungeachtet des Vorliegens einer Genehmigimg mit den jeweils verwaltungsrechtlich einschlägigen Rechtsnormen der Fachgesetze in Einklang steht. Ob eine solche Übereinstimmung gegeben ist, hätte dann vom Strafgericht anhand des Einzelfalles überprüft werden müssen4. Ein den 2
BGHSt 23, 86, 91 in einem obiter dictum; Gerhards NJW 1978, 91, Winkelbauer S. 41, aber auch Lorenz DVB1. 1971, 166, der - entgegen Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 16b - auch für das Strafrecht an den verwaltungsrechtlichen Nichtigkeitsbegriff anknüpft. 3 Breuer NJW 1988, 2080, von Burchard S. 81, Dreher/Tröndle Vor §324 Rdnr. 4c, Ensenbach S. 141, Gröger S. 10, Horn NJW 81, 2 Fn. 9, Jescheck § 33 VI. 3., Keller in FS für Rebmann S. 247, KK zum OWiG -Rengier Vor §§ 15, 16 Rdnr. 21, LK - Steindorf § 324 Rdnr. 75, 106, Maurach/Zipf § 29 ffl. Rdnr. 15, Pottmeyer § 22a Rdnr. 15, Rademacher S. 21, Rengier ZStW 101 (1989), 897, Rogali in FS Universität Köln, S. 524, Rudolphi ZfW 82, 203, Scheele S. 34 f., Schönke/Schröder Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 16a, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 Rdnr. 62, SK - Horn Vor § 324 Rdnr. 13, Weber S. 38, Zeitler S. 21. 4 Die Prüfung solcher verwaltungsrechtlicher Vorfragen durch ein Strafgericht wäre zwar von vornherein nicht unzulässig, da Strafgerichte sich häufig mit Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten, etwa mit sachenrechüichen Problemen im Bereich der §§ 242, 246 StGB, zu befassen haben. Nur zeigt die verwaltungsaktsakzessorische Ausgestaltung der in Frage stehenden Delikte, daß dies gerade nicht gewollt war. 5*
68
Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
Verwaltungsbehörden gegebenenfalls eingeräumtes Ermessen hätte von den Strafgerichten ausgeübt werden müssen. Dies ist bei den entsprechenden Tatbestandsformulierungen, die die Strafbarkeit an ein Handeln ohne Genehmigung knüpfen, jedoch gerade nicht gewollt. Eine Tatbestandsformulierung, die lediglich pauschal an die Verletzung materiellen Verwaltungsrechts strafrechtliche Folgen knüpfen würde, wäre auch verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt des für Straftatbestände existierenden Bestimmtheitsgebots5 zumindest bedenklich. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch seine Formulierung zum Ausdruck gebracht, daß er eine tatbestandliche Anbindung an die für Verwaltungsakte geltenden verwaltungsrechtlichen Kategorien des Verwaltungsaktes Nichtigkeit/Wirksamkeit wollte. Insoweit sind die auf ein Handeln ohne Genehmigung Bezug nehmenden Straftatbestände nicht interpretationsfähig. Nicht existente und nichtige Genehmigungen sind in ihrer rechtlichen Wirkung gleichgestellt. Spezifisch strafrechtliche Gründe dafür, einer nichtigen Genehmigung strafrechtlich tatbestandsausschließende Wirkung beizumessen, bestehen daher nicht. Nicht gefolgt werden kann daher auch einer neuerdings vertretenen Ansicht, die eine umfassende Bindung der Strafjustiz an verwaltungsbehördliche Entscheidungen postuliert, solange diese nicht in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren einer Prüfung unterzogen wurden. Der Strafrichter sei von der Beurteilung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes zu entbinden, da die Entscheidung über die Nichtigkeit bei Strafgerichten nicht besser aufgehoben sei, als bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit 6. Eine Differenzierung zwischen bloß rechtswidrigen und daher wirksamen und nichtigen Verwaltungsakten komme daher für den Strafrichter nicht in Betracht. Diese Auffassung nimmt nicht zur Kenntnis, daß von nichtigen Genehmigungen in Form von Verwaltungsakten generell keinerlei Rechtswirkungen ausgehen. Sie entfalten weder öffentlich-rechtlich noch strafrechtlich Tatbestandswirkung und sind daher für niemanden rechtsverbindlich 7. Ein etwaiges schutzwürdiges Vertrauen auf die Wirksamkeit eines nichtigen Verwaltungsaktes ist über die strafrechtlichen Irrtumsregeln in Ansatz zu bringen. Ein Täter, der auf die Wirksamkeit einer nichtigen Genehmigung vertraut, handelt gemäß § 16 StGB vorsatzlos, weil er sich über das Vorhandensein des
5
Zum Bestimmtheitsgebot in bezug auf Straftatbestände vgl. Jescheck § 15 ΙΠ. 3., Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 18. 6 Michalke Rdnr. 41 ; vgl. aber auch Bachof DÖV 1967, 133. 7 So auch Scheele S. 35.
Β. Wirkung rechtswidriger Genehmigungen auf Tatbestandsebene
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negativen Tatbestandsmerkmales "Handeln ohne Genehmigimg" irrt. Gleiches hat selbstredend für nichtige Genehmigungen zu gelten, die in Form von Rechtsverordnungen ergehen8. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, daß der behördlichen Genehmigung im Falle ihrer verwaltungsrechtlichen Nichtigkeit keinerlei strafrechtliche Wirkung beizumessen ist. Schutzwürdiges Vertrauen ist im Strafrecht über die strafrechtlichen Irrtumsregelungen zu berücksichtigen.
B. Die Wirkung rechtswidriger behördlicher Genehmigungen auf Tatbestandsebene Nachdem festgestellt werden konnte, daß nichtige behördliche Genehmigungen auch strafrechtlich keinerlei Rechtswirkungen entfalten, ist zu untersuchen, welche Rechtswirkungen rechtswidrigen Genehmigungen auf der Deliktsstufe des objektiven Tatbestandes beigemessen werden können. Die zentrale Frage lautet: Sind auch nach verwaltungsrechtlichen Kategorien rechtswidrige Genehmigungen innerhalb von Straftatbeständen, die an ein "Handeln ohne Genehmigung" anknüpfen, geeignet, als negative Tatbestandsmerkmale zu fungieren? Grundsätzlich kommen hierfür drei Möglichkeiten in Betracht: Zum einen kann angenommen werden, daß jede nach verwaltungsrechtlichen Wertungen wirksame, wenn auch rechtswidrige Genehmigung tatbestandsausschließend wirkt. Den Gegenpol zu diesem Standpunkt stellt eine Ansicht dar, nach der nur in jeder Hinsicht rechtmäßige, also "vollkommene" Genehmigungen, zum Tatbestandsausschluß führen. Schließlich könnte - vermittelnd - vertreten werden, daß je nach Art der Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes in Form einer Genehmigung dieser zur Straflosigkeit aufgrund Nichterfüllung des objektiven Tatbestandes fuhrt oder aber auch nicht. Soweit ersichtlich, wird die an zweiter Stelle dargestellte Position, nach der nur vollkommene Genehmigungen als negative Tatbestandsmerkmale anzuerkennen sind, nicht vertreten. Sie wird daher auch nicht weiter verfolgt.
8
Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter D.; daß diese Genehmigungen bereits tatbestandsausschließende Wirkung beizumessen ist, ergibt sich aus dem Umstand, daß hier keine Interessenabwägung im Einzelfall vorgenommen wird.
70
Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
I. Abhängigkeit des Tatbestandsausschlusses von der Art der Fehlerhaftigkeit der Genehmigung Jüngst hat Schmitz9 vertreten, daß im Bereich der Umweltstraftatbestände danach zu differenzieren sei, auf welche Art des Normverstoßes gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften die Fehlerhaftigkeit der Genehmigung zurückzuführen sei. Nach seiner Auffassung wird der Inhaber einer rechtswidrigen Genehmigimg dann von dem Vorwurf tatbestandsmäßigen Handelns befreit, wenn die Rechtswidrigkeit der Genehmigimg ausschließlich aus der Belastung des Antragstellers herrührt. Das sei dann der Fall, wenn die erteilte Genehmigung ihm ein "Zuwenig" gewähre, die Genehmigung also hinter dem zurückbliebe, was ihm von Gesetzes wegen zustehe. Durch ein Handeln aufgrund einer solchen Genehmigung wären die Schutzgüter der entsprechenden Straftatbestände nicht tan• -jo giert . Anders sei jedoch zu entscheiden, wenn Genehmigungen erteilt würden, ohne daß die nach den verwaltungsrechtlichen Fachgesetzen vorgeschriebenen Voraussetzungen dafür vorhegen oder wenn ein behördlicher Ermessensfehler gegeben ist, der sich zu Lasten des jeweils geschützten Rechtsgutes auswirkt 11. Eine strafrechtliche Lösung sei über die strafrechtlichen Irrtumsregeln zu finden: Habe der Inhaber einer rechtswidrigen Genehmigung in Unkenntnis ihrer Rechtswidrigkeit gehandelt, so fehle ihm der entsprechende Tatbestandsvorsatz, was ihn gemäß § 16 StGB von einer Bestrafung freistelle 12. Die Vorteüe seiner Lösung sieht Schmitz darin begründet, daß das Strafrecht in die Lage versetzt werde, alle Fälle zu erfassen, in denen das jeweüs geschützte Rechtsgut wirklich durch ein Handeln ohne Genehmigung angegriffen werde. Darüber hinaus bedürfe es keines Rückgriffs auf den für tatbestandsausschlie-
9
Schmitz S. 60 ff. Schmitz S. 61. 11 Schmitz S. 61, zusammenfassend S. 80 f.; so auch Hübenett S. 172 ff. für den Tatbestand des § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB, ablehnend jedoch für die Genehmigung innerhalb des § 325 StGB; hierfür genüge jede nur wirksame Genehmigung, vgl. S. 176 ff., da die von § 325 StGB vorausgesetzte Genehmigung immer rechtswidrig sei und daher nie tatbestandsausschließende Wirkung haben könne; gegen letztgenannte Auffassung überzeugend Schmitz S. 65. 12 Schmitz S. 80; zum Irrtum über Tatumstände vgl. Schönke/Schröder -Cramer § 16 Rdnr. 8 ff. 10
Β. Wirkung rechtswidriger Genehmigungen auf Tatbestandsebene
71
ßende Genehmigungen ohnehin problematischen Rechtsmißbrauchsgedanken, um als für strafwürdig erachtete Handlungen strafrechtlich trotz Wirksamkeit der Genehmigung zu sanktionieren. Jeder Täter, der nicht in gutem Glauben an die Rechtmäßigkeit in bezug auf die durch das Genehmigungsverfahren zu schützenden Rechtsgüter von einer Genehmigung Gebrauch macht, wäre danach strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Π. Tatbestandsausschluß aufgrund jeder wirksamen, wenn auch rechtswidrigen Genehmigung Es ist fraglich, ob die soeben dargestellte und eher am Ergebnis als an dogmatischen Notwendigkeiten orientierte Auffassung haltbar ist, obwohl sie zu, am Rechtsgüterschutz gemessen, wünschenswerten Ergebnissen führt. Keine Bedenken, der aufgezeigten Ansicht zu folgen, bestehen insoweit, als sie der Kategorie rechtswidriger behördlicher Genehmigungen, deren Rechtswidrigkeit lediglich aus einer Belastung des Antragstellers resultiert, tatbestandsausschließende Wirkung beimißt. Was diese Konstellation betrifft, geht die vorgeschlagene Lösung konform mit dem verwaltungsrechtlichen Grundsatz, daß auch fehlerhafte Verwaltungsakte bis zu ihrer Rücknahme Rechtswirkungen entfalten. Zweifel an der Richtigkeit der dargestellten Meinung kommen bezüglich anderer Fehler der Genehmigung vor allem deshalb auf, weil allein für strafrechtliche Zwecke die verwaltungsrechtlich rechtswidrige der nichtigen Genehmigung gleichgestellt wird und die von ihr ausgehende Tatbestandswirkung ignoriert wird. Die zulässige Auslegung des entsprechenden Straftatbestandes könnte hin zum unzulässigen Analogieschluß überschritten sein. 1. Schutz bloßen Verwaltungsungehorsams Ein gewichtiger Einwand, der gegen die oben dargelegte Auffassung eingewandt werden könnte, kann sich daraus ergeben, daß die verwaltungsaktsakzessorisch ausgestalteten Delikte, soweit bei ihnen die Genehmigung tatbestandsbegrenzenden Charakter hat, nur den "Verwaltungsungehorsam" sanktionieren wollen. So wird vertreten, der Zweck derart ausgestalteter Straftatbestände erschöpfe sich in der Stärkung der Dispositionsbefugnis der zuständigen
72
Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
Genehmigungsamtsträger. Sie dienten hingegen nicht der Durchsetzung materiellen Verwaltungsrechts. Das Unrecht einer genehmigungsbedürftigen Handlung erschöpfe sich vielmehr im "Verwaltungsungehorsam" 13. Es komme für die Verwirklichung des entsprechenden Straftabestandes deshalb lediglich auf die formelle Illegalität der Handlung an 14 . Ein Abrücken des Strafrechts von der verwaltungsrechtlichen Vorgabe "Wirksamkeit des rechtswidrigen Verwaltungsaktes" sei daher nicht möglich. Wäre diese Ansicht richtig, so ergäbe sich schon vor diesem Hintergrund zwingend, daß der Tatbestand dann ausgeschlossen ist, wenn der Genehmigungsinhaber sich rechtstreu verhalten hat, indem er vor der Vornahme der erlaubnispflichtigen Handlung das erforderliche Genehmigungsverfahren beantragt und dessen für ihn positiven Ausgang abgewartet hat. Schon allein dadurch ist das nach dieser Ansicht allem geschützte Rechtsgut in keiner Weise tangiert. Diese, vom gewonnenen Ergebnis her richtige Auffassung, vermag jedoch in der Begründung nicht vollständig zu überzeugen. Nicht gefolgt werden kann dieser Meinung insbesondere, weil sie das Schutzgut der entsprechenden Straftatbestände auf den bloßen Verwaltungsungehorsam reduziert . Eine derart enge Bestimmung des Schutzgutes würde zum einen bereits die Frage nach der im Strafrecht zu beachtenden Verhältnismäßigkeit aufwerfen. Erne Ahndung bloßen Verwaltungsunrechts mit Kriminalstrafe, der schärfsten Waffe des Staates gegenüber dem Bürger, wäre damit nur schwerlich in Einklang zu bringen. Zum anderen wäre danach kaum erklärbar, weshalb entsprechende, an ein Handeln ohne behördliche Genehmigung anknüpfende, Straftatbestände in der Rechtsfolge unterschiedlich ausgestaltet sind 16 . Ginge es wirklich nur um die Verletzung "entmaterialisierter" verwaltungsrechtlicher Gehorsamspflichten, so wäre ein einziger Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand, der die Bestrafung oder Ahndung verwaltungsrechtlichen Ungehorsams zum Gegenstand hat, völlig ausreichend. Vielmehr ist davon auszugehen, daß hinter den Kontrollinteressen des Staates unterschiedlich gewichtete Rechtsgüter stehen und die verschiedenen unter Ge13
So ausdrücklich SK - Horn Vor § 324 Rdnr. 9, ders. NJW 1988, 2337. Breuer NJW 1988, 2083. 15 So auch Brauer S. 60; für den Schutz materieller Rechtsgüter durch genehmigungsabhängige Straftatbestände Hübenett S. 172, Sack § 327 Rdnr. 21 (zum Schutzgut des § 327 Abs. 2 Nr. 1), Schönke/Schröder - Stree § 325 Rdnr. 1 (zum Schutzgut des § 325 StGB). 16 Brauer S. 61 mit Beispielen für die unterschiedlichen Bußgeld- bzw. Strafandrohungen bei der Verletzung von Genehmigungspflichten. 14
Β. Wirkung rechtswidriger Genehmigungen auf Tatbestandsebene
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nehmigungsvorbehalt gestellten Tätigkeiten eine unterschiedliche Gefahrenintensität für die letztendlich zu schützenden Rechtsgüter aufweisen. Nur so lassen sich die verschiedenen Rechtsfolgen der Verletzung von Genehmigungspflichten plausibel machen17. Da also das Genehmigungsverfahren allein nicht Rechtsgut der Straftatbestände ist, die ein Handeln ohne Genehmigung sanktionieren, erscheint es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, eine rechtsgutsorientierte Betrachtungsweise bei der Bewertung einer rechtswidrigen behördlichen Genehmigung innerhalb entsprechender Straftatbestände anzusetzen und zumindest grundsätzlich die materielle Rechtmäßigkeit der Genehmigung zu fordern. Insoweit können keine zwingenden Schlußfolgerungen gegen die oben dargestellte Ansicht gezogen werden. Allerdings bestehen Grenzen für eine strafrechtliche Beschränkung der Wirkung einer rechtswidrigen Genehmigung, wenn übergeordnete Rechtsgrundsätze dem entgegenstehen. 2. Auslegung des Tatbestandes Näher zu untersuchen ist daher, wie ein Straftatbestand, der an ein genehmigungsloses Handeln bzw. an ein Handeln ohne die erforderliche Genehmigimg18 anknüpft unter Berücksichtigung der Tatsache auszulegen ist, daß dieser nicht ausschließlich den Verwaltungsgehorsam um seiner selbst willen schützt. Wenn in einem Straftatbestand die behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal fungiert, so hat man sich bei der Subsumtion eines Lebenssachverhaltes, bei dem eine rechtswidrige Genehmigung erteilt wurde, unter die jeweilige genehmigungsabhängige Strafhorm zunächst einmal - dem Wortlaut folgend - an den verwaltungsrechtlichen Vorschriften über (begünstigende) Verwaltungsakte zu orientieren. Zentrale Vorschrift für diesen Subsumtionsvorgang ist § 43 Abs. 2 VwVfG, der die Wirksamkeit rechtswidriger, aber nicht nichtiger Verwaltungsakte bis zu ihrer Rücknahme anordnet. An dieser Stelle könnte der Subsumtionsvorgang eigentlich abgebrochen werden, denn an welchen sonstigen 17
Rengier ZStW 101 (1989), 881 deutet die unterschiedliche Behandlung von Verstößen gegen Genehmigungspflichten als von der Bedeutung der formalen und materiellen Kontrollfunktion des Genehmigungsverfahrens geprägt. Damit stellt er letztendlich auch auf die durch das Genehmigungsverfahren zu schützenden Güter ab; ähnl. Tiedemann/Kindhäuser NStZ 1988, 340. 18 Von einer erforderlichen Genehmigung ist in §§ 325 Abs. 4, 327, 328 StGB die Rede.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
Kriterien außer den verwaltungsrechtlichen sollte die Wirkung rechtswidriger Verwaltungsakte gemessen werden? Wollte man zu einer Einschränkung des Tatbestandsmerkmals "behördliche Genehmigung" gelangen, so könnte dies nur auf dem Weg einer - strafrechtlich zulässigen - erweiternden Interpretation 19 dieses Merkmals oder aber infolge einer Ausdehnung des Tatbestandes in Form einer strafrechtlich unzulässigen Analogie gelangen. Da diese Begriffe in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen, ist an dieser Stelle auf das Verhältnis zwischen Auslegung und Analogie einzugehen. a) Das Verhältnis von Analogie und Auslegung Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB statuiert die Garantiefunktion des Strafrechts. Die Garantiefunktion des Strafgesetzes hat überragende Bedeutung für das Strafrecht 20. Als eine Säule der Garantiefunktion dient dabei das Verbot der Strafbegründung durch analoge Anwendung des Strafgesetzes 21. Das Gesetzlichkeitsprinzip will zweierlei verhindern: Zum einen die gewohnheitsrechtliche Bildung neuer Straftatbestände, zum anderen die Neuschöpfung und Ausdehnung von StrafVorschriften im Wege der Analogie 22 . Bei der hier zur Entscheidung stehenden Frage geht es um die Reichweite des Analogieverbotes. Seine Begründung findet das Analogieverbot darin, daß es dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muß, die Strafwürdigkeit einer Zuwiderhandlung zu beurteilen, d.h. die Entscheidung darüber zu treffen, ob diese mit Kriminalstrafe belegt werden soll oder nicht 23 . Daneben soll durch die Nüchternheit und Distanz des Gesetzes gewährleistet werden, daß eine durch den Einzelfall ausgelöste Entscheidung unter dem Einfluß einer ersten sittlichen Entrüstung erfolgt 24 . Die Grenzen zwischen zulässiger Auslegung und unzulässiger Analogie sind dabei fließend, da zumindest die teleologische Auslegung sich einer dem Analogieschluß ähnlichen Technik bedient, indem sie Sachverhalt und Normzweck in Bezug setzt und darüber entscheidet, ob die gegebenen Ähnlichkeiten geeignet
19
Zur Zulässigkeit ausdehnender Auslegung im Strafrecht, soweit sie sich innerhalb des Rahmens des gegebenen Rechtssatzes hält vgl. Jescheck § 17 IV. 3., Maurach/Zipf § 9 Rdnr. 7, Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 55 f. 20 Zurückgehend auf von Liszt güt sie als "magna Charta des Verbrechers", vgl. Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 6 21 Jescheck §15. 22 Jescheck § 15ΠΙ. 1,2. 23 Jescheck § 15 m. 2a). 24 Dieser kriminalpolitische Aspekt wird betont von Grünwald ZStW 76 (1964), 13 f.
Β. Wirkung rechtswidriger Genehmigungen auf Tatbestandsebene
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sind, Rechtsfolgen nach dieser Norm auszulösen25. Die Grenzlinie zur verbotenen Analogie wird nach ganz herrschender Meinung dort gezogen, wo durch Interpretation der mögliche Wortsinn des Straftatbestandes als äußerste Grenze verlassen wird 26 . Im Hinblick auf die von Schmitz vorgenommenen Einschränkungen des Merkmals Genehmigung auf rechtmäßige Genehmigungen ist folgendes zu berücksichtigen: Zwar hat sich jede Auslegung eines Straftatbestandes am Rechtsgüterschutz zu orientieren, das Rechtsgut hat hierfür sogar eine zentrale Bedeutung 27 . Von mehreren Bedeutungen eines Tatbestandsmerkmals kommen nur die in Betracht, bei denen ein Schutz des besonderen Rechtsgutes dieses Tatbestandes erfolgt. Allerdings ist eine erweiternde Auslegung zwecks besseren Schutzes des besonderen Rechtsgutes nur mit Vorsicht durchzuführen. So dürfen vollumfänglicher Rechtsgüterschutz und kriminalpolitische Erwägungen niemals zu einer die Wortbedeutung überdehnenden Auslegung führen 28. b) Nichtbeachtung der rechtswidrigen Genehmigung auf Tatbestandsebene als Auslegung oder Analogie? Aus Vorstehendem ergibt sich, daß die Nichtberücksichtigung des negativen Tatbestandsmerkmals der behördlichen Genehmigung eine im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB unzulässige Analogie darstellt, wenn damit der mögliche Wortsinn dieses negativen Tatbestandsmerkmals überschritten wird. Das Tatbestandsmerkmal "Genehmigung" hat normativen Charakter. Es stellt in aller Regel einen Bezug zu der verwaltungsrechtlichen Kategorie des Verwaltungsaktes her, da Genehmigungen im Sinne dieser Tabestände - zumindest überwiegend 29 - in Form begünstigender Verwaltungsakte ergehen. Abgestellt wird auf Gegebenheiten, "die nur unter logischer Voraussetzung einer Norm vorgestellt und gedacht werden können" 30 . Die Normen, auf die verwiesen wird, sind die der den jeweiligen Genehmigungen zugrundehegenden Fachgesetze und hilfsweise die des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Angeknüpft wird durch solche Tatbestandsformulierungen also zwingend an die allgemeine verwaltungs-
25
SK - Rudolphi § 1 Rdnr. 35. BVerfG NJW 1984, 225, 1986, 1672, BGHSt 28, 230; Baumann MDR 1958, 394, Engisch, Einführung S. 104, Jescheck § 17 IV. 5., Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 55, SK - Rudolphi § 1 Rdnr. 35 m.w.N. 27 Baumann/Weber § 12 Π. 3c). 28 Baumann MDR 1958, 394, Baumann/Weber § 12 Π. 3c). 29 Eine Ausnahme güt für Fälle, in denen Genehmigungen in Form von Rechtsverordnungen ergehen, vgl. im 4. Kapitel unter D. 30 Jescheck § 26IV. 2., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 64. 26
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
rechtliche Differenzierung zwischen nichtigen und rechtswidrigen Verwaltungsakten und an den § 43 Abs. 2 VwVfG zu entnehmenden Grundsatz, daß nur rechtswidrige Verwaltungsakte wirksam und daher zu beachten sind 31 . Wollte man nun aus Gründen umfassenderen Rechtsgüterschutzes die rechtswidrige Genehmigung nicht als tatbestandsausschließend anerkennen32, wäre dies nichts anderes als eine gegen das Analogieverbot zu Lasten des Täters verstoßende Überdehnung des Straftatbestandes, da die vorgenommene Auslegung im Wortlaut der Norm keinerlei Stütze findet, aus der auf einen entsprechenden Wortsinn geschlossen werden könnte. Durch eine solche Interpretation der tatbestandlichen Anknüpfung an das NichtVorliegen einer Genehmigung würde nicht der Gedanke der Norm klargestellt, sondern vielmehr fände eine Weiterentwicklung des den genehmigungsabhängig ausgestalteten Tatbeständen innewohnenden Zwekkes, nämlich Rechtsgüterschutz durch vorgeschaltetes Genehmigungsverfahren, statt, indem an die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung angeknüpft wird. Dies güt zunächst einmal für die "einfache" Anknüpfung des Tatbestandes an das Nichtvorliegen einer Genehmigung. Fraglich ist aber, ob die angeordnete strenge Anknüpfung an verwaltungsrechtliche Kategorien aufgelockert wird durch Formulierungen wie "Handeln ohne die erforderliche Genehmigung", wie dies etwa in den Straftatbeständen der §§ 325 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4, 327 und 328 StGB der Fall ist. Teüweise wird eine solche Auflockerung mit der Begründung geleugnet, daß unter erforderlicher Genehmigung diejenige zu verstehen sei, die der aufgrund der Genehmigung Handelnde nach entsprechenden Verwaltungsgesetzen benötige. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn der Handelnde die Handlung so vornehmen dürfe, wie er es auch tut 33 . Die durch einen Verwaltungsakt herbeigeführten Folgen seien nur dann rechtmäßig, wenn der Verwaltungsakt selbst rechtmäßig sei. So sei etwa ein genehmigter Anlagenbetrieb im Bereich des Umweltrechts nur dann rechtmäßig, wenn die Genehmigung selbst rechtmäßig ist 34 . Die Ansicht, die auch der inhaltlich rechtswidrigen Genehmigung tatbestandsausschließende Wirkung beimesse, verkenne den Unterschied zwischen rechtmäßigem und nicht sofort untersagbarem Verhalten. Die Tatsache, daß ein rechtswidriges Verhalten in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres untersagt werden könne, es vielmehr einer Rücknahme der Genehmigung nach § 48 31
So vor allem die "Tübinger Schule" Heider S. 113, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 34, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 62, Winkelbauer S. 67, anknüpfend an Goldmann S. 34. 32 So Schmitz S. 65 ff. 33 Schmitz S. 62 f. 34 Schmitz S. 62 f.
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VwVfG oder spezialgesetzlichen Rechtsgrundlagen und ggf. einer Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gem. § 80 Abs. 2 VwGO bedürfe, habe nichts mit der Erforderlichkeit der Genehmigung zu tun 35 . Das Prinzip der verwaltungsrechtlichen Wirksamkeit sorge unter anderem auch für den verwaltungsrechtlichen Vertrauensschutz. Der Genehmigungsinhaber könne jedoch nur darauf vertrauen, daß die Verwaltung nicht ohne weiteres gegen ihn vorgehen kann, schütze ihn jedoch nicht davor, daß sie gegen ihn überhaupt nicht vorgehen könne 36 . Daraus folge, der Genehmigungsinhaber benötige eine rechtmäßige Genehmigung, um nicht tatbestandsmäßig zu handeln. Der Fehlschluß dieser Ansicht liegt darin begründet, daß sich durch die Aufnahme der Erforderlichkeit in die oben erwähnten Tatbestandsumschreibungen materiell an der Bezugnahme auf verwaltungsrechtliche Kategorien betreffend die Wirksamkeit auch rechtswidriger Verwaltungsakte nichts gegenüber der "einfachen" Bezugnahme auf das negative Tatbestandsmerkmal "Genehmigimg" ändert. Für eine strafrechtliche Aufweichung des Rechtswidrigkeitsbegriffs hin zur Gleichstellung mit der Nichtigkeit der Genehmigung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Wäre dies gewollt gewesen, so hätte der Gesetzgeber an die verwaltungsrechtliche Terminologie anknüpfen und die in Betracht kommenden Straftatbestände in der Form in ihrem Anwendungsbereich erweitern können, daß er tatbestandlich ein Handeln ohne "rechtmäßige" Genehmigung hätte fordern können. Dies hat er jedoch nicht getan und damit zu erkennen gegeben, daß er insoweit an die allgemeinen Kategorien Wirksamkeit/Nichtigkeit anknüpfen will. Es entbehrte auch eines sachlichen Grundes dafür, daß in manchen Tatbeständen, wie etwa § 21 StVG jede nur wirksame Genehmigung ausreichend sein soll, während in anderen Tatbeständen, die den Erforderlichkeitsvorbehalt enthalten, nur die inhaltlich richtige Genehmigung den Tatbestand auszuschließen geeignet sein soll. Die Einbeziehung der Formulierung "erforderlich" erschließt sich vielmehr vor folgendem Hintergrund: Nicht jeder Anlagenbetrieb, auf den die §§ 325, 327,328 StGB rekurrieren, ist genehmigungsbedürftig 37. Konstitutive Bedeutung kommt dem Merkmal "erforderlich" etwa im Bereich des BImSchG zu, auf das § 325 und § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB Bezug nimmt, da in der aufgrund des BImSchG erlassenen 4. BImSchVO 38 letztverbindlich festgelegt ist, welche Anlagen genehmigungspflichtig sind. Umgekehrt sind alle darin nicht aufgeführ35
Schmitz S. 63. Schmitz S. 63. 37 Vgl. etwa § 4 i.V.m.§ 22 BImSchG. 38 Vierte Verordnung zur Durchführung des BImSchG vom 14.12.1975, BGBl. I S.499 neugefaßt durch VO vom 24.7.1985, BGBl. I S.1586, zuletzt geändert durch VO v. 28.8.1991, BGBl. IS.1838. 36
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
ten Anlagen nicht genehmigungsbedürftig 39. Klargestellt wird durch die Einfügung des Wortes "erforderlich" lediglich, daß verwaltungsrechtliche Pflichten im Sinne des § 325 StGB schon dann nicht verletzt werden, wenn die immittierende Anlage genehmigungsfrei betrieben werden darf. Aber auch in den übrigen in §§ 327 und 328 StGB umschriebenen Tatbeständen kommt der erwähnten Erforderlichkeit keine eigenständige Bedeutung in der Weise zu, daß damit rechtswidrigen Genehmigungen tatbestandsausschließende Wirkung abgesprochen werden soll 40 . Die Funktion erschöpft sich allgemein in dem Hinweis auf die Genehmigungspflichten, die nach der dem Straftatbestand zugrundeliegenden speziellen Materie bestehen. Der Verweis auf die jeweils erforderlichen Genehmigungen erschöpft sich in der Funktion, daß die in den Straftatbeständen umschriebenen Verhaltensweisen einen Bezug zu den dem Straftatbestand zugrundeliegenden verschiedenen speziellen Genehmigungsvorbehalten herstellen und soll einen Hinweis darauf geben, daß damit nicht jegliche Gestattungsakte - wie etwa in der ALKEM-Entscheidung des LG Hanau41 eine gesetzlich nicht vorgesehene "Vorabzustimmung" - gemeint sind. Gemeint sind vielmehr nur solche Gestattungsakte, die dem Typus nach, d.h. "...ihrem äußeren Bild nach, ihrem Inhalt nach als auch ihrer Begründung nach und entsprechendem Verwaltungswillen des Handelnden..." eine Genehmigung nach dem jeweiligen Fachgesetz darstellen 42. Eine eigene strafrechtliche Relevanz weist der Begriff "erforderlich" in den entsprechenden Straftatbeständen nicht auf. Die oben beschriebene Ansicht verkennt, wie der Rechtsgüterschutz innerhalb der verwaltungsaktsakzessorischen Delikte gewährleistet wird: Durch diese Tatbestände primär geschützte Rechtsgüter sind zwar nicht die von Gesetzes wegen einzuhaltenden Genehmigungsverfahren als solche sondern vielmehr die hinter den Genehmigungsverfahren verborgenen Rechtsgüter. Der Schutz findet jedoch schon vorgelagert durch die Anordnung der Pflicht zur Durchführung eines Genehmigungsverfahrens statt. Wird dieses Verfahren vom Bürger eingehalten, so hat er damit zunächst seine ihm durch das Verwaltungsrecht auferlegten Pflichten erfüllt. Handelt er dann aufgrund einer ihm erteilten wirksamen Genehmigung, macht er sich nicht strafbar, auch wenn durch sein Handeln hinter dem Genehmigungsverfahren stehende Rechtsgüter beeinträchtigt werden. Er hält die "erforderliche", da wirksame Genehmigung in Händen. Dies ist notwendige Folge der Gesetzgebungstechnik, die der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang gewählt hat. De lege lata führt an der Berücksichtigimg rechtswidriger
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Vgl. hierzu Sack § 325 Rdnr. 76 m.w.N. Vgl. Sack § 327 Rdnr. 37 b. 41 LG Hanau NJW 1988, 572. 42 So LG Hanau NJW 1988, 572, Dolde NJW 1988, 2329, Horn NJW 1988, 2335, Schönke/Schröder - Cramer § 327 Rdnr. 11, Winkelbauer JuS 1988, 691. 40
Β. Wirkung rechtswidriger Genehmigungen auf Tatbestandsebene
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Genehmigungen auf Tatbestandsebene - ungeachtet des Grundes ihrer Fehlerhaftigkeit - kein Weg vorbei 43 . Zusammenfassend bleibt an dieser Stelle festzustellen, daß eine Auslegung der an das Vorliegen von Genehmigungen anknüpfenden Tatbestände nicht ergibt, nur formell und materiell rechtmäßigen Genehmigungen komme diese Wirkung zu. Eine solch extensive Auslegung wäre mit dem noch möglichen Wortsinn nicht mehr in Einklang zu bringen und verstößt gegen das aus Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB folgende Analogieverbot.
