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German Pages 420 Year 1992
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft
Band 57
Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern
Von
Martin Küssner
Duncker & Humblot · Berlin
MARTIN KÜSSNER
Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp
Band 57
Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern
Von
Martin Küssner
DUßcker & Humblot . Berliß
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Küssner, Martin: Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern / von Martin Küssner. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 57) Zug!.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1991 ISBN 3-428-07353-3 NE: GT
D6 Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-07353-3
Meinen Eltern
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde zu Beginn des Jahres 1991 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Oktober 1990 abgeschlossen. Spätere Veröffentlichungen konnten bis Mai 1991 berücksiChtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Dieter Birk. Er hat die Arbeit angeregt und hilfreich gefördert. Weiter danke ich Herrn Professor Dr. Christoph Degenhart, der die Dissertation als Zweitberichterstatter begutachtet hat. Für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe gebührt mein Dank den Herausgebern, den Herren Professoren Dr. Erichsen, Dr. Kollhosser und Dr. Welp. Münster, im August 1991 Martin Küssner
Inhaltsübersicht Einführung ........................................................
19
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung . 21 A. Geschichtlicher Überblick ........................................... . B. Situation nach der Finanzreform von 1969 c. Die hentige Verteilung der Steuergesetzgebungshoheit - Zusammenfassung und Problema ufriß ...................................................... .
75
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der GesetzgebungszuständigkeIten des Bundes und der Länder nach Art. lOS Abs. 2 GG anband des Kriteriums der GIekbartigkeIt von Steuern ...........................................................
77
21
45
A. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 77 B. Weiterentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 108 C. Anwendung der Kriterien auf einige ausgewählte Steuern ..................... 209
Driner Teil: Das Verbot giekbartiger örtHcher Verbrauch- und Aufwandsteuern in Art. lOS Abs. 2a GG ................................................
229
A. Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern ................................ 8. Gleichartigkeit nach Art. 105 Abs. 2a GG ................................ C. Problemfälle der Gleichartigkeit örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern sowie der Vergnügungsteuer ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
229 271 315
Zusammenfassung ..................................................
367
Anhang: ZusammensteUung der verwendeten Verfassungstexte
369
Literaturverzekhnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
393
Verzekhnis der Gerkhtsentscheldungen in Angelegenheiten der Gesetzgebun/}'ihohelt nach der Finanzverrassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
410
Inhaltsverzeichnis Einruhrung ......................................................... 19
Erster Teil Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesdzgebung A. Geschichtlicher ÜberbUck ............................................ 21 I. Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26. Juli 1867 und Verfassung des nachfolgenden Deutschen Bundes ....................................... 22
11. Reichsverfassung vom 16. April 1871 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919
........................ 28
1. Die Schaffung eines Reichssteuersystems ............................. 28 2. Der Begriff "Gleichartigkeit" ...................................... 31 3. Die Situation ab 1933 ........................................... 35 IV. Grundgesetz vom 23. Mai 1949
..................................... 36
1. Entstehungsgeschichte des Art. 105 GG .............................. 38 2. Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes von denen der Länder ............ 39 V. Änderungen des Grundgesetzes vom 20. April 1953, vom 25. Dezember 1954 sowie vom 23. Dezember 1955 und vom 24. Dezember 1956 ...................... 44
B. Situation nach der Flnanzrerorm von 1969
............................... 45
I. Ausschließliche Kompetenz des Bundes, Art. 105 Abs. 1 GO ................. 45
11. Konkurrierende Kompetenz des Bundes, Art. 105 Abs. 2 GO ................. 45 1. Die bundesgesetzliche Regelung als abschließende Regelung ................ 46 2. Steuergesetze der Länder und (feil-) Ertragshoheit des Bundes .............. 48 III. Ausschließliche Kompetenz der Länder, Art. 105 Abs. 2a GG ................. 50 IV. Ausschließliche Kompetenz der Länder, Art. 140 Ga i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV .. 54 V. Steuerfindungsrecht .............................................. 54
1. Art. 105 Ga als abschließende Regelung für den Erlaß von Steuergesetzen
..... 55
2. Art. 106 Ga als abschließende Regelung der Zuweisung des Steueraufkommens .. 56
12
Inbaltsverzeicbnis a) Eotstebnngsgescbicbte ......................................... 57 b) Systematik ................................................. 61 c) Zweck des Art. 106 GG ....................................... 63 VI. EinscbriinkllDg durcb das Gemeinscbaftsrecbt ............................ 66
C. Die heutige Verlen.ng der Steuergesetzgebungshoheit - Zusammenfassung und ProblemaufrUI ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Zweiter Teil Die Abgrenzung der Geset~ebuogszuständlgkelten des Bundes _d der Länder nach Art. 105 Abs. 2 GG anband des Kriteriums der Gleichartigkeit von Steuern A. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 77 I. Kurzer Rückblick auf die Entstebungsgeschicbte des § 2 LStG und des § 2 FAG ... 80
H. Begriffsbestimmung durcb die Recbtsprecbung ........................... 82 1. Begriffsbestimmung durcb den Reicbsfinanzhof ......................... 82
2. Begriffsbestimmung durcb das Bundesverf3ssungsgericht .................. 86 a) Steuergegenstand ............................................ 87 b) Steuermaßstab .............................................. 88 c) Art der Erbebungstecbnik ...................................... 89 d) Wirtscbaftlicbe Auswirkungen ................................... 90 e) Quelle wirtscbaftlicber Leistungsfähigkeit ........................... 90 aa) Anknüpfungspunkt ........................................ 91 bb) Berücksicbtigung wirtschaftlicber Wirkungen ..................... 93 3. Begriffsbestimmung durcb das Bundesverwaltungsgericbt und den Bundesfinanzbof ........................................................ 95
III. Begriffsbestimmung durcb die Steuerrecbtswisscnscbaft ..................... 95 1. Der Ansatz von Karl RöUinger ..................................... 96
2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Der Ansatz von Wilbelm Markull ................................... 97 Der Ansatz von Albert Hensel ..................................... 99 Der Ansatz von Friedricb Geyler ................................... 99 Der Ansatz von Klaus Vogel ..................................... 100 Der Ansatz von Klaus Tipke ..................................... 104 Der Ansatz von Dieter Birk ............... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 106 107 Weitere Ansätze
B. Weiterentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 108 I. Funktion einer Kompetenz und Notwendigkeit einer Kompetenzabgrenzung ...... 109
H. Wirkungen von Steuern und Gleicbartigkeit der Wirkungen
................. 112
In baltsvelZeicbnis 1. Einteilung der Steuern aufgrund ihrer Wirkungen auf den Bürger
13
112
a) Stenern auf die Einkommensentstebung oder auf den Vermögensbestand .... 115 b) Stenern auf die Einkommensverwendung .......................... 117 aa) Der Begriff der EinkommensvelWendung ...................... (a) Die Umsatzsteuer als "allgemeine Verbrauchsteuer" im Sinne einer umfassenden Einkommensverwendungsteuer ................. (b) Belastung des Bürgers teilweise im Wege der Steueruberwälzung . .. (c) Aufwandsteuern als Steuern auf die Einkommensverwendung ..... (d) Weitere Steuern auf die Einkommensverwendung ............. (e) Merkmale der Einkommensverwendungsteuern ...... . . . . . . . . .. bb) Abgrenzung der EinkommensvelWendungsteuern ................. (a) Abgrenzung der Steuern auf die Einkommensverwendung aufgrund der Bezeichnung oder der Anknüpfung ..................... (b) Abgrenzung der Steuern auf die Einkommensverwendung aufgrund des Steuermaßstabes .................................. (c) Abgrenzung der Steuern auf die Einkommensverwendung aufgrund der Besteuerungsgüter ................................. (13) Begriffsbestimmung und Abgrenzung der Verbraucbsteuern und der Aufwandsteuern .............................. (1) Begriffsbestimmung und Abgrenzung anhand der Materialien des Verfassunggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Begriffsbestimmung und Abgrenzung in der Finanzwissenschaft ...................................... (3) Begriffsbestimmung und Abgrenzung in der Recbtsprechung (4) Begriffsbestimmung und Abgrenzung in der Steuerrechtswissenscbaft ................................. (5) Inhaltlicbe Anforderungen an eine Aufwandsteuer und Ergebnis ...................................... (bb) Abgrenzung der Verbraucbsteuern und Aufwandsteuern von den Verkebrsteuern .................................. (cc) Abgrenzung der Umsatzsteuer von den übrigen Steuern auf die Einkommensverwendung ........................... cc) Ergebnis zu den EinkommensvelWendungsteuern und Anwendung auf die KraftfahlZeugsteuer ...................................... dd) Exkurs: Kompetenzrecbtliche Zulässigkeit von Steuern auf die Einkommensverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
117 118 123 125 130 133 134 136 138 139 140 144 147 157 159 164 177 180 181 185
c) Ergebnis zu den Wirkungen einer Steuer .......................... 185 2. Gleichartigkeit der Wirkungen ...... ,. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186 a) Gleichartigkeit der Steuern einer Gruppe untereinander ................ 187 aa) Steuern auf die Einkommensentstebung oder auf den Vermögensbestand . bb) Steuern auf die EinkommensvelWendung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (a) Wechselseitiger Ausschluß der Verkehr-, Verbrauch- und Aufwandsteuern als spezielle Einkommensverwendungsteuern . . . . . . . . . . .. (b) Einzelne spezielle Einkommensverwendungsteuern ............. (c) Das Verhältnis zur Umsatzsteuer als allgemeiner Einkommensverdungsteuer .........................................
187 187 188 188 189
14
Inbaltsverzeichnis (aa) Verbrauchsteuern und Umsatzsteuer ................... (1) Die Tatbestände der Umsatzsteuer ................. (2) Exkurs: Abgrenzung der Einfubrumsatzsteuer zu den Zöllen (3) Ergebnis zu Verbrauchsteuern und Umsatzsteuer (bb) Aufwandsteuern und Umsatzsteuer .................... (cc) Verkehrsteuern und Umsatzsteuer ..................... (dd) Ergebnis zu den Einkommensverwendungsteuern ..........
193 193 196 198 198 201 202
b) Gleichartigkeit von Steuern verschiedener Gruppen ................... 203 aal Ideatität des Steuerschuldners ............................... 204 bb) Berücksichtigung von Überwälzungsvorgängen .................. 205 c) Mischformen
207
111. Zusammenfassung ............................................... 208 C. Anwendung der KrIterien auf einige ausgewählte Steuern. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 209 I. Vergnügungstener . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 209
11. Schankerlaubnissteuer ............................................ 219 111. Ausgabensteuer ................................................ 221
Dritter Teil Das Verbot gleichartiger örtlicher Verbrauch- und AufWandsteuern In Art. lOS Abs. 2a GG A. ÖrtUche VerbRlIch- .nd Aufwandsteuern ............................... 229 I. Begriffsbestimmung in Rechtsprechung und üteratur ...................... 230
11. Einzelne Begriffsmerkmale ........................................ 235 1. Der Begriff "önliche Verbrauch- und Aufwandsteuern" ................... 235 a) Wonlaut ................................................. 235 b) Historisch- genetische Auslegung ................................ 242 aal Darstellung der Entstehungsgescbicbte des An. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949242 bb) Folgerungen ........................................... 249 (a) Feuerschutzsteuer ..................................... 251 (b) Grunderwerbsteuer .................................... 255 (c) Wenzuwachssteuer ................................... 2.'i6 cc) Ergebnis zur bistorisch- genetischen Auslegung .................. 258 c) Systematik ................................................ 2.'i8 d) Teleologische Auslegung ...................................... 259 e) Begriffsbestimmung ......................................... 261 2. Erbebung der Steuer durch die Gemeinde ............................ 261 a) Ursprüngliche Fassung des Grundgesetzes, An. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 .. 261 b) Neufassnng des An. 105 Abs. 2a GG durch das Finanzreformgesetz 1969 ... 265
Inbaltsverzeicbnis
15
3. Ertrag der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 4. Definitioa .................................................. 266 III. Folgerungea für den Inhalt der ausscbließlichen GeselZgebungsbefugnis des Landes nach Art. 105 Abs. 2a GO ......................................... 266 B. Gleichartigkeit nach Art. 105 Abs. 2a GG ............................... 271 I. Anwendung des Gleicbartigkeitsbegriffs des Art. 105 Abs. 2 GG auf die örtlicben Verbraucb- uad Aufwandsteueru 273
11. Der Begriff der Gleicbartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG in Recbtsprecbung und Uteratur ..................................................... 278
1. Die Recbtsprechung ........................................... 278 a) Das Bundesverfassungsgericbt .................................. 278 b) Das Bundesverwaltungsgericbt, der Bundesfinanzbof und das FG Hamburg .. 280 2. Die Uteratur ................................................ 282 a) b) c) d)
Die Die Die Die
Auffas.o;ung Auffassung Auffassung Auffassung
von von von von
Theodor Maunz ............................. Klaus Vogel ................................ Klaus Tipke ................................ Dieter Birk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
282 284 285 285
111. Begriffsin ha It ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 286
1. Historisch- genetiscbe Auslegung .................................. 288 a) Darstellung der Entstebungsgescbicbte ............................ 289 b) Folgerungen ............................................... 294 2. Systematik ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 302 a) Art. 105 Abs. 2 GG ......................................... 303 b) Art. 106 Abs. 6 S. 1 GO ...................................... 310 3. Ergebnis ................................................... 312 IV. Bedeutung des Gleichartigkeitsverbots nach Art. 105 Abs. 2a GO ............. 313
c. ProblemfäUe der Gleichartigkeit örtUcher
Verbrauch- und Aufwandsteuern sowie der Vergnügungste.er .............................................. 315 I. Getränkesteuer und Gemeindebiersteuer ............................... 315
1. 2. 3. 4. 5.
Die Getränkesteuer als Verbraucbsteuer .............................. Örtlicbkeit der Getränkesteuer .................................... Sonderfall: die Getränkesteuer in Nordrbein- Westfalen ................... Gemeindebiersteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Gleicbartigkeit unter Berücksicbtigung der von 1984 bis 1986 erbobenen Hamburgiscben Getränkesteuer ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
315 319 321 323 324
11. Speiseeissteuer ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 111. Scbaokverzebrsteuer .............................. . . . . . . . . . . . . . .. 330 IV. Geträokeverpackungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 330
16
lobaltsvelZeicbois 1. Die Getriakeverpackuogsteuer als örtlicbe Verbraucbsteuer ................ 331 2. Kollisioo mit eiaer buodesrecbtlicbeo Regeluog ........................ 334 3. Gleicbartigkeit mit der Umsatzsteuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 336 V. Vergoüguogsteoer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 339 VI. Zweitwobaaagsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 342 VII. Bürgersteuer, Wobnraumsteuer uod Eiowobnersteuer ...................... 354
VIII. Jagdsteuer .................................................... 362 IX. Fabrradsteuer
365
Zusammenfassung ................................................... 367 Anhang: ZusammensteU.ng der verwendeten Verfassungstexte
369
Literat1lrverzekhnB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 VerzekhnB der Gerkhtsentscheldungen In Angelegenheiten der Gesetzgebungshoheit nach der Flnanzverfass1lng ............................................. 410
Abkürzungsverzeichnis
ABlEG AfK AKP AltKomm Anm. AöR BaWüVBI BayVBI BB Bd. BFHNV BGBI BR- Drucks. BStBl BT- Drucks.
OB
DGStZ DöV DStR DStZ Dt. VBI DVBI DVR EFG Er\. EuR FinArcb Fn. GVBI JA JbFtStR JöR 2 Küssner
Amtsblatt der Europäiscben Gemeinschaften Archiv für Kommunalwissenscbaften Alternative Kommunalpolitik Alternativkommentar Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Baden- Württembergisches VelWaltungsblatt, Landesbeilage der Zeitschrift: Die öffentliche VelWaltung Bayrisches VelWaltungsblatt Der Betriebs- Berater Band Sammlungamtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bundesgesetzblatt Bundesratsdrucksache Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Der Betrieb Deutsche Gemeindesteuer- Zeitung Die öffentliche VelWaltung Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung Deutsche VelWaltungsblätter, Blätter für administrative Praxis Deutsches VelWaltungsblatt Deutsche Ver"ehrsteuer- Rundschau (ab 1989: Umsatz- und VerkehrsteuerRundschau (UVR» Entscheidungen der Finaozgerichte Erläuterung Europarecht Fi na nzarch iv Fußnote Gesetz- und Verordnungsblatt Juristische Arbeitsblätter Jahrbucb der Facbanwälte für Steuerrecht Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart
18 JuS KOM KStZ
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NVwZ NWVBL Pr. GS PrVBI Rdnr. RGBI
RIW RStBI S. Sp. Sten.Ber. SteuerStud StuW StVj Tz. UR VBIBW VerwArcb VJScbrStFR VVDStRL WiGBI
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ZKF
Abkürzungsverzeicbnis Juristische Scbulung Kommission der Europäiscben Gemeinscbaften Kommunale Steuer- Zeitscbrift Ministerialblatt für das Land Nordrbein- Westfalen Neue Folge Neue Juristische Wocbenschrift Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecbt Nordrbein- Westfäliscbe Verwaltungsblätter Gesetz- Sammlung für die königlichen Preußischen Staaten Preußiscbes Verwaltungs- Blatt Randnummer Reicbsgesetzblatt Recht der Internationalen Wirtscbaft Reicbssteuerblatt Satz, Seite Spalte Stenographiscbe Bericbte Steuer und Studium Steuer und Wirtschaft Steuerliche Vierteljahresschrift Textziffer Umsatzsteuer- Rundscbau Verwaltungsblätter für Baden- Württemberg Verwaltungsarchiv Vierteljabresschrift für Steuer- und Finanzrecbt Veröffentlicbungen der Vereinigung der Deutschen Staat~rechtslebrer Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Zeit~cbrift für Zölle und Verbrauchsteuern Zeitl bezeichnet wurde, begegnet werden. Die maßgebliche Bestimmung dieses Gesetzes, § 2 Abs. 1, besagt, daß die Inanspruchnahme von Steuern durch das Reich die Erhebung gleichartiger Steuern durch die Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) ausschließe, wenn nicht reichsrechtlich ein anderes bestimmt sei. Die Abgrenzung der Kompetenzen des Reichs und der Länder hing damit davon ab, ob die von einem Land oder einer Gemeinde (Gemeindeverband) beabsichtigte Steuer einer reichsrechtlichen gleichartig war.
.. Landessteuergesetz, vom 30.03.1920, RGBI 1920, 402 ff. 6. Gesetz über den Finanzansgleicb zwiscben Reicb, Ländern und Gemeinden (Finanzausgleicbsgesetz), vom 23.06.1923, RGBI 1923 I 494 ff.; geändert durcb das Gesetz über Änderungen des Finanzausgleicbs zwischen Reicb, Ländern und Gemeinden, vom 10.08.1925, RGBI 1925 I 2.'i4 ff.; späterbin Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Reicb, Ländern und Gemeinden (Finanzausgleichsgesetz), vom 27.04.1926, RGBI 1926 I 203 ff. mit späteren Änderungen durcb das Gesetz zur Übergangsregelung des Finanzausgleicbs zwiscben Reicb, Ländern und Gemeinden, vom 09.04.1927, RGBI 1927 I 91 Cf. und durcb das Drille Gesetz zur Änderung des Finanzausgleicbs, vom 31.07.1938, RGBI 1938 I 966 [f.; Viertes Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichs, vom 30.09.1938, RGBI 1938 I 1321.
A. Geschichtlicher Überblick
31
2. Der Begriff ., Gleichartigkeit" Der Begriff "Gleichartigkeit" wurde im deutschen Steuerrecht erstmals in § 4 Doppelsteuergesetz vom 22. März 190962 erwähnt. Bei diesem Gesetz handelte es sich um die Neufassung des Gesetzes vom 13. Mai 187063 • Ziel dieses Gesetzes war die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Bürgern durch gleichartige direkte Steuern in verschiedenen deutschen Staaten. Mit der Erzbergerschen Finanzreform wurden Steuergesetze der Länder durch Reichssteuergesetze ersetzt, so daß auch die zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen seitens deutscher Staaten aufgestellten Regelungen des Reichs einer Änderung bedurften. Enthielt das Doppelsteuergesetz Vorschriften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Einkommensteuer als Personalsteuer und bei den Steuern auf Grund- und Gebäudebesitz sowie auf den Betrieb eines stehenden Gewerbes als Objektsteuern, so war hinsichtlich der Einkommensteuer eine derartige Regelung aufgrund der einheitlichen Regelung durch das Reich nicht mehr erforderlich. Doppelbesteuerungen durch mehrere Bundesstaaten schieden bei einer Erhebung der Einkommensteuer durch das Reich aus. Anders aber bei den Steuern auf Grund- und Gebäudebesitz sowie auf den Betrieb eines stehenden Gewerbes als Objektsteuern. Diese durften auch nach der Finanzreform weiterhin von den Ländern und Gemeinden erhoben werden, so daß es insofern doch zu einer horizontalen Doppelbesteuerung hätte kommen können. Dies zu vermeiden, war ebenfalls Ziel des an die Stelle des Doppelsteuergesetzes tretenden Landessteuergesetzes von 30. März 1920, das in § 62 Abs. 4 das Doppelsteuergesetz aufhob. In § 10 Abs. 1 regelte es, daß Steuern vom Grundvermögen und vom Gewerbebetriebe nur in dem Land erhoben werden durften, in dessen Gebiete der Grund- und Gebäudebesitz lag oder eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wurde. Die Regelung einer horizontalen Doppelbesteuerung, zu der das Reich nach Art. 11 Nr. 2 WRV befugt war, bestand damit in § 10 LStG fort.
62 Gesetz zur Abäoderuog des Reichsgesetzes wegeo Beseitigung der Doppelbesteueruog vom 13. Mai 1870, vom 22. März 1909, RGBI 1909,329 ff. 63 Gesetz wegeo Beseitiguog der Doppelbesteuerung, vom 13.05.1870, Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1870, 119 f.; dazu: Clauss FinArch 1888, 138 ff.
32
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Da das Reich mit der Regelung der Steuern im Rahmen dieser Finanzreform sein Besteuerungsrecht wahrgenommen hatte, bestand das Problem, in welchem Umfang das Reich von seinem Besteuerungsrechte Gebrauch gemacht hatte. Dies zu klären, war Ziel des § 2 Abs. 1 LStG. § 2 LStG, der als § 2 FAG in der Folgezeit keine Änderung erfuhr, lautete: "Die Inanspruchnahme von Steuern für das Reich schließt die Erhebung gleichartiger Steuern durch die Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) aus, wenn nicht reichsrechtlich ein anderes geregelt ist. Die Erhebung von Zuschlägen zu Reichssteuern ist den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) nur auf Grund reichsgesetzlicher Ermächtigung gestattet." § 2 Abs. 1 LStG, der den Ländern und den Gemeinden die Erhebung bestimmter Steuern untersagte, sprach damit ebenfalls von gleichartigen Steuern. Dabei besteht allerdings der Unterschied, daß es sich nunmehr nicht um Steuern handelte, die von mehreren gleichgeordneten Körperschaften erhoben wurden, sondern von einander untergeordneten. Die Doppelbesteuerung sollte damit nicht auf der Ebene gleichberechtigter Staaten vermieden werden (horizontale Doppelbesteuerung), sondern von einander untergeordneten (vertikale Doppelbesteuerung).
Insbesondere diese Bestimmung des § 2 LStG ist verschiedentlich als verfassungswidrig bezeichnet worden. Bereits während der Beratungen wurden Bedenken laut, daß diese Bestimmung aus der dem Reich nach Art. 8 LV.m. Art. 12 Abs. 1 WR V zustehenden konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis für das Steuerrecht durch eine fortschreitende Inanspruchnahme der bislang der Steuergesetzgebung der Länder unterliegenden Sachverhalte durch Reichssteuergesetze entgegen dem Verfassungswortlaut eine ausschließliche machel>4: aufgrund des Verbots der Erhebung gleichartiger Steuern nach § 2 LStG führe die Inanspruchnahme einer Steuerquelle durch das Reich zu einer vollständigen Aushöhlung der einzelstaatlichen Steuerhoheit, was mit dem Grundsatz der konkurrierenden Gesetzgebung nicht vereinbar seL Die konkurrierende Gesetzgebung erfordere vielmehr in jedem Fall, daß - auch bei einer entsprechenden
.. Beyerle in: Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung (Band 332), 149. Sitzung vom 05.03.1920, Sten.Ber. S. 4708 B, D; vgl. auch Schneider ebendort S. 4716 A,B.
A. Geschichtlicher Überblick
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Regelung durch das Reich - dem Land in diesem Bereich der Steuerquelle ein Regelungsbereich verbleibe6S • Gegen ein derartiges Verständnis der konkurrierenden Gesetzgebung und einer demzufolge möglichen schrankenlosen Inanspruchnahme des Steuerzahlers durch Reich, Länder und Gemeinden (insbesondere durch Zuschläge der beiden letzteren zu Reichssteuern) wurde eingewandt, daß andernfalls eine Konkurrenz dieser Körperschaften zu Lasten des Steuerzahlers bestehe. Das umfassende Verbot gleichartiger Steuern wurde daher als zulässige Inhaltsbestimmung der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis (Art. 12 Abs. 1 WRV) im Bereich des Steuerrechts aufgefaßt 66 : der konkurrierenden Gesetzgebung sei kein Grundsatz des Inhalts immanent, daß auch im Falle einer entsprechenden Regelung des Reichs den Ländern ein eigenverantwortlich auszuschöpfender Bereich verbleiben müsse. Diese bereits während der Beratungen vorgebrachten Bedenken wurden später nochmals geäußert: eine Inanspruchnahme durch ein ReiChssteuergesetz erfolge ausweislich des Wortlauts von Art. 8 Abs. 1 WRV ("soweit") stets nur in dem Umfang, da das Reich auch den Ertrag vollständig für sich in Anspruch nehme; überweise es einen Teil des Ertrages an die Länder oder Gemeinden, so habe das Reich die Steuerquelle nicht umfassend in Anspruch genommen, so daß dem Land kraft seiner konkurrierenden Regelungsbefugnis ein entsprechender Regelungsbereich verbleibeb7 •
65 Moesle in: Verbandlungen der verfassunggebenden Deutscben Nationalversammlung (Band 332), 149. Sitzung vom 05.03.1920, Sten.Ber. S. 4710 A, bezeicbnet diese Auffassung daher als "Quantitätstbeorie".
.. Dazu: Moesle in: Verbandlungen der verfassunggebenden Deutseben Nationalversammlung (Band 332), 149. Sitzung vom 05.03.1920, Sten.Ber. S. 4710 A, C, 4711 A; Dr. Zöphel ebendort S. 4718 A, B; Burlage ebendort S. 4718 C, D; vgl. aucb Dr. Zebnter in: Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung (Band 331), 122. Sitzung vom 05.12.1919, Sten.Ber. S. 3873 C, D, der die Stütze des § 2 LStG allerdings in Art. 11 Nr. 1 WRV erblickt; ebenfalls Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919, 1932, Art. 8 Aom. 4; gegen Verfassungswidrigkeit aucb: Röttinger, Das Landessteuergesetz vom 30. März 1920, 1920, § 2 Anm. 1 (S. 59); wobl aucb Markull, Kommentar zum Gesetz über den Finanzausgleich, 1923, § 2 Anm. IV La (S. 120 f.); A. Arndt PrVBI Bd. 41 (1919/1920), S. 337 C.; Hensel, Der Finanzausgleich im Bundesstaat in seiner staatsrechtlieben Bedeutung, 1922, S. 178 Fn.3. 0/ Poetzsch, Handausgabe der Reicbsverfassung, 2. Aufl., 1921, Art. 8 Anm. 2 (S. 54); Poetzsch JöR Bd. 13 (1925), S. 1 (35, 232); später in abgescbwächter Form: Poetzscb- Heffter, Handkommentar der Reichsverfassung, 3. Aufl. 1928, Art. 8, Anm. 2 (S. 112 f.).
3 Küssner
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Sleuergesetzgebung
Diese Abwandlung der als Quantitätstheorie bezeichneten Auffassung stößt aber auf dieselben Bedenken: die nach dieser Ansicht mögliche mehrfache Inanspruchnahme aufgrund eines Steuergesetzes durch das Reich ist auch dann eine umfassende, wenn das Reich den Ertrag lediglich zu einem Teil für sich in Anspruch nimmt, ihn im übrigen aber kraft Gesetzes den Ländern oder Gemeinden überweist. Ein Sachverhalt, den aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis grundsätzlich auch das Land steuerlich zu regeln befugt wäre, war daher mit einem Steuergesetz des Reichs ungeachtet der Aufkommenszuweisung als abschließend geregelt zu betrachten. Das Land verlor die bis zu einer reichsrechtlichen Regelung bestehende Gesetzgebungsbefugnis nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 WR V und das vom ihm gesetzte Recht trat insofern, als ihm entsprechendes, "gleichartiges" Reichsrecht entgegenstand, aus Kompetenzgründen nach Art. 13 Abs. 1 WRV außer Kraft68 • "Das Reichsgesetz wirkt mithin nach rückwärts als Aufhebung, nach vorwärts als Sperre."69 Der Grundsatz des Verbots gleichartiger Steuern war damit bereits in der Reichsverfassung aufgrund der Zuweisung der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis an die Länder (Art. 12 WRV), die im Falle einer Regelung derselben ("gleichartigen") Materie nach Art. 13 Abs. 1 WRV außer Kraft tritt bzw. für die Zukunft eine Sperrwirkung entfaltet, angelegt70. Für den Bereich der der ausschließlichen Gesetzgebung des Reichs unterliegenden Materie - im Bereich des Steuerrechts waren dies naCh Art. 6 Nr. 6 WRV die Zölle - bestand seit jeher die Auffassung, daß eine entsprechende Regelung durch das Land unzulässig sef1•
.. Giese, Die Verfassung des Deutscben Reicbes vom 11. Augusl 1919, 1919, Art. 12 Anm. 2; RFH 12.12.1921- Gr.s. D 1/21, RFHE 7,279; RFH 09.01.1926- Gr.S. 4/25, RFHE 18, 105 (HO) . .. Anscbütz, Die Verfassung des Deulscben Reicbs vom 11. August 1919,1921, Art. 12 Anm. 1. 70
So aucb die während der Beratungen und danach überwiegend vertrelene Auffassung.
71 Für den Bereicb des Steuerrechts: Dr. Zöphel in: Verhandlungen der verfassunggebenden Deutscben Nationalversammlung (Band 332), 149. Sitzung vom 05.03.1920, Slen.Ber. S. 4718 A, B; allgemein: Anschütz, Die Verfassung des Deulschen Reichs vom 11. August 1919, 1921, Art. 12 Anm.1.
A. Geschichtlicher Überblick
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Die Unzulässigkeit eines Tätigwerdens des Landesgesetzgebers folgte hier bereits aus Art. 12 Abs. 1 S.2 WRV, ohne daß es auf den Grundsatz des Art. 13 Abs. 1 WRV, der voraussetzte, daß eine Kollision von Landesrecht und Reichsrecht vorliegt, ankam. Stand in dem Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung allein der darin bezeichneten Körperschaft ein Recht zur Gesetzgebung zu, so war auch in dem Falle, daß das Reich von der ihm ausschließlich zustehenden Gesetzgebungsbefugnis über Zölle keinen Gebrauch machte, ein landesrechtlich geregelter ,,zoll" nicht wegen fehlender Gleichartigkeit zulässig; er war bereits mangels landesrechtlicher Gesetzgebungskompetenz unzulässig 72 • Die Unzulässigkeit einer landesrechtlichen Regelung im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Reichs folgt damit nicht aus Art. 13 Abs. 1 WRV, sondern bereits aus der Tatsache der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis. Das ausdrückliche Verbot der Erhebung gleichartiger Steuern in § 2 Abs. 1 LStG war damit lediglich die Feststellung dessen, was bereits zuvor aufgrund der Verfassung für die Abgrenzung der Kompetenzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung galt. Für das Steuerrecht erfuhr der Grundsatz, daß eine abschließende reichsrechtliche Regelung eine entsprechende landesrechtliche verdrängt, in der positivrechtlichen Regelung des Gleichartigkeitsverbots in § 2 Abs. 1 LStG eine spezielle Ausprägung. Entscheidender Abgrenzungspunkt der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis der Länder im Verhältnis zum Reich war damit die Prüfung der Gleichartigkeit von Steuern. Bezüglich aller Steuern mit Ausnahme der Zölle und der Kirchensteuer ist somit von einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Reichs und der Länder auszugehen, bei der das den Ländern eingeräumte Gesetzgebungsrecht unter dem Vorbehalt der Nichtausübung des entsprechenden Rechts des Reichs durch Erhebung einer gleichartigen Steuer stand.
3. Die Situation ab 1933 In der Zeit ab 1933 wurde in dem Bestreben, das Reich zu einem Einheitsstaat umzugestalten, auch die Landessteuergesetzgebung in zunehmendem Maße
72 vgl. zu der Frage, ob es sich bei den Helgoländer Abgaben auf die Einfuhr von Getränken um eiDen Zoll haodelt: RFH 23.05.1927- Gr.S. D 1/ 27, RFHE 21, 234 f.
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
durch reichsrechtliche Regelungen ersetzt73 • Das Urkundensteuergesetz vom 5. Mai 193674 beseitigte mit der Reichsurkundensteuer die zuvor bestehenden fünfzehn Landesstempelabgaben7s • Mit den Gesetzen vom 1. Dezember 1936 wurden die Realsteuern vom Reich geregelt76.
IV. Grundgesetz vom 23. Mai 1949 Die Aufteilung der Gesetzgebungshoheit nach dem Grundgesetz vom 23. Mai 194977 findet sich in Art. 105 GG. Art. 105 GG gewährt dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit über die Zölle und Finanzmonopole. Seine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis erstreckt sich nach Art. 105 Abs. 2 GG zunächst auf die Verbrauchund Verkehrsteuern mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, "insbesondere" der Grunderwerbsteuer, der Wertzuwachssteuer und der Feuerschutzsteuer. Weiterhin umfaßt sie die Steuern vom Einkommen, vom Vermögen, von Erbschaften und Schenkungen sowie die Realsteuern mit Ausnahme der Festsetzung der Hebesätze. Voraussetzung der Inanspruchnahme dieser Befugnis ist, daß der Bund die zu regelnde Steuer ganz oder teilweise zur Deckung der Bundesausgaben in Anspruch nimmt oder daß die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG 78 vorliegen. Eine ausschließliche79 Zustän-
7} Ausführlich dazu Sei polt, Finanz- und Steuerwesen, Teil 2: Allgemeines Steuerrecht, 1949, S. 38 ff.; O. Bühler, Lehrbuch des Steuerrechts, 11. Band, 1938, S. 611 ff.
,. Urkundensteuergesetz, vom 05.05.1936, RGBI 1936 I 407 ff. 75 Ausführlich dazu: Friedrich Klein, Verkehrsteuem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Aufl., 2. Band, 1956, S. 601 (603 f.). 76 Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen, vom 01.12.1936, RGBI 1936 I 961 ff.; Gewerbesteuergesetz, vom 01.12.1936, RGBI 1936 1979 ff.; Grundsteuergesetz, vom 01.12.1936, RGBI 1936 I 986 CC.; vgl. auch Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Gebäudeentschuldungsteuer, vom 01.12.1936, RGBI 1936 I 992.
77
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, vom 23.05.1949, BGBI 1949, 1 ff.
78 Die Verweisung des Art. 105 Abs. 2 GG in der Fassung vom 23.05.1949 auf Art. 72 Abs. 2 GG wird häufig als entbehrlich bezeichnet, so z.B. Meyer DöV 1969, 261 (262), da sie bereits in der Verweisung "die konkurriereade Gesetzgebuag" enthalten sei.
A. Gescbicbtlicber Überblick
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digkeit der Länder zur Steuergesetzgebung resultiert aus Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG für Verbrauch- und Verkehrsteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis. Aufgrund dieser Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeit galt das Steuersystem des Reichs nach Art. 123 Abs. 1 GG weitgehend als Bundesrecht fort. Klaus Vogel80 und Piduch81 sind im Anschluß an das Bundesverfassungsgericht82 der Ansicht, daß das Sachgebiet "Steuern" mit der Regelung in Art. 105 Abs. 2 GG dem Bund nicht umfassend zugewiesen sei; es handele sich lediglich um eine "Teilzuweisung"83, um eine negative Abgrenzung der konkurrierenden Bundeskompetenz84 , so daß im übrigen eine - dem Bund verschlossene - Befugnis der Länder zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Abgabenwesens nach Art. 70 Abs. 1 GG ,,selbstverständlich"ss bestehe. Sie leiten daher aus dieser Fassung des Art. 105 GG eine Befugnis der Länder ab, auf Grund des Art. 70 GG Steuern, die nicht der in Art. 105 GG geregelten
70 Einbellige Auffassung: vgl. nur Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 193; K. Vogel in: Festscbrift für Kuno Barth, 1971, S. 169; BVerfG 04.02.1958- 2 BvL 31,33156, BVerfGE 7, 244 (2..~7); BVerfG 29.10.1958- 2 BvL 19/ 56, BVerfGE 8, 260 (270); BVerfG 23.07.1963- 2 BvL 11/61, BVerfGE 16, 306 (317 und 318); BVerfG 04.06.1975- 2 BvR 824/74, BVerfGE 40,56 (60); BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 12751 79, BVerfGE 65,325 (343); BVerwG 28.06.1974- VII C 97.72, BVerwGE 45,264 (265); BVerwG 28.06.1974- VII C 22.73, BVerwGE 45, 277 (279); a.A. wohl Terballe, Das Finanz- und Steuersystem der Bundesrepublik Deutscbland, in: Handbucb der Finanzwissenschaft, 2. Autl., 3. Band, 1958, S. 138 (170).
80
K. Vogell Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 59.
8' Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 24, 32, 34 ff., 110; soweit Piducb a.a.O. S. 111 ff. feststellt, daß zur Einführung einer Einwohnersteuer als Personalsteuer eine Änderung des Art. 106 GO erforderlicb sei, setzt dies voraus, daß es sicb um eine bundcsrecbtlicb geregelte Steuer bandelt (S. 113); das Aufkommen einer landcsrecbtlich geregelten Steuer stebt Dach Auffassung Piduchs stets dem Land zu, das die Steuer einführt und regelt (S. 110 Fn. 414). 82 BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 101 61, BVerfGE 16, 64 (77 ff.); vgl. bereits BVerfG 10.05.1962- 1 BvL 31/ 58, BVerfGE 14, 76 (91); vgl. Bayer. VGH 24.06.1953- 2 IV 53, VGH N.F. Bd. 6, 75 (80 f.); OVG Hamburg 26.01.1957- Bf III 15156, KStZ 1957, 70 (72); vgl. auch die Darstellung von Friauf in: Festgabe für das Bundesverfassungsgeriebt, 1976,2. Band, S. 300 (314).
8)
K. Vogell Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 59 .
.. BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8,10/61, BVerfGE 16, 64 (78). 8S BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8,10/61, BVerfGE 16, 64 (78) kennzeichnet diese folgericbtig - aucb als eine ausschließliche; die Kompetenzabgrenzung ergab sieb daher nach Ansicht des Gerichts erst aus Art. 105 GG i.V.m. Art. 70 Abs. 1 GG, a.a.O. S. 79.
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis unterliegen, einzuführen86• Nach Art. 140 GG LV.m. Art. 137 Abs. 6 WRV steht den Ländern weiterhin die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis über die Kirchensteuer ZUS7.
1. Entstehungsgeschichte des Art. 105 GG
Nach 1945 war das Finanzwesen zunächst Sache der Länder. Unter Kontrolle der Militärregierung flossen jedem Land die in dem entsprechenden Gebiet aufgekommenen Erträge zu, die das Land für seine Zwecke in Anspruch nehmen konnte88 • Ein Ausgleich der Erträge erfolgte zunächst durch die Gesetze zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten89 • Im Verfassungskonvent von Herrenchiemsee und im Parlamentarischen Rat war die Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern stark
16 Ebenso Tomerius, Die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder, 1964, S. 42; Jakob, Das Steuererfindungsrecht der Gemeinden und die kommunale Selbstverwaltung, 1966, S. 132 Fn. 55, S. 141 ff.; Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 80 f., 138; SeImer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecbt, 1972, S. 139; a.A. bingegen die überwiegende Auffassung in der Uteratnr und das Bundesverwaltnngsgericbt: Blendermann, Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 52 f.; Hettlage FinArcb N.F. Bd. 14 (1953/54), 405 (422); Lorenz DöV 1954, 456; Patzig DVBI 1961, 389 (392); BVerwG 07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6, 247 (255); BVerwG 06.06.1958- VII C 76.57, DGStZ 1959, 71 (73); Bundesregierung in: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, BT- Drucks. 11/480, Tz. 162, zu Nr. 3 (S. 109): "Der Grundsatz, daß Art. 105 GG alle Steuern erschöpfend erfaßt hat, gilt uneingeschränkt."; Bundesregierung in: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), vom 13.05.1968, BT- Drucks. VI 2861, Tz. 127 (S. 32) sowie Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates a.a.O. S. 94; wohl auch Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S. 22 f., 62 ff., insb. 64; offengelassen von Stern, Das Staatsrecbt der Bundesrepublik Deutschland, Band 11, 1980, § 46 11 4.b (S. 1119). tri Zur Begründung der Inkorporation der Weimarer Kircbenartikel in das Grundgesetz siebe BVerfG 14.12.1965- 1 BvR 413, 416/60, BVerfGE 19, 206 (218 ff.) .
.. Vgl. K. Vogell P. Kirchhof in: Bonner Kommentar, (j(i, Vorbem. z. Art. 104a - 115 Rdnr. 53; Strauß, Die Finanzverfassung, 1969, S. 25 . .. Gesetz zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjabr 1949, vom 06.08.1949, Gesetzblatt der Verwaltnng des Vereinigten WirISCbaftsgebietes 1949,235; Gesetz zur Regelung von Kriegsfolgelasten im 2. Recbnungshalbjahr 1949, vom 21.03.1950, BGBI 1950,43; vgl. dazu Strauß, Die Finanzverfassung, 1969, S. 25.
