Deutsches Literatur-Lexikon. Das Mittelalter. Bd. 2. Das geistliche Schrifttum des Spätmittelalters [2] 3598249942, 9783598249945, 9783598441431

Mit einem einführenden Essay von Regina D. Schiewer und Werner Williams-Krapp. Band 2 umfasst das deutschsprachige geis

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Deutsches Literatur-Lexikon. Das Mittelalter. Bd. 2. Das geistliche Schrifttum des Spätmittelalters [2]
 3598249942, 9783598249945, 9783598441431

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Deutsches Literatur-Lexikon Das Mittelalter

Deutsches Literatur-Lexikon Das Mittelalter Herausgegeben von Wolfgang Achnitz Band 2 Das geistliche Schrifttum des Sp¨atmittelalters Mit einem einf¨uhrenden Essay von Regina D. Schiewer und Werner Williams-Krapp

De Gruyter

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Bandes Mag. Sabina Foidl, M¨unchen; Bruno Jahn, Mu¨ nchen; Dr. Mike Malm, Mu¨ nchen; Dr. Christine Stridde, Mu¨ nchen; Dr. Volker Zapf, M¨unchen

Redaktionelle Leitung Bruno Jahn

ISBN 978-3-598-24994-5 e-ISBN 978-3-598-44143-1 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet u¨ ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Copyright 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Satz: bsix information exchange GmbH, Braunschweig Druck: Strauss GmbH, Mo¨ rlenbach 0 Gedruckt auf s¨aurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Das geistliche Schrifttum des Sp¨atmittelalters vom Anfang des 14. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts von Regina D. Schiewer und Werner Williams-Krapp

Die zunehmende Verbreitung geistlicher Literatur In der ersten H¨alfte des 14. Jahrhunderts hatte die Produktion und Verbreitung geistlicher Literatur in deutscher Sprache Hochkonjunktur. Ein besonderer Ausdruck dieser Wertsch¨atzung ist die sogenannte ostmitteldeutsche ‹Deutschordensliteratur› aus dem Umfeld des am Ende des 12. Jahrhunderts gegru¨ ndeten Deutschen Orden, eines ritterlichen Laienordens. Vor allem f¨ur die Tischlesung wurden dort Texte ben¨otigt, die einerseits selbstverst¨andlich geistliche Inhalte haben sollten, andererseits aber auch den hohen literarischen Anspr¨uchen der adeligen Laien des Ordens gen¨ugen und deren Selbstvergewisserung dienen sollten. Hauptrezeptionsgebiet war das Deutschordensland, Verbreitung fand die Literatur aber auch in den Deutschordensh¨ausern insgesamt. Dies f¨uhrte seit der Mitte des 13. Jahrhunderts zur Produktion von Versdichtungen, deren Themen sich vor allem an den Schriften des Alten Testaments orientierten, wie die um 1254 entstandene Judith eines anonymen Autors oder die Makkab¨aer (um 1330). Hinzu kommen die mit dem Namen Heinrichs von Hesler verbundenen, vermutlich bald nach 1300 zu datierenden Dichtungen der Apokalypse und des Evangeliums Nicodemi sowie der nur bruchst¨uckhaft u¨ berlieferten Erl¨osung, die allesamt endzeitliche Themen zum Gegenstand haben. Den zweiten Schwerpunkt der Deutschordensliteratur stellt mit dem Passional und dem V¨aterbuch die Legendendichtung dar. Diese gereimte Form volkssprachiger Hagiographie findet zwar bis zur Jahrhundertmitte eine starke Verbreitung, stellt indes ein Auslaufmodell dar: Im Laufe

der zweiten H¨alfte des 14. und vor allem dann w¨ahrend des 15. Jahrhunderts entwickelte sich die Prosalegende zu einer der beliebtesten Gattungen volkssprachlicher Literatur (s. u.). W¨ahrend die Deutschordensliteratur traditionell ihren Platz in der Literaturgeschichtsschreibung hat, gilt dies f¨ur die Texte, die quantitativ den Großteil der deutschsprachigen geistlichen Literatur der ersten H¨alfte des 14. Jahrhunderts ausmachen, in weit geringerem Maße. Es handelt sich um die fast un¨uberschaubare Flut erbaulicher, unterweisender und belehrender Prosatexte, deren quantitativ wichtigste Textsorte nach wie vor die Predigt, das einzige Massenmedium des Mittelalters, war. Das steigende Interesse an geistlicher Literatur in der Volkssprache ist vor allem auf den Bedeutungszuwachs und die zunehmende Literarisierung der Laien in den St¨adten sowie die Frauenseelsorge der Bettelorden (vor allem der Dominikaner) zuru¨ ckzuf¨uhren. Gleichzeitig sind als Faktoren dieser Entwicklung aber auch die religio¨ sen Laienbewegungen des 12. und 13. Jahrhunderts nicht außer Acht zu lassen: Hunderte von Frauenkonventen mussten seelsorgerlich betreut werden. Daru¨ ber hinaus brachte die gestiegene Anzahl von Frauenkonventen auch eine gro¨ ßere Zahl literarisierter Frauen mit sich, von denen allerdings nur wenige lateinkundig waren. Sie rezipierten nicht nur volkssprachige Texte, sondern waren auch an ihrer Produktion beteiligt. Vor allem im Rahmen der dominikanischen Seelsorge f¨ur geistliche Frauen («cura monialium») ist das Schrifttum anzusiedeln, das gemeinhin als ‹mystische Literatur› bezeichnet wird und das die geistliche Literatur der ersten H¨alfte des 14. Jahrhunderts bestimmt. V

Mystische und mystagogische Literatur der Gelehrten Mystische Traktat- und Predigtliteratur entstand vorrangig im Rahmen dominikanischer «cura monialium». Sie sprach aber auch andere Kreise an, vom st¨adtischen Laienpublikum u¨ ber Beginen bis zu Weltgeistlichen. Die mystische Predigt ist jedoch bei weitem nicht auf die «cura» beschr¨ankt: Sie wird vielmehr zum Forum einer deutschsprachigen theologischen Diskussion innerhalb der sogenannten deutschen Dominikanerschule des fru¨ hen 14. Jahrhunderts, die sich, grob gesagt, um Meister Eckhart und Dietrich von Freiberg (um 1250–1318/20) konzentrierte. Ihren Niederschlag fand diese Debatte u. a. in der dominikanischen Predigtsammlung des Paradisus anime intelligentis, und ihre Spuren reichen bis in gleichzeitige Sammlungen, die mehr oder weniger disparates Predigtgut kompilieren. Von Johannes Tauler weitergef¨uhrt und im Anspruch reduziert, reicht der Einfluss der mystischen Predigt u¨ ber das 14. Jahrhundert hinaus bis weit in das 15. Jahrhundert. Wichtige Vertreter wie Marquard von Lindau († 1392) und Konrad B¨omlin (1380-1449) stammen aus dem Franziskanerorden (s. u.). Was aber versteht man eigentlich unter dem Begriff ‹mystisch›? Dieser Terminus steht als Chiffre f¨ur einen bestimmten Abschnitt der Geschichte des deutschsprachigen geistlichen Schrifttums im Mittelalter, in dem die «unio mystica» bzw. «cognitio dei experimentalis», also die Vereinigung mit Gott und die Gotteserkenntnis, zu einem der zentralen Themen wurde. Meister Eckhart ist zweifellos die zentrale Figur und der Ausgangspunkt jeder Besch¨aftigung mit mystischer Predigt. Er geh¨ort zu den bedeutendsten Philosophen und Theologen des europ¨aischen Mittelalters. Sein Bildungsgang und seine unterschiedlichen Funktionen im Dominikanerorden sind bis hin zum H¨aresieprozess, der gegen ihn gef¨uhrt und mit der Bulle In agro dominico nach seinem Tod am 27. M¨arz 1329 abgeschlossen VI

wurde, gut bekannt. Auch wenn das Werk Meister Eckharts f¨ur die Produktion mystischer Literatur eine Art Initialzu¨ ndung war, so erweist es sich doch hinsichtlich seiner ¨ Uberlieferung als recht schmal. Dies gilt sowohl f¨ur das deutsche als auch f¨ur das lateinische Werk. Im Mittelpunkt der Edition seiner deutschen Predigten stand schon immer die Echtheitsfrage. Der Prozess sowie die ge¨ ringe Uberlieferung pr¨agten die Diskussion um die Authentizit¨at bis in die ju¨ ngste Zeit. Als m¨oglicher Grund f¨ur die u¨ berraschend ¨ schmale Uberlieferungsbreite der Werke dieses so wirkungsm¨achtigen Theologen muss stets der gegen ihn angestrengte H¨aresieprozess in Betracht gezogen werden. Erst die generelle Neuorientierung der Forschung auf u¨ berlieferungs- und textgeschichtliche Fragen f¨uhrte auch in der Eckhart-Forschung zu einer neuen Standortbestimmung, so dass nun die Bedeutung der Prozessakten weitgehend hinter Text¨uberlieferung und Textgeschichte zuru¨ cktritt. Diese Neubewertung f¨uhrte letztlich zur Entdeckung weiterer Eckhart-Predigten, die sich in der redaktionellen Bearbeitung sowie der Traktat- und Exzerpt¨uberlieferung verbargen. Wichtig f¨ur die Neubewertung ist auch die Profilierung bzw. Entdeckung einer deutschen Dominikanerschule im beginnenden 14. Jahrhundert, deren intellektueller Mittelpunkt das Studium generale des Ordens in K¨oln war. Sie war auch der Ort, von dem aus Eckhartisten nach Eckharts Tod und Verurteilung die Verbreitung und Rechtfertigung seines Werkes u¨ bernahmen. Zur Gruppe dieser Schriften z¨ahlen neben der Rechtfertigungsschrift, der CT-Rezension seiner lateinischen Werke und der Basler Anthologie auch Heinrich Seuses B¨uchlein der Wahrheit und vor allem die Predigtsammlung Paradisus anime intelligentis. Die deutschen Predigten Eckharts werden auch intensiv im Zusammenhang mit Eckharts T¨atigkeit als Visitator der Frauenkonvente im deutschen Su¨ dwesten diskutiert und als Auseinandersetzung mit einer spezifischen frauenmystischen

Fro¨ mmigkeit gesehen, wie sie besonders in den sogenannten Gnadenviten und den dominikanischen Schwesternbu¨ chern (s. u.) zum Ausdruck kommt. Damit wird ein zentraler Aspekt von Eckharts Predigtt¨atigkeit und -auftrag zum Verst¨andnisrahmen seiner Predigtinhalte gemacht, zugleich verliert aber Eckharts Verwendung der Volkssprache als Medium des theologischen und philosophischen Diskurses, der sich explizit an ein Laienpublikum wendet, an Bedeutung. Die Nachwirkung Eckharts war beachtlich. Dies gilt insbesondere f¨ur die weitfl¨achige Verarbeitung Eckhartscher Texte in Spruch- und Exzerptsammlungen wie kompilierender Traktatliteratur. Deutlicher wird sie bei Heinrich Seuse und Johannes Tauler sowie in den Predigtsammlungen des 14. Jahrhunderts. In einer oft zitierten Stelle seiner Predigten verweist Eckhart darauf, dass es ihm um Wahrheit, um g¨ottliche Wahrheit, geht und dass er nicht bereit ist, um ihres Verst¨andnisses willen Kompromisse zu machen, weder sprachlich noch konzeptionell: «wer dise rede niht enverstˆat, der enbeku¨ mber sˆın herze niht dˆa mite. Wan als lange der mensche niht glˆıch enist dirre wˆarheit, als lange ensol er dise rede niht verstˆan; wan diz ist ein unbedahtiu wˆarheit, diu dˆa komen ist uˆ z dem herzen gotes aˆne mittel» (Wer diese Rede nicht versteht, der beku¨ mmere sein Herz nicht damit. Denn, solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleicht, solange wird er diese Rede nicht verstehen; denn dies ist eine unverh¨ullte Wahrheit, die da gekommen ist aus dem Herzen Gottes unmittelbar). Ganz anders ist dazu die Einstellung Johannes Taulers (um 1300-1361), der sich darum bem¨uht, gerade dieses Unvermittelbare seinen Zuh¨orern verst¨andlich zu machen. Tauler stammt aus der Straßburger Oberschicht und war Mitglied des Straßburger Dominikanerkonvents. Seine Ausbildungszeit f¨allt in die Hochzeit der fru¨ hen dominikanischen Mystik. Von 1314 bis 1324 war Eckhart als Vikar des Ordensgenerals h¨aufig in Straßburg, und ¨ Johannes von Sterngassen lehrte dort. Uber

ein direktes Lehrer-Sch¨uler-Verh¨altnis zwischen Eckhart und Tauler ist – anders als bei Heinrich Seuse – nichts bekannt. Sicher ist, dass Tauler in seinem Predigtwerk stark durch Eckharts Denken und Theologie beeinflusst ist und auf ihn als «minnenclich meister» Bezug nimmt. Allerdings l¨asst sich f¨ur Tauler kein exakter ordensinterner Bildungsgang rekonstruieren, und es gibt keinerlei Belege daf¨ur, dass er sich je am Studium generale des Ordens in K¨oln, der ‹Kaderschmiede› der Dominikaner, aufgehalten hat. Tauler sah seine Hauptaufgabe in der «cura animarum», und insofern nimmt er eine Schl¨usselstellung in der Vermittlung der dominikanischen (mystischen) Lehre u¨ ber die Grenzen des Klosters hinaus an Laien ein: Sein Werk besteht nach heutigem Erkenntnistand aus einem Corpus von 83 deutschsprachigen Predigten. Tauler hat – und dieses Faktum kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden – ausschließlich in der Volkssprache geschrieben. Durch sein Werk wurde die mystische Predigt in der Volkssprache zum Massenmedium, u¨ berliefert in mehr als 200 Handschriften und mit kontinuierlicher Drucku¨ berlieferung seit 1498. F¨ur Heinrich Seuses (1295/97-1366) Lebensweg bezieht sich die Forschung vorwiegend auf die von ihm selbst verfasste Vita, in der Seuse allerdings nie in der Ich-Form, sondern stets von einem «Diener der ewigen Weisheit» spricht. W¨ahrend sich die Eckdaten des Lebens Seuses aus anderen Quellen erschließen, ist doch f¨ur die Beschreibung seines spirituellen Weges, die sich auf die Vita st¨utzt, Vorsicht geboten. Seuse trat im Alter von 13 Jahren vorzeitig in das Dominikanerkloster auf der Insel in Konstanz ein. Fu¨ r den vorzeitigen Eintritt ihres Sohnes machten die Eltern dem Kloster eine Schenkung, was erw¨ahnenswert ist, weil Seuse nach Ausweis der Vita diese kirchenrechtlich fragw¨urdige Transaktion lange Zeit beunruhigte. Von ungef¨ahr 1323 an studierte Seuse am Studium generale in K¨oln, wo Meister Eckhart großen Einfluss auf ihn aus¨ubte. 1326 oder 1327 kehrte er als Lektor nach Konstanz zuru¨ ck VII

und geriet um 1330 in H¨aresieverdacht, der nach Ausweis der Vita zu einer Wende in seinem Leben f¨uhrte: Seuse verwarf die Vorstellung, zur Erfahrung von Gottes N¨ahe seinen K¨orper in Askese abt¨oten zu m¨ussen und folgte stattdessen dem ‹mystischen Weg›, der «via mystica», auf dem das Leiden nur als Zwischenstation zur rechten Gelassenheit erfahren wird. Zu diesem Zeitpunkt begann vermutlich auch die Predigt- und Missionst¨atigkeit Seuses außerhalb des Klosters, zu dessen Prior er gegen 1343 gew¨ahlt wurde. Da Konstanz jedoch mit dem Interdikt belegt worden war, befand sich Seuse zu dieser Zeit vermutlich im Exil. Erst 1346 kehrte er nach Konstanz zuru¨ ck, aufgrund von Verleumdungen wurde er schon 1347 nach Ulm versetzt und starb dort am 25. Januar 1366. Seuses Vita entstand in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Sie ist Teil des sogenannten Exemplars, das einen Großteil des uns bekannten deutschen Werks Heinrich Seuses enth¨alt. Auf die Vita, deren Aufzeichnung Seuse eng an seine geistliche Freundschaft mit Elsbeth Stagel aus dem Kloster T¨oss bei Winterthur kn¨upft, folgt das B¨uchlein der Ewigen Weisheit, das Betrachtungen u¨ ber das Leiden Christi und Gedanken u¨ ber den leiblichen und geistlichen Tod enth¨alt. Das B¨uchlein der Ewigen Weisheit geh¨orte zu den beliebtesten Andachtsbu¨ chern des Sp¨atmittelalters und ist vollst¨andig in u¨ ber 230 Handschriften u¨ berliefert, in Ausz¨ugen sogar in u¨ ber 550 Handschriften. Das zun¨achst in lateinischer Sprache abgefasste Horologium sapientiae ist seine erweiterte Fassung. Als fru¨ he Vorstufe des B¨uchleins der Ewigen Weisheit wird das in nur einer Handschrift u¨ berlieferte Minneb¨uchlein angesehen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob es sich hierbei tats¨achlich um ein Werk Seuses handelt. Den dritten Teil des Exemplars bildet das B¨uchlein der Wahrheit, was sich nach ¨ Auskunft der Uberlieferung des geringsten Interesses erfreute, da es außerhalb des Exemplars in nur sechs Handschriften u¨ berliefert ist. Ein Grund f¨ur diese geringe Beachtung VIII

liegt wohl im Zielpublikum der betreffenden Schrift: Das B¨uchlein der Wahrheit richtet sich mit seiner Auseinandersetzung mit Teilen der Theologie Meister Eckharts vor allem an gelehrte Ordensbru¨ der. Der letzte Teil des Exemplars ist das mystagogische, sogenannte Briefb¨uchlein, dessen elf Briefe aufeinander aufbauen, so dass sie im Selbststudium verwendet werden ko¨ nnen, um eine Stufe nach der anderen zur mystischen Vereinigung mit Gott zu gelangen. Außerhalb des Exemplars gibt es ein Pendant zu diesem Briefb¨uchlein, n¨amlich das Große Briefbuch, das 28 Briefe an Elsbeth Stagel und andere Dominikanerinnen enth¨alt und sich vorrangig mit dem Thema der Gottesliebe besch¨aftigt. Die Schriften Seuses, allen voran seine Vita, haben vor allem eine mystagogische Funktion: Sie bieten ihren Rezipienten Anleitungen daf¨ur, wie sie ihr Leben auf das Ziel der ‹unio mystica›, der Einswerdung mit Gott, ausrichten k¨onnen. Fragestellungen der spekulativen Mystik treten bei Seuse zugunsten seiner seelsorgerlichen Bemu¨ hungen zuru¨ ck, z. B. die Ablehnung exzessiver Askese. So ist etwa die Frage nach der h¨ochsten Form der Gelassenheit, bei der man Gott um Gottes willen lassen muss, keine Frage, die Seuse den Rezipienten seiner Texte zumutet. Seuses Form mystischer Lehre unterscheidet sich von der Predigt Taulers durch das Exemplarische, Beispielhafte. Seuse bem¨uht sich vor allem durch die Beschreibung eines exemplarischen Lebens in seiner Vita um eine Komplexit¨atsreduktion der mystischen Lehre. Sein Werk ist eine Lebenshilfe f¨ur denjenigen, der der ‹via mystica› folgen m¨ochte.

Die sogenannte ‹Gottesfreundeliteratur› und das frauenmystische Schrifttum Im 14. Jahrhundert existierten in Basel und in Straßburg, vermutlich aber auch in anderen gro¨ ßeren St¨adten vor allem am Oberund Niederrhein, innerhalb des Stadtpatriziats

Gruppen, die ein großes Interesse an mystischer Literatur hatten. Hierauf weist pro¨ minent die Ubertragung des Fließenden Lichts der Gottheit Mechthilds von Magdeburg aus dem Niederdeutschen ins Oberdeutsche hin, die im Umfeld der Margareta vom Goldenen Ring in Basel unter Beteiligung Heinrichs von N¨ordlingen entstand. Vor allem die Briefe Heinrichs von N¨ordlingen an die mystisch begabte Margareta Ebner im Dominikanerinnenkonvent Maria Medingen zeichnen uns ein deutliches Bild des Beziehungsgeflechts zwischen diesen Gruppen. Die Briefe geben Aufschluss u¨ ber pers¨onliche Beziehungen zwischen Heinrich von N¨ordlingen und dem Straßburger Kaufmann und Bankier Rulman Merswin, dessen Beichtvater 1347/48 Johannes Tauler war. Im Jahre 1347, in seinem 40. Lebensjahr, entschied sich Merswin zu einem Leben als «deo devotus» und kaufte das verlassene Benediktinerkloster ‹Zum Gr¨unen W¨orth› in Straßburg, das fortan formell dem Johanniterorden unterstand, de facto aber von drei Pflegern aus dem Laienstand geleitet wurde. Das ehemalige Kloster wurde zu einem Zentrum der Rezeption und Produktion geistlicher Literatur in der Volkssprache. Aufgrund verschiedener Faktoren, zu denen neben den Briefen Heinrichs von N¨ordlingen auch die Konstruktion des so genannten «großen Gottesfreundes vom Oberland» in den Schriften Merswins geh¨ort, hielt sich lange die Auffassung, dass es im 14. Jahrhundert eine religio¨ se Bewegung der ‹Gottesfreunde› gegeben habe, zu der vor allem Rulman Merswin, Johannes Tauler, Heinrich von N¨ordlingen, Margareta Ebner und Margareta vom Goldenen Ring mit den sie jeweils umgebenden Kreisen geh¨ort h¨atten. F¨ur die Folgezeit wurden unreflektiert solche Werke und Autoren der sogenannten Gottesfreundebewegung zugerechnet, die das Wort ‹Gottesfreund› erw¨ahnen, darunter Marquard von Lindau, die Theologia deutsch und Otto von Passau (s. u.). Bei einer n¨aheren Analyse der Texte gibt es allerdings keine stichhaltigen

Gru¨ nde, weiterhin von einer ‹Gottesfreundebewegung› zu sprechen. Doch auch wenn man nicht von einer religio¨ sen Bewegung und einer festen Gruppe von Gottesfreunden sprechen kann, existierte doch in der ersten H¨alfte des 14. Jahrhunderts ein mehr oder weniger loses Netzwerk von Laien, Klosterangeh¨origen und Klerikern, die entweder selbst an der Produktion mystischer Texte beteiligt waren oder aber sich am Literaturtransfer derselben beteiligten. Im Zentrum dieser Literaturproduktion und ihres Transfers befindet sich die Vitenund Offenbarungsliteratur dieser Zeit, allen voran die einzelpers¨onlichen Gnadenviten der bereits erw¨ahnten Margareta Ebner, die Viten der Engelthaler Dominikanerinnen Adelheid Langmann und Christine Ebner sowie des Engelthaler Klosterkaplans Friedrich Sunder. Adelheid Langmann wiederum stand in Briefkontakt mit dem Abt (Ulrich) des Zisterzienserklosters Kaisheim (n¨ordlich von Augsburg), von dem auch Briefe an Margareta Ebner u¨ berliefert sind. Aus den Briefen Heinrichs von N¨ordlingen an Margareta geht hervor, dass er mindestens einmal das Kloster in Kaisheim und seinen Abt besuchte, und Heinrich empfiehlt Margareta an anderer Stelle, eine Abschrift des Horologium sapientiae Heinrich Seuses aus Kaisheim zu entleihen. In a¨ hnlicher Weise ko¨ nnten noch eine Reihe anderer Personen mit den eben Genannten in Verbindung gebracht werden. Entscheidend ist jedoch, dass das Verbindende zwischen diesen Frauen und M¨annern, die aus ganz unterschiedlichen sozialen und klo¨ sterlichen Kontexten stammten, das Interesse an einem bestimmten Literaturtypus gewesen ist, dessen Inhalt es war, Gotteserfahrungen bis hin zu Erlebnissen, welche die Vereinigung mit Gott zum Gegenstand hatten, zu schildern oder aber Hilfestellungen f¨ur eine entsprechende Lebensf¨uhrung zu geben, die den Rezipienten dieser Literatur solchen Gotteserfahrungen n¨aher bringen konnte. Einige der einzelpers¨onlichen Gnadenviten dieser Zeit fanden Aufnahme in einen IX

Buchtypus, der sich vor allem in s¨uddeutschen Dominikanerinnenkl¨ostern in der ersten H¨alfte des 14. Jahrhunderts ausbildete. Es handelt sich dabei um die dominikanischen Schwesternbu¨ cher, in denen einzelne Konvente die Lebensgeschichten und Gnadenerlebnisse bedeutender Schwestern ihrer Gemeinschaften sammelten und nach dem Vorbild der dominikanischen Vitae fratrum zu Sammlungen zusammenf¨ugten. Meist wurde ihnen noch ein Bericht von der Entstehung und Gru¨ ndung des Klosters hinzugef¨ugt. Die Schwesternbu¨ cher zeugen davon, dass viele Frauenkonvente bem¨uht waren, die vision¨are Begabung ihrer Angeh¨origen identit¨atsstiftend zu verarbeiten. Zu diesen Konventen geh¨oren St. Katharinental bei Diessenhofen, Engelthal bei N¨urnberg, Kirchberg bei Sulz, ¨ Otenbach in Z¨urich, Adelhausen bei Freiburg, Weiler bei Esslingen und T¨oss bei Winterthur. Unter diesen origin¨ar in deutscher Sprache verfassten Schwesternbu¨ chern gibt es nur eines, das urspru¨ nglich zwischen 1320 und 1340 in lateinischer Sprache verfasst und erst etwa 150 Jahre nach seiner Entstehung u¨ bersetzt und bearbeitet wurde: die Vitae sororum von Unterlinden in Colmar. Die Schwesternbu¨ cher vereinen in sich meist sehr disparate Offenbarungstexte: Knappe, wenige S¨atze umfassende Berichte von einer Vision einer verstorbenen Mitschwester stehen neben ausf¨uhrlichen Lebensbeschreibungen, von denen nicht wenige vermutlich bereits außerhalb des Kontextes des Schwesternbuchs als einzelpers¨onliche Viten existiert haben. Bei manchen der Sammlungen lassen sich inhaltliche Schwerpunktsetzungen ausmachen: So ist beispielsweise f¨ur ¨ das Otenbacher Schwesternbuch ein großes Interesse an leidensmystischen Erfahrungen und ihren Schilderungen zu konstatieren. Es ist auch genau dieses Schwesternbuch, das die ausf¨uhrliche Vita der Elsbeth von Oye, die sich durch ihre L¨ange von anderen Texten der Sammlung deutlich abhebt, integriert hat. Elsbeth von Oye bedarf hier besonderer X

Erw¨ahnung, da von ihr das erste deutschsprachige Autograph, also das erste eigenh¨andige Manuskript einer namentlich genannten Autorin, vorliegt. Dieses Autograph u¨ berliefert eine um 1320 entstandene Handschrift, die kaum doppelt so groß ist wie eine Streichholzschachtel: Sie enth¨alt eine durch Rasuren, Streichungen und eingeklebte Zettel mehrfach von der Autorin verbesserte und erg¨anzte Schilderung ihrer durch kreuzigungsf¨ormige Leidenspraktiken (auf den K¨orper gebundene Nagelkreuze) herbeigef¨uhrten Auditionen und g¨ottlichen Offenbarungen. In redaktionell bearbeiteter Form fanden diese Offen¨ barungen gegen 1340 Aufnahme in das Otenbacher Schwesternbuch. Als Intention f¨ur die Erstellung der Schwesternbu¨ cher wird immer wieder der Wunsch nach einer Verortung der Schwestern in der heiligen Gemeinschaft und der bedeutenden Geschichte ihres Konvents und somit die Identit¨atssicherung der lebenden Generation herausgestellt. Erst ku¨ rzlich wurde f¨ur die Niederschrift und Zusammenstellung der Gnadenerlebnisse ein weiterer Grund in Erw¨agung gezogen: Die individuelle Begegnung der Vision¨arinnen mit dem g¨ottlichen Wesen, die Aufmerksamkeit und Verehrung, welche die Vision¨arinnen erfuhren, ließ sich mit dem Leben in einer auf Gemeinsamkeit und Entindividualisierung gerichteten Klostergemeinschaft nicht oder nur sehr schlecht vereinbaren. Gerade das Beispiel der Elsbeth von Oye, die aufgrund ihrer selbst zugef¨ugten Verletzungen h¨aufig krank war und u¨ ber Jahre hinweg nur a¨ ußerst unregelm¨aßig am gemeinsamen Chorgebet teilnehmen konnte, zeigt, wie Vision¨arinnen das Leben der Gemeinschaft belasten und gef¨ahrden konnten. Aus dem 15. Jahrhundert sind uns normative Texte bekannt, die sich aus diesem Grund a¨ußerst skeptisch u¨ ber Offenbarungen a¨ ußern und sie als Vorspiegelungen des Teufels bezeichnen. Mit den Schwesternbu¨ chern ko¨ nnte im Gegensatz hierzu bereits fru¨ h ein Versuch unternommen worden sein, die Visionen einer einzelnen zu vergesellschaften und ihren

spirituellen Wert f¨ur die ganze Gemeinschaft nutzbar und erfahrbar zu machen. (Regina D. Schiewer)

Ver¨anderungen nach der Mitte des 14. Jahrhunderts In der zweiten H¨alfte des 14. Jahrhunderts kam es in der volkssprachigen Literatur zu einer deutlichen Z¨asur: Die Herstellung und Verbreitung religio¨ sen Schrifttums – mit Ausnahme des mystischen – ging nach etwa der Jahrhundertmitte spu¨ rbar zuru¨ ck; verh¨altnism¨aßig wenige Handschriften sind aus dieser Zeit u¨ berliefert. Verantwortlich war eine Vielzahl von Faktoren, etwa die verheerenden Auswirkungen der Pest (vor allem nach 1348), der allgemeine Verfall kirchlicher Institutionen, wie auch die vielen anderen naturbedingten Heimsuchungen. Jedenfalls waren die Voraussetzungen, die zu einem sprunghaften Anstieg im Bereich der volkssprachigen geistlichen Literatur in der ersten H¨alfte des 14. Jahrhunderts gef¨uhrt hatten, nicht mehr gegeben. Dennoch verfasste der Franziskaner Marquard von Lindau († 1392) in dieser Zeit ein bedeutendes Œuvre, das sich vor allem mit den Themen Dekalog, Eucharistie, Passio Christi und Marienverehrung befasst. In den Werken, die zum Teil als Meister-J¨ungerGespr¨ache gestaltet werden, entwirft Marquard umfassende und anspruchsvolle christliche Lebenslehren mit mystagogischen Elementen. Seine Schriften geh¨oren zu den verbreitetsten volkssprachigen religi¨osen Lehrwerken vor der Reformation, insbesondere sein Dekalogtraktat erreichte im 15. Jahrhundert eine breite Rezeption. Wohl auch noch in die zweite H¨alfte des 14. Jahrhunderts zu datieren – obwohl erst in Handschriften ab der Mitte des 15. Jahrhunderts u¨ berliefert –, ist die Theologia deutsch eines anonymen Deutschordenspriesters der Frankfurter Kommende. Martin Luther, der das Werk außerordentlich sch¨atzte und mit

einer eigenen Einleitung versehen zweimal drucken ließ, verlieh dem Verfasser den Namen ‹Der Frankfurter›. Die Schrift bietet eine Vollkommenheitslehre mit dem Ziel, eine v¨ollige Vereinigung mit Gott (‹Vergottung›) zu erreichen, und zwar durch eine absolute Unterwerfung unter den Willen Gottes, verbunden mit einer vollst¨andigen Selbstent¨außerung. Gleich zu Beginn des 15. Jahrhunderts entstand eines der bedeutendsten Werke der sp¨atmittelalterlichen Literatur, der Ackermann aus B¨ohmen des Johannes von Tepl, ein dichterisch-rhetorisches Meisterwerk, das die f¨ur die Zeit so typische Unterweisungsliteratur deutlich u¨ berragt. Johannes war Laie und mithin als Verfasser geistlicher Literatur in dieser Epoche eine Ausnahme. Der Ackermann – letztlich der Mensch schlechthin –, dessen geliebte Frau vor kurzem gestorben ist, klagt den personifizierten Tod an und verwickelt sich mit ihm in ein Streitgespr¨ach, in dem es um den Sinn von Leben und Tod geht. Schließlich lobt Gott den Ackermann f¨ur die tiefe Liebe zu seiner Frau, gibt aber dem Tod auch Recht, da er nur Gottes Willen ausf¨uhrt. Ein umfangreiches F¨urbittgebet schließt das Werk ab. Der Ackermann wurde bereits um 1460 gedruckt. Damit geh¨ort der Text zu den a¨ ltesten gedruckten volkssprachigen Dichtungen u¨ berhaupt. ¨ der volksUm 1390 begann eine neue Ara sprachigen religi¨osen Literatur. Seit 1378 war die Kirche gespalten, das Schisma sollte bis 1417 w¨ahren. Dieser Zustand und andere Faktoren, die das Vertrauen der Gl¨aubigen in die Institution Kirche ersch¨utterten, f¨uhrten zu einer Mobilisierung von Kr¨aften innerhalb des Klerus, die eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern energisch voranzutreiben vornahmen. Dies f¨uhrte 1. zur Einberufung zweier Konzilien, bei denen man eine Minderung der p¨apstlichen Macht erreichen wollte, 2. zu fast alle Orden umfassenden Reforminitiativen, deren Ziel es war, die monastische XI

Lebensform wieder strenger an der Ordensregel zu orientieren, 3. zu Anstrengungen, die sich mit der Anhebung des vielfach beklagenswerten Bildungsniveaus der Priester befassten, und 4. zu einer Umorientierung in der Theologie hin zu mehr Praxisbezug. Obwohl die Reformkr¨afte sehr einflussreich waren und vieles erreichten, waren sie nie einflussreich genug, um wirklich Entscheidendes zu bewirken. Die reformerischen Initiativen und Errungenschaften verliefen im Laufe des 15. Jahrhundert zumeist im Sande. Zu stark waren die Widerst¨ande der Reformgegner. Kleriker, die nicht aus innerer Berufung diesem Stand angeh¨orten – und das waren in der Tat viele – waren nicht zu einer h¨arteren Lebensform und gro¨ ßeren Bildungsanstrengungen zu bewegen, die Ru¨ ckkehr zur strengen Observanz in den Kl¨ostern hielt h¨aufig nicht lange an u. a. m. Dennoch sind die Anstrengungen des Reformklerus von zentraler Bedeutung f¨ur die Entstehung und Verbreitung von geistlicher Literatur im 15. Jahrhundert. Die Literarisierung der «illitterati» war aufs engste mit grunds¨atzlichen Neuans¨atzen im Bereich der Theologie verbunden. Bereits im sp¨aten 14. Jahrhundert wurde in der Theologie die Gefahr eines Auseinanderfallens von Schultheologie und Fr¨ommigkeit erkannt. Theologie ohne oder mit nur wenig praktischem Lebensbezug wurde nun als Verstiegenheit abgelehnt. Auf breiter Front setzte sich ein neuer Theologieansatz durch, der eine radikale Abkehr von der rein akademischen, nur f¨ur Gelehrte intendierten Wissenschaft suchte. Diese neue Richtung in der Theologie, die in der Forschung ‹Fr¨ommigkeitstheologie› genannt wird, zeichnete sich durch ein Bem¨uhen um die Vereinfachung theologischer Zusammenh¨ange und ein wahres Zuru¨ ck zu den einfachen Lehren der V¨ater aus (B. Hamm). Der wichtigste Vertreter dieser Reformtheologie des 15. Jahrhunderts war der Kanzler der Pariser Universit¨at, Jean Gerson XII

(† 1429), der in seinen Schriften die Einheit von scholastischer und mystischer Theologie, von Gelehrsamkeit und Fro¨ mmigkeit propagierte. Die Fro¨ mmigkeitstheologie, die den theologischen Diskurs im 15. und fru¨ hen 16. Jahrhundert dominierte, konzentrierte sich auf die Themen, die f¨ur Seelsorge und Verku¨ ndigung wichtig waren und den spirituellen Bedu¨ rfnissen der semigebildeten, vor allem st¨adtischen «illiterati» entsprachen. Der durchschlagende Erfolg der Fro¨ mmigkeitstheologie f¨uhrte zu weit reichenden Konsequenzen f¨ur die praktische, sowohl m¨undlich als auch schriftlich vermittelte Seelsorge. Denn Gerson und andere Fro¨ mmigkeitstheologen sahen in der entschiedenen F¨orderung von volkssprachiger Literatur ein wichtiges Element einer umfassenden Kirchenreform. Die an sich konservativ/restaurativ gestimmten Reformer bejahten dezidiert die sich bietenden M¨oglichkeiten der laikalen literarischen Selbstpastoration, was allerdings auch dazu f¨uhrte, dass alte starre Bildungsbarrieren in erheblichem Umfang eingerissen wurden. Als die religio¨ se Literatur in deutscher und niederl¨andischer Sprache im endenden 14. Jahrhundert mit ihrem großen Aufbruch begann, hatten die Reformkr¨afte im Blick auf revolution¨are gesellschaftliche Entwicklungen die Weichen im Bereich der Illitteratenbildung neu gestellt. Der rapide voranschreitende laikale Literarisierungsprozess war inzwischen unaufhaltsam geworden. Der ¨ Ubergang zu schriftlichen Verkehrsformen in Rechtspflege, Verwaltung und Wirtschaft f¨uhrte vor allem bei den st¨adtischen Laien zu einem allgemeinen Bewusstsein von der Notwendigkeit der Alphabetisierung. Auch die urbane Oberschicht erkannte, dass breitere schulische Ausbildung f¨ur die wirtschaftliche Entwicklung einer Stadt unabdingbar geworden war. Nun hatten in vielen St¨adten auch Kinder von Handwerkern Zugang zu den Schulen. War die Alphabetisierung der Laien urspr¨unglich vor allem durch merkantile Erw¨agungen motiviert, so bildete sich bald

ein starkes Bewusstsein urbanen Bildungsdenkens heraus: Wahrnehmbare Gelehrsamkeit geh¨orte mit der Zeit neben Geburt und Eigentum zu den wichtigsten Merkmalen der sozialen Stellung, freilich ohne dass dadurch die gottgegebenen sozialen Schranken in Frage gestellt worden w¨aren. Entschieden beg¨unstigt wurde der laikale Literarisierungsprozess selbstverst¨andlich auch durch die leichte Verf¨ugbarkeit von Papier, das erheblich weniger kostete als Pergament und den Buchdruck mit beweglichen Lettern u¨ berhaupt erst rentabel machte. Bu¨ cherbesitz war nun nicht mehr nur ein Privileg der reichen Oberschicht, sondern auch f¨ur die gehobene Mittelschicht (etwa Handwerkermeister) durchaus realisierbar. Der stetig wachsende laikale Bildungshunger musste aus Sicht des Klerus mit geeignetem religio¨ sem Schrifttum gestillt werden. Waren die Werke in der Bl¨utezeit der sogenannten deutschen Mystik f¨ur in religio¨ sen Angelegenheiten recht elit¨are Kreise verfasst worden, so richtete sich das Schrifttum nun an ein von den Bildungsvoraussetzungen her wesentlich breiteres Publikum. Ein «M¨undigkeitsprozess der deutschsprachigen Welt» (K. Ruh) kam nun in Gang. Betrachtet man die auf uns gekommene ¨ Uberlieferung des Mittelalters – Handschriften und im 15. und 16. Jahrhundert auch die u¨ beraus zahlreichen volkssprachigen Drucke –, so ist unmissverst¨andlich klar, welche Art von Literatur die Lesef¨ahigen in dieser Zeit favorisierten. Sch¨atzungsweise u¨ ber 80% und mehr der Gesamt¨uberlieferung besteht aus Texten, die religio¨ ses Wissen vermitteln. Circa 3000 Autoren und anonyme Werke geistlicher Literatur in der Volkssprache sind diesem Zeitraum zuzurechnen. Auch wenn der L¨owenanteil der auf uns gekommenen Handschriftenbest¨ande aus Kl¨ostern stammt, so best¨atigen die mittelalterlichen Bibliotheksverzeichnisse sowie die Angebote der Buchdrucker, dass in hohem Maße auch Laien ein reges Interesse an geistlicher Literatur hatten. Die durch Fortschritte im st¨adtischen Bildungswesen literaturf¨ahig gewordenen Laien

lasen im Wesentlichen dieselben Werke wie etwa ihre T¨ochter in den Frauenkl¨ostern. Ein außerordentlich wichtiger Faktor f¨ur das explosionsartige Anwachsen in der Produktion und in der Rezeption geistlicher Literatur in der Volkssprache waren die Initiativen zur Reform der Orden. Das bedeutete konkret eine Ru¨ ckkehr zur strengen Lebensform und, vor allem beim m¨annlichen Klerus, auch eine entscheidende Anhebung des Bildungsniveaus. Bu¨ cher sollten nun eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des monastischen Alltags einnehmen. Die Reform von Kl¨ostern war stets verbunden mit einem Bibliotheksausbau und einem regen Bu¨ cheraustausch unter den reformierten Kl¨ostern, und zwar auch unter den reformierten Kl¨ostern verschiedener Orden. So verbreiteten sich Werke geistlicher Literatur von Stadt zu Stadt bzw. von Landschaft zu Landschaft. Bald standen diese sowohl den anderen reformierten Kl¨ostern der Stadt und Umgebung als auch den interessierten Laien zur Verf¨ugung. Der bei Weitem gro¨ ßte Teil der geistlichen Literatur des 15. Jahrhunderts wurde zwar f¨ur Nonnen oder weibliche wie m¨annliche Semireligiosen verfasst, da diese Werke aber zumeist nicht standesspezifischer Natur waren, konnten sie von Laien problemlos rezipiert und auf ihre Lebenswirklichkeit bezogen werden. Welche Art von Literatur wurde nun produ¨ ziert? Es mag u¨ berraschen, dass Ubersetzungen der Bibel wegen der m¨oglichen Gefahren von Fehlinterpretationen durch theologisch Ungebildete als grunds¨atzlich unerw¨unscht galten. Immer wieder wurde vom Klerus behauptet, H¨aresie stehe in einem urs¨achlichen Zusammenhang mit selbstst¨andiger Bibellekt¨ure, und immer wieder fassten Synoden und Konzilien Beschl¨usse, welche die volkssprachige Bibel zu verbieten suchten; sogar engagierte Reformkleriker und F¨orderer der vulg¨arsprachlichen Literatur vertraten diese Meinung. Dennoch wurden deutsche Bibeln vor Luther vierzehnmal gedruckt. XIII

Inzwischen l¨asst sich das weite Meer von im 15. Jahrhundert entstandenen religio¨ sen Texten einigermaßen konturieren. Bemerkenswert ist die Vielzahl von im 15. Jahrhun¨ dert entstandenen Ubersetzungen von Schriften, die in fru¨ heren Jahrhunderten nicht einmal den Semigebildeten zur Verf¨ugung gestellt worden waren. Das auff¨alligste Charakteristikum der religio¨ sen Unterweisungsliteratur des 15. Jahrhunderts ist die allgemeine Tendenz der Autoren, unmissverst¨andliche Anweisungen zur Lebensgestaltung zu bieten, was den Bedu¨ rfnissen der nach Heilsgewissheit Suchenden entsprach. Im Gegensatz zu Verfassern von Werken aus dem Umkreis der deutschen Mystik verstehen die Reformautoren des 15. Jahrhunderts volkssprachige Literatur vor allem als Medium der Regulierung; Regeln und Normen in einer vom litteraten Klerus festgelegten Ordnung zeichnen den Weg in das vollkommene Leben vor. Die geistliche Literatur des 15. Jahrhunderts ist durch ein klares Lehrer-Sch¨uler-Gef¨alle gekennzeichnet; auch die literarische Seelsorge wurde als ‹hierarchischer Vorgang› verstanden. In einer Beichtanweisung f¨ur «junckfrauen vnd witiben» wurde dies folgendermaßen zusammengefasst: «Etlich [Frauen] lesen gern hohe materie, die sy nit versten vnd fragen nit. Die lerer loben nit hoch verdeuczte pucher, sunder was von beichten, von tugenden vnd von sunden vnd von cristenlichen siten, von andacht, psalter vnd gepeth vnd der gleichen, die sein loblich vnd guet.»

Katechetisches und erbauliches Schrifttum Dementsprechend wurden als ideale Lekt¨ure f¨ur die «simplices» jene a¨ ußerst stark verbreiteten Werke gesehen, die in klarer Prosa in die Grundfragen des Glaubens einf¨uhren und diese an praktischen Beispielen ero¨ rtern. Es ging hierbei um Su¨ ndenlehren, Beichtanleitungen, Sterbelehren, Erl¨auterungen des Credos, Paternosters, Ave Marias, der GeheimXIV

nisse der Messe und der Eucharistie u. a. m., also um katechetische Literatur im weitesten Sinne, die absoluten Vorrang hatte. Hinzu kam eine Vielzahl von Gebetbu¨ chern. Zu den wichtigsten Initiatoren und Verfassern solcher Werke geh¨orte ausgerechnet das wissenschaftliche Personal der Universit¨aten, vor allem Professoren der Universit¨at Wien und ihre Studenten, die in der Forschung als die ‹Wiener Schule› bezeichnet werden. Hier zeigt sich, welch weit reichende Folgen die kirchlichen Reforminitiativen und der Siegeszug der Fro¨ mmigkeitstheologie f¨ur die Herstellung und Verbreitung von religio¨ ser Literatur in der Volkssprache haben konnten. Geistiger Mittelpunkt dieser ‹Schule›, die uns als ¨ relativ klar umrissene Gruppe von Ubersetzern und Verfassern volkssprachiger religio¨ ser Schriften entgegentritt, war der beru¨ hmte Theologe Heinrich von Langenstein, den Herzog Albrecht III. 1384 von der Pariser Sorbonne geholt hatte, um die Universit¨at Wien zu reorganisieren. Es gelang dem leidenschaftlichen Vertreter der Fro¨ mmigkeitstheologie, die Universit¨at auch rasch zu einer wissenschaftlichen Blu¨ te zu f¨uhren. Im Auftrag oder auf Anregung des Hofes oder von Angeh¨origen des herzoglichen Rates entstand eine beachtliche Zahl vornehmlich katechetischer Werke in der Volkssprache, in denen die Unterweisung in die Grundfragen des Glaubens mit der Vermittlung verw¨asserter scholastischer Lehre einherging. So werden nur selten kontroverse Fragen der Theologie und Philosophie in den deutschen Schriften ero¨ rtert, in der Regel handelt es sich um die Darlegung von Ergebnissen des gelehrten Diskurses. Das heißt, es geht in den meisten katechetischen Schriften Wiener Provenienz nicht mehr nur um die simple Erl¨auterung der Glaubensgrundlagen und der christlichen Lebensgestaltung, sondern auch um die Vermittlung verh¨altnism¨aßig anspruchsvoller Lehre. Aus der großen F¨ulle theologischer Themen werden dann solche Inhalte ausgew¨ahlt, die f¨ur die

Bedu¨ rfnisse der Adressaten als geeignet erscheinen. Das erfolgreichste Beispiel dieser Bemu¨ hungen innerhalb der Wiener Schule ist der Heinrich von Langenstein zugeschriebene Buߨ und Su¨ ndentraktat, dessen deutsche Ubersetzung Erchantnuzz der S¨und weite Verbreitung fand. Mit diesem Albrecht gewidmeten Werk hebt Heinrich die ‹Wiener Schule› aus der Taufe und demonstriert zugleich, wie musterg¨ultige Laienunterweisung im Sinne fro¨ mmigkeitstheologischer Programmatik zu gestalten sei. Das Werk ist von Autorit¨atenzitaten durchsetzt, die einerseits den Semigebildeten ein Gef¨uhl des intellektuellen Ernstgenommenwerdens signalisieren sollen, aber andererseits im Blick auf den klaren Anweisungscharakter der Schrift das eigentlich un¨uberbru¨ ckbare Gef¨alle zwischen dem hochgelehrten Lehrer und dem illiteraten Sch¨uler deutlich unterstreichen. Es ist diese didaktische Strategie, welche die Gestalt religio¨ ser Unterweisungsliteratur im 15. Jahrhundert pr¨agen wird, obwohl die zumeist exzessive Zitationswut der ‹Wiener› nicht Schule machte. Das Regulierungsbestreben der Reformer konnte mitunter zu katechetischen Werken von geradezu enzyklop¨adischen Ausmaßen f¨uhren, wie etwa die gigantische Katechismussumme des Wieners Ulrich von Pottenstein, die f¨ur die «verstanden layen» hergestellt wurde, aber auch f¨ur die einfachen Priester gedacht war. Wenn auch nicht im Sinne einer Summenbildung, so strebte ein weiterer Wiener, Thomas Peuntner, in seinem Œuvre ebenfalls eine Art katechetischer Vollst¨andigkeit an, mit Auslegungen des Paternoster und Avemaria, einem Beichtbu¨ chlein mit Dekalogauslegung, einem Ars moriendiTraktat sowie einer Christenlehre, die mehrere katechetische St¨ucke vereinte. Seine verbreitetste Schrift ist das B¨uchlein von der Liebhabung Gottes. Weitere vorwiegend katechetische Werke stammen von einem Sch¨uler des bedeutenden Wiener Theologen Nikolaus

von Dinkelsbu¨ hl, der die umfangreichen Predigtsammlungen seines Lehrers verdeutschte und redigierte. Ein kompaktes katechetisches Handbuch, Die Himelstraß, von dem in Wien t¨atigen Stephan von Landskron verfasst, entstand in der letzten Aktivit¨atsphase der ‹Wiener Schule› und wurde mehrfach gedruckt. Betrachtet man den Bestand der Bibliotheken in den Reformkl¨ostern, so zeichnen sich deutliche Schwerpunkte ab: katechetische und erbauliche Literatur, die sowohl den streng geregelten kl¨osterlichen Alltag unterst¨utzte (etwa Hagiographie f¨ur die t¨agliche Tischlesung) als auch der Reglementierung der spirituellen Praxis diente. Die Schriften der ‹Wiener Schule› stellen dabei nur einen – wenn auch wichtigen – Ausschnitt aus der Masse der a¨hnlich gelagerten katechetischen Literatur des sp¨aten 14. und des 15. Jahrhunderts dar. Das Reglementierungsstreben des Reformklerus zeigt sich auch deutlich in der Vielzahl von Passionstraktaten, in denen die Durchf¨uhrung der Passionskontemplation, die fru¨ her so manche Mystikerin ‹in die Irre gef¨uhrt hatte›, genau vorgeschrieben wurde. Mit der F¨orderung von Werken wie dem stark verbreiteten Extendit manum-Traktat Heinrichs von St. Gallen (ca. 180 Handschriften) wurde versucht, mit zum Teil sehr detaillierten Kontemplationsinstruktionen die Passionsmeditation in akzeptable Bahnen zu lenken und ein Abschweifen der Phantasie sowie eine selbstqu¨alerische Form der compassioimitatio, oft verbunden mit brutaler Askese, zu verhindern. ¨ Uber die katechetische und erbauliche Traktatliteratur hinaus verfasste der Reformklerus auch eine Vielfalt weit gespannter Lebenslehren, und zwar in der Form, in der die Gl¨aubigen zuvo¨ rderst religio¨ se Lehre vermittelt bekamen: der Predigt. Die verschriftlichte Predigt, die zu den wichtigsten Medien der vom Reformklerus vermittelten Illiteratenpastoration geh¨orte, bot nebst Erl¨auterungen von religio¨ sem Elementarwissen zumeist auch praxisbezogene Regeln und Handlungsmuster XV

f¨ur die Gestaltung des Alltags. Mit argumentativer Unterst¨utzung von Autorit¨atenzitaten wurden Themen wie etwa die Gestaltung der Ehe, die Kindererziehung oder das Gewinnstreben angesprochen und stets mit klaren Anweisungen zum richtigen Handeln verkn¨upft. Einige der zum Teil a¨ußerst umfangreichen Zyklen stammen von prominenten Autoren und gehen oft auf tats¨achlich gehaltene Ansprachen zuru¨ ck. Große Popularit¨at sowohl in monastischen als auch in laikalen Kreisen erreichten Die 24 goldenen Harfen des Dominikaners Johannes Nider, der in Wien studiert und gelehrt hatte und zu den erfolgreichsten Ordensreformern des 15. Jahrhunderts geh¨orte. Die Harfen gehen auf in N¨urnberg gehaltene Reihenpredigten zur¨uck – Predigten ohne liturgischen Bezug –, in denen Nider rigoros f¨ur eine Ann¨aherung der monastischen und der laikalen Lebensform eintritt. Der bedeutendste Verfasser von Reihenpredigten sowie anderer Typen religio¨ ser Literatur war zweifellos der Straßburger M¨unsterprediger Johannes Geiler von Kaysersberg, ein großer Anh¨anger Gersons. Er war wie Nider, der u¨ brigens ebenfalls zu Geilers Vorbildern geh¨orte, ein sprachgewaltiger und geradezu kompromissloser Verfechter einer tief greifenden Kirchenreform. Durch seine außergew¨ohnliche rhetorische und didaktische Begabung fesselte er sein Publikum; seine Auftritte waren derart beeindruckende Ereignisse, dass Ho¨ rer vielfach sogar mitschrieben oder Geilers Predigtentw¨urfe zu Grundlagen von Niederschriften benutzten. Nur ein Teil der vielen Geiler zugeschriebenen Werke wurde auch von ihm autorisiert.

Hagiographisches Schrifttum Die religio¨ se volkssprachige Literatur des 15. Jahrhunderts besteht aber keineswegs nur aus Werken mit reinem Unterweisungscharakter. Noch beliebter als die vorher behandelten Texte war die erz¨ahlende Erbauungsliteratur, vor allem die Legende, deren imXVI

mense Beliebtheit auf einem Spezifikum der Volksfro¨ mmigkeit des 15. Jahrhunderts basiert. In dieser Zeit erreichte die Heiligenverehrung ihren absoluten mittelalterlichen H¨ohepunkt. Den Heiligen, als greifbar erscheinende Mittler vor dem Thron Gottes, als Vorbilder und vor allem als Helfer f¨ur die verschiedenen Lebensbereiche verehrt, wurden Patronate f¨ur fast jedes Gebrechen, jede Situation, jeden Berufsstand usw. zugewiesen. Es gab in dieser Zeit kaum noch Vornamen ohne Bezug zu einem Heiligen, das ausufernde Reliquienwesen trieb zum Teil skurrile Bl¨uten. Die immense Beliebtheit der Legende im 15. Jahrhundert war auch durch die gezielte F¨orderung der Gattung von Seiten der Kirche als ideale Lekt¨ure f¨ur die «simplices» bedingt, da sie unmissverst¨andliche Botschaften vermittelte. Daher verwundert nicht, dass Legenden solch eine immense Verbreitung fanden. Es sind weit u¨ ber 3000 im 14. und 15. Jahrhundert verfasste Legenden nachgewiesen, eine Zahl, die u¨ beraus deutlich belegt, dass diese Gattung in der Beliebtheit die restliche erz¨ahlende Literatur der Zeit weit u¨ bertraf. Fast ausnahmslos handelt es sich um Prosa¨ubersetzungen lateinischer Vorlagen. Vor allem Marienleben, die Dreiko¨ nigslegende des Johannes von Hildesheim sowie die Passiones heiliger Jungfrauen wie Barbara, Dorothea, Katharina von Alexandrien und Margareta von Antiochien, auch in versifizierter Form, geh¨oren zu den beliebtesten hagiographischen Werken der Zeit. Auch solch zentrale Werke der monastischen Lebensform wie die im 14. Jahrhundert u¨ bersetzten Alemannischen Vitaspatrum stoßen nicht nur in Kl¨ostern, sondern auch bei Laien auf reges Interesse. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden neben den Vers- und Prosalegenden einzelner Heiliger vor allem große Sammlungen von Legenden verfertigt, zumeist nach dem liturgischen Kalender organisiert: die Legendare. Ihr wirkm¨achtigster Vertreter war die Legenda aurea des sp¨ateren Erzbischofs von Genua, Jacobus de Voragine, die mehr oder weniger vollst¨andig achtmal ins Deutsche und zweimal

ins Niederl¨andische u¨ bersetzt wurde. Zwei ¨ dieser Ubersetzungen, die Els¨assische Legenda Aurea und die S¨udmittelniederl¨andische Legenda Aurea – beide um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden –, erfuhren besonders im 15. Jahrhundert im alemannischen bzw. mittelfr¨ankisch/niederdeutschen Raum eine große Verbreitung. Sie wurden aber vom Umfang und der Verbreitung her von dem am st¨arksten verbreiteten volkssprachigen Legendar des europ¨aischen Mittelalters u¨ berhaupt, Der Heiligen Leben, u¨ bertroffen, das ein in der Reform der Frauenkl¨oster engagierter N¨urnberger Dominikaner zu Beginn des 15. Jahrhunderts verfasste. Erst die Reformation und eine von Luther gegen das Legendar gerichtete polemische Schrift vermochten die Popularit¨at des in 205 Handschriften und 41 oberdeutschen und niederdeutschen Druckauflagen u¨ berlieferten Werks zu bremsen. Sowohl in die Niederlande wie nach Skandinavien reichte das Verbreitungsgebiet dieses absoluten Bestsellers. Ein weiteres bemerkenswertes Legendar stellte die Zisterzienserin Regula aus dem reformierten Kloster Lichtenthal f¨ur ihre Schwestern her. Im Buch von den heiligen M¨agden und Frauen wird zwar auch aus der Els¨assischen Legenda aurea exzerpiert, aber die beachtlich gebildete Regula u¨ bersetzte und kommentierte die meisten Legenden selbstst¨andig.

Literatur im «niderlant» war eine weitere Reformbewegung, die Devotio moderna, die von dem Patriziersohn aus Deventer, Geert Groote, initiiert wurde und im 15. Jahrhundert erheblichen Einfluss auf das Fro¨ mmigkeitsleben im Norden hatte. In Kommunit¨aten mit Gemeineigentum und fester Alltagsgestaltung ohne Ordensregel lebten Laien zusammen in dem Bestreben, dem leidenden Christus gleichf¨ormig zu werden. Die Devotio moderna breitete sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit aus und gewann sogar den Augustinerorden als institutionellen Ru¨ ckhalt (die sogenannte Windesheimer Reformkongregation). Die religi¨ose Bewegung lehnte, wie die Fro¨ mmigkeitstheologen im S¨uden, die Verstiegenheit theologischer Spekulation entschieden ab und wandte sich der praktischen christlichen Lebensgestaltung zu. Das wirkm¨achtigste Werk der Devotio moderna, die Imitatio Christi des Thomas Hermerken von Kempen am Niederrhein, sollte bis in die moderne Zeit zu einem der bedeutendsten Werke der christlichen Literatur werden. Es bietet Leitlinien zu einer Nachfolge Christi in Spru¨ chen und Aphorismen, die dazu f¨uhren sollen, sich ganz auf das Leben Jesu hin zu orientieren.

Die geistliche Literatur des «niderlants»

Was die sogenannte mystische Literatur betrifft, so wurden die Werke der Mystagogen wie Seuse, Tauler oder Marquard vom Reformklerus stark gef¨ordert, da sie mit Gelehrsamkeit und großem didaktischem Geschick f¨ur eine Entphantaisierung der Spiritualit¨at eintraten. Dies trifft auch f¨ur den 1460 entstandenen Spieghel der Volcomenheit des niederl¨andischen observanten Franziskaners Hendrik Herp zu. Seine Vollkommenheitslehre ist von wesentlich h¨oherem Anspruch als die vielen Werke aus dieser Zeit, die ebenfalls die gelebte Gotteserfahrung thematisierten. Das urspru¨ nglich volkssprachige

Die religio¨ se Literatur des Su¨ dens hebt sich von der des Nordens in mehrerlei Hinsichten ab. Gerade in der Verschiedenheit des literarischen Angebots im «niderlant» und dem «oberlant» l¨asst es sich gut beobachten, dass es sich um zwei weitgehend autonome Literaturlandschaften handelte. Es sind weitaus weniger geistliche Werke aus dem Norden u¨ berliefert, was allerdings u. a. durch Verluste von ‹katholischen Werken› in den Kl¨ostern nach Einf¨uhrung des Protestantismus verursacht sein du¨ rfte. Pr¨agend f¨ur die geistliche

Mystische Diskurse und mystische Literatur

XVII

Werk fand bis ins 17. Jahrhundert hinein eine beachtliche Verbreitung, und zwar auch im s¨uddeutschen Raum. Der Reformklerus bek¨ampfte jede Form radikaler Spiritualit¨at und war fest entschlossen, die spirituellen Exzesse des vorangehenden Jahrhunderts nicht erneut aufkommen zu lassen. Die Dominikaner Eberhard Mardach, Johannes Nider u. a. warnten in ihren Schriften in drastischer Form vor Einblasungen des Teufels bei vermeintlichen supranaturalen Erlebnissen. Sie betrachteten die Echtheit dieser irregeleiteten Erfahrungen mit gro¨ ßter Skepsis und bef¨urchteten die Folgen einer sich u¨ ber andere erhebenden egoistischen Spiritualit¨at f¨ur den Reformprozess in den Kl¨ostern. Die Verbreitung von frauenmystischem Schrifttum wurde jedenfalls nicht gef¨ordert. Als einzige wahre, verehrungsw¨urdige Mystikerinnen der modernen Zeit f¨orderten die Dominikaner die kultische Verehrung der Birgitta von Schweden und der dominikanischen Drittordensschwester Katharina von Siena, deren Viten eine starke Verbreitung in Handschriften und Drucken erfuhren. Im Falle Bir¨ gittas kam es auch zu Ubersetzungen ihrer Schriften. Zu den wenigen Frauen, die im deutschsprachigen Raum als begnadete Mystikerinnen anerkannt wurden – wenn auch nur regional verehrt –, geh¨oren Dorothea von Montau (1347-1394) und Elsbeth Achler (1386–1420). Dorothea war die einzige deutsche Mystikerin, die noch im Mittelalter zur Kanonisierung vorgeschlagen wurde. Die Tochter eines wohlhabenden ostpreußischen Bauern, die zur Ehe gezwungen wurde und neun Kinder gebar, von denen nur eines u¨ berlebte, hatte bereits ein Jahr nach der Hochzeit ihre ersten Visionen. Nach dem Tod ihres Ehemanns 1389 oder 1390 zog sie nach Marienwerder um, wo sie ihre letzte Zeit als Inklusin in einer an den Dom angebauten Zelle verbrachte. Dorotheas Seelsorger war der hochgelehrte Deutschordenspriester Johannes Marienwerder, der ihrer Lebensbeschreibung jenes hohe hagiographische Niveau verlieh, das XVIII

f¨ur ein Kanonisierungsverfahren erforderlich war. Allerdings scheint das Interesse an ihrem Kult kaum u¨ ber Ostpreußen hinausgegangen zu sein. Elsbeth Achlers Lebensbeschreibung, die sich stark an der Legenda maior der Katharina von Siena orientiert, stammt von ihrem Beichtvater Konrad K¨ugelin, einem gl¨uhenden Anh¨anger der Kirchenreform. Elsbeth, franziskanische Drittordensschwester im Kloster Reute, stand schon fru¨ h im Ruf der Heiligkeit, ein Kult bildete sich rasch, ihr Beichtvater K¨ugelin stilisierte sie zu einer ‹Mystikerin der Reform›, d. h. zu einer deutschen Katharina, und zwar zum h¨oheren Zweck der Mobilisierung von Kr¨aften der Erneuerung. Eines der eigenartigsten Zeugnisse mysti¨ scher Uberlieferung sind die als eine Art privates Tagebuch auf uns gekommenen Offenbarungen der Katharina Tucher (ca. 1390-1448). Das Autograph der in Neumarkt/Opf. lebenden Witwe enth¨alt 94 Eintr¨age aus den Jahren 1418 bis 1421 u¨ ber Visionen, Auditionen und vermutlich auch Tr¨aume, in denen Christus und Maria im Mittelpunkt stehen, aber auch Johannes Evangelist, ein imaginierter Beichtvater sowie der Teufel kommen vor. Das Werk ist in der u¨ berlieferten Form h¨ochst privater Natur, was die Offenbarungen zu einer singul¨aren Erscheinung im Schrifttum der deutschen Mystik macht. Abgesehen von diesen wenigen Werken von und u¨ ber als begnadet gew¨urdigten Frauen, zielt die große Masse der von etwa 1360 bis ins fru¨ he 16. Jahrhundert entstandenen und verbreiteten Werke darauf ab, heilsbedeutsames und lebenspraktisches Wissen an eine gerade in religio¨ sen Fragen nach spiritueller Orientierung suchende laikale Leserschaft zu vermitteln. Dieser Vermittlungsprozess geht mit dem Wunsch einher, theologisches Hochschulwissen f¨ur die «vngelerten» fruchtbar zu machen. Gerade die katechetische Predigt- und Traktatliteratur zeigt u¨ berdeutlich, worauf es den Reformern bei ihrer

erstmals auch gezielt u¨ ber die Schriftlichkeit verlaufende Bildungsoffensive ankam: Lehren unmissverst¨andlich und geradezu apodiktisch zu formulieren, die Botschaft auf das zu beschr¨anken, was f¨ur das Seelenheil der Leser erforderlich ist, unter weit gehendem Ausschluss von Werken, die philosophisch-theologische Spekulationen zum Inhalt haben. Kirchliche Lehre sollte in den Augen der Leserschaft als eindeutig und unersch¨utterbar erscheinen sowie eine gewisse Transparenz besitzen. Daraus sollte erneut Vertrauen in den Klerus, ja in die Institution Kirche u¨ berhaupt erwachsen. Der durch die geistliche Literatur in der Volkssprache stark erweiterte religi¨ose Bildungshorizont der «illitterati» sowie die unerbittliche Kritik an kirchlichen Missst¨anden, die seit den 1480er Jahren einsetzte und u¨ ber den Buchdruck an Laien u¨ berregional vermittelt wurde (etwa Johann Geiler, Sebastian Brant, Thomas Murner), trugen in entscheidender Weise zum Erfolg der Reformation bei. (Werner Williams-Krapp)

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Text- und Wirkungsgeschichte, T¨ubingen 1986 (Texte und Textgeschichte 20). Ders., Praxis pietatis: Heilsverku¨ ndigung und Fro¨ mmigkeit der illiterati im 15. Jahrhun¨ dert, in: Die Literatur im Ubergang vom Mittelalter zur Neuzeit, hg. v. Werner Ro¨ cke und Marina M¨unkler, M¨unchen, Wien 2004 (Hansers Sozialgeschichte der

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deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1), S. 139–165. Ders., Mystikdiskurse und mystische Literatur im 15. Jahrhundert, in: Neuere Aspekte germanistischer Sp¨atmittelalterforschung, hg. v. Freimut L¨oser, Robert Steinke, Klaus Vogelgsang und Klaus Wolf, Wiesbaden 2011 (im Druck).

¨ ABKURZUNGSUND SIGLENVERZEICHNIS ¨ ABKURZUNGSVERZEICHNIS a.a.O. Abb. Abh. Abt. ahd. Akad. allg. Anm. Anz. Arch. as. AT Aufl. Ausg.

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Hb. hg., Hg.

Chron. Clm Cod., Codd. Cpg

Codex germanicus monacensis Chronik(en) Codex latinus monacensis Codex, Codices Codex palatinus germanicus

Inst.

Institut

Jb., Jbb. Jg. Jh.

Jahrbuch, Jahrb¨ucher Jahrgang Jahrhundert

¨ d. A. d. J. ders. dies. Diss. dt. durchges.

¨ der Altere der J¨ungere derselbe dieselbe(n) Dissertation deutsch durchgesehen

Kap. Kat. kgl. Kl. Komm., komm. krit. Kt.

Kapitel Katalog k¨oniglich Klasse Kommentar, kommentiert kritisch Kanton

ebd. ed.

ebenda edited

lat. LB

lateinisch Landesbibliothek XXI

Lex. Lfg. Lit. LMB

Lexikon Lieferung Literatur Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel

MA, ma. masch. mhd. Mitt. mlat. mnd. mndl. Ms(s).

Mittelalter, mittelalterlich maschinenschriftlich mittelhochdeutsch Mitteilungen mittellateinisch mittelniederdeutsch mittelniederl¨andisch Manuskript(e)

Nachdr. Nachw. nd. ndl. Neudr. NF nhd. Nr. NS

Nachdruck Nachwort niederdeutsch niederl¨andisch Neudruck Neue Folge neuhochdeutsch Nummer Neue Serie, Nova Series, Nuova Serie. Neues Testament

NT o. J. o. O. o. O. u. J. o. S. obd. ¨ ONB o¨ sterr. Pap. Perg. phil. philol. Publ. Red. Reg. rev. RUB

XXII

ohne Jahr ohne Ort ohne Ort und Jahr ohne Signatur oberdeutsch ¨ Osterreichische Nationalbibliothek, Wien o¨ sterreichisch Papier Pergament philosophisch philologisch Publikation(en), publication(s) Redaktion, Redakteur(in) Register revidiert, revised Reclams UniversalBibliothek

S. Sb. SBB Schr. Ser. Slg. sog. Sp. StB StLB Str. StUB

Suppl.

Seite(n) Sitzungsbericht(e) Staatsbibliothek zu Berlin Schrift(en) Serie, series Sammlung(en) sogenannt Spalte(n) Stadtbibliothek Stadt- und Landesbibliothek Strophe(n) Stadt- und Universit¨atsbibliothek Studien Staats- und Universit¨atsbibliothek Supplement

Tf. Tl., Tle.

Tafel(n) Teil, Teile

u. a. u. d. T. UB u¨ berarb. ¨ Uberl., u¨ berl. u¨ bers. ULB Univ. Unters.

und andere, unter anderem unter dem Titel Universit¨atsbibliothek u¨ berarbeitet ¨ Uberlieferung, u¨ berliefert u¨ bersetzt Universit¨ats- und Landesbibliothek Universit¨at Untersuchung(en)

V. v. Ver. verb. verm. Ver¨off. Verz. vollst. Vorw.

Vers(e) von Verein verbessert vermehrt Ver¨offentlichung(en) Verzeichnis vollst¨andig Vorwort

Wb. Wiss.

W¨orterbuch Wissenschaft(en)

Z. ZB zit. Zs.

Zeile(n) Zentralbibliothek zitiert Zeitschrift

Stud. SUB

SIGLENVERZEICHNIS AB¨aG

ADB

AfdA

AfK AH

ATB

Amsterdamer Beitr¨age zur a¨lteren Germanistik. Amsterdam 1972 ff. Allgemeine deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde., Leipzig 1875–1912 Anzeiger f¨ur deutsches Altertum und deutsche Literatur (beigeheftet der ZfdA). Leipzig u. a. 1876–1989 Archiv f¨ur Kulturgeschichte Analecta Hymnica Medii Aevi. Hg. v. C. Blume, G. M. Dreves (und H. M. Bannister). 55 Bde., 1886–1922. Nachdr. 1961. Register hg. v. M. L¨utolf. 2 Bde., 1978 Altdeutsche Textbibliothek, 1882 ff, 1959 ff.

Brunh¨olzl

CCCM CCSL Chron.dt.St.

Cramer

CSEL BB

BBKL

BdK BHL

Bibl.dt.Nat.-Lit.

BMA

De Boor/Newald

Bayerische Bibl. Texte aus zw¨olf. Jh. Hg. v. Hans P¨ornbacher und Benno Hubensteiner. 5 Bde., M¨unchen 1978–90 Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Begr. und hg. v. Friedrich Wilhelm Bautz. Fortgef¨uhrt v. Traugott Bautz. Hamm (sp¨ater Herzberg, Nordhausen) 1970 ff. Bibliothek deutscher Klassiker. Frankfurt/M. Bibliotheca hagiographica latina. 2 Bde., Br¨ussel 1898–1901. Suppl.-Bd. 21911 Bibliothek der gesamten deutschen National-Literatur von der a¨ ltesten bis auf die neueste Zeit Bibliothek des Mittelalters. ¨ Texte und Ubersetzungen. Deutscher Klassiker-Verlag, 1987 ff. Geschichte der deutschen Literatur von den Anf¨angen bis zur Gegenwart. Begr. v.

DA DACL

DHGE

Dict. Spir.

DTM DU

DVjs

Helmut de Boor und Richard Newald. 1949 ff. Franz Brunh¨olzl: Geschichte der lat. Lit. des MA. Bd. 1–2, M¨unchen 1975 und 1992 Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis. Turnhout 1966 ff. Corpus Christianorum, Series Latina. Turnhout 1954 ff. Die Chroniken der deutschen St¨adte. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1862–1931 Thomas Cramer (Hg.): Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jahrhunderts. 4 Bde., M¨unchen 1977–85 Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum. Wien u. a. 1866 ff. Deutsches Archiv f¨ur Erforschung des Mittelalters Dictionnaire d’arch´eologie chr´etienne et de liturgie. Hg. v. Fernand Cabrol u. a. Paris 1907 ff. Dictionnaire d’histoire et de g´eographie eccl´esiastiques. Hg. v. Alfred Baudrillart u. a. Paris 1912 ff. Dictionnaire de spiritualit´e asc´etique et mystique. Doctrine et histoire. Fond´e par M. Viller ... 17 Bde., Paris 1937–95 Deutsche Texte des Mittelalters, 1904 ff. Der Deutschunterricht. Beitr¨age zu seiner Praxis und wissenschaftlichen Grundlegung. Seelze 1948/49 ff. Deutsche Vierteljahrsschrift f¨ur Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Stuttgart/ Weimar 1923 ff. XXIII

Ehrismann

EM

Enz Phil Wiss

Euph.

GAG GRM GW

HBLS

HLS

HMS

XXIV

Gustav Ehrismann: Geschichte der deutschen Literatur bis zum Ausgang des Mittelalters. 4 Bde. Mu¨ nchen 1932–35 Enzyklop¨adie des M¨archens. Handw¨orterbuch zur historischen und vergleichenden Erz¨ahlforschung. Begr. v. Kurt Ranke. Hg. v. Rolf Wilhelm Brednich und Hermann Bausinger. Berlin/New York 1977 ff. Enzyklop¨adie Philosophie und Wissenschaftstheorie. In Verbindung mit Gereon Wolters hg. v. J¨urgen Mittelstraß. 4 Bde., Stuttgart/Weimar 1995/96. 2., neu bearb. und wesentlich erg. Aufl. In Verbindung mit Martin Carrier hg. v. J¨urgen Mittelstraß. Stuttgart/ Weimar 2005 ff. Euphorion. Zeitschrift f¨ur Literaturgeschichte. Heidelberg 1894 ff. G¨oppinger Arbeiten zur Germanistik, 1960 ff. Germanisch-Romanische Monatsschrift. Heidelberg 1909 ff. Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Bd.1–8,1 hg. v. der Kommission f¨ur den Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Leipzig 1925–40. Bd.8,2 ff. hg. v. der Deutschen Staatsbibliothek zu Berlin. Stuttgart u. a.1978 ff. Historisches Biographisches Lexikon der Schweiz. 7 Bde., Neuenburg 1921–34 Historisches Lexikon der Schweiz. Hg. v. der Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz. Basel 2002 ff. Minnesinger. Ges. und hg. v. Friedrich Heinrich von der Hagen. 7 Tle. in 3 Bdn. 1838–56. Neudr. Leipzig 1963

HRG

Handw¨orterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Hg. v. Adalbert Erler und Ekkehard Kaufmann, Bd. 5 zus¨atzlich v. Dieter Werkm¨uller. 5 Bde., Berlin 1971–98. 2., v¨ollig u¨ berarb. und erw. Aufl. Hg. v. Albrecht Cordes, Heiner L¨uck und Dieter Werkm¨uller. Berlin 2004 ff.

JOWG

Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft. Marbach/N. u. a. 1981 ff.

Killy

Literatur-Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Hg. v. Walther Killy. Bd. 1–12. G¨utersloh/ Mu¨ nchen 1988–92. 2., vollst¨andig u¨ berarb. Aufl. u.d.T. Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. Hg. v. Wilhelm K¨uhlmann. Berlin/New York 2008 ff. Kindlers Neues LiteraturLexikon. Hg. v. Walter Jens. 22 Bde., Mu¨ nchen 1988–98 Carl von Kraus: Dt. Liederdichter des 13. Jh. Bd. 1: Text. 1952. Bd. 2: Komm. besorgt v. H. Kuhn. 1958. 2., v. Gisela Kornrumpf durchges. Aufl. 2 Bde., T¨ubingen 1978

KNLL Kraus LD

LACL

LCI LexMA LexthW

Lexikon der antiken christlichen Literatur. Hg. v. Siegmar D¨opp u. a. 3., vollst¨andig neu bearb. und erw. Aufl. Freiburg u. a. 2002 Lexikon der christlichen Ikonographie. 8 Bde., Rom u. a. 1968–76 Lexikon des Mittelalters. 10 Bde., Mu¨ nchen/Z¨urich 1980–99 Lexikon der theologischen Werke. Hg. v. Michael Eckert, Eilert Herms, Bernd Jochen Hilberath und Eberhard J¨ungel. Stuttgart 2003.

Liliencron

Litterae

LThK

Manitius

MarLex

MF

MGG

MGH Auct. ant.

Rochus von Liliencron: Die historischen Volkslieder der Deutschen. 4 Bde., und Nachtrag. Leipzig 1865–69. Neudr. Hildesheim 1966 Litterae. G¨oppinger Beitr¨age zur Textgeschichte. G¨oppingen 1971 ff. Lexikon f¨ur Theologie und Kirche. Begr. v. Michael Buchberger. 2., v¨ollig neu bearb. Aufl. Hg. v. Josef H¨ofer und Karl Rahner. 10 Bde., Freiburg i. Br. 1957–65. 3., v¨ollig neu bearb. Aufl. Hg. v. Walter Kasper mit Konrad Baumgartner, Horst B¨urkle, Klaus Ganzer, Karl Kertelge, Wilhelm Korff und Peter Walter. 11 Bde., Freiburg i. Br. u. a. 1993–2001. Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. 3 Tle., Mu¨ nchen 1911–13 Marienlexikon. Hg. v. Remigius B¨aumer und Leo Scheffczyk. 6 Bde., St. Ottilien 1988–94. Des Minnesangs Fr¨uhling. Unter Benutzung der Ausgaben von Karl Lachmann und Moriz Haupt, Friedrich Vogt und Carl von Kraus bearb. v. Hugo Moser und Helmut Tervooren. 3 Bde., Stuttgart 1977 (Bd. 1: Texte. 38 1988). Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklop¨adie der Musik. Hg. v. Friedrich Blume. 17 Bde., Kassel/ Basel 1949–86. 2., neu bearb. Ausg. Hg. v. Ludwig Finscher. 26 Bde., 2 Registerb¨ande, Supplement. Kassel u. a. 1999–2008. Monumenta Germaniae Historica. Hannover/Leipzig 1826 ff. Auctores antiquissimi

Briefe d. dt. Kaiserzeit Capit.

Die Briefe der deutschen Kaiserzeit Capitularia regum Francorum Capit. episc. Capitula episcoporum Conc. Concilia Const. Constitutiones Dt. Chron. Deutsche Chroniken DD Diplomata Epp. saec. XIII Epistolae saeculi XIII Ep. (sel.) Epistolae selectae Fontes iuris Fontes iuris Germanici antiqui in usum scholarum separatim editi Fontes iuris NS Fontes iuris Germanici antiqui, Nova series Ldl Libelli de lite imperatorum et pontificum Libri mem. Libri memoriales Libri mem. NS Libri memoriales et Necrologia, Nova series LL Leges LL nat. Germ. Leges nationum Germanicarum Necr. Necrologia Germaniae Poetae Poetae Latini medii aevi Quellen zur Quellen zur GeistesgeGeistesgesch. schichte des Mittelalters SS Scriptores SS rer. Germ. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi SS rer. Germ. Scriptores rerum GermaniNS carum, Nova series SS rer. Lang. Scriptores rerum Langobardicarum SS rer. Merov. Scriptores rerum Merovingicarum Staatsschriften Staatsschriften des sp¨ateren Mittelalters ¨ MIOG Mitteilungen des Instituts f¨ur ¨ Osterreichische Geschichts¨ forschung (1923–42: MOIG) MMS M¨unstersche MittelalterSchriften. Mu¨ nchen 1970 ff. MTU M¨unchner Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters. Hg. v. der Kommission f¨ur deutsche Literatur des Mittelalters der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1960 ff. XXV

NDB

NdJb

PBB (Halle)

PBB (T¨ub.)

PG

Phil.Stud.u.Qu. PL

Neue Deutsche Biographie. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1953 ff. Niederdeutsches Jahrbuch. Jahrbuch des Vereins f¨ur niederdeutsche Sprachforschung. Neum¨unster 1876 ff. Beitr¨age zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Pauls und Braunes Beitr¨age), Halle 1874 ff. Beitr¨age zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Pauls und Braunes Beitr¨age), T¨ubingen 1955 ff. Patrologia Graeca. Hg. J.-P. Migne. 161 Bde., Paris 1857–66 Philologische Studien und Quellen, Berlin 1950 ff. Patrologia Latina. Hg. J.-P. Migne. 217 Bde., 4 Registerb¨ande, Paris 1844–64.

RheinVjbl. RL

RLW RAC

RDK

RGA

RGG

XXVI

Reallexikon f¨ur Antike und Christentum. Sachw¨orterbuch zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt. Hg. v. Theodor Klauser u. a. Stuttgart 1950 ff. Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte. Hg. vom Zentralinstitut f¨ur Kunstgeschichte M¨unchen. Mu¨ nchen 1937 ff. Reallexikon der germanischen Altertumskunde. 2., v¨ollig neu bearb. u. stark erw. Aufl. Hg. v. H. Beck u. a. Berlin, New York 1973 ff. Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handw¨orterbuch f¨ur Theologie und Religionswissenschaft. 3., v¨ollig neu bearb. Aufl. Hg. v. Kurt Galling in Gemeinschaft mit

RSM

Hans Frhr. von Campenhausen, Erich Dinkler, Gerhard Gloege und Knud E. Løgstrup. 6 Bde., Registerband. T¨ubingen 1957–65. Religion in Geschichte und Gegenwart. 4., v¨ollig neu bearb. Aufl. Hg. v. Hans Dieter Betz, Don S. Browning, Bernd Janowski und Eberhard J¨ungel. 8 Bde., Registerband. Tu¨ bingen 1998–2007. Rheinische Vierteljahrsbl¨atter Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Hg. v. Paul Merker und Wolfgang Stammler. 4 Bde. Berlin 1925–31. Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Bde. 1–3, hg. v. Werner Kohlschmidt und Wolfgang Mohr. Berlin 1958–77. Bd. 4 hg. v. Klaus Kanzog und Achim Masser. Berlin 1984. Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Hg. v. Klaus Weimar (Bd. I), Harald Fricke (Bd. II), Jan-Dirk Mu¨ ller (Bd. III). Berlin/ New York 1997–2003. Repertorium der Sangspr¨uche und Meisterlieder des 12. bis 18. Jahrhunderts. Hg. v. Horst Brunner und Burghart Wachinger. 13 Bde, 3 Registerb¨ande, T¨ubingen 1986–2002.

Schulthess/Imbach Peter Schulthess/Ruedi Imbach: Die Philosophie im lateinischen Mittelalter. Ein Handbuch mit einem biobibliographischen Repertorium. Z¨urich u. a. 1996. Tervooren

Helmut Tervooren: Bibliographie zum Minnesang und

TRE

TspMA TTG

zu den Dichtern aus «Minnesangs Fr¨uhling». Berlin 1969. Theologische Realenzyklop¨adie. Hg. v. Gerhard Krause (bis Bd. 12) und Gerhard Mu¨ ller in Gemeinschaft mit Horst Balz u. a. 36 Bde., Berlin/New York 1977–2005. Texte des sp¨aten Mittelalters. Berlin 1956 ff. Texte und Textgeschichte. W¨urzburger Forschungen. T¨ubingen 1980 ff.

Ueberweg

Grundriß der Geschichte der Philosophie. Begr. v. Friedrich Ueberweg. Neubearb. Ausg. Basel 1983 ff.

VL

Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Begr. v. Wolfgang Stammler. Fortgef¨uhrt v. Karl Langosch. 2., v¨ollig neu bearb.

Volpi

WdF Wimmer/Melzer

ZfdA

ZfdPh

Aufl. hg. v. Kurt Ruh zusammen mit Gundolf Keil, Werner Schr¨oder, Burghart Wachinger und Franz Josef Worstbrock. Ab Bd. 9 hg. v. Burghart Wachinger. 14 Bde., Berlin/New York 1978–2008. Franco Volpi (Hg.): Großes Wortlexikon der Philosophie. 2 Bde., Stuttgart 1999. Wege der Forschung. Darmstadt 1956 ff. Otto Wimmer/Hartmann Melzer: Lexikon der Namen und Heiligen. Bearb. und erg. v. Josef Gelmi. 6., verb. und erg. Aufl. Innsbruck/ Wien 1988. Zeitschrift f¨ur deutsches Altertum (und deutsche Literatur). Stuttgart 1841 ff. Zeitschrift f¨ur deutsche Philologie. Berlin 1954 ff.

XXVII

¨ BUCHER DES AT UND NT Abk¨urzungen der biblischen B¨ucher nach der Neuen Jerusalemer Bibel

ORDENSBEZEICHNUNGEN OCarm OCart OCist OEDSA OESA OFM

Ordo Carmelitarum Ordo Cartusiensis Ordo Cisterciensis Ordo Fratrum Eremitarum Discalceatorum S. Augustini Ordo Fratrum Eremitarum S. Augustini Ordo Fratrum Minorum

OFMCap OMin OP OPraem OSA OSB

Ordo Fratrum Minorum Capuccinorum Ordo Minorum Ordo Fratrum Praedicatorum Ordo Praemonstratensis Ordo Sancti Augustini Ordo Sancti Benedicti

VERFASSER-SIGLEN BJ CS MM

XXVIII

Bruno Jahn Christine Stridde Mike Malm

SF VZ

Sabina Foidl Volker Zapf

Granum sinapis Granum sinapis. – Mystisches Gedicht aus dem Umkreis Meister → Eckharts, Anfang des 14. Jh. Der Titel – vollst¨andig: Granum sinapis de divinitate pulcherrima in vulgari – stammt aus einem zeitgen¨ossischen lat. Kommentar zu dem achtstrophigen Gedicht; der mit einem Senfkorn verglichene Text sei zwar «parvum in substantia», aber «magnum in virtute». Von den zehn bekannten Handschriften, in denen das Lied u¨ berliefert ist, weist die wenige Jahre nach dessen Abfassung entstandene Baseler Handschrift die gr¨oßte N¨ahe zum verlorenen Original auf. Nach seiner Entstehung im Th¨uringischen breitete sich das in den theologischen Aussagen mit Texten Meister Eckharts verwandte Lied, dessen Autor jedoch unbekannt ist, im Ostmitteldeutschen aus und gelangte im 15. Jh. nach N¨urnberg und an den Oberrhein. Die Basler Handschrift und zwei weitere Codices bieten – ungew¨ohnlich f¨ur ein volkssprachliches Werk – einen ausf¨uhrlichen lat. Kommentar, der Strophe f¨ur Strophe auslegt und dabei Autotit¨aten wie → (Pseudo-)Dionysius Areopagita und → Thomas von Aquin zitiert. Ein vom lat. Kommentar unabh¨angiger paraphrasierender dt. Kommentar mit dem Charakter einer frommen Betrachtung findet sich in drei Handschriften des 15. Jh. Thema des stark durch den christlichen Neuplatonismus (vor allem von (Pseudo-)Dionysius Areopagita) beeinflussten, in der Formtradition der lat. Sequenzdichtung (vgl. Adam von St. Victor, AH 54, Nr. 120, Str. 14/15) stehenden Gedichts ist das Geheimnis des g¨ottlichen Seins. Die ersten drei Strophen handeln von der Trinit¨at, vom Hervorgang des gleich ewigen Sohnes («wort») aus dem Vater (I) und dem des Hl. Geistes («der minnen glˆut») aus beiden (II); bereits am Ende der 2. Str. und in der 3. Str. ist von der Unbegreiflichkeit der trinitarischen Einheit die Rede. Das Streben, Gott zu erkennen, muss scheitern (IV–V: Metapher der unermesslichen W¨uste; VI: Aussagen u¨ ber Gott in paradoxaler Form [«us licht, us clˆar, us vinster gˆar», 1–2] oder Negationen [«blˆos aˆne wˆat», 7] wollen Gottes Unbegreiflichkeit bewusst machen). In den beiden Schlussstrophen, wird der Mensch ermahnt, das eigene Ich v¨ollig preiszugeben; die Seele solle ˆ sˆele mˆın, f¨ur den Einzug Gottes Raum schaffen («O genk uˆ z, got ˆın! [...] vorlˆıs ich mich, sˆo vind ich dich, oˆ uberweselˆıches gˆut!», VIII,1–2, 8–10). ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. B IX 24, 27v–40v (Perg.; mit lat. Komm.) (B). – Berlin, SBB, 1

1. H¨alfte 14. Jh. Mgq 192, 346v–347r (Pap.), 347r–354v (dt. Komm.) (Be). – Breslau/Wrocław, UB, Cod. IV F 88e (5) (Pap., Fragm., linke H¨alfte eines Holzdeckels, auf dessen Innenseite ein halbes Blatt aufgeklebt ist, erste H¨alfte 15. Jh., ostmitteldt.) (Br). – Karlsruhe, LB, Cod. K 1222, 1r–6r, 6r–69v (dt. Kommentar) (Perg., Mitte 15. Jh. [Hellgardt S. 303], zweite H¨alfte 15. Jh. [P¨asler S. 61]) (K2). – Ebd., Cod. St. Peter pap. 9, 348v–350r (Pap.) (K1). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 54 (Pap.), 1r-v (N1a), 303r–304r (N1b), 304r–321r (dt. Komm.) (N1b). – Ebd., Cod. Cent. VI, 56, 27r (Pap.; nur letzte Strophe) (N2). – Thorn/Torun, UB, Rps 75/III (fr¨uher K¨onigsberg, SUB, Hs. 1293), 107va-vb (Perg. und Pap., lat. Sammelhs. [Ende 14. Jh.], darin dt. Nachtr¨age [erstes Drittel 15. Jh.], ostmitteldt.; Beginn eines lat. ¨ Komm.) (T). – Wien, ONB, Cod. 4868, 92va–110ra (Pap.; mit lat. Komm.) (W). – Zeitz, Bibl. der Michaeliskirche, Nr. 347, 1r–10v (Pap., 15. Jh., th¨uringisch; mit lat. Komm.; verschollen) (Z). Ausgaben: Friedrich Heinrich v. der Hagen: Minnes¨anger. Dt. Liederdichter des zw¨olften, dreizehnten und vierzehnten Jh. Tl. 3. Leipzig 1838 (Neudr. ebd. 1963) 468. – Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung. Mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen. Quedlinburg/Leipzig 1858 (Neudr. Amsterdam 1966) S. 193–195. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied [...]. Bd. 2. Leipzig 1867 (Neudr. Hildesheim 1964) 288 f. – Maria Bindschedler: Der lat. Kommentar zum G. s. (Basler Stud. zur dt. Sprache und Lit.). Basel 1949. Nachdr. Hildesheim u. a. 1985. – Kurt Ruh (Hg.): Textkritik zum Mystikerlied G. s. In: FS Josef Quint. Bonn 1964, S. 183–185. – Ders.: Meister Eckhart. Mu¨ nchen 1985, S. 47–49. Wiederabgedruckt in: Dt. Lyrik des sp¨aten MA. Hg. v. Burghart Wachinger (BdK 191/BMA 22). Frankfurt/M. 2006, ¨ S. 426–431 (Text und Ubers.). – Ralf G. P¨asler: Ein neuer Textzeuge des ‹G. s.› aus der ehemaligen K¨onigsberger Dombibl. In: ZfdA 136 (2007) S. 63. – Ernst Hellgardt (Hg.): ‹Ein andechtige betrachtunge›. Der dt. ‹Kommentar› zum ‹G. s.›. In: Impulse und Resonanzen. Tu¨ binger medi¨avistischer Beitr¨age zum 80. Geburtstag von Walter Haug. Hg. Gisela Vollmann-Profe u. a. Tu¨ bingen 2007, S. 301–322. ¨ Ubersetzungen: Bindschedler, 1949 (s. Ausg.) S. 39–41 (Lied), lat. Kommentar, ebd., S. 33 ff. – ¨ Weitere Ubertragungen des Liedes bei Haas 1979 (s. Lit.) S. 303 Anm. 11. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 220–224. – Elisabeth Wunderle, Killy2 4 (2009) 2

1. H¨alfte 14. Jh. 366 f. – Maria Bindschedler: Griechische Gedanken in einem ma. mystischen Gedicht. In: [Basler] Theologische Zs. 4 (1948) S. 192–212; dazu: J. Quint, AfdA 65 (1951/52) S. 129–135. – K. Ruh: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. dems./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230 (wieder in: K. Ruh: Kleine Schr. Bd. 2: Scholastik und Mystik im Sp¨atMA. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211). – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes. T¨ubingen 1968. – Bernhard Sowinski: Lehrhafte Dichtung des MA (Slg. Metzler 103). Stuttgart 1971. – Alois M. Haas: Sermo mysticus. Bemerkungen zur ‹G. s.›-Sequenz. In: Verbum et signum. FS Friedrich Ohly. Hg. v. Hans Fromm u. a. M¨unchen 1975, Bd. 2, S. 389–412 (= ‹G. s.›. An den Grenzen der Sprache. In: A. M. H.: Sermo mysticus. Stud. zu Theologie und Sprache der dt. Mystik [Dokimion 4]. Freiburg [Schweiz] 1979, S. 301–329). – K. Ruh, a. a. O. (1985), S. 49–59. – Walter Haug: Meister Eckhart und das ‹G. s.›. In: Forschungen zur dt. Lit. des Sp¨atMA. FS Johannes Janota. Hg. Horst Brunner/Werner WilliamsKrapp. T¨ubingen 2003, S. 73–92. – B. Wachinger, a. a. O., S. 897–902 (Komm.). – Ralf G. P¨asler, a. a. O., S. 58–67. – Ernst Hellgardt: ‹Ein andechtige betrachtunge›. Der dt. ‹Kommentar› zum ‹G. s.›. In: Impulse und Resonanzen. Hg. v. Gisela VollmannProfe u. a. T¨ubingen 2007, S. 301–322. – Markus Steffen: Das ‹G. s.› und die Sequenzen Adams v. St. Victor. In: PBB 129 (2007) S. 402–418. BJ (Pseudo-) Dionysius Areopagita. Authentischer Name und Lebensdaten sind nicht bekannt. Die u. a. griechischen und lat. Schriften des D. sind zwischen 476 und 518/525 entstanden. D. verband den sp¨ateren Neuplatonismus (Syriacus, Proklos) mit der christlichen Lehre. Heute gelten als Werke des D. die vier griechischen Traktate De caelesti hierarchia, De ecclasiastica hierarchia, De divinis nominibus, De mystica theologia sowie zehn Briefe. De divinis nominibus behandelt unter R¨uckgriff auf den platonischen Parmenides die Frage, wie der Mensch Gott erkennen k¨onne. Trotz der absoluten Transzendenz Gottes ist Einung mit Gott m¨oglich in einem Akt der Intuition, in der Gott «erlitten» wird. Es gibt aber auch apriorische Erkenntnis Gottes. Die beiden Schriften De caelesti hierarchia und De ecclasiastica hierarchia beschreiben die Ordnung 3

(Pseudo-) Dionysius Areopagita der g¨ottlichen Sch¨opfung, nach der alles Seiende von oben nach unten strukturiert ist. D. stellt den Kosmos in einer von Gott absteigenden Stufung dar. Diese Stufung des Seins ist ethisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch begr¨undet. Der Traktat De mystica theologia, der die christliche Mystik in besonderem Maße beeinflusste, besch¨aftigt sich im Anschluss an De divinis nominibus mit der Gotteserkenntnis des Menschen. Im MA wurden die Schriften des D. vor al¨ lem durch die Ubersetzungen (ins Lateinische) des Abts Hilduin von St.-Denis (um 832), des Johannes Scotus Eriugena (um 867), Johannes Scarracenus (um 1167), Robert Grosseteste (um 1235) und des Ambrogio Traversari (1436) bekannt. Dazu kamen Kommentare und Paraphrasen u. a. von Johannes Scotus Eriugena, → Hugo von St. Victor und Johannes → Gerson. Im deutschsprachigen Bereich waren von besonderem Einfluss die Kommentare → Alberts des Großen und Johannes → Wencks von Herrenberg. Seit Anastasius Bibliothecarius (kurz vor 875) wurden aus Text, Kommentar und Paraphrasen sog. D.-Corpora zusammengestellt. D. gilt als einer der wichtigsten Vermittler neuplatonischen Gedankenguts; der Begriff des «Mystikers» und die drei zur «unio mystica» f¨uhrenden Stufen gehen auf ihn zur¨uck. Gesamt¨ubersetzungen von Werken des D. in dt. Sprache sind nicht bekannt, erhalten sind Ausz¨uge, Briefe und Gebete. Gr¨oßer ist der Anzahl von isoliert u¨ berlieferten oder in Spruchschriften und Predigten u¨ berlieferten D.-Dicta; nur bedingt davon ¨ unterscheidbar sind gedankliche Ubernahmen und Zitate (fr¨uheste bei den → St. Georgener Predigten). Die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Werk des D. begann jedoch erst bei Meister → Eckhart, auch mit den sog. Ps.-EckhartSt¨ucken. Kenntnis des D. zeigt sich in den Predigten des Johannes → Francke, in der → Paradisus anime intelligentis-Sammlung, den → Gaesdonckschen Traktaten und im → Granum sinapis-Gedicht. ¨ Gr¨oßere Ubereinstimmung mit den Grundgedanken des D. ist in den Predigten Johannes → Taulers deutlich (Definition Gottes, Lehre vom Seelengrund u. a.); Heinrich → Seuse erw¨ahnt in seinen Schriften D. neunmal namentlich. St¨arker als die dt. scheinen die ndl. Mystiker wie Jan → Ruusbroec und → Dionysius der Kart¨auser von den Lehren des D. beeinflusst zu sein. Gr¨oßere Partien aus den D.-Werken in dt. Sprache sind erstmals bei → Rudolf von Biberach (De 4

(Pseudo-) Dionysius Areopagita septem itineraribus) fassbar; fast v¨ollig aus den D.Lehren zusammengesetzt ist das wahrscheinlich im letzten Drittel des 14. Jh. entstandene → Lehrsystem der deutschen Mystik. ¨ Im sp¨aten MA trugen auch Ubersetzungen lat. D.-Kommentare und -Interpretationen zur Popularisierung bei (→ Thomas Gallus, → Bonaventura, → Johannes Fidanza, → Hugo von Balma). Tiefe Einfl¨usse zeigen der → Minnebaum, → Johannes von Kastl und → Vinzenz von Aggsbach. Ausgaben: Opera Straßburg 1503. Nachdr. Frankfurt 1970. – The Work of Dionysis the Areopagite. 2 Bde. London 1897–99. Nachdr. in 1 Bd. Merrick, NY 1976. – Œuvres compl`etes du P.Deny l’Ar´eopagite. Ed. de M. de Gandillac. Paris 1943. – Tutte le opere. Gerarchia celeste, gerarchia ecclesiastica, nomi divini, teologiy mistica, lettere. Ed. E. Bellini. Mailand 1981. 21983 (mit Bibliogr. S. 55–65). – The Complete Works. Hg. v. Colm Luibheid u. a. Mahwah, NJ 1987. – Corpus Dionysiacum. Hg. v. Beate R. Suchla u. a. 2 Bde. Berlin/New York 1990/91. – Die Hierarchien der Engel und der Kirche. Hg. v. Walther Tritsch. M¨un¨ chen 1955. Uberarb. Nachdr. u. d. T. Die EngelHierarchie. Der Ursprung der christlichen EngelLehre. Amerang 2010. – Mystische Theologie und andere Schr. Mit einer Probe aus der Theologie des Proklus. Hg. v. W. Tritsch. M¨unchen 1956. – ¨ ¨ Uber die himmlische Hierarchie. Uber die kirchliche Hierarchie. Hg. v. G¨unther Heil. Stuttgart 1986. – Die Namen Gottes. Hg. v. B. R. Suchla. Stuttgart 1988. – La th´eologie mystique. Lettres. ¨ Hg. v. D. Andr´e Gozier. Paris 1991. – Uber die mystische Theologie und Briefe. Eingeleitet, u¨ bers. und mit Anm. versehen v. Adolf Martin Ritter. Stuttgart 1994. Literatur: R. Roques, Dict. Spir. 3 (1957) Sp. 244–286. – Ders., RAC 3 (1957) Sp. 1057–1121. – Ders./M. Cappuyns/R. Aubert, DHGE 14 (1960) Sp. 265–310. – Rudolf Riedinger/Volker Honemann, VL2 2 (1980) Sp. 154–166. – Gerard O’Daly, TRE 8 (1981) S. 772–780. – Helmut Meinhardt, LexMA 3 (1986) Sp. 1079–1087. – J. Boberg, LCI 6 (1990) Sp. 60 f. – Thomas Rentsch, Enz Phil Wiss 3 (1995) S. 391 f. – Beate Regina Suchla, LThK3 3 (1995) Sp. 242 f. – ¨ Udo Reinhold Jeck: Asthetik und Kunstphilosophie. Von der Antike bis zur Gegenwart in Einzeldarstellungen. Hg. v. Julian Nida-R¨umelin/Monika Betzler. Stuttgart 1998, S. 649–654. – Adolf Martin Ritter, RGG4 2 (1999) Sp. 859 f. – 5

1. H¨alfte 14. Jh. B. R. Suchla: ‹Epistolai›. In: LexthW (2003), S. 274. – Marc-Aielko Aris: Kommentare zu den Schr. des Ps.-D. A. In: ebd., S. 441–443. – B. R. Suchla: ‹Peri mystik¯es theologias›. In: ebd., S. 556 f. – Dies: ‹Peri t¯es ekkl¯esiatsik¯es hierarchias›. In: ebd., S. 558 f. – Dies.: ‹Peri t¯es ouranias hierarchias›. In: ebd., S. 560. – Dies.: ‹Peri the¯ion onomat¯on›. In: ebd., S. 560 f. – Joseph Bernhart: Die philosophische Mystik des MA. Von ihren Urspr¨ungen bis zur Renaissance. M¨unchen 1922. Nachdr. Darmstadt 1980. – Philippe Chevallier: Dionysiaca. Receuil donnant l’ensemble des traductions latines des ouvrages attribu´es a` Denys de l’Ar´eopage. 2 Bde. Br¨ugge 1937–50. Faks.-Neudr. mit Nachw. v. Martin Bauer. 4 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 1989. – Bernhard Brons: Pronoia und das Verh¨altnis von Metaphysik und Geschichte bei D. A. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 24 (1977) S. 165–186. – Eckhart Conrad Lutz: ‹in niun schar insunder geordent gar›. Gregorianische Angeleologie, D.-Rezeption und volkssprachliche Dichtung des MA. In: ZfdPh 102 (1983) S. 335–376. – Andrew Louth: Denys the Areopagite. London u. a. 1989. – Corpus Dionysiacum (s. Ausg.) 1990 f. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 1: Die Grundlegung durch die Kirchenv¨ater und die Mo¨ nchstheologie des 12. Jh. Mu¨ nchen 1990, S. 31–82. – K. Ruh: Die ‹Mystica Theologia› des D. P.-A. im Lichte ma. Kommentatoren. In: ZfdA 122 (1993) S. 127–145. – Paul Rorem: P.-D. A Commentary on the Texts and an Introduction to their Influence. New York u. a. 1993. – Ders. Die Aufstiegs-Spiritualit¨at des P.-D. In: Gesch. der christlichen Spiritualit¨at. Hg. v. Bernard McGinn, John Meyendorff, Jean Leclercq. Bd. 1: Von den Anf¨angen bis zum 12. Jh. Mit einer Einf. f¨ur die dt. Ausgabe v. Josef Sudbrack. W¨urzburg 1993, S.154–173. – Bernard McGinn: Die Mystik im Abendland. Bd. 1: Urspr¨unge. Freiburg i. Br. u. a. 1994. – Theo Kobusch: D. A. In: Klassiker der Religionsphilosophie. Mu¨ nchen 1995, S. 84–98, 351–356. – Christoph Markschies: Gibt es eine ‹Theologie der gotischen Kathedrale›? Nochmals: Suger v. Saint-Denis und Sankt Dionys vom Areopag (Abh. der Heidelberger Akad. der Wiss., Phil.-hist. Kl., Jg. 1996, H. 1). Heidelberg 1995. – Die D.-Rezeption im MA. Internationales Kolloquium in Sofia vom 8. bis 11. April 1999. Hg. v. Tzotcho Boiadjiev u. a. (Rencontres de philosophie m´edi´evale 9). Turnhout 2000. – Werner Beierwaltes: Der verborgene Gott. Cusanus und D. (Trierer Cusanus Lecture 4). Trier 6

1. H¨alfte 14. Jh. 1997. – Ivan Christov: Project ‹Corpus Areopagiticum›. Index verborum potiorum to the Greek Scholia. In: Arch. f¨ur Ma. Philosophie und Kultur 6 (Sofia 2000) S. 165–193. – Christian Sch¨afer: Unde malum? Die Frage nach dem Woher des B¨osen bei Plotin, Augustinus und D. W¨urzburg 2002. – B. R. Suchla: D. A. Das u¨ berfließend Eine: In: Theologen der christlichen Antike. Hg. v. Wilhelm Geerlings. Darmstadt 2002, S. 202–220. – Dies.: Wenn die Liebe sich verstr¨omt. Zur Liebes-Konzeption des D. A. In: Philotheos 2 (Belgrad u. a. 2002) S. 142–154. – Hubert Herkommer: Sph¨arenklang und H¨ollenl¨arm, L¨acheln oder Fratzen. Zur sinnenhaften Wahrnehmung der Geistwesen. In: Engel, Teufel und D¨amonen. Einblicke in die Geisteswelt des MA. Hg. v. dems./Rainer Christoph Schwinges. Basel 2006, S. 199–224, hier S. 202, 205 f., 212, 218 f. mit weiterer Literatur samt Ausgaben in den Anm. 34 und 35. – Giorgio Agam¨ ben: Die Beamten des Himmels. Uber Engel, gefolgt von der Angelologie des Thomas v. Aquin. Aus dem Italienischen u¨ bersetzt und hg. v. Andreas Hiepko. Frankfurt/M., Leipzig 2007. – Sarah Klitenic/John Dillon: D. the Areopagite and the Neoplatonist tradition. Despoiling the Hellenes (Ashgate studies in philosophy & theology in late antiquity). Aldershot u. a. 2007. – WiebkeMarie Stock: Theurgisches Denken. Zur kirchlichen Hierarchie des D. A. (Transformationen der Antike 4). Berlin/New York 2008. – B. R. Suchla: D. A. Leben – Werk – Wirkung. Freiburg i. Br. u. a. 2008. – Melanie Bender: The dawn of the invisible. The reception of the platonic doctrine on beauty in the Christian middle ages: P.-D. the Areopagite, Albert the Great, Thomas Aquinas, Nicholas of Cusa (Wissenschaftliche Schr. der WWU M¨unster 2,2). Mu¨ nster 2010. – T. Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Sp¨atMA (Gesch. der Philosophie, hg. v. Wolfgang R¨od, Bd. 5). Mu¨ nchen 2011. BJ Meister Eckhart (Eckhart von Hochheim), * um 1260 Tambach, s¨udlich von Gotha/Th¨uringen, † vermutlich 28.1.1328 wahrscheinlich Avignon. – Philosoph, Theologe, Prediger. E. trat zwischen 1275 und 1278 (?) in den 1229 gegr¨undeten Dominikanerkonvent in Erfurt ein. Er erhielt dort seine erste Ausbildung, die er am Studium generale in K¨oln fortsetzte, wo er → Albertus Magnus (um 1193–1280) noch geh¨ort haben d¨urfte. Vielleicht hielt er sich 1285/86 zum ersten Mal in Paris auf. Sicher ist, dass er 1293/94 als Baccalaureus 7

Meister Eckhart die Sentenzen des Petrus Lombardus, das Standardlehrbuch der Theologie aus dem 12. Jh., erl¨auterte und kommentierte. Sein Sentenzenkommentar ist nicht wieder aufgefunden worden. Seit 1294 war E. Prior im Dominikanerkonvent in Erfurt, seit 1296 auch Vikar der Ordensnation Th¨uringen, d.h. Stellvertreter des damaligen Provinzials der Dominikanerprovinz, → Dietrich von Freiberg. Das Generalkapitel der Dominikaner 1298 beschloss die ¨ Unvereinbarkeit beider Amter. Erneut nach Paris geschickt, wurde er 1302 zum Magister der Theologie promoviert. Als magister actu regens wurde er Inhaber des f¨ur Nichtfranzosen reservierten Lehrstuhls des Ordens in Paris, den dreißig Jahre zuvor sein Ordensbruder → Thomas von Aquin besetzt hatte. Nach dieser Lehrt¨atigkeit war E. seit September 1303 Provinzial der neu aus der Teutonia ausgegliederten Ordensprovinz Saxonia, seit 1307 zus¨atzlich Generalvikar der b¨ohmischen Provinz. Daneben nahm er von Erfurt aus die Aufsicht u¨ ber die Klostergemeinschaften des Ordens wahr, wirkte bei der Neugr¨undung dreier Frauenkl¨oster mit, plante und leitete Ordenskapitel. 1310 wurde E. vom Kapitel der Ordensprovinz Teutonia in Speyer zum Provinzial gew¨ahlt, doch das Generalkapitel der Dominikaner am 30.5.1311 in Neapel best¨atigte die Wahl nicht. Es entband ihn von seinen bisherigen ¨ Amtern und sandte ihn wieder nach Paris, wo er in den Jahren 1311/12 und 1312/13 lehrte. 1313 kehrte E. nicht in die Leitung der Saxonia zur¨uck. Als Vikar des Ordensgenerals Berengar von Landora, dem Hervaeus Natalis nachfolgte, in die obd. Ordenspovinz entsandt, oblag ihm vielleicht die Beaufsichtigung der cura monialium, d.h. der seelsorgerlichen Betreuung der (um 1300 bereits 65) Frauenkl¨oster des Ordens, und die Betreuung der (seit 1317 in Straßburg kirchlich verfolgten) Beginengemeinschaften. Belegt sind Aufenthalte in Straßburg und in den Frauenkl¨ostern Ka¨ tharinenthal und Otenbach (→ St. Katharinentaler ¨ und → Otenbacher Schwesternbuch). Wann E. an das Studium generale der Dominikaner in K¨oln entsandt wurde, ist nicht bekannt, vielleicht 1323/24 oder eher 1314/16. 1326 zeigten zwei dominikanische Mitbr¨uder, Hermann von Summo und Wilhelm von Nidecke, E. beim K¨olner Erzbischof Heinrich II. von Virneburg als H¨aretiker an; ein Inquisitionsverfahren wurde er¨offnet. Der vom Papst eingesetzte Visitator 8

Meister Eckhart Nikolaus von Straßburg, dem die beiden Denunzianten eine erste Liste mit 49 h¨aresieverd¨achtigen Aussagen E.s u¨ berreichten, er¨offnete ein ordensinternes Verfahren, bei dem E. nach einer Rechtfertigung freigesprochen wurde. Dem Erzbischof wurde daraufhin eine zweite Liste mit 59 inkriminierten S¨atzen aus Predigten E.s vorgelegt (diese zweite Liste wiederholte 21 Texte aus der ersten Liste; sp¨ater folgte noch eine dritte, heute verlorene Liste mit «Irrelehren» aus E.s Johanneskommentar). Im September 1326 wurde ein Inquisitionsprozess gegen E. er¨offnet. Dieser erkannte das erzbisch¨ofliche Verfahren nicht an, appellierte am 24.1.1327 an den Hl. Stuhl in Avignon und erkl¨arte am 13.2.1327 in der Dominikanerkirche in K¨oln feierlich seine Rechtgl¨aubigkeit. In dem im selben Jahr nach Avignon verlagerten Prozess hatte der Angeklagte mehr Rechte. Von der Kurie vorgeladen, wurde E. ab Mitte 1327 verh¨ort. Am 30.4.1328 teilte der Papst Johannes XXII. dem K¨olner Erzbischof mit, dass der Prozess auch nach E.s Tod weitergehe. Der Abschluss des Prozesses erfolgte am 27.3.1329 durch die Bulle In agro dominico mit der Verurteilung von 28 S¨atzen E.s, von denen die ersten 15 als h¨aretisch und 11 als u¨ belklingend und der H¨aresie verd¨achtig bezeichnet wurden; zwei weitere S¨atze seien h¨aretisch, k¨onnten aber nicht sicher E. zugeschrieben werden. Das im Zusammenhang mit seinen jeweiligen T¨atigkeiten entstandene Werk E.s umfasst die literarischen Gattungen Quaestio, Schriftkommentar, Sermo, volkssprachliche Predigt und Traktat. 1. Die lat. Schriften, deren Echtheit gesichert ist, sind nur schmal u¨ berliefert; hervorzuheben sind folgende Handschriften: Bernkastel-Kues, Bibl. des St. Nikolaus-Hospitals, Hs. 21. – Erfurt, Universit¨ats- und Forschungsbibl. Erfurt/Gotha (ehem. Wissenschaftliche Allgemeinbibl.). Cod. Amplon. 2° 181. – Trier, StB, Hs. 72/1036 8°; Berlin, SBB, Ms. lat. qu. 724. a) Aus seiner Zeit als Lector sententiarum sind seine Antrittsvorlesung (Collatio in libros Sententiarum), eine am Ostertag (18.4.) des Jahres 1294 gehaltene akademische Festpredigt (Pascha nostrum) und der Tractatus super oratione dominica (Vaterunserkommentar) erhalten. b) Im Rahmen seiner akademischen Lehraufgaben hielt E. am 28.8.1302 (oder 1303) eine lat. Predigt zum Fest des hl. → Augustinus. In zwei 1302/03 in Paris vorgetragenen Quaestiones setzt er sich mit Thomas von Aquin auseinander. In 9

1. H¨alfte 14. Jh. der nur in einer Handschrift schlecht u¨ berlieferten ersten Quaestio vom Herbst 1302 geht es um die Frage des Verh¨altnisses von intellektuellem Erkennen und Sein in Gott («utrum in deo sit idem esse et intelligere»). Erkenntnis ist nicht mit dem Sein identisch, es wird diesem u¨ bergeordnet und ist Grundlage des Seins. Auf die Sch¨opfungst¨atigkeit Gottes angewendet, heißt dies: Gott (Sch¨opfer und nicht erschaffbar) ist Intellekt und Erkennen und nicht Seiendes oder Sein. Die zweite Pariser Quaestio handelt vom Intellekt und von der sinnlichen Erkenntnis, genauer vom Erkennen des Menschen («nostrum intelligere»). E. will zeigen, dass unsere intellektuelle Erkenntnis kein Sein ist. Von einer dritten Pariser Quaestio wissen wir nur durch einen Bericht des Magisters und sp¨ateren Generaloberen der Franziskaner Gonsalvus de Vallebona (um 1255–1313). In der Tradition der von Albertus Magnus und Thomas von Aquin begr¨undeten Ordensdoktrin ist E.s Intellektualisierung des Gottesbegriffs gegen die antiintellektualistischen Positionen von Franziskanertheologen gerichtet. Zwischen 1311 und 1313 entstanden die Quaestiones Parisienses IV und V. c) Das theologisch-philosophische Hauptwerk E.s in lat. Sprache ist die wohl unvollendet gebliebene, w¨ahrend des ersten und zweiten Pariser Magisteriums entstandene Schrift Opus tripartitum, begonnen in der Zeit um 1302/1303. Dem «prologus generalis» zufolge sollte es aus folgenden Teilen bestehen: Nach dem grundegenden Teil, dem Opus propositionum, mit mehr als 1000 Thesen u¨ ber Begriffe und deren Gegens¨atze in 14 Traktaten sollten in einem zweiten Teil (Opus quaestionum), in der Anordnung dem Aufbau der Summa theologiae des Thomas von Aquin entsprechend, ausgew¨ahlte Probleme er¨ortert werden. Der dritte Teil (Opus expositionum) sollte eine Sammlung von Predigten ¨ und die Schriftkommentare umfassen. Uberliefert sind vom Opus propositionum nur der Prolog und das durchgef¨uhrte Beispiel «esse est deus», vom Opus quaestionum zwei kurze Prologe. Vom Opus expositionum sind neben den Predigtentw¨urfen zwei Genesiskommentare, der Kommentar zum Johannesevangelium, zu Exodus, zu Ecclesiasticus (Jes Sir), zum Weisheitsbuch und zum Hohen Lied erhalten. 2. Zu den reicher u¨ berlieferten dt. Werken geh¨oren drei Traktate und rund 140 Predigten. a) Der Traktat Die rede der unterscheidunge, entstanden in E.s Zeit als Prior in Erfurt, enth¨alt Lehrgespr¨ache zwischen dem Prior und j¨ungeren 10

1. H¨alfte 14. Jh. Mitbr¨udern. Zentrales Thema sind Fragen des religi¨osen Lebens von Ordensleuten. Bei der Rede vom wahren Gehorsam wird ein grundlegender Begriff des Denkens E.s angesprochen, wenn gefordert wird, dass der Mensch «des sˆınen uˆ zgˆat und sich des sˆınen erwiget». In drei Kapitelgruppen werden das Gebet, die Suche und Verwirklichung der Gelassenheit, Selbstpr¨ufung, das Wachsen auf Gott hin (Kap. 1–8), die S¨unde (Kap. 9–16) und Fragen der konkreten Lebensf¨uhrung in der Nachfolge Christi (Kap. 7–23) besprochen. b) Der Liber ‹Benedictus› – der Titel ist den Prozessakten entnommen, welche die Echtheit des Traktats bezeugen – besteht aus dem B˚uch der e e gotlˆıchen trostunge (BgT) und der Predigt Von dem edeln menschen (VeM), m¨oglicherweise geschrieben f¨ur K¨onigin Agnes von Ungarn, die seit 1318 im Klarissenkloster K¨onigsfelden lebte. Der in der Tradition ma. Trostliteratur stehende BgT, das in enger inhaltlicher Beziehung zu E.s ungef¨ahr gleichzeitigem Kommentar zum Johannesevangelium steht, gliedert sich in drei Teile: In einem kurzen theoretischen Teil legt er zun¨achst das Verh¨altnis transzendentaler Allgemeinbegriffe – weder geschaffen noch gemacht, noch geboren, sondern selbst geb¨arend – zu ihren Tr¨ager dar und f¨uhrt dies am Beispiel des Gutseins aus. Die zwischen Gutem und Gutsein bestehende Einheit entspreche der zwischen Gottvater und Gottsohn. Wahrheit, Gutsein, Gerechtigkeit etc. sind die Anwesenheit Gottes auf Erden. Nach einer Auslegung von Joh 1,1, die den philosophischen Gedanken davor unterst¨utzt, wird auf den Ursprung des Leids eingegangen und mit drei verschiedenen Aspekten des Trostes in Beziehung gesetzt. Nach einer Sammlung von «etwa dreißig» Trostgr¨unden werden im dritten Teil Werke weiser Menschen geschildert, aus denen Trost gesch¨opft werden kann. Im Schlussabschnitt des Traktats setzt sich E. mit seinen Kritikern auseinander. Ausgehend von Lk 19,12 und an das Stufenschema von Augustinus (De vera religione) ankn¨upfend, geht es in der Predigt VeM darum, wie der edel geschaffene Mensch zur Schau Gottes zu gelangen vermag. c) Im Traktat Von der abgescheidenheit, dessen Echtheit nicht von allen anerkannt wird, f¨uhrt E. aus, dass Abgeschiedenheit, die alle Tugenden, selbst die Liebe, die Demut und die Barmherzigkeit u¨ bertreffe, zur Einung mit Gott f¨uhre. Das Leiden in Christus wird als Weg der Abgeschiedenheit be11

Meister Eckhart zeichnet; «diu oberste abgescheidenheit, daz ist got selber». d) Die meisten dt. Predigten E.s, von denen wir handschriftlich Kenntnis haben, entstanden zwischen 1313 und 1326. Sie sind nicht in zeitgen¨ossischen Sammlungen, sondern als Streugut u¨ berliefert. Eine von E. selbst durchgesehene Sammelhandschrift seiner Predigten existiert nicht (anders z. B. bei → Tauler). Von den in der handschrift¨ lichen Uberlieferung rund 150 mit dem Namen E.s verbundenen Predigten, k¨onnen rund 120 philologisch als echt angesehen werden, auch wenn die Textgestalt in vielen Einzelf¨allen unsicher ist. Die fr¨uhere Meinung, E.s dt. Predigten seien in erster Linie in Nonnenkl¨ostern gehalten und gesammelt worden, ist ebenso widerlegt (L. Sturlese) wie die Ansicht, sie seien nur durch Mitschriften u¨ berliefert (P.-G. V¨olker). Zwar ist keine seiner Niederschriften erhalten, so gilt es doch heute als erwiesen, dass E. seine Predigten mehrheitlich selbst geschrieben hat. Ein großes Problem stellt nach wie vor die Datierung der einzelnen Predigten dar. Die dt. Predigten zeigen in philosophisch-theologischer Spekulation in Kombination mit Bibelexegese Lebenswege auf. Die Einheit mit Gott in Werken der N¨achstenliebe steht im Vordergrund. E. wollte nicht Glauben verk¨undigen, sondern er wollte zeigen, «daß man wissen kann, was der Glaube sagt» (Flasch). Wie schon bei den Pariser Quaestiones ersichtlich wurde, zeigt sich auch bei den Predigten – entgegen der Vereinnahmung E.s als Mystiker –, dass die Explikation der Beziehung des Menschen zu Gott, die in erster Linie u¨ ber den Intellekt geht, eine philosophische Aufgabe ist. Neben dem AT und NT benutzte E. vor allem Kommentare des Augustinus, Kommentare und Summen von Albertus Magnus und Thomas von Aquin. Neben Zitaten von M¨onchstheologen wie → Bernhard von Clairvaux, → Wilhelm von Saint-Thierry, den Viktorinern und → Gregor dem Großen finden sich in E.s dt. Predigten auch Gedanken antiker Autoren wie Platon, Cicero, Seneca und → Boethius. Eine herausragende Stellung in seinem Denken nimmt das unter dem Namen → Dionysius Areopagita u¨ berlieferte Werk ein. Trotz der p¨apstlichen Verurteilung hatte E. nicht nur in der dt. Dominikanerschule Nachwirkung. W¨ahrend Heinrich → Seuse ihn in dem B¨uchlein der Wahrheit verteidigte, wurden in den TaulerDrucken (Leipzig 1498, Augsburg 1508, Basel 1522 etc.) stets Predigten E.s anonym mit u¨ berliefert. 12

Meister Eckhart Ausgaben: Kritische Gesamtausgabe: M. E. Die dt. und lat. Werke. Die dt. Werke. Bd. I–III, V. Hg. v. Josef Quint. Stgt. 1936–76. Bd. IV,1–2 (1. Lfg.). Hg. v. Georg Steer. Stuttgart 2003. Die lat. Werke. Bd. I,1, II–IV, V,1–2. Hg. v. Konrad Weiß u. a. Stuttgart 1936–94. Bd. I,2, V,3–8. Hg. v. Loris Sturlese. Stuttgart 1987–92 und 2007. – Gesamt- und Teilausgaben: Franz Pfeiffer (Hg.): Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2. Leipzig 1857. Neudr. Aalen 1962. – Philipp Strauch (Hg.): Paradisus anime intelligentis. Berlin 1918. – Niklaus Largier (Hg.): M. E., ¨ Werke I: Texte und Ubersetzungen v. J. Quint. Frankfurt/M. 1993. – Ders. (Hg.): M. E., Werke ¨ II: Texte und Ubersetzungen v. Ernst Benz u. a. Frankfurt/M. 1993. ¨ Ubersetzungen: Josef Quint: M. E. Dt. Predigten und Traktate. M¨unchen 1955. 21963. Neudr. Z¨urich 1979. – Armand A. Maurer: Master E., Parisian Questions and Prologues. Toronto 1974. – Dietmar Mieth: M. E. Einheit im Sein und Wirken. Olten 1979. Mu¨ nchen 1986. – Marco Vannini: M. E., Opere Tedesche. Florenz 1982. – Fernand Brunner u. a. L’œuvre latine de Maˆıtre E. 1: Le Commentaire de la Gen`ese pr´ec´ed´e des Prologues. Paris 1984. – Emilie Zum Brunn u. a.: Maˆıtre E. a` Paris. Une critique m´edi´evale de l’ontoth´eologie. Les Questions parisiennes no 1 et no 2 d’E., e´ tudes, textes et traductions. Paris 1984. – Karl Albert: M. E., Kommentar zum Buch der Weisheit. Sankt Augustin 1988. – E. Zum Brunn u. a.: L’œuvre latine de Maˆıtre E., 6: Le Commentaire de l’´evangile selon Jean: Le Prologue (chap. 1, 1–18). Paris 1989. – G¨unter Stachel: M. E.: alles lassen – einswerden. Mystische Texte – Reden der Unterscheidung und Predigten. Mu¨ nchen 1992. – Alain de Libera: Maˆıtre E., Trait´es et Sermons. Paris 1993. – Goradz Kocijancic: Mojster E.: Pridige in traktati. Celje 1995 (slowenisch). – Yoshiki Nakayama: Magistri Echardi Sermones. Tokio 1999. Opera Latina. Bd. 2, Tokio 2004. Bd. 1, Tokio 2005 (japanisch). – Dt. Predigten. Vierzig der sch¨onsten dt. Predigten ausgew¨ahlt, u¨ bertragen und mit einem Nachwort versehen v. Louise Gn¨adiger. Z¨urich 2000. – Wolfgang Wackernagel: La Divine Consolation. Traduit du moyen-haut allemand, pr´esent´e et annot´e. Paris 2004. – Das Buch der g¨ottlichen Tr¨ostung. Vom ¨ edlen Menschen. Mhd. und Nhd. Ubers. mit einem Nachw. v. Kurt Flasch. Mu¨ nchen 2007. Bibliographien: Thomas F. O’Meara: An E.-Bibliography. In: The Thomist 42 (1978) S. 313–336. – Niklaus Largier: Bibliogr. zu M. 13

1. H¨alfte 14. Jh. E. Freiburg/Schweiz 1989. – Kurt Ruh: M. E. In: VL2 2 (1980) Sp. 343–348. – N. Largier: M. E. Perspektiven der Forschung, 1980–1993. In: ZfdPh 114 (1995) S. 29–98. – Ders.: Recent Work on M. E. Positions, Problems, New Perspectives, 1990–1997. In: Recherches de th´eologie et philosophie m´edi´evales 65 (1998) S. 147–167. – Fortlaufend im bibliographischen Organ der Meister Eckhart-Gesellschaft. Literatur: Ehrismann 2.2 (1935) S. 612–616. – Josef Koch, NDB 4 (1959) S. 295–301. – Maria Josepha Gonz´alez-Haba, in: Lex. der Marienkunde. Hg. Konrad Algermissen u. a. Bd. 1. Regensburg 1967, Sp. 1491–1494. – Wolfgang Klimanek/Jos Philippen, MarLex 2 (1989) S. 276–279. – Udo Kern, TRE 9 (1982) S. 258–264. – Alois M. Haas, LThK3 3 (1995) Sp. 443–446. – Schulthess/Imbach (1996) S. 416 f. – Otto Langer, RGG4 2 (1999) Sp. 1048–1051. – Reiner Manstetten, Volpi 1 (1999) S. 421–424. – Christoph e Asmuth: ‹Daz b˚uch der gotlˆ ıchen trostunge›. In: LexthW (2003), S. 60 f. – Ders.: ‹Dt. Predigten›. In: LexthW (2003), S. 216 f. – Ders.: ‹Opus tripartitum›. In: ebd., S. 537 f. – Oswald Schwemmer, Enz Phil Wiss2 2 (2005) S. 273–275. – Georg Steer, DBE2 2 (2005) S. 825–827. – Ders./Irmgard Kampmann/Burkhard Mojsisch, Killy2 3 (2008) S. 182–189. Gesamtdarstellungen: Joseph Bach: M. E. der Vater der dt. Speculation. Als Beispiel zu einer Gesch. der dt. Theologie und Philosophie der mittleren Zeit. Wien 1864. – Adolf Lasson: M. E., der Mystiker. Zur Gesch. der religi¨osen Speculation in Deutschland. Berlin 1868. – Heinrich S. Denifle: M. E.s lat. Schr. und die Grundanschauung seiner Lehre. In: Arch. f¨ur Lit.- und Kirchengesch. des MA. Bd. 2. Berlin 1886, S. 417–640, 673–687. – Alois Dempf: M. E. Eine Einf. in sein Werk. Leipzig 1934. – Herma Piesch: M. E. Eine Einf. Wien 1946. – Hans Hof: Scintilla animae. Eine Studie zu einem Grundbegriff in M. E.s Philosophie. Lund/Bonn 1952. – Vladimir Lossky: Th´eologie n´egative et connaissance de Dieu chez Maˆıtre E. Paris 1960. – Dietmar Mieth: Die Einheit v. Vita activa und Vita contemplativa in den dt. Predigten und Traktaten M. E.s und bei Johannes Tauler. Regensburg 1969. – Ernst v. Bracken: M. E. Legende und Wirklichkeit. Meisenheim 1972. – Karl Albert: M. E.s These vom Sein. Untersuchungen zur Metaphysik des Opus Tripartitum. Saarbr¨ucken/Kastellaun 1976. – Ruedi Imbach: ›Deus est intelligere‹. Das 14

1. H¨alfte 14. Jh. Verh¨altnis v. Sein und Denken in seiner Bedeutung f¨ur das Gottesverst¨andnis bei Thomas v. Aquin und in den Pariser Quaestionen M. E.s. Freiburg/Schweiz 1976. – Alois M. Haas: M. E. als normative Gestalt geistl. Lebens. Einsiedeln 1979. – Ders.: Sermo mysticus. Stud. zu Theologie und Sprache der dt. Mystik. Freiburg/Schweiz 1979. – Bernhard Welte: M. E. Gedanken zu seinen Gedanken. Freiburg i. Br. u. a. 1979. – Wolfram Malte-Fues: Mystik als Erkenntnis? Krit. Stud. zur M. E.-Forschung. Bonn 1981. – B. Mojsisch: M. E. Analogie, Univozit¨at und Einheit. Hamburg 1983. Engl. Amsterdam/Philadelphia 2001. – Emilie Zum Brunn/Alain de Libera: Maˆıtre E. M´etaphysique du Verbe et th´eologie n´egative. Paris 1984. – K. Ruh: M. E. Theologe, Prediger, Mystiker. Mu¨ nchen 1985. 2., u¨ berarb. Aufl. 1989. – Rainer Hauke: Trinit¨at und Denken. Die Unterscheidung der Einheit v. Gott und Mensch bei M. E. Frankfurt/M. 1986. – Otto Langer: Myst. Erfahrung und spirituelle Theologie. Zu M. E.s Auseinandersetzung mit der Frauenfr¨ommigkeit seiner Zeit. Mu¨ nchen 1987. – Erwin Waldsch¨utz: Denken und Erfahren des Grundes. Zur philosophischen Deutung M. E.s. Wien u. a. 1989. – Wolf´ gang Wackernagel: ‹Ymagine denudari›. Ethique de l’image et m´etaphysique de l’abstraction chez Maˆıtre E. Paris 1991. – Burkhard Hasebrink: Formen inzitativer Rede bei M. E. Untersuchungen zur literar. Konzeption der dt. Predigt (TTG 32). T¨ubingen 1992. – Reiner Manstetten: ‹Esse est Deus›. M. E.s christologische Vers¨ohnung v. Philosophie und Religion und ihre Urspr¨unge in der Tradition des Abendlandes. Freiburg/Mu¨ nchen 1993. – Loris Sturlese: M. E. Ein Portrait. Regensburg 1993. – Udo Kern: Die Anthropologie M. E.s. Hamburg 1994. – Irmgard Kampmann: ‹Ihr sollt der Sohn selber sein›. Eine fundamentaltheologische Studie zur Soteriologie M. E.s. Frankfurt/M. u. a. 1996. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996. – Wouter Goris: Einheit als Prinzip und Ziel. Versuch u¨ ber die Einheitsmetaphysik des ‹Opus Tripartitum› M. E.s. Leiden u. a. 1997. – Klaus Jacobi (Hg.): M. E. Lebensstationen – Redesituationen. Berlin 1997. – Norbert Winkler: M. E. zur Einf. Hamburg 1997. – E. Zum Brunn (Hg.): Voici Maˆıtre E. Textes et e´ tudes r´eunis. Grenoble 1998. – Jan A. Aertsen: M. E.: eine außerordentliche Metaphysik. In: Recherches de th´eologie et philosophie m´edi´evales 66 (1999) S. 1–20. – Karl Albert: M. E. und die 15

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Meister Eckhart 20 (1994) S. 233–278. – Ders.: Einheit als Prinzip und Ziel. Versuch u¨ ber die Einheitsmetaphysik des Opus tripartitum M. E.s Leiden 1997. – K. Flasch: M. E. Expositio sancti Evangelii secundum Joannem. In: Interpretationen. Hauptwerke der Philosophie: MA. Hg. ders. Stuttgart 1998, S. 381–401. – G. Steer./L. Sturlese (Hg.): Lectura Eckhardi. Predigten M. E.s, v. Fachgelehrten gelesen und gedeutet. Bd. 1. Stuttgart u. a. 1998; Bd. 2. Ebd. 2003. Bd. 3. Ebd. 2008. – K. Ruh: Zu M. E.s K¨olner Predigten. In: ZfdA 128 (1999) S. 42–46. – G. Steer: M. E.s Predigtzyklus v. der eˆ wigen geburt. Mutmaßungen u¨ ber die Zeit ihrer Entstehung. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Hg. v. W. Haug/Wolfram Schneider-Lastin. T¨ubingen 2000, S. 253–281. – Freimut L¨oser: M. E. ¨ auf der Spur. Zu Uberl. und Textverst¨andnis der dt. Predigten anhand von Predigt 87. In: Indoevropejskoe jazykoznanie i klassiceskaja filologija – XIII. Materialy ctenij, posvjaˇscennych pamjati professora Iosifa Moiseevica Tronskogo. 22–24 ijunja 2009 g. Hg. v. Nikolai A. Bondarko/Nikolai N. Kazansky. St. Petersburg 2009, S. 561–637 (mit neuer Teiledition S. 633–637). Spezielle Themen: Josef Quint: Die Sprache M. E.s als Ausdruck seiner mystischen Geisteswelt. In: DVjs 6 (1927) S. 671–701. – Ders.: Mystik und Sprache. Ihr Verh¨altnis zueinander in der spekulativen Mystik M. E.s. In: ebd. 27 (1953) S. 48–76. – Eberhard Winkler: Exegetische Methoden bei M. E. (Beitr. zur Gesch. der biblischen Hermeneutik 6). T¨ubingen 1965. – Fernand Brunner: L’analogie chez Maˆıtre E. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 16 (1969) S. 333–349. – B. Mojsisch: M. E.s Kritik der teleologisch-theokratischen Ethik Augustins. In: Medioevo 9 (1983) S. 43–59. – Ders.: Die Theorie des Ich in seiner Selbst- und Weltbegr¨undung bei M. E. In: L’Homme et son ˆ Univers au Moyen Age. Hg. v. Christian Wenin. Bd. 1. Louvain-la-Neuve 1986, S. 267–272. – B. Hasebrink: Das Predigtverfahren M. E.s. Beobachtungen zur thematischen und pragmatischen Koh¨arenz der Predigt Q 12. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Univ. Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/HansJochen Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 150–168. – L. Sturlese: Mistica o filosofia? A proposito della dottrina dell’immagine di M. E. In: Giornale critico della Filosofia Italiana 12 (1992) S. 49–64. – B. Hasebrink: Studies on Redaction and Use of 17

1. H¨alfte 14. Jh. the ‹Paradisus anime intelligentis›. In: De l’hom´elie au sermon. Histoire de la pr´edication m´edi´evale. Louvain-la-Neuve 1993, S. 143–158. – Susanne K¨obele: ‹Bˆıwort sˆın›. ‹Absolute› Grammatik bei M. E. In: ebd., S. 190–206. – Dies.: Primo aspectu monstruosa. Schriftauslegung bei M. E. In: ZfdA 122 (1993) S. 62–81. – G. Steer: Die Passion Christi bei den dt. Bettelorden im 13. Jh. David v. Augsburg, ‹Baumgarten geistlicher Herzen›, Hugo Ripelin v. Straßburg, M. E.s ‹Reden der Unterweisung›. In: Die Passion Christi in Lit. und Kunst des Sp¨atMA. Hg. v. W. Haug/B. Wachinger. Tu¨ bingen 1993, S. 52–75. – B. Hasebrink: Der Rebdor¨ fer Eeckhartkommentar. Uberl. und Kommentierung der Armutspredigt M. E.s in der Rebdorfer Hs. Cgm 455. In: ZfdPh 113 Sonderheft (1994) S. 207–222. – F. L¨oser: Pahncke versus Quint. Zu einem Streitfall der E.-Philologie. In: ZfdA 123 (1994) S. 173–200. – Christoph Asmuth: M. E.s ‹Buch der g¨ottlichen Tr¨ostung›. In: Albertus Magnus und der Albertismus. Dt. philosophische Kultur des MA. Hg. v. Maarten J. F. M. Hoenen/A. de Libera. Leiden u. a. 1995, S. 189–205. – F. L¨oser: ‹Der niht enwil und niht enweiz und niht enhˆat›. 3 u¨ bersehene Texte M. E.s zur Armutslehre. In: ‹Contemplata aliis tradere›. Stud. zum Verh¨altnis v. Lit. und Spiritualit¨at. FS A. M. Haas. Hg. v. Claudia Brinker u. a. Bern u. a. 1995, S. 391–440. – B. Mojsisch: ‹Ce moi›: la conception du moi de maˆıtre E. Une contribution aux ‹Lumi`eres› du Moyen-Age. In: Revue des sciences religieuses 70 (1996) S. 18–30. – Jens Halfwassen: Gibt es eine Philosophie der Subjektivit¨at im MA? Zur Theorie des Intellekts bei M. E. und Dietrich von Freiberg. In: Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 72 (1997) S. 338–360. – A. de Libera: On some Philosophical Aspects of Master E.’s Theology. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 45 (1998) S. 151–168. – A. Speer: ‹Ethica sive theologia›. Wissenschaftseinteilung und Philosophieverst¨andnis bei M. E. In: Was ist Philosophie im MA? [...] Akten des X. Internationalen Kongresses f¨ur ma. Philosophie der Soci´et´e Internationale pour l’Etude de la Philosophie M´edi´evale 25. bis 30. August 1997 in Erfurt. Hg. v. J. A. Aertsen/A. Speer (Miscellanea Mediaevalia 26). Berlin/New York 1998, S. 683–693. – W. Goris: Ontologie oder Henologie? Zur Einheitsmetaphysik M. E.s. In: ebd., S. 694–703. – Niklaus Largier: Theologie, Philosophie und Mystik bei M. 18

1. H¨alfte 14. Jh. E. In: ebd., 704–711. – Alessandra Saccon: Nascita e logos. Conoscenza e teoria trinitaria in M. E. Neapel 1998. – G¨unter Stachel: M. E. Beitr. zur Diskussion seiner Mystik. W¨urzburg 1998. – Donata Schoeller Reisch: Enth¨ohter Gott – vertiefter Mensch. Zur Bedeutung der Demut ausgehend von M. E. und Jakob B¨ohme. Freiburg i. Br. 1999. – Anton Friedrich Koch: Der Logos als Bild des Seins bei M. E. In: Prudentia und Contemplatio. Ethik und Metaphysik im MA. FS Georg Wieland. Hg. v. Johannes Brachtendorf. Paderb. u. a. 2002, S. 142–159. – Alessandra Beccaristi: Philosophische Neologismen zwischen Latein und Volkssprache: ‹istic› und ‹isticheit› bei M. E. In: Recherches de th´eologie et philosophie m´edi´evales 70 (2003) S. 97–126. – B. Mojsisch: Der Grund der Seele. Das Ich als Ursache seiner selbst und Gottes in der Philosophie M. E.s. In: Gottmenschen. Konzepte existentieller Grenz¨uberschreitung im Altertum. Hg. v. Gerhard Binder u. a. Trier 2003, S. 181–203. – Ders.: ‹Perfectiones spirituales›. M. E.s Theorie der geistigen Vollkommenheiten. In: Die Logik des Transzendentalen. FS J. A. Aertsen. Hg. Martin Pickav´e. Berlin/New York 2003, S. 511–524. – Claudia Altmeyer: Grund und Erkennen in dt. Predigten v. M. E. W¨urzburg 2005. – Dagmar Gottschall: Man m¨ochte wunder tuon mit worten (Predigt 18). Zum Umgang M. E.s mit W¨ortern in seinen dt. Predigten. In: M. E. in Erfurt (s. o.) S. 427–449. – Sigrun J¨ager: M. E. – ein Wort im Wort: Versuch einer theologischen Deutung v. vier dt. Predigten. Berlin 2008. Biografisches: Gabriel Th´ery O. P.: Edition critique des pi`eces relatives au proc`es d’E. In: Archives d’histoire doctrinale et litt´eraire du Moyen Age 1 (1926/27) S. 129–268. – J. Koch: Krit. Stud. zum Leben M. E.s. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 29 (1959) S. 5–51; 30 (1960) S. 5–52. – Ders.: Krit. Stud. zum Leben M. E.s In: Ders.: Kleine Schr. Bd. 1. Rom 1973, S 247–347. – Alexander Patschovsky: Straßburger Beginenverfolgungen im 14. Jh. In: Dt. Arch. f¨ur Erforschung des MA 30 (1974) S. 56–198 (S. 118–125, 195–198: ¨ mhd. Ubertragung der Bulle ‹In agro dominico›). – B. McGinn: E.’s Condemnation Reconsidered. In: The Thomist 44 (1980) S. 390–414. – G. Steer: Der Prozeß M. E.s und die Folgen. In: Literaturwissenschaftliches Jb. N. F. 27 (1986) S. 47–64. – Winfried Trusen: Der Prozeß gegen M. E. Vorgesch., Verlauf und Folgen. Paderborn u. a. 1988. – Heinrich Stirnimann/R. Imbach (Hg.): ‹Eckardus Theutonicus, 19

Meister Eckhart homo doctus et sanctus›. Nachweise und Berichte zum Prozeß gegen M. E. (Dokimion 11). Freiburg/Schweiz 1992. – Walter Senner: E. in K¨oln. In: M. E.: Lebensstationen – Redesituationen. Hg. v. Klaus Jacobi. Berlin 1997, S. 207–237. – B. Mojsisch: Notiz ‹Eckhart v. Hochheim›. In: Bochumer Philosophisches Jb. f¨ur Antike und MA 6/2000 (2001) S. 239. – S. K¨obele: M. E. und die ‹Hunde des Herrn›. In: PBB 124 (2002) S. 48–73. – A. Qu´ero-Sanchez/G. Steer (Hg.): M. E.s Straßburger Jahrzehnt (M.-E.-Jb. 2). Stuttgart 2008. – Ju¨ rgen Miethke: Der Eckhartprozeß in K¨oln und Avignon. In: L’et`a di processi, inchieste e condanne tra politica e ideologia nel ’300. Hg. v. A. Rigon/F. Veronese. Rom 2009, S. 119–143. Einfl¨usse: J. Koch: M. E. und die j¨udische Religionsphilosophie des MA. In: Jahresberichte der Schlesischen Ges. f¨ur Vaterl¨andische Kultur 101 (1928) S. 134–148. – Hugo Rahner: Die Gottesgeburt. Die Lehre der Kirchenv¨ater v. der Geburt Christi im Herzen der Gl¨aubigen. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 59 (1935) S. 333–418. – Marie Goichon: La philosophie d’Avicenne et son influence en Europe m´edi´evale. Paris 1951. – Philipp Merlan: Aristoteles, Averroes und die beiden Eckharts. In: Autour d’Aristote. Hommage a` A. Mansion. Louvain 1955, S. 543–566. – B. Welte: M. E. als Aristoteliker. In: Philosophisches Jb. der G¨orresges. 69 (1961/62) S. 62–74. – Hans Liebesch¨utz: M. E. und Moses Maimonides. In: Arch. f¨ur Kulturgesch. 54 (1972) S. 64–96. – K. Flasch: Die Intention M. E.s. In: FS Bruno Liebrucks. Meisenheim 1974, S. 292–318. – K. Ruh: ‹Le miroir des simples aˆ mes› der Marguerite Porete. In: FS Friedrich Ohly. Bd. 2. Mchn. 1975, S. 365–387. – K. Flasch (Hg.): Von Meister Dietrich zu M. E. Hamburg 1984. – A. de Libera: Introduction a` la Mystique Rh´enane. Paris 1984. – R. Imbach/Christoph Fl¨ueler (Hg.): Albert der Große und die dt. Dominikanerschule. Freiburg/Schweiz 1985. – B. Mojsisch: ‹Dynamik der Vernunft› bei Dietrich v. Freiberg und M. E. In: ebd., S. 135–144. – K. Flasch: Procedere ut imago – Das Hervorgehen des Intellekts aus seinem g¨ottlichen Grund bei Meister Dietrich, M. E. und Berthold v. Moosburg. In: Abendl¨andische Mystik im MA. Symposion Kloster Engelberg 1984. Hg. v. K. Ruh. Stuttgart 1986, S. 125–134. – N. Largier: Zeit, Zeitlichkeit, Ewigkeit. Ein Aufriß des Zeitproblems bei Dietrich v. Freiberg und M. E. Bern u. a. 1989. – Werner Beierwaltes: ‹Primum est dives per se›. M. E. 20

Meister Eckhart und der ‹Liber de causis›. In: On Proclus and his Influence in Medieval Philosophy. Hg. v. Egbert Peter Bos/Pieter Ane Meijer. Leiden u. a. 1992, S. 141–169. – A. de Libera: Existe-t-il une no´etique averroiste? In: Averroismus im MA und in der Renaissance. Hg. v. Friedrich Niew¨ohner/L. Sturlese. Z¨urich 1994, S. 51–80. – K. Ruh: Neuplatonische Quellen M. E.s. In: Contemplata aliis tradere. Stud. zum Verh¨altnis von Lit. und Spiritualit¨at. Hg. v. C. Brinker u. a. Bern u. a. 1995, S. 317–352. – B. Hasebrink: Zersetzung? Eine Neubewertung der Eeckhartkompilation in Spamers Mosaiktraktaten. In: ebd., S. 353–369. – F. L¨oser: ‹Der niht enwil und niht enweiz und niht enhˆat›. Drei u¨ bersehene Texte M. E.s zur Armutslehre. In: ebd., S. 391–439. – W. Wackernagel: Contemplata spoliari? Subimaginale Versenkung und Metaphorologie des Unsichtbaren bei M. E. In: ebd., S. 441–471. – K. Flasch: Converti ut imago – R¨uckkehr als Bild. Eine Studie zur Theorie des Intellekts bei Dietrich v. Freiberg und M. E. In: Albert le Grand et sa r´eception au Moyen Age. Hommage a` Zenon Kaluza. Hg. v. F. Cheneval/R. Imbach/Th. Ricklin. Freiburg/Schweiz 1998, S. 130–150. – W. Goris: Dietrich v. Freiberg und M. E. u¨ ber das Gute. In: Dietrich v. Freiberg. Neue Perspektiven seiner Philosophie, Theologie und Naturwiss. Hg. v. KarlHermann Kandler/B. Mojsisch/Franz-Bernhard Stammk¨otter. Amsterdam 1999, S. 169–188. – N. Largier: Von Hadewijch, Mechthild und Dietrich zu E. und Seuse? Zur Historiographie der ‹dt. Mystik› und der ‹dt. Dominikanerschule›. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Hg. W. Haug/W. Schneider-Lastin. Tu¨ bingen 2000, S. 93–117. – Jules Janssens/David De Smet (Hg.): Avicenna and his Heritage. Leuven 2002. – W. Haug: Das platon. Erbe bei M. E. In: ‹... auf klassischem Boden begeistert›. Antike-Rezeptionen in der dt. Lit. FS Jochen Schmidt. Hg. v. Olaf Hildebrand/Thomas Pittrof. Freiburg i. Br. 2004, S. 17–35. – Yossef Schwartz: M. E.s Schriftauslegung als Maimonidisches Projekt. In: Moses Maimonides, 1138–1204. Hg. v. G¨orge K. Hasselhoff/Otfried Fraisse. W¨urzburg 2004, S. 173–208. – K. Flasch: M. E. Die Geburt der ‹Dt. Mystik› aus dem Geist der arabischen Philosophie. Mu¨ nchen 2006. – L. Sturlese (Hg.): Studi sulle fonti di M. E. Freiburg/Schweiz 2008. – Beate Regina Suchla: Dionysius Areopagita. Leben, Werk, Wirkung. Freiburg i. Br. 2008. 21

1. H¨alfte 14. Jh. Wirkungen: Winfried Zeller: M. E. bei Valentin Weigel. In: ZKTh 57 (1938), S. 309–355. – Maria A. L¨ucker: M. E. und die Devotio moderna. Leiden 1950. – Ingeborg Degenhardt: Studien zum Wandel des E.-Bildes. Leiden 1967. – Franz-Josef Schweitzer: Der Freiheitsbegriff der dt. Mystik. Seine Beziehung zur Ketzerei der Br¨uder und Schwestern vom Freien Geist, mit bes. Ber¨ucksichtigung des pseudoeckhartschen Traktates ‹Schwester Katrei› (Edition). Frankfurt/Berlin 1981. – A. M. Haas: Luther und die Mystik. In: DVjs 60 (1986) S. 177–207. – R. Imbach: Die dt. Dominikanerschule. In: Grundfragen christl. Mystik. Hg. v. Margot Schmidt. Stuttgart 1987, S. 157–172. – K. Ruh: Traktat v. der Minne. Eine Schr. zum Verst¨andnis und zur Verteidigung v. M. E.s Metaphysik. In: FS Karl Stackmann. G¨ottingen 1987, S. 208–229. – K. Flasch: M. E. und die ‹Dt. Mystik›. – Zur Kritik eines historiographischen Schemas. In: Die Philosophie im 14. und 15. Jh. Hg. v. Olaf Pluta. Amsterdam 1988, S. 439–463. – B. Mojsisch: ‹Nichts› und ‹Negation›. M. E. und Nikolaus v. Kues. In: ‹Historia Philosophiae Medii Aevi›. Stud. zur Gesch. der Philosophie des MA. FS K. Flasch. Hg. v. B. M./O. Pluta. Bd. 2. Amsterdam/Philadelphia 1991, S. 675–693. – D. Schoeller: Gottesgeburt und Selbstbewußtsein. Denken der Einheit bei M. E. und Hegel. Hildesh. 1992. – Bernard McGinn: M. E. and the Beguine Mystics: Hadewijch of Brabant, Mechthild of Magdeburg and Marguerite Porete. New York 1994. – N. Largier: ‹Intellectus in deum ascensus›. Intellekttheoretische Auseinandersetzungen in Texten der dt. Mystik. In: DVjs 69 (1995) S. 423–471. – F. L¨oser: Rezeption als Revision. Marquard von Lindau und M. E. In: PBB 119 (1997) S. 425–458. – F.-J. Schweitzer: M. E. und der Laie. Ein antihierarchischer Dialog des 14. Jh. aus den Niederlanden. Berlin 1997. – N. Winkler: Dietrich v. Freiberg und M. E. in der Kontroverse mit Thomas v. Aquin. In: Dietrich v. Freiberg. Neue Perspektiven seiner Philosophie, Theologie und Naturwiss. (s. o.) S. 189–266. – Johann Kreuzer: Gestalten ma. Philosophie. Mu¨ nchen 2000. – Saskia Wendel: Affektiv und inkarniert. Ans¨atze dt. Mystik als subjekttheoretische Herausforderung. Regensburg 2002. – Stefanie Frost: Nikolaus v. Kues und M. E. Rezeption im Spiegel der Marginalien zum ‹Opus tripartitum› M. E.s. Mu¨ nster 2006. – C. Ruta (Hg.): El Maestro E. en di´alogo: entre sombra de 22

1. H¨alfte 14. Jh. ser. Buenos Aires 2006. – Virginie Pektas: Mystique et Philosophie. ‹Grunt›, ‹abgrunt› et ‹Ungrund› chez Maˆıtre E. et Jacob B¨ohme. Amsterdam/Philadelphia 2006. – L. Sturlese: Homo divinus. Philosophische Projekte in Deutschland zwischen M. E. und Heinrich Seuse. Stuttgart 2007. – Wybren F. Scheepsma, Meister Eckhart in den Nie¨ derlanden. Rezeption und Uberlieferung im vierzehnten Jh. In: Exemplar. FS Kurt Otto Seidel. Hg. v. R¨udiger Brandt/Dieter Lau (Lateres. Texte und Studien zu Antike, MA und fr¨uher Neuzeit 5). Frankfurt/M. 2008, S. 9–54. – Stephan Grotz: Negationen des Absoluten: M. E., Cusanus, Hegel. Hamburg 2009. – D. Gottschall: M. E.-Rezeption in N¨urnberg. In: ZfdA 138 (2009) S. 199–213. BJ Der ˆınslac (Von der edelkeit der sˆele [nach der Ausgabe Pfeiffer 1857]). – Mystischer Traktat, letztes Drittel 13. Jh./erstes Drittel 14. Jh. Der Verfasser des mystischen Traktats ist unbekannt. In drei Handschriften der Stiftsbibliothek Melk, die nur Ausz¨uge u¨ berliefern, findet sich die zweifelhafte Autorangabe Meister → Eckhart. Der gleichfalls fragmentarisch u¨ berliefernde Mu¨ nchner Clm 28917 und Berlin, Mgq 1486 sowie Augsburg, Cod. III.1.4° 41 f¨uhren im Schlussspruch den Titel Der ˆınslac. Im Stil und in der Terminologie weist der Traktat eine N¨ahe zum Ego sum via, veritas et vitaTraktat auf, der wahrscheinlich Johannes → Franke zuzuschreiben ist. Im Zentrum der Ausf¨uhrungen steht das mystische Kernthema, die Vereinigung der Seele mit Gott. Daneben werden die Seelenkr¨afte in ihrem Verh¨altnis zueinander und der trinitarische Themenkomplex behandelt. Auch werden Fragen erwogen nach dem Vorrang von Intellekt oder Willen und aus welcher Kraft der Seele der Glaube stammt. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB (vormals Harburg, F¨urstlich Oettingen-Wallersteinsche Bibl. und Kunstslg.), Cod. III.1.4° 41, 220r–227v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair.). – Berlin, SBB, Mgq 1486 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 21155), 98r–102v (Pap., um 1358 aus der S¨udtiroler Kartause Schnals [?], ostfr¨ankisch mit ¨ starkem bair. Einschlag). – Wien, ONB, Cod. 2728, 13v–21v (Perg., erste H¨alfte 14. Jh., ostfr¨ankisch mit mitteldt. Vorlagen). – Streu¨uberlieferung (Ausw.): Melk, Stiftsbibl., Cod. 1569 (615; L 27), 87r–91v (Pap., nach 1440 aus Melk, mittelbair.). – Ebd., Cod. 705 (371; G 33) (Pap., um 1450 aus Melk, 23

Der ˆınslac bair.). – Ebd. Cod. 1865 (586; L 5) (Pap., 15. Jh. aus Melk, bair.-¨osterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 28917 (vormals Privatbesitz Freiherr von Hardenberg), 99v–100v (Pap., nach Mitte 14. Jh., lat./bair.). – Vgl. zur Streu¨uberl. Spamer 1909, Quint 1940 und 1969. Ausgaben: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857. Neudr. Aalen 1962, S. 382–394 (nach Wien, Cod. 2728, u. d. T. Von der edelkeit der sˆele). – Julius Zacher: Bruchst¨ucke aus der Sammlung des Freiherrn von Hardenberg I. In: ZfdPh 9 (1878) S. 395–443, hier S. 71 f. (Abdr. M¨unchen, Clm 28917). – Carl Greith: Die dt. Mystik im Predigerorden (von 1250–1350) nach ihren Grundlehren, Liedern und Lebensbildern aus hsl. Quellen. Freiburg/Br. 1861 (Nachdr. Amsterdam 1965) S. 114 f. (Bruchst¨uck des Traktats als Teil des → Lehrsystems der dt. Mystik eines «ungenannten dt. Mystikers»). – Nhd. Ausgabe: Meister Eckeharts Schr. und Predigten aus dem Mhd. u¨ bers. und hg. v. Herman B¨uttner. Bd. 1. Leipzig/Jena 1903, S. 77–96, 216–218. Literatur: Peter Schmitt, VL2 4 (1983) Sp. 406. – F. Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 209–258. – Adolf Spamer: Zur ¨ Uberl. der Pfeifferschen Eckehart-Texte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, hier S. 371 f. – Josef Quint: ¨ Neue Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reisebericht (Meister Eckhart Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 114 f., 200, 204, 246 f. – Eduard Sch¨afer: Meister Eckeharts Traktat ‹Von abgescheidenheit›. Unters. zur Textneuausg. Bonn 1956, S. 22–25. – J. ¨ Quint: Fundbericht zur hsl. Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystiktexte (Meister Eckhart Unters. 2). Stuttgart u. a. 1969, S. 39, 80. VZ Lullus, Raimundus (Ramon Llull), * um 1232/33 Palma de Mallorca, † um 1315/16 in Tunis oder auf einer Schiffsreise nach Mallorca oder auf Mallorca. – Laientheologe, Philosoph, Mystiker, Missionar, Dichter. L. war Beamter am Hof von Mallorca. Nach f¨unf Christusvisionen (um 1263) beschloss er, bei der Missionierung von Muslimen sein Leben zu geben, ein Buch (das «beste der Welt», so in seiner Autobiographie Vita coaetanea, Paris ca. August/September 1311) gegen die Irrlehren der Ungl¨aubigen zu schreiben (Ars Magna) und den Papst und weltliche Herrscher zur Gr¨undung von 24

Adam und Eva Kl¨ostern zu bewegen, in denen Missionare u. a. Arabisch erlernen k¨onnten. Er studierte privat Philosophie, Theologie und Arabisch und verfasste auf arabisch u. a. den Liber contemplationis (um 1271–74). L. reiste quer durch Europa, nach Nordafrika, Kleinasien und Zypern und lehrte mit Unterbrechungen in Paris und Montpellier. Bei seinem letzten Aufenthalt in Paris 1309–11 engagierte er sich im Kampf gegen den Averroismus; 1311/12 nahm er am Konzil von Vienne teil. L. verfasste ca. 280 Werke in arabischer, katalanischer und lat. Sprache (etwa 240 erhalten). Die Unechtheit der rund 77 vom 14. bis 16. Jh. verfassten und L. seit damals zugeschriebenen alchemistischen Schriften ist seit dem 19. Jh. nicht mehr umstritten. Zwischen 1274 und 1308 schuf er mehrere Fassungen seiner Ars: Ars compendiosa inveniendi veritatem (um 1274), Ars demonstrative (1283), Ars inventiva veritatis (1290), Ars generalis ultima (1305/1308). Sie bieten ein System von Grundbegriffen, aus denen kombinatorisch die einzelnen Wissenschaften synthetisch abgeleitet werden k¨onnen. Im Unterschied zu den Aristotelikern geht L.s Ars nicht von Axiomen aus, sondern nimmt einfache Begriffe als Anf¨ange einer sch¨opferischen Produktion. Zu seinen wichtigen Werken geh¨oren ferner: Libre de contemplaci´o en D´eu (1273/74?), Libre del gentil e dels tres savis (1274/76?), die Romane Blaquerna (1283) und Libre de meravelles oder F´elix (1288/89), Arbre de ci`encia (1295/96), Arbre de filosofia d’amour (1298). L., zu seinen Lebzeiten umstritten, hatte nachhaltig Einfluss u. a. auf → Nikolaus von Kues, Agrippa von Nettesheim, Giordano Bruno und sp¨ater auf Leibniz. Seit dem 15. Jh. wurden verschiedene seiner Werke in Deutsche u¨ bersetzt. Ausgaben: Beati Raymundi Lulli doctoris illuminati et matyris Opera. Hg. Ivo Salzinger. 8 Bde. Mainz 1721–42. Nachdr. Frankfurt/M. 1965. – Obres de Ramon Lull. Hg. v. M. Ubrador u. a. 21 Bde. Palma de Mallorca 1906–50; fortgesetzt in der Nova edici´o de les obres de Ramon Llull. Palma de Mallorca 1990 ff. (katalanisch). – Opera latina cum cura et studio Instituti Raimundi Lulli Universitatis Friburgensis, 1959 ff (krit. lat. Gesamtausg.). – Selected works of Ramon Llull (1232–1316). Ed. and translated by Anthony Bonner. 2 Bde. Princeton, New Jersey 1985. – Die neue Logik. Lat.-Dt. ¨ Ubers. v. Vittorio H¨osle und Walburga B¨uchel. Hg. v. Charles Lohr. Hamburg 1985. – Das Buch vom Freunde und vom Geliebten (Libre de Amic ¨ e Amat). Ubers. und hg. v. Erika Lorenz. Freiburg 25

1. H¨alfte 14. Jh. i. Br. 1992. – Das Buch vom Heiden und den drei ¨ Weisen. Ubers. und hg. v. Theodor Pindl (RUB ¨ 9693). Stuttgart 1998. – Ars brevis. Lat.-Dt. Ubers. und hg. v. Alexander Fidora. Hamburg 2001. – Das Buch u¨ ber die heilige Maria (Libre de sancta Maria) [katalanisch-dt.]. Hg. v. Fernando Dom´ınguez Reboiras. Mit einer Einf. v. F. Dom´ınguez Reboiras ¨ und Blanca Gar´ı. Ubers. v. Elisenda Padr´os Wolff. Stuttgart-Bad Cannstatt 2005. – Felix oder Das ¨ Buch der Wunder (Llibre de Meravelles). Ubers. v. Gret Schib Torra. Basel 2007. Bibliographie: El´ıes Rogent/Estanislau Dur`an: Bibliograf´ıa de les impressions lullianes. Barcelona 1927. – Rudolf Brummer: Bibliografia Lulliana. Ramon Llull-Schrifttum 1870–1973. Hildesheim 1976. – Marcel Salleras i Corol`a: Bibliograf´ıa lulliana (1874–198). In Randa 19 (Barcelona 1986) S. 153–185. – Charles Lohr/Alois Madre: Raimundus Lullus und der Lullismus. In: Contemporary Philosophy 6 (London 1990) S. 379–385. – Laufende bibliographische Informationen: EstLul. Literatur: Joachim Telle, VL2 5 (1985) Sp. 1046–1049; 11 (2004) Sp. 940. – Helmut Riedlinger, TRE 21 (1991) S. 500–506. – Heinz Schreckenberg, BBKL 5 (1993) Sp. 423–430. – De Boor/Newald 4/1 (21994) 316. – H. Riedlinger, LThK3 8 (1999) Sp. 810 f. – Fernando Dom´ınguez: Lullismus. In: ebd., Sp. 811 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 561. – Erwin Waldsch¨utz, Volpi 2 (1999) S. 957–959. – Stephan Schaede: ‹Ars generalis ultima›. In: LexthW (2003), S. 40 f. – Ders.: ‹Liber magnus contemplationis/Liber de contemplaci´o en D´eu›. In: ebd., S. 474. – Charles Lohr, RGG4, 7 (2004) Sp. 27 f. – Estudios Lulianos. Palma de Mallorca 1957 ff. – Erhard-Wolfram Platzeck: Raimund Lull. Sein Leben – seine Werke – die Grundlagen seines Denkens. 2 Bde. D¨usseldorf 1962–64. – Frances A. Yates: Lull and Bruno: Collected Essays. London-Bosten 1982. – Robert Pring-Mill: Der Mikrokosmos Ramon Llulls. Eine Einf. in das ma. Weltbild (Clavis pansophiae 9). Stuttgart-Bad Cannstatt 2000. – Roger Friedlein: Der Dialog bei Ramon Llull. Literarische Gestaltung als apologetische Strategie. Tu¨ bingen 2004. – Ermenegildo Bidese/Alexander Fidora/Paul Renner (Hg.): Ramon Llull und Nikolaus v. Kues. Eine Begegnung im Zeichen der Toleranz. Turnhout 2005. – Peter Walter: Erleuchtet – verr¨uckt? R. L. In: Querdenker. Vision¨are und Außenseiter in Philosophie und Theologie. Hg. v. Markus Knapp/Theo Kobusch. Darmstadt 2005, S. 128–138. – Annemarie 26

1. H¨alfte 14. Jh. C. Mayer: Drei Religionen – ein Gott? Ramon Lulls interreligi¨ose Diskussion der Eigenschaften Gottes. Freiburg i. Br. u. a. 2008. – Theo Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Sp¨atMA (Gesch. der Philosophie, hg. v. Wolfgang R¨od, Bd. 5). Mu¨ nchen 2011, 393–396. – Ruedi Imbach/Dietmar Mieth (Hg.): Begegnungen in Paris 1310. Marguerite Porete, Dante Alighieri, R. L., Meister Eckhart. Stuttgart 2011. BJ Adam und Eva. – Bibeldichtung, obd. Reimfassung; 13./14. Jh. Die bair-¨osterr. Erz¨ahlung vom Leben Adams nach dem S¨undenfall ist eingelassen in sieben ¨ Handschriften der Uberlieferung von → Heinrichs von M¨unchen Weltchronik bzw. in Schwellhandschriften der → Christherre-Chronik, die Heinrichs Hauptvorlage war, mit Zus¨atzen aus → Jans Enikel Weltchronik und → Wolframs von Eschenbach Parzival (Murdoch). Sie bearbeitet die lat. Vita Adae et Evae (vgl. Meyer) und ist nicht identisch mit der Teilbearbeitung → Adam und Eva (= Adams Klage), → Lutwins Adam und Eva und der Predigtparodie → Adam und Eva. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1107 (Pap., 1387, bair.). – Ebd., Mgq 1724 (Perg., Ende 14. Jh., bair.; Fragm. 1 Bl., geh¨ort zu M¨unchen, BSB, Cgm 7377, dort zahlreiche Deckfarbenminiaturen und ¨ Federvorzeichnungen). – Wien, ONB, Cod. 2768 (Perg., 1390, bair.; 226 Deckfarbenminiaturen). – Ebd., Cod. 2782 (Perg., 1439, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Cod. 12470 (Pap., 1462, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Cod. 13704 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.; illustriert). Ausgabe: Hans Vollmer: Ein dt. Adambuch. Nach einer ungedruckten Hs. der Hamburger Stadtbibl. aus dem XV. Jh. Hamburg 1908 (unvollst¨andig). Literatur: Brian Murdoch, VL2 1 (1978), Sp. 44; 11 (2004), Sp. 14. – August Friedrich Christian Vilmar: Die zwei Recensionen und die Handschriftenfamilien der Weltchronik Rudolfs v. Ems mit Ausz¨ugen aus den noch ungedruckten Theilen beider Bearbeitungen. Marburg 1839. – Wilhelm Meyer: Vita Adae et Evae. Abh. der Bayerischen Akad. der Wiss., Phil.-Philol. Kl. 14,3. Mu¨ nchen 1878, S. 185–250. – Samuel Singer: Zu Wolframs ‹Parzival›. In: Abh. zur germ. Philologie. FS Richard Heinzel. Hg. v. F. Detter u. a. Halle 1898, S. 353–436. – Ders.: Rezension zu Hans Vollmer, Ein dt. Adambuch, 1908. In: DLZ 29 27

Adam und Eva (1908), S. 2847 f. – Gisela Kornrumpf: Die ‹Welt¨ chronik› Heinrichs v. M¨unchen. Zu Uberl. und Wirkung. In: FS Ingo Reiffenstein. Hg. v. Peter K. Stein u. a. (GAG 478). G¨oppingen 1988, S. 493–509. – Dorothea Klein: Heinrich v. M¨unchen und die Tradition der gereimten dt. Weltchronistik. In: Stud. zur ‹Weltchronik› Heinrichs v. ¨ Mu¨ nchen. Bd. I: Uberl., Forschungsber., Unters., Texte. Hg. v. Horst Brunner (Wissenslit. im MA 29). Wiesbaden 1998, S. 1–112. – Andrea Spiel¨ berger: Die Uberl. der ‹Weltchronik› Heinrichs v. Mu¨ nchen. In: Brunner, 1998, S. 113–198, hier S. 172–176. – Frank Shaw u. a. (Hg.): Die Weltchronik Heinrichs v. M¨unchen. Neue Ee (DTM 88). Berlin 2008, S. XXVI. CS Evangelien-Perikopen der Passion. – Mhd. gereimte Evangeliumsperikopen, die sich auf die Leidensgeschichte Jesu beschr¨anken. Die Admonter Perikopen, vollst¨andig u¨ berliefert in der Handschrift Admont, Stiftsbibl., Cod. 797 (Pap., entstanden bei Radstadt/Tauern, 1351), und die sog. Neuhauser Bruchst¨ucke (Prag, Nationalmuseum, Cod. I E a 9 [14. Jh., bair.; Fragm. einer Perg.-Hs. aus Neuhaus, insgesamt ca. 1100 Verse]), konnten mittlerweile als zusammengeh¨orige Texte identifiziert werden; beide wurden als Interpolationen in das Marienleben Bruder → Philipps eingearbeitet. Die Admonter Handschrift u¨ berliefert auf 1r–42v die Evangeliumsperikopen der Fastenzeit vom Aschermittwoch bis zum Karsamstag; daran schließt auf 42v–107v Philipps Marienleben an. Die gereimten Evangeliumsperikopen sind im Kontext des Marienlebens ferner u¨ berliefert in: Kassel, UB/LB, 2° Ms. theol. 4. – Bamberger Bruchst¨uck, ¨ ein Perg.-Bl. (14. Jh.; verschollen). – Vitis (NO), Gemeindearch., o. S. (14. Jh.). Ausgabe: Mourek (s. Lit.) S. 144–157. Im Rahmen eines Berliner Evangelistars ist in eine Reihe von Perikopen de tempore eine gereimte Darstellung der Passion Christi nach dem Johannesevangelium von 564 Versen eingef¨ugt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 533 (Perg., 1340, th¨uringisch-obers¨achsisch). Ausgabe: Feudel (s. Lit.) S. 73–88. Literatur: Hans Jeske, VL2 2 (1980) Sp. 652 f.; 11 (2004) Sp. 429. – Joseph Haupt: Bruder Philipps Marienleben. In: Sb. der phil.-hist. Classe der kaiserlichen Akad. der Wiss. (Wien) 68 (1871) S. 157–218, hier S. 177–185. – Vaclav E. Mourek: Neuhauser Bruchst¨ucke einer Pergamenths. 28

Bruder Philipp Altdt. Gedichte ernsten Inhalts. In: Sb. der K¨onigl. B¨ohmischen Ges. der Wiss., phil.-hist.-philol. Classe (Prag), Jg. 1889 (1890) S. 131–176. – Hans Vollmer (Hg.): Verdeutschung der Evangelien und sonstiger Teile des NT v. den ersten Anf¨angen bis Luther. Beitr. zu ihrer Gesch. (Bibel und dt. Kultur 5). Potsdam 1935, S. 75 f., 128 f. – G¨unter Feudel (Hg.): Das Evangelistar der Berliner Hs. Ms. Germ. 4° 533. Zwei Tle. Berlin 1961. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3,1). T¨ubingen 2004, S. 452. – Carsten Kottmann: Das buch der ewangelii und epistel [...] (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 14). M¨unster u. a. 2009, S. 47 f. SF Bruder Thuring ¨ OP. – Prediger, 14. Jh. Der Dominikaner B. T., dessen Namen und Ordenszugeh¨origkeit die → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191, eine Zusammenstellung von Predigtexzerpten, Dicta, Gebeten und Autorit¨atenzitaten, zusammen mit 20 ihm zugeschriebenen Predigtspr¨uchen u¨ berliefert, k¨onnte mit T. v. Ramstein zu identifizieren sein. Dieser ist 1301 in Colmar und 1309/19 in Basel als Prior der dortigen Predigerkonvente bezeugt. B. T.s Spr¨uche verteilen sich innerhalb der Sammlung auf vier Abschnitte. Er widmet sich vor allem der christlichen Lebenslehre und spirituellen Erbauung, schildert Legenden sowie Exempel und rekurriert auf Kirchenv¨ater und -lehrer (→ Augustinus, → Gregor der Große und → Bernhard von Clairvaux). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 372r–374r, 376v–377v, 384v–385r, 386rv (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg; Zitatenslg.). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 225–243, hier S. 227. – Erg¨anzend: Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 292. ¨ Ubersetzung: Vom inwendigen Reichtum. Texte unbekannter Mystiker aus dem Kreise Meister Eckharts. Mit einer Einf. v. Alois Dempf. Ausw. ¨ und Ubers. v. Angela Rozumek. Leipzig 1937, S. 135–138 (Ausw.). Literatur: Dagmar Gottschall, VL2 9 (1995) Sp. 905–907. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191, VL2 10 (1999) 29

1. H¨alfte 14. Jh. 1564–1569. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel v. der Gr¨undung bis zur Klosterreform 1233–1429. In: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 33 (1934) Sp. 199–303; 34 (1935) ¨ Sp. 107–259. – Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger deutscher Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 176. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibl.gesch. Diss. T¨ubingen 1957, S. 96. VZ Bruder Philipp (P. von Seitz oder der Kart¨auser) OCart, † 1345 oder 1346. – Der Kart¨auser P. ist ausschließlich als Verfasser eines dt. Marienlebens (Anfang 14. Jh.) bekannt. Vermutlich lebte P. um 1300 in der Kartause Seitz in der S¨udsteiermark (heute Ziˇze in Slowenien), bis er mit sechs weiteren Seitzer M¨onchen 1316 die Kartause Mauerbach bei Wien gr¨undete, wo er 1345 oder 1346 starb. Untersuchungen der Reime konnten die Herkunft B. P.s nicht eindeutig bestimmen; angenommen wird die Abstammung aus dem md.-nd. Grenzgebiet und sehr wahrscheinlich ¨ nicht aus Osterreich. Die Entstehung der umfangreichen, mit Marienleben betitelten Dichtung u¨ ber das Leben Christi und Marias (¨uber 10.000 Verse) wird um 1300 (vor 1316) angesetzt, da P. im Epilog den Entstehungsort der Dichtung mit Seitz angibt (V. 10.122–10.126). Sie gilt als das wichtigste Marienleben des 14. Jh. und als erfolgreichste dt. Reimpaardichtung des MA u¨ berhaupt. Widmungen in Prolog (V. 22, 1–4, zitiert nach Hs. P) und Epilog (V. 10.089–10.093) der Dichtung lassen auf enge Beziehungen zwischen P. und den Rittern des Dt. Ordens schließen, den ebenso wie den Kart¨auserorden die ausgepr¨agte Marienverehrung auszeichnet. Im Epilog nennt sich der Verfasser selbst: «Br˚uoder Philip bin ich genant» (V. 10.122 ff.). Die in Vagantenzeilen verfasste lat. → Vita beatae virginis Mariae et Salvatoris rhythmica (um 1230) stellt die Hauptquelle des Werks dar. B. P. handhabte den Stoff der Vita sehr frei und selbstst¨andiger als → Wernher, der Schweizer oder → Walther von Rheinau, die dieselbe Quelle bearbeiteten, gab ihre episodische Anordnung zugunsten einer geschlossenen Handlungseinheit auf und betonte Josephs Position. Das Marienleben erz¨ahlt die apokryphe Vorgeschichte der Eltern Mariens, Joachims und Annas; 30

1. H¨alfte 14. Jh. es enth¨alt die Geburt Marias, ihr Leben im Tempel bis zur Verm¨ahlung mit Joseph, die Verk¨undi¨ gung von Jesu Geburt, der Flucht nach Agypten und das Leben der hl. Familie in Nazareth. Es folgt eine Beschreibung des Wirkens Jesu bis zur Passion und seinem Tod, sowie seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Geschildert wird auch das Leben der Gottesmutter nach der Kreuzigung Jesu bis zu ihrem Tod, der Himmelfahrt und der Kr¨onung. Das Leben Jesu ist in das Marienleben eingebettet und folgt weitgehend den kanonischen Evangelien. Der Stil ist schmucklos und einfach, die Reime oft unrein. Das a¨ ußerst weit verbreitete Marienleben ist in u¨ ber 100 Textzeugen u¨ berliefert. Um 1400 erfolgte eine Aufl¨osung der Dichtung in Prosa und die Aufnahme der Prosaversion in die Historienbibeln, u. a. in die → Neue Ee, eine weit verbreitete neutestamentliche Historienbibel; ebenfalls zu Beginn des 15. Jh. fand eine Kompilation des Marienlebens mit thematisch verwandten Werken und eine Eingliederung in die Weltchronik → Heinrichs von Mu¨ nchen statt. ¨ ¨ Uberlieferung: Autorn¨achste Uberlieferung: Pommersfelden, Gr¨afliche Sch¨onbornsche Schlossbibl., Cod. 46 (bald nach 1300) (P). P hat eine Sonderstellung gegen¨uber den anderen Hss., weil einige als urspr¨unglich erwiesene St¨ucke nur darin erhalten sind: u. a. 4761, 1–8; 9866, 1–6 und die 242 V. nach 5971. – Autornahe Gruppe x: 16 Hss. und mehrere Fragm. mit Verbreitungsschwerpunkt im ¨ mitteldt. und nd. Raum. Alteste Zeugen sind die Hs. Alba Iulia/Rum¨anien, Batthyaneum, Cod. 263 (erstes Viertel des 13. Jh.; A) und ein nd. Fragm. vom Jahr 1324. Textkritisch wertvoll sind: Prag, Metropolitan-Kapitel, Cod. G 49 (zweites Viertel 14. Jh., mitteldt.; Pr). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 937, Helmst. (erste H¨alfte 15. Jh., nd.; W). – ¨ Th¨uringische Rezension, eine Untergruppe von x: Altester Zeuge (allerdings erst etwa ab V. 1000) ist Gotha, Forschungsbibl., Cod. Membr. II 37 (zweites Viertel 14. Jh., bair.; G). Ausgaben: Bernhard J. Docen: Marien Leben. Ein Gedicht aus dem 13. Jh. (Miscellaneen zur Gesch. der teutschen Lit. Bd. 2). M¨unchen 1809, S. 66–98. – Heinrich R¨uckert: B. P.s des Carth¨ausers ‹Marienleben›. Quedlinburg u. a. 1853. – Wilhelm Sommer: B. P.s des Karth¨ausers Marienleben (nhd.) Mu¨ nster 1859. – Felix Bobertag: Erz¨ahlende Dichtungen des sp¨ateren MA (Dt. National-Litt. 10). Berlin 1886, S. 3–92. – Adolf 31

Bruder Philipp V¨ogtlin (Hg.): Vita beate virginis Marie et Salvatoris rhythmica. Tu¨ bingen 1888. – Matij Zemljic: Kartuzijanskega brata Filipa Marijino pivljenje. Maribor 1904. – Gerhard Eis: Fragm. aus B. P.s Marienleben. In: Colligere fragmenta. FS Alban Dold. Hg. v. Bonifatius Fischer. Beuron 1952. Literatur: Edward Schr¨oder, ADB 26 (1888) S. 71 f. – Kurt G¨artner, VL2 7 (1989) Sp. 588–597; 11 (2004) Sp. 1234. – Norbert H. Ott: LexMA 6 (1991) Sp. 2077 f. – W. J. Hoffmann, MarLex 5 (1993) S. 197 f. – K. G¨artner, BBKL 7 (1994) Sp. 485–487. – Walter Buckl, LThK3 6 (1997) Sp. 1368. – K. G¨artner, NDB 20 (2001) S. 389–391. – J. P. Siller: B. P.s ‹Marienleben› und die Marienlegenden in ‹Der Heiligen Leben›. In: J. M. Wagners Arch. f¨ur die Gesch. der dt. Sprache und Dichtung 1 (1873/74) S. 497–510. – Joseph Haupt: B. P.s Marienleben (Akademieschr. Wien). ¨ Wien 1871. – Alfred Juvet: Uber den Reimgebrauch in B. P.s Marienleben. In: PBB (Halle) 29 (1904) S. 369–470. – Fritz Goebel: Bruchst¨ucke v. B. P.s ‹Marienleben› aus dem Jahr 1324. In: NdJb 31 (1905) S. 36–38. – Philipp Strauch: Die Deutschordenslit. des MA. Halle/S. 1910. – Max P¨apke: Das Marienleben des Schweizers Wernher (Palaestra 81). Berlin 1913. – Karl Reissenberger: Zu B. P. v. Seitz. In: PBB (Halle) 41 (1916) S. 184–186. – Lydia Gailit: P.s Marienleben. Diss. Mu¨ nchen 1935. – Paul Gichtel: Die Weltchron. Heinrichs v. M¨unchen in der Runkelsteiner Hs. des Heinz Sentlinger (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgesch. 28). Mu¨ nchen 1937. – Hermann Menhardt: Zur Weltchron.-Lit. In: PBB (Halle) 61 (1937) S. 402–462. – Mary E. Goenner: Mary-Verse of the teutonic knights (Studies in German 18). Washington, D.C. 1943. Nachdr. New York 1970. – Sister M. Lucia Deku: ‹Vita Beate Virginis Marie› and B. P.s ‹Marienleben›. A Comparative Study, M. A. Diss. masch. Catholic University of America, Washington D. C. 1946. – Walther Ziesemer: Die Lit. des dt. Ritterordens (Gießener Beitr¨age 94). Gießen 1951. – Gerhard Eis: Fragm. aus B. P.s Marienleben. In: Colligere fragmenta. FS Alban Dold. Hg. Bonifatius Fischer. Beuron 1952, S. 265–275. – Maria Elisabeth G¨ossmann: Die Verk¨undigung an Maria. Im dogmatischen Verst¨andnis des MA. M¨unchen 1957, S. 250–255. – Bernhard G. Winkler: Die Sonette des B. Chelidonius zu A. D¨urers Marienleben und ihr Verh¨altnis zum ‹Marienleben› des Kart¨ausers P. Diss. masch. 32

Kremsmunsterer ¨ Marienklage I Wien 1960. – G¨unter Asseburg: B. P.s Marienleben. Diss. Hamburg 1964. – Achim Masser: Bibel, Apokryphen und Legenden. Geburt und Kindheit Jesu in der religi¨osen Epik des dt. MA. Berlin 1969. – Rudolf Schenda: Tausend popul¨are Drucke aus dem 19. Jh. (Arch. f¨ur Gesch. des Buchwesens 11, 6–7). Frankfurt/M. 1971, S. 1465–1652. – K. G¨artner: Zur neuen Ausg. und zu neuen Hss. der ‹Kindheit Jesu› Konrads v. Fußesbrunnen. In: ZfdA 105 (1976) S. 11–53. – A. Masser: Bibel- und Legendenepik des dt. MA (Grundlagen der Germanistik 19). Berlin 1976. – Joˇze Mlinariˇc: Srednjeveˇski latinski epos ‹Vita Mariae metrica›. Textnokritiˇcna-historiografska in literarna analiza. Diss. ¨ masch. Ljubljana 1977. – K. G¨artner: Die Uberlieferungsgesch. von B. P.s ‹Marienleben›. Habilitationsschr. Marburg 1978. – Horst Appuhn: Albrecht D¨urer. Die drei großen B¨ucher (Die bibliophilen Taschenb¨ucher 95). Dortmund 1979. – K. G¨artner: P. v. Seitz. ‹Marienleben›. In: Die Kart¨auser ¨ in Osterreich 2 (Analecta Cartusiana 83). Salzburg 1981, S. 117–129. – Hardo Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen. Text und Unters. Mit einem Verz. deutschsprachiger Prosamarienleben bis etwa 1520 (MTU 75). Mu¨ nchen 1981. – Verena Stark: Das ‹Marienleben› Bruder ¨ P.s v. Seitz. Handschriftliche Uberl. und auszugsweise Graphematik des CVP 2709. Diss. masch. Wien 1982. – Karl Fahringer: Bestsellerautor starb in Mauerbach. B. P. und sein ‹Marienleben›. In: Mauerbach und die Kart¨auser (Analecta Cartusiana 110). Salzburg 1984, S. 67–82. – K. G¨artner: P.s ‹Marienleben› und die ‹Weltchron.› Heinrichs v. Mu¨ nchen (Wolfram-Studien 8). Berlin 1984. – Ders.: Regulierter Tageslauf im ‹Marienleben› P.s von Seitz. In: Kart¨auserregel und Kart¨auserleben (Analecta Cartusiana 113.1). Salzburg 1984, ˇ ce (Seitz). S. 47–60. – Ivan Zelko: Die Kartause Ziˇ In: Meniˇsvo na Slovenskem (Das Mo¨ nchtum in Slowenien 1). Ljubljana 1984, S. 12–14, 125–148. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA. M¨unchen 1986, S. 431 (M 70), S. 433 (M 76), S. 452 (M 112), S. 465 f. (M 139). – J¨orn-Uwe G¨unther: Kat. der illustrierten Hss. und Fragm. der mhd. Weltchron. M.-A.-Arbeit (masch.) Hamburg 1986. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). Tu¨ bingen 1986. – Edgar ¨ B¨uttner: Die Uberl. von ‹Unser frouwen klage› und des ‹Spiegel› (Erlanger Studien 74). Erlangen 1987. – V´aclav Bok/K. G¨artner: Ein neues 33

1. H¨alfte 14. Jh. Fragm. v. P.s ‹Marienleben› in Br¨unn. In: PBB 110 (1988) S. 81–92. – Gisela Kornrumpf: Die ‹Weltchron.› Heinrichs v. M¨unchen. Ein neues Fragm. ¨ Zu Uberl. und Wirkung. In: FS Ingo Reiffenstein (GAG 478). G¨oppingen 1988, S. 493–509. – V. Bok/K. G¨artner: Ein neues Fragm. von P.s ‹Marienleben› in Br¨unn. In: PBB (T¨ub.) 111 (1989) S. 81–92. – J.-U. G¨unther: Die illustrierten mhd. Weltchronikhss. in Versen. Kat. der Hss. und Einordnung der Illustrationen in die Bild¨uberl. Mu¨ nchen 1993. – Sabine Schmolinsky: Imaginationen vorbildlicher Weiblichkeit. In: Maria in der Welt. Marienverehrung im Kontext der Sozialgesch. 10.–18. Jh. Hg. v. Claudia Opitz u. a. (Clio Lucernensis 2). Z¨urich 1993, S. 81–95, hier S. 89. – Danielle Jaurant: Rudolfs ‹Weltchron.› als offene ¨ Form. Uberlieferungsstruktur und Wirkungsgesch. (Bibl. Germanica 34). T¨ubingen 1995. – Dorothea Klein: Stud. zur ‹Weltchron.› Heinrichs v. Mu¨ nchen. Bd. 1 (Wissenslit. im MA 29). Wiesbaden 1998. – Anna Scherbaum: Das Marienleben. In: Albrecht D¨urer. Das druckgraphische Werk. Bd. 2. Holzschnitte und Holzfolgen. Hg. Rainer Schoch/Matthias Mende/A. Scherbaum. Mu¨ nchen 2002, S. 214–279. – Karl Stackmann: Magd und K¨onigin. Dt Mariendichtung des MA (Bursfelder Universit¨atsreden 7). G¨ottingen 1988. Wiederabgedr. in: Ders.: Frauenlob, Heinrich v. Mu¨ geln und ihre Nachfolger. Hg. v. Jens Haustein. G¨ottingen 2002, S. 9–33. – K. G¨artner: Das Olm¨utzer Fragm. v. B. P.s ‹Marienleben› In: Dt.-b¨ohmische Literaturbeziehungen – GermanoBohemica. FS V. Bok. Hg. Hans-Joachim Behr. Hamburg 2004, S. 58–68. – Ralf P¨asler: Ein unbekanntes Fragm. v. B. P.s ‹Marienleben› aus der Elbinger StB. In: ZfdA 136 (2007), S. 178–181. – Kurt G¨artner: Die th¨uringische Rezension von B. P.s ‹Marienleben›. In: Ma. Sprache und Lit. in Eisenach und Erfurt. Tagung anl¨asslich des 70. Geburtstags von Rudolf Bentzinger am 22.8.2006, hg. v. Martin Schubert u. a. (Kultur, Wissenschaft, Literatur. Beitr. zur Mittelalterforschung 18). Frankfurt/M. 2008, S. 178–187. SF

Kremsmunsterer ¨ Marienklage I. – Fragment von 92 Verszeilen (14. Jh.), das fr¨uher f¨alschlich als Teil einer erz¨ahlenden Marienklage betrachtet, von Gisela Kornrumpf (M¨unchen) jedoch als 34

1. H¨alfte 14. Jh. V. 6999–7091 des Marienlebens Bruder → Philipps identifiziert wurde. Inhaltlich umfasst die K. M. I den Gang Marias zur Stadt bis zum Zusammentreffen mit Maria Magdalena. ¨ Uberlieferung: Kremsm¨unster, Stiftsbibl., Fragm. VI/271 (14. Jh., bair.). Ausgabe: Sebastian Mayr: Zwei Marienklagen. In: 32. Progr. des KK. Obergymnasiums Kremsm¨unster 1882. Linz 1882, S. 27–59, hier S. 34–36. Literatur: Hans Eggers, VL2 5 (1985) Sp. 355 f.; 11 (2004) Sp. 893. – Christoph Treutwein, MarLex 3 (1991) S. 658. – Mayr (s. Ausg.). – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). Mu¨ nchen 1986, S. 433 f. (M 76). SF Innsbrucker Marienklage. – Gereimte Marienklage des fr¨uhen 14. Jh. Die I. M. umfasst eine monologische Klage der Gottesmutter unter dem Kreuz. Sie geh¨ort zur Gruppe der selbstst¨andigen Marienklagen, bei denen sich Einfl¨usse der lat. Sequenz Planctus ante nescia zeigen. ¨ Uberlieferung: Innsbruck, UB, Cod. 388, 170v (erstes Viertel 14. Jh., bair.). Nachtrag in einer 200 Bll. umfassenden lat. theologischen Sammelhs. Unediert. Literatur: Gisela Kornrumpf, VL 11 (2004) Sp. 713 f. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MAs der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 429 (M 67). – Ursula Hennig: Die lat. Sequenz ‹Planctus ante nescia› und die dt. Marienklagen. In: Lat. und Volkssprache im dt. MA 1100–1500. Hg. v. Nikolaus Henkel/Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1992, S. 164–177. – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997, S. 25–30, 37–104, 139 f., 198. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 287. – Walter Neuhauser/Lav ´ Subariˇ c: Kat. der Hss. der UB Innsbruck. Tl. 4 35

Innsbrucker Marienklage ¨ (Osterreichische Akad. der Wiss., phil.-hist. Klasse, Denkschr. 327). Wien 2005, S. 386–390, bes. S. 389. SF Jakob von Muhldorf. ¨ – Verfasser einer lat. Mariensequenz, † 10.5.1380 Raitenhaslach. Der aus der salzburgischen Stadt Mu¨ hldorf (landrechtlich wohl zu Baiern geh¨orend) stammende J. wird in mindestens vier Handschriften das in der ersten H¨alfte des 14. Jh. entstandene Gedicht Ave virginalis forma zugeschrieben. Er wird als Priester bzw. als Schulmeister bezeichnet. Nach R. Bauerreiß ist er identisch mit dem 1321 als «scholarius» bezeugten Jacobus, der im Dienst des Salzburger Domkantors Friedrich von Dollnstein stand. ¨ Die in S¨uddeutschland, Osterreich und Oberitalien verbreitete Sequenz mit zw¨olf abecedarisch gereihten Stophen ist zwischen er¨offnenden Grußstrophen und abschließenden Bittstrophen ein Marienlob, das sich durch eine Reihe von Bildern aus der biblischen Typologie und naturallegorischen Deutungen auszeichnet. Der → M¨onch von Salzburg u¨ bertrug die Sequenz ins Deutsche. ¨ Uberlieferung: AH 54 (1915) S. 381 f. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 27331, 1v. – Ebd., Clm 2873, 70r-v (teilweise neumiert). – Kommentare: Ebd., Clm 12257, 63ra–83rb (1447; mit Accessus). – Ebd., Clm 18735, 106r–111v (15. Jh.). Ausgaben: Moriz Haupt, Altdt. Bll. 2 (1840) ¨ S. 332. – August Schleussinger: Uber ein ungedrucktes lat. Marienlied. In: Sb. der Bayerischen Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl. 1 (1885) S. 227–242 (nach dem Clm 27331). – AH 54 (1915) S. 379–382 (Nr. 243). Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 4 (1983) Sp. 477 f. – Ders., MarLex 3 (1991) S. 347. – R. Aubert: Jacques de Muehldorf. In: DHGE 26 (1997) Sp. 703. – Romuald Bauerreiß: Wer ist der ‹M¨onch von Salzburg›? In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 52 (1934) S. 204–220. – Franz Viktor Spechtler (Hg.): Die geistlichen Lieder des M¨onchs von Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germanischen V¨olker N.F. 51). Berlin/New York 1972, S. 17 f., 135–143. – Ingo Reiffenstein: ¨ Ubersetzungstypen im Sp¨atMA. Zu den geistlichen Liedern des M¨onchs v. Salzburg. In: Lyrik des ausgehenden 14. und des 15. Jh. Hg. v. F. V. Spechtler (Chloe 1). Amsterdam 1984, S. 173–205. hier S. 177. – Fritz Peter Knapp: Die Lit. des Sp¨atMA ¨ in den L¨andern Osterreich, Steiermark, K¨arnten, 36

Marienmesse Salve sancta parens Salzburg und Tirol v. 1273–1439. II. Halbbd.: Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge v. Rudolf IV. bis Albrecht V. (1358–1439). (Gesch. der ¨ Lit. in Osterreich v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart 2,2). Graz 2004, S. 451–453. BJ Marienmesse Salve sancta parens. – Beliebte Samstagsmesse zu Ehren Marias mit dem Introitus Salve sancta parens [...] aus dem Carmen paschale des → Sedulius. Wochenvotivmessen wurden ab dem 9. Jh. gebr¨auchlich; seit dem ersten Viertel des 14. Jh. ¨ sind Ubertragungen des Messformulars der M. in Gebet- und Messb¨uchern (→ Missale dt.) u¨ berliefert. I. Reimpaar¨ubertragungen. 1. Bair.-¨osterr. Fassung als Anhang zu Bruder → Philipps Marienleben in den fr¨uhen Hss. J und N. Inc.: Daz ampt von unser vrowen ist, / Wol im, der ez mit andaht list [...] Gegrvzt wis, magt an meil, / Der engel lob, der werden hail. ¨ Uberlieferung: Jena, Th¨uringer UB und LB, Ms. Bos. q. 8, 79rb–80vb (erstes Viertel 14. Jh.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., CCl 1242 (1338), 196v–200r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5249/59 d, 2r (Mitte 14. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cent. VI, 86, 13r–16v (drittes Viertel 14. Jh.). – Kremsm¨unster, Stiftsbibl., CC5, 15v–17r (Mitte 15. Jh.). Ausgaben: Proben: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl.dt.Nat.-Lit. 37). Quedlinburg 1858, S. LX–LXII. – Joseph Maria Wagner: Mittheilungen aus und u¨ ber Klosterneuburger Hss. I–VII. In: Anzeiger f¨ur Kunde der dt. Vorzeit NF 8 (1861), Sp. 192–195, 232–235, 269–273, 309–314, hier Sp. 193 f. – Hugo Schmid: Catalogus codicum manuscriptorum [...] monasterii Cremifanensis [...]. Linz 1877, S. 95 f. 2. a) Weitere bair. Version des sp¨aten 14. Jh.: e Salue vol aller selichait, / Maira muter vnd ewige maid [...]. ¨ Uberlieferung: s’Heerenberg, Huis Bergh, Hs. 52, 246r–249v (Nachtrag). 2. b) Prosa¨ubersetzung (Inc. Salve voller heilikait [...]). ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VI, 43p, 131v–134r (Mitte 15. Jh.). Ausgabe: Bartsch 1858, S. LXVIII. 2. c) Prosa¨ubertragung (Inc. Salve vol aller heilikeit [...]) eines fr¨uhen dt. Stundenbuchdrucks. 37

1. H¨alfte 14. Jh. Teile daraus (Anfang bis zum Evangelium und das Benedicamus-Reimpaar) aus 2. a) entlehnt. ¨ Uberlieferung: Das b¨uchlein halt Jnn von erst Die siben zyt von unser lieben frowen ... [Urach, Konrad Fyner, um 1480–1482] GW, Nachtr¨age zu Hains Repertorium bibliographicum und seinen Fortsetzungen (1910) Nr. 393. – Stuttgart, LB, Cod. brev. 48, 46r–60r (1490). – Ebd., Cod. brev. 1, 43r–51r (um 1492–1496). Abdrucke: Eschweiler (s. Lit.) S. 41–48 (nach Stuttgart, Cod. brev. 1). – Verspartien (nach dem Druck): August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861, S. 259–262, hier Nr. 127–128. – Karl Severin Meister: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1862, Anhang III. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 51–55. Literatur: Jakob Eschweiler: Das Eberhardgebetbuch. Stuttgart 1951, S. 22–28. – Irtenkauf (s. Lit.) S. 197–199. – Janota (s. Lit.) S. 38 f., 41. – Virgil Ernst Fiala/W. Irtenkauf: Codd. breviarii (Die Hss. der W¨urttembergischen LB Stuttgart I, 3). Wiesbaden 1977, S. 3–5, 66 f. 3. → Marienmesse (nd.), ver¨offentlicht 1886 nach der Abschrift einer ma. Handschrift, mehrfach u¨ berliefert im 15. Jh. (Inc. O hillighe godes moder, / Dyn sone is worden unse broder). Prolog von vier einreimigen Vierzeilern. ¨ Uberlieferung: Bremen, SUB, Msc 0025, 52v–63v (ohne Prolog). – Oldenburg, LB, Cim I 73, 139v–144v (ohne Prolog). – Salzwedel, Kirchenbibl. der St. Katharinengemeinde: Soltquellensia, Bd. 4, S. 512–518. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 1228 Helmst., 235r–247v (ohne Prolog). – Cod. Guelf. 1279 Helmst., 9v–34r. – Prolog (Z. 1–16): L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 72, 37r. – Uppsala, UB, Cod. C 496, 111r-v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 1172 Helmst., 125r. – Ebd., Cod. Guelf. 1293 Helmst., 396r-v. Abdruck: Johannes Luther: Marienmesse. In: NdJb 12 (1886) S. 143–150. Literatur: Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 1. G¨ottingen 1898, S. 94, 191; Bd. 2 (1900), S. 129; Bd. 3 (1902), S. 34, 47 f., 67, 68, 75. – Janota (s. Lit.) S. 82 f., Anm. 329. – Ders., MarLex 4 (1992) S. 313. ¨ 4. Ndl. Ubertragung in 213 Versen; setzt bereits mit dem Confiteor ein (Inc. Ich zondich mensche gode 38

1. H¨alfte 14. Jh. belye, / Der helegher maghet sente Marie); im 15. und 16. Jh. in sieben Handschriften u¨ berliefert. Literatur: Johannes Bernardus Oosterman: De gratie van het gebed (Nederlandse literatuur en cultuur in de middeleeuwen 12). Amsterdam 1995, Teil 2, S. 275, Nr. 188. II. Prosau¨ bersetzungen bis ca. 1520 (hochdt. und nd.). 1. Handschriften. a. Ein s¨udbair. Stundenbuch aus der Mitte des 14. Jh. enth¨alt als erste von mehreren Messen die M. Eine Verbindung besteht zur M. im → Gebetbuch des Wolfgang Schreiber aus dem Jahr 1475 (M¨unchen, BSB, Cgm 136, 247r–263v). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 87. b. Seit Anfang des 15. Jh. Berlin, SBB, Mgo 504, 57v(–63v). – Br¨ussel, Bibl. Royale, Ms. IV 924. – Darmstadt, UB/LB, Hs 1852, 100r–105r. – Ebd., Hs 1867, 14v–27v. – Karlsruhe, LB, Cod. Karlsruhe 2968, 177r–179r. – Ebd., Cod. St. Georgen 41, 104r–108r. – K¨oln, Erzbisch¨ofliche Di¨ozesan- und Dombibl., Hs. 1588, 91r–97r. – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W 62, 55r(–65v). – Leipzig, UB, Ms 672, 116r–126r. – London, British Library, MS Arundel 312, 36v–40v. – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 58, 201r(–225r). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 105, 43v–48r. – Ebd., Cgm 857, 154v–156v. – Ebd., Cgm 4378, 127r–129r. – Ebd., Cgm 6887, 38r–43r. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 5832, 38r–43v. – Ebd., Hs 117192, 110r–121r. – N¨urnberg, StB, Cent. VI, 43p, 131v–134r. – Rostock, UB, Mss. theol. 28, ¨ Cod. 3030, 128r(–134v). 224r–226v. – Wien, ONB, 2. Drucke. a) Der Wurzgarten (→ Hortulus animae) schließt an eine Messauslegung mit Gebeten die M. an. Die Sequenz Verbum bonum et suave ist in zehnzeiligen Strophen wiedergegeben, der Tropus Ab hac familia zum Offertorium Recordare, virgo (AH 49, Nr. 634) in Versen. Abdruck: Sequenz und Tropus: Wackernagel 1867, Nr. 1085 f. b) Das → Seeleng¨artlein (→ Hortulus animae) bringt seit 1502 zusammen mit einer Messauslegung die M. und darin Brants Verbum et bonum ¨ et suave-Ubertragung. Nd. Umsetzung des Gebetbuchs (VD 16, H 5108, vom Jahr 1513). Ausgaben: Faksimile der Druckabschrift Wien, ¨ ONB, Cod. 2706 (→ Hortulus animae) mit Erl¨auterungsband v. Friedrich D¨ornh¨offer: Seeleng¨artlein. 39

Vitaspatrum 1907–1911, Teil 3, S. 801–816. – Sequenz: Wackernagel 1867, Nr. 1101. – Joachim Knape: Sebastian Brant als Liederdichter. In: Lied im dt. MA. Hg. v. Cyril Edwards u. a. 1996, S. 309–333, hier S. 327 f. c) M.-Formular ohne Sequenz im Gilgengart (Augsburg, Hans Sch¨onsperger 1520 u. o¨ .; VD 16, G 2035 und G 2036). Ausgaben: Otto Clemen: Der Gilgengart (Zwickauer Facsimiledrucke 16). Zwickau 1913, c3v–c8v. Hochdt. und nd. Plenar-Drucke seit 1473 bzw. 1475 enthalten die Perikopen der M. Adam Petri gab 1514 in Basel ein zu einem Messbuch vervollst¨andigtes Plenar heraus. Die Ausgaben von 1518 und 1522 (VD 16, E 4462 und E 4464) enthalten schließlich unter den Votivmessen vier Formulare f¨ur die Samstagsmesse zu Ehren Marias. Literatur: Gisela Kornrumpf, VL 11 (2004) Sp. 970–976. – Adolph Franz: Die Messe im dt. MA. Freiburg i. Br. 1902, bes. S. 136–154, 718–720. – Joannes Antonius Franciscus Kronenburg: Maria’s heerlijkheid in Nederland. Bd. 2. Amsterdam 1904, bes. S. 22–55, 313–323. – Paul Pietsch: Ewangely und Epistel Teutsch. G¨ottingen 1927. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (Mu¨ nchener theolog. Stud. I 4). M¨unchen 1952. – Josef Andreas Jungmann: Missarum sollemnia. Zwei Bde. Wien 51962. – Wolfgang Irtenkauf: Zur liturgischen Seite des Eberhardgebetbuches. In: In libro humanitas. FS Wilhelm Hoffmann. Hg. v. Ewald Lissberger u. a. Stuttgart 1962, S. 189–203. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968. – Angelus Albert H¨aussling: Das Missale dt. Tl. 1 (Liturgiewiss. Quellen und Forschungen 66). M¨unster 1984. – Regina Cermann: Gebetb¨ucher. In: Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA. Bd. 5, Lfg. 1/2 (Nr. 43.1.1–42). Begonnen v. Hella Fr¨uhmorgenVoss. Fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott. Mu¨ nchen 2002. SF Vitaspatrum (Vitae Patrum, Vitas patrum). – Eine in ihrem Corpus variierende Sammlung von Viten, Lehrgespr¨achen und Ausspr¨uchen der ersten christlichen Eremiten und M¨onchsgemeinschaften in der a¨gyptischen, syrischen und pal¨astinensischen W¨uste. Die mehrheitlich griechischen Texte wurden vom 4.–7. Jh. ins Lat. u¨ bertragen; als wichtigste 40

Vitaspatrum Gattungen umfassen sie Einzelviten, M¨onchsbiographien und Darstellungen eremitischen Lebens in der W¨uste in Form von Reise- und Erfahrungsberichten sowie Ausspr¨uche («Apophthegmata»). Die umfangreichen Eremiten- und M¨onchsviten bilden den a¨ltesten Kern des lat. Sammelwerks, das erst im Lauf der u¨ ber tausendj¨ahrigen Tradierung zu einem Kompendium zusammenwuchs. Als erste Vita gilt die von Athanasius bald nach 356 verfasste Antoniusvita, die um 370 von Evagrius von Antiochien ins Lat. u¨ bersetzt wurde. Zwischen 370 und 390 folgten mit den Hieronymus zugeschriebenen Viten von Paulus, Hilarion und Malchus die einzigen origin¨ar lat. Texte der Sammlung. Kurze Eremiten- und Mo¨ nchsviten sowie Schilderungen eremitischen Lebens und von M¨onchsgemeinschaften in der W¨uste wurden ebenfalls seit dem 4. Jh. in Form von Reise- und Erfahrungsberichten tradiert. Als a¨ltester Vertreter dieser Gattung der V. gilt die in der lat. Bearbeitung des Rufinus von Aquileja bekannte Historia monachorum des sp¨aten 4. Jh. Hier berichten sieben M¨onche ¨ vom Olbergkloster vom vorbildlichen asketischen Leben von M¨onchen und Eremiten in der a¨ gyptischen W¨uste. Palladius von Helenopolis verfasste nach a¨ hnlichem Muster um 419/20 einen Bericht u¨ ber seine Reise zu den Eremiten in die a¨ gyptische und pal¨astinensische W¨uste, der wenig sp¨ater ins Lat. u¨ bertragen wurde (Historia Lausiaca). Sammlungen von Lehrgespr¨achen, Beispielerz¨ahlungen und Ausspr¨uchen der «W¨ustenv¨ater» sind seit dem 6. Jh. ins Lat. u¨ bersetzt und als Bestandteil der V. tradiert worden, sie gehen unter Titeln wie Verba seniorum oder Adhortationes sanctorum patrum. In der Anordnung weichen die lat. von den griechischen Sammlungen ab und setzen an die Stelle der alphabetisch nach Namen gegliederten Ordnung eine systematische nach den Topoi m¨onchischer Lebensordnung geordnete Gliederung. Die Verba seniorum enthalten u¨ ber 800 Exempla und Verba, welche von Pelagius und Johannes (den P¨apsten Pelagius I. und Johannes III.?) im 6. Jh. ins Lat. u¨ bersetzt wurden. Weit verbreitet war auch der von Pascasius von Dume im 6. Jh. ins Lat. u¨ bersetzte Liber geronticon mit 358 St¨ucken; eine Kombination beider Sammlungen wird als Commonitiones sanctorum patrum bezeichnet. Reine Sentenzensammlungen wie die Sententiae patrum Aegyptiorum in der Bearbeitung des → Martin von Braga bilden einen eigenen Typus. Die V. gelten als eine der wichtigsten spirituellen Grundlagen f¨ur das ma. abendl¨andische 41

1. H¨alfte 14. Jh. Mo¨ nchtum, wichtigster Vermittler im Westen war der Kirchenschriftsteller Johannes Cassianus (4. Jh., Collationes patrum). In der → Benediktinerregel wurden die V. als Grundwissen f¨ur den Ordensalltag zur Lekt¨ure vorgeschrieben, von großer Bedeutung waren die V. auch bei Klostergr¨undungen und Ordensreformen, welche eine R¨uckbesinnung auf die Urspr¨unge des M¨onchtums anstrebten; ferner wurden sie auch literarisches Vorbild f¨ur Ordenschroniken wie etwa beim Liber Vitasfratrum des → Jordan(us) von Quedlinburg. Nicht u¨ berschaubar sind die V.-Zitate und -Teile, welche in Legendare, Predigt-, Exempel- und Spruchsammlungen, Beicht- und S¨undenspiegel, Traktate usw. aufgenommen wurden; besonders intensiv wurden die V. innerhalb der Mystik rezipiert. Mhd. Prosafassungen: ¨ Sie entstanden nach der versifizierten Ubersetzung des → V¨aterbuches im 14. und 15. Jh. Die Alemannischen V. enthalten die beiden a¨ ltesten dt. Prosau¨ bersetzungen der Viten sowie die Verba seniorum und sind als Teil- und Gesamtsammlung in ann¨ahernd 90 Handschriften und mindestens 14 Drucken stark variierend u¨ berliefert. Die Viten¨ubersetzung entstand im ersten Drittel des 14. Jh., sie umfasste urspr¨unglich sieben umfangreiche Einzelviten und die Historia monachorum; ¨ die Ubersetzung der Verba seniorum aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. enthielt zun¨achst 365 Beispielerz¨ahlungen und Spr¨uche, weitere 148 ka¨ men im Laufe der Uberlieferung dazu. Vorlage war eine kontaminierte lat. Sammlung mit Texten vorwiegend aus dem Liber geronticon, den Verba seniorum und den Commonitiones sanctorum patrum. ¨ Charakteristisch ist das Bem¨uhen des Ubersetzers um Knappheit. Die sog. N¨urnberger Bearbeitung der Alemannischen V. entstand vermutlich um 1430 in N¨urnberg im Zug der Dominikanerinnenreform. Im Viten-Teil wurden vor allem Legenden aus dem N¨urnberger Legendar → Der Heiligen Leben beigef¨ugt, der Verba-Teil enth¨alt Spr¨uche aus den Bair. Verba seniorum (siehe unten). Die Vorlage wurde sprachlich modernisiert und das ganze Cor¨ pus durch Uberschriften und Register gegliedert. Als Erstdruck gilt jener von Straßburg (vor 1480), er erweitert die Sammlung um einen Prolog und eine Vita, reduzierte andererseits aber den VerbaTeil, der in der zweiten Auflage (Augsburg 1482) um die Bair. Verba seniorum erg¨anzt wurde. Ausgabe: Ulla Williams: Die Alemannischen V. Unters. und Edition (TTG 45). T¨ubingen 1996. 42

1. H¨alfte 14. Jh. Die Bairischen Verba seniorum sind in 26 Handschriften und im Druck Augsburg, um 1481, u¨ berliefert, ferner (als Auswahl) in zehn Handschriften der N¨urnberger Bearbeitung der Alemannischen V. und ¨ in acht Drucken der Alemannischen V. Die Ubersetzung umfasst 789 Spr¨uche, basiert auf der lat. Sammlung von Pelagius und Johannes und entstand um 1400 im bair./fr¨ankischen Grenzgebiet als erster Teil eines dreiteiligen Werkes eines sich ¨ als Klosterbruder bezeichnenden Ubersetzers. Die Melker Verba seniorum, u¨ berliefert in f¨unf Handschriften, entstanden im ersten Drittel des ¨ 15. Jh., Ubersetzer war wahrscheinlich → Johann von Speyer. Die Sammlung besteht aus etwa 500 Spr¨uchen vor allem aus den lat. Verba seniorum und dem Liber geronticon. Deutlich ist das Bem¨uhen ¨ des Ubersetzers um eine beinahe w¨ortliche Wiedergabe der lat. Vorlage (vielleicht Hs. Lilienfeld, Stiftsbibl., Cod. 73). Die Viten¨ubersetzung des Heinrich → Haller ist im auf das Jahr 1467 datierten Autograph Hallers ¨ erhalten (Innsbruck, UB, Cod. 635). Eine Ubersetzung geringeren Umfangs sind die Olm¨utzer Verba seniorum mit 48 Spr¨uchen vor allem aus den Commonitiones sanctorum patrum und integrierten Exempla aus den Vitas fratrum Gerards von Frachet. Ausgabe: Christiane Sch¨utz-Buckl: Die Olm¨utzer Verba seniorum. Unters. und Edition. In: Studie o rukopisech 28 (1991) S. 57–123. Ferner enth¨alt ein Traktat Vom wahren Gehorsam (Hs. Luzern, ZB, Cod. 378.4°) 38 Spr¨uche aus den Verba seniorum und der Cod. 585 der Stiftsbibl. St. Gallen u¨ berliefert neben der Paulus-Vita 19 Texte aus den Verba seniorum. Mndl. und mnd. Fassungen: Die S¨udmndl. V. des → Bijbelvertalers van 1360 entstanden kurz nach 1360, bestehen aus zwei, jeweils mit einem Prolog versehenen Teilen und sind in mindestens 44 Handschriften u¨ berliefert; der weit verbreitete Viten-Teil (Der vader boec) entstand ¨ vor dem Verba seniorum-Teil. Die Viten sind Ubersetzungen aus den Historia monachorum, Lebensbeschreibungen von zehn Altv¨atern und sechs hl. Frauen, zwei Legenden franz¨osischer Herkunft sowie zwei Hieronymus zugeschriebene traktat¨ahnliche Texte. Der Verba seniorum-Teil (Der vader collacien) basiert auf einer gek¨urzten Redaktion der Adhortationes sanctorum patrum. Vorlage der S¨udmndl. V. war eine lat. Handschrift, deren Inhalt mit der Hs. Paris, Bibl. Mazarine, Cod. 1734, identisch war. Ausgaben: Prologe bei: Cebus C. de Bruin: Bespiegelingen over de ‹Bijbelvertaler van 1360› [...] 43

Vitaspatrum 3. In: Nederlands archief voor kerkgeschiedenis, N. S. 50 (1969) S. 11–27. – Einzelne Viten: Axel Fredrik Winell: Pelagia [...]. Halle 1922. – JohannesMichael Toll: Paulus der Eremit [...]. Berlin 1929. – A. Boom: Een nieuwe tekst van de leg. van Sancta Maria Meretrix. In: Gedenkboek A. Vermeylen. Hg. v. H. Teirlinck u. a. ’s-Gravenhage 1932. – P. Catteeuw: Een Middelnederlandse Vertaling van Athanasius. ‹Vita beati Antonii abbatis›. Leuven 1976. – Ausz¨uge aus dem Verba-Teil: C. C. de Bruin: Middelnederlands geestelijk proza. Zutphen 1940. – Cornelis G. N. de Vooys: Middelnederlandse stichtelijke exempelen. Zwolle 1953. Die Nordmndl. V. entstanden vor 1470 und sind in 26 Handschriften (darunter zehn Vollhandschriften, d. h. Handschriften mit mindestens einem vollst¨andigen Buch) sowie im Druck Gouda von 1480 u¨ berliefert. Grundlage war eine lat. Redaktion der V. in f¨unf B¨uchern (sieben Handschriften des 15. Jh.), welche nur aus «Verba» und kurzen Viten besteht, diese Redaktion gilt als V.Hauptversion der Devotio moderna. Große Un¨ terschiede im Ubersetzungsstil der nordmnl. Fassung (besonders zwischen Buch 1 und 3) zei¨ gen, dass mehrere Ubersetzer beteiligt waren, auch ¨ die handschriftliche Uberlieferung spricht dagegen, dass die f¨unf B¨ucher von Anfang an ein zusammengeh¨origes Werk bildeten; erst die Inkunabel von 1480 stellte die B¨ucher zu einem Gesamtwerk zusammen. Die Handschriften stammen u¨ berwiegend aus Frauenkl¨ostern (zumeist Tertiarinnenoder Augustinerinnenkonvente), verbreitet war die ¨ Ubersetzung im ganzen Norden der Niederlande, am Niederrhein und in Westfalen. Die K¨olner V.-Sammlung entstand vor der Mitte des 15. Jh. wohl in K¨oln oder Umgebung und ist in 13 Handschriften, von denen zwei einen ganzen und unbearbeiteten Text zeigen, u¨ berliefert. Ent¨ halten sind Ubersetzungen der Verba seniorum und der Historia monachorum, angeh¨angt an die VerbaSammlung ist ein V.-Exempel aus Cassians Schriften. Ebenfalls zum Grundbestand geh¨oren s¨amtliche große Viten der Alemannischen V. sowie eine Sammlung von 79 Exempeln und Spr¨uchen, die zu zwei Dritteln den Alemannischen V. entnommen sind. Ein Teil der Handschriften bietet zudem Viten aus der S¨udmndl. V. und drei Legenden zu Antonius. Als Rezipienten belegt sind der Devotio moderna nahestehende Schwesternh¨auser im ripuarischen, (ost)limburgischen und nd. Sprachgebiet. 44

Vitaspatrum Abdruck eines Fragments: Pekka Katara: Bruchst¨ucke eines mnd. Buches der Altv¨ater. In: Neuphilol. Mitt. 28 (1927) S. 89–106. Wahrscheinlich Bruchst¨ucke der a¨ ltesten mndl. ¨ ¨ V.-Ubersetzung sind die Fragmente einer Ubersetzung der Viten von Malchus, Frontonius und Marina in der Handschrift Freiburg i. Br., UB, Hs. 526 (Mitte 14. Jh.). Die Handschrift Deventer, Stadsof Athenaeum-Bibl., Cod. 101 F 4 (Mitte/zweite ¨ H¨alfte 15. Jh.) u¨ berliefert eine Ubersetzung von Buch 2 und 5 der lat. F¨unf-B¨ucherfassung, welche von den entsprechenden Teilen der Nordmndl. V. unabh¨angig ist. Eine in der Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1571 (aus dem Augustinerinnenkloster Nazareth in Geldern), u¨ berlieferte V.-Version f¨ur «beginnende menschen» enth¨alt eine Auswahl aus den V. in zwei Teilen. Der erste Teil umfasst sechs gek¨urzte Viten mit kommentierenden Bemerkungen und Hinweisen, der zweite Teil ist eine nach dem Namen der Altv¨ater geordnete Sammlung von etwa 100 Spr¨uchen und Exempeln. Ausgaben: Gesamtausgabe: PL 21; 73/74. – Herbert Rosweyde: Vitae patrum sive historiae eremiticae libri decem. Antwerpen 1615 (31628). – Teilausgaben: Paulus-, Hilarion- und MalchusVita: PL 23. – ‹Historia monachorum›: Eva SchulzFl¨ugel (Hg.): Tyrannius Rufinus. Historia monachorum sive de vita sanctorum patrum (Patristische Texte und Stud. 34). Berlin u. a. 1990. – ‹Historia Lausiaca›: Adelheid Wellhausen: Die lat. ¨ Ubers. der ‹Historia Lausiaca› des Palladius. Textausg. mit Einl. Berlin u. a. 2003. – ‹Liber geronticon›: Jos´e Geraldes Freire: A vers¨ao latina por Pasc´asio de Dume dos Apophthegmata Patrum. Coimbra 1971. – ‹Commonitiones Sanctorum Patrum›: Ders.: C. S. P. Una nova colec¸ca˜ o de apotegmas. Estudo filol´ogico, texto critico, ebd. 1974. – ‹Sententiae patrum Aegyptiorum›: Claude W. Barlow (Hg.): Martini Episcopi Bracarensis opera omnia. New Haven/Conn. 1950. – ‹Sententiae patrum›: Andr´e E. Wilmart: Le recueil latin des apophtegmes. In: Revue B´en´edictine 34 ¨ (1922) S. 185–198. – Nhd. Ubersetzungen: Leben der V¨ater [...]. Nach dem Lat. des Heribert Rosweid dt. bearb. v. Michael Sintzel. 2 Bde. Augsburg 1840–47. – Weisung der V¨ater. Apophthegmata Patrum, auch Gerontikon oder Alphabeticum genannt. Eingeleitet und u¨ bers. Bonifaz Miller. Freiburg i. Br. 1965. – Lebenshilfe aus der W¨uste. Die alten Mo¨ nchsv¨ater als Therapeuten. Ausgew. und eingeleitet Gertrude Sartory. Freiburg i. Br. 2002. 45

1. H¨alfte 14. Jh. Literatur: de Boor-Newald 3/2 (1987) S. 314 u. o¨ . – Ulla Williams, Killy 12 (1992) S. 43 f. – Karl S. Frank: Apophthegmata Patrum. In: LThK3 1 (1993) Sp. 849. – Aim´e Solignac: Verba Seniorum. In: Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 383. – Dies.: Vitae Patrum. In: Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 1029–1035. – Werner J. Hoffmann, ebd, Sp. 1043–1048. – U. Williams, LexMA 8 (1997) Sp. 1765–1768. – Michael van Esbroeck: Apophthegmata Patrum. In: RGG4 1 (1998) Sp. 635. – U. Williams/Werner J. Hoffmann, VL2 10 (1999) Sp. 449–466. – K. S. Frank: Verba Seniorum. In: LThK3 10 (2001) Sp. 604. – K. S. Frank: Vitae Patrum. In: ebd., Sp. 824. – Judith Pauli: Vitae Patrum. In: LACL3 (2002) S. 724 f. – Cornelis Gerrit de Vooys: Middelnederlandse legenden en exempelen. Bijdragen tot de kennis van de prozaliteratuur en het volksgeloof der Middeleeuwen. Diss. Leiden 1900. Nachdr. Groningen 1926, 1974. – Richard Reitzenstein: Historia Monachorum und Historia Lausiaca. Eine Stud. zur Gesch. des M¨onchstums und der fr¨uhchristlichen Begriffe Gnostiker und Pneumatiker. G¨ottingen 1916. – Aarne Henrik Salonius: Vitae Patrum. Krit. Unters. u¨ ber Text, Syntax und Wortschatz der sp¨atlat. Vitae Patrum. Lund 1920. – Wilhelm Bousset: Die Text¨uberl. der Apophthegmata Patrum. In: FS Adolf v. Harnack. T¨ubingen 1921, S. 102–116. – Ders.: Apophthegmata. Stud. zur Gesch. des a¨ltesten Mo¨ nchstums. Hg. v. Theodor Hermann/Gustav Kr¨uger. T¨ubingen 1923. Nachdr. Aalen 1969. – Karl Heussi: Der Ursprung des M¨onchtums. T¨ubingen 1936. Nachdr. Aalen 1981. – Studies in the Text Tradition of St. Jerome’s Vitae Patrum. Hg. v. William A. Oldfather. Urbana/Ill. 1943. – Stanley N. Werbow: zur mhd. V.-Prosa. In: ZfdPh 86, Sonderh. (1967) S. 14–19. – Bernard Lambert: Bibliotheca Hieronymiana Manuscripta 3/B. Den Haag 1970. – Columba M. Batlle: Die ‹Adhortationes sanctorum ¨ patrum› (‹Verba seniorum›) im lat. MA. Uberl., Fortleben und Wirkung. Diss. M¨unchen 1972. – Jos´e G. Freire: Traductions latines des ‹Apophthegmata Patrum›. In: M´elanges offerts a` Christine Mohrmann. Nouveau recueil offerts par ses anciens e´ l`eves. Hg. v. Ham V. Sephoha. Utrecht 1973, S. 164–171. – Guy Philippart: Vitae Patrum. Trois travaux r´ecents sur d’anciennes traductions latines. In: Analecta Bollandiana 92 (1974) S. 353–365. – Annemarie und Wolfgang Br¨uckner: Zeugen des Glaubens und ihre Lit. Altv¨aterbeispiele, Kalenderheilige, protestantische M¨arty46