ΙΠ. Auswirkungen der Rücknahme rechtswidriger Genehmigungen auf die strafrechtliche Beurteilung Nachdem festgestellt wurde, daß auch formell und materiell rechtswidrige, aber nicht nichtige Genehmigungen einen Tatbestandsausschluß herbeizuführen geeignet sind, schließt sich hieran konsequenterweise die Frage, wie das Strafrecht reagiert, wenn die Genehmigimg mittels den dafür vorgesehenen allgemeinen 44 oder besonderen45 verwaltungsrechtlichen Instrumentarien nach ihrer Erteilung zurückgenommen wird. Keine Probleme werfen dabei die Fälle auf, in denen die Genehmigung mit Wirkung für die Zukunft, also ex-nunc zurückgenommen wird. Alle bis zum Wirksamwerden der in Form eines Verwaltungsaktes ergehenden Rücknahme vorgenommenen genehmigungspflichtigen Handlungen waren von einer Genehmigung gedeckt und unterfallen insoweit nicht den an das NichtVorliegen einer Genehmigung anknüpfenden Tatbeständen. Hingegen liegt für alle nach Wirksamwerden der Rücknahme vorgenommenen Handlungen ein strafbares Handeln ohne Genehmigung vor. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn gegen den Rücknahmebescheid Widerspruch eingelegt wurde, da dem Widerspruch gemäß § 80 Abs. 1 VwGO ein sogenannter Suspensiveffekt zukommt,
43 So im Ergebnis auch die ganz herrschende Meinung: Breuer DÖV 1987, 180, ders. NJW 1988, 2083, Dölling JZ 1985, 464, Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4b, Ensenbach S. 106, Heider S. 113, Hermes/Wieland S. 96, Horn NJW 1988, 2337, Jakobs 16. Abschn. Rdnr. 29a, Rengier ZStW 101 (1989), 885 ff., Sack § 325 Rdnr. 82, Schall NJW 1990, 1268, Scheele S. 103 f., Schönke/Schröder - Cramer § 327 Rdnr. 11 i.V.m. Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 16, SK - Horn § 327 Rdnr. 4, Wimmer JZ 1983, 69. 44 Vgl. § 48 VwVfG. 45 Hierbei wird an die spezialgesetzlich normierten Rücknahmevorschriften gedacht, vgl. etwa § 17 AtG, § 7 KWKG, § 21 BImSchG.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
der den Eintritt der in dem Verwaltungsakt angeordneten Folgen hemmt 46 . Solange der Suspensiveffekt in bezug auf die angefochtene Rücknahmeentscheidung besteht, handelt der Betroffene nicht ohne Genehmigung. Gegen diese in § 80 Abs. 1 VwGO angeordnete Folge kann sich die zuständige Behörde wehren, sofern sie die sofortige Vollziehung des die Rücknahme der Genehmigung beinhaltenden Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO anordnet. Anders könnte aber, dem Grundsatz der strengen Akzessorietät des Strafrechts folgend, der bei der Beurteilung nichtiger und rechtswidriger Genehmigungen befolgt wird, dann gelten, wenn die Genehmigung mit Rückwirkung, d.h. mit Wirkung ex-tunc zurückgenommen wird 4 7 . Übernimmt man unbesehen die verwaltungsrechtliche Fiktion, daß einer einmal erteüten Genehmigung ihre genehmigende Kraft, die sie real für einen gewissen Zeitraum entfaltet hat, nun aus der Perspektive der Gegenwart heraus wieder mit Wirkung für die Vergangenheit abgesprochen wird, so müßte dies konsequenterweise zumindest zur Bejahung des objektiven Tatbestandes der an ein Handeln ohne Genehmigung anknüpfenden Strafhorm führen. Verwaltungsrechtlich ist die vorgenommene Handlung nämlich als von vornherein unbefugt anzusehen. Ein solches Ergebnis wäre jedoch mit grundlegenden strafrechtlichen Prinzipien nicht vereinbar. Aus Art. 103 Abs. 2 GG in Verbindung mit § § 1 , 2 Abs. 1 StGB folgt das Verbot der Rückwirkung von Strafgesetzen ("nullum crimen sine lege praevia"). Dieses Verbot beinhaltet, daß eine Handlung, die im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht mit Strafe bedroht war, nicht nachträglich mit Strafe bedroht werden darf 48 . In vorliegender Konstellation wird zwar kein neuer Straftatbestand geschaffen, der mit Rückwirkung ausgestattet wird und auf diese Art und Weise den Täter verfassungswidrig mit Bestrafung belastet. Der Straftatbestand, der an ein Handeln ohne Genehmigung anknüpft, bestand vielmehr schon zur Zeit der Tatbegehung. Jedoch würde ein negatives Tatbestandsmerkmal, dessen Vorliegen zur Zeit der Vornahme der Handlung den Täter vor Strafe bewahrt, nachträglich beseitigt, folgte man der verwaltungsrechtlichen Fiktion. Diese davon ausgehende nachträgliche Rechtsänderung würde sich bei strafrechtlicher Beachtlichkeit ebenso belastend für den Täter auswirken, als wenn erst nach Begehung der Tat ein strafbarkeitsbegründender Tatbestand geschaffen würde. Aus diesem Gleichlauf der Interessenlage für den Täter folgt, daß für die
46
Zur Problematik des Suspensiveffekts hinsichtlich der Wirksamkeits- oder bloßen Vollziehungshemmung vgl. Redeker/von Oertzen § 80 Rdnr. 4. 47 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter C.II. 48 Jescheck § 15 IV. 1., Roxin § 5 Rdnr. 51.
C. Fraudulös erlangte behördliche Genehmigung
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verwaltungsrechtliche Fiktion der Rücknahme mit ex-tunc-Wirkung wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot im Strafrecht kein Raum ist. Das Verhalten bleibt auch nach der rückwirkenden Rücknahme tatbestandslos49.
C. Zurückdrängung der tatbestandsausschließenden Wirkung in Fällen fraudulös erlangter behördlicher Genehmigung I. Eingrenzung der Problematik Ein von der in diesem Kapitel unter B. behandelten Problematik der Wirkung rechtswidriger Genehmigungen auf Tatbestandsebene strikt zu trennender Fragenkreis ist mit der Thematik befaßt, ob sich tatbestandliche Konsequenzen aus der Tatsache ergeben können, daß der Genehmigungsinhaber nicht nur aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung gehandelt hat, sondern diese Genehmigung darüberhinaus auch noch durch unlautere Machenschaften erlangt hat. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß ein Verwaltungsakt nicht allein dadurch zu einem rechtswidrigen wird, wenn er aufgrund fraudulösen Verhaltens gegenüber der Genehmigungsbehörde erteilt wurde. Hat nämlich die Behörde trotz dieses Fehlverhaltens des Antragstellers nach verwaltungsrechtlichen Maßstäben inhaltlich eine richtige, d.h. mit dem Gesetz in Einklang stehende Entscheidung getroffen, so führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung. Weiterhin sind die Fälle aus dem vorliegend zu behandelnden Problemkreis auszuscheiden, in denen die Angabe unrichtiger oder unvollständiger Daten oder Fakten bzw. die Benutzung solcher Angaben, um eine nach dem jeweiligen zugrundeliegenden Gesetz notwendige Genehmigung zu erschleichen, bereits isoliert sanktioniert ist. Als Beispiele hierfür lassen sich etwa § 33 Abs. 4 Nr. 1 AWG (Ordnungswidrigkeit) 50, § 38 Abs. 1 Nr. 7 GWB (Ordnungswidrigkeit) 51 aber auch § 92 Abs. 1 Nr. 7 AuslG (Straftat) anführen. Gegenstand der Ahndung bzw. der Bestrafung ist in diesen Fällen nicht das Gebrauchmachen erschlichener Genehmigungen, vielmehr wird eine Straf- bzw. Bußgeldfolge schon im Genehmigungserteüungsverfahren an unrichtige Angaben geknüpft. Der Gesetzgeber hat sich bis in die jüngere Vergangenheit einer Bewertung eines Handelns aufgrund einer derart erlangten Genehmigimg enthalten, indem
49 50 51
6 Fortun
Im Ergebnis so auch Winkelbauer DÖV 1988, 726. Vgl. hierzu Erbs/Kohlhaas - Fuhrmann AWG § 33 Rdnr. 21. Vgl. hierzu Rengier ZStW 101 (1989), 887.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
er hierzu weitgehend keine speziellen Regelungen aufgestellt hat. In der Zwischenzeit wurden partiell Regelungen, allerdings begrenzt auf deren jeweiligen Kontext, getroffen 2 .
Π. Meinungsstand Wie ein Handeln aufgrund rechtswidriger und darüberhinaus unredlich erlangter Genehmigung, die Wirkung auf Tatbestandsebene entfaltet, strafrechtlich zu behandeln ist, ist in der Strafrechtsdogmatik umstritten. Nicht geklärt ist darüberhinaus, in welchen Fällen es als rechtsmißbräuchliches Verhalten anzusehen ist, wenn sich ein Genehmigungsinhaber auf eine rechtswidrige, verwaltungsrechtlich aber dennoch wirksame Genehmigung beruft.
1. Fallgruppen rechtsmißbräuchlichen Verhaltens Nicht einheitlich werden die Voraussetzungen behandelt, unter welchen die Berufung auf eine rechtswidrige Genehmigung als rechtsmißbräuchlich erscheinen soll. Überwiegend werden hierbei Fälle von Täuschung, Gewalt oder Drohung und Bestechung gegenüber dem die Genehmigung erteüenden Amtsträger genannt53. In Fällen der Täuschung, Drohung und Bestechung ist, wie sich aus § 48 Abs. 2 S.4 i.V.m. S.3 Nr. 1 VwVfG ergibt, der Verwaltungsakt nicht etwa nichtig. Die Grenze zur Nichtigkeit wird bei gewaltsam erzwungenen Genehmigungen dort gezogen, wo vis absoluta angewendet wurde 54 . Teilweise werden Fälle der Bestechung wieder aus dem Kreis der Rechtsmißbrauchsfälle ausgeklammert 55. Dagegen wird vereinzelt die Auffassung vertreten, daß nicht nur Fälle der Bestechung, sondern darüber hinaus auch Konstellationen, in denen Genehmigungsadressat und Amtsträger bei der Genehmi52
Hier sind die §§ 330 d Nr. 5 StGB und 34 Abs. 8 AWG zu nennen, die jeweüs nachträglich in das StGB bzw. in das AWG eingefügt wurden, und durch die ein Handeln aufgrund in fraudulöser Art und Weise erlangter Genehmigung dem Handeln ohne Genehmigung gleichstellt wird; vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. Π. 2.d und e. 53 Vgl. LG Hanau NJW 1988, 571; Bloy ZStW 100 (1988), 504, Dölling JZ 1985, 469, Dreher/Tröndle § 324 Rdnr. 7, Horn NJW 1981, 3, Lackner § 324 Rdnr. 10, Otto Jura 1991, 313, Rudolphi NStZ 1984,197, SK - Samson Vor § 32 Rdnr. 61. 54 Keller in FS für Rebmann S. 249, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 37. 55 So Lenckner in FS für Pfeiffer S. 37, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 63.
C. Fraudulös erlangte behördliche Genehmigung
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gungserteilung kollusiv zusammenwirken, unter die Rechtsmißbrauchslehre zu fassen sind 56 . Schließlich wird vertreten, die strafrechtliche Wirkung der Genehmigung würde unter dem Blickwinkel des Rechtsmißbrauchs dann zurückgedrängt, wenn der Adressat der Genehmigung selbst positiv annehme, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig 57. Auf ein näheres Eingehen auf die verschiedenen Fallgruppen der Rechtsmißbrauchslehre kann an dieser Stelle verzichtet werden, sofern sie für die tatbestandsausschließende Wirkung der Genehmigung keine Relevanz aufweist. Dies wird im folgenden überprüft.
2. Einschränkung der Wirkung einer fraudulös erlangten Genehmigung auf Tatbestandsebene? Zu dem Problem der Zurückdrängung der strafrechtlichen Wirkung tatbestandsausschließender Genehmigungen werden zwei Extrempositionen vertreten. Zum einen wird vertreten, auch Genehmigungen, die auf Tatbestandsebene ihre Wirkung entfalten, könnten in ihrer Wirkung unter Rückgriff auf Rechtsmißbrauchsgedanken beschränkt werden 58. Die Gegenansicht hält diesen Weg im Hinblick auf das Gesetzlichkeitsprinzip für nicht gangbar 59. a) Argumentation der Mindermeinung Die Argumentation der Mindermeinung baut in erster Linie auf der These auf, daß eine Berufung des Täters auf eigenes vorsätzliches, deliktisches Verhalten nicht zu seiner Entlastung führen könne, denn niemand könne sich auf seine eigene Schändlichkeit berufen. Es sei naturrechtliches Gemeingut aller Rechts56 So BGH NJW 1994, 670, 671 für die rechtfertigende Genehmigung, LG Hanau NJW 1988, 571, 576; Dölling JZ 1985, 469, Heine NJW 1990, 2430, Otto Jura 1991, 313; aA Lenckner in FS für Pfeiffer S. 38. 57 So LG Hanau NJW 1988, 571; zusammenfassend Keller in FS für Rebmann S. 249. 58 Erbs/Kohlhaas - Fuhrmann § 33 AWG Rdnr. 5 f., Holthausen NStZ 1988, 257 f., Otto Jura 1991, 313, aber auch Keller in FS für Rebmann S. 256 zumindest für die erschlichene Genehmigung; nicht klar wird allerdings, weshalb er in konsequenter Fortführung seiner Argumentation nicht schon ohne Berücksichtigung des Umstandes des Erschleichens jede rechtswidrige Genehmigung für ungeeignet hält, den objektiven Tatbestand auszuschließen. 59 Breuer NJW 1988, 2080, von Burchard S. 125 ff., Dölling JZ 1985, 464, Dolde NJW 1988, 2331, Ensenbach S. 115 f., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 32 ff., Mumberg S. 48 ff., Rengier ZStW 101 (1989), 885 ff., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 63, Tiedemann/Kindhäuser NStZ 1988, 344, Weber S. 37 f., Wimmer JZ 1993, 69, Winkelbauer S. 67, ders. DÖV 1988, 726. 6*
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
Ordnungen, daß erschlichene Rechtspositionen rechtlich unmaßgeblich seien60. Dieser Ausschluß des Berufendürfens auf formale Rechtspositionen gelte unabhängig davon, ob die Genehmigung als rechtfertigende Befugnis in Betracht kommt oder als negatives Tatbestandsmerkmal, da kein qualitativer Unterschied zwischen den unrechtsbegründenden Deliktsmerkmalen des Tatbestandes und den Merkmalen eines Rechtfertigungsgrundes ersichtlich sei 61 . Daneben wird mit einem erhöhten Maß an Rechtsgüterschutz argumentiert, der dadurch gewährleistet wäre, würde man eine Berufung auf eine rechtsmißbräuchlich erlangte Genehmigung negieren 62. Es sei darüber hinaus zu berücksichtigen, daß der rechtliche Bestand auch rechtswidriger Genehmigungen auf den Vertrauensgrundsatz zurückzuführen sei. Eine fraudulös erlangte Genehmigimg verdiene jedoch keinerlei Vertrauen und damit auch weder verwaltungsnoch strafrechtlichen Schutz63. Ihre Ausnutzung sowie eine Berufung auf eine solchermaßen erlangte Genehmigung stelle eine rechtsmißbräuchliche Ausnutzung einer zu Unrecht erworbenen formalen Rechtsposition dar 64 . b) Gegenargumente Soweit sich oben angeführte Ansicht darauf beruft, Tatbestand und Rechtswidrigkeit stellten eine einheitliche Wertungsstufe dar, ist auf die bereits vorgetragenen Argumente gegen die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen zu verweisen 65. Im übrigen besteht insoweit ein Unterschied zwischen Tatbestandsvoraussetzung und Rechtfertigungsgrund, als für erstere das durch Art. 103 Abs. 2 GG vorgegebene Gesetzlichkeitsprinzip gilt, während Rechtfertigungsgründe diesem nur beschränkt unterhegen, auch wenn sie, wie die behördliche Genehmigung, gesetzlich geregelt sind 66 . Festzuhalten ist allerdings, daß das Bemühen der oben dargestellten Ansicht um einen erhöhten Rechtsgüterschutz kriminalpolitisch zu begrüßen ist. Es ist in der Tat höchst unbefriedigend, einen Täter von Bestrafung zu verschonen, nur weil er zum Tatzeitpunkt eine auf unlautere Art und Weise erlangte Genehmigung in Händen hielt 67 . Das Strafrecht hat mit allen ihm zur Verfügung stehen-
60
Otto 1991, 313 unter Berufung auf Paeffgen ZStW 97 (1985), 523 f. Otto 1991, 313. 62 So Keller in FS für Rebmann S. 256 f. 63 Holthausen NStZ 1988, 257 f. 64 Holthausen NStZ 1988, 257 f. 65 Vgl. hierzu im 3. Kapitel unter Α. IV. 66 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 32, LK - Hirsch Vor §32 Rdnr. 35 f., Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 17. 67 Vgl. Rudolph! ZfW 1982, 203 f. 61
C. Fraudulös erlangte behördliche Genehmigung
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den Mitteln, gerade im Bereich der Umweltkriminalität, einen möglichst effektiven Rechtsgüterschutz zu gewährleisten. Zu berücksichtigen ist ferner, daß das Verbot rechtsmißbräuchlichen Verhaltens einen allgemeinen Rechtsgrundsatz darstellt, der in der gesamten Rechtsordnung Berücksichtigung findet 68. Dieser Rechtsgrundsatz stellt ein Korrektiv dar, "...auf das auch in einem begrifflich und dogmatisch hochentwickelten Rechtssystem nicht verzichtet werden kann" 69 . So gilt im Zivihecht unter Rückgriff auf den in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben, daß die Ausübung eines Rechtes unzulässig sein kann, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt, etwa bei mißbräuchlicher Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung70. Scheingeschäfte sind gemäß § 117 BGB gegenüber jedermann nichtig 71 und im Bereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt nach § 7 AGBG, daß die die Vertragsautonomie einschränkenden Vorschriften des AGBG auch dann Anwendung finden, wenn seine Vorschriften durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Auch im Steuerrecht hat der Gedanke des Rechtsmißbrauchs seinen Platz gefunden. So bestimmt § 42 AO, daß durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten das Steuergesetz nicht umgangen werden kann. Liegt ein Mißbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Erfaßt wird also der Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, um eine Steuerersparnis zu erreichen72. Gerade im Verwaltungsrecht hat der Gesetzgeber in Form der Regelung des § 48 VwVfG zu erkennen gegeben, wie er Fälle rechtsmißbräuchlich erlangter Verwaltungsakte behandelt wissen möchte: er hält diese zwar für aufhebbar, behandelt sie aber dennoch als wirksam und damit rechtlich existent. Damit ist aber grundsätzlich noch nicht der Schluß verbaut, strafrechtlich könne sich ein Delinquent unter Mißbrauchsgesichtspunkten nicht auf eine unlauter erworbene Genehmigung berufen. So erscheint es zumindest denkbar, aus spezifisch strafrechtlichen Gründen, wie etwa einem effektiven Rechtsgüterschutz, die verwaltungsrechtlichen Regeln zu ignorieren und einen eigenen strafrechtlichen Nichtigkeitsbegriff für Verwaltungsakte zu kreieren.
68 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 30; ausfuhrlich zur Gesetzesumgehung im Zivil-, öffentlichen und Strafrecht von Burchhard S. 152 ff. 69 Lenckner in FS für PfeifferS. 30. 70 Münchener Kommentar - Roth § 242 Rdnr. 249 ff., Palandt - Heinrichs § 242 Rdnr. 46 ff. 71 Vgl. Palandt - Heinrichs § 117 Rdnr. 7. 72 Klein/Orlopp § 42 2., 3.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
Allerdings darf die Durchsetzung effektiven Rechtsgüterschutzes in diesem Zusammenhang nicht "um jeden Preis", d. h. nicht zu Lasten anderer hochrangiger Prinzipien, die dem Strafrecht vorgegeben sind, erfolgen. Man darf sich bei der Beurteilung der Strafbarkeit nicht auf das allgemeine Rechtsgefühl zurückziehen; vielmehr sind zwingende übergeordnete verfassungs- und strafrechtliche Prinzipien zu beachten73. Ein solches, einem extensiven Rechtsgüterschutz entgegenstehendes Prinzip, stellt das Gesetzlichkeitsprinzip dar. Allgemeine Rechtsmißbrauchserwägungen haben vor der speziellen Entscheidung des Gesetzgebers, einerseits auch inhaltlich fehlerhafte Genehmigungen, die auf unlautere Art erlangt wurden, als wirksam zu behandeln und andererseits in Straftatbeständen tatbestandlich an den allgemeinen Verwaltungsaktsbegriff anzuknüpfen, halt zu machen und die Wirksamkeit der rechtswidrigen und darüber hinaus in fraudulöser Weise erlangten Genehmigungen zu akzeptieren 74. Die Versagung der Berufung auf eine wirksame, jedoch auf wie auch immer unlautere Art und Weise erlangte Genehmigimg läßt sich daher im Wege der Auslegung in Form einer teleologischen Reduktion der jeweiligen Tatbestände nicht begründen, ohne das aus dem Gesetzlichkeitsprinzip folgende Analogieverbot zu verletzen 75. Der Straftatbestand inkriminiert ein Handeln ohne Genehmigung, knüpft damit im Wortlaut erkennbar an die verwaltungsrechtlichen Kategorien an und beschränkt daher die Auslegungsmöglichkeiten. Letztlich würde daher ein Sondertatbestand auf dem Wege unzulässiger Analogie eingeführt werden, folgte man der Mindermeinung 76. Unerheblich ist, daß fraudulös erlangte Genehmigungen im Regelfall gemäß §§ 48 Abs. 2 S.3, Abs. 3 S.2 VwVfG zurückgenommen dürfen. Es bedarf näm-
73
Winkelbauer S.67. So auch Lenckner in FS für Pfeiffer S. 30. 75 Lenckner in FS für Pfeiffer S.34 f., Winkelbauer JuS 1988, 692 jeweils unter Berufung auf RGSt 72, 158 ff., wonach das Reichsgericht einen Delinquenten, der zwar im Besitz eines Führerscheins war, diesen aber ohne je eine Fahrprüfung absolviert zu haben durch Bestechung über einen Amtsträger besorgen ließ, nach dem damals geltenden § 24 Abs.l Nr.l Kraftfahrzeuggesetz ("Fahren ohne Führerschein") für schuldig befand. Zur Strafbarkeit gelangte das Reichsgericht nicht etwa über eine teleologische Auslegung des Straftatbestandes sondern im Wege damals nach § 12 StGB gesetzlich ausdrücklich zugelassener Analogie zuungunsten des Angeklagten. Zur Kritik an der Heranziehung dieses Urteils zur Stützung der herrschenden Meinung vgl. Rengier ZStW 101 (1989), 888, Fn. 55; die Kritik dürfte jedoch unbegründet sein, da unabhängig davon, ob es um die Erschleichung einer Genehmigung in Form der Fahrerlaubnis oder bloß um das Erschleichen des Führerscheins geht, die Frage der Abgrenzung von Tatbestandsauslegung und Analogie betroffen ist. 76 Rengier ZStW 101 (1989), 888. 74
C. Fraudulös erlangte behördliche Genehmigung
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lieh gerade noch dieses Rücknahmeaktes, um den Betroffenen für die Zukunft zum genehmigungslos Handelnden zu machen. Gestützt wird die hier vertretene Ansicht auch durch die Rechtsprechung des BVerfGs 77 , wonach eine strikte Bindung der Strafgerichte an das geschriebene materielle Strafrecht besteht. Eine Korrektur des Gesetzgebers in Form einer Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht, ist den Strafgerichten verwehrt und stellt daher eine verbotene Analogie dar. "... Führt erst eine über den erkennbaren Wortlaut hinausgehende Interpretation zu dem Ergebnis der Strqfbarkeit eines Verhaltens, so müssen die Gerichte zum Freispruch gelangen, mag auch das Verhalten in ähnlicher Weise strafwürdig erscheinen" . Knüpft das Gesetz also an ein Handeln ohne (erforderliche) Genehmigung an, so sind die Grenzen des möglichen Wortsinns erreicht, wenn der Handelnde eine, unter welchen Umständen auch immer erlangte, wirksame Genehmigung besitzt, da ihm die Genehmigungsbehörde "...erlaubt hat, das zu tun, was sonst verboten wäre" 79 . c) Argumente gegen die Mindermeinung aus § 34 Abs. 8 A WG Ein weiteres Argument, das gegen die Mindermeinung ins Feld geführt werden kann, stellt die im Jahre 1992 erfolgte Ergänzung des § 34 AWG um Abs. 8 dar 80 . § 34 Abs. 8 AWG bestimmt: "Ohne Genehmigung im Sinne des Absatzes 1 handelt auch, wer auf Grund einer durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung handelt. Satz 1 gilt in den Fällen der Absätze 2 und 4 entsprechend. " Hieraus läßt sich viererlei folgern: Zum einen ging der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, daß eine Einschränkung der tatbestandsausschließenden Wirkung der Genehmigungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz 81 durch 77
Vgl. etwa BVerfG DVB1. 1983, 994, NJW 1962, 1339, NJW 1969, 1759, NJW 1986, 1671, 1672. 78 BVerfG NJW 1986, 1672 unter Verweis auf BVerfGE 50, 142, 165; angesichts dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts äußert auch Holthausen NStZ 1988, 258, Zweifel an der von ihm vertretenen Meinung. 79 Lenckner in FS für PfeifferS. 33. 80 Gesetz vom 28.02.1992 BGBl. IS. 372. 81 Das AWG folgt dem Prinzip des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Dies folgt aus der grundsätzlichen Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs. Die Erlaubnis hat demnach tatbestandsausschließenden Charakter, vgl. Erbs/Kohlhaas - Fuhrmann AWG § 33 Rdnr. 5, § 34 Rdnr. 10.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
Rechtsmißbrauchserwägungen grundsätzlich nicht möglich ist. Ansonsten ließe sich die ausdrückliche Beschränkung der strafrechtlichen Wirkung einer wirksamen Genehmigung - allerdings beschränkt auf Täuschungsfälle - schwerlich erklären und wäre damit zu einer rein deklaratorischen Regelung degradiert. Darüber hinaus ließ er sich von der Annahme leiten, daß grundsätzlich tatbestandsausschließende Genehmigungen nicht durch allgemeine Rechtsmißbrauchserwägungen in ihrer Wirkung zurückgedrängt werden können, da kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich ist, daß diese Einschränkungen - so sie überhaupt anzuerkennen sind - speziell im Recht der Außenwirtschaft nicht gelten sollten. Damit kommt zum Ausdruck, daß im Einzelfall - bei tatbestandsausschließenden Genehmigungen wegen des Gesetzlichkeitsprinzips allerdings nur kraft gesetzlicher Anordnung - Fälle von Fehlverhalten des Antragstellers im verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren auch entgegen des Grundsatzes der Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte strafrechtlich relevant sein können. Zum dritten wird deutlich, daß der Gesetzgeber sehenden Auges gewisse Friktionen, die aus dieser gesetzlichen Regelung folgen, hinzunehmen bereit ist. So wurde gerügt, die Einschränkung der Tatbestandsausschließungs- oder Rechtfertigungsfunktion einer behördlichen Genehmigung verstoße gegen den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung, wonach strafrechtlich nicht verboten sein 82
kann, was verwaltungsrechtlich erlaubt ist . Es ist grundsätzlich Aufgabe der allgemeinen Polizeibehörden, durch Anwendung der polizeirechtlichen Generalklausel rechtswidriges und insbesondere strafbares Verhalten als Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung präventiv zu unterbinden. Ausfuhren aufgrund erschlichener Genehmigungen nach dem AWG stellen nach der neuen Fassung des § 34 AWG (§ 34 Abs. 8 AWG) strafbare Handlungen dar und haben daher zweifellos als Störung der öffentlichen Sicherheit zu gelten. Allerdings stünde einem Einschreiten der allgemeinen Ordnungsbehörden gegen diese strafbare Handlung die Legalisierungswirkung der verwaltungsrechtlich wirksamen Genehmigung entgegen83. Diese Legalisierungswirkung sperre die allgemeine Polizeibehörde vor einem Vorgehen gegen den aufgrund der erschlichenen Genehmigung Handelnden84. Eine geplante Ausfuhr könnte deshalb mit allgemeinen Ordnungsmaßnahmen nicht unterbunden werden. Die verwaltungsrechtliche Wirksamkeit der erschlichenen Genehmigung wird durch § 34 Abs. 8 AWG nämlich nicht berührt. Zuständig für die Rücknahme einer nach dem AWG erteilten Genehmigung nach § 30 Abs. 2 AWG sind die in § 28 AWG genannten Genehmigungsstellen. Bevor diese die erschlichene Erlaubnis nicht zurückgenommen haben, entfaltet diese verwaltungsrechtlich Legalisierungs82 83 84
Rengier ZStW 101 (1989), 894. Rengier ZStW 101 (1989), 894. Rengier ZStW 101 (1989), 894.