A. Geschichtlicher Überblick
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umstritten90 • Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee beabsichtigte, die Finanzwirtschaft im Hinblick auf die beabsichtigte bundesstaatliche Ordnung zu orientieren, was auch die Regelung der Verantwortlichkeiten für Steuergesetze beinhaltete. Bei der Aufteilung der Gesetzgebun~hoheit sollte dem Bund über die Zölle die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis zustehen. Die Mehrheit wollte ihm weiterhin die Vorranggesetzgebung über die Verbrauchsteuern und die Steuern vom Umsatz und Verkehr sowie die Rahmengesetzgebung über die Steuern vom Einkommen und Vermögen zubilligen 91 • Die Militärgouverneure lehnten jedoch die auch vom Parlamentarischen Rat beabsichtigte starke Position des Zentralstaates und eine entsprechend schwächere der Bundesländer ab. Die letztendlich getroffene Regelung stellt daher einen Komprorniß zwischen diesen Forderungen dar92 •
2. Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes von denen der Länder Eine Kollision der Kompetenzen besteht im Bereich der Gesetzgebungszuständigkeiten, wenn diese nicht als ausschließliche ausgestaltet sind. Eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes begründete Art. 105 Abs. 2 GG. Nach Art. 72 Abs. 1 GG haben die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht. Die Bestimmung des Art. 72 Abs. 1 GG weist Ähnlichkeiten mit der des Art. 12 Abs. 1 WRV auf. Problematisch ist daher weiterhin die Frage, wann und inwieweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat.
.., Eioe umfasseode Darstelluog fiodet sich bei Fischer, Parlameotarischer Rat uod Finanzverfassung, 1970, S. 36 ff.; Höpker- Aschoff FinArch N.F. Bd. 12 (1950/51), S. 725 (726); vgl. auch K. Vogel! P. Kirchhof in: Bonner Kommentar, 00, Vorbem. z. Art. 104a - 115, Rdnr. 52, 60; K. Vogel/ Walter in: Booner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 4; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 87 Rdnr. 6 f.; Hettlage in: Schultz (Hrsg.), Mit dem Zehnteo fing es an, 1986, S. 219 (221); vgI. Entwurf eioes Gesetzes zur Änderung uod Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), BT- Drucks. V/286l, Tz. 3 (S. 10), Tz. 53 (S. 19 f.) . •, K. Vogel/ P. Kirchhof in: Bonner Kommentar, GO, Vorbem. z. Art. 104a - 115, Rdnr. 57. 92 Zu der Entstehungsgeschichte des Art. 105 Abs. 2 GO 1949 wird späterhin, soweit er die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis betrifft, Stellung geoommen, 3. Teil, A.II.l.b)aa).
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Unter der Weimarer Reichsverfassung galt § 2 Abs. 1 LStG vom 30. März 1920 (späterhin: § 2 Abs. 1 FAG), der bestimmte, daß die Inanspruchnahme von Steuern für das Reich die Erhebung gleichartiger Steuern durch die Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) ausschließe, wenn nicht reichsrechtlich etwas anderes geregelt sei. Eine Inanspruchnahme von Steuern war bereits mit der steuerlichen Erfassung des Sachverhaltes durch das Reichsgesetz ungeachtet der Aufkommenszuweisung gegeben. Hierbei handelte es sich, wie oben gezeigt, lediglich um die spezielle positivrechtliche Ausprägung des in Art. 12 Abs. 1 WRV enthaltenen Grundsatzes der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Steuerrecht93 • Die Fortgeltung des § 2 FAG neben Art. 105 GG wie auch der übrigen Vorschriften jenes Gesetzes war bis zu der förmlichen Aufhebung des reichsrechtlichen Finanzausgleichsgesetzes am 27. April 195594 problematisch, da in diesem Gesetz Regelungen über die nach dem Grundgesetz der ausschließlichen Landesgesetzgebung unterliegenden Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis getroffen waren 9S • In der Begründung des Regierungsentwurfs zur Aufhebung des § 2 FAG ist angeführt, daß mit der Aufhebung dieser allgemeine Rechtsgrundsatz nicht in Frage gestellt werden soll%. Darüberhinaus hatte der vorher bestehende Streit um die Verfassungsmäßigkeit des § 2 LStG 97 unter
93
Dazu oben, 1. Teil, A.II1.2 .
... Gesetz zur Regelung finanzieller Beziebungen zwiscben dem Bund und den Ländern (Viertes Überleitungsgesetz), vom 27.04.1955, BGBI 1955 I 189 ff., § 8. os Für ein Fortgelten des FAG: Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S. 65 ff.; Wacke AöR Bd. 77 (1951/52), S. 355 (356 f.); Hettlage FinArcb N.F. Bd. 14 (1953/ 54), S. 405 (433 f.); Höpker- Ascboff FinArcb N.F. Bd. 12 (1950/ 51), S. 725 (726); Suren, Gemeindeabgabenrecbt der ebemals preußiscben Gebiete, 1950, § 13 Erl. 4 (S. 99 ff.); vgl. BVerfG 04.02.19582 BvL 31, 33/ 56, BVerfGE 7, 244 (2.'i9): ,,streitig"; gegen ein Fortgelten als Bundesrecbt, insbesondere des § 2 aucb für Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis: BVerwG 18.12.1959VII C 95.57, BVerwGE 10,82 (83); BVerwG 08.11.1957- VII 64.57, BVerwGE 5, 339 (342 f.); Bayer. VGH 24.06.1953- 2 IV 53, VGH N.F. Bd. 6, 75 (80); OVG Münster 03.04.1957- 111 A 1066/56, OVGE 12, 202 (205); OVG Lüneburg 15.10.1953- I A 70/52, KStZ 1954, 16; OVG Lüneburg 25.03.1964- 111 OVG A 127/63, KStZ 1964, 227; umfassend gegen eine Fortgeltung: Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 135 f.; Jakob, Das Steuererflndungsrecbt der Gemeinden und die kommunale Selbstverwaltung, 1966, S. 147 f., 161 ff. .. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, BT- Drncks. 11/ 480, Tz. 201 (S. 127). 97
Dazu oben, 1. Teil, A.II1.2.
A. Geschichtlicher Überblick
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der Geltung des Grundgesetzes an Bedeutung verloren: eine Zuweisung des Aufkommens einer bestimmten Steuer erfolgt unter dem Grundgesetz im Gegensatz zu den früheren deutschen bundesstaatlichen Verfassungen nicht durch den einfachen Gesetzgeber, sondern ist in Art. 106 GG verfassungsrechtlich festgelegt. Galt dieser Grundsatz der konkurrierenden Gesetzgebung bereits unter der Weimarer Reichsverfassung, so liegt es nahe, diesen auf das Grundgesetz zu übertragen: Art. 72 Abs. 1,31 GG stimmen im Wortlaut mit Art. 12 Abs. 1, 13 WRV weitgehend überein. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Übertragung auch vorgenommen, indem es feststellte, daß es sich bei dem Verbot gleichartiger Steuern in dem Kollisionsgrundsatz des § 2 Abs. 1 FAG um eine ,,spezielle Ausprägung des in Art. 72 Abs. 1 GG (Art. 12 Abs. 1 WRV) enthaltenen allgemeinen Grundsatzes für das Gebiet des Steuerrechts,,98 handele, aufgrund dessen die Zulässigkeit eines Steuergesetzes der Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung nur dann zu bejahen sei, wenn dieses nicht einem bundesgesetzlich geregelten Gesetz gleichartig sei99 • Klaus Vogel, der diese Feststellung des Bundesverfassungsgerichts als Einordnung des Kriteriums der Gleichartigkeit allein für den Bereich des Steuerrechts, nicht jedoch für andere Sachbereiche, und dies auch nur für die konkurrierende Gesetzgebung interpretiert, hat gegen sie Bedenken erhoben Joo : bei § 2 Abs. 1 LStG und dem Kriterium der Gleichartigkeit handele es sich sowohl um das allgemeine Problem der Abgrenzung von Sachbereichen überhaupt als auch um Probleme der konkurrierenden und der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis. Klaus Vogel übersieht jedoch zunächst, daß das Bundesverfassungsgericht nicht den Grundsatz der Gleichartigkeit als Ausprägung der Gesetzgebungsbefugnis .. BVerfG 04.02.1958- 2 BvR 31, 33/56, BVerfGE 7, 244 (259, 262); BVerfG 30.10.19611 BvR 8331 59, BVerfGE 13, 181 (191, 196); BVerfG 04.06.1975- 2 BvR 824/74, BVerfGE 40, 56 (62); kritisch dazu Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 82 f. .. Unzutreffend daher Patzig DVB11970, 542 (543): "Indessen spielt die Frage der Gleichartigkeit im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung überhaupt keine Rolle, weil der Bundesgesetzgeber jederzeit in der Lage ist, Störungen der Wirtschaftseinheit oder der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse ( ... ), die durch die Landesgesetzgebung hervorgerufen sind, durch Ausnutzung (oder stärkere Inanspruchnahme) seiner Gesetzgebungskompetenz zu beseitigen."; dagegen ausdrücklich Lorenz DVBI 1972, 136 (137). 100 K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 90 ff.; K. Vogel StuW 1971, 308 (312 f.); Czisnik DöV 1989, 1065 (1069) läßt die Zuordnung zur ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung ausdrücklich offen.
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
nur im Steuerrecht ansieht, sondern eine entsprechende Feststellung lediglich im Hinblick auf die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 LStG trifft. Die von Klaus Vogel weiterhin kritisierte Beschränkung des Gleichartigkeitsverbots nach § 2 Abs. 1 LStG auf den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung ist zutreffend. Das Gleichartigkeitsverbot als Verbot der Regelung gleichgelagerter Sachverhalte schlechthin ist nicht, wie Klaus Vogel annimmt10I, in Art. 31 GG angesiedelt. Art. 31 GG setzt voraus, daß es sich bei dem Vergleich der Gesetze um kompetenzgemäß erlassenes Recht auch des Bundes handelt 102. Ist es nicht kompetenzgemäß, kann Art. 31 GG das Recht nicht brechen; es ist vielmehr wegen der Inanspruchnahme einer nicht zustehenden Kompetenz ungültig. Eine Gleichartigkeit der geregelten Sachverhalte kann daher nur im Falle der konkurrierenden Gesetzgebung, nicht jedoch auch bei einer unberechtigt in Anspruch genommenen ausschließlichen Gesetzgebung zu der Folge des Art. 31 GG führen 103. Eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz sieht das Grundgesetz für die Zölle und für die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis vor104. Wird eine diesem Bereich zuzuordnende Abgabe von einer nach Art. 105 GG nicht zuständigen Körperschaft geregelt, ist diese Norm nicht wegen Verletzung des Gesichtspunkts der Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen unzulässig. Trotz einer GleiChartigkeit kann daher eine unzulässige Regelung nicht die Folge des Art. 31 GG auslösen. Die Gleichartigkeit kann lediglich über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme dieser ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz entscheiden, indem sie die Feststellung trifft, ob die getroffene Regelung dem ausschließlich zugewiesenen Sachbereich zugeordnet werden kann. Im Bereich der Einräumung der Gesetzgebungskompetenz ist die Frage nach der
101 K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 93; ebenso Bauer- Wild BB 1973,512. 102 Tomerius, Die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder, 1964, S. 91; Maunz in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 31 Rdnr. 15; Gubelt in: von Mönch, GG, Art. 31 Rdnr. 5; Pietzcker, Zuständigkeitsordnung und Kollisionsrecbt im Bundesstaat, in: Handbucb des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 99 Rdnr. 26, 32; vgl. aucb Bökelmann, Die örtlichen Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grnndgesetz, 1974, S. 157. 103 Zu der eindeutigen Recbtslage unter der Weimarer Reicbsverfassung siehe oben, 1. Teil, A.III.2. 104
Zu letzterem siebe oben, 1. Teil, A.lV.
A. Geschichtlicher Übertlliek
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Gleichartigkeit von Steuern allein eine materielle, wohingegen es sich im Bereich der Abgrenzung von eingeräumten Kompetenzen auch um eine Zulässigkeitsfrage handelt. Materielle Kriterien sind auch im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung erforderlich, um die einer Körperschaft (Bund oder Land) eingeräumte Kompetenz, den Sachbereich, zu bestimmenlos. Soweit sich Klaus Vogel zur Stütze seiner Auffassung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Helgoländer Einfuhrsteuer106 beruft, in der das Gericht den Begriff der Gleichartigkeit auch auf die Prüfung der landesrechtlich geregelten Helgoländer Einfuhrsteuer und dem der ausschließlichen Bundeskompetenz unterliegenden Zoll erstreckt, ist festzustellen, daß es sich in dieser Entscheidung um die Einräumung einer Kompetenz im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung handelt, nicht hingegen um eine Abgrenzung der Kompetenzen 101. Kann im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes oder auch der Länder Art. 31 GG nicht die Gleichartigkeit über die Zulässigkeit der Einführung einer Abgabe entscheiden, so ist der Anwendungsbereich auf das Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung beschränkt; im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung kommt es damit nicht zur Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder auf eine GleiChartigkeit an. Dem entspricht auch die vom Bundesverfassungsgericht getroffene Feststellung, der Grundsatz des § 2 FAG fmde im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis keine Anwendung108 •
'ungsbefugnis über die Finanzmonopole und die Zölle zu.
11. Konkurrierende Kompetenz des Bundes, Art. 105 Abs. 2 GG Die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis ist in Art. 105 Abs. 2 GG neu geregelt worden. Änderungen sind hier insofern erfolgt, als von einer Aufzählung der dieser Kompetenz unterliegenden Steuern abgegangen wurde und stattdessen "die übrigen Steuern" (mit Ausnahme der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern) der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes unterstellt wurden. Voraussetzung der Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund ist, daß ihm die Steuern mindestens teilweise zustehen oder aber daß die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen l14 • Der Begriff der konkurrierenden Gesetzgebung ist in Art. 72 Abs. 1 GG definiert: "Im Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrechte keinen Gebrauch macht."
III Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), vom 12.05.1969,8GBI 1969 I 359 ff. I\( Auch bier wird der Verweis auf Art. 72 Abs. 2 00 als entbehrlich angesehen, da er bereits aus dem Begriff der konkurrierenden Gesetzgebung abzuleiten sei; K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 56; Maunz in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 105 Rdnr. 40; dagegen Stern, Das Staatsrecbt der Bundesrepublik Deutscbland, Band 11, 1980, § 4611 4.a (S. 1116); Meyer DöV 1969, 261 (262) führt zur Begründung andernfalls auftretende Formulierungsscbwierigkeiten an.
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Den Ländern steht daher dann kein Gesetzgebungsrecht zu, wenn der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht bereits Gebrauch gemacht hat.
1. Die bundesgesetzliche Regelung als abschließende Regelung
Der Bund ist nicht verpflichtet, jedweden Sachverhalt einer Besteuerung zu unterstellen; er kann auch bei einzelnen Sachverhalten von einer Besteuerung absehen. Hat der Bund daher ein Sachgebiet durch die Inanspruchnahme des Steuergegenstandes geregelt, so ist davon auszugehen, daß es sich dabei auch um eine abschließende Regelung handelt llS, selbst wenn einzelne Sachverhalte nicht einer Besteuerung unterliegen. Hat der Bund so z.B. bei der Einkommensteuer mit der Regelung der sieben Einkunftsarten im Einkommensteuergesetz damit zu erkennen gegeben, daß er allein diese Sachverhalte einer Besteuerung für würdig erachtet, so ist dem Land die Regelung einer weiteren Einkunftsart - ungeachtet der Frage, ob es überhaupt eine ertragsmäßig nicht allein ihm oder seinen Gemeinden zustehende Steuer auch regeln dürfte 1l6 verwehrt117 • Dasselbe muß gelten, wenn der Bund in einem Steuergesetz bestimmte Tatbestände durch Befreiungen nicht einer Besteuerung unterstellt 1l8, wie es z.B. bei § 4 UStG der Fall ist. Fraglich ist, ob eine abschließende Regelung auch dann anzunehmen ist, wenn der Bund ein zuvor bestehendes Steuergesetz aufhebt. Er kann dam it dem Land,
115 SeImer, SteuerintelVentionismus und Verfassungsrecbt, 1972, S. 152 f.; Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 16; Maunz in: Maunz/ Dürig, GG, An. 105 Rdnr. 44; Wendt, Finanzbobeit und Finanzausgleicb, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 104 Rdnr. 33; kritiscb dazu Scbmidt- Bleibtreu/ Franz Klein, GG, 7. Aufl., 1990, An. 105 Rdnr. 2; BVerfG 04.02.1958- 2 BvL 31,33/56, BVerfGE 7, 244 (258); BVerfG 12.10.1978- 2 BvR 154/ 74, BVerfGE 49, 343 (357). 116
Dazu 1. Teil, B.II.2.
117 Ebenso Friauf in: Festgabe für das Bundesverfassungsgericht, 1976, 2. Band, S. 300 (316); Wendt, Finanzbobeit und Finanzausgleicb, in: Handbucb des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 104 Rdnr. 37; BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (76 f.). 111 Fischer- Mensbausen in: von Müncb, GG, An. 105 Rdnr. 19; Wendt, Finanzhobeit und Finanzausgleicb, in: Handbucb des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 104 Rdnr. 33; vgl. auch SeImer, SteuerintelVentionismus und Verfassungsrecbt, 1972, S. 152; Lorenz DVBI 1970, 539 (540).
B. Situation nacb der Finanzreform von 1969
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sofern dieses die Gesetzgebungsbefugnis besitzt, die Möglichkeit eröffnen, in diesem Bereich eine Steuer einzuführen 119; er kann aber mit der Aufhebung auch seinen Willen zum Ausdruck gebracht haben, daß eine entsprechende Steuer aus finanzpolitischen oder velWaltungstechnischen Erwägungen überhaupt nicht mehr erhoben werden soU 12o • Der Wille des Gesetzgebers darf sich dabei aber nicht lediglich aus den Materialien ergeben; er muß vielmehr für den Landesgesetzgeber ersichtlich sein. Bezweckt der Bund daher mit der Aufhebung eines Steuergesetzes zugleich ein Verbot einer möglichen Neueinführung dieser Steuer auf Landesebene, so ist dieses auch ausdrücklich auszusprechen l2l • Bei diesem Verbot der Einführung eines bundesgesetzlich aufgehobenen Steuergesetzes auf Länderebene handelt es sich nicht um einen verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in die durch Art. 106 GG gewährleistete Ertragshoheit der Länder. Art. 106 GG gewährt einer Körperschaft einen Rechtsanspruch auf das Aufkommen einer bestimmten Steuer oder einer Steuergruppe nur solange und in dem Umfang, da diese Steuer auch tatsächlich erhoben wird; die Vorschrift beinhaltet hingegen keine Gewährleistung der Erhebung der Steuer schlechthin 12Z• Dem Bund ist es daher möglich, mit der Aufhebung
'''So K. Vogel/Walter in: Bonner Kommentar, G(1, Art. 105 Rdnr. 75; vgl. Fiscber- Mensbausen in: von Münch, 00, An. 105 Rdnr. 19. • 21> Vgl. Fischer- Menshausen in: von Münch, GG, Art. 105 Rdnr. 19; Maunz in: Maunz/ Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 42.
•2. Vgl. dazu Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 18 f.; unklar insofern Fiscber- Mensbausen in: von Müncb, 00, Art. 105 Rdnr. 19; a.A. Maunz in: Maunz! Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 42; vgl. aber Maunz in: Festschrift für Hugo von Wallis, 1985, S. 511 (512,515 f.). '22 Zu Art. 10600 a.F.: Viaion, Hausbaltsrecht, 1959, An. 106 GO Anm. 11 (S. 156); Piducb, Fin3nzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 21, 80 ff. unter Ausschluß der Gemeinschaftssteuern (S. 92, 117) und der Realsteuern (S. 95 f., 117); auf Art. 106 Abs. 6 GG beschränkt: von Mutius JuS 1977, 592 (594); Hillebrecbt BB 1976, 355 (362); Hau!}' StuW 1979, 51 (54); K. Vogel/ Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 106 Rdnr. 203 ff.; Kaldewei, Die kleinen Kommunalsteuern, 1985, S. 24; Fischer- Menshausen in: von Münch, GG, Art. 106 Rdnr. 13; Maunz in: Maunz/ Dürig, GO, Art. 106 Rdnr. 21, weiter einschränkend Rdnr. 89: Realsteuern in Art. 106 Abs. 6 S. 1 00; Förster, Die Verbraucbsteuern, 1989, S. 24; Bayer. VGH 17.02.1982- 100 IV 77, BayVBI 1982, 337 (338); offen BVerfG 10.06.1969- 2 BvR 480/ 61, BVerfGE 26, 172 (184); unklar BVerwG 28.06.1974- VII C 97.72, BVerwGE 45,264 (270): "Garantie des Aufkommens der örtlichen Verbraucb- und Aufwandsteuern"; aA. Henneke Jura 1986,568 (575); Ericbsen, Kommunalrecht des Landes Nordrhein- Westfalen, 1988, S. 137: Garantie der Realsteuern.
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
eines Steuergesetzes zugleich die Einführung einer entsprechenden landesgesetzlichen Steuer zu verbieten l23 . Trotz Aufhebung des Bundesgesetzes kann daher im Falle des Verbots der Einführung einer Landessteuer eine "negative Sperrwirkung" resultierenl24 125.
2. Steuergesetze der Länder und (Teil-) Ertragshoheit des Bundes Aber auch bei Nichtausübung der konkurrierenden Gesetzgebung über Steuergesetze durch den Bund erscheint eine Einführung bestimmter Steuern durch das Land insofern problematisch, als Art. 106 Abs. 1 und Abs. 3 GG das Aufkommen einzelner Steuern nicht allein den Ländern oder Gemeinden, sondern auch dem Bund zuweist. Den Ländern die Gesetzgebungsbefugnis über ertragsmäßig auch dem Bund zufließende Steuern zuzubilligen, stößt auf grundlegende Bedenkenl26 . Es
123 Zu beacbten ist das Zustimmungserfordernis des Art. 105 Abs. 3 GG, da die Ertragsbobeit der Länder berübrt ist; aucb liegt darin keine unangemessene Benacbteiligung der Länder: Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 00 seben im Fall der Änderung von Einnabmen oder Ausgaben des Bundes oder der Länder einen Ansprucb auf Bericbtigung der Beteiligungsverhältnisse von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer vor; vgl. zu der entsprecbenden Möglicbkeit nach Art. 106 GG a.F. aucb Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 22.
1U Vgl. dazu Fiscber- Mensbausen in: von Müncb, 00, Art. 105 Rdnr. 19; Wendt, Finanzbobeit und Finanzausgleich, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 104 Rdnr. 33; allgemein: Rengeling, Gesetzgebungsznständigkeit, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 100 Rdnr.120. 125 Maunz in: Maunz! Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 42, bält aus diesem Grunde aucb die Wiedereinfübrung der Straßengüterverkebrsteuer sowie der Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperscbaftsteuer durcb die Länder für unzulässig; bei diesen Steuern, deren Ertrag nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 3, 600 dem Bund zustebt, stellt sicb jedocb zunäcbst die Frage, ob das Land eine nach dem Grundgesetz ertragsmäßig dem Bund zustebende Steuer überhaupt regeln darf. Dasselbe gilt für die Aufhebung der Börsenumsatzsteuer (ab 01.01.1991) und der Gesellscbaftsteuer (ab 01.01.1992) sowie der Wechselsteuer (ab 01.01.1992) durch das Gesetz zur Verbesserung der Rabmenbedingungen der Finanzmärkte (FinanzmarktfördenlDgsgesetz), vom 22.02.1990, BGBII990 I 266 ff., Art. 4. 126 Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S. 27, bezeichnet dies als "merkwürdig"; Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 79; Meyer DöV 1969, 261 (262) vermutet bereits binsicbtlicb der alten Fassung des Art. 105 Abs. 2 GG mit der Einräumung einer konkurrierenden Gesetzgebungsbefugois ein lediglicb formales Entgegenkommen des Parlamentariscben
B. Situation nach der Finanzreform von 1969
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widerspricht der auf Klarheit angelegten Finanzverfassung, bei einer Ertragshoheit des Bundes den Ländern im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Beeinflussung des Steuerertrages des Bundes durch Einführung oder Aufhebung von Steuergesetzen zu ermöglichen127, so daß der Bund hinsichtlich eines Teils seiner Einnahmen von der Gesetzgebung aller Bundesländer abhängig wäre. Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 GG stellt im Fall der Veränderung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes oder der Länder einen Mechanismus zur Regelung des daraus resultierenden Konfliktes bereit, indem er Bund und Ländern die Möglichkeireröffnet, eine Neufestsetzung der Beteiligungsverhältnisse an dem Aufkommen der Umsatzsteuer herbeizuführen. Dieser "Konfliktregelungsmechanismus"128, der eine Berücksichtigung auch der Einnahmeverhältnisse aufgrund anderer Steuern voraussetzt, würde außer Funktion gesetzt, da gesicherte Erkenntnisse, die zu der Festlegung einer Quote an dem Umsatzsteueraufkommen führen könnten, nicht mehr vorhanden sind, regelten die Länder die auch dem Bund zustehenden Steuern jeweils selbständig. Auch die nach Art. 107 Abs. 1 S. 4 GG vorgesehene Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer auf die einzelnen Länder ist in ihrer praktischen Durchführbarkeit nicht nur im Fall einer landesgesetzlichen Regelung der Umsatzsteuer erschwert 129• Eine andere Lösungsmöglichkeit wäre, den Ländern in diesem Falle die Ertragshoheit zuzubilligen 130. Diese Zuweisung des Ertrages entgegen des
Rates gegenüber den eine slarke Stellung des Bundesgesetzgebers grundsätzlich ablehnenden MiIitärgouverneuren; in Wirklichkeit bandeie es sicb insofern um eine ausscbließliche Befugnis. 127 So Piduch, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 22 ff.; vgl. aucb ScbmidtBleibtreu/ Franz Klein, 00, 7. Aufl., 1990, Art. 105 Rdnr. 13.
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Ausdruck nach Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 36.
129 Soweit Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 23, auf das Problem, daß im Falle einer von einem Land eingeführten (nicht- örtlichen) Verbrauchsteuer zudem aucb Bundesfinanzbebörden diese Steuer zu verwalten bätten, ist dies seit Änderung des Art. 108 GG durcb das Einundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Fin3nzreformgesetz), vom 12.05.1969, BGBI 1969 1 359 ff., nicht mebr relevant: Art. 108 Abs. 1 S. 1 00 setzt für die Verwaltung einer Verbrauchsteuer durch Bundesfinanzbehörden voraus, daß sie auch bumlcsgesetzlich geregelt ist. I)() So Schmidt- Bleibtreu/ Franz Klein, GG, 7. Aufl., 1990, Art. 105 Rdnr. 13; Maunz in: Maunz/ Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 41, vgl. aucb Rdnr. 28; D. Birk, Steuerrecht I, 1988, § 7 Rdnr. 6; D. Birk in: AltKomm, 00, Art. 105 Rdnr. 14; Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S.27.
4 Küssner
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Wortlauts des Art. 106 GG stößt jedoch auf Bedenken, da demnach der einfache Gesetzgeber befugt wäre, eine Verfassungsbestimmung, die sich zudem im Kernbereich der bundesstaatlichen Ordnung befindet, anders zu handhaben, als es dem erklärten Willen des Verfassunggebers entsprichtl3l • Das Land darf daher Steuergesetze dann nicht erlassen, wenn der daraus resultierende Ertrag nach Art. 106 GG auch, d.h. zumindest teilweise, dem Bund zustehtJ32 133.
III. Ausschließliche Kompetenz der Länder, Art. lOS Abs. 2a GG Die Gesetzgebungskompetenz der Länder, die sich bisher lediglich aus Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG in der Fassung vom 23. Mai 1949 als eine ausschließliche ergab, hat eine eigenständige Regelung in Art. 105 Abs. 2a GG erfahren: ,,Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind." Fraglich ist zunächst, um welche Kompetenzart es sich bei Art. 105 Abs. 2a
\31 K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 77 lehnen dies daher wohl ab; ablehnend auch Piduch, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 24 unter Verweisung auf das Zusammenwirken von Art. 105 und Art. 106 GG; K. Vogel StuW 1971, 308; P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 77; ebenso Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 79 sowie S. 79 Fn. 55, der einer Ausübung der Gesetzgebungskompetenz durch das Land keine Relevanz für die Ertragszuteilung beimißt.
m Im Ergebnis ebenso: Fischer- Menshausen in: von Möncb, GG, Art. 105 Rdnr. 19,28; Meyer DöV 1969, 261 (262); Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 79; Winands JuS 1986, 942 (945); K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 77; K. Vogel StuW 1971, 308; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrecbts des Grundgesetzes, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 87 Rdnr. 39; Jakob BayVBI 1972, 141 (143); F. Kirchhof NVwZ 1987, 1031 (1036); wobl auch Pietzcker DVBI 1987, 774 (780); zu Art. 106 00 a.F. Höpker- Aschoff FinArcb N.F. Bd. 12 (1950/51), S. 725; Piduch, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 22 ff. 113 Da sowohl das Aufkommen der Straßengüterverkebrsteuer, der Ergänzungsabgabe als aucb der Kapitalverkehrsteuem nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 3, 4, 6 00 dem Bund zusteht, steht den Ländern nicht das Recbt zu, diese Steuern nach der Aufhebung durch den Bund als Landessteuern einzufübren. Dasselbe gilt für eine neue (nicbt- örtlicbe) Verbraucbsteuer wie beispielsweise einer Weinsteuer, zur Weinsteuer vgl. aucb Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 23.
B. Situation nacb der Finanzreform von 1969
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GG handelt 134• Die neu eingefügte Voraussetzung der Nicht- Gleichartigkeit der Steuer mit einer bundesgesetzlich geregelten ist ein Kriterium, das der konkurrierenden Gesetzgebung entstammt 13S • Auch die Formulierung "solange und soweit" entspricht der in Art. 72 Abs. 1 GG im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gewählten. Teilweise wird die Befugnis nach Art. 105 Abs.2a GG daher umfassend als eine konku~erende angeseheni3(>. Diese Auffassung, die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern in dem gesamten Umfang der konkurrierenden Gesetzgebung zu unterstellen, ist aber bereits mit der Tatsache, daß in diesem Falle die Vorschrift des Art. 105 Abs. 2a GG schlichtweg überflüssig wäre, nicht zu vereinbaren, da diese Steuern dann bereits von Art. 105 Abs. 2 GG mitumfaßt wären 137 • Aufgrund des Wortlautes könnte es sich zum einen um eine gegenständlich beschränkte Kompetenz der Länder handeln, die nur hinsichtlich nicht gleichartiger örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern besteht. Die Folge wäre, daß der Bund im übrigen kraft seiner konkurrierenden Gesetzgebungshoheit nach Art. 105 Abs. 2 GG handeln könnte und somit auch örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern regeln dürfte, wenn er diese nur bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig ausgestaltet. Schaffte der Bund spezielle bundesgesetzliche Regelungen, so entfiele die bis dahin bestehende Gesetzgebungsbefugnis des Landes 138• Die Länder wären dann nur in dem verbleibenden Umfang zustän-
13< K. Vogel! Walier in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 60 f., bezeicbnen unter systematiscben Gesicbtspnnkien die Tecbnik des Art. 105 Abs. 2a CrG als "Zuieilung des Gesamtgebiets an den Bund mit Teilrückznweisung an die Länder". ()S Der Begriff "G1eicbartigkeit" ist zur Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes von denen des Landes erstmals in § 2 Abs. 1 LStG vom 30.03.1920 erwäbnt worden, siehe dazu oben, 1. Teil, A.IIl.2.
136 Rube DStZ 1969, 177 (180); wohl auch H.J. Birk NJW 1983,923 f.; vgl. auch Häfele DStZ 1970, 177 (181); Scbmidt- Bleibtreul Franz Klein, GG, 2. Aufl., 1969, Art. 105 Rdnr. 3, haben diese Auffassung inzwischen aufgegeben, 7. Aufl., 1990, Art. 105 Rdnr. 14; unklar Laufer in: Festschrift für Karl Loewenstein, 1971, S. 279 (293 f.). 137 Vgl. dazu Bökelmann, Die örtlichen Sieuern und das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 194; vgl. auch K. Vogel in: Festschrift für Kuno Barth, 1971, S. 169 (183 f.).
138 So wohl Hillebrecbt BB 1976,355 (360 f.): "der Bund bat die konkurrierende Gesetzgebung über gleichartige örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern", vgl. aber S. 361; wohl auch H.W. Amdt DVBI 1975, 108 (109); Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten kommunalen Zweitwohnungsieuer, 1980, S. 129; vgl. auch Häfele DStZ 1970,177 (181); K. Vogel in: Festschrift für Kuno Barth, 1971, S. 169 (181, 183 f., 187 f.); Henneke Jura 1986, 568 (576); K. Vogel!
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
dig. Die grundsätzlich ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Landes nach Art. 105 Abs. 2a GG stünde in diesem Fall unter dem Vorbehalt, daß der Bund von der ihm zustehenden Kompetenz keinen Gebrauch macht. Mit dieser Argumentation bewertet Bökelmann diese Vorschrift als "eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis, freilich nicht im sonst für die Steuergesetzgebung üblichen Sinne,,139. Mit Aufstellen der Voraussetzung, daß der Bund "nur in besonderen Fällen ( ... ) auch das Gebiet der örtlichen Steuern regeln,,140 dürfte, erachtet er es - folgerichtig - gleichzeitig für begriffiich nicht ausgeschlossen, daß der Bund eine derartige Steuer einführe. Hiermit mißachtet Bökelmann den erkennbaren Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers: dieser wollte mit der Vorschrift die Regelung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern durch den Bund unterbinden. Auch die von Bökelmann angestrebte Beschränkung in der Ausübung dieser Kompetenz auf eine "tiefgreifende Umstrukturierung des gegenwärtigen Steuerkonglomerats,,141 steht dem entgegen: das Finanzreformgesetz bezweckte, unter Beibehaltung der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis der Länder über die örtlichen Steuern nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F. den Bund von der Regelung örtlicher Verbrauchund Aufwandsteuern schlechthin, somit auch im Falle der Nicht- Gleichartigkeit, auszuschließen 142. Die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern bestanden bis zur Finanzreform und sollten auch durch die Neuregelung unberührt bleiben143 •
Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 84; SeImer, SteuerintelVentionismus und Verfassungsrecbt, 1972, S. 150; BVerwG 28.06.1974- VII C 97.72, BVerwGE 45, 264 (269 f.). 13. Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 199. 140 Bökelmann, Die örtlichen Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 199. 141 Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 202. 142 Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 197 f., verneint diesen Zweck des Art. 105 Abs. 2a GG entgegen der Begründung in der Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnabme des Bundesrates, BT- Drucks. VI 2861, S. 95; vgl. aucb K. Vogel in: Festschrift für Kuno Bartb, 1971, S. 169 (181 ff.). 143
Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT- Drucks.
VI 2861, S. 95.
B. Situation nach der Finanzrefonn von 1969
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Zum anderen könnte es sich bei Art. 105 Abs. 2a GG um eine vom Gegenstand her unbeschränkte und damit um eine ausschließliche Kompetenz handeln, die jedoch unter der materiell-rechtlichen Einschränkung der NichtGleichartigkeit steht mit der Folge, daß der Bund örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern niemals erheben darf144 • Für diese Auffassung spricht, daß der Regelung des Art. 105 Abs. 2a GG ein eigenständiger Gehalt insofern zukommt, als sie das dem Bund nach Art. 105 Abs. 2 GG zustehende Gesetzgebungsrecht über die "übrigen Steuern" durch die Ausklammerung der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern umfassend, d.h. auch im Falle der Gleichartigkeit 14S, einschränkt, das Gesetzgebungsrecht des Landes aber einer zusätzlichen Voraussetzung, der Nicht- Gleichartigkeit, unterstellt. Allein diese Feststellung entspricht auch dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers. Bei dem Verbot der Gleichartigkeit handelt es sich damit um eine zusätzliche, materiell- rechtliche Einschränkung des Gesetzgebungsrechts 146• Art. 105 Abs.2a GG gewährt den Ländern - ebenso wie Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F. - eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern 147 •
• 44 Meyer DöV 1969, 261 (263); K. Vogel JbFStR 1970/71, S. 49 (69); K. Vogell Walter in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 61, 84; K. Vogel, in: Festschrift für Kuno Barth, 1971, S. 169 (181 ff.); Selmer DöV 1974, 374 (375); VGH Bad.-Württ. 27.07.1972- V 543/71, BB 1973, 510; Bayer. VGH 24.01.1973- 90 IV 72, KStZ 1973, 175 (177) .
• 45
Widersprüchlich Hillebrecht BB 1976,355 (361) .
• 46 Jakob BayVBI 1971, 294 (295) bezeichnet Art. 105 Abs. 2a GG als eine "neuartige Kompetenzkategorie", die "formell ausschließliche Landes- und funktionell konkurrierende Bundesgesetzgebung" sei.
••7 So heute die einhellige Auffassung: Bayer StuW 1972, 289 (292 f., 301); Maunz in: Maunzl Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 55; Meyer DöV 1969,261 (263); Haury StuW 1979,51 (54); D.Birk in: AltKomm, 00, Art. 105 Rdnr. 16; D. Birk, Steuerrecht I, 1988, § 7 Rdnr. 9, 10, 12; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 11, 1980, § 46 11 5 d (S. 1121); K. Vogel StuW 1971,308; K. Vogel in: Festschrift für Kuno Barth, 1971, S. 169 (181 ff., insb. S. 188); K. Vogell Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 62, 84; Starck, Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungsteuer?, 1973, S. 4, 37; Tipkel Lang, Steuerrecht, 13. Auf!., 1991, § 4 Tz. 8.2.23 (S. 73); Tipke StuW 1975, 242 (248); Schmidt- Bleibtreul Franz Klein, GG, 7. Auf!. 1990, Art. 105 Rdnr. 3, 14; BVerfG 04.06.1975- 2 BvR 8241 74, BVerfGE 40, 56 (61); VGH Bad.-Württ. 27.07.1972- V 543/71, BB 1973,510; Bayer. VGH 24.01.1973- 90 IV 72, KStZ 1973, 175 (177).
54
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Bei der Einräumung dieser Kompetenz ist allerdings ihr Umfang gegenüber der zuvor geltenden Fassung dadurch beschränkt worden, daß die Länder im Wege der ausschließlichen Gesetzgebung nunmehr nur noch Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben dürfen. Die Befugnis, auch Verkehrsteuern im Wege der ausschließlichen Gesetzgebung zu erheben, ist den Ländern durch die Neufassung genommen worden. Weiterhin müssen die einer Landeskompetenz nach dieser Vorschrift unterliegenden Steuern nunmehr "örtliche" sein, WOhingegen zuvor "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" erwähnt wurden.
IV. Ausschließliche Kompetenz der Länder, Art. 140 GG LV.m. Art. 137 Abs. 6 WRV Unverändert geblieben ist schließlich auch die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder hinsichtlich der Kirchensteuer.
V. Steuerf'mdungsrecht Fraglich ist, für welche Steuern Bund und Länder nach Art. 105 Abs. 2 GG zur Gesetzgebung zuständig sind. Es könnte sich um die in Art. 106 GG erwähnten Steuern und Steuergruppen, aber auch um vollkommen neue Steuern handeln, die bisher nicht ihresgleichen hatten. Die Frage, ob neue Steuern erhoben werden können, wird unter dem Begriff des Steuerfindungsrechts148 behandelt. Diese Fragestellung bezieht sich auf die Feststellung, ob der X. Abschnitt des Grundgesetzes eine abschließende Regelung für Steuergesetze darstellt oder ob ein Rückgriff auf allgemeine Bestimmungen möglich ist. Ein derartiger Rückgriff erscheint in zweifacher Hinsicht möglich. Zum einen könnte neben Art. 105 GG eine Befugnis des Bundes oder - insbesondere - der Länder zum Erlaß von Steuergesetzen auch kraft allgemeiner Vorschriften, Art. 70 Abs. 1 GG, bestehen (dazu 1.). Zum anderen könnte neben der Aufkommenszuweisung über die in Art. 106 GG genannten Steuern eine Ertragshoheit aus allgemeinen Grundsätzen folgen (dazu 2.).
'48 Ohne sachlich anderen Inhalt wird auch der Begriff "Steuererfindungsrecht" benutzt.
B. Situation nach der Finanzreform von 1969
55
1. ArL 105 GG als abschließende Regelung für den Erlaß von Steuergesetzen Ausgangspunkt der Untersuchung ist zunächst der Wortlaut der Kompetenzvorschrift. Unter der Geltung des Art. 105 Abs. 2 GG a.F. war die Beschränkung der Steuergesetzgebung auch des Landes auf die Fälle der der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes unterliegenden Steuern umstritten; das Bundesverfassungsgericht und ein Teil der Literatur ließen über diesen Katalog hinaus einen Rückgriff auf Art. 70 Abs. 1 GG zum Zwecke der Einführung neuer Steuern durch ein Land ZU149. Art. 105 Abs. 2 GG in der heute geltenden Fassung gewährt jedoch dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis über die "übrigen Steuern", so daß damit ein Rückgriff der Länder auf Art. 70 Abs. 1 GG nicht mehr möglich erscheint, da von dem Begriff "die übrigen Steuern" alle nur denkbaren Steuern erfaßt sind; die Gesetzgebungskompetenz für Steuern kann sich hiernach eindeutig nur aus Art. 105 GG ergeben. Dieser aus dem Wortlaut abzuleitende Befund findet in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift seine Stütze: eine Beschränkung der Befugnisse des Bundes auf bestimmte Steuerkategorieniso, d.h. die in Art. 105 Abs. 2 GG a.F. genannten Steuern und Steuergruppen, wurde als ,,sachlich nicht begründet"ISI angesehen. Die Ersetzung des Kataloges des Art. 105 Abs. 2 GG durch den Ausdruck "die übrigen Steuern" wendet sich ausweislichder Begründung der Änderung lediglich gegen eine daraus nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts abzuleitende Beschränkung der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes auf die in diesem Katalog genannten Steuern und Steuergruppen. Zweck dieser Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG war es damit, dem Bund mit der Finanzreform ein umfassendes Gesetzgebungsrecht unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG einzuräumen; die Befugnis des Bundes sollte sich - bis auf die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern - auf alle Steuern, die das Land bisher - nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts -
149
Siehe dazu oben, 1. Teil, A.IV.
ISO Ausdruck nach dem Entwurf eines GeseiZes zur Änderung und Ergänzung des GrundgeseiZes (FinanzreformgeseiZ), vom 13.05.1968, BT- Drucks. VI 2861, Tz. 128 (S. 32). 151 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), vom 13.05.1968, BT- Drucks. VI 2861, Tz. 128 (S. 32).