1. H¨alfte 14. Jh. rer und evangelische Lebenszeugnisse. In: Volkserz¨ahlung und Reformation. Ein Hb. zur Tradierung und Funktion von Erz¨ahlstoffen und Erz¨ahllit. im Protestantismus. Hg. v. W. Br¨uckner. Berlin 1974, S. 520–578. – Herbert Kech: Hagiographie als christliche Unterhaltungslit. Stud. zum Ph¨anomen des Erbaulichen anhand der M¨onchsviten des hl. Hieronymus. Diss. Konstanz 1977. – Anselm Gr¨un: Der Umgang mit dem B¨osen. Der D¨amonenkampf im alten M¨onchtum. M¨unsterschwarzach 1979. 142007. – Louise Gn¨adinger: Das Altv¨aterzitat im Predigtwerk Johannes Taulers. In: FS Heinrich Stirnimann. Hg. v. Johannes Brantschen. Freiburg/Schweiz 1980, S. 253–267. – Theo Coun: De oudste Middelnederlandse vertaling van de Regula S. Benedicti. Hildesheim 1980. – A. Gr¨un: Einreden. Der Umgang mit den Gedanken. Mu¨ nsterschwarzach 1983. Nachdr. ebd. 2009. – P´elagie la p´enitente. M´etamorphoses d’une l´egende. Bd. 2. Hg. v. Pierre Petitmengin. Paris 1984. – Klaus Klein: Fr¨uhchristliche Eremiten im ¨ Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Zu Uberl. und Rezeption der dt. V.-Prosa. In: Lit. und Laienbildung im Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenb¨uttel 1981. Hg. v. Ludger Grenzmann/Karl Stackmann. Stuttgart 1984, ¨ S. 686–695. – Ders.: V. Uberlieferungsgesch. Unters. zu den Prosau¨ bers. im dt. MA. Diss. W¨urzburg 1984. Nachdr. Marburg 1985. – Werner WilliamsKrapp: Die dt. und niederl¨andischen Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. T¨ubingen 1986. – W. Br¨uckner: Das alternative V¨aterleben. Zur V.-Rezeption in nachma. Zeit. In: FS Josef D¨unninger. Hg. v. Dieter Harmening/Erich Wimmer. W¨urzburg 1986, S. 294–309. Wieder in: W. Br¨uckner: Geschichten und Geschichte. Weltvermittlung durch narratives Verst¨andigen. Darmstadt 2000, S. 157–172. – Walter Berschin: Biographie und Epochenstil im lat. MA 1. Stuttgart 1986. – Konrad Kunze u. a.: Information und innere Formung. Zur Rezeption der V. In: Wissensorganisierende und wissensvermittelnde Lit. im MA. Hg. v. Norbert Wolf. Wiesbaden 1987, S. 123–142. – Eva Schulz-Fl¨ugel: Zur Entstehung der Corpora Vitae Patrum. In: Studia Patristica 20 (1989) S. 289–300. – Jeffrey F. Hamburger: The Rothschild Canticles. Art and Mysticism in Flanders and the Rhineland circa 1300. New Haven u. a. 1990. – Lucien Regnault: La vie quotidienne des P`eres du d´esert en Egypte au IVe 47

Vitaspatrum si`ecle. Paris 1990. – A. Gr¨un: Geistliche Begleitung bei den W¨ustenv¨atern. Mu¨ nsterschwarzach 1991. 72002. – W. Williams-Krapp: ‹Nucleus totius perfectionis›. Die Altv¨aterspiritualit¨at in der ‹Vita› Heinrich Seuses. In: FS Walter Haug und Burghart Wachinger 1. Hg. v. Johannes Janota u. a. Tu¨ bingen 1992, S. 407–421. – Werner J. Hoffmann: ¨ Die ripuarische und ndt. V.-Uberl. im 15. Jh. In: Jb. des Ver. f¨ur ndt. Sprachforsch. 116 (1993) S. 72–108. – Antoon A. R. Bastiaensen: J´erˆome hagiographe. In: Hagiographies. Histoire internationale de la litt´erature hagiographique latine et vernaculaire en Occident des origines a` 1550. Hg. v. Guy Philippart. Turnhout 1994, S. 97–123. – R¨udi¨ ger Blumrich: Uberlieferungsgesch. als Schl¨ussel zum Text. Angewandt auf eine sp¨atma. bairische ¨ Ubers. der V. In: Freiburger Zs. f¨ur Philos. und Theologie 41 (1994) S. 188–222. – Ders.: Die ‹gemeini´u ler› des ‹B¨uchleins der ewigen Weisheit›. Quellen und Konzept. In: Heinrich Seuses Philosophia spiritualis. Quellen, Konzept, Formen und Rezeption. Tagung Eichst¨att 2.–4. Oktober 1991. Hg. v. R. Blumrich/Philipp Kaiser. Wiesbaden 1994, S. 49–70. – U. Williams: ‹Vatter ler mich›. Zur Funktion v. Verba und Dicta im Schrifttum der dt. Mystik. In: ebd., S. 173–188. – Christa Bertelsmeier-Kierst: Tiroler ‹Findlinge›. In: ZfdA 123 (1994) S. 334–340. – A. Gr¨un: Der Himmel beginnt in dir. Das Wissen der W¨ustenv¨ater f¨ur heute. Freiburg/Br. 1994. 112008. – Franz Dodel: Das Sitzen der W¨ustenv¨ater. Eine Unters. anhand der ‹Apophthegmata Patrum›. Diss. Bern 1995. Freiburg/Schweiz 1997. – Keith V. Sinclair: The Translations of the ‹Vitas patrum›, ‹Thais›, ‹Antichrist›, and ‹Vision de saint Paul› made for Anglo-Norman Templars. Some Neglected Literary Considerations. In: Speculum 72 (1997) S. 741–762. – F. Dodel: Weisung aus der Stille. Sitzen und Schweigen mit den W¨ustenv¨atern. Zu¨ rich/D¨usseldorf 1999. – Ren´e Wetzel: Les ‹Vies des p`eres› en traduction allemande au moyen aˆge. In: Medium Aevum 70 (2001) S. 116–122. – Hans C. Zander: Als die Religion noch nicht langweilig war. Die Gesch. der W¨ustenv¨ater. K¨oln 2001. Neuausg. 2004. – Daniel Hell: Die Sprache der Seele verstehen. Die W¨ustenv¨ater als Therapeuten. Freiburg/Br. 2002. Neuausg. 2007. – Tilo Brandis: V. (dt.). In: Aderlaß ¨ und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 216 f. – ¨ W. J. Hoffmann: Die Vitas patrum-Ubers. des Bij¨ belvertalers und ihr Verh¨altnis zu seiner Ubers. 48

Nikolaus von Lyra der Legenda aurea. Dargestellt am Beispiel der Thais-Legende. In: ‹Een boec dat men te Latine ¨ heet Aurea Legenda›. Beitr. zur ndl. Ubers. der ‹Legenda aurea›. Hg. v. Armand Berteloot u. a. Mu¨ nster u. a. 2003, S. 217–260. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3,1). T¨ubingen 2004, S. 235 f., 446. SF ¨ Wilhelm von Varlar OPraem. – Gilt als Ubersetzer von sechs lat. Brevierhymnen ins Mnd., erstes Viertel 14. Jh. Der Nottulner Kaplan Albert Wilkens (1790–1828) weist W. v. V., einen westf¨alischen ¨ Pr¨amonstratenser, als Ubersetzer, und als Auftraggeberin der Texte, die allein durch ihn u¨ berliefert sind (M¨unster, Staatsarchiv, Msc. IV, 27, ¨ 26v–27r und Msc. IV, 1, 57v–58v, 66v), die Abtissin Jutta II. von Holte aus. Da Wilkens verschiedentlich F¨alschungen nachgewiesen werden konnten, m¨ussen sowohl die Verfasserschaft als auch die Echtheit der Texte als unsicher betrachtet werden. Ausgabe: Heinrich Donner: Ma. Hymnen¨ubertragungen aus dem Stifte Nottuln. In: Westfalen 21 (1936) S. 98–105, hier S. 102 f., 105. Literatur: Nicola Zotz, VL2 10 (1999) Sp. 1145 f. – Donner (s. Lit.). – Joseph Prinz: Die Urkunde Bischof Gerfrieds v. M¨unster f¨ur Nottuln v. 834 eine F¨alschung des Albert Wilkens. In: Westf¨alische Zs. 112 (1962) S. 1–51. SF Hildesheimer Nonnengebetbuch. – Sammelhandschrift mit haupts¨achlich mnd. Gebeten nichtliturgischen Ursprungs. Von den u¨ ber 60 Gebetstexten, die teils in Prosa verfasst, teils gereimt sind, handeln mehr als die H¨alfte von einzelnen Heiligen; neben den Heiligengebeten enth¨alt die Handschrift vorwiegend Kommunion- und Passionsgebete. Keine Gebetstexte sind eine «gemene bicht» f¨ur Nonnen, eine Unterweisung zum Kommunionempfang und ein Gespr¨ach Christi mit der minnenden Seele (vgl. auch → Jesu Gespr¨ach mit der treuen Seele). Der zweite Schreiber der Handschrift, → Hermann Kremmeling, u¨ bersetzte das verbreitete Crinale Beatae Mariae Virginis von → Konrad von Haimburg ins Deutsche. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1318 (14./15. Jh.; von 13 H¨anden geschrieben). Die ersten drei Schreiber nennen sich 49

1. H¨alfte 14. Jh. Bertoldus (27v), Hermann Kremeling (43r) und Heider (50r). Ausgabe: Ernst L¨ofstedt: Ein mittelostf¨alisches ˚ Gebetbuch (Lunds Arsskrift, NF Avd. 1,30,5). Lund 1935. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 4 (1983) Sp. 10 f.; 11 (2004) Sp. 670. – Otto v. Heinemann: Die Hss. der Herzoglichen Bibl. zu Wolfenb¨uttel 1,3. Wolfenb¨uttel 1888, S. 157 f. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. 3. G¨ottingen 1902, S. 87–89. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddtl. In: Arch. f¨ur Religionswiss. 21 (1922) S. 122–162, hier S. 143 f. Wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Lit.gesch. des MA. Berlin 1953, S. 156–184; Altdt. und altniederl¨andische Mystik (WdF 23). Hg. v. Kurt Ruh. Darmstadt 1964, S. 286–436. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 445. SF Nikolaus von Lyra (N. Lyranus, Nicolas de Lyre) OFM, * um 1270 Lyre bei Evreux (Normandie), † Okt. 1349 Paris. – Theologe, Exeget. N. trat um 1300 im Kloster Verneuil in den Franziskanerorden ein. Nach dem Studium in Paris (und vielleicht auch in Florenz) lehrte er nach seiner Promotion zum Magister von 1308–19 und wieder seit 1326 in Paris Theologie. 1319–24 amtierte N. als Ordensprovinzial von Francia und anschließend von Burgund. 1330 trat er von seinen ¨ Amtern zur¨uck, um sich ausschließlich der Lehre und dem literarischen Schaffen zu widmen. N., der «doctor planus» oder «doctor utilis» genannt wurde, z¨ahlt zu den bedeutendsten Kommentatoren biblischer Schriften im MA und ist als hervorragender Exeget und antij¨udischer Apologet bekannt, dessen Schriften in ganz Europa Verbreitung und auch ¨ volkssprachliche Ubersetzungen fanden. Neben seinem Hauptwerk, das gleichsam die zentrale exegetische Schrift des gesamten Sp¨atMA darstellt, der Postilla litteralis super totam bibliam (auch Postillae perpetuae in vetus et novum testamentum), verfasste N. 259 Sermones, dazu Traktate, Quaestiones, Orationes, Quodlibeta und einen fragmentarischen Sentenzenkommentar. Die Postilla litteralis, entstanden um 1322–31, st¨utzt sich als fortlaufende Schrifterkl¨arung aller biblischen B¨ucher auf den Literalsinn und die hebr¨aischen Originaltexte des AT. Auch ber¨ucksichtigt N. die j¨udisch-exegetische 50

1. H¨alfte 14. Jh. Tradition und zog u. a. Glossen des Exegeten Rashi (Rabbi Salomo Ben Isaak) heran. Dass N. trotz des Primats, den er dem Schriftsinn einr¨aumte, die allegorische Auslegung nicht ablehnte, zeigt seine Postilla moralis, die er 1339 folgen ließ und die aber an die Popularit¨at der Postilla litteralis nicht heranreichen konnte. Die Postilla moralis ist mit ihrer allegorischen und ethischen Ausdeutung prim¨ar f¨ur die Predigt bestimmt. Zusammen sind N.s Postillen, mit oder ohne Bibeltext und in unterschiedlichen Zusammenstellungen und Graden der Vollst¨andigkeit, in u¨ ber 800 Handschriften u¨ berliefert, seit dem r¨omischen Erstdruck von 1471/72 (als erster Bibelkommentar u¨ berhaupt) kamen 50 Fr¨uhdrucke hinzu, bis zur ersten H¨alfte des 16. Jh. erschienen u¨ ber 100 Druckausgaben (seit 1495 zumeist zusammen mit den Glossa ordinaria, dem anderen Standardwerk ma. Exegese, kompiliert aus Kirchenv¨atertexten). Gewirkt hat N. mit seinen Postillen u. a. auch auf → Nikolaus von Landau, Klaus → Kranc und → Marquardt von Lindau im 14. Jh. oder Konrad → Dreuben, Johannes → Herolt, Johannes → Pauli und Heinrich → Krauter im 15. Jh. Und schließlich hat N.’ Postilla Litteralis auch Martin Luther beeinflusst, der sie nach anf¨anglicher scharfer Kritik f¨ur seine eigenen exegetischen Schriften heranzog. Hiervon zeugt das verbreitete gefl¨ugelte Wort: «Si Lyra non lyrasset, Lutherus non saltasset.» Wegen des hohen Bekanntheitsgrades der Postillen ist es nicht verwunderlich, dass diese sich zahlreich in der deutschsprachigen Literatur des Sp¨atMA niederschlugen. Ob schon bei den Verfassern der Deutschordensdichtungen aus den 1330er Jahren, → Hiob und → Daniel, von einer Kenntnis der «Postilla litteralis» auszugehen ist (und damit von einer extrem schnellen Verbreitung des Werkes), ist aber eine streitbare These. Der Kommentar aus der «Postilla litteralis» zum Psalter wurde – als f¨ur die Volksfr¨ommigkeit und Liturgie bedeu¨ tendes biblisches Buch – vom sog. → Osterreichischen Bibel¨ubersetzer in der ersten H¨alfte des 14. Jh., also noch zu Lebzeiten N.s, mit K¨urzungen und Zus¨atzen in das Deutsche u¨ bertragen (vormals ¨ wurde diese Ubersetzung → Heinrich von M¨ugeln zugeschrieben). Eine weitere, unikal u¨ berlieferte dt. Version der Psalmenpostille h¨alt sich n¨aher an N.s Original, scheint aber in Kenntnis der Bearbei¨ tung des Osterreichischen Bibel¨ubersetzers angefertigt worden zu sein. Der → Mahrenberger Psalter ist ein gereimtes Psalterium mit Glossen N.s. 51

Nikolaus von Lyra Von den anderen biblischen B¨uchern ist nur ein Apokalypse-Kommentar in einer Wiener Hs. als si¨ chere Ubersetzung aus der Postilla litteralis bekannt. Auch eine antij¨udische Quodlibet-Disputatio, die N. 1309 in Paris hielt (meist unter den Titeln Quaestio de adventu Christi oder Probatio adventus Christi contra Iudeos gef¨uhrt), wurde ins Deutsche u¨ bersetzt: Ein Traktat von Heinrich → Haller in einem Innsbrucker Codex und ein Traktat in einer Wiener Handschrift berufen sich auf N. und scheinen ¨ teilweise aus Ubertragungen seiner Quaestio zu bestehen, gleiches gilt f¨ur Buch 1 von → Der Seelen Wurzgarten. Ferner greifen Historienbibeln oft auf N.s Erkl¨arungen zu Realien zum Text (Maßoder Zahlungseinheiten etc.) zur¨uck, ebenso die niederdt. L¨ubecker Bibel. In einer in der Staatsbibliothek Berlin verwahrten Historienbibel gehen auch Erkl¨arungen zu den handelnden Personen auf N. zur¨uck. ¨ Uberlieferung dt.: Psalmenpostille: Leipzig, UB, Ms. 59, 290 Bll. (Perg. u. Pap., 1459, ostmit¨ ¨ ¨ teldt.). – Zur Uberl. der Ubers. des Osterreichischen Bibel¨ubersetzers (u¨ ber 60 Hss.) vgl. Ratcliff 1960/61 und 1965, Kibelka/Hilgers 1970, Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 1119 und Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1101–1003. – Mahrenberger Psalter: Graz, UB, Ms. 1593, 320 Bll. (Perg., um 1450, aus dem Dominikanerinnenkloster Mahrenberg an der Drau, bair.-¨osterr.). – ¨ Apokalypse-Kommentar: Wien, ONB, Cod. 15419, 145ra–215rb (Perg. und Pap., Ende 15. Jh., mndl.). – «Quaestio de adventu Christi»-Traktate: Innsbruck, ULB, Cod. 618, 2r–115v (Pap., 1470, aus der Kartause Schnals, s¨udbair.; Schreiber: Heinrich Hal¨ ler). – Wien, ONB, Cod. 13708, 227ra–244va (Perg., 1394, mndl.). – Zur «Der Seelen Wurzgarten»¨ Uberl. vgl. Werner Williams-Krapp, VL2 8 (1992) Sp. 1027–1029. – Historienbibel: Berlin, SBB, Mgf 1277 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 609), 1ra–226va (Pap., 1468/69, th¨uringisch). Ausgaben: Moderne Ausgaben liegen nicht vor. Vgl. Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum. Bd. 1,1. Stuttgart 1826, Nr. 3163–3172, S. 426–433 und Bd. 2,1. Ebd. 1831, Nr. 10363–10407, S. 304–312 (zu den Fr¨uhdrucken). – Edward A. Gosselin: A Listing of the Printed Editions of Nicolaus of L. In: Traditio 26 (1970) S. 399–426. – Schmidt, TRE 24 (1994) S. 565. – Als beste Postillen-Ausg. gilt die 6-b¨andige Folioedition Antwerpen 1634: Biblia sacra cum Glossa ordinaria [...] et Postilla Nicolai Lirani. 52

Rudolf von Biberach Literatur: Cl´ement Schmitt, Dict. Spir. 11 (1982) Sp. 291 f. (Nicolas de Lyre). – Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 1117–1122; 11 (2004) Sp. 1054. – Dinko Araˆci´c, MarLex 4 (1992) S. 627 f. – Rolf Pepperm¨uller, LexMA 6 (1993) Sp. 1185. – Klaus Reinhardt, BBKL 6 (1993) Sp. 910–915. – De Boor/Newald 4,1 (21994) S. 406 u. Reg. S. 913. – Martin Anton Schmidt, TRE 24 (1994) S. 564–566. – Schulthess/Imbach (1996) S. 527 f. – K. Reinhardt, LThK3 7 (1998) Sp. 858 f. – Siegfried R¨ader, RGG4 6 (2003) Sp. 334. – Gisela ¨ Kornrumpf, Osterreichischer Bibel¨ubersetzer, VL2 11 (2004) Sp. 1097–1110, hier: 1100–1103. – Peter Walter, Killy2 8 (2010) S. 610. – Franz Pelster: Quodlibeta und Quaestiones des N. v. L. In: M´elanges Joseph de Ghellinck. Gembloux 1951, S. 951–973. – Ders.: N. v. L. und seine ‹Quaestio de usu paupere›. In: Archivum franciscanum historicum 46 (1953) S. 211–250. – Marco Adinolfi: De mariologicis Lyrani postillis in Prophetas medii aevi exegeseos lumine perpensis. In: Studii Biblici Franciscani liber annuus 9 (1959) S. 199–250. – Heinrich R¨uthing: Kritische Bemerkungen zu einer ma. Biographie des N. v. L. In: Archivum Franciscanum Historicum 60 (1967) S. 42–54. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. ¨ Unters. zur Verwandtschaft und Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther (Mitteldt. Forschungen 46). K¨oln/Graz 1967, S. 78–83. – Olaf Schwencke: Die Glossierung altestamentlicher B¨ucher in der L¨ubecker Bibel von 1494. Beitr. zur Fr¨ommigkeitsgesch. des Sp¨atMA und zur Verfasserfrage vorlutherischer Bibeln. Berlin 1967. – Nicholas of L. and Lutherian Views of Ecclesiastical Office. In: Journal of Ecclesiastical History 29 (1978) S. 451–462. – Thomas M. Kalita: The influence of Nicolaus de L. on Martin Luther’s Commentary on Genesis. Diss. Washington/D.C. 1985.– K. Reinhardt: Das Werk des Nicolaus v. L. im ma. Spanien. In: Traditio 43 (1987) S. 321–358. – Kurt G¨artner: Zur Herkunft der Psalmen¨ubers. im ‹Psalmenkommentar› Heinrichs v. Mu¨ geln. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Unter Mitarbeit v. Nikolaus Henkel hg. Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10 [1987/88]). Bern u. a. 1991, S. 97–106. – Deeana Copeland Klepper: The dating of Nicolaus of L.’s ‹Quaestio de adventu Christi›. In: Archivum Franciscanum Historicum 86 (1993) S. 297–312. – Wolfgang Bunte: Rabbinische Traditionen bei N. v. L. Ein Beitr. zur Schriftauslegung 53

1. H¨alfte 14. Jh. des Sp¨atMA (Judentum und Umwelt 58). Frankfurt/M. u. a. 1994. – Philip D. W. Krey/Lesley Smith (Hg.): Nicholas of L. The senses of scripture (Studies in the history of Christian thought 90). Leiden u. a. 2000. –- Mark Hazard: The literal sense and the Gospel of John in late-medieval commentary and literature (Studies in medieval history and culture12). New York 2002, S. 17–25. – Anna Katharina Hahn: ‹Die ebreyschen sprechen dorobir› – die ‹Postilla› des N. v. L. in der Historienbibel Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 1277. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel im deutschsprachigen MA›. Zus. mit Michael Embach/Michael Trauth hg. Ralf Plate/Andrea Rapp (Vestigia Bibliae 24/25 [2002/2003]). Bern u. a. 2004, S. 247–264. – G¨orge K. Hasselhoff: Self-definition, apology, and the jew Moses Maimonides: Thomas Aquinas, Raymundus Martini, Meister Eckhart, Nicholas of L. In: Religious apologetics – philosophical argumentation (Religion in philosophy and theology 10). Hg. Yossef Schwartz. T¨ubingen 2004, S. 285–316. – Manuela Niesner: ‹Wer mit juden well disputiren› Deutschsprachige Adversus-Judaeos-Lit. des 14. Jh. (MTU 128). T¨ubingen 2005, bes. S. 596–599. – Christoph Faßbender: Zur Datierung des ‹Buchs der Makkab¨aer›. Zugleich eine Vorstudie zur Rezeption der ‹Postilla litteralis› des N. v. L. im Dt. Orden. In: Ma. Kultur und Lit. im Deutschordensstaat in Preussen. Leben und Nachleben. Hg. J. Wenta (Sacra bella septentrionalia 1). Thorn 2008, S. 423–440. – K. Reinhardt: Die Kontroversen des 15. Jh. um die ‹Postilla litteralis super totam Bibliam› des N. v. L. OFM. In: Wiss. und Weisheit 73 (2010) S. 56–66. – Siegfried Risse: Gedruckte dt. Psalter vor 1524, dem Erscheinungsjahr von Martin ¨ Luthers dt. Psalter. Ubersicht und Ausz¨uge. Nordhausen 2010, S. 22–29. VZ Rudolf von Biberach OFM, * vor 1270 Biberach an der Riß, † nach 1326. – Mystischer Theologe und Schriftsteller. Sp¨arliche und unsichere Quellen bezeugen ein haupts¨achliches Wirken R.s in Straßburg. Dort ist er 1304–19 als Beichtvater und Verm¨ogensverwalter einer wohlhabenden Familie nachgewiesen. Seine seelsorgerische Reputation war so groß, dass er als Beichtvater zum sterbenden Herzog Leo¨ pold von Osterreich († 28.2.1326) gerufen wurde. Handschriftliche Vermerke legen ferner ein kurze T¨atigkeit R.s in Paris nah und bezeugen ihn als 54

1. H¨alfte 14. Jh. Spiritual und Lektor am Straßburger Studium generale des Franziskanerordens. Außerdem wird er in zwei Handschriften als «magister» bezeichnet. R.s Hauptwerk, der Traktat De septem intineribus aeternitatis, beschreibt als Zeugnis der deskriptiven Mystik den Aufstieg der Seele zum «intrinsecum secretum» Gottes in 7 Stufen («recta intentio, studiosa meditatio, limpida contemplatio, caritativa affectio, occulta revelatio, experimentalis praegustatio, deiformis operatio») zur Wiederherstellung der verletzten Gottebenbildlichkeit. Der Traktat ist im Wesentlichen eine Kompilation von Texten von u¨ ber 40 Verfassern, der Prolog und die Systematik des Traktataufbaus sind R.s Verdienst. Er st¨utzt sich vor allem auf Autoren, welche die «cognitio dei experimentalis» bevorzugen, ohne dabei intellektfeindliche Tendenzen zu zeigen (wie sp¨ater → Vinzenz von Aggsbach mit Berufung auf R.). Unter den meist zitierten Autoren sind vor allem Ps. → Dionysius Areopagita mit seinen Kommentatoren, → Hugo von St. Victor, → Thomas Gallus und Robert Grosseteste neben → Augustinus, → Gregor dem Großen, → Bernhard von Clairvaux, → Richard von St. Viktor und → Wilhelm von St. Thierry. Die Passionsmystik des hl. → Franziskus von Assisi und jegliche Leidensmystik haben im Traktat, der als mystisches Handbuch des Sp¨atMA auffassbar ist, keinen Niederschlag gefunden. Er beruht auf einer a¨lteren und breiteren Mystiktradition vom 3. bis zum 13. Jh. mit entschiedenem Schwerpunkt im 12. Jh. Wohl auch aufgrund einer falschen Zuschreibung an → Bonaventura (13 handschriftliche Zuweisungen im 14./15. Jh., seit 1459 in allen Drucken) ist der Traktat u¨ ber ganz Europa verbreitet mit einer Rezeptionsgeschichte bis in das 18. Jh. → Johannes von Kastl benutzte ihn in De adhaerendo Deo, eine Beeinflussung ist auch bei Johannes → Gerson, → Marquard von Lindau oder → Nikolaus von Kues erkennbar. Ein Einsiedler ¨ Codex u¨ berliefert eine alemannische Ubertragung des Traktats (Die siben strasse die in got wisent). ¨ Der unbekannte Ubersetzer hat – bei prinzipieller Vorlagentreue – wom¨oglich im Hinblick auf eine Verwendung unter Beginen und in Frauenkl¨ostern gelegentlich schwierige Passagen verdeutlicht und versucht, lat. Mehrdeutigkeiten aufzul¨osen. Eine relevante Wirkungsgeschichte ist ¨ der kunstfertigen und gelungenen dt. Ubersetzung aber nicht zugekommen. Neben dieser existieren 55

Rudolf von Biberach noch unabh¨angige mhd. und mndl. Bearbeitungen und Exzerpte von De septem itineribus. Ein weiterer Traktat R.s ist De septem donis Spiritus Sancti. Die Lehre von den 7 Gaben ist die Vorstellung von der Einwohnung des Hl. Geistes in der Seele. Die Seele wird stufenweise zur Weisheit gef¨uhrt, der Aufstieg erfolgt nach Gregor dem Großen «per gradum donorum». Die vollends vom g¨ottlichen Geist erf¨ullte Seele ist die «anima beata». Wie De septem intineribus in Kompilationstechnik erstellt, st¨utzt sich der Traktat auf die gleichen Autoren und erweitert deren Kreis u. a. um → Anselm von Canterbury, → Beda Venerabilis, → Cyprianus und → Johannes Cassianus. Eine unsichere Zuschreibung an R. ist der Traktat De officio Cherubyn, der in seinen erhaltenen Teilen ein Bild priesterlicher Vollkommenheit zeichnet und eine Anleitung zur Seelsorge darstellt. Weitere Werke R.s sind die Sermones super Canticum Canticorum und die Schrift De excellenti praerogativa benedictae Virginis. ¨ Uberlieferung: Die siben strasse die in got wisent: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 (1040), S. 3a–147b (Perg., drittes Viertel 14. Jh., hochalemannisch; Slg. mystischer Prosa [Meister Eckhart Hs. E2] aus dem Nachlass der → Margareta zum Goldenen Ring). – Dt. Bearbeitungen/Exzerpte der lat. Vorlage: Berlin, SBB, Mgo 385, 223 Bll. (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., schw¨abisch; ‹Tractatus von den siben reisen der ewigkeit›, freie Bearb. des Prologs in zw¨olf predigtartigen Abhandlungen, zugeschrieben Johannes → Einzlinger). – M¨unchen, BSB, Cgm 4575, 2r–411v (Pap., letztes Drittel 15. Jh., nordbair.; vermutlich dieselbe Bearb, gleichsam Einzlinger zugewiesen, erweitert um Bearb. v. Kap. 4 und 5). – Den Haag, K¨onigl. Bibl., Cod. 73 G 24 (1914 verbrannt), 75r–88v (Pap., um 1460, mndl.; Exzerpt: ‹Die seven weghe der ewicheit›). – Leiden, UB, Cod. Ltk. 330, 175va–182rb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mndl.; Exzerpt: ‹Die seven weghe der ewicheit›). – Vgl. zu den in andere Schr. integrierten Exzerpten (u. a. Hendrik → Mande, ‹Van den binnensten ons liefs heren Jhesu Cristi› und Johannes → Tauler zugeschriebene Osterpredigt ‹Duo ex illis›): Schmidt, VL2 8 (1992) Sp. 320 f. – Vgl. zur ¨ Uberlieferung der lat. Schr. (‹De septem itineribus aeternitatis› u¨ ber 100, ‹De septem donis Spiritus Sancti› u¨ ber 20 Hss.): Schmidt Ausg. 1969, S. 10*–24*, Schmidt Nachdr. 1985, S. X und Schmidt, VL2 8 (1992) Sp. 313 f. Ausgaben: Die siben strasse die in got wisent: Margot Schmidt: R. v. B., Die siben strassen zu got. 56

Zehn Staffeln der Demut ¨ Die hochalemanische Ubertragung nach der Hs. Einsiedeln 278 (Spicilegium Bonaventurianum 6). Quaracchi 1969. – Dies.: R. v. B., Die siben stras¨ sen zu got. Revidierte hochalemannische Ubertragung nach der Hs. Einsiedeln 278 mit hochdt. ¨ Ubers. Synoptische Ausg. (Mystik in Gesch. und Ggw. 1,2). Stuttgart-Bad Cannstatt 1985. – Mndl. Exzerpt ‹Die seven weghe der ewicheit›: F. H. G. van Iterson: Stemmen uit den voortijd, die wel verdienen nog eens gehoord te worden, verzameld uit een viertal handschriften der XIVe en XVe eeuw. Leiden 1857, S. 167–177 (nach Den Haag, Cod. 73 G 24). – Lateinische Schriften: Adolphe Charles Peltier: S.R.E. Cardinalis S. Bonaventurae [...] opera omnia Bd. 7. Paris 1866, S. 583–652 (‹De septem donis Spiritus Sancti›) und Bd. 8. Paris 1866, S. 393–482 (‹De septem itineribus aeternitatis›). Nachdr.: M. Schmidt: Rudolfus de Biberaco, De septem itine¨ ribus aeternitatis. Mit einer Einl. in die lat. Uberl. und Corrigenda zum Text (Mystik in Gesch. und Ggw. 1,1). Stuttgart-Bad Cannstatt 1985. Literatur: Margot Schmidt, Dict. Spir. 13 (1988) Sp. 846–850 (Rodolphe de B.). – Christian Kiening, Killy 10 (1991) S. 53. – M. Schmidt, VL2 8 (1992) Sp. 312–321. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 316. – Manfred Gerwing, LexMA 7 (1995) Sp. 1083. – Andreas-Pazifikus Alkofer, LThK3 8 (1999) Sp. 1342 f. – M. Schmidt, NDB 22 (2005) S. 193–194. – Adolph Franz: Des Frater Rudolphus Buch ‹De officio cherubyn›. In: Theologische Quartalsschr. 28 (1906) S. 411–436. – Gerard Isaac Lieftinck: Hendrik Mande als bewerker en compilator. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde 51 (1932) S. 201–217. – Karl Rahner: La doctrine de ‹sens spirituels› au Moyen-Age. In: Revue d’asc´etique et de mystique 14 (1933) S. 263–299. – Karl Henkey-H¨onig: R. v. B.: Die sieben Wege der Ewigkeit. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. franziskanischen Mystik des 14. Jh. Diss. Rom 1943. – M. Schmidt: Spiritualit¨at als Hermeneutik, dargestellt an den Begriffen fides-intellectus bei R. v. B. In: Franziskanische Stud. 56 (1974) (FS 700. Todestag Bonaventuras) S. 283–309. – Dies.: Die Suche bei Augustinus im Spiegelbild der dt. Lit. In: Scientia Augustiniana. Stud. u¨ ber Augustinus, den Augustinismus und den Augustinerorden. FS Adolar Zumkeller. Hg. Cornelius Petrus Mayer/Willigis Eckermann. W¨urzburg 1975, S. 214–233. – Dies.: Klartetxt, lemmatisierte Indices, Konkordanzen und Sonderlisten zum mhd. Text ‹Die siben strassen zu got› 57

1. H¨alfte 14. Jh. v. R. v. B. (Regensburger Microfiche-Materialien 6). 13 Mikrofiches. N¨urnberg 1979. – Dies.: Wortindex zu R.s v. B. ‹Die siben strassen zu got› (Index verborum zum altdt. Schrifttum 5/6). Amsterdam 1980. – Thom Mertens: Hendrik Mande en de middeleeuwse overlevering van de septem itineribus van R. v. B. In: Ons Geestelijk Erf 58 (1984) S. 5–29. – M. Schmidt: Zwillingsformeln als plus ultra des mystischen Weges. In: Arch. f¨ur das Stud. der neueren Sprachen und Literaturen 223 (1986) S. 245–268. – Dies.: ‹Deiformis operatio›. Gottf¨ormiges Wirken als Vollendung der ‹contemplatio›. In: Grundfragen christlicher Mystik. Wissenschaftl. Studientagung Theologia Mystica (Mystik in Gesch. und Gegenwart 1,5). Hg. v. ders. in Zusammenarbeit mit Dieter R. Bauer. Stuttgart-Bad Cannstatt 1987, S. 221–234. – Dies.: Nikolaus v. Kues im Gespr¨ach mit den Tegernseer Mo¨ nchen u¨ ber Wesen und Sinn der Mystik. In: Mitt. und Forschungsbeitr. der Cusanus-Ges. 18 (1989) S. 25–49. – Dies.: Die Bedeutung der Weisheit bei R. v. B. In: Mystik in den franziskanischen Orden (Ver¨off. der Johannes-Duns-Skotus-Akad. f¨ur Franziskanische Geistesgesch. und Spiritualit¨at 3). Hg. v. Johannes-Baptist Freyer. Kevelaer 1993, S. 96–116. – Niklaus Largier: Aufstieg und Abstieg: Die Symbolik des Wegs bei R. v. B., Meister Eckhart und Johannes Tauler. In: Zur Symbolik des Wegs: Akten des 9. Symposions der Ges. f¨ur Symbolforschung (Schriften zur Symbolforschung 7). Bern 1992, S. 41–55. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. M¨unchen 1996, S. 81, 90. – N. Largier: Die Ph¨anomenologie rhetorischer Effekte und die Kontrolle religi¨oser Kommunikation. In: Literarische und religi¨ose Kommunikation in MA und Fr¨uher Neuzeit. Hg. Peter Strohschneider. Stuttgart 2009, S. 953–968, hier S. 953, 958–960. VZ Zehn Staffeln der Demut. – Anonymer dt. Prosatext aus dem fr¨uhen 14. Jh. Der Kurztraktat Z. S. d. D. ist eine franziskanische Anweisung zur Imitatio Christi in seiner Demut mit dem Ziel der Selbstverneinung auf dieser Welt. Die numerische Struktur dieser an Laienbr¨uder und Ordensfrauen gerichtete Demutslehre soll den Eindruck von Vollst¨andigkeit erwecken. Der Text richtet sich nach einer lat. Vorlage mit dem Incipit «Non est dubium quod si quis 58

1. H¨alfte 14. Jh. bene suos defectus», die mit dem Demutskapitel im → Stimulus amoris verwandt ist. ¨ Abgesehen von der Uberlieferung der Schrift im Rahmen des Stimulus amoris existieren mindestens zwei weitere dt. Fassungen der Z. S. d. D.; zum einen handelt es sich dabei um eine alemannische Version, zum anderen um eine schw¨abisch-bair. Gruppe, in der der Text meist → Bonaventura zugeschrieben und als Exzerpt aus dem Stimulus amoris bezeichnet wird. ¨ Uberlieferung: Neben unselbstst¨andigen dt. ¨ Ubertragungen im Rahmen des ‹Stimulus› finden sich folgende eigenst¨andige Handschriften der ‹Z. S.›: Augsburg, SB/StB, 2° cod. 160, 36rb–37va. – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 5, 238va–239va (1413). – Ebd., Cod. III.1.2° 27, 230ra–231rb. – Ebd., Cod. III.1.2° 31, 34r–35r (fragm.). – Bern, Burgerbibl., Cod. 737, 73v–75r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch). – B¨urenBrenken (Westfalen), Schloss Erpernburg, Arch., Cod. 87, 139r–141v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 523, 120va–122rb. – Ebd., Cgm 7241, 314vb–316va. – Ebd., Cgm 7264, 48va–51ra. – N¨urnberg, StB, Cent. VI,54, 22r–25v. – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. G. Eis, Cod. 112, 74v–76v (um 1400). – Vgl. ferner Schmidt und Ruh (s. Lit.). Ausgabe: Gerhard Eis: Der Gesang v. den Z. S. d. D. In: Altgermanistische Beitr. zur geistlichen Gebrauchslit. Aufs¨atze – Fragmentfunde – Miszellen. Hg. v. G. Eis. Bern/Frankfurt/M. 1974, S. 151–156, hier S. 154–156. Literatur: Falk Eisermann, VL2 10 (1999) Sp. 1512–1514. – Wieland Schmidt: Die 24 Alten Ottos v. Passau (Palaestra 212). New York 1938 (Neudr. 1967) S. 46 f., 104. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. (Bibl. Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 277. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg 2/1). Wiesbaden 1988, S. 158. – F. Eisermann: Die lat. und dt. ¨ Uberl. des ‹Stimulus amoris› (MTU 118). T¨ubingen 2001, passim. SF Sit willekomen herre kirst. – Weihnachtslied, fr¨uhes 14. Jh. Das paraliturgische Gemeindelied besteht aus einer Einzelstrophe mit abschließendem «kyrieleis» und geh¨ort zu den a¨ ltesten bekannten dt. Weihnachtsliedern. Es ist vermutlich im fr¨uhen 14. Jh. in Aachen entstanden und wurde nach der Verlesung des «Liber generationis» (Mt 1,1–6) vor oder nach 59

Sit willekomen herre kirst der ersten Weihnachtsmesse urspr¨unglich von den Zelebranten angestimmt. Die Melodie des Liedes weist Parallelen zur Weihnachtssequenz Jesse vir¨ gam humidavit auf und hat auch Ubereinstimmungen mit dem 2. Philippston → Walthers von der Vogelweide nach dem M¨unsterschen Fragment Z (Staatsarch. Msc. VII Nr. 51). Im 17. Jh. findet sich das Lied in ndl. Gesangb¨uchern. ¨ Uberlieferung: Incipit erstmalig: Aachen, Domschatz, ohne Sign. (Evangeliar Ottos III.), 2v (Perg., um 1000, Kloster Reichenau; Nachtrag des 14./15. Jh.). – Erste vollst. Fassung: Erfurt, UB, Cod. Ampl. 4° 332, 105r (Perg., lat./dt., dt. Texte nachgetragen Ende 14. Jh.). – Zu Incipits in Aachener Ordinationes des 14. bis 18. Jh. vgl. Gatzweiler 1926, Stephany 1977/78, S. 838 und Janota, VL2 8 (1992) Sp. 1287. Ausgaben: Constantin N¨orrenberg: Ein Aachener Dichter des 14. Jh. In: Zs. des Aachener Geschichtsver. 11 (1889) S. 50–66, hier S. 59. – Heinrich B¨ockeler: Die Melodie des Aachener Weihnachtslieds. In: ebd. S. 176–184, auch in: Gregoriusbl. 14 (1889) S. 65–67, 71–73. – Ludwig Erk/Franz Magnus B¨ohme: Dt. Liederhort. Ausw. der vorz¨uglicheren dt. Volkslieder, nach Wort und Weise aus der Vorzeit und Gegenwart. Bd. 3. Leipzig 1894 (Nachdr. Hildesheim 1963 u. o¨ .) Nr. 1918. – Hugo Moser/Joseph Mu¨ llerBlattau: Dt. Lieder des MA. Von Walther v. der Vogelweide bis zum Lochamer Liederbuch. Texte und Melodien. Stuttgart 1968, S. 183 f., 335. Literatur: Johannes Janota, VL2 8 (1992) Sp. 1287 f. – Wilhelm B¨aumker: Ein uraltes dt. Kirchenlied. In: Kirchenmusikalisches Jb. 2 (1887) S. 65 f. – Ders.: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Von den fr¨uhesten Zeiten bis gegen Ende des siebzehnten Jh. Bd. 3. Freiburg/Br. u. a. 1891 (Nachdr. Hildesheim 1962 und 1997) S. 313–316. – Odilo Gatzweiler: Die liturgischen Hss. des Aachener M¨unsterstifts (Liturgiegeschichtliche Quellen 10). Aachen 1926, S. 12–26. Auch in: Zs. des Aachener Geschichtsver. 46 (1924) S. 1–222. – Walther Lipphardt: Das a¨lteste dt. Weihnachtslied. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 4 (1958/59) S. 95–101. – Ders: Die ma. Leisen. In: Musik und Altar 16 (1964) S. 20–22, 79. – Jo¨ seph Smits v. Waesberghe: Uber den Ursprung der Melodie ‹Nun siet uns willekomen›. In: Stud. zur Musikwiss. 25 (1962) S. 496–503. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes 60

Biberli(n) im MA (MTU 23). M¨unchen 1968, S. 110–112. – Ernst G¨unther Grimme: Der Aachener Domschatz (Aachener Kunstbl. 42). 2., erw. und revidierte Aufl. D¨usseldorf 1973, S. 31–36. – Horst Brun¨ ner: Walther v. der Vogelweide. Die gesamte Uberl. der Texte und Melodien. Abb., Materialien, Melodietranskriptionen (Litterae 7). G¨oppingen 1977, S. 57* f. – Erich Stephany: Der Aachener Dom. Liturgie und Kirchenraum. In: Zs. des Aachener Geschichtsver. 84/85 (1977/78) S. 825–851. VZ Vom Schauen Gottes durch die wirkende Vernunft. – Predigt. Der Text, der eingangs und am Schluss Ps 35,10, dazwischen anhand von 1 Kor 15,10 die Bedeutung und das Wesen der Gnade behandelt, ist nach L¨oser wahrscheinlich eine sp¨ater bearbeitete Predigt Meister → Eckharts. Der Satz «Ich han gesprochen unter wilen: das got got ist, des bin ich ein sache» bezieht sich eindeutig auf einen Text Eckharts. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, h 46 , 78r–83v (1461). Ausgabe: Preger (s. Lit.) S. 484–488 (Anhang VII). Literatur: Freimut L¨oser, VL2 11 (2004) Sp. 1375. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl 1. Leipzig 1874 (Nachdr. Aalen 1962) S. 316 f., 321–324. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. Beschreibung des Buchschmucks: Heinz Zirnbauer (Die Hss. der Stadtbibl. N¨urnberg I). Wiesbaden 1965, S. 158–162. BJ Adalrich. – Dt. Prosalegende, 14. Jh. Der hl. A. war im 10. Jh. M¨onch in Einsiedeln und zog sich sp¨ater auf die Insel Ufenau im Z¨urichsee zur¨uck, wo er als Einsiedler in Askese lebte. Seine Gebeine wurden um 1141 erhoben. Die Legende ist in einem Jahrzeitbuch der Pfarrei Ufenau u¨ berliefert. Sein Festtag ist der 28. September. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsarch., B.-Nr. 1 (wahrscheinlich fr¨uhes 14. Jh.). Ausgabe: Odilo Ringholz: Gesch. des f¨urstlichen Benediktinerstifts Unserer Lieben Frau von Einsiedeln 1. Einsiedeln 1904, S. 659 f. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 1 (1978) Sp. 43 f.; 11 (2004) Sp. 13. – Wimmer/Melzer (41982) S. 114 f. – Ekkart Sauser, BBKL 17 (2000) Sp. 18 f. – Ringholz (s. Lit.). SF 61

1. H¨alfte 14. Jh. Biberli(n), Marquard OP, * um 1265 Z¨urich, † um 1339. Der einer b¨urgerlichen, politisch einflussreichen Z¨urcher Ratsherrenfamilie entstammende B. ist 1320 als «lesmeister» und 1325 als Dominikanerprior in Z¨urich bezeugt. Er steht im Zusammenhang mit einem der a¨ ltesten alem., mystischdidaktisch angelegten Prosalegendar (26 Legenden) ¨ f¨ur Dominikanerinnen (in Otenbach oder T¨oß?). Das Legendar fand wegen seiner Vorliebe f¨ur wenig bekannte Heilige keine nennenswerte Verbreitung. Einzelne Legenden sind auch in der Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) enthalten. Die Zuschreibung des Legendars an B. und B.s T¨atigkeit als Bibel¨ubersetzer sind umstritten (vgl. → Psalmen¨ubersetzungen [sp¨atma., dt., ndl.] und → Wien-Z¨urcher-Bibel). ¨ Uberlieferung: Solothurn, ZB, Cod. S 451, 1v–216v (vor 1325). – Basel, UB, Cod. G 2 II 58, 1r–249v (1382). – Bamberg, SB, Msc. Add. 21, 227r–329r (Katharina v. Alexandrien). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 17.10 Aug. 4°, 411v–451r (Julianus und Basilissa). – Freiburg i. Br., UB, Cod. 490, 173r–197r (Julianus und Basilissa). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Cod. 2261, 33r–62r (Julianus und Basilissa). Literatur: Konrad Kunze, VL2 1 (1978) Sp. 842 f.; 11 (2004) Sp. 248. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Psalmen¨ubersetzungen (sp¨atma., dt. und ndl.). In: VL2 7 (1989) Sp. 883–898, hier Sp. 894 f. – Heimo Reinitzer: Wien-Z¨urcher Bibel. In: VL2 10 (1999) Sp. 1053–1055. – Christian Kuster: B., Marchwart. In: HLS 1 (2003) Sp. 386. – Gabriel M. L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1924, S. 160. – Alfons Sch¨onherr: Die ma. Hss. der Zentralbibl. Solothurn. Solothurn 1964, S. 57–59, 300. – Volker Mertens: Das Predigtbuch des Pries¨ ters Konrad. Uberl., Gestalt, Gehalt und Texte (MTU 33). Mu¨ nchen 1971, S. 14–23. – K. Kunze: Minophilus und Zosismus v. Anazarba. Alemannische Zeugnisse (1382) einer un- und einer kaum bekannten griechischen Legende. In: Analecta Bollandiana 94 (1976) S. 47–62. – Marianne WallachFaller: Marchwart B., ein ma. Bibel¨ubersetzer aus Z¨urich. In: Z¨urcher Taschenbuch auf das Jahr 1980. Z¨urich 1980, S. 53–72. – Dies.: Die erste dt. Bibel? Zur Bibel¨ubers. des Z¨urcher Dominikaners Marchwart B. In: ZfdA 110 (1981) S. 35–57 (mit 62

1. H¨alfte 14. Jh. Textprobe). – Dies.: Ein alemannischer Psalter aus dem 14. Jh. Hs. A.IV.44 der Universit¨atsbibl. Basel, Bl. 61–178 (Spicilegium Friburgense 27). Freiburg Schweiz 1981 (vgl. dazu Klaus Kirchert, AfdA 93, 1982, S. 130–146; A. N¨af, ZfdPh 104, 1985, S. 146–150). – Karl-Ernst Geith: Marchwart B. und das Solothurner Legendar Cod. S. 451. In: ZfdA 111 (1982) S. 9–21 (mit Textproben). – K. Kunze: Deutschsprachige Pelagialegenden des MA. In: P´elagie la p´enitente. Metamorphoses d’une legende. Hg. v. Pierre Petitmengin. Bd. 2: La survie dans les litt´eratures europ´eennes. Paris 1984, S. 295–335, hier S. 302–306. – M. Wallach-Faller: Ein mhd. Dominikanerinnen-Legendar des 14. Jh. als mystagogischer Text. In: Abendl¨andische Mystik im MA. Symposion Kloster Engelberg 1984. Hg. v. Kurt Ruh (Germanistische SymposienBerichtsbde. 7). Stuttgart 1986, S. 388–401. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zur Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 24 f., 38, 40 f., 196, 233, 363 (im Legendenreg. passim). – M. Wallach-Faller: Z¨urcher Bibeln im MA. In: Die Bibel in der Schweiz. Ursprung und Gesch. Hg. v. der Schweizerischen Bibelgesellsch. Basel 1997, S. 55–61. – Daria Barow-Vassilevitch: ‹Ich schwime in der gotheit als ein adeler in dem lufft!› Heiligkeitsmuster in der Vitenlit. des 13. und 14. Jh. (GAG 727). G¨oppingen 2005, S. 69–83, 219–245 (mit Transkription der Legenden von Columba, Brigitta und Christina v. Stommeln). – Richard F. Fasching: Ein Text Heinrich Seuses? Unters. zum Prolog des ‹Solothurner Legendars›. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Berlin/New York 2009, S. 327–371. – Karin Schneider: Gotische Schr. in dt. Sprache. Die obd. Schr. v. 1300 bis 1350. Textund Tafelbd. Wiesbaden 2009, Textbd. S. 147 f., Tafelbd. Abb. 144. BJ Der von Ettelingen. – Prediger. D. v. E. wird in der Postille des → Hartwig von Erfurt erw¨ahnt. Er steht darin neben Meister → Eckhart, → Dietrich von Freiberg und → Johannes von Sterngassen. In zwei weiteren Werken sind ihm einzelne Strophen gewidmet, so in den Spr¨uchen der zw¨olf Meister (Str. 3) und in Ein meister der seit uns von wesen blos (Str. 2). Er wird in ¨ der Uberlieferung als «guter Pfaffe» bezeichnet, was 63

Der von Ettelingen sich auf seine Predigten beziehen d¨urfte. Bis heute lassen sich ihm aber keine u¨ berlieferten Texte zuordnen. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 635. – ¨ Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Halle/Saale 1910, S. 188 f. – Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Hg. v. A. Spamer. Jena 1912, S. 175. – K. Ruh: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230 (wieder in: K. R.: Kleine Schr. 2. Hg. v. dems. und Volker Mertens. Berlin u. a. 1984, S. 184–211). – Ders.: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 390. MM Der Bruder mit den sieben S¨ackchen. – Seit dem 14. Jh. in zahlreichen Handschriften im ganzen dt.-ndl. Sprachraum verbreitete mystische Mirakeldichtung. Das Mirakel berichtet von der Begegnung eines «armen Bruders» mit Christus, der nach dem Inhalt der sieben S¨ackchen fragt, die der Bruder – auf dem Weg zur Kirchweih eines Klosters – mit sich tr¨agt. Sie enthalten die Bestandteile seiner Spiritualit¨at, freiwillige Armut und Schmach, Beten und Weinen, Wachen und Fasten, Gebet aus lauterem Herzen, Liebe zu Gott, Christenglauben und eine reine Seele. Unter keinen Umst¨anden will der Bruder sich von seinen S¨ackchen trennen; Christus gibt sich zu erkennen und verschwindet (Teil B). Als der Bruder einen lahmen Auss¨atzigen trifft, der ebenfalls zur Kirchweih will, l¨adt er ihn auf seinen R¨ucken. Vor der Kirche fallen die Mo¨ nche vor ihm nieder, denn es ist Christus, den der Bruder tr¨agt. Er wird von Gott ins ewige Leben aufgenommen (Teil C). Vorausgestellt ist das sog. Guten-MorgenExempel (Teil A), in dem ein armer Mann einem Lesemeister erkl¨art, er habe noch nie einen schlechten Morgen erfahren, weil er im Einklang mit Gottes Willen lebe. Sein Ausspruch «Lieber mit Gott in die H¨olle als ohne ihn in den Himmel» ist ein Zitat aus einer lat.→ Eckhart-Predigt. Die Motive der S¨ackchen-Erz¨ahlung und des Christus-aufdem-R¨ucken-Tragens waren weit verbreitet; das Guten-Morgen-Exempel (Armut als h¨ochstes Gut, als Unio mit Gott) geh¨ort zu den sog. EckhartLegenden. 64

Buch der Rugen ¨ ¨ Uberlieferung: Ohne Anspruch auf Vollst¨andigkeit seien hier folgende Hss. angef¨uhrt: Augsburg, Staats- und Stadtbibl., 2° Cod. 91. – Basel, UB, Cod. B IX 15. – Berlin, SBB, Hs. 411. – Ebd., Mgo 224. – Ebd., Mgo 328. – Den Haag/’sGravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 73 E 27. – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 87. – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7010 (W) 25. – Lambach, Stiftsbibl., Cod. Chart. 247. – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 66. – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1651 (664; L 94). – Ebd., Cod. 1828 (63; B 28). – M¨unchen, BSB, Cgm 411. – Ebd., Cgm 466. – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b II 21. – Ebd., Cod. b VIII 27. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1005. – Straßburg, National- und UB, Ms. 2122 (fr¨uher L germ. 198.2°). – Straßburg, StB, Cod. B 84. – ¨ Wien, ONB, Cod. 3009. Ausgaben: Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 155–159 (nach Berlin, Mgo 328). – Richard Newald: Dye siben seulein. In: Mu¨ nchener Museum f¨ur Philologie des MA und der Renaissance 4 (1924) S. 320–322 (nach Lambach, Stiftsbibl., Cod. chart. 247). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 1045–1047. – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Meister Eckkart en de nederlandse mystiek. In: Nederlandsch Arch. v. Keerkgeschiedenis, NS 3 (1905) S. 50–92, 176–194, 265–290, ¨ bes. S. 59, 265–267. – A. Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttraktate. In: PBB 34 (1909) S. 405. – C. G. N. de Vooys: Middelnederlandse Legenden en Exempelen. Groningen/Den Haag 2 1926, S. 335–338. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. Frauenfeld u. a. 1935. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 86. SF Buch der Rugen. ¨ – Predigtlehrbuch, wohl um 1320. Der Titel des 1656 Reimpaarverse umfassenden, auf nordbair. Gebiet entstandenen Gedichts eines unbekannten Verfassers stammt von seinem Herausgeber Karajan. Wegen des in V. 168 und 257 erw¨ahnten «bapst Johan», bei dem es sich h¨ochstwahrscheinlich um Johannes XXII. (1316–1334) handelt, ist die Entstehungszeit ziemlich sicher festlegen. Das B. d. R. ist eine Predigtanweisung mit Ratschl¨agen, wie den verschiedenen geistlichen 65

1. H¨alfte 14. Jh. und weltlichen St¨anden (am Ende der St¨andereihen ist jeweils den Frauen ein eigener Abschnitt gewidmet) ihre Pflichten und Laster vor Augen gef¨uhrt werden sollen. Von der sehr frei u¨ bertragenen lat. Vorlage, den um 1230 in Dominikanerkreisen entstandenen Sermones nulli parcentes, u¨ bernimmt es Aufbau und Reihenfolge, konkretisiert und aktualisiert jedoch die St¨andekritik. So wird u. a. der namentlich genannte Papst aufgefordert, sich nicht in den Kampf zwischen Guelfen und Ghibellinen einzumischen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 138 (fr¨uher Privatbesitz Matth¨aus Kuppitsch, Wien), 70v–99v (Perg.); Teilabschrift daraus in: Berlin, SBB, Mgq 488 (1836). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 444, 173r–208v (Pap., erstes Viertel 15. Jh.). Ausgabe: Theodor von Karajan: B. d. R. In: ZfdA 2 (1842) S. 6–92 (mit dem lat. Text). Literatur: Karin Schneider, VL2 1 (1978) Sp. 1096 f.; 11 (2004) Sp. 300. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 341 f. – Elisabeth Wunderle, Killy2 2 (2008) S. 251 f. – O. J¨anicke: Die Heimat des B. d. R. In: ZfdA 16 (1873) S. 476–478. – Bruno Wiesotzky: Unters. u¨ ber das mhd. B. d. R. Straßburg 1911. – Wolfgang Heinemann: Zur St¨andedidaxe in der dt. Lit. des 13.–15. Jh. In: PBB (Halle) 89 (1968) S. 309–315. – Anke Ehlers: Des Teufels Netz. Berlin/K¨oln/Mainz 1973, S. 120–123. – Nikolaus Henkel: Eine verschollene Hs. aus St. Paul. Zur Gesch. der ehem. Kuppitsch-Hs. des ‹B.s d. R.›. In: Die ma. Lit. in K¨arnten. Vortr¨age des Symposions in St. Georgen/L¨angsee vom 8. bis 13.9.1980. Unter Mitarbeit v. Alexander Cella hg. v. Peter Kr¨amer (Wiener Arbeiten zur germ. Altertumskunde und Philologie 16). Wien 1981, S. 67–85. – Ders.: Weiteres zu ‹Verbleib unbekannt›. In: ZfdA 101 (1981) S. 23–27. – Ders.: ‹Sermones nulli parcentes› und ‹B. d. R.›. In: Zur dt. Lit. und Sprache des 14. Jh. Dubliner Colloquium 1981. Hg. v. Walter Haug u. a. Heidelberg 1983, S. 115–140. – Winfried Frey: wie lange wil dˆu schuolær sˆın? In: triuwe. Stud. zur Sprachgesch. und Literaturwiss. Ged¨achtnisbuch f¨ur Elfriede Stutz. Hg. v. Karl-Friedrich Kraft u. a. Heidelberg 1992, S. 243–262. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3). T¨ubingen 2004, S. 307 f. und Reg. – N. Henkel: Gesellschaftssatire im Sp¨atMA. Formen und Verfahren satirischer Schreibweise in der Sermones 66

1. H¨alfte 14. Jh. nulli parcentes (Walther 6881), im Carmen satiricum des Nicolaus v. Bibra, in der St¨andekritik v. Viri fratres servi dei (Walther 20575) und im B. d. R. In: Satire im MA und der Fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. Thomas Haye (in Vorb.). BJ Fuller, Heinrich (Fuller von Hagenau). – Kanoniker, erste H¨alfte 14. Jh. F. entstammte einer Familie, die in Hagenau und Straßburg vom 14.–16. Jh. mehrfach bezeugt ist. Vermutlich um 1280–90 geboren, ist er 1309 als Pfr¨undner an der St. Thomas-Kirche in Straßburg belegt, ein Studium in Bologna ist 1311 und 1316 beurkundet. 1318 war F. nach seiner R¨uckkehr nach Straßburg Magister und Kanonikus von St. Thomas, 1324 wurde er Kanoniker in Haslach (Di¨ozese Straßburg). Wieder in St. Thomas, wird F. seit 1333 bezeugt, zum letzten Mal 1353. Neben lat. Gebeten, dem Sentenzenwerk Gemme sententiarum (1309–11), das haupts¨achlich auf dem Sentenzenkommentar des Petrus Lombardus beruht, aber auch die Kirchenv¨ater und andere kirchliche Schriftsteller heranzieht, schrieb F. 1305 das Opus(culum) de moribus prelatorum. Die zw¨olf Kapitel u¨ ber das rechte Verhalten der Kirchenherren fußen auf biblischen Quellen, dem Corpus iuris civilis und dem Corpus iuris canonici. Anweisungen zur vorbildlichen Lebensf¨uhrung werden dabei mit Aspekten politischer Klugheit verbunden. Drei Codices (Trier und Wolfenb¨uttel 78.4 Aug. 2°/79.1 ¨ Aug. 2°) u¨ berliefern dt. Ubersetzungen des Opusculum, wobei die Trierer Handschrift sowohl die dt. als auch die lat. Fassung enth¨alt. Der F¨urstenspiegel Zwelf r¨ate, die nucz sind ainem yeglichen f¨ursten oder herren, u¨ berliefert in f¨unf weiteren Codices, wurde fr¨uher als eigenst¨andiges Werk betrachtet und ist mittlerweile als – vermutlich un¨ abh¨angige – Ubersetzung des Opusculum identifiziert. Der Adressatenkreis wird hier um weltliche Herren erweitert. Die zw¨olf Kapitel werden im F¨urstenspiegel als «r¨ate des weysen» bezeichnet. Diese dt. Fassung des Opusculum d¨urfte in die Mitte des 15. Jh. datieren und aus dem bair.-¨osterr. Raum stammen. Ende des 14. Jh. wurde das lat. Opusculum von einem anderen Heinrich von Hagenau u¨ berarbeitet und dem Speyrer Bischof Nikolaus (1381–1396) gewidmet. Diese lat. Fassung wurde von Jakob Wimpfeling 1512 in Straßburg in wiederum revidierter Form unter dem Titel De vita et moribus 67

Fuller episcoporum aliorumque prelatorum & principum Libellus [...] zum Druck gebracht (zusammen mit einer Epistel → Gregors des Großen; VD16 H 2129). ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 816/1345 8°, 2r–18v (dt.), 29r–32v (lat.) (Pap., um 1420, s¨udrheinfr¨ankisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 78.4 Aug. 2°, 160ra–169ra (Pap., 1437, nordbair.). – Ebd., Cod. 79.1 Aug. 2°, 402r–411v (Pap., 15. Jh., oberrheinisch). – F¨urstenspiegel: Freiburg/Br., UB, Hs. 362, 13r–24v (Pap., um 1430–45, schw¨abisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 289, 90ra–103rb (Pap., 1442, nordbair.). – Philadelphia (PA), Free Library, Lewis E 16 (de Ricci Nr. 165), 56r–66r (Pap., Mitte ¨ 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 2877, 87r–97v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Wien, Schottenkloster, Cod. 145 (H¨ubl 209), 189r–207r (Pap., 1462/66, bair.-o¨ sterr.). – Lat. Schriften: Rom (Vatikanstadt), Bibl. Apostolica Vaticana, Cod. Pal. lat. 377 (Autograph). Ausgabe: M¨uller 2004, S. 66–147 (nach HAB Cod. 79.1 Aug. 2°). Literatur: Karl Langosch, VL2 2 (1980) 1008–1010. – Gerd Brinkhus, F¨urstenspiegel ‹Zwelf r¨ate, die nucz sind ainem yeglichen f¨ursten oder herren›, VL2 2 (1980) Sp. 1030; 11 (2004) Sp. 479f. – Auguste Pelzer: Un auteur ignor´e: Henri F. de Haguenau. In: Revue d’histoire eccl´esiastique 45 (1950) Sp. 543–558. – Markus Mu¨ ller: F¨urstenspiegel und Bischofsspiegel. Der Beitr. Jakob Wimpfelings. In: Humanisten am Oberrhein. Neue Gelehrte im Dienst alter Herren. Hg. Sven Lembke/M. Mu¨ ller (Schr. zur su¨ dwestdt. Landeskunde 37). Leinfelden-Echterdingen 2004, S. 9–147, hier S. 62. VZ Gerhard von Sterngassen (Gerhard Korngin, Gerhardus de Colonia) OP. – Prediger und Theologe. G. ist in K¨oln 1310–1325 in Urkunden als Treuh¨ander nachgewiesen (auch unter dem Namen «G. Korngin») und h¨ochstwahrscheinlich der Bruder von → Johannes von Sterngassen. Die Legendensammlung Heiligenleben → Hermanns von Fritzlar weist einem «bruder Gerhart von sterren gazzen» eine Predigt zum St. Antoniustag zu als eine der zwischen die Legenden eingestreuten Predigten. Die Sammlung wurde 1343–49 kompiliert und bezeichnet G. ferner als «zu kolne meister pfaffe lesemeister» (Heidelberg, Cpg 113, 92v). Die Predigt habe G. im K¨olner Antonius-Kloster gehalten (ebd.). In ihr wird die Darstellung der Vita 68

Johannes von Sterngassen des hl. Antonius mit einem Preis des Eremitentums und der vita contemplativa verbunden. Es ist nicht auszuschließen, das noch weitere Predigten von G. stammen, die in Handschriften nur einem von S. zugeschrieben werden und von der Forschung gemeinhin Johannes von S. zugesprochen werden. Ferner ist G. der Verfasser der Medela anime languentis, einer Tugend- und Lastersumme, die sich vor allem auf die Summa theologiae des → Thomas von Aquin und daneben auf das Compendium theologicae veritatis → Hugo Ripelins von Straßburg st¨utzt. Die Darstellung der einzelnen Tugenden und Laster kombiniert G. mit der Schilderung zeitgen¨ossischer Missst¨ande sowie des Kampfes zwischen Laster und Tugend. Auch theologisch mystische Abhandlungen enth¨alt die Summe. Zwar wirkte G. vermutlich im gleichen Konvent wie Meister → Eckhart, kann aber kaum als dessen Sch¨uler angesehen werden, sind ihm doch dessen spekulativ metaphysische Ausrichtung und neuplatonischen Ans¨atze fremd. ¨ Uberlieferung: Predigt: Heidelberg, UB, Cpg 113 und 114, hier 113, 87r–92v (Perg., 14. Jh. [1349?], rheinfr¨ankisch mit obd. Einschlag). – Medelea animae languentis: Trier, StB, Hs. 589 (14. Jh.; Tl. 1). – Trier, Bibl. des Priesterseminars, Hs. 126, 1r–310v (14. Jh.; Tl. 2). – M¨unchen, BSB, Clm 13587, S. 1–600 (14. Jh.; gek¨urzte Fassung beider Teile). – Utrecht, UB, Ms. 358, 23v–25r (14./15. Jh.; Ausz¨uge). – Breslau, UB., Cod. I Q 462, 172r, 191v (Ausz¨uge). Ausgabe: Predigt Franz Pfeiffer, Dt. Mystiker, Bd. 1: Hermann v. Fritslar, Nicolaus v. Strassburg. David v. Augsburg. Leipzig 1845. Nachdr. Aalen 1962, S. 60–63 («Sente Anthonius Tag»). – Medelea animae languentis (Ausz¨uge): Grabmann 1921. – Appel 1934, S. 29–47. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 626. – Gundolf Gieraths, Dict. Spir. 6 (1967) Sp. 281–283 (G´erard de S.). – Volker Honemann, VL2 (1980) Sp. 1240–1243. – Dieter Berg, LexMA 4 (1989) Sp. 1311. – Schulthess/Imbach (1996) S. 430. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 439 f. – Gertrud Lichenheim: Studien zum Heiligenleben Hermanns v. Fritzlar. Diss. Halle/Saale 1916. – Gabriel L¨ohr: Beitr. zur Gesch. des K¨olner Dominikanerklosters im MA. Bd. 1. Leipzig 1920, S. 46–48; Bd. 2. Leipzig 1922, S. 106, 205, 217, 264, 277, 279 (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 15 und 16/17). – Martin 69

1. H¨alfte 14. Jh. Grabmann: Neuaufgefundene lat. Werke dt. Mystiker. In: Sb. der phil.-philologischen und der hist. Kl. der Bayer. Akad. der Wiss. 1921,3, S. 29 f., 35–43; wieder in: Ders.: Gesammelte Akademieabh. (Ver¨off. des Grabmann-Inst. zur Erforschung der ma. Theologie und Philos. 25). M¨unchen u. a. 1979, S. 1–68. – Leonce Reypens: G. v. S., Ulrich v. Strasburg en Hugo Ripelin in de Nederlanden. In: Ons Geestelijk Erf 1 (1927) S. 294–297. – Nikolaus Appel: G. v. S. und sein ‹Pratum animarum›. Diss. Bonn, Saarlouis 1934. – G. L¨ohr: Die K¨olner Dominikanerschule vom 14. bis zum 16. Jh. Freiburg/Schweiz 1946, S. 46–48. – Dietrich Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert (Beitr. zur Gesch. der dt. Sprache und Lit. 95,2). T¨ubingen 1973, S. 328–361. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 119 (T 110) und S. 123 f. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi Bd. 2. Rom 1975, S. 40 f. – Walter Senner: Johannes v. Sterngassen OP und sein Sentenzenkomm. Bd. 1: Studie (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens NF 4). Berlin 1995, passim. – Susanne Kaup: G. v. S. OP, ‹Medela languentis anime› (Clm 13587). Strukturelle und spirituelle Aspekte. In: What is ‹theology› in the Middle Ages? Religious cultures of Europe (11th–15th centuries) as reflected in their self-understanding. Hg. v. Mikołaj Olszewski (Archa verbi. Subsidia 1). M¨unster 2007, S. 547–570. – S. Kaup: De beatitudinibus: G. v. S. OP und sein Beitr. zur sp¨atma. Spiritualit¨atsgesch. (Clm 13587). Strukturelle und spirituelle Aspekte (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens 18). Berlin 2011. VZ Johannes von Sterngassen (Johannes Korngin) OP. – Prediger und Theologe. J. stammt aus K¨oln und ist 1310 und 1316 als Lektor und Prior des Dominikanerklosters in Straßburg urkundlich belegt. Er ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Bruder → Gerhards von Sterngassen und hat vermutlich in Paris studiert, wom¨oglich auch bei → Thomas von Aquin. Ob er zum «magister theologiae» promoviert wurde und 1320 Leiter des «Studium generale» in K¨oln war, ist unsicher bis unwahrscheinlich. Sicher bezeugt ist J. in K¨oln zum letzten Mal 1323. Er ist 70

1. H¨alfte 14. Jh. der Verfasser von dt. Predigten und Spr¨uchen sowie lat. sermones, qu¨astiones, theologischen scriptes und eines Commentarius in IV libros sententiarum. Handschriftlich erhalten sind von den lat. Schriften neben Quaestiones quodlibetales nur der Sentenzenkommentar. Dieser l¨asst in J. den Vertreter einer stark thomistisch ausgerichteten Mystik erkennen. Mit wenigen Ausnahmen, mitunter bezieht er sich hier kontrastierend auf Averroes (Ibn Ruˇsd), folgt er Thomas’ Lehre. In der Behandlung des Unterschiedes von Dasein und Wesenheit setzt J. deutlich eigene Akzente. Die dt. Predigten und Spr¨uche zeigen ihn als wortgewaltigen Prediger, getragen von einer mystischspekulativen Grundhaltung. J. kann als der herausragende Prediger der → Eckhart-Zeit gelten. Einen wichtigen thematischen Schwerpunkt stellt Gottes Wirken und Gew¨artigsein in der menschlichen Seele dar. Weitere Kernthemen sind die «lˆuterkeit» und die «abgescheidenheit» in mystischer Bedeutung. Beides sind wichtige Aspekte auch in Eckharts Predigtwerk, der letztere Terminus geht auf Eckhart zur¨uck. Als Sch¨uler Eckharts kann man J. angesichts seiner thomistisch gepr¨agten gedanklichen Eigenst¨andigkeit jedoch nicht bezeichnen. Nicht auszuschließen ist, dass einige Predigten, die in Handschriften nur einem von S. zugeschrieben werden und von der Forschung gemeinhin J. zugesprochen werden, tats¨achlich von Gerhard von S. stammen. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur dt. Uberl. vgl. Morvay/Grube 1975 und Senner 1995 Bd. 1, S. 313–326 ¨ (Predigten) u. S. 326–329 (Spru¨ che); zur lat. Uberl. vgl. ebd., S. 179–215 (Sentenzenkommentar) und 336–339 (Quaestiones). Vollst. Handschriftenreg. ebd., S. 403–408. Ausgaben: Predigten (Ausw.): Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 209–258, hier S. 251–258. – Wilhelm Preger: Krit. Stud. zu Meister Eckhart. In: Zs. f¨ur die hist. Theologie 36 (1866) S. 453–517, hier S. 479 f. – Wilhelm Wackernagel: Altdeutsche Predigten und Gebete. Basel 1876, S. 163–168, 544–546. – Spr¨uche (Ausw.): F. Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 225–243, hier S. 235–238. – Stammler 1930, S. 294. – Zu weiteren Ausgaben vgl. Morvay/Grube 1974 und Senner 1995 Bd. 1, S. 313–331). – Sentenzenkommentar: W. Senner: Johannes v. Sterngassen OP und sein Sentenzenkomm. Bd. 2: Texte (Quellen und Forschungen 71

Johannes von Sterngassen zur Gesch. des Dominikanerordens NF 5). Berlin 1995. – Quaestiones: Martin Grabmann: Die Lehre des J. Theutonikus O. Pr. u¨ ber den Unterschied von Wesenheit und Dasein (Cod. Vat. lat. 1092). In: Jb. f¨ur Philos. und spekulative Theologie 17 (1903) S. 43–51. – Grabmann 1926, S. 395 f. – Landgraf 1926, S. 473–480. Nhd. Teilausgabe Predigten/Spruche: Vom ¨ inwendigen Reichtum. Texte unbekannter Mystiker aus dem Kreise Meister Eckharts. Mit einer ¨ Einf. v. Alois Dempf. Ausw. und Ubers. v. Angela Rozumek. Leipzig 1937, S. 21–32. Literatur: Philipp Strauch, ADB 36 (1893) S. 120–122. – Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 626. – Paul-Gundolf Gieraths, NDB 10 (1974) S. 559. – Volker Honemann, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 775 f. (Jean de S.). – Ders., VL2 4 (1983) Sp. 760–762. – Burkhard Mojsisch, Lex MA 5 (1991) Sp. 606 f. – Hans-Jochen Schiewer, Marienlex. 3 (1991) S. 418. – Schulthess/Imbach (1996), S. 500. – Walter Senner, LThK3 5 (1996) Sp. 970. – Jacques Qu´etif/Jacques Echard: Scriptores Ordinis Praedicatorum. Recensiti, Notisque Historicis Et Criticis Illustrati. Bd. 1. Paris 1719, S. 700. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 404 f., 439 f. – Heinrich Denifle: Quellen zur Gesch. des Predigerordens im 13. und 14. Jh. In: Arch. f¨ur Lit.- und Kirchengesch. des MA 2 (1886) S. 165–248, hier S. 228. – Anton Linsenmayer: Gesch. der Predigt in Deutschland v. Karl dem Gr. bis zum Ausgange des 14. Jh. Mu¨ nchen 1886 (Nachdr. Frankfurt/M. 1969) S. 440–442. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881, S. 116–123. – P. Strauch: K¨olner Klosterpredigten des 13. Jh. In: NdJb 37 (1911) S. 21–48, hier S. 22. – Martin Grabmann: Neuaufgefundene lat. Werke dt. Mystiker. In: Sb. der phil.-philologischen und der hist. Kl. der Bayer. Akad. der Wiss. 1921,3, S. 29 f., 35–43; wieder in: Ders.: Gesammelte Akademieabh. (Ver¨off. des Grabmann-Inst. zur Erforschung der ma. Theologie und Philos. 25). M¨unchen u. a. 1979, S. 7–34. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Arch. f¨ur Religionswiss. 21 (1922) S. 122–162. Neudr. in: Stammler 1953, S. 156–184. – M. Grabmann: Ma. Geistesleben. Abh. zur Gesch. der Scholastik und Mystik. Bde.1/2/3 M¨unchen 1926/36/56; Bd. 1 S. 329 f., 392–400 und passim, Bde. 2/3 passim. – Artur Michael Landgraf: J. Sterngasse OP und sein Sentenzenkommentar. In: Divus Thomas 4 (1926) 72

Rube S. 40–54, 207–214, 327–350, 467–480. – Nikolaus Paulus: Der Dominikaner J. v. S., kein geborener Straßburger. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 4 (1929) S. 405–407. – W. Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300. – Adolf Spamer: Die Mystik. In: Germanische Philologie. Ergebnisse und Aufgaben. FS Otto Behaghel. Hg. Alfred G¨otze (Germ. Bibl. Abt. 1, Reihe 1,19). Heidelberg 1934, S. 331–379, hier 368–370. – Gerard Meersseman: Laurentii Pignon Catalogi et Chronica (Monumenta fratrum praedicatorum historica 18). Rom 1936, S. 63. – Gabriel L¨ohr: Die K¨olner Dominikanerschule vom 14. bis zum 16. Jh. Freiburg/Schweiz 1946, S. 38 f. – ¨ Ders.: Uber die Heimat einiger deutscher Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 175. – Friedrich Stegm¨uller: Repertorium Biblicum Medii Aevi Bd. 1. Madrid 1950, S. 244 f. (Nr. 499) und Bd. 3 1951, S. 432. – W. Stammler: Kleine Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin 1953, S. 178–180. – Victorin Doucet: Commentaires sur les Sentences. Suppl. au r´ep´ertoire de M. Fr´ed´eric Stegm¨uller. In: Archivum Franciscanum Historicum 47 (1954) S. 88–170, 400–427, hier S. 142, 405. – G. Gieraths: Reichtum des Lebens. Die dt. Dominikanermystik des 14. Jh. (Fu¨ r Glauben und Leben 6). D¨usseldorf 1956, S. 32 f., 94 f. – Hermann Ley: Studie zur Gesch. des Materialismus im MA. Berlin 1957, S. 462–468. – W. Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß Bd. 2. Hg.: Ders. Berlin 21960, Sp. 750–1102, hier Sp. 954, 997, 1076, 1093. – Thomas Kaeppeli: Antiche biblioteche domenicane in Italia. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 36 (1966) S. 5–80, hier S. 19, 42. – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel. Beschreibendes Verz., Abt. B: Theologische Perg.hss. Bd. 2: Signaturen B VIII 11–B XI 26. Basel 1966, S. 257. – Bruno Decker: Die Gotteslehre des Jakob v. Metz. Unters. zur Dominikanertheologie zu Beginn des 14. Jh. (Beitr. zur Gesch. der Philos. und Theologie des MA 42,1). Mu¨ nster 1967, S. 45 f., 406–408 und passim. – Charles H. Lohr: Medieval Latin Aristotle Commentaries (Authors Johannes de KanthiMyngodus). In: Traditio 27 (1971) S. 251–351, hier S. 252. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 115–119 (T 109). – Rijkert Alex Ubbink: De Receptie van Meister Eckhart in de Nederlanden gedurende de 73

1. H¨alfte 14. Jh. Middeleeuwen. Een studie op basis van middelnederlandse handschriften. (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 34) Leiden 1978, S. 145 f. – Lotte Kurras: Ein Eckhart-Fragm. aus dem Klarissenkloster in Freiburg. In: ZfdA 107 (1978) S. 216–218 (Hss.funde zur Lit. des MA 54). – T. Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi Bd. 3. Rom 1980, S. 15 f. – W. Senner: J. v. S. OP und sein Sentenzenkomm. Bd. 1: Studie (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens NF 4). Berlin 1995. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. Mu¨ nchen 1996, S. 410–414. – Ders.: Maria und Martha bei J. v. S. und Meister Eckhart. In: Magister et amicus. FS Kurt G¨artner. Hg. V´aclav Bok/Frank Shaw. Wien 2003, S. 669–676. VZ Rube, Eckhart. – Mystischer Prediger des fr¨uhen 14. Jh. R. war Lesemeister des Dominikanerordens; weitere Nachweise oder urkundliche Belege u¨ ber sein Leben fehlen. Die mystische Predigtsammlung → Paradisus anime intelligentis enth¨alt von ihm sechs Predigten (Nr. 9, 23, 32, 44, 45, 64). Damit ist er nach Meister → Eckhart der am h¨aufigsten vertretene Prediger der Sammlung. Zentrales Thema seiner Predigten ist die g¨ottliche Gnade; er behandelt außerdem die Lehre von der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott. ¨ Uberlieferung: Alle sechs Hss.: Oxford, Bodleian Libr., Ms. Laud Misc. 479, 17v–20r, 44r–45v, 56r–59r, 80v–81v, 81v–85r, 113v–114r (Perg., 14. Jh., rheinfr¨ankisch). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057, 24v–28v, 63v–66v, 82r–86v, 118r–120r, 120v–125v, 171r–172r (Perg., Mitte 14. Jh., westmitteldt.-rheinfr¨ankisch). – Ferner Streu¨uberl. außerhalb der ‹Paradisus›- Slg. Ausgaben: Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Teil 2, Leipzig 1881, S. 464–468. – Philipp Strauch: P. a. i. Aus der Oxforder Hs. nach Sievers’ Abschr. (DTM 30). Berlin 1919. Literatur: De Boor/Newald 3/1 (1987) S. 329. – Freimut L¨oser, VL2 8 (1992) Sp. 290–293. – Preger (s. Ausg.) S. 170–172, 230–232. – Lauri Sepp¨anen: Stud. zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis (M´emoires de la Soci´et´e N´eophilologique de Helsinki 27). Helsinki 1964, bes. S. 60–66, 244–258, 266–268. – Georg Steer: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 74

1. H¨alfte 14. Jh. 14). Mu¨ nchen 1966, S. 15–18. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 106 f. (T 96). – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachliche Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 420, 448. – Vgl. auch → Paradisus anime intelligentis. SF Helwic von Germar OP. – Mystiker und Verfasser zweier Predigten. H. stammte aus dem im 13. Jh. in Germar bei Mu¨ hlhausen/Th¨uringen ans¨assigen Geschlecht von Germar. Er war um 1300 Lektor der Erfurter Dominikaner und geh¨orte wohl dem Kreis jener meist dominikanischen Lesemeister um Meister → Eckhart an, die in die Sammlung des → Paradisus anime intelligentis aufgenommen wurden. Vielleicht ist er identisch mit → Helwicus Theutonicus. ¨ Uberliefert sind von ihm zwei dt. Predigten, die ihn unter seinen Erfurter Kollegen nach Meister Eckhart als den gelehrtesten Theologen herausstellen; die Texte beruhen großteils auf → Thomas von Aquin und der dominikanischen Scholastik. Die zweite Predigt Nr. 52 l¨asst ihn als Mystiker nach dem Vorbild Meister Eckharts erscheinen. Predigt Nr. 43 u¨ ber Joh 14,9 «Wer mich sieht, der sieht auch meinen Vater» und Joh 14,10 «Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir» bietet eine umfassene Erkenntnislehre, die mit Thomas von Aquin besagt, Gott k¨onne nicht mittels der Erkenntnisweise der «wirkenden Vernunft», sondern nur durch die «leidende» oder «m¨ogliche Vernunft» erkannt werden. Ein weiteres Thema der Predigt gilt den g¨ottlichen Ausfl¨ussen («emanationes»); der Abschnitt scheint im Widerspruch zu den sonstigen ¨ Außerungen H.s zu stehen, ist er doch skotistischer und nicht thomistischer Pr¨agung, und stammt wohl nicht von H. Einen Abschnitt der Predigt Nr. 43 (95,27–96,29) u¨ bernahm → Nikolaus von Landau teilweise w¨ortlich in seine Sammlung. Predigt Nr. 52 fordert in Anlehnung an Meister Eckhart zur mystischen Vereinigung mit Gott auf. ¨ Uberlieferung: Oxford, Bodleian Library, Cod. Laud. Misc. 479, 78r–80v, 94r/v (14. Jh.). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057, 114r–118r, 140r–143v. Vgl. dazu Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der SB und UB Hamburg. Bd. 3: Quarthss. und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228) (Kat. 75

Helwic von Germar der Hss. der SB und UB Hamburg 2,3). Stuttgart 1993, S. 146–152. Ausgaben: Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881, S. 439–443. – Hans Zuchhold (Hg.): Des Nikolaus v. Landau Sermone (Hermaea 2). Halle 1905, S. 41 f. – Philipp Strauch: Paradisus anime intelligentis (DTM 39). Berlin 1919, S. 95–98 (Nr. 43). S. 115 f. (Nr. 52). Literatur: Lauri Sepp¨anen, VL2 3 (1981) Sp. 980 f. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 329 f., 336. – Preger (s. Ausg.) S. 152–154. – L. Sepp¨anen: Stud. zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis. Helsinki 1964. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Pedigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 109 (T 101). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 179. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3, M¨unchen 1996, S. 403–405. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3,1). T¨ubingen 2004, S. 420. – Burkhard Hasebrink (Hg.): ‹Paradisus anime intelligentis›. Stud. zu einer dominikanischen Predigtslg. aus dem Umkreis Meister Eckharts. T¨ubingen 2009, passim. SF Kraft von Boyberg. – Mystischer Prediger, fr¨uhes 14. Jh. Im Codex B XI 10 der Basler UB wird K. eine mystische Predigt zugeschrieben. Er k¨onnte mit dem Dominikaner Krafto de Bogsberg identisch sein, der 1302 im Mergentheimer Predigerkonvent bezeugt ist. Die unikale Zuschreibung an K. ist allerdings unsicher. Die Predigt ist breit u¨ berliefert (knapp 20 Handschriften zuz¨uglich Streu¨uberlieferung) und in der Regel anonym. Viermal wird die Predigt Meister → Eckhart zugeschrieben: als Teil der dominikanischen Predigtsammlung → Paradisus anime intelligentis (2 Codices), in der Gaesdonckschen Handschrift (→ Gaesdoncksche Traktate) und in Basel Cod. B XI 15, 238vab. Die Predigt selbst darf den hervorragendsten homiletischen Vertretern der spekulativen dt. Mystik zugerechnet werden. Sie behandelt das Wesen Gottes, die Trinit¨at sowie Gottesliebe und erl¨autert in Anlehnung an den Pseudo → Dionysius Areopagita die Vorstellung, wonach alles Lebende als Licht aus Gott fließt und so das verborgene Licht, das Gott selbst ist, offenbart. Versuche der fr¨uheren Forschung, K. wei76

Sibyllenweissagungen tere homiletische Texte zuzuweisen, d¨urfen als gescheitert betrachtet werden. ¨ Uberlieferung: Autornennung: Basel, UB, Cod. B XI 10, 229v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., aus der Kartause in Kleinbasel, alemannisch). – Zur Gesamt- einschließlich Streu¨uberl. vgl.: Spamer 1908, S. 50, Anm. 1; Beuken 1934, S. 325; Quint 1940, S. 47, 106, 190, 244 u. vor allem Morvay/Grube 1974. Ausgaben: Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche deutscher Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 209–258, hier S. 238–248. – Preger 1866, ¨ S. 468–475 (mit nhd. Ubers.). – Philipp Strauch: Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Hs. Cod. Laud. Misc. 479 nach E. Sievers’ Abschr. (DTM 30). Berlin 1919 (Nachdr. Hildesheim 1998) S. 121 f. (Nr. 56, Illumina oculos meos), 127 f. (Nr. 60). – Unsichere Zuschreibungen: Heinrich Hoffmann: Theologische Abhandlung. In: Altdt. Bl. 2 (1840, Nachdruck Hildesheim/New York 1978) S. 97–99 (Abdr. v. Berlin, SBB, Mgf 736, Bll. 16–17: Predigtfragmente, m¨oglicherweise aus dem Umfeld K.s; als Autorit¨at wird ein «bruder Craft» zitiert). – Preger 1881, S. 455 f. (Predigt Illumina oculos meos u. a. auch im Paradisus anime intelligentis u¨ berl. mit textlichen ¨ Uberschneidungen zum Berliner Mgf 736). Literatur: Volker Honemann, VL2 5 (1985) Sp. 328–330. – Wilhelm Preger: Krit. Stud. zu Meister Eckhart. In: Zs. f¨ur die hist. Theologie 36 (1866) S. 453–517, hier S. 463–475. – Ders.: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2: Aeltere und neuere Mystik in der ersten H¨alfte des XIV. Jh. Heinrich Suso. Leipzig 1881 (Neudr. Aalen 1962) ¨ S. 108 f., 125–128. – Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1908, S. 50, 59. – Wolfgang Stammler: Meister Eckhart in Norddeutschland. In: ZfdA 59 (1922) S. 181–216, hier S. 181 f. – J. A. H. Beuken: Rondom een middelnederlandsche Eckharttekst. In: Ons Geestelijk Erf 8 (1934) S. 310–337, hier S. 325 f. – Josef Quint: Neue Handschriftenfunde ¨ zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reisebericht (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Unters. 1). Stuttgart 1940, ¨ S. 106 f., 251. – Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S.175 f. – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel. Beschreibendes Verz. Abt. B: Theologische Pergamenthss. Bd. 2: Signaturen 77

1. H¨alfte 14. Jh. B VIII 11–B XI 26. Basel 1966, S. 249, 943. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 295. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 94–96 (T 79/80). – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des dt. Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. M¨unchen 1996, S. 392, Anm. 10. VZ Sibyllenweissagungen (Oracula Sibyllina). – Lied- und Versdichtungen in der Tradition der Oracula Sibyllina. Die S. sind Unheilsprophezeiungen, deren Verk¨underin den etymologisch ungekl¨arten Namen «Sibylle» tr¨agt. Die deutschsprachigen Sibyllen-Texte gehen auf eine u¨ ber tausendj¨ahrige Tradition zur¨uck, an deren Beginn nur eine Sibylle stand, mit der Zeit nahm deren Zahl jedoch zu (z. B. zehn bei Laktanz, zw¨olf im Sp¨atMA analog zum Zw¨olfprophetenbuch). Die a¨ lteste u¨ berlieferte Fassung sind die Oracula Sibyllina aus dem 2. Jh. v. Chr. Im Zentrum dieser S. der hellenistisch-j¨udischen Tradition stehen Weltgericht und -untergang. Dem christlich-lat. Abendland war diese Dichtung nur u¨ ber die Vermittlung in Berichten von Laktanz und → Augustinus bekannt. Das Akrostichon von den Vorzeichen des j¨ungsten Gerichts (→ F¨unfzehn Vorzeichen des j¨ungsten Gerichts) in liber 18,23 von De civitate dei soll laut Augustinus auf eine erythr¨aische Sibylle zur¨uckgehen. Es fand Eingang in Chroniken (→ Otto von Freising) und war Quelle des heilsgeschichtlichen Epos → Erl¨osung. Die bekanntesten Oracula Sibyllina und gemeinhin unter diesem Namen verstandenen sind eine umfangreiche Redaktion von Weissagungen aus dem 5./6. Jh. in rund 4200 griechischen Hexametern mit apokryphen j¨udischen und christlichen Partien (Prophetien vor allem von Apokalypsen, Katastrophen, daneben u. a. Bußpredigten, Lobpreisungen des Monotheismus und abschließend ein Ausblick auf das messianische Reich des Friedens). Der unmittelbare Vorl¨aufer der dt. S. ist die Tiburtinische Sibyllendichtung aus dem Konstantinopel des 4. Jh., von der zahlreiche Bearbeitungen existieren. In ihr wird ein Traum von neun Sonnen, den 100 Senatoren gleichzeitig hatten, mit Bezug auf Menschheits- und Heilsgeschichte, Antichrist und Gericht ausgedeutet. Die Tiburtina ist Aufruf zu einem gottgef¨alligen Leben einerseits, hat aber 78

1. H¨alfte 14. Jh. andererseits mit der Aufz¨ahlung historischer Herrscher einen politischen Bezug und war durchaus propagandaf¨ahig. Das Bindeglied zwischen Tiburtina und den dt. Sibyllendichtungen ist nicht erhalten. Nahe steht ihm wahrscheinlich eine Abschrift einer S. aus dem 15. Jh. (Prophetica Sibille [nach der Ausg. Vogt 1877, S. 86 f.] Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 432, 1v–3v). Bei den dt. Sibyllenweissagungen handelt es sich im Wesentlichen um zwei Dichtungen: das strophische Sibyllen-Lied im Kurzen Ton (Hofton) des Marners (RSM 1Marn/6/101a–g) und das SibyllenBuch in Reimpaarversen. Das Sibyllen-Lied ist in sechs unterschiedlichen Fassungen u¨ berliefert, deren L¨ange von 5 Str. bis zu 19-strophigen Baren in sp¨ateren Meisterliedsammlungen variiert. Bei der f¨unfstrophigen niederrheinischen Version (Leipzig, Rep. II. 70a) handelt es sich um eine Repr¨asentation der Ausgangsfassung, von der die Meisterlieder als erweiternde Bearbeitungen in ungekl¨arter Hierarchie abh¨angen. Zeitgeschichtliche Bez¨uge und die Jahresangabe 1321 f¨ur das Weltende in der dritten Str. erm¨oglichen eine Datierung des urspr¨unglichen Liedes auf 1320/21. Der Abschluss der 5 Str. ist die Salvatio-romae-Strophe des Marners, die restlichen Strophen bieten einen Dialog zwischen Sibylle und K¨onig Salomo, in dem Sibylle den Vorabend des Weltendes prophezeit. In Str. 2 klingt die → Kreuzesholzlegende an, Str. 4 enth¨alt unter Berufung auf → Hildegard von Bingen eine Antwort auf die Frage nach den letzten F¨ursten des Reiches, die nur mit Initialen erscheinen (A, A, F, L). Die Initialen werden in der fr¨uhen Fassung nicht entschl¨usselt. Mit F und L sind Friedrich der Sch¨one ¨ von Osterreich und Ludwig der Bayer gemeint, und das Lied d¨urfte von einem Parteig¨anger Friedrichs veranlasst worden sein. Die sp¨ateren erweiterten Fassungen haben teilweise Umdatierungen f¨ur das Weltende (1361, 1390) und erweitern vor allem dessen Ausmalungen aus zus¨atzlichen Quellen. Die Fassungen Dessau und Cgm 426 weisen dabei die gr¨oßte N¨ahe zum Sibyllen-Buch auf, die Version des Cgm 5198 k¨onnte auf einer Vorstufe der Prophetica Sibille beruhen. Das Sibyllen-Buch selbst liegt in unterschiedlichen Redaktionen vor. Deren Varianz wird dadurch beg¨unstigt, dass es aus Einzelst¨ucken besteht, die als autarke Textbl¨ocke durch signifikante Schlussverse gekennzeichnet sind. Deren Gesamtzahl und Reihung ist ohne Verst¨andnisprobleme 79

Sibyllenweissagungen ver¨anderbar, ganze St¨ucke k¨onnen ersetzt werden (die L¨ange der u¨ berlieferten Fassungen des SibyllenBuches reicht von 672 Versen bis zu 1024 Versen). Das Buch erinnert an ein ma. Weltchronik und umfasst die Menschheitsgeschichte von der Erschaffung der Welt bis zum Weltende mit den Prophetien der Sibylle im Zentrum, auch hier in der Dialogform mit Salomo. Die Kreuzholzlegende ist weiter ausgebaut und in beiden Hauptteilen des Sibyllen-Buches enthalten, die sich in der langen Fassung differenzieren lassen. Der erste hat eher den Charakter eines historischen Berichtes, der zweite enth¨alt die Moralisation f¨ur den Einzelnen. Im zweiten Teil tritt Sibylle auch nicht mehr direkt auf sondern erscheint nur noch zweimal in der dritten Person («Sibilla hat geseyt»). Zwei textgenetische Deutungen des Befundes sind m¨oglich: Der erste Teil ist der Grundbestand, der zweite die Fortsetzung eines oder mehrerer Autoren, oder aber sie sind origin¨ar zusammengeh¨orig und angelegt als doppelter Cursus. Neben Bibel, Sibyllen-Lied, Kreuzesholzlegende sind die F¨unfzehn Vorzeichen des j¨ungsten Gerichts und die Antichristlegende m¨ogliche Quellen des Sibyllen-Buches. Dessen erster Druck stammt aus der Werkstatt Johannes Gutenbergs. Nur als Ausschnitt eines einzelnen Blatts erhalten und zun¨achst unter dem Titel Fragment vom Weltgericht ver¨offentlicht, ist es der a¨lteste bezeugte mit beweglichen Lettern gedruckte Text in dt. Sprache (GW M41981). Vermutlich um 1451/53 entstanden, liegt der Druck zeitlich deutlich vor den Bibelausgaben Gutenbergs. Noch weitere neun Inkunabeln sind bekannt (GW M41981–88 und M41990). Neben dem Sibyllen-Buch erschien im 15. Jh. aus der Sibyllinik nur das Buchlin von zw¨olf Sibyllen des Jodocus → Eichmann im Druck (GW 09255). Die K¨olner Ausgabe Jakob → K¨obels von 1516 (VD16 ZV 11992) leitete eine Reihe von Volksbuchausgaben Der Weissagungen der 12 Sibyllen ein, in denen eine fr¨uhnhd. Zusammenfassung des SibyllenBuches mit einer Abhandlung des Philippus Siculus u¨ ber die zw¨olf Sibyllen kombiniert wird. In sp¨ateren Ausgaben wurde dieser Grundstock teilweise erweitert um weitere Prophetien aus anderen Werken (z. B. die Offenbarungen → Birgittas von Schwedens oder Johannes → Lichtenbergers) zu einer locker gef¨ugten Prognostik-Sammlung aus ma. Quellen. In dieser Form wurde der Stoff bis ins 18. Jh. weiter tradiert und auch u¨ bersetzt. ¨ Uberlieferung: Sibyllen-Lied: Dessau, LB., Hs. Georg. 231.8°, 228r–234r (Pap., 1425, ostmitteldt.; 80

Sibyllenweissagungen 17 Str.). – Heidelberg UB, Cpg 693, 36v–39v (Pap., um 1400, schlesisch; 12 Str.). – Leipzig, UB, Rep. II. 70a (→ Niederrheinische Liederhs.), 102ra-va (Perg., Mitte 14. Jh. und um 1400 [nur die Marner-Texte], niederrheinisch, K¨oln oder Umgebung; 5 Str.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 426, 46r–50v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., bair. mit ostschw¨ab. Ankl¨angen; 18 Str.). – Ebd., Cgm 4997 (→ Kolmarer Liederhs.), 498v–500v (Pap., um 1460, vermutlich aus Mainz oder Speyer, rheinfr¨ankisch; 12 Str.) – Ebd., Cgm 5198 (Wiltener Hs. [Meisterliederhss.]), 10v–13v, 15r (Pap., um 1500 [Tirol?], bair.-¨osterr.; 19 Str.). – Sibyllen-Buch: Neske 1985 verzeichnet 33 Cdd. und 3 Fragm. (S. 50–52, Hs.-Beschreibung S. 54–118). – Schnell/Palmer VL2 (1992) Sp.1145 geben 6 weitere an. Der Online-Handschriftencensus nennt 45 Textzeugen. Auff¨allig ist, dass das Sibyllen-Buch mehrfach selbstst¨andig als kleines Buch u¨ berliefert ist und die Druckeinzelausg. so vorweggenommen werden. – Verzeichnis der Drucke: Neske 1985, S. 119 f. – Schnell/Palmer VL2 (1992) Sp. 1148. Ausgaben: Sibyllen-Lied: HMS 3 (1838) S. 468h–i (nach Leipzig). – Neske 1985, S. 317–323 (nach Cgm 5198) S. 324–330 (nach Cgm 426). – SibyllenBuch: Oscar Schade: Geistliche Gedichte des XIV. und XV. Jh. vom Niderrhein. Hannover 1854, S. 291–332 (‹Sibillenboich›, nach Drucken K¨oln 1513 und 1515). – Axel Mante: Die mnd. Ver¨ sion der S. Orebro 1931 (Synopse zweier mnd. Textzeugen). – Neske 1985, S. 242–300 (l¨angste Redaktion, Leithss. Cgm 746). – Oracula Sibyllina griechisch (Ausw.): Jo¨ rg-Dieter Gauger: Sibyllinische Weissagungen. Griechisch-dt. Auf der Grundlage der Ausg. von Alfons Kurfeß hg. und neu u¨ bersetzt (Slg. Tusculum). D¨usseldorf/Zu¨ rich 1998. 22002. – Jane L. Lightfoot: The Sibylline oracles with introduction, translation, and commentary on the first and second books. Oxford u. a. 2007. – Tiburtina: Jeanne Baroin/Josiane Haffen: La Proph´etie ´ de la Sibylle Tiburtine. Edition des Mss BN FR 375 er Rennes BM FR 593 (Annales litt´eraires de l’Universit´e de Besan¸con 355). Paris 1987. Literatur: Tusculum-Lex. 31982, Sp. 725 f. – R¨udiger Schnell/Nigel F. Palmer, VL2 8 (1992) Sp. 1140–1152. – Helga Sciurie: Sibylle. In: LThK3 9 (2000) Sp. 553–557. – Liliana Rosso Ubigli: Sibyllinen. In: TRE 31 (2000) S. 240–245. – Holger Hornauer/Irina Wandrey/Richard Bauckham: Sibyllinen. In: RGG4 7 (2004) Sp. 1293–1295. – Rudolf Usinger: Eine Sibylle des MA. In: Forschungen zur dt. Gesch. 10 (1870) S. 621–631. – Ders.: Noch 81

1. H¨alfte 14. Jh. einmal eine Sibylle des MA. In: ebd. 11 (1871) S. 147–150. – Friedrich Vogt: Ueber S. In: PBB 4 (1877) S. 48–100. – Ernst Sackur: Sibyllinische Texte und Forschungen. Pseudomethodius, Adso und die tiburtinische Sibylle. Halle 1898. Nachdr. Turin 1963. – Johannes Geffcken: Komposition und Entstehungszeit der Oracula Sibyllina (Texte und Unters. zur Gesch. der altchristlichen Lit. 23,1, NF 8,1). Leipzig 1902. – Paul Heitz (Hg.): Oracula Sibyllina. (Weissagungen der zw¨olf Sibyllen). Nach dem einzigen, in der Stiftsbibl. von St. Gallen aufbewahrten Exemplare. Straßburg 1903. – Edward Schr¨oder/Gottfried Zedler/Heinrich Wallau: Das Mainzer Fragment vom Weltgericht. Der a¨ lteste Druck mit der Donat-Kalender-Type Gutenbergs (Ver¨off. der Gutenberg-Gesellsch. 3). Mainz 1904. – E. Schr¨oder: Das Mainzer Fragment vom Weltgericht. Ein Ausschnitt aus dem dt. Sibyllenbuche. (Ver¨off. der Gutenberg-Gesellsch. 5). Mainz 1908. – Lothar Darnedde: Dt. Sibyllenweissagungen. Diss. Greifswald 1933. – G. Zedler: Gutenberg und Sch¨offer im Lichte des Mainzer Fr¨uhdrucks. Bd. 2: Gutenbergs a¨ lteste Type und die mit ihr hergestellten Drucke. (Ver¨off. der GutenbergGesellsch. 23). Mainz 1934. – Max Wolff: Sibylle und Sibyllinen. In: Arch. f¨ur Kulturgesch. 24 (1934) S. 312–325. – G. Zedler: Die S. Eine in Th¨uringen entstandene Dichtung aus dem Jahre 1361. In: ZfdPh 61 (1936) S. 136–166, 274–288. – Curt Ferdinand B¨uhler: An Early Sixteenth-Century Edition of the Sibylla Weissagung. In: Gutenberg-Jb. 33 (1958) S. 118–120. – Franz Dornseiff: Die sibyllinischen Orakel in der Augusteischen Dichtung. In: R¨omische Lit. der Augusteischen Zeit. Hg. v. Johannes Irmscher/Kazimierz Kumaniecki. Berlin 1960, S. 43–51. – Ulrich Mu¨ ller: Unters. zur politischen Lyrik des dt. MA. Bd. 2 (GAG 56). G¨oppingen 1974, S. 495–501. – Rainer Rudolf: Des Pseudo-Methodius ‹Revelationes› (Fas¨ sung B) und ihre dt. Ubers. in der Br¨usseler Hs. Eghenvelders. In: ZfdPh 95 (1976) S. 68–91. – Manfred Beck: Unters. zur geistlichen Literatur im K¨olner Druck des fr¨uhen 16. Jh. (GAG 228). G¨oppingen 1977. – Carlo de Clercq: Les Sibylles dans les livres des XVe et XVIe si`ecles en Allemagne et en France. In: Gutenberg-Jb. 54 (1979) S. 98–119. – Walter Haug: Die Sibylle und Vergil in der ‹Erl¨osung›. Zum heilsgeschichtlichen Programm der ‹Erl¨osung› und zu ihrer Position in der literarhistorischen Wende vom HochMA zum Sp¨atMA. In: Lit. in der Gesellschaft des Sp¨atMA 82

1. H¨alfte 14. Jh. (Grundriß der romanischen Lit. des MA, Begleitreihe 1). Hg. v. Hans Ulrich Gumbrecht. Heidelberg 1980, S. 71–94. – Martin H¨ausler: Das Ende der Gesch. in der ma. Weltchronistik (Beihefte zum Arch. f¨ur Kulturgesch. 13). K¨oln/Wien 1980. – Frieder Schanze: Meisterliche Liedkunst zwischen Heinrich v. M¨ugeln und Hans Sachs. Bd. 1 (MTU 82). Mu¨ nchen 1983, Reg. – Albert Kapr: Johannes Gutenberg und die Kaiser Friedrich Legende. In: Guttenberg Jb. 60 (1985) S. 105–114. – Ingeborg Neske: Die sp¨atma. SW – Unters. und Edition (GAG 438) G¨oppingen 1985. – Christoph Gerhardt/Nigel F. Palmer: XV. signa ante iudicium. ¨ Stud. und Texte zur Uberlieferungsgesch. eines eschatologischen Themas. Oxford/Trier 1986. – Michael Giesecke: Der Buchdruck in der fr¨uhen Neuzeit. Eine historische Fallstud. u¨ ber die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Frankfurt/M. 1991, S. 266–272, 289–292. – Anneliese Schmitt: Das Fragm. vom Weltgericht und die fr¨uhen Drucke der S. In: Johannes Gutenberg – regionale Aspekte des fr¨uhen Buchdrucks. Vortr¨age der Internationalen Konferenz zum 550. Jubil¨aum der Buchdruckerkunst am 26. und 27. Juni 1990 in Berlin (Beitr¨age aus der SB zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz 1). Berlin 1993, S. 15–18. – Hannes Mo¨ hring: Der Weltkaiser der Endzeit. Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendj¨ahrigen Weissagung (MAForschungen 3). Stuttgart 2000, bes. S. 17–53. – F. Schanze: Wieder einmal das ‹Fragm. vom Weltgericht› – Bemerkungen und Materialien zur ‹S›. In: Gutenberg-Jb. 75 (2000) S. 42–63. – Anke Holdenried: The Sibyl and her scribes. Manuscripts and interpretation of the Latin Sibylla Tiburtina c. 1050–1500 (Church, faith, and culture in the Medieval West). Aldershot u. a. 2006. – Olaf Waßmuth: Sibyllinische Orakel. Stud. und Komm. (Ancient Judaism and early Christianity 76). Leiden/Boston 2011. VZ Eleazar von Sabran. – Dt. Legenden. Der hl. E. (Elzear, Alziar, Auzias u. a.; 1285/86–1323) war Graf von Ariano, wurde schon fr¨uh mit Delphina von Signe verheiratet; die Eheleute lebten jungfr¨aulich zusammen. Er wurde von seinem Onkel, Abt Wilhelm v. St.-Victor, erzogen und durch den Einfluss des Franciscus de Maironis wahrscheinlich Franziskanerterziar. E. unternahm h¨aufig Reisen nach Italien; seit 1317 lebte er am neapolitanischen Hof. Der Adelsheilige zeichnete 83

Eleazar von Sabran sich durch besondere F¨ursorge und Barmherzigkeit aus. Fest: 27. September. Seine Lebensbeschreibung ist in zwei volkssprachlichen Fassungen u¨ berliefert. 1. In einer Handschrift mit Viten franziskanischer Heiliger: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 589 (→ Bernhardin von Siena, → Rosa von Viterbo, ¨ → Ivo H´elory); auf S. 145–152 findet sich die Ubertragung einer Fassung von Acta Sanctorum, Sept. 7 (1867) S. 539–555. Literatur: Patricia A. Giancrosso: Four Franciscan Saints’ Lives. German Texts from Cod. Sangallensis 589 (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 186). Stuttgart 1987. Eine weitere, ndl. oder mittelfr¨ankischen Vita, haupts¨achlich in Hss. mittelfr¨ankischer Herkunft u¨ berliefert, ist noch nicht ausreichend untersucht. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1687, vb 97 –116vb. – Bonn, UB, Cod. S 2054, 142v–193v. – Paris, Bibl. Nat., Ms. all. 35, 213va–236va. – Utrecht, UB, Cod. 8 J 33 (Kat. Nr. 1690), 96rb–124rb. Literatur: Peter Dinzelbacher, LexMA 3 (1986) Sp. 1789. – Ludwig Vones, LThK3 3 (1995) Sp. 615. – Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 402 f. – Ders.: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 406. – Andr´e Vauchez: Les la¨ics au moyen aˆge. Pratiques et exp´eriences religieuses. Paris 1987, S. 83–92, 211–224. – Suzanne Bernard: Les e´ poux vierges. E. de S. et Delphine de Signe. Paris 1994. SF Rochus. – Lat., dt. und ndl. Legenden. R., ein historisch nicht zweifelsfrei bezeugter Heiliger, soll um 1295 in Montpellier geboren und 1327 gestorben sein. Andere m¨ogliche Lebensdaten: 1345–77 (Maurino, s. Lit.) 1350–78/79 (Fliche, s. Lit.). Er soll als Rompilger in Italien Pestkranke geheilt haben, selber angesteckt und auf wunderbare Weise geheilt worden sein. Er wird seit dem 15. Jh. als Pestpatron verehrt und den vierzehn Nothelfern zugerechnet, eine offizielle Heiligsprechung erfolgte nie. Ausgangspunkt der Verehrung R.s war Venedig. I. Lat. Legenden. Ein anonymer Text aus dem Anfang des 15. Jh. sind die Acta Breviora (AcBr) (BHL II 7275–7276). Die umfangreiche Vita sancti Rochi des Venezianers Francesco Diedo (D) († 1484) (BHL II 7273) stammt aus dem Jahr 1478 und ist u¨ berliefert in dem Erstdruck Mailand, Simon Magniagus, 1479 84

Konigsberger ¨ Marienklage (GW 8329). Die Legende De sancto Rocho confessore stellt eine K¨urzung der D-Fassung dar. II. Dt. und ndl. Legendenfassungen. 1. Obd. Fassungen. a. Die a¨ lteste deutschsprachige Bearbeitung der Lebensgeschichte des R. wurde 1482 in Wien verfasst und gedruckt und tr¨agt den Titel History von Sand Roccus (W). Der Verfasser ist unbekannt, vielleicht ist er identisch mit dem Drucker der ersten Wiener Ausgabe (Stephan Koblinger?). ¨ Uberlieferung: Zwei Drucke aus demselben Jahr: Wien, Koblinger (?), 1482 a (Exemplar in Brno, Arkhiv Mesta, Ink 141/41); 1482 b (Exemplare in Wien, Ink. 1 H 170 und Melk, P 440). – Abschrift eines dieser Drucke in M¨unchen, BSB, Cgm 638, 120r–128v. – Ein weiterer Druck: N¨urnberg [Drucker der R.-Legende], 1484, u. d. T. Das Leben des heiligen herrn sant Rochus. b. Von sant Rocho, eine Kurzfassung von D, ist u¨ berliefert in sechs Drucken von → Der Heiligen Leben aus Straßburg. c. Eine leicht verl¨angerte Version von De sancto Rocho confessore stellt die dt.-lat. R.-Vita in Hartmann → Schedels Weltchronik dar. Druck N¨urnberg, Koberger 1493, f. 227r. 2. Md. Fassungen. a. Van dem leven vnd doit des alren hillichsten confessors sent rochi. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 261, 73r–84v (aus der Kartause St. Barbara, K¨oln). b. Die Legende van sent Rochus. ¨ Uberlieferung: Im Anhang eines su¨ dmndl. Legenda aurea-Druckes, K¨oln, van Renchen, 1485, 247r–249r. 3. Nd. Fassung. F¨ur Van Sunte Rocho eyn maerscalk aver de pestilencie dienten die Acta Breviora als Vorlage. ¨ Uberlieferung: In drei Drucken von Der Heiligen Leben, L¨ubeck, Arndes, 1492–1507. 4. Ndl. Fassung. Legende ende dat Leven des gloriosen confessoers sinte Rochus. ¨ Uberlieferung. In zwei Hss. und sechs Drucken (zwischen 1489–1516) der su¨ dmndl. Legenda aurea und in Amsterdam, Cod. 1 G 12, 309r–324v. – In einem Druck ohne Ortsangabe und Datierung [Hasselt, Peregrinus Barmentlo, 1488]. – Bearbeitung dieser Version in ‚s-Gravenhage, Cod. 171 E 27, 1ra–5vb. Literatur: Klaus Welker, LCI 8 (1976) Sp. 275–278. – Wimmer/Melzer (61988) S. 714. – Barbara Fleith, VL2 8 (1992) Sp. 118–121. – De 85

1. H¨alfte 14. Jh. Boor/Newald 4/1 (21994) S. 102. – Erich Wimmer/(Josef Oswald), LThK3 8 (1999) Sp. 1227 f. – Heinrich Dormeier, RGG4 7 (2004) Sp. 565. – Jehan Phelipot: La Vie, L´egende et Miracles de Mgr Saint Roch par Jehan Phelipot, r´ee´ dit´ee avec notes sur l’´edition de 1494. Hg. v. Maurice Luthard. Paris 1917. – Gelindo Ceroni: San Rocco, nella vita, nel culto, nell’arte. Comitato Nazionale per il VI Centenario di S. Rocco. Rom 1927. – Franz Doy´e v. Sales: Heilige und Selige der r¨omisch-katholischen Kirche, deren Erkennungszeichen, Patronate und lebensgeschichtliche Bemerkungen 2. Leipzig 1929. – Augustin Fliche: Saint Roch, quarante-quatre illustrations. Paris 1930. – Ders.: Le probl`eme de Saint Roch. In: Analecta Bollandiana 68 (1950) S. 343–361. – Antonio Maurino: Le vere date della vita di S. Rocco e del suo culto. In: Scuola Cattolica 75 (1947) S. 311–315. – Ders.: Nuove ricerche biografiche su San Rocco di Montpellier. In: Bolletino Storico Piacentino 54,4 (1959) S. 121–131. – Georg Schreiber: Die 14 Nothelfer in Volksfr¨ommigkeit und Sakralkultur. Symbolkraft und Herrschaftsbereich der Wallfahrtskapelle, vorab in Franken und Tirol. Innsbruck 1959. – Marie-Theres SchmitzEichhoff: St. R. Ikonographische und medizinhistorische Studien. Diss. K¨oln 1976. – Irene Vaslef: The Role of St. Roch as a Plague Saint. A late Medieval Hagiographic Tradition. Diss. Washington 1984. Nachdr. (Mikrofilm) Ann Arbor 1985. – Heinrich Dormeier: St. R., die Pest und die Imhoffs in N¨urnberg vor und w¨ahrend der Reformation. Ein sp¨atgotischer Altar in seinem religi¨os-liturgischen, wirtschaftlich-rechtlichen und sozialen Umfeld. In: Anz. des Germ. Nationalmuseums 1985, S. 7–72. – I. Vaslef: The Earliest German Version of the St. Roch Legend. In: Classica et Mediaevalia. Studies in Honour of Joseph Sz¨ov´erffy. Hg. v. I. Vaslef/Helmut Buschhausen. Washington/Leyden 1986, S. 181–193. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 455. SF Konigsberger ¨ Marienklage. – Mnd. Gedicht von 869 Versen aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. ¨ Die K. M. ist eine genaue Ubersetzung des lat. → Bernhardstraktats. Die letzten 94 Verse bringen eine eigenst¨andige Erz¨ahlung der Auferstehung 86

1. H¨alfte 14. Jh. und Himmelfahrt Jesu; außerdem eine Warnung vor dem J¨ungsten Gericht. ¨ Uberlieferung: Thorn, UB, Rps 7/II, 1r–19r, 4° (Perg., 14. Jh.; zur Zeit nicht auffindbar, fr¨uher K¨onigsberg, SUB, Hs. 905). – Nordhausen, Stadtarch., o. Nr. (14. Jh., nd. mit hochdt. Einfl¨ussen; Fragm. N, zwei Pergamentstreifen, ca. 100 Verse). Ausgaben: Fritz Rohde: Ein mnd. gedicht u¨ ber die kreuzigung, das begr¨abnis und die auferstehung Christi aus der K¨onigsberger hs. nr. 905. Diss. K¨onigsberg 1911. – Robert Hermann Walther M¨uller: Fragm. einer Marienklage in Nordhausen. In: NdJb 79 (1956) S. 41–44. Literatur: Hans Eggers, VL2 5 (1985) Sp. 105; 11 (2004) Sp. 870. – Christoph Treutwein: Bernhardstraktat. In: MarLex 1 (1988) S. 454 f. – Rohde (s. Ausg.). – Gerd Seewald: Die Marienklage im mlat. Schrifttum und in den germ. Literaturen des MA. Diss. masch. Hamburg 1952, S. 70 f. – Mu¨ ller (s. Ausg.). – Ralf Plate: Zum Verbleib ma. dt. Hss. der ehem. K¨onigsberger Bibl. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinst. f¨ur ostdt. Kultur und Gesch. 1 (1993) S. 93–111, hier S. 101. – Ralf G. P¨asler: Kat. der ma. deutschsprachigen Hss. der ehem. SUB K¨onigsberg (Schr. des Bundesinst. f¨ur ostdt. Kultur und Gesch. 15). Mu¨ nchen 2000, S. 101–103. SF Marienweerder Marienklage. – Mndl. Marienklage von 516 Versen. Die Klagen der Maria, die hier ganz als leidende Frau und Mutter dargestellt wird, sind unterlegt durch die Erz¨ahlung des Passionsgeschehens. Die ersten 350 Verse weisen Ankl¨ange an die Marienklage Martijns van Torhout (Levene ons heren, letztes Viertel 13. Jh.) auf; die u¨ brigen Verse zur Kreuzabnahme, Beweinung, Grablegung und Heimkehr ¨ stammen aus einer Ubersetzung der Interrogatio Sancti Anselmi. ¨ Uberlieferung: Groningen, UB, Ms. Nr. 405 (Kloster Marienweerd a. d. Linge, 1339). Ausgabe: P. Leenderts: Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde 15 (1896) S. 81–94. Literatur: Hans Eggers, VL 5 (1955) Sp. 661. SF St. Anselmi Fragen an Maria. – Mnd. Dichtung vermutlich des fr¨uhen 14. Jh.; umfasst in Handschrift B (s. u.) 1254 Verse. Das Gedicht ist in Dialogform angelegt; darin schildert Maria, welche → Anselm von Canterbury 87

Marienweerder Marienklage in einer Vision erscheint, diesem auf seine Nachfragen hin die Passion Christi. Ihre Rolle als schmerzensreiche und mitleidende Mutter wird wie in den Marienklagen stark betont. Die mnd. Dichtung entstand wahrscheinlich in der ersten H¨alfte des 14. Jh. im Braunschweigischen. Quelle ist der pseudo-anselmische Dialog Interrogatio S. Anselmi de Passione Domini (fr¨uhestens Anfang 13. Jh.), dem der Verfasser, wenngleich nicht ohne zahlreiche, teils k¨urzende, teils ausschm¨uckende Bearbeitungen, folgt. ¨ Uberlieferung: Oldenburg, LB, Cim I 74 (zweite H¨alfte 14. Jh.; B) – F¨urstenwalde, Dombibl., ohne Sign. (Pap., erste H¨alfte 16. Jh.; F) – Kopenhagen, Kgl. Bibl., Ms. Thott 109 (Pap., 15. Jh.; K). – Hamburg, SUb, Cod. 17 in scrinio. Fragm. 15 (nd.). – Dessau, Landesb¨ucherei, Hs. Georg. 24.8°. – Weitere Hss. bei Bergmann 1986 (s. Lit.) M 37, M 39, M 53, M 81. – Druck: L¨ubeck um 1495 (L). – Eine mittelfr¨ankische Bearb. liegt in vier Drucken von 1492 bis 1514 vor. Dazu Conrad Borchling/Bruno Claussen: Nd. Bibliogr. Gesamtverz. der nd. Drucke bis zum Jahre 1800. Bd. 1. Neum¨unster 1931, Nr. 195, 310, 442, 559. Ausgaben: Oskar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854, S. 248–290. – August L¨ubben: Zeno oder die Legende von den drei K¨onigen, Ancelmus, vom Leiden Christi. Bremen 1869, S. 103–146. – Drahoslava Cepkov´a: Mitteldt. Reimfassung der Interrogatio Sancti Anshelmi. Nach der Dessauer Hs. Cod. 24,8. Berlin 1982. Literatur: Hans Eggers, VL2 1 (1978) Sp. 373–375; 11 (2004) Sp. 118. – Schade (s. Ausg.) S. 237–248. – A. L¨ubben: Ancelmus scal de Passio heten. In: ZfdPh 1 (1869) S. 469–473. – O. Schade: Interrogatio sancti Anshelmi de passione Domini. Halle 1870. – Hermann Jellinghaus: Anselmus, Vom Leiden Christi. In: NdJb 7 (1881) S. 12 f. – Christoph Walther: St. Anselmi Frage [...]. Norden 1890. – Paul Graffunder: Zum Anselmus. In: NdJb 19 (1893) S. 155–163. – Wolfgang Stammler: Bedeutung der mnd. Lit. In: GRM 13 (1925) S. 422–450. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. [...] (Bibl. Germanica 7). Bern 1956. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). Mu¨ nchen 1986, S. 451 (M 109). – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. 88

Euphrosyne den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 287 f. SF Breviertexte aus Westfalen. – Im S¨udsauerl¨andischen entstandener, bruchst¨uckhafter nd. Text, teilweise nach md. Vorlage; fr¨uhes 14. Jh. Die Struktur der B. a. W. folgt haupts¨achlich jener des Breviarium Romanum, wobei sich eine gewisse strukturelle Eigenst¨andigkeit darin zeigt, dass etwa die Reihenfolge der vorhandenen Offizien nicht nach Temporale und Sanktorale bzw. Winterund Sommerteil geordnet ist. 17 der 25 enthaltenen patristischen Homilien sind auch Bestandteil der Predigtsammlung des → Paulus Diaconus; der Schreiber griff dabei wohl auf ein mittelfr¨ankisches Homiliar oder ein Plenarbrevier als Vorlage zur¨uck. Die u¨ brigen Teile wie Psalmen, Antiphonen, Versikel, Hymnen usw. sind gem¨aß dem Aufbau eines Breviers mit den Lektionen verbunden; der Schreiber selbst k¨onnte sie aus dem Lat. u¨ bertragen haben. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Aug. 58,4 Perg., 8°, 113r–218v (Perg., um 1325). Der erste Teil der Hs. enth¨alt die Westf¨alischen Psalmen. Ausgabe: Erik Rooth (Hg.): Nd. Breviertexte des 14. Jh. aus Westfalen (Kungl. vitterhets historie och antikvitets akademiens handlingar. Filologiskfilosofiska serien 11). Stockholm 1969. Literatur: Kurt Erich Sch¨ondorf, VL2 1 (1978) Sp. 1031–1033. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 3. G¨ottingen 1902, S. 106. – E. Rooth: Ein westf¨alische Psalmen¨ubers. aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Diss. Uppsala 1919, S. 159–164. – Hjalmar Psilander: Zum fr¨uhmnd. westf¨alischen Psalter. In: NdJb 47 (1921) S. 51–54. – E. Rooth: Zur Sprache und Heimat des Breviers in Cod. Guelf. 58.4 Aug. 8°. In: Nd. Mitt. 22 (1966) S. 5–37. – K. E. Sch¨ondorf. In: ebd. 26 (1970) S. 131–141. – Regina D. Schiewer: Die Entdeckung der mnd. ¨ Predigt: Uberl., Form, Inhalte. In: Oxford German Studies 26 (1997) S. 24–72. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 445. SF Caecilia-Legenden. – Dt. Legenden. Die C.-Verslegende der Handschrift Karlsruhe, LB, Don. 115, 41r–96r (Dominikanerinnenkloster St. Katharinenthal bei Dießenhofen/Schaffhausen, erste H¨alfte 14. Jh., s¨udalemannisch) umfasst 1778 89

1. H¨alfte 14. Jh. Verse und war wohl f¨ur die Tischlesung in Frauenkl¨ostern bestimmt. Diese Reimpredigt u¨ ber das Leben der hl. C. (Fest: 22. November; Darstellung: mit Rosen, Schwert oder mit Orgel, Geige und anderen Musikinstrumenten), die aufgrund ihrer Verweigerung des G¨otteropfers mit ihrem Verlobten Valerian und dessen Bruder Tiburtius enthauptet wurde, ist auch als Abschrift aus der Donaueschin¨ ger Handschrift in der Handschrift Wien, ONB, Cod. 15386 (Suppl. 2786) u¨ berliefert. Ausgabe: Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA (MTU 47). M¨unchen 1974, S. 213. Als Quelle diente die Legendenfassung im Sanctuarium I des → Boninus Mombritius (BHL 1495). Ausgabe: Anton Sch¨onbach: Sant Cecilia. In: ZfdA 16 (1873) 165–215. Der gleichen Vorlage bediente sich eine Prosa¨ubersetzung der C.-Legende in der Handschrift Berlin, Mgf 1259, 185ra–195vb, aus S¨oflingen von 1493/94; der lat. Text wird in der Handschrift dem hl. Ambrosius zugeschrieben. Eine Prosau¨ bersetzung der C.-Legende in der Legenda aurea ist im Cod. 1102 der Stiftsbibliothek Melk u¨ berliefert; auf die Legenda aurea geht auch die um einen Prolog erweiterte C.-Legende in der Handschrift Mariastein, Benediktinerkloster, Cod. S 353 (aus dem Basler Magdalenenkloster, zweite H¨alfte 15. Jh., s¨udalemannisch) zur¨uck. Literatur: Friederike Werner, LCI 5 (1973) Sp. 455–463. – Werner Williams-Krapp, VL 2 1 (1978) Sp. 1149 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 183 f. – Maria-Barbara v. Stritzky, LThK3 2 (1994) Sp. 873 f. – Sch¨onbach (s. Ausg.) S. 215–223. – Ders.: Reimpredigt. In: ZfdA 25 (1881) S. 213 f. – Robert Stroppel: Liturgie und geistliche Dichtung zwischen 1050 und 1300 (Dt. Forschungen 17). Frankfurt/M. 1927, S. 154–156. SF Euphrosyne. – Dt. Legenden. Die hl. E. (gest. etwa 470) trat nach der Legende als Mann verkleidet unter dem Namen «Smaragdus» in ein M¨onchskloster ein, um ihre Jungfr¨aulichkeit zu bewahren, und verbrachte dort 38 Jahre in der Gemeinschaft der Klosterbru¨ der. Am Tag ihres Todes erst gab sie sich ihrem Vater zu erkennen. Ihr Festtag ist der 11. Februar. Ein Neuhauser Fragment u¨ berliefert eine bruchst¨uckhafte, wahrscheinlich in der ersten 90

1. H¨alfte 14. Jh. H¨alfte des 14. Jh. im obd. Raum entstandene Legende von 375 Versen, deren Quelle die lat. Fassung in den → Vitae Patrum (BHL 2722) darstellte. ¨ Uberlieferung: Prag, Knihovna N´arodn´ıho musea, Hs. I Ea 9. Ausgabe: Mourek (s. Lit.) S. 158–169. Eine alemannische Prosa-Legende u¨ berliefern die Handschriften Colmar, StB, Hs. 343, 77rb–86va, und Berlin, SBB, Mgq 190, 13r–26r (beide 15. Jh.). Als Quelle diente die in BHL 1640 enthaltene Legende. Die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1240, ¨ 96r–104r (15. Jh.) enth¨alt eine nd. Prosa-Ubersetzung der Legende (wie in BHL 2722). Weitere Fassungen u¨ berliefern die Handschriften N¨urnberg, StB Cod. Cent. VI 44, 38v–49r (aus dem Katharinenkloster N¨urnberg, 15. Jh.). – Berlin, SBB, Mgq 1083. – Gent, Bibl. der Rijks Univ., Cod. 1379. – Innsbruck, UB, Cod. 635. – Ferner das Buch von den hl. M¨agden und Frauen (→ Regula), die Legendensammlungen Der → Heiligen Leben und Der → Heiligen Leben Redaktion. Literatur: Jochen Boberg, LCI 6 (1974) Sp. 186 f. – Werner Williams-Krapp: VL2 2 (1979) Sp. 641 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 263. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1559. – Heike Grieser, LThK3 3 (1995) Sp. 993. – V´aclav Emanuel Mourek: Neuhauser Bruchst¨ucke einer Pergamenths. [...]. In: Sb. der kgl. b¨ohmischen Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl. 1889, S. 131–176, hier S. 139–143. – K. Kunze: ¨ Uberl. und Bestand der Els¨assischen Legenda aurea [...]. In: ZfdA 99 (1970) S. 265–309, hier S. 306. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. SF Georg. – Dt. Legenden. G., ein hochrangiger Kriegsmann aus Kappadokien (Kleinasien), erlitt unter Diokletian zu Beginn des 4. Jh. den M¨artyrertod. Im Mittelpunkt des orientalischen Typus der Legende steht die Unzerst¨orbarkeit des Lebens des Heiligen (so u¨ berlebt er mehrere Hinrichtungsversuche, bevor er schließlich enthauptet wird); die Erweiterung um die bekannte Drachenkampfepisode geschah erst im 12 Jh. im Westen. Zur Verbreitung dieses Teils trug vor allem die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine bei. Der Festtag des Heiligen, der zu den 14 Nothelfern gez¨ahlt wird, ist der 23. April. An dt. G.-Legenden sind, neben dem ahd. → Georgslied, der Legendendichtung → Reinbots 91

Georg von Durne sowie zahlreichen Legendarfassungen des 14. und 15. Jh. drei Vers- und drei Prosaversionen bekannt. I. Verslegenden. 1. Vermutlich in der ersten H¨alfte des 14. Jh. entstand wahrscheinlich im alemannischen oder schw¨abischen Raum eine G.-Legende von urspr¨unglich etwa 850 bis 900 Versen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 478, Fasz. 1 (15. Jh.). – Heidelberg, UB, Cpg 109, 95v–104r (1516). Beide Handschriften weichen trotz gemeinsamer Vorlage voneinander ab; die Berliner Handschrift berichtet nur vom Drachenkampf, die Heidelberger Handschrift (des Simprecht Kr¨oll) schildert auch das Martyrium des Heiligen. Ausgaben: Ferdinand Vetter (Hg.): Der hl. G. des Reinbot v. Durne mit einer Einl. u¨ ber die Legende und das Gedicht. Halle 1896, S. CLXVII–CXC (fehlerhaft). – Korrekturen bei: Paulus Mau: Gydo und Thyrus [...]. Diss. Jena 1909, S. 43 f. Zwei voneinander unabh¨angige ostmitteldt. Fas¨ sungen sind noch nicht untersucht: 2. Wien, ONB, Cod. 3007, 74v–118r. – 3. Dessau, Zweigstelle der UB/LB Sachsen-Anhalt, Cod. 24,8°, 6v–32v. II. Prosalegenden. ¨ 4. Eine Ubertragung der in der Legenda aurea enthaltenen Legendenversion bietet die einzige vollst¨andige Handschrift der Ostmitteldt. Predigten, Harburg, F¨urstl. Oettingen-Wallersteinsche Bibl., Cod. III, 1, 4°, 19, 83r–87v (15. Jh.). 5. Die Handschrift K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. fol. 169, 249rb–252ra, bietet eine mittelfr¨ankische Legendenfassung mit dem Incipit «Dacianus eyn konynck van perssen Jnd eyn vurste bouen alle de konynck der erden sante vss boeden». 6. Eine obd. Version enth¨alt Melk, Stiftsbibl., Cod. 981, S. 289–306. Inc.: «Es was nach cristi gepurd ein heidnisch chuning der hies dacianus». Literatur: Maria Celletti: Giorgio. In: Bibl. Sanctorum 6 (1965) Sp. 512–531. – Elisabeth Lucchesi-Palli/Sigrid Braunfels, LCI 6 (1974) Sp. 365–390. – Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 1195–1197. – Wolfgang Haubrichs, TRE 12 (1984) S. 380–385. – Helmut Fischer, EM 5 (1987) Sp. 1030–1039. – Wimmer/Melzer (61988) S. 307–310. – W. Haubrichs/Moritz Woelk/Karl Suso Frank, LThK3 4 (1995) Sp. 476–478. – Graham Keith, RGG4 3 (2000) Sp. 691. – Friedrich Zarncke: Eine zweite Redaction der Georgslegende aus 92

Der geistliche Streit dem 9. Jh. In: Ber. u¨ ber die Verhandlungen der Kgl. S¨achsischen Ges. der Wiss. zu Leipzig 27 (1875) S. 256–277. – Vetter (s. Ausg.) S. XC. – Ahd. Lesebuch. Hg. v. Wilhelm Braune/Ernst Ebbinghaus. Halle/S. 1875. Tu¨ bingen 141962. – John E. Matzke: Contributions to the History of the Legend of Saint George, With Special Reference to the Sources of the French, German and Anglo-Saxon Metrical Versions. In: Publications of the Modern Language Association 17 (1902) S. 464–535; 18 (1903) S. 99–171; 19 (1904) S. 449–478. – Michael Huber: Zur Georglegende. In: FS 12. Dt. Neuphilologentag 1906. Erlangen 1906, S. 175–235. – Elizabeth O. George: Saint George, Champion of Christendom and Patron Saint of England. o. O. 1907. – Konrad Zwierzina: Die Legenden der M¨artyrer von unzerst¨orbarem Leben. In: Innsbrucker Festgruß v. der phil. Fakult¨at dargebracht der 50. Versammlung dt. Philologen und Schulm¨anner in Graz. Innsbruck 1909, S. 130–158. – Konrad Sandk¨uhler: Der Drachenkampf des hl. G. in englischer Legende und Dichtung vom 14. bis 16. Jh. Diss. Mu¨ nchen 1913. – Achim Krefting: St. Michael und St. G. in ihren geistesgeschichtlichen Beziehungen. Diss. K¨oln 1937. – Leonhard K¨uppers: Der Heilige G. Recklinghausen 1964. – Eugen Ewig: Die Verehrung orientalischer Heiliger im sp¨atr¨omischen Gallien und im Merowingerreich. In: FS Percy Ernst Schramm. Bd. 1. Hg. v. Peter Classen/Peter Scheibert. Wiesbaden 1964, S. 385–400. Wieder in: Ders.: Sp¨atantikes und fr¨ankisches Gallien 2. Gesammelte Schr. Mu¨ nchen 1979, S. 393–410. – Marinus Maier: Fr¨uher Georgskult im altbayerischen Raum. M¨unchen 1965. – Monika Schwarz: Der heilige G. – Miles Christi und Drachent¨oter. Wandlungen seines literarischen Bildes in Deutschland v. den Anf¨angen bis in die Neuzeit. Diss. K¨oln 1972. – W. Haubrichs: Georgslied und Georgslegende im fr¨uhen MA. Text und Rekonstruktion. K¨onigstein/Ts. 1979. – Theofried Baumeister: Jenseitsvorstellungen in der alten G.legende. In: Jenseitsvorstellungen in Antike und Christentum. Gedenkschrift Alfred Stuiber. Hg. v. Theodor Klauser u. a. M¨unster 1982, S. 176–187. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Le¨ gendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 414. – W. Haubrichs: Zur Rezeption der G.slegende und des ahd. Georgsliedes. In: Dt. Lit. und Sprache v. 1050–1200. FS Ursula Hennig. Hg. v. Annegret Fiebig und Hans-Jochen Schiewer. 93

1. H¨alfte 14. Jh. Berlin 1995, S. 71–92. – Astrid Lembke: Erz¨ahlte Heiligkeit. St. G. in ma. Dichtung. Berlin 2008. SF Der geistliche Streit. – Allegorische Dichtung von rund 1000 Versen, verfasst wahrscheinlich von einer Nonne in der ersten H¨alfte des 14. Jh. im Elsass. Thematisch steht in diesem literarisch wenig anspruchsvollen Gedicht der Kampf des mit den sieben Kardinaltugenden verb¨undeten «reinen Herzens» gegen die sieben Tods¨unden im Zentrum. Die Gegen¨uberstellung der Tugenden und Laster erfolgt stark schematisiert (M¨aßigkeit vs. Gefr¨aßigkeit, Keuschheit vs. Unkeuschheit, Freigiebigkeit vs. Geiz usw.). Die Einleitung k¨undigt als Thema die Reinheit des Herzens an. Um dieses Ziel zu erlangen, soll sich der Mensch mit einer geistlichen R¨ustung wappnen (Gottes Wort als Schwert, Hoffnung als Helm usw.) und mit den Tugenden verb¨unden. In sieben, immer nach demselben Schema ablaufenden Szenen wird erz¨ahlt, wie je eine der sieben Tugenden mit einer Tods¨unde k¨ampft und mithilfe einer allegorischen Waffe als Sieger hervorgeht. Ein Epilog fordert dazu auf, stetig den Teufel zu bek¨ampfen, da dieser niemals get¨otet werden k¨onne und eine st¨andige Gefahr darstelle. ¨ Uberlieferung: Straßburg, StB, Cod. A 105 (Perg., 14. Jh.; 1870 verbrannt). – Stuttgart, LB, Cod. Brev. 55 (Pap., 15. Jh.). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1082 (Pap., 15. Jh.). – Mainz, StB, Hs. I 51 (15. Jh.). ¨ Ausgaben: Franz Pfeiffer: Altdt. Ubungsbuch. Wien 1866. – Fritz H¨opfinger: D. g. S. Diss. Straßburg 1907. – Christian Naser: ‹D. g. S.›. Synoptischer Abdruck der Fassungen A, C, B und D. Komm. und Motivgesch. (Texte und Wissen 2). W¨urzburg 1995. Literatur: Hans Eggers, VL2 2 (1980) Sp. 1176–1178. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 110, 465. – H¨opfinger (s. Ausg.). – Karl Raab: ¨ Uber vier allegorische Motive. Progr. Leoben 1885, bes. S. 31 f. – Marie Luise Gothein: ‹Die Tods¨unden›. In: Arch. f¨ur Religionswiss. 10 (1907) S. 416–484, hier S. 468. – Naser (s. Ausg.). – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 276. SF 94

1. H¨alfte 14. Jh. Goldene Muskate. – Mystischer Passionstraktat, wahrscheinlich in der ersten H¨alfte des 14. Jh. im dt.-ndl. Grenzraum entstanden. Die G. M. in der Form eines Dialoges zwischen Seele und Leib besteht aus vier Teilen: Prolog, Passionsgeschichte, Meditation, Compassio Mariae. Die Seele (der innere Mensch) belehrt den Leib (den a¨ ußeren Menschen), das Leiden Christi und Mariae m¨ussten «mit den Augen des Herzens» gesehen werden. Dann f¨uhrt die Betrachtung zur heilbringenden Compassio und zur F¨ahigkeit, das Leid der irdischen Welt fr¨ohlich auf sich zu nehmen. Das Werk ist christozentrisch ausgerichtet, teilweise (Meditationsteil) der Devotio moderna ver¨ pflichtet. Ubersteigerungen in der Schilderung der Qualen Christi werden vermieden. Ein Zusammenhang besteht zu zwei PseudoTauler-Predigten (vgl. Berger, Ausg.), den Versuch einer Einordnung in die Geschichte der Passionsliteratur unternahm ebenfalls L. Berger. Der Titel G. M. steht metaphorisch als Rechtfertigung f¨ur die im NT nicht bezeugten Ereignisse der Passion Christi: Jemand, der sich ausschließlich nach den Evangelien richtet, sei wie jemand, der eine Muskatnuss im Ganzen verschlinge und deshalb ihren edlen Geschmack nicht sp¨ure. ¨ Uberlieferung: Dt. Hss.: Berlin, SBB, Mgo 51, 66v–149v. – Neureisch/Nov´a R´ıˇse (Tschechien), Bibl. der Pr¨amonstratenserabtei, Cod. 69, 264r–299v. – Heidelberg, UB, Cod. Sal. IX, 16, 3r–26r. – Stuttgart, LB, Cod. theol. et. phil. 8°, N. 15, 2r–52v. – Warschau, UB, Cod. Holl. Q I, 1 ¨ (verschollen). – Wien, ONB, Cod. 3023, 1r–34v. – Ebd., Cod. 13291, 64v–76v. – Z¨urich, ZB, Cod. C 96, 84r–99r. – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1082, 663a–694b. – Rastatt, Bibl. des Ludwig-WilhelmGymnasiums, Cod. K 8. – Mndl. Hss.: Amsterdam, UB, Hs. V J 10 (Hs. Rueter), 12r–43v. – Delft, St. Barbara-Kloster (verschollen). – Oxford, Bibl. Bodleiana, Ms. Marshall 119, 112r–162r. – Nimwegen/Nijmegen, UB, Hs. 311, 96r–100r. Ausgaben: Gerrit Kalff: Verslag van een onderzoek in Engelsche bibliotheken in het jaar 1910. ’s-Gravenhage 1911 (Ausz¨uge), S. 4–15. – Lothar Berger: Die G. M., ein sp¨atma. Passionstraktat. Edition und Unters. Diss. Marburg 1969. Literatur: L. Berger, VL2 3 (1981) Sp. 89–91. – Ders.: Zur ‹G. M.›. In: Dr. L. Reypens-Album. Stud. en Tekstuitgaven van OGE XVI. 1964, S. 75–91. – Ders. 1969 (s. Ausg.) S. 1–167. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige 95

Goldene Muskate Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 93. – Tobias A. Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgeschichtliche Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006, S. 150 f. SF Heinrich von Clevan OFM. – Lesemeister, erste H¨alfte 14. Jh. Die Predigtsammlung → Hartwigs von Erfurt (Postille, entstanden 1321–1343) enth¨alt eine Predigt u¨ ber 1 Tim 6,17 f. f¨ur den Freitag der zweiten Woche nach Ostern (je nach Redaktion Nr. 72 oder 74 der Sammlung). Der Verfasser der Predigt bezieht sich auf den 1321 ausgebrochenen Armutsstreit zwischen den Franziskanern und Papst Johannes XXII. und beruft sich hierbei zweimal auf «Brudir Heynrich von Clevan eyn barfuz und eyn lesemeistir». Von diesem sei die Behauptung, Christus h¨atte Eigentum besessen, als Ketzerei bezeichnet worden. Sicher identifizieren l¨asst sich H. v. C. nicht. Es bestehen drei Vorschl¨age, wonach er identisch sein k¨onnte mit: 1) «broeder Heinrijc van cleuen», von dem eine Predigt u¨ berliefert ist; mit 2) «hainrich von clement», dem eine Quaestio u¨ ber das Almosen zugeschrieben wird, oder mit 3) Heinrich von Ceva, einem Apostaten der Franziskaner anl¨asslich des Armutstreites. ¨ Uberlieferung:: Postille → Hartwig von Erfurt. – Predigt des H. v. cleuen: Amsterdam, UB, Cod. I G 41, 267vb–270vb (Perg., 1348, mndl.). – Quaestio des H. v. clement: M¨unchen, UB, 8° ms. 270, 72r–73v (Pap., 15. Jh., lat./dt. [bair.]). Ausgabe: Haupt 1874, S. 281–286 (Armutspredigt), S. 283 und 285 (Namensnennung). Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 708. – Joseph Haupt: Beitr. zur Lit. der dt. Mystiker. In: Sb. der philos.-hist. Classe der kaiserl. Akad. der Wiss. 94. Wien 1874, S. 241–243. – Heribert Holzapfel: Hb. zur Gesch. des Franziskanerordens. Freiburg i. Br. u. a. 1909, S. 65. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 52. – Cebus Cornelius de Bruin: Rezension K. Ruh, Bonaventura dt. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taalen Letterkunde 75 (1957) S. 73–78, hier S. 78. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1968, S. 272. VZ 96

Helwig (von Waldirstet) Heinrich von Ekkewint (Eckbuint, Egwint, Egwin) OP. – Prediger, erste H¨alfte 14. Jh. H. ist urkundlich als Prior des W¨urzburger und Regensburger Dominikanerklosters (1317/18 bzw. 1321/26) bezeugt. Von ihm sind vier Predigten u¨ berliefert, die zweite und dritte unvollst¨andig, da ihnen der Schluss fehlt. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 (1040), S. 181b–194a (Perg., Basel, drittes Viertel 14. Jh.; mit allen vier Predigten). – Die erste Predigt auch in Basel, UB, Cod. B. XI 10, 251v–263v (zweite H¨alfte 14. Jh.) und, in erweiterter Form, in Basler Taulerdruck 1522, 205hvb–208ra; der erste Teil dieser Predigt zudem in St. Gallen, Stiftsbibl., Cod 1033, 2v–3r (Anfang 15. Jh.). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker I. In: ZfdA 8 (1851) S. 209–258, hier S. 223–234 (nach der Einsiedler Hs.). Die Predigten, die wahrscheinlich an eine monastische Gemeinschaft (am ehesten ein Frauenkonvent) gerichtet waren, handeln vom Ort Gottes (Joh 1,28), vom Seelenfunken als Gnadengeschenk Gottes, von der Erneuerung der Seele (Apk 21,5) und vom (christlich umgeformten neuplatonischen) «aidios kyklos» (Lk 9,23). Bei aller N¨ahe zu Meister → Eckhart in der Terminologie, unterscheidet sich H. von diesem in seinem prim¨aren Anliegen insofern, als er sich der aufgegriffenen Themen in eindeutig asketischer Absicht annimmt. Die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1581, 127r–152v (Pap., 1463, ostalemannisch) enth¨alt einen Traktat u¨ ber das Lob der Jungfrauenschaft, in dem zu Beginn «maister hainrich von eckenwinder» zitiert wird. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 718–720. – Burkhard Hasebrink, MarLex 6 (1994) S. 841. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 123–125. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, ¨ S. 185, 312, 414. – Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 93 f. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 408–410. BJ Helwig (von Waldirstet). – Verfasser der Reimlegende Des heiligen cruzes mer, erste H¨alfte 14. Jh. 97

1. H¨alfte 14. Jh. Name und Herkunft des Verfassers der KreuzLegende sind a¨ußerst unsicher. Der Namenszusatz «von Waldirstet» beruht auf einer (fragw¨urdigen) Konjektur Gustav Roethes. Die handschriftliche Grundlage im unikal u¨ berliefernden Codex ist (Bl. 367va): «In iogent vnd in alder / So wunsche ich von waldir / So tet der getruewe helwig / gelerne mueze wir dy styg». Der offensichtlich verderbte Abschnitt ist auch f¨ur andere Interpretationen offen (Walter?). Der Dichter k¨onnte th¨uringischer Klerikus gewesen sein oder aber auch ein Mitglied des Dt. Ordens. Die Legende umfasst rund 980 wenig kunstfertige, zumeist vierhebige paargereimte Verse; das Versmaß ist unregelm¨aßig, die Reimbindung nicht ohne Freiheiten. Gewidmet ist das Werk einem «Von Baden here Frederich». Damit k¨onnte einer der Markgrafen Friedrich II. (1291–1333) oder Friedrich III. (1348–1353) gemeint sein oder aber ein Vetreter einer Nebenlinie, Friedrich von Baden-Hachberg, der 1298 in den Dt. Orden eingetreten ist. Eine Entstehung der Legende ist so im fr¨uhen 14. Jh., im ersten Drittel oder in der Mitte des Jh. denkbar. Thema der Dichtung ist die Geschichte des Kreuzes von Adam bis Christus, die sp¨atere Auffindung durch Helena Augusta und R¨uckeroberung von den Persern durch Kaiser Herakleios. F¨ur den ersten Teil der Legende (bis Christus) st¨utzte sich H. wahrscheinlich auf eine nicht erhaltene lat. Fassung der gel¨aufigen → Kreuzesholzlegende. Dem zweiten Teil liegt die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine zugrunde. Mo¨ glich ist, dass H. die Legende Von dem heiligen Kreuz des → Heinrich von Freiberg oder die entsprechenden Passagen aus dem → Passional vertraut waren. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 5305, 367va–374va (Pap., 15. Jh. [letzter Abschnitt inkl. «m¨are»: um 1430] aus dem Kloster Alsfeld [?], th¨uringisch). Ausgabe: Helwigs M¨are vom heiligen Kreuz. Nach der einzigen Handschrift zum 1. Male hg. v. Paul Heymann (Palaestra 75). Berlin 1908. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 383. – Erich Wimmer, VL2 3 (1981) Sp. 987–989. – P. Heymann (wie Ausg.) S. 1–108. – Rezensionen Heymann: Alois Bernt, AfdA 33 (1909) S. 278–282; Philipp Strauch, Dt. Lit.zeitung f¨ur Kritik der internationalen Wiss. 30 (1909) Sp. 936 f.; G. Ehrismann, ZfdPh 45 (1913) S. 305 f. – Edward Schr¨oder: H. In: ZfdA 69 (1932) S. 124. – Karl 98

1. H¨alfte 14. Jh. Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 94). Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 48. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen ¨ Hss. der ONB Bd. 2 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1961, S. 1128. VZ Hochalemannischer Prediger. – Verfasser einer Predigtsammlung, vielleicht erste H¨alfte 14. Jh. Die Frage nach der Identit¨at des sog. «H. P.» f¨uhrt wohl in die Kreise gelehrter Dominikaner im Raum Konstanz bzw. Zu¨ rich der ersten H¨alfte des 14. Jh. Die von dem Unbekannten verfasste Predigtsammlung enth¨alt einen (unvollst¨andigen) Jahrgang de-tempore- und de-sanctis-Predigten, die sich wohl an ein Laienpublikum richteten. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 531, 26ra–97vb (1420, mittelbair. nach alemannischer Vorlage). – Ferner Parallel¨uberl. einzelner Predigten. Vgl. dazu Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 54 f. (T 60) (dort die Allerheiligenpredigt auf 81vb–83ra f¨alschlich den → Basler Predigten zugeordnet). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1983) Sp. 76 f. – Anton Linsenmayer: Gesch. der Predigt in Deutschland v. Karl dem Großen bis zum Ausgange des 14. Jh. M¨unchen 1886 (Nachdr. Frankfurt/M. 1969) S. 64–77. – Morvay/Grube ¨ (s. Uberl.). – Regina D. Schiewer: Sermons for nuns of the Dominican observance movement. In: Medieval monastic preaching. Hg. v. Carolyn A. Muessig. Leiden u. a. 1998, S. 75–92. – HansJochen Schiewer: Literarisches Leben in dominikanischen Frauenkl¨ostern des 14. Jh. Das Modell St. Katharinental bei Diessenhofen. In: Stud. und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenkl¨oster im sp¨aten MA. Ergebnisse eines Arbeitsgespr¨achs in der HAB Wolfenb¨uttel, 24.–26. Febr. 1999. Hg. v. Falk Eisermann u. a. (Studies in medieval and reformation thought 99). Leiden u. a. 2004, S. 285–309, hier S. 301 f. SF Karl der Große und die schottischen Heiligen. – Klostergr¨undungsgeschichte mit Legendenz¨ugen und Chanson-de-geste-Elementen aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Der wohl zwischen 1300 und 1350 in Regensburg entstandene, 9912 Reimpaarverse umfassende Text ist eine mhd. Bearbeitung eines Ausschnitts 99

Hochalemannischer Prediger aus dem Libellus de fundacione ecclesie Consecrati Petri Ratispone. Der Text erz¨ahlt von den Gr¨undungen dreier Kl¨oster: des Priorats Weihsanktpeter in Regensburg (V. 1–6516), des Klosters St. Jakob in Regensburg (V. 6517–9024) und des Klosters St. Jakob in W¨urzburg (V. 9025–9912). Der erste Teil mit der Legende von Weihsanktpeter (Gr¨undung 1089) verlegt die Regensburger Ereignisse in die Zeit Karls des Großen und berichtet von dessen Christianisierungsfeldz¨ugen und der Eroberung Regensburgs mit Hilfe eines weißen Reiters. Irische («schottische») M¨onche lassen sich auf g¨ottliche Weisung in der Stadt nieder und erbauen eine Kirche. Gegen¨uber der lat. Vorlage wurde dem Text u. a. die Verbindung Karls mit Papst Leo III. und die wunderbare Unterscheidung der Leichen christlicher und heidnischer Krieger hinzugef¨ugt. ¨ Uberlieferung: London, British Library, Ms. Harley 3971, 66 Bll. (Perg., 14. Jh.) (L). – Alba Julia/Karlsburg, Bibl. B´atthy´aneum, Cod. R I 145 (Kat.-Nr. 145), 227 Bll. (Pap., 1445, bair.) (K). – Augsburg, Stadtarch., Selekte und Mischbest¨ande/Chroniken Nr. 4d, 167ra–234rb. – Augsburg, Reichsstadt/Chroniken Nr. 54, unfoliiert. Ausgaben: Jakob B¨achtold (Hg.): Dt. Hss. aus dem Britischen Museum. Schaffhausen 1873, S. 3–45 (Ausz¨uge aus L). – Frank Shaw (Hg.): K. d. G. u. d. s. H. (DTM 71). Berlin 1981 (nach L). Literatur: Frank Shaw, VL2 4 (1983) Sp. 1004–1006. – Edith Feistner, Killy2 6 (2009) S. 296 f. – B¨achtold (s. Ausg.) S. 45–71. – Charles C. Perry: Die Sprache des sp¨atmhd. Gedichts ‹K. d. G. u. d. s. H.›. Diss. Marburg 1892. – Anton Duerrwaechter: Die Gesta Caroli Magni der Regensburger Schottenlegende. Bonn 1897, S. 119–218. – Karl M¨unzel: Mhd. Klostergr¨undungsgesch. des 14. Jh. Diss. Berlin 1933. – Wolfgang Zahn: Schottenkl¨oster, die Bauten der irischen Benediktiner in Deutschland. Diss. Freiburg i. Br. 1967. – Paul Mai: Das Schottenkloster St. Jakob zu Regensburg im Wandel der Zeiten. In: 100 Jahre Priesterseminar in St. Jakob zu Regensburg. Hg. v. P. Mai. Regensburg 1972, S. 5–36. – Ekkehard Schenk zu Schweinsberg: Die letzte Schlacht Karls des Großen. Die bemalte Tischplatte von 1518 und die Regensburger Karlslegende am Anfang des 16. Jh. (Hefte des kunstgeschichtlichen Instituts der Univ. Mainz 1). Mainz 1972 (mit Faks. der St¨uchsschen Inkunabel). – F. Shaw: Die Funktion Karls in dem sp¨atmhd. Ged. v. Karl dem Großen und den schottischen Heiligen. In: Dt. Lit. des 100

Der Kleine Renner sp¨aten MA. Hamburger Colloquium 1973. Hg. v. Wolfgang Harms/Leslie P. Johnson. Berlin 1975, S. 187–208. – Ders.: K. d. G. u. d. s. H. In: Medium Aevum 45 (1976) S. 164–186. – Ludwig Hammermayer: Die irischen Benediktiner‹Schottenkl¨oster› in Deutschland und ihr institutioneller Zusammenschluß vom 12.–16. Jh. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 87 (1976) S. 249–338. – F. Shaw: Arles und Regensburg in der Entstehung einer Karlssage. In: GRM 27 (1977) S. 129–144. – P´adraig A. Breatnach: Die Regensburger Schottenlegende – Libellus de fundacione Consecrati Petri. Unters. und Textausgabe (M¨unchener Beitr. zur Medi¨avistik und Renaissance-Forschung 27). Mu¨ nchen 1977. – Shaw (s. Ausg.) mit Bibliogr. S. XI–XCVIII. – Herbert Kolb: Der weiße Reiter. In: IASL 12 (1987) S. 26–56. – Helmut Flachenecker: Schottenkl¨oster. Irische Benediktinerkonvente im hochma. Deutschland. Paderborn u. a. 1995. – Peter Wolf: Bilder und Vorstellungen vom MA. Regensburger Stadtchroniken der fr¨uhen Neuzeit. T¨ubingen 1999, S. 216–220. – Daniel Hess: Altdorfers Weg zur Alexanderschlacht. Eine Neubewertung seiner ‹Tischplatte› im Germ. Nationalmuseum. In: Anz. des Germ. Nationalmuseums 2005, S. 77–96. – F. Shaw: K. d. G. u. d. s. H. Die fiktive Gr¨undungslegende des Regensburger Schottenklosters. In: Das ma. Regensburg im Zentrum Europas. Hg. E. Feistner. Regensburg 2006, S. 123–133. BJ Der Kleine Renner. – St¨andesatire in Versen, fr¨uhes 14. Jh. ¨ Die satirische St¨andelehre nimmt in ihrer Uberschrift («Das ist der cleyne Renner genant») explizit auf den Renner → Hugos von Trimberg Bezug. Mit diesem umfangreichen Werk teilt der K. R. den Gestus der S¨unden- und Weltklage und einige Verse, zumeist → Freidank-Zitate. Der Text umfasst 437 Paarreimverse und ist aufgeteilt in 14 unterschiedlich lange Abschnitte, hinzu kommen noch Pro- und Epilog. Im Prolog inszeniert sich der anonyme Autor in einer kontemplativen Abendszene, die Missst¨ande der Welt reflektierend. Die einzelnen Abschnitte widmen sich dann jeweils einem gesellschaftlichen Stand. Die St¨ande bilden aber keine stringente hierarchische Reihung, denn eingeschoben werden Gruppen, die nicht als Stand im engeren 101

1. H¨alfte 14. Jh. Sinne einem anderen Klassifizierungsmuster folgen. Es ergibt sich die Reihung: Papst, Amtleute, junge Leute, «gemeines folck», Pr¨alaten, M¨onche, Sch¨uler, Ritter, Richter, Handwerker, Knechte und M¨agde, Bauern, Eheleute und Witwen. Neben klassische Standesbezeichnungen treten so auch gesellschaftliche Großgruppen ohne ordo-Bezug (wie die jungen Leute) und Lebensformen (wie die Witwen). Die drei l¨angsten Abschnitte, die insgesamt rund ein Drittel des gesamten Textes ausmachen, widmen sich den drei klerikalen St¨anden. Die hier ge¨ubte Klerikerschelte (fehlende Vorbildfunktion, mangelndes Verantwortungsbewusstsein, Habgier) ist der Kritik bei → Heinrich von Melk vergleichbar. Die Abrechnung mit den Rittern wiederum erinnert an den Ritterspiegel Johannes → Rothes. Der Verfasser spart bei seiner durchgehend negativen Kritik keine Gruppierung aus, jeder ordnet er eine Tods¨unde zu (z. B. den Sch¨ulern Eitelkeit, den Rittern Hoffart). Dabei verbleibt er zumeist im topisch-Allgemeinen und schildert nur selten konkrete Szenen. Im Epilog werden all diese gesellschaftlichen Verwerfungen und der Werteverfall als Vorzeichen der Endzeit und der Herrschaft des Antichristen gedeutet. Der Text schließt mit einem Memento mori und einem Gebet um Vergebung an Maria und die Trinit¨at. Die politischen Anspielungen des Textes (Bedrohung des Friedens im Reich, Rompolemik) sind zu allgemein, als dass sie eine pr¨azise Datierung des K. R. erlaubten. Die Erw¨ahnung der Orte Erfurt, Weißensee und Mu¨ hlhausen legt aber eine Entstehung in Th¨uringen nahe. Sehr unwahrscheinlich ist, dass mit dem K. R. das nicht u¨ berlieferte Fr¨uhwerk Hugos «Samener» vorliegt, das im Renner erw¨ahnt wird. Dagegen spricht auch die Form des K. R., die nicht dem Standard des Renners entspricht. Die Verse sind recht frei gef¨ullt und die Reime sind oft unrein. Die Fragen, ob das Werk in einer Beziehung zur Gruppe der Renner-Ausz¨uge stehen k¨onnte oder sein Verfasser wom¨oglich ein Sch¨uler von Hugo war, d¨urften unbeantwortet bleiben. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Lit. 177 (vormals Ed.VIII.18), 35v–51v (Pap., um 1480, Sammelhs. religi¨os-didaktischer Texte). Ausgabe: Wolfgang B¨uhrer: Der K. R. Unters. zur ma. St¨andesatire. Mit krit. Ausg. des Textes nach der einzigen Hs. In: Ber. des Hist. Ver. Bamberg 105 (1969) S. 1–201 (auch als Sonderdr.). Literatur: G¨unther Schweikle, VL2 4 (1983) Sp. 1200–1203. – De Boor/Newald 3/2 (1987) 102

1. H¨alfte 14. Jh. S. 91 f. – Henrike L¨ahnemann, Killy2 6 (2009) S. 455. – Hellmut Rosenfeld: Die Entwicklung der St¨andesatire im MA. In: ZfdPh 71 (1951/52) S. 196–207. – Wolfgang Heinemann: Zur St¨andedidaxe in der dt. Lit. des 13.–15. Jh. In: PBB (Halle) 88 (1966) S. 1–90; 89 (1967) S. 290–403; 92 (1970) S. 388–437. – Gustav Ehrismann (Hg.): Der Renner (Bibl. des literarischen Ver. Stuttgart 247, 248, 252, 256). 4 Bde. Stuttgart 1908–11 (Nachdr. mit einem Nachw. und Erg. v. G. Schweikle [Dt. Neudr. MA]. Berlin 1970/71), Reg. VZ Monch ¨ von Heilsbronn OCist. – Verfasser von geistlichen Traktaten, 14. Jh. Der Name M. v. H. erscheint in zwei Codices des 14. Jh. als Autorsignatur. Ihm k¨onnen so zwei Traktate mit relativ großer Sicherheit zugeschrieben werden: Der Eucharistietraktat Buch von den sechs Namen des Fronleichnams (Titel nach Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. A 27, 174ra: «puch von den sechs namen die daz wirdig heilig sacrament hat in der schrift dez leichnams vnsers lieben hern Jhesu Criste») wird im M¨unchner Cgm 100 von einem Versgebet abgeschlossen mit der Autorsignatur: «muniche von Halsbrunne» (110r). Da schreibsprachenspezifische Eigenheiten des Traktats in den fr¨ankischen Raum weisen, ist es naheliegend, als Wirkungsort des Verfassers das Zisterzienserkloster Heilsbronn in Mittelfranken zu vermuten. Den M¨onch mit dort beurkundeten Pers¨onlichkeiten zu identifizieren (etwa → Konrad von Brundelsheim, Verfasser der lat. Sermones Socci, Abt 1303–06/1317–21) ist indes nicht gelungen. F¨ur einen zweiten Traktat, das «Buch der sieben Grade» (des Gebets), ist im Epilog gleichfalls eine Autorsignatur u¨ berliefert (Karlsruhe, Donaueschingen B V 13, 91r). In den Sieben Graden bezeichnet der Verfasser zudem → Bernhard von Clairvaux als «vater», was die Zugeh¨origkeit zum Zisterzienserorden unterstreicht. Die Zuschreibung des Buches der sieben Grade ist indes nicht unumstritten und die Gesamtzahl der Werke des M.s v. H. ungewiss: In der Vorrede zum Buch von den sechs Namen k¨undigt er ein «Buch von der Minne» an. Ob er dieses ins Werk gesetzt hat und vielleicht ein anonym u¨ berlieferter Minnetraktat ihm zuzuschreiben ist, d¨urfte schwerlich zu kl¨aren sein. Die fr¨uheren Zuschreibungen → Tochter Sion und eine Alexius-Legende (→ Alexius C) sind nach heutigem Kenntnisstand zur¨uckzuweisen. Der M. v. H. steht in der Tradition der monastischen Theologie. In der Vorrede zum Buch von den 103

Monch ¨ von Heilsbronn sechs Namen beruft er sich auf → Augustinus, Ambrosius, → Bernhard und → Gregor den Großen, bekannt sind ihm mit Sicherheit Schriften von → Bonaventura und → Albertus Magnus. Das Buch der sieben Grade ist wahrscheinlich der a¨ ltere der beiden Traktate und eine mystischaszetische Gebetsstufenlehre in 2312 Paarreimversen. Behandelt wird der Aufstieg der Seele zur «ainunge» mit Gott in sieben Stufen. Vermutlich liegt dem Traktat → David von Augsburgs Sieben Staffeln des Gebets/De septem gradis orationis zu Grunde, ob in der lat. oder dt. Fassung ist ungekl¨art. Hauptgestaltungsmerkmal ist ein Dialog zwischen Gott und der minnenden Seele. Der Traktat ist als praktische meditative Gebetsanleitung wenig geeignet, prim¨are Intention ist die Verherrlichung des mystischen Weges und des kontemplativen Lebens. Das Buch von den sechs Namen wird von 82 Reimpaarversen eingeleitet und f¨ahrt dann in Prosa fort. Im Prolog rechtfertigt der Dichter seine sp¨atere Verwendung der Prosa (wie auch der Ver¨ fasser des → Lucidarius oder der Ubersetzter der → Wenzelsbibel). Der Verzicht auf die kunstvolle Form wird mit der Bewahrung der Heiligkeit und Wahrheit des g¨ottlichen Gehaltes verteidigt. Im Traktat werden die sechs Namen des Fronleichnams («Gutew genad» [eucharistia], «Gab» [donum], «Speis» [cibus], «Gemainsam» [communio], «Opfer» [sacrificium], «Heilicheit» [sacramentum]) nach scholastischer Methode hinsichtlich Ursache, Gehalt und Bedingung untersucht. Die Hauptquelle d¨urfte im Eucharistietraktat De corpore Domini des Albertus Magnus zu sehen sein (wom¨oglich stand ihm der Heilsbronner Codex Erlangen, UB, Ms. 264 zur Verf¨ugung). Denkbar ist, dass der M. v. H. auch die Sermones Socci herangezogen hat. Einsch¨ube widmen sich der Gottesminne in sechs Stufen (nach Bernhard) und behandeln neben den vier Formen der Kontemplation ausf¨uhrlich eine Allegorie auf das «chraut». Als vorz¨ugliche Begr¨undung eucharistischer Fr¨ommigkeit war der ¨ Traktat – wie seine umfangreiche Uberlieferung nahe legt (sehr im Gegensatz zum Buch der sieben Grade) – in monastischen Kreisen sehr beliebt und weit verbreitet. ¨ Uberlieferung: Buch von den sechs Namen des Fronleichnams: Zitiert: Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. A 27, 174ra–202ra (Pap., 1404, ostfr¨ankisch-nordbair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 100, 10r–110r (Perg., zweites Viertel 14. Jh., bair.¨ mitteldt. Mischschreibsprache). – Uber 60 weitere Hss. sind bekannt. Vgl. Merzdorf 1870, S. 104

Franke XVIII–XXI. – Engelbert Krebs, VL 3 (1943) Sp. 428. – Illing 1975 S. 44, Anm. 20. – Steer, VL2 6 (1987) Sp. 651, VL2 11 (2004) Sp. 1009. – Buch der sieben Grade: Heidelberg, UB, Cpg 417, 62v–107r (Perg., 1390, su¨ dbair.; enth¨alt auch das Buch von den sechs Namen des Fronleichnams [1r–61v], Tochter Sion [108r–119r]) und Alexius [119r–127r]). – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen B V 13, 1r–91r (Pap., Mitte 14. Jh. aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg [?], n¨urnbergisch). – Stuttgart, LB, Cod. Donaueschingen 27/Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 93 (hier: Karlsruhe), 4v–6r (1448, nordbair.; nur Einl.). Ausgaben:: Der M. v. H. Zum ersten Mal vollst. hg. v. Theodor Merzdorf. Berlin 1870 (Nach Heidelberg Cpg 417; Buch von den sechs Namen des Fronleichnams S. 3–68, Buch der sieben Grade S. 69–125; enth¨alt auch Tochter Sion und Alexius). – Doris Asmussen: ‹Das Buch der sieben Grade› des M. v. H. Unters. und krit. Ausg. des Textes. Diss. Heidelberg 1965, S. 130–227. – Anton Birlinger: Tractate des Meister Eckharts, des M. v. H., Gebete. In: Alemannia 3 (1875) S. 108–119, 205–234 (Buch von den sechs Namen des Fronleichnams nach Straßburg, National- und UB, ms. 2080). – Karl Tomanetz: Bruchst¨ucke aus des M. v. H. Buch von den sechs Namen des Fronleichnams. In: ZfdA 29 (1885), S. 318–325 (verschollenes Pergamentfragm. aus Znaim/Znojmo). Literatur: Karl Bartsch, ADB 11 (1880) S. 318 f. – Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 421–423. – Paulus Volk, LThK2 5 (1960) Sp. 147. – Klaus Berg, NDB 8 (1969) S. 263 f. – Georg Steer, VL2 6 (1987) Sp. 649–654, 11 (2004) Sp. 1009. – De Boor/Newald 3,2 (1987) S. 113, 366 f. – Sabine Schmolinsky/Red. Killy2 8 (2010) S. 276. – Albrecht Wagner: Zum M. v. H. In: ZfdA 20 (1876) S. 92–113. – Johann Baptist Wimmer: Beitr. zur Kritik und Erkl¨arung der Werke des M. v. H. In: Jb. des privaten Untergymnasiums der Ges. Jesu in Kalksburg bei Wien. 1895, S. 25–51. – Joseph Maria Sch¨urer: Des M.s v. H. Lehre vom Kontemplieren. Ein Beitr. zur ma. Zisterziensermystik. Diss. Freiburg/Br. 1923. – Carl Richstaetter: Die Herz-JesuVerehrung des dt. MA. Nach gedruckten und ungedruckten Quellen dargestellt. M¨unchen 21924, S. 120–123. – Heinrich Niew¨ohner: Die Sieben Grade des M.s v. H. V. 1–74. In: ZfdA 64 (1927) 235 f. – Karl Boeckl: Die Eucharistie-Lehre der dt. Mystiker des MA. Freiburg/Br. 1928 (dazu Rez. v. Edward Schr¨oder, AfdA 47, 1928, S. 67 f.). – Ders. 105

1. H¨alfte 14. Jh. (C. B¨ockl): Wer ist der M. v. H.? In: Zs. f¨ur katholische Theologie 52 (1928) S. 230–239. – Ders. (K. Boeckl): Die sieben Gaben des heiligen Geistes in ihrer Bedeutung f¨ur die Mystik nach der Theologie des 13. und 14. Jh. Freiburg/Br. 1931. – Gerhard Eis: Eine unbekannte Hs. der ‹Sieben Grade› des M. v. H. In: PBB (T¨ub.) 80 (1958) S. 444–448. – Asmussen 1965 (s. Ausg.) S. 2–127. – Kurt Ruh: David v. Augsburg. Die sieben Staffeln des Gebetes. In der dt. Original-Fassung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 1). M¨unchen 1965, S. 40 f. – Kurt Illing: Alberts des Großen ‹Super Missam›-Traktat ¨ in mhd. Ubertragungen. Unters. und Texte (MTU 53). Mu¨ nchen 1975, S. 44–48. – Georg Steer: Hugo Ripelin v. Straßburg. Zur Rezeptions- und Wirkungsgesch. des ‹Compendium theologicae veritatis› im dt. Sp¨atMA (TTG 2). T¨ubingen 1981, S. 437. – Antje Willing: Lit. und Ordensreform im 15. Jh. Dt. Abendmahlsschr. im N¨urnberger Katharinenkloster (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 4). Mu¨ nchen 2004, S. 95–132 und Reg. VZ Franke, Johannes (Bruder Franco). – Dominikanermystiker und Lesemeister aus dem 14. Jh. Die Sammlung dominikanischer Predigten Paradisus anime intelligentis u¨ berliefert f¨unf Predigten (Nr. 5, 7, 18, 29, 35) eines «brudir Johan Franco der lesemeister der predigir», so der Registereintrag. Außer den Paradisus-Predigten wird F. ein Traktat u¨ ber Joh 14,6 (Ego sum via, veritas et vita) zugeschrieben, das einige Kopisten und mit ihnen Teile der Forschung – wohl zu Unrecht – Meister → Eckhart zuweisen. Der Basler Codex B XI 10, der den Traktat enth¨alt, bezeugt eine T¨atigkeit F.s als Lesemeister in K¨oln. Identifizierungen F.s mit → Franko von Meschede, Franco Flagge oder mit einem 1318 bezeugten K¨olner Prior Johann Franco sind indes nicht verifizierbar. Evident ist hingegen F.s inhaltliche und sprachliche N¨ahe zu Eckhart. Der breit und bis in die Niederlande (→ Gaesdoncksche Traktate) u¨ berlieferte Traktat bietet gelehrte Spekulation und mystische Spiritualit¨at eckhardscher Pr¨agung auf hohem theologischen und sprachlichen Niveau. Die Paradisus-Predigten behandeln die Trinit¨at (Nr. 5), Gottessohnschaft (Nr. 7), Gotteserkenntnis (Nr. 18/29) und die Vereinigung der Seele mit Gott (Nr. 35). ¨ Uberlieferung: Paradisus-Predigten: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057, 18v–19v, 22v–24r, 51r–54r, 106

1. H¨alfte 14. Jh. 76v–77v, 95r–96v (Perg., Mitte 14. Jh., westmitteldt.-rheinfr¨ankisch). – Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud Misc. 479, 13v–14r (Nr. 5), 16r–17r (Nr. 7), 35v–37v (Nr. 18), 52r–53r (Nr. 29), 65r–66r (Nr. 35) (Perg., Mitte 14. Jh., rheinfr¨ankisch). – Nr. 5 integriert in eine Predigt des → Nikolaus v. Landau: Kassel, UB/LMB, 4° Cod. theol. 11, 42vb–43va (Perg., 1341, aus dem Zisterzienserkloster Otterberg bei Kaiserslautern, mitteldt./rheinfr¨ankisch). – Traktat (Ausw.): Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 33 (vormals Maihingen, F¨urstl. ¨ Ottingen-Wallersteinsche Bibl.), 6r–14r (Pap., 1450, ostschw¨abisch). – Basel, UB, Cod. B XI 10, 153r–171v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., alemannisch). – Ebd., Cod. B IX 15 (Perg., um Mitte 14. Jh., s¨udalemannisch). – Berlin, SBB, Mgq 1079 (vormals Privatbesitz Freiherr August von Arnswaldt, Hannover, Nr. 3136), 191v–195r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., aus dem Kloster Nazareth der Schwestern vom gemeinsamen Leben in Geldern, mndl.). – Ebd., Mgq 1486 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 21155), 102v–104r (Pap., um 1385, ostfr¨ankisch mit bair. Einschlag). – Ebd., Mgo 12, 22v–29v (Perg., 14. Jh., els¨assisch). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 (1040), S. 215–218 (Perg., drittes Viertel 14. Jh., hochalemannisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1067, 89ra–93va (Pap., 16. Jh., alemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 133, 14v–23v (Perg., erste H¨alfte 14. Jh., hessisch). – Ebd., Cgm 214, 95ra–99vb (Perg. und Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair.). – Ebd. Cgm 817, 87v–88v (Perg. und Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., mittelbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 40, 25ra–25va (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., bair.). – Straßburg, National- und UB, ms. 2715 (vormals L germ. 618.4°, davor Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1141), 35v–42r (Perg., 14. Jh., oberdt.). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 59, 91r–97v (Pap., um 1430/32, els¨assisch). – Druck Traktat: Adam Petri, Basel 1521 («Basler Taulerdruck», VD16 J 784), CCLXXIIra–CCLXXIIIva. – Zur ¨ weiteren Uberl. vgl. Spamer 1910, S. 30, Anm. 2. – Quint 1940, S. 288 (Reg.). – Jostes 1895, S. 208. – Morvay/Grube 1974, S. 104–106. Ausgaben: Paradisus-Predigten: Philipp Strauch: Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Hs. Cod. Laud. Misc. 479 nach E. Sievers’ Abschr. (DTM 30). Berlin 1919. Nachdr. Hildesheim 1998, S. 18 f. (Nr. 5), 21 f. (Nr. 7), 44–46 (Nr. 18), 64 f. (Nr. 29), 80 f. (Nr. 35) – Nr. 5 bei Nikolaus v. Landau: Hans 107

Franke Zuchhold: Des Nikolaus v. Landau Sermone als Quelle f¨ur die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises (Hermaea 2). Halle 1905. Nachdr. Wiesbaden 1972, S. 59 f. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA Bd. 2. Leipzig 1881, S. 457–464. – Traktat: Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 209–258, hier: S. 243–251 (Nach Cgm 133). – W. Preger: Ein neuer Tractat Meister Eckharts. Tractat von zweierlei Wegen. In: Zs. f¨ur die hist. Theologie 34 ¨ (1864) S. 166–181 (nach Cgm 214, mit nhd. Ubers.) u. ebd. 36 (1866) S. 488 (Einleitung nach Cgm 133). – Franz Jostes: Meister Eckhart und seine J¨unger. Ungedr. Texte zur Gesch. der dt. Mystik. Freiburg/Schweiz 1895. Nachdr.Berlin 1972 mit einem W¨orterverz. von Peter Schmitt und einem Nachw. v. Kurt Ruh (Dt. Neudr. Texte des MA/ Collectanea Friburgensia 4) S. 14 (nach N¨urnberg). ¨ Ubersetzung: Vom inwendigen Reichtum. Texte unbekannter Mystiker aus dem Kreise Meister Eckharts. Mit einer Einf. v. Alois Dempf. Ausw. ¨ und Ubers. v. Angela Rozumek. Leipzig 1937, S. 42–53 (Traktat). Literatur: Volker Honemann, VL2 2 (1979) Sp. 800–802. – Isnard Wilhelm Frank: Johannes Franco, LThK3 5 (1996) Sp. 907. – Joseph Bach: Meister Eckhart, der Vater der dt. Speculation. Wien 1864, S. 178–180. – Jostes 1895 (s. Ausg.) S. 208. – Gustav Binz: Die Hss. der o¨ ffentl. Bibl. der Univ. Basel. Bd. 1: Die Hss. der Abt. A. Ba¨ sel 1907, S. 226 f. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420. – Ders.: Ueber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen, ¨ Halle/Saale 1910. – P. Strauch: Zur Uberl. Meister Eckharts I. In: PBB 49 (1925) S. 355–402, hier: ¨ S. 356 f. – Josef Quint: Neue Hss.funde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. (Meister Eckhart. Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 28, 86, 141 und 288 (Reg.). – G. L¨ohr: Die K¨olner Dominikanerschule vom 14. bis zum 16. Jh. Freiburg/Schweiz 1946, S. 41 f. – ¨ Ders.: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 174 f. – Stephanus Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden Bd. 2. Antwerpen 1953, S. 190–195. – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel. Beschreibendes Verz., Abt. B: Theologische Pergamenthss. Bd. 2: Signaturen B VIII 108

Nikolaus von Straßburg 11–B XI 26. Basel 1966, S. 938. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi Bd. 2. Rom 1975, S. 424–426. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 104–106 (T 94). – Burkhard Hasebrink: Studies on redaction and use of the ‹Paradisus anime intelligentis›. In: De l’hom´elie au sermon. Histoire de la pr´edication m´edi´evale. Actes du Colloque international de Louvain-la-Neuve (9–11 juillet 1992). Hg. Jacqueline Hamesse/Xavier Her´ mand (Textes, Etudes, Congr`es 14). Louvain-laNeuve 1993, S. 143–158. – Walter Senner: Johannes v. Sterngassen OP und sein Sentenzenkomm. Bd. 1: Studie (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens NF 4). Berlin 1995, S. 131. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. Mu¨ nchen 1996, S. 394–398. – B. Hasebrink u. a. (Hg.): ‹Paradisus anime intelligentis›. Stud. zu einer dominikanischen Predigtslg. aus dem Umkreis Meister Eckharts. T¨ubingen 2009, Reg. S. 268. VZ Nikolaus von Straßburg OP. – Prediger, Verfasser einer Summa philosophica. N.s Fr¨uhzeit ist nur schwer zu rekonstruieren. Er lebte vielleicht um 1318 im Dominikanerkloster in Basel und studierte um 1320–23 in Paris. Als Baccalaureus war er um 1323–27 Lektor f¨ur Theologie in K¨oln. Unsicher ist jedoch, ob er am dortigen Konvent oder am Generalstudium lehrte, wo er m¨oglicherweise Meister → Eckhart kennenlernte. Auch predigte er wohl in verschiedenen Kl¨ostern der Dominikanerinnen und lebte zeitweise in Freiburg i. Br. Sicher ernannte ihn Papst Johannes XXII. 1325 zum Vikar der Ordensprovinz Teutonia. In diesem Amt untersuchte N. die H¨aresievorw¨urfe gegen Meister Eckhart, den er am Ende freisprach. Daraufhin zeigte der MinoritenOrdensgeneral Michael de Cesena N. als angeblichen Verteidiger h¨aretischer Lehren beim Papst an. Obwohl N. sich in Avignon selbst gegen die Vorw¨urfe verteidigte, wurde er vom geistlichen Gericht in K¨oln um 1331 verurteilt. Daneben wirkte N. 1327 als Definitor seiner Ordensprovinz auf dem Generalkapitel in Perpignan. Sein weiteres Leben nach 1331 ist unbekannt. N.s Werk steht in der aristotelisch-scholastischen Tradition seines Ordens. Besonders deutlich wird 109

1. H¨alfte 14. Jh. dies in der lat. Summa philosophiae (um 1315–20). Dieses philosophische Lehrbuch d¨urfte im Rahmen von N.s Lehrt¨atigkeit entstanden sein und zeigt seine Kenntnisse der Schriften von → Albertus Magnus, → Thomas von Aquin, Aegidius Romanus und Hervaeus Natalis. Auch mit → Dietrich von Freiberg setzt sich N. darin auseinander. Gegliedert ist das Werk nach den vier Ursachen («causa efficiens», «causa materialis», «causa formalis», «causa ¨ finalis»); durch unvollst¨andige Uberlieferung fehlt jedoch der Schlussteil zur «causa finalis». Der Mosaiktraktat Flores de gestis beatae Mariae Virginis versammelt in 137 Kapiteln die Lehren der Kirchenv¨ater u¨ ber Maria. Der vor allem auf → Augustinus und → Bernhard beruhende Text behandelt u. a. Marias Tugenden, ihre Jungfr¨aulichkeit und ihr Verh¨altnis zu Jesus, auch Lebensstationen Marias wie Verk¨undigung und Himmelfahrt. Insgesamt steht Maria besonders als Vorbild f¨ur ein vollkommenes Leben im Mittelpunkt. N.s Abhandlung De adventu Christi et Antichristi et fine mundi umfaßt drei Traktate. Die Entstehungszeit des Werks l¨asst sich durch zwei Widmungen N.s umreißen (1323 an Erzbischof Balduin von Trier, 1326 an Papst Johannes XXII.). N. er¨ortert im Text die Menschwerdung und Ankunft Christi sowie das Kommen des Antichrists in der christlichen Lehre. Das Florilegium De beato evangelista Johanne besch¨aftigt sich mit drei Aspekten der Person des Johannes: jungfr¨aulicher Mensch, Lieblingsj¨unger Christi und Weisheitslehrer. Von N. sind außerdem weniger als zwanzig Predigten u¨ berliefert, davon 13 als Teil eines Zyklus. Unter den Einzelpredigten ist die Predigt vom Goldenen Berg zu erw¨ahnen, die N. wahrscheinlich 1324 auf dem Provinzialkapitel in L¨owen gehalten hat. Der Schwerpunkt N.s liegt auf Fastenpredigten zu u¨ blichen Themen (u. a. die Passion Christi, S¨unden, Almosen, Himmel und H¨olle). Dabei ist N. ebenso thomistisch-augustinisch wie heilsgeschichtlich orientiert. Exempla, Dialoge, Vergleiche und Bilder sind seine bevorzugten Stilmittel. Die zus¨atzliche Zuschreibung einer Gruppe dt. Traktate in einer Heidelberger Handschrift (cpg 641) an N. ist h¨ochst umstritten. ¨ Uberlieferung: Summa: Rom, Bibliotheca Vaticana, cod. Vat. lat. 3091, 1r–293v (14. Jh., unvollst.). – De adventu ..., De beatu ... und Flores ...: Hillenbrand 1966, Kaeppeli 1980 (beide s. ¨ Lit.). – Predigten: Zur umfangreichen Uberl. insbesondere der Predigt vom Goldenen Berg vgl. Hil110

1. H¨alfte 14. Jh. lenbrand 1966, Axters 1970, Morvay-Grube 1974, Hillenbrand/Ruh 1987 (alle s. Lit.). Ausgaben: Summa: Grabmann 1922 (s. Lit.) S. 198–200 (Teilausg.). – Sturlese 1982 (s. Lit) S. 199–206 (Teilausg.). – Imbach/Lindblad 1985 (s. Lit.) S. 198–223 (Teilausg.). – Wagner 1986 (s. Lit.). – Summa (Corpus philosophorum Teutonicorum medii aevi 5,1–3). Hg. v. Tiziana Su´arezNani u. a. 3 Bde. in 5 Teilbdn. Hamburg 1990 ff. – Predigten: Verz. bei Morvay-Grube 1974 (s. Lit.). Nennenswert: Altdt. Predigten. Hg. v. Franz J. Mone. In: Anz. f¨ur Kunde der dt. Vorzeit 7 (1838) Sp. 268–280, hier Sp. 271–280. – Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 1: Hermann v. Fritslar, Nicolaus v. S., David v. Augsburg. Hg. v. Franz Pfeiffer. Leipzig 1845 (Nachdr. Aalen 1962) S. 259–305. – Die Chron. der Anna v. Munzingen. Nach der a¨ltesten Abschrift mit Einleitung und Beilagen. Hg. v. Joseph K¨onig. In: Freiburger Di¨ozesanarch. 13 (1880) S. 129–236, hier S. 192 f. – Nebert 1902 (s. Lit.) S. 15–21. – Bihlmeyer 1917 (s. Lit.) S. 46–48. – Axters 1940 (s. Lit.) S. 20–39. ¨ Ubersetzungen: The Sermon on the Golden Mountain. In: Late Medieval Mysticism of the Low Countries. Hg. v. Rik van Nieuwenhove u. a. New York 2008, S. 55–57. Literatur: Philipp Strauch, ADB 23 (1886) S. 628–630. – Ruedi Imbach: Nicolas de Strasbourg. In: Dict. Spir. 11 (1981) Sp. 301 f. – Eugen Hillenbrand/Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 1153–1162; 11 (2004) Sp. 1055. – Hans-Jochen Schiewer, Marienlex. 4 (1992) S. 628 f. – R. Imbach, LexMA 6 (1992) Sp. 1187 f. – Peter-Johannes Schuler, BBKL 6 (1993) Sp. 928–931. – Schulthess/Imbach (1996) S. 524 f. – Matthias Laarmann, LThK3 7 (1998) Sp. 868. – Freimut L¨oser, NDB 19 (1999) S. 275 f. – Karl-Hermann Kandler, RGG4 6 (2003) Sp. 335. – Sabine Schmolinsky/Red., Killy2 8 (2010) S. 611. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik nach den Quellen untersucht und dargestellt 2. Leipzig 1881, S. 67–79. – Heinrich Denifle: Der Plagiator N. v. S. In: Arch. f¨ur Lit.- und Kirchengesch. des MA 4 (1888) S. 312–329. – Reinhold Nebert: Unters. u¨ ber die Entstehungszeit und den Dialekt der Predigten des N. v. S. In: ZfdPh 33 (1901) S. 456–485. – Ders.: Die Heidelberger Hs. 641 und die St. Florianer Hs. XI 284 der Predigten des N. v. S. In: ZfdPh 34 (1902) S. 13–45. – Karl Bihlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: FS Joseph Schlecht. Hg. v. Ludwig Fischer. M¨unchen/Freising 1917, S. 45–62 (mit 111

Nikolaus von Straßburg Abdruck einer bei Pfeiffer nicht ber¨ucksichtigten Predigt). – Martin Grabmann: Neu aufgefundene lat. Werke dt. Mystiker. Mu¨ nchen 1922. – Ders.: Ma. Geistesleben. Abh. zur Gesch. der Scholastik und Mystik 1. Mu¨ nchen 1926 (Nachdr. Hildesheim u. a. 1984) S. 401–440. – Jakob Gabler: Ein Brief des Wiener Dominikaners und Universit¨atsprofessors Leonhard Huntpichler an den Karth¨auser N. v. S. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 9 (1934) S. 135 f. – Franz Pelster: Ein Gutachten aus dem Eckehart-Proceß in Avignon. In: FS Martin Grabmann. Hg. v. Albert Lang u. a. M¨unster 1935, S. 1099–1124. – Gabriel L¨ohr: Die K¨olner Dominikanerschule v. 14. bis zum 16. Jh. Freiburg (Kt. Freiburg) 1946. – Stephanus Axters: De preek op de gulden berg door den leermeester van Straats burg. In: Tijdschrift voor Taal en Letteren 28 (1940) S. 5–58. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956. – Johannes Tauler. Ein dt. Mystiker. Gedenkschr. zum 600. Todestag. Hg. v. Ephrem Filthaut. Essen 1961. – Eugen Hillenbrand: N. v. S. Religi¨ose Bewegung und dominikanische Theologie im 14. Jh. Diss. Freiburg/Br. 1966. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 111–115 (T 106). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi III. Rom 1980, S. 143–145. – Loris Sturlese: Eckhart, Teodorico e Picardi nella Summa philosophiae di Nicola di Strasburgo. Documenti per una storia della filosofia medievale tedesca. In: Giornale critico della filosofia italiana 61 (1982) S. 183–206. – R. Imbach/Ulrika Lindblad: Compilatio rudis ac puerilis. Hinweise und Materialien zu N. v. S. O.P. und seiner ‹Summa›. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 32 (1985) S. 155–233. – T. Su´arez-Nani: Noterelle sulle fonti albertine del ‹De tempore› di Nicola di Strasburgo. In: ebd. 32 (1985) S. 235–247. – Claus Wagner: Materie im MA. Edition und Unters. zur Summa (II,1) des N. v. S. Fribourg 1986. – R. Imbach: Metaphysik, Theologie und Politik. Zur Diskussion zwischen N. v. S. und Dietrich von Freiberg u` ber die Abtrennbarkeit der Akzidentien. In: Theologie und Philosophie 61 (1986) S. 359–395. – Winfried Trusen: Der Prozeß gegen Meister Eckhart. Vorgesch., Verlauf und Folgen. Paderborn u. a. 1988, S. 109–112 u. o¨ . – T. Su´arez-Nani: Tempo ed essere nell’autunno del Medioevo. Il ‹De tempore› di Nicola di Strasburgo e il dibattito sulla natura ed il 112

Dorothea senso del tempo agli inizi del XIV secolo. Amsterdam 1989. – Christoph Burger: Gottes Gnadenangebot und der Erziehungsauftrag der christlichen Kirche im Konflikt. Die Predigt u¨ ber den goldenen Berg des N. v. S. In: Fr¨ommigkeit, Theologie, Fr¨ommigkeitstheologie. FS Berndt Hamm. Hg. v. Gudrun Litz u. a. Leiden u. a. 2005, S. 65–79. – Gianfranco Pellegrino: La Summa di Nicola di Strasburgo (1315–1320). Compilatio rudis acpuerilis o Novum libellum? In: Per perscrutationem philosophicam. FS Loris Sturlese. Hg. v. R. Imbach u. a. Hamburg 2008, S. 204–215. – Ders.: ‹Novus ex veteribus libellus›. Guglielmo di Conches nella ‹Summa› di Nicola di Strasburgo. In: Cosmogonie e cosmologie nel medioevo. Atti del Convegno della Societ`a Italiana per lo Studio del Pensiero Medievale (S. I. S. P. M.), Catania, 22–24 settembre 2006. Hg. v. Concetto Martello. Louvain-laNeuve 2008, S. 339–350. – Dagmar Gottschall: N. v. S., Meister Eckhart und die ‹cura monialium›. In: Meister-Eckhart-Jb. 2 (2008) S. 95–118. – G. Pellegrino: Un contributo al dibattito storiografico sul tomismo tedesco. Le dimensioni indeterminate nella ‹Summa› di Nicola di Strasburgo. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 57 (2010) S. 393–409. MM Otte II. – Wohl mitteldt. Verfasser einer Verslegende von den Zehntausend M¨artyrern (460 Verse). Der Auftraggeber der Legende, als deren Entstehungszeit die erste H¨alfte des 14. Jh. angenommen wird, war ein «Hartung, pharrer datz Nevnhailigen» (wohl eine Kirche zu den Neun Heiligen, kein Ort). An einen Prolog schließt eine Vers¨ubersetzung von Acta Sanctorum Junii IV, S. 182–187 an. Zu den Legendenfassungen in Prosa siehe → Zehntausend M¨artyrer. ¨ Uberlieferung: Troppau, Slezsk´e zemsk´e muzeum, Cod. RA-6, 163r–174v (14. Jh, bair.-¨osterr.). Ausgaben: Leopold Zatoˇcil: Eine unbekannte bair. Verslegende v. den 10.000 Rittern aus dem 14. Jh. In: Sborn´ik prac´i filosofick´e fakulty brnˇensk´e university. Reihe D I, 4 (1955) S. 67–96. – Wieder in: Ders.: Die Legende v. den 10.000 Rittern nach altdt. und altndl. Texten nebst einer alttschechischen Versbearb. und dem lat. Original. Bd. A. Die bair. Verslegende. In: L. Zatoˇcil: Germanistische Stud. und Texte. Bd. 1. Brno 1968, S. 167–186. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 7 (1989) Sp. 203 f. SF 113

1. H¨alfte 14. Jh. Dorothea. – In zahlreichen verschiedenen dt. Prosa- und Versfassungen u¨ berlieferte Legenden. Die hl. D., eine fr¨uhchristliche M¨artyrerin aus C¨asarea in Kappadozien, soll bei ihrer Hinrichtung dem heidnischen Schreiber Theophilos durch einen himmlischen Knaben als wunderbares Zei¨ chen Apfel und Blumen geschickt haben. Ihr Festtag ist der 6. Februar. I. Verslegenden. 1. Eine wohl in der ersten H¨alfte des 14. Jh. im ostmd. Raum entstandene D.-Legende von 376 Versen bietet gr¨oßtenteils eine reine Nacherz¨ahlung der Passio. Meist erscheint das Werk ¨ im Uberlieferungszusammenhang mit den Legenden von → Barbara, → Katharina und → Margareta (→ Passienb¨uchlein von den vier Hauptjungfrauen. Als Vorlage diente m¨oglicherweise die Fassung BHL 2324. ¨ Uberlieferung: Braunschweig, StB, fr. 87 (Frgm., 2 Bll.) (B). – Dessau, StB, Cod. 24. 8° (ehem. Georg. 4, 4°), 51r–58r (D). – Hannover, LB, Cod. I, 84a (H), 440r–445r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 478, 51v–57v (Mu¨ ). – Prag, N´arodn´ı Knihovna, Cod. IV D 25, 263r (P). – Uppsala, UB, Cod. C 497, 15r–23r (U). – Berlin, SBB, Mgq 2025, 78va–82rb. Drucke: Magdeburg, S. Mentzer, 1500 (Ma). – [Marienburg, Karweyß, um 1500] (Ka). – K¨oln, [U. Zell, um 1502/3] (K1). – o. O., o. Dr., [um 1505] (N¨u). – K¨oln, [van Nuyß,] 1513 (K2). – Ebd., [um 1513] (K3). – Ein K¨olner Druck (Koelhoff, 1499) ist heute wohl verloren. Ausgaben: Oskar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854, S. 15–29. – Philipp Wegener: Drei mnd. Gedichte des 15. Jh. Progr. Magdeburg 1878, S. 8–18. – Wolfgang Stammler: Mnd. Lesebuch. Hamburg 1921, S. 75–79, 140 f. – Busse (s. Lit.) S. 15–24. – Kurt G¨artner: Ein mnd. Frgm. in der StB zu Braunschweig. In: Litterae ignotae [...]. Hg. v. Uwe Mu¨ ller (Litterae 50). G¨oppingen 1978, S. 61–63. Literatur: Schade (s. Ausg.) S. 1–14. – Hermann Degering/Max Joseph Husung: Die Katharinenpassie. Ein Druck v. Ulrich Zell. Berlin 1928, S. 10–57. – Busse (s. Lit.) S. 9–14. – Gerhard Eis: Zu Schades Dorotheen Passie. In: ZfdA 72 (1935) S. 92–94. 2. Eine wohl um 1400 in der Gegend Oberweser-Mittelelbe entstandene nd. D.-Legende von 549 Versen u¨ berliefert Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. 114

1. H¨alfte 14. Jh. II, 143, 1r–10v (1476). Als Vorlage diente eine BHL 2324 eng verwandte Version. Ausgabe: Robert Priebsch: Aus dt. Hss. der Kgl. Bibl. zu Br¨ussel. In: ZfdPh 36 (1904) S. 58–86, 371–387, hier S. 376–384. Literatur: Priebsch (s. Ausg.) S. 375 f. – Busse (s. Lit.) S. 24. 3. Ein Fragment von 1116 erhaltene Versen, welches wohl urspr¨unglich ca. 2000–3000 Verse umfasste, stellt den Rest der k¨unstlerisch anspruchsvollsten Version der D.-Legende dar. In der wohl in der ersten H¨alfte des 14. Jh. im bair. Gebiet entstandenen Dichtung zeigen sich Einfl¨usse des Schaffens → Konrads von W¨urzburg und → Wolframs von Eschenbach. ¨ Uberlieferung: Klagenfurt, Landesarch., Hs. 6/30 (sieben Pergamentbll.). – N¨urnberg, Germ. Nat. Mus., Cod. 8601 (drei Pergamentbll.). Ausgaben: Joseph Diemer: Kleine Beitr. zur ¨ a¨lteren dt. Sprache und Lit. 6 (Sb. der Osterr. Akad. der Wiss. Phil-Hist. Kl. 11). Wien 1853 [1854] S. 51–71, 798–809. – Wieder in: Ders.: Kleine Beitr. zur a¨ lteren dt. Sprache und Lit. Bd. 2. Wien 1854, S. 9–29, 107–120. – Busse (s. Lit.) S. 30–41. Literatur: Diemer 1853 [1854] (s. Ausg.) S. 43–50, 796 f. – Ders. 1854 (s. Ausg.) S. 1–8, 107 f. – Busse (s. Lit.) S. 25–30. 4. Die Handschrift St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1006 u¨ berliefert ein alemannisches Gedicht in 392 Versen von 1430, welches eine Kombination der D.-Passio mit einer Gebetsform darstellt. Ausgabe: Busse (s. Lit.) S. 42–46. Literatur: Busse (s. Lit.) S. 41 f. 5. Klosterneuburg, Stiftsbibl., Hs. 1079 (15. Jh.), bietet eine bair.-¨osterr. Fassung, die wohl dem 14. Jh. zuzurechnen ist. Quelle daf¨ur war eine erweiterte Version von BHL 2324. Ausgabe: Vincenz Oscar Ludwig: Die hl. D. Wien 1928. Literatur: Busse (s. Lit.) S. 46–48. 6. Eine bair. Legendenfassung findet sich in Mu¨ nchen, BSB, Clm 22309, 241r–250v. Diese wahrscheinlich in der ersten H¨alfte des 15. Jh. entstandene Dichtung folgt derselben Vorlage wie Fassung 4. 7. Das Fragment einer obd. Legende u¨ berliefert die Handschrift Dresden, LB, M 249, 1r/v. 8. Eine knappe, ebenfalls nur bruchst¨uckhaft u¨ berlieferte nd. Version bietet die Handschrift Helmst. 1231 der HAB Wolfenb¨uttel, 7v–8v. 9. Michel → Schrade. 115

Dorothea 10. → Heinrich der Teichner. II. Prosalegenden. ¨ 11. Eine obd. Ubertragung von BHL 2324 u¨ berliefert Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 117, 79r–85v (1454). Abdruck: W. Stammler: Prosa der dt. Gotik. Berlin 1933, S. 104–107. 12. Eine wohl in die erste H¨alfte des 15. zu datierende mfrk. D.-Legende ist in der Hs. N¨urnberg, Germ. Nat. Mus. 8826, 96va–101va, und in der Hs. 645 der ehemaligen Neust¨adter Gymnasialbibl. Prag (verschollen) sowie in weiteren Hss. ¨ u¨ berliefert; der Text ist eine genaue Ubertragung von BHL 2324. Abdruck: Josef Strohschneider: Mittelfr¨ankische Prosalegenden. Prag 1892, S. 3–11. 13. Eine nd. Bearbeitung der Fassung BHL 2324 aus dem 15. Jh. bietet Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1231, 226v–228v. Inc.: «Sancta dorothea de erlyke juncfrouwe de wart eyn marthelersche dorch den namen vnses heren». ¨ 14. Eine mittelbair. Ubersetzung von BHL 2324 u¨ berliefert M¨unchen, BSB, cgm 4879, 185r–192v. Inc.: «Dew Erberdig Junckfraw vnd marterin dorothea ist geporen uon dorotheo dem uater». 15. Der Winterteil der ripuarischen Fassung der S¨udmndl. Legenda aurea (Druck K¨oln, Ludwig van Renchen, 1485; → Jacobus de Voragine) enth¨alt ein mittelfr¨ankische D.-Legende. Inc.: «In der prouincien von Capadocien in der Stadt Cesarien so was ein jonckfrouwe die dorothea hyes». 16. Heidelberg, UB, Cpg 108, 77r–80r, enth¨alt eine alemannische Fassung der D.-Legende. Inc.: «Do man zalte von Cristus geburt zwen hundert vnd achtzig jare». ¨ 17. Eine bair.-¨osterr. Ubersetzung von BHL 2324 u¨ berliefert die Handschrift Melk, Stiftsbibl., Cod. 1569 (olim 615 [L 27]), 46r–53r. Inc.: «Dy heilig Junckfraw sand Dorothea ist p¨urtig gewesen aus der stat Cezaria». Literatur: Jean-M. Szymusiak/Julien Leroy: Doroth´ee. In: Dict. Spir. 3 (1954) Sp. 1651–1664. – Rombaut van Doren, DHGE 14 (1960) Sp. 684. – Friederike Werner: D. v. C¨asarea. In: LCI 6 (1974) Sp. 89–92. – Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 211–216. – Erich Wimmer, EM 3 (1981) Sp. 780–782. – Ders./G¨unther Binding, LexMA 3 (1986) Sp. 1318 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 221. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1362. – Maria-Barbara v. Stritzky, LThK3 3 (1995) Sp. 346 f. – Roland G¨otz, RGG4 2 (1999) 116

Margareta von Antiochien Sp. 952. – BHL 1898/99 (Supplementum 21911). – Heinrich Schachner: Das Dorotheaspiel. In: ZfdPh 35 (1903) S. 157–196. – Vinzenz Oskar Ludwig: Die hl. D. in der ma. Legende: Erstmals aus der Klosterneuburger Hs. Nr. 1079 ver¨offentlicht. Wien 1928. – Lotte Busse: Die Legende der hl. D. im dt. MA. Diss. Greifswald 1928. Langensalza 1930. – Hellmut Rosenfeld: Legende. Stuttgart 1961. – Agostino Amore: Dorotea e Teofilo. In: Bibliotheca Sanctorum 4. Hg. v. Pietro Palazzini. Rom 1964, S. 820–824. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 403. – Kirsten Wolf: The legend of Saint D. Medieval vernacular renderings and their Latin sources. In: Analecta Bollandiana 114 (1996) S. 41–72. SF Margareta von Antiochien. – Dt. Legenden. Zur historischen Figur der hl. Jungfrau und M¨artyrerin M., einer der bedeutendsten Heiligengestalten des MA, fehlen zuverl¨assige historische Zeugnisse. Nach einer legendarischen griechischen Passio, die von einem Theotimos verfasst wurde (BHL 5303) und in deren zahlreichen lat. und volkssprachlichen Bearbeitungen erscheint M. als Tochter eines heidnischen Priesters, die von ihrem Vater verstoßen wird und sich in der Diokletianischen Verfolgung ihren christlichen Glauben bewahrt. M. verschm¨aht den r¨omischen Stadtkommandanten Olibrius, der sie daraufhin gefangen nehmen und foltern l¨asst. Im Gef¨angnis erscheint ihr in Gestalt eines Drachen der Teufel, den sie mit dem Kreuzzeichen in die Flucht schl¨agt. M. wird schließlich erneut auf verschiedenste Weise gemartert und enthauptet. Der anf¨anglich auf den griechischen Raum beschr¨ankte Kult breitete sich seit dem 7. Jh. auch im Westen aus, im Sp¨atMA wurde M. zu einem der 14 Nothelfer. Neben → Katharina und → Barbara z¨ahlt sie zu den «drei hl. Madln», den Schutzheiligen des N¨ahr-, Lehr- und Wehrstandes; gemeinsam mit diesen und → Dorothea rechnet man sie den «virgines capitales», den vier Hauptjungfrauen, zu. Ihr Festtag ist der 20. Juli, bei den Griechen unter dem Namen Marina der 17. Juli. Darstellungen zeigen die Heilige oft mit den Attributen Kreuzstab oder Kruzifix und mit einem Drachen/Teufel zu ihren F¨ußen. Bisher sind u¨ ber 20 lat., dt. und ndl. Texte in Vers und Prosa bekannt, wobei die Datierung umstritten ist. Als ein fr¨uhes Zeugnis gilt der in einer 117

1. H¨alfte 14. Jh. Konstanzer Handschrift aus der Zeit um 1400 u¨ berlieferte Text, als deren Verfasser sich → Wetzel von Bernau nennt. Dieser wird um 1235 von → Rudolf von Ems in seinem Alexander als Freund und Verfasser einer Margaretenlegende erw¨ahnt. Eine lat. Legende ist in Boninus → Mombritius’ Sanctuarium (um 1480) aufgenommen, ihr steht die Legende von der Marter der hl. M. des → Hartwig von dem Hage nahe. I. Verslegenden. 1. Eine im ostmd. Raum wahrscheinlich als Teil des → Passienb¨uchleins von den vier Hauptjungfrauen entstandene Legende von ca. 776 Versen entstand in der ersten H¨alfte des 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 2025, 72ra–78va. – Ebd., Mgo 344, 1r–31r. – Ebd., GrimmNachlass, Nr. 734 (I). – Dessau, StB, Cod. 24.8°, 58v–73v. – Erfurt, Stadtarch., zwei unsignierte Bll. – G¨ottingen, UB, Ms. theol. 199, 1r–23r. – Hannover, LB, Cod. I 84a, 453r–464v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 441, 221r–237r. – Ebd., Cgm 478, 63v–74r. – Olm¨utz/Olomouc, Oblastn´i Archiv v Opavˇe, Cod. C. O. 188, 1r–13v. – Stettin, ehem. Bibl. der Ges. f¨ur Pommersche Gesch. und Altertumskunde, unsign. Fragm. (unbekannter Aufbewahrungsort). – Upp¨ sala, UB, Cod. C 497, 22v–39v. – Wien, ONB, Cod. 3007, 14r–27v. – Verschollen sind zwei bei Friedrich v. der Hagen/Johann Gustav B¨usching: Lit. Grundriß zur Gesch. der Dt. Poesie. Berlin 1812, S. 278–281, 550, erw¨ahnte Hss. und das Klappersberger Bruchst¨uck. Vgl. dazu Oswald Pautsch: Bruchst¨uck einer M.-Legende. In: ZfdPh 38 (1906) S. 242–244. – Drucke: Marienburg, Karweyß, um 1492. – Leipzig, o. Dr., 1509. – Ebd., o. Dr., 1517. Ausgaben: Wilhelm Schum: Mhd. Predigt- und Legendenbruchst¨ucke. In: Germania 18 (1873) S. 96–109. – Karl Stejskal: Bˆuchelin der hl. M Wien 1880. – Robert Hasenj¨ager: Bruchst¨uck einer md. Margaretenlegende. In: ZfdPh 12 (1881) S. 468–479. ¨ Literatur: Friedrich Vogt: Uber die Margaretenlegenden. In: PBB (Halle) 1 (1874) S. 263–287, hier S. 266–277. – Hermann Degering/Max Joseph Husung: Die Katharinen-Passie [...]. Berlin 1928, S. 10–44. – Gerrit Gijsbertus van den Andel: Die M. in ihren ma. Versionen. Eine vergleichende Stud. Diss. Amsterdam. Groningen 1933, passim. – Ders.: Die Unordnung im Texte der G¨ottinger M.Legende. In: Neophilologus 20 (1935) S. 96 f. 2. Eine Version von 726 Versen, entstanden wohl in der zweiten H¨alfte des 13. Jh., ist u¨ berliefert in Berlin, SBB, Mgq 267, 17v–34v. 118

1. H¨alfte 14. Jh. Ausgabe: Moriz Haupt: Die Marter der hl. M. In: ZfdA (1841) S. 151–193. Literatur: Vogt, S. 280. – Van den Andel, passim. 3. Ein wahrscheinlich aus dem 12. Jh. stammendes Fragment (wohl md. Herkunft) von 34 Versen eines Margaretenlebens findet sich in Berlin, SBB, Mgf 927, 235r. Vgl. dazu: Karl Bartsch: Margaretenlegende des 12. Jh. In: Germania 24 Nr. 12 (1879) S. 294–297. 4. Wohl nach 1235 entstand die in Augsburg, UB, Cod. Oettingen-Wallerstein I, 3, 2°, 4, u¨ berlieferte sog. Wallersteiner Margaretenlegende. Die zeitweise mit der Legende Wetzels von Bernau verwechselte unvollst¨andige Dichtung wurde von Herzogin Clementia von Z¨ahringen in Auftrag gegeben. Ausgabe: K. Bartsch: Wetzels hl. M. In: Germanistische Stud., Suppl. zu Germania. Hg. v. K. Bartsch. Wien 1872, S. 10–30. Literatur: Bartsch (s. Ausg.) S. 1–10. – Vogt, S. 265 f. – van den Andel, passim. – Joachim Bumke: M¨azene im MA. M¨unchen 1979, S. 239, 504 f. 5. Oxford, Bodleian Library, Ms. Germ. b. 3, Bl. 8, enth¨alt ein Fragment von 26 Versen. Ausgabe: Kurt G¨artner/Nigel F. Palmer: Fragm. aus einer Bilderhs. der Margaretenlegende in der Bodleiana zu Oxford. In: Litterae ignotae [Litterae 50] (1977) S. 57–60. 6. Eine bair.-¨osterr. Fassung in 680 Versen u¨ berliefern Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1079, 63r–71r, und Prag, UB, Cod. XVI G 19, 256r–278r. Ausgaben: Karl Bartsch: Sante Margareten Marter. In: Germania 4 (1859) S. 440–471. – Joseph Maria Wagner: Sante Margareten Marter. In: Germania 6 (1861) S. 376–379. Literatur: K. Bartsch: Sante Margareten Marter. In: Germania 7 (1862) S. 268–270. – Vogt, S. 264 f. – Ehrismann 2/1 (1922) S. 158 f. – Van den Andel, passim. 7. Eine weitere, wohl im 13. oder 14. Jh. entstandene M.-Legende findet sich in mehreren kleinen Fragmenten aus der Trierer StB (Fragm.-Mappe X/4) und in Berlin, SBB, Mgf 737, 29–33. Ausgaben: ZfdA 32 (1888) S. 423–430; 33 (1889) S. 394–402; 37 (1893) S. 13–20. Vgl. van den Andel, passim. 8. Eine fragmentarische bair. M.-Legende wohl aus dem Anfang des 14. Jh. u¨ berliefert Budapest, Ungarische Akad. der Wiss., Fragm. K 545. 119

Margareta von Antiochien Literatur: Andr´as Vizkelety: Fragm. mhd. Dichtung aus Ungarn. In: ZfdA 102 (1973) S. 222–224 (mit Teilabdruck). 9. Wahrscheinlich im 15. Jh. entstand eine nd. Version in 441 Versen, u¨ berliefert in Bielefeld, Altst¨adter Kirchenbibl., Cod. A4, 29r–44v. – Dessau, StB, Cod. Georg. 72.8°, 128r–145v. – Ehem. F¨urstenwalde, Dombibl., unsigniert (verschollen). – Oldenburg, Nieders¨achsisches Staatsarch., Best. 285 Nr. 13, 14r–20r. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1228 Helmst., 25v–40r. – Ebd., Cod. 1231 Helmst., 214v–231v. Ausgaben: Paul Graffunder: Mnd. MargaretenPassion. In: NdJb 17 (1891) S. 131–163. – van den Andel, S. 104–120. Literatur: Van den Andel, passim. 10. Eine nd. (ndl.?) Version aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. (128 erhaltene Verse) ist u¨ berliefert in Kopenhagen, UB, Cod. AM. 79,8°. Ausgabe: Karl v. Bahder: Kopenhagener Bruchst¨ucke. Aus einem ndl. Margarethenleben. In: Germania 31 Nr. 19 (1886) S. 280–291, hier S. 289–291. 11.437 Verse umfasst eine md., nur in K¨olner Drucken uberlieferte Fassung. ¨ ¨ Uberlieferung: K¨oln, [U. Zell, 1499]. – [Ebd.], J. Koelhoff, [1499/1500]. – Ebd., H. van Nuys, 1513. – Ebd., 1514. – [Ebd., S. Kruffter, 1515]. Ausgabe: Oskar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854, S. 73–99. Literatur: Vogt, S. 260. – Van den Andel, S. 14 f., 101, passim. 12. Ein mit 11. verwandtes Margaretenleben von 183 Versen u¨ berliefert Bern, Burgerbibl., Hs. 537, 193r–196v. Literatur: Van den Andel, S. 14 f., 101, passim. 13. Nur fragmentarisch ist eine md. Legende des 13. Jh. (51 Verse) u¨ berliefert: Wolfenb¨uttel, Nieders¨achsisches Staatsarch., Perg.-Bruchst. 12 Slg 4. Ausgabe: Paul Zimmermann: S. M. und Daniel. In: ZfdA 42 (1898) S. 179–182. Literatur: Konrad Zwierzina: S. M. und Daniel. In: ZfdA 42 (1898) S. 182–185. 14. Mit den Fassungen 9 und 11 verwandt ist eine nd. Kompilation von 876 Versen. ¨ Uberlieferung: Magdeburg, Simon Koch gen. Mentzer, Probedruck 1485/90. – Ebd. 1500. Ausgabe: Philipp Wegener: Drei mnd. Gedichte des 15. Jh. Progr. Magdeburg 1878, S. 14–23. Literatur: Wegener (s. Ausg.) S. 30–42. – Van den Andel, S. 101 f., passim. 120

Passienbuchlein ¨ von den vier Hauptjungfrauen II. Prosalegenden. 1. Eine in Graz, UB, Cod. 781, 71v–110v u¨ berlieferte Prosaversion geht wohl auf eine Verslegende zur¨uck. Ausgabe: Joseph Diemer: Kleine Beitr. zur a¨ lteren dt. Sprache und Lit. Bd. 1. Wien 1851, S. 121–128. 2. Eine Margaretenlegende mit dem Incipit «Sant Margaretha die waz ein gar minnekliche dochter Theodasy», u¨ berliefert in Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 182rb/vb, wurde m¨oglicherweise von Heinrich → Kramer u¨ bersetzt. 3. Eine bair. Prosalegende (Inc.: «Dy heilig Junchfraw sand Margret ist p¨urtig gewesen von der stat Antiochie») findet sich in Melk, Stiftsbibl., Hs. 1569, 58v–61r (geschrieben von Lienhard → Peuger). ¨ 4. Eine mittelfr¨ankische Ubertragung von BHL 5303 mit dem Incipit «Na der martelie ind der vpperstanysse vnses heren» findet sich in einigen Handschriften der S¨udmndl. Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine), aber auch als eigenst¨andige ¨ Uberlieferung. 5. In Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1152 Novi, ¨ 130v–144v, ist eine nd. Ubersetzung u¨ berliefert. Inc.: «De hilghe iuncvrowe sancta Margareta was erer elder ynneghe kynt». Eine alemannische Fassung von BHL 5303 mit dem Incipit «Nach dem lyden vnd der fr¨olichen vrstendy vnsers lieben herren Jhesu christi» u¨ berlieferte Dresden, LB, Cod. M 283 (verbrannt). 7. Die alemannische Margaretenlegende in Leipzig, UB, Cod. Rep. II, 156, 1r–28r (Inc.: «Nach dem liden ihesu christ») ist m¨oglicherweise identisch mit II. 6. 8. Berlin, SBB, Mgq 192, 169v–182v, enth¨alt eine ¨ weitere alemannische Ubertragung von BHL 5303. Inc.: «Adest nobis dilectissimi [...] Die selige margareta wasz von Anthiochia». ¨ 9. Eine schw¨abische (?) Ubersetzung von BHL 5303 mit dem Incipit «Adest nobis dilectissimi [...] die aller liebsten huit ist vns gegenw´urtig». 10. Ein Margaretenleben, Gebete, eine Predigt und Mirakel enth¨alt ein Libellus, uberliefert in ¨ N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Cod. 16567, 1r–82r. Inc.: «Die seligest sant Margaretha die waz ein einige tochter Theodosj». Literatur: Sabine Kimpel, LCI 7 (1974) Sp. 494–500. – Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 1240–1247; 11 (2004) Sp. 967. – Wimmer/Melzer (61988) S. 542. – Erich Wimmer, 121

1. H¨alfte 14. Jh. LexMA 6 (1993) Sp. 231 f. – Thomas Berger, LThK3 6 (1997) Sp. 1311 f. – Josef J. Schmid, BBKL 18 (2001) Sp. 855–859. – W. WilliamsKrapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. ¨ zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. SF Passienbuchlein ¨ von den vier Hauptjungfrauen. – Reimlegenden der hl. → Barbara (B; ca. 440 Verse), → Dorothea (D; ca. 400 Verse), → Katharina von Alexandrien (K; ca. 595 Verse) und → Margareta von Antiochien (M; ca. 760 Verse). Der Titel der Sammlung findet sich in den Drucken von Karweysse und Kachelofen ¨ (1492/1508; s. Uberl.); die Texte sind handschriftlich als Gesamtwerk oder in Sammelhandschriften integriert u¨ berliefert und wurden einzeln oder in Serie gedruckt. Aufgrund stilistischer Gemeinsamkeiten der schlicht gehaltenen Legenden wird ein gemeinsamer ostmd. Verfasser angenommen. Da jeder der Texte der wohl aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. stammenden Sammlung einen eigenen Prolog besitzt, ein Gesamtprolog jedoch fehlt und ihre ¨ Reihenfolge in der Uberlieferung erheblich variiert, ist umstritten, ob sie als Gesamtwerk oder als Serie verfasst wurden; die a¨ lteste Handschrift jedenfalls enth¨alt nur das P.. Anreger und Verbreiter der Sammlung war wahrscheinlich der Deutsche Orden, f¨ur den auch eine Messe de sanctis quattuor virginibus capitalibus nachgewiesen ist. Eine die Legende der M k¨urzende mittelfr¨ankische Redaktion ist unikal als Fragment in einer Berner Hs. von 1450 u¨ berliefert (Ausgabe: Degering/Husung, s. Lit., S. I–XX). ¨ Uberlieferung: Neben der Hs. (s. o.) sind folgende Seriendrucke u¨ berliefert: K¨oln, Ulrich Zell, ca. 1485/90. – K¨oln, Joh. Koelhoff, 1490/1500. – K¨oln, Heinrich v. Neuß, 1501/14. – K¨oln, Servais Kruffter, 1515/20 (Ex.: Krakau, UB). – Einzeldrucke von B: L¨ubeck, Hans Arndes (?), 1521, nd. (Ex.: G¨ottingen, UB, 8° Poet. Germ. II, 2071). – Leipzig (?), Martin Landsberg (?), ca. 1517, nd. (Ex.: Greifswald, UB, 8° Ink. 2). Im Mai 1500 gab Simon Koch genannt Mentzer, auf dem K¨olner Druck der mittelfr¨ankischen Redaktion von Ulrich Zell aufbauend, eine nd. Redaktion in Serie (ohne K) heraus (Ausg.: Wegener [s. Lit.]). ¨ Uberlieferung: Hss. mit allen oder mehreren der vier Legenden: Uppsala, UB, Cod. C 497, 1r–42v 122

1. H¨alfte 14. Jh. (ca. 1400, ostmd.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm, 478, 42r–70v (erste H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Dessau, StB, Hs. Georg. 24. 8°, 33r–73v (zweite H¨alfte 15. Jh., th¨uringisch). – Berlin, SBB, Mgq 2025, 72r–82r (aus Mainz, Wasserzeichendatierung 1446–62, rheinfr¨ankisch). – Hannover, LB, Cod. I 84a, 440v–464v (aus Kloster Marienstuhl bei Halberstadt, 1474–76, ostf¨alisch). – Hss. mit Einzellegenden: → Dorothea. – → Margareta. – Drucke, Gesamtausgaben: Marienburg, Jacob Karweysse, ca. 1492 (Ex.: Thorn, UB, Inc. II. 2, 8°). – Leipzig, Conrad Kachelofen, 1508 (Ex.: G¨ottingen, UB, H.E.S. 136/15). – Drucke, Serie: Leipzig, Martin Landsberg, 1517, K und M in einem Bd. (Ex.: Greifswald, UB, 8° Ink. 2), B separat (Ex.: Berlin, SB Preußischer Kulturbesitz, Ink. 1588/10, 8°). – Einzeldruck von D: N¨urnberg, ca. 1517 (verschollen?). Ausgaben: Edition durch Sibylle Jefferies in Vorbereitung. Literatur: Friederike Tschochner: Virgines capitales (Heilige Madl’n). In: LCI 8 (1976), Sp. 573. – Sibylle Jefferis/Konrad Kunze, VL2 7 (1989) Sp. 325–328; 11 (2004) Sp. 1164. – Oskar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854. – Philipp Wegener: Drei mnd. Gedichte des 15. Jh. Progr. Magdeburg 1878. – Hermann Degering/Max Joseph Husung: Die Katharinen-Passie [...]. Berlin 1928. – Severin Corsten: Ulrich Zells deutschsprachige Drucke. In: Gutenberg-Jb. 40 (1965) S. 110–117. – Manfred Beck: Unters. zur geistlichen Lit. im K¨olner Druck des fr¨uhen 16. Jh. (GAG 228). G¨oppingen 1977, S. 107, 120–125, 183–195. – S. Jefferis: Ein sp¨atma. Katharinenspiel [...] Diss. Univ. of Pennsylvania 1982, S. 183–187. – Ursula Bruckner: Ein Probedruck der MargaretenPassio. In: Beitr. zur Inkunabelkunde 8 (1983) S. 118–124. – S. Jefferis: The Saint Catherine Legend of the Legenda aurea. In: Actes du Colloque internationale sur la Legenda aurea [...] Hg. v. Brenda Dunn-Lardeau. Montr´eal/Paris 1986, S. 253–265. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ¨ ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 29. – S. Jefferis: ‹Das Passienb¨uchlein›. Ein Legendenbeitr. im st¨adtischen Leben um 1500. In: JOWG 7 (1992/93), S. 227–254. – Johannes Janota: Vom sp¨aten MA zum Beginn der Neuzeit. Orientierung durch volkssprachliche Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. 123

St. Pauler Evangelienreimwerk den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 235. SF St. Pauler Evangelienreimwerk. – Dt. Evangelienbearbeitung in Reimpaarversen, erste H¨alfte 14. Jh. Ein Codex des Benediktinerstiftes St. Paul im Lavanttal u¨ berliefert fragmentarisch die Abschrift ¨ einer mitteldt. Ubersetzung der vier Evangelien in Paarreimversen. Der Verfasser ist unbekannt, in Anbetracht seines Bem¨uhens um die Volkssprache und die Laienfr¨ommigkeit k¨onnte es sich um einen ¨ Franziskaner-Minoriten gehandelt haben. Uberliefert sind noch 14821 Verse (nach Abzug von Dopplungen 14760), der Textverlust betrifft den Beginn des Werkes: Die ersten drei Lagen zu 10 Bll. fehlen ¨ in der Handschrift, die Ubersetzung setzt erst bei Mt 17,4 ein und rund 2700 Verse d¨urften verloren sein. Vor dem Beginn der drei vollst¨andig u¨ berlieferten Evangelien stehen Eingangsgebete des Dichters, die einheitlich gestaltet sind mit einer Bitte an Christus um Gnade und Hilfe, gefolgt von einer Anrufung Marias und der Bitte an den jeweiligen ¨ Evangelisten um Beistand bei der Ubersetzungsarbeit. Hierbei artikuliert der Verfasser explizit, dass er den Illiterati Zugang (wenn auch aufgrund der Volkssprache keinen vollg¨ultigen) zum heiligen Schrifttum erm¨oglichen m¨ochte, damit sie zu einer besseren Lebensf¨uhrung gelangen k¨onnen. Im Hinblick auf die Form ist der Dichter um strenge Einhaltung des Reimschemas bem¨uht, ebenso um eine m¨oglichst genaue Wiedergabe der lat. Bibeltexte, wobei er Parallelstellen konkordant u¨ bersetzt. Neben der Vulgata d¨urfte der Bearbeiter die Glossa ordinaria, eine Kompilation von Kirchenv¨atertexten, herangezogen haben. ¨ Uberlieferung: St. Paul im Lavanttal (K¨arnten), Stiftsbibl., Cod. 53/1 (olim 25.2.37), 110 Bll. (Perg., erste H¨alfte 14. Jh., aus St. Blasien). Die Hs. zeigt Spuren eines erbaulichen und/oder paraliturgischen Gebrauchs: Leseabschnitte sind schon von den beiden Schreibern der Hs. an den Innenr¨andern markiert worden. Im 15. Jh. wurden neben einzelne Passagen die Tage des Kirchenjahres eingetragen, an denen der jeweilige Text als Perikope gelesen wird. Ausgabe: Ausz¨uge bei Heinrich Hoffmann [v. Fallersleben]: Altdt. Hss.: Nr. 2: Die vier Evangelien. In: Altdt. Bl¨atter 2 (1840) S. 82–97, hier 124

