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German Pages [214] Year 1987
WOLFGANG MINCKE
Die Akzessorietät des Pfandrechts
MÜNSTERISCHE BEITRÄGE ZUR RECHTSWISSENSCHAFT Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhehns-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Hehnut Kollhosser Dr. Jürgen Welp
Band 24
Die Akzessorietät des Pfandrechts Eine Untersuchung zur Pfandrechtskonstruktion in Theorie und Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts
Von
Wolfgang Mincke
DUNCKER
&
HUMBLOT
/
BERLIN
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Juristischen Fakultät der Universität Münster gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Mincke, Wolfgang: Die Akzessorietät des Pfandrechts: e. Unters. zur Pfandrechtskonstruktion in Theorie u. Gesetzgebung d. 19. Jh. / von Wolfgang Mincke. - Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd.24) ISBN 3-428-06145-4 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06145-4
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
..........................................................
11
Erstes Kapitel Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht 1. Der Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch.... .. .. .......... .. ... .. .. ..... ... ....... .... ...... .. .. .... 1. Gleichlauferscheinungen
14
14
........................................
15
2. Abweichungen vom Gleichlauf ...................................
16
I1. Die Akzessorietät des Pfandrechts in der neueren Wissenschaft ..........
17
1. Wieacker
m.
.....................................................
19
2. Wolff/ Raiser ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
20
3. Westermann ............. . .............. . ......................
22
4. Baur
24
5. Heck
26
6. v. Lübtow .....................................................
28
Die Akzessorietät als Dogma .......................................
29
1. Gleichlauferscheinung und Akzessorietätswirkung
29
..................
2. Wirkungen der Akzessorietät. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
31
a) Übergangs- und Erlöschensakzessorietät ........................
31
b) Entstehungsakzessorietät .....................................
31
c) Umfangsakzessorietät ......... . ................... . ..........
31
d) Durchsetzungsakzessorietät ...................................
32
3. Die Selbständigkeit der Akzessorietätswirkungen ...................
32
accessio .................................................... b) Der Sicherungszweck ........................................ c) Akzessorietät und Gesamtschuld ...............................
34
a)
34 36
6
Inhaltsverzeichnis
Zweites Kapitel Die Akzessorietät in den Pfandrechtsentwürfen des gemeinen Rechts
39
I. Die Grundlage der Pfandrechtsentwürfe im klassischen römischen und im deutschen Recht ..................................................
39
1. Die Akzessorietät des römischen Pfandrechts .......................
39
a) Formen der dinglichen Sicherung ..............................
39
(a) Die fiducia cum creditore contraeta ............. . ...........
40
(b) Das pignus (hypotheca)
...................................
40
(c) Die aestimatio ...........................................
42
b) Die Akzessorietät des pignus ..................................
42
(a) Die Wirkungsweise der Akzessorietät ........................
44
(b) Der Umfang der Akzessorietät
.............................
45
..............................
45
(2) Erlöschensakzessorietät ................................
(1) Entstehungsakzessorietät
45
(3) Der Streit um die Pfandbefreiungsklausel .................
46
(c) Hypothekarische Sukzession und Akzessorietät .. . ....... . ....
49
2. Der Sicherungszweck des deutschen Pfandrechts ....................
50
a) Das deutsche Pfandrecht als "Kauf auf Wiederkauf" ..............
50
b) Ältere und neuere Satzung (Albrecht) ...........................
51
c) Die Pfandrechtsbindung bei Meibom (a) Die Satzung als Strafgeding
...........................
53
.................... . ..........
54
(b) Die Satzung als Tauschgeschäft
............................
55
(c) Die Satzung als Anweisung von Exekutionsgegenständen .......
55
d) Das akzessorische deutsche Pfandrecht bei Stobbe ................
56
e) Pfandrechtskonstruktion und Akzessorietät in der Lehre von Schuld und Haftung ................................................
57
(a) Schuld und Haftung ...... . ...............................
57
(1) Schuld ..............................................
58
(2) Haftung .............................................
58
(b) Reine Sachhaftung durch Pfandsetzung ......................
59
(c) Akzessorietät und reine Sachhaftung ........................
60
(d) "Schuld" als Tatsache
61
....................................
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät im gemeinen Recht ......
63
1. Büchel - das Pfandrecht als obligatio rei ...........................
65
a) Das obligatorische Pfandrecht im System der subjektiven Rechte (Das dingliche Forderungsrecht) ....................................
65
b) Büchels System der subjektiven Rechte ............ . ............
67
c) Die Akzessorietät des obligatorischen Pfandrechts ................
68
d) Das wissenschaftliche Umfeld des obligatorischen Pfandrechts .....
70
Inhaltsverzeichnis
7
2. Das Pfandrecht als ius in Te (Demburg) ............................ a) Das Pfandrecht unter den subjektiven Rechten ...................
72 72
(a) Obligatorische Rechte ..................................... (b) Die Dinglichkeit des Pfandrechts ........................... (c) Die Bezeichnung des Pfandrechts als obligatio in den Quellen. . .. b) Die Akzessorietät des dinglichen Pfandrechts ....................
72 73 74 75
(a) Das Verhältnis des Pfandrechts zur Forderung ................ (1) Die Forderung als Voraussetzung für die Entstehung des Pfandrechts .......................................... (2) Das für eine nichtige oder einredebehaftete Forderung bestellte Pfandrecht ........................................... (3) Der Umfang der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung (4) Der Übergang des Pfandrechts mit der Forderung ......... . (5) Die Wirkung des Erlöschens der Forderung .............. .
75 75 78 79 80
81 (b) Der dogmatische Gehalt der Akzessorietät bei Demburg ....... . 81 (1) Entstehungsakzessorietät 82 (2) Übergangsakzessorietät ... . .... . .............. . ....... . 83 (3) Erlöschensakzessorietät ............................... . 84 (4) Durchsetzungs- und Umfangsakzessorietät ............... . 84 c) Zusammenfassung .......................................... . 85 ill. Die Notwendigkeit der Akzessorietät des dinglichen Pfandrechts ........ .
86
1. Akzessorietät und subjektive Rechte
............................. . 86 a) Das subjektive Recht als Beziehung ........................... . 86 b) Das subjektive Recht als rechtliche Zuordnung .................. . 88 c) Der zuordnende Gehalt subjektiver Rechte bei Savigny ........... . 90 d) Subjektive Rechte als Wert- und Substanzrechte ................ . 93 (a) Dingliche Rechte als reine Substanzrechte .................. . 94 (b) Obligatorische Rechte als Wertzuweisung ................... . 96 (1) Obligatorische Rechte als Wertrechte .................... . 96 (2) Obligatorische Rechte als Zuweisung eines Wertes 97 e) Die Akzessorietät als Ersatz eines dinglichen Wertrechts ........... 103
2. Die Akzessorietät des Forderungspfandrechts ....................... 107 a) Eigentliches und uneigentliches Pfandrecht (Pfandrecht im engeren und im weiteren Sinne) ....................................... 109 b) Sohm: Das Pfandrecht zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten .................................................... 111 c) Bremer: Das einheitliche Pfandrecht als Recht am Recht ........... (a) Rechte an Rechten ........................................ (b) Das Sachenpfandrecht als Recht an einem Recht .......... . ... (c) Die Dinglichkeit des Forderungspfandrechts ................. d) Die Akzessorietät des dinglichen Forderungspfandrechts ..........
114 114 115 117 118
Inhaltsverzeichnis
8
IV. Brinz: Das Pfandrecht in der Lehre von Schuld und Haftung
121
1. Die Vermögensrechte in der ersten Auflage der Pandekten
121
2. personae obligatio und rei obligatio ............................... 122 3. Das Pfandrecht und seine Akzessorietät in Brinz' System der subjektiven Rechte ........................................................ 124 4. Das Verhältnis von Pfandobligation und persönlicher Forderung ....... 127 V. Zusammenfassung zur Akzessorietät des gemeinrechtlichen Pfandrechts
129
Drittes Kapitel Die Pfandrechte in Preußen 1. Die Pfandrechte des Allgemeinen Landrechts
132
......................... 132
1. Dinglichkeit und Akzessorietät ................... . . . ............. 132
2. Abweichungen vom gemeinen Recht ............................... 133 a) Teilablösung des Pfandes ..................................... 133 b) Der redliche Erwerb der isolierten Hypothek ..................... 136 c) Die Eigentümerhypothek 11. Die Reformzeit in Preußen
137
......................................... 139
1. Die Grundpfandrechte des Eigentumserwerbsgesetzes in den Entwürfen 139
2. Der Wandel des Rechtsbewußtseins ............................... 142 a) Die Pfandrechte als Kreditmittel ............................... 144 b) Wertungsordnung und Gestaltungsordnung ...................... 147 (a) Die Rechtswirkungen in der Wertungsordnung und in der Gestaltungsordnung ............................................ 148 (b) Bähr: Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund .............. 151 III. Das Verhältnis von Grundpfandrecht und Forderung im preußischen Eigentumserwerbsgesetz von 1872 ........................................... 154 1. Die Regelung der Grundpfandrechte im Eigentumserwerbsgesetz ......... 154
2. Die Selbständigkeit der Grundschuld ................................. 155 3. Das Verhältnis von Hypothek und Forderung .......................... 158 4. Das hypothekarische Wertrecht
............. . .................... 160
a) Realobligation .............................................. 162 b) Dingliches Recht ............................................ 164 5. Ergebnis ...................................................... 165 IV. Schott: "Über die accessorische Natur des Pfandrechts" ................... 167 1. Die Konstruktion der Grundschuld ................................... 167
2. Die Akzessorietät der Pfandrechte .................................... 169
Inhaltsverzeichnis
9
Viertes Kapitel Die Akzessorietät der pfandrechte in den Entwürfen zum Bürgerlichen Gesetzbuch
171
I. Die Akzessorietät der Pfandrechte im ersten Entwurf ...................... 172 1. Die dogmatischen VoraussetzWlgen der Pfandrechtskonstruktion ......... 172
a) Die subjektiven Rechte in den Motiven ............................. 172 b) Die Pfandrechtskonstruktion ..................................... 173 c) Die Akzessorietät ................................................ 174 2. Das Verhältnis der Pfandrechte zur gesicherten Forderilllg .............. 178 a) Akzessorietätsfäl1e beim Fahrnispfandrecht ......................... 178 b) Akzessorietätsfälle bei der Hypothek ......................... . ..... 179 II. Die Akzessorietät der Pfandrechte im zweiten Entwurf .................... 183 1. Wertelemente der Hypothek ......................................... 186
a) BegriffsbestimmWlg ...... . ......... . ............................ 186 b) Gesamthypothek ................................................ 188 c) Eigentfunerhypothek ............................................. 189 2. Die Akzessorietät der Hypothek ...................................... 191 a) EntstehWlgsakzessorietät ......................................... 191 b) Übergangsakzessorietät .......................................... 192 c) Erlöschensakzessorietät .......................................... 193 d) Umfangsakzessorietät ............................................ 194
m. Die Möglichkeit einer rein dinglichen Hypothek ....................... 194 1. Die Hypothek als Wertrecht ...................................... 197
2. Die Hypothek als Recht am Wertteil ............................... 198 IV. ZusammenfassWlg zur Akzessorietät der Pfandrechte im Bürgerlichen Gesetzbuch ........................................................ 201
Schlußbetrachtung ........... . ............................. . ......... 204 Literaturverzeichnis .................................................. 207
Einleitung Die vorliegende Untersuchung will zeigen, daß die Akzessorietät notwendig ist für ein Pfandrecht, das auf der Grundlage der gemeinrechtlichen Dogmatik steht. Die Akzessorietät dinglicher Sicherungsrechte ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur wenig behandelt worden. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hatten vier umfangreichere Abhandlungen die Akzessorietät des Pfandrechts zum Thema. Die erste, "Über die accessorische Natur des Pfandrechts" von H. Schott, erschien im Jahre 1877 1 . Die Akzessorietät war danach Gegenstand von drei Dissertationen, die alle im Jahre 1895 erschienen 2 . Danach behandelte Gadow die Akzessorietät des Fahrnispfands in einem Aufsatz, der sich mit der Darstellung der Pfandrechte in Hecks Lehrbuch des Sachenrechts auseinandersetzte (s. u. 1. Kap. II 5)3. Mit Ausnahme der Abhandlung von Schott (dazu 3. Kap. IV) geben diese Untersuchungen im wesentlichen den jeweils zu ihrer Zeit herrschenden Meinungsstand wieder. Die Darstellungen des geltenden Sachenrechts gehen regelmäßig mehr oder minder ausführlich auch auf die Akzessorietät der Pfandrechte ein. Besonders eingehend hat sich Heck in seinem Lehrbuch des Sachenrechts mit ihr befaßt, der im Ergebnis allerdings ein Akzessorietätsdogma leugnet. In letzter Zeit haben Medicus 4 und Gernhuber5 den Akzessorietätsgrundsatz - unter Einschluß der Akzessorietät der Bürgschaft - in Übersichten dargestellt. Ein Vergleich der Darstellungen ergibt den Befund, daß über die Akzessorietät des Pfandrechts kaum eine gesicherte Aussage gemacht werden kann. Alle Darstellungen stimmen darin überein, daß das Pfandrecht in bestimmten Beziehungen mit der Forderung, die es sichert, verknüpft ist. Über diese sehr allgemeine Feststellung hinaus gibt es in der Literatur aber nur noch
Jherings Jahrbücher 15 (1877), S. 1ff. Petzall, Die Abweichungen von der accessorischen Natur des Pfandrechts, Diss. Göttingen 1895; Baum, Der accessorische Charakter des Pfandrechts, Diss. Erlangen 1895; Siller, Der accessorische Charakter des Pfandrechts nach römischem Recht und den modernen Hypothekenordnungen, Diss. Erlangen 1895. 3 Die Akzessorietät des Fahrnispfandrechts, Jahrbuch der Akademie für Deutsches Recht 1938, S. 111ff. 4 JuS 1971, S. 497ff. 5 Bürgerliches Recht, S. 101ff. 1
2
12
Einleitung
eine Vielzahl auseinanderstrebender Meinungen. Es besteht keine Einigkeit, ob die Akzessorietät überhaupt nötig ist, um die Bindung des Pfandrechts an die Forderung zu erklären. Auch dort, wo von einer besonderen Bindung ausgegangen wird, sind die Ansichten zu Wirkungsweise und Umfang der Bindung verschieden. Im Einzelfall, beim gutgläubigen Erwerb der Hypothek nach § 1138 beispielsweise, ist streitig, ob die gesetzliche Regelung den Akzessorietätsgrundsatz bestätigt oder ihm widerspricht. Die Auseinandersetzung mit der Akzessorietät des Pfandrechts hat eine besondere Schwierigkeit. Die Akzessorietät ist ein Teil der Pfandrechtskonstruktion. In der Konstruktion des Pfandrechts ist aber bei weitem nicht nur die Akzessorietät problematisch. Ungeklärt ist bis heute, ob die verschiedenen Formen des Pfandrechts überhaupt in einer einheitlichen Konstruktion erfaßt werden können. Zu den ungelösten Fragen gehört beispielsweise, ob das Forderungspfandrecht wie das Sachenpfandrecht als dingliches Recht verstanden werden kann. Wenn das Pfandrecht an einer Forderung selbst ein obligatorisches Recht ist, wird man zwei verschiedene Pfandrechte, ein dingliches Sachenpfandrecht und ein schuldrechtliches Forderungspfandrecht annehmen müssen 6 • Im vorigen Jahrhundert war die Konstruktion des Pfandrechts heftig umstritten. Der Streit brachte aber keine Lösung, die sich allgemein durchgesetzt hätte. Resignation klang an, wenn Exner schließlich feststellte, daß der Kreis möglicher Konstruktionen nunmehr abgeschritten sei7. Kohler verwarf in einem Bausch alle ihm vorliegenden Versuche, das Pfandrecht zu konstruieren 8 • Das Bürgerliche Gesetzbuch brachte für die Pfandrechtsdiskussion keinen Fortschritt; es entschied die Probleme nicht. Es komplizierte die Situation noch, indem es Grund- und Fahrnispfandrecht auseinanderzog. Die Trennung von Hypothek, Grundschuld und Fahrnispfand stellt auch die Einheit des Sachenpfandrechts in Frage. Zwar spricht man heute in weitgehender Übereinstimmung von Pfandrechten als "dinglichen Verwertungsrechten" , über die Gleichartigkeit oder Verschiedenheit der dogmatischen Konstruktion ist mit dieser Kennzeichnung aber noch nichts gesagt 9 • Seit dem Beginn der Diskussion im vorigen Jahrhundert sind die Versuche, eine dogmatisch befriedigende Konstruktion für das Pfandrecht zu finden, regelmäßig auf dieselbe Schwierigkeit gestoßen. Das Pfandrecht sperrt sich gegen eine Einordnung in die herkömmliche Systematik der subjektiVgl. Larenz, AT, § 13 II 10. Exner, S. 5; vgl. die Darstellung bei Wiegand, Entwicklung, S. Hf. a Kohler, Forschungen, S. 44. 9 Eine Übersicht der Konstruktionsversuche gibt Lübtow in den Fußnoten, s. insb. Fn. 46, 48,49, 68. 6
7
Einleitung
13
ven Rechte. Der Rahmen der subjektiven Rechte mit seiner Einteilung in dingliche und persönliche oder absolute und relative Rechte scheint für das Pfandrecht zu eng. An dieser Stelle muß jeder Versuch einer Lösung des Pfandrechtsproblems ansetzen 10 . Die Auseinandersetzung mit der pfandrechtlichen Akzessorietät hat Voraussetzungen auf zwei Ebenen. Die Akzessorietät ist in die Konstruktion des Pfandrechts einzuordnen, das Pfandrecht wiederum muß in einem System der subjektiven Rechte erklärt werden. Darin, daß die Voraussetzungen auf beiden Ebenen nicht geklärt sind, liegt wohl der Grund für die Zurückhaltung der Wissenschaft. Die Akzessorietät blieb im Schatten anderer Probleme, die vorrangig zu lösen waren ll . Die nicht geklärten Voraussetzungen geben dem Thema "Akzessorietät" aber auch einen besonderen Reiz. Es zeichnen sich zwei mögliche Ergebnisse ab: Es kann sich ergeben, daß die Akzessorietät nur ein Notbehelf ist. In einer nicht durchschauten dogmatischen Situation hat man zur Akzessorietät gegriffen, um eine Lücke in der Pfandrechtskonstruktion zu schließen. Es kann aber auch sein, daß die Akzessorietät Schlußstein einer folgerichtigen Konstruktion ist. In beiden Fällen läßt sich aber erwarten, daß aus der Untersuchung der Akzessorietät, die an einem vorgeschobenen Punkt der rechtlichen Systematik steht, Aufschlüsse für unser Verständnis des Pfandrechts wie auch des subjektiven Rechts zu gewinnen sind. Die vorliegende Untersuchung hat ihren Schwerpunkt in der Diskussion der Gemeinrechtswissenschaft des vorigen Jahrhunderts, in der unser Verständnis des Pfandrechts geprägt worden ist. Den Weg zum Zustand des geltenden Rechts verfolgt sie über die Entwicklung der preußischen Gesetzgebung, in der die Ausgestaltung der Grundpfandrechte im Bürgerlichen Gesetzbuch maßgeblich vorbereitet wurde 12 • Die Untersuchung will auf diesem Wege zur Klärung der Grundlagen unseres geltenden Rechts beitragen.
Vgl. Wiegand, Entwicklung, S. 14. Vgl. Wiegand, Entwicklung, S. 10 Fn. 50; vgl. auch dessen Mahnung zur rechtspolitisch notwendigen Klärung der anstehenden Probleme in Wiegand, Akzessorietät. 12 Für einen Überblick über die Entwicklung in den übrigen Partikularrechten und für die herausragende Bedeutung der Entwicklung in Preußen vgl. Buchholz, Quellen, insb. S. 257ff. 10 11
Erstes Kapitel
Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht I. Der Gleichlauf vou Forderuug uud Pfaudrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch Die übliche Definition beschreibt die Akzessorietät des Pfandrechts als "unbedingte, einseitige Abhängigkeit des Pfandrechts von einer Forderung"l. "Unbedingt" heißt in dieser Definition nicht "ausnahmslos", sondern bedeutet, daß die Abhängigkeit nicht rechtsgeschäftlich durch eine Bedingung hergestellt ist. Das Pfandrecht ist "von selbst", kraft objektiven Rechts an die Forderung gebunden. Die Abhängigkeit ist einseitig, indem Vorgänge bei der Forderung sich beim Pfandrecht auswirken, nicht aber umgekehrt Änderungen des Pfandrechts auch die Forderung gestalten. Die Einseitigkeit der Abhängigkeit stellt die Akzessorietät in Gegensatz zu anderen Wirkungszusammenhängen, der Gesamtschuld beispielsweise, bei der die beteiligten Rechtsverhältnisse sich gegenseitig beeinflussen. Die Wirkung ist dort wechselseitig; z. B. befreit die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch die übrigen Schuldner, unabhängig davon, wer von ihnen geleistet hat (§ 422 Abs. 1 S. 1). Die einseitige Abhängigkeit läßt die Akzessorietät als eine "gerichtete Kraft" erscheinen. Man nennt deshalb die Forderung auch das "bestimmende" Recht, das Pfandrecht das "angelehnte", oder man spricht vom führenden und geführten Recht 2 • Der Grund für die Verbindung von Pfandrecht und Forderung scheint klar zu sein. Das Pfandrecht hat die Funktion, eine Forderung zu sichern. Um das Pfandrecht auf diesen Zweck zu beschränken, muß ein Gleichlauf beider Rechte gewährleistet werden. Die Verbindung hindert den Gläubiger, das Pfandrecht zu anderen Zwecken zu benutzen, als zur Befriedigung wegen seiner Forderung. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt in dem eben bestimmten Sinne drei Arten von Pfandrechten, die Hypothek (§§ 1113ff.), das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204ff.) und das Pfandrecht an Rechten (§§ 1273ff.). Daneben steht die Grundschuld, die nicht notwendig eine For-
1 2
Vgl. Medicus, Akzessorietät, S. 497. Vgl. Medicus, Akzessorietät, S. 497.
I. Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht im BGB
15
derung sichert (§§ 1192 ff.). Auch wenn sie zur Sicherung einer Forderung benutzt wird (Sicherungsgrundschuld), ist sie von der Forderung nicht abhängig 3 • Für die Untersuchung der Akzessorietät kann die Grundschuld deshalb zunächst außer Betracht bleiben (zu ihr s. u. 3. Kap. III u. IV; 4. Kap.). Unter "Pfandrechten" werden im folgenden nur die akzessorischen Pfandrechte verstanden. 1. Gleichlauferscheinungen
Bei der Betrachtung des Gleichlaufs von Forderung und Pfandrecht kann man das Pfandrecht an Rechten vernachlässigen. Es folgt insoweit nach der Verweisung in § 1273 Abs. 2 der Regelung des Pfandrechts an beweglichen Sachen. Unterschiede zeigen sich aber im Vergleich von Hypothek und Fahrnispfand. Hypothek und Fahrnispfand brauchen zunächst die Grundlage einer Forderung, um wirksam entstehen zu können (§§ 1113 Abs. 1, 1204 Abs. 1). Dies gilt streng für die Hypothek, ihre Entstehung fordert eine durchsetzbare Forderung. Nach § 1113 Abs.2 kann eine Hypothek zwar auch für eine zukünftige oder bedingte Forderung bestellt werden, dies bedeutet aber nur, daß das Bestellungsgeschäft wirksam vorgenommen werden kann. Hierbei ist die Forderung schon mit einem bestimmten Betrag im Grundbuch anzugeben (§ 1115 Abs. 1). Ein Pfandrecht erhält der Gläubiger aus dem Bestellungsgeschäft aber erst, wenn er auch Inhaber des Forderungsrechts wird 4 • Das Fahrnispfandrecht entsteht als Recht des Gläubigers dagegen sofort, auch wenn es für eine künftige oder bedingte Forderung bestellt ist (§ 1204 Abs. 2)5. Der Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht zeigt sich darin, daß die Berechtigung des Gläubigers aus der Forderung maßgeblich ist für die Haftung des Pfandes. Das Fahrnispfand haftet für die gesicherte Forderung in ihrem jeweiligen Bestand (§ 1210 Abs. 1 S. 1). Nach der Bestellung des Pfandrechts brauchen die Parteien es nicht mehr zu gestalten. Vereinbarungen, mit denen sie das Forderungsrecht abändern, wirken ohne weiteres auch für das Pfandrecht. Dies gilt im Grundsatz auch bei der Hypothek. Die Haftung des Grundstücks aus der Hypothek deckt ohne besondere Vereinbarung auch die Zinsen der Forderung (§ 1118). Verringern die Parteien den Forderungsbetrag, so folgt dem die Berechtigung des Gläubigers aus der Hypothek von selbst (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1176). Aus Rücksicht auf nachfolgende Grundpfandgläubiger können die Parteien aber den im Grundbuch eingetragenen Forderungsbetrag nicht ohne deren Zustimmung erhöhen. 3 Deshalb wird ihr Pfandcharakter z. T. geleugnet, vgl. Wieacker, Bodenrecht, § 31 I 1; Lent / Schwab, § 63 I. 4 RGZ 51, 43; 75, 250; 153, 169. 5 RGZ 145, 336; vgl. Westermann, § 128 UI 2 m. w.Nachw.
16
1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
Verfügungen über die Forderung wirken auch für das Pfandrecht. So erwirbt der neue Gläubiger mit der Forderung von selbst auch ein zu ihrer Sicherung bestelltes Pfandrecht. Dies gilt für das Fahrnispfandrecht (§ 1250) ebenso wie für die Hypothek (§ 1153 Abs. 1). Auch in der Einredenregelung zeigt sich die Bindung des Pfandrechts an die Forderung. Gegen das Pfandrecht können grundsätzlich die Einreden vorgebracht werden, die gegen das Forderungsrecht bestehen. (§§ 1137 Abs. 1 S. 1, 1211 Abs. 1 S. 1). Sind der Verpfänder und der persönliche Schuldner verschiedene Personen, so können Einreden gegen die Forderung auch noch geltend gemacht werden, wenn der Schuldner auf sie verzichtet hat (§§ 1137 Abs. 2, 1211 Abs. 2). Wenn dem persönlichen Schuldner ein Anfechtungsrecht oder ein Recht zur Aufrechnung zusteht, kann dies als Einrede auch dem Pfandrecht entgegengehalten werden (§§ 1137 Abs.1 S. 1, 1211 Abs. 1 S . 1, 770). Die Berechtigung des Gläubigers aus dem Pfandrecht erlischt schließlich, wenn der Schuldner die Forderung erfüllt, ohne daß hierzu ein gesonderter Akt erforderlich wäre. Das Fahrnispfand geht mit der gesicherten Forderung unter (§ 1252), die Hypothek geht regelmäßig auf den Eigentümer über (§ 1163 Abs. 1 S. 2 - und wird bei ihm zur Eigentümergrundschuld, § 1177 Abs.1 S. 1). Die führende Rolle der Forderung zeigt sich auch, wenn ein ersatzberechtigter Dritter den Gläubiger befriedigt. Das Pfandrecht geht in diesen Fällen nicht unter, sondern es geht mit der Forderung auf den Dritten über (§§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1225). 2. Abweichungen vom Gleichlauf
In einigen Fällen scheint im Bürgerlichen Gesetzbuch der Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht durchbrochen oder wenigstens nicht konsequent durchgeführt zu sein. Schon bei der Entstehung des Fahrnispfandrechts können in dieser Hinsicht Zweifel aufkommen. Wenn das für eine künftige oder bedingte Forderung bestellte Fahrnispfandrecht sofort wirksam ist, besteht das Pfandrecht streng genommen ohne Forderung. Auch das Schicksal der Hypothek bei Erlöschen der Forderung gern. § 1163 Abs. 1 S. 2 kann so verstanden werden, daß der Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht gestört ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes erwirbt der Eigentümer die Hypothek. Sie erlischt nicht mit der Forderung, sondern verwandelt sich in eine Grundschuld (§ 1177 Abs. 1 S. 1).
Auch in den Fällen des gutgläubigen Erwerbs scheint sich die Hypothek gegenüber der Forderung zu verselbständigen. Eine Hypothek kann auch dann gutgläubig erworben werden, wenn sie zur Sicherung einer nichtigen Forderung bestellt und im Grundbuch eingetragen worden ist. In Wirklichkeit besteht diese Hypothek nicht, da ihr die Forderung fehlt. Ein Gutgläu-
Ir. Die Akzessorietät in der neueren Wissenschaft
17
biger kann sie aber erwerben. § 1138 überwindet für die Hypothek den Mangel der Forderung. Trotzdem erhält der Erwerber durch diesen Vorgang kein Forderungsrecht, er kann nur aus dem Grundpfandrecht vorgehen. Er hat das Pfandrecht ohne Forderung in Händen. In vergleichbarer Weise scheint sich die Hypothek von der Forderung zu lösen, wenn sie gutgläubig einredefrei erworben werden kann, §§ 1137 Abs. 1 S. 1, 1138. Wieder ist die Forderung für die Hypothek nicht maßgebend. Der Erwerber erhält die Hypothek so, wie sie im Grundbuch ausgewiesen war. Gegen die persönliche Forderung greifen die Einreden trotzdem durch. Forderung und Hypothek decken sich nicht mehr, ihr Gleichlauf scheint gestört.
Zwei weitere gesetzliche Vorschriften trennen Forderung und Pfandrecht. In der Einredenregelung ist der Gleichlauf der Rechte in zwei Fällen eingeschränkt. Wenn der Gläubiger aus einer Hypothek oder aus einem Fahrnispfandrecht vorgeht, kann ihm der Eigentümer nicht entgegensetzen, daß der persönliche Schuldner als Erbe nur beschränkt hafte (§§ 1137 Abs. 1 S. 2, 1211 Abs. 1 S. 2) oder daß die persönliche Forderung verjährt sei (§ 223 Abs. 1). Auch hier verselbständigt sich das Pfandrecht. Der Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht kann nicht als eine starre Verbindung gesehen werden. Er hat bei Hypothek und Fahrnispfand ein jeweils eigenes Bild. Beim Fahrnispfand zeigt sich eine Lockerung des Gleichlaufs vor allem in der Entstehung, bei der Hypothek in der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs und im Erlöschen. Bei der Hypothek muß noch einmal unterschieden werden. Nur bei der Verkehrshypothek können Mängel der Forderung durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs überwunden werden. Die Sonderform der Sicherungshypothek (§ 1184) ist ausschließlich vom tatsächlichen Bestand der Forderung abhängig. Der Erwerber einer Sicherungshypothek muß sich entgegenhalten lassen, daß die angeblich gesicherte Forderung nicht besteht oder daß ihr Einreden entgegenstehen, auch wenn er von den Mängeln der Forderung nichts wußte. Er kann sich auf die Eintragungen im Grundbuch nicht berufen (§§ 1184 Abs. 1, 1185 Abs. 2). Der Gleichlauf ist bei der Sicherungshypothek vollständiger als bei der Verkehrshypothek. 11. Die Akzessorietät des Pfandrechts in der neueren Wissenschaft Die Abweichungen im Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht, die sich bei den verschiedenen Formen des Pfandrechts zeigen, stellen die Wissenschaft vor ein Problem. Man kann alle Fälle, in denen der Gleichlauf wahrzunehmen ist, als Akzessorietätsfälle deuten. Der Begriff Akzessorietät bezeichnet dann allgemein die Gleichlauferscheinung. Eine solche Akzesso2 Mincke
18
1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
rietät läßt sich untergliedern. Der rechtlichen Situation entsprechend, in der sich der Gleichlauf zeigt, kann man von einer Entstehungsakzessorietät, einer Übergangsakzessorietät, einer Erlöschensakzessorietät usw. sprechen. Man erhält so eine" Topologie" der Akzessorietätserscheinungen. Medicus hat die Akzessorietätserscheinungen im Zivilrecht in fünf Gruppen geordnet: Die Akzessorietät in der Entstehung, im Umfang, in der Zuständigkeit, in der Durchsetzung und im Erlöschen 1 . Bestimmter noch unterscheidet Gernhuber. Für ihn bedeutet der Akzessorietätsgrundsatz in seiner strengsten Form die "volle Abhängigkeit des sichernden Rechtes von der gesicherten Forderung in Entstehung, Umfang, Fortbestand, inhaltlichen Änderungen, Sukzessionen, Einreden und Beendigung"2. In den Gruppen von Medicus und in den von Gernhuber genannten Fällen ist der Vorrat der Akzessorietätserscheinungen dargestellt. Bei keiner der Pfandrechtsformen wird offenbar dieser ganze Vorrat benutzt. Oben (l. Kap. I 2) war zu sehen, daß die Entstehungsakzessorietät beim Fahrnispfand eingeschränkt ist, die Erlöschensakzessorietät bei den Hypotheken, die Einredenakzessorietät - bei Medicus: Durchsetzungsakzessorietät - bei der Verkehrshypothek. Diese Einschränkungen lassen sich hinnehmen, wenn man nur den Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht beschreiben will. Sie werden zum Problem, wenn man nach dem Grund des Gleichlaufs fragt, d. h. die Akzessorietät als eine Wirkung versteht. Dann stellt sich die Frage, inwieweit man in der Akzessorietät ein einheitliches Prinzip, einen einheitlichen Wirkungszusammenhang sehen kann. In der neueren rechtswissenschaftlichen Literatur wird überwiegEmd eine Haltung sichtbar - wie gleich zu zeigen sein wird -, die eine einheitliche Akzessorietät voraussetzt. Die Gleichlauferscheinungen sind Wirkungen der Akzessorietät. Die Frage tritt auf, wie die Abweichungen im Gleichlauf bei den einzelnen Pfandrechten zu erklären sind. Es bieten sich hierfür mehrere Möglichkeiten an, die ihr Ziel in drei verschiedenen Richtungen suchen können. Man kann den Standpunkt einnehmen, daß die Akzessorietät ein einheitliches Prinzip ist. Die Abweichungen sind dann Ausnahmen von diesem Prinzip. Das Prinzip wird bei den verschiedenen Pfandrechten im Konflikt mit jeweils besonderen Interessen "durchlöchert"3. Man kann aber auch die Akzessorietät selbst als veränderlich sehen. Es könnte verschiedene "Akzessorietäten" geben, eine Akzessorietät des Fahrnispfandes, eine Akzessorietät der Verkehrshypothek oder der Sicherungshypothek. Eine solche Auffassung klingt an, wenn gesagt wird, der Akzessorietätsgrundsatz sei 1 2
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Medicus, Akzessorietät, S. 498ff. Gernhuber, S. 101. So Medicus, Akzessorietät, S. 501.
Ir. Die Akzessorietät in der neueren Wissenschaft
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"variabel"4 oder die Akzessorietät sei im Bürgerlichen Gesetzbuch vielgestaltig geregelt5. Schließlich kann aber auch eine selbständig wirkende Akzessorietät überhaupt geleugnet werden. Dann bleibt die Akzessorietät ein Begriff, der nur einen beschreibenden Inhalt hat. Der Gleichlauf muß dann aus anderen Wirkungen erklärt werden. 1. Wieacker
Wieacker stellt in seinem "Bodenrecht" die Akzessorietät als einheitliche Wirkung dar. Sie ist Ausdruck der Vorstellung, daß das Recht zur Verwertung des Pfandes die persönliche Forderung sichern soll. Um ein akzessorisches Recht zu sein, muß die Hypothek - auf ihr liegt im "Bodenrecht" das Gewicht - mit der persönlichen Forderung entstehen, übergehen und erlöschen, die Einreden aus der Forderung müssen auch gegen die Hypothek wirken. Die Akzessorietät schließt den gutgläubigen Erwerb der Hypothek ohne Forderung aus. Außerdem hat für Wieacker die Akzessorietät auch den Inhalt, daß die Übertragung der Forderung für den Übergang der Hypothek genügen muß6. Mit den von ihm genannten Merkmalen der Akzessorietät kommt Wieacker zu dem Ergebnis, daß die Grundform der Hypothek im BGB, die Verkehrshypothek, nur noch in der Entstehung und im Erlöschen von der gesicherten Forderung abhängig ist. Ihr fehle schon die Übergangsakzessorietät: Zwar sage § 1153 Abs. 1 eindeutig, daß die Hypothek mit der Übertragung der Forderung auf den neuen Gläubiger übergehe. Tatsächlich aber bedürfe die rechtsgeschäftliche Übertragung der Forderung wie der Hypothek der Rechtsformen des Liegenschaftsverkehrs (§ 1154 Abs.2 und 3), bzw. der Übertragung des Briefes (§ 1154 Abs. 1). Für Wieacker ist die Akzessorietät bei der Übertragung umgekehrt: Nicht die Hypothek folgt der Forderung, sondern die Forderung wird nach den Grundsätzen des dinglichen Rechts übertragen 7 • Man könnte die Verkehrshypothek danach als ein eingeschränkt akzessorisches Recht ansehen. Weil ihr die Übergangs akzessorietät fehlt und weil sie nach § 1138 gutgläubig ohne Forderung erworben werden kann, ist sie für Wieacker aber überhaupt kein akzessorisches Recht mehr. Die Verkehrshypothek soll in einem andersartigen Verhältnis zur Forderung stehen: Zwischen Hypothek und Forderung bestehe eine wechselseitige Zweckgemeinschaft. Diese Zweckgemeinschaft sei vor allem Sicherungs- und Befrie-
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5 6 7
2*
Gernhuber, S. 10I. Jauernig, S. 270. Wieacker, Bodenrecht, S. 187f. Wieacker, Bodenrecht, S. 189.
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1. Kap. : Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
digungsgemeinschaft. Die Leistung der persönlichen Schuld vertrete die Befriedigung durch die Hypothek und umgekehrt 8 • Als ein akzessorisches Grundpfandrecht sieht Wieacker nur noch die Sicherungshypothek an 9 • Im Bereich der Grundpfandrechte gibt es danach zwei verschiedene Formen der Bindung des Pfandrechts an die Forderung. Neben der Akzessorietät steht die Bindung durch die Zweckgemeinschaft. Beide Arten der Bindung sind sich offenbar ähnlich, da sie bei der Entstehung und beim Erlöschen der Hypothek mit der Forderung gleich wirken. Wie sie sich zueinander verhalten, wird bei Wieacker nicht ganz klar. Die Akzessorietät ist die stärkere Bindung; man könnte deshalb die Akzessorietät als Sonderfall einer besonders starken Zweckgemeinschaft sehen. Unklar bleibt vor allem, nach welchem Kriterium die beiden Bindungen gegeneinander abzugrenzen sind. Es scheint schließlich nur ein Unterschied im Grade der Bindung zu bestehen, denn auch bei der akzessorischen Sicherungshypothek ist die Bindung nicht uneingeschränkt. Die Sicherungshypothek wird übertragen wie die Verkehrshypothek, nach Wieackers Voraussetzung also nach den Regeln des Liegenschaftsverkehrs. Wenn hierin eine Abweichung vom Akzessorietätsdogma liegt, ist die Akzessorietät auch bei der Sicherungshypothek beschränkt. 2. Wolff / Kaiser
Wolff / Raiser behandeln in ihrem Sachenrechtslehrbuch die Akzessorietät mit großer Zurückhaltung. Hypothek und Fahrnispfandrecht werden wiederholt als akzessorische Rechte bezeichnet 1o . Sie beschreiben den Gleichlauf der Hypothek mit der gesicherten Forderung in Entstehung, Übergang und Erlöschen. Sie nehmen die Akzessorietät gegen die Ansicht einer bloßen Zweckgemeinschaft von Pfandrecht und Forderung in Schutz: Verwertungsrecht und Forderung haben verschiedenen Inhalt und sind vom Gesetz nicht gleich-, sondern in der Weise einander zugeordnet, daß die Forderung, namentlich hinsichtlich der Zuständigkeit, den Vorrang genießt l l . Vom äußeren Erscheinungsbild her, vom Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht, ist bei Wolff / Raiser die Akzessorietät vorhanden. Sie ist konstitutives Merkmal von Hypothek und Fahrnispfand. In der Wirkungsweise weicht sie bei Wolff / Raiser aber vom üblichen Bild ab. Die Eigenart der Akzessorietät bei ihnen wird deutlich in der Lösung, die sie für den gutgläubigen Erwerb der Hypothek anbieten. Wieacker, Bodenrecht, S. 189f. Wieacker, Bodenrecht, S. 189. 10 Wolff / Raiser, §§ 130 I, 130 Ir 2, 132 I, 144 Ir 1, 162 I, 170 I. 11 Wolff / Raiser, § 132 Fn. 3.
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11. Die Akzessorietät in der neueren Wissenschaft
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Um beim gutgläubigen Erwerb der Hypothek die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs und seinen öffentlichen Glauben auf die gesicherte Forderung zu erstrecken, brauchen Wolff / Raiser den § 1138 nicht. Ihrer Ansicht nach ist es gar nicht möglich, daß das Grundbuch nur für die Hypothek eine Vermutung oder einen öffentlichen Glauben begründet. Die Hypothek hat schon nach ihrer Definition eine Forderung bei sich. Weil es eine Hypothek ohne Forderung nicht gibt, müssen sich die §§ 891 ff. auf Hypothek und Forderung erstrecken. Eine Hypothek ohne Forderung ist nach ihrer Ansicht eine Grundschuld, " ... nur darin, daß die Grundschuld auch ohne Forderung bestehen kann, liegt ja der Unterschied von der Hypothek"12. Die Hypothek ohne Forderung als Gegenstand der Vermutung oder des öffentlichen Glaubens wäre eine Grundschuld. Wenn deshalb die §§ 891 ff. für die Hypothek gelten, wirken sie auch für die Forderung13 . Die Konsequenz zeigt sich, wenn ein Recht erworben wird, das im Grundbuch als Hypothek eingetragen ist, mangels Forderung aber nicht besteht. In Wirklichkeit liegt dann eine Eigentümergrundschuld vor; diese gilt aber für den redlichen Erwerber als Hypothek 14 . § 1138 erhält bei Wolff / Raiser eine Funktion, die vom gewöhnlichen Verständnis der Vorschrift abweicht. Meist wird die Wirkung des § 1138 in der Erweiterung des öffentlichen Glaubens auf die Forderung gesehen. Bei Wolff / Raiser erhält er die entgegengesetzte Funktion. § 1138 beschränkt die Vermutung und den öffentlichen Glauben des Grundbuchs wieder, die nach den §§ 891ff. bei der Hypothek auch für die Forderung gelten. Die Forderung soll nicht erworben werden; § 1138 soll nur ermöglichen, das als Hypothek eingetragene Recht zu erwerben. § 1138 drückt aus, daß Vermutung und öffentlicher Glaube nur "für die Hypothek" gelten, daß der Erwerber nur das dingliche Recht erhält. Das dingliche Recht, das der Erwerber erhält - eine Hypothek ohne Forderung - ist aber eine Grundschuld: "Allein nach der Begriffsbestimmung der Hypothek (§ 1113) kann das Recht, das der Zessionar erlangt, keine Hypothek, sondern muß Grundschuld sein 15 ." Die Erklärung von Wolff / Raiser leuchtet ein, wenn man voraussetzt, daß Hypothek und Forderung von der Rechtsordnung als ein Recht behandelt werden. Akzessorietät bedeutet dann nicht die Abhängigkeit eines Rechts von einem anderen; dies würde zwei Rechte erfordern; die Akzessorietät verschmelzt zwei Rechte zu einem. Diese Akzessorietät hat dann nicht mehr verschiedene Wirkungen bei der Entstehung, dem Übergang und beim
12 Wolff / Raiser, § 137 II 3. 13 14
15
Vgl. Wolff / Raiser, § 137 I 1 und II 1 b. Wolff / Raiser, § 137 II 1 b. Wolff / Raiser, § 137 II 3.
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
Erlöschen des Pfandrechts; die Wirkung ist nur die eine, Forderung und Pfandrecht zu einem Recht zu verbinden 16 . Wolff / Raiser berufen sich nicht auf Akzessorietätswirkungen, um den Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht zu erklären. An der Stelle der Entstehungsakzessorietät steht bei ihnen die Definition von Hypothek und Fahrnispfandrecht, die eine gesicherte Forderung voraussetzt1 7 • Der Übergang der Hypothek mit der Forderung ist keine Akzessorietätswirkung, sondern die Übertragung der Forderung ist Voraussetzung für die Rechtsänderung bei der Hypothek, "da sie ein angelehntes (akzessorisches) Recht ist"18. Die Akzessorietät wirkt auch beim Erlöschen der Forderung nicht auf die Hypothek ein. Die Hypothek erlischt nicht mit der Forderung, sondern sie wird Grundschuld, "wie § 1177 Abs. 1 hervorhebt"19. Die Akzessorietät, die Forderung und Pfandrecht zu einem Recht verschmelzt, ermöglicht es schließlich auch, in Hypothek und Grundschuld als Grundstücksbelastungen identische Rechte zu sehen 20 . Die Hypothek ist die mit einer Forderung zu einem Recht verschmolzene Grundschuld. Fällt die Forderung fort, bleibt die Grundschuld übrig. Diese Wirkung, die § 11 77 Abs.l für den Regelfall der Vereinigung von Hypothek und Eigentum am Grundstück ausspricht, ist für Wolff / Raiser selbstverständlich. Die Vorschrift hebt die Wirkung deshalb nur hervor, sie braucht sie nicht anzuordnen. Auch beim Fahrnispfandrecht hat die Akzessorietät für Wolff / Raiser keine weitergehende Bedeutung. Das Fahrnispfandrecht ist angelehnt wie die Hypothek und kann deshalb nie ohne Forderung auf einen anderen übertragen werden. Es geht mit der Forderung über 21 . Das Fahrnispfandrecht geht mit der Forderung unter 22 . Es wird nicht davon gesprochen, daß es sich hierbei um Akzessorietätswirkungen handelt. 3. Westermann
Westermann sieht in seinem Lehrbuch des Sachenrechts Hypothek und Fahrnispfandrecht als akzessorische Rechte an. Beide sind aber in verschiedener Weise an die Forderung, die sie sichern, gebunden. Er kommt zu zwei 16 Eine ähnliche Vorstellung deutet Eichler an, der - allerdings neben der Akzessorietät - im Gesetz den "Einheitsgedanken" verwirklicht sieht. "Die Forderung und das dingliche Recht bilden gewissermaßen eine Einheit als sachenrechtliche Institution". - Eichler, S. 427. 17 Wolff / Raiser, §§ 132 I 1; 1621. 18 Wolff / Raiser, § 136 11. 19 Wolff / Raiser, § 144 II 1. 20 VgL Wolff / Raiser, § 132 1. 21 Wolff / Raiser, § 170 I und II 1. 22 Wolff / Raiser, § 171 12.
11. Die Akzessorietät in der neueren Wissenschaft
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verschiedenen Formen der Akzessorietät. Das Fahrnispfandrecht benötigt die Forderung, um als Recht bestehen zu können; es ist notwendig akzessorisch 23 . Auch die Hypothek ist von einer Forderung abhängig. Die Forderung entscheidet aber nicht darüber, ob überhaupt ein dingliches Recht entsteht. Die Hypothek ist nicht dem Bestande nach, sondern nur hinsichtlich der Person des Berechtigten und der Art des Rechts akzessorisch. Die Akzessorietät bedeutet bei der Hypothek, daß "die Forderung bestimmt, ob das Recht Fremdhypothek in der Hand des eingetragenen Gläubigers oder Eigentümergrundschuld in der Hand des Eigentümers ist. Ferner bedeuten Zuständigkeitsveränderungen der Forderung Zuständigkeitsveränderungen der Hypothek"24. Als in der Entstehung und im Übergang akzessorische Rechte unterscheiden sich Hypothek und Fahrnispfandrecht zunächst noch nicht wesentlich. Die Entstehung von Hypothek und Fahrnispfandrecht setzt eine Forderung voraus 25 . Ein Unterschied in der Akzessorietät zeigt sicht nur, wenn diese Pfandrechte für eine künftige oder bedingte Forderung bestellt werden. Für die Hypothek hat die Entstehungsakzessorietät dann die Bedeutung, daß die tatsächlich entstehende Forderung mit der ursprünglich als Schuldgrund bezeichneten identisch sein muß 26 . Beim Fahrnispfandrecht scheint die Akzessorietät eingeschränkt, wenn es für eine künftige oder bedingte Forderung bestellt wird: Das Fahrnispfandrecht entsteht sofort; es hängt gewissermaßen nicht von der Forderung ab, sondern vom Sicherungszweck27 . In der Übergangs akzessorietät unterscheiden sich Hypothek und Fahrnispfandrecht nicht. Bei beiden wirkt die Übertragung der Forderung auch für das Pfandrecht 28 . Die Verschiedenheit der beiden Akzessorietätsarten wirkt sich beim Erlöschung der Forderung aus. Das Fahrnispfandrecht erlischt mit der Forderung. Die Hypothek bleibt dagegen erhalten, wenn die Forderung wegfällt. Das Schicksal der Forderung bleibt aber nicht ohne Auswirkung auf die Hypothek, die dem Eigentümer zufällt (§ 1163 Abs. 1 S. 2). Hier zeigt sich für Westermann eine Wirkung der besonderen Akzessorietät der Hypothek. Sie geht wenigstens mittelbar auf die zuständigkeitsbestimmende Wirkung der Forderung zurück29 . Diese Akzessorietät bewirkt auch, daß der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Hypothek erwirbt, wenn Hypothek und Forderung getrennt werden (§§ 1168, 1170, 1171)3°. 23 24 25 26 27 28 29 30
Westermann, Westermann, Westermann, Westermann, Westermann, Westermann, Westermann, Westermann,
§ 126 I 3. § 93 II 4 a. § 95 II 1; 128 III 1. § 95 II 1. § 128 III 2. §§ 104 11; 132 I. § 105 I 2; vgl. die Zusammenfassung § 105 VII. a. a. O.
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
Keine Einschränkung der Akzessorietät enthält für Westermann die Möglichkeit, die Hypothek nach § 1138 gutgläubig zu erwerben. Diese Regelung bestätigt die Akzessorietät eher. §§ 1138, 892 fingieren den Bestand einer Forderung für die Hypothek 31 . § 1138 dehnt den Rechtsschein der Grundbucheintragung auf die Forderung aus, soweit sie zuständigkeits- und inhaltsbestimmend für die Hypothek ist3 2 • In welchem Verhältnis die beiden Formen der Akzessorietät zueinanderstehen, erklärt Westermann nicht näher. Die Bestandsakzessorietät scheint zunächst ein Mehr gegenüber der hypothekarischen Akzessorietät zu enthalten. Die zuständigkeitsbestimmende Wirkung, die bei der Akzessorietät der Hypothek in den Vordergrund tritt, ist auch in der Akzessorietät des Fahrnispfandrechts vorhanden. Die hypothekarische Akzessorietät ist aber wohl nicht nur ein Ausschnitt aus der Akzessorietät des Fahrnispfandrechts. Die Akzessorietät der Hypothek hat eine Erscheinung, für die es beim Fahrnispfand keinen Vergleich gibt. Wenn es die Akzessorietät ist, die bewirkt, daß in bestimmten Fällen die Hypothek dem Eigentümer des belasteten Grundstücks ohne Forderung zufällt, hat die Akzessorietät gleichzeitig zwei verschiedene Wirkungen: Das Recht erlischt als Fremdhypothek und es wird dem Eigentümer als Grundschuld zugewiesen. In dieser letzten Wirkung hat die Akzessorietät nicht mehr den Inhalt, daß die Forderung das Schicksal der Hypothek bestimmt. Die beiden Akzessorietätsarten bei Westermann lassen sich nicht auf ein gemeinsames Modell zurückführen. "Akzessorietät" wird zum Oberbegriff für zwei verschiedene Wirkungsweisen, die Pfandrechte an die gesicherte Forderung binden. Es ist das Verständnis der Akzessorietät, das auch Gernhuber im Sinn zu haben scheint (vgl. o. S. 18f.). 4. Baur
Im Sachenrechtslehrbuch von Baur werden der Umfang und die Wirkungsweise der Akzessorietät nicht ganz deutlich. Eine bestimmte Interessenlage gibt den Grundsatz vor; Baur zieht als Modell dieser Interessenlage das Bürgschaftsverhältnis heran. Die Abhängigkeit der Bürgenverpflichtung von der Hauptforderung scheint das Modell der Akzessorietät zu sein33 . Im Ergebnis wird man bei Baur einen einheitlichen Akzessorietätsgrundsatz sehen können, der in verschiedener Weise eingeschränkt sein kann.
31 32
33
Westermann, § 93 11 4 a. Westermann, § 106111. Baur, § 36 III 1.
Ir. Die Akzessorietät in der neueren Wissenschaft
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Unproblematisch ist die Akzessorietät des Fahrnispfandes. Es entsteht nur mit der gesicherten Forderung, geht mit ihr auf einen Zessionar über und erlischt mit ihr34 • Undeutlicher ist das Bild der hypothekarischen Akzessorietät. Baur sieht zunächst die Hypothek streng an die zu sichernde Forderung gebunden: "Für Entstehung und Bestand der Hypothek als dinglichen Rechts ist die Existenz der Forderung unabdingbare gesetzliche Voraussetzung, die Hypothek erscheint gewissermaßen als untrennbares Anhängsel der Forderung, sie ist akzessorisch 35 ." An späterer Stelle ist es nur noch die "Ausnahmeform" der Sicherungshypothek, die streng akzessorisch ist 36 . Bei der Verkehrshypothek ist nach Baur die Bindung an die Forderung mit Rücksicht auf die Umlauffähigkeit gelockert. § 1138 entkleidet durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs die Akzessorietät ihres zwingenden Charakters. Diese Vorschrift schafft eine Abweichung vom Akzessorietätsgrundsatz 37 . (Später wird allerdings gesagt, daß das Gesetz mit § 1138 das Akzessorietätsdogma halten wolle.)38 Mit dem Akzessorietätsgrundsatz scheint sich zu vertragen, daß die Hypothek nicht mit der Forderung untergeht, sondern vom Eigentümer als Grundschuld erworben wird. Baur sagt vorsichtig, die Hypothek bestehe nur so lange als Hypothek, wie die Forderung besteht 39 . Der Übergang der Hypothek auf den Eigentümer nach § 1163 Abs. 1 S. 2 hänge mit dem Akzessorietätsgrundsatz zusammen 40 • Das Bild, das die Akzessorietät in der sachenrechtlichen Literatur bietet, ist verwirrend. Jeder Autor hat offenbar seinen eigenen Begriff. Wieacker ging von einem recht strengen Akzessorietätsgrundsatz aus, dem nicht einmal die Verkehrshypothek genügte. Westermann hatte zwei verschiedene Akzessorietätsgrundsätze. Bei Baur gibt es eine Akzessorietät, die abgeschwächt werden kann. Bei Wolff / Raiser verbindet die Akzessorietät nicht zwei Rechte, sondern schafft aus Forderung und Pfandrecht ein Recht. Die Vielfalt der Meinungen wird noch vermehrt durch Autoren, die Akzessorietätswirkungen ganz leugnen.
34 35
36 37
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40
Baur, Baur, Baur, Baur, Baur, Baur, Baur,
§ 55 B 11 2 a. § 26 11 1. § 36 III 4. § 36 III 3. § 38 IV 1. § 36 III 1. § 38 IX.
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
5. Heck
Heck hat sich in der neueren sachenrechtlichen Literatur am ausführlichsten mit der Akzessorietät auseinandergesetzt. Er lehnt die Vorstellung einer Akzessorietät, die das Pfandrecht an die gesicherte Forderung bindet, ab. Die Akzessorietät - er spricht vom Anlehnungsdogma - ist für ihn ein typisches Beispiel der begriffsjuristischen Methode, die Rechtsnormen auf eine kausale Strukturvorstellung, die "juristische Natur", den "Begriff" zurückführe 41 • Er sieht das Verhältnis von Pfandrecht und Forderung beherrscht durch ihre Zweckgemeinschaft. Die Zweckgemeinschaft ist ein gewollter Zusammenhang. Wenn zur Sicherung der Rückzahlung eines Darlehens ein Pfandrecht bestellt wird, geht der Parteiwille dahin, daß die Aussicht auf Rückzahlung des Darlehens doppelt gesichert werden soll. Der Gläubiger soll die Leistung nur einmal erhalten, er soll aber zwei Zwangsmittel haben 42 . Heck führt die Akzessorietät auf zwei Lebenserscheinungen zurück. Die erste ist die ZweckJormel, die im Alltagsleben dadurch hervortritt, daß ein Darlehensgläubiger ein Pfand "zur Sicherung seiner Forderung" verlangt. Die zweite ist die Aufhebungsgemeinschaft, die dadurch hervortritt, daß die persönliche Forderung, aber zugleich das Pfandrecht erlischt, wenn der Gläubiger befriedigt wird43 . Heck verdeutlicht die Zweckformel: Die Ausdrucksweise, daß das Pfandrecht zur Sicherung einer Forderung bestellt wird, ist mißverständlich. Das Wort Forderung kann im juristisch-technischen Sinne für ein Gebotsgebilde stehen. Es entsteht dann der Eindruck, als werde das Gebotsgebilde durch das Pfandrecht gesichert. Dieses Mißverständnis führt zur Annahme einer Akzessorietät des Pfandrechts. Bei richtiger Auslegung ist "Forderung" in der Zweckformel in einem Laiensinn zu verstehen. Den Laien interessiert die Leistung. "Sicherung der Forderung" bedeutet dann die zweite Sicherung einer schon durch das Forderungsrecht gesicherten Leistungsaussicht44 . Die richtig verstandene Zweckformel erklärt auch die Aufhebungsgemeinschaft. Sie ist eine Art juristischer Schicksalsgemeinschaft. Ist der gemeinsame Zweck erreicht, so müssen beide Rechte zugleich untergehen, weil der Gläubiger sonst zweimal Befriedigung erlangen könnte. Die Aufhebungsgemeinschaft erfordert Normen, die in die persönliche Forderung und in die Realforderung gleichmäßig eingreifen 45 .
41 42
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45
Heck, Heck, Heck, Heck, Heck,
§ 78 I 2. § 78 II 3. § 78 II 1. § 78 II 6. § 78 II 2.
II. Die Akzessorietät in der neueren Wissenschaft
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Die in der Zweckformel hervortretende Zweckgemeinschaft begründet auch die gleichzeitige Übertragung von Forderung und Hypothek. Heck spricht von einer Art "Wandergemeinschaft". Die normale Folge der Zweckgemeinschaft ist, daß der Gläubiger beide Rechte zusammen an den Erwerber abtritt. Es gibt Fälle, in denen eine isolierte Abtretung interessengerecht ist; der Parteiwille ist aber auf Abtretung beider Rechte gerichtet, wenn kein Vorbehalt gemacht wird 46 . Die Aufhebungsgemeinschaft wirkt sich in vier Fällen nicht aus. Bei Verjährung (§ 223 Abs. 1), Konkurs (§§ 47, 48 KO), Zwangsvergleich (§ 193 S. 2 KO) und Nachlaßerschöpfung (§§ 1147 Abs. 1 S.2, 121 Abs. 1 S.2, 1971) bleibt das Pfandrecht erhalten, obwohl die Forderung nicht durchsetzbar ist. Diese Fälle sind für Heck mit dem Anlehnungsdogma nicht zu vereinbaren, sie bestätigen aber die Zweckgemeinschaft. Das Pfandrecht bleibt in solchen Fällen bestehen, in denen die Forderung untergeht, ohne daß der gemeinsame Zweck erreicht wird 47 . In Hecks Zweckgemeinschaft von Forderung und Pfandrecht lassen sich die drei Hauptfälle der Akzessorietät wiedererkennen. In der Zweckformel, der Bestellung des Pfandrechts zur Sicherung einer Forderung, erscheint die Entstehungsakzessorietät, in der Aufhebungsgemeinschaft die Erlöschensakzessorietät und in der "Wandergemeinschaft" die Akzessorietät im Übergang. In der äußeren Struktur, im Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht, könnte man auch bei Heck von einer Akzessorietät sprechen. Heck läßt es auch zu, Hypothek und Fahrnispfandrecht durch den Terminus "akzessorisch" von der selbständigen Grundschuld zu unterscheiden 48 . Er lehnt nur die Akzessorietät ab, die selbst Wirkungen hat oder wie er es nennt, den "kausalen Begriff", die "kausale Strukturvorstellung"49. Heck selbst sieht sich den Boden des Bürgerlichen Gesetzbuchs verlassen, wenn er die Abhängigkeit des Pfandrecht von einer Forderung als Zweckgemeinschaft erklärt. Auch seiner Ansicht nach geht das Bürgerliche Gesetzbuch von einer "wirkenden" Akzessorietät aus 50 • In das Bürgerliche Gesetzbuch ist das Akzessorietätsdogma seiner Ansicht nach durch ein Fehlverständnis gekommen. Es sei eine begriffsjuristische Verfälschung der ursprünglichen Wertung des römischen Rechts 51 . In einem Anhang versucht er darzulegen, daß für das klassische römische Recht das Dogma der akzessorischen Natur des Pfandrechts nicht zu erweisen ist 52 • 46 47
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51 52
Heck, § 78 III 3. Heck, § 78 II 8. Heck, § 78 IV 3. Heck, § 78 I 1 und 3. Heck, § 78 IV. Heck, § 77, 6. Heck, Exkurs 6, S. 503 ff.
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
Im Sinne der von Heck vertretenen Interessenjurisprudenz stellt der Wortlaut des Gesetzes nicht unbedingt eine Schranke dar. Die Wissenschaft und auch die Rechtsprechung sind befugt, von Gesetzesvorschriften abzuweichen, um die Werturteile des Gesetzes zu verwirklichen. Wo Werturteil und Begriffskonstruktion in Konflikt geraten, haben die Begriffskonstruktion und die auf ihr beruhenden Normen zurückzutreten53 . Der Richter ist danach an das "Anlehnungsdogma " nicht gebunden. 6. v. Lübtow
Lübtow führt die Kritik von Heck weiter und bestreitet wie dieser die Akzessorietät des Pfandrechts. Die Übereinstimmung zwischen beiden beginnt mit der Aufzählung der Fälle, in denen die Akzessorietätsvorstellung des BGB sich selbst widerlegen soll. Es sind dieselben, die Heck genannt hat 54 . Lübtow nimmt allerdings den Fall der Nachlaßerschöpfung heraus, weil hier die Schuld bestehen bleibe und nur die Haftung beschränkt werde 55 . Lübtow konstruiert das Pfandrecht über ein neues Rechtsinstitut, das Anrecht. Mit dem Anrecht schafft er eine neue Ebene in der systematischen Rechtsordnung. Das Anrecht ist ein subjektives Recht, das vor dinglichen und obligatorischen Rechten steht und selbst keiner dieser Kategorien zugehört. Das Anrecht ist das von der Rechtsordnung anerkannte Interesse des Berechtigten, einen Gegenstand empfangen und behalten zu dürfen. Es enthält selbst keine Zwangsbefugnisse, sein Träger ist bloßer Empfänger56 . Das Anrecht stellt Lübtow vor persönliche Forderung und Pfandrecht. Das Pfandrecht sichert nun nicht mehr die persönliche Forderung, sondern persönliche Forderung und Pfandrecht sichern beide dasselbe Anrecht. "Keines der bei den Sicherungsmittel ist akzessorisch, aber beide sind akzessorisch insofern, als sie wegfallen, wenn das Anrecht durch freiwillige Zahlung befriedigt wird"57. Auch mit dem Anrecht entfernt sich Lübtow nicht zu weit von Heck. Das Anrecht steht an der Stelle, an der Heck von der "Leistungsaussicht" sprach, die der Laie angeblich mit dem Begriff der Forderung verbindet
53
Heck, § 78 IV.
54 Er beruft sich auch auf Stampe, S. 37ff. 59. 55 Lübtow, S. 329f. - Dieses Argument ließe sich auf das Fortbestehen von Pfandrechten bei Verjährung und im Konkurs ausdehnen. Der Konkurs berührt den Bestand der Forderung nicht (vgl. § 164 KO); auch die Verjährung beseitigt die Forderung nicht, sie bleibt erfüllbar. Als Argument gegen die Akzessorietät bliebe der Zwangsvergleich, der jetzt allein das Dogma zu widerlegen hätte. 56 Lübtow, S. 330. 57 Lübtow, S. 347.
III. Die Akzessorietät als Dogma
29
(s. o. S. 26). Die Leistungsaussicht, bei Heck wohl eher etwas Tatsächliches, ist im Anrecht verrechtlicht. Lübtow vermeidet die Annahme, daß der bloße Zweck selbst Rechtswirkungen hat. Zu dieser Folgerung zwingt wohl Hecks Zweckgemeinschaft. An die Stelle des Zwecks setzt er eine rechtliche Bindung von Forderung und Pfandrecht an das Anrecht. Lübtow umgeht die akzessorische Abhängigkeit des Pfandrechts von der Forderung durch die Abhängigkeit bei der von einem gemeinsamen Dritten. Die rechtliche Qualität dieser Abhängigkeit ist wieder eine Akzessorietät. Die Problematik der Akzessorietät des Pfandrechts wird dadurch nicht geklärt, sondern verlagert. Wie Heck hält Lübtow das Akzessorietätsdogma für ein Mißverständnis bei der Auslegung der römischen Quellen. Er versucht ebenso den Nachweis, daß es im römischen Recht nicht gegolten habe 58 . Auch Lübtow muß sich um eine Legitimation für seine Theorie bemühen, die im geltenden Recht nicht zu begründen ist. 111. Die Akzessorietät als Dogma 1. Gleichlauferscheinung und Akzessorietätswirkung
Die äußere Erscheinung der Akzessorietät, nämlich daß der Pfandberechtigte - vorsichtig ausgedrückt - in der Regel zugleich auch eine persönliche Forderung hat und daß er nur aus einem der beiden Rechte befriedigt wird, leugnet niemand. In diesem Sinne erlaubt sogar Heck die Bezeichnung "akzessorische Pfandrechte" zur Abgrenzung von der selbständigen Grundschuld. Auch darüber, in welchen Fällen der Gläubiger welche Berechtigungen geltend machen kann, ist man sich weitgehend einig. Um diese "praktische" Seite der Pfandrechtsbindung wird kaum gestritten. Zweifel gibt es insoweit bei der Entstehungsakzessorietät und beim gutgläubigen Erwerb der Hypothek. Wird eine Hypothek nach § 1138 gutgläubig erworben, besteht die im Grundbuch angegebene Forderung in Wirklichkeit aber nicht, so ist umstritten nur der Charakter des erworbenen Rechts. Die herrschende Meinung sieht es als Hypothek an!, eine Mindermeinung als Grundschuld 2 • In der äußeren Erscheinung und in den praktischen Auswirkungen besteht kein Unterschied. Ein Unterschied schon in der äußeren Erscheinung ergibt sich in dem anderen Fall, daß die Forderung zwar besteht, das Grundbuch aber eine falsche Person als Berechtigten ausweist. Mehrheitlich wird ange58 1 2
Lübtow, S. 328 Fn.3. Vgl. Westermann, § 106 III 3; Baur, § 38 IV l. Wolff / Raiser, § 137 II 3.
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
nommen, daß der Gutgläubige nach §§ 1138, 892 die Hypothek und nach § 1153 Abs. 2 auch die Forderung erwirbt 3 • Heck und Wieacker geben dem Erwerber in diesem Falle nur die Hypothek4 . Nach der einen Meinung hat die Hypothek eine Forderung bei sich, nach der anderen steht sie allein. Weitgehend außer Streit ist heute auch das Bild der Gläubigerberechtigung, wenn ein Pfandrecht für eine bedingte oder künftige Forderung bestellt ist. Die Gemeinrechtswissenschaft hatte Mühe, diesen Fall einzuordnen 5• Nach heute vorherrschender Meinung entsteht das Pfandrecht an beweglichen Sachen sofort 6 , die Hypothek entsteht dagegen nicht vor der Forderung. Bis dahin ist das Recht Eigentümergrundschuld 7, 8. Auch wenn das Pfandrecht schon vor der Forderung entsteht, herrscht aber Einigkeit, daß der Gläubiger nicht aus dem Pfandrecht vorgehen kann, bevor er eine wirksame Forderung in Händen hat. Dieser Eindruck einer weitgehenden Übereinstimmung verschwindet, wenn man hinter die äußere Erscheinung des Gleichlaufs von Pfandrecht und Forderung schaut. Fragt man nach seiner Ursache, nach der Regelung, die hinter dem Gleichlauf steht, ihn hervorruft und ihn begrenzt, ergibt sich das ungeordnete Bild, das im vorigen Abschnitt dargestellt wurde. Die Frage nach der Ursache des Gleichlaufs ist die Frage nach dem Dogma der Akzessorietät. Die äußere Erscheinung des Gleichlaufs ist nur das Ausgangsmaterial; die Ordnung kann mannigfaltige Ursachen haben, sie kann - theoretisch wenigstens - Zufall sein. Für das Dogma wird eine Wirkung vorausgesetzt, die den Gleichlauf von Pfandrecht und Forderung herstellt. In den Dogmen liegt der regelnde Gehalt einer Rechtsordnung. Sie sind die Sätze, die in einer systematischen Rechtsordnung allen Bewertungen zugrunde liegen. Sie haben eine ähnliche Stellung, wie Axiome: Sie dürfen im System nicht weiter auf gemeinsame Voraussetzungen zurückführbar sein, und sie müssen untereinander widerspruchsfrei sein. Von den Voraussetzungen eines Dogmas interessieren hier vor allem zwei: Erstens muß eine Wirkung wahrzunehmen sein, und zweitens darf die Wirkung nicht auf andere Weise schon genügend erklärt sein, d. h. die Wirkung eines Dogmas muß selbständig sein. Die besondere Wirkungsweise ist für das Dogma der Akzessorietät zu erklären.
Vgl. Wolff / Raiser, § 137 II 1 d; Westermann, § 106 III 4; Baur, § 38 IV 1. Heck, § 96, 7; Wieacker, Bodenrecht, S . 215. 5 Vgl. Windscheid, § 242 Fn. 8. 6 Vgl. Wolff / Raiser, § 162 I 3; Westermann, § 128 III 2; Baur, § 55 B II 2 b; a .A. Manfred Wolf, Rdz. 342 . 7, 8 Vgl. Wolff / Raiser, § 134 I; Westermann, § 96 A II 3; Baur, § 37 II 3; a. A. Lübtow, S . 348ff., der das Anrecht sofort durch eine Hypothek gesichert sieht. 3
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IH. Die Akzessorietät als Dogma
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2. Wirkungen der Akzessorietät
Zur Betrachtung der Akzessorietätswirkungen kann man an dieser Stelle wieder von dem Katalog ausgehen, den Medicus aufgestellt hat (s. o. II a. Anf.). Jede seiner Gruppen ist daraufhin zu untersuchen, welche Wirkung die Akzessorietät in ihr hat und ob die Akzessorietät als Erklärung der Wirkung nötig ist. a) Übergangs- und Erlöschensakzessorietät Deutlich ist eine Wirkung der Akzessorietät wahrzunehmen, wenn Hypothek und Fahrnispfand mit der gesicherten Forderung auf einen neuen Gläubiger übergehen oder erlöschen. Beide Vorgänge setzen gewöhnlich einen rechtsgeschäftlichen Akt voraus, der auf die Rechtsänderung gerichtet ist. Aufgrund der Akzessorietät treten diese Wirkungen kraft objektiven Rechts ein. Die Wirkung der Akzessorietät im Übergang und im Erlöschen der Pfandrechte kann so beschrieben werden, daß eine rechtsgeschäftliehe Verfügung ersetzt wird. b)
Entstehungsakzessorietät
Die Entstehungsakzessorietät hat ein anderes Gesicht. Die Pfandrechte entstehen durch einen rechtsgeschäftlichen Bestellungsakt, auch die Pfandrechte für eine bedingte oder künftige Forderung. Die Wirkung, daß ein Rechtsgeschäft ersetzt wird, hat die Entstehungsakzessorietät nicht. Die Akzessorietät hat bei der Entstehung des Pfandrechts die Bedeutung, daß ein Pfandrecht ohne gesicherte Forderung nicht entstehen kann; der Tatbestand des wirksamen Pfandrechts setzt eine Forderung voraus. Die Akzessorietät hat für die Entstehung des Pfandrechts den Charakter einer Rechtsbedingung. Wird ein Pfandrecht bestellt, ohne daß eine Forderung gesichert wird, wenn auch nur eine zukünftige oder bedingte, so ist das Bestellungsgeschäft unwirksam. Eine Wirkung kann man deshalb bei der Entstehungsakzessorietät auch sehen, sie ist nur offenbar von anderer Art als bei der Übergangs- und Erlöschensakzessorietät. c) Umfangsakzessorietät Die Umfangsakzessorietät ist problematischer als die bisher genannten Fälle. Von einer Umfangsakzessorietät sprechen auch nur Medicus 9 und
9
Medicus, Akzessorietät, S. 499.