56
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Liinder für die Steuergesetzgebung
nach Art. 70 Abs. 1 GG regeln durfte, erstrecken. Art. 105 GG stellt daher eine abschließende Regelung der Steuergesetzgebungshoheit dar lS2 • Hatte das Bundesverfassungsgericht noch in seiner Entscheidung vom 7. Mai 1963 zur Einwohnersteuer Württemberg- Hohenzollern 1s3 ausgeführt, daß Art. 105 Abs. 2 GG a.F. die Gesetzgebungsbefugnis des Landes nicht auf die in Art. 105 Abs. 2 GG a.F. der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes unterstellten Steuern beschränke, so ist diese Auffassung heute mit der Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG a.F., der Bund und Länder hinsichtlich der Gesetzgebungsbefugnis über Steuergesetze gleichbehandelt und keine Regelungslücke zu Gunsten der Länder läßt, nicht mehr zu vereinbaren: Art. 105 GG in der heute geltenden Fassung unterstellt abschließend alle Steuern der konkurrierenden Gesetzgebung1S4, die der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG ausüben kann.
2. Art. 106 GG als abschließende Regelung der Zuweisung des Steueraufkommens Der in Art. 105 Abs. 2 GG verwendete Ausdruck "die übrigen Steuern" ist jedoch in folgender Hinsicht nicht eindeutigiss: er könnte sich erstens auf die Gesetzgebung aller nur denkbaren Steuern einschließlich der in Art. 105 GG genannten Steuern und Steuergruppen (Zölle, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern sowie die Kirchensteuer) beziehen oder zweitens die Gesetzgebung lediglich der einer Regelung der Ertragshoheit in Art. 106 GG unterworfenen Steuern erfassen .
•52 Einbellige Auffassung; vgl. nur Fischer- Meoshausen in: von Münch, GG, Art. 105 Rdnr. 4; Rosenscbon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 57 f.; K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GO, Art. 105 Rdnr. 64; von Arnim, Zweitwobnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 17 . • 5)
BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (77 f.).
• 54 Dies aimmt wohl aucb das BVerfG an, wean es in der Entscheidung vom 12.10.1978- 2 BvR 154/74, BVerfGE 49,343 (354,357), auf Art. 72 Abs. 1 GG nur aus dem Grunde zurückgreift, um die Frage einer abschließenden Regelung des Bundes zu klären. 155 Vgl. auch K. Vogel! Walter ia: Bonner Kommentar, GO, Art. 105 Rdnr. 63 ff.; Förster, Die Verorauchsteuem, 1989, S. 32
B. Situation nacb der Fin3nzreform von 1969
57
Ist Art. 105 GG die einzige Befugnis zu einer Gesetzgebung über Steuergesetze und die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes damit nicht auf bestimmte zuvor noch in Art. 105 Abs.2 GG a.F. genannte Steuerkategorien beschränkt, so stehen sich Bund und Länder hinsichtlich der Gesetzgebungsbefugnis nach der Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG a.F. im Zuge der Finanzreform auch nach der oben zitierten Auffassung des Bundesverfassungsgerichts 1Sb gleich: entweder sie dürfen - beide - nach Art. 105 Abs. 2 GG neue Steuern nur im Rahmen des Art. 106 GG erlassen oder sie dürfen - beide - auch andere Steuern einführen. Fraglich ist daher, ob Art. 106 GG - in seiner geltenden Fassung1S1 - die Erhebung anderer als in dieser Norm genannter Steuern zuläßt oder ob er eine abschließende Regelung der zu erhebenden Steuern trifft. Zur Ermittlung eines eindeutigen Ergebnisses ist diese Vorschrift nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen, wobei die Bedeutung dieser Kompetenzfrage für den Bundesstaat zu berücksichtigen ist.
a) Entstehungsgeschichte Dieses Problem bestand bis zu der Finanzreform nicht: Art. 105 GG a.F. gewährte die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für die in dieser Vorschrift genannten Steuern und Steuergruppen. Das Aufkommen dieser Steuern und Steuergruppen wurde nach Art. 106 GG a.F., der dieselben Begriffe wie die der Gesetzgebung nach Art. 105 GG a.F. unterliegenden Steuern velWendete, Bund und Ländern zugewiesen. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 1963, den Katalog des Art. 105 Abs.2 GG a.F. als nicht abschließend anzusehen, ging daher die Entscheidung, auch für das Aufkommen dieser Steuern nicht auf Art. 106 GG zurückgreifen zu müssen, einher. Bestand
.56 Nacb der berrscbenden Auffassung in der üteratur standen sicb Bund und Länder g1eicb, indem sie in der Gesetzgebung auf den Katalog der Steuern des Art. 105 Abs. 2 GG a.F. bescbränkt waren, siebe oben, 1. Teil, A.IV. •S7 Unbenommen ist aber die Möglichkeit, neue Steuern im Wege der Änderung des Grundgesetzes einzuführen. Rechte der Betroffenen (Bund und Länder) sind durch die Beteiligung an diesem Verfahren der Grundgesetzändernng gesicbert. Unklar daber die Äußerung von Tipkel Lang, Steuerrecht, 13. Aufl., 1991, § 4 Tz. 8.2.22 (S. 72 f.), die ein Steuerfindungsrecht des Bundes ohne Beschränkung auf die Steuern des Art. 106 GG bejahen, gleichzeitig aber "eventuell" eine Ergänzung des Art. 106 GG bei Einführung neuer Steuern fordern.
58
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
die Befugnis zur Einführung einer neuen Steuer nach allgemeinen Vorschriften (Art. 70 Abs. 1 GG), so war auch das Aufkommen nach allgemeinen Vorschriften zu verteilen 1S8. Über die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des Art. 105 Abs. 2 GG bestehen unterschiedliche Auffassungen. FörsterlS9 interpretiert die Entstehungsgeschichte im Sinne einer Bejahung eines umfassenden Steuerfindungsrechts für Bund und Länder; Koopsl60 hingegen verneint eine derartige Interpretationsmöglichkeit. Koops verweist dazu auf eines der Ziele der Finanzreform: "Unter Berücksichtigung der Lastenabgrenzung ist für die Aufteilung der Steuern ein möglichst dauerhaftes und überschaubar gestaltetes System zu schaffen, das eine Anpassung an den sich ändernden MiUelbedarf der einzelnen Ebenen gewährleistet und so angelegt ist, daß unnötige Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern vermieden werden."IM Die mit der Änderung der Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 105 Abs. 2 GG verfolgte Absicht war, die vom Gesetzgeber nicht gewollte Beschränkung der Befugnisse des Bundes auf bestimmte Steuerkategorien als Konsequenz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beseitigen. Dies sollte jedoch nicht primär durch die Einräumung eines Steuerfindungsrechts für den Bund erfolgen, sondern durch eine Erweiterung der Gesetzgebungsbefugnis durch die Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG, der die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes auf die in diesem Katalog genannten Steuern und Steuergruppen beschränktel62.
\58 Vgl. dazu Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. llO; a.A. Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 32 mit Fn. 81, die die Entscbeidung des BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (77 Cf.), als eine Aussage zu einem Steuerfindungsrecht Dach Art. 106 GG in terpretiert. \59 Förster, Die Verbraucbsteuem, 1989, S. 32; ebenso Wendt, Finanzbobeit und Finanzausgleicb, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 104 Rdor. 29.
\... Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten kommunalen Zweitwohnungsteuer, 1980, S. 95 f. \6\ Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), BT- Drucks. VI 2861, Tz. 12 Nr. 4 (S. 12); äbnlicb wiederbolt Tz. 134 (S. 33).
\62
Siebe dazu oben, 1. Teil, A.lV.
B. Situation nach der Finanzreform von 1969
59
So ist auch in der Zeit vor der Finanzreform von 1969 ein Steuerfindungsrecht des Bundes nicht diskutiert worden; das Problem des Steuerfindungsrechts erschöpfte sich in einem entsprechenden Recht des Landes 163 • Sollte jedoch die Möglichkeit einer weitergehenden Gesetzgebung des Landes nach Art. 70 Abs. 1 GG und damit ein Steuerfindungsrecht allein der Länder neben Art. 105 GG mit der Finanzreform bewußt verschlossen werden 16", so ist dem Bund zugleich die Berechtigung zur Regelung einer von einem Land gefundenen Steuer unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG zuzubilligen.
Die Entstehungsgeschichte ist mithin dahingehend zu interpretieren, daß ein Steuerfindungrecht der Länder gewährleistet und der Bund durch die Erweiterung aufgrund des Ausdrucks "die übrigen Steuern" zu einer Regelung dieser Steuern - mit Ausnahme der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern - im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG befugt sein sollte. Über eine Begrenzung dieses Steuerfindungsrechts auf die in Art. 106 GG genannten Steuern und Steuergruppen wurde während der Beratungen zu dem Finanzreformgesetz nicht gesprochen 16S • Aus dem Regelungszusammenhang von Art. 105 und Art. 106 GG ergibt sich jedoch, daß die Diskussion um eine
163 Heute bejaben lediglicb Scbmidt- Bleibtreul Franz Klein, GG, 7. Aufl., 1990, Art. 105 ROOr. 5, Art. 106 Rdnr. 7; Franz Kleio BB 1969, 1321 (1324); Fiscber- Mensbausen io: voo Müncb, 00, Art. 105 ROOr. 17, Art. 106 Rdnr. 14a; Wendt, Finanzbobeit und Finanzausgleicb, io: Handbucb des Staatsrecbts, Baod IV, 1990, § 104 Rdnr. 28; Strauß, Die Finanzverfassuog, 1969, S. 115; Häfele DStZ 1970, 177 (181) ein Steuert'indungsrecbt des Buodes; wobl aucb Loritz, Eiokommeosteuerrecbt, 1988, Rdor. 7. 164 K. VogeV Walter io: Booner Kommeotar, GG, Art. 105 Rdor. 62, 67; Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stelluognabme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung uod Ergäozung des Gruodgesetzes (Finanzreformgesetz), BT- Drucks. VI 2861, S. 94 (dort wird aber überseben, daß das Bundesverfassungsgericht Dicht erst io der Entscheidung vom 07.05.19632 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64, soodern bereits in der Eotscheiduog vom 10.05.1962- 1 BvL 31/ 58, BVerfGE 14, 76 (91) die Möglichkeit von Steuergesetzeo der Länder nach Art. 70 Abs. 1 00 erwäbnt); aA. wobl Meyer DöV 1969, 261 (262), der binsichtlich der Läoder, nicht aber binsicbtlicb des Bundes, ein Steuert'indungsrecht nneingeschränkt für gegeben eracbtet
165 Soweit in der Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnabme des Buodesrates zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung nnd Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), vom 13.05.1968, BT- Drucks. VI 2861, S. 94, auf Art. 30 00 Bezug genommen wird, stebt dies nicht entgegen: die Bundesregierung verweist iosofern zur Begründung auf die Entscbeidung des BVerfG zur Einwohnersteuer Württemberg- Hobenzollern (vom 07.05.1963- 2 BvL 8, 101 61, BVerfGE 16, 64 ff.). Das Gericbt bat in der Entscbeidung jedocb nicht auf Art. 30, sondern vorrangig auf Art 70 Abs. 1 00 abgestellt (Leitsatz und S. 78 f.).
60
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Stellergesetzgebung
Steuergesetzgebung, die über Art. 105 GG a.F. hinausgeht und sich damit auf "die übrigen Steuern" erstreckt, nur dann relevant wird, wenn gleichzeitig die Regelung der Ertragshoheit, die in der Fassung des Art. 106 GG a.F. den in Art. 105 GG a.F. genannten Steuern und Steuergruppen gleicht, als nicht abschließend angesehen wird!l>6. Soweit im Rahmen der Beratungen zu Art. 105 GG daher von einem Steuerfindungsrecht der Länder!61 oder der Gemeinden!68 gesprochen wurde, ist dies dahingehend zu interpretieren, daß es sich sowohl um das Recht zur EinfUhrung neuer Steuern, insbesondere der der Gruppe der örtlichen Verbrauchund Aufwandsteuern zuzuordnenden Steuern, handelt, als auch um die damit zusammenhängende Frage der Auj1wmmenszuweisung und somit die Frage der Beschränkung aufgrund des Kataloges des Art. 106 GG. War damit gleichzeitig eine Beschränkung der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes auf bestimmte Steuerkategorien nicht mehr sachgemäß, so war auch das Gesetzgebungsrecht des Bundes unbeschränkt; diesem kommt nach der Entstehungsgeschichte ein Steuerfindungsrecht zu. Aus der Entstehungsgeschichte ist daher abzuleiten, daß eine Beschränkung des Steuerfindungsrechts - für Bund und Länder - auf die in Art. 106 GG genannten Steuern nicht beabsichtigt war. Dieses Ergebnis aus der Entstehungsgeschichte stößt jedoch auf Bedenken, da es im Wortlaut des Grundgesetzes nicht klar hervortritt; zudem sprechen systematische und teleologische Erwägungen gegen ein umfassendes Steuerfindungsrecht, dessen Bejahung nur eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darstellt.
'66 Dies wird in der Entscheidung BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 ff., wohl als selbstverständlich vorausgesetzt: die als Personensteuer qualifizierte Einwohnersteuer war keiner der in Art. 106 GG genannten Steuern zuzuordnen. '67 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes, vom 13.05.1968, BTDrucks. VI 2861, Tz. 131 (S. 33); Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT- Drucks. VI 2861, S. 94. '68 Stellungnahme des Bundesrates, BT- Drucks. VI 2861, S. 87.
8. Situation nacb der Finanzreform von 1969
61
b) Systematik Unter systematischen Gesichtspunkten tritt zum einen die detaillierte Regelung der Ertragshoheit in Art. 106 GG hervor. Das Grundgesetz wird grundsätzlich von dem System beherrscht, daß das Land die Auffangzuständigkeit besitzt: wo der Bund nicht geregelt hat, soll das Land regeln dürfen, soll das Land die Verwaltung führen (Art. 30, 70 bis 75, 83 bis 91 GG). Hier aber ist das Aufkommen bestimmter Steuern nicht nur dem Bund, sondern in Art. 106 Abs. 2 GG auch ausdrücklich den Ländern zugewiesen. Aus dieser sorgfältigen Verteilung wird daher von einem Teil der Literatur abgeleitet, daß Art. 106 GG eine abschließende Regelung der Ertragshoheit beinhalte 1f>9; andere als in Art. 106 GG genannte Steuern seien daher unzulässig. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß für andere Steuern als die in Art. 106 GG genannten Steuern und Steuergruppen keine spezielle Regelung der Ertragshoheit vorliegt. Als allgemeine Regelung kommt insofern die Annahme einer Ertragshoheit entweder desjenigen, der die Steuer findet und rege1t 170 171,
.60 Stuck StuW 1974, 271 (278); Paulick in: Gedächtnisscbrift für Friedrich Klein, 1977, S. 384 (399 f.); D. Birk in: AltKomm, GG, An. 106 Rdnr. 6; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutscbland, Band 11, 1980, § 46 II 4.b (S. 1119), § 47 1II 4.b (S. 1159 f.); K. Vogel JA 1980,577 (579); K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 66; Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten kommunalen Zweitwohnungsteuer, 1980, S. 96; Henneke Jura 1986, 568 (572) .
• 70 So ausdrücklich SeImer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 154 f.; Fiscber- Mensbausen in: von Müncb, GG, An. 105 Rdnr. 17; Wendt, Finanzhoheit und Finanzausgleich, in: Handbuch des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 104 Rdnr. 29; wohl aucb BVerfG 12.10.1978- 2 BvR 154/74, BVerfGE 49, 343 (354 ff.); BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (77 ff.); vgl. dazu aucb bereits Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 110 Fn. 414 .
•7. Wobei Fischer- Mensbausen DöV 1956, 161 (164), zunächst prüfen will, welcber der in
Art. 106 GG genannten Steuern die neue Steuer am stärksten äbnelt und hilfsweise dem Bundes-
gesetzgeber die Befugnis, den Steuergläubiger zu bestimmen, zugesteben will; dieses ungenaue Kriterium und die auf Bedenken stoßende Befugnis erwäbnt er jedocb an anderer Stelle (in: von Müncb, GG, An. 106 Rdnr. 14a) nicbt; so aucb ViaIon, Hausbaltsrecbl, 1959, An. 106 GG Anm. 11 (S. 156); vgl. insofern aucb Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 109.
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Erster Teil: Die KompetellZen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
oder der Länder nach Art. 30 GG in Betracht 172. Beide Lösungen sind denkbar; beide stoßen jedoch auch auf Bedenken173 • Eine Ertragshoheit aufgrund der Regelung der Steuer kann für die Länder aus Art. 30 GG abgeleitet werden; für den Bund hingegen gibt es keine entsprechende Befugnis. Auch ist es nicht möglich, allein aus der Gesetzgebungsbefugnis des Art. 105 GG die Ertragshoheit abzuleiten: das Grundgesetz unterscheidet - im Gegensatz zu der Reichsverfassung von 1871 und der Weimarer Reichsverfassung174 zwischen der Gesetzgebungsbefugnis über Steuergesetze einerseits und der Ertragshoheit andererseits. Mangels einer Auffangzuständigkeit nimmt ein Teil des Schrifttums die Unzulässigkeit von nicht in Art. 106 GG genannten Steuern oder Steuergruppen an 11S• Mangels einer Berechtigung des Bundes bestünde damit allein eine Berechtigung der Länder zur Gesetzgebung über in Art. 106 GG nicht genannte Steuern oder Steuergruppen, deren Aufkommen ihnen nach Art. 30 GG zufließen würde. In diesem Falle ist jedoch die in Art. 106 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4, 6 GG vorgenommene Aufkommenszuweisung insofern entbehrlich, als das Aufkommen dieser Steuern den Ländern bereits nach Art. 30 GG zustünde176 • Einen eigenständigen Bedeutungsgehalt behielte allein Art. 106 Abs. 2 Nr. 5 GG, der das Aufkommen der Biersteuer als Verbrauchsteuer nicht dem Bund nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG, sondern den Ländern zuweist. Mit der umfassenden Aufzählung von Steuern und Steuergruppen in Art. 106 GG ist unter systematischen Gesichtspunkten keine Möglichkeit gegeben, das Aufkommen weiterer Steuern einer Körperschaft zuzuweisen. Ein Auffang-
172 Vgl. K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 65; Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannteD kommunalen Zweitwobnungsteuer, 1980, S. 95 Fn. 1; Förster, Die Veroraucbsteuern, 1989, S. 33 Cf.; K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ennessen, 1972, S. 11 ff.
173
Vgl. dazu Förster, Die Veroraucbsteuern, 1989, S. 34 f.
17.
Siebe oben, 1. Teil, A.I. bis III.
175 D. Birk in: AltKomm, 00, Art. 105 Rdnr. 21, Art. 106 Rdnr. 6; K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 66, Art. 106 Rdnr. 30; K. Vogel, FinallZverfassung und politiscbes Ermessen, 1972, S. 11 f.; Stern, Das Staatsrecbt der Bundesrepublik Deutschland, Band II, 1980, § 46 II 4.b (S. 1119). 17. Förster, Die Veroraucbsteuern, 1989, S. 35; vgl. K. Vogel, Finanzverfassung und politiscbes Ermessen, 1972, S. 12.
B. Situation nach der Finanzreform von 1969
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tatbestand besteht nach Art. 106 GG jedoch insofern, als in dieser Vorschrift nicht das Aufkommen einzelner Steuern, sondern das Aufkommen von Steuergruppen Bund, Ländern oder Gemeinden zugewiesen wird. Als Steuergruppen kommen daher in Betracht l71 : Verkehrsteuern, Verbrauchsteuern, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern. Ein dahingehendes abschließendes Steuerfindungsrecht ist unter systematischen Gesichtspunkten zu bejahen.
c) Zweck des Art. 106 GG Ein weitergehendes Steuerfindungsrecht stößt auch unter teleologischen Gesichtspunkten auf Bedenken. Gewährt Art. 105 Abs. 2 GG - vom Wortlaut her unbeschränkt - die Gesetzgebungsbefugnis über die übrigen Steuern, so kann sich eine Beschränkung aus dem Katalog des Art. 106 GG ergeben. Art. 105 und Art. 106 GG entscheiden zunächst über die tatsächliche Machtverteilung im Bundesstaat, indem sie Bund und Ländern Kompetenzen verleihen. Die Verleihung der Kompetenzen hat zugleich eine den Bürger schützende Funktion 178• Indem die Kompetenzen den Handlungsraum des Bundes und der Länder einschränken, wird der Bürger vor der Auferlegung einer nicht den Befugnisnormen entsprechenden Steuer geschützt. Die Regelung der Ertragshoheit kann durch ein Steuerfindungsrecht, das über die in Art. 106 GG genannten Steuern hinausgeht - ungeachtet der Tatsache, wem der Ertrag zusteht - gefährdet werden. Durch die Einführung einer neuen Steuer wird Einfluß auf die Gewichtung zwischen Zentralstaat und Gliedstaaten
171 Zu den inbaltlichen Anforderungen und der Abgrenzung der den einzelnen Gruppen unterfallenden Steuern siebe ausführlich 2. Teil, B.IJ.1.b)bb).
'7. Für den Bereich des Steuerrechts: Friauf in: Festgabe für das Bundesverfassungsgericbt, 1976, 2. Band, S. 300 (302); vgl. P. Kirchhof in: Stern (Hrsg.), 40 Jabre Grundgesetz, 1990, S. 119 (126 f.); BVerfG 06.11.1984- 2 BvL 19, 20/83,2 BvR 363,491/ 83, BVerfGE 67,256 (285 f., 288 f., 290); vgl. aucb BVerfG 10.12.1980- 2 BvF 3/ 77, BVerfGE 55, 274 (302); BVerfG 14.12.1965- 1 BvR 571/ 60, BVerfGE 19, 253 (257); BVerfG 14.12.1965- 1 BvR 413, 416/60, BVerfGE 19, 206 (215 f.).
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
genommen und dadurch die vom Verfassunggeber angestrebte Gewichtung zwischen diesen verändert 179• Daß Bund und Länder ohne wechselseitige Beteiligung die ihnen nach Art. 106 GG zustehenden Einnahmen verändern können, steht auch im Widerspruch zu der Regelung der Beteiligung an dem Umsatzsteueraufkommen, die im Grundgesetz ausdrücklich als Möglichkeit, die Anteile im Falle eines notwendigen Bedarfs zu ändern, Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 GG, vorgesehen ist. Diese Regelung büßt einen Teil ihres Anwendungsbereiches ein, wenn die Länder oder der Bund eigenständig über die in Art. 106 GG genannten Steuern hinaus neue Steuern einführen könnten, um dergestalt ihre Mindereinnahmen oder Mehrausgaben auszugleichen. Die Regelungen der Finanzverfassung stehen daher einem über Art. 106 GG hinausgehenden Steuerfindungsrecht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu festgestellt: "Die in Art. 104a bis 108 GG enthaltenen finanzverfassungsrechtlichen Normen sind einer der tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. ( ...) Dabei kommt der strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu. ( ...) Weder der Bund noch die Länder können über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen; Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern wären auch nicht mit Zustimmung der Beteiligten zulässig. ( ... ) Der Zusammenhang dieser Vorschriften macht es deutlich, daß es sich hierbei um die Regelung eines Kernbereichs der bundesstaatlichen Struktur wie auch der politischen Machtverteilung in der Bundesrepublik Deutschland handelt."l80
179 Kritisch auch Henneke Jura 1986,568 (572); Förster, Die Verbrauchsteuem, 1989, S. 36; vgl. auch D. Birk in: AJtKomm, GG, Art. 105 Rdnr. 21; bereits Piduch, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 112; Patzig DVBI 1961,389 (392); grundlegend für das Verhältnis im Bundesstaat Popitz, Der Finanzausgleich, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 338 ff. (insb. 342, 348).
'80 BVerfG 10.12.1980- 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 (300 f.); vgl. weiterhin auch BVerfG 08.06.1988- 2 BvL 9! 85 und 3/ 86, BVerfGE 78, 249 (266); BVerfG 08.04.1987- 2 BvR 909, 934, 935,936,938,941,942,947/82,64/83, 142/84, BVerfGE 75, 108 (147).
B. Situation nacb der Fiunzreform von 1969
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"Die Regelung des X. Abschnitts des Grundgesetzes muß aus zwingenden bundesstaatsrechtlichen Grunden als eine für Bund und Länder abschließende Regelung verstanden werden."181 Zwar war Gegenstand der den Entscheidungen zugrundeliegenden Fälle nicht die Frage des Steuerfindungsrechts; die Entscheidungen betreffen jedoch die grundlegende Frage des Anwendungsbereichs des X. Abschnitts des Grundgesetzes. Der X. Abschnitt enthält damit für Steuern sowohl hinsichtlich der Gesetzgebung als auch der Ertragshoheit eine abschließende Regelung 182. Steuern, deren Ertrag nach Art. 106 GG nicht dem Bund, den Ländern oder den Gemeinden zugewiesen werden kann, sind daher bereits aus kompetentiellen Gründen unzulässig183.
181 BVerfG 06.11.1984- 2 BvL 19, 20/83,2 BvR 363, 491/ 83, BVerfGE 67,256 (286); Hervorbebung im Original. 182
Vgl. D. Birk in: AltKomm, GG, Art. 105 Rdnr. 21.
1&3 I.Erg. ebenso K. Vogel! Waller in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 66, Art. 106 Rdnr. 2U; Ossenbübl/ di Fabio StuW 1988, 349 (352); Paulick in: Gedächtnisschrift für Friedricb Klein, 1977, S. 384 (398 Cf.); wobl aucb Försler, Die Verbraucbsleuern, 1989, S. 39 LV.m. S. 31; D. Birk in AltKomm, 00, Art. 105 Rdnr. 21; Stern, Das Staatsrecbt der Bundesrepublik Deutscbland, Band 11, 1980, § 46 11 4.b (S. lU9); K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972, S. 12; Starck StuW 1974, 271 (276, 278); Winands JuS 1986, 942 (944); Jarass/ Pierotb, 00, Art. 106 Rdnr. 2; BFH 26.06.1984- VII R 60/83, BFHE 141, 369 (372), der allerdings zur Begründung auf eine Entscbeidung des Bundesverfassungsgericbts verweist, die vor der Finanzreform und zudem - was der BFH übersiebt - zu Art. 105 GG ergangen ist; unklar Henneke Jura 1986,568 (572), der ein Sleuerfindungsrecbt ablehnt; a.A. Scbmidt- Bleibtreu/ Franz Klein, 00, 7. Aufl., 1990, Art. 105 Rdnr. 5, Art. 106 Rdnr. 7; Fiscber- Mensbausen in: von Müncb, GG, Art. 105 Rdnr. 17, Art. 106 Rdnr. 14a; H.W. Amdl/ Grünberg SteuerStud 1988, 41 (43); a.A. Maunz in: Maunz/ Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 46, 55, der lediglicb das Steuerfindungsrecbt des Bundes auf den Katalog des Art. 106 00 bescbränkt, ein Steuerfindungrecht der Länder aucb über Art. 10600 binaus zuläßt; a.A. aucb BVerfG 12.10.1978- 2 BvR 154/74, BVerfGE 49,343 (355 Cf.), das in der Entscbeidung lediglicb prüft, ob die als Steuer cbaraklerisierte Abgabe wegen Änderung der Gemeindeverbältnisse einer der in Art. 106 00 genannlen Steuern gleicbartig ist, es jedoch unterläßt festzustellen, ob die Abgabe überbau pt einer der in Art. 106 00 genannten Steuern oder Steuergruppen unlerfällt; Hirscb leb nt in seiner abweichenden Meinung (a.a.O. S. 363 ff.) die Einordnung als Steuer ab; dazu auch von Amim, Zweitwobnungsleuer und Grundgesetz, 1981, S. 17, 30 f.; das BVerwG balle zuvor (30.11.1973- VII C 78/72, NJW 1974, 659 (660» die Frage, ob überhaupt eine Steuer oder eine Abgabe eigener Art vorliegt, offen lassen können.
5 Küssner
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Ein Steuerfindungsrecht des Bundes und der Länder besteht daher nur im Rahmen des Art. 106 GG hinsichtlich der Steuern, die einer der Gruppen Verkehrsteuern, Verbrauchsteuern, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern unterfallen l84 ISS. Ist damit das Steuerfindungsrecht wegen der Regelung der Ertragshoheit in Art. 106 GG auf die dort genannten Steuergruppen beschränkt, so kann eine Steuer, die nicht unter eine der dort genannten Gruppen gefaßt werden kann, nicht nach Art. 105 GG neu eingeführt werden.
VI. Einschränkung durch das Gemeinschaftsrecht Das dem Bund und den Ländern zustehende Gesetzgebungsrecht und damit zugleich das Steuerfindungsrecht stehen nach Art. 24 Abs. 1 GG unter dem Vorbehalt, daß diese Rechte nicht auf überstaatliche Einrichtungen übertragen werden. Als solche kommen insbesondere die Europäischen Gemeinschaften in Betracht l86, deren Ziel die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes ist (vgl. auch Art. 2, 3 EWGV I81). Dieser Binnenmarkt um faßt einen Raum ohne
\&1 So auch ausdrücklich: Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 11, 1980, § 4611 4.b (S. 1119), der zusätzlich jedoch die Realsteuern erwähnt. Als Realsteuern werden aber herkömmlicherweise allein die Grundsteuer und die Gewerbesteuer betrachtet; vgl. Maunz in: Maunz/ Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 52; K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 116; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 87 Rdnr. 32; BVerfG 16.06.1954- 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 (438); vgl. auch § 3 Abs. 2 AO 1977.
ISS K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 66, sind daher der Ansicbt, daß nach der beutigen Fassung der Art. 105, 106 00 von einem ,,steuerfindungsrecbt im eigentlicben Sinne" nicht mebr gesprocben werden könne; D. Birk in: AltKomm, GG, Art. 105 Rdnr. 22, stellt daber fest, daß es an einer "effektiven Gesetzgebungsbobeit der Länder" mangele; vgl. aucb Seim er, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 140: "auf ein bedeutungsloses Minimum zusammengescbrumpft"; Voß in: Kruse (Hrsg.), Zölle, Verbraucbsteuern, europäisches Marktordnungsrecbt, 1988, S. 261 (269 f.) unterscbeidet daber zwiscben einem "eigentlichen" und einem "uneigentlicben" Steuerfindungsrecht. \86 Zu dem Verbältnis des Gemeinscbaftsrechts zum nationalen Recbt siehe Bleckmann, Europarecht, 1990, Rdnr. 750 ff., 761 ff., 789 ff. \87 Vertrag zur Gründung der Europäiscben Wirtscbaftsgemeinschaft, vom 25.03.1957 (dazu aucb Gesetz zu dem Vertrag vom 25. März 1957 zur Gründung der Europäiscben Wirtscbaftsgemeinscbaft und der Europäiscben Atomgemeinscbaft, vom 27.03.1957), 8GBI 1957 11 753 ff., 766 ff.; Art. 2 EWGV lautet: ,,Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Erricbtung eines Gemeinsamen Marktes und die scbrittweise Annäberung der Wirtscbaftspolitik der Mitgliedstaaten eine harmonische Entwicklung des Wirtscbaftslebens innerhalb der Gemeinscbaft, eine beständige und ausgewogene Wirtschafts-
B. Situation nacb der Fiunzreform von 1969
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Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen des EWG- Vertrages gewährleistet ist. Art. 8a EWGV, der durch die Einheitliche Europäische Akte eingefügt wurde, bestimmt für die Errichtung dieses Marktes eine Frist bis zum 31. Dezember 1992188• Zur Erreichung des Ziels des EWG-Vertrages können die Europäischen Gemeinschaften nach Art. 189 EWGV Richtlinien und Verordnungen erlassen. Richtlinien sind hinsichtlich des zu erreichenden Ziels für jeden Mitgliedstaat verbindlich, überlassen jedoch die Wahl der Form und der Mittel, mittels derer die Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden, den jeweiligen innerstaatlichen Stellen. Verordnungen hingegen haben allgemeine Geltung; sie gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Einem europäischen Binnenmarkt und einer damit verbundenen einheitlichen Wettbewerbslage können auch Regelungen des Steuerrechts der Mitgliedstaaten entgegenstehen, die daher zur Erreichung des Ziels einer Angleichung bedürfen l89 • Die Angleichung beinhaltet die Schaffung miteinander vergleich-
allSweitung, eine größere Stabilität, eine bescbleunigte Hebung der Lebensbaltung und engere Beziebungen zwischen den Staaten zu fördern, die in dieser Gemeinschaft zusammengescblossen sind." ,.. Einbeitliche Europäiscbe Akte, vom 17./ 28.02.1986, ABI EP vom 29.06.1987, Nr. L 169, 1 ff., Art. 13 (dazu aucb Gesetz zur Einheitlichen Europäischen Akte vom 28. Februar 1986, vom 19.12.1986, 8GBI 1986 II 1102 ff.); Art. 8a EWGV lautet: "Die Gemeinscbaft trifft die erforderlicben Maßnabmen, um bis zum 31. Dezember 1992 gemäß dem vorliegenden Artikel, den Artikeln 8b, Sc und 28, Artikel 57 Absatz 2, Artikel 59, Artikel 70 Absatz 1 und den Artikeln 84, 99, 100a und 100b unbescbadet der sonstigen Bestimmungen dieses Vertrages den Binnenmarkt scbrittweise zu verwirklicben. Der Binnenmarkt umfaßt einen Raum obne Binnengrenzen, in dem der freie Verkebr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages gewäbrleistet ist."
,.. Vgl. aucb Scbmutzer in: Kruse (Hrsg.), Zölle, Verbrauchsteuern, europäisches Marktordnungsrecbt, 1988, S. 289 (291 f.); Höppner EuR 1977, 122 (124 f.); Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbucb der FinlDzwissenscbaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 709 (759 ff.); Andel, Europäiscbe Gemeinscbaften, in: Handbucb der Finanzwissenscbaft, 3. Aufl., 4. Band, 1983, S. 311 (351); Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. 95 Rdnr. 9 ff.
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
barer Regelungen, die jedoch nicht unbedingt eine Vereinheitlichung sein muß; eine Annäherung der Regelungen ist ausreichend l90 • Bei den der Schaffung einer einheitlichen Wettbewerbslage entgegenstehenden steuerlichen Regelungen kann es sich einerseits um eine im Wege der Diskriminierung erfolgende Besteuerung handeln, derenzufolge in dem jeweiligen Mitgliedstaat inländische Güter anders als ausländische Güter besteuert werden. Andererseits können Güter in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften jeweils gleich, von Staat zu Staat jedoch unterschiedlich behandelt werden. Beide Möglichkeiten stehen der Schaffung eines einheitlichen Marktes entgegen, so daß eine umfassende Anpassung der Steuergesetze der Mitgliedstaaten erforderlich ist. Die unterschiedliche steuerliche Belastung eines Gutes in Abhängigkeit der Herkunft desselben zu beseitigen, ist Ziel der Art. 95 bis 98 EWGV, nach denen insbesondere die Erhebung diskriminierender Steuern untersagt ist. Steuern verschiedener Mitgliedstaaten auf dasselbe Gut sind nach Art. 99 EWGV191 einer Angleichung zugänglich192 • Die steuerlichen Vorschriften des EWG-Vertrages stellen insgesamt einen Kompromiß zwischen
'90 Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 709 (760 f.); Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. 95 Rdnr. 15, 20; Andel in: von der Groebenl von Boeckhl Thiesing/ Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Vorbemerkung zu Art. 95- 99 Rdnr. 7.
'9' Diese Vorschrift lautet seit der Neufassung durch die Einheitliche Europäische Akte (Art. 17): "Der Rat erläßt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbraucbsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes innerhalb der in Artikel 8a vorgesehenen Frist notwendig ist."; ursprünglicb hatte Art. 99 EWGV folgenden Wortlaut: "Die Kommission prüft, wie die Recbtsvorscbriften der einzelnen Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, einscbließlicb der Ausgleicbmaßnabmen für den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, im Interesse des Gemeinsamen Marktes barmonisiert werden können. Die Kommission unterbreitet dem Rat entsprechende Vorschläge; dieser enl~cheidet darüber einstimmig unbescbadet der Artikel 100 und 101." '92 Stenern, die nicbt in Art. 99 EWGV genannt sind, können mit unterschiedlicber Zielricbtung nach allgemeinen Normen (Art. 100, 101, 103 Abs. 3, 235 EWGV) angeglichen werden; siebe dazu Höppner EuR 1977, 122 (127 f., 140 ff.); Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. 95 Rdor. 1 f., 17,44; Art. 99 Rdnr. 17; vgl. Förster in: Bleckmann, Europarecht, 1990, Rdnr. 1447; Oppermann, Europarecbt, 1991, Rdnr. 1017, 1051.
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den Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaften einerseits und der nationalen Steuerkompetenz andererseits dar J93• Die Frage der Diskriminierung von Gütern verschiedener Herkunft soll hier nicht erörtert werden l94 ; die Ausführungen beschränken sich allein auf die Vorfrage, ob ein Gut - ungeachtet seiner Herkunft - überhaupt einer Besteuerung unterstellt werden darf. Art. 99 EWGV beschränkt die Harmonisierungsbestrebungen auf die indirekten Steuern, unter denen diese Vorschrift die Umsatzsteuern und die Verbrauchsabgaben besonders hervorhebt. Unter dem Begriff der "Umsatzsteuern" i.S.d. EWG-Vertrages ist die Mehrwertsteuer zu verstehen, die an den Grundsatz, daß ungeaChtet der Anzahl der vennittelnden Produktions- und Vertriebsstufen eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen proportionale Steuer anzuwenden ist l9s • Die diesen Anforderungen genügendel % Umsatzsteuer wird in der Bundesrepublik Deutschland durch das Umsatzsteuergesetz erhoben. Als indirekte Steuern sind unter dem Grundgesetz die Umsatzsteuer, die Verbrauchsteuern und einige der Verkehrsteuern anzusehen l97 • Die Gesetz-
.93 Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 39 f.; Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWGVertrag, vor Art. 95 Rdnr. 1 f. • 94 Dazu Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 41 ff.; Förster in: Bleckmann, Europarecht, 1990, Rdnr. 1452 ff.; Bahlmann EuR 1985, 43 (46 ff.); Oppermann, Europarecht, 1991, Rdnr. 1021 ff. 'OS Erste Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (67/ 227/ EWG), vom 11.04.1967, ABI EG vom 14.04.1967, Nr. 71, 1301 ff., Art. 2 Abs. 1; dazu EuGH 03.03.1988- Rs. 252/ 86, UR 1989, 354 (355); Probst in: Woerner (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, 1990, S. 137 (142 f.) .
... Zu dem Stand der Harmonisierung hinsichtlich der Umsatzsteuer und der dazu ergangenen Richtlinien siehe Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. 95 Rdnr. 31 ff.; Schmutzer in: Kruse (Hrsg.), Zölle, Verbrauchsteuern, europäisches Marktordnungsrecht, 1988, S. 289 (294 f.); Klezath in: Woerner (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, 1990, S. 167 ff.; Schemmel, Steuerharmonisierung in der Europäischen Gemeinschaft, 1989, S. 20 ff.; Schrömbges DB 1989, 2558 (2561 ff.); Oppermann, Europarecht, 1991, Rdnr. 1042 ff. • 07 In der Kommentierung zu Art. 99 EWGV werden auch nur diese Steuern unter die indirekten Steuern gefaßt; Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 99 Rdnr. 13; zu der Begründung dieser Steuern als indirekte Steuer und den Eigenschaften indirekter Steuern siehe 2. Teil, B.II.l.b)aa).
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Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
gebungsbefugnis sowie das Steuerfindungsrecht können folglich aufgrund Art. 99 EWGV lediglich im Bereich der Verbrauchsteuern und der Verkehrsteuern einer Einschränkung unterliegen. Diese ist aber stets unter dem Gesichtspunkt des Zwecks des EWG-Vertrages zu sehen: Ziel ist die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes. Nur Steuern, die in der Lage sind, ein Erreichen dieses Ziels zu erschweren öder zu verhindern, unterliegen einer Harmonisierung. Steuern, die der Schaffung eines einheitlichen Marktes nicht entgegenstehen, weil sie sich auf den Bereich eines Mitgliedstaates (oder auf einen Teilbereich seines Gebietes) beschränken und daher nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, können nicht nach Art. 99 EWGV harmonisiert werden198• Art. 105 Abs. 2a GG räumt den Ländern die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ein. Im folgenden wird herauszustellen sein, daß nach dieser Norm allein die örtlichen Verbrauchsteuern, nicht aber die Aufwandsteuern als indirekte Steuern erhoben werden l99 • Erstere weisen aufgrund ihres steuerlichen Ersatzanknüpfungspunkts keine über das Gebiet der steuererhebenden Körperschaft hinausgehenden Auswirkungen aufOO. Eine Harmonisierung der örtlichen Verbrauchsteuern aufgrund des Art. 99 EWGV ist nicht möglich201 ; diese Norm steht der Einführung oder der weiteren Erhebung einer die Kriterien der Örtlichkeit erfüllenden Verbrauchsteuer daher nicht entgegen.
,.. Art. 99 EWGV berecbtigt ebenfalls nicbt zu einer Harmonisierung der Steuern unter dem Gesicbtspunkt der Schaffung eines gerecbteren Steuersystems; siebe dazu Förster, Die Verbraucbsteuern, 1989, S. 40; Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG- Vertrag, vor Art. 95 Rdnr. 14; Art. 99 Rdnr. 10. ''''' Dazu 2. Teil, B.II.1.b)bbXcXaaX4) (dort insb. Fn. 369). 100 Die Örtlicbkeit der Verbraucbsteuern wird später (3. Teil, A.1I.1.) einer ausfübrlicben Untersucbung unterzogen; das Ergebnis wird hier aus Gründen einer abscbließenden Betracbtung des Art. 99 EWGV vorweggenommen.
20' I.Erg. ebenso Küffmann Der Stiidtetag 1967, 67 (70); Küffmann KStZ 1968, 65 (67 f.); allgemein für Verbraucbsteuern und Verkebrsteuern von lokaler Bedeutung: Oppermann, Europarecht, 1991, Rdnr. 1046; vgl. aucb FG Hamburg 16.05.1984- IV 14/84 H, EFG 1985,77, das eine örtlicbe Getränkesteuer als den Harmonisierungsbestimmungen der Europäiscben Gemeinscbaften im Bereicb der Umsatzsteuer nicbt entgegenstebend bezeicbnet; eine gemeinscbaftsrecbtlicbe Zuordnung dieser Steuer zu den Verbraucbsabgaben läßt es offen.
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Art. 99 EWGV kann bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten begründen, zum Zwecke des Erreichens des Gemeinsamen Marktes die Einführung neuer, den Harmonisierungsbestrebungen des Art. 99 EWGV entgegenstehender Steuern zu unterlassen. Auch kann der Mitgliedstaat zu der Aufhebung bereits bestehender Steuern verpflichtet werden. Die Europäischen Gemeinschaften haben durch die Entwürfe von Richtlinien zu einzelnen Verbrauchsteuern ihre Absicht bekundet, im Bereich der Verbrauchsteuern eine Besteuerung der Grundnahrungsmittel zu vermeiden und allein Steuern auf den Verbrauch von Tabak, Mineralöl, Alkohol, Bier und Wein zu erheben 202 203.