Spruche ¨ der zwolf ¨ Meister S. 83 f.; Sch¨onbach 1897, S. 33–41, 53, 55–64. – Johannes Fournier: Das St. P. E. Bd. 1.: Text (Vestigia biblia 19). Bern 1998. Literatur: Heimo Reinitzer, VL2 7 (1989) Sp. 364–366; 11 (2004) Sp. 1168. – Anton E. Sch¨onbach: Mitth. aus altdt. Hss. 6: Ueber ein mitteldt. Evangelienwerk aus St. Paul (Sb. der phil.hist. Cl. der kaiserl. Akad. der Wiss. 137,5). Wien 1898. Nachdr. in: Mitth. aus altdt. Hss. 10 St¨ucke in einem Band. Hildesheim/New York 1976 (mit Glossar). – Friedrich Maurer: Stud. zur mitteldt. Bibel¨ubers. vor Luther (Germanische Bibl. 2,26). Heidelberg 1929, S. 52–57. – J. Fournier: Das St. P. E. Authentizit¨at der Evangelien und Aufl¨osung der Form. In: Quelle – Text – Edition. Ergebnisse der o¨ sterr.-dt. Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft f¨ur Germanistische Edition in Graz vom 28. Februar bis 3. M¨arz 1996. Hgr. Anton Schwob. Tu¨ bingen 1997, S. 37–50. – Ders.: Das St. P. E. Bd. 2.: Untersuchungen (Vestigia biblia 20). Bern 1998. – Ders.: Die gute Nachricht in wechselnden Formen. Vers und Prosa im ‹St. P. E.›, im Evangelienbuch f¨ur Matthias Beheim und in Michel Beheims Liedern. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel im deutschsprachigen MA›. Zus. mit Michael Embach/Michael Trauth hg. Ralf Plate/Andrea Rapp (Vestigia Bibliae 24/25 [2002/2003]). Bern u. a. 2004, S. 189–209. VZ Paulus. – Dt. Vers- und Prosalegenden, 14. und 15. Jh. Die P.-Legende geh¨ort zum Grundbestand aller dt. Großlegendare. Oft wird er (so auch in der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine) dreimal ber¨ucksichtigt: in der Petrus- u. P.-Legende, am Tag Pauli Ged¨achtnis und zu Pauli Bekehrung. Außerhalb der geschlossenen Sammlung eines Legendars u¨ berlieferte Fassungen sind selten. Ein fragmentarische tradierte (und heute verschol¨ lene) Versifikation steht im Uberlieferungszusammenhang mit dem → Buch der M¨artyrer und dem → Passional und war wohl eine Erweiterung des Textbestandes des Passionals. Enthalten sind Heilung und Bekehrung des Saulus. Eine Quelle ist nicht bekannt, der Text war aber wohl selbst Teilquelle f¨ur die P.-Legende in → Der Heiligen Leben. Urspr¨unglich enthielt dieses Legendar keine Legende zur Bekehrung des P. In den ersten Druck (Augsburg1475, GW M11352) wurde eine schw¨abische Version integriert, die sich in allen 41 125

1. H¨alfte 14. Jh. Auflagen und auch Abschriften der Drucke widerfindet. Weitere bekannte Prosaversionen sind ein alemannisches Fragment und eine bair. Fassung von Pauli Bekehrung mit Predigt-Einschlag. ¨ Uberlieferung: Versfragment: Leipzig, StB, ohne Sign. (verschollen), 1 Pergamentdoppelbl., 1ra-vb (erste H¨alfte/Mitte 14. Jh., mitteldt.). – Alemannisches Prosafragment: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 7090/3 (Perg., 1 Doppelbl., 2 Einzelbll., 15. Jh.). – Bair. Prosafassung: M¨unchen, BSB, Cgm 321, 72v–75r (Pap., um 1426, mittelbair.). Ausgabe (Versfragment): Karl Hildebrand: Bruchst¨uck des Passionals 2. In: ZfdA 16 (1873) S. 393–401, hier S. 394–397. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 7 (1989) Sp. 386 f. – Erich Wimmer, EM 10 (2002) Sp. 670–674. – Hans-Georg Richert: Wege und Formen der Passional¨uberl. (Hermaea N.F. 40). T¨ubingen 1978, S. 85 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ¨ ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 274, 282 und Reg. – Zu P. und der P.-Rezeption allg.: Martin Lechner, LCI 8 (1976) Sp. 128–147. – Luis F. Ladaria: Paul. In: Dict. Spir. 12 (1983) Sp. 487–512. – Rolf Pepperm¨uller/Victor Saxer, LexMA 6 (1993) Sp. 1818–1823. – Hans H¨ubner, TRE 26 (1996) S. 133–153. – Jost Eckert/Helmut Merklein/Ernst Dassmann/Laurentius Koch/Aurelio de Santos Otero/Karl Suso Frank, LThK3 7 (1998) Sp. 1494–1505. – Samuel Vollenweider, RGG4 6 (2003) Sp. 1035–1065. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lex. der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 403–415. – J¨urgen Becker: P., der Apostel der V¨olker. T¨ubingen 1989. 31998. VZ Spruche ¨ der zwolf ¨ Meister. – 63 Verse umfassendes mystisches Lied aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Das Werk stellt einen Versuch dar, die Kerngedanken der Eckhartischen Gottesgeburt-Lehre in Versform zu fixieren. Zu diesem Zweck werden die Lehren von zw¨olf namentlich genannten Predigern vorgestellt; formal ist die Dichtung in paargereimte ungleiche Strophen (in der Regel eine pro Prediger) gegliedert. Sicher identifizierbar sind vier der Meister: Meister → Eckhart, → Dietrich von Freiberg, Johannes → Tauler und → Johann von der Mu¨ ntz (Johann van der Muntzen, 1331 in K¨oln belegt). Acht der Meister sind Dominikaner; 126

1. H¨alfte 14. Jh. das stark von neuplatonischen Lehren beeinflusste Gedankengut l¨asst sich auf das dominikanische Umfeld aus den 1320er bis 1330er Jahren (kurz vor oder nach der Verurteilung der S¨atze Meister Eckharts) zur¨uckf¨uhren. Ausdr¨ucklich wird auf mystische Erfahrungen hingewiesen. ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, Cod. 2795, 188r–189v (Pap., aus Inzigkofen, 1440, schw¨abisch). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 33, 194r–195r (Pap., 1450, schw¨abisch; wahrscheinlich Abschr. der Straßburger Hs.). ¨ Ausgaben: Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420, hier S. 349–351. – Ders.: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 175–177. Literatur: Loris Sturlese, VL2 9 (1995) ¨ Sp. 197–201. – Gabriel Maria L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker [...]. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178. – Kurt Ruh: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230. – L. Sturlese: Alle origini della mistica speculativa tedesca. In: Medioevo 3 (1977) S. 21–87. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 62, 73, 80, 433. – Alessandra Beccarisi: ‹Isticheit› nach Meister Eckhart: Wege und Irrwege eines philosophischen Terminus. In: Meister Eckhart in Erfurt. Hg. v. Andreas Speer/Lydia Wegener (Miscellanea mediaevalia 32). Berlin u. a. 2005, S. 314–334, hier S. 324–326. SF Jordan von Quedlinburg (J. v. Sachsen, Jordanus de Saxonia), * um 1300 Quedlinburg, † 1380 (1370?) Vienne (oder Wien?). Zun¨achst Novize bei den Augustinern in Quedlinburg, studierte J. 1317–19 in Bologna und anschließend bis 1322 in Paris. 1327–33 ist er als Lektor der Augustiner-Generalstudien in Erfurt und 1336–38 in Magdeburg nachgewiesen. Dort war J. 1331–49 auch kanonischer Richter im Prozess um die Ermordung des Bischofs Bruchard III. J. genoss offenbar das Vertrauen des Ordensgenerals Thomas von Straßburg, der ihn 1343 nach Avignon entsandte. J. sollte Papst Clemens VI. dort Akten des Generalkapitels von Mailand u¨ bergeben. Im selben Jahr ernannte Thomas J. zum Visitator und Provinzkapitel-Pr¨ases der franz¨osischen 127

Jordan von Quedlinburg Ordensprovinz. Mehrmals amtierte J. auch als Provinzial der Ordensprovinz Sachsen-Th¨uringen, so in den Jahren 1346–51. J.s Texte entstanden zum gr¨oßten Teil nach dem Ende seiner Amtszeit als Provinzial. Die wenigen bekannten Jugendschriften entstammen seiner akademischen Fr¨uhzeit. Dazu z¨ahlen drei kurze Hagiographien (Vita s. Augustini, Annotatio temporum s. Augustini, Legenda de s. Augustino), die J. um 1319–22 als Student in Paris schrieb. Wahrscheinlich am Erfurter Generalstudium verfasste er die von → Alanus de Insulis beeinflusste Expositio psalterii und die 1327 ver¨offentlichte Expositio orationis dominicae (sp¨ater Predigten Nr. 289–298 der Postilla, s. u.). J.s Bedeutung als Ordensschriftsteller beruht vor allem auf dem Liber Vitasfratrum (1357). Inspiriert vom → Vitaspatrum, gilt J.s Text als die wichtigste Gesamtdarstellung des Augustinerordens ¨ im 13. Jh. Sein Uberblick u¨ ber Ursprung, Leben, Geist und Regel des Ordens zeichnet sich nicht nur durch großen Umfang und Genauigkeit aus, sondern auch durch klare Grunds¨atze des Autors. In seiner stets lebensnahen Er¨orterung spezieller Fragen des Ordenslebens (z. B. Armut und G¨utergemeinschaft) erweist sich J. als Vertreter des Mittelwegs und Gegner extremer Praktiken. So sollen etwa M¨onche ihre Buße nicht u¨ bertreiben und in allen Bußpraktiken ihre Gesundheit sowie den o¨ ffentlichen Anstand beachten. ¨ Eine reiche Uberlieferung auch außerhalb des ¨ Ordens sowie in ndl., nd. und hochdt. Ubersetzung erfuhren J.s Meditationes de passione Christi (auch Articuli LXV de passione Domini cum theorematibus et documentis). Ob der Text, wie teilweise vermutet, urspr¨unglich J.s Postilla angeh¨orte, ist nicht gekl¨art. Sp¨ater wurden die Meditationes fester Bestandteil vieler Passionspredigten und Gebetsb¨ucher des Sp¨atmittelalters. Ebenso bedeutend und vielfach u¨ berliefert ist J.s Predigtsammlung Postilla de evangeliis dominicalibus (auch Opus Postillarum), die er in seinen letzten Lebensjahren vollendete (Druck erst 1483 in Straßburg). Die 460 Predigten zu Sonn- und Feiertagen sind in vier Tempora aufgeteilt: «adventus et incarnationis», «conversionis et vocationis», «redemptionis» und «praedicationis». Viele der Texte lagen bald in anderen Sammlungen sowie in nd. und ndl. Sprache vor. Unter J.s homiletischen Schriften sind weiterhin die 293 Sermones de tempore (auch Opus Jor), die 271 Sermones de sanctis (auch Opus Dan) und die 75 Predigten des Quadragesimale zu nennen. 128

Jordan von Quedlinburg Alle drei Werke erschienen nach der Postilla; eine ¨ reiche Uberlieferung war prim¨ar dem Opus Dan beschieden. Inhaltlich stehen J.s Predigten unter dem Einfluss → Heinrichs von Friemar und Meister → Eckharts (v. a. dessen Johannes-Kommentar inspirierte J.). Obwohl sein Werk mystische Tendenzen zeigt, wandte sich J. gegen mystische Extreme, etwa den Pantheismus der «Br¨uder des freien Geistes». Neben Predigten schrieb J. schließlich auch die Viginti quattuor gaudia gloriosissimae virginis Mariae, einen Kranz von 24 volkst¨umlich aufbereiteten Mariengebeten. Hinzu kommen kleinere Einzelpredigten und Traktate. ¨ ¨ Uberlieferung: Verz. der umfangreichen Uberl. bei Adolar Zumkeller: Mss. von Werken der Autoren des Augustiner-Eremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibl. W¨urzburg 1966, S. 285–319, 605–608; Johannes B. Schneyer: Repertorium der lat. Sermones des MA 3. Mu¨ nster 1971, S. 802–864; außerdem Arbesmann/H¨umpfner 1943 (s. Ausg.); Lievens 1958 (s. Lit.). Ausgaben: Jacques Hommey: Supplementum Patrum [...]. Paris 1684, S. 569–634 (Vita s. Augustini, Annotatio temporum s. Augustini, Legenda de s. Augustino). – John Capgrave’s Lives of St. Augustine and St. Gilbert of Sempringham, and a Sermon. Hg. v. John Munro. London 1910. – Die mittelniederdeutschen Predigten des Jordanes von Quedlinburg in Auswahl. Hg. v. Johannes Flensburg. Diss. Lund 1911. – Liber vitasfratrum. Hg. v. Rudolph Arbesmann. und Winfried H¨umpfner. New York 1943. – Epistulae. Hg. v. Angelus Walz. Rom u. a. 1951. – Lievens 1958 (s. Lit.) S. 130–155 (Teilausg. der Meditationes). – John Capgrave: Life of Saint Augustine. Ed. from British Library Additional MS 36704 together with Jordanus of Saxony’s Vita s. Augustine from Biblioth`eque de l’Arsenal, MS 251. Hg. v. Cyril Lawrence Smetana. Toronto 2001. – Opus ior. Registrum sermonum, tabula contentorum, secundum ordinem alphabeti. Hg. v. Nadia Bray. Pisa 2004. – Opus postillarum et sermonum de evangeliis dominicalibus. De nativitate domini. Hg. v. N. Bray. Hamburg 2008. Literatur: Karl Werner, ADB 14 (1881) S. 504. – Adolar Zumkeller, NDB 10 (1974) S. 597 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 328. – A. Zumkeller, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 1423–1430. – Ders., VL2 4 (1983) Sp. 853–861; 11 (2004) Sp. 811. – Ders., MarLex 3 (1991) S. 431. – Ders., LexMA 5 (1991) Sp. 629. – Ders., BBKL 3 (1992) Sp. 649–652. – Ders., LThK3 5 (1996) Sp. 994. – Ralph Weinbrenner, RGG4 4 (2001) Sp. 573. – Ulla Williams/Red., 129

1. H¨alfte 14. Jh. Killy2 6 (2009) S. 191 f. – Thomas Kaeppeli: Predigten Jordans von Sachsen. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 9 (1939) S. 311–314. – R. Arbesmann: Jordanus of Saxony’s Vita Sancti Augustini, the Source for John Capgrave’s Life of St. Augustine. In: Traditio 1 (1943) S. 341–354. – Victor Scholderer: The Printer of Jordanus de Q., Strasburg, 1481–1502. In: Papers of the Bibliographical Society of America 46 (1952) S. 179–185. – Robrecht Lievens: J. van Q. in de Nederlanden, een onderzoek van de hss. Gent 1958. – A. Zumkeller: Die Bedeutung der Augustiner f¨ur das kirchliche und religi¨ose Leben in Franken und Th¨uringen w¨ahrend des 14. Jh. In: Wu¨ rzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 18/19 (1956/57) S. 33–52, hier S. 47–52. – Ders.: Das Ungen¨ugen der menschlichen Werke bei den dt. Predigern des Sp¨atMA. In: Zs. f¨ur kath. Theologie 81 (1959) S. 265–305, hier S. 275–281. – Ders.: Die Lehrer des geistlichen Lebens unter den dt. Augustinern vom dreizehnten Jh. bis zum Konzil v. Trient. Sanctus Augustinus vitae spiritualis Magister II. In: Analecta Augustiniana (1959) S. 239–338. – Albert Ampe: Een vernieuwd onderzoek ontrent enkele ‹onechte› sermoenen van J. van Q. In: Handelingen der Koninklijke Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal- en Letterkunde en Geschiedenis 17 (1963) S. 13–46. – Kunibert Gieraths: Die kluge pastorale Mitte in den aszetischen Forderungen bei J. v. Sachsen und Heinrich Seuse. In: Heinrich Seuse. Stud. zum 600. Todestag. Hg. v. Ephrem M. Filthaut. K¨oln 1966, S. 305–318. – Damasus Trapp: La tomba bisoma di Tommaso da Strasburgo e Gregorio da Rimini. In: Augustinianum 6 (1966) S. 6–17. – Fulgence A. Mathes: The Poverty Movement and the Augustinian Hermits. In: Analecta Augustiniana 31 (1968) S. 5–154; 32 (1969) S. 5–116, hier S. 77–110. – Dietrich Schmidtke: Geistliche Schiffahrt. Zum Thema des Schiffes der Buße im Sp¨atMA. In: PBB (Tu¨ b.) 92 (1970) S. 115–177, hier S. 138–140. – Robert Lerner: The Image of Mixed Liquids in Late Medieval Mystical Thought. In: Church History 40 (1971) S. 397–411. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 141–144 (T 117). – Adalbero Kunzelmann: Gesch. der dt. Augustiner-Eremiten 5. W¨urzburg 1974, S. 34–41. – Johanna-Marie Willeumier-Schalij: Grondpatronen voor Middelnederlandse Levens van Jesus in gebeden. (Lodolphus van Saksen, Jordanus van Quedlinburg e.a.). 130

1. H¨alfte 14. Jh. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde 93 (1977) S. 76–85. – Jeremiah M. G. Hackett: The Use of a Text Quotation from Meister Eckhart by J. of Q. (Saxony), O.S.A. In: Proceedings of the PMR Conference 2. Villanova 1977, S. 97–102. – J.-M. Willeumier-Schalij: De LXV artikelen van de passie van J. van Q. in middelnederlandse hss. In: Ons geestelijk erf 23 (1979) S. 15–35. – T. Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi III. Rom 1980, S. 53–55. – J. M. G. Hackett: Verbum mentalis conceptio in Meister Eckhart and J. of Q. A Text Study. In: Sprache und Erkenntnis im MA [...]. Hg. v. Wolfgang Kluxen u. a. Berlin 1981, S. 1003–1011. – Konrad Kunze u. a.: Information und innere Formung: zur Rezeption der ‹Vitaspatrum›. In: Wissensorganisierende und wissensvermittelnde Lit. im MA. Kolloquium 5.–7. Dez. 1985. Hg. v. Norbert Richard Wolf. Wiesbaden 1987, S. 123–142. – Eric L. Saak: Religio Augustini. J. of Q. and the Augustinian Tradition in Late Medieval Germany. Diss. Univ. of Arizona 1993. – J. M. G. Hackett: Augustinian Mysticism in Fourteenth-Century Germany: Henry of Freimar and J. of Q. In: Augustine. Mystic and Mystagogue. Hg. v. Joseph Reino u. a. New York 1994, S. 439–456. – E. L. Saak: Quilibet Christianus. Saints in Society in the Sermons of J. of Q., OESA. In: Models of Holiness in Medieval Sermons. Proceedings of the International Symposium (Kalamazoo, 4–7 May 1995). Hg. v. Beverly Kienzle u. a. Louvain-la-Neuve 1996, S. 317–338. – Franco Morenzoni: Les sermons de Jourdain de Saxe, successeur de Saint Dominique. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 66 (1996) S. 201–244. – Ders.: Exempla et pr´edication. L’exemple de Jourdain de Saxe. In: Les exempla m´edi´evaux. Hg. v. Jacques Berlioz und MarieAnne Polo de Beaulieu. Paris 1998, S. 269–291. – E. L. Saak: Pelagian-Anti-Pelagian Preaching: Predestination, Grace and Good Works in the Sermons of Jordan of Quedlinburg OESA (1380). In: Augustiniana 52 (2002) S. 311–334. – N. Bray: Meister Eckhart e Dietrich di Freiberg nell’‹Opus Ior› di Giordano di Q. In: Giornale critico della filosofia italiana Ser. 6,24 (2004) S. 37–52. – Jeffrey F. Hamburger: Enluminure et incunable. L’exemplaire alsacien des Soixante-cinq articles de Jourdain de Quedlinbourg. In: Revue de l’art 145 (2004) S. 5–18. – J. M. G. Hackett: The Reception of Meister Eckhart. Mysticism, Philosophy and Theology in Henry of Friemar (the Elder) and J. of Q. In: Meister Eckhart 131

Der von Achenheim in Erfurt. Hg. v. Andreas Speer und Lydia Wegener. Berlin u. a. 2005, S. 554–586. – Tobias Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgesch. Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006, S. 262–264 u. o¨ . (s. Reg.). – Istv´an Pieter Bejczy: Jordan of Q.’s ‹tractatus virtutum et vitiorum› (opus postillarum, sermons 439–41). In: Augustiniana 57 (2007) S. 73–88. MM Der von Achenheim. – Verfasser eines Predigtspruches. Der Autorname des ansonsten unbekannten A. wird neben 33 weiteren von der → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 u¨ berliefert. Diese Sammlung von Predigtexzerpten, Dicta, Gebeten und Autorit¨atenzitaten schreibt A. einen Predigtspruch u¨ ber «guote erkanntnisse» zu, in dessen kurzer Einleitung er als «barfuoze» bezeichnet wird. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 387v (14. und 15. Jh.aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg; Zitatenslg.). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 232. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) 22; 11 (2004) Sp. 1697. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191, VL2 10 (1999) 1564–1569. VZ Odilia (Ottilia). – Dt. Legenden. ¨ Die hl. O. († um 720) war die erste Abtissin des Klosters Hohenburg/Odilienberg, welches ihr Vater Eticho gr¨undete. Ihr Gedenktag ist der 13. Dezember, sie ist Patronin des Elsass und wird bei Augen-, Ohren- und Kopfkrankheiten angerufen. Die umfangreichste deutschsprachige Legende der Hl. O. ist die Version im → Solothurner Legendar; eine lat. Kurzfassung der Vita wurde in der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) aufgenommen und um 1350 in der Els¨assischen Legenda aurea u¨ bersetzt. ¨ In dieser Ubersetzung ist die Legende eine Quelle der → Athala-Legende. Eine lat. Kurzform von vor 1288 wurde im 15. Jh. ins Els¨assische ubersetzt. Be¨ kannt sind mindestens elf weitere, noch unedierte ¨ dt. Kurzlegenden; eine ma. dt. Ubersetzung der unverk¨urzten lat. Vita vom Ende des 9. Jh. (MGH SS rer. Merov. 6, 1913, S. 24–50) ist nicht bekannt. ¨ Uberlieferung: Solothurn, ZB, Cod. S 451, 265r–269v (ca. 1330–1350, alemannisch). Ausgaben: Ulla Williams-Krapp/Werner Williams-Krapp (Hg.): Die Els¨assische Legenda aurea. 132

Berthold von Bombach Bd. 1 (TTG 3). T¨ubingen 1980, S. 817–824. – Konrad Kunze (Hg.): Bd. 2 (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. 311–315, S. XVII, LVII. Literatur: Gisela Koschwitz, LCI 8 (1976) Sp. 76–79. – Wimmer/Melzer (61988) S. 619. – Konrad Kunze, VL2 7 (1989) Sp. 16 f. – Adrian Breukelaar, BBKL 6 (1993) Sp. 1108 f. – Ren´e Bornert: Odilienberg. In: LexMA 6 (1993) Sp. 1350 f. – Georg Gresser, LThK3 7 (1998) Sp. 973 f. – M´edard Barth: Die hl. O., Schutzherrin des Elsaß [...] Zwei Bde., Straßburg 1938. Nachdr. 1991. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Marie-Th´er`ese Fischer: La vie de sainte O. (Xe si`ecle) et les r´ecits post´erieurs. Strasbourg 2006. SF Der Sperwer OCarm. – Prediger. Der S. wird in einer einzigen Handschrift (→ Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191) mit mehreren Spr¨uchen als Prediger zitiert. Dass er zu «unserr frouwen br¨uedern» predigte, weist wohl auf eine Zugeh¨origkeit des S.s zu den Karmeliten hin. Im Mittelpunkt der Spr¨uche steht steht seine Forderung «mensche, du solt din herze gotte geben und tuo dich der crˆeatˆuren abe und vereinige dich mit gotte». Man solle Gott auch um Frieden des Herzens bitten, sich von Welt und Teufel abkehren sowie seine S¨unden bereuen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191 (Pap. und Perg., um 1400, alemannisch). Ausgabe: Spr¨uche dt. Mystiker. Hg. v. Franz Pfeiffer. In: Germania 3 (1858) S. 233 (Nr. XXVII). Literatur: Kurt Ruh, VL2 9 (1995) Sp. 87. MM Arnold der Rote (Bruder Arnold der Rote). – Prediger aus dem 14. Jh. Von A. ist eine Weihnachtspredigt aus dem 14. Jh. in einem Einsiedler Sammelcodex mystischer Prosa u¨ berliefert. Vielleicht ist A. mit dem «roten Lesemeister» zu identifizieren, der in der Predigtsammlung → Hartwigs von Erfurt (Postille, entstanden 1321–43) in einer Aufz¨ahlung von Predigernamen angef¨uhrt wird. H¨ochst unsicher ist indes die Vermutung, A. sei ein Berner Dominikanerm¨onch gewesen. Die Predigt A.s unter der Titular Dis hat gebrediet der userwelte knecht Bruoder Arnolt der rote behandelt Joh 12,26. Sie ist deutlich beeinflusst von Meister → Eckhart und Johannes 133

1. H¨alfte 14. Jh. → Tauler. Bemerkenswert sind die in der dt. Predigtliteratur singul¨are Zitierung Philos von Alexandrien und die pr¨agnante und laiengem¨aße Bildhaftigkeit von A.s Sprache. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 (1040), 309a–311a (Perg., Basel, drittes Viertel 14. Jh., hochalemannisch). Ausgaben: Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 209–258, hier S. 209–211. – Walter Muschg: Mystische Texte aus dem MA. Basel 1943 (Slg. Klosterberg/Schweizerische Reihe) S. 131 f., Neuausg. u. d. T. Mystische Texte aus dem MA v. Bernhard v. Clairvaux bis Niklaus v. der Fl¨ue. Z¨urich 1986 (unvollst¨andig). Nhd. Ausgabe: Angela Rozumek: ‹Vom inwendigen Reichtum›. Texte unbekannter Mystiker aus dem Kreise Meister Eckharts. Mit einer Einf. v. Alois Dempf. Leipzig 1937, S. 39 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 484 f. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA nach den Quellen untersucht und dargestellt. Bd. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. 1962), S. 128 f. – ¨ Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den deutschen Mystikertexten. Diss. Gießen 1910, S. 189. – W. Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200/1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 185 f. – Rudolf von Biberach: Die siben ¨ strassen zu got. Die hochalemannische Ubertragung nach der Hs. Einsiedeln 278. Hg. und eingel. v. Margot Schmidt (Spicilegium Bonaventurianum 6). Quaracchi/Florentiae 1969, S. 54*–66*. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. Mu¨ nchen 1996, S. 407 f. VZ Berthold von Bombach. – Verfasser des Leben der sel. Luitgart von Wittichen, 14. Jh. Der aus Bombach uber Emmendingen/Br. stam¨ mende B. v. B., urkundlich 1326, 1343 und 1345 nachgewiesen, war vielleicht Leutpriester. Neben der Schilderung des Lebens der Bauerntochter Luitgart («L¨uppart») nach ihrer Aufnahme als Zw¨olfj¨ahrige in die Beginensiedlung Wolfach, der ihr durch eine Christuserscheinung aufgegebene Stiftung und des Baus des Klosters Wittichen («Wickten»; Franziskanerinnen, seit 1402 Klarissen) bei Schenkenzell und der Bettelfahrten bis nach Tirol und in die n¨ordliche Schweiz geht es B. v. B. in der m¨oglicherweise unter Zuhilfenahme 134

1. H¨alfte 14. Jh. von Aufzeichnungen von Mitschwestern Luitgarts vor 1356 entstandenen Vita – der fr¨uhen franziskanischen Vitenschreibung nicht un¨ahnlich – vor allem um die Vermittlung aszetisch-mystischer Lehre und Heilsvermittlung. Ein in Kap. 51 erw¨ahntes, als Nachtrag des 17. Jh. (Karlsruhe, LB, Don. 119, 91v-91r) u¨ berliefertes Lied Luitgarts («Ich lobe des vaters anevang») ist nicht authentisch. L. pflegte Pestkranke, bevor sie selbst der Epidemie erlag. Sie wird in Mittelbaden als «Volksheilige» verehrt (Festtag: 16. Oktober); der Kult ist offiziell nicht best¨atigt. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Don. 118, 4r–88v (um 1400). – Ebd., Don. 119, S. 1–169 (Bearbeitung der alten Vita von 1745). Ausgaben: Franz Joseph Mone: Leben der sel. Luitgart, der Stifterin von Wittichen von dem Pfarrer B. v. B. In: Ders. (Hg.): Quellensammlung der badischen Landesgesch. Bd. 3. Karlsruhe 1863, S. 438–468 (mit Abdruck von Bl. 4r–88v). – Das Leben der heiligen Luitgard von Wittichen (1291–1348). Die Heilige des Mutterschosses. Einf. und Hg.: Arnold Guillet. Nachw.: Gottfried Hertzka. Aus dem Mhd. u¨ bertragen v. Johannes W¨urth. Stein am Rhein 1976 (mit Illustrationen aus Don. 119). Literatur: A. de Meyer: B. de B. In: DHGE 8 (1935) Sp. 967. – Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 803–805. – Richard Dold: Gottesfreunde am Oberrhein. Freiburg i. Br. [1949], S. 43–58. – Gertrud Jaron Lewis/Frank Willaert/Marie-Jos´e Govers: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA. Berlin 1989, S. 248. – Irmtraud Just: Die Vita Luitgarts von Wittichen. Text des Donaueschinger Codex 118. Mit Einleitung, Komm. und fr¨ommigkeitsgeschichtlicher Einordnung (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700 Bd. 31). Bern 2000, S. 16–19, 21–30, BJ 57–161 (mit Abdruck von Bl. 1r–88v). Gerhard von Rappoltsweiler. – Einsiedler, erste H¨alfte 14.Jh. Von G. stammt ein kurzer Sendbrief an Liutgart von Wittichen, Vorsteherin des dortigen Klarissinenklosters (→ Bertholt von Bombach, Verfasser der Vita Liutgarts). Im u¨ berliefernden Codex wird G. als «br˚uder Gerhart der einsidel bi roppaltzwiler» bezeichnet. Der Brief ist ohne erkennbaren pers¨onlichen Bezug zur Empf¨angerin verfasst und fordert in erbaulich-mystischem Grundton dazu 135

Gerhard von Rappoltsweiler auf, der Welt zu entsagen um der Gottesliebe willen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 125, 62rb (Pap., 14. und 15. Jh. Straßburg, aus dem Besitz Daniel Sudermanns, oberdt.). Ausgabe: Barth 1943. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1237 f. – Auguste Jundt: Les amis de Dieu au quatorzi`eme si`ecle. Paris 1879, S. 36. – M´edard Barth: Die selige Liutgard v. Wittichen und der Einsiedler v. Rappoltsweiler. In: Arch f¨ur els¨assische Kirchengesch. 16 (1943) S. 45–54. VZ Anna von Munzingen. – Mystikerin und Verfasserin einer urspr¨unglich wohl lat. Chronik des 14. Jh., von der ausschließlich dt. Bearbeitungen erhalten sind. Die einem Patriziergeschlecht aus Freiburg i. Br. entstammende A. v. M. ist 1316, 1317 und 1327 als Priorin des Freiburger Dominikanerinnenkonvents Adelhausen bezeugt. 1318 verfasste sie eine in der Literatur als Chronik der A. v. M. bekannt gewordene Schrift. Das im Original nicht mehr vorhandene, hagiographisch angelegte Werk enth¨alt 34 Viten und Berichte u¨ ber das mystische Leben der Adelhausener Mitschwestern und ist wahrscheinlich – wenngleich in sp¨ateren Bearbeitungen – das a¨ lteste Schwesternbuch in dt. Sprache. 1327 ließ A. ferner ein Urbar des Klosterbesitzes anlegen. ¨ Uberlieferung: Freiburg, Stadtarch., B 1 Nr. 98 (Abschrift des Johannes Hull aus Straßburg v. Jahr 1433); B 1 Nr. 107, 268r–287v; B 1 Nr. 108, 199r–212v («Excerptum» des Johannes → Meyer, Straßburg 1482). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 694 (919). Ausgabe: Joseph K¨onig (Hg.): A. v. M. Die ‹Chronik›. In: Freiburger Di¨ozesanarch. 13 (1880) S. 129–136. Literatur: Friedrich Hefele, NDB 1 (1953) S. 303. – Walter Blank, VL2 1 (1978) Sp. 365 f.; 11 (2004) Sp. 107. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 292; 4/1 (21994) S. 157. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 177. – Engelbert Krebs: Die Mystik in Adelhausen. In: FS Heinrich Finke. Mu¨ nster 1904, S. 41–105. – W. Blank: Die Nonnenviten des 14. Jh. Diss. Freiburg i. Br. 1962, bes. S. 49–64. – Gertrud Jaron Lewis: Eine Einsiedelner Hs. des ‹Adelhausener Schwesternbuchs›. In: ZfdA 119 (1990) S. 332–336. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. 136

Elsbeth von Oye

1. H¨alfte 14. Jh.

den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 114 f. – Hans-Jochen Schiewer: Adelheit v. Freiburg, A. v. M. und die heiligen Frauen von Adelhausen. In: Poeten und Professoren. Eine Literaturgesch. Freiburgs in Portr¨ats. Hg. v. Achim Aurnhammer u. a. Freiburg i. Br. u. a. 2009, S.43–60. SF e

Elsbeth von Oye (von Ey, de Ogge, ab Eicken), ¨ * wohl 1289, † 1339 Otenbach. – Mystikerin. Die der Z¨uricher Familie von Ouw entstam¨ mende E. kam um 1294 nach Otenbach. Erhalten ist ein Autograph, in dem sie ihre Selbstkasteiungen (u. a. durch ein schweres Holzkreuz und ein Nagelkreuz) schildert und ihre Auditionen festh¨alt. E. stellt das blutige Leiden, das u¨ ber eine Compassio weit hinausgeht, als Blut- und Markaustausch mit Gott dar, wodurch sie Teil der trinitarischen Bewegung wird, und bietet damit eine «Verbindung zwischen exzessiver, alle Grenzen sprengender Passionsmystik und gewagtester mystischer Sepkulationen» (Janota, S. 111). Auf der Grundlage ihrer autographen Aufzeichnungen, von denen nur ihre Offenbarungen u¨ berliefert sind, schuf kurz nach ihrem Tod ein anonymer Dominkaner eine Vita E.s, wobei er redigierend eingriff. Auf dieser Fassung ¨ beruht die Elsbeth-Vita im → Otenbacher Schwesternbuch. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Codex Rh 159, fol. 1–80 (S. 1–160) (um 1320–40, hochalemannisch) (Z). – Breslau/Wrocław, UB, Codex IV F 194a, 1r–33va (um 1460, n¨urnbergisch mit starken alemannischen Elementen). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Codex 470, 484v–509r (Pap., um 1635–37, lat.). – Melk, Stiftsbibl., Codex 1920, 7r-28v (Pap., vor 1725, lat.). – Traktatfassungen: Freiburg i. Br., UB, Hs. 1500,8 (olim Ms. Leuchte VIII) [fr¨uher Privatsammlung Leuchte, Berlin, Ms. VIII], 85v–87v (Pap., Mitte 15. Jh., ostalemannisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 966, p. 98 f. (Pap., Ende 14. Jh.). – Leipzig, UB, Ms. 763, 56r–61r (Pap., 1481). – Straßburg, National- und Universit¨atsbibl., ms. 2541 (fr¨uher L germ. 516.2°), 164rb–166vb (Pap., Mitte 15. Jh., schw¨abisch). – Redaktion und Streu¨uberlieferung siehe: Ochsenbein, Offenbarungen, 1986; Schneider-Lastin 1994 und 1995. Ausgabe: Wolfram Schneider-Lastin: Leben und Offenbarungen der E. v. O. Textkrit. Edition der ¨ Vita aus dem ‹Otenbacher Schwesternbuch›. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. 137

Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Tu¨ bingen 2009, S. 395–467. Literatur: Hans Neumann, VL2 2 (1980) Sp. 511–514; 11 (2004) Sp. 405. – Peter Ochsenbein, LexMA 3 (1986) Sp. 1860. – Ders., MarLex 2 (1989) S. 330. – Uwe Weigand, BBKL 31 (2003) Sp. 358–364. – Heinrich Zeller-Werdm¨uller/Jakob B¨achtold (Hg.): Die Stiftung des Klosters Oetenbach und das Leben der seligen Schwestern daselbst aus der N¨urnberger Hs. In: Z¨urcher Taschenbuch auf das Jahr 1889, N.F. 12, S. 213–276. – Ulysse Chevalier: R´epertoire des sources historiques du moyen-ˆage. Bio-bibliographie. Bd. 1. Paris 21905, 1303. – Johannes Meyer: Liber de viris illustribus ordinis praedicatorum. Hg. F. Paulus von Lo¨e (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 12). Leipzig 1918, S. 21, 67. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, bes. S. 196–204. – Annemarie Halter: Gesch. des Dominikanerinnen-Klosters Oetenbach in Zu¨ rich 1234–1525. Winterthur 1956, S. 55, 58–60. – Klaus Haenel: Textgeschichtliche Unters. zum sog. ‹Puchlein des lebens und der offenbarung swester Elsbethen von Oye›. Diss. G¨ottingen 1958. – H. Neumann: Texte und Hss. zur a¨lteren dt. Frauenmystik. In: Forschungen und Fortschritte 41/2 (1967) 46 f. – Sigmund Widmer: Religi¨ose Frauenbewegung. In: Ders.: Z¨urich, eine Kulturgesch. Bd. 3. Z¨urich/M¨unchen 1976, S. 41–60, 56. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Mu¨ nchen 1980, S. 356 f. – P. Ochsenbein: Die Offenbarungen E.s v. O. als Dokument leidensfixierter Mystik. In: Abendl¨andische Mystik im MA. Symposion Kloster Engelberg 1984. Hg. K. Ruh (Germanistische Symposien-Berichtsbde. 7). Stuttgart 1986, S. 423–442. – Ders.: Leidensmystik in dominikanischen Frauenkl¨ostern des 14. Jh. am Beispiel der E. v. O. In: Religi¨ose Frauenbewegung und mystische Fr¨ommigkeit im MA. Hg. Peter Dinzelbacher/Dieter R. Bauer (Beihefte zum Arch. f¨ur Kulturgesch. 28). K¨oln/Wien 1988, S. 353–372. – Ders.: E. v. O. In: Mein Herz schmilzt wie Eis am Feuer. Die religi¨ose Frauenbewegung des MA in Portr¨ats. Hg. Johannes Thiele (Wege der Mystik). Stuttgart 1988, S. 213–224. – Ursula Peters: Religi¨ose Erfahrung als literarisches Faktum. Zur Vorgesch. und Genese frauenmystischer Texte des 13. und 14. Jh. (Hermaea NF 56). T¨ubingen 138

1. H¨alfte 14. Jh. 1988, S. 5, 104, 143. – Wolfram Schneider-Lastin: Das Handexemplar einer ma. Autorin. Zur Edition der Offenbarungen E.s v. O. In: editio 8 (1994), ¨ S. 53–70. – Ders.: Die Fortsetzung des Otenbacher Schwesternbuchs und andere vermißte Texte in Breslau. In: ZfdA 124 (1995) S. 201–210. – Ders.: Schriftstellerische T¨atigkeit und Handschriftenproduktion der Schwestern. Das Oetenbacher Schwesternbuch – nach u¨ ber 400 Jahren wieder vereint. E. v. O. und ihre ‹Offenbarungen›. Gottesbegegnung im Leiden. In: Wenn Bettelm¨onche bauen. Die Prediger in Z¨urich. Ausgew¨ahlte Texte und Bilder der Ausstellung an vier Orten in Z¨urich (3. M¨arz – 29. Mai 1999). Hg. Helferei Grossm¨unster. ¨ Z¨urich 1999, S. 25–27. – Ders.: Otenbach. Literaturproduktion und Bibl. In: Helvetia Sacra. Bd. IV/5: Die Dominikanerinnen und Dominikaner in der Schweiz. Basel 1999, S. 1029–1035. – Uta St¨ormer-Caysa: Entr¨uckte Welten. Einf. in die ma. Mystik. Leipzig 1998, 152–155. – Monika Gsell: Das fließende Blut der ‹Offenbarungen› E.s v. O. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998. Hg. v. Walter Haug/Wolfram Schneider-Lastin. Tu¨ bingen 2000, S. 455–482. – Daria Vassilevitch: ‹Schrei der Seele› oder didaktische Stilisierung? Schwesternb¨ucher aus Dominikanerinnenkl¨ostern. In: Lesen, Schreiben, Sticken und Erinnern. Beitr. zur Kultur- und Sozialgesch. ma. Frauenkl¨oster. Hg. v. Gabriela Signori (Religion in der Gesch. 7). Bielefeld 2000, S. 213–229, bes. 224–228. – W. SchneiderLastin: Literaturproduktion und Bibl. in Oetenbach. In: Bettelorden, Bruderschaften und Beginen in Z¨urich. Stadtkultur und Seelenheil im MA. Hg. v. Barbara Helbling/Magdalen BlessGrabher/Ines Buhofer. Z¨urich 2002, S. 189–197. – Johanna Thali: Gehorsam, Armut und Nachfolge im Leiden. Zu den Leitthemen des ‹Oetenbacher Schwesternbuchs›. In: ebd., S. 199–213. – Johannes Janota, Vom sp¨aten MA zum Beginn der Neuzeit. Tl. 1: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 110–112. – Burkhard Hasebrink: E. v. O.: Offenbarungen (um 1340). In: Literarische Performativit¨at. Lekt¨uren vormoderner Texte. Hg. v. Cornelia Herberichs/Christian Kiening (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen 3). Z¨urich 2008, S. 258–279. – Bal´azs J. 139

Elisabeth von Kirchberg Nemes: Von der Schrift zum Buch – vom Ich zum ¨ Autor. Zur Text- und Autorkonstitution in Uberl. und Rezeption des ‹Fließenden Lichts der Gottheit› Mechthilds v. Magdeburg (Bibliotheca Germanica 55). T¨ubingen/Basel 2010, S. 204 f., 540 (Reg.). BJ Elisabeth von Kirchberg. – Verfasserin einer Vita der Kirchberger Schwester und Mystikerin Irmegard und wahrscheinlich auch des Kirchberger Schwesternbuchs, erste H¨alfte 14. Jh. E. lebte als Nonne im Dominikanerinnenkloster Kirchberg zwischen Sulz am Neckar und Haigerloch. Wie der von ihr verfassten Irmegard-Vita zu entnehmen ist, soll E. mit viereinhalb Jahren nach Kirchheim gekommen sein und dort 20 Jahre an der Seite ihrer Mitschwester Irmegard gelebt haben. Beim Abfassen der Sp¨atredaktion dieser Vita hatte E. bereits 42 Jahre dort zugebracht. Die Textgeschichte des als einheitliches Werk angelegten Kirchberger Schwesternbuchs, das u¨ ber 15 Schwesternviten (u. a. Mechthild von Waldeck) und die Vita des Klosterkaplans Walther umfasst, wurde bislang nicht ausreichend untersucht. E. gilt als Verfasserin beider erhaltener Redaktionen des Werks. Ein bisher als Teil des Kirchberger Schwesternbuchs geltender Text ist heute als unabh¨angiges Schwesternbuch eines Ulm zugeh¨origen Dominikanerinnenklosters identifiziert (→ Ulmer Schwesterbuch). Explizit als Verfasserin genannt wird E. in der ¨ Irmegard-Vita, deren Uberlieferung ebenfalls zwei Redaktionen erkennen l¨asst. In der Fassung B nennt die Verfasserin ihren Namen, «elisabeth» und gibt mit den beigef¨ugten Worten «die got von den juden nam» das biographische Element ihrer «conversio» preis. Das an Gnadengaben reiche mystische Leben ihrer Mitschwester fasste E. wohl in drei Fassungen ab: Die urspr¨ungliche Version schrieb ¨ sie auf eine «tafel», bei der redigierenden Ubertragung auf Pergament wurde sie jedoch von Ir¨ megard u¨ berrascht, welche daraufhin Anderungen am Text vornehmen ließ; auf diese Weise kam eine Sp¨atredaktion zustande, in welcher drei Stadien der Gnade des mystischen Lebens der Irmegard – «jubilus», «genad contemplativa» und «gotlicher einfluss» – eine bedeutende Rolle spielen. ¨ Uberlieferung: Kirchberger Schwesternbuch: Fr¨uhredaktion: Stuttgart, LB, Cod. hist. 4° 330, 7v–106v (S; 1691). – Augsburg, SB und StB, 4° cod. 94 140

Heinrich von Engelthal (18. Jh.?), 2. Teil S. 1–5, 19–99 (A). – Walberberg, Klosterbibl., Cod. MS 51, S. 1–127 (Wa; 1860). – Sp¨atredaktion: Mainz, Bisch¨ofl. Seminarbibl., Cod. 43, 4v–28r (Mz). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308, 1v–18r (W). – Irmegard-Vita: Fr¨uhredaktion: S, 109v–159r. – A, 2. Teil, S. 99–159. – Wa, S. 128–186. – Sp¨atredaktion: Berlin, SBB, Mgq 730, 205v–231v (B). Ausgaben: Anton Birlinger: Leben Hl. Alemannischer Frauen des MA 4: Die Nonnen v. Kirchberg bei Haigerloch. In: Alemannia 11 (1883) S. 1–20. – Ferdinand Wilhelm Emil Roth: Aufzeichnungen u¨ ber das mystische Leben der Nonnen v. Kirchberg [...]. In: ebd. 21 (1893) S. 103–148. Literatur: Siegfried Ringler, VL2 2 (1980) Sp. 479; 11 (2004) Sp. 403. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 293. – Rudolf Krauss: Gesch. des Dominikaner-Frauenklosters Kirchberg. In: Wu¨ rttembergische Vierteljahresh. f¨ur Landesgesch. NF 3 (1894) S. 291–332. – Walter Blank: Die Nonnenviten des 14. Jh. [...]. Diss. Freiburg i. Br. 1962. – Hans Peter M¨uller: Das Schwesternbuch der Nonnen v. Kloster Kirchberg. In: Der S¨ulchgau 22 (1978). – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Mu¨ nchen 1980. – Peter Dinzelbacher/Dieter R. Bauer (Hg.): Frauenmystik im MA. Ostfildern 21990. – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Hist. Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jh. (Bibliotheca Germanica 38). T¨ubingen/Basel 1999, S. 243 f. u. o¨ . – Sabine Jansen: Die Texte des Kirchberg¨ Corpus. Uberl. und Textgesch. vom 15. bis zum 19. Jh. K¨oln 2005, bes. S. 29 f. SF Friedrich, Konrad (von Engelthal). – (Mit-) Verfasser der Vita einer Schwester Gertrud von Engelthal, erste H¨alfte 14. Jh. F. war um 1330 Kaplan im Dominikanerinnenkloster Engelthal bei N¨urnberg und ist wahrscheinlich identisch mit jenem Kaplan Konrad, dessen Name sich in Schriften der Christine → Ebner und in Klosterurkunden findet. Im Prolog der kaum sp¨ater als 1330 entstandenen Vita der Schwester Gerdrut von Engelthal werden F. und der Kaplan → Heinrich von Engelthal als Beichtv¨ater Gertruds und als Verfasser ihrer Vita bezeichnet. Der Text berichtet von der begnadeten Schwester Gertrud, die zun¨achst in Entenberg nach Art der Beginen 141

1. H¨alfte 14. Jh. lebte, dann als Konventualin in das Kloster Engelthal eintrat und 1328 dort verstarb. Als Grundlagen der Vita dienten neben m¨undli¨ chen Außerungen Getruds die von ihrem Seelenfreund Friedrich → Sunder schriftlich niedergelegten und von einem unbekannten Redaktor zusammengestellten Begnadungen. Im Prolog wird eine Gnadenvita angek¨undigt, erhalten sind jedoch nur die legendenhaft konzipierten Anfangskapitel bis zum sechsten Lebensjahr Gertruds. ¨ Uberlieferung: Wien, Schottenkloster, Cod. 308 [234], 227r–229r (fragm.). Ausgabe: Ringler (s. Lit.) S. 445–447. Literatur: S. Ringler, VL2 2 (1980) Sp. 952; 3 (1981) Sp. 720–722 (Heinrich v. Engelthal). – Ders.: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. Mu¨ nchen 1980, S. 27, 333, 371. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 117 f. SF Heinrich von Engelthal. – (Mit-)Verfasser der Vita einer Schwester Gertrud von Engelthal, erste H¨alfte 14. Jh. Der Kaplan H. v. E. ist von 1290 bis 1328 im Engelthaler Dominikanerinnenkloster bezeugt; er lebte lange Jahre an der Seite seines begnadeten Mitbruders Friedrich → Sunder (1254–1328), wie das Gnaden-Leben des Friedrich Sunder und das Engelthaler Schwesternbuch der Christine → Ebner berichten. H. d¨urfte kurze Zeit nach Sunder gestorben sein. Im Prolog der kaum sp¨ater als 1330 verfassten Vita der Schwester Gertrud von Engelthal werden ein Kaplan H. und Konrad → Friedrich als Beichtv¨ater Gertruds und als Verfasser ihrer Vita bezeichnet; dieser H. ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit identisch mit H. v. E. Der Text berichtet die Vita einer begnadeten Schwester Gertrud, die zun¨achst in Entenberg lebte, dann als Konventualin in das Kloster Engelthal eintrat und 1328 dort verstarb. ¨ Der Text basiert neben m¨undlichen Außerungen Gertruds auf den von ihrem Seelenfreund Friedrich Sunder schriftlich niedergelegten und von einem unbekannten Redaktor zusammengestellten Begnadungen. Nur der Prolog und die legendenhafte Beschreibung der ersten sechs Lebensjahre Gertruds sind erhalten. 142

1. H¨alfte 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Wien, Schottenkloster, Cod. 308 [234], 227r–229r (fragm.). Ausgabe: Ringler 1980 (s. Lit.) S. 445–447. Literatur: Siegfried Ringler, VL2 3 (1981) Sp. 720–722. – Rudolf Geiger/Gustav Voit: Hersbrucker Urbare (Schriftenreihe der Altn¨urnberger Landschaft 15). Nu¨ rnberg 1965, S. 23 Anm. 65 u. 66. – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Mu¨ nchen 1980, S. 161, 200 f., 331–334, 366 f., 371, 449. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 117 f. SF Ebner, Christine (auch Christine von Engeltal), * 26.3.1277 N¨urnberg, † 27.12.1356 Engeltal bei N¨urnberg. – Verfasserin mystischer Texte. Die Tochter eines Sch¨offen am kaiserlichen Landgericht stammte aus einem N¨urnberger Patriziergeschlecht. Mit zw¨olf Jahren trat sie ins Kloster der Dominikanerinnen in Engeltal ein. Um 1291 begann sie, mystische Visionen zu entwickeln. Auf Geheiß ihres Beichtvaters, des Dominikaners Konrad von F¨ussen, schrieb sie 1317–24 ihre Visionen nieder. Sp¨atere Texte aus den Jahren 1344–52 wurden von Mitschwestern aufgezeichnet. 1345 wurde E., mittlerweile weithin bekannt und verehrt, Priorin in Engeltal. Dort wurde sie 1350 von Kaiser Karl IV. und 1351 von → Heinrich von N¨ordlingen besucht, der seit ca. 1338 mit ihr im Briefwechsel stand. Das ihr zugeschriebene B¨uchlein von der Ge¨ naden Uberlast (vor 1346) ist eine Sammlung von Nonnenviten. Besonders in ihrer Sp¨atzeit wurde E. auch vom Werk → Mechthilds von Magdeburg beeinflusst. ¨ Uberlieferung: Leben und Offenbarungen: Hersbruck, Ebnersche Bibl., Cod. 90 (15. Jh.). – Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701 Nr. 104, 82 Bll. (Pap., Mitte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – M¨odingen, Kloster Maria Medingen, o. S. (3), 2 Bll. (um 1400 [?]). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5292, 211v–215v (Pap., 1448, schw¨abisch; Verfasserin Anna J¨ackin, Priorin in Inzigkofen). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. V, App. 99, 163 Bll. (Perg., N¨urnberg [?], wahrscheinlich Ende 14./Anfang 15. Jh., n¨urnbergerisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 973, 485 f. (Pap., 1498). – Privatbesitz Auktionshaus Sotheby’s, London, Nr. 1835/4573, 172 Bll. (Perg., um 1350 ¨ [?]). – Von der Genaden Uberlast: N¨urnberg, Germ. 143

Ebner Nationalmuseum, Hs. 1338, 66 Bll. (Perg., Engeltal, um Mitte 14. Jh., nordbair.). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308 (H¨ubl 234), 84r–119v (Pap., 1451, schw¨abisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 22 Aug. 4°, 41 Bll. (Pap., 1518). Ausgaben: Der Nonne von Engelthal b¨uchlein von der genaden uberlast. Hg. v. Karl Schr¨oder. T¨ubingen 1871. – Leben und Gesichte der Christina Ebnerin, Klosterfrau zu Engelthal. Hg. v. Georg Wolfgang Karl Lochner. N¨urnberg 1872 ¨ (unvollst.). – Nhd. Ubers.: Deutsches Nonnenleben. Das Leben der Schwestern zu T¨oss und der Nonne von Engeltal. B¨uchlein von der Gnaden ¨ Uberlast. Hg. v. Margarete Weinhandl. Mu¨ nchen 1921, S. 261–325. – Das B¨uchlein von der Gnaden ¨ Uberlast. Hg. v. Wilhelm Oehl. Paderborn 1924 (Mikrofiche-Ausg. Berlin 2006). Bibliographie: Gertrud J. Lewis u. a.: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA mit einem Anhang zu Beatrijs van Nazareth und Hadewijch. Berlin 1989, 244–247. Literatur: Philipp Strauch: E., C. und Magaretha. In: Realencyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche3 5 (1898) S. 128 f. – Ehrismann 2 (1935) 627. – Gundolf Gieraths, NDB 4 (1959) S. 263. – Siegfried Ringler, VL2 2 (1980) Sp. 297–302; 11 (2004) Sp. 389 f. – Peter Dinzelbacher, LexMA 3 (1986) Sp. 1527. – De Boor/Newald 2 (1987) S. 293 u. o¨ . – Friedrich W. Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1446 f. – S. Ringler, LThK3 3 (1995) Sp. 432 f. – Marie-Luise Ehrenschwendtner, RGG4 3 (1995) Sp. 1043 f. – Susanne B¨urkle, Killy2 3 (2008) S. 163–165. – Peter Lechner: Leben der M. und Christine E. In: Ders.: Das mystische Leben der hl. Margareta v. Cortona. Regensburg 1862, Anhang. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881, S. 247 f. u. o¨ . (Nachdr. Aachen 1962). – Martin Grabmann: Dt. Mystik im Kloster Engeltal. In: Sammelbl. des Hist. Ver. Eichst¨att 25/26 (1910/11) S. 33–44. – Hieronymus Wilms: Gesch. der dt. Dominikanerinnen 1206–1916. D¨ulmen 1920. – Otto Karrer: Die große Glut. Textgesch. der Mystik im MA. Mu¨ nchen 1926 (Nachdr. ebd. 1978) S. 232 f. u. o¨ . – Martin Buber: Ekstatische Konfessionen. Leipzig 1921, S. 94–97. – M. Grabmann: Die dt. Frauenmystik des MA. In: Ders.: Ma. Geistesleben. Bd. 1. Mu¨ nchen 1926, S. 469–488. – H. Wilms: Das Tugendstreben der Mystikerinnen, dargestellt nach alten Chron. der dt. Dominikanerinnen und nach den Aufz. begnadigter Nonnen des MA. Vechta 144

Ebner 1927. – Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Hg. v. W. Oehl. Mu¨ nchen 1931, S. 344 f. u. o¨ . (Nachdr. Darmstadt 1972). – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, bes. S. 200 f. u. o¨ . – Friedrich Wilhelm WentzlaffEggebert: Dt. Mystik zwischen MA und Neuzeit. Einheit und Wandlung ihrer Erscheinungsformen. Berlin 21947, S. 59 f. u. o¨ . – Fritz Hilsenbeck: C. E. In: N¨urnberger Gestalten aus 9 Jh. Hg. vom Stadtrat N¨urnberg. N¨urnberg 1950, S. 12–16. – Rudolf Graber: C. E. v. Engeltal. In: Hist. Bll. zum Eichst¨atter Kurier 6 (1957) H. 1, S. 1–3. – Assumpta Volpert: C. E. In: Fr¨ankische Klassiker. Eine Literaturgesch. in Einzeldarstellungen. Hg. v. Wolfgang Buhl. N¨urnberg 1971, S. 149–159. – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA (MTU 72). Mu¨ nchen 1980, S. 320 f. u. o¨ . – Hans Roser: C. E., Mystikerin. In: Ber¨uhmte N¨urnberger aus 9 Jahrhunderten. Hg. v. Christoph v. Imhoff. N¨urnberg 1984, S. 17–19. – Ursula Peters: Frauenmystik im 14. Jh. Die ‹Offenbarungen› der C. E. In: Weiblichkeit oder Feminismus? Beitr. zur interdisziplin¨aren Frauentagung Konstanz 1983. Hg. v. Claudia Opitz. Weingarten 1984, S. 213–227. – Horst Brunner: C. E. In: Frauengestalten in Franken. Eine Slg. v. Lebensbildern. Hg. v. Inge Meidinger-Geise. W¨urzburg 1985, S. 43–48. – S. Ringler: Die Rezeption ma. Frauenmystik als wissenschaftlihes Problem, dargestellt am Werk der C. E. In: Frauenmystik in MA. Hg. v. P. Dinzelbacher/Dieter R. Bauer. Ostfildern 1985, S. 178–200. – U. Peters: Das ‹Leben› der C. E. Textanalyse und kulturhist. Komm. In: Abendl¨andische Mystik im MA. Symposion Kloster Engelberg 1984. Hg. v. Kurt Ruh. Stuttgart 1986, S. 402–422. – Dies.: Religi¨ose Erfahrung als literarisches Faktum. T¨ubingen 1988, bes. S. 155–176. – Dewey Kramer: ‹Arise and Give the Convent Bread›. C. E., the Convent Chronicle of Engelthal, and the Call to Ministry Among Fourteenth Century Religious Women. In: Women as Protagonists and Poets in the German Middle Ages. An Anthology of Feminist Approaches to Middle High German Literature. Hg. v. Albrecht Classen. G¨oppingen 1991, S. 187–207. – Leonard P. Hindsley: The Mystics of Engelthal. New York 1998. – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Tu¨ bingen/Basel 1999, bes. S. 233–316. – Dies.: Die ‹Gnadenvita› C. E.s. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Hg. v. Walther Haug/Wolfram Schneider-Lastin. Tu¨ bingen 2000, S. 483–514. – A. 145

1. H¨alfte 14. Jh. Classen: C. E. 1277–1356. In: Encyclopedia of German Literature. Hg. v. Matthias Konzett. Chicago 2000, S. 235 f. – S. Ringler: E., C. (1277–1356). In: Encyclopedia of the Middle Ages 1. Hg. v. Andr´e Vauchez u. a. Chicago u. a. 2000, S. 461 f. – Johanna Thali: Beten – Schreiben – Lesen. Literarisches Leben und Marienspiritualit¨at im Kloster Engelthal. Tu¨ bingen/Basel 2003. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3,1). T¨ubingen 2004, S. 116–124. – A. Classen: E., C. In: Women in the Middle Ages. An Encyclopedia. Hg. v. Katharina Margit Wilson/Nadia Margolis. Westport/Conn. u. a. 2004, S. 282–284. – C. E. 1277–1356. Beitr. zum 650. Todesjahr der Engelthaler Dominikanerin und Mystikerin. Bearb. v. Matthias Binder. Neuhaus a. d. Pegnitz 2007. – Gabriele Siegert: C. E. OP (1277–1356). Mystikerin im Kloster Engelthal. In: Im Glanz des Heiligen. FS Johann Limbacher. Hg. v. Barbara Bagorski u. a. Eichst¨att 2010, S. 175–182. MM Ebner, Margareta (Margaretha, Margarete, Margarethe), * um 1291 Donauw¨orth, † 20.6.1351 Medingen bei Dillingen. – Verfasserin mystischer Texte. E. stammte wohl aus einer Patrizierfamilie und trat 1306 in das Dominikanerinnenkloster Medingen ein. Aus lebenslanger Krankheit heraus entwickelte sie seit ihrem 20. Lebensjahr eine Existenz mystischer Visionen. Diese schrieb sie auf Wunsch → Heinrichs von N¨ordlingen seit 1344 selbst auf oder diktierte sie ihrer Mitschwester Elsbeth Schepach. Bekannt sind E.s Werke als Offenbarungen und Der Ebnerin Paternoster. E.s Offenbarungen sind mit passions- und brautmystischen Elementen angereichert und erhalten durch die Jahresliturgie des Klosterlebens eine feste Form. Von E.s umfangreichen Briefwechsel mit Heinrich von N¨ordlingen sind 56 Briefe Heinrichs erhalten, von E. nur ein einziger. ¨ Uberlieferung: Offenbarungen: Aarau, Kantonsbibl., MsBN 12, 1r–89v (Pap., sp¨ates 16./17. Jh.) – Berlin, SBB, Mgq 179, 184r–279r (Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch). – London, British Library, Ms. Add. 11430, 127 Bll. (16. Jh.) – M¨odingen, Kloster Maria Medingen, o. S. (4), 1r–95v (Perg., 1353). – Der Ebnerin Paternoster: Aarau, Kantonsbibl., MsBN 12, 90r–93r (Pap., sp¨ates 16./17. Jh.) – Berlin, SSB, Mgq 179, 282r–285r 146

1. H¨alfte 14. Jh. (Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch). – London, British Library, Ms. Add. 11430, 127 Bll. (16. Jh.) – Mo¨ dingen, Kloster Maria Medingen, o. S. (4), 98v–101r (Perg., 1353). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 480, 165v–173r (1441, schw¨abisch). Ausgaben: Der Heiligen Margarethae Pater Noster. In: Ephemerides dominicano-sacrae [...]. Hg. v. Friedrich Steill. Tl. 1. Dillingen 1692, S. 373–384. – Erstdruck einiger Briefe in: Opuscula quibus varia iuris Germanici itemque historica et philologica argumenta explicantur. Hg. v. Johann Heumann v. Teutschbrunn. N¨urnberg 1747, S. 351–404. – Offenbarung und Briefe in: Philipp Strauch: M. E. und Heinrich v. N¨ordlingen. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. Freiburg i. Br. u. a. 1882 (Nachdr. Amsterdam 1966). – Der sel. Margarete Offenbarungen und Briefe. Hg. v. Hieronymus Wilms. Vechta 1928. – Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Hg. v. Wilhelm Oehl. Mu¨ nchen 1931, S. 333–343 (Nachdr. Darmstadt 1972). – Die Offenbarungen der M. E. und Adelheid Langmann. Hg. v. Josef Prestel. Weimar 1939, S. 7–109. – Rosemary Hale: Two Selections from M. E.’s ‹Offenbarungen›. In: Vox Benedictina 4 (1987) S. 321–337. – Heinrich von N¨ordlingen e M. E. Le lettere 1332–1350. Hg. v. Lucia Corsini. Pisa 2001. Bibliographie: Gertrud J. Lewis u. a.: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA mit einem Anhang zu Beatrijs van Nazareth und Hadewijch. Berlin 1989, 251–260. Literatur: P. Strauch, ADB 20 (1884) S. 332. – Ders.: E., Christina und Magaretha. In: Realencyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche3 5 (1898) S. 128 f. – Ehrismann 2 (1935) S. 637. – Gundolf Gieraths, NDB 4 (1959) S. 262. – Friedrich Zoepfl, Lex. der Marienkunde 1. Regensburg 1967, Sp. 1487. – Ders., LCI 7 (1974) Sp. 503 f. – Manfred Weitlauff, VL2 2 (1980) Sp. 303–306. – Peter Dinzelbacher, LexMA 3 (1986) Sp. 1527. – De Boor/Newald 2 (1987) S. 293 u. o¨ . – Friedrich W. Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1447. – Siegfried Ringler, LThK3 3 (1995) Sp. 433. – Marie-Luise Ehrenschwendtner, RGG4 3 (1995) Sp. 1045. – Susanne B¨urkle, Killy2 3 (2008) S. 166 f. – Lorenz Stempfle: Die gottselige M. E., Klosterfrau zu Maria-Medingen, gestorben am 20. Juni 1351, dargestellt in einer Predigt am Ged¨achtnisstage derselben, Sonntags, den 25. Juni 1837, in der Klosterkirche zu Medingen. Augsburg 1838. – Peter Lechner: Leben der M. und Christine E. In: Ders.: Das 147

Ebner mystische Leben der hl. Margareta v. Cortona. Regensburg 1862, Anh. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881, S. 277–288; Bd. 3, 1893, S. 105–109 (Nachdr. Aachen 1962). – Johannes Traber: Die Herkunft der selig genannten Dominikanerin M. E., geb. zirka 1291, gest. 20. Juni 1351. Donauw¨orth 1910. – Oskar Pfister: Hysterie und Mystik bei M. E. (1291–1351). In: Zentralbl. f¨ur Psychoanalyse 1 (1911) H. 10, S. 468–485. – Anton Pummerer: M. E., ein Charakterbild aus der dt. Mystik des MA. In: Stimmen aus Maria Laach 81 (1911) S. 1–11, 132–144, 244–257. – Anna Schauenberg: Leben der gottseligen Schwester M. E. aus dem Kloster Maria Medingen. D¨ulmen 1914. – Ludwig Zoepf: Die Mystikerin M. E. (c. 1291–1351). Leipzig 1914 (Nachdr. Hildesheim 1974). – Ferdinand Morel: Essai sur l’introversion mystique. Diss. Genf 1918, S. 253–291. – Hieronymus Wilms: Gesch. der dt. Dominikanerinnen 1206–1916. Du¨ lmen 1920. – Martin Buber: Ekstatische Konfessionen. Leipzig 1921, S. 97 f. – Fran¸cois Jansen: Une mystique du ´ 14e si`ecle, Marguerite E. (1291–1351). In: Etudes 59 (1922) S. 542–556. – Martin Grabmann: Die dt. Frauenmystik des MA. In: Ders.: Ma. Geistesleben. Bd. 1. M¨unchen 1926, S. 469–488. – Otto Karrer: Die große Glut. Textgesch. der Mystik im MA. M¨unchen 1926 (Nachdr. ebd. 1978) S. 232 f. u. o¨ . – H. Wilms: Das Tugendstreben der Mystikerinnen, dargestellt nach alten Chron. der dt. Dominikanerinnen und nach den Aufzeichnungen begnadigter Nonnen des MA. Vechta 1927. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, bes. S. 294–299. – Angela Rozumek: M. E. († 1351) und Heinrich v. N¨ordlingen. In: Die christliche Frau 36 (1938) S. 111–116. – Hermann Kunisch: M. E. oder das gottgelobte Herz. In: Hochland 36 (1939) H. 2, S. 162–166 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. Berlin 1968, S. 157–163). – Friedrich Wilhelm WentzlaffEggebert: Dt. Mystik zwischen MA und Neuzeit. Einheit und Wandlung ihrer Erscheinungsformen. Berlin 21947, S. 63 u. o¨ . – F. Zoepfl: M. E. Meitingen 1950. – Ders.: M. E. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 2 (1953) S. 60–70. – Romuald Bauerreiss: Kirchengesch. Bayerns. Bd. 4. St. Ottilien 21974, S. 68 f. – Angelus Walz: Gottesfreunde um M. E. In: Hist. Jb. 72 (1953) S. 253–265 (wieder in: Zwischen Wiss. und Politik. FS Georg Schreiber. M¨unchen u. a. 148

Niblung 1953, S. 253–265). – Georg Misch: Gesch. der Autobiographie. Bd. 4,1. T¨ubingen 1967, S. 101 f. – Anton M. Seitz: Verwandtschaft, Stammbaum und Wappen der Mystikerin M. E. vom Kloster MariaMedingen. In: Jb. des hist. Ver. Dillingen 72 (1970) S. 91–109. – M. Weitlauff: M. E. (um 1291–20. Juni 1351). In: Bavaria Sancta. Zeugen christlichen Glaubens. Bd. 3. Hg. v. Georg Schwaiger. Regensburg 1973, S. 231–267. – Ders.: ‹dein got redender munt machet mich redenlosz ...›. In: Religi¨ose Frauenbewegung und mystische Fr¨ommigkeit im MA. Hg. v. Peter Dinzelbacher/Dieter R. Bauer. K¨oln/Wien 1988, S. 303–352. – Ursula Peters: Religi¨ose Erfahrung als literarisches Faktum. T¨ubingen 1988, S. 142–155. – Wolfgang Beutin: ‹Hysterie und Mystik›. Zur MA-Rezeption der fru¨ hen Psychoanalyse. Die ‹Offenbarungen› der Nonne M. E. (ca. 1291–1351), gedeutet durch den Zu¨ rcher Pfarrer und Analytiker Oskar Pfister. In: MA¨ Rezeption. Medien, Politik, Ideologie, Okonomie [...]. Bd. 4. Hg. v. Irene v. Burg u. a. G¨oppingen 1991, S. 11–26. – Margot Schmidt: An Example of Spiritual Friendship. The Correspondence between Heinrich of N¨ordlingen and M. E. In: Maps of Flesh and Light. The Religious Experience of Medieval Women Mystics. Hg. v. Ulrike Wiethaus. Syracuse/NY 1993, S. 74–92, 171–174. – Leonard P. Hindsley: Monastic Conversion. The Case of M. E. In: Varieties of Religious Conversion in the Middle Ages. Hg. v. James Muldoon. Gainesville u. a. 1997, S. 31–46. – Annette Kuhn: ‹Dein Gott redender Mund macht mich sprachlos›. Heinrich v. N¨ordlingen und die Mystikerin M. E. In: Meine in Gott geliebte Freundin. Freundschaftsdokumente aus kl¨osterlichen und humanistischen Schreibstuben. Hg. v. Gabriela Signori. Bielefeld 1998, S. 101–109. – Albrecht Classen: The Literary Treatment of the Ineffable: Mechthild v. Magdeburg, M. E., Agnes Blannbekin. In: Studies in Spirituality 8 (1998) S. 162–187. – R. Hale: Rocking the Cradle. M. E. (Be)holds the Divine. In: Performance and Transformation. New Approaches to Late Medieval Spirituality. Hg. v. Mary Suydam/Joanna Ziegler. New York 1999, S. 211–239. – Kirsten M. Christensen: The Conciliatory Rhetoric of Mysticism in the Correspondence of Heinrich v. N¨ordlingen and M. E. In: Peace and Negotiation. Strategies for Coexistence in the Middle Ages and the Renaissance. Hg. v. Diane B. Wolfthal. Turnhout 2000, S. 125–143. – R. Hale: E., M. 149

1. H¨alfte 14. Jh. (1291–1351). In: Medieval Germany. An Encyclopedia. Hg. v. John M. Jeep. New York u. a. 2001, S. 189 f. – Rebecca Garber: E., M. (1291–1351). In: The Late Medieval Age of Crisis and Renewal 1300–1500. A Biographical Dictionary. Hg. v. Clayton J. Drees. Westport/Conn. u. a. 2001, S. 134 f. – Claudia Spanily: Autorschaft und Geschlechterrolle. Frankfurt/M. 2002, S. 182–197. – Susanne B¨urkle: Die Offenbarungen der M. E. In: Weibliche Rede – Rhetorik der Weiblichkeit. Hg. v. D¨orte Bischoff/Martina Wagner-Egelhaaf. Freiburg i. Br. 2003, S. 79–102. – Willehad Eckert: M. E. OP (1291–1351). Passionsmystik und Verehrung des Christuskindes. In: Wort und Antwort 44 (2003) S. 85–89. – M. Weitlauff: M. E. OP (um 1291–1351) und Heinrich v. N¨ordlingen. In: Jb. des Ver. f¨ur Augsburger Bistumsgesch. 39 (2005) S. 15–30. – Bruno Quast: ‹Dr¨ucken und schreiben›. Passionsmystische Fr¨ommigkeit in den Offenbarungen der M. E. In: Gewalt im MA. Hg. v. Manuel Braun/Cornelia Herberichs. Mu¨ nchen 2005, S. 293–306. – R. Hale: E., M. (1291–1351). In: Key Figures in Medieval Europe. An Encyclopedia. Hg. v. Richard K. Emmerson/Sandra ClaytonEmmerson. New York 2006, S. 189. – Patricia Z. Beckman: The Power of Books and the Practice of Mysticism in the Fourteenth Century. Heinrich of N¨ordlingen and M. E. on Mechthild’s ‹Flowing Light of the Godhead›. In: Church History 76 (2007) S. 61–83. – Johannes Janota: Freundschaft auf Erden und im Himmel. Die Mystikerin M. E. und der Gottesfreund Heinrich v. N¨ordlingen. In: Impulse und Resonanzen. Hg. v. Gisela VollmannProfe u. a. T¨ubingen 2007, S. 275–300. – Mary Lou Shea: Medieval Women on Sin and Salvation: Hadewijch of Antwerp, Beatrice of Nazareth, M. E., and Julian of Norwich. New York 2010. MM Niblung, Ulrich OCist. – Abt in Kaisheim, Verfasser von Briefen in dt. Sprache, 14. Jh. N. ist 1340–61 als Abt des Zisterzienserklosters Kaisheim bei Donauw¨orth bezeugt. Sehr wahrscheinlich ist er identisch mit dem von Adelheid → Langmann als Briefpartner erw¨ahnten «Prior von Kaisheim». Von N. sind f¨unf dt. Briefe an die Mystikerin Margareta → Ebner u¨ berliefert. Ausgabe: Philipp Strauch (Hg.): Margareta Ebner und Heinrich v. N¨ordlingen 1882. Nachdr. Amsterdam 1966. Literatur: Manfred Weitlauf: Ebner, Margareta. In: VL 2 (1980) Sp. 303–306, hier Sp. 304. – Siegfried Ringler: Langmann, Adelheid. In: VL2 5 150

1. H¨alfte 14. Jh. (1985) Sp. 600–603, hier Sp. 600. – Max Springer: Abt Ulrich III. Niblung (um 1290–1361; reg. 1340–1361). In: Kaisheim – Markt und Kloster. Hg. v. Werner Schiedermair. Lindenberg 2002, S. 254 f. SF Eckhart der Jungere ¨ (Eckhart der Junge, Eccardus Iunior, Aicardus Iunior, Eccardus Saxo Iunior, Eccardus Teutonicus) OP, † 1377. – Prediger. E. war m¨oglicherweise nd. Herkunft und Definitor der Ordensprovinz Sachsen der Dominikaner. Sicher nahm er am Generalkapitel in Valenciennes teil. Auf dem R¨uckweg nach Deutschland starb er 1337. E. gilt als Verfasser von elf Predigten, die von der Forschung heute in die Nachfolge Meister → Eckharts und vor allem Johannes → Taulers gestellt werden. Eindeutig ist E.s Autorschaft jedoch nicht nachzuweisen, denn in der u¨ berlieferten Wiener Hs. k¨onnten auch Predigten verschiedener Verfasser gesammelt sein. Auch eine Identit¨at E.s mit Eckhart von Gr¨undig (m¨oglicher Autor des Traktats Von der wirkenden und m¨oglichen Vernunft) ist h¨ochst unsicher. Die E. zugeschriebenen Predigten thematisieren besonders die Vereinigung mit Gott durch das Gem¨ut des Menschen. E. spricht davon, Gott im Gem¨ut zu suchen und ihn in sich zu nehmen, um ihm so ganz anzugeh¨oren. Auch Christus soll im Inneren des Menschen wiedergeboren werden. Weiterhin predigt E. die Befreiung des Menschen von sinnlichen Dingen. Gerade in diesen geistig-innerlichen Akzenten liegt E.s N¨ahe zu Tauler begr¨undet. Neben den genannten Predigten gilt E. auch als Autor einer Epistula de perfecta resignatione et oblivione sui, die im gleichen Geist innerlicher Selbstaufgabe gegen¨uber Gott geschrieben ist. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. Vindob. 2739, 173ra–174va, 179vb–181rb, 202va–213va (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., moselfr¨ankisch). – M¨unchen, BSB, cgm 702, 121r–121v (Pap., Augsburg, Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch; enth¨alt einen einzelnen, E. zugeschriebenen Spruch). Ausgaben: Johannes Tauler: Sermones De Tempore & de Sanctis totius anni [...]. Hg. v. Laurentius Surius. K¨oln 1603, S. 11–13, 46–48, 807 f. – Sermons de J. Tauler et autres e´ crits mystiques 2 (Bibliotheque de la Facult´e de Philosophie et Lettres de l’Universit´e de Li`ege, Fascicule XLII). Hg. v. Adolphe L. Corin. L¨uttich/Paris 1929, S. 415–437. – Der altdt. Tractat von der wirkenden und m¨oglichen Vernunft. Hg. v. Wilhelm Preger. 151

Eckhart der Jungere ¨ In: Sb. der Bayerischen Akad. der Wiss., philos.hist. Kl. 1871 (1871) S. 159–189. – W. Preger, Gesch. der dt. Mystik 2. Leipzig 1881. Nachdr. Aalen 1962, S. 434–439. Literatur: Wilhelm Preger, ADB 5 (1877) S. 626 f. – Willehad Ekkert, NDB 4 (1959) S. 301 f. – Fran¸cois Vandenbroucke: E. le Jeune. In: DHGE 14 (1960) Sp. 1403. – Georg Steer: E. d. Junge. In: VL2 2 (1979) Sp. 353–355. – Marie de ´ Villermont: Un groupe mystique allemand. Etude sur la vie religieuse au moyen aˆge. Br¨ussel 1907. – Philipp Strauch: Handschriftliches zur dt. Mystik. In: ZfdPh 54 (1929) S. 283–296, hier S. 291. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. ¨ der ONB 1 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1960, S. 232–247. – Wolfgang Stammler: Studien zur Gesch. der Mystik in Norddtl. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh. Darmstadt 1964, S. 386–436, hier S. 412. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi I. Rom 1970, S. 358–360. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 139 (T 115c). – Ruedi Imbach/JeanDaniel Caviglioli: Un sermon sur l’incantation de Eckhart le Jeune OP. In: Sources 5 (1979) S. 218–224. – Franz-Josef Schweitzer: Der Freiheitsbegriff der dt. Mystik, seine Beziehung zur Ketzerei der ‹Br¨uder und Schwestern vom Freien Geist›, mit besonderer R¨ucksicht auf den pseudoeckartischen Traktat ‹Schwester Katrei›. Frankfurt/M. u. a. 1981, S. 263. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 691–867 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,5). Wiesbaden 1984, S. 40–47. MM Etymachietraktat (Tractatus de septem vitiis et virtutibus, Conflictus vitiorum et virtutum, De septem apparitoribus). – Bedeutendster Tods¨undentraktat des Sp¨atMA. Der E. ist eine meist bildlich illustrierte, im Gewand eines Tugend- und Lasterkampfes auftretende Tierallegorese des Sp¨atMA, die in der lat. Urfassung in mindestens 80 Handschriften sowie in vier Drucken u¨ berliefert ist. Das Wesen der Tugenden und Laster wird anhand spiritueller Auslegung der Naturdinge und anhand von Zitaten geistlicher Autoren erl¨autert. Todsu¨ nden und Laster sind als Personifikationen auf Tieren reitend geschildert; 152

Franko von Meschede ihre Helme, Schilde und Banner sind mit TierEmblemen und Wappentieren verziert. ¨ Der lat. Traktat entstand vermutlich in Osterreich. Als a¨ lteste Handschrift gilt Vorau, Stiftsbibl., Cod. 130 (1332). Der E. erscheint hier, wie auch in den → Lumen animae-Drucken, als Teil einer gr¨oßeren Kompilation; im allgemeinen ist er jedoch als Einzeltext u¨ berliefert. Ausgabe: Nigel Harris: The Latin and German ‹Etymachia›. Textual History, Edition, Commentary (MTU 102). T¨ubingen 1994. ¨ ¨ Ubertragungen ins Deutsche: Die dt. Ubersetzungen lassen sich in zwei Hauptstr¨ange gliedern: ¨ ¨ a) Ubersetzungen mit dem Uberlieferungsschwerpunkt Ostschwaben; die fr¨uheste datierte Handschrift stammt von 1439 (ca. 15 Hss., verzeichnet bei Schmidtke 1968 [s. Lit.] Anm. 357; drei Fr¨uhdrucke). Die Todsu¨ nden und Tugenden werden einander hier paarweise gegen¨ubergestellt. ¨ b) Ubersetzungen aus dem bair.-¨osterr. Gebiet; die fr¨uheste datierte Handschrift stammt von 1443 (ca. sechs Handschriften, verzeichnet bei Schmidtke 1968 [s. Lit.] Anm. 357. – Ferner: Budapest, Nationalbibl., Cod. Germ. 2, 96r–130r). Hier folgt der Text mit einer Ausnahme der a¨ lteren Anordnung: Tods¨unden und Tugenden werden nacheinander abgehandelt. Außerdem ist eine dt. Kurzfassung Note wider den Teufel bekannt (G¨ottweig, Stiftsbibl., Cod. 308, 124r–128v [Mitte 15. Jh.]). Ausgabe: J. V. H¨aufler: Die Note wider den Teufel. In: Arch. f¨ur Kunde o¨ sterr. Geschichtsquellen 3 (1850) II S. 583–606. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 636–639. – Otto Z¨ockler: Das Lehrst¨uck v. den sieben Haupts¨unden. Mu¨ nchen 1893, S. 86–91. – Ders.: Die Tugendlehre des Christentums. G¨utersloh 1904, S. 249 f. – Marie Luise Gothein: ‹Die Tods¨unden›. In: Arch. f¨ur Religionswiss. 10 (1907) S. 416–484, hier S. 464 f. – Fritz Saxl: A Spiritual Encyclopedia of the Later Middle Ages. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 5 (1942) S. 82–134, bes. S. 103–105. – Morton W. Bloomfield: The Seven Deadly Sins. East Lansing 1952, S. 138 f., 245–249, 280 f. – D. Schmidtke: Physiologus Theobaldi dt. In: PBB (T¨ub.) 89 (1967) S. 270–301, hier S. 280 f. – Ders.: Geistliche Tierinterpretation in der deutschsprachigen Lit. des MA (1100–1500). Diss. FU Berlin 1968, S. 108–116, 504–515 (Lit.). – Mary A. Rouse/Richard H. 153

1. H¨alfte 14. Jh. Rouse: The Texts Called Lumen animae. In: Arch. Fratrum Praedicatorum 41 (1971) S. 5–113, bes. S. 37 f. – Werner Becker: Von Kardinaltugenden, Tods¨unden und etlichen Lastern. Leipzig 1975. – J¨urgen Werinhard Einhorn: Spiritualis Unicornis [...]. Mu¨ nchen 1976, S. 183–185, 414 f. – Harris (s. Ausg.). SF Franko von Meschede (Franco v. M.). – Seit 1319 urkundlich nachweisbarer Scholaster des Stifts Meschede an der Ruhr; Verfasser eines Marienlobs und einer juristischen Schuldisputation. F. war mehrere Jahre lang Leiter des Kanonikerstifts und wohl zwischen 1332 und 1337 Kanzler des Bremer Erzbischofs Bruchard Grelle (1327–1344), ansonsten liegen seine Lebensumst¨ande im Dunkeln. Das Carmen Magistrale. De beata Maria Virgine (auch: Aurea fabrica), ein kunstvolles Marienlob in 13 Abschnitten, entstand wohl 1330 und steht in Zusammenhang mit der Goldenen Schmiede → Konrads von W¨urzburg. Die Stropheninitialen I,1–X,9 bilden ein Akrostichon, im Rahmen dessen der Verfasser sich selbst nennt: «Franco scolaster Meschedensis servitor alme virginis maire hvmilis et devotus ista collegit et ea domino Iohanni pape XXII misit». Inhaltlich zeigt sich eine Steigerung der Hinwendung zu Maria mit einer F¨ulle an Typologien. ¨ Uberlieferung: Schr¨oder (s. Lit.) verzeichnet insgesamt zehn Hss.: zuerst abgedruckt nach der ¨ unvollst. Uberl. in M¨unchen, BSB, Clm 3686, 91v–92r (15. Jh.) (D). – Berlin, SBB, Ms. lat. qu. 2, 55ra–62rb (14. Jh.) (B). – M¨unchen, BSB, Clm 19824, 110r ff. (1490) (A). – Mu¨ nchen, UB, Cod. ms. 672, 216ra–222vb (15. Jh.) (C). Ausgaben: Hermann Leyser (Hg.): Aurea fabrica de laudibus virginis gloriosae. In: ZfdA 2 (1842) S. 169–176. – Gustav Milchsack: Hymni et sequentiae. Bd. 1. Halle 1886, S. 143–161. – AH 29 (1898) S. 185–204. – Edward Schr¨oder: F. v. M. und seine ‹Aurea fabrica›. In: Nachrichten v. der Ges. der Wiss. zu G¨ottingen (1927) S. 124, 127–129. – Ders.: ¨ Uber F. v. M. In: ZfdA 64 (1927) S. 266 (1927a). Eine Altercatio de utroque Iohanne Baptista et Evangelista von 339 Stabatmater-Strophen, die den juristischen Schuldisputationen zuzurechnen ist, vollendete er am 6. Juli 1330 und widmete sie ebenso wie die Aurea fabrica Papst Johannes XXII. 154

1. H¨alfte 14. Jh.

Diu glose ˆ uber ¨ daz eˆ wangelium S. Johannis

(1316–1334). Als Quelle diente der Dialogus miraculorum des → Caesarius von Heisterbach. ¨ Uberlieferung: Paderborn, Erzbisch¨ofliche Bibl., Bestand des Altertumsver., Hs. 8 (15. Jh.). – Berlin, SBB, Cod. theol. lat. fol. 427, 1r–45r (15. Jh.). Ausgabe: AH 29 (1898) S. 205–232. Die Verfasserschaft einer Salutatio ad sanctam crucem und weiterer Schriften ist nicht gekl¨art. Literatur: Dreves/Blume 1 (1909) S. 399–401. – Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 48. – Kurt G¨artner, VL2 2 (1979) Sp. 829–834. – Birgit Gansweidt, LexMA 4 (1989) Sp. 687. – K. G¨artner, MarLex 6 (1994) ¨ S. 836 f. – Julius Evelt: Uber den Scholaster F. v. M. In: Westf¨alische Zs. f¨ur vaterl¨andische Gesch. und Alterthumskunde 23 (1863) S. 295–310. – Reinhold K¨ohler: Von den zwei Sanct Johannsen. In: Germania 24, NR 12 (1879) S. 385–391, hier S. 391. – Adolf Bartsch: Drei Akrosticha. In: ebd. 36 (NR 24) (1891) S. 196–198, hier S. 197. – Guido Maria Dreves: Ein Jahrtausend lat. Hymnendichtung. Bd. 1. Leipzig 1909, S. 399–401. – Hans Walther: Das Streitgedicht in der lat. Lit. des MA (Quellen und Unters. zur lat. Philologie des MA 5,2). Mu¨ nchen 1920, S. 129–134. Nachdr. Hildesheim u. a. 1984. – Schr¨oder 1927 (s. Ausg.) S. 119–129. – Ders. 1927a (s. Ausg.) S. 266. – Karl Langosch: Die dt. Lit. des lat. MA in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Berlin 1964, S. 206. – Michael Stolz: Maria und die Artes liberales. Aspekte einer ma. Zuordnung. In: Maria in der Welt. Marienverehrung im Kontext der Sozialgesch. 10.–18. Jh. Hg. v. Claudia Opitz u. a. (Clio Lucernensis 2). Z¨urich 1993, S. 95–120, hier S. 101 f. SF

letztes Viertel 15. Jh., aus dem Dominikanerkloster Rottweil, schw¨abisch). – Parallelstellen in einer Meister Eckhart zugeschriebenen Predigt: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 33 (vormals Maihingen, F¨urstl. Oettingen-Wallerstein’sche Bibl.) 169r–173r (Pap., 1450, schw¨abisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 972a, S. 201–220 (Pap., 1450, alemannisch). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b VI 15, 356r–358v (Pap., Mitte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Straßburg, National- und UB, ms. 2795 (alte Sign.: L germ. 662.4°, vormals Privatbesitz Karl Schmidt, Straßburg), 243v–249v (240v–246v nach alter Foliierung) (Pap., 1440, ostschw¨abisch). – Straßburg, StB, ms. 489 (fr¨uher Cod. germ. 810b), 73r–77v (Pap., 18. Jh., Abschrift des vermutlich verbrannten Cod. A 100, Perg., 14. Jh. [?]; westalemannisch mit mitteldt. Einschlag). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962) S. 578–593 (nach Stuttgart). – Meister Eckhart zugeschriebene Predigt: Jundt 1875, Anh. S. 272–274 (Nr. 13 «Als Maria uber das birg gieng»); Parallstellen zur «glˆose»: Pfeiffer, S. 580, 13–30 = Jundt S. 272, 22 – S. 273, 9 und Pfeiffer S. 585, 34 – S. 586, 4 = Jundt 247,5–15. Literatur: Peter Schmitt: VL2 3 (1981) Sp. 61; 11 (2004) Sp. 543. – Joseph Bach: Meister Eckhart, der Vater der dt. Speculation. Wien 1864, S. 205, 233. – Heinrich Denifle (Hg.): Das Buch von geistlicher Armuth. Bisher bekannt als Johan Taulers Nachfolgung des armen Lebens Christi. M¨unchen 1877, S. II. – Auguste Jundt: Histoire de panth´eisme populaire au moyen aˆ ge et au seizi`eme si`ecle. Paris ¨ 1875. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, hier S. 397 f. VZ

Diu glose ˆ uber ¨ daz eˆ wangelium S. Johannis. – Mystischer Kommentar zu Joh 1, 1–14, 14. Jh. Der mystische Kommentar steht in einer nur lockeren Bindung zum Evangelientext. Hauptthema ist die Vereinigung der Seele mit Gott durch die Geburt Gottes in der Seele und ihre Beteiligung am g¨ottlichen Wirken. Der Verfasser ist unbekannt, da Zuweisungsversuche an Meister → Eckhart, Johannes → Tauler und → Marquard von Lindau entweder widerlegt oder wenig u¨ berzeugend sind. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 215, 76rb–84va (Pap., 1451–47 aus dem AugustinerChorherren-Stift. Rebdorf, nordbair.). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 155, 299ra–310rb (Pap.,

Grimlaicus (Grinlaicus, Crimlaicus). – Verfasser der a¨ltesten Eremitenregel des Abendlandes. Die Regula solitariorum, die a¨ lteste Eremitenregel des Abendlandes, ist in zw¨olf Handschriften des 10./11. bis 15. Jh. u¨ berliefert (vgl. Chartier und Vizkelety). Neben der Bibel waren die → Beneditkinerregel und die → Vitaspatrum die wichtigsten Quellen des G. Die Regula solitariorum wurde zweimal ins Deutsche u¨ bersetzt: einmal in der ersten H¨alfte des 14. Jh. wahrscheinlich in Regensburg, das andere Mal f¨ur das Waldschwesternhaus im Steinertobel vermutlich erst im 15. Jh. in St. Gallen (Die Waldregel). ¨ Uberlieferung: a) Gy¨or/Raab, Di¨ozesanbibl., Fragm. aus XLIII.7.9 (Perg., erste H¨alfte 14. Jh.,

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Ludwig IX. (frz. Konig) ¨ bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4884, 1r–96v (Pap., um 1370–80, mittelbair.). – b) St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 930, S. 1–334 (Pap., 1425). – Ebd., Cod. 931 (Pap.; Abschrift von Cod 930). Ausgaben: Vizkelety 2004 (s. Lit.). ´ emitisme. II. En Literatur: Pierre Doy`ere: Er´ Occident. In: Dict. Spir. 4 (1960) Sp. 953–982, hier Sp. 959 f. – Marie-Christine Chartier: Grimla¨ıc. In: DHGE 22 (1988) Sp. 273 ff. – Andr´as Vizkelety, VL2 11 (2004) Sp. 555–558. – Benedictus van Haeften: Disquisitiones monasticae. Antwerpen 1644. – Otmar Doerr: Das Institut der Inclusen in S¨uddeutschland (Beitr. zur Gesch. des alten M¨onchtums und des Benediktinerordens 18). Mu¨ nster 1934, S. 5–8. – Jean Leclercq: Reclus et recluses a` Metz durant le moyen aˆ ge. In: Revue ecclesiastique de Metz 53 (1953) S. 21–35. – Josef Reck: Die Anf¨ange des Frauenklosters St. Scholastika. In: Rorschacher Neujahrsbl. 56 (1966) S. 87–104. – Ders.: St. Scholastika in T¨ubach. In: Helvetia Sacra, Abt. V, Bd. 2, Tl. 2. Bern 1974, S. 1086–1094. – M.-C. Chartier: Regula solitariorum (Regula Grimlaici). In: Dizionario degli istituti di perfezione. Diretto da Guerrino Pelliccia/Giancarlo Rocca. Bd. 7. Rom 1983, Sp. 1598 ff. – Karl Suso Frank: Grimlaicus, ‹Regula solitariorum›. In: Vita Religiosa im MA. FS Kaspar Elm. Hg. v. Franz J. Felten/Nikolas Jaspert unter Mitarb. v. Stephanie Haarl¨ander (Berliner hist. Stud. 31: Ordensstudien 13). Berlin 1999, S. 21–35. – A. Vizkelety: Die ‹Regula solitariorum› des G. dt. In: Fata Libellorum. FS Franzjosef Pensel. Hg. v. Rudolf Bentzinger/Ulrich-Dieter Oppitz (GAG 648). G¨oppingen 1999, S. 325–336 (mit Abdruck). – Gabriela Signori: Johannes Hertenstain’s translation (1425) of G.’s rule for the anchoresses at Steinertobel near St Gallen. In: Saints, scholars, and politicians. Gender as a tool in medieval studies. FS Anneke Mulder-Bakker (Medieval church studies 15). Turnhout 2005, S. 43–63. – Dies.: Anchorites in German-speaking regions. In: Anchoritic Traditions of Medieval Europe. Hg. v. Liz Herbert McAvoy. Woodbridge u. a. 2010, S. 43–61, hier S. 44–47. BJ Ludwig IX. (frz. Konig). ¨ – Dt. Legenden. Am 25.4.1219 zu Poissy (westlich von Paris) geboren, wurde L. 1226 K¨onig von Frankreich, zun¨achst unter der Regentschaft seiner Mutter Blanca (von Kastilien). Er war um eine vermittelnde Haltung im Streit zwischen Kaiser und 157

1. H¨alfte 14. Jh. Papst bem¨uht (1245 Konzil von Lyon) und ließ die Sainte-Chapelle (1248 eingeweiht) als Aufbewahrungsort der 1239 erworbenen Passionsreliquien erbauen. L. war Anh¨anger der großen Bußbewegung, f¨orderte die Bettelorden, bet¨atigte sich karitativ und gr¨undete Spit¨aler. Der von ihm gef¨uhrte sechste Kreuzzug (1248–54) scheiterte 1250 bei Mansura. Nach der Gefangennahme kam er durch Zahlung eines hohen L¨osegeldes frei und kehrte nach dem Tod seiner Mutter (1252) nach Paris zur¨uck. Er regorganisierte die Verwaltung und f¨uhrte eine grundlegende Reform der Verfassungsstruktur ein. Neben der Schaffung eines k¨oniglichen Hofgerichts wurden die Gottesurteile durch die Einf¨uhrung der Inquisitionsgerichtsbarkeit abgel¨ost. L.s entschiedener Kampf gegen den Wucher war mit einer scharfen Politik gegen die Juden verbunden; 1242 ließ er den Talmud verbrennen. Er schloss im Vertrag von Paris (1259) Frieden mit England und trat als Schiedsrichter in vielen Streitigkeiten zwischen den Staaten Europas hervor. 1267 brach L. zu einem neuen Kreuzzug nach Turin auf, erlag jedoch nach der Eroberung Karthagos am 25.8.1270 einer im Lager ausgebrochenen Seuche. 1297 wurde er heiliggesprochen (Fest 25. August). ¨ Uber das Leben L.s berichteten der Dominikaner und Beichtvater des K¨onigs, Geoffroy de Beaulieu (1272/73), der Dominikaner Guillaume de Chartres (1276/82), der Franziskaner Guillaume de Saint-Pathus (nach 1297), der Beichtvater der K¨onigin Margarete und nach ihrem Tod der ihrer Tochter Blanche war, und Jean de Joinville, ein adliger Amtstr¨ager am k¨oniglichen Hof. Guillaume de Nangis, Archivar in Saint-Denis, schrieb eine Weltchronik, in der er sich besonders L. dem Heiligen widmete. Diese f¨unf Viten wurden in dt. Sprache nur in geringen Ausmaß rezipiert. Neben den Fassungen in → Der Heiligen Leben und → Der Heiligen Leben, Redaktion sind eine ndl. und vier dt. Versionen u¨ berliefert, davon mehrfach (im Moselund Niederrheingebiet) die Version mit dem Incipit «De selich hoich geborene edel heilich lodewich vurtzijdes eyn konynck in vranckrijche hadde»: ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1687 (fr¨uher Privatbesitz Franz Schultz, Straßburg bzw. Frankfurt a. M.), 60vb–65vb (Pap., 1463, ripuarisch). – Paris, Bibl. nat., Ms. allem. 35, 195va–202vb. – Wien, ¨ ONB, Cod. 13655, 158r–167v. Eine Version ist in einem els¨assischen Legendar (Berlin, SBB, Mgq 190, 38r-45v, 2. H¨alfte 158

1. H¨alfte 14. Jh. 15. Jh., aus dem Kloster St. Nicolaus in undis, Straßburg), eine im Druck der S¨udmndl. Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine; → Bijbelvertaler van 1360) durch Ludwig van Renchen (K¨oln 1485) zu finden. Anl¨asslich ihrer Bearbeitung der Els¨assischen Legenda aurea schuf die Zisterzienserin → Regula eine weitere dt. Fassung der Legende (Straßburg, Bibl. nat. et univ., Ms. 2542, 239ra–241ra). Ausgabe: Konrad Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG). T¨ubingen 1983, S. XXV, XXXI, LV, 223–230, 387 f. (mit den lat. Vorlagen). Literatur: Georges Kiesel, LCI 7 (1974) Sp. 426–442. – Wimmer/Melzer (61988) S. 526 f. – Jacques Le Goff, TRE 21 (1991) S. 487–490. – Jean Richard, LexMA 5 (1991) Sp. 2184–2186. – Ursula Vones-Liebenstein, LThK3 6 (1997) Sp. 1098 f. – Gerhard Philipp Wolf, RGG4 5 (2002) Sp. 541 f. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 939. – Gottfried v. Beaulieu: Vita et sancta conversatio piae memoriae Ludovici quondam regis Francorum. In: Receuil des historiens des Gaules et de la France. Bd. 20. Paris 1840, S. 3–27. – Wilhelm v. Chartres: De Vita et Actibus Inclytae Recordationis Regis Francorum Ludovici et de Miraculis quae ad ejus Sanctitatis Declarationem Contingerunt. In: ebd., S. 30. – Guillaume de Nangis: Vita Sancti Ludovici IX / Vie de Saint Louis. Lat. und frz. Hg. v. Claude Fran¸cois Daunou/Joseph Naudet. In: ebd., S. 312–465. – Louis-S´ebastien Le Nain de Tillemont: La Vie de Saint Louis, roi de France. Hg. v. Julien de Gaulle. 6 Bde., Paris 1847–51. – Jean de Joinville: Histoire de Saint Louis. Hg. v. Natalis de Wailly. Paris 1874 (altfrz. Fassung: Paris 1868; Das Leben des heiligen L. Hg. und u¨ bers. v. Eugen Mayser. D¨usseldorf 1969). – Guillaume de Saint-Pathus: Vie de Saint Louis. Hg. v. HenriFran¸cois Delaborde. Paris 1899. – H.-F. Delaborde. Une œuvre nouvelle de Guillaume de Saint-Pathus. In: Biblioth`eque de l’Ecole des chartes 63 (1902) S. 267–288. – G. de Saint-Pathus: La Vie et les Miracles de Monseigneur Saint Louis. Hg. v. Percival B. Fay. Paris 1931. – Saint Louis par Joinville. Avant-propos de Andr´ee Duby. Paris 1963 ¨ (eine gek¨urzte Ubers. in moderneres Franz¨osisch erschien in: Historiens et chroniqueurs du Moyen Age. Paris 1963, S. 195–366). – Antoine F. de L´evisMirepoix: Saint Louis, roi de France. Paris 1970. – R´egine Pernoud: Le si`ecle de Saint Louis. Paris 1970. – No¨el Lynn Corbett (Hg.): La Vie de Saint 159

Missale Louis. Le t´emoignage de Jehan, seigneur de Joinville. Sherbrooke/Kanada 1977. – William Chester Jordan: Louis IX and the Challenge of the Crusade. A Study in Rulership. Princeton 1979. – Gerard Siv´ery: Saint Louis et son si`ecle. Paris 1983. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 434. – Alain Saint-Denis: Le si`ecle de Saint Louis. Paris 1994. – J. de Joinville: Vie de Saint Louis. Hg., aus dem Altfranz¨osischen u¨ bers. und mit einer Einl. versehen v. Jacques Monfrin. Paris 1995. – Jacques Le Goff: L. der Heilige. Stuttgart 2000. – Dirk Reitz: Die Kreuzz¨uge L.s IX. v. Frankreich 1248/1270. M¨unster 2005. BJ ¨ Missale (dt.). – Dt. Ubertragungen des lat. liturgischen Buches der Westkirche, das die Texte der Eucharistiefeier zusammenfasst. M. wird die im HochMA verbreitete Endfassung jenes Buches genannt, das die tradtionellen, von den kirchlichen Autorit¨aten benutzten und vorgesehenen Texte der Messe in sich vereinigt. Voraus gingen Sammlungen zum Gebrauch der einzelnen Funktionstr¨ager (Sakramentar, Lektionar, Antiphonar usw.) und Texte mit rituellen Weisungen (sp¨ater innerhalb des M. «Rubriken» genannt). Seit dem Sp¨atMA liegt das nach dem Konzil von Trient 1570 definitiv kirchenamtlich so promulgierte, universal g¨ultige M. Romanum vor, das u. a. Promulgationsdokumente, Kalender der Feste und Zeiten, Beschreibung des Messritus und die eigentlichen Messformulare enth¨alt. ¨ Ubertragungen ins Deutsche ¨ Uberlieferung: Vgl. H¨aussling 1984 (s. Lit.) Nr. 1–31, 100–130. Als Buch der ausschließlich priesterlichen Amtsfunktionen bestand zun¨achst kein Anlass zur ¨ Ubersetzung des M. in die Landessprachen. Das → Merseburger Gebetsbruchst¨uck, ein lat.-dt. Canontext des 9. Jh. aus Fulda, ist deshalb von singul¨arer Bedeutung. Dem Sakramentartextbestand entstammt das → Augsburger Gebet; im 14./15. Jh. ¨ kam es im Zuge der Laienfr¨ommigkeit zu Ubersetzungen von eigentlichen Texten des M. und schließlich des ganzen Buches. In den sog. → Plenarien wurden die biblischen Perikopen des M. u¨ bersetzt, welche bis zu vollst¨andigen Messoffizien erweitert wurden; dazu ¨ traten Ubersetzungen von einzelnen bestimmten 160

¨ Osterreichischer Bibelubersetzer ¨ Texten des M., vor allem aus der Liturgie der Karwoche, ferner einzelne Messformulare usw. ¨ Ubersetzungen des Ordo missae sind auch in ¨ den Messerkl¨arungen enthalten. Ubersetzt wurden die Traktate des → Durandus, Super missam des → Albertus Magnus; in dt. Sprache entstand die → Messerkl¨arung Messe singen oder lesen. ¨ Einen eigenen Typus stellen dt. Ubersetzungen des lat. Kollektars (des Corpus der Orationen) dar. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 582 (15. Jh., nd.). – Druck Ulm 1485. Der → Mo¨ nch von Salzburg u¨ bersetzte Sequenzen des M. F¨ur Festtage und -zeiten bestimmte Gesangsst¨ucke (Gloria, Credo) wurden ebenfalls separat u¨ bersetzt. Gesamtubersetzungen des M. sind seit dem ¨ 14. Jh. in folgenden Handschriften nachgewiesen: ¨ Wien, ONB, Cod. 2714 (Mitte 14. Jh., ostmd.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 115 (1381, ostmd.). – Berlin, SBB, Mgq 1491 (15. Jh., nd. oder ndl.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4378 (Di¨ozese Augsburg, 1498, obd.). – Aschaffenburg, Hof- und Stiftsbibl., U 106 (Fragm. 9; erste H¨alfte 15. Jh.). Ausgabe: Hartmut Beckers: Bruchst¨ucke einer ¨ dt. M.-Ubers. des 15. Jh. vom Niederrhein. In: Arch. f¨ur Liturgiewiss. 27 (1985) S. 91–102, hier S. 95 f. Trier, Bibl. des Priesterseminars oder Bistumsarch. (fr¨uhes 15. Jh., ripuarisch; Fragm., verschollen). Ausgabe: Joseph Hulley: Aus einem dt. M. des 15. Jh. In: Pastor bonus 15 (1905/06) S. 335–337. Halle (Saale), UB/LB, Yg 2° 37 (3) (fr¨uher Privatbesitz Specht, Halle, o. S.). Literatur: Angelus H¨aussling, VL2 6 (1987) Sp. 607–612; 11 (2004) Sp. 1006. – Bruno Kleinheyer, LexMA 6 (1993) Sp. 669. – A. H¨aussling, LThK3 7 (1998) Sp. 283–286. – Burkhard Neuheuser: M. Romanum. In: KNLL3 11 (2009) S. 337 f. – Christoph Flurheym: Alle Kirchen-Ges¨ang und Gebeet des gantzen Jars, von der hailigen Christenlichen Kirchen angen¨omen und bißher in l¨oblichem brauch erhalten. Hg. v. Theodor Bogler. Leipzig 1529 (Nachdr. Maria Laach 1964). – Anton Baumstark: M. Romanum. Seine Entwicklung, ihre wichtigsten Urkunden und Probleme. Eindhoven 1929. – Josef Andreas Jungmann: Missarum Sollemnia. Eine genetische Erkl¨arung der r¨omischen Messe. Zwei Bde., Freiburg i. Br. u. a. 1948 (Nachdr. Bonn 2003) bes. Bd. 1, S. 138–141. – Franz R. Reichert: Die a¨ lteste dt. Gesamtauslegung 161

1. H¨alfte 14. Jh. der Messe. M¨unster 1967. – Klaus Gamber: Vom Meßformular zur Meßgestaltung. Die Plenarmissalien des r¨omischen Ritus zur Jahrtausendwende. In: Heiliger Dienst 37 (1983) S. 136–144. Wieder in: Sacramentorum. Weitere Stud. zur Gesch. des Meßbuches und der fr¨uhen Liturgie. Hg. v. K. Gamber. Regensburg 1984, S. 107–115. – A. H¨aussling: Das Missale dt. Materialien zur Rezeptionsgesch. der lat. Meßliturgie im dt. Sprachgebiet bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Mu¨ nster 1984. – Cyrille Vogel: Medieval Liturgy. An Introduction to the Sources. Washington D. C. 1986. – Winfried Haunerland: Die Eucharistie und ihre Wirkungen im Spiegel der Euchologie des M. Romanum. M¨unster 1989. – Hans Bernhard Meyer: Eucharistie. Gesch., Theologie, Pastoral (Gottesdienst der Kirche 4). Regensburg 1989. – Dominik Daschner: Die gedruckten Meßb¨ucher ¨ S¨uddeutschlands bis zur Ubernahme des M. Romanum Pius’ V. (Regensburger Stud. zur Theologie 47). Frankfurt/M. u. a. 1995. SF Nigri, Johannes. In den → K¨olner Klosterpredigten (Bd. 1, Sp. 872–874) ist die Predigt eines J. N. u¨ berliefert (Incipit: «Dat eirste is arbeit sunder virdroz»). Es k¨onnte sich um einen Dominikaner des fr¨uhen 14. Jh. aus dem K¨olner Geschlecht der Schwartze vom Hirtz gehandelt haben. Ein «Godefridus dictus Niger» war 1327 Zeuge in einem → EckhartProzess. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2205, 15r–18r (Perg., 14. Jh., ripuarisch; verschollen). Ausgabe: Strauch 1911, S. 26 (Auszug). Literatur: Kurt Ruh, VL1 5 (1955) Sp. 720. – Philipp Strauch: K¨olner Klosterpredigten des 13. Jh. In: NdJb 37 (1911) S. 21–48, hier S. 22, 27. – ¨ Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948) S. 173–178, hier S. 173. VZ ¨ Osterreichischer Bibelubersetzer. ¨ – Laikaler ¨ Ubersetzer und Kommentator biblischer Schriften, Verfasser von Traktaten, 14. Jh. Ein mit rund 60 bekannten Codices reich bezeugter Psalmenkommentar (PsK) wird in der a¨ ltesten vollst¨andigen Handschrift von 1372 (Rein [Steiermark], Stiftsbibl., Cod. 204) dem «getrewen e Mann Hainreichen von Mugellein» zugeschrieben. 162

1. H¨alfte 14. Jh. Heinrich Bergeler hat 1937/44 diesen Kommentar und mehrere weitere Bibelwerke und geistliche Schriften (die durch Stil, Selbstzitate und Gedankengut eng vernetzt sind) zu einem Textcorpus unter den Bezeichnungen Dt. Bibelwerk und Kleine Schriften → Heinrichs von Mu¨ geln zusammengefasst. Die Zuweisung an M¨ugeln kann nicht aufrecht erhalten werden; einen einzigen Autor f¨ur das gesamte (inzwischen erweiterte und im Umfang weiterhin offene) Corpus anzunehmen, erscheint gerechtfertigt. Da verl¨assliche Autornennungen (zu Wolfhart s. u.) nicht u¨ berliefert sind, wird der vermeintliche Sch¨opfer des Œuvres mit ¨ B.» bezeichnet. dem Behelfsnamen «O. Ein belastbares Datum liegt mit 1330 als Entstehungszeit f¨ur das Klosterneuburger Evangelienwerk ¨ B. in der (KEW) vor, so dass das Schaffen des O. ersten H¨alfte des 14. Jh. angesiedelt werden kann. ¨ In das Herzogtum Osterreich als Entstehungsraum weisen Ortsnamen in den u¨ berlieferten Werken sowie deren Quellen und Sprachstand. Auch ¨ ¨ die Uberlieferung konzentriert sich in Osterreich. Weitere Angaben zur Autorpers¨onlichkeit m¨ussen ausschließlich dem Werk entnommen werden. So ¨ B. sich dezidiert als Laien und bezeichnet der O. z¨ahlt sich nicht zu den litterati («vngelernt layn»). Letzteres ist wohl auch ein Bescheidenheitstopos, denn dass er gleichwohl eine fundierte Ausbildung gehabt haben muss (Theologie- und Lateinkenntnisse, Umgang mit Kommentaren etc.), zeigen sowohl sein Sachverstand als auch die sprachliche Kompetenz im Lateinischen und Deutschen, der ¨ die durchweg hocheinzusch¨atzenden Ubertragun¨ B. beruft sich in seinen gen kennzeichnet. Der O. Werken nicht nur auf den Beistand des Hl. Geistes sondern auch auf «gelerte leute», die nicht n¨aher zu bestimmen sind, außer dass sich ein franziskanisches Umfeld vage vermuten l¨asst. Diese Berufung k¨onnte mehr sein als Absicherung gegen Heterodoxievorw¨urfe, denn diesen gelehrten Kreisen d¨urfte er vor allem Hinweise zu Neuerscheinungen, aktuellen Diskursen und religi¨osen Praktiken im Ausland verdanken. Auch von deutschsprachiger (und nicht nur) geistlicher Dichtung hatte der ¨ B. nachweislich Kenntnis. O. Eine dt. Vollbibel zu erschaffen, d¨urfte niemals seine Intention gewesen sein, sondern ausgew¨ahlte Teile der Bibel unter Einbeziehung apokrypher Texte und Legenden (ohne letztere mit dem Bibeltext zu vermischen) in ein verst¨andliches Deutsch zu u¨ bersetzen und eine f¨ur laikale Kreise gleichsam verst¨andliche «bedeutnus» 163

¨ Osterreichischer Bibelubersetzer ¨ beizugeben. Kenntnis von zu seiner Zeit vorliegenden Bibel¨ubertragungen darf man ihm unterstellen (→ Evangelien¨ubertragungen, → Wien¨ Z¨urcher-Bibel). Ziel der Ubersetzungen war offensichtlich, zeitgen¨ossischen h¨aretischen Str¨omun¨ gen in Osterreich entgegenzuwirken, indem er Laien u¨ ber die Volkssprache und Kommentierungen einen Zugang zu den heiligen Texten erm¨oglicht. So nimmt denn auch durchgehend in seinen Glossen, Verteidigungen und Traktaten die Polemik gegen H¨aretiker, aber auch gegen Anh¨anger der paganen Philosophie, Juden, «falsche Christen» und hochm¨utige Theologen einen breiten Raum ein. ¨ B. ist als Laie der erste herausragende Der O. Protagonist der sp¨atma. Verteidigung der Bibel f¨ur Laien, noch vor dem → Bibelvertajler von 1360. ¨ B. umfasst nach heutigem Das Œuvre des O. Kenntnisstand, der eine gesicherte Chronologie f¨ur alle Werke nicht einschließt, neben den drei großen Hauptwerken KEW, PsK und Schlierbacher Altes ¨ Testament (SAT) eine glossierte Ubersetzung der Proverbia et Ecclesiastes, das B¨uchlein vom Antichrist und B¨uchlein vom j¨ungsten Gericht, zwei AdversusJudaeos-Traktate sowie kommentierte und thematisch geordnete Ausz¨uge aus Proverbia, Ecclesiastes, Sapientia und Jesus Sirach mit neun eingebetteten Traktaten. Das KEW wird zwar von mehreren Handschriften u¨ berliefert, doch bieten nur die zwei Klosterneuburger Textzeugen (Stiftsbibl. Codd. 4 und 451, beide fr¨uhes 15. Jh.) die vollst¨andige Prosa¨ubertragung der Evangelien einschließlich Apg 1–5 und des → Evangelium Nicodemi. Diese, wie auch schon die KEW-Version der a¨ltesten Handschrift (Schaffhausen, Stadtbibl., Cod. Gen. 8, um 1340), stellen eine Bearbeitung einer Erstfassung dar. Diese Re¨ B. selbst zur¨uck daktion geht entweder auf den O. oder einem Bearbeiter. Die Erstfassung ist 1330 oder fr¨uher entstanden und wird zweimal mit dem Namen «Wolfhart» u¨ berliefert (G¨ottweig, Stiftsbibl., Cod. 222 [198], 15. Jh; Laibach, Arch. der Republik Slowenien, AS 1080, Collectanea I, ˇs. 1, f. 1, um 1400 [Fragm.]). Sie unterscheidet sich von ihren Bearbeitungen in der Strukturierung und im Textbestand. So sind zwei Adversus-JudaeosTraktate nur hier zus¨atzlich beigef¨ugt. Der Evangelientext zur Passion und die Glossen werden als Einheit geboten und eingerahmt von einer Vorbemerkung zu nichtbiblischen Quellen und einem Versgebet. Dieses hat den Schlussvers: «sust pit ich 164

¨ Osterreichischer Bibelubersetzer ¨ dich sundiger Wolffart». Sollte der Name Wolfart schon im Archetyp der Erstfassung als Bestandteil des Reimgebets gestanden haben und sich auf den KEW-Autor beziehen, w¨are das die einzige bekannte Selbstnennung im umfangreichen Corpus ¨ B. Dieser h¨atte dann Wolfhart geheißen. des O. (Mit Bruder → Wolfhart OFM ist er nicht zu identifizieren.) Das KEW bietet einen eigenst¨andig harmonisierten Evangelientext und ist in Perikopen eingeteilt, vor denen jeweils eine dt. Rubrik u¨ ber den Inhalt informiert und das lat. Incipit der Perikopen angegeben wird (im Falle einer Harmonie sind die Incipits aller vier Evangelien angegeben). Jeder u¨ bersetzten Perikope folgt eine Glosse, einge¨ arbeitet oder angeh¨angt sind dabei Ubersetzungen aus lat. Legendenbearbeitungen und neutestamentlichen Apokryphen. In der Einleitung, die Gott um Inspiration bittet, werden die «vngelerten leyen» ¨ als Adressaten der Ubersetzung deutlich benannt. Den Perikopen f¨ur die Hauptfeste mit zentralen Heilsereignissen sind im typologischen Verfahren glossierte Weissagungen aus Psalter und Propheten vorangestellt. Diese Verbindung erinnert an die Textform des Messbuches. Bibel¨ubersetzung und -erkl¨arung scheinen so mit dem Gebrauch in der Messe assoziert zu sein, allerdings ohne die konkrete Funktion eines Messbuches. Auch ist das ¨ KEW nicht mit Plenarien oder Ubertragungen des → Speculum humanae salvationis zu vergleichen. Der Stoff ist durch Auswahl beschr¨ankt, harmonisiert und folgt in der Ordnung nicht dem Kirchenjahr. Das KEW ist wegen der Erg¨anzungen und Erweiterungen aus Legenden und Apokryphen ebenso keine bloß glossierte → Evangelienharmonie. Es zeigt eine gewisse N¨ahe zu den → Historienbibeln außer, dass es die Bibeltexte in der Regel nicht mit anderen vermischt. Der Begriff «Evangelienwerk» erscheint daher angesichts eines Textes, der sich weiterer Kategorisierung entzieht, angemessen. ¨ Der PsK wird in den meisten F¨allen der Uberlieferung von einer Vorrede begleitet. Es sind drei unterschiedliche Vorreden u¨ berliefert, von denen eine ¨ Uberschneidungen zu den Vorreden des SAT aufweist. Anhand dieser Vorreden l¨asst sich die breite ¨ Uberlieferung des Kommentars in drei Handschriftengruppen grob gliedern, die exakten Abh¨angigkeitsverh¨altnisse sind kompliziert. Der PsK ist als ¨ eine Ubersetzung des Psalterkommentars der Postilla litteralis super totam bibliam des → Nikolaus von Lyra Ausweis einer fr¨uhen Rezeption der Postille, die um 1331 abgeschlossen war. Freilich geht der 165

1. H¨alfte 14. Jh. ¨ B. k¨urzend zu Werk und versieht seine Ubertra¨ O. gung mit eigenen Zus¨atzen. Da einige handschriftliche Fassungen des PsK von Nikolaus im Pr¨asens sprechen, m¨usste der PsK vor dessen Tod 1349 abgeschlossen gewesen sein. Das SAT enth¨alt Gen, Ex, Tob und Job in aus¨ zugsweiser und teils raffender Ubersetzung mit nicht durchgehender Kommentierung. In zwei apologetischen Vorreden, die Bezug nehmen auf das (dadurch eindeutig vorzeitige) KEW und die Anfeindungen von dessen Volkssprachigkeit und die auch unabh¨angig vom SAT u¨ berliefert sind, ¨ B. das laikale Recht auf volksverteidigt der O. sprachige biblische Texte vehement. Die erste Vorrede scheint die Existenz des PsK vorauszusetzen, sodass in der Abfolge der großen Werke SAT ans Ende r¨uckt. Kurze Einleitungen mit inhaltlichem Bezug und typologischen Auslegungen stehen vor jedem der biblischen B¨ucher. Eine Ausnahme ist Gen, wo die zweite Vorrede diese Funktion teilweise ubernimmt. Glossen finden sich im SAT sel¨ tener als im KEW und f¨uhren die typologische Auslegung der Einleitungen fort. Vom Bibeltext sind sie deutlich abgesetzt. Gesicherte Quellen der Glossen von KEW und AT sind neben Nikolaus von Lyra, die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine und die Glossa ordinaria des → Hrabanus Maurus und des → Beda Venerabilis; zitiert werden u. a. → Hieronymus, → Augustinus, → Gregor der Große und die Disticha Catonis (Cato). Nicht erw¨ahnt aber h¨ochstwahrscheinlich herangezogen ¨ B. auch dt. Texte, die Kindheit Jesu hat der O. → Konrads von Fußesbrunnen und Christi Hort → Gundackers von Judenburg. ¨ B. zuordZu den Traktaten, die sich dem O. nen lassen (zum Teil auch durch Verweise und ¨ Ubernahmen von Partien in den großen Werken [und umgekehrt]) z¨ahlen zun¨achst die beiden Adversus-Judaeos-Traktate aus der Erstfassung ¨ des KEW. Einer ist eine Ubersetzung der Disputatio Judaeorum contra Anastasium des → Paschalis von Rom in recht getreuer Wiedergabe mit einigen Verdeutlichungen, der andere handelt u¨ ber die Feste der Juden und Christen. Geschildert wird die Abl¨osung des Sabbats durch den Sonntag und weiterer sieben j¨udischer Feste durch christliche. Die Schrift st¨utzt sich auf → Thomas von Aquin und pseudothomasische Schriften. Da Thomas als Heiliger erw¨ahnt wird ist der Terminus post quem ¨ 1323. Eine Wiener Handschrift (ONB Cod. 2846, 166

1. H¨alfte 14. Jh. 1ra–53va, 119ra–169rb, 1478 vollendet) enth¨alt neben den Ausz¨ugen aus Proverbia, Ecclesiastes usw. vor und nach der → Summa bonorum Traktate des ¨ B., die teilweise auf dem → Passauer AnonyO. ¨ mus fußen und kommentierte Ubersetzungen aus unterschiedlichen biblischen B¨uchern enthalten. Diese k¨onnten s¨amtlich vor dem KEW entstanden sein. Vor der Summa stehen Das B¨uchlein vom Antichrist und Das B¨uchlein vom j¨ungsten Gericht. Beide ¨ Traktate enthalten vor allem glossierte Ubersetzungen der Apokalypse; der Antichrist ist noch drei weitere Male u¨ berliefert, davon einmal wiederum zusammen mit dem J¨ungsten Gericht. Er ist eine Bearbeitung des Abschnittes De Antichristo Venturo des Passauer Anonymus, in dem das Leben des Antichristen bis zu dessen durch Christus herbeigef¨uhrten Tod zur Darstellung kommt. Eigenst¨andigkeit ¨ B. bei seiner Ubertragung ¨ beweist der O. vor allem durch die moralisch-didaktische Umformung, die durch Auslegungen von Bibelstellen und patristische Zitate predigthafte Z¨uge aufweist. Neben dem Passauer Anonymus sind weitere Quellen De ortu et tempore Antichristi (in der Erweiterung des → Albuinus Erimita), → Honorius Augustodunensis, Isidor von Sevilla, → Hugo Ripelin von Straßburg und die Antichrist-Rede → Friedrichs von Saarburg. Wom¨oglich ist die Passage u¨ ber die heidnische Trinit¨at (Mahmet, Apoll, Terviganz) eine direkte Entlehnung aus dem Willehalm → Wolframs von Eschenbach. Eine zweite Traktatgruppe im Wiener Codex wird er¨offnet mit dem Contra-Judaeos-Text Von der juden jrrsal, der mehrere Kapitel des Passauer Anonymus aufgreift. In ¨ teilweise noch versch¨arfender Form spricht der O. B. in dieser Schrift den Juden das traditionelle Existenzrecht innerhalb der christlichen Gesellschaft generell ab. Michel → Beheim hat den Traktat in seinen Contra-Judaeos-Liedern 227–234 verarbeitet. Zwei weitere Traktate behandeln: Philosophen, Ketzer, falsche Christen einerseits, Tr¨aumer und falsche Traumdeuter, Zauberer und Wahrsager andererseits. Es folgt noch ein Ketzertraktat und eine Rechtfertigung der Kritik an ‹vngefurten pfaffen›. Diese mache Laien nicht zu Ketzern. Der letzte Text ist als christlich par¨anetisch ausgerichteter F¨urstenspiegel beschreibbar (Incipit: «All hie ist mit fleiss ze mericken wie kunig Salomon lernt all herren kunig»), letztlich aber vor allem eine Sammlung alttestamentlicher Spr¨uche (vor allem Weish). ¨ Uberlieferung: Setzt im zweiten Viertel des 15. Jh. ein und reicht bis ins 16. Jh. mit Zentrum in 167

¨ Osterreichischer Bibelubersetzer ¨ ¨ Osterreich, im Falle des PsK weit dar¨uber hinaus. – KEW: 7 Hss. Erstfassung (zuz¨ugl. Exzerpte in 11 Hss.), 7 Hss. und Fragm. Bearbeitung (zuz¨ugl. Exzerpte in 2 Hss., Maria-Suppl. in 2 Hss.). Vgl. Kurt G¨artner, VL2 4 (1983) Sp. 1248 f., Nachtrag VL2 11 (2004) Sp. 855.; Kornrumpf 1991. – PsK: Rund 65 Hss., 2 Fr¨uhdrucke. Vgl. Ratcliffe 1965; Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1101. Eine bisher lediglich als «Psalterium – lat. Text mit ¨ dt. Ubers.» bezeichnete und weitgehend unbeachtete Hs. im th¨uringischen Sondershausen konnte von Gisela Kornrumpf (M¨unchen) als eine neue ¨ B. identifiziert werden Hs. mit dem ‹PsK› des O. (Sondershausen, Kirchenbibl., Cod. 2° 29 [vormals Landesbibl., Hs. 6], 1ra–367vb. [Pap., ostmitteldt.]). Die vollst., 372 Bll. umfassende Hs. wurde 1462 von Mathias Molitor in Wyda (Weida/Th¨uringen) geschrieben. Dank der freundlicherweise von Klaus Stollberg (Sondershausen) zur Verf¨ugung gestellten und inzwischen auch online zug¨anglichen Farb-Digitalisate konnte der Textzeuge Ratcliffes ¨ Uberlieferungsgruppe III zugeordnet werden (vgl. Handschriftencensus online). – SAT: 3 Hss., vgl. L¨oser, VL2 8 (1992) Sp. 720 f.; Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1100. – Proverbia et Ecclesiastes: 2 Hss., 1 Fragm., vgl. Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1103. – Traktate und Ausz¨uge: Vgl. Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1106–1108. Ausgaben (Ausw.): KEW: Masser/Siller 1987, S. 396–444. – PsK: Ratcliffe 1965, S. 49–59. – Weitere s. Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1101. – SAT Vorreden: L¨oser/St¨ollinger-L¨oser 1989, S. 280–313. – SAT (Hiob): Hans Vollmer: Eine dt. Schulbibel des 15. Jh. Historia scholastica des Petrus Comestor in dt. Auszug mit lat. Paralleltext Tl. 2 (Materialien zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MA 2,2). Berlin 1927, S. 823–837. – Adversus-Judaeos-Traktate: Niesner 2004, S. 465–472. – Ketzertraktat (Auszug): L¨oser/St¨ollinger-L¨oser 2004, S. S. 145–149. – Antichrist: Paul-Gerhard V¨olker: Vom Antichrist. Eine mhd. Bearbeitung des Passauer Anonymus (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 6). M¨unchen 1970. Literatur: Andreas Wang: Vom Antichrist (anon. Prosafassung). In: VL2 1 (1978) Sp. 397–400; 11 (2004) Sp. 121. – Gerd Brinkhus: F¨urstenspiegel ‹All hie ist mit fleiss ze mericken›. In: VL2 1 (1978) Sp. 1026; 11 (2004) Sp. 478. – Kurt G¨artner: KEW. In: VL2 4 (1983) Sp. 1248–1258; 11 (2004) Sp. 855. – Freimut L¨oser: SAT. In: VL2 8 168

¨ Osterreichischer Bibelubersetzer ¨ (1992) Sp. 720–726. – Gisela Kornrumpf: Wolfhart. In: VL2 10 (1999) Sp. 1361–1363. – Dies., VL2 11 (2004) Sp. 1097–1110. – Manuela Niesner: ‹Von der juden jrrsal› und weitere Contra-JudaeosTraktate. In: VL2 11 (2004) Sp. 812–815. – G. Kornrumpf, Killy 8 (2010) Sp. 682–684. – Paul Freyer: ¨ Uber eine Hs., enthaltend Text und Erkl¨arung der Psalmen. In: Zs. f¨ur die gesammte lutherische Theologie und Kirche 34 (1873) S. 417–429. – Eduard Hase: Bruchst¨uck einer vorlutherischen ¨ dt. Psalmen-Ubers. und Erkl¨arung aus dem Kloster Roda. In: Mitt. der Geschichts- und Alterthumsforschenden Ges. des Osterlandes 7 (1874) S. 27–36. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. 3 Bde. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Bd. 1, Sp. 541–545, 588–600. – Herman Haupt: Ein dt. Traktat u¨ ber die o¨ sterr. Waldenser des 13. Jh. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 23 (1902) S. 187–190. – Anton E. Sch¨onbach: Miscellen aus Grazer Hss. 10. In: Mitt. des hist. Vereins f¨ur Steiermark 50 (1903) S. 3–102. – Josef Klapper: Im Kampf um die dt. Bibel. Zwei Traktate des 14. Jh. Breslau 1922. – Alfred Bergeler: Das dt. Bibelwerk Heinrichs v. M¨ugeln. Diss. Berlin 1937. – Ders.: Kleine Schr. Heinrichs v. M¨ugeln im Cod. Vind. 2846. In: ZfdA 80 (1944) S. 177–184. – Frederick W. Ratcliffe: The Psalm Translation of Heinrich v. M¨ugeln. In: Bulletin of the John Rylands Library 43 (1960/61) S. 426–451. – Ders.: Die Psalmen¨ubers. Heinrichs v. M¨ugeln. Die Vorrede, der ‹schlichte› Psalmentext und Probleme einer Herausgabe. In: ZfdPh 84 (1965) S. 46–76. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psal¨ men¨ubers. Unters. zur Verwandtschaft und Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. K¨oln/Graz 1967, S. 26, 56 f., 69, 78–83, 151. – Alexander Patschovsky: Der Passauer Anonymus. Ein Sammelwerk u¨ ber Ketzer, Juden, Antichrist aus der Mitte des 13. Jh. (Schriften der MGH 22). Stuttgart 1968, S. 13–15. – Karl-Ernst Geith: Eine Quelle zu Gundackers v. Judenburg ‹Christi Hort›. In: ZfdA 97 (1968) S. 57–68. – Johannes Kibelka/Heribert A. Hilgers: Unbeachtete Fragm. von Werken Heinrichs v. Mu¨ geln im Steierm¨arkischen Landesarch. In: ZfdPh 89 (1970) S. 369–394. – J¨org Hennig: Chronologie der Werke Heinrichs v. M¨ugelen. Diss. Hamburg 1972, bes. S. 135–167, 276–291 (vgl. dazu H. A. Hilgers. In: ZfdPh 98, 1979, S. 122–128). – K. G¨artner: Zur neuen Ausg. und 169

1. H¨alfte 14. Jh. zu neuen Hss. der ‹Kindheit Jesu› Konrads v. Fussesbrunnen. In: ZfdA 105 (1976) S. 11–53. – Friedrich Ohly: Der Verfluchte und der Erw¨ahlte. Vom Leben mit der Schuld (Vortr¨age der RheinischWestf¨alische Akad. der Wiss. Geisteswiss. 207). Opladen 1976, S. 7–42, 140–143. – Bruno Singer: Die F¨urstenspiegel in Deutschland im Zeitalter des Humanismus und der Reformation. Bibliographische Grundlagen und ausgew¨ahlte Interpretationen: Jakob Wimpfeling, Wolfgang Seidel, Johann Sturm, Urban Rieger (Humanistische Bibl. 1,34). Mu¨ nchen 1981. – Max Siller: Die ‹Krainer Marienklage›. Fragm. des KEW im Nationalarch. v. Lai¨ bach (Collectanea I). In: Jugoslawien – Osterreich. Literarische Nachbarschaft (Innsbrucker Beitr. zur Kulturwiss. Germanistische Reihe 28). Hg. Johann Holzner/Wolfgang Wiesm¨uller. Innsbruck 1986, S. 219–232. – Achim Masser/M. Siller: Das Evangelium Nicodemi in sp¨atma. dt. Prosa. Texte (Germ. Bibl. 4. Reihe). Heidelberg 1987, S. 50 f., 85–99, 396–444; Rezension K.-E. Geith. In: Arbitrium 7 (1989) S. 286–289. – Freimut L¨oser/Christine St¨ollinger-L¨oser: Verteidigung der Laienbibel. Zwei programmatische Vorreden des o¨ . ¨ B.s der ersten H¨alfte des 14. Jh. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS Kurt Ruh (TTG 31). Hg. v. Konrad Kunze u. a. T¨ubingen 1989, S. 245–313. – G. Kornrumpf: Das ‹KEW› des o¨ sterr. Anonymus. Datierung, neue ¨ Uberl., Originalfassung. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Hg. v. Heimo Reinitzer unter Mitarbeit v. Nikolaus Henkel (Vestigia Bibliae 9/10 [1987/1988]). Bern u. a. 1991, S. 115–131. – K. G¨artner: Zur Herkunft der Psalmen¨ubers. im Psalmenkomm. Heinrichs v. Mu¨ geln. In: ebd., S. 97–106. – Ders./Bernhard Schnell: Die Neisser Hs. des KEW. In: ebd., S. 155–171. – F. L¨oser: Ein zweiter Textzeuge des SAT. Zur ‹Laienmissionierung› des ¨ 14. Jh. in Osterreich. In: ebd., S. 132–154. – V´aclav Bok/K. G¨artner: Fragm. des Heinrich v. M¨ugeln zugeschriebenen Psalmenkomm. in Krumau. In: PBB 114 (1992) S. 288–305. – Ralph AndraschekHolzer: Der Geras-Pernegger dt. Psalter aus dem 15. Jh. Text, Unters. und kulturgeschichtliche Beurteilung (Stud. und Forschungen aus dem Nieder¨osterr. Inst. f¨ur Landeskunde 19). Wien 1994. – Kurt G¨artner: Die erste dt. Bibel? Zum Bibelwerk des o. ¨ B. aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Mit zwei neuen Handschriftenfunden zum ‹KEW› und zum ‹PsK› In: Wissenslit. im MA und in der Fr¨uhen 170

1. H¨alfte 14. Jh. Neuzeit (Wissenslit. im MA 13). Hg. v. Horst Brunner/Norbert Richard Wolf. Wiesbaden 1993, S. 273–295. – R. Andraschek-Holzer: Die Psalmen¨ubers. im Cod. Altenburg. AB 15 B 1. In: Benediktinerstift Altenburg 1144–1994. Hg. v. dems. St. Ottilien 1994, S. 195–214. – Arno MentzelReuters: ‹Oufsliessen deiner schrifte tor›. Mitteldt. Biblizismus und die Wenzelsbibel. In: Lit. im Umkreis des Prager Hofs der Luxemburger. Schweinfurter Kolloquium 1992 (Wolfram-Stud. 13). Hg. v. Joachim Heinzle u. a. Berlin 1994, S. 174–206. – Werner J. Hoffmann: The ‹Gospel of Nicodemus› in High German Literature of the Middle Ages. In: The Medieval ‹Gospel of Nicodemus›. Texts, Intertexts, and Contexts in Western Europe. Hg. v. Zbigniew Izydorczyk. Tempe (Arizona) 1997, S. 287–336. – F. P. Knapp: Die Lit. des Sp¨atMA ¨ in den L¨andern Osterreich, Steiermark, K¨arnten, Salzburg und Tirol v. 1273 bis 1439. Die Lit. in der Zeit der fr¨uhen Habsburger bis zum Tod Albrechts ¨ II. 1358 (Gesch. der Lit. In Osterreich 2,1). Graz 1999, bes. S. 215–233, 516 f. – Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge von Rudolf IV. bis ¨ Albrecht V. (1358–1439) (Gesch. der Lit. In Osterreich 2,2). Graz 2004, S. 47–56, 650. – K.-E. Geith: Die Pilatus-Veronika-Gesch. im ‹KEW›. In: Als das wissend die meister wol. Beitr. zur Darstellung und Vermittlung von Wissen in Fachlit. und Dichtung des MA und der fr¨uhen Neuzeit. FS Walter Blank. Hg. v. Martin Ehrenfeuchter/Thomas Ehlen. Frankfurt/M. 2000, S. 237–251. – F. L¨oser: Dt. Bibel¨ubers. im 14. Jh. Zw¨olf Fragen. In: JOWG 12 (2000) S. 311–323. – Christoph Roth: ‹Wie Not des ist, daz die frummen Layen selber P¨ucher habent.› Zum Predigtzyklus des Johannes Bischoff aus Wien (Anfang 15. Jh.). In: ZfdA 130 (2001) S. 19–57. – Elke Ukena-Best: ‹Domine, memento mei – herre nˆu erbarme dich›. Die Lebensgesch. des rechten Sch¨achers in Konrads v. Fußesbrunnen ‹Kindheit Jesu› zwischen lat. Quelle, lat. Adaptation und dt. Prosaaufl¨osung. In: Scripturus vitam. Lat. Biogr. von der Antike bis in die Gegenwart. FS Walter Berschin. Hg. v. Dorothea Walz. Heidelberg 2002, S. 185–206. – F. L¨oser: Heinrich v. Mu¨ geln und der ¨ B. In: Magister et amicus. Psalmenkomm. des O. FS Kurt G¨artner. Hg. v. V. Bok/Frank Shaw. Wien 2003, S. 687–706. – G. Kornrumpf: Das ‹KEW› ¨ B.s. Bemerkungen zur Erstfassung anhand des O. von W¨ulckers Fragm. In: ebd., S. 677–688. – Dies.: ‹Nova et vetera›. Zum Bibelwerk des o¨ sterr. Laien der ersten H¨alfte des 14. Jh. In: Metamorphosen der 171

Ruusbroec Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel im deutschsprachigen MA› v. 4. bis 6. Sept. 2000 in der Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars Trier (Vestigia Bibliae 24/25). Hg. v. Ralf Plate/Andrea Rapp. Bern u. a. 2004, S. 103–121. – F. L¨oser/C. St¨ollinger-L¨oser: Das Fragm. eines Ketzertraktats im Kloster Tepl (Kl´aˇster Premonstr´at˚u Tepl´a). Ein ¨ B. In: Dt.-b¨ohmische LiBeitr. zum Werk des O. teraturbeziehungen – Germano-Bohemica. FS V. Bok. Hg. v. Hans-Joachim Behr u. a. (Stud. zur Germanistik 7). Hamburg 2004, S. 134–157. – Manuela Niesner: Die ‹Contra-Judaeos-Lieder› des ¨ Michael Beheim. Zur Rezeption Irmhart Osers ¨ B. im 15. Jh. In: PBB 126 (2004) und des O. S. 398–424. – Dies: ‹Wer mit juden well disputiren›: Deutschsprachige Adversus-Judaeos-Lit. des 14. Jh. (MTU 128). T¨ubingen 2005, S. 51–301. – Alison L. Beringer: Word and Image in the KEW. Diss. Princeton 2006. – Dies.: Imaginatio, Bilder und Texte: Die Marienklagen im ‹KEW› der Stadtbibl. Schaffhausen. In: Imagination und Deixis. Studien zur Wahrnehmung im MA. Hg. v. Kathryn Starkey/Horst Wenzel in Verb. mit Wolfgang Harms u. a. Stuttgart 2007, S. 141–151. – Dies.: Speaking the Gospels: The Visual Program in Schaffhausen, Stadtbibl., Generalia 8. In: Journal of English and Germanic Philology 107 (2008) S. 1–24. – Elisabeth Meyer, KEW (um 1330). In: Literarische Performativit¨at. Lekt¨uren vormoderner Texte (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen 3). Hg. v. Cornelia Herberichs/Christian Kiening. Zu¨ rich 2008, S. 240–256. – Martin Roland: KEW. In: Kat. der dt.sprachigen illustrierten Hss. des MA. Bd. 4,1, Lfg. 1/2. Begonnen v. Hella Fr¨uhmorgenVoss; fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott/Ulrike Bodemann. Mu¨ nchen 2008, S. 121–155, Tf. VIIIb–XI. – Karin Schneider: Gotische Schr. in dt. Sprache 2. Die oberdt. Schr. v. 1300–1350. Textbd. Wiesbaden 2009, S. 96–99. – Klaus Wolf: Propter utilitatem populi: Durch des nucz willen seines volkes. Die ‹staatstragende› Rezeption der ‹Summa de vitiis› des Guilelmus Peraldus in der sp¨atma. Wiener Schule. In: Laster im MA. Hg. v. Christoph Fl¨ueler/Martin Rohde. Berlin/New York 2009 (Scrinium Friburgense 23). S. 187–199, hier S. 197–199. VZ Ruusbroec, Jan van (Ruysbroe[c]k, Ru[u]sbroec, Ruisbroe[c]k, der Wunderbare), * um 1293 Ruisbroek bei Br¨ussel, † 2.12.1381 Groenendaal bei 172

Ruusbroec Br¨ussel. – fl¨amischer Augustinerchorherr, Mystiker. Der bedeutendste fl¨amische Mystiker wurde wahrscheinlich als uneheliches Kind einer unbekannten Mutter in Ruusbroec geboren. Mit elf Jahren ging er nach Br¨ussel, wohin auch seine Mutter sp¨ater als Begine zog. R. wurde dort von dem Kanonikus Jan Hinckaert († um 1350) erzogen, der Mitglied einer einflussreichen Patrizierfamilie war. Das in den Quellen angedeutete Verwandtschaftsverh¨altnis zwischen R. und Hinckaert ist unklar. Mo¨ glicherweise war der Kanonikus R.s Onkel oder gar sein Vater, was jedoch nicht sicher nachweisbar ist. Er finanzierte R. den Unterricht an der Kapitelschule von St. Goedele, wo R. 1317 zum Priester geweiht wurde. Den f¨ur die Priesterweihe unehelicher Kinder notwendigen Dispens des Papstes d¨urfte R. angesichts von Hinckaerts Stellung und finanziellen Mitteln problemlos erhalten haben. Anschließend war R. Vikar und Kaplan an St. Goedele. Um 1337 zog sich Hinckaert aus seinen kirchli¨ chen Amtern und dem o¨ ffentlichen Leben zur¨uck. Stattdessen lebte er in seinem Br¨usseler Haus mit R. und dem adligen Theologen Frank van Goudenberg († 1386) in einer informellen geistlichen Gemeinschaft. 1343 zog die Gruppe mit bisch¨oflicher und herzoglicher Erlaubnis in die Einsiedelei Groenendaal. Dort schlossen sich ihnen weitere Gleichgesinnte an, u. a. auch Jan van Leeuwen († 1379). Lebte die Gemeinschaft zun¨achst noch ohne feste Regel, erhielt sie 1350 schließlich den offiziellen Status von Augustinerchorherren. Goudenberg f¨uhrte die M¨onche als Propst, w¨ahrend R. ihm bis an sein Lebensende als Prior zur Seite stand. R.s Reputation als heiligm¨aßiger Mystiker u¨ bertraf jedoch schnell jene Goudenbergs. Sein Ruf drang u. a. bis zu Gert → Groote, der ihn um 1378 besuchte. Auch Johannes → Tauler suchte R. m¨oglicherweise auf. Bereits um 1386 erfolgte die Translatio von R.s Gebeinen; 1908 wurde er von Papst Pius X. seligesprochen. Nach heutiger Kenntnis schrieb R. in Br¨ussel und Groenendaal insgesamt elf Texte (ndl. Titel von Kopisten etabliert, lat. Titel nach Surius, s. Ausg.). Wohl noch in Br¨ussel entstanden drei von ihnen: Dat rijcke der ghelieven (Regnum amantium Deum, um 1330–35) ist ein f¨unfteiliger Traktat zum biblischen Buch Weisheit 10,10. R. er¨ortert darin in der Manier scholastischer Prediger drei Wege zu Gott, die durch sinnliche Wahrnehmung, 173

1. H¨alfte 14. Jh. Erkenntnis und Gnade bestimmt werden. Vanden blinkenden steen (De perfectione filiorum Dei) beruht auf einem (m¨oglicherweise erfundenen) Gespr¨ach R.s mit einem Einsiedler und definiert Arten eines gottgef¨alligen Lebens. Auch beantwortet R. darin die Frage, wie man durch g¨ottliche Gnade und die Selbstaufgabe in Gott mystische Schau erlangt. Ebenfalls in Br¨ussel schrieb R. sein Hauptwerk Die chierheit van der gheestelijcker brulocht (De ornatu spiritalium nuptiarum, nach 1335), auch verk¨urzt als Brulocht bekannt. Dieser brautmystische Traktat entstand zeitlich wohl zwischen den bereits genannten Texten. Die Brulocht basiert in Inhalt und Gliederung auf Mt 25,6: «Siehe, der Br¨autigam kommt! Geht aus, ihm entgegen!» R. stellt darin drei fromme Lebensweisen («leven») dar, deren zugeh¨orige Textabschnitte nach den vier Satzteilen des Mt-Zitats gegliedert sind. Die drei Lebensweisen umfassen das «werkende leven» tugendhaften Handelns, das «begheerlijcke leven» frommer Innerlichkeit, schließlich das «godschouwende leven» unmittelbarer Gottesschau. Diese Dreiheit konstituiert einen wichtigen und wiederkehrenden Bestandteil von R.s Lehre. Den u¨ berwiegenden Teil seines Werks schuf R. dann in Groenendaal. Der Margarete van Meerbeke gewidmete Traktat Vanden seven sloten (De septem custodiis) u¨ ber kl¨osterliche Tagespflichten gilt heute als fr¨uhester, dort entstandener Text. Vanden vier becoringhen (De quatuor tentationibus, um 1343) kritisiert unter Berufung auf die Autorit¨at der Bibel verschiedene Irrlehren von R.s Zeit. Vanden kerstenen ghelove (De fide et judicio) ist eine katechetische Abhandlung u¨ ber verschiedene Glaubensartikel, besonders u¨ ber die ewige Verdammnis und die himmlische Seligkeit. Vanden geesteliken tabernakel (In tabernaculum foederis commentaria) wurde m¨oglicherweise in Br¨ussel begonnen, sicher aber in Groenendaal beendet. Die umfangreiche Auslegung des Buches Exodus folgt der Gliederung des Tabernakels in sieben Teile. Angeregt von der Historia scholastica des Petrus Comestor, folgt R. einerseits traditionellen Auslegungen des Schriftsinns, a¨ußert aber auch Kritik an allgemeinen und kirchlichen Mißst¨anden. Een spieghel der eeuwigher salicheit (Speculum aeternae salutis, um 1359) erl¨autert haupts¨achlich das Sakrament der Eucharistie sowie R.s Lehre von den verschiedenen «leven», die zu Gott f¨uhren. Davon handelt auch Van seven trappen (De septem amoris gradibus), worin der Aufstieg zu Gott in sieben Stufen definiert wird. Dies geschieht, wie meist 174

1. H¨alfte 14. Jh. bei R., im Rahmen der drei «leven». Die Einheit zwischen Gott und Mensch steht im Boecsken der verclaringhe vander hoechster Wahrheit synder leeren (Samuel vel de alta contemplatione, um 1360) im Mittelpunkt, dessen – bei allen mystischen Tendenzen – große N¨ahe zur kirchlichen Lehre die Forschung herausgearbeitet hat. Vanden XII beghinen (De vera contemplatione) besch¨aftigt sich mit richtigen und falschen Formen der Gottes- und Christusverehrung sowie mit deren liturgischen Auspr¨agungen, letzteres vor allem unter dem Gesichtspunkt der Passion Christi. Von R. sind zuletzt sieben Briefe in mndl. Sprache u¨ berliefert. Weitere Werkszuschreibungen der a¨ lteren Forschung sind heute weitgehend widerlegt. Das Spektrum von R.s Quellen reicht von traditionellen Autorit¨aten bis zur neueren ndl. Mystik. Zu nennen sind etwa → Augustinus, → Bernhard, → Gregor, sicher auch → Wilhelm von St. Thierry, → Hadewijch und Meister → Eckhart. R.s Werk spiegelt die Vielfalt dieser Einfl¨usse in seinen mal scholastischen, mal brautmystischen Ankl¨angen wider. Dabei vertrat R. in seinen Schriften eine durchaus eigenst¨andige, trinitarisch gepr¨agte Lehre. Darin spielen besonders die drei «leven» eine zentrale Rolle (tugendhaft-werkt¨atiges, inneres und Gott schauendes Leben). R. war freilich kein Prophet lebensferner Innerlichkeit, und freidenkerische Extreme blieben ihm fremd. So bewegt sich sein Werk stets im Rahmen der kirchlichen Lehre. Dass Johannes → Gerson ihn sp¨ater als H¨aretiker verd¨achtigte, mutet wie ein Missverst¨andnis an. R.s Wirkung entfaltete sich fr¨uh u¨ ber den Oberrhein bis nach ganz Westeuropa. Die Brulocht war wohl schon um 1350 durch eine (von R. an Tauler u¨ bergebene?) Handschrift in Straßburg bekannt; auch Vanden blinkenden Steen fand am Oberrhein ¨ fr¨uh ein Publikum. Die obd. Uberlieferung von R.s Schriften wirkte auf dt. Mystiker wie → Marquard ¨ von Lindau. Die prominente lat. Uberlieferung deutet auf eine starke Rezeption R.s in gelehrten Kreisen hin. Auch bei den Drucken spielen die lat. Bearbeitungen eine wichtige Rolle, allen voran die K¨olner Gesamtausgabe von Laurent Surius (1552, s. Ausg.). R.s Einfluss auf die Devotio moderna war unmittelbar, vor allem dank Groote, der die Brulocht u¨ bersetzte. Sp¨ater wirkte R.s Werk auf die spanischen und franz¨osischen Mystiker und wurde sogar noch im Pietismus rezipiert. Obwohl R. im Gegensatz zu Groote keine eigene Schule 175

Ruusbroec begr¨undete, ist sein Rang als wichtigster fl¨amischer Mystiker heute unbestritten. ¨ ¨ Uberlieferung: Breite ndl. und lat. Uberl. in weit u¨ ber 200 Hss. Als fr¨uheste Leiths. gilt: Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., Ms. 19295–19297 (Groenendaal, ¨ um 1380). – Verz. und Lit. zur Uberl.: Willem de Vreese: De handschriften van J. v. R.s werken. 2 Bde. Gent 1900–1902. – Eichler 1968 (s. Ausg.). – Eichler 1969 (s. Ausg.) S. 7–29. – Ampe 1975 (s. Lit.) S. 279–350, 375–432 (auch zur Druckgesch.). – Johanna-Marie WilleumierSchalij: R.s werk in het middeleeuwse tijdsbeeld. Een receptie-onderzoek. In: Ons Geestelijk Erf 55 (1981) S. 298–393. – Deschamps 1982 (s. Lit.). – Ampe 1992 (s. Lit.). – Angaben zur Einzel¨uberl. auch in den weiteren Ausgaben. Ausgaben (Auswahl): 1. Gesamtausgaben: Opera omnia [...]. Hg. v. Laurent Surius. K¨oln 1552. Nachdr. Farnborough 1967 (fr¨uheste lat. R.Gesamtausg.). – Werken. Hg. v. Jan B. David. 6 Bde. Gent 1858–68. – Werken. Hg. v. der R.Genootschap Antwerpen mit Jozef van Mierlo u. a. 4 Bde. Mechelen 1932–34. 21944–48 (mit R.s Briefen). – Ruusbroec hertaald. Hg. v. Ludovicus Moereels. 10 Bde. Tielt 1976–83 (mndl. Text mit ndl. ¨ Ubers.). – Opera omnia. Hg. v. Guido de Baere u. a. 10 Bde. in 11 Tl. Turnhout u. a. 1981–2006 (maßgebliche krit. Ausg.; enth¨alt auch R.s Briefe. Zur Ausg. vgl. Hilde No¨e. In: Ons Geestelijk Erf 59, 1985, S. 560–573). – 2. Einzelwerke und Teilausgaben: Van den blinckenden Steen. Hg. v. P. Muller. L¨owen 1921 (mit lat. Text). – Van den blinckenden Steen in obd. Texttradition. Hg. v. Wolfgang Eichler. Mu¨ nchen 1968. – J. v. R.s ‹Brulocht› ¨ in obd. Uberl. Unters. und krit. Textausg. (MTU 22). Hg. v. Wolfgang Eichler. Mu¨ nchen 1969. – ¨ Vgl. auch Ubersetzungen. ¨ ¨ Ubersetzungen (Auswahl): Verz. a¨ lterer Ubers. bei Ampe 1975 (s. Lit.). – Rusbrock, l’admirable. Oeuvres choisies. Hg. v. Ernest Hello. Paris 1869. Nachdr. ebd. 1984. – Maurice Maeterlinck: L’Ornement des Noces Spirituelles. Br¨ussel 1891. Nachdr. ebd. 1990. – Die Zierde der geistlichen Hochzeit. Drei Schriften des Mystikers Johann van Ruysbroeck (1293–1381). Hg. v. Franz A. Lambert. Leipzig [1901]. – The Adornment of the Spiritual Marriage. The Sparkling Stone. The Book of Supreme Truth. Hg. v. Evelyn Underhill. London 1916. Nachdr. ebd. 1951. – Aus dem Buch von den zw¨olf Beghinen. Hg. v. Willibrord Verkade. Mainz 1923. – Das Reich der Geliebten. Hg. v. dems. 176

Ruusbroec Mainz 1924. – Die Zierde der geistlichen Hochzeit und die kleineren Schriften. Hg. v. Friedrich Markus Huebner. Leipzig 1924. – Von den sieben Stufen der Liebe. Hg. v. Edgar Schacht. Habelschwerdt 1927. – Das B¨uchlein der h¨ochsten Wahrheit. Hg. v. Willibrord Verkade. Mainz 1935. Neuausg. Trier 2010. – Johannes von Ruysbroeck der Wunderbare 1293–1381. Einf. in sein Leben, Auswahl aus seinen Werken. Hg. v. Joseph Kuckhoff. Mu¨ nchen 1938. – Œuvres choisies. Hg. v. Jules A. Bizet. Paris 1946. – James A. Wiseman: John R. The Spiritual Espousals and Other Works. New York/Toronto 1985. – Die Zierde der geistlichen Hochzeit. Hg. v. Marijke Schaad-Visser, Nachw. v. Alois M. Haas. Einsiedeln 1987. – The Rhineland Mystics. Writings of Meister Eckhart, Johannes Tauler and J. v. R. and Selections from the Theologia Germanica and the Book of Spiritual Poverty. Hg. v. Oliver Davies. New York 1990. Literatur: Regelm¨aßige Ver¨off. zu R. bes. in Ons Geestelijk Erf; Lit. bis 1992 in Ampe 1992 (s. u.). – ADB 29 (1889) S. 626–630. – Albert Ampe: Jean R. In: Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 659–697. – Paul Verdeyen, TRE 16 (1987) S. 497–502. – Werner Schulz, BBKL 2 (1990) Sp. 1538–1540. – A. Ampe, VL2 8 (1992) Sp. 436–458. – Wilhelm Breuer, Marienlex. 5 (1993) S. 610 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 336 f. u. o¨ . – Magnus Ditsche, LexMA 7 (1995) Sp. 1127. – Schulthess/Imbach (1996) S. 497. – Alois M. Haas, LThK3 8 (1999) Sp. 1394 f. – Paul Verdeyen, RGG4 4 (2001) Sp. 367 f. – Gerhard Wehr, NDB 22 (2005) S. 306 f. – Wilfried Sch¨afer, KNLL3 14 (2009) S. 173 f. – Henricus Pomerius: De origine monasterii Viridisvallis una cum vitis B. Joannis Rusbrochii primi prioris huius monasterii et aliquot coaetaneorum eius. Br¨ussel 1895 (vgl. dazu auch Ampe 1975 [s. u.] S. 217–257). – Paul O’Sheridan: Ce qui reste de la plus ancienne Vie de Ruysbroeck. In: Revue d’histoire eccl´esiastique 21 (1925) S. 51–78, 215–248. – J. v. R. Leven, werken. Hg. v. der R.Genootschap Antwerpen. Mechelen u. a. 1931 (mit ausf¨uhrlicher Bibliogr. S. 325–395). – Gert Groote: Gerardi Magni Epilstolae. Hg. v. Willem Mulder. Antwerpen 1933, S. 107–109, 207–209. – Willem de Roy: Briefwisseling tusschen Petrus van Herenthals en Jan van Schoonhoven. In: Ons Geestelijk Erf 19 (1945) S. 151–210. – Willem H. Beuken: R. en de middeleeuwse mystiek. Utrecht u. a. 1946. – Stephanus Axters: Geshiedenis van de vroomheid in de Nederlanden 2: De Eeuw v. R. Antwerpen 177

1. H¨alfte 14. Jh. 1953, S. 213–291. – S. Axters: J. v. R. In: National Biografisch Wordenboek 1. Hg. Koninklijke Vlaamse Academie van Belgi¨e voor Wetenschappen en Kunsten u. a. Br¨ussel 1964, Sp. 797–905. – John E. Crean: Studies in Fourteenth Century Mystical Terminology. The Middle High German of Meister Eckhart and the Middle Netherlandic of J. v. R. New Haven/Conn. 1967. – G. de Baere: ‹Dat boecsken der verclaringhe van J. v. R.› Tekstuitgave als steekproef. In: Ons Geestelijk Erf 43 (1969) S. 97–170. – Joseph Alaerts: La terminologie ‹essentielle› dans l’œuvre de J. v. R., 1293–1381. Diss. Straßburg 1973. – Paul Mommaers: Waar naartoe is nu de gloed van de liefde? Fenomenologie van de liefdegemeenschap volgens de mysticus R. Antwerpen 1973. Englische Ausg. u. d. T.: The Land Within. The Process of Possessing and Being Possessed by God According to the Mystic J. v. Ruysbroeck. Chicago 1975. – Bernhard Fraling: Mystik und Gesch. Das ‹ghemeyne leven› in der Lehre des J. v. R. Regensburg 1974. – A. Ampe: R. Traditie en werkelijkheid. Antwerpen 1975. – J. A. Wiseman: Minne in ‹Die gheestelike Brulocht› of J. v. R. Washington 1979. – J. v. R. 1293–1381. Tentoonstellingscatalogus. Hg. Koninklijke Bibliotheek Albert I. Br¨ussel 1981 (mit Bibliogr. S. 483–509). – Paul Verdeyen: R. en zijn mystiek. L¨owen 1981. Englische Ausg. u. d. T.: R. and His Mysticism. Collegeville 1994. – Joris Reynaert: R. en Hadewijch. In: Ons Geestelijk Erf 55 (1981) S. 193–233. – J.-M. WilleumierSchalij: R.s werk in het middeleeuwse tijdsbeeld. Een receptie-onderzoek. In: ebd., S. 298–393. – Franz-Josef Schweitzer: Die ‹zweite› Ketzersorte in R.s ‹Geistlicher Hochzeit›. Der Mensch als Gottes ‹Werkzeug› und sein Verdienen. In: ebd. 56 (1982) S. 128–143. – Jan Deschamps: De handschriftelijke overlevering van R.s werken. In: Verslagen en mededelingen van de Koninklijke Academie voor Nederlandse Taal- en Letterkunde 2 (1982) S. 186–193. – H. No¨e: J. v. R. als prozaschrijver. In: Ons Geestelijk Erf 58 (1984) S. 210–226. – J. v. R. The Sources, Content and Sequels of His Mysticism. Hg. v. P. Mommaers/Norbert de Paepe. Leuven 1984. – G. de Baere: Het ‹Ghemeine Leven› bij R. en Geert Grote. In: Ons Geestelijk Erf 59 (1985) S. 172–183. – Helen Rolfson: R. and the Beguines. In: Vox Benedictina 4 (1987) S. 218–232. – P. Verdeyen: R. l’Admirable. Paris 1990. – Thomas Mertens: Epistolaire aspecten van R.s brieven. In: Ons Geestelijk Erf 64 (1990) 178

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Seuse wo Meister → Eckharts sein bedeutendster Lehrer war. 1327 kehrte er als Lektor nach Konstanz zur¨uck; 1329 wurde er als Sch¨uler Eckharts im Zusammenhang mit dessen Verurteilung seines Amtes enthoben. Erst unter dem 1334 eingesetzten Ordensgeneral Hugo von Vaucemain wurde S. rehabilitiert und erhielt sein Lektorenamt zur¨uck. Um 1343/44 war er Prior des wegen des Interdikts nach Dießenhofen verlegten K¨olner Konvents. Wahrscheinlich 1346 nach Konstanz zur¨uckgekehrt, lebte er von 1347/48 bis zu seinem Tod im Kloster Ulm, von wo aus er wahrscheinlich Pastorations- und Missionsreisen unternahm und wo er sein deutschsprachiges literarisches Verm¨achtnis in Form des Exemplars redigierte. Zur Zeit seines Wirkens in Konstanz befand sich der Dominikanerorden im Niedergang. S. widmete sich in erster Linie der «cura animarum» mit dem Ziel einer Ordensreform im Geist der urspr¨unglichen Satzungen. Im Rahmen dieser Aufgabe unternahm er Reisen in die Schweiz, ins Elsass sowie in die Rheingegend und betreute wahrscheinlich vor allem Nonnen des eigenen Ordens. Bezeugt sind Besuche in den Dominikanerinnenkonventen St. Katharinental bei Dießenhofen, Oetenbach bei Z¨urich, Adelhausen bei Freiburg i. Br., Unterlinden bei Colmar und T¨oss bei Winterthur, wo Elsbeth → Stagel lebte, die S. von ihrem Klostereintritt Mitte der 1330 Jahre bis zu ihrem Tod um 1360 als «geistliche Tochter» betreute und f¨orderte. Man kann davon ausgehen, dass er Jo¨ von Straßburg, Johannes hannes → Futerer d. A. → Tauler und → Heinrich von N¨ordlingen kannte. Am 16.4.1831 wurde S. von Papst Gregor XVI. seliggesprochen. ¨ Uberlieferung: Bihlmeyer 1907 (s. Ausg.). – Georg Hofmann: S.s Werke in deutschsprachigen Hss. des sp¨aten MA. In: Fuldaer Geschichtsbll. 45 (1969) S. 113–208. – K¨unzle 1977 (s. Ausg.) S. 355–360. – Hartmut Beckers: Neue Funde zur hsl. Verbreitung v. S.s Werken am Niederrhein und in Westfalen. In: Leuvense Bijdragen 60 (1971) S. 243–262. – S. R. S. Norris 1979 (s. Ausg.). – Michael Dallapiazza, Eine Florentiner Hs. v. S.s ‹B¨uchlein der ewigen Weisheit›. In: ZfdA 110 (1981) S. 106–109. – S. R. S. Norris: The Diffusion of S.’s ‹B¨uchlein der ewigen Weisheit› in Middle Low German Manuscripts. In: Manuscripta 25 (1981) S. 164–171. – Dieter Breuer: Zur Druckgesch. und Rezeption der Schr. S.s. In: 181

1. H¨alfte 14. Jh. Fr¨ommigkeit der fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. D. B. Amsterdam 1984, S. 29–49. – Martin Kersting: Text und Bild im Werk S.s. Unters. zu den illustrierten Hss. des ‹Exemplars›. Diss. Mainz 1987. – R¨udiger ¨ Blumrich: Die Uberl. der dt. Schr. v. S. Ein Forschungsbericht. In: H. S.s Philosophia spiritualis. Quellen, Konzept, Formen und Rezeption (Tagung, Eichst¨att, 2.–4. Oktober 1991). Hg. v. R. B./Philipp Kaiser (Wissenslit. im MA 17). Wiesbaden 1994. Vier seiner Schriften stellte S. selbst in den Jahren 1362/63 zu einer «Ausgabe letzter Hand» mit dem Titel Exemplar (beginnend mit einer allgemeinen Vorrede) zusammen: Vita, B¨uchlein der ewigen Weisheit, B¨uchlein der Wahrheit (in einer revidierten Fassung) und Briefb¨uchlein. Zu seinem Werk z¨ahlen ferner das lat. Horologium Sapientiae, das dt. Große Briefbuch, Predigten und das Minneb¨uchlein (vielleicht unecht). Das Exemplar ist in 15 fast ausschließlich alemannischen und bairischen Handschriften erhalten; zus¨atzlich sind von der Vita ca. 50 Textzeugen (davon vier vollst¨andige) bekannt. Vom B¨uchlein der Wahrheit sind rund zehn Textzeugen u¨ berliefert. Das Briefb¨uchlein hat als f¨ur das Exemplar vor¨ genommene Auswahl keine eigene Uberlieferung (nur die einzelner Briefe). Vom Großen Briefbuch sind mehr als 50 Textzeugen erhalten. Die vier Predigten (davon zwei von zweifelhafter Echtheit) kursierten als Einzelst¨ucke. Das Minneb¨uchlein ist nur in der Z¨urcher Hs. C 96 bekannt. Seinen Nachruhm verdankte S. vor allem seinem B¨uchlein der ewigen Weisheit sowie dem lat. Gegenst¨uck, dem Horologium Sapientiae (mindestens 214 vollst¨and¨andige und zahlreiche unvollst¨andige Handschriften, zehn ¨ alte Drucke von 1480 bis 1539; zahlreiche Ubersetzungen in die Volkssprachen). Nach dem Tod Meister Eckharts (1328) und nach der kirchlichen Verurteilung (1329) von 28 seiner S¨atze verfasste S. 1329/30 in apologetischer Absicht das B¨uchlein der Wahrheit, das sich wahrscheinlich an gelehrte Ordensbr¨uder richtete. In sieben Kapiteln (nach dem Prolog) werden in Form eines Dialogs zwischen der «Wahrheit» und einem J¨unger die innere Gelassenheit als Prinzip der «visio beatifica» und ihre rationalen Voraussetzungen behandelt. In den ersten drei Kapiteln geht es (mit Blick auf Eckharts Rede der underscheidunge) um die Verfasstheit des gelassenen Menschen, der seinen Grund in Gott als «ewiges niht» im Sinne des → Ps. Dionysius Areopagita hat. Kapitel II handelt vom 182

1. H¨alfte 14. Jh. trinitarischen Gott, Kapitel III von der Sch¨opfung, ihrem Sein in Gott und ihren Hervorgang in der Zeit. Alle Dinge sind in der Einfachheit der g¨ottlichen Natur anwesend; aus ihr fließen sie wieder in die Welterschaffung heraus. In Kapitel IV wird die «rechte Gelassenheit» als R¨uckkehr in das g¨ottliche Eine begriffen. Bedingungen dieser R¨uckkehr ist die Inkarnation («infleischunge»); Voraussetzung des Einswerden mit Gott ist die Distanzierung vom pers¨onlichen Ich und eine Lebensf¨uhrung, die zu einem «kristf¨ormig ich» f¨uhrt. Nach der intellektuellen Er¨orterung der Gelassenheit in Kapitel IV bietet Kapitel V Antworten auf die Frage, wie Gelassenheit erreicht werden kann, d.h. wie der Mensch zu seiner Seligkeit kommt. Kapitel VI bietet den Dialog des J¨ungers mit dem «wilde». Dem Begriff der «ledigen friheit», der keine Unterscheidung von Gott und Welt kennt, wird die «rechte [ordnungsgebundene] friheit» gegen¨ubergestellt, Eckharts Lehre von der Unterschiedenheit der g¨ottlichen Personen sowie des Menschen von Gott verteidigt. Das abschließende Kapitel besch¨aftigt sich mit der Lebensform des gelassenen Menschen. Bei dem wahrscheinlich nach dem Verh¨or in Maastricht 1330 entstandenen B¨uchlein der ewigen Weisheit, in dem im Unterschied zum B¨uchlein der Wahrheit ganz selten aus Werken Eckharts zitiert wird, handelt es sich weniger um einen erbaulichen Traktat als vielmehr um eine «Summe seiner seelsorgerischen Erfahrungen» (Ruh). Zentrales Thema ist das patristische Motiv der asketisch gelebten Nachfolge Christi. Die ersten beiden Teile, die Unterweisung des «Dieners» durch die «Ewige Weisheit», enthalten in 20 Kapiteln Betrachtungen u¨ ber das Leiden Christi, seiner Freunde und Marias sowie vier Kapitel u¨ ber das Sterben, das innerliche Leben, den Sakramentenempfang und das Gotteslob. Der dritte Teil des Werks besteht im Wesentlichen aus 100 Betrachtungen (der Stationen des Leidens Christi), die dem «Diener» in einer innerlichen Schau eingegeben wurden. Wie im B¨uchlein der Wahrheit bezieht S. deutlich Stellung gegen die «falsche friheit» der Begarden. Das B¨uchlein der ewigen Wahrheit geh¨orte im 14. und 15. Jh. zu den verbreitetsten Andachtsb¨uchern. Der erste und dritte Teil des Werks waren im Sp¨atMA einzeln als Andachts- und Betrachtungsb¨uchlein beliebt. In den Jahren 1331–34 verfasste S. das Horologium Sapientiae, das bereits um 1339 in den Kreisen der «Gottesfreunde» in Straßburg verbreitet war. Es 183

Seuse handelt sich um eine dem Ordensgeneral Hugo von Vaucemain gewidmete, stark erweiterte lat. Um- und Bearbeitung des B¨uchleins der ewigen Weisheit. Die Erweiterungen betreffen die Studiensituation und die Thematik der geistlichen Verm¨ahlung (Kap. II,7 und 8). Hinzugekommen ist auch die breit angelegte Klage u¨ ber das verderbte Ordensleben und als Handreichung f¨ur Prediger eine Liste der wichtigsten Themen f¨ur Volksansprachen. Das Minneb¨uchlein, dessen Authentizit¨at nicht erwiesen ist, stellt einen auf verschiedenen passionsmystischen Quellen beruhenden ‹Mosaiktraktat› u¨ ber das Leiden Christi und das Schweigen Marias dar. Das Briefb¨uchlein, eine gek¨urzte Auswahl von elf Briefen aus S.s Briefkorpus, enth¨alt Pastoralbriefe im Rahmen der «cura monialium». W¨ahrend die ersten sieben Briefe den «anfangenden» Menschen, der im geistlichen Stand noch nicht gefestigt ist, betreffen, handeln die Briefe 8–11 vom «fortgeschrittenen», nach Vollkommenheit strebenden Menschen. Das Große Briefbuch umfasst 28 geistliche Briefe an verschiedene Dominikanerinnen und an Elsbeth Stagel, die diese nach dem Prolog des Exemplar gesammelt hat. Im Vordergrund steht das Aufzeigen des Weges zur vollkommenen Liebe, ohne welche die Einheit mit der Ewigen Weisheit nicht erreicht werden kann. S.s Predigten d¨urfen als ‹Anhang› zu den Pastoralbriefen betrachtet werden (Ruh). Von den u¨ berlieferten vier Texten (s. Bihlmeyer und MorvayGrube) sind II und III nicht f¨ur S. gesichert. Mit Elsbeth Stagel f¨uhrte S. Gespr¨ache u¨ ber seine Biographie, die er aufzeichnete und sp¨ater zum Kern seiner Vita machte, deren Echtheit seit Schwirterings Beitrag von 1960 nicht mehr umstritten ist. Große Teile der Vita sind durch die Altv¨ater-Spiritualit¨at bestimmt. Der Text ist in dritter Person geschrieben und schildert in den ersten 45 Kapiteln, f¨ur deren Gestaltung u. a. die Confessiones des → Augustinus, die «vita mystica» in der Nachfolge Christi der Franziskaner-Hagiographie und die Stilformen des h¨ofischen Romans eine Rolle gespielt haben, die Fortschritte von S.s spirituellem Leben nach dem Schema der anfangenden, zunehmenden und vollkommenen Menschen. Kapitel 33–45 sind besonders der Unterweisung der «geistlichen Tochter» Elsbeth Stagel gewidmet. Die letzten acht Kapitel – in Kapitel 46 erkl¨art der Diener seine Lehre f¨ur anfangende 184

Seuse Menschen als abgeschlossen – der Vita sind – auf Lehren des Thomas von Aquin und die Ausf¨uhrungen in → Bonaventuras Itinerarium mentis in Deum zur¨uckgreifend – theoretische Darlegungen u¨ ber die wahre Vollkommenheit (Kap. 46–49; in Kap. 48 wird unter seelsorgerlichen Gesichtspunkten zwischen wahrer und falscher Gelassenheit unterschieden), u¨ ber das Wesen Gottes, die Dreifaltigkeit und die «visio beatifica» (Kap. 50–53). In Kapitel 50 fragt e die nun «wolgeubt´ u» Tochter: «Was ist Gott, wo ist Gott, und wie ist Gott?» Die im Kapitel 51 behandelte Frage nach dem Wo k¨onnte von Eckhart angeregt sein. Der in seiner Sprachm¨achtigkeit mit Eckhart vergleichbare S. schrieb ein «luzides, leichtverst¨andliches Latein» (Vollmann) und bereicherte den dt. Wortschatz durch zahlreiche Neubildungen (vgl. Ruh 1996, Bd. 3, S. 473 f.). W¨ahrend in Bezug auf die Gattung der Dialog vorherrschend ist, dominiert stilistisch das «genus dicendi sublime» (Molinelli-Stein). S.s Nachleben in bildender Kunst, Literatur und Kult war groß. Das fr¨uh in europ¨aische Volkssprachen u¨ bersetzte Horologium beeinflusste in den Niederlanden die Devotio moderna und die Imitatio Christi deutlich. → Ludolf von Sachsen, → Nikolaus von Kues, Johannes → Gerson und viele andere bezogen sich auf das Horologium. Das deutschsprachige Werk, das bei den Gottesfreunden, im Franziskanerorden (→ Otto von Passau, → Marquard von Lindau), bei Johannes → Nider, in Nonnenkl¨ostern und Laienzirkeln bekannt und gesch¨atzt war, erschien in ersten Druckausgaben in Augsburg 1482 und 1512. Ausgaben: Dt. Schr. Hg. v. Karl Bihlmeyer. Stgt. 1907. Neudr. Ffm. 1961. – Horologium Sapientiae. Erste krit. Ausg. unter Ben¨utzung der Vorarbeiten v. Dominikus Planzer, hg v. Pius K¨unzle (Spicilegium Friburgense 23). Freiburg/Schweiz 1977. – De dietse vertaling van Suso’s Horologium aeternae sapientiae door A. G. M. van de Wijnpersse, Zuster Hildegarde. Groningen/Den Haag 1926. – Oerley der Ewigher Wijsheit (Horologium sapientiae) door Suso OP door D.-H. van de Wijnpersse. Groningen 1938. – Daniele Kuhlmann: H. S.s ‹Buch der Wahrheit›. Stud. zur Textgesch. [mit Textausg.]. Diss. W¨urzburg 1987. – S. R. S. Norris: The Diffusion of H. S.’s ‹B¨uchlein d. ewigen Weisheit› in Middle Low German Manuscripts. Commentary and Edition. Diss. Univ. of Michigan e 1979. – H. S. Das Buch der Wahrheit. ‹Daz buchli 185

1. H¨alfte 14. Jh. der warheit›. Kritisch hg. v. Loris Sturlese/R¨udiger Blumrich. Mhd.-Dt. (Phil. Bibl. 458). Hamburg 1993. – Zu den a¨ lteren Ausgaben, einschließlich der Fr¨uhdrucke s. Walz (s. Bibliogr.) S. 445–449. ¨ Ubersetzungen: Heinrich Suso Denifle: Die dt. Schr. des Seligen H. S. aus dem Predigerorden. Mu¨ nchen 1860. – Wilhelm Lehmann: H. S.s Dt. Schr. 2 Bde. Jena 21922. – Anton Gabele: Dt. Schr. v. H. S. Leipzig 1924. – Nikolaus Heller: Des Mystikers H. S. O. Pr. Dt. Schr. Vollst. Ausg. auf Grund der Hss., eingel., u¨ bertragen u. erl. v. N. H. Regensburg 1926. – Georg Hofmann: H. S. Dt. myst. Schr. D¨usseldorf 21986 (21966). – Weitere ¨ nhd. (Teil-)Ubersetzungen bei Walz (s. Bibliogr.) ¨ S. 447–449. Ubersetzungen in andere Sprachen bei Walz, Nr. 261, 263, 265, 267, 268, 270, 273, 275, 280. Bibliographie: Angelus Walz: Bibliographiae susonianae conatus. In: Angelicum 46 (1969) S. 430–491. – Alois M. Haas, VL2 8 (1992) Sp. 1127–1129. Literatur: J.-A. Bizet, Dict. Spir. 7 (1969) Sp. 234–257. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 275–291, 491 f. u. o¨ . – Roswitha Schneider, MarLex 3 (1991) S. 132 f. – Meinhard Prill, KNLL 15 (1991) S. 246–248. – Alois M. Haas/Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 1109–1129. – Loris Sturlese, Killy 11 (1991) S. 18–21. – Klaus Kienzler, BBKL 9 (1995) Sp. 1481–1485. – Peter Dinzelbacher, LThK3 4 (1995) 1397 f. – Herbert Backes, LexMA 8 (1995) Sp. 1801–1803. – Schulthess/Imbach (1996), S. 589. – A. M. Haas, TRE 31 (2000) S. 176–183. – e Christoph Asmuth: ‹Daz buchli der wahrheit›. In: LexthW (2003), S. 62 f. – Markus Enders, RGG4 7 (2004) Sp. 1238 f. – Konrad Gr¨ober: Der Mystiker H. S. Gesch. seines Lebens, Entstehung und Echtheit seiner Werke. Freiburg i. Br. 1941. – Joseph B¨uhlmann: Christuslehre und Christusmystik des H. S. Luzern 1942. – J. A. Bizet: H. S. et le d´eclin de la scolastique. Paris 1946. – Ders.: S. et le Minnesang. Ebd. 1947. – Julius Schwietering: Zur Autorschaft v. S.s Vita. In: Mystik und h¨ofische Dichtung im HochMA. Darmstadt 1960, S. 107–122 (wieder in: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 309–323. – Gisela Baldus: Die Gestalt des ‹dieners› im Werke H. S.s. Diss. K¨oln 1966. – Georg Misch: Gesch. der Autobiographie. Bd. 4,1. Frankfurt/M. 1967, S. 113–310. – Ephrem M. Filthaut (Hg.): H. S. Stud. zum 600. Todestag 1366–1966. K¨oln 1966. – Walter Blank: Zum Stilwandel in S.s Briefb¨uchern. 186

1. H¨alfte 14. Jh. In: ebd., S. 171–190. – Barbara Molinelli-Stein: S. als Schriftsteller. Diss. T¨ubingen 1966. – A. M. Haas: ‹Nim din selbes war›. Stud. zur Lehre von der Selbsterkenntnis bei Meister Eckhart, Johannes Tauler und H. S. Freiburg (Schweiz) 1971. – Adelheid Bohnet-v. der Th¨usen: Der Begriff des Lichts bei H. S. Diss. M¨unchen 1972. – Renate Schmidt-Flack: ‹wise› und ‹wisheit› bei Eckhart, Tauler, S. und Ruusbroec. Meisenheim 1972. – Arno Borst: H. S., Dominikaner in Konstanz. In: Ders.: Mo¨ nche am Bodensee 610–1525. Sigmaringen 1978, S. 246–263. – Gabriele v. SiegrothNellessen: Versuch einer exakten Stiluntersuchung f¨ur Meister Eckhart, Johannes Tauler und H. S. (Medium Aevum 38). M¨unchen 1979. – Paul Michel: H. S. als Diener des g¨ottlichen Wortes. In: Das ‹Einig Ein›. Stud. zu Theorie und Sprache der dt. Mystik. Hg. v. A. M. Haas/Heinrich Stirnimann (Dokimion 6). Freiburg/Schweiz 1980, S. 281–367. – Heinrich Stirnimann: Mystik und Metaphorik. Zu S.s Dialog. In: ebd., S.209–280. – Richard Francis MacDermot Byrn: H. S. und die Lehre v. den Vier Letzten Dingen. In: Zur Lit. und Sprache des 14. Jh. Hg. v. Walter Haug u. a. Heidelberg 1983, S. 65–75. – Uta Joeressen: Die Terminologie der Innerlichkeit in den dt. Werken H. S.s. Bern 1983. – Dieter Breuer: Zur Druckgesch. und Rezeption der Schr. H. S.s. In: Ders.: Fr¨ommigkeit in der fr¨uhen Neuzeit. Stud. zur religi¨osen Lit. des 17. Jh. in Deutschland. Amsterdam 1984, S. 29–49. – Ruedi Imbach: Die dt. Dominikanerschule. Drei Modelle einer Theologia mystica. In: Grundfragen christlicher Mystik. Hg. v. Margot Schmidt u. a. Stuttgart-Bad Cannstatt 1987, S. 157–172. – Martin Kersting: Text und Bild im Werk H. S.s. Unters. zu den illustrierten Hss. des Exemplars. Diss. Mainz 1987. – Anna Margaretha Diethelm: ‹Durch sin selbs unerstorben vichlichkeit hin zuo grosser loblichen heilikeit› K¨orperlichkeit in der ‹Vita› H. S.s (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700, Bd. 1). Bern u. a. 1988. – Jeffrey F. Hamburger: The Use of Images in the Pastoral Care of Nuns. The Case of H. Suso and the Dominicans. In: Art Bulletin 71 (1989) S. 20–46. – P. Michel: Stilwandel bei H. S. In: Verborum amor. Stud. zur Gesch. und Kunst der dt. Sprache. FS Stefan Sonderegger. Hg. v. Harald Burger u. a. Berlin/New York 1992, S. 297–341. – Werner Williams-Krapp: ‹Nucleus totius perfectionis›. Die Altv¨aterspirtualit¨at in der ‹Vita› H. S.s. In: FS Walter Haug und Burghart Wachinger. Hg. Johannes 187

Seuse Janota u. a. Bd. 1. Tu¨ bingen 1992, S. 405–421. – Markus Enders: Das mystische Wissen bei H. S. (Ver¨off. des Grabmann-Inst. NF 37). Paderborn 1993. – W. Blank: H. S.s ‹Vita›. Pastorale Gestaltung und pastorale Funktion seines Schrifttums. In: ZfdA 122 (1993) S. 285–311. – A. M. Haas: Sinn und Tragweite v. H. S.s Passionsmystik. In: Die Passion Christi in Lit. und Kunst des Sp¨atMA. Hg. v. Walter Haug/Burghart Wachinger (Fortuna vitrea 12). T¨ubingen 1993, S. 94–112. – Ders.: S. lesen. In: ZfdPh 113 (1994) Sonderheft, S. 245–272. – R¨udiger Blumrich/Philipp Kaiser (Hg.): H. S.s Philosophia spiritualis. Quellen, Konzept, Formen und Rezeption (Wissenslit. im MA 17). Wiesbaden 1994. – Peter Dinzelbacher: Christliche Mystik im Abendland. Ihre Gesch. v. den Anf¨angen bis zum Ende des MA. Paderborn u. a. 1994. – A. M. Haas: Kunst rechter Gelassenheit. Themen und Schwerpunkte von H. S.s Mystik. Bern u. a. 1995, S. 31–66. – Peter Ulrich: Imitatio et configuratio. Die philosophia spiritualis H. S.s als Theologie der Nachfolge des Christus passus (Eichst¨atter Studien N.F. 36). Regensburg 1995. – A. M. Haas: Kunst rechter Gelassenheit. Themen und Schwerpunkte von H. S.s Mystik. 2., durchges. und verb. Aufl. Bern u. a. 1996. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 415–475. – Jeffrey F. Hamburger: Nuns as Artists. The Visual Culture of a Medieval Convent. Berkeley 1997. – Jakobus Kaffanke (Hg.): H. S. – Diener der Ewigen Weisheit (Tagungsberichte der Katholischen Akad. der Erzdi¨ozese Freiburg). Freiburg i. Br. 1998. – Niklaus Largier: Der K¨orper der Schrift. Bild und Text am Beispiel einer S.-Hs. In: MA. Neue Wege durch einen alten Kontinent. Hg. v. Jan-Dirk M¨uller/Horst Wenzel. Stuttgart/Leipzig 1999, S. 241–271. – Ders.: Von Hadewijch, Mechthild und Dietrich zu Eckhart und S.? Zur Historiographie der ‹dt. Mystik› und der ‹dt. Dominikanerschule›. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Hg. v. Walter Haug/Wolfram Schneider-Lastin. T¨ubingen 2000, S. 93–117. – Tilo Brandis: Der Heiligen Leben, H. S.: Vita, B¨uchlein der ewigen Weis¨ heit. In: Aderlaß und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 223. – Klaus Gantert: H. S.: Exemplar u. a. In: ebd., S. 223–225. – L. Sturlese: Homo divinus. Philosophische Projekte in Deutschland zwischen 188

Stagel Meister Eckhart und H. S. Stuttgart 2007. – M. Enders: Gelassenheit und Abgeschiedenheit. Stud. zur dt. Mystik. Hamburg 2008. – Theo Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Sp¨atMA (Gesch. der Philosophie, hg. v. Wolfgang R¨od, Bd. 5). Mu¨ nchen 2011, S. 385–388. BJ Stagel, Elsbeth (Staglin) OP, * um 1300 Z¨urich, † um 1360 T¨oss bei Winterthur. – Mystikerin. S. entstammte einer vornehmen Z¨urcher B¨urgerfamilie; der Vater Rudolf Stagel war Ratsherr in Z¨urich. Sie kam jung in das Dominikanerinnenkloster T¨oss bei Winterthur, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. S. war «geistliche Tochter» und Vertraute von Heinrich → Seuse, mit dem sie um 1336/37 in Kontakt trat. In Bezug auf die schriftstellerische T¨atigkeit S.s stellen sich zwei Probleme: Das eine betrifft ihren Anteil an der Autorschaft von Seuses «Vita», das andere die lange Zeit nicht bezweifelte Autorschaft S.s am → Schwesternbuch von T¨oss. In Seuses Exemplar, einer «Ausgabe letzter Hand», wird S. bei der Entstehung der Vita und von Seuses Briefsammlung eine aktive Rolle zugeschrieben. In Seuses Lebensbeschreibung ist S., un¨ubersehbar im zweiten Teil, die Angesprochene; der Weg vom anfangenden zum vollkommenen Leben S.s ist Thema umfangreicher Lehrgespr¨ache. Seuse bezeugt S. in seiner Vita auch als Verfasserin des T¨osser Schwesternbuches. Ihre Verfasserschaft bzw. ihr Anteil an diesem Werk ist aber ungekl¨art. Die Vitensammlung umfasst mindestens sechs Schichten: Grundcorpus von Schwesternviten; Rahmung durch Prolog und Bechlin-Vita, Einsch¨ube in Einzelviten; Anf¨ugung der Vita Elsbeths von Cellikon aus Material der S.; Anf¨ugung der Vita der Elisabeth von Ungarn; Erweiterung dieser Vita durch eine zweite; Neurahmung und Erg¨anzung des Werks durch Johannes → Meyer. Das der erbaulichen Belehrung dienende Schwesternbuch ist eine vom 14. bis ins 15. Jh. gewachsene Sammlung von 33 Gnadenviten einzelner Nonnen des Dominikanerinnenklosters T¨oss, die etwa zwischen 1250 und 1350 gelebt haben. ¨ Uberlieferung: Vgl. Grubm¨uller (s. Lit.) S. 172–187. – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen, 452, 81r–128r (Pap., aus St. Katharinental bei Diessenhofen/Thurgau, um 1440, hochalemannisch; Fragm.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 603, S. 163a–368a (Pap., aus Dominikanerinnenkloster St. Katharina in St. Gallen, 1493 und zweite H¨alfte 189

1. H¨alfte 14. Jh. 15. Jh., ostalemannisch). – Nu¨ rnberg, StB, Cod. Cent. V, 10a, 1ra–84vb (Perg. und Pap., aus St. Katha¨ rina in N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Cod. 22, 127ra–183rb (aus St. Katharina zu Zofingen/Konstanz). – Sarnen, Bibl. des Benediktinerkollegiums, Cod. chart. 171, Teil 2, 1r–83r (1628, Abschrift einer verlorenen Hs. aus dem Kloster Gnadental vom Jahr 1492). – Zu drei weiteren Hss. des 17. Jh. und einem Fragment vgl. Grubm¨uller, S. 177. Ausgaben: Das Leben der Schwestern zu T¨oss, samt Vorrede von Johannes Meier und dem Leben der Prinzessin Elisabeth von Ungarn. Hg. v. Ferdinand Vetter. Berlin 1906. ¨ Nhd. Ubersetzungen: Das Leben der Schwes¨ tern zu T¨oß. Auswahl und Ubertragung der Lebensbeschreibgn v. Carl G¨unther. ErlenbachZ¨urich/Leipzig 1923 (nach der mhd. Ausg. v. F. Vetter). – Wir hattend och ain gar saelige schwester/Wir hatten auch eine gar selige Schwester. ¨ Mhd. Text und Ubersetzung v. Robert Heinrich Oehninger. Z¨urich 2003. – Dt. Nonnenleben. Das Leben der Schwestern zu T¨oss und der Nonne ¨ von Engelthal. B¨uchlein von der Gnaden Uberlast. Eingel. und u¨ bertragen von Margarete Weinhandl. Vorw. von Alois M. Haas. Stein am Rhein 2004. Bibliographie: Gertrud Jaron Lewis: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA. Berlin 1989, S. 304–310. Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 278–281, 287–290; 4/1 (21994) S. 157 f. – Klaus Grubm¨uller, Killy 11 (1991) S. 134 f. – Thomas Gandlau, BBKL 10 (1995) Sp. 1125–1127. – Alois M. Haas, VL2 9 (1995) Sp. 219–225. – Siegfried Ringler: Schwesternb¨ucher. In: MarLex 6 (1994) S. 110 f. – Herbert Backer, LexMA 8 (1997) Sp. 38 f. – Peter Dinzelbacher, LThK3 9 (2000) Sp. 918 f. – Vgl. ferner Heinrich Seuse. – Carl Johann Greith: Heinrich Suso und seine Schule unter den Ordensschwestern v. To¨ ss bei Winterthur im 14. Jh. In: Katholische Schweizer-Bll. f¨ur Wiss. und Kunst 2 (1860) S. 65–77, 137–151, 399–416. – Wilhelm Preger: Die Briefe Heinrich Suso’s nach einer Hs. des XV. Jh. Leipzig 1867. – Ferdinand Vetter: Ein Mystikerpaar des 14. Jh., Schwester E. S. in T¨oss und Vater Amandus (Suso) in Konstanz. Basel 1882. – Heinrich Seuse: Dt. Schr. Hg. v. Karl Bihlmeier. Stuttgart 1907. Nachdr. Frankfurt/M. 1961. – Otto Loewe: Das T¨osser Schwesternbuch. Unters. zur W¨urdigung E. S.s. Diss. Mu¨ nster 1921. – Jeanne Ancelet-Hustache: 190

1. H¨alfte 14. Jh. La vie mystique d’un monast`ere de dominicains au moyen aˆ ge d’apr`es la chronique de T¨oss. Paris 1928. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Lpz. 1935, bes. S. 219–224, 252–257, 265–270. – F. Bussmann: Die Geschichtlichkeit der T¨osser Mystik. Ein krit. Beitr. zur ma. Frauenmystik nach E.S.s Schwesternviten von T¨oss. Diss. Freiburg 1951. – Kurt Ruh: Altdt. Mystik. Ein Forschungsber. In: Wirkendes Wort 7 (1957) S. 135–146, 212–231, hier S. 222. – MarieClaire D¨aniker-Gysin: Gesch. des Dominikanerinnenklosters T¨oss 1233–1525 (Neujahrsbl. der Stadtbibl. Winterthur 289). Winterthur 1958. – Julius Schwietering: Zur Autorschaft v. Seuses Vita. In: Ders.: Mystik und h¨ofische Dichtung im MA. T¨ubingen 1960, S. 107–122. – C. Pleuser: Trad. u. Urspr¨unglichkeit in d. Vita Seuses (in: Heinrich Seuse, hg. E. M. Filthaut) 1966. – Klaus Grubm¨uller: Die Viten der Schwestern v. T¨oß und ¨ E. S. (Uberl. und literarische Einheit). In: ZfdA 98 (1969) S. 171–204. – Walter Blank: Umsetzung der Mystik in den Frauenkl¨ostern. In: Mystik am Oberrhein und in benachbarten Gebieten. Augustinermuseum, Freiburg im Breisgau, 10. September – 22. Oktober 1978. Hg. v. Hans H. Hofst¨atter. Freiburg i. Br. 1978-, S. 25–36. – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA (MTU 72). Z¨urich/M¨unchen 1980. – Peter Dinzelbacher: Zur Interpretation erlebnismystischer Texte des MA. In: ZfdA 117 (1988) S. 1–23. – Ursula Peters: Religi¨ose Erfahrung als literarisches Faktum. Zur Vorgesch. und Genese frauenmystischer Texte des 13. und 14. Jh. T¨ubingen 1988, ¨ S. 135–142. – Dies.: Frauenlit. im MA? Uberlegungen zur Trobairitzpoesie, zur Frauenmystik und zur feministischen Literaturbetrachtung. In: GRM NF 38 (1988), S. 35–56. – Dies.: Vita religiosa und spirituelles Erleben. Frauenmystik und frauenmystische Lit. im 13. und 14. Jh. In: Dt. Lit. von Frauen. Bd. 1: Vom MA bis zum Ende des 18. Jh. Hg. v. Gisela Brinker-Gabler. M¨unchen 1988, S. 88–109, bes. S. 99–105. – Albrecht Classen: From Nonnenbuch to Epistolarity: E. S. as a Late Medieval Woman Writer. In: Medieval German Literature. Proceedings from the 23rd International Congress on Medieval Studies, Kalamazoo, Michigan, May 5–8, 1988. Hg. v. A. C. (GAG 507). G¨oppingen 1989, S. 147–171. – Ursula Isler: Frauen aus Zu¨ rich [...]. Z¨urich 1991, S. 9–35. – Debra L. Stoudt: The Production and Preservation of Letters by Fourteenth-Century 191

Von der Minne II Dominican Nuns. In: Mediaeval Studies 53 (1991), S. 309–26. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 241, 420, 445, 449–451, 469. – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Hist. Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jh. (Bibliotheca Germanica 38). T¨ubingen/Basel 1999. – Frank J. Tobin: Henry Suso and E. S.: Was the ‹Vita› a cooperative effort? In: Gendered voices. Medieval saints and their interpreters. Hg. v. Catherine M. Mooney. Philadelphia 1999, S. 118–135. – Ben Morgan: The spiritual autobiographies of visionary nuns and their Dominican confessors in fourteenth-century German. In: Autobiography by women in German. Hg. Mererid Puw Davies. Oxford 2000, S. 35–51. – Uta St¨ormer-Caysa: Einf. in die ma. Mystik (RUB 17646). Stuttgart 2004, S. 54–57. – Wolfgang Wackernagel: The Mystical Marriage of the Blessed Henry Suso. In: Diogenes 52 (2005), S. 99–113, 197. – Julian F¨uhrer: Die Legende der Elisabeth v. T¨oss (T¨osser Schwesternbuch der E. S.). in: Elisabeth v. Th¨uringen – eine europ¨aische Heilige. Kat. Hg. v. Dieter Blume/Matthias Werner. Petersberg 2007, S. 312 f. (Nr. 206). – Bernard McGinn: Die Mystik im Abendland. Bd. 4. Freiburg u. a. 2008, S. 354–356 u. o¨ . BJ Von der Minne II. – Scholastisch-mystischer Traktat, erste H¨alfte 14. Jh. Der Traktat, der die Form einer scholastischen Quaestio mit Predigtelementen verbindet, dient letztlich der Rechtfertigung der Lehre Meister → Eckharts von der Vereinigung der menschlichen Seele mit Gott und fußt dabei auf → Thomas von Aquin. Dieser wird als «heilig meister bruder Thomas» bezeichnet. Der Traktat d¨urfte daher nach Thomas’ Heiligsprechung 1323 und vermutlich vor Eckharts Verurteilung 1326 entstanden sein. Predigtgleich beginnt der Text mit «Got ist die mynne» (1 Joh 4,16) und schließt mit «Amen». Das Johanneswort stellt die These der Quaestio dar («Utrum deus caritas est»). Die Quaestioform wird im Folgenden genau durchgef¨uhrt. Grob skizziert geht der Verfasser zun¨achst von der gel¨aufigen scholastischen Lehre aus, wonach die Minne eine «geschaffene Form» bzw. eine «eingegossene Tugend» sei, «die da heisset in dem latein ein habitus». Demgegen¨uber h¨atten viele Meister auch gelehrt, sie sei der Hl. Geist selbst (der bekannteste Vertreter ist → Petrus Lombardus). Hier 192

Die Blume der Schauung schließt der Verfasser seine «determinatio magistralis» an: Nicht nur der Habitus der Minne sei ungeschaffen, sondern auch das Werk der Minne sei der Hl. Geist selbst. In der Aufl¨osung der «objectiones» f¨uhrt er weiter aus, dass die Minne zus¨atzlich von der «freyheit dez wyllen» herr¨uhre. Abschließend wird erkl¨art, die Minne sei Gott selbst und sie sei das Ungeschaffene in der Seele, die mit einer jeglichen Kreatur in allen vern¨unftigen Werken vereint werde. Diese Erkl¨arung ist kein Eckhart-Zitat sondern die Eigenformulierung dessen, was der Verfasser als spezifische Lehre Eckharts betrachtet. An dieser Stelle schließt sich die Rechtfertigung Eckharts als Erweiterung des Traktats an. Der Verfasser interpretiert Eckhart mit Thomas und stellt den Meister dabei orthodoxer dar, als es dessen Schriften eigentlich nahelegen. Aufgrund der haupts¨achlich thomistischen Argumentation und der Anrede Thomas’ als «bruder» k¨onnte der Verfasser Dominikaner gewesen, vielleicht sogar einen K¨olner Sch¨uler Eckharts. Sein Traktat darf zu den auff¨alligsten Leistungen der dt. Scholastik gez¨ahlt werden, wie auch der Traktat → Vorsmak des ˆewigen lebennes. Mit diesem teilt der MinneTraktat so auff¨allige Gemeinsamkeiten (wie z. B. die Lehre vom «intellectus agens» nach → Dietrich von Freiberg), dass die Annahme eines gemeinsamen Verfassers f¨ur beide Traktate nicht unplausibel erscheint. Die Einheitsaussagen des Traktates (hinsichtlich Minne, Gott, Hl. Geist) wiederum erinnern an die ontologischen Quaestionen des Augustinereremiten Johannes → Hiltalingen von Basel, der damit als Verfasser des Traktats ebenso in Betracht kommt (vgl. Witte 2002). ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB (vormals Harburg, F¨urstlich Oettingen-Wallersteinsche Bibl. und Kunstslg.), Cod. III.1.4° 41, 215r–220r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 46h, 48v–56v (Pap., 1461, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Nu¨ rnberg, n¨urnbergisch). Ausgabe: Preger 1881, S. 419–426. – Ruh 1987 (Traktat von der Minne) S. 211–220. Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 544–548. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 367 f. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mys¨ tik im MA Tl. 2: Altere und neuere Mystik in der ersten H¨alfte des 14. Jh. Heinrich Suso. Leipzig 1881 (Neudr. Aalen 1962) S. 149–152, 209–211, 224, 232 f., 238. – Josef Quint: Neue Hand¨ schriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reisebericht 193

1. H¨alfte 14. Jh. (Meister Eckhart Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, ˆ S. 113–115. – Edouard-Henri W´eber: El´ements n´eoplatoniciens en th´eologie mystique au XIIIe si`ecle. In: Abendl¨andische Mystik im MA. Symposion Kloster Engelberg 1984 (Germanistische Symposien Berichtsbde. 7). Hg. K. Ruh. Stuttgart 1986, S. 196–234. – K. Ruh: Traktat von der Minne. Eine Schr. zum Verst¨andnis und zur Verteidigung von Meister Eckharts Metaphysik. In: Philologie als Kulturwiss. Stud. zur Lit. und Gesch. des MA. FS Karl Stackmann. Hg. Ludger Grenzmann u. a. G¨ottingen 1987, S. 208–229. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des dt. Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. M¨unchen 1996, S. 362–366. – Karl Heinz Witte: Der ‹Traktat v. der Minne›, der Meister des Lehrgespr¨achs und Johannes Hiltalingen v. Basel. Ein Beitr. zur Gesch. der Meister-EckhartRezeption in der Augustinerschule des 14. Jh. In: ZfdA 131 (2002) S. 454–487. – Allessandra Beccarisi: ‹Isticheit› nach Meister Eckhart. Wege und Irrwege eines philosophischen Terminus. In: Meister Eckhart in Erfurt. Hg. Andreas Speer/Lydia Wegener (Miscellanea Mediaevalia 32). Berlin 2005, S. 314–335 passim. VZ Die Blume der Schauung. – Mystischer Traktat, 1. H¨alfte 14. Jh. Der Komposittraktat eines anonymen Verfassers ist in allen vollst¨andig u¨ berliefernden Handschriften (mit Ausnahme der N¨urnberger Redaktion) in acht bzw. neun Teile gegliedert: sechs Objektionen; Lohn der Seligkeit; kontemplative Fragen; vier Fragen des → Thomas (von Aquin); Ps. → Dionysius Areopagita-Zitate; drei «reden» in der Gottheit; trinitarische Spekulationen 1 und 2; Meister (→ Eckhart [?])-Zitate (nur Bremen und N¨urnberg). Diese Abschnitte – teilweise nur aus Zitatreihen bestehend – bilden keine geschlossene wohlkomponierte Einheit und beruhen offensichtlich ausschließlich auf lat. Quellen. Ziel des Verfassers war die Vermittlung spekulativer Theologie eckhartscher Pr¨agung in scholastischer Form (Vergleichstexte sind u. a.: → Traktat von der Seligkeit, → Von der Minne II, → Vorsmak des eˆwigen lebennes, Traktate Johannes → Hiltalingens). Entgegen fr¨uherer Forschungsmeinung ist der Traktat mit Sicherheit von → Hermann von Fritzlar weder verfasst noch veranlasst worden. ¨ Uberlieferung: Bremen, SUB, msc 0018, 49r–50r, 108v–116r (Perg., um 1370, th¨uringisch; 194

1. H¨alfte 14. Jh. Leiths.). – Gent, UB, Ms. 2433, 49v–57v (Pap., 16. Jh.). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7020 (W*) 114, 16r–24r (Perg. und Pap., 15. Jh., mittelfr¨ankisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 46h, 67v–75v (Pap., 1461, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, n¨urnbergisch; von den anderen Hss. unabh¨angige Red.). – Stuttgart, LB, Cod. brev. 88, 85v–86v (Perg., 14. Jh., els¨assisch). – Uppsala, UB, Cod. C 76, 225vb–227rb (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., aus der Klosterbibl. v. Vadstena); (Stuttgart und Uppsala: Teil¨uberl., nur trinitarische Spekulationen 1). Ausgaben: Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA Tl. 2: Aeltere und neuere Mystik in der ersten H¨alfte des XIV. Jh. Heinrich Suso. Leipzig 1881 (Neudr. Aalen 1962) S. 426–434 (nach N¨urnberg). – Kurt Ruh: Die Blume der Schauung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 16). M¨unchen 1991 (¨uberlieferungsgeschichtliche Gesamtausg.) Literatur: K. Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 264–266. – Preger 1881 (s. Ausg.) S. 89–91. – Karl Brethauer: Neue Eckharttexte und Mystikerhss. In: ZfdA 69 (1932) S. 241–276, hier S. 251–262, 273–276. – ¨ K. Ruh: ‹Die B. d. S.›. Zur Uberl. und Textgesch. eines mystischen Traktats. In: wortes anst, verbi gratia. donum natalicium Gilbert A. R. de Smet. Hg. Heinrich Leonhard Cox. L¨owen u. a. 1986, S. 401–409. – Ders. 1991 (s. Ausg.). – Ders.: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 366–370. VZ Christus und die minnende Seele. – Sp¨atMA didaktische Texte und Bilderbogen. Es handelt sich um Vers- und Prosatexte sowie Bildgedichte in Form eines Dialogs zwischen Christus und einer Nonne, die asketisch-mystische ¨ Praktiken und Ubungen f¨ur Klosterschwestern einfach und verst¨andlich darlegen. Diese sollten die von einigen begnadeten Mystikern und Mystikerinnen in ihren Visionen erfahrene «unio mystica» auch f¨ur andere nachvollziehbar machen. Es l¨asst sich ein wohl im 14. Jh. entstandener handschriftlicher Bilderbogen rekonstruieren, der den Weg der minnenden Seele zur Vereinigung mit Gott in 20 Szenen bzw. f¨unf Reihen – von unten links nach oben rechts – mit je zwei Dialogreimpaa¨ ren illustriert: Uber Askese, Buße, Meditation und Visionen gelangt die Seele zur angestrebten «unio». Seit dem 15. und 16. Jh. liegt der Bilderbogen, der 195

Christus und die minnende Seele als Wandbild f¨ur die Klosterzelle konzipiert war, auch als Druck vor. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. A X 123, 19v (1441; Randeintrag). – Zerschnittenes Einblatt von 34 V. (1460, schw¨abisch); Faks.: Franz Martin Haberditzl: Einblattdrucke des 15. Jh. in Wien. Wien 1920, Nr. 163. – Zerschnittenes Einblatt von 16 V. (1470, schw¨abisch); Faks.: Paul Kristeller: Holzschnitte im Kupferstichkabinett Berlin. Reihe 2. Berlin 1915, Tf. 62. – Zerschnittenes Einblatt, Pause nach verlorenem Z¨uricher Original in der Hs. Karlsruhe, Cod. Donauschingen 106. – Bilderbogen, 80 V. (Holzschnitte mit Typensatz, ca. 1500). – Mu¨ nchen, BSB, Einbl. III, 52 f. Mit der Zeit wurde das Bilderbogenkonzept aufgel¨ost; die Dialoge wurden erweitert und redigiert in die Buchform u¨ bertragen. Das in der ersten H¨alfte des 14. Jh. entstandene Dialoggedicht Bartschs Minnende Seele (222 Verse; benannt nach dem Herausgeber) verwendet statt der Bilder Zwischentitel. Es wurden darin 20 Szenen des Bilderbogens u¨ bernommen und mit Erweiterungen und Einsch¨uben versehen. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Cod. Cent. VI 43 (verschollen, aber neun Bll. davon aus Bartschs Nachlass nach Berlin gekommen; das Fragm. Berlin, SBB, Mgq 1303/2 [ca. 1430] befindet sich jetzt in Krakau, Bibl. Jagiello´nska). Ein Gedicht von 2112 Versen aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. mit dem Titel Die minnende Seele umfasst 21 Illustrationen. Der BilderbogenText wurde daf¨ur wahrscheinlich von einer Verfasserin aus dem Konstanzer Raum stark erweitert und zu einer umfangreichen kl¨osterlichen Lehrdichtung umgearbeitet. Immer wieder erscheinen Formulierungen aus dem alemannischen Gedicht Des → Teufels Netz. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 710 (322), 2r–21r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 106 (Fragm.). – Mainz, Martinus-Bibl., Hs. 46 (Ende 15. Jh., alemannisch/schw¨abisch; Fragm.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 89 (Pap., um 1430, ostalemannisch/schw¨abisch). – Krakau, Bibl. Jagiellonska, Berol. mgq 1303 Nr. 2 (Pap., bair.). – Mainz, StB, Hs. I 221, 6r–7r (Pap., 15. Jh.). Ausgaben: Karl Bartsch: Die Erl¨osung. Quedlinburg/Leipzig 1858 (Neudr. Amsterdam 1966) S. 216–244. – Romuald Banz: C. u. d. m. S. Unters. und Texte. Breslau 1908, S. 259–363. Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 1 (1978) Sp. 1235–1237; 11 (2004) Sp. 326. – Werner 196

Schwester Katrei Williams-Krapp/Red., Killy2 2 (2008) S. 424 f. – Banz (s. Ausg.). – W. Williams-Krapp: Bilderbogenmystik. Zu C. u. d. m. S. Mit Edition der Main¨ zer Uberl. In: FS Kurt Ruh. Hg. v. Konrad Kunze u. a. (TTG 31). Tu¨ bingen 1989, S. 350–364. – Hildegard Elisabeth Keller: Von ehelicher Privation zu erotischer Privatheit? Zur Allegorese der Geschlechterbeziehung in ‹C. u. d. m. S.›. In: Das ¨ Offentliche und Private. Hg. v. Gert Melville/Peter v. Moos. K¨oln 1998, S. 461–498. – Amy Gebauer: ‹C. u. d. m. S.›. An Analysis of Circulation, Text and Iconography (Imagines Medii Aevi 26). Wiesbaden 2010. SF Schwester Katrei. – Mystischer Dialogtraktat, erste H¨alfte 14. Jh. Der Traktat eines anonymen Verfassers ist das einzige bekannte umfangreiche und zusammenh¨angende mhd. Originalzeugnis der freigeistig-h¨aretischen Tendenzen, die im 13. und 14. Jh. innerhalb der Laiengemeinschaft der Beginen und Begarden Verbreitung fanden. Sein Titel folgt dem Mu¨ nchner Cgm 133, der eine Kurzfassung u¨ ber¨ liefert. In der Uberlieferung u¨ berwiegt aber die ¨ Bezeichnung Von der Beichttochter. Je nach Uberlieferung sind in den Traktat weitere mystischaszetische Texte eingeflochten (darunter neben Spr¨uchen und Predigten der mystische Beichtspiegel → Das Buch von den f¨unf Broten und zwei Fischen, → Sant Paulus sprichet ... und → Vom f¨unffachen mystischen Sterben). Diese Einf¨ugungen sind als sekund¨ar zu bewerten und geh¨oren u¨ berlieferungsgeschichtlich unterschiedlichen Stufen an. Eine lat. Redaktion des Traktats aus der Mitte des 14. Jh. von Oswaldus im Conuent zu Brewtzenhausen (→ Oswald von Anhausen [?]) ist nicht erhalten. Der urspr¨ungliche Trakat d¨urfte in Straßburg nach dem Beginn der dortigen Beginenverfolgung um 1320 entstanden und sein Verfasser zumindest in der N¨ahe der streng asketisch und tendenziell h¨aretischen Begardengruppe der «willigen armuot» zu suchen sein. Die N¨ahe des Traktats zu Meister → Eckhart und die Hochsch¨atzung freiwilliger Armut legen diese Annahmen nahe. Inhaltlich wird ein Dialog zwischen einem Ordensgeistlichen und seiner (Beicht-)Tochter in vier Begegnungen geboten. Nur vordergr¨undig widmet sich der Text Aspekten von Schuld und S¨uhne, im Zentrum steht vielmehr die Frage der Toch197

1. H¨alfte 14. Jh. ter nach dem «nechsten weg» zur Seligkeit und Vollkommenheit. Den Figuren aus den → EckhartLegenden vergleichbar, legt die Beichttochter selbst diesen Weg modellhaft zur¨uck. Dieser f¨uhrt u¨ ber innere Reinigung und verzichtvolle Christusnachfolge zur «willigen armuot» der Beginen und der mystischen Vereinigung mit Gott. Er gipfelt in der außergew¨ohnlichen Aussage der Tochter: «ich bin gott worden.» Im nun folgenden zweiten Drittel des Textes belehrt die Tochter vom Standpunkt der Vergottung aus den Geistlichen u¨ ber die Vervollkommnung als seelischen und fließenden Prozess. Dies geschieht im Rekurs auf die Lehre und Terminologie Eckharts aber auch in Anlehnung an die ¨ Intellektlehre → Dietrichs von Freiberg. In Ubereinstimmung mit den Straßburger H¨aretikern von 1317 werden die letzten Dinge als immanent seelische Vorg¨ange umgedeutet. Zum Schluss wird die durch Vervollkommnung erlangte Erkenntnisstufe gegen¨uber eher vision¨aren Formen mystischer Erkenntnis deutlich abgegrenzt. Ein explizit freigeistiger Gedanke, der den intellektuellen Rahmen spekulativer Mystik sprengt, ist die Aufforderung an die Tochter, ihre innere Bew¨ahrung mit dem a¨ ußeren Genießen und Nutzen der irdischen Dinge zu bekunden. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, K¨onigl. Bibl., ms. 3088 (Kat.-Nr. 835), 8r–41v (Perg., 14. Jh. mndl.). – Colmar, StB., Ms. 269 (Kat.-Nr. 203), 87r–142v (Pap., 15. Jh., aus dem Kloster Unterlinden in Colmar, els¨assisch). – Den Haag, K¨onigl. Bibl., Cod. 73 G 33, 8v–21v (Pap., um 1500, mndl.). – Dillingen, Studienbibl., Cod. XV 125, 105r–181v (Pap. 1433, s¨udrheinfr¨ankisch, niederalemannischer/mitteldt. Einschlag). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 752 (746), 342r–356v (Pap., 1483, alemannisch/schw¨abisch). – Freiburg/Br., UB, Hs. 490, 198r–239r (Pap., 1463, aus dem Dominikanerinnenkloster Sch¨onensteinbach/Elsass, Abschnitt mit ‹S. K.›: bair.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 19, 2r–39v (Pap., 1472, aus dem Benediktinerkloster St. Peter/Schwarzwald, niederalemannisch). – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berol. mgq 1087 (vormals Berlin, SBB, Mgq 1087, davor Privatbesitz Freiherr August v. Arnswaldt, Hannover, Nr. 314), 135r–157r (Perg. und Pap., 15. Jh., mndl.). – Manchester, John Rylands University Library, German. Ms. 11, 191v–199v (Pap., zweite 198

1. H¨alfte 14. Jh. H¨alfte/letztes Drittel 15. Jh., bair.-o¨ sterr.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1865 (586; L 5), 103va–106vb (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 133, 24r–63r (erste H¨alfte 14. Jh., hessisch). – N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 2261, 70r–115v (Pap., 1465–82, aus dem AugustinerchorfrauenKloster Pillenreuth, bair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 59, 228r-v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh. aus dem Domikanerinnenkloster St. Katharina, N¨urnberg, n¨urnbergisch; Exzerpt). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 222, 286v–307v (Pap., 15. Jh. aus dem Domikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, els¨assisch). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 20, 142r–182r (Pap., 1455, bair.-¨osterr.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 965, S. 182–259 (Pap., 15. Jh., nordostschweizerisch). – Straßburg, National- und UB, ms. 2080 (vormals L germ. 156.4, davor Privatbesitz Anton Birlinger, Bonn, 1r–33r (Mitte 14. Jh., alemannisch). – Straßburg, StB, Cod. A 98 (verbrannt), 99v–159v (?) (Perg., 14. Jh., alemannisch-els¨assisch [?]). – Stuttgart, LB, Cod. brev. 88, 141r–167v (Perg., 14. Jh., els¨assisch). Ausgaben: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857. Nachdr. Aalen 1962, S. 448–475 (Kurzfassung nach Cgm 133). – Anton Birlinger: Tractate Meister Eckharts, des M¨onches von Heilsbronn, Gebete. In: Alemannia 3 (1875) S. 15–45, 97–119, 205–235, hier S. 15–45 (nach Straßburg ms. 2080). – Jo¨ sef Quint: Fundber. zur hsl. Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystiktexte (Meister Eckhart Unters. 2). Stuttgart u. a. 1969, S. 24–27 (Ausz¨uge Karlsruhe Cod. St. Peter pap. 19). – Schweitzer 1981, S. 304–455 (krit. Ausg. auf Grundlage Karlsruhe Cod. St. Peter pap. 19). Nhd. Ausgabe (Auszug): Martin Buber: Ekstatische Konfessionen. Jena 1909, S. 226–231. Neuausg. u. d. T. Mystische Weltlit. Hg. Ders./ Peter Sloterdijk. Kreuzlingen/Mu¨ nchen 2007, S. 263–267. Literatur: Franz Josef Schweitzer, VL2 8 (1992) Sp. 947–950; 11 (2004) Sp. 1395. – Wilhelm Wat¨ tenbach: Uber die Secte der Br¨uder vom freien Geiste. Mit Nachtr¨agen u¨ ber die Waldenser in der Mark und Pommern. In: Sb. der K¨oniglich Preussischen Akad. der Wiss. zu Berlin 1887/2, ¨ S. 517–544. Berlin 1888. – Otto Simon: Uberl. und Handschriftenverh¨altnis des Traktates ‹S. K.›. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. Diss. Halle 1906. – Norman Cohn: Das Ringen um das 199

Schwester Katrei Tausendj¨ahrige Reich. Revolution¨arer Messianismus im MA und sein Fortleben in den modernen totalit¨aren Bewegungen (The Pursuit of the millennium dt., u¨ bertragen v. Eduard Thorsch). Bern/Mu¨ nchen 1961, S. 165, 168 f.; sp¨atere Aufl. ¨ und Ubers. unter abweichenden Titeln: Die Sehnsucht nach dem Millennium, Freiburg/Br. 1998; Apokalyptiker und Propheten im MA. Erftstadt 2007). – Romana Guarnieri: Il movimento del Libero Spirito. Testi e documenti. In: Archivio italiano per la storia della piet`a 4 (Rom 1965) S. 351–708, hier S. 417–420. – Gordon Leff: Heresy in the Later Middle Ages. The relation of heterodoxy to dissent, c. 1250–c. 1450. Bd. 2. Manchester/New York 1967, S. 401–404. – Robert E. Lerner: The Heresy of the Free Spirit in the Later Middle Ages. Berkeley u. a. 1972, S. 200–220.– Kurt Ruh: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. K. Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230, hier S. 209; wieder in: K. Ruh: Kleine Schr. Bd. 2: Scholastik und Mystik im Sp¨atMA. Hg. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211, hier S. 188. – Alexander Patschovsky: Straßburger Beginenverfolgungen im 14. Jh. In: DA 30 (1974) S. 56–198. – F. J. Schweitzer: Der Freiheitsbegriff der dt. Mystik. Seine Beziehung zur Ketzerei der ‹Br¨uder und Schwestern vom Freien Geist›, mit besonderer R¨ucksicht auf den pseudoeckartischen Traktat ‹S. K.› (Arbeiten zur mittleren dt. Lit. und Sprache 10). Frankfurt/M., Bern 1981. – K. Ruh: Meister Eckhart. Theologe, Prediger, Mystiker. Mu¨ nchen 1985. 2., u¨ berarb. Aufl. ebd. 1989, S. 95–114. – Winfried Trusen: Der Prozeß gegen Meister Eckhart. Vorgesch., Verlauf und Folgen (Rechts- und staatswiss. Ver¨off. der G¨orres-Ges. N.F. 54). Paderborn u. a. 1988, S. 19–61. – Freimut L¨oser: Meister Eckhart in Melk. Stud. zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ‹Von der sel wirdichait vnd aigenschafft› (TTG 48). T¨ubingen 1999, S. 137–140, Reg. – Barbara Newman: Die vision¨aren Texte und vision¨aren Welten religi¨oser Frauen. In: Krone und Schleier. Kunst aus ma. Frauenkl¨ostern. Hg. v. Jutta Frings. Mu¨ nchen 2005, S. 104–117, hier S. 114–117. – Georg Steer: Die ‹Adolescens›-Predigt Pfeiffer 37 (Adolescens, tibi dico: surge. Lk. 7,14): Eine Predigtkompilation aus dem Umkreis des Dialogtraktats S. K. In: HeinrichSeuse-Jb. 3 (2010) S. 103–125. VZ 200

Von dem adel der sˆele Vom Leiden. – Mystischer «Mosaiktraktat» des 14. oder 15. Jh. Der Traktat (Mgq 1131) besteht in den ersten zwei Dritteln aus einem Auszug aus Heinrich → Seuses B¨uchlein der ewigen Weisheit; es folgen ein Dictum der → Elsbeth von Oye, ein Auszug aus einer → Eckhart-Predigt und einige Sentenzen aus der Kompilation des → Engelhart von Ebrach. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1131 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, M¨unchen, Nr. 1884/31; davor Privatbesitz Carl F¨orster’sche Kunstauction, Mu¨ nchen, Nr. 2376), 56r–57v (Pap., um 1470, westschw¨abisch). – Als Auszug aus dem ‹B¨uchlein der ewigen Weisheit› Heinrich Seuses: Heidelberg, UB, Cod. Sal. IX 16, 36r–38r (Pap., Ende 14./Anfang 15. Jh., s¨udalemannisch). – Berlin, SBB, Mgo 513, 81v–88r. Ausgabe: Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 108–112. Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 679. BJ Vom Wesen Gottes. – Mosaiktraktat aus dem weiteren Umkreis Meister → Eckharts, 14. Jh. Der Traktat u¨ ber das Wesen Gottes und die Gottesschau ist Teil von → Spamers Mosaiktraktaten. Er paraphrasiert zahlreiche Autorit¨atenzitate (in erster Line Ps. → Dionysius Areopagita, ferner u. a. → Augustinus, → Bernhard von Clairvaux). Anhand der ps. dionysischen negativen Gottesdefinition wird ein dem Neuplatonismus vergleichbarer Gottesbegriff entwickelt (Gott ist «vnbegriffenlich», «vber wesen», «vber lieht»). Dieser wurde auch von → Albertus Magnus, → Ulrich Engelbrecht von Straßburg, → Dietrich von Freiberg, Meister Eckhart und → Berthold von Moosburg vertreten und unterscheidet sich wesentlich von der thomistischen Auffassung des 14. Jh. (nat¨urliche Erkennbarkeit Gottes). ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 85, 10ra–11va. – Ebd., Cod. St. Peter perg. 102, 7v–10v (beide Mitte 14. Jh., aus einem Dominikanerkloster im Raum Straßburg [?], niederalemannisch mit mitteldt. und hochalemannischem Einschlag). Ausgabe: Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 95–99. Literatur: Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 959 f. – Bruno Decker: Die Gotteslehre des Jakob v. Metz. Unters. zur Dominikanertheologie 201

1. H¨alfte 14. Jh. zu Beginn des 14. Jh. (Beitr. zur Gesch. der Philos. und Theologie des MA 42,1). Mu¨ nster 1967, passim. – Burkhard Hasebrink: Zersetzung? Eine Neubewertung der Eckhartkompilation in Spamers Mosaiktraktaten. In: Contemplata aliis tradere. Stud. zum Verh¨altnis von Lit. und Spiritualit¨at. Hg. Claudia Brinker u. a. Bern u. a. 1995, S. 353–369, hier S. 360–363. VZ Von armuot des geistes. – Traktat in der Nachfolge von Meister → Eckhart. Dem einleitenden Bibelwort «Beati pauperes spiritu» (Mt 5,3) folgen mehrere «wir suln»-Aufforderungen (493,14–20) und ein fast ausschließlich aus Zitaten (u. a. → Dionysius, → Bernhard) bestehender Abschnitt (493,21 bis 494,11). Das Thema Armut des Geistes wird nur im ersten Satz und nach etwas mehr als einem Drittel des Textes behandelt (494,12–495,25), wobei vier Arten dieser Armut unterschieden werden. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bibl. Nat. et Univ., Ms. 2715 (olim L. germ. 618; davor Klosterneuburg, cod. 1141), 61v-65v. – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 34, 197v–199v (Pap., 1474, ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgq 191, 35v–37r. – Straßburg, StB, Cod. A 98 (verbrannt). – Zu einzelnen Textst¨ucken s. Spamer, S. 384; ferner Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 106, 73v–74r (Pap., Konstanz [?], Ende 15. Jh., alemannisch/schw¨abisch). Ausgabe: Franz Pfeiffer (Hg.): Dt. Mystiker des vierzehnten Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962) S. 493–495, Traktat Nr. X (nach Straßburg, Ms 2715). Literatur: Kurt Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 133 f. – ¨ Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, bes. S. 384 f. BJ Von dem adel der sˆele. – Traktat in der Nachfolge Meister → Eckharts, 14. Jh. Diese kurze Abhandlung – in der MeisterEckhart-Ausgabe Franz Pfeiffers (s. Ausg.) handelt es sich dabei um Traktat Nr. 4 – u¨ ber den Adel der Seele, ein zentrales Thema in der Mystik Meister Eckharts, weist eine besondere N¨ahe zu Eckharts Armutspredigt (Quint [s. Lit.] Nr. 52) auf. Die Autorschaft Eckharts wurde dem Traktat aufgrund seiner fehlenden Einheit verschiedentlich 202