1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
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Gernhuber 1o . Die Umfangsakzessorietät soll sich für die Hypothek in § 1118 und für das Fahrnispfandrecht in § 1210 zeigen. Beide Vorschriften geben an, in welchem Umfang der Gläubiger Befriedigung aus dem Pfand verlangen kann. Nach § 1118 haftet das Grundstück für das Kapital der Forderung und außerdem für die gesetzlichen Zinsen sowie für die Kosten der Durchsetzung der Hypothek; nach § 1210 haftet die Pfandsache für die Forderung in ihrem jeweiligen Bestand, zu dem auch Zinsen und Vertragsstrafen gehören. Man kann die beiden Vorschriften auch so verstehen, daß sie nur den Umfang der gesicherten Forderung bestimmen. Von einer Akzessorietätswirkung könnte man erst sprechen, wenn mit dem unterschiedlichen Umfang der gesicherten Forderung auch das Pfandrecht einen unterschiedlichen Umfang hätte. Das aber ist zweifelhaft; man kann sich auf den Standpunkt stellen, daß ein Pfandrecht als dingliches Verwertungsrecht denselben Umfang hat, wenn es eine Forderung von 100 oder von 1000 sichert. Das beschränkte dingliche Recht belastet das Eigentum an der Pfandsache immer gleich, unabhängig vom Wert der Forderung. Der Umfang der gesicherten Forderung beeinflußt den Umfang des Pfandrechts dann nicht, eine Umfangsakzessorietät gibt es nicht (s. hierzu genauer unten S.105). d) Durchsetzungsakzessorietät Wieder eine andere Wirkung ist bei der Akzessorietät in der Durchsetzung zu finden. Es fordert eine neue Erklärung, daß gegen Hypothek und Fahrnispfandrecht die Einreden geltend gemacht werden können, die gegen die gesicherte Forderung bestehen (§§ 1137, 1211). Eine verfügungsersetzende Wirkung, wie bei der Übergangs- und Erlöschensakzessorietät, oder eine Art Rechtsbedingung, wie bei der Entstehungsakzessorietät, liegt nicht vor. Eine Wirkung scheint wohl vorhanden zu sein, wenn Einreden aus einem Rechtsverhältnis in einem anderen "wirken"; ihre Art zu beschreiben, fällt aber schwer. Die Suche nach dieser Wirkung kann man sich in diesem Zusammenhang aber ersparen, die Durchsetzungsakzessorietät scheitert an der zweiten Voraussetzung, unter der Dogmen stehen. Ihre Wirkung läßt sich auch ohne Akzessorietät erklären, sie ist nicht selbständig, wie sich im nächsten Abschnitt zeigen wird. 3. Die Selbständigkeit der Akzessorietätswirkungen
Beim Erwerb und Verlust des Pfandrechts durch die Übergangs- und Erlöschensakzessorietät handelt es sich um besondere Wirkungen, die nur 10
Gernhuber, S. l02f., der sie auch eine Haftungsakzessorietät nennt.
IH. Die Akzessorietät als Dogma
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im Bürgschaftsrecht eine Parallele haben. Einen Rechtserwerb und -verlust ohne Rechtsgeschäft kraft objektiven Rechts gibt es in der Rechtsordnung auch an anderer Stelle, z. B. in den Fällen der Surrogation oder der Verbindung und Vermischung. Daß aber ein Recht in Bindung an ein anderes erworben und verloren wird, ist eine Besonderheit der akzessorischen Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit kann nicht in andere Wirkungen aufgelöst werden. Auch die als Rechtsbedingung verstandene Entstehungsakzessorietät der Pfandrechte ist in der Rechtsordnung nicht weiter herleitbar. Sie gestaltet die Pfandrechte zwingend und kann als eine Art Typenzwang verstanden werden. Anders verhält es sich mit der Durchsetzungsakzessorietät. Daß in einem Rechtsverhältnis Einreden aus einem anderen geltend gemacht werden können, ist keine Besonderheit der Pfandrechte (und auch nicht der akzessorischen Rechte). Der Bestellung eines Pfandrechts ist insoweit der Fall vergleichbar, daß der Schuldner seinem Gläubiger gegenüber eine neue Verbindlichkeit erfüllungshalber übernimmt (§ 364 Abs. 2) oder ein gesondertes Schuldversprechen abgibt (§ 780). In diesen Fällen ist eine Akzessorietät nicht notwendig, um die Einreden aus dem einen Rechtsverhältnis in das andere überzuleiten. Schon nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts kann der Schuldner dem Gläubiger die Einreden aus dem Grundverhältnis entgegenhalten ll . Es besteht keine Veranlassung, die neue Verbindlichkeit deshalb akzessorisch zu nennen. Der Vergleich mit dem Schuldversprechen läßt aber erkennen, welche Bedeutung die Akzessorietät für die Einredenregelung in den §§ 1137, 1210 hat. Das Recht, gegen den Anspruch aus dem Schuldversprechen die Einreden aus dem Grundverhältnis geltend zu machen, hat der Schuldner nur, wenn das Schuldversprechen die ursprüngliche Schuld nicht umschaffen sollte oder wenn es nicht gerade Zweck des Schuldversprechens war, Einreden aus dem Grundverhältnis auszuschließen 12 . Die Akzessorietät der Sicherungsrechte läßt deutlich hervortreten, daß sie nicht an die Stelle der gesicherten Forderung treten, sondern dem Gläubiger nur die Befriedigung erleichtern sollen. Die Akzessorietät ist nur ein starkes Argument dafür, die Einreden aus dem Forderungsverhältnis auch gegen das dingliche Recht zu gewähren. Die Wirkung der §§ 1137, 1210 ist nicht von der Akzessorietät der Pfandrechte abhängig. Die Einreden haben schon von sich aus die Kraft, über das Rechtsverhältnis, in dem sie entstanden sind, hinauszuwirken. Diese Kraft erklärt auch die Wirkungen der Einreden aus dem Verhältnis der gesicher11
12
s. Palandt / Thomas, § 780 Anm. 5 d. BGH LM § 157 (D) Nr. 5; BGH NJW 1963 S. 2317; BGH WM 1976 S. 907.
3 Mincke
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
ten Forderung gegen das Pfandrecht. Die "Durchsetzungsakzessorietät" hat keinen selbständigen dogmatischen Gehalt. a) accessio Die Suche nach dem Wirkungszusammenhang, der hinter allen Akzessorietätserscheinungen steht, kann man beim Wort Akzessorietät beginnen. Eine Digestenstelle bezeichnet Bürgen und Pfänder (hypotheca und pignus) als accessiones: In allen Fällen der Befreiung werden auch die "Akzessionen" befreit, nämlich Bürgen, "Hypotheken", Pfänder 13 . Der Grundbedeutung nach heißt accessio soviel wie Zubehör, Nebensache l4 . Wenn das Pfandrecht als accessio bezeichnet wird, legt dies das anschauliche Bild nahe, daß es Zubehör, Nebensache der gesicherten Forderung ist. Die moderne Ableitung "Akzessorietät" wäre zu verstehen als die Eigenschaft, Zubehör oder Nebensache zu sein. Das Bild der Akzession hat Averanius ausgemalt: "Wie nämlich Gebäude einstürzen, wenn ihnen das Fundament genommen wird und wie Weinreben zu Boden fallen, wenn die Stöcke weggezogen werden, so fallen diese Obligationen (d. h. die Akzessionen) in sich zusammen, wenn die Hauptobligation, auf die sie sich stützten, beseitigt wird. Diese Obligationen sind wie die Efeuranken, sie folgen der Hauptobligation, ihr haften sie ungenannt an, mit ihr krümmen sie sich, wird diese entzogen, gehen sie sofort ein 15. " Die eindringliche Schilderung von Averanius verdeutlicht, daß der Begriff accessio eher eine Metapher ist, als daß er die Bindung des Pfandrechts an die Forderung erklärt. Windscheid hielt den Begriff wegen seiner Ungenauigkeit überhaupt für juristisch unbrauchbar 16 . Das Bild würde wohl über Gebühr beansprucht, wenn man versuchte, aus ihm Rechtsfolgen herzuleiten. b) Der Sicherungszweck Eine einheitliche Wirkungsweise der Akzessorietät könnte man auch in der Sicherungsfunktion des Pfandrechts suchen. Das Pfandrecht dient not13 D. 46, 3, 43: In omnibus speciebus liberationum etiam accessiones liberantur, puta adpromissores, hypothecae, pignora. 14 Kaser, RPR I, § 102 III Fn. 28. 15 Averanius, Interpr. Jur. 11. 12. 1.: Sicut enim ruunt aedificia, subductis fundamentis et vites decidunt subtractis pedamentis, ita corruerunt hae obligation es sublata principali obligatione, cui innitebantur. Sunt hae obligationes tanquam hederae similes, principalem obligationem sequuntur, ipsi tacite inhaerent, ea falciuntur, ea subducta confestim interciderunt. Zitiert nach Sintenis, Pfandrecht, S. 15 Fn. 2. 16 Windscheid, S. 622.
III. Die Akzessorietät als Dogma
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wendig der Sicherung einer Forderung, also liegt es nahe, daß diese Notwendigkeit auch die akzessorische Abhängigkeit bestimmt: "Das Pfandrecht hat nur einen Zweck - Sicherung einer danebenstehenden Forderung. Nur um dieses Hauptrechts willen tritt es ins Leben; es steht in einer begrifflich notwendigen Abhängigkeit von diesem Recht1 7• " Auch der Sicherungszweck gibt aber keine bestimmten Wirkungen vor, aus denen sich die Akzessorietät erklären ließe. Einem Sicherungszweck dienen ebenso nichtakzessorische Rechte: Sicherungsgrundschuld, Sicherungseigentum, Sicherungszession. Diese werden durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung an die zu sichernde Forderung gebunden. Daneben dienen der Sicherung Rechte, die weder akzessorisch, noch durch eine Sicherungsabrede gebunden sind: Schuldbeitritt, Garantie, Eigentumsvorbehalt etc. 18 • Unter den Sicherungsrechten die akzessorischen nach bestimmten Merkmalen auszugrenzen fällt schwer. Man könnte vielleicht auf die Leistungserwartung des Gläubigers abstellen. Bei den nichtakzessorischen Sicherungsrechten kann der Gläubiger auf eine Leistung in bestimmter Höhe rechnen. Mit den akzessorischen Rechten wird dem Gläubiger keine Leistung in bestimmter Höhe versprochen. Er wird nur dagegen gesichert, daß er seine Forderung bei Fälligkeit deswegen nicht verwirklichen kann, weil der Schuldner leistungsunfähig ist. Eine solche Unterscheidung klang eben schon beim Hinweis auf das Schuldversprechen an. Dort stand das Schuldversprechen, das nur die Rechtsverfolgung erleichtern soll, dem schuldumschaffenden Schuldversprechen gegenüber (s. o. III 3). Mit dem Schuldversprechen, das nur die Rechtsverfolgung erleichtern soll, wird nicht selbständig eine Leistung in bestimmter Höhe versprochen. Trotzdem ist dieses Schuldversprechen nicht akzessorisch. Die Sicherungsformen sind in der Rechtsordnung nicht so unterschieden, daß mit einer nur prozessualen Sicherung zugleich auch die akzessorische Abhängigkeit gegeben wäre. In die Schwierigkeit, aus dem Sicherungszweck bestimmte, begrenzte Rechtswirkungen herzuleiten, ist auch Heck geraten. Heck leugnet nicht, daß die Verbindung von Pfandrecht und Forderung gewisse Rechtswirkungen fordert. Er stellt nur in Abrede, daß zur Erklärung dieser Wirkungen ein selbständiges Akzessorietätsdogma, das von ihm befehdete Anlehnungsdogma, erforderlich sei. Seine Erklärung der Wirkung ist aber für die Pfandrechte viel zu weit. Die Zweckgemeinschaft, der er die Wirkungen zuschreibt, müßte alle anderen Sicherungsrechte in eine ähnliche Abhängig-
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Dernburg I, S. 514. Vgl. Gernhuber, S. 101.
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1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
keit bringen. Heck zieht selbst diese Konsequenz für die Sicherungsgrundschuld wenigstens teilweise 19 • Die Ursache für die besondere Abhängigkeit des Pfandrechts von der gesicherten Forderung begründet Heck dann auch viel spezieller: Es ist der Parteiwille, der mit dem Pfandrecht die Rückzahlung eines Darlehens doppelt sichern will 20 ; der Schuldner will mit seiner Leistung den doppelten Erfolg, die Befreiung von der persönlichen Haftung und der Pfandhaftung 21 ; der Gläubiger tritt als normale Folge der Zweckgemeinschaft beide Rechte zusammen an den Erwerber ab 22 • Entstehungs-, Übergangs- und Erlöschensabhängigkeit beruhen danach auf rechtsgeschäftlichem Willen. Damit ist die Akzessorietät allerdings kein Problem mehr. Heck leugnet in dieser Begründung aber nicht nur das Anlehnungsdogma, sondern die objektivrechtliche Abhängigkeit des Pfandrechts von der Forderung überhaupt. Hinter dem Problem, aus der Sicherungsfunktion der Pfandrechte die Akzessorietätswirkungen zu erklären, steht die allgemeinere Frage nach den Wirkungen, die der Zweck im Recht hat. Die Rechtsordnung hat bei den Sicherungsrechten offenbar mehrere Mittel, die Rechtsstellung des Gläubigers auf einen Zweck zu beschränken. Sie kann dem Sicherungsgeber mit einem Bereicherungsanspruch helfen; sie kann es dem Sicherungsgeber überlassen, sich selbst zu schützen und ihm dafür rechtsgeschäftliche Gestaltungsmöglichkeiten anbieten; sie kann die Akzessorietät des Sicherungsrechts anordnen. Die Wirkung dieser Mittel ist verschieden: Die Akzessorietät wirkt dinglich, der Bereicherungsausgleich obligatorisch, mit einem Rechtsgeschäft können dingliche oder obligatorische Gestaltungen vereinbart werden. Der Zweck allein läßt den Schluß auf bestimmte Wirkungen also noch nicht zu. c) Akzessorietät und Gesamtschuld Um die Wirkungsweise der Akzessorietät zu erklären, findet sich in der Literatur auch der Hinweis auf eine Ähnlichkeit mit der Gesamtschuld. Flume sieht den Unterschied von Akzessorietät und Gesamtschuld darin, daß bei der Gesamtschuld Verbindlichkeiten wec~selseitig aufeinander einwirken, die Akzessorietät dagegen eine nur einseitige Abhängigkeit schafft. Akzessorisch seien Rechte und Verbindlichkeiten, die von einem anderen Recht oder einer anderen Verbindlichkeit in Entstehung, Änderung und
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Heck, Heck, Heck, Heck,
§ 100, 5. § 78 II 5. § 78 II 7. § 78 III 3.
III. Die Akzessorietät als Dogma
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Untergang unbedingt einseitig abhängig sind 23 . Von der Gesamtschuld her nähert sich auch Medicus dem Problem: Bei der (echten) Gesamtschuld seien zweckidentische Forderungen wechselseitig verbunden. Auch die Akzessorietät bedeute eine Verbindung von zweckidentischen Rechten. Im Gegensatz zur Gesamtschuld sei diese Verbindung aber einseitig. Das eine Recht bestimme das Schicksal des anderen, aber nicht auch umgekehrt 24 . Der Vergleich von Gesamtschuld und Akzessorietät scheint auf den ersten Blick für die Bürgschaft - mit der allein sich Flume auseinandersetzt - einleuchtend. Dem Gläubiger stehen bei Gesamtschuld und Bürgschaft jeweils mehrere Leistungsverpflichtete gegenüber. Für das Pfandrecht stimmt der Vergleich aber schon in diesem Punkt nicht. Das Pfandrecht hat keine Leistungspflicht zum Inhalt. Persönlicher Schuldner und Verpfänder sind im Regelfall außerdem dieselbe Person. Für Bürgschaft und Pfandrecht ließe sich die Vergleichbarkeit dadurch herstellen, daß man nicht auf die Verpflichtung abstellt, sondern auf die Berechtigung. Es stehen bei Bürgschaft und Pfandrecht jeweils zwei Rechte nebeneinander, das Recht gegen den Hauptschuldner und das Recht gegen den Bürgen, bzw. das Recht gegen den persönlichen Schuldner und das dingliche Recht an der Pfandsache. Die Grundlage einer gemeinsamen Akzessorietät von Bürgschaft und Pfandrecht liegt darin, daß ein Recht von einem anderen abhängig ist, nicht in der Abhängigkeit von Verpflichtungen 25 . Wenn nicht die Verpflichtung, sondern das Recht Ansatzpunkt der Akzessorietät ist, gerät der Vergleich mit der Gesamtschuldnerschaft in erhebliche dogmatische Schwierigkeiten. Am Gesamtschuldverhältnis sind mehrere Forderungen oder Verpflichtungen beteiligt. Für den Vergleich mit der Akzessorietät müßte aber geklärt werden, ob der Gläubiger im Gesamtschuldverhältnis auch mehrere Rechte hat. Das ist wenigstens zweifelhaft 26 . Die Gesamtschuld gibt aber auch keine Antwort auf die hier gestellte Frage nach einer Erklärung für die Abhängigkeit des Pfandrechts von der gesicherten Forderung in Entstehung, Übergang und Erlöschen. Die Wirkungen der Gesamtschuld sind mit der Akzessorietät kaum zu vergleichen. Die Gesamtschuld hat für die Entstehungsakzessorietät keinen Vergleichspunkt. Die einzelnen Gesamtschuldverpflichtungen sind nicht im Übergang "akzessorisch". Es wird sogar vertreten, daß gesamtschuldnerisch verbun-
Flume, S. 8 f. Medicus, Akzessorietät, S. 497. 25 Daß nur ein Recht akzessorisch sein kann, stellt Jauernig heraus, der damit allerdings nur dem Mißverständnis entgegentritt, Rechtsgeschäfte seien akzessorisch. Jauernig, S. 269. 26 Vgl. die Hinweise bei Staudinger / Kaduk, Einl. vor § 420 Rz. 49ff. 23 24
1. Kap.: Die Akzessorietät im geltenden Pfandrecht
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dene Verpflichtungen durch Abtretung getrennt werden können 27 . Zum Vergleich bietet sich nur die Erfüllung an, die bei Leistung durch einen der Gesamtschuldner für alle wirkt (§ 422 Abs. 1). Nicht einmal diese Wirkung ist aber wirklich mit der Erlöschensakzessorietät zu vergleichen. Im Regelfall geht die Forderung des Gläubigers durch die Erfüllung nicht unter, sondern auf den Gesamtschuldner, der den Gläubiger befriedigt hat, über (§ 426).
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s. Staudinger I Kaduk, § 425 Hz. 54ff.; Palandt I Heinrichs, § 425 Anm. 2 a.E.
Zweites Kapitel
Die Akzessorietät in den Pfandrechtsentwürfen des gemeinen Rechts Das vorige Kapitel hat die Schwierigkeiten der neueren Wissenschaft gezeigt, die Akzessorietät systematisch zu erfassen. Vor diesem Problem steht aber nicht erst die Wissenschaft dieses Jahrhunderts. Die Akzessorietät ist nicht erst durch die Regelung der Pfandrechte im Bürgerlichen Gesetzbuch problematisch geworden. In den heutigen Schwierigkeiten leben die Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts um die Konstruktion des Pfandrechts fort, die auch durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht gelöst worden sind. Die Rechtswissenschaft hatte nach dem Erscheinen von Savignys Schrift "Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft" im Jahre 1814, ihre Aufgabe vor allem in der systematischen Aufarbeitung des in den Rechtsquellen überlieferten Stoffs gesehen. Was die Quellen zum Pfandrecht sagten, sträubte sich aber gegen eine einfache Ordnung. Keine der vorgeschlagenen Lösungen, wie das Pfandrecht zu konstruieren sei, konnte sich allgemein durchsetzen. Noch größere Schwierigkeiten als das römische Pfandrecht bereitete der Versuch, aus den deutschrechtlichen Quellen ein deutsches Pfandrecht zu rekonstruieren. Die unübersichtliche Quellenlage bot reichlich Raum zu einer interpretativen Gestaltung. Um den Hintergrund der wissenschaftlichen Diskussion im vorigen Jahrhundert zu beleuchten, soll die Problemlage im klassischen römischen Recht und im deutschen Recht - insoweit beschränkt auf die Sicht der zeitgenössischen Autoren - kurz aufgerissen werden. I. Die Grundlage der Pfandrechtsentwürfe im klassischen römischen und im deutschen Recht 1. Die Akzessorietät des römischen Pfandrechts
a) Formen der dinglichen Sicherung Im römischen Recht spielten Sicherungsrechte eine besondere Rolle. In Rom gab es die Zwangsvollstreckung nur in der Form eines Konkursverfahrens. Dieses Verfahren ließ sich vermeiden, wenn der Schuldner dem Gläu-
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
biger zur Sicherung ein besonderes Recht bestellte. Das Sicherungsrecht diente so vor allem auch dem Interesse des Schuldners. Das wichtigste Sicherungsrecht war in der römischen Praxis die Bürgschaft. Neben der Bürgschaft stand die Realsicherung, die es seit früher Zeit in zwei Formen gab. Die eine dieser Formen, die fiducia war eine Art Sicherungsübereignung; neben ihr stand das pignus (oder hypotheca), das Pfandrecht im engeren Sinne. Fiducia und pignus unterschieden sich nicht so sehr durch ihre wirtschaftliche Funktion; sie gehörten verschiedenen, dem römischen Recht eigentümlichen Rechtsschichten an: Die fiducia war ein Institut des ius civile, das pignus gehörte ins prätorische Recht. (a) Die fiducia cum creditore contracta Mit der fiducia wurde dem Kreditgeber das Eigentum an einer Sache übertragen, und .zugleich wurde in einem pactum fiduciae vereinbart, daß ihm dieses Eigentum nur zur Sicherung dienen sollte. Der Gläubiger war danach verpflichtet, die Sache nach Erledigung des Sicherungs zwecks zurückzuübereignen. Die fiducia wurde durch förmliches Geschäft begründet, durch mancipatio oder in iure cessio. Beide Geschäfte gehörten dem ius civile an und waren damit römischen Bürgern vorbehalten. Gegenstand der fiducia waren die res mancipi, d.h. wesentliche Vermögensgegenstände, wie Immobilien, Sklaven, Großvieh. Sie konnte in der Weise bestellt werden, daß der Schuldner im Besitz der Sache blieb. Die Rückübertragung des fiduziarisch hingegebenen Eigentums erfolgte in Umkehrung des Bestellungsakts durch remancipatio oder wieder in iure cessio. Der Schuldner hatte gegen den Gläubiger eine besondere Klage, die actio fiduciae. (b) Das pignus (hypotheca) Die Begriffe pignus und hypotheca bezeichnen ein einheitliches Rechtsinstitut. Die Bezeichnung pignus ist älter, sie stimmt schon aus vorklassischer Zeit. Dieses Pfandrecht unterlag nicht den persönlichen und sachlichen Beschränkungen des ius civile. Es konnte an Sachen aller Art bestellt werden, also auch an res nec mancipi, außerdem an Forderungen und an anderen Rechten. Das Bestellungsgeschäft war formfrei, das pignus konnte als Besitzpfand oder - wenigstens in späterer Zeit - als besitzloses Pfand vereinbart werden. Für das besitzlose Pfand wurde die Bezeichnung hypotheca benutzt. Das Rechtsinstitut des pignus wurde im prätorischen Recht, dem sog. Honorarrecht ausgebildet. Der Verpfänder erhielt zur Durchsetzung seines
I. Grundlagen
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Rechts eine dingliche Klage, die actio Serviana. Diese Klage bezog sich zunächst nur auf das Verpächterpfandrecht; bald wurde sie aber auf alle Pfandverhältnisse i. e. S. angewandt und so zur allgemeinen dinglichen Klage des Verpfänders. Für ihre Formel hat Lenel folgenden Wortlaut rekonstruiert:
Si paret inter A:m A:m et L. Titium convenisse, ut ea res qua de agitur A:o A:o pignori esset propter pecuniam debitam, eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii fuisse eamque pecuniam neque solutam neque eo nomine satisfactum esse neque per A:m A:m stare quo minus solvatur, nisi ea res arbitrio iudicis restituetur, quanti ea res erit, tantam pecuniam iudex N:m N:m A:o A:o condemnato, si non paret absolvito 1 • Der Formel liegt folgende Fallgestaltung zugrunde: Aulus Agerius (der Kläger) hatte durch Vertrag mit Lucius Titius das Pfandrecht an einer Sache erworben, die sich nunmehr in den Händen des Numerius Negidius (des Beklagten) befindet. Die Formel nennt die Voraussetzungen, unter denen Numerius Negidius zu verurteilen ist, dem Aulus Agerius den Wert der Pfandsache zu ersetzen, wenn er nicht bereit ist, die Sache herauszugeben. Die Formel der actio Serviana gibt mit den Voraussetzungen der Verurteilung des Pfandbesitzers zugleich die Bedingungen eines wirksamen Pfandrechts an. Erstens muß die verpfändete Sache im Zeitpunkt der Verpfändung wenigstens bonitarisches Eigentum des Verpfänders gewesen sein. Zweitens muß ein Verpfändungsvertrag vorliegen. Drittens muß eine Forderung bestehen, die durch das Pfandrecht gesichert werden soll. Mit der Forderung erlischt das Pfandrecht. Die Formel nennt als Erlöschensgründe, daß auf die Forderung gezahlt worden ist oder daß der Gläubiger eine andere Befriedigung erhalten hat oder daß der Gläubiger es selbst zu vertreten hat, daß die Erfüllung ausgeblieben ist (z.B. wenn er im Annahmeverzug ist). Das Pfandrecht (pignus) unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der fiducia. Es braucht bei ihm nur ein beschränktes dingliches Recht bestellt, nicht das volle Eigentum übertragen zu werden. Eine Rückübertragung nach Erledigung des Sicherungszwecks ist beim pignus nicht vorgesehen, die Berechtigung des Pfandnehmers entfällt ohne einen besonderen Übertragungsakt. Die Durchführung des Sicherungsverhältnisses braucht bei der fiducia drei Rechtsgeschäfte: Übertragung des Eigentums, Siche-
1 Lenel, S. 494f.: Wenn es sich erweist, daß der Kläger und Lucius Titius vereinbart haben, der Kläger solle an der streitigen Sache wegen einer Geldschuld ein Pfandrecht haben und daß diese Sache zur Zeit der Vereinbarung dem Lucius Titius gehört hat und wenn es sich erweist, daß das Geld weder gezahlt, noch sonst Befriedigung geleistet worden ist und daß es der Kläger nicht zu vertreten hat, daß nicht geleistet worden ist und wenn diese Sache nicht durch das Ermessen des Richters restituiert werden wird, dann soll der Richter den Beklagten verurteilen, dem Kläger soviel zu zahlen, wie die Sache wert sein wird; wenn es sich nicht erweist, soll er freisprechen.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
rungsabrede und Rückübertragung nach Erledigung des Sicherungszwecks. Das pignus kommt dagegen mit einem Rechtsgeschäft, dem Verpfändungsvertrag, aus. (c) Die aestimatio Wahrscheinlich hat es im römischen Recht neben fiducia und pignus noch eine dritte Form der pfandrechtlichen Sicherung gegeben. Kunkel hat mit der aestimatio ein weiteres Pfandrecht, das den Charakter eines Ersatzpfandes hat, zur Diskussion gestellt2. Auch die aestimatio hat nach Kunkels Darstellung der Sicherung einer Leistungsverpflichtung gedient. Durch die Ästimationsabrede wurde dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt, seine Leistung, anstatt in der eigentlich geschuldeten Form, auch durch Preisgabe eines bestimmten Gegenstandes aus seinem Vermögen zu erbringen. Zu diesem Zweck wurde das Pfandobjekt in seinem Wert abgeschätzt, "ästimiert". Die Ästimationsabrede wurde nicht zu dem Zweck getroffen, dem Gläubiger einen bestimmten Gegenstand zuzuwenden. Sie sollte ihm nur eine Befriedigungsmöglichkeit durch Verkauf des Pfandes verschaffen. Das Pfand brauchte deshalb bei der aestimatio nicht übereignet zu werden, es genügte die Einräumung eines Verkaufsrechts 3 • Kunkel sieht in der aestimatio die eigentliche Grundform des besitzlosen Pfandrechts 4 • Unklar bleibt, wie er eingesteht, die Rechtsstellung des Gläubigers. Eine dingliche Berechtigung am Pfandgegenstand in der Art, daß der Gläubiger die Sache auch bei Dritten verfolgen kann, schließt Kunkel aus 5 • Eine dingliche Berechtigung dürfte aber Voraussetzung sein, um das Ästimationspfand unter die Pfandrechte einreihen zu können. Daraus, daß die aestimatio kein Verfolgungsrecht gegenüber Dritten gab, wird man aber nicht schon schließen können, daß der Gläubiger keine dingliche Rechtsstellung gehabt hätte 6 • Schon das Verkaufsrecht an fremder Sache dürfte das Recht als dingliches ausweisen. b) Die Akzessorietät des pignus Die Formel der actio Serviana zeigt das Pfandrecht in zweifacher Hinsicht von einer Forderung abhängig. Der Gläubiger hat nur dann ein Recht an der
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Kunkel, S. 156ff. Kunkel, S. 161ff. Kunkel, S. 160. Kunkel, S. 165 Fn. 25. So Kaser Lehrbuch, § 31 III 2.
I. Grundlagen
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Pfandsache, wenn ihm das Pfandrecht zur Sicherung einer Forderung bestellt worden ist, .. .propter pecuniam debitam. Das Pfandrecht setzt für seine Entstehung eine Forderung voraus. Nach der Klageformel schon ist das Pfandrecht auch in seinem Fortbestand von der Forderung abhängig. Jedenfalls verliert der Gläubiger das Pfandrecht in den Fällen, in denen er wegen seiner Forderung befriedigt worden ist oder die Nichtbefriedigung selbst zu vertreten hat, ... eamque pecuniam neque solutam etc. Das Pfandrecht ist insoweit auch im Erlöschen von der gesicherten Forderung abhängig. Beide Formen der Abhängigkeit wirken kraft objektiven Rechts. Dies läßt am besten der Vergleich mit der fiducia erkennen. Die Eigentumsübertragung ist bei der fiducia wirksam, auch wenn die zu sichernde Forderung nicht besteht. Der Besteller hat nur einen obligatorischen Anspruch aus dem pactum fiduciae, mit dem er die Sache zurückverlangen kann. Das Pfandrecht entsteht nicht ohne Forderung. Obwohl die Parteien ein Pfandrecht vereinbart haben, tritt die beabsichtigte Rechtsänderung nicht ein, wenn die zu sichernde Forderung nicht wirksam ist. Das Eigentum des Verpfänders bleibt unbelastet; er kann das Pfand mit der Eigentumsklage zurückverlangen 7 • Ebenso hat der Schuldner bei der fiducia nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübereignung des Sicherungsgegenstandes, wenn er den Gläubiger befriedigt. Das Eigentum des Sicherungsnehmers wird durch die Zahlung nicht unmittelbar berührt. Der Pfandgläubiger verliert sein dingliches Recht von selbst, wenn er befriedigt wird. Er braucht es nicht auf den Verpfänder zurückzuübertragen. Beim pignus sind die bei den im ersten Kapitel dargestellten Akzessorietätswirkungen zu erkennen. Die Forderung wirkt in der Entstehung des Pfandrechts wie eine Rechtsbedingung (Entstehungsakzessorietät). Im Erlöschen des Pfandrechts mit der gesicherten Forderung ersetzt die Akzessorietät eine Verfügung über das Pfandrecht. Die Formel der Pfandklage gibt keinen Aufschluß für einen Übergang des Pfandrechts mit der Forderung bei Abtretungen. Eine Übergangsakzessorietät ist aber im römischen Recht auch nicht zu erwarten. Es kannte noch keine allgemeine Befugnis des Gläubigers, durch Abtretung über ein Forderungsrecht zu verfügen. Eine ähnliche Erscheinung wie die Übergangsakzessorietät kannte das römische Pfandrecht aber in den Fällen der sog. hypothekarischen Sukzession (dazu u. (c)).
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Kaser, Studien II, S. 204.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
(a) Die Wirkungsweise der Akzessorietät Das Nebeneinander von fiducia und pignus im römischen Recht bestätigt zunächst, daß aus dem Sicherungszweck eines Rechts nicht ohne weiteres auf seinen akzessorischen Charakter geschlossen werden kann. Im Sicherungszweck unterscheiden sich das akzessorische pignus und die selbständige fiducia nicht. Die Frage, warum das eine Sicherungsrecht akzessorisch ist, das andere aber nicht, ist auch im römischen Recht offen. Kaser erklärt die Akzessorietät mit dem ursprünglich geltenden Grundsatz des Pfandverfalls. Im älteren Recht verfiel das Pfand regelmäßig, wenn es nicht eingelöst wurde. Der Gläubiger durfte das Pfand anstelle der geschuldeten Summe behalten. Kaser deutet dies so, daß der Gläubiger das Pfand durch eine vorweg eingeräumte datio in solutum erwarb. Die Leistung an Zahlungs Statt ist nur möglich, wenn eine Forderung, auf die geleistet wird, besteht. Hiermit sieht Kaser den Grund für die Akzessorietät des Pfandrechts gelegt 8 • Kasers Herleitung erklärt die Akzessorietät aber nur zum Teil. Sie leuchtet für die Entstehungsakzessorietät ein. Der Tatbestand der Leistung an Zahlungs Statt mag wie der Tatbestand des Pfandrechts eine Forderung voraussetzen. Ungeklärt bleibt in dieser Herleitung die Erlöschensakzessorietät, in der die Akzessorietät eine Verfügung ersetzt. Das Pfandrecht sieht wie die Leistung an Zahlungs Statt, die Befriedigung des Gläubigers durch eine andere als die ursprünglich geschuldete Leistung vor. Es ist aber nicht die Wirkung, daß der Gläubiger auch durch das Pfand befriedigt werden kann, um die es bei der Akzessorietät geht. Die der Erlöschensakzessorietät des Pfandrechts vergleichbare Wirkung wäre bei der datio in solutum an anderer Stelle zu suchen. Dazu müßte das in solutum Geleistete von selbst zurückfallen, wenn die ursprüngliche Schuld nicht besteht oder wenn diese Schuld erfüllt wird. Eine solche Wirkung hat die datio in solutum aber nicht. Nicht die Leistung an Zahlungs Statt ist mit der Akzessorietät vergleichbar, sondern allenfalls die Abrede, daß die Leistung erst unter bestimmten Voraussetzungen an die Stelle der ursprünglichen Leistung treten soll. Diese Abrede wäre als aufschiebende oder auflösende Bedingung vorstellbar. Vergleichbar wäre die Erlöschensakzessorietät also mit einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Bedingung. Die datio in solutum erklärt als solche die Akzessorietät nicht.
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Kaser, Studien 11, S. 208; vgl. Kaser, Lehrbuch, § 31 I 2; Kaser RPR I, § 38 III 2.
I. Grundlagen
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(b) Der Umfang der Akzessorietät Aus der Formel der actio Serviana geht hervor, daß es im römischen Pfandrecht Akzessorietätswirkungen gab. Schon diese Feststellung reicht für uns aus, um von einem Akzessorietätsdogma zu sprechen. Große Schwierigkeiten bereitet es aber, den Umfang dieses Dogmas näher einzugrenzen. In den Quellen sind Aussagen römischer Juristen überliefert, in denen das Pfandrecht ohne Forderung besteht oder doch nicht mehr der Sicherung der Forderung dient, für die es ursprünglich bestellt war. Diese Fälle scheinen einem folgerichtig durchgeführten Akzessorietätsdogma zu widersprechen. Alle Bemühungen, die Fälle der Abweichung in allgemeinen Regeln zu erfassen, waren vergeblich. Windscheid stellte resigniert fest, daß diesen Fällen ein Prinzip fehlt 9 • Schulz spricht von "komplizierten Fällen", in denen das Pfandrecht fortbesteht, wenn die Schuld ohne Befriedigung des Schuldners untergeht 10 • (1) Entstehungsakzessorietät Unproblematisch ist die Entstehungsakzessorietät. Den Grundsatz, daß ein Pfandrecht nur entstehen kann, wenn eine zu sichernde Forderung vorhanden ist, hat das römische Recht konsequent befolgt. Es konnten zwar auch bedingte, befristete oder zukünftige Forderungen pfandrechtlich gesichert werden l l , die Bedingung oder Befristung galt dann aber auch für das Pfandrecht1 2 • Auch bei Sicherung künftiger Forderungen dürfte das Pfandrecht erst mit der Forderung entstanden sein 13 . Der Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht ist in diesen Fällen gewahrt, die Entstehungsakzessorietät vollständig. (2) Erlöschensakzessorietät Unsicher ist erst der Umfang, in dem die Erlöschensakzessorietät wirkt. Die Formel der actio Serviana nennt drei Fälle, in denen das Pfandrecht erlischt: Die Erfüllung der Forderung (solutio), die anderweitige Befriedigung (satisdatio) und den Fall, daß der Gläubiger die Nichtleistung zu vertreten hat. In diesen Fällen geht die Forderung unter und mit ihr das Pfandrecht. Man könnte hieraus die Regel ableiten, daß das Pfandrecht vom rechtlichen Bestand der Forderung abhängig ist. In allen Fällen, in denen dem Windscheid, § 249 1 b. Schulz, S. 422. 11 D. 20, 1, 5 pr. u D.20,1,13,5;20,6,5, 1. 13 Vgl. Windscheid, § 225 1. 9
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Gläubiger das Forderungsrecht genommen ist, soll auch das Pfandrecht erlöschen. Man kann aus den Fällen, die in der actio Serviana genannt sind, aber auch eine engere Regel ableiten. Der Gläubiger soll das Pfandrecht nur in den Fällen verlieren, in denen er irgendwie befriedigt worden ist oder sein Befriedigungsrecht verwirkt hat. Die in der Klageformel genannten Gründe werden dann eng verstanden. Beide Lesarten der Formel lassen sich durch überlieferte Entscheidungen belegen. Es sind Fälle überliefert, in denen das Pfandrecht mit der Forderung unterging, obwohl von einer Befriedigung des Gläubigers nicht gesprochen werden kann : Schuldumschaffungl 4, Erlaß15, pactum de non petendo 16 • Man könnte aus diesen Fällen schließen, daß die weitere Lesart die zutreffende ist. Es käme für den Untergang des Pfandrechts auf den rechtlichen Bestand der Forderung an, nicht auf die Befriedigung des Gläubigers. In anderen Fällen scheint aber der entgegengesetzte Grundsatz gegolten zu haben. Wenn durch die litis contestatio der privatrechtliche Anspruch des Klägers auf Leistung in einen prozeßrechtlichen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten umgewandelt wurde, erlosch die ursprüngliche Forderung. Trotzdem blieb ein zur Sicherung dieser Forderung bestelltes Pfandrecht erhalten 17 . Hierher gehört auch der Fall, daß ein Bürge durch ein Pfand seine Verpflichtung wiederum gesichert hat und dann vom Hauptschuldner beerbt wird. Die Bürgschaftsverpflichtung erlosch, das zu ihrer Sicherung bestellte Pfand blieb aber selbständig bestehen 18 . In diesen Fällen war das Pfandrecht offenbar nicht vom rechtlichen Bestand der gesicherten Forderung abhängig. Sie lassen sich erklären, wenn man die engere Lesart der Formel der Pfandrechtsklage zugrunde legt: Das Pfandrecht blieb bestehen, weil der Gläubiger nicht befriedigt worden ist.
Die bei den Lesarten widersprechen sich, es kann nur eine von ihnen gelten. Aber welche Lesart auch gelten soll, man hat sich mit Fällen aus ein anderzusetzen, die mit ihr nicht zu vereinbaren sind. (3) Der Streit um die Pfandbefreiungsklausel
Das Thema dieser Untersuchung, die Akzessorietät des Pfandrechts, haben für das römische Recht Umberto Ratti1 9 und Edoardo Carrelli behan14
D. 13, 7, 11, 1, novatio.
15 D. 46, 3, 49, acceptiZatio.
D. 2,14,17,2; 20, 6, 5 pr. D. 20, 1, 13, 4. 18 D. 46, 3, 38, 5; vgl. Schulz, S. 422f.; weitere Fälle bei Windscheid, § 249 1 b. 19 Die Abhandlung von Ratti, Sull' accessorietii deZ pegno (Macerata 1927), war mir nicht zugänglich, und wird hier nach der Darstellung von Carrelli zitiert. 16 17
1. Grundlagen
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delt. Sie haben versucht, den Umfang der Akzessorietät des Pfandrechts im römischen Recht anhand der BefreiungsklauseI der actio Serviana genauer zu bestimmen. Kernpunkt der Frage ist, welche Bedeutung das Wort "solvere" in der Klausel hat. Solvere kann allgemein, als "Lösung" verstanden werden. Erlischt das Pfandrecht mit der Lösung des Schuldners, hat die Klausel den oben dargestellten weiteren Sinn; denn von einer Lösung kann man in allen Fällen sprechen, in denen der Schuldner nicht mehr verpflichtet ist, auf die Forderung zu leisten. Auf die Befriedigung des Gläubigers kommt es dann nicht an.
Solvere kann aber auch in einem technischeren Sinne als "Zahlung" verstanden werden. Dann stellt der erste in der Pfandbefreiungsklausel genannte Grund zugleich den engsten dar. Er liegt nur vor, wenn die gesicherte Forderung durch Zahlung erloschen ist. Für die gesamte Klausel ergibt sich der engere Sinn, der eine Befriedigung des Gläubigers verlangt. Umberto Ratti ist in seiner Untersuchung der Akzessorietät des römischen Pfandrechts vom weiteren Begriff von solvere ausgegangen. "Lösen" sei die ursprünglichere Bedeutung. Eine frühzeitliche, noch nicht ganz verschwundene Vorstellung habe die Obligation als Fessel verstanden. Der Schuldner war an den Gläubiger gebunden, während gleichzeitig der Schuldner die geschuldete Sache, die dem Gläubiger zukam, an sich gebunden hielt. Daraus erschließt Ratti für den Ausdruck pecuniam solvere die Bedeutung, daß der Schuldner das Geld von seiner Fessel befreie. Dies könne durch Übergabe des Geldes an den Gläubiger geschehen. Eine Lösung folge aber auch aus jedem anderen Vorgang, der die Verpflichtung zur Übergabe des Geldes beseitigt. Das Geld falle dann dem Schuldner zu20 • Das Pfandrecht ist bei Ratti funktional an die Forderung gebunden (accessorietd funzionale)21. Ohne Forderung kann es keinen Bestand haben. Es entfällt in allen Fällen, in denen die Forderung untergeht, auch wenn der Gläubiger nicht befriedigt wird. Für ihn werden die Fälle problematisch, in denen nach Aussage der Quellen des Pfandrechts trotz Untergangs der Forderung weiterbestand 22 . Dem Akzessorietätsbegriff bei' Ratti ist Carrelli entgegengetreten. Er besteht auf der Bedeutung "zahlen" von solvere 23 . Die Pfandbefreiungsklausel erhält dadurch den engeren Inhalt: Der Schuldner kann der Pfandklage des Gläubigers nur entgegenhalten, daß er ihn wegen der Hauptforderung befriedigt hat, daß er ihm anstelle des Pfandes einen Bürgen gestellt hat oder daß der Gläubiger sich im Verzug befindet. Ist die Forderung auf20
21 22
23
Ratti, nach Carrelli, S. 7 f. Vgl. Carrelli, S. 68. Ratti, nach Carrelli, S. 8. Carrelli, S. 10 ff.
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
grund anderer Umstände erloschen, ist der Gläubiger nicht gehindert das Pfandrecht geltend zu machen 24 • Für Carrelli sind so die Fälle, in denen das Pfandrecht ohne Forderung fortbesteht, kein Problem mehr. Er erreicht das, indem er den Grundsatz, das "Dogma" aufgibt. Eigentlich erklärt Carrelli also die Akzessorietät im römischen Recht nicht, sondern er beschränkt sie. Er zieht aus seinem Untersuchungsergebnis auch die Folgerungen für den Akzessorietätsbegriff. Die Bindung des Pfandrechts besteht bei ihm nur im allgemeinen (accessorietd generica)25. Sie ist nur eine Regel, kein festes Prinzip. Kaser hat das uneinheitliche Bild der Akzessorietät in den Aussagen der römischen Juristen überzeugender erklärt als Ratti und Carrelli. Kaser geht davon aus, daß bei Schaffung der Formel der actio Serviana an eine Befreiung des Pfandes wirklich nur in den Fällen gedacht war, in denen der Gläubiger befriedigt wurde. Später zeigten sich weitere Fälle, in denen ein Sicherungsbedürfnis nicht oder nicht mehr vorhanden war, ohne daß eine Befriedigung des Gläubigers eingetreten wäre. Die Juristen tasteten die Klageformel nicht an und begnügten sich anstatt dessen damit, das satisfacere in der Formel weit auszulegen 26 . Kaser setzt beim zweiten in der Klageformel genannten Erlöschensgrund an. Er bleibt bei der engeren Bedeutung "zahlen" für solvere. Durch die Ausdehung des satisfacere lassen sich auch die Schuldumschaffung, der Erlaß und das pactum de non petendo von der Formel erfassen, obwohl man von einer Befriedigung in diesen Fällen eigentlich nicht sprechen kann. Wenn man Kaser folgt, ist die Akzessorietät des Pfandrechts im Erlöschen keine mechanische Abhängigkeit von der Forderung. Die Erlöschensakzessorietät enthält eine Wertung, die das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers zum Gegenstand hat. Bei der Schuldumschaffung, beim Erlaß und beim pactum de non petendo verzichtet der Gläubiger freiwillig auf die Durchsetzung der Forderung, damit fällt auch sein Sicherungs bedürfnis hin. Ihm geschieht kein Unrecht, wenn ihm das Pfandrecht genommen wird. Kasers Erklärung schließt auch nicht aus, daß in bestimmten Fällen das Pfandrecht auch ohne Forderung weiterbesteht, wenn der Gläubiger ein Sicherungsbedürfnis hat. Im Regelfall aber dürfte das Sicherungsbedürfnis nur vorhanden sein, wenn die Forderung besteht. Das uneinheitliche Bild der Erlöschensakzessorietät in den Quellen wird in Kasers Erklärung durchschaubar.
24 25
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Carrelli, S. 69. Carrelli, S. 70. Kaser, Studien 11, S. 205.
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(c) Hypothekarische Sukzession und Akzessorietät Die hypothekarische Sukzession ist ein Vorgang, bei dem Pfandberechtigungen, die in einem Rechtsverhältnis begründet waren, in einem anderen fortbestehen. Es war z. B. im römischen Recht möglich, eine Forderung durch Novation in der Weise auszuwechseln, daß Pfandrechte, die zur Sicherung der alten Forderung bestellt waren, für die neue fortbestanden 27 • Eine hypothekarische Sukzession wird auch in folgenden Fällen gesehen: Ein Dritter, der dem Schuldner Mittel zur Befriedigung seines Gläubigers gewährt hat, läßt sich das Pfandrecht des abgefundenen Gläubigers übertragen. Es sichert jetzt den Rückzahlungsanspruch des Geldgebers gegen den Schuldner28 • Statt des Pfandrechts konnte der Dritte auch das Eigentum an der Pfandsache auf sich übertragen lassen. Wenn an der Sache mehrere Pfandrechte bestanden, erhielt der Dritte mit dem Eigentum an der Sache auch die Stellung des befriedigten Pfandgläubigers 29 . Wenn ein Pfandgläubiger das Pfandrecht eines vorstehenden Gläubigers ablöste, erhielt er ohne besondere Vereinbarung ein Befriedigungsrecht im Range des abgelösten Pfandrechts (ius offerendi)30. In allen Fällen der hypothekarischen Sukzession löst sich das Pfandrecht von der Forderung, für die es ursprünglich bestellt war. Ein neuer Inhaber hat eine Rechtsstellung, in die Berechtigungen eines früheren Gläubigers eingegangen sind. Die hypothekarische Sukzession scheint dadurch im Gegensatz zur Akzessorietät zu stehen, die das Pfandrecht an eine bestimmte Forderung anlehnt. Akzessorietät und pfandrechtliche Sukzession nähern sich einander aber an, wenn man sie unter dem Blickwinkel der Wirkung betrachtet. Wie bei der Übergangsakzessorietät scheint in den Fällen der Sukzession eine pfandrechtliche Berechtigung von selbst, von Rechts wegen überzugehen. Eine solche Wirkung könnte man vor allem im Falle der Novation der gesicherten Forderung erblicken. Im Unterschied zur Übergangsakzessorietät geht das Pfandrecht bei der Novation aber nicht von selbst auf die neue Forderung über, sondern es ist hierfür eine Vereinbarung der Parteien nötig31 • Als ähnlich erweisen sich Akzessorietät und Sukzession erst, wenn man im Vergleich den Blick bei der Sukzession auf die Berechtigung an der Rangstelle beschränkt. Im römischen Recht galt das Prinzip des gleitenden 27 28
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D. 12, 5, 21 pr.; 20, 4, 3 pr.; s. Windscheid, § 233b 1; Kaser, RPR I, § 110 III 3. D. 20, 3, 3; vgl. Windscheid, § 233 b 2 mit Fn. 4; Kaser, a. a. O. D. 20, 5, 3,1; vgl. Windscheid, § 233b 3; Kaser, a.a.O. D. 20, 4, 12, 6; 20, 5, 5 pr.; vgl. Windscheid, § 233 b 4; Kaser, a. a. O. Windscheid, § 233b Fn. 4; Kaser, a.a.O.
4 Mincke
2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
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Ranges; wurde ein Pfandrecht abgelöst, rückten nachstehende Pfandgläubiger auf. Ein Recht des Eigentümers an der Rangstelle bestand nicht. Danach hätte der Schuldner bei einer Novation der gesicherten Forderung zwar das alte Pfandrecht, nicht aber seine Rangstelle einräumen können. Dies konnte erst die hypothekarische Sukzession bewirken. Allein darin, daß die Rangstelle, in der eine bestimmte Forderung gesichert war, nicht verlorenging, sondern für eine neue Forderung oder einen neuen Berechtigten erhalten wurde, lassen sich die Fälle der hypothekarischen Sukzession vereinigen32 • In der Erhaltung der Rangstelle liegt eine nicht vom Berechtigten herbeigeführte, eine objektiv-rechtliche Wirkung, in der sich hypothekarische Sukzession und Akzessorietät vergleichen lassen. Die Wirkung hat bei den beiden Vorgängen aber eine verschiedene Grundlage. Bei der Akzessorietät folgt die Pfandberechtigung der Forderung; in den Fällen der hypothekarischen Suzkzession scheint eine Berechtigung aus dem Pfandrecht auf einen Dritten überzugehen, der einen Wert zur Ablösung der bisher gesicherten Forderung aufgebracht hat. 2. Der Sicherungszweck des deutschen Pfandrechts
a) Das deutsche Pfandrecht als "Kauf auf Wiederkauf" Die pfandrechtliche Sicherung hat schon früh im deutschen Recht große Bedeutung gehabt. Sie ist in zahlreichen Urkunden belegt. Gerade die Fülle der Quellen ist aber für die deutschrechtliche Wissenschaft ein dauerndes Problem gewesen. In verschiedenen Gebieten waren unterschiedliche Pfandrechte in Gebrauch; dazu wurden aber auch unterschiedliche Pfandrechte gleichzeitig innerhalb eines Gebietes verwendet. Es sind schließlich Zweifel aufgekommen, ob die verschiedenen Formen des Pfandrechts in einem gemeinsamen Begriff erfaßt werden können 33 • Wohl das größte Hindernis, das deutsche Pfandrecht in seiner Eigenart wissenschaftlich zu erfassen, lag in dem Vorsprung der romanistischen Rechtswissenschaft. Die Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts hatte ihre Ordnungsbegriffe in Auseinandersetzung mit dem römischen Rechtsstoff gebildet. Die "römische Brille" behinderte den Blick und verzerrte die zutreffende Erkenntnis der deutschen Rechtsinstitute. In den Quellen fanden sich Aussagen zum deutschen Pfandrecht, die aus romanistischer Sicht befremdlich waren: Der Gläubiger konnte die Einlösung des Pfandes nicht verlangen, nur der Pfandschuldner hatte ein Recht 32 33
Vgl. die Kennzeichnung bei Windscheid, § 233 a.E., Kaser, a.a. O. Meibom, Pfandrecht, S. 14.
1. Grundlagen
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dazu 34 . Der Gläubiger durfte die Nutzungen der Sache ziehen, trug aber das Risiko des zufälligen Untergangs der Pfandsache, d. h. er büßte in diesem Falle alle Rechte gegen den Pfandgeber ein. Mit dem durch das Pfand nicht gedeckten Betrag seiner Forderung fiel der Gläubiger aus. Der Verpfänder konnte seine Berechtigung am Pfand nicht mit einer sachverfolgenden, sondern nur mit einer Forderungsklage geltend machen 35 . Diese Eigenarten zeigten den Pfandgläubiger in einer eigentümerähnlichen Stellung. Die nächstliegende Erklärung war, daß das deutsche Pfandrecht den Charakter eines Verkaufs auf Wiederkauf hatte. Diese Auffassung war lange herrschend36 • Sie ließ Parallelen zur fiducia erkennen, bei der im römischen Recht zur Sicherung einer Forderung das Eigentum an einer Sache übertragen wird 37 . Die Lehre vom Kauf auf Wiederkauf löst das Verhältnis von Pfandrecht und Forderung denkbar einfach. Zu einem Nebeneinander beider Rechte, wie es die Akzessorietät voraussetzt, kommt es nicht. Das Forderungsrecht des Gläubigers, das gesichert werden soll, ist Kaufpreis des " Pfandes " . Mit der Hingabe der Sache erlischt die Forderung; der Pfandgeber ist nicht weiter verpflichtet. Seine Berechtigung erschöpft sich darin, daß er die Sache zurückkaufen kann 38 • Die Angaben in den Quellen, daß der Gläubiger neben der Pfandberechtigung kein Forderungsrecht gegen den Schuldner hat, erklärt sich ebenso, wie der Verlust aller Gläubigerrechte, wenn die Sache zufällig untergeht. Natürlich war der Gläubiger vor dinglichen Ansprüchen des Schuldners sicher und durfte die Nutzungen der Sache ziehen, wenn sie ihm übereignet war. Diese Pfandrechtslehre geriet aber durch den Nachweis ins Wanken, daß auch in Deutschland schon vor der Rezeption des römischen Rechts zwischen Pfandrecht und Verkauf einer Sache auf Wiederkauf unterschieden wurde 39 . b) Ältere und neuere Satzung (Alb recht) Eine deutlichere Gestalt nahm das deutsche Pfandrecht in Albrechts Untersuchung "Die Gewere" aus dem Jahre 1828 an. Das deutschrechtliche Institut der Gewere, das im römischen Recht keine Entsprechung hat, konnte in der romanistischen Systematik nicht erfaßt werden. Albrecht mußte neue Unterscheidungen einführen, und dies kam auch der Pfandrechtsforschung zugute. 34 35 36
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39
4'
Vgl. Schräder / Künßberg, S. 780f., Stobbe, S. 295. Schräder / Künßberg, S. 780. Meibom, Pfandrecht, S. 7 f. Rückert, S. 116ff. Vgl. Albrecht, S. 146. Vgl. Meibom, Pfandrecht, S. 10f.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Albrecht unterscheidet zwei Arten der Gewere, die Gewere an Grundstücken und die an Fahrnis. An Fahrnis gibt es grundsätzlich nur eine, ungeteilte Gewere. An Grundstücken können verschiedene Arten der Gewere gleichzeitig bestehen; Voraussetzung ist nur, daß der rechtliche Grund der einen mit dem rechtlichen Grund der anderen verträglich ist4o • Wie die Gewere ist auch das Pfandrecht nach seinem Gegenstand zu unterscheiden, denn mit dem Pfandrecht wird dem Gläubiger auch eine Gewere eingeräumt. Beim Fahrnispfand, das immer Besitzpfand war, übertrug der Verpfänder die volle Gewere auf den Gläubiger. Mit der Übertragung der Gewere hatte der Pfandgeber keine Möglichkeit mehr, die Sache als sein Eigentum - durch Anefang - herauszuverlangen. Dem stand der Grundsatz "Hand muß Hand wahren" entgegen41 . Albrecht gab einem Vorgang, der aus römischrechtlicher Sicht wie eine Eigentumsübertragung aussah, eine Deutung, die ihn als besondere deutschrechtliche Gestaltung zeigte, die keine Vollrechtsübertragung bedeutete. Beim Grundpfandrecht teilt sich für Albrecht die Gewere immer in eine Eigentumsgewere und eine pfandrechtliche, die Satzungsgewere. Die Rechtsstellung des Inhabers der Satzungsgewere, des Pfandgläubigers, konnte verschiedenen Inhalt haben. Daraus ergaben sich zwei verschiedene Pfandrechtsarten, die ältere und die neuere Satzung. Bei der älteren Satzung, die in der Zeit des Sachsenspiegels zu finden ist, werden dem Gläubiger Besitz und Genuß des Pfandes mit der entsprechenden Gewere eingeräumt 42 . In der Zeit nach dem Sachsenspiegel findet sich mit der neueren Satzung die Möglichkeit, ein Grundstückspfandrecht auch ohne Besitzübertragung zu bestellen. Es entsteht, wie die ältere Satzung, durch gerichtliche Auflassung. Der Gläubiger erhält wieder eine Satzungsgewere43 • Bei den Grundpfandrechten wurde also wie beim Fahrnispfand eine Gewere übertragen, nicht das Eigentum. In einer anderen Abgrenzung zeigen sich die Pfandrechte, wenn man sie vom Verwertungsverfahren her betrachtet. Es stehen dann Fahrnispfand und neuere Satzung auf der einen Seite der älteren Satzung auf der anderen Seite gegenüber. Fahrnispfand und neuere Satzung wurden in einem Distraktionsverfahren verwertet, durch Aufgebot, Einlösungsangebot an den Schuldner und gegebenenfalls Veräußerung der Pfandsache 44 • Für die ältere Satzung ist in den Quellen ein solches Verfahren nicht erwähnt. Ist bei
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43 44
Albrecht, Albrecht, Albrecht, Albrecht, Albrecht,
S. S. S. S. S.
126f. 137. 142ff. 14 7ff. 148.
1. Grundlagen
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ihr eine Einlösungsfrist angegeben und verstreicht sie, führt das nur zur unveränderten Fortdauer der Satzung. Aus diesem Unterschied im Verwertungsverfahren kann man auch einen Unterschied im Verhältnis von Pfandrecht und Forderung herauslesen. Die ältere Satzung, bei der das Pfandrecht ohne Verwertung fortdauert, kannwie die ältere Ansicht meinte - tatsächlich als eine Art des Kaufs auf Wiederkauf erscheinen. Gegenstand des Kaufgeschäfts ist allerdings nicht das Vollrecht am Pfandgrundstück, sondern nur die vom Eigentum abgetrennte Satzungsgewere45 • Durch diesen Kauf wird das Rückforderungsrecht z. B. eines Darlehensgebers als Kaufpreis verbraucht. Pfandrecht und Forderung bestehen dadurch nicht gleichzeitig; die Frage nach ihrem Verhältnis stellt sich nicht. Zum Problem wird das Verhältnis von Pfandrecht und Forderung bei den Pfandrechten, für die ein Distraktionsverfahren vorgesehen ist, beim Mobiliarpfandrecht und bei der neueren Satzung. In der Aufforderung an den Schuldner, das Pfandrecht einzulösen, kann man eine Wirkung des Rechtsgeschäfts sehen, zu dessen Sicherung das Pfandrecht bestellt wurde. Das Forderungsrecht wirkt hier noch fort und steht neben dem Pfandrecht. Die wissenschaftliche Literatur hat sich nur sehr vorsichtig zu einer Bindung des Pfandrechts an die Forderung geäußert. Eine Akzessorietät, wie die des römischen Pfandrechts, schien das deutsche Pfandrecht nicht zu binden. Im übrigen ließen die Quellen für verschiedene Deutungen Raum. So standen für Beseler Forderung und Pfandrecht nebeneinander. Die Zahlung der Schuld wirkte auf das dingliche Recht ein, aber nicht im Sinne einer unmittelbaren Gestaltung, wie die Akzessorietät. Der Schuldner erhielt durch die Zahlung - bei der neueren Satzung jedenfalls - nur einen Anspruch auf Aufhebung des Pfandrechts 46 . Eine differenziertere Lösung stellte Meibom in seiner Schrift "Das deutsche Pfandrecht" aus dem Jahre 1867 vor. c)
Die Pfandrechtsbindung bei Meibom
Das Verhältnis des deutschen Pfandrechts zur gesicherten Forderung hat erstmals Viktor von Meibom zum Gegenstand einer systematischen Untersuchung gemacht. Seine Schrift "Das deutsche Pfandrecht" sollte ausdrücklich auch der Klärung dieser Frage dienen 47 . Meibom vertrat in seiner Arbeit zwei Thesen: Mit der ersten verwarf er für das deutsche Recht einen allgemeinen Pfandrechtsbegriff. Die deutschen Pfandrechtstypen lassen sich
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Albrecht, S. a.a.O. Beseler, S. 364f. Meibom, Pfandrecht, S. 14ff.
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danach nicht auf ein gemeinsames Modell zurückführen. In der zweiten These stellte er fest, daß es im deutschen Recht Pfandrechte gab, die nicht von einer Forderung abhängig waren. Mit dieser These leugnete er für die deutschen Pfandrechte die Akzessorietät als allgemeines Prinzip48. Zunächst scheidet Meibom zwei Arten des Pfandrechts voneinander, die seiner Ansicht nach erst im späten Mittelalter unter dem Begriff Pfandrecht zusammengefaßt worden sind. "Pfand" (pant) bezeichnete danach ursprünglich nur das vom Gläubiger genommene Pfand, das der Vollstreckung eines Urteils oder als Arrestmittel diente. Dagegen stand die "Satzung" oder "Wedde" als Rechtsgeschäft zwischen Schuldner und Gläubiger. Der rechtsgeschäftliche Charakter trat auch im späteren Sprachgebrauch noch hervor, wenn von der Pfandsetzung oder vom gesetzten Pfand die Rede war 49 . Die beiden im Grundgedanken verschiedenen Pfandrechtsarten fanden eine Verbindung durch einen Mischtyp: Es konnte durch Satzung ein Recht bestellt werden, das inhaltlich an das aus der Pfändung entstandene Pfand angelehnt war. Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Pfandrechtsarten war das Verhältnis zur Forderung. Die Pfändung ist ohne Forderung nicht denkbar. Sie geschieht immer zur Befriedigung eines Forderungsrechts. Eine solche Notwendigkeit besteht bei der Satzung nicht. Bei dieser können Schuldner und Gläubiger das Verhältnis durch Rechtsgeschäft verschieden gestalten5o . Bei der Satzung fand Meibom drei verschiedene Gestaltungsarten: Die Satzung als Strafgeding, als Tauschgeschäft und als Anweisung von Exekutionsgegenständen. Alle drei Arten sind auch durch das Verhältnis des Pfandrechts zur Forderung geprägt. (a) Die Satzung als Strafgeding Die früheste Form der Satzung, schon in den Volksrechten bekannt, ist das Strafgeding. Es setzt eine Forderung nicht voraus. Das Strafgeding war ein Verfallpfand, das nicht der Befriedigung des Gläubigers dienen, sondern den Schuldner nur zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit anhalten sollte. Das Pfand verfiel zu einem bestimmten Zeitpunkt, ohne daß der Schuldner dadurch von seiner Verbindlichkeit befreit worden wäre 51 . Es eignete sich besonders zur Sicherung von Verpflichtungen, die nicht die Leistung eines
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Meibom, Meibom, Meibom, Meibom,
Pfandrecht, Pfandrecht, Pfandrecht, Pfandrecht,
a. a. O. S. 22 ff. S. 29f. S. 256.
1. Grundlagen
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Vermögenswertes zum Gegenstand hatten: Beim ordelspant, das unter der Bedingung gesetzt wurde, daß der Appellant in einer Berufungssache nicht obsiegen werde, bei Verlöbnissen, Bündnissen oder Friedensschlüssen 52 • (b) Die Satzung als Tauschgeschäft Bei der Satzung als Tauschgeschäft war das Pfand dazu bestimmt, als Gegenleistung für eine empfangene Leistung zu dienen. Mit der Leistung war der Vorbehalt verbunden, den geleisteten Gegenstand später einzulösen. In dieser Form war die Satzung ein Umsatzgeschäft 53 • Aus zwei Rechtsgeschäften, dem Darlehensgeschäft und der Pfandbestellung, wurde so ein zweiseitiges, die beiderseitigen Leistungen miteinander verknüpfendes Geschäft gemacht. In dieser Gestalt der Satzung lebt auch für Meibom die ältere Erklärung des Pfandrechts als Verkauf mit Wiederkaufsrecht weiter 54 . Wie beim Verkauf auf Wiederkauf kam es bei der Satzung als Tauschgeschäft nicht zu einem Nebeneinander von Pfandrecht und Forderung. Die Forderung wurde durch das Pfand getilgt, ein akzessorisches Verhältnis scheidet damit aus. Auch bei der Satzung als Tauschgeschäft war aber nach Meibom die Vereinbarung möglich, daß neben dem Pfande die Forderung weiter bestehen sollte. Dann sollten beide Rechte selbständig nebeneinander stehen. Der Gläubiger war an sich frei zu wählen, aus welchem Recht er Befriedigung suchen wollte. Im Erfolg jedoch wirkte das eine Recht auf das andere ein. Zahlte der Schuldner auf die Forderung, löste er das Pfand aus. In der Vollstreckung mußte sich der Gläubiger zunächst an das Pfand halten; die Forderung stand ihm dann nur noch in der Höhe zu, in der das Pfand zu seiner Befriedigung nicht ausreichte. Insofern war das Recht aus der Satzung Hauptrecht und die Forderung ein subsidiäres Recht 55 . Eine Subsidiarität, nicht die Akzessorietät beherrschte das Verhältnis dieser Satzung zur Forderung. (c) Die Satzung als Anweisung von Exekutionsgegenständen Die dritte Form der Satzung schließlich, die Satzung als Anweisung von Exekutionsgegenständen, entsprach weitgehend der neueren Satzung. Meiborn benutzt allerdings neue Merkmale zur Kennzeichnung dieser Satzung. Entscheidend ist für ihn nicht, daß der Verpfänder den Besitz der Pfandsa-
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Meibom, Meibom, Meibom, Meibom,
Pfandrecht, Pfandrecht, Pfandrecht, Pfandrecht,
S. S. S. S.
255ff. 264ff. 358f. 292ff.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
ehe behält, dies sei nur die regelmäßige Gestaltung. Grundgedanke der Satzung als Anweisung von Exekutionsgegenständen ist für Meibom, daß der Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung Rechte an einem Gegenstand erhält, als wäre der Gegenstand für ihn gepfändet worden. Die Satzung hat hier die Bedeutung eines Konventionalarrests. Voraussetzung war dann in jedem Fall ein Forderungsrecht, was auch in der Bezeichnung "Satzung um Schuld" für dieses Pfandrecht deutlich wird 56 . Bei dieser Satzung um Schuld wurde die Forderung durch die Pfandbestellung nicht getilgt, der Gläubiger mußte aber Befriedigung zunächst aus dem Pfandrecht suchen. Wie als Inhaber eines Pfändungspfandrechts mußte er den möglichen Überschuß aus der Veräußerung des Pfandes herausgeben, konnte den durch den Erlös nicht gedeckten Teil der Forderung aber im Zugriff auf das übrige Vermögen geltend machen 57 . Auch in dieser Gestalt war die Satzung für Meibom kein akzessorisches Recht. Der Gläubiger erhielt kein dingliches Recht am Pfandgegenstand. Er blieb auf sein Forderungsrecht beschränkt. Der Vorteil der Pfandbestellung lag für ihn darin, daß er sogleich in das gesetzte Pfand vollstrecken konnte. In der Satzung lag vor allem ein Schuldbekenntnis, das eine prozessuale Verhandlung unnötig machte. Außerdem sicherte die Pfandsetzung dem Gläubiger die Vollstreckung, indem sie den Schuldner in seiner Verfügungsbefugnis über den Pfandgegenstand beschränkte 58 • d) Das akzessorische deutsche Pfandrecht bei Stobbe Die wissenschaftliche Literatur lehnte Meiboms Darstellung des deutschen Pfandrechts fast allgemein ab 59 • Dabei hielt sich die Kritik in der Frage, ob das deutsche Pfandrecht ein akzessorisches Recht gewesen sei, zurück. Die Frage wurde allenfalls angedeutet, die Antworten blieben unbestimmt. Auszunehmen ist hier eine der frühesten Reaktionen auf Meiboms Untersuchung. In einer ausführlichen Besprechung bestand Otto Stobbe auf dem akzessorischen Charakter des deutschen Pfandrechts 60 . Auch Stobbe mußte aber die Besonderheiten des deutschen Pfandrechts erklären: daß der Pfandgläubiger nicht auf Zahlung der Schuld klagen konnte, daß er mit dem vom Pfanderlös nicht gedeckten Betrag ausfiel und daß er bei zufälligem Untergang der Pfandsache keine Ansprüche hatte.
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Meibom, Pfandrecht, S. 402 ff. Meibom, Pfandrecht, S. 421ff. Meibom, Pfandrecht, S . 437. Zusammenstellung der Kritik bei Puntschart, S. 264f. Stobbe, S. 285ff.
I. Grundlagen
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Stobbes Erklärung setzt nicht beim Pfandrecht an, sondern bei der Forderung, dem obligatorischen Verhältnis. Er bewegt sich damit einen Schritt auf das Thema "Schuld und Haftung" zu, das die spätere Diskussion des deutschen Pfandrechts ganz beherrschen sollte. Stobbe erklärt die Besonderheit des deutschen Pfandrechts damit, daß ihm eine Haftungsbeschränkung zugrunde liege. Dafür, daß der Gedanke einer beschränkten Haftung dem deutschen Recht nicht fremd war, beruft er sich u. a. auf den Rentenkauf, den Bodmereivertrag und die Kommanditistenstellung. In diesen Fällen, wie auch beim Pfandrecht soll der Schuldner nicht mit seiner Person und seinem Vermögen haften, sondern nur mit einer bestimmten Vermögensmasse. Durch die beschränkte Haftung wird aber das Forderungsrecht nicht ausgeschlossen, obwohl dem Gläubiger die Macht fehlt, seine Forderung klageweise durchzusetzen. Auch wenn dem Gläubiger die Möglichkeit fehlt, die Forderung durchzusetzen, ist dadurch für Stobbe nicht ausgeschlossen, daß neben dem Pfandrecht auch ein obligatorisches Verhältnis gegeben ist. Der Verpfänder einer Sache fühle sich als Schuldner und beziehe sich auf ein Schuldverhältnis, wenn er das Pfand ablöse. Eine solche Schuld bestehe bei jedem Pfandrecht 6l . Stobbes Erklärung des deutschen Pfandrechts erfüllt die erste Voraussetzung, unter der überhaupt eine akzessorische Abhängigkeit vorliegen kann; es stehen zwei Rechte nebeneinander, Forderungsrecht und Pfandrecht bestehen gleichzeitig. Stobbe läßt aber offen, wie und in welchem Umfang die Akzessorietät wirkt. Wenn er sagt: "Wenn keine Forderung besteht, muß unserer Meinung nach auch das Pfandrecht fortfallen, welches für die Forderung bestellt war"62, meint er wohl die Erlöschensakzessorietät. Für eine bestimmte Pfandrechtskonstruktion, in der sich die Akzessorietätswirkungen zeigen ließen, sind seine Aussagen zu undeutlich. e) Pfandrechtskonstruktion und Akzessorietät in der Lehre von Schuld und Haftung (a) Schuld und Haftung Stobbe hatte sich in seiner Erklärung des deutschen Pfandrechts von der gewohnten Vorstellung gelöst, daß Schuld und Haftung deckungsgleich sind: In der Regel ist Haftung mit Schuld und Schuld mit Haftung verbun-
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Stobbe, S. 304 ff. Stobbe, S. 303.
2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
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den. Bei Stobbe war die Haftung des Schuldners auf das Pfand beschränkt. Überstieg die Schuld den Wert des Pfandes, bestand insoweit eine Schuld ohne Haftung. Stobbe unterstellte damit dem deutschen Recht einen besondem Obligationsbegriff. Schon vor Stobbe war Brinz in einer Untersuchung des römischen Obligationsbegriffs zur Trennung von Schuld und Haftung gekommen (s. unten S. 121 ff.). Im gemeinen Recht vermochte diese Lehre nicht Fuß zu fassen, obwohl immer wieder erwogen worden ist, sie gerade zur Erklärung pfandrechtlicher Erscheinungen heranzuziehen 63 • Stärkeren Widerhall fand sie in der deutschrechtlichen Wissenschaft, wo sie als Modell eines besonderen deutschen Obligationsbegriffs angenommen wurde. Karl v. Amira stellte ein germanisches Verständnis vom Schuldverhältnis vor, in dem Schuld oder Verbindlichkeit auf der einen Seite von der Haftung auf der anderen Seite getrennt waren 64 . Für das sächsische Recht bemühte sich Puntschart um den Nachweis einer entsprechenden Auffassung 65 • Otto v. Gierke hat die Lehre für das deutsche Recht zusammenfassend dargestellt und ist dabei vor allem auch auf das deutsche Pfandrecht eingegangen. (1) Schuld Nach der Darstellung von Gierke ist "Schuld" ein zweiseitiges Verhältnis. Es kann durch widerrechtlichen Eingriff in fremdes Recht entstehen - Bußschuld - oder durch das Versprechen einer Leistung begründet sein - Versprechensschuld. Schuld bedeutet einerseits ein Leistensollen und andrerseits ein Bekommensollen. Der Begriff bezeichnet beide Positionen, auch das Forderungsrecht des Gläubigers ist also "Schuld". Die Schuld ist beschränkt auf dieses beiderseitige Sollen; es gibt darüber hinaus nicht die Macht, eine Leistung zu erzwingen. Wird die gebührende Leistung aber erbracht, so erlischt die Schuld auf beiden Seiten 66 . (2) Haftung Erst die Haftung enthält jene Zugriffsmacht, die der Schuld fehlt. Sie gibt dem Berechtigten die Macht, sich wegen der unerfüllten Schuld an das, was für sie haftet, zu halten. Sie ist ein Zustand der Gebundenheit für Schuld. Grund der Haftung ist jedoch niemals allein die Schuld. Haftungsgrund ist
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Vgl. z.B. Schwind, S. 6; zuletzt Wiegand, Entwicklung, S. 15 m.w.Nachw. Amira, S. 22 ff. Puntschart, S. 232ff. Gierke, Schuld und Haftung, S. 7 ff.