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Wirkung. Trotz Vorliegens einer Straftat (Handeln aufgrund erschlichener Ge85
nehmigung) und damit einer Störung der öffentlichen Sicherheit dürfe die zuständige Ordnungsbehörde daher nicht eingreifen. Ohne an dieser Stelle näher zu überprüfen, ob trotz Legalisierungswirkung der wirksamen Genehmigung nicht doch aufgrund der subsidiären polizeirechtlichen Generalklausel eingeschritten werden könnte - dann wäre das Argument gegen die Rechtsmißbrauchslösung ohnehin entkräftet - wäre der aufgezeigte Einwand insoweit nicht mehr schlagkräftig, da der Gesetzgeber mit Einführung des § 34 Abs. 8 AWG zu erkennen gegeben hat, daß er solche Wertungswidersprüche bei Anwendung der Rechtsmißbrauchslehre zugunsten höherer Gerechtigkeit und effektiverem Rechtsgüterschutz akzeptiert. Viertens hat der Gesetzgeber durch die in § 34 Abs. 8 AWG getroffene Regelung deutlich gemacht, welche Fälle des Ausnutzens einer rechtswidrigen Genehmigung er als rechtsmißbräuchlich ansieht. Es handelt sich dabei lediglich um Fälle, in denen der Betroffene die Genehmigung durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen hat. In § 34 Abs. 8 AWG nicht erwähnt sind hingegen Konstellationen, in denen der Antragsteller Genehmigungen durch Drohung, Gewalt, Bestechung oder durch kollusives Zusammenwirken mit dem genehmigenden Amtsträger erlangt hat, oder in denen er gar in Kenntnis um die Rechtswidrigkeit der Genehmigimg gehandelt hat. Im Umkehrschluß daraus läßt sich folgern, daß er sich in diesen Fällen auch strafrechtlich uneingeschränkt auf die Wirksamkeit der Genehmigung berufen kann, da diese Fälle ansonsten in der Regelung des § 34 Abs. 8 AWG Niederschlag gefunden hätten. Der hierzu vertretene Gegenansicht, die trotz des eindeutigen Wortlauts des § 34 Abs. 8 AWG auch Genehmigungen für unbeachtlich hält, die mit Drohung oder mit Hilfe von Bestechung erlangt worden sind 86 , vermag daher nicht gefolgt werden. d) Argumente gegen die Mindermeinung aus § 330 d Nr. 5 StGB Auch der im Zuge der Reformierung des Umweltstrafrechts durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität vom 27.06.199487 neu eingefügte § 330 d Nr. 5 StGB läßt sich - wenn auch nur ergänzend - als Argument gegen die oben dargestellte Mindermeinung ins Feld führen. Nach Schaffung dieser Norm steht nunmehr für den Bereich der im StGB enthaltenen Umweltdelikte 85
Die Versuchsstrafbarkeit einer unzulässigen Ausfuhr gemäß § 34 Abs. 5 AWG beginnt bereits mit der Verladung der Ware auf das zum Grenzübertritt vorgesehene Transportmittel, vgl. BGHSt 20, 150, 151, Erbs/Kohlhaas - Fuhrmann AWG §4 Rdnr. 11, § 34 Rdnr. 31; offengelassen in BGH NJW 1992, 3114, 3115. 86 So Erbs/Kohlhaas - Fuhrmann AWG § 34 Rdnr. 10. 87 BGBl. I 1994 S. 1440; vgl. hierzu ausführlich Breuer JZ 1994, 1077 ff., Möhrenschlager NStZ 1994, 513 ff., Otto Jura 1995, 134 ff., Schmidt/Schöne NJW 1994, 2514.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
fest, daß einer fraudulös erwirkten Genehmigung keine tatbestandsausschließende Wirkung zukommt 88 . Diese neu eingefugte Vorschrift setzt ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichene Genehmigung einem Handeln ohne Genehmigung gleich 89 . Hätte der Gesetzgeber eine Beschränkung der tatbestandsausschließenden Wirkung der Genehmigung90 durch den Gedanken des Rechtsmißbrauchs bereits unterstellt, so hätte es der Schaffung des § 330 d Nr. 5 StGB nicht bedurft. Der Einfügung dieser Norm wäre dann, beschränkt auf tatbestandsausschließende Genehmigungen, nur deklaratorischer Charakter beizumessen. Hieran könnte man zwar denken, wenn man den Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetzgebungsverfahren des Zweiten Umweltkriminalitätsgesetz liest, in dem geschrieben steht, es seien lediglich in klarstellender Weise Fälle des Rechtsmißbrauchs abschließend normiert worden, die bislang von der überwiegenden Meinung bereits anerkannt waren 91. Es fehlt in dieser Aussage aber jegliche Differenzierung zwischen tatbestandsausschließenden und rechtfertigend wirkenden behördlichen Genehmigungen92. Aus der Bestimmung des § 330 d Nr. 5 StGB läßt sich vielmehr im Umkehrschluß folgern, daß rechtswidrige Genehmigungen, die nicht in der dort beschriebenen Art und Weise erlangt wurden, tatbestandsausschließend wirken 93 . e) Nicht tragfahige Gegenargumente Die von Rengier 94 zusätzlich zu der Argumentation mit dem Analogieverbot vorgetragenen systematischen Argumente vermögen nicht voll zu überzeugen. Er schließt aus Regelungen wie § 38 Abs. 1 Nr. 7 GWB, § 33 Abs. 4 Nr. 1 AWG, § 92 Abs. 1 Nr. 7 AuslG, die Täuschungshandlungen ahnden, die in der Absicht erfolgen, Genehmigungen zu erlangen, daß der Gesetzgeber die Proble88
Vgl. hierzu auch Perschke wistra 1996, 165. Unklar bleibt, weshalb der Gesetzgeber ein fiktiv-genehmigungsloses Handeln im Bereich des AWG an andere Voraussetzungen knüpft als im Bereich des StGB. Fälle der Drohung, Bestechung und Kollusion schränken die strafrechtliche Wirkung einer Genehmigung im AWG nicht ein. 90 Nur diese interessiert an dieser Stelle. Betroffen hiervon sind nach der hier vertretenen Auffassung die §§ 325, 327 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, vgl. hierzu im 3. Kapitel unter Β. IV. 2.b) 91 BT-Drucksache 12/7300, S. 25. 92 Zur Kritik an der Begründung des Rechtsausschusses vgl. Breuer JZ 1994, 1090, der die Begründung für "grob irreführend" hält, da der Vorschrift des § 330 d Nr. 5 StGB keineswegs nur deklaratorischer Charakter zukomme. 93 Perschke wistra 1996, 165. 94 Rengier ZStW 101 (1988), 886 f. 89
C. Fraudulös erlangte behördliche Genehmigung
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matik von rechtsmißbräuchlich erlangten Genehmigungen gesehen und die sich aus der verwaltungsrechtlichen Wirksamkeit der Genehmigung ergebenden Folgen akzeptiert habe. Insbesondere habe er damit gezeigt, daß er die Folge, erschlichene Erlaubnisse erfüllen einen Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitentatbestand des Inhalts "Handeln ohne Genehmigung" nicht, hinnehmen wolle 95 . Wäre diese Schlußfolgerung richtig, so hätte dies zur Konsequenz, daß eine Zurückdrängung der strafrechtlichen Wirkung rechtsmißbräuchlich erlangter oder zumindest erschlichener Genehmigungen weder auf Tatbestandsebene noch auf der Ebene der Rechtswidrigkeit in Betracht kommt 96 . Dagegen ist zum einen einzuwenden, daß nicht alle verwaltungsrechtlichen Materien solche Täuschungshandlungen im Vorfeld der Genehmigungserteilung straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich erfassen. Wenn eine gesetzliche Regelung dahingehend getroffen wurde, aus dem Gedanken heraus, daß schon im Vorfeld solle vermieden werden, daß inhaltlich falsche Genehmigungen erteilt werden. Daraus zu schließen, der Gesetzgeber habe sich damit generell zur Problematik der Einschränkung der Strafausschlußwirkung unlauter erlangter Genehmigungen geäußert, erscheint als zu weitgehend. Genauso könnte der Schluß gezogen werden, der Gesetzgeber habe zu erkennen gegeben, nur in Fällen, in denen Täuschungshandlungen im Genehmigungsverfahren inkriminiert werden, akzeptiere er auch die nur wirksame - unabhängig von der Art und Weise der Erlangung - als strafbarkeitsausschließend. Für alle anderen Fälle wäre dann im Umkehrschluß davon auszugehen, daß dort die erschlichene Genehmigimg nicht ausreichend sein soll. Letztendlich ist davon auszugehen, daß solche Regelungen für Materien geschaffen wurden, die besonders "täuschungsanfällig" erscheinen und für die der Gesetzgeber einen konkreten Handlungsbedarf gesehen hat, schon im Vorfeld der Genehmigungserteüung durch Straf- bzw. Bußgeldandrohung zur Richtigkeit der Angaben zu erziehen. Als weiteres Zwischenergebnis kann an dieser Stelle festgehalten werden, daß - ungeachtet der als nicht für tragfähig erkannten Argumente - Erwägungen des Rechtsmißbrauchs bei Genehmigungen, die auf der Tatbestandsebene Wirkungen entfalten, keine Berücksichtigung finden können. Etwas anderes kann nur gelten, wenn Einschränkungen dieser Art, wie am Beispiel des § 34 Abs. 8 AWG gezeigt, vom Gesetzgeber vorgegeben werden. Die Berücksichtigung des Mißbrauchsgedankens auf Tatbestandsebene würde mit einer Extension des gesetzlichen Tatbestandes einhergehen und damit zu einer Ausweitung der Strafbarkeit
95 96
Rengier ZStW 101 (1989), 887. So in konsequenter Fortführung seiner Ansicht Rengier ZStW 101 (1989), 888 ff.
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Kapitel 5: Behördliche Genehmigung als negatives Tatbestandsmerkmal
führen, die im Gesetzestext keinerlei Stütze findet 97. Sie wäre nur im Wege nach heutiger Rechtslage verbotener - Analogie zuungunsten des Täters möglich.
D. Zusammenfassung Die Untersuchung in diesem Kapitel der Arbeit hat zu folgenden Ergebnissen geführt: Nach verwaltungsrechtlichen Kategorien nichtige Genehmigungen vermögen auch in strafrechtlicher Hinsicht auf Tatbestandsebene keinerlei Rechtswirkungen erzeugen. Berechtigtes Vertrauen des Täters in. die Wirksamkeit der Genehmigung ist über Irrtumsregeln in Ansatz zu bringen. Anders verhält es sich mit rechtswidrigen Genehmigungen, die die Fehlerintensität hin zur Nichtigkeit nicht erreicht haben und daher wirksam sind. Aufgrund der eindeutigen Bezugnahme in den entsprechenden Straftatbeständen, die ein Handeln ohne Genehmigung unter Strafe stellen, muß auch hier das Strafrecht streng akzessorisch an die verwaltungsrechtlichen Kategorien nichtig/rechtswidrig, aber wirksam anknüpfen und muß daher auch rechtswidrige Genehmigungen als tatbestandsausschließend akzeptieren. Die Nichtberücksichtigung stellt eine Verletzung des Analogieverbotes dar. Allerdings verweigert das Strafrecht dem Verwaltungsrecht die Gefolgschaft, wo die Rücknahme rechtswidriger Genehmigungen mit Wirkung ex-tunc erfolgt. Eine solche Rücknahme führt unter Berücksichtigung des Rückwirkungsverbotes nicht zur nachträglichen Strafbarkeit des aufgrund der später mit Rückwirkung aufgehobenen Genehmigung Handelnden. Schließlich konnte festgestellt werden, daß entgegen einer teüweise vertretenen Ansicht Rechtsmißbrauchserwägungen nicht zu einer Zurückdrängung der Tatbestandsausschlußwirkung behördlicher Genehmigungen führen können, will man sich nicht den Vorwurf der Verletzung des Analogieverbotes gefallen lassen.
97
VonBurchardS. 137, 146.
. Kapitel
Die behördliche Genehmigung auf Rechtswidrigkeitsebene Hat die Auslegung des entsprechenden Tatbestandes zu dem Ergebnis geführt, die behördliche Genehmigung befreit von einem repressiven Verbot, so führt dies nach im Strafrecht ganz herrschender Meinung 1 dazu, daß sie strafrechtlich als Rechtfertigungsgrund fungiert. Dies gilt jedenfalls für die in jeder Hinsicht rechtmäßige Genehmigung. Entsprechend der im 5. Kapitel durchgeführten Prüfung wird im folgenden auf folgende Problemkreise eingegangen: Zunächst soll dargestellt werden, auf welchem Rechtfertigungsprinzip die behördliche Genehmigung beruht. Im folgenden wird dann überprüft, ob auch der nichtigen Genehmigung auf der Deliktsstufe der Rechtswidrigkeit - gleich der Lösung auf Tatbestandsebene - keinerlei Wirkung zuzubilligen ist. Daran schließt sich die Prüfung an, ob und in welchem Umfang der rechtswidrigen Genehmigung Rechtfertigungswirkung zuzubilligen ist. Schließlich wird auf die Folgen der Rücknahme einer rechtfertigenden Genehmigung und auf die Problematik der Rechtsmißbrauchslösung bei rechtfertigend wirkenden Genehmigungen eingegangen.
1
Vgl. nur Dreher/Tröndle § 324 Rdnr. 7, Ensenbach S. 30, Heider S. 87, Lackner § 324 Rdnr. 8, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 61; zu davon abweichender Meinung vgl. in diesem Kapitel unter Α.ΙΠ.
94
Kapitel 6: Behördliche Genehmigung auf Rechtswidrigkeitsebene
A. Einordnung der behördlichen Genehmigung unter anerkannte Prinzipien der Rechtfertigung I. Allgemeine Prinzipien der Rechtfertigung Seit langem herrscht Streit darüber, ob sich Rechtfertigungsgründe aus allgemeinen, übergeordneten Prinzipien ableiten lassen. Im wesentlichen werden zu diesem Problemkreis zwei Theorien vertreten: Die monistische Theorie 2 und die pluralistische Theorie 3, jeweils in verschiedenen Ausprägungen. Ausgangspunkt der monistischen Theorie ist es, alle Rechtfertigungsgründe auf ein gemeinsames Prinzip zurückzuführen oder sie unter einem Gesichtspunkt zu sehen. Die Bedeutung der monistischen Theorie ist heute gering. Aufschluß über Aufbau und Tragweite einzelner Rechtfertigungsgründe läßt sich nur durch eine Sichtweise gewinnen, die die Verschiedenartigkeit ihres materiellen Gehalts betont4. So geht die heute herrschende Lehre von einer pluralistischen Betrachtungsweise aus5, die entweder ganz auf eine Kategorisierung der Rechtfertigungsgründe verziehtet 6 . oder eine Einteüung nach verschiedenen Kriterien vornimmt. Nach einer wohl als herrschend zu bezeichnenden Strömung innerhalb der pluralistischen Theorien lassen sich den Rechtfertigungsgründen - und zwar für die gesamte Rechtsordnung einheitlich7 - zwei Grundstrukturen entnehmen: Das Prinzip des mangelnden und das Prinzip des überwiegenden Interesses8. Das erstere sieht seine Begründung darin, daß das Interesse am Schutz eines Rechtsgutes deshalb zurücktritt, weü dessen Inhaber auf den Schutz in einer konkreten Situation verzichtet hat. Hierunter fallen die Rechtfertigungsgründe Einwilligung und mutmaßliche Einwilligung. Nach dem Prinzip des überwiegenden Interesses hingegen gerät das Interesse am Schutz des verletzten Rechtsgutes in Widerstreit
2 Eb. Schmidt ZStW 49, 350 ("richtiges Mittel zum richtigen Zweck"), Sauer S. 56 ("mehr Nutzen als Schaden"), zusammenfassend Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 6. 3 Baumann/Weber § 19 m., Lenckner GA 1985, 302 ff., Mezger S. 205. 4 Jescheck § 31 Π. 5 Baumann/Weber §19 m. 3, Maurach/Zipf §25 m., Schönke/Schröder Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 7. 6 Maurach/Zipf § 25 ΠΙ., Roxin Kriminalpolitik, S. 26 ff. 7 Baumann/Weber § 19ΙΠ., Günther S. 175. 8 Blei S. 130, Lenckner S. 133 ff., ders. GA 1985, 295 ff., Mezger S. 205, Reichert-Hammer S. 96, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 7; aA Rudolphi, FS für Armin Kaufmann, S. 392, der - bedingt durch die Einordnung der Einwilligung als tatbestandsausschließend - konsequent an einer monistischen Sichtweise (Prinzip des überwiegenden Interesses) festhält.
Α. Einordnung unter anerkannte Prinzipien der R e c h t f e r t i g u n g 9 5 mit anderen, höherwertigen Interessen und wird durch dieses verdrängt. Als Beispiel hierfür lassen sich etwa Notwehr und Notstand aufzählen 9. Allgemeine Meinung ist in diesem Zusammenhang, daß ein numerus clausus der Rechtfertigungsgründe nicht existiert, weü die dafür maßgeblichen Ordnungsprinzipien sich im Fluß befinden 10. Dies hat sich in der Vergangenheit verschiedentlich bestätigt, wie in der Anerkennung des übergesetzlichen Notstandes vor Schaffung des § 34 StGB 11 , der notwehrähnlichen Lage 12 und eines Rügerechts 13 als Rechtfertigungsgründe.
Π. Die Einordnung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung in das System der Rechtfertigungsgründe 1. Die Einordnung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung als Spezialfall der Einwilligung Vor diesem Hintergrund wird die behördliche Genehmigung teilweise auf das Prinzip des mangelnden Interesses zurückgeführt. Sie sei der rechtfertigenden (mutmaßlichen) Einwilligung gleichzusetzen14. Nach Rechtsprechung15 und herrschender Lehre 16 entspringt die rechtfertigende Kraft der Einwilligung aus dem Verzicht auf Strafschutz durch Preisgabe der Interessen des Einwilligenden - volenti non fit iniuria. Der Grund der Rechtfertigungswirkung behördlicher Genehmigungen wird darin gesehen, daß die Behörde durch die Erteilung der Genehmigung auf die Befolgung der Verbotsnorm verzichten könne. Allein die Zustimmung durch die Exekutive und nicht die Wahrnehmung überwiegender Interessen bewirke die Rechtfertigung 17. Als Begründung hierfür wird von dieser Ansicht die rechtliche Konstruktion des Verwaltungsrechts herangezogen, nach der auch rechtswidrige Genehmigungen ihre Wirksamkeit grundsätzlich behal-
9
Zusammenfassend Dreher in FS für Heinitz, S. 218, Reichert-Hammer S. 96. Baumann/Weber § 19 m. 3., Jescheck § 31 Π. 4. 11 RGSt 38, 62, 64; 61, 242, 252, hierzu Otto Jura 1985, 298, BGHSt 1, 366, 368; 13, 197,201. 12 BGHZ 27, 284, 290. 13 BGHSt 20, 342, 368. 14 Bickel ZfW 1979, 146, Dreher/Tröndle Vor § 32 Rdnr. 5, Schönke/Schröder Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 28. 15 BGHSt 4, 90; 17,360. 16 Baumann/Weber § 21 Π. 4, Jescheck § 341. 3. 17 Vgl. hierzu Hübenett S. 48. 10
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Kapitel 6: Behördliche Genehmigung auf Rechtswidrigkeitsebene
ten, auch wenn überwiegende Interessen gar nicht existieren 18. Dies betrifft jedoch nur den Sonderfall der materiell rechtswidrigen Genehmigung, der an dieser Stelle nicht zur Diskussion steht. An der Richtigkeit dieser Auffassung bestehen Zweifel. Nur dann, wenn die essentiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der rechtfertigenden Einwilligung auf die hoheitlich erteilte Genehmigung übertragbar sind, kann diese Ansicht zutreffen. Ein erster Unterschied besteht zumindest hinsichtlich solcher Genehmigungen, deren verwaltungsrechtliche Wirksamkeit an das Erfordernis der Schriftform geknüpft ist 19 . Die rechtfertigende Einwilligung ist nicht formgebunden. Dieser, aus Gründen der Rechtssicherheit und dem Schutz vor Übereilung 20 im Einzelfall bestehende, rein formale Unterschied ist jedoch nicht geeignet, die Verschiedenheit zwischen der rechtfertigenden Einwilligung und der öffentlichrechtlichen Genehmigung nachzuweisen, da sich hieraus eine strukturelle Verschiedenheit nicht ergibt. Jedoch setzt die rechtfertigende Einwilligung auch in Form der mutmaßlichen Einwilligung voraus, daß der Einwilligende über das betroffene Gut voll dispositionsbefugt ist 21 . Dies trifft für die öffentlich-rechtliche Genehmigung nicht zu. Die Verwaltung ist in ihrer Entscheidung nicht frei wie der disponierende Rechtsgutsinhaber. Letzterer kann grundsätzlich auf ihm zugeordnete Rechtsgüter verzichten. Dies ergibt sich aus der Anerkennung des ungehinderten Gebrauchs der persönlichen Freiheit als sozialem Wert 22 . Freilich sind auch hier Grenzen gesetzt, sofern es sich um fundamentale Rechtsgüter des einzelnen handelt, die in §§ 216, 226a StGB ihren Niederschlag gefunden haben: Menschliches Leben und körperliche Integrität sind nur in beschränktem Maße disponibel. Die Einwilligung in die eigene Tötung ist - mit Ausnahme der Selbsttötung -
18
Bickel ZfW 1979, 146. Als Beispiele lassen sich etwa § 10 Abs. 3 KWKG oder aber auch wasserrechtliche Genehmigungen nach einigen Landesgesetzen nennen. Diese Vorschriften über die Schriftform stellen Ausnahmetatbestände zu § 37 Abs. 2 VwVfG dar, da sie den Grundsatz der Formfreiheit durchbrechen. Schriftform ist darüberhinaus grundsätzlich auch dann geboten, wenn der Inhalt des Verwaltungsaktes kompliziert gestaltet ist, vgl. Knack - Henneke § 37 Rdnr. 4. 20 Knack-Henneke §37 Rdnr. 4.1. 21 Baumann/Weber § 21 Π. 4a, Dreher/Tröndle Vor § 32 Rdnr. 3b, Jakobs 14. Abschn. Rdnr. 7, Lackner Vor § 32 Rdnr. 14, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff Rdnr. 35a. 22 Jescheck § 34 Π. 19
Α. Einordnung unter anerkannte Prinzipien der Rechtfertigung
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unbeachtlich, die Einwilligung in die eigene Körperverletzung ist begrenzt durch die "guten Sitten". Die Verwaltung hingegen ist bei all' ihren Entscheidungen an Gesetz und Recht gebunden, Art. 20 Abs. 3 GG. Sie kann nicht willkürlich entscheiden, wie es dem einzelnen bei Dispositionen über seine Rechtsgüter grundsätzlich möglich ist, sondern hat sich an den rechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes und der verwaltungsrechtlichen Fachgesetze zu orientieren 23. Es handelt sich insoweit um eine sachgebundene hoheitlich vorgenommene Wertabwägung 24. Diese Bindung der Verwaltung stellt den zentralen Grundsatz des Rechtsstaatsgedankens dar 25 . Die Behörden verwalten lediglich treuhänderisch Werte, die der Allgemeinheit zustehen26. Sie haben sich an den Grenzen des rechtmäßigen Gebrauchs ihr eingeräumten Ermessens zu orientieren. Freie Dispositionsbefugnis der Behörde anzunehmen hieße, Willkürentscheidungen zu akzeptieren, die mit dem Gestzesvorrang des Art.20 Abs. 3 GG nicht in Einklang zu bringen sind. Als Folge dieses Prinzips sind grob fehlerhafte Genehmigungen in der Regel gemäß § 44 VwVfG nichtig. Noch so unvernünftige Einwilligungen im Strafrecht berühren deren Wirksamkeit allein jedoch keineswegs. Insoweit unterscheiden sich also Einwilligung und öffentlich-rechtliche Genehmigung in ihrem Wesensgehalt. Auch ein zweiter Aspekt zeigt die grundsätzliche Wesensverschiedenheit zwischen Einwilligung und behördlicher Genehmigung. Die Wirksamkeit der Einwilligung ist an die Freiheit von Willensmängeln geknüpft, sofern diese einwilligungserheblich hinsichtlich Bedeutung und Tragweite der Einwilligung sind 27 . Eine durch Drohung, Täuschung oder Irrtum erlangte Einwilligung ist daher unwirksam und folglich unbeachtlich28. Etwas anderes gilt nach überwiegender Meinung für die behördliche rechtfertigende Genehmigung. Nicht jede durch Täuschung, Drohung oder Irrtum erlangte öffentlich-rechtliche Genehmigung ist als nichtig und damit unbeachtlich 29
nach verwaltungsrechtlichen Kategorien einzustufen . Für die strafrechtliche 23
Winkelbauer NStZ 1988, 203. Hübenett S. 49, Jescheck § 33 Fn. 15. 25 Von Münch - Schnapp Art. 20 Rdnr. 36. 26 ZeitlerS. 47. 27 BGHSt 4, 118; 17, 309; Baumann/Weber § 21 II. 4., Wessels § 9 12. 28 OLG Stuttgart NJW 1962, 62; Dreher/Tröndle Vor §32 Rdnr. 36, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 46, SK - Samson Vor § 32 Rdnr. 43. 29 Rudolphi ZfW 1982, 201. 24
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Kapitel 6: Behördliche Genehmigung auf Rechtswidrigkeitsebene
Nichtberücksichtigung muß - erkennt man eine Zurückdrängung der rechtfertigenden Wirkung der Genehmigung durch Mißbrauchsgesichtspunkte überhaupt an - zumindest noch die inhaltliche Rechtswidrigkeit der erlassenen Genehmigung hinzukommen. Nur in Fällen, in denen die behördliche Genehmigung weder nichtig noch rechtswidrig ist, kann für das Strafrecht eindeutig von einer gerechtfertigten Tat gesprochen werden. Einzig und allein der Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften formeller oder materieller Art führt zur Nichtigkeit oder Rechtswidrigkeit der behördlichen Genehmigung. Schließlich sei noch ein dritter Unterschied im Hinblick auf die Einwilligung aufgezeigt: Die Einwilligung ist grundsätzlich frei und jederzeit widerruflich 30 . Eine Bindung für die Zukunft besteht nicht. Der Widerruf braucht auch nicht von vernünftigen Erwägungen getragen zu sein. Nach erfolgtem Widerruf erhält der Eingriff in die Rechtsgütersphäre des Widerrufenden das Prädikat rechtswidrig. Anders ist hingegen die Rechtslage bei der Aufhebung von öffentlich-rechtlichen Genehmigungen. Wie auch bei der Erteilung der Genehmigung kann sie über die Aufhebung gemäß §§ 48, 49 VwVfG nicht frei im Sinne von willkürlich handeln, sondern hat ihre Entscheidungen im Sinne der ihr vorgegebenen Normen zu treffen. Vorstehende Erwägungen führen zum Ergebnis, daß die öffentlich-rechtliche Genehmigimg sich nicht als Unterfall des Prinzips des mangelnden Interesses bzw. der rechtfertigenden Einwilligung darstellt 31. 2. Die Einordnung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung als Unterfall des Prinzips des überwiegenden Interesses Wie im 2. Kapitel der vorliegenden Arbeit dargestellt wurde, ist die behördliche Genehmigung als Befreiung von einem repressiven Verbot mit Dispensvorbehalt dadurch gekennzeichnet, daß die zuständige Verwaltungsbehörde im allgemeinen einen Interessenwiderstreit zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Nichterteilung der Genehmigung und dem Interesse des Antragstellers an deren Erteilung zugunsten des Antragstellers entschieden hat. Die Interessen der Allgemeinheit betreffen in erster Linie die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und das Unterbleiben von Belästigungen und Ge-
30
Baumann/Weber §21 Π. 4., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 44, der auch auf Ausnahmen hinweist. Dies gilt selbstredend nicht für die mutmaßliche Einwilligung, da diese als Einwilligungssurrogat real ja nie erklärt wurde. 31 Im Ergebnis ebenso Hübenett S. 51, Jakobs 16. Abschn. Rdnr. 29, Jescheck § 33 I. Fn. 15, Schmitz S. 26 f.
Α. Einordnung unter anerkannte Prinzipien der R e c h t f e r t i g u n g 9 9 fährdungen 32. Das Interesse des Antragstellers hingegen resultiert aus seinen Grundrechten, wie etwa der in Art. 12 GG normierten Berufsfreiheit, der Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG oder subsidiär 33 aus der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit 34. Allerdings können auch Interessen der Allgemeinheit wie etwa an der Reinhaltung der Umwelt mit anderen Interessen der Allgemeinheit, wie etwa die Gesundheitsvorsorge beim Bau gemeindlicher Kläranlagen kollidieren 35 . Durch die Erteilung der Genehmigimg bringt die Behörde im ersten Fall zum Ausdruck, daß sie die Interessen der Allgemeinheit an der Verhinderung der an sich unerwünschten Tätigkeit mit den Interessen des einzelnen an der Vornahme der entsprechenden Handlung im Rahmen einer Ermessensentscheidung abgewogen hat und dem Interesse des Antragstellers Vorrang eingeräumt hat. Aber auch in der zweiten geschilderten Konstellation hat die Genehmigungsbehörde eine Interessenabwägung zwischen bestimmten Interessen der Allgemeinheit und anderen Interessen der Allgemeinheit, gepaart mit den Interessen des Antragstellers, durchgeführt und einen Interessenausgleich, beispielsweise durch Erteilung der Genehmigung, versehen mit gefahrbegrenzenden Nebenbestimmungen, vorgenommen 36. Diese Konstruktion des Verwaltungsrechts entspricht strukturell der im Strafrecht auf der Ebene der Rechtswidrigkeit anerkannten Figur des überwiegenden Interesses37. Der durch den Tatbestand umschriebene Unrechtssachverhalt entfällt hier deshalb, weil dem tatbestandlich verwirklichten Unrecht ein wirksames Recht zur Seite steht38. Dieses Recht basiert auf dem durch die Behörde festgestellten Vorrang der Einzelfallgerechtigkeit vor einem im Vorfeld der Gefährdung bzw. Verletzung angesiedelten Rechtsgüterschutz. Das grundsätzliche Verbot wird im Einzelfall durch die erteilte Genehmigung suspendiert, weil das Interesse des Antragstellers an der Vornahme der Handlung im Einzelfall höher
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Goldmann S. 128 ff., Jescheck § 33 VI. 3. Zur Subsidiarität des Art. 2 Abs. 1 GG zu den grundgesetzlich garantierten Einzelfreiheitsrechten vgl. BVerfGE 23, 55 f. 34 Schmitz S. 27. 35 Schmitz S. 27. 36 Jescheck §33 VI. 3., Schmitz S. 27. 37 Ensenbach S. 30, Frank S. 60 ff., Goldmann S. 244, Hübenett, S. 53, Jescheck §33 I. 2., §33 VI. 3., Nisipeanu NuR 1988, 227, Rudolphi ZfW 1982, 201, NStZ 1984, 196, Schmitz S. 27. 38 Blei S. 130 f., von der Linde S. 105. 33
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bewertet wird als das Allgemeininteresse am Unterbleiben der genehmigungsbedürftigen Handlung 39 .
ΙΠ. Lösungsansatz jenseits der Rechtswidrigkeitsebene Einen von den bisher erörterten Lösungswegen völlig abweichenden Standpunkt nimmt Horn ein. Für ihn ist auch die rechtmäßige behördliche Genehmigung jenseits der Deliktsstufen Rechtswidrigkeit und Schuld "... eine Art objektive Straflosigkeitsbedingung" 40. Diese strafrechtsdogmatische Einordnung soll unabhängig davon gelten, ob die öffentlich-rechtliche Genehmigimg nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen rechtmäßig oder rechtswidrig ist 41 . Relevant an dieser Stelle ist jedoch nur die rechtmäßige Genehmigung. Horn erachtet - unter Berufung auf Armin Kaufmann 42 - die Erforderlichkeit als durchgängiges Strukturprinzip der Rechtfertigung, das alle Rechtfertigungsgründe kennzeichne43. Die behördlche Genehmigung werde diesem Strukturprinzip jedoch nicht gerecht. Abgesehen davon, daß fraglich ist, ob das Prinzip der Erforderlichkeit tatsächlich allen Rechtfertigungsgründen zugrunde liegt 44 , ist dieses Prinzip zumindest bei den hier zur Debatte stehenden Dispensen von repressiven Verboten gewahrt. Bei der rechtmäßigen Genehmigung wurde der Konflikt zwischen aufeinanderprallenden Interessen sachgerecht unter Beachtung aller verwaltungsrechtlichen Anforderungen zugunsten des Antragstellers gelöst. Die Erteilung der Genehmi-
39
Wenn in der Literatur in diesem Zusammenhang behauptet wird, Jescheck subsumiere die behördliche Genehmigung unter den rechtfertigenden Notstand (so Zeitler S. 47 unter Berufung auf Jescheck § 33 VI.), so beruht dies auf einem falschen Verständnis. Jescheck vergleicht richtigerweise nur die Notstandssituation mit der Situation der Behörde, die eine Entscheidung über die Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung zu treffen hat und dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen hat. Nicht verkannt wird freilich, daß rechtfertigender Notstand und behördliche Genehmigung nicht dasselbe bedeuten und auch nicht den selben Voraussetzungen unterliegen. Ein prägnanter Unterschied besteht bereits in dem Umstand, daß die Verwaltung die Rechtmäßigkeit der Handlung vor Tätigwerden, der Strafrichter hingegen, der über das Vorliegen der Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstandes zu entscheiden hat, die Rechtmäßigkeit erst nachträglich beurteilt. 40 Horn UPR 1983, 366. 41 Horn geht jedoch in SK Vor § 324 Rdnr. 12 ebenso wie in NJW 1981, 3 von einer möglichen Rechtfertigungswirkung einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung aus, vgl. hierzu auch Winkelbauer NStZ 1988, 205 Fn. 50. 42 Armin Kaufmann S. 254. 43 Horn UPR 1983, 366; ebenso Hirsch S. 247. 44 BrauerS. 45.
Α. Einordnung unter anerkannte Prinzipien der Rechtfertigung
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gung war daher erforderlich, um den höherwertigen Interessen des Antragstellers Rechnung zu tragen und ihn nicht übermäßig in der Wahrnehmung seiner Grundrechte einzuschränken45. Der Ansicht Horns ist also, zumindest was die rechtmäßige rechtfertigende Genehmigung angeht, nicht zu folgen, weil die hier zu behandelnden Genehmigungen das Kriterium der Erforderlichkeit beinhalten 46 . Wie bereits dargelegt wurde, läßt sich die öffentlich-rechtliche Genehmigung auch in die als allgemeines Prinzip der Rechtfertigung anerkannte Kategorie des überwiegenden Interesses einreihen. Handelt der Inhaber einer Genehmigung aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Gestattung, die im Einklang mit allen formellen und materiellen Erfordernissen der allgemeinen und speziellen öffentlichrechtlichen Normen steht, so ist sein Verhalten sowohl verwaltungsrechtlich als auch strafrechtlich erlaubt. Das Strafrecht als das schärfste Sanktionsmittel des Staates kann aus Gründen der "Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung" nicht verbieten, was das öffentliche Recht durch die rechtmäßige Genehmigung erlaubt. Der Interessenkonflikt - eine typische Konstellation auf der Rechtfertigungsebene - wurde durch das Verwaltungsrecht in Form der rechtmäßig erteüten Genehmigung zu seinen Gunsten entschieden. Aus diesen Gründen ist hier das Strafrecht - entgegen Horn 47 - an die verwaltungsrechtliche Entscheidung gebunden und darf einem Verhalten, das im Einklang mit einer rechtmäßigen Erlaubnis vorgenommen wird, nicht das Prädikat "rechtswidrig" verleihen. Es erscheint nicht akzeptabel, hier von einem strafrechtlich an sich verbotenem Verhalten zu sprechen, das lediglich wegen in der Person des Täters vorliegenden Umständen48 (Innehaben einer wirksamen Genehmigung) nicht sanktioniert wird. Vielmehr erlaubt die rechtmäßige behördliche Genehmigung einen rechtsgüterbeeinträchtigenden tatbestandsmäßigen Eingriff verbindlich für alle Rechtsgebiete. Es handelt sich daher um einen echten Rechtfertigungsgrund. Im übrigen hätte die Befolgung dieses Ansatzes zur Konsequenz, daß grundsätzlich Nothilfe 49 gegen ein durch eine rechtmäßige öffentlich-rechtliche
45
BrauerS. 45. So auch Hallwaß S. 73 ff., Schmitz S. 28. 47 Horn UPR 1983, 366. 48 Zur Definition der persönlichen Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe vgl. Dreher/Tröndle Vor § 32 Rdnr. 17, Jescheck § 52, Roxin JuS 1988, 432. 49 Ob Nothilfe zugunsten des Staates gemäß § 32 StGB als Rechtfertigungsgrund anzuerkennen ist, ist umstritten. Bejahend RGSt 63, 215, Baumann/Weber § 21 Π. 8b), Dreher/Tröndle § 32 Rdnr. 7, einschränkend Schönke/Schröder - Lenckner § 32 Rdnr. 7; für Rechtfertigung nach § 34 StGB Blei S. 159, Jescheck § 32 Π. lb), Roxin § 15 Rdnr. 40. 46
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Gestattung gedecktes Verhalten geübt werden könnte, was sich jedoch deshalb als untragbar erweist, als das Verhalten des Handelnden sowohl mit formellem als auch materiellem Verwaltungsrecht in Einklang steht und insofern kein rechtswidriger Angriff auf in die Hände des Staates gelegte Rechtsgüter vorliegt 50 .