1. H¨alfte 14. Jh. abgesprochen. Der Titel ist dem Hauptteil entnommen: «die meister sprechent von dem hoehsten adel der sˆele». ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. theol. et philos. 2° 155, 296vb–299ra. – N¨urnberg, StB, Cent. VI,40, 41ra-va. – London, British Library, Egerton MS.2188, 84v–85r. – Teilst¨ucke: Augsburg, UB, Cod. III.1.4°33, 145r–146r. – Ebstorf, Klosterbibl., Cod. IV 12, 351v. – G¨ottingen, UB, Cod. ms. theol. 292, 257r. – W¨urzburg, UB, Ms. ch. 4° 151, 363v. – Cologny-Genf, Bibl. Bodmeriana, Cod. Bodmer 59 (ehem. Braunau, Langersche Bibl., Cod. 467), 35r. – Straßburg, Bibl. Nat. et Univ., Ms. 2795 (olim L. germ. 662), 198r. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857. Neudr. Aalen 1962, S. 416–418. Literatur: Kurt Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 16–18. – ¨ Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420. – Wolfgang Stammler: Meister Eckhart in Norddeutschland. In: ZfdA 59 (1922) S. 181–216. – Max Pahncke: Materialien zu Meister Eckharts Predigt u¨ ber die Armut des Geistes. In: FS Philipp Strauch. Hg. v. Georg Baesecke/Ferdinand Joseph Schneider (Hermaea 31). T¨ubingen 1932, S. 81–97. – Josef Quint: Meister Eckhart. Die dt. Werke. Bd. 2. Stuttgart 1971, S. 479–481. – Nigel F. Palmer: Beobachtungen zu einer Gruppe v. schw¨abischen Mystik-Hss. des 15. Jh. Mit dem Textabdruck einer mystischen Spruchslg. der Hs. Reading, UL, MS. 137. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998. Hg. v. Walter Haug/Wolfram Schneider-Lastin. Tu¨ bingen 2000, S. 605–652, bes. S. 609–611. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der d. Lit. v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart 3/1). T¨ubingen 2004, S. 71 f., 74. – Ren´e Wetzel: ‹Spricht maister Eberhart›. Die Unfestigkeit v. Autor, Text und Textbau¨ steinen im Cod. Bodmer 59 und in der Uberl. weiterer mystischer Sammelhss. des 15. Jh. Mit einem Exkurs zur Buch- und Bibliotheksgesch. der Kartause Buxheim. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/R. Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Berlin/New York 2009, S. 301–325. – Judith Theben: 203

Von dem anefluzze des vaters Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin u. a. 2010, S. 349. SF Von dem anefluzze des vaters. – PseudoEckhart-Traktat, 14. Jh. Die Schrift in der Nachfolge Meister → Eckharts – in der Meister-Eckhart-Ausgabe Franz Pfeiffers (s. Ausg.) handelt es sich dabei um Traktat Nr. 13 – mit dem Titel V. d. a. d. v. er¨ scheint im Uberlieferungszusammenhang mit dem kurzen, wahrscheinlich fragmentarischen Text Von dem → zorne der sˆele (Pfeiffer Traktat Nr. 16) und mit Von der → u¨ bervart der gotheit (Pfeiffer Traktat ¨ Nr. 11). Wichtiges Thema dieses Uberlieferungsverbunds ist die Lehre von den Seelenkr¨aften, der Wille wird als u¨ ber der Vernunft stehend betrachtet. Bei dem Text handelt es sich formal um einen «Komposittraktat», der thematische Einheit vermissen l¨asst. ¨ Uberlieferung: Zehn nahezu vollst. Hss.: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 277, 180rb–184rb. – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 34, 144r–149v. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1015, S. 134–147. – Ebd., Cod. 1067, 85va–93va. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 214, 88va–91vb. – N¨urnberg, StB, Cod. IV, 40, 9va–11rb, 67ra–70rb. – Ebd., Cent. VI, 56, 98v–107v, 108r–115r. – Ebd., Cent. VI, 91, 45v–51r. – Straßburg, Bibl. Nat. et Univ., Ms. 2715 (olim L. germ. 618; davor Klosterneuburg, Cod. 1141), 119r–125v. – Dazu kommen einzelne Textteile in sog. ‹Tr¨ummerhss.›: Basel, UB, Cod. B XI 10, 301r–303r. – Z¨urich, ZB, Cod. C 76 (290), 161ra ff. – Ebd., Cod. C 127, S. 187–189. – Berlin, SBB, Mgq 1802, 68v–69v (Pap., um 1370–80, ostschw¨abisch; mystischer Traktat, darin: ‹Von dem zorne der sˆele› und zumindest der Schluss von ‹V. d. a. d. v.›). Ausgaben: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962) S. 521–527. Literatur: Kurt Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 92–95. – ¨ Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420. – Ders.: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 100–107. – Josef Quint: Neue Hand¨ schriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Unters. Bd. 1). Stuttgart u. a. 1940. – Johannes Janota: Orientierung durch 204

Luder von Braunschweig volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart 3/1). T¨ubingen 2004, S. 74, 78. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin u. a. 2010, S. 177. SF Historien der alden E. – Bibeldichtung aus dem Deutschen Orden, um 1330/40. Die H. sind ein geschichtlicher Abriss des AT von der Sch¨opfung bis zur r¨omischen Herrschaft u¨ ber Israel in 6165 Versen. Unter den gereimten deutschsprachigen Bibelnachdichtungen des Dt. Ordens der ersten H¨alfte des 14. Jh. stellen sie die einzige u¨ berlieferte Bearbeitung des gesamten AT dar. Der unbekannte Verfasser, der obd., wom¨oglich bair. Abkunft sein k¨onnte, schließt seine Dichtung unter Einbeziehung des NT mit einer Aufz¨ahlung der 33 Wunder Christi und der Grabst¨atten der Apostel ab. Neben der Vulgata st¨utzt sich der Verfasser u. a. auf nicht n¨aher identifizierbare Glossen und nachweislich auf Petrus Comestors Historia scholastica, die selbst schon das AT in ein Historienwerk umsetzt. Im Prolog gibt der Dichter als sein Vorhaben an, die biblische Geschichte k¨urzer und verst¨andlicher zu erz¨ahlen (V. 39–42). Die Umsetzung darf als misslungen bezeichnet werden: Inhaltlich wird Wichtiges nur angeschnitten und eigentlich Peripherem viel Raum gegeben, wobei die Chronologie mitunter durcheinander ger¨at. Ein Sinn f¨ur historische Zusammenh¨ange ist nicht erkennbar. Viele sachliche Fehler scheinen dabei mangelhaften Lateinkenntnissen geschuldet zu sein. Formal ist der geringe k¨unstlerische Anspruch auch f¨ur die Deutschordensdichtung, die dem Inhalt und dessen Vermittlung an Laien stets den Primat einr¨aumte, exzeptionell. Ein regelm¨aßiges Versmaß ist kaum erkennbar, die Reime werden oft mit F¨ullw¨ortern gebildet. Zwar weisen die H. eine sprachliche und stilistische N¨ahe zu → Tilos von Kulm Von Siben Ingesigeln und dem → Hiob auf, und es ist anzunehmen, dass dem H.-Dichter diese Deutschordensdichtungen vertraut waren. Doch wirkt sein Versuch, deren dichterische Merkmale zu imitieren, ¨ gerade durch stilistische Ubertreibung unbeholfen. Eine Nachwirkung des unikal u¨ berlieferten Werkes ist nicht erkennbar. ¨ Uberlieferung: K¨onigsberg, SUB, Hs. 907 (verschollen), 116 Bll. (Perg., erste H¨alfte 14. Jh., ostmitteldt. mit obd. Einschlag). 205

1. H¨alfte 14. Jh. Ausgabe: Wilhelm Gerhard: Historien der Alden E (Bibl. des Literarischen Ver. in Stuttgart 271). Leipzig 1927. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 675. – Peter Heesen VL2 4 (1983) Sp. 65–67. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 425–427. – Sabine Schmolinsky, Killy2 5 (2009) S. 462 f. – Emil Steffenhagen: Die altdt. Hss. zu K¨onigsberg. In: ZfdA 13 (1867) S. 501–574, hier S. 519. – Franz Hipler: Literaturgesch. des Bisthums Ermland. Spicilegium Copernicanum (Monumenta historiæ Warmiensis 4,3,1) S. 21–23. – W. Gerhard: Die ‹H. d. a. E.› Diss. Frankfurt 1921. – Edward Schr¨oder: Rezension zu: Gerhard 1927 (s. Ausg.). In: AfdA 47 (1928) S. 186 f. – Friedrich Pfister: Stud. zu sp¨atma. dt. Alexandergeschichten. In: ZfdA 79 (1942) S. 114–132, hier S. 130–132. Wieder in: Ders.: Kleine Schr. zum Alexanderroman (Beitr. zur klassischen Philologie 61). Meisenheim am Glan 1976, S. 250–252. – Karl Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 94). Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 117–119. – David J. Halperin: The ‹Book of Remedies›, the Canonization of the Solomonic Writings and the Riddle of Pseudo-Eusebius. In: Jewish Quarterly Review 72 (1982) S. 269–292. – Danielle Buschinger: Deutschordensdichtung. In: Etudes de linguistique et de litt´erature en l’honneur d’Andr´e Cr´epin. Hg. ders./Wolfgang Spiewok. Greifswald 1993, S. 61–91. – Marie Lesaffre: La litt´erature biblique de l’Ancien Testament dans l’Ordre Teuˆ tonique au Moyen Age (Medievales 3). Amiens 1999, S. 297–341. – Ralf G. P¨asler: Deutschsprachige geistliche Texte des MA im Preußenland. Ein Bestandsverz. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinstituts f¨ur Kultur und Gesch. im o¨ stlichen Europa 13 (2005) S. 7–63, hier S. 42. VZ Luder (Luther) von Braunschweig, * um 1275, † 18.4.1335 Stuhm (Sztum) (?). – Hochmeister des Deutschen Ordens, Verfasser einer dt. Barbaralegende und eventuell der dt. Paraphrase der B¨ucher der Makkab¨aer. L. war der j¨ungste Sohn Herzog Albrechts des Großen von Braunschweig-L¨uneburg. Seine Familie stand schon l¨anger in Beziehung zum Dt. Orden, sowohl sein Großvater Otto als auch sein Vater hatten an den Prußenk¨ampfen des Ordens teilgenommen (1240 resp. 1265). Dies macht L.s 206

1. H¨alfte 14. Jh. Eintritt in den Orden, f¨ur Vertreter von reichsf¨urstlichen Geschlechtern an sich ungew¨ohnlich, plausibel. 1297 ist L. zum ersten Mal als Ordensmitglied im Konvent Christburg nachgewiesen. 1308–12 ist er als Komtur in Gollub bezeugt, 1313 als Hauskomtur der Marienburg, seit 1314 als Komtur von Christburg. 1314–18 und 1327–31 versah L. dort das Amt des und Oberstern Trappier und r¨uckte in den Rang eines Großgebietigers auf. Nach der Ermordung seines Vorg¨angers wurde L. am 17.2.1331 zum Hochmeister des Ordens gew¨ahlt. Er erzielte 1332 einen Waffenstillstand mit Polen und f¨orderte den K¨onigsberger Dombau. L. regte biblische und chronikalische Dichtungen des Dt. Ordens entscheidend an und war selbst dichterisch t¨atig. Auf seine Initiative entstand die dt. Paraphrase des Buches → Daniel, → Nikolaus von Jeroschin bewog er um 1333 die Deutschordenschronik → Peters von Dusburg in dt. Verse zu u¨ bertragen und um 1338 veranlasste er → Tilos von Kulm Von siben ingesigeln. Selbst verfasste L. eine Legende der hl. Barbara in dt. Versen. Sie ist nicht u¨ berliefert aber bezeugt durch Nikolaus von Jeroschin. L.s Barbara-Legende d¨urfte Quelle der mehrfach u¨ berlieferten lat. Translatio et miracula sanctae Barbarae (um 1350) gewesen sein. Umstritten ist seine Autorschaft hinsichtlich der dt. Versparaphrase der Makkab¨aerb¨ucher. Hauptaber keineswegs sicheres Indiz ist ein braunschweigisches Initialwappen in der Vorrede des Textes des Stuttgarter Codex HB XIII 11. Die Dichtung d¨urfte um 1322/23 abgeschlossen gewesen sein, von einem laikalen Verfasser ist in jedem Fall auszugehen. Die rund 14.400 meist achtsilbigen Verse orientieren sich am Vulgata-Text. Weitere unmittelbare Vorlagen sind nicht auszumachen, herangezogen hat L. die Historia scholastica des Petrus Comestor und die Glossa Ordinaria → Walahfrid Strabos. Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Der erste (mit einer Vorrede und dem Prolog des → Hieronymus) und der zweite (mit Inhaltsangabe und Charakteristik) umfassen die beiden Makkab¨aerb¨ucher, der dritte schildert die Geschichte vom Tode Simons bis zum Ende des Makkab¨aerGeschlechts. Der an sich ungew¨ohnliche Stoff steht mit seiner Kriegsschilderung in enger Verbindung zum Dt. Orden, der sich gleichfalls im Heidenkampf befand. Im Hinblick auf Originalit¨at der Sprache und den Reim sind die F¨ahigkeiten des Dichters bescheiden, beim Versmaß legt er großen 207

Luder von Braunschweig Wert auf Regelm¨aßigkeit. Zentrales Anliegen – typisch f¨ur die Deutschordensliteratur – ist die Vermittlung biblischer Stoffe an das illiterate Publikum der Ordensbr¨uder. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. HB XIII 11, 52ra–96rc (Perg., zweites Viertel oder Drittel des 14. Jh., Sammelhs. mit Ordensdichtungen aus der Kommende Mergentheim, ostmitteldt.; Initialwappen: 52vc). – Berlin, SBB, Fragm. 41, 2 Bll. (Perg., 14. Jh., ostmitteldt.). Ausgabe: Karl Helm: Das Buch der Maccab¨aer in mitteldt. Bearbeitung (Bibl. des Litterarischen Ver. in Stuttgart 233). T¨ubingen 1904. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 674. – Udo Arnold, VL2 5 (1985) Sp. 949–954. – Klaus Scholz, NDB 15 (1987) S. 540. – Carl A. L¨uckerath, LexMA 6 (1993) Sp. 23. – Goswin Spreckelmeyer, LThK3 6 (1997) Sp. 1129. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 184, 418, 422 f., 438. – Ottomar Schreiber: Die Personal- und Amtsdaten der Hochmeister des Dt. Ordens von seiner Gr¨undung bis zum Jahre 1525. In: Oberl¨andische Gesch.bl. 15 (1913) S. 615–762, hier S. 696–699. – K. Helm: Genealogisches zu L. v. B. In: ZfdPh 46 (1915) S. 445–450. – Conrad Steinbrecht: HochmeisterGrabsteine in Preußen. In: Altpreußische Monatsschr. 52 (1916) S. 90–94. – K. Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 94). Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 115–117. – Gerhard Eis: Rezension Helm/Ziesemer 1951. In: ZfdPh 73 (1954) S. 120–122, hier S. 122. – Ders.: Die Lit. im Dt. Ritterorden und in seinem Einflußgebiet. In: Ostdt. Wiss. 9 (1962) S. 56–101, hier S. 74. – Klaus Scholz: Beitr. zur Personengesch. des Dt. Ordens in der ersten H¨alfte des 14. Jh. Unters. zur Herkunft livl¨andischer und preußischer Dt.ordensbr¨uder. Diss. Mu¨ nster 1969, S. 50–54a. – Achim Masser: Bibel- und Legendenepik des dt. MA. (Grundlagen der Germanistik 19). Berlin 1976, S. 78–81. – Gerard Labuda: Zu den Quellen der ‹Preußischen Chronik› Peters v. Dusburg. In: Der Deutschordensstaat Preußen in der polnischen Gesch.schreibung der Gegenwart. Hg. U. Arnold/Marian Biskup (Quellen und Stud. zur Gesch. des Dt. Ordens 30). Marburg 1982, S. 133–164. – Jaroslaw Wenta: Stud. u¨ ber die Ordensgeschichtsschreibung am Beispiel Preußens (Subsidia historiographica 2). Thorn 2000, S. 202–205. – Bernhart J¨ahnig: Der 208

Daniel Deutschordensstaat Preußen – Die großen Hochmeister des 14. Jh. In: (Quellen und Stud. Dt. Hist. Inst. Warschau 14). Hg. Marc L¨owener. Wiesbaden 2004, S. 45–64, passim. – Ralf G. P¨asler: Deutschsprachige geistliche Texte des MA im Preußenland. Ein Bestandsverz. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinstituts f¨ur Kultur und Gesch. im o¨ stlichen Europa 13 (2005) S. 7–63, hier S. 45 f. – Edith Feistner/Michael Neecke/Gisela VollmannProfe: Krieg im Visier. Bibelepik und Chronistik im Dt. Orden als Modell korporativer Identit¨atsbildung. T¨ubingen 2007, S. 156–168. – Christoph Faßbender: Zur Datierung des ‹Buchs der Makkab¨aer›. Zugleich eine Vorstudie zur Rezeption der ‹Postilla litteralis› des Nikolaus v. Lyra im Dt. Orden. In: Ma. Kultur und Lit. im Deutschordensstaat in Preussen. Leben und Nachleben. Hg. v. J. Wenta (Sacra bella septentrionalia 1). Thorn 2008, S. 423–440. – Klaus Vogelgsang: Klaus Kranc als Verfasser der ‹Maccab¨aer›. In: ebd., S. 441–447. – Simon Helms: L. v. B.: der Dt. Orden in Preußen zwischen Krise und Stabilisierung und das Wirken eines F¨ursten in der ersten H¨alfte des 14. Jh. (Quellen und Stud. zur Gesch. des Dt. Ordens 67). Marburg 2009. VZ Daniel. – Versparaphrase des biblischen Buches Daniel aus dem Deutschen Orden, um 1331–35. Der unbekannte Verfasser der Reimpaardichtung D. war mit hoher Wahrscheinlichkeit Geistlicher, der Sprachstand in den Reimw¨ortern legt eine th¨uringisch/ostfr¨ankische Abstammung nahe. Daran, dass der D. eine origin¨are Deutschordensdichtung ist, kann kein Zweifel bestehen: Neben der Aufnahme in die Sammelhandschrift Stuttgart Cod. HB XIII 11 und einer besonderen Hervorhebung der Ordenspatronin Elisabeth findet sich eine Widmung an die «Von deme dutsche huse» (V. 46). → Luder von Braunschweig, 1331–35 Hochmeister des Ordens, wird im Epilog als Hochmeister und als Initiator der Dichtung bezeichnet, der «sulcher uzlegunge bat» (V. 8304). Auch Anlage, Sprache, Metrum und Stil der Paraphrase a¨hneln der anderer Ordensdichtungen. Der gebl¨umte Stil und die strenge Einhaltung des regelm¨aßigen Versmaßes erinnern vor allem an die meist Luder zugeschriebene Bearbeitung des Buches der Makkab¨aer, w¨ahrend die Reimtechnik auf eine Kenntnis des → Passional, der Apokalypse → Heinrichs von Hesler und unter 209

1. H¨alfte 14. Jh. Umst¨anden der Martina → Hugos von Langenstein schließen l¨asst. ¨ Der D. bietet in 8448 Versen eine Ubersetzung des biblischen Buches Daniel einschließlich der apokryphen Susanna im Bade und Bel und der Drache. Grundlage ist die Vulgata, offensichtlich mit stark abweichenden Lesarten. Auch die vom Verfasser benutzten Kommentare fließen teilweise in ¨ ¨ die Ubersetzung ein. Freie Ubertragungen finden sich vor allem bei Gebeten und Lobges¨angen. Die biblische Einteilung des Buches Daniel in 14 Kapitel wird u¨ bernommen und nach Art der Ordensdichtung gibt es eine tropologische Ausdeutung, die hier jedem der einzelnen Kapitel als Glosse hintangestellt ist. Die Glossen unterst¨utzen das f¨ur die Deutschordensliteratur typische Anliegen des Verfassers, die Vermittlung biblischer Stoffe an das illiterate Publikum der Ordensbr¨uder. Die Glossen haben zum Teil Predigtcharakter, mit Aufrufen zu Buße und Umkehr, und offenbaren so einen seelsorgerischen Impetus des Dichters. Hinsichtlich Methode und Umfang sind die Glossen sehr heterogen, am l¨angsten sind diejenigen zu Kapitel 1–6. Stellt hier der Bibeltext mitunter nur noch den Anstoß zu einer freien Allegorese dar, so bieten die Glossen zum Schluss teils kaum mehr als Verweise. Besondere Hervorhebung verdient die Glosse nach dem dritten Kapitel: In einer Pflanzenallegorie (Ausgangspunkt ist Dan 3,1) werden Blumen auf verschiedene Menschengruppen hin ausgedeutet und im Anschluss deren S¨undhaftigkeit dargelegt. Wahrscheinliche Quellen f¨ur die Glossen sind die Historia scholastica des → Petrus Comestor und die Postille des Huga a St. Caro; es ist auch an eine Kompilation von Kommentarwerken zu denken. Ob der Verfasser die Postilla litteralis super totam bibliam des → Nikolaus von Lyra gekannt hat, ist eine streitbare These und setzt eine extrem schnelle Verbreitung dieser Postille voraus, die nicht vor 1331 abgeschlossen wurde. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. HB XIII 11, 1ra–26rc (Perg., zweites Viertel oder Drittel des 14. Jh.; Sammelhs. mit Ordensdichtungen aus der Kommende Mergentheim, ostmitteldt.). – Thorn, UB, Rps 40/IV (vormals K¨onigsberg, SUB, Hs. 890b), 187rb–237ra (Perg., erste H¨alfte 15. Jh., ostmitteldt.; enth¨alt auch → Hiob und → Passional). – Fragm. einer nicht n¨aher identifizierten Danieldichtung aus dem 13. Jh.: Wolfenb¨uttel, Staatsarch., 12 Slg. Mappe 4 Nr. 5 (Perg., 1 Querstreifen vom oberen Blattrand, Danielfragm.: rechte 210

1. H¨alfte 14. Jh. Spalte R¨uckseite, Anfang 14. Jh., mitteldt.; insges. 16 V., davor steht ein Fragm. der Legende der → Margareta v. Antiochien). Ausgabe: Arthur H¨ubner: Die poetische Bearbeitung des Buches D., aus der Stuttgarter Hs. (DTM 19/Dichtungen des Dt. Ordens 3). Berlin 1911. – Abdruck Fragm.: Paul Zimmermann/Konrad Zwierˇzina: S. Margareta und Daniel. Bruchst¨ucke aus einem unbekannten Passional in Versen. In: ZfdA 42 (1898) S. 179–185. Literatur: G¨unther Jungbluth, VL2 2 (1980) Sp. 42 f.; 11 (2004) Sp. 341 f. – Josef Engemann/Peter K. Klein/Klaus Wessel, LexMA 3 (1986) Sp. 535–537. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 423 f. – Elisabeth Wunderle/Red., Killy2 2 (2008) S. 550 f. – Arthur H¨ubner: D., eine Deutschordensdichtung (Palaestra 101). Diss. Berlin 1911. – Karl Helm: Die Lit. des Dt. Ordens im MA. In: Zs. f¨ur den dt. Unterricht 30 (1916) S. 289–306, 363–370, 430–438; Sonderdr. Leipzig 1916. – Gustav Rosenhagen/Anton Wallner: Zuhalt. In: AfdA 45 (1926) S. 45 f., 152. – Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ordens in Preußen. Breslau 1928, S. 67–70. – K. Helm/W. Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 94). Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 100–107. – G¨unther Jungbluth: Literaturleben im Dt. Ritterorden (Stud. zum Deutschtum im Osten 5). K¨oln/Wien 1969, passim. – Achim Masser: Bibel- und Legendenepik des dt. MA. (Grundlagen der Germanistik19). Berlin 1976, S. 78–81. – Ralf G. P¨asler: Deutschsprachige geistliche Texte des MA im Preußenland. Ein Bestandsverz. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinstituts f¨ur Kultur und Gesch. im o¨ stlichen Europa 13 (2005) S. 7–63, hier S. 34. – Edith Feistner/Michael Neecke/Gisela Vollmann-Profe: Krieg im Visier. Bibelepik und Chronistik im Dt. Orden als Modell korporativer Identit¨atsbildung. T¨ubingen 2007, S. 49, 56. VZ

Hiob. – Versparaphrase des biblischen Buches Hiob, Deutschordensdichtung, erste H¨alfte 14. Jh. Zwei Sammelhandschriften mit Dichtungen des Deutschen Ordens oder mit dort verbreiteten Werken u¨ berliefern eine dt. Paraphrase des Buches Hiob von u¨ ber 15.500 Versen. Die Zugeh¨origkeit zur Deutschordensliteratur ist unstrittig: Im Epilog (ab V. 15.525) preist der unbekannte Verfasser 211

Hiob den Orden im Allgemeinen und den Hochmeister Dietrich von Altenburg (1335–41) im Beson¨ deren. Auch Uberlieferung, Thematik, die ostmitteldt. Literatursprache und metrisch-stilistische Eigenheiten weisen das Werk als typischen Vertreter der Deutschordensliteratur aus. Ein konkreter Auftraggeber wird nicht genannt, Dietrich k¨onnte ¨ Anreger der Ubersetzung gewesen sein, die nach werkinterner Angabe 1338 abgeschlossen wurde. Alle 42 Kapitel des Buches Hiob werden darin ber¨ucksichtigt. Im Prolog stellt sich der Verfasser zun¨achst in eine verbindliche Lehrtradition: Gott habe sich in denen offenbart, die Namensgeber biblischer B¨ucher sind, und die Kirchenlehrer h¨atten den Sinn dieser B¨ucher erschlossen. An¨ hand seiner Hiob-Ubersetzung m¨ochte der Verfasser dem Publikum vermitteln, geduldig zu sein, d.h. im Ungl¨uck nicht zu zweifeln, im Gl¨uck nicht u¨ berm¨utig zu sein. Jedes Buch wird danach durch eine den Inhalt zusammenfassende Vorrede eingeleitet, darauf wird der Bibeltext, kleinteilig in Verse und Halbverse zergliedert, u¨ bertragen und f¨ur das illiterate Publikum der Ordensritter erl¨autert. ¨ Ubersetzung und Auslegung sind eng verwoben und letztere ist in die Gespr¨achsform des Textes eingebunden. Der Autor st¨utzt sich hierbei wie im Prolog angek¨undigt auf die Kirchenlehrer, namentlich genannt werden Gregor der Große, Ambrosius, → Augustinus und → Hieronymus, wobei vermutlich eher Handb¨ucher und Kompendien als die originalen Quellen herangezogen wurden. Obwohl ¨ Ubereinstimmungen zur Postilla litteralis super biblia des → Nikolaus von Lyra zu bestehen scheinen, ist eine Kenntnis diese Werke seitens des H.-Verfassers zumindest fragw¨urdig, wurde es doch nicht vor 1331 abgeschlossen. Die theologischen Ambitionen des Dichters sind bescheiden, und mit dem gelehrten Anspruch korrespondiert der poetische: Der Stil ist sachlich, die Sprache einfach. Es geht um die Vermittlung des biblischen Stoffes an Laien – wie es typisch ist f¨ur die Deutschordensliteratur. ¨ Uberlieferung: Berlin, Geh. Staatsarch. Preuß. Kulturbesitz, XX. HA Msc. A 2° 191 (vormals K¨onigsberg, Staatsarch., Msc. A 191 2° [olim A 137]), S. 421–624 (Perg., Ende 14. Jh., ostmitteldt.; ¨ enth¨alt auch Klaus → Kranc: Ubersetzung der Propheten; → Der apostele tat). – Thorn, UB, Rps 40/IV (vormals K¨onigsberg, SUB, Hs. 890b), 1rb–92vb (Perg., 1. H¨alfte 15. Jh., ostmitteldt.; enth¨alt auch → Daniel und → Passional). – Auszug: St. Paul im 212

Esra und Nehemia

1. H¨alfte 14. Jh.

Lavanttal, Stiftsbibl., Cod. 180/4, 208va–210ra (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair. mit schw¨abischem Einschlag). Ausgabe: Torsten Evert Karsten: Die mitteldt. poetische Paraphrase des Buches H. Aus der Hs. des K¨oniglichen Staatsarch. zu K¨onigsberg (DTM 21/Dichtungen des Dt. Ordens 4). Berlin 1910 (nach Berlin XX. HA Msc. A 2° 191). Literatur: Achim Masser, VL2 4 (1983) Sp. 45–47; 11 (2004) Sp. 680. – Ludwig H¨odl/G´eza J´aszai: Job (H.), LexMA 5 (1991) Sp. 489 f. – De Boor/Newald 3,1 (51997) S. 424 f. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lexikon der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 159–169. – Norbert H. Ott/Red., Killy2 5 (2009) S. 448 f. – Walter Mueller: Ueber die mitteldt. poetische Paraphrase des Buches H. Ein Beitr. zur Gesch. der Sprache und Lit. des Deutschordenlandes. Halle 1883. – Walter Holz: Ist die mitteldt. poetische Hiobparaphrase ein Werk des Tilo v. Kulm? Diss. Frankfurt 1925. – Karl Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Deutschen Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 94). Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 115–117. – G¨unther Jungbluth: Literarisches Leben im Deutschen Ritterorden. In: Heinrich Neu/Ders.: Zur Gesch. des Deutschen Ordens. Zwei Stud. (Stud. zum Deutschtum im Osten 5). K¨oln 1969, S. 27–52, hier S. 32. – Achim Masser: Bibel und Legendenepik des dt. MA (Grundlagen der Germanistik 19). Berlin 1976, S. 73 f. – Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA, begonnen von Hella Fr¨uhmorgenVoss, fortgef¨uhrt von N. H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann Bd. 2. M¨unchen 1996, S. 103–105, 221 f. – Graeme Dunphy: Rabengefieder, Elefantengezisch. Naturdeutung in der ‹Mitteldt. H.Paraphrase›. In: Natur und Kultur in der dt. Lit. des MA. Colloquium Exeter 1997. Hg. Alan Robertshaw/Gerhard Wolf. Tu¨ bingen 1999, S. 91–102. – Ralf G. P¨asler: Dt.sprachige geistliche Texte des MA im Preußenland. Ein Bestandsverz. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinstituts f¨ur Kultur und Gesch. im o¨ stlichen Europa 13 (2005) S. 7–63, hier S. 41 f. VZ

Auftrag des Obersten Marschalls des Dt. Ordens, Siegfried von Dahenfeld (Amtszeit 1347–59), eine ostmitteldt. Prosau¨ bersetzung der großen und kleinen Propheten nach dem Text der Vulgata. Das Akrostichon im gereimten Prolog (180 Verse) nennt seinen Namen zusammen mit dem des ¨ G¨onners. K., dem keine a¨ ltere Ubersetzung vorlag, benutzte nur die Postilla seines Ordensbruders → Nikolaus von Lyra, der er einen Teil der Vorreden entnahm. Sie ist auch Grundlage der eingeschobenen «Uzlegunge». K.’ Werk gilt als eine der besten Bibel¨ubersetzungen vor Luther. ¨ Uberlieferung: Berlin, Geheimes Staatsarch. Preußischer Kulturbesitz, XX. HA Msc. A 2° 191 (fr¨uher K¨onigsberg, Staatsarch., Msc. A 191 2° [olim A 137]), S. 5–415 (Perg., 36 historisierte In¨ itialen [vor allem zur Ubersetzung der Psalmen], Ende 14. Jh., ostmitteldt.; die Hs. enth¨alt auch → Hiob und → Der apostele tat). Ausgabe: Die Propheten¨ubersetzung des C. C. Hg. v. Walther Ziesemer (Schr. der K¨onigsberger Gelehrten Ges. Sonderreihe I) Halle/S. 1930. Literatur: Karl Bartsch: C. C. In: ADB 4 (1876) S. 563. – Friedrich Schwarz, Altpreußische Biogr. 1 (1941) S. 116. – Erkki Valli: C. C. In: NDB 3 (1957) S. 400. – Irmgard Meiners, VL2 5 (1985) Sp. 337 f.; 11 (2004) Sp. 892. – Sabine Schmolinsky/Red., Killy2 7 (2010) S. 13. – Torsten E. Karsten: Die mitteldt. poetische Paraphrase des Buches Hiob (Dichtungen des Dt. Ordens IV; DTM 21). Berlin 1910, S. 5–24 (Beschreibung der Hs.). – Walther Ziesemer: Stud. zur ma. Bibel¨ubers. (Schr. der K¨onigsberger Gelehrten Ges., Geisteswiss. Kl. 5,5). Halle/S. 1928. Nachdr. Goldbach 1995. – E. ¨ Valli: Die Ubersetzungstechnik des C. C. Diss. Hel¨ sinki 1946. – Ders.: Beitr. zu C. C.s Ubersetzungstechnik und zu seiner Sprache. Helsinki 1947. – Karl Helm/W. Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens. Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 91, 122–127. – E. Valli: Das Verh¨altnis des C. C. zu Nikolaus v. Lyra. In: Neuphilol. Mitt. 53 (1952) S. 331–338. – Dietrich Schmidtke: Repr¨asentative dt. Prosahss. aus dem Deutschordensgebiet. In: Dt. Hss. 1100–1400. Hg. Volker Honemann u. Nigel F. Palmer. T¨ub. 1988, S. 352–378. BJ

Kranc, Klaus (Cranc, Claus), * 14. Jh. Ost¨ preußen. – Ubersetzer der alttestamentlichen Propheten. Der sich als Kustos des Franziskanerordens bezeichnende K., der in Thorn lebte, verfasste im

Esra und Nehemia (Esdras und Neemyas). – Anonymes geistliches Epos, entstanden in den 30er Jahren des 14. Jh. ¨ Stil, Wortschatz, Inhalt und die Uberlieferung weisen das Epos E. u. N. als Vertreter

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1. H¨alfte 14. Jh. der Deutschordensliteratur aus. Es geh¨ort in die zweite Bl¨utezeit der Ordensdichtung w¨ahrend der Amtszeiten der Hochmeister → Luder von Braunschweig und Dietrich von Altenburg (1331–1341). Der biblischen Nacherz¨ahlung in rund 3200 Versen liegen die B¨ucher Esr I–III der Vulgata zu Grunde, auch die Vorrede des → Hieronymus wird (frei) wiedergegeben. Die langen Namenslisten des biblischen Vorlage werden in der Regel u¨ bergangen, gelegentlich finden sich textliche Erweiterungen (nicht ohne Anachronismen). Thematisch passt die Erz¨ahlung um den Wiederaufbau und die Verteidigung Jerusalems mit kriegerischen Einzelheiten hervorragend zur Selbstsicht der ritterlichen Ordensgemeinschaft, die im Bauen und K¨ampfen, der Selbsterhaltung unter Heiden, ihre zentrale Aufgabe sah. Der Fokus des unbekannten Verfassers richtet sich daher auf die aktualisierende Adaptation. Auf Auslegung, Exkurse und Glossierung – sonst h¨aufige Merkmale der Ordensliteratur – wird verzichtet. Bekannt d¨urften dem Verfasser das → Passional, die Makkab¨aer Luders und Von siben ingesigeln → Tilos von Kulm gewesen sein. Bei der metrischen Ausgestaltung scheint er sich an Heinrich → Hesler und → Nikolaus von Jeroschin zu orientieren. Die ersten 739 V. sind durchgehend und regelm¨aßig achthebig, danach sind die V. freier mit 7–11 Silben gef¨ullt. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. HB XIII 11, 27ra–37ra (Perg., zweites Viertel oder zweites Drittel 14. Jh., aus der Kommende Mergentheim, ostmitteldt.; Sammelhs. mit Ordensdichtungen; → Daniel geht E. u. N. voraus, die Judith folgt). Ausgaben: Samuel D. Stirk: Esdras und Neemyas. Eine Deutschordensdichtung aus dem 14. Jh. Aus der Stuttgarter Hs. zum ersten Male hg. (Sprache und Kultur der germanisch-romanischen V¨olker D.4). Breslau 1938. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 674. – G¨unther Jungbluth, VL2 2 (1980) Sp. 632 f. – De Boor/Newald 3,1 (51997) S. 421. – Claudia H¨andl/Christoph Fasbender, Killy2 3 (2008) S. 329. – Karl Euling: Bruchst¨ucke einer mitteldt. Bearbeitung des Esdras und des Jesaias. In: PBB 14 (1889) S. 122–126. – Karl Helm (Hg.): Das Buch der Maccab¨aer in mitteldt. Bearbeitung. T¨ubingen 1904, S. VII. – Edgar Krebs: E. und N., eine Deutschordensdichtung. Diss. Marburg 1923. – K. Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. 215

Tilo von Kulm Philologie 94). Gießen 1951 (Nachdr. Amsterdam 1969) S. 115–117. – Achim Masser: Bibel und Legendenepik des dt. MA (Grundlagen der Germanistik 19). Berlin 1976, S. 73 f. – Ralf G. P¨asler: Dt.sprachige geistliche Texte des MA im Preußenland. Ein Bestandsverz. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinstituts f¨ur Kultur und Gesch. im o¨ stlichen Europa 13 (2005) S. 7–63, hier S. 35. – Henrike L¨ahnemann: Hystoria Judith. Deutsche Judithdichtungen vom 12. bis zum 16. Jahrhundert (Scrinium Friburgense 20). Berlin/New York 2006, S. 267 f. VZ Tilo von Kulm. – Verfasser einer geistlichen Dichtung. Der sich am Ende der einzigen Handschrift «magister Tylo de Culmine» nennende Verfasser der Dichtung Von siben ingesigeln (6284 Verse) ist wahrscheinlich identisch mit dem 1352/53 mehrfach bezeugten Domherrn in dem Kapitel des Bistums Samland identisch. T. vollendete das in mitteldt. Sprache zu Ehren des Dt. Ordens gedichtete und dem Hochmeister → Luder von Braunschweig gewidmete Werk am 8.5.1331. Vorlage war ein lat., anonym u¨ berlieferter Libellus septem sigillorum, mit dem T. stark ausw¨ahlend verfuhr. Die sieben Siegel (Apk 5), die mit den sieben Heilstatsachen gleichgesetzt werden, sollen «entriegelt», d.h. in ihrer heilsgeschichtlichen Bedeutung erschlossen werden: die Menschwerdung Christi zum Heil der Welt (V. 1121–3030), Taufe, Passion (V. 3287–4644, mit aggressiven antij¨udischen Passagen), Auferstehung (V. 4645–5022) und Himmelfahrt Christi (V. 5023–5318), die Aussendung des Hl. Geistes (V. 5319–5792) und das J¨ungste Gericht (V. 5793–6256). Die unterschiedlich lang ausgef¨uhrten «sieben Siegel» entsprechen den Tagen der Sch¨opfungswoche. Der dem eigentlichen Prolog (bis V. 122) folgende «Prologus» handelt vom Engelssturz, von der Erschaffung und dem S¨undenfall der Menschen, von der Vertreibung aus dem Paradies und von Christi Geburt. Stilistisch orientierte sich T. an Zeitgenossen wie → Frauenlob, → Rudolf von Ems und → Konrad von W¨urzburg. ¨ Uberlieferung: Thorn/Toru´n, UB, Rps 6/I (fr¨uher K¨onigsberg, Staats- und Universit¨atsbibl., Hs. 906), 2r–156r (Perg., 1331, ostmitteldt.). Ausgabe: Karl Kochend¨orffer (Hg.): Dichtungen des Dt. Ordens. Bd. 2: T.s v. K. Gedicht ‹Von 216

Barfußer-Lesemeister ¨ siben Ingesigeln›. Aus der K¨onigsberger Hs. (DTM 9). Berlin 1907. Literatur: Karl Bartsch, ADB 17 (1883) S. 363. – Sabine Schmolinsky, Killy 11 (1991) S. 373 f. – Werner J. Hoffmann, MarLex 6 (1994) S. 425 f. – Achim Masser, VL2 9 (1995) Sp. 932–935. – Dieter Kartschoke, LexMA 8 (1997) Sp. 790. – De Boor/Newald 3,1 (51997) S. 438–441. – Sabine Schmolinsky/Red., Killy2 (2011). – Gerhard Reissmann: T.s v. Culm Gedicht von siben Ingesigeln. Berlin 1910 (vgl. dazu Karl Helm. In: ZfdPh 46, 1915, S. 476–480). – K. Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens. Gießen 1951. – Gerhard Eis: Die Lit. im Dt. Ritterorden und in seinen Einflußgebieten. In: Ostdt. Wiss. 9 (1962) S. 56–101. – Volker Schupp: Septenar und Bauform. Stud. zur ‹Auslegung des Vaterunsers›, zu ‹De VII sigillis› und zum ‹Pal¨astinalied› Walthers v. der Vogelweide. Berlin 1964. – G¨unther Jungbluth/Heinrich Neu: Zur Gesch. des Dt. Ordens. Zwei Studien. K¨oln u. a. 1969. – A. Masser: Bibel- und Legendenepik des dt. MA. Berlin 1976. – Hans-Georg Richert: Die Lit. des dt. Ritterordens. In: Neues Hb. der Literaturwiss 8: Europ¨aisches Sp¨atMA. Hg. v. Willi Erzgr¨aber. Wiesbaden 1978, S. 275–286. – Udo Arnold: T. v. K. In: 800 Jahre Dt. Orden. Ausstellung des Germ. Nationalmuseums Nu¨ rnberg. Hg. v. Gerhard Bott/U. Arnold. G¨utersloh u. a. 1990, S. 100 f. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 1990. Mu¨ nchen 32000. – Petra H¨orner: T. v. K.: ‹Eyn Got in dry personen›. In: Stud. zu Forschungsproblemen der dt. Lit. in Mittelund Osteuropa. Hg. v. Carola L. Gottzmann/P. H¨orner. Frankfurt/M. u. a. 1998, S. 79–104. – Arno Mentzel-Reuters: ‹durch mins herczen gral›. Die ‹Siben Ingesigel› T.s v. K. als Reformhandschrift. In: Vom vielfachen Schriftsinn im MA. FS Dietrich Schmidtke. Hg. v. Freimut L¨oser/Ralf G. P¨asler. Hamburg 2005, S. 283–307. – U. Arnold: T. v. K., ‹Von siben ingesigelen›. In: Elisabeth v. Th¨uringen – eine europ¨aische Heilige. Kat. Hg. v. Dieter Blume/Matthias Werner. Petersberg 2007, S. 358 f. BJ Barfußer-Lesemeister. ¨ – Franziskanischer Prediger aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Die Sammlung dominikanischer Predigten → Paradisus anime intelligentis u¨ berliefert eine Predigt u¨ ber Offb 21,5 (Nr. 62), die einem anonymen B.-L. zugeschrieben wird, der in der ersten H¨alfte 217

1. H¨alfte 14. Jh. des 14. Jh. gewirkt haben d¨urfte. Neben dem B.-L. und drei Predigten → Hanes des Karmeliten enth¨alt die Sammlung ausschließlich Texte von Dominikanern (darunter rund 30 Meister → Eckharts). Die Funktion des – vermutlich absichtlich – anonym aufgenommenen B.-L. innerhalb der Sammlung besteht in der Pr¨asentation einer zu widerlegenden Doktrin: In seiner Predigt betont der B.-L. gem¨aß der franziskanischen Lehrmeinung den Vorrang der willensbetonten Liebe f¨ur das Seelenheil, was den entschiedenen Widerspruch des Redaktors im Register der Handschrift hervorruft, der nach dominikanischer Auffassung die Erkenntnis hervorhebt, wie dies auch in einer Predigt → Giselhers von Slatheim (Nr. 41) geschieht. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057, 160v–163v (Perg., Mitte 14. Jh., westmitteldt.rheinfr¨ankisch). – Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud Misc. 479, 106v–108v (Perg., Mitte 14. Jh., rheinfr¨ankisch). – Bearb. Teil¨uberl. in den Predigten des → Nikolaus v. Landau: Kassel, UB/LB und Murhardsche Bibl. 4 ° Cod. theol. 11, 17r (Perg., 1341, aus dem Zisterzienserkloster Otterberg bei Kaiserslautern, mitteldt./rheinfr¨ankisch). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4 ° 88 (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). Ausgaben: Philipp Strauch: Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Hs. Cod. Laud. Misc. 479 nach E. Sievers’ Abschr. (DTM 30). Berlin 1919 (Nachdr. Hildesheim 1998) S. 131–133. – Hans Zuchhold: Des Nikolaus v. Landau Sermone als Quelle f¨ur die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises (Hermaea 2). Halle 1905 (Nachdr. Wiesbaden 1972) S. 94–96. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 605 f. – Ders.: Paradisus anime intelligentis, VL2 7 (1989) Sp. 298–303; 11 (2004) Sp. 1163. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA nach den Quellen untersucht und dargestellt. Bd. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. 1962) S. 154–160. – Josef ¨ Quint: Neue Hss.funde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. (Meister Eckhart. Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 218–222. – James M. Clark: The Great German Mystics. Eckart, Tauler and Suso. Oxford 1949, S. 102–104. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 52. – Lauri Sepp¨anen: Stud. zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis. Beitr. zur Erforschung der Sprache der mhd. Mystik und Scholastik (M´emoires de la Societ´e n´eophilologique de 218

1. H¨alfte 14. Jh. Helsinki 27). Helsinki 1964, passim. – Karl-Heinz Witte: ‹Vorsmak des eˆ wigen lebennes›. Beobachtungen zu einem scholastischen Traktat von der Schau des dreifaltigen Gottes aus dem Kreise der dt. Mystik. In: W¨urzburger Prosastud. 1. Wort-, begriffs- und textkundliche Unters. (Medium Aevum 13). Hg. Forschungsstelle f¨ur Dt. Prosa des MA am Seminar f¨ur dt. Philologie der Univ. W¨urzburg. Mu¨ nchen 1968, S. 148–198, bes. 175–178. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 110 (T 103). – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des dt. Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. Mu¨ nchen 1996, S. 38, 273–276, 393. VZ Dies est laetitiae in ortu regali. – Weihnachtscantio. Einige a¨ ltere Handschriften zeigen die Verwendung der lat. Cantio als Tropus zum Gloria der Messe. Lat. ist sie als Ganzes oder in Einzelstrophen in u¨ ber 40 Handschriften u¨ berliefert. Fr¨uheste Zeugnisse stammen aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Ein zweistimmiger Satz war seit dem fr¨uhen 15. Jh. im niederrheinischen Raum sehr verbreitet; einzelne Strophen der lat. Cantio waren im Rahmen der sog. Kindelwiegenfeiern in Gebrauch. Etliche andere Cantiones weisen ein a¨hnliches Initium auf, sind aber eigenst¨andig (z. B. das seit dem 15. Jh. bekannte D. e. l. parvum). Tonentlehnungen sind die b¨ohmische Weihnachtscantio D. e. l. in festo regali, die Ostercantiones D. e. l. in aula regali und D. e. l. in mundo totali sowie die Corpus-Christi-Cantio D. e. l. in domo mentali. Die meisten in die Volkssprache u¨ bertragenen Strophen sind hinter dem lat. Text angeordnet und bieten eine Nacherz¨ahlung der Weihnachtsgeschichte. Die zweite, m¨oglicherweise urspr¨unglich selbstst¨andige Strophe ist h¨aufig auch einzeln u¨ berliefert, so auch bei Luther, und wurde auch in Predigten und geistlichen Spielen verwendet. ¨ Uberlieferung der lat. Cantio: u. a. in Bamberg, SB, Ms. R. B. 169, 10–12 (Bamberg, 14. Jh.; Graduale). – Hohenfurt, Ms. 42, 54r–59r (1410). – Aosta, Bibl. Seminario Maggiore, Ms. 13, 62rv (16. Jh.; Cantionale v. Aosta). – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Nr. 70. – Breslau, UB, Hs. I Q 466, 33v. – Leipzig, UB, Ms. 1305, 114v–115r (aus Schlesien, um 1420). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 392, 85–86 (um 1450). – Trier, StB, Ms. 1878, 155r 219

Dies est laetitiae in ortu regali (14./15. Jh.). – Ebd., Ms. 516, 135v, (1482; Rosarium). – Prag, Nationalmuseum, Ms. XII A 1, 217v (1473; Graduale). – Prag, UB, Ms. I.E. 22, ¨ 86. – Wien, ONB, Cod. 5371, 185r–234r. – Ebd., Cod. ser. nova 12875, 162v–163v. – → Wienh¨auser Liederbuch, 6r–7v. – Br¨ussel, Bibl. Royale, Ms. IV 42, 135v–136v (um 1480). Ausgaben: Franz J. Mone: Lat. Hymnen des MA. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1853, S. 62–65. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 1. Leipzig 1864, S. 206–208. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886, S. 286–294. Dt. Bearbeitungen sind in u¨ ber 17 Handschriften u¨ berliefert, u. a. Breslau, UB, Hs. I O 108, 93v–94v. – Harburg, Oettingen-Wallersteinsche Bibl., Ms. III, 1, 8°, 57, 82v–86r, 102v–108v (15. Jh.; Kirchheimer Cantional). – Kassel, LB, Ms. Poet. fol. 19, 9r. ¨ Eine ndl. Ubersetzung findet sich u. a. in der → Haager Liederhandschrift, 54vb–55ra, eine nd. Bearbeitung im → Werdener Liederbuch und im Liederbuch der Catherina Tirs (1588). In Hs 22, 224v in Bernkastel-Kues, Bibl. des St.-Nikolaus-Hospitals (nach 1453) steht ein moselfr¨ankischer Nachtrag. Ausgaben: August H. Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861, S. 197, 299–302. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 520–527. – B¨aumker (s. Ausg.) S. 286–293. Literatur: Walther Lipphardt, VL2 2 (1979) Sp. 90–92. – Guido M. Dreves: Beitr. zur Gesch. des dt. Kirchenliedes. Bd. 2. In: Kirchenmusikalisches Jb. 3 (1888) S. 29–39. – John Julian: A Dictionary of Hymnology. London 21907. Neudr. New York 1957. – Arnold Geering: Die Organa und mehrstimmigen Conductus in den Hss. des dt. Sprachgebietes vom 13.–16. Jh. (Publ. der Schweiz. musikforschenden Ges. 2/1). Bern 1952. – Detlev Bosse: Unters. einstimmiger ma. Melodien zum ‹Gloria in excelsis Deo› (Forschungsbeitr. zur Musikwiss. 2). Regensburg 1955. – Zdenek Nejedly: Dejiny Husitsk´eho Zp´evu. Prag 1956. – Rudolf Stephan: Lied, Tropus und Tanz im MA. In: ZfdA 87 (1956/57) S. 147–162. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Kurt v. Fischer: Hss. mit mehrstimmiger Musik des 14., 15. und 220

Ulmer Schwesternbuch 16. Jh. (R´epertoire International des Sources Musicales B 4/3 und 4) M¨unchen 1972. – W. Lipphardt: Die liturgische Funktion dt. Kirchenlieder in den Kl¨ostern nieders¨achsischer Zisterzienserinnen des MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 94 (1972) S. 158–198. – Brigitte B¨ose u. a. (Hg.): Geistliche Lieder und Ges¨ange in B¨ohmen 2/1 [...] (Bausteine zur Gesch. der Lit. bei den Slaven 29). K¨oln u. a. 1988. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Fragm. Cgm 5249–5250 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V, 8). Wiesbaden 2005. SF Paschalis von Rom. – Verfasser (12. Jh.) ei¨ ner Ubersetzung der Streitschrift Dialexis Kata Joudaion des Ps.-Anastasios Sinaites, welche drei selbstst¨andige dt., im 14. bzw. 15. Jh. u¨ berlieferte Bearbeitungen erfuhr. Die lat. Bearbeitung Disputatio Iudaeorum contra Anastasium des P., dem daneben noch ein Liber thesauri occulti zugeschrieben wird, ist in zahlreichen Handschriften des 14. und 15. Jh. u¨ berliefert, u. a. Erfurt, Wiss. Bibl., Cod. Q. 124, 135r–138v (Mitte 14. Jh.). ¨ Ubersetzungen ins Deutsche: 1. Eine oberrheinisch-alemannische Fassung enth¨alt Freiburg, UB, Hs. 473, 23v–38r (zweites Viertel 14. Jh.). 2. Berlin, SBB, Mgf 1428, 174ra–185ra (1462) bietet eine mittelfr¨ankische Version. ¨ 3. Eine o¨ sterr.-bair. Fassung des → Osterr. Bi¨ bel¨ubersetzers u¨ berliefern Wien, ONB, Cod. 2907, 27v–36v (14./15. Jh.) und G¨ottweig, Stiftsbibl., Cod. 222 (198), 265vb–274ra. Literatur: Karl Heinz Keller, VL2 7 (1989) Sp. 317 f.; 11 (2004) Sp. 1164. – Pius Bonifacius Gams: Series Episcoporum Ecclesiae Catholicae [...]. Ratisbonae 1873. – J. de Ghellinck: L’erreur de la litt´erature latine au XIIe si`ecle. Br¨ussel/Paris 21955. – Heinz Schreckenberg: Die christlichen Adversus-Judaeos-Texte und ihr lit. und hist. Umfeld (1.–11. Jh.) (Europ¨aische Hochschulschr. Reihe 23. Bd. 172). Frankfurt/M. u. a. 1982. – Gisela Kornrumpf: Das ‹Kloster¨ neuburger Evangelienwerk› des Osterr. Anonymus. In: Vestigia Bibliae 9/10 (1987/88, erschienen 1991) S. 115–131, hier S. 120. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachliche Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 459 f. SF 221

1. H¨alfte 14. Jh. Ulmer Schwesternbuch (eigentlich Gotteszeller Schwesternbuch). – Schwesternbuch des Dominikanerinnenklosters Gotteszell bei Schw¨abisch Gm¨und, wo es vermutlich nach 1330 von einer namentlich nicht bekannten Nonne geschrieben wurde. In der fr¨uheren Forschung wurde das U. S. irrt¨umlich als Teil des mit ihm gemeinsam u¨ berlieferten Kirchberger Schwesternbuchs (→ Elisabeth von Kirchberg) betrachtet; in dem Bibliothekskatalog des Klosters Engelthal bei N¨urnberg (N¨urnberg, Staatsarch., Reichsstadt N¨urnberg, N¨urnberger Salb¨ucher Nr. 45 a [1447]) wird es jedoch als eigenst¨andiger Titel angef¨uhrt. Aufgrund einer Zuordnung in den Schlussversen des Textes nahm man ferner dessen Herkunft aus Ulm an; verschiedene Angaben machen jedoch das Kloster Gotteszell als Entstehungsort h¨ochst wahrscheinlich. Mehr als die H¨alfte des Textes umfasst die Vita einer einzigen Schwester, der Adelheit von Hiltegarthausen. Diese ist um Berichte u¨ ber Adelheits Tante Irmendraut erg¨anzt und enth¨alt auch ein ausf¨uhrliches Gebet zu wesentlichen Glaubenswahrheiten. Die Vita Adelheits hebt außerordentliche Begnadungen hervor und steht damit in der Tradition der sog. Gnadenviten. Anschließend folgen zehn Kurzviten anderer tugendhafter Schwestern, in welchen besonders deren Fr¨ommigkeit betont wird; den Schluss bilden Hinweise auf andere vorbildliche Mitglieder des Konvents und zwei gereimte Schreiberw¨unsche. Als zentrale Tugenden gelten besonders Reinheit, Mitleid, Gottesliebe, best¨andige Betrachtung die Passion Christi und geduldig akzeptiertes eigenes Leiden. ¨ Uberlieferung: Mainz, Bisch¨ofliche Seminarbibl., Cod. 43, 28r–59r (Mz). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308, 18v–44r (W). Ausgabe: Ferdinand Wilhelm Emil Roth: Aufzeichnungen u¨ ber das mystische Leben der Nonnen v. Kirchberg bei Sulz. In: Alemannia 21 (1893) S. 123–148. – Lesarten der Wiener Hs. bei Ringler 1980 (s. Lit.) S. 99–104. Literatur: Siegfried Ringler, VL2 10 (1999) Sp. 1233–1236. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 293. – Hans Peter M¨uller: Das Schwesternbuch v. Kloster Kirchberg (1237–1305). In: Der S¨ulchgau 21/22 (1977/78) S. 42–56. – S. Ringler: Vitenund Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA (MTU 72). 1980, S. 47 f., 95 f., 110. – Klaus Graf: Nonnenviten aus Kloster Gotteszell bei Schw¨abisch Gm¨und. In: Rottenburger Jb. f¨ur Kirchengesch. 3 222

1. H¨alfte 14. Jh. (1984) S. 191–195. – Ders.: Gm¨und im Sp¨atMA. In: Gesch. der Stadt Schw¨abisch Gm¨und. Hg. vom Stadtarch. Schw¨abisch Gm¨und. 1984, hier S. 157–161. – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Hist. Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jh. (Bibl. Germanica 38). T¨ubingen u. a. 1999. – Johanna Thali: Beten – Schreiben – Lesen. Lit. Leben und Marienspiritualit¨at im Kloster Engelthal. T¨ubingen 2003. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 116. SF ¨ Otenbacher Schwesternbuch. – Geschichte und Gnadenleben der Schwestern des Dominika¨ nerinnenklosters Otenbach in Z¨urich. ¨ Das O. S. ist in N. zusammen mit dem T¨osser Schwesternbuch (Elsbeth → Stagel) und dem → St. Katharinentaler Schwesternbuch u¨ berliefert. Die Zusammenstellung (in reformerischer Absicht) geht auf den Dominikanerchronisten Johannes → Meyer († 1485) zur¨uck. Das von einer oder mehreren ungenannten Nonnen bald nach 1340 verfasste Buch enth¨alt neben der Gr¨undungsgeschichte f¨unf kurze Schwesternviten und das B¨uchlein des Lebens und der Offenbarungen der Schwester Elsbeth von Oye. Der 1994 entdeckte Fortset¨ S.s (B) besteht aus den drei Vizungsteil des O. ¨ ten der Otenbacher Dominikanerinnen → Elsbeth von Oye (wahrscheinlich 1289–1339; 1ra–33vb, die Vorrede dazu am Ende von N, 140rb–141va), Adelheit von Freiburg (ca. 1275–1325, wohl vor ¨ 1310 als Konventualin in Otenbach aufgenommen; 33vb–63ra) und Margarethe St¨ulinger († 7.4.1449; 64va–81vvb; vorgeschaltet ist eine Geistliche Ermahnung, 63ra–64va). ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. V, 10a, 118va–141va (Perg. und Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch.) (N). – Breslau/Wrocław, UB, Cod. IV F 194a, 1ra–81vb (Pap, um 1450) (B). Ausgabe: Heinrich Zeller-Werdm¨uller/Jakob B¨achtold (Hg.): Die Stiftung des Klosters Oetenbach und das Leben der seligen Schwestern daselbst. Aus der Nu¨ rnberger Hs. In: Z¨urcher Taschenbuch auf das Jahr 1889 (N.F. 12). Zu¨ rich 1889, S. 213–276. – Wolfram Schneider-Lastin: Von der Begine zur Chorschwester. Die Vita der Adelheit ¨ S›. Textkrit. Edition von Freiburg aus dem ‹O. mit Kommentar. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, 223

¨ Otenbacher Schwesternbuch neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998. Hg. v. Walter Haug/W. S.-L. T¨ubingen 2000, S. 515–561. Literatur: Peter Dinzelbacher, VL2 7 (1989) Sp. 170–172. – MarLex 6, S. 110. – Wolfram Schneider-Lastin, VL2 11 (2004) Sp. 1113–1115. – Wilhelm Preger: Gesch der dt. Mystik im MA.. Tl 2. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 251 f., 262–264. – Karl Richst¨atter: Die HerzJesu-Verehrung des dt. MA. Regensburg 21924, S. 113–115. – C. Kirchberger, A Forgotten Dominican Convent: O., Zu¨ rich. In: The Dublin Review 187 (1930) S. 250–269. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 114–117, 193–204, 224–227. – Georg Kunze: Stud. zu den Nonnenviten des dt. MA. Ein Beitr. zur religi¨osen Lit. im MA. Diss. Hamburg 1952. – Annemarie Hal¨ in ter: Gesch. des Dominikanerinnenklosters O. Z¨urich, 1234–1525. Winterthur 1956. – Walter Blank: Die Nonnenviten des 14. Jh. Diss. Freiburg i. Br. 1962, bes. S. 69–72, 154–157. – Ders.: Umsetzung der Mystik in den Frauenkl¨ostern. In: Mystik am Oberrhein und in den benachbarten Gebieten [Ausstellungskat.]. Hg. Hans H. Hofst¨atter. Freiburg i. Br. 1978. – Martina Wehrli-Johns: Gesch. des Z¨urcher Predigerkonvents (1230–1524). Diss. Z¨urich 1980, S. 73, 94–99, 183, 225, 260. – Otto Langer: Enteignete Existenz und mystische Erfahrung. Zu Meister Eckharts Auseinandersetzung mit der Frauenmystik seiner Zeit. In: ‹Sˆo predigent etelˆıche›. Beitr. zur dt. und ndl. Predigt im MA. Hg. v. Kurt Otto Seidel (GAG 378). G¨oppingen 1982, S. 49–96. – Ders.: Mystische Erfahrung und spirituelle Theologie. Zu Meister Eckharts Auseinandersetzung mit der Frauenfr¨ommigkeit seiner Zeit (MTU 91). M¨unchen/Z¨urich 1987. – Gertrud Jaron Lewis: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA. Berlin 1989, S. 303 f. – Claudia Opitz: Evat¨ochter und Br¨aute Christi. Weiblicher Lebenszusammenhang und Frauenkultur im MA. Weinheim 1990. – W. Schneider-Lastin: Die Fortsetzung ¨ S.s und andere vermißte Texte in Breslau. In: des O. ZfdA 124 (1995) S. 201–210. – G. J. Lewis: By Women, for Women, about Women. The Sister-Books of Fourteenth-century Germany. Toronto 1994, S. 25–28 und passim. – W. Schneider-Lastin: Literaturproduktion und Bibl. in Oetenbach. In: Bettelorden, Bruderschaften und Beginen in Z¨urich. Stadtkultur und Seelenheil im MA. Hg. v. Barbara Helbling u. a. Z¨urich 2002, S. 188–197. – Johanna 224

Agnes Thali: Gehorsam, Armut und Nachfolge im Leiden. Zu den Leitthemen des ‹Oe. S.s›. In: ebd., S. 198–213. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 109–111. – Vgl. Elsbeth von Oye. BJ Eyglo von Friedberg (Eyglo de Frideberg) OP. – Prediger. Die → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 f¨uhrt einen «brediger» mit Namen «Der von Frideberg» und schreibt diesem ein Zitat u¨ ber die Gnadenkraft der Kommunion zu (Sententia de fructibus sacramenti Eucharistiae). Dieser Prediger d¨urfte zu identifizieren sein mit einem Bruder «Eyglo de Frideberg», den zwei Urkunden des W¨urzburger Dominikanerklosters (vom April 1338 und 1339) bezeugen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 358v–359r (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, Zitatenslg.). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 227. Literatur: Christine St¨ollinger, VL2 2 (1980) Sp. 670; 11 (2004) Sp. 1697. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191, VL2 10 (1999) 1564–1569, hier: 1566 f. – Gabriel L¨ohr: ¨ Uber die Heimat einiger deutscher Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 176. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 376. VZ Heinrich von Augsburg II. – Prediger, 14. Jh. Die → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 u¨ berliefert sechs kurze Predigtausz¨uge und Spr¨uche, die einem Heinrich «l´utpriester z˚u Basel sancte Peter [...] b´urtig von Ougestburg» zugeschrieben werden. Dessen Predigtkunst wird ferner als «uber die maze» gelobt. Eine Identifizierung H.s mit → Heinrich von N¨ordlingen (der seit 1339 u¨ ber mehrere Jahre in St. Peter predigte) ist nicht verifiziert. H.s Hauptthema ist das rechte Leben in Gott (affektiv: «nisten [...] in den wunden unsers Herren») durch Vermeiden von Tods¨unden. Ein St¨uck u¨ ber die «siben blicke» (Einblicke in die eigene S¨undhaftigkeit, die Gebrechen der Christen225

1. H¨alfte 14. Jh. heit etc.) scheint der Abriss einer ganzen Predigt zu sein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 357r (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, Zitatenslg.). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 225–243, hier S. 226. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 690; 11 (2004) Sp. 1697. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191. In: VL2 10 (1999) 1564–1569. VZ Friedrich von Neuenburg. – Laikaler Verfasser eines Offenbarungsberichtes, 14. Jh. In der → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 wird F. als «Heiliger Leigebruoder» bezeichnet. Die Sammlung, die außer F. noch 33 weitere Namen nennt, u¨ berliefert von ihm einen pers¨onlichen Erlebnisbericht u¨ ber Offenbarungen durch Engel, Christus und Maria. Seine Aufzeichnungen verraten eine N¨ahe zu den Straßburger «Gottesfreunden». ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 390r–391r (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, Zitatenslg.). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 228 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 953; 11 (2004) Sp. 1697. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191, VL2 10 (1999) 1564–1569. VZ Agnes (Agnes von Rom). – Mittelfr¨ankische Prosalegende. Neben der Vita S. Agnetis des → Ambrosius diente die Legenda aurea des → Jacobus de Voragine (Ringmirakel, Z. 720–746) als Quelle. A., die das Martyrium in jugendlichem Alter erlitt – es ist unsicher, ob sie auf dem Scheiterhaufen oder durch das Schwert den Tod fand, wurde bereits im 4. Jh. in Rom verehrt. Sie wurde in den r¨omischen Messkanon sowie in die Synaxarien und die Liturgie der griechischen Kirche aufgenommen; sie wird in fast allen Kalendarien und Litaneien erw¨ahnt. A. (Fest 21., 28. Januar; griech. Kirche 5. Juli) gilt als Patronin der Jungfrauen und 226

1. H¨alfte 14. Jh. Kinder, Verlobten und G¨artner sowie des Trinitarierordens. Ihr Attribut ist das Lamm. ¨ Uberlieferung: Prag, ehem. Gymnasialbibl., Hs. 645, 95r–101v (aus dem Trierer Raum; heutiger Aufbewahrungsort unbekannt). Literatur: DACL 1 (1907) Sp. 905–918. – A. Dufourcq, DHGE 1 (1912) Sp. 971 f. – Ernst Sch¨afer, RAC 1 (1950) Sp. 184–186. – Klaus Zimmermanns, LCI 5 (1973) Sp. 57–63. – Werner Williams-Krapp, VL2 1 (1978) Sp. 82. – MatthiasZender/G¨unter Binding, LexMA 1 (1980) Sp. 214. – Wimmer/Melzer (61988) S. 118. – Maria-Barbara v. Stritzky, LThK3 1 (1993) Sp. 237 f. – Wolfgang Wischmeyer, RGG4 1 (1998) Sp. 185. – Josef Strohschneider: Eine mittelfr¨ankische Agnes-Legende. Prag 1891, S. 1–38 (Abdruck der Legende mit den lat. Quellen). – W. WilliamsKrapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. ¨ zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 387 (neben 22 Legendarfassungen werden insg. acht eigenst¨andige Prosafassungen der Legende verzeichnet). – Karin Schneider: Die Fragm. ma. dt. Versdichtung der BSB Mu¨ nchen (Cgm 5249/1–79). In: ZfdA Beiheft 1 (1996) S. 36 f. (Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5249/14a, 1ra-vb, zweites Viertel 14. Jh, verschollen). BJ Alfonsus Bonihominis OP, † vermutlich 1353. – ¨ Verfasser von lat. Ubersetzungen aus dem Arabischen, deren ma. volkssprachige Bearbeitungen weite Verbreitung fanden. Der spanische Dominikaner A. B. ist 1344 als Bischof von Marokko nachgewiesen. Aus den Pro¨ logen seiner lat. Ubersetzungen christlicher arabischer Schriften geht seine Gefangenschaft durch den Sultan in Kairo 1336 ebenso hervor wie sp¨atere Reisen nach Paris und Zypern. Insgesamt sind f¨unf ¨ von ihm stammende Ubersetzungen bekannt; zwei davon wurden im Rahmen lat. und dt. Fassungen weit verbreitet. Zum einen gr¨unden zahlreiche volkssprachige Bearbeitungen auf A.s Schrift Epistula rabbi Samuel de Fez de adventu Messiae, missa rabbi Isaac, einem Brief des zum Christentum bekehrten Rabbi Samuel an den Rabbi Isaac, der die Erf¨ullung der messianischen Weissagungen behandelt, zum anderen auf den von ihm verfassten sechs Einzelszenen der Legende des Eremiten Antonius. ¨ Eine dt. Ubertragung der Epistula Rabbi Samuelis ¨ ad Rabbi Isaac stammt von Irmhart → Oser, zur ¨ Uberlieferung siehe dort. 227

Alfonsus Bonihominis Bislang bekannte Handschriften anonymer dt. Bearbeitungen der Epistula Rabbi Samuelis ad Rabbi Isaac: Berlin, SBB, Mgf 1428, 129ra–174ra (mit¨ telfr¨ankische Ubers. eines franziskanischen Lesemeisters). – K¨oln, Hist. Archiv der Stadt, Best. 7020 (W*) 59 (1456, ripuarisch). – London, University College, Ms. Germ. 10, 61ra–104ra (mittelfr¨ankisch). – Philadelphia, University Library, Ms. Cod. 1079, 211ra–226vb (anonyme alemanni¨ sche Ubersetzung oder Bearb. einer a¨ lteren ale¨ mannischen Ubersetzung). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 36.15 Aug. 2°. – Z¨urich, ZB, Cod. Car. 145, ¨ 165r–190v (anonyme alemannische Ubersetzung). Anonyme dt. Bearbeitungen des Antonius Eremita sind u¨ berliefert in: Berlin, SBB, Mgq 525, 229r–254v. – D¨usseldorf, UB/LB, Ms. C 20, 125ra–135rb (um 1459 und 1463). Ausgaben: Marcus A. van den Oudenrijn: Anal. S. Ord. Praed. 14 (1920) S. 85–93, 163–168. – Gilles G´erard Meersseman: La chronologie des voyages et des oeuvres de fr`eres Alphonse Buenhombre O. P. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 10 (1940) S. 77–108, hier S. 98–108 (Teileditionen). – Francois Halkin: La l´egende de Saint Antoine traduite de l’arabe par Alphonse Bonhome O. P. In: Analecta Bollandiana 60 (1942) S. 156–212. – Monika Marsmann (Hg.): Die Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaak. Unters. und Edition. Siegen 1971. Literatur: Eva Sch¨utz, VL2 1 (1978) Sp. 236 f.; 11 (2004) Sp. 62. – Van den Oudenrijn (s. Ausg.) S. 77–98. – Halkin (s. Ausg.) S. 143–156. – Stephanus Axters: Bibl. Dominicana Neerlandica Manuscripta (1224 bis 1500). Louvain 1970, S. 136–138. – Thomas Kaeppeli O. P.: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 48–55. – Jan Deschamps: Mndl. Hss. uit Europese en Amerikaanse Bibliotheken. Leiden 1972, S. 202 f. – Karl ¨ Heinz Keller: Textgemeinschaften im Uberliefe¨ rungsvorgang. Fallstudie aus der Uberl. der ‹Epistel Rabbi Samuels an Rabbi Isaac› in der volkssprach¨ ¨ lichen Ubertragung Irmhart Osers (GAG 527). G¨oppingen 1992, passim. SF Priester Berthold. – Verfasser einer lat.-nd. Andacht. P. B. verfasste den Text wohl um 1440 f¨ur eine Nonne des Klosters W¨oltingerode. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1144, 149v ff. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) Sp. 803. – Emil Henrici: Sprachmischung in a¨ lterer Dichtung Deutschlands. Berlin 1913, S. 25. SF 228

Gebet an den Heiligen Geist Franziskusbuch Fac secundum exemplar. – Umfangreiche Sammlung von Franziskuslegenden aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. ¨ Die unter der Uberschrift Fac secundum exemplar [...] in dieser Form unikal im Mu¨ nchen u¨ berlieferte volkssprachige Legendensammlung ist die umfangreichste der Quellenschriften zum Leben des → Franziskus von Assisi, die unter dem Begriff «Legenda antiqua S. Francisci» zusammengefasst werden. Sie ist haupts¨achlich kompiliert aus Legendentexten, die auch im Speculum perfectionis seu S. Francisci Assisiensis legenda antiquissima des Leo von Assisi, dem Actus beati Francisci et sociorum eius und der Legenda S. Francisci Assisiensis tribus ipsius sociis hucusque adscripta aufzufinden sind, enth¨alt aber auch Exzerpte aus zahlreichen weiteren Schriften, wie etwa der Vita und den Dicta des Aegidius von Assisi. Wahrscheinlich handelt es sich um die noch in der ersten H¨alfte des 14. Jh. entstandene dt. Fassung des Franziskusbuches der Franziskanerprovinz ¨ Saxonia. Die konkrete Vorlage f¨ur die Ubersetzungen ist nicht bekannt. Eine vergleichbare Sammlung ist in einem Prager Codex u¨ berliefert, die aber in der Anordnung und Auswahl der Textst¨ucke aus den lat. Vorlagen abweicht und unabh¨angig vom Mu¨ nchener Franziskusbuch u¨ bersetzt ist. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 381, 1r–187v (Pap., Anfang 16. Jh., aus dem P¨utrichRegelhaus Mu¨ nchen, bair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.E.15, 319 Bll. (Pap., um 1500, vermutlich aus dem Klarissenkloster Eger). – Zur hsl. ¨ Uberl. lat. Franziskusb¨ucher der Saxonia vgl. Clasen 1967, S. 172 f. Ausgabe: Ausz¨uge aus dem Cgm 381: Kurt Ruh zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schr.tum im dt. MA. Bd. 1 (MTU 11). Mu¨ nchen 1965, S. 27–56, 69 f., 173–184, 207–209. – Ausgaben «Speculum» (Ausw.): Le Speculum perfectionis ou m´emoires de Fr`ere L´eon sur la seconde partie de la vie de Saint Fran¸cois d’Assise. 2 Bde. (British society of Franciscan studies 13/17). Hg. Paul Sabatier/Andrew G. Little. Manchester 1928/31. – Johannes Schneider: Der Spiegel der Vollkommenheit (dt.). In: Franziskus-Quellen. Die Schr. des heiligen Franziskus, Lebensbeschreibungen, Chron. und Zeugn. u¨ ber ihn und seinen Orden. Im Auftrag der Provinziale der dt.sprachigen Franziskaner hg. Dieter Berg. Kevelaer 2009, S. 1207–1332. – Ausgabe «Actus» (Ausw.): Hg. Jaques Campbell u. a. (Pubblicazioni della Biblioteca Francescana 5). Assisi 1988. – 229

1. H¨alfte 14. Jh. Ausgabe «Legenda» (Ausw.): Hg. Guiseppe Abate. In: Miscellanea Franciscana 39 (1939) S. 375–432. Literatur: K. Ruh, VL2 2 (1979) Sp. 847 f. – Kaspar Elm/Wilhelm Th. Elwert/Joachim Poeschke: Franziskus von Assisi. In: LexMA 4 (1989) Sp. 830–835. – Julius van Gurp: Nachbonaventurianische Franziskusquellen in ndl. und dt. Hss. des MA. In: Archivum Franciscanum Historicum 49 (1956) S. 434–482, hier S. 25 f. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 247 f. – Sophronius Clasen: Legenda antiqua S. Francisci. Unters. u¨ ber die nachbonaventurianischen Franziskusquellen Legenda trium sociorum, Speculum perfectionis, Actus B. Francisci et sociorum eius und verwandtes Schr.tum (Studia et documenta franciscana 5). Leiden 1967, S. 116 f., 172–176, 327 f. VZ Gebet an den Heiligen Geist. – Reimgebet, 14. Jh. Der paargereimte Text umfasst 72 Verse. Nach einem einleitenden Lob des Heiligen Geistes speziell im Hinblick auf den pers¨onlichen Zustand und die Bed¨urfnisse des sprechenden Ich folgt das Schuldeingest¨andnis, das Heil des Geistes verschm¨aht zu haben («Du bist so lang niht min gaist», V. 8). Der Bitte um Erleuchtung der Sinne durch die Glut des Hl. Geistes (V. 11–13), Tr¨ostung und Weisung (V. 14–16), Reue und Verheißung des ewigen Lebens stehen die drohende Verwilderung («e daz ich gar verwilde», V. 16), die jammervolle S¨unde sowie der Hang zur «waelt gelust» (V. 35) gegen¨uber. Auffallend ist das ausgepr¨agte pers¨onliche Engagement des sprechenden Ich, dessen bekennende Verruchtheit u¨ ber das in a¨hnlichen Bußtexten u¨ bliche (topische) Maß hinaus¨ reicht. Die Uberf¨ alligkeit der Errettung wird entsprechend drastisch inszeniert: «ich klopf dik an min brust vnd bitte doch daz min andahte nach dinem willen werde volbraht so vinde ich niht dar inne die waren gotes minne» (V. 36–40). Alle u¨ blichen Bußpraktiken, «wainen sueften rehtiu begir» (V. 41), u¨ berhaupt wahre Reue und Zerknirschung, scheitern an der Tr¨agheit des S¨unders und seinem versteinerten Herz (V. 29). Dass «vil luete die wainent und taufent sich anderstunt», um Vergebung zu erlangen, ist dem Ich ebenfalls «vnkunt» (V. 30–32). Dahinter steht die Idee des Weiterwirkens der Taufe durch die reuigen Tr¨anen 230

1. H¨alfte 14. Jh. des S¨unders. Bereits bei Klemens von Alexandrien erw¨ahnt (Quis dives salvetur, 42,14), geh¨ort die Tr¨anen- oder Bußtaufe bis in die fr¨uhe Neuzeit wesentlich zur Praxis spiritueller Hygiene (zum Motiv in der dt. Lit. u. a. Gn¨adinger). Folgend wird die unbedingte Notdurft der Trostspendung durch den Hl. Geist als Mediator betont, da ohne ihn «nieman kan gedingen», weder gutes Gewissen noch gute Werke je vor Gottes Augen und Ohren tragen zu k¨onnen (V. 54–60). Das Gebet schließt ab mit einem wiederholten innigen Gesuch um Beistand und Hilfe, den Heiland selbst zu empfangen (V. 61–72). Eine gleichm¨aßige strophische Gliederung l¨asst sich nicht vornehmen, obwohl sich jeweils zwischen f¨unf und sieben Verse umfassende Sinnheiten unterteilen lassen. Der nur a¨ ußerst schwach erkennbaren Zeilenabsetzung in der Hs. entspricht dies allerdings nicht. Die von Pfeiffer in seiner Transkription angebrachte Initiale bei V. 61 (Beginn des abschließenden Anrufungsteils) existiert ¨ indes nicht im Uberlieferungstr¨ ager. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 717, 110rb-vb (Pap., 1347, ostschw¨abisch, erste dt. Papierhandschrift); zit. mit den dortigen Kurzzeilen gegen¨uber Pfeiffers Langzeilen. ¨ Ausgabe: Franz Pfeiffer: Altdt. Ubungsbuch zum Gebrauch an Hochschulen. Wien 1866, Nr. XIII. Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987), S. 125. – Louise Gn¨adinger: Wasser – Taufe – Tr¨anen. Zu Parz. 817,4–30. In: Wolfram-Studien 2 (1974) S. 53–71. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der Bayerischen Staatsbibl. Mu¨ nchen. Cgm 691–867. Wiesbaden 1984, S. 100–113 (zur Hs.). – Christoph Gerhardt/Nigel F. Palmer (Hg.): Das M¨unchner Gedicht von den f¨unfzehn Zeichen vor dem Ju¨ ngsten Gericht. Nach der Hs. der Bayerischen Staatsbibl. Cgm 717. Edition und Kommentar (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 41). Berlin 2002 (zur Hs.). CS Heinrich von Nordlingen. ¨ – Weltpriester, Mystiker, Briefautor, nachweisbar zwischen 1332 und 1351. Der wohl um 1300 in N¨ordlingen geborene H. war in seiner Heimatstadt und in mehreren Kl¨ostern der Umgebung als Seelsorger t¨atig. Mit der mystisch begnadeten Nonne Margareta → Ebner († 1351) im Dominikanerinnenkloster Medingen verband ihn eine enge Seelenfreundschaft. Ende 1335 reiste er nach Avignon. 231

Heinrich von Nordlingen ¨ 1337 zur¨uckgekehrt, sah er sich als entschiedener Anh¨anger von Papst Johannes XXII. im folgenden Jahr gezwungen, das auf der Seite Ludwigs des Bayern stehende N¨ordlingen zu verlassen. Zun¨achst in Konstanz, 1339 bei K¨onigin Agnes von Ungarn im Kloster K¨onigsfelden (Kt. Aargau), fand er sp¨ater durch Vermittlung Johannes → Taulers in Basel Zuflucht, wo er als Prediger wirkte und Zentrum eines Kreises von «Gottesfreunden» war. 1348/49 verließ H. Basel und war als Wanderprediger t¨atig. Zuletzt ist er 1351 bezeugt (Besuch im Kloster Engelthal). H.s von Basel aus mit Margareta Ebner fortgesetzter Briefwechsel (seit 1332, 56 der erhaltenen Briefe sind an sie, zwei an ihre Mitschwestern gerichtet) gilt als eines der fr¨uhesten Zeugnisse in der Geschichte des Privatbriefs in dt. Sprache. H. regte Margareta Ebner zur Aufzeichnung ihrer Offenbarungen und begleitete sie dabei anspornend. Zu¨ dem veranlasste er die Ubertragung des Fließenden Lichts der Gottheit → Mechthilds von Magdeburg aus dem Niederdeutschen ins Oberdeutsche. ¨ Uberlieferung: London, British Library, Ms. Add. 11430 (fr¨uher Privatbesitz Auktionshaus Sotheby’s, London, Nr. 1835/4571; davor Privatbesitz Georg Kloss, Frankfurt/M., Ms. 107) (Pap., 16. Jh.; die Originale sind nicht erhalten). Ausgaben: Philipp Strauch: Margaretha Ebner und H. v. E. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. Freiburg i. Br./Tu¨ bingen 1882 (Neudr. Amsterdam 1966) S. 169–270, 279 f. – Wilhelm von Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Mu¨ nchen 1931 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 303–332 (Auswahl in ¨ nhd. Ubers.). Literatur: Philipp Strauch, ADB 24 (1887) S. 7–11. – Ehrismann 2,2 (1935) S. 424. – Peter Kesting, NDB 8 (1969) S. 420 f. – Manfred Weitlauff, VL2 3 (1981) Sp. 845–852. – Peter Schmitt, LexMA 4 (1989) Sp. 2104. – De Boor/Newald 4,1 (21994) S. 314. – Margot Schmidt, LThK3 4 (1995) Sp. 1395 f. – Marie-Luise Ehrenschwendtner, RGG4 3 (2000) Sp. 1601 f. – Gisela VollmannProfe, Killy2 5 (2009) S. 205 f. – P. Strauch (s. Ausg.). – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 290–304. – Heinrich G¨ursching: Neue urkundliche Nachrichten u¨ ber den Mystiker H. v. N. In: Festgabe aus Anlaß des 75. Geburtstages von Karl Schornbaum am 7. M¨arz 1950. Hg. H. G. Neustadt a. d. Aisch [1950], S. 42–57. – Angelus Walz: Gottesfreunde um Margarethe Ebner. In: Hist. Jb. 232

Langmann der G¨orres-Ges. 72 (1953) S. 253–265. – Augustan. Vindelicorum seu Ordinis Praedicatorum confirmationis cultus ab immemorabili tempore praestiti Servae Dei Margaritae Ebner moniali professae Ordinis S. Dominici ‹beatae› nuncupatae, 1351. Positio super casu excepto ex officio compilata (Sacra rituum congregatio. Sectio historica 120). Rom 1963, S. 125–162. – M. Weitlauff: Margareta Ebner. In: Bavaria Sancta. Zeugen christlichen Glaubens in Bayern. Hg. v. Georg Schwaiger. Bd. 3. Regensburg 1973, S. 231–267. – Richard Schultz: H. v. N. Seine Zeit und seine Stellung innerhalb der dt. Mystik. In: Jb des Vereins f¨ur Augsburger Bistumsgesch. 10 (1976) S. 114–164. – Ursula Peters: Religi¨ose Erfahrung als literarisches Faktum. Tu¨ bingen 1988, bes. S. 142–155. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit III/1). T¨ubingen 2004, S. 122–128. – Ders.: Freundschaft auf Erden und im Himmel. Die Mystikerin Margareta Ebner und der Gottesfreund H. v. N. In: Impulse und Resonanzen. Hg. v. G. Vollmann-Profe u. a. Tu¨ bingen 2007, S. 275–300. – Urban Federer: Mystische Erfahrung im literarischen Dialog. Die Briefe H.s v. N. an Margaretha Ebner (Scrinium Friburgense 25). Berlin/New York 2010. BJ Langmann, Adelheid OP, * 1306 N¨urnberg, † 22.11.1375 Kloster Engelthal bei N¨urnberg. – Mystikerin. L. entstammte einem ratsf¨ahigen N¨urnberger Geschlecht. Sie wurde sehr jung verheiratet und trat um 1321 nach dem Tod ihres Mannes gegen den Widerstand ihrer Angeh¨origen wohl noch mit 15 Jahren in das 1240 gegr¨undete Dominikanerinnenkloster Engelthal ein. Dort f¨uhrte sie ein von Krankheit, Askese und mystischen Erlebnissen bestimmtes Leben. Die Offenbarungen der A. L. sind im Kern die eigenen Aufzeichnungen und Diktate L.s. Diese wurden von einem Redaktor wom¨oglich noch zu ihren Lebzeiten u¨ berarbeitet, kommentiert und auch mit anderen Berichten zusammengefasst zu einer Art «Gnadenleben» in legendennahem Sprachstil. Der datierte Zeitraum der Niederschriften ist 1330–44, aber die tats¨achliche Zeitspanne scheint eine gr¨oßere zu sein. Das so entstandene Werk folgt keiner Chronologie im Stil eines Tagebuches. Die Anordnung ist thematisch 233

1. H¨alfte 14. Jh. und schildert ein begnadetes Leben, dass sich stufenweise immer mehr an Gott ann¨ahert und die unio mystica mit Gott zum Ziel hat. In Analogie zum Kirchenjahr sind an L. gerichtete Tr¨ostungen und (h¨aufig allegorische) Belehrungen Christi angeordnet. Dieser bezeichnet L. im Minnedialog als Kind, Schwester und Braut. H¨ohepunkte sind wiederholte unio-Schilderungen, am eindr¨ucklichsten in einer Szene, bei der die entr¨uckte L. von «spes» und «caritas» zum Brautbett gef¨uhrt wird, wo sie die unio mit Christus erlebt (S. 61, V. 12 – S. 66, V. 7). Abgeschlossen wird das Gnadenleben von einem langen Gebet der L. mit Bezug auf die Lebensgeschichte Christi und einem Briefwechsel mit einem «priol zu Keisheim». Gepr¨agt ist das Werk nachdr¨ucklich von der literarischen Tradition in Engelthal, vornehmliche Bezugspunkte sind Leben und Offenbarungen und auch das Schwesternbuch der Christine → Ebner sowie das Gnaden-Leben des Friedrich → Sunder. Aus dem Gebiet der Brautmystik ist als Einfluss vor allem die Tochter Syon → Lamprechts von Regensburg zu nennen, ferner sind → Mechthild von Magdeburg, → Gertrud von Helfta und → Mechthild von Hackeborn potentielle Ankn¨upfungen. Hinter vergleichbaren nonnenmystischen Werken stehen L.s Offenbarungen allerdings wegen einer vergleichsweise eingeschr¨ankten Breite der offenbarten Erfahrungen und der thematischen Gesamt¨ perspektive zur¨uck. Die drei bekannten Uberlieferungstr¨ager repr¨asentieren verschiedene Redaktionsstufen, die (in der Reihung Berlin – M¨unchen – Wien) eine Tendenz zur Legendarisierung erkennen lassen und den Charakter des Gnadenlebens akzentuieren: Der Schlussteil entf¨allt schon im Mu¨ nchener Codex, die Person der L. wird objektiviert und f¨ur die Verehrung idealisiert und der Stil wird erbaulicher. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, mgq 866, 86v–215v (Pap., 14. und 15. Jh. aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 99, 36r–173r (Perg., Ende 14. Jh., aus dem Kloster Engelthal [?], bair. mit mitteldt. Einschlag). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308 (H¨ubl 234), 120r–168r (Pap., 1451, aus dem Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen., schw¨abisch). Ausgabe: Philipp Strauch: Die Offenbarungen der Adelheid Langmann, Klosterfrau zu Engelthal (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen V¨olker 26). Straßburg 1878 (nach Berlin und Mu¨ nchen). 234

1. H¨alfte 14. Jh. Nhd. Ausgabe: Josef Prestel: Die Offenbarungen der Margaretha Ebner und der A. L. (Mystiker des Abendlandes 3). Weimar 1939, S. 111–183. – Ausz¨uge: Martin Buber: Ekstatische Konfessionen. Jena 1909, 21921, S. 99–101. – Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA. 1100–1550 (Mystiker des Abendlandes 1). M¨unchen 1931. Literatur: Philipp Strauch, ADB 17 (1883) S. 688. – Guy-Thomas Bedouelle, Dict. Spir. 9 (1976) Sp. 221–223 (Ad´ela¨ıde de L.). – Manfred Weitlauff, NDB 13 (1982) S. 608 f. – Siegfried Ringler, VL2 5 (1985) Sp. 600–603. – De Boor/Newald 3,2 (1987) S. 102, 293, 298. – Peter Dinzelbacher, LexMA 6 (1991) Sp. 1688. – Gabriele Lautenschl¨ager, LThK3 (1997) Sp. 642. – Heinrich Denifle: Rezension Ausg. Pfeiffer. In: AfdA 5 (1879) S. 259–267. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2: Aeltere und neuere Mystik in der ersten H¨alfte des XIV. Jh. Heinrich Suso. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 274–276. – Marie de Villermont: Un ´ groupe mystique allemand. Etude sur la vie religieuse au moyen aˆ ge. Br¨ussel 1906, S. 182–281. – Martin Grabmann: Dt. Mystik im Kloster Engeltal. In: Sammelbll. des Hist. Ver. Eichst¨att 25/26 (1912) S. 33–44. – Hieronymus Wilms: Gesch. der dt. Dominikanerinnen 1206–1916. Du¨ lmen 1920, S. 119–122. – Albert Hauck: Kirchengesch. Deutschlands Bd. 5. Leipzig 1920, S. 393 f. – Carl Richstaetter: Die Herz-Jesu-Verehrung des dt. MA. Nach gedruckten und ungedruckten Quellen. Paderborn 1924, S. 112 f. – H. Wilms: Das Tugendstreben der Mystikerinnen. Dargestellt nach alten Chroniken der dt. Dominikanerinnen und nach den Aufzeichnungen begnadigter Nonnen des MA (Dominikanisches Geistesleben 2). Vechta 1927, S. 181–193. – Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA. 1100–1550 (Dt. Mystiker des Abendlandes 1). M¨unchen 1931 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 393–396. – Erich Bauer: Die Armen Seelen- und Fegefeuervorstellungen der altdt. Mystik. Diss. Regensburg 1960. – S. Ringler: Viten- u. Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Zu¨ rich/M¨unchen 1980, S. 65–82, 193, 372–374. – P. Dinzelbacher: Vision und Visionslit. im MA (Monographien zur Gesch. des MA 23). Stuttgart 1981, Reg. – Ursula Peters: Religi¨ose Erfahrung als literarisches Faktum. Zur Vorgesch. und Genese frauenmystischer Texte des 13. und 14. Jh. (Hermaea N.F. 56). T¨ubingen 1988, S. 176–188. – Gertrud Jaron 235

¨ Oser Lewis: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA. (Bibliogr. zur dt. Lit. des MA 10) Berlin 1989. S. 261 f. – P. Dinzelbacher: Ma. Frauenmystik. Paderborn u. a. 1993, S. 23, 66, 178, 247, 306. – Ders.: Christliche Mystik im Abendland. Ihre Gesch. von den Anf¨angen bis zum Ende des MA. Paderborn u. a. 1994, S. 329 f. – Leonard Patrick Hindsley: The Mystics of Engelthal. Writings from a Medieval Monastery. New York 1998, S. 49–64. – Christine Wand-Wittkowski: Briefe im MA. Der deutschsprachige Brief als weltliche und religi¨ose Lit. Herne 2000, S. 235–249. – Rebecca L. R. Garber: Feminine figurae. Representations of gender in religious texts by medieval German women writers 1100–1375 (Studies in medieval history and culture 10). New York u. a. 2003, S. 127–156. – Marie-Luise Ehrenschwendtner: Die Bildung der Dominikanerinnen in Su¨ ddeutschland vom 13. bis 15. Jh. (Contubernium 60) Stuttgart 2004, Reg. – Caroline Emmelius: Begnadung und Zweifel. Zu Interaktion von Innen- und Außenraum in den ‹Offenbarungen› der A. L. In: Innenr¨aume in der Lit. des dt. MA. XIX. Anglo-German Colloquium Oxford 2005. Hg. Burkhard Hasebrink. T¨ubingen 2008, S. 309–326. VZ ¨ ¨ Oser, Irmhart (abweichende Namen in der Uberlieferung: Irmenhart, Irinhart, Irmher, Erinhart, Erhart, Bernhart, Fremhar, Lienhart, Reinhart u. a.; Oser), * um 1310–15/20 wahrscheinlich Augsburg, † nach 1358. – Pfarrer und Archidia¨ kon, Ubersetzer eines Adversus-Judaeos-Traktats. Ein Bologneser Matrikeleintrag von 1335 («doe minus Irmenhardus dictus Oser de Augusta») legt ¨ aus Augsburg nahe und ist zueine Herkunft O.s gleich das erste Lebenszeugnis (erw¨ahnt wird auch sein Lehrer Heinrich von W¨urzburg). Nach Studi¨ zun¨achst Pfarrer in St. Marein enabschluss war O. in Straden in der s¨udlichen Steiermark und wech¨ selte 1340 nach Straßgang bei Graz. 1358 wird O. ein Kanonikat an der Domkirche Augsburg verliehen. Die kanonistische Ausbildung d¨urfte in den ¨ Straßgang Jahren 1340–58 erfolgt sein, wozu O. zeitweilig verlassen haben muss. 1358 wird er als «licentiatus in iure canonico», auch als «professor in iure canonico» bezeichnet; letzteren Ti¨ selbst. Die kanonische Ausbiltel verwendete O. ¨ dung war Voraussetzung f¨ur die Ubernahme des Archidiakon-Amtes der Untersteiermark, in dem 236

¨ Oser er noch 1380 nachgewiesen ist. Eine Lehrt¨atigkeit ¨ ist nicht bezeugt. O.s ¨ ist Urheber der verbreitetsten dt. Fassung O. (¨uber 50 Handschriften, Drucke noch im 18. Jh.) eines antij¨udischen Traktats, der Epistel des Rabbi ¨ Samuel an Rabbi Isaac. Vorlage der Ubersetzung ist die Epistula rabbi Samuel de Fez de adventu Messiae, missa rabbi Isaac des → Alfonsus Bonihominis (PL 149 [1882] Sp. 335–68), die kurz vor 1339 abgefasst wurde, sich rasch ausbreitete und von uber 250 ¨ Codices tradiert wird. Angeblich soll der getaufte Rabbiner Samuel die Epistel urspr¨unglich 1022 in Marokko verfasst haben, der Spanier Alfonsus sie ¨ dt. Ubersetzung ¨ ins Lat. u¨ bersetzt haben. O.s ist fr¨uhestens seit 1340 anzusetzen, sp¨atestens in den 60er, vielleicht auch 70er Jahren des 14 Jh. Die Epistula orientiert sich in 25 Kapiteln am ma. j¨udisch-literarischen Typus der Responsen, bei denen ein Meister-Rabbi ihm gestellte Fragen u¨ ber die Schrift- und Gesetzesauslegung autoritativ im Stil einer Lehrmeinung beantwortet. Im Kern geht es um die Widerlegung des Glaubens an die Auserw¨ahltheit des j¨udischen Volkes anhand des neuen Bundes Gottes mit den Christen. Der fehlenden liturgischen Mitte der Juden wird in den letzten Kapiteln die christliche Eucharistie gegen¨ubergestellt. Zahlreiche Bibelzitate (vor allem Propheten, kleine Propheten, Geschichts- und Weisheitsb¨ucher, Psalter) st¨utzen die Argumentation. W¨ahrend in die lat. Fassung (sehr selten) ju¨ dische Standpunkte ein¨ Ubersetzung ¨ fließen, sind diese in O.s zur¨uckgedr¨angt. Weitere Unterschiede zwischen den Fas¨ sungen sind eher tendenziell denn gravierend. O. rafft gelegentlich, versucht exegetische Ambivalenzen aufzuheben und verallgemeinert mitunter Positionen, die sich bei Alfonso auf eine konkrete ¨ ¨ Bibelstelle beziehen. Ziel der Ubertragung O.s war vermutlich prim¨ar die Verteidigung des eigenen theologischen Standpunktes und Festigung des Glaubens aus einer pastoral-katechetischen Grundhaltung. ¨ In der Gesamt¨uberlieferung der Ubersetzung gibt es nur sehr punktuelle Hinweise auf eine agitativ antij¨udische Publikationsform. Rezipiert und in Strophenform gebracht wurden Ausz¨uge aus ¨ Epistel in den Contra-Iudaeos-Liedern MiO.s chel → Beheims, einem Zyklus von acht Liedern in der «Verkehrten Weise». Es sind f¨unf weitere und ¨ unabh¨angige Ubersetzungen ¨ von O. der «Epistula» bekannt. Zun¨achst zwei handschriftlich tradierte 237

1. H¨alfte 14. Jh. mhd. Fassungen: eine alemannische (zwei Codices des 14. und 15. Jh.) und eine mittelfr¨ankische (von 1361 [?] oder 1421 in drei Handschriften des 15. Jh.). Dazu kommen drei Drucke: eine anonyme mittelbair.-n¨urnbergische Fassung (Nu¨ rnberg 1498 [GW M39824]; zeitliche Korrespondenz mit den Vorbereitungen zur Vertreibung der N¨urnberger ¨ Juden) sowie die Ubersetzungen von Wenzeslaus Linck (Zwickau, 1524 [VD16 S 1568/69/70], Wittenberg 1536 [VD16 S 1571/72], Marburg 1600 [VD16 S 1581]) und Ludwig H¨atzer (Augsburg 1524 [VD16 S 1564/65]). ¨ ¨ Uberlieferung: Uber 50 Hss. aus dem 15 Jh., ¨ zwei aus dem 14. Jh. Schwerpunkt der Uberl. ist Mitte/drittes Viertel des 15. Jh. Vornehmlich oberdt., mit einem th¨uringischen und einem nd. Zweig. Vgl. Keller 1992, S. 11–201. – Zur ¨ ¨ Uberl. der andern Epistula-Ubers. vgl. Keller, VL2 7 (1989) Sp. 88. – Erstdruck: Augsburg 1475 (KW M39845). Ausgabe: Monika Marsmann: Die Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaak. Unters. und Edition. Diss. Mu¨ nchen 1971, S. 207–431 (auf Grundlage von 40 Hss.). Literatur: Friedrich Zoepfl, LThK2 5 (1960) Sp. 758. – Karl Heinz Keller, VL2 7 (1989) Sp. 84–89. – Moritz Steinschneider: Polemische und apologetische Lit. in arabischer Sprache, zwischen Muslimen, Christen und Juden. Nebst Anh¨angen verwandten Inhalts. Mit Benutzung hsl. Quellen (Abh. f¨ur die Kunde des Morgenlandes 6,3) Leipzig 1877, S. 27, 137, 408. – Ernst Friedl¨ander/Carolus Malagola: Acta nationis Germanicae Universitatis Bononiensis ex archetypis tabularii Malvezziani. Berlin 1887, S. 97. – Alois Lang: Acta Salzburgo-Aquilejensia. Quellen zur Gesch. der ehemaligen Kirchenprovinzen Salzburg und Aquileja. Bd. 1. Abt. 2. Graz 1906, ¨ S. 446. – Hermann Maschek: Zur dt. Ubers.Lit. des 14. Jh. In: PBB 60 (1936) S. 320–325. – Gilles Gerard Meersemann: La chronologie de voyage et des œuvres de fr`ere Alphonse Buenhombre O.P. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 10 (1940) S. 77–108. – Otto Lamprecht: Die Pfarre MerinStraden im MA. Ein Beitr. zur steirischen Kirchengesch. In: Aus Arch. und Chron. Bll. f¨ur Seckauer Di¨ozesangesch. 1 (1948) S. 9–19. – Bernhard Blumenkranz: Anti-Jewish Polemics and Legislation in the Middle Ages. Literary Fiction or Reality? In: The Journal of Jewish Studies 15 (1964) S. 125–140, 238

1. H¨alfte 14. Jh. bes. S. 132 f. – Zvi Avneri u. a. (Hg.): Germania Judaica. Bd. 2,2: Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jh. Frankfurt/M. 1968, S. 638–642, 728–731, 785–788. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi Bd. 1. Rom 1970, S. 49–54. – K. H. Keller: Textgemeinschaften im ¨ ¨ Uberlieferungsvorgang. Fallstudie aus der Uberl. der ‹Epistel Rabbi Samuels an Rabbi Isaac› in der ¨ ¨ (GAG 527). volkssprachlichen Ubertragung I. O.s G¨oppingen 1992. – Hans-Jochen Schiewer: Epistel ¨ des Rabbi Samuel an Rabbi Isaac (in der Ubers. ¨ I. O.s) – Visio Tnugdali – Birgitta v. Schweden: Offenbarungen. In: Aderlaß und Seelentrost. Die ¨ Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter Jo¨ rg Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 260–263. – Manuela Niesner: ‹Wer mit juden well disputiren›. Deutschsprachige Adversus-Judaeos-Literatur des 14. Jh. (MTU 128). Mu¨ nchen 2005, S. 393–406. – Rudolf Bentzinger: Die Erfurter Fassung der ‹Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaac›. Ein bislang unbeachteter Adversus-Judaeos-Text des 15. Jh. In: Interdisziplin¨are Germanistik im Schnittpunkt der Kulturen. FS Dagmar Neuenhoff. Hg. v. Michael Szurawitzki. W¨urzburg 2008, S. 15–28. VZ Venturin von Bergamo (Venturino da B., de Apibus) OP, * 9.4.1304 Bergamo, † 28.3.1346 Smyrna. – Volksprediger. V. trat um 1319 in Bergamo in den Dominikanerorden ein, wurde Subprior und studierte in Genua, wo ihm das Amt des Novizenmeisters u¨ bertragen wurde. Seit 1330 war er in Chiogga und Vicenza, 1332–34 in Bologna t¨atig. Nachdem er 1335 einen Geißlerzug von Bergamo nach Rom gef¨uhrt hatte, entzog ihm Papst Benedikt XII. die Erlaubnis zu predigen und Beichte zu h¨oren. Er hielt sich bis zur seiner Rehabilitation durch Clemens VI. 1343 in Frankreich auf und zog dann als Kreuzzugsprediger gegen die T¨urken bis Izmir, wo er starb. Von der umfangreichen Korrespondenz V.s aus der Zeit des «Exils» in Frankreich sind nur Bruchst¨ucke erhalten (zw¨olf geistliche Sendbriefe). Besonders enge Kontakte (als Ratgeber) scheinen zwischen V. und seinen Ordensbr¨udern im dt. S¨udwesten bestanden zu haben. ¨ Uberlieferung (lat.): Paris, Archives Nationales, cod. M 864 no. 1, 18. Jh., 1r–46r (Abschrift einer heute verlorenen Hs. durch den Dominikaner J. Echard). – Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 470, 239

Venturin von Bergamo 347v–352v (17. Jh.; nur die an das Kloster Unterlinden gerichteten Briefe). – Erlangen, UB, cod. 421 (Irm. 395), 138r–141v (14. Jh.; nur der erste Unterlinden-Brief). – Zu einer weiteren Hs. (Toulouse, Bibl. Mun., cod. 610, 14. Jh.) s. Clementi. Bd. 2, S. 91 Anm. 1. Ausgabe: Clementi. Bd. 2, S. 73–128. – Teils ¨ stark exzerpierende dt. Ubersetzung bei Oehl, S. 283–296, 774–778. Zu einem weiteren Brief (an einen Kanoniker Roger von St. Frideswide in Oxford), der in mindestens sieben Handschriften u¨ berliefert ist, s. Kaeppeli, S. 189–198 (mit Textabdruck). Lat. Antwortschreiben an dt. Adressaten sind: zwei Briefe an den Dominikaner Egenolf von Ehenheim in Basel u¨ ber die Nutzlosigkeit der Philosophie; zwei Briefe an die Colmarer Dominikanerinnen des Klosters Unterlinden bzw. dessen Priorin u¨ ber das Finden der g¨ottlichen Liebe; ein Brief an den Basler Dominikaner Dietrich von Colmar u¨ ber die Selbstgeißelung. ¨ In mhd. Ubersetzung ist ein Brief an die Nonnen des Benediktinerinnenklosters Comps (D´epartement Gard) mit Mahnungen zu regelm¨aßigen Gebets¨ubungen und Hinweisen f¨ur ein ganz von der Liebe zu Christus erf¨ulltes Leben erhalten. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 58, 75v–91r (aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, 1446–48). V. wird ferner ein Mess- bzw. Kommuniongebet ¨ (in mhd. Ubersetzung) zugeschrieben. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Ccgm 469, 51v–53r (um 1500, els¨assisch; Inc.: «O herr Ihesu Christ mach mich arme s¨underinn daz ich dich begirlichen [...] liep hab»). – Berlin, SBB, Mgo 53, 79v–84r (15. Jh.). – Das gleiche Gebet wohl auch ebd., Mgo 66, 55v–62r (zusammen mit Messgebeten des Ambrosius und → Bonaventuras). Literatur: A. Huerga: Vincent Ferrer. In: Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 813–822, hier Sp. 816–818. – A. Duval: Venturin de Bergame. In: ebd., Sp. 373–376. – Giulia Barone, LexMA 8 (1997) Sp. 1479 f. – Thomas Gandlau, BBKL 12 (1997) Sp. 1218 f. – Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 235–238. – Uwe Neddermeyer, LThK3 10 (2001) 595 f. – Sabine v. Heusinger, RGG4 8 (2005) Sp. 931 f. – Giuseppe Clementi: Un Santo Patriota. Il Beato Venturino da B. [...]. 2 Bde. Rom 2 1909. – Berthold Altaner: Venturino v. B. O. Pr. 1304–1346. Eine Biogr. (Kirchengeschichtliche 240

Tougenhort Abh 9,2). Breslau 1911. – Wilhelm Oehl (Hg.): Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. M¨unchen 1931, S. 278–296, 774–778. – Thomas Kaeppeli: Lettera inedita di Venturino da B. a un canonico di S. Frideswide Oxford (1332–4). In: Archivum Fratrum Praedicatorum 24 (1954) S. 189–198. – Joa¨ chim Vennebusch: Zur Uberlieferungsgesch. des Traktates ‹De remediis contra tentationes spirituales› (Petrus Johannes Olivi, Venturinus de B., Ludolphus de Saxonia, Johannes Gerson). In: Scriptorium 33 (1979) S. 254–259. – T. Kaeppeli/ Emilio Panella: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 4. Rom 1993, S. 427–433. – Mario Fanti: Confraternite e citt`a a Bologna nel Medioevo e nell’et`a moderna. Rom 2001. BJ Innicher Marienklage. – Fragment (neun Verse) von 1340 aus dem Anfang einer szenischen Marienklage. Die erste Strophe (V. 1–5) zeigt Ankl¨ange an die ¨ dt. Ubertragung der Sequenz → O filii ecclesiae und ruft die Christenheit zur Klage auf. Die folgenden drei Verse nehmen einen h¨aufig im Rahmen des Salbenkaufs im dt. Osterspiel verwendeten, von den drei Marien wohl auf dem Weg zum Grab Jesu gesprochenen Satz auf, weswegen die I. M. in der Forschung als Osterspiel- oder Passionsspielfragment betrachtet wurde. Dagegen spricht, dass einige Verse Aufnahme in andere Marienklagen (etwa → Erlauer Marienklage) gefunden haben. ¨ Uberlieferung: Innsbruck, Tiroler Landesarch., Cod. 120, 13 (1340). – Notizbuch Friedrichs v. Innichen, Notars des Grafen Albrecht v. G¨orz und Tirol. Ausgabe: Norbert H¨olzl: Theatergesch. des o¨ stlichen Tirol vom MA bis zur Gegenwart (Thea¨ tergesch. Osterreichs. Bd. 2, H. 1). Wien 1966, S. 27. Literatur: Ursula Hennig, VL2 4 (1983) Sp. 387 f. – Rolf Bergmann, MarLex 3 (1991) S. 306. – Fritz Schillmann: Das Notizbuch eines ¨ 31 (1910) Tiroler Notars aus dem 14. Jh. In: MIOG S. 392–420. – Edward Schr¨oder: Zu einem Tiroler Passionsspiel v. etwa 1340. In: ZfdA 72 (1935) S. 8. – H¨olzl (s. Ausg.) S. 24–33. – Wolfgang F. Michael: Zum Innicher Osterspielfragm. v. 1340. In: ZfdPh 87 (1968) S. 387–390. – U. Hennig: Zu dem sog. Osterspiel-Fragm. v. Innichen. In: ZfdA 101 (1972) S. 358–368. – R. Bergmann: Stud. zur Entstehung und Gesch. der dt. Passionsspiele des 241

1. H¨alfte 14. Jh. 13. und 14. Jh. 1972. – Ders.: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 428 (M 65). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Braunschweiger Marienklage. – Mitteldt. Fragment einer gereimten Marienklage (19 Zeilen); 14. Jh. Maria klagt u¨ ber Jesu Tod und will aus Trauer dar¨uber ebenfalls sterben. Der Text der B. M. findet sich in den von Sch¨onbach (s. Lit.) notifzierten Versikeln, ist aber nicht mit anderen Marienklagen in Verbindung zu bringen, und weist durchg¨angige Neumierung auf. ¨ Uberlieferung: Braunschweig, StB, Fragm. Nr. 33 (Perg., 14. Jh.; Doppelbl. aus einem Missale). Ausgabe: Emil Henrici: Zum Handschriftenkat. der Braunschweiger StB. In: Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen 27 (1910) S. 360. Literatur: Hans Eggers, VL2 1 (1978) Sp. 1007. – Christoph Treutwein, MarLex 1 (1988) S. 561. – ¨ Anton Sch¨onbach: Uber die Marienklagen. Graz 1874. – Johannes Wolf: Hb. der Notationskunde. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 174. – Walther Lipphardt: Stud. zu den Marienklagen. In: PBB (Halle) 58 (1934) S. 391. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 410 (M 25). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Tougenhort (Taugenhort, Schloßhort). – Marienleich von 912 Verszeilen (25 Doppelversikel). Der in der → Kolmarer Liederhandschrift mit Melodie u¨ berlieferte Text entstand vermutlich in der ersten H¨alfte oder um die Mitte des 14. Jh. und gilt als umfangreichster Leich u¨ berhaupt. Er wurde sowohl → Frauenlob als auch → Peter von Reichenbach, zugeschrieben; die Verfasserschaft ist jedoch ungesichert. Die Versikel 1–6 beschreiben die W¨urde der Himmelsk¨onigin, 7–24 umfassen eine Ich-Rede 242

1. H¨alfte 14. Jh. Marias mit Aneinanderreihung von Pr¨afigurationen, Titeln und Aussagen zu Marias W¨urden und Heilstaten. Versikel 25 schließt die Dichtung ab; darin finden sich ein Marienlob sowie Naturallegorien zu Christi Geburt; am Ende steht eine Bitte um Erbarmen. Der T. folgt in Form und Inhalt Frauenlobs Marienleich, dessen vereinfachende Paraphrase er darstellt. ¨ Uberlieferung: Kolmarer Liederhandschrift, v ¨ 43 –59v (Text ist der Melodie unterlegt; Uberschrift: Dys ist frauwenlobs taugen hort oder sin sloss hort vnd solt da vor nach sim leich sten). Ausgaben: Karl Bartsch (Hg.): Meisterlieder der Kolmarer Hs. Stuttgart 1862. Nachdr. Hildesheim 1962 und 1998, S. 204–231 (nur Text). – Korrekturen bei M¨arz (s. Lit.) S. 118. – Paul Runge (Hg.): Die Sangesweisen der Colmarer Hs. und der Liederhs. Donaueschingen. Leipzig 1896, Nr. 12 (Text und Melodie). – Korrekturen zur Melodiewiedergabe bei Stief (s. Lit.). Literatur: RSM 3 (1986) S. 504–506. – Horst Brunner, VL2 9 (1995) Sp. 992 f. – Karl Hein¨ rich Bertau: Sangverslyrik. Uber Gestalt und Geschichtlichkeit mhd. Lyrik am Bsp. des Leichs (Palaestra 240). G¨ottingen 1964, Reg. – H. Brun¨ ner: Die alten Meister. Stud. zu Uberl. und Rezeption der mhd. Sangspruchdichter im Sp¨atMA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 54). M¨unchen 1975, Reg. – Wiegand Stief: Wie weit l¨aßt sich der T.-Leich in der Ausg. der Colmarer Liederhs. Runges reparieren? In: Hist. Volksmusikforschung, Kongress-Ber. Seggau 1977 (Musikethnologische Sammelbd. 2). Hg. v. Wolfgang Suppan/Alois Mauerhofer. Graz 1978, S. 191–219. – Christoph M¨arz: Frauenlobs Marienleich. Unters. zur sp¨atma. Monodie (Erlanger Stud. 69). Erlangen 1987, S. 103–118. – Hermann Apfelb¨ock: Tradition und Gattungsbewußtsein im dt. Leich. Ein Beitr. zur Gattungsgesch. ma. musikalischen ‹discordia› (Hermaea NF 62). T¨ubingen 1991, Reg. – Johannes Janota: Vom sp¨aten MA zum Beginn der Neuzeit. Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 190, 192 f. SF Hoffmanns Marienklage. – Fragment (14. Jh.) einer bair. Versdichtung von 43 Versen. H. M. bietet eine dt. Vers¨ubertragung der ersten vier Abschnitte des lat. → Bernhardstraktats. Erhalten sind die Einleitung des Bearbeiters sowie eine 243

Hoffmanns Marienklage Frage des Betenden und ein Teil der Antwort Marias. Die Entstehungszeit des Originals liegt wohl in der Sp¨atphase des Mhd. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 737, 11 (Perg., 14. Jh., bair.). Ausgaben: Heinrich Hoffmann: Marienklage. Bruchst¨uck eines Gedichts aus dem 12. Jh. In: Altdt. Bll. 2 (1840) S. 200 f. – Oscar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854, S. 244–247. Literatur: Hans Eggers, VL2 4 (1983) Sp. 82; 11 (2004) Sp. 685. – Christoph Treutwein: Bernhardstraktat. In: MarLex 1 (1988) S. 454 f. – Schade (s. Ausg.). – Gustav Weiß: Die dt. Marienklagen. Quellen und Entwicklung. Diss. masch. Prag 1932, S. 11, 13. – Gerd Seewald: Die Marienklage im mlat. Schrifttum und in den germ. Literaturen des MA. Diss. masch. Hamburg 1952, S. 70, 75. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 402 (M 11). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Wernher der Schweizer. – Verfasser eines vor 1382, wahrscheinlich aber in der ersten H¨alfte des 14. Jh. entstandenen mhd. Marienlebens von 14.914 Reimpaarversen. Im Prolog des Marienlebens nennt der Verfasser seinen Namen: «... ich, genant Wernher ...» (V. 10). Untersuchungen der Reimtechnik und des Wortschatzes legen die Herkunft W.s aus der nord¨ostlichen Schweiz nahe. Aus einigen Textstellen lassen sich Aufenthalte des Dichters in Aachen (V. 2753–2784; W. erw¨ahnt hier die Windeln Jesu, die in Aachen als Reliquien verwahrt wurden) und Rom (V. 10.878–10.894; in denen W. berichtet, dort das dem hl. Lukas zugeschriebene Bild in der Franziskanerkirche Santa Maria in Araceli gesehen zu haben) ableiten. M¨oglicherweise war W. ein Weltgeistlicher. Sein Marienleben ist eine Bearbeitung der lat. → Vita Beatae virginis Mariae et Salvatoris rhythmica. W. hielt sich im Ganzen getreu an den Stoff der Vita; er kannte und benutzte auch die Bearbeitung → Walthers von Rheinau. W. behielt den Aufbau der Vita in vier, jeweils mit Prologen versehene B¨ucher bei. Das erste Buch berichtet u¨ ber Marias 244

Ehrenfreund Geburt und Jugend bis zur Verm¨ahlung mit Joseph, das zweite u¨ ber die Verk¨undigung Mariae, die Geburt und Kindheit Jesu. Das Wirken, die Leidensgeschichte und der Tod Christi bestimmen das dritte Buch; das vierte enth¨alt die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu sowie die Geschehnisse am Pfingstfest und die letzten Lebensjahre, Tod und Himmelfahrt der Gottesmutter Maria. Der Dichter u¨ bernahm die Prosavorrede seiner Vorlage sowie einige Glossen, die er in den Text integrierte, nicht aber deren Abschnittsgliederung, und baute kleinere exegetische und erz¨ahlende Zus¨atze ein. In der Dichtung findet sich auch ein formal eigenst¨andiges, in meist zweihebigen Kurzversen und Vierreimen verfasstes Marienlob (V. 1015–1060), ebenso wie ein Marienpreis (V. 14.555–14.574) am Schluss der Begr¨ußung Mariens durch die Engelsch¨ore. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cgp 372, 1ra–102vb (1382, schw¨abisch). Ausgabe: Max P¨apke (Hg.): Das M. des Schweizers W. (DTM 27). 1920. Nachdr. Dublin 1967. Literatur: Kurt G¨artner, Killy1 12 (1992) S. 268 f. – Werner J. Hoffmann, MarLex 6 (1994) S. 717–719. – K. G¨artner, VL2 10 (1999) Sp. 953–957. – Johannes Madey, BBKL 17 (2000) Sp. 1533 f. – M. P¨apke: Das Marienleben des Schweizers W. Mit Nachtr¨agen zu V¨ogtlins Ausg. der Vita Rhytmica. Berlin 1913. – Philipp Strauch: Rezension zur Ausg. von P¨apke und H¨ubner. In: AfdA 41 (1922) S. 51–55. – Maria Elisabeth G¨ossmann: Die Verk¨undigung an Maria. Im dogmatischen Verst¨andnis des MA. M¨unchen 1957, S. 150–255. – Achim Masser: Bibel, Apokryphen und Legenden. Geburt und Kindheit Jesu in der religi¨osen Epik des dt. MA. Berlin 1969. – Ders.: Bibel- und Legendenepik des dt. MA (Grundlagen der Germanistik 19). Berlin 1976. – Matthias Miller/Karin Zimmermann: Die Codd. Palatini germanici in der UB Heidelberg (Cpg 304–495) (Kat. der UB Heidelberg VIII). Wiesbaden 2007. – Hubert Herkommer: Die Sch¨onheit des Gottessohnes und der Gottesmutter. Hist. Betrachtungen zur ¨ Asthetik des Heiligen. In: Sch¨onheit und Maß. Beitr. der Eranos Tagungen 2005 und 2006. Hg. v. Erik Hornung/Andreas Schweizer. Basel 2007, S. 43–89. SF Ehrenfreund. – Verfasser eines Marienmirakels, 14. Jh.(?). Bei dem in der Eingangs- und Schlusszeile des Marienmirakels genannten Verfassernamen handelt 245

1. H¨alfte 14. Jh. es sich wahrscheinlich um einen K¨unstlernamen wie → Ehrenbloß. Die aus 296 Reimpaarversen bestehende Dichtung Der Ritter und Maria erz¨ahlt von einem Ritter, der in seiner materiellen Not einen Pakt mit dem Teufel eingeht, in dem er Gott und allen Heiligen, nicht jedoch Maria abschw¨ort. Auf Bitten seiner Frau wird er nach einem Jahr durch Maria, die dem Ritter auch die Vers¨ohnung mit Christus erwirkt, aus diesem Vertrag befreit. Aus Dankbarkeit stiften der Ritter und seine Frau ein Kloster zu Ehren Marias, in dem sie ihr Leben beschließen. Die Einzelerz¨ahlung geht mit anderen Fassungen bei unterschiedlicher Akzentuierung auf die Legenda aurea des → Jacobus de Voragine zur¨uck (Nr. 119,3). ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Don. 104, 189rb–191ra (alte Z¨ahlung 198–200) (um 1433, Konstanz, alemannisch). Ausgabe: Joseph v. Laßberg (Hg.): Lieder Saal das ist: Sammelung altteutscher Gedichte. Bd. 3. Gallen/Konstanz 1846 (Nachdr. Darmstadt 1968) S. 71–79 (Nr. CLXXXI). Literatur: Johannes Janota, VL2 2 (1980) Sp. 390 f. – Ders., MarLex 6 (1994) S. 833. – J. v. Laßberg (s. Ausg.), S. 70. – Friedrich Heinrich v. der Hagen (Hg.): Gesammtabenteuer. Bd. 3. Stuttgart/T¨ubingen 1850 (Neudr. Darmstadt 1961) S. 749. – Gustav Roskoff: Gesch. des Teufels. Eine kulturhist. Satanologie v. den Anf¨angen bis ins 18. Jh. 2 Bde., Leipzig 1869 (Nachdr. u. a. K¨oln 2004) Bd. 1, S. 376 f.; Bd. 2, S. 203 f. – Wilhelm Wackernagel: Gesch. der dt. Litt. (Dt. Lesebuch 4,1). Basel 21879, S. 205. – Johannes Bolte: Marienlegenden des XV. Jh. In: Alemannia 17 (1889) S. 1–25, bes. Nr. 11 (Abdruck einer Prosaversion der Legende). – August W¨unsche (Hg.): Der Sagenkreis vom geprellten Teufel. Leipzig/Wien 1905. Neudr. Leipzig 1975, S. 122. – Leandro Biadene: Un miracolo della Madonna. La leggenda dello Sclavo Dalmasina. In: Il Propugnatore NS 6 (1893) S. 319–372 (vgl. dazu Hans Strohmeyer. In: Romania 23, 1894, S. 606 f.). – Alfons Hilka (Hg.): Die Wundergeschichten des Caesarius v. Heisterbach. Bd. 3 (Publ. der Ges. f¨ur Rheinische Geschichtskunde 43). Bonn 1937. – Hans-Georg Richert (Hg.): Marienlegenden aus dem Alten Passional (ATB 64). T¨ubingen 1965, S. 104–115 (‹Maria rettet einen Ritter um seiner Frau willen›). – Frederic C. Tubach (Hg.): Index exemplorum. A Handbook of Medieval Religious Tales (FF Communications 204). Helsinki 246

1. H¨alfte 14. Jh. 1969, Nr. 5283. – Hans Schottmann: Die isl¨andische Mariendichtung. Unters. zur volkssprachigen Mariendichtung des MA (M¨unchner germanistische Beitr. 9). Mu¨ nchen 1973. – Hanns Fischer: Stud. zur dt. M¨arendichtung. 2., durchgesehene und erw. Aufl., besorgt v. Johannes Janota Tu¨ bingen 1983, S. 193. – J. Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit, 3/1.) T¨ubingen 2004, S. 247. BJ Die Bienenkirche (auch: Die Hostie im Bienenstock). – Dt. Version eines mlat. Hostienmirakels. Seit dem 12. Jh. treten verst¨arkt anonyme lat., auf a¨ lterem Erz¨ahlgut basierende Hostienmirakel in Erscheinung; die B. ist die deutschsprachige Bearbeitung einer dieser mlat. Tradition entstammenden Erz¨ahlung des → Caesarius von Heisterbach (Dialogus miraculorum IX,8). Das mlat. Hostienmirakel kombiniert die zwei Motive «Wunderhostie» und «wohlt¨atige Bienen», daraus entwickelten sich Motivketten mit unterschiedlicher Akzentsetzung. Das Grundmotiv ist Ehrfurcht der Bienen vor der Eucharistie, an der ein Mensch zum Zweck der Magie oder durch Kirchenraub gefrevelt hat; es folgen die Aufbewahrung der Eucharistie durch die Bienen, der Bau einer Wachskapelle oder einer Monstranz (teilweise bgeleitet durch Lichtwunder), die Verehrung der Eucharistie mit Bienenprozession und die Entdeckung und schlussendlich die Verehrung der Kapelle bzw. Hostie durch die Kirchengemeinde. Die erhaltenen Handschriften aus dem 15. Jh., welche die B. im Rahmen von Nonnenliteratur u¨ berliefern, gehen vermutlich auf Vorlagen des 14. Jh. zur¨uck. Die Struktur der Erz¨ahlung ist gegen¨uber der Vorlage aufgrund von K¨urzungen oder Erweiterungen ver¨andert, die dt. Bearbeitung folgt ihr im Wortlaut jedoch teilweise sehr genau. ¨ Uberlieferung: Mainz, Bisch¨ofliche Seminarbibl., Cod. 43, 60v–61r (Mz). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308, 75v–76r (W). – Weitere Versionen sind verz. bei Wolfgang Br¨uckner: Sagenbildung und Tradition. Ein methodisches Bsp. In: Zs. f¨ur Volkskunde 57 (1961) S. 26–74, hier S. 70–74, und bei Siegfried Ringler: Quellen und Stud. zur Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Diss. W¨urzburg 1976, S. 236–243. Ausgaben: Joseph Klapper: Erz¨ahlungen des MA ¨ in dt. Ubersetzung und lat. Urtext. In: Wort und 247

Die Bienenkirche Brauch 12 (1914) S. 288 f. – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Middelnederlandse stichtelijke exempelen (Zwolse drukken en herdrukken 1). Zwolle 1953, S. 7–9. – Leopold Kretzenbacher: Die Legende v. der Hostie im Bienenstock. In: Zs. f¨ur Volkskunde 56 (1960) S. 177–193. Literatur: Siegfried Ringler, VL2 1 (1978) Sp. 859–862. – Alois D¨oring: Hostie/Hostienwunder. In: TRE 15 (1986) S. 604–606, hier S. 605. – Friedrich Panzer: Bayerische Sagen und Br¨auche. Bd. 2. M¨unchen 1855, S. 379–389. – Anton E. Sch¨onbach: Stud. zur Erz¨ahlungslit. des MA. Bd. 6 (Sb. der Kaiserlichen Akad. der Wiss. in Wien, Phil.-Hist. Kl. 156,1). Wien 1908, S. 1–70, hier S. 49–70. – Kretzenbacher (s. Ausg.). – Wolfgang Br¨uckner: Sagenbildung und Tradition. In: Zs. f¨ur Volkskunde 57 (1961) S. 26–74. – Manfred Misch: Apis est animal – Apis est ecclesia. Ein Beitr. zum Verst¨andnis v. Naturkunde und Theologie in sp¨atantiker und ma. Lit. (Europ¨aische Hochschulschr. Reihe 1, Dt. Lit. und Germanistik 107). Bern u. a. 1974. – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. Z¨urich u. a. 1980. SF Hartwig (Hartung) von Erfurt. – Predigtkompilator. H.s Lebensumst¨ande sind weitgehend unbekannt. Eine Herkunft aus Erfurt ist m¨oglich, aber nicht sicher nachweisbar. Wahrscheinlich war H. Franziskaner und wirkte um 1321–43. H. gilt als Kompilator einer Predigtsammlung, die in der Forschung als Postille bezeichnet wird und in mehreren Handschriften u¨ berliefert ist. Die Postille enth¨alt u¨ berwiegend Evangelien- und Epistelpredigten f¨ur Sonntage und Stationsfasttage. Die wohl zur Erbauung und Tischlekt¨ure gesammelten St¨ucke sind Redaktionen von Texten anonymer wie namentlich bekannter Verfasser. Dazu z¨ahlen → Nikolaus von Straßburg, → Hane der Karmeliter, → Giselher von Slatheim, → Hermann von Fritzlar (Heiligenleben), → Nikolaus von Landau (Homiliar) u. a. Weitere Quellen waren etwa die → Spr¨uche der zw¨olf Meister und die → Leipziger Predigten. Entsprechend dem Spektrum der Vorlagen sind die versammelten Texte mal unterweisend, mal mystisch-spekulativ. Anschauliche Passagen mit Bildern und Vergleichen wechseln sich ab mit glossarischen oder exegetischen Teilen. ¨ H.s Kompilation erfuhr eine komplizierte Uberlieferung. In stilistisch und inhaltlich geschlossener 248

Johann von der Muntz ¨ Form ist die Postille in den Handschriften A, D, F, ¨ K, M, Z, Be, R (Siglen s. Uberlieferung) erhalten. Als wichtigste Handschrift gilt F mit ca. 174 Predigten, gefolgt von Z und Be. A, K und D sind verk¨urzte bis entstellte Fassungen. Die Postille ging dann, im Umfang reduziert, in ein neues Plenar ein, schließlich in eine nicht liturgisch angelegte Traktatsammlung. Letztere beruht teilweise (N3) aber auf den a¨ lteren Vorlagen H.s, nicht auf der Postille selbst. Weiterhin bediente sich Friedrich der Karmeliter bei H.; die genauen Abh¨angigkeiten sind allerdings noch zu kl¨aren. ¨ Uberlieferung: Vgl. auch Morvay/Grube 1974 (s. Lit.). Handschriftensiglen nach Mertens 1981 (s. Lit.). 1. Postille: K¨onigsberg, SUB, cod. 896 (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., obers¨achsisch; verschollen) ¨ (K). – Wien, ONB, cod. 15315 (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., ostmitteldt.) (W2). – H: Berlin, SBB, Mgf 736, 25 f. (Perg., 14./15. Jh., Fragm.). – Augsburg, StB, 2° cod. 150, 1ra–386vb (Pap., 1433, ostschw¨abisch) (A). – Frankfurt, Stadt- und UB, Ms. germ. qu. 3 (Pap., erstes Viertel 15. Jh., nordbair.) (F). – Karlsruhe, LB, cod. Donaueschingen B II 1 (Pap., 1451, schw¨abisch) (D). – M¨unchen, BSB, Cgm 286 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch) (M). – Ebd., Cgm 222 (Perg. und Pap., drittes Viertel 15. Jh., bair.-mitteldt.) (R). – Berlin, SBB, Mgf 1151 (Pap., 15. Jh., bair.). – Zu¨ rich, ZB, cod. Car C 98 V (Z). ¨ 2. Plenarien: Wien, ONB, cod. 2845, 4vb–258r (Pap. und Perg., Ende 14. Jh., schlesisch) (W1). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 636 (Pap., 1421, schlesisch) (C). – Breslau, UB, cod. I F 564 (Pap., Anfang 15. Jh.) (B2). – Breslau, UB, cod. I F 371 (Pap., Mitte 15. Jh., mitteldt.) (B1). – Breslau, UB, cod. I F 568 (Pap., Mitte 15. Jh., mitteldt.) (B3). 3. Traktatsammlung: N¨urnberg, StB, cod. Cent. IV 40, 65ra–65vb (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., bair.) (N3). – St. Gallen, Stiftsbibl., cod. Sang. 969 (Pap., 14./15. Jh., alemannisch) (Sg). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. IV 37 (Pap., um 1400, th¨uringisch mit n¨urnbergerischen Nachtr¨agen) (N1). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 53, 93r–168r (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, erste H¨alfte 15. Jh., nordbair.) (N2). Ausgaben: Verz. bei Morvay/Grube 1974 (s. Lit.). – Hier seien genannt: Spiritalia Theotisca. Hg. v. Wilhelm Wackernagel. Breslau 1827, S. 11–15. – Haupt 1879 (s. Lit.). – Strauch 1883 249

1. H¨alfte 14. Jh. (s. Lit.). – Spamer 1910 (s. Lit.). – Werner 1919 (s. Lit.). Literatur: Ottokar Bonmann, LThK2 5 (1960) Sp. 21 f. – Volker Mertens, VL2 3 (1981) Sp. 532–535; 11 (2004) Sp. 590. – Roger Aubert: Hartung d’Erfurt. In: DHGE 23 (1990) Sp. 457 f. – Carmen v. Samson-Himmelstjerna, MarLex 6 (1994) S. 839–841. – Joseph Haupt: Beitr. zur Lit. der dt. Mystiker II. In: Sb. der Akad. der Wiss. in Wien, phil.-hist. Kl. 94 (1879) S. 235–334 – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik nach den Quellen untersucht und dargestellt 2. Leipzig 1881, S. 91–107 (vgl. dazu: Philipp Strauch, ¨ AfdA 9, 1883, S. 113–159). – Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Halle/Saale 1910, S. 192 f., 246–277 u. o¨ . – Gertrud Lichenheim: Studien zum Heiligenleben Hermanns von Fritzlar. Halle/Saale 1916, S. 58 f. u. o¨ . – Jakob Werner: Aus Z¨urcher Hss. Z¨urich ¨ 1919, S. 8–41. – Gisela Kornrumpf: Zur Uberl. der Werke F.s des K.s. In: ZfdA 99 (1970) S. 159–162. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 119–123 (T 111). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 194. – V. Mertens: Hs.funde zur Lit. des MA 48: H. (Hartung/Heinrich) v. E., Postille. In: ZfdA 107 (1978) S. 81–91. – Ders.: Theologie der Mo¨ nche – Fr¨ommigkeit der Laien? Beobachtungen zur Textgesch. von Predigten des H. v. E. In: Lit. und Laienbildung im Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenb¨uttel 1981. Hg. v. Ludger Grenzmann/Karl Stackmann. Stuttgart 1984, S. 661–683. – Regina D. Schiewer: The Postil of H. of E. as a Preaching Tool. In: Medieval Sermon Studies 45 (2001) S. 40–57. – Michael Rupp: Wegweisung zur Begegnung mit Gott. Religi¨ose Belehrung in einer Altzeller Predigths. In: Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der dt. Lit. Hg. v. Henrike L¨ahnemann/Sandra Linden. Berlin u. a. 2009, S. 383–396. MM Johann von der Muntz. ¨ – Mystischer Prediger des 14. Jh. Biographische Daten u¨ ber J. sind sp¨arlich. Er ¨ wird in der Uberlieferung als «Bruder» (wohl bei den Dominikanern) bezeichnet, erbte 1331 in K¨oln eine Geldsumme und erscheint in der Predigerliste Hartwigs von Erfurt. Mo¨ glicherweise war J. mit Johannes de Moneta identisch, den Papst Urban 250

1. H¨alfte 14. Jh. V. 1364 zum Inquisitor in der Ordensprovinz Alemania ernannte. In den Spr¨uchen der zw¨olf Meister tritt er als achter Meister auf: «Bruoder johans von der m¨untz ist ain iunger man, vnd ist vf gegangen mit den maistern lobesan». Weitere Texte J.s sind nicht bekannt. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bibliotheque Nationale et Universitaire, Cod. germ. 2795 (fr¨uher L germ. 662), 185r–186v (15. Jh.). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 33, 194r–195r (Pap., Augsburg, 1450, ostschw¨abisch). ¨ Ausgaben: Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, hier S. 350. – Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Hg. v. A. Spamer. Jena 1912, S. 176. – Heidemarie Vogl: Der ‹Spiegel der Seele›. Eine sp¨atma. mystisch-theol. Kompilation (Meister-Eckhart-Jb., Beih. 2). Stuttgart 2007, S. 437 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 685 f. – Carlo Longo: Jean v. d. M. In: DHGE 27 (2000) Sp. 325. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 482. MM Jung, ¨ Johann (Johannes Juvenis, Jean le Jeune). – Prediger. J. erscheint als mystischer Prediger in der Predigerliste → Hartwigs von Erfurt. Auch k¨onnte er mit dem neunten Meister in den Spr¨uchen der zw¨olf Meister identisch sein. J.s Name folgt in beiden Listen jenem des → Johann von der M¨untz. Dabei ist J. aber nicht mit dem gleichnamigen Kirchenrektor gleichzusetzen, der 1388 in Markdorf/Bodensee nachgewiesen ist. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 907 f. MM Theoderich von Erfurt (Theodericus de Erfordia, T. von Magdeburg [?]). – Rektor, Verfasser von Quaestionen zu aristotelischen B¨uchern, 14. Jh. Der Magister artium T. war Rektor und Lehrer am Erfurter Marienstift. Er ist Vertreter eines heterodoxen Aristotelismus und Verfasser der averroistischen Quaestiones in libros De anima. Ob die in der unikal u¨ berliefernden Handschrift folgenden f¨unf weiteren Quaestionen ebenfalls von T. stammen, ist nicht sicher. M¨oglicherweise ist T. identisch mit T. von Magdeburg, dann w¨are er auch der Verfasser der gleichsam averroistischen Quaestiones 251

Jung ¨ super De substantia orbis und der Quaestiones in libros Physicorum. ¨ Uberlieferung: Quaestiones in libros De anima: Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Cod. 742, 157ra–193va (Explicit: «magister Theodericus rector apud dominam nostram in Erfordia»). – Quaestiones super De substantia orbis: Ebd., 148ra–156r. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 8378, 1389, 247r–268r. – Quaestiones in libros Physicorum: Erfurt, UB, Cod. Ampl. 2° 267, 45r–129v. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 8405, 102 Bll. – Prag, Nationalbibl., Cod. III.D.9, 1r–140vb. – Breslau, UB, Cod. IV F 9, 1r–198r. Ausgabe: Zdzislaw Kuksewicz. Theodericus of Magdeburg. Quaestiones super De substantia orbis. Ein averroistischer Text aus dem XIV. Jh. Warschau. 1985. Literatur: Schulthess/Imbach (1996) S. 591 f. – Mieczystaw Markowski, LexMA 8 (1997) Sp. 624. – Martin Grabmann: Der lat. Averroismus des 13. Jh. und seine Stellung zur christlichen Weltanschauung: Mitt. aus ungedr. Ethikkomm. Sb. der Bayer. Akad. der Wiss. Jg. 1931,2, S. 79 f.; wieder in: Ders.: Gesammelte Akad.abh. Bd.1 (Ver¨off. des Grabmann-Inst. zur Erforschung der ma. Theologie und Philos. 25). Mu¨ nchen u. a. 1979, S. 606–687, hier S. 685 f. – Z. Kuksewicz: Th´eoderic de Erfordia, recteur d’Erfurt, averro¨ıste allemand du XIVe si`ecle. In: La filosofia della nature nel medioevo. Atti del terzo congresso internazionale di filosofia medioevale. Mailand 1966, S. 652–661. – Charles H. Lohr: Medieval Latin Aristotle Commentaries. Authors: RobertusWilgelmus. In: Traditio 29, 1973, S. 93–198, hier S. 154 f. – Jan Pinborg: Neues zum Erfurter Schulleben des XIV. Jh. nach Hss. der Jagiellonischen Bibl. zu Krakow. In: Bulletin de Philos. M´edi´evale 15 (1973) S. 146–151, hier S. 150. – Ders.: The 14th Century of Erfurt. Repertorium Erfordiense. In: Cahiers de l’institute du moyen aˆ ge grec et latin 4 (1982) S. 171–192, hier S. 181 (Nr. 30). – Z. Kuksewicz: Averroistic Fourteenth Century Bolognese Texts in the MS BJ 742. In: Mediaevalia philosophica Polonorum 29 (1988) S. 9–48, hier S. 36. – S¨onke Lorenz: Stud. Generale Erfordense. Zum Erfurter Schulleben im 13. und 14. Jh. (Monographien zur Gesch. des MA 34). Stuttgart 1989, bes. 303–309 und Reg. – Z. Kuksewicz: Theodoricus of Magdeburg and the Erfurt Averroistic Conclusiones. In: Studia mediewistyczne 31 (1994) S. 110–120. – Ders.: Maˆıtre Th´eodoric, Averroiste 252

Hermann von Fritzlar d’Erfurt du XIVe si`ecle. In: Bochumer philosophisches Jb. f¨ur Antike und MA 8 (2003) S. 109–158. VZ Hermann von Fritzlar (Fritschelar), † nach 1349. – Auftraggeber einer Predigtsammlung. H. stammte wohl aus Fritzlar und d¨urfte ein beg¨uterter B¨urger gewesen sein, der es sich leisten konnte, gut ausgestattete Handschriften in Auftrag zu geben. Die von ihm selbst behaupteten Aufenthalte in anderen L¨andern (u. a. der Besuch der italienischen Apostelgr¨aber) sind m¨oglich, jedoch k¨onnte er sein geographisches Wissen auch aus Pilgerf¨uhrern u. a. Literatur u¨ bernommen haben. Ein Student gleichen Namens ist 1290 an der Universit¨at Bologna nachgewiesen, doch d¨urfte es sich dabei nicht um H. gehandelt haben. Eine Verbindung H.s zu den dominikanischen und franziskanischen Mystikerkreisen in Erfurt ist nur indirekt aus seinem einzigen bekannten Werk zu erschließen, dem 1343–49 entstandenen Heiligenleben. Das Heiligenleben ist eine Kompilation von ca. 90 Predigten und Heiligenlegenden, die nach den Heiligen- und Weihnachts-Festtagen des Jahres ausgerichtet sind. H.s Name erscheint am Schluss des Werks. Er d¨urfte das Heiligenleben bei dem Dominikaner → Giselher von Slatheim in Auftrag gegeben haben, der die eigentliche Kompilation durchf¨uhrte, zu der H. dann wiederum Erg¨anzungen vornahm. Als Quellen dienten vor allem Predigten → Hartwigs von Erfurt, außerdem Texte von → Hermann von Schildesche, → Gerhard von Sterngassen und Eckhart → Rube. Die Kirchenv¨ater werden im Heiligenleben nur indirekt und ungenau nach Florilegien zitiert. Als Kompilation ist das Werk alles andere als systematisch: Manche Heiligenviten stehen in mehreren Fassungen nebeneinander und wechseln sich unvermittelt mit mystischen Er¨orterungen ab. Mit Hartwigs Predigten teilt das Werk eine kleruskritische Grundtendenz. Die im Heiligenleben enthaltenen Legenden der → Elisabeth von Th¨uringen und des Severus legen eine Erfurter Provenienz nahe. Lange galt H. auch als Auftraggeber der Blume der Schauung, doch neuere Erkenntnisse zu deren ¨ Uberlieferung machen diese Verbindung h¨ochst unwahrscheinlich. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 113 (Perg., Hessen [?], 14. Jh., rheinfr¨ankisch; Fortsetzung in Cpg 114). – Heidelberg, UB, Cpg 114 253

1. H¨alfte 14. Jh. (Perg., Hessen [?], 14. Jh., rheinfr¨ankisch; Fortsetzung von Cpg 113). – Heidelberg, UB, Cod. Sal. VIII 112 (Perg., Wende 14./15. Jh., alemannisch¨ schw¨abisch; Fragm.). – Uberlingen, LeopoldSophien-Bibl., Druck Dc 149 (Perg., Wende 14./15. Jh., alemannisch-schw¨abisch; Fragm.). – St. Petersburg, Nationalbibl., Fond 955 op. 2 Nr. 18 (Perg., Anfang 15. Jh., nd.; sp¨aterer Zusatz in Hs.). – Darmstadt, ULB, Hs. 1886 (Pap., 1420, [ost-]mitteldt.-nd.; verstreute Ausz¨uge). – Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 22, 222r–231v (Pap., um 1453–75, alemannisch; Auszug). – Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 42, 38r–42v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch; Auszug). – Berlin, SBB, Mgf 1234, 41r–42v (Pap., 15. Jh., ostfr¨ankisch; Auszug). Ausgaben: Hermann von Fritslar, Nicolaus von Strassburg, David von Augsburg (Dt. Mystiker des 14. Jh. 1). Hg. v. Franz Pfeiffer. Leipzig 1845 (Nachdr. Aalen 1962) S. 3–258. – Weitere Teildrucke bei Morvay/Grube 1974 (s. Lit.). Literatur: Reinhold Bechstein, ADB 8 (1878) S. 118 f. – Ehrismann 2,2 (1935) S. 381. – Heinrich R¨uthing, Dict. Spir. 7 (1968) Sp. 295 f. – Peter Kesting, NDB 8 (1969) S. 645 f. – Wilfried Werner/Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 1055–1059; 11 (2004) Sp. 648. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 751. – Volker Mertens, Marienlex. 3 (1991) S. 148. – [Red.], DHGE 24 (1993) Sp. 52. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 96. – Hans-Jochen Schiewer, LThK3 4 (1995) Sp. 1442. – Werner Williams-Krapp, Killy2 5 (2009) S. 321. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA 2. Leipzig 1881, S. 89–107. – Friedrich Wilhelm: Dt. Legenden und Legendare. Texte und Unters. zu ihrer Gesch. im MA. Leipzig 1907, S. 146–174. – ¨ Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1908, S. 119–241. – Gertrud Lichenheim: Studien zum Heiligenleben H.s v. F. Diss. Halle/Saale 1916. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 1. Die Hss. in Folioformat (Mitt. aus der Preußischen SB VII). Leipzig 1925 (Nachdr. Graz 1970) S. 167. – Wilfried Werner: Ein Fragm. vom ‹Heiligenleben› H.s v. F. in der Salemer Slg. der UB Heidelberg. In: Heidelberger Jb. 13 (1969) S. 80–102. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 123 f. (T 112). – Andr´e Schnyder: Ein neues Fragm. zu H.s ¨ v. F. ‹Heiligenleben› aus der Uberlinger Bibl. In: 254

1. H¨alfte 14. Jh.

Von der geburt des eˆ wigen wortes in der sˆele

Alemannisches Jb. 1976/78 (1976/78) S. 311–323. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 17 f. u. o¨ . – Bettina Wagner: Die Darmst¨adter Hs. 1886. Ein dt. Prosalegendar des sp¨aten MA. In: Bibl. und Wiss. 21 (1987) S. 1–37. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 468–476, 594–602. – Angelika D¨orfler-Dierken: Die Verehrung der heiligen Anna in Sp¨atMA und fr¨uher Neuzeit. G¨ottingen 1992, S. 48 f. – Sibylle Jef¨ feris: Die Uberl. und Rezeption des ‹Heiligenlebens› H.s v. F., einschließlich des nd. ‹Alexius›. In: Jb. der Oswald von Wolkenstein-Gesellsch. 10 (1998) S. 191–209. – Martin J. Schubert: Das Heiligenleben H.s v. F. In: Elisabeth von Th¨uringen – eine europ¨aische Heilige (Kat.-Bd.). Hg. v. Dieter Blume und Matthias Werner. Petersberg 2007, S. 425 f. (Nr. 280). – S. Jefferis: H.’s v. F. ‹Heiligenleben› and Its Authorship. In: Current Topics in Medieval German Literature. Texts and Analyses (GAG 748). Hg. v. ders. G¨oppingen 2008, S. 183–194. – Dies.: The ‹Heiligenleben› of H. v. F. and Its Relationship to the ‹Paradisus anime intelligentis› (Paradis der fornuftigen sele). In: ebd., S. 231–240. MM

1857 (Nachdr. Aalen 1962) S. 478–483, Traktat Nr. VIII. Literatur: Joseph Haupt: Beitr. zur Lit. der dt. Mystiker. In: Sb. der philos.-hist. Cl. der kaiserlichen Akad. der Wiss., Bd. 76/2. Wien 1874. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2: Aeltere und neuere Mystik in der ersten H¨alfte des XIV. Jh. Heinrich Suso. Leipzig 1881 (Neudr. der Ausg. 1874–93 in 3 Tln. Aalen 1962) S. 91 ff., ¨ bes. S. 100–102. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 326 und 381. – Gertrud Lichenheim: Stud. zum Heiligenleben Hermanns v. Fritzlar. Diss. HalleWittenberg 1916, S. 46 f. BJ

Von der geburt des eˆ wigen wortes in der sˆele. – Traktat, 14. Jh. Die im Traktat behandelten neun Fragen zur Geburt Gottes in der Seele werden in den Adventspredigten → Hartwigs von Erfurt gestellt und dann in den folgenden Predigten beantwortet. Die letzten beiden Fragen sind auch im Heiligenleben → Hermanns von Fritzlar zu finden. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 18, 205r–212v (Pap., 1448, s¨udalemannisch). – Streu¨uberlieferung s. Josef Quint: Neue ¨ Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Untersuchungen. Bd 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 177, 178, 238, 239; ¨ Ders.: Fundbericht zur hsl. Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystiktexte (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Untersuchungen. Bd 2). Stuttgart u. a. 1969, S. 48. Ausgabe: Franz Pfeiffer (Hg.): Dt. Mystiker des vierzehnten Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 255

Matthias von Beheim. – Klausner, Auftraggeber der Abschrift einer dt. Evangelien¨ubers. M. war m¨oglicherweise ein b¨ohmischer Klausner. Er galt fr¨uher als Verfasser einer dt. Evangelien¨ubersetzung, die aber nach heutiger Kenntnis nur von ihm in Auftrag gegeben wurde. Auch war ¨ diese Ubersetzung keineswegs origin¨ar, sondern ¨ Rezension einer existierenden Ubersetzung. Diese wurde wohl in der Di¨ozese Magdeburg auf der Basis einer Evangelienharmonie uberarbeitet und ¨ ¨ verbessert. Die urspr¨ungliche Ubersetzung, von ¨ Walther in den 20. Ubersetzungszweig eingeordnet, stammte m¨oglicherweise aus dem nordwestlichen Oberfranken. Das Werk enth¨alt neben den eigentlichen Evangelientexten auch dazugeh¨orige Vorreden des → Hieronymus. ¨ Uberlieferung: Bensheim/Bergstr., Stadtarch., StadtA Bensheim 11.34a (Anfang 14. Jh., rheinfr¨ankisch, Fragm. v. Lk 13,21–16,24). – Leipzig, UB, Ms. 34 (ostmitteldt., 1343 abgeschlossen). – London, British Mus., cod. Add. 34392, Nr. XVII (vielleicht Mitte 14. Jh., mitteldt., Fragm. v. Mt 13–15). – Hamburg, SUB, cod. theol. 2009b (Pap. und Perg., um 1400, enth¨alt die vier Evangelien mit Vorreden). Ausgabe: Des M. v. B. Evangelienbuch in mitteldt. Sprache. Hg. v. Reinhold Bechstein. Leipzig 1867. Nachdr. Amsterdam 1966. – Bensheimer Fragm.: Maurer 1925 (s. Lit.). – Londoner Fragm.: Holmberg 1966 (s. Lit.). Literatur: ADB 2 (1875) S. 280. – Kurt ¨ Ruh/M¨arta Asdahl Holmberg: Evangelien-Ubertragungen. In: VL2 2 (1980) Sp. 653–659, hier Sp. 654; 11 (2004) Sp. 429 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 344. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA 3. Braunschweig 1892 (Nachdr. 256

Ulrich von Lilienfeld Nieuwkoop 1966) Sp. 498–506. – Ein neues dt. Evangelienbruchst¨uck des 14. Jh. Hg. v. Friedrich Maurer. Gießen 1925. – Willy L¨udtke: Die Uffenbachsche Evangelienharmonie. In: Orientalia Hamburgensia. Hamburg 1926, S. 59–83. – F. Maurer: Stud. zur mitteldt. Bibel¨ubers. vor Luther. Heidelberg 1929, S. 24–58, 106–120. – Cebus C. de Bruin: Middelnederlandse vertalingen van het NT. Groningen 1935. – Hans Vollmer: Die Bibel im dt. Kulturleben. Salzburg/Leipzig 1938, ˚ S. 101–121. – M¨arta Asdahl Holmberg: Das a¨ lteste Glied einer bekannten mhd. Evangelien¨ubers. In: Studia Neophilologica 38 (1966) S. 77–106. – Dies.: Exzipierend-einschr¨ankende Ausdrucksweisen, untersucht besonders auf Grund hochdt. Bibel¨ubers. bis zum Anfang des 16. Jh. Uppsala 1967, S. 148–152. – Johannes Fournier: Die gute Nachricht in wechselnden Formen. Vers und Prosa im ‹St. Pauler Evangelienreimwerk›, im Evangelienbuch f¨ur M. B. und in Michel Beheims Liedern. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel im deutschsprachigen MA› vom 4. bis 6. September 2000 [...]. Hg. v. Andrea Rapp u. a. Bern u. a. 2004, S. 189–208. MM Ulrich von Lilienfeld (U[da]lricus in Campo Li[ly]orum; Ulricus Campililiensis; f¨alschl. auch Udalricus Brysaeus [statt «griseus»]) OCist, * vor 1308 Klosterneuburg oder Wien, † nach 1351 an einem 20. April. – Abt, Verfasser der Concordantiae caritatis. U.s Vater war Kaufmann und stammte aus Nu¨ rnberg, wohnte aber sp¨ater mit seiner Familie in Klosterneuburg. U. wurde dort oder in Wien sp¨atestens 1307 geboren, lebte aber wahrscheinlich schon gegen Ende des 13. Jh. als M¨onch im Zisterzienserkloster Lilienfeld, wo er wohl ein Sch¨uler des Christian von Lilienfeld war. M¨ogliche, aber nicht ¨ sicher nachweisbare Amter U.s im Kloster waren Kaplan (um 1299), Subprior (um 1300), Pf¨ortner und K¨uchenmeister (um 1307) sowie K¨ammerer und Skriptor (um 1315). 1345 wurde U. zum Abt des Klosters gew¨ahlt, legte das Amt jedoch um 1351 nieder und widmete sich danach seiner schriftstellerischen Arbeit. U.s in einer Originalhandschrift u¨ berliefertes Hauptwerk Concordantiae caritatis wurde teilweise von ihm selbst geschrieben und illustriert. Der typologisch-schematische Zyklus richtete sich an den wenig gebildeten niederen Klerus, dem er 257

1. H¨alfte 14. Jh. sowohl zur Vorbereitung von Predigten wie zur pers¨onlichen Erbauung dienen sollte. Ein enges Zusammenspiel von Bild- und Textseiten erleichtert dabei den Zugang zum Werk. U.s Vorgehen bei der Zusammenstellung des Texts war bewusst kompilatorisch. Zu seinen Quellen geh¨orten die Concordantiae veteris et novi testamenti, De natura rerum des Thomas von Cantimpr´e sowie die Concordanciae und das Versus de evangeliis dominicalibus des Christian von L. Auch die Biblia pauperum, der Physiologus und die Kirchenv¨ater fanden Aufnahme in U.s Werk. Der Inhalt der Concordantiae caritatis ist in zwei Teile gegliedert, deren Anordnung dem Kirchenund Heiligenkalender folgt: De tempore (Bll. 2v–155r in der Leiths. 151) besteht haupts¨achlich aus Evangelienperikopen der Sonn-, Herren- und Feiertage mit einem Schwerpunkt auf Advent, Fasten- und Bußtagen. Abgeschlossen wird De tempore von einer Zusammenfassung des Speculum humanae salvationis in 42 Vierzeilern mit Prolog. Der zweite Hauptteil des Texts, De sanctis (Bll. 157v–239r), ist ganz den Heiligenfesten gewidmet. Auf ihn folgt zuletzt eine Dekalog-Exegese in vier Exempeln (Bll. 239v–249r). Integraler Bestandteil der Concordantiae caritatis sind die Illustrationen. Bild- und Textseiten sind jeweils gegen¨uberliegend angeordnet. Bildlich dargestellt werden Szenen aus Heiligenlegenden und dem NT (Leben Jesu, Apg, Offb), aber auch Gleichnisse aus der Naturgeschichte, was ein originelles Element von U.s Werk darstellt. Die Illustrationen werden durch erkl¨arende Bibelzitate erweitert, die meist in Spruchb¨andern ausgef¨uhrt sind. Die eigentliche Interpretation der dargestellten Szenen findet sich auf den korrespondierenden Textseiten. Von U. sind außerdem mehrere kleinere Texte u¨ berliefert. Zu erw¨ahnen sind zun¨achst die Considerationes in titulos psalmorum (vor 1345). Darin werden die Kernaussagen der Psalmen gedeutet und in Form von Gebeten ausgestaltet. Inhaltlich st¨utzte sich U. dabei auf eine Beda-Redaktion von Cassiodors Psalmenkommentar. Im Lilienfelder Kodex ¨ 151 und in Teilen der sp¨ateren Concordantiae-Uberlieferung finden sich daneben weitere St¨ucke U.s, die seine Beherrschung unterschiedlicher Gattungen und Stilmittel beweisen. Hervorzuheben ist etwa das doppelseitige, mit Vogelzeichnungen illustrierte Baumschema des Rats der V¨ogel: Auf den Zweigen zweier B¨aume sitzen V¨ogel verschiedener 258

1. H¨alfte 14. Jh. Arten, die einem Zaunk¨onig und einem Eisvogel Ratschl¨age erteilen. Die V¨ogel des linken Baums neigen dabei zur Lasterhaftigkeit, jene des rechten Baums zur Tugend. Der ebenso schlichte wie ¨ einpr¨agsame Rat der V¨ogel wurde in sp¨aterer Uberlieferung durchaus popul¨ar. Von U. stammen auch eine geistliche Bildallegorie, eine Fassung des sog. Etymachietraktats, eine Tafel mit Moralgeboten und eine Gegen¨uberstellung der m¨oglichen Wege des Menschen, die hier als zwei W¨agen dargestellt werden: der israelitische Wagen f¨uhrt zum Himmel, der pharaonische zur H¨olle. Insgesamt gilt U.s Werk als Zeugnis einer originellen, doch keineswegs u¨ berspannten Gelehrsamkeit. ¨ Uberlieferung: Maßgebliche Originalhs.: Lilienfeld, Siftsbibl., cod. 151 (Perg., um 1351–55, mittelbair., illustriert, enth¨alt die Concordantiae caritatis und kleinere Texte U.s). – Die Concordantiae caritatis ist insgesamt in 36 Hss. u¨ berl.; Verz. ¨ und weitere Lit. zur Uberl. bei Suntrup 1999 (s. Lit.). – Originalhs. von U.s Psalmenkommentar: Lilienfeld, Siftsbibl., cod. 192, 185–194 (Perg., vor ¨ 1345). – Zur Uberl. des Rats der V¨ogel vgl. Henkel 1989 (s. Lit.). Ausgaben: Schmidtke 1975 und 1976 (s. Lit.). – Henkel 1994 (s. Lit.). – Munscheck 2000 (s. Lit.). – Die Lilienfelder Concordantiae caritatis (Stiftsbibliothek Lilienfeld CLi 151). Hg. v. Martin Roland. Graz 2002 (Faks.-Ausg.). – Die ‹Concordantiae Caritatis› des U. v. L. Edition des Codex Campililiensis ¨ 151 (um 1355) und Ubersetzung. Hg. v. Herbert Douteil u. a. 2 Bde. M¨unster 2010. Literatur: Alfred A. Schmid: Concordantia caritatis. In: RDK 3 (1954) Sp. 833–853. – Gisela Plotzek-Wederhake: Concordantia caritatis. In: LexMA 3 (1986) Sp. 116. – Nikolaus Henkel: Rat der V¨ogel. In: VL2 7 (1989) Sp. 1007–1012; 11 (2004) Sp. 1289 f. – Edmundus Mikkers, Dict. Spir. 16 (1992) Sp. 26 f. – Norbert Mussbacher, LexMA 8 (1997) Sp. 1200. – Fritz P. Knapp, BBKL 12 (1997) Sp. 896 f. – Rudolf Suntrup, VL2 10 (1999) Sp. 1–8. – Werner Maleczek, LThK3 10 (2001) Sp. 357. – Gustav Heider: Beitr. zur christlichen Typologie aus Bilderhss. des MA. In: Jb. der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Bauenkmale 5 (1861) S. 1–128. – Paul Tobner: Lilienfeld 1202–1902. Zur Erinnerung an die Feier des 700j¨ahrigen Jubil¨aums dieses Cistercienserstiftes. Wien 1902, S. 136–141. – Hans Tietze: Die typologischen Bilderkreise des MA in 259

Ulrich von Lilienfeld ¨ Osterreich. In: Jb. der k. k. Central-Commission f¨ur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale NF 2 (1904) H. 2., S. 21–88. – Ders.: Die Hss. der ‹Concordantiae caritatis›. In: ebd. NF 3 (1905) H. 2, S. 27–64. – Johannes Weis-Liebersdorf: Das Kirchenjahr in 156 gotischen Federzeichnungen. U. v. L. und die Eichst¨atter Evangelienpostille. Stud. zur Gesch. der Armenbibel und ihrer Fortbildungen. Straßburg u. a. 1913. – Henrik Cornell: Biblia pauperum. Stockholm 1925, S. 158 f. (Mikrofiche-Ausg. Berlin 1996 und 1999). – Hans Rost: Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der Bibel. Augsburg 1939, S. 237–246. – Stift Lilienfeld 1202–1952. Hg. v. Martin Matschik u. a. Wien 1952. – Friedrich Stegm¨uller: Repertorium Biblicum medii aevi 5. Madrid 1955, Nr. 8276 f. – Gerhard Schmidt: Die Armenbibeln des XIV. Jh. K¨on/Graz 1959, S. 93–96 u. o¨ . – Pierre Salmon: Les ‹Tituli psalmorum› des manuscrits latins. Paris/Rom 1959, S. 149–186. – Floridus R¨ohrig: Rota in medio rotae. Ein typologischer Zyklus aus ¨ Osterreich. In: Jb. des Stiftes Klosterneuburg NF 5 (1965) S. 7–113. – Dietrich Schmidtke: Lasterv¨ogelserien. Ein Beitr. zur sp¨atma. Tiersymbolik. In: Arch. f¨ur das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 212 (1975) S. 241–264; Nachtrag ebd. 213 (1976) S. 328 f. – Norbert Mussbacher: Der Stift Lilienfeld. In: 1000 Jahre Babenberger in ¨ Osterreich. Nieder¨osterr. Jubil¨aumsausstellung Stift Lilienfeld 15. Mai–31. Oktober 1976. Wien 1976, S. 155–165. – H. Douteil: Concordantiae caritatis. In: ebd., S. 347 f. – Christiane Laun: Bildkatechese im Sp¨atMA. Allegorische und typologische Auslegungen des Dekalogs. Diss. M¨unchen 1979 (mehrere Kapitel u¨ ber U.). – Ambrosius Schneider: Sankt Benedikt von Nursia und Bernhard v. Clairvaux in den ‹Concordantiae caritatis› U.s v. L. In: Und sie folgten der Regel St. Benedikts. Die Cistercienser und das benediktinische Mo¨ nchtum [...]. Hg. v. A. S. und Adam Wienand. K¨oln 1981, S. 104–110. – Hedwig v. P¨olnitz: Concordantia caritatis. In: Salvatoris Liber. Die Bibel und ihre Welt mit besonderer Ber¨ucksichtigung Niederbayerns. Hss. und seltene Drucke vom 9. bis zum 18. Jh. [...]. Hg. v. J¨org Kastner. Passau 1992, Nr. 16 f. – N. Henkel: Lehre in Bild und Text. Der ‹Rat der V¨ogel› des U. v. L. In: Zwischen den Wiss. Beitr. zur dt. Literaturgesch. Hg. v. Gerhard Hahn u. a. Regensburg 1994, S. 160–170. – Baudouin van den Abeele: Bestiaires encyclop´ediques moralis´es. Quelques succ´edan´es de Thomas de Cantimpr´e et de Barth´elemy l’Anglais. In: Reinardus 7 260

Florian von Lorch (1994) S. 209–228. – Anna Boreczky: Imitation und Invention. Beobachtungen zur Entstehungsgesch. der Illustrationen der Budapester Concordantiae Caritatis-Hs. In: Acta historiae artium Academiae Scientiarum Hungaricae 41 (1999/2000) S. 1–62. – Hedwig Munscheck: Die ‹Concordantiae caritatis› des U. v. L. Unters. zu Inhalt, Quellen und Verbreitung, mit einer Paraphrasierung von Temporale, Sanktorale und Commune. Frankfurt/M. u. a. 2000. – Rudolf Suntrup: Tierallegorese in den ‹Concordantiae caritatis› des U. v. L. In: Tierepik und Tierallegorese. Stud. zur Poetologie und hist. Anthropologie vormoderner Lit. Hg. v. Bernhard Jahn. Frankfurt/M. u. a. 2004, S. 165–186. – Rudolf Suntrup: Zur Dekalog-Katechese in den ‹Concordantiae caritatis› U.s v. L. In: Dt.-b¨ohmische Literaturbeziehungen. FS V´aclav Bok. Hg. v. Hans-Joachim Behr. Hamburg 2004, S. 307–328. – A. Boreczky: A Brief Report on New Copies of ‹Concordantiae Caritatis›. In: Codices manuscripti 46/47 (2004) S. 51–54. – Berthold Kress: An Illuminated Paper Manuscript of the ‹Concordantiae Caritatis› Reconstructed. In: Scriptorium 60 (2006) S. 96–106. – Martin Roland/Ferdinand Opll: Wien und Wiener Neustadt im 15. Jh. Unbekannte Stadtansichten um 1460 in der New Yorker Hs. der Concordantiae caritatis des U. v. L. Innsbruck u. a. 2006. – Hermann J. Roth: Physikotheologie von der Concordantia caritatis des Abtes U. v. L. bis zur ‹Vogelklage› Martin Luthers. In: Cistercienser Chronik 117 (2010) S. 271–274. MM Albert von Oberaltaich (Adalbert). – Prior der Benediktinerabtei Oberaltaich und Verfasser einer Vita des 14. Jh. A. verfasste zwischen 1344 und 1346 eine Vita des seligen Albert von Haigerloch (1239–1310). Das Werk ist in Lebensgeschichte und Mirakelbuch gegliedert, Quellen waren vor allem zeitgen¨ossische Berichte. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 14673, 47r–57r (St. Emmeram; Autograph) (A). – Ebd., Clm 9804, 263r–269v (Oberaltaich, 1455) (B). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 758, 297r–312v (erste H¨alfte 17. Jh.) (C). – M¨unchen, BSB, Cgm Hoekeriana I 88 (Abschr. des Oberaltaicher Klostergeschichtsschreibers Johannes Pl¨uemel (1564–1625) als Teil seines ‹Chronicon›) (Pl). Dazu: Sturm 1926 (s. Lit.) S. 11–14. Ausgaben: Matth¨aus Huefnagl: Der Benannte, Noch nit Erkannte dreymal Weiße, das ist [...] Leben [...] des seligen Alberti Gebohrnen Grafens 261

1. H¨alfte 14. Jh. v. Haigerloch [...]. Straubing 1699. – Bernhard Pez: Thesaurus anecdotorum [...]. Bd. 1. Augsburg 1721, S. 535–554. – Aemilianus Hemmauer: Hist. Entwurff der Obern Alten Aich [...]. Straubing 1731, S. 585–603. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 1 (1978) Sp. 139. – Alois Schmid: LThK3 1 (1993) Sp. 352. – Ekkart Sauser, BBKL 14 (1998) Sp. 685. – Angelus Sturm: A. v. O. In: Jahresber. der Bayerischen Benediktiner-Akad. 4 (1926) S. 10–28. – Romuald Bauerreiss: Kirchengesch. Bayerns. Bd. 4. St. Ottilien 1953, S. 177 f. – Karl Hausberger: A. v. O. In: Bavaria Sancta 2 (1971) S. 192–203. – Manfred Eder: A. v. O. (1239–1311). In: Beitr. zur Gesch. des Bistums Regensburg 23/24 (1989) S. 191–196. – Emmeram H. Ritter: Zeugen des Glaubens. Heilige, Selige und Diener Gottes im Bistum Regensburg. Regensburg 1989, S. 12–20. SF Der von Biel. – Verfasser eines mystischen Dictums, wohl erste H¨alfte 14. Jh. D. v. B. ist m¨oglicherweise identisch mit dem 1345 in Basel urkundlich belegten «Bruder Peter von Biel». Von ihm u¨ berliefert die aus Straßburg stammende Handschrift Berlin, SBB, Mgo 69, 17v–18r (um 1400) ein mystisch gepr¨agtes Dictum. Ausgabe: Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 295. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 853. – ¨ Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 176. – Paul Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 109–115. SF Florian von Lorch. – Dt. Legenden. F. war ein r¨omischer Beamter des 3./4. Jh., der zum christlichen Glauben konvertierte und aufgrund seiner Weigerung, den heidnischen G¨ottern zu opfern, mit einem M¨uhlstein um den Hals von einer Br¨ucke in die Enns geworfen wurde. Der Legende nach wurde der Ertrunkene dann an einen Felsen geschwemmt und dort von einem Adler mit ausgebreiteten Schwingen besch¨utzt. Eine fromme Frau soll den Leichnam an einem in Visionen ge¨ schauten Ort begraben haben. Uber dem Grab des F. wurde eine Kapelle gebaut und sp¨ater das Augustinerchorherrenstift St. Florian in Ober¨osterreich. Der hl. Florian ist neben dem hl. Leopold der zweite Landespatron Ober¨osterreichs; er 262

1. H¨alfte 14. Jh. ist außerdem der Patron gegen Feuersgefahr und anhaltende D¨urre. Sein Festtag ist der 4. Mai. Eine dt. Legendenfassung seiner Passio begegnet in Der → Heiligen Leben, Redaktion und in der Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine). Ferner finden sich zwei von Legendaren unabh¨angig u¨ berlieferte dt. Prosafassungen seiner Legende: 1. Die F.-Passio eines N¨urnberger Dominikaners ist u¨ berliefert in der Handschrift N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 2261, 222r–224v (Pap., 1465–82, bair.; geschrieben v. Anna → Ebin aus Kloster Pillenreuth). 2. Eine Kurzlegende mit dem Incipit «Der heylig martrer sand florian der edel ritter was ein hae wptman uber vil ritter» findet sich in einer Regensburger Handschrift von Der → Heiligen Leben: Mu¨ nchen, UB, 2° cod. ms. 314, 61rb/va. Literatur: Johannes Hollnsteiner, NDB 5 (1961) S. 254 f. – Ekkart Sauser, DHGE 17 (1971) Sp. 622–626. – Friederike Werner, LCI 6 (1974) Sp. 250–254. – Matthias Zender, LexMA 3 (1986) Sp. 565 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 283 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 64. – Rudolf Zinnhobler, LThK3 (1995) Sp. 1329. – Martina Hartmann, RGG4 3 (2000) Sp. 164. – Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 448 f. – Andreas Karg, HRG2 1 (2008) Sp. 1593 f. – Rudolf ¨ Noll: Fr¨uhes Christentum in Osterreich. Von den Anf¨angen bis um 600 n. Chr. Wien 1954. – Willibrord Neum¨uller: Sie gaben Zeugnis. Lorch – St¨atte des heiligen F. und seiner Gef¨ahrten. Wien u. a. 1968. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 412. – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 113. – Florian Trenner: St. F. Gesch. und Verehrung. Lindenberg im Allg¨au 2009. SF Ludolf von Sachsen (Landulfus, Leutolphus, Litoldus; Saxen, de Saxonia, Cartusianus, Cartusiensis) OCart, * um 1300 Norddeutschland, † 10.4.1377 oder 1378 Kartause Straßburg. – Verfasser einer popul¨aren Jesus-Vita. L. schloss sich als Jugendlicher den Dominikanern an und erwarb sp¨ater den Magistergrad der Theologie. 1339 verließ er aus unbekannten Gr¨unden seinen Orden und wurde Kart¨auser in Straßburg, wo er um 1340 die Profess ablegte. Seit 1343 war er Prior der Koblenzer Kartause, legte 263

Ludolf von Sachsen dieses Amt aber 1348 auf eigenen Wunsch nieder. Den Rest seines Lebens verbrachte L. als M¨onch in Mainz und seit etwa 1360 in Straßburg. Er starb in der dortigen Kartause als hochgeachteter Prediger von heiligm¨aßigem Lebenswandel. In der heute nicht mehr genau zu ermittelnden Abfolge von L.s Texten steht zu Beginn wohl ein Psalmenkommentar: Enarratio in Psalmos entstand vermutlich um 1340–43 und wurde 1491 erstmals gedruckt. Prim¨are Quelle L.s war dabei der Psalmenkommentar des Magister Alanus, den auch → Jordan von Quedlinburg benutzte. Der Enarratio k¨onnen inhaltlich und genetisch L.s Commentarius in Cantica Veteris et Novi Testamenti et in Symbolum s. Athanasii und der Enarratio-Auszug Glossa in septem Psalmos poenitentiales zugeordnet werden. Die Autorschaft der Glossa ist L. jedoch nicht v¨ollig sicher zuzusprechen. Vermutlich bald nach der Enarratio entstand die Predigtsammlung Sermones Magistri Ludolphi. Die darin enthaltenen Texte gehen wohl auf die seit 1343 in Koblenz gehaltenen Predigten des damaligen Priors L. zur¨uck. L.s Hauptwerk ist die Vita Christi e quatuor Evangeliis et scriptoribus orthodoxis concinnata. Der Text d¨urfte um 1348–68 in Mainz und Straßburg entstanden sein und wurde 1470 erstmals gedruckt (insgesamt ca. 30 Inkunabeln). In der Vita sind L.s fr¨uher entstandene Ludolfi Cart. Rationes XIV ad proficiendum in virtute aufgegangen. Auch zwei weitere Werke L.s stehen der Vita nahe: der Tractatus bonus fratris Ludolffi magistri in theologia, qualiter vivendum sit homini spirituali, eine Abhandlung mit 12 Regeln f¨ur ein aszetisches Leben, sowie das Stundenbuch Flores et fructus arboris vitae Iesu Christi. Die Vita selbst besteht aus zwei Teilen mit insgesamt 181 Kapiteln von jeweils a¨hnlicher Aufteilung (Lesung mit Darlegung, Durchdringung mit Anwendung, Schlussgebet). Inhaltlich folgt L. der in den vier Evangelien u¨ berlieferten Heilsgeschichte. Auf sehr meditative Weise werden die Lebensstationen Christi in der Vita vergegenw¨artigt und bis in plastische Details geschildert. Die Quellen der Vita zeugen von L.s umfassender Gelehrsamkeit. Neben einer Christus-Vita des Michael von Massa sind u. a. Zacharias Chrysopolitanus, Johannes Chrysostomus, → Augustinus, Ambrosius, → Bernhard von Clairveaux, → Hugo Ripelin von Straßburg und → David von Augsburg zu nennen. L. verwendete auch das Horologium Sapientiae des Heinrich → Seuse und die Meditationes de passione Christi des Jordan von Quedlinburg, 264

Ludolf von Sachsen außerdem die Meditationes vitae Christi des Pseudo→ Bonaventura und die Meditatio passionis Christi per septem diei horas des Pseudo-→ Beda. Die Nachwirkung der Vita erfasste ganz Westeuropa und machte das Werk zu einem der popul¨arsten Andachtsb¨ucher des sp¨aten MA. Der Text wurde schon fr¨uh in mehrere europ¨aische Sprachen u¨ bersetzt. Zu erw¨ahnen ist noch eine popul¨are Bearbeitung der Vita, die um 1400 im nordndl. Raum enstand und als Bonaventura-Ludolphiaanse Leven van Jezus eine große Verbreitung bis in nd.-mitteldt. Regionen erfuhr. Es handelt sich um eine Kompilation aus L.s Text und den erw¨ahnten Meditationes des Pseudo-Bonaventura. ¨ Uberlieferung: L.s Werk (v. a. die Vita Jesu Christi) ist in einer enorm großen Zahl von Hand¨ schriften u¨ berliefert; eine systematische Ubersicht fehlt jedoch. Verzeichnisse finden sich bei de Bruin 1980, Deschamps 1983, Baier/Ruh 1985 (alle s. Lit.) und vereinzelt in den Ausg. Ausgaben: Vita Jesu Christi e quatuor evangeliis et scriptoribus orthodoxis concinnata per Ludolphum de Saxonia, ex ordine Carthusianorum. Hg. v. Ludovicus M. Rigollot u. a. Paris 1865 (Neuausg. ebd. 1870; in 4 Bd. ebd. 1878). – In psalmos V. P. D. Ludolphi Cartusiani enarratio clarissima [...]. Montreuil-sur-Mer 1891. – Flores et fructus arboris vitae Iesu Christi des Karth¨ausers Ludolf von Sachsen († 1378). Hg. v. Walter Baier. In: Mysterium der Gnade. FS Johann Auer. Hg. v. Heribert Rossmann und Josef Ratzinger. Regensburg 1975, S. 321–341. – Tleven ons Heren Ihesu Cristi (Bibliotheca Univ. Leid., cod. ltk 1984). Hg. v. Cebus C. de Bruin. Leiden 1980. – Vita Jesu Christi e quatuor evangeliis et scriptoribus orthodoxis concinnata (Analecta Cartusiana 241). 4 Bde. Salzburg 2006; Einf¨uhrungsbd. ebd. 2007 (beruht auf der Ausg. Paris 1865). – Le commentaire des psaumes des mont´ees. Une e´ chelle de vie int´erieure. Bruno de Cologne, Ludolphe le Chartreux, Denys le Chartreux. Hg. v. Pascal Pradi´e. Paris 2006. ¨ Ubersetzungen: Vie de N. S. J´esus-Christ. Traduction nouvelle. 2 Bde. Paris 1848. – O livro de vita Christi em lingoagem portuguˆes. Hg. v. Augusto Magne. Rio de Janeiro 1968 (Faks.-Ausg. einer Inkunabel von 1495). – Praying the Life of Christ. First English Translation of the Prayers Concluding the 181 Chapters of the Vita Christi of Ludolphus the Carthusian, the Quintessence of His Devout Meditations on the Life of Christ 265

1. H¨alfte 14. Jh. (Analecta Cartusiana 15). Hg. v. Mary Immaculate Bodenstedt. Salzburg 1973. – Le Psautier glos´e et expos´e (Psaume 119). Extrait d’une traduction m´edi´evale (ms. no 14 de la Biblioth`eque Municipale de Nancy). Hg. v. Pierre Demarolle. Nancy 1986. – Das Vorwort zum ‹Leben Jesu Christi›. Hg. v. Andreas Falkner. In: Geist und Leben 61 (1988) S. 265–284. – Das Leben Jesu Christi. Hg. v. Susanne Greiner unter Mitarb. v. Martha Gisi. Einsiedeln/Freiburg 1994. – La vida de Cristo. Fielmente recogida del evangelio y de los santos padres y doctores de la iglesia. Hg. v. Emilio del R´ıo. 2 Bde. Madrid 2010. Literatur: Franz Stanonik, ADB 19 (1884) S. 388. – W. Baier: Ludolphe de Saxe. In: Dict. Spir. 9 (1975) Sp. 1130–1138. – Ders./Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 967–977; 11 (2004) Sp. 938. – Ders., NDB 15 (1987) S. 300 f. – Iris Geyer, TRE 21 (1991) S. 479–481. – Manfred Gerwing, LexMA 5 (1991) Sp. 2167. – W. Baier, Marienlex. 4 (1992) S. 170 f. – Hans–Josef Olszewsky, BBKL 5 (1993) Sp. 312–314. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 335 f. – Gabriele Lautenschl¨ager, LThK3 6 (1997) Sp. 1088 f. – Ulrich K¨opf, RGG4 5 (2002) Sp. 539. – Sabine Schmolinsky, Killy2 7 (2010) S. 536 f. – Nikolaus Paulus: Der Straßburger Kart¨auser L. v. S. In: Arch. f¨ur Els¨assische Kirchengesch. 2 (1927) S. 207–222. – Mary Immaculate Bodenstedt: The ‹Vita Christi› of Ludolphus the Carthusian. Diss. Washington 1944 (mit Bibliogr.). – Ludovicus M. F. Daniels: Ludolphus van Saksen en Henricus Suso. In: Ons Geestelijk Erf 20 (1946) S. 138–150. – Antonin Passmann: Probleme um L. v. S. In: Arch. f¨ur Els¨assische Kirchengesch. 3 (1949/50) S. 13–34. – Elizabeth Salter: Ludolphus of Saxony and his English Translators. In: Medium aevum 33 (1964) S. 26–35. – Charles A. Conway: The Vita Christi of Ludolph of Saxony and Late Medieval Devotion Centred on the Incarnation. A Descriptive Analysis. Salzburg 1976. – C. C. de Bruin: Middeleeuwse levens van Jezus als leidraad voor meditatie en contemplatie. In: Nederlands archief voor kerkgeschiedenis NS 58 (1977) S. 129–155; 60 (1979/80) S. 162–181; 63 (1983) S. 129–173. – W. Baier: Unters. zu den Passionsbetrachtungen in der ‹Vita Christi› des L. v. S. (Analecta Cartusiana 44). Salzburg 1977. – JohannaMarie Willeumier-Schalij: Grondpatronen voor Middelnederlandse Levens van Jesus in gebeden (Lodolphus van Saksen, Jordanus van Quedlinburg e.a.). In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en 266

1. H¨alfte 14. Jh. Letterkunde 93 (1977) S. 76–85. – Dies.: Expositio in psalterium Davidis van Ludolphus van Saksen in het Middelnederlands. In: Ebd. 94 (1978) S. 129–147. – John J. Ryan: Historical Thinking in Ludolph of Saxony’s Life of Christ. In: Journal of Medieval and Renaissance Studies 12 (1982) S. 67–81. – W. Baier: Die Spiritualit¨at der Kart¨auser dargestellt an der ‹Vita Christi› des L. v. S. In: Die Kart¨auser. Der Orden der schweigenden M¨onche. Hg. v. Marijan Zadnikar/Adam Wienand. K¨oln 1983, S. 21–24. – Jan Deschamps: De ‹Vita Christi› van L. van Saksen in het Middelnederlands. In: Historia et spiritualitas Cartusiensis. Colloquii quarti Internationalis acta. Hg. v. Jan De Grauwe. Destelbergen 1983, S. 157–176. – Lawrence F. Hundersmarck: A Study of the Spiritual Themes of the Prayers of the Vita Jesu Christi of Ludolphus de Saxonia. In: Kart¨auserregel und Kart¨auserleben 1. Internationaler Kongress vom 30. Mai bis 3. Juni 1984 Stift Heiligenkreuz. Hg. v. James Hogg. Salzburg 1984, S. 89–121. – G. Hendrix: Refutatie inzake de relatie Michael de Massa/Ludolf von Saksen. In: Ons Geestelijk Erf 59 (1985) S. 17–26. – Karl–Ernst Geith: L. v. S. und Michael von Massa zur Chronologie von Zwei Leben Jesu–Texten. In: ebd. 61 (1987) S. 304–336. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 171, 174. – Maureen B. M. Boulton: Le Langage de la d´evotion affective en moyen fran¸cais. In: Le Moyen fran¸cais 39/40/41 (1996/97) S. 53–63. – A. Falkner: ‹Manresa› oder ‹Sachsen›? Das B¨uchlein ¨ Geistliche Ubungen des Ignatius von Loyola und der Foliant Vita Jesu Christi des L. v. S. In: Korrespondenz zur Spiritualit¨at der Exercitien 56 (2006) H. 88, S. 33–59. – Birgit M¨unch: Saepe et sedulo recogitata passio. Narrative Texte zur Passion und ihre Wirkung auf die Bildk¨unste am Beispiel der Vita Christi Ludolphs v. S. (um 1348). In: What is ‹Theology› in the Middle Ages? Religious Cultures of Europe (11th–15th Centuries) as Reflected in Their Self-Understanding. Hg. v. Mikolaj Olszewski. Mu¨ nster 2007, S. 591–614. – KarlGeorg Pf¨andtner: L. v. S., Leben Christi. In: Die pr¨achtigsten Bibeln. Hg. v. Andreas Fingernagel. Hong Kong/K¨oln u. a. 2008, 148–153. – Marielle Lamy: Les apocryphes dans les premiers chapitres des deux plus c´el`ebres ‹Vies du Christ› de la fin du Moyen Age. (Les ‹Meditationes vitae Christi› du Pseudo-Bonaventure et la ‹Vita Christi› de Ludolfe le Chartreux). In: Apocrypha 20 (2009) S. 29–82. – Roberto Osculati: Sed heu! hodie multi ... Ludolfo di Sassonia († 1378), l’evangelo e la chiesa del 267

Der von Sachs suo tempo. In: Cristianesimo nella storia 30 (2009) S. 591–634. MM Der von Sachs. – Prediger. Von S., dessen Identit¨at nicht gesichert ist, liegt einzig ein gr¨oßeres «Dictum» vor, das eine ausgepr¨agte Leidensspiritualit¨at bezeugt. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. B IX 15, 245ra/b (14. Jh., alemannisch). – Berlin, SBB, Mgo 65, 110v f. (14. Jh., els¨assisch). – Als «Zw¨olf Meister»-Spruch 4 (anonym; → Spr¨uche der zw¨olf Meister von Paris) in Z¨urich, ZB, cod. A 131, 122v (oder 123r) (1393, alemannisch). Textabdrucke: Wilhelm Wackernagel: Altdt. Lesebuch. Basel 21847, Sp. 890 (nach Basel B IX 15). – Wolfgang Stammler, ZfdPh 55 (1930) S. 295. – Der Meisterspruch: W. Wackernagel, ZfdA 4 (1844) S. 497 f. – Ders.: Lesebuch, 5. Aufl., Sp. 1108. – F. Vetter: Lehrhafte Litteratur des 14. und 15. Jh. Berlin/Stuttgart. Bd. 2, S. 166. – W. Stammler: Albert der Große und die dt. Volksfr¨ommigkeit des MA. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 3 (1956) S. 307 (alle nach Zu¨ rich A 131). Literatur: Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 135. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld-Leipzig 1935, S. 183 f. BJ Der Sachse (Sahse). – Barf¨ußerm¨onch. In einer einzigen Handschrift (→ Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191) geringf¨ugig als Prediger zitiert: Was Herz und Seele des Menschen begehrten, danach sei auch seine Seele von Gott geschaffen worden. Wurde teilweise mit dem von Sachs gleichgesetzt (dagegen: Ruh 1992, s. Lit.). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 388r (Pap. und Perg., um 1400, alemannisch). Ausgabe: Spr¨uche dt. Mystiker. Hg. v. Franz Pfeiffer. In: Germania 3 (1858) S. 233 (Nr. XXVI). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 461. – Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 293. MM Nikolaus von Laun (Nicolaus de Luna, Niclas von Lun) OESA, * vor 1300 Laun (Louny)/B¨ohmen, † 26.3.1371 Regensburg. – Theologe, Prediger, Weihbischof von Regensburg. N. trat um 1315 in den Orden der AugustinerEremiten ein, studierte am Generalstudium der 268

Seckauer Cantionale bayerischen Provinz des Ordens in Prag und vermutlich auch in Paris, wo er zum Dr. theol. promoviert wurde. 1334 ist er als Lektor am Prager Generalstudium bezeugt. Zus¨atzlich war er 1340–43 und 1344–54 Provinzial der bayerischen Provinz des Ordens. N. wirkte an den Gr¨undungen von Kl¨ostern in Weißwasser, Br¨unn, R¨oßel (Ostpreußen), Breslau, Krakau und eines Frauenklosters in Prag mit. Er hielt die Festansprachen anl¨asslich der Erhebung Prags zum Erzbistum (1344) und bei der K¨onigskr¨onung des sp¨ateren Kaisers Karl IV. (1347). An der 1348 von Karl gegr¨undeten Prager Universit¨at geh¨orte N. zu den ersten f¨unf Professoren der Theologischen Fakult¨at. Gleichzeitig war er Karls pers¨onlicher ‹capellanus› und ‹consiliarius› und 1358/59 Provinzial der zeitweiligen b¨ohmischpolnischen Ordensprovinz. Um 1362/63 wurde N. zum Weihbischof von Regensburg ernannt. Von N.s Schriften sind neben den beiden Festansprachen nur Teile seines homiletischen Werks erhalten, darunter die umfangreiche Expositio litteralis super ‹Missus est›, die den Englischen Gruß behandelt und eine Auslegung der Kindheit Christi nach mehreren Schriftsinnen bietet. ¨ Uberlieferung: Festansprachen: Prag, Arch. der Prager Burg / Bibl. des Metropolitankapitels, Cod. E 54 (812), 49rv und 58r, 108v–109v (Pap. u. Perg., 14. Jh., lat.). – Expositio: Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Cod. 1649 (AA. II. 22), 6r–40v (Pap., 15. Jh., lat.). Ausgaben: Jaroslav Kadlec: Die homiletischen Werke des Prager Magisters N. v. Louny. In: Augustiniana 23 (1973) S. 242–70 (Festansprachen: S. 251–270). Literatur: J. Kadlec, VL2 6 (1987) Sp. 1116 f. – Winfried Eberhard, LThK3 7 (1998) Sp. 857. – Roland Pauler, NDB 19 (1999) S. 272 f. – Josef Hemmerle: N. v. L. Erster Professor der Prager Karls-Universit¨at. Diss. Prag 1941. – Ders.: N. v. L. In: Stud. zur Gesch. der Karls-Univ. zu Prag. Hg. Rudolf Schreiber (Forschungen zur Gesch. und Landeskunde der Sudetenl¨ander 2). Freilassing/Salzburg 1954, S. 81–129. – Francis Roth: N. v. L. In: Augustiniana 5 (1955) S. 288–295. – Johannes Baptist Schneyer: Repertorium der lat. Sermones des MA. F¨ur die Zeit von 1150–1350. Bd. 4. (Beitr. zur Gesch. der Philos. und Theologie des MA 43,4). Mu¨ nster 1972 (CD-ROM-Ausgabe 2001) S. 337. – J. Hemmerle: N. v. L. In: Lebensbilder zur Gesch. der b¨ohmischen L¨ander. Bd. 3: Karl IV. und sein Kreis. Hg. Ferdinand Seibt. Mu¨ nchen/Wien 1978, 269

1. H¨alfte 14. Jh. ˇ S. 175–197. – Josef Tˇr´ıˇska: Zivotopisn´ y slovn´ık pˇredhusitsk´e praˇzsk´e univerzity 1348–1409. Repertorium biographicum Universitatis Pragensis praehussiticae (Kniˇznice Arch´ıvu Univerzity Karlovy 12). Prag 1981, S. 405. – J. Kadlec: Das Augustinerkloster St. Thomas in Prag vom Gr¨undungsjahr 1285 bis zu den Hussitenkriegen mit Edition seines Urkundenbuches (Cassiciacum 36). W¨urzburg 1985. – Renate Dix: Die Fr¨uhgesch. der Prager Univ. Gr¨undung, Aufbau und Organisation 1348–1409. Diss. Bonn 1988, S. 116–132. – Frantiˇsek Kavka/Josef Petr´anˇ : Dˇejiny Univerzity Karlovy 1348–1990. Bd. 1 (1347/48–1622). Prag ¨ 1995 (Gek¨urzte engl. Ubers. u. d. T.: A History of Charles University. Bd. 1 1348–1802. Prag 2001). – Jana Nechutov´a: Die lat. Lit. des MA in B¨ohmen (Bausteine zur slavischen Philologie und Kulturgesch. A, NF 59). K¨oln u. a. 2007, S. 272 f. VZ Seckauer Cantionale. – Handschrift (um 1345) aus dem Augustiner-Chorherrenstift Seckau; enth¨alt Cantionarium und Breviarium. Diesen Titel hat die Pergamenthandschrift – Graz, UB, Cod. 756 (230 Bl¨atter) – erhalten, obwohl der erste Teil ein Breviarium (mit vorangestelltem Kalendarium) darstellt. Dieses enth¨alt zahlreiche dt. geistliche Lieder. Die seelsorgerischen Aktivit¨aten der Augustiner-Chorherren im 14. Jh. und deren Versuch, die Gemeinde st¨arker in den Gottesdienst einzubeziehen, bildeten vermutlich den Hintergrund f¨ur die vermehrte Pr¨asenz dt. Lieder im Rahmen der Liturgie. Ausgaben: Benno Roth: Die Seckauer und Vorauer Osterliturgie im MA (Seckauer geschichtliche Stud. 4). Seckau 1935, S. 22–35. – Walther Lipphardt (Hg.): Lat. Osterfeiern und Osterspiele. Bd. 4. Berlin/New York 1976, Nr. 745. Literatur: Johannes Janota, VL2 8 (1992) Sp. 983–986. – Ders./Hans P¨ornbacher: Liederb¨ucher. In: MarLex 6 (1944) S. 853–855, hier S. 853. – Emil Hadina: Die dt. Lieder des Seckauer Breviers. Diss. Graz 1907. – Arnold Geering: Die Organa und mehrstimmigen Conductus in den Hss. des dt. Sprachgebietes vom 13. bis 16. Jh. Bern 1952. – Anton Kern: Die Hss. der UB Graz 2. Wien 1956. – Wolfgang Irtenkauf: Das Seckauer Cantionarium vom Jahr 1345. In: Arch f¨ur Musikwiss. 13 (1956) S. 116–141. – Ders.: Die Weihnachtskomplet im Jahr 1345 in Seckau. Musikforschung 270

1. H¨alfte 14. Jh. 9 (1956) S. 257–262. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA. Mu¨ nchen 1968. – Gilbert Reaney: Manuscripts of Polyphonic Music [...] (R´epertoire International des Sources Musicales B IV2) Mu¨ nchen 1969. – W. Lipphardt: Stud. zur Musikpflege in den ma. Augustinerchorherrenstiften des dt. Sprachgebietes. In: Jb. des Stiftes Klosterneuburg, NF 7 (1971) S. 7–102. – Ders.: Hymnologische Quellen der Steiermark und ihre Erforschung (Grazer Universit¨atsreden 13). Graz 1974. – Ders.: Lat. Osterfeiern und Osterspiele 6. Berlin/New York 1981. – Rudolf Flotzinger: Choralhss. o¨ sterreichischer Provenienz in der Bodleian Library Oxford. (Sb. der ¨ Osterreichischen Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl. 580). Wien 1991. SF Johannes von Dambach (a Tambaco, Cambico, Zambico, Zambuco, Zumuacho), * um 1288 Dambach/Elsass, † 10.10.(3.1.?)1372 Freiburg (Br.?). J.s Name verweist wahrscheinlich auf seine Herkunft aus dem Ort Dambach. Eine Abstammung aus der gleichnamigen Familie Straßburger Patrizier ist m¨oglich, aber nicht nachgewiesen. J. schloss sich 1308 als Novize den Dominikanern in Straßburg an, bei denen seit 1315 auch Johannes → Tauler lebte. Sp¨ater wechselte J. in den Konvent in K¨oln, wo er 1327 als Zeuge im Inquisitionsprozess gegen Meister → Eckhart bezeugt ist. M¨oglicherweise studierte J. auch in Bologna Theologie, doch ist der Zeitpunkt unsicher. Sicher kehrte er nach seiner K¨olner Zeit nach Straßburg zur¨uck. In der kaisertreuen Stadt gerieten die Dominikaner allerdings in eine prek¨are Lage, als Ludwig IV. der Bayer mit der Gr¨undung des Kurvereins einen Erfolg im Interdiktstreit mit dem Papst erzielte. Da sich J.s Orden auf die Seite Papst Benedikts XII. stellte, mussten die Straßburger Br¨uder und J. 1339 ins Exil nach Basel gehen. Dort unterhielt D. u. a. Kontakte zu Venturino von Bergamo. Nach F¨ursprache Kaiser Karls IV. bei Papst Clemens VI. wurde J. 1347 in Montpellier promoviert und im selben Jahr zum Theologieprofessor an der Univ. Prag ernannt. Karl IV. war es auch, der J. 1348 nach Avignon entsandte, um dort die kirchenrechtlichen Konsequenzen des Interdikts zu verhandeln und deren Abmilderung zu erreichen (u. a. durch eine gebietsweise Generalabsolution). 1350 ging J. dann nach Paris, bevor er 1356 nach Straßburg zur¨uckkehrte, wo er seinen Konvent in den Interdiktverhandlungen mit der Stadt vertrat. 271

Johannes von Dambach Mo¨ glicherweise war J. im Zeitraum vor 1370 auch noch Prior in Freiburg i. Br. J.s Werk entstand etwa 1338–66. Allein zwanzig Jahre lang schrieb er an seinem Hauptwerk De consolatione theologiae (um 1340–60), das von der Consolatio philosophiae des → Boethius inspiriert wurde, aber als durchg¨angig eigenst¨andiger Text mit pessimistischer Grundtendenz gilt. In seinen 15 B¨uchern treten die personifizierte Theologie sowie eine Gruppe von Jungfrauen und Rittern als tr¨ostende Figuren auf. Die F¨ulle der verzeichneten Trostf¨alle und die in sich geschlossenen Kapitel verleihen dem Text den Charakter eines kompilatorischen Handbuchs. Dazu tragen auch die zahlreichen Zitate bei, die J. etwa bei Meister Eckhart (Liber benedictus) und mehreren antiken Autoren (Aristoteles, Seneca, Cicero u. a.) entlehnt hat. Der reiche Inhalt des Werks trug mit dazu bei, es als Grundpfeiler der ma. Trostbuchliteratur zu etablieren. Bis nach Ungarn, Polen und Spanien wurde der Text vollst¨andig oder auszugsweise in u¨ ber 60 ¨ Handschriften verbreitet. Hinzu kamen ndl. Ubersetzungen. Unter J.s kleineren Arbeiten ist etwa die Exhortatio ad Carolum IV (1346–48) zu erw¨ahnen. Darin schildert er drastisch die Folgen des p¨apstlichen Interdikts und bittet Karl IV., m¨aßigend auf die Kurie einzuwirken und eine Aufhebung des Interdikts anzustreben. In De sensibilibus deliciis paradisi (vor 1350) wird die Frage er¨ortert, ob das Leben im Himmel nach der Auferstehung des Leibes auch sinnliche Freude enthalte, was J. bejaht. De culpa et gratia (1357) behandelt S¨unde, Schuld und Gnade, der Traktat De simonia claustralium (1360/61) die Eink¨unfte der Dominikaner und De proprietate Mendicantium (1362) die Armutsfrage im Ordenskontext. Breite Wirkung erzielte unter J.s Werken aber allein De consolatione theologiae. ¨ Uberlieferung: 1. De consolatione theologiae: ¨ Verz. der umfangr. Uberl. bei Auer 1928 (s. Lit.) S. 7–62, 188–232, 358–365, Kaeppeli 1975 (s. Lit.) und Hartmann 2007 (s. Lit.) S. 620–624. – Vollst. Fassungen des Texts sind u¨ berl. in: Basel, UB, B. V. 34 (14. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 6499 (1422). – W¨urzburg, UB, M. ch. f. 26 (1440). – Ebd., Clm 3547 (1469). – Br¨ussel, K¨onigliche Bibl. von Belgien, 806 (van den Gheyn 1722) (15. Jh.). – Karlsruhe, LB, Aug. 10, 2r–240ra (15. Jh.). – Oxford, Bodleian Library, Laud. Misc. 298 (15. Jh.). – Paris, Nationalbibl., lat. 13605 (15. Jh.). – Weitere Fassungen u. a. in: Koblenz, Landeshauptarch., Best. 272

Tauler 701 Nr. 173, 124va–173vb (Pap., fr¨uhes 15. Jh.; Auszug). – Augsburg, UB, cod. II.1.2° 41, 87v–124rb (Pap., um 1435). – Hildesheim, Dombibl., Hs 727, 84ra–123va (Pap., um 1441/43; Auszug). – Stuttgart, LB, HB I 57, 43r–97r (Pap., Konstanz [?], 1442–55). – Bremen, SUB, msa 0026, 2ra–40vb (Pap., zweites Viertel 15. Jh.). – Marburg, UB, Mscr. 70, 33v–34r (Pap., Bursfelde, erste H¨alfte 15. Jh.; Auszug). – Darmstadt, LB, Hs 675, 6v–54r (Pap., K¨oln, um 1450, Auszug). – Darmstadt, LB, Hs 794, 317r–419v (Pap., Mitte 15. Jh.; gek¨urzte Fassung). – Eichst¨att, UB, cod. st 231, 226ra–264ra (Pap., Rebdorf, 1455/56). – Kassel, UB/LMB, 8° Ms. theol. 10, 71r–138r (Pap., Hessen, um 1464). – Darmstadt, LB, Hs 782, 116v (Pap., Mainhardt [?], 1470; Auszug). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 686, 97r–120v (Pap., Bayern, um 1478/79; Ausz¨uge). – Ebd., Clm 28569, 1r–266v (Pap., S¨uddeutschland¨ Osterr. [?], zweite H¨alfte 15. Jh.). – Erlangen, UB, 576 (Irm. 808), 181–216 (Pap., 15. Jh.; verk¨urzte Bearb.). – Frankfurt/M., Stadt- und UB, cod. Barth. 138, 273r–275v (15. Jh.). – Ebd., cod. Barth. 140, 338r–345r (15. Jh.). – 2. De quantitate indulgenciarum u. a.: N¨urnberg, StB, cod. Cent. I, 80, 30ra–87va (Perg., N¨urnberg [?], zweite H¨alfte 15. Jh., lat.). Ausgaben: Auer 1926 (s. Lit.) S. 540–549 (Exhortatio). – De consolatione theologiae Libri I–III. Editio critica. Hg. v. Piotr Smolinski. In: Acta mediaevalia (Lublin) 21 (2009) S. 3–229. ¨ Ubersetzungen: Walter Hofmann: Ein Brief Johanns v. D. an Karl IV. In: Wiss. Zs. der Karl-MarxUniv. Leipzig, gesellsch.- und sprachwiss. Reihe 6 (1956/57) S. 387–396 (Exhortatio dt.). Literatur: Volker Honemann: Jean de D. In: Dict. Spir. 8 (1972) Sp. 466 f. – Paul-Gundolf Gieraths, NDB 10 (1974) S. 547. – Franz Josef Worstbrock, VL2 4 (1983) Sp. 571–577. – Dieter Berg, LexMA 5 (1991) Sp. 568. – Werner Schulz, BBKL 3 (1992) Sp. 336 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 390 f. – Schulthess/Imbach (1996), S. 500 f. – Matthias Laarmann, LThK3 5 (1996) Sp. 899 f. – [Red.]: Jean de D. In: DHGE 26 (1997) Sp. 1459. – Sabine Schmolinsky, Killy2 6 (2009) S. 157 f. – Heinrich Denifle: Magister Johann v. D. In: Arch. f¨ur Lit.- und Kirchengesch. des MA 3 (1887) S. 640–645. – Gustav Sommerfeldt: Johann v. D., Dominikanerm¨onch und Prof. der Theol. In: Zs. f¨ur kath. Theol. 38 (1914) S. 816–817. – Nikolaus Paulus: J. v. D. In: Bulletin Eccl´esiastique de Strasbourg 41 (1922) S. 52–94, 273

1. H¨alfte 14. Jh. 146–169. – Albert Auer: Eine verschollene Denkschr. u¨ ber das große Interdikt des 14. Jh. In: Hist. Jb. der G¨orres-Gesellsch. 46 (1926) S. 532–549. – Ders.: J. v. D. und die Trostb¨ucher v. 11. bis zum 16. Jh. Mu¨ nster 1928. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel v. der Gr¨undung bis zur Klosterreform, 1233–1429. Diss. Basel 1933. Fortsetzung in: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 34 (1935) S. 107–259, hier S. 169–174. – Gabriel M. L¨ohr: Die Mendikantenarmut im Dominikanerorden im 14. Jh. Nach den Schriften von J. v. D. O. P. und Johannes Dominici O. P. In: Divus Thomas Ser. 3,18 (1940) S. 385–427. – Angelus Walz: Compendium historiae Ordinis Praedicatorum. Rom 21948, S. 236–240. – Gerhard Eis: Stud. zur altdt. Fachprosa. Heidelberg 1951, S. 74 f. – A. Auer: Leidenstheologie im Sp¨atMA. Sankt Ottilien 1952, S. 64 f. u. o¨ . – Friedrich Stegm¨uller: Die Consolatio theologiae des Papstes Pedro de Luna (Benedikt XIII.). In: Gesammelte Aufs¨atze zur Kulturgesch. Spaniens (Spanische Forschungen der G¨orresges. 1,21). Hg. v. der G¨orresges. Mu¨ nster/Westf. 1963, S. 209–215. – Peter von Moos: Consolatio. Stud. zur mlat. Trostlit. u¨ ber den Tod und zum Problem der christlichen Trauer (MMS 3,3). Bd. 1. Mu¨ nchen 1971, S. 28 f.; Bd. 3. Mu¨ nchen 1972, T 481, 572, 753 u. o¨ . (s. Reg. in Bd. 4). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 400–405. – Ute Mennecke-Haustein: Luthers Trostbriefe. G¨utersloh 1989, S. 101 f. u. o¨ . – Robert W. Shaffern: A New Canonistic Text on Indulgences: ‹De quantitate indulgenciarum› of John of D., O.P. (1288–1372). In: Bulletin of Medieval Canon Law NS 21 (1991) S. 25–46. – Ders.: John of D. and the Proliferation of Indulgences in the Fourteenth Century. Diss. Notre Dame/Indiana 1992. – Piotr Smolinski: Pr´eparation de l’´edition critique de ‹De consolatione theologiae› de Jean de Tambach. In: Acta mediaevalia (Lublin) 12 (1999) S. 369–380. – Carmen Cardelle de Hartmann: Lat. Dialoge 1200–1400. Lit.hist. Stud. und Repertorium. Leiden u. a. 2007. MM Tauler, Johannes (Tauller, Taweler, Tauweler, Thauler, Thaler; latinisiert: Taulerus) OP, * um 1300 wahrscheinlich Straßburg, † 16.1.1361 Straßburg. – Verfasser mystischer Predigten. Der Sohn einer wohlhabenden und angesehenen Straßburger Familie trat im Alter von etwa 14 Jahren in den Straßburger Dominikanerkonvent 274

1. H¨alfte 14. Jh. ein. Er studierte dort und an anderen Ordensstudien die Artes liberales und Naturphilosophie, dann auch vor¨ubergehend Theologie – wohl unter → Johannes von Sterngassen. Zum Studium der Theologie an einem Studium generale wurde T. nicht zugelassen. Er lernte in seiner Jugend wahrscheinlich Meister → Eckhart kennen, der sich zwischen 1314 und 1322/24 als Vikar des Ordensgenerals l¨angere Zeit in Straßburg aufhielt. T. kann jedoch nicht als Sch¨uler Eckharts bezeichnet werden. Nach der Priesterweihe vom Orden zum Predigt- und Seelsorgedienst bestimmt, betreute T. vor allem die Dominikanerinnenkl¨oster und Beginengemeinschaften Straßburgs («cura monialium»). Nach der Verh¨angung des Interdikts u¨ ber die Stadt durch Papst Johannes XXII. wegen der dt. Thronstreitigkeiten ging T., der in dieser Zeit die Dominikanerin Margarete → Ebner in Medingen besuchte, 1339 ins Exil. Er fand Aufnahme in Basel, wo er wie der befreundete → Heinrich von N¨ordlingen als Volksprediger wirkte. T. hielt sich 1339, 1343 und 1346 in K¨oln auf, predigte u. a. im Kloster St. Gertrud und bem¨uhte sich um Handschriftenaustausch bzw. -kopie oder -erwerb (Summen des → Thomas von Aquin, Horologium sapientiae Heinrich → Seuses u. a.). Sp¨atestens um die Jahrhundertmitte schloss er sich der Bewegung der «Gottesfreunde» an (vgl. Rulman → Merswin) und trat in Kontakt mit → Berthold von Moosburg, dem Lector primarius der K¨olner Ordensuniversit¨at. 1342/43 (1346 ?) kehrte T. in den Straßburger Konvent zur¨uck, dessen Erweiterungsbau 1345 abgeschlossen wurde. Um 1350 besuchte er zusammen mit seinem Mitbruder → Johannes von Dambach Paris; m¨oglicherweise reiste er sp¨ater zu Jan van → Ruusbroec nach Groenendaal/Brabant. Von T. sind rund 80 deutschsprachige Predigten in ca. 200 Handschriften u¨ berliefert. Wann und wo er diese Predigten gehalten hat, ist nicht bekannt. Schon fr¨uh kam es, a¨ hnlich wie bei Heinrich Seuse, zu Sammlungen der Predigten; keine Handschrift bietet alle T. zugesprochenen Predigten. Zu den Corpushandschriften kommen zahlreiche Handschriften, die nur einige Texte oder nur einen Satz tradieren. Bereits zu T.s Lebzeiten existierte eine Predigtsammlung, die er autorisiert hatte. Als wichtigste Textzeugen gelten heute ein Engelberger Codex aus dem Jahr 1359 (Stiftsbibl. Engelberg, Cod. 124), eine Straßburger Handschrift, die 1870 275

Tauler vernichtet wurde und nur in einer Abschrift erhalten geblieben ist, sowie zwei Wiener Codices in ripuarischem Dialekt. T. formulierte nie eine Lehre systematisch aus und schrieb im Unterschied zu den damals wichtigen dt. Predigern keine lat. Werke. Zahlreiche Zitate aus Schriften der Kirchenv¨ater (→ Augustinus, Ambrosius, → Gregor, → Dionysius Areopagita, → Hieronymus) und der scholastischen Theologen (→ Anselm von Canterbury, → Albertus Magnus, → Hugo von St. Viktor, → Thomas von Aquin) weisen ihn jedoch als Lateinkundigen mit großer Bildung aus. Als Autorit¨aten f¨uhrte er auch Philosophen wie Aristoteles, Platon und besonders Proklos an. T. stand in der dominikanischen Tradition, wie sie sich in Deutschland vor allem unter dem Einfluss → Dietrichs von Freiberg und Meister Eckharts (Lehre von der Gottesgeburt) entwickelt hatte. Davon ausgehend, dass Gott in den oberen Seelenregionen des Menschen einen «grunt» gelegt hat, in dem er – verborgen – selbst auf Dauer gegenw¨artig ist, spricht T. in seinen Predigten fast immer den einzelnen Menschen an. Erlangung der Heilsgewissheit setzt die Erfahrung des eigenen Nichts voraus. Notwendig ist nach außen die «Lebensbesserung» im Verh¨altnis zu den Mitmenschen, nach innen eine R¨uckkehr in den ungeschaffenen Ursprung, eine Neuausrichtung aller seelischen und geistigen Kr¨afte sowie deren Sammlung im tiefsten und gleichzeitig h¨ochsten Punkt, dem «gem¨uete». Der a¨ ußere Mensch hat mit dem inneren den dreifachen Weg («via purgativa», «via illuminativa», «via unitiva»; vgl. Dionysius Areopagita, Gregor d. Große) mitzugehen bis zur «unio mystica» mit Gott. Unter expliziter Berufung auf Proklos und dessen Philosophem vom dreifachen Menschen, denkt T. den a¨ ußeren, tierhaften und den inneren, vernunfthaften Mensch im «dritten Menschen» als gottf¨ahig und gottf¨ormig, sogar als «¨uberg¨angig» («deificatio», «transformatio») in Gott. Der Mensch kann aus Gnade das werden, was Gott von Natur ist. Ein großer Teil von T.s Predigten ist dem Thema der Wiedererlangung des «Seelengrundes» (vgl. Albertus Magnus) gewidmet. Zur Einheitserfahrung mit Gott k¨onnen nach T. auch richtig vollzogene Fr¨ommigkeits¨ubungen wie Gebet, Beichte und Eucharistie f¨uhren. T.s Predigten gehen immer von einem Bibel¨ wort aus. Nach einer Ubersetzung dieses Textes ins Deutsche folgt meist eine Wort-f¨ur Wort276

Tauler Erkl¨arung. In der Einleitung werden oft thematische Punkte genannt, deren Durchf¨uhrung im Hauptteil recht frei gehandhabt wird. Am Schluss steht oft eine Wunsch¨außerung und/oder eine gebethafte Fomel. Die Mehrzahl der großen T.-Handschriften zeigt eine feste Reihenfolge der Predigten; die Texte sind nach dem Kirchenjahr geordnet (von Weihnachten bis 1. Sonntag nach Allerheiligen); dieser Perikopenreihe von 60 Predigten folgt ein Anhang mit zwei Predigten zum Kirchweihfest, drei Beichttraktaten und Heiligenpredigten. Seit dem ersten Drittel des 15. Jh. entstanden mehrere redaktionelle Bearbeitungen. Von großer Eigenst¨andig¨ keit ist die mndl. Uberlieferung. Der Erstdruck von T.-Predigten erschien 1498 in Leipzig, eine s¨uddt. Ausgabe 1508 in Augsburg. Die «Basler Ausgabe» erschien 1521 (mit deutlich mehr Texten, die aber zum gr¨oßeren Teil nicht T. zugewiesen werden k¨onnen). 1543 gab Petrus Canisius den ¨ K¨olner Druck heraus (Ubersetzung ins Lateinische durch Laurentius Surius, 1548; R¨uck¨ubersetzung ins Deutsche durch Daniel Sudermann). Die Nachwirkung T.s war sehr groß; die F¨ulle von Pseudo-Tauleriana bestimmte dabei die Wirkungsgeschichte wesentlich mit. Eindeutig ist der Einfluss auf Martin Luther, der die 1516 von ihm edierte Theologie deutsch f¨ur ein Kompendium der Theologie T.s hielt. Rezipiert wurde T., wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung, ebenfalls im mystischen Spiritualismus (u. a. Caspar Schwenckfeld, Jacob B¨ohme) und in der lutherischen Orthodoxie (u. a. Johann Gerhard). Pseudo-taulerische Schriften sind u. a. die wirkungsm¨achtigen G¨ottlichen Lehren (Institutiones taulerianae, von Canisius in seine Ausgabe von 1543 aufgenommen) und das → Buch von geistlicher Armut (von Daniel Sudermann T. zugeschrieben). Stark von T.s Theologie gepr¨agt ist auch bekannte Adventslied → Es kumpt ein Schiff geladen. Ausgaben: Ferdinand Vetter (Hg.): Die Predigten T.s. Aus der Engelberger und der Freiburger Hs. sowie aus Schmidts Abschriften der ehemaligen Straßburger Hss. (DTM 11). Berlin 1910. Nachdr. Dublin/Z¨urich 1968. Augsburg 2000. – Adolphe L. Corin (Hg.): Sermons de Jean T. et autres e´ crits mystiques. 2 Bde. (Bibl. de la Facult´e de Philosophie et Lettres de l’Univ. de Liege 33 und 42). Li`ege/Paris 1924 und 1929 (I. Le Codex Vindobonensis 2744. II. Le Codex Vindobonensis 2739). – Leopold Neumann (Hg.): Ausgew¨ahlte 277

1. H¨alfte 14. Jh. Predigten J. T.s. (Kleine Texte f¨ur Vorlesungen und ¨ Ubungen 127). Berlin 21933. – Josef Quint (Hg.): Textbuch zur Mystik des dt. MA. Meister Eckhart, J. T., Heinrich Seuse. Halle/S. 21957. ¨ ¨ Ubersetzungen: J. T. Predigten. Ubertragen und eingel .v. Walter Lehmann. Jena 1913. 21923. – T. In Auswahl u¨ bers. v. Wilhelm Oehl. (Dt. Mystiker 4). Kempten 1919. – Sermons de T. Traduction sur les plus anciens manuscrits allemands par ´ Etienne Hugueny, Gabriel Th´ery, Adolphe L. Corin. 3. Bde., Paris o. J. [1927–35]. Neuausg. u. d. T. ´ Sermons. Edition int´egrale. Ebd. 1991. – J. T. Pre¨ digten. Ubertragen und hg. v. Georg Hofmann. Freiburg i. Br. 1961. Nachdr. mit einer Einf. v. Alois M. Haas. 2 Bde. Einsiedeln 1979. – Beato Giovanni T. Opere. Hg. v. Bernardino de Blasio. Alba 1977. – J. T., Predigten. Gotteserfahrung und Weg in die Welt. Hg. und u¨ bers. v. Louise Gn¨adinger. Olten/Freiburg i. Br. 1983. – J. T., Predigten. In: Heinrich Seuse, J. T.: Mystische Schr. Hg. Winfried Zeller/Bernd Jaspert. M¨unchen 1988, S. 153–306. – Dt. Mystik [...]. Ausgew., u¨ bers. und eingel. v. L. Gn¨adinger. Z¨urich 1989. 2 1994. – J. T., Sermons. Hg. v. Maria Shrady/Josef Schmidt. New York 1985. – Jean T., Sermons. Hg. v. Jean-Pierre Jossua. Paris 1991. – J. T., Das Segel ist die Liebe. Erfahrungen eines Gottesfreundes. Ausgew., eingel. u. hg. v. Manfred Baumotte, u¨ bers. v. L. Gn¨adinger u. a. Z¨urich /D¨usseldorf 1998. – Gott in Dir. T.s spirituelles Programm. Ausgew¨ahlte Texte, u¨ bertragen und eingel. v. Eugen Rucker. Bonn 2005. – T.s Weg nach innen. Bl¨utenlese aus den Predigten des J. T. (1300–1361). Zusammengestellt und eingel. v. Peter Huijs. Aus dem Niederl¨andischen u¨ bers. von K¨athe Warncke. Birnbach 2009. Bibliographie: Georg Hofmann: Literaturgeschichtliche Grundlagen zur T.-Forschung. In: J. T. Hg. v. E. Filthaut 1961 (s. u.), S. 436–479 (nicht fehlerfrei). Hss. S. 439–460; Biliogr. S. 460–479. – Glandau 1993 (s. u.), S. 362–400. Literatur: Zu Leben und Werk: Wilhelm Preger, ADB 37 (1894) S. 453–465. – De Boor/Newald 3/2 (1986) S. 268–275 u. o¨ . – Meinhard Prill, KNLL 16 (1991) 383 f. – Loris Sturlese, Killy 11 (1991) 311–313. – Johannes G. Mayer, MarLex 6 (1994) S. 359–361. – Louise Gn¨adinger/Johannes G. Mayer, VL2 9 (1995) Sp. 631–657; 11 (2004) Sp. 1488 f. – Schulthess/Imbach (1996), S. 501. – Isnard Wilhelm Frank, LThK3 5 (1996) Sp. 970–972. – Oswald Schwemmer, Enz Phil Wiss1 278

1. H¨alfte 14. Jh. 4 (1996) S. 211 f. – L. Gn¨adinger, LexMA 8 (1997) Sp. 506–508. – Volker Leppin, TRE 32 (2001) S. 745–748. – Birgit Merz: ‹Predigten›. In: LexthW (2003), S. 589. – V. Leppin, RGG4, 8 (2005) Sp. 96 f. – Carl Schmidt: J. T. v. Straßburg. Beitr. zur Gesch. der Mystik und des religi¨osen Lebens im 14. Jh. Hamburg 1841. Nachdr. Aalen 1972. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl 3. Leipzig 1893. Nachdr. Aalen 1962. – Heinrich Suso Denifle: T.s Bekehrung, kritisch untersucht (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker 36). Straßburg 1879. – Leopold Naumann: Unters. zu J. T.s dt. Predigten. Diss. Halle/S. 1911. – Gottlob Siedel: Die Mystik T.s. Leipzig 1911. – Anneliese Vogt-Terhorst: Der bildl. Ausdruck in den Predigten J. T.s (Germanistische Abh. 51). Breslau 1920. Nachdr. Hildesheim 1977. – Dick Helander: J. T. als Prediger. Uppsala 1923. – G¨unther Mu¨ ller: Scholastikerzitate bei T. In: DVjs 1 (1923) S. 400–418. – Adolf Korn: T. als Redner (Forschungen und Funde 21). Mu¨ nster/Westf. 1928. – Hermann Kunisch: Das Wort ‹Grund› in der Sprache der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Diss. M¨unster/Westf. 1929. – K¨ate Grunewald: Stud. zu J. T.s Fr¨ommigkeit (Beitr. zur Kulturgesch. des MA und der Renaissance 44). Leipzig/Berlin 1930. Nachdr. Hildesheim 1972. – Curt Kirmße: Die Terminologie des Mystikers J. T. Diss. Leipzig 1930. – Wilhelm Oehl (Hg.): Dt. Mystikerbriefe des MA, 1100–1550. M¨unchen/Wien 1931. Nachdr. Darmstadt 1972. – Hieronymus Wilms: Das Seelenf¨unklein in der dt. Mystik. In: Zs. f¨ur Askese und Mystik 12 (1937) S. 157–166. – Friedrich-Wilhelm Wentzlaff-Eggebert: Stud. zur Lebenslehre T.s. Berlin 1940. – James M. Clark: The Great German Mystics Eckhart, T. and Suso. Oxford 1949. – H. S. Denifle: Die dt. Mystiker des 14. Jh. Aus dem literarischen Nachlaß hg. v. O. Spiess (Studia Friburgensia NF 4). Freiburg/Schweiz 1951. – Raymond Alexis: Die Bibelzitate in Werken des Sraßburger Predigers J. T. Ein Beitr. zum Problem der vorlutherischen Bibelverdeutschung. In: Revue des Langues vivantes 20 (1954) S. 397–411. – Maurice de Gandillac: Valeur de temps dans la p´edagogie spirituelle de Jean T. Montr´eal/Paris 1956. – Bernd Moeller: Die Anfechtung bei J. T. Diss. Mainz 1956. – Paul Wyser: Der ‹Seelengrund› in T.s Predigten. In: Lebendiges MA. Festgabe f¨ur Wolfgang Stammler. Freiburg/Schweiz 1958, S. 203–301 (Auszug in: Altdt. 279

Tauler und altndl. Mystik 1964 [s. u.], S. 324–352). – Albert Ampe: Den wijngaert der sielen van Jacob Roercx als Diets origineel van T.’s ‹Exercitia› en zijn verhouding tot Frans Vervoort. In: Ons Geestelijk Erf 34 (1960) S. 5–52, 271–306. – J. T. Ein dt. Mystiker. Gedenkschrift zum 600. Todestag. Hg. v. Ephrem Filthaut. Essen 1961. – Heribert Christian Scheeben: Zur Biogr. J. T.s. In: ebd., S. 19–36. – Ders.: Der Konvent der Predigerbr¨uder in Straßburg – Die religi¨ose Heimat T.s. In: ebd., S. 37–74. – M. Eucharis Becker: Unters. zu dem T. zugeschriebenen Lied ‹Es k˚umpt ein schiff geladen›. In: ebd., S. 77–92. – E. Filthaut: J. T. und die dt. Dominikanerscholastik des XIII./XIV. Jh. In: ebd., S. 94–121. – Dietrich M. Schl¨uter: Philosophische Grundlagen der Lehren J. T.s. In: ebd., S. 122–161. – Ignaz Weilner: J. T.s Bekehrungsweg. Die Erfahrungsgrundlagen seiner Mystik (Stud. zur Gesch. der kath. Moraltheologie 10). Regensburg 1961. – Charlotte Schrupp: Das Werden des ‹gotformigen› Menschen bei T. Stud. zum sprachlichen Ausdruck des seelischen Bewegungsvorgangs in der Mystik. Diss. Mainz 1962. – J.-A. Bizet: T. auteur mystique? In: La Mystique rh´enane. Colloque de Strasbourg 16–19 mai 1961. Paris 1963, S. 169–178. – Angelus Walz: ‹Grund› und ‹Gem¨ut› bei T. In: Angelicum 40 (1963) 328–369. – Kurt Ruh (Hg.): Altdt. und altndl. Mystik (WdF 23). Darmstadt 1964. – P. Wyser: Der Seelengrund in T.s Predigten. In: Lebendiges MA. Festgabe f¨ur W. Stammler. Freiburg/Schweiz 1958, S. 203–301 (auch in: Altdt. und altndl. Mystik, 1964 [s. u.], S. 324–352). – A. Ampe: Een kritisch onderzoek van de ‹Institutiones Taulerianae›. In: Ons Geestelijk Erf 40 (1966) S. 167–240. – Christine Pleuser: Die Benennungen und der Begriff des Leides bei J. T. (Phil.Stud.u.Qu. 38). Berlin 1967. – Suzanne Dussart-Deb`efre: Die Sprache der Predigten J. T.s nach der Wiener Hs. Nr. 2744 (Dt. Dialektgeographie 71). Marburg 1969. – Dietmar Mieth: Die Einheit v. ‹vita activa› und ‹vita contemplativa› in den dt. Predigten und Traktaten Meister Eckharts und bei J. T. (Stud. zur Gesch. der katholischen Moraltheologie 15). Regensburg 1969. – Steven E. Ozment: Homo spiritualis. A comparative study of the anthropology of J. T., Jean Gerson and Martin Luther (1509–1516) in the context of their theological thought (Studies in medieval and reformation thought 6). Leiden 1969. – Alois M. Haas: ‹Nim din selbes war.› Stud. zur Lehre v. der Selbsterkenntnis bei Meister Eckhart, J. T. und 280