1. Grundlagen
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ein besonderes Haftungsverhältnis. Dieses kann selbständig sein, wenn es durch ein Rechtsgeschäft begründet ist oder unselbständig bei deliktischer Haftung. Die deliktische Haftung folgt aus der Friedlosigkeit, in die der Schuldige von Rechts wegen fällt 67 . Selbständige und unselbständige Haftung haben einen verschiedenen Umfang. Die Haftung durch Friedlosigkeit erfaßt Person und Vermögen des Schuldners insgesamt. Bei der selbständigen, rechtsgeschäftlichen Haftung kann der Haftungsumfang bestimmt werden. Bei der selbständigen Haftung werden so Sachhaftung, persönliche Haftung und Vermögenshaftung unterscheidbar68 . (b) Reine Sachhaftung durch Pfandsetzung Als einen Fall reiner Sachhaftung stellt Gierke das Pfandverhältnis dar. Ein zu Pfande gesetzter Gegenstand wurde dem Gläubiger verstrickt. Dem Gläubiger haftete nur das Pfand; mit seiner Person oder seinem sonstigen Vermögen haftete der Schuldner nicht. Die Verstrickung erzeugte für den Gläubiger ein besonderes, vom Eigentum verschiedenes Recht. Das Pfand war für die Schuld eingesetzt, ohne den Gläubiger hinsichtlich seiner Substanz zu berechtigen; er durfte das Pfand nicht veräußern oder nutzen. Der Schuldner konnte es durch Zahlung lösen. Versäumte er die Lösung, verfiel der Gegenstand dem Gläubiger. Das Recht des Gläubigers ging auf die Sache selbst, nicht auf einen Verwertungserlös. Auf die Sache selbst beschränkte sich seine Berechtigung selbst dann, wenn er mit dem Pfand keine ausreichende Befriedigung erlangte. In Höhe des vom Pfand nicht gedeckten Teils der Schuld blieb der Gläubiger ohne Befriedigung. Gierke kommt hier mit dem Grundsatz, der Schuld und Haftung trennt, in eine Schwierigkeit. Der Grundsatz hätte es nahegelegt, die Schuld ohne Haftung weiterbestehen zu lassen. Das völlige Erlöschen der Schuld braucht eine Erklärung, die Schuld und Haftung gegen den Grundsatz der Trennung in Verbindung bringt. Gierke schafft die Verbindung, indem er erklärt, die Pfandsetzung sei zugleich als bedingte Hingabe des Pfandes an Zahlungs Statt aufzufassen. Mit der Annahme des Pfandes gebe der Gläubiger sein Einverständnis, daß das Pfand im Falle der Nichteinlösung an die Stelle des geschuldeten Gegenstandes trete 69 •
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Gierke, Schuld und Haftung, S. 11 ff. Gierke, Schuld und Haftung, S. 14ff. Gierke, Schuld und Haftung, S. 22.
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
Dieses Pfandrecht entwickelte sich nach Gierke in zwei Punkten weiter. Die Vorstellung eines Verfallspfandes wurde mehr und mehr von der eines Wertpfandes verdrängt. Dies machte eine besondere Verwertung des Pfandes nötig, an deren Erlös sich der Gläubiger halten konnte. Außerdem wurde es üblich, daß neben die Pfandhaftung auch die Haftung mit der Person oder dem sonstigen Vermögen gesetzt wurde. Teilweise trat diese erweiterte Haftung sogar von Rechts wegen ein. Aus der reinen Sachhaftung wurde eine primäre Sachhaftung. Die Schuld wurde durch Hingabe des Pfandes nicht mehr unmittelbar abgelöst. Der Gläubiger hatte nur zunächst Befriedigung aus dem Pfande zu suchen, die Schuld ging erst durch die Befriedigung des Gläubigers unter 70 • (c) Akzessorietät und reine Sachhaftung Gierke behandelt die Frage der Akzessorietät des deutschen Pfandes nicht ausdrücklich. Um die Verbindung von Pfandrecht und Forderung geht es bei ihm, wenn das Pfand für die Schuld an Zahlungs Statt hingegeben wird. Im Untergang der Schuld liegt dann keine von selbst eintretende Wirkung wie bei der Akzessorietät, sondern eine rechtsgeschäftlich eintretende Erfüllungswirkung 71 • Eine objektivrechtlich wirkende Abhängigkeit dürfte dem Verhältnis von Schuld und Haftung aber nicht fremd sein. Schuld und Haftung sind verschiedene Rechtsverhältnisse, wobei die Schuld das grundlegende zu sein scheint. Die Schuld ist selbständig bestandsfähig, es gibt Schuld ohne Haftung. Eine Haftung ohne Schuld dagegen hält Gierke für undenkbar. Es gibt wohl Haftung ohne eigene Schuld, beim Bürgen, bei der Geisel oder bei der Pfandsetzung. Es gibt aber keine Haftung, die sich überhaupt nicht auf eine Schuld, auch nicht auf eine fremde, bezieht72 . Wenn die Haftung immer eine Schuld braucht, kann das Haftungsverhältnis nur entstehen, wenn eine Schuld vorliegt. Dies wäre die Entstehungsakzessorietät des deutschen Pfandrechts. Mit der Schuld müßte folgerichtig auch die Haftung untergehen. Dies bedeutete die Erlöschensakzessorietät. Wenn die Haftung von der Schuld allgemein abhängig war, hätte die Akzessorietät im deutschen Recht eine weit größere Rolle spielen müssen als im römischen. Nicht nur bei den Sicherungsrechten wäre die Akzessorietät zu finden gewesen, sondern in allen Rechtsverhältnissen, in denen neben der Schuld auch ein Haftungsverhältnis ausgebildet war. Alle Haftung, nicht
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Gierke, Schuld und Haftung, S. 25 f. Vgl. Heusler, S. 202. Gierke, Schuld und Haftung, S. 98 f.
1. Grundlagen
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nur die Pfandhaftung, sondern auch die Personenhaftung und die allgemeine Vermögenshaftung wären akzessorisch gewesen. (d) "Schuld" als Tatsache Die Folgerung, daß allen Obligationen des deutschen Rechts Akzessorietätswirkungen eigentümlich gewesen sein müßten, wird in der deutschrechtlichen Literatur nicht gezogen. Sie würde auch die Obligation mit einem Konstruktionsaufwand belasten, der zur Vorstellung des deutschen Rechts als konkret und wirklichkeitsnah nicht paßt. Der Erklärung der deutschrechtlichen Obligation durch zwei Rechtsverhältnisse, Schuld und Haftung, bleibt ein Bemühtsein anzumerken. Deutlich wird dies vor allem, wenn der "Schuld" ein sinnvoller Gehalt gegeben werden muß. Kein Hinweis auf "abweichende Denkgewohnheiten"73 oder einen vom üblichen "ungemein charakteristischen abweichenden Sprachgebrauch"74 kann mit der Befremdlichkeit eines Begriffes Schuld versöhnen, der zugleich das Leistensollen des Schuldners wie auch das Bekommensollen des Gläubigers ausdrückt. Wenn die Schuld als Leistungsbeziehung zu verstehen ist, hat sie zwei entgegengesetzte Bedeutungen. Erklärungen der Schuld als "Sollen kat'exochen"75 oder reines "Haltenmüssen"76 verdünnen den Begriff, ohne ihn klarer zu machen. Ein Teil der Schwierigkeiten wird behoben, wenn man aus der Schuld das Element der Leistung herausnimmt. Einen Hinweis in dieser Richtung geben Puntschart und Gierke selbst. Wenn Puntschart zur Erklärung der Schuld auf das kaufmännische "Soll" verweist 77 und Gierke eine Parallele zu den Aktiva und Passiva zeigt 78 , wird der Gedanke einer bilanziellen Darstelung des Verhältnisses von Schuldner und Gläubiger nahegelegt. Verfolgt man den Gedanken weiter, kommt man von der Schuld zum Begriff des Saldos. Der Saldo - als absolute Größe genommen - entspräche der deutschen "Schuld", indem er zunächst offenläßt, wem eine Leistung zusteht. Der Saldo ist nur ein Bilanzposten, der rechnerisch eine Differenz feststellt. Als ein Bilanzposten in den Beziehungen von Schuldner und Gläubiger ließe sich auch die Schuld verstehen. Mit der Schuld ist dann nicht eine Leistungsbeziehung gemeint, sondern eher der Gegenstand, der Umfang der
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Puntschart, S. 211. Gierke, Schuld und Haftung, S. 8; vgl. Amira, S. 36. Puntschart, S. 104. Gierke, DPR III, S. 11ff., 283ff. Puntschart, S. 102 Fn. 4. Gierke, DPR III, S. 61.
2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
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Leistung. In dieser Bedeutung verliert die Ausdrucksweise ihre Befremdlichkeit, die von einer Schuld des Gläubigers spricht; der Ausdruck deutete nur auf einen Saldo zu seinen Gunsten hin. Damit verlöre die Schuld ihren normativen Gehalt; sie ließe sich als etwas Tatsächliches, nicht Rechtliches ansehen. Zweifel am rechtlichen Gehalt der deutschen "Schuld" sind schon früher geäußert worden: Eine nicht erzwingbare Schuld sei kein Rechtsverhältnis 79 • Diese Kritik ging davon aus, daß ein Rechtsverhältnis nur da vorliegen könne, wo eine rechtliche Sanktion vorgesehen sei. Auch wenn man diesen theoretischen Standpunkt nicht teilt, klingt Gierkes Antwort nicht sehr überzeugend: Das Rechtsbewußtsein empfinde die Schuld unabhängig von jeder Erzwingbarkeit als ein rechtliches SollenSO. Wenn man der Prämisse folgt, daß die Schuld im deutschen Recht nur eine Tatsache ist, erhält auch das Pfandrecht ein neues Gesicht: Das Pfandrecht erst schuf die rechtliche Bindung des Schuldners, der das Pfand in die Gewere des Gläubigers gab. Der Schuldner war rechtsgeschäftlich gebunden, nicht durch eine kraft Rechts mit der Schuld verbundene Pflicht. Deshalb haftete der Schuldner auch nur beschränkt. Beschränkt ist die Pfandhaftung nicht insofern, als ohne Pfandsetzung eine weitergehende Haftung bestanden hätte. In der Pfandsetzung lag überhaupt erst die Begründung einer rechtlichen Bindung, die gegenüber anderen Formen der Haftung, Personenhaftung oder allgemeine Vermögenshaftung, gegenständlich beschränkt war. Mit dem tatsächlichen Charakter der Schuld löst sich auch die Frage nach der Akzessorietät des deutschen Pfandrechts. Das Pfandrecht ist Sicherungsrecht nur in einem sehr begrenzten Sinne. Es wird nicht ein Recht durch ein anderes gesichert, das eine bessere Befriedigungsaussicht gewährt. Es erhält die sonst nur tatsächliche Hoffnung, daß der Schuldner seine Schuld begleichen wird, eine rechtliche Absicherung. Dieses Pfandrecht ist nicht akzessorisch; es gibt kein zweites Recht, von dem es abhängig sein könnte. Das Ergebnis nähert sich der Darstellung des deutschen Pfandrechts an, die Meibom gegeben hat. Seine Charakterisierungen des Pfandrechts als Strafgedinge, als Tauschgeschäft und als Anweisung von Exekutionsgegenständen geben die Funktionen an, in denen das Pfandrecht aus heutiger Sicht die Bindung durch die Schuld ersetzt. Seine These, daß das deutsche Pfandrecht nicht akzessorisch war, bestätigt sichs1 .
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Strohal, S. 60 ff.; Binder, 8 ff. Gierke, DPR III, S. 12 Anm. 14. Vgl. auch Heusler 11, S. 132, der von der Satzung als Bargeschäft spricht.
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät im gemeinen Recht Die Akzessorietät des Pfandrechts ist in der Literatur des vorigen Jahrhunderts, die sich mit dem römischen Recht als gemeinem Recht befaßte, kein herausragendes Thema gewesen. Erst gegen Ende des Jahrhunderts nahm sich die in der Einleitung genannte Schrift von Schott die Akzessorietät zum Gegenstand. Vorher wurde sie in den Darstellungen des Pfandrechts zwar mitbehandelt, als eine besondere, erklärungsbedürftige Wirkung der Rechtsordnung wurde sie in diesen Darstellungen aber nicht gesehen. Ein anderes Thema beherrschte die pfandrechtliche Diskussion. Die Akzessorietät ist nur ein Element der Pfandrechtskonstruktion. Eine der Aufgaben, die sich die Gemeinrechtswissenschaft im vorigen Jahrhundert gestellt hatte, war die Ordnung des römischrechtlichen Stoffs in einem System von Rechten. Für diese Aufgabe war die Konstruktion des Pfandrechts insgesamt ein Problem. Schon die grundlegende Einteilung der Rechte in dingliche und persönliche schien für das Pfandrecht nicht zu passen. Hinter dieses Problem trat die Akzessorietät zurück. Die actio Serviana, mit der das Pfandrecht im römischen Recht geltend gemacht wird, ist eine sachverfolgende Klage. Das Pfandrecht ist danach ein dingliches Recht (ius in re). Im Gegensatz dazu ist in den römischrechtlichen Quellen wiederholt von einer obligatio pignoris die Rede l . Die obligatio ist aber das persönliche Recht, das mit der actio in personam geltend gemacht wird .. Solange mit ius in re und obligatio nur verschiedene Arten der Durchsetzung eines Rechts beschrieben werden, wird in diesen Kennzeichnungen des Pfandrechts ein Widerspruch nicht offensichtlich. Für das aktionenrechtliche Denken konnte eine einfache Erklärung genügen: "Und da die Hypothek an Sachen begründet wird, deshalb sagt man ius in re oder ius reale oder actio realis, weil durch jene nicht die Person des Schuldners obligiert wird, sondern eine Sache2 ." Ein scharfer Gegensatz zeigt sich aber, wenn das Pfandrecht in ein System der Rechtsordnung eingeordnet werden soll, dem die dinglichen und persönlichen Rechte als zwei einander ausschließende Klassen zugrunde liegen. Die Ordnung des römischrechtlichen Stoffs in ein System gegenständlich gedachter Rechte war die Aufgabe, die sich die Rechtswissenschaft gestellt hatte. In einem solchen System wies das, was die Quellen zum Pfandrecht Z.B. D. 20. 1. 23. 1, D. 48.10.28. Negusantius p. I.m. Ln. 3, zit. nach Dernburg I, S. 105 Fn. 2: Et quia hypotheca constituitur desuper rebus, ideo dicitur jus in re seu jus reale seu actio realis, quia per illarn non obligatur persona debitoris sed res. 1
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
aussagten, in beide Klassen. Dem systematischen Denken war dies ein Widerspruch, der die Einordnung des Pfandrechts verhinderte. Die Pfandrechtsforschung des 19. Jahrhunderts mußte bemüht sein, den Widerspruch zu beseitigen. Ein zweiter Umstand erschwert es, das Pfandrecht systematisch zu erfassen. Wichtigster Anwendungsfall des Pfandrechts ist das Pfandrecht an beweglichen und unbeweglichen Sachen. Dieses gibt ein Recht an einer Sache, und darin liegt das wichtigste Argument, das Pfandrecht bei den dinglichen Rechten einzuordnen. Schon das römische Recht kannte aber außerdem ein Pfandrecht an Forderungen. Beim Forderungspfandrecht fehlt die Beziehung auf eine Sache, die das Pfandrecht als dingliches Recht erscheinen läßt. Die Zweiteilung in dingliche und obligatorische Rechte scheint zu verlangen, daß auch das Pfandrecht in ein dingliches und ein obligatorisches Recht geteilt wird. Das Problem der Einordnung des Pfandrechts erhält so zwei Stufen: Zuerst ist nicht eindeutig, ob das Sachenpfandrecht ein dingliches Recht ist. Wenn man dies bejaht, muß man sich mit dem Forderungspfandrecht auseinandersetzen und vielleicht die Einheit des Pfandrechts aufgeben. Auf die Frage der Konstruktion des Pfandrechts und seiner Einordnung in eine systematische Rechtsordnung ist seit dem vorigen Jahrhundert viel Mühe verwandt worden; die Kodifikation im BGB hat das Problem nicht entschieden. Es ist bis heute nicht gelöst 3 . Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, daß die Einordnung des Pfandrechts die Auseinandersetzung mit seiner Akzessorietät nicht berührt. Akzessorisch kann das Pfandrecht als dingliches wie auch als obligatorisches Recht sein. Daß es eine Akzessorietät auch bei obligatorischen Rechten gibt, zeigt die Bürgschaft. Damit wird man sich aber nur für die Erscheinungen der Akzessorietät begnügen können. Für die Erklärung der Wirkungsweise der Akzessorietät spielt der Charakter des Rechts eine entscheidende Rolle. Obligatorische Rechte unterliegen anderen Wirkungen als dingliche. Schon die Erklärung der Akzessorietätswirkung durch eine Art Gesamtschuld kann nur für die Akzessorietät obligatorischer Rechte gelten (vgl. o. 1. Kap. III 3 cl. Für die Auffassungen des Pfandrechts als obligatorischen und als dinglichen Rechts stehen beispielhaft die Entwürfe von Büchel und Dernburg. Bei beiden gewinnt auch die Akzessorietät je ein eigenes Gesicht. Dabei ist die Akzessorietät des obligatorischen Pfandrechts wohl leichter zu erklären, als die des dinglichen.
3
Vgl. Wiegand, Entwicklung, S. 14f.
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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1. Büchel- das Pfandrecht als obligatio rei
Im Jahre 1833 legte Konrad Büchel seine Untersuchung "Über die Natur des Pfandrechts" vor. Sie war der erste Versuch, entgegen der überlieferten Lehre systematisch zu begründen, daß das Pfandrecht ein obligatorisches Recht sei. Bei Büchel wird der Zwiespalt anschaulich, in den die Einordnung des Pfandrechts gerät, wenn ein System zugrunde gelegt wird, das in dingliche und obligatorische Rechte zweigeteilt ist. Er vertraut den Quellen, die dem Pfandgläubiger einerseits eine dingliche Klage geben, andererseits vom Pfandrecht als obligatio sprechen. Er nimmt damit die Last auf sich, ein System nachzuweisen, in dem das Pfandrecht, das mit einer dinglichen Klage geltend gemacht wird, in Wahrheit ein obligatorisches Recht ist. a) Das obligatorische Pfandrecht im System der subjektiven Rechte (Das dingliche Forderungsrecht) Büchels Ausgangspunkt ist die Definition des Pfandrechts als "obligatio rei in securitatem crediti constituta". Den Ausdruck obligatio rei versteht er wörtlich; das Pfandrecht ist danach ein Forderungsrecht. Ein gewöhnliches Forderungsrecht kann das Pfandrecht aber nicht sein, weil Forderungsrechte ein verpflichtetes Subjekt voraussetzen und dieses eine Person zu sein pflegt. Büchel zieht die Konsequenz, indem er zwei Kategorien von Forderungsrechten einführt, persönliche und dingliche Forderungsrechte. Bei den dinglichen Forderungsrechten soll verpflichtetes Subjekt eine Sache sein, im Gegensatz zur Person bei den persönlichen Forderungen. Nach dem verpflichteten Subjekt richtet sich auch das Rechtsmittel, mit dem die Forderung geltend gemacht wird: Persönlichen Forderungsrechten dient die actio in personam, dinglichen eine actio in rem 4 • Mit der Unterscheidung zweier verschiedener Arten von Forderungsrechten ergibt sich ein neues Abgrenzungsproblem. Zu klären ist nun, wie das dingliche Forderungsrecht von den dinglichen Rechten im üblichen Sinne zu trennen ist. Büchel findet für diese Abgrenzung eine Analogie bei den Rechten, die Personen betreffen. Bei den persönlichen Rechten gibt es solche, die eine Person der privatrechtlichen Herrschaft des Berechtigten unterstellen (ius personarum). Andere stellen nur eine äußere Beziehungen zu einer Person her, sie geben nur die Möglichkeit, mit staatlicher Hilfe einen Anspruch gegen die Person geltend zu machen (ius obligationum). 4
Büchel, Pfandrecht, S. Uf.
5 Mincke
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Büchel will bei Sachen ebenso unterscheiden. Auch bei diesen läßt sich dann eine Berechtigung als privatrechtliche Herrschaft über die Sache von einer minderen Berechtigung unterscheiden, die es nur erlaubt, die Sache mit staatlicher Hilfe in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall besteht eine dingliche Berechtigung, ohne daß die Sache der Privatgewalt des Berechtigten unterworfen ist. Eine solche Form der Berechtigung ist die obligatio rei, die beim Pfandrecht vorliegt 5 . Der Sprachgebrauch der Quellen ist nicht das einzige Argument, das Büchel dazu nötigt, dem Pfandrecht obligatorischen Charakter zu geben. Er findet eine Reihe von Indizien, nach denen das Pfandrecht mit anderen Forderungsrechten gleichsteht oder sich von "rein" dinglichen Rechten, für die das Eigentum Stammrecht ist, unterscheidet. Das Pfandrecht kann durch bloßen Vertrag entstehen; dies ist eine Eigenart der obligatorischen Rechte 6 . Wie andere obligatorische Rechte kann das Pfandrecht nicht besessen und ersessen werden 7 • Auch dadurch, daß das Pfandrecht nicht durch Vermittlung eines freien Vertreters (procurator) erworben werden kann, erweist es sich als obligatorisches Rechts. Neben dem Eigentum als Vollrecht sind Beispiele dinglicher Rechte im römischen Recht Servitut und Ususfrukt. Diese sind dingliche Rechte, weil sie Ausschnitte aus dem Eigentum sind. Da sie Teile der Eigentumsberechtigung enthalten, können sie nur getrennt vom Eigentum bestehen. Sie erlöschen, wenn sie mit dem Eigentum in einer Hand vereinigt werden. Ususfrukt und Servitut können außerdem so begründet werden, daß bei der Übertragung des Eigentums an einer Sache die entsprechenden Berechtigungen zurückgehalten werden. Dann wird nicht das Recht des neuen Eigentümers belastet, sondern er erwirbt das Eigentum gleich vermindert um den Anteil des Ususfrukts oder der Servitut. Das Pfandrecht steht im Gegensatz zu diesen Rechten. Das Eigentum an einer Sache kann nicht in der Weise übertragen werden, daß ein Pfandrecht zurückbehalten wird. Weiterhin kann ein Pfandrecht - mit Ausnahme des Faustpfandes - fortbestehen, wenn ein Pfandgläubiger die verpfändete Sache erwirbt. Danach kann für Büchel das Pfandrecht kein Eigentumsteil und kein dingliches Recht sein 9 • Ein gewichtiges Argument gegen die obligatorische Natur des Pfandrechts bleibt, daß die Pfandklage in den Quellen vindicatio genannt wird 1o . Büchel, Pfandrecht, S. 25f. Büchel, Pfandrecht, S. 39ff. 7 Büchel, Pfandrecht, S. 45ff. 8 Büchel, Pfandrecht, S. 65 ff. 9 Büchel, Pfandrecht, S . 73ff., 85ff. 10 Büchel (Pfandrecht, S. 115) nennt u . a. D. 13,7,43 pr. ; 20, 1, 28 und 29 ; 20, 4,12 pr.; C. 4,10, 7; 5, 37, 20. 5
6
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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Auch dies weist für Büchel aber das Pfandrecht nicht als dingliches Recht aus. Vindicatio werde die Klage nur genannt, weil sie wie die Eigentumsklage die Sache selbst verfolgte. In Voraussetzungen und Wirkungen seien beide Klagen verschieden. Der Pfandgläubiger begehre mit seiner Klage nur den Besitz der Pfandsache, das Eigentum werde dem Verpfänder dadurch nicht entzogen. Etwas anderes als den Besitz brauche der Gläubiger zu seiner Sicherheit auch nicht l l . Schließlich muß Büchel erklären, wie ein obligatorisches Pfandrecht dem Gläubiger die Macht zum Verkauf des Pfandes, das ius alienandi rem pigneratam, geben kann. Diese Macht ist nur als dingliche Berechtigung vorstellbar. Das Verwertungsrecht gehört für Büchel aber nicht wesentlich zum Pfandrecht. Es beruhe ursprünglich, wie auch der Pfandverfall, auf einer besonderen Vereinbarung, auch wenn im späteren römischen Recht der Pfandgläubiger das Veräußerungsrecht regelmäßig und sogar zwingend gehabt habe: Diese Befugnis bestehe neben dem Pfandrecht; in die dingliche Rechtsstellung des verpfändenden Eigentümers greife dieses Recht nicht unmittelbar ein. Der Gläubiger übe das Verkaufsrecht als fremdes Recht aus, er vertrete dabei den Eigentümer 12 . b) Büchels System der subjektiven Rechte Für den Nachweis, daß das Pfandrecht ein obligatorisches Recht ist, hat Büchel zunächst Argumente benutzt, die sich im Vergleich mit anderen Berechtigungen ergaben. Dingliche und obligatorische Rechte als zwei verschiedene Kategorien im römischen Recht wurden dabei vorausgesetzt. Sie waren aufgrund bestimmter Eigenschaften unterscheidbar. Ein übergreifendes Kriterium, das die Bildung der Kategorien und die Zuordnung der Rechte ermöglicht, lag darin noch nicht. Büchel gibt seiner Untersuchung aber auch diese Grundlage. Den Versuch, eine grundlegende Einteilung der subjektiven Rechte zu schaffen, hatte Thibaut in seiner Abhandlung" Über dingliches und persönliches Recht" unternommen. Thibaut unterschied noch in enger Anlehnung an die Systematik der actiones nach der Richtung der Rechtsverfolgung13 . Das mit der actio in rem verfolgte ius in re geht gegen jeden, der das Recht beeinträchtigt. Die obligatio, die mit der actio in personam geschützt ist, geht nur gegen eine bestimmte Person 14 . Ausdrücklich wandte er sich dagegen, die Beziehung auf eine Sache zum Kriterium zu machen 15 . Thibauts 11
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15
5'
Büchel, Pfandrecht, S. 119ff. Büchel, Pfandrecht, S. 82 ff. Thibaut, S. 36. Thibaut, S. 41ff., 59. Thibaut, S. 36.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Unterscheidung lebt in der Einteilung der Rechte in absolute und relative fort. Büchel lehnt die Unterscheidung von Thibaut ab und macht darin die Veränderung des Blickwinkels von den Aktionen zu den Rechten deutlich. Er erkennt zwar an, daß dingliche Rechte gegen jedermann, obligatorische Rechte nur gegen die verpflichtete Person geltend gemacht werden können. Der Unterschied der Klagen ist für ihn aber "nur eine Folge des sie bedingenden Rechts"16. Um auf der Ebene der Rechte die Kategorien der dinglichen und der persönlichen Rechte bilden zu können, benutzt Büchel wieder die Unterscheidung in Rechte, die eine privatrechtliche Herrschaft geben und solche, die nur einen Anspruch geben. Mit dieser Einteilung unterscheidet Büchel auch den Inhalt der Rechte: Wo das Recht sich in der privatrechtlichen Beherrschung einer Person oder Sache findet, besteht es unabhängig von einer Klage. Eine Klage wird erst nötig, wenn der Gegenstand der Berechtigung tatsächlich den Bereich der privatrechtlichen Gewalt des Rechtsinhabers verläßt und in die Gewalt einer unabhängigen Person gelangt. Es ist aber für den Bestand des Rechts nicht nötig, daß es in einer Klage sichtbar wird. Einen solchen klageunabhängigen Bestand haben die dinglichen Rechte 17 . Wo dagegen ein Recht nur einen Anspruch gibt, ohne privatrechtliche Herrschaft über die verpflichtete Person oder Sache, begründet die Klagemöglichkeit erst das Recht. Das Recht besteht und erschöpft sich in der Möglichkeit, den Anspruch mit staatlicher Hilfe durchzusetzen. Dies kennzeichnet die obligatorischen Rechte 1B . Für die Einordnung des Pfandrechts wird in dieser Einteilung entscheidend, daß Büchel das Pfandrecht auf die Berechtigung beschränkt hat, die Herausgabe der Sache zum Verkauf zu verlangen. Der Pfandgläubiger hat keine Macht über die Sache. Er hat nur die Klage auf ihre Herausgabe. Damit erweist sich für Büchel das Pfandrecht als obligatorisches Recht1 9 • c) Die Akzessorietät des obligatorischen Pfandrechts Büchel beschäftigt sich in seiner Darstellung des Pfandrechts nur nebenbei mit der Akzessorietät. Er nennt es aber ausdrücklich ein akzessorisches Recht 2o • An seiner Pfandrechtskonstruktion sind drei Schuldverhältnisse 16 Büchel, Pfandrecht, S. 102. 17 Büchel, Pfandrecht, S. 24ff., 97 ff. 18 19
20
Büchel, Pfandrecht, a. a. O. Büchel, Pfandrecht, S. 135. Büchel, Pfandrecht, S. 40; vgl. 36.
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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beteiligt. Das erste Schuldverhältnis ist der Sitz der Forderung, die durch das Pfandrecht gesichert werden soll. Das zweite tritt mit der Vereinbarung hinzu, in der sich der Verpfänder verpflichtet, die Forderung durch ein Pfandrecht zu sichern (conventio pignoris, pactum hypothecae). Das dritte Schuldverhältnis ist schließlich die Pfandobligation, in der dem Gläubiger die Pfandsache als Verpflichteter gegenüber steht 21 . Der Gläubiger hat in dieser Konstruktion zwei verschiedene Schuldner, den Schuldner der gesicherten Forderung und die Pfandsache. Der Verpfänder stellt dem Gläubiger die Sache "als accessorisch verpflichtetes Subjekt gegenüber ... er stellt, wenn er zugleich der Schuldner ist, die Sache neben sich als Mitschuldner"22. Es liegt nahe, "Mitschuldner" so zu verstehen, daß der Hauptschuldner und die verpfändete Sache dem Gläubiger gesamtschuldnerisch haften. Die späteren Versuche, die Akzessorietät als ein gesamtschuldähnliches Verhältnis zu erklären (vgl. o. 1. Kap. III 3 cl, fänden in Büchel einen frühen Vorläufer. Der erste Einwand, der einer solchen Erklärung oben (S. 37) entgegengehalten wurde, fiele bei Büchel fort. Die Beteiligung eines dinglichen Rechts an einer Gesamtschuld würfe mehr Probleme auf, als sie erklärte. Büchels obligatorisches Pfandrecht könnte dagegen wohl an einer gesamtschuldnerischen Haftung beteiligt sein. Aus der Bezeichnung des Pfandes als Mitschuldner leitet Büchel aber keine Rechtswirkungen her. Für die Wirkung, daß das Pfandrecht mit der gesicherten Forderung untergeht, beruft er sich auf die Formel der Pfandklage 23 . Die Erlöschensakzessorietät wäre dann eine selbständige, durch prätorisches Recht positiv bestimmte Wirkung. An anderer Stelle, in einer Untersuchung "Über die Wirkung der Klagenverjährung" , hat er sein Verständnis der Akzessorietät näher erklärt. Büchel kennt dort drei akzessorische Rechtsinstitute: die Bürgschaft, das Pfandrecht und das Konstitut, ein sicherndes Schuldversprechen. Aus deren Bezeichnung als Akzessionen oder akzessorisch erwartet er bei allen diesen Rechten eine enge Bindung an das Hauptforderungsrecht. Er findet die enge Bindung aber nur bei der Bürgschaft24 ; beim Pfandrecht und beim Konstitut ist die Bindung durch prätorisches Recht gelockert 25 .
Büchel sagt dort zugleich, der Bürge habe nach römischem Recht ursprünglich als Gesamtschuldner (correus debendi) gehaftet. Der Bürge sei Büchel, Pfandrecht, S. 41 f. Büchel, Pfandrecht, S. 40. 23 Büchel, Pfandrecht, S. 43 mit dem Hinweis auf D. 20, 1, 13,4 und der Verweisung auf Büchel, Klagenverjährung, S. 49 - 61, wo er sich auf C. 8, 31, 3 und C. 4, 32, 19 (S. 50 Fn. 125f.) beruft. 24 Büchel, Klagenverjährung, S. 51. 25 Büchel, Klagenverjährung, S. 51, 61. 21 22
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
deshalb in allen Fällen befreit worden, in denen die obligatio in der Person des Schuldners erloschen sei. Das Pfandrecht habe dagegen den Gläubiger besser als eine Bürgschaft sichern sollen. "Deshalb hatte ihm der Prätor suas conditiones angewiesen, weshalb man überall da, wo die obligatio principalis auf andere, als die vom Prätor für die Erlöschung bestimmte, Art erloschen war, folgerte, daß letzteres bestehen bleibe 26 . " Für die Wirkung der Pfandrechtsakzessorietät kann man daraus folgendes entnehmen: Die prätorische Anordnung hat nicht die Bindung des Pfandrechts an die gesicherte Forderung geschaffen. Die Bindung war schon durch den Charakter als Akzession gegeben, den Büchel wohl als eine Gesamtschuldnerschaft versteht. Die Akzessorietät des obligatorischen Pfandrechts ist dann eine Form der Gesamtschuldnerschaft, die durch prätorisches Recht in der Formel der actio Serviana gesondert gestaltet worden ist. Gegen diese Erklärung bleibt auch bei Büchel nachzutragen, daß sie die Akzessorietät nicht vollständig erfaßt. Die Gesamtschuld kann allenfalls die Erlöschensakzessorietät erklären. Für die Entstehungsakzessorietät bietet sie keine vergleichbaren Wirkungen. d) Das wissenschaftliche Umfeld des obligatorischen Pfandrechts Büchel war nicht der erste, der das Pfandrecht zu den Obligationen stellte. Vor ihm hatten u. a. schon Riede12 7 und Mühlenbruch 28 dies vertreten. Büchel legte aber als erster eine vollständige Konstruktion des obligatorischen Pfandrechts vor29 . Er fand Nachfolger in der rechtswissenschaftlichen Literatur; u . a. Sintenis 30, und Vangerow 31 schlossen sich der Idee im Grundsatz an. Die überlieferte Ansicht, daß das Pfandrecht ein dingliches Recht sei, setzte sich aber durch. Unannehmbar erschien bei Büchel vor allem, daß er eine Sache zum Schuldner machte. Puchta sprach von einem absurden Resultat 32 . Die Auffassung vom obligatorischen Pfandrecht tat er insgesamt als Spielerei und Leichtsinn ab 33 •
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Büchel, Klagenverjährung, S. 52 Fn. 132. Riedel, S . 114ff. Mühlenbruch, S . 15. Vgl. Dernburg I, S . 105 m. w.Nachw. Sintenis, Streitfragen, S . 5; ders., Pfandrecht, S . 5ff. Vangerow, § 363 Anm. 2. Puchta, Pand. § 193 Fn. d. Puchta, Vorlesungen, § 193.
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Büchels Pfandrecht, das als dingliches Forderungsrecht zu verstehen ist, hat eine Schwäche in der dogmatischen Grundlage. Er begründet die Konstruktion mit seiner Einteilung der subjektiven Rechte. Gegen Thibaut machte er nicht die Beziehung zum Verpflichteten, sondern die Beziehung zum Gegenstand des Rechts zum Kriterium der Dinglichkeit (s.o.II 1 b). Für Büchel ist Kennzeichen der Dinglichkeit die Herrschaft über eine Person oder eine Sache. Damit hat er aber kein übergreifendes Kriterium für die Bildung der Kategorien dinglicher und obligatorischer Rechte gefunden. Er hat nur ein Kriterium für die Dinglichkeit, es fehlt ein entsprechendes für die obligatorischen Rechte. Büchel bildet die Kategorie der obligatorischen Rechte so, daß bei ihnen die Voraussetzungen der Dinglichkeit nicht vorliegen. Das positive Merkmal obligatorischer Rechte, daß aus ihnen geklagt werden kann, liegt bei den dinglichen Rechten ebenso vor. Diese geben darüber hinaus noch eine Macht, die den obligatorischen Rechten fehlt. Die obligatorischen Rechte erscheinen so gegenüber den dinglichen als ein Minus. Büchel hat für die obligatorischen Rechte keinen Gegenstand wie für die dinglichen, an dem der Berechtigte eine Macht ausüben könnte. Ohne einen solchen Gegenstand, !llit der bloßen Möglichkeit, aus der Obligation zu klagen, bleiben die Obligationen dem aktionenrechtlichen Denken nahe. Eine Auseinandersetzung mit der Einteilung der subjektiven Rechte, die auch den obligatorischen Rechten einen Gegenstand gab, legte Savigny im 1840 erschienenen 1. Band seines Systems des römischen Rechts vor. Savigny lehnte es - wie Büchel- ab, die Rechte danach einzuteilen, ob sie relativ oder absolut wirken34 . Savigny hat ein Merkmal, das zunächst alle Vermögensrechte umfaßt, dingliche wie obligatorische: Es ist ein Element der Macht über die äußere Welt. Diese Macht kann eine Herrschaft über ein begrenztes Stück unfreier Natur sein und ist dann ein Recht an einer Sache. Es kann aber auch eine Herrschaft über eine fremde Person sein, die diese nicht als ganzes erfaßt, sondern nur in bezug auf eine Handlung und ist dann eine Obligation35 . Die Handlung einer fremden Person ist bei Savigny Gegenstand der Obligation. Man braucht Savigny in dieser Ansicht nicht zu folgen; sobald man aber das obligatorische Pfandrecht von einem solchen Gegenstand aus betrachtet, zeigt sich ein Sprung in Büchels Konstruktion. Die einzige Handlung, die als Gegenstand der obligatorischen Herrschaft des Pfandgläubigers in Frage kommt, wäre die Herausgabe des Pfandes durch den Verpfänder. Der Verpfänder ist aber nicht Schuldner der Pfandobligation. In dieser ist die Pfandsache selbst Schuldner. Bei der Pfandsache selbst 34 35
Savigny, System I, § 58 (S. 387). Savigny, System I, § 53 (S. 338f.); vgl. ders., Obligationsrecht, S. 4ff.
2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
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kommt eine Handlung, über die eine Herrschaft ausgeübt werden könnte, nicht in Betracht. Schon in Savignys Systematik der subjektiven Rechte läßt sich Büchels Pfandrechtsentwurf nicht aufrechterhalten. In den Schatten trat er, als im Jahre 1860 Dernburgs Darstellung des römischen Pfandrechts erschien, die für die Zukunft maßgeblich wurde. Dernburg bestand auf dem dinglichen Charakter des Pfandrechts. 2. Das Pfandrecht als ius in re (Dernburg)
a) Das Pfandrecht unter den subjektiven Rechten Dernburg definiert das Pfandrecht als "dingliches Recht eines Forderungsgläubigers an einer fremden körperlichen Sache, vermöge dessen er zur Zurückhaltung des Sachbesitzes und zum Verkauf im Falle nichtrechtzeitiger Schuldtilgung berechtigt wird"36. Die Dinglichkeit des Pfandrechts war mit der Lehre, die das Pfandrecht als eine besondere Art der Obligation ansah, als eine obligatio rei, zweifelhaft geworden. Dernburg mußte sich mit ihr auseinandersetzen, und das Pfandrecht selbst unter die subjektiven Rechte einordnen und hierfür ein System der subjektiven Rechte zugrunde legen. (a) Obligatorische Rechte Dernburg greift die Möglichkeit, die Savigny gezeigt hat, obligatorische Rechte wie dingliche Rechte nach ihrem Gegenstand zu charakterisieren, nicht auf. Das Element der rechtlichen Herrschaft, das bei Savigny allen subjektiven Rechten gemeinsam ist und dadurch die Gesamtkategorie bildet, verwirft er für die obligatorischen Rechte. "Unter einer Herrschaft, wie sie bei den dinglichen Rechten vorkommt, begreifen wir ein äußeres physisches Gewaltverhältnis. Nicht entfernt gibt die Obligation eine ähnliche Macht 37 ." Er kehrt für die obligatorischen Rechte zu einer Betrachtungsweise zurück, die auf die Durchsetzung der Rechte abstellt: Der Forderungsgläubiger hat gegenüber dem Schuldner nur einen Anspruch, kein Herrschaftsrecht 38 . Wird diesem Anspruch nicht genüge getan, so kann der Gläubiger die Existenz des Anspruchs durch einen Richter feststellen lassen. Leistet der Schuldner immer noch nicht, kann mit Zwangsmitteln gegen sein Vermögen vorgegangen werden. In diesem Verfahren, das Freiheit und Persön-
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Dernburg I, S. 97. Dernburg I, S. 105 Fn. 3. Dernburg I, S. 109.
Ir. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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lichkeit des Schuldners möglichst schont, liegt für Dernburg das Wesen der o bligation 39. Beim Pfandrecht zeigt sich die Tendenz, den Schuldner zu schonen, nicht. Der Gläubiger kann nach Fälligkeit der Schuld ohne vorherige Klage die Pfandsache aus eigener Macht veräußern und sich aus dem Erlös befriedigen. Diese Befugnisse des Pfandrechtsgläubigers sind Ausdruck einer dinglichen Herrschaft4o . (b) Die Dinglichkeit des Pfandrechts Das Pfandrecht ist für Dernburg ein dingliches Recht schon deshalb, weil es dem Berechtigten Herrschaftsbefugnisse verleiht. In der weiteren Argumentation für die Dinglichkeit des Pfandrechts setzt Dernburg sich vor allem mit der Vorstellung auseinander, alle dinglichen Rechte könnten nur als Abspaltungen aus dem "Mutterrecht" Eigentum verstanden werden. Dann müßte die Eigentümerstellung nach der Bestellung des Pfandrechts um entsprechende Befugnisse beeinträchtigt sein. Das Argument, daß eine solche Beeinträchtigung nicht festzustellen ist, hatte auch Büchel zur Begründung seines obligatorischen Pfandrechts benutzt 41 . Dernburg hält den Ausgangspunkt dieser Gedankenführung für unrichtig und zeigt dies am Beispiel der Servitut. Bei der Servitut wird dem Eigentümer eine Nutzungsbefugnis nicht absolut entzogen. Ein Wegerecht, ein Aussichtsrecht hindern den Eigentümer nicht daran, sein Grundstück selbst zu benutzen. Die Nutzungsberechtigung des Servitutsinhabers ist nicht aus dem Eigentum herausgelöst, sondern von diesem verschieden. Der Eigentümer kann weiter über sein Grundstück fahren, die Aussicht genießen. Die Minderung des Eigentums durch die Servitut besteht lediglich darin, daß die eingeräumte dingliche Berechtigung nicht gestört werden darf. Auch diese Beeinträchtigung besteht nur in dem Umfang, wie es das Bedürfnis des Servitutsberechtigten erfordert 42 . Daß der Eigentümer keine dinglichen Befugnisse verloren hat, zeigt sich auch darin, daß er die gleiche Berechtigung einem zweiten bestellen kann, natürlich nur unbeschadet der Rechte des ersten Servitutsberechtigten43 . Das Verhältnis des Pfandrechts zum Eigentum sieht Dernburg wie bei der Servitut. Auch beim Pfandrecht wird nicht ein Bestandteil des Eigentums in
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Dernburg I, S. 105. Dernburg I, S. 107. Büchel, Pfandrecht, S. 73ff.; vgl. Vangerow I, § 363. Dernburg I, S. 126. Dernburg I, S. 127.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Verkehr gebracht. Bei Pfandrecht und Servitut handelt es sich nicht um abgesonderte Eigentumsberechtigungen, sondern um Neugestaltungen zu einem bestimmten Zweck. Mit ihnen wird eine bis dahin noch nicht vorhandene Befugnis geschaffen 44 • Das Pfandrecht kann also als dingliches Recht gesehen werden, auch wenn die Stellung des Eigentümers durch das Pfandrecht nicht beeinträchtigt erscheint. (c) Die Bezeichnung des Pfandrechts als obligatio in den Quellen Erste Ursache der Zweifel, daß das Pfandrecht bei den dinglichen Rechten richtig eingeordnet sei, war der Sprachgebrauch der Quellen gewesen, die das Pfandrecht eine obligatio nannten. Demburg muß diesen Sprachgebrauch erklären; er muß nachweisen, daß die bezeichnung obligatio auch für dingliche Rechte verwendet werden konnte. Demburg setzt bei der Wortbedeutung von obligatio an. Obligatio bedeutet nach seinen Wortbestandteilen ob und ligare nur ein festes rechtliches Gebundensein. Diesem Gebundensein ist noch nicht anzusehen, ob es eine Person oder eine Sache betrifft und ob etwas zu tun oder zu unterlassen ist. Den Inhalt des Rechtsverhältnisses läßt der Ausdruck offen 45 • Demburg gibt zu, daß obligatio als Terminus gewöhnlich die Pflicht des Schuldners, eine Leistung zu erbringen, bezeichnet. Diese Bedeutung soll aber auch in der römischen Terminologie nie zur ausschließlichen geworden sein. Demburg kann einige Beispiele anführen, in denen obligare die passive Unterwerfung einer Sache unter ein dingliches Verhältnis bezeichnet. So nennt Cicero die Begründung eines besonderen dinglichen Verhältnisses durch Bestattung eines Toten auf einem Grundstück "religione obligare"46. Demburg erklärt den Begriff obligatio folgendermaßen: Von einer obligatio sprachen die Römer hauptsächlich, wenn eine Person oder Sache sofort rechtlich fest gebunden sein sollte, obwohl die Wirkungen des Rechtsverhältnisses erst später eintreten sollten. Duch die obligatio wird ein festes rechtliches Band geschaffen, das ohne die Zustimmung des Berechtigten nicht lösbar sein soll. Gegenwärtig besteht nur das Band, die Hauptwirkungen des Rechtsverhältnisses entwickeln sich erst in der Zukunft47 . Dernburg I, S. 126f. Dernburg I, S. 11 7. 46 Dernburg I, S. 118 (vgl. Cicero, de legibus II, 23.58). Er beruft sich weiter auf den Sprachgebrauch römischer Feldmesser (s. Hyginus, S. 181 Z. 10: "fines terminis obligabuntur", a.a.O. Z. 15: "extremitas mensualiter obligata est", S. 198 Z. 19: "optimum est extremitatem ad ferramentum rectis angulis obligare et sic terminos ponere") und auf Ulpian - D. 50, 12, 2 pr. 47 Dernburg I, S. 120. 44
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11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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Nach Dernburgs Erklärung liegt kein Widerspruch darin, daß ein Recht dinglich ist und zugleich obligatio genannt wird. Im Zusammenhang mit dem Pfandrecht weist der Ausdruck nur darauf hin, daß das Pfand erst zukünftig in Anspruch genommen werden soll. Die Dinglichkeit des Pfandrechts schließt die Bezeichnung nicht aus. b) Die Akzessorietät des dinglichen Pfandrechts (a) Das Verhältnis des Pfandrechts zur Forderung Demburg geht in seiner umfassend angelegten Darstellung des gemeinrechtlichen Pfandrechts ausführlich auf das Verhältnis des Pfandrechts zu der gesicherten Forderung ein. Nacheinander behandelt er die Problemkreise: 1. Welchen Voraussetzungen eine Forderung genügen muß, damit für sie ein Pfandrecht bestellt werden kann, 2. in welchem Umfang die Pfandschuld gesichert ist, 3. den Übergang des Pfandrechts bei Abtretung der Forderung und 4. - in der Darstellung getrennt an späterer Stelle - das Schicksal des Pfandrechts bei Erlöschen der Forderung48 • In dieser Aufgliederung des Problemfeldes werden die Gruppen erkennbar, in die Medicus die Akzessorietätsfälle geordnet hat. Dernburgs Einteilung lassen sich die Entstehungs-, Umfangs-, Übergangs- und Erlöschensakzessorietät zuordnen (vgl. 0.1. Kap. II a. Anf.). Zu fehlen scheint die Gruppe der Fälle der Durchsetzungsakzessorietät. Die Frage, wie Einreden gegen die gesicherte Forderung auf das Pfandrecht wirken, schließt Dernburg aber unter dem Gesichtspunkt, für welche Forderungen ein Pfandrecht bestellt werden kann, ein. Zu beachten bleibt, daß Demburg in diesem Abschnitt nicht nur die Akzessorietät des Pfandrechts behandelt. Der Abschnitt ist allgemeiner überschrieben: "Von der Forderung" 49. Dabei ist die Akzessorietät zwar der wichtigste Gesichtspunkt, aber nicht der einzige. Das Verhältnis von Pfandrecht und Forderung ist bei Demburg nicht ausschließlich vom Akzessorietätsdogma beherrscht. Er zieht eine Fülle differenzierter Regelungen in Betracht. (1) Die Forderung als Voraussetzung für die Entstehung des Pfandrechts In Dernburgs Einleitung zur Untersuchung des Verhältnisses von Pfandrecht und Forderung klingt etwas von dem an, was man später als "begriffs48 49
Vgl. den Untersuchungsplan, Demburg I, S. 515. Demburg I, S. 514.
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
juristisch" brandmarken wird: Das Pfandrecht hat nur einen Zweck: Sicherung einer danebenstehenden Forderung. Nur um dieses Hauptrechts willen tritt es ins Leben; es steht in einer begrifflich notwendigen Abhängigkeit von diesem Recht 5o • Dieser Grundsatz ist unproblematisch, wenn ein Pfandrecht für eine Forderung bestellt wird, die im Augenblick der Bestellung schon durchsetzbar vorhanden ist. Eine solche Fallgestaltung ist für Dernburg aber nicht die Regel. Ein Bedürfnis des Gläubigers, sich durch ein Pfandrecht zu sichern, besteht für Dernburg gerade in dem Fall, daß er noch keine durchsetzbare Forderung hat. Hierbei sind verschiedene Situationen zu unterscheiden. Der Gläubiger kann eine Forderung schon haben, die er nur noch nicht durchsetzen kann, d. h. eine betagte Forderung, die erst in einem späteren Zeitpunkt fällig wird. Möglich ist aber auch, daß der Gläubiger nur eine aufschiebend bedingte Forderung hat oder eine Forderung erst in der Zukunft erwartet wird, eine Sicherung aber sofort bestellt werden soll. Bei der betagten Forderung bereitet der Grundsatz, daß das Pfandrecht zu seiner Entstehung eine Forderung braucht, noch keine Schwierigkeiten. Eine sicherungsfähige Forderung besteht schon, sie kann nur noch nicht klageweise geltend gemacht werden. Der Gläubiger darf dann auch das Pfand noch nicht verwerten. Das Pfandrecht entsteht aber sofort, und der Gläubiger hat aus ihm schon die Rechtsposition, daß er sich gegen Beeinträchtigungen seiner Sicherung wehren kann 51 • Schwerer wiegt gegen den Grundsatz der Entstehungsabhängigkeit ein anderer Einwand: Das Pfandrecht kann auch für eine aufschiebend bedingte Forderung oder für eine zukünftige Forderung, deren wirksames Entstehen vom Willen des Schuldners abhängt, bestellt werden. Wenn das Pfandrecht in diesen Fällen schon mit der Bestellung ins Leben gerufen wird, scheint es auch ohne Forderung entstehen zu können. Beim für eine aufschiebend bedingte Forderung bestellten Pfandrecht läßt sich die Abhängigkeit dogmatisch noch begründen. Bis zum Eintritt der Bedingung besteht die Forderung nicht. Tritt die Bedingung ein, wirkt dies auf den Zeitpunkt der Bestellung zurück; die Forderung wird rückwirkend in Kraft gesetzt. Diese Wirkung läßt sich für das Pfandrecht ausnutzen. Die Bedingung wirkt auch für das Pfandrecht auf den Zeitpunkt der Bestellung zurück 52 • Von einer Forderung unabhängig entsteht das Pfandrecht, wenn es für eine nur künftige Forderung bestellt ist. Fälle dieser Art kommen vor, wenn
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Dernburg I, S. 514; vgl. S. 97. Dernburg I, S. 517. Dernburg I, S. 518f.
II. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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jemandem ein Kredit eingeräumt worden ist, es aber noch nicht sicher ist, daß der Kredit in Anspruch genommen werden wird; oder es sollen Zinsforderungen gesichert werden, die möglicherweise deswegen nicht entstehen, weil der Schuldner das Kapital zurückzahlt. Auch in diesen Fällen hat der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an einem Pfandrecht, das rechtlich geschützt ist. Die zu sichernde Forderung liegt aber ausschließlich in der Zukunft, eine Rückwirkung, wie bei der Sicherung einer aufschiebend bedingten Forderung, kommt nicht in Betracht. Dernburg löst sich bei der Sicherung zukünftiger Forderungen von einer formalistischen Sicht der Entstehungsabhängigkeit, die "den dienenden Charakter des Pfandsrechts dem Buchstaben nach wahrt, dem Geist nach aber verleugnet"53. Er stellt es dem Parteiwillen anheim, wann das Pfandrecht entstehen soll. Die Parteien entscheiden darüber, ob das Pfandrecht sofort oder erst mit der Forderung entsteht. Ausdrücklich werden die Parteien meist nicht bestimmt haben, wann das Pfandrecht entstehen soll. Dernburg hilft mit Vermutungen: Immer, wenn wenigstens nur der Gläubiger an das Schuldverhältnis gebunden ist, wird man von der Absicht der Parteien auszugehen haben, daß das Pfandrecht sofort Wirkungen haben soll. So entsteht ein Pfandrecht für zukünftige Zinsforderungen schon vor der Forderung, ein Pfandrecht zur Sicherung eines Auslagenersatzanspruches schon bevor tatsächlich Auslagen gemacht wurden, ein Pfandrecht für das Versprechen einer Vertragsstrafe schon bevor die Strafe verwirkt ist. Sind weder der Gläubiger noch der Schuldner gebunden, so ist dies ein Indiz dafür, daß die Wirkungen des Pfandrechts erst mit der Entstehung der Forderung eintreten sollen. Das Pfandrecht zur Sicherung eines Rückzahlungsanspruchs aus einem Darlehensgeschäft entsteht erst mit der Auszahlung des Darlehens. Dies sind aber nur Indizien; in jedem Falle geht der erklärte Parteiwille vor 54 . Dieses für künftige Forderungen bestellte Pfandrecht gibt dem Gläubiger aber noch kein Verwertungsrecht. Das Recht, das Pfand zu verkaufen, setzt die fällige Forderung voraus. Auch sonst hat dieses Pfandrecht Besonderheiten. Es existiert nur für den Fall, daß die Pfandschuld entsteht. Bis dahin bleibt es in der Schwebe, in pendenti. Wird gewiß, daß die erwartete Pfandschuld ausbleibt, so erlischt das Pfandrecht, als hätte es nie bestanden 55 . Streitig war in der zeitgenössischen Literatur auch, welche Rechte ein Pfandrecht gibt, das für eine Naturalobligation bestellt worden ist. Es wurde
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Dernburg I, S. 520. Dernburg I, S. 527ff. Dernburg I, S. 526 f.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
der Standpunkt vertreten, daß das Pfandrecht nicht einklagbar ist, wenn die gesicherte Forderung nicht eingeklagt werden kann 56 . Auch in dieser Frage vertritt Dernburg eine differenziert bewertende Ansicht. Er unterscheidet, ob der gesicherten Forderung die Klagbarkeit deswegen fehlt, weil das Geschäft von der Rechtsordnung mißbilligt wird oder weil das Geschäft außerhalb des positiven Rechts steht und der gegenseitigen Treue der Parteien überlassen ist. Mißbilligt das Recht ein Geschäft (z. B. wenn ein Darlehen entgegen dem Senatusconsultum Macedonianum an einen Haussohn gegeben wird) unterstützt es auch nicht die Versuche, es auf mittelbarem Wege, über ein Pfandrecht durchsetzbar zu machen. In diesem Falle ist auch das Pfandrecht unklagbar. Die Parteien können aber von sich aus ein Geschäft, daß außerhalb der Sphäre des Rechts steht und deshalb nicht durch eine Klage geschützt ist, mit einem Pfandrecht durchsetzbar machen. In diesen Fällen ist das für eine Naturalobligation bestellte Pfandrecht durchsetzbar 57 • (2) Das für eine nichtige oder einredebehaftete Forderung bestellte Pfandrecht In voller Strenge erweist sich das dingliche Pfandrecht als von der gesicherten Forderung abhängig, wenn die Forderung von Anfang an nichtig ist. Es entsteht dann kein Pfandrecht58 • Eine Ausnahme soll allerdings gelten, wenn die Forderung durch Genehmigung geheilt werden kann. Der Wille, die Forderung zu heilen, kann auch schon darin zu sehen sein, daß zu ihrer Sicherung ein Pfandrecht bestellt wird 59 • Ist die gesicherte Forderung durch eine Einrede behindert, sind die Wirkungen für das Pfandrecht nach der Art der Einrede verschieden. Die meisten Einreden wirken ohne weiteres auch gegen das Pfandrecht. Dies gilt für die größte Klasse, die absoluten Einreden, die von jedem geltend gemacht werden können, der in Anspruch genommen wird (z. B. für die exceptio S. C. Vellejanioder die exceptio non numeratae pecuniae)60. Eine differenzierte Behandlung verlangen die persönlichen und die relativen Einreden. Persönliche Einreden können nur vom Begünstigten selbst, nicht von seinen Rechtsnachfolgern oder anderen Verpflichteten erhoben werden. Zu diesen gehört z. B. die Einrede, auf das Erschwingliche verurteilt
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Weber, § 107; Glück, Bd. 14 S. 43. Dernburg I, S. 539. Dernburg I, S. 540. Dernburg I, S. 545. Dernburg I, S. 542 f.
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zu werden (in id quod facere potest). Sie steht Personen in bestimmten Sonderbeziehungen zu und soll die Personal- oder Vermögensexekution vermeiden. Der Schuldner, der selbst Verpfänder ist, kann dieses Privileg auch gegen die Pfandklage geltend machen. Dritte genießen den Schutz dieser Einrede nicht 61 • Relative Einreden stehen dem Forderungsschuldner zu, sowie solchen Personen, an deren Befreiung er ein Interesse hat. Beispiel ist, daß ein Dritter eine Darlehensforderung gegen einen der väterlichen Gewalt unterstehenden Haussohn durch ein Pfandrecht gesichert hat. Gegen die Klage aus dem Darlehen konnte die exceptio Senatusconsulti Macedoniani erhoben werden. Der Schutz dieser Einrede wäre hinfällig, wenn der Gläubiger sich auf Kosten des dritten Verpfänders befriedigen könnte und dieser im Regreß den Haussohn in Anspruch nehmen könnte. Die relative Einrede wirkt deshalb auch gegen das Pfandrecht, wenn die Gefahr besteht, daß der Verpfänder im Regreß gegen den Hauptschuldner vorgeht 62 . (3) Der Umfang der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung Neben die pfandrechtlich gesicherte Forderung oder an ihre Stelle können weitere Verpflichtungen des Schuldners treten. Dabei tritt die Frage auf, wieweit auch solche Verpflichtungen, die mit der Hauptforderung in Zusammenhang stehen, durch das Pfandrecht gesichert sind. Dernburg sieht durch das Pfandrecht von vornherein auch solche Forderungen als gesichert an, die entstehen, weil das beabsichtigte Geschäft nicht zustande gekommen ist. Gesichert sind damit Schadensersatz ansprüche oder z. B. der Bereicherungsanspruch, mit dem der Geldgeber sein Geld zurückverlangen kann, wenn der beabsichtige Darlehensvertrag nichtig ist. Dernburg unterstellt eine Absicht der Parteien, mit dem Pfandrecht alle aus dem Geschäft entspringenden Verbindlichkeiten sichern zu wollen 63 . Bestimmte Verpflichtungen, die Dernburg auch "akzessorisch" nennt, sind mit der Hauptverbindlichkeit gesichert, ohne daß es auf eine Absicht der Parteien ankommt. Solche akzessorischen Verpflichtungen erfassen u. a. die gesetzlichen Zinsen, Auslagen auf das Pfand und die Kosten der Geltendmachung des Pfandrechts 64 . Diese Verpflichtungen sind mitgesichert, weil sie in gewissem Sinne Erzeugnisse und Bestandteile der Hauptforderung sind. 61 62 63
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Dernburg I, Dernburg I, Dernburg I, Dernburg I,
S. S. S. S.
54l. 541 f. 549 f. 550ff.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Nicht von Rechts wegen sind andere mit der Hauptschuld verbundene Verpflichtungen, wie Vertragsstrafen oder vertragliche Zinsen durch das Pfand gesichert. Nach dem Willen der Parteien kann sich aber das Pfandrecht auch auf die Sicherung derartiger Forderungen erstrecken. Erforderlich ist dafür nicht, daß die Parteien diese Forderungen ausdrücklich erwähnen. Es genügt, daß sie mit den Worten "für die Forderung" oder "für die Schuld" auf die Gesamtheit ihrer Vereinbarungen Bezug nehmen 65 • (4) Der Übergang des Pfandrechts mit der Forderung Für Demburg geht im Regelfall das Pfandrecht mit der Forderung über. Er faßt das Prinzip in den Satz: "Das Pfandrecht ist Zubehör und Ergänzung der Forderung, zu deren Schutz es bestellt ist; im Zweifel erstrecken sich daher die Dispositionen über das Hauptrecht auch über das Accessorium 66 ." An dieser Formulierung fällt die Einschränkung "im Zweifel" auf. Tatsächlich sieht Demburg die Möglichkeit, daß die Parteien Forderung und Pfandrecht voneinander trennen. Bei einer solchen Trennung besteht die Gefahr, daß der Schuldner zweimal in Anspruch genommen wird, aus der Forderung und aus dem Pfandrecht, wenn er selbst der Verpfänder ist. Der Gläubiger könnte sich eine doppelte Befriedigung verschaffen, wenn er das eine Recht veräußert und das andere behält. Demburg geht zunächst davon aus, daß die Parteien Forderung und Pfandrecht übertragen wollen, auch wenn die Parteien nur das Pfandrecht oder die Forderung erwähnen. Haben sie nur das Pfandrecht genannt, so war es als das für die Realisierung der Forderung wichtigere Mittel gemeint. Diese Auslegung hat eine Grenze am ausdrücklich geäußerten Parteiwillen. Vereinbaren die Parteien, daß nur die Forderung, nicht aber das Pfandrecht übertragen werden soll, so erhält der Zessionar auch nur die Forderung; das Pfandrecht bleibt beim Zedenten. Das ihm verbliebene isolierte Pfandrecht kann er aber nicht ausüben. Der Schuldner kann also nur einmal in Anspruch genommen werden 67 • Wird dagegen vereinbart, daß der Zessionar nur das Pfandrecht, nicht die Forderung erhalten soll, so ist das Geschäft nichtig. Das Pfandrecht allein kann wegen seiner di€nenden akzessorischen Natur nicht übertragen werden.
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Dernburg I, S. 555ff. Dernburg I, S. 560. Dernburg I, S. 561.
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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(5) Die Wirkung des Erlöschens der Forderung Mit der Frage nach den Wirkungen, die das Erlöschen der Forderung für das Pfandrecht hat, ist wieder der Streit um die Auslegung der Klageformel der römischen actio Serviana berührt. Dernburg vertritt eine strikte Abhängigkeit des Pfandrechts von der Forderung. In dem oben dargestellten Streit würde er die in der Klageformel angegebenen Erlöschensgründe weit,auslegen (vgl. o. S. 47). Ausdrücklich wehrt er sich dagegen, das Erlöschen davon abhängig zu machen, daß der Gläubiger befriedigt worden ist 68 • Für Dernburg hat der ganze Apparat der pfandrechtlichen Befugnisse den einzigen Zweck, Befriedigung für die gesicherte Forderung herbeizuführen. Wo diese spurlos verschwunden ist, kann nicht mehr gezahlt werden. Das Pfandrecht ist dann ohne inneren Gehalt. Es geht von selbst zugrunde 69 • Entscheidend ist für ihn die rechtliche Existenz der Forderung. Nicht nötig ist, daß sie durch Klage geltend gemacht werden kann; sie muß nur noch insofern vorhanden sein, daß auf sie gezahlt werden kann. Eine Naturobligation reicht für den Bestand des Pfandrechts aus 70 . Das Pfandrecht erlischt unabhängig davon, aus welchem Grunde die Forderung untergegangen ist. Es wirken in gleicher Weise Zahlung, Leistung an Zahlungs Statt, der Untergang der geschuldeten Sache, Novation, Erlaß oder Konfusion 71. (b) Der dogmatische Gehalt der Akzessorietät bei Dernburg Dernburg geht davon aus, daß die Akzessorietät des Pfandrechts ein Dogma ist. Er deutet an, daß schon den Römern dieses Dogma bewußt gewesen ist: Es hätten "die Römer, welche sonst so selten dogmatisiren, das Pfandrecht eine accessio der Forderung genannt"72. Mit dieser Grundlage mag Dernburg keinen Anlaß gesehen haben, die Wirkungsweise der Akzessorietät näher zu untersuchen und zu beschreiben. Das Dogma war für ihn im römischen Recht vorgegeben und brauchte nicht weiter begründet zu werden. Die eigenen Aussagen, die Dernburg allgemein zur Akzessorietät macht, sind eher Beteuerungen der unbedingten Abhängigkeit des Pfandrechts von der Forderung als Erklärungen der Akzessorietät. Über die Wirkungsweise der Akzessorietät wird eigentlich nichts ausgesagt mit der Feststellung, daß
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Demburg II, S. 577 ff. Demburg II, S. 574f. Demburg II, S. 575. Demburg II, S. 579ff. Dernburg I, S. 515.
6 Mincke
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
das Pfandrecht begrifflich notwendig von einer Forderung abhängig sei oder daß die Erlöschensakzessorietät mit "logischer ·Konsequenz aus der dienenden Natur und der Gesamtconstruction des Pfandrechts" folge 73 • Betrachtet man die von Demburg dargestellten Akzessorietätsfälle unter dem Gesichtspunkt der Wirkung, ist das Bild nicht so einheitlich, wie es diese Aussagen nahelegen. (1) Entstehungsakzessorietät Die "begriffsnotwendige" Abhängigkeit des Pfandrechts in der Entstehung wirft zunächst keine Probleme auf. Man kann sie auch bei Demburg in dem Sinne verstehen, in dem die Entstehungsakzessorietät oben erklärt worden ist: Die Entstehungsakzessorietät bedeutet danach, daß eine Forderung Tatbestandsvoraussetzung des wirksamen Pfandrechts ist. "Begriffsnotwendig" heißt dann nur, daß das Pfandrecht durch seinen Tatbestand so definiert ist, daß es notwendig eine Forderung sichert. Mit der begrifflichen Notwendigkeit verträgt sich aber nur schlecht, wie Demburg das für künftige Forderungen bestellte Pfandrecht behandelt. Wenn er es den Parteien überläßt, ein Pfandrecht für eine künftige Forderung sofort oder erst mit der Forderung entstehen zu lassen, gibt er ihnen gleichzeitig die Macht, die Abhängigkeit des Pfandrechts von der gesicherten Forderung zu lösen. Man wird dann aber kaum mehr davon sprechen können, daß das Pfandrecht begrifflich notwendig von einer Forderung abhängt. Es mag wünschenswert sein, ein Pfandrecht auch für künftige Forderungen sofort entstehen zu lassen, und es mag zuzugeben sein, daß kein berechtigtes Interesse eine solche Gestaltung verbietet. Es ist ein vorrangiges Interesse der Parteien, dem zuliebe Demburg die "begriffliche Notwendigkeit" der Akzessorietät durchbricht. Seine Begründung der Akzessorietät läuft Gefahr, allgemein dahin abgeschwächt zu werden, daß im gewöhnlichen Fall nur dann eine pfandrechtliche Sicherung gerechtfertigt erscheint, wenn eine Forderung vorhanden ist. Schon bei der Sicherung künftiger Forderungen wird sichtbar, welche Rolle Demburg dem Parteiwillen neben dem Akzessorietätsdogma einräumt. Der Parteiwille kehrt in der Argumentation zur Sicherung von Naturobligationen wieder. Die Parteien können ein von sich aus nicht klagbares Recht durch ein Pfandrecht klagbar machen. 73 Dernburg I, S. 515; vgl. 97 - "Das Pfandrecht dient infolge begrifflicher Nothwendigkeit stets der Realisirung einer Forderung"; S. 514 - "Nur um des Hauptrechts willen tritt es ins Leben; es steht in einer begrifflich nothwendigen Abhängigkeit von diesem Rechte".
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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Die rechtsgeschäftliehe Gestaltung der Verbindung von Pfandrecht und Forderung steht von der Wirkungsweise her gesehen im Gegensatz zur Akzessorietät. Bei der rechtsgeschäftlichen Verbindung wirkt der autonome Wille der Parteien, die Akzessorietät bewirkt die Verbindung von Pfandrecht und Forderung kraft objektiven Rechts. Die Akzessorietät ist zwingend, die rechtsgeschäftliche Gestaltung dispositiv. Nur in der äußeren Erscheinung, im Gleichlauf beider Rechte, können Akzessorietät und rechtsgeschäftliche Gestaltung zum selben Ergebnis führen. (2) Übergangsakzessiorietät Für den Übergang des Pfandrechts mit der gesicherten Forderung, wenn diese abgetreten wird, übernimmt der Parteiwille bei Dernburg die ganz herrschende Rolle. Es ist nicht eine Wirkung der Akzessorietät, daß das Pfandrecht mit der Forderung übergeht. Das Pfandrecht wird mit der Forderung zusammen übertragen. Hinter dem Übergang des Pfandrechts steht ein besonderer rechts geschäftlicher Wille. Dernburg beruft sich aber gerade auch für das Zusammenbleiben von Pfandrecht und Forderung bei Übertragungen auf die Akzessorietät 74 . Das Übertragungsgeschäft selbst kann nicht akzessorisch sein. Die Wirkungen der Akzessorietät sind hier an anderer Stelle zu suchen. Sie scheinen sich zunächst in der Vermutung zu erschöpfen, daß im Zweifel Forderung und Pfandrecht zusammen abgetreten werden. Eine solche Vermutung wird man als Dogma kaum ansprechen können. Begriffsnotwendig von der gesicherten Forderung abhängig ist das Pfandrecht auch nicht, wenn Dernburg es zuläßt, daß die Parteien Forderung und Pfandrecht voneinander trennen. Das ist bei ihm wenigstens in der Weise möglich, daß der Gläubiger die Forderung abtritt und das Pfandrecht behält. Trotz der Trennung geht das Pfandrecht nicht unter. Es tritt dann allerdings eine Wirkung ein, die dasselbe Ziel verfolgt wie die Akzessorietät. Der Schuldner soll nicht zweimal in Anspruch genommen werden, der Altgläubiger kann deshalb in diesem Falle sein Pfandrecht nicht ausüben 75 . Diese Wirkung kann man vielleicht eine Akzessorietät im weiteren Sinne nennen. Eine Übergangsakzessorietät ist sie nicht. Wieder eine andere Wirkung ist wahrzunehmen, wenn Forderung und Pfandrecht dadurch getrennt werden sollen, daß der Gläubiger allein das Pfandrecht übertragen will. Jetzt verhindert die Akzessorietät die Tren-
Dernburg I, S. 560, 562. Dernburg I, S. 561; welchen Sinn dieses Pfandrecht in der Hand des Altgläubigers noch hat, sagt Dernburg nicht. 74
75
6*
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nung, indem sie die Verfügung über das Pfandrecht unwirksam macht 76 . Diese Wirkung könnte man wieder so beschreiben, daß die gleichzeitige Abtretung der Forderung Rechtsbedingung der wirksamen Verfügung über das Pfandrecht ist. Die Wirkung wäre eine ähnliche wie bei der Entstehungsakzessorietät. (3) Erlöschensakzessorietät Am deutlichsten zeigt die Akzessorietät den selbständigen Wirkungsgehalt bei Dernburg in der Erlöschensakzessorietät. Das Pfandrecht geht von selbst mit der Forderung unter. Diese Wirkung tritt von Rechts wegen ein, wie es bei einer als Dogma verstandenen Akzessorietät vorauszusetzen ist. Wenn Dernburg auf diesen Punkt auch nicht eingeht, ist es die Akzessorietät, die eine rechtsgeschäftliche Verfügung über das Pfandrecht ersetzt (vgl. o. 1. Kap. III 2).
In dieser Wirkung scheint auch die "Erklärung", die Dernburg der Akzessorietät gibt, zuzutreffen. Er läßt das Pfandrecht in allen Fällen erlöschen, in denen die gesicherte Forderung untergeht. Hier, für den Fortbestand des Pfandrechts, erweist sich die Forderung tatsächlich als "begriffsnotwendig" für das Pfandrecht. (4) Durchsetzungs- und Umfangs akzessorietät Oben, bei der Behandlung der Akzessorietätsfälle bei Medicus, sind Zweifel angemeldet worden, ob in den mit Durchsetzungs- und Umfangsakzessorietät bezeichneten Fällen wirklich eine Akzessorietätswirkung wahrzunehmen ist (s. o. 1. Kap. III 2 cu. d). Dernburgs Darstellung stützt diese Zweifel. Er reiht zwar die Frage, wie Einreden gegen die Forderung auf das Pfandrecht wirken und in welchem Umfang die Forderung durch das Pfandrecht gesichert wird, unter Fälle ein, in denen er die Akzessorietät behand~lt; dies ist aber dadurch bedingt, daß er im betreffenden Abschnitt die pfandrechtlich gesicherte Forderung allgemein behandelt, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der akzessorischen Verbindung mit dem Pfandrecht. Dernburg argumentiert nicht mit der Akzessorietät, um die Wirkung der Einreden gegen die Forderung auch auf das Pfandrecht zu beziehen. Es ist der Charakter der Einrede selbst, der ihren Wirkungsbereich bestimmt. Die Wirkungen sind nach der Art der Einrede und danach, ob der Schuldner selbst oder ein Dritter Verpfänder ist, abgestuft. Dies gilt für persönliche und relative Einreden. Eine Akzessorietätswirkung ist allerdings wahrzunehmen, wenn Dernburg ausführt: "Die bei weitem meisten Exceptionen 76
Dernburg I, S. 561 f.