2112 Allgemein für Verbrauchsteuem auf Tabak, Milleralöl, Alkohol, Weill Ulld Bier: - Entschließung des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten über die stufenweise Verwirklichung der Währungs- und Wirtschaftsunion in der Gemeinschaft, vom 22.03.1971, ABI EG vom 27.03.1971, Nr. C 28, 1 ff.; - (unter Ausschluß der Mineralölsteuer): Vorschläge von Richtlinien des Rates auf dem Gebiet der Sonderverbrauchsteuern und ihnen gleichzusetzenden Steuern, vom 07.03.1972, ABI EG vom 29.04.1972, Nr. C 43, 23 ff. (Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Verbrauchsteuern und die anderen indirekten Steuern als die Mehrwertsteuer, die mittelbar oder unmittelbar den Verbrauch von Erzeugnissen betreffen, S. 23 f.; Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Alkohol, S. 25 ff.; Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Wein, S. 32 ff.; Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Bier, S. 37 ff.; Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Miscbgetränke, S. 41 f.); - Gesamtmitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vollendung des Binnenmarktes - Annäherung der Sätze und Harmonisierung der Strukturen der indirekten Steuern - , KOM (87) 320 endg., BR- Drucks. 351/87 (vgl. auch Vollendung des Binnenmarktes: Annäherung der Sätze und Harmonisierung der Strukturen der indirekten Steuern, KOM (87) 320 endg./ 2, BT- Drucks. 11/ 1321); - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Einführung eines Annäherungsprozesses der Mehrwertsteuer- und Verbrauchsteuersätze, vom 07.08.1987, KOM (87) 324 endg., ABI EG vom 18.09.1987, Nr. C 250, 3 f. (vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Einführung eines Annäherungsprozesses der Mehrwertsteuer- und Verbrauchsteuersätze, KOM (87) 324 endg./ 2, BRDrucks. 354/ 87 (= BT- Drucks. 11/1325»; - Wirtschafts- und Sozialauschuß: Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an den Rat zum Thema "Neuer Ansatz der Kommission im Bereich der Verbrauchsteuern" (90/ C 225/17), ABI EG vom 10.09.1990, Nr. C 225, 48 ff.; Stellungnahme zu der Kommissionsvorlage: Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf Zigaretten, Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten (90/ C 225/20) a.a.O. S. 56 Cf.; Stellungnahme zu dem geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Annäberung der Verbraucbsteuersätze auf Mineralöle (90/ C 225/ 19) l.a.O. S. 54 ff.; Stellungnabme zu dem geänderten Vorscblag für eine Richtlinie des Rates zur Annäberung der Verbraucbsteuersätze auf alkoboliscbe Getränke und in anderen Erzeugnissen entbaltenen Alkohol (90/ C 225/ 18) a.a.O. S. 51 ff.;
72
Erster Teil: Die Kompetenzen des Bundes und der Länder für die Steuergesetzgebung
Zu einer Verabschiedung entsprechender Richtlinien durch den Rat ist es
bislang - mit Ausnahme der Tabaksteuer - nicht gekommen 204, so daß eine Einschränkung nationaler Rechte dadurch nicht erfolgt ist. Im Falle der Verabschiedung entsprechender Richtlinien ist der nationale Gesetzgeber verpflichtet, diese in nationales Recht zu übertragen und zu beachten.
Tabaksteuer: - Vorscblag für eine Verordnung des Rates über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, ABI EG vom 17.08.1967, Nr. 198, 18 ff.; - Entscbließung des Rates betreffend die Verbraucbsteuern auf Tabakwaren außer den Umsatzsteuern, vom 21.04.1970, ABI EG vom 28.04.1970, Nr. C 50, 1; - Geänderter Vorscblag einer Ricbtlinie des Rates über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, vom 20.11.1970, ABI EG vom 18.01.1971, Nr. C 4, 22 ff.; - Ricbtlinie des Rates über die anderen Verbraucbsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (72/ 464/ EWG), vom 19.12.1972, ABI EG vom 31.12.1972, Nr. L 303,1 ff.; - Vorscblag einer zweiten Ricbtlinie über die anderen Verbraucbsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, vom 27.03.1974, ABI EG vom 27.06.1974, Nr. C 72, 15 ff.; - Ricbtlinie des Rates zur Änderung der Ricbtlinie 72/464/ EWG über andere Verbraucbsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (77/805/ EWG), ABI EG vom 28.12.1977, Nr. L 338,22 f.; - Zweite Ricbtlinie des Rates über die anderen Verbraucbsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (79/32/ EWG), vom 18.12.1978, ABI EG vom 16.01.1979, Nr. L 10, 8 ff.; - Vorscblag für eine Ricbtlinie des Rates zur Änderung der Ricbtlinie 72/ 464/ EWG über die anderen Verbraucbsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, vom 01.07.1980, ABI EG vom 11.10.1980, Nr. C 264, 6 f.; - Vorscblag für eine Ricbtlinie des Rates zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf Zigaretten, KOM (87) 325 endg./ 2, BR- Drucks. 355/87 (= BT- Drucks. 11/1326); - Vorscblag für eine Richtlinie des Rates zur Annäberung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten, KOM (87) 326 endg./ 2, BR- Drucks. 357/87 (= BT- Drucks. 11/1327); Mineralölsteuer: - Vorscblag einer Ricbtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Mineralöle, vom 09.08.1973, ABI EG vom 31.10.1973, Nr. C 92,36 ff.; - Vorscblag für eine Richtlinie des Rates zur Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Mineralöle, KOM (87) 327 endg./ 2, BR- Drucks. 363/87 (= BT- Drucks. 11/1328); Alkoholsteuer, Weinsteuer, Biersteuer: - Vorscblag für eine Ricbtlinie des Rates zur Festlegung bestimmter Regeln über indirekte Steuern, die den Verbraucb von alkoboliscben Getränken belasten, vom 24.04.1985, KOM (85) 150 endg., ABI EG vom 08.05.1985, Nr. C 114,6 f.; - Vorscblag für eine Ricbtlinie des Rates zur Annäberung der Verbrauchsteuersiitze auf alkoboliscbe Geträoke uod in anderen Erzeugnissen entbaltenen Alkobol, vom 07.08.1987, KOM (87) 328 endg., ABI EG vom 18.09.1987, Nr. C 250, 4 f. (vgl. Vorscblag für eine Richtlinie des Rates zur Annäberung der Verbraucbsteuersiitze auf alkoboliscbe Getränke und den in anderen Erzeugnissen entbaltenen A1kobol, KOM (87) 328 eodg./2, BR- Drucks. 356/87 (= BT- Drucks. 11/1329». W Zu den Bestrebungeo in dem Bereicb der Verkebr.;teuern siebe Wägenbaur in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. 95 Rdnr. 41 f. m.w.N.; Höppner EuR 1977, 122 (134). 200 Ausfübrlicb dazu Schemmel, Steuerbarmonisierung io der Europäischen Gemeinschaft, 1989, S. 65 ff.; Scbrömbges DB 1989,2558 (2."165 ff.).
B. Situation nach der Finanzreform von 1969
73
Erla8 Steuern auf die Einkommens- oder Vermögensverwendung Steuern auf den Vermögensbestand (fundiertes Einkommen). Knüpfen diese drei Besteuerungsformen an die Manifestation der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit an, so resultiert die Belastungswirkung aus der Wahl der dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Zugriffsmöglichkeiten. Eine Abgrenzung der Belastungswirkungen muß sich mithin an der Form des Zugriffs orientieren. Diese drei Gruppen sind hinsichtlich der ihnen zuzuordnenden einzelnen Steuern und deren Belastungswirkungen näher zu betrachten.
a) Steuern auf die Einkommensentstehung oder auf den Vermögensbestand Der Zufluß von Einkommen wird durch die Steuern auf die Einkommensentstehung einer Besteuerung unterstellt. Diese Steuern lassen sich wiederum in Steuern auf erwirtschaftetes und auf nicht erwirtschaftetes Einkommen bzw. Eigentum unterteilen. Den erstgenannten unterfällt u.a. die Einkommensteuer l69 und die Körperschaftsteuer sowie die GewerbeertragsteuerJ7 O; die Erbschaft- und Schenkungsteuer unterfallt der zweiten Untergruppel?l. Der
168 Zu den Vorstellungen einer an die Verausgabung anknüpfenden "Ausgabensteuer" als Alternative zur Besteuerung der Einkommensentstebung: K. Schmidt, Grundprobleme der Besteuerung, in: Handbucb der Finanzwissenscbaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 119 (144); dazu 2. Teil, c.m. 160 Zu der Problematik der Nutzungswertbesteuerung der eigengenutzten Wohung aufgrund § 21 Abs. 2 EStG siebe später, 2. Teil, c.m. 110 D. Birk, Steuerrecbt I, 1988, § 6 Rdnr. 9; P. Kirchhof VVDStRL 39 (1981), 213 (244); P. Kircbhof NJW 1987, 3217 (3225); P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 88 Rdnr. 71, 145 ff.; ohne Erwähnung der Gewerbeertragsteuer auch Scbeipermeier, Verfassungsorientiertes System des Steuerrechts, 1977, S. 95, 117 ff.; Förster, Die Verbraucbsteuern, 1989, S. 107; die als Ersatz für die Gewerbesteuer diskutierte kommunale Wertscböpfungsteuer stellt ebenfalls eine Steuer auf die Einkommensentstehung dar, vgl. Wissenschaftlicber Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 81.
171 Tipkel Lang, Steuerrecht, 13. Aufl., 1991, § 8 Tz. C.3.1 (S. 158 ff.); D. Birk, Steuerrecht I, 1988, § 6 Rdnr. 10; vgl. aucb Tipke in: Festschrift für Gerhard Wacke, 1972, S. 211 (217); Förster, Die Verbraucbsteuern, 1989, S. 107; Scbeipermeier, Verfassungsorientiertes System des Steuerrecbts, 1977, S. 95, 97; Crezelius, Steuerrecht II, 1991, § 2 Rdnr. 3; die Zuordnung dieser Steuern zu den EinkommensenL~tebungsteuern ablehnend: P. Kirchhof VVDStRL 39 (1981), 213 (271 Fn. 194); vgl. P. Kircbbof, Staatliche Einnabmen, in: Handbucb des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 88 Rdnr. 71, 170 Cf.: "Zugriff auf den unentgeltlichen Vermögensübergang".
116
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
Vermögensbestand unterfällt einer Besteuerung durch die Vermögensteuer und Grundsteuer sowie die Gewerbekapitalsteuer172• Andere als die oben genannten an die Einkommensentstehung anknüpfende Steuern sind ebenso denkbar wie solche auf den Vermögensbestand. So erscheint die Einführung einer weiteren an die Einkommensentstehung anknüpfenden Steuer, beispielsweise einer Junggesellensteuer173 oder einer Bürgersteuer J74 ebenso denkbar wie eine auf den Vermögensbestand 17S • Weitere Steuern auf die Einkommensentstehung oder den Vermögensbestand sind aber kompetenzrechtlich ungeachtet der Tatsache, ob der Bund oder das Land sie einführen will, nicht zulässig: eine Steuer darf nur dann neu eingeführt werden, wenn sie unter den Katalog der in Art. 106 GG genannten Steuern zu subsumieren ist 176 • Dies ist nur bei neuen Steuern innerhalb der oben genannten drei Steuergruppen (Verkehrsteuern, Verbrauchsteuem, örtliche Verbrauchund Aufwandsteuern), nicht aber bei weiteren Steuern auf die Einkommensentstehung und auf den Vermögensbestand der Fall. Das Steuerfindungsrecht
172 P. Kirchhof VVDStRL 39 (1981), 213 (244,273); P. Kirchhof NJW 1987, 3217 (3225) zählt - zunächst ohne Begründung - auch die Aufwandsteuern hierunter; zur Begründung später P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 88 Rdnr. 71 (Fn. 127), 150 ff.; vgl. D. Birk, Steuerrecht I, 1988, § 6 Rdnr. 11; Förster, Die Verbrauchsteuem, 1989, S. 107; Tipke/ Lang, Steuerrecht, 13. Aufl., 1991, § 8 Tz. C.3.13 (S. 163); Scheipermeier, Verfassungsorientiertes System des Steuerrechts, 1977, S. 109, 117 ff., faßt die Gewerbesteuer insgesamt unter diese Kategorie. Die von Scheipermeier (S. 116 f.) ebenfalls dieser Kategorie zugeordnete Kraftfahrzeugsteuer stößt jedoch auf Bedenken: diese Steuer unterstellt lediglich das Halten einer Besteuerung, nicht jedoch das Eigentum. l7J Eine Steuer, die an eine erhöhte wirtschaftliche Leistungsfahigkeit derjenigen anküpft, die unverheiratet auf eigene Rechnung leben, vgl. dazu RFH 20.10.1923- Gr.S. 3/23, RFHE 13, 28 ff.; bereits zuvor Markull, Kommentar zum Gesetz über den Finanzausgleich, 1923, § 2 Anm. V.2.a) (S. 138 f.); Markull PrVBI Bd. 44 (1922/23), S. 13 (18).
17. Die Bürgersteuer wurde früher von den Gemeinden erhoben; sie war zunächst durch die Anknüpfung an die Einkommensteuerpflicht nur als eine "rohe" Einkommensteuer ausgestaltet, vgl. dazu 3. Teil, C.VII.
m Die Bürgersteuer hatte in der späteren Fassung Aspekte einer Vermögensteuer, indem sie neben der Tatsache der Einkommensteuerpflicht auch - grob - an die Vermögensverhältnissse des Steuerpflichtigen anknüpfte, vgl. dazu unten, 3. Teil, C.VII. 17.
Siehe oben, 1. Teil, B.V.2.c).
B. Weiterentwicklung
117
des Bundes oder der Länder erstreckt sich nicht auf Steuern auf die Einkommensentstehung oder den Vermögensbestand.
b) Steuern auf die Einkommensverwendung Der Abfluß geldwerter Güter infolge der Verwendung von Teilen des (zuvor erzielten) Einkommens oder Vermögens wird durch die Steuern auf die Einkommensverwendung einer Besteuerung unterstellt. Auch in der Verwendung des Einkommens oder des Vermögens kommt - wie oben dargestellteine wirtschaftliche Leistungsfahigkeit des Bürgers zum Ausdruck, die zum Anknüpfungspunkt einer Besteuerung gemacht werden kann.
aa) Der Begriff der Einkommensverwendung Die an die Verwendung finanzieller Mittel anknüpfenden Steuern sind im folgenden herauszustellen. Sind Einkommensverwendungsteuern solche Steuern, die an die in der Verwendung von finanziellen Mitteln zum Ausdruck gelangende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpfen, so ist ihnen gemeinsam, daß sie den Bürger im Moment der Einkommensverwendung belasten. Wird das Einkommen für einen bestimmten Zweck verwendet, so steht es nicht mehr dem vorherigen Eigentümer zu; es ist aufgrund der Verwendung "verbraucht". Aufgrund dieser möglichen Gleichstellung von Verwendung und Verbrauch von Einkommen werden Steuern, die an die Einkommensverwendung anknüpfen, auch als "Verbrauchsteuern" bezeichnet. Ob damit jedoch allein die "Verbrauchsteuern" im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG die Einkommensverwendungsteuern darstellen, ist im folgenden zu untersuchen. Ausgangspunkt der Untersuchung soll die problematische Einordnung der Umsatzsteuer in das Steuersystem sein. Bei einer näheren BetraChtung dieser Steuer können späterhin Rückschlüsse auf die verschiedenen Steuern auf die Einkommensverwendung gezogen werden.
118
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
(a) Die Umsatzsteuer als "allgemeine Verbrauchsteuer" im Sinne einer umfassenden Einkommensverwendungsteuer Die Umsatzsteuer wird häufig als "allgemeine Verbrauchsteuer"177 bezeichnet. Das Grundgesetz erwähnt sie im Rahmen der Aufkommenszuweisung zum einen bei der Gruppe der Verkehrsteuern (Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG), zum anderen auch bei der der Verbrauchsteuern (Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG). Auch in Rechtsprechung und Literatur ist eine eindeutige Zuordnung der Umsatzsteuer zu einer der beiden Kategorien nicht erfolgt; hieran hat sich vielmehr ein Streit entzündet, der in der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, die Umsatzsteuer stehe "im Schnittpunkt zwischen Verbrauchsteuern und Verkehrsteuern,,178, seinen Niederschlag findet 179 • Einen eigenständigen Vorschlag unterbreitet lediglich Philipowski 180 , der die Bezeichnung der Umsatzsteuer in Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG als Verbrauchsteuer dahingehend interpretiert, daß es
\TI Insbesondere Popitz, Allgemeine Verbrauchsteuer, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 180 ff.; Tipke in: Festschrift für Willy Haubrichs, 1977, S. 89 (98); D. Birk, Steuerrecht I, 1988, § 6 Rdnr. 12 (b); D. Birkl Förster DB 1985, Beilage Nr. 17, S. 9; Tehler DB 1987, 2487 (2490 ff.); umfassend dazu Reiß in: Woerner (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, 1990, S. 3 (18); Tipke/ Lang, Steuerrecht, 13. Aufl., 1991, § 8 Tz. D.4.2 (S. 176): "allgemeine Konsumsteuer", § 13 Tz. 8.1 (S. 528); Tehler, Die Umsatzsteuer als angewandte Verkehr- und/ oder Verbrauchsteuer, 1986, S. 37; Schmölders FinArch N.F. Bd. 14 (1953/ 54), S. 21 (73); vgl. hinsichtlich der materiellen Einordnung auch Pohmer, Allgemeine Umsatzsteuern, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 647 (650 f.); RFH 24.08.1938- V 306/ 37, RFHE 44, 328 (329);
17. BVerfG 04.02.1958- 2 BvL 31,33/56, BVerfGE 7, 244 (260); vgl. auch BVerfG 27.07.19712 BvF 1/ 68,2 BvR 702/68, BVerfGE 31, 314 (331). '7'> Vgl. auch Söhn StuW 1975, 1 ff.; Tipke DStR 1983, 595 ff.; K. Vogel! Waller in: Bonner Kommentar, 00, Art. 105 Rdnr. 112, Art. 106 Rdnr. 248; Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S. 27; Seipolt, Finanz- und Steuerwesen, Teil 2: Allgemeines Steuerrecht, 1949, S. 33; Tipke/ Lang, Steuerrecht, 13. Aufl., 1991, § 8 Tz. C.3.21 (S. 163 f.), § 13 Tz. 8.1 (S. 527 ff.); Tipke in: Festschrift für Gerhard Wacke, 1972, S. 211 (224); Philipowski in: Umsatzsteuerkongreß- Bericht 1985, S. 183 Cf.; vgl. auch P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 88 Rdnr. 156; Crezelius, Steuerrecht II, 1991, § 2 Rdnr. 6, § 24 Rdnr. 2; Pohmer, Allgemeine Umsatzsteuern, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 647 (650 f.), ordnet die Umsatzsteuern formal den Verkehrsteuern, materiell den Verbrauchsteuero zu; vgl. bereits Grabower, Die Geschichte der Umsatzsteuer und ihre gegenwärtige Gestaltung im Inland und im Ausland, 192..6, das sich auf von Mangoldt267 und Schmölders2b8 berief, zu der Ansicht, daß die dem Begriff
261 So ausdrücklicb Blendermann, Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 50; vgl. BVerwG 07.03.1958- VB C 84.57, BVerwGE 6, 247 (255 f.). 262 Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis können aufgmnd der Regelung in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1·00 nur Verbraucb- oder Verkebrsteuern sein; Rudolf AöR Bd. 85 (1960), S. 457 (468); Piducb, Finanzverfassung und Steuerreformen, 1964, S. 36 f.; Tomerius, Die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder, 1964, S. 36; Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 135 ff.; BVerwG 07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6, 247 (255); a.A. (Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis als etwas anderes als Verbraucb- oder Verkebrsteuern) Krupp DGStZ 1951, 58 (59); Sasse AöR Bd. 85 (1960), S. 423 (450 f.), der sie als drei verscbiedene Gruppen anerkennt, indem er ihr Aufkommen in einer korrigierten Fassung des Art. 106 GG getrennt zuweist. 263 Aus diesem Grunde lebnte K1über DöV 1950, 612 f. die Einordnung der als Zustandsteuern bezeicbneten Aufwandsteuern (Halten von Tieren, Wobnraumsteuer, Jagdpacbtsteuer) in die im Grundgesetz genannten Steuergruppen Verbraucb- bzw. Verkebrsteuern ab. 264 Jakob, Das Steuererfindungsrecbt der Gemeinden und die kommunale Selbstverwaltung, 1966, S. 113, 132; Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 138 (trotz des von ibm befürworteten offenen Kataloges des Art. 105 GG a.F.); Niestegge, Die Kompetenzverteilung zwiscben Bund und Ländern im Spielbankenrecbt, 1983, S. 105; Bayer StuW 1972, 289 (293); BVerfG 23.07.1963- 2 BvL 11/ 61, BVerfGE 16, 306 (316); BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/ 61, BVerfGE 16, 64 (74); BFH 27.06.1973- 11 R 179/71, BStBI 197311 807 (809); OVG RbeinlandPfalz 17.01.1977- 6 A 26/ 75, KStZ 1977, 149 (150); VG Sigmaringen 26.05.1959- I1a 157/58, BaWüVBI 1959, 157 (158). 26$
BVerwG 07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6,247 (255 ff.).
266 Vor der Entscbeidung des BVerwG zäblten die Aufwandsteuern bereits zu den Verbraucbsteuern: Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik DeUL'iCbland, 1950, S. 28, 33 ff.; mit ausführlicber Begründung: Blendermann, Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 50 Cf. 2212) - zumal diese auch ausdrücklich während der Beratungen des Grundgesetzes erwähnt wurden 213 nicht unzulässig geworden seien, sondern der Begriff der Verbrauchsteuern zugleich auch den der Aufwandsteuern mitumfasse214• Da die Aufwandsteuern auf diese Weise trotz des abgeschlossenen Kataloges des Art. 105 GG 1949 weiterhin als zulässig betrachtet wurden, ergab sich die Erweiterung des Begriffs der Verbrauchsteuern auf die Aufwandsteuern 27S • Dies gilt allerdings zunächst nur hinsichtlich der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die der ausschließlichen Landesgesetzgebung unterlagen. Weiterhin wurde aus der Erwähnung von Verorauch- und Verkehrsteuern in 268Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Aufl., 2. Band, 1956, S. 635 (652). 269 Diese Steuer wurde indes was das BVerwG übersieht - wegen des Verbotes in § 12 S. 3 FAG 1923 nicht erhoben; vgl. dazu Dierkes/ Bohmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 53; Markull, Kommentar zum Gesetz über den Finanzausgleich, 1923, § 2 Anm. V.2.a) (S. 139); vgl. dazu auch 3. Teil, c.rx.
VO Diese Steuer wurde indes was das BVerwG übersieht - soweit ersichtlich nicht erhoben; Dierkes/ Bohmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 35 ff.; vgl. auch Markull VJSchrStFR 1930, 535 (573 f.) unter Verweisung auf ein (bei ihm auszugsweise abgedrucktes) Urteil des OVG Thüringen vom 19.02.1930, A. 90/29, in dem das Gericht die Gleichartigkeit einer Garagensteuer mit der Kraftfahrzeugsteuer bejaht.
271 Die Einordnung der Steuer auf Spielautomaten in die Gruppe der Aufwandsteuern stößt auf Bedenken, vgl. dazu später, 2. Teil, c.1. 272
BVerwG 07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6, 247 (256).
T13 Höpker- Aschoff AöR Bd. 75 (1949), S. 306 (321) faßte die Hundesteuer, die Jagdsteuer und andere als "jene kleinen indirekten Steuern, die heute von den Gemeinden oder Kreisen erhoben werden", unter die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis; dazu 3. Teil, A.II.l.b)aa).
274 Diese Schlußfolgerung auf von Mangoldt und Schmölders zu stützen, ist aber nicht zutreffend, wie im folgenden zu zeigen sein wird: von Mangoldt a.a.O. benutzt diese Begriffe synonym: "Der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes unterliegen nach Z. 1 die Verbrauchsteuern und die Verkehrsteuern. Die ersteren (auch Aufwandsteuern genannt) sollen einen gewissen Aufwand, den Gebrauch und Verbrauch bestimmter Güter treffen."; Schmölders hingegen sieht in der Aufwandsteuer eine besondere Form der Verbraucbsteuer; vgl. 2. Teil, B.II.1.b)bbXcXaaX2). 275 Das übersieht H.W. Arndt DVBI 1975, 108 (109), der die Ausdehnung des Steuerfindungsrecbts der Gemeinden auf die Aufwandsteuern erst mit der Finanzreform 1969 bejaht.
144
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 sowie der Verbrauch- und Verkehrsteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis in derselben Vorschrift gefolgert, daß der Begriff der Verbrauchsteuern insofern ein einheitlicher sein müsse, so daß auch vom Bund geregelte Aufwandsteuern als Unterfall der Verbrauchsteuern zulässig seien Z76277 • Eine begriffliche Trennung von Verbrauch- und Aufwandsteuern bestand mithin bereits vor der Entstehung des Grundgesetzes; sie wurde lediglich in der Zeit von 1949 bis 1969 wegen des Verfassungswortlautes nicht in der Praxis angewandt; die Aufwandsteuern wurden als Unterfall der Verbrauchsteuern betrachtet. War der Begriff der Aufwandsteuern damit bereits vor der Aufnahme in das Grundgesetz mit der Finanzreform von 1969 bekannt 278, so wurde ihm aber ein unterschiedlicher Bedeutungsgehalt beigemessen. Der unterschiedliche Bedeutungsgehalt der Aufwandsteuer und dessen Abgrenzung zur Verbrauchsteuer soll im folgenden untersucht werden.
(1) Begriffsbestimmung und Abgrenzung anhand der Materialien des Verfassunggebers Zur Begriffsbestimmung der Verbrauch- und Aufwandsteuern und damit auch zu ihrer wechselseitigen Abgrenzung bietet sich zunächst ein Rückgriff auf die Materialien des Verfassunggebers an. Eine Betrachtung der Materialien des Verfassunggebers des Grundgesetzes 1949 zeigt, daß der Begriff der Verbrauchsteuer, der auch bereits zuvor in den
n. Hierauf sind wobl die nacbfolgenden Ansicbten zurückzufübren: Maunz in: Maunz! Dürig, 00, Art. 105 Rdnr. 49, Art. 106 Rdnr. 24; Fiscber- Mensbausen in: von Müncb, GG, Art. 106 Rdnr. 16;
FG Rbeinland- Pfalz 13.05.1982- 3 K 254! 81, EFG 1983, 88 (90); FG Rbeinland- Pfalz 15.01.1982- 3 K 245/81 u.a., RlW 1982,117 (118).
m Allerdings bat der Bund diese ibm nacb der o.g. Auffassung zustebende Befugnis nicbt ausgenutzt; in der Steuerrecbtswissenscbaft siebt lediglicb Förster, Die Verbraucbsteuern, 1989, S. 112, die - aufgebobene - Spielkartensteuer als eine bundesgesetzlicb geregelte Aufwandsteuer an; dazu später, 2. Teil, B.II.1.b)bb)(c)(aa)(4), Fn. 358.
na Vgl. nur O. Bübler, Lebrbucb des Steuerrecbts, I. Band, 1927, S. 20; O. Bübler, Lehrbucb des Steuerrecbt, II. Band, 1938, S. 574; Füsslein JöR N.F. Bd. 1 (1951), 748 (751); BVerwG 07.03.1958- ViI C 84.57, BVerwGE 6,247 (256).
B. Weiterentwicklung
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Verfassungen im Rahmen der Steuergesetzgebungshoheit Erwähnung fand 279, nicht definiert, sondern vorausgesetzt wird. Als Beispiele von Verbrauchsteuern mit örtlich bedingtem Wirkungkreis, Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949, werden die Schlachtsteuer sowie die Getränkesteuer genannt 280. Dieser vorausgesetzte Begriff der Verbrauchsteuer wird im Rahmen der Beratungen zum Finanzverfassungsgesetz vom 23. Dezember 1955281 wie folgt zusammengefaßt: "Verbrauchsteuern sind danach Steuern, die den Verbrauch vertretbarer, regelmäßig zum baldigen Verzehr oder kurzfristigen Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs belasten und die auf Grund eines äußerlich erkennbaren Vorgangs (z.B. Übergang in den Wirtschaftsverkehr) von demjenigen erhoben werden, in dessen Sphäre sich der Vorgang verwirklicht; die Steuer wird wirtschaftlich regelmäßig nicht vom Steuerschuldner, sondern im Wege der Überwälzung vom Endverbraucher getragen.,,282 Als dem Begriff der Verbrauchsteuern unterfallend wurden dabei die Steuern auf folgende Gegenstände betrachtet: Tabak, Kaffee, Tee, Zucker, Salz, Branntwein, Mineralöl, Kohlen, Schaumwein, Essigsäure, Zündwaren, Leuchtmittel, Spielkarten, SÜßstoff283. Auch während der Beratungen zum Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969284 finden sich keine weiteren Aufschlüsse über den Begriff der Verbrauchsteuer. Bestand damit über die Verbrauchsteuern grundsätzlich Einigkeit, so ist der Begriff der Aufwandsteuer unklar. Zu der Aufnahme der Aufwandsteuern in das Grundgesetz kam es erst im Rahmen der Finanzreform von 1969285 . Das diese m Siehe dazu oben, 1. Teil, A.1. bis 1II. 280
Füsslein JöR N.F. Bd. 1 (1951), 748 (751).
28' Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) vom 23.12.1955, BGBI 1955 1817 f. 282 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, Begründung, BT- Drucks. 11/480, Rdnr. 160 (S. 107). 283 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, Begründung, BT- Drucks. 11/480, Rdnr. 160 (S. 107 f.). 284 Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzrefonngesetz) vom 12.05.1969, BOBI 1969 I 359 Cf.
28S Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzrefonngesetz) vom 12.05.1969, BGBI 1969 I 359 Cf.; dazu ausführlich später im 3. Teil
10 Küssner
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Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
Reform vorbereitende Troeger- Gutachten 286 schlug eine Änderung des Art. 106 GG (und damit verbunden der Steuergesetzgebungshoheit nach Art. 105 GG) dergestalt vor, daß das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Verkehrsteuern nicht mehr den Ländern nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 7 GG 1956, sondern den Gemeinden nach Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern 287 zustehen sollte. Der Ausdruck ,,Aufwandsteuern" erscheint daher in der Folgezeit in den Diskussionen um die Ausgestaltung des Finanzreformgesetzes. Weder in dem Gutachten noch in den nachfolgenden Beratungen erfolgte eine Feststellung, was unter diesem Begriff zu verstehen sei und warum er nunmehr in das Grundgesetz Eingang finden sollte. Erwähnung hatte der Begriff jedoch zuvor im Verfassungskonvent gefunden 288, ohne daß ihm aber eine bestimmte Bedeutung beigemessen wurde. Aus den Materialien zur Verfassungsänderung ist daher zu der Klärung des Begriffs der Aufwandsteuern nichts herzuleiten. Festzustellen bleibt lediglich, daß mit der Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 eine Erwähnung der Verbrauch- und Aufwandsteuern nur im Bereich der ausschließlichen Landesgesetzgebungshoheit sowie der Ertragshoheit (Art. 105 Abs. 2a, 106 Abs. 6 S. 1 GG) erfolgte, nicht jedoch im Bereich der Bundesertragshoheit. Die in der Zeit von 1949 bis zur Finanzreform 1969 als Unterfall der Verbrauchsteuern angesehenen Aufwandsteuern wurden jedoch lediglich von den Gemeinden erhoben, so daß der Kreis der "örtlichen" Verbrauchsteuern nur einer dahingehenden Ergänzung bedurfte. Hinsichtlich bundesgesetzlieh geregelter Steuern bestand kein Bedürfnis, diesem Begriff und damit der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes die Aufwandsteuern unterfallen zu lassen289 • Aufwandsteuern sind nur noch als "örtliche" durch die Länder zulässig; der Bund ist von der Regelung von Aufwandsteuern ausgeschlossen 290 •
286 Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, 1966. 1KI Der Ausdruck ,,Aufwandsteuern" erscheint erstmals in: Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, 1966, Rdnr. 252.
2J8
Füsslein JöR N.F. Bd. 1 (1951), 748 (751).
289 Vgl. auch Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 111, die aus der Änderung des Grundgesetzes im Jahre 1969 die Unzulässigkeit der Einführung einer bundesgesetzlich geregelten Aufwandsteuer ableitet. 290 Zu der problematischen Einordnung der in Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG besonders genannten Kraftfahrzeugsteuer später, 2. Teil, B.II.1.b)cc).
B. Weiterentwicklung
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(2) Begriffsbestimmung und Abgrenzung in der Finanzwissenschaft
Im finanzwissenschaftlichen Schrifttum, das heute teilweise sowohl die Verbrauch- als auch die Aufwandsteuern unter Einbeziehung einiger Verkehrsteuern unter dem Begriff der "Steuern auf spezielle Güter"291 zusammenfaßt, ist die Terminologie hinsichtlich der Verbrnuchsteuern und der Aufwandsteuern uneinheitlich 292. Für die vorliegende Untersuchung zu verwendende Begriffsbestimmungen finden sich allein im älteren finanzwissenschaftlichen Schrifttum; die neuere Tendenz in der Finanzwissenschaft, den Begriff der Verkehrsteuern weitgehend fallen zu lassen, ist unergiebig: zwar erkennt auch Hansmeyer an, daß dem Begriff der Verbrauchsteuern im Hinblick auf die Auslegung der Ertragshoheit nach Art. 106 GG Bedeutung zukomme 293 , eine damit erforderliche Abgrenzung zu den ebenfalls in Art. 106 GG erwähnten Verkehrsteuern, die sich nicht allein auf den Zahlungsverkehr beschränken, übersieht er jedoch. Der Begriff "Aufwandsteuer" wurde ursprünglich in der Finanzwissenschaft als Bezeichnung für die Einkommensverwendungsteuern auf gebrauchs- oder verbrauchsfähige Güter verwandt, was darin zum Ausdruck gelangt, daß die Verbrauchsteuern als Unterfall der Aufwandsteuern angesehen wurden 294 • Später betrachtete Popitz die Aufwandsteuern als eine Form der Besteuerung aufwendigerer Güter oder des Luxus. Popitz sah die Möglichkeit einer steuer-
201 Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 709 ff., erwähnt anfangs allein die Verbrauchsteuern, unter die er auch die Aufwandsteuern faßt (vgl. S. 714), bezieht aber später u.a. auch die Versicherungsteuer und die Feuerschutzsteuer als Verkehrsteuern (S. 858 ff.) und die Zölle (S. 875 ff.) ein; den Begriff der Verkehrsteuer will er allein auf den Bereich der Steuern auf den Geld- und Zahlungsverkehr beschränken, im übrigen aber fallenlassen (S. 716, vgl. auch S. 858 ff.).
2'n
Kritisch dazu BFH 26.06.1984- VII R 60/83, BFHE 141, 369 (371).
29) Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 709 (715 f.).
204 Von Eheberg, Finanzwissenschaft, 1920, S. 404: "Die Aufwandsteuern, auch Aufschläge genannt, sind Steuern, welche gewisse Aufwandshandlungen, also den Ge- und Verbrauch bestimmter Güter, treffen wollen.", a.a.O. S. 492 ff. spricht er den Sonderfall der direkten Aufwandsteuern an; deutlicher von Ebeberg, Grundriss der Finanzwissenschaft, 1925, S. 135: "Aufwandsteuern, früher bäufig Akzisen genannt, sind Steuern, welche die Personen treffen sollen, die besteuerte Gegenstände ge- oder verbrauchen. Verbrauchsteuern heißen sie, wenn sie Gegenstände belasten, die durcb den Konsum vernichtet werden."; vgl. auch Lotz, Finanzwissenschaft, 1931, S. 671; Weddigen, Allgemeine Finanzwissenschaft, 1964, S. 113, 118 f.
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Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
lichen Erfassung sowohl in Spezialgesetzen als auch im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes für möglich an29S • Abzugrenzen ist diese Besteuerung des ,,Aufwandes" jedoch von einer Besteuerung auch der Verbrauchsgüter mittels einer Aufwandsteuer: eine steuerliche Erfassung auch der Verbrauchsgüter nach dem Grad der Erforderlichkeit dieser Güter befürwortete erstmals Schmölders, der sie partiell den Aufwandsteuern zuordnete. Schmölders faßt folglich die Aufwandsteuern als Untergruppe der Verbrauchsteuern auf296• Teilweise werden die Verbrauchsteuern ebenfalls allgemein als Aufwandsteuern bezeichnet297; zu einer Klärung des Begriffs trägt dieser Terminologiestreit nicht bei298• Gerloff299 verwendete den Begriff der Aufwandsteuern einerseits als Synonym für die Verbrauchsteuern unter Einbeziehung der Umsatzsteuer, andererseits sah er die direkten Aufwandsteuern als Steuern auf den Gebrauch einzelner Dinge oder von gewissen Aufwendungen an. Ausführlicher mit diesem Problem haben sich insbesondere SchmöldersJOO, auf den sich das Bundesverwaltungsgericht sowie das Bundesverfassungsgericht301 berufen, sowie Popitz302 beschäftigt. m Dazu sogleicb, 2. Teil, B.II.l.b)bbXcXaaX2). 2% Vgl. aucb die Einteilung von Nowak, Die Vergnügungsteuer in der Bundesrepublik Deutschland, 1962, S. 54 ff.: einfacbe VeIbraucbsteuern, Aufwand- VeIbraucbsteuern und LuxusVeIbraucbsteuern.
2'T1 Gerloff, Die öffentliche Finanzwirtscbaft, Band 11: Praktischer Teil, 1950, S. 27, 67 ff., 74 ff., 208; Pollak in: Handbucb der Wirtscbaftswissenscbaft, 8. Band, 1980, "VeIbrauchsteuern"; wohl aucb H.A. Vogel, Steuertechnik und Steuerverwaltung, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., 2. Band, 1980, S. 267 (310). 2'>8 Eigentbaler KStZ 1987, 61 (63) ignoriert diese unterschiedlicben Begriffsinhalte in der Finanzwissenscbaft und folgert aus ihr, daß als Aufwandsteuern (VeIbrauchsteuern Lw.S.) stets die Steuern bezeicbnet würden, die an das Halten von Sacben anknüpfen.
m Gerloff, Die öffentliche Finanzwirtscbaft, Band II: Praktischer Teil, 1950, S. 27, 67 ff., 74 ff., 208. 300 Scbmölders, Zur Begriffsbestimmung der VeIbrauchsteuern, 1955; Schmölders, Das Verbraucb- und Aufwandsteuersystem, in: Handbucb der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 ff.; Schmölders in: HandwörteIbuch des Steuerrechts, 1981, "Aufwandsteuer"; Scbmölders FinArcb N.F. Bd. 14 (1953/ 54), S. 21 (82 ff.).
"li BVerwG 07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6,247 (256); BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/ 79, BVerfGE 65, 325 (345 f.). :102 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 ff.
B. Weiterentwicklung
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Schmölders leitet aus der Absicht des Gesetzgebers, auch die Einkommensverwendung steuerlich zu erfassen, die Zuordnung der Verbrauch- und Aufwandsteuern zu den Einkommensverwendungsteuern ab; unterfielen damit Verbrauch- und Aufwandsteuern derselben Steuerkategorie, so sei es vornehmlich Zweck der Aufwandsteuern, "gewisse als aufwendig angesehene Einkommensverwendungen steuerlich zu erfassen"303. Verbrauch- und Aufwandsteuern unterstellen zunächst allgemein die Verwendung finanzieller Mittel als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit durch den Einkommensverwendenden der Besteuerung. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteht aber nicht lediglich beim Bürger als Steuerträger, sondern auch bei anderen am Wirtschaftsleben Beteiligten, die das einer Verbrauchsteuer unterliegende Gut im Produktionsprozeß verwenden. Steuerträger einer Verbrauchsteuer soll jedoch grundsätzlich lediglich der den Gegenstand verbrauchende Bürger sein. Soweit einzelne Gegenstände nicht von diesem verbraucht, sondern im Rahmen des Produktionsprozesses verwendet werden, spricht Schmölders von "uneigentlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern"304. Aufgrund der vom Gesetzgeber gewollten steuerlichen Belastung des die Einkommensverwendung vornehmenden Bürgers muß daher eine als Verbrauchoder Aufwandsteuer zu bezeichnende Steuer stets auch den privaten Verbrauch des Bürgers erfassen können. Eine Verbrauch- oder Aufwandsteuer ist nach Schmölders dann nicht mehr anzunehmen, wenn ein privater Verbrauch des der Steuer unterliegenden Gutes ausgeschlossen iseo 5 • Schmölders stellt daher im Rahmen der von ihm getroffenen Begriffsbestimmung der Verbrauch- und Aufwandsteuern maßgeblich darauf ab, daß es sich um eine Verausgabung finanzieller Mittel zum Zwecke der persönlichen Bedürfnisbefriedigung handele 306.
30) Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (648); Hervorhebung im Original.
304 Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (651). 305 Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl.,1956, S. 635 (651 f.); Schmölders, Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuern, 1955, S. 91 f. 306 Dieser Einschub wird daher in Rechtsprechung und Literatur weitgehend als erforderliches Wesensmerkmal einer Aufwandsteuer anerkannt.