Tauler Heinrich Seuse (Dokimion 3). Freiburg/Schweiz 1971. – Renate Schmitt-Fiack: ‹Wise› und ‹wisheit› bei Meister Eckhart, T., Seuse und Ruusbroec (Dt. Stud. 16). Meisenheim am Glan 1972. – Monika Hansen: Der Aufbau der ma. Predigt unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Mystiker Eckhart und T. Diss. Hamburg 1972. – G¨osta Wrede: Unio mystica. Probleme der Erfahrung bei J. T. (Acta Universitatis Upsaliensis 14). Uppsala 1974. – L. Sturlese: Alle origini della mistica speculativa tedesca. In: Rivista di storia della filosofia medievale 3 (1977) S. 21–87. – Paul Michel: ‹Agamemnon› unter den Gottesfreunden. Editionsprobleme der germanistischen Medi¨avistik anhand einiger Beispiele bei J. T. in: Fimfchustim. FS Stefan Sonderegger. Hg. v. Robert Hinderling/Viktor Weibel. Bayreuth 1978, S. 137–184. – Gabriele v. Siegroth-Nellessen: Versuch einer exakten Stiluntersuchung f¨ur Meister Eckhart, J. T. und Heinrich Seuse (Medium Aevum 38). M¨unchen 1979. – Arthur D. Mosher: The Language of the Alemannic Version of the Sermons of J. T. Ann Arbor 1979. – Louis Cognet: Gottes Geburt in der Seele. Einf. in die dt. Mystik. Freiburg i. Br. u. a. 1980 (zuerst frz. Paris 1968). – Heinrich Stirnimann/Alois M. Haas (Hg.): Das ‹Einig Ein›. Stud. zu Theorie und Sprache der dt. Mystik (Dokimion 6). Freiburg/Schweiz 1980. – L. Gn¨adinger: Das Altv¨aterzitat im Predigtwerk J. T.s In: Unterwegs zur Einheit. FS Heinrich Stirnimann. Hg. v. Johannes Brantschen/Pietro Selvatico. Freiburg/Schweiz 1980, S. 253–267. – Bernard Gorceix: Amis de Dieu en Allemagne au si`ecle de Maˆıtre Eckhart. Paris 1984. – Julio A. Hern´andez: Stud. zum religi¨os-ethischen Wortschatz der dt. Mystik. Die Bezeichnung und der Begriff des Eigentums bei Meister Eckhart und J. T. (Phil.Stud.u.Qu. 105). Berlin 1984. – Frantiˇsek Graus: Pest – Geißler – Judenmorde. Das 14. Jh. als Krisenzeit (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 86). G¨ottingen 1987. – L. Sturlese: T. im Kontext. Die philosophischen Voraussetzungen des ‹Seelengrundes› in der Lehre des dt. Neuplatonikers Berthold v. Moosburg. In: PBB (T¨ub.) 109 (1987) S. 340–426. – Walter Senner: Johannes v. Sterngassen und sein Sentenzenkommentar. 2 Tle. Berlin 1988. – Walter Nigg: Das mystische Dreigestirn: Meister Eckhart, J. T., Heinrich Seuse. Z¨urich/M¨unchen 1988. – Bernd Ulrich Rehe: Der Reifungsweg des inneren Menschen in der Liebe zu Gott. Zum Gespr¨ach bereit: J. T. (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700. 281

1. H¨alfte 14. Jh. Bd. 6). Bern 1989. – A. M. Haas: ‹Die Arbeit der Nacht›. Mystische Leiderfahrung nach J. T. In: Die dunkle Nacht der Sinne. Leiderfahrung und christliche Mystik. Hg. v. Gotthard Fuchs. D¨usseldorf 1989, S. 9–40. – J. Schmidt: Translating the Ineffable. Oral Tradition and Mystagogical Texts. John T.’s ‹Sermons› and Marie de l’Incarnation’s ‹La Relation de 1654›. In: Oralit´e et litt´erature. Hg. v. H. R. Runte/R. Runte. New York u. a. 1991, S. 29–36. – Michael Egerding: T.s Auffassung vom Menschen. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 39 (1992) 105–129. – Eugen Rucker: Die n¨achste Wahrheit. ‹N¨ahe› bei J. T. In: Geist und Leben 65 (1992) S. 20–31. – Thomas Gandlau: Trinit¨at und Kreuz. Die Nachfolge Christi in der Mystagogie J. T.s (Freiburger theologische Stud. 155). Freiburg i. Br. u. a. 1993. – L. Gn¨adinger: J. T. Lebenswelt und mystische Lehre. Mu¨ nchen 1993. – Walter Haug: J. T.s via negationis. In: Die Passion Christi in Lit. und Kunst des Sp¨atMA. Hg. v. W. H./B. Wachinger (Fortuna vitrea 12). T¨ubingen 1993. – Stefan Zekorn: Gelassenheit und Einkehr. Zu Grundlage und Gestalt geistlichen Lebens bei J. T. (Stud. zur systematischen und spirituellen Theologie 10). W¨urzburg 1993. – Johann Kreuzer: Vom Abgrund des Wissens. Denken und Mystik bei T. In: ‹Scientia› und ‹ars› im Hoch- und Sp¨atMA. FS Albert Zimmermann. Hg. v. Ingrid CraemerRuegenberg/Andreas Speer (Miscellanea mediaevalia 22). Berlin/New York 1994, S. 633–649. – Michael Egerding. J. T. In: Gesch. der Seelsorge in Einzelportr¨ats. Hg. v. Christian Mo¨ ller. G¨ottingen 1994. – G. Steer: Bernhard v. Clairvaux als theologische Autorit¨at f¨ur Meister Eckhart, J. T. und Heinrich Seuse. In: Bernhard v. Clairvaux. Rezeption und Wirkung im MA und in der Neuzeit. Hg. v. Kaspar Elm. Wiesbaden 1994, S. 241–248. – A. de Libera: Eckhart, Suso, T. et la divinisation de l’homme. Paris 1996. – Markus Enders: Selbsterfahrung als Gotteserfahrung. Zum Individualit¨atsbewußtsein bei J. T. In: Individuum und Individualit¨at im MA. Hg. v. Jan A. Aertsen/Andreas Speer (Miscellanea Mediaevalia 24). Berlin/New York 1996, S. 642–664. – A. M. Haas: Mystik als Aussage. Erfahrungs-, Denk- und Redeformen christlicher Mystik. Frankfurt/M. 1996. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 476–526. – J. Kreuzer: Augenblick und Einleuchtung. Anm. zu T. In: Blick und Bild im Spannungsfeld v. Sehen, Metaphern und Verstehen. Hg. v. Tilman Borsche u. a. M¨unchen 1998. – Marzena G´orecka: Das Bild Mariens in der dt. 282

1. H¨alfte 14. Jh. Mystik des MA (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700. Bd. 29) Bern u. a. 1999. – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Hist. Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jh. (Bibliotheca Germanica 38). T¨ubingen/Basel 1999. – Johannes Gottfried Mayer: Die ‹Vulgata›-Fassung der ¨ Predigten J. T.s. Von der hsl. Uberl. des 14. Jh. bis zu den ersten Drucken (Texte und Wissen 1). W¨urzburg 1999. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. 3., aktualisierte Aufl. Mu¨ nchen 2000. – J. Kreuzer: Gestalten ma. Philosophie. Augustinus, Eriugena, Eckhart, T., Nikolaus v. Kues. Mu¨ nchen 2000. – Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998. Hg. v. W. Haug/Wolfram SchneiderLastin. T¨ubingen 2000. – Johann Kreuter: Denken, das in seinen Grund geht. Radikale Diesseitigkeit bei T. In: Reformer als Ketzer. Heterodoxe Bewegungen von Vorreformatoren. Hg. v. G¨unter Frank/Friedrich Niew¨ohner, unter Mitarb. v. Sebastian Lalla (Melanchthon-Schr. der Stadt Bretten 8). Stuttgart-Bad Cannstatt 2004, S. 145–164. – Jeffrey F. Hamburger: Die ‹verschiedenartigen B¨ucher der Menschheit›. J. T. u¨ ber den ‹Scivias› Hildegards v. Bingen (Mitt. und Verzeichnisse aus der Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars zu Trier 20). Trier 2005. – Suzanne Eck: Gott in uns. Hinf¨uhrung zu J. T. (Dominikanische Quellen und Zeugnisse 8). Leipzig [2006]. – Caroline F. M¨osch: ‹Daz disiu geburt geschehe›. Meister Eckharts Predigtzyklus von der eˆ wigen geburt und J. T.s Predigten zum Weihnachtsfestkreis (Dokimion 31). Freiburg/Schweiz 2006. – Christine B¨uchner: Die Transformation des Einheitsdenkens Meister Eckharts bei Heinrich Seuse und J. T. (Meister-Eckhart-Jb. Beihefte 1). Stuttgart 2007. – Bernard McGinn: Die Mystik im Abendland Bd. 4: Die Mystik im mittelalterlichen Deutschland (1300–1500). Freiburg i. Br. 2008, S. 412–502. – Geert Warnar: T.’s Minnenclich Meister. Charisma and Authority in the Vernacular Mystical Tradition of the Low Countries and the Rhineland. In: Charisma and religious authority. Jewish, Christian and Muslim preaching. 1200–1500. Hg. v. Katherine L. Jansen u. a. (Europa sacra 4). Turnhout 2010, S. 49–70. – Theo Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Sp¨atMA (Gesch. der Philosophie, hg. v. Wolfgang R¨od, Bd. 5). Mu¨ nchen 2011, S. 388–392. 283

Tauler ¨ ¨ Zur Uberlieferung: Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1910, bes. S. 84–119. – Philipp Strauch: Zu T.s Predigten. In: PBB 44 (1920) S. 1–26. – D. Helander (s. o.). – Stefanus Axters: Bijdragen tot een bibliographie van de Nederlandsch Dominikaansche Vroomheid II. Ons Geestelijk Erf 6 (1932) S. 137–152. – Gerard Isaac Lieftinck: De middelnederlandsche T.-Hss. Groningen 1936. – Josef Quint: Neue Handschriftenfunde zur ¨ Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Stuttgart/Berlin 1940. – S. Axters: J. T. in den Nederlanden. In: Filthaut 1961 (s. o.), S. 348–370. – G. Hofmann, ebd., S. 436–460. – Karin Schneider: Beziehungen zwischen den Dominikanerkl¨ostern N¨urnberg und Altenhohenau im ausgehenden MA. Neue Handschriftenfunde. In: W¨urzburger Prosastud. II. FS K. Ruh. Hg. v. Peter Kesting (Medium Aevum 31). Mu¨ nchen 1975, S. 211–218. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 71). Zu¨ rich/M¨unchen 1980. – A. D. Mosher: Eine graphematische Bestimmung der Provenienz der Engelberger T.-Hs. In: Studia neophilologica 57 (1985) S. 204–217. – Johannes G. Mayer: T. in der Bibl. der Laienbr¨uder v. ¨ Rebdorf. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS K. Ruh. Hg. v. Konrad Kunze u. a. (TTG 31). T¨ubingen 1989, S. 365–390. – Ders.: Die ‹Vulgata›-Fassung ¨ der Taulerpredigten. Von der hsl. Uberl. des 14. Jh. bis zu d. ersten Drucken, 1999. – Rudolf Kilian Weigand: Predigen und Sammeln. Die Predigtanordnung in fr¨uhen T.-Hss. In: Stud. zur dt. Sprache und Lit. FS Konrad Kunze. Hg. v. V´aclav Bok/Ulla Williams/Werner Williams-Krapp (Stud. zur Germanistik 10). Hamburg 2004, S. 114–155. Wirkung, Rezeption: H. Denifle: Luther und Luthertum in der ersten Entwicklung quellenm¨aßig dargest. Bd. I/1. Mainz 21904. – Alphons Victor Mu¨ ller: Luther und T. auf ihren theologischen Zusammenhang neu untersucht. Bern 1918. – Joseph Zahn: T.s Mystik in ihrer Stellung zur Kirche. In: Ehrengabe dt. Wiss. v. katholischen Gelehrten. Hg. v. Franz Fessler. Freiburg i. Br. 1920, S. 125–146. – Xavier de Hornstein: Les grands mystiques allemands du XIVe si`ecle. Eckhart, T., Suso. Etat des probl`emes. Luzern 1922. – Johannes Ficker: Zu den Bemerkungen Luthers in T.s Sermones (Augsburg 1508). In: Theologische Stud. und Kritiken 107 284

Merswin (1936) S. 46–64. – A. Ampe: Krit. kanttekeningen bij de ‹Evangelische Peerle›. In: Ons Geestelijk Erf 25 (1951) S. 151–175; 28 (1954) S. 172–193; 32 (1958), S. 421–424; 33 (1959) S. 194–200; 38 (1964) S. 225–319; 40 (1966) S. 241–305. – Alois Winklhofer: Johannes v. Kreuz und die Surius¨ Ubersetzung der Werke T.s. In: Theologie in Gesch. und Gegenwart. FS Michael Schmaus. Hg. v. Johann Auer/Hermann Volk. M¨unchen 1957, S. 317–348. – A. de Pelsemaeker: Canisius e´ diteur de T. In: Revue d’asc´etique et de mystique 36 (1960) S. 101–108. – Artur R¨uhl: Der Einfluß der Mystik auf Denken udn Entwicklung des jungen Luther. Diss. Marburg 1960. – B. Moeller: T. und Luther. In: La mystique rh´enane. Colloque de Strasbourg 16–19 mai 1961. Paris 1963, S. 157–168. – Jean Orcibal: Saint Jean de la Croix et les mystiques rh´eno-flamands. Paris 1966. – KarlHeinz Zur M¨uhlen: Nos extra nos. Luthers Theologie zwischen Mystik und Scholastik (Beitr. zur hist. Theologie 46). Tu¨ bingen 1972. – Brunero Gherardini: Lutero mistico? In: Renovatio 15 (Genova 1980) S. 372–397. – Erwin Iserloh: Luther und die Mystik. In: Ders.: Kirche, Ereignis und Institution. Aufs¨atze und Vortr¨age 2 (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte, Suppl. 3/II). Mu¨ nster 21987. – A. M. Haas: Luther und die Mystik. In: Ders.: Gottleiden, Gottlieben. Zur volkssprachlichen Mystik im MA. Frankfurt/M. 1989, S. 264–285, bes. S. 270 ff. – Friedrich-August v. Metzsch: J. v. T. Seine Gesch. und seine Darstellung in der Kunst. Mu¨ nchen 1989. – Hans-Peter Hasse: Karlstadt und T. Unters. zur Kreuzestheologie (Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch. 58). G¨utersloh 1992. – W. Haug: J. T.s Via negationis. In: Die Passion Christi in Lit. und Kunst des Sp¨atMA. Hg. v. Walter Haug und Burghart Wachinger. T¨ubingen 1993, S. 76–93. – Glenn E. Myers: Thomas M¨untzer’s Neoplatonic Worldview. The Impact of Rhenish Mysticism upon his Evangelical Theol., Charismatic Experience, and Revolutionary Activity. Ann Arbor 1994. – Maarten J. F. M. Hoenen: J. T. († 1361) in den Niederlanden. Grundz¨uge eines philosophie- und rezeptionsgeschichtlichen Forschungsprogramms. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 41 (1994) S. 389–444. – Thomas Lentes: ‹T. im Fegefeuer› oder der Mystiker als Exempel. Formen der Mystik-Rezeption im 15. Jh. Mit einem Anhang zum Sterbeort T.s und Textabdruck. In: Contemplata aliis tradere. Stud. zum Verh¨altnis von Lit. 285

Mitte 14. Jh. und Spiritualit¨at. Hg. Claudia Brinker u. a. Bern u. a. 1995, S. 111–155. – Henrik Otto: Vor- und fr¨uhreformatorische T.-Rezeption. Annotationen in Drucken des sp¨aten 15. und fr¨uhen 16. Jh. (Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch. 75). G¨utersloh 2003. – Jens Lemanski: Christentum im Atheismus. 2 Bde. London 2009–2011. BJ Merswin, Rulman(n) (auch: Merschwin, Meerschwein, Delphinus), * 1307 Straßburg, † 18.6.1382 Straßburg. – Kaufmann und mystischer Schriftsteller, «Gottesfreund». Der aus einer angesehenen Patrizierfamilie stammende M. war ein wohlhabender Kaufmann und zeitweilig «Geschworener der M¨unze» in Straßburg. Nachdem seine beiden Ehen kinderlos geblieben waren, beschloss er 1347 im Alter von 40 Jahren mit Zustimmung seiner zweiten Gattin Gertrud von Bietenheim, sich aus dem Berufsleben zur¨uckzuziehen und k¨unftig als «homo religiosus» ein enthaltsames Leben zu f¨uhren und wandte sich schließlich unter der Leitung seines Beichtvaters Johannes → Tauler der religi¨osen Meditation zu. Zu dieser religi¨osen Wende trug wohl entscheidend ein Zusammentreffen M.s mit dem Weltgeistlichen → Heinrich von N¨ordlingen bei, der 1345 in Straßburg weilte. Um 1367 pachtete M. als festes Zentrum f¨ur die m¨annlichen «Gottesfreunde» die Straßburger Klosteranlage «Zum Gru¨ nen W¨orth» und war dort mit zwei Mitbr¨udern bis 1380 als Pfr¨undner und Pfleger t¨atig. Viele Angeh¨orige des wohlhabenden Stadtb¨urgertums und des Adels hielten sich dort auf, darunter auch Heinrich von → Laufenberg sowie Sigismund → Gossembrot. M.s schriftstellerische T¨atigkeit steht in engstem Zusammenhang mit der rheinischen GottesfreundBewegung, die auf der Grundidee der wahren Gottesfreundschaft nach Meister → Eckhart und Johannes → Tauler beruht und die in der Nachfolge Jesu eine Erneuerung des religi¨osen Leben suchte. Die wahre Gottesfreundschaft solle sich in der «unio mystica», der mystischen Vereinigung mit Gott, verwirklichen. Um 1350 hatte Heinrich von N¨ordlingen bereits in Basel eine Gemeinschaft der Gottesfreunde ins Leben gerufen, die sich aus den Angeh¨origen der besten H¨auser der Stadt zusammensetzte. 1347 baute er in Straßburg in Zusammenarbeit mit Tauler einen Kreis von Straßburger «Gottesfreunden» auf. Die Zuordnung der Schriften der Gottesfreunde wird zus¨atzlich zu der ohnehin schon sehr kom¨ plexen Uberlieferungslage dadurch verkompliziert, 286

Mitte 14. Jh. dass die Werke teils M., teils einem gewissen «Großen Gottesfreund aus dem Oberland» zugeschrieben werden. Bei diesem handelt es sich wohl um eine fiktive Figur, f¨ur die M. oder dessen fr¨uherer Sekret¨ar und sp¨aterer Johanniterpriester Nikolaus von L¨owen verantwortlich gemacht werden. M. bezeichnet den «Gottesfreund» als heimlichen Freund, mit dem er Nachrichten austausche. Bereits seit dem 14. Jh., nachdem mit dem Tod M.s die Nachrichten der Gottesfreundfigur ausblieben, versuchte man erfolglos, die Existenz des mysteri¨osen Unbekannten zu ergr¨unden. ¨ Die Uberlieferung der Gottesfreundliteratur setzt nach dem Tod M.s 1382 ein; die Kodifikation der Werke erfolgte durch seinen Mitarbeiter Nikolaus von L¨owen. Bei der Rekonstruktion des Gesamtcorpus geht man von folgendem Bestand aus: Zu Beginn standen wohl drei sog. Urkundenb¨ucher in dt. und lat. Sprache. Als einziges von diesen ist das um 1391 vollendete Große dt. Memorial erhalten. ¨ Uberlieferung: Straßburg, UB, Ms. 739 (Perg., vollendet nicht vor 1391). ¨ Ein Großes lat. Memorial und dessen Ubersetzung, das Kleine dt. Memorial, sind verloren. Von einem weiteren zweiteiligen lat. Memorial ist nur ein Teil erhalten. Schließlich umfasst das Corpus noch das bereits erw¨ahnte Briefbuch mit 21 Briefen (Straßburg, Bezirksarch., Cod. H 2185 [Perg. und Pap.; geschrieben zwischen 1390 und 1402]) und ein Pflegermemorial. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bezirksarch., Cod. H 1383 (Pap.; Abschr. des 15. Jh. vom Original durch Amandus Schmalriem). – Straßburg, UB, Ms. 738 (Pap.; Abschr. aus dem Jahr 1745 durch J. Goetzman). Zweifelsfrei als authentische Werke M.s gelten die in autographer Gestalt u¨ berlieferten Schriften Neunfelsenbuch, das B¨uchlein von den vier Jahren seines anfangenden Lebens und das F¨unfmannenbuch. Nach einem Bericht Nikolaus’ von L¨owen habe dieser die Schriften nach dem Tod M.s in einem versteckten und versiegelten K¨astchen gefunden. Das B¨uchlein von den vier Jahren seines anfangenden Lebens, eine in Ich-Form verfasste Vita, setzt mit dem R¨uckzug M.s aus seinem Berufsleben ein. Es werden die religi¨ose Wende, die mit ihr einhergehenden Versuchungen und die darauffolgenden Selbstkasteiungen des M. geschildert. Im vierten Jahr schickt ihm Gott schließlich den Gottesfreund vom Oberland, der f¨ur M. die Funktion einer Vertretung Gottes auf Erden einnimmt. 287

Merswin ¨ Uberlieferung: In einem Papier-Quatern in 4°, der dem sog. «Briefbuch» in der Hs. Straßburg, Bezirksarch., Hs. H 2185 (A), nachtr¨aglich eingef¨ugt wurde. ¨ Das F¨unfmannenbuch steht im Uberlieferungsverbund mit dem B¨uchlein von den vier Jahren seines anfangenden Lebens; es erhebt den Anspruch, von dem Gottesfreund vom Oberland selbst verfasst worden zu sein. Es handelt von der religi¨osen Wende vierer M¨anner nach ihrer Bekehrung durch den Gottesfreund und von ihrem darauffolgenden Leben als Asketen in der Berg¨ode. ¨ Uberlieferung: Auf vier Papierfolio-Doppelbll. geschrieben, die ebenfalls der Straßburger Hs. H 2185 sp¨ater beigef¨ugt wurden. Dem breit u¨ berlieferten Neunfelsenbuch liegt in seinem Hauptteil die Vision von neun Felsen als neunstufigem Aufstieg zur Vollkommenheit zugrunde. Das vierteilige Werk ist als Dialog zwischen einem «mensche» und einer «antw´urte» angelegt. Neben der eigentlichen Neunfelsenvision umfasst das Werk auch das R¨ugenbuch, eine Bußpredigt und St¨andesatire auf Klerus und Laien. ¨ Uberlieferung: Straßburg, UB, Ms. 2798, 1r–59v (1352). – Eichst¨att, St. Walburg, Cod. germ. 2, 110va–134vb (1459). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1745 (olim 471), 1r–88v, 109r–114v. – M¨unchen, BSB, Cgm 7248, 2r–71r. – Rijsenburg, Groot Seminane, Cod. 54, 332vb–338ra (Ende 15. Jh.). – Salzburg, Nonnberg, Cod. 23 A 22 (XX 40), 1r–97r (Ende 15. Jh.). – Berlin, SBB, Mgo 181, ¨ 1r–94r (14. Jh., nd.). – Wien, ONB, Cod. 11864, S. 800–872. – Drucke: Augsburg, Anton Sorg 1482 (a), CXb–CXLVIa; 1512 (b), 218b–319b. – K¨olner Taulerdruck 1543. – Vgl. ferner Strauch 1902 (s. Lit.) S. 235–311. – Ders. 1929 (s. Ausg.) S. V–XV. Weitere R. zugeschriebene Werke: Das Buoch von den drien durchbr¨uchen, eine Bearbeitung des Traktats Von den → drˆın fragen. ¨ Uberlieferung: A, 111r–119r. Buoch von den f´urkomenen gnoden, eine Sammlung von Exzerpten aus dem Brulocht des Jan van → Ruusbroec. A, 122r–130r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 818, 1r–23v (15. Jh.). – Stuttgart, LB, Cod. HB I ascet. 203, 13v–32v. Sieben Werke der Barmherzigkeit. Neben dem im Titel angek¨undigten Thema behandelt das Werk auch die Sakramente und die Sieben Gaben des Hl. Geistes; die Quellen sind bislang nicht identifiziert. ¨ Uberlieferung: A, 119r–122r. 288

Merswin Leben Jesu (Von der geistlichen Spur). Die Verfasserschaft M.s f¨ur diese Nachschrift des Traktats Von der geistlichen Spur ist ungesichert. ¨ ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. OttingenWallerstein III, 1, 4°, 34, 177r–185r. – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berol. mgq 1585 (1443). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278, 347a–382a (Basel, zweite H¨alfte 14. Jh.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 986, 249–255. – Ebd., Cod. 1015, 2–22. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 214, 111ra–116rb. – Salzburg, UB, Cod. M I 476, 158r–159r. – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 101, 1r–105rv. – W¨urzburg, UB, Msc. ch. f. 66, 258v–263v (Ende 15. Jh.). Dem Gottesfreund vom Oberland werden die folgenden Schriften zugeschrieben: Zweimannenbuch; F¨unfmannenbuch; Buch von den zwei f¨unfzehnj¨ahrigen Knaben und Buch vom gefangenen Ritter; Von den beiden Klausnerinnen Ursula und Adelheid, Buch von zwei hl. Klosterfrauen in Bayern; Buch von der g¨ottlichen Stiege; Buch von der geistlichen Leiter, Buch vom F¨unklein in der Seele; Lehre an einen jun¨ gen Ordensbruder zur Uberwindung aller Untugenden; Von einem eigenwilligen Weltweisen und einem Waldpriester; Offenbarung u¨ ber die Sch¨aden der Christenheit; Die Geschichte eines jungen Weltkindes; eine Ermahnung mit Morgen- und Abendgebet, die sog. Tafel; Das Meisterbuch; Ein mahnendes Beispiel f¨ur alle S¨under; einige Briefe. Das Meisterbuch ist in Form eines Dialogs zwischen einem Meister der Hl. Schrift und einem Laien verfasst. In zehn Kapiteln wird darin die Bekehrung des pharis¨aischen Meisters durch den Laien geschildert. In den meisten der zahlreichen Textzeugen des Meisterbuchs bleiben die Protagonisten anonym; lediglich im Großen Dt. Memorial wird der Laie mit dem Gottesfreund vom Oberland, in den Drucken der Meister mit Johannes Tauler identifiziert; die Gleichsetzung ist jedoch haltlos. ¨ Uberlieferung: Haupths.: A, 229r–262v. – Ferner: Augsburg, UB (olim Harburg), Cod. ¨ Ottingen-Wallerstein III, 1, 4°, 34, 211r–235r (1474). – Bamberg, StB, Msc. hist. 160, 62r–109r (1434). – Berlin, SBB, Mgq 171, 215r–253v. – Ebd., Mgq 841, 287r/v (Auszug). – Ebd., Mgq 1131, 90r–98v. – Ebd., Mgq 1134, 16r–84v. – Ebd., Mgq 1522, 149r–174r. – Ebd., Mgq 1597, 16v–103r. – Beuron, Stiftsbibl., Cod. 8° ms. 42, 203r–255v. – Frankfurt a. M., StB/UB, Ms. germ. 8° 30, 35v–84r (1494–97). – Freiburg i. Br., UB, Cod. 194, 289

Mitte 14. Jh. 41r–103v (1425/26). – Graz, Privatbesitz o. S. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Blasien 75. – Ebd., Cod. St. Georgen 80, 1–45 (um 1425). – Leipzig, UB, Cod. 559, 2r–38v (1486/87). – Mainz, StB, Cod. I 221. – Ebd., Cod. I 322. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 372, 1r–60v. – Ebd., Cgm 410, 317r–323v. – Ebd., Cgm 5233, 227r–273r (1417). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43g, 139r–173r. – Ebd., Cod. Cent. VI, 61, 12r–26v. – Prag, UB, Cod. XVI G.24, 2r–99r (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 103, 31r–44v. – Straßburg, UB, Ms. 2801 (L.germ. 668), 93va–94ra. – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 283, 222r–257v ¨ (1445). – Wien, ONB, Cod. 3022, 118r–202v (um 1425). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 17. 12. Aug. 4°, 13v–38r. – W¨urzburg, UB, Cod. M. ch. f. 66, 276r–287r (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Drucke: Leipzig 1498. – Augsburg 1508. – Basel 1521 und 1522. Ausgaben: Carl Schmidt (Hg.): Nicolaus v. Basel. Ber. v. der Bekehrung Taulers. Straßburg 1875 (‹Meisterbuch›). Friedrich Lauchert (Hg.): Des Gottesfreundes im Oberland (Rulmann M.’s) Buch v. den zwei Mannen. Bonn 1896. – Karl Rieder: Der Gottesfreund vom Oberland. Eine Erfindung des Straßburger Johanniterbruders Nikolaus v. L¨owen. Innsbruck 1905 (‹Chronik›, ‹Briefe›). – Philipp Strauch (Hg.): Sieben bisher unver¨offentlichte Traktate und Lektionen. Halle 1927. – Ders. (Hg.): M.s Vier anfangende Jahre. Des Gottesfreundes F¨unfmannen-Buch (Die sog. Autographa). Halle 1927. – Ders. (Hg.): M.s Neun-Felsenbuch. Halle 1929. – Johanna Lanczkowski (Hg.): Mystische Texte des MA (RUB 8456). Stuttgart 1999, S. 308–318. Literatur: Francis Rapp, Dict. Spir. 10 (1980) Sp. 1056–1058. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 298–303 u. o¨ . – Georg Steer, VL 6 (1987) Sp. 420–442; 11 (2004) Sp. 993. – Peter Dinzelbacher, LexMA 6 (1991) Sp. 548 f. – F. Rapp, TRE 22 (1992) S. 605–607. – Karl Dienst, BBKL 5 (1993) Sp. 1336 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 330. – Freimut L¨oser, NDB 17 (1994) S. 177 f. – Otto Langer, RGG4 5 (2002) Sp. 1111 f. – Christiane Krusenbaum-Verheugen, Killy2 8 (2010) S. 184–187. – Heinrich Suso Denifle: Der Gottesfreund im Oberlande und Nikolaus v. Basel. In: Hist. politische Bll. 75 (1875) S. 17–38, 93–122, 245–266, 340–354. – Ders.: Taulers Bekehrung. In: ebd. 84 (1879) S. 797–815, 877–897. – Ders.: Taulers Bekehrung. Krit. unters. (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. 290

Mitte 14. Jh. V¨olker 36). Straßburg u. a. 1879. – Ders.: Die Dichtung des Gottesfreundes im Oberland. In: ZfdA 24 (1880) S. 200–219, 280–324. – Ders.: Die Dichtungen R. M. In: ebd., S. 463–540; 25 (1881) S. 101–122. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 3. Leipzig 1893. Nachdr. Aalen 1962. – P. Strauch: Zur Gottesfreund-Frage. In: ZfdPh 34 (1902) S. 235–311. – K. Rieder: Der Gottesfreund vom Oberland, eine Erfindung des Straßburger Johanniterbruders Nikolaus v. L¨owen. Innsbruck 1905. – A. Chiguot: Jean Tauler et le Meisters-Buoch. Straßburg/Paris 1922. – Wilhelm Rath: Der Gottesfreund vom Oberland. Ein Menschheitsf¨uhrer an der Schwelle der Neuzeit (14. Jh.). Sein Leben, geschildert auf Grundlage der Urkundenb¨ucher des Johanniterhauses ‹Zum gr¨unen W¨orth› in Straßburg. Straßburg 1930. Stuttgart 41985. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, bes. S. 373–378. – E. Dehnhart: Die Metaphorik der Mystiker Meister Eckhart und Tauler in den Schr. des R. M. Diss. Marburg 1941. – Susan L. Clark/Julian S. Wasserman: The Soul as a Salmon: M.s ‹Neunfelsenbuch› and the Idea of Parable. In: Colloquia Germanica 13 (1980) S. 47–56. – G. Steer: Die Stellung des ‹Laien› im Schrifttum des Straßburger Gottesfreundes R. M. und der dt. Dominikanermystiker des 14. Jh. In: Lit. und Laienbildung im Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenb¨uttel 1981 (Germanistische Symposien-Berichtsbde. 5). Stuttgart 1984, S. 643–660. – S. L. Clark/J. S. Wasserman: ‹Purity› and ‹Das Neunfelsenbuch›. The Presentation of God’s Judgement in two 14th Cent. Works. In: Arcadia 18 (1983) 2, S. 179–184. – Bernard Gorceix: Amis de Dieu an Allemagne au si`ecle de Maˆıtre Eckhart. Paris 1984. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. des MA v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 129–139 u. o¨ . – C. Krusenbaum-Verheugen: Figuren der Referenz. Unters. zu Textualit¨at und Komposition der ‹Gottesfreundlit.› in der Straßburger Johanniterkomturei zum ‹Gr¨unen W¨orth›. Diss. masch. K¨oln 2008. SF ¨ Johanniterregel und -statuten. – Ma. dt. Ubertragungen. Das a¨lteste Zeugnis f¨ur die J. liegt in Form eines wohl aus dem ausgehenden 12. Jh. stammenden anglo-normannischen Gedichts u¨ ber den 291

Johanniterregel und -statuten Ursprung des Johanniterspitals in Jerusalem (vgl. → Spital von Jerusalem) vor. Im Auftrag des Guglielmo di Santo Stefano, Prior der Lombardei (1287–90), entstand der Cod. Rom (Vatikanstadt), Bibl. Apostolica Vaticana, Cod. Vat. lat. 4852, eine erste amtliche Kompilation von Gesetzestexten mit der vor 1153 entstandenen und durch Papst Lucius III. 1185 beglaubigten Regel, den Statuten von 1181–1288, dem Privileg zur Krankenversorgung sowie Strafbestimmungen und Vorschriften. ¨ Uberlieferung: Vgl. Delaville le Roulx (s. Ausg.) tom. I (1894), Einl. Ausgaben: Paolo Antonio Paoli: Dell’origine ed istituto del Sacro Militar Ordine di S. Giovambattista Gerosolimitano. Rom 1781, App. instrum. S. XVIII–XXXI, XL–L. – Hans Prutz: Kulturgesch. der Kreuzz¨uge. Berlin 1883, S. 601–618. – Joseph Delaville le Roulx: Cartulaire g´en´eral de l’Ordre des Hospitaliers de S. Jean de J´erusalem (1100–1310). Vier Bde. Paris 1894–1906. Nachdr. 1980, passim. – Edwin James King: The Rule Statutes and Customs of the Hospitallers 1099–1310. London 1934 (Nachdr. New York 1981) S. 20–201. – Carl Hendrik Christian Flugi van Aspermont: De Johanniter-Orde in het Heilige Land (1100–1292). Assen 1957, S. 93–158. Die seit der Mitte des 14. Jh. u¨ berlieferten dt. ¨ Ubersetzungen der J. gehen m¨oglicherweise nicht auf lat., sondern auf franz¨osische Vorlagen zur¨uck. ¨ Die Mu¨ nchner Handschrift Clm 4620 (s. Uberl.) bietet den Text der Regel in der reinsten Form. Darin sind in 19 Punkten Vorschriften aus folgenden Bereichen verzeichnet: Kleidung und Verhalten bei T¨atigkeiten in der Gemeinschaft des Klosters, Krankenpflege, Reisen, Strafverf¨ugungen bei Vergehen. Darauf folgen die ersten Statuten, die die Zuteilung des Brotes an die Kranken und kirchliches Brauchtum und Krankenf¨ursorge behandeln. ¨ Uberlieferung: Vgl. Delaville le Roulx. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 4620, 73r–114v (Mitte 14. Jh., mhd.-bair.) – Ferner: K¨oln, Hist. Arch. des Erzbistums, Sign. Pfarrarch. St. Remigius, K¨onigswinter, C I 1.5 (aus der K¨olner Kommende St. Johannes und Cordula, 1381, mhd.-ripuarisch). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, GA 129a (gleiche Herkunft, Ende 14. Jh., mhd.-ripuarisch; fragm.). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 467 (aus der Straßburger Kommende zum Gr¨unenw¨orth, Mitte 15. Jh., lat./dt.oberrheinisch). Ausgaben: Gerhard Tonque Lagleder: Die Ordensregel der Johanniter/Malteser. St. Ottilien 292

Buch von geistlicher Armut 1983, S. 89–115, 117–128, 130–187. – Wienand (s. Lit.) S. 261 f. Literatur: G¨unter Glauche, VL2 11 (2004) Sp. 807–811. – Maria Ambrazie-Jut´e: Stud. u¨ ber die Johanniter-Regel. Diss. Freiburg/Schweiz 1929. – Emilio Nasalli Rocca: Origine ed evoluzione della Regola e degli Statuti dell’Ordine Gerosolimitano degli Ospedalieri di San Giovanni. In: Atti del primo congresso europeo di storia ospitaliera 1960. Reggio Emilia 1962, S. 901–925. – Adam Wienand (Hg.): Der Johanniter-Orden. Der Malteser-Orden [...]. K¨oln 31988. – Walter G. R¨odel: Reformbestrebungen im Johanniterorden in der Zeit zwischen dem Fall Akkons und dem Verlust v. Rhodos (1290–1522). In: Reformbem¨uhungen und Observanzbestrebungen im sp¨atma. Ordenswesen Hg. v. Kaspar Elm (Berliner hist. Stud. 14). Berlin 1989, S. 109–129. – G¨unter Gattermann (Hg.): Handschriftencensus Rheinland. Erfassung ma. Hss. im rheinischen Landestl. v. Nordrhein-Westfalen mit einem Inventar. Bearb. v. Heinz Finger u. a. 3 Bde. (Schr. der UB/LB D¨usseldorf 18). Wiesbaden 1993, Bd. 2, S. 802 f. (Nr. 1369), S. 929 (Nr. 1596). – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 390. SF Vollkommenheit in der Stille. – Mystischer Traktat aus dem Umkreis → Taulers. Nach der Feststellung, dass «in innewendiger ledigen stillen» der Mensch die gr¨oßte Vollkommenheit erlangen k¨onne, gibt Gott selbst die Antwort auf die Frage, warum man dies nicht allgemein lehre: neben genereller Unverst¨andlichkeit w¨urde Stille als Tr¨agheit missverstanden. Die mit der Stille gleichgesetzte Ruhe wird als mystische Versenkung beschrieben, die ein Vorgeschmack der Entr¨uckung und einer Armut des Geistes seien. Behandelt werden ferner der lautere Mensch, die «gelazenheit», das Gottleiden und die «ledige Abgescheidenheit». ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2739, 107r–108v (zweite H¨alfte 14. Jh.). – Berlin, SBB, Mgq 125, 68ra–70rb (Ende 14. Jh.; Sudermann-Hs.). Ausgabe: Adolphe L.Corin: Sermons de J. Tauler et autres e´ crits mystiques. II. Le Codex Vindobonensis 2739. Liege-Paris 1929, S. 449–451. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 496 f. BJ 293

Mitte 14. Jh. Buch von geistlicher Armut. – Umfangreicher sp¨atma. mystischer Traktat eines unbekannten Verfassers, entstanden um 1350. Das in u¨ ber 20 Handschriften seit dem Ende des 14. Jh. bis zum Beginn des 16. Jh. u¨ berlieferte B. v. g. A. wurde fr¨uher ohne Grund und Begr¨undung von seinem ersten Herausgeber Sudermann (1621) Johannes → Tauler zugewiesen. Diese Auffassung wurde schon von dem zweiten Herausgeber Denifle seit der Neuausgabe (1877) nicht mehr geteilt und gilt als widerlegt; die Autorfrage des stets anonym u¨ berlieferten Werks wird bis heute in der Forschung diskutiert. Der Text ist in zwei Teile gegliedert. Der erste stellt das Wesen wahrer Armut als Form der Gleichheit mit Gott dar; im zweiten Teil werden Nachfolge Christi und das auf «contemplatio» ausgerichtete Leben als M¨oglichkeiten gezeigt, die zur Vollkommenheit f¨uhren. Haupts¨achlich ist der Text von der Dominikanermystik Meister → Eckharts bestimmt, enge Beziehungen bestehen zu → Marquard von Lindau, der den Text sowohl in seiner Dekalogerkl¨arung als auch in seinen Predigten zitiert. Das Werk erfuhr vermutlich durch → Bernhard ¨ von Waging eine Ubertragung ins Lat. und bildet den zweiten Teil von dessen Schrift De spiritualibus sentimentis et perfectione spirituale. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 35, 164r–224v (Pap.; Exzerpte). – Ebd., Cod. III.1.4° 37, 14r–239v. – Basel, UB, Cod. B XI 23, S. 1–77 (Ausz¨uge). – Berlin, SBB, Mgq 835, 176r–267r (Pap., 16. Jh., mitteldt.). – Ebd., Mgo 565, 100v–172v (Pap., Mitte 15. Jh., bair.). – Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 2, 36vb–108ra (Pap.). – G¨ottingen, SUB, 4° Cod. Ms. theol. 285, 145ra–250ra (Pap., Mitte 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 68, 1r–151va (um 1477, els¨assisch). – Leipzig, UB, Ms. 560, 13r–165r. – Mainz, StB, Hs. I 51, 90vb–100rb (Perg. und Pap., Mitte 15. Jh., rheinfr¨ankisch; Ausz¨uge). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 263, 1ra–110vb (Pap., Mitte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 781 (Pap., Mitte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 782, 17v–179v (Pap., erstes Viertel 16. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 783, 1r–167v (Pap., zweite H¨alfte 15./Anfang 16. Jh., alemannisch). – Ebd., Cgm 4306, 1r–345v. – Ebd., Cgm 4415 (Pap., zweites Viertel 15. Jh., niederalemannisch). – Ebd., Cgm 4482 (Pap., drittes Viertel 15. Jh.; Nachtr¨age um 1500, ostschw¨abisch; 294

Mitte 14. Jh. Nachtrag). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 962. – Straßburg, National- und UB, Ms. 2626 (fr¨uher L germ. 565.2°), 142r–191v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., westschw¨abisch; 2. Teil). – Trier, StB, Hs. 828/1351 8° (Pap., Mitte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Privatbesitz Graz (Pap., 1434; verschollen). Ausgaben: Daniel Sudermann (Hg.): Doctor Johan Taulers Nachfolgung des Armen Lebens Christi. Frankfurt 1621. Neuaufl. 1833. – Heinrich S. Denifle (Hg.): Das Buch v. geistlicher Armuth, bisher bekannt als Johann Taulers Nachfolgung des armen Lebens Christi. M¨unchen 1877. Literatur: Johannes Auer, VL2 1 (1978) Sp. 1082–1085. – Ulrich Montag, LexMA 2 (1983) Sp. 812. – Elisabeth Wunderle, Killy2 2 (2008) S. 252 f. – Albrecht Ritschl: Unters. des B. v. g. A. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 4 (1881) S. 337–359. – A. Louis Cognet: Gottes Geburt in der Seele. Einf. in die dt. Mystik. Freiburg i. Br. u. a. 1980, S. 182–187. – Luise Abramowski: Bemerkungen zur ‹Theologia dt.› und zum ‹B. v. g. A.›. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 97 (1986) S. 85–104. – Niklaus Largier: Das B. v. d. g. A. Eine ma. Unterweisung zum vollkommenen Leben. Aus dem Mhd. u¨ bertragen und mit einem Nachwort und Anm. versehen. Z¨urich/M¨unchen 1989. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 517–525. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 95 f. SF Der Mandelkern. – In zwei Fassungen u¨ berlieferter ma. Prosatext u¨ ber das Altarsakrament. Der a¨ ltere, k¨urzere Text, der bereits im 14. Jh. im niederrheinisch-ndl. Gebiet Verbreitung fand, steht ¨ in Zusammenhang mit der a¨ lteren → Tauler-Uberlieferung. Er behandelt das «Sterben» der S¨unden durch Empfang der Kommunion und bietet dem Laien in Form von Fragen und Antworten verschiedene praxisbezogene Anleitungen wie etwa u¨ ber die Vorbereitung auf den Empfang des Altarsakraments; am Schluss steht das Bild des Mandelkerns. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2744, 173v–178r (14. Jh., ripuarisch). – Utrecht, UB, Cod. V.E.18, 118v–121r (1442, mndl.). – Gent, UB, 1330, 66v–75r (Anfang 15. Jh., mndl.). Ausgaben: Adolphe Leon Corin: Sermons de J. Tauler. Bd. 1 (Bibl. de la Facult´e de philosophie 295

Der Mandelkern et letters de l’Universit´e de Li`ege 33). Li`ege/Paris 1924, S. 320–322 (Nr. 16). – Gerard Isaac Lieftinck: De middelnederlandsche Tauler-Hss. Groningen 1936, S. 263–270. Die zweite Fassung, erstmals in der ersten H¨alfte des 15. Jh. im Katharinenkloster N¨urnberg nachweisbar, erweitert den Text um mehr als das Doppelte. Thema des Anhangs sind die drei Lauterkeiten der Seele, des Gem¨utes und des Geistes, die dem Mensch durch die Kommunion zuteil werden. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 82, 3v–18v (erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 432, 340v–352r (zweite H¨alfte 15. Jh., bair.). – Unediert. Literatur: Karin Schneider, VL2 5 (1985) Sp. 1199 f. – Lieftinck (s. Ausg.) S. 383 f. – K. Schneider: Beziehungen zwischen den Dominikanerinnenkl¨ostern N¨urnberg und Altenhohenau. In: W¨urzburger Prosa-Stud. 2 (1975) S. 213–215. – Johannes Gottfried Mayer: Die ‹Vulgata›-Fassung ¨ der Predigten Johannes Taulers. Von der hsl. Uberl. des 14. Jh. bis zu den ersten Drucken (Texte und Wissen 1). W¨urzburg 1999, S. 271, 273. SF Der Minne Spiegel. – Mystisches Dialoggedicht (Gespr¨ach zwischen Gott und Seele), nach 1345. Der Text, eine Abschrift des im su¨ dlichen Ostfranken entstandenen und noch dem dritten Viertel des 14. Jh. angeh¨orenden Originals, l¨asst auf einen literarisch gebildeten und bibelkundigen Verfasser mit Lateinkenntnissen schließen. Mit Ausnahme der Schreiberverse am Anfang und am Ende besteht die Dichtung aus 132 achtzeiligen Strophen. Auf die Vorrede folgen vier emotional bewegenden Dialogszenen: Su¨ ndenspiegel der Seele und Vergebung durch Christus; mystische Liebesklage und Preisges¨ange der Liebenden; Verlust der Gottesminne, erneute Klagen der Seele und L¨auterung durch Leiden; R¨uckkehr des Geliebten. Neben gel¨aufiger geistlicher Metaphorik und mehreren liebesmystischen Bildern finden sich im Gedicht zahlreiche Entlehungen aus → Mechthilds von Magdeburg Fließendem Licht der Gottheit. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43d, 80v–100v (Pap., 15. Jh., aus dem N¨urnberger Katharinenkloster). Ausgaben: Karl Bartsch (Hg.): Die ‹Erl¨osung›. Mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen. Quedlinburg 1858 (Neudr. Amsterdam 1966) S. 216–277. – Auszug: Mystische Dichtung aus sieben Jahrhunderten. Gesammelt, u¨ bertragen und 296

Papst Benedikt XII. eingel. v. Friedrich Schulze-Maizier. Leipzig 1925 (Nachdr. Frankfurt/M. 1980) S. 102–121. Literatur: Hans Neumann, VL2 6 (1987) Sp. 560–562. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 62–66. – Romuald Banz (Hg.): Christus und die Minnende Seele. Zwei sp¨atmhd. mystische Gedichte. Unters. und Texte (Germanistische Abh. 29). Breslau 1908, S. 46 f., 47 f. – Edgar Hederer: Mystik und Lyrik. M¨unchen/Berlin 1941, S. 136–138. – H. Neumann: ‹D. M. S.› und Mechthild v. Magdeburg. In: ZfdPh 73 (1954) S. 217–226. BJ Papst Benedikt XII. (Jaques Fournier) OCist, * um 1285 Saverdun bei Toulouse, † 25.4.1342 Avignon. – Theologe, Abt, Bischof, Papst. Nach dem Eintritt in das Zisterzienserkloster Boulbonne studierte der sp¨atere Papst B. in Paris Theologie und promovierte zum Magister. 1311 wurde er Abt in Fontfroide, 1317 Bischof von Pamiers, 1326 von Mirepoix, 1327 Kardinal sowie theologischer Berater Johannes’ XXII und 1334 Papst. Im Pontifikat B.s wurde der Papstpalast in Avignon ausgebaut. Zur Bek¨ampfung von Korruption und Nepotismus bewirkte B. umfassende Kurien- und Ordensreformen. Auf politischem Feld scheiterte er mit dem Versuch einer Auss¨ohnung mit Kaiser Ludwig dem Bayern. Mit der dogmatischen Bulle Benedictus Deus (1336) u¨ ber die unmittelbare Gottesschau der Seelen distanzierte sich B. theologisch von seinem Vorg¨anger Johannes XXII. Eine Handschrift der UB Mu¨ nchen (4° Cod. ms. 489) nennt B. als Autor eines bei der Wandlung zu sprechenden Passionsgedichtes mit Ablass («Das nach geschriben gepet hat gemacht ein pabst genant Benedictus der czwelfte»). Ferner werden B. zugeschrieben: Tagzeiten vom Altarsakrament (angeblich 1349 [!] verfasst), ein Cursus von Christi Marter und in einigen Codices das weit verbreitete Anima-Christi-Gebet. ¨ Uberlieferung: Passionsgedicht: (Ausw.) Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 489, 118v–119v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh. mittelbair.). – Ebd., 4° Cod. ms. 479, 55v–56r (Pap., 15. Jh. mittelbair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 48, 240v–241r (Pap. und Perg, 1498, bair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 227, 63v–65r (Pap., 16. Jh., bair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 269, 20v–23r (Perg., 16. Jh., bair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 273, 74r–75v (Perg., nach 1492, ostschw¨abisch). – Ebd., 297

Mitte 14. Jh. 8° Cod. ms. 279, 50r-v (Pap., 15. Jh., bair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 280, 62v–63v, 90v–91r (Pap., 1448, mittelbair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 482, 48r–51v (Pap., um 1500, bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 84, 333v–338r (Perg., um 1527, mndl.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 62, 8v–11v (Pap., zweite H¨alfte ¨ 15. Jh., n¨urnbergisch). – Wien, ONB, Cod. Ser. nova 2601, 160r–162r, (Perg., erstes Viertel 16. Jh., ¨ oberfr¨ankisch). – Zur weiteren Uberl. vgl. Achten/Knaus 1959, S. 29, 52, 133, 252, 295 und Meertens Bd. 4 (1934) Nr. 14, 20, 32a (mndl. ¨ Uberl.). – Zu Drucken vgl. Klapper 1935, S. 212 f., Stammler 1933, S. 53 f. und Meertens 1 (1930) S. 144 f. – Tagzeiten vom Altarsakrament: (Ausw.) Aachen, StB, Ms. 64, 46r–54r (Perg., Mitte 15. Jh., ripuarisch). – Berlin, SBB, Mgo, 75r–80v (Pap., 15. Jh., niederrheinisch). – Ebd. Mgo 451, 78r–88r (Pap., 15. Jh., niederrheinisch). – Darmstadt, ULB, Hs. 1927, 1r–11r (Pap. und Perg., um 1490 [1. Tl. der Hs.], k¨olnisch). – Ebd. Hs. 1934, 14r–20r ¨ (Pap., um 1540, k¨olnisch). – Zur mndl. Uberl. vgl. de Flou/Gailliard Bd. 2 (1896) S. 209, Bd. 3 (1897) S. 382. – Cursus von Christi Marter: Wien, ¨ ONB, Cod. Ser. nova 3257, 61r–88r (Perg., um 1510, bair.-o¨ sterr.). – Anima-Christi-Gebet: (Ausw.) Darmstadt, U und LB, Hs. 1964, 169r–170v (Perg., um 1460/70 s¨udholl¨andisch). Zu weiteren Hss. vgl. Achten/Knaus 1959, S. 39 und Meertens Bd. 3 (1933) S. 29–32, Bd. 4 (1934) S. 21. Zu Drucken vgl. Klapper 1935, S. 366. Literatur: Volker Honemann, VL2 1 (1978) Sp. 687 f. – Bernhard Schimmelpfennig, LexMA 1(1980) 1861 – Ludwig Vones, LThK3 2 (1994) Sp. 207 f. – Tilmann Schmidt, RGG4 1 (1998) 1291. – Karel de Flou/Edward Gailliard: Beschrijving van Middelnederlandsche en andere Handschriften die in Engeland bewaard worden. Verslagen en Mededelingen der Koninkl. Vlaamsche Academie voor Taal- en Letterkunde Bde. 1–3. Gent 1895–97. – Jean Marie Vidal: Notice sur les oeuvres du pape Benoˆıt XII. In: Revue d’histoire eccl´esiastique 6 (1905) S. 557–565, 785–810. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum. Catalogue des chants, hymnes, proses, s´equences, tropes en usage dans l’´eglise latine depuis les origines jusqu’`a nos jours. Br¨ussel, Bd. 1 (1892) Nr. 1920, Bd. 3 (1904) Nr. 28656, Nachtr. Bd. 5 (1921) S. 32. – De godsvrucht in de Nederlanden, naar handschriften van gebedenboeken der XVe eeuw. Hg. v. Maria Meertens. 4 Bde., Antwerpen 1930–34. – Wolfgang Stammler: Prosa der 298

Mitte 14. Jh. dt. Gotik. Eine Stilgesch. in Texten (Literarhist. Bibl. 7). Berlin 1933. – Joseph Klapper (Hg.): Schr. Johanns v. Neumarkt: Bd. 4. Gebete des Hofkanzlers und des Prager Kulturkreises (Vom MA zur Reformation 6,4). Berlin 1935. – Gerard Achten/Hermann Knaus: Dt. und ndl. Gebetbuchhss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt. Darmstadt 1959. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen. Wiesbaden 1968, S. 159. – B. Schimmelpfennig: Zisterzienserideal und Kirchenreform. Benedict XII. (1334–1342) als Reformpapst. In: Zisterzienser-Stud. 3. Hg. v. Wolfgang Ribbe. Berlin 1976, S. 11–43. – Laetitia Boehm: Papst B. XII. (1334–1342) als F¨orderer der Ordensstudien. Restaurator, Reformator oder Deformator regularer Lebensform? In: FS Norbert Backmund. Hg. Gert Melville. Windberg 1978, S. 281–310. – G. Melville: Quellenkundliche Beitr. zum Pontifikat B.s XII. anhand von neu aufgefundenen ‹Gesta›. In: Hist. Jb. 102 (1982) S. 144–182. – Franz J. Felten: Die Ordensreformen B.s XII. unter institutionengeschichtlichem Aspekt. In: Institutionen und Geschichte. Theoretische Aspekte und ma. Befunde (Norm und Struktur 1). K¨oln u.a. 1992, S. 369–435. – Jan Balweg: Konziliare oder p¨apstliche Ordensreform. B. XII. und die Reformdiskussion im fr¨uhen 14. Jh. (Sp¨atMA und Reformation NR 17). T¨ubingen 2001. VZ Els¨assische Predigten. – Predigtsammlung aus der Mitte des 14. Jh. Der unikal und anonym u¨ berlieferte vollst¨andige Predigtjahrgang stammt vermutlich aus Straßburg und umfasst 88 Kurzpredigten, haupts¨achlich zu den Sonn- und Feiertagen. Die E. P. richten sich an ein Laienpublikum. Zumeist wird der Perikopentext nacherz¨ahlt und volkst¨umlich unter Heranziehung von Predigtm¨arlein ausgelegt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 6, 211ra–251ra (Perg., 1362, unterels¨assisch). Ausgabe: Anton Birlinger: ‹E. P.›. In: Alemannia 1 (1873) S. 63–87, 186–194, 225–250; 2 (1875) S. 1–28, 101–119, 197–223. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 510 f. – Birlinger 1873 (s. Ausg.) S. 60–62. – Wilhelm Wackernagel (Hg.): Altdt. Predigten und Gebete aus Hss. Basel 1876 (Neudr. Darmstadt und Hildesheim/Leipzig 1964) S. 445 – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt. Detmold 299

Els¨assische Predigten 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 445–450. – Anton Linsenmayer: Gesch. der Predigt in Deutschland v. Karl dem Großen bis zum Ausgange des 14. Jh. Mu¨ nchen 1886 (Neudr. Frankfurt/M. 1969) S. 470–473. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 11. – Ders.: Beitr. zur Gesch. der Predigt und des religi¨osen Volksunterrichts im Elsaß w¨ahrend des MA. In: Hist. Jb. der G¨orresGes. 38 (1917) S. 661–717. – M´edard Barth: Die ¨ illustrierte Straßburger Ubersetzung der Legenda aurea v. 1362, Cgm 6 in Mu¨ nchen. In: Arch. f¨ur Els¨assische Kirchengesch. 9 (1934) S. 137–162, hier S. 161 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). M¨unchen 1974, S. 150 (T 127). – Timothy R. Jackson: Die K¨urze des Exemplums am Beispiel der E. P. In: Kleinere Erz¨ahlformen im MA. Paderborner Colloquium 1987. Hg. v. Klaus Grubm¨uller. Paderborn 1988, S. 213–223. – Stefan Seeber: Die ‹E. P.› als persuasive Rede. In: Die Predigt im MA zwischen Mu¨ ndlichkeit, Bildlichkeit und Schriftlichkeit – La pr´edication au Moyen Age entre oralit´e, visualit´e et e´ criture (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen 13). Hg. Ren´e Wetzel/Fabrice Fl¨uckiger. Z¨urich 2010, S. 67–84. VZ Buchwaldsche Heiligenpredigten. – Nach dem ersten Herausgeber Georg Buchwald benannte Sammlung von 50 bzw. 52 Heiligenpredigten, entstanden vielleicht im 14. Jh. Als Vorlage f¨ur die gr¨oßtenteils nach der Ordnung des Kirchenjahres angelegten B. H. dienten die Sermones de sanctis des → Peregrinus von Oppeln. Inhaltlich umfassen die Predigten haupts¨achlich der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine entnommene Heiligenviten sowie Predigtm¨arlein. ¨ Uberlieferung: Bielefeld, Bibl. des Landeskirchenamtes, Cod. A 3 (15. Jh., westf¨alisch; Einbandstempel: Herforder Fraterhaus) (Bi). – Leipzig, UB, Ms 687, 73va–126vb (Zisterzienserkloster Altzelle, 1415/16, ostmd.) (L). Die B. H. schließen hier direkt an die Sonntagspredigten des Schwarzw¨alder Predigers (→ Schwarzw¨alder Predigten) an. – Mu¨ nster, Staatsarch., Dep. Altertumsverein, Msc. 207, 178ra–270vb, 271vb–290vb, 292vb–301rb (15. Jh., westf¨alisch) (Ms). Ausgaben: Georg Buchwald: Dt. Heiligenpredigten nach der Art des ‹Schwarzw¨alder Predigers›. 300

Der von Gabelstein In: Mitt. der Dt. Ges. zur Erforschung vaterl¨andischer Sprache und Altert¨umer in Leipzig 11, H. 1 (1913) S. 52–111; H. 2 (1915) S. 7–55. – Wolfgang Stammler: Prosa der dt. Gotik (Literarhist. Bibl. 7). Berlin 1933, S. 7–10. – Kurt Otto Seidel: Mnd. Hss. aus Bielefelder Bibl. (GAG 453). G¨oppingen 1986, S. 44–49. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 1 (1978) Sp. 1111 f. – Monika Costard: B. H., besser: Heiligenpredigten nach Peregrinus v. Oppeln. In: VL2 11 (2004) Sp. 302–305. – Franz Jostes: Westf¨alische Predigten. In: NdJb 10 (1884) S. 44–48. – Ders.: Zur Gesch. der ma. Predigt in Westfalen. In: Zs. f¨ur vaterl¨andische Gesch. und Altertumskunde 44 (1886) 1. Abt. S. 3–47, hier S. 12. – Florenz Landmann: Das Predigtwesen in Westfalen in der letzten Zeit des MA. M¨unster 1900, S. 80, 94, 228. – Buchwald 1913 (s. Ausg.). – Ders. 1915 (s. Ausg.). – Johannes Baptist Schneyer: Repertorium der lat. Sermones des MA. F¨ur die Zeit v. 1150–1350. Bd. 4 (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 43). Mu¨ nster 1972, S. 557–574. – Gerhard Stamm: Stud. zum ‹Schwarzw¨alder Prediger› (Medium Aevum 18). Mu¨ nchen 1969, S. 32–36. – W. Williams-Krapp: Das Gesamtwerk des sog. ‹Schwarzw¨alder Predigers›. In: ZfdA 107 (1978) S. 50–80. – K. O. Seidel: Eine Bielefelder Hs. der B. ‹H. nach Art des Schwarzw¨alder Predigers›. In: ZfdA 114 (1985) S. 141–146. – Ders. 1986 (s. Ausg.) S. 12–28. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986, passim. – Phyllis Barzillay Roberts: Thomas Becket in the Medieval Latin Preaching Tradition. An Inventory of Sermons about S. Thomas Becket c. 1170 – c. 1400 (Instrvmenta Patristica XXV). The Hague 1992, Sermon 150. – Thomas W¨unsch: Peregrinus v. Oppeln (gest. um 1333) als Exeget. In: Oberschlesisches Jb. 1993, S. 25–39. – Brigitte Derendorf: Mnd. lit. Hss. in Mu¨ nster. In: Nd. Wort 34 (1994) S. 21–33. – K. O. Seidel: Mnd. lit. Hss. in Bielefelder Bibl. In: Ebd. S. 13–20. – Hans-Jochen Schiewer: ‹Die Schwarzw¨alder Predigten› (MTU 105). Tu¨ bingen 1996, S. 186–195. – Regina Schiewer: Die Ent¨ deckung der mnd. Predigt: Uberl., Form, Inhalte. In: Oxford German Studies 26 (1997) S. 24–72. – Ryszard Tatarzynski (Hg.): Peregrini de Opole Sermones de tempore et de sanctis, e codicibus manu scriptis [...] (Studia ‹Przegladu Tomistycznego› 1). Warschau 1997. SF 301

Mitte 14. Jh. Der Beheim. – Prediger, 14. Jh. Der B. ist nur durch f¨unf Predigtsausz¨uge innerhalb der sog. Zitatensammlung der Berliner Hs. Mgq 191 (um 1400) nachgewiesen. Er wird darin als Prediger bezeichnet. Ein in den Text eingeflochtenes lat. Zitat legt eine geistliche Vorbildung B.s nahe. Inhaltlich widmen sich die u¨ berlieferten Ausz¨uge dem den Menschen unbekannten Zeitpunkt des J¨ungsten Gerichts, der Vergebung reuiger S¨under, der Macht des Gebets und der F¨ursprache des Heiligen Geistes. ¨ Uberlieferung: Berlin, SB, Mgq 191, 358v, r v r 361 –362 , 364 –364v (Pap. und Perg., um 1400, mhd.). Ausgaben: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 225–243, hier S. 227. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) Sp. 672. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191. In: VL2 10 (1999) Sp. 1564–1569; 11 (2004) Sp. 1697. MM Bruder Aristotiles. – Prediger, 14. Jh. Predigtspr¨uche des ansonst nicht bekannten B. A. sind u¨ berliefert in der Handschrift Berlin, SBB, Mgq 191, 360r–361r, 365r–366r (um 1400). Ausgaben: Franz Pfeiffer, Germania 3 (1859) S. 234. – Wolfgang Stammler, ZfdPh 55 (1930) S. 291 f. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) Sp. 450. BJ Der von Gabelstein. – Prediger, 14. Jh. F¨ur L¨ohr ist Arnoldus von Gabelstein (als Prior der Dominikaner in W¨urzburg am 22.6.1359 bezeugt; das W¨urzburger Nekrologium f¨uhrt ihn am 9. Dez. auf) der genannte «brediger», von dem ein Ausspruch u¨ ber «rehtiu zuoversiht» u¨ berliefert ist. Bei Annahme einer Verschreibung k¨onnte auch Arnoldus von Zabelstein (gest. 1330 im Kloster Mergentheim) gemeint sein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 264v (Pap., um 1400, els¨assisch). Ausgabe: F. Pfeiffer, Germania 3 (1858) S. 232. Literatur: Christine St¨ollinger, VL2 2 (1979) ¨ Sp. 1035; 11 (2004) Sp. 481. – Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 176 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 129 f. BJ 302

Mitte 14. Jh. Engelberger Predigten. – Predigtsammlung aus der Mitte des 14. Jh. Das anonym u¨ berlieferte Korpus von 55 Predigten mit mystagogischem und katechetischem Schwerpunkt d¨urfte um 1350 aus unterschiedlichen Quellen kollationiert und redigiert worden sein. Nach aktuellem Forschungsstand ist von unterschiedlichen Verfassern auszugehen, womit Versuche mit dem Engelberger Prediger (so die alte Bezeichnung) einen bestimmten Autor zu identifizieren, hinf¨allig geworden sind. Die Engelberger Codices 335–337 u¨ berliefern mit 49 Predigten den Grundstock der Predigtsammlung. Sieben Handschriften, darunter f¨unf aus der Stiftsbibliothek St. Gallen (v. a. Cod. 1878), tradieren als Zweitfassung eine kleinere Sammlung von 20 Predigten, die 6 zus¨atzliche Texte enth¨alt. Vom Katharinenkloster St. Gallen ging eine dominikanisch ¨ gepr¨agte sekund¨are (Streu-)Uberlieferung aus, die haupts¨achlich im Bodenseeraum zu verorten ist. Die E. P. sind von der Dominikanermystik beeinflusst (w¨ortlich zitiert werden Meister → Eckhart, Heinrich → Seuse und Johannes → Tauler), kombiniert mit einer asketisch und erbaulichen Thematik sowie mit Betrachtungen zum Klosteralltag. In leicht verst¨andlicher Sprache abgefasst, sind die E. P. hinsichtlich Aufbau und Rhetorik von hoher Kunstfertigkeit. Es kommen beide Formen der ma. Predigt vor – Sermo und Homilie – mit deutlicher Bevorzugung der Sermo. Als Hauptadressaten der urspr¨unglichen Sammlung sind die Benediktinerinnen des Stiftes Engelberg zu vermuten. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 335, 147 Bll. (Pap., um 1379–86, alemannisch). – Ebd., Cod. 336, 212 Bll. (Pap., um 1379–86, alemannisch). – Ebd., Cod. 337, 85 Bll. (Pap., um ¨ 1417/19, alemannisch). – Sekund¨are Uberlieferung (Ausw.): Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 302, 45r–60v (Pap., 1465–83, alemannisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1878, 241 Bll. (Pap., um 1400, alemannisch). – Ebd. Cod. 1919, S. 3–33, 263–384 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostschweizerisch). – Ebd., Cod. 1004, S. 1–167, 1430–1451 (Pap., alemannisch). – Ebd., Cod. 1066, 12ra–43ra, 131va–134vb, 179rb–183rb, 196vb–203ra, 309rb–329vb (Pap., um 1450, alemannisch). – Berlin, SBB, Mgo 700 (vormals Privatslg. Eduard Langer, Braunau [B¨ohmen], Ms. 263; davor Carl F¨orster’sche Kunstauction, Mu¨ nchen, Nr. 2370), 1r–132r (Pap., Mitte 15. Jh., ostalemannisch). – Straßburg, National- und UB, 303

Engelberger Predigten ms. 2541 (fr¨uher L germ. 516.2°), 171ra–223ra (Pap., Mitte 15. Jh., schw¨abisch). – T¨ubingen, UB, Cod. Md 121, 2r–175v (Pap., kurz nach 1400 oder Mitte 15.Jh., schw¨abisch). – Zur Streu¨uberlieferung vgl. Stauffacher 1982, S. 9/1–9/43. Ausgaben: (in Vorbereitung) Ren´e Wetzel/Fabrice Fl¨uckiger in Verbindung mit Bal´azs J. Nemes und Mathias Stauffacher: Die ‹E. P.› Edition und Textgesch. (Kulturtopographie des alemannischen Raumes). – Teilausgaben: Wilhelm Wackernagel: Altdt. Predigten und Gebete aus Hss. Basel 1876, Neudr. Darmstadt 1964, S. 182–208, 583–589. – Philipp Strauch: Der E. Prediger. In: ZfdPh 50 (1926) S. 1–45, 210–241. – Walter Muschg: Mystische Texte aus dem MA. Basel 1934, S. 133–146. – Kurt Ruh: Dt. Lit. im Benediktinerinnenkloster St. Andreas in Engelberg. In: Titlisgr¨usse 67 (1981) S. 79 f.; wieder in: Ders.: Kleine Schr. Bd. 2. Berlin/New York 1984, S. 287. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 592. – Sigisbert Beck, VL2 2 (1980) Sp. 532–535; Nachtrag VL2 11 (2004) Sp. 408. – K. Ruh, LexMA 3 (1986) Sp. 1916. – De Boor/Newald 3,2 (1987) S. 337 f. – Otto Langer, LThK3 3 (1995) Sp. 656. – Werner Williams-Krapp/Ren´e Wetzel, Killy2 3 (2008) S. 277 f. – Auguste Jundt: Les amis de Dieu au quatorzi`eme si`ecle. Paris 1879, S. 62–64. – Robert Durrer: Das Frauenkloster Engelberg als Pflegest¨atte der Mystik, seine Beziehungen zu den Strassburger Gottesfreunden und zu den frommen Laienkreisen der Innerschweiz. In: Der Geschichtsfreund 76 (1921) S. 195–218. – Emil Ermatinger: Dichtung und Geistesleben der dt. Schweiz. M¨unchen 1933, S. 53–55. – W. Muschg: Die Mystik in der Schweiz 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 310–332, 428–437. – S. Beck: Unters. zum E. Prediger (Zs. f¨ur schweizerische Kirchengesch. Beih. 10). Freiburg/Schweiz 1952. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 143 (T 118). – K. Ruh 1981 (wie Ausg.) S. 77–88, 275–295. – Mathias Stauffacher: ¨ Unters. zur handschriftlichen Uberl. des ‹E. Prediger›. Diss. masch. Basel 1982. – K. Ruh: Der Handschriftenbestand des St. Andreas-Klosters in ¨ Engelberg: Ein Uberblick. In: Bewegung in der Best¨andigkeit: Zu Gesch. und Wirken der Benediktinerinnen von St. Andreas/Sarnen Obwalden. Hg. Rolf de Kegel. Alpnach 2000, S. 107–120. – R. Wetzel/F. Fl¨uckiger: Bild, Bildlichkeit und EinBildung im Dienst von Glaubensvermittlung und 304

Geißlerlieder Ein¨ubung religi¨oser Praktiken in drei Eucharistiepredigten der zweiten H¨alfte des 14. Jh. (‹Engelberger Predigten›, Engelberg. Stiftsbibl., Cod. 336, Eb 3–5). In: PBB 130 (2008) S. 236–271. VZ Geißlerlieder. – Geistliche Lieder der ma. Geißlerbewegung, vor allem um 1349. Unter G. versteht man die volkssprachigen Lieder, welche die wandernden Geißler auf ihrer Bußfahrt im Rahmen des Geißelungsrituals gesungen haben. Seinen H¨ohepunkt erreichte das Flagellantentum im und nach dem Pestjahr 1349, ab dem Geißlerfahrten auch in Deutschland verbreitet waren. Die G. nehmen eine Sonderstellung in der geistlichen Lieddichtung des MA ein, da es dank zeitgen¨ossischer Zeugnisse detaillierte Kenntnisse zu ihrer Gebrauchsfunktion und zu ihrem Publikum gibt. Denn u¨ berliefert sind die G. nicht in Liedsammlungen, sondern zumeist als Bestandteil derjenigen Chroniken, die u¨ ber die Geißler berichten. Allerdings werden in den Chroniken von einigen Liedern auch nur die Eingangsverse zitiert. Es ist bei den G. zu unterscheiden zwischen Liedern, die beim Ortsein- oder -auszug sowie vor oder w¨ahrend des Geißelungsrituals gesungen wurden. Die meisten der Lieder waren bereits vorher als geistliche Lieder gebr¨auchlich und sind an den neuen Gebrauchskontext angepasst worden. Die eigentlichen G. sind daher die eigens f¨ur den Zweck der Bußfahrt verfassten, von denen nur vier vollst¨andig erhalten sind: 1) Der in drei Teile gegliederte Leis «Nu tret her z˚u der e bossen welle», auch als «Geißlerliturgie» bezeichnet, ein G. im strengsten Sinne, da er den Akt der Geißelung direkt begleitet; 2) der Einzugsleis «Nu ist dˆıu betfart so here»; 3) das MariaRuflied «Maria m˚uter raˆıniu maˆıt» mit F¨urbittCharakter und 4) das strophenreiche Mariaprozessionslied epischen Inhalts «Maria unser frouwe». Im «Chronicon» Hugo → Spechtharts von Reutlingen werden die Texte der G. zusammen mit den Melodien u¨ berliefert. Nach deren Analyse sind die G. als paraliturgische Ges¨ange dem Typus der Wallfahrtund Pilgerlieder verwandt und stehen in der musikalischen Tradition geistlicher Rufformeln, der Bittfahrts-, Passions und Marienlieder. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 671, Perg., 2 Bll., Bl. 1: G. (14./15. Jh., nd./westf¨alisch). – Innerhalb Hugo Spechtharts von Reutlingen Chronicon: St. Petersburg, Nationalbibl., Lat. O. v. XIV.6, 30v–36r (Perg., 14. Jh., schw¨abisch). – Innerhalb Fritsche 305

Mitte 14. Jh. → Kloseners Straßburger Chronik: Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 91, 42r–44v (Perg., 1362, els¨assisch; enth¨alt auch die → Geißlerpredigt). – Innerhalb der Limburger Chronik des Tileman → Elhen von Wolfhagen: Vollst. ma. Hss. sind nicht erhalten; a¨ ltester Druck: Johann Friedrich Faust (Hg.): Fasti Limpurgenses. Das ist: Ein wolbeschrieben Fragment einer Chronick Von der Stadt und den Herren zu Limpurg auff der Lohne [...]. Heidelberg, Gotthard V¨ogelin 1617 (VD17 23:249041X). Zur Streu¨uberl. und weiteren Drucken vgl. MGH Dt. Chron. 4,1, S. 2–5. – Zur Streu¨uberl. der G. allg. vgl.: Pfannenschmid in Runge 1900, S. 159 f. und H¨ubner 1931, S. 207–215. Ausgaben (Ausw.): Chron.dt.St. 8, S. 105–111 (Straßburger Chronik). – MGH Dt. Chron. 4,1, S. 31–34 (Limburger Chronik). – Hans Ferdinand Maßmann: Erl. zum Wessobrunner Gebet des 8. Jh. Nebst zweien noch ungedruckten Gedichten des 14. Jh. Berlin 1824, S. 39–42 (Abdr. Berlin mgq 671). – August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861 (Nachdr. Hildesheim 1965) S. 135–149. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867 (Abdr. Berlin mgq 671). – Karl Gillert: Die Chron. des Hugo von Reutlingen. In: Forschungen zur Dt. Gesch. 21 (1881) S. 21–65, hier S. 54–60. – Karl Bartsch: Die Petersburger Hs. der G. In: Germania 25 (1880) S. 40–47. – Runge 1900, S. 30–41 (mit Melodien). – H¨ubner 1931, S. 106–118, 174–177, 187, 194–197. – Hugo Moser/Joseph M¨uller-Blattau: Dt. Lieder des MA. v. Walther v. der Vogelweide bis zum Lochamer Liederbuch. Texte und Melodien. Stuttgart 1971, S. 186–196. – Max L¨utolf: Geistliche Ges¨ange des dt. MA. Melodien und Texte hsl. ¨ Uberl. bis um 1530. Bd. 5: Zyklische Slg. Die G. von 1349 nach Hugo v. Reutlingen. Dt. Stundengebetb¨ucher des 15. Jh. (Das dt. Kirchenlied II,5), Kassel u. a. 2005, S. 93–109. – Teresa Proto: I canti dei flagellanti tedeschi del 1349. Introduzione, edizione e commento. Diss. Siena 2007. Literatur: Anton H¨ubner/Erich Seemann, RL2 1 (1958) S. 536 f. – Georg Steer, VL2 2 (1980) Sp. 1153–1156. – Johannes Janota, MGG2 3 (1995) Sp. 1139–1148. – Claudia H¨andl, Killy2 4 (2009) S. 144 f. – Paul Runge (Hg.): Die Lieder und Melodien der Geißler des Jahres 1349 nach der Aufzeichnung Hugo’s v. Reutlingen. Nebst einer Abh. u¨ ber die italienischen G. v. Heinrich Schneegans und 306

Mitte 14. Jh. einem Beitr. zur Gesch. der dt. und ndl. Geißler v. Heino Pfannenschmid. Leipig 1900 (Nachdr. Hildesheim 1969) S. 1–42. – A. H¨ubner: Die dt. G. Stud. zum geistlichen Volksliede des MA. Berlin/Leipzig 1931. – Joseph Mu¨ ller-Blattau: Die dt. G. In: Zs. f¨ur Musikwiss. 17 (1935) S. 6–18. – Ders.: ¨ Zu Form und Uberl. der a¨ltesten dt. geistlichen Lieder. In: ebd., S. 129–146. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). T¨ubingen 1968. – Volker Mertens: Peter v. Aarberg, Minnes¨anger. In: ZfdA 101 (1972) S. 344–357. – G. Steer: ‹Dat dagelyt von der heiligen passien›. Die sog. ‹Große Tageweise› Graf Peters v. Arberg. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. Kurt Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 112–204. – V. Mertens: Der Ruf – eine Gattung des dt. geistlichen Liedes im MA? In: ZfdA 104 (1975) S. 68–89. – Beat Koelliker: Das e Geißlerlied ‹nu tret her z˚u der bossen welle› und das Geißlerritual. In: Philologie und Geschichtswiss. Hg. v. Heinz Rupp (medium literatur 5). Heidelberg 1977, S. 92–105. – Frantiˇsek Graus: Pest – Geißler – Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 86). G¨ottingen 31994, bes. S. 40–43. – Franz Reiner Erkens: Buße in Zeiten des schwarzen Todes. Die Z¨uge der Geißler. In: Zs. f¨ur hist. Forschung 26 (1999) S. 483–513. VZ Thomas von Aquin. – Dt. Legenden. T. hat nur geringe kultische Verehrung erfahren, die sich im Wesentlichen auf den Predigerorden beschr¨ankt. Die somit vergleichsweise wenigen Viten und Legenden sind selten in volkssprachliche Legendare aufgenommen worden. Das Heiligenleben des → Hermann von Fritzlar enth¨alt eine Kurzvita. Ausf¨uhrlicher ist T.s Lebensbeschreibung im dominikanischen Legendar → Der Heiligen Leben geraten, wobei es sich um eine Kurzfassung der lat. Vita Wilhelms von Tocco (Acta Sanctorum, Martius 6, S. 657–685) handelt. Von Wilhelms Vita sind zwei weitere Gesamt¨ubertragungen aus dem alemannischen Raum bekannt. Die erste ist von → Eberhart von Rapperswil (vor 1418 im Auftrag des Dominikanerinnenklosters T¨oß [Frauenfeld, Kantonsbibl., Cod. Y 156]). Die andere ist mit Stoffen aus der T.-Legende des Bernardus Guidonis (Acta Sanctorum, Martius 1, S. 716–718; 2, S. 312–323) ¨ kombiniert und enth¨alt auch eine Ubersetzung des Translationsberichtes (Acta Sanctorum, Martius 4 307

Thomas von Aquin ¨ S. 738–740). Der Ubersetzer war vermutlich ein nicht n¨aher bestimmbarer Dominikaner. ¨ ¨ Uberlieferung: Anon. dominikanische Ubers.: Berlin, SBB, Mgo 452 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 677), 90 Bll. (Perg., 15. Jh, els¨assisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 416, 162r–232v (Pap., 1489, aus einem els¨assischen Dominikanerinnenkloster, niederalemannisch). Nhd. Ausgabe: Das Leben des heiligen T. v. A., erz¨ahlt v. Wilhelm v. Tocco und andere Zeugnisse ¨ zu seinem Leben. Ubertr. u. eingel. v. Willehad Paul Eckert. D¨usseldorf 1965. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 9 (1995) Sp. 812 f. – Ders.: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberl., Text und Wirkungsgeschichte (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 465 (Reg.). VZ Von dreierlei geistlichem Sterben. – Predigttraktat. V. d. g. S. enstand wahrscheinlich im Dunstkreis der «Gottesfreunde» in Straßburg. Das Werk verbindet in lehrhafter Ansprache an den Leser Elemente von Predigt und Traktat. Ausgangspunkt des Texts ist das biblische Gleichnis vom Getreidekorn, das im Acker sterben muß, um Frucht zu bringen. Im Anschluß behandelt der Predigttraktat die drei geistlichen Tode, auf die sich sein Titel bezieht: Der Mensch m¨usse erstens den S¨unden, zweitens dem N¨achsten und drittens mit Christus am Kreuz sterben. Neben den titelgebenden Abschnitten beschreibt V. d. g. S. weiterhin das Idealbild des heiligen Menschen, der sich selbst als unwerten Su¨ nder sieht und Gott alle Perfektion zugesteht. Textlich ist der Predigttraktat mit der Kurzfassung des Neunfelsenbuchs verwandt. M¨oglicherweise wurde V. d. g. S. aus dem Neunfelsenbuch entlehnt oder beide Texte sch¨opften aus einer gemeinsamen Quelle, die allerdings unbekannt ist. ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, ms. 1997 (fr¨uher L germ. 80.8°), 36r–61r (Pap., 15. Jh.). – Leipzig, UB, Ms. 0529, 95r–119r (Pap., um 1442, bair.). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 1500,8 (fr¨uher Ms. Leuchte VIII), 19r–25v (Pap., Mitte 15. Jh., ostalemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 281, 116r–121r (Pap., Mitte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 830, 62r–77r (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 462, 13r–29v (Pap., letztes Drittel 15. Jh., nordbair.). – Ebd., Cgm 841, 204r–219v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair. mit weiteren F¨arbungen). – Ebd., Cgm 458, 182r–201v 308

Von der Wirkung der Seele

Mitte 14. Jh.

(Pap., um 1482, nordbair.). – Fara in Sabina, Bibl. Statale del Monumento Nazionale di Farfa, Cod. AF 308, 131r–154v (Pap., 1485, bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 218, 172vb–183va (Pap., 1487, bair.). Ausgabe: Strauch 1902 (s. Lit.) S. 288–311 (nach Cgm 830). Literatur: Georg Steer: Merswin, Rulman. In: VL2 6 (1987) Sp. 420–442, hier S. 428. – Kurt Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 383–385. – Philipp Strauch, Zur Gottesfreund-Frage I: Das Neunfelsenbuch. In: ZfdPh 34 (1902) S. 235–311. MM

Beichttraktats Es sint vil menschen die ir bihten wenig oder gar n¨ucz hilft ist. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. HB I 207, 250r–257v (Pap., Bl. 1–142: 1432–35, Bl. 143–257: 1423–27, ostalemannisch). Ausgabe: Prosa der dt. Gotik. Eine Stilgesch. in Texten. Ausgew¨ahlt und geordnet v. Wolfgang Stammler (Literaturhist. Bibl. 7). Berlin 1933, S. 30–32 (nur «Von der Hoffart»). Literatur: Bertram S¨oller, VL2 8 (1992) Sp. 1173 f. BJ

Margareta zum Goldenen Ring (Margret zem Guldin Ring), * um 1320 Basel, † vor 1404 Basel. Die reiche Basler Gottesfreundin M. stand in Kontakt zu Johannes → Tauler und → Heinrich von N¨ordlingen, der als Anh¨anger des Avignoner Papstes vor Ludwig dem Bayern nach Basel gefl¨uchtet war und sich dort u¨ ber zehn Jahre aufhielt. Von Heinrich erhielt sie die einzige heute erhaltene Handschrift des Gesamttextes von → Mechthilds von Magdeburg Fließendem Licht der Gottheit (Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 277 [1014], darin auch weitere Mystikertexte). Noch eine weitere Mystikersammelhandschrift (aus dem gleichen Skriptorium: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 [1040]) befand sich in ihrem Besitz. Die beiden Codices vermachte M. den Waldschwestern im Einsiedler Hochtal. Nach Heinrichs Abschied von Basel schrieb M. um 1348/49 einen sehr pers¨onlichen Brief an die Mystikerin Margarete → Ebner, in dem sie ihren Verlust beklagt und bedauert, von nun an Heinrichs Rat, Lehre, Mahnungen und Tadel entbehren zu m¨ussen. Ausgabe: Philipp Strauch: Margaretha Ebner und Heinrich v. N¨ordlingen. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. Freiburg 1882. Neudr. Amsterdam 1966, S. 275 f. Literatur: Margot Schmidt, LThK2 7 (1962) Sp. 20. – Francis Rapp, Dict. Spir. 10 (1977) 348 f. (Marguerite zum G¨uldin Ring). – Peter Dinzelbacher, LexMA 6 (1993) Sp. 233 (M. zum G¨uldin Ring). – Strauch (s. Ausg.) S. 370 f. VZ

Von der ubervart ¨ der gotheit. – Traktat. Dieser mystische Traktat wurde von F. Pfeiffer (s. Ausg.) als Nr. XI in seine Meister → EckhartAusgabe nach der Handschrift Einsiedeln, Stiftsbibl., Hs. 277 aufgenommen. In der Einsiedler Form besteht der Text aus drei einzelnen, thematisch a¨hnlichen, aber argumentativ kaum zusam¨ menh¨angenden Teilen. Die disparate Uberlieferung (s. VL2 9 [1995] Sp. 1205 f.) zeigt eine st¨andige Um- und Neubindung einzelner Teile des Texts. Als Autorit¨aten werden vor allem → Augustinus und → (Pseudo-) Dionysius Areopagita zitiert. Der erste Teil des Traktats behandelt die «Seelenkr¨afte», der zweite vor allem die «Suche der Seele» unter Anspielungen auf das Hohe Lied, w¨ahrend sich der dritte Teil mit dem Gegensatz von «geschaffenen/genanten» und «ungeschaffenen/ungenanten dingen» besch¨aftigt. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962) S. 495–516. Literatur: Peter Schmitt, VL2 9 (1995) 1205–1209. – Franz Jostes (Hg.): Meister Eckhart und seine Ju¨ nger. Ungedruckte Texte zur Gesch. der dt. Mystik. Freiburg/Schweiz 1895. Neudr. mit einem W¨orterverz. v. P. Schmitt und einem Nachw. v. Kurt Ruh. Berlin/New York 1972. – Hermann B¨uttner: Meister Eckeharts Schr. und Predigten. Bd. 1. Jena 1903, S. 178–194, 230–233. – ¨ Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1908) S. 385–393. – Dietrich Mahnke: Unendliche Sph¨are und Allmittelpunkt. Halle/Saale 1937 (Nachdr. Stuttgart-Bad Cannstatt 1966) S. 152 ff. BJ

Von den sieben Todsunden ¨ II. – Prosatraktat u¨ ber die sieben Tods¨unden und ihre Tochters¨unden. Wie in anderen S¨undenreihen steht die «hohuart», die auch am breitesten behandelt wird, am Anfang dieses Textes, der Teil des weit verbreiteten

Von der Wirkung der Seele. – Anonymer mystischer Traktat, 14. Jh. Der Traktat erscheint in zwei Codices als relativ selbst¨andiger Bestandteil des mystischen Mosaiktraktats → Das B¨uchlein vom schauenden und vom wirkenden Leben und ist in einer weiteren Handschrift

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Mitte 14. Jh. st¨arker in diesen eingebunden. Inhaltliche Schwerpunkte sind Er¨orterungen des Verh¨altnisses SeeleIntellekt und der Seelenkr¨afte im Hinblick auf die Vereinigung der Seele mit Gott. Die oberste Seelenkraft wird als «sinderesis» und «funke gœtlicher nature» bezeichnet. Die L¨auterung der Seele erfolgt zun¨achst durch die Abscheidung der Vernunft und wird (angelehnt an den Ps. → Dionysius Areopagita) als «verborgenheit» interpretiert. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. B XI 10, 301r–316v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., alemannisch). – Zu¨ rich, ZB, Cod. C 127, S. 187–200 (erste H¨alfte 15. Jh., alemannisch). – In das ‹B¨uchlein› st¨arker integriert: London, University College, MS. Germ. 14, 58v–63v (Pap., fr¨uhes 15. Jh., rheinfr¨ankisch). Ausgabe: Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 100–107 (nach Basel). Literatur: Niklaus Largier, VL2 10 (1999) Sp. 1251 f. – Wilhelm Preger: Krit. Stud. zu Meister Eckhart. in: Zs. f¨ur hist. Theologie 36 (1866) S. 453–517, hier S. 460. – Dorothy K. Coveney: A Descriptive Catalogue of Manuscripts in the Library of University College London. London 1935, S. 56–58 (Nr. 55). – Josef Quint: Neue Handschrif¨ tenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. (Meister Eckhart Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 245–248. – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel. Beschreibendes Verz., Abt. B: Theologische Perg.hss. Bd. 2: Signaturen B VIII 11–B XI 26. Basel 1966, S. 949–954. – N. Largier: Intellectus in deum ascensus. In: DVjs 69 (1995) S. 423–471, hier S. 427 f. VZ Apokalypse. – Bibel¨ubertragung, mhd. Prosa. Gerade wegen seines f¨ur Laien schwer verst¨andlichen Inhalts ist die Johannesoffenbarung zahlreich ins Deutsche u¨ bertragen worden. Sie ist nach ¨ Walthers Ordnungssystem in den UbersetzungsZweigen 1 (M1I, M1II, F1, P1), 7(–9) (A7I, A7II, B7, E7, L7, H7, N7, O7, S7, Wei7, FrgmThoma7) und 12–14 (H12, W12, Wei12, Z12; B13; M14, S14) in biblisch-kanonischen Kontexten vertreten, von diesen unabh¨angige Einzel¨uberlieferungen in den Zweigen 31–34 (A31, Li31, S31; A32; A33, L33, Me33, FrgmEisl33; W34, B34, Bam34, Pr34). Außerhalb der genannten Zweige sind inzwischen weitere acht Handschriften mit einer ¨ Apokalypse-Ubersetzung identifiziert (AJ, B, Ba, 311

Apokalypse KaI, KaII, KaIII, Pom und W). Redzich entwirft gegen¨uber Walthers historisch ausgerichtetem Mo¨ dell, nach dem alle Ubersetzungszweige auf die Absicht, eine dt. Vollbibel zu schaffen, zur¨uckzuf¨uhren seien, eine eigene Systematik. Sie ber¨uck¨ sichtigt nicht nur die Uberlieferung in Lektionaren, Evangelistaren und Perikopenb¨uchern, sondern geht, im Gegensatz zu Walthers stemmatologischem Ansatz, auf Grundlage von «Textprofilen» ¨ von drei Ubersetzungstypen als «funktionale» Einheiten ohne «genetische Implikationen» (S. 425) aus, wobei «Dominanz bzw. Quantit¨at bestimmter Merkmale» (S. 426) f¨ur die jeweilige Zuordnung ¨ ¨ entscheidend seien. Ubersetzungstyp 1: Die Ubersetzungen gehen nach grammatisch-funktionalen Aspekten vor, geben die Wortformen der Vorlage ¨ durch die jeweiligen dt. Aquivalente wieder und reproduzieren den Vulgatatext vollst¨andig. Redzich unterteilt in weitere zwei Unterklassen. 1a: S14, A7I, H7, S7, N7, P1, M1I, MlkI, W12 und 1b: ¨ ¨ 2: Die UbersetB, KaI, AJ, S31. Ubersetzungstyp zungen k¨urzen systematisch die Vorlage um «typische Formen der Wiederholung und der additiven Reihung» sowie «spezifische Formen der Sinngebung» (S. 470). Dazu geh¨oren B13, A33, L33, A32 ¨ ¨ und W. Ubersetzungstyp 3: Die Ubersetzungen tragen verschiedene Merkmale von Textumgestaltung, «die den Modus der vision¨aren Deskription in Formen ereignisorientierter Narration umwandeln» (S. 503). Dazu geh¨oren T, Pom, KaII und Bam34. In biblisch-kanonische Textensembles ist der Text in den Hss. A7I, B7, E7, FI, H7, M14, MlkI, MlkII, N7, PI, S7, Wei7, A7II, H12, L7, O7, S14, W12, Wei12 und Z12 eingebunden, in alttestamentlichen Kontexten u¨ berliefert sind A33, Me33, KaII, AJ, B13, T, KaIII. ¨ Uberlieferung: Augsburg, Staats- u. Stadtbibl., 2° Cod 3, 124ra–138rb (Perg., um 1350, mittelbair. mit md. und/oder alemannischen Spuren) (A7I). – Augsburg, UB, Cod. III.1. 2° 1a, 320vb–329ra (Perg. und Pap., 1456, bair.-fr¨ankisch) (A7II). – Ebd., Cod. III.1. 4° 15, 1r–65r (Pap., Mitte 15. Jh., westschw¨abisch) (A31). – Ebd., Cod. III.1. 4° 41, 158v–193v (Pap., 15. Jh., nordbair.) (A32). – Augsburg, Staats- u. Stadtbibl., 2° Cod 148, 208ra–220ra (Pap., Mitte 15. Jh., ostfr¨ankisch) (A33). – Alba Julia, Karlsburg, Bibl. B´atthy´aneum, Cod. R II 104, 39v–41rb (Perg., erste H¨alfte 14. Jh., bair.-¨osterr.) (AJ). – Berlin, Staatl. Museen, Kupferstichkabinett, Cim. 1 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.; illustriertes 312

Apokalypse Blockbuch/Holzschnittwerk mit handschriftl. Passagen). – Berlin, SBB, Mgf 88, 189v–212r (Pap., 1498/99, westschw¨abisch) (B). – Ebd., Mgq 1989, 213vb–228rb (Pap., Mitte 15. Jh., nordbair.) (B7). – Ebd., Mgf 67, 449r–456v (Pap., um 1465, ostmd.bair.) (B13). – Ebd., Mgo 772 (Pap., 1436, nordbair.) (B34). – Basel, UB, Cod. A VI 38, 216vb–253rb (Pap., 1493, alemannisch) (Ba). – Bamberg, SB, Msc. hist. 153, 145r–206r (Perg., um 1400, bair.) (Bam34). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod 10, 350ra (Perg., um 1400, bair. mit alem. F¨arbung) (E7). – Eisleben, Bibl. der Andreaskirche, Ink. Nr. 103 (Perg., erste H¨alfte 14. Jh., ostmd.; 2 Falzstreifen) (FrgmEisl33). – Freiberg, Andreas-Mo¨ llerBibl. des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, I C 8° 18m, 1r–311r (Perg., um 1400, nordbair.) (F1). – G¨ottingen, SUB, Hss.-Frgm., Kst. VII:9 (Perg., noch 14. Jh. [?], nd.; 2 aneinander anschließende Querstreifen einer oberen Blatth¨alfte + 5 Ausschnitte). – Heidelberg, Kurpf¨alzisches Museum, HS 28/8, 183vb–305vb (Perg., um 1435 oder fr¨uher, bair.) (H7). – Heidelberg, UB, Cpg 23, 333vb–353va (Pap., 1441–1449, niederalemannisch) (H12). – Ebd., Cpg 34, 42v–113r (Pap., Ende ¨ 15. Jh., mittelfr¨ankisch; Blockbuch mit hsl. Ubersetzung). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 21, 76r–151r (Pap., zwischen 1448 und 1452, alemannisch) (KaI). – Ebd., Cod. Donaueschingen 179, 178rb–191ra (Pap., 15. Jh., schw¨abisch) (KaII). – Ebd., Cod. Donaueschingen 189, 1r–30r (Pap., Mitte 15. Jh.,westschw¨abisch-niederalemannisch) (KaIII). – Lindau, StB, Cod. P I 30, 1ra–16va (Pap., 1416/17, schw¨abisch) (Li31). – London, British Library, Ms. Add. 15243 (Perg., 1350/70, ostmd.) (L33). – Ebd., MS Egerton 855, 368vb–455ra (Pap. und Perg., 1436, bair.) (L7). – Meiningen, Hofbibl., Hs. 57, 195ra–197vb (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch, fr¨ankisch-th¨uringisch; Kriegsverlust) (Me33). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 111, 3r–184v (Perg., um 1500, alemannisch) (M1II). – Ebd., Cgm 292, 83va–90va (Pap., 1424, mittelbair.) (M1I). – Ebd., Cgm 5018 (Pap., 1435, ostfr¨ankischnordbair.) (M14). – Melk, Stiftsbibl., Cod. Mell. 220, 144va–156va (Pap., 1439, bair.-o¨ sterr.) (MlkI). – Ebd., Cod. Mell. 533, 226va–241vb (Pap., 1471, bair.-¨osterr.) (MlkII). – Mu¨ nster, Studien- u. Zentralbibl. der Franziskaner, Ms. OFM 5 (Ende 14. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cent. III, 43 (Perg., 1443, n¨urnbergisch) (N7). – Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 970, 316ra–322vb (Pap., 1441/42, fr¨ankisch-bair.) (O7). – Prag, N´arodn´ı knihovna, 313

Mitte 14. Jh. Ms. Tepl´a, 578–620 (Perg., um 1400, mittelbair. mit ostmd. Spuren) (P1). – Providence/Rhode Island, Brown University, Ms. German Codex 1, 41ra–56rb (Pap., 1410/11, ostfr¨ankisch) (Pr34). – Pommersfelden, Gr¨afisch-Sch¨onbornsche Bibl., Ms. 120, 1ra–20rb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostfr¨ankisch mit alemannischen Spuren) (Pom). – Stuttgart, LB, HB II 7/8, 273v–281va (Pap., 1440, nordbair.) (S14). – Ebd., Cod. bibl. fol. 15, 217rb–288rb (Pap., 1435, nordbair.) (S7). – Ebd., Cod. bibl. fol. 35, 116ra–124va (Pap., 1413/16, schw¨abisch) (S31). – Thorn, UB, Rps 44/IV, 2ra–31ra (Perg., zweites Drittel 14. Jh., ostmd.) (T). – Wien, Schottenkloster, Cod. 306, 252r–273r (Pap., zweites Drittel ¨ 15. Jh., bair.-¨osterr.) (W). – Wien, ONB, Cod. 2769/2770 (Perg., 1464, alemannisch) (W12). – Ebd., Cod. 2975, 123r–149r (Pap., 1477/1465, bair.o¨ sterr.) (W34). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Fol. 8 (Pap., um 1458, bair. mit alemannischen Spuren) (Wei7). – Ebd., Fol. 10 (Pap., Ende 15. Jh., alemannisch) (Wei12). – Z¨urich, ZB, Car. VIII 3, 230rb–243vb (Pap., 1472, hochalemannisch) (Z12). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5250/68 (Perg., Mitte 14. Jh., nordbair.) (FrgmThoma7) (alle Siglen nach Redzich). Ausgaben: Robert Priebsch: Dt. Hss. in England. Bd. 2. Erlangen 1901, S. 295 f. – Die mhd. Apokalypse in den M¨unchener Hss. Cgm 292 und Cgm 111. Hg. v. Erich Eichler. Greifswald 1910. – Francis E. A. Campbell: Die Prosa-Apokalypse der K¨onigsberger Hs. Nr. 891 und die Apokalypse Heinrichs von Hesler. Diss. Greifswald 1910, ¨ S. 5–40. – Paul Kristeller: Die Apokalypse. Alteste Blockbuchausgabe in Lichtdrucknachbildung. Berlin 1916. – Arthur Tilomas Hatto: Eine dt. Apokalypse des 14. Jh. In: Neue Texte zur Bibelverdeutschung des MA. Hg. Hans Vollmer u. a. (Bibel und dt. Kultur 6). Potsdam 1936, S. 175–199. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 406–408; 11 (2004), Sp. 122. – Hans Vollmer: Niederdt. Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen (Mat. zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MA ¨ I,2). Berlin 1916. – Otto Behagel: Zwei dt. Ubersetzungen der Offenbarung Johannis. In: ZfdA 22 (1878) S. 97–142. – Prosa der dt. Gotik. Eine Stilgesch. in Texten. Ausgew¨ahlt und geordnet von Wolfgang Stammler. Berlin 1933, Sp. 894–896 (Lit. S. 1087). – Hatto (s. Ausg.) S. 175–178. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubersetzungen. Nieuwkoop 1966, Sp. 127 f., 283–286, 549–557, 703 f. – Freimut 314

Mitte 14. Jh. L¨oser: Der Apokalypse-Komm. des Georg Kreck¨ witz und die Tradition deutschsprachiger Ubersetzungen der Johannes-Apokalypse im MA. In: Editionsdesiderate zur Fr¨uhen Neuzeit. Beitr. zur Tagung der Kommission f¨ur die Edition von Texten der Fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. Hans-Gert Roloff. Bd. 2 (Chloe 25). Amsterdam 1997, S. 637–668. – Carola Redzich: Aspekte produktiver Rezeption ¨ von Bibel¨ubersetzung: Uberl.und Gebrauchszusammenh¨ange der Johannesapokalypse im bair.fr¨ankischen Raum. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung‚ Wirkungsgesch. der Bibel im dt. MA. Hg. v. Ralf Plate/Andrea Rapp (Vestigia Bibliae 24/25). Bern 2004, S. 155–173. – Dies.: Apocalypsis Joannis tot habet sacramenta quot verba. ¨ Stud. zu Sprache, Uberl. und Rezeption hochdt. Apokalypse¨ubersetzungen des sp¨aten MA (MTU 137). Berlin/New York 2010. CS ¨ Der apostele tat. – Ostmitteldt. Ubersetzung der Apostelgeschichte, Mitte 14. Jh. Der anonyme, aus Ostpreußen stammende ¨ ¨ Ubersetzer (nicht Klaus → Kranc, dessen Ubersetzung der Propheten zusammen mit der Versparaphrase des → Hiob in der Berliner Handschrift D. a. t. vorangeht) war vermutlich in einer der Schreibstuben des Dt. Ordens t¨atig. ¨ Uberlieferung: Berlin, Geh. Staatsarch. Preuß. Kulturbesitz, XX. HA Msc. A 2° 191 (fr¨uher K¨onigsberg, Staatsarch., Msc. A 191 2° [olim A 137]) (aus drei urspr¨unglich selbstst¨andigen, wohl schon im 14. Jh. zusammengebundenen Teilen bestehend), S. 625–684 (Perg., letztes Viertel 14. Jh.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 93 (111; B 81) (fr¨uher Cod. olim 117 [B 87]), 1v–57v (Perg., Ende 14. Jh., th¨uringisch-obers¨achsisch). Ausgabe: Walther Ziesemer (Hg.): Eine ostdt. Apostelgeschichte des 14. Jh. (aus dem K¨onigsberger Staatsarchiv, Hs. A 191) (ATB 24). Halle/Saale 1927. Literatur: Ludwig Denecke, VL2 1 (1978) Sp. 410 f., 11 (2004) Sp. 122. – T. E. Karsten (Hg.): Dichtungen des Dt. ordens. Bd. 4: Die mitteldt. poetische Paraphrase des Buches Hiob [...] (DTM 21). Berlin 1910, S. V–XX (Beschreibung der Hs.). – C. Schr¨oder: Kann der Franzis¨ kaner Nicolaus Cranc als der Ubersetzer der mitteldt. Apostelgesch. angesehen werden? In: Franziskanische Stud. 5 (1918) S. 265–281. – Fritz Karg: Adversative Adverbien und Konjunktionen 315

Der apostele tat in der K¨onigsberger Apostelgesch. In: Ders.: Syntaktische Stud. Haale/Saale 1929, S. 114–183. – Wolfgang Stammler: Apostelgeschichte 27 in nautischer Beleuchtung und die ostdt. Bibel¨ubersetzung des MA (Greifswalder Stud. zur Lutherforschung und neuzeitlichen Geistesgesch. 4). Berlin/Leipzig 1931. – Erkki Valli: Zur Verfasserfrage der K¨onigsberger Apostelgesch. (Annales Academiae Scientiarum Fennicae, Series B 61), 1947. – Karl Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 94). Gießen 1951, S. 122–128. – Christine Glaßner unter Mitarbeit v. Alois Haidinger: Inventar der Hss. des Benediktinerstiftes Melk. Teil 1: Von den ¨ Anf¨angen bis ca. 1400 (Osterreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Denkschr. 285; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA II,8). Wien 2000, S. 87 f. – Freimut L¨oser: Dt. Bibel¨ubersetzungen im 14. Jh. Zw¨olf Fragen. In: JOWG 12 (2000) S. 311–323, hier S. 314 und 320. – Ders.: Sprachheimat und Sprachwan¨ del im kl¨osterlichen Schreibbetrieb. Bair.-Osterr. Mutationen einer ostmitteldt. Evangelien¨ubersetzung aus dem Dt. Orden. In: Dt. Lit. und Sprache im Donauraum. Internationale medi¨avistische Konferenz, Olm¨utz 5.5.–7.5.2005. Hg. v. Christine Pfau/Krist´yna Sl´amov´a (Olm¨utzer Schr. zur Dt. Sprach- und Literaturgesch. 2), Olomouc 2006, S. 159–183, hier S. 160 f. BJ Augsburger Bibelhandschrift. – Mhd. Bibelu¨ bersetzung aus der Mitte des 14. Jh. Die Handschrift 2° Cod. 3 der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek enth¨alt dt. neutesta¨ mentliche Bibeltexte, die dem Ubersetzungszweig 7–9 nach Wilhelm Walther angeh¨oren. Die Textsammlung ist von drei H¨anden geschrieben und enth¨alt die Evangelien, Apokalypse, Katholische Briefe, Perikopenbuch (von der ersten und a¨ ltesten Hand), die Apostelgeschichte (von der zweiten Hand) sowie die Paulinischen Briefe und das Evangelium Nicodemi (von der dritten Hand). Die drei H¨ande sind vermutlich zugleich Repr¨asentan¨ ten verschiedener Ubersetzungen (Hand 1: Zweig 7; Hand 2: Zweig 8; Hand 3: Zweig 9). Es sind 11 weitere Handschriften, zumeist aus dem 15. Jh. bekannt, welche die Bibeltexte weiter tradieren, zum Teil umgestellt und um Vorreden erweitert (Einsiedeln) oder auch nur in Auswahl (z. B. UB Augsburg, Mu¨ nchen, Cgm 8010). 316

Beichttraktat Es sind vil menschen, ... ¨ Uberlieferung: Augsburg, S und StB, 2° Cod. 3, 340 Bll. (Perg., 1350 und 14. Jh., mittel¨ bair./ostschw¨abisch). – Sp¨atere Uberlieferung: Altdorf (bei N¨urnberg), UB, o. S. (verschollen), 1424, bair. – Augsburg, UB., Cod. III.1.2° 1a (vormals Privatbesitz Antiquariat Gilhofer und Ranschburg, Luzern, Nr. 1933/425, davor Nikolsburg, Fu¨ rstliche Dietrichsteinsche Bibl., Cod. I 163), 428 Bll. (Perg. und Pap., 1456, nordbair.). – Berlin, SBB, Mgq 1989 (vormals Privatbesitz Antiquariat Gilhofer und Ranschburg, Luzern, Nr. 1933/426, davor Nikolsburg, F¨urstliche Dietrichsteinsche Bibl., Cod. II 216), 322 Bll. (Pap., vor 1456, bair.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 10 (118), 232 Bll. (Perg., um 1400, bair. mit alemannischer F¨arbung). – London, British Library, Ms. Egerton 855 (vormals Privatbesitz Auktionshaus Sotheby’s Nr. 1835/4551), 483 Bll. (Perg. und Pap., 1436, bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5250/68 (vormals Privatbesitz Herbert Thoma, M¨unchen), 1 Bl. und 1 Streifen (Perg., um Mitte 14. Jh., nordbair.-oberfr¨ankisch). – Ebd., Cgm 8010/1+2 (vormals Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. I 11), Cgm 8010/3–6 und 8 (vormals Heidelberg, Kurpf¨alzisches Mus., Hs. 28/3–6 und 8), Cgm 8010/7 (vormals Cgm 8010/3), zusammen 305 Bll. (Perg., zweites Viertel 15. Jh., bair.; nur NT). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. III, 43, 355 Bll. (Perg. u. Pap., 1443, n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. VII, 10, 453 Bll. (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 969/970, hier: 970, 334 Bll. (Pap., N¨urnberg 1442, n¨urnbergisch). – Stuttgart, LB, Cod. bibl. 2° 15, 432 Bll. (Pap., 1435, bair.; nur NT). – Weimar, HAB., Cod. Fol. 8, 321 Bll. (Pap., vor 1456, bair. mit schw¨abischem Einfluss). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 517–519. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 253, 310–313, 356–385. – ¨ Max Bisewski: Die mhd. Ubers. des Perikopenbuchs, der Apokalypse und der kath. Briefe in der Augsburger Hs. Diss. Greifswald 1908. – Kurt ¨ Winckler: Die mhd Ubers. der paulinischen Briefe in der Augsburger Hs. Diss. Greifswald 1908. – Kurt Zimmermann: Die mhd. Apostelgesch. in der Augsburger Hs. Diss. Greifswald 1908. – Fritz ¨ Felke: Die mhd. Ubers. der vier Evangelien in der Augsburger Hs. Diss. Greifswald 1909. – Herbert Thoma: Altdeutsche F¨undlein. In: ZfdA 72 (1935) S. 193–200, hier S. 196–200. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der 317

Mitte 14. Jh. Bibel. Westheim bei Augsburg 1939, S. 324–329 passim. – Helmut Gier/Johannes Janota (Hg.): Von der Augsburger Bibelhs. zu Bertolt Brecht. Zeugn. der dt. Lit. aus der S und StB und der UB Augsburg. Kat. Weißenhorn 1991, S. 30 f., 34. – Elke ¨ Donalies: Die Augsburger Bibelhs. und ihre Uberl. Unters. und Text. Mu¨ nster/New York 1992. – Carola Redzich: Apocalypsis Joannis tot habet sacra¨ menta quot verba. Stud. zu Sprache, Uberl. und Rezeption hochdt. Apokalypse¨ubers. des sp¨aten MA (MTU 137). Berlin/New York 2010, S. 150, 157 f., 164 f., 171–185 passim, 193, 436–443, 536, 644 f. (Reg.). VZ Beichttraktat Es sind vil menschen, den ir peicht wenig oder gar nichts hilft. – 14. Jh. Die weit verbreitete Beichtlehre geht auf eine lat. Vorlage (Quia circa confessionem sacramentalem faciendam) (s. M¨unchen, Cgm 568) zur¨uck. Der Behandlung der drei Elemente der Beichte (Reue, Bekenntnis, Genugtuung) folgen die (auch selbstst¨andig u¨ berlieferte) Gewissenserforschung und ein S¨undenkatalog. ¨ Uberlieferung, Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 9, 110v–125v. – Ebd., Cod. III.1.8° 24, 163r–181v. – Berlin, SBB, Mgq 1131 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, Mu¨ nchen, Nr. 1884/31; davor Privatbesitz Carl F¨orster’sche Kunstauction, Mu¨ nchen, Nr. 2376), 44r–55r (Pap., 1470, westschw¨abisch). – Ebd., Mgq 1521, 1r–45v (Pap., 15./16. Jh., obd.). – Dillingen, Studienbibl., Cod. XV 126, 1r–15r (Pap., 1430, Augsburg, ostschw¨abisch). – Heidelberg, UB, Cpg 472, 62rb–66rb (Pap., um 1450, s¨udbair.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 18, 144r–164r. – Luzern, Zentralund Hochschulbibl., KB Msc. 37.4°, 47ra–60r (Pap., 1470). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 409, 349r–352v (Pap., 1457–1461 und sp¨ater, nordbair.). – Ebd., Cgm 456, 71r–89v (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Cgm 568, 183ra–186vb (Pap., 1468–70, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 763, 1r–13r (Pap., 1447, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 779, 66v–73v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43e, 169v–183v (Pap., 1454 und sp¨ater, n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. VI, 46c, 177r–189v (Pap.). – Ebd., Cod. Cent. VI, 99, 2r–28r (Pap.). – Ebd., Cod. Cent. VII, 39, 89r–99v (Pap., um Mitte 15. Jh., nordbair.). – Porrentruy, Biblioth`eque cantonale jurasienne, Ms. 23 (Pap., 1453). – Prag, Nationalbibl., Cod. XI.C.5, 25r–58r. – Ebd., Cod. XI.F.7, 25r–29r. – Stuttgart, 318

Mitte 14. Jh. LB, Cod. HB I 207, 242r–257v (darin als Erg¨anzung: Bl. 250r–257v, «Von den sieben Tods¨unden» II) (Pap., 1423–1427, ostalemannisch). – Ebd., Cod. theol. et phil. 2° 11, 123r–132r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch-alemanisch). – Ebd., Cod. theol. et phil. 8° 19, 1r–17r (Pap., 15. Jh.). – Wien, ¨ ONB, Cod. 2953, 153ra–162ra (Pap.). – Siehe auch Zusammengestellung (mit weniger Hss.) bei Weidenhiller, S. 234 f. und V¨olker, S. 14. – Drucke: GW III 3769–3776. Literatur: Egino Weidenhiller, VL2 1 (1978) Sp. 681 f. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schriften des Franziskaners Konrad B¨omlin (MTU 8). M¨unchen 1964, S. 14. – E. Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der Bayerischen Staatsbibl. (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 234 f. BJ Bihtebuoch. – Beichttraktat des 14. Jh. Ausgehend von Mt 5,8, werden die vier Voraussetzungen der Beichte («des herzen bitterkeit», «gehte», «einzigung», «gentzi») er¨ortert, bevor im Haupteil die Haupts¨unden und ihre T¨ochter ausf¨uhrlich behandelt werden. Der anonyme Autor zitiert mehrfach → Augustinus. – In geringf¨ugiger Bearbeitung durch den els¨assischen Franziskaner Ludwig → Sch¨onmerlein liegt der Traktat auch in Mu¨ nchen, Cgm 4700 (1483) vor. ¨ Uberlieferung: Freising, Dombibl., Hs. 20 (fr¨uher K Ia 17), 1v–56r (drittes Viertel 14. Jh., s¨udrheinfr¨ankisch). – Straßburg, StB, o. S. (3) (14. Jh., alemannisch; verbrannt). Ausgabe: Oberlin, S. 1–74 (aus der verbrannten, im 18. Jh. schon l¨uckenhaften Hs.). Literatur: Karin Schneider, VL2 11 (2004) Sp. 248 f. – Jeremias Jacobus Oberlin (Hg.): Bihtebuoch, dabey die Bezeichenunge der heil. Messe. Beichtbuch aus dem XIV. Jahrh. Straßburg 1784 (Abdruck der Straßburger Hs.). – Nikolaus Paulus: Die Reue in den dt. Beichtschr. des ausgehenden MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 28 (1904) S. 1–36, hier S. 17, Anm. 1. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der Bayerischen Staatsbibl. (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 238, Nr. 13. – Nikolaus Ruge: Asketische Repr¨asentation und Lekt¨ure. Von der ‹Vita S. Elyzabeth› zum ‹Bihtebuoch›. In: Askese im MA. Beitr. zu ihrer Praxis, Deutung und Wirkungsgesch. Hg. v. Gottfried Kerscher/Gerhard Krieger (Das MA 15,1). Berlin 2010, S. 52–65, hier S. 62 f. BJ 319

Bihtebuoch Birgitta von Schweden (eigentlich Birgitta Birgersdotter), * 1303 Finstad bei Uppsala, † 23.7.1373 Rom. – Mystikerin, Gr¨underin des Birgittenordens. Die einem der namhaftesten schwedischen Adelsgeschlechter entstammende B. heiratete mit 14 Jahren und brachte im Laufe ihrer Ehe acht Kinder zur Welt, darunter die hl. → Katharina von Schweden. 1341/42 begab sich B. auf Pilgerfahrt nach Santiago di Compostela. Nach dem Tod ihres Mannes 1344 verst¨arkten sich ihre Offenbarungen, die sie erstmals wohl 1342 empfangen hatte. Als eine der fr¨uhesten Offenbarungen wurde ihr die Vision eines neuen Ordens (→ Birgittinerregel) zuteil. 1349 unternahm sie eine Reise nach Rom, wo sie bis zu ihrem Tod bleiben sollte. B. hinterließ an die 700 Offenbarungstexte; diese ¨ sind fast ausschließlich in der lat. Ubersetzung durch ihre schwedischen Beichtv¨ater erhalten und wurden im Hinblick auf B.s Kanonisation von 1391 gesammelt (Erstdr. L¨ubeck 1492, Nachdr. N¨urnberg 1500). Die lat. Texte wurden wiederum zum ¨ Ausgangspunkt neuer Ubertragungen in fast alle Volkssprachen des ma. Europa. Als authentisch gelten acht B¨ucher Revelationes, die das bedeutendste literarische Werk des skandinavischen MA darstellen, die Revelationes extravagantes, die Birgittinerregel, Sermo angelicus und vier Orationes. Unecht sind die weit verbreiteten Quindecim orationes zu Christi Passion. Lediglich kleinere Teil¨ubersetzungen des Ge¨ samtwerks bietet die nd. Uberlieferung in Hand¨ schriften des 15. Jh. Die Ubersetzungst¨ atigkeit in Oberdeutschland setzte in der ersten H¨alfte des 15. Jh. mit bair. und alemannischen Exzerpten ein und erreichte in der zweiten H¨alfte ein gr¨oßeres Ausmaß: Um 1470 wurden die Revelationes samt Sermo angelicus zum ersten Mal vollst¨andig ins Dt. ¨ u¨ bersetzt. 1502 folgte eine vollst¨andige Ubertragung des N¨urnberger Druckes von 1500, finanziert durch Florian → Waldauf von Waidenstein ¨ und gef¨ordert von → Maximilian I.. Beide Ubersetzungen wurden mehrfach exzerpiert. Umfangreiche Zitate aus B.s Offenbarungen bietet die B¨urde der Welt des Johannes → Tortsch. Die Heilige ihrerseits ist Gegenstand zahlreicher dt. Gebete und einer l¨angeren Legende innerhalb der Sammlung Der → Heiligen Leben. Ausgaben: Revelationes caelestes. L¨ubeck 1492. – Hildegard Dinges: ‹Sunte Birgitten Openbaringe›. Neuausg. des mnd. Fr¨uhdrucks v. 1496. 320

Petrus Olavi Diss. Mu¨ nster 1952. – Lennart Hollmann (Hg.): Revelationes extravagantes. Uppsala 1956. – CarlGustav Undhagen u. a. (Hg.): Sancta B. Revelaciones. Uppsala 1971–91. – Sten Eklund (Hg.): Sermo anglicus und Regula Salvatoris. Uppsala 1972. – James Hogg (Hg.): ‹Sunte Birgitten Openbaringe›. In: Analecta Cartusiana 35/8 (1989) S. 1–265. Literatur: Gunnel Wetzel, in: Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Bd. 1, Regensburg 1967, Sp. 799–808. – Ulrich Montag, VL2 1 (1978) Sp. 867–869. – Ders., LexMA 2 (1983) Sp. 215–218. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 599 f. – Tore Nyberg, LThK3 2 (1994) Sp. 478 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 399 f. – Reinhold Rieger: ‹Revelationes caelestes›. In: LexthW (2003) S. 637 f. – Werner Williams-Krapp/Peter Dinzelbacher, Killy2 1 (2008) S. 557 f. – U. Montag: Das Werk der hl. ¨ B. v. S. in obd. Uberl. Texte und Unters. (MTU 18). Mu¨ nchen 1968. – Aron Andersson: Die hl. B. in ihren Offenbarungen und Botschaften. St. Augustin 1981. – Giovanni Joergensen: Santa Brigida di Svezia. Brescia 1991. – B. v. S.: Offenbarun¨ gen. In: Aderlaß und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 260–263. – G¨unther Schiwy: B. v. S. Mystikerin und Vision¨arin des sp¨aten MA. Eine Biogr. Mu¨ nchen 2003. – Pavlina Rychterov´a: Die Offenbarungen der hl. B. v. S. Eine Unters. zur alttsche¨ chischen Uberl. des Thomas v. Stitne (um 1330–um 1409). K¨oln 2004. – Cordelia Heß: Heilige machen im sp¨atma. Ostseeraum. Die Kanonisationsprozesse v. B. v. S., Nikolaus v. Link¨oping und Dorothea v. Montau. Berlin 2008. – Andreas Hamburger: Die Spiritualit¨at der Hl. B. v. S. und das Birgittenkloster Altom¨unster. Hamburg 2008. SF Katharina von Schweden (K. von Vadstena), * 1331 oder 1332, † 24.3.1381 Vadstena. – Heilige des 14. Jh., deren Lebensbeschreibung in Form von drei dt. Viten des 15. Jh. vorliegt. K., die Tochter und Begleiterin von → Birgitta von Schweden, heiratete 1343 den Edelmann Eggard von Kyren (gest. 1351). In den Jahren zwischen 1350 und 1373 lebte sie vorwiegend an der Seite ihrer Mutter in Rom. Sie betrieb die Kanonisation ¨ Birgittas und wurde erste Abtissin des Birgittenklosters Vadstena. K.s Verehrung als Heilige wurde 1484 best¨atigt; ihr Festtag ist der 24. M¨arz. 321

Mitte 14. Jh. Der Vadstenaer Birgittiner Ulf Birgersson verfasste 1426/27 ihre Vita. Ausgabe: Claudius Annerstedt (Hg.): Scriptores rerum Svecicarum medii aevi 3/2. Uppsala 1871, S. 244–263. Diese wurde mindestens dreimal unabh¨angig voneinander ins Dt. u¨ bersetzt: in Niederdeutschland (Hamburg, SUB, Cod. Convent. 10, 181r–233r [aus dem Beginenkonvent Hamburg, Mitte 15. Jh.]); in Oberdeutschland (Prag, UB, Ms. XVI. F. 1., 199v–251r [wohl aus dem Klarissenkloster Eger, 1473]) sowie gedruckt innerhalb des nd. Sammelwerks Sunte Birgitten openbaringe (L¨ubeck 1496). Abdruck: Dinges (s. Lit.) S. 408–467. Literatur: Olga Alice Nygren/Bernhard Schnackenburg, LCI 7 (1974) Sp. 300. – Ulrich Montag, VL2 4 (1983) Sp. 1075–1077. – Wimmer/Melzer (61988) S. 483 f. – Johannes Madey, BBKL 3 (1992) Sp. 1224 f. – Tore Nyberg, LThk3 5 (1996) Sp. 1332 f. – Hildegard Dinges: ‹Sunte Birgitten Openbaringe›. Neuausg. des mnd. Fr¨uhdrucks v. 1496. Diss. M¨unster 1952. – Axel Mante (Hg.): Eine nd. Birgitta-Legende aus der Mitte des 15. Jh. (Acta Universitatis Stockholmiensis. Stockholmer germanistische Forschungen 8). Stockholm 1971, S. XLII. – Rukopisn´e Fondy Centr´aln´ıch a Cirkevn´ıch Knihoven v Cesk´e Republice, Redaktor svazku: Marie Toˇsnerov´a (Pruvodce Po Rukopisn´ych Fondech V Cesk´e Republice IV), Prag 2004 (Einf. in dt. Sprache u. d. T.: Hss. in den zentralen und kirchlichen Bibl. der Tschechischen Republik), S. 121 (Nr. 317). SF Petrus Olavi (Olavsson), † 16.9.1378. – Magister, Verfasser von Hymnen f¨ur den Cantus Sororum. P. O. begleitete 1346 die sp¨atere heilig gesprochene → Birgitta von Schweden nach Rom. ¨ Nach ihrem Tod und der Uberf¨ uhrung ihrer Gebeine nach Vadstena (Schweden) leitete er als erster Beichtiger (confessor generalis) dieses Kloster. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Zisterzienser Petrus Olavi († 1390), der ebenfalls Beichtvater und Reisebegleiter Birgittas war. Die von ihnen verfasste, 1373 abgeschlossene Biographie Birgittas z¨ahlte zu den zum Kanonisationsprozess eingereichten Schriften. P. O. schrieb 27 Hymnen f¨ur den Cantus Sororum, dem birgittinischen Wochenritual zur Verehrung 322

Mitte 14. Jh.

Buchlein ¨ vom schauenden und vom wirkenden Leben

Marias mit verschiedenen Singweisen f¨ur die verschiedenen Zeiten des Kirchenjahres. Die Anzahl der verwendeten Chor¨ale betr¨agt 26. ¨ Uberlieferung: AH 48 (1905) S. 410. Ausgaben: Gustaf Edvard Klemming: Hymni, Sequentiae et Piae Cantiones. Bd. 2. Stockholm 1885. – AH 48 (1905) S. 411–420 (Nr. 362–388). – Dreves/Blume 1 (1909) S. 432 f. Literatur: G¨unter Bernt, MarLex 5 (1993) S. 184. – Henrik Sch¨uck: Tv˚a svenska biografier fr˚a medeltiden. Stockholm 1895. – AH 48 (1905) S. 410. – Dreves/Blume 1 (1909) S. 431. – Carl-Allan Moberg: Die liturgischen Hymnen in Schweden. Beitr. zur Liturgie- und Musikgesch. des MA und der Reformationszeit. Bd. 1. Kopenhagen 1947, S. 256–260. – Bernhard Opfermann: Das marianische Eigenbrevier der Birgittinen. In: Ephemerides Liturgicae 71 (1957) S. 187–189. – Josef Sz¨ov´erffy: The Unerring Bow and P. O. In: Medium Aevum 30 (1961) S. 102 f. – Ders.: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2. Berlin 1965, S. 347–350. – Ulrich Montag: Das Werk der ¨ heiligen Birgitta v. Schweden in obd. Uberl. Texte und Unters. (MTU 18). M¨unchen 1968, S. 186. BJ Buchlein ¨ vom schauenden und vom wirkenden Leben. – Mystischer ‹Mosaiktraktat›, 14. Jh. Nach Anlage und Umfang bietet die Londoner Handschrift die urspr¨ungliche Fassung des Traktats (vgl. → Lehrsystem der deutschen Mystik, → Der Spiegel der Seele) zu bieten. Die Titel stammt von Coveney. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. B XI 10, 264v–348r (B). – London, University College, MS. Germ. 14, 84 Bl. (Pap., 15. Jh., rheinfr¨ankisch) (L). – Z¨urich, ZB, Cod. C 127, S. 158–224 (Pap., wohl erste H¨alfte 15. Jh., alemannisch) (Z). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 1109. – Dorothy K. Coveney: A Descriptive Catalogue of Manuscripts in the Library of University College London. London 1935, S. 56–58 (Nr. 55). – Josef ¨ Quint: Neue Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reisebericht (Meister Eckhart. Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 241–251 (Hs. Z). – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel. Beschreibendes Verz., Abt. B: Theologische Pergamenthss., Bd. 2, S. 945–954. – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Hist. Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte 323

des 14. Jh. (Bibliotheca Germanica 38). Tu¨ bingen/Basel 1999, S. 333. BJ Christe qui lux est et dies. – Zwischen dem 14. und dem 16. Jh. mehrfach ins Deutsche u¨ bertragener lat. Hymnus. Der anonym u¨ berlieferte Hymnus C. q. l. e. e. d. z¨ahlt zu den fr¨uhesten Zeugnissen lat. Hymnik und ist ab dem 9. Jh. in fast allen Handschriften der lat. Liturgietradition enthalten. Der fr¨uheste Beleg mit Notierung der Melodie ist im Hymnar aus Kempten (vor 1026) u¨ berliefert. Der Hymnus besteht aus sechs Strophen zu je vier Versen in jambischen rhythmischen Dimetern. Die doxologische Schlussstrophe ist in drei Grundtypen u¨ berliefert, geh¨orte aber nicht zum urspr¨unglichen Textbestand. Thematisch beherrscht die Licht-Symbolik die erste Strophe: Licht als Lebensspender, Christus als Licht sowie Verweis auf den ersten Tag der Sch¨opfung. Ausgaben: AH 51 (1908) S. 21–23. – Walther Bulst: Hymni Latini antiquissimi LXXV psalmi III. Heidelberg 1956, Nr. VI 9. ¨ Ubertragungen ins Dt.: Es existieren sechs Vers¨ubertragungen aus dem Zeitraum vom Ende des 14. bis zum Anfang des 16. Jh.: a) → Mo¨ nch von Salzburg, G 43. Ausgabe: Franz J. Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs von Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker. NF 51). Berlin/New York 1972, S. 333–335. b) Eine vorwiegend nd. und ndl. verbreitete ¨ Ubertragung, nach einem nd. Gebetsbuch. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. 2. Leipzig 1867, Nr. 564. ¨ c) Ubertragung aus einem Druck des → Salus Animae (N¨urnberg 1503); handschriftlich in obd. Gebetb¨uchern vom Anfang des 16. Jh. u¨ berliefert. d) N¨urnberg StB, cod. Cent. VI 43. Die Hs. wurde aufgeteilt; heute: Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berliner Hs. mgq 1303/2. – M¨unchen, BSB, Cgm 8498. – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Hs. 108. Ausgabe: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl.dt. Nat.-Lit. 37). Quedlinburg 1858, Nr. 31. 324

Ich will von der minne singen e) Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 19, 162r–163r. Ausgabe: Wackernagel, Nr. 565. f) Ortulus animae, Straßburg 1501, Bl. CCLXIIIb. Vgl. Wackernagel, Nr. 1096. Es existieren auch Prosau¨ bertragungen des Hymnus, die teilweise als Interlinearversionen in Hymnensammlungen zu finden sind: als a¨ lte¨ ste nachweisbare «Ubersetzung» im Rahmen der → Murbacher Hymnen Nr. 16. – Millst¨atter Interlinearversion ambrosianischer Hymnen Nr. 11. – Auslegung ¨ der Hymnen, Wien, ONB, Cod. 3079, 180v–182r. – Tegernseer Hymnen, Nr. 22. Literatur: Franz Viktor Spechtler/Burghart Wachinger: VL2 1 (1978) Sp. 1211–1213. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum. Bd. 1. L¨owen 1892, Nr. 2932–2934. – Dorothy W. Lyon: C. q. l. e. e. d. and its German, Dutch, and English Translations. In: The American Journal of Philology 19 (1898) S. 70–85, 152–192. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 1 (Die lyrische Dichtung des MA). Berlin 1964. – Helmut Gneuss: Hymnar und Hymnen im englischen MA [...]. T¨ubingen 1968. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Rainer Patzlaff: Otfrid v. Weißenburg und die ma. versus-Tradition. T¨ubingen 1975. – Heike Wennemuth: Vom lat. Hymnus zum dt. Kirchenlied. Zur ¨ Ubersetzungsund Rezeptionsgesch. von C. q. l. e. e. d. (Mainzer hymnologische Stud. 7). T¨ubingen 2003. SF Der die nacheit minnet. – Mystisch-sepkulatives Gedicht des 14. Jh. Das 22 Hildebrandstrophen umfassende Lied handelt von dem Paradox, dass N¨ahe mit Ferne einhergehe («Der die nacheit minnet dem ist ein ferre bi»). Nur wer sich m¨oglichst weit von sich selbst entferne, k¨onne eins mit Gott werden («grundelose minne»). ¨ Uberlieferung: Straßburg, StB, Cod. A 98, 158r–159r (Perg., Straßburg, zweite H¨alfte 14. Jh., alemannisch; 1870 verbrannt) [Eckhart-Hs. Str.1]. Abschrift der Hs. durch Franz Pfeiffer in Wien, ¨ ONB, Cod. 15383 ohne Angaben zu diesem Lied. Ausgaben: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Hg. v. Philipp Wackernagel. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 468. ¨ Ubersetzungen: Die minnende Seele. Ma. Dichtungen insbesondere aus dem Kreis der dt. 325

Mitte 14. Jh. Mystik. Hg. v. Br. Bardo [Wilhelm Schleußner]. Mainz 1920, S. 37 f. – Mystische Dichtungen aus sieben Jahrhunderten. Hg. v. Friedrich SchulzeMaizier (Der Dom 9). Leipzig 1925 (Frankfurt/M. → 1980) S. 185–192. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1979) Sp. 64 f. – Ders.: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230. – Ruth Meyer. ‹Maister Eghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994), Sonderheft Mystik, hg. v. Christoph Cormeau, S. 63–82, hier S. 67, 72. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 47, 242–244, 323–325, 428 f. und 568 (Reg.). BJ Ich will von der minne singen. – Mystischspekulatives Gedicht des 14. Jh. Das Gedicht geh¨ort zur Gruppe jener Texte, die eine Darstellung der Grundgedanken und -begriffe der dt. Mystiker in Reimversen versuchen. Hier geht es um das Geheimnis der Dreifaltigkeit der Personen in der Einheit der Natur. ¨ Uberlieferung: Straßburg, StB, Cod. A 98, 162 (Perg., 14. Jh., vermutlich alemannisch-elss¨asisch; verbrannt). Ausgabe: Auguste Jundt (Hg.): Histoire du panth´eisme populaire au moyen aˆge et au seizi`emee si`ecle. Paris 1875, 183 f. ¨ Ubersetzung: Friedrich Schulze-Maizier (Hg.): Mystische Dichtung aus sieben Jahrhunderten (Der Dom 9). Leipzig 1925 (Nachdr. Frankfurt/M. 1980) S. 197 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 359. – Ders.: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230, hier S. 207, 210 f., 220, 223 (wieder in: K. R.: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211). – Ruth Meyer: ‹Maister Egghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994) Sonderheft Mystik. Hg. v. Christoph Cormeau, S. 63–82, hier S. 67. BJ 326

Mitte 14. Jh. Di element uns des veriehen. – Mystischspekulatives Lied. Die aus f¨unf Strophen bestehende Dichtung handelt von der Bloßheit. Nur sie sei best¨andig, im Unterschied zum Geschaffenen, das verg¨anglich sei. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 40, 65v (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., bair.). Ausgabe: Meister Eckhardt und seine Ju¨ nger. Ungedruckte Texte zur Gesch. der dt. Mystik. Hg. v. Franz Jostes (Collectanea Friburgensia 4). Freiburg/Schweiz 1895. Nachdr. mit einem W¨orterverz. v. Peter Schmitt und einem Nachw. v. Kurt Ruh. (Texte des MA). Berlin/New York 1972, S. 53. ¨ Ubersetzung: Mystische Dichtungen aus sieben Jahrhunderten. Hg. v. Friedrich Schulze-Maizier (Der Dom 9). Leipzig 1925 (Frankfurt/M. 21980) S. 196 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1979) Sp. 76 f. – Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230, hier S. 207, 210 f., 223. – Ruth Meyer. ‹Maister Eghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994), Sonderheft Mystik, hg. v. Christoph Cormeau, S. 63–82, hier S. 67. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 433 und 569 (Reg.). BJ Der von Durlach. – Mystischer Prediger, 14. Jh. Von ihm ist nur ein Predigtzitat im Rahmen der Zitatensammlung der Handschrift Berlin, SBB, Mgq 191, 3641 (um 1400) u¨ berliefert, ansonsten ist der Prediger unbekannt. Ausgabe: Franz Pfeiffer (Hg.): Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 225–243, hier S. 230. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 2 (1980) Sp. 248; 11 (2004) Sp. 388. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191. In: VL2 10 (1999) Sp. 1564–1569; 11 (2004) Sp. 1697. SF Eckhart und der Laie (De dialoog van Meester Eggaert en de onbekende leek). – Mnd. Traktat aus der ersten H¨alfte oder Mitte des 14. Jh. Der Text ist in Dialogform gehalten und geh¨ort zu den Traktaten, welche sich der Belehrung 327

Di element uns des veriehen eines «J¨ungers» durch einen «Meister» u¨ ber diverse Glaubensfragen widmen. Hier ist der Meister (→ Eckhart) allerdings nicht die u¨ berlegene Autorit¨at, sondern eher der Laie, der auch den Dialog steuert und die Aussagen Eckharts seiner eigenen Doktrin anzun¨ahern versucht, weswegen der Text in der Forschung als «antihierarchischer» Dialog gef¨uhrt wird. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Koninklijke Bibl., Cod. 888–90, 205va–285vb (1544/47). – Ebd., Cod. 22006, 187va–191vb (Ausz¨uge). – Amsterdam, UB, Cod. I G 34 (erste H¨alfte 16. Jh.; Zitate). – EgmontBinnen, St. Adelberts-abdij, Hs. IV, 343rb–352ra (1588; stark abweichender Text). Ausgabe: Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: De dialoog van Meester Eggaert [...]. In: Nederlandsch Arch. voor Kerkgeschiedenis, NS 7 (1910) (Ausz¨uge). – Franz-Josef Schweitzer: Meister E. u. d. L. Ein antihierarchischer Dialog des 14. Jh. aus den Niederlanden (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens, NF 6). Berlin 1997. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 348–350. – M. A. L¨ucker: Meister Eckhart und die Devotio moderna (Stud. und Texte zur Geistesgesch. des MA 1). Leiden 1950, S. 46–50. – Cebus C. de Bruyn: Middeleeuws ‹verlicht› Christedom [...]. Leiden 1956. – Ingeborg Degenhardt: Stud. zum Wandel des Eckhartbildes. Leiden 1967, S. 29 f. – Rijkert Alex Ubbinck: De receptie v. Meister Eckhart in de Nederlanden [...]. Leiden 1978, S. 195–207. – Schweitzer 1997 (s. Ausg.). – Ders.: Immer noch: ‹Meister Eckhart und der unbekannte Laie›: Antwort auf Robrecht Lievens Besprechung der Textausg. In: Leuvense Bijdragen 88 (1999) S. 447–452. SF Eckhart-Legenden. – Spruchartige, oft dialogisch angelegte Exempelgeschichten, die auf Meister Eckhart bezogen wurden oder dessen Lehren veranschaulichen. ¨ Die breite Uberlieferung der f¨unf exempelartigen E.-L. zeugt von deren Beliebtheit in Mystikerkreisen. Es werden darin Aspekte der Lehre Eckharts aufgegriffen und veranschaulicht; die Figur Eckharts tritt oft als Dialogpartner in Erscheinung. 1. Meister Eckhart und der arme Mensch I ist h¨aufig verbunden mit dem → Bruder mit den sieben S¨ackchen. Das Exempel zitiert eine authentische 328

Ein meister der seit uns von wesen blos Eckhart- Aussage und vertritt die Eckhartsche Armutslehre. ¨ Uberlieferung: Vgl. Karl Brethauer: Texte aus dem Umkreis Meister Eckharts. In: ZfdA 92 (1963) S. 158–164, hier S. 162 f. – London, University College, MS. Germ. 18, 98r–99v. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 966, S. 50–52. – K¨olner Tauler¨ Druck 1543. – Wien, ONB, Cod. 3845, 123r–124r (lat.-dt.). 2. Meister Eckhart und der arme Mensch II bietet eine Paraphrasierung und Erweiterung von Teilen aus Nr. 1 und Nr. 3. ¨ Uberlieferung: H¨aufig verbunden mit Nr. 1. – Gent, UB, Ms. 1344, 34v–38r. – W¨urzburg, Staats¨ arch., Ms. f. 31, 11r. – Wien, ONB, Cod. Ser. nova 12875, 152r–153v (stark abweichende ndl. Red.). – Gent, UB, Ms. 1305, f. 125–127 (ndl. Red.). – Leiden, UB, Cod. Ltk. 261, 261v–263v. 3. Bei dem Text Meister Eckhart und der nackte Knabe handelt es sich um einen Frage-AntwortDialog zwischen Eckhart und Gott, der in Gestalt eines nackten Knaben erscheint. ¨ Uberlieferung: Meist im Rahmen der Spruchsammlung Pseudo-→ Engelharts von Ebrach. – Heidelberg, UB, Cpg 418, 58r-v. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 78, 135r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 116, 71r-v. – Ebd., Cgm 172, 42r. – Ebd., Cgm 181, 54r. – Ebd., Cgm 411, 130ra-rb. – Ebd., Cgm 702, 162v–163r. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 2.4 Aug. 2°, 208rb-va (versifizierte Fassung). 4. In Meister Eckharts Tochter erl¨autert eine «tohter», die an der Klosterpforte nach Meister Eckhart gefragt hatte, diesem, sie sei weder Jungfrau noch Weib, weder Mann noch Frau, weder Witwe noch M¨adchen, weder Herr noch Magd oder Knecht. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.2.8° 9, 104v–106v. – Berlin, SBB, Mgq 1929, 189v–190r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5249/64, 1r–2r. – Berlin, SBB, Mgo 559, 27r–28r. – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. 11797, 248r–249r. – Ebd., Ms. II 1302 (Kat.Nr. 2053), 146r. – Heidelberg, UB, Cod. Sal. VIII 77, 109r-v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 750, 80v–81v. – Ebd., Cgm 8122, 144r. – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a II 2, 95v–96v. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 586, S. 475–476. – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 283, 291vb–292ra. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 17.9 Aug. 4°, 23v–24v. 5. Meister Eckharts Wirtschaft erz¨ahlt von einem Tischgespr¨ach in einer Wirtschaft, an dem ein armer Mensch, eine Jungfrau und Meister Eckhart beteiligt sind. Im Zuge des kunstvoll aufgebauten 329

Mitte 14. Jh. Textes werden Fragen zur Lebenslehre Eckharts behandelt, wie etwa die Armut des inneren Menschen und des Geistes, das Werk des Hl. Geistes in der Seele und andere. ¨ Uberlieferung: Es sind u¨ ber 30 dt. und ndl. Textzeugen bekannt. Vgl. Eva L¨uders: M. E. W. und eine Stockholmer Hs. derselben. In: Studier i modern Spr´akvetenskap 19 (1956) S. 85–124, hier S. 87–102. – Ferner: Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 7, 185r–188r. – Freising, Dombibl., Hs. 20 (fr¨uher K Ia 17), 72v–77v. – Gießen, UB, Hs. 879, 32v–36v. – Den Haag / ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 73 F 23, 138v–143v. – Leiden, UB, Cod. Ltk. 219, 111v–116r. Ausgaben: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962) S. 623–627. – Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. 1912, S. 143 f., 150–159. – Wolfgang Stammler: Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA (Germanistische B¨uchere 1). Mu¨ nchen 1948, S. 16 f., 85–89. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 350–353; 11 (2004) Sp. 390. – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Meister Eckart en de nederlandse mystiek 1. In: Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis, NS 3 (1905) S. 50–92 (mit Textab¨ drucken). – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420, hier S. 403–408. – Maria Alberta L¨ucker: Meister Eckhart und die Devotio moderna (Stud. und Texte zur Geistesgesch. des MA 1). Leiden 1950, S. 43–46. – Georg Steer: Der Armutsgedanke der dt. Mystiker bei Marquard v. Lindau. In: Franziskanische Stud. 60 (1978) S. 289–300. – K. Ruh: Meister Eckhart: Theologe, Prediger, Mystiker. M¨unchen 1985, S. 164. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 85. SF Ein meister der seit uns von wesen blos. – Mystisches Gedicht des 14. Jh. Das genetisch mit Strophe 1 der → Spr¨uche der zw¨olf Meister und mit Do ich bevant den brunnen (Synopse bei Ruh, S. 214 f.) verwandte Gedicht ist in der Tradition Meister → Eckharts entstanden. F¨ur dessen Gedankengut wird in der 2. Strophe → Der von Ettelingen zitiert. 330

Mitte 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 (1040), S. 152a/b (Perg., drittes Viertel 14. Jh., hochalemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1979) Sp. 418 f. – Ders.: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. dems./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230 (wieder in: K. Ruh: Kleine Schriften. Bd. 2: Scholastik und Mystik im Sp¨atMA. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211). BJ Engelbirn. – Klausnerin zu St. Ulrich, 14. Jh. Der Besitzeintrag «diz bvh horet in die closen zu sende vlrihche . der ez hat der geb ez in widere durh got» auf 26v l¨asst vermuten, dass sich die Klause oder Beginensammunge der E. nahe eines Ulrichklosters befand, etwa in der Vorstadt von Augsburg Wagenhals auf dem Gebiet des Klosters St. Ulrich und Afra (Gebele, S. 55 f.). Mitteldt. Einschl¨age in den Texten der E. k¨onnten auch auf W¨urzburg hindeuten (Schneider, Klemm), wo es ebenfalls eine Klause zu St. Ulrich gab. E. tritt mindestens als Schreiberin einiger Textabschnitte und Anmerkungen in Cgm 94 in Erscheinung. Die Hs. enth¨alt die lat. Vita Sti. Udalrici des Abts → Berno von Reichenau und ein lat. Reim-Offizium des Hl. Ulrich (1r–23v), eine dt. Ulrichsvita von einem Priester Albertus, die von ihm selbst oder doch zumindest unter seiner Aufsicht aufgeschrieben wurde, zwei Bilder des Hl. Ulrich mit dem Besitzvermerk (26r-v), der von E.s Hand, stammt wie einige dt. Spr¨uche nach → Gregorius, Paulus, → Augustinus, → Bernhardus (fol. 25 und 77) und ein achtzeiliger Eintrag mystisch-ekstatischer Betrachtungen (80v–81v). Auf fol. 80v nennt sich E. selbst: «Bit fur die armen Engelbirne daz si got bekere des ist not ir armen sele». Auf fol. 81 hat sie ein kurzes Mariengebet vermerkt, welches Christi Wunden zum Anlass der Minnebetrachtung macht. Das Ich ergibt sich in ewiger Minne der Gottesmuter und «deme grozen herren», «der unser minne gemeisteret hat». Dem entspricht der am unteren Rand von 80v vermerkte Spruch: «probacio penne Minne ist meister». Wenn sie es nicht gar selbst geschrieben hat, f¨ugte sie doch dem dt. geistlichen Lied → Vil werden sele halt dich wert eine weitere Strophe hinzu und korrigierte es an einigen Stellen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 94, 81 Bll. (einige Bll. verloren) (Perg., St. Ulrich und Afra 331

Engelbirn in Augsburg, 1. H¨alfte 13. Jh. [Klemm], fol. 25–26, 77, 80v und 81v, vielleicht auch 78r–80r Redaktionsvermerke, Erg¨anzungen, kleinere Texte von E. aus dem 14. Jh. [Petzet, Die deutschen Pergamenthandschriften, S. 164]). Ausgaben: St. Ulrichs Leben, lat. beschrieben durch Berno v. Reichenau, und um das Jahr 1200 in deutsche Reime gebracht v. Albertus. Hg. v. Johannes Andreas Schmeller. M¨unchen 1844, S. VII f., XII (zit.). – St. Ulrichs Leben, S. VIII–XII. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des XVII. Jh., mit Ber¨ucksichtigung der dt. kirchlichen Liederdichtung im weiteren Sinne und der lat. v. Hilarius bis Georg Fabricius und Wolfgang Ammonius. Bd. 2. Leipzig 1867 (ND Hildesheim 1964) S. 295 f. – Franz Pfeiffer: Geistliche Minne. In: Altdeutsche Bl¨atter 2 (1840), S. 367–370 (→ Vil werden sele halt dich wert). Literatur: Karl-Ernst Geith, VL2 2 (1980) Sp. 549 f. – Hans Ferninand Massmann: Zu Mu¨ nchen in der Hofbibl. In: Anz. f¨ur Kunde des dt. MA 2 (1833) Sp. 275. – Die dt. Pergamenthss. Nr. 1–200 der Staatsbibl. in M¨unchen. Beschrieben v. Erich Petzet. Mu¨ nchen 1920, S. 163–165. – Wolfgang Stammler: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 1. Berlin 1953, S. 395. – Erich Petzet/Otto Glauning (Hg.): Dt. Schrifttafeln des IX. bis XVI. Jh. M¨unchen 1911 (Abb. aus Cgm 94). – Eduard Gebele: E. v. Augsburg. In: Ver¨off. der Schw¨abischen Forschungsgemeinschaft 8 (1961) S. 52–63 (mit Abb. aus Cgm, 94 mit dem Namenszug Engelbirns). – Berno v. Reichenau: Das Leben des Hl. Ulrich. ¨ Ubers. v. Albert v. Augsburg. Hg. v. Karl-Ernst Geith (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker N. F. 39). Berlin u. a. 1971, S. 5. – Karin Schneider: Gotische Schr. in dt. Sprache. Bd. 1: Vom sp¨aten 12. Jh. bis um 1300. Wiesbaden 1987, S. 92 ff. – Elisabeth Klemm: Die romanischen Hss. der BSB: Teil 2. Die Bist¨umer Freising und Augsburg, verschiedene dt. Provenienzen. Textband. Wiesbaden 1988, Nr. 178. CS Engelhart von Ebrach. – Mit einer vor der Mitte des 14. Jh. entstandenen anonymen Spruchsammlung verbundener Schreibername. Das im Sp¨atMA weit verbreitete und beliebte Corpus des Buchs der Vollkommenheit umfasst 251 knappe erbauliche und belehrende Texte ohne erkennbare planm¨aßige Anordnung. Einzig die Zielsetzung, den Menschen zu einem vollkommenen 332

Compendium Anticlaudiani christlichen Leben hinzuf¨uhren, scheint die Kurztexte miteinander zu verbinden. Bis in die neueste Zeit wurde E. v. E., der sich in der Handschrift M¨unchen, BSB, Cgm 172, 71r, als Schreiber nennt, in der Forschung auch als Kompilator der Sammlung in Betracht gezogen, was mittlerweile jedoch als widerlegt gilt (vgl. Schneider [s. Ausg.]), denn E., Laienbruder im fr¨ankischen Zisterzienskloster Ebrach, fertigte mit dieser Handschrift die Kopie einer sekund¨aren Bearbeitung der Spruchsammlung an. Wahrscheinlicher ist, dass die in mehreren Redaktionen u¨ berlieferte Spruchsammlung von verschiedenen Kompilatoren zusammengestellt wurde. ¨ ¨ Uberlieferung: Uber 100 Handschriften, vgl. dazu Schneider 2006 (s. Ausg.). – Die urspr¨unglichere Fassung A ist in folgenden Handschriften u¨ berliefert: M¨unchen, BSB, Cgm 181, 1r–112v (Perg., um oder bald nach Mitte des 14. Jh., nordalemannisch; M1). – Heidelberg, UB, Cpg 418 (Pap., zweites/drittes Viertel 14. Jh., ostfr¨ankisch mit zahlreichen ostmd. Formen; H). – Die Bearbeitung dieser fr¨uheren Fassung erfolgte in zwei Stufen: Fassung B liegt in Handschrift Augsburg, UB, Cod. II.1.2° 149, 169r–176r (Pap., 1448, ostschw¨abisch mit bair. Einschlag; au) vor. – Bearbeitung C, die noch vor dem letzten Drittel des 14. Jh. erfolgte, u¨ berlieferung die Handschriften Mu¨ nchen, BSB, Cgm 172, 1v–71r (Perg., Mitte/drittes Viertel 14. Jh., ostfr¨ankisch nach bair. Vorlage: Schreibernennung auf Bl. 71r: «Bruder Engelhart genant / in Eberach ist er bekant»; M2). – Ebd., Cgm 116, 1r–135v (Perg., Anfang 15. Jh., nordbair.; M3). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 32, 2r–79v (Pap., viertes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch; Au). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 78, 94v–166r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.; K). – M¨unchen, BSB, Cgm 411, 85ra–150va (Pap., 1436, ostschw¨abisch; M4). Ausgabe: Karin Schneider (Hg.): Pseudo-E. v. E. Das Buch der Vollkommenheit (DTM 86). Berlin 2006. Literatur: Volker Honemann, VL2 2 (1979) Sp. 555 f. – Theodor L¨angin: Dt. Hss. der Großherzoglichen Badischen Hof- und LB. Karls¨ ruhe 1894, S. 38–40. – Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1910, S. 53 f. – Erich Petzet: Die dt. Pergament-Hss. Nr. 1–200 der SB in M¨unchen (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5/1). M¨unchen 1920, S. 205–213, 312, 333

Mitte 14. Jh. 334. – Eva L¨uders: ‹Meister Eckehartes Wirtschaft› und die Stockholmer Hs. derselben. In: Studier i modern Spr˚akvetenskap 19 (1956) S. 85–124, hier S. 104–107. – Hans Neumann: Ein Ungedrucktes Mechthild-Fragm. aus der Karlsruher Hs. St. Georgen Nr. 78. In: FS Ulrich Pretzel. Hg. v. Werner Simon u. a. Berlin 1963, S. 316–326, hier S. 316 f. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB M¨unchen (Die Hss. der UB Mu¨ nchen 1). Wiesbaden 1968, S. 141–146. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monecensis 5/3). M¨unchen 1973, S. 454 (Reg.), 189, 197 (Lit.). – Dies.: Die datierten Hss. der BSB Mu¨ nchen. Tl. 1 (Datierte Hss. in Bibl. der Bundesrepublik Deutschland 4/1). Stuttgart 1994, passim. – Dies. 2006 (s. Ausg.). SF Compendium Anticlaudiani (Continencia Anticlaudiani, Auriga virtutum). – Vor 1300 entstandene, im 14. und 15. verbreitete lat. Prosafassung des allegorischen Epos Anticlaudianus des → Alanus ab Insulis. Das haupts¨achlich im bair.-¨osterr. Raum verbreitete und meist selbstst¨andig u¨ berlieferte C. A. bietet Nacherz¨ahlung und heilsgeschichtliche Ausdeutung des Anticlaudianus. → Heinrich von Neustadt benutzte den Text als Vorlage f¨ur den ersten Teil seiner Dichtung Von Gottes Zukunft. → Heinrich von St. Gallen, Verfasser des Marienlebens Da Got der vater schuof Adam und Eva, u¨ bernahm aus dem Compendium die Allegorie von der Schaffung des vollkommenen Menschen Christus. ¨ Uberlieferung: Vgl. Ochsenbein 1969 (s. Lit.). Ausgabe: Ochsenbein 1969 (s. Lit.) S. 93–109. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 2–4; 11 (2004) Sp. 335. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 14, 113. – Robert Bossuat (Hg.): Alain de Lille. Anticlaudianus (Textes philosophiques du moyen aˆ ge 1). Paris 1955. – Rudolf Krayer: Frauenlob und die Natur-Allegorese. Heidelberg 1960. – P. Ochsenbein: Das ‹C. A.› Eine neu entdeckte Vorlage Heinrichs v. Neustadt. In: ZfdA 98 (1969) S. 81–109. – Harald Fuchs: Zum Text des C. A. In: ZfdA 99 (1970) S. 259–264. – Marc´ Ren´e Jung: Etudes sur le po`eme all´egorique en France au moyen aˆge (Romanica Helvetica 82). Bern 1971, S. 89–113. – Kurt Nyholm: Stud. zum sog. gebl¨umten Stil (Acta Academiae Aboenis, Ser. A, Vol. 39/4). Helsinki 1971, S. 14 Anm. 334

Mitte 14. Jh. 48. – Kurt Ruh: Das ‹C. A.› als Quelle des ProsaMarienlebens ‹Da Got der vater schuof Adam und Evam›. In: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin u. a. 1984, S. 169–175. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 228. – Petra H¨orner: Anselms Satisfaktionslehre in der Kreuzesholzlegende, im Streit der vier T¨ochter und in der Rezeption des ‹C. A.›. In: Theologie und Philosophie 83 (2008) S. 32–55. SF Evangelium Nicodemi (Apokryphe ‹Acta› oder ‹Gesta Pilati›). – Sp¨atantike Apokryphensammlung (5. Jh), dt. Prosafassungen ab dem 14. Jh. In der a¨ ltesten (griechischen) Fassung des E. N. wird im Prolog berichtet, dass der Christ Ananias hebr¨aisch verfasste Protokolle u¨ ber den Prozess Christi aufgefunden und ins Griechische u¨ bersetzt habe. Diese Protokolle seien von Nicodemus, einem biblisch beglaubigten Augenzeugen und heimlichen Anh¨anger Christi (Joh 3,1–21), angefertigt worden. Dieser Autorfiktion verdankt die u¨ ber mehrere Kompilationsstufen entstandene Apokryphensammlung ihren ma. Namen. Das E. N. stellt eine Erg¨anzung der kanonischen Evangelien mit dort nicht ber¨ucksichtigten Episoden zur Passionsgeschichte dar. Der erste Teil ist der Altbestand (Acta/Gesta Pilati) und hat den Prozess vor Pilatus, Kreuzigung, Begr¨abnis und die Verhandlung im Synedrion zum Gegenstand (auch in armenischer, koptischer und arabischer ¨ Ubersetzung). Der zweite, sp¨ater hinzugef¨ugte Teil (Descencus Christi ad inferos) enth¨alt die Aussagen des Leukios und des Charios, zwei von den Toten auferweckte Zeugen der H¨ollenfahrt Christi, u¨ ber dessen Taten in der Unterwelt (Befreiung der Altv¨ater). Die Kompilation dieser beiden Teile d¨urfte aus dem 5. Jh. stammen und ist dezidiert antij¨udisch, indem Pilatus entlastet wird und alle Beteiligten bis auf die Juden Christi Unschuld erkennen. Im fr¨uhen MA stellten sich weitere Texte zum zweigeteilten Corpus, darunter ein Brief des Pilatus an Kaiser Tiberius bzw. Herodes, weitere Berichte u¨ ber Pilatus (Anaphora Pilati, Paradosis Pilati), dessen Tod sowie die Heilung des Tiberius durch das Christusbild der Veronika (Mors Pilati, sp¨atere erweiternde Bearbeitung Cura sanitatis Tiberii; → Pilatus, → Veronika) und die Zerst¨orung Je335

Evangelium Nicodemi rusalems als Rache f¨ur Christi Tod (Vindicta salvatoris). Lat. und dt. Fassungen des E. N. wurden w¨ahrend des gesamten MA tradiert mit erheblichem Einfluss auf andere Texte und die bildende Kunst. Die volkssprachliche Rezeption im deutschsprachigen Raum setzt mit Versbearbeitungen ein: Um 1200 d¨urfte bereits deren erste entstanden sein, die nach 1230 in das geistliche Versepos Urstende → Konrads von Heimesfurt intergriert wurde. Um 1300 entstand → Heinrich von Heslers Versifikation des E. N. Seit der ersten H¨alfte des 14. Jh. setzte eine Flut von obd., mitteldt., nd. und auch ndl. Prosabearbeitungen ein mit zahlreichen von einander unabh¨angigen Fassungen, die hinsichtlich der erg¨anzenden Textbestandteile stark variieren. Neben Versionen, die der lat. Vorlage exakt folgen, gibt es stark k¨urzende oder erweiternde Bearbeitungen. Lat. oder volkssprachige E. N.-Fassungen dienten vielen literarischen Weiterbearbeitungen als Quelle: Von Versdichtungen wie → Gundackers von Judenburg Christi Hort, → Erl¨osung, → Von unseres Herren Leiden oder → Passion Christi in Reimversen u¨ ber Prosatexte wie die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine, den Belial des → Jacobus de Theramo oder Passionstraktate (→ Johannes von Zuzenhausen, → Spiegel des Leidens Christi) hin zum geistlichen Spiel. Signifikantes Merkmal der ¨ Uberlieferung ist oft eine Tradierung im Kontext biblischer (kanonischer) B¨ucher (z. B. als Teil ¨ des Klosterneuburger Evangelienwerkes [→ Osterreichischer Bibel¨ubersetzer]) oder zusammen mit Erbaungsliteratur im weitesten Sinn (z. B. der HiobTraktat → Marquards von Lindau, Passionstraktat → Heinrichs von St. Gallen, → Der kleine Seelentrost, Heiligenleben, Gebete, Beichtanleitungen etc.). Handschriftliche Besitzvermerke verweisen auf eine bevorzugte Rezeption des E. N. in Frauenkl¨ostern, in der Laienbewegung und im religi¨os interessierten B¨urgertum. ¨ ¨ Uberlieferung: Die volkssprachige Uberl. ist nicht hinl¨anglich erschlossen und ausgewertet. Zu den unterschiedlichen dt. und ndl. Prosafassungen sind u¨ ber 30 Hss. bekannt. Vgl. VL2 (1980) 661 f.; Masser/Siller 1987 (Einleitung Ausg.); Handschriftencensus (online). – Zur Gesamt¨uberlieferung vgl. Izydorczyk 1993. – Zu den Drucken vgl. W¨ulcker 1872, S. 56 f. und Vollmer 1936, S. 200 f., 203–205 (GW M26177–26182 [lat.]; M26183 [dt.]; M2618210 [ndl.]. – VD16 B 5284–5297; ZV 336

Ey edel sele, halt dich vri 2011–2014; ZV 23773 [dt.]. – VD17 3:300794R; 3:678574F; 23:667936K; 23:632563C [dt.]). Ausgabe: Konstantin v. Tischendorf: Evangelia apocrypha. Leipzig 21876. Neudr. 1966. 2. Neudr. 1987 (griech./lat.; Rez. Anton Sch¨onbach, AfdA 2 [1876] S. 149–212). – Franz Josef Mone: Schauspiele des MA. Bd. 1. Neue Ausg. Mannheim 1852, S. 59 f. (Schluss der E. N.-Fassung Freiburg/Br. UB, Hs. 335). – Bachmann/Singer 1889, S. 345–362, 465–475 (nach Freiburg/Br. UB, Hs. 335; Mu¨ nchen, BSB, Cgm 640; Z¨urich ZB, Cod. Car. C 28). – Piontek 1909 (Synoptischer Teilabdr., Augsburg, S und StB, 2° Cod. 3; M¨unchen BSB, Cgm 5018). – Vollmer 1936 (Ausz¨uge Augsburg, S und StB, 2° Cod. 3; L¨uneburg, Ratsbibl., Ms. Theol. 2° 83; Berlin, SBB Mgq. 1989). – Achim Masser: Dat ewangelium Nicodemi van deme Lidende unses heren Ihesu Christi. Zwei mittelnd. Fassungen (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 29). Berlin 1978. – A. Masser/Max Siller: Das Evangelium Nicodemi in sp¨atma. dt. Prosa. Texte (Germ. Bibl. Reihe 4, Texte und Komm.). Heidelberg 1987. Literatur: Robert McLachlan Wilson: Apokryphen II, TRE 3 (1978) S. 316–362, bes. S. 337 f. – G¨unther Bernt, LexMA 6 (1993) 1163 f. – Albert Schelb, VL2 2 (1980) Sp. 659–663; 11 (2004) Sp. 434. – Norbert H. Ott/Christoph Fasbender, Killy2 3 (2008) S. 336 f. – Jean-Daniel Dubois, RGG4 6 (2003) Sp. 324 f. – Richard Paul W¨ulcker: Das E. N. in der abendl¨andischen Lit. Paderborn 1872. – Albert Bachmann/Samuel Singer (Hg.): Dt. Volksb¨ucher. Aus einer Z¨urcher Hs. des 15. Jh. (Bibl. des Litterarischen Ver. in Stuttgart 185). T¨ubingen 1889, S. XIV, LXVI–LXXVII. – Ernst v. Dobsch¨utz: Christusbilder. Unters. zur christlichen Legende (Texte und Unters. zur Gesch. der altchritlichen Lit. 18 [NF 3]). Leipzig 1899. – Alfred ¨ Piontek: Die mhd. Ubersetzung des NikodemusEvangeliums in der Augsburger Hs. (Ms. 3) und in der Mu¨ nchener Hs. (Cgm. 5018). Diss. Greifswald 1909. – Montague Rhodes James: The Apocryphal New Testament. Oxford 1924 (darin englische ¨ Ubers. des E. N. und v. Teilen der u¨ brigen Pilatuslit.). – Jozef Jacobs: Ein nieuw mndl. handschrift van het Evangelie van Nicodemus. In: Verslagen in Mededelingen der Koninklijkw Vlaamse Academie voor Taal- en Letterkunde (1926) S. 546–587. – Hans Vollmer: Das E. N. in dt. Prosa. In: Neue Texte zur Bibelverdeutschung des MA (Bibel und 337

Mitte 14. Jh. dt. Kultur 6). Hg. ders. Potsdam 1936, S. 200–229. – Wilhelm Michaelis: Die Apokryphen Schriften zum NT (Slg. Dieterich 129). 21958 (mit nhd. ¨ Ubersetzung des E. N.). – Edgar Hennecke: Neutestamentliche Apokryphen 1. Tu¨ bingen 31959 ¨ (darin nhd. Ubers. des E. N. und v. Teilen der u¨ brigen Pilatuslit.). – Wolfgang Stammler: Mittelalterliche Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philol. im Aufriß Bd. 2. Hg. v. dems. Berlin 21960, Sp. 904 und 1088. – Karl-Ernst Geith: Zu einigen Fassungen der Veronika-Legende in der mhd. Lit. In: FS Friedrich Maurer. Hg. v. Werner Besch u. a. D¨usseldorf 1968, S. 262–288. – Marianne Steinhauser: Die ma. hochdt. Hss. des Nikodemusevangeliums. Prolegomena zu einer Edition. Diss. Innsbruck 1975 (mit vergleichenden Textproben aus 13 Hss.). – Achim Masser: Bibel- und Legendenepik des dt. MA (Grundlagen der Germanistik 19). Berlin 1976, S. 112–114 und Reg. – Ders.: Das E. N. und das ma. Spiel. In: ZfdPh 107 (1988) S. 48–66. – Maurice Geraard: Clavis Apocryphorum Novi Testamenti. Turnhout 1992, S. 43–46 (Nr. 62). – Zbigniew Izydorczyk: Manuscripts of the ‹E. N.›. A census (Subsidia mediaevalia 21). Toronto 1993. – Werner J. Hoffmann: The ‹Gospel of Nicodemus› in High German Literature of the Middle Ages. In: The medieval Gospel of Nicodemus. Texts, intertexts, and contexts in Western Europe (Medieval & Renaissance texts & studies 158). Hg. v. Z. Izydorczyk. Tempe, AZ 1997. – V´aclav Bok: Ein neuer Textzeuge des dt. E. N. (Fassung D) aus dem Franziskanerkloster in Eger. In: Magister et amicus. FS Kurt G¨artner. Hg. V. Bok. Wien 2000, S. 131–168. – Hildegard Bokov´a: Zur Sprache der Egerer Hs. des E. N. (Fassung D). In: ebd., S. 169–174. – Bettina Mattig-Krampe: Das Pilatusbild in der dt. Bibelund Legendenepik des MA (Germanistische Bibl. 9). Heidelberg 2001, S. 99–131. – Nikolaus Henkel: Inszenierte H¨ollenfahrt. Der ‹Descensus ad inferos› im geistlichen ‹Drama› des MA. In: H¨ollenfahrten. Gesch. und Aktualit¨at eines Mythos (Irseer Dialoge 12). Hg. v. Markwart Herzog. Stuttgart 2006, S. 87–108, bes. S. 88–92. – Tobias A. Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgeschichtliche Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006, S. 17–22. VZ Ey edel sele, halt dich vri. – Mystischspekulatives Gedicht des 14. Jh. Das vor dem Hintergrund der Mystik Meister → Eckharts entstandene Gedicht handelt von den 338

Mitte 14. Jh. «blozen selen» und deren Eingang in die «einvaltekeit» der «gotlichen natvren». ¨ Uberlieferung: Straßburg, StB, Cod. A 98, 162v (Perg., 14. Jh., vermutlich alemannisch-els¨assisch; verbrannt). – Erlangen, UB, Ms. 575, 126v (Perg. und Pap., 14. Jh.). Ausgabe: Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 474, S. 312 (nach der Straßburger Hs.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1979) Sp. 668. – Ders.: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13 bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230 (wieder in: K. Ruh: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211). BJ Florentius von Utrecht OP. – Lesemeister, Mitte 14. Jh. Die Sammlung dominikanischer Predigten Paradisus anime intelligentis u¨ berliefert drei Predigten unter dem Namen Florencius fon Uttrecht (Nr. 2, 31 und 63). Das Register des Paradisus weist F. als Lesemeister des Dominikanerklosters von Erfurt aus. Die Predigten behandeln die Menschwerdung Christi und Erl¨osung (Nr. 2), Trinit¨atsspekulationen anhand Joh 5,7 (Nr. 31) sowie die Ausstattung des Menschen an Gnadengaben (Nr. 63). Seine Terminologie und die theologische Ausrichtung weisen F. als Thomisten aus, der von der dominikanischen Mystik relativ unbeeinflusst zu sein scheint. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057, 9r–11v, 78v–82r, 163v–171r (Perg., Mitte 14. Jh., westmitteldt.-rheinfr¨ankisch). – Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud Misc. 479, 6v–8v, 53v–56r, 108v–113v (Perg., Mitte 14. Jh., rheinfr¨ankisch). – Einzel¨uberlieferung: Nr. 2 in Ausz¨ugen: Mariastein (Kt. Solothurn), Benediktinerkloster, Cod. S 353 (vormals Solothurn, ZB, Cod. S 353), 110r–11v, 112r–114v (Pap., 1470–80, ostschweizerisch). – Nr. 31: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 56, 135r–143r (Pap., um 1446/47, aus dem Katharinenkloster N¨urnberg, n¨urnbergisch). – Nr. 31 integriert in eine Predigt des → Nikolaus von Landau: Kassel, UB/LMB, 4° Cod. theol. 12, 100vb–101rb (Perg., bald nach 1341, aus dem Zisterzienserkloster Otterberg bei Kaiserslautern, mitteldt./rheinfr¨ankisch). – Nr. 63 (Auszug): N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 55, 91v–94r (Pap., 339

Florentius von Utrecht um 1447, Herkunft und Sprache wie Cod. Cent. VI, 56). – Nr. 63 (Auszug) integriert in eine Predigt des Nikolaus v. Landau: Kassel, UB/LMB, 4° Cod. theol. 11, 4ra (Perg., 1341, Herkunft und Sprache wie Cod. theol. 12). Ausgaben: Philipp Strauch: Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Hs. Cod. Laud. Misc. 479 nach E. Sievers’ Abschr. (DTM 30). Berlin 1919. Nachdr. Hildesheim 1998, S. 9–11 (Nr. 2) 66–69 (Nr. 31) und 133–138 (Nr. 63). – Hans Zuchhold: Des Nikolaus v. Landau Sermone als Quelle f¨ur die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises (Hermaea 2). Halle 1905. Nachdr. Wiesbaden 1972, S. 82 (Nr. 63) 134–136 (Nr. 31). Nhd. Ausgabe: Vom inwendigen Reichtum. Texte unbekannter Mystiker aus dem Kreise Meister Eckharts. Mit einer Einf. v. Alois Dempf. Ausw. ¨ und Ubers. v. Angela Rozumek. Leipzig 1937, S. 73–77. Literatur: Peter Schmitt, VL2 2 (1979) Sp. 750 f. – Kurt Ruh: Paradisus anime intelligentis. In: VL2 7 (1989) Sp. 298–303; 11 (2004) Sp. 1163. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA nach den Quellen untersucht und dargestellt. Bd. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. 1962) ¨ S. 172. – Josef Quint: Neue Hss.funde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. (Meister Eckhart. Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 218–222. – Alfons Sch¨onherr: Die ma. Hss. der ZB Solothurn. Solothurn 1964, S. 27–32. – Lauri Sepp¨anen: Stud. zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis. Beitr. zur Erforschung der Sprache der mhd. Mystik und Scholastik (M´emoires de la Societ´e n´eophilologique de Helsinki 27). Helsinki 1964, passim., bes. 46 f., 79, 259. – Georg Steer: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). Mu¨ nchen 1966, S. 18 f. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi Bd. 1. Rom 1970, S. 383 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 102 f. (T 92). – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 400–403. – Burkhard Hasebrink u. a. (Hg.): ‹Paradisus anime intelligentis›. Stud. zu einer dominikanischen Predigtslg. aus dem Umkreis Meister Eckharts. T¨ubingen 2009, Reg. S. 267 f. VZ 340

Florentius-Legende Florentius-Legende. – Alemannische Prosalegende des Straßburger Bischofs F. Die F.-L. ist in mehreren Handschriften im Kontext der Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) u¨ berliefert. Entstehungszeit ist vermutlich Mitte des 14. Jh., Entstehungsort wahrscheinlich Straßburg. Teile dieser Legende finden sich im selben Wortlaut in der Chronik des Jakob → Twinger von K¨onigshofen. ¨ Uberlieferung: Rottenburg, Priesterseminar, Hs. 11, 107va–109rb. – Weitere verzeichnet bei Kunze 1970 (s. Lit.) S. 304. – Karl Firsching: Die dt. Bearb. der Kilianslegende unter bes. Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Bistums und Hochstifts W¨urzburg 26). W¨urzburg 1973, S. 27 f. Ausgaben: Luzian Pfleger: Zur altdt. Legendenlit. des Elsasses. In: Straßburger Di¨ozesanbl. 29 (1910) S. 307–310. – M´edard Barth: Der hl. F., Bischof von Straßburg. Sein Weiterleben in Volk und Kirche. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 20 (1951/52) S. 240–243, 378–393. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 750. – Barth (s. Ausg.) S. 239 f., 243 f. – ¨ Konrad Kunze: Uberl. und Bestand der Els¨assischen Legenda aurea. In: ZfdA 99 (1970) S. 265–309, hier S. 295. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Le¨ gendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, passim. SF Das Frauchen von 22 (21) Jahren. – Dialogische Exempeldichtung aus Mystikerkreisen. Die in rund 30 Handschriften u¨ ber den gesamten dt. und ndl. Sprachraum tradierte Exempeldichtung l¨asst sich in zwei Redaktionen differenzieren: Redaktion A (hier ist das Frauchen 22 Jahre alt) ist verbreiteter mit Schwerpunkt auf den Niederlanden. Redaktion B (21 Jahre) hat sowohl ober-, mittel- und niederdt. handschriftliche Vertreter, ist im ndl. Sprachraum indes nicht vertreten. Redaktion A d¨urfte die urspr¨ungliche Fassung sein und in den Niederlanden ist der Ausgangspunkt ¨ der Uberlieferung zu vermuten. Zwar datiert kein Textzeuge vor dem 15. Jh., doch die N¨ahe zu den → Eckhart-Legenden (insbesondere zu Meister Eckharts Tochter) legt eine Entstehung schon im 14. Jh. nahe. Die Dichtung schildert, wie eine junge Frau von einem theologischen Meister erfahren m¨ochte, ¨ welche spirituellen Ubungen n¨otig und ihr als Frau 341

Mitte 14. Jh. m¨oglich seien, um Vollkommenheit und Wahrheit zu erlangen. Auf Nachfrage des Meisters stellt sie ihre bisherige Praxis dar: drei «¨außere» sowie drei «innere» Betrachtungen t¨aglich, letztlich abzielend auf die Vereinigung mit Gott. Der Meister lobt ¨ ihre Ubungen und gesteht, eine vergleichbare Stufe der Vollkommenheit selbst nicht erlangt zu haben. Gegen¨uber diesem Aufbau der Redaktion A liegen in B Umstellungen vor bez¨uglich der inne¨ ren und a¨ ußeren Ubungen und der eheliche Stand der Ratsuchenden wird akzentuiert. Die per se antihierarchische Pointe der Dichtung, wonach die Laiin nicht des Rats des Meisters bedarf (so auch in verwandten Texten wie → Die fromme M¨ullerin), kommt ohne kritische Sch¨arfe aus. Die Protagonistin wird nicht u¨ berheblich dargestellt, stattdessen wird ihre Demut betont. ¨ Uberlieferung (Ausw.): Redaktion A: Berlin, SBB, Mgo 328, 221r–223r (Perg. und Pap., um 1500, niederrheinisch). – Den Haag, Koninklijke Bibl., Cod. 133 F 22, 86r–88r (Pap., um 1500, mndl.). – Ebd., Cod. 70 H 29, 47r–49v (Perg., Mitte 15. Jh., mndl.). – Mainz, StB, Hs. I 322 (fr¨uher Karth. 570), 2r–3v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. n´eerl. 37, 194v–198r (Pap., 1471, mndl.). – Tilburg, Bibl. van de Theologische Faculteit, TFK HS 12 (vormals ’s-Hertogenbosch, Provinciaal Archief der Minderbroeders Capucijnen Hs. 13), 5r–8r (Pap. und Perg., um 1500, mndl.). – Weert, Provinciaal Archief van de Minderbroeders, Cod. 14 f., 173r–175r (Pap., 1482, mndl.). – Redaktion B: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 35 (vor¨ mals Maihingen, F¨urstl. Ottingen-Wallersteinsche Bibl.), 153v–155r (Pap., letztes Drittel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 44, 50v–52r (Pap., um 1500, alemannisch). – Leipzig, UB, Ms. 1518, 258r–260v (Perg. und Pap., 15. Jh., mnd./mittelfr¨ankisch). – Manchester, John Rylands University Libr., German. Ms. 11, 199v–203r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 861, 62r–67r (Pap., 1504, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 1109, 338va–339vb (Pap., 1481, mittelbair./nordbair. Einschlag). – Oldenburg, LB, Cim I 73, 90v–94v (Pap, ¨ um 1470, nd.). – Zur weiteren Uberl. vgl.: de Vooys 1926, S. 11. – Axters 1932, S. 121 f. – Pickering 1940, S 125, 127. – Lievens 1962, S. 32. Ausgaben: F. H. G. van Iterson: Stemmen uit den voortijd, die wel verdienen nog eens gehoord te worden, verzameld uit een viertal handschriften 342

Mitte 14. Jh. der XIVe en XVe eeuw. Leiden 1857, S. 32–34 (Red. A, niederl¨and.). – Pickering 1940, S. 125–127 (Red. A, mittelfr¨ank.), S. 127 (Red. B, oberdeutsch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 858–860. – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Middelnederlandse legenden en exempelen. Bijdrage tot de kennis van de prozalitteratuur en het volksgeloof d. middeleeuwen. Groningen/Den Haag 21926, S. 338–340. – Stephanus Axters: Bijdrage tot een Bibliogr. van de Nederlandsche Dominikaansche Vroomheid. De Eckhartsche Schriften. In: Ons Geestelijk Erf 6 (1932) S. 5–39, 113–156, hier: S. 121 f. – Frederick P. Pickering: Notes on Late Medieval German Tales in Praise of ‹docta ignorantia›. In: Bulletin of the John Rylands Library 24 (1940), S. 125–129. – Josef Quint: ¨ Neue Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. (Meister Eckhart. Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 109, 135 f., 144, 273. – Wolfgang Stammler: Kleine Schr. zur Lit.gesch. des MA. Berlin 1953, S. 165 f. – J. Quint: Neue Funde zur hsl. ¨ Uberl. Meister Eckharts. In: PBB (T¨ub.) 82 (1960) S. 352–384, hier S. 380. – Robrecht Lievens: De mystieke Inhoud van het Hs. Dr. P.S. Everts. In: Leuvense bijdragen 51 (1962) S. 1–33, hier: S. 32. – Bernhard Jussen: Der Name der Witwe. Erkundungen zur Semantik der ma. Bußkultur (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 158). G¨ottingen 2000, S. 136–138. VZ Der Freund. – Prediger des 14. Jh. Der F. ist nur durch ein Predigtfragment in einer Berliner Handschrift nachgewiesen. Gegenstand der Predigt war die Bibelstelle 1 Kor 2,9, auf deren Basis der F. ein Gleichnis u¨ ber einen Blinden und einen Sehenden in einem lichtlosen Turm entwickelt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 368r–369r (Pap. und Perg., um 1400). Ausgabe: Spr¨uche dt. Mystiker. Hg. v. Franz Pfeiffer. In: Germania 3 (1858) S. 225–243, hier S. 229. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1979) Sp. 915. MM Die fromme (selige) Mullerin. ¨ – Exempelerz¨ahlung des 14. Jh. Geschildert wird das Gespr¨ach der titelgebenden Mu¨ llerin mit zwei Predigerm¨onchen. In einer 343

Der Freund Umkehrung der eigentlich zu erwartenden Situation (Mo¨ nche als Belehrende) ist es die Mu¨ llerin, die den Mo¨ nchen theologische Fragen beantwortet, etwa u¨ ber die Natur Gottes und der Engel sowie u¨ ber die g¨ottliche Liebe. Am Ende des Dialogs konfrontiert die M¨ullerin die beiden M¨onche mit der Frage, wie der Mensch die Freuden des Himmels erlangen k¨onne. W¨ahrend der Grundtypus der Erz¨ahlung schon im → V¨aterbuch vorgebildet ist (Macarius und die zwei frommen Frauen), wird das darin enthaltene Lob der Laienfr¨ommigkeit in der .F. M. zugespitzt vermittelt: Die M¨ullerin ist auf die Institution Kirche kaum angewiesen, erweist sich die Frau doch trotz seltener Teilnahme an Predigten und Beichten als sehr fromm. Die Erz¨ahlung von der M¨ullerin war in mehreren Fassungen im ganzen dt.-ndl. Sprachraum verbreitet. Die Prosafassung d¨urfte am a¨ ltesten sein, urspr¨unglich entweder in mhd. oder mndl. Version. Sie findet sich auch in der Spruchsammlung des → Engelhart von Ebrach. Eine vor allem im ndl. Raum verbreitete, sekund¨are Prosafassung enth¨alt als Einschub vor dem Gespr¨ach mit der M¨ullerin einen zus¨atzlichen Dialog der beiden Kinder der Mu¨ llerin und ein Reimpaargedicht Heinrich → Kaufringers. Weiterhin existiert eine Reimfas¨ sung der F. M. Enge Ubereinstimmungen gibt es zwischen der M. und der Erz¨ahlung Von der seligen Dorfmagd, die ebenfalls aus dem 14. Jh. stammt und die von der Forschung teilweise als Dublette zur F. M. angesehen wird. Die seit dem 16. Jh. nachweisbare Geschichte Die geistliche Hausmagd ist inhaltlich und strukturell an die F. M. angelehnt, jedoch weniger eng als die Dorfmagd. ¨ ¨ Uberlieferung: 1. Prosafassung: Uber f¨unfzig Hss. sind u¨ berl.; Verz. und weitere Lit. bei Ruh 1980 (s. Lit.). Weitere Hss.: Augsburg, Staats- und StB, 2° Cod. 438, 279ra–279va (Pap., Schwaben, 1412, schw¨abisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 30.8 Aug. 4°, 240v–242v (Pap., 1435). – Wien, ¨ ONB, cod. 2969, 1r–4r (Pap. und Perg., erstes Drittel 15. Jh.). – Bad Windsheim, StB, Cod. 59, 231vb–233ra (Perg., erste H¨alfte 14. Jh.). – New Haven (Conn.), Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Univ. Yale, MS 1018, 124vb–127ra (Pap., um 1400–20, bair.). – Innsbruck, ULB, Cod. 631, 233r–236r (Pap., zweites Viertel 15. Jh., ostfr¨ankisch). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 570 (140; C 18), 111ra–112ra (Pap., Mitte 15. Jh., bair.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1651 (664; L 94), 31v–37v (Pap., Melk, um 1456, bair.). – Dessau, 344

Von funf ¨ Meistern LB, Hs. Georg. 24.8°, 236v–238v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostmd.). – Oldenburg, LB, Cim I 73, 97v–101r (Pap., um 1470). – Darmstadt, ULB, Hs. 1466, 281r–283v (Pap., K¨oln [?], erste H¨alfte 16. Jh., mittelfr¨ankisch). – 2. Reimfassung: M¨unchen, BSB, Cgm 270, 382v–388v (Pap., um 1464, ostschw¨abisch, unter Kaufringer-Dichtungen). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 2. 4. Aug. 2°, 190r (Perg. und Pap., N¨urnberg, um 1492, nordbair.ostfr¨ankisch). – 3. Selige Dorfmagd und Geistliche Hausmagd: Privatslg. Eduard Langer, Braunau (B¨ohmen), Ms. 458, 2r-v (Perg., 14. Jh., md.; Hs. verschollen). – M¨unchen, Cgm 411, 50vb–51vb (Pap., Augsburg, 1436, ostschw¨abisch). – Sankt Gallen, Stiftsbibl., cod. 977, S. 344–346 (Perg. und Pap., sp¨ates 15. Jh., bair.-alemannisch). – LB Karlsruhe, cod. Lichtenthal 101, 123r–125v (Pap., Hirsau, 1530, alemannisch-schw¨abisch). – Brit. Mus. London, cod. Harley 2430, 1r–19r (erweiterte Fassung). Ausgaben: 1. Prosafassung: Karl Bartsch: Spr¨uche und V. dt. Mystiker. In: Germania 18 (1873) S. 195–200, hier S. 196 f. (Fragm.). – August L¨ubben: Mittheilungen aus ndt. Hss. In: Progr. des Gymnasiums zu Oldenburg zum Oster-Examen 1874. Oldenburg 1874, S. 11 f. – Cebus C. de Bruin: Middelnederlands Geestelijk Proza. Zutphen 1940, S. 103–105. – Traunbauer 1955 (s. Lit.) S. 154–160. – Engelhart von Ebrach: Das Buch der Vollkommenheit (DTM 86). Hg. v. Karin Schneider. Berlin 2006, S. 15 f. – 2. Reimfassung: Heinrich Kaufringers Gedichte. Hg. v. Karl Euling. Stuttgart u. a. 1888, S. 212–220. – Heinrich Kaufringer: Werke 1. Hg. v. Paul Sappler. T¨ubingen 1972, S. 198–206. – 3. Selige Dorfmagd und Geistliche Hausmagd: Adolf Spamer: Der Bilderbogen von der «geistlichen Hausmagd». Ein Beitr. zur Gesch. des religi¨osen Bilderbogens und der Erbauungslit. im popul¨aren Verlagswesen Mitteleuropas. Bearb. v. Mathilde Hain. G¨ottingen 1970, S. 36–39, 65–71, 75–80. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 974–977; 11 (2004) Sp. 469. – Ulla Williams/Red., Killy2 4 (2009) S. 60 f. – Cornelis G. de Vooys: Middelnederlandse legenden en exempelen. Bijdrage tot de kennis van de prozalitteratuur en het volksgeloof der Middeleeuwen. Groningen 21926. Nachdr. ebd. 1974, S. 345–348. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz 1200–1500. Frauenfeld 1935, S. 274. – Frederick P. Pickering: Notes on Late Medieval German Tales in Praise of ‹docta ignorantia›. 345

Mitte 14. Jh. In: Bullettin of the John Rylands Library Manchester 24 (1940) S. 121–137. – Ingeborg Traunbauer: Beitr. zum mystisch-aszetischen Schrifttum des dt. Sp¨atMA 1. Diss. Wien 1955, S. 79–92 u. o¨ . – Eva L¨uders: Meister Eckehartes Wirtschaft und eine Stockholmer Hs. derselben. In: FS N. Otto Heinertz. Uppsala 1956, S. 85–124. – Spamer 1970 (s. Ausg.). – Karin Schneider, Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 192–199. – Konrad Kunze u. a.: Information und innere Formung. Zur Rezeption der ‹Vitaspatrum›. In: Wissensorganisierende und wissensvermittelnde Lit. im MA. Perspektiven ihrer Erforschung. Hg. v. Norbert Richard Wolf. Wiesbaden 1987, S. 123–142, hier S. 136, 141. – Wolfgang Br¨uckner: Geistliche Hausmagd. In: EM 5 (1987) Sp. 944–948 (wieder in: Ders.: Volkskunde als hist. Kulturwiss. 7. Materialien und Realien. Stoffwertigkeiten, Symbolwelten, Zeichensysteme. W¨urzburg 2000, S. 377–380). – Eberhard K¨onig und Heribert Tenschert: Leuchtendes MA 6. 44 Mss. vom 14. bis zum fr¨uhen 17. Jh. aus Frankreich, Flandern, England, Spanien, den Niederlanden, Italien und Deutschland. Rotthalm¨unster 1993/94, S. 230–234. – Michaela Willers: Heinrich Kaufringer als M¨arenautor. Das Oeuvre des cgm 270. Berlin 2002, S. 257 f. u. o¨ . – Norbert H. Ott u. a.: Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA 4,1. Lfg. 1,2. Hg. v. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss. Mu¨ nchen 2008, S. 171–174 (mit Abb. auf S. 81 f.). MM Von funf ¨ Meistern. – Geistliche Spruchsammlung, 14. Jh. Die kurze Sammlung von f¨unf Lehrspr¨uchen, die anonymen Meistern in den Mund gelegt werden, war im 14. Jh. im gesamten dt. Sprachraum verbreitet. Sie ist u¨ berwiegend in Prosa u¨ berliefert, eine Versbearbeitung als Teil einer gereimten Fassung des Buches der Vollkommenheit des Ps.-→ Engelhart von Ebrach ist unikal erhalten. Die ersten vier Spr¨uche geben nach einem Einleitungssatz («Ez sazen funf meister bi einander und sprach der erst: [...]» [zit. nach Schneider 2006]) Ratschl¨age zu Verhaltensweisen oder Einstellungen des Menschen: Dieser solle ein reuiges Herz haben, einen aufrichtigen Besserungswunsch versp¨uren, l¨usterne Blicke und schm¨ahliche Worte vermeiden. Dies sei Gott wohlgef¨alliger als Andachtsu¨ bungen o. a¨ . 346

Mitte 14. Jh. Der f¨unfte Spruch rekurriert auf Ps 24,18 («porta omnia peccata mea») und fordert im Gegensatz zum Bibelwort Gott auf, der S¨unden zu gedenken, weil wom¨oglich der reuige S¨under Gott lieber sein k¨onnte als der Gerechte. ¨ Uberlieferung: Hauptfassung: Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 17, 253rv (Pap., 2. Tl. der Hs. erste H¨alfte 16. Jh., schw¨abisch). – Hamburg, SUB, Cod. Convent XV,8, 1 Bl. (15. Jh., nd.; Fragm.). – Heidelberg, UB, Cpg 418, 11v–12r (Pap., zweites/drittes Viertel 14. Jh., ostfr¨ankisch mit ostmitteldt. Einschlag). – Kopenhagen, K¨onigl. Bibl., NKS Cod. 19,8°, 2r–3r (Pap., Anfang 16. Jh., nd.). – London, British Library, Ms. Add. 16581, 131v (Pap., 1468/69). – M¨unchen, BSB, Cgm 424, 184v (Pap., 2. Tl. der Hs. 1398, schw¨abisch). – N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 22936, 129v–130v (Perg., 15. Jh., nd.). – Ebd. StB, Cod. Cent. VII, 39, 212r–213r (Pap., um Mitte 15. Jh., nordbair.). – Stuttgart, LB, Cod. HB I 78, 114rb-vb ¨ (Pap., 1446–48, schw¨abisch). – Wien, ONB, Cod. 2969, 32r–33r (Perg. und Pap., erstes Drittel 15. Jh., bair./¨osterr.). – Als Tl. der Spruchslg. des Ps.-Engelhart v. Ebrach: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 32, 10rv (Pap., letztes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 116, 9v–10r (Perg., Anfang 15. Jh., nordbair.). – Ebd., Cgm 411, 92rb (Pap., 1436, ostschw¨abisch). – Versbearbeitung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 2.4 Aug. 2°, 189v–190r (Perg. und Pap., 1490/92, nordbair./ostfr¨ankisch). – Weitere Fassungen: Zusammen mit den → Spr¨uchen der f¨unf Lesemeister als Zehn Meister: Den Haag, K¨onigl. Bibl., Cod. 133 F 22, 82v–83r (Pap., um 1450). – Weitgehend u¨ bereinstimmender Text, allerdings mit sechs Meistern: Mu¨ nchen, UB, 8° Cod. ms. 270, 75v–78v (Pap., 15. Jh., bair.). – Die ersten vier Spr¨uche erscheinen in weiteren vergleichbar konzipierten Spruchreihen, darunter die ¨ Sieben Punkte oder Sieben Lesemeister. Vgl. zu Uberl. und Ausg. VL2 11 (2004) Sp. 474. Ausgaben: Ingeborg Traunbauer: Beitr. zum mystisch-aszetischen Schrifttum des dt. Sp¨atMA Bd. 1. Diss. Wien 1955, S. 216 f. – Bierschwale 2000, S. 219–221. – Als Tl. der Spruchslg. des Ps.- Engelhart v. Ebrach: Karin Schneider: PseudoEngelhart v. Ebrach. Das Buch der Vollkommenheit (DTM 86). Berlin 2006, S. 13 (Nr. 26). – Versbearbeitung: Karl Euling: Kleinere mhd. Erz¨ahlungen, Fabeln und Lehrgedichte 2 (DTM 14). Berlin 1908, S. 117 f. Literatur: Heike Bierschwale, VL2 11 (2004) Sp. 472–474. – Walther Dolch: Die Verbreitung 347

Gabriel und die Seele oberl¨andischer Mystikerwerke im Ndl. Auf Grund der Hss. dargestellt. Diss. Leipzig 1909, S. 16 f. – Albert Auer: Leidenstheologie des Sp¨atMA (Kirchengeschichtliche Quellen und Stud. 2) St. Ottilien 1952, S. 85, 102 f. – Wolfgang Stammler: Albert der Große und die dt. Volksfr¨ommigkeit des MA. In: Freiburger Zs. f¨ur Philos. und Theologie 3 (1956) S. 287–319, hier S. 296 f. – PaulGerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners ¨ Konrad B¨omlin 1: Uberl. und Unters. (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 32. – H. Bierschwale: Stud. zur ¨ nd. und ndl. Uberl. der Meisterspr¨uche. Staatsexamensarbeit Mu¨ nster 2000. VZ Gabriel und die Seele. – Anonymer Dialog des 14. Jh. In diesem Gespr¨ach stellt die Seele dem Erzengel Gabriel mehrere kurze Fragen. Gabriels Antworten darauf sind ausf¨uhrlich und bestimmen den Gesamttext. In einem ersten Teil schildert Gabriel die freudige Reaktion der im Himmel versammelten Engel und Heiligen auf Christi Auferstehung, was hier als Fest mit T¨anzen und Ges¨angen beschrieben wird. Im zweiten Teil beschreibt Gabriel die u¨ berbordende Liebe, die Gott der menschlichen Seele schenkt. In Gabriels Antworten herrscht oft eine ekstatisch aufgeladene Sprache mit mystischen F¨arbungen vor. Die Forschung hat entsprechend sprachliche und stilistische Bez¨uge des Dialogs zur Nonnenmystik und zu Heinrich → Seuse festgestellt. ¨ Uberlieferung: Dresden, LB, Mscr. M 299, Bll. 1r–51r (Perg., 13./14. Jh., mitteldt.-nd.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1082 Helmst., 63r–65v ¨ (Perg., fr¨uhes 14. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 2757 (fr¨uher Salisb. 264), 131r–136v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., bair.-¨osterr.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 363, 54v–57r (Pap., 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 846, 112r–116v (Pap., Rebdorf, Ende 15. Jh., ostfr¨ankisch-nordbair.; G. u. d. S. als VaterunserAuslegung). – Bamberg, SB, Msc. Lit. 177 (fr¨uher Ed.VIII.18), 51v–82r (Pap., 15./16. Jh.). Literatur: Peter Kesting, VL2 2 (1980) Sp. 1037 f.; 11 (2004) Sp. 481. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 223. – Bernd Adam: Katechetische Vaterunserauslegungen. Texte und Unters. zu deustchsprachigen Auslegungen des 14. und 15. Jh. (MTU 55). Mu¨ nchen 1976, S. 221. – Karin Schneider: Die dt. 348

Das geistliche Haus Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 691–867 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,5). Wiesbaden 1984, S. 606 f. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. von den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3,1). Hg. v. Joachim Heinzle und Wolfgang Haubrichs. T¨ubingen 2004, S. 106, 481. MM Gaesdoncksche Traktate. Als G. T. werden f¨unf s¨udost-mndl. Abhandlungen bezeichnet, die m¨oglicherweise um die Mitte des 14. Jh. entstanden und heute nur in Kopien einer verlorenen Handschrift u¨ berliefert sind. Ihre predigtartige Gestaltung lehnt sich an Meister → Eckhart an, dessen Logosmystik sie inhaltlich u¨ bernehmen. Die ersten beiden G. T. besitzen direkte mhd. Vorlagen, w¨ahrend die sprachliche Reinheit der Abhandlungen drei und f¨unf sie als original ndl. Texte empfiehlt. Der erste G. T. (Bll. 35v–45v) basiert auf der Abhandlung Von zweierlei Wegen des Johannes Franke. Auch der zweite G. T. (Bll. 45v–54r) stellt eine Bearbeitung dar, in diesem Fall von zwei Traktaten namens Von dem zorne der sele und Von der u¨ berwart der gotheit. Der dritte G. T. (Bll. 54r–60r) behandelt in Form einer Predigt den Aufstieg der Seele aus ihren weltlichen Umst¨anden zu Gott, was im Text als die wahre Heiligkeit dargestellt wird. Der vierte G. T. (Bll. 60v–64r) paraphrasiert Joh 1,9–14 und beschreibt, wie sich die Seele von der a¨ußeren Welt l¨osen muss, um zur inneren, g¨ottlichen Erleuchtung vorzustoßen. Hier wird die mystische Tendenz der G. T. besonders deutlich. Die f¨unfte Abh. (Bll. 64v–76r) schließlich untersucht das Bild Gottes in der Seele in seiner Natur und Entstehung. ¨ Uberlieferung: Gaesdonck, Bibl. des Bisch¨ofl. Gymnasiums Collegium Augustinianum, Cod. 16, 35v–76r (Pap., um 1500, mndl., 1944 verbrannt und nur in Kopien u¨ berliefert). Ausgaben: Het Gaesdonckse-traktatenhandschrift. Olim, hs. Gaesdonck, Collegium Augustinianum, ms. 16. Diplomatische editie op basis van foto’s uit de Titus Brandsmacollectie. Hg. v. Marinus K. A. van den Berg unter Mitarb. v. Amand Berteloot und Thom Mertens. Hilversum 2005. – K¨urzere Teildr. bei Pfeiffer 1851, Pfeiffer 1857, Jostes 1895 und Beuken 1934 (s. Lit.). Literatur: Petrus W. Tax, Vl2 2 (1980) Sp. 1099–1101. – Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) 349

Mitte 14. Jh. S. 209–258. – Meister Eckhart. Hg. v. Franz Pfeiffer. Leipzig 1857. Nachdr. Aalen 1962. – Meister Eckhart und seine Ju¨ nger. Ungedruckte Texte zur Gesch. der dt. Mystik. Hg. v. Franz Jostes. Freiburg/Schweiz 1895 (Nachdr. Berlin u. a. 1972) S. 32–35. – Jozef Beuken: Rondom een Middelnederlandsche Eckehart-tekst. In: Ons Geestelijk Erf 8 (1934) S. 310–337. – Stephanus G. Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden 2: De eeuw van Ruusbroec. Antwerpen 1953, S. 178–195 u. o¨ . – Ders.: De zalige Heinrich Seuse in Nederlandse hss. In: Heinrich Seuse. Stud. zum 600. Todestag, 1366–1966. Hg. v. Ephrem M. Filthaut. K¨oln 1966, S. 343–396, hier S. 394. – Gregor H¨ovelmann: Die Hss. der Klosterbibl. Gaesdonck. Ein Versuch, den urspr¨unglichen Bestand zu rekonstruieren, mit einem Anh. u¨ ber die Schreibt¨atigkeit des Gaesdoncker Konvents. In: Gaesdoncker Bll. 21 (1968) S. 44–75; 22 (1969) S. 15 f. MM Das geistliche Haus. – Gnadenlehre-Traktat, 14. Jh. ¨ Der Traktat ist benannt nach der Uberschrift des N¨urnberger Codex («Diß ist von dem geistlichen hawse»), die sich auf eine im Text enthaltene Geb¨audeallegorie bezieht. In vier Quaestionen wird ausgehend von Hebr 13,9 («optimum enim est gratia stabiliri cor») die g¨ottliche Gnade behandelt: was sie sei (1), wie sich der Mensch auf sie vorbereiten soll (2), wie sie in der Seele wirkt und zu erkennen ist (2) und was das teuflische Licht vom natu¨ rlichen und u¨ bernat¨urlichen Licht unterscheidet (4). Die Gnadenlehre ist scholastisch-dominikanisch gepr¨agt. Zitiert werden: → Augustinus, → Gregor der Große, Petrus Lombardus, → Thomas von Aquin aber auch Aristoteles und Macrobius. Die zweite Quaestio enth¨alt die Geb¨audeallegorie und u¨ bertrifft die anderen Teile zusammen an Umfang fast um das Doppelte. Die Allegorie deutet ein Haus nach seinen wichtigen Bauelementen und Zimmern aus: So bedeuten die sieben S¨aulen des Hauses die sieben Tugenden, die vier W¨ande Furcht, Hoffnung, Betrachtung des Lebens und des Todes. Die drei Hauptkammern beherbergen die drei oberen Seelenkr¨afte und die sieben Nebenr¨aume dienen sieben spirituellen Aktivit¨aten der Seele. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43l, 196r–217v (Pap, 1464, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, n¨urnber350

Mitte 14. Jh. gisch). – Z¨urich, ZB, Cod. C 96, 42r–63r (Pap., 14./15. Jh., alemannisch/schw¨abisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1162 f. – Gerhard Bauer: Claustrum animae. Untersuchungen zur Geschichte der Metapher vom Herzen als Kloster. Bd 1. Entstehungsgeschichte. M¨unchen 1973, S. 32–222. VZ

Die geistliche Jagd

Die geistliche Jagd. – Predigthafter Traktat. ¨ D. g. J. steht in lockerem Uberlieferungsverbund mit einem Rulman → Merswin zugeschriebenen, Die geistliche Spur genannten Werk. Die Jagd geht den 22 Kapiteln der geistlichen Spur, die mit Weihnachten beginnen und mit Pfingsten enden, voran, ist aber auch als Einzelpredigt u¨ berliefert. Im Zentrum steht die Einhornjagd-Allegorie: Jesus erscheint als Einhorn, Gottvater als J¨ager mit den Jagdhunden Ged¨achtnis, Vernunft und Wille, der Hl. Geist als Jagdhorn. ¨ ¨ Uberlieferung: Altester Textzeuge ist Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278, 345a–346b (Basel, zweite H¨alfte 14. Jh). – M¨unchen, BSB, Cgm 214, 118va–119rb (zweite H¨alfte 15. Jh.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 986, S. 249–255 (15. Jh.). – W¨urzburg, UB, Msc. ch. f. 66, 190c–190v (Ende 15. Jh.). Ausgabe: Wolfgang Stammler: Sp¨atlese des MA. Bd. 2 (TspMA 19). 1965, S. 47. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1164 f. – ¨ Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1910. – Waltraut Linder: Rulman Merswins ‹Leben Jesu›. Unters. und krit. Ausg. des Textes auf Grund einer neugefundenen Hs. Diss. masch. Heidelberg 1960. – Stammler (s. Ausg.) S. 133–138. – J¨urgen Werinhard Einhorn: Spiritalis unicornis. Das Einhorn als Bedeutungstr¨ager in Lit. und Kunst des MA (MMS 13). M¨unchen 1976. – Leopold Kretzenbacher: Mystische Einhornjagd. Dt. und slawische Bild- und Wortzeugnisse zu einem geistlichen Sinnbild-Gef¨uge (Sb. der Bayer. Akad. der Wiss., Phil.-hist. Kl. 1978/6). M¨unchen 1978. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 137. SF

im Zusammenhang mit der Kurzsequenz der Mitternachtsmesse zu Weihnachten Grates nunc omnes. Luthers siebenstrophiges Lied mit dem gleichen Titel erschien zuerst 1524 in den Erfurter Enchiridia und im Wittenbergischen Gesangbuch von J. Walther; eine katholische Fassung von sechs Strophen enth¨alt zuerst das Gesangbuch des M. Vehes von 1537. ¨ Uberlieferung: Trier, Bistumsarch., Ms. I 529, 44r, 48r und 54r (aus Medingen bei L¨uneburg, Datierungsversuche reichen v. 1380 bis 1510!, nd.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Ms. extrav. 300.1, 32v, 57r, 74r (nach 1460). – Gotha, Forschungsbibl., Memb. II 84, 26r (um 1480). – Kopenhagen, Kgl. Bibl., Thott 130 8°, 17r, 50v (nach 1540). – Berlin, SBB, Mgo 265, 19v (um 1530). Ausgabe: Walther Lipphardt: Nd. Reimgedichte und Lieder des 14. Jh. in den ma. Orationalien der Zisterzienserinnen v. Medingen und Wienhausen. In: NdJb 95 (1972) S. 66–131, hier S. 110. Literatur: W. Lipphardt, VL2 2 (1980) Sp. 1184–1186; 11 (2004) Sp. 512. – Wilhelm Thomas: Mnd. Weihnachtslieder aus vorreformatorischer Zeit. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 8 (1963) S. 118–122, hier S. 120 f. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). T¨ubingen 1968, S. 117–126. – W. Lipphardt: Zu den Quellen nd. Kirchenlieder. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 14 (1969) S. 129–133. – Ders.: Zwei neu aufgefundene Nonnengebetb¨ucher aus der L¨uneburger Heide als Quelle nd. Kirchenlieder des MA. In: ebd., S. 123–139. – Ders.: Dt. Kirchenlieder in einem nieders¨achsischen Zisterzienserinnenkloster des MA. In: FS Christhard Mahrenholz. Hg. v. Walter Blankenburg. Kassel 1970, S. 310–318. – Ders.: Die liturgische Funktion dt. Kirchenlieder in den Kl¨ostern nieders¨achsischer Zisterzienserinnen des MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 94 (1972) S. 158–198, bes. S. 177 f. – Renate Schipke: Die Maug´erard-Hss. der Forschungsbibl. Gotha. Gotha 1972, S. 64–67. – W. Lipphardt: Ma. Musikhss. aus dem Kloster Medingen. In: Uelzener Beitr. 5 (1974) S. 9–31. SF

Gelobet sistu Jesu Christ. – Einstrophiger Weihnachtsleis, wahrscheinlich 14. Jh. Das Lied stammt vermutlich aus dem Umkreis der mitteldt.-th¨uringischen Mystik. Verbreitet war es haupts¨achlich im nd. Sprachraum. Der Text steht

Geraert von S. Trond OFM. – Hagiograph des 14. Jh. G. dichtete um 1360 nach → Thomas von Cantimpr´e die Lebensgeschichten der hl. Christina von

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Goldene Kette St. Bernhards St. Trond und der hl. Liutgard von Tongern in Versform. Ausgaben: Jean Henri Bormans: Leven van Sinte Christina de wonderbare [...]. Gent 1850 (Chris˙tina). – Ders.: Het leven van Sinte Lutgardis [...]. Sonderabdruck aus: De Dietsche Warande 3. Amsterdam 1857 (Liutgard). Literatur: Ernst Martin, ADB 8 (1878) S. 715. – Helmut Tervooren unter Mitarb. v. Carola Kirschner/Johannes Spicker: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Handbuch zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum von Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 51. SF Gertrud von Ortenberg (von Rickeldey, von R¨uckeldegen). – Mystische Beginen-Vita, zweites Drittel 14. Jh. G. aus dem Ministerialengeschlecht derer von Ortenberg wurde um 1275/85 geboren und wuchs bei Verwandten auf. Sie wurde 1297/98 mit dem Ritter Heinrich von Rickeldey/Rickeldegen verheiratet. Nach dessen Tod lebte G. ab 1301/1302 in Offenburg und wurde, nachdem das letzte ihrer vier Kinder verstorben war, Begine des Dritten Ordens der Franziskaner. Sie wurde u. a. betreut von → Heinrich von Talheim und h¨orte oft Predigten im nahen Straßburg (evtl. auch von Meister → Eckart). Um 1317/18 ließ sich G. dort nieder. 1318 wird beurkundet, dass eine Begine G. den dortigen Dominikanerbr¨udern ihr Anwesen vermachte. 1327 kehrte G. nach Offenburg zur¨uck, wo sie am 23.2.1335 verstarb. Die Vita der G. wurde von einer Schreiberin, die G. noch pers¨onlich gekannt haben d¨urfte, innerhalb des Zeitraums 1335–1355/60 verfasst. Grundlage sind (wom¨oglich auch schriftliche) Darstellungen von G.s Freundin Heilke von Staufenberg. Die Vita ist ein bedeutendes Dokument der dt. Beginenmystik. Hinsichtlich Aufbau und Inhalt ist sie ein idealtypischer Repr¨asentant der Gnadenvita, wobei eckhartsche Mystik und franziskanische Spiritualit¨at gleichberechtigt das Werk bestimmen. Der Verfasserin ist weniger an der Stilisierung einer Heiligen sondern viel mehr an der konkreten Darstellung religi¨osen Lebens auf dem Wege zur spirituellen Vollkommenheit gelegen. Trotz des Primats des Gnadenlebens enth¨alt die Vita dennoch bemerkenswert realistische biographische und historische Details zum Beginenwesen und zur Stadtgeschichte Offenburgs. Kurz vor Ende der Lebensbeschreibung sind als kompositorischer H¨ohepunkt zwei 353

Mitte 14. Jh. mystische Predigten integriert. Die erste folgt inhaltlich einem Traktat → Richards von St. Victor (De quattuor gradibus violentae caritatis) und ist wom¨oglich Nachschrift einer Predigt → Rudolfs von Biberach, der zu G.s Straßburger Zeit dort als Lesemeister wirkte. Die zweite (u¨ ber Hes 17,3) k¨onnte auf Eckhart zur¨uckgehen. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, K¨onigl. Bibl., ms. 8507–09 (Kat.-Nr. 3407), 133r–239v (zweite H¨alfte 15. Jh. aus dem Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nicolai in undis, els¨assisch). Ausgabe: Derkits 1990, S. 1–215. Literatur: Acta Sanctorum Februarius 3 (1658) S. 360. – Hans Derkits: Die Lebensbeschreibung der G. v. O. Diss. masch. Wien 1990. – Ders.: Die Vita der G. v. O. – Hist. Aspekte eines GnadenLebens. In: Die Ortenau. Zs. des Hist. Ver. f¨ur Mittelbaden 71 (1991) S. 77–125. – Kurt Ruh: Rez. Klaus Jacobi (Hg.): Meister Eckhart. Lebenssituationen – Redesituationen. Berlin 1997. In: ZfdA 127 (1998) S. 460–472, hier: S. 465. – Ruth JansenDegott: G. v. O. (ca. 1275–1335) Begine. In: Markante Frauen. Sonderserie Offenburg. Ebd. 2006, S. 16–18. VZ Goldene Kette St. Bernhards. – Im gesamten dt. Sprachgebiet verbreiteter mystischer Prosatext. Der Kleintext G. K. S. B. liegt in zwei bekannten Fassungen vor. Die anonym u¨ berlieferte Version I ist in der Du-Form abgefasst und ging im 14. Jh. in die von → Engelhart von Ebrach geschriebene Spruchsammlung ein. Version II, in der Ich-Form, ist wahrscheinlich j¨unger, wurde → Bernhard von Clairvaux zugeschrieben und 1426 von → Johannes von Indersdorf in sein Gebetbuch f¨ur Elisabeth von Ebran aufgenommen. Die Kettenform, auf die im Titel Bezug genommen wird, ergibt sich aus der Struktur des Texts: Jeder Satz setzt sich aus zwei zusammengeh¨origen Aussagen zusammen. Die zweite Aussage eines Satzes wird als erstes Glied des Folgesatzes verwendet. ¨ Uberlieferung: Vgl. Ingeborg Traunbauer: Beitr. zum mystisch-aszetischen Schrifttum des dt. Sp¨atMA. Diss. masch. Wien 1955, S. 254 f. – Gisela Kornrumpf/Paul Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1969, S. 121. Ausgaben: Wolfgang Stammler: Prosa der dt. ¨ Gotik. Berlin 1933, S. 49 f. – Traunbauer (s. Uberl.) S. 254–259. 354

Mitte 14. Jh. Literatur: Karin Schneider, VL2 3 (1981) Sp. 88 f. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. (Bibl. Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 30. – Bernhard Haage: Der Traktat ‹V. dreierlei Wesen des Menschen›. Diss. Heidelberg 1968, S. 531. – Renata Wagner: Ein n¨ucz und schone ler von der aygen erkanntnuss (MTU 39). M¨unchen 1972, S. 60 Anm. 10. – K. Schneider: Die datierten Hss. der BSB Mu¨ nchen. Bd. 1 (Datierte Hss. in Bibl. der Bundesrepublik Deutschland 4/1). Stuttgart 1994, S. 10 und Abb. 235. SF Got ist ein wesen, daz ie waz. – Geistliches Gedicht, 14. Jh. ¨ Das Gedicht d¨urfte nach der vorliegenden Uberlieferung um die Mitte des 14. Jh. im alemannischen Sprachraum (Basel?) entstanden sein. In einer Basler Mystiker-Sammelhandschrift u¨ berliefert, besteht der Text aus 68 Versen in Paarreimen. Das Gedicht kann grob in zwei Teile eingeteilt werden. Der erste Teil beginnt mit der Ewigkeit Gottes und behandelt nacheinander eine Reihe von g¨ottlichen Attributen, u. a. Liebe, Allwissenheit, Weisheit und G¨ute. Der zweite Teil f¨uhrt von der Trinit¨at und weiteren, teils aus dem ersten Teil wiederholten Attribuierungen (u. a. Weisheit, G¨ute) zu einer kurzen Darstellung der Heilsgeschichte von Adam und Eva bis zur Apokalypse. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. B IX 15, 191vb–192va (Perg., Mitte 14. Jh., hochalemannisch). Ausgaben: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Hg. v. Adolf Spamer. Jena 1912, S. 185–187. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 242 f. – Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA. Hg. v. Wolfgang Stammler. Mu¨ nchen 1948, S. 96–98. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1983) Sp. 113. – Gustav Meyer und Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel B,2: Signaturen B VIII 11 – B XI 26. Basel 1966, S. 219–270. MM Johannes von Nordlingen. ¨ – Basler Prediger des 14. Jh. Von J., einem urkundlich bislang nicht nachgewiesenen Lesemeister, der wohl Angeh¨origer des Franziskanerordens war, u¨ berliefert die Handschrift Basel, UB, Cod. A VI 38, 83vb–91vb (Pap., aus dem Klarissenkloster Gnadental/Basel, 1493), eine 355

Got ist ein wesen, daz ie waz dt. Predigt u¨ ber Johannes Evangelista. Die Handschrift Cologny-Genf, Bibl. Bodmeriana, Cod. Bodmer 59, 102v–109v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch-schw¨abisch), u¨ berliefert unter seinem Namen außerdem eine weitere Predigt. Literatur: Christine St¨ollinger, VL2 4 (1983) S. 696 f.; 11 (2004) Sp. 795 f. – Ren´e Wetzel: Dt. Hss. des MA in der Bodmeriana (Bibliotheca Bodmeriana Kat. 7). Cologny-Gen`eve 1994, S. 47–63. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 423. SF Vom Grunde aller Bosheit. – Aszetischer Traktat u¨ ber die Eigenliebe, 14. Jh. ¨ Die Uberlieferung des Traktats erfolgte u¨ berwiegend im alemannisch-schw¨abischen sowie im bair. Sprachraum, erstreckte sich vereinzelt aber auch bis in den ndl. und ripuarischen Bereich. In den meisten Handschriften steht der Text neben mystischen Schr. des 14. Jh., allerdings sind keine Handschriften des Traktats aus dieser Zeit u¨ berliefert. Damit ist unsicher, ob auch V. G. a. B. im 14. Jh. entstanden ist. Inhaltlich handelt es sich bei dem Traktat um eine stark psychologisierende Auslegung des Gleichnisses vom Weizenkorn in Joh 12,24: Der Mensch m¨usse sterben und neu werden, um zu Gott zu kommen. Voraussetzung f¨ur diesen Prozess sei jedoch die Erkenntnis der eigenen Schlechtigkeit. Deren Grund liege in der Seele und werde dem aszetisch lebenden Menschen von Gott geof¨ fenbart. Die prim¨aren Wurzeln des Ubels seien Egoismus und Selbstgerechtigkeit, durch die man S¨unden anderer Menschen st¨arker wahrnehme als die eigenen. Die Forschung unterscheidet drei Fassungen des Traktats, die in ihrem Menschenbild divergieren. Fassung A betont die Schw¨ache des Menschen, der zwar den Willen zum Guten besitze, aber ebenso das Unverm¨ogen zu selbstlosen Taten. Fassungen B und C stellen den Menschen hingegen als lasterhaft und egoistisch dar, transportieren also ein sehr negatives Menschenbild. Der Traktat ist in ¨ zwei Handschriften auch als lat. Ubersetzung unter dem Titel Fundus omnis iniquitatis u¨ berl. Als Vorlage k¨onnte die Fassung A, wie sie etwa in der Stuttgarter Handschrift Cod. theol. et phil. 2° 283 vorliegt, gedient haben. ¨ Uberlieferung: Fassung A: Berlin, SBB, Mgq 149, 71r–75r (Pap., 1420/30). – Beuron, Bibl. der 356

Vom Grunde aller Bosheit Erzabtei, 8° Ms. 42, 51vb–56ra (Pap., zweites Viertel 15. Jh., westalemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 87, 198r–202v (Pap., um 1450, alemannisch). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7004 (GB 4°) 32, 89r–94r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Fassung B: Augsburg, Staats- und StB, 2° Cod. 438, 10v–44r (Pap., 1412, schw¨abisch). – Salzburg, UB, Cod. M I 476, 267r–269v (Pap., 1441, niederalemannisch). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 37, 1r–13v (Pap., Ostschwaben, erste H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 8122, 250r–254r (Pap., um 1452–62, schw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgf 1259, 169ra–173r (Pap., um 1493/94, schw¨abisch). – Innsbruck, ULB, Cod. 1026, 1r–8r (Pap., 15. Jh.). – Sankt Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1915, S. 383–405 (Pap., 15. Jh., alemannisch). – Straßburg, National- und UB, ms. 2801 (fr¨uher L germ. 668.2°), 86vb–92va (Pap., 15. Jh., els¨assisch). – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 96, 280v–301r (Pap., 16. Jh., alemannisch). – Nijmegen, UB, Ms. C 2, 377v–386r. – Sankt Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1866, S. 280–328. – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 283, 308rb–316ra. – Fassung C: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 91, 61r–66v (Perg. und Pap., 14./15. Jh.). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 29, 100r–105v (Pap., Mitte 15. Jh., nordbair.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b V 40, 243v–250v (Pap., 1471, bair.–o¨ sterr.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 73, 61r–68v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg [?], zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Graz, UB, Ms. 1035, 451r–455v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.). – M¨unchen, UB, 4° Cod. ms. 479, 87r–92v (Pap., 15. Jh., mittelbair.). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 2074, 70v–76r (Pap., um 1500, niederrheinisch). – Berlin, SBB, Mgo 576, 155v–164v (Pap., 15./16. Jh.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a II 7, 206r–218v. – Lat. Fassung: Mainz, StB, Hs I 297 (olim 532), 214r–220hv (Pap., Mitte 15. Jh.). – Frankfurt, Stadtund UB, Ms. Barth. 101, 203va–207va (Pap., Heidelberg, um 1458). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Predigten und Traktate dt. Mystiker 2. In: ZfdA 8 (1851) S. 422–464, hier S. 452–464. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 286–288; 11 (2004) Sp. 558. – Karl Heinz Witte: Fundus omnis iniquitatis. In: VL2 11 (2004) Sp. 471 f. – Adolf ¨ Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Gießen 1913, S. 312. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 2: Die Hss. in Quartformat 357

Mitte 14. Jh. (Mitt. aus der Preußischen SB VIII). Leipzig 1926 (Nachdr. Graz 1970) S. 24–26, 213–215. – Karl Menne: Dt. und ndl. Hss. (Mitt. aus dem Stadtarch. von K¨oln, Sonderreihe: Die Hss. des Arch. X,1,1). K¨oln 1931, S. 129–146. – Josef Quint: Neue Hand¨ schriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. Stuttgart u. a. 1940, S. 2, 69, 79, 112, 167, 169–205, 216 f. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 234, 288. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 240–250, 388 f. – Gisela Kornrumpf und PaulGerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB M¨unchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1968, S. 117–130. – J. Quint: Fundber. zur hsl. ¨ Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystiktexte. Stuttgart 1969, S. 16, 22, 24, 44, 51. – Gerhardt Powitz und Herbert Buch: Die Hss. des Bartholomaeusstifts und des Karmeliterklosters in Frankfurt am Main. Frankfurt/M. 1974, S. 228–232. – Franz-Josef Schweitzer: Der Freiheitsbegriff der dt. Mystik, seine Beziehung zur Ketzerei der ‹Br¨uder und Schwestern vom Freien Geist›, mit besonderer R¨ucksicht auf den pseudoeckartischen Traktat ‹Schwester Katrei›. Frankfurt/M. u. a. 1981, S. 44, 245, 289. – Gerold Hayer u. a.: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Pe¨ ter zu Salzburg (Osterr. Akad. der Wiss., philol.hist. Kl., Denkschriften 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,1). Wien 1982, S. 286–296. – Beat Matthias von Scarpatetti: Die Hss. der Stiftsbibl. St. Gallen. Codices 1726–1984 (14.–19. Jahrhundert). Sankt Gallen 1983, S. 116–120, 191–193. – Felix Heinzer und Gerhard Stamm: Die Hss. von Lichtenthal (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe XI). Wiesbaden 1987, S. 204–208, 230–232. – K. Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 305–313. – Anna Jungreithmayr u. a.: Die dt. Hss. des MA der ¨ UB Salzburg (Osterr. Akad. der Wiss., philol.-hist. Kl., Denkschriften 196; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,2). Wien 1988, S. 69–135. – Wolf Gehrt: Die Hss. der Staats- und StB Augsburg. 2° Cod 401–575 (Hss.kat. der Staatsund StB Augsburg 5). Wiesbaden 1993, S. 52–59. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theol. Hss. der SUB Hamburg 3: Quarthss. und kleinere Formate (Cod. 358

Mitte 14. Jh. theol. 1751–2228) (Kat. der Hss. der SUB Hamburg II,3). Stuttgart 1993, S. 175 f. – Alois Haas: Mystik als Aussage. Erfahrungs-, Denk- und Redeformen christlicher Mystik. Frankfurt/M. 1996, S. 301. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibliothek des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen. Sigmaringen 1997, S. 76–79 (Nr. 15). – Gerhard List: Die Hss. der StB Mainz 3: Hs I 251–Hs I 350. Wiesbaden 2006, S. 143–146. MM Hartmann von Kronenberg («Der von Kronenberg») OP. – Prediger. Der adlige Dominikaner H. studierte in K¨oln und war um 1318–23 Prior der Predigerkl¨oster Mainz und Basel. Er gilt heute als Verfasser zweier Predigten, die von einem Autor namens «Der von Kronenberg» stammen. Fr¨uher wurde hinter dieser Bezeichnung Konrad von Kronenberg vermutet, der ebenfalls Dominikaner war und dessen Tod 1350 seine Verfasserschaft zumindest zeitlich m¨oglich erscheinen l¨asst. H. wird der Schule Meister → Eckharts zugerechnet. Im Mittelpunkt der umfangreicheren der beiden u¨ berlieferten Predigten steht der Bibeltext Joh 13,1, den H. in f¨unffacher Weise auslegt. Danach liebte Christus die Seinen «bis ans Ende», also bis an das Ende seines Lebens, bis zum Gipfel seines Leidens, bis an das Lebensende des einzelnen Menschen, bis zur h¨ochsten Seligkeit und bis zur Hingabe in der Eucharistie. Die zweite Predigt erl¨autert fragmentarisch den Tod des M¨artyrers Stephanus und die Frage, wie der Menschen angemessen leiden solle. Ebenfalls von H. stammt m¨oglicherweise ein Spruch in den Spr¨uchen der zw¨olf Meister zu Paris, nach dem es Gott trotz seiner Vollkommenheit am rechten Herzen mangele, sich ganz zu verschenken. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 278 (1040), 295a–299b (Perg., Basel, drittes Viertel 14. Jh., hochalemannisch). – Berlin, SBB, Mgo 65, ¨ der Spr¨uche 25r–28v (Perg., 14. Jh.). – Zur Uberl. der zw¨olf Meister zu Paris vgl. Honemann 1995 (s. Lit.). Ausgaben: Wilhelm Wackernagel: Die zw¨olf Meister zu Paris. In: ZfdA 4 (1844) S. 496–500, hier S. 499. – Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ebd. 8 (1851) S. 209–258, hier S. 219–224. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 3 (1981) Sp. 525 f. – Volker Honemann: Spr¨uche der zw¨olf 359

Hartmann von Kronenberg Meister zu Paris. In: VL2 9 (1995) Sp. 201–205. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA 2. Leipzig 1881, S. 131–133. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen Staatsbibl. 3. Die Hss. in Oktavformat (Mitt. aus der Preußischen Staatsbibl. IX). Leipzig 1932 (Nachdr. Graz 1970) S. 31–34. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel v. der Gr¨undung bis zur Klosterreform 1233–1429. Basel 1934, S. 111, 284 u. o¨ . – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 281. – Ga¨ briel M. L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 175. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 96 (T 81). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 177 f. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik 3. Die Mystik des dt. Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. M¨unchen 1996, S. 392. MM Judith (ostmitteldt.). – Paraphrase des biblischen Buches Judith von 1254. Der am Beginn der Deutschordensdichtung stehende Text ist mit 2814 Versen die umfangreichste mhd. Judithfassung. Der unbekannte Autor h¨alt sich inhaltlich wie stilistisch-sprachlich eng an die lat. Vorlage, lediglich bei den Passagen, in denen es um Kampf und Macht geht, ist ihm die h¨ofische Ritterwelt Vorbild. Prolog und der mit einem Gebet schließende Epilog sind eigenst¨andig, ebenso eingestreute Exkurse an den «bruder vnde vrunt» als Adressaten des Werks. Eine Prosaaufl¨osung der J. durch J¨org → Stuler ist – verzahnt mit der Hester – in dessen Historienbuch (1479) enthalten. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. HB XIII 11, 37ra–45vc (Perg., ca. 1400, ostmitteldt.). Ausgabe: J. Aus der Stuttgarter Hs. HB XIII 11. 2. Aufl., besorgt v. Hans-Georg Richert nach der Ausg. v. Rudolf Palgen [1924] (ATB 18). Tu¨ bingen 1969. Literatur: [Red.], Kindlers Literaturlexikon 4 (1968) Sp. 112–115. – Hans-Georg Richert, VL2 4 (1983) Sp. 899 f. – De Boor/Newald 3,1 (51997) S. 420 f. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lexikon der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 289–294. – Christian Kiening, Killy2 6 (2009) S. 198 f. – Max Hering: Unters. u¨ ber J., ein mitteldt. Gedicht des 360

Himmelsbrief 13. Jh. Diss. Halle/S. 1907. – Karl Helm: Zum mitteldt. Gedicht v. der J. In: PBB (Halle) 43 (1919) S. 163–168. – Ders.: Nochmals die Abfassungszeit der J. In: AfdA 44 (1925) S. 149. – Otto Baltzer: J. in der dt. Lit. Berlin 1930. – K. Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des dt. Ritterordens. Gießen 1951. – Manfred Caliebe: Hester. Edition und Komm. Marburg 1985. – Arno Mentzel-Reuters: Bibeldichtung und Dt. Orden. Stud. zur J. und zu Heinrichs v. Hesler ‹Apokalypse›. In: Daphnis 26 (1997) S. 209–261. – Joachim Bumke: Gesch. der dt. Lit. im hohen MA. M¨unchen 52004, S. 387. – Henrike L¨ahnemann: ‹Hystoria Judith›. Dt. Judithdichtungen vom 12. bis zum 16. Jh. (Scrinium Friburgense 20). Berlin/New York 2006. – Edith Feistner/Michael Neecke/Gisela Vollmann-Profe: Krieg im Visier. Bibelepik und Chronistik im Dt. Orden als Modell korporativer Identit¨atsbildung. T¨ubingen 2007, S. 49–67. BJ Hawich der Kellner (Havich, Haug, der Cheln¨er). – Verfasser einer um die Mitte des 14. Jh. entstandenen Versdichtung u¨ ber den hl. Stephan in bair.-¨osterr. Mundart. «Havich der K¨olner», wie der Autor sich im Epilog V. 5226 f. nennt, verdingte sich als «armer dienstmann» (V. 10) zu St. Stephan in Passau. Die von ihm stammende Stephanslegende in 5245 paarweise gereimten Versen zeigt starke Einfl¨usse → Hartmanns von Aue und → Konrads von Heimesfurt; darin sind die Geschehnisse um Stephan mit Erz¨ahlungen um Joseph von Arimathia, Nicodemus, Veronika und die Ereignisse nach Christi Tod unterlegt. Darauf folgen Berichte u¨ ber die Reliquientranslation des Heiligen nach Byzanz und nach Rom. Als Vorlagen dienten H. unter anderem das → Evangelium Nicodemi und die Translatio Constantinopolim (BHL 7858) bzw. die Translatio Romam (BHL 7878). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Ms. germ. Fol. 1278 (Anfang 15. Jh.). Ausgabe: Reginald John McClean: Havich d. K., Sankt Stephans Leben (DTM 35). Berlin 1930. Literatur: Ehrismann 2 (1923) S. 391. – KarlErnst Geith, VL2 3 (1981) Sp. 561–563. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 460 f. – Emil Baumgarten: Lat. und mhd. Stephanuslegenden. Diss. Halle 1924. – R. J. McClean: Sprachliche und metrische Unters. u¨ ber St. Stephans Leben. Borna/Leipzig 1928. – Carl v. Kraus: Zu Haugs 361

Mitte 14. Jh. Stephansleben. In: ZfdA 76 (1939) S. 253–263. – Johannes Janota: Vom sp¨aten MA zum Beginn der Neuzeit. Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 234. SF Heinrich von T(h)alheim (Tailheim, Teylheym, de Bavaria) OFM. – Reichskanzler, erste H¨alfte 14. Jh. H. studierte und lehrte wahrscheinlich einige Zeit in Paris, bevor er im Jahr 1313 Guardian des Franziskanerklosters in Ingolstadt wurde. 1316–26 ist er als Provinzialminister der Alemannia superior bezeugt, 1328/29 als Kanzler Kaiser Ludwigs des Bayern. Mit Wilhelm Ockham, Franciscus de Asculum und Bonagratia von Bergamo verfasste er ein kurzes, Allegationes genanntes Memorandum an Papst Johannes XXII., in der Meister → Eckhart und → Nikolaus von Straßburg als H¨aretiker dargestellt werden. In den sog. → Spr¨uchen der Zw¨olf Meister werden H. (als «Der von Talhain») hingegen Aussagen zugeschrieben, die keine Differenz zu ¨ Meister Eckhart erkennen lassen. Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, Ms. 2795 (fr¨uher L germ. 662.4°) (Pap., 1440). Ausgaben: Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 1. Leipzig 1874, S. 1483 f. – Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 177. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 882–884. – DBE 4 (1996) Sp. 541 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 379 u. o¨ . – Auguste Jundt: Histoire du Panth´eisme populaire au moyen aˆge et au seizi`eme si`ecle. Paris 1875 (Nachdr. Frankfurt/M. 1964) S. 73 f. – Martina Wehrli-Johns: Die Strassburger Beginenverfolgungen (1317–1319) und ihre Nachwirkungen im Basler Beginenstreit (1405–1411) [...]. In: Meister Eckharts Strassburger Jahrzehnt. Hg. v. Andr´es QueroS´anchez (Meister-Eckhart-Jb. 2). Stuttgart 2008, S. 141–170, hier S. 152. SF Himmelsbrief (auch: Sonntagsbrief). – Weit verbreiteter fingierter «Brief» u¨ ber die Heilighaltung des Sonntags. Der Begriff H. bezeichnet einen angeblich von Christus im Himmel geschriebenen, von dort unter wunderbaren Umst¨anden auf die Erde gelangten und schließlich in Rom, Jerusalem oder am Mont 362

Mitte 14. Jh. St. Michel in Frankreich aufgefundenen Brief. Darin werden unter Androhung h¨ochster Strafen die konsequente Sonntagsheiligung und die Einhaltung anderer Gebote gefordert. Die Tradition der H. reicht bis in das 6. Jh. zur¨uck, als diese vermutlich im Abendland und in lat. Sprache entstanden, und reicht bis in das 20. Jh. ¨ Zeitliche Schwerpunkte der Uberlieferung liegen im 12., 15./16. sowie zu Beginn des 20. Jh. Neben ¨ lat. und griechischen Fassungen finden sich Ubertragungen in beinahe alle abendl¨andische Volkssprachen und in einigen wichtigen orientalischen Sprachen. Als Ausgangspunkt der lat. Tradition gilt jener nicht u¨ berlieferte H., den Vincentius, Bischof von Ibiza, gegen Ende des 6. Jh. erhalten haben soll; a¨lteste, inhaltlich noch greifbare Redaktion ist vermutlich eine Einleitung, zu welcher als a¨ ltester lat. Textzeuge der H. des Bischofs Aldebert von Verdun (745 in Rom vor dem Papst vorgelesen) geh¨ort (¨uberliefert ist nur der Anfang). Abdruck: Closs 1953 (s. Lit.). Derselben Fassung ist der a¨ lteste, vollst¨andig u¨ berlieferte H. (8. Jh.) zuzuordnen; erhalten ist er in den Capitularia regnum Francorum. Abdruck: Priebsch 1936 (s. Lit.). ¨ Uberlieferung: London, British Library, Codd. Add. 19725 (10./11. Jh.; Fragm.). – Ebd., Add. ¨ 30853 (12. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 1355 (14. Jh.). Eine weitere lat. Fassung liegt in Mu¨ nchen, BSB, Clm 9550 (11. Jh.) vor. Abdruck: Delehaye 1899 (s. Lit.). Sie ist auch in einer Hamburger Hs. und in einem Codex aus Todi u¨ berliefert. Abdruck: Reinhold R¨ohricht: Ein ‹Brief Christi›. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 11 (1890) S. 440–442 (Hamburger Hs). – Giovanni Cristoforo Amaduzzi: Anecdota litteraria ex mss. codicibus eruta. Rom 1773, S. 69–74 (Cod. aus Todi). Die einstmals verbreitetste Fassung war vermutlich eine in mindestens elf Handschriften tradierte Version. Abdrucke: Priebsch 1895 (s. Lit.). – Karl Eduard F¨orstemann: Neue Mitt. aus dem Gebiet der hist.antiquarischen Forschung 2 (1835) S. 9–15. – Ernest M. Riviere: La lettre du Christ tomb´ee du ciel. I: Revue des questions historiques 78 (1906) S. 600–606. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 21518 (aus Weihenstephan, 12. Jh.) – Ebd., Clm 14673. – Erlangen, UB, Cod. 444. – Erfurt (Kartause, 363

Himmelsbrief 1347). – London, British Library, Cod. Add. 16857. – Ebd., Cod., Add. 23930. – Paris, Bibl. Nat., Cod. lat. 12315 (12. Jh.). – Ebd., Cod. lat. 5302 (12. Jh.). – Toulouse, Bibl. municipiale, Cod. 208 (olim III 135, 13. Jh.). – Venedig, Bibl. S. ¨ Marco, Cod VI 30. – Wien, ONB, Cod. 510. ¨ Ubersetzungen: Die deutschsprachigen Fassungen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Die sog. «Jerusalem-Version» setzt u¨ berlieferungsgeschichtlich im 14. Jh. ein und l¨asst den Brief auf einen Altar in Jerusalem gelangen. Abdruck: Aus der Chron. des Fritsche → Klosener bei Carl Hegel: Die Chron. der oberrheinischen St¨adte. Bd. 1 (Chron. dt. St¨adte 8). Leipzig 1870, S. 111,23–115,37. Rezipiert wurde diese Fassung im Reimgedicht → Vrˆone botschaft. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. A. IX. 27, 279r–287v (letztes Drittel 15. Jh., alemannisch). – Berlin, SBB, Mgq 189, 347r–349v (Mitte 15. Jh., oberrheinisch). – Ebd., Mgo 209, 88r–97v (zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 42, 174v–177v (erste H¨alfte 15. Jh., nordbair.). – Krakau, UB (Mitte 15. Jh.). – Marburg, UB, Cod. 76, 146r–149r (Mitte 15. Jh., ostmd.). – M¨unchen, UB, Fragm. Nr. 140 (14. Jh., obd.; verbrannt, Fragm.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII 54, 86v–95v (letztes Drittel 15. Jh., nordbair.). – Ebd., Cod. Will. II, 19.8°, 133r–141r (erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Straßburg, UB, Ms 1991, 100r–103v (14. Jh., alemannisch). – Trier, StB, Cod. 813/1343, 76r–79v (ca. 1480, moselfr¨ankisch). – Weimar, ZB der Dt. Klassik, Ms. O. 4, 96r–104v (Ende 15. Jh., nordbair.). Abdruck: C. Hegel: Die Chron. der oberrheinischen St¨adte. Straßburg I (Chron. dt. St¨adte 8). 1870, S. 111,23–115,37. Die sog. «Mont-St.-Michel-Version» ist k¨urzer, nach ihr brachte der Erzengel Michael den Brief ¨ auf den Mont St. Michel. Die a¨ lteste Uberlieferung stammt erst von kurz vor 1500. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Cod. Lit. 175, 96v–97v (um 1500, alemannisch; fragm.). – Breslau, UB, Cod. I. D. 8, 155v–157r. – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 11231–36, 139r–141v (erste H¨alfte 16. Jh., ndl.). – G¨ottingen, SUB, Cod. 8° theol. 242f, 90r–93v (15. Jh., westf¨alisch). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 42, 87r–89v (Ende 15. Jh., mnd; Kriegsverlust). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6351, 94r–96v (um 1500, alemannisch). – St. Gallen, 364

Jan van Leeuwen Stiftsbibl., Cod. 1865, 83v–87r (1504, alemannisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1233, 127v–132r (1493, nd.). – W¨urzburg, Franziskanerkloster, Cod. I. 83 (um 1500, ostfr¨ankisch; verbrannt). – Druck¨uberlieferung: N¨urnberg, Peter Wagner (?) (um 1487). – Memmingen, Albert Kunne (um 1500). – Mu¨ nchen, Johann Schobser (um 1500). – K¨oln, Clemens Arnold (1604). – Augs¨ (17. Jh.). – K¨oln 1718 und burg, Ulrich Boas d. A. 1802. Abdruck: Konrad Eubel: Mhd. St¨ucke aus dem Hss.-Bestand des Minoritenklosters W¨urzburg. In: R¨omische Quartalschr., Suppl. 20 (1913) S. 385–387. Literatur: Rudolf St¨ube: H. In: Handw¨orterbuch des dt. Aberglaubens. Bd. 4. Hg. v. Hanns B¨achtold-St¨aubli u. a. Berlin/Leipzig 1931/32, Sp. 21–27. – Ders.: Sonntagsbrief. In: Ebd. 8 (1936/37) Sp. 99–104. – August Closs, RL2 1 (1958) Sp. 656–658. – Rudolf Schenda: Brief. In: EM 2 (1977) Sp. 784–789. – Bernhard Schnell, VL2 4 (1983) Sp. 28–33; 11 (2004) Sp. 675. – Sabine Schmolinsky, LexMA 5 (1991) Sp. 26 f. – Wolfgang Br¨uckner u. a. : Brief, Briefsammlung. In: LThK3 2 (1994) Sp. 688–691, hier Sp. 690. – Robert Priebsch: Diu vrˆone botschaft ze der Christenheit (Grazer Stud. zur dt. Philologie 2). Graz 1895. – Hippolyte Delahaye: Note sur la l´egende de la lettre du Christ tomb´ee du ciel. In: Bulletin de la Classe des Lettres et de la Classe des Beaux-Arts de l’Academie Royale de Belgique. Br¨ussel 1899. – Albrecht Dieterich: ‹H.›. In: Hessische Bll. f¨ur Volkskunde 1 (1902) S. 19–27. – Maximilian Bittner: ‹Der vom Himmel gefallene Brief Christi› in seinen morgenl¨andischen Versionen und Rezensionen (Denkschr. der kaiserlichen Akad. der Wiss. Phil.-hist. Kl. 51). Wien 1906, S. 1–240. – Karl Wehrhan: H. aus Lippe und Westfalen. In: Zs. des Ver. f¨ur oberrheinische und westf¨alische Volkskunde 4 (1907) S. 94–101. – Karl Olbrich: Zehn Schutzbriefe unserer Soldaten. In: Mitt. der Schlesischen Ges. f¨ur Volkskunde 10 (1908) S. 45–71. – Adam Abt: Von d. H. In: Hessische Bl. f¨ur Volkskde. 7 (1909) S. 81–100. – R. St¨ube: Der ‹H.›. Tu¨ bingen 1918. – Adolf Spamer: Die Dt. Vk. Bd. 2. Leipzig 21935, S. 2–5 (mit Abb. der Einblattdr. Mu¨ nchen, Johann Schobser um 1500 und Magdeburg, Robrahn und Co. um 1914). – R. Priebsch: Letter from heaven on the Observance of the Lord’s Day. Oxford 1936. – Clovis Brunel: Versions espagnole, proven¸cale et 365

Mitte 14. Jh. fran¸caise de la lettre du Christ tomb´ee du ciel. In: Analecta Bollandiana 68 (1950) S. 383–396. – A. Closs: Beitr. zur Entwicklung der Sonntagsepistel. In: FS Wolfgang Stammler. Berlin 1953, S. 25–28. – Hans G¨unther Bickert/Norbert Nail: ‹Es stand ein Wirtshaus an der Lahn ...›. Der alte Gasthof zum Sch¨utzenpfuhl in Marburg. Mit einem Beitr. u¨ ber ‹H›. (Marburger Stadtschr. zur Gesch. und Kultur 90). Marburg 2008, S. 121–125 u. o¨ . – HeinzDieter Heimann: Briefe aus dem Jenseits. Botschaften und Boten fingierter geistlich-religi¨oser Schreiben des sp¨aten MA. In: Briefe in politischer Kommunikation vom Alten Orient bis ins 20. Jh. Hg. v. Christina Antenhofer/Mario Mu¨ ller (Schr. zur politischen Kommunikation 3). G¨ottingen 2008, S. 123–139. SF Jan van Leeuwen (Jan, Hintze; Johannes Leonis), * um 1300 Affligem/Brabant, † 1378 Groenendaal. – Ndl. Verfasser mystischer Schriften, 14. Jh. Der aus Affligem in Brabant stammende J. war Laienbruder der Groenendaaler Einsiedelei, vermutlich trat er 1344 als einer der ersten dort ein. Er war dort als erster Koch t¨atig, in ndl. Texten wird er h¨aufig als «de goede kok» bezeichnet. Einziges gesichertes Datum seiner Biographie ist das Todesjahr 1378. Der Zuname «van Leeuwen» bezieht sich nicht etwa auf einen Herkunftsort, sondern auf die «l¨owenhafte» Statur J.s. Sein Beichtvater Jan van → Ruusbroec wurde schließlich auch sein Lehrer und Vertrauter, der ihn zur Mystik hinf¨uhrte. Gr¨oßtenteils ist die mystische Lehre J.s v. L. auf die Vorstellungen seines Lehrers zur¨uckzuf¨uhren, allerdings treten auch eigene Akzente zutage; ein typisches Beispiel hierf¨ur ist der im Werk J.s so deutlich hervortretende Christozentrismus. Sein Leben wurde von Henricus Pomerius, der von 1411 bis 1421 in Groenendaal lebte, aufgezeichnet; die darin enthaltene lat. Werkliste des J. v. L. umfasst 23 Titel. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. II 138 (sechs lose Perg.-Bll. einer Hs. vom Beginn des 15. Jh. aus Groenendaal). – Ebd., Codd. 667 und 888–890 (zusammen bieten diese Hss. den vollst. Text in einer zweiteiligen Abschrift, der erste Tl. v. Jan de Swettere aus L¨owen, der zweite v. Bruder Willem Winters, geschr. 1543 und vollendet 1547). – Ebd., Cod. IV 401 (zweite H¨alfte 15. Jh.). Ausgaben: Cornleis G. N. de Vooys: Fragmenten uit Jan van Leevwen’s werken. In: Tijdschrift voor Nederlandse taal- en letterkunde 34 (1915/16) 366

Mitte 14. Jh. S. 123–148, 153–183, 241–280. – Stephanus Axters: J. v. L. Een bloemlezing uit zijn werken. Antwerpen 1943. – Ders.: Mystiek Brevier I. Antwerpen 1944, S. 91 f., 142–144, 222–225. ¨ Dt. Ubersetzungen: Die Schriften J.s gelangten im Zuge der Windesheimer Klosterreform nach Deutschland. Die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1398, 118v–146v (1448), enth¨alt ein Rapiarium aus dem Meinulph¨ kloster in B¨oddeken. Eine Ubertragung von f¨unf Traktaten – De tribus magis, De articulis, De differentia inter naturalem et supernaturalem generationem, De electione divina und De quintuplici conraternitate – in eine ndl.-westmitteldt. Mischsprache wurde im Jahr 1459 durch Peter van Zutphen in Rebdorf bei Eichst¨att abgeschlossen. ¨ Uberlieferung: Pommersfelden, Gr¨afl. Sch¨onbornsche Bibl., Cod. 280/2881, 1ra–141rb. – Ausz¨uge daraus in bair. Dialekt in: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 447, 1r–18v. – Berlin, SBB, Mgo 565, 172r–183r. Literatur: Robrecht Lievens, VL2 4 (1983) Sp. 504–510. – A. van Duinkerken: Ruusbroec en J. v. L. als dichters. In: De Gids 99 (1935) S. 342–349. – L. Reypens: Het toppunt der beschouwing naar J. v. L. In: Ons Geestelijk Erf 9 (1935) S. 29–60. – Stefan Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden. Bd. 2. Antwerpen 1953, S. 294–320, 526–528. – A. Ampe: De ootmoed en de loutering bij J. v. L. In: Ons Geestelijk Erf 33 (1959). – R. Lievens: Een Rapiarium uit J. v. L. In: Handelingen der Zuidnederlandse Maatschappij voor taal- en letterkunde en geschiedenis 13 (1959/60) S. 73–84. – Kurt Ruh: ¨ Altndl. Mystik in deutschsprachiger Uberl. In: L. Reypens-Album. Antwerpen 1964, S. 357–382, bes. S. 369–371. – Paul van Geest: J. v. L. Der Stand der Forschung. In: Studies in Spirituality 1 (1991) S. 269–285. – K. Ruh: Die ndl. Mystik des 14. bis 16. Jh. (Gesch. der abendl¨andischen Mystik 4). Mu¨ nchen 1999, S. 100–117. SF Johannes de Fonte. – Franziskanertheologe des 13./14. Jh., dessen Conclusiones in IV libros sententiarum in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. ins Mhd. u¨ bertragen wurden. Von J. sind die auch ins Deutsche u¨ bersetzten und im 14./15. Jh. weit verbreiteten Conclusiones in IV libros Sententiarum erhalten (¨uber 100 Hss., gedruckt 1468, 1479). Es handelt sich dabei nicht um einen Sentenzenkommentar, sondern um einen 367

Johannes de Fonte Auszug aus den Sentenzenb¨uchern des → Petrus Lombardus. Der Textzeuge Leipzig, UB, Ms. 1522, 2r–167v (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., ostmitteldt.) u¨ berliefert ¨ eine mhd., genau der Vorlage folgende Ubertragung. Mo¨ glicherweise darf der Regens des Leipziger Dominikanerklosers im Jahr 1379, Johannes → Salvelt, als Urheber betrachtet werden. Ausgabe: Volker Honemann: Petrus Lombardus in mhd. Sprache: Die Sentenzenabbreviation des J. d. F. In: ZfdA 109 (1980) S. 251–275 (Teilabdr). Literatur: V. Honemann, VL2 4 (1983) Sp. 595 f. – Honemann 1980 (s. Ausg.). – William J. Courtenay: J. d. F. Conclusiones in libros Sententiarum. The Wolfenb¨uttel Manuscripts. In: FS Jacqueline Hamesse. Hg. v. Jos´e Meinrinhos/Olga ˆ 50). TurnWeijers (Textes et e´ tudes du Moyen Age hout 2010, S. 109–128. SF Johannes von Iglau. – Unter diesem Namen sind ein dt. und ein lat. Text in bair.-¨osterr. Handschriften des 14. Jh. u¨ berliefert. Mo¨ glicherweise stammen beide vom selben Verfasser. Ein Dekalogtraktat mit dem Incipit «Die zehen geboth die got selber gab Moysi» f¨uhrt jedes der ¨ Gebote zun¨achst auf Lat. an, dann die dt. Ubertragung und eine kurze Erl¨auterung. Daran schließen ¨ jeweils Darstellungen verschiedener Ubertretungen der Gebote an. ¨ Uberlieferung: Leipzig, UB, Ms 758, 154r–158r ¨ (L, Mitte/drittes Viertel 14. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 1646, 2v–5v (W1, Mitte/drittes Viertel 14. Jh.). – Ebd., Cod. 2956, 118v–123v (W2, drittes Viertel 14. Jh.; Schluss fehlt). – Unediert. Neumierte Nachtr¨age von mehreren H¨anden finden sich in einem lat. Sammelband in Vorau aus dem Anfang oder der Mitte des 14. Jh. Als Verfasser eines Marienpreises (38 Doppelversikel) wird ein «Johannis [...] de Yglavia» angef¨uhrt. Zwei weitere leichf¨ormige St¨ucke desselben Sammelbandes sind von dieser Hand eingetragen; J.s Autorschaft ist auch f¨ur diese Texte m¨oglich. ¨ Uberlieferung: Vorau, Stiftsbibl., Cod. 401, 248r–249v, 263v/264r–265r. – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Mus. ms. 40580, 71r–72v/72v–76r. Ausgaben: AH 45 b, Nr. 163, Musik-Beilage 1 (Versikel 1–4). – Piae cantiones [...]. Hg. v. E. Marvia (Documenta musicae Fennicae 10). Helsinki 21982, hier Nr. 17, S. 37–49. – Kornrumpf 2000 (s. Lit.) S. 253 f., 255 (Proben). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 772–774. – RSM 1 (1994) S. 262. – Franzjosef 368

Johann von Zazenhausen Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der UB Leipzig. Zum Druck gebracht v. Irene Stahl (DTM 70/3). Berlin 1998, S. 69. – G. Kornrumpf: Der Conductus ‹Florens iuventus virginis› des J. v. I. In: Musik in Mecklenburg [...]. Hg. v. Karl Heller u. a. (Stud. und Materialien zur Musikwiss. 21). Hildesheim 2000, S. 249–257. SF Johann von Zazenhausen OFM, Zazenhausen/Stuttgart, † um 1380 Mainz. – Weihbischof von Trier, Verfasser einer Passionshistorie. J. geh¨orte wohl urspr¨unglich dem Mainzer Konvent seines Ordens an. Er war m¨oglicherweise Spiritual des Mainzer Domizellars Kuno von Falkenstein und sp¨ater Weihbischof von Mainz, sicher aber um 1362–76 Weihbischof von Trier. Bezeugt sind Altarweihen J.s in Koblenz (1372) und Ehrenbreitstein (1376). Er stand auch in Verbindung zum Mainzer Erzbischof Gerlach von Nassau, dem er seine Passionshistorie widmete. Nach der vielleicht altersbedingten Aufgabe seines Bischofsamts lebte J. wieder in Mainz und wurde in der dortigen Mauritiuskirche begraben. J.s Passionshistorie Erit vita quasi pendens ante te entstand wohl zwischen 1362 und 1371, wie sich aus den Lebensdaten ihres Widmungsempf¨angers Gerlach schließen l¨aßt. Der Haupttext ist in dt. Sprache geschrieben, Widmung und Prolog in lat. Sprache. Allerdings liegt der Prolog in einzelnen ¨ Handschriften auch als dt. Ubersetzung vor. Er nennt die Quellen der Passionshistorie und leitet zu einer kurzen Mahnpredigt u¨ ber. Die eigentliche Passion beginnt in J.s Werk mit Christi Leidensank¨undigung und endet mit der Aussendung des Heiligen Geistes zu Pfingsten. Bemerkenswert an J.s Passionshistorie ist dabei die durchg¨angige Vorherrschaft des historischen Schriftsinns, vor allem in den Glossen. Dagegen spielen bestimmte typische Elemente der ma. Passion nur eine untergeordnete Rolle, etwa die in anderen Texten ausf¨uhrlich geschilderten Martern Jesu. Zu den Quellen von J.s Werk z¨ahlen die Evangelien (auch Nicodemus und Nazar¨aer) und die ¨ Kirchenv¨ater. Ubereinstimmungen in Typus und Inhalt verbinden J.s Werk auch mit der dt. Bearbeitung des Traktats Angeli pacis von Michael von Massa. Beide Texte k¨onnten auf eine gemeinsame Quelle zur¨uckgehen. Es existiert außerdem eine lat. Alternativfassung von J.s Passionshistorie namens Tractatus de passione Domini, die sich in einzelnen Prologabschnitten und in den genannten Quellen 369

Mitte 14. Jh. mit der dt. Fassung u¨ berschneidet. Allerdings reicht die Passion hier vom Abendmahl bis zur Grable¨ gung. Der Tractatus ist also keine reine Ubertragung, sondern d¨urfte als selbstst¨andiger Text geschrieben worden sein. Neben der Passionshistorie ist von J. auch eine Einzelpredigt zu Ps 110,4 u¨ berliefert, die sich in lat. Sprache mit dem Altarsakrament besch¨aftigt. ¨ Uberlieferung: 1. Passionshistorie: Mainz, StB, cod. I 171, 168r–237v (lat. Alternativfassung). – ¨ Wien, ONB, cod. 3023, 44r–146v (Pap., um 1370–80, hessisch-moselfr¨ankisch). – Darmstadt, ULB, Hs. 3718 (Perg., 14. Jh., rheinfr¨ankisch, Fragm.). – Augsburg, UB, cod. III.1.4° 17, 1r–137r (Pap., erstes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 54, 211r–302v (Pap., um 1421–23, n¨urnbergisch). – Hamburg, SUB, cod. theol. 1082, 477a–591b (Pap., zweites Viertel 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Mainz, StB, cod. I 51, 104ra–153va (Perg. und Pap., Mittelrhein, Mitte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Trier, StB, Hs. 809/1341 8°, 250r–325v (Pap., Mitte 15. Jh., rhein-moselfr¨ankisch). – Trier, StB, Hs. 818/1715 8°, 1r–75r (Pap., Mitte 15. Jh., moselfr¨ankisch). – W¨urzburg, Franziskanerkloster, cod. I 93 (Pap., Mitte 15. Jh.). – Privatbesitz [Antiquariat Dr. J¨orn G¨unther, Hamburg, Nr. 2003/16] (fr¨uher B¨udingen, F¨urstlich Ysenburg- und B¨udingensches Arch., ohne Sign. [5]) (Perg., 1464, rheinfr¨ankisch). – Stuttgart, LB, cod. HB II 58, 1r–50v (Pap., Schwaben, um 1468, schw¨abischalemannisch). – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 4° 189, 1r–151v (Pap., 1507, alemannisch). – 2. Predigt u¨ ber das Altarsakrament: Basel, UB, cod. A V 23, 3v–7v (Pap., Anfang 15. Jh.). Ausgabe: Oliger 1928 (s. Lit.) S. 245–248 (nur Prolog). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 827–830; 11 (2004) Sp. 807. – Martin Persch, BBKL 3 (1992) Sp. 620 f. – Franz Falk: Der Trierer Weihbischof J. v. Z. und die Meisters¨anger von Mainz. In: Pastor bonus 14 (1901/02) S. 129 f. – Livarius Oliger: Die dt. Passion des J. v. Z. O. F. M., Weihbischofs von Trier. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 245–251. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 96–120, 316–348. – Wolfgang Stammler: Dt. Scholastik. In: ZfdPh 72 (1953) S. 1–23 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Lit.gesch. Berlin u. a. 1953, S. 127–151). – Walter Baier: Unters. 370

Mitte 14. Jh.