11. Pfandrecht, subjektives Recht und Akzessorietät
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können von Jedem angerufen werden, welchem gegenüber die Forderung zur Sprache kommt. Ein für eine solche Forderung bestelltes Pfandrecht ist wirkungslos 77 ." Das Pfandrecht ist in diesem Falle aber nicht durch eine besondere Durchsetzungsakzessorietät an die Forderung gebunden. Die Abhängigkeit, die hier wirkt, scheint die Entstehungsakzessorietät zu sein. Dernburg sieht die gesicherte Forderung als nichtig oder wirkungslos an, und damit ist zugleich das Pfandrecht nichtig. Auch dort, wo Dernburg den Umfang der pfandrechtlich gesicherten Schuld erörtert, ist von der Akzessorietät nicht die Rede. Es geht ausschließlich um die Frage, für welche Forderungen das Pfandrecht haftet. Es wird nicht erwähnt, daß das Pfandrecht selbst einen Umfang habe, der möglicherweise vom Umfang der Schuld abhängig sein könnte. Eine besondere Umfangsakzessorietät kennt Dernburg jedenfalls nicht. c)
Zusammenfassung
Dernburg sieht in seiner Pfandrechtskonstruktion das Pfandrecht durch die Akzessorietät an die gesicherte Forderung gebunden. Die Akzessorietät hat in drei Fällen Bedeutung, bei der EntstehunK des Pfandrechts, beim Übergang und beim Erlöschen mit der Forderung. Das Ergebnis ist in allen drei Fällen insofern gleich, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Pfande nur suchen kann, wenn ihm auch das Forderungsrecht zusteht. Der Begriff Akzessorietät beschreibt einheitlich die äußere Erscheinung des Gleichlaufs der Berechtigung aus dem Pfandrecht mit der Forderung. Die Wirkungen, die nötig sind, um diesen Gleichlauf herzustellen, sind verschieden. Oben (s. o. 1. Kap. III 2) waren zwei unterschiedliche Wirkungen festgestellt worden, die Wirkung einer Tatbestandsvoraussetzung oder einer Rechtsbedingung bei der Entstehungsakzessorietät und die Wirkung, daß eine Verfügung ersetzt wird, bei der Übergangs- und der Erlöschensakzessorietät. Dernburgs Aussage, daß die Forderung für das Pfandrecht begriffsnotwendig und daß das Pfandrecht deshalb notwendig akzessorisch ist, ließ eine einheitliche Begründung der Akzessorietätsfälle vermuten. Bei näherer Betrachtung löst sich die Einheit aber auf. Hinter der akzessorischen Abhängigkeit des Pfandrechts stehen auch bei Dernburg verschiedenartige Wirkungen. Das Regelungsziel, daß das Pfandrecht auf den Sicherungszweck beschränkt sein soll, ist klar. Eine einheitliche Regelung, ein Akzessorietätsdogma, beschreibt Dernburg nicht. Die Akzessorietät bei Dernburg unterscheidet sich in Einzelheiten von dem Bild, das die neuere Wissenschaft darstellt (vgl. o. Kap. 1). Erstaunli77
Dernburg I, S. 542.
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cher als die Unterschiede dürfte aber sein, wie wenig die Wissenschaft darin fortgeschritten ist, die Problematik der Akzessorietät zu erfassen. Demburgs Darstellung würde heute wegen ihrer begriffsjuristischen Anklänge Kritik auf sich ziehen. Neben den neueren Darstellungen der pfandrechtlichen Akzessorietät würde sie vielleicht zeigen, daß die Akzessorietät der Pfandrechte nicht erst durch die Sonderregelungen für die Hypothek im Bürgerlichen Gesetzbuch problematisch geworden ist. III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät des dinglichen Pfandrechts Die Akzessorietät hat als ein Element der Pfandrechtskonstruktion etwas mit der Systematik subjektiver Rechte zu tun. Büchel und Demburg teilten die subjektiven Rechte verschieden ein, sie kamen zu verschiedenen Pfandrechtskonstruktionen, in denen die Akzessorietät unterschiedlich beschrieben wurde. Büchel, der von einem obligatorischen Pfandrecht ausging, kam zu einer einheitlichen Akzessorietät, die in der Art eines Gesamtschuldverhältnisses wirkt. So läßt sich aber nur ein Teil der Bindung des Pfandrechts an die gesicherte Forderung erklären, die Erlöschensakzessorietät; offen bleiben die Entstehungs- und Übergangsakzessorietät. Demburg, der von einem dinglichen Pfandrecht ausging, erklärte die Bindung umfassender. Bei ihm löste sich die Akzessorietät aber in verschiedenartige Wirkungen auf. Dogmatisch zu befriedigen, vermögen beide Darstellungen nicht. Die Akzessorietät hat, wie die Pfandrechtskonstruktion überhaupt, Voraussetzungen auf der Ebene des subjektiven Rechts. Man könnte das Problem kurz so entwerfen: Die Akzessorietät betrifft Rechte, auf der einen Seite ein Forderungsrecht, auf der anderen das Pfandrecht, das nach h. M. ein dingliches Recht ist, nach anderer Ansicht ein obligatorisches. Um zeigen zu können, wie die akzessorische Abhängigkeit wirkt, muß die Gestalt dieser Rechte geklärt werden. 1. Akzessorietät und subjektive Rechte
a)
Das subjektive Recht als Beziehung
Subjektive Rechte werden üblicherweise als Beziehungen dargestellt. Man unterscheidet entweder dingliche und persönliche oder absolute und relative Rechte voneinander. Der Gegensatz dinglich - persönlich sieht das Unterscheidungsmerkmal darin, daß eine Beziehung zu einer Sache oder zu einer Person hergestellt wird. Der Gegensatz absolut - relativ fragt danach, ob eine rechtliche Beziehung zu unbestimmt vielen Personen oder nur zu einer bestimmten Person besteht. Vereinigt man die dinglichen und die per-
111. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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sönlichen oder die absoluten und relativen Rechte jeweils zu einer Gesamtklasse der subjektiven Rechte, bleibt als Wesensmerkmal nur die rechtliche Beziehung übrig. Mit "rechtliche Beziehung" ist das subjektive Recht natürlich viel zu undeutlich bezeichnet. Es ist gegen die Vielzahl rechtlicher Beziehungen, die nicht subjektive Rechte sind, durch eine nähere Bestimmung abzugrenzen. In dieser näheren Bestimmung hauptsächlich unterscheiden sich die klassischen Entwürfe des subjektiven Rechts. Savigny hat als engeres Kriterium subjektiver Rechte den Willen, die Macht gesehen, die dem einzelnen eingeräumt ist, sei es über eine Sache, sei es über die Handlung einer Person!. Windscheid spricht vom Befehl des Rechtssubjekts, durch den es vom Verpflichteten das ihm Gebührende erlangt 2 • Bei Jhering sind subjektive Rechte rechtlich geschützte Interessen. In ihnen liegt ein substantielles, praktisches Moment: Nutzen, Vorteil, Gewinn und ein formales: der Rechtsschutz, die Klage 3 . Gemeinsam ist Savigny, Windscheid und Jhering, daß sie auf eine Beziehung abstellen, wenn diese Beziehung auch verschieden gesehen wird. Bei Savigny ist es die Beziehung zum Gegenstand des Rechts, jene Beziehung also, die in der Abgrenzung dinglich - persönlich entscheidet. Bei Windscheid, im Befehl, und Jhering, im Rechtsschutz durch die Klage, tritt die Beziehung zum Verpflichteten in den Vordergrund. Die Beziehung zum Verpflichteten liegt der Unterscheidung absolut - relativ zugrunde. Beide Arten von Beziehungen sind für das subjektive Recht wesentlich, sowohl die Beziehung zum Verpflichteten als auch die Beziehung zum Gegenstand des Rechts. Fraglich ist aber, ob sich das subjektive Recht in solchen Beziehungen erschöpft. Es gibt Aspekte, unter denen vom subjektiven Recht mehr als eine Beziehung verlangt wird: Obligatorische und dingliche Rechte bilden das Vermögen. Wie können Beziehungen Vermögen sein? Unzureichend erscheint die Vorstellung des Rechts als Beziehung bei allen Verfügungen, sei es über dingliche, sei es über obligatorische Rechte. Es klänge unnatürlich, wenn man bei Verfügungen über dingliche Rechte davon spräche, daß die Beziehungen zu einer Sache übertragen werden. Befremdender noch wäre es, bei der Verfügung über ein dingliches Recht auf die Beziehung zu einer unbestimmten Vielzahl von verpflichteten Personen abzustellen, die übertragen wird. Näher liegt die Vorstellung, daß als Ergebnis der Verfügung die Beziehungen des Veräußerers zur Sache und zu verpflichteten Personen erlöschen und beim Erwerber Beziehungen entstehen.
1 2
3
Savigny, System I, §§ 4, 52. Windscheid, Pandekten I, § 37. Jhering III, § 60.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Bei Verfügungen über dingliche Rechte kann wenigstens noch die Vorstellung helfen, daß die körperliche Sache selbst Gegenstand des Rechts ist. Bei obligatorischen Rechten gibt es keine solche Hilfe. Einen sichtbaren Gegenstand haben Forderungsrechte jedenfalls nicht. Auch der Vertrag, in dem sich der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger einen bestimmten Gegenstand zu verschaffen, gibt dem Gläubiger noch kein Recht an diesem Gegenstand. Der Gläubiger hat nur die Verschaffungsverpflichtung des Schuldners und gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch. Trotzdem erschöpft sich auch das obligatorische Recht nicht in Beziehungen. Bei der Abtretung eines Übereignungsanspruchs z. B. scheint es befremdlich, daß der Käufer seine Beziehungen zum Verkäufer übertragen soll. Bei Forderungsrechten muß mehr als die Beziehung zum Verpflichteten vorhanden sein. Das deutet sich auch an, wenn z. B. ein Forderungsrecht zur gesamten Hand zusteht. Es scheint nicht sehr sinnvoll, zu sagen, daß hier mehrere an einer Beziehung gesamthänderisch berechtigt sind. Die Beteiligung scheint doch auf einen Gegenstand zu gehen. Was dieser Gegenstand ist, ist allerdings schwer auszumachen. Die Schwierigkeit, sich Verfügungen über Rechte als Verfügungen über Beziehungen vorzustellen, gilt unmittelbar auch für die Akzessorietät. Wenn das dingliche Pfandrecht nur eine Beziehung zu einer Sache oder eine Beziehung zu einer unbestimmten Zahl von Personen ist, wäre es diese Beziehung, die akzessorisch ist. Als Gegenstand der Akzessorietät bereiten Beziehungen dieselben Probleme, wie als Gegenstand von Verfügungen. b) Das subjektive Recht als rechtliche Zuordnung In den letzten Jahrzehnten haben verschiedene Autoren das subjektive Recht auch unter einem anderen Aspekt betrachtet. Gegenüber der Beziehung zu einer Sache oder Person, die das subjektive Recht schafft, trat dabei der Gesichtspunkt hervor, daß das subjektive Recht dem Berechtigten Vermögensgüter zuordnet. Sinnfällig ist diese Sicht besonders im Sachenrecht. Westermann hat sie in seinem Lehrbuch des Sachenrechts zur Grundlage genommen: "In Wirklichkeit vermögen Absolutheit des Klageschutzes und Unmittelbarkeit der Objektsbeziehung weder allein noch zusammen eine befriedigende Erklärung zu geben. Sie sind vielmehr nur Ausflüsse der güterzuordnenden Funktion dinglicher Rechte 4 ." Der Gedanke der Zuordnung wird aber nicht auf die dinglichen Rechte beschränkt. Er soll auf die Forderungsrechte ebenso angewandt werden 5.
4 5
Westermann, § 2 II l. Vgl. Wieacker, Vermögenszuordnung, S. 49ff.; Westermann, § 2 II lf.
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
89
In der Zuordnung eines Vermögensgutes zeichnet sich ein Merkmal ab, das für alle subjektiven Rechte gelten könnte. Dingliche und obligatorische Rechte wären nach dem Gegenstand der Zuordnung zu unterscheiden. Sinnvoll scheint eine solche Einteilung aber nur, wenn es gelingt, auch einen Gegenstand für die Forderungsrechte zu bestimmen. Dieses Problem ist ungelöst und widersetzt sich allen Bemühungen, denn "inhaltlich schafft die Forderung ... nur ein Rechtsband zwischen Gläubiger und Schuldner"6. In dem Bilde des Rechtsbandes zwischen Gläubiger und Schuldner tritt wieder die Beziehungsstruktur obligatorischer Rechte hervor. Als Beziehung kann die Forderung nicht einer Person zugeordnet werden. Der Forderungsgläubiger ist nicht Inhaber einer Beziehung. Das obligatorische Recht ist als Beziehung wenigstens zwei Personen zugeordnet. Die Beziehung taugt nicht zum zuordnungsfähigen Gegenstand, der den Gläubiger als Inhaber eines Rechts ausweist.
Diese Schwierigkeit sieht die Literatur wohl allgemein. Sie bietet den Ausweg an, die Forderung selbst als einen "der Zuordnung bedürftigen und fähigen Gegenstand" zu sehen 7• Dies bedeutet, daß die Forderung in der Rechtsordnung vergegenständlicht wird 8 . Die Vergegenständlichung der Forderung ist zunächst eine sprachliche Möglichkeit. Es ist allgemein üblich zu sagen, daß der Gläubiger "ein Forderungsrecht hat". Schon in diesem Ausdruck ist das Recht vergegenständlicht. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, daß ein solcher Ausdruck zur einfachen Verständigung benutzt wird. Damit ist aber wohl noch nicht der dem Gläubiger zugeordnete Gegenstand gefunden, wenn Inhalt des Forderungsrechts die Beziehung zwischen Schuldner und Gläubiger bleibt. Die Verdinglichung des Forderungsrechts selbst eignet sich auch nicht, um dingliche und obligatorische Rechte auf einer gemeinsamen Grundlage darzustellen. Wie die Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner lassen sich auch die Beziehungen, die im dinglichen Recht enthalten sind, verselbständigen und dem Berechtigten zuorden. Das dingliche Recht hätte dann zwei Gegenstände, die Sache und die in Entsprechung zum obligatorischen Recht verselbständigten Beziehungen. Die dingliche Berechtigung wäre mit dem zweiten Gegenstand nur ein Mehr gegenüber der obligatorischen. Im Ergebnis käme man wieder bei der Erklärung an, die schon Büchel für die Einteilung der subjektiven Rechte gefunden hatte: Das dingliche Recht ist mit der Herrschaft, die es verleiht, auch ohne Klage denkbar, das obligatorische Recht besteht allein in der Klage (s. o. II 1 b).
6
7
B
Westermann, § 2112. Westermann, a.a.O. Vgl. Wieacker, a.a.O.; Dulckeit, S. 36; Larenz, Schuldrecht AT, § 291.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Der Gedanke der Zuordnung ist auch in der Systematik enthalten, die Raiser den subjektiven Rechten gegeben hat. Raiser schafft zusätzlich zur vertikalen Gliederung in obligatorische und dingliche Rechte eine neue Unterscheidung. Bei beiden Arten von Rechten trennt er horizontal die primären von den sekundären Rechten. Die primären Rechte sind die eigentlichen subjektiven Rechte. Sie sind entweder dinglich, dann weisen sie einer Person eine mit Rechtsschutz ausgestattete, selbständige Rechtsstellung zu; oder sie sind obligatorisch, dann bestehen sie in einem vertraglichen oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnis, das zwei oder mehrere Personen in eine besondere, sei es vertragliche, gesellschaftliche oder korporative Verbindung zueinander bringt. Die Rechte dieser Gruppe sind unselbständig, weil sie vom Bestand und Inhalt besonderer Rechtsverhältnisse abhängig sind. Den primären Rechten stehen Ansprüchen und Gestaltungsrechte gegenüber. Sie sind die sekundären Rechte, die bloß instrumentalen Charakter haben und Hilfsmittel oder Werkzeuge der Rechtsordnung sind. Sie dienen dem Schutz und der Verwirklichung der primären Rechte 9 • Man könnte Raisers Systematik so verstehen, daß der Beziehungscharakter der Rechte vor allem in den sekundären Berechtigungen liegt, in den Ansprüchen und Gestaltungsrechten. Das Element der Zuordnung findet sich bei den primären Rechten, den eigentlichen subjektiven Rechten. Es ist dort aber auf den Bereich der selbständigen, d. h. der dinglichen Rechte beschränkt: Sie sind einer Person "zugewiesen". Raiser vermeidet diesen Ausdruck bei den obligatorischen Rechten, den unselbständigen primären Rechten. Auch Raiser kann nicht vermeiden, daß die obligatorischen Rechte Beziehungscharakter haben: Sie bringen wenigstens zwei Personen in eine besondere Verbindung. Damit gelingt es ihm dingliche und obligatorische Rechte gegen die Ansprüche und Gestaltungsrechte abzusetzen; außer diesem negativen Kriterium, das die Rechte in der Klasse der primären Rechte abgrenzt, hat er aber kein positives Merkmal, das die dinglichen und obligatorischen Rechte vereinigt. Es sind nur die dinglichen Rechte, die dem Berechtigten eine Rechtstellung zuweisen, die obligatorischen bleiben Beziehung. c)
Der zuordnende Gehalt subjektiver Rechte bei Savigny
Der Gedanke, dingliche und obligatorische Rechte unter den Gesichtspunkt der Vermögenszuordnung zu stellen, ist nicht erst in diesem Jahrhun-
9
Raiser, Subjektives Recht, S. 466.
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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dert gekommen. Er findet sich schon in Savignys Auseinandersetzung mit dem subjektiven Recht. Ein Modell der Vermögenszuordnungen, das er im "System des heutigen Römischen Rechts" entwickelt hat, ist aber im Schatten der Lehre vom Rechtsverhältnis geblieben. Das Interesse der Wissenschaft an Savignys Darstellung der subjektiven Rechte hat sich meist auf das Macht- und Willens element gerichtet. Hier setzt auch Savigny den Schwerpunkt. Das Macht- und Willenselement, die Erweiterung der persönlichen Kräfte durch das Recht 10 , führt zum Rechtsverhältnis. Das Rechtsverhältnis ist eine Beziehung von Person zu Person, die durch eine Rechtsregel bestimmt ist ll . Dem subjektiven Recht liegt insoweit auch bei Savigny das Modell einer Beziehung zugrunde. Etwas anderes als eine Beziehung von Person zu Person ist bei Savigny aber Inhalt des Rechts, wo er im besonderen auf die Vermögensrechte eingeht: "Wir verstehen nun in der einzelnen Anwendung unter Vermögen die Totalität aller hier beschriebenen Verhältnisse, insofern sie sich auf eine bestimmte Person als deren Träger beziehen. Dieser wichtige Rechtsbegriff wird noch durch folgende nähere Bestimmungen ausgebildet. Erstlich ist die Beziehung dieser Rechte auf eine bestimmte Person zufällig und wandelbar, so daß also jedes Vermögen einen bestimmten Umfang hat nur unter Voraussetzung eines gegebenen Zeitpunktes, und daß es in jedem anderen Zeitpunkt einen ganz verschiedenen Inhalt haben kann. Zweytens können wir in der allgemeinen Betrachtung des individuellen Vermögens abstrahieren von der Beschaffenheit der einzelnen Rechte, woraus es gerade besteht, und durch dies Abstraction verwandelt es sich für unsre Betrachtung in eine reine Quantität von gleichartigem Gehalt ... Diese rein quantitative Behandlung des Vermögens, ohne welche eine Handhabung des Rechts nur in sehr unvollkommener Weise möglich seyn würde, wird vermittelt durch den Begriff des Werthes, oder der Gleichstellung verschiedenartiger Vermögensrechte durch Reduction auf ein gemeinschaftliches Drittes 12 ." Auch beim Vermögen spricht Saivgny von einer Beziehung. Diese Beziehung ist aber eine andere als diejenige, die Inhalt des Rechtsverhältnisses war. Das Rechtsverhältnis enthielt eine Beziehung von Person zu Person; bei den Vermögensrechten geht es um eine Beziehung zwischen Recht und Träger des Vermögens. In dieser Beziehung kann man den Gedanken der Zuordnung wiedererkennen.
10 11
12
Savigny, System, §§ 4, 52f. (I, S. 6ff., 331ff., 336). Savigny, System, § 52 (I, S. 333). Savigny, System, § 56 (I, S. 375f.).
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Man wird Savignys Ausführung entnehmen können, daß auch er sich zunächst die Rechtsverhältnisse in den Rechten, wenn sie auf ihren Träger bezogen sind, vergegenständlicht denkt. Ohne eine solche Vergegenständlichung könnte er nicht vom Umfang des Vermögens sprechen. Tatsächlich dürfte Savigny sogar zwei Schritte der Vergegenständlichung gleichzeitig gemacht haben. Er vergegenständlicht erstens das Rechtsverhältnis zum Recht, das einem Träger zugeordnet werden kann und zweitens vergegenständlicht er das Recht zu Vermögen. Bei Savigny ist in dieser Auslegung der Gedanke, daß Rechte Vermögen zuordnen, schon vorweggenommen. In der dann folgenden Frage, wie dingliche und obligatorische Rechte unter diesem Aspekt eingeordnet werden können, scheint er sogar weiter gekommen zu sein, als die neueren Vertreter dieses Gedankens. Er bietet eine Lösung an, die er durch Abstraktion gewinnt: Er abstrahiert von der Beschaffenheit der einzelnen Rechte und findet hinter ihnen als gleichartigen Gehalt den Wert. Der Wert könnte Savignys Antwort auf die Frage nach dem gemeinsamen Gegenstand dinglicher und obligatorischer Rechte sein. Mit dem Wert wäre auch ein Gegenstand gefunden, den das obligatorische Recht dem Berechtigten zuordnet1 3 . Man kann bezweifeln, ob Savigny die Interpretation, die ihm hier gegeben wird, akzeptiert hätte. Der Wert war für ihn nicht Gegenstand der Vermögensrechte. Diese Auslegung brächte Widersprüche in seine Darstellung. Er hatte den Gegenstand der Vermögensrechte schon anders bestimmt: Sachen im Falle dinglicher Rechte, Handlungen im Falle obligatorischer Rechte 14 . Außer diesen Gegenständen, in denen sich die beiden Arten von Rechten unterscheiden, würden sie mit dem Wert noch einen dritten, gemeinsamen Gegenstand erhalten. Das war kaum Savignys Absicht. Savigny zeigt bei den Vermögensrechten den Aspekt der Zuordnung, er schließt hieran aber keine Systematik der subjektiven Rechte nach dem Gegenstand der Zuordnung an. Der Wert ist bei ihm nicht Gegenstand der Vermögensrechte, sondern ihr Merkmal. Die Vermögensrechte unterscheiden sich in ihrem Gegenstand, daneben haben sie den Wert als ein gemeinsames Merkmal. Deswegen war es wohl auch nicht korrekt, wenn eben Savigny eine doppelte Vergegenständlichung unterstellt wurde. Zum Wert kommt Savigny nach seinen eigenen Worten durch Abstraktion und "Reduction" 15, nicht durch Vergegenständlichung.
13 Savigny geht noch einen Schritt weiter: "Und dieser Begriff (sc. der Wert) wiederum wird äußerlich dargestellt und in das wirkliche Leben eingeführt durch das Geld, so daß also für den juristischen Gebrauch Werth und Geldwerth gleichbedeutende Ausdrücke sind ... " - Savigny, System, § 56 (1, S. 376). 14 Savigny, System, § 53 (1, S. 338f.). 15 Savigny, System, § 56 (1, S. 375f.).
IU. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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Trotzdem wird man der Darstellung von Savigny den Gedanken entnehmen können, daß die subjektiven Rechte beide Aspekte haben, den der Beziehung und den der Zuordnung. Die Beziehung ist bei ihm nur der systematisch entscheidende Aspekt geblieben. Das genügt, um festzustellen, daß die Vertreter des Zuordnungsgedankens und Raiser mit seinem Entwurf der subjektiven Rechte Savigny nicht allzu fern stehen. Das, was bei Savigny möglicherweise zu einem Widerspruch im System der subjektiven Rechte geführt hätte, das Nebeneinander von Beziehung und Zuordnung, ist bei Raiser die Grundlage der Erklärung. In Raisers Systematik subjektiver Rechte finden sich die Gesichtspunkte der Beziehung und der Zuordnung gleichzeitig. Das Beziehungselement ist bei ihm allerdings in den Bereich der sekundären Rechte abgesunken, in dem es um die Durchsetzung der Rechte geht. Raiser hat in seinem System das für Savigny entscheidende Kriterium subjektiver Rechte, die Macht, degradiert. Die Zuordnung, die bei Savigny nur ein Gesichtspunkt der Vermögensrechte war, ist bei Raiser - für die dinglichen Rechte wenigstens - grundlegend geworden. d) Subjektive Rechte als Wert- oder Substanzrechte Nach dem Hinweis von Savigny, daß alle Vermögensrechte dem Berechtigten einen Wert geben, scheint es möglich zu sein, die Vermögensrechte unter dem Gesichtspunkt der Zuordnung zu systematisieren. Alle Rechte ordnen ihrem Träger einen Wert zu; bei dinglichen Rechten ist der Wert durch eine Sache vermittelt, bei obligatorischen Rechten durch eine Forderung. Der Wert ist dann das übergreifende Merkmal der Gesamtklasse der subjektiven Rechte (jedenfalls soweit sie Vermögensrechte sind). Mit dem Wert als Gegenstand braucht man auch Forderungsrechte nicht mehr ausschließlich als Beziehung zu begreifen. In Raisers Modell könnten dingliche und obligatorische Rechte dem Berechtigten gleichartig eine gesicherte Rechtsstellung zuweisen. Die primären, d. h. die eigentlichen subjektiven Rechte, hätten im Wert einen einheitlichen Gegenstand. Der bei Raiser nicht überwundene Gegensatz zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten wäre aufgelöst. Die sekundären Rechte dienten einheitlich der Verwirklichung eines Wertes. Der Wert als Gegenstand von Vermögensrechten könnte ebenso dem Zuordnungsgedanken nützen, den Westermann vertritt. Es würde unnötig, das Forderungsrecht selbst zu vergegenständlichen, um dem Berechtigten auch mit dem obligatorischen Recht einen Gegenstand zuordnen zu können. Diese unbefriedigende Hilfskonstruktion ließe sich durch den Wert als Gegenstand von Forderungsrechten ersetzen.
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
Es mag verlocken, die subjektiven Rechte mit Hilfe des Wertes in ein einfaches System zu bringen. Der Gedanke ist aber wohl nicht durchführbar, ohne den Vermögensrechten doch wieder Gewalt anzutun. Nachdem es zuerst die Forderungsrechte waren, die sich der Einordnung entzogen, würde die Systematik jetzt der Besonderheit der dinglichen Rechte nicht mehr gerecht. Savigny ist zum Begriff des Wertes durch Abstraktion von der Beschaffenheit der einzelnen Rechte gekommen. Der Weg dieser Abstraktion ist aber bei dinglichen und obligatorischen Rechten verschieden. (a) Dingliche Rechte als reine Substanzrechte Dingliche Rechte haben als solche keinen Wert. Dingliche Rechte haben einen körperlichen oder unkörperlichen Gegenstand. Dieser Gegenstand ist es, der einen Wert haben kann. Niemals aber ist der Wert selbst Gegenstand eines dinglichen Rechts. Mit dinglichen Ansprüchen wird nicht ein Wert geltend gemacht; Herausgabeansprüche und Abwehransprüche gehen auf die Sache selbst, nicht auf ihren Wert. Mit der Sache selbst gehen alle dinglichen Berechtigungen unter. Um von der dinglichen Berechtigung an einer Sache zum Recht auf einen Wert zu kommen, muß immer ein besonderer Vorgang dazwischen treten. Dieser Vorgang kann ein Akt der "Verwertung" sein. Für die Verwertung muß die Sache in den Güterverkehr gebracht werden. Im Güterverkehr, normalerweise beim Verkauf, ist die Sache aber Gegenstand obligatorischer Rechte. Erst in der obligatorischen Berechtigung tritt der Wert der Sache hervor. Dasselbe zeigt sich, wenn ein anderer die Sache unerlaubt beschädigt. Der Eigentümer hat einen Anspruch auf Ersatz seines Schadens. Der Anspruch, mit dem er den Wertverlust geltend macht, ist aber kein dinglicher Anspruch, sondern ein schuldrechtlicher. Der Wert einer Sache ist für die dingliche Berechtigung sogar völlig unbeachtlich. Das dingliche Recht ändert sich nicht dadurch, daß der Wert seines Gegenstandes steigt oder fällt. Die gegenwärtigen Eigentümer der "Blauen Mauritius" erfahren keinerlei Einbuße an ihrem dinglichen Recht, wenn morgen ein ganzer Bogen dieser Briefmarken gefunden wird und ihr Wert verfällt. Der Inhaber eines wirtschaftlich wertlosen Patents ist gegen Eingriffe in sein dingliches Recht so gut geschützt wie jeder andere Patentrechtsinhaber. Nur ein - obligatorischer - Schadensersatzanspruch wird einen geringeren Umfang haben. Dingliche Rechte sind grundsätzlich auch nicht teilbar; teilbar ist nur die Substanz, an der das Recht besteht. Etwas anderes wäre vorstellbar, wenn der Wert Gegenstand des dinglichen Rechts wäre. Dann ließe sich die Berechtigung in Höhe eines bestimmten Wertes auf einen anderen übertragen. Auch die verschiedenen Formen der Mitberechtigung an einer Sache
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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lassen sich nicht als Gegenbeispiele anführen. Beim Miteigentum, bei der Gesamthänderschaft oder bei der Beteiligung an einem Vermögen durch Mitgliedschaft, wie bei den rechtsfähigen Körperschaften, gibt es keine Beteiligung in Höhe eines bestimmten Wertes. Die Beteiligung geht immer auf eine bestimmte Quote; sie ist substanz-, nicht wertbezogen. Ein anderer Eindruck kann dort entstehen, wo eine Beteiligung durch eine Kapitaleinlage in bestimmter Höhe erworben wird. Der Einlagebetrag gibt aber nicht die Höhe der dinglichen Berechtigung wieder. Aus dem Einlagebetrag im Verhältnis zu den übrigen Einlagen errechnet sich wieder nur die Quote der dinglichen Beteiligung. Der wirkliche Wert, der durch Veräußerung der Beteiligung erzielt werden kann, ist durch den Betrag der Einlage nicht bestimmt. Deutlich zeigt sich das im Vergleich zur Beteiligung des stillen Gesellschafters. Der stille Gesellschafter ist mit einem festen Betrag am Unternehmen des "Tätigen" beteiligt. Er hat aber keine dingliche Berechtigung am Unternehmensvermögen. Seine Einlage geht in das Eigentum des Tätigen über, er hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf die vereinbarten Leistungen. Dinglich läßt sich die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht konstruieren, weil es dingliche Berechtigungen in Höhe eines bestimmten Wertes nicht gibt. Wertbestimmte dingliche Rechte kennt das geltende Recht grundsätzlich nicht. Dabei ist es vielleicht nicht denknotwendig, daß dingliche Berechtigungen und der Wert einer Sache einander fremd sind. Das lübische Recht scheint ein dingliches Recht gehabt zu haben, durch das dem Berechtigten ein Recht an einem Grundstück in Höhe eines bestimmten Betrages eingeräumt war16 • Es ist zu erwarten, daß in einer Rechtsordnung, die wertmäßig bestimmte dingliche Rechte hat, die Abgrenzung der dinglichen von den obligatorischen Rechten schwerfäUt. In der Rechtswissenschaft hat vor allem Kohler darauf hingewiesen, daß es eine Eigenart dinglicher Rechte ist, regelmäßig eine Substanz zum Gegenstand zu haben. Solche Rechte sind das Eigentum, der Nießbrauch und die Grunddienstbarkeiten 17 • Kohler sieht neben den dinglichen Substanzrechten aber auch eine Reihe von Rechten, die seiner Meinung nach zugleich dinglich und Wertrechte sind. Muster eines solchen Rechts soll das Pfandrecht sein; dazu gehören auch Grundschuld, Hypothek, Reallast und u. a. das "Beschlagsrecht" im Konkurs und das Recht des Aktionärs 18 • Aus diesen "dinglichen Wertrechten" wird man das Recht des Aktionärs und das Beschlagsrecht gleich aussondern können. Wie eben schon festge16 Vgl. Kohler, Substanzrechte, S. 159ff.; Wolff / Raiser, § 143 II, jeweils mit dem Hinweis auf R. Schröder, Über eigentümliche Formen des Miteigentums (1896), S. 10f. 17 Kohler, Substanzrechte, S. 155. 18 Kohler, Substanzrechte, S. 156ff.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
stellt wurde, hat die Beteiligung des Aktionärs an der Aktiengesellschaft keinen selbständigen Wert. Der Nennwert der Aktie dient nur der Berechnung der Beteiligungsquote am Gesamtvermögen der Gesellschaft. Mit dem Beschlagsrecht der Gläubiger im Konkurs vertrat Kohler gegen die herrschende Meinung und auch gegen die Motive zur Konkursordnung eine dingliche Berechtigung der Gläubiger am Vermögen des Schuldners 19 • Es bleiben Pfandrecht, Grundschuld, Hypothek und Reallast. An dieser Reihe fällt auf, daß mit der Grundschuld, der Hypothek (in ihrer modernen Form) und Reallast drei Rechtsinstitute genannt sind, die nicht römischen Ursprungs sind. Sie entstammen dem deutschen Partikularrecht. Für das gemeine Recht bleibt als dingliches Wertrecht nur das Pfandrecht übrig. Das Pfandrecht allein muß im gemeinen Recht die Kategorie der dinglichen Wertrechte rechtfertigen. Schon vor Kohler hat Sohm die dinglichen Rechte als Substanzrechte beschrieben: ,,(Die) ... dinglichen Rechte sind eben auch ihrem Inhalt nach Rechte an der Sache. In der Sache, die sie formell beherrschen, finden sie auch materiell ihren wahren einzigen Gegenstand. Es deckt sich hier juristische Form und praktischer Zweck und Inhalt. Die einzelnen Rechte dieser Klasse sind Eigenthum, Emphytheuse, Superficies und Servituten2o ." Noch deutlicher wird die Beschränkung der dingliche Berechtigungen auf die Substanz der Sache, wenn Sohm ihnen die obligatorischen Rechte als Wertrechte gegenüberstellt 21 • (b) Obligatorische Rechte als Wertzuweisung (1) Obligatorische Rechte als Wertrechte Sohm unterscheidet bei den Vermögensrechten die "Rechte an einem Object, und zwar, näher bestimmt, Rechte an einer Sache", von den Rechten " auf ein Object, nämlich auf einen Vermögenswerth"22. Die Rechte an einem Objekt, an einer Sache sind die dinglichen Rechte. Die Rechte auf ein Objekt, auf einen Vermögenswert beschreibt Sohm näher: Sie bestehen "in der Spannung auf einen Vermögenswerth. Ihre Aufgabe und ihr Zweck ist einzig der, diesen Vermögenswerth in das Vermögen des Subjects zu bringen. Die juristische Form dieser Rechte ist verschieden, je nach den Mitteln, über welche sie verfügen, um diesen Zweck zu erreichen"23. Solche Rechte 19 Vgl. Kohler, Konkursrecht, S. 98ff.; zu dieser Lehre m.w.Nachw. s. Jaeger, Konkursrecht, § 11,2 II. 20 Sohm, S. 10. 21 Sohm, S. 10. 22 Sohm, S. 10. 23 Sohm, S. 10.
IH. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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auf einen Vermögenswert sind für Sohm vor allem die obligatorischen Rechte. Bei Sohm sind aber nicht nur die obligatorischen Rechte auf einen Vermögenswert gerichtet, weil er über diesen Gedanken auch die Pfandrechte zu konstruieren versucht 24 • Bei Sohm wird der Wert mit den Obligationen als Gegenstand subjektiver Rechte eingeführt. Es stehen sich Sache und Wert alternativ als Gegenstand der Vermögensrechte gegenüber. Der Wert, auf den sich bei Savigny alle Vermögensrechte zurückführen ließen, wird bei Sohm zum Unterscheidungsmerkmal. Nachdem eben die dinglichen Rechte als Substanzrechte dargestellt wurden, für die der Wert keine unmittelbare Bedeutung hat, erscheint Sohms Einteilung sinnvoll. Es ist sinnfällig, daß der Wert innerhalb der Vermögensrechte seinen Ort bei den obligatorischen Rechten hat. Ein bloßer Wert, der nicht in einem Gegenstand verkörpert ist, kann nur mit einem Forderungsrecht geltend gemacht werden. So sind es nur die Forderungsrechte, die auf einen bestimmten Betrag, auf einen festen Wert gehen können. Der Wert selbst ist ohne weiteres teilbar, deshalb sind auch die Forderungsrechte, und nur diese, teilbar. Diese Besonderheit war schon den römischen Juristen bewußt und wurde von ihnen schon für das Zwölftafelgesetz unterstellt: Das Vermögen, das in Forderungsrechten besteht, wird nicht geteilt, denn es ist nach dem Gesetz der Zwölf Tafeln von Rechts wegen in Erbteile aufgeteilt 25 • An einer Stelle wird das Verhältnis von dinglichem Substanzrecht und obligatorischem Wertrecht besonders deutlich, dort, wo sich Sache und Wert ganz eng berühren, beim Geld. Eine dingliche Berechtigung ist nur hinsichtlich der Sache Geld, hinsichtlich der Scheine und Münzen möglich; nur diese können mit dem Herausgabeanspruch des Eigentümers herausverlangt werden. Sobald es auf den im Geld verkörperten Wert ankommt, ist der Berechtigte auf obligatorische Ansprüche verwiesen 26 • (2) Obligatorische Rechte als Zuweisung eines Wertes Es ist eben ein Unterschied in der Behandlung des Wertes bei Savigny und Sohm herausgestellt worden. Bei Savigny war der Wert, dargestellt durch Geld (vgl. o. III 1 cl, Merkmal aller Vermögensrechte, die unterschiedliche 24 25
Zu Sohms Pfandrechtskonstruktion s. u. III 2 b. C. 3, 36, 6: Ea quae in nominibus sunt non recipiunt divisionem, cum ipso iure in
portiones hereditarias ex lege duodecim tabularum divisa sunt. 26 Diese Konsequenz ziehen u. a. Wolff! Raiser - § 65 IV Fn. 19 m. w. Nachw. - die
bei Geld an die Stelle des dinglichen Herausgabeanspruchs einen Bereicherungsanspruch treten lassen; über diese Beschränkung setzt sich Westermann - § 30 V 3 - hinweg. 7 Mincke
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Rolle, die der Wert bei dinglichen und bei obligatorischen Rechten spielt, stellte er jedenfalls nicht heraus. Bei Sohm wurde der Bezug auf einen Wert zum besonderen Merkmal der Forderungsrechte. Wertrecht und Sachenrecht treten sich als Gegensatz gegenüber. Es besteht ein weiterer wesentlicher Gegensatz in der Behandlung des Wertes bei Savigny und Sohm. Bei Savigny war der Wert mit dem Begriff des Vermögens verbunden. Der Wert fand sich als gemeinsames Drittes hinter dinglichen und obligatorischen Rechten und erlaubte es, die Vermögensrechte als "reine Quantität" zu erfassen. Mit dem Recht hatte der Berechtigte auch das Vermögen. Die Rechte ordneten ihrem Inhaber unmittelbar Vermögen zu. Die Vorstellung, daß der Berechtigte schon mit seinem Recht einen Vermögensgegenstand hat, ist bei den dinglichen Rechten unproblematisch. Eine Sache gehört in das Vermögen ihres Eigentümers, auch wenn sie sich in der Hand eines anderen befindet. Geht sie in der Hand des anderen unter, erleidet zunächst das Vermögen des Eigentümers eine Einbuße. Nicht so offensichtlich ist, daß auch der Forderungsgläubiger mit seinem Recht schon Vermögen hat. Auf dieses Recht hin soll ja erst noch geleistet werden. Offensichtlich geht aber Savigny davon aus, daß auch das obligatorische Recht dem Gläubiger schon Vermögen gibt. Sohm scheint eine andere Ansicht zu haben, wie der Wert, auf den sich das Forderungsrecht richtet, zuzuordnen ist. Den Vermögenswert, auf den sich das obligatorische Recht richtet, muß man sich nach Sohm wohl in der Hand des Schuldners vorstellen. Das obligatorische Recht besteht nur in der Spannung auf einen Vermögenswert, es ist dazu da, dem Gläubiger den Wert erst herüberzuziehen. Bei Sohm ist das Forderungsrecht wieder nur Mittel zur Verwirklichung eines Zwecks. Es bleibt Anspruch oder, in Raisers Terminologie, sekundäres Recht. Dieses Forderungsrecht ordnet dem Gläubiger nur rechtliche Macht zu, es bleibt seiner Struktur nach Beziehung. Bei Savigny und Sohm hat der Begriff "Vermögensrecht" eine unterschiedliche Bedeutung. In Anlehnung an Sohms Abgrenzung der dinglichen Rechte von den obligatorischen könnte man sagen, daß bei Savigny der Gläubiger ein Recht an einem Wert hat, der aber schon zu seinem Vermögen gehört. Bei Sohm hat der Gläubiger ein Recht auf einen Wert, der noch in sein Vermögen gebracht werden muß. Das Vermögensrecht ist bei Savigny ein Recht an einem Vermögensgut, bei Sohm ein Recht auf ein Vermögensgut. Es gibt einige Argumente, die Savignys Vorstellung als die richtigere erscheinen lassen. Man kann wieder bei der Teilbarkeit von Forderungsrechten ansetzen. Wenn der Gläubiger einen Teil seiner Forderung abtritt, teilt er nicht die Rechtsrnacht. Die rechtlichen Befugnisse behält er in vollem Umfang für den ihm verbleibenden Teil der Forderung. Der Empfänger
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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erhält selbständige Befugnisse für den abgetretenen Teil der Forderung. Geteilt worden ist nur der Wert der Forderung. Den Wert der Forderung kann der Gläubiger aber nur teilen, wenn er ihn bereits innehat. Auch beim Verkauf der Forderung zeigt sich, daß der bisherige Gläubiger schon einen Wert hatte. Der Kaufpreis, den er beim Verkauf der Forderung erlöst, ist das Äquivalent des Wertes, den er mit der Forderung hatte. Forderungsrechte erhöhen auch den Wert eines Unternehmens. In der Bilanz erscheinen Forderungsrechte auf der Habenseite. Dies ist nur möglich, wenn das Forderungsrecht schon als solches einen selbständigen wirtschaftlichen Wert hat. Das Forderungsrecht als Beziehung, als Zusammenfassung von Befugnissen gegenüber dem Schuldner würde hierfür nicht ausreichen. Ein Beispiel, das den Forderungsberechtigten als Inhaber eines Wertes zeigt, ist der Fall, daß jemand denselben Gegenstand mehrmals verkauft. Die Gläubiger, die den Gegenstand nicht erhalten können, haben einen Schadensersatzanspruch. Um einen Schaden feststellen zu können, muß das Forderungsrecht aber einen Wert gehabt haben. Wenn auch nur obligatorische Rechte, nicht die dinglichen, einen bestimmten Wert haben können, bedeutet das nicht, daß der Wert immer in einer Summe festgelegt sein muß. Wenn der Schuldner aus einem Kaufvertrag die Lieferung einer Sache schuldet oder aus einem Dienstvertrag einen Arbeitseinsatz, so brauchen der Wert der Sache oder der Arbeit noch nicht bezifferbar festzustehen. Trotzdem hat der Gläubiger vom Zeitpunkt des Leistungsversprechens an schon einen der Arbeit oder der Sache entsprechenden Wert in seinem Vermögen. Dieser Wert ist gegebenenfalls durch Bewertung zu ermitteln. In diesem Wert erschöpft sich das Forderungsrecht nicht, es enthält auch Verpflichtungen, wie dem Gläubiger der Wert zu leisten ist: durch Lieferung einer Sache, durch Dienstleistung usw. Insoweit "hat" der Gläubiger aber mit dem Forderungsrecht noch nichts. Das hier vertretene Verständnis, daß Forderungsrechte einen selbständigen Wert darstellen, wirft eine Frage auf: Woher kommt der Wert, der in dem Forderungsrecht steckt? Savigny selbst hat auch auf diese Frage eine Antwort gegeben. So, wie mit dem Forderungsrecht ein Vermögenszuwachs auf der Seite des Gläubigers entsteht, sieht er zugleich einen Vermögensverlust auf der Seite des Schuldners. Die obligatorische Verpflichtung ist dann eine Art der Vermögensübertragung 27 • Die Erklärung der obligatorischen Verpflichtung als Vermögensübertragung ist nicht unproblematisch. Man könnte auf den Gedanken kommen, daß dann der gegenwärtige Vermögensstand für jeden auch eine Grenze darstellt, bis zu der er sich verpflichten kann. Das wäre offenbar unrichtig; 27
7*
Vgl. Savigny, System I, § 56 (S. 376).
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
jedermann kann solange Verbindlichkeiten eingehen, wie er jemanden findet, der bereit ist, auf seine Leistungsfähigkeit zu vertrauen. Eine Grenze, sich durch Forderungsrechte zu verpflichten, gibt es nicht. Die Wirksamkeit von Verpflichtungen ist davon unabhängig, ob der Versprechende Vermögen hat oder ob er sogar hoch verschuldet ist. Auch solche Verpflichtungen müssen aber dem Gläubiger einen Wert geben, wenn die Erklärung richtig sein soll, daß das Forderungsrecht einen selbständigen Vermögenswert darstellt. Savigny erklärt die Möglichkeit, sich ohne jede Grenze zu verschulden, damit, daß das Vermögen auch negativ werden kann. Er nennt dies die passive Seite der Obligationen: "Indem wir auf diese Weise auch die Schulden als Bestandteile des Vermögens ansehen, müssen wir annehmen, daß die Totalität eines jeden Vermögens bald ein Plus, bald ein Minus, bald auch eine völlige Indifferenz oder eine Null darstellen kann 2B ." Mit den Schulden als Bestandteilen des Vermögens hat sich Savigny auf einen sehr gefährlichen Weg begeben. Bei ihm sind jetzt nicht mehr allein die Forderungsrechte vergegenständlicht, sondern auch die Schulden. Es müßte bei ihm folgerichtig drei Arten von Vermögensgegenständen geben: Sachen, obligatorische Rechte und Schulden. Von diesen sind die Sachen und die obligatorischen Rechte positive Gegenstände, die Schuld ist ein negativer. Und wenn der einzelne einen Vermögensgegenstand dadurch hat, daß er Träger eines subjektiven Rechts ist, müßte es für die Schulden auch negative subjektive Rechte geben. Und da subjektive Rechte für ihn zunächst eine Macht ihres Inhabers sind, müßte es eine negative Macht geben. Savigny deutet diese Konsequenz an: In der Rechtsstellung des Schuldners wird nicht "eine erweiterte Freyheit begründet, sondern eine verminderte" 29. Savignys Folgerung scheint richtig, wenn man in ihr eine Beschreibung der Haftung sucht. Die Haftung kann tatsächlich als eine Macht der Gläubiger über den Schuldner, als eine Ohnmacht des Schuldners erscheinen, der dem Zugriff der Gläubiger ausgeliefert ist. Die Haftung bezeichnet aber wieder eine Rechtsrnacht, eine Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner. Diese Rechtsrnacht sagt nichts über das Vermögen des Schuldners. Der Schuldner kann trotz seiner Verpflichtungen ungehindert weiter über sein Vermögen verfügen. Das Vermögen wird durch die Haftung nicht vermindert. Den negativen Gegenstand "Schuld" hat Savigny nicht gezeigt. Tatsächlich ist es zweifelhaft, ob es so etwas wie negatives Vermögen überhaupt gibt. Dem Wert des Forderungsrechts liegt keine Vermögensübertragung zugrunde, und er stammt auch nicht aus dem Vermögen des Schuldners. Wie er 26 29
Savigny, a. a. O. Savigny, a.a.O.
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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anders begründet werden kann, darüber gibt vielleicht eine besondere Form der Obligation, die Inhaberschuldverschreibung, einen Hinweis. Die Inhaberschuldverschreibung hat Wirkungen, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, sie unter den Vorbehalt staatlicher Genehmigung zu stellen (§ 795). Aus den Umständen, die die Inhaberschuldverschreibung besonders gefährlich machen, lassen sich Schlüsse über die Wirkung von Obligationen allgemein ziehen. Inhaberschuldverschreibungen sind aus zwei Gründen gefährlich. Erstens können sie für betrügerische Unternehmungen mißbraucht werden. Zweitens stellen sie eine Gefahr für die staatliche Finanzwirtschaft dar 30 • Hier interessiert besonders der zweite Grund. Inhaberschuldverschreibungen sind für die Staatsfinanzen gefährlich, weil sie mit ihrer Umlauffähigkeit wie Geld wirken können. Die Umlauffähigkeit selbst ist noch keine Gefahr, der Umlauf von Gegenständen, die einen sicheren Wert haben, ist Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft. Die Gefahr entsteht erst dadurch, daß mit der Inhaberschuldverschreibung ein Zahlungsmittel im Umlauf ist, das durch keinen realen Wert gedeckt ist; dann wirkt die Schuldverschreibung inflationär. Dies zeigt, daß der Aussteller mit der Schuldverschreibung nicht einen Wert überträgt, sondern ihn schafft. Der Wert, den er in Umlauf bringt, kann durch sein Vermögen gedeckt sein, braucht es aber nicht. Auch wenn der Wert der Schuldverschreibung durch das Vermögen des Ausstellers gedeckt ist, hat er bis zur Einlösung die Menge der verfügbaren Werte vermehrt. Er kann die Schuldverschreibung für den Ankauf von Waren hingeben, die sich nun neben den bisherigen Gegenständen in seinem Vermögen befinden. Der Aussteller könnte - ohne den staatlichen Genehmigungsvorbehalt - Werte auch dann schaffen, wenn er völlig vermögenslos ist. Bedingung wäre nur, daß er jemanden findet, der seine Verpflichtung entgegenzunehmen bereit ist. Von anderen Obligationen unterscheidet sich die Inhaberschuldverschreibung dadurch, daß sie in einer Urkunde verkörpert ist, daß sie leicht und sicher übertragen und geltend gemacht werden kann. Im übrigen ist sie eine normale Obligation, eine normale Obligation ist sie vor allem auch insofern, als sie einen Wert schafft. Bei den Inhaberschuldverschreibungen ist der Aspekt der Wertschöpfung nur in seinen volkswirtschaftlichen Auswirkungen besonders deutlich. Der Gesichtspunkt der Wertschöpfung zeigt sich bei allen Obligationen im Konkurs. Bis zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners sind rechtlich die von ihm in den Obligationen geschaffenen Werte neben seinem Vermögen vorhanden. Der Schuldner hat eine Art persönlicher 30
Palandt / Thomas, § 795 Anm. 1 b.
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
Inflation verursacht. Der Konkurs zeigt auch, wo der reale wirtschaftliche Wert der von ihm geschaffenen Forderungsrechte letztlich aufzubringen ist. Nicht das Vermögen des Schuldners wird negativ, die Gläubiger haben den Ausfall zu tragen, wenn ihre Forderungen auf die Konkursquote herabgesetzt werden. Die obligatorische Verpflichtung stellt sich so als ein Akt der Wertschöpfung dar. Gegenstand des Forderungsrechts ist ein vom Schuldner geschaffener Wert. Dieser Wert hat seinen Grund allein darin, daß die Rechtsordnung die Verpflichtung des Schuldners als wirksam anerkennt. In der Möglichkeit, Vermögenspositionen ohne irgendeinen realen Leistungsaustausch zu schaffen, liegt wohl die eigentliche Errungenschaft der Obligation. Mit den hier gewonnenen Ergebnissen lassen sich die Vermögensrechte in ein einheitliches Zuordnungs system einfügen. Alle Rechte ordnen dem Berechtigten etwas zu, eine Substanz oder einen Wert. Substanzen werden durch dingliche Rechte, Werte durch obligatorische Rechte zugeordnet. Die Art der Zuordnung ist in beiden Fällen gleich. Auch der Wert ist dem Gläubiger durch das obligatorische Recht absolut zugeordnet. Die Zuordnung gilt gegenüber jedermann; nicht damit zu verwechseln ist die Frage, wo der Gläubiger den Wert verwirklichen kann. Das Forderungsrecht ist wie die dinglichen Rechte absolut geschützt. Eine besondere Schutzvorschrift braucht das Forderungsrecht nicht, weil es nicht verletzt werden kann 31 . Es ist schon durch seine Ausgestaltung in der Rechtsordnung gesichert. Möglich ist nur, daß der Schuldner oder Dritte die Aussicht vereiteln, das Recht zu verwirklichen. Das berührt aber nicht die Zuweisung des Rechts an den Gläubiger. Das Forderungsrecht ist insofern sogar besser geschützt als die dinglichen Rechte, als es grundsätzlich nicht gutgläubig erworben werden kann. In die Zuweisung kann nur hoheitlich, durch Enteignung, eingegriffen werden; darin unterscheidet sich das Forderungsrecht aber nicht von dinglichen Rechten. Die alternative Zuweisung einer Sache oder eines Wertes durch dingliche oder obligatorische Rechte bestimmt auch die Klasse der primären Rechte bei Raiser einheitlich. In den primären Rechten oder, wie Raiser sagt, in den eigentlichen subjektiven Rechten, tritt das Beziehungselement nicht zutage. Sie haben nicht den Charakter einer Beziehung; sie ordnen dem Berechtigten einen Gegenstand zu. Die Beziehung zu einem Verpflichteten, von dem ein Tun oder ein Unterlassen verlangt werden kann, findet sich ausschließlich im Bereich der sekundären Rechte, die der Durchsetzung dienen.
31 Zu erwägen bleibt allerdings, ob nicht das Forderungsrecht in den Fällen verletzbar wird, in denen es nur durch Innehabung einer Sache ausgeübt werden kann wie z. B. bei Miete und Leihe.
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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e) Die Akzessorietät als Ersatz eines dinglichen Wertrechts Die Überlegungen zur Rolle des Wertes bei den subjektiven Rechten haben unmittelbare Bedeutung für die Konstruktion des Pfandrechts. Im vorigen Abschnitt wurde festgestellt, daß nur obligatorische Rechte einen bestimmten Wert haben können. Dingliche Rechte sind Substanzrechte, deren Umfang nur durch die Sache, an der sie bestehen, festgelegt ist. In einer Rechtsordnung, die Mischformen nicht kennt, kann eine dingliche Berechtigung auf einen summenmäßig bestimmten Wert nicht geschaffen werden. Von dieser Voraussetzung her wird problematisch, wie eine Forderung überhaupt durch ein dingliches Recht gesichert werden kann. Die Forderung ist Wertrecht, nur in der Höhe dieses Wertes soll der Gläubiger gesichert werden. Ein dingliches Sicherungsrecht, das den Gläubiger darauf beschränkt, nur diesen Wert aus dem Gegenstand der Sicherung zu ziehen, dürfte es nicht geben. Ein dingliches Pfandrecht scheint zur Sicherung einer Forderung ungeeignet. Die Vertreter der Ansicht, daß das Pfandrecht ein obligatorisches Recht sei, gewinnen einen Vorteil. Sie haben, soweit ersichtlich, dieses Argument nicht benutzt, aber ihnen muß die Konstruktion des Pfandrechts leichter fallen, weil ein obligatorisches Pfandrecht selbständig einen Wert haben kann. Für sie kann sich die Lage des Gläubigers so darstellen, daß er aus zwei Rechten gleichartig berechtigt ist. Überall da, wo das Verhältnis von Pfandrecht und Forderung mit einer Zweckgemeinschaft begründet wird, kann man strenggenommen unterstellen, daß dem Pfandrecht Eigenschaften eines obligatorischen Rechts gegeben werden. Den Zweck, den das Forderungsrecht hat, dem Gläubiger einen bestimmten Wert zukommen zu lassen, kann das dingliche Pfandrecht nicht haben. Ein dingliches Sicherungsrecht ist folgerichtig nur als Verfallsrecht denkbar. Es müßte dem Gläubiger die als Sicherung eingesetzte Sache in ihrer ganzen Substanz zuwenden. Das römische Recht hat die Eigenart dinglicher Rechte, reine Substanzrechte zu sein, auch bei den dinglichen Sicherungsrechten gewahrt. Bei der fiducia (vgl. o. I 1 a (a)) ist das offensichtlich. Mit der fiducia wurde das Volleigentum übertragen, sie schuf ein Verfallspfand. Die Sache war mit ihrer ganzen Substanz Gegenstand des Sicherungsrechts. In das Bild rein dinglicher Sicherungsrechte fügt sich auch das Ästimationspfand (vgl. o. I 1 a (c)). Auch dieses Pfandrecht war Verfallpfand, dem Berechtigten fiel die Sache ganz zu. Das Ästimationspfandrecht hatte zwar einen Bezug zum Wert der gesicherten Forderung. Diesen Bezug stellte aber nicht das Pfandrecht selbst her, sondern die vorangehende Ästimationsabrede. In dieser Gestaltung kann man den Versuch erblicken, die Beschränkung dinglicher Rechte zu überwinden.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Auch beim Pfandrecht im engeren Sinne, beim pignus, hat das römische Recht den Grundsatz nicht durchbrochen, daß dingliche Rechte keinen bestimmten Wert haben. Das pignus gab ein Recht an der ganzen Sache. Die Besonderheit bestand bei ihm darin, daß der Gläubiger kein Recht hatte, die Sache zu behalten, sondern nur das Recht, die Sache zu verwerten. Das Verwertungsrecht macht das Pfandrecht nicht zum Wertrecht. Das Recht zur Verwertung ist gerade eine dingliche Befugnis. Folgerichtig fiel dem Gläubiger der gesamte bei der Verwertung erlöste Betrag zu, nicht nur ein Betrag in Höhe der Forderung32 . Damit war das pignus eigentlich auch Verfallpfand. Der Pfandgläubiger sollte im Ergebnis aber nicht mehr erhalten, als ihm aus dem Forderungsrecht zukam. Er war verpflichtet, dem Verpfänder den Betrag herauszugeben, der seine Forderung überstieg. Diese Begrenzung auf den Wert der Forderung war nicht dinglich konstruiert. Der Gläubiger war nur schuldrechtlich verpflichtet, der Verpfänder konnte den Überschuß mit der obligatorisch wirkenden actio pigneraticia herausverlangen 33 • Das pignus hatte, wie das Ästimationspfandrecht, einen Bezug zur Forderung. Während die Ästimationsabrede die Beziehung auf den Wert der Forderung im voraus herstellte, machte das pignus eine nachträgliche Anpassung nötig. Der Vergleich der drei dinglichen Sicherungsrechte des römischen Rechts erklärt die Rolle der Akzessorietät. Für die fiducia blieb der Wert der Forderung außer Betracht. Für das Ästimationspfand war der Wert der Forderung nur bei der Schätzung des Wertes nötig, der dem Gläubiger mit dem Pfand zukommen sollte. Danach konnte das Pfandrecht selbständig bestehen. Das pignus brauchte die Forderung, um als Sicherungsrecht sinnvoll bestehen zu können. Wenn dieses Pfandrecht dem Gläubiger nicht einen Gegenstand zuwenden, sondern nur den Wert einer Forderung sichern sollte, brauchte es beständig die Beziehung auf einen Wert, den es als dingliches Recht selbständig nicht hatte. Die akzessorische Bindung schafft diese Beziehung: Das Pfandrecht entsteht nur für den Wert der gesicherten Forderung, es folgt diesem Wert, wenn er übertragen wird, mit dem Wert geht es unter. Die akzessorische Bindung ersetzt so die Wirkungen des dogmatisch nicht möglichen dinglichen Wertrechts. Unter dem Gesichtspunkt, daß das Pfandrecht die Forderung als Wertangabe braucht, lassen sich jetzt auch die im ersten Kapitel gefundenen Akzessorietätswirkungen vereinigen. Dort standen die Entstehungsakzessorietät mit der Wirkung einer Rechtsbedingung und die Übergangs- und Erlöschensakzessorietät mit der verfügungsersetzenden Wirkung nebeneinander. Wenn das Pfandrecht einen bestimmten Wert sichern soll, muß es an einen Wertangeber, die Forderung, gebunden sein. Der akzessorische Gleichlauf 32 33
Vgl. Dernburg H, S. 219. Vgl. Kaser RPR §§ 111 III; 127 I 1.
111. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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von Forderung und Sicherungsrecht ist für das Pfandrecht nicht nur zweckmäßig und sinnvoll, sondern notwendig. Im Pfandrecht läge nicht nur eine Sicherung, sondern eine Zuwendung, wenn es ohne Forderung entstehen könnte, bei Übertragungen von der Forderung getrennt werden könnte oder nach Erlöschen der Forderung fortbestehen könnte. Zutreffend erscheinen jetzt auch Dernburgs Aussagen, das Pfandrecht sei begrifflich notwendig akzessorisch, seine Akzessorietät folge mit logischer Konsequenz aus dem Wesen des Pfandrechts. Es lassen sich jetzt auch die Zweifel erklären, die oben zur Akzessorietät des Pfandrechts in seinem Umfang geäußert worden sind (vgl. o. S. 32). Der Umfang der gesicherten Forderung ist bestimmt durch den Wert, der dem Gläubiger mit diesem Recht zugewiesen ist. Um im Umfang akzessorisch zu sein, müßte sich der Umfang des Pfandrechts mit dem Umfang der Forderung ändern. Der "Umfang" des Pfandrechts ist doppelsinnig. Man kann darunter den Umfang der rechtlichen Befugnisse verstehen, das Besitzrecht, das Herausgaberecht, das Verwertungsrecht. Mit dem Umfang des Pfandrechts kann aber auch der Gegenstand des Pfandrechts gemeint sein, das, was dem Gläubiger durch das Pfandrecht zugewiesen ist. Akzessorisch ist das Pfandrecht in keiner dieser bei den Bedeutungen von "Umfang". Das versteht sich von selbst für den Umfang der rechtlichen Befugnisse aus dem Pfandrecht. Die rechtlichen Befugnisse bleiben dieselben, wenn Gläubiger und Schuldner vereinbaren, den Betrag der gesicherten Forderung zu erhöhen oder zu verringern. Auch seinem Gegenstand nach ist das dingliche Pfandrecht aber von der gesicherten Forderung unabhängig. Dieser Umfang richtet sich ausschließlich nach dem Umfang der Pfandsubstanz. Das dingliche Recht zur Verwertung des Pfandes bleibt unbeeinflußt, wenn die gesicherte Forderung sich ändert. Als dinglichem Recht fehlt dem Pfandrecht die Wert dimension, die auf Änderungen der Forderung reagieren könnte. Der fehlende Wert des Pfandrechts kann auch den Grundsatz des römischen Rechts erklären, nach dem die causa des Pfandrechts ungeteilt ist, die indivisa causa pignoris 34 • Der Grundsatz griff in Fällen ein, in denen sich das Pfandrecht gegenüber der Forderung selbständig zeigte. Wurde z. B. ein Grundstück für ein Darlehen verpfändet und das Darlehen später teilweise zurückgezahlt, so blieb das Pfandrecht am ganzen Grundstück bestehen. Auch wenn für ein Darlehen von 100 zwei Grundstücke verpfändet worden waren, jedes mit einem Wert von 120, und das Darlehen zur Hälfte zurückgezahlt wurde, blieb das Pfandrecht an beiden Grundstücken für die Restschuld von 50 bestehen. Derselbe Grundsatz galt, wenn die gesicherte Forderung geteilt wurde. Das Pfandrecht bestand an der ganzen Pfandsache für beide Teilforderungen weiter 35 . Der Grundsatz ist nur folgerichtiger Aus34 35
Vgl. D. 21, 2, 65. Schulz nennt den Grundsatz strangely worded - Schulz, S. 42l. Vgl. die Beispiele bei Schulz, S. 42lf.; Kaser RPR I, § 11011 c.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
druck der Dinglichkeit des Pfandrechts. Das dingliche Recht hat keinen Wertumfang, es kann nicht teilweise abgelöst oder geteilt werden. Mit dem Gedanken, daß durch die Akzessorietät das Pfandrecht an die Forderung als Wertangeber geknüpft ist, kann man vielleicht auch an die Fälle der hypothekarischen Sukzession (vgl. o. I 1 b(c)) herangehen. Möglicherweise folgen Akzessorietät und hypothekarische Sukzession derselben Idee. Das Pfandrecht braucht die Forderung nicht wegen der Beziehungen zum Schuldner, die das Forderungsrecht herstellt. Für das Pfandrecht ist wichtig, daß dem Gläubiger durch die Forderung ein Wert zugewiesen ist. Deshalb kann das Pfandrecht auch bestehen bleiben, wenn die Forderung nicht durchsetzbar ist, wie bei den Naturalobligationen. Für das Pfandrecht muß dem Gläubiger mit der Forderung nur der Wert zugeordnet bleiben. Man kann diesen Gedanken vielleicht dahin ausweiten, daß es letztlich nicht die bestimmte Forderung ist, der das Pfandrecht folgt (nicht das Gebotsgebilde, um den Ausdruck von Heck zu gebrauchen), sondern nur der in ihr enthaltene Wert. Man kann sich dann vorstellen, daß bei der Schuldumschaffung der Wert aus einer Forderung in eine andere übertragen wird. Die Novation war einer der Fälle, in denen die hypothekarische Sukzession möglich war. Das Pfandrecht wäre bei der Novation dem Wert von einer Forderung zur anderen gefolgt. Mit der Vorstellung, daß das Pfandrecht dem in der Forderung enthaltenen Wert folgt, lassen sich auch andere Fälle der hypothekarischen Sukzession erklären. Eine Wertbewegung kann man auch sehen, wenn ein Dritter dem Schuldner die Mittel gibt, damit dieser seinen Gläubiger befriedigen kann. Der Wert, der bisher im Forderungsrecht des Gläubigers zu finden war, liegt jetzt im Rückzahlungsanspruch des Dritten gegen den Schuldner. Dieser Wert konnte durch dasselbe Pfandrecht gesichert werden. Die entsprechende Überlegung läßt sich anstellen, wenn der Dritte sich nicht das Pfandrecht, sondern das Eigentum an der Pfandsache übertragen ließ oder wenn ein Pfandgläubiger das Pfandrecht eines vorstehenden Gläubigers ablöste. In allen diesen Fällen zeigte sich, daß das Pfandrecht nicht eigentlich an die gesicherte Forderung gebunden ist, sondern an den Wert der Forderung. Es wäre nur die gewöhnliche Gestaltung, daß der Wert mit der Forderung bewegt wird. Das Pfandrecht erschiene deshalb der Forderung akzessorisch, wäre in Wirklichkeit aber an den Wert gebunden, der in der Forderung Gegenstand des Rechts ist. Die gewöhnliche Vorstellung der Akzessorietät und die hypothekarische Sukzession ließen sich jetzt in einen Begriff der "Wertakzessorietät" zusammenfassen. Mit dem hier gewonnenen Begriff der Akzessorietät läßt sich auch auf die im 19. Jahrhundert erörterte Problematik des deutschen Pfandrechts zurückblicken. Wesentlich für die Akzessorietät ist der Bezug des Pfandrechts auf den Wert, der im Forderungsrecht enthalten ist. Oben ist zu
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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diesem Wert gesagt worden, daß er durch die Verpflichtung des Schuldners geschaffen wird und deshalb besteht, weil die Rechtsordnung ihn anerkennt. Einen solchen Begriff der Obligation wird man für das deutsche Recht vor der Rezeption des römischen Rechts nicht voraussetzen dürfen. Bis zu der Errungenschaft, daß Werte durch Parteiwillen und Anerkennung der Rechtsordnung geschaffen werden können, dürfte das deutsche Recht nicht vorgedrungen sein. So ließe sich auch erklären, daß Schulden nach deutschem Recht nicht klagbar waren. Die Pfandrechte des deutschen Rechts zeigen aber vielleicht gerade das Bild eines Rechtsverkehrs, der Vermögenszuordnung nur in Verbindung mit einem tatsächlichen Warenaustausch kennt. Weil es Obligationen, die Vermögen zuordnen, nicht gab, war man darauf angewiesen, reales Vermögen zu übertragen. Auch von den Pfandrechten des deutschen Rechts kann man sagen, daß sie den Gläubiger sicherten; sie sicherten aber nicht ein anderes Recht, das der Gläubiger schon hatte. Sie standen als tatsächliche Sicherung an der Stelle einer klagbaren Obligation. Die Pfandrechte ersetzten die rechtliche Verbindlichkeit, die der Schuld fehlte. 2. Die Akzessorietät des Fordemngspfandrechts
Die Frage, wie man das Pfandrecht in ein System der subjektiven Rechte einordnen könne, wie es überhaupt zu konstruieren sei, war die erste Schwierigkeit, die für die gemeinrechtliche Wissenschaft auf dem Wege zur Akzessorietät zu bewältigen war. Von dem Ansatz her, der im subjektiven Recht das Rechtsverhältnis sah, die Beziehung zum Gegenstand des Rechts oder zum Verpflichteten, war zur Akzessorietät wohl nicht zu gelangen. Das zeigte auch die ausführliche Behandlung der Akzessorietät bei Dernburg. Er nahm ihre Erscheinungen wahr und ordnete sie; er blieb auch nicht beim äußerlichen Gleichlauf von Forderung und Pfandrecht stehen, sondern sah im Gleichlauf die erklärungs bedürftige Wirkung der Akzessorietät. In seiner Erklärung der verschiedenen Fälle lief die Akzessorietät aber auseinander. Die Akzessorietät wurde zum Oberbegriff für ein Bündel verschiedener Wirkungen teils objektivrechtlicher, teils rechtsgeschäftlicher Natur. Als Zusammenfassung dieser Wirkungen blieb die Akzessorietät ein nicht näher erklärter Topos. Ein anderes Problem des Pfandrechts rückte die Akzessorietät noch weiter in den Hintergrund des wissenschaftlichen Interesses. In engem Zusammenhang mit der Einordnung des Pfandrechts unter die subjektiven Rechte steht eine zweite Schwierigkeit, wie das Forderungspfandrecht in eine allgemeine Pfandrechtskonstruktion einzuordnen ist. Wieder scheinen die Vertreter der Ansicht, das Pfandrecht sei ein obligatorisches Recht, im Vorteil 36 . 36 Auch Büchel stützte mit diesem Argument sein Verständnis des Pfandrechts als obligatio rei - s. Büchel, Pfandrecht, S. 1 Fn. 2; vgl. Sintenis, Pfandrecht, S. 14 f.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Wenn das Pfandrecht allgemein ein obligatorisches Recht ist, macht die Einordnung des Forderungspfandrechts keine Schwierigkeiten. Das Problem scheint aber unüberwindlich für die herrschende Meinung, die im Pfandrecht grundsätzlich ein dingliches Recht sieht. Das Pfandrecht ist dinglich, weil sein Gegenstand - im Regelfall wenigstens - eine Sache ist. Ein solcher Bezug auf eine Sache läßt sich beim Forderungspfandrecht allenfalls mittelbar herstellen, wenn aus dem Forderungsrecht die Lieferung von Sachen verlangt werden kann. Aber selbst unter dieser Voraussetzung wird das Forderungspfandrecht nicht zum dinglichen Recht an der geschuldeten Sache. Das Problem der Einordnung des Forderungspfandrechts ist bis heute nicht befriedigend gelöst3 7• Das Forderungspfandrecht könnte dazu zwingen, das Pfandrecht aufzuspalten in ein obligatorisches Forderungspfandrecht und ein dingliches Sachenpfandrecht. Gegen eine solche Spaltung spricht aber die Einsicht, daß Forderungspfandrecht und Sachenpfandrecht sich in ihren Wirkungen nicht zu sehr unterscheiden. Die Darstellungen des Pfandrechts konnten und können deshalb den Schwerpunkt auf das Sachenpfandrecht legen und sich für das Forderungspfandrecht mit ergänzenden Ausführungen begnügen. Das Erscheinungsbild der Pfandrechtsarten spricht eher für die Einheit des Pfandrechts. Die Einordnungsschwierigkeiten ergeben sich offenbar nicht aus der Anschauung, sondern beim Nachdenken. Zu den Rechtswirkungen, in denen Sachen- und Forderungspfandrecht sich nicht unterscheiden, gehört die Akzessorietät. Auch das Forderungspfandrecht entsteht nur für eine zu sichernde Forderung; bei Abtretung der gesicherten Forderung geht das Sicherungsrecht mit auf den neuen Gläubiger über; das Forderungspfandrecht erlischt, wenn die gesicherte Forderung getilgt wird. Es zeigen sich Entstehungs-, Übergangs- und Erlöschensakzessorietät; das Forderungspfandrecht scheint insoweit keine Besonderheiten zu haben, und die Frage nach seiner Rechtsnatur könnte auf sich beruhen bleiben. Tatsächlich aber droht das Forderungspfandrecht, die gesamte bisher entwickelte Erklärung der Akzessorietätswirkungen zum Einsturz zu bringen. Die Erklärung der Akzessorietät ging oben vom dinglichen Pfandrecht aus. Als dingliches Recht kann das Pfandrecht nicht selbständig einen bestimmten Wert haben und den Gläubiger auf den Betrag beschränken, den er zur Sicherheit für seine Forderung beanspruchen kann. Das Pfandrecht brauchte deshalb notwendig die Begleitung eines wertangebenden 37 Der überwiegende Teil der Literatur sieht es wohl als dingliches Recht: Westermann, § 136 I 2; Baur, § 60 I 2. Larenz (AT, § 13 II 10) hält es für ein Forderungsrecht. Wolff / Raiser (§ 175 I) und Canaris (8.375) sehen an ihm dingliche und obligatorische Züge.