IV. Zusammenfassung Zusammenfassend ist daher an dieser Stelle festzuhalten: eine rechtmäßige behördliche Genehmigung erzeugt sowohl nach der herrschenden Meinung als auch nach der davon abweichenden Meinung Horns eine strenge Vorgabewirkung für das Strafrecht dahingehend, daß eine Handlung, die durch eine rechtmäßige öffentlich-rechtliche Genehmigung gedeckt ist, strafrechtlich nicht sanktioniert werden darf. Richtigerweise ist davon auszugehen, daß die ein repressives Verbot suspendierende öffentlich-rechtliche Genehmigung als Ausdruck eines zugunsten des Antragstellers gelösten Interessenkonfliktes rechtfertigenden Charakter besitzt51. Es handelt sich jedoch um einen Rechtfertigungsgrund sui generis, der selbständig neben anderen Rechtfertigungsgründen existiert 52, aber unter das Prinzip des überwiegenden Interesses einzuordnen ist.
B. Handeln aufgrund nichtiger Genehmigung Nach verwaltungsrechtlichen Maßstäben nichtigen Genehmigungen (§44 VwVfG) kann auf Rechtswidrigkeitsebene ebensowenig wie auf Tatbestandsebene eine rechtliche Wirkung beigemessen werden. Dies folgt daraus, daß von ihnen trotz formalen Vorliegens einer Behördenentscheidung aufgrund der ihr anhaftenden gravierenden Fehlerhaftigkeit keinerlei Rechtswirkungen nach außen ausgehen. Insoweit unterscheidet sich ein Handeln gänzlich ohne Genehmigung in keiner Weise von einem Handeln aufgrund nichtiger Genehmigung53. Es kann daher auf die Ausführungen im 5. Kapitel unter A. verwiesen werden.
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Vgl. Schünemann wistra 1986, 238. Im Ergebnis ebenso Winkelbauer S. 73. 52 Gröger S. 18 ff., Hübenett S. 54, Jescheck § 33 I. 2., § 33 VI. 3, Lackner Vor § 32 Rdnr. 25, Maurach/Zipf § 29 m., Rudolphi ZfW 1982, 201. 53 Dies entspricht der ganz herrschenden Meinung: Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4b, Jescheck § 33 VI. 3., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 33, Rogali in FS für 51
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung Auch im Irrtumsbereich sind keine Unterschiede zur nichtigen Genehmigung auf Tatbestandsebene auszumachen: Ein Irrtum darüber, daß das fragliche Verhalten durch eine rechtswirksame Genehmigung gedeckt ist, ist bei der rechtfertigenden Genehmigung nach den Grundsätzen über den Erlaubnistatbestandsirrtum 5 4 ebenfalls nach § 16 StGB zu behandeln.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung Im folgenden ist zu untersuchen, wie ein Handeln aufgrund rechtswidriger, dennoch wirksamer Genehmigung in strafrechtlicher Hinsicht zu behandeln ist, wenn die entsprechende Genehmigimg nicht bereits tatbestandsausschließend wirkt. Dabei sollen zunächst einmal sogenannte "bestandsgeschützte" rechtswidrige Genehmigungen, das heißt solche, die nicht mehr zurückgenommen werden dürfen, außer Betracht bleiben55. Für tatbestandsausschließende Genehmigungen konnte festgestellt werden, daß der Wortlaut der entsprechenden Strafhormen daran hindert, unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit oder des Rechtsmißbrauchs Einschränkungen hinsichtlich der Tatbestandsausschlußwirkung vorzunehmen. Sofern diese Sperrwirkung auch für Rechtfertigungsgründe gilt, so verböte sich ein Abweichen von der im 5. Kapitel der Arbeit vertretenen Ansicht der strengen Bindung an die gesetzliche Anordnung der Wirksamkeit auch rechtswidriger Genehmigungen. Tatbestandsausschließende und rechtfertigend wirkende Genehmigung müßten dann identisch behandelt werden, was heißen würde, daß die wirksame behördliche Genehmigung auch auf Rechtfertigungsebene nicht einschränkend interpretiert werden könnte. Daher ist zunächst darauf einzugehen, ob Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB in gleicher Schärfe zur Bindung an den Gesetzeswortlaut zwingen, wenn Rechtfertigungsgründe betroffen sind.
Universität Köln S. 524, Scheele S. 35, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 62, Weber S. 38. 54 Vgl. hierzu Roxin § 14 Rdnr. 54 f., 62 ff., Schönke/Schröder - Cramer § 16 Rdnr. 15 ff., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 21. 35 Vgl. Hübenett S. 102 ff.: Bestandsschutz im Sinne ihrer Terminologie tritt dann ein, wenn erstens der Vertrauensschutz des Begünstigten das Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes überwiegt und zweitens, wenn die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG die Verwaltung daran hindert, begünstigende rechtswidrige Verwaltungsakte wieder zurückzunehmen; vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. VII.
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L Sperrwirkung des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB auch für Rechtfertigungsgründe? Ob der nullum-crimen-Grundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB auch für Rechtfertigungsgründe im gleichen Umfang gilt wie bei der Auslegung eines objektiven Tatbestandes, ist umstritten 56. Entschärft erscheint zunächst die Problematik bei Tatbeständen, wie etwa § 324 StGB, in denen nicht im Wortlaut an das Fehlen einer Genehmigung angeknüpft wird, sondern die nur von einem "unbefugten Handeln" sprechen. Dieses Merkmal verweist zwar ebenfalls auf behördliche Erlaubnisse, jedoch im Wortlaut nicht in einem derart strengen Maße, als wenn auf ein Handeln ohne Genehmigung abgestellt wird 5 7 . In diesen Fällen ist schon aufgrund der Wortwahl ein größerer Interpretationsspielraum hinsichtlich der Voraussetzungen an ein gerechtfertigtes Handeln eröffnet 58. Strengere Maßstäbe könnten jedoch angebracht sein, wenn die behördliche Genehmigimg in ihrer im Wege der Auslegung ermittelten Funktion als Rechtfertigungsgrund bereits im Tatbestand des entsprechenden Delikts erwähnt ist 59 . Hier wird der Streit um die Grenzen der Möglichkeit teleologischer Einschränkungen von Rechtfertigungsgründen relevant. Teilweise findet sich die Auffassung, Rechtfertigungsgründe unterlägen dem Analogieverbot überhaupt nicht 60 oder zumindest nur eingeschränkt 61, gleich-
56
Ausführliche Übersicht in LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 35 ff. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 32 f., Rengier ZStW 101 (1989), 890, jeweils zur Einschränkung der Rechtfertigungswirkung von behördlichen Genehmigungen unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs. 58 Vgl. Weber S. 44, Schmitz S. 31; ablehnend Scheele S. 104 ff., 116, der aufgrund einer grammatischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung des Merkmals "unbefugt" zum Ergebnis gelangt, daß es der Strafjustiz unter dem Aspekt der Vermeidung von Wertungswidersprüchen verwehrt ist, von der rechtfertigenden Wirkung wirksamer, wenn auch rechtswidriger Genehmigungen abzurücken. 59 Abweichend Schmitz S. 31 f., der die Formulierung "ohne Genehmigung" auch auf Rechtfertigungsebene für teleologisch reduzierbar hält, ohne die Wortlautgrenzen zu verlassen. Dies ist im Rahmen der von ihm vertretenen Ansicht auch konsequent, da er zu diesem Ergebnis auch für die Genehmigung als negativem Tatbestandsmerkmal gelangt ist. 60 Jescheck § 15 m 2c), Keller in FS für Rebmann S. 255, Roxin § 5 Rdnr. 42, Stockei S. 105; weitergehend LK- Tröndle § 1 Rdnr. 38, der das Analogieverbot im gesamten Bereich des Allgemeinen Teils des StGB für nicht anwendbar hält. 57
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung gültig, ob sie strafrechtlich geregelt oder dem außerstrafrechtlichen Bereich zu entnehmen sind. Die als herrschend zu bezeichnende Gegenansicht hingegen steht auf dem Standpunkt, es stelle einen Verstoß gegen das Analogieverbot dar, wenn ein strafgesetzlich geregelter Rechtfertigungsgrund, unabhängig von dessen Normierung im Allgemeinen oder Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs, entgegen seines Wortlauts zu Lasten des Täters eingeschränkt werde 62 . Durch die Umschreibung von Rechtfertigungsgründen im Strafgesetzbuch sei der Umfang der Rechtfertigung und damit einhergehend der Umfang der Strafbarkeit unnachgiebig bestimmt 63 . Einigkeit besteht hingegen dahingehend, daß aus dem Analogieverbot folgende Einschränkungen nicht für außerstrafrechtliche oder gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe gilt 64 . Dies folgt aus dem Umstand, daß bei strafgesetzlich geregelten Rechtfertigungsgründen, wie beispielsweise der Notwehr in § 32 StGB, der Strafgesetzgeber eine mehr oder weniger streng 65 ausgeformte Festlegung getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtfertigung gegeben ist. Für diese Festlegung kann nichts anderes gelten als für die übrigen strafgesetzlichen Regelungen, wohingegen dies bei Bezugnahme auf außerstrafrechtlich geregelte Rechtfertigungsgründe nicht gelten kann, da sie von vornherein dem Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB nicht unterfallen 66. Eine teleologische Einschränkung des Rechtfertigungsgrundes "behördliche Genehmigung" über ihren Wortlaut hinaus auf deren Rechtmäßigkeit wäre nach der zuerst genannten Ansicht möglich, nach herrschender Auffassung jedoch wegen Verstoßes gegen das auch für Rechtfertigungsgründe geltende Analogieverbot unzulässig. Einschränkungen könnten hingegen zugelassen werden, sofern der behördlichen Genehmigung die Qualität eines außerstrafgesetzlich geregelten Rechtfertigungsgrundes zukommt.
61 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 32 unter Berufung auf § 193 StGB, innerhalb dessen eine Rechtfertigung im Rahmen des angemessenen Mittels zur Verfolgung eines berechtigten Zwecks trotz Nichterwähnung bzw. -andeutung im Gesetzeswortlaut von einer pflichtgemäßen Prüfung abhängen kann; ders. GA 1968, 9, Krey JZ 1979, 712. 62 Baumann/Weber § 121. 2a, LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 37, Wessels § 2 I. 3. 63 LK - Tröndle Vor § 32 Rdnr. 37. 64 LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 39, Kratzsch GA 1971, 72, Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 31. 65 Durch das Gebotenheitserfordernis bei der Notwehr sind Wege zu einer immanenten Beschränkung des Notwehrrechts geebnet, vgl. Geüen Jura 1981, 371, Roxin § 15 Rdnr. 51 ff., Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 14; abl. Kratzsch GA 1971, 65, LK - Spendel § 32 Rdnr. 308. 66 Schönke/Schröder - Eser § 1 Rdnr. 14.
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Eine Regelung über den Rechtfertigungsgrund "behördliche Genehmigimg" findet sich im Bereich des Strafgesetzbuchs nicht. Vielmehr verweist der Gesetzgeber durch die Bezugnahme auf den Begriff der Genehmigung durch ausdrückliche Formulierungen wie "Vornahme einer Handlung ohne Genehmigung" oder "unbefugt" auf außerstrafrechtliche Kategorien. Reichweite und Grenzen der Rechtfertigungswirkung eines derartigen Rechtfertigungsgrundes sind strafrechtlich nicht vorgegeben und können schon aus diesem Grund auch nicht dem Verbot einer teleologischen Reduktion über den Wortlaut hinaus unterliegen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Bezugnahme keine Grenzen vorgezeichnet, inwieweit eine Zurückdrängung der Rechtfertigungswirkung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung im Einzelfall vorgenommen werden kann. Er hat insbesondere keine Regelung dahingehend getroffen, ob auch rechtswidrige Genehmigungen echte strafrechtliche Erlaubnissätze darstellen können, die grundsätzlich unerwünschte Verhaltensweisen rechtfertigen 67. Eine verwaltungsrechtliche Bewertung einer inhaltlich rechtswidrigen Genehmigung könnte nämlich auch zu dem Ergebnis führen, daß diese trotz ihrer Wirksamkeit nicht gleichermaßen erlaubt wie eine rechtmäßige Genehmigung, sondern daß die Wirksamkeit rechtswidriger Genehmigungen auf spezifisch verwaltungsrechtlichen Erfordernissen beruht, die im Strafrecht keine Entsprechung finden. Festgehalten werden kann daher an dieser Stelle, daß sowohl nach der Ansicht, die grundsätzlich Einschränkungen von Rechtfertigungsgründen über deren Wortlaut hinaus zulassen will als auch nach der restriktiveren Auffassung, die eine solche Reduktion nur für außerstrafrechtlich geregelte Rechtfertigungsgründe akzeptiert, von vornherein keine Sperrwirkung dahingehend besteht, rechtswidrigen behördlichen Genehmigungen Rechtfertigungswirkung abzusprechen68.
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Enger Rengier ZStW 101 (1989), 889, der die rechtfertigende Genehmigung als insoweit strafgesetzlich geregelten Rechtfertigungsgrund ansieht, als er auf die Vorschriften über die Wirksamkeit von rechtswidrigen Verwaltungsakten verweist und deshalb zum Ergebnis gelangt, daß Art. 103 Abs. 2 GG auch für die rechtfertigend wirkende behördliche Genehmigung Geltung beansprucht. 68 So im Ergebnis auch Rademacher S. 62.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung
Π. Übersicht über den Meinungsstand zur Rechtfertigungswirkung rechtswidriger Genehmigungen Ostendorf 69 bemängelte 1981 noch, daß es sich bei der Problematik der strafrechtlichen Rechtfertigung durch rechtswidrige behördliche Erlaubnissen um ein in der Rechtslehre "weitgehend unproblematisiertes Problem" handle. Dies hat sich in der Zwischenzeit, weitgehend motiviert durch die Aufnahme der Umweltstraftatbestände in das Strafgesetzbuch, grundlegend gewandelt. In der Zwischenzeit liegen zu dieser Problematik eine Vielzahl von Stellungnahmen vor, über die im folgenden ein Überblick gegeben werden soll.
1. Die herrschende Meinung und ihre Kritik a) Begründung der herrschenden Meinung Nach heute noch herrschender, aber nicht mehr unantastbarer Ansicht stellt die rechtswidrige behördliche Genehmigung - sofern sie nicht bereits auf der Tatbestandsebene relevant wird - ebenso wie die rechtmäßige Genehmigung grundsätzlich einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund dar 70 . Entscheidend wird hierbei auf die verwaltungsrechtlichen Kategorien abgestellt. Nur bei verwaltungsrechtlicher Nichtigkeit wird der Genehmigung keine rechtfertigende Kraft beigemessen, während der bloß rechtswidrigen Genehmigimg aufgrund ihrer bestehenden Wirksamkeit Rechtfertigungswirkung zukommt. Als tragendes Begründungsprinzip der herrschenden Meinung dient das Argument der Einheit der Rechtsordnung. Das Strafrecht habe die verwaltungsrechtlichen Kategorien "Nichtigkeit" und "Wirksamkeit" von Verwaltungsakten anzuerkennen. Wirksame Verwaltungsakte entfalteten deshalb eine Vorgabewirkung für das Strafrecht, weil auch rechtswidrige Verwaltungsakte gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG solange gültig sind, bis sie aufgehoben werden. Das Strafrecht müsse auch die verwaltungsrechtlich rechtswidrige Erlaubnis als rechtlich ver69
Ostendorf JZ 1981, 174. OLG Frankfurt NJW 1987, 2753, 2756, LG Hanau NJW 1988, 571; Breuer DÖV 1987, 180, Dölling JZ 1985, 464, Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4b, § 324 Rdnr. 7, Franzheim S. 15, Horn NJW 1981, Iff. (vgl. aber auch ders. in UPR 1983, 362: "objektive Straflosigkeitsbedingung"), Jakobs 16. Abschnitt Rdnr. 29a, Jescheck § 33 VI., KK -Rengier Vor §§ 15, 16 Rdnr. 21, Lackner § 324 Rdnr. 10, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 28, LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 160, LK - Steindorf § 324 Rdnr. 75, 92, 106, Maurach/ Zipf §29 Rdnr. 19, Rudolphi NStZ 1984, 196, Scheele S. 56 ff., Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 Rdnr. 16a, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 61, Zeitler S. 117. 70
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bindlich betrachten. Zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung sei es nicht möglich, die rechtliche Wirksamkeit der erteilten Erlaubnis für das Strafrecht zu leugnen71. Es würde zu unauflösbaren Wertungswidersprüchen führen, wenn ein Verhalten, das nach dem Verwaltungsrecht wirksam erlaubt worden ist, vom Strafrecht als verboten und sogar als strafbar erachtet werden müßte72. Das Strafrecht dürfe nicht im Verwaltungsrecht "wildern" 73 . Argumentiert wird weiter, für belastende Verwaltungsakte sei allgemein anerkannt, daß diese vom betroffenen Bürger zu beachten seien74. Dieser Grundsatz habe daher auch für begünstigende Verwaltungsakte zu gelten. Aus diesen Erwägungen heraus wird gefolgert, auch die rechtswidrige Erlaubnis rechtfertige. Einschränkungen dieses Grundsatzes werden allerdings von der herrschenden Meinung dann anerkannt, wenn die Ausnutzung der Genehmigung rechtsmißbräuchlich ist. Ein Rechtsmißbrauch durch Ausnutzung einer solchen Genehmigimg wird überwiegend dann angenommen, wenn sie durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erlangt worden ist 75 . In bezug auf diese Fallgruppen wird also das Verwaltungs- und Strafrecht eng verknüpfende Band durchschnitten und eigenständig strafrechtliche Wertungen, die dem Verwaltungsrecht fremd sind nämlich die Nichtbeachtung unlauter erlangter Genehmigungen -, zur Anwendung gebracht. Das Dogma der herrschenden Meinung von der strengen Verwaltungsakzessorietät ist an dieser Stelle aufgeweicht. b) Kritik an der herrschenden Meinung Der herrschenden Meinung ist insoweit uneingeschränkt zu folgen, als Genehmigungen betroffen sind, die wegen der Verletzung ausschließlich den Interessen des Antragstellers dienender formeller Vorschriften rechtswidrig sind 76 . Die Ursache der Rechtswidrigkeit weist keinerlei Bezug zum jeweils geschützten Rechtsgut auf. Es bestehen daher auch keinerlei Bedenken dagegen, einer solchen Genehmigung unter Berücksichtigung der Aufgabe des Strafrechts, Rechtsgüterschutz zu gewährleisten, strafrechtlich rechtfertigende Kraft beizumessen.
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Heine NJW 1990, 2430. Rudolphi NStZ 1984, 197. 73 Horn NJW 1981, 3. 74 Unter Berufung auf BGHSt 23, 86. 75 Bloy ZStW 100 (1988), 504, Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4c, Franzheim S. 15, Horn NJW 1981, 3, Keller in FS für Rebmann S. 249; enger Lenckner in FS für Pfeiffer S. 37 f., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 6, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 17,; weitergehend Dölling JZ 1985, 469, der auch bei Fällen kollusiven Zusammenwirkens der Genehmigung die Rechtfertigungswirkung absprechen will. 76 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter Β. Π. 1. 72
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung Dasselbe gilt für materiell rechtswidrige Genehmigungen, deren Fehlerhaftigkeit sich nur zu Lasten des Antragstellers auswirken 77. Hier sind Fälle betroffen, in denen sich die Behördenentscheidung insofern zu Lasten des Genehmigungsempfängers auswirkt, als ihm weniger gewährt wird als das, worauf er nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen Anspruch hätte. Auch für diese Konstellationen liegen keine spezifisch strafrechtlichen Gründe vor, sich über die verwaltungsrechtliche Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte hinwegzusetzen, da die Interessenbewertung nicht hinsichtlich des geschützten Rechtsgutes, sondern lediglich hinsichtlich der gegenläufigen Interessen des Antragstellers fehlerhaft war. Daher werden Verwaltungsakte, deren Fehlerhaftigkeit sich aus den genannten Gründen ergibt, für die weitere Untersuchimg nicht berücksichtigt werden. Ihnen ist uneingeschränkt Rechtfertigungswirkung beizumessen78. Nichts anderes kann schließlich dann gelten, wenn die Genehmigung ausschließlich wegen solcher Vorschriften nicht hätte ergehen dürfen, die dem Schutz Dritter zu dienen bestimmt sind 79 . Auch hier fehlt es an einer Beeinträchtigung des durch die jeweüige Strafvorschrift geschützten Rechtsgutes, wenn die genehmigte Handlung ausgeführt wird 80 . Zum selben Ergebnis muß man schlußendlich bei solchen Genehmigungen kommen, die zwar aufgrund eines Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig sind, der Fehlgebrauch des Ermessens sich jedoch in bezug auf den Rechtsgüterschutz gewissermaßen "neutral" verhält, da die Genehmigung auch bei Außerachtlassung der sachfremden Genehmigung hätte erteüt werden dürfen 81. Allerdings sprechen gute Gründe dafür, einer inhaltlich rechtswidrigen Genehmigung echte rechtfertigende Wirkung abzusprechen, wenn sich ihr Fehler zu Lasten geschützter Rechtsgüter auswirkt.
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Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter Β. Π. 2. So auch Schmitz S. 58. 79 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter Β. II. 2. 80 A.A. Rademacher S. 122 ff., 128 mit der Begründung, daß auch entgegenstehende Rechte Dritter dazu geeignet seien, das schutzwürdige Interesse des Antragstellers auf "null" zu reduzieren. Er entfernt sich damit allerdings zu weit von dem Zweck der entsprechenden Strafnormen, der nämlich ausschließlich im Schutz der durch die Strafhorm verteidigten Güter und nicht im Schutz Dritter besteht; vgl. zur Kritik an der Auffassung Rademachers auch Schmitz S. 46. 81 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter Β. Π.2. 78
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aa) Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Zunächst ist hierfür die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung anzuführen. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hat in Art. 20 Abs. 3 GG ihren Niederschlag gefunden. Das daraus abgeleitete Prinzip des Vorrangs des Gesetzes verbietet, daß Exekutivakte gegen höherrangige Rechtssätze verstoßen. Es wendet sich an den Adressaten "vollziehende Gewalt" und erstreckt sich sowohl auf durch die Exekutive erlassenen allgemeinen Rechtssätze als auch auf Einzelanordnungen in Form von Verwaltungsakten 82. Anwendung findet dieses Prinzip sowohl auf die Eingriffs- als auch für die hier relevante Leistungsverwaltung 83. So gilt für einen Amtsträger, der eine behördliche Genehmigimg erteilt, daß er sich bei seiner Entscheidung an die Vorgaben zu halten hat, die ihm durch die von ihm anzuwendenden Gesetze gemacht sind. Verstößt er gegen diese, so handelt er entgegen des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und genehmigt ein Verhalten, das er eigentlich nicht genehmigen dürfte. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Verwaltungsrecht, von Fällen der Nichtigkeit gemäß § 44 VwVfG einmal abgesehen, den Konflikt zwischen materieller Rechtslage und Wirksamkeit des rechtswidrigen Verwaltungsaktes zugunsten des letzteren gelöst hat. Die Entscheidung stellt trotzdem einen Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Rechtsnormen und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dar. Deshalb erscheint es bereits fraglich, ob ein auf die falsche Entscheidung des Amtsträgers gestütztes Verhalten als rechtmäßig beurteilt werden kann, wie es von der herrschenden Meinung propagiert wird. bb) Verwaltungsrechtliche Bewertung eines Handelns aufgrund rechtswidriger Genehmigung - Einheit der Rechtsordnung Wenn die herrschende Meinung zu ihrer Begründung anführt, die bloße verwaltungsrechtliche Wirksamkeit des rechtswidrigen Verwaltungsaktes müsse grundsätzlich, das heißt abgesehen von Fällen des Rechtsmißbrauchs, zwingend zur rechtfertigenden Wirkung dieses Verwaltungsaktes im Strafrecht führen 84, so geht sie zumindest stillschweigend von einer fragwürdigen Prämisse aus. Die Prämisse der herrschenden Meinung muß danach lauten: Ein Handeln aufgrund materiell rechtswidriger Genehmigung stellt ein verwaltungsrechtlich und damit im Sinne der gesamten Rechtsordnung erlaubtes Verhalten dar. Nur so läßt sich die dann folgerichtige Argumentation mit dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung erklären 85. Denn sinnfälligster Ausdruck dieses Prinzips ist die Einsicht,
82 83 84 85
Von Münch - Schnapp Art. 20 Rdnr. 37, 39. Von Münch - Schnapp Art. 20 Rdnr. 39. Dölling JZ 1985, 469, Dolde NJW 1988, 2333, Ossenbühl DVB1 1990, 972. Vgl. Dölling JZ 1985, 469, Ostendorf JZ 1981, 174, Rudolphi NStZ 1984, 197.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung daß "was verwaltungsrechtlich erlaubt ist nicht strafrechtlich verboten sein kann" 86 . Die Schlußfolgerung, die die herrschende Meinung aufgrund der als fragwürdig bezeichneten Prämisse zieht, ist allerdings wieder schlüssig. Denn wäre das entsprechende Verhalten nach öffentlichem Recht tatsächlich rechtmäßig, so muß das Strafrecht aufgrund seiner ultima-ratio-Funktion 87 dies in seinen Entscheidungen berücksichtigen und das Verhalten gleichfalls als rechtmäßig behandeln. Es ist daher näher auf die Frage einzugehen, ob ein Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung tatsächlich als nach verwaltungsrechtlichen Kategoreien rechtmäßig aufzufassen ist. (1) Der allgemeine Begriff der Rechtswidrigkeit Der allgemeine Begriff der Rechtswidrigkeit hat seine Wurzeln in der All88
gemeinen Rechtslehre und in der Rechtsphilosophie . Er zieht allgemein die Grenzlinie zwischen in einer Rechtsordnung erlaubten und nicht erlaubten Verhaltensweisen. Rechtswidrigkeit bedeutet dabei seinem Wortsinn nach einen Widerspruch zu geltendem Recht. Sie bezeichnet mißbilligte Verletzungen rechtlicher Ge- oder Verbote. Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit stehen sich als einander grundsätzlich ausschließende Begriffspaare gegenüber. Ein Verhalten ist danach immer entweder als rechtmäßig oder als rechtswidrig zu bewerten 89 . Wenn die Rechtsordnung ein bestimmtes Verhalten erlaubt, so handelt deijenige, der die Handlung ausführt rechtmäßig, verbietet sie es, so ist die Handlung als rechtswidrig einzustufen. (2) Die Rechtswidrigkeit eines Handelns in verwaltungsrechtlicher Hinsicht Bei einem Handeln aufgrund eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes in Form einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung stellt sich die aufgeworfene Problematik wie folgt dar: Keine Schwierigkeiten bereitet die Einordnung von Handlungen, die aufgrund formell fehlerhafter Genehmigungen vorgenommen wurden und deren Fehler auf Bestimmungen beruht, die lediglich den Interessen des Antragstellers die-
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Breuer DÖV 1987, 177. BVerfG NJW 1993, 1751, 1754, BVerfGE 39, 44 ff. 88 Vgl. Günther S. 83. 89 Anders aber die Lehre vom rechtsfreien Raum, wonach das Recht in bestimmten Grenzen rechtsfreie Räume beinhaltet, in denen es sich einer Bewertung bestimmter Verhaltensweisen enthält, vgl. Arthur Kaufmann in FS für Maurach S 327 ff., Larenz S. 371. 87
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nen . Eine solche Genehmigung ist zwar rechtswidrig, jedoch ist ein Verhalten, das aufgrund einer solchen Genehmigung vorgenommen wird, nicht als rechtswidrig im Sinne von im Widerspruch mit der Rechtsordnung stehend zu beurteilen. Das Genehmigungsverfahren hat hier seinen primären Zweck, Gefahren für das auch durch das Genehmigungsverfahren geschützte Gut vollständig erfüllt. Dasselbe gilt auch für eine materiell rechtswidrige Genehmigung, deren Rechtswidrigkeit auf Gründen beruht, die sich lediglich in der Sphäre des Antragstellers nachteilig auswirken, die den Schutz Dritter bezwecken oder die sich in bezug auf den Rechtsgüterschutz "neutral" verhalten. Auch hier ist die entsprechende Genehmigung zwar materiell rechtswidrig. Eine aufgrund dieser Genehmigung vorgenommene Handlung ist jedoch nicht mit dem Makel der Rechtswidrigkeit behaftet, da sie die durch das Genehmigungsverfahren und das Strafrecht geschützten Rechtsgüter nicht beeinträchtigen. Durch die rechtswidrige Genehmigung, die ein "Zuwenig" gestattet, wird vielmehr sogar ein "übermäßiger" Schutz des jeweils geschützten Rechtsguts erreicht. Anders könnte sich die Rechtslage jedoch darstellen, wenn die Genehmigung zu Lasten des jeweils geschützten Rechtsguts in rechtswidriger Weise erteilt wurde. Auch sofern die Genehmigimg aus materiellen verwaltungsrechtlichen Gründen nicht hätte erteilt werden dürfen, spricht allerdings die bloße Existenz des Verwaltungsaktes aufgrund der Regelung des § 43 Abs. 2 VwVfG dafür, das darauf beruhende Handeln als erlaubt und damit rechtmäßig, zumindest im verwaltungsrechtlichen Sinne, zu behandeln. Der Bürger kann immerhin bis zur Rücknahme der Genehmigung ein durch eine Behörde ausgestelltes Dokument vorweisen, das ihm ein bestimmtes Verhalten gestattet. Gegen eine Qualifizierung einer Handlung, die aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung vorgenommen wird, als rechtmäßig ist jedoch vorzubringen, daß der Inhalt der Genehmigung als Verwaltungsakt gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen die Regelungen, die die Genehmigungserteilung zum Gegenstand haben, verstößt, woraus sich sich die Bewertung eines solchen Verwaltungsaktes zwangsläufig als rechtswidrig ergibt 91 . Voraussetzung jeder Rechtfertigung im allgemeinen Sinne ist erne korrespondierende gesetzliche Ermächtigung, die in diesen Fällen gerade nicht vorliegt. Der durch die Ausnutzung der Genehmigung
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Als Beispiel kann hier das Anhörungsrecht des Antragstellers gem. § 28 VwVfG dienen, vgl. Schmitz S. 51. 91 Goldmann S. 246, Hübenett S. 96 f., Ostendorf JZ 1981, 168, Schmitz S. 35, 37, Winkelbauer S. 68, derselbe NStZ 1988, 205.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung geschaffene Zustand bzw. das genehmigte Verhalten selbst bleiben verwaltungsrechtlich rechtswidrig 92. Solange ein, wenn auch rechtswidriger, wirksamer Verwaltungsakt vorliegt, verzichtet die Verwaltung lediglich auf ein Einschreiten gegenüber dem Handelnden. Sie kann jedoch den rechtswidrigen Zustand wieder beseitigen, indem sie die Genehmigung zurücknimmt, gegebenenfalls auch mit Wirkung für die Vergangenheit und die eingetretenen Folgen - soweit möglich - wieder beseitigt. Entscheidend bei der Bewertung des Handelns aufgrund materiell rechtswidriger Genehmigung kommt es aber auf den eingetretenen Verletzungs- oder Gefährdungserfolg an. Dies ergibt sich aus der Funktion des besonderen Verwaltungsrechts, bestimmte Rechtsgüter zu "verwalten"' und dadurch einen präventiven bzw. repressiven Rechtsgüterschutz zu gewährleisten. Es widerspräche jedem Gerechtigkeitsdenken, würden etwa massive Gewässerverunreinigungen oder Kriegswaffenexporte in Spannungsgebiete, die infolge fehlerhaften Gesetzesvollzugs genehmigt wurden, als verwaltungs-rechtlich rechtmäßig beurteilt, nur weil sie von einer rechtswidrigen Genehmigung gedeckt sind. Die Interessenabwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen hat nämlich zu einem falschen Ergebnis geführt, sodaß sowohl die Genehmigimg als auch das Handeln aufgrund derselben im Widerspruch zur Rechtordnung steht. Die formelle Vorschrift des § 43 Abs. 2 VwVfG, die materielle Inhalte nicht berücksichtigt, kann insoweit nicht über den Verstoß gegen den Gesetzesvorrang hinweghelfen. Eine Handlung, die durch eine solche, gegen materielles Verwaltungsrecht verstoßende Genehmigung formell gedeckt ist, dennoch als im Einklang mit der Rechtsordnung stehend zu bezeichnen, erscheint mithin als Widerspruch zum Prinzip des Gesetzesvorrangs. Damit soll jedoch noch keine Aussage darüber getroffen werden, welche Folgerungen aus diesen Überlegungen für das Strafrecht gezogen werden können. Insbesondere folgt hieraus nicht zwingend die Strafbarkeit desjenigen, der Handlungen aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung vornimmt. Richtigerweise stellt sich die verwaltungsrechtliche Ausgangslage daher wie folgt dar: Ist die öffentlich-rechtliche Genehmigung materiell rechtswidrig, so ist das auf der Grundlage dieser Genehmigung vorgenommene Verhalten nicht rechtmäßig sondern rechtswidrig, und zwar ungeachtet der auf § 43 Abs. 2 VwVfG beruhenden Wirksamkeit der Genehmigung. Es entspricht dem Bestreben nach umfassendem Rechtsgüterschutz, wenn neben dem Vorliegen des formalen Erklärungsaktes, dessen Anerkennung die von einem rechtswidrigen Ver-