Johannes-Evangelium 1,1–14. Deutsche Auslegung nach Augustin

zu den Passionsbetrachtungen in der ‹Vita Christi› des L. v. S. (Analecta Cartusiana 44). Salzburg 1977, S. 411. – Tobias Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgesch. Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006 (Reg.). MM Johannes-Evangelium 1,1–14. Deutsche Auslegung nach Augustin. Der in einer Berliner Handschrift erhaltene Text ist eine dt. Bearbeitung der ersten beiden Teile des In Joannis Evangelium Tractatus CXXIV von → Augustinus (vgl. PL 35, Sp. 1379–1396). Diese Bibelauslegung behandelt die Evangeliums-Worte vom Licht der Welt und dem Wort, das Fleisch geworden ist. Die dt. Bearbeitung der Schrift ist komprimiert, doch inhaltsgetreu. Der Verfasser ist unbekannt, wird aber im Umfeld Meis¨ ter → Eckharts vermutet. Ubrigens gab es weitere zeitgen¨ossische Auslegungen der gleichen Bibelstelle. Genannt seien hier Johannes → Hiltalingen und die pseudo-eckhartische Schrift Diu glˆose u¨ ber daz eˆwangelium S. Johannis. Sp¨ater besch¨aftigten sich auch → Marquard von Lindau und → Friedrich der Karmeliter mit dem Johannes-Prolog. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 4, 268r–293r (Perg., 14. Jh., rheinfr¨ankisch). Ausgabe: Strauch 1925 (s. Lit.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 832 f. – ¨ Philipp Strauch: Zur Uberl. Meister Eckharts, Tl. 1. In: PBB 49 (1925) S. 355–402, bes. S. 390–401. MM Johannisminne. – Seit dem 14. Jh. u¨ berlieferte, gereimte Texte mit Anrufungen des Johannes Evangelista, die in Bezug zu dem ma. Brauch des «Minnetrinkens» stehen. Bei dem im ma. Deutschland verbreiteten Brauchtum des «Minnetrinkens» trank man sich gegenseitig mit gesegnetem Wein zu Ehren eines Heiligen (besonders beliebt waren etwa Maria, Nikolaus, Johannes Evangelista, Sebastian, Michael, Martin, Stephan und Gertrud) zu, um dessen Schutz zu erbitten. H¨aufig stand dabei der Aspekt des Abschiednehmens – Beistand w¨ahrend gefahrvoller Reisen und Hoffnung auf eine gl¨uckliche Heimkehr – im Zentrum. J., umfangreiche ReimTexte, die sich auf Johannes Evangelista berufen, sind seit dem 14. Jh. bekannt; man unterscheidet zwei Typen. 371

I. Zum einen findet sich ein Typus, den Wackernagel (s. Ausg.; Nr. 504) nach der Handschrift Heidelberg, Cpg 366, 158ra–158vb, abdruckte. II. Ein zweiter, weiter verbreiteter Typus l¨asst sich nach Inhalt und Umfang in drei verschiedene Versionen untergliedern. 1.a. Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 85, p. 873–875 (14. Jh., alemannisch). Abdruck: Wackernagel (s. Ausg.) Nr. 505. Basel, UB, Cod. B. IV. 20, 109r (14. Jh., alemannisch). Ausgabe: Kesting 1971 (s. Lit.) S. 237 f. 1.b. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6016 (14. Jh., bair.). Abdruck: Konrad Hofmann: Johannesminne. In: ZfdA 22 (1878) S. 242–245. Wien, Schottenkloster, Cod. 313, 128r–130r (1453, bair.). Ausgabe: Kesting 1971 (s. Lit.) S. 239–241. ¨ Wien, ONB, Cod. 3070, 1v (15. Jh., bair.). ¨ 2. Wien, ONB, Cod. 2817, 23v–24v (1370/90, schw¨abisch). Ausgaben: Wackernagel (s. Ausg.) Nr. 506. – Kesting 1971 (s. Lit.) S. 244–246. Weimar, ZB der Dt. Klassik, Cod. O 145, 234v–235r (nach 1479/80, ostschw¨abisch). ¨ Abdruck: K. Hofmann: Uber einen obd. Johannessegen (Sb. der Bayer. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl. 14). Mu¨ nchen 1871, S. 456–458. 3. Mnd. Version: Schwabach, Kirchenbibl., Cod. 23, 1r (Ende 14. Jh.). Abdruck: Hofmann 1870 (s. Ausg.) S. 15–25. Uppsala, UB, Cod. C. 237, 309r–311r, 321r (Ende 14. Jh.). Ausgaben: Kesting 1971 (s. Lit.). – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 504, 505, 506. – Konrad Hofmann: J. und dt. Sprichw¨orter aus Hss. der Schwabacher Kirchenbibl. (Sb. der Kgl. Bayer. Akad. der Wiss. zu M¨unchen, Jg. 1870, Bd. 2). Mu¨ nchen 1870, S. 15–38. Literatur: Handw¨orterbuch des dt. Aberglaubens. Bd. 4 (1931/32) Sp. 745–760 (Lit.). – Peter Kesting, VL2 4 (1983) Sp. 833–835; 11 (2004) Sp. 807. – Ignaz Vincenz Zingerle: Johannissegen und Gertrudenminne. Ein Beitr. zur dt. Mytho¨ logie (Sb. der Osterr. Akad. der Wiss., Phil.-hist. Kl. 40). Wien 1862, S. 177–229. – Adolph Franz: Die kirchlichen Benediktionen im MA. Freiburg i. Br. 1909 (Nachdr. 1960), bes. S. 326–334. – 372

Klosterneuburger St¨andepredigten P. Kesting: J. Zur Edition und Deskription gereimter Gebrauchstexte. In: ZfdPh 90 (1971), Sonderh., S. 232–248. SF Karwochenbuchlein. ¨ – Drei Traktate des 14. Jh. Der erste Text erkl¨art die Zeremonien der Feiern in der Karwoche, die in Engelberg bei den Nonnen in der «untern», bei den M¨onchen in der «obern» Kirche stattfanden. Der zweite Traktat (6rb–7vb) beschreibt die Feier der Osternacht und die Messe an Ostern und am Oktavtag; Psalmverse und Osterlieder werden zitiert. Der letzte Traktat (8va–10rb) behandelt das Invitatorium der Matutin und die drei Messen an Weihnachten. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 241, 2ra–6ra (zweite H¨alfte 14. Jh.). Ausgabe: Leodegar Hunkeler: Ein Charwochenb¨uchlein aus dem Engelberger Frauenkloster. In: Angelomontana. Bll. aus der Gesch. v. Engelberg. Jubil¨aumsausg. f¨ur Abt Leodegar II. Gossau 1914, S. 177–200 (nur erster Traktat). Literatur: Sigisbert Beck, VL2 4 (1983) Sp. 1046 f. BJ Klosterneuburger St¨andepredigten (Berliner Predigten). – Dt. Predigtsammlung, 14. Jh. Die f¨unf St¨andepredigten richten sich gegen unw¨urdige und unf¨ahige Weltgeistliche, wodurch sich ihre Benennung erkl¨art. Ohne markierte Abgrenzung sind sie in zwei Codices als Nr. 36–40 Bestandteil einer unfangreicheren Sammlung von 46 (B) resp. 47 (K) Predigten, von denen die jeweils letzten beiden → Berthold von Regensburg zugeschrieben sind. Die u¨ brigen St¨ucke der Gesamtsammlung sind haupts¨achlich Sermones zu unterschiedlichen Themen (Allerheiligen, Mari¨a Ge¨ burt, Kirchweih u. A.). Die erste Predigt geht auf das Speculum ecclesiae des → Honorius Augustodensis zur¨uck (PL 172 [1854] Sp. 861–863, 867–870). Mit den → F¨unfzehn Zeichen nach dem → Lucidarius ist auch ein traktathafter Text enthalten, angepasst an den Predigtkontext. Die beiden ¨ Uberlieferungstr¨ ager sind nahe miteinander verwandt, ihr abweichender Umfang ist der kompilatorischen Verfahrensweise bei ihrer Erstellung geschuldet. Beide d¨urften als Stoffsammlung f¨ur die Predigtvorbereitung gedient haben. K orientiert sich dabei enger am Kirchenjahr und enth¨alt ein Register. Da die anderen Texte der beiden Codices 373

Mitte 14. Jh. im Gegensatz zu den St¨andepredigten keine Tendenz zur geistlichen Standesschelte erkennen lassen, stehen Letztere offenbar in einem eigenst¨andigen Entstehungs- und Rezeptionskontext. Predigt 36 (Von den reihen pfaffen) kritisiert die Habgier des Klerus. Ziel der Kritik in Nr. 37 sind die Pr¨alaten, bei Nr. 38 sind es die Ungelehrten und die prunks¨uchtigen Priesterfrauen, bei Predigt 39 die Pfarrherren, deren Enthaltsamkeit nach der Ausstattung mit Pfr¨unden ein j¨ahes Ende findet, und schließlich in Nr. 40 faule und unw¨urdige Priester, deren Sakramente aber dennoch wirksam sind, da Gott selbst diese bewirkt. Die Schelten gr¨unden sich prim¨ar auf biblische Aussagen, in geringem Maße werden auch → Augustinus, → Gregor der Große und selten → Bernhard von Clairvaux herangezogen. Exempel und gelegentliche sentenzhafte Wendungen unterstreichen die Kritik. Der Prediger gibt sich selbst als Kleriker zu erkennen («wir pfaffen» 132v [B]), und da die Kritik sich in erster Linie gegen Habgier, Eitelkeit, die Priesterehe und die schlechte theologische Ausbildung der Pfarrherren und Pr¨alaten wendet, ist es naheliegend, f¨ur die Sammlung einen franziskanischen Ursprung anzunehmen. Daf¨ur spricht auch – neben den zwei Berthold-Predigten – die Aufforderung, unw¨urdigen Priestern das Almosen zu verweigern (ein m¨oglicher Rekurs auf den Konflikt hinsichtlich der Almosen bei den Bettelorden und den Stolgeb¨uhren der Weltgeistlichen). Die Adressaten der Predigten d¨urften im Laienstand zu suchen sein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, mgq 1976 (vormals Privatbesitz Antiquariat Gilhofer und Ranschburg, Luzern, Nr. 1933/388; davor Nikolsburg, F¨urstl. Dietrichsteinsche Bibl. Cod. I 74), 121v–149v (Perg., Ende 14. Jh., ostoberdt.) (B). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 902, 197v–235r (Pap., um 1400, bair.-o¨ sterr.) (K). Teilausgaben: Franz Joseph Mone: Altteutsche Predigten. In: Anzeiger f¨ur Kunde der teutschen Vorzeit 7 (1838) Sp. 510–513 (Predigt 1, nach B). – Mertens 1981, S. 101–114 (Predigt 36, nach B). Literatur: Volker Mertens, VL2 11 (2004) Sp. 855–857. – Ders.: ‹Der implizierte S¨under›. Prediger, H¨orer und Leser in Predigten des 14. Jh. Mit einer Textpubl. aus den Berliner Predigten. In: Zur dt. Lit. und Sprache des 14. Jh. (Reihe Siegen. Germanistische Abt. 45). Hg. Walter Haug u. a. Heidelberg 1983, S. 76–114 (mit Verz. der Predigten nach B). VZ 374

Mitte 14. Jh. Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornunftigen sele). – Mystisch-scholastisch ausgerichtete Predigtsammlung des fr¨uhen 14. Jh. Der anonyme Paradisus-Kompilator war ein sehr guter Kenner Meister → Eckarts, der auch Zugang zu dessen lat. Schriften gehabt haben muss. Bei den beiden Handschriften O und H handelt es sich um Zwillingshandschriften, die auf eine gemeinsame Vorlage zur¨uckgehen (zur Frage der Ber¨uhrungen zu anderen Textzeugen wie der Kasseler Handschrift K1a/b mit den 1341 abgeschlossenen Sermones novi des → Nikolaus von Landau und einer Londoner Eckharthandschrift [Victoria and Albert Museum, cod. L 1810–1955, 15. Jh.] s. ‹P. a. i.›, 2009). Der Text der Predigten ist in den zwei Handschriften in nahezu identischem Wortlaut u¨ berliefert. In beiden Textzeugen lautet der Titel des Predigtbuches gleich. Bei gleicher Anordnung der 64 Predigten, die in zwei Teile gegliedert werden, folgen den 31 dem Kirchenjahr zugeordneten «sermones de tempore» in einem zweiten Teil 33 «sermones de sanctis». Die Verfasser sind elf Dominikaner und ein namenloser Barf¨ußerLesemeister (durch ausdr¨uckliche Zuschreibung in einem der Sammlung vorausgehenden Register): Meister → Eckhart (31 Predigten), Eckhart → Rube (6), → Giselher von Slatheim (5), Johannes → Franke (5), → Florentinus von Utrecht (3), → Hane der Karmelit (3), → Hermann von Loveia (3), Albrecht von → Treffurt (2), → Helwic von Germar (2), Barf¨ußer-Lesemeister (1), Bruder → Erbe (1), → Thomas v. Apolda (1); Nr. 56 ist ohne Zuordnung geblieben («Dionysius sprichet»). Durch die redigierende und k¨urzende T¨atigkeit des Kompilators entstand ein neuer Text. Das theologisch-philosophische Programm des P. a. i. ist durch die von Meister Eckhart im Anschluss an → Albertus Magnus und → Dionysius Areopagita vertretene Lehrmeinung der Gottesgeburt im Menschen bestimmt. ¨ Uberlieferung: Oxford, Bodleian Libr., Ms. Laud Misc. 479 (Perg., 14. Jh., rheinfr¨ankisch) (O). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057 (Perg., Mitte 14. Jh., westmitteldt.-rheinfr¨ankisch) (H2). Ausgabe: P. a. i. (Paradis der fornunftigen sele). Aus der Oxforder Hs. Cod. Laud. Misc. 479 nach E. Sievers’ Abschrift hg. v. Philipp Strauch (DTM 30). Berlin 1919. 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen v. Niklaus Largier und Gilbert Fournier. Hildesheim 1998. 375

Paradisus anime intelligentis Literatur: Kurt Ruh: Nikolaus von Landau. In: VL2 6 (1987) Sp. 1113–1116. – Ders., VL2 7 (1989) Sp. 298–303; 11 (2004) Sp. 1163. – Josef Koch: Meister Eckharts Weiterwirken im dt.-ndl. Raum im 14. u. 15. Jh. In: Jean Dagens (Hg.): La mystique rh´enane. Colloque de Strasbourg 16–19 mai 1961. Paris 1963, S. 133–156, bes. S. 143 f. (wieder in: J. Koch: Kleine Schriften I. Rom 1973, S. 429–455). – Lauri Sepp¨anen: Stud. zur Terminologie des ‹P. a. i.› (M´emoires de la Soci´et´e N´eophilologique de Helsinki 27). Helsinki 1964. – K. Ruh: Dt. Predigtb¨ucher des MA. In: Beitr. zur Gesch. der Predigt. Hg. v. Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 3). Hamburg 1981, S. 11–30, hier S. 23–27 (wieder in: Ders.: Kleine Schriften. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 277–317, hier S. 312–317). – Ders.: Meister Eckharts Pariser Quaestionen 1–3 und eine dt. Predigtsammlung. In: Perspektiven der Philosophie, Neues Jb. 10 (1984) S. 307–324. – Ders.: Meister Eckhart. Mu¨ nchen 1985, S. 60–71. – Freimut L¨oser: ‹Als ich mˆe gesprochen han›. Bekannte und bisher unbekannte Predigten Meister Eckharts im Lichte eines Handschriftenfundes. In: ZfdA 115 (1986) S. 206–227. – Georg Steer: Geistliche Prosa. In: Die dt. Lit. im sp¨aten MA, 1250–1370. Tl. 2: Reimpaargedichte, Drama, Prosa. Hg. v. Ingeborg Glier. M¨unchen 1987, S. 306–370, hier S. 329–332. – K. Ruh: Dionysius Areopagita im dt. Predigtwerk Meister Eckharts. In: Perspektiven der Philosphie, Neues Jb. 13 (1987) S. 207–223. – Loris Sturlese: Meister Eckharts Weiterwirken. Versuch einer Bilanz. In: Eckardus Theutonicus, homo doctus et sanctus. Nachweise und Berichte zum Prozeß gegen Meister Eckhart. Hg. v. Heinrich Stirnimann in Zusammenarbeit mit Ruedi Imbach (Dokimion 11). Freiburg/Schweiz 1992, S. 169–183. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der Staats- und Universit¨atsbibl. Hamburg. Bd. 3: Quarthss. und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228) (Kat. der Hss. der Staats- und Universit¨atsbibl. Hamburg 2,3). Stuttgart 1993, S. 146–152. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 267–279, 389–408. – F. L¨oser: Meister Eckhart in Melk. Stud. zum Redaktor Lienhart Peuger [...] (TTG 48). T¨ubingen 1999. – L. Sturlese: Hat es ein Corpus der dt. Predigten Meister Eckharts gegeben? Liturgische Beobachtungen zu aktuellen philosophiehist. Fragen. In: Meister Eckhart in Erfurt. Hg. v. Andreas Speer/Lydia Wegener (Miscellanea Mediaevalia 32). Berlin/New 376

Prager Predigtsammlung York 2005, S. 393–408. – Maarten J. F. M. Hoenen: Scholastik und Seelsorge in den Predigten der Slg. P. a. i. Ein Beitr. zur Wissensvermittlung im MA. In: Recherches de Th´eologie et Philosophie M´edi´evales 73 (2006), S. 69–98. – Wolfgang Beck: Eine ‹Erfurter Hauspostille›. Zu Her¨ kunft und Uberl. der Predigtsammlung ‹P. a. i.›. In: Mittelalterliche Sprache und Lit. in Eisenach und Erfurt. Hg. v. Martin Schubert/J¨urgen Wolf/Annegret Haase (Kultur, Wiss., Lit. Beitr. zur Mittelalterforschung 18). Frankfurt/M. 2008, S. 104–121. – ‹P. a. i.›. Studien zu einer dominikanischen Predigtsammlung aus dem Umkreis Meister Eckharts. Hg. v. Burkhard Hasebrink/Nigel F. Palmer/Hans-Jochen Schiewer. Tu¨ bingen 2009. BJ Prager Predigtsammlung. – Sammlung lat. Musterpredigten mit dt. Epilogen, 14. Jh. Die wohl umfangreichste ma. Predigtsammlung mit dt. Bestandteilen d¨urfte b¨ohmisch-¨osterr. Ursprungs sein, was in ihr enthaltene Predigten auf St. Veit und Wenzel («princeps boemie») und die Schriftsprache nahelegen. Die genaue Provinienz ist nicht bekannt. Da Predigten auf Franziskus und Dominikus fehlen, sind ein franziskanischer oder dominikanischer Ursprung auszuschließen. Die Sammlung liegt in vier handschriftlichen Redaktionen vor, am umfangreichsten wird sie vom namensgebenden Prager Codex u¨ berliefert. Dieser bietet f¨ur die einzelnen Festtage bis zu vier zum Teil sehr umfangreiche Predigten. Der Aufbau der Sammlung ist planvoll, was enthaltene R¨uckverweise indizieren. Die einzelnen Predigten sowohl im Temporale als auch im Sanctorale folgen in ihrer Komposition meist dem gleichen Grundmuster: Einer allgemeinen Betrachtung des Festtags und seiner Bedeutung im Kirchenjahr folgt die Abhandlung der jeweiligen Tagesperiskope unter Einbezug von Zitaten vor allem der Kirchenv¨ater aber auch → Bernhards von Clairvaux und Petrus’ Venerabilis. Die wichtigsten Aspekte werden in durchgehend allegorischer, selten mystischer Betrachtungsweise interpretiert. Diese Vorgehenweise wird in der Prager Handschrift mit den Termini «allegorice», «metaphorice» und «mistice» bezeichnet (15rb). Hauptcharakteristikum der Sammlung sind die dt. (oft aufz¨ahlenden) Zusammenfassungen am Ende jeder Predigt, die ihrerseits von einem sentenzhaften 377

Mitte 14. Jh. dt. Reimpaarvers abgeschlossen werden. Die Prager (222rb–22rrb) und die Linzer Handschrift (1r–3v) enthalten an dt. Texten am Anfang des Sanctorale zus¨atzlich eine Predigtanleitung mit F¨urbitten, im Linzer Codex noch gefolgt von Vaterunser, Symbolum und Confessio generalis. Da die Texte theologisches Grundwissen bei weitgehendem Verzicht auf Exempla und Moraldidaxe vermitteln, handelt es sich bei den Predigten der Sammlung vermutlich um Vorlagen, die nicht nur im Predigtbetrieb sondern vielleicht auch im Schulbetrieb genutzt wurden. ¨ Uberlieferung: Prag, Nationalbibl., Cod. VIII.E.20 (Pap., 14. Jh.), 1v–222r (De tempore), 222v–396r (De sanctis). – Berlin, SBB, Ms. theol. lat. qu. 273, 1ra–94rb (Perg, 2. H¨alfte 14. Jh., aus der Slg. Starhemberg-Riedegg; nur die Sermones quadragesimales des Temporale). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 912, 1r–115r (Pap., 14. Jh.; nur Temporale in Auswahl). – Linz, LB, Hs. 218, 1r–317r (Perg., 14. Jh. aus Baumgartenberg Ocist; nur De sanctis; in der Reihenfolge der Heiligen von Prag stark abweichend, enth¨alt ab 265v Communes sermones de sanctis, die in Prag fehlen). – St. Florian, Stiftsbibl., cod. XI 302, 1ra–217vb (15. Jh.). Enth¨alt offensichtlich Sonn- und Festagspredigten (Judica bis Trinitatis) aus der Prager Slg. in bearbeiteter Fassung. Es finden sich kaum dt. Epiloge, daf¨ur Autorangaben (u. a. → Jacobus a Voragine, → Peregrinus [von Oppeln?], Conrad Holtnicker v. Sachsen, Lukas de Bitonto). Ausgaben: Teilabdr. Prag: Kelle 1860, S. 57 f. – Teilabdr. Linz: Mone 1838, Sp. 515–517. Literatur: Volker Honemann, VL2 7 (1989) Sp. 806 f. – Monika Costard/Angelika Lozar, MarLex 6 (1994) S. 868 f. – Franz Joseph Mone: Nachweise u¨ ber Hss. te¨utscher Predigten. In: Anzeiger f¨ur Kunde der teutschen Vorzeit 7 (1838) Sp. 515–517. – Johann Kelle: Dt. Predigten des 15. Jh.s. In: Serapeum. 21 (1860) S. 57 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 190 (T 194). – Dietrich Schmidtke: Rez. Morvay/Grube. In: PBB (T¨ub.) 98 (1976) S. 141–146, hier S. 145. – Gerard Achten: Die theologischen lat. Hss. in Quarto der SB Preußischer Kulturbesitz Berlin. Teil 2: Ms. theol. lat. qu. 267–378 (SB Preußischer Kulturbesitz. Kat. der Hss.abt. Erste Reihe 1,2). Wiesbaden 1984, S. 41–43. – Zu Predigten, die eine dt. Sentenz am Anfang f¨uhren: RL 3 (1977) S. 233 f. – Zu 378

Mitte 14. Jh. Versen in Predigten: Sigfried Wenzel: Verses in Sermons. Fasciculus morum and its middle English poems (Medieval Acad. of America Publ. 87). Cambridge/Mass. 1978. VZ Konrad (von Wien) (K. Spitzer), † 1380. – Verfasser des wahrscheinlich um die Mitte des 14. Jh. entstandenen B¨uchleins von der geistlichen Gemahelschaft. Im Epilog der einzigen u¨ berlieferten Handschrift dieser Reimpaardichtung von 6530 Versen nennt sich ein Konrad als Autor: «ich s¨under haiz Ch¨unrat» (V. 6525). Dabei handelt es sich wohl um den Wiener Minoriten K. Spitzer (Chunradus de Wienna Spiczerii) vom Kloster zum Hl. Kreuz. Dieser war 1356–65 Provinzial der Franziskanerprovinz Austria, danach Beichtvater am Wiener Hof Albrechts III. Das wahrscheinlich zwischen 1365 und 1380, dem Todesjahr K.s, im Umfeld des Wiener Hofes entstandene Gedicht geh¨ort in den Umkreis der popularisierten Brautmystik, wobei die Intention des Verfassers eher seelsorgerisch-lehrhaft zu sehen ist. Es behandelt die Vereinigung der Seele mit Gott unter der Vorstellung der «gemahelschaft» (Brautschaft). Von Ps 44,15 ausgehend erz¨ahlt K. vom himmlischen K¨onig, der durch Boten eine Braut suchen l¨asst. Diese treffen sieben Jungfrauen, die christlichen Seelen, von denen sechs t¨orichte Jungfrauen ablehnen; die siebte willigt ein, widersteht den Verlockungen des Teufels und wird von allegorischen Personifikationen (Weisheit, Glaube, Gerechtigkeit etc.) – besonders tritt hier Frau Sapientia hervor – auf die Verm¨ahlung vorbereitet. Den H¨ohepunkt des B¨uchleins bildet die Gnadenhochzeit, der die Heimholung der Braut zur ewigen Hochzeit und die Beschreibung des jenseitigen Lebens folgen. Als Quellen dienten neben der Bibel u. a. die Summa Theologica des → Alexander von Hales und der lat. Traktat von der Filia Syon (→ Tochter SionTraktat). Eine Prosa-Auflo¨ sung entstand zwischen 1418 und 1430 im Rahmen der Melker Reform; seit 1476 gibt es nach einer redaktionellen Bearbeitung durch Johannes → B¨amler Druckauflagen unter dem Titel Buch der Kunst. ¨ Uberlieferung: Die Reimfassung ist unikal u¨ berliefert in der Hs. Wien, Schottenkloster, Cod. 295, 1r–67v (erstes Viertel 15. Jh., bair.-¨osterr.). 379

Konrad (von Wien) Ausgabe: Ulrich Sch¨ulke: K.s B¨uchlein v. der geistlichen Gemahelschaft (MTU 31). Mu¨ nchen 1970. Literatur: U. Sch¨ulke, VL2 2 (1980) Sp. 111–114. – Norbert H. Ott, NDB 12 (1980) S. 553 f. – Annemarie Klecker: Das B¨uchlein v. der geistlichen Gemahelschaft in Cod. 295 des Wiener Schottenstiftes. In: FS Dietrich Kralik. Horn 1954, S. 193–203. – Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehenden MA (Sb. ¨ der Osterr. Akad. der Wiss. 228/5). Wien 1954, S. 49 f. – Sch¨ulke (s. Ausg.) S. 3–80. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 55, 142 f. – Fritz Peter Knapp: ¨ Die Lit. des Sp¨atMA in den L¨andern Osterreich, Steiermark, K¨arnten, Salzburg und Tirol v. 1273 bis 1439. 2. Halbbd.: Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge v. Rudolf IV. bis Albrecht ¨ V. (1358–1439) (Gesch.der Lit. in Osterreich 2,2). Graz 2004, S. 261–264. SF Konrad von Haimburg (von Gaming, Conradus Gemnicensis) OCart, Hainburg (Nieder¨osterreich), † 17.8.1360 Gaming (Nieder¨osterreich). – Verfasser mlat. geistlicher Lyrik. Der Herkunftsort K.s kann nur aus seinem Beinamen erschlossen werden. Zun¨achst ist er als Vikar von Mauerbach, 1342–45 als Prior von Seitz nachweisbar. 1350–54 und von 1358 bis zu seinem Tod war er Prior von Gaming. 1345–50 hielt er sich wahrscheinlich in der Kartause Sm´ıchov bei Prag auf, wo er mit Ernst von Pardubitz, dem Prager Erzbischof und Kanzler Kaiser Karls IV. in Verbindung stand. 1. Von K. sind in zahlreichen Handschriften 69 Lieder (Leselieder, Reimgedichte) u¨ berliefert, in denen man zum Teil das Vorbild des Zisterziensers → Christian von Lilienfeld erkennen kann. Diese Lieder – meditative geistliche Lyrik f¨ur die private Andacht – lassen sich in Heiligen- und Marienlieder unterteilen. F¨ur sich stehen De omnibus sanctis und De novem ordinibus angelorum. Der Zyklus der 59 Heiligenlieder, f¨ur deren Anordnung die Reihung der Allerheiligenlitanei ausschlagegebend gewesen sein d¨urfte, zeichnen sich durch Grußform und durchgehende Anrede an den Heiligen aus. Der Vergegenw¨artigung von dessen besonderen Tugenden als Appell zur imitatio Christi folgt jeweils eine abschließende Bitte um 380

Konrad von Haimburg Beistand und F¨ursprache bei Gott. Als wesentliche Quelle des Erz¨ahlten gilt die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine; dieser wie K. haben wohl die gleiche Leserschicht angesprochen. Zu den elf Marienliedern geh¨oren f¨unf allegorische und vier Glossenlieder. Die allegorischen Lieder, die durch Akrosticha und unterschiedliche Reim- und Strophenbindung einem hohen formalen Anspruch gerecht werden, sind mariologische Exegesen von biblischen Themen mit ausgepr¨agter Metaphorik aus der Pflanzenwelt und der Symbolwelt der Mineralogie. Zu den preisenden Attributen Marias z¨ahlen ‹brennender Dornbusch des Mose› und ‹Mundschenkin der Gnade›. Die Glossenlieder umschreiben kommentierend das → Ave Maria, das Magnificat, das → Salve regina und den Hymnus → Ave maris stella. ¨ Uberlieferung: s. AH 3 (1888) S. 9–14. Das als Nr. 14 gef¨uhrte Lied geh¨ort Christian von Lilienfeld. Zusammen mit 19 a¨lteren, nicht von ihm stammenden Liedern hat K. seine eigenen zu einem Andachtsbuch vereingt: M¨unchen, BSB, Clm, 3012 (aus Andechs) und Clm 19354 (aus Tegernsee). – Fast alle seine Lieder sind enthalten in: Clm 19824. – Clm 20001. – Karlsruhe, LB, Cod. Aug. 36 (anonym). – Wien, Schottenstift, Cod. 402 (olim 50.g.9); die beiden letzten Hss. u¨ berliefern die Heiligen- und die Marienlieder getrennt. – Nur ¨ die Heiligenlieder: Wien, ONB, Cod. 1997 (14., Jh., aus Gaming). – M¨unchen, BSB, Clm 7815. Zus¨atzlich zu den in AH 3, S. 13 f. genannten Hss. u¨ berliefern mindestens acht Lieder: Mu¨ nchen, BSB Clm 28397. – Berlin, SBB, Cod. theol. lat. oct. 23. – Ebd., Cod. theol. lat. oct. 33. – Ebd., Cod. theol. lat. qu. 29. Bei Dreves ebenfalls nicht angef¨uhrt sind: Nr. 1 (Amictus): Prag, Arch. Praˇzsk´eho Hradu, Cod. B 84 (B LXXXIV), 218r–223r. – Nr. 2 (Crinale): Zus¨atzlich zu den bei Dreves (S. 25) genannten Hss. f¨unf bei L¨ofstedt (S. 26), f¨unf bei Walther, Initia 1979. Ferner: Berlin, SBB, Cod. lat. oct. 304, 337r–339r. – ebd., Cod. theol. lat. qu. 164, 50v (unvollst.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 57, 146v–151r. – Ebd., Cod. St. Blasien 77, 125ra–126rb. – Ebd., Cod. K 2840. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 693, 103r–105v. – Ebd., Clm 21590, 27r–31v. – Prag, Arch. Praˇzsk´eho Hradu, Cod. B 84 (B. LXXXIV), 18v–24v. – Wien, Schottenstift, Cod. 59 (olim 50.f.27), 71r–73r. – Wolfenb¨uttel, 381

Mitte 14. Jh. HAB, Cod. 168 noviss. 8°, 67r–71r. – Nr. 3 (Anulus): Graz, UB, Cod. 1041, 104v–105r. – Nr. 4 (Thronus): Prag, Arch. Praˇzsk´eho Hradu, Cod. B 84 (B LXXXIV), 223r–226v. – Nr. 7: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 168 noviss. 8°, 64r–65v. – Nr. 65: Prag, Arch. Praˇzsk´eho Hradu, Cod. B 84 (B LXXXIV), 238v–239v. – Basel, UB, Cod. A.IX.34, 9v–10v. Ausgaben: AH 3 (1888) S. 21–102. – Dreves/Blume 1 (1909) S. 421–430. Einige Marienlieder K.s wurden ins Deutsche u¨ bersetzt, das weit verbreitete Crinale gleich sechsmal, u. a. von → Heinrich Laufenberg, der auch den Anulus u¨ bertrug, und von Sebastian → Brant. Um 1400 schuf der nieders¨achsische Geistliche Hermann → Kremmeling eine nd. freie Prosaparaphrase des Crinale. Das im Auftrag von Karl IV. und Ernst von Pardubitz, die zur F¨orderung der Marienverehrung 1344 am Veitsdom ein Kollegium gestiftet hatten, f¨ur den t¨aglichen Chordienst zusammengestellte Lectionarium mariale schloss K. 1350 ab. Es enth¨alt f¨ur jeden Tag neun Lektionen, Marientexte aus Patristik und ma. Theologie. ¨ Uberlieferung: Wrocław, UB, Cod. I F 665. – Prag, Arch. Praˇzsk´eho Hradu, Cod. E 67 (E LXVII). F¨ur Meinhard von Neuhaus, den Bischof von Trient, erarbeitete K. 1356 eine Kurzfassung des Lektionars, das f¨ur die t¨agliche Lesung – mit Ausnahme an Marienfesten – nur mehr drei Lektionen vorsieht. Unter Titeln wie Laus Mariae, Matutinale oder Mariale war die Kurzfassung weit verbreitet. ¨ Uberlieferung: Mehr als 60 Hss. (s. Burdach, S. XXXIX). Literatur: Heinrich v. Zeißberg, ADB 16 (1882) S. 640. – DPhiA 2 (21960) Sp. 832. – Heinrich R¨uthing: K. v. Hainburg. In: NDB 12 (1980) S. 540 f. – Franz Josef Worstbrock, VL2 5 (1985) Sp. 182–189; 11 (2004) Sp. 878. – Fritz Wagner, LexMA 5 (1991) Sp. 1358. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 94. – Walter Buckl, LThK3 6 (1997) Sp. 276. – James Hoog: K. de H. In: DHGE 29 (2007) Sp. 577–581. – Anette Syndikus, Killy2 6 (2009) S. 625–627. – AH 3 (1888) S. 5–17. – Dreves/Blume 1 (1909) S. 421 f. – Heinrich Fiedjung: Kaiser Karl IV. und sein Antheil am geistigen Leben seiner Zeit. Leipzig 1876, S. 99 f. – Charles Schmidt: Histoire litteraire de l’Alsace. Bd. 1. Paris 1879, S. 198, 267. – Joseph Klapper (Hg.): Schr. Johanns v. Neumarkt (Vom MA zur Reformation. Hg. v. Konrad Burdach. 6/4). Berlin 1935, 382

Mitte 14. Jh. S. XXXV–XL, 400. – Ein mittelostf¨alisches Gebetbuch. Im Auszug hg. v. Ernst L¨ofstedt (Lunds Universitets˚arsskrift: Avdelningen 1, Teologi, juridik och humanistiska a¨ mnen N.F. 30, 5). Lund 1935, S. 24–46. – Berta Gillitzer: Die Tegernseer Hymnen des Cgm. 858. Beitr. zur Kunde des Bairischen und zur Hymnendichtung des 15. Jh. (Forschungen zur bair. Mundartkunde der W¨orterbuchkommission der Bayerischen Akad. der Wiss. 2). M¨unchen 1940, S. 4–8, 35–43, 123–127, 130 f. – Vladislav Dokoupil: Soupis rukopis`u mikulovsk´e dietrichsteinsk´e knihvny. Brno 1958, S. 124–128. – Joseph Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2. Berlin 1965, S. 40, 325–329, 354, 367. – Walther-Hugo Haeller: Stud. zu Ludwig Moser. Kart¨auser-M¨onch in Basel. Freiburg/Schweiz 1967, S. 107 f. – Peter Kesting: Maria als Buch. In: W¨urzburger Prosastudien I. Mu¨ nchen 1968, S. 122–147, hier S. 144 f. – Peter Appelhans: Unters. zur sp¨atma. Mariendichtung. Die rhythmischen mhd. Mariengr¨usse (Germ. Bibl. Reihe 3. Unters.). Heidelberg 1970, S. 40 f. – Rolanda Hantschk: Die Gesch. der Kartause Mauerbach (Analecta Cartusiana 7). Salzburg 1972, S. 57 f. – F. Wagner: Zur Dichtkunst des K. v. H. In: Mlat. Jb. 8 (1973) S. 233–244. – Burghart Wachinger: Notizen zu den Liedern Heinrichs v. Laufenberg. In: Medium aevum dt. Beitr. zur dt. Lit. des hohen und sp¨aten MA. FS Kurt Ruh. Hg. v. Dietrich Huschenbett. Tu¨ bingen 1979, S. 349–385, hier S. 356, 364–367, 375–378. – J. Sz¨ov´erffy: Marianische Motivik der Hymnen. Leiden 1985, S. 293–308. – Karl Fahringer: K. v. H. In: Analecta Cartusiana 35/13. Salzburg 1991, S. 117–124. – F. Klos: K. v. H. In: Kunst des Heilens. Kat. der Nieder¨osterr. Landesausstellung. Gaming 1991, S. 143. – Augustin Devaux (Hg.): La po´esie latine chez les chartreux (Analecta Cartusiana 131). Salzburg 1997, S. 35–66. – Fritz Peter Knapp: Die Lit. des Sp¨atMA ¨ in den L¨andern Osterreich, Steiermark, K¨arnten, Salzburg und Tirol v. 1273–1439. I. Halbbd.: Die Lit. in der Zeit der fr¨uhen Habsburger bis zum ¨ Tod Albrechts II. 1358. (Gesch. der Lit. in Osterreich v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart 2,1). Graz ¨ 1999, S. 172–184, 515 (mit Ubers. des ›Hortulus‹). – Karl IV. Kaiser v. Gottes Gnaden. Kunst und Repr¨asentation des Hauses Luxemburg 1310–1437. Hg. v. Jiˇr´ı Fajt unter Mitarbeit von Markus H¨orsch und Andrea Langer mit Unterst¨utzung von Barbara Drak-Boehm. M¨unchen/Berlin 2006, S. 99, 102, mit Abb. S. 103 (Laus Mariae des Konrad von 383

Peter von Arberg Haimburg, Prag, Meister des Morgan-Diptychons, nach 1360; Prag, Knihovna N´arodn´ıho muzea). – www.chartreux.org (u. a. zu den Kartausen Sm´ıchov und Gaming). BJ Peter von Arberg (A[a]rburg). – Liedautor der Kolmarer Liederhandschrift. P. ist in der Kolmarer Liederhandschrift und in der Zimmerischen Chronik als «graff» erw¨ahnt. Mo¨ glicherweise war er also mit dem 1324–57 nachgewiesenen Grafen Peter II. von Aarburg identisch. Dies w¨urde auch mit der Entstehung der sog. Liederhandschrift X (um 1340) korrespondieren, in der P. enthalten gewesen sein soll. Der Solothurner Reichsschultheiß Peter II. ist allerdings in der allgemeinen Geschichtsschreibung nicht als Lieddichter u¨ berliefert, sondern als hochverschuldeter Lebemann, der sp¨ater als Raubritter zum Tod verurteilt wurde. In der Kolmarer Liederhandschrift finden sich mehrere P. zugeschriebene T¨one: eine Tageweise (A), eine «ander» Tageweise (B) mit unmittelbar angeschlossenem Anklang einer weiteren Tageweise (C), sowie die sog. große Tageweise (D). Diese T¨one enthalten sieben Lieder. In A findet sich das Lied Marien wart ein bott gesant in 26 Strophen. Es beruht auf der Tagweis von den heyligen drei kunigen (u. a. beim → Mo¨ nch von Salzburg uberliefert). Al¨ lerdings wird der urspr¨ungliche Bethlehem-Dialog hier inhaltlich erweitert um das Schicksal Marias und Josephs von der Verk¨undigung bis zur Flucht ¨ nach Agypten. B enth¨alt das mahnende W¨achterlied Ich wachter ich solt wecken in drei Strophen sowie die ebenfalls dreistrophige Marienanrufung Maria der eren ein krone. Zu C geh¨ort das dreistrophige Morgengebet Ich sihe von den genaden din, zu D ein weiteres dreistrophiges Morgengebet Ach starcker got All vnser not, die f¨unfstrophige Marienklage O gnaden schloß Du gotz schoß, schließlich das weltliche Tagelied Ich sing ich sage Ez nohet dem tage (drei Strophen). Andere Handschriften verzeichnen drei weitere Lieder zu B und D. ¨ Die Uberlieferung der erw¨ahnten T¨one legt verschiedene Verfasser der Liedtexte nahe. Sprachliche F¨arbungen etwa verweisen mal in den bair.-¨osterr. S¨udosten, mal in den mittelfr¨ankischen Bereich. Sollte der in den Handschriften erw¨ahnte Graf mit Peter II. identisch sein, d¨urfte dieser nur die T¨one geschaffen haben. Sp¨ater erlebten die Lieder P.s eine 384

Peter von Reichenbach Streu¨uberlieferung in Kl¨ostern und in der Devotio moderna. ¨ Uberlieferung: Haupt¨uberl. in der Kolmarer Liederhs.: M¨unchen, BSB, Cgm 4997, 824ra–830ra (Pap., Rheinfranken, um 1460, s¨udrheinfr¨ankisch). – Verz. der weiteren breiten Lied¨uberl. in: RSM 4 (1988) S. 477–488; auch RSM 1 (1994) S. 26; RSM 5 (1991) S. 655. Ausgaben: Meisterlieder der Kolmarer Hs. Hg. v. Karl Bartsch. Stuttgart 1862 (Nachdr. Hildesheim u. a. 21998) Nr. 180–182. – Bartsch 1880 (s. Lit.). – R¨oll 1968 (s. Lit.). – Dt. Lieder des MA von Walther von der Vogelweide bis zum Lochamer Liederbuch. Texte und Melodien. Hg. v. Hugo Moser/Joseph Mu¨ ller-Blattau. Stuttgart 1968, S. 176 f. – Die geistlichen Lieder des M¨onchs von Salzburg. Hg. v. Franz Viktor Spechtler. Berlin u. a. 1972, Nr. G 46. – Steer 1973 (s. Lit.). – Die Kolmarer Liederhs. der BSB M¨unchen. Hg. v. Ulrich Mu¨ ller u. a. G¨oppingen 1976 (Faks.Ausg.). – Cramer II (1979) S. 418–465; IV (1985) S. 259–264. – Andr´e Schnyder: Das geistliche Taglied des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit. Textslg., Komm. und Umrisse einer Gattungsgesch. T¨ubingen/Basel 2004, S. 21–23. – Verz. wei¨ terer Ausg. in RSM (s. Uberl.). Literatur: ADB 1 (1875) S. 511. – Volker Mertens, VL2 7 (1989) Sp. 426–429; 11 (2004) Sp. 1188. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 179. – Frieder Schanze, NDB 20 (2001) S. 229. – August Reifferscheid: Mitt. aus Hss. I. Die grosse Tageweise P.s v. A. II. Geistliches W¨achterlied. III. Augustinus heilige Dreifaltigkeit. In: ZfdPh 9 (1878) S. 187–192. – P.s v. A. Große Tageweise. Hg. v. Karl Bartsch/Franz Magnus B¨ohme. In: Germania 25 (1880) S. 210–229. – Theodor Kochs: Das dt. geistliche Tagelied. Mu¨ nster 1928, S. 59–61. – Arthur H¨ubner: Die dt. Geisslerlieder. Stud. zum geistlichen Volksliede des MA. Berlin 1931, S. 164–175. – Anna Albert: Das Nachleben des Minnesangs im liturgischen Spiel. In: Die Musikforschung 1 (1948) S. 95–105. – Walter R¨oll: Oswald v. Wolkenstein und Graf P. v. A. In: ZfdA 97 (1968) S. 219–234 (wieder in: Oswald von Wolkenstein. Hg. v. Ulrich Mu¨ ller. Darmstadt 1980, S. 143–165). – V. Mertens: P. v. A., Minnes¨anger. In: ZfdA 101 (1972) S. 344–357. – Georg Steer: ‹Dat dagelyt von der heiligen passien›. Die sogenannte ‹Große Tageweise› Graf P.s v. A. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. Wu¨ rzburger Colloquium 1970. Hg. v. Kurt Ruh/Werner 385

Mitte 14. Jh. Schr¨oder. Berlin 1973, S. 112–204 (vgl. dazu: Horst Brunner, AfdA 88, 1977, S. 110 f.). – H. Brunner: ¨ Die alten Meister. Stud. zu Uberl. und Rezeption der mhd. Sangspruchdichter im Sp¨atMA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 54). M¨unchen 1975, S. 162 u. o¨ . – Frieder Schanze: Zur Liederhs. X. In: Dt. Hss. 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Hg. v. Volker Honemann/Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1988, S. 316–329. – Petra H¨orner: Das Tagelied v. Gott unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Revaler Fassung. In: Begegnung mit Literaturen. FS Carola L. Gottzmann. Hg. v. P. H./Roswitha Wisniewski. Berlin 2008, S. 215–250. MM Peter von Reichenbach. – Leichautor in der Kolmarer Liederhandschrift. P.s genaue Identit¨at ist unbekannt; R¨uckschl¨usse lassen sich nur aus dem Kontext seines Werks ziehen. Danach war er wohl mitteldt. Herkunft und lebte in der ersten H¨alfte des 14. Jh. M¨oglicherweise war er um 1376 Abt des Zisterzienserklosters im schlesischen Kamenz. P.s Texte sind in der Kolmarer Liederhandschrift u¨ berliefert. Es handelt sich zun¨achst um ein Tagelied in drei Strophen zu 37 Zeilen, das als Doppelkanzone angelegt ist. Im Lied wird ein W¨achter aufgerufen, ein Liebespaar zu wecken, da ¨ der Tag anbreche. Ubertragen bedeutet dies, Leib und Seele sollen sich auf das n¨aherr¨uckende J¨ungste Gericht vorbereiten. Zweiter Text P.s ist ein m¨oglicherweise unvollst¨andiger oder unvollendeter Leich in zehn Doppelversikeln. Der Leich behandelt ebenso theologische Fragen (Trinit¨at, S¨undenfall, Erl¨osung, freier Wille) wie Aspekte von Marias Leben (u. a. Geburt, Verk¨undigung, unbefleckte Empf¨angnis). In Wortschatz, Reimstruktur und seiner inhaltlichen Abfolge ist der Leich deutlich vom Frauenlob beeinflusst. Ungekl¨art ist das genaue Verh¨altnis der beiden Texte P.s, die als Einzeldichtung u¨ berliefert sind. M¨oglicherweise stellt das Tagelied eine Einleitung zum Leich dar. Die enge Gruppierung der Texte in der Kolmarer Liederhandschrift k¨onnte aber auch auf einem Irrtum des Schreibers beruhen. ¨ Uberlieferung: Haupt¨uberl. in der Kolmarer Liederhs.: M¨unchen, BSB, Cgm 4997, 60ra–68va (Pap., Rheinfranken, um 1460, s¨udrheinfr¨ankisch). – Indirekt u¨ berl. Bruchst¨uck der ersten Tageliedstrophe in: Weimar, Anna Amalia Bibl., Fol 421/32, Bl. 13v (1615). 386

Mitte 14. Jh. Ausgaben: Meisterlieder der Kolmarer Hs. Hg. v. Karl Bartsch. Stuttgart 1862 (Nachdr. Hildesheim u. a. 21998) S. 231–245. – Die Sangesweisen der Colmarer Hs. und die Liederhs. Donaueschingen. Hg. v. Paul Runge. Leipzig 1896 (Nachdr. Hildesheim 1965) Nr. 13a-b. – Die Kolmarer Liederhs. der BSB M¨unchen. Hg. v. Ulrich M¨uller u. a. G¨oppingen 1976 (Faks.-Ausg.). – Cramer II (1979) S. 466–479, 542–545. – Andr´e Schnyder: Das geistliche Taglied des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit. Textsammlung, Komm. und Umrisse einer Gattungsgesch. T¨ubingen/Basel 2004, S. 24–26. Literatur: ADB 27 (1888) S. 672 f.; Korrektur ebd. 45 (1900), S. 670. – Horst Brunner, VL2 7 (1989) Sp. 448–451. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 179. – Theodor Kochs: Das dt. geistliche Tagelied. Mu¨ nster 1928, S. 41–43, 50 f., 55. – ¨ Karl Heinrich Bertau: Sangverslyrik. Uber Gestalt und Geschichtlichkeit mhd. Lyrik am Beispiel des Leichs. G¨ottingen 1964, S. 202 u. o¨ . – Peter Kern: Trinit¨at, Maria, Inkarnation. Stud. zur Thematik der dt. Dichtung des sp¨ateren MA. Berlin 1971, S. 75 f. – H. Brunner: Die alten Meister. Stud. zu ¨ Uberl. und Rezeption der mhd. Sangspruchdichter im Sp¨atMA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 54). Mu¨ nchen 1975, S. 99 u. o¨ . – Ders.: Tradition und Innovation im Bereich der Liedtypen um 1400. Beschreibung und Versuch der Erkl¨arung. In: Textsorten und literarische Gattungen. Dokumentation des Germanistentages in Hamburg vom 1. bis 4. April 1979. Hg. v. Vorstand der Vereinigung der dt. Hochschulgermanisten. Berlin 1983, S. 392–413, hier S. 404–407 (wieder in: H. B.: Ann¨aherungen. Stud. zur dt. Lit. des MA und der Fr¨uhen Neuzeit. Berlin 2008, S. 246–263). – Christoph M¨arz: Frauenlobs Marienleich. Unters. zur sp¨atma. Monodie. Erlangen 1987, S. 103–120. MM Ich solt mich leren lossen. – Mystisches Lied des 14. Jh. Alle f¨unf Handschriften u¨ berliefern das Lied in einer anderen Fassung; Anzahl und Reihenfolge der Strophen sind nicht einheitlich. Die Liedstrophen paraphrasieren den Refrain («... ler dir selb absterben vnd wellen, waz got wil», nach C), der das «Absterben» des eigenen Willens und die Unterwerfung unter den Willen Gottes thematisiert. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 224, 77r-v (Ende 15. Jh., schw¨abisch) (B). – Colmar, StB, Ms. 268 (Kat.-Nr. 210), 152r-v (C). – Straßburg, 387

Ich solt mich leren lossen StB, Cod. G 374, 163v (verbrannt) (Str1). – Ebd., Cod. G 394, 221v (verbrannt) (Str2). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 190, 174r-v (Pap.) (St). Ausgaben: Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied von der a¨ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 1. Leipzig 1867, Nr. 476 (nach Str1 und Str2). – Karl Bartsch: Beitr. zur Quellenkunde der altdt. Lit. Straßburg 1886, S. 324 f., nr. 6 (nach C). – Wolfgang Stammler (Hg.): Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA. M¨unchen 1948, S. 125 f. (nach S). – Volker Kalisch: Die sogenannte Pfullinger Liederhs. In: W¨urttembergische Bll. f¨ur Kirchenmusik 49 (1982) S. 3–19, 51–57, hier S. 14 (nach S). – Ders.: ‹Ich bin doch selber ich›. Spuren mystischer Fr¨ommigkeit im geistlichen Liedgut des 15. Jh. Der Pfullinger Liederanhang (Musik-Kultur 6). Essen 1999, S. 98 f. (Faks. und diplomatischer Abdruck von S). – Theben (s. Lit.) S. 399–403 (weitere Ausgaben S. 455). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 352 f.; 11 (2004) Sp. 707. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 214–226, 399–403, 454–456 und 571 (Reg.). BJ Ich wil vch sagen mere. – Mystisches Lied des 14. Jh. Eine Nonne berichtet vom Besuch verschiedener Prediger in ihrem Kloster. Ein ungenannter Meister habe von der Liebe, → Dietrich von Freiberg vom Anfang des Johannesevangeliums, Meister → Eckhart vom Nichts gepredigt. Die Verfasserin, die auf eine Auslegung des Geh¨orten verzichtet, fordert im Refrain die Mitschwestern auf, sich selbst zu «vernichten» und in die «vngeschaffenheit» einzugehen. ¨ Uberlieferung: Cologny-Genf, Bibl. Bodmeriana, Cod. Bodm. 30 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Hans P. Kraus, New York, Nr. 1958/7; davor Tetschen/Deˇc´ın, Gr¨afl. Thunsche Bibl., Ms. 147i), ¨ 163r-v (14. Jh., alemannisch). – Wien, ONB, Cod. 15295 suppl. 2786, 34 (Abschrift C. H¨oflers der Tetschener Hs.). Ausgaben: Constantin v. H¨ofler: Gedicht auf Meister Eckhart. In: Germania 15 (1870) S. 97–9, hier S. 98 f. – Auguste Jundt (Hg.): Histoire du panth´eisme populaire au moyen age et au seizi`eme si`ecle. Paris 1875, S. 281 f. – Engelbert Krebs: Meister Dietrich. Sein Leben, seine Werke, seine 388

In dulci iubilo Wiss (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA. Texte und Unters. 5). M¨unster 1906, S. 148. – Loris Sturlese: Mystik und Philosophie in der Bildtheorie Meister Eckharts. Eine Lekt¨ure v. Pred. 16 a Quint. In: FS Walter Haug und Burghart Wachinger. Hg. v. Johannes Janota u. a. Bd. 1. Tu¨ bingen 1992, S. 349–361. – Theben (s. Lit.). ¨ Ubersetzungen: Br. Bardo [Wilhelm Schleußner]: Die minnende Seele. Ma. Dichtungen insbesondere aus dem Kreis der dt. Mystik. Mainz 1920, S. 3–5. – Friedrich Schulze-Maizier (Hg.): Mystische Dichtung aus sieben Jahrhunderten (Der Dom 9). Leipzig 1925 (Nachdr. Frankfurt/M. 1980) S. 98 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 357–359; 11 (2004) Sp. 707 f. – H¨ofler (s. Ausg.) S. 97–99. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2. Leipzig 1881, S. 138. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. u. 15. Jh. Diss. Greifswald 1936, S. 56 f. – K. Ruh: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230 (wieder in: K. R.: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211, hier S. 210 [S. 190]). – Loris Sturlese: Alle origini della mistica speculativa tedesca. Antichi testi su Teodorico di Freiburg, Medioevo. In: Rivista di storia della filosofia medievale 3 (1977) S. 21–87, hier S. 31–36. – Ders.: Mystik und Philosophie in der Bildtheorie Meister Eckharts. Eine Lekt¨ure v. Pred. 16 a Quint. In: FS Walter Haug und Burghart Wachinger. Hg. v. Johannes Janota u. a. Bd. 1. T¨ubingen 1992, S. 349–361. – Ders.: Ich wil vch sagen mere. Das sogenannte ‹Gedicht auf Meister Eckhart›. In: PBB 114 (1992), S. 493 f. – Ruth Meyer: ‹Maister Egghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994) Sonderheft Mystik. Hg. v. Christoph Cormeau, S. 63–82, hier S. 66, 76–78. – Ren´e Wetzel: Dt. Hss. des MA in der Bodmeriana [...] (Bibliotheca Bodmeriana Kataloge 7). Cologny-Gen´eve 1994, S. 213–215. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 318–321, 334–336, 461 f. und 572 (Reg.). BJ In dulci iubilo. – Lat.-dt. Weihnachtslied (14. Jh.). I. d. i. ist das a¨ lteste bekannte lat.-dt. geistliche Lied; der Ursprung liegt wahrscheinlich in der 389

Mitte 14. Jh. ¨ Mitte des 14. Jh. Die Uberlieferung erfolgte in zwei Fassungen, die sich durch Strophenanzahl und -form unterscheiden. Als sog. Großes I. d. i. liegt das Lied in einer ndl.-nd. Fassung in zehnzeiligen Strophen vor. Das Lied in dieser Fassung ist zuerst in ¨ der Vita Heinrich → Seuses bezeugt. Altester bislang bekannter Textzeuge ist Mainz, StB, Hs I 164, 200v (Ende 14. Jh.). Die obd. Fassung, das sog. Kleine I. d. i. in siebenoder achtzeiligen Strophen, liegt dem heute in Deutschland verbreiteten Lied zugrunde. Die a¨ lteste bekannte Aufzeichnung ist Leipzig, UB, Ms 1305, 116r (aus Schlesien, um 1420). Thematisch behandeln die den beiden Fassungen gemeinsamen Strophen die Aufforderung zum Weihnachtsjubel, Hoffnung auf Trost durch das Jesuskind und die Sehnsucht nach ihm und nach der ewigen Freude. In der Zweisprachigkeit des Liedes spiegelt sich der Dialog des Priesters bzw. der Gl¨aubigen mit den Laien wider; ab dem 16. Jh. ist eine Tendenz zu einsprachigen Fassungen festzustellen, wobei die Mehrzahl der Texte in der Volkssprache verfasst ist. Im → Liederbuch der Anna von K¨oln findet sich eine rein lat. Fassung. ¨ ¨ Uberlieferung: Uberliefert in zahlreichen Handschriften vom Ende des 14. bis ins 16. Jh. sowie in gedruckten Gesangb¨uchern seit dem 16. Jh. Vgl. dazu Janota (s. Lit.) Anm. 722. – Lipphardt 1972 (s. Ausg.). – Kornrumpf (s. Lit.) S. 176–187. Ausgaben: August H. Hoffmann von Fallersleben: I. d. i. [...] Hannover 21861, Nr. 14 f. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 483–486. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886, S. 308–312. – Walter Salmen/Johannes Koepp (Hg.): Liederbuch der Anna v. K¨oln (Denkm¨aler rheinischer Musik 4). D¨usseldorf 1954, Nr. 3 f. – Eliseus Bruning: De Middelnederlandse Liederen van het onlangs ontdekte Hs. van Tongeren, Antwerpen/Amsterdam 1955. – C. Gottwald: Das Konstanzer Fragm. In: Acta musicologa 34 (1962) S. 155–161. – Walther Lipphardt: Nd. Reimgedichte und Lieder des 14. Jh. in den ma. Orationalien der Zisterzienserinnen von Medingen und Wienhausen. In: NdJb 95 (1972) S. 95 f. – Burghart Wachinger (Hg.): Dt. Lyrik des sp¨aten MA (Bibl. Dt. Klassiker 191). Frankfurt/M. 2006, S. 482–489. Literatur: B. Wachinger, VL2 4 (1983) Sp. 368–371. – Friedrich Spitta: I. d. i. nun singet und seid froh! In: Monatsschr. f¨ur Gottesdienst 390

Mitte 14. Jh. und kirchliche Kunst 14 (1909) S. 363–373. – Salmen/Koepp (s. Ausg.). – Joseph Smits van Waesberghe: Das Weihnachtslied I. d. i. und seine urspr¨ungliche Melodie. In: FS H. Osthoff. Hg. v. Lothar Hoffmann-Erbrecht/Helmut Hucke. Tutzing 1961, S. 27–38. – K. Ameln: Ein vorreformatisches Gebet- und Andacht-Buch [...] In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 10 (1965) S. 131–138. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – W. Lipphardt: Dt. Kirchenlieder in einem nieders¨achsischen Zisterzienserinnenkloster des MA. In: Kerygma und Melos. FS Christhard Mahrenholz. Hg. v. Walter Blankenburg u. a. Kassel u. a. 1970, S. 310–318. – Ders. 1972 (s. Ausg.) S. 66–131. – Wolfgang Jungandreas: Das Ms. 1305 der UB Leipzig. Eine Hs. aus Schlesien. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 17 (1972) S. 205–212. – ¨ Gisela Kornrumpf: I. d. i. Neue Aspekte der Uberlieferungsgesch. beider Fassungen des Weihnachtsliedes. In: Edition und Interpretation. FS f¨ur Helmut Tervooren. Hg. v. Johannes Spicker. Stuttgart 2000, S. 159–190. – Hermann Kurzke: I. d. j. In: Geistliches Wunderhorn. Große dt. Kirchenlieder. Hg. v. Hansjakob Becker u. a. Mu¨ nchen 2001, S. 51–59. – Anne-Dore Harzer: I. d. i. Fassungen und Rezeptionsgesch. des Liedes vom 14. Jh. bis zur Gegenwart (Mainzer hymnologische Stud. 17). T¨ubingen 2006. – Wachinger 2006 (s. Ausg.) S. 945–950. SF Resonet in laudibus (Magnum nomen domini; Joseph lieber neve mein). – Initien eines Komplexes ¨ von Weihnachtsges¨angen; zahlreiche Uberlieferungen vom 14. bis zum 17. Jh. Die lat. Cantio R. i. l. ist in u¨ ber 20 Handschriften bekannt und zeigt in den verschiedenen ¨ Uberlieferungen drei bis zehn vierzeilige Strophen; h¨aufig ist die Verbindung mit der Cantio Magnum nomen. ¨ ¨ Uberlieferung lat. Tradition: Alteste Zeugen: Erfurt, Wiss. Bibl., Ampl. Qu. 23, 126r. – Graz, UB, Ms. 756, 187r-188r (1345, → Seckauer Cantionale). – M¨unchen, UB, 2° cod. ms. 156, 246rv (1355–60, Moosburger Graduale). Ausgaben: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 1. Leipzig 1864, Nr. 348–354. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886, S. 299–306. – G. Benoit-Castelli: L’antienne 391

Resonet in laudibus ´ ‹Ecce nomen Domini Emmanuel› In: Etudes Gr´egoriennes 2 (1957) S. 131–149. – Ren´e-Jean Hesbert (Hg.): Corpus Antiphonalium Officii 3. Rom 1968, Nr. 2526. – Konrad Ameln: R. i. l. – ‹Joseph, lieber Joseph mein›. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 15 (1970) S. 52–66. Dt. Fassung: Die dt. Version Joseph lieber neve mein, welche die Melodie der lat. Cantio verwendet, wurde h¨aufig dem → Mo¨ nch von Salzburg zugeschrieben, da die beiden Handschriften der BSB haupts¨achlich seine Lieder enthalten. Seine Verfasserschaft konnte jedoch nicht belegt werden. Zwei Strophen (Dialog Maria-Joseph), die zumeist am Anfang stehen, haben keine lat. Entsprechung. Das Lied steht im Zusammenhang mit dem Brauch des weihnachtlichen «Kindelwiegens»: Leipzig, UB, Ms. 1305, 115rv. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 715, 130r–131r. – Ebd., Cgm 1115, 39rv. – Michaelbeuern, Stiftsbibl., Man. cart. 1, 85r. – → Hessisches Weihnachtsspiel. – Sterzinger (Tiroler) Weihnachtsspiel. Ausgaben: August H. Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861, S. 419. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1864, Nr. 605 f. – Ameln 1970 (s. Ausg.) S. 68 f. – Franz V. Spechtler (Hg.): Die geistlichen Lieder des M¨onchs von Salzburg. (Quellen und Forschungen zur Sprachund Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin 1972, G 22. – Ders.: Eine neue Hs. zum M¨onch v. Salzburg aus Michaelbeuern (Salzburg). In: Litterae Ignotae 50 (1977) S. 39–44. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 7 (1989) Sp. 1226–1231. – Wolfgang Irtenkauf: Die Weihnachtskomplet im Jahr 1345 in Seckau. In: Die Musikforschung 9 (1956) S. 257–262. – BenoitCastelli (s. Ausg.). – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968. – Ameln 1970 (s. Ausg.). – Walther Lipphardt: ‹Magnum nomen Domini Emanuel› In: ebd. 17 (1972) S. 194–204. – Franz Viktor Spechtler: Lied und Szene im ma. dt. Spiel. In: Tiroler Volksschauspiel. Hg. Egon K¨uhebacher. Bozen 1976, S. 337–348. – Ders.: ‹Josef, lieber Josef mein›. Text und Melodie im MA. In: Die Volksmusik im Lande Salzburg. Wien 1979, S. 183–193. – W. Lipphardt: Dt. Antiphonenlieder des Sp¨atMA in einer Salzburger Hs. (Michaelbeuern Ms. cart. 1) In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 27 (1983) S. 39–82. – B. Wachinger: Der 392

Lentulus-Brief uber ¨ Christi Gestalt Mo¨ nch v. Salzburg (Hermaea, NF 57). T¨ubingen 1989. SF Der Kubeler. ¨ – Prediger, 14. Jh. Von K. ist nur ein Predigtexempel aus der dt. Dicta-Sammlung der Berliner Handschrift Mgq 191, 368v (um 1400, alemannisch) u¨ berliefert. Das Exempel handelt von einem Menschen, der nach einer Christusvision im leidenden Leben verharrt, nachdem er sich davor dar¨uber beklagt hatte. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 229 (Nr. VIII). Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 396. BJ Lentulus-Brief uber ¨ Christi Gestalt. – Seit der ¨ Mitte des 14. Jh. bekannte Ubersetzungen der sog. Epistula Lentuli, die wahrscheinlich im 13. Jh. entstanden sind. Die dt. Fassungen folgen dem sog. Annalen-Text a und sind mehrheitlich in Mystikerhandschriften u¨ berliefert. Im Unterschied zum NT, dem jegliche Hinweis auf die Gestalt Jesu fehlt, bietet der L.-B. die Idealbeschreibung eines auch a¨ußerlich sch¨onen und edlen Menschen. Nach dem L.-B. war Jesus von schlanker, mittelgroßer Gestalt mit ehrw¨urdigem Antlitz. Die Beschreibung schließt mit Ps 44,3 («Du bist der sch¨onste unter den Menschenkindern»). Das L.-B.-Christusbild wurde u. a. in das → Evangelium Nicodemi (Dobsch¨utz, S. 309**) in → Ludolfs von Sachsen Vita Jesu Christi (Vorlage f¨ur das mndl. Bonaventura-Ludolphiaanse Leven van Jezus, Text bei De Bruin) und in den Liber gratiae spiritualis der → Mechthild von Hackeborn (Dobsch¨utz, S. 310**) inseriert. ¨ Uberlieferung: Lat. Hss. s. Dobsch¨utz (s. Lit.) S. 308** (ca. 70); alte Drucke ebd., S. 309** f. – Karl Rieder (Hg.): Der sogenannte St. Georgener Prediger. Aus der Freiburger und der Karlsruher Hs. (DTM 10). Berlin 1908, S. XV, (nennt auch ¨ drei bei Dobsch¨utz nicht vermerkte Hss.). – Ubersetzungen ins Dt., Engl., Frz., Ital., Span., Portug. s. Dobsch¨utz, S. 310** f. Auswahl aus den mhd. Texten (14. Jh.): Basel, UB, Cod. B IX 15, 286ra/va. – Ebd., Cod. O I 19, 66vb–67ra (Pap., hier: erstes Viertel 15. Jh., baslerisch). – Leipzig, UB, Ms. 34, 1rb (Perg., 1343, ¨ ostmitteldt.). – Wien, ONB, Cod. 2739, 194v. – va Z¨urich, ZB, Cod. C 76, 160 –161ra. – Ebd., Cod. A 131, 115v–116r (Pap., 1393, s¨udalemannisch). Ausgaben: Lat.: Dobsch¨utz (s. Lit.) S. 318**–324** (krit., mit Lesarten). – Mhd.: 393

Mitte 14. Jh. Wilhelm Wackernagel: Beschreibung der Gestalt Christi. In: ZfdA 4 (1844) S. 574 f. (Z¨urich C 76). – Franz Pfeiffer: Mitteldt. In: Germania 7 (1862) S. 227 f. (Leipzig 34). – Ernst v. Dobsch¨utz, in: Zs. f¨ur wissenschaftliche Theologie 42 (NF 7) (1899) S. 459–461 (Wien 2739 und Leipzig 34). – Adolphe L´eon Corin: Sermons de J. Tauler. Bd. 2. Li`ege/Paris 1929, Nr. 66, S. 463 f. (Wien 2739). – Cebus C. de Bruin: Middelnederlandse Geestelijk Proza. Zutphen 1940, S. 29 f. (BonaventuraLudolphiaanse Leven van Jezus). Literatur: Adolf Harnack: Lentulus. In: Realencyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche2 8 (1881) S. 548–551. – Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 705–709; 11 (2004) Sp. 918. – Anette Rudolph: Lentulus. In: LThK3 6 (1997) Sp. 813 f. – Marco Frenschkowski: Lentulusbrief. In: RGG4 5 (2002) Sp. 263. – Ernst v. Dobsch¨utz: Christusbilder. Unters. zur christlichen Legende (Texte und Unters. zur Gesch. der altchristlichen Lit. 18, NF 3). Leipzig 1899, S. 308–330. – Ders.: Zum Lentulus-Briefe. In: Zs. f¨ur wiss. Theologie 42 (1899) S. 457–466 (mit dt. und italieni¨ scher Ubers.). – Vera Icon. 1200 Jahre Christusbilder zwischen Alpen und Donau. Hg. v. Di¨ozesanmuseum f¨ur Christliche Kunst des Erzbistums Mu¨ nchen und Freising. M¨unchen/Z¨urich 1987, S. 49. – Alex Stock: Poetische Dogmatik. Christologie 2: Schrift und Gesicht. Paderborn u. a. 1996, S. 225–229. – Philine Helas: Lo ‹smeraldo› smarrito, ossia il ‹vero profilo› di Cristo. In: Il volto di Cristo. Hg. v. Giovanni Morello/Gerhard Wolf. Mailand 2000, S. 215–239, hier S. 220–223, Abb. S. 232–234, Kat. V.7–V.9, S. 243–245. – Gerhard Wolf: Urbilder Christi. In: Ansichten Christi. Christusbilder v. der Antike bis zum 20. Jh. Hg. v. Roland Krischel u. a. K¨oln 2005, S. 97–103 mit Kat.-Nr. 24–40, S. 104–139, hier S. 132–135 (Kat.-Nr. 38: Diptychon mit dem Text des Lentulusbriefes und Profilansicht des segnenden Christus, um 1500). – Hubert Herkommer: Die Sch¨onheit des Gottessohnes und der Gottesmutter. Hist. Betrachtungen zur ¨ Asthetik des Heiligen. In: Sch¨onheit und Maß. Beitr. der Eranos-Tagungen 2005 und 2006. Hg. v. Erik Hornung/Andreas Schweizer. Basel 2007, S. 67–69. – Ders.: Heiliges Antlitz und heiliges Maß. Zu Aussehen und Gr¨oße des Menschensohnes. In: Das Heilige Grab, das Heilige Kreuz und die Wahre L¨ange Christi. Hg. v. Gabriele Holthuis. Schw¨abisch Gm¨und 2008, S. 67–105, hier S. 87 f. mit Abb. 57. BJ 394

Mitte 14. Jh. Lob der Jungfrau Maria (Unser Frauen Lob). – Lobgedicht von 324 Reimpaarversen, wahrscheinlich 14. Jh. Der unbekannte Verfasser, der sich in V. 20 «arm iunger man» nennt, gibt sein als weltliche Minnerede angelegtes Werk ab V. 97 f. als weltlichgeistliche Kontrafaktur, als Lobrede auf die Jungfrau Maria zu erkennen, f¨uhrt jedoch nie den Namen «Maria» an. Ihr werden die drei «Tugenden» der Sonne («sch¨on», «hitz» und «clarheit») zugesprochen; nach diesen Themen ist die in viertaktigen Reimpaarversen verfasste Dichtung dreigliedrig gestaltet. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Don. 104 (→ Liedersaal-Hs.), 253vb–255va. – Heidelberg, UB, Cpg 313, 357r–362v. Ausgabe: Joseph v. Lassberg: Lieder Saal. Das ist: Sammelung altteutscher Gedichte. Bd. 3. St. Gallen u. a. 1846 (Nachdr. 1968) S. 525–535. Literatur: Peter Kesting, VL2 5 (1985) Sp. 870–872. – Ders., MarLex 4 (1992) S. 136 f. – Tilo Brandis: Mhd., mnd. und mndl. Minnereden. Verz. der Hss. und Drucke. M¨unchen 1968. SF Vom Nutzen des Schweigens und Sch¨aden des unnutzen ¨ Redens. – Mystisch-aszetische Spruchfolgen, 14. Jh., → Augustinus zugeschrieben. Das Schweigen wird zun¨achst als geistliche «Zucht» der Ordensleute, dann ausgeweitet als Garant f¨ur alle aszetischen Tugenden des geistlichen Lebens gesehen. Die komplement¨aren Texte von den Sch¨aden des unn¨utzen Redens werden ebenfalls Augustinus zugeschrieben. ¨ Uberlieferung: Ein Teil der reichen und vielge¨ staltigen Uberlieferung, fast durchweg in Sammelhandschriften mit geistlichen Betrachtungen aus Kl¨ostern, ist nachgewiesen bei Illing (s. Lit.) S. 80 f. und bei Ruberg 1978 (s. Lit.) S. 241–243. Zusammen mit den Nutzen des Schweigens sind manchmal auch (meist 10) Sch¨aden des unn¨utzen Redens u¨ berliefert. Ausgaben: Kurzfassung (7 Nutzen) bei Bartsch (s. Lit.) S. 199, 9–15; ausgebaute Fassung («15 Nutzen» mit «10 Sch¨aden») bei Ruberg 1978 (s. Lit.) S. 241–247. Literatur: Uwe Ruberg, VL2 6 (1987) 1262 f. – Karl Bartsch: Spr¨uche und Verse dt. Mystiker. In: Germania 18 (1873) S. 195–200. – U. Ruberg: Beredtes Schweigen in lehrhafter und erz¨ahlender dt. Lit. des MA. Mit kommentierter Erstedition 395

Lob der Jungfrau Maria sp¨atma. Lehrtexte u¨ ber das Schweigen (M¨unstersche MA-Schr. 32). M¨unchen 1978, S. 30, 241–247. BJ Der Regensburger. – So nennt sich der urkundlich nicht bezeugte Verfasser der mhd. Reimpaardichtung Dy Gepurt Christi (14. Jh.) in 226 Versen. Der Text wird durch eine mit einer BaumAllegorie verbundene Anrufung der Trinit¨at er¨offnet; es folgen die Beschreibung der Verk¨undigung Mariae, Allegorien vom in den Schoß der Jungfrau fliehenden Einhorn und von Gott Vater als Schmied. Nur knapp berichtet der Verfasser die eigentliche Geburt Christi, ausf¨uhrlicher dann die Begegnung der drei K¨onige mit Herodes und deren Anbetung des Heilands. Die Flucht der hl. Fami¨ lie nach Agypten und der Kindermord des Herodes mit darauffolgendem par¨anetischem Epilog, im Rahmen dessen sich D. R. direkt an den Leser richtet, beschließen das Werk. In der Geburt Christi finden sich keinerlei Zitate oder Angaben von Autorit¨aten und Quellen; einzig Ankl¨ange an → Reinmar von Zweter werden deutlich. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 714, 198v–203v (Raum N¨urnberg, drittes Viertel 15. Jh., bair. mit md. Einfluss). Ausgabe: Walther v. Wickede: Die geistlichen Gedichte des cgm 714. Diss. Rostock 1909, S. 79–85. Literatur: Karin Schneider, VL2 7 (1989) Sp. 1092 f. – Wickede (s. Ausg.) S. 77–119. – Tilo Brandis: Der Harder. Texte und Stud. Bd. 1 (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 13). Berlin 1964, S. 70 (Nr. 29). SF Regensburger Marienklage. – Lat. Marienklage, 14. Jh. Die R. M. geh¨ort zu den dramatischen dt. und lat. Marienklagen, die in Deutschland seit dem 13. Jh. als selbst¨andige Klageszenen nachzuweisen sind und die auf der lat. Planctus-Tradition beruhen. Es treten mit Maria und dem Apostel Johannes unter dem Kruzifix nur zwei Personen auf. In erster Linie sch¨opft die R. M. aus dem Planctus ante nescia des Geoffroy (Gottfried) von Breteuil, von dem neun ihrer elf Strophen herr¨uhren. Sie war wom¨oglich Bestandteil einer «Adoratio crucis»-Feier. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, Clm 14094, 44v–45r (Perg., erste H¨alfte 14. Jh.). – Ebd., Clm 26947 (15. Jh.). 396

Der mynnen rede Ausgabe: Karl Young: The Drama of the Medieval Church. Bd. 1. Oxford 1933 (Nachdr. ebd. 1962, 1967) S. 699 f. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1934) S. 568 f. – De Boor/Newald 3,2 (1987) S. 199. – Rolf Bergmann/Christoph Treutwein, Marienlex 3 (1991) S. 558 f. (Deutschsprachige M.); Wilhelm Breuer, ebd. S. 559–561 (Mndl. M.). – G¨unter Bernt, Marienlex 5 (1993) S. 247 f. (Planctus. Lat. Tradition). – ¨ Anton E. Sch¨onbach: Uber die M. Ein Beitr. zur Gesch. der geistlichen Dichtung in Deutschland. FS der K. K. Univ. in Graz zur Jahresfeier am 15. November 1874. Graz 1874, S. 197–199. – Gerd Seewald: Die M. im mlat. Schrifttum und in den germ. Lit. des MA. Diss. Hamburg 1952. – Rolf Bergmann, Stud. zu Entstehung und Gesch. der dt. Passionsspiele des 13. und 14. Jh. (M¨unstersche MA-Schr. 14). Mu¨ nchen 1972, S. 195. – Klaus Gamber: Ecclesia Regenensis. Stud. zur Gesch. und Liturgie der Regensburger Kirche im MA (Studia patristica et liturgica 8). Regensburg 1979, S. 255. – Ulrich Mehler: M. im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Bd. 1: Darstellungstl. (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997, S. 28–30, 198, 214. VZ Reimregel fur ¨ eine geistliche Jungfrau. – Reimpaardichtung mit mystischem Einschlag, 14. Jh. Das Gedicht verdankt seine Benennung einem Randeintrag Daniel Sudermanns, in dessen Besitz sich der unikal u¨ berliefernde Codex befand: Reimen. Regel einer jungen schwester leben (nach dem Schlussvers der Dichtung). Regelcharakter im strengen Sinne, also in Form einer affirmativen Unterweisung von Novizen, haben aber nur die letzten 9 der insgesamt 36 Reimpaare. Zwar ist der Sprecher durchgehend ein Spiritual, doch stellt der vorangehende Teil eher eine allgemeine Anleitung zur christlichen Lebensf¨uhrung dar. Die Verse weisen eine deutliche N¨ahe zur spezifischen Sprache der Mystik auf. Eine Parallele zu → Heinrich von N¨ordlingen ist auszumachen und einige Elemente erinnern an die → Granum sinapis-Sequenz, die aber keine direkte Quelle zu sein scheint. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 64 (→ Eckhart-Hs. B2), 11v–12r (Perg., 14. Jh., aus dem Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis [?], sp¨ater im Besitz Daniel Sudermanns. els¨assisch). – In abweichender Fassung ist 397

Mitte 14. Jh. das Gedicht Teil der sp¨aten Druckausgabe der Historia Tauleri (vgl. Johannes → Tauler). Nhd. Ausgabe der Druckfassung: Friedrich Schulze-Maizier: Mystische Dichtung aus sieben Jh. (Der Dom 9). Leipzig 1925. Neuausg. Frankfurt/M. 1980. Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 Sp. 1152 f. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. und 15. Jh. Diss. Greifswald 1936. VZ Von der Minne I. – Geistlicher Traktat des 14. Jh. Hauptthema des vielleicht von einem Franziskaner verfassten Traktats (Incipit: «Wer got von hertzen mynnen wyl») ist die «hohe Minne», die nur von Gott verliehen werden kann. Sie f¨uhrt die Seele zu Gott und vereint sie mit ihm. Als Kontrapunkt wird auch die «niederste Minne» beschrieben. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 955, S. 7–19 (Perg. und Pap., erste H¨alfte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Gießen, UB, Hs. 879, 23v–27v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., nordschw¨abisch; ohne den Anfang). Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 543. BJ Der mynnen rede (Das Gedicht von der Liebe). – Leben-Jesu-Dichtung, 14. Jh. Ohne Prolog stellt die 923 (bzw. 1072) Reimpaarverse umfassende Dichtung gleich zu Beginn das zentrale Argument der spirituellen Aussage in den Vordergrund: Die Erschaffung von Himmel und Erde hat seine Begr¨undung allein in der Minne Gottes. Um zur gnadenhaften Geburt Christi aus der g¨ottlichen Minne heraus u¨ berzuleiten, schildert der Verfasser in geraffter Form den g¨ottlichen Rat bei der Erl¨osung des Menschen nach dem S¨undenfall. Mit V. 59 beginnt die Kindheitsgeschichte Jesu. Jesus, im Gespr¨ach mit seinem Vater, entscheidet sich selbst den Menschen mit seiner eigenen Fleischwerdung und seinem Tod zu erl¨osen. Darauf folgen Empf¨angnis, Geburt, Beschneidung, Tempelopfer und die Flucht ¨ nach Agypten. Ab V. 355 folgen die Schilderungen von Taufe, W¨ustenexil und Versuchung, Tempelbesuch, Berufung der Apostel, Predigen und Wundertaten, Petrus, Zacharias, Ehebrecherin, Maria Magdalena, Simon, Speisung der 5000 und der Erweckung des Lazarus. Der letzte Teil der Dichtung beginnt bei V. 831 mit dem Einzug in Jerusalem, 398

Mitte 14. Jh. Reinigung des Tempels und R¨uckkehr nach Bethanien. Am Ende des Textes wird so etwas wie ein Titel genannt: «Mynnenrede». Statt der Schilderung von Passion, Tod und Auferstehung Christi stehen nach dem mutmaßlichen Textende nun drei kleinere Gedichte, die wohl nicht zum urspr¨unglichen Textbestand geh¨ort haben. «Gottes Wunden» (21 Verse) ist eine Mischung aus Ermahnung und Anleitung zur Wundenkontemplation mit entsprechender Heilsverheißung; «Christi Tagzeiten» (108 Verse in 9 Strophen) schildert in kurzen Passagen an den Tagzeiten die Leidensstationen Christi, wobei auch hier der Akzent auf Ein- und Mitf¨uhlung liegt. Acht zus¨atzliche Verse verheißen dreihundert Tage Ablass f¨ur das Sprechen des Gebets. «Marien Tagzeiten» (20 Verse) besteht unvollst¨andig aus nur 2 Strophen (Mette, Prim). Der unerwartete Schluss mit Vers 923 vor den kurzen Gedichten spricht gegen die Originalit¨at des Textes. Die einsilbigen Reime sind nach Heinzel «ungenauer als die irgend eines nrhein. des 14 und 15 jhs.» (S. 3). Versbau und Reimh¨aufung zeigen deutliche Verwandtschaft mit der zeitgen¨ossischen Reimprosa (z.B. → Von den f¨unfzehn Graden oder → Die Geistlichen Lilien). Typisch f¨ur den innigen, auf spirituelle Erbauung des Publikums (oder zur privaten Kontemplation) bestimmten Stils sind die Christus- und Marienattribute. Der kontemplative Stil wird gelegentlich aufgebrochen durch predigthafte Anweisungen f¨ur den geistlichen Alltag. Dem entspricht das neben dem sonst vereinnahmenden «wir» manchmal auftretende lehrhafte «ich» (V. 340, pass.). Gelegentlich weist der Text h¨ofische Terminologie und Motivik auf: z. B. das Kind in Elisabeths Bauch «turnierde und spilde» (V. 158). Eine Kompilation neuer Reime mit einem a¨lteren mitteldeutschen Gedicht h¨alt Heinzel f¨ur m¨oglich (S. 5). Eine wie auch immer geartete lat. Vorlage von bescheidener Gelehrsamkeit (Beckers) hat es wahrscheinlich gegeben. Nicht nur weist der Text zahlreiche lat. Einsprengsel auf, die er mit ausreichender Sprachkenntnis in die deutschen S¨atze einzubauen verstand. Zum Teil deuten anaphorische Verweise ins Leere (vgl. V. 186 f.), oder Verlesungen aus dem Lateinischen f¨uhren zu falschen Angaben (vgl. V. 905, V. 722 ff.) (Heinzel, S. 6). Der Verfasser sch¨opft meist aus den Evangelien und apokryphen Schriften. Pr¨azisere Quellenverweise auf Hieronymus lassen sich nicht identifizieren, sind vielleicht auch falsch. (vgl. V. 110, 254). Inhaltlich 399

Neptalym cervus emissus Ungew¨ohnliches findet sich etwa in Bezug auf Jesu Selbstpropehtie (V. 130–133), die Bef¨ahigung in der Sternenkunde der drei K¨onige (V. 237–252) oder dass der Br¨autigam von Kana Ju¨ nger Jesu gewesen sei (V. 426 f.). ¨ Uberlieferung: G¨ottweig/Nieder¨osterr., Stiftsarch., Cod. B 25 (alt 426), 105va–112ra (Perg., 14. Jh., mittelfr¨ankisch). Ausgaben: Heinrich Hoffmann: Altdt. Hss. IV. In: Altdt. Bll. 2 (1840) S. 85 f. (Auszug). – Richard Heinzel: Vier geistliche Gedichte. In: ZfdA 17 (1874) S. 1–57 (Text S. 12–39). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 2 (1980) Sp. 831 f. – Heinzel, Vier geistliche Gedichte. – Eduard Johann M¨ader: Der Streit der ‹T¨ochter Gottes›. Zur Gesch. eines allegorischen Motivs (Europ¨aische Hochschulschr. Reihe Dt. Lit. und Germanistik 41). Bern, Frankfurt/M. 1971, S. 66. – Mattias Tveitane: The Four Daughters of God. A Suppl. In: Neuphilol. Mitt. 81 (1980) S. 409–415 (zum T¨ochterstreit-Motiv). CS Neptalym cervus emissus. – Eine nach ihren Anfangsworten benannte allegorische Karfreitagspredigt eines unbekannten geistlichen Verfassers, Mitte oder zweite H¨alfte 14. Jh. Behandelt wird die Passion Christi unter dem Bild einer Hirschjagd: Christus ist der gejagte Hirsch, seine J¨unger sind die Beihirsche, die von Judas angef¨uhrten Verfolger die Meutehunde; Teufel, Kaiphas, Pilatus und Herodes stellen die J¨ager dar. Durch die umfangreichen Angaben u¨ ber die Jagdtechnik, die dazu dienen, die Allegorie verst¨andlicher zu machen, ist der Text von bedeutendem kulturgeschichtlichem Interesse. Der nicht vollst¨andig erhaltene Text ist in lat. Sprache abgefasst und enth¨alt zur Verdeutlichung zahlreiche mhd. Fachausdr¨ucke. ¨ Uberlieferung: Graz, UB, Cod. 1264, 3v–9r (um 1400). Ausgabe: Kurt Lindner: ‹De arte bersandi›, ein Traktat des 13. Jh. u¨ ber die Jagd auf Rotwild. und ‹N. c. e.›, eine Jagdpredigt des 14. Jh. (Quellen und Stud. zur Gesch. der Jagd 1). Berlin 1966. Literatur: K. Lindner, VL2 6 (1987) Sp. 904 f. – Anton E. Sch¨onbach: Miscellen aus Grazer Hss. 7. In: Mitt. des hist. Ver. f¨ur Steiermark 46 (1898) S. 192–201. – Lindner 1966 (s. Ausg.). – Hans Zotter: Die Bibl. des Zisterzienserstiftes Neuberg in der Steiermark. In: Zisterziensisches Schreiben im MA – Das Skriptorium der Reiner M¨onche. 400

Mittelrheinische Marien Himmelfahrt Beitr. der Internationalen Tagung im Zisterzienserstift Rein, Mai 2003. Hg. v. Anton Schwob/Karin Kranich-Hofbauer (Jb. f¨ur Internationale Germanistik, Reihe A, Kongressber. 71). Bern 2005, S. 89–100, hier S. 96 f. SF Ich man dich vater Jhesum Christ. – Sp¨atestens seit der Mitte des 14. Jh. in geistlichen Sammelhandschriften und vor allem in GebetbuchHandschriften u¨ berliefertes Reimgebet. Thematisch behandelt die zu Andachtszwecken dienende Dichtung die Passion Jesu. Mit der Formel «ich man dich» wendet sich der Betende an den Erl¨oser und bittet um Vergebung seiner S¨unden. Der Text ist in sieben anaphorische Versikel mit durchschnittlich zehn Reimpaarversen gegliedert; eingeschoben sind Paternoster. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 4350, 36v. – Breslau/Wroclaw, UB, Cod. I Q 466, 88r–89r. – Br¨unn/Brno, Stadtarch., Fond V 2 (Svatojakubsk´a knihovna), Cod. 105/94, 328v–330r. – → Gebetbuch f¨ur Barbara Ulstatt. – → Gebetbuch f¨ur Georg Schedel aus N¨urnberg. – Frankfurt/M., UB, Ms. Praed. 158, 97r-v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5249/59d, 2v (fragm.). – Stuttgart, LB, Cod. brev. 25, 133r–133v (Nachtrag). – Weitere Nachweise bei Janota 1968 (s. Lit.) S. 50 f. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 675. Literatur: Johannes Janota, VL2 4 (1983) Sp. 351 f.; 11 (2004) Sp. 707. – Ders.: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA. M¨unchen 1968, S. 50 f. – Ders.: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 227. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Fragm. Cgm 5249–5250 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,8). Wiesbaden 2005, S. 108 f. SF Melker Gebete an die Dreifaltigkeit. – Vier bruchst¨uckhaft u¨ berlieferte bair.-¨osterr. Paarreimgebete von insgesamt 125 Versen. Die ausschließlich aus dem Abdruck J. Diemers bekannten Gebete sind an Gott Vater, Sohn und den Hl. Geist gerichtet; sie enthalten Lobpreisungen des Sch¨opfers bzw. seiner Sch¨opfung und Bitten um Erl¨osung von den S¨unden und ewiges Leben. Da die Texte zum Großteil in der Ich-Form 401

Mitte 14. Jh. dargeboten werden und eher privaten Charakter aufweisen, ist die Herkunft aus einem Privatgebetbuch m¨oglich. Es ist keine lat. Vorlage bekannt. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., o. S., zwei oben beschnittene Pergamentbll. im Duodezformat (14. Jh., bair.; verschollen). Ausgabe: Joseph Diemer: Kleine Mittheilungen 3. Bruchst¨ucke dt. Gebete an die H. Dreieinigkeit. In: Germania 3 (1858) S. 355–359. Literatur: Ursula Schulze: Reimgebet. In: LexMA 7 (1995) Sp. 655 f. – Christine Glaßner, VL2 11 (2004) Sp. 988 f. – Peter Ochsenbein: Deutschsprachige Privatgebetb¨ucher vor 1400. In: Dt. Hss. 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Hg. v. Volker Honemann/Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1988, S. 379–398, hier S. 381 f. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 446. SF Die minnende Seele. – Brautmystisches Gedicht des 14. Jh. Das Gedicht mit dem Titel Von der minnenden sele gar s¨usse st´uk und dem Incipit «In diner rechten hant on underlas» geh¨ort zum Umkreis kl¨osterlicher Christusmystik (vgl. → Christus und die minnende Seele). Die Dialogform ist aufgegeben, nur die liebende Seele a¨ ußert sich, sehnt den Br¨autigam herbei, teilt Freude und Schmerzen mit. Ein lat. Dictum schafft Z¨asuren, wodurch sich 31 Strophen ergeben. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. Rh. 119, 166r–169r (Perg., fr¨uhes 15. Jh., westl. Hochalemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 582. BJ Mittelrheinische Marien Himmelfahrt. – Dichtung des 14. Jh., entstanden im westmitteldt. Raum. Die fragmentarische M. M. H. z¨ahlt zu jener Gruppe dt. Dichtungen von → Marien Himmelfahrt, die sich nach der → Vita beatae virginis Mariae et Salvatoris rhythmica richten; sie beabsichtigt eher Lobpreis als Bericht. Auf eine Einleitung und eine Zwischenrede des Erz¨ahlers folgt, ohne den Bericht von Tod und Begr¨abnis, die Erz¨ahlung der Auffahrt Mariens in den Himmel. ¨ Uberlieferung: Privatbesitz Friedrich G¨undel, Frankfurt/M., ohne Signatur (ein Doppelbl. aus 402

Mitte 14. Jh. sieben Pergamentstreifen von insg. 229 Versen, abgel¨ost aus dem Einband einer 1788 f¨ur Endter in N¨urnberg gedruckten Bibel; verschollen). Ausgabe: Friedrich G¨undel: Bruchst¨uck eines mittelrheinischen Marienlebens. In: ZfdA 68 (1931) S. 233–243. Literatur: Johannes Beumer: Leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel. In: Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Bd. 1. Regensburg 1967, S. 421–438. – Peter Kern, VL2 5 (1985) Sp. 1270–1276; 11 (2004) Sp. 968 f. – Anton Ziegenaus u. a.: Himmelfahrt Mariae. In: MarLex 3 (1991) S. 199–208. – Urban K¨usters: Mariendichtung. In: RGG4 5 (2002) Sp. 814–818. – G¨undel (s. Ausg.). – Monika Haibach-Reinisch: Eine neuer ‹Transitus Mariae› des Pseudo-Melito. Rom 1962, S. 300–310. SF Nikolaus von Landau. – Zisterzienser, Verfasser einer Predigtsammlung. N. stammte wohl aus Landau und lebte als Zisterzienser im Kloster Otterberg bei Kaiserslautern. Ob er mit dem gleichnamigen, um 1370 amtierenden Abt des Klosters identisch war, ist nicht nachzuweisen. N. schrieb dort eine deutschsprachige Predigtsammlung (mit lat. Vorwort), die auf vier B¨ande ¨ angelegt war. Uberliefert sind nur zwei B¨ande (um 1341) mit insgesamt 84 Predigten, die als wahrscheinliche Autographen N.s heute in Kassel erhalten sind. Die folgenden B¨ande sollten weitere 86 Predigten enthalten, wie aus dem Inhaltsverzeichnis in Band 2 hervorgeht. Eine neuere Handschrift in Stuttgart enth¨alt die Predigten des Kasseler Codex nur unvollst¨andig. N. u¨ bernahm die von ihm als Musterpredigten intendierten Texte vor allem aus einer heute verlorenen Fassung der Erfurter Predigtsammlung Paradisus anime intelligentis. Zu den von N. kompilierten Autoren z¨ahlen Meister → Eckhart, Johannes Franke, Florentinus von Utrecht, → Helwic von Germar, → Hermann von Loveia, → Kraft von Boyberg, Eckhart → Rube und → Hane der Karmeliter. Die Vorlagen wurden von N. inhaltlich weitgehend unver¨andert u¨ bernommen. N.s eigener Anteil beinhaltete neben der Kompilation haupts¨achlich die Gliederung (jeweils Bibelzitat, lat. Vorrede, Er¨orterung, inhaltliche Zuweisungen). Die Auswahl zeigt insgesamt eine mystische Tendenz. ¨ Uberlieferung: Verz. bei Schneyer 1974 (s. Lit.), Morvay/Grube 1974 (s. Lit.). – Kassel, UB/LMB, 403

Nikolaus von Landau 4° Ms. theol. 11 (Perg., um 1341, lat.-mitteldt.rheinfr¨ankisch). – Ebd., 4° Ms. theol. 12 (Perg., bald nach 1341, lat.-mitteldt.-rheinfr¨ankisch). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 88, 3r–213r (Pap., 15. Jh., schw¨abisch, unvollst.). Ausgaben: Bartsch 1888. – Zuchold 1905. – Brethauer 1933 (alle s. Lit.). Literatur: ADB 17 (1883) S. 587. – Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 1113–1116; 11 (2004) Sp. 1054. – Carmen v. Samson-Himmelstjerna, MarLex 6 (1994) S. 863 f. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 406–414. – Karl Bartsch: N. v. L. In: Germania 25 (1880) S. 418–420. – Max Zuchhold: Unters. u¨ ber die Predigten des N. v. L. Lauban 1904. – Ders.: Des N. v. L. Sermone als Quelle f¨ur die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises. Halle 1905. Nachdr. Walluf 1972. – Paradisus anime intelligentis. Paradis der fornunftigen sele (DTM 30). Hg. v. Philipp Strauch. Berlin 1919. Nachdr. Hilhesheim 1998. – Karl Brethauer: Neue Eckharttexte. Eine Nachlese bei N. v. L. In: ZfdA 70 (1933) S. 68–80. – Josef Quint: ¨ Neue Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reisebericht. Stuttgart u. a. 1940, S. 218–222. – Johannes B. Schneyer: Repertorium der lat. Sermones des MA 4. M¨unster 21974, S. 332–337. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 97 (T 84). MM Passion Christi in Reimversen. – Anonyme Passionsdichtungen, 14. Jh./15. Jh. Außerhalb der Tradition der Bibelepik des Hoch- und Sp¨atMA, die bis zur Mitte des 14. Jh. reicht, stehen f¨unf teilweise nur im Fragment u¨ berlieferte Versdichtungen, die auf dt. und lat. Passionshistorien und -meditationen des 14. und 15. Jh. beruhen. Von diesen unbeeinflusst ist lediglich die Passionsgeschichte in Reimprosa. Von ihr ist nur ein Doppelblatt erhalten, auf dem in großer Treue zum Bibeltext und ohne sonderliche Ausschm¨uckung die Gerichtsszene vor Pilatus und das Geschehen auf Golgatha bis zur Grablegung geschildert wird. Die Dogmatisch-allegorische Reimbearbeitung der Passion Christi behandelt auf drei u¨ berlieferten Bl¨attern Christi Leiden (1. Bl.), Tod und Begr¨abnis (2. Bl.) und die Auferstehung (3. Bl.). Der lat.-dt. Mischtext ist unvollst¨andig, zwischen dem 2. und 3. Blatt scheint eines zu fehlen. Auf zwei bis vier 404

Paulinische Briefe lat. Verse folgen inhaltlich bezogene auslegende dt. Reimpaare. Eine Quelle f¨ur die Auslegungen der durchg¨angig allegorischen Methode, welche die geschilderten Ereignisse als Bezeichnungen eines geistlich und zumeist heilsgeschichtlichen Vorganges deutet, ist unbekannt. Vom Frauenfelder Passionsgedicht fehlen Anfang und Ende. Der Verlust ist relativ gering, die 860 Verse beginnen mit der Gefangennahme und enden mit Christus am Kreuz, so dass von rund 1000 Versen f¨ur die Gesamtdichtung auszugehen ist. Es handelt sich um den Typus der «Historia passionis», der von drastischen Schilderungen der Marterungen bestimmt ist und auch im Traktat Extendit manum → Heinrichs von Gallen vorliegt. Bemerkenswert ist ein formaler Aspekt: Die durchlaufenden Paarreimverse alternieren nicht, sondern folgen einem u¨ berwiegend daktylischen Takt. Das Passionsgedicht nach dem ‹Extendit manum›Traktat findet sich im sog. Hohenfurter Liederbuch. Es umfasst nahezu 1990 paareimende Verse in 28 betitelten Abschnitten, die jeweils mit einem sechszeiligen Gebet schließen. Hauptquelle ist der PassioTraktat Heinrichs von St. Gallen, der trotz freier Adaption, Erg¨anzungen und Auslassungen deutlich identifizierbar ist. Von unsers herren liden schließlich umfasst 941 Reimverse. Die eigentliche Passion samt Vorgeschichte ist schon nach 172 Versen abgehandelt, dann widmet sich der Text Christi H¨ollenfahrt und der Befreiung der V¨ater des alten Bundes (nach dem → Evangelium Nicodemi) um abschließend ausf¨uhrlich das Ostergeschehen bis zum ungl¨aubigen Thomas zu schildern. Trotz großer Sorgfalt beim Versmaß und den Reimen vermag die Dichtung angesichts erz¨ahlerischer Inkonsistenz und Beschr¨anktheit der Ausdrucksmittel nicht zu u¨ berzeugen. Zus¨atzliche Beachtung verdient eine Passionsdichtung in Versen in einem Codex der Frankfurter UB mit dem Incipit: «In gotes namen heb ich an Der sun mich wol gewisen kan», das man dieser Gruppe wird zurechnen d¨urfen. ¨ Uberlieferung: Passionsgeschichte in Reimprosa: N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 42527, 1 Doppelbl. (Perg., letztes Viertel 13. Jh., [ost-] alemannisch). – Dogmatisch-allegorische Reimbearbeitung: Darmstadt, Staatsarch., Solms-R¨odelheimAssenheim Familienarch., ohne Sign., 1 Doppelbl. und 1 Einzelbl. (Perg., um 14. Jh., hessisch [aus 405

Mitte 14. Jh. der Wetterau]; verschollen). – Frauenfelder Passionsgedicht: Frauenfeld, Kantonsbibl., Cod. Y 80, 10ra–18vb (um 1460/70, o¨ stliches s¨udalemannisch). Das Passionsgedicht ist irrt¨umlich in den Codex innerhalb des Cordiale de IV novissimis dt. des → Gerard van Vliederhoven eingebunden, das auf 9v zun¨achst endet und auf 19r wieder fortgesetzt wird. So sind Anfang und Schluss nicht u¨ berliefert, die sich vermutlich auf anderen Lagen befunden haben. – Passionsgedicht nach dem ‹Extendit manum›Traktat: Hohenfurt (Vyˇsˇs´ı Brod), Stiftsbibl., Ms. 8b, 26v–64r (Pap., um Mitte 15. Jh., bair.- o¨ sterr.). – Von unsers herren liden: London, British Libr., Ms. Add. 24946, 218v–231r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh. aus N¨urnberg, Passionstext: ostschw¨abisch). – Frankfurter Passionsgedicht: Frankfurt/M., UB., Ms. germ. oct. 22, 40r–64v (Perg., 14. Jh. alemannisch). Ausgaben: Passionsgeschichte in Reimprosa: Julius Zacher: Bruchst¨ucke aus der Slg. des Freiherrn von Hardenberg 4. In: ZfdPh 15 (1883) S. 257–296, hier S. 277–280. – Dogmatisch-allegorische Reimbearbeitung: Friedrich Maurer: Eine dogmatischallegorische Reimbearbeitung des Lebens Jesu aus dem 14. Jh. In: FS Hans Vollmer (Bibel und dt. Kultur 11 [15]). Potsdam 1941, S. 364–376. – Passionsgedicht nach dem ‹Extendit manum›-Traktat: Wilhelm B¨aumker: Ein dt. geistliches Liederbuch mit Melodien aus dem XV. Jh. nach einer Hs. des Stiftes Hohenfurt. Leipzig 1895 (Nachdr. Hildesheim 1970) S. 16–38. – Von unsers herren liden: Charles Telford Carr: Von unsers herren liden. A Middle High German Poem. Edited from the British Museum Manuscript, Additional 24,946 (Publications of the University of Manchester, Germanic Series 3), Manchester 1929. Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) Sp. 328–332; 11 (2004) Sp. 1166. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Hg. Ders. Bd. 2. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 772 (zur ‹Passionsgeschichte›). – Birgitt Weimann: Die ma. Hss. der Gruppe Manuscripta Germanica (Kat. der St- und UB Frankfurt/M. 5,4). ¨ Frankfurt/M. 1980, S. 102. – Zum Uberblick vgl. auch die Beitr¨age in: Walter Haug/Burghart Wachinger (Hg): Die Passion Christi in Lit. und Kunst des Sp¨atMA (Fortuna Vitrea 12). T¨ubingen 1993. VZ Paulinische Briefe (dt.). – Dem Apostel Paulus zugeschriebene Briefe des NT in dt. Bearbeitungen. 406

Mitte 14. Jh. ¨ Neben Ubersetzungen innerhalb ganzer Bibeln, des NT oder von Lektionaren sind dt. P. B. in ¨ unabh¨angiger Uberlieferung in der → Augsburger Bibelhandschrift und in mehreren anderen Handschriften u¨ berliefert. Der Bestand der u¨ bersetzten Briefe ist nicht einheitlich; eng zusammen geh¨oren die Texte von Gotha und Salzburg. ¨ Uberlieferung: Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, ¨ Cod. 23 B 19 (1376, bair.). – Wien, ONB, Cod. 2789, 1r–84v (Perg., um 1400, bair.-o¨ sterr. mit mitteldt. Spuren). – Erlangen, UB, Ms. B 14 (Pap., 1424, obd.-schw¨abisch). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. chart. A 21, 144ra–196rb (Pap., Ende 14. Jh., ostmitteldt.). ¨ Ausgabe: Richard Newald: Dt. Ubersetzung der Paulusbriefe nach der Gothaer und der Salzburger Hs. In: Verdeutschung der P. B. v. den ersten Anf¨angen bis Luther [...]. Hg. v. Hans Vollmer u. a. (Bibel und dt. Kultur. Ver¨off. des dt. Bibelarch. in Hamburg 4). Potsdam 1934, S. 8 f., 128–228. Literatur: Heimo Reinitzer, VL2 7 (1989) Sp. 374–376; 11 (2004) Sp. 1172. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) ¨ Sp. 372–385. – Kurt Winckler: Die mhd. Ubersetzung der P. B. in der Augsburger Hs. Diss. Greifswald 1908. – Erich Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMA. In: Neue Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel im MA. Hg. v. H. Vollmer u. a. (Bibel und dt. Kultur. Ver¨off. des dt. Bibelarch. in Hamburg 8). Potsdam 1938, S. 1–91. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. der ¨ ONB. Bd. 1 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1960, S. 300 f. – Martin Roland: ¨ Die Hss. der alten Wiener StB in der ONB (Publ. aus der Wiener Stadt- und Landesbibl. 4). Wien 1999, S. 82 f., Abb. VII. SF Plenarien. – Deutschsprachige, teilweise illustrierte Perikopensammlungen. Fr¨uheste Textzeugen solcher Lektionare sind die → Holzmindener Bibelfragmente und der Wolfenb¨uttler Evangelistar (HAB, Cod 952 Helmstedt, 13. Jh.). Ein vollst¨andiges Plenar umfasst das Evangelistar und Epistolar, ist in Sommer-und Winterteil gegliedert, nach dem Kirchenjahr geordnet und enth¨alt die Lesetexte zu allen Feier-, Wochen- und Heiligentagen. Die ma. handschriftlichen Bezeichnungen der Sammlungen variieren (z. B. «plenari»; «die heiligen te¨utschen Ewangeli und Epistel»; «Plenarium»). Uneinheitlichkeit besteht auch im Hinblick 407

Plenarien ¨ auf die Ubersetzung und den Umfang der Lektionare. Mitunter sind Glossen in Form von Predigten und deren Auslegungen enthalten und zus¨atzliche Texte zu anderen Abschnitten der Messe. Der Gebrauchskontext der P. (Lesung in der Messe, vor Laiengruppen, kl¨osterliche Tischlesung, Schuleinsatz, private Andacht) ist unklar. Von besonderem fr¨ommigkeits- wie literaturgeschichtlichem Interesse sind die glossierten P. Die darin enthalten Homilien zu den Perikopen und integrierten Exempel spiegeln die Bandbreite sp¨atma. literarischer Kleinformen wieder wie Legende, Mirakel, Fabel und Schwank. Diese didaktisch-par¨anetischen Zusatztexte geben Aufschluss u¨ ber Fr¨ommigkeit und kirchliches Leben im dt. Sp¨atMA. Die P. mit Glossen lassen sich in unterschiedliche Gruppen differenzieren; grundlegend sind zwei Typen, auf denen der gr¨oßte Teil aller folgenden ¨ glossierten P. beruht. Alter ist der «Stuttgarter Typ» (nach Stuttgart, LB, Cod. bibl. 4° 22, 15. Jh.) mit 52 Predigten in einheitlich gestalteten Glossen und großer Bedeutung f¨ur sp¨atere Drucke. Wom¨oglich stammt der Predigtzyklus von einem einzigen Autor. Einfache katechetische Predigten u¨ ber christliche Alltagsthemen (Glaube, Gebet, Reue, Buße usw.) zitieren am h¨aufigsten → Augustinus und → Gregor den Großen und seltener → Bernhard von Clairvaux u. a. Die Exempla stammen vornehmlich aus den → Vitaspatrum. Der/die Verfasser der Glossen war(en) h¨ochstwahrscheinlich Kleri¨ ker, f¨ur die Ubersetzungen kommt auch ein Laie in Frage, zumindest die Adressaten dieses P.-Typs sind als Laien zu denken. Von den 56 Glossen des j¨ungeren «Heidelberger Typs» (nach Heidelberg, UB, Cpg 55) stimmen 23 Predigten mit Stuttgart u¨ berein. Auch hier sind die Predigten katechetisch ausgerichtet, ebenso sind die meistzitierten Autorit¨aten die Gleichen (bei generell weniger Zitaten). Auf Exempla und allegorische Auslegungen wird weitgehend verzichtet, Vermutungen hinsichtlich Autor und Publikum des «Heidelberger Typ» sind nicht m¨oglich. Der erste Druck (G¨unther Zainer, Augsburg 1473, GW M34114) beruht auf einem Mischtyp des «Stuttgarter» und «Heidelberger Typs» und war sehr erfolgreich. Von dieser P.-Ausgabe ist der Spiegel menschlicher behaltnus (→ Speculum humanae salvationis) teilweise abh¨angig: Dort enthaltene Glossen sind mit denen des Druckes teilweise identisch oder basieren auf einer gemeinsamen Quelle. 408

Plenarien Der herausragende Vertreter der fr¨uhen nd. Drucke glossierter P. ist das L¨ubecker MohnkopfPlenar von 1492 (GW M34220). Es ist eine v¨ollig neue und sehr sorgf¨altige Bearbeitung s¨amtlicher bekannten a¨lteren nd. P. mit zus¨atzlichen neuen Stoffen (Traktate, Exempel, Gebete usw.) und beachtlicher Holzschnittausstattung. Die stofflichen Erweiterungen sind inhaltlich stringent auf die Passion ausgerichtet, die Moraldidaxen des Textes wenden sich an alle sozialen Schichten. Das Akrostichon → Hans van Ghetelen ist eine (unbewuss¨ te [?]) Ubernahme des Bearbeiters aus einem ersten Mohnkopf-Plenar von 1488 (GW M34208) und hier nicht als dezidierter Autor- oder Verlegerhinweis zu bewerten. Als sp¨atma. volkssprachiges Erbauungsbuch hat das Mohnkopf-Plenar von 1492 singul¨aren Rang. Die hohe Wertsch¨atzung dieses Lektionars (auch im hochdt. und ndl. Raum) f¨uhrte dazu, dass es nach ihm keine im Wesentlichen neue nd. P.-Rezension mehr gab und alle sp¨ateren nd. Drucke als dessen geringf¨ugig modifizierte Nachdrucke gelten k¨onnen. Mit dem hochdt. Plenar Adam Petris (erstmals Basel 1514 [VD16 E 4457]) gibt es auch ein Wirkungszeugnis im oberdt. Sprachraum. Das Basler Plenar ist zu einem vollst¨andigen Messbuch f¨ur die Sonn- und Festtage erweitert. W¨ahrend die Lesungstexte eindeutig auf der hochdt. handschriftlichen Tradition beruhen, sind die Vor¨ rede und Glossen Ubertragungen des MohnkopfPlenars durch einen anonymen Ordensgeistlichen. ¨ Uberlieferung: Reinitzer/Schwencke, VL2 7 (1989) Sp. 739–752; 11 (2004) Sp. 1249 listen f¨ur die ¨ hochdt. Uberl: 145 Hss., 57 Drucke ohne Glosse und 39 Hss., 7 Drucke mit Glossen – nd.: 20 Hss., 24 Drucke. Vgl. dort. – Zus¨atzliches Druckverz. bei Pietsch 1927, S. 1–58. Ausgaben (Ausw.): Textproben aus zahlreichen Hss. u. a. bei Vollmer 1934, 1935, 1936, 1937, 1938, jeweils passim. – Splett 1987, passim (zu weiteren [Teil-]Abdrucken einzelner Hss. vgl. VL2 7, 1989 Sp. 739–752). – Textproben aus Drucken bei Pietsch 1927, S. 126–243. Literatur: Heimo Reinitzer/Olaf Schwencke, VL2 7 (1989) Sp. 737–763; 11 (2004) Sp. 1249. – Ansgar Franz: Plenar. In: LexMA 7 (1995) Sp. 19. – Ders.: Plenar. In: Lex. des gesamten Buchwesens 6 (2003) S. 32 f. – Karl Stejskal: Altdt. Epistel- und Evangelienbuch. In: ZfdPh 12 (1881) S. 1–72. – Konrad Haebler: Die Fr¨uhdrucke des nd. Plenariums. In: Nordisk tidskrift f¨or bok- och biblioteksv¨asen 3 (1916) S. 112–131, 207–228. – Willy 409

Mitte 14. Jh. L¨udtke: Die Uffenbachsche Evangelien-Harmonie. In: Orientalia Hamburgensia. Festgabe f¨ur die Teilnehmer am 4. dt. Orientalistentag Hamburg. Hg. v. der SUB Hamburg. Hamburg 1926, S. 59–83. – Pekka Katara: Mnd. Predigtfragmente aus einer Hs. der UB zu Helsingfors. Helsinki 1926, bes. S. 55–80. – Paul Pietsch: Ewangely und Epistel Teutsch. Die gedruckten hochdt. Perikopenb¨ucher (P.) 1473–1523, ein Beitr. zur Kenntnis der Wiegendrucke, zur Gesch. des dt. Schrifttums und der dt. Sprache, insbesondere der Bibelverdeutschung und der Bibelsprache. G¨ottingen 1927. – P. Katara: Zu den mnd. Plenarienhss. In: M´emoires de la Soci´et´e N´eophilologique de Helsingfors 8 (1929) S. 343–385. – Horst Kriedte: Dt. Bibelfragmente in Prosa des XII. Jh. Diss. Freiburg/Br. 1930. – P. Katara: Ein mnd. Plenar aus dem Kodex Msc. G.K.S. 94 Fol. der Großen Kgl. Bibl. zu Kopenhagen. Helsinki 1932. – Hans Vollmer u. a. (Hg.): Verdeutschung der Paulinischen Briefe und sonstiger Teile des NT v. den ersten Anf¨angen bis Luther. Beitr. zu ihrer Gesch. (Bibel und dt. Kultur 4). Potsdam 1934. – Ders. u. a. (Hg.): Verdeutschung der Evangelien und sonstiger Teile des NT v. den ersten Anf¨angen bis Luther. Beitr. zu ihrer Gesch. (Bibel und dt. Kultur 5). Potsdam 1935, bes. S. 3–34. – Ders. u. a. (Hg.): Neue Texte zur Bibelverdeutschung des MA (Bibel und dt. Kultur 6). Potsdam 1936, bes. S. 1–174, 255–269. – Ders. u. a. (Hg.): Alttestamentliche Texte zur Bibelverdeutschung des MA (Bibel und dt. Kultur 7). Potsdam 1937. – Ders. u. a. (Hg.): Neue Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel im MA (Bibel und dt. Kultur 8). Potsdam 1938, bes. S. 1–148. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der Bibel. Augsburg 1939. – H. Vollmer u. a. (Hg.): Ein Reiseber. aus ostm¨arkischen u. a. Bibl. (Bibel und dt. Kultur 10). Potsdam 1940, bes. S. 1–47, 463–492. – Arthur Allgeier (Hg.): FS H. Vollmer (Bibel und dt. Kultur 11). Potsdam 1941, bes. S. 238–247, 304–363. – Winfried K¨ampfer: Stud. zu den gedruckten mnd. P. Ein Beitr. zur Entstehungsgesch. sp¨atma. Erbauungslit. (Nd. Stud. 2). K¨oln 1954. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß 2. Hg. Ders. Berlin 1954. 21960, Sp. 898 f. – G¨unter Feudel (Hg.): Das Evangelistar der Berliner Hs. Ms. Germ. 4° 533. Hg. und im Rahmen der th¨uringischobers¨achsischen Prosawerke des 14. Jh. nach Lauten und Formen analysiert. 2 Tle. Berlin 1961. – Rolf Klemmt: Eine mhd. Evangeliensynopse der Passion 410

Mitte 14. Jh. Christi. Unters. und Text. Diss. Heidelberg 1964. – Willy L¨udtke: Evangelientexte, bes. aus Harmonien. Fortsetzung der Unters. in Bibel und dt. ˚ Kultur XI. Hamburg 1965. – M¨arta Asdahl Holmberg: Exzipierend-einschr¨ankende Ausdrucksweisen untersucht bes. auf Grund hochdt. Bibelu¨ bers. bis zum Anfang des 16. Jh. (Studia Germanistica Upsaliensia 4). Uppsala 1967. – Olaf Schwencke: Gregorius de grote s¨under. Eine erbaulichpar¨anetische Prosaversion der Gregorius-Legende im zweiten L¨ubecker Mohnkopf-Plenarium. In: NdJb 90 (1967) S. 63–88. – Ders.: Strukturen des Sp¨atMA und dt. Lit. Eine Stud. In: Colloquia Germanica 4 (1970) S. 129–184. – Ders.: Zur Ovid-Rezeption im MA. MetamorphosenExempel in biblischexegetischem Volksschrifttum. In: ZfdPh 89 (1970) S. 336–346. – Hans Jeske: Der Kodex Trier 810/1338. Stud. zu einer Eifler Plenarhs. aus dem Jahre 1464 (Studia germanistica Upsaliensia 13). Uppsala 1974. – Thomas Hohmann: Dt. Texte aus der ‹Wiener Schule› als Quelle f¨ur Michel Beheims religi¨ose Gedichte. In: ZfdA 107 (1978) S. 319–330. – Marianne Wallach-Faller: Die erste dt. Bibel? Zur Bibel¨ubers. des Z¨urcher Dominikaners Marchwart Biberli. In: ZfdA 110 (1981) S. 35–57. – Claudia Buschmann: Das Plenar der Marburger Hs. UB. Mscr. 591. Mag.arbeit masch. Marburg 1983. – Angelus A. H¨aussling: Das Missale dt. Materialien zur Rezeptionsgesch. der lat. Meßliturgie im dt. Sprachgebiet bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Bd. 1: Bibliogr. ¨ der Ubers. in Hss. und Drucken (Literaturwissenschaftliche Quellen und Forschungen 66). M¨unster 1984. – Hartmut Beckers: Bruchst¨ucke einer dt. Missal¨ubers. des 15. Jh. vom Niederrhein. Edition und Kommentierung der Fragm. Aschaffenburg, Stiftsbibl., U 106 (Fragm. 9). In: Arch. f¨ur Liturgiewiss. 27 (1985) S. 91–102. – Christoph Gerhardt/Nigel F. Palmer: XV. signa ante iudicium. ¨ Stud. und Texte zur Uberlieferungsgesch. eines eschatologischen Themas. Oxford/Trier 1986. – Jochen Splett (Hg.): ‹das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem acker...›. Die ¨ hochdt. Ubers. v. Mt 13,44–52 in ma. Hss. (Litterae 108). G¨oppingen 1987. – Gesine L¨otzsch: Computergest¨utzte Stud. zum mmndl. Plenarium Ms. germ. 1612. Diss. Berlin/DDR 1988. – H. ¨ Beckers: Zu den Uberlieferungszusammenh¨ angen einer ripuarischen Perikopenhs. aus dem 15. Jh. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Unter Mitarb. v. Nikolaus Henkel hg. v. H. Reinitzer (Vestigia Bibliae 411

Psalmenubersetzungen ¨ 9/10 [1987/1988]). Bern u. a. 1991, S. 297–313. – Gerold Hayer: Dt. Evangelistare des sp¨aten MA in der Stiftsbibl. St. Peter zu Salzburg. In: ebd., S. 314–324. – N. F. Palmer: Dt. Perikopenhss. mit der Glosse. Zu den Predigten der sp¨atma. dt. Plenarien und Evangelistare. In: ebd., S. 273–296. – Volker Mertens: Das Verh¨altnis von Glosse und Exempel im Basler Plenar des Adam Petri v. 1514. In: Exempel und Exempelsammlungen. Hg. v. Walter Haug/Burghart Wachinger (Fortuna vitrea 2). T¨ubingen 1991, S. 223–238. – Akihiko Fujii: G¨unther Zainers druckersprachliche Leistung. Unters. zur Augsburger Druckersprache im 15. Jh. (Studia Augustana 15). Tu¨ bingen 2007, S. 53–58. – N. F. Palmer: Bibel¨ubers. und Heilsgesch. Stud. zur Freiburger Perikopenhs. von 1462 und zu den deutschsprachigen Lektionaren des 15. Jh. Mit einem Anhang: Deutschsprachige Hss., Inkunabeln und Fr¨uhdrucke aus Freiburger Bibl.besitz bis ca. 1600 (Wolfgang Stammler Gastprofessur f¨ur Germanische Philologie 9). Berlin/New York 2007. – Carsten Kottmann: ‹das buch der ewangelii und ¨ epistel›. Unters. zur Uberl. und Gebrauchsfunktion s¨udwestdt. Perikopenhss. (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 14). M¨unster u.a. 2009. – N. F. Palmer: Die M¨unchner Perikopenhs. Cgm 157 und die Hs.produktion des Straßburger Reuerinnenklosters im sp¨aten 15. Jh. In: Kulturtopographie des dt.sprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Berlin/New York 2009, S. 263–300. VZ Psalmenubersetzungen ¨ (sp¨atmittelalterliche, deutsche und niederl¨andische). Im Sp¨atMA nimmt die Zahl der Psalmen¨uber¨ setzungen zu; an der handschriftlichen Uberlieferung l¨asst sich dies deutlich ablesen. Neugr¨undungen von Orden, Kongregationen und Konventen und das Interesse des Adels und des reichen B¨urgertums an repr¨asetativen Codices d¨urften in erster Linie hierf¨ur verantwortlich sein. Der steigenden Nachfrage versuchten Schreiberwerkst¨atten gerecht zu werden, mit dem Buch¨ druck stieg die Zahl der Ubersetzungen noch ¨ einmal an. Neben der selbstst¨andigen Uberlieferung werden Psalmen¨ubersetzungen in vollst¨andigen Bibeln, → Historienbibeln und Gebetb¨uchern ¨ tradiert. Die Ubersetzungen sind durchgehend in Prosa (mit Ausnahme des → Mahrenburger Psalter 412

Psalmenubersetzungen ¨ in Reimprosa) und von stark schwankendem Niveau. Sie gr¨unden in der Tradition oder stellen ¨ unabh¨angige Ubertragungen dar. Meistens beruhen sie (mit Varianten) auf der Vulgata (Psalterium gallicanum), nur in einem Fall auf dem Psalterium iuxta Hebraeos. Kommentierte Psalmen¨ubersetzun¨ gen sind dabei relativ h¨aufig, Ubersetzernamen hingegen selten bekannt oder erschlossen. Die um¨ fangreichste Uberlieferungsform der Psalmen¨ubersetzungen stellen die Psalterien dar, die zudem Vorreden, Tituli, Register, Kalendarien, Lobges¨ange und f¨ur das «Officium divinum» wichtige Gebete enthalten. Eine Differenzierung des gesamten ¨ ¨ Uberlieferungsbestandes in unterschiedliche Uber¨ setzungszweige wird schon durch die Uberlieferungsbreite erschwert und die Zuordenbarkeit einzelner Textzeugen ist nicht immer eindeutig. Folgende grobe und chronologisch gereihte Einteilung erfasst Gruppen von Textzeugen, die in gemeinsamer Abh¨angigkeit von einer bestimmten Tradi¨ tion oder einer bestimmten Ubersetzung stehen. ¨ (Dar¨uber hinaus gibt es freilich Ubersetzungen, bei denen die Abh¨angigkeits- oder Selbst¨andigkeitsfrage nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden kann.) ¨ Gruppen mit breiter bis sehr breiter Uberlieferung sind: ¨ 1a) Die (s¨ud-)westf¨alische (erste Uberlieferung ¨ um 1300) und mitteldt. (¨alteste Uberlieferung 14.Jh.) Psalmengruppe. Auf diese haben offenbar die → Altniederfr¨ankischen Psalmenfragmente (eine Psalmen¨ubersetzung aus dem 9. Jh.) u¨ ber eine oder mehrere Zwischenstufen um 1200 gewirkt. Das Ausmaß des Einflusses ist umstritten (¨uber 25 Hss.; vgl. Sch¨ondorf 1967, S. 55–57). ¨ 1b) Die Psalmen¨ubersetzung des sog. → Osterreichischen Bibel¨ubersetzers aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. (vormals → Heinrich von M¨ugeln zugeschrieben) enth¨alt auch den u¨ bersetzten Psalmenkommentar der weit verbreiteten Postilla litteralis super totam bibliam des → Nikolaus von Lyra (rund 60 Hss.). 1c) F¨ur die Hohenfurter Psalmen¨ubersetzung wird ¨ in einer Wiener Handschrift (ONB Cod. 2843) ein ¨ Heinrich von Hessen als Ubersetzer genannt. Eine Identifikation mit → Heinrich von Langenstein ist nicht auszuschließen (rund 30 Hss.; vgl. Sch¨ondorf 1967, S. 83–85). 1d) Die s¨udndl.-niederheinische Psalmengruppe umfasst auch die → Nd. Bibeldrucke, die auf ndl. Vorlage beruhen (¨uber 20 Hss.; vgl. ebd., S. 88–90). 413

Mitte 14. Jh. ¨ 1e) Die Ubersetzung Geert → Grootes zeigt große Selbst¨andigkeit, enth¨alt aber nur 54 Psalmen. Sie ist Teil eines Gebetsbuches (Getijdenboek), das auch einen Kommentar bietet (beruhend auf → Petrus Lombardus). Von Grootes Sch¨uler Johannes Scutken wurde die Psalmen¨ubersetzung zu einem großen Psalterium ausgearbeitet. Sowohl das Getijdenboek als auch das Psalterium haben im Zuge der Windesheimer Reform und der Ausbreitung der Gemeinschaften vom gemeinsamen Leben weite Verbreitung vor allem in nd. und ndl. Handschriften und Drucken gefunden (rund 100 Hss. und Drucke; vgl. ebd., S. 104–108). 1f) Der bei Wilhelm Walther (Dt. Bibel¨ubers. des MA) als Nr. 28 erscheinende Psalter stellt eine nd. Gruppe mit durchgehend paraphrasierten Text dar, mit Vorreden, Cantica, Katechetica, Litanie und Vigilie (Rund 25 Hss. und Drucke; vgl. Sch¨ondorf 1967, S. 113 f.; Olaf Schwencke, NdJb 92, 1969, S. 31–34). 1g) Der Psalter der → Oberdt. Bibeldrucke ist 1466 in Straßburg bei Johann Mentelin (GW 04295) erstmals herausgebracht und geht wahrscheinlich auf einen Archetypus aus dem N¨urnberger Raum (um 1300) zur¨uck (¨uber 30 Hss. und Drucke, rund 15 beeinflusste; vgl. Sch¨ondorf 1967, S. 123–127). ¨ Gruppen mit mittelbreiter Uberlieferung sind: 2a) Die oberdt. Psalmen¨ubersetzung nach dem Psalterium iuxta Hebraeos, in deren j¨ungere Handschriften und Drucke zunehmend Korrekturen aus der Vulgata einfließen und so die Alleinstellung ¨ dieser Ubersetzung relativieren (mind. 5 Hss./10 Drucke; vgl. ebd., S. 85–87). 2b) Die schlesisch-b¨ohmische Psalmengruppe mit der Prachthandschrift des → Florianer Psalters als dem herausragenden Textzeugen (mind. 9 Hss.; vgl. ebd., S. 90). 2c) Der Psalter der → Wenzelsbibel (mind. 12 Hss., 3 beeinflusste). 2d) Ein oberdt. Psalter aus Benediktinischem Umfeld (mind. 7 Hss.; vgl. ebd., S. 130). 2e) Der Psalter der Historienbibeln aus der Werkstatt Diebold Laubers (mind. 8 Hss., eine teilweise beeinflusste; vgl. ebd., S. 132 f.). 2f) Die Psalmen¨ubersetzung in den Gebetb¨uchern um den Uracher Druck Die siben zyt von unser lieben frowen (GW 12996, Urach um 1482. 1 Druck/4 Hss., 3 nahestehende Hss.; vgl. ebd. S. 134 f.). 414

Mitte 14. Jh. ¨ Gruppen mit schmaler Uberl.: 3a) Die Psalmen¨ubersetzung des → Bijbelvertaler ¨ van 1360 nimmt in dessen Ubersetzungswerk insofern eine Sonderstellung ein, als dass er offensichtlich die Psalmen schon gesondert u¨ bersetzt hatte ¨ bevor er mit der Ubersetzung der restlichen Bibelst¨ucke anfing (mind. 3 Hss., 6 beeinflusste; vgl. ebd., S. 97 f.). 3b) Eine Psalmen¨ubersetzung mit Cantica kommt wahrscheinlich aus dem Umfeld des Dt. Ordens und z¨ahlt damit zu den wenigen Prosa¨ubersetzungen biblischer B¨ucher der Deutschenordensliteratur (neben der → Apokalypse [Prosa], → Der apostele tat, Claus → Kranc. Mind. 3 Hss.; vgl. ebd., S. 122 f.). 3c) Der Psalter der → Wien-Z¨urcher Bibel (mind. 2 Hss.). 3d) Der bei Wilhelm Walther als Nr. 23 erscheinende Psalter (mind. 4 Hss., eine teilweise beeinflusste; vgl Sch¨ondorf 1967, S. 131). 3e) Die Psalmen¨ubersetzung in den Gebetb¨uchern um den Druck der → Hortulus animae (mind. 2 Hss./2 Drucke; vgl. ebd., S. 133 f.). 3f) Eine nd. Psalmen¨ubersetzung mit oberdt. Einfluss (mind. 4 Hss.; vgl. ebd., S. 135). 3g) Die Ps.¨ubers. aus dem Michaeliskonvent zu L¨ubeck (mind. 3 Hss.; vgl. ebd., S. 135 f.). 3h) Eine Psalmen¨ubersetzung aus dem Kreise der Br¨uder und Schwestern vom gemeinsamen Leben (mind. 2 Hss.; vgl. ebd., S. 138 f.). 3i) Die K¨olnisch-ndl. Psalmen¨ubersetzung aus dem 16. Jh. (basiert auf einem K¨olner Druck [aus der Gruppe 1d] und enth¨alt eine mythisch allegorische Auslegung auf Grundlage des Psalmenkommentars von → Dionysius dem Kart¨auser (1 Druck/1 Hss.; vgl. ebd., S. 141.). Unikal u¨ berlieferte gesichert eigenst¨andige ¨ Ubersetzungen: 4a) Die mitteldt.-schlesischen Trebnitzer Psalmen stammen aus einer Handschrift des 14. Jh. aus dem Zisterzienserinnenkloster Trebnitz (Breslau, UB, Cod. I Q 237, 239 Bll., Perg., 14. Jh.). 4b) Eine oberdt. Psalmen¨ubersetzung aus Predigerkreisen (basierend auf dem dominikanischen Psalter Vetus correctio) ist gleichfalls nur unikal u¨ berkommen (Basel, UB, Cod. A IV 44, 61r–178v, Pap., um 1360, els¨assisch). Ausgaben (Ausw.): 1a) Erik Rooth: Eine westf¨alische Psalmen¨ubers. aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. Uppsala 1919. – Ders.: Stud. zu den 415

Psalmenubersetzungen ¨ altniederfr¨ankischen und altwestf¨alischen Psalter˚ versionen (Uppsala Universitets Arsskrift. Filosofi, spr˚akvetenskap och historiska vetenskaper 5). Uppsala 1924. – Wilhelm Br¨uckner: Ein ostmitteldt. Psalterfragment, Diss. Breslau 1934. – Otto Gr¨uters: D¨usseldorfer Bruchst¨uck eines mitteldt. Psalters. In: Neue Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel im MA. Hg. Hans Vollmer (Bibel und dt. Kultur 8). Potsdam 1938, S. 149–155. – H. Vollmer: Der Hamburger Psalter in scrinio 142. In: Neue Forschungen und Texte zur Gesch. der dt. Bibel. Hg. Ders. (Bibel und dt. Kultur 9). Potsdam 1939, S. 1–44. – Brita Hellenius: Ein Wegelebener Psalter vom Jahre 1345. Trierer Dombibl. Ms. 51 (Lunder Germanistische Forschungen 16). Lund/Kopenhagen 1944. – Hans Eggers: Zwei Psalter aus dem 14. Jh. (Dresden Ms. M 287 und Hamburg In scr. 142) und drei verwandte Bruchst¨ucke aus Schleiz, Breslau und D¨usseldorf (DTM 53). Berlin 1962. ¨ 1b) → Osterr. Bibel¨ubersetzer. 1c) (Ausz¨uge) Walther 1 (1889) Sp. 571–586. – Alois Bernt: Der Hohenfurter dt. Psalter des 14. Jh. In: Mitth. des Ver. f¨ur Gesch. der Dt. in B¨ohmen 39 (1901) S. 155–170. – Vollmer 1932, Tabellentl., 1933, S. 72–74. – H. Vollmer: Ein Reiseber. Aus ostm¨arkischen und anderen Bibl. (Bibel und dt. Kultur 10). Potsdam 1940, S. 19–21. – Hoffmann 2010, S. 67–450 (Abdr. Heidelberg, UB, Cpg. 148). 1d) Vollmer 1932/33, Tabellentl. und Anhang. (Ausz¨uge). – Gerhard Ising: Die nd. Bibelfr¨uhdrucke: K¨olner Bibeln (um 1478), L¨ubecker Bibel (1494), Halberst¨adter Bibel (1522). Bd. 4: Hiob-Jesaja (DTM 54/4) und Bd. 6: Makkab¨aerApokalypse (DTM 54/6). Berlin 1971/76. – J. G. Heymans: Psalterium Leningradiense. Het Psalter van Leningrad (Corpus sacrae scripturae Neerlandicae medii aevi. Series minor 5,1). Leiden 1973. 1e) Nicolaas van Wijk: Het getijdenboek van Geert Grote naar het Haagse handschrift 133 E 21 (Leidsche Drukken en Herdrukken Kl. Reeks). Leiden 1940. 1f) G¨oran Holm´en: Cod. 18 der Oberlandesgerichtsbibl. zu Celle. Sprachliche Unters. einer mnd. Psalterversion aus dem 15. Jh. Diss. G¨oteborg 1973, S. 73–145. 1g) Wiliam Kurrelmeyer: Die erste dt. Bibel. Bd. 7 (Bibl. des Litterarischen Ver. in Stuttgart 254). T¨ubingen 1910. 2a) (Ausz¨uge) Walther 1 (1889) Sp. 572–584. Vollmer 1932/33 Tabellentl. 416

Psalmenubersetzungen ¨ 2b) → Florianer Psalter. 2c) → Wenzelsbibel. 2d) (Ausz¨uge) Walther 1 (1889) Sp. 573–586. – 2e) → Historienbibeln. 2f) (Ausz¨uge) Vollmer 1932/33, Tabellentl. 3a) (Ausz¨uge) Vollmer 1932/33, Tabellentl. – Cebus C. de Bruin: Het oude Testament 2 (Corpus sacrae scripturae Neerlandicae medii aevi. Series major 1,2). Leiden 1978, S. 194–277. 3b) (Ausz¨uge) Vollmer 1932, Tabellentl. – L¨udtke 1941, S. 220–225. 3c) → Wien-Z¨urcher-Bibel. 3d) (Ausz¨uge) Walther 1 (1889) Sp. 572–584. 3e) → Hortulus animae. 3f) (Ausz¨uge) Walther 1 (1889) Sp. 645 f. – Vollmer 1932/33, Tabellentl. 3g) (Ausz¨uge) Vollmer 1932, Tabellentl. 3h) (Ausz¨uge) Ebd. – L¨udtke 1941, S. 188–192. 3i) (Ausz¨uge) Walther 1 (1889) Sp. 646. – L¨udtke 1941, S. 193–195. 4a) Paul Pietsch: Trebnitzer Psalmen (Schlesische Denkm¨aler des dt. Schrifttums im MA 1). Breslau 1881. 4b) Marianne Wallach Faller: Ein alemannischer Psalter aus dem 14. Jh. Hs. A.IV.44 der UB Basel, Bl. 61–178 (Spicilegium Friburgense 27). Freiburg/Schw. 1981. – Nicht von Sch¨ondorf erfasst: Andraschek-Holzer 1994, S. 13–161 (Geras, Stiftsbibl., Hs. 9). Literatur: Kurt Erich Sch¨ondorf, VL2 7 (1989) Sp. 883–898. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Bd. 1. Braunschweig 1889 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 7–208, 485–493, 571–586, 600–613, 618–630, 647–681, 685–698. – C. H. Ebbinge Wubben: Over Middelnederlandsche Vertalingen Van Het Oude Testament: Bouwstoffen Voor de Geschiedenis Der Nederlandsche Bijbelvertaling. ’s-Gravenhaage 1903. – Richard ¨ Ziehm: Die Mhd. Ubers. der Psalmen in der Hs. Cgm. 341. Diss. Greifswald 1911. – H. Vollmer: Ober- und mitteldt. Historienbibeln (Materialien zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MA 1,1). Berlin 1912. – Ders.: Ein nd. Psalter. In: Korrespondenzbl. des Ver. f¨ur nd. Sprachforschung 36 (1917) S. 37 f. – Eduard Brodf¨uhrer: Unters. zur vorlutherischen Bibel¨ubers. Eine syntaktische Stud. (Hermaea 14). Halle 1922. – Friedrich Teudeloff: Beitr. zur Uebersetzungstechnik der ersten gedruckten dt. Bibel auf Grund der Psalmen (Germanische Stud. 21). Berlin 1922. – H. Vollmer (Hg.): Die Psalmenverdeutschung von den ersten 417

Mitte 14. Jh. Anf¨angen bis Luther, 1. H¨alfte (Bibel und dt. Kultur 2). Potsdam 1932, S. 6–15, 33–54, 92. – Ders. (Hg.): Die Psalmenverdeutschung von den ersten Anf¨angen bis Luther, 2. H¨alfte (Bibel und dt. Kultur 3). Potsdam 1933, S. 3, 9, 40–42, 49–62. – Cebus C. de Bruin, Middelnederlandse vertalingen van het Nieuwe Testament. Groningen 1935, S. 264. – H. Vollmer: Bruchst¨ucke aus einem dt. Psalter und einem dt. Plenar, beide dem 14. Jh. angeh¨orend. In: Neue Texte zur Bibelverdeutschung des MA. Hg. ders. (Bibel und dt. Kultur 6). Potsdam 1936, S. 170–174. – Tage Rober Ahld´en: Die K¨olner Bibel-Fr¨uhdrucke (Lunder germanistische Forschungen 5). Lund 1937. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der Bibel. Westheim bei Augsburg 1939, S. 339. – Kurt ¨ Beckey: Uberblick u¨ ber die nd. Bibel¨ubers. des MA. In: Bibel und dt. Kultur 10. Potsdam 1940, S. 463–492. – C. C. de Bruin: Bijdrage tot de Geschiedenis der Middelnederlandse Psalmenvertaling. In: Bundel opstellen van oud-leerlingen, aangeboden aan C. G. N. Vooys. Groningen 1940, S. 46–74. – Willy L¨udtke: Neue Psalmentexte. In: FS H. Vollmer. Hg. Arthur Allgeier (Bibel und dt. Kultur 11). Potsdam 1941, S. 187–189, 210. – C. C. de Bruin: Das mndl. Epistolarium in Leningrad XX J LXIII. In: ebd., S. 27–237. – B. van den Berg: Geert Grote’s psalmvertaling. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde 61 (1942) S. 259–314. – G. Ising: Die nd. Bibelfr¨uhdrucke. In: PBB (Halle) 79 (1957) S. 438–455. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Ders. (Hg.) Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 876–880, 900–902. – C. C. de Bruin: Bespiegelingen over de ‹Bijbelvertaler van 1360›, zijn milieu, werk en persoon. In: Nederlands Archief voor Kerkgeschiedenis N.S. 48 (1967) S. 39–59; 49 (1968) S. 135–154; 50 (1970) S. 16–41. – K. E. Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. Unters. zur Verwandtschaft und ¨ Ubers.Tradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. K¨oln/Graz 1967. – G. Ising: Der Psalter der K¨olner Bibelfr¨uhdrucke. In: Nd. Mitt. 25 (1969) S. 5–23. – E. Rooth: Zur Vorgesch. der s¨udwestf¨alischen Psalmen. In: Germanistische Streifz¨uge. FS Gustav Korl´en (Stockholmer germanistische Forschungen 16). Hg. Gert Mellbourn. Stockholm 1974, S. 191–208. – Klaus Kirchert: Der Windberger Psalter. Bd. 1: Unters. (MTU 59). Mu¨ nchen 1979, passim. – K. Kir¨ chert: Text und Textgewebe. In: Uberlieferungsgeschichtliche Prosaforschung (TTG 19). Hg. Kurt 418

Mitte 14. Jh.

Diu reissunge und die bewisunge zuo dem beschouwenden lebende

Ruh. T¨ubingen 1985, S. 231–245. – Ernst Hellgardt: Dt. Gebetsanweisungen zum Psalter in lat. und dt. Hss. und Drucken des 12.–16. Jh. Bemer¨ kungen zu Tradition, Uberl., Funktion und Text. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Unter Mitarbeit v. Nikolaus Henkel hg. Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10 [1987/1988]). Bern u. a. 1991, S. 400–413. – Ralph Andraschek-Holzer: Der Geras-Pernegger dt. Psalter aus dem 15. Jh. Text, Unters. und kulturgeschichtliche Beurteilung (Stud. und Forschungen aus dem Nieder¨osterr. Inst. f¨ur Landeskunde 19). Wien 1994, S. 13–161 (Geras, Stiftsbibl., Hs. 9). – K. E. Sch¨ondorf: Eine Psalmen¨ubers. aus dem Deutschordensgebiet. Ein Werkstattber. In: Deutschsprachige Lit. des MA im o¨ stlichen Europa. Forschungsstand und Forschungsperspektiven. Hg. Ralf G. P¨asler/Dietrich Schmidtke. Heidelberg 2006, S. 75–93. – Siegfried Risse: Gedruckte dt. Psalter vor 1524 dem Erscheinungs¨ jahr v. Martin Luthers dt. Psalter. Ubersicht und Ausz¨uge. Nordhausen 2010. – Siegfried Hofmann: Der Ingolst¨adter Psalter. Ein dt. Psalter des Sp¨atMA aus der UB Heidelberg. Regensburg 2010 (Gruppe 1c). VZ Diu reissunge und die bewisunge zuo dem beschouwenden lebende. – Aszetischmystischer Kleintraktat des 14. Jh. Nach der in Diktion, Terminologie und Thematik in der Nachfolge Meister → Eckharts stehenden Schrift ist das Fundament des kontemplativen «schauenden Lebens» die Nachfolge Christi in Armut und Demut, wozu auch das Akzeptieren von Schmach und Verworfenheit geh¨ort. Inseriert ist ein l¨angeres St¨uck aus einer Eckhart-Predigt. Am Schluss werden die Freuden der Ewigkeit dargestellt. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. B XI 10, 275v–287v (Perg., aus der Basler Kartause, zweite H¨alfte 14. Jh; Eckhart-Hs. Ba1). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 222, 239v–243r (Pap., aus Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, 15. Jh., els¨assisch; Eckhart-Hs. P 1). – Z¨urich, ZB, Cod. C 127, S. 167–178 (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., hochalemannisch, Eckhart-Hs. Z2). Ausgabe: Wilhelm Preger: Krit. Stud. zu Meister Eckhart. In: Zs. f¨ur die hist. Theologie NF 36 (1866) S. 488–501 (nach der Basler Hs. mit nhd. ¨ Ubersetzung). Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) Sp. 1217–1219. – Preger (s. Ausg.). BJ 419

Der Ritter in der Kapelle (Der b¨ußende Ritter und Lucifer). – Mhd. geistliche Dichtung wahrscheinlich des 14. Jh., 350 Verse. Die Entstehungsgeschichte dieser Verserz¨ahlung liegt im Dunkeln; ihr Verfasser war wohl Geistlicher. Nach der Beichte muss ein s¨undiger Ritter zur Buße eine Nacht lang in einer Kapelle ausharren und darf diese keinesfalls verlassen. Im Laufe der Nacht sucht ihn der Teufel in verschiedener Gestalt heim, der B¨ußer bleibt jedoch standhaft und widersteht den mannigfachen Versuchungen des Teufels, woraufhin ihm die Gnade Gottes gewiss ist. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 14, 79r–95v. – Esztergom/Gran, Bibl. des Franziskanerklosters, Cod. 11, 142r–149v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 714, 127r–137v. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 4028, 132r–133v (fragm.). – Ebd., Hs. 5339a, 280r–289r. – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.33, Bd. 2, 198r–200r (fragm.). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Quart 564, 131v–137v (→ Weimarer Liederhs.). Ausgaben: Adelbert v. Keller: Erz¨ahlungen aus altdt. Hss. Stuttgart 1855, S. 70–79, 690. – F. G. G. Schmidt: Historie v. einem Ritter. In: Publications of the Modern Language Association of America 11 (1896) S. 258–274. – Gerhard Eis: Prager Fragm. der mhd. Dichtung ‹Vom R. i. d. K.›. In: Studia Neophilologica 37 (1965) S. 100–111. Literatur: J¨urgen Schulz-Grobert, VL2 8 (1992) Sp. 101 f. – Reinhold K¨ohler: Kleinere Schriften. Bd. 2. Weimar 1900, S. 213–220. – Max Voigt: Beitr. zur Gesch. der Visionenlit. im MA (Palaestra 146). Leipzig 1924, S. 146–158. – Frederic C. Tubach: Index exemplorum. A handbook of Medieval Religious Tales (Folklore Fellows Communications 204). Helsinki 1969, 3477. – Joachim Heinzle: ‹Der K¨onig im Bad›, ‹Der Ritter in der Kapelle›, zwei unbeachtete Bruchst¨ucke. In: ZfdA 102 (1973) S. 194 f. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 691–867 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,5). Wiesbaden 1984, S. 83. – Andr´as Vizkelety: Aspekte zur Entstehung und Funktion sp¨atma. Sammelhss. In: Dt. Lit. des Sp¨atMA. Ergebnisse, Probleme und Perspektiven der Forschung. Hg. v. Wolfgang Spiewok. Greifswald 1986, S. 385–392. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 251. – Alwine 420

Sant Johannes sprichet «ich sach daz wort in gote» Slenczka: Mhd. Verserz¨ahlungen mit G¨asten aus Himmel und H¨olle (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 5). Mu¨ nster u. a. 2004, S. 66–89. SF Rosenallegorie. – Anonym u¨ berlieferter kurzer Prosatext, Mitte 14. Jh. Die R., vermutlich aus dem ostschw¨abischen Raum, wendet sich an Ordensgeistliche und setzt die f¨unf Bl¨atter einer Rose in allegorischen Bezug zu f¨unf Dingen, die den Fratres t¨aglich vor Augen sind: Himmel, Erde, eigenes geistliches Gewand, Mitmenschen und Behausung. Angekn¨upft sind Ermahnungen, ein friedliches und lauteres Gem¨ut, Demut und Gottesliebe anzustreben. Der schlichte Text (wom¨oglich aus Franzikanerkreisen) ist durchgehend in Du-Anrede formuliert und verzichtet auf Autorit¨atenzitate. Vielleicht ist er als Predigt einzustufen, doch l¨asst er die spezifischen Merkmale der Predigt vermissen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 354, 86rb–88vb (Pap., drittes Viertel 14. Jh., aus Augsburg [?]). – Heidelberg, UB, Cpg 467, 245ra–249ra (Pap., 1439). – Augsburg, UB, Cod. (OettingenWallerstein) III. 1.4° 9, 24r–27r (Pap., 1467, aus Kirchheim [?]); alle Hss. ostschw¨abisch. Literatur: Karin Schneider, VL2 8 (1992) Sp. 176 f. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 57. – PaulGerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners ¨ Konrad B¨omlin Bd.1: Uberl. und Unters. (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 12. – Helga Unger: Geistlicher Herzen Bavngart. Ein mhd. Buch religi¨oser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jh. Unters. und Text (MTU 24). M¨unchen 1964, S. 129 (Nr. 93). VZ Ros von den Bayern. – Mystischer Prediger, 14. Jh. Der R. v. B. ist als Prediger mit einer Strophe im mystischen Lied → Spr¨uche der zw¨olf Meister u¨ berliefert: «Der ros von den baiern der spricher lauterlich / alles das da ist geschaffen das ist z˚uuallig [...]». Identifiziert ist R. nicht, andere Predigernamen des Liedes weisen nach K¨oln in das Umfeld Meister → Eckharts. ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, ms. 2795 (fr¨uher L germ. 662.4°, davor Privatbesitz Karl Schmidt, Straßburg), 189r (Pap., 1440, aus Inzigkofen, schw¨abisch). – Augsburg UB, Cod. 421

Mitte 14. Jh.

III.1.4° 33, 195r (Pap., schw¨abisch, vermutlich Abschrift v. Straßburg). ¨ Ausgabe: Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, hier 350 f. – Ders.: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 177. Literatur: Kurt Ruh, VL1 5 (1955) Sp. 986. VZ Sant Johannes sprichet «ich sach daz wort in gote und Die drˆıe persone ˆ geschuofen die crˆeature ˆ von nihte. – Mystisch-spekulative Komposittraktate, Mitte 14. Jh. Die zwei ohne Titel tradierten Traktate sind zusammengesetzt aus gr¨oßeren Partien anderer Texte und gehen h¨ochstwahrscheinlich auf einen gemeinsamen Redaktor zur¨uck. Sie stellen eine u¨ berlieferungsgeschichtliche Einheit dar, berufen sich auf gemeinsame Autorit¨aten und haben den selben Darstellungstil. Die beiden Traktate gr¨unden auf einer Gruppe von Texten der dt. Mystik in der Nachfolge Meister → Eckharts (wie → Vorsmak des ˆewigen lebennes, → Von der Minne II, → Der ˆınslac, ¨ → Von der sˆele werdikeit, → Von der Ubervart der gotheit, → Von armuot des geistes, → Blume der Schaung). Als umfangreichstes Quellenst¨uck ist f¨ur den Johannes sprichet-Traktat eine Predigt mit dem Textwort Offb 14,13 auszumachen. Neben lat. Quellen (insgesamt 26 Ps. → Dionysius Areopagita-Zitate) l¨asst sich – nicht nur anhand von Entsprechungen zu Eckhart – eine Vertrautheit mit der Sprache der dt. Mystiker ausmachen. Der Johannes sprichetTraktat besteht aus sechs kompilierten Hauptabschnitten, beherrschendes Thema in drei Abschnitten sind trinitarische Er¨orterungen (darunter Re¨ lation Vater-Sohn und Sohn-Vater mit Ubertragung auf die menschliche Seele und die Frage ob die drei trinitarischen Personen eine gemeinsame «rede» («intellectus») haben). Einleitung ist eine scholastische Entschl¨usselung des «Wortes in Gott», Abschluss sind Erw¨agungen u¨ ber die «armen des geistes» mit eckhartschen Ankl¨angen («Armutspredigt»). Der f¨unfte Abschnitt ist die oben erw¨ahnte Predigt u¨ ber Offb 14,13 (Gott-Seele-Thematik, viele → Augustinus und Dionysius-Zitate). Der Drˆıe persˆone-Traktat hat sieben Hauptabschnitte, deren zweiter eine Predigt u¨ ber das Sterben der Seele in Gott zur Grundlage hat, die inhaltlich eher mit den St¨ucken des anderen Traktats harmoniert. Eine falsche Zuordnung des Quellentextes beim Kompositionsverfahren ist nicht auszuschließen. In den anderen Teilen des Traktates wird 422

Mitte 14. Jh. zun¨achst u¨ ber dreierlei Formen der Sch¨opfung spekuliert, in zwei Abschnitten uber die g¨ottli¨ che Natur. H¨ohepunkt sind zwei St¨ucke u¨ ber den «transitus»-Gedanken mit einem erneuten Aufgreifen der «Armutspredigt». Den Abschluss stellt ein abgewandeltes Dionysius-Zitat dar u¨ ber die begrenzte Seelenkraft, das in beiden Traktaten in abgewandelten Formulierungen noch f¨unf weitere Male auftaucht. ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, ms. 2715 (vormals L germ. 618.4°, davor Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1141), 65v–88v (Perg., 14. Jh., oberdt.). – N¨urnberg, StB., Cod. Cent. IV, 40, 16vb–21vb (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., bair.; mit L¨ucken, vgl. Jostes 1895, S. 8 f. [Nr. 12 f.]). – Frankfurt/M., UB, Ms. Praed. 167, 54va–62vb (Perg, mehrteiliger Codex, dieser Abschnitt um 1500; ¨ umgekehrte Reihung, unvollst¨andig). – Zur Uberl. der Quellentexte vgl. die detaillierte Aufstellung bei Ruh/Schmitt, VL2 8 (1992) Sp. 578 f. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des vierzehnten Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962) S. 527–533, 533–542. Literatur: Kurt Ruh/Peter Schmitt, VL2 8 (1992) Sp. 577–582. – Carl Greith: Die dt. Mystik im Prediger-Orden v. 1250–1350. Nach ihren Grundlehren, Liedern und Lebensbildern aus hsl. Quellen. Freiburg/Br. 1961 (Neudr. Amster¨ dam 1965). – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, bes. S. 395. – Franz Jostes: Meister Eckhart und seine Ju¨ nger. Ungedr. Texte zur Gesch. der dt. Mystik. Freiburg/Schweiz 1895 (Neudr. mit einem W¨orterverz. v. Peter Schmitt und einem Nachw. v. Kurt Ruh. Berlin/New York 1972). – ¨ Josef Quint: Neue Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reiseber. (Meister Eckhart Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, Reg. – Ders.: Fundber. zur hsl. ¨ Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystiktexte (Meister Eckhart Unters. 2). Stuttgart u. a. 1969, Reg. – K. Ruh: Mhd. natˆuren. In: Studia linguistica et philologica. FS. Klaus Matzel. Hg. v. Hans-Werner Eroms (Germanistische Bibl. 3). Heidelberg 1984, S. 255–262, hier S. 257–259. – Ders.: Traktat von der Minne. Eine Schr. zum Verst¨andnis und zur Verteidigung von Meister Eckharts Metaphysik. In: Philologie als Kulturwiss. Stud. zur Lit. und Gesch. des MA. FS Karl Stackmann. Hg. v. Ludger Grenzmann u. a. G¨ottingen 1987, S. 208–229, bes. S. 208, 228 f. VZ 423

Von der sˆele werdikeit und eigenschaft Von der sˆele werdikeit und eigenschaft. – Komposittraktat aus den dt. Werken Meister → Eckharts. Der Melker Laienbruder tr¨agt stichwortorientiert alle ihm zur Verf¨ugung stehenden ¨ Außerungen Eckharts zum Begriff der Seele zusammen. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1569 (615; L 27), 94r–118v (Pap., Schreiber: Lienhard Peuger, Melk, nach 1440, mittelbair.). Ausgaben: Franz Pfeiffer (Hg.): Dt. Mystiker des vierzehnten Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962), S. 394–416. – L¨oser 1999 (s. Lit.) S. 330–497. Literatur: Freimut L¨oser, VL2 8 (1992) ¨ Sp. 1063–1066. – Adolf Spamer: Zur Uberlieferung der Pfeifferschen Eckharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, hier S. 372 f. – F. L¨oser: Anselm, Eck¨ hart, Lienhart Peuger. Zu einer dt. Ubersetzung der ‹Orationes et Meditationes› Anselms v. Canterbury in Hss. der Melker Laienbr¨uder. In: Latein und Volkssprache im dt. MA 1100–1500. Regensburger Colloquium 1988. Hg. Nikolaus Henkel/Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1992, S. 233–255. – Ders.: Meister Eckhart in Melk. Stud. zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ‹Von der sele wirdichait vnd aigenschafft› (TTG 48). T¨ubingen 1999. BJ Schule des Geistes. – Mystischer Traktat des 14. Jh. Der Text stellt einen Abriß mystischer Seelenlehre dar; der «student» soll in das Innere der Seele zur «schule der abgeschaidenhait» gef¨uhrt werden, wo Gott selbst als «maister der worhait» zu finden ist. Nach einleitenden Ausf¨uhrungen u¨ ber Glaube, Hoffnung und Hoffnung wird – in Anlehnung an → Richards von St. Viktor Benjamin minor – die Nichtigkeit der Welt und deren Abh¨angigkeit von der Wahrnehmung durch die f¨unf Sinne des Leibes betont. Hilfe auf dem Weg zu Gott kommt von den f¨unf inneren Sinne der Seele. Das h¨ochste der drei «Lichter der Seele» (vgl. → Paradisus anime intelligentis, Predigt 56) ist das g¨ottliche Licht, das die Seele der Zeit enthebt. Nach der R¨uckkehr aus diesem Zustand, hat die Seele Kenntnis davon, wie Gott uns geformt hat. Die nach dem «formlose[n] pild gocz» (Trinit¨at) geschaffene Seele ist Gott gleich mit Ausnahme ihrer Geschaffenheit. ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 251m, 188v–191v (Pap., Klosterneuburg [?], um 1376, bair.). 424

Sendbrief Ach ir gottes minnerin Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 8 (1992) Sp. 863–865. BJ Schw¨abische Heiligenpredigten. Die aus dem 14. Jh. stammende Sammlung unfasst rund 110 nach dem Kalender geordnete Heiligenleben in Form von Kurzpredigten. Entstehungssituation und -ort sind, wie auch der urspr¨ungliche Textbestand und der Beginn, nicht gekl¨art. Die Aufnahme regionaler Heiligen wie Otmar, Ulrich, Afra, Gallus – bei sonstiger Beschr¨ankung auf allgemein bekannte Heilige – legt eine Entstehung im S¨udostalemannischen nahe. Der Bestand ist dem des → Bebenhausener Legendars sehr a¨ hnlich, weswegen dieselbe lat. Quelle vermutet wird. Die Bedeutung der Werk- und Amulettfr¨ommigkeit bei der Suche nach «gnad» wird st¨arker hervorgehoben als in vergleichbaren Sammlungen. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 64, 2r–77v (1393, 99 Texte). – Ottobeuren, Stiftsbibl., Cod. O. 29, 142r–194v (15. Jh., 84 Texte). – M¨unchen, BSB, Cgm 631, (2r) 8v–64v (1473, 77 Texte). – Berlin, Mgq 496, 212r–284v (zweite H¨alfte 15. Jh., 57 Texte, fragm.). – Ebd., Mgq 1111, 1r–116v (15. Jh., 71 Texte). – Rottenburg/Neckar, Priesterseminar, Cod. 11, 287v (1463; nur die Konradlegende). Ausgabe: Firsching, S. 109 (Kilianlegende nach Mgq 496). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 312. – Konrad Kunze, VL2 8 (1992) Sp. 907–909. – Karl Firsching: Die dt. Bearbeitungen der Kilianslegende unter besonderer Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Bistums und Hochstifts W¨urzburg 26). W¨urzburg 1973, S. 118 f. – Sibylle Jefferis: Ein sp¨atma. Katharinenspiel aus dem Cod. Ger. 4 der University of Pennsylvania. Text und Stud. zu seiner legendengeschichtlichen Einordnung. Diss. University of Pennsylvania 1982, S. 319 f. (‹Berliner Kurzlegendar›). – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 15, 18 f., 45 (im Legendenreg. passim). – K. Kunze: Papierheilige. Zum Verh¨altnis v. Heiligenkult und Legenden¨uberl. um 1400. In: JOWG 4 (1986/87) S. 53–65, hier S. 61 und Karte S. 65. – W. Williams-Krapp: Ma. dt. Heiligenpredigtsammlungen und ihr Verh¨altnis zur homiletischen Praxis. In: Die dt. Predigt im MA. 425

Mitte 14. Jh. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Univ. Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/Hans-Jochen Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 352–360. BJ Der Segen Jakobs («Benedictio Iacob quam dedit filijs suis»). Es handelt sich nicht wie fr¨uher angenommen um eine selbstst¨andige Bearbeitung der Altdt. Genesis durch den Dichter des → Passionals, sondern um einen Auszug aus der → Christherre-Chronik (Schlussteil des Buches Genesis bis zu Josephs Tod und Begr¨abnis). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 56, 85v–103r (Perg., wohl drittes Viertel 14. Jh., ostmitteldt.). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 8 (1992) Sp. 1043 f. – De Boor/Newald 3,1 (51997) S. 420. – Karl Schr¨oder: Hester. In: Germanist. Stud. 1 (1872) S. 247–316 (mit Textproben). – Ders.: Die Christherre-Weltchronik. In: Germanistische Stud. 2 (1875) S. 159–197. – Hellmut Rosenfeld: Legende. Stuttgart 1961. 41982. – Gerhard Eis: Altgerman. Beitr. zur geistlichen Gebrauchslit. Frankfurt/M. u. a. 1974. BJ Sendbrief Ach ir gottes minnerin. – Sendbrief in der Nachfolge → Taulers. Der an Ordensleute (nach der Anrede Klosterfrauen) gerichtete Sendbrief befasst sich mit der wahren Gelassenheit und Abgeschiedenheit als Voraussetzung, um zum wahren Frieden und zu h¨ochster Vollkommenheit zu gelangen. Thematisiert wird nur die vorbereitende Phase mysti¨ schen Lebens, die Askese. Bei der Uberwindung der ‹Welt› sind Lehrer und B¨ucher unwichtig, «bild und leben» Christi gen¨ugen. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 35, 156v–164r (Pap.). – Berlin, SBB, Mgq 171, 306ra–311va (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). – Ebd., Mgq 182, 277r–286r (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgq 193, 141v–153v (Pap., Mitte 15. Jh., els¨assisch). – Ebd., Mgq 1593, 259v–265v (Pap., 1474, schw¨abisch). – Ebd., Mgo 64, 38r–52v (Pap.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 770 (1261), 48v–73r (Ende 15. Jh.). – G¨ottingen, SUB, 4° Cod. Ms. theol. 285, 131vb–136vb (Pap., 15. Jh.). – Heidelberg, UB, Cod. Sal. IX 16, 101r–106r (Pap., Ende 14./Anfang 15. Jh., s¨udalemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 80, 46r–47v (1425). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 782, 3r–13r (Pap., erstes Viertel 16. Jh., ostschw¨abisch). – Prag, Nationalbibl., 426

Mitte 14. Jh. Cod. XVI.G.24, 87v–99r (zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair.-b¨ohmisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 934, S. 207–212 (Pap., St. Gallen, erste H¨alfte bis Mitte 15. Jh., s¨udalemannisch). – Straßburg, Bezirksarchiv, Cod. H 2190, 111r–120r. – Trier, StB, Hs. 1188/490 8°, 1r–7r (Pap., erstes Viertel 16. Jh., moself¨ankisch). Drucke: Basler Taulerdruck 1521, 208ra–211rb. – K¨olner Taulerdruck 1543, 237va–240va. Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 1070 f. BJ Sendbrief Ain wares uffdringen der begird. – Sendbrief eines Franziskaners an Klarissen. Zentrales Thema ist nach dem Initium die Forderung nach wahrhaftigem Aufw¨artsstreben der Begierde einer and¨achtigen Seele zu Gott, eine geistliche Himmelfahrt zu Jesus, der «Krone der Jungfrauen». Nur gelegentlich wird das emphatisch geschilderte «uffdringen» durch Besinnungen und Ermahnungen unterbrochen. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Schwarzach 19, 257r–265r (Pap., 1480, els¨assisch). – Ebd., Cod. St. Peter pap. 44, 84r–90r (Pap., Anfang 16. Jh., alemannisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1859, S. 525–540 (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Cod. 1869, S. 221–242 (Pap., 15. Jh.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 1071–1073. BJ Sendbrief uber ¨ das Verhalten in mystischer Begnadung. Auf die Erreichung der «lere» bedacht, wendet sich der Schreiber auf der Suche nach einem anderem Ort («abgescheiden statt») als dem gegenw¨artigen an eine weibliche Person («In Cristo Jhesu alle geminteste m˚uter ...»). ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Hs. C 96, 131r–132r (14./15. Jh., alemannisch). – K¨olner Taulerdruck (Petrus Canisius), 1543, 329v–330r (fehlerhaft). – Lat. Paraphrase durch Surius, K¨oln 1548. Ausgabe: Karl Bihlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: Beitr. zur Gesch. der Renaissance und Reformation. Joseph Schlecht am 16. Januar 1917 als Festgabe zum sechzigsten Geburtstag dargebracht. Hg. Ludwig Fischer. M¨unchen u. a. 1917, S. 45–62, hier S. 58 f. Literatur: Freimut L¨oser, VL2 11 (2004) Sp. 1422 f. – K. Bihlmeyer (s. Ausg.) S. 60 f. BJ 427

Sendbrief Ain wares uffdringen der begird Spamers Mosaiktraktate. – Mystische Mosaiktraktate aus dominikanischem Umfeld, Mitte 14. Jh. Mit S. M. wird eine Traktatsammlung bezeichnet, die von zwei Schwesterhandschriften tradiert wird. Die einzelnen Texte bestehen in der Regel aus gezielt und systematisch zusammengesetzten Abschnitten aus dem mystischen dt. Schrifttum des 13. und 14. Jh., deren Quellen Adolf → Spamer 1910 einzeln nachgewiesen hat. Es handelt sich neben anonym u¨ berlieferten Texten (darunter → Vom Wesen Gottes, → Von den sieben Gaben des Heiligen Geistes) um Schriften von Meister → Eckhart, Johannes → Franke, → Johannes (Korngin) von Sterngassen, → David von Augsburg, → Kraft von Boyberg, → Hartmann von Kronenberg und Johannes → Tauler. Dar¨uber hinaus bestehen textliche Parallelen zur Spruchsammlung → Engelhards von Ebrach, den → St. Georgener Predigten, der Predigtsammlung des → Nikolaus von Landau und der Postille → Hartwigs von Erfurt. Zitierte Autorit¨aten sind vor allem → Augustinus, → Bernhard von Clairvaux, der Ps. → Dionysius Areopagita und → Gregor der Große. Die Gesamtzahl der Traktate in den beiden Codices ist nicht eindeutig ermittelt. Legt man die Initialiengliederung zugrunde, liegt sie bei rund 125. Da die Initialen nicht zwingend in jedem Fall einen neuen Traktat anzeigen m¨ussen, ist die genaue Zahl nur durch Einzelfallanalyse festzustellen. Dominante Themen im Textcorpus sind die Trinit¨at und das Wesen Gottes, die Seelenkr¨afte, Gottes Wirken in der Seele und der Weg des Menschen zu Gott. Eine klare kompositorische Gestaltungsabsicht, was die Reihenfolge der Traktate betrifft, l¨asst sich nicht erkennen, wenngleich gelegentliche R¨uckverweise eine Planhaftigkeit indizieren. Die Kompilationstechnik ist dabei uneinheitlich: Es liegen sowohl Beispiele einer rein mechanischen ¨ ¨ Ubernahme von Schlussformeln und Uberleitungen vor, die im neuen Kontext funktionslos sind oder nicht harmonieren, als auch Passagen, die eine planungsvolle Anlage mit deutlichem Bem¨uhen um ¨ sinnvolle Uberg¨ ange und ein homogenes Erscheinungsbild dokumentieren. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 85, 1ra–100ra. – Ebd., Cod. St. Peter perg. 102, 184 Bll. (beide Mitte 14. Jh., aus einem Dominikanerkloster im Raum Straßburg (?), niederalemannisch mit mitteldt. und hochalemannischem Einschlag). 428

Speculum humanae salvationis Teilausgaben: Spamer 1910, S. 241–244 (Nr. 17 nach Cod. 85, Varianten v. Cod. 102). – A. Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 95–99 (Nr. 18 nach Cod. 102, Varianten v. Cod. 85). – Josef Quint: Meister Eckharts Predigten Bd. 1, 2 und 3. Stuttgart 1958–76; Meister Eckharts Traktate. Stuttgart 1963. (Meister Eckhart. Die dt. Werke 1–3 und 5). Enth¨alt die Eckhart-Texte aus den S. M. nach beiden Codd., weitgehend in den ¨ Abschnitten «Hsl. Uberl.» abgedruckt. – Wolfgang Stammler: Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA (Germanistische B¨ucherei 1). Mu¨ nchen 1948, S. 9 f., Nr. III und 15, Nr. XII (Dionysios und Bernhard-Zitate). – Kurt Ruh: David v. Augsburg, Die sieben Staffeln des Gebetes in der dt. Originalfassung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 1). M¨unchen 1965, S. 13, 16 (Lesarten des David-Textes). – Krit. Gesamtedition angek¨undigt v. Regina Schiewer. Literatur: Hans Jochen Schiewer VL2 9 (1995) ¨ Sp. 29–31. – A. Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) ¨ S. 307–420. – Ders.: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen. Halle 1910, S. 30–83, 274–304. – Felix Heinzer/Gerhard Stamm: Die Hss. v. St. Peter im Schwarzwald 2: Die Pergamenthss. (Die Hss der Badischen LB in Karlsruhe 10,2). Wiesbaden 1984, S. 177 f., 197 f. – Burkhard Hasebrink: Zersetzung? Eine Neubewertung der Eckhartkompilation in Spamers Mosaiktraktaten. In: Contemplata aliis tradere. Stud. zum Verh¨altnis von Lit. und Spiritualit¨at. Hg. Claudia Brinker u. a. Bern u. a. 1995, S. 353–369. VZ Speculum humanae salvationis. – Verbreitetster Vertreter der großen heilsgeschichtlichen typologischen Text-Bild-Werke des 13./14. Jh. ¨ ¨ Uber 300 lat. Handschriften, Ubersetzungen in verschiedene Volkssprachen (englisch, mndl., ¨ tschechisch), unterschiedliche dt. Ubersetzungen, lat. und mndl. Blockbuchausgaben, lat., franz¨osische und dt. Inkunabeln sind bekannt. Die fr¨uher als urspr¨ungliche Version angesehene und verbreitetste «Vulgatfassung» (45 Kapitel und 5224 Zeilen Reimprosa, 184 Miniaturen) gilt heute als fr¨uhe, erweiterte Fassung einer Version von 34 Kapiteln mit 136 Miniaturen, welche in nur vier Handschrift u¨ berliefert ist und in der Kapitelzahl der → Biblia pauperum entspricht, als deren Weiterf¨uhrung das 429

Mitte 14. Jh. S. h. s. gesehen wird. Die Erweiterung auf 45 Kapitel beruht auf Zus¨atzen aus dem Marienleben, drei mystischen Traktaten u¨ ber die sieben Leidensstationen Christi, den Sieben Schmerzen und den Sieben Freuden Marias. Das Werk ist streng gegliedert: Den Vorspann bilden ein Pro¨omium von 300 Reimzeilen und ein Prolog von 100 Reimzeilen. Der Hauptteil besteht aus 42 Kapiteln zu je 100 Reimzeilen und vier Bildern; zu jedem Antitypus des NT werden drei pr¨afigurierende Szenen (Typen) des AT, manchmal auch außerbiblischer Herkunft, sowie jeweils 25 Verse gestellt. Im Mittelpunkt steht das Erl¨osungsgeschehen; die Verse enthalten allgemeine Aussagen zur Bestimmung des Menschen, zum Verh¨altnis zwischen Mann und Frau und zum Heilsplan Gottes sowie katechetische Belehrungen und gehen damit u¨ ber die reine Erl¨auterung der typologischen Entsprechungen hinaus. Hauptquellen sind u. a. → Thomas von Aquin, → Hugo Ripelin von Straßburg, → Petrus Comestor, Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine), → Gesta Romanorum und Valerius Maximus. ¨ Die Uberlieferung setzte um 1330 ein und erreichte im sp¨ateren 14. und im 15. Jh. ihre gr¨oßte Breite. Die a¨ ltere Zuschreibung an → Ludolf von Sachsen gilt vielleicht f¨ur die Erweiterung und Bearbeitung der Kurz- zur Langfassung, jedenfalls war Ludolf einer der fr¨uhesten Benutzer (f¨ur seine Vita Christi). An das S. h. s. kn¨upfen wahrscheinlich bewusst → Ulrich von Lilienfeld und → Franz von Retz an. Johannes → Schlit(t)pacher verfasste eine Kurzfassung in lat. Versen, Michael → Beheim folgte in einem Lied den Pr¨afigurationen verschie¨ dener Kapitel des S. h. s.; im Ubrigen sind die Wirkungen des Werks in Literatur und Buchkultur erst rudiment¨ar erkennbar. Groß war seit dem 14. Jh. der ikonographische Einfluss n¨ordlich der Alpen (Tafel- und Wandmalerei, Kirchenfenster, Stickerei). ¨ Uberlieferung: Vgl. dazu Lutz/Perdrizet (s. Ausg.). – Breitenbach (s. Lit.). – Silber 1983 (s. Lit.). Ausgaben: Jules Lutz/Paul Perdrizet (Hg.): S. h. s. Texte critique. Traduction in´edite de Jean Mielot (1448). Les sources et l’influence iconographique principalement sur l’art alsacien du XIVe si`ecle. Leipzig 1907. – Ernst Kloss (Hg.): S. h. s. Ein ndl. Blockbuch. M¨unchen 1925. – Willibrord Neum¨uller: S. h. s. Vollst. Faksimile-Ausg. des Cod. Cremifanensis 243 [...]. Graz 1972. – Horst 430

Mitte 14. Jh. Appuhn (Hg.): Heilsspiegel. Die Bilder des ma. Erbauungsbuches S. h. s. Dortmund 1981. – Manuela Niesner: Das S. h. s. der Stiftsbibl. Kremsm¨unster. Edition der mhd. Vers¨ubersetzung und Stud. zum Verh¨altnis v. Bild und Text (Pictura et poesis 8). K¨oln u. a. 1995. Dt. Versbearbeitungen: Die sog. Kremsm¨unsterer Reimparaphrase, u¨ berliefert in Kremsm¨unster, Stiftsbibl., CC 243 (um 1350), wurde von dem Schreiber des lat. Textes zus¨atzlich in die Handschrift eingetragen. Ausgabe: Niesner (s. Ausg.). Eine anonyme Vers¨ubersetzung unter dem Titel Spiegel der menschlichen Seligkeit (¨uber 25 Handschriften seit der zweiten H¨alfte des 14. Jh.) entstand vermutlich um die Mitte des 14. Jh. und ist vorwiegend in mittel- und nd. Sprache u¨ berliefert; er folgt dem lat. Text relativ genau. Ausgaben: Ausz¨uge bei Poppe und SchmidtWartenberg (s. Lit.). Namentlich bekannte Verfasser von Versbearbeitungen sind → Konrad von Helmsdorf, Andreas → Kurzmann sowie Heinrich (von) → Lauf(f)enberg. Dt. Prosabearbeitungen: Ein Spiegel menschlicher gesundheit ist seit dem Anfang des 15. Jh. u¨ berliefert und schließt auch Pro¨omium und Prologus ein. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 432. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 3. – Wroclław (Breslau), UB, Cod. I F 186. – W¨urzburg, UB, M. ch. f. 4, 2r–56v. Die am weitesten verbreitete dt. Fassung des S. h. s. mit dem Titel Spiegel menschlicher behaltnis entstand wahrscheinlich im ersten Viertel des 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Amberg, Staatl. Bibl. (Provinzialbibl.), Ms. fol. 46. – Amsterdam, Privatbes. – Berlin, SBB, Mgo 757, 112r–252v. – Berlin, Kupferstichkabinett, Cod. 78 A 17. – Frankfurt/ M., StB u. UB, Ms. germ. qu. 100. – Freiburg i. Br., UB, Hs. 179. – Heidelberg, UB, Cpg 151. – Leiden, UB, Ltk 538, 1r–77r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 202, 1v–49r. – Ebd., Cgm 246, 107r–136r. – Ebd., Cgm 252, 146r–157r. – Ebd., Cgm 840, 282r–325v. – Ebd., Cgm 5249/44 b. – Ebd., Clm 7450, 143r–207r. – New York, Pierpont Morgan Libr., Ms. M. 782. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 28607. – Trier, StB, Hs. 1289/561 8°, ¨ 89v–233v. – Wien, ONB, Cod. ser. nova 12883. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1. 12. Aug. 2°. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 534, 1r–69r, u¨ berliefert einen Spiegel menschliches hails. 431

Speculum humanae salvationis Die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1246, enth¨alt eine erweiterte lat. Fassung des S. h. s., der abschnittsweise durchschossen mit einer teils paraphrasierenden und erweiterten dt. Bearbeitung e Spiegel aller monschlichen geslechtes behaltung ist. Dessau, StB, Cod. Georg. 8. 4, 77r–163v, u¨ berliefert einen Spiegel der menschlichen Seligkeit in Prosa. Eine freie Paraphrase enth¨alt Z¨urich, ZB, Cod. C 38, 77r–119r. Literatur: Lotti van Looveren, LCI 4 (1972) Sp. 182–185. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 114 f.; 4/1 (21994) S. 89 u. o¨ . – Dagmar Gottschalk, Killy 11 (1991) S. 90 f. – Silke Egbers, MarLex 6 (1994) S. 227–231. – HansWalter Stork/Burghart Wachinger, VL2 9 (1995) Sp. 52–65. – Gunhild Roth/Manfred Markus, LexMA 7 (1995) Sp. 2088 f. – G¨unther Schweikle: Heilsspiegel. In: LThK3 4 (1995) Sp. 1349. – ¨ Paul Poppe: Uber das S. h. s. und eine mitteldt. Bearb. desselben. Diss. Straßburg 1887. – Hans Schmidt-Wartenberg: Zum S. h. s. In: Publ. of the Modern Language Association of America 14 (1899) S. 137–168. – Edgar Breitenbach: S. h. s. Eine typengeschichtliche Unters. Straßburg 1930. – Wilhelm L. Schreiber: Hb. der Holz- und Metallschnitte des XV. Jh. 9. Stuttgart 31969. – Michael Thomas: Zur kulturgeschichtliche Einordung der Armenbibel mit ‹S. h. s.› unter Ber¨ucksichtigung einer Darstellung des ‹Liber Figurarum› in der Joachim de Fiore-Hs. der S¨achsischen LB Dresden (Mscr. Dresden A 121). In: Afk 52 (1970) S. 192–225. – Dieter Harmening: ‹Spiegel der Gesundheit› (S. h. s.). In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbl. 37/38 (1975) S. 177–197. – Friedrich Ohly: Typologische Figuren aus Natur und Mythus. In: Formen und Funktionen der Allegorie. Hg. v. Walter Haug (Germanistische Symposien. Berichtsbde. 3). Stuttgart 1979, S. 126–166. – Tilo Brandis: Eine illuminierte Hs. des S. h. s. In: Jb. Preuß. Kulturbesitz 16 (1980) S. 177–185. – Evelyn Silber: The Reconstructed Toledo ‹S. H. S.›. The Italian Connection in the Early Fourteenth Century. In: Journal of the Warburg and Courtauld Inst. 43 (1980) S. 32–51. – Dies.: The Early Iconography of the ‹S. H. S.›. The Italian Connection in the Fourteenth Century. 2 Bde. Diss. Cambridge 1983. – Rudolf Suntrup: Die sprachliche Form der Typologie. In: Geistliche Denkformen in der Lit. des MA. Hg. v. Klaus Grubm¨uller/Ruth Schmidt-Wiegand/Klaus Speckenbach. M¨unchen 1984, S. 23–68. – Adrian Wilson/Joyce L. Wilson: 432

Spruche ¨ der zwolf ¨ Meister zu Paris A Medieval Mirror. S. h. s. 1324–1500. Berkeley u. a. 1984. – Karl-August Wirth: Auf den Spuren einer fr¨uhen Heilsspiegel-Hs. vom Oberrhein. In: Jb. des Zentralinst. f¨ur Kunstgesch. 1 (1985) S. 115–204. – Avril Henry (Hg.): The Mirour of Mans Saluacioun. A Middle English Translation of ‹S. h. s.›. A Critical Edition of the FifteenthCentury Manuscript Illustrated from ‹Der Spiegel der menschen Beh¨altnis›. Aldershot 1986. – Helga Unger: Text und Bild im MA. Illuminierte Hss. aus f¨unf Jh. in Faksimileausgaben. Graz 1986, S. 66 f. – Hans M. Thomas: Franziskanische Geschichtsvision und europ¨aische Bildentfaltung. Die Gef¨ahrtenbewegung des hl. Franziskus, Ubertino da Casale, der ‹Lebensbaum›, Giottos Fresken der Arenakapelle in Padua, die Meditationes vitae Christi, Heilsspiegel und Armenbibel. Wiesbaden 1989. – Blockb¨ucher des MA. Bilderfolgen als Lekt¨ure. Hg. v. der Gutenberg-Gesellsch. Mainz 1991. – Heimo Reinitzer (Hg.): Dt. Bibel¨ubersetzungen des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. BibelArch. Bern u. a. 1991. – M. Niesner (Hg.): Das S. h. s. der Stiftsbibl. Kremsm¨unster. Edition der mhd. Versu¨ bersetzung und Stud. zum Verh¨altnis Bild und Text. Hg. v. Manuela Niesner. Diss. K¨oln 1993. – Martin J. Schubert: Fragm. des dt. S. h. s. In: ZfdA 126 (1997) S. 314–332. – R¨udiger Schnell (Hg.): Geschlechterbeziehungen und Textfunktionen. Stud. zu Eheschr. der Fr¨uhen Neuzeit. T¨ubingen 1998. – M. Schubert: Dt. Vers¨ubersetzung des S. h. s./Maria-Magdalenen-Legende. In: Aderlaß ¨ und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 242 f. – Ders.: Dt. Vers¨ubersetzung des S. h. s. In: ebd., S. 243–245. – Nigel F. Palmer: Bibel¨ubers. und Heilsgesch. Stud. zur Freiburger Perikopenhs. v. 1462 und zu den deutschsprachigen Lektionaren des 15. Jh. Berlin/New York 2007, S. 95–134. – Andreas Fingernagel (Hg.): Die pr¨achtigsten Bibeln. K¨oln u. a. 2008, S. 228–231. SF Spruche ¨ der Meister zu Paris und Prag. – Dt. Kommunions-Traktat. Die S. sind in zwei eng zusammengeh¨orenden Handschriften aus der Mitte/zweiten H¨alfte des 15. Jh. u¨ berliefert und entstanden wahrscheinlich in Prag. Die f¨unf Kapitel des Textes behandeln die Ratsamkeit des h¨aufigen Kommunionempfangs. 433

Mitte 14. Jh. Die «Meister von Paris und Prag» werden ausschließlich zur Unterst¨utzung der Argumentationslinie des Verfassers herangezogen; oft zitiert werden u. a. → Augustinus→ , → Hieronymus, Albertus Magnus, → Bernhard von Clairvaux, Meister Hans von Orleans und → Hugo von St. Viktor. ¨ Uberlieferung: Prag, SUB, Cod. XVI.E.14, ¨ 112v–132v (Mitte 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 12568, 74r–82v (Jesuitenkloster Br¨unn, zweite H¨alfte 15. Jh.). Literatur: Kurt Illing, VL2 9 (1995) Sp. 195 f. – ¨ und Walther Dolch: Kat. der dt. Hss. der K. K. Off. UB zu Prag. Tl. 1. Prag 1909, S. 124. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. der ¨ ONB. Bd. 3. (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. Dt. Akad. der Wiss. zu Berlin 13). Berlin 1961, S. 1254 f. – K. Illing: Alberts des Großen ‹Super ¨ missam›-Traktat in mhd. Ubertr. (MTU 53). M¨unchen 1975. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 433. SF

Spruche ¨ der zwolf ¨ Meister zu Paris (Zw¨olfmeisterlehre). – Eine im dt., ndl., franz¨osischen und englischen Sprachgebiet seit dem 14. Jh. in stark voneinander abweichenden Fassungen verbreitete Sammlung von Spr¨uchen zu einer (nur teilweise mystischen) Lebenslehre dominikanischen Ursprungs. In der Sentenzensammlung S. d. z. M. z. P. wird jedem Meister des Polylogs ein Spruch in den ¨ Mund gelegt. Die handschriftliche Uberlieferung und deren Verteilung auf die einzelnen Versionen ist noch nicht erfasst, eine erste Gliederung des Komplexes stammt von H. Hilg (s. Lit.). Nicht zu verwechseln ist die Sammlung mit einem mystischen Lied des 14. Jh. mit dem Titel → Spr¨uche der zw¨olf Meister. ¨ Alteste Version der S. d. z. M. z. P. ist wahrscheinlich Hilgs Fassung III, die in mehr als zehn Handschriften erhalten ist. Fassung IV (zwei Handschriften) ist ein stark k¨urzendes Derivat von Fassung III; Fassungen I und II unterscheiden sich kaum voneinander, aber stark von Fassung III, sie haben drei zus¨atzliche Spr¨uche und die Aussagen werden auf eine praktische Anwendung der Lehren konkretisiert. Zentral ist der Gedanke des Leidens 434

Mitte 14. Jh. «durch got» um des eigenen Seelenheils willen, wesentliche Aspekte von Fassung III (u. a. N¨ahe und Ferne von Gott) fehlen. Die Spr¨uche werden in zahlreichen Textzeugen bestimmten Autorit¨aten zugeschrieben, darunter: → Gregor dem Großen, Nikolaus oder → Eberhard von Sax (?), → Hartmann von Kronenberg, → Albert dem Großen und Meister ¨ → Eckhart. Ubereinstimmungen zeigen sich u. a. mit den → Spr¨uchen der f¨unf Lesemeister und mit der Albert dem Großen zugeschriebenen Neun-PunkteLehre. → Hartwig von Erfurt ben¨utzte die Spr¨uche bereits im Rahmen seiner Postille. ¨ Uberlieferung: Vgl. Hilg (s. Lit.) S. 42 f. Ausgaben: Wilhelm Wackernagel: Altdt. Lesebuch. Basel 51873, Sp. 1107–1112. – Anton Birlinger: Tractate Meister Eckharts [...]. In: Alemannia 3 (1875) S. 15–45, 97–119, 205–235, hier S. 99 f. – Ingeborg Traunbauer: Beitr. zum mystisch-aszetischen Schrifttum des dt. Sp¨atMA. Diss. masch. Wien 1955, S. 166,9–174,4. – Wolfgang Stammler: Albert der Große und die dt. Volksfr¨ommigkeit des MA. In: Freiburger Zs. f¨ur Philosophie und Theologie 3 (1956) S. 287–319, hier S. 307–311. Literatur: Volker Honemann, VL2 9 (1995) Sp. 201–205. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Bd. 2. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 132–135. – Albert Auer: Leidenstheologie im Sp¨atMA (Kirchengeschichtliche Quellen und Stud. 2). St. Ottilien 1952, S. 71–75. – Eva L¨uders: ‹Meister Eckehartes Wirtschaft› und eine Stockholmer Hs. derselben. In: Studier i modern Sprakvetenskap 19 (1956) S. 85–124, hier S. 104–109. – W. Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 386–436, hier S. 405, 407, 423 f. – Paul Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin. Bd. 1 (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 40 f. – Dieter Richter: ¨ Die dt. Uberl. der Predigten Bertholds v. Regensburg (MTU 21). M¨unchen 1969, S. 107 f. – Hardo Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen (MTU 75). M¨unchen 1981, S. 42 f. Anm. 73. – Ruth Meyer: Magister – Mystiker – Magier? Das Bild Alberts des Großen in volkssprachigen Texten des MA. In: Autor – Autorisation – Authentizit¨at: Beitr. der Internationalen Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft f¨ur Germanistische Edition [...], Aachen, 20. bis 23. Februar 2002. Hg. v. Thomas 435

Thomas (Apostel) Bein. T¨ubingen 2004, S. 115–130, S. 125 f. u. o¨ . – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 80, 433. SF Thomas (Apostel). – Dt. Vers- und Prosalegenden, 14. und 15. Jh. Die T.-Legende ist fester Bestandteil aller dt. Großlegendare (vgl. u. a. Legenda aurea des → Jacobus a Voragine, → Passional). Außerhalb von Sammlungen u¨ berliefert sind eine Vers- und drei Prosalegenden. Die Vers-Legende stammt vermutlich aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. (rheinfr¨ankisches Gebiet), ist unikal u¨ berliefert und basiert auf einer unbekannten lat. «Passio», die vielleicht aus mehreren Quellen kompiliert wurde. Mit 406 Versen ist sie eine k¨urzende Bearbeitung. Ausf¨uhrlich gestaltet ist lediglich in den ca. 50 letzten Versen die topische Verteidigung des Warheitsgehalts eines T.-Mirakels. Wahrscheinlich aus dem Kloster Bursfelde stammt eine nd. Prosalegende, eine weitere Prosabearbeitung ist in eine gr¨oßere Lesepredigtsammlung integriert. Kenntnis besteht ferner ¨ von einer Ubersetzung der Miracula facta in India (s. Thomae ap.), die aus → Der Seelen Wurzgarten stammt, und einer Redaktion der T.-Legende aus → Der Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung: Verslegende: M¨unchen, Cgm 16, va 87 –89vb (Perg, um 1300, bair.-o¨ sterr. [T: westmitteldt.]). – Nd. Prosalegende: Straßburg, Nationalund UB, ms. 2106 (vormals L germ. 182.8°), 378v–389v (Pap., 1463). – Lesepredigtsammlung: Bielefeld, Synodalbibl. in der Bibl. des Landeskirchenamtes, Hs A 3, 15va–19va (Pap., 2. H¨alfte 15. Jh., ¨ westf¨alisch mit ostf¨alischen Z¨ugen). – Ubers. ‹Miracula›: Mu¨ nchen, Cgm 286, 400va–401vb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch). – Trier, StB, Hs. 1289/561 8°, 418r–421r (Pap., 1519, moselfr¨ankisch). – ‹Der Heiligen Leben›-Red.: Bamberg, SB Msc. class. 87 a (vormals E.VI.13), 188r–195r (Pap., 15. Jh., ostfr¨ankisch). Ausgabe: Friedrich Wilhelm 1907. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 9 (1995) Sp. 811 f. – Ders, EM 13 (2010) Sp. 500–504. – Friedrich Wilhelm: Dt. Legenden und Legendare. Texte und Unters. zu ihrer Geschichte im MA. Leipzig 1907, passim (Unters. und Edition v. mehreren T.-Legendentexten). – Hans-Georg Richert: Wege und Formen der Passional¨uberl. (Hermaea NF 40). T¨ubingen 1978, 436

Thomas von Straßburg S. 320 f. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ¨ ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 464. – Allg. zum Apostel T. und zur T.-Rezeption: Simon Mimouni, Dict. Spir. 15 (1991) Sp. 707–718. – Martin Lechner, LCI 8 (1976) Sp. 467–475. – Josef Engemmann, LexMA 8 (1997) Sp. 698. – Rudolf Pesch/Hans Reinhard Seeliger/Hans-Walter Stork/Clemens Scholten, LThK3 9 (2000) Sp. 1505–1509. – Jan W. Drijvers, TRE 33 (2002) S. 430–433. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lex. der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 492–496. – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg/Br. u. a. 22007, S. 396 f. – Helmut Waldmann: Das Christentum in Indien und der K¨onigsweg der Apostel in Edessa, Indien und Rom. T¨ubingen 1996. VZ Thomas von Straßburg (T. de Argentia; auch Thoman) OESA, * Ende 13. Jh. Hagenau/Elsass, † 1357 Wien (auf einer Visitation). – Theologe und Ordensoberer. T. trat jung in das Augustinerkloster Hagenau ein. Um 1315/16 studierte er in Padua und wirkte im Anschluss als Lektor am Studium Generale des Ordens in Straßburg. Er las 1335–37 in Paris u¨ ber die Sentenzen des → Petrus Lombardus und wurde dort 1337 zum Magister der Theologie promoviert. 1343 wurde T. zum Provinzial der rheinischschw¨abischen Ordensprovinz gew¨ahlt und 1345 zum ersten von insgesamt drei Malen vom Generakapitel zum Generaloberen f¨ur den gesamten Augustiner-Eremitenorden bestimmt. Zu den Aufgaben seiner Ordensleitung z¨ahlte die Erg¨anzung der Ordenskonstitutionen und die Neufassung der Haus- und Studienordnung des Studienhauses des Ordens in Paris. T. verfasste einen Sentenzenkommentar in f¨unf B¨uchern, der im 14. und 15. Jh. weit verbreitet war und im 15./16. Jh. noch f¨unf Mal gedruckt wurde. Er zeigt sich hier als konservativer Theo¨ loge und Vertreter eines u¨ ber Agidius Romanus vermittelten Thomismus, betont aber auch die Absolutheit des g¨ottlichen Willens. T.s Einfluss auf die dt. Mystik und Scholastik ist schwer zu bestimmen. Zwar wird T. im augustinisch gepr¨agten theologischen Schrifttum namentlich zitiert (u. a. beim sog. → Straßburger Augustinereremiten), doch kam es 437