IH. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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obligatorischen Rechts und die akzessorische Verbindung zu diesem. Wenn das Forderungspfandrecht ein obligatorisches Recht ist, entfällt diese Erklärung. Als obligatorisches Recht könnte es dem Gläubiger selbständig einen bestimmten Wert zuweisen. Die Akzessorietät wäre noch nützlich, indem sie die Forderung aus dem Pfandrecht der gesicherten Forderung gleichordnet, sie wäre aber nicht mehr notwendig. In der Wirkung lägen zwei verschiedene Arten der Akzessorietät vor und mit diesen zwei verschiedene Dogmen. Dagegen spräche aber wieder, daß die Pfandrechte ganz gleichartig mit der gesicherten Forderung verbunden sind. a) Eigentliches und uneigentliches Pfandrecht (Pfandrecht im engeren und im weiteren Sinne) In der Gemeinrechtswissenschaft war die Auffassung herrschend, daß zwischen Sachenpfandrecht und Forderungspfandrecht ein Gegensatz herrsche, der Gegensatz zwischen einem dinglichen und einem obligatorischen Recht. Das Sachenpfandrecht wurde als eigentliches Pfandrecht oder als Pfandrecht im engeren Sinne, das Forderungspfandrecht als uneigentliches Pfandrecht oder Pfandrecht im weiteren Sinne bezeichnet. In den verschiedenen Benennungen deutet sich ein sachlicher Unterschied an. Dort, wo vom eigentlichen oder uneigentlichen Pfandrecht gesprochen wird, herrscht zwischen den Arten ein Analogieverhältnis. Ausgangsform, eigentliches Pfandrecht ist das Pfandrecht an Sachen; das uneigentliche Pfandrecht an Rechten und Forderungen ist eine Analogiebildung zum Sachenpfandrecht38 . Den Ausdrücken "Pfandrecht im weiteren Sinne" und "Pfandrecht im engeren Sinne" liegt eher die Vorstellung eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zugrunde. Das Pfandrecht im weiteren Sinne stellt einen Oberbegriff dar, der das Forderungspfandrecht und das Pfandrecht im engeren Sinne, das Sachenpfandrecht, in sich schließt39 . Gegen diese Unterscheidung hat sich Puchta gewandt 40 • Mit den beiden Einteilungen könnte man folgenden sachlichen Unterschied bezeichnet sehen: Mit dem Verhältnis von Ober- und Unterbegriff wird versucht, den Gegensatz zwischen Sachen- und Forderungspfandrecht in einer systematischen Ordnung aufzuheben. Dagegen bleibt im Analogieverhältnis von eigentlichem und uneigentlichem Pfandrecht der Gegensatz offen. Beide Einteilungen kommen aber zu demselben Ergebnis, daß nur das Pfandrecht an Sachen ein dingliches Recht ist. Auch Puchta entscheidet im Ergebnis nicht anders. Der Gegenstand der Verpfändung soll darüber ent3B
39 40
So z. B. Windscheid, Pand. § 233 c; Göschen, S. 319; Keller, S. 388f. Arndts, Pand. § 367 Anm. 3. Puchta, Pand. § 193 Anm. h.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
scheiden, welcher Art Recht das Pfandrecht zugehört. Nur das Pfandrecht an körperlichen Sachen ist ein ius in re 41 . Einen einheitlichen Pfandrechtsbegriff schafft auch ein Oberbegriff "Pfandrecht", das Pfandrecht im weiteren Sinne nicht. Das Pfandrecht im weiteren Sinne hat nach Dernburg zwei Merkmale: Von einem Pfandrecht kann man immer dann reden, wenn erstens der Verpfänder einem Gläubiger Rechtsbefugnisse an seinem Vermögen angewiesen hat. Zweitens muß diese Anweisung in der Weise geschehen sein, daß eine danebenstehende Forderung gesichert werden soll und daß der Schuldner das Recht behält, das Pfand auszulösen42 . Das Pfandrecht ist nach Dernburg durch seinen Zweck charakterisiert. Es ist "ähnlich der Schenkung, der Dotalbestellung ein allgemeiner Charakter ... , welchen Rechtsgeschäfte verschiedener Art annehmen können"43. In dieser Beschreibung spricht Dernburg eigentlich nicht vom Pfandrecht, sondern von der Pfandbestellung, dem Rechtsgeschäft. Darüber, was für eine Art Recht mit der Pfandbestellung zustandekommt, ist in der Kennzeichnung des Pfandrechts als "allgemeiner Charakter" noch nichts gesagt. Bei der Beschreibung des Forderungspfandrechts bricht der Gegensatz dann auch wieder offen hervor. Nach Dernburgs Ansicht ist die Verpfändung einer Forderung nichts anderes als eine beschränkte Forderungszession. Damit spricht er zwar wieder von einem Rechtsgeschäft. Der Zession läßt sich aber entnehmen, daß es ein Forderungsrecht ist, das der Gläubiger erhält. Dernburg sagt auch, daß von einem dinglichen Recht des Gläubigers an der verpfändeten Forderung nicht die Rede sein könne 44 . Vollends löst sich die Einheit des Pfandrechts bei Dernburg auf, wenn man darauf abstellt, daß beim Forderungspfand durch die beschränkte Abtretung Rechte des Verpfänders auf den Gläubiger übertragen werden. Für das Sachpfand hatte Dernburg betont, daß mit dem Pfandrecht nicht Rechte des Eigentümers auf den Gläubiger übertragen werden. Das Pfandrecht sollte als dingliches Recht eigener Art entstehen (vgl. o. S. 73 f.). Es entsteht bei Dernburg ein wesentlicher Gegensatz in der Konstruktion. Das Sachenpfandrecht ist ein Recht eigener Art, das Forderungspfandrecht ist ein Ausschnitt aus der Forderungsberechtigung des Verpfänders. Auf der Grundlage der herrschenden Auffassung zur Rechtsnatur des Forderungspfandrechts im gemeinen Recht müßte die Akzessorietät dieses Pfandrechts anders begründet werden als die Akzessorietät des Sachenpfandrechts. Die Akzessorietät teilte damit aber nur das Schicksal
41 42
43 44
Puchta, Pand. § 193. Dernburg I, S. 96 f. Dernburg I, S. 96. Dernburg I, S. 461 f.
111. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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der übrigen Elemente der Pfandrechtskonstruktion, die sich vom Sachenpfandrecht nicht auf das Forderungspfandrecht übertragen lassen. Bei der Ähnlichkeit, die beide Pfandrechte haben, ist dieses Ergebnis unbefriedigend. Es hat deshalb auch im vorigen Jahrhundert nicht an Versuchen gefehlt, die Trennung zu überwinden. Das Hemmnis, das sich der Bemühung, das Pfandrecht zu vereinheitlichen, entgegenstellte, war wieder die nicht gelöste Systematik der subjektiven Rechte. Ein einheitliches Pfandrecht braucht für Sachen- und Forderungspfandrecht einen vergleichbaren Gegenstand. Unter der Voraussetzung, daß wesentlicher Inhalt der subjektiven Rechte eine Beziehung ist, war dieser Gegenstand nicht zu finden. Dingliche Rechte als Beziehungen zu einer Sache und obligatorische Rechte als Beziehungen zum Schuldner sind in ihrem Charakter zu verschieden. Den Ausgangspunkt bei den subjektiven Rechten haben auch Sohm und Bremer gesehen, die sich insbesondere um eine für alle Arten des Pfandrechts geltende Konstruktion bemüht haben. b) Sohm: Das Pfandrecht zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten Sohm veröffentlichte im Jahre 1864 seine Dissertation zu dem Thema "Die Lehre vom subpignus". Diese Schrift enthielt einen wesentlichen Schritt im Verständnis subjektiver Rechte, der oben schon angesprochen worden ist (s. o. S. 96f.). Sohm sah den Unterschied zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten darin, daß die einen Rechte an einer Sache, die anderen Rechte auf einen Vermögenswert sind. Er hat dadurch dingliche und obligatorische Rechte einander angenähert. Mit dem Vermögenswert erhielten die obligatorischen Rechte einen Gegenstand, der mit der Sache als Gegenstand dinglicher Rechte vergleichbar ist. Beide Arten von Rechten bleiben bei Sohm aber Beziehung, das dingliche Recht ist eine Beziehung des Berechtigten zur Sache, das obligatorische ist eine Beziehung des Gläubigers zum Vermögenswert. Anders als durch eine Beziehung konnte Sohm die subjektiven Rechte nicht zusammenführen. Der Vermögenswert, auf den sich das Forderungsrecht bezieht, befand sich in seiner Vorstellung beim Schuldner. Anders als durch eine Beziehung war er dem Gläubiger nicht erreichbar. Das Pfandrecht hat für Sohm in der Systematik der subjektiven Rechte eine Sonderstellung. Es vereinigt Eigenarten beider Rechte in sich. Seinem Inhalt nach ist das Pfandrecht den Forderungsrechten gleich, es unterscheidet sich aber in seiner Form von diesen. Pfandrechte sind "Rechte auf den Vermögenswerth eines bestimmten Objects, die ihr Subject zugleich berechtigen, den Vermögenswerth dieses Objects zum Zwecke seiner Befriedigung selbsthandelnd durch Verkauf derselben oder auf andere Weise herzustel-
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
len. Diese Rechte sind demnach zugleich Rechte auf einen Vermögenswerth und Rechte an einem Objecte, bestehen zugleich in der Spannung auf jenen und in der Macht über dieses. Es ist klar, wie sie durch diese ihre Eigenthümlichkeit gerade in die Mitte zwischen die Forderungsrechte und die ... dinglichen Rechte treten "45. Man könnte Sohm so auslegen, daß er das System der subjektiven Rechte ausweitet. Zwischen die dinglichen und die obligatorischen Rechte scheint das Pfandrecht in eine neue Kategorie zu treten 46 . So wollte Sohm aber wohl kaum verstanden werden. Es bleiben bei ihm dingliche und obligatorische Rechte die einzigen Klassen subjektiver Rechte, er definiert es nur zwischen diesen Klassen: "Unsere Definition bestimmt die Objecte, an denen ein Pfandrecht stattfindet nicht näher; sie läßt also hier für alle Vermögensstücke, für Sachen so wohl wie Rechte, Raum; sie vindiciert dem Pfandrecht als solchem keine bestimmte Form 47 ." Sohm ist in seiner Darstellung aber doch noch recht nahe an den ihm vorliegenden Entwürfen geblieben. Dernburg hatte den Oberbegriff zu Sachenund Forderungspfandrecht gefunden, indem er auf das Bestellungsgeschäft abstellte, das eine gemeinsame Betrachtung ermöglichte. Sohm läßt den Gegenstand weg. Der Begriff, den er so findet, ist natürlich allgemeiner als Sachen- oder Forderungspfandrecht. Er bezeichnet aber selbst kein Pfandrecht; dieses Pfandrecht hätte keinen Gegenstand. Sohms Pfandrechtsbegriff scheint wieder eine Art Oberbegriff zu sein, der selbst nicht ein Recht bezeichnet, sondern eine Vorstufe ist bei der Bildung der Begriffe "Sachenpfandrecht" und "Forderungspfandrecht" . Sohm bleibt schließlich auch bei der herrschenden Einteilung der subjektiven Rechte und der zu seiner Zeit herrschenden Zuordnung der Pfandrechte: "Nur das Pfandrecht an einer Sache ist ein dingliches Recht; das Pfandrecht an Rechten ist den dinglichen Rechten nur insofern ähnlich, als es auch hier sein Object mit derselben Unmittelbarkeit ergreift, wie wir es sonst nur bei den Rechten an Sachen wahrzunehmen gewohnt sind. Die Form des Pfandrechts bestimmt sich also nach der Natur des Objects, das ihm unterliegt. Mit den Objecten vermag es seine Form zu variieren 48 ." Auch bei Sohm bleibt der Pfandrechtsbegriff, in dem er Sachen- und Forderungspfandrecht zusammenfaßt, ein asymmetrisches Gebilde. Die Stel-
45 46 47 48
Sohm, S. 11 f. Eine solche Kategorie behauptete später Demelius, S. 8lf. Sohm, S. 14. Sohm, S. 14.
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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lung zwischen den Kategorien der dinglichen und obligatorischen Rechte, die das Pfandrecht charakterisieren soll, hat wohl nur das Sachenpfandrecht. Dem Forderungspfandrecht fehlt die Beziehung zur Klasse der dinglichen Rechte. Es müßte nach Form und Inhalt ein obligatorisches Recht sein. Es wird auch nicht recht klar, was beim Forderungspfandrecht mit jener Unmittelbarkeit ergriffen wird, die das Verhältnis von Pfandrecht und Gegenstand beim Sachenpfandrecht auszeichnet. Der Vermögenswert beim Schuldner, auf den sich das Forderungsrecht richtet, kann es nicht sein. Diesen ergreift das Pfandrecht nicht stärker als das verpfändete Forderungsrecht. Das Forderungsrecht selbst ist nur eine "Spannung auf diesen Vermögenswert" , die kaum Gegenstand eines unmittelbaren Zugriffs sein kann. Sohm ist bei der Begründung in Schwierigkeiten geraten. Es klingt mehr als die Vorstellung eines Rechts am Recht an, wenn er sagt: " ... das verpfändete Recht steht seinem gesammten Inhalt nach dem Willen des Pfandgläubigers zu Gebote49 ." Im Ergebnis wirkt das Forderungspfandrecht wie eine Übertragung der Forderung, wenn Sohm sich auch ausdrücklich gegen diese Auffassung stellt5°. Schließlich hat das Sachenpfandrecht bei Sohm eben die Eigenschaft, die das römische Recht vermieden hat: Er stellt es als ein dingliches Wertrecht dar. Darin liegt der obligatorische Charakter seines Sachenpfandrechts, das nicht nur Recht an einer Sache, sondern auch Recht auf einen Vermögenswert ist. Sohm meint dieses Recht auf den Vermögenswert nicht nur im Sinne des dinglichen Rechts, die Sache wie ein Eigentümer zu verkaufen. Das Sachenpfandrecht selbst gibt ein Recht auf den Betrag der gesicherten Forderung: "Das Pfandrecht ist stets das Recht auf einen gewissen Theil des Vermögenswerthes seines Objects 51 ." Das "Pfandrecht ist das mit unmittelbarer Macht über ein Object ausgerüstete Recht auf denjenigen Theil des Vermögenswerthes desselben, der zu der Befriedigung einer dem Pfandberechtigten zustehenden Forderung hinreicht"52. Oben wurde die Konstruktion des römischen Pfandrechts gerade so erklärt, daß in ihm ein dingliches Wertrecht vermieden wird. Dazu diente insbesondere die akzessorische Bindung des Pfandrechts an die Forderung (s. o. III 1 e). Man könnte dem das Zugeständnis von Sohm gegenüberstellen, daß in seiner Konstruktion Form und Inhalt des Pfandrechts in einem Mißverhältnis stehen. Keine Lösung ist es, wenn er im Widerspruch zwischen Form und Inhalt die Eigentümlichkeit des Pfandrechts sieht53 .
49 50
51 52 53
Sohm, S. 27. Vgl. Sohm, S. 40f., 8lf.; s. die Kritik bei Bremer, Pfandrecht, S. 6lf. Sohm, S. 15. Sohm, S. 12 f. Sohm, S. 14; vgl. S. 26.
B Mincke
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
c) Bremer: Das einheitliche Pfandrecht als Recht am Recht Bremer hat in seiner 1867 erschienenen Untersuchung "Das Pfandrecht und die Pfandobjecte" das Pfandrecht in allen seinen Formen als ein einheitlich dingliches Recht dargestellt. Er hat damit die auch für einen einheitlichen Akzessorietätsbegriff benötigte Voraussetzung. Bremer selbst geht nur nebenbei auf die Akzessorietät ein. Er betont die objektivrechtliche, vom Parteiwillen unabhängige Wirkung. Sie scheint für ihn selbstverständlich54 . Bremer vereinigte Sachen- und Forderungspfandrecht, indem er beide als Recht an einem Recht darstellte. Windscheid erkannte seinen Entwurf mit einigen Bedenken an, wollte aber "für den Lehrvortrag" weiter vom Normalfall des Pfandrechts an körperlichen Sachen ausgehen 55 . Bremers Konstruktion erscheint abstrakter als die vor ihm angebotenen Lösungen 56 , weil er nicht das Sachenpfandrecht als Grundmodell nimmt, sondern die Lösung von der anderen Seite her, vom Forderungspfandrecht aus versucht. Bremer beginnt seinen Gedankengang beim Pfandrecht, nicht bei der Systematik der subjektiven Rechte. Wenn man das Pfandrecht einheitlich als dingliches Recht an einem anderen Recht verstehen will, treten vor allem drei Fragen auf: Gibt es Rechte an Rechten? Kann auch das Sachenpfandrecht, das doch deutlich einen körperlichen Gegenstand hat, als Recht am Recht verstanden werden? Ist auch das Pfandrecht an einer Forderung dinglich? (a) Rechte an Rechten Vangerow hatte in seinen Pandekten Rechte an Rechten zum juristischen und logischen Unding erklärt57 . Bremer hat dagegen keine Bedenken, Rechte an Rechten anzuerkennen. Ist ein Recht einmal vorhanden, so existiert es für ihn wirklich und bildet ein Stück Vermögen. Es ist ein unkörperliches Gut und kann auch den Gegenstand eines anderen Rechtes bilden. Als Hauptbeispiel des römischen Rechts nennt er den Nießbrauch an einer Forderung. Bremer nennt alle Rechtsobjekte Sachen 58 , die in körperliche und unkörperliche zerfallen. Zu den unkörperlichen gehören auch die Rechte 59 • Bremer, Pfandrecht, S. 56. Windscheid, Pand. § 227 Fn. 7. 56 Vgl. Wiegand, Entwicklung, S. 9. 57 Vangerow, § 338 Anm. 1,2. 5B Im Gegensatz zum BGB, das den Begriff Sache auf körperliche Gegenstände beschränkt und im Übrigen die Bezeichnung Gegenstand benutzt - vgl. die Motive, Mugdan III, S. 18. 59 Bremer, Pfandrecht, S. 36ff. 54
55
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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(b) Das Sachenpfandrecht als Recht an einem Recht Für Bremer können Pfandrechte nur an Rechten bestehen. Die gewöhnliche Auffassung, daß das Sachenpfandrecht ein Recht an einer Sache ist, beruht seiner Ansicht nach auf einer Verwechslung. Dieselbe Verwechslung trete beim Eigentum auf. Schon zum Vermögen des Eigentümers gehöre nicht die Sache, sondern das Eigentum an ihr. Es ist danach nur ein Sprachgebrauch des täglichen Lebens, der die Sache mit dem Eigentum an ihr verwechselt. In der Lehre vom Eigentum, in der das Eigentum das vollkommene rechtliche Haben einer Sache ausdrücke, sei die Verwechslung unschädlich. Anders im Pfandrecht, hier habe die Unterscheidung von Sache und Recht grundsätzliche Bedeutung6o . Bremers Beweisführung, daß das Sachenpfandrecht in Wirklichkeit ein Recht am Eigentumsrecht ist, wirkt zunächst tatsächlich sehr abstrakt. Auf dieser Ebene liegen aber die Voraussetzungen, die er vorfindet und mit denen er sich auseinanderzusetzen hat. Er verfolgt das Problem bis auf seine Grundlage in den subjektiven Rechten. Bei ihm zeigt sich ein Verständnis der subjektiven Rechte, das dem Zuordnungsgedanken nahekommt, wie er sich bei Savigny findet und wie er in neuerer Zeit vertreten wird. Bremer setzt bei einer Äußerung von Dernburg an: "Wir sind befugt, das Veräußerungsrecht wie die Berechtigung zur Ausschließung Dritter als juristische Qualitäten der Sachen zu bezeichnen. Gerade die Befugnis, diese juristischen Eigenschaften zu nutzen, bildet den Inhalt des Pfandrechts 61 ." In dieser Aussage wird das Pfandrecht als Beziehung des Gläubigers zur Pfandsache dargestellt. Sie zeigt ein Dilemma, in das die Vorstellung führt, daß Rechte Beziehungen sind. Die Beziehungen, die aus dinglichen Rechten folgen, haben zwei Richtungen. Sie richten sich auf die Sache, die Gegenstand des Rechts ist und auf Personen, denen gegenüber der Berechtigte sein Recht geltend macht. Die eine Art von Beziehungen paßt in die Einteilung der subjektiven Rechte in dingliche und persönliche, die andere in die Einteilung absolut - relativ. Sobald man sich auf eine dieser beiden Einteilungen festlegt, muß die andere Art von Beziehungen umgedeutet werden. Es müssen die Beziehungen zu Personen in die Einteilung dinglich - persönlich hineingelesen werden, oder es müssen Beziehungen zur Sache in die Einteilung absolut - relativ hineingedeutet werden. Dernburg hat sich dafür entschieden, das Pfandrecht mit den Beziehungen zur Sache zu erklären. Er muß auch die Berechtigungen, die das Pfandrecht gegenüber anderen Personen, gegenüber dem Verpfänder und gegenüber Dritten gibt, in dieser Einteilung auffangen. Das Pfandrecht gibt eine 60
61
8"
Bremer, Pfandrecht, S . 46 f. Vgl. Dernhul'g I, S . 122.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Veräußerungsbefugnis und greift dadurch in das Eigentumsrecht des Verpfänders ein. Das scheint eine Beziehung zu sein, die das Pfandrecht zwischen Gläubiger und Eigentümer herstellt. Da das Pfandrecht aber für Dernburg eine Beziehung zur Sache ist, muß er auch die Veräußerungsbefugnis in der Beziehung zur Sache finden. Daraus folgt, daß auch die Eigentumsbefugnisse, in die das Pfandrecht eingreift, bei der Sache sein müssen. Das führt zu der Merkwürdigkeit, daß die Veräußerungsbefugnis und die Rechtsstellung des Eigentümers gegenüber Dritten als Eigenschaften der Sache gesehen werden. Dagegen wendet sich Bremer und berührt damit sicher eine schwache Stelle in Dernburgs Entwurf. Bremer leugnet nicht, daß auch Sachen juristische Eigenschaften haben können, sie sind dazu aber nur sehr begrenzt in der Lage. Sinnvoll kann man bei einer Sache nur fragen, ob sie überhaupt fähig ist, Gegenstand von Rechten oder Gegenstand eines bestimmten Rechts zu sein. Bremer gesteht zu, daß diese Fähigkeit eine juristische Eigenschaft der Sache ist. Im übrigen berichtigt er aber Dernburg. Wenn feststeht, daß eine Sache allgemein rechtsfähig ist und daß sie auch Gegenstand eines bestimmten Rechts sein kann, "so kann sich nur noch fragen, ob überhaupt Jemand das fragliche Recht habe und wer der Inhaber desselben sei. Mit dieser Frage aber fragt man nach der Qualität einer Person"62. Bremer folgert aus dem Gedanken, daß die Pfandberechtigungen Eigenschaften des Pfandgläubigers sind, weiter: Weil das Recht die Sache zu veräußern nicht eine Eigenschaft des Eigentums- oder Pfandobjekts, sondern eine Qualität des Eigentums- oder Pfandberechtigten ist, soll auch das Sachenpfandrecht ein Recht am Eigentum, d.h. ein Recht am Recht sein. Diese Folgerung ist eigentlich nicht zwingend. Recht am Recht hätte das Pfandrecht auch sein können, wenn das Eigentum eine Qualität der Sache gewesen wäre. Mit dem einen Schritt, den Bremer tut, ist der Weg von Dernburg zum Pfandrecht als Recht am Recht nicht zurückzulegen. Bei Dernburg hatte die Sache die juristischen Eigenschaften. Gegenstand des Pfandrechts war die Sache als Träger der Eigenschaften. Wenn bei Bremer der Berechtigte die juristischen Eigenschaften hat, müßte analog der Eigentümer dem Pfandrecht unterworfen sein. Bremers Argument verwirft es zunächst nur, das Pfandrecht in den Beziehungen zur Sache zu sehen. Folgerichtig müßte das Pfandrecht jetzt in den Beziehungen zum Eigentümer liegen. Es rückte damit wieder in die Nähe der obligatorischen Rechte. Bremer hat mit seiner Folgerung, daß das Pfandrecht ein Recht am Eigentum ist, welches wiederum eine Qualität des Berechtigten ist, zugleich einen zweiten Schritt getan. Er ist vom Träger des Rechts, auf den sich das Pfandrecht richtet, auf das Recht selbst, die juristische Eigenschaft oder Qualität 62 Bremer, Pfandrecht, S. 50f.
III. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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übergegangen. Diesen Schritt begründet Bremer nicht; er wird auch nicht dadurch erklärt, daß seiner Ansicht nach der Eigentümer nicht die Sache, sondern das Eigentumsrecht in seinem Vermögen hat. Das Recht als Vermögensgegenstand macht den Schritt aber möglich. Erst das verselbständigt gedachte Recht - das Bremer sogar eine Sache nennt - kann Gegenstand von Rechten sein. Vollständiger könnte man seine Argumentation so fassen: Bremer versteht dingliche Rechte nicht mehr als Beziehung, sondern als Zuordnung. Zugeordnet ist dem Berechtigten nicht eine Sache, sondern das Recht an der Sache. Das Recht, das Qualität des Berechtigten ist, drückt dies gleichwertig aus. Als Qualität oder Eigenschaft des Berechtigten stellt das Recht nicht mehr eine Beziehung zu einer Person oder Sache her, sondern sagt etwas über den Berechtigten aus, ordnet ihm etwas zu. An diesem Gegenstand, dem zugeordneten Recht, bestehen die dinglichen Pfandberechtigungen. (c) Die Dinglichkeit des Forderungspfandrechts Den Gedanken, das subjektive Rechte ein zuordnungsfähiger Gegenstand sind, benutzt Bremer auch für das Forderungspfandrecht. Mit diesem Gedanken findet er einen Weg, auch das Forderungspfandrecht als dingliches Recht darzustellen. Es ist Recht am Recht wie das Sachenpfandrecht. In der äußeren Gestalt unterscheiden sich beide Arten des Pfandrechts nicht. Ein Unterschied liegt nur im Inhalt des Rechts, das Gegenstand des Pfandrechts ist. Bremer hält an der Unterscheidung relativer und absoluter Rechte fest. Das Forderungsrecht verpflichtet eine Person zu einer besonderen Leistung und ist deshalb ein relatives Recht. Absoluten Rechten fehlt eine solche besondere Beziehung63 . Nach außen haben alle Rechte gleiche Geltung. Die Wirkung des relativen Rechts ist nach außen die gleiche wie bei den absoluten Rechten: "Ein wirklich begründetes Recht muß Jeder als solches anerkennen und gelten lassen; insofern hat jedes Recht eine absolute Wirksamkeit 64 ." In dem, was Bremer die Wirkung nach außen nennt, wird wieder der Gesichtspunkt der Zuordnung erkennbar. Man kann deshalb seine Aussage wohl ohne Schaden so umformulieren, daß in der Zuordnung alle Rechte absolut sind. Bei Bremer und Neuner ist schon im vorigen Jahrhundert dieser Gedanke vorhanden gewesen, den in neuerer Zeit die Lehre von den subjektiven Rechten als Zuordnungen wieder belebt hat (vgl. o. III 1 b). Das Forderungspfandrecht ist aber für Bremer nun nicht deshalb ein dingliches Recht, weil sein Gegenstand, die Forderung, dem Verpfänder 63
64
Bremer, Pfandrecht, S. 93f. Bremer, Pfandrecht, S. 93f., unter Berufung auf Neuner, S. 15 Fn. 152.
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2. Kap. : Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
absolut zugeordnet ist. Es ist nicht der Gegenstand des Pfandrechts, der über seinen rechtlichen Charakter entscheidet. Um zu entscheiden, ob das Pfandrecht ein dingliches oder ein obligatorisches Recht ist, darf nicht sein Gegenstand betrachtet werden, sondern maßgeblich hierfür ist, in welcher Weise das Pfandrecht selbst seinen Gegenstand dem Berechtigten zuordnet 65 • Das Forderungspfandrecht gibt aber dieselbe unmittelbare Herrschaft über das Pfandobjekt, wie das Sachenpfandrecht: "Die Kraft, mit der das Pfandrecht die verpfändete Forderung ergreift, ist ... ganz in demselben Sinne wirklich eine dingliche, wie in dem gewöhnlichen Falle, wenn ein fremdes Eigenthumsrecht, oder wie man es unrichtig auffaßt, eine fremde Sache das Pfandobject bildet66 ." Der Zweck des Pfandrechts verlangt, daß der Pfandgläubiger sein Recht auch gegenüber jedem Dritten geltend machen kann. Auch das Forderungspfandrecht muß ihm deshalb eine unmittelbare, dingliche Herrschaft am verpfändeten Gut geben 6 ? d)
Die Akzessorietät des dinglichen Forderungspfandrechts
Bremer hat eine Konstruktion entworfen, die für das Sachenpfandrecht wie für das Forderungspfandrecht gleichermaßen verwendet werden kann. Mit der Vorstellung, daß Pfandrechte immer ein Recht an einem Recht sind, lassen sich Sachen- und Forderungspfand in einer Konstruktion vereinigen. Da bei Bremer überdies alle Arten des Pfandrechts dinglich sind, ließe sich auch die Akzessorietät einheitlich erklären. Bremer selbst ist auf die Akzessorietät allerdings nur am Rande eingegangen. Man kann seinen Entwurf in dieser Hinsicht aber weiterentwickeln. Der tiefere Grund der Akzessorietät ist oben darin gesehen worden, daß mit ihr die Wirkungen eines - dogmatisch nicht möglichen - dinglichen Wertrechts hergestellt werden können. Das dingliche Pfandrecht hatte als Recht an einer Sache selbständig keinen bestimmten Wert. Es mußte mit der Forderung, dem Wertrecht, verbunden bleiben, um die dingliche Sicherung des Gläubiger auf den Betrag seiner Forderung begrenzen zu können (vgl. o. III le). Wenn Bremer auch das Forderungspfandrecht als dingliches Recht einstuft, bietet es sich an, diese Begründung einfach auf das Forderungspfandrecht zu übertragen. Das ist aber wohl nicht möglich, ohne Bremers Entwurf zu verfälschen. Die Erklärung der Akzessorietät ist oben davon ausgegangen, daß Gegenstand dinglicher Rechte Sachen sind. Sie geben die Berechtigung an einer
65 66 67
Bremer, Pfandrecht, S. 84, 95. Bremer, Pfandrecht, S. 90 . Bremer, a.a.O.
IU. Die Notwendigkeit der Akzessorietät
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Substanz und haben deshalb keinen bestimmten Wert. Diese erste Voraussetzung stimmt bei Bremer schon nicht mehr. Bei ihm stehen Wert und Recht in einer engen Verbindung, wobei er dingliche und obligatorische Rechte nicht unterscheidet: B~i der Pfandbestellung handle es sich "durchaus nicht um das individuelle Recht als solches, welches als Pfandobject fungirt, sondern um eine ganz abstrakte Eigenschaft desselben, um seinen Vermögenswerth"6B. Diese Aussage verträgt sich nur dann mit der Ansicht, daß das Pfandrecht ein Recht am Recht ist, wenn Recht und Wert identisch sind oder ihr Unterschied für das Pfandrecht vernachlässigt werden kann. Bei Bremer können dingliche Substanzrechte und obligatorische Wertrechte I nicht unterschieden werden. Die Erklärung der Akzessorietät läßt sich in seinem Entwurf nicht nachvollziehen. Gerade in dem Bereich, in dem sich Recht, Sache und Wert bei Bremer treffen, ist sein Entwurf allerdings unklar. Das Recht ist Sache und Wert, die Begriffe können sich weitgehend vertreten. Die Unklarheit wirkt sich in der Pfandrechtskonstruktion nicht unmittelbar aus, für diese braucht er nur das Recht als Gegenstand des Pfandrechts. Sie wird aber offenbar, wenn man nach dem Gegenstand der Rechte fragt, an denen das Pfandrecht besteht. Beim verpfändeten Eigentum ist eine Sache Gegenstand. Den Gegenstand des Forderungsrechts bestimmt er nicht, es wäre die Frage nach dem Inhalt des Forderungsrechts. Im Inneren ist das Forderungsrecht bei Bremer ein relatives Recht, also eine Beziehung. Diese Beziehung hat er im Forderungsrecht, das dem Berechtigten absolut zugeordnet ist, unerlaubt vergegenständlicht. Bremers Pfandrechtskonstruktion als Recht am Recht geht auf, wenn man die Rechte als Gegenstand der Rechtsordnung voraussetzt. Die Konstruktion wird zweifelhaft, wenn man sie auf ihre Grundlage in der Systematik der subjektiven Rechte befragt. Man kann Bremer in seiner eigenen Konstruktion zu Hilfe kommen. Bremer kommt auf das Verhältnis von Recht und Wert erst beim Forderungspfandrecht zu sprechen. Er beschränkt seine Feststellungellzu diesem Verhältnis nicht auf die Forderungsrechte. Man kann es aber als Anzeichen nehmen, daß erst das Forderungsrecht es erforderlich macht, den Wert in die Betrachtung einzubeziehen. Dann läßt sich auch seiner Pfandrechtskonstruktion die Abgrenzung dinglicher Substanzrechte von den obligatorischen Wertrechten unterlegen. Im Ergebnis entspräche Bremers Pfandrechtskonstruktion damit dem oben vorgeschlagenen Pfandrechtsrechtsverständnis. Ein Unterschied bliebe vor allem; in der hier vorgeschlagenen Konstruktion hat das Pfandrecht tatsächliche Gegenstände, eine Sache oder einen Wert. Bei Bremer bleiben Gegenstand des Pfandrechts Rechte, dingliche 68
Bremer, Pfandrecht, S. 62.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
oder obligatorische. Das schafft aber nicht unbedingt einen Gegensatz. Man kann in den verschiedenen Gegenständen verschiedene Aspekte des Pfandrechts sehen. Die Verdoppelung des Gegenstandes läßt sich für das Verständnis der Pfandrechte nutzen. Wenn man das Pfandrecht in Raisers System der subjektiven Rechte einordnen will, sind auch an ihm die Bereiche des primären Rechts und des sekundären Rechts zu unterscheiden. Im primären Bereich muß das Pfandrecht zeigen, was es dem Gläubiger zuordnet, im sekundären Bereich liegen die Befugnisse, mit denen der Gläubiger sein Recht durchsetzt. Das Pfandrecht läßt sich so verstehen, daß es als primäres Recht dem Gläubiger den tatsächlichen Gegenstand zuordnet, soweit es seine Sicherung verlangt. Ihm dienen die Substanz der Pfandsache oder der Wert der verpfändeten Forderung. Als sekundäres Recht zeigt das Pfandrecht eher den Charakter eines Rechts am Recht. Mit dem Veräußerungsrecht und den Abwehrbefugnissen gegen Dritte greift der Gläubiger in die Rechtsstellung des Eigentümers oder des Forderungsinhabers ein. Nach dieser Korrektur ist wieder zu fragen, ob das Forderungspfandrecht ein dingliches Recht ist. Nur wenn es ein dingliches Recht ohne eigenen Wertgehalt ist, läßt sich die Begründung, die für die Akzessorietät des Sachenpfandrechts gegeben wurde, auf das Forderungspfandrecht übertragen. Gegen die Dinglichkeit spricht zunächst, daß sein Gegenstand, die Forderung, ein Wertrecht ist. Auch das Forderungspfandrecht scheint das Recht auf einen Wert zu sein und dadurch ein obligatorisches Recht. Ein solcher Schluß wäre aber voreilig. Für die obligatorischen Rechte wurde oben vorausgesetzt, daß sie selbständig einen bestimmten Wert haben (s. III Id (b». Das Forderungspfandrecht hat keinen eigenen Wertumfang, dem Gläubiger steht der Wert der verpfändeten Forderung nicht nur in Höhe des Betrages der gesicherten Forderung zu. Sein Pfandrecht geht auf die Forderung in ihrem vollen Umfang. Nicht im Pfandrecht ist der Wert bestimmt, sondern in der verpfändeten Forderung. Es ist vielleicht kein glücklicher Ausdruck, das Forderungspfandrecht deswegen ein dingliches Recht zu nennen. Es ist aber ein Recht, das dem Modell des dinglichen Rechts folgt; man könnte deshalb im Gegensatz zu obligatorischen Rechten von gegenständlichen Rechten sprechen. Der Gläubiger hat den Wert der verpfändeten Forderung wie einen Gegenstand, dessen Umfang nicht körperlich, sondern rechtlich bestimmt ist. Der Gegenstand hat zwar einen Wertumfang, dieser ist aber nicht für das Recht des Gläubigers maßgebend. Das Befriedigungsrecht des Gläubigers bestimmt sich ausschließlich nach dem Wert der gesicherten Forderung. Genau wie wenn eine Sache verpfändet ist, muß die gesicherte Forderung herangezogen werden, um festzustellen, in welcher Höhe der Wert der Forderung dem Pfandgläubiger zukommt. Sachen- und Forderungspfandrecht folgen damit demselben Akzessorietätsgedanken. Für die Beschränkung des Gläubigers
IV. Schuld und Haftung (Brinz)
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auf den Sicherungszweck ist es notwendig, daß auch das Forderungspfandrecht der in der gesicherten Forderung enthaltenen Wertangabe folgt. IV. Brinz: Das Pfandrecht in der Lehre von Schuld und Haftung Alois Brinz hat in seinem Aufsatz "Der Begriff obligatio" (1874) und anschließend im zweiten Band der zweiten Auflage seines Pandektenlehrbuchs (1879) ein Pfandrecht entworfen, das sich von der bisherigen gemeinrechtlichen Lehre entfernte. Der Entwurf beruhte auf seinem besonderen Verständnis von Schuld und Haftung. Brinz' Lehre fand vor allem bei den Deutschrechtlern Anklang (vgl. o. I 2 e (a)). In der römischrechtllehen Wissenschaft blieb er ein Außenseiter!. Die Pfandrechtslehre von Brinz ist für die Rechtswissenschaft gerade wegen ihrer abweichenden Grundlage interessant ge~lieben. Nachdem keine Pfandrechtskonstruktion sich überzeugend durchzusetzen vermochte, konnte seine Lehre wie ein rettender Ausweg scheinen. Schwind hat sie in einer Untersuchung über Wesen und Inhalt des Pfandrechts als Grundlage genommen 2 • Zuletzt haben Wiegand 3 und Diestelkamp4 die Lehre wieder ins Blickfeld gebracht. In dieser Arbeit ist der Pfandrechts entwurf von Brinz vor allem deswegen wichtig, weil Brinz scheinbar ohne die Akzessorietät auskommt. 1. Die Vermögensrechte in der ersten Auflage der Pandekten
Brinz kam von einer allgemeinen Auseinandersetzung mit den subjektiven Rechten zu seinem Pfandrechtsentwurf. In einer Besprechung von Savignys "Obligationenrecht" hatte er dessen Obligationsbegriff kritisiert. Anstoß nahm er daran, daß das obligatorische Recht eine Handlung zum Gegenstand haben solle5 . Eine eigene Systematik der Vermögensrechte legte er schon in der ersten Auflage seines Pandektenlehrbuchs an. Vermögen waren danach die Güter der Außenwelt, die durch das Recht mit einer Person verknüpft sind. Die Verknüpfung kann enger oder weiter sein. Die engste Verknüpfung liegt im Eigentum. Bei Forderungen ist die Verknüpfung nicht so eng. Sie sind aber auf dem Wege zum Eigentum, eine Vorstufe des Eigentums. Brinz spricht deshalb bei Forderungen von einem Bekommen, im Gegensatz zum Haben beim Eigentum 6• 1 Zur Aufnahme der Lehre von Brinz in der gemeinrechtlichen Wissenschaft s. Diestelkamp, S. 34ff. 2 Schwind, S. 6. 3 Wiegand, Entwicklung, S. 12 ff. 4 Diestelkamp, S. 21ff. 5 Brinz, Besprechung, S. 3 ff. 6 Brinz, Pand. 1. Aufl. I, S. 362 f.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Ein gewisses Haben sieht er allerdings auch schon bei den Forderungsrechten vorliegen. Der Gläubiger hat das Recht aus der Obligation, das ipsum ius obligationis. Gegenstand dieses Habens ist etwas Unkörperliches, das bloße ius. Dieses Recht stellt auch schon einen Marktwert dar und kann deshalb zum Vermögen gerechnet werden 7 • Bei Brinz kann man das Bemühen erkennen, sich von der Vorstellung zu lösen, daß Rechte Beziehungen sind. Im "Haben" liegt beim Eigentum der Gedanke der Zuordnung. Das "Haben" sucht er auch bei den obligatorischen Rechten. Er spricht es in der ersten Auflage seiner Pandekten noch nicht klar aus, wird in der zweiten Auflage aber deutlicher: Die dinglichen Rechte seien eine "Pertinenz" des Berechtigten, die Eigenschaft einer PersonB. In der Eigenschaft liegt logisch ein Gegensatz zur Relation, zur Beziehung. Die Relation stellt eine Beziehung zwischen zwei Subjekten her. Die Eigenschaft sagt dagegen etwas über ihr Subjekt aus, sie ist ein (logisches) Prädikat. Es macht seine Aussage zu einer Eigenschaft oder Qualität des Subjekts. In dieser Form war der Gedanke auch bei Bremer zu finden gewesen, der von Rechten als Eigenschaften oder Qualitäten des Rechtssubjekts sprach (vgl. o. S. 116ff.). Auch Brinz läßt sich also in die Reihe derer stellen, die schon im vorigen Jahrhundert versucht haben, ein System der subjektiven Rechte aus dem Gedanken der Zuordnung zu entwickeln. In der ersten Auflage der Pandekten konnte Brinz einen zugeordneten Gegenstand für das Eigentum zeigen, für das Forderungsrecht fehlte er ihm. Wenn Brinz sagte, daß der Forderungsberechtigte das ius hat, war er sich wohl dessen bewußt, daß dies nur ein formaler Ausweg war. Inhalt dieses ius blieb ein Bekommen oder Bekommensollen, das sofort zu der Frage führt: Von wem? Mit dieser Frage bleiben die Forderungsrechte Beziehung. Auch Brinz bestimmt das Bekommensollen der Forderungsrechte schließlich nur als die Möglichkeit, die Forderung durch Klage zu verwirklichen. Forderung, obligatio und actio sind für ihn insoweit gleichbedeutend9 . Die Klagemöglichkeit hatte auch schon Büchel als einzigen Inhalt der Forderungsrechte gesehen (vgl. o. S. 68). Darüber war Brinz in der ersten Auflage seiner Pandekten noch nicht hinausgekommen. 2. personae obligatio und rei obligatio
In seinem Aufsatz "Der Begriff obligatio" umschrieb Brinz das Problem genauer. Das ipsum ius obligationis reichte ihm als Gegenstand der Obligation offenbar nicht mehr. Wieder ist für ihn Ausgangspunkt die Ansicht, daß
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Brinz, Pand. 1. Aufl. I, S. 373. Brinz, Pand. 2. Aufl. I, S. 471. Brinz, Pand. 1. Aufl. I, S. 366.
IV. Schuld und Haftung (Brinz)
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Handlungen der Gegenstand von Forderungsrechten sind (jetzt gegen Puchta)1°. Brinz stimmt zu, daß die Forderungsrechte auf Handlungen gerichtet sind, sie sind das "Worauf" der Obligation. Mit der Frage, worauf sich Forderungsrechte richten, wird seiner Ansicht nach aber nur der Frage nach ihrem Gegenstand ausgewichen. Brinz stellt ihr die Frage nach dem "Woran" der Obligationen entgegen. Er sucht einen Gegenstand, der sich wie die Sache zum Eigentum, wie das Kind zur väterlichen Gewalt verhält l l . Brinz macht jetzt als Gegenstand des Forderungsrechts die Person des Schuldners aus. Die Haftung zeigt ihm am deutlichsten, daß die Person selbst durch das Forderungsrecht unterworfen ist. Er versteht Haftung als eine Art Vergeiselung, durch die sich der Schuldner mit seiner Person unterwirft. Mit der Person ist auch ihr Vermögen unterworfen. Das Vermögen ist juristischer Teil der Person, es haftet mit der Person stets mit. Auch die Vermögenshaftung ist danach Personenhaftung 12 • Schon in der Unterwerfung der Person durch die Obligation liegt für Brinz etwas Pfandartiges. Von diesem Ausgangspunkt in den subjektiven Rechten kommt Brinz zum Pfandrecht. Obligation und Pfandrecht entsprechen einander: Die Obligation ist eine Art Pfandrecht an der Person des Schuldners und - dann naheliegend - das Pfandrecht ist die Obligation einer Sache; rerum obligatio und personae obligatio sind "Sprossen eines Stammes"13. Mit der Ansicht, daß das Pfandrecht ein obligatorisches Recht sei, scheint Brinz wieder auf die Vorstellung von Büchel eingeschwenkt zu sein, der mit seiner Lehre von der obligatio rei die Auseinandersetzung um den Charakter des Pfandrechts eingeleitet hatte. Das Pfandrecht ist für Brinz aber in anderem Sinne obligatorisch, als es das für Büchel war. Für Büchel waren "dinglich" und "obligatorisch" gegensätzliche Kategorien. Das Pfandrecht war ein obligatorisches Recht, weil seine Befugnisse es in diese Kategorie wiesen. Bei Brinz schwindet der Gegensatz zwischen den Kategorien. Die Obligation selbst wird zum dinglichen Recht, wenn sie den Schuldner unterwirft, so wie die Sache dem Eigentum oder das Kind der väterlichen Gewalt unterworfen ist. Brinz sieht die Folgerung, daß bei ihm die Obligationen dinglich werden und spricht sie aus: "Während die rei obligatio sich in dem Maasse, als sie sich vom Besitz und Eigenthum an der Sache trennte, als ein dem Eigenthum entgegengesetztes Recht herausbildete, war die personae obligatio, solang überhaupt die Person selbst und ganz haftete, stets Eigenthum .. .1 4 ." Vgl. Puchta, Pand. § 219. Brinz, obligatio, S. 11ff. 12 Brinz, obligatio, S. 13 ff. 13 Brinz, obligatio, S. 26f. 14 Brinz, obligatio, S. 29f.; vgl. Pand., 2. Aufl., § 67, wo er sagt, die Obligationen hätten ein eigentums artiges Element, es sei aber gegenüber dem Eigentum, wie es an Sachen besteht, abgeschwächt. 10
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
Unter dieser Voraussetzung wird es leichter, das Pfandrecht als Obligation zu qualifizieren. Die dinglichen Züge des Pfandrechts sind ohne weiteres erklärt. Das Problem verlagert sich: "Indessen nicht sowohl dass das Pfandrecht Obligation, als dass die Obligation eine Art Pfandrecht sei, wollte dargethan werden 15 ." Brinz versucht die Gleichwertigkeit von Obligation und Pfandrecht zu zeigen, indem er die verschiedenen Phasen der Personenhaftung mit der Pfandhaftung vergleicht. Sie werden bei ihm zu ebenbürtigen Rechten. Die Gleichwertigkeit von rei und personae obligatio muß sich beim Pfandrecht auswirken, wenn persönliches Forderungsrecht und Pfandrecht nebeneinander zu stehen kommen. Ein akzessorisches Recht kann das Pfandrecht bei Brinz nicht sein. Wenn das Pfandrecht von einem Forderungsrecht abhängig ist, sind die Rechte nicht gleichwertig. Die Akzessorietät ordnet die Rechte in der Weise, daß die Forderung das Hauptrecht, das Pfandrecht ein untergeordnetes Recht ist. Brinz erklärt das Verhältnis von Forderung und Pfandrecht so, daß bei der Pfandbestellung nur tatsächlich die persönliche Schuld im Vordergrund steht (a potiori und de facto). Das Pfandrecht bleibt aber auch in Verbindung mit der persönlichen Schuld eine selbständige Obligation. Es kann ohne die persönliche Haftung fortbestehen, wenn z. B. die persönliche Haftung zur Naturalobligation entwertet wird 16 . 3. Uas Pfandrecht und seine Akzessorietät in Brinz' System der subjektiven Rechte
Brinz hat in seiner Abhandlung über den Begriff obligatio ein System der subjektiven Rechte geschaffen, das am Eigentum orientiert ist. Einheitliches Kriterium aller Rechte ist eine Unterwerfung unter die Macht des Berechtigten. Brinz hat auf diese Weise die Kategorien der dinglichen und der obligatorischen Rechte zusammengeführt. Die Kritik an diesem System kann an mehreren Punkten ansetzen. Man kann zunächst bezweifeln, ob Brinz' System die rei obligatio als besondere Form der Haftung überhaupt braucht. Für Brinz ist auch die Vermögenshaftung persönliche Haftung, weil das Vermögen juristischer Teil der Person ist. Auch die Haftung einer Sache müßte dann persönliche Haftung sein. Die Sache ist nur ein bestimmter Teil des Vermögens. Im Ergebnis wäre die rei obligatio keine Haftung neben der persönlichen Haftung, sie wäre die auf eine Sache beschränkte persönliche Haftung. Als Sicherungsrecht scheint ein solches Pfandrecht nicht mehr sinnvoll, jedenfalls, wenn Schuldner und Verpfänder dieselbe Person sind. Es würde eine Sache nur 15
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Brinz, obligatio, S. 28. Brinz, obligatio, S. 27.
IV. Schuld und Haftung (Brinz)
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von zwei Haftungen ergriffen, von der rei obligatio und außerdem von der persönlichen Haftung des Schuldners mit seinem ganzen Vermögen. Eine andere Kritik müßte Brinz tiefer treffen: Sein Forderungsrecht hat keinen Leistungsinhalt mehr. Er ist von der Frage nach dem "Worauf" der Obligation zur Frage nach dem "Woran" der Obligation übergegangen und hat dabei den Leistungsinhalt aus dem Auge verloren. Brinz gibt nur noch an, woraus der Gläubiger befriedigt werden soll, wenn der Schuldner nicht freiwillig leistet. Was der Gläubiger erhalten soll, ist in seinem Obligationsbegriff nicht mehr enthalten. Dies ist wohl auch die Bedingung, um rei und personae obligatio gleichsetzen zu können. Wenn Pfandrecht und Forderungsrecht gleichwertige Obligationen wären, müßten sie auch einen gleichartigen Leistungsinhalt haben. Einen Leistungsinhalt hat das Pfandrecht aber nicht. Daß die Obligation auch einen Leistungsinhalt haben muß, deutet sich bei Brinz nur an, wenn er von der Haftung zur Schuld übergeht: "Ob aus der Haftung Schulden erwachsen, ob sich z. B. aus dem Mandat ein Guthaben diesseits oder jenseits herausstellen werde, ist beim Abschluß des gegenseitigen Contractes noch ,ungewiß'17." Das Guthaben, von dem hier die Rede ist, scheint der Inhalt der Schuld zu sein. Brinz sagt auch, daß eine strenge Wechselwirkung zwischen Geld und Obligationen bestehe 18 . Er beschreibt die Schuld aber wieder ohne einen Leistungsinhalt allein als eine verstärkte Haftung. Die Schuld ist nur "Phase und Metamorphose der Haftung"19. Die Haftung dient allgemein der Sicherung des Gläubigers. Wenn sie zur Schuld wird, zeigt das an, daß das Vermögen des Schuldners jetzt der Befriedigung des Gläubigers dient. Er sagt es schließlich selbst ausdrücklich: "Darum ist wer eine Schuld hat seinem Gläubiger stets mit einem gewissen oder erst noch zu bestimmenden Betrage seines Vermögens verfallen 20 . " Brinz sagt aber nicht, wie der Betrag Inhalt der Schuld wird. Brinz ist jedoch wohl nur folgerichtig vorgegangen, wenn er den Leistungsinhalt seinem Entwurf der Obligation ferngehalten hat. Brinz leitet die Obligation aus dem Gedanken einer dinglichen Unterwerfung her. Gegenstand dinglicher Rechte ist eine bestimmte Substanz. Diese Substanz ist für seine Obligationen die Pfandsache oder das Vermögen des Schuldners insgesamt. Die Berechtigung auf einen bestimmten Leistungsinhalt können dingliche Rechte nicht geben. Wenn Brinz deshalb den Leistungsinhalt außerhalb der Obligation läßt, erfüllt er nur diese Voraussetzung eines dinglichen Rechts. Brinz ist konsequent, indem er die Obligation tatsächlich als
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18 19 20
Brinz, Brinz, Brinz, Brinz,
obligatio, obligatio, obligatio, obligatio,
S. S. S. S.
34. 36. 37. 39.
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2. Kap.: Pfandrechts entwürfe des gemeinen Rechts
dingliches Recht behandelt. Dadurch gibt es in seiner Systematik aber nun Rechte mit einem bestimmten Leistungsinhalt, Wertrechte, überhaupt nicht mehr. Das war mit der Anschauuung, die das römische Recht bot, eigentlich nicht zu vereinbaren. In der zweiten Auflage seiner Pandekten ist Brinz auf den Leistungsinhalt der Forderungsrechte noch einmal eingegangen. Er hielt an der Darstellung des Forderungsrechts, die er in seiner Schrift "Der Begriff der obligatio" gegeben hatte, fest. Den Leistungsinhalt behandelte er jetzt unter der Überschrift "Das Wofür der Haftung". Die Haftung einer Person oder Sache erscheint ihm ohne eine Leistung an den Berechtigten undenkbar. Trotzdem soll die Leistung nicht Zweck der Obligation sein. Die Haftung bewirkt zwar einen Druck auf den Schuldner, die geschuldete Leistung zu erbringen, ihren Zweck findet die Haftung aber erst im Falle der Nichtleistung. Wenn die Leistung auch nicht Ziel oder Zweck.,der Haftung ist, hat sie doch mit der Haftung zusammen, im ganzen, einen Zweck 21 .
Durch die Haftung wird die Leistung zu mehr als etwas, das gewollt oder gesollt ist. Das Wollen und Sollen der Leistung wird auf seiten des Schuldners durch die Haftung "aus einer Willkür ... zu einer gewissen Zwangsund Nothlage". Auf seiten des Gläubigers wird es "zu einem gewissen Rechte, und zwar mindestens zu einem Actions- und Persecutionsrechte"22. Brinz bestimmt damit den Inhalt der Forderungsrechte noch in derselben Weise wie in der ersten Auflage. Er ist nicht über die Klagemöglichkeit hinausgekommen. Er greift jetzt aber auch wieder den Gedanken auf, daß der Forderungsberechtigte ebenso wie der Eigentümer schon etwas "hat". Er sieht das Bekommensollen der Forderungsrechte dem Haben "wo nicht gleichgestellt, so doch nahe gebracht, die Verbindung der Gebundenheit mit dem Wofür hatte eine Ausdehnung des Vermögens von der Habe engeren Sinnes auf eine Habe weiteren Sinnes, von den res auf die actiones zur Folge"23. Brinz' Ausführungen zum Gegenstand der Forderungsrechte sind auch in der zweiten Auflage der Pandekten unklar und konnten wohl nicht klarer sein. Für diese Frage hat die Theorie von Schuld und Haftung nichts gebracht. Die dingliche Obligation hat die Frage nach einem Leistungsgegenstand sogar sinnlos gemacht. Gegenstand der dinglichen Obligation sind das Vermögen des Schuldners oder eine Pfandsache, allerdings nicht als Gegenstand einer Leistung, sondern als Zugriffsobjekte. Dies hat Brinz offenbar nicht bemerkt, wenn er weiter nach dem Bekommensollen und dem Wofür der Obligationen fragt. Es war keine elegante Lösung, die Obligatio-
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Brinz, Pand. 2. Aufl. 11, S. Bf. Brinz, a. a. O. Brinz, a. a. O.
IV. Schuld und Haftung (Brinz)
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nen dadurch unter den Vermögensrechten zu halten, daß er den Begriff des Vermögens von den Sachen auf die Klagen ausdehnte. 4. Das Verhältnis von Pfandobligation und persönlicher Forderung
Auch die Darstellung des Pfandrechts hat bei Brinz durch die Theorie von Schuld und Haftung kaum gewonnen. Er behandelt folgerichtig in der zweiten Auflage der Pandekten das Pfandrecht bei den Obligationen. Das ist aber wohl mehr eine Demonstration, als daß es die pfandrechtlichen Probleme zu klären hilft. Da das Pfandrecht bei Brinz eine Obligation ist, hat der Gläubiger eine doppelte Berechtigung aus zwei Obligationen. In diesen Obligationen hat der Gläubiger eine Sach- und eine Personenhaftung. Sie gehen nicht auf eine Leistung, diese ist nicht Zweck der Haftung. Beide Haftungen bestehen für den Fall der Nichtleistung. Sie sind nicht unmittelbar in Beziehung zu setzen, sind aber durch den Grund ihrer Existenz verbunden. Beide geben dem Gläubiger ein Mittel an die Hand für den Fall, daß der Schuldner nicht leistet 24 • Schon in der Abhandlung über den Begriff der Obligation hatte Brinz die Akzessorietät des Pfandrechts abgelehnt, weil die Pfandobligation der persönlichen Obligation gleichwertig sei. In der zweiten Auflage der Pandekten läßt er die Fragen zum Verhältnis von Pfandrecht und persönlicher Forderung weitgehend offen. Auf die Akzessorietät geht Brinz in den Pandekten nicht mehr ein. Dabei setzt auch bei ihm die rei obligatio eine Forderung voraus, wenigstens eine bedingte, befristete oder zukünftige. Das Pfandrecht ist aber nicht von einer persönlichen Haftung abhängig25 • Unklar bleibt dann aber bei Brinz, was für eine Forderung Voraussetzung für das Pfandrecht ist. Brinz bringt hier eine Forderung ins Spiel, von der nicht klar ist, wie sie rechtlich eingeordnet werden muß. Sie hat in seiner Konstruktion keinen Ort. Von ihr scheint das Pfandrecht aber irgendwie abhängig zu sein. Die Frage nach der akzessorischen Abhängigkeit in der Entstehung ist dann letztlich wohl nur verdrängt. Das Pfandrecht erlischt auch bei Brinz mit der Leistung des Schuldners. Dies ist aber nicht die Wirkung einer Erlöschensakzessorietät, die Leistung beendet die rei obligatio selbständig 26 • Diese Wirkung kann die Leistung ohne weiters haben, wenn das Pfandrecht eine selbständige Obligation ist. Es tritt dann aber das Problem auf, was mit der Haftung aus der danebenstehenden personae obligatio geschieht. Wenn Brinz dem Gläubiger nicht den Zugriff auf das Gesamtvermögen des Schuldners lassen will, obwohl 24 25 26
Brinz, Pand. 2. Aufl. 11, S. 84lf. Brinz, Pand. 2. Aufl. 11, S. 872ff. Brinz, Pand. 2. Aufl. 11, S. 878f.
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
dieser auf das Pfandrecht geleistet hat, muß die persönliche Haftung zugleich mit der Pfandhaftung verschwinden. Auch Brinz braucht eine Wirkung, die das eine Recht im Erlöschen an das andere bindet, erklärt sie aber nicht. Auch eine Übergangsakzessorietät kennt Brinz natürlich nicht. Dies ist aber nicht durch die Selbständigkeit des Pfandrechts begründet. Das Pfandrecht kann wohl auch selbständig nicht übertragen werden. Brinz behandelt die Übertragung des Pfandrechts im Abschnitt "Sachenhaftung" nicht. Verfügungen über das Pfandrecht wären in seinem System, in dem es ein obligatorisches Recht ist, auch richtiger im Kapitel "Zession" zu behandeln. Dort aber hält sich Brinz sehr nahe an die römischen Quellen, die eine "echte", derivative Übertragung von Forderungen nicht kannten. Er stellt fest, daß die Übertragung bloßer Haftungen nirgends vorkam 27 . Offen bleibt bei Brinz schließlich, wie das Forderungspfandrecht als rei obligatio zu konstruieren wäre. Er läßt das Pfandrecht an einer Forderung ausdrücklich zu: Gegenstand des Pfandrechts kann alles sein, was sich veräußern und zur Befriedigung des Gläubigers verwenden läßt, "mithin auch res incorporales: Forderungen, Servituten ... "28. Hier tritt wieder ein Begriff der Forderung auf, der mehr sein muß als eine Obligation im Sinne von Brinz. Es konnte sinnvoll erscheinen, daß bei Brinz die O~ligationen nicht abtretbar sind. Es ist nicht recht vorstellbar, daß der Gläubiger über die bloße Haftung seines Schuldners verfügt. Derselbe Gedanke müßte aber auch bei der Veräußerung und der Verpfändung von Forderungen eingreifen. Wieder scheint die Forderung mehr zu enthalten als die Haftung. Unklar bleibt auch, wie das Forderungspfandrecht Sachhaftung sein soll. In der verpfändeten Forderung liegt doch im gewöhnlichen Fall die persönliche Haftung des Schuldners mit seinem ganzen Vermögen vor. Diese Haftung müßte auch dem Pfandberechtigten zur Verfügung stehen. Er wäre dann selbst Gläubiger, nicht Pfandberechtigter. Brinz dürfte es auch nicht helfen, wenn er die persönliche Obligation verdinglicht. Die persönliche Haftung würde dadurch nicht zur Sachhaftung. Einen gangbaren Weg zu einer befriedigenden Pfandrechts konstruktion hat Brinz mit seiner Lehre von Schuld und Haftung nicht gewiesen. Entgegen seiner Absicht hat er mit seinem Begriff der Haftung gezeigt, daß das Pfandrecht ein dingliches Recht ist. Der Einbruch in überlieferte Anschauungen ist bei der Obligation größer als beim Pfandrecht. Unbefriedigend wird seine Lehre für das Pfandrecht dann vor allem, wenn er versucht, das Pfandrecht in sein System der Obligationen einzuordnen. Die Frage nach 27 Brinz, Pand. 2. Auf!. 11, S. 404 - anders hatte er in der 1. Auflage noch in der Abtretung des nomens auch eine wenigstens stillschweigende Übertragung des Pfandrechts gesehen - I S. 350. 28 Brinz, Pand. 2. Auf!. 11, S. 837 .
V. Zusammenfassung
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dem Verhältnis von Pfandrecht und persönlichlicher Forderung stellt sich bei ihm weiter. Nachdem er die akzessorische Abhängigkeit ablehnt, bleibt sie unbeantwortet. Als der "Der Begriff obligatio" im Jahre 1874 erschien, hatte sich eine Bewegung in der gemeinrechtlichen Pfandrechtsdiskussion vollzogen. Die Auseinandersetzung mit dem Pfandrecht hatte sich in den Süden des deutschen Sprachraums verlagert. Brinz selbst lehrte in München. Schon ein Jahr vor dieser Arbeit war die "Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht" von Exner erschienen. Exner lehrte in Wien. Auch die folgenden umfassenden Darstellungen des Pfandrechts stammten aus diesem Raum. Demelius veröffentlichte 1897 sein "Pfandrecht an beweglichen Sachen nach österreichischem bürgerlichen Recht"; von Zürich aus schrieb Schwind über "Wesen und Inhalt des Pfandrechts - eine rechtsgeschichtliche und dogmatische Studie" (1899). Diese Arbeiten versuchten jede von einem eigenen Ansatz aus, zu einem umfassenden Verständnis des Pfandrechts zu kommen. Einen Durchbruch brachten sie nicht 29 . Im Norden Deutschlands hatte die Pfandrechtsdiskussion mit der Neuregelung der Grundpfandrechte im Preußischen Eigentumserwerbsgesetz einen neuen Gegenstand gefunden. V. Zusammenfassung zur Akzessorietät des gemeinrechtlichen Pfandrechts Diese Untersuchung hat versucht, die Bedingungen zu zeigen, unter denen die Akzessorietät als ein einheitlicher Wirkungszusammenhang verstanden werden kann. Die Akzessorietät ist ein Vorgang objektivrechtlicher Zuordnung. Die Akzessorietät ordnet das Pfandrecht dem Gläubiger der gesicherten Forderung von Rechts wegen zu. Die Akzessorietät selbst hat diese Wirkung: Nur für einen Gläubiger, dessen Forderung gesichert werden soll, läßt sie ein Pfandrecht entstehen; sie bewirkt den Übergang des Pfandrechts auf den neuen Berechtigten, wenn das Forderungsrecht abgetreten wird; sie läßt das Pfandrecht mit dem Forderungsrecht erlöschen. Die Akzessorietät steht hier in Gegensatz zu rechtsgeschäftlichen Wirkungen. Von der Akzessorietät sind zwei subjektive Rechte betroffen, das Forderungsrecht als führendes und das Pfandrecht als geführtes Recht. Wenn man versucht die Wirkungen der Akzessorietät zu beschreiben, stößt man auf eine Schwierigkeit. Die subjektiven Rechte werden herkömmlich in absolute und relative, in dingliche und persönliche eingeteilt. Diese Einteilungen gehen von Beziehungen aus, die das Recht zu seinem Gegenstand oder zu einem oder zu unbestimmt vielen Verpflichteten herstellt. Dementsprechend 29
Vgl. Wiegand, Entwicklung, S. 10ff.
9 Mincke
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2. Kap.: Pfandrechtsentwürfe des gemeinen Rechts
wird auch das subjektive Recht als Beziehung verstanden. Mit einem solchen Verständnis läßt sich aber die zuordnende Akzessorietät nicht beschreiben. Die Zuordnung verlangt einen Gegenstand; Rechte als Beziehungen sind kein Gegenstand, der einem Berechtigten zugeordnet werden könnte. In neuerer Zeit hat ein Verständnis subjektiver Rechte Anhänger gewonnen, das hilft, die aufgezeigten Schwierigkeiten zu überwinden. Es sieht subjektive Rechte unter eben dem Aspekt, den die Akzessorietät benötigt; die subjektiven Rechte ordnen dem Berechtigten etwas zu. Diese Vorstellung ist bei den Sachenrechten anschaulich, mit dem Eigentum ist dem Berechtigten eine Sache zugeordnet. Nicht so deutlich wird die Vorstellung bei den obligatorischen Rechten; ein zugeordneter Gegenstand ist bei ihnen nicht so offensichtlich wie bei den Sachenrechten. Aber auch die obligatorischen Rechte ordnen etwas zu, nämlich einen Wert. Dieser Gegenstand wird durch die Obligation geschaffen. In ein System subjektiver Rechte, das Rechte als Zuordnung einer Sache oder eines Wertes begreift, paßt auch die zuordnende Wirkung der Akzessorietät. Um Rechte zu übertragen, d. h. um ihre Zuordnung zu ändern, ist gewöhnlich eine Verfügung nötig. Die Beteiligten ändern die Zuordnung selbst durch ein Rechtsgeschäft. Die Akzessorietät steht mit ihrer zuordnenden Wirkung, die von Rechts wegen eintritt, an der Stelle einer Verfügung der Beteiligten. Die akzessorische Abhängigkeit des Pfandrechts von der gesicherten Forderung ist eine sinnvolle und nützliche Regelung. Ein Sicherungsbedürfnis hat der Gläubiger nur, wenn ihm auch die gesicherte Forderung zusteht. Das Pfandrecht soll dem Gläubiger nicht eine Sache zuwenden, sondern nur eine Forderung sichern. Unter diesem Gesichtspunkt, daß die Pfandbestellung ein Sicherungs-, kein Zuwendungsgeschäft ist, ergibt sich zugleich, daß die Akzessorietät nicht nur eine nützliche Regelung, sondern notwendig ist. Der Gläubiger soll aus dem Pfandrecht nur soviel erhalten, wie ihm aus der gesicherten Forderung zusteht. Ein dingliches Pfandrecht kann aber nicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt werden. Dingliche Rechte haben nicht selbständig einen bestimmten Wert, dies ist obligatorischen Rechten vorbehalten. Um die Berechtigung des Gläubigers aus dem Pfand in der Höhe begrenzen zu können, muß das Pfandrecht von einem Forderungsrecht begleitet sein. Die akzessorische Bindung des Pfandrechts an die gesicherte Forderung schafft die Wirkungen eines dogmatisch nicht möglichen dinglichen Wertrechts. Man kann die Art der Bindung deshalb genauer als "Wertakzessorietät" beschreiben. Wenn die akzessorische Bindung ein dingliches Wertrecht ersetzt, ist zunächst die Akzessorietät des Sachenpfandrechts erklärt. Beim Forderungspfandrecht ist ein obligatorisches Recht Gegenstand des Pfandrechts. Die Forderung, an der das Pfandrecht besteht, kann selbständig einen Wert
V. Zusammenfassung
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haben. Dadurch wird aber das Pfandrecht an der Forderung nicht zu einem Wertrecht. Die Forderung ist dem Pfandgläubiger nicht nur in Höhe eines bestimmten Wertes zugewiesen, sein Recht besteht an der ganzen Forderung, wie sie Gegenstand des Rechts ist. Auch das Forderungspfandrecht soll dem Gläubiger nicht den gesamten Wert des Pfandgegenstandes zuwenden, sondern soll ihm nur eine Sicherheit für den Betrag bieten, den der Verpfänder ihm schuldet. Wie beim Sachenpfandrecht ist der Inhaber eines Forderungspfandrechts nur "dinglich" befugt, den Pfandgegenstand zu verwerten, was auch dadurch geschehen kann, daß er die Forderung einzieht. Das macht ihn aber nicht zum Gläubiger des Drittschuldners. Der Inhaber eines Forderungspfandes ist dinglich gegenüber dem Verpfänder befugt, nicht obligatorisch gegenüber dem Drittschuldner. Wie das Sachenpfandrecht braucht das Forderungspfandrecht die Wertangabe aus der gesicherten Forderung, damit der Gläubiger auf eine Berechtigung in bestimmter Höhe begrenzt werden kann. Beide Pfandrechte sind in gleicher Weise notwendig akzessorisch. Beide Rechte sind insofern "dinglich", als der Gläubiger auf die Befugnis zur Verwertung des Pfandgegenstandes beschränkt ist. Das Forderungspfandrecht folgt dem Modell des Sachenpfandrechts.
9'
Drittes Kapitel
Die Pfandrechte in Preußen I. Die Pfandrechte des Allgemeinen Landrechts 1. Dinglichkeit und Akzessorietät
Preußen hatte in seinem Allgemeinen Landrecht (ALR) aus dem Jahre 1794 auch die Pfandrechte geregelt. Diese Pfandrechte entsprachen in den allgemeinen Vorschriften weitgehend dem gemeinen Recht. Das Pfandrecht ist nach gesetzlicher Definition "das dingliche Recht, welches Jemandem auf eine fremde Sache zur Sicherheit seiner Forderung eingeräumt worden, und vermöge dessen er seine Befriedigung, selbst aus der Sache verlangen kann" . (ALR I 20, § 1; vgl. die Überschrift de~ Titels: "Von dem Rechte auf die Substanz einer fremden Sache".) In einem wesentlichen Punkte unterschied sich die Regelung der preußischen Pfandrechte vom gemeinen Recht. Ein Mangel des gemeinrechtlichen Pfandrechts war gewesen, daß für Außenstehende die Belastung der Sache nicht erkennbar war. Nach römischem Recht konnte die Sache trotz ihrer Verpfändung in der Hand des Eigentümers bleiben. Ein Dritter, der die Sache oder ein Recht an der Sache erwerben wollte, mußte sich erkundigen und letztlich den Angaben des Eigentümers vertrauen. Das preußische Recht schützte den Dritten besser. Es forderte, daß die Belastung der Sache durch einen besonderen Akt kundbar gemacht wurde. Es ließ nicht, wie das römische Recht, die bloße Einigung genügen, um das Pfandrecht entstehen zu lassen. Hinzutreten mußte die "gesetzmäßige Erwerbungsart"l. Die "gesetzmäßige Erwerbungsart" war in der Regel die Übergabe der Pfandsache; mit der Übergabe der Sache entstand ein Pfandrecht im engeren Sinne (§ 7). Sowohl bewegliche Sachen als auch Grundstücke konnten übergeben werden. Die tatsächliche Übergabe war nicht die einzige Erwerbsart. Sie konnte durch eine symbolische Übergabe ersetzt werden, wenn der Gegenstand eine körperliche Übergabe nicht zuließ (§ 271). Auch dann mußte Dritten die Belastung aber ersichtlich sein, sonst konnte sich der Gläubiger redlichen Erwerbern gegenüber nicht auf sein Pfandrecht berufen (§§ 272ff.). Zur Verpfändung einer Forderung war es notwendig, daß dem Schuldner die Pfandbestellung angezeigt wurde (§ 288) oder daß, 1
ALR I 20, § 6.