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Achterberg § 23 Rdnr. 50, Geulen ZRP 1988, 325, Schmitz S. 35, Winkelbauer NStZ 1988, 205, Wolff/Bachof § 51 IV.g. 8 Fortun
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waltungsakt ausgehende Tatbestandswirkung verlangt, darüberhinaus für eine Rechtferti|ungswirkung noch die Rechtmäßigkeit dieses Erklärungsaktes verlangt wird 3 . Die Versagung der rechtfertigenden Wirkung hat dabei allerdings nur zur Folge, daß der rechtswidrigen Genehmigung keine echte strafrechtliche Rechtfertigungswirkung beizumessen ist. Nicht gesagt ist damit aber, daß rechtswidrige Verwaltungsakte im Strafrecht gänzlich unbeachtet blieben94. Schon die falsche Prämisse, von der die herrschende Meinung ausgeht, zwingt dazu, nach alternativen Lösungen zu suchen. Darüber hinaus bleibt die herrschende Meinung auch eine Erklärung dafür schuldig, wie sich die rechtswidrige öffentlich-rechtliche Genehmigung in die allen Rechtfertigungsgründen innewohnenden Prinzipien des überwiegenden oder des mangelnden Interesses95 integrieren läßt. Weder besteht, zumindest nach materiellem Verwaltungsrecht, ein überwiegendes Interesse des Einzelnen an der Vornahme der ihm genehmigten Handlung, wenn die speziellen Voraussetzungen zur Genehmigungserteüung nicht vorliegen, noch kann von einem mangelnden Interesse am strafrechtlichen Schutz der betroffenen Rechtsgüter die Rede sein, nur weil ein Amtsträger das Recht falsch angewendet hat. Es kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, daß die derzeit herrschende Meinung erhebliche Ansatzpunkte zur Kritik bietet und vor allem ihre Argumentation mit dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung von einer falschen Prämisse ausgeht. cc) Rechtmäßigkeit von Hoheitsakten als Voraussetzung strafrechtlicher Rechtfertigung Als Beispiele gegen die Verbindlichkeit rechtswidriger Hoheitsakte auf strafrechtlicher Rechtfertigungsebene können nicht zuletzt auch die Bestechungstatbestände sowie die "dienstliche Anordnung" und der "hoheitliche Befehl" ins Feld geführt werden:
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Winkelbauer S. 69. Weber S. 43 f., Winkelbauer NStZ 1988, 205. Nach BVerfGE 75, 329, 346 folgt aus der Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten lediglich, daß ein Strafgericht grundsätzlich eine erteüte Genehmigung als gegeben hinzunehmen habe, es aber nicht einer strikten Übernahme von verwaltungsrechtlichen Regeln in das Strafrecht bedarf, um Konflikte zwischen Verwaltungs- und Strafirecht zu lösen. 95 Vgl. Jescheck §31 Π. 2., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 7. 94
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung
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Der Strafgesetzgeber stellt die Straflosigkeit des Amtsträgers bzw. des den Vorteil Gewährenden im Regelungsbereich der §§ 331, 333 StGB unter den Vorbehalt, daß die Vorteilsannahme bzw. die Vorteilsgewährung durch die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt. Werden hinsichtlich der Genehmigung die Regeln über die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Behörde sowie die Grenzen des für die Genehmigung geltenden materiellen Rechts nicht beachtet und ist die Genehmigung aus diesem Grund rechtswidrig, so wird ihr ganz überwiegend die Eignung zu strafrechtlicher Rechtfertigimg abgesprochen96. Da die Genehmigung auch hier in Form eines Verwaltungsaktes ergeht, zeigt sich, daß der strafrechtliche Ausschluß der Rechtswidrigkeit nicht zwingend an die bloße verwaltungsrechtliche Wirksamkeit des genehmigenden Verwaltungsaktes gekoppelt ist 97 . Das Strafrecht läßt in bezug auf die Rechtfertigungswirkung Differenzierungen zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Genehmigungen zu. Um die Frage des Rechtswidrigkeitsausschlusses allein durch das Vorhandensein eines Hoheitsaktes geht es auch bei der Diskussion um die Rechtfertigung einer Handlung, die aufgrund eines rechtswidrigen Befehl oder aufgrund einer rechtswidrigen dienstlichen Anordnung vorgenommen wird. Zunächst stellt sich hier die Frage nach der Bindungswirkung solcher Verhaltensanordnungen für den Untergebenen. Diese ist nach verwaltungsrechtlichen Kategorien zu bewerten. So muß ein Beamter gem. §§ 38 BRRG, 56 Abs. 2 S.3 BBG, 75 Abs. 2 S.3 bw. LBG nach erfolgloser Remonstration auch rechtswidrige Anordnungen befolgen, es sei denn, sein Verhalten erfüllt einen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand. Ein Soldat ist nach wehrrechtlichen Vorschriften (§§ 22 Abs. 1 WStG, 11 SoldatenG) sogar an rechtswidrige Befehle gebunden, deren Ausführung einen Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklichen. Dasselbe gilt für den Polizeivollzugsdienst nach § 7 Abs. 2 UZwG. Für die strafrechtliche Beurteilung eines Handelns aufgrund einer Weisung gilt unstreitig, daß bei Unverbindlichkeit der Weisung die Tat des Weisungs96
Dreher/Tröndle § 331 Rdnr. 20, Geerds JR 1983, 468, Lackner § 331 Rdnr. 17, LK - Jescheck § 331 Rdnr. 18, Maiwald JuS 1977, 356, Maurach/Schroeder/Maiwald § 78 Rdnr. 26, SK - Rudolphi § 331 Rdnr. 40; aA Schönke/Schröder - Cramer § 331 Rdnr. 53, der auf die Bestandskraft der Genehmigung bis zu ihrer Aufhebung abstellt und daher auch der rechtswidrigen Genehmigung rechtfertigende Kraft beimißt. 97 Rademacher S. 82. *
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empfängers keinesfalls rechtmäßig ist 98 . Aber auch in Fällen, in denen trotz Rechtswidrigkeit der Anordnung bzw. des Befehls nach herrschender Meinung Bindungswirkung nach öffentlichem Recht besteht, wird strafrechtlich überwiegend ein rechtmäßiges Verhalten des Handelnden verneint und die Lösung auf die Schuldebene verlagert 99. Teilweise wird hingegen vorgetragen, deijenige, der einen rechtswidrigen Befehl bzw. eine rechtswidrige Anordnung ausführen muß, stehe in einer rechtfertigenden Pflichtenkollision 100 . Die Gehorsamspflicht des Amtsträgers, die zum Schutz der Funktionsfähigkeit von Befehlsapparaten dient, erfahre eine höhere Bewertung als die Befolgung allgemeiner Rechtspflichten 101. Gegen diese Auffassung wird wiederum von der wohl als herrschend zu bezeichnenden Meinung eingewandt, daß sich die Verbindlichkeit der hoheitlichen Anordnung in ihren Rechtswirkungen auf das "Innenrecht" des Staates beschränkt und nicht auf das "Außenrecht", das heißt auf die Beziehung der Staatsorgane zu den Bürgern durchschlagen könne 102 . Die zitierten öffentlich-rechtlichen Normen beziehen sich ausschließlich auf das Verhältnis von Vorgesetzten zu Untergebenen in innerdienstlichen Streitigkeiten, wenn es um die Auslegung oder um Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen der Voraussetzungen außenrechtlicher Normen geht. So erschiene es in der Tat als "...höchst seltsam, wenn jeder Regierungsrat sich durch einen innerdienstlichen Befehl zum Herrn über die Rechtsordnung aufwerfen könnte" 103 . Mit der herrschenden Meinung ist daher davon auszugehen, daß die rechtswidrige Anordnung bzw. der rechtswidrige Befehl nicht geeignet sind, "echte" Rechtfertigungswirkung zu erzeugen 104. Als Begründung für die Verneinimg einer rechtfertigend wirkenden hoheitlichen Anordnung wird geltend gemacht, daß es mit dem öffentlichen Recht unvereinbar sei, wenn allgemeine Rechtfertigungsgründe für die Erweiterung staatlicher Befugnisse zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben herangezogen würden. Im übrigen sei der von der Handlung Betroffene gegenüber dem Untergebenen
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BGHSt 2, 234; 22, 223, BGH NStZ 1986, 313; Baumann/Weber §21 Π. 8., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 Rdnr. 89. 99 Amelung JuS 1986, 337, Dreher/Tröndle Vor §§ 32 ff. Rdnr. 16, Küper JuS 1987, 92, LK - Spendel § 32 Rdnr. 76 ff., 100 ff., Oehler JuS 1963, 301, Ostendorf JZ 1981, 173, Welzel S. 104. 100 Grundlegend Stratenwerth S. 165 ff., 181 ff.; vgl. aber auch LK - Hirsch Vorbem. § 32 Rdnr. 165, KK - Rengier Vor § 15 Rdnr. 29, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 88. 101 Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 88a. 102 Amelung JuS 1986 337. 103 Amelung JuS 1986 337. 104 Baumann/Weber § 21 Π. 8, Weber S. 48.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung schutzlos gestellt, da er mangels Rechtswidrigkeit des Angriffs auf seine Rechtsgüter keine Notwehr üben könne 105 . Die Gegenmeinung nimmt hier hingegen eine Rechtfertigimg nach dem Prinzip der Pflichtenkollision an 106 . Der Funktionsfähigkeit von Befehlsapparaten wird hierbei der Vorrang vor geringfügigen Rechtsverletzungen bzw. vor der Befolgung allgemeiner Rechtspflichten eingeräumt. Eine Rechtfertigungslösung ist deshalb abzulehnen, weil es sich bei der Entstehung des Staatsaktes in Form des rechtswidrigen Befehls um einen rein innenrechtlichen, auf die Exekutive beschränkten Vorgang handelt, an dem der Bürger in keiner Form beteiligt ist 107 . Darüber hinaus läßt sich kaum begründen, warum ein im Ergebnis rechtswidriger Eingriff durch Einschaltung eines Befehlsempfängers das Prädikat rechtmäßig verliehen bekommen soll. Da die Staatsgewalt dem Bürger gegenüber einheitlich auftritt, können keine unterschiedlichen Bewertungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Eingriffs daraus resultieren, daß staatliches Handeln in mehrstufiger Form erfolgt 108 . Insgesamt ist daher im Einklang mit der herrschenden Meinung festzuhalten, daß nur die rechtmäßige Anordnung bzw. der rechtmäßige Befehl strafrechtlich Rechtfertigungsgründe für das Handeln des Befehlsempfängers bilden. Anhand der Beispiele der Bestechungsdelikte sowie des Handelns aufgrund fehlerhafter Weisung bzw. Anordnung konnte gezeigt werden, daß es dem Strafrecht nicht fremd ist, trotz verwaltungsrechtlicher Wirksamkeit einer Genehmigung bzw. trotz Bindungswirkung einer hoheitlichen Anordnung für die Frage echter strafrechtlicher Rechtfertigung auf die materiell-verwaltungsrechtliche Rechtslage durchzugreifen. dd) Berücksichtigung des unterschiedlichen Kontextes Jüngst hat sich auch Mitsch 109 in die Reihe der Kritiker an der herrschenden Meinung eingereiht. Nach seiner Auffassung berücksichtige die zur Begründung der herrschenden Ansicht zitierte Formulierung, daß das Strafrecht nicht verbieten könne, was das Verwaltungsrecht gestatte, nicht ausreichend den Kontext, in dem die behördliche Genehmigung jeweils stehe. Die nach formell105
Amelung JuS 1986, 337. Grundlegend Stratenwerth S. 165 ff., 181 ff., Jakobs 16. Abschn. Rdnr. 14, Jescheck § 35 Π. 3., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 88a. 107 Amelung JuS 1986, 337. 108 LK - Spendel § 32 Rdnr. 79 ff., 100 ff., Ostendorf JZ 1981, 173. 109 Baumann/Weber/Mitsch § 17 Rdnr. 129. 106
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verwaltungsrechtlichen Grundsätzen gegebene Wirksamkeit der Genehmigung beseitige deren materiell-verwaltungsrechtliche Rechtswidrigkeit nicht. Hervorgehoben wird insbesondere, daß daß Verwaltungsrecht Instrumentarien bereit hält, mit denen die Wirkungen einer fehlerhaften Genehmigung, gegebenenfalls sogar rückwirkend, beseitigt werden könnten, während dem Strafrecht diese Möglichkeit nicht zur Seite stünde 110 . Das Strafrecht könne den Schutz des durch das rechtswidrig genehmigte Verhalten beeinträchtigten Rechtsgutes lediglich dadurch realisieren, daß der rechtswidrigen Genehmigung trotz ihrer verwaltungsrechtlichen Wirksamkeit die Rechtfertigungswirkung abgesprochen werde 111 .
2. Abweichende Lösungsansätze Die hier als herrschende Meinung dargestellten Ansichten, die streng verwaltungsaktsakzessorisch von einer Rechtfertigungswirkung auch rechtswidriger Genehmigungen im Hinblick auf deren verwaltungsrechtliche Wirksamkeit ausgehen, ist - wie gezeigt - nicht widerspruchslos geblieben. Von den Kritikern der herrschenden Meinung werden verschiedene Lösungsmodelle vorgeschlagen. a) Lösungsansatz Sozialadäquanz Eine bisher vereinzelt gebliebene Meinung vertritt Ostendorf 412 zum Problemkreis der rechtswidrigen Erlaubnisse. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist, daß der öffentlich-rechtliche Rechtmäßigkeitsbegriff auch im Strafrecht Gültigkeit beanspruchen müsse, da der materiell rechtswidrige Verwaltungsakt im Grunde "...rechtswidrig und falsch..." bleibe 113 . Deshalb dürfe eine auf einer rechtswidrigen Genehmigung beruhende Handlung auch vom Strafrecht nicht als materiell rechtmäßig beurteilt werden. Andererseits müsse aber dem Vertrauen des Bürgers in die behördliche Entscheidung Rechnung getragen werden. Eine Einbeziehung des Vertrauensschutzgedankens ist nach seiner Ansicht jedoch nicht erst auf subjektiver Ebene, das heißt im Bereich des Irrtums über die Existenz eines Rechtfertigungsgrundes, sondern bereits im objektiven Bereich möglieh 114 .
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Baumann/Weber/Mitsch § 17 Rdnr. 129. Baumann/Weber/Mitsch § 17 Rdnr. 129; offen bleibt allerdings, auf welcher Ebene im Deliktsaufbau die auf dem Vertrauensschutz basierende Tatbestandswirkung wenn überhaupt - Berücksichtigung finden soll. 112 Ostendorf JZ 1981, 174. 113 Ostendorf JZ 1981, 169. 114 Ostendorf JZ 1981, 174. 111
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung Für ihn ist daher ein Verhalten, das einer wirksamen Genehmigungslage entspricht, sozialadäquat. Bereits auf der Tatbestandsebene kommt es nach dieser Meinung zum Ausschluß der Strafbarkeit 115. Einschränkungen in Form des Ausschlusses von Sozialadäquanz werden nach dieser Ansicht nur für Fälle hingenommen, in denen der Begünstigte die Genehmigung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erlangt hat 116 . Diese Auffassung vermag allerdings nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, daß die Lehre von der Sozialadäquanz117 auch heute noch nicht auf gesichertem Fundament steht 118 , kann sie nur für Handlungen herangezogen werden, die im sozialen Leben gänzlich unverdächtig sind, da sie im Rahmen der sozialen Handlungsfreiheit liegen 119 . Die Sozialadäquanz ist daher allenfalls in der Lage dort korrigierend einzugreifen, wo Verhaltensweisen zwar vom Wortlaut eines Straftatbestandes erfaßt sind, von diesem aber sinnvollerweise nicht gemeint sein kön120
nen
.
Erwägungen dieser Art treffen jedoch auf die behördliche Genehmigung nicht zu. Durch das Erfordernis des vorgeschalteten Genehmigungsverfahrens sollte gewährleistet werden, daß grundsätzlich unerwünschte Handlungen nur nach der Feststellung eines überwiegenden Interesses des Antragstellers zugelassen werden sollen. Soziale Adäquanz, also ein gänzlich unanstößiges Verhalten dort anzunehmen, wo Verhaltensweisen betroffen sind, die nach materieller Rechtslage nicht genehmigungsfähig sind und vielmehr eine potentielle Gefahr für die durch verwaltungsrechtliche Normen und StrafVorschriften geschützte Rechtsgüter bedeuten, würde dem Schutzzweck der jeweiligen StrafVorschriften zuwiderlaufen 121. Daneben ist kaum einsichtig - folgt man der geschilderten Meinung - weshalb rechtmäßigen Genehmigungen "nur" Rechtfertigungswirkung beigemessen werden sollte, wohingegen rechtswidrige Genehmigungen bereits ein tatbestandsmäßiges Verhalten ausschließen sollten.
115 116 117
Ostendorf JZ 1981, 175. Ostendorf JZ 1981, 175. Als Begründer der Lehre von der Sozialadäquanz gilt Welzel ZStW 58 (1939),
516. 118 Kritisch zur dogmatischen Bedeutung der Lehre von der Sozialadäquanz Roxin § 10 Rdnr. 42, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 70; streitig ist sofern man die Sozialadäquanz überhaupt anerkennt - ob sie als Tatbestandseinschränkungsprinzip oder als Rechtfertigungsgrund anzusehen ist. 119 BGHSt 23, 228. 120 Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 Rdnr. 70. 121 Zur Kritik am Ansatz Ostendorfs vgl. auch Schünemann wistra 1986, 238.
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b) Irrtumslösungen Weitere Lösungen der aufgeworfenen Problematik werden auf der Ebene der strafrechtlichen Irrtumsregeln gesucht122. Habe die Genehmigimg keine unrechtsausschließende Kraft aufgrund ihrer Rechtswidrigkeit, handle der Täter nach den Grundsätzen des Erlaubnistatbestandsirrtums analog § 16 StGB vorsatzlos, sofern er von einem Sachverhalt ausgeht, der die vorgenommene Handlung rechtfertigen würde. Erkennt der Genehmigungsinhaber also die Rechtswidrigkeit nicht und geht daher davon aus, seinem Verhalten steht ein Rechtfertigungsgrund zur Seite, so entfällt nach dieser Ansicht die Vorsatzschuld. Habe er hingegen positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Genehmigung, so sei er trotz Vorliegens einer verwaltungsrechtlich wirksamen Genehmigung zu bestrafen. Bei Strafbarkeit fahrlässigen Verhaltens sei in Fällen der Vermeidbarkeit des Irrtums die Tat als Fahrlässigkeitstat zu bestrafen (§ 16 Abs. 1 S.2 StGB) 123 . Näme er hingegen aufgrund irriger Gesamtbewertung des korrekt erfaßten Sachverhalts die Wahrnehmung eines überwiegenden Interesses an, meint also, auch die von ihm als solche erkannte rechtswidrige Genehmigung wirke rechtfertigend, unterläge er einem Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB1 4 . Die Begründungen der Vertreter der Irrtumslösungen, die zu den genannten Ergebnissen führen, sind jedoch nicht einheitlich. aa) Strafrechtswidrigkeit trotz verwaltungsrechtlicher Erlaubnis ? Zum einen findet sich die Auffassung, zwar sei ein Verhalten, das von einer rechtswidrigen Genehmigung gedeckt ist, nicht als "verwaltungsrechtswidrig 11, das heißt als verwaltungsrechtlich erlaubt zu qualifizieren. Hingegen sei es nicht widersprüchlich, dieselbe Handlung als "strafrechtswidrig" zu beurteilen. Da die Genehmigung aufzuheben und daher rechtlich mißbilligenswert sei, entspreche dies dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung. Im übrigen sei die Befolgung dieser Ansicht einem erhöhten Rechtsgüterschutz förderlich 125.
122 Geulen ZRP 1988, 325, Goldmann S. 153, Heider S. 112, Hübenett S. 154, Horn NJW 1981, 2, Rademacher S. 167, Schmitz S. 58, Schünemann wistra 1986, 240, Winkelbauer S. 73. 123 Hübenett S. 154 f., Rademacher S. 167 ff., Winkelbauer S. 73; a.A. Geulen ZRP 1988, 325, der auf diese Sachverhalte die Grundsätze des Verbotsirrtums anwendet. 124 Hübenett S. 154, Rademacher S. 168 Fn. 12; Geulen ZRP 1988, 325 will Korrekturen der Nichtanerkennung rechtswidriger Genehmigungen als Rechtfertigungsgründe ohne nähere Erläuterung ausschließlich über die Grundsätze des Verbotsirrtums lösen. 125 Hübenett S. 97, 155.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung Nicht geleugnet werden soll, daß das gewonnene Ergebnis einem im Vergleich zur herrschenden Meinung weitreichenderen Rechtsgüterschutz zugute kommt, indem sie objektive Kriterien (Wirksamkeit der Genehmigung) hinter subjektiven Kriterien (Kenntnis des Genehmigungsinhabers) zurücktreten läßt. Hingegen bestehen gegen diesen Ansatz grundlegende Bedenken aus anderen Gründen. Diese Bedenken resultieren daraus, daß es mit dem ultima-ratioGedanken des Strafrechts 126 kaum vereinbar erscheint, ein Verhalten in einem Rechtsgebiet, hier dem öffentlichen Recht, als rechtmäßig zu beurteilen, es aber gleichwohl strafrechtlich als rechtswidrig zu behandeln. Führt man sich die Funktion des Strafrechts als schärfste Waffe des Staates gegen den Bürger vor Augen, indem es Freiheitsrechte des Bürgers in besonderem Maße einschränken kann, so muß ein Erlaubnissatz eines Rechtsgebietes sich zwingend auch im Strafrecht rechtfertigend auswirken. Ansonsten wäre das Postulat der Einheit der Rechtsordnung, deren sinnfälligster Ausdruck im hier interessierenden Bereich darin besteht, daß ein verwaltungsrechtlich erlaubtes Verhalten nicht strafrechtlich verboten sein kann 127 , verletzt. Es würde zur völligen Desorientierung der Normunterworfenen und zu unauflöslichen Wertungswidersprüchen führen, würde ein Teü der Rechtsordnung ein Verhalten erlauben, wohingegen ein anderes Rechtsgebiet derselben Rechtsordnung das gleiche Verhalten - hier sogar mit einschneidenden Konsequenzen - verbietet. Deshalb können Straftatbestandsverwirklichungen niemals ein gesteigertes strafrechtliches Unrecht verkörpern, wenn sie aufgrund anderen Rechtsgebieten entstammenden Wertungen rechtmäßig sind 128 . Die allgemeine Rechtswidrigkeit ist daher conditio sine qua non für die strafrechtliche Rechtswidrigkeit. Legt man also die oben dargestellte Prämisse zugrunde, so läßt sich die daraus abgeleitete Folgerung nicht halten. Dieser Ansicht vermag daher nicht gefolgt werden. bb) Materieller Durchgriff auf die Rechtswidrigkeit der Genehmigung Ein weiterer Lösungsansatz in der Literatur geht von der Prämisse aus, daß die verwaltungsrechtliche Wirksamkeit einer Genehmigung nicht die allgemeine Rechtswidrigkeit des aufgrund der Genehmigimg vorgenommenen Verhaltens ausschlösse129. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit 126
Zum ultima-ratio Gedanken vgl. BVerfG NJW 1993, 1751, 1754, BVerfGE 39, 1, 44 ff; Breuer DÖV 1987, 177. 127 Breuer DÖV 1987, 177, Czychowski ZfW 1984, 266, Kirchhof NJW 1985, 2983, Rudolphi NStZ 1984, 197. 128 Günther S. 363, Jakobs 11. Abschn. Rdnr. 6, Roxin § 14 Rdnr. 30 f. 129 Heider S. 112, Rademacher S. 57 ff., 85.
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eines Verhaltens bedürfe es eines Durchgriffs auf die materiell-verwaltungsrechtliche Rechtslage, das heißt auf den Widerspruch zu den verwaltungsrechtlichen Normen, die die Voraussetzungen der Genehmigungserteüung regeln. Teilweise wird vorgeschlagen, es müsse anhand genuin strafrechtlicher Kriterien entschieden werden, innerhalb welcher Grenzen bei der Rechtswidrigkeit an die Grundsätze des Verwaltungsrechts zur Wirksamkeit fehlerhafter Verwaltungsakte anzuknüpfen sei 130 , ohne jedoch die danach entscheidungserheblichen Abgrenzungsmerkmale zu umreißen 131 . Es wird weiter argumentiert, die im Verwaltungsrecht tragenden Gesichtspunkte der Wirksamkeit auch rechtswidriger Genehmigung - Funktionsfähigkeit der Verwaltung, Rechtsverkehrssicherheit und Vertrauensschutz 132 - hätten keine rechtsgebietsübergreifende Relevanz, sondern fänden ihre Berechtigung nur im Binnenbereich des Verwaltungsrechts. Im übrigen habe die Übernahme des verwaltungsrechtlichen Wirksamkeitsgrundsatzes in das Strafrecht dort weitergehende Konsequenzen als im Verwaltungsrecht, da dem Strafrecht anders als dem Verwaltungsrecht die Anerkennung einer rückwirkenden Aufhebung der Genehmigimg im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG verwehrt sei. Dem Vertrauensschutzinteresse könne im Strafrecht auf subjektiver Ebene durch die Anwendung der Irrtumsregeln hinreichend Rechnung getragen werden 133 . Keine Rechtsmaterie, so wird behauptet, "...sorgt sich so feingliedrig wie das Strafrecht um das Vertrauen ihrer Klienten" 134 . Nur finde Vertrauensschutz strafrechtlich nicht im Rahmen der "objektiven Rechtswidrigkeit", sondern im Irrtumsbereich Berücksichtigung. Innerhalb der dargestellten Irrtumslösung wird allerdings die Frage nicht ganz einheitlich beantwortet, welche zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung führenden Fehler die Rechtfertigungswirkung der Genehmigung zurückzudrängen geeignet sein sollen. Zurückgehend auf Mezger 135 wird die Auffasung vertreten, nur formell und materiell rechtmäßige, also "vollkommene" Genehmigungen seien geeignet, rechtfertigende Kraft zu entfalten 136. Die Begründung dieses An-
130
Schünemann wistra 1986, 239. Zur daran orientierten Kritik an der Ansicht Schünemanns vgl. Scheele S. 43, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 16b. 132 Rademacher S. 63 ff., 70. 133 Horn NJW 1981, 2, Rademacher S. 72 ff. 134 Horn NJW 1981,2. 135 Mezger S. 226. 136 Goldmann S. 153, 246, Ostendorf JZ 1981, 174 f., wohl auch Geulen ZRP 1988, 325, der allgemein rechtswidrigen behördlichen Genehmigungen rechtfertigende Wirkung versagt, ohne eine Differenzierung in formelle und materielle Fehler vor131
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung satzes läßt sich zurückführen auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 137 . Das daraus abgeleitete Prinzip des Vorrangs des Gesetzes verbiete, daß Exekutivakte gegen höherrangige Rechtssätze verstoßen. In diesem Sinne ist auch der von Mezger 138 geprägte Satz zu verstehen, daß die Behörde nicht über, und nicht gleichgeordnet neben, sondern unter dem Gesetz stehe. Diese Ansicht wird teilweise dahingehend präzisiert, daß jeder materielle Fehler, ungeachtet seines Bezuges zum geschützten Rechtsgut, dazu führt, die Rechtfertigungswirkung des Verwaltungsaktes auszuschließen. Auch solche Fehler, die sich nur zu Lasten Dritter, nicht aber zum geschützten Rechtsgut auswirken, seien dazu geeignet, die Rechtfertigungswirkung auszuschließen139. Andere, von der herrschenden Meinung abweichende Autoren, versagen, ohne auf die oben beschriebene Präzisierung einzugehen, jeder materiell rechtswidrigen Genehmigung die rechtfertigende Wirkung. Da sie jedoch der formell rechtswidrigen Genehmigung wegen mangelndem Rechtsgutsbezugs die Rechtfertigungswirkung nicht verweigern, kann gefolgert werden, daß sie auch den Rechtsgüterschutz nicht tangierenden materiell rechtswidrigen Genehmigungen Rechtfertigungswirkung beimessen140. Schließlich wird danach differenziert, ob die entsprechende rechtswidrige Genehmigung mit Wirkung ex-tunc zurückgenommen werden müsse oder nicht. Nur solchen Genehmigungen, bei denen die Genehmigungsbehörde zur Rücknahme ex-tunc verpflichtet sei, seien ungeeignet, rechtfertigende Wirkung zu entfalten. Daß diese Ansicht nicht allgemeinverbindlich für alle rechtswidrigen Genehmigungen Gültigkeit beanspruchen kann, ergibt sich bereits aus dem Umstand, daß eine Rücknahme von vornherein nicht bei allen rechtswidrigen Genehmigungen in Betracht kommt 141 . Die Eröffnung der Rücknahmemöglichkeit mit Wirkung ex-tunc hat nicht zwingend zur Voraussetzung, daß die Genehmigung grob fehlerhaft ist, sondern folgt aus der Rückabwickelbarkeit und mangelndem Vertrauensschutz des Begünstigten142.
zunehmen; differenzierend Rademacher, S. 154ff., 160, der grundsätzlich auch die formelle Rechtmäßigkeit als Rechtfertigungsvoraussetzung fordert. 137 Vgl. hierzu von Münch - Schnapp Art. 20 Rdnr. 38. 138 Mezger S. 226, aber auch Goldmann S. 153. 139 Rademacher S. 122 ff., 128. 140 Hübenett S. 98 f., Winkelbauer S. 68 Fn. 9, S. 72 Fn. 29; vgl. auch Weber S. 44, der dahingehend zu verstehen ist, daß er bei der Versagung der Rechtfertigung auf den Rechtsgüterschutz abstellt. 141 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter C. Π. 142 Rademacher S. 92.
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Es kann daher aus einer Rücknahmemöglichkeit mit der zeitlichen Wirkung ex-nunc nur begrenzt auf die Schwere des der Genehmigung anhaftenden Fehlers und auf dessen Rechtsgutsbezug rückgeschlossen werden. Wie gezeigt, ist richtigerweise danach zu differenzieren, welche Fehler im Genehmigungsverfahren sich zu Lasten geschützter Rechtsgüter auswirken und welche nur in der Sphäre des Antragstellers beziehungsweise betroffener Dritter zum Tragen kommen. Nur den zuerst genannten Fehlern kommt ein Rechtsgutsbezug zu, der es zumindest berechtigt erscheinen läßt, Einschränkungen der Rechtfertigungswirkung zugunsten effektiven Rechtsgüterschutzes zuzulassen143. Ohne an dieser Stelle nochmals auf die Richtigkeit eines materiellen Durchgriffs bei der Beurteilung der aufgrund der rechtswidrigen Genehmigimg vorgenommenen Handlung einzugehen, erscheint die von dieser in sich amorphen Ansicht vertretene Lösung des Problems über die Grundsätze des Irrtums zumindest fragwürdig. Zum einen berücksichtigen die hier als "Irrtumslösung" bezeichneten Ansichten nicht hinreichend, daß es sich bei dem verwaltungsrechtlichen Vertrauensschutz, der als ein tragender Pfeiler der Wirksamkeit des rechtswidrigen Verwaltungsaktes ausgemacht wurde, um einen verobjektivierten Vertrauensschutz handelt, der seine strafrechtliche Entsprechung daher nicht erst im Irrtumsbereich finden kann. Die Rechtsfolge "Wirksamkeit des Verwaltungsakts" hat nichts mit individuellem Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts zu tun, sondern hängt in erster Linie von der Schwere des der Genehmigung anhaftenden Fehlers ab. Vertrauensschutzgesichtspunkte kommen lediglich bei der Entscheidung über die Rücknahme der rechtswidrigen Genehmigung zum Tragen. Die "Irrtumslösungen" koppeln sich in dieser Frage völlig von der Akzessorietät des Strafrechts an die verwaltungsrechtlichen Kategorien ab und ignorieren die Tatbestandswirkung, die auch von rechtswidrigen Genehmigungen ausgeht. Im Hinblick auf die auch von rechtswidrigen Genehmigungen ausgehende Tatbestandswirkung wird teilweise behauptet, diese sei zumindest für das Strafrecht nicht verbindlich. Untermauert wird diese These mit der Argumentation, daß der Grundsatz der Wirksamkeit auch rechtswidriger Verwaltungsakte als für das Strafrecht zu weitgehend angesehen werden müsse144. Dies wiederum folge daraus, daß die Verwaltung nach § 48 Abs. 1 S.l VwVfG auch rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit zurückneh-
143 144
Vgl. auch Schmitz S. 58. Heider S. 111, Rademacher S. 79.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung men könne. Insoweit stelle das Verwaltungsrecht
eine Kompensations-
möglichkeit bereit, den weitreichenden Wirksamkeitsgrundsatz etwas einzuschränken 145. Diese Kompensationsmöglichkeit ist beschränkt auf das Verwaltungsrecht, und die Teilhabe des Strafrechts daran ist, wie bereits dargestellt, wegen des aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Verbots der Anknüpfung an rückwirkende Änderungen der Rechtslage ausgeschlossen. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, daß kein untrennbarer Zusammenhang zwischen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und Rücknahme mit zeitlicher Wirkung ex-tunc besteht. Keineswegs jede als rechtswidrig erkannte Genehmigung wird rückwirkend wieder beseitigt. Oft ist dies aus Gründen der "Erledigung" der Genehmigung schon gar nicht mehr denkbar. Im übrigen handelt es sich bei der Behördenentscheidung um eine Ermessensentscheidung, die verschiedene Faktoren zu berücksichtigen hat, wie etwa die Auswirkungen der Folgen für den Betroffenen und die Allgemeinheit, Vertrauensschutzgesichtspunkte, Schwere des Fehlers und die Zeitspanne zwischen Erlaß und Rücknahmeentscheidung146. Die Ermessensentscheidung der Behörde kann dabei gemäß § 48 Abs. 3 VwVfG zu dreierlei Ergebnissen führen, nämlich zur Rücknahme mit Entschädigung, zur Rücknahme ohne Entschädigimg und zur Nichtrücknahme. Die Wiederherstellung von rechtmäßigen Zuständen durch die Rücknahme rechtswidriger Genehmigungen ist daher auch im Verwaltungsrecht kein Automatismus, der zur Kompensation eines zu weitreichenden verwaltungsrechtlichen Grundsatzes dient. Der Gedanke der Wiederherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gilt daher auch im Verwaltungsrecht nur eingeschränkt und kann daher schwerlich dazu herangezogen werden, das Haltmachen der von wirksamen Verwaltungsakten ausgehenden Tatbestandswirkung vor dem Strafrecht zu begründen und das Vorliegen rechtswidriger Genehmigungen strafrechtlich zumindest objektiv zu negieren 147. Des weiteren wird gegen die strafrechtliche Beachtlichkeit rechtswidriger Genehmigungen eingewandt, es widerspreche Art. 92 und Art. 97 GG, wenn der Strafjustiz ein eigener Prüfungsspielraum hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer behördlichen Genehmigung verwehrt werde und sie bei ihrer Beurteilung an die bloße Existenz der Genehmigung gebunden sei 148 . Nach Art. 92 GG ist die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut. Dieses Rechtsprechungsmonopol
145 146 147 148
Rademacher S. 79. Vgl. Scheele S. 99. So auch Scheele S. 100. So Rademacher S .82 ff., Schall NJW 1990, 1268, ders. wistra 1992, 5.