Mitte 14. Jh. im Zuge der Tradierung zu Verwechslungen zwischen T. und → Thomas von Aquin, was T.’ origin¨aren Einfluss verwischt. So weist z. B. der thomistische Traktat → Von der Minne II eine Lehrmeinung T.’ u¨ ber die Gottesschau dem Aquinaten zu («heilig meister bruder Thomas»). Dieselbe Lehrmeinung auch mit der Zuweisung an T. von Aquin erscheint ebenso im Traktat → Die Blume der Schauung. In einer Handschrift des Traktats aus dem 16. Jh. (Gent, UB, Ms. 2433) scheint diese Zuschreibung korrigiert worden zu sein, indem hier «meester T.» statt «sant T.» steht (vgl. VL2 9 [1995] Sp. 891). Ferner sind die Schriften Johannes → Hiltalingens sowie der → Garten der Tugenden und die → Lehre von einem g¨ottlichen und geistlichen Leben offensichtlich zumindest indirekt von T.’ beeinflusst. Neben den lat. Schriften werden T. zwei volkssprachige kurze Texte namentlich zugeschrieben: Ein Predigtexzerpt u¨ ber die Unterscheidung der Geister und ein Spruch u¨ ber rechte und falsche Geistlichkeit. Es kommt unter Umst¨anden ein weiterer dt. Spruch hinzu, der in der → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 unter dem Namen «Bruder T.» u¨ berliefert wird (vgl. Bruder → Thomas OESA). Es handelt sich um einen Spruch Salomos. Dieser Bruder T. k¨onnte mit T. v. S. identisch sein. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur breiten hsl. Uberlieferung des Sentenzenkommentars (In Petri Lombardi libros Sententiarum) vgl. Zumkeller 1966, S. 382–388. – Drucke: Straßburg 1490 (Lectura super IV libros Sententiarum, GW M46615). – Venedig 1564/88. – Genua 1585 und 1635. – Druck der Additiones et moderationes supra Constitutionis Ordinis erimitarum sancti Augustini in: Constitutiones ordinis eremitarum sancti Augustini. Venedig 1508, Bl. 40r–48v. – Predigtexzerpt: Heidelberg, UB, Cpg 105, 96v (Pap., erstes Viertel 15. Jh., els¨assisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 702, 131v (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch); (Autornennung in beiden Hss.: «Meister Thoman der Augustiner»). – Spruch u¨ ber die Geistlichkeit: Berlin, SBB, Mgo 42, 19r (Pap., 15. Jh., els¨assisch; Der provincial augustiner orden). – Spruch des Bruder T.: Berlin, SBB, Mgq 191, 364v (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh.; Zitatenslg. um 1400, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg; «Br˚uder thoman, der lesemeister z˚v den augustinern»). Ausgaben: Pariser Studienordnung: Eelcko Ypma: Mare Magnum. In: Augustiniana 6 (1956) 438

Mitte 14. Jh. S. 281–321. – Predigtexzerpt: Dietrich Schmidtke: Die ‹Feigenbaumpredigt› eines Straßburger Augustinereremiten. In: ZfdA 108 (1979) S. 137–157, hier S. 138. – Spruch u¨ ber die Geistlichkeit: Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 296. – Spruch des Bruder T.: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 232. Literatur: Adolar Zumkeller, Dict. Spir. 15 (1990) Sp. 872 f. – De Boor/Newald 4,1 (21994) S. 328. – A. Zumkeller, MarLex 6 (1994) S. 412 f. – Karl-Heinz Witte, VL2 9 (1995) Sp. 889–892. – Schulthess/Imbach S. 593 f. – A. Zumkeller, LexMA 8 (1997) Sp. 724. – Ders., LThK3 9 (2000) Sp. 1535. – Hellmut Zschoch, RGG4, 8 (2005) Sp. 378. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2. Leipzig 1881 (Neudr. Aalen 1962) S. 110 f. – Nikolaus Paulus: Der ‹Augustinergeneral› T. v. S. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 1 (1926) S. 49–66. – Benedikt Lindner: Die Erkenntnislehre des T. v. S. (Beitr. zur Gesch. der Philos. und Theologie des MA 27,4/5). Mu¨ nster 1930. – Joseph L. Shannon: Good works and predestination according to T. of S., O.S.A. Diss. Rom 1940. – Damasus Trapp: Augustinian Theology in the 14th Century. Notes on editions, marginalia, opinions and book-lore. In: Augustiniana 6 (1956) S. 146–274. – A. Zumkeller: Die Augustinerschule des MA. In: Analecta Augustiniana 27 (1964) S. 167–262. – Ders.: Manuskripte v. Werken der Autoren des AugustinerEremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibl. (Cassiacum 20). W¨urzburg 1966, Nr. 825. – Adalbero Kunzelmann: Gesch. der dt. Augustiner-Eremiten Tl. 2: Die rheinisch-schw¨abische Provinz bis zum Ende des MA (Cassiacum 26). W¨urzburg 1970, S. 195–202 und Reg. – David Guti´errez: Die Augustiner im Sp¨atMA 1357–1517 (Gesch. des Augustinerordens 1,2). W¨urzburg 1981, S. 148–150 und Reg. – Kurt Ruh: Der ‹Traktat von der Minne›. Eine Schr. zum Verst¨andnis und zur Verteidigung v. Meister Eckharts Metaphysik. In: Philologie als Kulturwiss. Stud. zur Lit. und Gesch. des MA. FS Karl Stackmann. Hg. v. Ludger Grenzmann u. a. G¨ottingen1987, S. 208–229. – Leonhard A. Kennedy: Two Augustinians and Nominalism. In: Augustiniana 38 (1988) S. 118–128. – K. H. Witte: Der Meister des Lehrgespr¨achs und sein ‹In-principioDialog›. Ein deutschsprachiger Theologe der Augustinerschule des 14. Jh. aus dem Kreise dt. Mystik und Scholastik. Unters. und Edition (MTU 439

Trebnitzer Psalmen 95). Mu¨ nchen 1989. – E. Ypma: Les Ermites de Saint-Augustine. In: Contemporary philosophy. A New Survey. Bd. 6,1: Philosophy and science in the Middle Ages 1. Hg. v. Guttorm Floistad. Dordrecht 1990, S. 301–313. – K. Ruh (Hg.): Die Blume der Schauung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 16). Mu¨ nchen 1991; dazu K. H. Witte, ZfdA 122 (1993) S. 348–354. – Maria E. Reina, Tommaso di Strasburgo nella controversia sulla distinzione scotiana tra conoscenza intuitiva e conoscenza astrattiva. In: Archives d’Histoire doctrinale et litt´eraire du Moyen-ˆage 62 (1995) S. 37–70. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 371, 375, 387. – Maarten J. F. M. Hoenen/Paul J. J. M. Bakker (Hg.): Philosophie und Theologie des ausgehenden MA. Marsilius v. Inghen und das Denken seiner Zeit. Leiden u. a. 2000, S. 23, 38 f., 42 f., 203–206. – K. H. Witte. Der ‹Traktat von der Minne›, der Meister des Lehrgespr¨achs und Johannes Hiltalingen von Basel. Ein Beitr. zur Gesch. der Meister-Eckhart-Rezeption in der Augustinerschule des 14. Jh. In: ZfdA 131 (2002) S. 454–487, bes. S. 460 f. VZ

Trebnitzer Psalmen. – Im 14. Jh. entstandene mhd. Psalmen¨ubersetzung mit Cantica aus dem Zisterzienserinnenkloster Trebnitz/Schlesien. Verwandtschaft scheint mit den sog. Mitteldt. Psalmengruppen zu bestehen. ¨ Uberlieferung: Breslau/Wrocław, UB, Cod. I Q 237 (Perg., 14. Jh., mitteldt./schlesisch; dt. Text in roter Farbe u¨ ber dem schwarz geschriebenen lat. Text). Ausgabe: Paul Pietsch (Hg.): T. P. (Schlesische Denkm¨aler des dt. Schrifttums im MA 1). Breslau 1881. Literatur: Kurt Erich Sch¨ondorf: Psalmen¨ubersetzungen. In: VL2 7 (1989) Sp. 883–889, hier Sp. 886 f. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubersetzung des MA. 3 Bde., Braunschweig 1889–92. Nachdr. Nieuwkoop 1966 (mit Textproben). – Die Psalmenverdeutschung v. den ersten Anf¨angen bis Luther (Bibel und dt. Kultur 3). Hg. v. Hans Vollmer u. a. 2 Bde., Potsdam 1933. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. Unters. zur Verwandtschaft und Uebersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. K¨oln u. a. 1967. SF 440

Visio Drycthelmi Von dem uberschall(e). ¨ – Traktat XII in der → Eckhart-Ausgabe von F. Pfeiffer. Der Verfasser des aus einem formal und inhaltlich anspruchslosen Gedicht und einer Glosse bestehenden mystischen Textes ist unbekannt. Themen sind die Einheit des g¨ottlichen Wesens in der Dreiheit der Personen und die «unio mystica». Die Glosse, die wahrscheinlich von einem anderen Ver¨ fasser als dem des Gedichts stammt, weist Ubereinstimmung mit Teilen von Heinrich → Seuses Vita auf. Gedicht und Glosse waren Quelle f¨ur das in → Hadewijchs Mengelgedichten enthaltene Gedicht Nr. 27. ¨ Uberlieferung: Gedicht und/oder Glosse sind in 16 Textzeugen u¨ berliefert, die aus dem Zeitraum zwischen 1370 und 1450 stammen (Zusammenstellung bei Ruh, 1966, S. 194). Der fr¨uheste Textzeuge ist die von Pfeiffer zugrunde gelegte Hs. Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 277 (1014), 214vb–217ra (Perg., oberrheinisch). Ausgaben: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962. 1991) S. 516–525. – Ruh 1966 (s. Lit.) S. 193–200). Literatur: Peter Schmitt, VL2 9 (1995) Sp. 1201–1203. – Carl Greith: Die dt. Mystik im Prediger-Orden (v. 1250–1350) nach ihren Grundlehren, Liedern und Lebensbildern aus hsl. Quellen. Freiburg i. Br. 1861. Nachdr. Amsterdam 1965. – Heinrich Suso Denifle: Die dt. Schr. des seligen Heinrich Seuse aus dem Predigerorden. M¨unchen 1860, S. 279–293. – Heinrich Seuse: Dt. Schr. Hg. v. Karl Bihlmeyer. Stuttgart ¨ 1907, S. 184–190. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1908) S. 385–393. – Samuel Singer: Die religi¨ose Lyrik des MA. In: Neujahrsbll. der Literarischen Ges. Bern, NF 10 (1933) S. 134 f. – Kurt Ruh: Seuse, Vita c. 52 und das Gedicht und die Glosse ‹Vom ¨ Uberschall›. In: Heinrich Seuse. Stud. zum 600. Todestag 1366–1966. Hg. v. in: Ephrem M. Filthaut. K¨oln 1966, S. 191–212. – Ders.: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 2. M¨unchen 1993, S. 188–191. BJ Von den vrien geisten. – Geistliches Gedicht, 14. Jh. Die kurze Dichtung wird von einer Sammelhandschrift mit weiteren mystischen Gedichten tradiert (darunter Von dem → u¨ berschalle [ohne Glossen]) und besteht aus 12 vierhebigen Versen. Das 441

Mitte 14. Jh. Bemerkenswerte ist die Unbefangenheit des unbekannten Dichters, mit der er sich den von der Inquisition verfolgten und hier gemeinten Begarden widmet: «Nv vrowent uch vil edelen kint / wo nv dye vryen geysthe sint» heißt es im Eingangsreimpaar. Weiter: sie wohnen auf den Fl¨ugeln der Seraphine, sind freiwillig arm, haben keine Bilder und ruhen in Gott. Eine verwandte Dichtung sind die → Reimverse eines Begarden. ¨ Uberlieferung: Mainz, StB, Hs. I 221 (EckhartHs. Mz 1), 47v (Pap., drittes Viertel 14. Jh., rheinfr¨ankisch). Ausgabe: Ruh 1973/1984, S. 218/197. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 546 f. – Ders.: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. dems./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230. Wieder in: Ders.: Kleine Schr. Bd. 2: Scholastik und Mystik im Sp¨atMA. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211. – Ruth Meyer: ‹Maister Eghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994) Sonderh. Mystik, S. 63–82, hier S. 67. VZ Visio Drycthelmi. – Dt. Fassungen einer lat. Jenseitsvision aus dem fr¨uhen 8. Jh. Der lat. Text ist in der Historia ecclesiastica gentis Anglorum (kurz vor 735) des → Beda Venerabilis enthalten. Es handelt sich um einen Bericht u¨ ber die Bekehrung eines northumbrischen Laien Drycthelmus, der an einer schweren Krankheit stirbt, nach einer F¨uhrung durch das Jenseits jedoch zum K¨orper zur¨uckkehrt und sich strengen Buߨubungen unterzieht. Gef¨uhrt wurde Drycthelmus durch einen Engel, der auch die Aufenthaltsorte im Jenseits deutete. Das Jenseits selbst umfasst vier Regionen: Vorh¨olle, eigentliche H¨olle, einen sch¨onen Ort f¨ur Seelen, die noch auf den Eintritt in den Himmel warten m¨ussen und den Himmel der Seligen. Im deutschsprachigen Gebiet wurde Bedas Werk seit der Karolingerzeit rezipiert; die V. D. wurde in die heilsgeschichtlich konzipierte Landeschronik integriert, konnte aber auch einzeln u¨ berliefert oder in Exempelsammlungen aufgenommen werden. Verbreitet wurde die V. D. u. a. auch von → Otloh von St. Emmeram und → Vinzenz von 442

Mitte 14. Jh. Beauvais. In dt. Sprache liegen eine Exempelfassung und eine mnd. Prosa¨ubersetzung des 14. Jh. vor. ¨ Uberlieferung: Exempelfassung: K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, GB 8° 108, 29v–30r. – Mnd. Prosa¨ubersetzung: Berlin, SBB, Mgf 736, Bl. 23. Ausgaben: Bertram Colgrave/Roger A. B. Mynors: Bede’s Ecclesiastical History of the English People. Oxford 1969, S. 488–497. – Maria Pia Ciccarese: Visioni dell’aldil`a in Occidente (Biblioteca patristica 8). Florenz 1987, S. 302–336. Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 10 (1999) Sp. 400–402. – Carl Fritzsche: Die lat. Visionen des MA bis zur Mitte des 12. Jh. In: Romanische Forschungen 2 (1886) S. 247–279, hier S. 270 f. – B. Colgrave: Bede’s Miracle Stories. In: Bede, His Life, Times and Writings. Hg. v. A. Hamilton Thompson. Oxford 1935 (Nachdr. 1966, 1969) S. 201–229. – Jacques Le Goff: La naissance du purgatoire. Paris 1981, S. 155–158. – Peter Dinzelbacher: Vision und Visionslit. im MA. Stuttgart 1981, S. 202 f. – Carol Zaleski: Otherworld Journeys. Accounts of Near-Death Experience in Medieval and Modern Times. New York/Oxford 1987, S. 31–34. – Claude Carozzi: Le voyage de l’ˆame dans l’Au-del`a d’apr`es la litt. lat. (Ve–XIIIe si`ecle). Rom 1994, S. 226–254. SF Visio Philiberti (Visio Fulberti). – Dt. und mndl. Bearbeitungen eines lat. Streitgedichts des 13. Jh. Die lat. Dichtung in Vagantenstrophen u¨ ber die Traumvision des Einsiedlerm¨onchs Philibertus/Fulbertus ist in u¨ ber 130 Handschriften u¨ berliefert und entstand h¨ochstwahrscheinlich in der ersten H¨alfte des 13. Jh. in England, die Zuweisung an den Bischof von Lincoln, Robert Grosseteste, ist sehr unsicher und wird heute kaum mehr erwogen. Der Vision¨ar erblickt, wie die kurzfristig aus der H¨olle entlassene Seele eines reichen Mannes zum noch nicht bestatteten Leichnam zur¨uckkehrt. Es ergibt sich ein Streitgespr¨ach zwischen Leib und Seele (vgl. → Seele und Leib). Die Seele wirft dem Leib die Schw¨ache vor, mit der er den Verlockungen und S¨unden der Welt erlegen sei, um seiner S¨unden willen sei sie der H¨olle u¨ bergeben worden. Der Leib erkl¨art, die Seele sei ihm u¨ bergeordnet gewesen und habe ihre Herrschaftspflicht vernachl¨assigt. Die Seele gibt eine Mitschuld zu, wirft dem Leib aber immer noch seine Unbotm¨aßigkeit vor und wird schließlich von zwei Teufeln in die 443

Visio Philiberti H¨olle geschleppt. Wichtigstes Vorbild f¨ur die Dichtung war das wohl noch im 13. Jh. entstandene Gedicht Nuper huiusce modi/visionem somnii in der Handschrift London, Brit. Lib., Royal MS. 7.A.III. Die strophische lat. Dichtung war in zahlreichen Varianten und unter verschiedenen Titeln verbreitet, hervorzuheben sind eine Kurzfassung ohne erz¨ahlende Einleitung sowie eine besonders stark verbreitete Langfassung Vir quidam extiterat dudum heremita mit zwei einleitenden Strophen, in denen der Name des Vision¨ars genannt wird. Die V. P. ¨ erscheinen in der Uberlieferung h¨aufig zusammen mit der Weltklage Ecce mundus moritur vitio sepultus. Ausgaben: Karajan, s. Lit., S. 85–98. – Thomas Wright: The Latin Poems Commonly Attributed to Walter Mapes. London 1841, S. 95–106. – ´ elestand du M´eril: Po´esies populaires latiEd´ nes ant´erieures au douzi`eme si`ecle. Paris 1843, S. 217–230. Mhd., mnd. und mndl. Vers¨ubersetzungen: Als a¨ lteste anonyme dt. Bearbeitung gilt die mitteldt. Reimpaarfassung «Ein guter man alz ich daz laz/Vil lange ein einsidel was» in der Handschrift ¨ Wien, ONB, Cod. 2710, 1r–6v (14. Jh.). Ausgabe: Karajan (s. Lit.) S. 98–122. Eine obd. Reimpaarfassung Der Seele Klage («Hy vor in einer winter zeit/Geschach ein Jemerli¨ cher streit») hat ihren Uberlieferungsschwerpunkt in N¨urnberg und ist in mindestens acht Handschriften und mehreren Fr¨uhdrucken u¨ berliefert. Vgl. dazu Palmer (s. Lit.) S. 417. Ausgabe: Karajan (s. Lit.) S. 123–145. Eine mnd. Reimpaarversion des 15. Jh. («In eyneme iare dat geschach/dat ik an eyneme drome lach») ist in mindestens drei Handschriften u¨ berliefert, hier erscheint die Vorlage vergleichsweise frei behandelt. Vgl. dazu Palmer (s. Lit.) S. 417. Ausgabe: Wilhelm Seelmann: Wo de sele stridet mit dem licham. In: NdJb 5 (1879) S. 21–45. In mindestens zwei Handschriften u¨ berliefert ist eine mnl. Reimpaarfassung des 14. Jh. («Eens nachts in eene winter tide/Als over al de werelt wide»). Vgl. dazu Palmer (s. Lit.) S. 417 f. Ausgabe: Philip Blommaert: Theophilus [...] gevolgd door drie andere gedichten [...]. Gent 1836, S. 55–66. – Jean-Jacques Lambin: Van der zielen ende van den lechame, een oud gedicht [...]. In: Belgisch Museum 2 (1838) S. 57–77. Eine mittelfr¨ankische Fassung des 15. Jh. mit dem Incipit «Dit ist eyn en pridden man/Daz solt 444

Vita Maximiliani yr wißen one wan ...» u¨ berliefert die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1927, 1r–12v. Ausgabe: Brandes (s. Lit.) S. 33–46. Die Handschrift Darmstadt, LB, Hs 1896, 135r–140r, enth¨alt eine mit «Ich hain gehoirt van wisen luden/dat zu wile dreume duden» beginnende ripuarische Kurzfassung in Reimpaaren (15. Jh.). Ausgabe: Max Rieger: Zwei Gespr¨ache zwischen Seele und Leib. In: Germania 3 (1858) S. 396–407. Ein namentlich bekannter Autor einer V. P.Reimfassung («Wer gute buocher diehten wil/Der sol sich flißen daz er vil») ist → Heinrich von Neustadt. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 401, 52r–57r. Vom unbekannten Verfasser des → Leipziger ¨ Apollonius und des → Leipziger Asop stammt eine ostmitteldt. Fassung («Phyllibertus yn frangrich alze ich laß/Eyn recht goetlich eynsedel waß»), welcher der Autor, vermutlich ein Augustiner-Chorherr im Leipziger Thomaskloster, eine Reimpaar¨ubersetzung des Gedichtes Ecce mundus moritur [...]. voranstellte. ¨ Uberlieferung: Leipzig, UB, Ms. 1279, 114r–129v. «In nachtes stil zu winter zeit/mit cleinem slaf vmbgeben», eine ausf¨uhrliche Bearbeitung in der Handschrift N¨urnberg, StB, Cent. VI, 43d, 101r–111v (15. Jh.) imitiert formal die Vagantenstrophen der lat. Vorlage und enth¨alt ebenfalls eine ¨ Ubersetzung des Ecce mundus moritur [...]. Ausgabe: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung. Mit einer Ausw. geistlicher Dichtungen (Bibl.dt.Nat.Lit. 37). Quedlinburg u. a. 1858 (Nachdr. Amsterdam 1966) S. 311–331. Die Danziger Handschrift Mar. F 171 (vom Jahr 1432) u¨ berliefert eine erweiterte dt. Fassung des → Jammerrufs des Toten, welche im zweiten Teil einen Abschnitt aus der V. P. enth¨alt. In mhd. Reimprosa gehalten ist ein mittelfr¨ankischer Text mit dem Incipit «Der geist des menschen wirtt dickwijl verhauen [...] It geschyede eyme ynnighe man der in eyner naecht do he roeste » (Darmstadt, LB, Hs 2667, 172r–176v; illustriert) als Einschub in der Tafel van den kersten ghelove des → Dirk van ¨ Delft. Wie weit dieser Text als Ubersetzung der V. P. gelten kann, ist nicht gekl¨art. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1927) S. 153, 155. – Killy 12 (1992) 40. – De Boor/Newald 3/1 445

Mitte 14. Jh. (51997) S. 67 f. – Nigel F. Palmer, VL2 10 (1999) Sp. 412–418. – Theodor G. v. Karajan: Fr¨uhlingsgabe f¨ur Freunde a¨lterer Lit. Wien 1839, ¨ S. 85–164. – Gustav Kleinert: Uber den Streit zwischen Leib und Seele. Ein Beitr. zur Entwicklungsgesch. der Visio Fulberti. Diss. Halle 1880. – Herman Brandes: Zur Visio Fulberti. Mitt. aus Berliner und Wernigeroder Hss. (Jahresber. der St¨adtischen Realschule zu Potsdam 1897). Potsdam 1897. – Maria Geiger: Die V. P. des Heinrich v. Neustadt (Sprache und Dichtung 10). T¨ubingen 1912 (Nachdr. Nendeln 1970). – Hans Walther: Das Streitgedicht in der lat. Lit. des MA (Quellen und Unters. zur lat. Philologie des MA 5,2). M¨unchen 1920 (Nachdr. Hildesheim 1984) S. 63–74. – Istv´an Koz´aky: Gesch. der Totent¨anze. Bd. 1. Budapest 1936, S. 233–263. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957, S. 44–46. – Wolf Gewehr: Hartmanns ‹Klage-B¨uchlein› als Gattungsproblem. In: ZfdPh 91 (1972) S. 1–16. – Leopold Zatoˇcil: Die Visio Fulberti nach einer bislang unbeachteten Br¨unner Hs. aus dem Ende des 14. Jh. In: Sborn´ık prac´ı ˇ filosofick´e fakulty Brnˇensk´e University, Rada liter´arnˇevˇedn´a, Ser. D 21 (1974) S. 23–48. – MichelAndr´e Bossy: Medieval Debates of Body and Soul. In: Comparative Literature 28 (1976) S. 144–163. – N. F. Palmer: ‹Visio Tnugdali› [...] (MTU 76). Mu¨ nchen 1982, S. 417 f. – Christian Kiening unter Mitwirkung v. Florian Eichberger: Contemptus mundi in Vers und Bild am Ende des MA. In: ZfdA 123 (1994) S. 409–457. – Ders: Schwierige Modernit¨at. Der ‹Ackermann› des Johannes v. Tepl und die Ambiguit¨at hist. Wandels (MTU 113). T¨ubingen 1998. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 229, 270. SF Vita Maximiliani (Maximilian von Celeia). – Lat. Heiligenlegende aus dem sp¨aten 13. Jh., dt. Bearbeitungen ab der Mitte des 14. Jh. Die lat. Legende des hl. M. von Celeia (Cilli, ehemal. Untersteiermark; heute Celje, Slowenien) wurde unmittelbar nach der Erhebung der Gebeine M.s Anfang August 1289 im Rahmen der Passauer Di¨ozesansynode von einem unbekannten Passauer Kleriker verfasst, bereits um 1300 war die V. M. verbreitet. M. wird in der Vita als Sohn vornehmer 446

Mitte 14. Jh. Eltern vorgestellt. Er soll Erzbischof von Lorch bei Linz als Nachfolger des hl. Quirin gewesen sein und Ende des 3. Jh. den M¨artyrertod erlitten haben. Die Vita ist indes h¨ochstwahrscheinlich frei erfunden. In einer Pr¨afatio wird zun¨achst Celeia gew¨urdigt, es folgt ein Wunderkatalog und die legendenhafte Fr¨uhgeschichte von Lorch-Passau mit ¨ teils w¨ortlichen Ubernahmen aus der Historia ecclesie Laureacensis des → Albert B¨oheim. Der Geltungsanspruch des Bistums Passau als Nachfolgerin der Lorcher Tradition wird in der Historie nachhaltig unterstrichen. Die V. M. erscheint im 14. und 15. Jh. gek¨urzt und in Bearbeitungen als Teil von lat. Legendensammlungen: Innerhalb oder als Anhang einer o¨ sterr. Fassung der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine, im Legendarium Austriacum minus und im → Kreuzensteiner Legendar (darin zwei unterschiedliche Kurzfassungen). Eine l¨angere Fassung scheint von Thomas → Ebendorfer und Veit → Arnpeck benutzt worden zu sein. Von dieser Fassung ist eine sp¨atere gek¨urzte Version u¨ berliefert. Eine dt. Bearbeitung der V. M., in der Praefatio, Wunderkatalog und die Lorcher Historie fehlen und die auch dar¨uber hinaus stark gerafft ist, enthalten die Haupthandschrift der Els¨assischen Legenda aurea und zwei weitere Codices mit der Legendensammlung. Entstanden ist diese volkssprachige Legenda aurea in Straßburg um 1350. Eine ebenfalls stark gek¨urzte Fassung ist in einem Mail¨ander Codex u¨ berliefert. Die V. M. hat auch als Vorlage f¨ur ¨ eine l¨angere Passage in der Osterreichischen Chronik von den 95 Herrschaften (1387–94) des → Leopold von Wien gedient. Der → Chronica der graffen von Cilli ist ein gek¨urzte dt. Bearbeitung mit dem Titel Legend von S. Maximilian [...] vorangestellt. Vermutlich fußen die letztgenannten beiden Texte nicht direkt auf der lat. Vita sondern auf einer gemeinsamen dt. Zwischenstufe, die nicht u¨ berliefert ist. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur Uberl. der lat. Vita und ihrer Bearbeitungen vgl. VL2 10 (1999) Sp. 445 f. – Pez 1721 (s. Ausg.) – Jaroschka/Wendehorst 1957, S. 377, Anm. 40. (BHL Bd. 2, 5811 f.; BHL Novum Suppl. [1986] 5811). – Innerhalb der ‹Els¨assischen Legenda aurea›: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6, 205va–106rb (Perg., 1362, aus Straßburg, unterels¨assisch). – Berlin, SBB, Mgq 189, 172r–174v (Pap., Mitte 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nicolaus in undis, Straßburg, oberrheinisch). – Heidelberg, UB, Cpg 144, 239va–242rb (Pap., 1419, 447

Volpertus aus Straßburg, els¨assisch). – Mail¨ander Fassung: Mailand, Bibl. Nazionale Braidense, AE.XIII.13, 283vb–284vb (Pap., 1467–71, bair.). Ausgabe: Lat. Vita: Hieronymus Pez: Scriptores rerum Austriacarum Bd. 1. Leipzig 1721, Sp. 22–34. – Acta Sanctorum Octobris 6 (1794) S. 40, 52–58. – Innerhalb der ‹Els¨assischen Legenda aurea›: Ulla Williams/Werner Williams Krapp: Die ‹Els¨assische Legenda aurea›. Bd. 1: Das Normalcorpus (TTG 3). T¨ubingen 1980, S. 805–808 (Nr. 186). Literatur: Egon Boshof, LThK3 7 (1998) Sp. 3 f. (Maximilian v. Celeia). – Winfried Stelzer, VL2 10 (1999) Sp. 443–448. – Ernst Ludwig D¨ummler: Piligrim von Passau und das Erzbisthum Lorch. Leipzig 1854, S. 78 f., 134 f., 187 f. – Joseph M. Patsch: Die Legende vom hl. M. In: Hist.politische Bll. f¨ur das katholische Deutschland 165 (1920) S. 453–471. – Franz Poxrucker: Der hl. M. Eine Stud. u¨ ber die Maximiliansquellen. In: Verhandlungen des Hist. Ver. f¨ur Niederbayern 58 (1925) S. 167–201, bes. S. 189–197. – Paul Uiblein: Die Anf¨ange der Erforschung Carnuntums. ¨ 59 (1951) S. 95–108, bes. S. 96–102. – In: MIOG Walter Jarochka: Unbekannte Ulrichs- und Maximilians¨uberl. und ihre Verwertung bei bayer. und o¨ sterr. Historiographien. In: ebd. 65 (1957) S. 98–105. – Ders./Alfred Wendehorst: Das Kreuzensteiner Legendar. In: ebd., S. 369–418, bes. S. 377 f., 381, 390 (Nr. 129), 401 (Nr. 293), 410–412. – Willibrord Neum¨uller: Sanctus M. nec episcopus, nec matryr. In: Mitt. des ober¨osterr. Landesarch. 8 (1964) S. 7–42. – Williams/WilliamsKrapp 1980 (s. Ausg.) S. XIV f., XXXVIII f. (Nr. 186). – Herbert Wurster: Der heilige M. In: Bistumspatrone in Deutschland. FS Jakob Torsy. Hg. v. August Leidl. Mu¨ nchen/Z¨urich 1984, S. 153–155. VZ Volpertus (Vulpertus [de Ahusa], Wulpert[us]). – Lat. Schuldichter des 14. Jh. Verfasser des Liber miraculorum virginis Marie (auch Carmen de miraculis), einer Sammlung von 46 VersMarienmirakeln mit Prolog und Epilog. In der Schlussschrift gibt er an, die Dichtung 1327 als Lehrer an der Schule der Benediktinerabtei Auhausen f¨ur seine Sch¨uler verfasst zu haben. ¨ ¨ Uberlieferung: Alteste datierte Hs.: M¨unchen, BSB, Clm 4350, 11v–28r (aus St. Ulrich und Afra in Augsburg, 1339). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 4146, 22r–57r (Augsburg, 1436). – Erfurt, Wiss. Allgemeinbibl., Cod. Amplon. Q. 49, 135r–174r (zweites 448

Wicboldus Viertel 14. Jh.; v. mindestens zwei H¨ande). – Eine fragm. Hs. aus Graz, nach Mussafia (s. Lit.) S. 13, ist nicht nachzuweisen. In Clm 4350 umfasst der Text 1242 elegische Distichen; die Mirakel variieren im Umfang, das l¨angste von 480 Versen ist auch das letzte und bietet die Theophilus-Legende (→ Theophilus). Ausgaben: Verzeichnis der Miracula und Abdruck von Epilog und Schlussschrift bei Mussafia (s. Lit.) S. 14–19. – Textausz¨uge bei Worstbrock 1997 (s. Lit.). Ebenfalls unter dem Autornamen V. ist die Dichtung Lima monachorum (auch De vita claustrali, Vita monachorum) von 133 leoninischen Distichen (266 Versen) u¨ berliefert, in der V. auch als fiktiver Dialogpartner erscheint. ¨ Uberlieferung: Erfurt, Wiss. Allgemeinbibl., Cod. Amplon. Q. 49, 127r–131v (St. Ulrich und Afra in Augsburg, zweites Viertel 14. Jh.; enth¨alt auch den Liber miraculorum). – M¨unchen, BSB, Clm 4409, 206v–212r (St. Ulrich und Afra in Augsburg, zweite H¨alfte 14. Jh.). – Ebd., Clm 4413, 18r–24r (St. Ulrich und Afra in Augsburg, 14. Jh; fragm.). – Ebd., Clm 21566, 98r–101v (Weihenstephan, erste H¨alfte 15. Jh.; Fragm.). – Ebd., Clm 28418, 1r–9r (Kartause Buxheim, erste H¨alfte 15. Jh.; fragm.). – Ebd., Clm 28418, 1r–9r (Kartaus Buxheim, erste H¨alfte 15. Jh.). – Salzburg, St. Peter, Cod. b VI 6, 141r–145r (1447). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 3131, 85r–98r (Andechs, um 1460). Vgl. dazu Hans Walther: Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris latinorum. 21969, S. 802 f., Nr. 15446. Auch dieses Gedicht ist f¨ur Sch¨uler einer benediktinischen Klosterschule bestimmt. Ein erster Teil bietet Belehrungen uber grunds¨atzliche Fra¨ gen benediktinischer Lebensf¨uhrung und u¨ ber das Leben nach der Ordnung der Klostergemeinschaft, der zweite Teil umfasst ein Streitgespr¨ach zwischen ihm und der personifizierten Welt («Mundus»), in dem sich V. gegen¨uber den Verlockungen der Welt standhaft zeigt. Ein V., wohl identisch mit dem Autor des Liber miraculorum und der Lima, ist Verfasser der Dichtung Pauper scolaris. ¨ Uberlieferung: Mainz, StB, Hs. I 117, 1r–8r (Mainz, 1343; wahrscheinlich Autograph). Thema sind Leben und (fehlende) Perspektiven eines mittellosen Schulgebildeten, der eine Pfr¨unde erwerben m¨ochte. Nach dem Prolog folgt eine Lebensbeschreibung des Pauper scolaris bis zum Abschluss seiner Studien; im Hauptteil werden die 449

Mitte 14. Jh. Schwierigkeiten beim Erwerb einer Pfr¨unde dargestellt. Einen Exkurs bieten autobiographische Verse und eine umfangreiche Fortuna-Anklage. Betont wird die schicksalshafte Vorbestimmtheit zur «miseria» des Lebens, empfohlen werden Ergebung und Hoffnung auf einen gerechten Ausgleich im Jenseits; am Schluss steht die Aufforderung zu Gelassenheit gegen jegliches Schicksal. Literatur: Manfred Lemmer, MarLex 6 (1994) S. 667. – G¨unter Bernt, LexMA 8 (1997) Sp. 1882. – Franz Josef Worstbrock, VL2 10 (1999) Sp. 501–506. – Adolfo Mussafia: Stud. zu den ma. Marienlegenden. Bd. 3 (Sb. der Kaiserlichen Akad. der Wiss. Phil.-Hist. Kl. 119/9). Wien 1889, ¨ S. 13–20. – Nikolaus Henkel: Dt. Ubers. lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit. Mit einem Verz. der Texte (MTU 90). Mu¨ nchen 1988, S. 314–316, Reg. – F. J. Worstbrock: V. Lat. Schuldichtung im dt. 14. Jh. In: Mlat. Jb. 32 (1997) S. 105–125. SF Wicboldus. – Verfasser eines lat. Mariengedichts. Das Akrostichon im Prolog dieser Dichtung (inc. «Versibus alma parens parens tibi reddere vota / Vota») weist einen VVICBOLDVS als Verfasser ¨ aus. Die Uberlieferung beschr¨ankt sich auf das Deutschordensland, weswegen als Autor Wikbold Dobbelstein (1312–1398) angenommen wird. Dieser war von 1352 bis 1363 Kaplan des Ordenshochmeisters Winrich von Kniprode und seit 1363 Bischof von Kulm. Es liegen keine Zeugnisse f¨ur eine Autorschaft Wikbolds vor, es ist jedoch auch kein anderer W. bekannt, der im 14. Jh. im Ordensland wirkte. Das Gedicht u¨ ber die Sieben Freuden Marias umfasst sieben Strophen (je vier Hexameter), denen ein Prolog von zehn Hexametern vorangeht. ¨ Uberlieferung: Cambridge, Corpus Christi College, MS. 537, 31v–32r (15. Jh.). – Danzig, Bibl. Gd´anska Polska Akademia Nauk (ehem. StB), Ms. Mar. Q 15, 221v–222r (erstes Viertel 15. Jh.). Literatur: Franz Josef Worstbrock: VL2 10 (1999) Sp. 981 f. – Otto G¨unther: Die Hss. der Kirchenbibl. von St. Marien in Danzig. Danzig 1921, S. 491. – Gerd Steinwascher: Wikbold Dobbelstein, Bischof v. Kulm. In: Die ma. Glasmalereien der ehem. Zisterzienserkirche Altenberg. Hg. v. Brigitte Lymant. Bergisch Gladbach 1979, S. 8–25. – Norbert Orthen: Bischof Wikbold v. 450

Mitte 14. Jh. Kulm. In: Altenberger Bll. 5 (1999) S. 30–36. – Martin Armgart: Wikbold Dobbelstein. Hochmeisterkaplan, Bischof und M¨azen in der Zeit Winrichs v. Kniprode. In: FS Bernhart J¨ahnig. Hg. v. Udo Arnold u. a. (Einzelschr. der Hist. Kommission f¨ur Ost- und Westpreußische Landesforschung 22). Marburg 2001, S. 151–159. SF Vorsmak des eˆ wigen lebennes. – Scholastischmystischer Komposittraktat in Quaestionenform, erste H¨alfte/Mitte 14. Jh. Der Traktat vermittelt spekulative Theologie eckhartscher Pr¨agung in scholastischer Form und steht inhaltlich grunds¨atzlich → Thomas von Aquin nahe. Vergleichbare Texte sind der → Traktat von der Seligkeit, → Von der Minne II, Traktate Johannes → Hiltalingens, → Sant Johannes sprichet [...] oder die → Blume der Schauung. Nachweislich zitiert wird der V.-Traktat von → Giselher von Slatheim und im → Lehrsystem der deutschen Mystik. Sein Thema ist die selige Gottesschau in der Ewigkeit («das ewig leben ist niut anders denne ein got schouwen. unde dar umbe, danne das ir einen vorsmak hier gewinnent des ewigen lebennes der ewigen selikeit so ist dis geschriben», Cpg 641, 1r). Formal weist der Text eine N¨ahe zur scholastischen Vorlesungsstruktur auf. Sein Verfasser stellt Positionen verschiedener theologischer Schulen zu Themen wie Gotteslehre, Theorie der Erkenntnis und Liebe, Teilhabe an den innertrinitarischen Hervorg¨angen, Zeit und Ewigkeit zusammen. Querverweise und Parallel¨uberlieferung belegen dabei die Zusammengeh¨origkeit der einzelnen Kompositionsteile des Traktats. In der Frage, ob die Seligkeit eher in der Erkenntnis oder in der Liebe bestehe, referiert der Verfasser die franziskanische und dominikanische (vor allem die eckhartsche) Lehre und r¨aumt der Liebe den Vorrang ein. Die schwierige spekulative Thematik wird in ein pr¨azises Gelehrtendt. u¨ bersetzt, das von der Begrifflichkeit Meister → Eckharts und seiner Nachfolger regen Gebrauch macht. Wom¨oglich stammte der Verfasser selbst aus dem Kreis der Sch¨uler Eckharts und war vielleicht Magister oder Lektor. Mit → Nikolaus von Straßburg d¨urfte er entgegen fr¨uherer Annah¨ men und trotz des Uberlieferungszusammenhanges nicht zu identifizieren sein. In jedem Fall kann der V.-Traktat als eine der hervorragenden Leistungen der dt. Scholastik ange¨ sehen werden. Inhaltliche Uberschneidungen mit 451

Vorsmak des eˆ wigen lebennes Von der Minne II (darunter die Lehre vom «intellectus agens» nach → Dietrich von Freiberg) legen die Annahme eines gemeinsamen Verfassers von beiden Texte nahe. F¨ur den Minne-Traktat kommt der Augustinereremit Johannes Hiltalingen von Basel in Betracht (Witte 2002), der so auch Verfasser des V.-Traktates gewesen sein k¨onnte. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 641, 1r–63r (Perg., Mitte 14. Jh., su¨ dalemannisch mit mittelfr¨ankischem Einschlag; in der Hs. folgen Predigten des Nikolaus von Straßburg). – Berlin, SBB, Mgq 1132, 122r–164r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., aus der Kartause Buxheim, ostalemannisch). Dem Heidelberger Cod. nachgeordnet entspricht der hier u¨ berlieferte Text Cpg 641, 1r–26r. Der Textbestand des Traktats ist im Mgq 1132 erweitert, indem sieben Abschnitte vorausgehen (104r–122r), die formal und thematisch mit dem V.-Text verkn¨upft sind. Ausgaben: Franz Joseph Mone: Philosophischer Beweis der Dreieinigkeit. In: Anz. f¨ur Kunde der teutschen Vorzeit 8 (1839) Sp. 85–92 (Abdruck Cpg 641, 14r–21r). – Franz Pfeiffer: Predigten und Tractate dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 422–464, hier S. 442–452 (Abdruck Cpg 641, 1r–14r, 36v–45r). – Hillenbrand 1968, S. 135–167 (Abdruck Cpg 641, 21v–36v, 45v–63r). – Die drei Teilausgaben erg¨anzen sich zu einem Gesamtabdruck des Heidelberger Textes. Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 367 f. – Karl Heinz Witte, VL2 10 (1999) Sp. 533–537. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Nach den Quellen untersucht und dargestellt. Bd. 2: Aeltere und neuere Mystik in der ersten H¨alfte des XIV. Jh. Heinrich Suso. Leipzig 1881 (Nachdr. Aalen 1962) S. 156–160. – Adolar Zumkeller: Die Augustinerschule des MA. Vertreter und phil.-theologische Lehre (Analecta Augustiniana 27). Rom 1964, S. 167–262. – Eugen Hillenbrand: Nikolaus v. Straßburg. Religi¨ose Bewegung und dominikanische Theologie im 14. Jh. (Forschungen zur oberrheinischen Landesgesch. 21). Freiburg i. Br. 1968. – K. H. Witte: ‹V. d. eˆ . l.›. Beobachtungen zu einem scholastischen Traktat von der Schau des dreifaltigen Gottes aus dem Kreis der dt. Mystik. W¨urzburger Prosastud. Bd. 1: Wort-, begriffs- und textkundliche Unters. (Medium Aevum 13). Mu¨ nchen 1968, S. 148–198. – K. Ruh: Die Blume der Schauung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 16). M¨unchen 1991; rezensiert v. K. H. Witte, ZfdA 122 (1993) S. 348–354. – Venicio Marcolino: Die Wirkung der Theologie Hu452

Diu zeichen eines wˆarhaften grundes golins v. Orvieto im Sp¨atMA (Analecta Augustiniana). Rom 1993, S. 7–124. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 358–362. – K. H. Witte: Der ‹Traktat v. der Minne›, der Meister des Lehrgespr¨achs und Johannes Hiltalingen v. Basel. Ein Beitr. zur Gesch. der Meister-Eckhart-Rezeption in der Augustinerschule des 14. Jh. In: ZfdA 131 (2002) S. 454–487. VZ Der Weingarten. – Allegorische Gedichte des 14. bis 17. Jh., denen biblische Wein-, Weinstock- und Weinberg-Motive und einzelne Verse gemeinsam sind. Incipit, Aufbau und Schwerpunktsetzung der Texte unterscheiden sich, es verbindet sie jedoch die formale Gestaltung in endgereimten Langzeilen. Inhaltlich beziehen sich die W.-Dichtungen auf Jesus als vom Himmel gesandtes und von Maria gehegtes «weinkorn»; das Kreuz wird als «preßbaum» bezeichnet. Eine Version u¨ berliefert die Handschrift Wien, ¨ ONB, Cod. 410, 57v (14. Jh.; Nachtrag): «Ich waiz ein weingarten doran ist vol gut lez». Ausgabe: Joseph Chmel: Die Hss. der k.k. Hofbibl. in Wien. Bd. 2. Wien 1841, S. 357. Die → Pfullinger Liederhandschrift enth¨alt 172v–173r (zweite H¨alfte 15. Jh.) eine weitere W.Version mit dem Incipit «Ich weis mir einen garten dorjnn ist g˚ut wesen». Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 822–823. – Volker Kalisch: Die sog. Pfullinger Liederhs. In: W¨urttembergische Bll. f¨ur Kirchenmusik 49 (1982) S. 12 f. In katholischen Kirchengesangb¨uchern des 17. Jh. finden sich weitere Fassungen. Ausgabe: Wackernagel 1867, Nr. 827–830. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 10 (1999) Sp. 807 f. – Alois Thomas: Die Darstellung Christi in der Kelter (Forschungen zur Volkskunde 20–21). D¨usseldorf 1936, S. 76 f. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. [...] (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 286 Anm. 39. SF Von der welt valscheit. – Geistliche Betrachtung u¨ ber eine Exempelgeschichte, 14. Jh. Die Dichtung eines anonymen Verfassers enth¨alt ein Exempel von der Frau Welt, der im Wald der Herr von Gravenberg (→ Wirnt von Gravenberg) 453

Mitte 14. Jh. begegnet. Hauptintention des kurzen Prosatextes ist der Lobpreis des Gotteslohns im Kontrast zum verderblichen Weltlohn. Bei der Ausgestaltung der allegorischen Frau-Welt-Figur (eine in der ma. Lit. h¨aufige Personifikation) mit sch¨oner Vorderseite und gr¨aßlich entstelltem R¨ucken orientiert sich der Dichter an → Konrads von W¨urzburg Der Welt Lohn. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, cod. A 131, 89r–90r (Z¨urich, 1393). – M¨unchen, BSB, Cgm 531, 127ra-va (1420, mittelbair.). Ausgaben: Wilhelm Wackernagel: Dt. Lesebuch 1. Basel 21839 u. o¨ . Sp. 945–948. – Heinz Rolleke: ¨ Konrad v. W¨urzburg (RUB 2855/2855a). Stuttgart 1968 (Neudr. ebd. 1993) 105 f. Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 10 (1999) 832 f. – August Closs: Weltlohn. Das Thema: Frau Welt u. F¨urst der Welt. In: ZfdPh 105 (1986) S. 77–82. – Reinhard Bleck: Konrad v. W¨urzburg: Der Welt Lohn (Litterae 112). G¨oppingen 1991, S. 148. VZ Wilhelm von England OSB. Dem ansonsten unbekannten W. v. E. wird in den zwei N¨urnberger, nicht aber in der Berliner Handschrift eine dt. Predigt auf die hl. Ursula zugeschrieben, in der Ereignisse aus der Ursula-Legende mit solchen aus dem Leben Marias parallel gesetzt werden. Quelle f¨ur die legendarische Ausgestaltung der Predigt war die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine). ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 2261, 9r–24v (bair.; der die Predigt enthaltende Teil wurde von der Pillenreuther Nonne Anna → Ebin 1465 oder kurz vorher geschrieben). – Ebd., Hs 16567, 84r–111v (Pap., 1460–66, alemannisch). – Berlin, SBB, Mgf 656, 235ra–245va (Pap., 1477, obd.). Literatur: Ursula Rautenberg, VL2 10 (1999) Sp. 1095 f. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germanischen Hss. der Preußischen SB 1 (Mitt. aus der Preußischen SB 7). Leipzig 1925 (Nachdr. Graz 1970) S. 71. – Lotte Kurras: Die dt. ma. Hss. 1 (Kataloge des Germ. Nationalmuseums 1,1). Wiesbaden 1974, S. 38–41, 67–69. BJ Diu zeichen eines wˆarhaften grundes. – Pseudo(?)-Eckhart-Traktat, 14. Jh. 1857 gab Franz Pfeiffer (s. Ausg.) diesen kurzen Text wohl f¨alschlicherweise als Traktat Nr. 7 unter den Schriften Meister → Eckharts heraus. Die 454

Mitte 14. Jh. Echtheitsfrage des Textes wurde bislang nicht zweifelsfrei gekl¨art, wird jedoch gemeinhin aufgrund formaler und sprachlicher Kriterien angezweifelt. Die Einleitung «ein meister sprichet» weist den Traktat als Predigt aus; Thema ist die wahre Gottesschau, die an 24 Zeichen erkennbar ist, welche in der zweiten H¨alfte der Predigt katalogartig aufgez¨ahlt werden. Dem 1. Kapitel (Von 24 St¨ucken eines vollkommenen Lebens) des Rulman → Merswin zugeschriebenen Meisterbuchs diente dieser mystische Traktat als Vorlage. ¨ ¨ Uberlieferung: Neben der Uberl. im Rahmen des Meisterbuches ist der Traktat auch selbstst¨andig u¨ berliefert: Straßburg, Bibl. Nat. et Univ., Ms. 2715, 129r–132r. – M¨unchen, BSB, Cgm 365, 196v–198r. – Stuttgart, LB, Cod. bibl. 2° 33, 107rb–108ra. – Zahlreiche weitere Textzeugen verzeichnet Meckelnborg (s. Ausg.). – Eine lat. Version (nach dt. Vorlage) findet sich in der Hs. Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701, Nr. 149., 4v–6v. Ausgaben: Franz Pfeiffer (Hg.): Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962) S. 475–478 (Nr. 7). – Cornelis G. N. de Vooys: Meister Eckhart en de Nederlandse mystiek. In: Nederlandsch archief voor kerkgeschiedenis, NS 3 (1905) S. 76–79. – Christina Meckelnborg: Der Pseudo-Eckhartsche Traktat ‹D. z. e. w. g.›. Unters. und Edition einer lat. Fassung. In: Scrinium Berolinense. FS Tilo Brandis. Hg. v. Peter J¨org Becker u.a. Bd. 1 (Beitr. aus der StB zu Berlin Preußischer Kulturbesitz 10). Berlin 2000, S. 306–319, hier S. 315–319. Literatur: Peter Schmitt, VL2 10 (1999) Sp. 1522–1525. – Carl Greith: Die dt. Mystik im Prediger-Orden. Freiburg i. Br. 1861. Nachdr. Amsterdam 1965. – Heinrich Denifle: Die Dichtungen des Gottesfreundes im Oberlande. In: ZfdA 24 (1880) S. 200–219, hier S. 218 Anm. 1. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 3. Leipzig 1893, S. 3–35. – Robert Priebsch: Aus dt. Hss. in Br¨ussel. In: ZfdPh 36 (1904) S. 58–86, hier S. 76. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 4 (Nachr. v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Phil.-hist. Kl. Beih.). G¨ottingen 1913, S. 175. – Friedrich v. der ¨ Leyen: Uber einige bisher unbekannte lat. Fassungen v. Predigten des Meister Eckehart. In: ZfdPh 38 (1906) S. 177–197, hier S. 177–179. – Adolf Spa¨ mer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420, hier S. 325, 380 f. – Josef Quint: Neue Handschriftenfunde zur 455

Von dem zorne der sˆele ¨ Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Unters. Bd. 1). Stuttgart u. a. 1940, S. 79, 131, 140, 200, 214, 216. – Karl Brethauer: Texte aus dem Umkreis Meister Eckharts im Haag. In: ZfdA 92 (1963) S. 158–164, hier S. 159. – J. Quint: Fund¨ ber. zur hsl. Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystiktexte (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Unters. Bd. 2). Stuttgart u. a. 1969, S. 12, 16, 40, 75, 89. – Werner Johann Hoffmann: ¨ Die ostmd. Ubers. des ‹Evangelium Nicodemi› in der Hs. Den Haag 73 E 25. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Hg. v. Heimo Reinitzer (Vestigia bibliae 9–10). Bern u. a. 1991, S. 216–272, hier S. 219. – Freimut L¨oser: Meister Eckhart in Melk (TTG 48). T¨ubingen 1999, S. 81 f., 213 f. – Meckelnborg 2000 (s. Ausg.) S. 306–315. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 138. SF Von dem zorne der sˆele. – Traktat XVI in der → Eckhart-Ausgabe von F. Pfeiffer. Bei dem Text handelt es sich um einen Ausschnitt aus einer Abhandlung u¨ ber die Seelenkr¨afte (hier nur «vis irascibilis»). ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 277 (1014), 179v–180r (Perg., bald nach der Mitte des 14. Jh., oberrheinisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 40, 43rb–43vb (Pap., zweite H¨alfte 14. Jh., bair.). – Straßburg, National- und Universit¨atsbibl., ms. 2715 (fr¨uher L germ. 618.4°) [fr¨uher Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1141], 93v–95r (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., obd.). – Berlin, SBB, Mgq 1802, 68v–69v (Mystischer Traktat, darin: Von dem zorne der sˆele und zumindest der Schluss von Von dem anefluzze des vaters (Pap., um 1370–80, ostschw¨abisch). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962. 1991) S. 542 f. Literatur: Peter Schmitt, VL2 10 (1999) Sp. 1589 f. – Franz Jostes (Hg.): Meister Eckhart und seine Ju¨ nger. Freiburg/Schweiz 1895. Nachdr. mit einem W¨orterverz. v. P. Schmitt und einem Nachw. v. Kurt Ruh. Berlin/New York 1972. – ¨ Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1908) S. 307–420, hier S. 390. – Philipp Strauch (Hg.): Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele) (DTM 30). 456

Von den zwolf ¨ nutzen unsers herren lichames Berlin 1919. 2. Aufl., hg. und mit einem Nachw. versehen v. Niklaus Largier/Gilbert Fournier. Hildesheim 1998. – Meister Eckhart: Die dt. und lat. Werke. Die dt. Werke. Hg. v. Josef Quint. Bd. 1. Stuttgart 1958. BJ Die zwolf ¨ guten Menschen und der Jung¨ ling. – Kurzer geistlicher Prosatext. Der mit dem Frage-Antwort-Dialog Meister Eckhart und der nackte Knabe (→ Eckhart-Legenden) verwandte Text schildert zw¨olf gute Menschen, denen beim gemeinsamen Gebet ein sch¨oner J¨ungling erscheint. In zw¨olf Kennmalen gibt er sich als Christus zu erkennen. Als die zw¨olf guten Menschen ihm zu F¨ußen fallen wollen, ist er verschwunden. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 65, 32v (Perg.). – Colmar, StB, Ms. CPC 279 (fr¨uher Bibl. du Consistoire, ms. 279), 148r/v (zweites Viertel/Mitte 15. Jh., els¨assisch). – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 115, 97r–97v (Perg., Dominikanerinnenkloster St. Katharinental bei Diessenhofen, fr¨uhes 14. Jh., alemannisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 966, p. 108–109 (Pap.). Ausgabe: Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 145 (nach der Berliner Hs.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 1634 f. BJ Zwolf ¨ Meister uber ¨ die Fruchte ¨ der Messe (Duodecim virtutes missae). – Geistliche Reimpaarrede von 202 Versen. Das vielleicht im 14. Jh. im md. oder ripuarischen Gebiet entstandene Gedicht behandelt nach zehn Einleitungsversen in zw¨olf Abschnitten die «utilitates missae»; die einzelnen «dicta» werden jeweils von zw¨olf Autorit¨aten (Apostel oder Kirchenv¨ater) bekr¨aftigt. Im Vordergrund steht der unmittelbare Nutzen des Messbesuchs, mehrfach erw¨ahnt werden insbesondere zwei «Fr¨uchte»: Zum einen gew¨ahrt Gott die Bitten auch um irdische G¨uter, wenn sie w¨ahrend der Messe vorgebracht werden, zum anderen kann kein pl¨otzlicher Tod denjenigen unvorbereitet treffen, der am Tag seines Sterbens and¨achtig einer Messe beigewohnt hat. Lat. Kataloge sog. «Messfr¨uchte» und deren Aufz¨ahlungen in Traktaten, Messauslegungen und Predigten erscheinen h¨aufig seit dem 13. Jh.; in der lat. Predigtliteratur des 15. Jh. begegnen die zw¨olf Nutzen des Meßbesuches bei Johannes → Herolt 457

Mitte 14. Jh. und Gottschalk → Hollen sowie im Rahmen der dt. Meßb¨uchlein. Ferner existieren zahlreiche kurze Prosakataloge der zw¨olf «Fr¨uchte» auf Lat. und Dt. Vgl. dazu Franz (s. Lit.) S. 42–47 und Schwab (s. Lit.) S. 14–16. ¨ Uberlieferung: Fassung I (in Sammelhss. mit thematisch verwandten Texten): Bamberg, SB, Msc. Lit. 177, 103r–110v (15./16. Jh.) (B). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 848, 209r–214v (datiert ¨ [14]72?, mittelbair.) (C). – Wien, ONB, Cod. v v 13292, 67 –72 (Mitte 15. Jh., md.) (V). – Z¨urich, ZB, Cod. A 122, 382v–387v. – Fassung II (Einzel¨uberl.): Zwei Drucke: a) Gar ein schon lieblich spruch von der heiligen mesz, o. O. und Jahr [Bamberg, Sensenschmidt, 16. Jh.?], Ex. M¨unchen, SB, Inc. Mon. S. a. 1694m, 4° (M). – b) o. O. und Jahr [Erfurt, Heidericus und Marx Ayrer, undatiert], Ex. Berlin, SBB, 8° Inc. 1118 (N). – Hs.: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4382 (um 1500, bair.; ein Heft aus vier Bll., wohl Druckabschrift) (A). Ausgabe: Schwab (s. Lit.) S. 39–64. – Teilausgabe: Franz (s. Lit.) S. 49–51. Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 10 (1999) Sp. 1635–1638. – Franz Falk: Die dt. MeßAuslegungen v. der Mitte des 15. Jh. bis zum Jahre 1525. K¨oln 1889. Nachdr. Amsterdam 1969, S. 9 f., 27, 36–40. – Adolf Franz: Die Messe im dt. MA. Darmstadt 21963, S. 36–72, bes. S. 48–51. – Ute Schwab: Die Reimrede der zw¨olf Meister v. den Fr¨uchten der Messe. In: Annali. Istituto Orientale, Napoli, Sezione Germanica 6 (1963) S. 13–64. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,7). Wiesbaden 1996, S. 104 f. SF Von den zwolf ¨ nutzen unsers herren lichames. – Traktat I in der → Eckhart-Ausgabe von F. Pfeiffer. Der im Gegensatz zu den meisten anderen Traktaten dieser Ausgabe eine geschlossene Einheit bildende Traktat, der von → Albertus Magnus’ De eucharistia beeinflusst ist, f¨uhrt zw¨olf Wirkungen des Empfangs der Eucharistie auf. Zuletzt wird der vollkommene Frieden genannt, der in der «einunge mit gote» gipfelt. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2739, 184rb–194ra. – K¨olner Taulerdruck (Caspar Keulen 1543) von Petrus Canisius, Kap. 39. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962. 1991) S. 372–382. 458

Mitte 14. Jh. Literatur: Peter Schmitt, VL2 10 (1999) Sp. 1638–1640. – Pfeiffer (s. Ausg.). – Carl Schmidt: Johannes Tauler v. Straßburg. Hamburg 1841, S. 73–83. – Franz Falk: Die dt. Meß-Auslegungen v. der Mitte des 15. Jh. bis zum Jahre 1525. K¨oln 1889. – Adolf Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902. Nachdr. Bonn 2003. – ¨ Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1908) S. 307–420, hier S. 370. – Karl Boeckl: Die Eucharistie-Lehre der dt. Mystiker des MA. Freiburg i. Br. 1924, S. 89 f. – Rudolf Kilian Weigand: Predigen und Sammeln. Die Predigtanordnung in fr¨uhen Tauler-Hss. In: Stud. zur dt. Sprache und Lit. FS Konrad Kunze. Hg. v. V´aclav Bok u. a. (Stud. zur Germanistik 10). Hamburg 2004, S. 114–155, hier S. 142–144, 155. BJ Die zwolf ¨ R¨ate Jesu Christi (Die zw¨olf evangelischen R¨ate). – Dt. Texte u¨ ber die zw¨olf in den Evangelien u¨ berlieferten «raete» Christi, u¨ berliefert in Handschriften des 14. und 15. Jh. Seit dem 14. Jh. dienen neben den Zehn GebotenTexten die z. R. J. C. zur Vervollkommnung der religi¨osen Lebensf¨uhrung auch von Laien. Das Compendium theologicae veritatis (um 1260) des → Hugo Ripelin von Straßburg d¨urfte die Grundlage der dt. Bearbeitungen bilden; darin werden nach einer Auslegung der Zehn Gebote jene Ratschl¨age behandelt, die Jesus in den Evangelien f¨ur eine vollkommene Lebensf¨uhrung gegeben hat. Deren Befolgung beruht im Gegensatz zu den Zehn Geboten auf Freiwilligkeit, nur Armut, Gehorsam und Keuschheit sind f¨ur den Klerus bindend. ¨ Uberlieferung: 1. Kommentarlose Aufz¨ahlung der z. R. J. C.: Mainz, StB, Cod. I 322, 1v (Kartause Mainz, 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 432, 353r-v (Dominikanerinnenkloster Altenhohenau?, zweite H¨alfte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cent. VI, 82, 19v–20r (N¨urnberg, erstes Viertel 15. Jh.). – Ebd., Cent. VI, 58, 211r (Katharinenkloster, 1446–48). – Ebd., Cent. VI, 83, 158r-v (Egidienkloster, erstes Viertel 15. Jh.). – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 101, 108r (S¨udwestdeutschland, um 1400). – Ebd., Cod. 112, 52v–53r (Konstanz?, um 1400; mit Kurzkomm. zu drei «raeten».). – Augsburg, UB, Cod. III. 1. 8°24, 183r (S¨udwestdeutschland, letztes Drittel 15. Jh.; mit Kurzkomm.). – 2. Anonyme Auflistungen der z. R. J. C. mit NT-Stellen und/oder Kommentar: Augsburg, 459

Die zwolf ¨ R¨ate Jesu Christi UB, Cod. III. 1. 8°22, 71r–72v (S¨udwestdeutschland, 1460–75). – Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 155, 161v–163v (Benediktinerinnenkloster St. Andreas?, zweite H¨alfte 14. Jh.; → Engelberger Gebetbuch). – Heidelberg, UB, Cpg 567, 44ra–45ra (Schwaben, 1439). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 382, 87r-v (Bayern, erste H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Cgm 841, 188v–191v (Rebdorf/Eichst¨att?, zweite H¨alfte 15. Jh.; unvollst.). – M¨unchen, UB, 4° cod. ms. 479, 66r–67v (Landshut?, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., 8° cod. ms. 279, 61v–63r (Landshut, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 19, 310r-v (St. Peter, um 1460). – Ebd., Cod. b VI ¨ 5, 129v–130r (Bayern/Osterreich, um 1450). – 3. Autoren zugeschriebene Texte: Augsburg, UB, Cod. III. 1. 8° 4, 6r–7r (N¨urnberg, Katharinenkloster, Mitte 15. Jh.; aus einer Predigt von Johannes Wolfspach). – M¨unchen, BSB, Cgm 463, 129r–163v (Ausgburg, drittes Viertel 15. Jh.; geschrieben von Konrad → Bollstatter) (Meister → Heinzelin). – Ebd., Cgm 783, 185v–190r (S¨udwestdeutschland, 1477). – Ebd., Cgm 4930, 30r–31r (Nordbayern, drittes Viertel 15. Jh.) (Exzerpt aus Hugo Ripelin, Compendium theologicae veritatis, lib. V, cap. 69 und 70). Ausgabe: Werlin (s. Lit.). Literatur: Gerold Hayer, VL2 10 (1999) Sp. 1643–1645. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philol. im Aufriß. Bd. 2. Hg. v. W. Stammler. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 872. – Josef Werlin: Die zw¨olf R¨ate Jhesu Christi. Eine ma. Erg¨anzung zum Dekalog. In: Leuvense Bijdragen 52 (1963) S. 156–168. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachliche Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 435. SF Albert von Sachsen (A. von Helmstedt, A. von Ricmerstorp, Albertutius, Albertus parvus), * vor 1330 bei Helmstedt (wohl im heutigen Rickensdorf), † 8.7.1390 Halberstadt. – Scholastischer Philosoph, Aristoteleskommentator, Gr¨undungsrektor der Universit¨at Wien, Bischof von Halberstadt. Der aus einer Bauernfamilie stammende A. war 1351–62 Magister an der Pariser Artistenfakult¨at, 1363 Rektor der Universit¨at, 1365 Mitbegr¨under und erster Rektor der Universit¨at Wien und 1366–90 Bischof von Halberstadt. 1372 wurde er wegen seiner Lehren u¨ ber die Naturnotwendigkeit der Ketzerei bezichtigt. Zu dem Werk A.s, 460

St. Klara-Buch das haupts¨achlich in Paris entstanden ist, z¨ahlen neben Aristoteles-Kommentaren wissenschaftliche Schriften, vorwiegend aus den Gebieten Logik und Naturphilosophie. A. trug wesentlich zur Verbreitung der an der Pariser Universit¨at vorherrschenden nominalistischen Logik an den dt. Universit¨aten bei. ¨ Werke (Auswahl; zu Schriften, Uberlieferung und Ausgaben s. VL2 11, 2004, Sp. 42–55): Quaestiones in Aristotelis libros de coelo et mundo. Pavia 1481. Venedig 1492. Nachdr. Hildesheim u. a. 1986. – Quaestiones in aristotelis ‹De Cælo›. Krit. Ausg. hg. v. Benoˆıt Patar (Philosophes m´edi´evaux 51). Louvain u. a. 2008. – De proportionibus. Venedig 1487. Bologna 1502. Auch u. d. T. Tractatus proportionum (zahlreiche Auflagen). – Sophismata. Paris 1502. Nachdr. Hildesheim/New York 1975. – Quaestiones in octo libros physicorum. o. O. 1516. – Perutilis logica. venedig 1522. Nachdr. Hildesheim/New York 1974. – A. of S.’s TwentyFive-Disputed Questions on Logic. A Critical edition of His ‹Quaestiones circa logicam›. Hg. v. Michael J. Fitzgerald. Leiden u. a. 2002. – Logik. Lat. – ¨ Dt. Ubers., mit einer Einl. und Anm. hg. v. Harald Berger (Philosophische Bibl. 611). Hamburg 2010. Bibliographie: A. Mu˜noz Garc´ıa: A. of Saxony. Bibliography. In: Bulletin de philosophie m´edi´evale 32 (1990) S. 161–190. – Harald Berger: A. v. S. (1316[?]–1390). Bibliogr. der Sekund¨arlit. In: ebd. 36 (1994) S. 148–185; 37 (1995) S. 175–186; 38 (1996) S. 143–152; 40 (1998) S. 103–116. Literatur: A. Palmieri, DHGE 1 (1912) Sp. 1556 f. – Martin Grabmann, NDB 1 (1953) S. 135. – Erwin Neuenschwander, LexMA 1 (1980) Sp. 289 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 83 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 371 f. – Reinhold Rieger, RGG4 1 (1998) Sp. 268. – Harald Berger, VL2 11 (2004) Sp. 39–56. – Christian Thiel, Enz Phil Wiss2 1 (2005) S. 73 f. – Carl v. Prantl: Gesch. der Logik im Abendlande. Bd. 4. Leipzig 1870 (Nachdr. Darmstadt/Graz 1955) S. 60–89. – Adolf Dyroff: ¨ Uber Albertus v. S. In: Stud. zur Gesch. der Philosophie. Festgabe f¨ur Clemens Baeumker (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA, Suppl.-Bd.). Mu¨ nster 1913, S. 319–346. – Georg Heidingsfelder: A. v. S. Sein Lebensgang und sein Kommentar zur Nikomachischen Ethik des Aristoteles (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA 22,3/4). M¨unster 1921. 21927. – Philotheus Boehner: Medieval Logic. An Outline of Its Development from 1250 to 461

Mitte 14. Jh. c. 1400. Manchester 1952. – E. A. moody: A. of Saxony. In: Dictionary of Scientific Biography. Hg. C. C. Gillispie. Bd. 1. New York 1970, S. 93–95. – H. L. L. Busard: Der ‹Tractatus proportionum› von ¨ A. v. S. In: Denkschriften. Osterr. Akad. der Wiss., mathematisch-naturwissenschaftlichen Kl. 116, 2. Abh. (1971) S. 43–72. – J. M. M. H. Thijssen: Buridan, A. of Saxony and Oresme, and a FourteenthCentury Collection of Quaestiones on the Physics and on De Generatione et Corruptione. In: Vivarium 24 (1986) S. 70–82. – Jo¨el Biard: Logique et th´eorie du signe au XIVe si`ecle. Paris 1989. – Ders.: Les sophismes du savoir: A. de Saxe entre Jean Buridan et Guillaume Heytesbury. In: Vivarium 27 (1989) S. 36–50. – J¨urgen Sarnowsky: Die aristotelisch-scholastische Theorie der Bewegung. Stud. zum Kommentar A.s v. S. zur Physik des Aristoteles (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA, N.F., Bd. 32). Mu¨ nster 1989. – Itin´eraires d’A. de Saxe. Paris – Vienne au XIVe si`ecle. Actes du colloque organis´e le 19–22 juin 1990 dans le cadre des activit´es de l’URA 1085 du CNRS a` l’occasion du 600e anniversaire de la mort d’A. de Saxe. Hg. J. Biard (Etudes de philosophie m´edi´evale 69). Paris 1991. – J. Biard: A. de Saxe et les sophismes de l’infini. In: Sophisms in Medieval Logic and Grammar. Hg. v. Stephen Read, London 1993, S. 288–303. – Edith Dudley Sylla: Aristotelian Commentaries and Scientific Change. The Parisian Nominalists on the Cause of the Natural Motion of Inanimate Bodies. In: Vivarium 31 (1993) S. 37–83. – Chrisoph Kann: Die Eigenschaften der Termini. Eine Unters. zur ‹Perutilis logica› A.s v. S. (Stud. und Texte zur Geistesgesch. des MA 37). Leiden u. a. 1994. – Wilhelm Baum: Rudolf IV. der Stifter. Seine Welt und seine Zeit. Graz u. a. 1996, S. 208–220. – J. Biard: A. of Saxony. In: Rotledge Encyclopedia of Philosophy. Hg. E. Craig. Bd. 1. London/New York 1998, S. 143–145. – Rainer Grass: Schlussfolgerungslehre in Erfurter Schulen des 14. Jh. Eine Unters. der Konsequentientraktate von Thomas Maulfelt und A. v. S. in Gegen¨uberstellung mit einer zeitgen¨ossischen Position (Bochumer Studien zur Philosophie 37). Amsterdam u. a. 2003. BJ St. Klara-Buch. – Hagiographische Sammlung zu Klara von Assisi. Das Klarissenkloster in N¨urnberg wurde w¨ahrend des 14. Jh. zur einer Hochburg der Verehrung 462

Mitte 14. Jh. Klaras von Assisi. Nach der Mitte des 14. Jh. wurden dort die zur damaligen Zeit bekannten Quellen u¨ ber die Heilige im mhd. «sand Claren pvch» gesammelt. Der unbekannte Kompilator, Redaktor ¨ und Ubersetzer des St. K.-B.s war m¨oglicherweise ein N¨urnberger Franziskaner. ¨ Das Werk enth¨alt einerseits Ubersetzungen u¨ berwiegend hagiographischer Texte, so der Legenda S. Clarae virginis des Thomas von Celano, der Kanonisationsbulle Klaras von Papst Alexander IV. (1255), des Gaude, Clara, der Briefe Klaras an → Agnes von B¨ohmen sowie der Vita der → Agnes von Assisi. Hinzu kommen Klaras «Letzter Segen», ihre Lebensdaten und ein Reimgebet. Die bisher genannten Texte sind in allen Handschriften u¨ berliefert. In manchen Handschriften ist das St. K.-B. aber auch durch zus¨atzliche Texte erweitert worden. Es sind dies der Traktat Der herr aller ding der hat sie lip gehabt, sechs Klara-Predigten von einem unbekannten Kart¨auser und von Konrad von Sachsen, ¨ außerdem Ubertragungen von Gebeten, Hymnen und Sequenzen zu Klara. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 14711 (Perg., um 1350–80, n¨urnbergisch). – Dresden, LB, Mscr. M 281 (Perg., Klarissenkloster N¨urnberg, letztes Viertel 14. Jh., n¨urnbergisch). – Ebd., Mscr. M 282 (Perg., Klarissenkloster N¨urnberg, zweite H¨alfte 14. Jh.). – Mu¨ nchen, Nationalmus., Cod. 3603 (Klarissenkloster N¨urnberg, zweite H¨alfte 14. Jh. – Bamberg, SB, Msc. Hist. 146 (fr¨uher E.VII.19) (Perg., Klarissenkloster N¨urnberg, Ende 14. Jh.). – Ebd., Msc. Hist. 147 (fr¨uher E.VII.54) (Perg., Klarissenkloster N¨urnberg, 14./15. Jh.). – Prag, UB, cod. XVI D 16, 83ra–190rb (Klarissenkloster Eger, Mitte 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, cgm 5730 (Klarissenkloster Mu¨ nchen, 1487, bair.). – Karlsruhe, LB, Cod. Thennenbach 4 (Perg., um 1490–92, niederalemannisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Helmst. 132, 152ra–257va (um 1500, ostmitteldt.). Ausgaben: Ruh 1965 (s. Lit.). – Herrad Weiler: St. Clara-Vita. Textkrit. Edition und Wortschatzuntersuchung. Diss. Innsbruck 1972. – Hofmann/Schneider 2008 (s. Lit.). – Vgl. auch die Ausg. zu Klara v. Assisi. Literatur: Vgl. auch die Lit. zu Klara v. Assisi. – Simone Roisin: Claire d’Assise. In: DHGE 12 (1953) Sp. 1036. – Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 1183 f. – Ders.: Klara v. Assisi. In: VL2 4 (1983) Sp. 1172–118; 11 (2004) Sp. 849. – Dieter Berg: Klara v. Assisi. In: LThK3 6 (1997) Sp. 111. – Klara 463

Visiones Georgii Maria Fassbinder: Die hl. Klara v. Assisi. Freiburg i. Br. 1934. – Leben und Schriften der hl. Klara v. Assisi. Hg. v. Engelbert Grau/Marianne Schlosser. Werl 1952. Kevelaer 82001. – K. Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 1 (MTU 11). Mu¨ nchen 1965, S. 57–68, 86–97, 106–112. – Ders.: Das St. K.-B. In: Wiss. und Weisheit 46 (1983) S. 192–206. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ¨ ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 427. – Chiara A. Lainati: Die hl. Klara v. Assisi. Mit einer Kurzbiographie der hl. Agnes v. ¨ Assisi. Werl 1987. 21992. – Elisabeth Schraut: Uberlegungen zu den M¨oglichkeiten der Frauen im ma. Kunstbetrieb am Beispiel N¨urnberg. In: Auf der Suche nach der Frau im MA. Fragen, Quellen, Antworten. Hg. v. Bea Lundt. M¨unchen 1991, S. 81–114, hier S. 91 f. – Ruth Meyer: ‹Junckfraw – Mvter – Helferin›. Das Bild der hl. Klara im St. Klara-Buch und seine Rezeption im 15. Jh. In: Collectanea Franciscana 62 (1992) S. 507–532. – Helmut Feld: Die Eingeschlossene v. San Damiano. 800 Jahre Klara v. Assisi, 1193–1993. T¨ubingen 1993. – Martina Kreidler-Kos: Das Leben der Klara v. Assisi. Sei gepriesen, weil du mich erschaffen hast. M¨unchen 2003. – Giovanni Boccali: Legenda di Chiara ed Agnese di Assisi in volgare Veneto (fine del sec. XV e inizi del XVI). In: Archivum Franciscanum Historicum 98 (2005) S. 649–715. – Aus dem ‹St. Klara-Buch›. Hg. v. Katharina Hofmann und Johannes Schneider. In: ‹Vena vivida – Leben Quelle›. Texte zu Klara v. Assisi und ihre Bewegung 1. Hg. v. Werkstatt Franziskanische Forschung. Norderstedt 2008, S. 29–64. MM Visiones Georgii. – Lat. Jenseitsbericht von 1353, dt. Prosa¨ubersetzungen, sp¨ates 14. Jh./15. Jh. Der Prosabericht u¨ ber die Visionen Georgs (Grissephan) von Ungarn ist vermutlich zwischen 1354/58 von einem provenzalischen Augustinereremiten verfasst worden. Es ist der historisch beglaubigte Bericht u¨ ber die erste Pilgerreise eines Nicht-Iren an den Wallfahrtsort St. Patricks Purgatory (auf der Insel Station Island im See Lough Derg [Donegal], vgl. → Fegfeuer des hl. Patricius) und von allen mlat. Jenseitsschilderungen die umfangreichste. Die V. G. wirken mitunter wie eine Art Kompendium aller Motive, die sich in der sp¨atantiken und ma. Tradition auffinden lassen (etwa in der → Visio Sancti Pauli I, Visio Tnugdali des Bruder → Marcus; die Schilderung der H¨ollenqualen 464

Visiones Georgii stimmt mit der aus einer Version der Passio Lazari [→ Visio Lazari] u¨ berein). Gem¨aß des Berichtes entschloss sich Georg – in Apulien als Sohn eines ungarischen Magnaten geboren – auf Grund seiner Beteiligung an den ungarisch-italienischen Kriegen zu einer Bußfahrt nach Irland. Er erreichte im Dezember 1353 den Lough Derg, erhielt die Erlaubnis, das Heiligtum zu besuchen und ließ sich f¨ur einen Tag in einer von Augustineremiten bewachten H¨ohle, die f¨ur den Eingang der H¨olle gehalten wurde, einsperren. Dort habe er die Wunder des Fegefeuers, der H¨olle und des Paradieses geschaut. Der Bericht von seiner Vision bedingte, dass weitere Pilger vom Kontinent es Georg gleichtaten und, teils in w¨ortlicher Entsprechung zu den V. G., u¨ ber die Erlebnisse berichteten oder berichten ließen (so bereits 1358 Louis d’Auxerre, dessen Visionen in einem von der V. G. unmittelbar abh¨angigen Prosatext von Taddeo de Gualandis aus Pisa aufgeschrieben wurden [Visio Ludovici de Francia]). Der V. G. sind sechs Briefe von kirchlichen W¨urdentr¨agern beigegeben, die den Wahrheitsgehalt des Berichtes beglaubigen – ein in der ma. Visionsliteratur einzigartiger Umstand. Ungew¨ohnlich f¨ur die Gattung ist auch eine Versuchungsszene im ersten Teil des Berichtes, bei der die Rechtgl¨aubigkeit Georgs durch teuflische Erscheinungen auf die Probe gestellt wird. In der letzten Vision wird Georg vom Erzengel Michael durch H¨olle und Fegefeuer zum Paradies und schließlich zum H¨ohleneingang zur¨uck gef¨uhrt. Einen betont literarischen Eindruck machen die V. G. durch zahlreiche Bibelzitate und Verweise auf andere Werke (Vita S. Martini, Legenda aurea des → Jacobus a Voragine, → Vitaspatrum, Dialogi → Gregors des Großen, De Anima des Aristoteles.). Seit der zweiten H¨alfte des 14. Jh. entstanden im o¨ sterr.-b¨ohmischen Gebiet eine alttschechische und vier mhd. Prosa¨ubersetzungen der V. G.. Deren a¨ lteste (A) stammt von → Nikolaus von Astau ¨ (wohl kurz vor 1400). Die Ubersetzung B spart ¨ die Beglaubigungsbriefe aus und Ubersetzung D ist eine k¨urzende Bearbeitung. ¨ Uberlieferung: Lat.: Insgesamt sind 20 Hss. bekannt. Vgl. Hammerich 1930, S. 21–65. – Richard J. Hayes: Manuscript Sources for the History of Irish Civilisation. Bd. 2. Boston MA 1965, S. 248. – VL2 10 (1999) Sp. 433. – Ausg. Weitemeier 2006. – Trotz des s¨udfranz¨osischen Verfassers der V. G. und der durch die Visio Ludovici de Francia bezeugten 465

Mitte 14. Jh. ¨ Bekanntheit des Werks in Italien ist der Uber¨ lieferungsschwerpunkt Osterreich/B¨ ohmen. – Dt. ¨ ¨ Ubers.: Insgesamt sind 27 Hss. mit dt. Ubers. der V. G. bekannt. Davon entfallen elf Textzeugen auf die ¨ Ubers. C, zehn auf B, drei auf D und weitere drei ¨ auf die Ubers. des Nikolaus v. Astau (A). – Vgl. Ausg. Weitemeier 2006 und Handschriftencensus (online). – Alle Textzeugen sind bair. oder o¨ sterreichisch. Ausgaben: Lat.: Louis Leonor Hammerich: V. G. Visiones quas in purgatorio Sancti Patricii vidit Georgius Miles de Ungaria A.D. MCCCLIII (Danske videnskabernes selskab. Historiskfilologiske meddelelser 18,2). Kopenhagen 1930. – ¨ Dt. Ubers.: Bernd Weitemeier: V. G. Unters. mit ¨ synoptischer Edition der Ubers. und Red. C (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 43). Berlin 2006, S. 364–485. Literatur: Peter Dinzelbacher, Lex. MA 8 (1997) 1747 f. – Nigel F. Palmer, VL 2 10 (1999) Sp. 433–436. – Jan Gebauer: ‹Jirˇikovo vidˇeni› v souvislosti s jin¨ymi povˇestmi mystiky kˇrest’ansk´e. In: Listy filologick´e 6 (1879) S. 30–45. – J´ozsef Felsmann: Gy¨orgy magyar vit´ez vezekl´ese a purgat´oriumban. In: Egyetemes Philologiai K¨ozl¨ony 19 (1895) S. 439–459. – Hippolyte Delehaye: La P`elerinage de Laurent de Pasztho au purgatoire de S. Patrice. In: Analecta Bollandia 27 (1908) S. 35–50. – Max Voigt: Beitr. zur Gesch. der Visionenlit. im MA (Palaestra 146). Leipzig 1924. Nachdr. New York 1967. – L. L. Hammerich: Eine Pilgerfahrt des XIV. Jh. nach dem Fegefeuer des H. Patricius. In: ZfdPh 53 (1928) S. 25–40. – Ders.: Studies to V. G. In: Classica et Mediaevalia 1/2 (1938/39) S. 95–118/190–220. – Elfriede Herdawesky: Die Visionen des Ritters Georg v. Ungarn v. Nikolaus v. Astau nach der Hs. 2875 der Wiener Nationalbibl. Diss. Wien 1948. – N. F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen 1982, S. 419 f. – Bruno Mu¨ ller: Die illustrierten V. G.-Hss. In: Poesis et Pictura. Stud. zum Verh¨altnis von Text und Bild in Hss. und alten Drucken. FS Dieter Wuttke. Hg. Stephan F¨ussel/Joachim Knape (Saecula Spiritualia, Sonderbd.). Baden-Baden 1989, S. 49–76. – Sven Limbeck: ‹Turpitudo antique passionis›. Sodomie in ma. Visionslit. In: Visio Edmundi monachi de Eynsham. Interdisziplin¨are Stud. zur ma. Visionslit. Hg. v. Thomas Ehlen u. a. (ScriptOralia 105). T¨ubingen 1998, S. 165–226, hier S. 195–197. VZ 466

2. H¨alfte 14. Jh. Adalbert Rankonis de Ericinio (A. de Heituno; Vojtˇech Raˇnk˚uv z Jeˇzova), * um 1320 Mal´y Jeˇzov (lat. Ericinium)/Su¨ db¨ohmen, † 15.8.1388 Prag. – Theologe und Prediger, 14. Jh. A. studierte in Paris zun¨achst die Artes, wurde 1344 Baccalaureus und 1346 Magister Artium. Seit 1352 war er Magister des Kollegs Sorbonne. Ein von A. eigenh¨andig erstelltes Register der «libri cathenati» ist erhalten. Seit 1355 war er Rektor der Pariser Universit¨at und f¨uhrte eine Reform der Vorlesungen durch (¨uberliefert u. d. T. Statutum de modo legendi libros in scholis) und betrieb neben seiner Lehrverpflichtung an der Artistenfakult¨at theologische Studien; seit 1363 ist A. als Baccalaureus und sp¨ater auch als Magister der Theologie beurkundet. Studienreisen f¨uhrten A. nach Oxford. Auch W¨urzburg besuchte er, und 1362–64 hielt er sich in Avignon auf. Nach der R¨uckkehr nach B¨ohmen wurde A. 1366 Kanonikus an St. Veit in Prag, 1369 Domscholasticus. Trotz seines Renommees als Pariser Magister lehrte er nicht an der Prager Universit¨at und geriet 1369/70 mit dieser in Streit u¨ ber seine H¨aresieklage gegen Heinrich → Totting von Oyta. Im Prozess 1373 am p¨apstlichen Hof in Avignon wurde Heinrich vom Verdacht der Ketzerei freigesprochen. A. konnte daraufhin zun¨achst nicht nach Prag zur¨uckkehren, da er auch bei Karl IV. in Ungnade gefallen war. Seiner Prager Pfr¨unde ledig, betrieb er mittellos weitere theologische Studien in Paris, wurde wom¨oglich zum Doktor promoviert. Im sp¨ateren Prager Erzbischof → Johann von Jenstein fand A. einen G¨onner und konnte 1374/75 nach Prag zur¨uckkehren. Als Prediger und Gelehrter weiterhin angesehen, gewann er auch die Gunst Karls IV. zur¨uck, dessen Leichenrede er 1378 hielt. A. unterst¨utzte die b¨ohmische religi¨ose Reformbewegung, blieb aber der offiziellen kirchlichen Lehre stets verbunden. Mit seinem einstigen F¨orderer Johann, mittlerweile Erzbischof, u¨ berwarf sich A. 1386 im Streit um das von Johann eingef¨uhrte Fest Mari¨a Heimsuchung. Von A. ist ein umfangreiches philosophisches und theologisches Werk breit u¨ berliefert. Darunter finden sich aus der Pariser Zeit vier Predigten sowie zwei philosophische und drei kurze theologische Qu¨astiones. In einer weiteren Predigt (gehalten vor W¨urzburger Domkanonikerin vor 1363) kontrastiert A. das Vorbild des heiligen Nikolaus mit den zeitgen¨ossischen seelsorgerischen Missst¨anden. Das in Stabat-mater-Strophen gefasste Carmen sive 467

Adalbert Rankonis de Ericinio Cantilena de evitatione amoris carnalis, gleichsam aus der Pariser Zeit, ist A.s einziges poetisches Zeugnis. Wichtigeste Schrift aus dem Kontext des Streits um Heinrich Totting von Oyta ist die apologetische Forma magistris universitatis Pragensis missa von 1372. Aus den Prager Reden und Predigten ragt die Contio in sepultura Caroli IV imperatoris heraus. Als Zeugnisse seiner Unterst¨utzung der Reformbewegung k¨onnen A.s Propositio facta in receptione domini cardinalis Ravenatensis (1379) und der Sermo synodalis gelten, die wie schon die W¨urzburger Predigt, Missst¨ande beim Klerus thematisieren. Schon zwei Briefe aus Paris von 1364 an → Konrad von Waldhausen belegen A.s positive Einstellung gegen¨uber den Reformern. Die Abhandlung De frequenti communione steht im Kontext der in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. in Prag und in B¨ohmen aufgeflammten Auseinandersetzung um die Laienkommunion. A. bef¨urwortet diese und propagiert eine w¨ochentliche Kommunion. Weitere theologische Stellungnahmen sind: Rescriptum ad canonicos Trebonenses super obligatione regulae s. Augustini (Erl¨auterung der Ordensregel f¨ur die Augustiner-Chorherren von Wittingau), Solutio de b. Maria Magdalena peccatrice (bejahende Antwort darauf, ob Maria Magdalena gegen das 6. Gebot verstoßen habe), der Traktat Utrum Maria virgo concepta sit in peccato originali (¨uber die unbefleckte Empf¨angnis Marias in Quaestioform) und Speculum spirituale (Unterweisung f¨ur die Benediktinerinnen zu St. Georg in Prag). Das wichtigste Dokument in der Auseinandersetzung mit Johann von Jenstein ist die Apologia von 1386. Die Antwort des Erzbischofs erfolgte kurz vor A.s Tod mit Contra Albertum. ¨ Uberlieferung: Prag, Arch. der Prager Burg/ Bibl. des Metropolitankapitels, Cod. N 8 (Autograph). Die Pergamenths. enth¨alt neben Texten anderer Autoren die meisten Schr. aus A.s Pariser Zeit (Vgl. zum genauen Inhalt: Anton´in Podlaha: Soupis rukopisu˚ knihovny Metropolitn´i Kapitoly Praˇzsk´e Bd. 2: F–P (Soupis rukopis˚u knihoven a archiv˚u zem´i cˇ esk´ych, jakoˇz i rukopisn´ych bohemik mimoˇceskych 4). Prag 1922, S. 374–376 ¨ (Nr. 1532). – Uberl. in weiteren 45 Hss. Vgl. Kadlec 1971, S. 69–80. De frequenti communione ist mit 16 Hss. am breitesten u¨ berliefert. – Zu erhaltenen Hss. aus A.s Besitz vgl. Lehmann 1942, S. 11–14 und Kadlec 1971, S. 57 f. Ausgaben: Jaroslav Kadlec, 1971 (genaue Fundstellen der Einzelwerke vgl. Inhaltsverz., S. iii–iv). – 468

Nikolaus von Jauer Zu a¨ lteren Teilausg. siehe ebd., S. 63–68. – Statutum de modo legendi libros in scholis: Heinrich Denifle/EmileChatelain: Chartularium Universitatis Parisiensis. Sub auspiciis consilii generalis fac. Parisiensium Bd. 3. Paris 1894, Sp. 39. – Carmen sive Cantilena de evitatione amoris carnalis inkl. des anon. Komm.: J´an Vilikovsk´y: Latinsk´a poesie zˇakovsk´a ˇ v Cechach. In: Bratislava 4 (1930) S. 87–128. Sonderdr. Bratislava 1932. – Hss.-Reg. der Bibl. des Kollegs Sorbonne: Lehmann 1942, S. 18–25. Literatur: Johann Friedrich v. Schulte, ADB 27 (1888) S. 226 f. – Jaroslav Kadlec, LexMA 1 (1980) Sp. 103. – Franz Josef Worstbrock, VL2 1 (1978) Sp. 35–41. – Carl Johann Jellouschek, LThK3 1 (1993) Sp. 123. – Albert Lang: Heinrich Totting v. Oyta. Ein Beitr. zur Entstehungsgesch. der ersten dt. Univ. und zur Problemgesch. der Sp¨atscholastik (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 33,4/5). M¨unster 1937, S. 18–28. – Paul Lehmann: Mitt. aus Hss. 7. Sb. der Bayerischen Akad. der Wiss. Philos.-Hist. Abt. 1942,10. M¨unchen 1942, S. 11–14. – Samuel Harrison Thomson: Learning at the Court of Charles IV. In: Speculum 25 (1950) S. 1–20. – J. Kadlec: Leben und Schr. des Prager Magisters A. R. d. E. Aus dem Nachlaß v. Rudolf Kolinka und J´an Vilikovsk´y (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA NF 4). M¨unster 1971. – Jana Nechutov´a: Die lat. Lit. des MA in B¨ohmen (Bausteine zur slavischen Philologie und Kulturgesch. A, NF 59). K¨oln u. a. 2007, S. 262–264. – Manfred Lentzen: Von der ma. Begr¨abnispredigt zur humanistischen ‹oratio funebris›. A. R. d. E. und Cristoforo Landino als Beispiele. In: Ders.: Literarische Texte in ihrer Zeit. Romanistische (insbesondere italianistische) Beispiele vom MA bis zum Ausgang der Renaissance (Beitr. zur Romanistik 13). Mainz 2010, S. 199–212. VZ Bartholom¨aus. – Prediger, vielleicht zweite H¨alfte 14. Jh. Die nach 1527 von Schwester Katharina → Gurdelers kompilierte Predigtsammelhandschrift Hamburg, SUB, Cod. theol. 2065, 307v–311r (Pap., erste H¨alfte 16. Jh.) u¨ berliefert eine Predigt des ansonsten nicht weiter bekannten B. mit dem Incipit «Eyn goit nutz lere van dem hilgen sacrament / Her bartlomeus». M¨oglicherweise besteht Identit¨at mit einem Bartholom¨aus von Bolsenheim, der zwischen 469

2. H¨alfte 14. Jh. 1354 und 1361 Provinzial der dt. DominikanerProvinz war und freundschaftliche Beziehungen zu Heinrich → Seuse unterhielt. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) Sp. 615; 11 (2004) Sp. 221. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der SUB Hamburg. Bd. 3: Quarthss. und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228) (Kat. der Hss. der SUB Hamburg 2/3). Stuttgart 1993, S. 165–173, hier S. 170. SF Nikolaus von Jauer (Jawor; N. Magni, N. Groß, N. von Heidelberg), * um 1355 Jauer/Niederschlesien, † 22.3.1435 Heidelberg. – Theologe. N. studierte in Wien und Prag Philosophie, u. a. bei → Matth¨aus von Krakau, und erwarb 1381 den Grad eines Magister artium. Er lehrte an der Artistenfakult¨at, studierte zugleich Theologie (1395 Magister) und predigte seit 1392 an der dt. Kirche St. Gallus. Er wurde Professor f¨ur Theologie an der Universit¨at Prag, u¨ bernahm 1397 das Amt des Rektors und wechselte 1402 nach Heidelberg, wo er neben seiner Lehrt¨atigkeit Prediger an der Heiliggeistkirche war. 1406 wurde N. Rektor der Universit¨at Heidelberg, als deren Vertreter er 1416/17 am Konzil von Konstanz teilnahm. 1432 geh¨orte er als Abgesandter des Pfalzgrafen Ludwig III. zu den Teilnehmern des Konzils von Basel. N. wandte sich in seinen Schriften vor allem gegen Jan Hus und dessen Anh¨anger (Tractatus de supersticionibus, 1405, Quaestio de hereticis, Scriptum contra epistolam perfidiae Hussitarum). Bekannt sind von ihm zudem Predigten, ein Traktat seelsorgerischen Inhalts und eine Darstellung der Passionsgeschichte. In dt. Fassung sind unter dem Namen Nikolaus von Heidelberg zwei 1434 in Basel gehaltene Predigten (Vom Gebet, Von der Liebe Gottes) u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 166, 307v–319v . – Ebd., Mgq 206, 348r–367r (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). – Die große Zahl der lat. Hss. bei Franz (s. Lit.). Erg¨anzungen: W. Schmidt, VL1 3, Sp. 583–585 und J. Wolny u. a. Polonica w sredniowiecznych rekopisach bibliotek Monachijskich. Wrocław 1969. Literatur: Friedrich Lauchert, ADB 50 (1905) S. 642 f. – Jaroslav Kadlec, VL2 6 (1987) Sp. 1078–1081; 11 (2004) Sp. 1053. – Ansgar Frenken, BBKL 6 (1993) Sp. 888–889. – Manfred Gerwing, LexMA 6 (1993) Sp. 1180. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 393. – Johannes Helmrath, LThK3 7 (1998) Sp. 852. – Andreas R¨uther: Nikolaus Magni (Groß) v. Jauer 470

2. H¨alfte 14. Jh. (1355–1435). In: Schlesische Lebensbilder. Bd. 9. Hg. v. Joachim Bahlcke. Insingen 2007, S. 35–40. BJ Warnung vor Sunden. ¨ – Geistliche Rede, 1356. Der unbekannte Verfasser der an Laien gerichteten Rede («Du solt dich hutten vor sunden») war vermutlich Geistlicher (Franziskaner?). Der dreiteilig aufgebaute Text umfasst 429 vierhebige Reimpaarverse (nach Vers 408 wohl eine gr¨oßere L¨ucke). Nach dem Prolog, in dem zu st¨andiger Gewissenserforschung aufgefordert wird, werden in einem Gespr¨ach zwischen einem Juden und einem Christen («Vnendlich») die Verfallenheit des S¨unders an die Welt vorgef¨uhrt. Der nur fragmentarisch erhaltene Schlussteil hebt noch einmal die Notwendigkeit der Disziplin im irdischen Leben f¨ur das Erreichen des ewigen Heils hervor. Die Rede schließt mit einem Gebet f¨ur das Seelenheil des Verfassers. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. K 408, 145vb–148vb (Pap., 1430–35, auf der Grenze zwischen Schw¨abisch, Bair. und Ostfr¨ankisch). Ausgaben: Fastnachtspiele aus dem f¨unfzehnten Jh. Hg. v. Adelbert v. Keller. Nachlese. Stuttgart 1858 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 291–301. – Ursula Schmid: Codex Karlsruhe 408 (Bibliotheca Germanica 16). Bern/M¨unchen 1974, S. 582–592. Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 117. – Franz-Josef Holznagel, VL2 10 (1999) Sp. 738–740. – Tilo Brandis: Der Harder. Texte und Stud. Diss. Hamburg 1964, S. 45. – Arend ¨ Mihm: Uberl. und Verbreitung der M¨arendichtung im Sp¨atMA. Diss. Hamburg 1967. – Gerd Dicke/Klaus Grubm¨uller: Die Fabeln des MA und der fr¨uhen Neuzeit. Ein Kat. der dt. Versionen und ihrer lat. Entsprechungen (MMS 60). M¨unchen 1987, Nd. 22, S. 28–30. BJ Gemeine Lehre. – Anonymes moralisches Gedicht, entstanden wahrscheinlich im 14. Jh. Ain gemaine lere ist eine u. a. in dem Liederbuch der Klara → H¨atzlerin (zweite H¨alfte des 15. Jh.) u¨ berlieferte Dichtung, die wahrscheinlich eine Bearbeitung des vierten Kapitels der → Benediktinerregel darstellt und allgemeine Regeln f¨ur ein christliches Leben zur Verf¨ugung stellt. Herausragendes Strukturelement des Texts sind die adjektivischen Reime auf -lich; von den 100 Versen der Fassung des Liederbuchs enden nur sechs auf andere W¨orter. ¨ Uberlieferung: Unter anderem Prag, Knihovna N´arodn´ıho musea, Ms. X A 12 (Klara → H¨atzlerin) 471

Warnung vor Sunden ¨ (H). – Leipzig, UB, Cod. 1590 (L). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 2.4. Aug. 2° (W). – Chicago, Newberry Library, Ms. Inc. 1699 (N). Ausgaben: Carl Haltaus (Hg.): Liederbuch der Clara H¨atzlerin (Bibl.dt.Nat.-Lit. 8). Quedlinburg/Leipzig 1840 (Neudr. Berlin 1966), S. 250 f. – Carl Selmer: An unpublished MHG poem of the Chicago Newberry Library and Ms. H of the Liederbuch der Klara H¨atzlerin. In: Journal of English and Germanic Philology 43 (1944) S. 170–172. – Ders.: The anonymous late-MGH poem ‹Ain gemaine lere› and the Benedictine rule. In: ebd. 46 (1947) S. 28–37. Literatur: Norbert Richard Wolf: Benediktinerregel (dt.). In: VL2 1 (1978) Sp. 702–710, hier Sp. 709 f. – Selmer (s. Ausg.). – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). Tu¨ bingen 1982, S. 154 f. mit Anm. 101. – Christian Naser: Lit. f¨ur Laienbr¨uder. Die Hs. I 51 der StB Mainz. Beschreibung v. Inhalt und Aufbau der Hs. In: W¨urzburger Fachprosa-Stud. Beitr. zur ma. Medizin-, Pharmazie- und Standesgesch. aus dem W¨urzburger Medizinhistorischen Institut. Hg. v. Gundolf Keil (W¨urzburger medizinhistorische Forschungen 38). W¨urzburg 1995, S. 248–321, hier S. 309–311. SF Jordaens, Wilhelm (Willem; Wilhelmus Jordani) OESA, * um 1310/22 Br¨ussel, † 23.11.1372 Groenendal bei Br¨ussel. – Theologe, Verfasser mndl. und ¨ lat. geistlicher Schriften, Ubersetzer. J. war adliger Abkunft; seine Familie stammte urspr¨unglich aus Nordbrabant. Sein Vater Jordaen van Heerzele ist als Mundschenk der Herzogin von Brabant bezeugt. Vermutlich wurde J. in der Schule des Domkapitels von St. Michael und St. Gudula in Br¨ussel in den Artes liberales unterrichtet, wo Jan van → Ruusbroec als capellanus wirkte. J. studierte seit 1340 (?) in Paris Theologie, wo er um 1351 zum Magister promoviert wurde. Danach trat er in das Augustinerchorherrenstift Groenendal als 11. Kanoniker ein. Aufgrund seiner theologischen und sprachlichen Kenntnisse sowie seiner literarischen Begabung fand er Anerkennung unter den Mitbr¨udern und wurde wohl auch deswegen mit dem Amt des Novizenmeisters betraut. Ruusbroec, mittlerweile Prior des Stiftes und selbst des Lateinischen nur begrenzt m¨achtig, beauftragte ihn mit ¨ der Ubersetzung seiner volksprachlichen Schriften. 472

Jordaens J. setzte dies ohne Namensnennung ins Werk, sodass zun¨achst Russbroec selbst als Urheber angesehen wurde. In der sp¨ateren Kontroverse um Ruusbroecs Schriften nach J.’ Tod (vor allem Kritik von ¨ Johannes → Gerson) spielte J.’ Ubersetzung eine nicht unerhebliche Rolle. So schoben die Verteidi¨ ger Ruusbroecs nun den Ubersetzer als Verf¨alscher von Ruusbroecs Lehre vor und dies zu Unrecht: ¨ J.’ Ubersetzungen sind kongenial und d¨urfen als von Ruusbroec autorisiert gelten. Da J. auch seine selbstst¨andigen lat. und mndl. Schriften ohne Autornennung verfasste, ist man bei der Bestimmung ¨ seiner Werke auf Uberlieferungsangaben, fr¨uhe Bibliographien oder aber auf sprachlich-stilistische und inhaltliche Analysen angewiesen. Der genaue Umfang seines Werks ist daher unsicher. Die Werkangaben im Folgenden beschr¨anken sich auf (relativ) sichere Zuschreibungen erhaltener Texte. J.’ eigenes Schrifttum zeigt ihn als selbstst¨andigen mystischen Denker, scholastisch geschult mit deutlichen Einfl¨ussen → Augustinus’ und des Ps. → Dionysius Areopagita. In der mndl. Volkssprache sind vier Traktate u¨ berliefert. De oris osculo (De mystieke mondkus) wendet sich in elf Kapiteln gegen pantheistische und quietistische Irrlehren hinsichtlich des Aufstiegs der Seele zu Gott. H¨ohepunkt ist ein Dialog zwischen Seele und Gott. Van den sevenfoldigen vallen ende van den opstaen des rechtverdighen menschen (lat. Titel: De septemplici lapsu) a¨ hnelt in Sprache, Stil und Komposition dem De oris osculoTraktat. In 17 Kapiteln werden die Gef¨ahrdungen des mystischen Lebens durch Versuchungen, Anfechtungen und die sieben Tods¨unden behandelt. Im Zentrum des Traktats Van eenen stervenden leven steht die Vita contemplativa, deren Ziel die Vereinigung mit Gott als geistlicher Tod («stervende leven») sei. Der erste Teil ist stark an Schriften Ruusbroecs angelehnt, der zweite Teil ist unter dem Namen Gert → Grootes mit dem Titel Den Grond-Steen der volmaecktheyt 1638 in Antwerpen in den Druck gelangt. Een onderscheit van cleynmoedicheit endevan wanhopen schließt inhaltlich und motivlich an den Van den sevenfoldigen vallen [...]-Traktat an. Die Schrift ist in zwei Redaktionen u¨ berliefert und scheint in einem ungekl¨arten Abh¨angigkeitsverh¨altnis zu einem wahrscheinlich verlorenen aber bibliographisch nachgewiesenen lat. Traktat zu stehen (Aliqui per cordis pusillanimitatem putant se desperare). J.’ zwei u¨ berlieferte lat. Schriften kennzeichnen sich durch einen rhetorisch gepr¨agten Stil und sind 473

2. H¨alfte 14. Jh. durchgehend mit Cursus- und Ornatus-Mitteln geschm¨uckt. Der Planctus super obitu fratris Johannis de Speculo aus dem Jahre 1358 ist eine Totenklage u¨ ber einen Freund und Groenendaaler Mitbruder. Die durchgehende Anrede des Toten und der kunstfertige Ausdruck pers¨onlicher Gef¨uhle sind ein Alleinstellungsmerkmal dieser Klage innerhalb der Gattung. Das allegorische Streitgespr¨ach Avellana oder Conflictus virtutum et viciorum in 382 Vagantenstrophen findet zwischen der weltlichen Liebe (Venus) und der g¨ottlichen (Caritas) statt. Ersterer stehen argumentativ die sieben Tods¨unden, letzterer die sieben Kardinaltugenden zur Seite. In scholastischer Argumentation und im Rekurs auf Ruusbroec gelangt die Caritas zum verbalen Sieg. ¨ Als Ubersetzer beruft sich J. f¨ur das Verfahren der Paraphrase auf → Hieronymus. Seine paraphrasierende «sensus ex sensu»-Methode wurde vom zwei¨ ten Ruusbroec-Ubersetzer Geert Groote scharf ge¨ tadelt, der eine Ubersetzung «verbo ex verbo» einfordert. Von den Schriften Ruusbroecs hat J. folgende ins Lateinische u¨ bersetzt: De spirituali tabernaculo (Vanden gheesteliken tabernakel), De ornatu spiritualium nupciarum (Die chierheit der gheestelijker brulocht), De septem gradibus spiritualis amoris (Van VII Trappen in den graed der gheesteleker minnen, in der ¨ Uberlieferung Groote zugesprochen) und De calculo oder De perfectione filiorum Dei (Vanden blinkenden ¨ steen). Auch die Ubersetzung der Hundert Betrachtungen aus dem B¨uchlein der ewigen Weisheit Heinrich → Seuses (Centum meditaciones passionis D. N. Jesu Christi) wird J. zugeschrieben. Sie beruht vermutlich auf einer mndl. Vorlage und wurde ins Mndl. r¨uck¨ubersetzt. ¨ Uberlieferung: Volkssprachige Schriften: De oris osculo: Antwerpen, Bibl. van het RuusbroecGenootschap, Hs. 385I, 1r–187v (Pap., mndl.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms. 643–44 (Kat.-Nr. 1992) (Pap. mit einzelnen Pergamentbll., 1446 aus dem Kloster Galilea in Gent, mndl.). – Van den sevenfoldigen vallen [...]: Berlin, SBB, Mgq 1080 (vormals Privatbesitz Freiherr August v. Arnswaldt, Hannover, Nr. 3137), 1r–34r (Pap., 15. Jh., mndl.). – Den Haag, Kgl. Bibl., Cod. 73 F 27, 71v–175r (Pap., 15. Jh., mndl.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms. 4287 (Kat.-Nr. 2006), 220r–223r (Pap., 15. Jh., mndl.; nur 11. Kap.). – Gedruckt Gent 1619 u. d. T. Een cort gulden verhaal van Seven vallen. – Van eenen stervenden leven: Berlin, SBB, Mgo 352 (vormals Privatbesitz Freiherr August v. Arnswaldt, Hannover, Nr. 3147), 1r–109v (Pap., 15. Jh., aus dem 474

2. H¨alfte 14. Jh. Kloster Nazareth in Geldern, mndl. [geldrisch]). – Een onderscheit [...]: Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms. 4287 (Kat.-Nr. 2006), 227r–250v (s. o.). – Ebd., ms. 3026–30 (Kat.-Nr. 2369), 298v–306v (Pap., 15. Jh., mndl.; Fragm.). – Gaesdonck, Bibl. des Priesterseminars (Bibliotheca domus presbyterorum), Cod. 61, 182rb–191ra. – Mo¨ gliche Predigtzuschreibungen: Gent, UB, Ms. 1351, 65v–82r (Pap., 15. Jh., mndl.; «een sermoen Jordanis», u¨ ber Joh 12,24, Incipit: «Ist dat dat terwen coren strevet, so bringhet veel vrachten»). – Ohne Namensnennung auch in: Berlin, SBB, Mgf 823, 83vb–87rb (Pap., 1458, aus dem Augustinerchorherrenstift Nazareth bei Bredevoort, mndl.). – Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. I 49 (olim 101 E 7), 133r–136v (Pap. und Perg., erste H¨alfte 15. Jh., mndl.). – TaulerDruck, Basel 1521 (VD16 J 784). – Zwei Predigten mit der Namensangabe «Jordanus» (Zuweisung sehr unsicher, m¨oglicherweise v. → Jordanus v. Quedlinburg): Br¨ussel, K¨onigl. Bibl., ms. 643–44 (Kat.-Nr. 1992), 154v–155r . – Lateinische Schriften: Vgl. Lourdaux/Persoons 1968, S. 54 und Stohl¨ Von mann, VL2 4 (1983) Sp. 844. – Ubersetzungen: Ruusbroecs Schr.: vgl. Lourdaux/Persoons 1968, S. 56 f. – Stohlmann, VL2 4 (1983) Sp. 843–846. – Von Seuse: Dolch 1909, S. 75. – Axters 1966, S. 46. – Lourdaux/Persoons 1968, S. 58 f. – Axters 1970. – Stohlmann, VL2 4 (1983) Sp. 847. Ausgaben: Volkssprachige Schriften: Leonce Reypens: Meester Willem Jordaens ‹De oris osculo› of De mystieke mondkus (Stud. en tekstuitgaven van Ons Geestelijk Erf 17). Antwerpen 1967. – Lat. Schriften: J. B. de Leu: Planctus super obitu fratris Joannis de Speculo, alias de Cureghem, ejusdem coenobii devotissimi diaconi, auctore Wilhelmo Jordani. In: Analecta Bollandiana 4 (1885) S. 323–333. – Lawrence J. Johnson: The Avellana or Conflictus virtutum et viciorum of W. J. (d. 1372). Diss. Baltimore 1972. – Conflictus virtutum et vi¨ ciorum. Mit Einl. und Komm. hg. v. Alf Onnerfors (Abh. der Rheinisch-Westf¨alischen Akad. der ¨ Wiss. 74). Opladen 1986. Ubersetzungen: Combes 1 (1945) S. 591–619 (Auszug ‹De ornatu›). – D. Ph. Mu¨ ller: Jan van Ruysbroek. Van den VII Trappen met Geert Groote’s Latijnsche vertaling (Leuvense Stud. en Tekstuitgaven 1). Leuven 1911. – Ders.: Jan v. Ruysbroeck. Van den blinckenden Steen met W. J.’ Latijnsche vertaling (Leuvense Stud. en Tekstuitgaven 4). Leuven 1921. – Bernard Desoer: William J.’ De ornatu spiritualium nuptiarum. A critical 475

Jordaens edition and introduction. Diss. Montreal 1977. – Kees Schepers: Ioannes Rusbrochius, De ornatu spiritualium nuptiarum Wilhelmo Iordani interprete (CCCM 207). Turnhout 2004. – Zu Ausgaben des 16./17. Jh. vgl. Stohlmann, VL2 4 (1983) Sp. 842 f., 846 f. Literatur: Albert Ampe, Jean Ruusbroec, Dict. Spir. 8 (1975) S. 661–697, passim. – Ju¨ rgen Stohlmann, VL2 4 (1983) Sp. 839–849. – Walther Dolch: Die Verbreitung oberl¨andischer Mystikerwerke im Ndl. Weida/Th¨ur. 1909, S. 74 f., 83. – Andr´e Combes: Essai sur la critique de Ruysbroeck par Gerson ´ Bd. 1 (Etudes de th´eologie et d’histoire de la spiritualit´e 4). Paris 1945, passim. – L. Reypens: Een nog onbekende mystieke grootheid in onze veertiendeeuwse mystieke letteren. In: Ons Geestelijk Erf 37 (1963) S. 241–290. – Ders.: De auteur van het ‹Osculo amoris› ontdekt: de groenendaler Magister Willem Jordaens van Heerzele. In: ebd. 40 (1966) S. 129–135. – S. G. Axters: Nederlandse Mystieken in Het Buitenland van Rupert van Deutz tot Ruusbroec. Eerste deel: De historische schets. In: Verslagen en Mededelingen van de Koninklijke Vlaamse Academie voor Taal- en Letterkunde 1965, S. 163–325, bes. 270–282. – Albert Ampe: W. J. in nieuw Perspectif. In: Ons Gestelijk Erf. 40 (1966) S. 136–166. – Willem Lourdaux/Ernest Persoons: Petri Trudonensis Catalogus scriptorum Windeshemensium (Publicaties op het gebied van de geschiedenis en de filologie 5,3). Leuven 1968, S. 54–60. – S. G. Axters: Bibliotheca Dominicana Neerlandica Manuscripta 1224–1500 (Biblioth`eque de la Revue d’Historie Eccl´esiastique 49). Leuven 1970, S. 281–288. – Ludovicus Moereels: J. en Herp. Een belangrijke ontdekking. In Ons Geestelijk Erf 48 (1974) S. 129–142. – Ders.: Herp en Jordaens over de hoogste schouwmg op aarde. In: Ebd., S. 225–252. – A. Ampe: Reypens’ Vondst eener nieuwe vertaling van Ruysbroeck’s ‹Zeven Trappen› of nieuwer inzicht in Groote’s Ruusbroec-vertalingen. In: Ons Geestelijk Erf 49 (1975) S. 133–172. – Jan Deschamps, De Middelnederlandse v ertalingen van de ‹Hundert Betrachtungen und Begehrungen› van Henricus Suso. In: ebd. 63 (1989) S. 193–253, hier S. 212–231. – Hilde No¨e: ‹Onder u tafele als een hondeken›. Willem J. en de waarheid in ‹De oris osculo›. In: Boeken voor de eeuwigheid. Middelnederlands geestelijk proza. Hg. v. Thom Mertens/Wybren Scheepsma. Amsterdam 1993, S. 171–189, 419–426. – Kurt Ruh: 476

Bijbelvertaler van 1360 Gesch. der abendl¨andischen Mystik Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 83–99 und Reg. – Rudolf T. M. van Dijk: Prolegomena ad Gerardi Magni Opera omnia. Contra Turrim Traiectensem (Gerardus Magnus. Opera Omnia Bd. 1 [CCCM 192]). Turnhout 2003, S. 600. VZ Bijbelvertaler van 1360 OCart (?). – Bedeu¨ tendster Ubersetzer lat. geistlicher Werke inklusive der Bibel ins Mndl. (zweite H¨alfte 14. Jh.), dessen ¨ Ubersetzungswerke sp¨ater auch im dt. Sprachraum rezipiert wurden. F¨ur diesen vielleicht aus dem o¨ stlichen Flandern stammenden Anonymus, dessen Schaffenszeit in den Jahren zwischen 1350 und 1388 anzusiedeln ist, w¨ahlte man als Notbehelf die Bezeichnung «B. v. 1360». Grund daf¨ur ist die Datierung eines seiner ¨ Ubersetzungswerke, der Historiebijbel. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem B. um einen Mo¨ nch aus dem Orden der Kart¨auser, m¨oglicherweise um Prior Petrus Naghel (gest. 1395) aus der Kartause in Herne bei Br¨ussel. Seine Werke zeichnet besonders aus, dass sie sich sowohl an Laien als auch an (Semi-)Religiosen richteten. Typisch f¨ur ¨ den B. sind die relativ wortgetreue Ubersetzung seiner lat. Vorlagen und die Bem¨uhung um eine m¨oglichst genaue Bedeutungswiedergabe der lat. Lexeme. 1. Als Erstlingswerk des B.s gilt die S¨udmndl. Legenda aurea, eine Bearbeitung der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine; sie wurde 1357 fertiggestellt. ¨ Uberlieferung: Ca. 150 Hss. und 13 Drucke zwischen 1478 und 1516: verzeichnet bei WilliamsKrapp (s. Lit.) S. 57–84. Der Text war auch in zahlreichen Hss. im mittelfr¨ankischen und nd. Raum verbreitet. 2. Die Historiebijbel (1360/61) wurde von dem Br¨usseler Patrizier Jan Tay in Auftrag gegeben. Es ¨ handelt sich dabei um eine Ubersetzung u. a. nach der Vulgata; der durchg¨angige Kommentar wurde nach der Historia scholastica des → Petrus Comestor verfasst. Als Vorlage verwendet wurden auch mndl. Texte des → Jakob von Maerlant. ¨ Uberlieferung: Keine Hs. u¨ berliefert den vollst. Text. Aus dem 14. Jh. sind zwei Fragm. u¨ berliefert; im 15. Jh. wurden meist im Kreis der Devotio moderna vielfach Texte aus der Historiebijbel kopiert (insg. 50 Hss.). Der Text ist außerdem teilweise in der sog. K¨olner Bibel (→ Nd. Bibeldrucke) u¨ berliefert. 477

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ Ubersicht der Hss.: Jos A. A. M. Biemans: Middelnederlandse Bijbelhss. (Verzameling van Mndl. Bijbelhss. Catalogus). Leiden 1984, S. 56–86, 250–290. Ausgabe: Cebus Cornelis de Bruin: Corpus Sacrae Scripturae Neerlandicae Medii Aevi. Verzameling van Middelnederlandse bijbelteksten. Series Maior 1/1–3. Leiden 1977/78. ¨ 3. 1373 vollendete der B. die Ubersetzung der Regula monachorum des Benedikt von Nursia (→ Benediktinerregel) im Auftrag des Br¨usseler Patriziers Lodewijc Thonijs. Ausgabe: Theo Coun: De oudste Mndl. vertaling van de Regula S. Benedicti (Regulae Benedicti Studia. Supplementa 8). Hildesheim 1980. ¨ 4. Eine Ubertragung der Homiliae XL in Evangelia → Gregors des Großen wurde von dem B. 1381 fertiggestellt. ¨ Uberlieferung: 26 Hss. und ein Druck: Utrecht, Johann Veldener 1479. Mittelfr¨ankische und nd. Hss.: Br¨ussel, Bibl. Bollandiana, Cod. 31. – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 813. – Stockholm, Kgl. Bibl., Cod. Huseby 15. 5. Die Collationes patrum des → Johannes Cassianus u¨ bertrug der B. im Jahr 1383 (ohne Collationes 13 und 17); beauftragt wurde er wiederum von Lodewijc Thonijs. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 2341. – Sint Truiden, Instituut voor Franciscaanse Geschiedenis, Cod. U a 40. 6. 1386 folgte → Bonaventuras Lignum vitae (zwei vollst¨andige Handschriften, zwei Handschriften mit kurzen Exzerpten). 7. Im darauffolgenden Jahr stellte der B. eine ¨ Ubersetzung des → Stimulus amoris des PseudoBonaventura fertig (zwei vollst¨andige Handschriften). 8. Gregors des Großen Libri IV dialogorum de vita et miraculis patrum Italicorum, vollendet 1388. ¨ Uberlieferung: Sechs Hss., vgl. Deschamps 1972, S. 177–179. Eine ripuarische Umschreibung in Leiden, UB, BPL 2174. 9. Die didaktischen B¨ucher des AT, Proverbia, Liber Ecclesiastes, Canticum Canticorum, Liber Sapientiae und Liber Iesu Filii Sirach, entstanden nach der Vollendung der Historiebijbel 1361 im Auftrag Jan Tays. ¨ Uberlieferung: Vollst. Text in neun Hss. Vgl. Biemans, S. 56–86. 10. Ebenfalls nach der Historiebijbel entstand eine ¨ aus zwei selbstst¨andigen Teilen bestehende Ubersetzung der → Vitaspatrum. 478

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Insg. u¨ ber 40 Hss., vgl. Hoffmann (s. Lit.). – Vier Teilabschr. stammen aus dem dt. Sprachraum: Berlin, SBB, Mgq 1240, 125r–131r (westf¨alisch). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 447, 67r–119v, 146v–150v (ripuarisch). – ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 131 G 4, 1r–12r (westf¨alisch). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W 266, 292rb–297vb (mittelfr¨ankisch). 11. Das Bibelbuch Isaias ist vor 1384 entstanden. ¨ Uberlieferung: ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., bruikleen Koninklijke Akademie, Hs. XXXII. Ausgabe: De Bruin, Tl. 1/3. 12. Wohl im Auftrag Tays u¨ bertrug der B. die Bibelb¨ucher Hieremias und Hiezecihel; diese entstanden 1384 oder kurz danach. Literatur: Mikel M. Kors, VL2 11 (2004) Sp. 249–256. – Jan Dechamps: Middelnederlandsche handschriften uit Europese en Amerikaanse Bibliotheken. Tentoonstelling [...] Catalogis. Leiden 1972, passim. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 53–187, 349–376. – Regina D. Schiewer: Die Entdeckung der mnd. Predigt: ¨ Uberlieferung, Form, Inhalte. In: Oxford German Studies 26 (1997) S. 24–72. – A. Berteloot: Die mndl. Bezeichnungen f¨ur den Weltgeistlichen. In: Sprache und Lit. des MA in den Nideren Landen. Gedenkschr. Hartmut Beckers (Nd. Stud. 44). 1999, S. 21–37. – Werner J. Hoffmann: Die ¨ ‹Vitaspatrum›-Ubersetzung des Bijbelvertalers und ¨ ihr Verh¨altnis zu seiner Ubersetzung der ‹Legenda aurea›. Dargestellt am Bsp. der Thais-Legende. In: ‹Een boec dat men te Latine heet Aurea Legenda›. ¨ Beitr. zur ndl. Ubersetzung der ‹Legenda aurea›. Hg. v. Amand Berteloot u. a. (Niederlande-Stud. 31). Mu¨ nster u. a. 2003, S. 217–259. – M. M. Kors: Die Bibel f¨ur Laien: Neuansatz oder Sackgasse? Der Bibel¨ubersetzer v. 1360 und Gerhard Zelbolt v. Zutphen. In: Kirchenreform v. unten. Gerhard v. Zutphen und die Br¨uder vom gemeinsamen Leben. Hg. v. Nikolaus Staubach (Tradition – Reform – Innovation 6). Frankfurt/M. 2004, S. 243–263. – Helmut Tervooren, unter Mitarbeit v. Carola Kirschner/Johannes Spicker: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 64 f. SF Dorothea von Montau, * 6.2.1347 GroßMontau (Weichseldeltawerder), † 25.6.1394 Ma479

Dorothea von Montau rienwerder. – Hl., Mystikerin und Klausnerin, Patronin des Dt. Ritterordens und des Ordenslandes Preußen. Die Bauerntochter D. v. M., die schon als Kind h¨arteste Askese und Selbstgeißelung u¨ bte und von einem intensiven Streben nach sittlicher Vollendung geleitet war, wurde 1363 mit einem wohlhabenden Schwertfeger namens Adalbert in Danzig verheiratet; ihm gebar sie neun Kinder. Nach seinem Tod siedelte sie um 1390 nach Marienwerder u¨ ber und erreichte durch ihren Seelenf¨uhrer und Beichtvater Johannes → Marienwerder die Einschließung in eine Klause im dortigen Dom, wo sie 14 Monate lang bis zu ihrem Tod 1394 lebte. Marienwerder war es auch, der nach ihren Aussagen die geistlichen Lehren und Offenbarungen der D. v. M., ihre Verz¨uckungen, Visionen, Prophezeiungen, Liebeswunden und ihre Herzensschau aufzeichnete. Er verfasste neben drei lat. Werken (Liber de festis, Septililium, Vita Latina) zu D. auch eine dt. ProsaLebensbeschreibung in vier B¨uchern mit dem Titel Leben der zeligen vrouwen Dorothea, die als erstes Buch in Preußen gedruckt wurde (Druck Marienburg Jakob Karweyse, 1492). ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. Ascet. HB I 204, 1r–214v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 132, 1r–147r. ¨ Eine dt. Ubersetzung von Traktat 1 des Septililiums ist u. d. T. Die 37 (36) Grade und Namen der Liebe selbstst¨andig u¨ berliefert: Eichst¨att, Staats- und Seminarbibl., Cod. 214, S. 295 ff. – M¨unchen, BSB, Cgm 750, 14v–24r. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43b, 55r–62v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 17.9. Aug.4°, 29v–32r. Der Text ist aber auch als Teil des 4. Buches der D.-Lebensbeschreibung Marienwerders Leben der zeligen vrouwen Dorothea u¨ berliefert. Das Septilium in dt. Sprache findet sich ferner gemeinsam mit dem → Elbinger Beichtb¨uchlein des dt. Ordens in der lat.-dt. geistlichen Sammelhandschrift Cambridge (GB), Corpus Christi College, Cod. 509, 129r–154v (Pap., u. a. 1403, ostmitteldt.). Ausgaben: Max Toeppen (Hg.): Das Leben der hl. D. v. Johannes Marienwerder. In: Scriptores rerum Prussicarum 2 (1863) S. 179–350. – Franz Hipler (Hg.): Septililium B. Dorotheae. Br¨ussel 1885. – Hans Westpfahl/Anneliese Triller (Hg.): J. Marienwerder. Vita Dorotheae Montoviensis (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgesch. Ostdeutschlands 1). K¨oln u. a. 1964. Literatur: Richard Stachnik, NDB 4 (1959) S. 84. – Peter Dinzelbacher, LexMA 3 (1986) 480

Konrad von Queinfurt Sp. 1319 f. – A. Triller: Marienwerder, Johannes. In: VL2 6 (1987) Sp. 56–61; 11 (2004) Sp. 977. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1362–1364. – Gabriele Lautenschl¨ager, LThK3 3 (1995) Sp. 347. – Marie-Luise Ehrenschwendtner, RGG4 2 (1999) Sp. 952 f. – Volker Honemann: Elbinger Beichtb¨uchlein des Dt. Ordens. In: VL2 11 (2004) Sp. 400–402. – F. Hipler: Meister Johannes Marienwerder und die Klausnerin D. v. M. In: Zs. f¨ur die Gesch. und Alterthumskunde Ermlands (1864). – Ders.: Meister Johannes v. Marienwerder. 1865. – S. R¨uhle: D. v. M. Die Heilige des Preußenlandes. 1924. – R. Stachnik: Zum Schrifttum u¨ ber die selige D. v. M. In: Zs. f¨ur die Gesch. und Alterthumskunde Ermlands (1939). – H. Westphahl: Der Stand der D.-Forschung. In: Westpreußisches Jb. 1960. – R. Stachnik/A. Triller (Hg.): D. v. M., eine preußische Heilige des 14. Jh. 1976. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA (MTU 72). M¨unchen 1980, S. 55 f. – A. Triller: Der Stand der Dorotheenforschung. In: Preußenland 3 (1982) S. 37–40. – Petra H¨orner: ¨ D. v. M. Uberl. – Interpretation (Information und Interpretation 7). Frankfurt/M. 1993. – Ulrich Mu¨ ller: D. v. M. und Sor Juana Ines de la Cruz: Zwei religi¨ose Frauen aus dem Sp¨aten MA und aus der Barock-Zeit. In: Alois M. Haas/Ingrid Kasten (Hg.): Schwierige Frauen – schwierige M¨anner in der Lit. des MA. Bern u. a. 1999, S. 237–249. – Edith Feistner/Michael Neecke/Gisela VollmannProfe: Krieg im Visier. Bibelepik und Chronistik im Dt. Orden als Modell korporativer Identit¨atsbildung. T¨ubingen 2007, S. 173–187. – Cordelia Heß: Heilige machen im sp¨atma. Ostseeraum. Die Kanonisationsprozesse v. Birgitta v. Schweden, Nikolaus v. Link¨oping und D. v. M. Berlin 2008. – Gabriela Signori: Anchorites in Germanspeaking regions. In: Anchoritic Traditions of Medieval Europe. Hg. v. Liz Herbert McAvoy. Woodbridge u. a. 2010, S. 43–61, hier S. 56–58. SF Konrad von Queinfurt (= Querfurt?), † 1382 L¨owenberg/Schlesien. – Verfasser mehrerer geistlicher Lieder, von denen nur ein Osterlied erhalten ist. K. wird in der Handschrift F¨urstenstein/Schlesien, Schlossbibl., Cod. fol. 371 als «pfarrher zur Stenkyrchen zu Lewenbergh» und Verfasser verschiedener geistlicher Lieder erw¨ahnt. Der Ort Queinfurt konnte nicht ausfindig gemacht werden, 481

2. H¨alfte 14. Jh. vermutlich handelt es sich um Querfurt oder einen untergegangenen Ort. Als einziges Lied ist das weit verbreitete, f¨unf dreiteilige Strophen zu je 17 Versen umfassende Osterlied Du lentze gut, des jores teuirste quarte erhalten (gedruckt in David Gregor Corners Großem Katholischen Gesangbuch von 1631). Es wurde als Melodievorlage f¨ur das Lied Der lentz ist uns des jares erste quartir (1559 in Valentin Trillers Singebuch) benutzt. Themen des Lieds sind die Fr¨uhlingsschilderung, Ostern als H¨ohepunkt der Jahreszeit (auf Griechisch, Hebr¨aisch, Lat. und Dt.), Preisung des Festes und die Aufforderung zum Lobgesang. Aufgrund formaler und inhaltlicher Gr¨unde l¨asst sich eine Konzeption als Gemeindelied wohl ausschließen. ¨ Uberlieferung: Leipzig, UB, Ms. 1305, 107r–111r (A). – Krakau, Biblioteka Jagiello´nska, Berol. Mus. ms. 40098, e 1, e 3a, d 12v (→ Glogauer Liederbuch) (B). – Breslau/Wrocław, UB, Hss. I O 32 (C), I O 112 (E), I O 113 (F). – Breslau/ Wrocław, Dombibl. (Biblioteka Kapitulna), Hss. 27, 173v–176r (D), 30 (G). – Gr¨aters (nicht identifizierte) Hs. (H). Ausgaben: Friedrich David Gr¨ater: Iduna und Hermode 2 (1813) S. 77. – Joseph Kehrein: Katholische Kirchenlieder, Hymnen, Psalmen. Bd. 1. W¨urzburg 1859 (Neudr. Hildesheim 1965) Nr. 250, S. 521–524. – August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861, S. 69–72. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 388–392 (Nr. 538). – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886, S. 562 f. (Nr. 281). – Hans Joachim Moser: Gesch. der dt. Musik. Bd. 1. Stuttgart u. a. 1930, S. 177 f. – Josef Kothe: Die dt. Osterlieder des MA. Diss. Breslau. 1939, S. 118–124. – Heribert Ringmann/Joseph Klapper: Das Glogauer Liederbuch. Bd. 1 (Das Erbe der Musik 4). Kassel u. a. 1954, Nr. 13, S. 10 f., 124 f. – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 2. Mu¨ nchen 1979, S. 138–147. Literatur: W. B¨aumker, ADB 27 (1888) S. 32 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 172. – Volker Mertens, VL2 5 (1995) Sp. 245–247. – Wolfgang Jungandreas: Beitr. zur Erforschung der Besiedlung Schlesiens und zur Entwicklungsgesch. der schlesischen Mundart. In: Wort und Brauch 17 (1928) 482

2. H¨alfte 14. Jh. S. 223. – Moser (s. Ausg.) S. 177 f., 231. – Fritz Feldmann: Musik und Musikpflege im ma. Schlesien (Darstellungen und Quellen zur schlesischen Gesch. 37). Breslau 1938. Neudr. Hildesheim 1973, S. 149–151. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968, S. 98, 194. – W. Jungandreas: Das Ms. 1305 der UB Leipzig. Eine Hs. aus Schlesien. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 17 (1972) S. 205–212. – Cramer (s. Ausg.) S. 509 f. – Franzjosef Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der UB Leipzig (DTM 70/3). Berlin 1998, S. 180 f. – T. Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 217. SF Maria als Buch. – Marienallegorie, 14. Jh. Der Vergleich der Gottesmutter mit einem Buch hat in der ma. Buchmetaphorik seit den Kirchenv¨atern eine F¨ulle von Auslegungen gefunden. Innerhalb dieser breiten Tradition bezeichnet der Titel M. a. B. einen konkreten Text, der als Ausgangspunkt das Liber generationis Jesu Christi hat (Mt 1,1) und das Incipit: «Dar nach fragen die lerrer aber vber daz ewangely, das Mateus geschrieben hat an dem anfang seins puchs». Dieses M. a. B.-Gleichnis ist Teil der Sammlung dt. Quaestionen des Meister → Heinrich zu N¨urnberg. Als Autor verweist Heinrich auf einen Petrus Raffanensis (nach der Berliner Handschrift «raffalentzs/rassalentzis»). Die Allegorie stellt den Vorgang der Pergamentherstellung bis zum vollendeten Buch in zehn Schritten dar: vom Abziehen der Tierhaut u¨ ber Beizen, Polieren, Beschneiden, Punktieren, Schreiben, Korrigieren, Rubrizieren, Binden und schließlich Lesen. Jeder dieser Abschnitte wird zur heilsgeschichtlichen Bedeutung und der Vita Marias in Bezug gesetzt als Anregung zur «imitatio Mariae». Das zweite Kapitel eines Marienlebens in Prosa (um 1410/20), das → Heinrich von St. Gallen zugeschrieben wird, ist wahrscheinlich eine Bearbeitung des M. a. B.-Gleichnisses, oder beide Texte haben eine gemeinsame unbekannte Quelle. Hier wird die Urherberschaft f¨ur die Allegorie → Albertus Magnus statt Raffanensis zugesprochen. Der konkrete Typus, bei dem die Herstellung auf Maria bezogen wird, hat weitere Vertreter in der ma. Literatur, von einem direkten Rezeptionszusammenhang ist indes nicht zwingend auszugehen. In einem Sermo des Petrus Cellensis (In Annuntiatione Dominica V Nr. 26, PL 202, 1981, 483

Maria als Buch Sp. 718–720) wird beschrieben, wie die sieben Kar¨ dinaltugenden das Buch Maria herstellen. Ubereinstimmungen bestehen in der Terminologie. Ein zweites Beispiel ist das sog. Mariale Ernesti (erste H¨alfte 14. Jh., traditionell dem Prager Erzbischof Ernst von Pardubic zugeschrieben, wom¨oglich aber von → Konrad von Haimburg oder dem Florentiner Minoriten Servanctus di Faenza). Mit Bezug auf den Liber generationis werden 14 T¨atigkeiten der Buchherstellung und -Benutzung auf Maria bezogen und ausgedeutet. Außerdem hat der Frater Oliverius → Maillard 1493 eine Predigt im N¨urnberger Klarissenkloster gehalten, in der vier T¨atigkeiten der Buchherstellung genannt werden und auf Gnadenerweise Gottes gegen¨uber Maria gedeutet werden. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1276 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 19491), 145v–147v (Pap., aus dem Klarissen- oder Katharinenkloster in N¨urnberg, um 1400). – N¨urnberg, StB., Cod. Cent. IV, 30, 218rb–222ra (Perg. und Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, 1461, n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 7264, 358rb–360rb (Perg. und Pap., aus dem Dominikanerkloster Maria Medingen, 1478, ostschw¨abisch). Ausgaben: M. a. B.-Gleichnis: Kesting 1968 (s. Lit.) S. 122–126. – Marienleben Heinrichs v. St. Gallen: Hilg 1981 (s. Lit.) S. 323–327. Literatur: Peter Kesting, VL2 5 (1985) Sp. 1255–1258. – Wilhelm Wattenbach: Das Schriftwesen im MA. Graz 1896. – Max Straganz: Ansprachen des Fr. Oliverius Maillard an die Klarissen zu N¨urnberg. In: Franziskanische Stud. 4 (1917) S. 68–85 (mit Abdr. aus M¨unchen, BSB, Cgm 4439). – P. Kesting: M. a. B. In: W¨urzburger Prosastud. I. Wort-, begriffs- und textkundliche Stud. (Medium Aevum 13). M¨unchen 1968, S. 122–147. – Dieter Richter: Die Allegorie der Pergamentbearb. Beziehungen zwischen handwerklichen Vorg¨angen und der geistlichen Bildersprache des MA. In: Fachlit. des MA. FS Gerhard Eis. Hg. v. Gundolf Keil. Stuttgart 1968, S. 83–92. – Klaus Schreiner: ‹... wie Maria geleicht einem puch›. Beitr. zur Buchmetaphorik des hohen und sp¨aten MA. In: Arch. f¨ur Gesch. des dt. Buchwesens 11 (1971) Sp. 1437–1464. – Hardo Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen. Text und Unters. Mit einem Verz. deutschsprachiger Prosamarienleben bis etwa 1520 (MTU 75). Mu¨ nchen 1981, S. 323–327. VZ 484

Pelagia Engelberger Marienklage. – Dt. Lied. Die nach 16 Versen abbrechende, in einem Cantionale u¨ berlieferte E. M. ist wahrscheinlich Teil eines Hymnus. In zw¨olf Versen erfleht ein Sprecher (Johannes?, Maria Magdalena?) Trost f¨ur Maria, an die er sich in den letzten vier Versen wendet. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 314, 177v, Pap., 4. Viertel 14. Jh., alem. Ausgaben: Franz Joseph Mone (Hg.): Schauspiele des MA. Aus Hss. hg. und erkl¨art. Bd. 1. Karlsruhe 1846, S. 201. – Gall Morel: Das geistliche Drama, vom 12. bis 19. Jh., in den f¨unf Orten und besonders in Einsiedeln. In: Der Geschichtsfreund 17 (1861) S. 75–144, hier S. 80 . – Karl Bartsch: Altund Mittelhochdeutsches aus Engelberg. In: Germania 18, NR 6 (1873) S. 45–74, hier S. 62. – Ernst August Schuler: Die Musik der Osterfeiern, Osterspiele und Passionen des MA. Kassel/Basel 1951, S. 168. – Engelberg Stiftsbibl. Codex 314. Komm. und im Faks. hg. v. Wulf Arlt/Mathias Stauffacher, unter Mitarbeit v. Ulrike Hascher (Schweizerische Musikdenkm¨aler 11). Winterthur 1986 (Faks.). Literatur: Hans Eggers, VL2, 2 (1980) Sp. 531. – Christoph Treutwein, MarLex 2 (1989) S. 343. – Jakob Baechtold: Gesch. der Dt. Lit. in der Schweiz. Frauenfeld 1892. – Walther Lipphardt: Stud. zu den Marienklagen. Marienklage und germ. Totenklage. In: PBB 58 (1934) S. 390–444, hier S. 392. – Gisela Kornrumpf: Mu¨ lich v. Prag, Pfalz v. Straßburg, ¨ Albrecht Leesch. Neues zur Uberl. In: ZfdA 106 (1977) S. 121–137, hier S. 129 f. – Rolf Bergmann, unter Mitarbeit v. Eva P. Diedrichs und Christoph Treutwein: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA. M¨unchen 1986, S. 418 f. (M 43). BJ Marienleben Es wirt vff gan ein r˚ut. – Fragment eines Prosa-Marienlebens. Inhaltlich umfasst das M. die Erl¨osungssehnsucht der Altv¨ater bis zur Erleuchtung der hl. drei K¨onige durch den Stern von Bethlehem. Es finden sich zahlreiche typologische Bez¨uge aus dem AT und allegorische Darstellungen aus der Naturgeschichte, teils auch vulg¨artheologische Elemente. ¨ Uberlieferung: Bern, Burgerbibl., Mss. Hist. Helv. X. 50, 115a–148b (Pap., Nordwestschweiz, zweite H¨alfte 15. Jh.; mit Federzeichnungen des Schreibers). Ausgabe: Carl Benziger: Eine illustrierte Marienlegende aus dem 15. Jh. Straßburg 1913 (fehler485

2. H¨alfte 14. Jh. hafter Textabdruck: Schlusssatz von S. 137 geh¨ort vorangestellt, s. Fig. 18.; Fig. 17 geh¨ort zu S. 148). Literatur: Hardo Hilg, VL2 6 (1987) Sp. 13 f. – Ferdinand Vetter: Lesefr¨uchte aus Z¨urich und Bern. In: Germania 22, NR 10 (1877) S. 352–367, hier S. 356. – Benziger (s. Ausg.) S. 7–19. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Berlin 2 1960, Sp. 767. – Ders.: ‹Berner Weltgerichtsspiel› (TspMA 15). Berlin 1962, S. 7. – H. Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen (MTU 75). Mu¨ nchen 1981, S. 336, 337, 340, 401. – Beat Matthias v. Scarpatetti u. a.: Die Hss. der Bibl. Bern-Porrentruy (Kat. der datierten Hss. in der Schweiz 2). Dietikon u. a. 1983, S. 31 f., Nr. 80. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 69–71 (Nr. 22), S. 410 (M 23). – Claudia Engler u. a.: Schachzabel, Edelstein und der Gral. Sp¨atma. Handschriftensch¨atze der Burgerbibl. Bern (Passepartout. Schriftenreihe der Burgerbibl. Bern). Bern 2009, S. 46–51. SF Pelagia. – Dt. Legenden. Nach einer griechischen Legende des 5. Jh. war P. eine Schauspielerin, T¨anzerin und Prostituierte in Antiochien, die, durch Bischof Nonnus bekehrt, ¨ ihr Leben am Olberg als B¨ußerin – in M¨annerkleidung unter dem Namen Pelagius – beschließt. Der Kult P.s ist seit etwa 530 nachweisbar. ¨ Die mndl. Ubertragung einer lat. Redaktion der griechischen Legende entstand vielleicht als Teil des Vaderboeks des → Bijbelvertalers van 1360, viel¨ leicht aber auch davon unabh¨angig. Die Uberlieferung – vor allem im Rahmen des Vaderboeks und der ndl. Legenda aurea-Bearbeitungen (→ Jacobus a Voragine) – reichte bis weit in den dt. Sprachraum hinein. ¨ Uberlieferung: Stockholm, Kgl. Bibl., Cod. A 217, 202v–210r. ¨ Dt. Ubersetzungen und Bearbeitungen lat. Vorlagen sind seit dem sp¨aten MA bekannt; sie sind enthalten u. a. im sog. → Solothurner Legendar des Marquard → Biberli(n); in der Els¨assischen, Harburger, Mnd. und S¨udmndl. Legenda aurea; in Der → Heiligen Leben und Der → Heiligen Leben, Redaktion. In den dt. P.-Legenden tritt im Allgemeinen die Botschaft von dem Einbruch g¨ottlichen Wirkens in eine verderbte Menschenwelt deutlich 486

2. H¨alfte 14. Jh. zur¨uck zugunsten der Pr¨asentation einer nachahmbaren Bekehrung und Buße. Eine eigenst¨andige, von den Legendaren unabh¨angige dt. Fassung entstand um die Mitte des 15. Jh. in Straßburg nach Jacobus a Voragine; damit wurde ein l¨uckenhaftes Exemplar der Els¨assischen Legenda aurea erg¨anzt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 188, 92v–94v. Ausgaben: Hermann Usener (Hg.): Legenden der heiligen P. Bonn 1879. – Axel Fredrik Winell: P. Eine Legende in mndl. Sprache. Mit Einl., Anm. und Glossar. Halle/Saale 1922. Literatur: Lieselotte Sch¨utz, LCI 8 (1976) Sp. 152 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 649. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 314, 316 f. – Konrad Kunze, VL2 7 (1989) Sp. 397 f. – Leonore Bazinek, BBKL 7 (1994) Sp. 161–166. – Heike Grieser, LThK3 8 (1999) Sp. 5. – J¨urgen Dummer, RGG4 6 (2003) Sp. 1080. – Ph. Noble: La l´egende de P´elagie en moyen n´eerlandais. In: P´elagie la p´enitente. Metamorphoses d’une l´egende. Hg. v. Pierre Petitmengin. Bd. 2: La survie dans les litt´eratures europ´eennes. Paris 1984, S. 337–364. – K. Kunze: Deutschsprachige Pelagialegenden des MA. In: ebd., S. 295–335. – Ders.: Von der Fahrt durchs Meer der S¨unde. Literarisches Bild der hl. S¨underin P. in ma. M¨anner- und Frauenorden. In: Wiss. und Weisheit 48 (1985) S. 228–232. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 449. – Reglinde Rhein: Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Die Entfaltung v. Heiligkeit in ‹Historia› und ‹Doctrina› (AfK, Beih. 40). K¨oln u. a. 1995, passim. – Dietrich Huschenbett: Pelaie und Lohrangrin. Braten bei Walther, Wolfram und Albrecht. In: Vom MA zur Neuzeit. FS Horst Brunner. Hg. v. Dorothea Klein u. a. Wiesbaden u. a. 2000, S. 305–331, hier S. 314, 317. SF Sieben Liebeswerke Christi. – Theologischer Traktat aus der Umgebung → Taulers. Die sieben Liebeswerke («mynnenwerck») Christi sind: Bußleistung und Ergebenheit Christi in den Willen des Vaters, der ‹hitzige Trank› der Tr¨anen, das Gebet, die ‹Aufrichtung› der g¨ottl. Barmherzigkeit, die Liebe (Eucharistie), sein Leiden und Sterben am Kreuz f¨ur die Erl¨osung der Menschen. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2744, 169v–173v (Perg., K¨oln [?], letztes Viertel 14. Jh., ripuarisch). 487

Sieben Liebeswerke Christi Ausgabe: Adolphe L´eon Corin (Hg.): Sermons de J. Tauler et autres e´ crits mystiques. I. Le Codex Vindobonensis 2744 (Biblioth`eque de la Facult´e de Philosophie et Lettres de l’Universit´e de Li´ege 33). Li´ege/Paris 1924, S. 316–319. Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 1171. BJ Te Deum. – Lat. liturgischer Prosahymnus und dt. Bearbeitungen. Neben Gloria in excelsis deo ist T. D. der a¨ lteste und am weitesten verbreitete altkirchliche Hymnus der Westkirche. Die Verfasserfrage konnte nicht gekl¨art werden. Im MA wurde T. D. → Ambrosius, → Augustinus oder Hilarius von Poitiers, in der Neuzeit Nicetas von Remesiana zugeschrieben. ¨ Alteste vollst¨andige Quelle f¨ur den Text ist das irisch-keltische Antiphonar von Bangor (Ende 7. Jh.), bezeugt ist er aber schon Anfang des 6. Jh; die Hauptst¨ucke datieren m¨oglicherweise noch aus dem 4. Jh. Cyprian von Toulon behauptet Mitte des 6. Jh., der Hymnus sei in allen westlichen Kirchen verbreitet. Der Aufbau des Lobgesangs von 29 Prosaversen ist dreiteilig. Die Verse 1–13 – der a¨ lteste Teil des Gesangs – enthalten einen Lobpreis auf Gott Vater und bilden den Rahmen f¨ur das dreifache Sanctus von V. 5. Darauf folgt eine Doxologie. An das anschließende Christuslob (V. 14–23) ist eine Reihe von Psalmversen angeh¨angt. Der Platz des T. D. in der Liturgie ist das Stundengebet an Sonn- und Festtagen, vor allem am Morgen des Ostersonntags als Abschluss des Nachtoffiziums. Nach der → Benediktinerregel stimmt der Abt am Ende des sonnt¨aglichen Morgenoffiziums vor dem Evangelium den Lobgesang an (Kapitel 11, 8). Im MA hatte der Hymnus auch gemeinschaftsbildende Funktion im Rahmen von politischen Ereignissen. Noch in der Neuzeit bleibt er als Festgesang zu unterschiedlichsten Feierlichkeiten (Prozessionen, Priesterweihen etc.) in Gebrauch. ¨ Die fr¨uheste Uberlieferung der Singweise findet sich im 12. Jh., mehrstimmige Bearbeitungen existieren ab dem 13. Jh. ¨ Zahlreiche Ubertragungen und (u. a. marianische) Bearbeitungen (→ Te Deum, marianische Bearbeitungen), auch Parodien, teilweise schon im 9./10. Jh. Liedparaphrasen begegnen ab dem 16. Jh. Ausgaben: Maurice Frost: T. D. Laudamus. The Received Text. In: Journal of theological studies 43 (1942) S. 59–68. – Adolf Adam: T. D. laudamus. 488

Te Deum Große Gebete der Kirche. Lat.-dt. Freiburg i. Br. 1987 (Neuausg. 2001) S. 16–21. ¨ Dt. Ubertragungen: Bisher bekannt sind folgende, nach Initien geordnete dt. Bearbeitungen: 1. Dich got loben wir: a) Augsburg, UB, Cod. I.3.8° 10, 21v–22v (erste H¨alfte 16. Jh.). b) Basel, UB, Hs. A IV 44, 172v–173r (um 1360). dich herren beiehen wir. Ausgabe: Marianne Wallach-Faller: Ein alemannischer Psalter aus dem 14. Jh. Freiburg/Schweiz 1981, S. 472 f. c) Berlin, SBB, Mgq 600, 112r-v (15. Jh.). Dich eynen heren ghien wir. d) Ebd., Mgo 563, 440v–442v (16. Jh.). Dich einen eynigen herren bekennen wir. e) Budapest, Ungarische Akad. der Wiss., K. 538 (1465). f) Heidelberg, UB, Cpg 483, 155r (1389). dich herre veriehen wir. Abdruck: Joseph G¨orres: Altdt. Volks- und Meisterlieder aus den Hss. der Heidelberger Bibl. Hildesheim 1967, S. 329 f. g) Michaelbeuern, Bibl. des Benediktinerstiftes, Man. cart. 1, 115rv (erstes Drittel 16. Jh.; mit Melodie). Dich herr bekennen wir. h) Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1004, 100r (letztes Viertel 15. Jh.; geschrieben v. Georg → Polster). dich herr ern wir. i) Ebd., Cgm 1117 a, 119rv (zweites Viertel 15. Jh.). – Ebd., Cgm 1117 b (1403), 137v–138v. – Ebd., Cgm 1117 c, 203r (erstes Drittel 15. Jh.). dich herren veryehen wir. j) Ebd., Cgm 4685 (1502), 88v. dir herr veriehen dir. k) Paris, Bibl. nat. de France, Ms. allem. 331, 115v–156v (zweite H¨alfte 15. Jh.). dich herren vergehen wir. l) Soest, StB, Cod. 5, 271ra-va (1435–1440). di here belien wi. m) Unbekannt, nach einer Hs. des 15. Jh. in seinem Besitz abgedruckt v. V. Soltau, in: Anz. f¨ur Kunde der dt. Vorzeit 4 (1835) Sp. 329 f. Di god loue wy dy here bekenne wy. 2. Wir loben dich got. a) Augsburg, UB, Cod. III.1. 8° 24 (letztes Drittel 15. Jh.), 103v–105r. [...] wir veriehend dich ainen heren. (1470). b) Berlin, SBB, Mgo 28 (14. Jh.), 332v–334v. [...] wir begehen dir einen herre. 489

2. H¨alfte 14. Jh. c) Ebd., Mgo 54, 351v–353r (15. Jh.). [...] wir verjehent dich zu einem herren. d) Brixen/Bressanone, Bibl. des Priesterseminars, Nr. 151 (Standort T 7), 171r–172r (um 1457). [...] und kundigen dich herren. e) Dessau, Anhaltische Landesb¨ucher, Hs. Georg. 2.4°, 95rb–96ra (15. Jh.). [...] dich herre bekennen wir. f) Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 620, 92v–93r (15. Jh.). g) Jena, UB, Ms. Bos. o. 9, 247v–248v (14. Jh.). [...] wir verjehent dich herre. h) Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 17, 55v–56v (um 1480). [...] wir bekennen dich einen herren. i) Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1151 (drittes Viertel 15. Jh.). [...] wir veriechen dich herren. Ausgabe: Burghart Wachinger: Hymnenmeditation im Gespr¨ach mit Gott. In: Impulse und Resonanzen [...]. Hg. v. Gisela Vollmann-Profe u. a. T¨ubingen 2007, S. 323–363. j) Mu¨ nchen, UB, 8° Cod. ms. 280, 85r–86v (1448). [...] und bechennen dich herren. k) N¨urnberg, StB, Cent. VI, 44, 1v–2v (Anfang 15. Jh.). [...] wir vergehen dich herre. 3. Got wir loben dich. a) Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 26, 251v–253v (Ende 15./Anfang 16. Jh.). b) Berlin, SBB, Mgf 630, 111va–112rb (15. Jh.). [...] herr wir vergehen dich. c) Heidelberg, UB, Cpg 63, 114v–115r (Anfang 15. Jh.). [...] herre wir veriehen dir. d) Ebd., Cpg 425, 118v–119v (15. Jh.). [...] wir veriehen dein zuo einem herren. e) Ebd., Cpg 474, 128va–129ra (15. Jh.). [...] her wir veriehen dich. f) N¨urnberg, StB, Cent. VI, 82, 20v; (erstes Viertel 15. Jh.; unvollst.). [...] herr veriehe wir dich ewigen vater. g) Ebd., Will II, 19.8°, 131v–132r (erste H¨alfte 15. Jh.; unvollst.). [...] herre wir veriehen dir. h) Worms, StB, Ms. VII (14. Jh.), 129v–130v. [...] herre wir beiehen dir. 4. Sonstige a) Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 11, 339v–342r (1490). (D)ich herr loben wir, dir herr trauren wirr. b) Berlin, SBB, Mgf 62, 198v (15. Jh., nd.). Here got wy lauet dy wy bekennen des alle dat du bist unse here. c) Ebd., Mgq 600, 103v–104r (15. Jh.). Here wir louen dich und bigeten dir eynen got. 490

2. H¨alfte 14. Jh. d) Ebd., Mgo 115 (16. Jh.), 30v–32v. O Got wir loben dich wir bekennen dich einen heren. e) Mu¨ nchen, BSB, Cgm 101, 157r–158r (fr¨uhes 14. Jh.). Wjr loben dich almehtigen got und vergehen daz du bist unser genediger herre. f) Ebd., Cgm 3894, 257va–258rb (1458). Dich loben wir dich herr veriehen wir. Der Große → Seelentrost. Ausgabe: Margarethe Schmitt: Der große Seelentrost [...] K¨oln u. a. 1959, S. 100 f. Here god, wij louen dij, wij bekannen das, dat du eyn here bist. 5. Initium unbekannt. a) Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 37, 256v–264r (zweite H¨alfte 13. Jh.). b) Lambach, Benediktinerstift, Ms. cart. 322, 114v–115v. c) Leipzig, UB, Ms. 22, 136r–137r (14. Jh.). d) Ebd., Ms 23, 52rb (1356). e) Ebd., Ms 1502, 308r (1471). f) Ebd., Rep. II. 61, 93va–94ra (1386). 6. Vers¨ubertragungen vor der Reformation in zwei gereimten Marienoffizien: a) We louen dy myt eren / und nomen dy openbar eynen heren. → Tagzeitengedicht, Nr. 45 (Vier Hss. des 15. Jh., hier zit. nach Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 1184 Helmst., 203v–205r. b) Wy louen und bekennen di. / dat dubist eyn here. / wente wi sint gheworden vry. / hir umme si dy lof und ere. Tagzeitengedichte, Nr. 46 (Hs. v. 1459, ab 79v. Erste selbstst¨andige Versbearbeitung scheint die v. Martin Luther zu sein (1528/29). Ausgabe: Markus Jenny: Luthers geistliche Lieder und Kirchenges¨ange. K¨oln u. a. 1985, Nr. 31. Literatur: Angelus H¨außling, LexMA 8 (1995) Sp. 516. – Karl-Heinz Schlager/Winfried Kirsch, MGG2, Sachteil 9 (1998) Sp. 430–441. – Albert Gerhards/Friedrich Lurz, LThK3 9 (2000) Sp. 1306–1308. – Sabine Felbecker, LACL (32002) S. 667 f. – C. P. E. Sprinter, TRE 33 (2002) S. 23–28. – A. A. H¨außling u. a., VL2 11 (2004) Sp. 1489–1495. – Hermann A. Daniel: Thesaurus hymnologicus. Tl. 2. Halle 1844. Nachdr. Hildesheim 1973. – Ernst K¨ahler: T. D. laudamus. Stud. zum T. D. und zur Gesch. des 24. Psalms in der alten Kirche. G¨ottingen 1958. – Klaus Gamber: Das ‹T. D.› und sein Autor. In: R´evue Benedictine 74 (1964) S. 318–321. – A. Janssens: Les structures symm´etriques du T. D. In: Questions liturgiques et paroissiales 47 (1966) S. 36–46. – Eric Werner: Das T. D. und seine Hintergr¨unde. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 25 (1981) 491

Ave praeclara maris stella S. 69–82. – Cesare Alzati/Angelo Majo (Hg.): Studi Ambrosiani. FS Pietro Borella (Archivio ambroˇ siano 43). Mailand 1982. – Sabine Zak: Das T. D. als Huldigungsgesang. In: Hist. Jb. 102 (1982) S. 1–32. – Albino de Almeida Matos: Algunas piezas lit´urgicas y su conexi´on con el ‹T. D.›. In: Analecta Sacra Tarraconensia Barcelona 55/56 (1982/83) S. 293–315. – Ruth Maringer: Der Ambrosianische Lobgesang. In: Liturgie und Dichtung. Bd. 1. Hg. v. Hansjakob Becker/Reiner Kaczynski. St. Ottilien 1983, S. 275–301. – Jean Magne: ‹Carmina Christo›. Bd. 2. Le ‹T. D.› (Ephemerides Liturgicae 100). Roma 1986, S. 113–137. – Wachinger 2007 (s. Ausg.). SF Ave praeclara maris stella. – Lat. Sequenz zum Fest Mariae Himmelfahrt (15. August), → Hermann von (der) Reichenau zugeschrieben. Die Sequenz setzt sich aus 16 ungleichen Strophen zusammen; sie weist zahlreiche Grußanreden an Maria und typologische Bezugnahmen aus dem ¨ AT auf. Die a¨ lteste Uberlieferung des Werks bietet das Antiphonar von St. Peter in Salzburg (11. Jh.). Ausgaben: AH 50 (1907) Nr. 241. – Dreves/Blume 1 (1909) S. 160 f. – Sr. Maria Carmelita (Clothilde) Pfleger: Unters. am dt. geistlichen Lied des 13. bis 16. Jh. Diss. Berlin 1937, S. 62–77. Verbreitet vor allem in Deutschland und B¨ohmen; zahlreiche dt. Nach- und Umdichtungen seit dem 12. Jh. (oft mit Melodie): a) Ave vil liechtiu maris stella → Mariensequenz aus Muri. b) Ave du vil sconiu maris stella → Mariensequenz aus Seckau. c) Ich gruess dich gerne meres sterne lucerne. → Mo¨ nch von Salzburg. Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs v. Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin/New York 1972, Nr. G 6. d) Bist gr¨ust maria sch¨oner merstern. Heinrich → Laufenberg. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 763. e) Ich grusse dich lawtir sternglancz. Paraphrasierend-glossierendes Gedicht in Reimpaaren. ¨ Uberlieferung: Breslau, UB, Ms. I. O. 49, 107v–110v (vor 1424). – Berlin, SBB, Mgo 137, 492

Goldenes Ave Maria 127r–133v. – Heidelberg, UB, Cpg 356, 96v–103r. – Paris, Bibl. Nat., Ms. allem. 150, 336r–342r. – Wolfenb¨uttel, HAB, 2. 4. Aug. 2°, 200r–202r. Ausgaben: Joseph Klapper: Altdt. Texte aus Breslau. In: ZfdA 50 (1908) S. 167–205. – Karl Euling (Hg.): Kleinere mhd. Erz¨ahlungen, Fabeln und Lehrgedichte. Bd. 2. Die Wolfenb¨utteler Hs. 2. 4. Aug. 2° (DTM 14). Berlin 1908, S. 139–143. e f) Ich gruß dich (oder: Gegrotet sistu) gerne meres sterne. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 137, 134r–135r (datiert 1444). – Mu¨ nster, Staatsarch., Altertumsverein M¨unster Ms. Nr. 41, 2v–25r. – Berlin, SBB, Mgo 280 (→ Liederbuch der Anna v. K¨oln), 115r–123v (mit Melodie). – Braunschweig, StB, Fragm. 55. – Dresden, LB, Cod. M 27 b, 33v–36r. Ausgaben: Bernhard H¨olscher: Nd. geistliche Lieder und Spr¨uche. In: Zs. f¨ur vaterl¨andische Gesch. und Alterthumskunde 18, NF 8 (1857) S. 302–311. – Walter Salmen/Johannes Koepp: Liederbuch der Anna v. K¨oln (Denkm¨aler rheinischer Musik 4). D¨usseldorf 1954, S. 37–39. g) Got gruß dich du schoner stern das [sic] mers und des thrones. Freie Reimverse. Kalocza, MS 300, 45r–48v. h) Gruesset seist dus du clarer meres steren. Prosa. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 858, 205 f. Ausgabe: Berta Gillitzer: Die Tegernseer Hymnen des Cgm 858. M¨unchen 1942, S. 62–64, 136 f. i) Ave du chlarr meres stern in daz liecht der diet. Prosa. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 87, 116r–119v (datiert 1442). j) Got groitze dich clair sterne des mers gotlich uffgeganen. Prosa. Berlin, SBB, Mgo 380, 223v–224v. – Budapest, Ungarische Akad. der Wiss., K 540, 57v–59r. – Darmstadt, LB, Hs 1903, 214v–216v. Alle vom Ende des 15. Jh. k) Du pist grust Maria ein uberchlarer stern des meres g¨otleich aufgegangen. M¨unchen, BSB, Cgm 105, 45v–47r. l) Maria gegrotet systu vorschynende sterne des meres gotlyken upgegaen. Prosa. Nach einem handschriftlichen Gebetbuch (Hildesheim 1511, Privatbesitz). Ausgabe: Franz J. Mone: Lat. Hymnen des MA. Bd. 2, Freiburg i. Br. 1854, S. 358 f. m) Prosa¨ubersetzung in einer Heidelberger (1494 gedruckt) Hymnensammlung. n) Ave durchl¨uchte stern des mers on fl¨uchte. Sebastian → Brant. ¨ Uberlieferung: u. a. Basel, UB, A XI 65, 182r–187v (erste H¨alfte 16. Jh.). 493

2. H¨alfte 14. Jh. Ausgabe: Friedrich Zarncke (Hg.): Sebastian Brants Narrenschiff. Leipzig 1854, S. 163 f. o) Gegrotet sistu Maria, schinende meres sterne, Eyn ¨ uterkorne godes derne. Nd. Ubertragung in Reimpaaren, 116 Verse in 17 Abschnitten (Versikel 5 b ist geteilt). Wahrscheinlich 14. Jh. ¨ Uberlieferung: u. a. Trier, Bistumsarch., Abt. 95, Nr. 540, 23r–226v. p) Ave Maria, maghet pia, ioncfrouwe. Lat.-dt. Kontrafaktur (vermutlich 15. Jh.). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 190, 56r–58v (mit Melodie). – Hamburg, SUB, cod. theol. 2058, 84r–85v. Ausgabe (nach SBB, mgo 190): August H. Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861. q) Gegrusit clarir siz du warer heylberndir leytesternne, Maria, spigel clar der dryir. Krakau, Bibl. Jagiello´nska, cod. 2176, 85v (letztes Drittel 14. Jh.). e r) Ich gr˚uz dich gerne, vorl˚utendir meris sterre, ein licht der cristenheit entsproszen, Maria, gotliche uzgeflozzen. Reimprosa: Mainz, StB, Hs I 221, 111v–112v und 128v (vermutlich 14. Jh.). Literatur: Walther Lipphardt, VL2 1 (1978) Sp. 568–570; 11 (2004) Sp. 193–195. – Mechthild P¨ornbacher/Roswitha Wisniewski, MarLex 1 (1988) S. 320 f. – Gisela Vollmann-Profe/Red., Killy2 1 (2008) S. 270. – Gerhard M. Sch¨afer: Unters. zur deutschsprachigen Marienlyrik im 12. und 13. Jh. G¨oppingen 1971. – Hennig Brinkmann: ‹Ave praeclara› in dt. Wiedergabe. In: Stud. zur dt. Lit. und Sprache des MA. FS Hugo Moser. Hg. v. Werner Besch u. a. Berlin 1974, S. 8–30. – Dieter Kartschoke: Gesch. der dt. Lit. im fr¨uhen MA. Mu¨ nchen 2000, S. 322. SF Goldenes Ave Maria. – Nicht eindeutig definierte Bezeichnung verschiedener Gebete und (Glossen-)Gedichte zum Ave Maria in ma. Handschriften. Der Ehrentitel «golden» («guldin», «aureum») bezieht sich vermutlich auf den mariologischen Stellenwert bzw. auf die k¨unstlerische Darstellung des jeweiligen Textes. Nachfolgend sind einige der so bezeichneten Dichtungen angef¨uhrt; die Formenvielfalt ist ausgepr¨agt, eine Systematisierung bzw. ersch¨opfende Darstellung daher nicht m¨oglich. 1. Prosagebete a) Bis gr¨ust (Got gr¨uß dich), Maria, ein dienerin (diren, dienstmaget) der heiligen drivaltigkeit. Initium verschiedener Gebete, die nicht auf das bekannte Ave 494

2. H¨alfte 14. Jh. Maria zur¨uckgehen, sondern die Gruß-Oration Ave ancilla trinitatis aus dem 14. Jh. u¨ bertragen und ebenfalls als G. A. M. bezeichnet werden; wurden f¨alschlich → Bernhard von Clairvaux zugeschrieben. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4594, 153r. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII 54, 7r/v. – Karlsruhe, Don. 354, 24r/v. – Ebd., Cod. 370, 177–178. – Luzern, ZB, P. Msc. 6, 209r–210r. – Sarnen, Bibl. des Kollegium, Cod. pap. 207, 65v–66v. – Ebd., Cod. Chart. 210, 59r–62v. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 475, 64v–65r. – Ebd., Cod. 490, 28r–29r. – Ebd., Cod. 505, 180r–181v. – Ebd., Cod. 511, 56v–58v. – Ebd., Cod. 515, 86r–87r. – Bamberg, SB, Msc. lit. 176, 197r. Abdruck: Jacob Hubert Sch¨utz: Die Gesch. des Rosenkranzes [...] Paderborn 1909, S. 150. Zwei Versbearbeitungen dieses Gebets: aa) Dreistrophiges Lied von Michel → Beheim. Ausgabe: Hans Gille/Ingeborg Spriewald: Die Gedichte des Michel Beheim [...] (DTM 60). Berlin 1968, Nr. 87. ab) Mariengrußgedicht in Reimpaaren. Drei Hss. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 620 f. b) Gegroit sistu maria du alre soiste mylste conynckyne der genaden ind barmhertzicheit. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, Hs. 1908, 185v–188r. c) Aureum Ave Maria: Gegruest seyst dus, aller heyligiste maria, ein mutter gotts, ein kunigin der hymmel, ein porten des paradeyß. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 4119, 19r (geschrieben v. Johannes → Hauser). 2. Glossengedichte u¨ ber das Ave Maria a) → Mo¨ nch von Salzburg G 12. F¨unfstrophiges Glossenlied mit dt. Lemmata. Inc. «Maria pis gegr¨usset / dein zarter hochgelobter nam». Sechs Hss. Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs v. Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin u. a. 1972, S. 185–187. b) 16-strophiges Glossenlied mit lat. Lemmata. Inc. «Ave das wort hat got gesant / dir frawen aus der himmel lant». Vier Hss. bei Appelhans (s. Lit.) S. 47 f., u. a. Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 11083/84 [a], 174r, erste H¨alfte 15. Jh. 495

Goldenes Ave Maria Ausgaben: Franz Josef Mone: Quellen und Forschungen zur Gesch. der teutschen Lit. und Sprache. Bd. 1. Aachen/Leipzig 1830, S. 110–112. – Joseph Kehrein: Kirchen- und religi¨ose Lieder [...]. Paderborn 1853, S. 125–127. c) 19-strophiges Glossenlied mit lat. Lemmata, entstanden wohl Anfang 15. Jh. Inc. «Ave got gr¨uß dich reine magt / groß lob und er si dir gesagt». Zehn Hss., sechs davon bei Appelhans (s. Lit.) S. 49, korrigiert u. a. M¨unchen, BSB, Cgm 470 (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Stuttgart, LB, Cod HB I 227 (Wasserzeichen v. 1426/28). – Z¨urich, ZB, Cod. Rh. 119, 127v–132r. – Ferner: Bern, Burgerbibl., Mss. hist. helv. X. 50, 56–60. – Salzburg, St. Peter, Cod. b IX 10, 26v–29r. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 518, 115v–119v. – Ebd., Cod. 934, S. 231–238. Ausgaben: Wackernagel 1867, S. 795–797 (Nr. 1026). – Ferdinand Vetter: Lesefr¨uchte aus Z¨urich und Bern. In: Germania 22, NR 10 (1877) S. 352–367, hier S. 357–362. – Karl L¨offler: Mhd. St¨ucke aus Weingartner Hss. In: PBB (Halle) 37 (1912) S. 544–552. d) Glossengedicht mit lat. und dt. Lemmata. Inc. «Ave god grote dy koningynne rike / dyner werdichkeit enkan neyn man geliken». Neun obd. Hss., vier davon bei Appelhans (s. Lit.) S. 54 f., u. a. Freiburg, UB, Hs. 44, 30r–33r. – Ferner: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 986, 91–99. – Graz, UB, Cod. 1972, 33r–36r. – Innsbruck, Museum Fer¨ dinandeum, Ms. 1114, 1r–3v. – Wien, ONB, Cod. ¨ 3007, 125r–126v. – Wien, ONB, Cod. 13337, 17v. – F¨unf nd. Hss. bei Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 2 (Nachr. v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, phil.-hist. Kl. Beih.). G¨ottingen 1900, S. 128. – Ders.: Mnd. Hss. Bd. 3 (Nachr. v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, phil.-hist. Kl. Beih.). G¨ottingen 1902, S. 50, 72, 73, 132. – Eine ndl. Hs.: Leuven, UB, G. 6, 118r–121r. Ausgabe: Christian W. Fr¨ohner: Brevier eines Pal¨astinapilgers. In: ZfdA 11 (1859) S. 34–41. e) Sechsstrophiges Glossenlied mit dt. Lemmata. Inc. «Gegr¨ußt syest rouß on dorn / gott dem ¨ vatter ußerkorn». Ubersetzung des Glossenlieds ¨ Ave rosa sine spinis. Uberlieferung: Ortulus animae (→ Hortulus animae), Straßburg 1501, Bl. C. Ausgabe: Wackernagel 1867, S. 882 (Nr. 1088). f) Glossengedicht mit dt. Lemmata. Inc. «Maria moder inde maget fyn (Ick gruet dy juncfrouwe fyn) / du sternen gelans du sonnen schijn». ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, Hs. 1889, 199v–203v. – Flugschr. K¨oln, Johann Koelhoff 496

Veni, sancte spiritus ¨ um 1478 (GW 3101). – Ndl. in einer Ind. A., kunabel Speeghel des kersten geloven, Mone 1830, S. 112 f. g) Glossengedicht mit lat. Lemmata. Inc. «Ave Maria gegrust seyst du mayt reyne / wenne du bist alleyne». ¨ Uberlieferung: Erlangen, UB, Cod. B 16, 8v–11v. h) Kurzes Reimpaargebet Aureum Ave Maria. Inc. «Piz gruesst Maria hewt tawsentstund / als dir der gruez ward chund». ¨ Uberlieferung: Graz, UB, Cod. 248, 176v. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 3 (1981) Sp. 80–84; 11 (2004) Sp. 544. – Peter Kesting, MarLex 2 (1989) S. 677. – Maria Meertens: De Godsvrucht in de Nederlanden. Bd. 6 (Leuvense Stud. en Tekstuitgaven 14,6). Antwerpen/Nijmegen 1934, S. 7. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. I,4). Mu¨ nchen 1952, S. 84. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen (Die Hss. der UB M¨unchen. Bd. 1). Wiesbaden 1968, S. 215. – Peter Appelhans: Unters. zur sp¨atma. Mariendichtung. Die rhythmischen mhd. Mariengr¨uße. Heidelberg 1970. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB. Cgm 201–350 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis, Tomus 5 Editio altera, Pars II). Wiesbaden 1970, S. 232. – Dies.: Die dt. Hss. der BSB. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis, Tomus 5 Editio altera, Pars III). Wiesbaden 1973, S. 127, 168. SF Veni, sancte spiritus. – Initium zahlreicher, noch nicht systematisch geordneter liturgischer Gebete und Ges¨ange. Am bedeutendsten sind die Pfingstsequenz Veni, sancte spiritus et emitte caelitus und die Antiphon Veni, sancte spiritus reple tuorum corda fidelium. Die Pfingstsequenz, die den Ehrentitel «Goldene Sequenz» trug, wurde wahrscheinlich um 1200 von Stephen Langton (Erzbischof von Canterbury, gest. 1228) verfasst. Darin wird der Beistand des hl. Geistes erfleht. Als Vorlagen dienten vermutlich die Antiphon und der Hymnus → Veni creator spiritus. V. s. s. ist eine der wenigen Sequenzen, die nach den Liturgiereformen des 16. Jh. noch beibehalten wurde. Von der Antiphon wurde im Kontext der Messe auf vielf¨altige Weise Gebrauch gemacht, zudem 497

2. H¨alfte 14. Jh. wurde sie als Gebetstext verwendet. Sie ist seit dem 11. Jh. u¨ berliefert. Ausgaben: Dreves/Blume 2 (1909) S. 160. – Missel gr´egorien des dimanches not´e en chant gr´egorien par les moines de Solesmes. Solesmes 1985, S. 398–400. – Adolf Adam: Te Deum laudamus. Große Gebete der Kirche. Lat.-dt. Freiburg i. Br. 1987. Neuausg. 2001, S. 144–147. ¨ Dt. ma. Ubersetzungen der Sequenz: 1. Obd. und mitteldt. Prosau¨ bersetzungen. e a) Chum heiliger geist geus aus di himlischen stral deins liechtes. Olm¨utz, St´atni vedeck´a knihovna, Cod. M I 348, 120v–121r (14. Jh., bair.). Ausgabe: Karl Stejskal: Altdt. Epistel- und Evangelienbuch. In: ZfdPh 12 (1881) S. 1–72. b) Kum heyliger geyst und sent aus von dem hymel den schein deines liechtes. M¨unchen, BSB, Cgm 56, 122r (1416, bair.). c) Kum du heyligher geyst und uz sende hymmilisch den sch¨yn dynes lichtes. Berlin, SBB, Ms. theol. lat. qu. 167, 246r–247r (Erfurt, Kartause Salvatorberg, um 1440). d) Kum heyliger geist und send aus den himmelischen schein deines liechtes klar. M¨unchen, BSB, Cgm 1115, 34r–35r (Mitte 15. Jh., bair.; mit Melodie). – Wien, ¨ ONB, Cod. 4696, 33r (mit Melodie). Ausgabe: Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen 1. Freiburg i. Br. 1886, S. 650 f. e) Kumme heiliger geist und sende aus die hymelischen schein deines lichtes. M¨unchen, BSB, Cgm 79, 40v (zweite H¨alfte 15. Jh.; Gebetbuch f¨ur Frauen, unvollst.). – Ebd., 105v–106r (unvollst.). f) Chum heiliger geist send uns von himl deynes lichtes schein. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 841, 151v (Rebdorf, zweite H¨alfte 15. Jh.; Nachtrag). g) Kum heiliger geist und send von himel herab den schein des lichtes. Augsburg, UB, Cod. III. 1. 8° 39, 194v–195r (N¨urnberg, Kart¨auser, Katharinenkloster, erste H¨alfte 15. Jh.). h) Chum heiliger geist und laß scheinen auf uns den himlischen glanst deines liechts. Berlin, SBB, Mgo 473, 81v–83r (zweite H¨alfte 15. Jh.; bair. Gebet- und Andachtsbuch). i) Kum herr heyliger geyst und send von dem himel den stral deines liechtes. M¨unchen, BSB, Cgm 857, 129v–130r (um 1490–94, mittelbair.; Gebetbuch, fehlerhafte Abschrift). j) Kum du sch¨oppfer und heiliger geist und send uns von dem hymel den schein deines liechtes. M¨unchen, BSB, Cgm 837, 237r-v (Rebdorf, 15./16. Jh.). 498

2. H¨alfte 14. Jh. k) Chum he¨yliger geist und sendt uns von h¨ymel den ¨ schein deines liechts. Wien, ONB, Cod. 4089, 113r (Anfang 16. Jh., bair.-¨osterr.). l) Kum hailliger gaist und schick uns den glantz deines himlischen liechtes. Berlin, SBB, Mgo 558, 141v–142v (erste H¨alfte 16. Jh., schw¨abisch; Andachtsbuch). m) Khum heilliger geist ein geber der gab sendt aus den strall des hymelischen liechtes. M¨unchen, UB, 8° cod. ms. 270, 222r–223r (zweite H¨alfte 15. Jh., bair.; lat. und dt. Gebete). n) Kum hailiger gaist und send uns von dem himel herab den schein deines liechtes. Augsburg, UB, Cod. III. 1. 8° 43, 266r-v (um 1545, schw¨abisch; Gebetbuch f¨ur Dominikanerinnen). o) Kum heilliger geist und sende uns von himel den scheine des lichtes. Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 6, 137r (oberrheinisches Dominikanerinnenkloster, um 1560). 2. Niederdeutsche und niederrheinische Prosau¨ bersetzungen. p) Coemt heilighe gheest ende wtseindt van den hemel die radyen dijns lichts. Darmstadt, UB/LB, Hs. 982, 302r–303r (um 1480, geldrisch). q) Kum hilge geist ind sende dat radium dyns hemelischen lichtz. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W 12° 68, 238v–239v (zweite H¨alfte 15. Jh., ripuarisch; geschrieben in einem Frauenkloster). r) Kum here hilge gheyst unde sent [†...] dem himmele dat licht dyner gotliken gnade. Ebstorf, Klosterbibl., Cod. VI 2, 1v–3r (15./16. Jh.). s) Kum du hilge geist und sende ut hymelschen schyn dynes lichtes. Greifswald, UB, nd. Hs. 17. 8°, 50v–51r (zweite H¨alfte 15. Jh.). t) Cum hilger geyst jnd lais uss den schin des lichtes. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W* 8° 55, 198r-v (16. Jh., ripuarisch). u) Kom helger geist und ußende uns van den hymmel den schyne dines lichtes. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W 8° 52, 124v (16. Jh., ripuarisch). v) Kom o hilger Geyst und sende uns van dem hymel den straill deynes lychtes. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W* 8° 72, 46–47v (Mitte 16. Jh., ripuarisch). w) Kom du o heylger geyst und ussende van dem hemel dynes lichtes radien. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W* 8° 72, 127r–128r (Mitte 16. Jh., ripuarisch). 3. Reim¨ubersetzungen x) Cum heyliger geyst / du himelliser mit volleyst / und gip uns dynes lis schin. M¨unchen, BSB, Cgm 441, 239v–240r (Borna/Sachsen, 1428; unvollst.). y) Kom o heiliger geist hyr yn / mit dynem hymmelischen schyn / Kom o vader der armen loß dich dyner 499

Veni, sancte spiritus kinder erbarmen. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. GB f° 47, 91rb-vb (1460, mittelfr¨ankisch). Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. 2. Leipzig 1867, Nr. 984. z) Kumm hailiger gaist z˚u uns / und las uß deines himels dunst / den schein deines liechtes brunst. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 736, 23v–24r (um 1450/60, ostschw¨abisch). aa) Kum du heiliger geist / und sendt von himel aller meist / den schein deines liechts gelantz. Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 9, 352r–353v (letztes Viertel 15. Jh., oberrheinisch; Gebete f¨ur Dominikanerinnen, interlinear u¨ ber dem lat. Text). ¨ Dt. Prosa-Ubersetzungen der Antiphon: waren im 15. Jh. weit verbreitet (¨uber 100 Handschriften) und oft Bestandteil von Gebetsammlungen und Andachtsb¨uchern, etwa im → Brevier f¨ur Kaiser Friedrich III., in den Handschriften Freiburg i. Br., UB, Cod. 45 (Mitte 15. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 29 (um 1432–48). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 82 (erstes Viertel 15. Jh.) und Wien, ¨ ONB, Cod. 2368 (zweite H¨alfte 15. Jh.; Lehrtexte und Gebete f¨ur den jungen Maximilian I.). Eine ¨ Reimvers-Ubersetzung (Chum heiliger geist herre got [...]) von vier Reimpaaren h¨alt sich eng an die lat. Vorlage, erweitert diese aber in den Versen 2, 5 und 8. In den Handschriften erscheint die dt. Strophe immer ohne den lat. Text (Handschriften mit Melodie u. a.: Michaelbeuren, Stiftsbibl., Ms. chart. I, Antiphonar des 15./16. Jh. – M¨unchen, BSB, Cgm 716 (aus Tegernsee, drittes Drittel 15. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 6034 (aus Ebersberg, 15. Jh.). Ausgabe: Wackernagel, Nr. 986. Literatur: AH 54 (1961) S. 235–239. – Franz Josef Worstbrock, VL2 10 (1999) Sp. 226–233. – Stefan K. Langenbahn, LThK3 10 (2001) Sp. 592 f. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum 2. L¨owen 1897, Nr. 21239–21555. – Ludwig Eisenhofer: Hb. der katholischen Liturgik. Bd. 2. Freiburg i. Br. 21941, S. 113. – Frederic J. E. Raby: A History of Christian-Latin Poetry from the Beginnings to the Close of the Middle Ages. Oxford 2 1953, S. 343 f. – Rudolf Stephan: Die Lieder der Ebersberger Hs. Clm 6034. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 2 (1956) S. 98–104. – Josef Andreas Jungmann: Missarum sollemnia. Bd. 1. Freiburg i. Br. u. a. 51962, S. 477, 560 f., 563. – Joseph Pascher: Das liturgische Jahr. Mu¨ nchen 1963, S. 250 f. – In¨ grid Sch¨urk: Dt. Ubertragungen mlat. Hymnen im 18. und 19. Jh. (Hermaea NF 13). T¨ubingen 1963, 500

Konrad von Waldhausen S. 55, 140. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der dt. Hymnendichtung. Bd. 2. 1965, S. 185–187. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Adam (s. Ausg.). – Rudolf Stephan: Teutsch Antiphonal. Quellen und Stud. zur Gesch. ¨ des dt. Chorals im 15. Jh. [...]. (Sb. der Osterr. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl. 595). Wien 1998. SF Jakob von Brussin (f¨alschlich: Cossen). – Kompilator oder Auftraggeber einer Sammlung geistlicher Texte, Pfarrer, 14. Jh. In einer lat. Sammelhandschrift geistlicher Texte aus dem Kollegiatsstift zu Glogau aus dem Jahre 1362 finder sich am Schluss (342v) der Vermerk: «Das buch hot geczugit Jacobus von brussin (?) der pherrer czu deme Nup (?)». Die Namensund Ortsangaben sind leider nicht zweifelsfrei zu entziffern, wenn «brussin» korrekt ist, stammt der Pfarrer aus Preußen. (Der Breslauer Handschriftenkatalog bietet die Lesungen «Crossin» und «slup», Karl Sudhoff, VL1 2 [1936] Sp. 568 hat «Cossen» [unwahrscheinlich].) Da mhd. «ziugen» (mitteldt. «zugen») ambivalent ist und sowohl «herstellen» als auch «herstellen lassen» bedeuten kann, ist unklar, ob J. die Sammlung selbst zusammengestellt oder nur veranlasst hat. Nach einem einleitenden Kalender der Di¨ozese Breslau mit Monatsversen enth¨alt der Codex vor allem anonyme Predigten, Heiligenviten, Hymnen und Gebete. ¨ Uberlieferung: Breslau, UB, Cod. I F 449, 343 Bll. (Perg., aus Glogau, 1362). Literatur: Bernhard Dietrich Haage, VL2 4 (1983) Sp. 471. – Kat. rekopis´ ˛ ow dawnej Biblioteki Uniwersyteckiej we Wroclławiu (sog. G¨ober-Kat., hsl. und masch.) Breslau um 1920–1940, Bd. 3, Bl. 272 f. (Nr. 473). VZ Konrad von Waldhausen (auch Waldhauser, Walthauser, Conradus de Austria, Conrad de Waldhausen), * um 1320 in oder um Waldhausen/Ober¨osterreich, † 8.12.1369 Prag. – Augustinerchorherr, Prediger. Der nicht mit Konrad von Waldhausen-Staufen (um 1161–1241) zu verwechselnde K. stammte wahrscheinlich aus Ober¨osterreich. Dort schloss er sich um 1340 den Waldhauser Augustinerchorherren an und wurde 1343 oder 1349 in Passau zum Priester geweiht. Er studierte m¨oglicherweise um 501

2. H¨alfte 14. Jh. 1349 in Bologna und hielt sich 1350 sicher zu einer Wallfahrt in Rom auf. Anschließend begann seine T¨atigkeit als Prediger, u. a. in Passau, besonders aber in Wien. Nachdem er 1351 vor Herzog Albrecht II. hatte predigen d¨urfen, h¨orte ihn 1354 in Wien Kaiser Karl IV. Er holte K. 1355 als seinen pers¨onlichen Beichtvater nach Prag, wo sich der wortgewaltige Priester als popul¨arer Prediger etablierte. Er erhielt die Pfarreien Leitmeritz und 1363 Sankt Gallus, die w¨ahrend der n¨achsten Jahre K.s haupts¨achliche Wirkungsst¨atte war. W¨ahrend das Volk seine Predigten liebte, erregte K.s Kritik an der grassierenden Simonie und an der Verweltlichung des Klerus den Zorn der Bettelorden. Allerdings hielt der Kaiser seine sch¨utzende Hand u¨ ber K., ebenso Erzbischof Ernst von Pardubitz, dessen Grabrede K. 1364 sprechen durfte. Weitere Kontakte unterhielt K. zu Johann von Neumarkt und Adalbert Ranconis de Ericinio. 1365 wurde K. an die Prager Kirche Maria am Teyn versetzt. Er predigte auch jenseits von B¨ohmen, u. a. in Erfurt und Salzburg. 1368 durfte er den Kaiser auf dessen Romzug begleiten. Die Mendikanten nutzten diese Gelegenheit, K. bei der Kurie als H¨aretiker anzuzeigen. Im anschließenden Prozess ließ sich K. juristisch durch Nikolaus von Jamnitz vertreten. Er selbst kehrte mit Karl IV. nach Prag zur¨uck und starb dort noch w¨ahrend des laufenden Prozesses. K.s dt. Predigten sind nicht in Nachschriften u¨ berliefert. Dies mag angesichts seiner Popularit¨at verwundern, ist aber nicht ungew¨ohnlich f¨ur einen Volksprediger, der außerhalb des kl¨osterlichen Kontextes wirkte. K. hinterließ mit der Postilla studentium sanctae universitatis Pragensis (um 1366–68) allein eine u¨ berschaubare Sammlung von 73 lat. Musterpredigten. Diese bauten auf K.s volkssprachigen Predigten auf und sollten urspr¨unglich die Prager Theologiestudenten instruieren. Ihre Wirkung reichte aber letztlich u¨ ber Jan Hus bis ins 16. Jh. Dass sie bereits kurz nach 1378 eine alttschechische Bearbeitung erfuhren, trug sicher zu ihrer Bekanntheit bei. Stilistisch kennzeichnete K.s Predigten, soweit sie aus der Postilla zu erschließen sind, ein durchdachter Aufbau und eine Vielzahl von Kirchenv¨ater-Zitaten. Aus K.s Konflikt mit den Bettelorden gingen mehrere Werke hervor. Zu erw¨ahnen ist besonders die Apologia (1364). Darin gibt K. zun¨achst die Positionen der Prager Predigerm¨onche und Augustinereremiten wieder, bevor er im dritten Teil 502

2. H¨alfte 14. Jh. der Schrift seine Antwort formuliert, die etwa auf Simonie und unlauteren Lebenswandel der Bettelm¨onche eingeht. Auch der Traktat Lacrima ecclesie steht in diesem Kontext. Die Schrift ist Erzbischof Arnaldus von Auch gewidmet, entstand also wahrscheinlich w¨ahrend dessen Amtszeit (1357–71). Weitere uberlieferte Texte K.s umfassen das moral¨ theologische Werk Detestacio coree (fr¨uher Hus zugeschrieben), die Sammlung Sermones breves (1368), eine Glosse zu Joh 1,1 (1368) sowie Einzelpredigten und Briefe. K.s Bedeutung liegt vor allem in seiner Vorl¨auferfunktion f¨ur Jan Hus, der sich etwa in seiner Postilla (1407/08) ausgiebig bei K.s Schriften bediente. In dieser Hinsicht steht K. in einer Reihe mit Jan Mil´ıc von Kremsier, Matthias von ˇ ıtn´y, die alle den Hussiten Janov und Thomas St´ grundlegende Anregungen lieferten. ¨ ¨ Uberlieferung: Verz. der reichen hsl. Uberl. bei Josef Tr´ıˇska: R´etorick´y styl a prazsk´a univerzitn´ı literatura ve stredoveku. Prag 1975, S. 18–21 u. o¨ .; weitere Hss. bei Machilek 1985 (s. Lit.). Ausgaben: 1. Apologia: Geschichtschreiber der husitischen Bewegung in B¨ohmen 2 (Fontes rerum Austriacarum 1,6). Hg. v. Constantin von H¨ofler. Wien 1865, S. 17–39 (Nachdr. Graz 1970). – 2. Detestacio coree: V´aclav Flajˇshans: Liter´arn´ı cinnost M. Jana Husi. In: Vestn´ık Cesk´e Akademie 11 (1902) S. 748–756, hier S. 751–756. – Jan Sedl´ak: Studie a texty k zivotopisu Husovu. In: Studie a texty k n´aboˇzensk´ym dejin´am cesk´ym 1 (1913/14) S. 429–435. – 3. Briefe: Mencik 1881 (s. Lit.) S. 14–33. ¨ Ubersetzungen: Staro`eesk´e zpracov´an´ı Postily student`u svat´e university prazsk´e Konr´ada Waldhausera. Hg. v. Frantiˇsek Simek. Prag 1947 (tschechische Fassung der Postilla). Literatur: ADB 40 (1896) S. 700. – Alfred Zerlik, NDB 12 (1979) S. 552 f. – Franz Machilek, VL2 5 (1985) Sp. 259–268; 11 (2004) Sp. 886. – Manfred Gerwing, LexMA 5 (1991) Sp. 1366. – Roland B¨ohm, BBKL 4 (1992) Sp. 441–444. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 391. – Winfried Eberhard, LThK3 6 (1997) Sp. 286 f. – Roger Aubert, DHGE 29 (2007) Sp. 609. – Werner WilliamsKrapp/Red., Killy2 6 (2009) S. 633. – Ferdinand Menc´ık: Konr´ad Waldhauser, mnich r´adu sv. Augustina [...]. In: Abh. der k¨oniglichen b¨ohmischen Gesellsch. der Wiss. VI,12 (1881) S. 1–33. – Johann Loserth: Huss und Wiclif. Zur Genesis der Hussitischen Lehre. M¨unchen/Berlin 21925. – Eduard 503

Konrad von Waldhausen Winter: Die europ¨aische Bedeutung des b¨ohmischen Fr¨uhhumanismus. In: Zs. f¨ur dt. Geistesgesch. 1 (1935) H. 5, S. 233–242. – Alfred Zerlik: K. v. W. aus Ober¨osterreich. Eine Posaune Gottes in vorhussitischer Zeit. In: M¨uhlviertler Heimatbll. 1 (1961) H. 2, S. 24–28; ebd. H. 3, 18–21. – E. Winter: Fr¨uhhumanismus. Seine Entwicklung in B¨ohmen und deren europ¨aische Bedeutung f¨ur die Kirchenreformbestrebungen des 14. Jh. Berlin 1964. – Johanna Schreiber: Devotio moderna in B¨ohmen. In: Bohemia 6 (1965) S. 93–122. – A. Zerlik: K. v. W. (zu seinem 600.Todestag). In: Ober¨osterr. Heimatbll. 23 (1969) S. 30–39. – F. Machilek: Bohemikale Hss. in der Schwabacher Kirchenbibl. In: Bohemia 15 (1974) S. 427–440. – J. Schreiber: Die b¨ohmische Devotio moderna. In: Bohemia sacra. Das Christentum in B¨ohmen 973–1973. Hg. v. Ferdinand Seibt. D¨usseldorf 1974, S. 81–91. – Karl Richter: K. Waldhauser. In: Lb. zur Gesch. der b¨ohmischen L¨ander 3. Hg. v. Karl Bosl. M¨unchen/Wien 1978, S. 159–174. – E. Winter mit G¨unter M¨uhlpfordt: Ketzerschicksale. Christliche Denker aus neun Jh. Berlin 1979, S. 319–348. – Winfried Baumann: K. Waldhauser – ein dt. Prediger im Prag Karls IV. In: FS Nikola R. Pribic. Hg. v. Josip Matesic. Neuried 1983, S. 463–471. – Ulrich Seelbach: ... die werdent ouch Helmbrehtel! Zu den Prager und Wiener ‹Helmbrechten› im Sp¨atMA. In: PBB (Tu¨ b.) 109 (1987) S. 252–273. – Rudolf Zinnhobler: Die Botschaft des K. v. W. In: Neues Arch. f¨ur die Gesch. der Di¨ozese Linz 11 (1996/97) S. 91–98. – Harald Berger: Albertus de Saxonia († 1390), Conrad de W. († 1369) und Ganderus recte Sanderus de Meppen († 1401/06). Eine Begegnung in Prag im Jahr 1364. ¨ In: Mitt. des Inst. f¨ur Osterr. Geschichtsforschung 106 (1998) S. 31–50. – Christopher Ocker: Die Armut und die menschliche Natur. K. Waldhauser, Jan Mil´ıc von Kromer´ıc und die Bettelm¨onche. In: Die ‹Neue Fr¨ommigkeit› in Europa im Sp¨atMA (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 205). Hg. v. Marek Derwich und Martial Staub. G¨ottingen 2004, S. 111–129. – Jana Nechutov´a: Reform– und Bußprediger von Waldhauser bis Hus. In: Kirchliche Reformimpulse des 14.–15. Jh. in Ostmitteleuropa. Hg. v. Winfried Eberhard. K¨oln u. a. 2006, S. 239–254. – Dies.: Die lat. Lit. des MA in B¨ohmen. K¨oln u. a. 2007, S. 253–255 u. o¨ . – Zur umfangreichen tschechischen Lit. vgl. etwa Machilek 1985 (s. o.). MM 504

Miliˇc Gerhard von Duren ¨ OSB, † 1372 Brauweiler. – ¨ Theologe, Prior, Ubersetzer. G. war Mo¨ nch in der Benediktinerabtei Brauweiler und wurde 1350 zum Priester geweiht; seit 1365 war er dort Prior. Er ist bezeugt im anonymen Chronicon Brunwylrense (nach 1525), das seine ¨ Schriftkenntnisse hervorhebt und ihn als Ubersetzer der → Benediktinerregel f¨ur junge Mitbr¨uder ¨ nennt. Die Ubersetzung muss als verloren gelten. Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 11 (2004) Sp. 517. – Heinz Erich Stiene: Carmina Brauweilerensia. Lat. Dichtung in der Benediktinerabtei Brauweiler vom 11. bis zum 18. Jh. Edition, ¨ Ubers., Komm. (Pulheimer Beitr. zur Gesch. und Heimatkunde. 18. Sonderver¨off.). Pulheim 1997, S. 10 f. VZ Johannes von Offringen (von Ef[f]ringen, de Efringen Basilensis) OP, † 1375. – Theologe und Prediger. Eine Basler Sammelhandschrift zum Evangelisten Johannes (Legende, Predigten, Bibel¨ubersetzungen) u¨ berliefert zwei Predigten mit der Zuschreibung: «Johannes von offringen Ein meister der g¨ottlichen kunst der ein brediger waz von Sanct Dominicus orden» (91vb, 103vb). Dieser Prediger d¨urfte mit dem Magister der Theologie J. von Efringen zu identifizieren sein, der einer Basler Ratsherrenfamilie entstammte und 1346/47 als Lektor respektive Prior des dortigen Dominikanerklosters beurkundet ist, 1358/59 als Generalvikar des Bischofs von Straßburg und seit 1371 wieder in Basel bezeugt wird, wo er 1375 verstarb. Erw¨ahnung findet J. ferner im Buch der Ersetzung des Ordenschronisten Johannes → Meyer (Abdruck Scheeben 1961). ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. A VI 38, 91vb–126ra (Pap., aus dem Klarissenkloster Gnadental in Basel, 1493, baslerisch). – Erw¨ahnung im Buch der Ersetzung: Bloomington (IN), UB, Ricketts Ms. 198 (vormals Chicago [IL], Library of C. L. Ricketts, Ms. 198), 206rb (Perg. und Pap., 1455). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1983) Sp. 697 f. – Gabriel M. L¨ohr: Die Teutonia im f¨unfzehnten Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1924, S. 35 f. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel v. der Gr¨undung bis zur Klosterreform 1233–1429. In: Basler Zs. f¨ur 505

2. H¨alfte 14. Jh. Gesch. und Altertumskunde 33 (1934) S. 195–303, hier S. 281–291 passim; 34 (1935) S. 107–260, hier S. 180 f. und Reg. S. 245 (f¨ur beide Tle.). – Heribert Christian Scheeben: Der Konvent der Predigerbr¨uder in Straßburg – Die religi¨ose Heimat Taulers. In: Johannes Tauler. Ein dt. Mystiker. Gedenkschr. zum 600. Todestag. Hg. v. Ephrem Filthaut. Essen 1961, S. 37–74, hier S. 72 f. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 414 f. VZ Marburg-Kasseler Bibel-Fragmente (fr¨uher: ¨ Evangelien-Ubertragungen, Kasseler Bruchst¨ucke). – Mitte bis drittes Viertel 14. Jh. Die Kasseler Bl¨atter der großformatigen, im westmitteldt. (hessischen?) Raum entstandenen Pergamenthandschrift u¨ berliefern Passagen aus Mt, Mk und Lk, die Marburger Bl¨atter Teile aus Mt, den Propheten Micha und Zacharias, der Arolser Streifen Teile aus der Genesis. ¨ Uberlieferung: Kassel, UB/LMB, 2° Ms. theol. 169 (drei Doppelbll., vier Einzelbll. und ein Blattrest). – Marburg, Staatsarch., Hr 13,14 (zwei Bll. und zwei obere Blatth¨alften). – Bad Arolsen, Waldeckische Hofbibl., Druck III 62a–d/26 (Heftstreifen vor dem Titelbl.). Literatur: Klaus Klein, VL2 11 (2004) Sp. 966 f. – Heinrich Heppe: Fragm. einer ma. Evangelien¨ Ubers. In: ZfdA 9 (1853) S. 264–302 (mit fehlerhaftem Teilabdr. der Kasseler Bll.). – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 513–516. – Friedrich Maurer: Stud. zur mitteldt. Bibel¨ubers. vor Luther. Heidelberg 1929, S. 45–47. – ‹das hymelreich ist gleich einem ver¨ porgen schatz in einem acker›. Die hochdt. Ubers. v. Matth¨aus 13,44–52 in ma. Hss. (Litterae 108). Hg. v. Jochen Splett. G¨oppingen 1987, S. 29, 87 (Abb. einer Seite der Kasseler Fragm.). – Konrad Wiedemann: Manuscripta Theologica. Die Hss. in Folio. Wiesbaden 1994, S. 244 f. BJ Miliˇc, Jan, von Kremsier (Kromˇeˇr´ızˇ ), * um 1325 Kremsier/M¨ahren, † 29.6.1374 Avignon. – Volksprediger. M. war 1358–62 Registrator und Notar in der Kanzlei Karls IV.; 1361 wurde er Domherr, 1362 Kanonikus und Schatzverwalter in Prag. Unter dem Einfluss seines Lehrers → Konrad von Waldhau¨ sen legte er um 1364 alle Amter nieder und war als Buß- und Reformprediger in tschechischer, dt. 506

2. H¨alfte 14. Jh. und lat. Sprache t¨atig. Besonders scharf kritisierte er die Verfehlungen der Kirche. F¨ur 1365/67 erwartete er das Kommen des Antichrist. In dem von ihm 1372 gegr¨undeten Haus «Neues Jerusalem» fanden 200 bekehrte Prager Prostituierte Aufnahme. Der H¨aresie bezichtigt, musste M. zu seiner Verteidigung nach Avignon reisen, wo er erkrankte und starb. M. gilt als ein Vorl¨aufer von Jan Hus. Seine Schriften – neben zahlreichen Predigten u. a. ein Libellus de Antichristo – sind in mehr als 100 Handschriften u¨ berliefert. Eine Magdalenenpredigt M.s wurde von Lienhart → Peuger ins Deutsche u¨ bersetzt. Zwei dt. Gebete M.s sind u¨ berliefert im → Gebetbuch f¨ur Barbara Ulstatt, eines in den → Gebetb¨uchern f¨ur Erzherzog Albrecht V. ¨ Uberlieferung: J. Tˇr´ıˇska: Pr´ıˇspˇevky k stˇredovˇek´e liter´arn´ı universitˇe III (De auctoribus et operibus univ. Pragensis medii aevi capitula III). In: Acta univ. Carolinae. Historia univ. Carolinae Pragensis 10 (1969) fasc. 1, S. 7–48, hier S. 13–18; Erg¨anzungen s. VL2 6 (1987) Sp. 524. – Scheyern, Bibl. des Benediktinerstifts, Mscr. 7, 342r–365v (Pap., 15. Jh.; dt. Predigt). Literatur: Johann Loserth, Realenzyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche3 13 (1903) S. 68–72. – Jaroslav Kadlec, VL2 6 (1987) Sp. 522–527; 11 (2004) Sp. 1005. – Peter Moraw: Johannes Milicius. In: LThK3 5 (1996) Sp. 936 f. – Peter Hilsch, RGG4 5 (2002) Sp. 1233. – Franz Palack´y: Die Vorl¨aufer des Hussitentums in B¨ohmen. Prag 1869. – Johann Loserth: Huss und Wiclif. Zur Genesis der Hussitischen Lehre. M¨unchen/Berlin 2 1925. BJ Bruder Albrecht. – Verfasser dreier Predigten bzw. Predigtskizzen. Codex 955 der St. Galler Stiftsbibliothek (s. ¨ Uberl.) enth¨alt eine Teilsammlung des → Bertholdvon-Regensburg-Corpus X; darunter finden sich unter anderem drei Predigten bzw. Predigtskizzen (X 46, X 48, X 49) eines «Bruder Albrecht sant Dominicus orden». In den restlichen Corpus-Handschriften sind diese ohne Autornennung u¨ berliefert. M¨oglich ist die Identit¨at des Verfassers mit → Albrecht dem Lesemeister; um → Albertus Magnus handelt es sich dagegen wohl bei keinem von beiden. In der St. Galler Handschrift sind X 46 und X 48 kurze Predigtskizzen u¨ ber den Nutzen des Todes Christi f¨ur die Menschheit bzw. u¨ ber vier Tugenden des Christen in der Nachfolge Jesu. Die 507

Bruder Albrecht restlichen Corpus-Handschriften bieten erweiterte Fassungen und sind jeweils um einen Mosaiktraktat erg¨anzt. Die etwas l¨angere Predigt X 49 behandelt ausgehend von Joh 13,34 das Liebesgebot. ¨ Uberlieferung: Vgl. → Berthold von Regensburg. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 955, S. 70–104 (Pap. und Perg., erste H¨alfte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). Ausgabe: Anton E. Sch¨onbach: Stud. zur Gesch. ¨ der altdt. Predigt VI: Die Uberl. der Werke Bertholds v. Regensburg III (Sb. der phil.-hist. Kl. der kaiserlichen Akad. der Wiss. 153/4). Wien 1906, S. 133 f., 137–140. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 1 (1978) ¨ Sp. 173 f. – Dieter Richter: Die dt. Uberl. der Predigten Bertholds v. Regensburg. Unters. zur geistlichen Lit. des Sp¨atMA (MTU 21). Mu¨ nchen 1969, S. 32 f., 39–41, 67 f., 71. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 45 (T 49). SF Albrecht der Lesemeister. – Verfasser einer Predigt. Innerhalb des → Berthold-von-RegensburgCorpus X ist eine Predigt (X 38) u¨ berliefert, die in einer gek¨urzten Fassung auch in einer Mu¨ nch¨ ner Handschrift (s. Uberl.) zu finden und dort mit «Bruoder Albreht der lesemeister» signiert ist. Es besteht die Mo¨ glichkeit der Identit¨at des Verfassers mit einem Bruder → Albrecht, von dem der eine Teilsammlung des Corpus X enthaltende Codex 955 der Stiftsbibliothek St. Gallen drei Predigten bzw. Predigtskizzen u¨ berliefert. Um → Albertus Magnus handelt es sich wohl bei keinem von beiden. Die Predigt von f¨unf Broten behandelt ausgehend von Joh 6,1 ff. die Speisung der F¨unftausend; es handelt sich um eine Auslegung f¨ur Klosterleute: Die f¨unf Brote werden als Gehorsam, Gebet, Sammlung auf Gottes Wort, Anschauung Gottes und Entr¨uckung in die Seligkeit gedeutet. ¨ Uberlieferung: Vgl. → Berthold von Regensburg. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 100, 177r–182v (Perg., zweites Viertel 14. Jh., bair.-md- Mischdialekt). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Predigten und Spr¨uche dt. Mystiker. In: ZfdA 8 (1851) S. 234–237 (nach Mu¨ nchen, BSB, Cgm 100). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 1 (1978) Sp. 199. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mys508

Gallus von Konigssaal ¨ tik im MA. Teil 2, Leipzig 1881, S. 39 f. – Die¨ ter Richter: Die dt. Uberl. der Predigten Bertholds v. Regensburg (MTU 21). M¨unchen 1969, S. 29, 39–41, 67 f., 70–72. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 45 f. (T 50). – Karin Zimmermann unter Mitwirkung v. Sonja Glauch, Matthias Miller und Armin Schlechter: Die Codd. Palatini germanici in der UB Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181) (Kat. der UB Heidelberg 6). Wiesbaden 2003, S. 70. SF Confessionale. – Freie dt. Bearbeitung eines lat. Beichttraktats, entstanden um 1370. Der lat. Teil dieses weit verbreiteten Textes beginnt «Libellus ille de penitencia tres habet tractatus», auf Dt. «Wye p¨oze dy s¨und sey und warumb ein ydlich menschs sich vor s¨unden h¨utten soll». Ob ein Magister Stephanus Chim¨ara von Kolin der Verfasser ist, ist unsicher. Das C. ist wie die die lat. Vorlage in drei Teile gegliedert: Ein erster Abschnitt behandelt die Themen Buße, S¨unde und Reue, ein zweiter die Eigenschaften der Beichte und einen Beichtspiegel, der letzte die Genugtuung. Die dt. Bearbeitung weist im Gegensatz zu dem stichwortartig aufgebauten lat. Text fortlaufende Kapitel auf. Mo¨ glicherweise diente das C. als Quellentext f¨ur den Traktat Von dreierlei Wesen des Menschen des → Johannes von Indersdorf. ¨ Uberlieferung: Lat.-dt. Hss.: M¨unchen, BSB, Cgm 324; 620; Clm 7038; 14216. – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Cod. 1440, S. 1–72 (15. Jh., ostmitteldt.?). – W¨urzburg, Franziskanerkloster, Cod. I 17. – Leipzig, UB, Ms. 903. – dt. Hss.: M¨unchen, BSB, Cgm 292; 4889. – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 489. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 20 (Nr. 9); Cent. VI, 43d (Nr. 6). – Raigern/Rajhrad (Tschechien), Benediktinerstift, Cod. R 638. – Prag, UB, Cod. III D 16 (468); VIII E 21 (1546); Cod. XXVI.A.5. – Kremsm¨unster, Stiftsbibl., Cod. 5. – Fragm.: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 744. – Bamberg, SB, Cod. Lit. 146 (Ed. II. 2). Literatur: Egino Weidenhiller, VL2 2 (1979) Sp. 4 f. – Ders.: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 101–121. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Hg. v. W. Stammler. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 817. – Bernhard D. Haage: Der Traktat Von dreierlei Wesen der Menschen des 509

2. H¨alfte 14. Jh. Johannes v. Indersdorf. Nachtr. und Anm. In: Euphorion 68 (1974) S. 101–104, hier S. 104. SF Gallus von Konigssaal ¨ OCist. – Verfasser eines mystischen Dialogs, Abt (?), 14. Jh. In den Schriftstellerverzeichnissen von Trithemius (1494) und de Visch (1656) findet sich ein G., der von dt. Herkunft und Zisterzienserabt in K¨onigssaal bei Prag gewesen sein soll. Dieser soll um 1370 die Sermones ad fratres und Malogranatum verfasst haben. Allerdings ist ein Abt dieses oder eines a¨ hnlichen Namens dort nicht f¨ur diesen Zeitraum bezeugt. Erschwert wird die Identifikation durch uneinheitliche Autorzuweisungen f¨ur das Malogranatum. In den meisten Codices der BSB Mu¨ nchen wird das Werk einem Petrus von Prag zugeschrieben, eine Berliner Handschrift von 1442 nennt einen Johannes (SBB, Ms. lat. fol. 769, 294r, Randeintrag von anderer Hand) und die Verzeichnisse von Balbinus (1776) und Denis (1794) sowie ein Prager Codex (Nationalmuseum, Cod. XII E 12, im Explicit) schließlich bieten einen K¨onigssaaler Abt namens Matth¨aus an. Mo¨ gliche Identifizierungen dieser Namensangaben sind: → Peter von Zittau (Abt in K¨onigssaal von 1316–39), Johann I. von Frankenstein (Abt von 1340–48) und → Matth¨aus von K¨onigssaal († 1427), der allerdings nie Abt war. De Visch weist f¨ur G. mit dem Titel Resolutiones omnium dubiorum et difficultatum quae a statu religioso quempiam avocare possunt noch ein weiteres Werk aus. Aufgrund des gleichen Incipits d¨urfte es sich hierbei aber um den Traktat De tentatione et consolatione religiosorum des → Jakob von J¨uterbogk handeln. Die Sermones ad fratres sind weder in Handschriften noch gedruckt nachgewisen, das Malogranatum dagegen ist breit u¨ berliefert und auch ins Deutsche und Niederl¨andische u¨ bersetzt worden. Es handelt sich um einen Dialog zwischen Vater und Sohn in drei B¨uchern mit kompilatorischem Charakter. Dargestellt wird der mystische Dreischritt der via purgativa, illuminativa und unitiva als Weg zum vollkommenen Gottesdienst. Eine Beziehung des Werks scheint zum Lehrbuch De exterioris et interioris hominis compositione → Davids von Augsburg zu bestehen, mit dem das Werk die f¨ur die Thematik typische Gliederung teilt. ¨ ¨ Uberlieferung: Uber 50 lat. Hss. (zumeist nur eines der drei B¨ucher des Malogranatum) mit Hauptverbreitungsraum B¨ohmen, Ober- und Nieder¨osterreich. Vgl. Haage 1979 (s. Lit.). – Gerwing 510

2. H¨alfte 14. Jh. 1986 (s. Lit.) S. 122–135. – Erstdruck Straßburg, um 1472. Vgl. Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum in quo libri omnes ab arte typographica inventa usque ad annum MD. Bd. 1,2. Stuttgart 1827, Nr. 7449–7451 und Gerwing 1986 (s. Lit.) ¨ S. 136 f. – Ubersetzungen (Ausz¨uge und Bearbeitungen) obd.: Berlin, SBB, Mgo 467, 153r–196v (Pap., 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, ostfr¨ankisch [n¨urnbergisch?]). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1382 (468; H 90), 141v–141r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., bair. mit md. Merkmalen). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 46f, 73r–11v (Pap., Mitte 15. Jh. aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. VII, 64, 42r–159r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Mndl.: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. 1171–72 (Kat.-Nr. 2137), 1r–161r (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Ms. 15156 (Kat.Nr. 2136), 284 Bll. (Pap., 14. Jh.). – Gent, UB, Ms. 1305, 202r–205r (Pap. und Perg., 15. Jh.). – Paris, Bibl. Nationale, Dep. Bibl. de l’Ars´enal Ms. ¨ 8212. (Pap., 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 15417, 1ra–160rb (Pap., 1474 aus dem Kloster Betlehem bei L¨owen). Vgl. Dolch 1909 (s. Lit.) S. 87 und Gerwing 1986 (s. Lit.) S. 135 f. Literatur: Heinrich Kellner, ADB 8 (1878) S. 346; Nachtrag Anton Weiß, ADB 9 (1879) S. 796. – Maur Standaert, Dict. Spir. 6 (1967) Sp. 73 f. (Gall de K.). – Bernhard D. Haage, VL2 2 (1980) Sp. 1063–1065. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 316 f., 490. – Johannes Trithemius: Catalogus scriptorum ecclesiasticorum siue illustrium virorum [...]. o. O. [K¨oln] 1494 (21531) Bl. CXVIIIa. – Charles De Visch: Bibliotheca scriptorum sacri ordinis Cisterciensis. K¨oln 1656, S. 117. – Bohvslai Balbini [Bohuslav Balbin] E S.I. Bohemia Docta. Opvs Posthvmvm Editvm, Notisqve Illvstratvm ab Raphaele Vngar [Karel Rafael Ungar]. Bd. 2. Prag 1778, S. 160 f. – Michael Denis: Codd. Manuscripti Theologici Bibliothecae Palatinae Vindobonensis Latini Aliarumque Occidentis Linguarum. Bd. 1,2. Wien 1794, Sp. 2463–2465. – Vill´em Kallab: Malogranatum a jeho p˚uvodce. In: Sb. der kgl. b¨ohmischen Ges. der Wiss. Kl. f¨ur Philosophie, Gesch. und Philologie 1911. Prag 1912, Nr. IV, S. 1–15. – Kassian Lauterer: Matth¨aus v. K¨onigssaal. Leben und Werke. In: CistercienserChron. 73 (1966) S. 71–75. – B. D. Haage: Der Traktat ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. Diss. ¨ Heidelberg 1968. – Ders.: Zur Uberl. des ‹Malogranatum›. In: ZfdA 108 (1979) S. 407–414. – 511

Hiltalingen von Basel Leopold Lentner: Bibliogr. zum Zisterziensertraktat ‹Malogranatum› (Heiligenkreuzer Stud. NF 1.). Heiligenkreuz u. a. 1980. – Ders.: Prolog und Prooemium zum Zisterziensertraktat Malogranatum (Heiligenkreuzer Stud. NF 1.). Heiligenkreuz u. a. 1984. – Manfred Gerwing: Malogranatum oder der dreifache Weg zur Vollkommenheit. Ein Beitr. zur Spiritualit¨at des Sp¨atMA (Ver¨off. des Collegium Carolinum 57). Mu¨ nchen 1986, Reg. S. 307. – Carmen Cardelle de Hartmann: Lat. Dialoge 1200–1400. Literaturhist. Stud. und Repertorium (Mittellat. Stud. und Texte 37). Leiden 2007, S. 559 f. VZ Hiltalingen von Basel, Johannes OESA, * um 1322 Basel, † 1392 Basel. – Verfasser dreier dt. Meister-J¨unger-Dialoge zur Einf¨uhrung in die Theologie aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. und zahlreicher lat. theologischer Schriften. Bei dem Magister und Provinzial des AugustinerEremitenordens J. H. v. B. handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den lange nicht identifizierbaren sog. «Meister des Lehrgespr¨achs». Nach einem Studium an der Kurie in Avignon war H. als Lektor am Studium generale der Augustiner in Straßburg t¨atig; 1379 erreichte er die Position als General des gesamten Augustinerordens. Im Heiligsprechungsprozess der → Birgitta von Schweden war er zwischenzeitlich als Gutachter t¨atig. 1389 wurde ihm das Amt des Bischofs von Lomb`es in S¨udfrankreich u¨ bertragen, das er bis zu seinem Tod 1392 aus¨ubte. Neben seinem umfangreichen theologischen Werk in lat. Sprache, so etwa einem Kommentar zu den Sentenzen des → Petrus Lombardus, sind von ihm drei a¨ußerst anspruchsvolle Schriften in dt. Sprache u¨ berliefert, welche die zentralen Themen der spekulativen Mystik umfassend abhandeln und einen H¨ohepunkt der dt. Scholastik darstellen. Der In-principio-Dialog, u¨ berliefert in der Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 129 (Perg., 1383, mittelbair.), ist eine spekulative Einf¨uhrung in die metaphysische Gotteslehre vorwiegend aus der Perspektive des augustinischen Platonismus, wobei eigenst¨andig Meister → Eckharts Position rezipiert wird. In der Trinit¨atslehre st¨utzte sich der M. auf → Richard von St. Victor und → Bonaventura. Die umfangreiche Sch¨opfungs- und Erl¨osungslehre Des menschen adel, val und erl¨osunge ist in der Handschrift Kolmar, StB, Ms. CPC 1945 (Pap., datiert 1442, els¨assisch), u¨ berliefert und lehnt sich eng 512

Johannes von Hildesheim an → Anselm von Canterbury an. Das erste Buch enth¨alt die Lehre von Sch¨opfungsadel und S¨undenfall, das zweite behandelt die Erl¨osungslehre. Der Gratia-Dei-Traktat, der k¨urzeste der drei Traktate, orientiert sich ebenfalls an Anselm von Canterbury und an der augustinischen Ideenlehre; im Zentrum stehen Gnadenlehre, das Wesen der Wahrheit und die Gerechtigkeit. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. C 127, S. 67–125. Grunds¨atzlich beziehen sich alle drei Werke dogmatisch m¨aßigend auf die Lehren Meister Eckharts; einige Ausf¨uhrungen k¨onnen als eigentliche Antworten auf Eckhart verstanden werden; charakteristisch sind strikte Pr¨adestinationslehre, Ablehnung der «guten Werke», Forderung nach der zuvorkommenden und mitwirkenden Gnade. H. wird auch als Verfasser des Traktats Von der → Minne II in Betracht gezogen. Ausgaben: Georg Steer (Hg.): Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). M¨unchen 1966. – Kurt Ruh: Traktat v. der Minne. Eine Schrift zum Verst¨andnis und zur Verteidigung v. Meister Eckharts Metaphysik. In: Philologie als Kulturwiss. Studien zur Lit. und Gesch. des MA. FS Karl Stackmann. Hg. v. Ludger Grenzmann u. a. G¨ottingen 1987, S. 211–220. – Karl Heinz Witte: Der Meister des Lehrgespr¨achs und sein ‹Inprincipio-Dialog›. Ein deutschsprachiger Theologe der Augustinerschule des 14. Jh. aus dem Kreise dt. Mystik und Scholastik. Unters. und Edition (MTU 95). Mu¨ nchen u. a. 1989. Literatur: K. H. Witte, VL2 6 (1987) Sp. 331–340. – De Boor/Newald 3/2 (1987) Sp. 368–370. – Adolar Zumkeller, BBKL 3 (1992) Sp. 277–279. – Ders., LThK3 5 (1996) Sp. 883. – K. H. Witte/Nikolaus Henkel, Killy2 8 (2010) S. 436 f. – Steer (s. Ausg.). – A. Zumkeller: Der Augustinertheologe J. H. v. B. (gest. 1392) u¨ ber Urstand, Erbs¨unde, Gnade und Verdienst. In: Analecta Augustiniana 43 (1980) S. 59–161. – Ruh (s. Ausg.) S. 208–229. – Witte 1989 (s. Ausg.). – Ders.: Der Traktat v. der Minne, der M. d. L. u. Johannes Hiltalingen v. Basel. Ein Beitr. zur Gesch. der Meister Eckhart-Rezeption in der Augustinerschule des 14. Jh. In: ZfdA 131 (2002) S. 454–487. – Ders.: Die Rezeption der Lehre Meister Eckharts durch J. H. v. B.: Unters. und Textausg. In: Recherches de th´eologie et philosophie m´edi´evales 71 (2004) S. 305–371. SF 513

2. H¨alfte 14. Jh. Johannes von Hildesheim OCarm, * zwischen 1310 und 1320 Hildesheim, † 1375 Marienau bei Coppenbr¨ugge/Niedersachsen. – Verfasser theologischer und philosophischer Schriften. Wie vor allem eine u¨ ber 100 von J. verfasste Briefe umfassende Sammlung bezeugt, besuchte er die Hildesheimer Lateinschule unter Johannes Corvus. Anschließend erfolgte der Eintritt in das Karmeliterkloster Marienau, 1351–55 studierte er bei Petrus Thomasius in Avignon. 1353 trat er als Mitbegr¨under einer Ordensniederlassung in Aachen hervor, 1358–61 war er «Biblicus» an der Universit¨at Paris. 1361 kehrte er als Bakkalaureus der Theologie nach Deutschland zur¨uck und ist dann als Prior und Lektor des Karmeliterklosters in Kassel bezeugt, 1364–68 als Lektor, dann als Prior und Lektor Principalis in Straßburg. 1367 unternahm J. eine Romreise, zuletzt war er Prior in Marienau. In dem Schriftstellerkatalog des Genter Karmeliten Arnold Bostius aus dem Jahr 1475 wird J. als Verfasser von acht lat. Werken genannt, von denen jedoch nur vier erhalten sind. Dazu z¨ahlen die von ihm geschriebenen Briefe, die wohl alle aus der Zeit nach 1350 stammen und die den Rang von bedeutenden kulturhistorischen Denkm¨alern beanspruchen d¨urfen, stand J. doch in Briefwechsel mit vielen f¨uhrenden M¨annern der Zeit, etwa mit Papst Gregor XI., Kaiser Karl IV., Bisch¨ofen, Herz¨ogen und → Johann von Neumarkt. Das Briefcorpus enth¨alt auch f¨unf von J. verfasste Gedichte. J. verfasste ferner einen Dialogus inter directorem et detractorem de ordine carmelitarum, der in 16 Kapiteln in Dialogform die Herkunft des Karmeliterordens aus der Schule des Propheten Elias unter Beweis stellen will. Auch eine philosophische Abhandlung mit dem Titel Speculum fons vitae z¨ahlt zu J.’ Schriften. Das ber¨uhmteste Werk des J. v. H. ist die um 1364 entstandene Historia trium regum, eine in 46 Kapitel gegliederte Legende u¨ ber die hl. drei K¨onige vorwiegend in Prosa. Das Werk, das von Florentinus von Wevelinghoven, seit 1364 Bischof von Mu¨ nster, in Auftrag gegeben wurde, stellt eine Kompilation aus Legenden und Reiseberichten dar. J. berichtet von der Heimkehr der hl. drei K¨onige, von ihrer Taufe durch den Apostel Thomas, ihrem Tod und von dem Verbleib ihrer sterb¨ lichen Uberreste. Um den legendarischen Stoff vor einen konkreten geographischen und historischen Hintergrund zu stellen, sch¨opfte J. aus zeitgen¨ossischen Pilger- und Orientberichten, besonders aus 514

2. H¨alfte 14. Jh. → Ludolfs von Sudheim Reisebeschreibung und aus dem Orientbericht eines K¨olner Anonymus. Das Werk wurde bis ins 16. Jh. in einer großen Zahl von Handschriften und Fr¨uhdrucken verbreitet. Ausgaben: Gustav Schwab (Hg.): Die Legende v. den hl. drei K¨onigen. Stuttgart 1822. – Rudolf Hendricks: A Register of the Letters and Papers of John of H. In: Carmelus 4 (1957) S. 116–235. – Elisabeth Christern: Die Legende v. den hl. drei K¨onigen. Mu¨ nchen 1963. – Max Behland: Die Dreik¨onigslegende des J. v. H. Unters. zur nie¨ derrheinischen Ubers. der Trierer Hs. 1183/485 mit Textedition und vollst¨andigem Wortformenverz. Mu¨ nchen 1968. – Marion L. Miller: Historia Trium Regum. Two Early New High German Translations: Ms E 16, Kenneth Spencer Research Libr., and Cod. 985, Stiftsbibl., St. Gall. Text and Phonology. Diss. Univ. of Kansas 1971. – Johan v. H. Les Rois Mages. L’Histoire des trois bienheureux rois. Tournai 2001. ¨ Dt. Ubersetzungen: Die ausgesprochen beliebte Historia trium regum erfuhr mindestens ¨ sechs Ubertragungen in dt. Prosa. Die a¨lteste (rheinfr¨ankische) Fassung entstand im Jahr 1389 im Auftrag der Tochter des Grafen Eberhard III. von ¨ Katzenelnbogen, Elisabeth. Wie diese Ubersetzung ¨ fand auch eine bair.-¨osterr. Ubertragung großer Verbreitung. Letztere wurde auch in Drucke des Legendars Der → Heiligen Leben aufgenommen. ¨ Diese ersten beiden Ubertragungen wurden in dem Augsburger Erstdruck von 1476 zu einem neuen Text zusammengef¨ugt. Der L¨ubecker Druck von Lucas Brandis aus dem Jahr 1478 bietet eine Umsetzung des Augsburger Drucks in das Nd. Drei weiter bair. Handschriften aus dem zweiten ¨ Drittel des 15. Jh. bilden eine weitere Ubersetzungsgruppe. Die Handschrift K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 261 a (1408) bietet eine eigene ripuarische Version. Die Beliebtheit der Historia trium regum zeigt sich ¨ außerdem in den zahlreichen Ubersetzungen nicht nur ins Dt., sondern auch ins Ndl., Englische und Franz¨osische. Neu entdeckt wurde sie 1818 durch Goethe in einer von ihm erworbenen lat. Hand¨ schrift. Uberlieferung: Das Werk ist in knapp 60 dt. Hss. u¨ berliefert. Vgl. dazu Harris 1958 (s. Lit.). – Elisabeth Christern: Eine neue Dreik¨onigenhs. in K¨oln. In: K¨olner Dombl. 14/15 (1958) S. 200 f. – Behland 1968 (s. Lit.) S. 12–14. – Hartmut Beckers: Annalen des hist. Ver. f¨ur den Niederrhein 172 515