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Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
Dieses Erfordernis ist damit als Abgrenzung zu der Nutzung zum Zwecke der Einkommenserzielung zu verstehen. Eine Verbrauchsteuer ist dann nicht gegeben, wenn zwar ein Gut verbraucht wird, dieser Verbrauch hingegen nicht auch durch den Bürger selbst, sondern lediglich im Rahmen des Produktionsprozesses erfolgen kann 301 • Entsprechendes gilt daher für die Aufwandsteuern, mittels derer lediglich Ausgaben der privaten Lebensführung erfaßt werden dürfen, nicht aber solche, die der Erzielung von Einnahmen dienen. Schmölders gelangt daher zu der abschließenden Feststellung: "Verbrauch- und Aufwandsteuern sind nach alledem im heutigen Steuersystem solche die allgemeine Besteuerung des Einkommens und des Vermögens ergänzende Steuern, die der Erfassung jener besonderen wirtschaftlichen Leistungsrahigkeit dienen, die sich in der Verwendung von Einkommensteilen für Verbrauchsgüter des persönlichen Lebensbedarfs äußert. Soweit sie nicht unmittelbar vom Verbraucher, sondern von einem Hersteller oder Lieferanten der genannten Güter erhoben werden, hängt ihre Zuordnung zu den Verbrauchsteuern davon ab, ob in praktisch wirksamer Weise dafür Vorsorge getroffen ist, daß sie nicht überwiegend oder dauernd zu einer steuerlichen Belastung dieser Hersteller oder Lieferanten oder zu einer Besteuerung von Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffen anderer Produktions- und Handelszweige werden. "308; als Kurzfassung dieser Begriffsbestimmung schlägt er vor: "Verbrauchsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsrahigkeit; dies gilt auch dann, wenn sie aus erhebungstechnischen Gründen nicht unmittelbar vom Verbraucher, sondern vom Hersteller oder Lieferanten der besteuerten Erzeugnisse erhoben werden.,,309 Ohne Begründung erweitert er unter Verweisung auf die erste Begriffsbestimmung die Definition, indem er den Kreis der einer Besteuerung unterstellten Güter erweitert: ,,Als Ergänzung der Einkommens- und Vermögensbesteuerung sollen sie (die
JU1 Zu der Erfassung eines nicht endverbraucbsfäbigen, d.h. nicbt durcb eine Privatperson verwendbaren, Gegenstandes siebe 2. Teil, B.II.l.b)bb)(c)(aa)(4), Fn. 370. 308 Schmölders, Das Verbraucb- und Aufwandsteuersystem, in: Handbucb der Finanzwissenscbaft, 2. Band, 2. Autl., 1956, S. 635 (652). )00 Schmölders, Das Verbraucb- und Aufwandsteuersystem, in: Handbucb der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (652); fast wörtlicb übereinstimmend Schmölders, Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuem, 1955, S. 93.
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Verbrauch- und Aufwandsteuern) der Erfassung jener besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dienen, die sich in der Verwendung von Einkommensteilen für Verbrauchsgüter oder sonstigem Aufwand des persönlichen Lebensbedarfs äUßert."310; demgegenüber grenzt Schmölders später die Aufwandsteuern im finanzwissenschaftlichen Sinne als Unterfall der Verbrauchsteuern wie folgt ab: ,,Als Aufwandsteuern bezeichnet man im heutigen Steuersystem solche Verbrauchsteuern, die in Ergänzung der allgemeinen Steuern auf Einkommen, Vermögen und Umsatz zur Erfassung jener besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dienen, die sich in der Verwendung von Einkommensteilen für aufwendige Verbrauchsgüter oder Dienstleistungen im Bereich des persönlichen Lebensbedarfs äußert."311 312 Schmölders stellt damit zum einen heraus, daß es sich sowohl bei den Verbrauchsteuern als auch bei den Aufwandsteuern um Steuern auf die Einkommensverwendung handelt; ein Kriterium, das zu einer Unterscheidung der Verbrauchsteuern und der Aufwandsteuern führt, erblickt er allein darin, daß nach "normalen" Verbrauchsgütern einerseits, die einer Umsatz- oder Verbrauchsteuer unterfallen können, und den "aufwendigen" Gütern andererseits, die von einer Aufwandsteuer erfaßt werden können, zu differenzieren seen. Die Begriffsbestimmung von Schmölders ist also keine neue; sie beinhaltet lediglich die bereits zuvor einhellig vertretene Auffassung, daß sowohl Verbrauchsteuern als auch Aufwandsteuern der Gruppe der Einkommensverwendungsteuern zuzurechnen sind. Die von Schmölders vorgenommene Abgrenzung dieser Steuern ist nicht nur in den Randbereichen unklar, sondern wird auch von Schmölders selbst unterschiedlich gehandhabt. So bezeichnet er einzelne bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern, deren Charakter als Verbrauchsteuern nie streitig war, z.B. die Schaumweinsteuer, Leuchtmittel310 Schmölders, Das Verbraucb- und Aufwandsteuersystem, in: Handbucb der Finanzwissenscbaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (659 f.).
11I Schmölders, in: Handwörterbucb des Steuerrecbts, 1981, "Aufwandsteuer"; HelVorbebung vom Verfasser. 312 Aucb Horster, Die Reform des deutscben Gemeindesteuersystems, 1958, S. 64, bezeichnet die Verwendung von Einkommen für einen nicht lebensnotwendigen Bedarf als Aufwand.
m Schmölders, Das Verbraucb· und Aufwandsteuersystem, in: Handbucb der Finanzwissenscbaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (656).
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Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
steuer, Kaffee-, Tee- und Tabaksteuer, als Aufwandsteuern314 • Teilweise faßt er die Rennwett- und Lotteriesteuer unter den Begriff der Aufwandsteuern31s • Schließlich bezeichnet er die Besteuerung von Reitpferden und Equipagen sowie von Samt und Spitzen ebenfalls als Aufwandsteuern31 !>. Auch soweit sich das Bundesverwaltungsgericht in der obigen Entscheidung auf Schmölders beruft, ist festzustellen, daß das Gericht dessen Ansicht nicht umfassend würdigt. Zwar faßt Schmölders auch die vom Gericht herangezogenen Steuern auf das Halten von Tieren u.ä. als Aufwandsteuern auf317 ; daneben sieht er aber einzelne - auch bundesrechtlich geregelte - Verbrauchsteuern als Aufwandsteuern an. Gemeinsam ist diesen lediglich das Moment "aufwendig" im Sinne einer nicht lebensnotwendigen Verwendung finanzieller Mitte1318; die Besteuerungsgüter sind hingegen unterschiedlich. Diese von Schmölders für die Finanzwissenschaft entwickelte Begriffsbestimmung der Aufwandsteuern ist daher für die Steuerrechtswissenschaft und damit zugleich für die Abgrenzung der Gesetzgebungshoheit nach der Verfassung nicht zu verwenden, da sie erkennbar dem im Laufe der Zeit gefundenen Begriff der Verbrauchsteuer, wie er auch vom verfassungsändernden Gesetzgeber verwendet wird 319, widerspricht.
)14 Schmölders in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 1981, "Aufwandsteuer"; umfassend a.A. Schmölders, Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuern, 1955, S. 33 f., wo er in Abgrenzung zu den Aufwandsteuern, unter die er hier die Hundesteuer, Kraftfahneugsteuer, die Vergnügungsteuer u.a. faßt, diese Steuern noch als Verbrauchsteuern bezeichnet; teilweise a.A. Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (664): dort bezeichnet er von den oben genannten Steuern lediglich die Schaumweinsteuer und die Leuchtmittelsteuer als Aufwandsteuern; vgl. auch Schmölders FinArch N.F. Bd. 14 (1953/54), S. 21 (85 f.).
m Schmölders, Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuern, 1955, S. 84; Schmölders, Das Verbrauch- uod Aufwandsteuersystem, io: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (660). )16
Schmölders in: Schultz (Hrsg.), Mit dem Zehnten fing es an, 1986, S. 245 (246).
)17 Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 (699).
)11 Soweit sich auch das BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (345 f.) auf Schmölders beruft, siehe unten, 2. Teil, B.II.1.b)bbXcXaaX4). )19 Siehe oben; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergäozuog der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., Begründung, vom 29.04.1954, BT- Drucks. 11/ 480, Rdnr. 160 (S. 107).
B. Weiterentwicklung
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Vor Schmölders hat sich in der Finanzwisssenschaft bereits Popitz um die Abgrenzung von Verbrauch- und Aufwandsteuern und um eine Begriffsbestimmung der Aufwandsteuern bemüht320• ,,Aufwand" stellte für Popitz auf der einen Seite einen - in der Praxis nicht durchführbaren - substituierten Vorgang zur EinkommensvelWendung als deren Spiegelbild dar: steuerpflichtig sei aufgrund einer Erfassung des Aufwandes (als der Summe der verausgabten Beträge in einem bestimmten Zeitraum) nicht derjenige, welcher die Güter veräußere und die Steuerlast auf den ElWerber übelWälzen könne, sondern der ElWerber im Wege der direkten Besteuerung321 . Auf der anderen Seite verstand Popitz unter dem Begriff Aufwand "eine Qualifizierung nach der Richtung eines besondere Aufwendungen an Geld bedingenden Verbrauchs oder Gebrauchs,,322 und verfOlgte damit eine Sichtweise, die später von Schmölders wieder aufgenommen wird. Popitz differenzierte aber eine steuerliche Erfassung dieser qualifizierten EinkommensvelWendung in drei RiChtungen: Mehreinkommensteuer: Der den obigen Anforderungen entsprechende Aufwand könne - wie bei der Umsatzsteuer - in seiner Gesamtheit einer Besteuerung unterstellt werden. Erforderlich sei dafür eine steuerliche Erfassung der für Zwecke des Aufwandes zur Verfügung stehenden Mittel. Da diese überwiegend aus dem erzielten Einkommen resultierten, sei der Teil des Einkommens, der für den Aufwand velWendet werde, im Wege einer (Teil-) Einkom-
320popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 Cf. 32\ Dazu bereits oben, 2. Teil, B.I1.l.b)aaXa); zu der Vorstellung einer entsprechenden "Ausgabensteuer" siehe auch 2. Teil, C.III.
322 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (199) (HeIVorhebung vom Verfasser). Ähnlich Popitz/ K1oß/ Grabower, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., 1928, Einleitung, S. 10: "Charakter einer besonderen qualifizierten Ausgabe, die über das normale Maß hinausgeht, mehr oder weniger vermeidbar wäre."
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Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
mensteuer zu erfassen323 • Ebensowenig wie bei der Umsatzsteuer sei aber bei der Besteuerung des Aufwandes ein derartiges Verfahren praktikabee24 • Aufwandumsatzsteuer: Eine Besteuerung in der Form der Verbrauchsteuer (im Sinne einer allgemeinen Einkommensverwendungsteuer) erscheine insofern möglich, als es sich um dem Verbrauch zugeführte Gegenstände handele und sich in diesen eine besondere Lebensführung ausdrücke32s • Die Steuer verlagere dabei in der Regel den für die Besteuerung maßgeblichen Zeitpunkt auf den des Kaufs als Ersatzanknüpfungspunkt vor. Aufwandbesitzsteuer: Schließlich könne sich eine qualifizierte Einkommensverwendung "in dem Vorhandensein bestimmter Gegenstände und auf eine gewisse Dauer berechneten Veranstaltungen,,326 ausdrücken 321 •
Die Aufwandumsatzsteuei328 werde dabei in Form der Umsatzsteuer erhoben; sie sei mithin als indirekte Steuer auf Überwälzung angelegt. Steuerschuldner sei derjenige, der innerhalb seiner gewerblichen Tätigkeit solche Güter umsetze, die einer überdurchschnittlichen Lebenshaltung dienen.
373 Dazu auch Bräuer in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 8. Band, 1928, "Verbrauchseinkommensteuer und Verbrauchsbelastung im Rahmen der Einkommensteuer". 304 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (203 f.): "Praktisch verwirklicht ist der Gedanke der Mehreinkommensteuer nirgends."
l2S Popitz a.a.O. zählte zu diesen: Beherbergungs- und Beköstigungssteuern, Steuern auf die VelWahrung von Wengegenständen, Vermietung von Reittieren, Anzeigen- und Reklamesteuern, "Vergnügungs- oder Lustbarkeitssteuer". 326 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (201).
321 Popitz a.a.O. faßte darunter: Steuern auf das Halten von Tieren (Hunde, Singvögel, insb. Nachtigallen, Pferde, Katzen), Besitz von Musikinstrumenten (Klavier, mechanische Musikapparate), Halten von häuslichen Dienstboten, Ausübung der Jagd, Schankkonzessionssteuer; Bedenken äußert er bezüglich Steuern auf den Besitz von Kraftfahrzeugen und Wohnungen; dazu 2. Teil, B.I1.1.b)bbXcXaaX5).
328 Dazu auch Popitz in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Band, 1924, "Luxussteuern; Luxusumsatzsteuern"; Popitz/K1oß/Grabower, Kommentarzum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., 1928, Einleitung, S. 119 f.
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Eine derartige ,,Aufwandbesteuerung" in der Tenninologie von Popitz sah in einem geringen Umfang das Umsatzsteuergesetz von 1918329 und demgegenüber erweitert das Umsatzsteuergesetz von 1919330 vor, mittels derer die venneidbare Einkommensverwendung durch Luxus mit einem erhöhten Umsatzsteuersatz belegt wurde. Zum Kreis der einer erhöhten Umsatzsteuerbelastung würdigen Gegenstände wurden erstmals 1918331 und sodann in einem weiteren Umfang nicht nur wertvolle Materialien, sondern auch sonstige Güter, sofern sie besonders hochwertig verarbeitet waren (z.B. Gegenstände aus oder mit Edelmetallen, Halbedelsteine, Kupfer, Zinn, Nickel, Gegenstände der Inneneinrichtung aus Horn, Bildwerke, Schönheitsmittel, Pralinen 332) sowie weiterhin Antiquitäten, Reitpferde und anderes 333 bestimmt. Die auch von Popitz erwogene Aufwandbesteuerung der Übernahme von Anzeigen, der Aufbewahrung bestimmter Wertgegenstände, der Vennietung von Reittieren sowie der Gewährung eingerichteter Schlaf- und Wohnräume in Gasthöfen zu vorübergehendem Aufenthalt finden sich im Umsatzsteuergesetz von 191~34, das damit, nachdem diese Güter in dem Umsatzsteuergesetz von 1918 nicht erfaßt waren, eine Erweiterung beinhaltet. Insbesondere bei letzterem wird der Aufwandcharakter dadurch deutlich, daß eine erhöhte Steuerpflicht nur besteht, wenn das Entgelt pro Übernachtung fünf Mark übersteigt. Allein die von Popitz ebenfalls im Wege der Aufwandumsatzsteuer für möglich gehaltene Besteuerung der Vergnügungen ist im Umsatzsteuergesetz nicht einem erhöhten (Luxus-) Steuersatz unterworfen worden. Röttinger weist darauf
,,. Umsatzsteuergesetz, vom 26.07.1918, RGßI 1918, 779 ff. ''''' Umsatzsteuergesetz, vom 24.12.1919, RGßI 1919,2157 ff. 33J
VgI. auch die Überschrift vor § 8 UStG 1918: "Erhöhte Steuer auf Luxusgegenstände".
m § 15 Abs. 2 UStG 1919; vgl. auch die Überschrift vor § 15: "Erhöhte Umsatzsteuer auf die Lieferung bestimmter Luxusgegenstände durch den Hersteller". m § 21 Abs. 1 UStG 1919; vgl. auch die Überschrift vor § 21: "Erhöhte Umsatzsteuer auf die Lieferung bestimmter Luxusgegenstände im Kleinhandel".
, .. § 25 Abs. 1 UStG 1919; vgl. auch die Überschrift vor § 25: "Erhöhte Umsatzsteuer auf Leistungen besonderer Art."; §§ 25 bis 29 UStG wurden aufgehoben durch Gesetz zur Änderung der Verkehrsteuem und des Verfahrens, vom 10.08.1925, RGßI 1925 I 241 ff., Art. IV § 1 Nr. 13.
156
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Geselzgebungszuständigkeiten
hin, daß mit dem Umsat:zsteuergesetz die Veranstaltungen von Vergnügungen lediglich allgemein umsatzsteuerpflichtig geworden sind; der vermeidbare Luxus in dem Besuch einer Veranstaltung sei hingegen "durch die Umsatzsteuer nicht besonders betroffen"33S. Die steuerliche Erfassung der Vergnügungen durch das Umsatzsteuergesetz unterblieb, da den Gemeinden eine eigenverantwortlich auszuschöpfende Einnahmequelle verbleiben sollte336 • Daß das Reich nicht von einer steuerlichen Erfassung der Vergnügungen absehen wollte, wird in §§ 12 f. LStG deutlich, der den Gemeinden die Erhebung einer Vergnügungsteuer zur Pflicht machte 337• Popitz sah damit sowohl die Besteuerung des Erwerbes als auch das Vorhandensein eines bestimmten Luxusgegenstandes als von einer Aufwandsteuer erfaßt an: eine Aufwandsteuer erfaßt die einer überdurchschnittlichen Lebenshaltung dienenden Güter durch einen erhöhten Umsatzsteuersatz338 • Die finanzwissenschaftliche Eingruppierung der ,,Aufwandumsatzsteuer" in die Umsatzsteuer allein aufgrund eines im Umsatzsteuergesetz vorgesehenen erhöhten Steuersatzes bewirkt, daß die Umsatzsteuer insgesamt teilweise als Umsatzsteuer, teilweise aber, soweit sie aufgrund des erhöhten Steuersatzes "Luxusgegenstände" erfaßt, als Aufwandsteuer zu charakterisieren ist. In einer Steuer (hier: der Umsatzsteuer) können aber nicht zwei verschiedene Steuern (Umsatzsteuer und Aufwandsteuer) enthalten sein; die Aufwandsteuer stellte dann insofern lediglich eine Untergruppe der Umsatzsteuer dar.
m Röttinger, Das Landessteuergeselz vom 30. MälZ 1920, 1920, § 12 Anm. 1 (S. 86). 336 Entwurf eines LandessteuergeselZes, vom 29.11.1919, Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung (Band 340), Aktenstück Nr. 1623, S. 15: "Der Gedanke der Reichsbesteuerung wurde aufgegeben, weil diese Einnahmequelle den Gemeinden zugewiesen werden soll."; vgl. dazu Markull, Kommentar zum Gesetz über den Finanzausgleich, 1923, § 13 Anm. IV.l (S. 252); Markull, Vergnügungssteuer, 2. Aufl., 1927, S. 2; dieser Aspekt der Entstehungsgeschichte wird von Tipke StuW 1975, 242 (248 Fn. 3) übersehen. 337 Der Reichsrat erließ darüberhinaus aufgrund § 13 LStG (später § 13 Abs. 1 S. 2 und 3 FAG 1923 bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 und 3 FAG 1926) auch reichseinheitliche Bestimmuugen, Dach deDen die KommuDen zu verfahreD hatten: Bestimmungen über die Vergoügungsteuer, vom 09.06.1921 (Bekanntmachung vom 28.09.1921), RGBI 1921, 856 ff., vom 07.07.1923, RGBI 1923 I 583 ff., vom 12.06.1926, RGBI 1926 I 262 ff., vom 07.06.1933, RGBI 1933 I 351 ff., vom 22.12.1933 (Bekanntmachung vom 15.01.1934), RGBI 1934 I 35 sowie spätere Änderungen. 338 PopilZ, Kommentar zum UmsalZsteuergeselZe, 2. Aufl., 1921, Einleitung, S. 39 f., 50, Vorbemerkung zu den §§ 15- 24, S. 403 ff.
B. Weiterentwicklung
157
Diese Terminologie ist mit der Fassung des Grundgesetzes, das die Umsatzsteuer als eine bestimmte Einzelsteuer ansieht, nicht zu vereinbaren. Soweit Popitz daher auch die Aufwandumsatzsteuer als Aufwandsteuer ansieht, kann ihm für den Bereich des Steuer- und Verfassungsrechts, das eine eindeutige Zuordnung einer Steuer zu einer Kategorie fordert, nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der von Popitz ebenfalls als Aufwandsteuer bezeichneten Aufwandbesitzsteuer ist eine hinreichend klare Abgrenzung zu den übrigen Steuern gegeben, so daß diese Form der Besteuerung auch steuer- und verfassungsrechtlich nicht auf Bedenken stößt. Was allein bleibt, ist eine Besteuerung des Aufwandes als des Vorhandenseins bestimmter Gegenstände des gehobenen Bedarfs in Form der Aufwandbesitzsteuer.
(3) Begriffsbestimmung und Abgrenzung in der Rechtsprechung Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof sowie die Instanzgerichte haben wiederholt zu der Frage der Verbrauchsteuer Stellung genommen; die von ihnen herausgearbeiteten Kriterien wurden häufig vom Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht übernommen339 • Seltener waren die Gerichte hingegen mit der Frage der Aufwandsteuer befaßt. So hat der Bundesfinanzhof ein wesentliches Merkmal der Verbrauchsteuer darin gesehen, daß "ein bestimmter Gegenstand, bzw. dessen Übertritt aus einem steuerlichen Nexus in den steuerlich nicht gebundenen Verkehr für die Entstehung der Steuerschuld maßgebend,,340 341 342 ist. Das Bundesverfas-
m Auch die Literatur ühernahm weitgehend diese Begriffshestimmungen, dazu sogleich, 2. Teil, B.I1.l.b)bbXcXaaX4). 340 BFH 30.04.1953- V 84/ 51 S, BFHE 57, 473 (489); ähnlich bereits zuvor RFH 30.06.192011 A 151/ 20, RFHE 3, 160 (161 f.).
U\ Diese Begriffsbestimmung des Bundesfinanzhofes wird häufig verkürzt wiedergegeben, indem für die Entstehung einer Verbrauchsteuerschuld lediglich an den Übergang des Gegenstandes aus dem steuerlichen Nexus angeknüpft wird; beispielsweise BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/ 61, BVerfGE 16, 64 (74). Auch der BFH selbst (BFH 26.06.1984- VII R 60/ 83, BFHE 141, 369 (374» steht vor dem - nicht existierenden - Problem, als Verbrauchsteuer auch die Steuer anzusehen, die nicht an den Übergang in den freien Verkehr, sondern an die Herstellung des Gegenstandes anknüpft, a.a.O. S. 374 f.
158
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
sungsgericht übernimmt diese Definition des Bundesfinanzhofes, ohne sich umfassend damit auseinanderzusetzen343 • Bereits das Bundesverwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, daß diese Definition zu sehr auf die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern, die, indem sie den Eintritt der Steuerpflicht an die Herstellung oder an die Einfuhr anknüpfen, als Fabrikationsteuern ausgestaltet sind, abstellt und dadurch gemeindliche Verbrauchsteuern von ihr nicht erfaßt seien344 • Der Rechtsprechung ist damit insgesamt zu entnehmen, daß die obige Definition für bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern Anwendung findet, im übrigen aber gemeindliche Verbrauchsteuern, die die Entstehung der Steuerpflicht nicht an die Herstellung anknüpfen, sondern an die entgeltliche Abgabe, auch von diesem Begriff erfaßt sind, sofern es sich nur um ein dem Verbrauch zugängliches Gut handelt. Die Aufwandsteuern wurden unter dem Grundgesetz in der ursprünglichen Fassung als Unterfall der Verbrauchsteuern angesehen 345; das Bundesverwaltungsgericht bezeichnete sie zunächst als die kleinen, nicht als Fabrikationsteuern erhobenen Verbrauchsteuern 346 • Das Bundesverfassungsgericht stellte sodann im Anschluß an die Begriffsbestimmung von Schmölders347 fest, daß eine Aufwandsteuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen wolle, die in der Verwendung von Einkommen
342 Unter Verweisung auf diese Entscheidung (BFH 30.04.1953· V 84/51 S, BFHE 57,473 (489» erweiterte der BFH (BFH 27.06.1973· 11 R 179/71, BStBI 1973 II 807 (808» den Ikgriff der Verbrauchsteuer unter dem Einfluß der Entscheidung des BVerwG (07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6, 247 (255» auf das Halten eines Gegenstandes, a.a.O. S. 809.
343
BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (74) (verkürzte Wiedergabe).
'" BVerwG 07.03.1958- VII C 84.57, BVerwGE 6, 247 (256). 345
Dazu oben, 2. Teil, B.lI.1.b)bb)(c)(aa).
346
BVerwG 24.03.1961- VII C 119.60, BVerwGE 12,171 (173).
347
Zu der Kritik an der Auffassung Schmölders' siehe bereits oben, 2. Teil, B.II.I.b)bb)(c)(aaX2).
B. Weiterentwicklung
159
für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck gelange348 . Diese Formulierung beinhaltet aber nichts anderes als die Feststellung, daß es sich bei Aufwandsteuern um Steuern auf die Einkommensverwendung handelt. Ein praktisch verwertbarer Inhalt des Begriffs der Aufwandsteuern ist erst bei näherer Betrachtung der von der Rechtsprechung als diesem Begriff unterfallend angesehenen Steuern zu erhalten. Danach kann nach der Begriffsbestimmung der Rechtsprechung dann von einer Aufwandsteuer gesprochen werden, wenn ihr Anknüpfungspunkt die Verwendung finanzieller Mittel für die Aufrechterhaltung eines tatsächlichen oder rechtlichen Zustands, der in dem Halten oder dem Gebrauch von Gütern besteht, ist3493so.
(4) Begriffsbestimmung und Abgrenzung in der Steuerrechtswissenschaft Der genaue Begriff der Verbrauchsteuer ist auch in der Steuerrechtswissenschaft nicht geklärt; es werden stets nur einzelne Merkmale, die eine Verbrauchsteuer aufweisen muß, herausgearbeitees1 . Vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand in der Steuerrechtswissenschaft eine Trennung zwischen den Begriffen Verbrauchsteuern einerseits und Aufwandsteuern andererseits. :ws BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (74); BVerfG 12.10.1978- 2 BvR 154/ 74, BVerfGE 49, 343 (354); BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (346 f.); BVerfG 10.08.1989- 2 BvR 1532/88, BStBl 1989 II 867; ebenso: BVerwG 28.06.1974- VII C 22.73, BVerwGE 45,277 (281); BVerwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58,230 (234 f.); VGH Bad.-Württ. 06.06.1977- II 201/ 77, DöV 1977, 674 (675); VGH Bad.-Württ. 09.02.19892 S 1575/88, VBIBW 1989, 348; Maunz in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 105 Rdnr. 49.
"9 BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (345, 347); BVerwG 07.03.1958VII C 84.57, BVerwGE 6, 247 (256); vgl. aber auch BVelWG 25.11.1977- VII C 3.76, Buchholz 401.62 Nr. 11 (S. 3 f.) zu einer Miscbform aus "reiner" Verbraucbsteuer und Aufwandsteuer; BFH 14.10.1987- II R 11/ 85, BFHE 151, 285 (288) (anders BFH 21.02.1990- II B 98/ 89, BStBI 1990 II 510 (512): Abwälzbarkeit auf den Benutzer); Bayer. VGH 24.01.1973- 90 IV 72, KStZ 1973, 175 (177); ausdrücklicb VGH Bad.-Württ. 09.02.1989- 2 S 1575/88, VBIBW 1989,348. 350 BVerfG 24.07.1957- 1 BvL 23/ 52, BVerfGE 7, 89 (92) konnte die Einordnung der Hundesteuer nocb offen lassen. Unklar zu den Aufwandsteuern Hamb. OVG 26.01.1957- Bf III 15/56, KStZ 1957, 70 (72), demzufolge diese Steuer als Verbraucbsteuer, Verkebrsteuer oder in sonstigen Formen vorkommen könne. )SI Umfassend dazu Förster, Die Verbraucbsteuern, 1989, S. 1 ff.; vgl. auch Tipke/ Lang, Steuerrecbt, 13. Aufl., 1991, § 15 (S. 606 ff.); kritiscb daber BFH 26.06.1984- VII R 60/ 83, BFHE 141, 369 (371).
160
Zweiter Teil: Die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten
Unter Aufwandsteuern wurden hier einhellig die Steuern gefaßt, die als "Zustandssteuern" nicht wie die Verbrauchsteuer an einen Vorgang, sondern an einen Zustand anknüpften3S2 • Ottmar Bühler, der diese beiden Begriffe verwandte3S3 , die Aufwandsteuer aber in Kenntnis der anderweitigen finanzwissenschaftlichen Definitionen3s4 nicht den Verbrauchsteuern zurechnete, kennzeichnete die Verbrauchsteuer durch den inländischen Verbrauch bestimmter Güter3SS • AIs Beispiele derartiger Verbrauchsteuern führte er die Salzsteuer, Zuckersteuer und Süßstoffsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer, Zündwarensteuer und Zündwarenmonopol, Leuchtmitte!steuer, Spielkartensteuer, Mineralölsteuer, Schlachtsteuer, Fettsteuer, Statistische Abgabe und das Branntweinmonopol sowie die Umsatzausgleichsteuer3S6 an. AIs kommunale Verbrauchsteuern nannte er namentlich die Gemeindegetränkesteuer sowie die Gemeindebiersteuers7 • Die von Ottmar Bühler genannten reichsrechtlich geregelten Verbrauchsteuern werden - unter Berücksichtigung zwischenzeitlich aufgehobener Steuern sowie neu eingeführter Verbrauchsteuern - auch heute in der Steuerrechtswissenschaft als Verbrauchsteuern angesehen 3s8•
3S2 O. Bühler, Lebrbuch des Steuerrechts, I. Band, 1927, S. 20; aA. Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 218 f., der bei Aufwandsteuern eine Anknüpfung an das Halten oder an einen Vorgang für möglich bält.
353 O. Bübler, Lehrbucb des Steuerrechts, II. Band, 1938, S. 566 ff., 574; O. Bühler, Lehrbuch des Steuerrecbts, I. Band, 1927, S. 20. 354
O. Bübler, Lehrbucb des Steuerrecbts, 11. Band, 1938, S. 558.
m O. Bübler, Lebrbucb des Steuerrecbts, 11. Band, 1938, S. 558. 356 Vgl. dazu allerdings aucb O. Bübler, Lehrbucb des Steuerrechts, II. Band, 1938, S. 573, wo er die Umsatzausgleicbsteuer in erster Unie der Umsatzsteuer zuordnet.
3S7
O. Bübler, Lehrbuch des Steuerrecbts, 11. Band, 1938, S. 566 Cf.
358 Siehe dazu bereits oben, 2. Teil, B.II.1.b)bb)(b) sowie dort Fn. 251; aA. bezüglich der - aufgebobenen - Spielkartensteuer: Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 112, die diese Steuer als Aufwandsteuer bezeichnet; ebenso Tipke in: Festscbrift für Gerbard Wacke, 1972, S. 211 (225 Fn. 66). Heide übersehen, daß Spielkarten zwar zunäcbst gebraucbsfähig, letztendlicb aber auch verbraucbsfäbig sind; die Fragestellung entspricbt damit der bei der Leucbtmittelsteuer, die jedoch von beiden als Verbrauchsteuer bezeicbnet wird (Förster S. 61; Tipke S. 225).
B. Weiterentwicklung
161
Festzustellen ist somit, daß Ziel der Verbrauchsteuer stets ist, Gegenstände zu erfassen, die dem Verbrauch zugänglich sind. Die Verbrauchsteuer knüpft die Belastung an den Konsum verbrauchsfähiger Gegenstände3s9 • Kann Anknüpfungspunkt der Steuer aber nicht der Verbrauch selbst sein, der erst später erfolgt, für die Öffentlichkeit unmerklich und daher auch einer Besteuerung nur schwer zugänglich ist, so werden häufig Ersatzanknüpfungspunkte360 gewählt, um die letztendlich bezweckte Besteuerung des Verbrauchs des Gegenstandes durch eine Vorvedagerung des für die Entstehung der Steuerschuld maßgeblichen Sachverhalts sicherzustellen. Als derartige Ersatzanknüpfungspunkte für den Konsum eines Gegenstandes kommen die Herstellung, die Einfuhr sowie der Erwerb in Betracht J6I • Mit dem Verbringen der Gegenstände aus dem Herstellungsbetrieb in den freien Verkehr wird der steuerliche "Nexus" verlassen, so daß die einfachere steuerliche Erfassung des Gegenstandes beim Hersteller erforderlich wird. Da es Wesensmerkmal der Verbrauchsteuer ist, daß nicht der Hersteller oder der Importeur, sondern der Verbraucher mit dieser Steuer belastet sein soll, erfolgt im Moment des Erwerbes durch den Endverbraucher die vom Gesetzgeber prognostizierte Überwälzung der Steuerlast. Der Verbraucher unterfallt damit der Steuer in dem Moment, da er die Ware erwirbt (oder sie selbst verbraucht). Verbrauchsteuern werden auch in der Steuerrechtswissenschaft daher als Steuern bezeichnet, deren Erhebung an den Übergang einer Sache aus dem steuerlichen Nexus in den nicht gebundenen Verkehr anknüpft 362 •
3S9 Von Amim, Zweitwohnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 20; Tipke/ Lang, Steuerrecht, 13. AuO., 1991, § 8 Tz. C.3.23.a) (S. 165); Tipke in: Festschrift für Gerbard Wacke, 1972, S. 211 (222); Reiß in: Woemer (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäiscber Sicht, 1990, S. 3 (18); Voß in: Krase (Hrsg.), Zölle, Verbrauchsteuem, europäisches Marktordnungsrecbt, 1988, S. 261 (262); D. Birk in: AltKomm, GO, Art. 105 Rdnr. 17; Wendt, Finanzhobeit und Finanzausgleich, in: Handbucb des Staatsrecbts, Band IV, 1990, § 104 Rdnr. 38; vgl. dazu aucb Beerrnann in: Krase (Hrsg.), Zölle, Verbraucbsteuem, europäiscbes Marktordnungsrecbt, 1988, S. 283 (285).
) Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Haodbuch der Finanzwissenschaft, 1. Autl., 2. Band, 1927, S. 198 (209); Markull VJSchrStFR 1930, 535 (608); Bräuer in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Band, 1924, "Luxussteuern; Luxusbesitzsteuern".
3.., Markull VJSchrStFR 1930, 535 (608); Bohleyl Fohs, Haodbuch des gemeindlichen Steuerrechts, Teil I, 1988, Art. 3 Anm. 48. 391 Ein Muster eines Thüringischen Ortsgesetzes über die Erhebung einer Steuer auf Musikinstrumente ist abgedruckt bei Dierkesl Bohmann, Die iodirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 199 ff.
B. Weiterentwicklung
bb) mechanische Musikapparate sowie Radioapparate 392, d) PersonenaufZüge393 394, 2. Steuern auf ein Verhalten, das nicht an den Besitz anknüpft: a) Halten von häuslichen Dienstboten und HausangestelltenJ9S b) Ausübung der Jagd durch aa) Besitz von Jagdschußwaffen391, bb) Erwerb des Jagdscheines398, ce) Zins einer gepachteten Jagd399 400, 3. Wohnungsluxussteuer401 und Ziergartensteuer402 •
169
396,
302 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (209); Bräuer in: Handwörterbuch der Staatswisse.nschaften, 2. Band, 1924, "Luxussteuern; Luxusbesitzsteuern"; vgl. dazu Dierkesl Bohmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 201 f., die darauf hinweisen, daß es sicb um von Privatpersonen im privaten Wobnraum gebaltene Radioapparate bandein muß.
393 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbucb der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (209). 394 Die Satzung über die Aufzugsteuer der Gemeinde Müncben ist abgedruckt bei Dierkesl Bobmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutscbland, 1930, S. 33 ff. 395 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenscbaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (209); Bräuer in: Handwörterbucb der Staatswissenschaften, 2. Band, 1924, ,,Luxussteuern; Luxusbesitzsteuern"; vgl. dazu auch Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 110 Fn. 20; Bohleyl Fohs, Handbuch des gemeindlichen Steuerrechts, 1988, Art. 3 Anm. 26. 396 Die entsprechende Satzung der Stadt Mainz ist abgedruckt bei Dierkesl Bohmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 105 ff. 34. Die Militärgouverneure überreichten am 2. März 1949 einer Abordnung des Parlamentarischen Rates ein Memorandum, in dem sie u.a. die Ansicht vertraten, daß den Ländern nicht in einem ausreichenden Maße unabhängige Einnahmequellen zur Verfügung stünden; ihr Vorschlag zu Art. 122a sowie zu einem neuen Art. 122b lautete: ,,Art. 122a Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über Zölle und Finanzmonopole (Bundessteuern) und die Vorranggesetzgebung über folgende Steuern (gemeinsame Steuern): 1. Die Verbrauchs- und Verkehrssteuern mit Ausnahme der Steuern (Ländersteuern) mit örtlich bedingtem Wirkungsbereich, insbesondere der Grunderwerbsteuer, Wertzuwachssteuer und Feuerschutzsteuer. 2. ( ...) 3. (...) Art. 122b Der Bund übt die Vorranggesetzgebung über gemeinsame Steuern nur insoweit aus, wie er den Gesamtbetrag oder irgendeinen Teilbetrag irgendeiner gemeinsamen Steuer oder gemeinsamer Steuern braucht, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Falls der Bund einen Teil einer gemeinsamen Steuer übernimmt, so wird der verbleibende Teil von den Ländern zurückbehalten, wo und wie er erhoben worden ist.'06S Da dieser Vorschlag sachlich keine Änderung hinsichtlich der örtlichen Steuern gegenüber dem Entwurf beinhaltete, fand eine Diskussion nicht statt. Am Abschluß der Erörterungen stand der als Art. 121 bezeichnete Vorschlag des sog. Siebenerausschusses vom 18. März 194966, der folgenden Wortlaut hatte und hinsichtlich der Regelungsbefugnis der örtlichen Steuern keine Änderung gegenüber der Fassung des Art. 122a Nr. 1 aufwies: ,,Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über Zölle und Finanzmonopole. Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über: 1. die Verbrauch- und Verkehrsteuern mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungsbereich, insbesondere der Grunderwerbsteuer, Wertzu-
.. Füsslein JöR N.F. Bd. 1 (1951),748 (759). os Füsslein JöR N.F. Bd.l (1951), 748 (759); das Memorandum ist abgedruckt bei Huber, Quellen zum Staatsrecht der Neuzeit, Band 2, 1951, S. 210 ff. (hier S. 212). 66
Dazu K. Vogel! P. Kirchhof in: Bonner Kommeotar, 00, Vorbem. zu Art. 104a- 115 Rdnr. 62.
248
Dritter Teil: Das Verbot io Art. 105 Abs. 2a GG
wachssteuer und Feuerschutlsteuer, 2. (...) 3. (...), sofern er die Steuern ganz oder zum Teil für die Deckung von Bundesausgaben in Anspruch nimmt oder eine einheitliche Regelung in Hinblick auf die Rechts- und Wirtschaftseinheit für erforderlich hält."67 In der 20. Sitzung des Finanzausschusses vom 7. April 1949 wurde diese Frage nicht mehr erörtert68• Durch redaktionelle Änderungen wurde u.a. der Ausdruck "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungsbereich" durch den Ausdruck "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" ersetzt69 • Damit war die Endfassung geschaffen, die in der 4. Lesung des Hauptausschusses am 5. Mai 1949 und späterhin im Plenum 70 ohne eine weitere sachliche Erörterung angenommen wurde. Dr. Höpker- Aschoff, Berichterstatter des Hauptausschusses, erstattete für das Plenum des Parlamentarischen Rates am 6. Mai 1949 einen Bericht71 • Unter Wiederholung seines Vorbringens im Finanzausschuß bezeichnete er die Verbrauchsteuern und teilweise auch die Verkehrsteuern als Produktionskosten der Wirtschaft, die in einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet einer unterschiedlichen Regelung nicht zugänglich seien. Andernfalls müßten zum Zwecke einer gleichmäßigen Belastung an den Grenzen der Länder Ausgleichsabgaben erhoben werden. Dem Land verblieben demnach die Gesetzgebung über Verbrauchund Verkehrsteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, also Grunderwerbsteuer, Wertzuwachssteuer und Feuerschutzsteuer sowie jene kleinen, indirekten Steuern, die zur Zeit der Beratungen zum Grundgesetz von den Gemeinden oder Kreisen erhoben wurden 72 • Als Beispiele solcher kleinen indirekten
ti7
Füssleio JöR N.F. Bd. 1 (1951),748 (761).
68
Füssleio JöR N.F. Bd. 1 (1951),748 (762).
.. Vgl. Bleodermaoo, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 86; Füsslein JöR N.F. Bd. 1 (1951), 748 (762) bebt diese Änderung nicbt ausdrücklieb belVor. 70 Füssleio JöR N.F. Bd. 1 (1951), 748 (762); Bleodermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 86. 71
Vgl. insofern aucb die Darstellung voo Höpker- Ascboff AöR Bd. 75 (1949), S. 306 (316 Cf.).
n Höpker- Ascboff AöR Bd. 75 (1949), S. 306 (321).
A. Örtlicbe Veroraucb- und Aufwandsteuern
249
Steuern13 der Gemeinden bzw. der Kreise nannte er Vergnügungsteuer, Schankerlaubnissteuer, Getränkesteuer, Jagdsteuer und Hundesteuer. Weiterhin stehe den Ländern die Gesetzgebung über zur Zeit der Beratungen noch nicht normierte Steuern, beispielsweise Bürgersteuer, Mietsteuer, Wohnraum steuer, zu; diese Gesetzgebungsbefugnis sei allerdings eine konkurrierende74 •
bb) FOlgerungen Der Entstehungsgeschichte läßt sich mithin entnehmen, daß unter den Bezeichnungen "Steuern von örtlich begrenztem Wirkungsbereich", "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungsbereich" und "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" stets dieselben Steuern verstanden wurden. Um welche Steuern exakt es sich hierbei handelte, ist den Begründungen zu den jeweiligen Entwürfen zu entnehmen: danach soll der Begriff als Oberbegriff für mehrere Steuern dienen: die kleinen, zur Zeit der Beratungen zum Grundgesetz von den Gemeinden (bzw. Kreisen) erhobenen Steuern, beispielsweise Vergnügungsteuer, Schankerlaubnissteuer, Jagdsteuer, Getränkesteuer, die noch nicht normierten Steuern, beispielsweise Bürgersteuer, Mietsteuer und Wohnungsteuer, die ausdrücklich erwähnten Steuern Grunderwerbsteuer, Feuerschutzsteuer und Wertzuwachssteuer. Es muß also, sollen alle diese Steuern unter den Begriff fallen, ein gemeinsames Merkmal gefunden werden, das die Zusammenfassung zu dem Oberbegriff "Steuern von örtlich bedingtem Wirkungskreis" rechtfertigt. Dr. HöpkerAschoff stellte zum Ende seiner Ausführungen in zeitlicher Hinsicht fest, daß es sich um heute erhobene, noch nicht erhobene sowie die drei genannten Steuern handelt.
73 Höpker- A.schoff war in der zweiten Hälfte der Zwanziger Jabre preußischer Finanzminister; in Preußen batte der Ausdruck "indirekte Steuer" nacb der Rechtsprecbung des Preuß. OVG einen anderen Begriffsinbalt, vgl. dazu oben, 2. Teil, B.II.1.b)aa)(b), Fn. 203. 74 Höpker- A.scboff AöR Bd. 75 (1949), S. 306 (321); vgl. dazu auch K. Vogel/ P. Kircbbof in: Bonner Kommentar, GG, Voroem. z. Art. 104a - 115 Rdnr. 70.