1. Die Pfandrechte des ALR
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wenn über die Forderung eine Urkunde ausgestellt war, diese Urkunde dem Erwerber übergeben wurde (§ 281). Die Belastung von Grundstücken konnte auch auf andere Weise als durch tatsächliche oder symbolische Übergabe kundbar gemacht werden. Bei Grundstücken konnte der Besitz durch "Eintragung auf das Grundstück" eingeräumt werden. Durch die Eintragung entstand ein Pfandrecht im weiteren Sinne, eine Hypothek (§ 8). Für diese Art, die Pfandbelastung von Grundstücken sichtbar zu machen, konnte das ALR auf das in Preußen hochentwickelte Grundbuchwesen zurückgreifen. Einige Zeit vor dem ALR war in Preußen das formelle Hypothekenrecht in der Allgemeinen Hypothekenordnung von 1783 neu geregelt worden. Die Pfandrechte des ALR im engeren und im weiteren Sinne, d. h. sowohl Fahrnis- und Forderungspfandrecht als auch Hypothek, waren dingliche Rechte und von der gesicherten Forderung abhängig. Ein Pfandrecht entstand nur zur Sicherung einer gültigen Forderung (§§ 12, 415). Die Pfandrechte erloschen von selbst mit der gesicherten Forderung (§§ 55, 520). Trat der Gläubiger die Forderung ab, ging das Pfandrecht von selbst mit auf den Erwerber der Forderung über. Diese Wirkung war nicht im Pfandrecht geregelt, sie ergab sich aber aus den allgemeinen Grundsätzen über die Wirkung der Abtretung von Rechten (ALR I 20, §§ 511ff.; I 11, §§ 402ff.). Eine ausdrückliche Übertragung war nicht erforderlich. Die Pfandrechte im engeren Sinne waren darüber hinaus, wie die römischen, auch notwendig von einer Forderung abhängig. Oben ist die Akzessorietät des Pfandrechts als notwendige Folge seines dinglichen Charakters dargestellt worden. Als dingliches Recht kann das Pfandrecht nicht selbst dem Gläubiger einen bestimmten Wert vermitteln. Es ist auf die Wert angabe aus der Forderung angewiesen (s. o. III 1 e). Für die preußischen Pfandrechte war der Streit, wie er im römischen Recht an eine unterschiedliche Auslegung der Quellen anknüpfte, ausgeschlossen. Die gesetzliche Definition nannte das Pfandrecht ausdrücklich dinglich. Die Überschrift des Pfandrechtstitels im Gesetz sprach von einem Substanzrecht. Auch das ALR behandelte das Pfandrecht grundsätzlich als Recht an der Pfandsache, das keinen Wertumfang, sondern einen Umfang nur in der Substanz der Sache hat. An drei Stellen allerdings enthält es Regelungen, in denen dieser Grundsatz nicht ganz folgerichtig durchgeführt zu sein scheint. 2. Abweichungen vom gemeinen Recht
a) Teilablösung des Pfandes Schon beim Pfandrecht im engeren Sinne, beim Besitzpfand, findet sich im ALR eine Regelung, die man so ausdeuten könnte, daß auch das Pfand-
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
recht unter dem Gesichtspunkt eines Wertes gesehen wird. Unter bestimmten Voraussetzungen konnte der Schuldner verpfändete Sachen herausverlangen, wenn er die gesicherte Forderung nur teilweise abgelöst hatte. Das scheint nur möglich zu sein, wenn man den gemeinrechtlichen Satz von der indivisa causa pignoris aufgibt. Dieser Satz war gerade Ausdruck der Dinglichkeit des Pfandrechts (s. o. S. 105f.). Grundsätzlich brauchte der Gläubiger auch nach preußischem Recht ein Pfand erst nach völliger Erfüllung der Hauptverbindlichkeit herauszugeben (ALR I 20, § 163). Nach dem ALR war der Gläubiger schon allgemein nicht verpflichtet, Abschlagszahlungen auf eine geschuldete Leistung anzunehmen (ALR I 16, § 57). Selbst wenn er Teilzahlungen annahm, brauchte er nicht einen Teil des Pfandes herauszugeben (ALR I 20, § 177). Eine Ausnahme schuf das Allgemeine Landrecht für die Fälle, in denen der Gläubiger regelwidrig doch verpflichtet war, Abschlagszahlungen anzunehmen. Ein solcher Fall lag z. B. vor, wenn der Gläubiger von mehreren Schuldnern je nur einen Teilbetrag verlangen konnte (ALR I 16, § 59). Der Gläubiger konnte dann "angehalten werden, einen Theil der verpfändeten Sache herauszugeben" (ALR I 20, § 174). In dieser Regelung scheint der Wert der verbleibenden Forderung einem Wert des Pfandes gegenübergestellt zu werden, das Pfandrecht erscheint als ein Recht mit eigenem Wert. Die weiteren Voraussetzungen der Herausgabepflicht zeigen aber deutlich, daß es sich um eine begrenzte Ausnahme handelte und daß das Pfandrecht letztlich doch Substanzrecht war. Der Gläubiger war nur dann verpflichtet, die Sicherung teilweise herauszugeben, wenn das Pfand aus mehreren Stücken bestand und diese Stücke nicht zusammen ein Ganzes ausmachten, sondern jedes einzeln in seinem Wert bestimmt war (ALR I 20, § 175). Außerdem war Voraussetzung, daß "der Rest des Pfandes, nach der Taxe, den doppelten Betrag des Restes der Schuld, mit Beirechnung zweijähriger Zinsen erreicht oder übersteigt" (ALR I 20, § 176). Diese letzte Vorschrift zeigt wieder den dinglichen Charakter des Pfandrechts. Das Pfandrecht hatte nicht selbst einen Wert; nur die einzelnen Gegenstände konnten einen Wert haben. Der Wert der Gegenstände war nicht durch das Pfandrecht vorgegeben, sondern er war durch Bewertung festzustellen. Es wurde nicht der Wert geteilt, sondern die Substanz des Pfandes. Schließlich fiel der abgelöste Teil nicht automatisch - akzessorisch - zurück, der Gläubiger war nur obligatorisch zur Herausgabe verpflichtet. Das preußische Allgemeine Landrecht enthielt im Hypothekenrecht aber eine Regelung, die mit der Behandlung des Pfandrechts als eines reinen Substanzrechts im gemeinen Recht nicht zu vereinbaren war: Wenn der Schuldner die gesicherte Forderung nur zu einem Teil abgelöst hatte, erlosch zu diesem Teil auch das dingliche Recht (ALR I 20, § 520). In dieser Vorschrift war die Hypothek kein reines Substanzrecht mehr. Das dingliche Recht
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erlosch teilweise, ohne daß eine Substanz geteilt wurde. Wenn sie zu einem Teilbetrag erlöschen konnte, mußte die Hypothek selbst einen Wert haben. Die Hypothek erlosch insoweit ohne Übertragungsakt. Es war auch nicht erforderlich, daß der Schuldner die Hypothek in Höhe des abgelösten Teils im Grundbuch löschen ließ2. Hier, bei der Hypothek des Allgemeinen Landrechts trat ein dingliches Recht mit einem selbständigen Wertumfang auf. Dieser Wert war abhängig vom Wert der gesicherten Forderung. Die Hypothek hatte kraft objektiven Rechts den Wert der gesicherten Forderung. In dieser Gestaltung ist die Hypothek in einer dem gemeinen Recht fremden Weise von der gesicherten Forderung abhängig. Die Hypothek ist der gesicherten Forderung im Umfang akzessorisch. Diese Akzessorietät war dem gemeinen Recht fremd. Die Hypothek des ALR ist als Wertrecht auch alleinstehend sinnvoll. Sie braucht die Wertangabe nicht notwendig, die Berechtigung des Gläubigers ist schon mit dem dinglichen Recht auf einen bestimmten Wert begrenzt. Gerade weil die Hypothek aber selbständig einen Wert hat, wird eine besondere Form der Abhängigkeit von der Forderung nötig. Als streng dingliches Recht konnte sie dem Gläubiger nur die Substanz des Pfandes zuwenden und gab ihm dadurch mehr, als ihm zu seiner Sicherung zukam. Wenn die Hypothek jetzt einen selbständigen Wert hat, einen eigenen Umfang, besteht wieder die Gefahr, daß der Gläubiger mehr erhält, als ihm zusteht, wenn er den Wert der Hypothek geltend macht. Nachdem das streng dinglich verstandene Pfandrecht einen Wert nicht haben konnte, darf die Hypothek jetzt keinen eigenen Wert haben. Die streng dingliche Hypothek erhielt einen Wertaspekt erst durch die akzessorische Bindung an die Forderung. Die Hypothek als Wertrecht braucht die Umfangsakzessorietät, um den Wert auf den Betrag zu begrenzen, den der Gläubiger zu seiner Sicherung beanspruchen kann. Die Gestaltung der Hypothek im Allgemeinen Landrecht hat Folgen für das Verständnis der subjektiven Rechte. Wenn man ein hypothekarisches Wertrecht zuläßt, stehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Man muß für das preußische Recht die strenge Trennung von Substanz- und Wertrechten aufgeben, auf der im gemeinen Recht der Unterschied von dinglichen und obligatorischen Rechten beruht (s. o. 2. Kap. III 1 d). Oder man bleibt bei der Trennung von Substanz- und Wertrechten; dann wird die Hypothek im System der subjektiven Rechte zu einem Zwitter, der sich einer klaren Einordnung entzieht. Dieses Kategorienproblem, das schon im Allgemeinen Landrecht angelegt war, ist nach der Neuregelung der Grundpfandrechte im Eigentumserwerbsgesetz deutlicher hervorgetreten (s. u. III 4).
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Vgl. OTrib. 15,239; 18,264.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
b) Der redliche Erwerb der isolierten Hypothek Die Möglichkeit, eine Hypothek zu einem Teilbetrag abzulösen, setzt die Hypothek als Wertrecht voraus. Das dingliche Wertrecht hatte zunächst einen Eingriff in das System der subjektiven Rechte bedeutet. Die Abhängigkeit des Pfandrechts von der gesicherten Forderung wurde durch die Teilablösung noch nicht in Frage gestellt. Sie kann sogar stärker als im gemeinen Recht erscheinen, weil die Abhängigkeit des Pfandrechts im Umfang hinzugekommen ist. Die Behandlung der Hypothek als Wertrecht trägt aber auch schon die Möglichkeit in sich, die Akzessorietät zu durchbrechen. Ein Pfandrecht, das einen selbständigen Wert hat, ist für seinen Bestand nicht mehr notwendig auf eine Forderung angewiesen. Es kann sinnvoll auch allein bestehen und ist dann kein akzessorisches Recht mehr. Tatsächlich deutet sich auch diese Folge im Allgemeinen Landrecht an. Dem Grundsatz nach hängt im Allgemeinen Landrecht das Recht aus der Hypothek von der Gültigkeit der gesicherten Forderung ab (ALR I 20, § 415). Dies gilt auch für Einwendungen, die der Schuldner gegen die Forderung hat. Der Schuldner verliert seine Einwendungen nicht dadurch, daß die Forderung im Hypothekenbuch eingetragen ist (ALR I 20, § 422). "Insofern jedoch ein Dritter auf eine solche Forderung, nach deren Eintragung, ein Recht durch einen lästigen Vertrag erworben hat, kann der Schuldner gegen diesen Dritten von solchen Einwendungen, die er demselben vorher nicht kund gethan hat, keinen Gebrauch machen." (ALR I 20, § 423). Ein redlicher Dritter konnte also nach dieser Vorschrift eine Hypothek erwerben, obwohl die gesicherte Forderung nicht bestand. Der Wortlaut des Gesetzes gibt nicht eindeutig an, was der Dritte in diesem Falle erwirbt. Wenn Einwendungen gegen die Forderung ausgeschlossen werden, könnte man dem entnehmen, daß der Dritte die Forderung erwirbt. Sinnvoll ist aber auch, daß der Dritte nur die Hypothek erwirbt, daß aber der Schuldner die in der Forderung begründeten Einwendungen nicht gegen die Hypothek geltend machen kann. In der zitierten Vorschrift des Allgemeinen Landrechts war schon dasselbe Problem angelegt, das sich heute bei der Auslegung des § 1138 BGB stellt. Man kann sich dafür entscheiden, systemwidrig mit Rücksicht auf die Hypothek den gutgläubigen Erwerb der Forderung zuzulassen oder dem Erwerber nur das Hypothekenrecht zu geben, das er dann entgegen seinem akzessorischen Charakter isoliert erhält. Das Preußische Obertribunal entschied im Jahre 1855 durch Plenarbeschluß, daß der Erwerber in diesem Falle die Forderung nicht erhä1t3. Die Akzessorietät der Hypothek war hier durchbrochen. Unbedingt setzte die Hypothek eine Forderung nur noch bei
3
OTrib. 30, 21.
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der Begründung voraus. In der Hand Dritter konnte sie auch ohne Forderung fortbestehen. Als Sicherungsrecht, das einen eigenen Wert hat, war sie dazu imstande. c) Die Eigentümerhypothek Der dritte Punkt, in dem die Akzessorietät der preußischen Hypothek durchbrochen zu sein schien, war das neue Institut der Eigentümerhypothek. Die Eigentümerhypothek war im Allgemeinen Landrecht noch nicht geregelt. Sie entsprach einem Bedürfnis, das weder im gemeinen Recht noch im Allgemeinen Landrecht berücksichtigt worden war. Das ALR enthielt keine Vorschriften über die Rangstelle von Hypotheken bei mehrfacher Belastung eines Grundstücks. Nach gemeinem Recht rückten nachstehende Belastungen auf, wenn eine vor ihnen stehende getilgt wurde. Dem folgte im Grundsatz auch das preußische Recht. Der Eigentümer schien aber ein berechtigtes Interesse daran zu haben, daß der wirtschaftliche Wert einer Hypothek, für deren Ablösung er Mittel aufgewandt hatte, nicht den übrigen Gläubigem, sondern ihm zugute kam. Auf Vorschlag der "Gesetzcommission" war im Jahre 1802 ein § 52 in den Anhang zum Allgemeinen Landrecht aufgenommen worden: Hypothekenrechte sollten durch Vereinigung mit dem Eigentum in einer Person nicht aufgehoben sein, wenn sie nicht gelöscht wurden 4 • Die Hypothek erlosch danach also nicht mehr, wenn der Gläubiger das Eigentum am belasteten Grundstück erwarb oder wenn z. B. der Eigentümer den Hypothekengläubiger beerbte. Bald traten Zweifel auf, ob der Grundsatz, daß die Hypothek dem Eigentümer erhalten bleibt, auch in dem Fall gelten sollte, daß der Eigentümer die persönliche Forderung getilgt hatte. Die Frage klärte der Gesetzgeber in einer Erläuterung des Anhangs § 52 aus dem Jahre 1824 (vgl. ALR Einleitung § 15). Es wurde klargestellt, "daß der Eigenthümer eines Grundstücks, welcher eine auf dasselbe hypothekarisch versicherte Forderung auszahlt, und die Forderung in dem Hypothekenbuche nicht hat löschen lassen, alle Rechte eines Cessionars aus dieser Hypothek genießen soll, ohne Unterschied, ob ihm bei der Auszahlung eine förmliche Ces si on oder nur eine Quittung ertheilt worden ist, indem für diesen Fall die bloße Quittung so ausgelegt werden soll, als ob darin eine ausdrückliche Cession enthalten wäre"5. Die Eigentümerhypothek bestätigt schon im Grundgedanken, daß das Hypothekenrecht in Preußen nicht mehr nur als dingliche Macht, sondern auch als Wert gesehen wurde. Es war der in der Hypothek abgelöste Wert, 4
5
Rehbein / Reincke, ALR 116, nach § 484. Rehbein / Reincke, a. a. O.
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der dem Eigentümer erhalten bleiben sollte. Die dingliche Macht allein konnte dem Eigentümer, der ja schon das Vollrecht hat, keinen weiteren Nutzen bringen. In der Eigentümerhypothek steht noch deutlicher als in den Regelungen der Hypothek im ALR ein Recht da, das die dingliche Berechtigung mit einem Wertelement und d. h. einem obligatorischen Element verbindet. Diese Vermischung liegt wohl auch allen Schwierigkeiten zugrunde, eine befriedigende rechtliche Konstruktion für die Eigentümerhypothek zu finden 6 . Die Eigentümerhypothek berührt die Akzessorietät unmittelbar. Die Hypothek geht nicht mit der gesicherten Forderung unter; aus dem Wortlaut der Erläuterung zu Anhang § 52 kann man zunächst nur schließen, daß die Hypothek ohne Forderung weiterbesteht. Offenbar erwirbt der Eigentümer die Hypothek auch nicht ohne weiteres, die Hypothek geht nicht dadurch auf den Eigentümer über, daß er auf die Forderung zahlt. Die Deklaration geht davon aus, daß dem Eigentümer die Hypothek abgetreten wird. Die Anforderungen an dieses Geschäft sind nur sehr gering; schon die Quittung wird als Abtretung ausgelegt. Von Rechts wegen hätte es danach überhaupt keine Wirkungen für die Hypothek, wenn der Eigentümer die Forderung bezahlt. Die Hypothek wäre ein aus allen akzessorischen Bindungen gelöstes Recht. Die Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals hat die Deklaration in beiden Punkten anders ausgelegt. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1844 7 lehnte das Obertribunal es ab, die Hypothek ohne Forderung fortbestehen zu lassen: ,,(Das Pfandrecht) muß mit dem persönlichen Rechte, als nur zu dessen Verstärkung bestellt erlöschen, denn sonst würde das accessorische Recht, als ohne Hauptrecht bestehend gedacht, selbst ein Hauptrecht sein. .. Hiernach muß die persönliche Forderung... als fortbestehend gedacht werden." Für diesen Satz nahm das Obertribunal in der zitierten Entscheidung eine befremdliche Folge in Kauf; es ließ den Eigentümer die Ford~rung, die gegen ihn bestanden hatte, erwerben. Der Eigentümer wurde sein eigener Gläubiger und blieb Schuldner, obwohl er sich durch seine Zahlung von der Forderung befreien wollte 8 • Das Obertribunal erklärte, daß die Forderung ruhe, solange der Eigentümer selbst sie innehabe, sie werde aber wieder voll wirksam, wenn er die Forderung abtrete 9 . Das Obertribunal stellte in einer späteren Entscheidung fest, daß auch die rechtsgeschäftliche Übertragung nicht notwendig sei, um eine Eigentümer6 "Die ... Kontroverse von der Hypothek des Eigentümers ist ... die umfangreichste und bedeutendste im Gebiete des preußischen Privatrechts", Förster / Eccius, S. 110 m.w.Nachw. 7 OTrib. 11,303,305,311. 8 So Dernburg, PrHR II, S. 51. 9 OTrib. 11,303,311.
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hypothek entstehen zu lassen 10 . Der Eigentümer erwarb danach die Hypothek durch eine objektivrechtliche Wirkung. Die Hypothek ging mit der Zahlung von selbst auf ihn über. Er wurde materiell sofort berechtigt. Die Quittung oder die förmliche Abtretung brauchte er nur, um sich als Berechtigter legitimieren zu können. In diesen Entscheidungen des Obertribunals kann man die Tendenz erkennen, das preußische Hypothekenrecht der gemeinrechtlichen Lehre wieder anzunähern. Für den Erwerb einer alleinstehenden Hypothek hätte man sich auf die gutgläubig ohne Forderung erworbene Hypothek berufen können. Wenn das Obertribunal die akzessorische Abhängigkeit der Hypothek betonte und dafür die zweifelhafte Konstruktion einer ruhenden Forderung des Schuldners oder Gläubigers gegen sich selbst in Kauf nahm, scheint mehr als dogmatische Enge dahinterzustecken. Vielleicht ging es dem Obertribunal weniger darum, das Akzessorietätsdogma zu retten l l , sondern um die Erhaltung der dinglichen Hypothek.
In einer Beziehung behandelte das Obertribunal aber die Hypothek auch wieder ohne Bedenken als Wertrecht. So wie nach ALR I 20, § 520 die Hypothek bei teilweiser Tilgung der gesicherten Forderung in entsprechenden Beträgen erlosch, so ließ das Obertribunal auch den Eigentümer die Hypothek in der Höhe der abgelösten Beträge erwerben 12 • Die Folgerung, daß die Hypothek hierdurch ihren rein dinglichen Charakter verliert, ist wohl nicht bewußt geworden. 11. Die Reformzeit in Preußen 1. Die Grundpfandrechte des Eigentumserwerbsgesetzes
in den Entwürfen
In Preußen wurden im Eigentumserwerbsgesetz von 1872 die Grundpfandrechte neu geregelt. Diese Neuregelung war ein Wendepunkt in der Entwicklung der Pfandrechte. Das gemeine Recht hatte nur ein einheitliches Pfandrecht gekannt, neben pignus bezeichnete der Begriff hypotheca nur speziell das besitzlose Pfandrecht. Im Allgemeinen Landrecht hatte "Hypothek" als im Grundbuch eingetragenes Grundpfandrecht einen engeren Sinn bekommen. Die Hypothek war Gegenstand umfangreicher Sonderregelungen, im Gesetz erschien sie aber noch als Ausprägung eines allgemeineren Pfandrechtsbegriffs. Im Eigentumserwerbsgesetz wurde das Pfandrecht auseinandergerissen. Für das Fahrnis- und Forderungspfandrecht
10 11 12
Entscheidung des Obertribunals vom 9. Oktober 1865, Striethorst 61, 86, 87f. So Buchholz, Abstraktionsprinzip, S. 158. OTrib. 6, 127 (1840); OTrib. Striethorst 45, 70 (1862); 64, 83 (1866).
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
blieb weiter das Allgemeine Landrecht maßgebend, die Grundstücksbelastungen erhielten im Eigentumserwerbsgesetz eine neue Grundlage. An den überlieferten Pfandrechten gemessen waren die Regelungen des Eigentumserwerbsgesetzes eine Revolution. Es schuf zwei verschiedene Formen der Grundbelastung. Neben die Hypothek trat als zweite Rechtsform die Grundschuld (für die es in Mecklenburg ein Vorbild gab). Mit der Grundschuld wurde ein dingliches Recht geschaffen, das wie die Hypothek dem Berechtigten die sichere Aussicht auf einen bestimmten Geldbetrag geben sollte. Die Grundschuld war aber nicht mehr Sicherungsrecht wie die bisherigen Pfandrechte; die Grundschuld konnte nicht mehr nur zur Sicherung einer Forderung bestellt werden. Sie gab, obwohl sie dinglich ausgestaltet war, ein selbständiges Recht auf eine bestimmte Summe. Sie war ein - der gemeinrechtlichen Dogmatik unmögliches - dingliches Wertrecht.
Die Hypothek blieb im Eigentumserwerbsgesetz wie im gemeinen und im bisherigen preußischen Recht Sicherungsmittel. Sie konnte nur zur Sicherung einer Forderung bestellt werden und blieb dieser Forderung auch verbunden. Es ist aber zweifelhaft, ob für diese Hypothek die Verbindung mit einer Forderung nötig war und ob die Verbindung durch eine Akzessorietätswirkung hergestellt wurde. Dagegen spräche schon, daß Grundschuld und Hypothek zusammen geregelt wurden, nur die einzelnen Bestimmungen trugen dem Umstand Rechnung, daß die Hypothek eine Forderung begleitete. Die Hypothek scheint danach keinen von der Grundschuld ganz verschiedenen Charakter gehabt zu haben. Das würde bedeuten, daß auch sie als dingliches Wertrecht behandelt wurde. Die Meinungen zur Akzessorietät dieser Hypothek waren geteilt. Überwiegend nannte man auch diese Hypothek akzessorisch 1. Dem überlieferten Verständnis werden die Grundbelastungen des Eigentumserwerbsgesetzes noch fremder, wenn man sie vor dem Hintergrund der Diskussion im Gesetzgebungsverfahren sieht. Der erste "Entwurf eines Gesetzes über das Hypothekenwesen und einer Hypotheken-Ordnung für Preußen" aus dem Jahre 1864 stammte aus dem preußischen Justizministerium 2 • Er sah in § 23 nur ein Grundpfandrecht vor, die Grundschuld: "Die Eintragung einer Forderung begründet eine selbständige Real-Obligation 3 ." Im Begriff Realobligation ist schon die Vermischung des dinglichen und obligatorischen Rechts sichtbar. Diese nicht-akzessorische "Hypothek" sollte den Basistyp darstellen. Den Parteien sollte aber freistehen, eine Bindung an eine persönliche Forderung zu vereinbaren. Wenn das Grundpfand-
1 Rehbein / Reincke, S. 426 Fn. 191 a; Förster / Eccius, S. 556; vgl. die Motive zum BGB, Mugdan, S. 337 ; zweifelnd, Demburg PrHR 11, S . 6l. 2 Vgl. Bahlmann, S. 4. 3 Vgl. Wemer II, S. 22 .
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recht auch nicht akzessorisch war, sollten bestimmte Wirkungen der Akzessorietät doch rechtsgeschäftlieh herbeigeführt werden können4 . In einem zweiten Entwurf des Justizministeriums aus dem Jahre 1868 wird der V~rsuch erkennbar, doch wieder an die in Preußen überlieferte Form der Hypothek anzuschließen. Die Hypothek sollte wieder ein dingliches, akzessorisches Recht sein; fest hielt man aber an der Absicht, auch ein selbständiges Grundpfandrecht zu schaffen 5 . Auch dieser Entwurf wurde allerdings nicht Gesetz. In der nächsten Session des Landtages (1869/70) kam er in einer revidierten Fassung wieder auf die Tagesordnung 6 • Unbekümmert klingt die Argumentation, mit der die Motive dieses Entwurfs die Möglichkeit einer selbständigen dinglichen Hypothek begründeten, zunächst für den Fall, daß eine Forderung wenigstens einmal bestanden hatte: Wenn der "Besitzer" eines Grundstücks eine Hypothek bewillige, so liege darin ein Verzicht auf alle Einreden, welche aus der "rechtsungültigen" Entstehung des persönlichen Schuldverhältnisses gegen die Hypothek gerichtet werden könnten. Die Bestellung der Hypothek sei der freie Willensakt des Grundbesitzers. Habe er ihn vorgenommen, so habe er sich auch allen Folgen zu unterwerfen, welche das Gesetz daran knüpfe. Wenn das Gesetz an die Bewilligung der Hypothek die Folge knüpfe, daß in ihr ein Verzicht auf alle Einreden aus dem obligatorischen Verhältnis liege, würden keine allgemeinen Rechtsgrundsätze verletzt? In dieser Argumentation wird ein Einredenverzicht unterstellt. Der kann helfen, wenn eine ursprünglich wirksame Forderung weggefallen ist oder Einreden gegen sie entstanden sind. Ist eine gültige Forderung nie entstanden, kann der Verzicht auf die Einreden sie nicht erzeugen. Für diesen Fall wurde eine andere Argumentation gegeben, mit der die Hypothek wenigstens formal als akzessorisches Recht gerettet werden kann: Die Auffassung, daß eine für eine ungültige Schuld bestellte Hypothek an sich ungültig sei, entspreche dem Streben der neuen Rechtsentwicklung nicht mehr. Indem sie in Wirklichkeit ein sicherndes Recht sei, müsse sie selbst eine ungültige Schuld nach sich ziehen, also ihre Begründung, mithin ihre Gültigkeit in sich selbst tragen, die Sicherung der Schuld sei nur ihr Zweck8 . Als Vorstellungsmodell verwies diese Argumentation auf den Wechsel 9 . Für den Wechsel ist die Erklärung brauchbar, weil in der Wechselerklärung ein Schuldversprechen liegt, das selbständig den Betrag der Verpflichtung Vgl. Dernburg 11, S. 53. Dernburg 11, S. 53; Text und Motive des Entwurfs herausgegeben vom Justizministerium, Berlin 1869. 6 Text und Motive dieses Entwurfs in Jh.Jb. 11 (1871), S. 11ff., 30ff. 7 Jh.Jb. 11 S. 35f., 100. B Jh.Jb. 11 S. 35. 9 Jh.Jb. 11 S. 105ff. 4
5
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
angibt. Ein solches Versprechen müßte auch der Hypothekenbestellung unterlegt werden. Das würde aber wieder bedeuten, daß die Hypothek selbst die Verpflichtung zur Leistung eines bestimmten Geldbetrages enthalten kann. Damit wäre sie kein dingliches Recht, sondern ein obligatorisches. Dies traf sich mit der von Bähr vertretenen Ansicht, daß die Grundpfandrechte Realobligationen seien. Der Vergleich der Grundpfandrechte mit Wertpapieren drang stärker in die Diskussion ein. Ein Vorschlag von Otto Bähr, der auf die Wertpapiere Bezug nahm, bestimmte schließlich das Bild des Eigentumserwerbsgesetzes, in dem Hypothek und Grundschuld nebeneinanderstehen. Bähr hatte die selbständige Grundschuld gutgeheißen, sah es aber als zu eng an, den Rechtsverkehr allein auf dieses Grundpfandrecht zu verweisen. Er verglich die selbständige Grundschuld mit einer Wechselverbindlichkeit. Für die Grundschuld wurde ein Brief ausgestellt, mit Hilfe des Briefes war sie übertragbar. Mit dem Brief erhielt der Erwerber die Grundschuld befreit von Einreden aus der gesicherten Forderung. Daneben sollte dem Verkehr aber auch ein Grundpfandrecht ohne "wechselmäßige" Haftung zur Verfügung stehen. Dies sollte die Hypothek sein. Der Käufer, der für den Kaufpreis eine Hypothek bestellte, sollte erklären können: "Ich will auch mittels der Hypothek mich nicht weiter verpflichten, als eben meine Verbindlichkeit aus dem Kaufe reicht." Bähr fragte: "Was rechtfertigt es, diesem Willen die Form seiner Bethätigung zu versagen 10 ?" Bährs Argumentation legte es nahe, es bei einer Art der Grundstücksbelastung bewenden zu lassen. Die Parteien hätten dieses Instrument entsprechend ihren Bedürfnissen rechtsgeschäftlieh gestalten können. Das Nebeneinander zweier dinglicher Grundstücksbelastungen, der Hypothek und der Grundschuld, prägte aber schließlich auch den von der preußischen Regierung in der Session 1871/72 eingebrachten Entwurf, der dann nach Beratung und Änderungen im Herrenhaus und im Haus der Abgeordneten Gesetz wurde l1 . 2. Der Wandel des Rechtsbewußtseins
Die Diskussion um die neu zu regelnden Grundpfandrechte wurde in einem Stil geführt, der deutlich neue Züge trägt. Sie zeigte nichts von der Behutsamkeit einer wissenschaftlichen Argumentation, die sich in den römischrechtlichen Quellen begründen mußte. Das Eigentumserwerbsgesetz wollte etwas Neues schaffen und sah sich hierzu befugt. Das EigentumsJh.Jb. 11 S. 105ff., 107. Text und Materialien des Entwurfes bei Werner, Die Preußischen Grundbuchund Hypothekengesetze; zu Bährs Ablehnung der Trennung von Hypothek und Grundschuld s. dort, II S. 132. 10 11
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erwerbsgesetz war schließlich eine partikularrechtlich preußische Regelung und damit dem gemeinen Recht nicht verpflichtet. Trotzdem kann man es als Anzeichen für eine viel allgemeinere Entwicklung nehmen. Die Entstehung des Eigentumserwerbsgesetzes fällt zusammen mit einer grundlegenden Verlagerung des rechtswissenschaftlichen Interesses. Nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts war die Rechtswissenschaft in Deutschland in Bewegung geraten. Am deutlichsten zeigt sich uns die Entwicklung in der Person Rudolf von Jherings, der eine Wandlung rechtswissenschaftlicher Grundeinstellungen verkörpert1 2 • Jhering war aber keineswegs der einzige, der diese Wandlung in seiner Person durchmachte. Die Entwicklung Dernburgs und der Darstellung des römischen Pfandrechts zu seinem Preußischen Hypothekenrecht dürfte kaum weniger dramatisch verlaufen sein (vgl. das Zitat u. S. 148). Der Ausgangspunkt der Entwicklung ist klar zu erkennen. Im rechtswissenschaftlichen Positivismus war die Rechtswissenschaft vereinigt gewesen. Die systematische Aufbereitung des römischen Rechts war die allgemein verbindliche Aufgabenstellung gewesen. Mit der Kritik an der systematischen Tätigkeit löste sich auch die Einheit auf. Es öffnete sich ein ganzer Fächer verschiedener wissenschaftlicher Programme. Entscheidend war, daß in diesem Wandel die allgemeine Rechtsfortbildung auch den Träger wechselte. Im rechtswissenschaftlichen Positivismus hatte die Wissenschaft die Rechtsentwicklung getragen. Nun zeichnete sich "ein im öffentlichen Bewußtsein wenig bemerkter Sieg der Justiz über die Rechtswissenschaft, der politischen Nation über die Kulturnation"13 ab. Es liegt nahe, die Bedingungen dieser Entwicklung im allgemeinen Umbruch der Industrialisierung zu suchen. Die neuen Lebensbedingungen schienen auch ein neues Recht zu verlangen, neuen Bedürfnissen sollten neue Rechtsinstitute dienen. Vor diesem Hintergrund muß die Neuregelung der Grundpfandrechte im preußischen Eigentumserwerbsgesetz von 1872 gesehen werden. Auf den ersten Blick mag es erstaunen, daß gerade die Pfandrechte in einer Zeit industrieller Entwicklung eine besondere Rolle erhalten. Sie erhielten diese Rolle auch nicht als Instrument, sondern als ein Reflex dieses Fortschritts. Der Bedarf nach einer Neugestaltung der dinglichen Sicherungsrechte war bei den Grundbesitzern aufgetreten, die an der Entwicklung nicht unmittelbar teilhatten. Sie waren aber insoweit betroffen, als der Kapitalbedarf von Industrie und Handel sie auf den Geldmärkten in Bedrängnis brachte. Der Grundbesitz hatte sich, um Geld für seine Investitionen zu finden, gegen eine immer stärker werdende Konkurrenz durchzusetzen (dazu unten a). 12 13
Wieacker spricht von einem "Damaskus", PRG, S. 45l. Wieacker PRG, S. 459.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
Bei der Gestaltung der Grundpfandrechte im Eigentumserwerbsgesetz wird ein neuer "Rechtsstil" sichtbar. Dieser Rechtsstil ist dadurch geprägt, daß objektivrechtliche Wirkungen im Recht weitgehend zurücktreten; an ihrer Stelle gewinnt die Möglichkeit rechtsgeschäftlicher Gestaltung Raum. Es bricht hier eine Entwicklung durch, die vorher schon in der Rechtswissenschaft wirksam war. Unter dem Einfluß von Kants Rechtslehre erhielt der Parteiwille im Recht zunehmend Gewicht. Neben die Regelung der objektiven Rechtsordnung trat konkurrierend der Parteiwille, der beansprucht, selbst zu regeln. Ein Ausdruck dieser parteiautonomen Gestaltungsmacht war schon Savignys Lehre vom abstrakten Übereignungsvertrag14 . Wieweit diese Entwicklung zur Zeit der Diskussion um das Eigentumserwerbsgesetz fortgeschritten ist, zeigte die Argumentation, mit der Bähr es den Parteien überlassen wollte, das Hypothekenrecht auf die Berechtigung aus der gesicherten Forderung zu beschränken (s. o. S. 142). In dieser Argumentation sind mit dem Rechtsinstitut der Umfang des erworbenen Rechts und die Befugnisse, die es verleiht, nicht mehr vorgegeben. Die Allmacht des Parteiwillens geht so weit, daß sie das Rechtsinstitut selbst gestalten können. Im Zurücktreten der objektiven Rechtsordnung und in der Hinwendung zur privatautonomen rechtsgeschäftlichen Gestaltung erscheint der liberalistische Geist der neuen Zeit. Das Recht erhält die Flexibilität, die nötig scheint, um es den geänderten Verhältnissen anzupassen. Im Auseinandertreten von objektiver Rechtsordnung und parteiautonomer Gestaltung stellt sich jetzt aber die Frage nach dem Grund von Rechtswirkungen 15 . Die Akzessorietät ist eine objektivrechtliche Wirkung. Schon deshalb muß sie einem auf parteiautonome rechtsgeschäftliche Gestaltung gerichteten Denken fremd sein (dazu unten b). a) Die Pfandrechte als Kreditmittel Für die juristisch-dogmatische Betrachtung ist das Pfandrecht Sicherungsmittel. Wichtig ist das rechtliche Verhältnis von Pfandrecht und Forderung. Die Forderung entstammt einem wirtschaftlichen Vorgang, dieser ist für das Pfandrecht aber nicht weiter beachtlich. Die gesicherte Forderung interessiert insofern, als sie eine ausreichende Basis für das Pfandrecht darstellen muß. Für die pfandrechtliche Betrachtung ist ein Darlehen nicht als Möglichkeit, sich Geld zu verschaffen, sondern als wirksame Verbindlichkeit bedeutsam.
14 15
Kiefner, Kant, S. 20. Vgl. Kiefner, Vertrag, S. 89.
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Das Pfandrecht erhält einen anderen Schwerpunkt, wenn man darauf schaut, daß der Gläubiger, der eine pfandrechtliche Sicherung annimmt, dem Schuldner einen Kredit gewährt. Das Pfandrecht ist nicht nur Sicherungsmittel, sondern auch Kreditmittel. Beides scheint nicht weit voneinander entfernt; im Kreditmittel wird eine wirtschaftliche Funktion des Pfandrechts betont. Aus dieser Sicht dreht sich aber das gewöhnliche Nacheinander von Forderung und Pfandrecht um. Für die Sicherung geht die Forderung dem Pfandrecht zeitlich voraus. Das Kreditmittel dagegen bietet der Schuldner dem Gläubiger an. Der Schuldner muß erst ein Pfandrecht anbieten, um einen möglichen Gläubiger dazu zu bewegen, ihm ein Darlehen zu geben. Dem Schuldner oder Verpfänder steht nicht mehr "sein" Gläubiger gegenüber, sondern ein "Kapitalist", d. h. ein Geldgeber, der eine Anlage sucht. Wenn Pfandrechte Kreditmittel sind, haben sie sich nicht nur als Sicherung, sondern auch als Geldanlage zu bewähren. Sie müssen für den Geldgeber nicht nur sicher, sondern auch vorteilhaft sein. Als Geldanlage sind Pfandrechte aber nur sinnvoll, wenn der Geldgeber imstande ist, längere Zeit auf sein Kapital zu verzichten. Es ist bis zu dem Termin, an dem die gesicherte Forderung vereinbarungsgemäß fällig wird, festgelegt. Der Geldgeber kann zwar seine Forderung mit dem Pfandrecht veräußern, ohne Verlust wird ihm das aber nur möglich sein, wenn eine Nachfrage nach solchen Werten besteht. Die Verhältnisse in Preußen zeigten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ein Bild, das der Kreditgewinnung durch Pfandrechte sehr ungünstig war 16 • Es herrschte eine allgemeine Kapitalknappheit. Der Kapitalbedarf der Grundbesitzer überstieg ständig das Angebot auf dem Geldmarkt. Es war auch für die Geldgeber nicht sonderlich verlockend, was die Grundbesitzer anzubieten hatten. Zwar bot die preußische Hypothek eine größere Sicherheit als die gemeinrechtliche. Die Grundbücher in Preußen gaben dem Erwerber eine objektive Auskunft über die Güte seines Rechts. Die hypothekarisch gesicherte Forderung wurde dadurch aber nicht zu einem marktgängigen Wert. Das Recht mußte umständlich durch Umschreibung im Grundbuch übertragen werden. Ein ganz wesentlicher Nachteil für den Hypothekenverkehr war die akzessorische Abhängigkeit des dinglichen Rechts von der Forderung. Über die Güte des Forderungsrechts sagt das Grundbuch nichts. Der Erwerber mußte damit rechnen, daß er sich mit Einreden des Eigentümers gegen die gesicherte Forderung auseinanderzusetzen hatte. Als Recht auf Verwertung eines Grundstücks bot die Hypothek zwar große Sicherheit, das Forde16 Zur Kreditnot in Preußen vgl. Buchholz, Abstraktionsprinzip, S.212ff. und Buchholz, Quellen, S. 316ff.
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rungsrecht durchsetzen zu können. Die Verwertung geschah aber in einem umständlichen Verfahren, das den Vorteil der Sicherheit wieder aufwiegen mochte. Für den Großgrundbesitz wurde ein Ausweg in den Anstaltshypotheken der sog. Landschaften gefunden. Sie gingen zurück auf den Plan des Berliner Kaufmanns Bühring aus dem Jahre 1767 "auf was für Art und Weise dem Lande Überfluß an Geld und Kredit zu verschaffen und wie es auf die solideste Art anzufangen, dem in Verfall gekommenen Adel aufzuhelfen" 17. Provinzielle Pfandbriefinstitute als genossenschaftliche Organisationen des Großgrundbesitzes schufen ein Instrument, das die Vorteile von Hypothek und Wertpapier in sich vereinigte. Bei den Landschaften konnten Rittergüter bis zur Hälfte ihres Taxwertes beliehen werden. Der Gutsbesitzer ließ auf sein Gut eine Hypothek eintragen, für die ihm von der Landschaft ein Pfandbrief ausgestellt wurde. Diesen Brief konnte er selbst in Verkehr bringen oder von der Landschaft in Verkehr bringen lassen. Der Brief war auf den Inhaber gestellt. Eine umfassende Lösung für die Kreditprobleme des Grundbesitzes stellten die Anstaltshypotheken jedoch nicht dar. Die Anstaltshypotheken standen zunächst nur dem ritterschaftlichen Großgrundbesitz offen. Die Verschuldungsgrenze lag mit der Hälfte des Taxwertes unter den Verschuldungswünschen der Grundbesitzer. Die Beleihung war mit bürokratischem Aufwand verbunden, die Bedingungen waren von der Landschaft festgesetzt. Vor allem aber konnten die Pfandbriefe in den Erträgen nicht mit anderen Geldanlagen konkurrieren. Ihre Verzinsung mußte in der Landwirtschaft erwirtschaftet werden. Dagegen stand die Konkurrenz der Aktien und Industrieanleihen, die hohe Gewinne erlaubten. Während deren Wert stieg, sanken die Kurse der provinziellen Pfandbriefe. Anders als durch ein besonderes Grundpfandrecht war dem Grundbesitz wohl nicht zu helfen. Der Boden war das einzige, was er als Sicherheit für Kredite anzubieten hatte. Auch an den Bedingungen, die für die Verzinsung maßgeblich sind, ließ sich nichts ändern. Die Bodenerträge lassen sich nicht vermehren, wie gÜllstigenfalls die Unternehmensgewinne. Das Pfandrecht mußte seine Attraktivität als Geldanlage in den übrigen Bedingungen suchen. Es bot sich ein Grundpfandrecht an, das nicht erst durch die Vermittlung einer Anstalt verbrieft und umlauffähig ist, dessen Bedingungen Kreditnehmer und Kreditgeber frei aushandeln können, das vor allem nicht mehr an eine Forderung gebunden ist, aus der Gegenrechte hergeleitet werden können. Zur Verbesserung seiner Kreditlage sollte der Grundbesitzer
17 Nach Demburg PrHR I1, S. 13 ; allgemein zu den Anstaltshypotheken vgl. Dernburg PrHR I1, S. 13ff. ; Buchholz, Abstraktionsprinzip, S. 228ff.
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ein höheres Risiko eingehen dürfen, als es die überlieferten Pfandrechte darstellten. Dafür sollte ihm die Grundschuld zur Verfügung gestellt werden. b) Wertungsordnung und Gestaltungsordnung Das überkommene Recht war wenig geeignet, diesen neu entstehenden, besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden. In der Entwicklung der Gemeinrechtswissenschaft in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts lassen sich vor allem zwei Richtungen erkennen: Einerseits hatte die Rechtswissenschaft im Recht die subjektiven Rechte entdeckt. Die subjektiven Rechte führten die Wissenschaft in einen Bereich, der nicht mehr unmittelbar anschaulich ist. Vor den Klagen, dem Mittel, Recht durchzusetzen, ließen sich Positionen eines bestimmten Inhalts erschließen, deren Schutz die Mittel der Rechtsordnung dienen. Man kann diese Vorstellung in ein Modell mit zwei getrennten Ebenen fassen: Die eine ist die Ebene der Tatsachen, auf der die Menschen leben und handeln. Über ihr steht auf einer anderen Ebene das Recht. Das Recht bewertet die Vorgänge der tatsächlichen Ebene. Es ordnet subjektive Rechte zu und befiehlt Rechtsfolgen, die auf der tatsächlichen Ebene zu vollziehen sind. Die Rechtsordnung ist in diesem Modell eine reine Bewertungsordnung. Wirkungen erzeugt nur das Recht in der Bewertung. Andrerseits hatte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Vorstellung eines im Recht wirkenden Parteiwillens Raum gewonnen. Hier beeinflußte Kant die Rechtswissenschaft und vor allem Savigny 18. Deutlichster Ausdruck dieses Gedankens war zunächst die abstrakte Übereignung, die ihre Wirkung unabhängig von den zugrunde liegenden Tatsachen allein aufgrund des Willens der beteiligten Parteien hat1 9 • Konsequent weitergedacht führte der Gedanke zur Frage nach der Anerkennung abstrakter Verpflichtungen, solcher Verpflichtungen also, denen keine Tatsachen außer einem entsprechenden Willen der Parteien zugrunde liegt 20 . Die Rechtsordnung ist von dieser letzteren Vorstellung her keine reine Wertungsordnung mehr. Wenn man das eben benutzte Bild noch einmal heranzieht, kann jetzt auch von der Ebene der Tatsachen, der Lebenssphäre aus auf die Ebene des Rechts zugegriffen werden. Das Recht wird zum Instrument, es kann zur gezielten Gestaltung benutzt werden 21 • Das Mittel, das der einzelne zur rechtlichen Gestaltung in die Hand bekommt, ist das Rechtsgeschäft (für das es im römischen Recht nicht einmal einen besonderen Begriff 18 19 20 21
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s. Kiefner, Kant, passim. Kiefner, Kant, S. 20. s. Kiefner, Vertrag, S. 78ff. Vgl. Großfeld, S. 79.
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gab). Mit dem Rechtsgeschäft kann sich der einzelne seine eigene Ordnung schaffen. Nicht allein der Gesetzgeber kann das Recht benutzen, sondern jedermann, der mit dem Recht umzugehen versteht. Die Rechtsordnung wird zur Gestaltungsordnung. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts vollzog sich ein Wandel des Rechtsbewußtseins, den man mit dem Gegensatz von Wertungs- und Gestaltungsordnung zu deuten versuchen kann. Die bewertende Funktion der Rechtsordnung trat zurück; der Gedanke der Gestaltungsordnung allein schien den gewandelten Bedürfnissen der Zeit gerecht zu werden. Ein liberalistisches Verständnis brach sich Bahn: "Die liberal-kapitalistische Konzeption des Vermögensrechts verdichtete sich zu einem System bewußter Nichteinmischung in die privatautonome Gestaltung des Vermögensverkehrs 22 . " In diesem Verständnis hörte das Recht auf, Selbstzweck zu sein; es hatte sich Zielen zu beugen, die ihm vorgegeben wurden. Deutlich sagt dies Dernburg im Vorwort zum 1891 erschienenen zweiten Band seines Preußischen Hypothekenrechts: "Der Leitstern unserer Bearbeitung war der Gedanke, daß es sich bei der Ausbildung des Hypothekenrechts in erster Linie um wirthschaftliche und sociale Fragen handelt, von deren richtiger Lösung die gesunde Entwickelung der Verhältnisse in Preußen und Deutschland zum erheblichen Theile abhängig ist, und daß die Aufgabe sein muß, den Interessen der Grundbesitzer und des Kredits durch entsprechende juristische Organisationen zu dienen, nicht aber aus vorgefaßten juristischen Prinzipien Rechtssätze unbekümmert um deren wirthschaftliche Folgen rücksichtslos zu entwickeln 23 . " Der Gedanke, das Recht zur bewußten Gestaltung zu gebrauchen, hat in dieser Aussage deutlich die Überhand gewonnen, die bewertende Funktion des Rechts scheint zurückgedrängt zu sein. Damit ist dem Recht aber nicht nur eine neue Aufgabe zugewachsen; der Wandel greift tiefer. Die Regelungstechnik der Gestaltungsordnung ist eine andere als die der Wertungsordnung; Rechtswirkungen haben eine andere Begründung. (a) Die Rechtswirkungen in der Wertungsordnung und in der Gestaltungsordnung In einer als Wertungsordnung verstandenen Rechtsordnung treten Rechtsfolgen grundsätzlich von Rechts wegen, kraft objektiven Rechts, ein. Die Wertungsordnung knüpft an Tatsachen an. Daß bestimmte Tatsachen ein Rechtsgeschäft sind, ist selbst schon eine Rechtsfolge, das Ergebnis einer 22 23
Buchholz, Abstraktionsprinzip, S. 318f. Dernburg, PrHR S . VI.
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Wertung. Wenn ein tatsächlicher Vorgang als Rechtsgeschäft bezeichnet wird, zeigt das nur an, daß der Vorgang Rechtswirkungen hat. Kausal für die Rechtswirkungen ist nicht das Rechtsgeschäft. Kausal sind die Lebenssachverhalte, die Gegenstand der Bewertung sind. Ausnahmsweise - in dieser Vorstellung - kann die Rechtsordnung eine Wirkung auch eintreten lassen, allein weil die Rechtswirkung selbst gewollt ist. Die Rechtsordnung reagiert ohne Wertung mit der beabsichtigten Rechtsfolge. Solche Fälle sind die abstrakten Rechtsgeschäfte. Der Übergang des Eigentums bei der Tradition, der Übergang der Forderung bei der Abtretung vollziehen sich, weil diese Wirkungen gewollt sind. Auch beim abstrakten Schuldversprechen entsteht die Verpflichtung allein, weil eine solche Rechtswirkung gewollt ist. Das Schuldversprechen ist abstrakt und nicht-kausal, weil es unabhängig von den zugrunde liegenden Tatsachen wirkt. Rechtswirkungen sind in der Wertungsordnung nur beschränkt herstellbar. Auch die abstrakten Geschäfte haben nur eine begrenzte Wirkung; sie schaffen keine endgültige Zuordnung. Die Wirkungen der abstrakten Geschäfte können mit einem Bereicherungsanspruch beseitigt werden, wenn die Wertung der Rechtsordnung in den zugrunde liegenden Tatsachen keinen Grund für ein Behaltendürfen findet. Aus dem Blickwinkel der Wertungsordnung ist auch im Bereicherungsrecht die causa etwas Tatsächliches. Die Tatsachen, die rechtfertigen, daß der Empfänger eine Leistung behalten darf, sind allerdings im Regelfall dieselben, aus denen die Rechtsordnung eine wirksame schuldrechtliche Verpflichtung entstehen läßt. Das ist aber nicht notwendig so. Die causa kann auch nur tatsächlich sein, wie z. B. der Bereicherungsanspruch wegen Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs zeigt. Auch dort, wo die Rechtsordnung als Gestaltungsordnung gesehen wird, gibt es objektivrechtliche Wirkungen. Der Schadensersatzanspruch tritt bei deliktischem Handeln von Rechts wegen ein, ebenso wie die Unterhalts ansprüche des Kindes gegen seine Eltern. In der Rechtsordnung wird der Bereich rechtsgeschäftlichen Handeins aber zu einem Sondergebiet. Hier treten die Rechtsfolgen nicht aufgrund einer Tatsachenbewertung ein, sondern weil sie gewollt sind. Die Rechtsordnung gibt dem einzelnen die Verfügung über Rechtswirkungen. Er handelt nicht mehr auf einer von der Rechtsordnung getrennten Ebene, er hat selbst ein Stück der Rechtsordnung in die Hand bekommen. In den von ihm geschaffenen Rechtspositionen ist er "Souverän". Von dieser Voraussetzung aus werden subjektive Rechte zu Imperativen oder gar zur privaten Normsetzungsbefugnis 24 . 24 Vgl. Bucher, Das subjektive Recht als Normsetzungsbefugnis; zur Imperativentheorie s. Tammelo, S. 255ff.
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Das Rechtsgeschäft, d. h. die gewollte Wirkung, wird auch zum Rechtsgrund im Bereicherungsrecht. Ein Rechtsgeschäft, das vor der Verfügung liegende Verpflichtungsgeschäft, ist kausal für die Wirkung des Behaltendürfens. Daneben kann auch eine Tatsache als causa ausreichen. Der Bereicherungsanspruch wegen Nichteintritt des bezweckten Erfolges stellt dann aber eine Ausnahme dar. In dieser Sicht wird es schwierig, die abstrakten Geschäfte einzugrenzen. Abstrakt in dem Sinne, daß die Rechtswirkungen deswegen eintreten, weil sie gewollt sind, sind in der Gestaltungsordnung alle Rechtsgeschäfte. Für die Abstraktheit, die Unterscheidungsmerkmal ist, muß ein neues Kriterium gesucht werden. Die Ergebnisse der Wertungsordnung und der Gestaltungsordnung brauchen nicht zu verschieden zu sein, sie sind möglicherweise sogar deckungsgleich. Um dasselbe Ergebnis zu erreichen brauchen die Ordnungen aber einen verschiedenen Weg rechtlicher Regelung. Die Wertungsordnung kann einfacher den Vorgang bestimmen, der Rechtswirkungen haben soll. In der Tendenz läuft sie auf einen allgemeinen Typenzwang hinaus. Die Gestaltungsordnung gibt dem einzelnen eine größere Freiheit, sie verwirklicht die Privatautonomie. Sie ordnet nicht die Wirkungen an, die das Rechtsgeschäft hat. Um ihr Regelungsziel zu erreichen, ist sie darauf angewiesen, die Wirkungen von Rechtsgeschäften zu beschränken. Was die Wertungsordnung positiv anordnen kann, muß die Gestaltungsordnung durch Einschränkungen der rechtsgeschäftlichen Freiheit erreichen. Die Akzessorietät wird vom Unterschied der beiden Rechtsordnungskonzepte unmittelbar berührt. Im automatischen Übergang und Erlöschen des Pfandrechts mit der Forderung liegen Rechtswirkungen, die die Rechtsordnung bestimmt. Sie gehören in das Bild der wertenden Rechtsordnung, die ihre Wirkungen selbständig anordnet. Auch die Entstehungsakzessorietät paßt in dieses Bild. Die Rechtsordnung knüpft die Wirkung, daß ein Pfandrecht entsteht, daran, daß eine zu sichernde Forderung vorhanden ist. Sie kann in den Wirkungen beim Pfandrecht danach unterscheiden, ob die Forderung nur zukünftig oder noch bedingt oder schon durchsetzbar vorhanden ist. Der Gestaltungsordnung müßte die Vorstellung einer wirkenden Akzessorietät fremd sein. Sie kann verschiedene Wirkungen der Akzessorietät nachbilden. Sie kann das Ergebnis der Übergangsakzessorietät dadurch herstellen, daß sie Rechtsgeschäften die Anerkennung versagt, die Forderung und Pfandrecht voneinander trennen wollen. Sie kann die Wirksamkeit des Geschäfts der Pfandbestellung davon abhängig machen, daß eine Forderung gesichert wird. Der Ansatzpunkt für die gesetzliche Regelung läge stets beim Rechtsgeschäft. Bei der Erlöschensakzessorietät versagt die Gestaltungsordnung. Eine Regelung, daß die Forderung nur erlischt, wenn das Pfandrecht zurückübertragen wird, ist nicht sinnvoll. Sie kann nur anord-
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nen, daß der Gläubiger das Pfandrecht bei Erlöschen der Forderung zurückzuübertragen hat, dem Schuldner also nur einen Anspruch geben. Für eine weitergehende Regelung ist auch die Gestaltungsordnung auf objektivrechtliche Wirkungen angewiesen. Immer behält die Gestaltungsordnung gegenüber der Wertungsordnung den Nachteil, daß sie dogmatische Beschränkungen, wenn überhaupt, nur mittelbar durch ein Netz rechtsgeschäftsregelnder Vorschriften ausdrücken kann. (b) Bähr: Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund Ein Beispiel für die Sicht der Rechtsordnung als Gestaltungsordnung ist die schon kurz nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts, in erster Auflage im Jahre 1855 erschienene Arbeit von Otto Bähr "Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund". Im Titel ist bereits das Programm abgesteckt. Die Anerkennung (stipulatio) ist Rechtsgeschäft; er untersucht sie als Verpflichtungsgrund, d. h. unter dem Gesichtswinkel ihrer Wirkung. Er ordnet sie ein in die wirkungsbestimmenden Elemente der Rechtsordnung: Abstraktheit, causa, Synallagma und kommt schließlich auch zur Akzessorietät. Bähr bestimmt die Anerkennung als abstraktes obligatorisches Geschäft. Er stellt sie systematisch zusammen mit der Übereignung und der Abtretung. Diese drei gehören als abstrakte Rechtsgeschäfte zusammen. Bähr nennt sie die formellen Verträge im Gegensatz zu den causa-abhängigen materiellen Verträgen 25 . Anerkennung, Übereignung und Abtretung sind für ihn auch als Vermögensübertragungen vergleichbar. Sie unterscheiden sich durch den Gegenstand der Übertragung. Bei Anerkennung und Abtretung ist der Gegenstand eine Obligation, bei der Übereignung Eigentum 26 . Auch die Anerkennung, die ja eigentlich nur die Begründung einer Obligation ist, soll schon Vermögensübertragung sein: "Die Obligation gewährt zwar nicht, wie das Eigentum einen sofortigen reellen Genuß; und von diesem mehr materiellen Gesichtspunkte aufgefaßt, erscheint sie nur als die Vorbereitung eines durch ihre Lösung zl.!- realisierenden Erwerbs. Indem sie aber zu dieser Lösung mit Rechtsnothwendigkeit hinführt, läßt sich die Obligation schon an und für sich als Vermögensobject, ihre Begründung als Vermögensübertragung betrachten27 . " Der Frage, wie Bähr im einzelnen die Abstraktheit des Anerkenntnisses begründet, soll hier nicht nachgegangen werden. Er findet im Ergebnis das Gegenteil zu den abstrakten Geschäften in den synallagmatischen Geschäften. Beide Arten von Geschäften haben einen Rechtsgrund; die synallagma25
26 27
Bähr, Anerkennung, S. 2lf. Bähr, Anerkennung, S. 22, 9, 24. Bähr, Anerkennung, S. 7.
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tischen Geschäfte sind an diesen Grund angelehnt, bei den abstrakten tritt der Rechtsgrund in die causa zurück 28 . "Kausal" ist nicht Gegensatz zu "abstrakt". Die causa ist Produkt der Abstraktion: " ... der Rechtsgrund des Versprechens (wird) erst durch die Abstraction zur "causa"29. Bähr behandelt die Anerkennung auch als Sicherungsmittel; dieser Aspekt ist sogar der Ausgangspunkt seiner Darstellung30. Durch das Schuldversprechen kann eine anderweitige Verpflichtung gesichert werden. Wenn das Schuldversprechen nicht an die Stelle der älteren Verbindlichkeiten treten und diese ersetzen soll, sind zwei Obligationen vorhanden, aus denen der Schuldner verpflichtet wird. Bähr spricht von einer "accessorischen Stipulation"31. An dieser Akzessorietät der Anerkennung muß sofort eines auffallen: Im Pfandrecht war ein Recht akzessorisch, eine dem Berechtigten zugewiesene Position. Bei Bähr ist mit der Stipulation nicht ein Recht, sondern ein Rechtsgeschäft akzessorisch. Im Recht hatte die Akzessorietät einen Gegenstand, auf den sie einwirken konnte. Nicht vorstellbar scheint, wie die Akzessorietät auf ein Rechtsgeschäft einwirken so1l32. Tatsächlich hat die Akzessorietät bei Bähr keine Wirkungen. Bähr stellt die gesicherte Verpflichtung und die "akzessorische Stipulation" nebeneinander. Er wendet sich sofort dem Problem zu, daß damit dem Schuldner die Gefahr droht, doppelt in Anspruch genommen zu werden. In einer kurzen Satzfolge durchläuft er das bei ihm ungeklärte Feld von Recht, Rechtsgeschäft und Klage: "Für ein und dasselbe materielle Recht sind formell mehrere Verpflichtungsgründe vorhanden, deren jeder eine selbständige Klage begründet. Da aber die verschiedenen Obligationen ihren Inhalt aus ein und demselben Rechtsstoff entnehmen, so kann der Gegenstand derselben nur einmal begehrt werden. Die wirkliche Leistung und was ihr gleichsteht, sowie überhaupt Alles, was dem materiellen Bestand der Obligation entgegentritt, wirkt daher auch für beide Klagen 33 ." Die Wirkungszusammenhänge sind in dieser Aussage nicht klar zu durchschauen. Bähr durchläuft in einer kurzen Argumentation fast alle denkbaren Rechtsebenen: Recht, Verpflichtungsgrund, Klage, Obligation, Gegenstand der Obligation, Leistung ... Er kommt zu einer Wirkung, die aber Bähr, Anerkennung, S. 14. Bähr, Anerkennung, S. 16 Fn. 4. Bähr stellt wohl unzulässig Abstraktheit und Synallagma gegenüber. Nicht Rechtsgeschäfte, sondern Verpflichtungen sind synallagmatisch. Die causa ist im Gegensatz zu beiden Voraussetzung für die Rechtswirkung. 30 Bähr, Anerkennung, S. 1 ff. 31 Bähr, Anerkennung, S. 36. 32 Vgl. Jauernig, S. 269 . 33 Bähr, Anerkennung, S. 37. 28 29
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nicht deutlich begründet ist. Eine Akzessorietätswirkung ist es offenbar nicht, die beide Verbindlichkeiten miteinander verknüpft. Bähr macht in einer Fußnote eine Andeutung; es wirkt hier ein allgemeiner Gerechtigkeitsgedanke. Er beruft sich auf die Äquitas: Bona fides non patitur, ut bis idem exigatur34 • Andrerseits scheint auch die Verknüpfung von gesicherter Forderung und akzessorischer Stipulation bei Bähr einen rechtsgeschäftlichen Grund zu haben: (Dieses) "Verhältnis wurde aber ... durch den Willen der Betheiligten für herstellbar erachtet, nachdem durch das ausgebildete Recht der aequitas sichere Mittel gegeben waren, die Gefahr einer an beide Obligationen geknüpften (doppelten) Leistung vom Schuldner abzuwenden 35 ." Die Äquitas wirkte danach wohl nicht von sich aus, sondern gab dem Schuldner nur eine Einrede. Daß es die Parteien sind, die das Verhältnis der Verbindlichkeiten zueinander gestalten, wird noch deutlicher, wenn Bähr die akzessorische Stipulation mit der Bürgschaft vergleicht. In der Bürgschaft kommt Bähr auch der pfandrechtlichen Akzessorietät näher. Auch der Bürge macht seine Verpflichtung durch eine rechtsgeschäftliche Erklärung von der Hauptforderung abhängig; er verspricht zu zahlen, "wenn er schuldig ist". Bähr sieht darin eine Bedingung. Bei der akzessorischen Stipulation verspricht der Schuldner dagegen ohne Bedingung zu zahlen, "weil er schuldig ist"36. Die Akzessorietät als ein Wirkungselement hat Bähr in seiner Darstellung nicht. Er hat an die Stelle der objektivrechtlichen Bindung durch die Akzessorietät eine mit einer Bedingung rechtsgeschäftlich geschaffene Abhängigkeit gesetzt. Mit der am Rechtsgeschäft orientierten Sicht scheinen sich die Akzessorietätswirkungen nicht zu vertragen. Bähr bestätigt dadurch die Überlegungen, die oben zur Bedeutung objektivrechtlicher Wirkungen in der Gestaltungsordnung und in der Wertungsordnung angestellt worden sind. Bähr selbst hat den Wandel der Anschauung in seinen Auswirkungen auf das Abstraktionsprinzip wohl gesehen: ,,(Die) innige Verbindung des obligatorischen Versprechens mit seinem Rechtsgrunde muss auf den vermuthlichen Willen der Contrahenten zurückgeführt werden, für dessen Verständnis die römischen materiellen Contracte die positive Grundlage abgeben. Ist aber überhaupt die freie Bewegung des Willens das Grundprincip des heutigen Obligationenrechts, so muss dieser Wille auch die Fähigkeit haben, jene Verbindung aufzuge-
34 35 36
Bähr, Anerkennung, S. 37 Fn. 1. Bähr, Anerkennung, S. 37. Bähr, Anerkennung, S. 39f.; vgl. S. 20.
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ben und das einfache Versprechen isoliert zu einem vollendeten Vertrage zu erheben37 ." III. Das Verhältnis von Grundpfandrecht und Forderung im preußischen Eigentumserwerbsgesetz von 1872 1. Die Regelung der Grundpfandrechte im Eigentumserwerbsgesetz
Bei Bähr hatte sich ein Wandel in der grundlegenden Anschauung des Rechts gezeigt. Er hatte den Wandel zwar in der "Anerkennung" auf die Obligationen beschränkt. Dort erschien er vor allem als eine erweiterte Vertragsfreiheit. Der Wandel hatte aber weitere Ausmaße. Er reichte bis ins Sachenrecht, wie in der Diskussion der Pfandrechtsentwürfe in Preußen sichtbar wurde (s. o. II 1). Das Denken, das sich aus dogmatischen Bindungen weitgehend gelöst hatte, setzte sich auch in der gesetzlichen Regelung durch. Das "Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten, vom 5. Mai 1872 (G. S. S. 433)"1 - EEG - folgte der Anregung von Bähr, zwei verschiedene Grundpfandrechte aufzunehmen, Hypothek und Grundschuld. Auch in diesem Gesetz folgten die Regelungen der Tendenz, Rechtsfolgen nicht kraft objektiven Rechts, sondern als Wirkung von Rechtsgeschäften eintreten zu lassen. Das EEG geht von Hypothek und Grundschuld als verschiedenen Grundpfandrechten aus, ohne ihren Inhalt näher zu beschreiben. Hypothek und Grundschuld entstehen durch Eintragung im Grundbuch (§ 18 EEG). Zu ihrem Unterschied sagt das Gesetz in § 19 Ziff. 1, daß die Rechte mit und ohne Angabe eines Schuldgrundes eingetragen werden können. Wird der Schuldgrund angegeben, entsteht eine Hypothek, wird er nicht angegeben, entsteht eine Grundschuld. Der Eigentümer kann eine Grundschuld auch auf seinen Namen eintragen lassen (§ 27 EEG). Auch im weiteren behandelt das EEG beide Rechte grundsätzlich zusammenhängend. Hypothek und Grundschuld geben dem Berechtigten eine dingliche Klage gegen den Eigentümer des belasteten Grundstücks. Der Eigentümer haftet nur mit dem Grundstück (§ 37 EEG). Differenziert regelt das Gesetz die Einreden, die gegen Hypothek und Grundschuld geltend gemacht werden können. Der Klage aus der Grundschuld kann der Eigentümer nur solche Einreden entgegenhalten, die ihm gegen den Grundschuldberechtigten selbst zustehen oder die sich aus dem Grundschuldbrief ergeben sowie Einreden, die durch Tatsachen begründet Bähr, Anerkennung, S. 124. Pr GS 1872 S. 433ff.; abgedruckt in Rehbein / Reincke II; §§ 1 - 10 EEG nach ALR 110 § 5; §§ 12 - 17 EEG nach ALR 119 § 6; §§ 18 - 72 EEG nach ALR I 20 § 410. 37
1
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sind, die der Berechtigte beim Erwerb der Grundschuld kannte (§ 38 Abs. 1 EEG). Mit dieser Vorschrift hat das EEG den Art. 82 der damaligen Wechselordnung umformuliert, Grundschuld und Wechsel hinsichtlich der Einreden also gleichgestellt. Gegen die Klage aus der Hypothek kann der Eigentümer grundsätzlich alle Einwendungen erheben, die sich aus der Hypothek selbst oder aus der gesicherten Forderung ergeben. Eingeschränkt ist der Eigentümer nur gegenüber einem Dritten, der die Hypothek entgeltlich erworben hat. Ihm kann eine Einrede nur entgegengehalten werden, wenn sie ihm vor dem Erwerb bekanntgeworden ist oder wenn' die Einrede sich aus dem Grundbuch ergibt (§ 38 Abs. 2 EEG). Hypothek und Forderung können rechtsgeschäftlich übertragen werden; die Übertragung ist unabhängig davon wirksam, daß sie in das Grundbuch eingetragen wird (§ 54 EEG). Bei beiden Rechten wird aber der Sicherungscharakter berücksichtigt. Die Hypothek, die eine Forderung sichert, kann nur zusammen mit der gesicherten Forderung übertragen werden (§ 52 Abs.l EEG). Die Grundschuld ist ohne Einschränkung selbständig übertragbar. Ist die Grundschuld aber zur Sicherung einer Forderung bestellt worden und wird sie ohne diese übertragen, so erlischt die gesicherte Forderung (§ 52 Abs. 2 EEG). Völlig gleich behandelt das EEG Hypothek und Grundschuld im Erlöschen. Beide Rechte werden nur dadurch aufgehoben, daß sie im Grundbuch gelöscht werden (§ 57 EEG). Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat die Zahlung auf Hypothek oder Grundschuld keine unmittelbaren Wirkungen für die Zuordnung des Rechts. Zahlt der Eigentümer auf Hypothek oder Grundschuld, so kann er zwischen verschiedenen Ansprüchen wählen. Er kann verlangen, daß ihm eine Quittung oder eine Löschungsbewilligung erteilt wird oder daß ihm der Gläubiger das abgelöste Recht abtritt (§ 63 EEG). 2. Die Selbständigkeit der Grundschuld
Mit der Grundschuld hatte ein rechtliches Gebilde Eingang in das Gesetz gefunden, das es nach der gemeinrechtlichen Dogmatik nicht geben durfte. Die Grundschuld wurde mit einer dinglichen Klage geltend gemacht und war deshalb wenigstens insoweit ein dingliches Recht. Andrerseits stellte die Grundschuld selbst ein Recht auf einen bestimmten Wert dar, mit ihr konnte ein bestimmter Betrag eingefordert werden. Diese Eigenschaft hatten nur obligatorische Rechte (vgl. o. 2. Kap. III ld). Das Problem mußte sich sofort bei der Durchsetzung der Grundschuld zeigen: Mit der dinglichen Klage konnte der Grundschuldberechtigte nur den Zugriff auf das Grundstück verlangen, nicht die Zahlung eines bestimmten Betrages; mit einer obligatorischen Klage hätte er zwar Zahlung verlangen können, es
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
fehlte ihm dann aber die Macht, auf das Grundstück zuzugreifen. In der Praxis wurde ein Zahlungsantrag gestellt mit dem Zusatz "bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung"2. Die selbständige Grundschuld ist nicht in Preußen erfunden worden. Schon vor dem Eigentumserwerbsgesetz fand sich die Grundschuld in Mecklenburg. Dort war in der Revidierten Ritterschaftlichen Hypothekenordnung von 1848 (RRHO)3 ein Grundpfandrecht geschaffen worden, das nicht von einer gesicherten Forderung abhängig war. § 16 RRHO bestimmte, daß durch die Eintragung der Hypothek im Grundbuch nicht bloße Sicherungsrechte für eine "persönliche Verhaftung" entstehen, sondern selbständige dingliche Belastungen des Guts. Die persönliche Forderung war nicht Bedingung für die Eintragung der Hypothek, das Verhältnis von Hypothek und Forderung sollte der Vereinbarung der Parteien überlassen bleiben. Für die eingetragene Hypothek wurde ein Hypothekenschein ausgestellt. Auch dieser nannte den Schuldgrund nicht. Er lautete auf einen bestimmten Betrag (§ 12 RRHO). Die Hypothek wurde durch Übergabe des Scheins übertragen und unter Vorlage des Scheins geltend gemacht4 • Diese Hypothek war ein selbständig verkehrsfähiges Recht. Hierdurch insbesondere eröffnete sich die Gefahr, daß Hypothek und Forderung in verschiedene Hände gelangten und der Schuldner zweimal in Anspruch genommen wurde. Um dieser Gefahr zu begegnen, unterstellte man einen Verzicht auf die persönliche Forderung, wenn die Hypothek isoliert abgetreten wurde. Dem Schuldner half auch, daß er auf die persönliche Forderung nur zu leisten brauchte, wenn ihm der hypothekarische Anspruch abgetreten und der Hypothekenbrief herausgegeben wurde (§ 17 RRHO). Um die dogmatische Einordnung dieser Hypothek hat sich besonders Victor von Meibom bemüht 5 . Man sah Beziehungen zwischen der Hypothek in Mecklenburg und deutschrechtlichen Instituten des Bodenrechts. In der mecklenburgischen Hypothek schien ein Zug der Reallasten des deutschen Rechts wiederzukehren, die Belastung eines Grundstücks mit einer festen Geldsumme. Bei den Erklärungsversuchen kehrt auch die Vorstellung wieder, die Büchel für das römische Pfandrecht vertreten hatte: Ein obligatorisches Verhältnis, in dem das Grundstück selbst Schuldner ist (vgl. o. 2. Kap. II 1 cl. Duncker hatte denselben Gedanken zur Erklärung der Reallasten herangezogen 6 . Über die Mecklenburger Hypothek wäre dieser deutsch-
Vgl. Demburg, PrHR 11, S. 260; vgl. Demburg, PrPrR I, S. 789f. Raabe, Bd. 5, S. 251ff. 4 Zu dieser Hypothek s. Meibom, Das Mecklenburgische Hypothekenrecht; vgl. Buchholz, Abstraktionsprinzip, S. 247 ff. 5 Meibom, Hypothekenrecht, S. 37 ff. 6 Duncker, S. 61, 71f.; vgl. Buchholz, Abstraktionsprinzip, S. 248ff. 2
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III. Das Eigentumserwerbsgesetz
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rechtliche Gedanke in die Grundschuld des preußischen EEG und schließlich in das BGB gelangt. Die mecklenburgische Hypothek läßt sich vielleicht aber auch anders erklären. Es fällt zunächst auf, daß sie nur für die ritterschaftlichen Güter galt. Dies verbindet sie mit den Anstaltshypotheken (s. o. S. 146f.). Auch in Mecklenburg war im Jahre 1818 ein Ritterschaftlicher Kreditverein gegründet worden, der Pfandbriefe ausgab. Man kann vielleicht schon in diesen Anstaltshypotheken die Grundschuld in ihren wesentlichen Zügen finden. In den Anstaltshypotheken waren Rechtsbeziehungen des Grundstückseigentümers, der Landschaft und des Pfandbriefinhabers miteinander verflochten. Als Wertpapier verkörperte der Pfandbrief zugleich ein dingliches und ein persönliches Recht. Im Verhältnis zum Grundeigentümer enthielt er eine Hypothek am belasteten Grundstück. Außerdem war er eine Art Schuldverschreibung, in der sich die Landschaft verpflichtete, das Pfandbriefkapital nach Kündigung zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung war primär und nicht davon abhängig, daß der Inhaber des Pfandbriefs zunächst Befriedigung aus dem dinglichen Recht suchte. Der Inhaber hatte die Wahl, an wen er sich zuerst wenden wollte. Der Eigentümer des belasteten Grundstücks haftete persönlich nur der Landschaft mit seinem ganzen Vermögen. Die Landschaft hatte zur Sicherung ihrer Ansprüche gegen ihn eine gesetzliche, dem Recht des Briefinhabers nachstehende Hypothek am belasteten Grundstück 7 • Mecklenburger Hypothek und Anstaltshypothek entsprachen sich in der Verbriefung und damit in der Umlauffähigkeit des Rechts. Beide konnten auch dem Eigentümer selbst zustehen. Für die Mecklenburger Hypothek sah dies § 14 RRHO vor; der Eigentümer konnte Hypotheken auf seinen eigenen Namen eintragen lassen. Eine Art Eigentümerhypothek war auch in den Anstaltshypotheken angelegt. Der Grundeigentümer konnte sich Pfandbriefe ausstellen lassen, die er nicht gleich in den Verkehr brachte. Bis zur Begebung bestand dann keine persönliche Forderung. Der Pfandbrief verkörperte aber schon ein dingliches Recht, das im Hypothekenbuch eingetragen war und mit dem Pfandbrief übertragen wurde. Dieses Recht wird man wohl als Eigentümerhypothek ansehen müssen 8 • Auch die selbständige Hypothek, das dingliche Pfandrecht ohne eine persönliche Haftung, kann man in der Anstaltshypothek vorgezeichnet finden. Einen persönlichen Anspruch hatte der Pfandbriefinhaber gegen den Grundstückseigentümer nicht. Die verbriefte Hypothek war noch akzessorisch, für die Wertangabe war noch ein Forderungsrecht, die Forderung
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Dernburg, PrHR II, S. 13ff. s. Dernburg, PrHR II, S. 25.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
gegen die Landschaft, vorhanden. Man kommt aber auf geradem Wege von der Anstaltshypothek zur Grundschuld, wenn man im Modell der Landschaftshypothek die Beteiligung der Landschaft wegschneidet. Dabei entfiele das Forderungsrecht, es bliebe eine verbriefte Hypothek ohne persönliche Haftung des Grundstückseigentümers. Es ist auch nicht zu unwahrscheinlich, daß die der Ritterschaft zugehörigen Grundbesitzer sich auf diese Weise von der Bevormundung durch die Landschaft befreien wollten. Der bürokratische Aufwand der Landschaften, die festgelegten Bedingungen und vor allem wohl die Verschuldungsgrenze (s. o. S. 146), minderten die Anziehungskraft der Anstaltshypotheken. In der Mecklenburger Hypothek hätte sich die Ritterschaft ein Instrument geschaffen, das ihr die Vorteile der Anstaltshypothek bewahrte und deren Beschränkungen vermied. 3. Das Verhältnis von Hypothek und Forderung
Die Hypothek des EEG ist kein akzessorisches Recht, auch wenn sie meist so angesehen wird. "Akzessorisch" ist sie allenfalls in dem Sinne, der den äußeren Gleichlauf von Hypothek und Forderung meint. Das Gesetz geht zwar davon aus, daß beide Rechte gleichzeitig bestehen, und es enthält auch Vorschriften, die den Gleichlauf zwischen ihnen herstellen. Nirgends im Gesetz erzeugt aber eine von selbst eintretende Akzessorietätswirkung den Gleichlauf. Diese Wirkung erst würde es erlauben von einer dogmatischen Akzessorietät zu sprechen (s. o. S. 30). Bei der Bestellung der Hypothek ist durch die gesetzliche Definition vorgesorgt, daß eine zu sichernde Forderung vorhanden ist. Die Hypothek ist das Grundpfandrecht, das unter Angabe des Schuldgrundes eingetragen wird (§ 19 Ziff. 1 EEG). Ist eine Forderung nicht angegeben, so entsteht eine Grundschuld. Grundschuld und Hypothek scheinen dasselbe Recht zu sein. Die Grundschuld ist eine Hypothek ohne Forderungsrecht, die Hypothek ist eine Grundschuld mit Forderungsrecht 9 . Die Parteien können das Recht rechtsgeschäftlich in der einen oder anderen Weise gestalten. Auch bei Übertragungen hält das Gesetz im Grundsatz Hypothek und Forderung zusammen. Es deutet vielleicht sogar in Richtung auf eine akzessorische Abhängigkeit, wenn § 52 Abs. 1 EEG die Verfügung über die Hypothek nur gemeinsam mit der persönlichen Forderung gestattet. Aber auch hier enthält das Eigentumserwerbsgesetz eine rechtsgeschäftliche Gestaltung statt einer objektivrechtlichen Wirkung. Die Hypothek geht nicht mit der Forderung über, sondern sie muß rechtsgeschäftlich übertragen werden. Darüber hinaus hält § 52 Abs. 1 EEG auch schon im äußeren Bild Hypothek 9 Ein ähnliches Verhältnis von Hypothek und Forderung deutete sich oben bei Wolff / Raiser an - s. o. S. 22.