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gilt für Gerichte aller Gerichtszweige. Art. 97 GG normiert hingegen die Unabhängigkeit der Gerichte, legt aber gleichzeitig ihre Bindung an das Gesetz fest 149 . Dieser Einwand kann jedoch nur dann gelten, wenn die Strafgerichte tatsächlich auch dazu berufen sind, wirksame Verwaltungsakte auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen und ihnen im Ergebnis die Kompetenz eingeräumt wird, sie zumindest in strafrechtlicher Hinsicht für nichtig zu erklären. Aus § 40 VwGO läßt sich entnehmen, daß grundsätzlich die Verwaltungsgerichte dazu berufen sind, die gerichtliche Kontrolle über die Tätigkeit der Verwaltung auszuüben150. Über die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten befinden daher nach der gesetzlichen Vorstellung die Verwaltungsgerichte. Zwar gilt nach § 262 StPO der Grundsatz der freien Beweiswürdigimg, der auch eine Vorfragenkompetenz des Strafrichters im Hinblick auf Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten umfaßt. Diese Kompetenz muß aber da enden, wo der Verwaltung eine eigenständige verbindliche Entscheidungsbefugnis zugedacht wurde, für die eine gerichtliche Überprüfungsinstanz existiert 151 . Die Genehmigungsbehörde beendet durch den Erlaß einer Genehmigung ein Verwaltungsverfahren und erzeugt damit ungeachtet der Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit ihrer Entscheidung die in § 43 VwVfG angeordneten Rechtswirkungen. Diese bleiben solange bestehen, bis sie von der Verwaltungsbehörde selbst oder einem Verwaltungsgericht vernichtet werden. Aus Art. 92 GG und Art. 97 GG kann nicht hergeleitet werden, daß Strafgerichte eine zusätzliche Kontrollinstanz für Entscheidungen der Exekutive darstellen 152. Nur durch diese Sichtweise können Gefahren für die Rechtssicherheit abgewendet werden, die durch eine Desorientierung der Normunterworfenen entstehen würden. Eine solche Desorientierung würde dann entstehen, wenn der Staat, der dem Bürger als Einheit gegenüber auftritt, doppelzüngig sprechen würde, indem er verwaltungsrechtlich etwas zuläßt, was strafrechtlich verboten sein soll. Schließlich sei noch dem Einwand begegnet, daß zumindest einige umweltrechtliche Genehmigungen verwaltungsgerichtlich gar keiner Kontrolle unterliegen, da hierfür eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben sei. Dies folge daraus, daß zum einen dem von der Genehmigung Begünstigten von vornherein keine Klagebefugnis mangels Verletzung eines subjektivöffentlichen Rechts zukomme. Zum anderen aber schieden in aller Regel auch Dritte als Klagebefugte aus, da durch die Rechtswidrigkeit der Genehmigung
149
Vgl. Seifert/Hömig Art. 97 Rdnr. 1. Eyermann/Fröhler § 40 Rdnr. 40. 151 So auch Kleinknecht/Meyer § 262 Rdnr. 7 ff., Löwe/Rosenberg - Gollwitzer § 262 Rdnr. 20 ff. 152 Scheele S. 95. 150
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung zumeist Allgemeinwohl- und nicht Individualinteressen betroffen seien 153 . Nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung obliegt es zunächst der Verwaltung selbst, im Rahmen einer Ermessensentscheidung darüber zu befinden, ob sie nach Zurkenntnisnahme der Rechtswidrigkeit der Genehmigung diese zurücknimmt oder nicht. Diese Aufgabe der Verwaltung kann nicht vom Strafrichter übernommen werden. Die Aufhebungsentscheidung selbst unterliegt jedoch voll der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, da sie durch den Betroffenen angefochten werden kann Daher ist insgesamt an der grundsätzlichen Verbindlichkeit rechtswidriger Genehmigungen für das Strafrecht festzuhalten. Die Tatbestandswirkung, die von wirksamen Verwaltungsakten ausgeht, macht deshalb nicht vor dem Strafrecht halt. Der Wirksamkeitsgrundsatz des § 43 Abs. 2 VwVfG, der auch für rechtswidrige Genehmigungen güt, muß auch im Strafrecht Berücksichtigung finden 155. Im übrigen wird durch das Abstellen auf die subjektive Tatseite jeder Genehmigungsempfänger mit einem Strafbarkeitsrisiko dahingehend belastet, daß ihm mangelndes Vertrauen in die ihm erteilte wirksame Genehmigung unterstellt wird 1 5 6 . Schwer erklärbar ist darüber hinaus, daß jeder aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigimg Handelnde objektives Unrecht verwirklichen soll, wohingegen deijenige, der aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung, die schon den Tatbestand auszuschließen geeignet sein soll, bei gleicher Fehlerintensität der Genehmigimg kein objektives Unrecht verwirklicht. Im Tatsächlichen vergleichbare Lebenssachverhalte würden in dieser Frage ungleich behandelt. Dies gilt insbesondere angesichts der relativ vagen Abgrenzung zwischen Genehmigungen als Befreiungstatbestände von präventiven und repressiven Verboten, die von gesetzgeberischen Zufällen abhängen kann. Solange der Betroffene sich auf eine rechtlich wirksame Genehmigung berufen kann, erscheint es unverhältnismäßig und unbillig, ihn mit strafrechtlichem Unrecht zu stigmatisieren. Dies gilt in erster Linie dann, wenn sich der Genehmigungsempfänger selbst im zur Erteilung führenden Verfahren völlig rechtstreu verhalten hat und Gründe für die Erteilung der fehlerhaften Genehmigung ausschließlich in der Sphäre der Exekutive zu suchen sind. Hier offenbaren sich eindeutig Ungereimtheiten, folgt man
153
Rademacher S. 83 f. Vgl. Scheele S. 95. 155 So auch Breuer DÖV 1987, 180, Hill GewArch 1981, 186, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 42, Ossenbühl DVB1. 1990, 973. 156 Diesen Aspekt betont Weber S. 45. 154
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den von der herrschenden Meinung ansonsten mit guten Gründen abweichenden Irrtumslösungen. c) Lösungsansatz "persönlicher Strafausschließungsgrund" Einen ebenfalls von der noch herrschenden Meinung abweichenden Standpunkt nimmt Weber 157 ein, der dem Inhaber einer rechtswidrigen Genehmigimg zumindest im Rahmen der §§ 324, 326 StGB 158 einen persönlichen Strafausschließungsgrund zubilligt. Auch er spricht sich gegen eine Rechtfertigungswirkung rechtswidriger Hoheitsakte und für einen materiellrechtlichen Durchgriff auf die Genehmigungsvorschriften aus, indem er den Befugnisbegriff vom 159
Begriff der Rechtswidrigkeit unterscheidet . Der Inhaber einer rechtswidrigen Genehmigung handle zwar rechtswidrig aber "befugt". Gleichwohl lehnt er Irrtumslösungen unter Betonung des Strafbarkeitsrisikos des Genehmigungsinhabers ab und plädiert für die Einstufung der rechtswidrigen Genehmigimg als persönlichem Strafausschließungsgrund, der ausschließlich dem Genehmigungsempfänger eine Befugnis verleiht 160 . Die Ansicht Webers bewährt sich insbesondere in der Problematik der Amtsträgerstrafbarkeit 161. Amtsträger können nach der geschilderten herrschenden Meinung mangels Vorliegen einer rechtswidrigen Haupttat im Sinne des § 27 StGB nicht als Teilnehmer bestraft werden, selbst wenn sie vorsätzlich inhaltlich falsche Genehmigungen erteilen 162 . Nach der strafrechtsdogmatischen Konzeption Webers ist Mittäterschaft und Teilnahme möglich, da die Genehmigungserteilung als persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB gedeutet wird und nur dem Genehmigungsinhaber zugute kommt. Die bislang überwiegend vertretene Ansicht tut sich mit der Lösung dieser Fälle schwer und versucht, sie unter Rückgriff auf die Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft
Vgl. Weber S. 45; für die Behandlung rechtswidriger Genehmigungen als Strafausschließungsgründe in neuerer Zeit auch Winkelbauer NStZ 1988, 205; anders nochders. S. 73: "Irrtumslösung". 158 Ob Weber seine Ansicht auch auf Tatbestände erstreckt, die nicht von "unbefugtem Verhalten" sprechen sondern den Rechtfertigungsgrund "Genehmigung" beinhalten, bleibt offen. 159 Weber S. 43 f. 160 WeberS. 45. 161 Weitere Anwendungsfelder eröffnen sich bei Befolgung dieser Lehre bei der Teilnahme an fremdem Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung sowie in Fällen mittäterschaftlich begangenen Handlungen. 162 Geisler NJW 1982, 12, Lackner Vor § 324 Rdnr. 9, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 32.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung
strafrechtlich zu erfassen163. Die Fruchtbarmachung dieses Gedankens erweist sich jedoch als angreifbar, weil er mit dem bislang anerkannten Anwendungsbereich mittelbarer Täterschaft schwerlich vereinbar scheint. Der volldeliktisch Handelnde schließt nämlich den Amtsträger von der Tatherrschaft aus. Diese dürfte in aller Regel allein bei ihm als dem die Tat Ausfuhrenden hegen 164 . Allerdings sieht sich auch der geschilderte Ansatz einer Problemlösung in Form der Behandlung rechtswidriger Genehmigungen als persönliche Strafausschließungsgründe Bedenken ausgesetzt. Ein erster Kritikpunkt ergibt sich, schließt man sich einer in der verwaltungsrechtlichen Literatur vertretenen Meinung an, wonach nicht nur Verwaltungsakte, die eine Straftat verlangen, gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG, sondern - über den Wortlaut hinaus - auch solche Verwaltungsakte, die eine Straftat lediglich zulassen, nichtig seien 165 . Durch eine rechtswidrige Genehmigung würde eine Straftat im Sinne des § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG zugelassen, sofern durch sie nicht objektiver Tatbestand und Rechtswidrigkeit ausgeschlossen werden 166 . Daher wäre jede rechtswidrige Genehmigung bereits mit der Nichtigkeitsfolge behaftet, wenn sie nicht rechtfertigend wirkt 1 6 7 , weshalb nach der dargestellten Lösung Webers auch nichtigen Genehmigungen Wirkung beigemessen werden müßte. Die herrschende Ansicht zu § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG orientiert sich hingegen enger am Wortlaut der Norm und löst diese Fälle über die Evidenzklausel des § 44 Abs. 1 VwVfG, wonach nur Verwaltungsakte als 168 nichtig zu bewerten sind, wenn sie evidentermaßen eine Straftat zulassen , sodaß sich bei Befolgung dieser Ansicht insoweit keine Ungereimtheiten ergeben. An der Lösung über einen Strafausschließungsgrund ist jedoch weiter zu kritisieren, daß auch diese Ansicht zwingend von der Verwirklichung strafrechtlichen Unrechts ausgeht, indem sie die Frage der Strafbarkeit auf eine Ebene jenseits des Unrechts verlagert. Darüber hinaus wird die Formulierung
163
Horn NJW 1981, 4, Keller in FS für Rebmann S. 251 f., Winkelbauer NStZ 1986, 150 f. 164 Breuer NJW 1988, 2084, Otto Jura 1991, 314, Schall NJW 1990, 1269, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 35; Weber S. 45 spricht insoweit von einem ".. .vergewaltigenden Rückgriff auf die mittelbare Täterschaft. 165 So Kopp § 43 Rdnr. 43 m.w.N.; vgl. aber auch Hübenett S. 56. 166 Vgl. Schmitz S. 48. 167 Schmitz S. 48. 168 Erichsen/Martens § 14 Rdnr. 26, Knack - Klappstein § 44 Rdnr. 5.5, Stelkens/Bonk/Leonhard - Sachs § 44 Rdnr. 77; so auch Schmitz S. 49. 9 Foriun
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"unbefugt", soweit sie in anderen Straftatbeständen des StGB verwendet wird 1 6 9 , uneinheitlich entweder als allgemeines Deliktsmerkmal zur Kennzeichnung der Rechtswidrigkeit oder aber als Tatbestandmerkmal qualifiziert 170 . In keinem den Begriff "unbefugt" enthaltenden Tatbestand wird ihm jedoch die Bedeutung beigemessen, rechtswidriges Verhalten durch eine vorhegende Befugnis auf anderer Ebene, etwa als persönlicher Strafausschließungsgrund, von Strafe freizustellen. Eine spezifische Bedeutung im Bereich des Umweltsstrafrecht, auf den Weber sich mit seiner Argumentation bezieht, kommt dem Ausdruck aber nicht 171
zu Unter Berücksichtigimg dieser Gesichtspunkte kann daher der geschilderten Ansicht nicht gefolgt werden, obwohl sie von den damit zu erzielenden Ergebnissen her überzeugt. d) Lösungsansatz "objektive Straflosigkeitsbedingung" 172
Für Horn stellt nicht nur - wie bereits dargestellt - die rechtmäßige sondern auch die rechtswidrige Genehmigung "eine Art objektive Straflosigkeitsbedingung" dar 173 . Angesichts einer wirksamen Behördenerlaubnis werde nur auf eine Bestrafung verzichtet. Objektive Straflosigkeitsbedingungen stellen demnach quasi das Gegenstück zu objektiven Bedingungen der Strafbarkeit dar: Während letztere trotz Vorliegens von Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld die kriminalpolitische Notwendigkeit einer Bestrafung vom Vorliegen weiterer Bedingungen abhängig machen 174 , sollen objektive Straflosigkeitsbedingungen dazu geeignet sein, eine Strafbarkeit trotz vollständiger Verwirklichung eines Delikts bei Vorhegen einer weiteren Bedingung (hier einer rechtswidrigen Genehmigung) auszuschließen. Beiden Kategorien ist immanent, daß sie Unrechts- und schuldindifferent sind 175 . Daraus folgt, daß auch Horn wohl davon ausgeht, trotz der von verwaltungsrechtlich wirksamen Genehmigungen ausgehenden Tatbestandswirkung werde kriminelles Unrecht verwirklicht, wenn aufgrund rechtswidriger Genehmigungen bestimmte Handlungen vorgenommen würden. Insoweit ist die Kritik, die gegen die von der herrschenden Meinung abweichenden Ansichten vorgebracht wurde, auch hier angebracht. Darüber hinaus hat der Genehmigungsempfänger ein Interesse daran zu 169
Der Begriff "unbefugt" wird u.a. in folgenden Straftatbeständen verwendet: §§ 127, 132, 168, 188, 201, 202, 202a, 203, 204, 353 b, 353 d, 354, 355 StGB. 170 Vgl. hierzu Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 65. 171 Scheele S. 122. 172 Vgl. in diesem Kapitel unter Α. ΙΠ. 173 Horn UPR 1983, 366. 174 Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 124. 175 Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 124.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung
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erfahren, ob sein Verhalten nun strafrechtliches Unrecht darstellt oder nicht, was nach der geschilderten Ansicht jedoch gerade offen bleibt 176 .
ΙΠ. Zwischenergebnis Die Darstellung und Würdigung der herrschenden Meinung und der davon abweichenden Ansichten hat zu dem Ergebnis geführt, daß letztendlich keine der dargestellten Lösungsmöglichkeiten dem Problem der rechtswidrigen Genehmigung vollauf gerecht wird. Der herrschenden Meinimg ist der Vorwurf zu machen, daß sie von einer falschen Prämisse ausgeht, wenn sie ein Handeln, das aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung vorgenommen wird, grundsätzlich als verwaltungsrechtmäßig ansieht und daraus konsequent unter Berufung auf den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung folgert, ein solches Verhalten müsse auch strafrechtlich als gerechtfertigt zu behandeln sein. Den Gegenansichten ist insoweit rechtzugeben, als sie von der richtigen Prämisse, nämlich der verwaltungsrechtlichen Rechtswidrigkeit einer Handlung aufgrund rechtswidriger Genehmigungen in den aufgezeigten Grenzen, ausgehen. Allerdings überzeugen die Lösungen in Form der Qualifizierung eines Handelns aufgrund rechtswidriger Genehmigung als sozialadäquat177, in Form einer Irrtumslösung 178 bzw. in Form der Lösung über einen persönlichen Strafausschließungsgrund 179 oder einer "objektiven Straflosigkeitsbedingung" 180 aus den jeweils dargelegten Gründen letztendlich nicht. Als untragbar hat sich schließlich die Lösung herausgestellt, die zwar von verwaltungsrechtlicher Rechtmäßigkeit eines Handelns aufgrund rechtswidriger Genehmigung ausgeht, dieselbe jedoch als "strafrechtswidrig" ansieht. Es besteht daher ein gewisses Dilemma, das auf der Basis der bislang vertretenen Ansichten kaum auflösbar erscheint. Wenn man einerseits richtigerweise davon ausgeht, daß Handlungen aufgrund rechtswidriger Genehmigungen nach verwaltungsrechtlichen Kategorien als rechtswidrig zu bewerten sind, verbietet sich auch eine "echte" strafrechtliche Rechtfertigung, will man sich nicht dem Vorwurf der Erzeugung eines Normwiderspruchs mit der Folge aussetzen, daß
176 177 178 179
180
9*
Zur Kritik an der Ansicht Horns vgl. Hübenett S. 43f. Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. Π. 2. Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. Π. 2. Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. II. 2. Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. Π. 2.
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gleichrangige konträre Regelungen sich einander aufheben 181. Andererseits erscheint es bedenklich, die von rechtswidrigen Genehmigungen ausgehende Tabestandswirkung im Strafrecht gänzlich zu ignorieren und den aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung Handelnden mit strafrechtlichem Unrecht zu stigmatisieren.
IV. Reformgesetzgebung Auch durch die Reformierung des Umweltstrafrechts durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität vom 27.06.1994182 haben sich keine Besonderheiten zu der an dieser Stelle aufgeworfenen Frage nach der Rechtfertigungswirkung rechtswidriger behördlicher Genehmigungen ergeben. Insbesondere können durch die teilweise Neuformulierung 183 bzw. Neueinfiigung 184 der Umweltstraftatbestände keinerlei Schlußfolgerungen auf die strafrechtliche Qualität der rechtswidrigen behördlichen Genehmigung im Deliktsaufbau gezogen werden. Gleiches güt für die Reformgesetzentwürfe der Bundesregierung 185
Zum Normwiderspruch Engisch S. 46, ders. Einführung S. 162, Günther in FS für Lange S. 879. 182 Vgl. hierzu im 5. Kapitel unter C. Π. 2. 183 Neugefaßt bzw. geändert wurden die Vorschriften §§ 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330a-d StGB. 184 Eingefügt wurden die §§ 324a, 325a StGB. 185 BT-Drucksache 12/192; nach dem Regierungsentwurf ist von einem grundsätzlichen Vorrang des Verwaltungsrechts auszugehen, weshalb ein Festhalten am Prinzip der Verwaltungsakzessorietät geboten sei. Das Verwaltungsrecht ziehe die rechüichen Grenzen, inwieweit - als Ergebnis einer Abwägung zwischen der Notwendigkeit der Ressourcennutzung und dadurch bedingten Gefährdungen der Umwelt - in Umweltgüter eingegriffen werden dürfe. Dem Strafirecht hingegen käme die Funktion zu, die Durchsetzung des Verwaltungsrechts flankierend zu unterstützen. Zum Problem der Verwaltungsaktsakzessorietät des Strafrechts nimmt der Regierungsentwurf jedoch nur in einer Richtung Stellung. So wird vorgeschlagen, die strenge Verwaltungsaktsakzessorietät im Bereich der inhaltlich fehlerhaften Verfugungen zugunsten einer stärker materiellrechüichen und rechtsgutsorientierten Anbindung an das Verwaltungsrecht einzuschränken, allerdings beschränkt auf Fälle der belastenden fehlerhaften Verwaltungsakte. Die Klärung der Problematik fehlerhafter begünstigender Verfügungen, insbesondere in Form von Genehmigungen, wird in diesem Entwurf bewußt offen gelassen und Rechtsprechung bzw. Strafrechtslehre überlassen; vgl. zum Ganzen Heider S. 102 ff., Martin IUR 1991, 143, Scheele S. 22.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung 186 ** und der SPD-Fraktion , die im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Umweltstrafrechts vorgelegt wurden. Vereinzelt wird zwar die Ansicht vertreten, durch die vom Gesetzgeber neugeschaffene Vorschrift des § 330 d Nr. 5 StGB, nach der einer fraudulös erwirkten Genehmigung keine strafbarkeitsausschließende Wirkung beizumessen ist, sei gleichzeitig positivgesetzlich die Beachtlichkeit der rechtswidrigen, jedoch wirksamen Genehmigung als Rechtfertigungsgrund klargestellt 187 . Zum einen ist festzuhalten, daß § 330 d Nr. 5 StGB nur für den Bereich des Umweltstrafrechts gilt und nicht verallgemeinerungsfähig ist 1 8 8 . Des weiteren wird in § 330 d Nr. 5 StGB lediglich das Tatbestandsmerkmal "Handeln ohne Genehmigung" näher umschrieben, und es wird keine Aussage über die rechtfertigende Wirkung rechtswidriger Genehmigungen getroffen 19 . Selbst wenn man aber den Anwendungsbereich des § 330 d Nr. 5 StGB auch auf nicht tatbestandsausschließende sondern auf der Ebene der Rechtswidrigkeit wirkende Genehmigungen ausdehnt, ist anzumerken, daß der Gesetzgeber durch Einfügung der genannten Vorschrift lediglich eine Gleichstellung von rechtsmißbräuchlichen Verhaltensweisen und genehmigungslosen Handlungen vornahm 190 , sich aber einer Wertung darüber, ob einer Handlung aufgrund rechtswidrig erteilter Genehmigung tatsächlich das Prädikat "rechtmäßig" verliehen werden soll, enthielt 191 .
186 BT-Drucksache 12/376; der SPD-Entwurf koppelt sich von der Verwaltungsaktakzessorietät hin zu einer stärker betonten Verwaltungsrechtsakzessorietät ab, indem die Strafvorschriften auf Tatbestandsebene nicht von Einzelanordnungen der Verwaltung abhängig gemacht werden sondern die Verbindung zwischen Verwaltungsund Strafrecht erst auf Rechtfertigungsebene durch das durchgängig verwendete Merkmal "unbefugt" hergestellt werden soll. Das Merkmal "unbefugt" wird in § 330d Abs. 2 des SPD-Entwurfs in Form einer Legaldefinition umschrieben. Abgesehen von der Sonderproblematik des rechtsmißbräuchlichen Gebrauchmachens öffentlich-rechtlicher Genehmigungen nimmt auch dieser Reformvorschlag keine Stellung zu dem hier zur Diskussion stehenden Problem des Grades der Bindung des Strafrechts an rechtswidrige Genehmigungen; vgl. hierzu Scheele S. 23. 187 Baumann/Weber/Mitsch § 17 Rdnr. 131 unter Bezugnahme auf Möhrenschlager NStZ 1994, 515 188 Hierauf wird auch bei Baumann/Weber/Mitsch § 17 Rdnr. 131 ausdrücklich hingewiesen. 189 So auch Lackner § 324 Rdnr. 10, Perschke wistra 1996, 166; eine Differenzierung zwischen der Beachtlichkeit einer Genehmigung auf Tatbestands- und Rechtswidrigkeitsebene fehlt bei Schmidt/Schöne NJW 1994, 2514. 190 Vgl. Dreher/Tröndle § 330 d Nr. 5 Rdnr. 13. 191 Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. V. 3.
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V. Eigener Lösungsweg: Strafunrechtsausschließungsgrund Aus den genannten Gründen erscheint es daher zumindest lohnenswert, über alternative Lösungswege nachzudenken, die allen angeführten Kritikpunkten gerecht werden können. Zu suchen ist nach einer strafrechtlichen Lösung, die sowohl die öffentlichrechtliche Mißbilligung eines Handelns aufgrund öffentlich-rechtlicher Genehmigung berücksichtigt als auch den Aspekt der Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte gebührend in Ansatz bringt. Ausgangspunkt folgender Überlegungen ist daher, daß grundsätzlich eine rechtswidrige öffentlich-rechtliche Genehmigung nach dem Prinzip der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnimg nicht geeignet ist, als echter strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund zu fungieren. Echte Rechtfertigungsgründe können nur solche sein, die eine Tat, das heißt die objektive Erfüllung eines Straftatbestandes, im Einzelfall als rechtmäßig bewerten 192. Eine Handlung, die aufgrund einer materiell rechtswidrigen Genehmigung vorgenommen wird, steht aber im Widerspruch zur Rechtsordnung. Diesen Prämissen kann nur eine Lösung gerecht werden, die auf der strafrechtlichen Unrechtsebene zum Tragen kommt, jedoch keinen Rechtfertigungsgrund im Sinne eines echten Erlaubnissatzes 193 darstellt. Es ist also zu prüfen, ob grundsätzlich ein strafrechtlicher Ausschluß der Rechtswidrigkeit trotz verwirklichtem objektivem Tatbestand einer Strafhorm möglich und systemimmanent ist, obwohl das entsprechende Verhalten in einem anderen Rechtsgebiet mißbilligt wird. Erst nach Bejahung dieser aufgeworfenen Fragestellung kann sich die Prüfung anschließen, ob ein Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung geeignet ist, spezifisches Strafunrecht auszuschließen.
192
Dreher/Tröndle Vor § 13 Rdnr. 24, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 9. 193
Allgemein zum Wesen der Rechtfertigungsgründe vgl. Jescheck §31 I. 2., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 18, Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 4 ff., Wessels §8 1.1.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung
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1. Anerkennung einer spezifischen Strafrechtswidrigkeit? Ob eine spezifische Strafrechtswidrigkeit im Strafrecht anzuerkennen ist, die unabhängig vom allgemeinen Rechtswidrigkeitsurteil begrenzt auf den Binnenbereich des Strafrechts besteht, ist derzeit umstritten. Im folgenden soll daher ein Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion gegeben werden. a) Die derzeit herrschende Dogmatik Bei Sichtung der strafrechtsdogmatischen Literatur zum Problemkreis Unrecht und Rechtswidrigkeit ergibt sich folgendes Bild: Nach herrschender Ansicht kommt nur dem Unrecht ein materieller Gehalt zu. Nur das Unrecht weist in qualitativer und quantitativer Hinsicht Unterschiede auf 494 . Der Rechtswidrigkeit hingegen, verstanden als Widerspruch zu einer rechtlichen Verhaltensnorm, wird ein solch materieller Gehalt abgesprochen. Ein Verhalten könne nur entweder rechtswidrig oder nicht rechtswidrig sein. Abstu195
fungen im Rechtswidrigkeitsgehalt könne es nicht geben . Ein solcher Widerspruch sei entweder vorhanden - dann ist die Tat rechtswidrig - oder er sei nicht vorhanden mit der Folge der Rechtmäßigkeit der Tat. Die Rechtswidrigkeit dürfe in den einzelnen Rechtsgebieten nicht unterschiedlich behandelt werden 196 . Diese Auffassung findet ihre Begründung - sofern überhaupt eine solche gegeben wird - in dem Hinweis darauf, es sei ein unauflösbarer Widerspruch, wenn das Strafrecht einer Handlung den Makel der Rechtswidrigkeit verleiht, die durch das Zivü- oder das öffentliche Recht wirksam erlaubt worden sei. Dabei handle es sich um einen Normwiderspruch, jnit der Folge, daß die einander konträren 197
Regelungen bei Gleichrangigkeit sich gegenseitig neutralisieren Eine Differenzierung würde schon auf der Ebene des Tatbestandes getroffen. Der Strafgesetzgeber greife aus dem Kreis der allgemein geltenden Verbote und Gebote einige Verhaltensweisen ganz oder teüweise heraus und unterwerfe sie wegen ihrer besonderen Sozialschädlichkeit der Kriminalstrafe. Nicht jede rechtswidrige Tat ist daher als strafbedrohtes Unrecht einzuordnen 198. Unterschiede in den verschiedenen Rechtsgebieten ergeben sich danach nur im Be194 Baumann/Weber § 19 Π. 2a, Ebert/Kühl Jura 1981, 225, 227, LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 10 f.; die zum Beleg hierfür angeführten Entscheidungen RGSt 61, 242, 247, BGHSt 11, 241 treffen darüber keine Aussage. 195 Baumann/Weber § 19 Π. 2a, Lackner Vor § 13 Rdnr. 16, Maurach/Zipf § 24 Rdnr. 19, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 13 ff. Rdnr. 51. 196 Kern ZStW 64 (1952), 262, SK - Samson Vor § 32 Rdnr. 19, Welzel S. 52. 197 Engisch S. 46, ders. in Einführung S. 162. 198 LK - Hirsch Vor §§ 32 m.w.N.
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reich der Rechtsfolgen, die an das Verhalten gekoppelt werden (Schadensersatz, Strafe). Bei festgestelltem tatbestandsmäßigem Verhalten gehe es hingegen bei der Rechtswidrigkeitsprüfung lediglich um die Frage, ob ein Erlaubnissatz das verbotswidrige Verhalten als mit der Gesamtrechtsordnung vereinbar erklärt. Nach dieser, als herrschend bezeichneten Meinung könnte ein verwaltungsrechtlich als rechtswidrig beurteütes Verhalten auch im Strafrecht nicht zu einer Rechtfertigung fuhren. Wenn man also der vorliegend vertretenen Prämisse folgt, daß dem materiellen Verwaltungsrecht für die Rechtswidrigkeitsbeurteilung des Handelns aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung der Vorrang vor der formellen Wirksamkeit des genehmigenden Verwaltungsaktes eingeräumt wird, so kann die rechtswidrige Genehmigung im Binnenbereich des Strafrechts nicht rechtfertigen. Im öffentlichen Recht existiert dann kein Erlaubnissatz, der tatbestandlich verwirklichtes Unrecht, hier also eine genehmigungslos vorgenommene Handlung, zu rechtfertigen vermag. Das Strafrecht kann nach dieser Ansicht ein nach öffentlich-rechtlichen Kategorien als im Widerspruch zur Rechtsordnung stehendes Verhalten für seinen Bereich eben nicht für rechtmäßig erklären, ohne einen Normwiderspruch zu erzeugen. b) Die im Vordringen
begriffene
Meinung
In der Strafrechtswissenschaft ist diese Doktrin in jüngerer Zeit zunehmender Kritik ausgesetzt. Richtungsweisend für neue Lösungsansätze ist hierbei die Lehre Günthers von der spezifischen Strafrechtswidrigkeit 199. Ausgangspunkt der Kritik ist der Vorwurf an die herrschende Meinung, sie beachte die Funktionen und Aufgaben der einzelnen Rechtsgebiete nicht ausreichend. Zweck der Einteilung der Rechtsordnung in einzelne Rechtsgebiete sei gerade die Ermöglichung sachgerechter, zweckorientierter Differenzierung. Stimmen der Kritik diesen Inhalts waren bereits aus dem Zivü- 2 0 0 , aber auch aus dem öffentlichen Recht 201 zu vernehmen. Tenor aller Kritiker in bezug auf den einheitlichen Begriff der Rechtswidrigkeit ist, daß nicht die Einheitlichkeit eines jeden Rechtssatzes für die Gesamtheit der Rechtsordnung im Vordergrund zu stehen habe, sondern es vielmehr ent-
199
Günther S. 89 ff., ders. in FS für Lange S. 895, ders. in FS für Spendel S. 189 ff. 200 Vgl. Larenz S. 481 ff. 201 Kirchhof S. 8, ders. NJW 1978, 969 ff.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung scheidend auf die Widerspruchsfreiheit der Einzelaussagen in den verschiedenen Teilen der Rechtsordnung ankomme 202 . An einem einheitlichen Begriff der Rechtsordnung festhalten zu wollen würde voraussetzen, daß in diesem allgemeinen Rechtswidri^keitsbegriff alle Funktionen der anderen Rechtsgebiete einzuarbeiten seien . Durch höhere Abstraktion würde der Begriff der Rechtswidrigkeit aber an Konturen verlieren, und den Funktionen des einzelnen Rechtsgebiets wäre weniger Rechnung getragen 204. Daher bestehe eine Notwendigkeit funktionsbestimmter Begriffe, zu denen die Rechtswidrigkeit zu zählen ist, deren Inhalt sich aus dem jeweiligen Regelungszusammenhang ableiten ließe 205 . Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang ein Beschluß des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1989 206 . Hierin spricht sich das Bundesverfassungsgericht dezidiert gegen einen einheitlich verstandenen Begriff der Rechtswidrigkeit aus. In einer komplexen Rechtsordnung sei es "... keineswegs ungewöhnlich, daß Rechtsbegriffe - wie hier der Begriff der rechtswidrig - in verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedliche Bedeutung haben" 207 . In der Strafrechtsdogmatik hat dieser Ansatz in letzter Zeit verstärkt Anhänger gefunden 208. Auch hier wurde die Notwendigkeit eines relativen Rechtswidrigkeitsbegriffes je nach Aufgabenstellung der Rechtsgebiete erkannt.