250
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GO
Einer besonderen Betrachtung bedürfen dabei die in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 ausdrücldich erwähnten Steuern. Fraglich ist daher, welche Bedeutung dem Ausdruck "insbesondere" zukommt. Teilweise wird vertreten, daß es sich um eine Aufzählung von Beispielen der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis handele7s • Nach anderer Ansicht bewirke erst Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 die Gleichstellung der drei genannten Steuern mit denen mit örtlichem Wirkungskreis76. Das Bundesverfassungsgericht, das in der Entscheidung zur Badischen Weinabgabe noch beiläufig ausgesprochen hatte, daß Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis solche seien, ,,für die als Beispiele die Grunderwerbsteuer, die Wertzuwachssteuer und die Feuerschutzsteuer genannt werden,,77, trat dem mit der Entscheidung zur Hessischen Speiseeissteuer78 entgegen. Es stellte fest, daß es sich bei Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 um eine ausdrückliche Gleichstellung der drei genannten nicht- örtlichen Steuern und der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis handele. Eine Begründung rur diese Ansicht gab das Gericht aber lediglich für die Feuerschutzsteuer; Gründe, die der Annahme der Grunderwerbsteuer und der Wertzuwachssteuer als einer örtlichen Steuer entgegenstehen, wurden nicht genannt. Diese beiden Steuern wurden im Rahmen der Begründung der Entscheidung nicht einmal erwähnt. Zur Klärung dieses Streitstandes ist auf die drei genannten Steuern näher einzugehen.
7S Bayer. VGH 09.12.1953- 79 IV 51, DöV 1954, 475; Hettlage VVDStRL 14 (1956), S. 2 (22 f.); Blendermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 30, 39, 52; Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S. 2..'i; Piduch AöR Bd. 86 (1961), S. 459 (472); Krupp DGStZ 1951, 58; Rudolf AöR Bd. 85 (1960), S. 457 (468); Lorenz DöV 1953, 235; Wacke AöR Bd. 77 (1951/52), S. 355 (359); Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, BT- Drucks. HI 480, Rdnr. 162 (S. 109 f.); Tomerius, Die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder, 1964, S. 39 f.; vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), vom 30.04.1968, BT- Drucks. VI 2861, Tz. 130 (S. 32 f.) 76 Viaion, Haushaltsrecht, 1959, Art. 105 Anm. 6 (S. 147); Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 80: "die als solche (Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis) geltenden Stenern"; Bauernfeindl Zimmermann, KAG NW, 1979, § 1 Rdnr. 3; unentschieden Bökelmann, Die örtlichen Stenern nnd das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 38. 77 BVerfG 04.02.1958- 2 BvL 31, 331 56, BVerfGE 7, 244 (257); vgl. bereits zuvor BVerfG 16.06.1954- 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3,407 (437) (Hervorhebung vom Verfasser).
7. BVerfG 23.07.1963- 2 BvL 11/61, BVerfGE 16, 306 (321 f.).
A. Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern
251
(a) Feuerschutzsteuer Die Feuerschutzsteuer79 ist eine Abgabe, die der Förderung des Feuerlöschwesens dient und an die Entgegennahme von Versicherungsentgelten zum Zwecke der Versicherung einer Sache gegen Feuergefahr anknüpft. Steuerschuldner ist der Versicherer; Bemessungsgrundlage ist der Betrag der vereinnahmten Versicherungsentgelte. Fraglich erscheint, ob sie bis zu dem Zeitpunkt der bundesrechtlichen Regelung aus dem Jahr 1979 als Beispiel einer örtlichen Steuer im Sinne des oben gefundenen Begriffs anzusehen ist. Die Steuer wurde kraft landesrechtlicher Regelungen nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 in dem Land erhoben, in dem der Versicherer seinen Sitz hatte, ohne daß es hierbei auf die Belegenheit des versicherten Objekts auch in dem Gebiet der steuererhebenden Körperschaft ankam 80 • Lorenz81 äußert Bedenken hinsichtlich der Einordnung der Feuerschutzsteuer als örtliche Steuer, indem er das Beispiel eines Hamburgischen Feuerversicherers, der für in Bayern belegene Gegenstände ein Versicherungsentgelt entgegennimmt, heranzieht 82 • Bereits in der Begründung zu dem Reichsfeuerschutzsteuergesetz vom 1. Februar 193983 wurden Ausgleichszahlungen nach Maßgabe der Belegenheit der gegen Feuergefahr versicherten Gegenstände erwogen 84 , die später auch Eingang in das Gesetz fanden. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere aus diesem Grunde in der Entscheidung zur Hessischen Speiseeissteuer vom 23. Juli 1963 8S festgestellt,
70 Heute geregelt in dem Feuerschutzsteuergesetz des Bundes vom 21.12.1979, BGBI 1979 I 2353 ff.; eine Übersicht über die zuvor geltenden landesrechtlichen Bestimmungen, die mit diesem Gesetz außer Kraft traten, findet sich in § 14 Abs. 2. 80 BVerfG 23.07.1963- 2 BvL 11/ 61, BVerfGE 16, 306 (322); vgl. aber auch Blendermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 36. 81
Lorenz DöV 1953, 235 (236).
82
Dagegen Blendermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 38.
8J
Feuerschutzsteuergesetz vom 01.02.1939, RGBI 1939 I 113 ff.
.. Begründung zum Feuerschutzsteuergesetz, RStBI 1939, 244 ff., zu § 9; eine entsprechende Regelung findet sich in dem heute geltenden Feuerschutzsteuergesetz des Bundes in § 11. os BVerfG 23.07.1963- 2 BvL 11/ 61, BVerfGE 16, 306 (322).
252
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
daß die Feuerschutzsteuer keine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis sei 86• Das Gericht ging bei seiner Entscheidung jedoch von dem im damaligen Zeitpunkt geltenden - ursprünglich reichsrechtlich geregelten und als Steuergesetz der LänderB1 fortgeltenden - Feuerschutzsteuergesetz, das Ausgleichszahlungen unter den Bundesländern vorsah, aus und verneinte dessen örtliche Beziehung. Diese Betrachtungsweise kann aber den Beweggründen, die zu der Aufnahme dieser Steuer in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG 1949 geführt haben, nicht gerecht werden. Historisch gesehen, d.h. bis 9 Jahre vor Beginn der Beratungen zum Grundgesetz, war diese Steuer nämlich aufgrund einer anderen Ausgestaltung der Steuerpflicht eine örtliche, die zudem nicht vom Reich erhoben wurde. Versicherungsunternehmen waren seit jeher zur Entrichtung88 der reichsrechtlich geregelten Versicherungsteuer89 verpflichtet. An diesen Tatbestand der Versicherung einer Sache gegen Entgelt durften Länder und Gemeinden keine weitere Abgabe knüpfen. Dies ergab sich zum einen direkt aus § 19 Abs. 1 S. 1 VersStG 1922. Gleichwohl wurden Feuerversicherungsunternehmen in der Vergangenheit kraft landesrechtlicher Vorschriften zu der Leistung von Abgaben für gemeinnützige Zwecke, insbesondere für die Förderung des Feuerlöschwesens, verpflichtet 90 •
.. A.A. Gambkel Flick, Versicberungssteuergesetz, 1966, § 1 Anm. 3.b). 87 NRW: Sammlung des als Landesrecbt fortgeltenden ehemaligen Reichsrechts S. 85 ff.
RGS.NW - ,
.. Der Versicberer bat nach § 7 Abs. 1 S. 3 VersStG die vom Versicberungsnehmer als Steuerscbuldner geschuldete Steuer zu entricbten . .. Reichsstempelgesetz, vom 03.07.1913, RGBI 1913,639 ff., §§ 97 ff., Tarifnummer 12; Gesetz über Änderungen im Finanzwesen vom 08.04.1922, RGBI 1922 I 335, § 2 Nr. 13, Versicherungsteuergesetz, vom 08.04.1922, RGBI 1922 I 400 ff., in Kraft ab 1.7.1922, ROBI 1922 I 472; Versicherungsteuergesetz, vom 09.07.1937, RGBI 1937 I 837 ff.; Versicberungsteuergesetz vom 24.07.1959, BGBI 1959 I 539 ff. QO Eine Darstellung der im Jabre 1905 erhobenen Abgaben für Zwecke der Förderung des Feuerlöscbwesens findet sich bei Emmingbaus, Die Steuergesetzgebung der deutschen Bundesstaaten über das Versicberungswesen, 1905, S. 84 ff. Emminghaus fübrt dort die nachfolgenden Abgabengesetze auf: Königreicb Bayern: Finanzgesetz vom 15.06.1898, §§ 12a, 12b Königreicb Sacbsen: Gesetz vom 28.08.1876, das Mobiliar- und Privatfeuer- Versicberungswesen betreffend, § 18 Königreich Württemberg: Landesfeuerlöscb- Ordnung vom 07.06.1885, Art. 23 Großberzogtum Baden: Fabmisversicberungs- Gesetz vom 12.08.1902, § 12
A. Örtlicbe Verbraucb- und Aufwandsteuern
253
§ 19 Abs. 1 S. 3 VersStG 1922 enthielt einen Vorbehalt zugunsten von § 121 Abs.2 VAG. Das Gesetz i.d.F. vom 12. Mai 1901 91 erklärte in § 121 Abs.2 die Erhebung dieser sog. Feuerlöschabgabe9'2 für zulässig. Das nachfolgende Gesetz vom 6. Juni 1931 93 traf eine entsprechende Regelung in § 154 Abs. 2. Auch § 2 FAG, der die Erhebung gleichartiger Steuern verbot, stand dem nicht entgegen, da in der amtlichen Begründung zum Versicherungsteuergesetz 1937 die Auffassung vertreten wurde, daß wegen der Regelung in § 154 Abs. 2 VAG die Feuerlöschabgabe als eine Abgabe und nicht als Steuer i.S.d. § 2 FAG anzusehen sei, so daß sie nebeneinander erhoben werden konnten94 •
Großberzogtnm Hessen: Gesetz vom 21.12.1901 Großberzogtnm Mecklenburg- Scbwerin und Großberzogtnm Mecklenburg- Strelitz: Verordnung vom 22.05.1876 Großberzogtnm Sacbsen- Weimar: Gesetz vom 24.12.1880 Herzogtnm Sachsen- Meiringen: Gesetz vom 24.12.1877 Herzogtnm Sacbsen- Alten burg: Gesetz vom 05.06.1884 Herzogtnm Sacbsen- ('-burg: Gesetz vom 25.03.1878 Herzogtnm Sacbsen- Gotba: Gesetz vom 26.11.1877 Herzogtnm Anhalt: Gesetz vom 16.04.1883 Fürstentnm Schwarzburg- Sondersbausen: Gesetz, die Abgabe für gemeinnützige Zwecke im Interesse der Feuersicberbeit betreffend, vom 13.04.1881, § 1 Fürstentnm Scbwarzburg- Rudolstadt: Gesetz vom 14.06.1883, betreffend die Erbebung einer Abgabe zu Zwecken des Feuerlöscbwesens und der Feuersicherbeit, § 1 Fürstentnm Reuß ä.L: Landesgesetz vom 23.12.1882 Fürstentnm Reuß j.L: Gesetz vom 23.12.1886 Fürstentum Schaumburg- Lippe: Regelung in den Zulassungsbedingungen zum Gescbäftsbetrieb Fürstentnm Lippe: Gesetze vom 30.01.1879 und 26.02.1880 Freie Stadt Hamburg: Gesetz vom 02.03.1868. Im Königreicb Preußen, Großberzogtum Oldenburg, Herzogtum Braunscbweig, Reicbsland ElsaßLotbringen sowie in der Freien Stadt Bremen und in der Freien Staclt Lübeck wurde eine derartige Abgabe nicbt erboben.
9'
Gesetz über die privaten Versicberungsunternebmungen, vom 12.05.1901, RGBI 1901, 139.
92 Zu unterscheiden von der Feuerwehrabgabe, die auch Feuerschutzabgabe genannt (dazu Bayer. VGH 24.06.1953- 2 IV 53, VGHE N.F. Bd. 6, 75 (81» - in einigen Ländern und Gemeinden - in Anknüpfung an die Bürgerpflicht zu Naturaldiensten - als Ausgleicb von den Männern erboben wurde, die keinen Feuerwebrdienst leisteten; unklar in diesem Zusammenbang Dierkesl Bobmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutscbland, 1930, S. 54 ff., die die Feuerscbutzsteuer und die Feuerscbutzabgabe g1eicbstellen.
03 Gesetz über die Beaufsicbtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen, vom 06.06.1931, RGBI 1931 1315 ff.
.. Versicberungsteuergesetz, Begründung, RStBI 1937, 839 (847); vgl. aucb Gambkel Flick, Versicberungssteuergesetz, 1966, § 1 Anm. 3.b).
254
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
Gegenstand der landesrechtlich geschaffenen Abgabepflicht war die Versicherung gegen Feuergefahr einer im Gebiet des jeweiligen Landes belegenen Sache9S • Hier liegt also eine Anknüpfung an eine Örtlichkeit und damit ein örtlicher Bezug durch die Voraussetzung der örtlichen Belegenheit der Sache vor96 • § 9 des im Jahre 1939 vom Reich geschaffenen Feuerschutzsteuergesetzes97 hob die in § 154 Abs. 2 VAG enthaltene Berechtigung zur Erhebung der Feuerlöschabgabe kraft landesrechtlicher Vorschriften auf. Durch das Feuerschutz-
steuergesetz wurden die bis dahin von den Ländern und Gemeinden kraft landesrechtlicher Regelungen erhobenen Abgaben ersetzt. Sie wurden als dieser reichsrechtlich geregelten Steuer gleichartig angesehen, was nach § 2 FAG zur Unzulässigkeit der Abgabe ab 1. Februar 1939 führte 98 • Auch konnte die Ermächtigung nach dem Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen nicht mehr Platz greifen. Die Abgabe wurde in der Folgezeit nicht mehr erhoben. Festzustellen ist damit, daß im Zeitpunkt der Beratungen des Grundgesetzes die Feuerschutzsteuer aufgrund der reichsrechtlichen Regelung nicht mehr in der ursprünglich bestimmten Form erhoben wurde. Als Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis konzipiert, hat sie durch das Reichsfeuerschutzsteuergesetz diese Eigenschaft verloren. War aber Zielsetzung bei den Beratungen zum Grundgesetz, daß die nicht "heute", d.h zu dem Zeitpunkt der Beratungen des Grundgesetzes, wohl aber in der Vergangenheit, als örtliche Steuern vorhandenen Steuern wieder als solche erhoben werden sollten, so lag es nahe, die
95 Vgl. hierzu die auszugsweise bei Emminghaus, Die Steuergesetzgebung der deutscheo Bundesstaateo über das Versicheruogswesen, 1905, S. 84 ff., geoannten Bestimmungeo. Diese stellteo bei Versicherungsanstalten, die über das Gebiet eioes Laodes hinaus aktiv waren, zur Bestimmung der Steuerpflicht entweder auf den Umfang des Geschäftsbetriebes in dem jeweiligen Laod (z.B. Großherzogtum Badeo), auf die von ihoeo im Land übernommeoen Versicherungen (z.B. Großherzogtum Hesseo) oder auf den Abschluß von Versicherungen für Gebäude und Mobiliar im Gebiet des Landes (z.B.: Großherzogtum Mecklenburg- Schwerin, Großherzogtum Mecklenburg- Strelitz) ab. 96 Ebenso Blendermano, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 36 Cf., der weiterhin darauf hinweist, daß auch die Versicherung einer beweglichen Sache nicht zu einer anderen Betrachtung zwinge, da diese regelmäßig an eioem bestimmten Ort aufbewahrt werde, an den die Steoerpflicht anknüpfen könne. 412 Damit wurde nicht nur der im Troeger- Gutachten velWendete Begriff der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern unkritisch übernommen, sondern es wurden auch die darin als Beispiele genannten Steuern wiederholt. Die an der Änderung des Grundgesetzes Beteiligten gingen mithin davon aus, daß die Vergnügungsteuer - bei allem späteren Streit um die Einfügung eines Gleichartigkeitsverbotes - den weiterhin zu erhebenden Steuern unterfallen werde. Es bestand daher aufgrund der Zuordnung der Vergnügungsteuer zu den Verbrauch- und Aufwandsteuern die nicht zutreffende Vorstellung, daß auch diese unter den Begriff der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern fiele. Die NichtelWähnung der Vergnügungsteuer neben den in Art. 105 Abs. 2a GG
.,0 Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, 1966, Rdnr. 2..'i2; Hervorhebungen vom Verfasser. 4" VgI. dazu bereits 2. Teil, B.ll.l.b)bbXc)(aa)(l). 412 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), vom 30.04.1968, BT- Drucks. VI 2861, Tz. 341 (S. 55); Hervorhebungen vom Verfasser.
c. Problemfalle der Gleichartigkeit
341
genannten Steuern kann daher nur als ein aus den umstrittenen Begriffsmerkmalen der Steuern resultierendes Versehen betrachtet werden. Ist die Vergnügungsteuer neben den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern in Art. 105 Abs. 2a GG anzusiedeln, so muß sie aber auch die an die Anforderungen der Örtlichkeit und der Gleichartigkeit LS.v. Art. 105 Abs. 2a GG zu stellenden Voraussetzungen erfüllen. Die Vergnügungsteuer knüpft die Steuerpflicht an die Teilnahme an einer Veranstaltung. Diese ist ein ortsfester Vorgang, der wegen der Ortsgebundenheit der Veranstaltung nicht einer Verlagerung in das Gebiet einer anderen Körperschaft zugänglich ist, so daß die Vergnügungsteuer eine örtliche Steuer ist 413 • Die Gleichartigkeit im Sinne des Art. 105 Abs. 2 GG der Vergnügungsteuer mit der Umsatzsteuer wurde oben festgestellt. Die Kriterien der Gleichartigkeit nach Art. 105 Abs. 2a GG sind insofern andere, als aufgrund der Garantiefunktion der Kompetenznorm des Art. 105 Abs. 2a GG Verbrauchsteuern, die bei Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes 1969 erhoben wurden, dem Verbot nicht unterfallen414 • Die bis 1969 üblicherweise erhobene Vergnügungsteuer müßte, um an diesem Garantiegehalt teilzuhaben, nicht den Aufwandsteuern, sondern den Verbrauchsteuern des Art. 105 Abs. 2a GG entsprechend zu behandeln sein. Die Vergnügungsteuer und die Verbrauchsteuern stimmen in einigen Merkmalen überein: die Vergnügungsteuer wird wie die Verbrauchsteuern - im Gegensatz zu den Aufwandsteuern - als indirekte Steuer erhoben und ist auf Überwälzung auf den Bürger, der die Einkommensverwendung vornimmt, angelegt. Vergnügungsteuer und Verbrauchsteuern unterscheiden sich lediglich in den von ihnen erfaßten Besteuerungsgütern. Angesichts der Gemeinsamkeiten dieser Steuern ist die Vergnügungsteuer daher entsprechend den Verbrauchsteuern zu behandeln, so daß sie aufgrund dieser Tatsache an dem Garantiege-
413 Ebenso Nowak, Die Vergnügungsteuer in der Bundesrepublik Deut~chland, 1962, S. 27; Blendermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 60; BVerfG 10.05.19621 BvL 31/ 58, BVerfGE 14, 76 (90); BVerfG 18.05.1971- 1 BvL 7,8/69, BVerfGE 31, 119 (127); BVerfG 04.06.1975- 2 BvL 16/73, BVerfGE 40, 52 (55); BVerfG 04.06.1975- 2 BvR 824/ 74, BVerfGE 40, 56 (61); BVerwG 06.06.1958- VII C 76/ 57, DGStZ 1959, 71 (75 f.); Hamb. OVG 26.01.1957- Bf III 15/56, KStZ 1957, 70 (72) .
... Siehe oben, 3. Teil, B.III.2.a).
342
Dritter .Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
halt des Art. 105 Abs. 2a GG teilhat und als herkömmliche Steuer trotz der mit der Umsatzsteuer bestehenden Gleichartigkeit weiterhin zulässig ist41s • Die Vergnügungsteuer als Verkehrsteuer ist aufgrund der versehentlichen Zuordnung zu den Verbrauch- und Aufwandsteuern im Rahmen der Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 wegen der Ähnlichkeit zu den Verbrauchsteuern diesen zuzuordnen, so daß ihre Erhebung wegen des Garantiegehalts des Art. 105 Abs. 2a GG weiterhin zulässig ist.
VI. Zweitwohnungsteuer Als Musterfall einer Aufwandsteuer bezeichnet Bayer die von ihm entwickelte Zweitwohnungsteuer416, deren Erhebung insbesondere in den Gemeinden Überlingen und Timmendorfer Strand die Gerichte beschäftigt hat 417 •
Nach den Steuersatzungen ist Steuerschuldner der Inhaber einer Zweitwohnung in dem Gemeindegebiet418 • Knüpft die Zweitwohnungsteuer damit nicht an das Eigentum an der Zweitwohnung an, sondern an das bloße Innehaben, so kann nicht nur der Eigentümer, sondern auch der Mieter aufgrund
m Für eine Zulässigkeit der Vergoügungsteuer trotz des Gleicbartigkeitsverbots des Art. 105 Abs. 2a GG spricbt sicb aucb das BVerfG aus, obne dabei aber eine eindeutige Einordnung der Vergoügungsteuer vOlZunehmen: BVerfG 23.03.1976- 2 BvL 11/ 75, BVerfGE 42, 38 (41 f.); BVerfG 04.06.1975- 2 BvL 16/73, BVerfGE 40, 52 (55); BVerfG 04.06.1975- 2 BvR 824/74, BVerfGE 40, 56 (64) .
.,. Bayer StuW 1972, 289 (294, 301). • ,1 Überlingen: VG Sigmaringen 12.04.1976- I 1392/ 74, KStZ 1976, 137 ff. (BVerwG und BVerfG geben in den nachfolgenden Entscbeidungen allerdings als Datum dieser Entscbeidung 15.11.1976 an); VGH Bad.-Württ. 06.06.1977- I 201/77, DöV 1977, 674 ff.; BVerwG 26.07.19797 C 53.77, BVerwGE 58, 230 ff.; BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 ff.; Titntnendorfer Strand: VG Scbleswig 04.06.1975- 1 A 82/73, DöV 1975, 538 ff.; OVG Lüneburg 15.12.1976- VII OVG A 261/ 75, DStR 1977, 320 ff. (dort unrichtig als Urteil des ScbleswigHolsteiniscben VG bezeichnet); BVerwG 26.07.1979- 7 C 12.77, Buchholz 401.61 Nr. 2.
•,8 Auf den genaoen Personenkreis der der Zweitwobnungsteuer unterfallenden Steuerpflicbtigen wird im folgenden eingegangen; so ist teilweise Inbaber einer Zweitwobnung nur ein Einwobner, der im Gemeindegebiet eine Wobnung innebat, obne sieb im Gebiet der Gemeinde überwiegend aufzubalten; andererseits gilt aufgrund der Satzungen als Einwobner derjenige nicbt, der lediglieb aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken in der Gemeinde wohnt.
C. Problemfälle der Gleichartigkeit
343
eines langfristigen Mietvertrages 419 oder derjenige, dem die Wohnung unentgeltlich überlassen wird 420, Inhaber dieser Wohnung mit der Folge der Steuerpflicht sein 421 • Die Annahme einer Steuer auf den Vermögensbestand scheidet folglich aus 422• Es handelt sich vielmehr um eine Steuer auf die EinkommensvelWendung, mittels derer die in dem Innehaben der Zweitwohnung ungeachtet der Herkunft der dafür erforderlichen finanziellen Mittel zum Ausdruck gelangende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfaßt wird 423 • Die Zweitwohnung ist kein mit der Nutzung verbrauchsfähiger Gegenstand, so daß die Annahme einer Verbrauchsteuer ausscheidet. Als Aufwandsteuer muß sie die EinkommensvelWendung für den persönlichen Lebensbedarf treffen. Dies bedeutet, daß der Gegenstand selbst durch die Nutzung gebraucht wird 424; nicht jedoch darf mittels einer Aufwandsteuer eine Nutzung der Zweitwohnung zum Zwecke der Erzielung von Einnahmen einer Steuer unterstellt werden. Allein einer Kapitalanlage dienende Zweit-
(J9 Nicht hingegen der Kurgast oder der Urlauber, der nur für die Dauer seines Aufenthaltes die Wohnung nutzt, OVG Lüneburg 15.12.1976- VB OVG A 261/75, DStR 1977, 320 (321); Tehler DB 1987, 2487 (2490); von Amim, Zweitwohnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 12 f.; Borchert DStR 1977, 77; ausführlich dazu Benne DöV 1987,50 (55 ff.) .
• 20 BVerwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58, 230 (236 f.); H.J. Birk in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, 1991, § 3 Rdnr. 176, 182; Benne DöV 1987, 50 (52 f.); Tehler DB 1987, 2487 (2488 f.); a.A. Borchert DStR 1977, 77 (78 f.): die Zweitwohnungsteuerpflicht treffe typischerweise n ur den Eigentümer.
'21 Vgl. von Amim, Zweitwohnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 12; BVerfG 06.12.19832 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (348) . • 22 A.A. Bauer- Wild BB 1973, 512 (514), die die Zweitwohnungsteuer als eine örtliche Vermögensteuer kennzeichnet, da die Aufwandsteuer einen Vorgang erfordere; als solcher käme hier nur der Erwerb der Zweitwohnung in Betracht. Eine Aufwandsteuer knüpft das Entstehen der Steuerpflicht jedoch nicht an einen Vorgang, sondern an den Gebrauch eines Gegenstandes.
m A.A. Tehler DB 1987,2487 (2492), der im Falle der Innehabung der Zweitwohnung durch den Eigentümer eine andere Betrachtung fordert, indem er dann die Zweitwohnungsteuer sowohl als Steuer auf den Erwerb von Vermögen (Einkommen) als auch auf die Innehabung von Vermögen einordnen will. Tehler übersieht, daß es sich auch in diesem Fall um eine Steuer auf den Gebrauch (hier des Vermögens als fundierten Einkommens) handelt, was die Zuordnung zu den Einkommensverwendungsteuern rechtfertigt. 424
Zur Begründung siehe oben, 2. Teil, B.II.1.b)aaXd).
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Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
wohnungen dürfen daher von der Zweitwohnungsteuer nicht erfaßt werden42S ; die eigene Benutzung zu Erholungszwecken muß daher möglich bleiben. Für eine Aufwandsteuer ist weiterhin erforderlich, daß sie eine Verwendung von finanziellen Mitteln trifft, die über die Ermöglichung der bloßen Existenz hinausgeht426 • Das Innehaben einer Zweitwohnung als Mieter oder als Eigentümer deckt nicht den lebensnotwendigen Bedarf, sondern übersteigt diesen und kann daher Anknüpfungspunkt einer Aufwandsteuer sein. Die Zweitwohnungsteuer ist daher als Aufwandsteuer anzusehen427 • Der Erhebung steht nicht § 17b FAG entgegen, der die Erhebung von Steuern auf Wohnraum für unzulässig erklärte, soweit er vom Landesgesetzgeber aufgehoben wurde428 •
42S So auch von Arnim, Zweitwohnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 21 f.; BVerwG 26.07.1979-7 C 12.77, Buchholz 401.61 Nr. 2 (S. 16); BVerwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58, 230 (235 f.); OVG Lüneburg 15.12.1976- VII OVG A 261/ 75, DStR 1977, 320 (323); HJ. Birk in: Driebaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, 1991, § 3 Rdor. 171, 173; David StVj 1990, 164 (191); ausführlich dazu Benne DöV 1987, 50 (53 ff.). Aus diesem Erfordernis resultiert der unterschiedliche Ausgang der Verfahren wegen der Zweitwohnungsteuer vor dem Bundesverwaltungsgericht: im Falle der Steuer Timmendorfer Strand war das Bundesverwaltungsgericht an die Feststellung des Berufungsgerichts, daß auch ausschließlich als Kapitalanlage dienende Zweitwohnungen der Steuer unterlagen, gebunden; im Falle der Steuer Überlingen hatte das Berufungsgericht die Satzung dergestalt interpretiert, daß derartige Zweitwohnungen nicht von der Steuer erfaßt seien. Vgl. auch VGH Bad.-Württ. 31.07.1986- 2 S 892/ 85, VBIBW 1987, 269 (270).
426
Siehe oben, 2. Teil, B.II.1.b)bbXcXaaX5).
4T1 Koops KStZ 1975, 121 (122); Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten kommunalen Zweitwohnungsteuer, 1980, S. 97 f., 137 f.; Bayer, Grundbegriffe des Steuerrechts, 1990, Rdnr. 195c; Bayer KStZ 1991, 2 (7 ff.); Maunz in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 105 Rdnr. 55; BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (348 f.); Bayer. VerfGH 15.12.1988- Vf 70- VI86, BayVBI 1989,237 (239); Bayer. VGH 30.04.1986- 4 B 85 A.287, VGHE N.F. Bd. 40, 1; VGH Bad.-Württ. 09.02.1989- 2 S 1575/ 88, VBIBW 1989, 348; VGH Bad.-Württ. 06.06.197711 201/77, DöV 1977,674 (675); VGH Bad.- Württ. 31.07.1986- 2 S 892/85, VBIBW 1987, 269. Zu diesem Ergebnis gelangen auch diejenigen, die eine qualifizierte Einkommensverwendung für die Aufwandsteuer nicht fordern, so Bökelmann DöV 1973,631 (634); Brake AfK 1984,248 (258) hingegen bezeichnet sie ungeachtet des Streits um die verfassungsrechtliche Einordnung der Steuer als "Konsumsteuer".
428 Zu der Frage des Fortwirkens des § 17b FAG im Falle der Zweitwohnungsteuer vgl. auch Winands JuS 1986, 942 (947). Eine ausdrückliche Aufhebung dieser Vorschrift ist - soweit ersichtlich - erfolgt: Niedersachsen: Gesetz über Finanzmaßnahmen vom 30.12.1948, Niedersächsisches GVBI 1948, 189 ff., Art. IV § 4: Aufhebung des § 27 EinfGRealStG; Bayem: Zweites Gesetz zur Bereinigung des bayerischen Landesrechts, vom 15.07.1957, Bayerisches GVBI 1957, 233 ff.; vgl. jetzt KAG; Rheinland- Pfalz: Fünftes Gesetz zur Bereinigung des Rechts im Land Rheinland- Pfalz, vom 20.12.1971, GVBI für das Land Rheinland- Pfalz 1971, 282 ff. LV.m. der Anlage: zwar Fortgeltung des EinfGRealStG (a.a.O. Nr. 52), aber FAG in der Fassung des § 24 EinfRealStG (a.a.O. Nr. 13); Baden- Württetnberg: Gesetz zur Bereinigung des baden- württem-
c. Problemfalle der Gleichartigkeit
345
Sie muß sich auch als eine örtliche Steuer darstellen 429 • Hierzu ist es erforderlich, daß der Gegenstand, dessen Gebrauch die Steuerpflicht begründet, im Gebiet der die Steuer erhebenden Körperschaft belegen ist. Die Zweitwohnung als Nicht- Hauptwohnung ist an einem bestimmten Ort belegen. Werden damit die Inhaber von Zweitwohnungen schlechthin einer Besteuerung unterste11t430 , so ist die Örtlichkeit der Steuer gegeben 431 • Einige Steuersatzungen machen jedoch die Entstehung der Steuerpflicht dariiberhinaus davon abhängig, daß der Inhaber der Zweitwohnung nicht in derselben Gemeinde seinen Hauptwohnsitz hat 432 • Diese Einschränkung des Kreises der steuerpflichtigen Tatbestände bewirkt ein anderes Ergebnis für die Örtlichkeit der Steuer: Anknüpfungspunkt einer Zweitwohnungsteuer in dieser Ausgestaltung ist lediglich das Innehaben einer Zweitwohnung in der steuererhebenden Gemeinde; die Steuerpflicht setzt aber weiterhin die weitgehende Ortsabwesenheit des Inhabers aufgrund einer außerhalb des Gemeindegebietes belegenen Hauptwohnung voraus. Besteuerungsgut ist damit das Halten einer außerhalb des Bereichs der Hauptwohnung belegenen Zweitwohnung. Handelt es sich bei dem ersten Kriterium um ein örtliches, so ist diese Annahme bei
bergischen Landesrechts, vom 12.02.1980, GBI für Baden- Württemberg 1980, 98 ff., § 1 LV.m. der Anlage zu diesem Gesetz. Die Aufhebung des § 17b FAG kann aber auch konkludent dadurch erfolgen, daß der Landesgesetzgeber ein Gesetz erläßt, das die Erhebung einer derartigen Steuer vorschreibt . .,. Die Annahme einer örtlichen Steuer scheidet auch bei der Zweitwohnungsteuer nicht aus dem Grunde aus, da sie aufgrund inhaltsgleicher Satzungen von einer Vielzahl von Gemeinden erhoben wird, BVerwG 26.10.1989- 8 B 36.89, ZKF 1990,61 f. 430 Vgl. dazu die der Entscheidung des VGH Bad.- Würtl. 31.07.1986- 2 S 892/85, VBIBW 1987, 269 ff. zugrundeliegende Satzung vom 14.02.1984, deren § 2 Abs. 2 lautet: "Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner außerhalb oder innerhalb des Gemeindegebiets belegenen Hauptwohnung im Gemeindegebiet zn Zwecken der Erholung, Berufsausübung oder der Ausbildung oder zn Zwecken des sonstigen persönlichen Lebensbedarfs innehat." (Hervorhebung vom Verfasser).
431 So auch OVG Lüneburg 15.12.1976- VII OVG A 261/ 75, DStR 1977, 320 (322); Berg BayVBI 1986, 129.
m So die der Entscheidung des BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/ 79, BVerfGE 65, 325 Cf. zugrundeliegende Satzung der Gemeinde Überlingen vom 21.01.1976, deren § 2 Abs. 2 lautet (S. 327): "Inhaber einer Zweitwohnung ist ein Einwohner, der im Stadtgebiet eine Wohnung innehat, ohne sich in der Stadt überwiegend aufzuhalten. Als Einwohner im Sinne dieser Vorschrift gilt nicbt, wer aus beruflicben Gründen oder zu Ausbildungszwecken im Stadtgebiet wobnt." (Hervorbebung vom Verfasser).
346
Driner Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
dem zweiten jedoch ausgeschlosssen: es handelt sich um ein außerörtliches, das die Steuer damit insgesamt zu einer nicht örtlichen macht 433 • Diese steuerliche Erfassung ausschließlich der auswärtigen Zweitwohnungsinhaber hat nicht lediglich Auswirkungen hinsichtlich der Örtlichkeit der Steuer, sondern darüberhinaus auch im grundrechtlichen Bereich. Der Gesetzgeber und damit auch der Satzunggeber hat grundsätzlich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit bezüglich der Erfassung steuerlicher Sachverhalte; er ist allein an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden, der es ihm verbietet, finanzpolitisch, volkswirtschaftlich, sozialpolitisch oder steuertechnisch nicht motivierte Erwägungen zu berücksichtigen; Art. 3 Abs. 1 GG untersagt hinsichtlich der Steuerpflicht in einem derartigen Fall eine am Gerechtigkeitsgedanken nicht mehr orientierte Betrachtungsweise434 • Einleuchtende Gründe für die unterschiedliche Behandlung der auswärtigen Einwohner einerseits sowie der einheimischen andererseits sind nicht ersicht-
4)) Ebenso: von Mutius JuS 1977, 592 (596); Schick BayVBI 1973, 449 (452); Borchert DStR 1977,77 (78); Borchert DStR 1977,304; Koops KStZ 1975, 121 (122 f.); Koops BB 1975, 1149; Koops, Zur Verfassungsmäßigkei t der sogenann ten kom m unalen Zweitwohn ungsteuer, 1980, S. 101, anders sodann unter Berücksichtigung der Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung: S. 121, 138; Menger VerwArch Bd. 71 (1980), S. 405 (410); von Arnim, Zweitwohnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 33 ff.; Benne DöV 1987, 50 (53); ausführlich OVG Lüneburg 15.12.1976- VII OVG A 261/ 75, DStR 1977, 320 (321); vgl. auch VG Sigmaringen 12.04.1976- I 1392/ 74, KStZ 1976, 137 (138), das aus diesem Grunde den Charakter der Aufwandsteuer ablehnte; kritisch Fschenbach KStZ 1990, 121 (122); a.A.: BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (350); BVerwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58, 230 (238 f.), die auch in diesem Fall die Örtlichkeit bejahen: die auswärtige Hauptwohnung sei lediglich ein Abgrenzungsmerkmal und verneine für Personen, die zwei Wohnungen im Gebiet einer Gemeinde halten, den Charakter der Aufwandsteuer unter Berücksichtigung des Zwecks der Zweitwohnungsteuer. Die Gerichte übersehen, daß auch in dem Halten von zwei Wohnungen in dem Gebiet derselben Gemeinde eine überdurchschnittliche Einkommensverwendung zu bejahen ist, die mittels der Aufwandsteuer besteuert werden kann; der ursprüngliche Zweck der Zweitwohnungsteuer, Heranziebung der Auswärtigen zu deo Kosten der Gemeinde, kann bei der Beurteilung der Örtlichkeit einer Steuer bingegen nicht berücksichtigt werden. Die Örtlichkeit der Steuer in diesem Fall bejahen indes auch: Koemeyer BayVBI1973, 523; Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 65; Fiscber- Menshausen in: von Münch, GG, Art. 105 Rdnr. 26; Bökelmann DöV 1973, 631 (634); Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 232 f.; BVerwG 26.07.1979- 7 C 12.77, Buchbolz 401.61 Nr. 2 (S. 16); VGH Bad.-Württ. 06.06.1977- 11 201/ 77, DöV 1977, 674 (675); VG Schleswig 04.06.1975- 1 A 82/73, DöV 1975, 538.
4,. BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (354); BVerfG 12.10.1978- 2 BvR 154/74, BVerfGE 49,343 (360); BVerfG 10.02.1987- 1 BvL 18/ 81 und 20/82, BVerfGE 74, 182 (200).
C. Problemfalle der Gleicbartigkeit
347
lich, so daß ein Verstoß gegen diese Verfassungsbestimmung zu bejahen ist. Ein derartiger Grund kann insbesondere nicht darin gesehen werden, daß einheimische Inhaber einer Zweitwohnung diese nicht zu Erholungszwecken halten: die Aufwandsteuer unterstellt das Halten eines Gegenstandes ungeachtet der Art der tatsächlichen Nutzung einer Besteuerung, so daß eine Differenzierung nach dem Verwendungszweck im Rahmen des Kreises der Steuerpflicht ausscheidet. Auch die Tatsache, daß die auswärtigen Inhaber von Zweitwohnungen nicht in demselben Maße zu den finanziellen Lasten der Gemeinde beitragen wie die Einheimischen, kann nicht im Rahmen der Bestimmung des Kreises der Steuerschuldner einer Aufwandsteuer berüCksichtigt werden. Eine Steuer, die lediglich die Besitzer (Eigentümer oder langfristige Mieter) von Zweitwohnungen erfaßt, die außerhalb der die Zweitwohnungsteuer erhebenden Körperschaft ihren Hauptwohnsitz haben, verletzt damit zugleich den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG 43S 436.
435 So bereits VG Sigmaringen 12.04.1976- 11392/74, KStZ 1976, 137 (139 f.); OVG Lüneburg 15.12.1976- VII OVG A 261/ 75, DStR 1977,320 (322); Borcbert DStR 1977,77 (79 f.); Borcbert DStR 1977, 304 (305); SOdall1l BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (354 ff.); zustimmend Bayer KStZ 1984, 21 (22); zu den Auswirkungen in der Praxis: Bayer KStZ 1991, 2 (4 f.); HJ. Birk in: Driebaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecbt, 1991, § 3 Rdnr. 184; a.A.: BVerwG 26.07.1979-7 C 53.77, BVerwGE 58,230 (242 Cf.); VGH Bad.-Württ. 06.06.1977- II 201/ 77, DöV 1977,674 (676); Fiscber- Mensbausen in: von Müncb, GG, Art. 105 Rdnr. 26; Winands JuS 1986, 942; ausfübrlicb Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten kommunalen Zweitwobnungsteuer, 1980, S. 22 f., 27 ff., 64 f.; vgl. dazu aucb Bayer. VGH 30.04.1986- 4 B 85 A.287, VGHE N.F. Bd. 40, 1. 436 Ein weiteres Problem in diesem Zusammenbang ist die Frage, ob die Zweitwobnungsteuer zulässigerweise ancb das Halten von Wobnungen von der Besteuerung ausnebmen darf, wenn sicb der Steuerpflichtige lediglicb zu Ausbildungszwecken oder zur Berufsausübung in der Gemeinde aufhält. VGH Bad.-Württ. 09.02.1989- 2 S 1575/88, VBIBW 1989, 348 f. bejabt unter Berufung auf die von ibm angenommene Bindungswirkung der Entscheidung BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/ 79, BVerfGE 65, 325 ff., einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der SteuerbefreiuIIg; ebenso HJ. Birk in: Driebaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, 1991, § 3 Rdnr. 184. Kritiscb und LErg. zutreffend a.A. Rhein/ Eschenbacb VBlBW 1990, 25 f.: das BVerfG bat a.a.O. S. 357 lediglicb eine Aussage zu einer Bescbränkung des Personen kreises als Steuersubjekt getroffen, dem Satzungsgeber es aber unbenommen gelassen, einzelne Personen durcb sachgerecbte Ermäßigungs- oder Befreiungstatbestände steuerlicb zu privilegieren. Die vom VGH Bad.-Württ. bejahte Bindungswirkung der Entscbeidung aucb binsichtlich einer Steuerbefreiung dieses Personenkreises bestebt damit keinesfalls. Diese Betracbtungsweise ist aucb erforderlich, da Besteuerungsgut der Aufwandsteuer das Halten eines Gegenstandes ungeachtet des Zwecks ist; durcb Einscbränkungen anf der Seite des der Besteuerung unterfallenden Gutes (beispielsweise durcb eine Fiktion (,,Als Einwobner gilt nicbt, wer ... wird der Cbarakter der Aufwandsteuer verlassen. Anders ist es bingegen, wenn das Halten einer Zweitwobnung aufgrund der Satzung der Besteuerung unterfällt und Dur wegen einer Befreiungsvorscbrift für (teilweise) steuerfrei erklärt wird. Allein die Befreiungsvorscbrift ist dann an Art. 3 Abs. 1 GG zu überprüfen. Hier kann ein sachgerecbtes Differenzierungskriterinm darin liegen, daß eine steuerlicbe Erfassung detjenigen, die aus beruflicben
"»
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Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
Die Zweitwohnungsteuer als zulässige Fonn der Aufwandsteuer kann daher nur gleichmäßig alle Inhaber von Wohnungen, die nicht zum Zwecke ständigen Aufenthaltes bestimmt sind (Zweitwohnungen) erfassen, so daß auch die Bürger, die in einer Gemeinde sowohl ihre Hauptwohnung haben als auch über eine Zweitwohnung verfügen, der Zweitwohnungsteuer unterfallen. Ausnahmen von einer Steuerpflicht sind demgemäß nur durch Steuerbefreiungen, die nur als solche wiederum nach Art. 3 Abs. 1 GG einer Überprüfung unterliegen, möglich. Die Zweitwohnungsteuer ist daher in der Ausgestaltung, derenzufolge sie sämtliche Zweitwohnungen ungeachtet des Hauptwohnsitzes ihrer Besitzer erfaßt, wegen der Belegenheit der Wohnung als örtliche anzusehen. Die Gleichartigkeit der Zweitwohnungs teuer als einer Aufwandsteuer mit einer bundesrechtlich geregelten Steuer wird weitgehend abgelehnt431 • Im einzelnen ergibt sich dazu folgendes: Die Einkommensteuer knüpft auch durch die Besteuerung der Einkünfte aus Vennietung und Verpachtung an die Erzielung von Einkünften an; die Zweitwohnungsteuer stellt hingegen eine Steuer auf die Einkommensverwendung dar, so daß eine GleiChartigkeit ausscheidet. Eine Überwälzung der von dem Eigentümer zu entrichtenden Einkommensteuer auf den Mieter der Wohnung kann ebenfalls nicht zu einer Gleichartigkeit führen: die Einkommensteuer ist nicht auf Überwälzung angelegt, so daß es auf eine im Einzelfall mögliche Überwälzung nicht entscheidend ankommt 438 • Auch die Zurechnung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Haus oder einer ganz oder teilweise unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Wohnung
Gründen eine Zweitwohnung unterhalten müssen, als sozialpolitisch nicht berechtigt ausscheidet (ebenso Rhein/ Eschenbach VBIBW 1990, 25 (26». ()7 Bayer KStZ 1991, 2 (10); BVerfG 06.12.1983-2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (350 ff.); BVerwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58, 230 (239 Cf.); BVerwG 12.01.1989- 8 B 86.88, NVwZ 1989, 565 ff.; BVerwG 26.10.1989- 8 B 36.89, ZKF 1990, 61 (62); a.A. Borchert DStR 1977,77 (79); Tehler DB 1987, 2487 (2492); D. Birk in: AltKomm, GG, Art. 105 Rdnr. 20.