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und Forderung nicht mehr unbedingt zusammen. Es ist nicht gesagt, daß auch die Forderung nur mit der Hypothek abgetreten werden kann. Daneben ließ die Vorschrift Raum für einen Streit über die Rechtsfolgen, wenn ihr zuwider über die Hypothek allein verfügt wird. Einerseits wurde vertreten, daß die Verfügung über Forderung oder Hypothek allein unwirksam seil o. Diese Meinung stützte sich aber auf die akzessorische Natur der Hypothek, gerade auf das Prinzip also, dessen Geltung für das Eigentumserwerbsgesetz zweifelhaft ist. Dagegen wurde vertreten, daß Forderung und Hypothek auch allein abgetreten werden können; es könne dann nur die Befriedigung der Forderung verweigert werden l l . Mit dieser Meinung wurde auch der äußere Gleichlauf aufgegeben. Weitgehend offen bleiben im Eigentumserwerbsgesetz auch die Rechtsfolgen, wenn Forderung oder Hypothek erlöschen. Ausdrücklich geregelt ist nur der Fall, daß der Eigentümer die Hypothek tilgt. Wenn § 63 EEG ihm dann die Wahl gibt, sich eine Quittung oder eine Löschungsbewilligung erteilen zu lassen oder sich die Hypothek abtreten zu lassen, hat die Tilgung keine unmittelbar dingliche Wirkung für die Hypothek. Sie scheint einstweilen beim Gläubiger fortzubestehen, und zwar ohne Forderung, die mit der Tilgung der Hypothek wohl erlöschen wird (auch dazu sagt das Gesetz nichts). Das Gesetz schweigt auch zu dem Fall, daß der Schuldner nicht auf die Hypothek, sondern auf die Forderung zahlt. Wäre die Hypothek ein akzessorisches Recht wäre dies der Normalfall. Als Akzessorietät in irgendeiner Form läßt sich das Verhältnis von Hypothek und Forderung im Eigentumserwerbsgesetz nicht verstehen. Seine Regelungen werden aber durch eine andere Art der Verbindung erklärlich: Es war offenbar nicht vorgesehen, daß der Gläubiger noch Befriedigung aus der gesicherten Forderung suchte. Dann hätte in der Bestellung einer Hypothek zugleich eine Erfüllungsabrede gelegen. Die Forderung sollte durch die Hypothek nicht getilgt sein, der Gläubiger hatte sich aber aus der Hypothek zu befriedigen. Die Verpflichtung aus der Hypothek hätte der Eigentümer erfüllungshalber übernommen. Auf eine Verpflichtung erfüllungshalber weisen auch die Vergleiche mit dem Wechsel hin, die in den Beratungen des Gesetzes gezogen wurden (s. o. S. 14lf.). In den Motiven wurde auch ausgedrückt, daß die Absichten der Beteiligten dahin gingen, daß Befriedigung zuerst aus dem Grundstück gesucht werden SOllI2. Mit der Auslegung der Hypothek als erfüllungshalber eingegangener Verpflichtung, lassen sich fast alle aufgetretenen Fragen erklären.
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Förster / Eccius, S. 58l. Demburg, PrHR H, S. 814f.; vgl. zum Streit RGZ 5, 328. s. Demburg, PrHR, S. 64.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
Das Gesetz brauchte die Folgen einer Tilgung der Forderung nicht zu regeln. Die Zahlung auf die Forderung war durch die Erfüllungsabrede ausgeschlossen. Mit der Ablösung der Hypothek war aufgrund der Erfüllungsabrede auch die Forderung getilgt. Die Tilgung führte nicht zu einem automatischen Erwerb der Hypothek, der Eigentümer konnte sie nur herausverlangen, so wie z. B. derjenige, der auf einen Wechsel geleistet hat, einen Anspruch auf die Wechselpapiere hat. Auch die Ansicht, daß Hypothek und Forderung getrennt übertragen werden können, daß die Forderung dann aber nicht durchgesetzt werden kann, wird verständlich, wenn man die Hypothek als erfüllungshalber eingegangene Verpflichtung ansieht. Eine Trennung von Hypothek und Forderung bei Übertragungen ist dann nicht ausgeschlossen, erforderlich ist nur, daß eines der Rechte gehemmt ist, solange sie getrennt sind. Der Gedanke, daß die Hypothek aufgrund einer Erfüllungsabrede hingegeben wird, kann auch erklären, daß das EEG beide Grundpfandrechte zusammen regelt. Auch in der Hingabe einer Grundschuld zur Sicherung einer Forderung kann eine Erfüllungsabrede gesehen werden. Beide Rechte unterscheiden sich dann nicht grundsätzlich in ihrem Verhältnis zum Grundgeschäft, sondern nur in der Ausgestaltung dieses Verhältnisses. Zum wesentlichen Unterschied zwischen Hypothek und Grundschuld wird die für beide Rechte gesondert gestaltete Regelung der Einreden, die aus dem Grundverhältnis gegen das erfüllungshalber bestellte Recht geltend gemacht werden können (§ 38 EEG). 4. Das hypothekarische Wertrecht
Die Hypothek war im Eigentumserwerhsgesetz nicht mehr akzessorisch ausgestaltet. Die Akzessorietät war für diese Hypothek aber auch nicht mehr notwendig. Sie war kein rein dingliches Recht mehr. Wenn sie allein bestehen konnte, mußte sie selbständig einen Wert haben und war deshalb nicht auf die Wertangabe aus einem begleitenden Forderungsrecht angewiesen (vgl. o. 2. Kap. III le). Mit dieser veränderten Gestalt der Hypothek mußten sich Rechtsprechung und wissenschaftliche Literatur auseinandersetzen. Die Rechtsprechung nahm auf der einen Seite die Hypothek in der veränderten Gestalt an. Sie ließ es zu, daß die Hypothek allein, ohne Forderungsrecht übertragen wurde: Wenn die Hypothek nur zusammen mit dem persönlichen Recht abgetreten werden kann, sollte das so zu verstehen sein, daß die Hypothek an die Forderung gebunden bleibt, wenn die Forderung fortbesteht. Die Hypothek wurde aber soweit verselbständigt gedacht, daß sie auch allein abgetreten werden kann, wenn die Forderung erlischt. Ausdrücklich sah das Reichsgericht in diesem Fall den Satz eingeschränkt, "daß
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die Hypothek ohne ein durch sie gesichertes Hauptrecht nicht denkbar sei und zu ihrem Fortbestande die Fortdauer des letzteren erheische"13. Eine solche Hypothek, die selbständig fortbestehen kann, ist nur mit obligatorischen Eigenschaften denkbar. Anders entschied sich die Rechtsprechung hinsichtlich der Wirkung von Zahlungen, die in §§ 63ff. EEG geregelt waren. Das Obertribunal knüpfte daran an, daß im EEG die Hypothek nicht definiert ist und unterstellte, daß der Hypothekenbegriff des früheren preußischen Rechts weitergelte. Danach war die Hypothek ein akzessorischese Recht geblieben 14 . Der Eigentümer sollte die Hypothek so erwerben, wie es in der Deklaration von 1824 zu § 52 des Anhangs zum ALR vorgesehen war (vgl. o. S. 137). Durch die Zahlung des Schuldners sollte weder die Hypothek noch die Forderung erlöschen. Der Eigentümer sollte mit der Zahlung von Rechts wegen Forderung und Hypothek erhalten. § 63 wurde die Auslegung gegeben, daß Quittung, Löschungsbewilligung oder Abtretung nicht für den Erwerb der Hypothek nötig seien, sondern nur dazu dienten, die Berechtigung nachzuweisen 15 . Mit dieser Auslegung der §§ 63ff. EEG geriet die Hypothek wieder unter den Einfluß einer objektivrechtlichen Wirkung. Sie war jetzt auch wieder als ein dingliches Recht vorstellbar. Die Probleme wurden deutlicher sichtbar, wo es nicht allein darum ging, Rechtsfolgen zu bestimmen, sondern darum, die Grundpfandrechte des EEG rechtlich einzuordnen. Das Reichsgericht sagte zum Unterschied zwischen Hypothek und Grundschuld und zum Charakter der Grundschuld: "Die Grundschuld unterscheidet sich wesentlich darin von der Hypothek, daß die letztere begriffsmäßig ein accessorisches Recht ist, während die erstere ... ihrem juristischen Wesen nach ein selbständiges, seinen Rechtsgrund in sich selbst tragendes Recht ist. Und zwar ist sie ein auf einem rein formalen Summenversprechen beruhendes Forderungsrecht, ein Formalrecht auf Leistung einer Summe, welche dem Eigentümer desjenigen Grundstücks obliegt, dessen Wert zur Sicherung der Leistung eingesetzt und bei welcher die Haftung des Schuldners auf das für die Schuld eingesetzte Grundstück beschränkt ist 16 ." Das Reichsgericht trennte bei der dogmatischen Einordnung Grundschuld und Hypothek, die in den Vorschriften des EEG als einheitliches Recht erscheinen. Es sagte nicht, daß die Hypothek ein dingliches Recht sei, die 13 RGZ 5 (1881), 321, 327f.; das Reichsgericht konnte sich hierfür aber auch auf Entscheidungen des preußischen Obertribunals vor Geltung des EEG stützen; vgl. OTrib. 37, 139; OTrib Striethorst 53, 46. 14 OTrib Striethorst 98, 270, 273. 15 OTrib Striethorst 98, 270, 273 ff.; RGZ 5, 312; vgl. die Auslegung der Deklaration von 1824 durch das Obertribunal, s. o. S. 138f. 16 RGZ 3 (1880), 326, 330. 11 Mincke
3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
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Beschreibung als unselbständiges, akzessorisches Recht legt diese Folgerung aber nahe. Das vom Reichsgericht benutzte Abgrenzungsmerkmal scheint aber für eine solche Trennung nicht geeignet. Auch die Hypothek des EEG kann als ein Summenversprechen verstanden werden. Die Fälle, in denen das Reichsgericht die Hypothek ohne Forderung bestehen sieht, verlangen sogar ein selbständiges Summenversprechen für die Hypothek. Schließlich blieb auch für das Reichsgericht die Hypothek ein teilbares Rechtl 7 . Als rein dingliches Recht wäre die Hypothek aber nicht teilbar, teilbar kann nur der Wert der Hypothek sein. Wenn die Hypothek aber einen eigenen Wert hat, kann auch in ihr ein Summenversprechen gesehen werden. Die Wissenschaft bemühte sich zumeist, Hypothek und Grundschuld in einer gemeinsamen dogmatischen Erklärung zusammenzuhalten. Sie war sich dabei meist bewußt, daß dies ohne einen Einschnitt in die gemeinrechtliche Dogmatik nicht möglich war. Die Einteilung der Rechte in dingliche und obligatorische lief dabei Gefahr, ihre Ausschließlichkeit zu verlieren. a) Realobligation Bähr ging unbefangen mit den neuen Grundpfandrechten um: Wieder hatte er einen Ausgangspunkt, in dem ein rechtsgeschäftliches Element herrschend ist. Er analysierte die Erklärung dessen, der eine Schuld eingeht und die Erklärung des Bestellers einer Hypothek. Der Schuldner sage, er räume seinem Gläubiger das Recht ein, sein ganzes Vermögen zur Realisierung der Forderung in Anspruch zu nehmen. Der Hypothekenbesteller sage, er räume dem Gläubiger das Recht ein, sich wegen seiner Forderung an eine bestimmte Sache zu halten. Die Klage aus der Hypothek sei dann eine Schuldklage, wie die persönliche Klage, nur eben eine dingliche Klage. Aus dem römischen Recht sei zwar überliefert, daß die dingliche Verpflichtung nur zusammen mit einer persönlichen bestehen könne. Hiergegen wandte sich Bähr: "Dieser Satz muß fallen. Ich muß sagen können zu meinen Gläubigern: - ,ich will mich in der Art verpflichten, daß ich mich nur mit meinem Grundstück verpflichte, daß daneben eine persönliche Verpflichtung meiner nicht eintritt'18." Bähr glaubte sich noch ganz auf dem Boden des römischen Rechts, wenn er später ergänzte: "Indem so die Forderung durch ihre Verknüpfung mit einer Sache, welche, wo sie auch hingehen mag, ihr als Exekutionsobjekt verbleibt, in eine neue Phase tritt, bildet sich neben dem Begriff der persönlichen Forderung ... der Begriff der dinglichen Forderung, Real-Obligation; 17
RGZ 2 (1880), 206.
18 Bähr, Jh.Jb. 11 S. 49f.
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ein Begriff, der den Römern schon klar vorstand, wenn sie das Pfandrecht als eine obligatio rei bezeichneten 19 ." Eine Realobligation sollte die Mecklenburger Hypothek sein 2o , sie könnte ebenfalls die Grundschuld und die Hypothek des EEG erklären. Bähr ergriff auch gleich die Möglichkeit, mit einem solchen obligatorischen Pfandrecht die Verbindung von Pfandrecht und Forderung zu erklären. Jedenfalls wenn der Schuldner und der Verpfänder verschiedene Personen sind, haften sie als Gesamtschuldner 21 • Es ist dieselbe Erklärung, die schon Büchel anstelle der Akzessorietät gegeben hatte. Man kann in Bährs Realobligation schon Elemente des Obligationsbegriffs von Brinz finden. (Bährs Aufsatz "Die preußischen Gesetzentwürfe über die Rechte an Grundvermögen" ist im Jahre 1871, also drei Jahre vor Brinz' "Der Begriff obligatio" -1874 - erschienen.) Wie später Brinz erfaßte Bähr die Obligation von der Haftung her. Die Folgerung aus dem obligatorischen Pfandrecht, daß in der Pfandbestellung eine Haftungsbeschränkung liegt, sprach Bähr aus, bei Brinz deutete sie sich nur an (s. o. S. 124). Bähr unterschlägt wie Brinz die dingliche Seite des Pfandrechts. Während aber bei Brinz die Dinglichkeit des Pfandrechts in der ursprünglich allgemeinen Dinglichkeit der Haftung aufgeht, hat Bähr die Dinglichkeit wohl nur versteckt. Für Bähr bleibt die Sache Exekutionsobjekt für die hypothekarische Forderung" wo sie auch hingehen mag". Diese Wirkung kann im römischen Recht ein Forderungsrecht nicht haben. An dieser Stelle geht die Konstruktion des Pfandrechts als Realobligation nicht auf. Meibom hat die Konsequenz, sich für die Grundschuld von der überlieferten Kennzeichnung der Rechte trennen zu müssen, anscheinend deutlicher gesehen als Bähr. Seine Erklärung (vgl. o. S. 156) nimmt bewußt neue Elemente in den Begriff der Obligation auf 22 • Seine dingliche Schuld hat gegenüber der gemeinrechtlichen Obligation drei Besonderheiten: Erstens wird die Person des Schuldners durch das Eigentum am Grundstück bestimmt, zweitens ist der jeweilige Eigentümer des Grundstücks Schuldner und drittens haftet der Eigentümer nur mit dem belasteten Grundstück. Hier ist das dingliche Element der Pfandrechte sichtbar23 . Meibom wird dadurch der Tatsache gerecht, daß das Pfandrecht in Mecklenburg einen selbständigen Wert hat. Er muß dafür in die Systematik der subjektiven Rechte eingreifen. Seine Erklärung der Mecklenburger Hypothek läßt sich auch auf die Grundpfandrechte des EEG anwenden. Grundschuld und Hypothek lassen sich gemeinsam als eine besondere Art von Forderungsrechten verstehen. 19 20
21 22
23
11'
Bähr, Jh.Jb. 11 S. 96. Bähr, Jh.Jb. 11 S. 98. Bähr, Jh.Jb. 11 S. 97. Meibom, Hypothekenrecht, S. 35ff. Meibom, Hypothekenrecht, S. 39.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
b) Dingliches Recht Gegen die Versuche, Hypothek und Grundschuld als Forderungsrechte zu konstruieren, bestand vor allem Dernburg auf dem dinglichen Charakter dieser Rechte, auch in der Gestalt, die sie im EEG erhalten hatten. Dernburg griff noch einmal seine Überlegung auf, die er zum römischen Pfandrecht angestellt hatte und mit der er die Bezeichnung des Pfandrechts als obligatio in den römischrechtlichen Quellen gerechtfertigt hatte. Anders als die anderen dinglichen Rechte, die einen "unmittelbaren Genuß" gewähren, zielt die Hypothek auf die Zukunft (vgl. o. S. 74f.). Jetzt ergänzte er, daß die Hypothek des EEG das Recht gibt, eine Summe einzuziehen 24 • Dernburg erklärte die Grundpfandrechte des EEG ähnlich wie Meibom die Mecklenburger Hypothek erklärt hatte, nur daß er auf der Seite des dinglichen Rechts argumentierte: "Es ist nicht unvereinbar mit dem Begriff des dinglichen Rechts, wie er sich insbesondere unter dem Einfluß des deutschen Rechts entwickelt hat, daß aus ihm persönliche Verbindlichkeiten entspringen, sofern dieselben nur Ausflüsse des zugrunde liegenden dinglichen Rechts sind 25 ." Er trennt das Forderungsrecht als Anspruch auf eine Leistung vom dinglichen Recht, das eine Sache dem Berechtigten unterwirft, und schränkt das dingliche Recht ein: Das dingliche Recht unterwirft dem Berechtigten die Sache nicht so, daß es in der Leistung einer Person aufgeht 26 . Damit hat er im dinglichen Recht Raum für persönliche Ansprüche gelassen. Anschließend braucht er nur noch auf die dinglichen Züge der Grundpfandrechte hinzuweisen. Die hypothekarische Klage macht die Sache streitig und berührt nicht nur die Person des Pfandschuldners. Trotz Zahlung bleibt dem Eigentümer die Hypothek erhalten, der Gläubiger hat ein Absonderungsrecht im Konkurs. Neben weiteren Anzeichen ist es schließlich die Bestellung von Grundschuld und Hypothek in der Form dinglicher Rechte, die ihn an der dinglichen Natur dieser Rechte nicht zweifeln lassen 27 • Als dingliche Rechte lassen sich die Grundpfandrechte des EEG auch verstehen, wenn man ihnen den Begriff des dinglichen Wertrechts unterlegt, den Kohler entwickelt hat 28 . Kohlers dingliches Wertrecht mit seiner Verbindung dinglicher und obligatorischer Elemente ist oben schon vorgestellt worden (s. o. S. 95f.). Kohler hatte die dinglichen Rechte noch einmal in sich unterteilt und in ihnen die Substanz- und die Wertrechte geschieden. Als dingliche Wertrechte Dernburg, PrPrR I, S. 789. Dernburg, PrPrR I, S. 789. 26 Dernburg, PrPrR I, S. 789. 27 Dernburg, PrPrR I, S. 790f. 28 Mit einem dinglichen Wertrecht erklärte auch Bremer die mecklenburgischen und preußischen Grundpfandrechte, s. Hypothek und Grundschuld, S. 54ff. 24 25
IH. Das Eigentumserwerbsgesetz
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hatte er neben dem Beschlagsrecht im Konkurs und den Anteilsrechten an den körperschaftlich organisierten Verbänden vor allem auch Hypothek und Grundschuld bezeichnet. Die Anteilsrechte müssen entgegen Kohler wohl doch als rein dingliche Berechtigungen, als Quotenbeteiligung ohne eigenen Wert verstanden werden. Eine dingliche Berechtigung der Konkursgläubiger am Vermögen des Gemeinschuldners gibt es nicht und wenn es sie gäbe, wäre sie auch kaum als Recht mit einem selbständigen Wertgehalt zu verstehen. Es bleiben aber Hypothek und Grundschuld, die im EEG als Wertrechte ausgestaltet wurden. Mit dem Ausdruck dingliches Wertrecht hat Kohler Hypothek und Grundschuld richtig beschrieben. Mit dieser Eigenart weichen sie von allen anderen Rechten ab, die entweder dingliche Substanzrechte oder obligatorische Wertrechte sind. Er hat diese dinglichen Rechte aber noch nicht in die Rechtsordnung eingefügt, auch wenn er für sie eine besondere Kategorie behauptet. Im überlieferten System der Berechtigungen gibt es für diese Rechte keinen Ort. Das wird auch bei Kohler deutlich, wenn er versucht, das dingliche Wertrecht von den Berechtigungen her zu bestimmen. Für ihn geht es dann darum, einer Sache "einen bestimmten Wert zu entlocken"29. Es werden Leistungen verlangt, "nicht in dem Sinne, als ob die Sache selber etwas zu thun vermöchte, wohl aber in dem Sinne, daß in ihr ein Fond von Wert steckt, der aus ihr herausgeholt werden soll "30. Wenn aus dem Wertrecht eine Leistung verlangt werden kann, kommt es den obligatorischen Rechten sehr nahe, von diesen unterscheidet es sich aber: "Das Wertrecht hat mit dem Schuldrecht das gemein, daß ein bestimmter Wert erzielt werden soll; das Recht ist auf diesen Zweck angelegt, aber die Art der Berechtigung ist trotzdem in beiden Fällen eine grundverschiedene. . .. Das Schuldrecht äußert sich in der Verpflichtung, das Wertrecht in der Unterwerfung unter die Macht des Menschen 31 ." Einen Weg, der zwischen der dinglichen Macht über die Sache und dem obligatorischen Anspruch auf eine Leistung hindurchführt, zeigt diese Kennzeichnung des Wertrechts auch nicht. Letztlich hat er wohl nur die Grenze zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten verwischt. 5. Ergebnis
Aus allen Erklärungen ist festzuhalten, daß Hypothek und Grundschuld im EEG einen selbständigen Wert haben. In diesem Punkt können die verschiedenen Erklärungen zusammengeführt werden. Auch die Bezeichnun-
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Kahler, Substanzrecht, S. 156. Kahler, Substanzrecht, S. 162. Kahler, Substanzrecht, S. 168f.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
gen Realobligation oder dingliche Schuld weisen mit dem obligatorischen Charakter nur auf die Besonderheit hin, daß die Grundpfandrechte Wertrechte sind. Wertrechte sind in der überkommenen Dogmatik nur die Forderungsrechte (vgl. o. S. 96f.). Für die preußische Grundschuld entsprach der Charakter eines Wertrechts dem mecklenburger Vorbild. Sie war ein neues Rechtsinstitut, eine Zweckschöpfung, die einem erst in neuerer Zeit aufgetretenen Bedarf zu genügen hatte. Sie sollte der Kreditnot der Grundbesitzer gegensteuern. Für diesen Zweck mochte man es hinnehmen, daß das neue Recht sich dogmatisch nicht einordnen ließ. Anders stellt sich die Entwicklung für die Hypothek dar. Ihre Ausgestaltung als Wertrecht bricht mit einer Überlieferung. Sowohl das gemeine Recht als auch das ALR hatten die Hypothek als dingliches Recht gesehen (das ALR allerdings schon nicht ganz konsequent). Auch als Wertrecht könnte die Hypothek akzessorisch in dem Sinne sein, daß sie von Rechts wegen an die Forderung gebunden ist. Die Hypothek des EEG geht zwar in der Regel mit einer gesicherten Forderung zusammen, sie ist aber nicht durch objektivrechtliche Wirkungen gebunden. Der Gleichlauf wird bei der Entstehung und Übertragung des Pfandrechts durch Rechtsgeschäfte hergestellt. Nur die Möglichkeit rechtsgeschäftlicher Gestaltung ist so eingeschränkt, daß Hypothek und Forderung im Regelfall zusammengehalten werden. Auch im Falle von Zahlungen auf Hypothek oder Forderung sieht das Gesetz keinen automatischen Rückfall der Hypothek vor, sondern nur einen Anspruch auf Rückübertragung. Hier schuf die Rechtsprechung mit der Ansicht, daß der Zahlende Forderung und Pfandrecht von selbst erwirbt, einen Akzessorietätsfall. Selbst im äußeren Erscheinungsbild kann man von der Hypothek des EEG nicht mehr als einem "akzessorischen" Recht sprechen. Die Hypothek kann alleinstehen. Sie ist selbständig übertragbar, wenn auch die Forderung dann nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die Hypothek bleibt allein beim Gläubiger bestehen, wenn die gesicherte Forderung getilgt wird. Bemerkenswert für die Auseinandersetzung mit den neuen Grundpfandrechten ist eine Äußerung von Bähr. Er wies die Behandlung dieser Frage der preußischen und der allgemeinen deutschen Rechtswissenschaft zu. Bähr faßte zugleich - schon bevor die Entwürfe Gesetz waren - eine Revision des Gesetzes ins Auge. Dabei berief er sich auf Adolf Leonhardt, den preußischen Justizminister, der in anderem Zusammenhange gesagt hatte: "Gesetze, welche in heutiger Zeit erlassen werden, sind nicht bestimmt, auf Jahrhunderte zu gelten; der ganze Stand der Rechtswissenschaft läßt dies nicht zu. Das Leben ist viel zu bewegt, als daß man entsprechende Hoffnungen hegen könnte. Man mag deshalb, wenn die Zeit gekommen ist, die Resultate der Gesetzgebung und der Jurisprudenz zusammenfassen, und dann
IV. Die Akzessorietät der preußischen Pfandrechte (Schott)
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nach einiger Zeit, vielleicht nach Ablauf von 5 Jahren, eine Revision des Gesetzes eintreten lassen 32 ." Anlaß zu einer Revision hätte schon bestanden, nicht nur wegen der dogmatischen Probleme, die das EEG aufgeworfen hatte. Der Grund, aus dem die gesetzliche Neuregelung betrieben worden war, erwies sich als nicht stichhaltig. Das Instrument, das so dringend nötig und geeignet schien, um die Kreditnöte des Grundbesitzes zu mildern, wurde von der Praxis nicht angenommen. Die Grundschuld spielte nach Erlaß des EEG keine Rolle, der Bedarf nach einer wechselmäßigen Grundbelastung bestand wohl nicht in dem angenommenen Maße. Praktisch bedeutsam wurde allein die Hypothek 33 • IV. Schott: "Über die accessorische Natur des Pfandrechts" Im Jahre 1877 veröffentlichte H. Schott einen Aufsatz "Über die accessorische Natur des Pfandrechts". Es ist soweit ersichtlich die erste gesonderte Untersuchung zu diesem Thema. Er versuchte etwas, was unmöglich erscheinen muß; er wollte einen Begriff der Akzessorietät erklären, der alle pfandartigen Verhältnisse, vom gemeinen Recht bis zur Mecklenburger Hypothek und preußischen Grundschuld erfassen sollte. Diese Grundpfandrechte, die gerade unabhängig von einer persönlichen Forderung sein sollen, können nicht im gewöhnlichen Sinne akzessorisch sein. Schott schuf aber für diese Pfandrechte nicht einen ganz neuen, ungewöhnlichen Begriff der Akzessorietät. Er unterlegte auch den selbständigen Grundpfandrechten zwei unterscheidbare Rechte, die in einer akzessorischen Verbindung stehen. Seine Untersuchung befaßte sich insoweit mit der dogmatischen Einordnung der Grundschulden. 1. Die Konstruktion der Grundschuld
Schott beharrt auf der sauberen Trennung dinglicher und obligatorischer Rechte. Er sieht in den ihm vorliegenden Erklärungen der Grundschuld drei verschiedene Positionen, gegen die er Stellung bezieht. Bährs Realobligation, die dingliche Schuld von Meibom und das dingliche Wertrecht, das er bei Bremer findet, vermischen dingliche und obligatorische Elemente!. Schott "entzerrt" in seiner Deutung die Grundschuld. Er sieht in ihr zwei Rechte enthalten, eine Formalobligation (ein abstraktes Schuldversprechen)
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Bähr, Jh.Jb. 11, S. 126f. Bähr, Jh.Jb. 11, S. 126f. Schott, S. 9 ff.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
und ein Pfandrecht. Die Formalobligation hat außer der Abstraktheit einige Besonderheiten gegenüber sonstigen Forderungsrechten. Sie ist gelöst von den ursprünglichen Beteiligten des Schuldverhältnisses, Schuldner ist der jeweilige Grundstückseigentümer, Gläubiger der Inhaber des Grundpfandrechts. Der Schuldner haftet nur mit der Pfandsache, und die Formalobligation ist im Grundbuch durch die Eintragung der Grundschuld mitverkörpert. Daß eine solche Obligation vorhanden ist, ergibt sich für ihn daraus, daß aus der Grundschuld auf Zahlung geklagt wird und daraus, daß der Eigentümer die Grundschuld durch Zahlung ablösen kann 2 . Die Konstruktion, die Schott für die Grundschuld vorschlägt, wirkt künstlich. Sie ist ganz auf das Ergebnis hin angelegt, die Pfandrechte in eine einheitliche Form zu bringen. Schotts Argumentation scheint nur zu zeigen, daß sich eine solche Einheit in der Form ohne Zwang nicht herbeiführen läßt. Tatsächlich ist die Formalobligation, die in der Grundschuld stecken soll, nicht unverdächtig. Sie ist dem dinglichen Recht fast ganz deckungsgleich. Der Vorwurf, daß Schott sie für seinen Zweck nur erfunden hat, liegt nahe. Es ist außerdem eine seltsame Obligation, die in der Grundschuld liegen soll. Außer daß für sie nur beschränkt gehaftet wird, ist sie in der Zuordnung an die Grundschuld gebunden. Sie ist der Grundschuld bei Übertragungen akzessorisch, ein Umstand, den Schott trotz des Themas seines Aufsatzes nicht hervorhebt. Schließlich müßte Schott die Frage beantworten, was geschieht, wenn der Gläubiger auf sein Recht aus der Formalobligation verzichtet. Wenn in der Grundschuld zwei Rechte stecken, müßte das möglich sein; auch die Vorstellung von Akzessorietät, die Schott vertritt (dazu gleich), verbietet das nicht. Von der Grundschuld bliebe dann doch allein ein dingliches Recht übrig. Die Erklärung der Grundschuld bei Schott überzeugt nicht, sie ist aber doch interessant, wenn man in ihr nicht ein getreues Bild der Grundschulden in Mecklenburg und Preußen sucht. Man kann sie auch so betrachten, daß sie den Aufwand angibt, mit dem diese Rechte in das überlieferte System dinglicher und obligatorischer Rechte eingeordnet werden können. Der Umfang der Konstruktion gibt ein Maß für die Schwere des Eingriffs, den die Grundschulden in der überlieferten Dogmatik darstellen. Die Realobligation bei Bähr, das besondere Forderungsrecht bei Meibom, das dingliche Wertrecht bei Kohler (und Bremer) hatten den Eingriff ohne weiteres hingenommen. Die rechtliche Systematik reagierte bei ihnen sofort mit einem besonderen Institut, ohne sich um die Folgen in der Dogmatik zu sorgen. Schott stellt der Grundschuld die vorhandene Dogmatik entgegen, sie muß die Grundschuld fassen. Er hat keine Folgen zu fürchten; sein Entwurf zeigt selbst mit seinem Aufwand aber wohl nur, daß die Grundschuld nicht eingeordnet werden kann, ohne die traditionelle Dogmatik zu verlassen. 2
Schott, S. 12 f.
IV. Die Akzessorietät der preußischen Pfandrechte (Schott)
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2. Die Akzessorietät der Pfandrechte
Schott verwirft die Vorstellung einer Akzessorietät, nach der das Pfandrecht ohne Forderung nicht entstehen und fortbestehen kann. Die Forderung ist nicht Bedingung für den Bestand des Rechts 3 . Forderung und Pfandrecht stehen bei Schott aber nicht unverbunden nebeneinander. Forderung und Pfandrecht verfolgen denselben Zweck: "Beide Rechte gehen auf ein Bekommen-sollen, das erstere auf ein Bekommen-sollen von der obligirten Person, das andere auf ein Bekommen-sollen durch die verpfändete Sache4 ." Die beiden Rechte unterscheiden sich in der Beziehung auf den Zweck. Das Pfandrecht soll die Verwirklichung der Forderung sichern. Es hat deshalb seinen Zweck nicht in sich selbst, sondern nimmt ihn aus der Obligation 5 . Es legt doch wieder eine Art akzessorischer Abhängigkeit nahe, wenn das Pfandrecht an einen Zweck gebunden ist, den das Forderungsrecht angibt. Gegen diese Vorstellung wehrt sich Schott. Das Forderungsrecht schafft den Zweck nicht, er ist schon vor dem Forderungsrecht vorhanden. Der Zweck als solcher ist rechtlich nur nicht anerkannt. Hierfür braucht er das Forderungsrecht. Der Zweck hat im Forderungsrecht und im Pfandrecht zwei verschiedene Mittel zu seinem Schutz und zu seiner Verwirklichung. Das Forderungsrecht ist nur das primäre Mittel, das Pfandrecht ein zweites, subsidiäres. Daraus folgt für Schott "mit logischer Nothwendigkeit, daß dieser selbständige Zweck nach Belieben das primäre oder das subsidiäre Mittel zunächst ins Leben rufen kann. Es folgt daraus ferner, daß, wenn das Mittel der Obligation untergegangen ist, der Zweck derselben aber noch fortbesteht, auch das Pfandrecht als subsidiäres Mittel trotz des Unterganges der Obligation noch fortbestehen kann"6. Die Bindung an einen Zweck, der durch die Obligation vorgegeben ist, nennt Schott akzessorisch. Das Pfandrecht ist akzessorisch, weil es selbst keinen Zweck hat. Nur für den Zweck der Obligation ist es da, ihn verfolgt es, und mit ihm geht es unter 7• In diesem Sinne sieht Schott auch die Grundschulden in Mecklenburg und Preußen an den Zweck der in ihnen enthaltenen Formalobligation gebunden. Wichtigste Folge ist für ihn, daß das Pfandrecht als sekundäres, aber selbständiges Recht schon vor dem Forderungsrecht entstehen kannB. Damit begründet er auch, daß nach gemeinem 3 4
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Schott, S. Schott, S. Schott, S. Schott, S. Schott, S. Schott, S.
1.
3. 2 f. 5. 6. 8, 15.
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3. Kap.: Die Pfandrechte in Preußen
Recht ein Pfandrecht für künftige Forderungen bestellt werden und in bestimmten Fällen nach Erlöschen der Forderung fortbestehen konnte 9 . Für die "gewöhnliche Ansicht" von der akzessorischen Natur des Pfandrechts findet er in der Natur der Sache und in der juristischen Logik keinen Haltl°. Eine notwendige Abhängigkeit des Pfandrechts von der Forderung aus dem Gedanken der Zweckverbindung lehnt er ab und fragt: "Ist vielleicht nach der Natur der Sache das zu sichernde Object Existenzialbedingung für das Sicherungsmittel?" Seiner Sache sicher antwortet er selbst: .. NiC'mand wird dieß behaupten ll ." Die Kritik am Akzessorietätsbegriff bei Schott könnte an der Rolle ansetzen, die er dem Zweck gibt. Der Zweck ist schon vor der Obligation vorhanden, rechtlich noch nicht anerkannt, hat aber schon Wirkungen, indem er das Pfandrecht trägt. Er muß ein Rechtsinstitut sein. Windscheid kritisierte Schott mit Zweifeln an einem solchen Zweck 12 . In diesem Zweck, der mehr ist als eine bloße Zweckgemeinschaft von Forderung und Pfandrecht, kann man das Anrecht von Lübtow (s. o. 1. Kap. II 6) schon vorgezeichnet sehen. Lübtow hat sein Anrecht auch als Rechtsinstitut begründet. Schott insbesondere läßt sich entgegenhalten, daß das Forderungsrecht entgegen seiner Annahme doch "E:idstenzialbedingung" des Pfandrechts ist, jedenfalls soweit das Pfandrecht den Gläubiger nur in Höhe eines geschuldeten Betrages sichern soll. Schott geht von einem "Bekommen-sollen durch die gepfändete Sache" aus. Er behauptet eine Haftung der Sache und spricht - mit Brinz - von einer obligatio rei. Er lehnt es zwar ab, dieses Recht als "Obligation im technischen Sinne" anzusehen und betont den Unterschied der inneren Struktur bei der Rechte 13 • Das Pfandrecht enthält aber wohl selbst einen Wert, wenn es sich den Zweck der Obligation aneignet. Und nur deshalb kann Schott das Pfandrecht allein bestehen lassen. Ein dingliches Recht mit einem selbständigen Wert gibt es in der von Schott vorausgesetzten Dogmatik aber nicht. Hier hat auch Schott das dingliche Wertrecht. Die Vorstellung, die er bei Bähr, Meibom und Bremer kritisiert, ist letztlich auch Grundlage seiner Darstellung.
s. die Zusammenfassung S. 59ff. Schott, S. 15. 11 Schott, S. 4. 12 Windscheid, § 249 Fn. 8. 13 Schott, S. 3.
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Viertes Kapitel
Die Akzessorietät der Pfandrechte in den Entwürfen zum Bürgerlichen Gesetzbuch Der Gegensatz zwischen dem gemeinrechtlichen und dem preußischen Pfandrechtsverständnis, wie er oben dargestellt worden ist, kehrte in den Beratungen des BGB wieder. Die Voraussetzungen für eine Kodifizierung des Pfandrechts waren ungünstig. Weder die gemeinrechtliche Wissenschaft noch die Forschung zu den preußischen Grundpfandrechten hatte zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Die Gemeinrechtswissenschaft benutzte einen einheitlichen Pfandrechtsbegriff, konnte ihn aber dogmatisch nicht begründen. Bremers Erklärung der Pfandrechte, in der sich ein Weg zu einer einheitlichen Konstruktion andeutete (s. o. 2. Kap. III 2 c), hatte sich nicht durchgesetzt. Um neuzeitlichen Ansprüchen zu genügen, war das römische Pfandrecht auch zu undifferenziert. Der gesteigerte Umlauf aller Güter forderte einen erhöhten Schutz des Verkehrs. Das gemeine Recht verlangte nicht, daß dingliche Belastungen offenkundig gemacht wurden. Ein solcher Zustand war untragbar. Das preußische Recht bot dem Verkehr erheblich bessere Voraussetzungen als das gemeine Pfandrecht. Schon das Pfandrecht an beweglichen Sachen mußte durch Übergabe des Pfandes an den Gläubiger sichtbar gemacht werden. Grundstücksbelastungen waren immer im Grundbuch offenbar. Dafür hatte das preußische Recht die Pfandrechte zerrissen. Für das Fahrnispfand galt weiter die Regelung des ALR; es war ein akzessorisches und dingliches Recht. Die Grundpfandrechte waren nach ihrer Neuregelung im Eigentumserwerbsgesetz nicht mehr einzuordnen. Sie waren dingliche Wertrechte und stellten damit einen Rechtstyp dar, der dogmatisch nicht zu erfassen war. Für eine Gesetzgebung, die auf innere Geschlossenheit ihrer Grundlagen Wert legte, waren sie eine Herausforderung. Die Gesetzgebung stand bei der Regelung der Pfandrechte vor einem Dilemma, wenn sie Hypothek, Grundschuld und Fahrnispfand in das Gesetz aufnehmen wollte. Sie konnte über die Hypothek des Eigentumserwerbsgesetzes hinwegsehen und in ihr wieder stärker das Sicherungsmittel betonen. Damit stellte sie die Hypothek mit dem Fahrnispfand zusammen auf eine Grundlage und drängte die Grundschuld in die Position eines unregelmäßigen Gebildes. Sie konnte aber auch die Ähnlichkeit von Hypothek und Grundschuld als Grundbelastungen zum Ausgangspunkt nehmen, wie es
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
das Eigentumserwerbsgesetz getan hatte. Wenn aber das Gesetz Hypothek und Grundschuld auf einer gemeinsamen Grundlage darstellen wollte, mußte es dem Gedanken des dinglichen Wertrechts erheblich mehr Raum geben. Damit zerriß es den Zusammenhang, der zwischen Hypothek und Fahrnispfandrecht als Sicherungsrechten besteht. Von diesem Zwiespalt ist die Akzessorietät unmittelbar betroffen. Werden Hypothek und Fahrnispfand zusammen gesehen, können sie als rein dingliche Rechte behandelt werden. Beide Rechte sind gleichermaßen auf die Wertangabe aus dem Forderungsrecht angewiesen. Sie sind notwendig von der Forderung abhängig, sie sind in derselben Weise akzessorisch. Werden dagegen Hypothek und Grundschuld zusammengesehen, so ist die Hypothek als Wertrecht nicht notwendig akzessorisch, wenn es auch sinnvoll ist, die Hypothek an die gesicherte Forderung zu binden. Der Gesetzgeber kann diese Bindung freier ausgestalten. Es ergibt sich die Möglichkeit, daß sich die Akzessorietät der Hypothek und des Fahrnispfandes als zwei verschiedene Wirkungskomplexe voneinander trennen. Das dargestellte Dilemma beherrscht die Pfandrechtsdiskussion in den Entwürfen. Der erste Entwurf sonderte die Grundschuld aus den Pfandrechten aus. Die Entwicklung der Grundpfandrechte in Mecklenburg und Preußen wurde zum großen Teil zurückgenommen. Es wird der Versuch erkennbar, gemeinrechtliche Gedanken zu verwirklichen. In der Kommission, die den zweiten Entwurf ausarbeitete, prallten die Gegensätze aufeinander. Die Protokolle halten das Bemühen einer starken Fraktion fest, die Vorstellung einer Hypothek, die Realobligation ist, im Gesetz zu verankern. Die Auseinandersetzung hatte 'keinen Sieger, der sich voll durchsetzen konnte, wenn auch in den wesentlichen Vorschriften der dingliche Charakter der Hypothek bewahrt wurde. Mit diesem Ergebnis ging die Hypothek in das BGB ein. Die Auseinandersetzung in der zweiten Kommission läßt eines erkennen: Keine der streitenden Parteien konnte ihren Standpunkt dogmatisch überzeugend begründen, beide kämpften um das Prinzip. I. Die Akzessorietät der Pfandrechte im ersten Entwurf 1. Die dogmatischen Voraussetzungen der Pfandrechtskonstmktion
a) Die subjektiven Rechte in den Motiven Die Motive zum ersten Entwurf des BGB vermeiden im Sachenrecht die allgemeine Auseinandersetzung mit den subjektiven Rechten!. Sie behan1 Es sind Zweifel an der Bedeutung der in den Motiven mitgeteilten Überlegungen aufgekommen. Die Ausarbeitung der Motive war Hilfsarbeitern der Kommission überlassen. Die Redaktoren leiteten die Hilfsarbeiter zwar an und erhielten die Aus-
I. Erster Entwurf
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deIn die Frage vor allem für die systematische Ordnung des Gesetzes. Damit entfällt die Notwendigkeit, eine Systematik der subjektiven Rechte begründen zu müssen. Für die bloße Ordnung im Gesetz können sich die Motive darauf beschränken, die Besonderheit der dinglichen Rechte zu zeigen. Ihre Besonderheit hat nur die Behandlung der dinglichen Rechte in einem eigenen Sachenrecht zu rechtfertigen. Die Motive können die obligatorischen Rechte auf sich beruhen lassen, wenn es ihnen gelingt, die dinglichen Rechte deutlich genug abzugrenzen. Die Motive gehen von der üblichen Einteilung der Rechte in absolute und relative oder dingliche und persönliche aus. Sie verwerfen es, die Einteilung in absolute und relative Rechte als grundlegende Unterscheidung zu benutzen. Als entscheidendes Kriterium für die Ausgrenzung der dinglichen Rechte benutzen sie die Beziehung zu einer Sache, die das dingliche Recht herstellt. Das Wesen der Dinglichkeit liegt in der unmittelbaren Macht der Person über die Sache, die keinen Verpflichteten voraussetzt. Im Gegensatz dazu begründen obligatorische Rechte nur einen Anspruch auf Leistungen gegen den Verpflichteten 2 • Ausdrücklich sahen die Motive in den subjektiven Rechten also wieder die Beziehung, die Beziehung zu einer Sache bei den dinglichen Rechten, die Beziehung zu einer Person bei den obligatorischen. Mit dieser Sicht war der Weg zu einer Gesamtklasse der subjektiven Rechte schon verschlossen. Die Beziehung zur Sache bei den dinglichen Rechten und die Beziehung zum Verpflichteten bei den obligatorischen Rechten sind zu verschieden, als daß aus ihnen ein übergeordnetes Kriterium subjektiver Rechte gewonnen werden könnte (vgl. o. 2. Kap. III 1). Am Verständnis der Rechte als Beziehungen waren auch die Bemühungen um eine einheitliche Konstruktion für das Sachen- und Forderungspfandrecht gescheitert. Diese Konsequenz wiederholte sich in den Motiven zum ersten Entwurf. b) Die Pfandrechtskonstruktion Auch in der Frage, wie das Pfandrecht systematisch zu konstruieren sei, verhalten sich die Motive ausweichend. Sie behandeln die Frage nur in einem einleitenden Absatz, ohne eine bestimmte Konstruktion zu vertreten. In den Vordergrund stellen sie wieder die systematische Ordnung des Stoffs. Immerhin sprechen sie von einem einheitlichen Pfandrecht: Der Pfandbearbeitungen zur Revision, die Redaktoren sollten bei der Revision aber nicht tiefer in die Materie eindringen und sich auf kurze Bemerkungen über Irrtümer oder Lücken beschränken. - S. Schubert, S. 49. In grundlegenden Fragen wird man aber davon ausgehen können, daß die Redaktoren der Darstellung in den Motiven zugestimmt haben. 2 s. Mugdan III, S. 1 f.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
griff sei immer derselbe, insofern der Pfandgläubiger das Recht auf Verwertung des ihm verpfändeten Gegenstandes zum Zwecke der Befriedigung wegen seiner Pfandforderung habe 3 . Diese Aussage dient aber nur dazu, die Pfandrechte geschlossen im Sachenrecht einzuordnen. Die Motive lassen sich vom Sachenpfandrecht als der "praktisch wichtigsten Form, in welcher der Pfandrechtsgedanke zur Erscheinung kommt" leiten. Das Sachenpfandrecht sehen sie mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum als Recht an einer Sache an. Um das geschlossene Gebiet der Pfandrechte nicht zu zerreißen, ordnen sie das Pfandrecht an Rechten mit im Sachenrecht ein. Zur Rechtsnatur dieses Pfandrechts äußern sie nur einen Zweifel: "Die dingliche Natur ... (des Pfandrechts) ist für die Fälle, in denen dasselbe an einem Recht bestellt ist, insbes. für die Fälle des Forderungspfandes, erheblichen Zweifeln unterworfen 4 ." c)
Die Akzessorietät
Allgemeine Aussagen zur Wirkungsweise der Akzessorietät machen die Motive nicht. Sie weisen bei Hypothek und Fahrnispfand nur kurz auf deren akzessorischen Charakter hin: Die Pfandrechte dienen zur Sicherung einer Forderung und können folglich ohne Forderung nicht entstehen und hängen auch im Fortbestand von der gesicherten Forderung ab 5 • Dies ist nach der Vorstellung der Motive die Akzessorietät des römischen Pfandrechts. In drei Punkten sehen sie diese Akzessorietät durch die Entwicklung der Pfandrechte in Deutschland eingeschränkt: in der Zulassung einer forderungsunabhängigen Grundschuld, in der Erstreckung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs auf die gesicherte Forderung und im Institut der Eigentümerhypothek. Die Motive suchen aber auch für diese Einschränkungen die Verbindung zum römischen Pfandrecht. Schon das römische Pfandrecht habe Fälle gekannt, in denen das Pfandrecht ohne Forderung oder doch ohne die ursprüngliche Forderung weiterbestanden habe 6• Sie spielen damit auf die Fälle der hypothekarischen Sukzession an (vgl. o. 2. Kap. I 1 b (c)). Die Motive verstehen die Akzessorietät hier ausschließlich von der Sicherungsfunktion des Pfandrechts her. Unter diesem Sichtwinkel ist die Akzessorietät in den von den Motiven genannten drei Fällen und in den Fällen der hypothekarischen Sukzession durchbrochen. Die "Sicherungsakzessorietät" betont das Verhältnis von Forderung und Pfandrecht als führendem
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s. Mugdan III, S. 332. s. Mugdan III, S. 332. s. Mugdan III, S. 336f. Mugdan III, S. 337.
I. Erster Entwurf
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und geführtem Recht. Wenn das Pfandrecht ein akzessorisches Recht in diesem Sinne ist, muß es untergehen, sobald es sich vom führenden Recht trennt. Jede Ausnahme von dieser Rechtsfolge ist eine Durchbrechung der Akzessorietät. Wenigstens in einem der in den Motiven genannten Fälle, in denen die Akzessorietät eingeschränkt sein soll, kommt man zu einer anderen Beurteilung, wenn man die Akzessorietät nicht mit der Sicherungsfunktion begründet, sondern mit der Dinglichkeit der Pfandrechte. Die Pfandrechte brauchen das Forderungsrecht und sind .deshalb akzessorisch, weil ihnen als dinglichen Rechten die Wertangabe fehlt. Unter diesem Aspekt, der im Gegensatz zur Sicherungsakzessorietät Wertakzessorietät genannt werden könnte, ist die Erstreckung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs auf die gesicherte Forderung keine Durchbrechung, sondern eine Bestätigung der Akzessorietät 7 . Das dingliche Recht allein würde dem Erwerber nicht nützen, es kann ihm den Umfang seiner Berechtigung nicht mitteilen. Unter dem Gesichtswinkel der Wertakzessorietät brauchen auch die Fälle der hypothekarischen Sukzession nicht als Durchbrechungen der Akzessorietät gesehen zu werden. In diesen Fällen ließ sich der Wert, der die Berechtigung aus dem Pfandrecht bestimmte, noch zeigen, wenn er auch nicht mehr in die ursprünglich gesicherte Forderung gekleidet war (vgl. o. 2. Kap. I 1 b (c) und III 1 e).
Wenn man im Gegensatz zu den Motiven die Akzessorietät als Bindung an einen Wertangeber versteht, bleiben als Durchbrechungen noch die Grundschuld und die Eigentümerhypothek übrig. Beide müssen, um selbständig bestehen zu können, dingliche Wertrechte sein. Auf diese Eigenart und ihre Folgen für die Dogmatik gehen die Motive nicht ein. Nur sehr allgemein äußern sie sich zu den Schwierigkeiten, die Grundschuld zu konstruieren: "Die Schwierigkeiten, welchen die juristische Konstruktion der Grundschuld begegnen mag, fallen für den Gesetzgeber nicht ins Gewicht, da nicht behauptet werden kann, daß sie irgendwo zu einer Rechtsunsicherheit geführt haben. Wäre dies aber auch der Fall, so würde daraus nur folgen, daß bei der Regelung des Institutes darauf Bedacht zu nehmen wäre, den hervorgetretenen Unzuträglichkeiten durch entsprechende Bestimmungen vorzubeugen. Im übrigen ist die juristische Konstruktion Aufgabe der Wissenschafts. " Die Motive sehen die Grundschuld nur als einen Fall unter anderen, in denen die Akzessorietät durchbrochen ist. Für sie ist die Hypothek schon dadurch ein selbständiges Recht, daß dem gutgläubigen Erwerber nicht ent7 Vgl. Westermann, der davon spricht, daß die Forderung für die Hypothek inhaltsbestimmend ist, - § 106 III; vgl. o. S. 24. 8 s. Mugdan III, S. 340.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
gegengehalten werden kann, daß die gesicherte Forderung nicht besteht. Die Grundschuld kann dann so verstanden werden, daß sie die Tendenz zur Verselbständigung der Hypothek fortführt: "Kann man aber das, was nach der röm. Pfandtheorie die Lebensbedingung des Pfandrechts ist, der Hypothek entziehen, ohne dieselbe zu vernichten, so erscheint es nur folgerecht, wenn man insoweit die Verwendbarkeit dieser Theorie für das moderne Hypothekenrecht überhaupt bestreitet und die Lebensbedingung der Hypothek in einem anderen Momente sucht, als in dem persönlichen Schuldverhältnisse." Eigentlich hat dann ein nicht durchschauter dogmatischer Zusammenhang der Grundschuld den Weg in den ersten Entwurf des BGB geebnet 9 . Auf dieser Linie argumentierten die Motive weiter. Es macht danach für die logische Möglichkeit einer von dem persönlichen Schuldverhältnis getrennten Hypothek keinen Unterschied, ob diese Trennung gleich bei der Entstehung oder erst nach der Übertragung der Hypothek auf eine dritte Person zugelassen wird (wie beim gutgläubigen Erwerb der Hypothek)1°. Obwohl die dogmatischen Grundlagen des Pfandrechts, wie sie in den Motiven dargestellt sind, recht unsicher erscheinen, bieten die Pfandrechte in den Regelungen des ersten Entwurfs doch ein geschlossenes Bild. Auch wenn die Motive die Grundschuld aus der Hypothek herleiten, ist sie im Entwurf deutlich abgegrenzt. Der 9. Abschnitt des Gesetzes ist überschrieben mit "Pfandrecht und Grundschuld". Die Hypothek ist ein "Pfandrecht an Grundstücken" (Überschrift 9. Abschnitt 1. Titel). Die Grundschuld wird danach nicht als Pfandrecht gesehen, Pfandrechte sind nur die forderungsabhängigen Sicherungsrechte. Hypothek und Fahrnispfand wurden so der Grundschuld gegenübergestellt; die Motive sagten dazu, daß das System der Pfandrechte durch die Regelung der Grundschuld unterbrochen sei ll . Auch in den gesetzlichen Definitionen sind Pfandrechte und Grundschuld Gegensätze. Die Begriffsbestimmungen von Hypothek und Fahrnispfand sind im Wortlaut aneinander angelehnt. Der Entwurf definiert: Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß eine bestimmte Person berechtigt ist, wegen einer bestimmten Geldforderung Befriedigung aus dem Grundstück zu verlangen (Hypothek) - (I § 1062 Abs. 1). Entsprechend lautet die Definition des Fahrnispfandrechts: Eine bewegliche Sache kann in der Weise belastet werden, daß eine bestimmte Person berechtigt ist, aus der Sache (Pfand) wegen einer Forderung Befriedigung zu verlangen (Faustpfandrecht) - (I § 1145 Abs. 1)12.
s. Mugdan III, S. 339. s. Mugdan III, S. 339. 11 s. Mugdan III, S. 333. 12 Dieser Definition folgt das Pfandrecht an Rechten (I § 1206 Abs. 2).
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Abweichend bestimmt der Entwurf die Grundschuld: Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß eine bestimmte Person (Grundschuldgläubiger) berechtigt ist, zu verlangen, daß für sie eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstücke ... beigetrieben werde (Grundschuld) - (I § 1135 Abs. 1). Hypothek und Fahrnispfandrecht dienen nach ihrer Definition im ersten Entwurf der Befriedigung des Gläubigers, ohne selbst einen bestimmten Leistungsinhalt zu haben. Der Leistungsinhalt wird durch das Forderungsrecht bestimmt. In einer besonderen Vorschrift ist geregelt, welche Berechtigung die Hypothek gibt. Die Hypothek gibt dem Gläubiger den Anspruch, daß die fällige Forderung aus dem Grundstück beigetrieben wird (I § 1075). Die Hypothek gibt nur einen Anspruch auf Zwangsvollstreckung, nicht auf Zahlung. Ausdrücklich sagen die Motive, daß die Hypothek mit einem Zahlungsanspruch zu einem obligatorischen Recht würde 13 • Hypothek und Fahrnispfandrecht sind als rein dingliche Rechte angelegt. Für beide Rechte ist die Begleitung durch ein wertbestimmendes Recht wie für das gemeinrechtliche Pfandrecht notwendig. Am deutlichsten wird dies in den Motiven dort, wo sie den Übergang der Hypothek mit der Forderung erklären: "Denn da die Hypothek lediglich zur Sicherung der Forderung dient, so kann sie nur dem jeweiligen Gläubiger zustehen; für einen früheren Gläubiger würde sie ein inhaltsloses und folglich nutzloses Recht sein 14 ." Die Grundschuld hat im Gegensatz zu Hypothek und Fahrnispfandrecht schon nach ihrer Definition einen selbständigen Leistungsinhalt; indem sie auf eine bestimmte Geldsumme festgelegt ist, ist sie ein Wertrecht. Die Motive bestehen aber auf ihrem dinglichen Charakter. Sie greifen nicht auf die Möglichkeit zurück, die Grundschuld wie die Grundpfandrechte des EEG als dingliches Wertrecht oder als Realobligation zu erklären (s. o. 3. Kap. III d 1). Sie beschreiben die Grundschuld als ein Recht, "dessen Inhalt durch die abstrakte Befugniß zur Vernichtung der Rechte des jeweiligen Eigentümers gebildet wird" 15. In dieser Bestimmung ist die Grundschuld ein nur destruktives Recht, das in die Befugnis des Eigentümers eingreift. Sie ist mit dieser Eigenart ein dingliches Recht. Die Grundschuld enthält dann aber nicht mehr die Berechtigung auf die Grundschuldsumme. Die Motive deuten den Ausweg an, die Grundschuldsumme in dem Betrage zu sehen, mit dem der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in das Grundstück abwenden kann 16 . Diese Vorstellung hilft aber nicht, wenn der Eigentümer nicht freiwillig zahlt und der Grundschuldberechtigte in das 13 14 15
16
s. Mugdan III, s. Mugdan III, s. Mugdan III, s. Mugdan III,
12 Mincke
S. 377. S. 394. S. 435. S. 435.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
Grundstück vollstreckt. Dann muß ihm sein Recht selbst den Betrag angeben, auf den er aus der Grundschuld berechtigt ist. Der erste Entwurf hat das Fahrnispfandrecht und die Hypothek wieder zusammengeführt. Darin lag eine Abkehr von den Grundbelastungen des preußischen Eigentumserwerbsgesetzes, die Einheit der Pfandrechte schien auf der Grundlage der gemeinrechtlichen Dogmatik wiederhergestellt. Alle Pfandrechte konnten wieder als dingliche Rechte eingeordnet werden. Sie mußten dann notwendig akzessorisch sein, auch wenn sich die Kommission, die den ersten Entwurf ausarbeitete, dieser Notwendigkeit nicht bewußt war. Der Entwurf enthielt aber einen Sprengsatz mit der Grundschuld, die - dogmatisch ungeklärt - als Fremdkörper mitten in den Pfandrechten steckte. 2. Das Verhältnis der Pfandrechte zur gesicherten Forderung
a) Akzessorietätsfälle beim Fahrnispfandrecht Im ersten Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch waren die Pfandrechte grundsätzlich in der Entstehung, im Übergang und im Erlöschen an die gesicherte Forderung gebunden. Für das Pfandrecht an beweglichen Sachen war dies nicht anders zu erwarten. Mit ihm waren nicht dieselben wirtschaftlichen Erwartungen verknüpft, wie mit den Grundpfandrechten. Es bewahrte im wesentlichen die Regelungen des gemeinrechtlichen Pfandrechts und des Allgemeinen Landrechts. Dem preußischen Recht folgte es vor allem darin, daß die Bestellung durch Übergabe der Sache kundbar gemacht werden mußte. Ein besitzloses Pfandrecht an beweglichen Sachen, wie es nach gemeinem Recht möglich war, sollte es nicht mehr geben, das Fahrnispfandrecht war nur noch als Faustpfand zugelassen (I § 1147). Das Fahrnispfandrecht konnte nur zur Sicherung einer Forderung bestellt werden. Ausreichend war, wie im gemeinen Recht, eine unvollkommene Verbindlichkeit, eine bedingte, zukünftige oder unbestimmte Forderung (I § 1145). Es traten, wie im gemeinen Recht, Zweifel auf, ob es mit dem Akzessorietätsgrundsatz zu vereinbaren sei, wenn ein Pfandrecht für eine verjährte oder für eine nur zukünftige Forderung bestellt werden könne. Die Motive überließen es Wissenschaft und Praxis, eine Begründung für diese Fälle zu finden!7. Zweifelhaft dürften diese Fälle sein, wenn man die Akzessorietät so versteht, wie die Motive. Für die Sicherungsakzessorietät, die davon ausgeht, daß nur der Sicherungszweck die Bindung des Pfandrechts an die Forderung verlangt, ist das Pfandrecht ohne eine schon vorhandene Forderung 17
s. Mugdan III, S. 445.
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schwer vorstellbar. Das Pfandrecht braucht in der Forderung aber nicht nur die Verbindlichkeit - oder mit Hecks Ausdruck, das Gebotsgebilde (vgl. o. S. 26) - sondern vor allem auch das Wertrecht. Unter diesem Aspekt ist die pfandrechtliche Sicherung einer verjährten oder zukünftigen Forderung vielleicht einfacher zu verstehen. Um das Pfand verwerten zu können, ist erforderlich, daß der Wert der gesicherten Forderung feststeht. Die Verwertung ist deshalb erst möglich, wenn die Forderung fällig ist. Man kann sich vorstellen, daß durch die Verjährung die Forderung ihre Durchsetzbarkeit verliert, aber nicht die Fähigkeit, dem Pfandrecht den Wert anzugeben. Ebenso braucht das Pfandrecht vor der Verwertung nocht nicht die bestimmte Wertangabe. Als Grundlage für das dingliche Recht an der Sache reicht es auch aus, daß feststeht, in was für einem Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger sich der Wert entwickeln wird. Es reicht aus, wenn die später entstehende Forderung als diejenige individualisiert werden kann, für die das Pfandrecht bestellt wurde. Das Fahrnispfandrecht war auch im Übergang akzessorisch. Es ging bei der Übertragung der Forderung auf den neuen Gläubiger über, das Pfandrecht konnte nicht ohne Forderung übertragen werden (I § 1186). Die Motive sahen hier ausdrücklich eine Folge seiner akzessorischen Natur, der Übergang vollzog sich ohne besondere Verfügung, von Rechts wegen l8 . Die Parteien konnten allerdings vereinbaren, daß allein die Forderung übertragen sein sollte; das Pfandrecht erlosch in diesem Fall (I § 1190). Das Pfandrecht erlosch schließlich mit der gesicherten Forderung (I § 1192 Abs. 1), wieder infolge seiner akzessorischen Natur l9 . b) Akzessorietätsfälle bei der Hypothek Die Hypothek brauchte, wie das Fahrnispfandrecht, zur wirksamen Entstehung eine Forderung (I § 1062 Abs. 1). Auch für die Hypothek genügte eine bedingte oder zukünftige Forderung (I § 1062 Abs. 2). Wie eben zum Fahrnispfandrecht ausgeführt, braucht dies keinen Verstoß gegen den Akzessorietätsgrundsatz zu bedeuten. Auch die Hypothek ging von Rechts wegen auf den neuen Gläubiger über, wenn die gesicherte Forderung abgetreten wurde (I § 1086 Abs. 1). Die Verbindung mit der gesicherten Forderung war noch enger als beim Fahrnispfand, über die Forderung konnte auch nicht mit der Folge selbständig verfügt werden, daß die Hypothek erlosch. Ausdrücklich folgte der Entwurf nach den Motiven hier dem römischen Recht und sah in dieser Wirkung eine Folge der Akzessorietät 2o • Ebenso begründeten die Motive, daß im Regelfall die Hypothek mit der gesi18 19 20
12'
s. Mugdan III, S. 467. s. Mugdan III, S. 467. s. Mugdan III, S. 394.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
cherten Forderung erlischt (I § 1092)21. Die Auffassung des preußischen Eigentumserwerbsgesetzes, daß die Hypothek nur durch Löschung im Grundbuch untergeht, war damit wieder verdrängt (vgl. o. S. 155f.). Bei der Hypothek des preußischen Allgemeinen Landrechts war eine Art der Akzessorietät notwendig geworden, die das gemeine Recht nicht kannte. Im gemeinen Recht waren die Pfandrechte rein dingliche Rechte, die einen Wert selbständig nicht haben konnten. Nach dem preußischen Allgemeinen Landrecht hatte sich für die Hypothek bei Teilablösungen und beim gutgläubigen Erwerb der Charakter eines selbständigen Wertrechts angedeutet (s.o. 3. Kap. I 2). Diese Hypothek mußte durch eine Akzessorietät im Umfang in ihrem Wert an die gesicherte Forderung angepaßt werden. Das Eigentumserwerbsgesetz hatte dann die Hypothek ganz als Wertrecht gesehen (s.o. 3. Kap. III 4). Der erste Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch behandelte die Hypothek im Gegensatz dazu wieder als dingliches Recht. Folgerichtig durfte sie auch nicht ein Recht mit einem bestimmten Wertumfang sein. Die dingliche Hypothek brauchte keine Umfangsakzessorietät. Der erste Entwurf behandelte die Pfandrechte konsequent als dingliche Rechte, wenn z. B. mehrere Sachen Gegenstand des Pfandrechts waren. Die Pfandhaftung war dann nicht aufgeteilt, was beim Pfandrecht einen Wert vorausgesetzt hätte. Jeder Gegenstand haftete für die ganze Forderung (I §§ 1071, 1078, 1150). Auch einen Anspruch auf Freigabe einzelner Gegenstände, wenn die gesicherte Forderung teilweise getilgt wurde - wie ihn das Allgemeine Landrecht hatte (s. o. 3. Kap. I 2 a) - kannte der Entwurf nicht. Nachdem der Entwurf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs auf die gesicherte Forderung ausgedehnt hatte, brauchte auch die nur gutgläubig erworbene Hypothek nicht als Wertrecht angesehen zu werden. Ein anderer Eindruck könnte vielleicht entstehen, weil für die wirksame Bestellung der Hypothek eine bestimmte Summe angegeben werden muß und die Motive sich hierfür u. a. auf das preußische Eigentumserwerbsgesetz berufen. Die Motive und auch der Gesetzestext (I § 1062) lassen aber keinen Zweifel, daß damit der Betrag der gesicherten Forderung und nicht ein Betrag der Hypothek gemeint ist 22 . Der erste Entwurf enthält aber wieder die Vorschrift, daß der Eigentümer des Grundstücks, wenn er den Gläubiger teilweise befriedigt, eine Teileigentümerhypothek in Höhe des abgelösten Betrages erhält (I § 1095). Diese Vorschrift sollte mit einem dinglichen Pfandrecht nicht zu vereinbaren sein. Die Regelung bricht mit dem im römischen Recht strikt eingehaltenen Satz, daß die Pfandhaftung ungeteilt ist (indivisa causa pignoris - vgl. o. S. 105 f.). Der teilweise Übergang der Hypothek ist nur möglich, wenn das Recht ein 21 22
s. Mugdan III, S. 402. s. Mugdan III, S. 355.