202
KirchhofS. 8. Deutsch in FS für Wahl S. 346. 204 Deutsch S. 210. 205 Larenz S. 482 f. 206 BVerfG NJW 1990, 241 f.; in diesem Beschluß ging es um Lohnfortzahlung nach § 1 Abs. 2 LohnFG beim Schwangerschaftsabbruch. Unabhängig davon, wie die Indikation des § 218a Abs. 2 Nr. 3 StGB strafrechtlich zu werten sei (Rechtfertigungsgrund oder Schuldausschließungsgrund) könne das LohnFG einen weiter bestehenden Anspruch auf Krankenbezüge zugunsten der von der Abtreibung Betroffenen zubilligen. Auch die strafrechtliche Bewertung als rechtswidrig hindere den Lohnfortzahlungsanspruch nicht. Allerdings wird in BVerfGE 88, 203, 273 f. (zweites Abtreibungsurteü) die Ansicht vertreten, strafrechtliche Rechtfertigungsgründe seien jedenfalls dann für die gesamte Rechtsordnung verbindlich, wenn es um die Rechtfertigung von Verletzungen des Grundrechts auf Leben gehe. Welcher Bedeutungsgehalt dieser Entscheidung für diese durchaus umstrittene Frage beizumessen ist, ist unklar, da eine Auseinandersetzung mit gegenteüigen Auffassungen im Schrifttum nicht erfolgt ist. 207 BVerfG NJW 1990, 241 f. 208 Brauer S. 118, Hallwaß S. 98, Hellmann S. 78 ff., Hübenett S. 82, Jakobs ll.Abschn. Rdnr. 6, Rademacher S. 96 ff., Roessner in Günther/Keller S. 261, Reichert-Hammer JZ 1988, 617, 619, Roxin § 14 Rdnr. 36 (allerdings wird unter § 14 Rdnr. 2 eine eigene Wertungsstufe der Strafrechtswidrigkeit abgelehnt), Schmitz S. 4, 203
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Dem jeweiligen Rechtsgebiet komme dabei nur die Aufgabe zu, die Voraussetzungen festzulegen, die die rechtsgebietsspezifischen Rechtsfolgen auslösen sollen . Jedes Rechtsgebiet prüfe Verhaltensweisen beschränkt auf seinen Regelungsbereich und nicht auf Übereinstimmung mit sämtlichen Ge- oder Verboten der Rechtsordnung 210. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet danach, die Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung zu gewährleisten n . Er wendet sich mit dem Auftrag an Gesetzgeber und Rechtsanwender, Wertungswidersprüche soweit als möglich zu vermeiden 212 . Aufgabe der Strafrechtswidrigkeit im Sinne einer spezifischen, auf das Strafrecht zugeschnittenen Rechtswidrigkeitsprüfung ist dabei folglich nicht die Grenzziehung zwischen Recht und Unrecht, sondern entscheidend kommt es darauf an, strafrechtlich relevantes Unrecht von sonstigem rechtmäßigen wie rechtswidrigen Verhaltensweisen zu scheiden. Nur so kann auch auf der Rechtswidrigkeitsebene dem tragenden Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit 213 , aus dem das Verständnis des Strafrechts als "ultima ratio" folgt, Rechnung getragen werden.
2. Stellungnahme Ein starres Festhalten am "Mythos der Einheit der Rechtsordnung" 214 im streng verstandenen Sinn und dem daraus abgeleiteten einheitlichen Rechtswidrigkeitsbegriff kann den an die einzelnen Rechtsgebiete gestellten Anforderungen nicht gerecht werden. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung muß dahingehend eingeschränkt werden, daß es nicht um eine Einheit im engeren Sinn geht, sondern um die Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnimg als Gesamt-
Seebode in FS für Klug S. 371, ders. StV 1991, 81 f., Wasmuth/Koch NJW 1990, 2440; neuerdings auch Baumann/Weber/Mitsch §16 Rdnr. 36 ff.; offenlassend Gentzcke S. 191. 209 Hellmann S. 90, Hübenett S. 74, Jakobs 11. Abschn. Rdnr. 5, Seebode in FS für Klug S. 372. 210 Günther S. 83. 211 Gentzcke S. 183, Günther S. 95, Seebode in FS für Klug S. 367. 212 Gentzcke S. 183, Hellmann S. 93, Kirchhof S. 30 f. 213 Vgl. hierzu BVerfGE 39, 1, 46: "Die Strafhorm stellt gewissermaßen die ultima ratio im Instrumentarium des Gesetzgebers dar. Nach dem das ganze öffentliche Recht beherrschenden rechtsstaatlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit darf er von diesem Mittel nur behutsam und zurückhaltend Gebrauch machen." Zur ultima-ratio-Funktion des Strafrechts vgl. auch BVerfG NJW 1993,1751. 214 Reichert-Hammer S. 245.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung 215
heit . Er ist vielmehr als ausfüllungsbedürftig anzusehen, ohne jedoch bestimmte Auslegungsergebnisse zu präjudizieren. Der modernen Auffassung wird in bestimmten Fragen auch von den herkömmlichen Meinungen bereits Rechnung getragen, ohne daß jedoch ausdrücklich vom Dogma der Einheit der Rechtsordnung abgerückt wird. Beispielhaft läßt sich hierfür etwa die Einwilligungsproblematik anführen. Die Anforderungen, die von der herrschenden Lehrean eine wirksame Einwilligung im Zivilrecht gestellt werden, decken sich nicht mit den Maßstäben, die das Strafrecht an eine rechtfertigende Einwilligung anlegt. Es ist weitgehend unbestritten, daß ein bestimmtes Verhalten nach zivilrechtlicher Anschauung aus Gründen nicht wirksamer Einwiligung als rechtswidrig beurteilt wird, während das Strafrecht den gleichen Sachverhalt als rechtmäßig bewertet, weil aus seinem Blickwinkel weniger strenge Anforderungen 216 an eine rechtfertigende Einwilligung gestellt werden. Als Begründung wird hierfür vorgebracht, für das Strafrecht sei weder der Mindeijährigenschutz noch der Schutz des Rechtsverkehrs ausschlaggebend. Vielmehr gehe es um die Strafwürdigkeit einer Handlung trotz Zustimmung des Verletzten 217 . Argumentiert wird hier also - genau wie es dem Anliegen der neueren Ansicht entspricht - mit den eigenständigen Aufgaben, die Straf- und Zivihecht zu erfüllen haben 218 . Aber auch im Verhältnis öffentliches Recht/Strafrecht sind Fälle der Spaltung des Rechtswidrigkeitsurteils anerkannt. So werden differenzierte Betrachtungen bezüglich der Rechtswidrigkeit beim polizeilichen Todesschuß angestellt. Die polizeirechtliche Zulässigkeit des Todesschusses richtet sich ausschließlich nach den Landespolizeigesetzen. Dagegen güt für die strafrechtliche Rechtswidrigkeitsbeurteüung des Amtsträgerhandelns ausschließlich die Nothilferegelung des
215
Günther S. 95, Hübenett S. 82, Seebode in FS für Klug S. 368. Im Zivilrecht wird für die Wirksamkeit der Einwüligung die Geschäftsfähigkeit nach den Regeln des BGB gefordert, im Strafrecht genügt die konkrete Einsichtsfähigkeit des Verletzten (zumindest solange nicht Eingriffe in höchstpersönliche Rechtsgüter betroffen sind); vgl. zum Ganzen Baumann/Weber §21 Π. 4., Günther S. 51 ff., Jescheck § 34 IV., Lackner Vor § 32 Rdnr. 16, LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 96, Rademacher S. 52; differenzierend zwischen der Verletzung von Vermögensrechten und höchstpersönlichen Rechtsgütern Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 f. Rdnr. 39. 217 Vgl. Jescheck § 34IV. 1. 218 Zu weiteren Beispielen Günther S. 46 ff. 216
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219
§ 32 StGB . Das Strafrecht wirkt demnach nicht in das der Gefahrenabwehr dienende Polizeirecht hinein. Allein nach dessen - strengeren - Voraussetzungen bestimmt sich die öffentlich-rechtliche Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Polizeibeamten. Es stellt sich nun die Frage, welche Schlußfolgerungen aus dem Vorstehenden gezogen werden können. Teilweise wird aus der Notwendigkeit differenzierender Rechtswidrigkeitsbegriffe hergeleitet, daß die Strafrechtswidrigkeit als völlig eigenständige Kategorie anzusehen sei, die ohne Bindung an die Rechtswidrigkeitsbeurteilung der anderen Rechtsgebiete existiert 220 . Danach besteht prinzipiell die Möglichkeit, daß das Strafrecht bestimmte Verhaltensweisen als rechtswidrig beurteilt, obwohl ein anderes Rechtsgebiet genau dieses Verhalten erlaubt. Diese Ansicht ist mit der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts nicht zu vereinbaren. Überwiegend werden jedoch im Rahmen der dargestellten Mindermeinung weniger weitreichende Konsequenzen gezogen. Geltung beansprucht das Rechtswidrigkeitssplitting danach nur in eine Richtung. Ein zivil- oder öffentlichrechtlich rechtmäßiges Verhalten kann hiernach auch strafrechtlich nicht rechtswidrig sein 221 . Nur umgekehrt folgt aus allgemeiner Rechtswidrigkeit anderer Rechtsgebiete nicht selbstverständlich die Strafrechtswidrigkeit. Die allgemeine Rechtswidrigkeit ist demnach notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die spezifisch strafrechtliche Rechtswidrigkeit. Für die hier relevante Problemstellung muß auf diese innerhalb der Mindermeinung differerierenden Ansichten nicht näher eingegangen werden. Bei der Fragestellung, wie sich ein rechtswidriges Verhalten nach Zivü- oder öffentlichem Recht im Strafrecht auswirkt, kommen beide Ansichten nämlich zu gleichen Ergebnissen. Aus dem vorliegend gewonnenen Ergebnis ergeben sich strafrechtsdogmatische Konsequenzen. Um der besonderen Funktion des Strafrechts ge-
219
Vgl. Klose ZStW 89, 79 f., Lackner § 32 Rdnr. 17, LK - Hirsch Vor § 32 Rdnr. 153, Ostendorf JZ 1981, 166, 169, von Sydow JuS 1978, 224; auch hier unter Berufung auf die Einheit der Rechtsordnung konsequent ablehnend Schönke/Schröder Lenckner § 32 Rdnr. 42b. 220 Für die Unabhängigkeit der Strafrechtswidrigkeit von zivürechtlichen Rechtfertigungsgründen Hellmann S. 91 ff.; für den Bereich öffenüiches Recht/Strafrecht Hübenett S. 82. 221 Günther S. 101, Hallwaß S. 98, Jakobs 11. Abschn. Rdnr. 6, Roxin § 14 Rdnr. 31, Schünemann GA 1985, 352, Seebode in FS für Klug S. 367.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung recht zu werden, reicht die Palette der allgemeinen Rechtfertigungsgründe nicht aus. Sie sind durch spezifische Strafunrechtsausschheßungsgründe zu erweitern 222 . Durch diese soll die Grenze zu strafwürdigem Unrecht gezogen werden, ohne daß eine Entscheidung über die Billigung im Sinne der Gesamtrechtsordnung gefällt wird. Die Wirkungen beschränken sich auf den Binnenbereich des Strafrechts 223. Insgesamt ist der im Vordringen begriffenen Meinung der Vorzug zu geben, da sie besser geeignet ist, widerspruchslose Lösungen durch Berücksichtigung der Aufgaben der verschiedenen Teilrechtsgebiete herbeizuführen. Durch Anwendung dieser Lehre ist der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts in geeigneter Weise Rechnung zu tragen, da Unrecht in den verschiedenen Teilrechtsgebieten nicht undifferenziert "über einen Kamm geschert wird", sondern behutsam anhand der Aufgaben des einzelnen Rechtsgebietes beurteilt wird. Auch für die hier aufgeworfenen Problemstellung ist diese Lehre geeignet, eine widerspruchslose Lösung zu bieten.
3. Die rechtswidrige öffentlich-rechtliche Genehmigung als Strafunrechtsausschließungsgrund Voranstehende Ausführungen haben folgendes gezeigt: Ein Handeln aufgrund materiell rechtswidriger Genehmigung stellt einen Verstoß gegen materielles Verwaltungsrecht dar. Daher ist die Vornahme einer entsprechenden Handlung ohne materiell rechtmäßige Genehmigimg verwaltungsrechtlich in den aufgezeigten Grenzen als rechtswidrig zu bewerten. Allerdings kann man dem Täter aufgrund der Tatsache, daß er eine Genehmigung erhalten hat, die rechtswirksam ist, grundsätzlich nicht mit kriminellem Unrecht stigmatisieren. Dies verhindert die auf objektivem Vertrauensschutz basierende Tatbestandswirkung, die auch von rechtswidrigen Genehmigungen ausgeht. Aus diesem Grund ist die rechtswidrige, aber wirksame behördliche Genehmigung auf der aus oben genannten Gründen anzuerkennenden Ebene der Straf-
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Günther S. 253, ders. in FS für Lange S. 895. Zur Kritik an dieser Konzeption Baumann/Weber § 19 Π.2. (anders nunmehr Baumann/Weber/Mitsch § 19 Π. 2., Jescheck § 31 1.2. Fn. 2, § 43 1.3. Fn. 3, LK Hirsch Vor § 32 Rdnr. 10, Rudolphi in GS für Armin Kaufmann S. 372, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 8, Weber JZ 1984, 276; eine ausfuhrliche Auseinandersetzung mit den Kritikern der Lehre von der spezifischen Strafrechtswidrigkeit findet sich bei Reichert-Hammer S. 235 ff. 223
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rechtswidrigkeit zu berücksichtigen. Es handelt sich daher um einen (echten)224 Strafunrechtsausschließungsgrund. Eine solche Lösung gebührt der Vorzug vor den bislang zur Problematik der rechtswidrigen behördlichen Genehmigimg als Rechtfertigungsgrund vertretenen Ansichten. Sie vereint zweierlei: Zum einen wird dadurch vermieden, daß ein Verhalten, das im Widerspruch zu gesetzlichen Vorgaben genehmigt wurde, das Prädikat rechtmäßig erhält. Der Widerspruch des Verhaltens zu verwaltungsrechtlichen Rechtsnormen wird dadurch zum Ausdruck gebracht, daß nur im spezifisch strafrechtlichen Sinne eine Bewertung als nicht rechtswidrig erfolgt. Daneben wird aber letztendlich ein vom Verwaltungsrecht nicht divergierendes Ergebnis erreicht, indem der von § 43 Abs. 2 VwVfG ausgehenden Tatbestandswirkung rechtswidriger Verwaltungsakte auf objektiver strafrechtlicher Unrechtsebene Tribut gezollt wird. Nur das kriminelle Unrecht tritt in den Hintergrund. Der Inhaber einer rechtswidrigen Genehmigung kann nach der hier vertretenen Auffassung aufgrund verwaltungsrechtlicher Wirksamkeit rechtswidriger Verwaltungsakte nicht bestraft werden, ohne daß die Handlung als rechtmäßig für alle Rechtsgebiete zu bewerten ist. Durch diese Sichtweise bleibt das Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sowie der auch im Strafrecht geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt und der Vorwurf der "Wilderei" des Strafrechts im Verwaltungsrecht 225 kann pariert werden. Es ergibt sich danach im Bereich des Strafrechts hinsichtlich eines Handelns aufgrund behördlicher Genehmigung folgendes abgestuftes Bild: Ist die behördliche Genehmigung nach verwaltungsrechtlichen Kategorien nichtig, so verwirklicht der Täter strafrechtliches Unrecht. Ist sie rechtmäßig oder nur aufgrund formeller oder materieller Normen, die nicht dem Rechtsgüterschutz dienen, rechtswidrig, so verwirklicht der von der Genehmigimg Gebrauchmachende kein Unrecht im Sinne der Gesamtrechtsordnung. Leidet die Genehmigung hingegen
Nach der von Günther in seiner Habilitationsschrift, S. 257 ff. vorgenommenen Unterscheidung zwischen echten und unechten Strafunrechtsausschließungsgründen würde es sich bei der rechtswidrigen öffentlich-rechtlichen Genehmigung um einen echten Strafunrechtsausschließungsgrund, da sie nur strafrechtsspezifischer Natur ist und keine deklaratorische Rezeption allgemeiner Rechtfertigungsgründe darstellt. An dieser Terminologie hält Günther in neueren Veröffentlichungen nicht mehr fest (vgl. Rechtfertigung und Entschuldigung S. 385, FS für Spendei S. 194 ff., sondern unterscheidet zwischen echten Rechtfertigungsgründen und echten Strafunrechtsausschließungsgründen. 225 Vgl. hierzu in diesem Kapitel unter C. II. 1. a).
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung an Fehlern, die Relevanz zum jeweils geschützten Rechtsgut aufweisen, so ist die Handlung zwar als rechtswidrig, jedoch nicht als strafrechtswidrig zu behandeln.
VI. Weiterer Anwendungsbereich des Strafunrechtsausschließungsgrundes Das gewonnene Ergebnis, nämlich daß rechtswidrige Genehmigungen in den aufgezeigten Grenzen nicht allgemeingültige Rechtfertigungsgründe darstellen sondern nur die spezifische strafrechtliche Rechtswidrigkeit auszuschließen geeignet sind, läßt sich entsprechend auf zwingend nach § 49 VwVfG zu widerrufende Genehmigungen ausdehnen. § 49 VwVfG regelt den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte. Gemäß § 49 Abs. 2 VwVfG darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist unter enumerativ aufgeführten Umständen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Genehmigung als begünstigender Verwaltungsakt beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen im Zeitpunkt ihres Erlasses 226. War eine Genehmigung im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßig, so bleibt sie dies, auch wenn die in § 49 Abs. 2 VwVfG aufgezählten Widerrufsgründe später eintreten 227. Tritt nun ein Umstand ein, der einen Widerrufstatbestand im Rahmen des § 49 Abs. 2 VwVfG darstellt, und reduziert sich das Ermessen der Widerrufsbehörde zu einer Pflicht zum Widerruf, so stellt sich das Verhalten aufgrund einer solchen rechtmäßigen Genehmigung nicht anders als das aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigung dar. Muß etwa eine wasserrechtliche Zulassung aufgrund verschärfter Rechtsvorschriften oder auch wegen fortgeschrittener Belastung des betroffenen Gewässers zwingend zurückgenommen werden, so ist eine Handlung, die aufgrund einer solchen zwar rechtmäßigen, aber zwingend zu widerrufenen Genehmigung als materiell rechtswidrig zu bewerten, da sie dem Gewäs228
serschutz widerspricht . Allerdings hat auch hier das Strafrecht die Wirksamkeit der noch nicht widerrufenden Genehmigung und die von ihr ausgehende Tatbestandswirkung zu akzeptieren. Daher ist nur die spezifisch zu verstehende strafrechtliche Rechtswidrigkeit ausgeschlossen. Auch insoweit liegt also kein echter Rechtfertigungsgrund, sondern ein Strafunrechtsausschließungsgrund vor.
226
Vgl. Kopp § 48 Rdnr. 24, Maurer § 11 Rdnr. 52. Hübenett S. 101 geht fälschlicherweise davon aus, daß diese Genehmigungen durch Eintritt der Widerrufsgründe zu rechtswidrigen Genehmigungen werden. 228 Vgl. auch Hübenett S. 101 unter Berufung auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Mannheim NJW 1976, 586. 227
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VII. Sonderfall der "bestandsgeschützten" Genehmigung Fraglich erscheint, wie sogenannte bestandsgeschützte Genehmigungen in strafrechtlicher Hinsicht zu beurteüen sind. Unter bestandsgeschützten Genehmigungen sind solche zu verstehen, die nach der in §§ 48 Abs. 4, 49 Abs. 2 S.2 VwVfG getroffenen Regelung nicht mehr aufgehoben werden dürfen, weil die Behörde innerhalb eines Jahres ab Kenntnisnahme von den eine Aufhebung des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Tatsachen nicht in Form einer Aufhebungsentscheidung reagiert hat 229 . Ein Bestandsschutz scheidet allerdings von vornherein für solche Genehmigungen aus, die aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen den Restriktionen des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht unterliegen 230. Die begünstigende Verwaltungsakte betreffenden Regelungen der §§48 Abs. 4, 49 Abs. 2 S.2 VwVfG sind vor dem Hintergrund zu sehen, daß das Vertrauensschutzinteresse des Betroffenen es gebietet, seine Rechtsposition nicht aufgrund von Tatsachen zu entziehen, die seit längerer Zeit behördenbekannt sind 231 . Durch diese Regelungen soll darüber hinaus Entscheidungsverzögerungen seitens der Exekutive entgegengewirkt werden 232 . Für bestandsgeschützte Genehmigungen im so verstandenenen Sinne wird vertreten, daß ihnen echte rechtfertigende Wirkung beizumessen sei. Die zunächst als rechtswidrig zu qualifizierende Handlung, die aufgrund einer solchen Genehmigung vorgenommen werde, würde mit Ablauf der Jahresfrist durch das
Zu einem weiter gefaßten Begriff der bestandsgeschützten Genehmigung Hübenett S. 102 ff., die jede rechtswidrige Genehmigung, die nicht zwingend aufgehoben werden muß, als bestandsgeschützt ansieht und ihr deshalb strafrechtlich Rechtfertigungswirkung beimißt. Eine Rechtsgutsverletzung erfolge erst, wenn die Genehmigung aufgehoben werden muß. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, daß die zuständige Behörde gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der die Rechtswidrigkeit begründenden Umständen befugt ist, die Genehmigung zurückzunehmen. Sie kann daher ihre intern getroffene Entscheidung, die Genehmigung trotz Rechtswidrigkeit doch bestehen zu lassen, innerhalb dieser Frist revidieren. Von einem echten Bestandsschutz kann daher nicht die Rede sein. Zu Argumenten gegen die Auffassung Hübenetts vgl. auch Schmitz S. 47. 2 Als Beispiel hierfür dient etwa die Vorschrift des § 7 KWKG, die sowohl auf rechtmäßige als auch auf rechtswidrige Genehmigungen Anwendung findet und als lex specialis § 48 VwVfG verdrängt. Zum Streit, ob die wasserrechtlichen Genehmigungen nach §§ 7, 8 WHG den restriktiven allgemein-verwaltungsrechtlichen Vorschriften der §§ 48 Abs. 4, 49 Abs. 2 S. 2 VwVfG unterliegen vgl. Rademacher S. 117 ff., der dies im Ergebnis verneint; a.A. Hübenett S. 107 ff. 231 Vgl. BVerwG NVwZ 1983, 91 f., Kopp § 48 Rdnr. 94. 232 Rademacher S. 117.
C. Handeln aufgrund rechtswidriger Genehmigung Hinzutreten des Vertrauensschutzinteresses des Betroffenen zu einer rechtmäßigen 233 . Durch den Ablauf der Jahresfrist würde dem Betroffenen die gleiche Rechtsposition vermittelt werden, wie sie ihm eine fehlerfreie Genehmigimg geben würde 234 . Diese Ansicht führt zu der merkwürdig anmutenden Konsequenz, daß ein Verhalten, wie etwa das Einleiten von Abwasser aufgrund rechtswidriger Genehmigung bis zum Tag vor dem Fristablauf als rechtswidrig zu qualifizieren ist, sich dieses Verhalten jedoch von einer Minute auf die andere in ein rechtmäßiges Verhalten wandelt, ohne daß der materielle Widerspruch zu den zum Schutz des Gewässers existierenden Rechtsnormen beseitigt wird. Auch hier erscheint es sachgerechter, den Widerspruch zu den - materiell-verwaltungsrechtlichen Rechtsnormen weiter dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß man das Verhalten als rechtswidrig betrachtet, jedoch auch hier - erst recht - strafrechtliches Unrecht verneint und auch diese Genehmigungen nicht als Rechtfertigungs- sondern als Strafunrechtsausschließungsgründe erfaßt.
VTQ. Auswirkungen der Rücknahme rechtswidriger Genehmigungen auf die strafrechtliche Beurteilung Hinsichtlich der Auswirkungen der Rücknahme von Genehmigungen, die auf der Ebene der Rechtswidrigkeit innerhalb des strafrechtlichen Deliktsaufbaus Wirkungen entweder als echte Rechtfertigungs- oder als Strafunrechtsausschließungsgründe entfalten, ergeben sich keinerlei Unterschiede zur tatbestandsausschließenden Genehmigung235. Bei einer Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft steht dem Betroffenen ab Wirksamwerden der Aufhebungsverfügung kein Recht mehr zur Seite, das die strafrechtliche Rechtswidrigkeit beseitigt. Hingegen kann eine rückwirkende Rücknahme eine einmal eingetretene Rechtfertigimg bzw. einen einmal eingetretenen Strafunrechtsausschluß nicht nachträglich wieder beseitigen236. Dies ergibt sich aus der Überlegung heraus, daß strafrechtliche Verhaltensnormen dem Bürger im Zeitpunkt der konkreten Handlungssituation Regeln über die Zulässigkeit oder das Verbotenseins seines
233
Hübenett S. 109, Rademacher S. 118. Hübenett S. 109. 235 Vgl. hierzu im 5. Kapitel unter Β. ΙΠ. 236 Hill GewArch. 1981, 186, Horn NJW 1981, 3, Roxin §5 Rdnr. 53, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§32 ff. Rdnr. 26, Wimmer JZ 1993, 71, Zeitler S. 117. 234
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237
Tuns an die Hand geben müssen . Das Strafrecht kann insoweit nicht an der verwaltungsrechtlichen Fiktion der Rückwirkung teilhaben.
D. Zurückdrängung der strafunrechtsausschließenden Wirkung in Fällen fraudulös erlangter Genehmigung Für die tatbestandsausschließende Genehmigung konnte festgestellt werden, daß auch die mit wie auch immer gearteten unlauteren Methoden erlangte behördliche Genehmigung aus Gründen der Überschreitung der Wortlautschranke in ihrer Wirkung nicht zurückgedrängt werden kann 238 . Zu überprüfen ist an dieser Stelle, ob und gegebenfalls in welchem Ausmaß eine Einschränkung der auf der strafrechtlichen Deliktsstufe der Rechtswidrigkeit wirkenden behördlichen Genehmigung in Betracht kommt.
I. Grundsätzliche Einschränkbarkeit von Strafunrechtsausschließungsgründen Zunächst ist auf zwei Vorfragen einzugehen: Die erste Frage, nämlich inwieweit die Wortlautgrenze auch für Rechtfertigungsgründe zu beachten ist, wurde im Sinne einer grundsätzlich möglichen Einschränkung der Rechtfertigungswirkung der behördlichen Genehmigung bereits bejaht 239 . Die zweite, daran anknüpfende Frage lautet, ob sich in dieser Hinsicht Konsequenzen daraus ergeben, daß die rechtswidrige Genehmigung nach dem hier gewonnenen Ergebnis keinen echten, das heißt für alle Rechtgebiete gültigen Rechtfertigungsgrund darstellt sondern "nur" einen Strafunrechtsausschließungsgrund. Diese Frage ist zu verneinen, da sich strukturell zu dieser Thematik keine Unterschiede aus der Begrenzung der Rechtfertigungswirkung rechtswidriger Genehmigungen auf den Binnenbereich des Strafrechts ergeben. Die strenge Wortlautgrenze des Art. 103 Abs. 2 GG findet gleichermaßen auf Strafunrechtsausschheßungsgründe wie auf außerstrafrechtlich geregelte Rechtfertigungsgründe keine Anwendung.
237 238 239
Lenckner in FS für Pfeiffer S. 42. Vgl. hierzu im 5. Kapitel unter C. Π. 2. Vgl. in diesem Kapitel unter C. I.
D. Fraudulös erlangte Genehmigung
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Π. Rechtsmißbrauchserwägungen als geeignetes Einschränkungskorrektiv? Fraglich erscheint trotzdem, ob es vertretbar ist, in Fällen des rechtsmißbräuchlich erscheinden Gebrauchmachens von einer behördlichen Genehmigung sich von der verwaltungsrechtlichen Kategorie Wirksamkeit rechtswidriger und darüberhinaus unlauter erlangter Genehmigungen gänzlich zu lösen und sich einem strafrechtlichen Nichtigkeitsbegriff hinzuwenden. Dies erscheint insbesondere deshalb kritisch, weil die Tatbestandswirkung wirksamer Verwaltungsakte, die als tragendes Begründungsprinzip gegen die von der herrschenden Meinung abweichenden Lösungen vorgetragen wurde, in dieser Frage gänzlich ignoriert würde.
1. Meinungsstand Rechtsmißbrauchslösungen werden von all jenen Ansichten abgelehnt, die schon die Rechtfertigungswirkung rechtswidriger Genehmigungen negieren, sich von der verwaltungsaktsakzessorischen Ausgestaltung der maßgebenden Strafvorschriften abkoppeln und Lösungen über die Anwendung der strafrechtlichen Irrtumsregelungen finden 240. Einer Bemühung von Rechtsmißbrauchserwägungen bedarf es nach diesen Ansichten schon deshalb nicht, weil bereits die Kenntnis um die Rechtswidrigkeit der Genehmigung zur Strafbarkeit führt und eine diesbezügliche Kenntnis schon immer dann zu bejahen sein wird, wenn die Genehmigung auf unlautere Art und Weise erlangt wurde. In gewisse Begründungsschwierigkeiten kommen jedoch die Vertreter der Ansichten, die grundsätzlich - wie auch hier vertreten - von einer weitgehend strikten Anbindung an die Vorgaben des Verwaltungsrechts ausgehen. Ihrem Unbehagen, demjenigen strafrechtlich Rechtfertigung zu bescheinigen, der eine Genehmigimg in der Absicht erwirkt hat, unter dem Deckmantel des Rechtfertigungsgrundes behördliche Genehmigung241 die Tat begehen zu können, begegnet diese Ansicht, indem sie die Rechtfertigung unter dem Gesichtpunkt des Rechtsmißbrauchs im Einzelfall zurückdrängt 242. Nicht einheitlich sind dabei die hierfür gewählten Begründungsansätze.
240
Vgl. nur Frisch S. 73 ff., Rademacher S. 42, Winkelbauer S. 68, 73. Vgl. Wimmer JZ 1993,69. 242 BGH NJW 1994, 670, 671, LG Hanau NJW 1988, 571, 576; Bloy ZStW 100 (1988), 504, Dölling JZ 1985, 469, Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4c, Ensenbach S. 158ff., Heine NJW 1990, 313, Hill GewArch 1981, 188, Horn NJW 1981, 188, 241
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a) Zurückdrängung auf subjektiver Ebene So wird vertreten, auf den Rückgriff auf Rechtsmißbrauchskorrektive als ultima ratio könne verzichtet werden, wenn der Rechtfertigungsgrund behördliche Genehmigung von der subjektiven Seite her nicht eingreife. Bei rechtswidrigen Genehmigungen, die auf unlautere Art und Weise erlangt wurden, entfalle die erforderliche subjektive Komponente, die unverzichtbares Rechtfertigungselement sei 243 . Dieses fehle, wenn derjenige, der im Zeitpunkt des Erlasses der Genehmigung positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Genehmigung, etwa infolge seiner Täuschung, Drohung oder Bestechung hat. Der Genehmigungsinhaber übe das genehmigte Verhalten nicht im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigimg aus 244 . In der Tat ist nach der ganz herrschenden strafrechtlichen Rechtfertigungsdogmatik erforderlich, daß für die Rechtfertigung eines tatbestandsmäßigen Verhaltens nicht nur die objektiven Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes vorhegen, sondern daß darüber hinaus der Täter die ihn rechtfertigende Situation erkannt und in Ausübung der ihm dadurch verliehenen Befugnis gehandelt haben muß 2 4 5 . Diese Lehre von den subjektiven Rechtfertigungselementen kommt etwa zum Tragen bei dem Erfordernis eines Verteidigungswillens innerhalb des Notwehrtatbestandes nach § 32 StGB 246 oder im Rahmen des § 193 StGB, wo das Handeln zur Wahrnehmung berechtigter Interessen Beweggrund des Täters gewesen sein muß 247 . Überträgt man diese Grundsätze auf die dolos erwirkte behördliche Genehmigung als zumindest strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund, so kommt man zum Ergebnis, daß bereits ausreichend sein muß, daß der Täter nur Kenntnis von der objektiven strafunrechtsausschließenden Wirkung der Genehmigung hat und sein Verhalten auf diese wirksame Genehmigimg stützen will. Schon dann decken sich objektive und subjektive Voraussetzungen des Strafunrechtsausschlusses. Ein weiteres Äquivalent in den objektiven Voraussetzungen, wie etwa die Lauterkeit des Genehmigungsinhabers im Genehmigungsverfahren, findet sich nicht 248 . Einschränkungen der Keller in FS für Rebmann S. 248 ff., Lenckner in FS für Pfeiffer S. 35 ff., LK - Steindorf §324 Rdnr. 92, Otto Jura 1991, 313, Rudolphi ZfW 1982, 203, Sack §324 Rdnr. 62a, Seier JA 1985, 27. Zu den verschiedenen Varianten unlauteren Vorverhaltens, das zum Rechtsmißbrauch bei Vornahme der genehmigten Handlung führen soll vgl. im 5. Kapitel unter C. Π. 1. 243 So Gröger S. 23, LK - Steindorf § 324 Rdnr. 92, Mumberg S. 62 ff. 244 Gröger S. 23. 245 Vgl. nur Jescheck § 31IV. 1. m.w.N. 246 RGSt 54, 196, 199, BGHSt 5, 245, 247; Schönke/Schröder - Lenckner § 32 Rdnr. 63 m.w.N. 247 BGHSt 18, 182, 186; Dreher/Tröndle § 193 Rdnr. 17. 248 Vgl. auch Scheele S. 154.