"a Siehe oben, 2. Teil, B.l1.2.b)bb).
C. Problemfälle der Gleichartigkeit
349
(§ 21 Abs. 2 EStG43') steht dem nicht entgegen. Die Regelung des § 21 Abs. 2 EStG stellt im Einkommensteuerrecht zum einen eine Besonderheit dar, da der Nutzungswert sonstiger vom Steuerpflichtigen selbst genutzter Güter nicht als Einkommen steuerlich erfaßt wird. Sie ist zudem ein Fremdkörper im System des Einkommensteuerrechts, weil die Einkommensteuer lediglich die Erzielung von Einkünften einer Besteuerung unterstellt, die Nutzung der eigenen Wohnung aber keine Einkünfte erbringt, sondern Aufwendungen vermeidet440 • Das Bundesverfassungsgericht verneinte die GleiChartigkeit dieser Regelung im Einkommensteuergesetz mit der Zweitwohnungsteuer, indem es feststellte, "daß § 21 Abs.2 EStG an die Entstehung zugerechneter Einkünfte anknüpft und nicht wie die Zweitwohnungsteuer an die Verwendung.'>441
Diese Betrachtungsweise des Bundesverfassungsgerichts ist aber nicht zutreffend: besteuert wird in beiden Fällen die Nutzung des Gegenstandes442 • Die lediglich im Einkommensteuergesetz erfolgte steuertechnische Erfassung als (zugerechnetes) Einkommen kann nicht bewirken, daß die gesonderte Erfassung durch die Zweitwohnungsteuer als Steuer auf die Einkommensverwendung zugleich die Feststellung der Nicht-Gleichartigkeit der beiden Steuern bewirkt. Da § 21 Abs. 2 EStG einen Fremdkörper im Einkommensteuerrecht darstellt, der an alle Indikatoren der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgers anknüpft, ist im Rahmen der Prüfung der Gleichartigkeit die Eigenschaft dieser Regelung als Steuer auf die Einkommensverwendung zugrundezulegen: § 21 Abs. 2 EStG unterstellt die in der Nutzung des eigenen Gegenstandes zum Ausdruck gelangende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Besteuerung.
.,. §§ 21 Abs. 2, 21a EStG sind nach § 52 Abs. 21 S. 1 EStG grundsätzlich (zu den Übergangsregelungen siehe § 52 Abs. 21 S. 2 EStG) letztmals für den Veranlagungszeitraum 1986 anzuwenden; die Fassung des § 52 Abs. 21 EStG beruht auf dem Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums (Wohneigentumsförderungsgesetz), vom 15.05.1986, BGBI 1986 I 730 ff., Art. 1 Nr. 12 .
... Siehe dazu oben, 2. Teil, C.III. "I BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/ 79, BVerfGE 65, 325 (353) (Hervorhebungen vom Verfasser); dem BVerfG folgend: BVerwG 12.01.1989- 8 B 86.88, NVwZ 1989, 565; BVerwG 26.10.1989- 8 B 36.89, ZKF 1990, 61 (62); bereits zuvor unter Verweisung auf BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/ 61, BVerfGE 16, 64 (75 f.), wo sich das Gericht lediglich zu der Einkommensteuer allgemein äußerte: BVerwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58, 230 (241).
"2
Dazu oben, 2. Teil, C.III.
350
Dritter Teil: Das Veroot in Art. 105 Abs. 2a GG
Die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer unq damit Einkommensverwendungsteuer kann daher der ebenfalls dieser Besteuerungsform zuzuordnenden Regelung des § 21 Abs. 2 EStG gleichartig sein. Erfassen damit beide Steuern die Nutzung einer Wohnung, so ist jedoch eine zwangsläufige steuerliche Mehrfachbelastung aufgrund der Zweitwohnungsteuer und des § 21 Abs. 2 EStG nicht gegeben. Der Kreis der Steuerpflichtigen ist ein anderer, indem die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer ungeachtet der Eigentumsverhältnisse allein auf die tatsächliche Nutzung des Gegenstandes abstellt. § 21 Abs. 2 EStG setzt jedoch nicht allein die Nutzung einer Wohnung voraus, sondern erfordert weiterhin, daß es sich dabei um eine im Eigentum des Nutzenden stehende handeln muß. Das Besteuerungsgut, der Gebrauch der Wohnung, ist damit von der Zweitwohnungsteuer nicht in dem gleichen Umfang wie nach § 21 Abs. 2 EStG oder nur in einem Teilbereich dieser Regelung steuerlich erfaßt, so daß die Annahme der Gleichartigkeit ausscheidet. Die Grundsteuer unterstellt das Grundeigentum unabhängig vom Ertrag sowie der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers einer Besteuerung, so daß der Eigentümer der Zweitwohnung der Grundsteuerpflicht unterliegt. Eine eventuelle Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer mit der Grundsteuer ist dann unerheblich, wenn sie als von der Gemeinde erhobene Steuer anzusehen ist; das Gleichartigkeitsverbot gilt nur im untergeordneten Verhältnis, nicht aber bei Gleichordnung der die Steuer erhebenden Körperschaften443 • Die Grundsteuer ist per Bundesgesetz gerege1t444 ; ihre Erhebung steht jedoch in dem Ermessen der Gemeinde (§ 1 GrStG), die daher auch von ihr völlig absehen kann. Im Fall der Erhebung der Grundsteuer ist sie indes an die Vorgaben des bundesrechtlichen Grundsteuergesetzes gebunden: ihr steht lediglich die Befugnis zur Festsetzung der Hebesätze zu. Über die Ausformung der Steuerpflicht kann sie nicht entscheiden; die Steuer ist daher als eine bundesrechtlich geregelte anzusehen, so daß das Gleichartigkeit'iverbot Anwendung findet.
.., Siebe oben, 2. Teil, B. ... Gesetz zur Reform des Grundsteuerrecbts, vom 07.08.1973, Art. 1, Grundsteuergesetz, BGBI 1973 I %5 ff.
c. Problemfälle der Gleichartigkeit
351
Die Grundsteuer trifft mangels Eigentums nicht den Mieter; sie ist zudem, da die Steuerpflicht allein aufgrund des Eigentums und unabhängig von der Art der Nutzung eintritt, nicht auf Überwälzung angelegt, so daß aus diesem Grunde keine Gleichartigkeit in den Belastungswirkungen gegeben ist. Ausdrücklich für eine Berucksichtigung der Überwälzung setzt sich das OVG Lüneburg ein44s, indem es auf die Tatsache abstellt, daß die Grundsteuer erfahrungsgemäß bei der Bemessung des Mietzinses abgewälzt werde. Dieser Ansicht kann aber aus den obigen Gründen nicht gefolgt werden. Die Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer mit der Grundsteuer wird insbesondere von Borchert446 und Bauer- Wild 447 bejaht, indem sie feststellen, daß die Steuerpflicht typisch erweise nur die Zweitwohnungseigentümer treffe 448• Dies ist indes nicht zutreffend. Da die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer eine Verwendung von finanziellen Mitteln zum Zwecke der persönlichen Lebensführung voraussetzt, ist zum einen eine Besteuerung der Zweitwohnungen, die lediglich als Kapitalanlage dienen, mittels einer Aufwandsteuer nicht zulässig 449 • Weiterhin ist festzustellen, daß es auch Wohnungsinhaber gibt, die Zweitwohnungen aufgrund langfristiger Mietverträge halten und somit von der Zweitwohnungsteuer kraft deren Ausgestaltung erfaßt sind. Die Grundsteuer ist nicht auf Überwälzung angelegt und hat daher bei einer dennoch möglichen Überwälzung durch den Eigentümer der Zweitwohnung auf den Mieter ohne Berücksichtigung zu bleiben4so• Die Grundsteuer knüpft an die in dem Vermögensbestand zum Ausdruck gelangende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers an und ist daher wegen des anderen verwendeten
..s OVG Lüneburg 15.12.1976- VII OVG A 261/ 75, DStR 1977,320 (323) . ..., Borchert DStR 1977, 77 (78 f.); Borchert DStR 1977, 304 (305) . ..7
Bauer- Wild BB 1973,512 (514) .
.... Kritisch von Amim, Zweitwohnungsteuer und Grundgesetz, 1981, S. 42 ff., S. 45 Fn. 130, der auch anerkennt (S. 45), daß "im Ausnabmefalle einmal Mieter von ihr erfaßt" sein können . ... Dazu oben, 3. Teil, C.VI . • "'>
Siebe oben, 2. Teil, B.II.2.b)bb).
352
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a Gt,
Indikators nicht der Zweitwohnungsteuer als einer Aufwandsteuer und damit Steuer auf die Einkommensverwendung gleichartig4s1 • Eine Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer wird - auf den Eigentümer beschränkt - mit der Vermögensteuer von Tehler4s2 bejaht. Tehler sieht die Zweitwohnungsteuer als Steuer auf den Vermögensbestand an, ohne dabei zu berücksichtigen, daß es sich bei dieser Steuer um eine auf die Einkommensverwendung handelt. Dadurch sind zwei verschiedene Aspekte der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, Einkommensverwendung und Eigentumsbestand, steuerlich erfaßt. Dies kann nicht zu einer Gleichartigkeit der Wirkungen führen 4s3 • Die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer erfaßt durch die einmalige Steuer den Eigentumsübergang an dem Grundstück bzw. an der Wohnung. Sie trifft lediglich den Erwerb des Gegenstandes. Aufgrund dieses Besteuerungsgutes ist sie der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nicht gleichartig. Eine Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer mit der ebenfalls als Aufwandsteuer einzuordnenden Kraftfahrzeugsteuer - eine Fragestellung, die bei als Zweitwohnungen genutzten Wohn- und Campingwagen in Erscheinung tritt ist mit dem VGH Baden- Württemberg4S4 zu verneinen: der als Zweitwohnung genutzte Wohnwagen muß nicht zum Straßenverkehr zugelassen sein, so daß die Zweitwohnungsteuer nicht zwangsläufig mit der Steuerpflicht aufgrund des Haltens eines Fahrzeugs zusammentrifft. Eine zwangsläufige steuerliche Mehrfachbelastung liegt daher nicht vor.
45' Im Ergebnis ebenso: BVelwG 26.07.1979- 7 C 53.77, BVerwGE 58, 230 (241 f.); BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (353); dem BVerfG folgend BVerwG 12.01.19898 B 86.88, NVwZ 1989, 565; BVerwG 26.10.1989- 8 B 36.89, ZKF 1990,61 (62).
4S2
Tehler DB 1987, 2487 (2492 f.).
m I.Erg. ebenso BVerwG 12.01.1989- 8 B 86.88, NVwZ 1989, 565 (566); BVerwG 26.10.19898 B 36.89, ZKF 1990, 61 (62); eine Gleichartigkeit mit der Vermögensteuer ablehnend auch Borchert DStR 1977, 77 (79). 4S4 Dazu VGH Bad.-WürtI. 31.07.1986- 2 S 892/85, VBIBW 1987, 269 (271) unter Hinweis auf die verschiedenen (vorübergehenden) Nutzungsmöglichkeiten und die nicht erforderliche Zulassung des Wohnwagens zum Straßenverkehr.
c. Problemfalle der Gleichartigkeit
353
Erst spät wurde die Problematik einer eventuellen Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer mit der Umsatzsteuer erörtert4S5 . Beide Steuern sind Einkommensverwendungsteuern, so daß aufgrund der von der Umsatzteuer vorausgesetzten Überwälzung der Steuerlast auf den Nutznießer dieser sowohl mit der Zweitwohnungsteuer als auch mit der übergewälzten Umsatzteuer belastet ist45~. § 4 Nr. 12 lit. a) UStG stellt die Zurverfügungstellung von Wohnraum von einer Umsatzteuerpflicht frei, so daß der Bund mit dieser Regelung auch den Fall der gewerblichen mietweisen Überlassung einer Zweitwohnung steuerlich (durch ausdrückliche Bestimmung der Steuerbefreiung dieser Leistung) erfaßt hat. Hat der Bund dabei die Besteuerung nicht vorgesehen, so bedeutet dies, daß er diesen Bereich abschließend geregelt hat und den Ländern eine anderslautende Regelung verwehrt ist 457 . Aber auch die Umsatzteuer - bzw. hier die Steuerbefreiung - würde nur zu einer teilweisen Überschneidung der - im Gegensatz zur Grundsteuer auf Überwälzung angelegten - UmsatZ'iteuer und der Zweitwohnungsteuer führen, da lediglich die gewerblichen Vermieter grundsätzlich einer Umsatzteuerpflicht unterfallen, nicht jedoch die die Zweitwohnung selbst nutzenden Eigentümer458.
Abzulehnen ist damit auch die von Tehler geforderte getrennte Betrachtung der Gleichartigkeit von Steuern: er sieht die ZweitWOhnungsteuer teilweise (soweit der Eigentümer Schuldner der Aufwandsteuer ist) als der Einkommensteuer und der Vermögensteuer, teilweise (soweit der Nutzungsberechtigte lediglich Mieter ist) als der Umsatzteuer gleichartig an 459. Wegen dieser 4SS Durch ein Bundesgericht erstmals BVerwG 12.01.1989- 8 B 86.88, NVwZ 1989, 565 (566); sodann BVerwG 26.10.1989- 8 B 36.89, ZKF 1990, 61 (62); zuvor bereits OVG Lüneburg 22.05.1985- 13 OVG C 2/84, KStZ 1985, 230 (231); kritisch zu der bis dahin unterbliebenen Prüfung der Umsatzsteuer: Kamphausen/ Strauß DStR 1984,484 (486); Tehler DB 1987, 2487 f.
•"" A.A. BVerwG 12.01.1989- 8 B 86.88, NVwZ 1989,565 (566), das allein auf den Steuergegenstand abstellt, der einerseits in einer Lieferung oder Leistung, andererseits in dem Innehaben bestehe. 457 So auch Tehler DB 1987,2487 (2490); a.A. BVerwG 12.01.1989- 8 B 86.88, NVwZ 1989, 565 (566), nach dem es entscheidend darauf ankommen soll, daß eine Umsatzsteuerschuld -letztendlich - nicht entsteht.
.58 Die Gleichartigkeit ablehnend auch Borchert DStR 1977, 77 (79); BVerwG 12.01.19898 B 86.88, NVwZ 1989, 565 (566).
459
Tehler DB 1987, 2487 (2489 ff.).
23 Küssner
354
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Ab:>. 2a GG
"jeweils teilweisen" Gleichartigkeit hillt er die Zweitwohnungsteuer daher insgesamt bundesrechtlieh geregelten Steuern für gleichartig. Tehler übersieht, daß es sich auch in diesem Fall um eine Steuer auf den Gebrauch (hier des Vermögens als fundierten Einkommens) handelt, die die Zuordnung zu den Einkommensverwendungsteuern rechtfertigt. Die von Tehler bejahte partielle Gleichartigkeit ist indes nicht gegeben: die Zweitwohnungsteuer ist, da nicht jeder, der eine Zweitwohnung vermietet, deshalb auch Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuergesetzes ist, bereits nicht einmal teilweise der Umsatzsteuer gleichartig. Aber auch eine Gleichartigkeit mit der Einkommensteuer als Steuer auf die Einkommenserzielung oder der Vermögensteuer als Steuer auf den Vermögensbestand ist nach diesen Ausführungen nicht gegeben. Mangels einer "jeweils teilweise" vorhandenen Gleichartigkeit kann daher auch nicht insgesamt von einer Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer insgesamt gesprochen werden460 • Die Zweitwohnungsteuer ist daher einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht gleichartig.
VII. Bürgersteuer, Wohnraumsteuer und Einwohnersteuer Der Berichterstatter des Hauptausschusses, Höpker- Aschoff, erwähnte in seinem Bericht für den Parlamentarischen Rat vom 6. Mai 1949 als Beispiele für Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die zur Zeit der Beratungen zum Grundgesetz nicht erhoben wurden, die Bürgersteuer, die Mietsteuer und die WOhnungsteuer461 •
..., Vgl. dazu aucb D. Birk in: AltKomm, GG, Art. 105 Rdnr. 20 a.E., der eine Gleichartigkeit der Zweitwobnungsteuer mit der Umsatzsteuer, der Vermögensteuer und der Grundsteuer "je nach gesetzlicber Ausgestaltung" annebmen will. Die von D. Birk geforderte "jeweilige gesetzliche Ausgestaltung" stebt aber der Eigenscbaft einer Aufwandsteuer entgegen: diese erlaßt den Gebraucb eines Gegenstandes ungeachtet der diesem zugrundeliegenden Eigentumsverhältnisse; die Aufwandsteuer differenziert nicht nach dem Grund der Nutzungsberecbtigung, sei es Eigentümer, sei es Mieter, sei es unentgeltlicher Benutzer, vgl. dazu oben. 2. Teil, B.II.1.b)aa)(d).
46' Siebe dazu oben, 3. Teil, A.II.1.b)aa).
C. Problemfälle der Gleichartigkeit
355
Eine Bürgersteuer wurde in Deutschland durch die Notverordnung vom 26. Juli 1930462 eingeführt und späterhin im Bürgersteuergesetz463 geregelt. Sie wurde zunächst lediglich als grobe Steuer vom Einkommen erhoben, indem die Höhe der Steuerschuld sich nach dem erzielten Einkommen richtete464 ; später wurde zusätzlich das Vermögen in die Besteuerung einbezogen465 • Die Verordnung vom 24. April 1942466 hob die Bürgersteuer auf. Diese Steuer vereinte somit eine steuerliche Anknüpfung an die Einkommensentstehung und an den Vermögensbestand 461 • Mangels einer Anknüpfung an die in der Einkommens- oder Vermögensverwendung zum Ausdruck gelangende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist die Bürgersteuer nicht als Verbrauchsteuer oder als Aufwandsteuer anzusehen. Sprachlich verwandt klingen die als Wohnraumsteuer468 und als Einwohnersteuer bezeichneten Steuern469 • Indes ist der einer Besteuerung unterstellte Sachverhalt bei diesen beiden Steuern grundsätzlich ein anderer als bei der
462 Verordnung des Reichspräsidenten zur Behebung finanzieller, wirt-;chaftlicher und sozialer Notstände, vom 26.07.1930, RGBI 1930 I 311 ff., 2. Abschnitt, §§ 1, 4 ff.; dazu Markull VJSchJStFR 1930, 535 (607); vgl. dazu Popitz, Der Finanzausgleich und seine Bedeutung für die Finanzlage des Reichs, der Länder und Gemeinden, 1930, S. 35 f. 463 Bürgersteuergesetz, vom 16.10.1934, RGBI 1934 I 985 ff.; Bürgersteuergesetz, vom 20.11.1937, RGBI 1937 I 1261 ff .
... Verordnung des Reichspräsidenten zur Behebung finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände, vom 26.07.1930, RGBI 1930 I 311 ff., 2. Abschnitt, § 5; Bürgersteuergesetz, vom 16.10.1934, RGBI 1934 I 985 ff., § 3. 46S Bürgersteuergesetz, vom 20.11.1937, RGBI 1937 I 1261 ff., § 6 (Einkommen), § 7 (Vermögen) .
... Zweite Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs, vom 24.04.1942, RGßI 1942 I 252 ff., § 1 Abs. 1. 467
Vgl. auch Haury StuW 1979, 51 (56) .
... Auch als Wohnsteuer, Wohnungsteuer oder Mietsteuer bezeichnet, vgl. Flämig in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 1981, "Wohnsteuer" . ... Flämig in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 1981, "Einwohnersteuer", sieht die Einwohnersteuer allerdings unzutreffend als Kennzeichnung der Bürgersteuer an.
356
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
Bürgersteuer470 • Die Wohnraumsteuer unterstellt die Inanspruchnahme von Wohnraum durch eine Person einer Besteuerung471 • Sie war bereits unter dem Preußischen Kommunalabgabengesetz bis zu der Einschränkung auf Luxuswohnungen im Jahre 1921 zulässig412 • Die Erhebung einer Steuer auf Wohnraum und Mieten wurde nach einer noch kurz zuvor geführten Diskussion wegen ihrer Ausdehnung 473 mit Wirkung zum 1. April 1938 im Wege der Einfügung eines entsprechenden § 17b FAG 474 untersagt. Die Fortgeltung des Finanzausgleichsgesetzes war bis zu der ausdrücklichen Aufhebung durch den Bundesgesetzgeber im Jahre 1955 streitig; diese Aufhebung konnte sich aber nur auf die Vorschriften des Gesetzes beziehen, die nach Art. 125 GG Bundesrecht geworden waren475 • § 17b FAG erfaßt jedoch die Steuern auf Wohnraum und damit Steuern mit örtlich
470 Nicbt bingegen bei der vom Kronberger Kreis vorgeschlagenen und ebenfalls als Einwohnersteuer bezeicbneten Steuer; vgl. dazu Fromme KStZ 1990, 61: Anknüpfung an die Einkommensteuerscbuld. Sie stellt sicb daber als eine an die Einkommensentstebung anknüpfende Steuer dar, deren Einfübrung nacb dem geltenden Grundgesetz nicbt zulässig ist. Zu dieser Form der Einwobnersteuer siebe aucb bereits den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, BT- Drucks. 11/480, Tz. 90 f. (S. 64 ff.), sowie den dort als Anlage 1 abgedruckten Bericbt der Studienkommission "Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs", S. 137 (148 ff.) und den Entwurf eines Einwobnersteuergesetzes, S. 163 ff.; vgl. weiterhin aucb die Denkscbrift a.a.O. S. 208 (213 f.); vgl. scbließlicb Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern in der Bundesrepublik Deut.~chland, 1982, S. 116 f. 471 Vgl. dazu aucb Dierkes/ Bohmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 253 f., unter Hinweis auf § 16a Preuß. KAG; dazu bereits oben, 2. Teil, B.II.1.b)bb)(c)(aa)(5).
472
Dazu oben, 2. Teil, B.II.1.b)aa)(c).
473 Popitz, Der künftige Finanzausgleicb zwiscben Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 155 ff.; zuvor Popitz, Der Finanzausgleicb und seine Bedeutung für die Finanzlage des Reicbs, der Länder und Gemeinden, 1930, S. 36 ff.; dazu Scbwanbäußer, Das Problem der kommunalen Einkommensbesteuerung in Deutscbland unter besonderer Berücksicbtigung einer allgemeinen Aufwandsteuer, 1935, S. 191 ff. 474 Einfübrungsgesetz zu den Realsteuergesetzen, vom 01.12.1936, RGBI 1936 I 961 ff., § 27 Nr.3.
m Dazu oben, 1. Teil, A.lV.2.; ausdrücklicb zu § 17b FAG: Klüber DöV 1949, 407 ff.; Klüber DöV 1950, 612 f.; Bökelmann DöV 1973, 631; unklar der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) u.a., vom 29.04.1954, BT- Drucks. 11/480, Tz. 202 (S. 127), der die Sondersteuern nach § 17b FAG einerseits als Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis, andererseits aber als grundsteueräbnlicbe Abgaben oder Verbraucb(Aufwand-) Steuern bezeichnet.
C. Problemfälle der Gleicbartigkeit
357
bedingtem Wirkungskreis, hinsichtlich derer allein das Land regelungsbefugt ist, so daß wegen der weiteren Geltung dieser Vorschrift als Landesrecht (vgl. Art. 123 GGt76 eine Aufhebung durch den Landesgesetzgeber erforderlich ist477 • Unter der Bezeichnung Wohnraumsteuer wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine entsprechende Steuer, die sich an der Größe der Wohnung orientierte, in Niedersachsen 478, Bayern479 und Rheinland- Pfalz erhoben 480 • Das ehemalige Land Württemberg- Hohenzollern führte unter der Bezeichnung Einwohnersteuer im Jahre 1951 wieder481 eine Steuer ein, die - am Mietzins bzw. an der ortsüblichen Miete orientiert - ebenfalls an die Inanspruchnahme von Wohnraum anknüpfte482 • Sachlich besteht zwischen dieser Wohnraumsteuer und der Einwohnersteuer im heutigen Baden- Württem-
.76
Gegen ein FortgeUen als Bundesrecht Lorenz DöV 1953, 235 (236); Wacke JZ 1951, 149
(150); a.A. Fortgeltung des § 17b FAG als Bundesrecht für alle deutscben Länder: BFH 24.01.1952-
III 16/50 S, BStBI 1952 III 74 (75); Bayer. VerfGH 04.04.1950- Vf 157, 206- VlI- 49, JZ 1951, 147 (148).
477 Zu der Frage des Fortwirkens des § 17b FAG und der ausdrücklichen Aufhebung dieser Vorscbrift siebe oben, 3. Teil, C.Vl. Fn. 428 .
• 7. K1über DöV 1949,407 (408) weist darauf bin, daß die Einfübrung als Notmaßnabme mit der Zweckbindung erfolgte, das Aufkommen für den Wohnungsbau zu verwenden; vgl. aucb die in LVG Oldenburg 08.11.1949- Spr.B.Nr. 119/49, DVBI 1950, 120 mitgeteilte Satzung. 479 Zu der bayeriscben Notabgabe für den Wobnungsbau siebe BFH 24.01.1952- III 16/50 S, BStBl 1952 III 74 ff.; Bayer. VerfGH 04.04.1950- Vf 157, 206- VII- 49, JZ 1951, 147 ff.
... Weitergebend dazu Haury StuW 1979, 51 (53); Bökelmann, Die örtlichen Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 222; vgl. auch Meilicke in: Festscbrift für OUmar Bühler, 1954, S. 91 (111 ff.); zu dieser Art der Gemeindepersonalsteuer vgl. aucb Hettlage FinArcb N.F. Bd. 14 (1953/54), S. 405 (438). 48' Eine Einwobnersteuer wurde in Württemberg bereits zuvor aufgrund eines Gesetzes aus dem Jabre 1923 erboben; siebe dazu Dierkes/ Bobmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S. 137 ff. 482 Recbtsanordnung über die Erbebung einer Einwohnersteuer (Einwobnersteuerordnung), vom 11.10.1946, Amtsblatt des Staatssekretariats für das französiscb besetzte Gebiet Württembergs und Hobenzollerns 1945/46, 261 ff.; geändert durcb: Gesetz zur Änderung der Einwohnersteuerordnung, vom 16.11.1948, Regierungsblatt für das Land Württemberg- Hohenzollern 1948, 171 f. (unter gleichem Datum neu bekanntgemacht, a.a.O. 1949, 7 f.); Gesetz zur Änderung der Einwobnersteuerordnung, vom 04.09.1951, Regierungsblatt für das Land Württemberg- Hohenzollern 1951, 103 f. (Bekanntmachung am 10.09.1951, a.a.O. S. 104 ff.); aufgehoben durch: KAG BW, vom 18.02.1964, Gesetzblatt für Baden- Württemberg 1964, 71 ff., § 18 Abs. 1 Nr. 6; seither Erbebung per Gemeindesatzungen.
358
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a 00
berg kein Unterschied: beide Steuern unterstellen die Inanspruchnahme von Wohnraum im Gemeindegebiet bei allerdings unterschiedlichen Steuermaßstäben einer Besteuerung. Bereits während der Beratungen zum Grundgesetz und auch danach ist die Auffassung vertreten worden, daß es sich bei dieser Steuer um eine Realsteuer handele483• Jedoch ist seit dem Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen der Begriff Realsteuern auf die Grundsteuer und die Gewerbesteuer beschränkt484 • Dies findet heute positivrechtlich in § 3 Abs. 2 AO 1977 Ausdruck. Die Einführung einer derartigen Steuer ist nach Erlaß des Grundgesetzes von Horster48S gefordert worden. Das Bundesverfassungsgericht äußerte sich in der Entscheidung vom 7. Mai 1963 zur Einwohnersteuer in Württemberg- Hohenzollern48. Diese Äußerung wird weitgehend als Beleg für die Zulässigkeit einer Wohnraumsteuer herangezogen487 • Das Gericht bejahte zwar im Ergebnis die Zulässigkeit der Einwohnersteuer; es verneinte aber ausdrücklich die Klassifizierung dieser Steuer als Aufwandsteuer, indem es als Voraussetzung derselben forderte, daß der Steuerpflichtige die Steuerlast aus seinen Einkünften bestreiten müsse. Es
4&l Höpker- Aschoff AöR Bd. 75 (1949), 306 (321); Meilicke in: Festschrift für Ottmar Bühler, 1954, S. 91 (112); Füsslein JöR N.F. Bd. 1 (1951),748 (751) "Personalbesteuerung"; ablehnend: K1über DöV 1950, 612; VG Sigmaringen 26.05.1959- Ha 157/58, BaWüVBI 1959, 157 (158) .
.... So auch OVG Lüneburg 10.01.1951- H OVG A 271/ 50, DVBI 1951, 284 (286); vgl. dazu auch BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (73). 48S Horster, Die Reform des deutschen Gemeindesteuersystems, 1958, S. 94 ff., insb. S. 101 ff., 103 ff., bezeichnet die Mietsteuern und Wohnraumsteuern als Verbrauch- und Aufwandsteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis (S. 102, 109); siehe auch seinen Gesetzesvorschlag S. 122 ff.
... BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 ff. ..., F1ämig in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 1981, "Einwohnersteuer"; Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 66; Fischer- Menshausen in: von Münch, 00, Art. 105 Rdnr. 21, vgl. auch 26; Kaldewei, Die kleinen Kommunalsteuern, 1985, S. 245; Koops, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten kommunalen Zweitwohnungsteuer, 1980, S. 136 Fn. 2; BVerwG 28.05.1982- 8 B 76.82 (nicht veröffeDtlicht), S. 3 f.; vgl. auch VGH Bad.-Württ. 19.04.1982- 2 S 1751/81 (nicht veröffentlicht), S. 6; VGH Bad.-Württ. 12.12.1975- V 822/ 74, ESVGH 26,40 (42); anders jetzt aber VGH Bad.-Württ. 29.11.1989- 2 S 1709/89, NVwZ 1990, 395; nicht hingegen von BökelmanD DöV 1973, 631 (633); Haury StuW 1979, 51 (57); vgl. auch bereits zuvor Hettlage FinArch N.F. Bd. 14 (1953/54), S. 405 (438 ff.).
c. Problemfalle der Gleichartigkeit
359
reiche insbesondere nicht aus, daß ein anderer die Steuerlast trüge488• Diese Ansicht verfolgt aber das Gericht spätestens seit der Entscheidung zur Zweitwohnungsteuer vom 6. Dezember 1983489 nicht mehr. Es stellte fest, daß es gleichgültig sei, wer letztendlich die Steuer entrichte490 . In der Entscheidung aus dem Jahr 1963 gelangte das Bundesverfassungsgericht weiterhin nur deshalb zu der Zulässigkeit der Abgabe, da es den Katalog der in Art. 105 GG aufgezählten Steuern für nicht abschließend erachtete und die Einwohnersteuer als darüberhinaus nach Art. 70 GG mögliche Abgabe in Form der Personensteuer491 ansah. Bejahte das Gericht damit in dieser Entscheidung noch die Existenz eines Steuerfindungsrechts über den Katalog des Art. 105 GG hinaus, kann inzwischen davon ausgegangen werden, daß es diese Meinung nicht mehr aufrechterhält492 493. Ungeachtet dieser vom Gericht vorgenommenen Zuordnung kann die Einwohnersteuer aber unter dem geltenden Grundgesetz als Aufwandsteuer zulässig sein 494.
... BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (74); kritisch dazu Bökelmann DöV 1973, 631 (633); Haury StuW 1979, 51 (57); Bökelmann, Die örtlichen Steuern und das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 225 f . ... BVerfG 06.12.1983- 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 (347 f.); dazu bereits oben, 2. Teil, B.II.l.b)aaXd).
'90 Dies übersieht VG Sigmaringen 13.04.1989- 4 K 1173/87, KStZ 1989, 174 (175); vgl. auch Bayer KStZ 1989, 167 (168); Bayer, Grundbegriffe des Steuerrechts, 1990, Rdnr. 195d, 202, rechnet sie heute zu den Aufwandsteuern. , •• Ausdruck nach BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (77); dem BVerfG folgend: VGH Bad.-Württ 12.12.1975- V 822/ 74, ESVGH 26, 40 (42). 492
B.V.
Zum Steuerfindungsrecht und zur Ansicht des BundesverfassungsgerichL~ siehe oben, 1. Teil,
,., K. Vogel! Walter in: Bonner Kommentar, GG, Art. 105 Rdnr. 67, folgen der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Zuordnung der Einwohnersteuer und vertreten die Auffassung, daß die ausschließlich an persönliche Verhältnisse anknüpfende Einwohnersteuer keine Aufwandsteuer darstelle und daher mit der Änderung des Art. 105 Abs. 2, Abs. 2a GG durch das Finanzreformgesetz 1969 unzulässig geworden sei; offen Kessler, Die Rechtsprechung zum Kommunalabgabenrecht in Baden- Württemberg, 1978, S. 48. , .. Losgelöst von den verfassungsrecbtlichen Anforderungen an eine Steuer bezeichnet der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 108, die für die Wobnungswirtscbaft als Alternative zur Grundsteuer einzuführende Mietsteuer als "eigenständige spezielle kommunale Verbraucbsteuer", für die zudem nach Ansicht des Beirates - nach Reduktion der aufgrund
360
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
Unter Berücksichtigung des erforderlichen 49s Kriteriums eines qualifizierten Aufwands erfüllt die Einwohnersteuer nicht die Anforderungen einer Aufwandsteuer. Die Steuerpflicht darf nicht an den Zustand des bloßen Wohnens in einer Wohnung geknüpft werden. Die Inanspruchnahme von Wohnraum stellt ein existentielles Bedürfnis des Bürgers dar; in dieser Tatsache allein kann daher nicht ein die Besteuerung rechtfertigender besonderer Aufwand liegen. Es handelt sich daher um eine Personensteuer, die allein an die Existenz des Menschen anknüpft4%. Die Anknüpfung an die Inanspruchnahme von Wohnraum stellt lediglich ein Mittel dar, um die Steuer örtlich zu radizieren. Eine Personensteuer ist aber nach dem Grundgesetz nicht zulässig497 • Ein existentielles Bedürfnis des Bürgers ist erst dann nicht mehr gegeben, wenn er mehr als den angemessenen Raum zu Wohnzwecken innehat, wenn er mithin durch die Verwendung von überhöhten Mitteln zum Zwecke des Wohnens eine besondere Leistungsfähigkeit manifestiert, wenn er also "aufwendig" wohnt 498 • Eine Wohnraumsteuer bzw. Einwohnersteuer ist daher nur dann als zulässige Aufwandsteuer anzusehen, wenn sie einen tatsächlichen Aufwand, der durch das Halten einer überdurchschnittlichen Wohnung zum Ausdruck gelangt, einer Besteuerung unterstellt. Der lebensnotwendige Mindestbedarf ist von einer
Art. 105 Abs. 2a GG zu erhebenden Steuern auf die herkömmlichen digkeit des Bundes bestehe (a.a.O. S. 127).
die Gesetzgebungszustän-
'.S Ausführlich dazu oben, 2. Teil, B.II.1.b)bbXcXaa)(5). ... Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (209); vgl. VGH Bad.-Württ. 12.12.1975- V 822/ 74, FSVGH 26, 40 (42): Anknüpfung an die Inanspruchnahme von Wohnraum; Kessler, Die Rechtsprechung zum Kommunalabgabenrecht in Baden- Württemberg, 1978, S. 46; VG Sigmaringen 13.04.1989- 4 K 1173/ 87, KStZ 1989, 174 (175), das die Einwohnersteuer - insofern dem BVerfG folgend - als Personensteuer ansieht, die nach Art. 105 Abs. 2a GG aber nicht erhoben werden darf; vgl. dazu auch Bayer, Grundbegriffe des Steuerrechl~, 1990, Rdnr. 139, 141. .'" Zur Begründung siehe oben, 1. Teil, B.V.; VG Sigmaringen 13.04.1989- 4 K 1173/87, KStZ 1989, 174 (175); a.A. für Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F.: BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (75 ff.); für Art. 105 Abs. 2a GG in der geltenden Fassung: Kessler, Die Rechtsprechung zum Kommunalabgabenrecht in Baden- Württemberg, 1978, S. 46; Bökelmann DöV 1973,631 (635); wohl auch VGH Bad.-Württ. 12.12.1975- V 822/ 74, FSVGH 26, 40 (42); anders aber jetzt VGH Bad.-Württ. 29.11.1989- 2 S 1709/89, NVwZ 1990,395. ... Zu den Anforderungen an eine als Aufwandsteuer zu bezeichnende Wohnungsluxussteuer siehe Bräuer in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 8. Band, 1928, "Wohnungsluxussteuer".
c. Problemfälle der Gleicbartigkeit
361
Besteuerung freizustellen 499 • Als überdurchschnittlicher Aufwand ist das Halten einer - unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse - von der Raumfläche großen, vom Mietaufwand teuren oder von der Art der Ausstattung, beispielsweise mit Gärten, Parks oder WintergartenSOO, luxuriösen Wohnung anzunehmen. Eine derartige Wohnraumsteuer bzw. Einwohnersteuer ist als Aufwandsteuer zulässig. Diese Steuer ist wegen der Belegenheit der der Besteuerung unterstellten Wohnung in dem Gebiet der die Steuer erhebenden Körperschaft eine örtlichesol . Unterstellt auch sie die Verwendung finanzieller Mittel für Wohnzwecke einer Besteuerung, so ist sie hinsichtlich der Gleichartigkeit wie die Zweitwohnungsteuer zu behandeln: Aufwandsteuern als Einkommensverwendungsteuern sind Steuern, die an die Einkommenserzielung oder den Vermögensbestand anknüpfen, nicht gleichartig, da sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers in einem anderen Moment treffen. Die den Einkommensverwendungsteuern zuzuordnende Einwohnersteuer oder Wohnraumsteuer ist daher insbesondere der Einkommensteuer, der Grundsteuer
... Vgl. aucb Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (209); Bökelmann, Die örtlichen Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 225; Bökelmann DöV 1973,631 (632) weist darauf hin, daß im Fall der niedersäcbsiscben Wohnraumsteuer ein Freibetrag von beispielsweise 10 Quadratmetern pro Person zugebilligt wurde; vgl. dazu aucb die den Entscbeidungen zugrundeliegenden Sacbverhalte LVG Oldenburg 08.11.1949- Spr.B.Nr. 119/ 49, DVBI 1950, 120; OVG Lüneburg 10.01.1951- 11 OVG A 271/50, DVBI 1951, 284; aucb Haury StuW 1979, 51 (57) spricbt sicb - vorsicbtsbalber - für einen einbeitlichen Freibetrag als existenzminimalen Mietaufwand aus; ebenso HJ. Birk in: Driebaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecbt, 1991, § 3 Rdor. 195. Vgl. weiterhin die durcb die Wobnungsluxussteuer unterstellte Besteuerung des Wobnraums und die dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen. 500 Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbucb der Finanzwissenscbaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (209).
so, So aucb OVG Lüneburg 10.01.1951- 11 ove; A 271/ 50, DVBI 1951, 284 (285); VGH Bad.-Württ. 12.12.1975- V 822174, ESVGH 26, 40 (42); VG Sigmaringen 26.05.1959- IIa 157/58, BaWüVBI 1959, 157 (158 f.); Haury StuW 1979, 51 (57 f.); Bökelmann DöV 1973, 631 (634); Bökelmann, Die örtlichen Steuern und das Gleicbartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 227; Starck, Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungsteuer, 1973, S. 9; Blendennann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 61; Klüber DöV 1950, 612 (613); wohl aA. Bayer. VerfGH 04.04.1950- Vf. 157, 206- VlI- 49, JZ 1951, 147 (148).
362
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
oder der Vermögensteuer nicht gleichartig502 • Auch eine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer ist nicht gegeben 50J • Die Einwohnersteuer und die Wohnraumsteuer sind bei Erfassung einer die lebensnotwendigen Bedürfnisse übersteigenden Verwendung von Einkommen oder Vermögen als Aufwandsteuern nach Art. 105 Abs. 2a GG zulässig.