I. Erster Entwurf
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Wertrecht ist. Es hilft auch nicht, wenn man den Betrag allein in die Eigentümerhypothek legt, die der Ablösende erwirbt. Damit ein solcher Teil entstehen kann, muß das Recht, von dem er abgespalten ist, selbst einen Wert haben; dieser Wert muß um den Betrag der Teileigentümerhypothek vermindert sein. Die Teileigentümerhypothek erscheint indes nicht als Bruch mit der Akzessorietät, wenn man in ihr eine Anhängigkeit der Hypothek von der gesicherten Forderung im Umfang sieht. Sie bestätigt aber nur die Sicherungsakzessorietät, welche allein die Kommission des ersten Entwurfs wahrgenommen zu haben scheint. Sie steht in Gegensatz zur Wertakzessorietät, die den Grund für die Abhängigkeit des Pfandrechts von der Forderung darin sieht, daß die Forderung den beim dinglichen Pfandrecht fehlenden Wert ergänzen muß. Die Teileigentümerhypothek brachte einen Widerspruch in den ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der den dinglichen Charakter der Hypothek im übrigen wahrte. Mit der Teileigentümerhypothek kam wieder das dingliche Wertrecht ins Bild, das nur einzuordnen ist, wenn man den Gegensatz zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten zu opfern bereit ist (vgl. o. 3. Kap. III 4 die Versuche von Bähr, Meibom, Dernburg, Bremer, Kohler). Die Eigentümerhypothek sahen die Motive selbst als Durchbrechung der Akzessorietät an (vgl. o. S. 174). Dieser Schluß liegt nahe, wenn man ihn von der Erlöschensakzessorietät her betrachtet, er ist aber nicht zwingend. Es war nach dem ersten Entwurf nur der Grundfall der gesetzlichen Regelung, der in der Praxis wohl sogar die Ausnahme war, daß bei Erlöschen der Forderung die Hypothek unterging. Die Hypothek erlosch regelmäßig nur, wenn der Schuldner und der Eigentümer des belasteten Grundstücks verschiedene Personen waren und der Schuldner den Gläubiger befriedigte. In den Fällen, in denen der Eigentümer an den Gläubiger leistete, ließ der Entwurf die Hypothek auf den Eigentümer übergehen (I § 1094 Abs. 1). Die Folgen waren danach verschieden, ob der Eigentümer auch persönlicher Schuldner war oder nicht. War er nicht persönlicher Schuldner, so erwarb er die abgelöste Forderung gegen den Schuldner zusammen mit der Hypothek (I § 1094 Abs. 2). War er zugleich persönlicher Schuldner, so erwarb er nur die Hypothek (I § 1094 Abs. 3). Diese letzte Gestaltung schuf die Eigentümerhypothek. Zu einer Durchbrechung der Akzessorietät kommt man mit der Eigentümerhypothek, wenn man wieder von der Sicherungsakzessorietät ausgeht. bie Hypothek besteht ohne Forderung fort, also ohne Gegenstand, den sie sichert. Die Motive haben sich vor allem von der Vorstellung des preußischen Rechts gelöst, daß der Schuldner mit der Hypothek eine Forderung gegen sich selbst erwarb, die in seiner Hand nur ruhte (vgl. o. S. 138). Diese Konstruktion verwarfen die Motive als "höchst künstlich". Sie zogen es vor,
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
in der Eigentümerhypothek eine selbständige Belastung, ähnlich wie die Grundschuld zu sehen 23 • Man kann die Fälle, in denen der Entwurf die Hypothek trotz Befriedigung des Gläubigers weiterbestehen ließ, aber auch anders auslegen. Der Fall, daß ein Pfandrecht an eigener Sache bestand, war auch dem gemeinen Recht nicht ganz fremd 24 • Es ließe sich derselbe Gedanke anwenden, der oben schon als ein gemeinsames Prinzip für Akzessorietät und die hypothekarische Sukzession im römischen Recht erwogen wurde (vgl. o. S. 106). In jedem Fall braucht das dingliche Pfandrecht eine Wertangabe. Diese Wertangabe geschieht in der Regel durch das obligatorisches Recht, dessen Sicherung das Pfandrecht dient. In einigen Fällen mag es aber auch als ausreichend angesehen worden sein, wenn der Wert in anderer Weise festgestellt werden konnte, z. B. durch den tatsächlichen Aufwand, den jemand für das Pfandrecht erbracht hatte. Mit dieser Auslegung wurde das Pfandrecht demjenigen zugesprochen, bei dem ein solcher Wertaufwand festzustellen war. So lassen sich vielleicht die Fälle der hypothekarischen Sukzession erklären, die dann nicht mehr unbedingt einen Gegensatz zur Akzessorietät bilden. Das Pfandrecht bliebe auch in diesen Fällen einem Wert "akzessorisch". Mit demselben Gedanken kann man auch die Regelung der Eigentümerhypothek im ersten Entwurf erklären. Derjenige Eigentümer, der selbst nicht schuldete und auch den Gläubiger nicht befriedigt hatte, hatte aus seinem Vermögen nichts aufgewandt. Sein Eigentum war nur eine Zeitlang gefährdet gewesen, weil es als Sicherung für eine fremde Forderung zur Verfügung gestanden hatte. Er hätte die Hypothek nur als ein selbständiges Wertrecht erhalten können; ein Wert, an den sich die Hypothek anlehnen könnte, fand sich bei ihm nicht. Ein Wertaufwand war aber in den Fällen zu erkennen, in denen der Eigentümer den Gläubiger befriedigte hatte, ob er Schuldner war oder nicht. Den aufgewandten Wert konnte die Hypothek beim Eigentümer zur Grundlage nehmen. Er rechtfertigte auch, daß ihm die Grundstücksbelastung gegenüber nachstehenden Hypothekengläubigern erhalten blieb. Der Akzessorietät, der hypothekarischen Sukzession und der Eigentümerhypothek liegt dann immer derselbe Gedanke zugrunde, daß das dingliche Pfandrecht selbständig keinen Wert hat und dem von außen gegebenen Wert folgt. Auch die Eigentümerhypothek entsteht als Folge der Wertakzessorietät.
23
s. Mugdan III, S. 407.
24
Vgl. Windscheid, § 248, 4.
11. Zweiter Entwurf
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ß. Die Akzessorietät der Pfandrechte
im zweiten Entwurf
Die Ordnung der Pfandrechte (aus denen die Grundschuld hier ausgenommen ist, vgl. o. S. ) im ersten Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch konnte dogmatisch durchaus befriedigen. Sie war dogmatisch sogar folgerichtiger, als den Verfassern bewußt war. Der Kommission scheint zwar nicht klar gewesen zu sein, daß es die Dinglichkeit des Pfandrechts ist, die dazu zwingt, es akzessorisch auszugestalten. In den gesetzlichen Regelungen hat sie aber ein Bild der Pfandrechte geschaffen, das dieser Voraussetzung gerecht wird. Der einzige wirkliche Verstoß gegen den dinglichen Charakter der Pfandrechte und gegen die mit der Dinglichkeit des Pfandrechts begründete Akzessorietät lag in der Teileigentümerhypothek, die bei teilweiser Tilgung der gesicherten Forderung entstand. Diesen Verstoß hatte schon das Allgemeine Landrecht enthalten (vgl. o. 3. Kap. I 2 a), die dogmatische Unregelmäßigkeit der Teileigentümerhypothek war der Kommission wohl nicht bewußt. Ein bewußtes Problem war im ersten Entwurf aber die Grundschuld, die neben den Pfandrechten stand und dogmatisch nicht einzuordnen war. Der erste Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist von der Öffentlichkeit insgesamt kritisch aufgenommen worden. Gerügt wurden vor allem der "Doktrinarismus" und die Lebensfremdheit des Entwurfs 1 . In der daraufhin eingesetzten zweiten Kommission wurden auch die Pfandrechte noch einmal grundsätzlich behandelt. Die Konstruktion des Fahrnispfandrechts stellte dabei kein Problem dar; die Kommission folgte hierin dem ersten Entwurf. Auch in den Regelungen des zweiten Entwurfs blieb das Fahrnispfandrecht ein dingliches und damit notwendig akzessorisches Recht. In dieser Gestalt wurde es im Bürgerlichen Gesetzbuch geltendes Recht. Zum Gegenstand heftiger Diskussion wurde aber das Recht der Grundbelastungen. Die Systematik der Grundbelastungen im ersten Entwurf zog Kritik auf sich. Eine Zusammenfassung der Meinungen findet sich in den Verhandlungen des 20. und des 22. Deutschen Juristentages 2 • Beide Juristentage hatten als Tagesordnungspunkt die Frage: "Sind die im Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehenen Arten des Pfandrechts an Grundstücken einschließlich der Grundschuld beizubehalten3?". Anstoß erregte die Vielfalt Vgl. Wieacker PRG, S. 469ff. Der 20. DJT in Straßburg (1889) hatte die Grundbelastungen diskutiert, überließ die Problematik aber zur weiteren Erörterung dem 21. DJT in Köln (1891), von dessen Tagesordnung sie aber gestrichen wurde, da Dernburg nicht erscheinen konnte. Sie wurde schließlich auf dem 22. DJT in Augsburg (1893) wieder behandelt (s. Weber, 22. DJT, Bd. 4, S. 35f., 4lf.). 3 20. DJT Bd. 4, S. 238; 22. DJT Bd. 4, S. 22. 1
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
der im Entwurf angebotenen Gestaltungen: Buchhypothek, Briefhypothek, Sicherungshypothek und Grundschuld 4 • In dieser Vielfalt fanden sich alle bisher in den verschiedenen Landesteilen üblichen Arten von Grundbelastungen wieder 5 . Das bedeutete einerseits eine Schonung; nirgends wurde ein völliges Umdenken verlangt. Andrerseits konnten die neuen Belastungsmöglichkeiten den Verkehr verwirren; auch der juristische Fachmann suchte hinter der Vielfalt aber vergeblich das einheitliche Regelungskonzept. Hier bemühte sich der Juristentag um Abhilfe. In den Stellungnahmen der Gutachter, Referenten und Diskussionsteilnehmer wurde im Ergebnis aber nur sichtbar, wie verschieden die Anforderungen an das neue Recht der Grundbelastungen waren. Dernburg stellte in seinem Referat wesentlich auf die "Marktgängigkeit" der Hypothek ab. Er wollte alle anderen Formen der Grundbelastung, auch die Grundschuld, zugunsten der Briefhypothek zurückdrängen 6 . Justizrat Levy aus Berlin legte seinem Gutachten die strenge Trennung von Immobiliarkredit und Personalkredit zugrunde. Charakteristisch für den Immobiliarkredit sollte die auf das Grundstück beschränkte Haftung sein. Dies war in einer der Grundschuld nachgebildeten "Briefhypothek" zu verwirklichen. Nur daneben sollte auch noch eine akzessorische Sicherungshypothek zugelassen sein 7 . Auch Loebell, Richter am Reichsgericht aus Leipzig, wollte die Belastungsformen auf zwei, eine akzessorische Buchhypothek, die der Sicherungshypothek ähnelte, und eine der Grundschuld entsprechende Briefhypothek beschränken8 • Dem entsprach im Grundsatz auch der Vorschlag von Gierke, der vom Gegensatz von römischrechtlichem Pfandrecht und deutschrechtlicher dinglicher Schuld ausging. Das Pfandrecht am Grundstück sollte eine als reines Sicherungsrecht ausgestaltete Hypothek sein. Als dingliche Schuld sollte daneben die verkehrsfähige Grundschuld stehen 9 . Am tiefsten drang der Wiener Professor Franz Klein in die Problematik ein. In seinem ausführlichen Gutachten stellte er noch einmal grundsätzlich die Frage nach der Berechtigung verschiedener Arten von Grundstücksbelastungen. Er prüfte noch einmal gesellschaftspolitisch und ökonomisch die Argumente, mit denen einst die verkehrsfähige, nicht-akzessorische Grundbelastung gefordert worden war. Er kam zu dem Ergebnis, daß ein berechtigtes Bedürfnis nur für die akzessorische Buchhypothek bestehe. Die Grundschuld sei sinnvoll nur in den überschaubaren Verhältnissen Meck-
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Vgl. das Referat von Dernburg, 20. DJT Bd. 4, S. 434. Vgl. Klein, 22. DJT Bd. 4, S. 442f. Dernburg, 20. DJT Bd. 4, S. 238ff. Levy, 20. DJT Bd. 3, S. 261ff. Loebell, 22. DJT Bd. 1, S. 491ff. Gierke, 22. DJT Bd. 4, S. 22 ff.
11. Zweiter Entwurf
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lenburgs gewesen. Für den Bedarf an verkehrsfähigen Papieren sollten die Pfandbriefe der Hypothekenanstalten ausreichen lo . In den verschiedenen Voten der beiden Juristentage kehrten letztlich alle Arten der Grundbelastung, wie der Entwurf sie enthielt, wieder. In der Abstimmung wurde der Vorschlag von Gierke zwar mehrheitlich mit fünfundzwanzig gegen zwanzig Stimmen angenommen ll . Dieses doch recht knappe Ergebnis zeigte aber auch, daß nicht eine Entscheidung anstand, sondern höchstens ein Kompromiß. Auch in diesem Sinne äußerten sich Stimmen. Justizrat Weber aus München, der innerlich wohl eher Klein nahestand l2 , und Stößer, Senatspräsident aus Karlsruhe l3 , wollten die Regelung des Entwurfs gerade als Kompromiß annehmen. Bemerkenswert an den Äußerungen auf den beiden Juristentagen bleibt, daß die dingliche Hypothek, das akzessorische Pfandrecht in allen Voten seinen Platz behielt. Die Vertreter des Grundschuldgedankens nahmen also die zweigleisige Regelung hin, wie sie im ersten Entwurf angelegt war. Radikaler scheint dagegen die Auseinandersetzung in der zweiten Kommission geführt worden zu sein. In den Verhandlungen der zweiten Kommission, die für die zweite Lesung den Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu überarbeiten hatte, wurde offenbar versucht, Hypothek und Grundschuld wieder auf eine gemeinsame dogmatische Basis zu stellen. Der einzige Weg, Hypothek und Grundschuld in einer Konstruktion zu vereinigen, führte über ein Recht in der Art der Realobligation. Der Antrag, dem Gesetz eine einheitliche Grundbelastung in der Art der Realobligation zugrunde zu legen, wurde in der zweiten Kommission gestellt. Ausdrücklich sagen die Protokolle 14 , daß dieser Antrag den Vorschlägen der mecklenburgischen Regierung entsprach. Er wurde aber deutlich mit 17 gegen 4 Stimmen abgelehnt l5 . Damit begann ein Ringen von Vorschrift zu Vorschrift, in dem die Vertreter der Realobligation gegen die Vertreter der dinglichen Hypothek versuchten, ihren Einfluß geltend zu machen. Eine dogmatisch geschlossene Regelung konnte unter diesen Voraussetzungen nicht mehr erwartet werden. Die dogmatisch sauberste Lösung hätte verlangt, die Grundschuld, das "unmögliche" dingliche Wertrecht fallen zu lassen. Ein entsprechender Klein, 22. DJT Bd. 1, S. 431ff. 22. DJT Bd. 4, S. 55. 12 Weber, 22. DJT Bd. 4, S. 41. 13 Stößer, 20. DJT Bd. 4, S. 250 ff. 14 Protokolle, Mugdan III, S. 788 - in den Protokollen über die Beratungen der zweiten Kommission liegt eine wohl verläßliche Information vor. Zwar lagen sie der Gesamtkommission nicht zur Genehmigung vor, sie wurden aber von einer Protokollkommission überprüft; vgl. Schubert, S. 58. 15 s. Mugdan III, S. 788. 10
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
Antrag wurde aber in der zweiten Kommission schon nicht mehr gestellt1 6 . Ihr stellte sich nur noch die Aufgabe, Hypothek und Grundschuld neu zu ordnen. Die einzig mögliche Ordnung, die den dinglichen Charakter der Hypothek erhielt, lag im ersten Entwurf vor. Die Vertreter einer dinglichen Hypothek mußten also versuchen, den ersten Entwurf so weit wie möglich zu bewahren. Jede Neuordnung konnte nur auf Kosten der Dinglichkeit der Hypothek gehen, vor allem, wenn sie Hypothek und Grundschuld auf einer dogmatischen Basis zusammenführen wollte. 1. Wertelemente der Hypothek
Den Vertretern der dinglichen Hypothek ist es wohl gelungen, in wesentlichen Regelungen ihre Vorstellung durchzusetzen. Die Hypothek hat in den Änderungen der zweiten Kommission aber an vielen Stellen ein Wertelement aufgenommen. Die Folgerung, daß die Hypothek dadurch allein stehen kann und nicht mehr notwendig akzessorisch ist, wurde mehrmals gesehen und ausgesprochen. Es wurde aber nicht ausgesprochen, daß sie dann kein rein dingliches Recht mehr ist. a) Begriffsbestimmung Einen wichtigen Erfolg konnten die Vertreter des Gedankens, daß die Hypothek eine Realobligation ist, schon bei der Begriffsbestimmung verbuchen: "Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß der Berechtigte die Zahlung einer bestimmten Geldsumme aus dem Grundstück zur Befriedigung einer ihm zustehenden Forderung verlangen kann (Hypothek)l7 . " Die Mehrheit der Kommission wollte in dieser Fassung zwar noch keine Entscheidung darüber sehen, wie die Hypothek rechtlich zu konstruieren sei; sie behielt sich vor, nach Beratung des Hypothekenrechts noch einmal zu überprüfen, ob diese Fassung auf alle Vorschriften passe l8 . Die Begründung, die der Antragsteller seiner Begriffsbestimmung gegeben hatte, war andrerseits deutlich: Nachdem die Kommission beschlossen habe, die verschiedenen Formen der Grundstücksbelastung beizubehalten, sei es wünschenswert, sie auf eine einheitliche Grundlage zurückzuführen. Einen geeigneten Ausgangspunkt biete die Grundschuld, welche sich darVgl. Protokolle, Mugdan III, S. 79l. Mugdan IH, S. 795 - in den Entwurf der zweiten Kommission gelangte diese Vorschrift in leicht geänderter Fassung; dazu u. S. 187f. 18 s. Mugdan III, S. 795. 16
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H. Zweiter Entwurf
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stelle als abstrakte Belastung eines Grundstücks mit einer Geldsumme zugunsten eines bestimmten Berechtigten. Solle die Belastung mit einer persönlichen Schuld in Zusammenhang gebracht werden, so sei es nicht gerade erforderlich, den Bestand der dinglichen Belastung von der Existenz der Forderung abhängig zu machen. Der Antragsteller fuhr fort: Das Bestreben der modernen Gesetzgebung, den Schutz des guten Glaubens auf den Hypothekenverkehr zu erstrecken, gehe dahin, den akzessorischen Charakter der Hypothek mehr und mehr abzustreifen; man sei auf diesem Wege zur Eigentümerhypothek gelangt. Dem Zuge der modernen Rechtsentwicklung entspreche es deshalb mehr, nicht den Bestand der Hypothek von der Existenz einer persönlichen Forderung abhängig zu machen, sondern der persönlichen Forderung nur die Bedeutung beizulegen, daß sie als Legitimation für den Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück diene. Mit diesen Ausführungen hat der Antragsteller die Bezeichnung Realobligation vermieden, er beschreibt die Hypothek aber als ein Recht, das in derselben Weise dingliche und obligatorische Elemente vermischt. Die Weiche ist schon dadurch gestellt, daß er die Grundschuld zum Ausgangspunkt nimmt. Die "Belastung eines Grundstücks mit einer Geldsumme" bedeutet ein dingliches Recht mit einer selbständigen Wertangabe, das in der überlieferten Dogmatik nicht möglich ist. Wenn die Grundschuld das Modell ist, muß auch die Hypothek ein Wertrecht sein. Unter dieser Voraussetzung kann die Hypothek unabhängig von einer Forderung bestehen, wie der Antragsteller ausgeführt hat. Sie ist nicht mehr notwendig akzessorisch. Nicht sehr deutlich ist, was damit gemeint ist, daß die persönliche Forderung der Legitimation für den Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück dient. Die Legitimation hat im Vermögensrecht gewöhnlich die Bedeutung, daß an den Legitimierten mit befreiender Wirkung eine Leistung erbracht werden kann. Die Legitimation überwindet für den Leistenden Mängel in der materiellen Berechtigung des Anspruchsstellers. In der Legitimation wird dann eine dritte Form der Verbindung sichtbar, in der Forderung und Pfandrecht stehen können. Die notwendige Wertakzessorietät brauchte die Hypothek in der neuen Begriffsbestimmung nicht, wenn die Hypothek selbst ein Wertrecht ist. Nicht entbehrlich wurde dadurch aber die Bindung von Forderung und Pfandrecht, die verhindert, daß die Rechte in verschiedene Hände fallen. Diese Sicherungsakzessorietät ist auch für ein Wertrecht erforderlich. Wenn die Forderung nur die Wirkung einer Legitimation hat, ist überhaupt keine wirkende Akzessorietät mehr vorhanden. Die Forderung ist nicht mehr für die Berechtigung am Pfand von Bedeutung, sondern nur für die Geltendmachung. Die von der zweiten Kommission beschlossene Begriffsbestimmung der Hypothek ist mit einer Änderung ins Bürgerliche Gesetzbuch gekommen.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
Die Aussage, daß der Berechtigte Zahlung einer bestimmten Geldsumme aus dem Grundstück verlangen kann, ist dahin geändert worden, daß an ihn eine Geldsumme zu zahlen ist (II § 1022; vgl. § 1113 Abs. 1 BGB). Der Unterschied zwischen diesen Formulierungen ist nicht groß. Im "Verlangenkönnen" ist der Zahlungsanspruch stärker betont, der die hypothekarische Berechtigung als ein Forderungsrecht erscheinen läßt. Die geltende Fassung stellt den Anspruch zurück und betont die Verpflichtung. Der dogmatische Einbruch in die dinglichen Rechte ist derselbe. Ob Anspruch oder Verpflichtung, in beiden Fällen geht es um ein Summenversprechen, das nur in der Gestalt eines obligatorischen Rechts möglich ist. Die neue Definition der Hypothek, in der sie selbst einen Anspruch enthält, hatte sofort Folgerungen: Die dingliche Hypothek des ersten Entwurfs hatte eine Vorschrift nötig gemacht, die den Inhalt der Berechtigung aus der Hypothek beschrieb. Die Hypothek gab dem Berechtigten den Anspruch, daß die gesicherte Forderung durch Vollstreckung in das Grundstück beigetrieben werde (I § 1075). Wenn die Hypothek selbst einen Zahlungsanspruch enthält, ist eine solche Vorschrift überflüssig. Folgerichtig wurde in der zweiten Kommission beantragt, die Vorschrift zu streichen 19 • Die Mehrheit entschied sich aber dafür, die Vorschrift nicht zu streichen, sondern ihren Inhalt so zu beschränken, daß sie nur die Art und Weise angab, wie der Anspruch geltendzumachen sei (II § 1054; vgl. § 1147 BGB). In der Begründung, mit der die Vorschrift in der beschränkten Fassung beibehalten wurde, kann man den Versuch erkennen, die Verbindung zum rein dinglichen Fahrnispfand nicht ganz abreißen zu lassen: Die Vorschrift empfehle sich schon aus Rücksicht auf die Symmetrie mit den Vorschriften, welche für das Faustpfandrecht und das Pfandrecht an Rechten die Art der Befriedigung des Gläubigers bestimmen. Von anderer Seite wurde die neue Fassung dagegen begrüßt, weil es wünschenswert sei, "durch den Wortlaut des Gesetzes der Auffassung der Hypothek als einer Realobligation nicht entgegenzu treten" 20 . b)
Gesamthypothek
Einen starken Ausdruck hat die Vorstellung, daß die Hypothek ein Wertrecht ist, in der zweiten Kommission auch bei der Regelung der Gesamthypothek erhalten. Die Protokolle sprechen davon, daß mit der Hypothek ein bestimmter Wertteil des Grundstücks ausgeschieden und dem Gläubiger zum Zwecke seiner Befriedigung zur Verfügung gestellt werde 21 . Ausdrück-
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s. Mugdan III, S. 814 - Antrag 1 a zu I § 1075. s. Mugdan III, S. 814f. s. Mugdan III, S. 858.
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lich bezog sich die K.ommission auf die neue Definition der Hypothek. Sie ging wohl sogar über das hinaus, was die Vorstellung der Hypothek als Realobligation nahelegte. Der Wert der Hypothek war nicht nur in einem Betrag festgelegt, den der Hypothekengläubiger verlangen konnte, der Wert des Grundstücks selbst scheint teilbar und in der Hypothek Gegenstand des Rechtsverkehrs zu werden. Es zeichnet sich wieder ein neues Verständnis des Inhalts der Hypothek ab. Die Folge des in der Hypothek verkörperten Wertteils war, daß sich mit der Gesamthypothek die Werte in der Hand des Gläubigers häuften; er hatte den Wert seiner Forderung soviel mal, wie ihm Grundstücke in der Gesamthypothek verhaftet waren. Der Versuch, diese Werthäufung zu beherrschen, verwickelte die Regelung der Gesamthypothek. Die Kommission war vom Ergebnis offenbar selbst nicht sehr überzeugt. Nur für "die große Mehrzahl der Fälle" glaubte sie, eine richtige und gerechte Lösung gefunden zu haben 22 • c)
Eigentümerhypothek
Den größten Vorteil schien die Vorstellung, daß die Hypothek ein Wertrecht ist, bei der Erklärung der Eigentümerhypothek zu bringen. Die Eigentümerhypothek war auch der einzige Fall, in dem ein Bedarf nach einem selbständigen, nicht akzessorischen Pfandrecht vorhanden war. Einen anderen Weg als die Eigentümerhypothek schien es nicht zu geben, um den Wert einer abgelösten Hypothek nicht den nachrückenden Gläubigern zukommen zu lassen, sondern dem Eigentümer zu erhalten. Die preußische Rechtsprechung hatte den Konflikt gelöst, indem sie den Eigentümer die Hypothek zusammen mit der getilgten Forderung erwerben ließ (vgl. o. S. 138f.). Gegenüber dieser Konstruktion mag man in der Eigentümerhypothek als dinglichem Wertrecht sogar die elegantere Lösung stehen. Die Mehrheit der zweiten Kommission war entschlossen, die im ersten Entwurf geltende allgemeine Regel aufzuheben, daß die Hypothek mit der gesicherten Forderung erlischt. Sie verzichtete damit zugleich auf die Wertung, die in den Regelungen des ersten Entwurfs sichtbar war. Nicht nur dann sollte dem Eigentümer das Recht erhalten bleiben, wenn er einen Wert aufgebracht hatte, um die Hypothek abzulösen (vgl. o. S. 182): "Man werde als Regel aufzustellen haben, daß die Hypothek nicht mit der Forderung, für welche sie bestellt ist, erlöschen solle, sondern dem Eigenthümer erhalten werde. Was das letztere angehe, so könne es zweifelhaft sein, ob man die Hypothek in solchem Falle nicht dem bisherigen persönlichen Schuldner oder dem ursprünglichen Besteller zufallen lassen solle; da indessen die 22
s. Mugdan III, S. 868.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
Anträge übereinstimmend davon ausgehen, daß die Hypothek auf den Eigenthümer des belasteten Grundstücks übergehen solle, erübrige eine nähere Erörterung der Frage." (s. II § 1070, vgl. § 1063 BGB)23. Bei der Eigentümerhypothek wiederholte sich der Vorgang, der sich schon bei der Begriffsbestimmung der Hypothek gezeigt hatte. Dem reformerischen Entschluß wurde im nächsten Schritt die Spitze abgebrochen. Wie der erste Entwurf die Berechtigung des Hypothekars in einer besonderen Vorschrift geregelt hatte (I § 1075), enthielt er auch eine besondere Bestimmung für die Berechtigung aus der Eigentümerhypothek. Danach konnte der Inhaber der Eigentümerhypothek bei der Verwertung des Grundstücks verlangen, daß eine dem Betrage der eingetragenen Forderung gleichkommende Geldsumme für ihn beigetrieben werde (I § 1098 Abs. 1). Diese Vorschrift mußte für das veränderte Verständnis der Hypothek störend wirken. Sie war überflüssig, wenn das Recht selbst schon Anspruch und Summe enthielt. Wie im Falle des § 1075 des ersten Entwurfs wurde beantragt, die Vorschrift zu streichen24 . Wieder machte sich ein mäßigender Einfluß geltend. Die Kommission bestand nun auf einer Vorschrift, in der die Berechtigung aus der Eigentümerhypothek geregelt war. Sie stellte jetzt wieder darauf ab, daß nach der Begriffsbestimmung der Hypothek der Berechtigte die Zahlung einer bestimmten Geldsumme aus dem Grundstück nur zur Befriedigung einer ihm zustehenden Forderung verlangen könne. "Der § 1075 besage, daß der Berechtigte seine Befriedigung, nämlich wegen der Forderung, aus dem Grundstücke und den mithaftenden Gegenständen nur im Wege der Zwangsvollstreckung erlangen könne. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich nicht ohne weiteres, welche Rechte dem Eigentümer oder dem persönlichen Schuldner zustehen, wenn diese nach den bisherigen Beschlüssen die Hypothek ohne Forderung erwerben 25 ." Gegenüber der Vorstellung, daß die Hypothek eine selbständige Zahlungspflicht enthält, bedeutete diese Begründung eine erhebliche Rücknahme. Wieder läßt sich die Tendenz erkennen, den Bezug der Hypothek zu den dinglichen Rechten nicht abreißen zu lassen. Völlig offen scheint die Konstruktion der Hypothek, wenn man das weitere Schicksal des § 1098 des ersten Entwurfs verfolgt. Die Frage nach den Berechtigungen des Inhabers einer Eigentümerhypothek wurde von der zweiten Kommission schließlich in das Grundschuldrecht abgeschoben; damit erübrigte sich eine besondere Regelung. Erhält der Eigentümer des belasteten Grundstücks nur die Hypothek, so wandelt sie sich in eine
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s. Mugdan III, S. 84l. s. Mugdan III, S. 851 f. - Antrag 2 zu §§ 1198, 1199. s. Mugdan III, S. 852.
11. Zweiter Entwurf
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Grundschuld um, hat er zugleich das Forderungsrecht, so ist er trotzdem nur wie ein Grundschuldinhaber berechtigt (II § 1084; vgl. § 1177 BGB). Begründet wurde dies damit, daß für den Bestand der Hypothek eine Forderung vorausgesetzt werde. Der Inhalt der Eigentümerhypothek müsse deshalb in einer von der gewöhnlichen Hypothek abweichenden Weise bestimmt werden. Sie stehe der Grundschuld gleich 26 • In dieser Begründung ist es zwar nicht ausgesprochen, sie läßt es aber zu, die Hypothek als reines Substanzrecht anzusehen, das von einer Forderung akzessorisch abhängig ist. Die Grundschuld wird zu dem Ort, an dem der dogmatische Einbruch unvermeidlich ist, auf den er aber auch zu beschränken ist. Damit nähert sich die Begründung dem Pfandrechtsverständnis des ersten Entwurfs wieder an. 2. Die Akzessorietät der Hypothek
Die zweite Kommission hat die Konstruktion der Hypothek nicht entschieden. Bei den Gegensätzen, die sich in der Kommission zeigten, wäre es wohl auch das Beste gewesen, die Konstruktion offenzulassen. Das war vielleicht auch beabsichtigt27 ; eine Regelung, die alle streitigen Fragen umging, war aber kaum denkbar. Irgendwo hatte auch die zweite Kommission sich festzulegen, wenn sie ein praktikables Rechtsinstitut und nicht nur einen Torso schaffen wollte. Im Ergebnis erkennt man den Versuch, die Möglichkeit offenzuhalten, die Hypothek als ein dingliches Substanzrecht zu interpretieren, zugleich hat sie aber Regelungen geschaffen, die ein Wertrecht voraussetzen. Im zweiten Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist damit ein Widerspruch angelegt worden. Die Akzessorietät der Hypothek ist von diesem Widerspruch unmittelbar betroffen. Das reine Substanzrecht braucht die Bindung an die Forderung als Wertangeber notwendig, es ist nur als wertakzessorisches Recht sinnvoll. Das Wertrecht braucht die Bindung an die gesicherte Forderung nur, um zu verhindern, daß Forderung und Hypothek auseinanderfallen und mißbraucht werden. Die beiden Anschauungen bedingen verschiedene Akzessorietätswirkungen, im Kompromiß läßt sich ein einheitliches Konzept der Akzessorietät nicht durchführen. Das belegt auch die Behandlung der Akzessorietät in der zweiten Kommission. a) Entstehungsakzessorietät In der Frage, wie die Hypothek in der Entstehung von einer zu sichernden Forderung abhängig ist, war eine Einigung zwischen den Vertretern der 26 27
s. Mugdan III, S. 852. Vgl. entsprechende Aussagen in den Protokollen, z. B. Mugdan III, S. 795, 820.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
Realobligation und der dinglichen Hypothek ausgeschlossen. Die Vertreter der dinglichen Hypothek mußten auf der Entstehungsakzessorietät bestehen. Für die Vertreter der Realobligation bot es sich an, die Hypothek so zu gestalten, daß sie eine Forderung sichert. Diese Regelung war aber nur zweckmäßig, nicht notwendig. Die Begriffsbestimmung, die als § 1113 in das BGB kam, läßt - oberflächlich betrachtet - beiden Vorstellungen Raum. Sie enthält den Bezug der Hypothek auf die gesicherte Forderung. Die Vertreter der dinglichen Hypothek konnten diesen Bezug als Entstehungsakzessorietät auslegen. Für sie mußte es aber ein Ärgernis bleiben, daß die Definition eine Zahlungspflicht zum Inhalt der Hypothek machte. b) Übergangsakzessorietät Eine Akzessorietätswirkung enthält auch im zweiten Entwurf unzweifelhaft die Regelung, daß bei Übertragungen der Forderung die Hypothek von selbst mit übergeht (II § 1020 Abs. 1; vgl. § 1153 Abs. 1 BGB). Diese Vorschrift entsprach ganz dem § 1086 des ersten Entwurfs. Ihre Behandlung in den Beratungen der zweiten Kommission war angesichts der gegensätzlichen Auffassungen über die Natur der Hypothek erstaunlich. In einem Änderungsantrag sollte die Abhängigkeit, in der die Hypothek nach dieser Vorschrift steht, umgedreht werden. Nicht die Hypothek sollte der Forderung folgen, sondern die Hypothek sollte übertragen werden und die Forderung der Hypothek folgen. Die Entgegnung auf diesen Antrag stellte unwidersprochen die Hypothek nach gemeinrechtlichen Grundsätzen als ein dingliches, akzessorisches Recht dar: Der Inhalt der Hypothek werde wesentlich durch die Forderung bestimmt. Wegen dieser inhaltlichen Abhängigkeit ergebe sich von selbst, daß mit der Übertragung der Forderung auch die Hypothek auf den neuen Gläubiger übergehe und die Hypothek nicht ohne die Forderung übertragen werden könne. Die Hypothek büße, wenn sie nicht mehr durch die Forderung beeinflußt werde, ihren wesentlichen Inhalt ein und werde als möglicher Gegenstand von Übertragungen sinnlos. Merkwürdigerweise wurde der Antrag auf diese Entgegnung hin schon vor der Abstimmung zurückgezogen. Die Protokolle berichten nichts von Einwänden aus dem Lager der Realobligation. Im Gegenteil ermächtigte die Mehrheit die Redaktionskommission sogar, die Vorschrift in ihrem wesentlichen Inhalt als selbstverständlich zu streichen 28 •
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s. Mugdan III, S. 823 .
II. Zweiter Entwurf
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c) Erlöschensakzessorietät Die Erlöschensakzessorietät ist durch den zweiten Entwurf von allen Akzessorietätswirkungen am undeutlichsten geworden. Mit der Bestimmung, daß die Hypothek nicht mit der gesicherten Forderung erlöschen, sondern auf den Eigentümer übergehen soll (II § 1070 Abs. 1 S. 2; vgl. § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB), scheint für eine Erlöschensakzessorietät kein Raum mehr zu sein. Jedenfalls vom Standpunkt aus, daß die Hypothek ein dingliches Recht ist, kann sie ohne Forderung nur erhalten bleiben, wenn der Akzessorietätsgrundsatz durchbrochen wird. Trotzdem hat das Erlöschen der Forderung Wirkungen für die Hypothek, die der Akzessorietät ähnlich sind. Wenn die Hypothek auf den Eigentümer übergeht, könnte man darin einen Fall der Übergangsakzessorietät sehen. Der bisherige Berechtigte verliert die Hypothek so, als hätte er über die gesicherte Forderung verfügt. Weiter kann man die Parallele zur Übergangsakzessorietät aber nicht ziehen. Der Erwerb des Eigentümers kann nicht als eine Akzessorietätswirkung beschrieben werden. Die Hypothek, die der Eigentümer erhält, ist keiner Forderung mehr akzessorisch. Eine Akzessorietätswirkung, die Forderung und Pfandrecht verbindet, kann nicht mehr vorliegen. Von einer Erlöschensakzessorietät könnte man aber in einem anderen Sinne sprechen. Der Wortlaut des § 1070 des zweiten Entwurfs (§ 1163 BGB) läßt zwar keinen Zweifel, daß die Hypothek nicht erlischt, sondern auf den Eigentümer übergeht. In diese Vorschrift kann man aber gleich die spätere Aussage mit hineinlesen, daß die Hypothek sich beim Eigentümer in eine Grundschuld verwandelt (II § 1084; vgl. 1177 BGB). Es hat für die Hypothek danach gleich zwei Wirkungen, wenn die Forderung erlischt, erstens geht sie dem bisherigen Berechtigten verloren und zweitens ändert sie ihren Inhalt. Das Recht, das übrigbleibt, wenn die Forderung erlischt, ist dann jedenfalls keine Hypothek. Insofern könnte man sagen, daß die Hypothek des zweiten Entwurfs der Forderung im Erlöschen akzessorisch geblieben ist 29 • Die Protokolle geben schließlich noch eine dritte Möglichkeit, die Wirkungen, die das Erlöschen der Forderung für die Hypothek hat, als Erlösehensakzessorietät zu deuten. Als in der zweiten Kommission die Folgen eines Verzichts des Gläubigers auf die Hypothek beraten wurden, vertrat die Mehrheit die Ansicht, daß auch in diesem Falle die Hypothek auf den Eigentümer übergehen solle (II § 1075; vgl. § 1168 BGB). In der Begründung erscheint ein anderer Ansatz, wie Hypothek und Eigentümerhypothek und ihr Verhältnis zueinander verstanden werden können: "Wenn eine Hypo-
29 Dies deckt sich mit der Ansicht von Westermann, daß die Hypothek als "Fremdrecht" erlischt - s. o. S. 24.
13 Mincke
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
thek begründet werde, so liege darin zugleich die Bestellung einer Eigentümerhypothek. Letztere könne nicht geltend gemacht werden, so lange sie mit dem Rechte des Gläubigers belastet sei. Falle aber das Recht des Gläubigers durch Verzicht fort, so gelange die Eigentümerhypothek zur Wirksamkeit und zwar ohne Akt der Übertragung 3o . " Nach dieser Erklärung erlischt die Hypothek mit der gesichterten Forderung, man kann ohne weiteres von einer Erlöschensakzessorietät sprechen. Die Erklärung, die an dieser Stelle von der Mehrheit der Kommission gebilligt wurde, steht aber nicht in Einklang mit den Vorschriften, nach denen die Hypothek auf den Eigentümer übergeht und sich bei ihm in eine Grundschuld verwandelt. Sogar die Vorschrift selbst, die den Verzicht auf die Hypothek regelt, spricht davon, daß der Eigentümer die Hypothek erwirbt (II § 1075; § 1168 BGB). Offenbar war die Frage der Konstruktion der Hypothek auch an dieser Stelle noch so weit offen, daß neue Vorstellungen ungehindert in die Argumentation Eingang finden konnten. d) Umfangsakzessorietät Wenn man mit einem Teil der Kommission davon ausgeht, daß die Hypothek eine Realobligation ist, muß die Hypothek des zweiten Entwurfs im Umfang akzessorisch sein. Als Realobligation hat die Hypothek selbständig einen Wert, in diesem Wert muß sie der gesicherten Forderung angepaßt werden. Die Hypothek wäre sonst nicht mehr nur Sicherungsrecht, sondern würde dem Gläubiger einen Wert bestimmter Höhe zuwenden. Unter dieser Voraussetzung hat endlich auch die Teileigentümerhypothek, die im ersten Entwurf ein Fremdkörper war, eine dogmatische Grundlage. Als Wertrecht ist die Hypothek teilbar und kann in bestimmten abgelösten Teilbeträgen auf den Eigentümer zurückfallen. Ob sich die zweite Kommission dieser Voraussetzung bewußt war, ist zweifelhaft. Sie übernahm die Vorschrift des ersten Entwurfs (I § 1095) ohne sachliche Beanstandung in ihren Entwurf (II § 1083; vgl. § 1176 BGB). Die Teileigentümerhypothek wurde offensichtlich auch von den Vertretern der dinglichen Hypothek gebilligt; die Protokolle berichten nur: "Der § 1095 wurde sachlich nicht angefochten 31 ."
111. Die Möglichkeit einer rein dinglichen Hypothek Die zweite Kommission hat die Pfandrechte in einer unbefriedigenden Lage hinterlassen. Der zweite Entwurf, der ohne wesentliche Änderungen s. Mugdan III, S. 843. s. Mugdan III, S. 848; vgl. auch zu § 1151 BGB (II § 1058) S. 822 und zu § 1152 BGB (I § 1122) S. 425, 875f. 30
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III. Eine rein dingliche Hypothek
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Gesetz geworden ist, war ein Komprorniß. Die Kommission behalf sich mit der Vorstellung, sie habe nur eine "sachlich" gebotene Lösung zu finden, die "juristische Konstruktion" sei dagegen eine Aufgabe der Wissenschaftl. Nach den Erfahrungen mit dem preußischen Eigentumserwerbsgesetz, das der Wissenschaft unlösbare Aufgaben gestellt hatte, war eine solche Haltung kaum mehr verständlich. Das Schicksal der Akzessorietät in den Beratungen der zweiten Kommission läßt deutlich den Grund erkennen, aus dem man dieser Haltung entschieden widersprechen muß. Die Akzessorietät hatte in den verschiedenen Konstruktionen eine unterschiedliche Bedeutung. Wenn in der Akzessorietät bestimmte Rechtswirkungen angegeben sind, bedeutet das, daß die verschiedenen Konstruktionen der Hypothek verschiedene Rechtswirkungen bedingen, obwohl sie vielleicht zum selben "sachlich" gebotenen Ergebnis kommen. Ein Gesetz, das die Klarheit der Konstruktion aufgibt, verzichtet darauf, die Wirkungen in der Rechtsordnung anzugeben. Ein solches Gesetz kann nur noch als Sammlung von Einzelregelungen verstanden werden, die einer Auslegung aus dem Regelungszusammenhang nicht fähig ist. In den Schwierigkeiten, vor denen die Wissenschaft mit der Einordnung der Hypothek des Bürgerlichen Gesetzbuchs und ihrer Bindung an die gesicherte Forderung steht, wiederholt sich die Situation nach dem Erlaß des preußischen Eigentumserwerbsgesetzes. Das Problem war damals allerdings geringer; das Eigentumserwerbsgesetz enthielt die Hypothek in einer Gestalt, die VOn der Wissenschaft nicht eingeordnet werden konnte, weil sie die Abgrenzung VOn dinglichen und obligatorischen Rechten mißachtete. Sie folgte aber einem einheitlichen Entwurf. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält für die Hypothek Regelungen, die mit verschiedenen, sich gegenseitig ausschließenden Vorstellungen begründet sind. Dies ist Anlaß genug, nach einer Konstruktion zu suchen, in der die Hypothek des Bürgerlichen Gesetzbuchs in ihren Hauptzügen aufgefangen werden könnte, mit der sich aber zugleich die in den Regelungen sichtbaren Widersprüche vermeiden ließen. Der einfachste Weg wäre eine Revision des Gesetzestexts, die gemeinrechtlichen Gedanken wieder stärker Geltung verschaffte. Vorbild für eine solche Regelung der Hypothek kÖnnte der erste Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch sein, wie sie eine Fraktion in der zweiten Kommission offenbar auch zu bewahren wünschte. Die Grundschuld geriete dadurch wieder in eine Außenseiterstellung. Man kÖnnte wohl auch fragen, ob wirklich noch ein Bedarf nach einer selbständigen Grundstücksbelastung wie der Grundschuld besteht. Die Gründe, die sie ursprünglich einmal notwendig erscheinen ließen (s. o. 3. Kap. II 2 a), dürften weggefallen sein. Die Vorstellung, daß Geldanleger mit einem auf erleichterte Umlauffähigkeit angelegten Boden-
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13'
s. Mugdan III, S. 84lf.
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
kreditrecht gelockt werden müssen, scheint überholt. Bei der Verwertung des Grundstücks bietet die Grundschuld keine wesentlichen Vorteile; die Verwertung ist bei Hypothek und Grundschuld nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwertung grundsätzlich gleich. Soweit die Durchsetzung der Grundschuld einfacher ist, weil sie von der gesicherten Forderung unabhängig ist, handelt es sich außerdem um ein betriebswirtschaftliches, kein rechtliches Argument. Rechtlich bedeutet die Unabhängigkeit der Grundschuld eine Gefahr für den Schuldner. Auch die Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld müßte Einschränkungen hinnehmen, wenn man gemeinrechtliche Gedanken wiederbeleben wollte. Ebenso wie bei der Grundschuld ließe sich aber bei der Hypothek, die dem Eigentümer zufällt, fragen, ob das einen großen Verlust bedeutete. Inzwischen ist in § 1179 a eine Vorschrift in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden, die den Vorstellungen des ursprünglichen Gesetzgebers gerade entgegen läuft. Der Eigentümer erwirbt zwar noch die Hypothek, nachstehende Hypothekengläubiger haben aber nach der gesetzlichen Regel einen Anspruch, daß das Recht aufgehoben wird wenn der Anspruch nicht nach § 1179 a Abs. 5 ausgeschlossen ist; das Gesetz stellt das Interesse des Grundstückseigentümers an der abgelösten Vermögensposition grundsätzlich wieder hinter das der nachfolgenden Gläubiger. Ein guter Teil der Begründung des Hypothekenrechts im zweiten Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch scheint damit zurückgenommen zu sein. Aber auch näher am geltenden Hypothekenrecht läßt sich eine Konstruktion für die Hypothek zeigen, die dogmatisch schonender ist als das dingliche Recht, das selbständig einen Werthat. Dabei ist der Wertgesichtspunkt in jeder Konstruktion, die ein Eigentümerrecht erhalten will, unvermeidlich 2 . Das Recht, das dem Eigentümer zufällt, muß im Wert irgendwie bestimmt sein. Der bloße Rang einer abgelösten Hypothek ohne Wertbestimmung wäre für nachfolgende Gläubiger unzumutbar. Der Eigentümer könnte ihn zur Sicherung einer so hohen Forderung einsetzen, daß die Befriedigung der übrigen Gläubiger hinfällig würde. Seine Berechtigung muß daher auf den Betrag der abgelösten Belastung begenzt werden. Nur in dieser Höhe kann der Eigentümer den rangschlechteren Gläubigern gegenüber berechtigt sein.
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Vgl. Wieacker, Bodenrecht, S. 194.
111. Eine rein dingliche Hypothek
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1. Die Hypothek als Wertrecht
Dem Gedanken, daß die Berechtigung des Eigentümers aus der Hypothek wertmäßig begrenzt sein muß, wird das geltende Recht dadurch gerecht, daß es die Hypothek selbst mit einem Wert ausstattet, durch ein dingliches Wertrecht also. In den dogmatischen Folgerungen ist das aber die ungünstigste Lösung. Das dingliche Wertrecht durchbricht - ohne daß diese Konsequenz gesehen würde - zunächst die Abgrenzung dinglicher und obligatorischer Rechte, die einerseits nur Substanzrechte andrerseits nur Wertrechte sind. Die Rechtsordnung ist auch in den Mitteln der Durchsetzung auf ein solches Recht nicht vorbereitet. Das dingliche Wertrecht zerbricht außerdem die Einheit der Pfandrechte, weil das Fahrnispfandrecht ein rein dingliches Recht bleibt. Für das dingliche Wertrecht ist schließlich ein besonderer Komplex von Rechtswirkungen nötig, mit denen die Hypothek an die Forderung gebunden ist. Anders als beim Fahrnispfand hat der Gläubiger denselben Wert zweifach, im Forderungsrecht und in der Hypothek. Da er den Wert nur einmal und nur in Höhe des wirklich geschuldeten Betrages erhalten soll, muß die Hypothek nicht nur mit der Forderung zusammengehalten, sondern auch in der Höhe angepaßt werden. Um das hypothekarische Wertrecht weiter zu klären, muß gefragt werden, woher der Wert kommt, den die Hypothek hat. Man könnte ihn als einen bei der Bestellung der Hypothek geschaffenen Wert ansehen. Dann wäre die Hypothek eigentlich ein obligatorisches, kein dingliches Recht. Von den Schwierigkeiten, in die ein obligatorisch verstandenes Pfandrecht führt, war oben bei Brinz die Rede (s. o. S. 127ff.). Oder stammt der Wert der Hypothek aus dem Grundstückswert und ist folglich von diesem abzuziehen? Diese Ansicht zeigte sich in den Protokollen, als die zweite Kommission die Gesamthypothek beriet (s. o. S. 188f.). Es war davon die Rede, daß mit der Hypothek Wertteile des Grundstücks übertragen werden. Geht man davon aus, daß mit der Hypothek dem Grundstück ein Teil seines Wertes entzogen wird, so hat das weitere dogmatische Folgen. Es würde der Wert des Grundstücks ein selbständiger Gegenstand des Rechtsverkehrs. Nirgendwo sonst in der Rechtsordnung gibt es den Wert einer Sache als selbständigen, dinglichen Verkehrsgegenstand. Auch hierfür müßten erst die dogmatischen Voraussetzungen geschaffen werden. Der ganze Aufwand hilft aber letztlich nicht viel zu dem Zweck, dem die Konstruktion dienen soll. Für die Eigentümerhypothek ist mit der Hypothek als dinglichem Wertrecht noch nichts gewonnen. Wenn der Wert ein obligatorischer Wert ist, kann er beim Eigentümer nicht bestehen beiben. Wollte man das annehmen, so hätte man gleich bei der Vorstellung der preußischen Rechtsprechung bleiben können, daß der Eigentümer die gesicherte Forderung und mit ihr die Hypothek als akzessorisches, dingliches Recht erwirbt
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
(s. o. S. 138). Ist dagegen der Wert der Hypothek ein Teil des Grundstückswertes, so ergibt sich die Folge, daß der Eigentümer aus seinem Grundstück doppelt berechtigt ist, einmal durch sein Recht an der Grundstückssubstanz und außerdem durch das Recht an dem in der Hypothek enthaltenen Wertteil. Das Eigentümergrundpfandrecht fordert dann vor allem, daß die Vereinigung des Substanzrechts mit dem Wertteil in einer Hand das Wertrecht nicht untergehen läßt. Die Spaltung von Substanz und Wert muß in der Hand des Eigentümers erhalten bleiben. Hier, beim Eigentümer, erhält die Hypothek ein eigenartiges Gesicht. Als ein subjektives Recht gibt sie dem Eigentümer nicht mehr Berechtigung, als er schon aus seinem Eigentum hat, das Recht an der Substanz und eine Berechtigung am Verwertungserlös. Die Besonderheit der Hypothek, die der Eigentümer erwirbt, scheint nicht so sehr im subjetiven Recht, wie in der objektivrechtlichen Gestaltung zu liegen. Die Wirkung des Rechts liegt vor allem darin, daß es einen Teil des Wertes von fremder Belastung freihält und dem Eigentümer für weitere Belastungen zur Verfügung steht. Dies sagt auch die herrschende Lehre in der neueren Literatur zur Rechtsnatur der Eigentümerhypothek3 . 2. Die Hypothek als Recht am Wertteil
Die Eigentümerhypothek ist in ihrer Verbindung mit einem Wert ohne Einschnitt in die Dogmatik nicht zu konstruieren. Die Frage kann nur sein, wie man den Einschnitt so gering wie möglich hält. Die Hypothek selbst als ein Wertrecht aufzufassen, dürfte der folgenschwerste Eingriff in die überkommene Dogmatik sein; hierbei wird das "unmögliche" dingliche Wertrecht geschaffen. Wenn die Konstruktion zum Schluß dazu führt, daß mit der Eigentümerhypothek beim Eigentümer eine Wertberechtigung und außerdem, davon getrennt, die Substanzberechtigung am Grundstück vorhanden sein müssen, bietet es sich an, hier beim Eigentümer auch mit der Konstruktion der Hypothek anzusetzen. Tatsächlich läßt sich eine dingliche, akzessorische Hypothek mit geringerem Aufwand darstellen, wenn man das dingliche Wertrecht nur beim Eigentümer einführt. Es scheint für die Eigentümerhypothek unvermeidlich zu sein, den Wert des Grundstücks gegenüber seiner Substanz zu verselbständigen. Dies braucht aber nicht in der Weise zu geschehen, daß mit der Hypothek als Wertrecht der Wert selbst Gegenstand des Rechtsverkehrs wird. Eine Verselbständigung liegt schon vor, wenn der Wert des Grundstücks rechtlich von seiner Substanz getrennt und dadurch zu einem eigenen Belastungsobjekt wird. Der Wert hat gegenüber der Substanz als Belastungsobjekt den 3
Wolff I Raiser, § 147 I 3; Westermann, § 117 III; Baur, § 36 V c.
III. Eine rein dingliche Hypothek
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Vorteil, daß er in einzelne bezifferbare Beträge aufgeteilt werden kann. Durch eine solche Aufteilung kann man in jedem einzelnen Betrag wieder einen selbständigen Gegenstand entstehen sehen. Die Aufteilung schafft nicht neue subjektive Rechte; der Eigentümer bleibt durch sein Eigentum am Grundstück an allen Wertabschnitten dinglich berechtigt. Es werden nur objektivrechtlich neue Rechtsobjekte geschaffen. An den einzelnen Wertabschnitten könnte der Eigentümer seinen Gläubigern Pfandrechte bestellen wie an einzelnen Sachen. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß der Gegenstand des Pfandrechts ein Wert ist. Ein Pfandrecht an einem Wert ist auch das Forderungspfandrecht (s. o. S. 120). In einer solchen Konstruktion werden die Nachteile des hypothekarischen Wertrechts vermieden. Der Wertteil des Grundstücks ist nicht Inhalt der Hypothek, sondern Belastungsgegenstand. Für die Bestellung der Hypothek würde dies bedeuten: Wenn zur Sicherung einer Forderung eine Hypothek bestellt wird, entsteht ein neues Rechtsobjekt. Es verselbständigt sich ein Wertteil des Grundstücks in Höhe der Forderung. Dieser Wertteil ist Gegenstand der Hypothek. Damit lassen sich auf die Hypothek nun die allgemeinen Grundsätze des Pfandrechts anwenden, wie wir sie vom Fahrnispfand her kennen:
Die Hypothek, die am Wertteil bestellt wird, braucht nicht selbst ein Wertrecht zu sein. Sie kann wieder ein dingliches Recht ohne eigenen Wertumfang sein; für die Wert angabe ist sie auf das Forderungsrecht angewiesen und diesem deshalb notwendig akzessorisch. Die Hypothek am Wertteil entsteht mit der Forderung, geht mit ihr auf einen neuen Gläubiger über und erlischt mit ihr. Für diese Hypothek kann auch wieder der Satz von der Ungeteiltheit des Pfandrechts gelten. Das dingliche Recht am Wertteil ändert sich nicht dadurch, daß die Forderung teilweise getilgt wird. Es besteht, bis die Forderung ganz bezahlt worden ist. Erlischt die Forderung, so endet auch die Berechtigung des Gläubigers am Wertteil. Damit braucht aber nicht auch die objektivrechtliche Verselbständigung des Wertteils zu entfallen. Dieser kann als "Eigentümerhypothek" aufrechterhalten bleiben. Mit diesem Recht, hat der Eigentümer ein Stück des Wertes seines Grundstücks als unbelasteten Gegenstand. Diesen Wertabschnitt kann er erneut mit einer Hypothek belasten. Die Hypothek als Pfandrecht an einem Wertteil des Grundstücks bleibt eine Zweckkonstruktion, um die Eigentümerhypothek zu ermöglichen. Auch diese Konstruktion hat in der überlieferten Dogmatik keinen Ort; den Wert einer Sache als selbständiges Rechtsobjekt kennt unser Recht nicht. Dieser Eingriff ist aber in seinen Folgen begrenzter und übersehbarer als jener andere, der mit der Hypothek ein dingliches Wertrecht in den Rechtsverkehr schickt. Die hier vorgeschlagene Konstruktion schafft einmal im Wertabschnitt des Grundstücks ein dingliches Wertrecht, um dem Eigentü-
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
mer eine Rangstelle mit einem bestimmten Wert zu verschaffen. In der weiteren Gestaltung ist die Hypothek ein gewöhnliches Pfandrecht. Die Einheit von Hypothek und Fahrnispfand als dinglichen Belastungen ist auf diese Weise wiederhergestellt, die Bindung an die Forderung bei beiden Rechten gleich. Für beide gilt einheitlich das Dogma der Wertakzessorietät. Die hier vorgeschlagene Konstruktion der Hypothek geht von einer Einteilung des Grundstückswertes in einzelne Abschnitte aus. Ein solches Modell ist zur Erklärung der Eigentümerhypothek schon im vorigen Jahrhundert in der sog. Wertparzellentheorie benutzt worden 4 • Diese Wertparzellentheorie dachte sich den Wert des Grundstücks durch die Hypothekenbestellungen sukzessiv geteilt. Wenn man sich die Teilung so vorstellt, daß dem ersten Gläubiger z.B. der Wert von 0 bis 3000, dem zweiten der Wert von 3000 bis 6000 und dem dritten der Wert von 6000 bis 9000 zusteht, so haftete jedem Hypothekengläubiger nur seine Wertparzelle. Diese Vorstellung steht in Widerspruch zu dem Satz, daß jedem Gläubiger das Grundstück ganz verpfändet ist. Mit diesem Argument hat das Reichsgericht die Wertparzellentheorie abgelehn t 5 . Für die Hypothek des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die Wertparzellentheorie von Oberneck6 und Wieacker 7 wieder vertreten worden. Beiden geht es darum, mit dieser Theorie darzustellen, daß durch die Regelung der Eigentümerhypothek im Bürgerlichen Gesetzbuch das Prinzip des festen Rangs gilt 8 . Beide kommen zu dem Ergebnis, daß die Hypothek im Bürgerlichen Gesetzbuch ein unregelmäßiges Pfandrecht ist 9 • Zu dem von diesen Autoren gewünschten Ergebnis, der festen Rangstelle, führt die Verselbständigung von Wertteilen aber nicht notwendig. Die Verselbständigung kann von der Rechtsordnung wieder aufgehoben werden, z. B. bei Löschung der Hypothek. Die nachstehenden Wertteile können dann aufrücken. Das Prinzip des gleitenden Ranges wird durch den selbständigen Wertteil nicht gehindert. Wenn man den Gedanken der festen Rangstelle beiseite läßt, steht nur der absolute Betrag des Wertteils fest, nicht sein Ort im Gesamtwert des Grundstücks. Die addierten Wertteile geben nicht den Wert des Grundstücks an, sondern die Gesamtsumme der Belastungen. Es haftet dem Hypothekenberechtigten auch nicht der Wertteil, den seine Hypothek belastet, sondern das gesamte Grundstück. Der Rang des Wertteils gibt nur nur die Reihenfolge der Entnahmebefugnis aus dem Verwertungserlös an. Im Gegensatz zum
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9
s. von der Hagen, Die Hypothek des Eigentümers. RGZ 60, 254. Oberneck, Eigenthümerhypothek, S. 309ff.; vgl. Oberneck, Pfändung, S. 553ff. Wieacker, Bodenrecht, S. 186f., 196. Oberneck, Eigenthümerhypothek, S. 307; Wieacker, Bodenrecht, S. 194. Oberneck, Eigenthümerhypothek, S. 311; Wie acker, Bodenrecht, S. 194.
IV. Zusammenfassung
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Ergebnis bei Oberneck und Wieacker kann die Wertparzellentheorie in dieser Vorstellung dazu dienen, die Hypothek gerade als regelmäßiges Pfandrecht darzustellen. IV. Zusammenfassung zur Akzessorietät der Pfandrechte im Bürgerlichen Gesetzbuch Das Fahrnispfandrecht und das Pfandrecht an Rechten sind in Entstehung, Übergang und Erlöschen akzessorisch wie das gemeinrechtliche Pfandrecht. Sie müssen akzessorisch sein, weil sich nur aus dem gesicherten Forderungsrecht der Betrag feststellen läßt, der dem Gläubiger aus dem Erlös bei der Verwertung des Pfandes zukommt. Das Fahrnispfand und das Pfandrecht an Rechten haben keinen selbständigen Wert. Sie geben nur eine dingliche Macht an einem Gegenstand. Der Gegenstand kann - im Falle des Forderungspfandrechts - selbst einen Wert haben. Dieser Wert ist aber nicht maßgebend für die Berechtigung des Gläubigers. Die Pfandberechtigung richtet sich immer nur nach dem Wert der gesicherten Forderung. Die Verbindung der Hypothek mit der gesicherten Forderung kann nicht durch einen einheitlichen Wirkungszusammenhang beschrieben werden. Nach Auskunft der Protokolle sind in die gesetzliche Ausgestaltung der Hypothek zwei verschiedene Hypothekenbegriffe eingegangen. Nach dem einen ist die Hypothek ein dingliches Recht wie das Fahrnispfandrecht, nach dem anderen ist die Hypothek den Obligationen angenähert, indem sie einen selbständigen Wert verkörpert. Die beiden Arten des Rechts bedingen eine unterschiedliche Bindung an die gesicherte Forderung, die nur gesondert beschrieben werden kann. Ist die Hypothek ein rein dingliches Recht, so muß sie akzessorisch sein wie das Pfandrecht an beweglichen Sachen. Sie kann ohne die Wertangabe aus einem Forderungsrecht nicht entstehen, sie kann vom Forderungsrecht bei Verfügungen nicht getrennt werden und muß mit der Forderung erlöschen. In diesen und nur in diesen Wirkungen zeigt sich die Akzessorietät (Wert akzessorietät) . Ist die Hypothek dagegen selbst ein Wertrecht, so kann sie auch selbständig entstehen und bestehen. Dies ist für ihren Charakter als Sicherungsrecht aber unerwünscht. Für das Entstehen der Hypothek wird deshalb zur Bedingung gemacht, daß eine zu sichernde Forderung vorhanden ist. Die Hypothek wird bei Verfügungen an die gesicherte Forderung gebunden. Die Hypothek braucht nicht mit der gesicherten Forderung zu erlöschen, es genügt, daß sie dem Gläubiger entzogen wird. Wenn die Hypothek selbst einen Wert hat, wird die Bindung an die Forderung in einer weiteren Beziehung nötig. Der Wert der Hypothek muß an den Wert der gesicherten Forderung angeglichen werden. Auch diese Wirkungen kann man als Akzessorie-
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4. Kap.: Die Pfandrechte in den Entwürfen zum BGB
tät zusammenfassen, sie sind aber anders begründet, als die Wirkungen der Wert akzessorietät. Sie sind nicht notwendig, sondern nur erforderlich, um die Hypothek auf den Sicherungszweck zu beschränken (Sicherungsakzessorietät). Mit dem unterschiedlichen Verständnis der Hypothek lassen sich auch die Fälle erklären, in denen eine Durchbrechung der Akzessorietät im Bürgerlichen Gesetzbuch gesehen wird (vgl. o. 1. Kap. I 2). Bei der Verkehrshypothek scheint die Akzessorietät durchbrochen, weil sie gutgläubig erworben werden kann, obwohl die gesicherte Forderung nicht besteht oder dem Veräußerer nicht zusteht (§ 1138). Weil diese Regelung für die Sicherungshypothek nicht gilt, wird sie als das "akzessorischere" Recht angesehen, die Verkehrshypothek als nur eingeschränkt akzessorisch!. Geht man von einer Hypothek ohne eigenen Wert aus, sind beide Formen der Hypothek gleich akzessorisch. Die Hypothek braucht die Wertangabe aus dem Forderungsrecht in beiden Fällen gleichermaßen. Nur für diese Wertangabe erhält der gutgläubige Erwerber der Hypothek auch die Forderung. Er erwirbt sie deshalb nach § 1138 nur "für die Hypothek", die Vorschrift rettet die akzessorische Hypothek. Der Unterschied zwischen Sicherungshypothek und Verkehrshypothek besteht darin, daß der Wert der Forderung verschieden ermittelt wird. Für die Sicherungshypothek kommt es auf den tatsächlichen Bestand der Forderung an. Für die Verkehrshypothek ist - Redlichkeit des Erwerbers vorausgesetzt - der im Grundbuch angegebene Betrag maßgebend. Das dingliche Sicherungsrecht, das selbst keinen Wert hat, ist der Forderung in beiden Fällen in gleicher Weise verbunden. Es betrifft die dingliche Hypothek und ihre Akzessorietät nicht, auf welche Weise der Wert, den sie sichert, festgestellt wird. Wenn die Hypothek selbst ein Wertrecht ist, wird es schwer, § 1138 noch einen Sinn zu geben. Der Erwerber hat mit dem Recht aus der Hypothek allein genug. Es gibt ihm schon den Betrag an, den er aus dem Erlös der Grundstücksverwertung verlangen kann. Er erhält sie aber nicht als akzessorisches Recht, wenn die angeblich gesicherte Forderung nicht besteht oder einem anderen zusteht als dem Veräußerer. Die Sicherungsakzessorietät ist durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs durchbrochen. Bei der als Wertrecht verstandenen Hypothek wirkt es wie ein Zugeständnis an das Dogma, an den äußeren Schein eines akzessorischen Rechts, wenn der Erwerber auch die Forderung erhält. Er braucht die Forderung eigentlich nicht. Daß es sich nur um den äußeren Schein des Dogmas handelt, wird darin offenbar, daß der Erwerber das Forderungsrecht nicht ausüben kann. In einigen Fällen scheint der Eigentümer des belasteten Grundstücks dem Gläubiger selbständig verpflichtet zu sein. Die gesicherte Forderung muß 1
Vgl. Staudinger / Scherübl, Einl. zu §§ 1113ff. Hz. 27.
IV. Zusammenfassung
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dem Eigentümer gegenüber gekündigt werden (§ 1141), Eigentümer und Gläubiger können die Zins- und Zahlungsbestimmungen selbständig ändern (§ 1119). Hier scheint die Hypothek ein selbständiges Recht und die akzessorische Abhängigkeit verletzt zu sein. Eine Durchbrechung der Akzessorietät stellen diese Fälle aber wieder nur aus der Sicht der Sicherungsakzessorietät dar, die von der Hypothek als einem Wertrecht ausgeht. Für die Wertakzessorietät sind diese Fälle nur Ausdruck der engen Verbindung von Forderung und Pfandrecht. Sobald es um die dingliche Sicherung der Forderung geht, ist der Eigentümer des sichernden Grundstücks auch für die Rechtsbeziehungen aus dem Forderungsverhältnis zuständig.
Schlußbetrachtung Gegenstand der Untersuchung war in der vorliegenden Schrift ausschließlich die Akzessorietät der Pfandrechte. Der Weg zu einer genaueren Beschreibung der Wirkungsweise der Akzessorietät und ihrer Voraussetzungen führte auf einer ersten Stufe zur Frage nach der dogmatischen Konstruktion des Pfandrechts. Diese vor allem im vorigen Jahrhundert heftig diskutierte Frage ist in der wissenschaftlichen Literatur bis heute nicht genügend geklärt. Als Grund dafür wurde hier das Fehlen einer befriedigenden Abgrenzung dinglicher und obligatorischer Rechte ausgemacht. Auf dieser zweiten Stufe lag der Ausgangspunkt für eine Erklärung der Akzessorietät. Dingliche und obligatorische Rechte lassen sich deutlicher gegeneinander abgrenzen, wenn man sie nicht nach ihrer Zielrichtung als absolute und relative Rechte unterscheidet, sondern nach ihrem Gegenstand. Dieser Gegenstand ist bei dinglichen Rechten gewöhnlich eine körperliche Substanz, eine Sache. Schwieriger ist es, den Gegenstand obligatorischer Rechte zu bestimmen: Der Gläubiger hat mit dem obligatorischen Recht einen Wert in seinem Vermögen. Es bietet sich an, diesen Wert selbst als Gegenstand der Obligation zu bestimmen. Dieser Wert ist ein von der Rechtsordnung mit dem Schuldverhältnis geschaffener Gegenstand. Dingliche und obligatorische Rechte treten sich so als Substanz- und Wertrechte gegenüber; dabei ist für das dingliche Recht der Wert unbeachtlich, und nur obligatorische Rechte können einen absolut benennbaren Wert haben. Von der Feststellung, daß dingliche Rechte keinen bestimmten Wert haben, führt ein direkter Weg zur Akzessorietät des Pfandrechts: Durch das Pfandrecht soll der Gläubiger nur in Höhe eines bestimmten Betrages gesichert werden. Wenn das Pfandrecht als dingliches Recht einen solchen Betrag nicht haben kann, muß die Wertbestimmung durch ein anderes Recht geschehen, das Forderungsrecht. Der Pfandberechtigte braucht das Forderungsrecht, um bestimmen zu können, in Höhe welchen Betrages er sich bei der Verwertung des Pfandes aus dem Erlös befriedigen darf. Ohne das Forderungsrecht könnte das dingliche Pfandrecht dem Berechtigten als Verfallspfand nur die Sache selbst oder den gesamten Erlös aus der Verwertung zuwenden. Für eine dem Betrag nach bestimmte Sicherung müssen Pfandrecht und Forderung akzessorisch miteinander verbunden sein. Die Akzessorietät schafft für den Sicherungszweck die Wirkungen eines in der überlieferten Dogmatik nicht möglichen dinglichen Wertrechts.
Schlußbetrachtung
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Gegen diese Erklärung ließe sich einwenden, daß sie die Akzessorietät als einheitliches Wirkungsgefüge unserer Rechtsordnung zerreißt. Wenn sie bei der Besonderheit dinglicher Rechte ihren Ausgang nimmt, scheint sie für das andere im Bürgerlichen Gesetzbuch akzessorisch ausgestaltete Sicherungsrecht, die Bürgschaft, nicht gelten zu können. Bei der Bürgschaft stehen mit der Forderung gegen den Hauptschuldner und der Forderung gegen den Bürgen zwei obligatorische Rechte nebeneinander. Als obligatorische Rechte könnten beide selbständig einen bestimmten Wert haben. Die Bürgschaft scheint danach nicht wie das Pfandrecht notwendig akzessorisch zu sein. Dennoch läßt sich die Akzessorietät der Bürgschaft aus demselben Gedanken erklären. In bei den Fällen ist es das Forderungsrecht, im Falle der Bürgschaft die Hauptschuld, die den Wert des Sicherungsrechts angibt. Der Unterschied liegt nur darin, daß beim Pfandrecht das Sicherungsrecht einen bestimmten eigenen Wert nicht haben kann, während bei der Bürgschaft das Sicherungsrecht einen bestimmten eigenen Wert nicht haben soll. Die Erklärung der Akzessorietät anhand der These, daß dingliche Rechte einen bestimmten Wert nicht haben, wurde in dieser Arbeit in der Auseinandersetzung mit der gemeinrechtlichen Dikussion des vorigen Jahrhunderts entwickelt. Das geltende Recht hat in der Grundschuld aber ein solches dem Wert nach bestimmtes, dingliches Recht. Der Widerspruch ist offenbar. Anstatt aus diesem Grunde die These zu verwerfen oder sie als überholt anzusehen, kann man sie aber auch zum Anlaß neuer Skepsis gegenüber der Grundschuld nehmen. Die Schwierigkeiten einer dogmatischen Einordnung der Grundschuld, die - wie oben dargestellt - der Wissenschaft von Anfang an zu schaffen gemacht haben, sind bis heute nicht ausgeräumt. Schließlich muß sich die hier vertretene These dem Einwand stellen, daß in der heutigen Rechtspraxis die akzessorischen Sicherungsrechte weit zurückgetreten sind. An ihrer Stelle werden forderungsunabhängige Sicherungsrechte bestellt: Sicherungsgrundschuld, Sicherungsübereignung, Sicherungszession. Angesichts der praktischen Bewährung scheinen die dogmatischen Bedenken kein großes Gewicht zu haben. Unproblematisch sind diese Sicherungen aber auch in der Praxis nicht. Eine klare Konstruktion, die eine Bestimmung der gegenseitigen Rechte zuließe, hat unsere Rechtsordnung für diese Situation nichtl. Der Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze macht die Not nur offenbar. Unbefriedigend ist die Situation vor allem bei der Sicherungszession; hier kann der Drittschuldner dem Inhaber des Sicherungsrechts die fehlende Berechtigung nicht einmal vorhalten; diese Einwendung steht nur dem Sicherungsgeber selbst zu. Mit
1 Einen Überblick über die Problematik gibt Jäckle, S. 50ff.; vgl. zum Problem Weitnauer, S.76lf.; zur Formularpraxis bei der Sicherungsgrundschuld s. Kollhosser, S. 63 ff.
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Schlußbetrachtung
Wehmut mag man hier auf die klaren Verhältnisse bei den akzessorischen Sicherungsrechten schauen 2 • Die forderungs unabhängigen Sicherungsrechte müßten aber unter einem noch tiefer liegenden Mangel leiden: Diese Rechte sind zwar unabhängig, indem sie ohne die gesicherte Forderung entstehen, bei einer Zession der Forderung nicht mit übergehen und bestehen bleiben, wenn die Forderung erlischt; wie aber kann der Gläubiger aus der dinglichen Sicherung befriedigt werden? Das macht bei der Sicherungsgrundschuld keine Schwierigkeiten, da hier das dingliche Recht selbst einen Wert hat - wenn dieser auch nicht mit dem Wert der gesicherten Forderung übereinzustimmen braucht. Anders beim Sicherungseigentum: Was kann dieses Recht dem Gläubiger anderes geben als ein Recht am Sicherungsgegenstand? Ebenso bei der sicherungshalber abgetretenen Forderung: Aus diesem Recht allein kann der Gläubiger nur ein Recht an der ganzen Forderung haben. Den Betrag, in dessen Höhe der Gläubiger sich bei der Verwertung befriedigen darf, können diese Rechte nicht aufnehmen 3 • Hierfür ist der Gläubiger auch bei der Sicherungsübereignung und Sicherungszession auf die Angabe aus der gesicherten Forderung angewiesen. In diesem Sinne sind auch sie "akzessorisch", wenn sie nicht durch Parteivereinbarung als Verfallsrechte ausgestaltet sind. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich für die Verwertung des Sicherungsgutes auch die Pfandrechtsvorschriften, die eine Forderung voraussetzen, entsprechend anwenden. Die vorliegende Arbeit wollte die Erscheinung der Akzessorietät des Pfandrechts in der überkommenen Lehre klären und damit einen Beitrag zum Verständnis der Grundlagen unseres Zivilrechts leisten. Der Umstand, daß die Klärung in einem Punkt gleich eine Reihe von Problemen im weiteren Umfeld aufwirft, läßt die Notwendigkeit weiterer Diskussion erkennen. Als ein Beitrag zu dieser Diskussion hofft sie, Probleme wenigstens deutlicher faßbar gemacht zu haben.
2 Mit einer Argumentation, die sich auch auf andere Sicherungsrechte übertragen ließe, hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung (NJW 1982 S. 275) die Sicherungszession für akzessorisch gehalten; vgl. aber die Ablehnung dieser Entscheidung bei Jauernig, S. 268ff. 3 "Zunächst will scheinen, als verstehe sich der Verfall zu Eigentum bei der Sicherungsübereignung schon institutionell, sei ihr geradezu immanent." (Gaul, S. 352).
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