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rechtswidrigen behördlichen Genehmigung auf der Grundlage der Lehre von den subjektiven Rechtfertigungselementen lassen sich daher nicht erreichen. b) Zurückdrängung auf objektiver Ebene Überwiegend wird bereits auf objektiver Rechtfertigungsebene angesetzt, um eine Zurückdrängung der rechtfertigenden Wirkung behördlicher Genehmigungen unter dem Gesichtspunkt des "Rechtsmißbrauchs" zu erreichen 249. Zur Begründung der Einschränkung der Rechtfertigungswirkung wird dabei teüweise eine Parallele zur mißbräuchlichen Ausnutzung einer Notwehrlage gezogen und dem Genehmigungsinhaber bereits die objektive Rechtfertigung versagt 250. Tatsächlich wird eine Rechtfertigimg durch Notwehr entweder ganz ausgeschlossen251 oder zumindest eingeschränkt 252, wenn der Täter einen anderen zu einem Angriff provoziert, um ihn unter dem Deckmantel der Notwehr schädigen zu können. Eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Problematik der dolos erlangten behördlichen Genehmigung erscheint problematisch. Zum einen sind bereits von vornherein die Fälle auszuscheiden, in denen die Fehlerursache allein im Bereich der Exekutive zu finden ist und der Genehmigungsinhaber bloße Kenntnis von der Rechtswidrigkeit hat. Daneben haben Fälle des Rechtsmißbrauchs bereits in der Formulierung des § 32 Abs. 1 StGB Are Berücksichtigung gefunden, indem die Rechtfertigung der Tat als Ausdruck der immanenten Schranken des Notwehrrechts unter dem Vorbehalt ihres "Gebotenseins" steht 253 . Unter einem solchen Vorbehalt steht ein Handeln aufgrund behördlicher Genehmigung von Gesetzes wegen aber nicht. Darüber hinaus geht es bei der Notwehr zum einen um das Selbstschutz-, zum anderen um das Rechtsbewährungsprinzip 254. Insoweit sind die Voraussetzungen, die einer Einschränkung der Notwehr aufgrund Rechtsmißbrauchs zugrunde hegen, andere als bei
249
BGH NJW 1994, 675, LG Hanau NJW 1988, 576, StA Mannheim NJW 1976, 586, Bloy ZStW 100 (1988), 504, Dölling JZ 1985, 469, Dreher/Tröndle Vor § 324 Rdnr. 4c, Hill GewArch. 1981, 188, Horn NJW 1981, 3, Jescheck § 33 VI. 3., Otto Jura 1991, 313, Rudolphi ZfW 1982, 203, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 17. 250 VonBurchardS. 130, Horn NJW 1981, 3. 251 BGH NStZ 1983, 452,; Roxin § 15 Rdnr. 59, SK - Samson § 32 Rdnr. 27. 252 So Jescheck § 32 ffl. 3a), Schönke/Schröder - Lenckner § 32 Rdnr. 57, wonach der Provokateur zum Ausweichen und zur Hinnahme leichter Beeinträchtigungen verpflichtet ist, im übrigen sein Notwehrrecht aber behält. 253 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 29. 254 Vgl. Dreher/Tröndle § 32 Rdnr. 2, Lackner § 32 Rdnr. 1, Roxin § 15 Rdnr. 1.
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einem Handeln aufgrund dolos erlangter Genehmigung. Selbstschutz und Bewährung der Rechtsordnung spielen dort keine Rolle 255 . Eine Begründung der strafrechtlichen Rechtsmißbrauchslehre im hier gegebenen Zusammenhang erfolgt teilweise auch unter Rückgriff auf die im Zivilrecht entwickelte Figur des Rechtsmißbrauchs. Auf dieses Korrektiv könne in einem begrifflich und dogmatisch hoch entwickelten Rechtssystem nicht verzichtet werden. Ansonsten liefe die Rechtsanwendung Gefahr, auf bloß formale Ge256
setzesanwendung reduziert zu werden . Zu unterscheiden sei danach zwischen der Fallgruppe der exceptio doli praeteriti und der der exceptio doli praesentis. Die Rechtsmißbräuchlichkeit ergibt sich bei ersterer aus einem mit der Rechtsausübung in Zusammenhang stehenden Vorverhalten, bei zweiterer ungeachtet eines fraudulösen Vorverhaltens aus der Rechtsausübung als solcher 257. Unter die erste Kategorie werden überwiegend Handlungsweisen, die aufgrund einer durch Täuschung, Drohimg oder Bestechung, aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben oder durch kollusives Zusammenwirken 258 zwischen Genehmigungsinhaber und Behörde erlangten Genehmigung beruht. Darüber hinaus wird die Zurückdrängung der Rechtfertigungswirkung derart erlangter Genehmigungen damit begründet, daß die Unmaßgeblichkeit erschlichener Rechtspositionen nachgerade naturrechtliches Gemeingut der Rechtsordnungen sei. Niemand dürfe sich auf seine eigene Schändlichkeit berufen 259 . Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs - nach der Unterscheidung Lenckners 260 Fälle der exceptio doli praesentis - werden Konstellationen behandelt, in denen die genehmigte Handlung, ohne anstößiges Verhalten während des Genehmigungsverfahrens, zur Verletzung oder konkreten Gefährdung hochrangiger Individualrechtsgüter wie etwa Leben, Gesundheit aber auch Eigentum führt. Insoweit könne eine behördliche Genehmigung nicht als rechtfertigend angesehen werden 261 . Die dogmatische Begründung hierfür ist nicht einheitlich. So wird einerseits am verwaltungsrechtlichen Nichtigkeitsbegriff angesetzt und Nichtigkeit entweder nach § 44 Abs. 1 oder analog § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG angenommen, wenn die schwerwiegenden Auswirkungen offen-
255
Lenckner in FS für Pfeiffer S. 29. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 35; gegen eine Übertragbarkeit der zivilrechtlichen Rechtsmißbrauchslehre auf das Strafrecht ausführlich Rademacher S. 28 ff., 42. 257 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 35 ff. 258 So neuerdings der Bundesgerichtshof in BGH NJW 1994, 670. 259 Otto Jura 1991, 313 unter Berufung auf Paeffgen ZStW 97 (1985), 523 f. 260 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 35 ff. 261 Breuer DÖV 1987, 178, Dölling JZ 1985, 469, Dreher/Tröndle § 324 Rdnr. 7, Lackner § 324 Rdnr. 13, Otto Jura 1991, 313; Übersicht im einzelnen bei Scheele S. 129 m.w.N. 256
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sichtlich sind 262 . Andererseits wird pauschal auf Rechtsmißbrauchserwägungen Rückgriff genommen263. Für eine Begrenzung der Legalisierungswirkung unter dem Blickwinkel des Rechtsmißbrauchs wird schließlich dann plädiert, wenn die Genehmigung, auf die sich der Inhaber beruft, offensichtlich veraltet und überholt ist, und sie den von ihr intendierten Zweck nicht mehr erfüllen könne 264 .
2. Kritik an der "objektiven Rechtsmißbrauchslösung" Ohne näher auf die einzelnen Spielarten der Rechtsmißbrauchslösungen eingehen zu müssen, sehen diese sich berechtigter Kritik ausgesetzt. Die Vielzahl ihrer Spielarten allein zeigt, daß eine Grenzziehung im Hinblick auf die Reichweite der strafrechtlichen Rechtfertigungswirkung nach wie vor nicht erreicht werden konnte 265 . Es besteht die Gefahr hoher Rechtsunsicherheit, da über solch allgemein gehaltenen Korrektive wie dem Rechtsmißbrauch Tür und Tor für "unreflektierte und undifferenzierte Billigkeitserwägungen" 266 geöffnet sind 267 . Nur bei eindeutig rechtmäßigen Genehmigungen könnte der Genehmigungsinhaber sicher sein, sich nicht gegen den Vorwurf eines Rechtsmißbrauchs in ir268
gend einer Form verteidigen zu müssen
.
Gewichtiger noch scheint aber der Einwand, es würde dem Prinzip der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung widersprechen, wenn auf der einen Seite ein bestimmtes Verhalten verwaltungsrechtlich nicht untersagt werden dürfe, solange nämlich die behördliche Befugnis noch existent sei, es aber andererseits strafbewehrt sei 269 . Auch Rechtsmißbrauchserwägungen sind nicht geeignet, die Wirksamkeit rechtswidriger Genehmigungen und die auch von ihnen ausgehende Tatbestandswirkung zu negieren. Das Strafrecht knüpft in den verwaltungsaktsakzessorisch ausgestalteten Tatbeständen an die verwaltungsrechtlichen Wertungen der §§ 43 Abs. 2,48 Abs. 3,2 VwVfG erkennbar an. Der die ganze Rechtsordnung durchziehende Rechtsgrundsatz des Verbotes rechtsmißbräuchlichen Verhaltens hat im Verwaltungsrecht seine spezielle Ausprä-
262
Lenckner in FS für Pfeiffer S. 36, Winkelbauer NStZ 1988, 206. StA Mannheim NJW 1976, 586; Dölling JZ 1985, 469, Horn NJW 1981, 3, Lenckner in FS für Pfeiffer S. 36 für Fälle mangelnder Offensichtlichkeit der Gefährdungs- bzw. Verletzungseignung. 264 StA Mannheim NJW 1976, 586. 265 Schall NJW 1990, 1267. 266 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 35, Winkelbauer DÖV 1988, 727. 267 Vgl. auch Wimmer JZ 1993, 70. 268 Wimmer JZ 1993,70. 269 Dolde NJW 1988, 2334, Horn NJW 1988, 2336 ff., Ossenbühl/Huschens UPR 1991, 167, Rengier ZStW 101 (1989), 895, Wimmer JZ 1993, 70. 263
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gung in Form der genannten Vorschriften gefunden. Insoweit bindet das Verwaltungsrecht das Strafrecht, da eine Handlung aufgrund dolos erlangter Genehmigung auch verwaltungsrechtlich nicht unter Berufung auf Rechtsmißbrauchserwägungen verwehrt werden kann. Ein Mehr an materieller Gerechtigkeit durch Zurückdrängung strafrechtlicher Rechtfertigungswirkung könnte daher nur unter Verstoß ^gegen grundlegende verwaltungsrechtliche Rechtsprinzipien gewonnen werden
3. Versuch einer Kompromißlösung Die geschilderte Diskrepanz zwischen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen und strafrechtlicher Rechtsmißbrauchslehre wurde teilweise erkannt 271 . Bemühungen zur Abhilfe wurde auf zweierlei Weise zu erreichen versucht: Zum einen durch eine restriktive Handhabung der strafrechtlichen Rechtsmißbrauchslehre und zum anderen durch das Erfordernis der Rücknahme der Genehmigung, und zwar mit Wirkung ex-tunc. So wird der Gedanke des Rechtsmißbrauchs teüweise von vornherein beschränkt auf Fälle, in denen es der Genehmigungsbehörde unmöglich gemacht wurde, den Zweck des Genehmigungsverfahrens im Bereich der rechtfertigenden Genehmigung, nämlich der Interessenabwägung, zu verwirklichen. Aus dem Anwendungsbereich dessen, was als rechtsmißbräuchlich zu qualifizieren geeignet sein soll, werden daher die Fälle ausgeschieden, in denen die Behörde trotz unlauteren Verhaltens des Antragstellers zu einer solchen autonomen Interessen272
abwägung in der Lage war . Dies ist namentlich in Fällen der Bestechung des Amtsträgers sowie in Fällen kollusiven Zusammenwirkens zwischen Antragsteller und Amtsträger gegeben. Anders hingegen seien Verhaltensweisen zu beurteilen, in denen der die Genehmigimg Erteilende außerstande war, das Gesetz richtig anzuwenden, das heißt in Fällen von Gewaltanwendung und Drohung durch den Antragsteller 273 . Dieser Einschränkung ist unter Berücksichtigung des Zwekkes der Genehmigungsvorschriften, eine umfassende Interessenabwägung zu gewährleisten, voll beizupflichten, zumal zumindest im Fall der Bestechung die Vorschriften der Bestechungsdelikte (§§331 ff. StGB) zu einer Sanktionierung des als strafwürdig empfundenen Verhaltens führen können.
270
271
Vgl. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 30.
Vgl. insbesondere Lenckner in FS für Pfeiffer S. 29 f., ihm aus öffentlich-rechtlicher 2 7 2 Sicht folgend Breuer NJW 1988, 2080. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 38; aber auch Breuer NJW 1988, 2080. 273 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 37.
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Der darüber hinausgehende Kompromiß zwischen verwaltungsrechtlichen Vorgaben und strafrechtlicher materieller Gerechtigkeit betrifft das Erfordernis einer Rücknahme der Erlaubnis durch die Behörde mit Wirkung ex-tunc, dem verbrechenssystematisch die Qualität einer ungeschriebenen objektiven Bedingung der Strafbarkeit zukommen soll 274 . Die Rechtfertigungswirkung der Genehmigung wird nach dieser Ansicht unter Beachtung des Gedankens des Rechtsmißbrauches in den genannten Grenzen auf Unrechtsebene suspendiert, der Wirksamkeit der Genehmigung jedoch an anderer Stelle im strafrechtlichen Deliktsaufbau jenseits von Rechtswidrigkeit und Schuld Tribut gezollt. Im Gebrauchmachen von einer in den genannten Grenzen dolos erlangten Genehmigung sei zwar ein strafwürdiges Verhalten zu sehen, strafbedürftig werde es jedoch erst, wenn die Genehmigungsbehörde als zusätzliche Kontrollinstanz eine Rücknahme der Genehmigung verfüge 275 . Solange die Genehmigung also existent ist, verbietet sich danach eine Bestrafung, und erst nach rückwirkender Aufhebung wird Strafe möglich. Diese Kompromißlösung ist auf breite Zustimmung gestoßen276, bietet allerdings auch Ansatzpunkte für Kritik.
4. Kritik an der Kompromißlösung Als erster Kritikpunkt ist hierbei der Umstand anzuführen, daß gar nicht alle behördlichen Genehmigungen, wie zum Beispiel die vollständig verbrauchte Genehmigimg, mit Wirkung ex-tunc zurückgenommen werden können 277 . Hieraufhat bereits Holthausen278 anhand des Beispiels einer Genehmigung nach dem KWKG hingewiesen. Eine Befolgung dieser Ansicht hätte daher zur mit Gerechtigkeitsgedanken nicht zu vereinbarenden Konsequenz, daß je nach Art der Genehmigung, das heißt je nachdem ob ein rückabwickelbares Verhalten genehmigt wurde oder
274
Vgl. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 39 ff., Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 63. 275 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 41. 276 Vgl. Breuer NJW 1988, 2080, Dolde NJW 1988 2334, Hüwels S. 41 ff., Keller in FS für Rebmann S. 250, Lackner § 324 Rdnr. 10, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 17, Tiedemann/Kindhäuser NStZ 1988, 344; wohl auch Bloy ZStW 100 (1988), 504 Fn. 78. 277 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter C. Π. 278 Holthausen NStZ 1988, 257.
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nicht, eine Bestrafung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs in Betracht kommt oder nicht 279 . Ein weiterer Kritikpunkt, der gegen diese Ansicht vorgetragen werden kann, ist das Zeitargument. So erscheint es vorstellbar, daß die Genehmigungsbehörde über einen längeren Zeitraum hinweg keine Kenntnis von den die Rücknahme rechtfertigenden Umständen erhält, womit ein unter Umständen lang andauernder Schwebezustand über die Frage der Strafbarkeit entsteht. Verstärkt wird dieses Argument noch vor dem Hintergrund, daß die Rücknahme durch die Exekutive auf dem Verwaltungsrechtsweg angefochten werden kann, was die Frage der Strafbarkeit gegebenenfalls über Jahre hinweg ungeklärt bleiben läßt. Verzögerungstaktiken im verwaltungsgerichtichen Verfahren würden in vielen Fällen zur strafrechtlichen Verfolgungsveijährung nach § 78 StGB führen, zumal gerade die in der Praxis relevanten verwaltungsaktsakzessorischen Umweltdelikte der Gewässerverunreinigung gemäß § 324 StGB und der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung nach § 326 StGB bereits innerhalb von fünf Jahren verjähren 280 . Abschließend läßt sich gegen die dargestellte Ansicht argumentieren, daß die Frage der Strafbarkeit des Genehmigungsinhabers letztendlich in die Hände der Behörde gelegt wird, die die Genehmigimg auch erteilt hat, wodurch der gerade im Umweltstrafrecht häufig geäußerte Verdacht der Kumpanei zwischen Verwaltungsbehörden und Anlagenbetreibern neuen Nährboden erhalten könnte 281 . Resümierend läßt sich daher folgendes festhalten: Weder die Ansicht, die sich in der Frage des Rechtsmißbrauchs durch die Ausnutzung einer dolos erlangten Genehmigung völlig von den verwaltungsrechtlichen Kategorien lossagt, noch die die entstehenden Friktionen zwischen Verwaltungs- und Strafrecht durch Einführung des Erfordernisses "Rücknahme ex-tunc" abmildernde Meinung vermögen restlos zu überzeugen. Es hat daher zwar nicht aus an Art. 103 Abs. 2 GG orientierten Gesichtspunkten sondern aus Gründen der Beachtlichkeit der verwaltungsrechtlichen Wertung der Wirksamkeit auch dolos erlangter rechtswidriger Genehmigungen und der daraus folgenden Tatbestandswirkung dabei zu bleiben, daß bei rechtswidrigen strafunrechtsausschließenden Genehmigungen eine Zurückdrängung der strafrechtlichen Rechtfertigung de lege lata nicht auf Rechts-
279
Vgl. auch Wimmer JZ 1993, 71; diese Kritik wurde von den Verfechtern der Lösung über eine objektive Bedingung der Strafbarkeit zur Kenntnis genommen, jedoch ohne daraus Konsequenzen zu ziehen, vgl. Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 63. 280 Vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. 281
Hierauf weist insbesondere Wimmer in JZ 1993, 70 hin.
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mißbrauchserwägungen gestützt werden kann. Im Ergebnis bestehen insoweit also keine Abweichungen zur tatbestandsausschließenden Genehmigimg 282 .
5. Reformvorschlag Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten befriedigen vermögen die sowohl für die tatbestandsausschließende als auch für die rechtfertigende Genehmigung gewonnenen Ergebnisse jedoch nicht. Es erscheint daher angebracht, de lege ferenda über Reformvorschläge nachzudenken. Daß auch der Gesetzgeber die hier behandelte Problematik erkannt und ihr zumindest beschränkt Rechnung getragen hat, zeigt die Neuregelung des § 34 Abs. 8 A W G 2 8 3 sowie die durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität eingefügte Ziffer 5 des § 330 d StGB 284 . Zu bemängeln an dieser Lösung ist jedoch zweierlei: Zum einen wird in der Regelung des § 34 Abs. 8 AWG eine Zurückdrängung der strafrechtlichen Wirkung einer rechtswidrigen Genehmigung beschränkt auf Fälle, in denen der Täter "...aufgrund einer durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung handelt." Fälle der Gewalt und Drohung fanden dort keine Berücksichtigung, wohingegen diese Konstellationen im Bereich des Umweltstrafrechts gemäß § 330d Nr. 5 neben der Täuschung und Kollusion zu einem Handeln ohne Genehmigung führen sollen. Der Gesetzgeber blieb eine Erklärung dafür schuldig, warum in den dargestellten Gesetzen hinsichtlich der Zurückdrängung fraudulös erlangter Genehmigungen mit zweierlei Maß gemessen wurde. Daneben befriedigen die isoliert für zwei spezielle Regelungsbereiche aufgestellten Regelungen wegen ihres begrenzten Geltungsbereiches nicht. Wieso etwa sollte für die Genehmigungen nach dem KWKG oder dem KulturSchG etwas anderes gelten als für außenwirtschaftsrechtliche Genehmigungen? Sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung gleicher oder zumindest ähnlicher Sachverhalte sind nicht zu erkennen. Aus diesen Gründen und um einen "Flickenteppich" gesetzgeberischer Einzelregelungen in den einzelnen StrafVorschriften zu vermeiden, böte sich eine generalisierende Lösung für alle begünstigend-verwaltungsaktsakzessorisch ausgestalteten Straftatbestände an, die ihren Platz richtigerweise im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs zugewiesen bekommen müßte. Inhaltlich bieten sich für eine solche Regelung verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Man könnte daran denken, eine Vorschrift zu schaffen, nach der 282 283 284
So im Ergebnis auch Scheele S. 145 ff., 171, Wimmer JZ 1993, 72. Vgl. hierzu im 5. Kapitel unter C. Π. 2.. Vgl. hierzu im 5. Kapitel unter C. Π. 2.
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Kapitel
Behördliche Genehmigung a
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genehmigungslos auch deqenige handelt, der die Genehmigimg auf "unlautere Art und Weise" erworben hat oder bei dem sich das Gebrauchmachen von der Genehmigung als "rechtsmißbräuchlich" darstellt. Allerdings wäre mit solch generalklauselartigen Regelungen nichts gewonnen, da sie inhaltlich zu viel Auslegungsspielräume eröffnen und schwerlich dem im Strafrecht geltenden Bestimmtheitsgebot genügen würden. Des weiteren ist vorstellbar, eine solche zu treffende Regelung inhaltlich derart zu befrachten, daß sämtliche in Rechtsprechung und Literatur bislang diskutierten Umstände, die zur Begründung eines rechtsmißbräuchlichen Ausnutzens der Genehmigung herangezogen werden, in der zu schaffenden Norm Niederschlag finden. Allerdings würde eine derartig weitausholende Norm zu Kollisionen mit dem verwaltungsrechtlichen Wirksamkeitsgrundsatz und zu einem starken Auseinanderklaffen zwischen verwaltungsrechtlichen Wertungen einerseits und dem Strafrecht andererseits führen 285 . Der Gesetzgeber hat zumindest in Form des § 34 Abs. 8 A W G zu erkennen gegeben, daß er einer solch weitgehenden Einschränkung der Genehmigungswirkung eher zurückhaltend gegenüber steht, indem er nur das Handeln aufgrund erschlichener Genehmigung einem genehmigungslosen Handeln gleichstellt. Allerdings wurde diese Zurückhaltung mit Einführung des § 330 d Nr. 5 StGB partiell wieder aufgegeben. Richtigerweise sollte daher, den einschränkenden Vorschlägen zum Anwendungsgebiet der Rechtsmißbrauchslehre Lenckners 286 folgend, nur solchen Genehmigungen strafbarkeitsausschließende Kraft versagt werden, bei deren Erlaß die Behörde tatsächlich daran gehindert war, eine richtige Entscheidung zu treffen. Mit einer solchen Lösung wären die gavierendsten Fälle unlauter erworbener Genehmigungen erfaßt 287 . Als geeigneter Standort einer solchen Lösung erscheint der den Sprachgebrauch im Strafrecht häufig wiederkehrender Personen- und Sachbegriffe beinhaltende Definitionenkatalog des § 11 Abs. 1 StGB 288 . Da nach § 1 EGStGB die Vorschriften des Allgemeinen Teüs Wirkungen grundsätzlich für das gesamte Bundes- und Landesstrafrecht entfalten, wäre eine in § 11 StGB geregelte, einschränkende Definition der behördlichen Genehmigung auch für strafrechtliche Vorschriften außerhalb des StGB von Bedeutung289. Zu denken wäre daher an
285
Vgl. Wimmer JZ 1993,72. Lenckner in FS für Pfeiffer S. 37, Schönke/Schröder - Lenckner Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 63, aber auch Dolde NJW 1988, 2334. 287 Wimmer JZ 1993,73. 288 Eine gesetzgeberische Problemlösung innerhalb des § 11 StGB schlägt auch Wimmer JZ 1993, 73 vor. 289 Vgl. Dreher/Tröndle § 11 Rdnr. 1, Schönke/Schröder - Eser § 11 Rdnr. 2. 286
. Fraudulös erlangte Genehmigung
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die Erweiterung des § 11 Abs. 1 StGB um eine Nr. 10, die wie folgt lauten könnte: 'Ohne (erforderliche) behördliche Genehmigung im Sinne von Straftatbeständen, die an ein unbefugtes Handeln oder ein Handeln ohne (erforderliche) Genehmigung anknüpfen, handelt auch, wer die Handlung aufgrund einer durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen oder durch Gewalt oder Drohung erwirkten Genehmigung vornimmt" 290. Fälle der Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der Genehmigimg sollten ebensowenig wie Fälle des kollusiven Zusammenwirkens oder der Bestechung vom Strafbarkeitsausschluß ausgenommen werden. Im ersten Fall entstammt die Fehlerhaftigkeit der Genehmigung ausschließlich dem Bereich der Verwaltung, für deren Fehlentscheidung den Genehmigungsinhaber keinerlei Verantwortung trifft 291 . Allerdings kann bei Offensichtlichkeit schon Nichtigkeit nach verwaltungsrechtlichen Kategorien vorliegen, sodaß der Genehmigimg schon insoweit weder Tatbestandsausschlußnoch Rechtfertigungswirkung beizumessen ist. Kollusions- bzw. Bestechungsfälle sind dadurch gekennzeichnet, daß es der Genehmigungsbehörde nicht unmöglich gemacht wurde, eine im Einklang mit dem Gesetz stehende Entscheidung zu treffen. Ihre Entscheidungskompetenz wird hier in keinerlei Weise ausgeschaltet292. Was schließlich die Wirkung offensichtlich veralteter Genehmigungen bzw. die gleichfalls unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs diskutierten Verletzungen von Individualrechtsgütern angeht, läßt sich folgendes sagen: Durch Befristung von Genehmigungen hat die Verwaltung es in der Hand, ein Berufen auf solche Genehmigungen unmöglich zu machen, und die Verletzung von Individualrechtsgütern ist in aller Regel nicht von der Genehmigung ausgehenden Legalisierungswirkung umfaßt, da die Rechtsmacht der Behörde bei Erteüung einer Genehmigung dort endet, wo private Rechte einzelner betroffen sind 293 . Einer Normierung von Einschränkungsgründen bedarf es insoweit nicht.
290
Zur Erfassung von Mißbrauchsfällen im Ordnungswidrigkeitenrecht müßte eine entsprechende Regelung in den Allgemeinen Vorschriften des OWiG getroffen werden. 2 Dölling JZ 1985, 469, Ensenbach S. 170, Schönke/Schröder - Cramer Vorbem. §§ 324 ff. Rdnr. 17. 292 Lenckner in FS für Pfeiffer S. 38. 293 Scheele S. 157, Winkelbauer NStZ 1988, 204; eine Einschränkung wird nur bei fahrlässigen Körperverletzungen hingenommen, wenn die Verwaltung die mögliche Gefahrdung erkannt und in ihrer Entscheidung mitberücksichtigt hat, da dann eine objektive Pflichtwidrigkeit des von der Genehmigung Gebrauchmachenden ausscheide, vgl. Scheele S. 157, m.w.N.
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Kapitel
Behördliche Genehmigung a
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E. Zusammenfassung
Die Untersuchungen in diesem Kapitel der Arbeit haben zusammengefaßt zu den folgenden Ergebnissen geführt: Die behördliche Genehmigung, die nicht bereits zum Tatbestandsausschluß führt, stellt grundsätzlich einen Rechtfertigungsgrund eigener Art dar, der dem Prinzip des überwiegenden Interesses unterzuordnen ist. Im Bereich der fehlerhaften Behördenerlaubnis ist der nichtigen Genehmigimg entsprechend der bereits auf Tatbestandsebene wirkenden Genehmigung keinerlei Wirkung beizumessen. Bei der rechtswidrigen Genehmigung ist hinsichtlich ihrer Rechtfertigungswirkung zu unterscheiden, auf welchen Gründen ihre Fehlerhaftigkeit beruht. Weisen diese Fehler keinen Bezug zu den jeweils geschützten Rechtsgütern auf, so entfaltet die Genehmigung gleichermaßen Rechtfertigungswirkung wie die rechtmäßige. Wirken sich die Fehler jedoch in bezug auf geschützte Rechtsgüter aus, so kann sie keinen echten Rechtfertigungsgrund darstellen, da die Genehmigung im Widerspruch zu höherrangigem Recht steht. Sie ist jedoch nach der hier vertretenen Ansicht auf objektiver strafrechtlicher Unrechtsebene zu berücksichtigen und daher als Strafunrechtsausschließungsgrund einzuordnen, durch den der Widerspruch zum Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung deutlich gemacht wird, gleichzeitig aber der auch von einer solchen fehlerhaften Genehmigung ausgehenden Tatbestandswirkung Tribut gezollt wird. Gleiches gilt für die in rechtmäßiger Weise ergangene Genehmigung, die aber aufgrund später eingetretener Umstände gemäß §49 VwVfG widerrufen werden muß. An dieser Wertung ändert sich auch nichts, wenn gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG Bestandsschutz für den Genehmigungsinaber eingetreten ist. Die spätere Aufhebung der Genehmigung zeigt strafrechtlich erst ab deren Wirksamwerden gegenüber dem Betroffenen Konsequenzen: Etwaige verwaltungsrechtliche Rückwirkungsfiktionen finden im Strafrecht auch auf der Ebene der Rechtswidrigkeit keine Entsprechung. Schließlich kann eine Zurückdrängung der Rechtfertigungswirkung wirksamer Genehmigungen auch weder auf subjektiver Ebene noch über allgemeine Rechtsmißbrauchserwägungen Platz greifen, weü dies zu einer Verletzung des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung führen würde. Auch Korrekturversuche über das Erfordernis einer Aufhebung der Genehmigung mit Wirkung ex-tunc als objektive Bedingung der Strafbarkeit kann letztendlich nicht überzeugen. Hier ist der Gesetzgeber aufgerufen, dem Gerechtigkeitsgedanken, der in bestimmten Fällen des rechtsmißbräuchlichen Ausnutzens rechtswidriger aber wirksamer Genehmigungen offensichtlich tangiert ist, zum Durchbruch zu verhelfen.
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arverzeichnis Analogieverbot 74ff., 104 Auslegung des Straftatbestandes 74 ff. — Analogie und —74 ff. — grammatikalische 32 — historische 34 — systematische 34 — teleologische 35 behördliche Duldung 25 Bestechungsdelikte 114 ff. dienstliche Anordnung 114 ff.
69 ff, 103 ff. — materielle Fehler 54 ff. — öffentlich-rechtliche 15 — zivilrechtliche 15 Genehmigungsfahigkeit 26 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 110 hoheitlicher Befehl 114 ff Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen 28 Lehre von der unrechtsindizierenden Bedeutung des Tatbestandes 28
Einheit der Rechtsordnung 107, 110 ff, nullum-crimen-Grundsalz 138 — auf Rechtfertigungsebene 104 Einwilligung — öffentlich-rechtliche Genehmigung — auf Tatbestandsebene 74 als —99 ff. Exekutive objektive Straflosigkeitsbedingimg 130 — Sachwalterfiinktion der—48 ff.
Rechtfertigung — Allgemeine Prinzipien der—94 Genehmigung — öffentiich-rechtliche Genehmigung und — als Rechtsverordnung 64 —95 ff. — als Spezialfall der Einwilligung 95 — als Unterfall des überwiegenden Interes- — Rechtmäßigkeit von Hoheitsakten und ses 98 ff. — 114 ff. — bestandsgeschützte 144 Rechtsmißbrauch — als Einschränkungskorrektiv von Straf— formelle Fehler 52 ff. unrechtsausschheßungsgründen 146 ff. —fraudulös erlangte—81 ff, 146 ff. Rechtsmißbrauchslehre — gemäß AtomG 46 — Fallgruppen 82 — gemäß BImSchG 46 f. — auf Rechtswidrigkeitsebene 146 ff. — gemäß KrW/-AbfG 45 — auf Tatbestandsebene 79 ff. — gemäß KulturSchG 42 Rechtsverordnung 64 — gemäß KWKG40 ff. Rechtswidrigkeit — gemäß StVG 47 — allgemeiner Begriff der—111 — gemäß WaffenG 42 f. — eines Handelns in verwaltungsrecht— gemäß WHG 43 ff licher Hinsicht 111 ff. — Handeln aufgrund nichtiger—66 ff.,
102
Sozialadäquanz 118
Sachwortveizeichnis Straflosigkeitsbedingung, objektive 100, 130 Strafrechtswidrigkeit 120,135 Strafunrechtsausschließungsgrund 134 ff. — Einschränkbarkeit 146 — öffenüich-rechtliche Genehmigung als—141 ff. überwiegendes Interesse — öffentlich-rechtliche Genehmigung als Unterfall des—98 Verbote — repressive 36 ff. 40 ff.
173
— präventive 36ff. 46 ff. Strafausschließungsgrund, persönl. 128 ff. Veitrauensschutz 59 — verobjektivierter—60 Verwaltungsakt — Aufhebung 62 ff. — Fehlerlehre 50 ff. — Nichtigkeit 51 — Rechtswidrigkeit 52 ff, 102,107 ff — Rücknahme und strafrechtliche Beurteilung 79 ff., 145 f. — Tatbestandswirkung 61,143 Verwaltungsaktsakzessorietät 22 ff, 103 ff. Verwaltungsrechtsakzessorietät 19 ff.