VIII. Jagdsteuer Die Jagdsteuer unterstellt das Halten einer Jagd durch die Ausübung des Jagdrechts einer Besteuerung. Sie ist aufgrund der Belegenheit des Grundstücks und der Voraussetzung einer qualifizierten Einkommensverwendung als örtliche Aufwandsteuer anzusehen 504 • Die Frage der Gleichartigkeit dieser Steuer mit einer bundesgesetzlich geregelten Steuer soll, nachdem bereits oben als Ergebnis zu der Gleichartigkeit von Steuern festgestellt wurde, daß diese im Verhältnis von Aufwandsteuern insbesondere zur Umsatzsteuer nicht besteht, hier kurz behandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluß vom 10. August 1989505 ohne weitere Begründung festgestellt: "Es ist offenkundig, daß die S02 I.Erg. ebenso: Bökelmann, Die örtlicben Steuern und das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz, 1974, S. 228 ff.; für die Grundsteuer ebenso: Klüber DöV 1949, 407 (409 f.); Bökelmann DöV 1973, 631 (635); Haury StuW 1979, 51 (59); LVG Oldenburg 08.11.1949- Spr.B. Nr. 119/49, DVB11950, 120 (122); VG Sigmarigen 26.05.1959- Ha 157/58, BaWüVBI 1959, 157 (158); für die Vennögensteuer: Hau!)' StuW 1979, 51 (59); BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (75); für die Einlwltlltlensteuer: Klüber DöV 1949, 407 (409); Bökelmann DöV 1973,631 (635); Hau!)' StuW 1979, 51 (59); BVerfG 07.05.1963- 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64 (75 ff.); LVG Oldenburg 08.11.1949- Spr.B. Nr. 119/ 49, DVBI 1950, 120 (121); VGH Bad.-Württ. 12.12.1975- V 822/ 74, ESVGH 26, 40 (42); VG Sigma ringen 26.05.1959- Ha 157/58, BaWüVBI 1959, 157 (158). SOl
LVG Oldenburg 08.11.1949- Spr.B. Nr. 119/49, DVBI 1950, 120 (121).
S04I.Erg. ebenso: Bauernfeind/ Zimmermann, KAG NW, 1979, § 3 Rdnr. 8; Bobley/ Fobs, Handbucb des gemeindlicben Steuerrecbts, Teil I, 1988, Art. 3 Anm. 33; HJ. Birk in: Driebaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, 1991, § 3 Rdnr. 65, 70; BVerfG 10.08.1989- 2 BvR 1532/88, BStBI1989 H 867; BVeIWG 13.06.1978- 7 B 60.77, Buchholz 401.66 Nr. 2; BVeIWG 18.01.1991- 8 C 24.89, KStZ 1991, 72 f.; OVG NW 09.11.1989- 22 A 2153/87, ZKF 1990, 62; OVG NW 03.10.19842 A 1487/82, ZKF 1985, 181. sos BVerfG 10.08.1989- 2 BvR 1532/ 88, BStBI 1989 H 867 f.; dem BVerfG folgend: David StVj 1990, 164 (181).
C. Problemfalle der Gleichartigkeit
363
Jagdsteuer nicht mit einer bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig ist." Andere Gerichte sprechen eine mögliche Gleichartigkeit gar nicht erst an S06 • Dieser Feststellung des Bundesverfassungsgerichts ist zunächst hinsichtlich der Einkommensteuer und der Grundsteuer zu folgen 507 : eine Aufwandsteuer entfaltet aufgrund der Anknüpfung der Steuerpflicht an die Manifestation der Leistungsfähigkeit durch die Verwendung finanzieller Mittel im Gegensatz zur Einkommenserzielung oder zum Vermögensbestand unterschiedliche Belastungswirkungen auf den Bürger und ist daher nicht als diesen gleichartig anzusehen. Allein eine mögliche Gleichartigkeit mit der (übergewälzten) Umsatzsteuer kommt in Betracht. Umsätze im Zusammenhang mit der Überlassung des Jagdrechts sind in Form von Leistungen möglich, so daß hieraus eine Umsatzsteuerpflicht resultieren kann508509. Eine Verpachtung des Jagdrechts gegen Entgelt unterfallt der UmsatzsteuerlOSlI. Das Jagdrecht kann von einer 506 So z.B. OVG Rh.- Pf. 17.01.1977- 6 A 26/75, KStZ 1977, 149 ff.; OVG NW 09.11.198922 A 2153/87, ZKF 1990,62 f.
5fY1 Gleicber Ansicht: OVG NW 03.10.1984- 2 A 1487/ 82, ZKF 1985, 181; Preuß. OVG 30.09.1924- 11 C 53.24, PrVBI Bd. 46 (1924/25), S. 172. 500 Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 08.11.1957- VII C 64.57, BVerwGE 5,339 (344) die - die Entscheidung aber nicht tragende - Auffassung vertreten, daß die Jagdsteuer nicht der Umsatzsteuer gleichartig sei, da "die Überlassuflg von Grundstücken zum Zwecke der Jagdausübung (... ) nicbt durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens vorgenommen wird" und zur Begründung auf das Urteil des Preuß. OVG 30.09.1924- 11 C 53.24, PrVBI Bd. 46 (1924/25), S. 172 f. verwiesen. Das Preuß. OVG hat sich allerdings nur insofern mit der Frage der Gleichartigkeit der Umsatzsteuer befaßt, als es die Jagdausübuflg unter dem Gesichtspunkt der Betätigung eines ,,Jagdunternehmens" prüfte; dies hat es mangels Vorliegens des Unternehmerbegriffs verneint. Auf die entscheidende Frage der Überla~suflg des Jagdausübungsrechts durch einen Unternebmer ist es nicht eingegangen. Auf eine eventuelle Gleichartigkeit gebt das BVerwG in einer späteren Entscheidung (vom 13.06.1978- 7 B 60.77, Bucbholz 401.66 Nr. 2) gar nicht mehr ein.
509 Unzutreffend daher Bauernfeind/ Zimmermann, KAG NW, 1979, § 3 Rdnr. 8, die eine Gleichartigkeit mit der Begründung ablebnen, daß Steuertatbestand der Jagdsteuer nicht der Pacbtumsatz, sondern die Ausübung des Jagdrechts sei. SIO
FG Nümberg 27.04.1955- I 240- 241/ 54, EFG 1955,316.
SII Unbeacbtlich ist, daß eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 UStG dabei nicht in Betracht kommt, da Pacbtobjekt lediglich das Jagdrecht, nicht aber das Grundstück ist (plückebaum/ Malitzky, UStG, §§ 1 - 3, Rdnr. 513/4), da auch im Falle einer Steuerbefreiung eine Regelung des Bundes durch die sachlicbe Befreiung zu bejahen wäre.
364
Driuer Teil: Das Verbot in An. 105 Abs. 2a GG
Jagdgenossenschaft oder im Rahmen einer EigenjagdS12 vom Eigentümer verpachtet oder von letzterem selbst ausgeübt werden. Im Falle von Kleingrundstücken, die die Größe einer Eigenjagd nicht erreichen, steht das Jagdausübungsrecht nicht dem Eigentümer, sondern kraft Gesetzes der Genossenschaft zu (vgl. § 8 BJagdG), so daß die an die Genossen ausgeschütteten Jagdpachtanteile mangels Leistungsaustauschs seitens der Genossenschaft bei diesen keine Leistungsentgelte darstellenSJ3 • Die sodann von der Jagdgenossenschaft vorgenommene Jagdverpachtung führt zu einer Umsatzsteuerpflicht, da diese gegenüber dem Pächter eine Leistung LS.d. Umsatzsteuergesetzes erbringtS14• Eine steuerbare sonstige Leistung ist auch gegeben, wenn der Eigentümer eines Eigenjagdbezirkes das Jagdrecht im Wege der Verpachtung einem anderen überläßtsJS• Eine steuerlich doppelte Erfassung ist mithin lediglich dann möglich, wenn dem Jagdpächter das Jagdrecht von einem Eigenjagdbesitzer oder von einer Jagdgenossenschaft übertragen wird; der das Jagdrecht selbst ausübende GrundstÜCkseigentümer und Eigenjagdbesitzer unterfallt hingegen nicht der Umsatzsteuer, so daß für diesen eine mehrfache steuerliche Belastung nicht resultiert. Der Jagdsteuer unterfallt damit ungeachtet der zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse die bloße Ausübung des Jagdrechts. Eine zwangsläufige doppelte Belastung des Bürgers mit der übergewälzten Umsatzsteuer und der Jagdsteuer 512 Nach §§ 1, 7 BJagdG zusammenhängende, im Eigentum einundderselben Person oder Personenvereinigung stehende land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Flächen von mindestens 75 ha. SI3 Plückebaum/ Malitzky, UStG, §§ 1 - 3 Rdnr. 513, § 4 Rdnr. 207; Weickert UR 1957, 61; RFH 27.06.1941- V 81/ 41, RStBI 1941, 686 (687).
514 Plückebaum/ Malitzky, UStG, §§ 1- 3 Rdnr. 513/6; Weickert UR 1957,61; RFH 27.06.1941V 81/ 41, RStBI 1941, 686 (687); unzutreffend daher die allgemeine Aussage des OVG NW 03.10.1984- 2 A 1487/82, ZKF 1985, 181, das zur Gleichartigkeit der Jagdsteuer mit der Umsatzsteuer ausführt (Hervorhebungen vom Verfasser): "Voraussetzung ist somit die Überlassung im Rabmen eines Unternebmens. Diese ist in der Regel der Fälle, nämlicb bei der Überlassung durch eine Jagdgenossenschaft oder bei der Ausübung der Eigenjagd, nicht gegeben." Das OVG NW verkennt, daß eine Umsatzsteuerpflicbt seitens der Jagdgenossenscbaft grundsätzlich nur dann nicht gegeben ist, wenn diese im Namen und für Rechnung ibrer Genossen den Pacbtvertrag abschließt und das Entgelt vereinnabmt; in diesem Fall ist aber eine Leistung in dem Verhältnis zwischen den Genossen und dem Päcbter zu bejahen. Dazu FG Nümberg 27.04.1955- I 240- 241/51, EFG 1955, 316. Zur Frage der nicht entstehenden Steuerpflicht im Fall der Vermögensverwaltung siehe Plückebaum/ Malitzky, UStG, §§ 1- 3 Rdnr. 513/6.
SIS Vgl. dazu Plückebaum/ Malitzky, UStG, §§ 1 - 3 Rdnr. 513/ 4; Weickert UR 1957, 61; FG Münster 28.07.1976- V 596- 598/75 U, EFG 1976, 591.
C. Problemfalle der Gleicbartigkeit
365
als Aufwandsteuer ist damit nicht zu bejahen, so daß nach den oben entwickel-
ten Grundsätzen die die Ausübung der Jagd erfassende Jagdsteuer der Umsatzsteuer nicht gleichartig ist.
IX. Fahrradsteuer Das Land oder eine Gemeinde könnte auch die Einführung einer Fahrradsteuer, einer Steuer auf das Halten von Fahrrädern, erwägen. Diese Steuer knüpft an die in dem Gebrauch eines Fahrrades zum Ausdruck gelangende wirtschaftliche Leistungsf3higkeit an und könnte als Aufwandsteuer angesehen werdenS!!>. Eine gesetzliche Regelung des Bundes, wie sie unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung in § 12 S.3 FAG 1923S!7 durch das Reich getroffen war, der ein Verbot der Erhebung von Steuern für die Benutzung der Wege vorsah und damit der Einführung einer Fahrradsteuer entgegenstandSl8, ist nicht zulässig, wenn diese Steuer als örtliche Aufwandsteuer der ausschließlichen Regelungsbefugnis des Landes unterliegt. Eine derartige Steuer auf das Halten von Fahrrädern ist im Hinblick auf den Wohnsitz des Halters sowie den regelmäßigen Abstellplatz des Fahrrades als eine örtliche zu bezeichnenS!9. Fraglich erscheint allein, ob sie - ungeachtet umweltpolitischer Bedenken gegen eine Einführung - den an eine Aufwandsteuer zu stellenden Anforderungen genügt. Durch eine Aufwandsteuer darf lediglich die Verwendung 5.6 Vgl. aucb Loritz NJW 1986, 1 (2); Loritz, Einkommensteuerrecbt, 1988, Rdnr. 6 f., der von einer Fabrradsteuer als einer Bundes- Fabrradabgabe spricht, aber offen läßt, ob es sicb um eine einmalige oder eine laufende Abgabe bandein soll; das Problem einer Gesetzgebungskompetenz der Länder nacb Art. 105 Abs. 2a GO erörtert er jedocb nicbt. Zur Besteuerung des Haltens von Fabrrädern siebe aucb die Vorlage der Kontrollkommission vom 22.05.1946, HQ 14301/ 31 ZAC, als Dokument abgedruckt in: StuW 1985, 220 f. 5.7 Späterhin § 13 S. 3 FAG 1926; zu der Frage des Fortwirkens und der ausdrücklicben landesgesetzlieben Aufhebung dieser Vorscbrift vgl. die Recbtslage bei § 17b FAG, dazu oben, 3. Teil, C.VI. Fn. 428. 5.8 Markull, Kommentar zum Gesetz über den Finanzausgleicb, 1923, § 2 Anm. V.2.a) (S. 139), § 12 Anm. IV.2 (S. 245 f.); Suren, Gemeindeabgabenrecbt der ebemals preußischen Gebiete, 1950, § 13 Anm. 4.c) (S. 100); Dierkesl Bobmann, Die indirekten Gemeindesteuern in Deutschland, 1930, S.53.
5.9 Blendermann, Steuern mit örtlicb bedingtem Wirkungskreis, 1957, S. 61; Wacke AöR Bd. 77 (1951/ 52), S. 355 (360).
366
Dritter Teil: Das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG
finanzieller Mittel zum Gebrauch eines Gegenstandes, der nicht zu den existenzminimalen Bedürfnissen zählt, denen der Bürger nicht ausweichen kann, einer Besteuerung unterstellt werdenS20 • Dieses Kriterium einer qualifizierten und nicht ausweichbaren Einkommensverwendung ist im Hinblick auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel problematisch. Der Bürger hat zwar grundsätzlich die Möglichkeit, dieser Fahrradsteuer als Steuer auf den Besitz eines Fortbewegungsmittels durch das Halten eines anderen Fahrzeuges auszuweichen; in diesem Fall fallt für ihn aber insbesondere die Kraftfahrzeugsteuer an, die die auch mittels des Fahrrades mögliche Fortbewegung besteuert. Das Halten eines anderen Fahrzeuges als eines Fahrrades ist daneben mit wesentlich höheren Kosten für den jeweiligen Bürger verbunden. Laufende Kosten fallen bei der Benutzung eines Fahrrades im Gegensatz zu den anderen Fortbewegungsmitteln nur in einem sehr geringen Rahmen an, so daß es insgesamt als das günstigste, da den niedrigsten Einsatz finanzieller Mittel erfordernde, Verkehrsmittel anzusehen ist. Als Fortbewegungsmittel kann es die Bedürfnisse des Bürgers nach örtlicher Veränderung sowohl zum Zwecke der Fahrten zur Arbeitsstätte, zur Schule als auch in der Freizeit verwendet werden. Ist die Fortbewegung unter anderem aus diesen Motiven ein grundlegendes Bedürfnis des Bürgers, so folgt daraus, daß es sich bei der Benutzung eines Fahrrades als eines notwendigen Beförderungsmittels um seinen existenzminimalen Bedarf handelt, der nicht mittels einer Aufwandsteuer steuerlich erfaßt werden kann S21 • Das Halten eines Fahrrades stellt mithin keine qualifizierte Form der Verwendung finanzieller Mittel dar. Mangels Übersteigens existenzminimaler Anforderungen erfüllt die Fahrradsteuer nicht die an eine Aufwandsteuer zu stellenden Anforderungen. Ihre Einführung ist nach Art. 105 Abs. 2a GG nicht zulässig.
510
Ausführlich dazu oben, 2. Teil, B.II.1.b)bb)(c)(aa)(5).
52' Dazu auch Popitz, Aufwandbesteuerung im allgemeinen (direkte und indirekte), in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Aufl., 2. Band, 1927, S. 198 (208).
Zusammenfassung Der Bund darf nach Art. 105 Abs. 1, Abs.2 GG alle Steuern, die dem Katalog des Art. 106 GG unterfallen, mit Ausnahme der örtlichen Verbrauchund Aufwandsteuern (Art. 105 Abs. 2a GG) durch Gesetz regeln. Das Land hat nach Art. 105 Abs. 2 GG eine Regelungsbefugnis hinsichtlich der Steuern, deren Aufkommen nach Art. 106 GG ausschließlich den Ländern oder den Gemeinden zusteht. Es hat bei einer Regelung das der konkurrierenden Gesetzgebung immanente Verbot der Erhebung gleichartiger Steuern zu beachten. Hinsichtlich der nach Art. 105 Abs. 2a GG zu erhebenden örtlichen Verbrauchsteuern und Aufwandsteuern bezieht sich dieses Verbot jedoch lediglich auf nicht- herkömmliche, d.h. nicht zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 bereits von den Ländern oder Gemeinden erhobene, Steuern. Dem Land steht zudem nach Art. 105 Abs. 2a GG die Befugnis zu, den Rahmen bezüglich der Gemeindesteuern (Verbot, Verpflichtung, Gestattung) gesetzlich zu regeln. Die Gemeinden schließlich haben vorbehaltlich einer entsprechenden Gestattung durch das Land eine Regelungsbefugnis über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern in dem Umfang, wie sie nach den obigen Ausführungen dem Land zusteht. Für die Befugnis nach Art. 105 Abs. 2a GG ergibt sich folgendes: Zulässig sind die bis 1969 herkömmlich erhobenen Verbrauchsteuern. Als Beispiele zulässiger Steuern seien genannt: Getränkesteuer, soweit sie den Verzehr an Ort und Stelle von Wein, Schaumwein, künstlich bereiteten Getränken, Kaffee, Tee, Kakao einer Besteuerung unterwirft, Speiseeissteuer, Getränkeverpackungsteuer, soweit lediglich der Kreis der der Getränkesteuer unterliegenden Getränke von dieser Steuer erfaßt wird.
368
Zusammenfassung
Unzulässig sind demnach Getränkesteuer, soweit sie den Konsum an Ort und Stelle von Bier oder Milch einer Besteuerung unterstellt, Weinsteuer, soweit sie nicht lediglich den Konsum von Wein an Ort und Stelle besteuert; die gleichzeitige Erhebung der Getränkesteuer auch auf Wein ist dagegen unschädlich, Getränkeverpackungsteuer, soweit der Kreis der der Getränkesteuer unterliegenden Getränke erweitert wird, Schankverzehrsteuer. Als zulässige Aufwandsteuern sind zu nennen:
Steuern auf das Halten von Tieren, z.B. Hundesteuer, Reitpferdesteuer, Katzensteuer, Jagdsteuer, Steuern auf Musikinstrumente sowie vorbehaltlich der landesrechtlichen Aufhebung entgegenstehender Bestim mungen des Finanzausgleichsgesetzes: Wohnraumsteuer (Einwohnersteuer), sofern lediglich eine die lebensnotwendigen Bedürfnisse übersteigende Einkommens- oder Vermögensverwendung der Besteuerung unterfällt, Zweitwohnungsteuer. Unzulässig sind nach Art. 105 Abs. 2a GG schließlich Fahrradsteuer sowie wegen der gesonderten Erwähnung der Kraftfahrzeugsteuer in Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG, der diese Steuer aus dem Kreis der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern (Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG) ausklammert, eine Steuer auf das Halten von Kraftfahrzeugen.
Weiterhin kann die Gemeinde Verkehrsteuern, deren Ertrag nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG den Ländern zusteht, vorbehaltlich einer entsprechenden Ermächtigung durch das Land dann regeln, wenn das Land gleichzeitig den Gemeinden das aus der Erhebung resultierende Aufkommen dieser Steuern zuweist: Schankerlaubnissteuer, Vergnügungsteuer, die während der Erörterungen zum Finanzreformgesetz 1969 versehentlich den Verbrauch- und Aufwandsteuern zugeordnet worden ist.
Anhang
Zusammenstellung der verwendeten Verfassungstexte A. Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26. Juli 18671 Artike14 Der Beaufsichtigung Seitens des Bundes und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: 1. die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse, Staatsbürgerrecht, Paßwesen und Fremdenpolizei und über den Gewerbebetrieb, einschließlich des Versicherungswesens, soweit diese Gegenstände nicht schon durch den Artikel 3 dieser Verfassung erledigt sind, desgleichen über die Kolonisation und die Auswanderung nach außerdeutschen Ländern; 2. die Zoll- und Handelsgesetzgebung und die für Bundeszwecke zu verwendenden Steuern; 3. die Ordnung des Maaß-, Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundirtem und unfundirtem Papiergelde; 4. die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen; 5. die Erfindungspatente; 6. der Schutz des geistigen Eigenthums; 7. Organisation eines gemeinsamen Schutzes des Deutschen Handels im Auslande, der Deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer konsularischer Vertretung, welche vom Bunde ausgestattet wird;
I Verfassung des Norddeutscben Bundes, vom 26.07.1867, sowie Publikandum, vom 26.07.1867, Bundesgesetzblatt des Norddeutscben Bundes 1867, 1 Cf.
24 Küssner
370
8. 9.
10. 11. 12. 13. 14. 15.
Anbaug: Zusammeostelluog der verweodeteo Verfassuogstexte
das Eisenbahnwesen und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs; der Flößerei- und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren, sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle; das Post- und Telegraphenwesen; Bestimmungen über die wechselseitige Vollstreckung von Erkenntnissen in Zivilsachen und Erledigung von Requisitionen überhaupt, sowie über die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden; die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels- und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren; das Militairwesen des Bundes und die Kriegsmarine; Maaßregeln der Medizinal- und Veterinairpolizei.
Art i k el 35 Der Bund ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesamte Zollwesen, über die Besteuerung des Verbrauches von einheimischem Zucker, Branntwein, Salz, Bier und Taback, sowie über die Maaßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinschaftlichen Zollgrenze erforderlich sind.
Artikel38 Der Ertrag der Zölle und der in Art. 35 bezeichneten Verbrauchsabgaben fließt in die Bundeskasse. Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und Verbrauchsabgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug: 1. der auf Gesetzen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuer- Vergütungen und Ermäßigungen; 2. der Erhebungs- und Verwaltungskosten und zwar: a) bei den Zöllen und der Steuer von inländischem Zucker, soweit diese Kosten nach den Verabredungen unter den Mitgliedern des Deutschen Zoll- und Handelsvereins der Gemeinschaft aufgerechnet werden konnten; b) bei der Steuer von inländischem Salze - sobald solche, sowie ein Zoll von ausländischem Salze unter Aufhebung des Salzmonopols eingeführt
Anhang: Zusammenstellung der velWendeten Verfassungstexte
c)
371
sein wird - mit dem Betrage der auf Salzwerken erwachsenden Erhebungs- und Aufsichtskosten; bei den übrigen Steuern mit funfzehn Prozent der Gesammteinnahme.
Die außerhalb der gemeinschaftlichen ZDllgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Bundesausgaben durch Zahlung eines Aversums bei.
Art i k e 1 70 Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post- und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Bundessteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maaßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages durch das Präsidium ausgeschrieben werden.
B. Verfassung des nachfolgenden Deutschen Bundesz Artike14 Der Beaufsichtigung Seitens des Bundes und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: 1. die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse, Staatsbürgerrecht, Paßwesen und Fremdenpolizei und über den Gewerbebetrieb, einschließlich des Versicherungswesens, soweit diese Gegenstände nicht schon durch den Artikel 3 dieser Verfassung erledigt sind, desgleichen über die Kolonisation und die Auswanderung nach außerdeutschen Ländern; 2. die Zoll- und Handelsgesetzgebung und die für Bundeszwecke zu verwendenden Steuern;
2 Verfassung des Deutschen Bundes, ausgegeben am 31.12.1870, Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1870, 627 ff.
372
3. 4. 5. 6. 7.
8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Anhang: Zusammenstellung der velWendeten Verfassungstexte
die Ordnung des Maaß-, Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundirtem und unfundirtem Papiergelde; die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen; die Erfindungspatente; der Schutz des geistigen Eigenthums; Organisation eines gemeinsamen Schutzes des Deutschen Handels im Auslande, der Deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer konsularischer Vertretung, welche vom Bunde ausgestattet wird; das Eisenbahnwesen und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs; der Flößerei- und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren, sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle; das Post- und Telegraphenwesen; Bestimmungen über die wechselseitige Vollstreckung von Erkenntnissen in Zivilsachen und Erledigung von Requisitionen überhaupt; sowie über die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden; die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels- und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren; das Militairwesen des Bundes und die Kriegsmarine; Maaßregeln der Medizinal- und Veterinairpolizei; die Bestimmungen über die Presse und das Vereinswesen.
Art i k e I 35 Der Bund ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Maaßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind. In Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Bieres der Landesgesetzgebung vorbehalten. Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Uebereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen.
Anhang: Zusammenstellung der verwendeten Verfassungstexte
373
Artikel38 Der Ertrag der Zölle und der anderen, in Artikel 35 bezeichneten Abgaben, letzterer soweit sie der Bundesgesetzgebung unterliegen, fließt in die Bundeskasse. Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und den übrigen Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug: 1. der auf Gesetzen oder allgern einen Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuervergütungen und Ermäßigungen, 2. der Rückerstattungen für unrichtige Erhebungen, 3. der Erhebungs- und Verwaltungskosten, und zwar: a) bei den Zöllen der Kosten, welche an den gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirke für den Schutz und die Erhebung der Zölle erforderlich sind, b) bei der Salzsteuer der Kosten, welche zur Besoldung der mit Erhebung und Kontrolirung dieser Steuer auf den Salzwerken beauftragten Beamten aufgewendet werden, c) bei der Rübenzuckersteuer und Tabacksteuer der Vergütung, welche nach den jeweiligen Beschlüssen des Bundesrathes den einzelnen Bundesregierungen für die Kosten der Verwaltung dieser Steuern zu gewähren ist, d) bei den übrigen Steuern mit funfzehn Prozent der Gesammteinnahme. Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Bundesausgaben durch Zahlung eines Aversums bei. Baden hat an dem in die Bundeskasse fließenden Ertrage der Steuern von Branntwein und Bier und an dem diesem Ertrage entsprechenden Theile des vorstehend erwähnten Aversums keinen Theil. Art i k e I 70 Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post- und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Bundessteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maaßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages durch das Präsidium ausgeschrieben werden.
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Anbang: Zusammenstellung der veIWendeten Verfassungstexte
C. Reichsverfassung vom 16. April 18713 Artikel4 Der Beaufsichtigung Seitens des Reichs und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: 1. die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimaths- und NiederlassungsVerhältnisse, Staatsbürgerrecht, Paßwesen und Fremdenpolizei und über den Gewerbebetrieb, einschließlich des Versicherungswesens, soweit diese Gegenstände nicht schon durch den Artikel 3 dieser Verfassung erledigt sind, in Bayern jedoch mit Ausschluß der Heimaths- und Niederlassungs- Verhältnisse, desgleichen über die Kolonisation und die Auswanderung nach außerdeutschen Uindern; 2. die Zoll- und Handelsgesetzgebung und die für die Zwecke des Reichs zu verwendenden Steuern; 3. die Ordnung des Maaß-, Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundirtem und unfundirtem Papiergelde; 4. die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen; 5. die Erfindungspatente; 6. der Schutz des geistigen Eigenthums; 7. Organisation eines gemeinsamen Schutzes des Deutschen Handels im Auslande, der Deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer konsularischer Vertretung, welche vom Reiche ausgestattet wird; 8. das Eisenbahnwesen, in Bayern voroehaltlich der Bestimmung im Artikel 46, und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs; 9. der Flößerei- und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren, sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle; 10. das Post- und Telegraphenwesen, jedoch in Bayern und Württemberg nur nach Maßgabe der Bestimmung im Artikel 52; 11. Bestimmungen über die wechselseitige Vollstreckung von Erkenntnissen in Zivilsachen und Erledigung von Requisitionen überhaupt; 12. sowie über die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden; 13. die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels- und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren;
) Verfassung des Deutschen Reicbs, vom 16.04.1871, sowie Gesetz, betreffend die Verfassung des Deutscben Reichs, vom 16.04.1871, Bundesgesetzblatt des Deutschen Bundes 1871, 63 ff.
ABhang: Zusammenstellung der velWendelen Verfassungslexte
14. 15. 16.
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das Militairwesen des Reichs und die Kriegsmarine; Maßregeln der Medizinal- und Veterinairpolizei; die Bestimmungen über die Presse und das Vereinswesen.
Art i k e I 35 Das Reich ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesamte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind. In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Bieres der Landesgesetzgebung vorbehalten. Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Uebereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen. Artikel38 Der Ertrag der Zölle und der anderen in Artikel 35 bezeichneten Abgaben, letzterer soweit sie der Reichsgesetzgebung unterliegen, fließt in die Reichskasse. Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und den übrigen Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug: 1. der auf Gesetzen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuervergütungen und Ermäßigungen, 2. der Rückerstattungen für unrichtige Erhebungen, 3. der Erhebungs- und Verwaltungskosten, und zwar: a) bei den Zöllen der Kosten, welche an den gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirke für den Schutz und die Erhebung der Zölle erforderlich sind, b) bei der Salzsteuer der Kosten, welche zur Besoldung der mit Erhebung und Kontrolirung dieser Steuer auf den Salzwerken beauftragten Beamten aufgewendet werden, c) bei der Rübenzuckersteuer und Tabacksteuer der Vergütung, welche nach den jeweiligen Beschlüssen des Bundesrathes den einzelnen Bundesregierungen für die Kosten der Verwaltung dieser Steuern zu gewähren ist, d) bei den übrigen Steuern mit funiZehn Prozent der Gesammteinnahme.
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Allbang: Zusammenstellung der velWeodeten Verfassungstexte
Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Ausgaben des Reichs durch Zahlung eines Aversums bei. Bayern, Württemberg und Baden haben an dem in die Reichskasse fließenden Ertrage der Steuern von Branntwein und Bier und an dem diesem Ertrage entsprechenden Theile des vorstehend erwähnten Aversums keinen Theil. Art i k el 70 Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post- und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Reichssteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages durch den Reichskanzler ausgeschrieben werden. Art i k el 70 in der nach der Änderung vom 14. Mai 1904 geltenden Fassung 4 Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die aus den Zöllen und gemeinsamen Steuern, aus dem Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen sowie aus den übrigen Verwaltungszweigen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit die Ausgaben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages durch den Reichskanzler ausgeschrieben werden. Insoweit diese Beiträge in den Überweisungen keine Deckung finden, sind sie den Bundesstaaten am Jahresschluß in dem Maße zu erstatten, als die übrigen ordentlichen Einnahmen des Reichs dessen Bedarf übersteigen. Etwaige Überschüsse aus den Vorjahren dienen, insoweit durch das Gesetz über den Reichshaushalts- Etat nicht ein anderes bestimmt wird, zur Deckung gemeinschaftlicher außerordentlicher Ausgaben.
• Gesetz, betreffend Änderungen im Finanzwesen des Reichs, vom 14.05.1904, RGBI 1904, 169 f.
Anhang: Zusammenstellung der velWendeten Verfassungstexte
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D. Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 19195 Artikel6 Das 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Reich hat die ausschließliche Gesetzgebung über: die Beziehungen zum Ausland; das Kolonialwesen; die Staatsangehörigkeit, die Freizügigkeit, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung; die Wehrverfassung; das Münzwesen; das Zollwesen sowie die Einheit des Zoll- und Handelsgebiets und die Freizügigkeit des Warenverkehrs; das Post- und Telegraphenwesen einschließlich des Fernsprechwesens.
Artikel7 Das Reich hat die Gesetzgebung über das bürgerliche Recht; 2. das Strafrecht; 3. das gerichtliche Verfahren einschließlich des Strafvollzugs sowie die Amtshilfe zwischen Behörden; 4. das Paßwesen und die Fremdenpolizei; 5. das Armenwesen und die Wandererfürsorge; 6. das Presse-, Vereins- und Versammlungswesen; 7. die Bevölkerungspolitik, die Mutterschafts-, Säuglings-, Kinder- und Jugendfürsorge; 8. das Gesundheitswesen, das Veterinärwesen und den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge; 9. das Arbeitsrecht, die Versicherung und den Schutz der Arbeiter und Angestellten, sowie den Arbeitsnachweis; 10. die Einrichtung beruflicher Vertretungen für das Reichsgebiet; 11. die Fürsorge für die Kriegsteilnehmer und ihre Hinterbliebenen; 12. das Enteignungsrecht; 13. die Vergesellschaftung von Naturschätzen und wirtschaftlichen Unternehmungen, sowie die Erzeugung, Herstellung, Verteilung und Preisgestaltung wirtschaftlicher Güter für die Gemeinwirtschaft; 1.
5
Die Verfassung des Deutschen Reichs, vom 11.08.1919, RGBI 1919, 1383 ff.
378
14. 15. 16. 17. 18. 19.
20.
Anhang: Zusammenstellung der velWendeten Verfassungstexte
den Handel, das Maß- und Gewichtswesen, die Ausgabe von Papiergeld, das Bankwesen sowie das Börsenwesen; den Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln sowie mit Gegenständen des täglichen Bedarfs; das Gewerbe und den Bergbau; das Versicherungswesen; die Seeschiffahrt, die Hocbsee- und die Küstenfischerei; die Eisenbahnen, die Binnenschiffahrt, den Verkehr mit Kraftfahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft, sowie den Bau von Landstraßen, soweit es sich um den allgemeinen Verkehr und die Landesverteidigung handelt; das Theater- und Lichtspielwesen.
Artikel8 Das Reich hat ferner die Gesetzgebung über die Abgaben und sonstigen Einnahmen, soweit sie ganz oder teilweise für seine Zwecke in Anspruch genommmen werden. Nimmt das Reich Abgaben oder sonstige Einnahmen in Anspruch, die bisher den Ländern zustanden, so hat es auf die Erhaltung der Lebensfahigkeit der Länder Rücksicht zu nehmen. Artikel 11 Das Reich kann im Wege der Gesetzgebung Grundsätze über die Zulässigkeit und Erhebungsart von Landesabgaben aufstellen, soweit sie erforderlich sind, um 1. Schädigung der Einnahmen oder der Handelsbeziehungen des Reichs, 2. Doppelbesteuerungen, 3. übermäßige oder verkehrshindernde Belastung der Benutzung öffentlicher Verkehrswege und Einrichtungen mit Gebühren, 4. steuerliche Benachteiligungen eingeführter Waren gegenüber den eigenen Erzeugnissen im Verkehre zwischen den einzelnen Ländern und Landesteilen oder 5. Ausfuhrprämien auszuschließen oder wichtige Gesellschaftsinteressen zu wahren.
Anhang: Zusammenstellung der verwendeten Verfassungstexte
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Art i k e I 12 Solange und soweit das Reich von seinem Gesetzgebungsrechte keinen Gebrauch macht, behalten die Länder das Recht der Gesetzgebung. Dies gilt nicht für die ausschließliche Gesetzgebung des Reichs. Gegen Landesgesetze, die sich auf Gegenstände des Artikel 7 Ziffer 13 beziehen, steht der Reichsregierung, sofern dadurch das Wohl der Gesamtheit im Reiche berührt wird, ein Einspruchsrecht zu. Artikel 13 Reichsrecht bricht Landrecht. Bestehen Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten darüber, ob eine landesrechtliche Vorschrift mit dem Reichsrecht vereinbar ist, so kann die zuständige Reichs- oder Landeszentralbehörde nach näherer Vorschrift eines Reichsgesetzes die Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Reichs anrufen. Art i k e I 134 Alle Staatsbürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei. Art i k el 137 ( ...) (6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben. ( ...)
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ADIlaDg: Zusammenstellung der verwendeten Verfassungstexte
I. Grundgesetz vom 23. Mai 1949'>
Art i k e I 31 Bundesrecht bricht Landesrecht. Artikel72 (1) Im Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrechte keinen Gebrauch macht. (2) Der Bund hat in diesem Bereiche das Gesetzgebungsrecht, soweit ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, weil 1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner Länder nicht wirksam geregelt werden kann oder 2. die Regelung einer Angelegenheit durch ein Landesgesetz die Interessen anderer Länder oder der Gesamtheit beeinträchtigen könnte oder 3. die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus sie erfordert. Artikel 105 (1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole. (2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über 1. die Verbrauch- und Verkehrsteuern mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, insbesondere der Grunderwerbsteuer, der Wertzuwachssteuer und der Feuerschutzsteuer, 2. die Steuern vom Einkommen, Vermögen, von Erbschaften und Schenkungen, 3. die Realsteuern mit Ausnahme der Festsetzung der Hebesätze,
• Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, vom 23.05.1949, BGBI 1949, 1 Cf.
AGhng: Zusammenstellung der velWendeten Verfassungstexte
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wenn er die Steuern ganz oder zum Teil zur Deckung der Bundesausgaben in Anspruch nimmt oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Absatz 2 vorliegen. (3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Art i k e I 106 (1) Die Zölle, der Ertrag der Monopole, die Verbrauchsteuern mit Ausnahme der Biersteuer, die Beförderungsteuer, die Umsatzsteuer und einmaligen Zwecken dienenden Vermögensabgaben fließen dem Bunde zu. (2) Die Biersteuer, die Verkehrsteuern mit Ausnahme der Beförderungsteuer und der Umsatzsteuer, die Einkommen- und Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer, die Erbschaftsteuer, die Realsteuern und die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis fließen den Ländern und nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zu. (3) Der Bund kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, einen Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer zur Deckung seiner durch andere Einkünfte nicht gedeckten Ausgaben, insbesondere zur Deckung von Zuschüssen, welche Ländern zur Deckung von Ausgaben auf dem Gebiete des Schulwesens, des Gesundheitswesens und des Wohlfahrtswesens zu gewähren sind, in Anspruch nehmen. (4) Um die Leistungsfähigkeit auch der steuerschwachen Länder zu sichern und eine unterschiedliche Belastung der Länder mit Ausgaben auszugleichen, kann der Bund Zuschüsse gewähren und die Mittel hierfür bestimmten den Ländern zufließenden Steuern entnehmen. Durch BUndesgesetz, welches der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird bestimmt, welche Steuern hierbei herangezogen werden und mit welchen Beträgen und nach welchem Schlüssel die Zuschüsse an die ausgleichsberechtigten Länder verteilt werden; die Zuschüsse sind den Ländern unmittelbar zu überweisen.
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Anbang: Zusammenstellung der verwendeten Verfassungstexte
Art i k e I 107 Die endgültige Verteilung der der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegenden Steuern auf Bund und Länder soll spätestens bis zum 31. Dezember 19527 erfolgen, und zwar durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Dies gilt nicht für die Realsteuern und die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis. Hierbei ist jedem Teil ein gesetzlicher Anspruch auf bestimmte Steuern oder Steueranteile entsprechend seinen Aufgaben einzuräumen. Art i k el 140 Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
Il. Änderung des Grundgesetzes vom 23. Dezember 19558
Art i k e I 31, 72, 105 - unverändert Art i k e I 106 (1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu: 1. die Zölle, 2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern zustehen, 3. die Umsatzsteuer, 4. die Beförderungsteuer, 5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lasten-
7 Durch das Gesetz zur Änderung des Artikels 107 des Grundgesetzes, vom 20.04.1953, BGBI 1953 I 130, wurde die Jahreszahl ,,1952" durch ,,1954" ersetzt. Die Jahreszahl ,,1954" wurde sodann durch ,,1955" ersetzt duch das Zweite Gesetz zur Änderung des Artikels 107 des Grundgesetzes, vom 25.12.1954, BGBI 1954 I 517.
• Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) vom 23.12.1955, BGBI 1955 I 817 f.
Anhang: Zusammenstellung der velWendelen Verfassungstexle
6. 7. (2) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
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ausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, die Abgabe "Notopfer Berlin", die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer. Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu: die Vermögensteuer, die Erbschaftsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer, die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund zustehen, die Biersteuer, die Abgabe von Spielbanken, die Realsteuern, die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis.
(3) Vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen bis 31. März 1958 33 1/3 vom Hundert dem Bund und 66 2/3 vom Hundert den Ländern, ab 1. April 1958 35 vom Hundert dem Bund und 65 vom Hundert den Ländern zu. (4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soll das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Absatz 3) geändert werden, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben der Länder unterschiedlich entwickeln und in der Haushaltswirtschaft des Bundes oder der Länder ein so erheblicher Fehlbedarf entsteht, daß eine entsprechende Berichtigung des Beteiligungsverhältnisses zugunsten des Bundes oder zugunsten der Länder geboten ist. Hierbei ist von den folgenden Grundsätzen auszugehen: 1. Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben; Artikel 120 Abs. 1 bleibt unberührt. 2. Im Rahmen der ordentlichen Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. 3. Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird. Das Beteiligungsverhältnis kann erstmals mit Wirkung vom 1. April 1958, im übrigen jeweils frühestens zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, welches das Beteiligungsverhältnis zuletzt bestimmt hat, geändert werden; dies gilt nicht für eine Änderung des Beteiligungsverhältnisses nach Absatz 5.
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Anhaag: Zusammenstellung der velWendeten Verfassungstexte
(5) Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, ist das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer zugunsten der Länder zu ändern, wenn der Tatbestand des Absatzes 4 gegeben ist. Ist die Mehrbelastung der Länder auf einen kurzen Zeitraum begrenzt, kann sie durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden; in dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen. (6) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände). Die Landesgesetzgebung bestimmt, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt. Art i k e 1 107 (1) Das Aufkommen der Landessteuern steht den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können nähere Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens einzelner Steuern (Steueranteile) getroffen werden. (2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist ein angemessener finanzieller Ausgleich zwischen leistungsfähigen und leistungsschwachen Ländern sicherzustellen; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Dieses Gesetz bestimmt, daß aus Beiträgen leistungsfähiger Länder (Ausgleichsbeiträgen) leistungsschwachen Ländern Ausgleichszuweisungen gewährt werden; in dem Gesetz sind die Voraussetzungen für die Ausgleichsansprüche und die Ausgleichsverbindlichkeiten sowie die Maßstäbe für die Höhe der Ausgleichsleistungen zu bestimmen. Das Gesetz kann auch bestimmen, daß der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Art i k e 1 140 - unverändert -
Anhang: Zusammenstellung der verwendeten Verfassungstexte
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III. Änderung des Grundgesetzes vom 24. Dezember 1956q Art i k e I 31, 72, 105 - unverändert Art i k e I 106 -
(1) unverändert -
(2) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. -
Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu: die Vermögensteuer, die Erbschaftsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer, die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund zustehen, die Biersteuer, die Abgabe von Spielbanken, die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis.
(3) bis (5) unverändert -
(6) Das Aufkommen der Realsteuern steht den Gemeinden zu. Bestehen in einem Lande keine Gemeinden, so steht das Aufkommen dem Lande zu. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Realsteuern als Bemessungsgrundlage fiir Umlagen und Zuschläge zugrunde gelegt werden. Von dem Länderanteil an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt. (7) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, wird der Bund den erforderlichen Ausgleich gewähren, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeinde-
• Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Artikels 106 des Grundgesetzes, vom 24.12.1956, BGBI 1956 I 1077. 25 Küssner
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verbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastung zu tragen. Entschädigung