Johannes von Schaftholzheim (1970) S. 270. – Werner Williams-Krapp: Die dt. ¨ Ubers. der ‹Legenda aurea› des Jacobus de Voragine. In: PBB (T¨ub.) 101 (1979) S. 266. – Dt. Erstdr.: Augsburg, Anton Sorg 1476, GW 9248. Literatur: Joachim Smet, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 553 f. – Helmut v. Jan, NDB 10 (1974) S. 554. – Franz Josef Worstbrock/Sylvia Harris, VL2 4 (1983) Sp. 638–647. – Birgit Gansweidt, LexMA 5 (1991) Sp. 581. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 99. – Ulrich Knefelkamp, LThK3 5 (1996) Sp. 915 f. – Jean de H. In: DHGE 27 (2000) Sp. 139 f. – Werner Williams-Krapp/Red., Killy2 6 (2009) S. 161. – Hendriks (s. Ausg.). – E. Christern: Goethe, Sulpiz Boisser´ee und die Legende v. den Heiligen Drei K¨onigen. In: K¨olner Dombl. 14/15 (1958) S. 162–172. – Sylvia C. Harris: German Translations of the ‹Historia trium regum› by J. de H. In: Modern Language Review 53 (1958) S. 364–373. – Dies.: The ‹Historia trium regum› and the Mediaeval Legend of the Magi in Germany. In: Medium Aevum 28 (1959) S. 23–30. – E. Christern: J. v. H., Florentius v. Wevelinghoven und die Legende v. den Heiligen Drei K¨onigen. In: Jb. des K¨olnischen Geschichtsvereins 34/35 (1960) S. 39–52. – Behland (s. Ausg.). – Achim Masser: Bibel, Apokryphen und Legenden. Geburt und Kindheit Jesu in der religi¨osen Epik des dt. MA. Berlin 1969, S. 195–248. – Miller (s. Ausg.). – Anna-Dorothee van den Brincken: Die ‹Nationes Christianorum Orientalium› im Verst¨andnis der lat. Historiographie. V. der Mitte des 12. bis in die zweite H¨alfte des 14. Jh. K¨oln u. a. 1973. – Wolfgang Braunfels: Die Stadt der K¨onige aus dem Morgenland. In: Die hl. drei K¨onige. Heilsgeschichtlich, kunsthist. Hg. v. Adam Wienand. K¨oln 1974, S. 14–16. – Walter Konrad: Hildesheim und die Hl. Drei Weisen. Hildesheim 1974. – U. Knefelkamp: Die Suche nach dem Reich des Priesterk¨onigs Johannes, dargestellt anhand v. Reiseber. und anderen ethnographischen Quellen des 12.–17. Jh. Gelsenkirchen 1986. – Georg Kreuzer: Ein ubersehener Schismentraktat des ¨ Karmeliten J. v. H. († 1375). In: FS Horst Fuhrmann. Hg. v. Hubert Mordek. T¨ubingen 1991, S. 347–367. – V´aclav Bok: Eine ostmitteldt. Bearb. der Dreik¨onigslegende des J. v. H. in der Hs. G 29 des Prager Domkapitels. In: FS Konrad Kunze. Hg. v. V. Bok u. a. Hamburg 2004, S. 178–210. SF Johannes von Schaftholzheim, † 1381. – Lesemeister der Augustinereremiten. J. war Lesemeister bei den Straßburger Augustinereremiten. 1356–81 amtierte er als Magister und 516

Der Kuse Großpoenitentiar des dortigen Bischofs. Laut Ni¨ kolaus von L¨owen war J. auch Ubersetzer des Neunfelsenbuchs, das Rulman → Merswin zugeschrieben wird. Dieser stiftete das Gr¨unenw¨orter Johanniterhaus, zu dem die Straßburger Augustiner als Seel¨ sorger in enger Verbindung standen. J.s Ubersetzungen enthielt eine lat. Fassung des Texts mit gelehrten Anmerkungen von ihm selbst. Diese Version erschien dann in einem fr¨uhen Gr¨unenw¨orter Memorial (heute verloren). Außerdem erhielt J. zwei Briefe des sog. Gottesfreundes vom Oberland. Literatur: Adolar Zumkeller: Jean de S. In: Dict. Spir. 8 (1972) Sp. 722 f. – Dagmar LadischGrube, VL2 4 (1983) Sp. 736. – [Red.]: Jean de S. In: DHGE 27 (2000) Sp. 601 f. – Karl Rieder: Der Gottesfreund vom Oberland. Eine Erfindung des Strassburger Johanniterbruders Nikolaus von L¨owen. Innsbruck 1905, S. 103 f. u. o¨ . – Karl Bihlmeyer: Der selige Bruder Heinrich († 1396), ein unbekannter Straßburger Gottesfreund. In: FS Sebastian Merkle. Hg. v. Wilhelm Schellberg. D¨usseldorf 1922, S. 38–58. – Wieland Schmidt: Christus und die sieben Laden. Betrachtungen zur sp¨atma. dt. Lit.gesch. In: FS Eugen Stollreither. Hg. v. Fritz Redenbacher. Erlangen 1950, S. 261–284, hier S. 283. – W. Schmidt: Zur dt. Erbauungslit. des sp¨aten MA. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh. Darmstadt 1964, S. 437–461, hier S. 459 f. MM Konrad von Alzey. – Dichter, 14. Jh. «Conradus de Altzeya» wird im Catalogus illustrium virorum und in De scriptoribus ecclesiasticis des Johannes Trithemius als ein um 1370 t¨atiger «philosophus, poeta et mathematicus» vorgestellt, der sich zun¨achst in Prag, dann in Erfurt aufgehalten haben soll. Von den ihm zugeschriebenen Briefen und Gedichten nennt Trithemius einen «Liber figurarum» («Figurarum opus») – offenbar ein Marienlob –, der sich aber bislang ebensowenig identifizieren ließ wie die Person K.s nachgewiesen werden konnte. Allein wegen akrostichischer Kennzeichnung werden heute einem K. v. A. zwei Hymnen und ein Reimoffizium auf den hl. Georg zugeordnet. ¨ Uberlieferung: Frankfurt/M., SUB, Cod. Praed. 43, 15. Jh.: 63rb Hymnus Artis decor verbi scema, 63va–64va Reimoffizium Alme throni dominator (am Ende gest¨ort). Ausgabe des Hymnus Artis decor verbi scema nach zwei anderen Hss. in: AH 4 (1888) S. 143 (Nr. 260). 517

2. H¨alfte 14. Jh. Literatur: Wlth.: K. v. Alzei. In: ADB 1 (1875) S. 380; 2 (1875) S. 797. – Franz Josef Worstbrock, VL2 5 (1985) Sp. 135 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 91. – Johannes Trithemius: Opera Historica. Hg. v. Marquard Freher. Tl 1. Frankfurt/M. 1601 (Nachdr. Frankfurt/M. 1966) S. 147 f., 329 f. BJ Der Kuse (Johannes Kusin [?]). – Prediger, 14. Jh. Zusammen mit einem einzigen Spruch wird der Name Der Kuse von der → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 u¨ berliefert, einer Zusammenstellung von Predigtexzerpten, Dicta, Gebeten und Autorit¨atenzitaten: «liden were daz aller edelste, wan sin nie nieman w¨urdig wart wan got alleine». Eine Zugeh¨origkeit des Predigers zum K¨olner Predigergeschlecht «Kusin» anzunehmen, ist spekulativ. Eine weitere m¨ogliche Identifikation ist die mit dem Mainzer Dominikaner Johannes Kusin, Magister und Provinzial der Ordensprovinz Teutonia 1368–72. Dieser war nachweislich auch schriftstellerisch t¨atig (¨uberliefert sind zumindest Regulae quinque quando, aliquid peccatum sit mortale siue veniale). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 361r (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh.; Zitatenslg., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg). – Regulae des Johannes Kusin (Ausw.): Basel UB, Codd. AX 123, 103v–106v (Pap., 1441). – Ebd., AX 130, 16r–18r (Pap., 15. Jh.). – Berlin SBB, Ms. theol. lat. qu. 165, 166v–169r (Pap., zweites Viertel 15. Jh.). – Erfurt, Bibl. des Evang. Ministeriums im Augustinerkloster, Msc. 2, 293va–295ra (Pap., drittes Viertel 15. Jh.). – Vgl. auch den Vermerk in der Predigths. Basel UB, AX 116, 46v (Pap., 15. Jh.): «ex lectura magistri Johannis Kusiner super Mattheum». Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 225–243, hier S. 234. Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 471 f. – Paulus von Lo¨e: Statistisches u¨ ber die Ordensprovinz Teutonia (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 1). ¨ Leipzig 1907, Reg. – Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–179. – Gustav Binz: Die dt. Hss. der o¨ ffentlichen Bibl. der Univ. Basel. Basel 1907, S. 152, 183, 207. VZ 518

2. H¨alfte 14. Jh. Bruder Lempfrit. – Augustinerprediger. L. ist in der sog. Zitatensammlung der Berliner Hs. Mgq 191 als Augustinerprediger mit vier kurzen St¨ucken in dt. Sprache vertreten: zun¨achst mit einer Auflistung von zw¨olf Wegen zum Aufstieg in das Himmelreich; darauf folgt eine Erl¨auterung, nach der die Ewigkeit der H¨olle mit dem ewigen Willen des Menschen zur S¨unde zusammenh¨angt; drittens ein Abschnitt u¨ ber f¨unf Arten von geistlich verlorenen Menschen; viertens ein St¨uck u¨ ber ein Exempel aus der Theophiluslegende. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191 (Pap. und Perg., um 1400, alemannisch). Ausgaben: Spr¨uche dt. Mystiker. Hg. v. Franz Pfeiffer. In: Germania 3 (1858) S. 225–243, hier S. 231 f. – Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 293 f. Literatur: Hans Neumann, VL2 5 (1985) Sp. 704. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191. In: VL2 10 (1999) Sp. 1564–1569; 11 (2004) Sp. 1697. MM Marienwerder, Johannes, * um 1343 Marienwerder, † 19.9.1417 ebd. – Theologe des Dt. Ordens, Biograph der Dorothea von Montau. Nach dem Besuch der Domschule seiner Heimatstadt ging M. um 1365 an die Universit¨at Prag und verbrachte seine ersten Studienjahre an der dortigen Artistenfakult¨at. Nach der Ernennung zum Baccalaureus (1367) wurde M. unter seinem Lehrer → Heinrich Totting von Oytha 1369 Magister und Lesemeister. In den folgenden Jahren widmete er sich zunehmend theologischen Studien. 1373 zum Priester geweiht, war er seit 1374 zun¨achst noch Dekan der Artistenfakult¨at, trat aber schon 1377 zur Theologenfakult¨at u¨ ber. Im selben Jahr wurde M. theologischer Baccalaureus und Kanonikus am Prager Allerheiligenkolleg. Seit 1380 war M. Magister und Lesemeister seiner neuen Fakult¨at, seit 1384 Magister regens. Um nicht in die zunehmenden dt.-b¨ohmischen Konflikte hineingezogen zu werden, die damals an der Prager Universit¨at ausbrachen, kehrte M. 1386 nach Marienwerder zur¨uck. Eine wahrscheinlich in Kulm geplante Professur kam nicht zustande. So schloss sich M. dem Dt. Orden an, wurde 1387 Kanonikus und 1388 pomesanischer Domdekan in seiner Heimatstadt. Sein weiteres Leben wurde entscheidend durch → Dorothea von Montau (1347–1394) gepr¨agt. Die Witwe eines wohlhabenden Danzigers entschloss 519

Bruder Lempfrit sich 1390 zu einem geistlichen Leben und zog als Mystikerin nach Marienwerder. M. wurde 1391 ihr Beichtvater und schloss sie 1393 als Rekluse in eine Domzelle ein. Er zeichnete Dorotheas Visionen auf und beschrieb ihr Leben in mehreren Viten. Sp¨ater betrieb er intensiv ihre Heiligsprechung, die aber erst 1976 erfolgte. Noch in Prag entstanden eine VaterunserParaphrase und eine von → Thomas von Aquin beeinflusste Schrift u¨ ber die acht Seligkeiten (De octo beatitudinibus). In Marienwerder verfasste M. eine nur teilweise erhaltene Chronik des Domkapitels (1393). Die Glaubensbekenntnis-Auslegung Expositio symboli Apostolici (1399) richtete sich gegen die Lehren John Wycliffes. Der Text war in zahlreichen Handschriften verbreitet und erfuhr mehrere ¨ dt. Ubersetzungen. Bekannt wurde M. als Biograph Dorotheas. Er begann bald nach ihrem Tod zun¨achst die Abfassung mehrerer kleinerer Viten u¨ ber die Mystikerin: Vita brevis (1394), Vita complens (1395), Vita prima (1395) und Vita Lindana (1396). Diese Texte verarbeitete M. dann in der umfangreicheren Vita Latina (auch Vita venerabilis Dominae Dorotheae). Darin schildert M. in einem Prolog und sieben B¨uchern das heiligm¨aßige Leben Dorotheas. Das Werk erlangte weite Verbreitung, ebenso wie die von M. selbst stammende ostmitteldt. Fassung Leben der zeligen vrouwen Dorothea. Hier ist die Vita in vier Teile gegliedert, die weitgehend die Vita Latina zusammenfassen. Der Schlussteil stimmt teilweise mit M.s Septililium (s. u.) u¨ berein. Das Leben wurde 1492 als wohl fr¨uhestes preußisches Buch in Marienburg gedruckt. M. besch¨aftigte sich auch mit Dorotheas Erscheinungen und anderen Ausdr¨ucken ihrer Fr¨ommigkeit. So zeichnete er in den 130 Kapiteln des Liber de festis (auch Appariciones venerabilis Domine Dorotheae, 1397) die Visionen der Mystikerin auf. Das Septililium venerabilis dominae Dorotheae (1400 fertiggestellt) enth¨alt in sieben Traktaten Dorotheas Gnadenerweise und Beichten. Die einzelnen Abschnitte des Werks behandeln etwa Barmherzigkeit, Eucharistie, Betrachtung und vollkommenes Christenleben. Die Schrift wurde u. a. von Nikolaus von N¨urnberg in die dt. Sprache u¨ bersetzt (Die 37 Grade und Namen der Liebe). M. hinterließ außerdem Predigten und Briefe. ¨ Uberlieferung: Verz. der umfangreichen hs. ¨ Uberl. bei Stachnik 1976, Triller 1987 (s. Lit.) 520

Marienwerder und in den Ausg. Als zentrale Hss. sind zu nennen: K¨onigsberg, Preußisches Staatsarch., Ms. A fo. 190 (¨alteste Hs. der Vita Latina, nur in Abschriften erhalten). – Berlin, SBB, Ms. theol. lat. fol. 207 (Pap., um 1402). – Danzig, StB, Ms. Mar. F. 259 (Pap., erste H¨alfte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. III 81 (Pap., um 1461–63, enth¨alt den Großteil von M.s Werk u¨ ber Dorothea). – Nen¨ nenswert ist auch die separate Uberl. der bedeutenden dt. Fassung Leben der zeligen vrouwen Dorothea: Torun, UB, Rps 37/III (fr¨uher K¨onigsberg, SUB, Hs. 1128), 1r–38v (Perg., um 1400, ostmitteldt., unvollst.). – Stuttgart, LB, Cod. HB I 204, 1r–214v (Pap., Oggelsbeuren [?], um 1417–19, alemannisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 132 Helmst., 1r–147r (Pap., 15./16. Jh.). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7050 (Hss.-Fragm.) A 88 (Perg., Fragm. auf 2 Bll.). Ausgaben: Werkverz. bei Westphal 1966, Stachnik 1976, Triller 1987 (s. Lit.). 1. Dorothea-Viten: Das Leben der heiligen Dorothea von Johannes Marienwerder. Hg. v. Max Toeppen. In: Scriptores Rerum Prussicarum. Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit 2. Leipzig 1863. Nachdr. Frankfurt/M. 1965, S. 179–374 (mit dem Septililium). – Vita prima B. Dorotheae. Hg. v. Remigius de Buck. In: Acta Sanctorum Oct. 13. Paris 1883, S. 493–499 (weitere Texte des M. auf S. 567–584). – Vita Dorotheae in moderner Sprache. Hg. v. Dominicus Korioth. In: Zs. f¨ur die Gesch. und Altertumskunde Ermlands 10 (1893) S. 297–504. – Das Leben der seligen Dorothea von Preussen. Hg. v. Franz Hipler. Braunsberg 1893. – Vita Dorotheae Montoviensis Johannis Marienwerder. Hg. v. Hans Westpfahl und Anneliese Triller. K¨oln u. a. 1964. – Die erste Lebensbeschreibung Dorotheas von Johannes Marienwerder. Hg. v. H. Westpfahl. In: Der Dorotheenbote 26 (1968) S. 122–133. – Beatificationis et canonizationis servae dei Dorothea Montoviensis viduae et reclusae ‹beatae› seu ‹sanctae› nuncupatae († 1394). Positio super cultu virtutibus servae dei ex officio concinnata. Rom 1971, S. 59–157 (Ausz¨uge aus M.s Vita Dorotheas). – The Life of Dorothea von Montau, a Fourteenth-Century Recluse. Hg. v. Ute Stargardt. Lewiston u. a. 1997. 2. Andere Werke: Vita complens. In: Codex Diplomaticus Prussicus 5. Hg. v. Johannes Voigt. K¨onigsberg 1857 (Neudr. Osnabr¨uck 1965) S. 82–84. – [Kapitelschronik]. In: Annales capituli Pomesaniensis, frgm. 1391–1398 (Scriptores rerum Prussicarum 5). Hg. v. Ernst Strehlke 521

2. H¨alfte 14. Jh. u. a. Leipzig 1874 (Nachdr. Frankfurt/M. 1965) S. 430–434. – F. Hipler: Die Beichten der seligen Dorothea von Montau. In: Zs. f¨ur die Gesch. und Altertumskunde Ermlands 6 (1877) S. 147–183. – [Vaterunser-Paraphrase]. Hg. v. dems. In: Pastoralblatt f¨ur die Di¨ozese Ermland 15 (1883) S. 142 f.; 21 (1889) S. 62 f. – Septililium B. Dorotheae Montoviensis. Hg. v. F. Hipler. In: Analecta Bollandiana 2 (1883) S. 382–472; 3 (1884) S. 113–140, 408–448; 4 (1885) S. 207–251 (unter dem gleichen Titel auch als Monographie, Br¨ussel 1885). – F. Hipler: Johannes Marienwerder. Domdechant von Pomesanien. In: Pastoralbl. f¨ur die Di¨ozese Ermland 21 (1889) S. 62–70 (enth¨alt Ansprachen M.s). – Prolog do ‹Expositio symboli apostolorum› (Textus et studia historiam theologiae in Polonia excultae spectantia 2,2). Hg. v. Marian Borzyszkowski. Warschau 1974. – Die Akten des Kanonisationsprozesses Dorotheas von Montau von 1394 bis 1521. Hg. v. Richard Stachnik mit A. Triller und H. Westpfahl. K¨oln u. a. 1978, S. 496–509 (Briefe). – Liber de festis magistri Johannis Marienwerder. Offenbarungen der Dorothea von Montau. Hg. v. A. Triller mit Ernst Borchert. K¨oln u. a. 1992. ¨ Ubersetzungen: Vgl. Ausgaben. Literatur: ADB 20 (1884) S. 381–383. – Ehrismann 2,2 (1935) S. 676. – M. Borzyszkowski: Jean de M. In: Dict. Spir. 8 (1972) Sp. 622 f. – Kurt Forstreuter, NDB 10 (1974) S. 561 f. – A. Triller, VL2 6 (1987) Sp. 56–61; 11 (2004) Sp. 977. – Barbara Wolf-Dahm, BBKL 3 (1992) Sp. 475–479. – Peter Dinzelbacher, LexMA 6 (1993) Sp. 291. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 331. – Ernst Manfred Wermter, LThK3 5 (1996) Sp. 934. – R. Stachnik: Zum Schrifttum u¨ ber die selige Dorothea von Montau. In: Zs. f¨ur die Gesch. und Altertumskunde Ermlands 27 (1939/42) S. 231–259. – Arnold Schleiff: Die Bedeutung J. M.s f¨ur Theologie und Fr¨ommigkeit im Ordensstaat Preußen. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 60 (1941) S. 49–66. – R. Stachnik: J. M., der Seelenf¨uhrer und Biograph der seligen Dorothea. In: Der Dorotheenbote 7 (1955) S. 2–11. – Franz Hipler: J. M., der Beichtvater der seligen Dorothea von Montau. Hg. v. Hans Schmauch. In: Zs. f¨ur die Gesch. und Altertumskunde Ermlands 29 (1956) S. 1–92 (aktualisierte Fassung eines Aufsatzes von 1864. Auch als Sonderdr.: Osnabr¨uck 1956; als Monographie: G¨ottingen 1960). – R. Stachnik: Einige Gedanken u¨ ber J. M., den Biographen Dorotheas. In: Der Dorotheenbote 17 (1962) S. 16–18. – Lucas Kunz: 522

2. H¨alfte 14. Jh. Zum Aufbauplan der großen lat. Dorotheenvita des Magisters J. M. In: ebd. 21 (1964) S. 7–10. – H. Westpfahl: Die große lat. Lebensbeschreibung Dorotheas von Montau. In: Der Dorotheenbote 23 (1966) S. 51–58. – Ders.: Die erste kurze Lebensbeschreibung Dorotheas von J. M. Die Vita Prima. In: ebd. 25 (1967) S. 114–118. – R. Stachnik: Zur Ver¨off. der großen Lebensbeschreibung Dorotheas von Montau von J. M. In: Zs. f¨ur Ostforschung 17 (1968) S. 713–717. – M. Borzyszkowski: Problematyka filozoficzna i teologiczna w tw´orczosci Jana z Kwidzyna (1343–1417). In: Studia Warminskie 5 (1968) S. 111–199; 6 (1969) S. 85–171. – Ders.: Jan z Kwidzyna (†1417) kazanie synodalne ‹Expergiscimini hodie› wygloszone w Pradze po 1384 roku. In: ebd. 6 (1969) S. 509–522. – H. Westpfahl: J. M. (1343–1417), der Beichtvater Dorotheas. In: Der Dorotheenbote 29 (1972) S. 198–203. – Heribert Rossmann: J. M. O. T., ein ostdt. Theologe des sp¨aten MA. In: Arch. f¨ur Kirchengesch. von B¨ohmen-M¨ahren-Schlesien 3 (1973) S. 221–253. – R. Stachnik: Zum Schrifttum u¨ ber die hl. Dorothea von Montau. In: Dorothea von Montau. Eine preußische Heilige des 14. Jh. Hg. v. dems. und A. Triller. Osnabr¨uck 1976, S. 59–105. – M. Borzyszkowski: Tekst i problematyka listu Jana z Kwidzyna († 1417) do ksiecia Austrii Albrechta, na temat apostolatu modlitwy i uczynk´ow zaslugujacych. In: Studia Warminskie 14 (1977) S. 539–549. – Ake H¨ogberg: Der Vokalismus der Stammsilben in J. M.s ‹Leben der heiligen Dorothea von Montau›. Lund 1981. – A. Triller: Zur Edition des ‹Liber defestis› (von 1397) des Deutschordenspriesters J. M. u¨ ber die Visionen der hl. Dorothea von Montau. In: Romantik und Moderne. FS Helmut Motekat. Hg. v. Erich Huber-Thoma und Ghemala Adler. Frankfurt/M. u. a. 1986, S. 493–502. – Petra ¨ H¨orner: Dorothea von Montau. Uberl., Interpretation. Dorothea und die osteurop¨aische Mystik. Frankfurt/M. u. a. 1993, S. 43 f. – U. Stargardt: Whose Life History is this Anyway? J. v. M.’s Narrative Strategies in the German Vita of Dorothea von Montau. In: Michigan Academician 27 (1994) S. 39–56. – Dyan Elliott: Authorizing a Life. The Collaboration of Dorothea of Montau and John M. In: Gendered Voices. Medieval Saints and Their Interpreters. Hg. v. Catherine M. Mooney. Philadelphia 1999, S. 168–191, 245 f. – Liliana Sikorska: Internal Exile. Dorothea of Montau’s Inward Journey. In: Studia Anglica Posnaniensia 38 (2002) S. 433–444. – D. Elliott: Proving Woman. 523

Nikolaus der Wilhelmiter Female Spirituality and Inquisitional Culture in the Later Middle Ages. Princeton u. a. 2004, S. 131 f. u. o¨ . – Arno Mentzel-Reuters: Das pomesanische Domkapitel als literarisches Zentrum: Der Fall des Prager Magisters J. M. In: Dt.sprachige Lit. des MA im o¨ stlichen Europa. Forschungsstand und Forschungsperspektiven. Hg. v. Ralf P¨asler und Dietrich Schmidtke. Heidelberg 2006, S. 157–175. – John Wayland Coakley: Women, Men, and Spiritual Power. Female Saints and Their Male Collaborators. New York 2006, S. 193–210. – Ariane Westph¨alinger: Der Mann hinter der Heiligen. Die Beichtv¨ater der Elisabeth von Sch¨onau, der Elisabeth von Th¨uringen und der Dorothea von Montau. Krems 2007. – Gisela Vollmann-Profe: Mechthild in der Provinz. ‹Das fließende Licht der Gottheit› und ‹Das Leben der heiligen Dorothea›. In: Impulse und Resonanzen. FS Walter Haug. Hg. v. G. V.-P. u. a. T¨ubingen 2007, S. 265–274. – Dorothea von Montau and J. M. Constructions of Sanctity. Hg. v. Almut Suerbaum. Leeds 2010. MM Nikolaus der Wilhelmiter. – Prediger. Von N. ist ein einziger Predigtspruch u¨ ber die Boten Furcht und Hoffnung, die wir alle Tage aussenden sollen, u¨ berliefert (Berlin, SBB, Mgq 191, 357r–394r, um 1400, els¨assisch). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 229. Literatur: Kurt Ruhr, VL2 6 (1987) Sp. 1163 f. BJ Der von Nuzzen. ¨ – Verfasser von Predigtstu¨ cken. Die → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 enth¨alt mehrere Predigtst¨ucke des ansonst nicht bekannten Autors. Die in einer Predigt angesprochene Gottesminne im Bild «der sˆelen f¨ueze» weist ebenso in die N¨ahe Meister → Eckharts wie die Aussage einer anderen Predigt, nach der im Menschen ein von Gott kommendes Licht ist, das auch zu Gott f¨uhrt, auch wenn er nie mehr Predigt h¨ort. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 357r–394r (um 1400, els¨assisch). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche der Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 228. Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 1265 f. BJ Paratus (Sermones Parati). – Titel eines im 15. Jh. im dt. Sprachraum weit verbreiteten, wahrscheinlich im 14. Jh. entstandenen lat. Predigtmagazins. Das Werk enth¨alt im ersten Teil «Sermones de tempore» und im zweiten «Sermones de sanctis». 524

Hieronymus-Briefe Es handelt sich dabei um vorwiegend thematische Musterpredigten von drei- oder viergliedrigem Aufbau, charakteristisch sind eine F¨ulle von Exempla und Moralisationen. Der Titel des P. r¨uhrt von dem Incipit der jeweils ersten Predigt beider Teile her. ¨ Uberlieferung: Vgl. Johannes Baptist Schneyer: Repertorium der lat. Sermones des MA. Fu¨ r die Zeit v. 1150–1350. Bd. 4 (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 43/4). M¨unster 1972, S. 537, 545. – Catalogue of Books Printed on the Continent of Europe 1501–1600 in Cambridge Libraries. Bd. 2. Cambridge 1967, S. 47 (Nr. 312). Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 7 (1989) Sp. 303 f. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 474–478. – Joseph A. Glonar: P. und ‹Meffreth›. Zwei vermeintliche Autoren als Beispiele bibliogr. Mißverst¨andnisse. In: Zs. f¨ur B¨ucherfreunde NF 9 (1918) S. 232–235. SF Hieronymus-Briefe. – Irref¨uhrend unter den Namen Eusebius’, Augustinus’ und Cyrillus’ zum Lob des hl. Hieronymus geschriebene Briefe. Lat. Hieronymus-Briefe: Die F¨alschungen, welche die Namen und Autorit¨at dreier als Freunde und Zeitgenossen des Heiligen bekannten M¨anner ausnutzten, sind in mindestens 390 Handschriften seit dem 13. Jh. u¨ berliefert. Nur eine davon enth¨alt alle drei Briefe (Bern, Burgerbibl., Cod. 229 [13. Jh.]). Die Entstehungszeit ist unbekannt, in der Forschung reichen die Sch¨atzungen von der Mitte des 7. Jh. bis zum Anfang des 14. Jh., am wahrscheinlichsten gilt die Entstehung im 12./13. Jh. in su¨ dfranz¨osischen oder oberitalienischen Dominikanerkreisen. Die a¨lteste vollst¨andige Handschrift stammt aus dem Konvent der Benediktiner-Kongregation der Coelestiner in Metz. Der erste Brief, Eusebius: De morte Hieronymi, schildert Sterben und Tod des Heiligen im Kreis seiner J¨unger, wobei H. f¨ur deren Leben und Fortwirken nach seinem Ableben wesentliche Fragen er¨ortert. Der zweite Brief, Augustinus: De magnificentiis Hieronymi, rechtfertigt die Heiligenverehrung, da der Heilige auf gleicher Stufe wie Johannes der T¨aufer und die Propheten stehe. Der dritte Brief, Cyrillus: De miraculis Hieronymi, schildert durch den Heiligen erwirkte Erscheinungen und Wunder. 525

2. H¨alfte 14. Jh. Ausgaben: PL 22 (1845) Sp. 239–326. – Joseph Klapper: Schr. Johanns v. Neumarkt. Berlin 1932. Mhd. Fassungen: → Johann von Neumarkt brachte aus Italien einen lat. H.-B. mit, den er zwischen 1371 und 1375 verdeutschte (zahlreiche Handschriften, vor allem aus dem 15. Jh.). Ausgaben: Benedict (s. Lit.). – Klapper 1932 (s. Ausg.). ¨ Etwa zur selben Zeit wurde in Osterreich eine zweite mhd. Fassung von einem Kart¨auser verfasst. Der Eusebius-Brief ist am vollst¨andigsten, die beiden andern sind nur in einzelnen Abschnitten genauer wiedergegeben. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2956. Abdruck: Klapper 1932 (s. Ausg.). In der Kartause Allerengelberg in Schnals (S¨udtirol) schrieb 1464 Heinrich → Haller eine weitere mhd. Fassung. Ausgabe: Bauer 1984 (s. Lit.) S. 37–39. ¨ Uberlieferung: Innsbruck, Ferdinandeum, Cod. F. B. 1065, 1–280. – Innsbruck, UB, Cod. ¨ 773 (1464). – Wien, ONB, Cod. 12460, 1ra–91ra. ¨ Eine alemannische Ubertragung von Teilen des Eusebius-Briefes enth¨alt die Handschrift Heidelberg, UB, Cpg 60, 184ara–189vb (15. Jh.); ¨ 1514 erschien in N¨urnberg eine Ubertragung des Eusebius-Briefes von Georg → Spengler. ¨ Mndl. und mnd. Fassungen: Eine ndl. Ubersetzung der lat. Briefe, entstanden wohl um 1400, ist in 29 Handschriften und in einem Druck von 1490 u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Fr¨uhest datierte u¨ berlieferte Handschrift: Leiden, UB, Cod. Lett. 351 (1428). Weitere Handschriften stammen haupts¨achlich aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Die mnd. Fassung weist eine sprachliche Mischung aus Mndl. und Mnd. auf. Ein nd. Druck von Johanns von Neu¨ markt Ubertragung entstand 1484 in L¨ubeck. ¨ Uberlieferung: Oldenburg, LB, Cim I 75 (Augustinerkloster Frenswegen, 1473). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 11 (wahrscheinlich Michaelskonvent der Schwestern vom gemeinsamen Leben, Mitte 15. Jh.). – Kopenhagen, Kgl. Bibl., Hs. Th. 4, 109 (Mitte 15. Jh.; Fragm. der Oldenburger Gruppe). Ausgaben: Jaatinen 1944 (s. Lit.). – Dies. 1950 (s. Lit.). Ferner sind ripuarische Augustinerhandschriften bekannt: ¨ Uberlieferung: Darmstadt, UB/LB, Cod. 941 (Bibliotheksheimat Augustinerinnenkloster S. Maria Magdalena K¨oln, ca. 1460). – Ebd., Cod. 526

2. H¨alfte 14. Jh. 984 (Augustinerkloster Corpus Christi K¨oln, ca. 1470). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. G. B. f.° 88, 56ra–136vb (Augustinerinnenkloster Frauenweiler bei Bedburg, 1538/39) – Trier, StB, Cod. 1190 (491), 156v–239r (Augustinerkloster Dalheim, entstanden im Augustinerkloster Eberhardsklausen bei Wittlich, 1514). ¨ Eine eigene mnd. Ubersetzung von 1437 ist in der Handschrift Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 458 u¨ berliefert. Literatur: Erika Bauer, VL2 3 (1981) Sp. 1233–1238; 11 (2004) Sp. 658. – Roland B¨ohm: Johann v. Neumarkt. In: BBKL 3 (1992) ¨ Sp. 165–168. – Julius Feifalik: Uber das Leben des Hl. Hieronymus v. Johannes VIII., Bischof v. Olm¨utz (Schr. der hist.-statistischen Section der k.k. m¨ahrisch-schlesischen Ges. des Ackerbaus, der Natur- und Landeskunde 9). Br¨unn 1856, S. 192–208. – Otto Z¨ockler: Hieronymus, sein Leben und Wirken aus seinen Schr. dargestellt. Gotha 1865. – Anton Benedict: Das Leben des Hl. ¨ Hieronymus in der Ubersetzung Johannes VIII. v. Olm¨utz. Prag 1880. Nachdr. 1968. – Georg Gru¨ tzmacher: Hieronymus. Bd. 1 (Stud. zur Gesch. der Theologie und Kirche 6,3). Leipzig 1901. Nachdr. Aalen 1969. – Klapper (s. Ausg.). – Istv´an Koz´aky: Anf¨ange der Darstellungen des Verg¨anglichkeitsproblems. Budapest 1936, S. 276–310. – Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehenden MA. Wien 1940, S. 91 f. – Martta Jaatinen: ¨ Die mnd. Ubersetzung der sog. H. Diss. Helsinki ¨ 1944. – Dies.: Die mnd. Ubersetzung der sog. H. nach der L¨ubecker Hs. (Annales Academiae scientiarum Fennicae. Ser. B, 65, 2). Helsinki 1950. – Joseph Klapper: Johann v. Neumarkt, Bischof und Hofkanzler. Religi¨ose Fr¨uhrenaissance in B¨ohmen z. Zt. Kaiser Karls Iv. (Erfurter theologische Stud. 17). Leipzig 1964, S. 29–38. – Bernard Lambert: Bibliotheca Hieronymiana Manuscripta 3 B (Instrumenta patristica 4). Steenbrugis 1970. – E. Bauer: ¨ Heinrich Haller. Ubers. im ‹gemeinen Deutsch›. G¨oppingen 1972. – Dies.: Die sog. H. und ihre ¨ volkssprachliche Ubers. In: Historia et spiritualitas Cartusiensis. Destelbergen 1983, S. 21–30. – Dies.: ¨ Heinrich Hallers Ubersetzung der H. (Germ. Bibl. Reihe 4, Texte). Heidelberg 1984. – Dies.: Wortwahl und Wortvariation in Heinrich Hallers ‹Hieronymus› (Germ. Bibl. Reihe 3, Untersuchungen. NF). Heidelberg 1984. – Dies.: ‹De morte Hieronymi›. Johann v. Neumarkt und die H. In: Zeit, Tod und Ewigkeit in der Renaissance-Lit. Bd. 1. 527

Ave vivens hostia Hg. v. James Hogg. Salzburg 1987, S. 28–49. – Dies.: Struktur und liturgische Aspekte der Ps.Eusebius-Briefes u¨ ber den Tod des Hieronymus. In: Kart¨auserliturgie und Kart¨auserschrifttum 2 (1988) S. 41–61. – Dies.: Zur Gesch. der H. In: FS Walter Haug/Burghart Wachinger. Hg. v. Johannes Janota. T¨ubingen 1992, S. 306–321. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 197. SF Ave vivens hostia. – Dt. Bearbeitungen eines lat. Corpus-Christi-Hymnus des 13. Jh. A. v. h. gilt als Werk des Johannes Peckham (Erzbischof von Canterbury, † 1292). Zu Beginn der Dichtung steht der Gruß des lebendigen Opferlamms und dessen Ansprache als «Wahrheit und Leben». In ihm seien alle Opfer zur Vollendung gebracht, durch ihn sei der Kirche Schutz gew¨ahrleistet. Christus wird auch als «Gef¨aß der Gnade» und «Schrein der S¨ußigkeit» tituliert. Weitere Themen sind die Hostie als himmlische Wegzehrung und das Gedenken des Leibes des Herrn (Fronleichnam). Ausgaben: AH 31 (1898) S. 111–114, erg¨anzend 50 (1907) S. 597 f. – Dreves/Blume 1 (1909) S. 372–374. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum 1. L¨owen 1892, Nr. 2278. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2 (Die lyrische Dichtung des MA). Berlin 1965, S. 266–270. ¨ Ubersetzungen ins Deutsche: ¨ a) → Mo¨ nch von Salzburg. Uberliefert in f¨unf Handschriften und der leicht variierten Fassung N¨urnberg, StB, Cent. VII 38, 225r–229v. Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs v. Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin 1972, S. 301–312 (Nr. G 39). b) Tegernseer Hymnen¨ubersetzungen (→ Tegernseer Hymnen, Mu¨ nchen, BSB, Cgm 858, 153r–155r. Ausgabe: Berta Gillitzer: Die Tegernseer Hymnen des Cgm. 858 (Forschungen zur bair. Mundartkunde 2). M¨unchen 1942, S. 48–50, 131 f. ¨ c) Ubertragung in einer Handschrift aus Ebersberg (15. Jh.), M¨unchen, BSB, Clm 6034, 83r–84r. Ausgabe: A. H. Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 1861, Nr. 151. ¨ d) Ubertragung im Anhang zu Ludwig → Mosers Guldin Spiegel des Sunders (gedruckt Basel 1497), wahrscheinlich verfasst von Moser. 528

Gan Eden Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 1071. ¨ Die volkssprachlichen Ubersetzungen sind des ¨ Ofteren gemeinsam mit → Pange lingua gloriosi u¨ berliefert und waren im Rahmen der Kommunion und des Fronleichnamsfestes in Gebrauch. Literatur: Dreves/Blume 1 (1909) S. 368 f. – Franz Viktor Spechtler, VL2 1 (1978) Sp. 571 f. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886. – Peter Browe: Die Verehrung der Eucharistie im MA. M¨unchen 1933 (Nachdr. Sinzig 1990) S. 22, 150. – Rudolf Stephan: Die Lieder der Ebersberger Hs., jetzt Clm 6034. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 2 (1956) S. 98–104. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968. – Karlheinz Schlager: ‹A. v. h.› – Von der Meditatio zum Prozessionsgesang. In: Kirchenmusikalisches Jb. 85 (2001) S. 127–134. SF Awroham owinu (Unser Vater Abraham). – Altjiddische Legendenerz¨ahlung in urspr¨unglich 115 Strophen. Die ersten 15 Strophen der Erz¨ahlung, als dessen Vorlage die «heilige schrift» (Z. 112) genannt wird, enthalten traditionelles Gotteslob; die restlichen Strophen erz¨ahlen, wie Abraham die G¨otzenbilder seines Vaters wiederholt vernichtete. Nach der Rettung Abrahams, der von Nimrod in den Feuerofen geworfen worden war, nahm «di heidenschaft ein ende» (Z. 469 f.). Die Strophe scheint eine Abwandlung der Kudrunstrophe zu sein. ¨ Uberlieferung: Cambridge, UB, Cod. T. S. 10. K. 22, S. 12–33 (1382/83; ein Blatt [14a] fehlt). Ausgabe: → Cambridger Handschrift von 1372/1383. – Salomo A. Birnbaum: Old Yiddish or Middle High German? In: The Journal of Jewish Studies 12 (1961) S. 30 f. – Ders., In: The Field of Yiddish. Studies in language, folklore, and literature 2. Hg. v. Uriel Weinreich. Den Haag 1965, S. 2 f. – ¨ Ders.: Die jiddische Sprache. Ein kurzer Uberblick und Texte aus acht Jahrhunderten. 3., durchges. und erw. Aufl. Hamburg 1997, S. 102–106. Literatur: Walter R¨oll, VL2 1 (1978) Sp. 573 f. – W. R¨oll: Zu den ersten drei Texten der Cambridger Hs. v. 1382/83. In: ZfdA 104 (1975) S. 54–68. BJ 529

2. H¨alfte 14. Jh. Gan Eden. – Altjiddische Reimpaarrede u¨ ber das Paradies, 14. Jh. Die 328 Verse werden mit einer Apostrophe Gottes eingeleitet. Im Folgenden wird vom Empfang der «mit eren» und «gotes hulde» Verstorbenen im «paradis», von dessen Ausstattung und den Besch¨aftigungen der Bewohner unter besonderer Ber¨ucksichtigung eines «Raban Jochanan» berichtet. Der Text schließt mit einem vierzeiligen Schreiberzusatz, bei dem sich «Isak der schribere» nennt, der aber nicht als Verfasser gelten kann. Offensichtlich ist der u¨ berlieferte Text, eine Mischform aus Vierzeilern, Zweizeilern und Reimbrechungen, die Bearbeitung eines (nicht erhaltenen) urspr¨unglichen mit durchgehenden Vierzeilern. Die Sprache ist schlicht mit vielen Wiederholungen bei den Reimw¨ortern. Die Reime legen nahe, dass das Original eine N¨ahe zum Mitteldt. aufwies. Hauptquelle des Textes ist ein hebr¨aischer Midrasch, der bei nicht lesbaren Stellen der Handschrift herangezogen werden kann. ¨ Uberlieferung: Cambridger Hs. v. 1382/1383, Cambridge, UB, T-S. 10.K.22, Pap., 2r–6v (mit Titelangabe), jiddisch (in hebr¨aischer Schr.), aus der Geniza der Synagoge von El-Fostat (Alt-Kairo). Ausgaben: Leo Fuks: The Oldest Known Literary Documents of Yiddish Literature. 2 Bde. ¨ Leiden 1957 (Faks., Transliteration, nhd. Ubers.). – Eli Katz: Six Germano-Judaic Poems from the Cairo Genizah. Diss Los Angeles 1963; Mikrofilm Ann Arbor MI 1966 (hebr¨aische Schr.). – Hakkarainen 1967 (s. Lit.) (Bd. 1) (Transliteration). Literatur: Walter R¨oll, VL2 2 (1980) Sp. 1069 f. – August W¨unsche (Hg.): Aus Israels Lehrhallen Bd. 3: Kleine Midraschim zur j¨udischen Eschatologie und Apokalyptik. Leipzig 1909, ¨ S. 21–23 (hebr. Midrasch in dt. Ubers.). – Gottfried Schramm: Rez. Fuks 1957 (Ausg.). In: G¨ottingische Gelehrte Anzeigen 212 (1958) S. 211–221. – Dov Sadan: The Midrashic Background of ‹The Paradise› and its implications for the evaluation of the Cambridge Yiddish Cod. (1382). In: The Field of Yiddish. Studies in language, folklore and literature. Hg. Uriel Weinreich. Bd. 2. London u. a. 1965, S. 253–262. – Heikki J. Hakkarainen: Stud. zum Cambridger Codex T-S. 10.K.22. 3 Bde. (Text/Graphemik und Phonemik/Wortindex). Turku 1967–73. – W. R¨oll: Zu den ersten drei Texten der Cambridger Hs. v. 1382/83. In: ZfdA 104 (1975) S. 54–68. VZ 530

2. H¨alfte 14. Jh. Der von Berau (Berowe). – Verfasser zweier mystisch gepr¨agter Dicta in einer Straßburger Sammelhandschrift aus dem sp¨aten 14. Jh. ¨ Uber den von B. gibt es keine weiteren Kenntnisse. Denkbar ist eine Identifizierung der Herkunft des Dichters mit Berau im S¨udschwarzwald (Stammler 1930). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 69, 17r/221r/v, Sammelhs. mystischer Texte (vor allem Heinrich → Seuse) (Pap., Straßburg, Ende 14. Jh./um 1400). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 710. – Karl Bihlmeyer: Neue Forschungen zur Gottesfreundfrage (Rezension Karl Rieder: Der Gottesfreund vom Oberland. Innsbruck 1905). In: Theologische Revue 8 (1906) Sp. 233–239, hier Sp. 237. – Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 294 f. – Zur Hs.: Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 3. Die Hss. in Oktavformat und Register zu Bd. 1–3 (Mitt. aus der Preußischen SB 9). Leipzig 1932 (Nachdr. Graz 1970) S. 35–37. – Paul Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 109–115. VZ De contemptu mundi. – Dt. Fassungen. 1. Scharf wird das Diesseits verdammt, breiten Raum nehmen die ewige Seligkeit und die detailliert geschilderten Qualen der H¨olle ein: Durch das Bewusstmachen der Verg¨anglichkeit und Nichtigkeit der menschlichen Sch¨onheit, der irdischen G¨uter und der ganzen Welt soll im Rahmen der C. m.-Literatur die Abkehr von der Welt und die Hinwendung zu Gott und dem ewigen Leben erreicht werden. Die C. m.-Thematik gab einer ganzen Gattung den Namen und zieht sich seit dem 11. Jh. durch verschiedenste Texttypen des lat. und dt. MA: So erscheint sie in predigthaften Lehrgedichten, Liedern, Dialogen und Traktaten. 2. Dt. Reimfassungen: ¨ Eine ripuarische Ubersetzung des lat. Carmen paraeneticum ad Rainaldum (PL 184, 1304–1314), welches h¨aufig irrt¨umlich unter den Namen Bernhards von Morlay oder → Bernhards von Clairvaux u¨ berliefert wird, entstammt dem 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Kassel, UB/LMB, 8° Ms. philos. 5, 77v–115v (wohl zweite H¨alfte 14. Jh.). Eine weitere Vers¨ubersetzung des Carmen u¨ ber¨ liefert die Handschrift Wien, ONB, Cod. 4118, 143r–160v (geschrieben v. Johannes → Hauser). 531

Der von Berau Eine im 15. Jh. mehrfach u¨ berlieferte Reimpaardichtung mit dem Incipit «Die welt wirt vns bezeichent hie» fordert zum Leben nach Gottes Geboten auf. ¨ Uberlieferung: Augsburg, StB, 2° Cod. 157, 20va–21va. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 969, S. 3–6 ¨ (15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 3009, 37r–40v (1437). – Ebd., Cod. 4120, 34v–37v (15. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 3974, 54ra/rb (15. Jh.). → Spruch der Engel. 3. Dt. Prosafassungen: ¨ Ein knapper Prosatext in Wien, ONB, Cod. 3009, 173v, beginnt: «St. Augustmus spricht: ich han gelesen vnd widerlesen alles schrift». Einen Traktat Van versmayngen deser werelt vnd der dyngen die da ynnen synt u¨ berliefern: Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 68, 50r–85r (alemannisch) und K¨oln, Hist. Arch., Cod. W 2° 266, 178ra–187rb. Mehrere dt. Fassungen sind erhalten von De contemptus mundi des Lothar von Segni, dem sp¨ateren Papst → Innozenz III. Siehe auch → Absage an die falsche Welt. Ausgaben: Edward Schr¨oder: Ein rheinisches ‹C. m.› und seine Quelle. In: G¨ottinger Gelehrte Nachrichten, phil.-hist. Kl. (1910) S. 335–345, 355–357. – Dieter Trauden: ‹Auch ander ler exempel gut›. Der Mondseer Benediktiner Johann Hauser als Sammler volkssprachiger Dramen? Mit einer Edition des ‹D. c. m.› (dt.) und des Wiener ‹Vom Sterben, Gericht, den Pforten des Todes und den St¨atten des Jenseits›. In: FS Anthonius H. Touber. Hg. v. Carla Dauven-van Knippenberg/Helmut Birkhan (AB¨aG 43/44). Amsterdam u. a. 1995, S. 485–519. Literatur: Rainer Rudolf, VL2 2 (1980) Sp. 5–8; 11 (2004) Sp. 335 f. – Ursula Schulze u. a.: Contemptus mundi. In: LexMA 3 (1986) Sp. 186–194, bes. Sp. 192 f. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 115, 465. – Schr¨oder (s. Ausg.). – R. Rudolf: Ars moriendi (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957, S. 25–39. – Wolfgang Stammler: Frau Welt (Freiburger Universit¨atsreden NF 23). Freiburg/Schweiz 1959. – Stephan Cosacchi: Makabertanz. Der Totentanz in Kunst, Poesie und Brauchtum des MA. Meisenheim am Glan 1965, S. 470–505. – Trauden (s. Ausg.). SF Dreikonigslegende. ¨ – Bairische Fassung der Legende aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. ¨ I. Der im Uberlieferungskontext einer obd. ¨ Ubersetzung der → Gesta Romanorum entstandene 532

Engelberger Gebetbuch Prosatext geht auf eine aus K¨oln stammende anonyme Legenda trium regum zur¨uck. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Class. 87a (fr¨uher E.VI.13), 170r–183r (Pap., 15. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 54, 97r-103v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., westmittelbair.). – Kurzer Auszug in Erlangen, UB, cod. B 12 (Irm. 1455), 173rb/rv. Ausgaben: Wilhelm (s. Lit.) S. 176–190 (nach Cgm 54). – Wolfgang Stammler: Prosa der dt. Gotik (Literaturhist. Bibl. 7). Berlin 1933, S. 100 f. (Erlanger Auszug). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1979) Sp. 231. – Matthias Zender: Drei K¨onige, Hll. In: EM 3 (1981) Sp. 868–879. – Alexander Sand u. a.: Drei K¨onige. In: LexMA 3 (1986) Sp. 1384–1389. – Gabriela Kaster: Drei K¨onige. In: LCI 6 (1974) Sp. 97 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 221–225 (Drei K¨onige). – Thomas Kaut/Annemarie Br¨uckner/Odil Engels/Beatrize S¨oding: Drei K¨onige. In: LThK3 3 (1995) Sp. 364–367. – F. Wilhelm: Zur ‹D.›. In: Mu¨ nchener Museum f¨ur Philologie des MA und der Renaissance 2 (1913/14) S. 146–190, hier S. 146–152, 176 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 404 (Drei K¨onige). – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 73 f. II. → Johannes von Hildesheim (Historia trium regum). BJ Engelberger Gebetbuch. Das E. G. versammelt u¨ berwiegend dt. Prosa¨ gebete ohne liturgischen Hintergrund. Uberliefert ist es als Handschrift aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. in der Stiftsbibliothek von Engelberg. Im Kodex sind zwei Teile zusammengebunden (E1, ¨ E2, s. Uberlieferung), von denen zumindest E1 aus Luzern stammen k¨onnte. Beide Teile unterscheiden sich vor allem im Umfang: Mit 83 Texten ist E1 deutlich umfangreicher als E2 mit 29 Texten. Benutzt wurde das E. G. wohl f¨ur private Andachten der Benediktinerinnen im Engelberger Andreaskloster. Das E. G. besteht haupts¨achlich aus westalemannisch gef¨arbter Prosa. Einzige Ausnahmen sind neun lat. Prosa- und f¨unf dt. Verstexte. Neben Passionsgebeten und -tagzeiten enth¨alt der Codex Marien-, Morgen-, Abend-, S¨uhne-, Kommunion- und Heiligengebete, in E2 auch 533

2. H¨alfte 14. Jh. einen Katechismus und eine Beichte. Zu den verwendeten Autoren z¨ahlen Meister → Eckhart, ¨ → Thomas von Aquin (dt. Ubersetzung von Oratio Concede mihi, misericors Deus) sowie Heinrich → Seuse, dessen Kommuniongebet aus dem B¨uchlein der ewigen Weisheit enthalten ist. Hinzu kommen die anonyme Andacht 38 Anrufungen zum Leben und Leiden Christi und die Anima Christi in der a¨ltesten obd. Fassung. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 155 (Perg., Luzern [?], zweite H¨alfte 14. Jh., westalemannisch; enth¨alt zwei zusammengebundene Teile: E1 auf Bll. 1–159; E2 auf Bll. 160–219, dabei ist E2 a¨ lter als E1). Ausgaben: Kehrein 1898 (s. Lit., nur ‹Anima Christi›). – Werlin 1963 (s. Lit., enth¨alt den Anfangs-Katechismus aus E2). – Bruchhold 2010 (s. Lit., enth¨alt die ‹E. Beichte›). – Zu Seuses Kommuniongebet vgl. die Ausg. des B¨uchleins der ewigen Weisheit. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) ¨ Sp. 529 f. – Joseph Kehrein: Uber den Verfasser des Gebetes ‹Anima Christi sanctifica me›. In: Der Katholik 38 (1898) S. 118–120. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 237. – Scriptoria medii aevi Helvetica. Denkm¨aler schweizerischer Schreibkunst des MA 8. Hg. v. Albert Bruckner. Genf 1950, S. 72. – Josef Werlin: Die zw¨olf R¨ate Jhesu Christi. Eine ma. Erg¨anzung zum Dekalog. In: Leuvense Bijdragen 52 (1963) S. 156–168. – Klaus Berg: Der Tugenden Buoch. Unters. zu mhd. Prosatexten nach Werken des Thomas v. Aquin (MTU 7). Nachdr. Mu¨ nchen 1964, S. 69–72. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA, nach den Hss. der Bayerischen Staatsbibl. (MTU 10). M¨unchen 1965. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). T¨ubingen 1968, S. 50. – P. Ochsenbein: Deutschsprachige Privatgebetb¨ucher vor 1400. In: Dt. Hss. 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Hg. v. Volker Honemann/Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1988, S. 379–398, hier S. 384 f. – Ders.: Privates Beten in m¨undlicher und schriftlicher Form. Notizen zur Gesch. der abendl¨andischen Fr¨ommigkeit. In: Viva vox und ratio scripta. Mu¨ ndliche und schriftliche Kommunikationsformen im Mo¨ nchtum des MA. Hg. v. Clemens M. Kasper/Klaus Schreiner. Mu¨ nster/Westf. 1997, S. 135–155, hier S. 135 f., 148–155. – Ders.: Mystische Spuren im E. 534

2. H¨alfte 14. Jh. G. In: Homo Medietas. FS Alois Maria Haas. Hg. v. Claudia Brinker-von der Heyde/Niklaus Largier. Bern 1999, S. 275–283. – Ullrich Bruchhold: Deutschsprachige Beichten im 13. und 14. Jh. Edi¨ tionen und Typologien zur Uberlieferung-, Textund Gebrauchsgesch. vor dem Hintergrund der a¨lteren Tradition (MTU 138). Berlin/New York 2010, S. 355–369. – Johanna Thali: ‹Qui vult cum Deo semper esse, frequenter debet orare, frequenter et legere›. Formen und Funktionen des Lesens in der kl¨osterlichen Fr¨ommigkeitskultur. In: Lesevorg¨ange. Prozesse des Erkennens in ma. Texten, Bildern und Hss. Hg. v. Eckart C. Lutz u. a. Z¨urich 2010, S. 421–457. MM Garten der Tugenden. – Erbaulicher Traktat wohl des Straßburger Augustinereremitentums aus dem 14. Jh. In einer Erleuchtung wurden einem J¨ungling sechs Anweisungen zu einem frommen Leben gegeben. Sein Beichtvater erl¨autert ihm diese ausf¨uhrlich, wobei er nach einem einheitlichen Schema vorgeht. Der Autor benutzt drei verbreitete Gestaltungsmittel sp¨atma. Erbauungsliteratur: Visionseinkleidung, Lehrer-Sch¨uler-Dialog, bildliche Einkleidung (Elemente der Gartenvorstellung). Wegen der zweimaligen Anrufung → Augustins («min heiliger vatter sant Augustin») wurde auf die Autorschaft eines Augustiners geschlossen. Verwandtschaft besteht m¨oglicherweise mit der Lehre vom lauteren Herzen (Berlin, SBB, Mgq 164, 239r–253v, Ende 15. Jh.). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 182, 1r–18r (Pap., 15. Jh.. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 1092–1094. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 111. – Aadolar Zumkeller: Mss. v. Werken der Autoren des Augustiner-Eremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibliotheken (Cassiciacum 20). W¨urzburg 1966. – D. Schmidtke: Die ‹Feigenbaumpredigt› eines Straßburger Augustinereremiten [...]. In: ZfdA 108 (1979) S. 137–157. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie. T¨ubingen 1982 (Hermaea 43). BJ Geistliche Himmelfahrt. – Mystischer Kleintext aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. Der vermutlich im alemannisch-schw¨abischen Raum entstandene Text erz¨ahlt in Exempelform 535

Garten der Tugenden von einem frommen Menschen, der nach seinem Gebet in einer Vision erf¨ahrt, wie eine geistliche Himmelfahrt, d.h. die mystische Vereinigung mit Gott, erreicht werden kann. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 372, 139v–140r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 818, 42v–43v (Pap., 1441, els¨assisch). – Stuttgart, LB, Cod. HB I 203, 141v–142v (Pap.). – Z¨urich, ZB, Cod. C 96, 135r-v (Pap., 14./15. Jh., alemannisch-schw¨abisch). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1163. BJ Hundertpfund, Heinrich. – Verfasser eines Marienlobs. ¨ Uber den im Inhaltsverzeichnis der → Suchenwirt-Hs. Wien, Cod. 10100 a (17. Jh.), einer Abschrift der sog. Neidensteiner Hs., als Verfasser eines Werks Von unser frauen Lob geticht, genannt die guldin arch bezeugten heinrich hunder Pfundts ist nichts N¨aheres bekannt. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 4 (1983) Sp. 309; 11 (2004) Sp. 699. – Peter Suchenwirt’s Werke aus dem vierzehnten Jahrhunderte. Ein Beytrag zur Zeit- und Sittengesch. Zum 1. Mahle in der Ursprache aus Hs. hg., und mit einer Einl., hist. Bemerkungen und einem W¨orterbuche begleitet v. Alois Primisser. Wien 1827, S. LI. – Franz ¨ Kratochwil: Uber den gegenw¨artigen Stand der Suchenwirt-Hss. In: Germania 34, NR 22 (1889) S. 303–345, hier S. 312 f. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. der o¨ sterr. Nationalbibl. (Dt. Akad. der Wiss. zu Berlin. Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Bd. 3. Berlin (DDR) 1961, S. 1198–1201. BJ ¨ Salve mater salvatoris. – Dt. Ubertragungen einer lat. Sequenz des Adam von St. Viktor (gest. 1192) auf das Fest Mari¨a Geburt (8. September). Litaneiartig wird hier die Gottesmutter in allegorisch gedeuteten Bildern aus dem AT angerufen und gefeiert. Ausgaben: Dreves/Blume 1 (1909) S. 269. – AH 54 (1915) S. 383–385. – Franz Wellner: Adam v. St. Viktor. S¨amtliche Sequenzen. Lat.-dt. M¨unchen 2 1955, S. 262–269. – Paul Klopsch (Hg.): Lat. Lyrik des Mittelalters. Lat.-dt. Stuttgart 1985, S. 296–301. Prosaubertragungen: Manchester, John Ry¨ lands Library, German Ms. 11, 208v–211v. – N¨urnberg, StB, Cent. VII, 24, 362r–364v. 536

Mittit ad virginem Versubertragungen: a) und b) → M¨onch von ¨ ¨ Salzburg: zwei Ubertragungen (G7 und G8). Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs v. Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin 1972, Nr. G 7 und 8. c) und d) Heinrich → Laufenberg: Straßburg. ¨ Ubertragung in StB, Cod. B. 121 4°, 92r (1870 ver¨ brannt). – Ebd., 93r. Eine anonyme Ubertragung, die jedoch andernorts im Umfeld von LaufenbergLiedern u¨ berliefert ist. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied von der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 758 und 585. e) N¨urnberg, StB, Cent. VI. 46c, 195v–196v. Ausgabe: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl.dt. Nat.-Lit. 37). Quedlinburg 1858, S. 277–279. e f) Christes mueter bis gegruzzet und der guet suezz dich suezzet. M¨unchen, BSB, Cgm 5249/59b, 1v–2v. Literatur: G¨unther Bernt: Adam von St. Viktor, MarLex 1 (1988) S. 28 f. – Burghart Wachinger, VL2 8 (1992) Sp. 551 f. – Mechthild P¨ornbacher, MarLex 5 (1993) S. 647. – Frederic J. E. Raby: A History of Christian-Latin Poetry from the Beginnings to the Close of the Middle Ages. Oxford 2 ¨ 1953, S. 348 f. – P. Ingo Reiffenstein: Ubersetzungstypen im Sp¨atMA. In: Lyrik des ausgehenden 14. und 15. Jh. Hg. F. V. Spechtler (Chloe 1). Amsterdam 1984, S. 173–205. – Klopsch (s. Ausg.), S. 500 f. – Burghart Wachinger: Der M¨onch von ¨ Salzburg. Zur Uberl. geistlicher Lieder im sp¨aten MA (Hermaea, NF 57). T¨ubingen 1989. SF Mittit ad virginem. – Lat. Sequenz des 12. Jh. f¨ur die Adventszeit und Mari¨a Verk¨undigung (25. M¨arz). Der Engelsbote Gabriel («Kraft/Held Gottes») wird zu Maria gesandt, um ihr entgegen dem Recht der Natur die von Gott vorherbestimmte ¨ jungfr¨auliche Geburt Christi, des Uberwinders der Natur kraft seiner Taten, anzuk¨undigen. Die Strophe bringt eine direkte Ansprache an Gabriel; die Verk¨undigungsworte werden ihm darin vorgesprochen. Als Verfasser der Sequenz von sechs Strophenpaaren mit Schlussstrophe wurde irrt¨umlich Peter Abaelard angenommen. Die Verteilung der Textzeugen l¨asst Vermutungen u¨ ber eine franz¨osische oder englische Herkunft zu. 537

2. H¨alfte 14. Jh. Ausgaben: Dreves/Blume 2 (1909) S. 240 f. – AH 54 (1915) S. 296–298. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum. Tl. 2. L¨owen 1897, Nr. 11653, S. 113 f. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886, Nr. 20, S. 262–265. – Finkensteiner Liederbuch. Bd. 2. Sechster bis zehnter Jahrgang der Finkensteiner Bl¨atter. F¨ur Jugend und Volk hg. v. Walther Hensel. 6. Jg. Kassel o. J. [1933], S. 18 f. (mit Melodie). ¨ Deutsche Ubertragungen: ¨ a) → Mo¨ nch von Salzburg (G 13). Uberlieferung in zehn Handschriften, sechs davon mit Melodie. Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs v. Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin 1972, Nr. G 13, S. 188–193. b) → Oswald von Wolkenstein (KL 130). Ausgabe: Karl K. Klein: Die Lieder Oswalds v. Wolkenstein (ATB 55). T¨ubingen 21975, Nr. 130. ¨ c) Heinrich → Laufenberg. Uberliefert in der Handschrift Straßburg B 121 4° (verbrannt). Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. 2. Leipzig 1867, Nr. 760. Literatur: Franz Viktor Spechtler, VL2 6 (1987) Sp. 628 f. – G¨unther Bernt, MarLex 4 (1992) S. 486 f. – Herbert Loewenstein: Das dt. ‹M. a. v.› des M¨onchs von Salzburg. In: PBB (Halle) 56 (1932), S. 449–458. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2 (Die lyrische Dichtung des MA). Berlin 1965. – F. V. Spechtler: Der M¨onch v. Salzburg und Oswald v. Wolkenstein in den Hss. In: DVjs 40 (1966) S. 80–89. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Maria A. D’Aronco: Il M. a. v. del Monaco di Salisburgo del ms n. 58 dell’Archivio Capitolare di Udine. In: Annali. Istituto Universitario Orientale. Filologia Germanica 23 (1980) ¨ S. 23–53. – G¨unther B¨arnthaler: Ubersetzen im dt. Sp¨atMA (GAG 371). G¨oppingen 1983. – Burghart ¨ Wachinger: Der M¨onch v. Salzburg. Zur Uberl. geistlicher Lieder im sp¨aten MA (Hermaea, NF 57). T¨ubingen 1989. – Henriette Straub: ‹Mundi renovatio› and ‹M. a. v.› translated by the Monk of Salzburg and Oswald v. Wolkenstein. In: JOWG 9 (1996/97) S. 509–522. SF 538

2. H¨alfte 14. Jh. Peter von Sachsen (Sachs, Sahsen, Sach, Petterlein Sax, Sassen, Sax). – Lieddichter aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. Die → Kolmarer Liederhandschrift nennt einen ansonsten nicht identifzierbaren Dichter dieses Namens; seine Angeh¨origkeit zur Adelsfamilie Sachs mit Stammsitz Hofgiebing bei M¨uhldorf/Inn ist umstritten, auch ein Status als Geistlicher scheint m¨oglich. Dieser habe dem → M¨onch von Salzburg ein kunstvolles Marienlied schickte, woraufhin der Mo¨ nch als Antwort ein lat. Exemplar im selben Ton («Barantton») verfasst habe. P. findet auch in den Dichterkatalogen von Hans → Folz und Konrad → Nachtigall) sowie in der → Donaueschinger Leiderhs. Erw¨ahnung. Die Weise P.s, f¨ur die die Anh¨aufung zahlreicher Reime charakteristisch ist, wurde bereits in der seit ca. 1340 u¨ berlieferten Mariencantio Digna laude und dem Minnelied Man sicht leuber (Ausgabe: R¨oll, S. 79 f.) verwendet; P. gilt neben dem Mo¨ nch von Salzburg als fr¨uher Vertreter der dt. geistlichen Kontrafaktur. Der Ton fand sp¨ater vereinzelt auch Verwendung durch die Meistersinger. Thematisch stellt das Marienlied eine Aneinanderreihung preisender Anreden und Zuschreibungen dar; abgeschlossen wird es mit einem weltlich anmutenden Fr¨uhlings- und Tanzmotiv. ¨ Uberlieferung: P.s Lied mit Melodie und die Antwort des Mo¨ nchs: Kolmarer Liederhs. (k). – Donaueschinger Liederhs. (u). – P.s Lied alleine: Hs. des Hans Sachs, → Meisterliederhandschriften (q). Ausgaben: Walter R¨oll: Vom Hof zur Sing¨ schule. Uberl. und Rezeption eines Tones im 14.–17. Jh. Heidelberg 1976, S. 30–35. – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 2. Mu¨ nchen 1979, S. 480–487, 546. Literatur: Gustav Roethe, ADB 25 (1887) 476. – RSM 4 (1988) S. 491–494. – Gisela Kornrumpf, VL2 7 (1989) Sp. 452–454. – Frieder Schanze, MarLex 5 (1993) S. 170. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 172. – Horst Brunner: Die alten Meister (MTU 54). Mu¨ nchen 1975, Reg. – R¨oll (s. Ausg.). – Manfred Zimmermann: Die Sterzinger Miszellaneen-Hs. (Innsbrucker Beitr. zur Kulturwiss., Germ. Reihe 8). Innsbruck 1980, S. 282–291, 435 f. – HansHerbert S. R¨akel: Sterzinger Lieder. In: PBB (T¨ub.) 104 (1982) S. 431–457, hier S. 447, 455 f. – F. Schanze: Meisterliche Liedkunst zwischen Heinrich v. Mu¨ geln und Hans Sachs. Bd. 2 (MTU 83). 539

Peter von Sachsen Mu¨ nchen u. a. 1984, bes. S. 321. – Burghart Wachinger: Der M¨onch v. Salzburg [...] (Hermaea, NF 57). T¨ubingen 1989, S. 120. – T. Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 38. SF Nikolaus von (der) Astau (Ostau). – Verfasser ¨ der a¨ltesten dt. Ubersetzung der Visiones Georgii, kurz vor 1400. N., wahrscheinlich ein Augustinerm¨onch, ist vielleicht identisch mit einem «brueder Niclas dem Fuchs», welcher um 1370 in Urkunden des Wiener Augustiner-Eremiten-Klosters erscheint. Als Herkunftsorte kommen ein ober¨osterr. oder Salzburger Weiler Astau oder ein b¨ohmisches «ostaw» (¨uberwiegende Schreibung in den Handschriften) in Frage. ¨ Von N. stammt die a¨ lteste bekannte dt. Ubersetzung der lat. Vision des Ritters Georg aus Ungarn (Purgatorium S. Patricii bzw. → Fegfeuer des hl. Patricius, entstanden in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. wahrscheinlich in Avignon), welche in Handschriften aus Wien (aus dem Jahr 1400 und aus dem 15. Jh.) und Prag (15. Jh.) u¨ berliefert ist. Alle drei ¨ Handschriften stammen aus B¨ohmen; die Ubersetzungen geben das lat. Original genau, aber nicht wortw¨ortlich wieder. ¨ Uberlieferung: Prag, St´atn´ı knihovna, Cod. XVI. E. 33, 1r–125v (unvollst., 15. Jh.). – Wien, ¨ ONB, Cod. 2875, 109–162v (1400). – Ebd., Cod. 2994, 121r–232v (15. Jh.). Ausgabe: Elfriede Herdawesky: Die Visionen des Ritters Georg v. Ungarn v. N. v. A. nach der Hs. 2875 der Wiener Nationalbibl. Diss. (masch.) Wien 1948. Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 6 (1987) Sp. 1040 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 105. – Max Voigt: Beitr. zur Gesch. der Visionenlit. im MA. Leipzig 1924, S. 189–213. – Louis L. Hammerich: Visiones Georgii, Visiones quas in Purgatorio Sancti Patricii [...]. Kopenhagen 1931. – Gerhard Eis: N. vo. d. A. (Ostau?). In: Studia Neophilologica 31 (1959) S. 222 f. SF Raimund von Capua (Raymundus de Vineis) OP, * um 1330 Capua, † 5.10.1399 N¨urnberg. – Reformer des Dominikanerordens. R. studierte 1345–48 in Bologna Jura und trat in dieser Zeit in Orvieto in dem Dominikanerorden ein. 1363–66 und 1374 war er Seelsorger des Dominikanerinnenklosters in Montepulciano, 540

Raimund von Capua 1370 und 1378 Prior von S. Maria sopra Minerva in Rom und seit 1374 Lektor in Siena, wo er Beichtvater und sp¨ater Biograph von Katharina von Siena wurde. 1379 u¨ bernahm R. das Amt des Provinzials der Lombardei; nach Ausbruch des Schismas wurde er 1380 Generalmagister der r¨omischen Oboedienz. Visitationsreisen unternahm er in Italien, B¨ohmen, Ungarn und Deutschland. 1396 kam er in das N¨urnberger Predigerkloster. R. verfasste u. a. die Legenda S. Agnetis de Montepolitano (1366) und die Legenda maior der Katharina von Siena (Legenda S. Catharinae Senensis). Im dt. Gebiet fand vor allem die Katharinenvita weite Verbreitung. Die popul¨arste Fassung entstand bald nach R.s Tod im N¨urnberger Dominikanerinnenkloster (Ein geistlicher Rosengarten); sie wurde 1515 in Augsburg auch gedruckt. Ein namentlich be¨ kannter Ubersetzer ist → Markus von Weida mit einer k¨urzenden Bearbeitung; nd. Drucke von Der → Heiligen Leben enthalten seit 1492 eine Kurzfassung der Legende. ¨ Uberlieferung: vgl. Kaeppeli, Scriptores III, 288–290. – Leben der hl. Agnes von Montepulciano (dt.): Berlin, SBB, Mgq 834, 169v–173r (Pap., Schreiberin: Elizabeth Furnschiltin, 1483, bair.). – Leben der hl. Katharina von Siena (dt.) (Ein geist¨ licher Rosengarten): Altenburg (NO), Stiftsbibl., Cod. AB 15 B 16, 1ra–87vb (Pap., 1470/71, bair.o¨ sterr.) (ab). – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 12, 75vb–160ra (Pap., 1465/66, nordbair.) (a1). – Ebd., Cod. III.1.4° 11, 2r–239r (Pap., 1475, nordbair.) (a2). – Berlin, Staatl. Museen – Kupferstichkabinett, Cod. 78 A 14, 1v–109vb (Pap., Schreiberin: Elisabeth War¨ussin, Schwester im Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Augsburg, 1466, schw¨abisch) (b). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms. 8507–09 (Kat.-Nr. 3407), 240r–363r (Pap., Straßburg, wohl aus Straßburg: Domikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, zweite H¨alfte 15. Jh., els¨assisch) (br). – Schloss Erpenburg (bei B¨uren), Arch. der Freiherrn von und zu Brenken, Cod. 87, 1v–124v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.) (er). – G¨ottingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 203, 81 Bll. (zweite H¨alfte 16. Jh.). – Innsbruck, ULB, Cod. 205, 1r–161v (Pap., 1467, s¨udbair.). – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 422, 144r–262v (Pap., Ende 15. Jh.) (k2). – Ebd., Cod. Lichtenthal 67, 192r–208v (Pap., Schreibernennung auf Bl. 209r: dictus Kn¨or, 1470, alemannisch-schw¨abisch; Ausz¨uge). – Ebd., Cod. Lichtenthal 82, 2r–140v (Pap., 1445–50, niederalemannisch) (k1). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 4° 541

2. H¨alfte 14. Jh. 20, 45r–62r (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Ms. theol. germ. 8° 66, 1r–88r (Pap., 1470/75, mnd.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 214, 123ra–204ra(Perg. und Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair.) (m1). – Ebd., Cgm 385, 1r–125r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.) (m2). – Ebd., Cgm 755, 202 Bll. (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch) (m3). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 14, 205ra–308ra (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch, z. T. schw¨abisch gef¨arbt) (n). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 34, 134 Bll. (Perg. und Pap., zweites Viertel 15. Jh., niederalemannisch) (p). – Prag, Nationalbibl., Fonds Brevnov 186, 201 Bll. (Pap., 1453, nordbair.). – Scheyern, Bibl. des Benediktinerstifts, Ms. 48 (fr¨uher Mscr. 6), 206ra–255vb (Pap., Kloster Maria Medingen bei Dillingen an der Donau, 1482). – Straßburg, National- und Universit¨atsbibl., ms. 2743 (fr¨uher L germ. 640.4°), 160r–303v (Pap., um 1450, els¨assisch) (s). – Trier, Bibl. des Priesterseminars, Hs. 95, 179 Bll. (Perg., ¨ ¨ 1415; moselfr¨ankische Ubersetzung). – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Ms. 57, 103r–169v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh. [nach 1481], mittelbair.; Version VI). – Znaim/Znojmo, Gymnasialbibl., Inv. 240 [Verbleib unbekannt], 191 Bll. (Pap., 1500–10). – Privatbesitz Curt F. B¨uhler, New York, 130 Bll. (Pap., 9.10.1437). Ausgabe: J¨org Jungmayr: Die Legenda Maior (Vita Catharinae Senensis) des R. v. C. Edition nach der N¨urnberger Hs. Cent. IV, 75. 2 Bde. Berlin 2004. Literatur: Isnard Frank, LCI 8 (1976) Sp. 248. – Pierre Raffin: Raymond de Capoue. In: Dict. Spir. 13 (1988) Sp. 167–171. – Wimmer/Melzer (61988) S. 696. – Werner Williams-Krapp, VL2 7 (1989) Sp. 982–986; 11 (2004) Sp. 1289. – Walter Senner, BBKL 7 (1994) Sp. 1279–1281. – Laura Gaffuri, LexMA 7 (1995) Sp. 414. – Klaus-Bernward Springer, LThK3 8 (1999) Sp. 809. – Sabine v. Heusinger, RGG4 7 (2004) Sp. 26. – HyacintheMarie Cormier: Le Bienheureux Raymond de Capoue, XXIIIe maˆıtre g´en´eral de l’ordre des Fr`eresPrˆecheurs. Sa vie, ses vertus, son action dans l’´eglise et dans l’ordre d Saint Dominique. Rom 1899. 2 1902. – Daniel A. Mortier: Histoire des Maˆıtres g´en´eraux de l’ordre des Fr`eres Prˆecheurs 3. Paris 1907, S. 491–686. – A. W. van Ree: Raymond de Capoue. El´em´ents biographiques. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 33 (1963) S. 159–241. – ¨ W. Williams-Krapp: Uberl. und Kult. Zur dt. Hagiographie des Predigerordens im 14. und 15. Jh. 542

2. H¨alfte 14. Jh. In: Wiss. und Weisheit 44 (1981) S. 219–221. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 96. – J¨org Jungmayr: Caterina v. Siena. Mystische Erkenntnis und politischer Auftrag in den Traditionen der ma. Laienbewegung. In: Eine H¨ohe, u¨ ber die nichts geht. Spezielle Glaubenserfahrung in der Frauenmystik? Hg. v. Margot Schmidt/Dieter Bauer. Stuttgart 1986, S. 163–215. – Ders.: Die Legenda Maior (‹Vita Catherinae Senensis›) des R. v. C. in Italien und Deutschland. In: ‹Der Buchstab t¨odt – der Geist macht lebendig›. FS Hans-Gert Roloff. Hg. v. J. Jungmayr/James Hardin. Bern 1992, S. 223–259. – Ders.: Quelle und Text. Die Legenda Maior des R. v. C. im kontextuellen Spannungsfeld. In: Quelle-Text-Edition. Ergebnisse der o¨ sterr.-dt. Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft f¨ur germanistische Edition in Graz vom 28. Februar bis 3. M¨arz 1996. Hg. v. Anton Schwob/Erwin Streitfeld. T¨ubingen 1997, S. 169–178. – S. v. Heusinger: Catherine of Siena and the Dominican Order. In: Siena e il suo Territorio nel Rinascimento. Bd. 3. Hg. v. Mario Ascheri. Siena 2000, S. 43–51. – V´aclav Bok. Einige Bemerkungen zur anonymen ¨ dt. Ubertragung der Katharina-v.-Siena-Legende R.s v. C. anhand der Prager Hs. In: Vom vielfachen Schriftsinn im MA. FS Dietrich Schmidtke. Hg. v. Freimut L¨oser/Ralf G. P¨asler (Schr. zur Medi¨avistik 4). Hamburg 2005, S. 27–50. – Thomas Brakmann: Die Verbreitung des ‹Geistlichen Rosengarten› im Kontext religi¨oser Lekt¨ure und dominikanischer Ordensreform. In: Mitt. des Vereins f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 95 (2008) S. 1–33. BJ Seelentrost. – Laienkatechetische Exempelsammlung in Prosa aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh., urspr¨unglich in westmnd. Sprache verfasst. Das Werk besteht aus dem «Großen» und dem «Kleinen» S., die nach den Zehn Geboten und den Sieben Sakramenten geordnet sind. Der Große S. (G. S.) ist in zahlreichen mnd., mndl. und mhd. Textzeugen u¨ berliefert und gilt als ein Hauptwerk des mnd. Prosaschrifttums. Er ist sehr wahrscheinlich in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. entstanden, a¨ lteste bekannte und datierbare Handschrift ist der Paderborner Codex Ba 58 vom Jahr 1403, Entstehungsgebiet ist vermutlich das ostndl.-westf¨alische (oder das ostf¨alisch-mitteldt.) 543

Seelentrost Gebiet. Der Autor und Kompilator ist unbekannt, er war sicher Geistlicher, vielleicht Dominikaner. In der lat. Einleitung wird das Werk als Bl¨utenlese aus den lat. Standardwerken des MA dargestellt, als direkte Quellen scheinen aber nur die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine und das Speculum historiale des → Vinzenz von Beauvais gedient zu haben. Die Lekt¨ure des G. S. soll die Besch¨aftigung mit «weltlichen» B¨uchern ersetzen. Der Prolog k¨undigt die Behandlung der Zehn Gebote, der Sieben Sakramente, der Acht Seligkeiten, der Sieben Werke der Barmherzigkeit, der Sieben Freuden Marias, der Sieben Tagzeiten, der Sieben Gaben des Hl. Geistes, der Sieben Tods¨unden und der Sieben Tugenden an; ein Vorhaben, das nur teilweise verwirklicht wurde. Im Zentrum stehen uber 200 Exempla, die in ¨ einem Dialog zwischen Beichtvater und Beichtkind u¨ ber die Zehn Gebote erz¨ahlt werden. Der Rahmenteil gibt Regeln f¨ur die christliche Lebensf¨uhrung und er¨ortert f¨ur Laien wichtige kasuistische Fragen (Verhalten gegen¨uber Heiden und Juden usw.). Die Exempla bringen Legenden, biblische Geschichte, historische Anekdoten (mit einer zusammenh¨angenden Alexander-Fassung), Visionen, novellistische Stoffe, Mirakel und Erz¨ahlungen jeglicher Art. Quelle f¨ur die biblischen Erz¨ahlungen und den Alexander war wahrscheinlich eine in ihrer uspr¨unglichen Gestalt nicht erhaltene sog. Historienbibel; wichtigste Quelle f¨ur die Legende war die Legenda aurea; die novellistischen Stoffe und Predigtexempel gehen u. a. auf Vinzenz von Beauvais und → Caesarius von Heisterbach zur¨uck. Der G. S. war im ganzen Norden Deutschlands und den Niederlanden sowie bis Skandinavien verbreitet. Der Kleine S. (K. S.), dem als Ordnungselement die Sieben Sakramente dienen, ist als Lehrgespr¨ach zur Erg¨anzung des G. S. konzipiert. Mit seinen rund 250 Exempeln u¨ bertrifft er diesen sogar an Umfang. Zum K. S. geh¨oren die Schrift De beduytnysse der mysse, der Beichtspiegel Letare filia Syon und der Klosterspiegel, die auch außerhalb des K. S. u¨ berliefert sind. Seine Entstehungsgeschichte und das Verh¨altnis zum G. S. wurden bislang noch nicht eingehend untersucht. ¨ Uberlieferung: Der G. S. ist in mind. 45 ¨ hsl. Uberlieferungstr¨ agern sowie 43 Drucken v. 1474 bis 1800 u¨ berliefert. Zu den Textzeugen vgl. Schmitt (s. Ausg.) S. 11*–34*. – Der K. S. ist in 17 Hss. u¨ berliefert. Vgl. dazu Palmer 1992 (s. Lit.) Sp. 1034. 544

Spruch der Engel Ausgabe: Der G. S. Ein nd. Erbauungsbuch des 14. Jh. Hg. v. Margarete Schmitt. K¨oln/Graz 1959. Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 8 (1992) Sp. 1030–1040; 11 (2004) Sp. 1413. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 322, 810. – Edith Feistner, Killy2 10 (2011). – Gerhard Reidemeis¨ ter: Die Uberl. des S. Diss. Halle 1925. – Jan Deschamps: De Middelnederlandse handschriften van de grote en de kleine ‹Der sielen troest›. In: Handelingen der Koninklijke Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal-en Letterkunde en Geschiedenis 17 (1963) S. 111–167. – Margarete Andersson-Schmitt: Mitt. zu den Quellen des G. S. In: NdJb 105 (1982) S. 21–41. – Burghart Wachinger: ‹pietas vel misericordia›‹. Exempelslg. des sp¨aten MA und ihr Umgang mit einer antiken Erz¨ahlung. In: Kleinere Erz¨ahlformen im MA. Hg. v. Klaus Grubm¨uller u. a. Paderborn u. a. 1988, S. 225–242. – Trude Ehlert: Deutschsprachige Alexanderdichtung des MA. Frankfurt/M. 1989, S. 202 f. – B. Wachinger: Der Dekalog als Ordnungsschema f¨ur Exempelslg. In: Exempel und Exempelslg. Hg. v. B. Wachinger u. a. T¨ubingen 1991, S. 239–263. – E. Feistner: Gattungstransformation im ‹S.›. Zum System der Gattungen exemplarischer Rede. In: JOWG 10 (1998) S. 111–124. – Daniela Hempen: ‹... eyn ganss truwe frunt›. Frauen und Kinder als Opfer m¨annlicher Freundschaftstreue in zwei Exempeln des G. S. In: Neophilologus 82 (1998) S. 425–433. – Peter H. Andersen: Deux t´emoins en prose du roman d’Alexandre a` la fin du Moyen Age en Allemagne: L’Alexandre du G. S. et l’Alexandre de Wichbolt. Amiens 2001. – Bettina Mattig-Krampe: Das Pilatusbild in der dt. Bibel- und Legendenepik des MA. Heidelberg 2001, S. 189–193. – Helmut Tervooren: Was liest man in niederrheinischen Kleinst¨adten im 15. und 16. Jh.? In: Lit., Gesch., Literaturgesch. FS Volker Honemann. Hg. v. Nine R. Miedema. Frankfurt/M. 2003, S. 277–293. – Ders.: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hdb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 60 f. – Henrike L¨ahnemann: ‹Hystoria Judith›. Berlin/New York 2006, S. 250–255. SF Spruch der Engel. – Versspruch im «Memento mori»-Kontext, zweite H¨alfte 14. Jh. (?) Der paargereimte Sechszeiler, der den Engeln in den Mund gelegt ist, hat das paradoxe Verhalten der Menschen zum Thema. Diese bauen St¨adte, 545

2. H¨alfte 14. Jh. H¨auser und Burgen, sind um ihr irdisches Dasein also sehr bem¨uht, obwohl sie auf der Erde nur «ellende geste» sind, und sich nicht um ihre Zukunft im Jenseits k¨ummern. Zwei Fassungen des Spruchs, ¨ dessen Uberlieferung sich auf o¨ sterr.-obd. Handschriften des 15. Jh. konzentriert, lassen sich differenzieren: In Fassung 1 reden die Engel die Menschen direkt an, in Fassung 2 sprechen sie von ihnen. Fassung 1 erscheint zumeist in zwei Kompilationen von «Contemptus-mundi»/«Memento-mori»Texten, von denen eine nur dt. und die andere lat. und dt. Texte enth¨alt. Enthalten in beiden ist ein gereimtes Exempel vom unvorbereitet Sterbenden (→ Gute Meinung von dem S¨under). Die dt. Kompilation enth¨alt den S. d. E., das Exempel und ein Gebet (aus Heinrich → Seuses B¨uchlein der ewigen Weisheit). Diese drei St¨ucke schließen in wechselnder Reihung an die → Goldene Kette St. Bernhards, die → Absage an die falsche Welt und einen kurzen Prosatext u¨ ber acht Hindernisse f¨ur das geistliche Leben an. Der lat./dt. Kompilation ist mehrfach in der ¨ Uberlieferung ein lat. F¨unfzeiler in Hexametern vorangestellt (Incipit: «Miramur omnes quod [cur] orbis exul et hospes»). Dieser scheint eher vom dt. Text angeregt zu sein als umgekehrt. In diesem Textcorpus hat der S. d. E. die Funktion eines Pro¨ logs f¨ur das Reimexempel. Je nach Uberlieferung sind auch u. a. eine Prosaversion der → Memoria improvisae mortis (vgl. Stephanus → Lang), die → Visio Lazari und die → Visio Philiberti enthalten. Inner¨ halb der Uberlieferung variieren die Anzahl und die Positionen der Texte. Die Fassung 2 des S. d. E. wird in zwei Dritteln der bekannten Textzeugen zusammen mit der Spruchsammlung der F¨urstenlehren des → Johannes von Indersdorf (oder Exzerpten daraus) tradiert. ¨ Ahnlichkeit mit dem S. d. E. hat Lied 11 VII → Oswalds von Wolkenstein. Johannes von Indersdorf hat 1429 eine Paraphrase von Fassung 1 im Gebetbuch II f¨ur Frau Elisabeth Ebran erstellt, eine freie Bearbeitung (1539) stammt von Caspar Rauscher. Derselbe Gedanke wie der von Vers 2–6 des S. d. E. begegnet in zwei nicht vor 1400 nachgewiesenen dt. Vierzeilern. Diese enthalten wie der S. d. E. den Reim «veste»/«geste» und das paradoxe menschliche Verhalten. Die Reimspruch¨ sammlung des Wiener Codex 3845 (ONB, Ende 15. Jh.) wird auf Bl. 379v mit einer Kombination des S. d. E. und einem der beiden Vierzeiler er¨offnet. Eine weitere Kombination dieses Musters ist noch 546

2. H¨alfte 14. Jh. im 19. Jh. als Hausinschrift nachgewiesen (Tartlau/Siebenb¨urgen). ¨ ¨ Uberlieferung: Die Uberl. ist detailliert dargestellt bei Kornrumpf, VL2 9 (1995); 11 (2004) ¨ Sp. 1448 und 185 (Stephanus Lang). – Uberblick: Dt. Kompilation mit Fassung 1: Drei bair./¨osterr. Codd. des 15. Jh. – Lat./dt. Kompilation mit Fassung 1: 12 Codd. (elf davon bair./¨osterr.) des 15. Jh. – Fassung 2: Neun Codd. (davon acht schw¨abischbair.) des 15. Jh. – Vierzeiler: Zusammen f¨unf Codd. des 15. Jh. (teils fragm. oder in Variante); weitere hsl. Verbreitung mit den → Autorit¨aten; seit dem 16. Jh. Aufnahme in Sprichwortslg. und Stammb¨ucher. Ausgaben (Auswahl): Fassung 1 (Dt. Kompilation): Sch¨onbach 1908 (s. Lit.) S. 12–16. – Fassung 1 (Lat./dt. Kompilation): Cosacchi 1965 (s. Lit.) S. 266–268 (inkl. «Miramur omnes», Exempel und Anfang der «Memoria»). – Assion 1967 (s. Lit.) S. 250 f. – Fassung 2: Karl Euling: Kleinere mhd. Erz¨ahlungen, Fabeln und Lehrgedichte. Bd. 2: Die sog. Wolfenb¨uttler Priamelhs. (DTM 14). Berlin 1908, S. 201 (Nr. 900). – Assion 1967 (s. Lit.) S. 250, Anm. 3. – Steer 1967 (s. Lit.). – Haage 1968 (s. Lit.). – Innerhalb des «Gebetbuch II»: Haage 1968 (s. Lit.). – Caspar Rauscher: Eis 1974 (s. Lit.) S. 181 f. – Vierzeiler: Kornrumpf, VL2 9 (1995) Sp. 184. – Er¨offnung der Reimspruchslg.: Assion (s. Lit.) S. 251 f. – Hausinschrift: Haltrich 1885 (s. Lit.) S. 435 (Nr. 150). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 9 (1995) Sp. 180–186; 11 (2004) Sp. 1448. – Josef Haltrich: Zur Volkskunde der Siebenb¨urger Sachsen. Kleinere Schr. In neuer Bearb. hg. Johann Wolff. Wien 1885. – August Andrae: Hausinschriften aus Goslar. In: Zs. des Ver. f¨ur Volkskunde 15 (1905) 428–438, hier: S. 431, Anm. 1. – Anton E. Sch¨onbach: Mitt. aus altdt. Hss. 9: Bruder Dietrich – Erbauliches in Prosa und Versen (Sb. der phil.-hist. Klasse der kaiserl. Akad. der Wiss. 156, 2). Wien 1907 (Nachdr. u. d. T.: Mitt. aus altdt. Hss. 10 St¨ucke in einem Bd. Hildesheim/New York 1976) S. 10–27. – Johannes Bolte: Drei dt. Hausspr¨uche und ihr Ursprung. In: Zs. des Ver. f¨ur Volkskunde 28 (1918) S. 113–120, hier S. 115–117. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957, S. 36. – Gerhard Eis: Zu dem mhd. Gedicht ‹Gute Meinung v. dem S¨under›. In: Leuvense Bijdragen 50 (1961) S. 86–90. Wieder in: 547

Totting von Oyta Ders.: Altgermanistische Beitr. zur geistlichen Gebrauchslit. Aufs¨atze – Fragmentfunde – Miszellen. Bern/Frankfurt/M. 1974, S. 179–183. – Stephan Cosacchi: Makabertanz. Der Totentanz in Kunst, Poesie und Brauchtum des MA. Meisenheim am Glan 1965, S. 259–270. – Peter Assion: Zu dem ma. Spruch ‹Von der Kurzsichtigkeit des Menschen›. In: Neuphilol. Mitt. 68 (1967) S. 249–259. – Georg Steer (Hg.): Johannes Wenk v. Herrenberg. Das B¨uchlein v. der Seele (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 3). M¨unchen 1967, S. 22. – Bernhard Haage: Der Traktat ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. Diss. Heidelberg 1968, S. 119, Anm. 1. – G. Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1968, S. 55. VZ Totting von Oyta, Heinrich, * 1330/39 Friesoythe/Ostfriesland, † 20.5.1397 Wien. – Universit¨atstheologe und -philosoph. T. ist 1360 als Rektor der Schule des Marienstiftes in Erfurt und 1363 als «rector superior» am Erfurter Generalstudium nachgewiesen. Bald danach d¨urfte er sich zum Studium nach Prag begeben haben, wo er seit 1365 als «Magister in artibus» sowie als Theologiestudent und 1366 als «Cursor in theologia» bezeugt ist. Sp¨atestens im selben Jahr besaß T. die Propsteipfr¨unde von Wiedenbr¨uck in seiner Heimatdi¨ozese Osnabr¨uck. 1371 – er war mittlerweile theologischer Baccalaureus – kam es zum o¨ ffentlichen Streit mit dem Prager Domscholasticus → Adalbert Rankonis de Ericinio. Adalbert reichte einige Thesen aus Schriften T.s am p¨apstlichen Hof zur Pr¨ufung ein. Infolgedessen wurde T. der H¨aresie bezichtigt. W¨ahrend des Prozesses, der 1373 mit einem Freispruch endete, wurde T. zwei Jahre lang in Avignon festgehalten. Vermutlich bald nach dem Freispruch ging T. nach Paris. In den Universit¨atsakten erscheint er allerdings erst 1377–80. Sp¨atestens 1380 erwarb T. das theologische Lizentiat und um 1381 wechselte er zur¨uck an die Universit¨at Prag, wo er 1384 als Theologieprofessor und Vizekanzler beurkundet ist. Im selben Jahr folgte T. einem Ruf an die neu gegr¨undete Theologische Fakult¨at in Wien, gewiss auf Veranlassung → Heinrichs von Langenstein, den T. in Paris kennengelernt hatte. In Wien war T. zusammen mit dem befreundeten Kollegen Heinrich entscheidend am Aufbau der Universit¨at und an ihren Statuten beteiligt. 1385 ist T. als Vertreter des Kanzlers, 1388 und 1395 als Dekan der Theologischen 548

Totting von Oyta Fakult¨at bezeugt. Er wurde Kanoniker an St. Stephan und Mitglied des herzoglichen Kollegs. T.s Werk ist zum Teil breit rezipiert worden, wobei die Quaestiones Sententiarum aus der Pariser Zeit theologisch am einflussreichsten waren. Neben einem Brief an Mu¨ ntziger von 1385 (in dem T. auf dessen Bitten einige Thesen seines Sch¨ulers nach einem H¨aresievorwurf wohlwollend begutachtet) und Festtagspredigten sind von T. philosophische, theologische und kirchen-, sozial- oder universit¨atspolitische Schriften u¨ berliefert. Im Folgenden werden nur sichere Zuschreibungen aufgef¨uhrt. Seine philosophischen Werke sind vornehmlich Aristoteles-Kommentare. Die Expositio in libros metheororum ist die einzige Schrift, die eindeutig in der Erfurter Zeit entstanden ist. Ferner sind zw¨olf Translationes u¨ berliefert: Super libros Priorum, Posteriorum, Elenchorum, Veteris artis, Physicorum, De Coelo, De generatione, Metheororum, De anima, Yconomicorum, Politicorum sowie Ethicorum und drei Quaestiones: Super arte veteri, Consequentiarum cum textu und Metaphysicae. Die Quaestiones super arte veteri enthalten u. a. von → Albert von Sachsen beeinflusste Quaestionen zur Isagoge des Porphyrius mit deutlich nominalistischer Tendenz. An theologischen Schriften sind insgesamt zehn bekannt, darunter der Sentenzenkommentar Lectura textualis super libros Sententiarum aus der Prager Lehrzeit. Dieser orientiert sich zun¨achst an einer augustinischen Theologie und l¨asst im weiteren Verlauf zunehmend den Einfluss des → Thomas von Aquin erkennen. Das Libellus questionum ist nicht erhalten, inkriminierte Conclusionen werden aber in Ausz¨ugen im Protokoll des Avignoner H¨aretikerprozesses zitiert. Wesentlich zur Verbreitung der Theologie des Ockham-Sch¨ulers Adam Wodeham trug die Abbrevatio lecturae sententiarum Adami Wodeham bei. Das systematische Hauptwerk T.s stellen die Quaestiones Sententiarum dar. Sie resultieren aus Vorlesungen 1378–80 in Vorbereitung auf das Lizentiat. In 13 Quaestionen wird ein breites theologisches Spektrum abgedeckt, wobei sich T. vor allem auf nominalistische Autoren des 14. Jh. st¨utzt. Aus der Wiener Zeit stammt der a¨ußerst umfangreiche Psalmenkommentar Lecturae super Psalterium, der als Autograph in einer vierb¨andigen Handschrift u¨ ber¨ liefert ist (Wien, ONB, Codd. 4235, 3953, 3957 und 4359) und in dem nominalistischen Thesen nur noch sehr selten vetreten werden. Statt dessen 549

2. H¨alfte 14. Jh. dominieren Probleme der praktischen Theologie, die unter Aquin’schen Einfluss behandelt werden. Von den politischen Schriften ist der Tractatus de contractibus scilicet reddituum hervorzuheben. Es ist wahrscheinlich 1393 kurz nach dem Tractatus de contractibus Heinrichs von Langenstein und kurz vor Super quaestiones de contractibus Johannes → Reuters entstanden. Diese drei Schriften sind die a¨ ltesten dt. Universit¨atsgutachten, die sich zur allgemeinen Gesetzgebung a¨ ußern. ¨ Uberlieferung: Der Tractatus de contractibus ist in mindestens 45 Hss. u¨ berliefert. Mit jeweils 13–18 Hss. sind auch die Abbrevatio, die Quaestiones Sententiarum und die Lecturae super Psalterium breiter ¨ u¨ berliefert. Vgl. zur Uberl. und zu Fr¨uhdrucken des Gesamtwerks VL2 11 (2004) Sp. 1545–1554 und Lang 1937, S. 19, 46–48, 63–65, 75, 78, 84–86, 99, 101 f., 105 f., 109–111, 115–121, 124 f., 127, 129, 131–133. – Trusen 1961, S. 15–16. – Courtenay 1978, S. 223. – Schneider 1979, S. 1–3. – Lorenz 1989, S., 191 f. – Niesner 2005, S. 436. Ausgaben: Translatio Yconomicorum: Słomczy´nka 1986, S. 58–70. – Translatio Politicorum: Grabmann 1941, S. 61 f. (Anfang). – Translatio super de anima: Pluta 1986, S. 96 f. (Auszug). – Quaestiones in Isagogen Porphyrii: Schneider 1979. – Libellus questionum nach dem Prozessprotokoll: Sommerfeldt 1904, S. 587–594. – Quaestiones sententiarum: Quaestio 1: A. Lang: Henrici T. de O. quaestio de sacra scriptura (Opuscula et textus historiam ecclesiae eiusque vitam atque doctrinam illustrantia. Series scholastica 12). M¨unster 1932, editio altera 1953. – Quaestio 2: Maier`u 1981, S. 496–512. – Quaestio 6/7 (Ausz¨uge): Maier`u 1986, S. 202–212. – Lecturae super psalterium (Index der Quaestionen): Lang 1937, S. 90–99. – In adventu episcopi Pataviensis Viennam: Sommerfeldt 1905, S. 320–323 (Grußadresse an einen Passauer Bischof; Georg v. Hohenlohe [?], 1389 [?]). – Predigten: Sommerfeldt 1904, S. 598–603; 1908, S. 296 f. – Lang 1937, S. 231–239. – Brief an Johann M¨untziger: Lang 1937, S. 68 f. Literatur: Roderich v. Stintzing/Carl v. Prantl, ADB 11 (1880) S. 641 (H. v. O.); 25 (1887) S. 33 f. (O., H. v.). – Albert Lang, NDB 8 (1969) S. 426. – Manfred Gerwing, LexMA 4 (1989) Sp. 2107. – Gerhard Leibold, LThK3 4 (1995) 1396. – Schulthess/Imbach (1996) S. 462 (Henricus T.). – Dag Nikolaus Hasse, VL 11 (2004) Sp. 1542–1556. – ¨ Gustav Sommerfeldt: Zu H. T. v. O. In: MIOG 25 (1904) S. 576–604. – Ders.: Zwei politische 550

2. H¨alfte 14. Jh. Sermone des H. v. O. und des Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl (1388 und 1417). In: Hist. Jb. 26 (1905) S. 318–327. – Albert Lang: H. T. v. O. Ein Beitr. zur Entstehungsgesch. der ersten dt. Univ. und zur Problemgesch. der Sp¨atscholastik (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA 33). Mu¨ nster 1937. – M. Grabmann: Die ma. Komm. zur Politik des Aristoteles. Sb. der bayer. Akad. der Wiss. Phil.-hist. Abt. 1941 II H. 10. – Franz Flaskamp: Der Wiedenbr¨ucker Stiftspropst H. T. v. O. Lebensbild eines westf¨alischen Theologen im 14. Jh. In: Jb. des Ver. f¨ur Westf¨alische Kirchengesch. 51/52 (1958/59) S. 9–26. – Winfried Trusen: Sp¨atma. Jurisprudenz und Wirtschaftsethik. Dargestellt an Wiener Gutachten des 14. Jh. (Vjs. f¨ur Sozial- und Wirtschaftsgesch., Beih. 43). Wiesbaden 1961. – A. Lang: Die theologische Prinzipienlehre der ma. Scholastik. Freiburg/Br. u. a. 1964. – Ders.: Das Verh¨altnis v. Schr., Tradition und kirchlichem Lehramt nach H. T. v. O. In: Scholastik 40 (1965) S. 214–234. – Wilhelm Hanisch: H. T. aus Oythe und Konrad v. Vechta. In: Nordrhein-Westfalen und der dt. Osten 12 (1967) S. 69–82. – Paul Uiblein: Acta Facultatis Artium Universitatis Vindobonensis 1385–1416 ¨ (Publ. des Inst. f¨ur Osterr. Geschichtsforschung 6,2). Graz u. a. 1968. – Charles Lohr: Medieval Latin Aristotle Commentaries. Authors G–I. In: Traditio 24 (1968) S. 149–245, hier S. 229–232. – P. Uiblein: Die Akten der theologischen Fakult¨at der Univ. Wien 1396–1508. Wien 1978. – Johannes Schneider: H. T. v. O. Quaestiones in Isagogen Porphyrii (Ver¨off. der Kommission f¨ur die Hg. ungedr. Texte aus der ma. Geisteswelt 8). Mu¨ nchen 1979. – Alfonso Maier`u: Logica aristotelica e teologia trinitaria. Enrico T. da O. In: Studi sul XIV seculo in memoria di Anneliese Maier (Storia e letteratura 151). Hg. A. Maier`u/A. Paravicini Bagliani 1982, S. 481–512. – Bernd Michael: Johannes Buridan. Stud. zu seinem Leben, seinen Werken und zur Rezeption seiner Theorien im Europa des sp¨aten MA. 2 Bde. Berlin 1985. – A. Maier`u: Logique et theologique trinitaire dans le moyen aˆ ge tardif. In: The editing of theological and philosophical texts from the Middle Ages (Studia latina Stockholmiensia 30). Hg. Monika Asztalos. Stockholm 1986, S. 185–212. – Anna Słomczynska: Ab Henrico de O. usque ad Georgium Libanum Lignicensem Quinque commentariorum in Aristotelis ‹Economica› conscriptorum editio. In: Mediaevalia Philosophica Polonorum 28 (1986) S. 53–71. – Christian Neschwara: H. (T.) v. O. In: Juristen in 551

Vinzenz von Beauvais ¨ Osterreich. Hg. Wilhelm Brauneder. Wien 1987, S. 22, 341. – Olaf Pluta: Kritiker der Unsterblichkeitsdoktrin in MA u. Renaissance (Bochumer Stud. zur Philosophie 7). Amsterdam 1986. – Michael H. Shank: ‹Unless You Believe, You Shall Not Understand›. Logic, University, ans Society in Late Medieval Vienna. Princeton NJ 1988. – Zenon Kaluza: Les querelles doctrinales a Paris. Nominalistes et realistes aux confins du XIVe et du XVe si`ecles (Quodlibet 2). Bergamo 1988. – S¨onke Lorenz: Studium Generale Erfordense. Zum Erfurter Schulleben im 13. und 14. Jh. (Monographien zur Gesch. des MA 34). Stuttgart 1989. – Christoph Fl¨ueler: Rezeption und Interpretation der Aristotelischen Politica im sp¨aten MA (Bochumer Stud. zur Philosophie 19,1/2). Amsterdam 1992. – Michael Gorman: Henry of O.’s Nominalism and the Principle of Individuation. In: The Modern Schoolman 65 (1992) S. 135–148. – P. Uiblein: Ma. Studium an der Wiener Artistenfak. Kommentar zu den Acta Facultatis Artium Universitatis Vindobonensis, 1385–1416 (Schriftenreihe des Universit¨atsarch. 4). Wien 21995. – Ders.: Die Univ. Wien im MA. Beitr. und Forschungen (Schriftenreihe des Universit¨atsarch. 11). Hg. Kurt M¨uhlberger/Karl Kadletz. Wien 1999. – Manfred Gerwing: Theologie im MA. Personen und Stationen theologisch-spiritueller Suchbewegung im ma. Deutschland. Paderborn u. a. 22002, S. 219–224. – Manuela Niesner: ‹Wer mit Juden well disputiren›. Deutschsprachige Adversus-Judaeos-Lit. des 14. Jh. (MTU 128). T¨ubingen 2005, S. 436–441. – Jana Nechutov´a: Die lat. Lit. des MA in B¨ohmen (Bausteine zur slavischen Philologie und Kulturgesch. A, NF 59). K¨oln u. a. 2007, S. 273 f. – Thomas Pr¨ugl: Bibeltheologie und Kirchenreform – Die Errichtung der Wiener Fakult¨at und ihre theologische Positionierung im Sp¨atMA. In: Vorw¨artserinnerungen. 625 Jahre katholisch-theologische Fakult¨at der Univ. Wien. Hg. v. Johann Reikerstorfer/Martin J¨aggle. G¨ottingen 2009, S. 377–398. VZ Vinzenz von Beauvais (Vincentius Bel[lo]vacensis; f¨alschlich auch Vincentius Burgundus) OP, * vor 1200 Beauvais, † 1264 Beauvais. – Lektor, bedeutender Enzyklop¨adist; dt. Teil¨ubertragungen seines Werkes seit dem 14. Jh. V. geh¨orte zur ersten Generation des Dominikanerordens und war einer der bedeutendsten Enzyklop¨adisten des 13. Jh. Nach 1220 studierte er 552

Vinzenz von Beauvais im Predigerkonvent St. Jaques in Paris und trat vor 1223 dem Orden bei. Seit 1230 geh¨orte V. zum Konvent Beauvais, wo er 1246 als Subprior bezeugt ist. Als Lektor und Pr¨adikant im k¨oniglichen Zisterzienserkloster Royaumont (Regalis Mons) stand V. seit 1247 in Beziehung zum Hof Ludwigs IX., zu dessen Hoffamilie – auch als Berater in Erziehungsfragen – er bald zu z¨ahlen war. 1261 ist V. wieder in Beauvais. Neben seinen monastischen Verpflichtungen fand V. u¨ ber all die Jahre die Zeit in Bibliotheken Hunderte von Autorit¨aten zu exerpieren, um die umfassendste Enzyklop¨adie des MA zu erschaffen. Seit 1230 begann V. in Beauvais mit der Planung und Abfassung seines enzyklop¨adischen Hauptwerks Speculum maius (S. m.), das er in den folgenden Jahrzehnten immer wieder u¨ berarbeitete. Das Werk erwuchs aus dem kleineren Speculum vel Imago mundi und war von V. zun¨achst in zwei Teilen konzipiert: Speculum naturale und historiale (Versio bifaria, 1246). Eine um das Speculum doctrinale erweiterte Fassung wurde bis 1259 fertiggestellt. Das Speculum morale als vierter Teil ist von V. noch geplant aber nicht mehr ausgef¨uhrt worden. Es wurde vermutlich von Ordensbr¨udern im 14. Jh., teilweise vielleicht noch im 13. Jh., mit vom Rest abweichender Gliederung erg¨anzt. Die ersten drei Teile sind streng nach «libri» und «capitula» geordnet und mit Voreden versehen. V. wollte – in erster Linie f¨ur die Predigtvorbereitung – das gesamte zeitgen¨ossische Wissen in Form von unkommentierten Originalzitaten aus den hervorragenden Schriften b¨undeln. Insgesamt hat er die Schriften von rund 450 Autoren durchgesehen, exzerpiert und das so gewonnene Material systematisch geordnet. Von V. selbst erarbeitete «tabulae» erm¨oglichen ein schnellen Zugang zur gew¨unschten Information. Das S. m. so wie seine einzelnen Teile sind als Vorl¨aufer moderner Enzyklop¨adien zu bewerten. Die Rezeption im deutschsprachigen Raum ist aufgrund des kompilatorischen Charakters des Werks nur bei Wiedergabe l¨angerer Passagen eindeutig nachzweisen. Das Speculum naturale wurde z. B. von → Konrad von Eichst¨att und Heinrich → Laufenberg herangezogen. Der Rezeptionsschwerpunkt liegt wegen des weltchronischen Interesses aber beim Speculum historiale. Eine Gesamt¨ubersetzung des S. m. scheint der Dt. Orden in Angriff genommen zu haben, drei Fragmente hierzu sind erhalten. Das gr¨oßte ¨ geschlossene dt. Ubersetzungsst¨ uck liegt in einem 553

2. H¨alfte 14. Jh. Straßburger Codex vor und l¨asst eine N¨ahe zu den N¨urnberger Chronisten Johannes → Platterberger und Heinrich → Truchseß erkennen. Die mndl. ¨ Ubers. des → Jacob van Maerlant im Spiegel historiael liegt auch in oberdt. Prosaaufl¨osungen vor. ¨ Die Ubersetzung einzelner Kapitel oder Passagen aus dem S. m. und deren Einf¨ugung in andere kompilatorische Werke ist nicht hinreichend er¨ fasst. Nachgewiesen sind Ubernahmen bei Der Heiligen → Leben und der → Karlmeinet-Kompilation, bei einzelnen → Marienmirakelsammlungen, in → Schachzabelb¨uchern, Der → Seelen Wurzgarten, → Seelentrost oder Einzellegenden (z. B. → Maria Aegyptiaca, → Tundalus). Breit genutzt wurde das Speculum historiale vor allem von Chronisten. Exzerpte finden sich u. a. bei → Detmar von L¨ubeck, Dietrich → Engelhus, Wigand → Gerstenberg, Leonhard → Heff, → Heinrich von Herford, → Heinrich von M¨unchen, Hermann → Korner, → Levold von Northof, Johannes Platterberger, Jakob → Twinger oder Friedrich → Meichsner, der auch die «tabulae» verwertete. Zus¨atzlich zum S. m. als Opus magnum sind noch weitere Werke V.’ zu verzeichnen, darunter neben kleineren geistlichen Schriften (Sermones, Auslegungen etc.) die Traktate De trinitate, De gratia und De vitio detractionis; De eruditione filiorum nobilium, Traktat in 51 Kapiteln zur Prinzen- und Adeligenerziehung im Auftrag von K¨onigin Margarethe und dieser gewidmet (um 1250); Liber consolatorius, Trostschrift in 16 Kapiteln zum Tode des Kronprinzen Ludwig (1260); De morali principis institutione, ein Beitrag zur F¨urstenspiegelliteratur f¨ur Ludwig IX. (1261/63). ¨ Uberlieferung: S. m. (lat.): Die hsl. Verbreitung des gesamten Werks blieb aus Gru¨ nden des großen Umfangs bescheiden; verbreiteter waren die zum selbstst¨andigen Gebrauch konzipierten Teilspiegel, vor allem das Speculum historiale, von dem V. selbst eine Kurzfassung erstellte (Memoriale omnium temporum). – Insgesamt sind rund 250 Hss. bekannt. Vgl. Voorbij 1991, S. 292–346. – Weigand 1991, S. 77–115. – Kaeppeli/Panella 4 (1993) S. 440–446. – VL2 10 (1999) Sp. 366. – Das Speculum in seiner Gesamtheit wird erst im Druckzeitalter breiter rezipiert (Inkunabeldrucke seit 1473). – Die kleinen Schriften sind in einem Basler Druck (Johann Amerbach) von 1481 zusammengestellt (Opuscula, GW M50551). – Dt. ¨ Ubersetzungen: Deutschordensu¨ bers.: Berlin, Geh. Staatsarchiv Preuß. Kulturbesitz, XX. HA Hs. 554

2. H¨alfte 14. Jh. 33, Bd. 13 (2 St¨ucke eines Querstreifens und 2 Bll.) und Hs. 34, Bd. 13 (1 Einzel- und 1 Doppelbl.) (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., ostmitteldt.). – Mu¨ nchen, UB, 2° Cod. ms. 750, 1 Pergament¨ doppelbl. (14. Jh., mitteldt.). – Straßburger Ubers.: Straßburg, National- und UB, ms. 2119 (vormals L germ. 195.2°), 1r–70v (Pap., 1411, nordbair.; ‹Speculum historiale›, libri 1–4). – Oberdt. Fassungen ¨ der Jacob van Maerlant-Ubers.: Berlin, SBB Mgq 2018, 1ra–341ra (Perg. und Pap., 1430–52, n¨urnber¨ gisch). – Wien, ONB, Cod. 2902, 343 Bll. (Pap., 1438, b¨ohmisch/m¨ahrisch). (Mgq 2018 und Cod. 2902 enthalten beide die vollst¨andige «Vierte Partie», die in ndl. Hss. nur fragmentarisch u¨ berliefert ist. – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. I 172, 1 Pergamentdoppelbl. (Mitte/drittes Viertel 14. Jh., s¨udrheinfr¨ankisch; Fragm.). Ausgaben (Ausw.): Speculum quadruplex sive speculum maius. Douai 1624; Nachdr. Graz 1964/65 (Gesamtausgabe ‹S. m.›). – Gottfried G¨oller: V. v. B. O. P. (um 1194–1264) und sein Musiktraktat im Speculum docrinale (XVII 10–35) (K¨olner Beitr. zur Musikforschung 15). Regensburg 1959, S. 86–118 (‹De musica›). – Apologia actoris (Vorrede zum ‹S. m.›): von den Brincken 1978, S. 465–499; Serge Lusignan: Pr´eface au S. m. de Vincent d. B. R´efraction et diffraction. Montral/Paris 1979. – Vorrede zum ‹Speculum historiale›: Gregory Guzman in Lusignan u. a. 1997, S. 57–85. – Memoriale omnium temporum (Ausz¨uge): Oswald Holder Egger, MGH SS 24 (1879) S. 162–167. – ‹De eruditione filiorum nobilium›. Hg. Arpad Steiner. Cambridge/MA 1938, Nachdr. New York 1970. – ‹De morali principis institutione›. Hg. v. Robert J. Schneider. Turnhout 1995 (CCCM 137).; Anton 2006, S. 448–497 (mit ¨ dt. Ubers.); De l’institution morale du prince. Hg. Charles Munier. Paris 2010 (frz.). – Liber consolatorius pro morte amici: Peter v. Moos: Die Trostschrift des V. v. B. f¨ur Ludwig IX. In: Mlat. Jb. 4 (1967) S. 173–218 (Teilausg. [Kap. 1–3]). Literatur: Rudolf Weigand, Killy1 12 (1992) S. 33. – KNLL 17 (1992) Sp. 194. – Monique Paulmier-Foucart, Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 806–813 (Vincent de B.). – Irmingard B¨ohm, MarLex 6 (1994) S. 637 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 603 f. – Eva-Maria Engelen, Enz Phil Wiss1 4 (1996) S. 547 f. – Reinhard D¨uchting/Christian H¨unem¨order, LexMA 8 (1997) 1705–1707. – Massimiliano Guareschi, ‹S. m.›, Volpi 2 (1999) S. 1532 f. – R. K. Weigand, 555

Vinzenz von Beauvais VL2 10 (1999) Sp. 365–369; 11 (2004) 1632 f. – Anna-Dorothee v. den Brincken, LThK3 10 (2001) 796 f. – R. D¨uchting, TRE 35 (2003) S. 106–108. – Daniela Mu¨ ller: ‹Speculum naturale›. In: LexthW (2003) S. 666. – Christel Meier, RGG4 8 (2005) Sp. 1119 (Vincentius v. B.). – Jaques Qu´etif/Jaques Echard: Scriptores Ordinis Praedicatorum Bd. 1. Paris 1719 (Nachdr. Turin 1960) S. 212–240. – Ludwig Lieser: V. v. B. als Kompilator und Philosoph. Textkrit. Unters. der Zitate aus der antiken und patristischen Lit. im Speculum naturale, Buch 23 bis 27 (Seelenlehre). Diss. K¨oln 1928. – Astrik Ladislas Gabriel: The Educational Ideas of Vincent of B. Notre Dame, Indiana 1956. 21962. Dt. u. d. T.: V. v. B. Ein ma. Erzieher. Frankfurt/M. 1967. – ¨ Nigel F. Palmer: Eine dt. Ubers. von der ‹Vierten Partie› des ‹Spiegel historiael›. In: De Nieuwe Taalgids 69 (1976) S. 102–110. – A.-D. v. den Brincken: Geschichtsbetrachtung bei V. v. B. Die Apologia Auctoris zum ‹S. m.›. In: Dt. Arch. f¨ur Erforschung des MA 34 (1978) S. 410–499. – R¨udiger Schnell: Zur volkssprachlichen Rezeption des ‹Speculum Historiale› in Deutschland. Die Alexandergesch. in den ‹Excerpta Chronicarum›. In: Vincent of B. and Alexander the Great. Studies in the ‹S. m.› and its Translations into Medieval Vernaculars. Hg. v. Willem J. Aerts u. a. (Mediaevalia Groningana 1). Groningen 1986, S. 101–126. – D. Schmidtke: Repr¨asentative dt. Prosahss. aus dem Deutschordensgebiet. In: Dt. Hss. 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Hg. v. Volker Honemann/N. F. Palmer. T¨ubingen 1988, S. 352–378, hier S. 355 f., 377. – M. Paulmier-Foucart/S. Lusignan: Vincent De B. et l’histoire du ‹S. m.›. In: Journal des Savants 1990, S. 97–124. – M. PaulmierFoucart u. a. (Hg.): Intentions et r´eceptions d’une œuvre encyclop´edique au Moyen Age (Cahiers d’etudes m´edi´evales. Cahier sp´ecial 4). Paris u. a. 1990. – D. Schmidtke: Prosadenkm¨aler des 14. und des beginnenden 15. Jh. aus dem Deutschordensgebiet. In: Unerkannt und (un)bekannt. Dt. Lit. in Mittel- und Osteuropa. Hg. v. Carola L. Gottzmann (Edition Orpheus 5). T¨ubingen 1991, S. 59–78, hier S. 68 f. – Johannes Benedictus Voorbij: Het ‹Speculum Historiale› van Vincent van B. Een studie van zijn ontstaansgeschiedenis. Diss. Groningen 1991. – R. Weigand: V. v. B. Scholastische Universalchronistik als Quelle volkssprachiger Geschichtsschreibung (Germanistische Texte und Stud. 36). Hildesheim u. a. 1991. – C. Meier: 556

Von Vollkommenheit Vom Homo Coelestis zum Homo Faber. Die Reorganisation der ma. Enzyklop¨adie f¨ur neue Gebrauchsfunktionen bei V. v. B. und Brunetto Latini. In: Pragmatische Schriftlichkeit im MA. Erscheinungsformen u. Entwicklungsstufen. Hg. v. Hagen Keller u. a. Mu¨ nchen 1992, S. 157–175. – Birgit Studt: F¨urstenhof und Gesch. Legitimation ¨ durch Uberl. (Norm und Struktur 2). K¨oln u. a. 1992, S. 205–227. – Thomas Kaeppeli/Emilio Panella: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi Bd. 4. Rom 1993, S. 435–458. – Stefan Schuler: ‹Excerptoris morem gerere›. Zur Kompilation und Rezeption klassischer lat. Dichter im ‹Speculum historiale› des V. v. B. In: Fr¨uhma. Stud. 29 (1995) S. 312–348. – J. B. Voorbij/Joseph A. A. M. Biemans: Reflecties over twee spiegels. Vincent van B.’ ‹Speculum historiale› en de ‹Spiegel historiael› van Jacob van Maerlant. In: Verraders en bruggenbouwers. Verkenningen naar de relatie tussen Latinitas en Middelnederlandse letterkunde (Nederlandse literatuur en cultuur in de middeleeuwen 15). Hg. v. Paul Wackers u. a. Amsterdam 1996, S. 239–264, 346–351. – S. Lusignan u. a. (Hg.): Lector et compilator. Vincent de B., fr`ere prˆecheur, un intellectuel et son milieu au XIIIe si`ecle (Rencontres a` Royaumont 9). Grˆane 1997. – FranzJosef Schmale: V. v. B. (1184/94–1264). ‹Speculum historiale›. In: Hauptwerke der Geschichtsschreibung. Hg. v. Volker Reinhardt. Stuttgart 1997, S. 692–694. – C. Meier: Bilder der Wiss. Die Illustration des S. m. v. V. v. B. im enzyklop¨adischen Kontext. In: Fr¨uhma. Stud. 33 (1999) S. 252–286. – Eva Albrecht: The Organization of Vincent of B.’ ‹S. m.› and of Some Other Latin Encyclopedias. In: The Medieval Hebrew Encyclopedias of Science and Philosophy (Amsterdam Studies in Jewish Thought 7). Hg. v. Steven Harvey. Dordrecht 2000, S. 46–57, 71–74. – Adam Fijalkowski: The Education of Women in the Works of Vincent of B. In: Geistesleben im 13. Jh. (Miscellanea mediaevalia 27). Hg. v. J. A. Aertsen/Andreas Speer. Berlin u. a. 2000, S. 513–526. – Michele C. Ferrari: Johannes Damascenus in Franken. Zur Rekontextualisierung arabo-griechischer Erz¨ahlstoffe bei V. v. B., Hugo v. Trimberg und anderen Autoren. In: Nova de veteribus. Mittel- und neulat. Stud. f¨ur Paul Gerhard Schmidt. Hg. v. Andreas Bihrer. Mu¨ nchen u. a. 2004, S. 595–621. – M. PaulmierFoucart: Vincent de B. et le Grand Miroir du Monde. Avec la collaboration de Marie-Christine Duchenne (T´emoins de notre histoire). Turnhout 557

2. H¨alfte 14. Jh. 2004. – Iolanda Ventura: Lerbario alfabetico del De Proprietatibus Rerum di Bartolomeo Angelico e le sue fonti: una panoramica sul ruolo della botanica nelle enciclopedie del XIII secolo: In: Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverarbeitung. Das europ¨aische Modell der Enzyklop¨adien (Colloquia Augustana 18). Hg. v. Theo Stammen/Wolfgang Weber. Berlin 2004, S. 291–338 passim; Reg. S. 433. – Isabelle Draelants: La question ou le d´ebat scolastique comme formes du discours scientifique dans les encyclop´edies naturelles du XIIIe si`ecle. Thomas de Cantimpr´e et Vincent de B. In: Scientiarum historia 31 (2005) S. 125–153. – A. Fijalkowski: Magie im ‹S. m.› des V. v. B. O.P. († 1264) und die Reflexe in Ostmitteleuropa w¨ahrend des sp¨aten MA. In: Religion und Magie in Ostmitteleuropa. Spielr¨aume theologischer Normierungsprozesse in Sp¨atMA und Fr¨uher Neuzeit (Religions- und Kulturgesch. in Ostmittel- und S¨udosteuropa 8). Hg. v. Thomas W¨unsch. Berlin 2006, S. 217–224. – Ders.: Das ‹S. m.› des V. v. B. in digitaler Edition. In: Methodik – Amtsb¨ucher, digitale Edition – Projekte. Editionswissenschaftliche Kolloquien 2005/2007 (Publ. des Dt.-Polnischen Gespr¨achskreises f¨ur Quellenedition 4). Hg. v. Matthias Thumser. Thorn 2008, S. 229–234. – Edit Anna Lukacs: Metamorphosen ¨ der g¨ottlichen Kugel in volkssprachigen Ubersetzungen des ‹S. m.› des V. v. B. In: Muster im Wandel. Zur Dynamik topischer Wissensordnungen in Sp¨atMA und Fr¨uher Neuzeit (Berliner MA- und Fr¨uhneuzeitforschung 5). Hg. v. Wolfgang Dickhut u. a. G¨ottingen 2008, S. 217–228. VZ ¨ Von Vollkommenheit (Sechs Ubungen zur Vollkommenheit). – Mystischer Traktat aus der Eckhart-Nachfolge, zweite H¨alfte 14. Jh. Der ohne festen Titel tradierte Traktat d¨urfte in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. entstanden sein, wom¨oglich in Mitteldeutschland. Seinen Anfang teilt er mit Von der edelkeit der sˆele (Meister → Eckhart zugeschrieben) und dem anonymen Traktat Der → ˆınslac. Neben Eckhart-Zitierungen belegen vor allem zwei (Pseudo-) → Dionysius Areopagita-Zitate den spekulativen Charakter der Schrift. Am h¨aufigsten (neben u. a. → Augustinus und → Gregor dem Großen) wird allerdings → Bernhard von Clairvaux herangezogen, wodurch der Text einen asketischen Zug erh¨alt. Bernhard wird, wenngleich etwas unklar, auch das ¨ Schema der sechs Ubungen zugesprochen: In der 558

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ ersten Ubung gelangt der Mensch zur Selbsterkenntnis, stirbt in der Liebe und wird an der gleichen Stelle wie Christus begraben. In der zweiten wird er Einwohner seiner selbst, d. h. in allen St¨atten, die Gottes w¨urdig sind. Die dritte schildert den Menschen als sich seiner selbst gewaltig (desto mehr, je mehr er seiner selbst ledig wird). ¨ In der vierten Ubung w¨achst der Mensch und steigert seine g¨ottlichen Erkenntnisse, in der f¨unften wird er in der g¨ottlichen Minne empfangen und schließlich in der sechsten vom g¨ottlichen Licht erleuchtet. Es folgt ein kurzer Dialog zwischen Meister (Eckhart [?]) und J¨unger. Am Schluss des Textes werden vier Lichter (g¨ottlich, engelhaft, teuflisch und nat¨urlich) vorgestellt, die an die pseudoeckhartsche → Glˆose u¨ ber daz eˆwangelium S. Johannis erinnern. Das Besonderungsmerkmal des VollkommenheitTraktats innerhalb der Vielzahl von Vergleichstexten der Eckhardrezeption ist seine Verbindung von Spekulation mit bernhardscher Askese. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. B XI 11, 49r–51v (Perg., aus der Basler Kartause, 15. Jh., alemannisch). – Berlin, SBB, Mgo 329, 90r–102r (Pap., 15. Jh. ripuarisch). – Ebd., Mgq 1486 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 21155), 96r–97v (Pap., um 1385, bair.). – Bremen, SUB, 66r–73r (Perg., um 1370, th¨uringisch). – St. Florian, Stiftsbibl., Cod. XI 123, 16r–19v (Perg., Ende 14. Jh., mittelbair. mit mitteldt. Einschl¨agen). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 965, S. 126–134 (Pap., 15. Jh., nordostschweizerisch). – Den Haag, Kgl. Bibl., Cod. 73 E 23 (vormals Cod. V 52), 25va–27rb (nd.). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7008 (GB 8°) 69, 20r–21r (Pap., Ende 14. Jh., ripuarisch). – Ebd., Best. 7010 (W) 135, 1ra–46vb (Pap., 1469–71, ripuarisch). – Melk, Stiftsbibl., Cod 138 (olim 603), 42v–51r (Pap., mittelbair.). – Ebd., Cod. 1745 (olim 471), 213r–227r (Pap., mittelbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 37, 1r–4r (Pap., ¨ um 1400, th¨uringisch). – Wien, ONB, Cod. 2757, 115v–130v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh. [?], bair.o¨ sterr.). – Zum Teil stark voneinander abweichende ¨ Fassungen. Angegeben ist die erschlossene Uberl., von einer breiteren ist auszugehen. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 493–496. – Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des vierzehnten Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962) S. 382 f., 586, ¨ 598. – Otto Simon: Uberl. und Handschriftenverh¨altnis des Traktates ‹Schwester Katrei›. Ein 559

Von der Wurde ¨ des Priesters Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. Diss. Halle 1906, S. 16–18. – Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 397, 300. – Karl Brethauer: Neue Eckharttexte und Mystikerhss. In: ZfdA 69 (1932) S. 241–276, hier S. 251–261. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 106 f., 151. – K. Brethauer: Texte aus dem Umkreis Meister Eckharts im Haag. In: ZfdA 92 (1963) S. 65–79, hier S. 78. VZ Von der Wurde ¨ des Priesters. – Ostfr¨ankische Reimpaarrede von 216 Versen aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. Der anonyme Verfasser dieser Lobrede ruft zur Achtung und Ehrerbietung gegen Weltgeistliche auf, da diese die Mittler zu Gott seien. Dies sucht er mithilfe der Bibel und der Sakramente sowie Zitaten von → Augustinus, → Bernhard von Clairvaux und → Beda zu belegen. Es zeigen sich thematische Parallelen zur dt. Reimpredigt Der Priester und die Messe des Hans → Zukunft. In der Forschung wird als Funktion der Schrift die Bewerbung des Priesterberufes beim Laienstand erwogen; aufgrund der seit 1348/49 grassierenden Pest herrschte Priestermangel. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. K 408, 94vb–95va. Ausgaben: Adelbert v. Keller (Hg.): Altdt. Gedichte. Bd. 3. T¨ubingen 1861. – Ferdinand Vetter: Lehrhafte Litteratur des 14. und 15. Jh. Tl. 2. Berlin u. a. 1889, S. 113–119. – Ursula Schmid: Cod. Karlsruhe 408 (Bibl. Germanica 16). Bern/Mu¨ nchen 1974, S. 384–389. Literatur: Ulrich Seelbach, VL2 10 (1999) Sp. 1431–1433. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 93. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachliche Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 280. SF ¨ Zehn Gebote und Agyptische Plagen. – Dt. Texte mit inhaltlicher Verbindung zwischen den Zehn Geboten (Ex 20,1–17, Dtn 5,6–21) und den Zehn a¨ gyptischen Plagen (Ex 7,14–12,36). Die Plagen erscheinen in diesem Zusammen¨ hang als Strafen f¨ur die Ubertretung der Gebote. Mit oder ohne bildliche bzw. graphische Darstel¨ P. das gesamte MA lungen sind die Z. G. u. A. hindurch lat. und dt. weit verbreitet. Das a¨ lteste 560

¨ Zehn Gebote und Agyptische Plagen Zeugnis f¨ur die Verbindung der Gebote mit den Plagen stellt vermutlich der Sermo De decem plagis quibus percussa est Aegyptus des Origenes dar. Dt. Texte ohne bildliche Darstellungen. 1. Die Sammelhs. Oxford, Bodleian Library, MS. Marshall 29 (sp¨ates 14. Jh., mndl.) bietet Dit sijn die .X. plaghen en die .X. ghebode, ein paargereimtes Gedicht von 2479 Versen. Ausgabe: Ferdinand-Augustijn Snellaert (Hg.): Nederlandsche gedichten uit de veertiende eeuw. Br¨ussel 1869, S. 551–635. Die heute verschollene, aus Fragmenten zusammengesetzte Handschrift 2914 der UB K¨onigsberg enthielt auf Foliobl¨attern aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. fragmentarisch eine ostmd. Fassung des mnd. Textes. Abdruck: Friedrich Ranke: Eine neue Hs. des Gereimten Passionals. In: K¨onigsberger Beitr. Festgabe zur 400j¨ahrigen Jubelfeier der SUB zu K¨onigsberg i. Pr. 1929, S. 301–316, hier S. 310–316. – Emil Steffenhagen: Die altd. Hss. zu K¨onigsberg. In: ZfdA 13 (1867) S. 501–574, hier S. 546–554. 2. Die Handschrift W¨urzburg, Franziskanerkloster, Cod. I 86, 39r, u¨ berliefert ein wahrscheinlich von Johannes → Sintram stammendes dt. Gedicht u¨ ber die Zehn Gebote und Zehn Plagen in 40 Versen mit Datierung auf 1405. Abdruck: Heinrichs (s. Lit.) S. 136 f. Dt. Texte mit bildlichen Darstellungen. Als Grundlage dienten zwei seit dem 12. Jh. einflussreiche lat. Versbearbeitungen der Gebote und Plagen: zum einen Unum crede (cole) deum und zum anderen Prima rubens unda; die Texte dienten zur Erl¨auterung bildlicher Darstellungen der Z. G. u. ¨ P. (als Tabulae, Arbores, bildliche Darstellungen A. des Moses). 1. K¨oln, Stadtarch., Hs. GB 8° 69, 64v–66v (Ende 14. Jh.), enth¨alt eine lat. Anleitung zur Herstellung eines Bilderdekalogs. Moses h¨alt jeweils eine Tafel mit dem lat. Text eines Gebotes in der Hand und weist auf die entsprechende bildliche Darstellung der Plage hin; dazu spricht er zwei dt. Reimpaare. Ausgabe: Heinrichs (s. Lit.) S. 128–131. 2. Der dt. gereimte → Heidelberger Bilderkatechismus enth¨alt eine Verbindung der Gebote und Plagen in Gestalt der bereits erw¨ahnten Tabulae und Arbores. Vgl. dazu: Wilfried Werner: Die Zehn Gebote/Beicht- und S¨undenspiegel. Farbmikrofiche-Edition der Hs. und der Blockb¨ucher in dem Cpg 438 der UB Heidelberg 561

2. H¨alfte 14. Jh. (Monumenta xylographica et typographica 3). Begleitbd. M¨unchen 1994, S. 9–26. 3. Der Druck Schreiber (s. Lit.) 2756 (Oberrhein, zweite H¨alfte 15. Jh.?) zeigt Moses, der ein Diptychon mit den Zehn Geboten mit dt. Text h¨alt; 20 ¨ kleinere Bilder mit der jeweiligen Ubertretung eines Gebots und der dazugeh¨origen Plage umgeben ¨ ihn. Vgl. dazu Laun (s. Lit.) S. 57 f. Ahnlichkeiten dazu weist eine Benediktbeurer Zehngebotetafel wohl aus dem Ende des 15. Jh. auf. Abdruck: Slenczka (s. Lit.) S. 48–51. 4. In f¨unf Reihen zu je vier Bildern stellt der Einblattdruck Schreiber (s. Lit.) 2757, der wohl um 1475 in Straßburg oder Basel angefertigt wurde, ¨ die Ubertretungen und Plagen dar. Oberhalb des Bildes findet sich jeweils eine lat. Zeile, unterhalb zwei dt. Paarreime. Teilabdruck: Falk (s. Lit.) S. 85. 5. Eine wahrscheinlich von Lucas Brandis stammende B¨ucheranzeige von ca. 1478/79 (GW 5014) verweist auf einen nd. Text zu den Geboten und Plagen mit Illustrationen. Dabei handelt es sich wohl um den Druck Bok der thein gebade gades mit der uthdudinge wo me de schal versaen (ca. 1478 beim selben Drucker erschienen). 6. Ein weiteres Beispiel f¨ur eine Kombination aus Text und Bild bietet das Dinkelsb¨uhler ZehnGebote-Triptychon (um 1500). Abdruck: Slenczka (s. Lit.) S. 40–48, 210–214. 7. Bei dem dritten Teil eines 1509 von dem Straßburger Drucker angefertigten Spigel christlicher walfart handelt es sich um eine Verbindung der Zehn Gebote und der Zehn Plagen. Vgl. dazu: Honemann 1984 (s. Lit.) S. 31–34, 65–75. 8. Luthers Betb¨uchlein von 1523 zeigt ebenfalls diese Verbindung in der bildlichen Darstellung, wenngleich im Text nicht darauf Bezug genommen wird. Literatur: M. Lechner, LCI 4 (1972) Sp. 564–569, hier S. 569. – Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 1503–1510. – Snellaert (s. Ausg.) S. XCI–XVC. – Franz Falk: Der Unterricht des Volkes in den katechetischen Hauptst¨ucken am Ende des MA. Die Dekalog-Erkl¨arungen. In: Hist.politische Bll. f¨ur das katholische Deutschland 109 (1892) S. 81–95, hier S. 84 f. – Wilhelm Ludwig Schreiber: Hb. der Holz- und Metallschnitte des 15. Jh. Bd. 4. Leipzig 1927, Nr. 1844; Bd. 5. ebd. 1928, Nr. 2756 f.; Bd. 10. Stuttgart 31969, Nr. 4086. – Hans Vollmer (Hg.): Verdeutschung der Evangelien und sonstiger Teile des NT v. den ersten 562

2. H¨alfte 14. Jh. Anf¨angen bis Luther (Bibel und dt. Kultur V). Potsdam 1935, S. 283–293. – Heinrich Matthias Heinrichs: Die zehn Gebote. Anleitung zur Herstellung eines Bilderdekalogs mit dt. Reimen aus dem Ende des 14. Jh. In: FS Josef Quint. Hg. v. Hugo Moser u. a. Bonn 1964, S. 127–140. – Christiane Laun: Bildkatechese im Sp¨atMA. Allegorische und typologische Auslegungen des Dekalogs. Diss. Mu¨ nchen 1981, passim. – V. Honemann: Johann Schotts ‹Spiegel christlicher Wallfahrt› (1509). Ein Dekalogtraktat aus dem Umkreis des Straßburger Humanismus. Zur Text- und Bildtradition der Z. G. ¨ P. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nau. Zehn A. tionalsprache. Bd. 2. Hg. v. James Hogg (Analecta Cartusiana 106). Salzburg 1984, S. 28–102. – FranzJosef Schweitzer: Tugend und Laster in illustrierten didaktischen Dichtungen des sp¨aten MA. Hildesheim u. a. 1993. – Paul Michel: Frosch – Regen. Meteorologie – Exegese – Ikonographie. In: Daphnis 27/2–3 (1998) S. 203–229. – Ruth Slenczka: Lehrhafte Bildtafeln in sp¨atma. Kirchen (Pictura et Poesis 10). K¨oln u. a. 1998. – Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Hg.): Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Berlin 2009, S. 192. SF Zurcher ¨ Gebete. – Kleine Gebetsammlung aus dem Dominikanerinnenkloster Adelhausen bei Freiburg i. Br. aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. In den Z. G., nichtliturgischen dt. Gebeten in Prosa, finden sich eine Bitte um S¨undenvergebung, eine an Gott Vater gerichtete Erinnerung an den Leidensweg Jesu, ein «bruoder ekkehart» zugeschriebenes – aber wohl nicht von Meister → Eckhart stammendes – Lobgebet und abschließend ein Gebet aus drei selbstst¨andigen Teilen. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Ms. C 76, 181vb–185ra (zweite H¨alfte 14. Jh., alemannisch). Ausgabe: Wackernagel (s. Lit.) S. 236–241, Nr. 92–95. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 10 (1999) Sp. 1600 f. – Wilhelm Wackernagel (Hg.): Altdt. Predigten und Gebete aus Hss. Basel 1876, S. 271 f. – Karl Weinhold: Die Sprache in den altdt. Predigten und Gebeten. In: ebd., S. 462–492. – Leo Cunibert Mohlberg: Ma. Hss. Kat. der Hss. der ZB Z¨urich. Bd. 1. Z¨urich 1951, S. 42. – Freimut L¨oser: ‹Oratio est cum deo confabulatio›. Meister Eckharts Auffassung vom Beten und seine Gebetspraxis. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Colloquium Fischingen 1998. Hg. 563

Zurcher ¨ Gebete v. Walter Haug. T¨ubingen 2000, S. 283–316. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachliche Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 445. SF Groote, Gert (Geert Groote, Geert de Groot, Gerardus Magnus), * um Okt. 1340 Deventer, † 20.8.1384 ebd. – Prediger, Begr¨under der Devotio moderna. 1. Leben: G. stammte aus einer wohlhabenden Patrizierfamilie, zu der u. a. Kaufleute und hohe Mitglieder der Stadtverwaltung Deventers z¨ahlten. 1350 starben G.s Eltern an der Pest, worauf der Waise bei einem Oheim lebte und die Kapitelschule in Deventer besuchte. Seit 1355 studierte G.in Paris, wo er 1357 das Bakkalaureat und 1358 den Magistergrad erwarb. G.s Studien umfassten weltliches und kanonisches Recht, Theologie, Philosophie und Astrologie. Nach mehreren Wanderjahren, die er m¨oglicherweise in Orl´eans, K¨oln und Prag verbrachte, kehrte G. 1362 nach Paris zur¨uck, zuletzt nach Deventer. In den folgenden Jahren scheint er vor allem seiner Bibliophilie gelebt zu haben, denn er erwarb eine große B¨uchersammlung und besch¨aftigte mehrere Kopisten. Daneben erhielt er kirchliche Pfr¨unden. So wurde er 1368 Kanonikus am Domkapitel in Aachen und 1371 Kanonikus in Utrecht. Als G. um 1374 schwer erkankte, vollzog sich seine entscheidende Wende zu einem rein geistlichen Leben. Sein Freund Heinrich Egher von Kalkar, ein Kart¨auser, spielte dabei eine wichtige Rolle. So verwundert es nicht, wenn G. nach der Aufgabe seiner Pfr¨unde Novize bei den Kart¨ausern in Monnikenhuizen/Arnhem wurde. Er lebte um 1375–77 in diesem Kloster, bevor er nach Deventer zur¨uckkehrte und auf dem dortigen Marktplatz zahlreiche seiner B¨ucher verbrannte. Sein Elternhaus schenkte er einer frommen Frauengemeinschaft, den sp¨ateren «Schwestern vom gemeinsamen Leben», deren Regel er 1379 formulierte. Im selben Jahr wurde G. zum Diakon geweiht, was ihm erlaubte, als Wanderprediger umherzuziehen. Dabei sammelte er eine stetig wachsende Zahl von Anh¨angern um sich, die sich bald «Br¨uder vom gemeinsamen Leben» nannten. Zu G.s Sch¨ulern z¨ahlte u. a. Johannes → Brinckerinck. In seinen flammenden Predigten kritisierte G. u. a. Besitzstreben, Zuchtlosigkeit und Simonie. Er predigte ebenso gegen H¨aretiker wie gegen 564

Groote den verweltlichten Klerus. Letzteres lenkte allerdings zunehmend den Zorn der Kleriker auf G. Konnte er bei der Utrechter Synode 1383 noch im bisch¨oflichen Auftrag 24 reformerische Artikel predigen, wandte sich der Bischof im selben Jahr bereits gegen ihn. Ein bisch¨oflicher Erlass gew¨ahrte nur noch Priestern das Recht, Predigten zu halten. ¨ Damit musste der Diakon G. in der Offentlichkeit verstummen. Er lebte zuletzt im Chorherrenstift Woudrichem. 1384 starb G. an der Pest. 2. Werk: G.s große Errungenschaft war die spirituelle Reformbewegung der Devotio moderna. Im Kontext a¨ hnlicher Str¨omungen, die teilweise schon im 12. Jh. begonnen hatten und im 14. Jh. besonders in B¨ohmen und England hervortraten, entfaltete sich auch G.s Reformwerk. Es war in Geist und Form des gemeinschaftlichen Lebens vor allem von den Kart¨ausern inspiriert. Die Devotio moderna enthielt strenge Askese, das Leben kleiner Gruppen in eigenen H¨ausern, auch die Verbreitung volkssprachiger Texte zur Erbauung von Laien. Dabei schuf G. bewusst keinen Orden im klassischen Sinn – die Br¨uder und Schwestern vom gemeinsamen Leben blieben frei von traditionellen Gel¨ubden. Als Idealbild diente vielmehr die br¨uderliche Urgemeinde der Apostel. G.s Schriften entstanden nach seiner geistlichen Wende und zeichnen sich durch einen scholastischen Stil mit wenigen rhetorischen H¨ohepunkten aus. Die Zahl der lat. verfassten Texte u¨ berwiegt ¨ die der ndl.; hinzu kommen mehrere Ubersetzungen aus der lat. in die ndl. Sprache und ungekehrt. Zu G.s Quellen z¨ahlen Petrus Lombardus, → Augustinus, Cassiodor und → Beda. Weil G.s Anh¨anger die Texte anonym oder pseudonym tradierten, sind Authentizit¨at und Chronologie bei manchen Werken noch immer unsicher. Zu den als gesichert geltenden Schriften geh¨ort Conclusa et proposita, non vota in Nomine Domini, eine Zusammenstellung von G.s Vors¨atzen f¨ur ein geistliches Leben. In der Sermo de nativitate Domini et de quatuor generibus meditabilium werden christliche Mysterien im Geist der Devotio moderna ausgelegt. Der Tractatus de paupertate in die Palmarum behandelt die von G. als notwendig erachtete Armut des Christenmenschen, der Tractatus de matrimonio die Ehe. Die Traktate De locatione ecclesiarum und De cura pastorali non acceptanda wenden sich gegen die Simonie, Contra turrim Trajectensem gegen Hochmut und Verweltlichung des Klerus. Die Schw¨achen der Kleriker behandelt auch die Synodalpredigt Sermo 565

2. H¨alfte 14. Jh. «Recedite» contra focaristas, in der G. auf → Konrad von Soltau Bezug nimmt. Daneben hinterließ G. eine Reihe lat. Episteln und u¨ bersetzte Werke des → Jan van Ruusbroec (Ruysbroek) ins Lateinische (Die chierheit der gheesteleker brulocht, Liber de ornatu spiritualis desponsationis). Auch aus manchen seiner volkssprachigen Werke spricht der strenge Prediger G. Zu nennen sind hier De symonia ad beguttas u¨ ber die Simonie bei den Beginen sowie Einen pair luyds om hoeren staet te berichten mit Ratschl¨agen f¨ur die Ehe. Gr¨oßte Bekanntheit erlangte G. mit seinem ¨ Getijdenboek, einer ndl. Ubers. der lat. Horae. Dieses liturgische Stundenbuch enth¨alt Tagzeiten Marias, des Heiligen Geistes, des Kreuzes sowie der Ewigen Weisheit und wird in den Handschriften meist mit einem Kalender, Bußpsalmen und Litaneien u¨ berliefert. G.s Psalmen¨ubertragungen waren die erste nordndl. Teil¨ubersetzung der Bibel. G. galt zeitweise auch als Autor der Imitatio Christi, die heute → Thomas a Kempis zugeschrieben wird. Insgesamt beruht G.s Bedeutung stark auf seiner Gr¨undung der Devotio moderna. Diese erwies sich als eine der fruchtbarsten Reformbewegungen des MA, sowohl in religi¨oser (Erneuerungsgedanke) wie in sozialer (Lebensgemeinschaften) und kultureller Hinsicht (ihre reichhaltige, gerade auch volkssprachige Buchproduktion). G. blieb auch nach seinem Tod als zentrale Gr¨undungsfigur pr¨asent und wurde noch von sp¨ateren Anh¨angern der Devotio moderna stark verehrt. Dies beweist etwa die G.-Vita des Thomas a Kempis, dessen Schriften ebenfalls den Errungenschaften der Devotio moderna zugerechnet werden k¨onnen. G.s eigenes Werk lebte bes. im Getijdenboek fort, dem popul¨arsten volkssprachigen Buch der sp¨atma. Niederlande, das sich durch alle lesekundigen Schichten u¨ ber Nord- und Ostdeutschland bis nach Stuttgart verbreitete. ¨ Uberlieferung: 1. Getijdenboek: M¨unster, UB, Hs. 783 (Kat.nr. 419) (wahrscheinlich a¨lteste Hs., verbrannt). – Greifswald, UB, nd. Hs. 2 (Perg., erstes Viertel 15. Jh., nordndl.). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. II 82 (Perg., zweites Viertel 15. Jh., mndl.). – Stockholm, K¨onigliche Bibl., Cod. A 226 (Perg., um 1435, mndl.). – Warschau, Nationalbibl., Hol. O. v. I.7 (Perg., 1435, mndl.). – Warschau, Nationalbibl., Cod. 3779 I (Perg., um 1440, mndl.). – Krakau, Muzeum Narodowe w Krakowie, 3024 (1448, mndl.). – Breslau, Dombibl., Cod. ? (10) (ehem. Di¨ozesanarch. 14) (Perg., 566

2. H¨alfte 14. Jh. Mitte 15. Jh., mndl.-nd.). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. II 76 (Perg., Mitte 15. Jh., mndl.). – Rostock, UB, Ms. theol. 24, S. 25–370 (Perg., Mitte 15. Jh., mndl.). – Thorn/Torun, UB, Rps 83/I, 12r–127v (Perg., Mitte 15. Jh., mndl.). – Krakau, Muzeum Narodowe w Krakowie, 2949 (Perg., um 1450, mndl.). – New York, Public Library, Spencer Collection, Ms. 152 (Perg., um ¨ Stadtarch., Inv.1450–65, mndl.). – Retz (NO), Nr. 65/23 (Perg., um 1460, ndl.). – Warschau, Nationalbibl., Hol. O. v. I.6 (Perg., um 1460, nur Ausz¨uge aus G.s Text). – Krakau, Muzeum Narodowe w Krakowie, 2946, 88r–140r (1463, mndl., Ausz¨uge). – Krakau, Muzeum Narodowe w Krakowie, 3091 (Perg., 1468). – Amsterdam, UB der FU, Nr. 45 (XV.05560.-), 1r–175r (Perg., 1470–90, mndl.). – Greifswald, UB, Ms. 1068 (fr¨uher Ms. theol. oct. 8) (Perg., um 1470, mndl.). – Breslau, Dombibl., ohne Sign. (a) (Perg., um 1480, mndl.). – Dresden, LB, Mscr. M 256, 14r–146v (Perg., Johanneskonvent Weesp, letztes Viertel 15. Jh., mndl.nordholl¨andisch). – Frankfurt/M., UB, Ms. germ. oct. 33 (Perg., letztes Viertel 15. Jh., mndl.). – Moskau, SB, Fond 183, Nr. 433 (Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., mndl.). – Warschau, Nationalbibl., Sign. ? (ehem. Bibl. des Majorats Krasinski, Nr. 8) (um 1480, mndl.). – Stockholm, K¨onigliche Bibl., Cod. A 230, 1r–104v (Perg., um 1490, mndl.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5250/20b (Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., ndl., 1 Bl. mit Fragm.). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. II 83 (Perg., Ende 15. Jh., mndl.). – Bonn, UB, Cod. S 1399 (Perg., 15. Jh., niederfr¨ankisch). – Hannover, KestnerMus., Inv. Nr. 1920,18 (Perg., 15. Jh., mndl.). – Warschau, Nationalbibl., Cod. 3780 I (Perg., um 1500, mndl.). – Darmstadt, ULB, Hs. 1907 (Perg., Aachen [?], um 1520, ripuarisch mit Aachener F¨arbung). – Den Haag, K¨onigliche Bibl., Cod. 133 E 21. 2. Psalmen¨ubers.: Leipzig, UB, Ms. 1630 (Pap. und Perg., um 1470, mndl.). – Breslau, Dombibl., Cod. 526 (Perg., um 1480, mndl.). – Warschau, Nationalbibl., Hol. O. v. I.2 (Perg., um 1480). Ausgaben: 1. Gesamtausgabe: Opera Omnia. Hg. v. Titus-Brandsma-Inst. der Univ. Nijmegen. Bisher 2 Bde. Turnhout 2000 (Bd. V,1), 2003 (Bd. I). 2. Getijdenboek: Geerte Groote’s dietsche vertalingen, beschreven en toegelicht. Hg. v. Willem Moll. Amsterdam 1880. – Het getijdenboek van Geert Grote naar het Haagse hs. 133 E 21. Hg. v. 567

Groote Nicolas van Wijk. Leiden 1940. – Getijden van de eeuwige wijsheid. Hg. v. Anton G. Weiler. Baarn 1984. 22008 (Teilausg.). 3. Predigten und Traktate: Sermo ‹Recedite› contra focaristas. Hg. v. Joannes Clarisse. In: Archief voor kerkelijke geschiedenis 1 (1829) S. 364–379; ebd. 2 (1830) S. 307–395; ebd. 8 (1837) S. 5–107. – De locatione ecclesiarum. Hg. v. J. Clarisse. In: Archief voor kerkelijke geschiedenis 8 (1837) S. 119–152. – Einen pair luyds om hoeren staet te berichten. In: Verzameling van Nederlandsche prozastukken, van 1229–1476. Hg. v. Johannes van Vloten. Leiden/Amsterdam 1851, S. 366–368. – Karl Regel: Mndl. Psalmen, Hymnen und Gebete aus zwei hsl. Breviarien der herzoglichen Bibl. zu Gotha [...]. In: Programm des Gymnasium Ernestinum zu Gotha [...]. Gotha 1864, S. 1–11 (Ausz¨uge). – Dit sijn de vijf poente, die meester Geert de Groote in den volke ’t Uutrecht predicte. Hg. v. W. Moll. In: Studien en ’bijdragen op ’t gebied der theologie 1 (1870) S. 409–411. – Tractatus de paupertate in die Palmarum. In: Wilhelm Moll: Studien en Bydragen op’t gebied der Hist. Theologie 2 (1872) S. 425–469. – Thomas a` Kempis: Opera omnia 7. Hg. v. Michael J. Pohl. Freiburg i. Br. 1922, S. 86. f., 87–109 (enth¨alt Conclusa et proposita, Notabilia, Publica protestatio). – Albert Hyma: Het ‹Tractatus de quatuor generibus meditationum sive contemplationum› of ‹Sermo de nativitate domini› van G. G. In: Archief voor de geschiedenis van het aartsbisdom Utrecht 49 (1924) S. 296–326. – Titus Brandsma: Een onuitgegeven tractaatje van G. G. [...]. In: Ons Geestelijk Erf 11 (1937) S. 5–12. – De symonia ad beguttas. Hg. v. Willem de Vreese. ’s-Gravenhage 1940. – T. Brandsma: Drie oniutgegeven werkjes van G. G. In: Ons Geestelijk Erf 15 (1941) S. 4–61. – G. G. en het Huwelijk. Uitgave van zijn Tractaat de matrimonio en onderzoek naar de bronnen. Hg. v. Martinus Mulders. Nijmegen/Utrecht 1941. – G. G.s Tractaat Contra Turrim Traiectensem teruggevonden. Hg. v. Regnerus Post. ’s-Gravenhage 1967. 4. Briefe: Gerardi Magni Epilstolae. Hg. v. Willem Mulder. Antwerpen 1933. – G Feugen: Onuitgegeven brieven van- en aan G. G. In: Ons Geestelijk Erf 15 (1941) S. 73–78. – Ders.: G. G.’s Brief aan Henricus de Huxaria (1381). In: ebd. 15 (1941) S. 79–87. – Heinrich R¨uthing: Vier neue Briefe G. G.s. In: ebd. 40 (1966) S. 392–406. – G. G.’s epistola de patientia. Hg. v. Joannes Tiecke. Almelo 1984. 568

Groote ¨ Ubersetzungen: G´erard Grote, fondateur de la D´evotion Moderne. Lettres et trait´es. Hg. v. Georgette Epiney-Burgard. Turnhout 1998. Literatur: 1. Devotio moderna: Zur allg. Gesch., Kontext und Ausbreitung der Devotio moderna existiert eine umfangreiche Lit. Vgl. etwa die Informationen und Bibliogr. in Ruh 1999 (s. u.) und Engen 2008 (s. u.) sowie: Jean M. E. Dols: Bibliogr. der Moderne Devotie. Nijmegen 1941. – Pierre Debongnie: D´evotion moderne. In: Dict. Spir. 3 (1957) Sp. 727–747. – Gerhard Rehm: Die Schwestern vom Gemeinsamen Leben im nordwestlichen Deutschland. Unters. zur Gesch. der Devotio moderna und des weiblichen Religiosentums. Berlin 1985, S. 321–358. 2. G. G.: Jacob Cornelis van Slee: G., Gerhard. In: ADB 9 (1879) S. 730–733. – Joannes Tiecke, Dict. Spir. 6 (1967) Sp. 265–274. – Cebus C. de Bruin, VL2 3 (1981) Sp. 263–272; 11 (2004) Sp. 558. – Erwin Iserloh, LexMA 4 (1989) Sp. 1725 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 336 ff. – Rudolf van Dijk, LThK3 4 (1995) Sp. 1061 f. – Hellmut Zschoch, RGG4 3 (2000) Sp. 1300 f. – Petrus Horn: Vita magistri Gerardi Magni. Hg. v. Wilhelm J. K¨uhler. In: Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis 6 (1909) S. 325–370. – Thomas a` Kempis: Vita Gerardi Magni. In: Ders.: Opera omnia 7. Hg. v. Michael J. Pohl. Freiburg i. Br. 1922, S. 31–115. – M. de Beer: Studie over de spiritualiteit van G. G. Br¨ussel 1938. – Fidentius van den Borne: G. G. en de Moderne Devotie in de geschiedenis van het ordewezen. In: Studia Catholica 16 (1940) S. 397–414; 17 (1941) S. 120–133, 197–209; 18 (1942) S. 19–40, 203–224. – J. Tiecke: De werken van G. G. Diss. Nijmegen 1941. – Johannes Lindeboom: G. G.’s Preeksuspensie, een bijdrage tot uijn geestelijke plaatsbepaling. Amsterdam 1941. – Jacobus van Ginneken: G. G.s levensbeld naar de oudste gegevens bewerkt. Amsterdam 1942. – Ernest F. Jacob: Gerard G. and the Beginnings of the ‹New Devotion› in the Low Countries. In: The Journal of Ecclesiastical History 3 (1953) S. 40–57. – Theodore P. van Zijl: Gerard G. Ascetic and Reformer (1340–1384) (Studies in Medieval History NS 18). Washington 1963. – C. C. de Bruin: Ist G. G. der Verf. des B¨uchleins ‹De imitatione Christi›? Krit. Randbemerkungen zu van Ginnekens Hypothese betreffs der Autorschaft der Imitatio. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. K. Ruh. Darmstadt 1964, S. 462–496. – Gerard J. M. Bartelink: A propos 569

2. H¨alfte 14. Jh. de quelques lettres de Geert Groote. In: Archivum latinitatis medii aevi 39 (1973) S. 106–112. – Albert Ampe: Speculatieve achtergronden van Grote’s gebedstheorie. In: Ons Geestelijk Erf 51 (1977) S. 20–27. – G. G., Thomas v. Kempen und die Devotio moderna. Hg. v. Hans Norbert Janowski. Olten/Freiburg i. Br. 1978. 21983. – Birgitt Weimann: Die ma. Hss. der Gruppe Manuscripta Germanica (Kat. der Stadt- und UB Frankfurt/M. V,4). Frankfurt/M. 1980, S. 134–136. – Marijn de Kroon: G. G. In: Gestalten der Kirchengesch. 4. Hg. v. Martin Greschat. Stuttgart u. a. 1984, S. 234–250. – C. H. Slechte: Deventer en G. G. In: Spiegel Historiael 19 (1984) S. 391–397, 421. – C. C. de Bruin u. a.: G. G. en de Moderne Devotie. Zutphen 21985. – G. Epiney-Burgard: G. G.s Anliegen. In: Ons Geestelijk Erf 59 (1985) S. 117–129. – Jan van Herwaarden: G. G.s traktaat over meditatie. De quattuor generibus meditabilium. In: ebd., S. 130–141. – Joseph Alaerts: Invloed van G. G. op de tekstoverlevering van Ruusbroecs ‹Die Geestelike Brulocht›. In: ebd., S. 142–153. – Guide de Baere: Het ‹Ghemeine Leven› bij Ruusbroec en G. G. In: ebd., S. 172–183. – Petronella Bange: G. G. visie op de vrouw en het huwelijk. In: ebd., S. 421–434. – Paul Peteghem: G´erard G. et l’image du ‹bon pasteur›. G´erard G. face a` la crise religieuse de son temps et a` celle de l’´epoque post´erieure. In: La d´evotion moderne dans les pays bourguignons et rh´enans. Hg. v. Jean-Marie Cauchies. Bˆale 1989, S. 17–25. – Rudolphus Dijk: Het getijdenboek van G. G. Terugblik en vooruitzicht. In: Ons Geestelijk Erf 64 (1990) S. 156–193. – Ders.: G. G. im Lichte seiner kart¨ausischen Beziehungen. In: Die Gesch. des Kart¨auserordens 1 (Analecta Cartusiana 125). Hg. v. James L. Hogg. Salzburg 1991, S. 113–129. – Anton Weiler: De constructie van het zelf bij G. G. In: Serta Devota Guillelmi Lourdaux 1. Devotio Windesheimensis. Hg. v. Werner Verbeke. Leuven 1995, S. 225–239. – R. Dijk: G. G. und die Volkssprache bei Kart¨ausern. In: Die Kart¨auser und ihre Welt. Kontakte und gegenseitige Einfl¨usse 1 (Analecta Cartusiana 62). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1993, S. 140–159. – Handschriftencensus Rheinland. Erfassung ma. Hss. im rheinischen Landesteil von Nordrhein-Westfalen mit einem Inventar 1. Hg. v. G¨unter Gattermann. (Schr. der ULB D¨usseldorf 18). Wiesbaden 1993, S. 181 (Nr. 244). – Anton Weiler: G. G. en begijnen in de begintijd van de Moderne Devotie. 570

2. H¨alfte 14. Jh. In: Ons Geestelijk Erf 69 (1995) S. 114–132. – G. Epiney-Burgard: G´erard G., fondateur de la D´evotion Moderne. In: Revue des sciences religieuses 71 (1997) S. 345–353. – Cornelia Hopf: Die abendl¨andischen Hss. der Forschungs- und LB Gotha. Bestandsverz. 2: Kleinformatige Pergamenthss. Memb. II (Ver¨off. der Forschungs- und LB Gotha 35). Gotha 1997, S. 53–55. – Franzjosef Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der UB Leipzig (DTM 70/3). Berlin 1998, S. 231 f. – Helmar H¨artel: Hss. des Kestner-Mus. zu Hannover (Ma. Hss. in Niedersachsen 11). Wiesbaden 1999, S. 26 f. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik 4. Mu¨ nchen 1999, S. 150–164. – Franz Lackner und Alois Haidinger: Kat. der Streubest¨ande in Wien und Nieder¨osterreich 1: Nichtarchivalische ma. Hss. ¨ und Fragm. [...] (Osterr. Akad. der Wiss., philol.hist. Kl., Denkschr. 272; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA II,5). Wien 2000, S. 192–196 (Nr. 26). – Ralf G. P¨asler: Kat. der ma. dt.sprachigen Hss. der ehemaligen SUB K¨onigsberg. Hg. v. Uwe Meves (Schr. des Bundesinst. f¨ur ostdt. Kultur und Gesch. 15). Mu¨ nchen 2000, S. 193 f. – Kurt Heydeck: Die ma. Hss. der UB Rostock (Kat. der UB Rostock 1). Wiesbaden 2001, S. 167–171. – Lotte Kurras: Dt. und ndl. Hss. der K¨oniglichen Bibl. Stockholm. Hss.kat. (Acta Bibliothecae Regiae Stockholmiensis LXVII). Stockholm 2001, S. 56–60. – Regina Cermann: Gebetb¨ucher (Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA 5,1/2). M¨unchen 2002, S. 185–187. – Gerard J. M. Bartelink: Jeux de mots dans les lettres de G. G. In: FS Carl Deroux 5. Hg. v. Pol Defosse. Bruxelles 2003, S. 279–285. – John van Engen: The Writings of Master G. G. of Deventer, Deacon (1340–84). In: Ons Geestelijk Erf 78 (2004) S. 345–368. – Fred van Kan: G. G. en de eerste stichtingen. In: Van Zoys tot Soest 26 (2005) H. 2, S. 8–13. – The Splendor of the Word. Medieval and Renaissance Illuminated Manuscripts at The New York Public Library. Hg. v. Jonathan J. G. Alexander u. a. New York 2005, S. 305–308 (Nr. 68). – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Fragm. Cgm 5249–5250 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,8). Wiesbaden 2005, S. 175. – Susanne Krauß: Die Devotio moderna in Deventer. Anatomie eines Zentrums der Reformbewegung. Diss. K¨oln 2005. Nachdr. Berlin/Mu¨ nster 2007. – Wilhelmina C. M. W¨ustefeld: Manuscript Painting in the Circle of the Master of Catherine of Cleves 571

Radewijns (ca. 1435–60). Tradition and Context of Utrecht, Museum Catharijneconvent, Ms. A B M h15. In: Tributes in Honor of James H. Marrow. Studies in Painting and Manuscript Illumination of the Late Middle Ages and Northern Renaissance. Hg. v. Jeffrey F. Hamburger und Anne S. Korteweg. London/Turnhout 2006, S. 585–599. – Willem Heijting: Catalogus van de hss. in de Universiteitsbibliotheek Vrije Universiteit Amsterdam. Amstelveen 2007, S. 40 f. – J. van Engen: Sisters and Brothers of the Common Life. The Devotio Moderna and the World of the Later Middle Ages. Philadelphia 2008, S. 381–416. – Rijcklof H. F. Hofman: A Lesson in Humility. G. G. Meets Jan van Ruusbroec. In: Seeing the Seeker. FS Kees Waaijman. Hg. v. Hein Blommestijn. L¨owen u. a. 2008, S. 405–413. – Vernieuwde innigheid over de moderne devotie. G. G. en Deventer. Bearb. v. Koen Goudriaan. Nijmegen 2008. – J¨urgen Geiß: Ma. Hss. in Greifswalder Bibl. Verz. der Best¨ande der Bibl. des Geistlichen Ministeriums (Dombibliothek St. Nikolai), der UB und des Universit¨atsarch. Wiesbaden 2009, S. 171 f., 252. MM Radewijns, Florens (Florentius), * um 1350 Leerdam, † 24.3.1400 Deventer. Der aus einer beg¨uterten Familie stammende R. war Sch¨uler und enger Freund Gert → Grootes in Deventer, Mitbegr¨under der Devotio moderna, Lehrer und F¨orderer des → Thomas von Kempen. Er studierte an der Universit¨at Prag (1378 Magister artium). R. wurde Domherr in Utrecht, nach Verzicht auf dieser Pfr¨unde Vikar in Deventer, wo er 1380 das erste Haus der «Br¨uder vom gemeinsamen Leben» gr¨undete. Er war Leiter der Bewegung und gab ihr besonders durch die Ausbildung einer Kanonikerregel sowie durch die Gr¨undung der Kongregation in Windesheim ein dauerndes Fundament. R. verfasste u. a. den Libellus Omnes, inwuit, artes. Seine Dicta seu notabilia verba beeinflussten die B¨ucher I und II der Imitatio Christi des Thomas von Kempen. Aus den Traktaten R.s, darunter Tractatus devotus de extirpatione vitiorum et passionum et acquisitione verarum virtutum et maxime caritatis Dei et proximi et vere unionis cum Deo et proximo zitierte u. a. Gerhard → Zerbolt van Zutphen. Literatur: Martin van Woerkum, Dict. Spir. 5 (1964) Sp. 427–434. – Georgette Epiney-Burgard, VL 7 (1989) Sp. 968–972. – Friedrich Wilhelm 572

Cele Bautz, BBKL 22 (1990) Sp. 63. – Manfred Gerwing, LexMA 8 (1995) Sp. 388. – Thom Mertens: Florentius R. In: LThK3 3 (1995) Sp. 1325. – Hellmuth Zschoch, RGG4 3 (2000) Sp. 163. – Jan H. Gerretsen: Florentius Radewijns. Nijmegen 1891. – Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. M¨unchen 1931 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 485–492. – Thomas v. Kempen, Opera omnia. Bd. 7. Hg. v. Michael J. Pohl. Freiburg 1922. – M. v. Woerkum: Florentius R. Schets van zijn leven, werken, geschriften, persoonlijkheid en ide¨en. In: Ons Geestelijk Erf 24 (1950) S. 337–364. – Leonardus A. M. Goossens: De meditatie in de eerste Tijd van de Moderne Devotie. Haarlem 1952. – St. Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden. Bd. 3: De Moderne Devotie, 1380–1550. Antwerpen 1956, S. 83–90. – C. van der Wansem: Het ontstaan en de geschiedenis der Broederschap van het Gemene Leven tot 1400. Leuven 1958, S. 50–135. – R. R. Post: The Modern Devotion. Leiden 1968, S. 198–210, 317–325, passim. – G. Epiney-Burgard: La vie et ls e´ crits de Florent R. en langue vernaculaire. In: Ons Geestelijk Erf 63 (1989) S. 370–384. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. Mu¨ nchen 1999, S. 152 f. BJ Godeverd van Wevele, * um 1320 Leuven/Brabant, † 1396. – Verfasser eines mystischen Traktats. G. trat zwischen 1355 und 1360 in das Augustinerchorherrenstift Groenendaal bei Br¨ussel ein, war dort als Prokurator t¨atig und wurde 1381 erster Vorsteher und Novizenmeister des neugegr¨undeten Klosters Eemsteyn im Stift Utrecht. Er ist h¨ochstwahrscheinlich der Verfasser des fr¨uher auch Jan van → Ruusbroec zugeschriebenen mndl. Traktats Vanden XII dogheden, der in zahlreichen Handschriften u¨ berliefert ist. Das Werk versteht sich als praktische Anweisung zum Streben nach geistlicher Vollkommenheit; im Zentrum steht die Verkn¨upfung der Gedankenwelt der ndl. Mystik Ruusbroecscher Pr¨agung mit derjenigen der hochdt. Mystik Meister → Eckharts. Im Gefolge der Verbreitung der ndl. Devotio moderna wurde der Traktat auch im Rheinland und in Niederdeutschland rezipiert und in Schiftdialekte umgeschrieben. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 8° 53, 2r-127v (ripuarisch; geschrieben 1468 im K¨olner Kreuzbr¨uderkloster). – Aachen, Stadtarch., 573

2. H¨alfte 14. Jh. Hs. 2, 130v–152v (ripuarisch; Auszug, geschrieben um die Mitte/zweite H¨alfte des 15. Jh. im Franziskanerkloster Aachen). – Berlin, SBB, Mgo 478, 148r–219v (s¨udwestmitteldt., Mitte/zweite H¨alfte 15. Jh.). – Halle/Saale, UB/LB, Ms. Halberst. 1014, 1r–59r (nd.; geschrieben 1463). – Leipzig, UB, Ms. 1302, 125r–197v (Pap.). – Rostock, UB, Ms. theol. 39, 192r–199v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nieders¨achsisch). Ausgaben: Constantin N¨orrenberg: Eine Aachener Hs. des 15. Jh. In: Zs. des Aachener Geschichtsver. 5 (1883) S. 288–294 (Ausz¨uge). – Jan van Ruusbroec. Werken. Bd. 4. Naar het standaardhandschrift van Groenendaal uitgegeven door het Ruusbroec-Genootschap te Antwerpen. Mecheln/Amsterdam 1932, S. 225–308 (mndl. Text). Literatur: Hartmut Beckers, VL 2 3 (1981) Sp. 74–76; 11 (2004) Sp. 544. – Jan van Mierlo: Uit de uitgave van het Obituarium van Groenendaal. In: Verslagen en mededelingen der Koninklijke Vlaamsche academie foor taal- en letterkunde (1941) S. 429–441. – Maria Alberta L¨ucker: Meister Eckhart und die Devotio Moderna (Stud. und Texte zur Geistesgesch. des MA 1). Leiden 1950, S. 59–78. – Stephanus Gerard Axters: Geschiedenis van de Vroomheid in de Nederlanden. Bd. 2. Antwerpen 1953, S. 329–339. – Rijkert Alex Ubbink: De receptie van Meister Eckhart in de Nederlanden [...]. Leiden 1978, S. 182–192. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 118–123. – Franzjosef Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der UB Leipzig. Zum Druck gebracht v. Irene Stahl (DTM 70/3). Berlin 1998, S. 178–180. – Kurt Heydeck: Die ma. Hss. der UB Rostock (Kat. der UB Rostock 1). Wiesbaden 2001, S. 225 f. SF Cele, Johannes, * um 1345 Zwolle, † 1417 ebd. – Schulrektor in Zwolle und Anh¨anger der Reformbewegung der Devotio Moderna; Prediger. Nach wahrscheinlich in Paris und Prag absolvierten Studien wurde C. 1377 Rektor der Stadtschule von Zwolle. Mit Gert → Groote, dem Vater der Bewegung der Devotio Moderna, verband ihn nicht nur eine enge Freundschaft; C. teilte auch dessen geistliche Ideale. Unter C.s Einfluss erlebte die st¨adtische Schule von Zwolle eine Bl¨utezeit; der dort stattfindende Unterricht in der Schule geh¨orte wohl zu den besten der damaligen Zeit. Gemeinsam mit einigen Magistern aus Paris unterrichtete 574

2. H¨alfte 14. Jh. C. dort an die 1000 Sch¨uler, von denen viele aus Deutschland kamen. Ihm werden einige Predigten in mndl. Sprache zugeschrieben. Ausgabe: Thomas Joseph de Vries (Hg.): Duutsche sermoenen door magister Joan Cele, rector der Zwolse school, gehouden tot zijn clercken, 1380–1415. Zwolle 1948 (Auswahl). Literatur: Jacobus Cornelis van Slee, ADB 4 (1876) S. 77–79. – Cola Minis: Busch, Johannes. In: VL2 1 (1978) Sp. 1140–1142, hier Sp. 1140. – Michael Schoengen: Die Schule v. Zwolle v. ihren Anf¨angen bis zu dem Auftreten des Humanismus. Diss. Freiburg 1898. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 157. – Ulrike Hascher-Burger: Gesungene Innigkeit: Stud. zu einer Musikhs. der Devotio moderna (Studies in the history of Christian thought 106). Leiden u. a. 2002, S. 36 u. o¨ . SF Reimverse eines Begarden. – Neunstrophiges mystisches Gedicht aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. Die Reimverse, als deren Verfasserin eine Begine in Frage kommt, die sich am Vortrag eines Wanderpredigers orientierte, sind einem jungen Begarden in den Mund gelegt. Dieser z¨ahlt sich zu den «Freien Geistern», die in der g¨ottlichen Minne stehen und das ewige Leben in der absoluten, ungeteilten g¨ottlichen Wahrheit anstreben; Vollkommenheit sei demnach bereits im Leben erreichbar. Die verwendeten Begrifflichkeiten entstammen der dt. spekulativen Mystik. Die Strophenform der R. e. B. ist der Hildebrandston. ¨ Uberlieferung: Bremen, SUB, Cod. c. 18, 53v–54r (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., th¨uringisch). Ausgabe: Ruh 1984 (s. Lit.) S. 320 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) Sp. 1153–1155. – Karl Brethauer: Neue Eckharttexte und Mystikerhss. In: ZfdA 69 (1932) S. 241–276. – K. Ruh: Mystische Spekulationen in Reimversen des 14. Jh. In: Kl. Schr. Bd. 2. Hg. v. K. Ruh. 1984, S. 184–211. – Ders.: Mystische Reimverse, einem Begarden in den Mund gelegt. In: ebd., S. 318–326. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 73. – Irene Stahl: Kat. der ma. Hss. der SUB Bremen (Die Hss. der SUB Bremen 1). Wiesbaden 2004, S. 196–206. SF 575

Reimverse eines Begarden Eine gute Klosterlehre. – Unterweisung u¨ ber das Klosterleben, zweite H¨alfte 14. Jh. Die kaum vor 1378 entstandene, predigt¨ahnliche «rede» eines unbekannten «maisters» bietet Antworten auf zentrale Fragen des geistlichen Lebens im Kloster. Die Collatio richtet sich an mit Lehren der dt. Mystik vertraute Ordensfrauen, deren Haus am Oberrhein («zwyschen Pasel und Mentz») gelegen sein d¨urfte. Ausdr¨ucke wie «Schalkeit der naturen» weisen auf → Tauler hin. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 329, 181r–188r (Pap., 15. Jh., niederrheinisch) (= Samer A). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1067, 46rb–49ra (Pap., 15. Jh.) (= Spamer B). – Ebd., Cod. 1919, S. 413–425 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostschweizerisch) (= Spamer A). – Augsburg, UB, Cod. III. 1. 4° 33, 120r–123v (Pap., 1450). – Salzburg, UB, Cod. M I 476, 273v–274r (Pap., 1441, niederalemannisch) (= Spamer A, stark gek¨urzt und abweichend). – Straßburg, Bibl. Nat. et. Univ., ms. 2795 (fr¨uher L germ. 662.4°) (fr¨uher Privatbesitz Charles/Karl Schmidt, Straßburg), 131r–137v (Pap., 1440) (= Spamer B). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1569 (olim 615; L 27), 142rv (Pap., Melk, Schreiber: Lienhard Peuger, nach 1440, mittelbair.). Ausgaben: Carl Schmidt: Johannes Tauler v. Straßburg. Hamburg 1841, Beilagen Nr. 2, S. 214 f. (Teile nach Straßburg, cod. 2795). – Auguste Jundt: Histoire du pantheisme populaire au moyen aˆge et au seizi`eme si`ecle. Paris 1875, Appendice II 2, S. 236–240. – Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. u. 15. Jh. Jena 1912, Nr. 8 A und B, S. 78–91. Literatur: Georg Steer, VL2 3 (1981) Sp. 330 f.; 11 (2004) Sp. 575. – Schmidt (s. Ausg.). – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 99. – Johannes Gottfried Mayer: Die ‹Vulgata›-Fassung der ¨ Predigten Johannes Taulers. Von der hsl. Uberl. des 14. Jh. bis zu den ersten Drucken (Texte und Wissen 1). W¨urzburg 1999. BJ Friedauer, Bartholom¨aus. – Schreiber und Prediger, zweite H¨alfte 14. Jh. Zwischen 1379 und 1385 ist «Bartholomeus Fridower de Sancto Gallo plebanus in Stans» als unterzeichnender Schreiber lat. Hss. bezeugt. Außerdem war er vermutlich an der Bearbeitung und Verbreitung einer Predigt im Corpus der → Engelberger Predigten beteiligt. 576

Gemahelschaft Christi mit der gl¨aubigen Seele ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 335 (Nr. 6) (Pap., ca. 1379–86, alemannisch). Ausgabe: W. Muschg (Hg.): Mystische Texte aus dem MA. 1943, S. 133–146. – Ren´e Wetzel/Fabrice Fl¨uckiger in Verbindung mit Bal´azs J. Nemes und Mathias Stauffacher: Die ‹E. P.› Edition und Textgesch. (Kulturtopographie des alemannischen Raumes) (in Vorb.). Literatur: Muschg (s. Ausg.). – S. Beck: Unters. zum Engelberger Prediger. Diss. Freiburg/Schweiz ¨ 1952. – Mathias Stauffacher: Unters. zur hsl. Uberl. des ‹E. Prediger›. Diss. Basel 1982. SF Von einem christlichen Leben. – Katechetischer Traktat aus der Zeit zwischen 1379 und 1413 ¨ mit der Uberschrift «Hie hebt sich an von einem christenlichen leben [... ] wer oren hat zu horen, der hor». Diese Schrift eines unbekannten Verfassers – vermutlich eines Augustinerchorherren aus einem Reformkloster – war vor allem im bair. und alemannischen Gebiet verbreitet und weist erbauliche und popularmystische Z¨uge auf. Der Traktat umfasst das Vaterunser, das Ave Maria und das Credo, dann die zehn Gebote und obli¨ gate katechetische Texte. In der Uberlieferung erscheint der Text h¨aufig zusammen mit dem Traktat Von der → Gemahelschaft Christi mit der gl¨aubigen Seele und mit einigen weiteren Traktaten wie Die → Goldwaage der Stadt Jerusalem. Wortw¨ortlich entlehnt wurde der S¨undenkatalog aus dem Compendium III des → Hugo Ripelin von Straßburg. ¨ Uberlieferung: 20 Hss. verz. bei Weidenhiller 1965 (s. Lit.) S. 140–145. Ferner: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 42, Nr. 13 (fragm.). – Bamberg, SB, Cod. Lit. 175 (Ed. VII. 56), 1r–26r. Literatur: Egino Weidenhiller, VL 2 1 (1978) Sp. 1228 f.; 11 (2004) Sp. 323. – Romuald Banz: Christus und die Minnende Seele (Germanistische Abh. 29). Breslau 1908, S. 12–14. – Wieland Schmidt: Die 24 Alten Ottos v. Passau (Palaestra 212). Leipzig 1938, S. 45 f. – E. Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 140–152. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 157, 193. – Odo Lang: Kat. der Hss. in der Stiftsbibl. Einsiedeln. 2. Tl. Codd. 501–1318. Basel 2009, S. 275–280. SF 577

2. H¨alfte 14. Jh. Gemahelschaft Christi mit der gl¨aubigen Seele. – Erbauungsbuch f¨ur Ordensleute. Das umfangreiche Buch wurde zwischen 1379 und 1413 von einem Klostergeistlichen verfasst, vermutlich von einem Angeh¨origen des Augustiner-Eremitenordens. Die Allegorie von der Seele als Braut, die sich auf ihren Br¨autigam Christus vorbereiten und ihm entgegengehen soll, ist durch Belehrungen, katechetische Aufz¨ahlungen und gr¨oßere Exkurse (u. a. u¨ ber den Gehorsam des geistlichen Menschen und die Besitzlosigkeit im Kloster) unterbrochen. Unter den zitierten Autorit¨aten ragen → Augustinus und → Bernhard von Clairvaux hervor. Die G. ist in zwei am Anfang und am Schluss voneinander abweichenden Fassungen u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 5, 1ra–220ra (Pap., 1413, mittelbair.). – Ebd., Cod. III.1.2° 27, 1ra–212va (Pap., erstes Viertel 15. Jh., nordbair.). – Bamberg, SB, Msc. Theol. 65 (fr¨uher Q.VI.63), 211 Bll. (Perg., 1462). – Berlin, SBB, Mgf 77, 230 Bll. (Perg. und Pap., 14. Jh., obd.). – Dresden, LB, Mscr. M 57, 161 Bll. (Perg., sp¨ates 14./fr¨uhes 15. Jh., Franken). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 316, 2r–211vb (Pap., um 1481–84, schw¨abisch). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1893, 431 Bll. (Pap., 17. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 509, 1ra–341va (Pap., 1461, nordbair.). – Ebd., Cgm 516, III + 256 Bll. (Perg. und Pap., Schreiberin [Bl. 203vb]: Barbara Geuderin, 1459, n¨urnbergisch). – Ebd., Cgm 518, III + 256 Bll. (Pap., 1470, n¨urnbergisch). – Ebd., Cgm 519, 1ra–255va (Pap., 1454, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 3853 (1664). – Ebd., Cgm 5312, 439 Bll. (Perg. und Pap., 1424, nordbair.). – Ebd., Cgm 7241, 2r–289v (Pap., Schreibernennung [Bl. 319ra]: «von mir Johannes Ruff die zeitt wonnhaft zw Inglstadt», 1499, bair. mit schw¨abischem Einschlag). – N¨urnberg, Katharinenkloster, Cod. E LVI (verschollen). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 991, 846 S. (Pap., 1483). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1189 f. – Hanns Fischer/Hans Fromm: Ma. dt. Hss. der UB Mu¨ nchen. In: PBB (T¨ub.) 84 (1962) S. 433–473, hier S. 443. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der Bayerischen Staatsbibl. (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 140–148. – K. Schneider: Beziehungen zwischen den Dominikanerinnenkl¨ostern N¨urnberg und Altenhohenau im ausgehenden MA. In: W¨urzburger Prosastud. II. Unters. zur Lit. und Sprache des MA. FS Kurt 578

2. H¨alfte 14. Jh. Ruh. Hg. v. Peter Kesting (Medium Aevum 31). Mu¨ nchen 1975, S. 211–218, hier S. 216 f. – Christian Bauer: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee. ¨ Unters. zu Gebrauch und Uberl. deutschsprachiger Lit. im 15. Jh. (MTU 107). T¨ubingen 1996, S. 219. – Bettina Jung: Das N¨urnberger Marienbuch. Unters. und Edition (TTG 55). T¨ubingen 2004, S. 69*. BJ Heinrich von Langenstein (Heinricus Heinbuche/Hembuche de Hassia, Heinrich von Hessen), * um 1325 Langenstein/Hessen, † 11.2.1397 Wien. – Theologe. Wie die Akten der Universit¨aten Paris und Wien sowie Hinweise in seinen eigenen Schriften bezeugen, nahm H. (1358?) sein Studium an der Pariser Universit¨at auf, wo er 1363 Lizentiat der Artistenfakult¨at wurde; nach zehnj¨ahriger Lehrt¨atigkeit ebendort und gleichzeitigem theologischen Studium wurde er 1375 auch Lizentiat der Theologie. Als Folge seiner Haltung w¨ahrend des Abendl¨andischen Schsimas musste H. 1382 Paris verlassen und lebte bei Jakob von Eltville, Abt des Zisterzienserklosters Eberbach im Rheingau und in Worms. Seit 1384 war er als Lehrer und Reorganisator an der Wiener Universit¨at t¨atig, wo er 1393 die Position des Rektors erlangte. H. ist der Verfasser von rund 100 lat. Schriften theologischen, naturwissenschaftlichen, rechtsgeschichtlichen und philosophischen Inhalts, von denen jedoch nur wenige gedruckt sind; er z¨ahlt zu den bedeutendsten Gelehrten des Sp¨atMA. Zu seinen theologischen Fr¨uhwerken z¨ahlen ein Isaiaskommentar und die Lectura supra Pater noster; kirchenpolitische Schriften wie eine Epistola pacis oder eine Epistola concilii pacis sollten zur Beilegung des Schismas beitragen. Im Rahmen der Lehrt¨atigkeit in Wien entstand 1385–96 ein Genesiskommentar in sieben B¨anden. Von H. sind ferner mystische und asketische Schriften, zahlreiche Briefe, Texte zur Volkswirtschaft, Predigten, eine hebr¨aische Grammatik sowie liturgische, pastorale und erbauliche Schriften erhalten. Ihm sind außerdem die ersten erhaltenen Predigten zur Judenbekehrung zuzuschreiben. H.s Bedeutung f¨ur die dt. Literatur liegt in der Entwicklung einer religi¨osen Unterweisungs- und Erbauungsliteratur in dt. Prosa mit scholastischmoralischem Charakter im Rahmen der «Wiener Schule». An nur dt. u¨ berlieferten Werken wurde H. schon fr¨uh der zweiteilige Traktat Erkenntnis der 579

Heinrich von Langenstein S¨unde zugeschrieben, der seit 1393 in u¨ ber 80, vor allem o¨ sterr. und bair. Handschriften u¨ berliefert ist. ¨ ¨ Uberlieferung: Uber 80 Hss., vgl. dazu Ru¨ dolf 1969 (s. Ausg.) S. 28–50. – Alteste Hs.: Wien, Schottenkloster, Cod. 213 (1393). Der erste Teil des Texts stellt eine freie Bearbeitung des dritten Buchs der lat. Summa de poenitentia des Raymund von Penyaforte (1334/44) und der Summa confessorum des → Johann von Freiburg (1280/98) dar. Inhaltlich bietet dieser erste Teil eine Unterweisung zu den Themen Buße, Reue und Beichte; das darin enthaltene Kapitel Wem ein f¨urst peichten sol ist Herzog Albrecht III., einem Unterst¨utzer der «Wiener Schule», gewidmet. Der zweite Teil orientiert sich an der Summa de vitiis et virtutibus des → Wilhelm Peraldus (um 1240) und handelt von den sieben Todsu¨ nden, ihren Erscheinungsformen sowie den Arten ihrer Bek¨ampfung. H., der lange Zeit als unbestrittener Verfasser der ¨ Erkenntnis galt, kommt als eigener Ubersetzer aufgrund des bair. Wortschatzes ohne westmitteldt.hessische Kennzeichen wohl nicht in Frage; die Regensburger Handschrift M¨unchen BSB, Cgm 5937 (1445) nennt als solchen den Wiener Juraprofessor und Kollegen H.s → Marquard von Randeck. H. w¨are demnach als Verfasser des verschollenen lat. Originaltexts zu sehen, den Marquard u¨ bersetzte. Michel → Beheim benutzte den zweiten Teil f¨ur sein B¨uchlein von den sieben Tods¨unden. H.s Verfasserschaft f¨ur weitere dt. Texte ist umstritten, bislang scheint er als Autor dt. Werke v¨ollig auszuscheiden. ¨ An weiteren dt. Ubersetzungen der lat. Schriften H.s liegen dt. Bearbeitungen von sieben seiner lat. Opuscula vor, darunter eine Quaestio u¨ ber sieben Anfechtungen des Teufels und 16 Hilfen da¨ gegen, eine Ubertragung des Traktats De discretione spirituum, die Bearbeitung einer Homilie H.s zur Assumptio Marie durch einen Bruder Ulrich, ¨ die Ubersetzung eines Briefes mit Contemptus¨ mundi-Thematik, zwei Ubersetzungen von H.s Traktat gegen den Eigenbesitz im Kloster und vier ¨ (vollst¨andige) Ubersetzungen des Speculum animae (darunter eine eigenst¨andige bair. und eine ostmit¨ teldt. Bearbeitung des 15. Jh.). Dt. Ubersetzungen naturwissenschaftlicher Schriften H.s waren laut dem Bibliothekskatalog des Konrad Sartori (um 1500) im Kloster Tegernsee vorhanden. Vgl. dazu: Ch. Bauer: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee (MTU 107). Mu¨ nchen 1996, S. 51. Ausgaben: P. Rainer Rudolf (Hg.): Erkanntnuzz der sund. Berlin 1969. – Thomas Hohmann: H. v. 580

Marquard von Lindau L. ‹Unterscheidung der Geister› lat. und dt. Zu¨ rich 1977. Literatur: Thomas Hohmann/Georg Kreuzer, VL2 3 (1981) Sp. 763–773; 11 (2004) Sp. 632. – G. Kreuzer, TRE 15 (1986) S. 11–13. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 679–681. – G. Kreuzer, MarLex 3 (1991) S. 127. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 405. – Gerhard Leibold, LThK3 4 (1995) Sp. 1390 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 461. – G. Kreuzer, RGG4 3 (2000) Sp. 1600 f. – Ders.: ‹Epistola pacis›. In: LexthW (2003), S. 275 f. – Ders.: ‹Quaestiones super libros Sententiarum›. In: ebd., S. 612. – Peter Wiesinger, Killy2 5 (2009) S. 190–192. – Konrad Josef Heilig: Krit. Stud. zum Schrifttum der beiden Heinriche v. Hessen. In: R¨omische Quartalschr. f¨ur christliche Altertumskunde 40 (1932) S. 105–176. – Winfried Trusen: Sp¨atma. Jurisprudenz und Wirtschaftsethik. Wiesbaden 1961. – P. Rainer Rudolf: H. v. L. ‹Erkanntnuzz der sund› und ihre Quellen. In: FS Gerhard Eis. Stuttgart 1968, S. 53–82. – T. Hohmann: Dt. Texte unter ¨ dem Namen ‹H. v. L.›. Eine Ubersicht. In: W¨urzburger Prosastud. II. Unters. zur Lit. und Sprache des MA. FS Kurt Ruh. Hg. v. Peter Kesting (Medium Aevum 31). Mu¨ nchen 1975, S. 219–236. – P. Wiesinger: Zur Autorschaft und Entstehung des H. v. L. zugeschriebenen Traktats ‹Erkenntnis der S¨unde›. In: ZfdPh 97 (1978) S. 42–60. – Oskar Putzer: Konjunktionale Nebens¨atze und a¨quivalente Strukturen in der H. v. L. zugeschriebenen ‹Erkenntnis der S¨unde›. Wien 1979. – G. Kreuzer: H. v. L. Stud. zu Biogr. und zu den Schismatraktaten unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Epistola pacis und der Epistola concilii pacis. Paderborn u. a. 1987. – Alfons H¨ammerl: Die Welt – Symbol Gottes oder eigenst¨andige Wirklichkeit? Verachtung und Hochsch¨atzung der Welt bei H. v. L. (Stud. zur Gesch. der katholischen Moraltheologie 31). Regensburg 1994. – Fritz Peter Knapp: H. v. L. ‹Sermones Wiennenses ad ludaeos convertendos›. Die a¨ltesten aus dem dt. Sprachraum erhaltenen Judenbekehrungspredigten. Pr¨asentation und Inter¨ 109 (2001) pretation eines Neufunds. In: MIOG S. 105–117. – Hiram K¨umper: Luzifers H¨ollenbrief: Eine obd. Bearb. und der a¨ lteste lat. Text der H. v. L. zugeschriebenen ‹Epistola Luciferi› v. 1351. In: Jb. der Hessischen kirchengeschichtlichen Vereinigung 57 (2006) S. 161–176. – Klaus Wolf: Hof – Univ. – Laien. Literatur- und sprachgeschichtliche Unters. zum dt. Schrifttum der Wie581

2. H¨alfte 14. Jh. ner Schule des Sp¨atMA. Wiesbaden 2006. – P. Wiesinger: Interdialektaler Transfer Bair. – Schw¨abisch im Fr¨uhnhd. des 15. Jh. Am Beispiel des H. v. L. zugeschriebenen Traktats ‹Erkenntnis der S¨unde›. In: Der Schreiber als Dolmetsch [...]. Hg. v. Thomas Klein/Werner Besch (Sonderh. der ZfdPh). Berlin 2009, S. 49–86. SF Lehre von der Messe. – Traktat u¨ ber den Ritus der Messe. Der Traktat mit Erkl¨arung und Deutung der Texte und Gebete folgt im Wesentlichen der Erkl¨arung De missa von → Heinrich Heinbuche von Langenstein. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 382, 62v–80v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 393, 72r–95r (Pap., 1468–70, mittelbair. und ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 638, 43ra–53va (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., Nachtrag nach 1482, mittelbair.). – Ebd., Cgm 5926, 283v–302r (Pap., 1463/64, mittelbair.). – Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 484, 156r–172v. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 58, 1r–51v. – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b V ¨ Cod. 2968, 200r–213v 9, 217v–237v. – Wien, ONB, (Pap.). Literatur: Kurt Illing, VL2 5 (1985) Sp. 669 f.; 11 (2004) Sp. 912. – Adolph Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902 (Nachdr. Darmstadt 1963) S. 517–519, 705 f. – Thomas Hohmann: Dt. Texte unter dem Namen ‹Heinrich v. Langenstein›. In: FS Kurt Ruh (Medium Aevum 31). Hg. v. Peter Kesting. W¨urzburg 1975, S. 219–236, hier S. 234. BJ Marquard von Lindau (M. Funke, Markus von Lindau) OFM, * um 1320/30, † 15.8.1392 Konstanz. – Verfasser theologischer, mystischer und geistlicher Schriften. M., dessen Heimatkloster vermutlich Lindau war, ist erstmals 1373 als «Marquard lector» in einer Straßburger Urkunde belegt. Er lehrte am Straßburger Studium generale seines Ordens. In seinem lat. Hauptwerk De reparatione hominis (1374), einer Auslegung der Heilsgeschichte, entwickelte er eine stark franziskanisch gepr¨agte Sch¨opfungs- und Erl¨osungslehre. Seit 1377 war M. mit einer Unterbrechung w¨ahrend des Großen Schismas «custos» der Bodensee-Kustodie des Franziskanerordens, seit 19.11.1389 Provinzial der obd. Franziskanerprovinz. M. war die Patristik sowie die monastische und scholastische Literatur des MA gel¨aufig, er war mit 582

2. H¨alfte 14. Jh. den Werken der Mystiker des 14. Jh. (vor allem Tauler u. Ruusbroec) vertraut und er kannte Texte wie die biblischen Kommentare Eckharts und Olivis verbotenen Kommentar zum Matth¨ausevangelium. Zu M.s Werken, die mit Ausnahme von De reparatione hominis und einer 1389 vollendeten Predigtsammlung nicht zu datieren sind, geh¨oren zahlreiche lat. Werke, die einzelne theologische Probleme behandeln, darunter De paupertate, De perfectione humanitatis Christi, De reparatione hominis und eine theologisch-philosophische Auslegung von Joh 1,1–14. Vier allegorische Traktate im viktorinischen Stil, deren zentrales Thema die Versuchung und die Erfahrung des inneren Leidens ist, umfassen lat. (De arca Noe) und dt. Schriften (Auszug der Kinder Israel, vollst¨andig in rund 80 Handschriften und zwei Druckfassungen des 16. Jh. u¨ berliefert; De Nabuchodonosor; Hiob-Traktat). In seiner 1389 vollendeten Sammlung von 41 deutschsprachigen Lesepredigten, die in scholastischer Tradition stehen, entwirft M. eine eigene Mystik, die bei guter Kenntnis der Werke des → PseudoDionysius Areopagita und Meister → Eckharts die franziskanische Ausformung der mystischen Einung mit einer in der dominikanischen Tradition stehenden negativen Theologie in Verbindung bringt. Zu M.s Predigten z¨ahlen auch mehrere lat. und einige dt. Texte, die verstreut u¨ berliefert sind. Mit zentralen Fragen des christlichen Lebens besch¨aftigen sich u. a. der dreiteilige, deutschsprachige Traktat De anima Christi und der erfolgreiche Eucharistietraktat; eine ausf¨uhrliche christliche Lebenslehre bietet die in mehr als 130 Handschriften u¨ berlieferte und schon 1483 gedruckte Dekalogerkl¨arung, deren wichtigste Quelle der DekalogTraktat De decem preceptis → Heinrichs von Friemar ist. M.s dt. Werke wurden bis u¨ ber die niederl¨andische Sprachgrenze u¨ berliefert. Viele seiner Werke wurden fr¨uh u¨ bersetzt, vom Deutschen ins Lateinische und umgekehrt. M. beeinflusste u. a. die Franziskaner Konrad → B¨omlin und Johannes → Sintram, den Augustiner Johannes von Indersdorf und der Straßburger Prediger Johann Geiler von Kaysersberg. ¨ Uberlieferung: Vgl. Nigel M. Palmer, in: VL. Ausgaben: Philipp Strauch: Die dt. Predigten des M. v. L. In: PBB 54 (1930) S. 161–201. – Annelies Julie Hoffmann: Der ‹Eucharistie-Traktat› 583

Marquard von Lindau M.s v. L. (in: Hermaea, NF 7). T¨ubingen 1960. – Eckart Greifenstein: Der Hiob-Traktat des M. v. ¨ L. Uberl., Unters. und krit. Ausg. (MTU 68). Z¨urich/M¨unchen 1979. – Die zehe gebot. Ein katechetischer Traktat. Hg. mit Einl. und sprachlichen Beobachtungen v. J. W. v. Maren. Amsterdam 1980 (nach den Drucken v. 1516 und 1520). – Das Buch der zehn Gebote [Venedig 1483]. Textausg. mit Einl. und Glossar. Hg. v. J. W. v. Maren. Amsterdam 1984. – R¨udiger Blumrich: M. v. L. Dt. Predigten (TTG 34). T¨ubingen 1994. – Stephen Mossman: Zu M. v. L., Konrad v. Braunsberg, den Gottesfreunden und dem Gottesfreundschaftsbegriff. In: Oxford German Studies 36 (2007) S. 327–354 (Ausg. des geistl. Sendbriefs). – Vollst. Auflistung aller Ausgaben vor 1987 durch Nigel F. Palmer, in: VL. Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 317 f. – Cl´ement Schmitt, Dict. Spir. 10 (1978) Sp. 645–648. – Nigel F. Palmer, VL2 6 (1987) Sp. 81–126 (Bibliogr. vor 1987!); 11 (2004) Sp. 978. – Ders., NDB 16 (1990) S. 244. – HansJochen Schiewer, MarLex 4 (1992) S. 335 f. – Raphaela Averkorn, LThK3 6 (1997) Sp. 412 f. – Stephen Mossmann, Killy2 8 (2010) S. 2–4. – Ottokar Bonmann: M. v. L. und sein lit. Nachlass. In: Franziskanische Stud. 21 (1934) S. 315–343. – James M. Clark: M. v. L. and His ‹Dekalogerkl¨arung›. In: Modern Language Review 34 (1939) S. 72–78. – Ders.: Neues u¨ ber M. v. L. In: PBB (Halle) 64 (1940) S. 47 f. – Friedrich Wilhelm WentzlaffEggebert: Dt. Mystik zwischen MA und Neuzeit. Berlin 1944. 31969. – J. M. Clark: M. v. L. and His Use of ‹Exempla›. In: Modern Language Review 42 (1947) S. 246–251. – Eduard Gebele: Markwart v. L. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 7. Hg. v. G¨otz v. P¨olnitz. M¨unchen 1959, S. 81–124. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 184. – N. F. Palmer: Der Hiob-Traktat M.s v. L. in lat. ¨ Uberl. In: PBB (Tu¨ b.) 104 (1982) S. 48–83 (mit Textpublikation). – Ders.: Latein, Volkssprache, Mischsprache. Zum Sprachproblem bei M. v. L. Mit einem Handschriftenverz. der ‹Dekalogerkl¨arung› und des ‹Auszuges der Kinder Israel›. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache 1 (Analecta Cartusiana 106). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1983, S. 70–110. – Jacobus W. van Maren: Zitate dt. Mystiker bei M. v. L. In: AB¨aG 20 584

Ferrer (1983) S. 74–85. – Peter Assion: Von den abgeschiedenen Seelen. Kirchenlehre und Volksglaube in der sp¨atma. Fegefeuer- und Geisterlit. In: Geist und Zeit. Wirkungen des MA in Lit. und Sprache. FS Roswitha Wisniewski. Frankfurt/M u. a. 1991, S. 255–275. – Freimut L¨oser: Rezeption als Revision. M. v. L. und Meister Eckhart. In: PBB (T¨ub.) 119 (1997) S. 425–458. – Antje Willing: Lit. und Ordensreform im 15. Jh. Dt. Abendmahlsschr. im N¨urnberger Katharinenkloster (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 4). M¨unster u. a. 2004. – Bernard McGinn: The Harvest of Mysticism in Medieval Germany (1300–1500). New York 2005. – Stephen Mossman: The Western Understanding of Islamic Theology in the Later Middle Ages. Mendicant Responses to Islam from Riccoldo da Monte di Croce to M. v. L. In: Recherches de th´eologie et philosophie m´edi´evales 74 (2007) S. 169–224. – Ders.: M. v. L. and the Challenges of Religious Life in Late Medieval Germany. The Passion – the Eucharist – the Virgin Mary. Oxford 2010. BJ Der Scholzelin. ¨ – Franziskanischer Prediger des sp¨aten 14. Jh. Die von S. in der Handschrift Berlin, SBB, Mgq 191 (els¨assisch) enthaltenen S¨atze aus einer Passionspredigt handeln von drei besonderen Leiden, die Christus in seiner Passion zu erdulden hatte. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 230 (Nr. XIII). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 815. BJ Barfußer ¨ von Basel. – Verfasser einer Predigt, 14. Jh. Die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 191, 362r/v (alemannisch, um 1400) u¨ berliefert von ihm das Exzerpt einer Predigt u¨ ber den Sakramentsempfang. Mo¨ glicherweise ist der B. identisch mit dem Franziskaner → Sch¨olzelin. Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 230. Literatur: Kurt Ruh, VL 2 1 (1978) Sp. 604. SF Ferrer, Vinzenz OP, * 23.1.(?)1350 Valencia, † 5.4.1419 Vannes (Bretagne). – Prediger, theologischer Schriftsteller. F. stammte aus einer wohlhabenden Familie, die mit seinem Bruder Bonifatius auch einen 585

2. H¨alfte 14. Jh. Kart¨auser-Ordensgeneral hervorbrachte. Nachdem sich F. 1367 den Dominikanern angeschlossen hatte, studierte er Logik, Theologie, Philosophie und Hebr¨aisch in Valencia, Barcelona (1368, 1372–74), L´erida (1369) und Toulouse (seit 1376). Nach Valencia zur¨uckgekehrt, war F. dort 1379/80 Prior des Konvents und seit 1385 Lektor f¨ur Theologie an der Domschule. Als Beichtvater der k¨oniglichen Familie erlangte F. in den folgenden Jahren auch politischen Einfluss. Nach seiner Promotion zum Magister wurde er 1389 Generalprediger seiner Ordensprovinz und ging 1392 als P¨onitar nach Avignon. Nachdem er schon fr¨uh f¨ur die dortige Papstlinie und Clemens VII. Partei ergriffen hatte, ernannte ihn dessen Nachfolger Benedikt XIII. 1394 zum Beichtvater. Im Zuge der Belagerung des Papstes wandte sich F. jedoch 1398 von Benedikt ab. Nach einem vision¨ar u¨ berh¨ohten Heilungserlebnis predigte F. 1399–1409 vor allem in den romanischen Territorien die Einheit der Kirche und das Nahen des Weltendes. Die starke Wirkung seiner Predigten l¨asst sich u. a. an den Gruppen von Geißlern ablesen, die ihm als treue Anh¨anger folgten. 1412 war F. Mitbegr¨under des Studium generale in Valencia. Im selben Jahr verhandelte er als Deputierter den Thronfolge-Kompromiss von Caspe mit. Als «magister sacri palatii» Benedikts XIII. weilte er 1413/14 bei den Gespr¨achen zwischen christlichen und j¨udischen Vertretern in Tortosa. 1416 begleitete er die Verhandlungen zwischen Benedikt und K¨onig Sigismund in Perpignan, wo F. zuletzt selbst die Suspensionsurkunde gegen Benedikt verlas. Den neuen Papst Martin V. erkannte F. an. Danach zog er wieder als Prediger umher und starb in der Bretagne. Bereits 1455 wurde er von Kalixt III. heiliggesprochen. Wohl in Barcelona entstand 1374 der Traktat De suppositionibus dialecticis, der F.s thomistische und antinominalistische Positionen erl¨autert. Bald darauf schrieb er die Quaestio solemnis de unitate universalis. 1380 folgte der Tractatus de moderno ecclesiae schismate, der K¨onig Peter IV. von Arag´on gewidmet war und den Monarchen auf die Seite von Clemens VII. ziehen sollte. F.s Hauptwerk Tractatus de vita spirituali d¨urfte um 1389 noch in Valencia entstanden sein und unterweist einen wahrscheinlich erfundenen Ordensbruder in vollkommener Lebensf¨uhrung. Der in mehrere Sprachen u¨ bersetzte Text bildete im 586

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ deutschsprachigen Raum einen eigenen Uberlieferungsstrang unter dem Titel Von zunemen vnd haltnuß bredigerordens. ¨ Eine dt. Ubersetzung erhielt auch F.s Tractatus consolatorius in tentationibus circa fidem (Lerh vnd hulffe wedir geistliche bekorung), der erneut F.s thomistische Tendenz verdeutlicht. Als weitere Werke F.s sind zu nennen De unitate universalis, Tractatus contra Judaeos, Contemplacio molt devota de vida Christi und Contemplacio dela passio de Jesucrist sowie zahlreiche Predigten. Die eschatologisch orientierte Predigtkompilation Opusculum de fine mundi existiert in ¨ mehreren dt. Ubersetzungen. ¨ Uberlieferung und Drucke: Gesamtverz. bei ¨ ¨ Kaeppeli 1993 (s. Lit.). Zur dt. Uberl. und Ubers.: 1. Tractatus de vita spirituali dt. (Von zunemen vnd haltnuß bredigerordens): N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 43g, 116r–138r (Pap. und Perg., Katharinenkloster N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh., bair., enth¨alt auch dt. Vita F.s). – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 12 (fr¨uher Harburg, Oettingen-Wallersteinsche Bibl., cod. III 1, 2° 12), 227ra–245va (Pap., Bamberg, 1465/66, nordbair., enth¨alt auch dt. Vita F.s). – Scheyern, Bibl. des Benediktinerstifts, Ms. 48 (fr¨uher Mscr. 6), 188ra–202vb (Pap., Kloster Maria Medingen bei Dillingen, 1482, enth¨alt auch dt. Vita F.s). – London, British Mus., cod. Add. 15103, 198r–211v (Pap. und Perg., Dominikanerinnenkloster Medlingen, 1488, enth¨alt auch dt. Vita F.s). – Berlin, SBB, Mgq 1590, 61r–96v (Pap., um 1500). – Innsbruck, Servitenkloster, cod. Ib 29, 109r–147r (Pap., 1509, ostschw¨abisch, enth¨alt auch dt. Vita F.s). – 2. Tractatus consolatorius in tentationibus circa fidem dt. (Lerh vnd hulffe wedir geistliche bekorung): Berlin, SBB, Mgo 467, 143r–150v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, 15. Jh.). – 3. Opus¨ culum de fine mundi dt.: Fr¨uhe anonyme Ubers. gedruckt in N¨urnberg [um 1481] und Augsburg 1486. ¨ Danach Ubers. von Petrus Sylvius (Druck Leipzig 1524), Johann Rasch (Druck M¨unchen [um 1550]), Wolfgang Seidel (M¨unchen, BSB, Cgm 3845, 1556) und erneut anonym (Mu¨ nchen, BSB, Cgm 3846, 1r–19r, 16. Jh.; Druck M¨unchen [um 1556]). Ausgaben (Auswahl): Verz. a¨ lterer Ausg. u. a. bei Brettle 1924 (s. Lit.) und Kappeli 1993 (s. Lit.). – Opera Omnia. Hg. v. Juan Tom´as de Rocabert´ı. 3 Bde. in 5 Tln. Valencia 1693–95. – Opuscula ascetica Sancti Vincentii Ferrerii. Hg. v. MatthaeoJoseph Rousset. Paris 1899. – Notes et documents de l’Histoire de Saint Vincent Ferrier. Hg. v. Henry O. Fages. L¨owen/Paris 1905. – Œuvres. Hg. v. 587

Ferrer H. O. Fages. 2 Bde. Paris 1909. – Tractatus de vita spirituali. Die Lehre vom geistlichen Leben. Hg. v. Sigismund Brettle. Paderborn 1923. – Sermons. Hg. v. Josep Sanchis Sivera und Gret Schib. 6 Bde. Barcelona 1932–88. – Biograf´ıa y escritos de San Vicente Ferrer. Hg. v. Jos´e M. Garganta. Madrid 1956. – Sermons de Quaresma. Hg. v. Manuel Sanchis Guarner. 2 Bde. Valencia 1973. – Tractatus de Suppositionibus. Hg. v. John A. Trentman. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977. – The Questio de unitate universalis of Vincent Ferrer. Hg. v. J. A. Trentman. In: Mediaeval Studies 44 (1982) S. 110–137. – Tratados filos´oficos. Hg. v. Vicente Forcada und Adolfo Robles Sierra. Valencia 1987. – C´atedra Garc´ıa 1994 (s. Lit.). – Coleccion de sermones de Cuaresma y otros segun el manuscrito de Ayora. Hg. v. dems. Valencia 1995. – Obras y escritos de San Vicente Ferrer. Hg. v. dems. Valencia 1996. – Tractat de la vida espiritual. Hg. v. dems. und Vicent J. Girb´es. Barcelona 1998. – Le Tractatus de moderno ecclesie ´ scismate de saint Vincent Ferrier (1380). Edition et e´ tude. Hg. v. Paul-Bernard Hodel u. a. Rom 2008/Fribourg 2009. – Sermons. Hg. v. Patrick Gifreu. Perpignan 2010. – Tratado de las suposiciones de los t´erminos (1371/72). Hg. v. Jos´e Angel Garc´ıa Cuadrado. Pamplona 2011. ¨ Ubersetzungen: Vgl. Ausgaben. Literatur: Regelm¨aßige Ver¨off. zu F. etwa in der Zs. Arxiu de textos catalans antics. Lit. bis 1998 bei Frenken 1998 (s. u.). – Volker Honemann, VL2 2 (1980) Sp. 726 f. – John A. Trentman, TRE 11 (1983) S. 91–93. – Peter Feige, LexMA 4 (1989) Sp. 395–397. – Friedrich W. Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 20 f. – Johannes Grohe, Marienlex. 6 (1994) S. 638 f. – Ders., LThK3 3 (1995) Sp. 1245. – Ansgar Frenken, BBKL 14 (1998) Sp. 1579–1583. – Sabine v. Heusinger: Vincentinus F. In: RGG4 8 (2005) Sp. 1118 f. – S. Brettle: San Vicente F. und sein literarischer Nachlaß. Mu¨ nster/Westf. 1924. – Antonio Mac´ıa Serrano: San Vicente F. en su vida, actos y obras. Madrid 1971. – J. Perarnau Espelt: La compilaci´o de sermons de Sant Vicent F. de Barcelona, Biblioteca de Catalunya, MS. 477. In: Arxiu de textos catalans antics 4 (1985) S. 213–402. – Pawel Dobrowolski: Society and Family in the Mirror of Late Medieval Preaching. The Case of V. F. In: Studia mediewistyczne 27 (1990) H. 2, S. 75–93. – Mark J. Zucker: Problems in Dominican Iconography. The Case of St. Vincent F. In: Artibus et 588

Johannes von Weißenburg historiae 13 (1992) S. 181–191. – Miguel Llop Catal´a: Los pobres y la pobreza en los sermones de San Vicente F. In: Escritos del vedat 22 (1992) S. 179–245. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi IV. Rom 1993, S. 458–474. – Pedro M. C´atedra Garc´ıa: Serm´on, sociedad y literatura en la Edad Media. San Vicente F. en Castilla (1411–1412). Estudio bibliogr´afico, literario y edici´on de los textos in´editos. Valladolid 1994. – Ernst Tremp: Ein noch nicht gehobener Schatz. Die Exempelsammlungen der Freiburger Franziskanerbibl. In: Zur geistigen Welt der Franziskaner im 14. und 15. Jh. Die Bibl. des Franziskanerklosters in Freiburg/Schweiz. Hg. v. E. T./Ruedi Imbach. Fribourg 1995, S. 111–131. – Kathrin Tremp: Ein Dominikaner im Franziskanerkloster. Der Wanderprediger V. F. und die Freiburger Waldenser (1404). Zu Codex 62 der Franziskanerbibl. In: ebd., S. 81–109. – J. Perarnau Espelt: Els quatre sermons catalans de Sant Vicent F. en el manuscrit 476 de la Biblioteca de Catalunya. In: Arxiu de textos catalans antics 15 (1996) S. 109–340. – Mauro Zonta: The Original Text of Vincent F.’s ‹Tractatus de unitate universalis› Discovered in an Unknown Hebrew Translation? In: Bulletin de philosophie m´edi´evale 39 (1997) S. 147–151. – Miquel P´erez: La vida de Sant Vicent F. Valencia 1997. – Alberto Ferreiro: Vincent F.’s Beati Petri Apostoli. Canonical and Apocryphal Sources in Popular Vernacular Preaching. In: The Harvard Theological Review 91 (1998) S. 41–57. – J. Perarnau Espelt: El punt de ruptura entre Benet XIII i Sant Vincent F. In: Analecta sacra tarraconensia 71 (1998) S. 625–651. – Ders.: Les primeres ‹reportationes› de sermons de St. Vicent F. Les de Friedrich von Amberg, Fribourg, Cordeliers, Ms 62. In: Arxiu de textos catalans antics 18 (1999) S. 63–155. – Ders.: Els manuscrits d’esquemes i de notes de sermons de Sant Vicent F. In: ebd. 18 (1999) S. 157–398. – Ders.: Sobre el manuscrit de Val`encia, Col legi del Patriarca, amb sermons de Sant Vicent F. In: ebd. 18 (1999) S. 399–453. – Ders.: Algunes consideracions entorn dels tres primers passos dels sermons de Sant Vicent F. In: ebd. 18 (1999) S. 455–477. – Ders.: Aportaci´o a un inventari de sermons de Sant Vicent F. Temes b´ıblics, t´ıtols i divisions esquem`atiques. In: ebd. 18 (1999) S. 479–811. – J. A. Garc´ıa Cuadrado: Tradition and Innovation in the Logical Treatises of St. Vincent F. (1350–1419). In: Medieval and Renaissance Logic in Spain. Acts of the 12th European Symposium on 589

2. H¨alfte 14. Jh. Medieval Logic and Semantics [...]. Hg. v. Ignacio Angelelli und Paloma P´erez-Ilzarbe. Hildesheim u. a. 2000, S. 159–181. – Jos´e M. Desantes Guanter: San Vicente F., cient´ıfico. Val´encia 2001. – David J. Viera: Parallels in Fifteenth-Century Hagiography. John Capgrave’s Life of St. Katharine of Alexandria and Vincent F.’s Catalan Sermon on Santa Caterina. In: Augustiniana 51 (2001) S. 231–241. – Ders.: The Treatment of Jews in Vincent F.’s Vernacular Sermons. In: Fifteenth Century Studies 26 (2001) S. 215–224. – Tom`as Mart´ınez Romero: Aproximaci´o als sermons de Sant Vicent F. Paiporta 2002. – Joan F. Mira: Sant Vicent F. Vida i llegenda d’un predicador. Alzira 2002. – Sant Vicent F. Hg. v. Vicente Forcada Comins und Pere Delmonte i Hurtado. Val´encia [2004]. – Alfonso Esponera Cerd´an: Cronolog´ıa de san Vicente F. In: Escritos del vedat 35 (2005) S. 209–214. – Ders.: Santo Tom´as de Aquino seg´un san San Vicente F. In: In Spiritu et veritate. FS D. Adolfo Barrachina. Hg. v. Joaquin Pascual Torr´o. Valencia 2006, ` l’occasion du S. 667–699. – Mirificus praedicator. A sixi`eme centenaire du passage de Saint Vincent Ferrier en pays romand. Actes du colloque d’Estavayerle-Lac, 7–9 octobre 2004. Hg. v. P.-B. Hodel und Franco Morenzoni. Rom 2006. – El fuego y la palabra. San Vicente F. en el 550 aniversario de su canonizaci´on. Actas del Ier Simposium Internacional Vicentino, Valencia, 26–29 de abril de 2005. Hg. v. Emilio Callado Estela. Val´encia 2007. – A. Esponera Cerd´an: San Vicent F., predicador infatigable. Barcelona 2008. – Ders.: El pensamiento eclesiol´ogico de San Vicente F. y la soluci´on del cisma de occidente. In: Anales Valentinos 35 (2009) S. 407–412. – Joan Ramon Guijarro Toledo: Cultura i societat a trav´es dels sermons de Fra Vicent F. [Sant Vicent del Raspeig] 2010. – Novena a San Vicente F. Hg. Associaci´o VI Centenari Sat Vicent Ferrer de Teulada. Teulada 2010. MM Johannes von Weißenburg (Weißenburg, Wissenburg). – Dominikaner-Laienbruder. J. (nicht identisch mit dem Kolmarer J. de Wissenburc) lebte um 1379–99 als Laienbruder im Dominikanerkloster in Basel. In einer Basler Mystikerhandschrift ist sein einziges bekanntes Werk erhalten, ein kurzer dt. Traktat u¨ ber die Armut. Der Text mahnt zur Selbstaufgabe in Gott und stellt sich gegen Hochmut und Eigensinn. J. beruft 590

2. H¨alfte 14. Jh. sich daf¨ur besonders auf die Kirchenv¨ater, speziell → Augustinus. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. B XI 10, 381v–383v (Perg., Basel, zweite H¨alfte 14. Jh.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 798 f. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 2. Leipizg 1881, S. 129. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel v. der Gr¨undung bis zur Klosterreform, 1233–1429. In: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 34 (1935) S. 107–259, hier S. 234–236, 265, 267, 276. MM Friker, Johannes. – Luzerner Stadtschreiber, Schreiber geistlicher Prosa, zweite H¨alfte 14. Jh. Der aus Brugg stammende F. war 1360–78 Stadtschreiber von Luzern, danach auf der Laienpfr¨unde im Benediktinerstift St. Leodegar im Hof t¨atig, wo er, m¨oglicherweise als Auftragsarbeit, zweimal → Der Tugenden Buch, eine dt. Bearbeitung der Summa theologiae II–II des Thomas von Aquin, abschrieb. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 243 (1381). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5267 (vor 1382). 1378 schenkte F. den Klosterfrauen von St. Andreas in Engelberg eine Handschrift von Heinrich → Seuses B¨uchlein der ewigen Weisheit; 1380 schrieb er f¨ur sie, zu denen er in naher Beziehung gestanden zu haben scheint, ein Erbauungsbuch f¨ur das kl¨osterliche Leben. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 125 (Perg.). Vermutlich hat er die darin enthaltenen etwa 80 dt. Prosatexte selbst zusammengestellt und in vier B¨ucher gegliedert, vielleicht gar einzelne Teile daran selbstst¨andig aus dem Lat. u¨ bersetzt oder frei bearbeitet. Die B¨ucher 1–3 umfassen ca. 75 k¨urzere asketische Prosa-Stu¨ cke, Buch 4 enth¨alt zwei umfangreichere Texte: den Traktat → Von den drˆın fragen und eine Predige von dem heiligen geist, die teilweise nach der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine bearbeitet wurde. Literatur: Mathias Stauffacher/Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 969–971; 11 (2004) Sp. 469. – Wilhelm Wackernagel (Hg.): Altdt. Predigten und Gebete aus Hss. Basel 1876, S. 290 (Nr. 98). – Benedikt Gottwald: Catalogus codicum manu scriptorum qui asservantur in bibliotheca monasterii O. S. B. Engelbergensis in Helvetia. Freiburg i. Br. 1891, S. 133 f., 141, 184 f. – Karl Bihlmeyer: Heinrich Seuse. Dt. Schr. Stuttgart 1907, S. 11. – Peter Xaver Weber: Beitr. zur a¨lteren 591

Friker Luzerner Bildungs- und Schulgesch. In: Der Geschichtsfreund 79 (1924) S. 1–76. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. Frauenfeld u. a. 1935, S. 236 f. – Sigisbert Beck: Unters. zum Engelberger Prediger. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch., Beih. 10 (1952) S. 100. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskanermystik und -scholastik (Bibl. germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 31, 48. – Klaus Berg: Der tugenden b˚uch. Unters. zu diesen und anderen mhd. Prosatexten nach Werken des Thomas v. Aquin (MTU 7). M¨unchen 1964, S. 119 f., 123–126. – Dieter Richter: Die ¨ dt. Uberl. der Predigten Bertholds v. Regensburg (MTU 21). Mu¨ nchen 1969, S. 182 f. – Richard F. Fasching: Ein Text Heinrich Seuses? Unters. zum Prolog des ‹Solothurner Legendars›. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). T¨ubingen 2009, S. 327–372, hier S. 341–343. SF Gregor der Große, * vor 540 Rom, † 604 Rom. – ¨ Volkssprachliche Glossierung und Ubersetzungen (von ca. 1370 bis zur Schwelle des 16. Jh.) der Schriften des Papstes, Heiligen und Kirchenvaters. I. Leben. G., der einer wohlhabenden r¨omischen Senatorenfamilie entstammte, wurde vermutlich um 573 ¨ Stadtpr¨afekt in Rom. Nach der Ubernahme seines v¨aterlichen Erbes gr¨undete er sieben Kl¨oster, darunter auch das Kloster St. Andreas auf dem Monte Celio in Rom, in welches er selbst als M¨onch eintrat. 579 wurde G. durch Papst Pelagius II. zum Diakon geweiht. Es folgte eine Reise nach Konstantinopel, wo er Kaiser Tiberios II., sp¨ater Kaiser Maurikios, f¨ur milit¨arische und finanzielle Hilfestellung f¨ur Rom, das sich von den Langobarden bedroht sah, gewinnen sollte. Nach seiner Ru¨ ckkehr nach Rom wurde G. 590 gegen seinen Willen zum Papst gew¨ahlt. Er gilt als Erneuerer der Kirche in organisatorischer und sittlicher Hinsicht. Besonders stark f¨orderte G. die Bek¨ampfung verschiedener h¨aretischer und schismatischer Gruppen und die Missionierung (besonders der Angelsachsen). Als erster Mo¨ nch auf dem Hl. Stuhl setzte G. sich ferner f¨ur die Rechte des M¨onchtums ein, forderte aber auch die Disziplinierung des monastischen Lebens. Im dt. Sprachraum wurde das Bild des Heiligen besonders durch die Gregorius-Legende der 592

Gregor der Große Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine), die zum Be¨ stand der els¨assischen und der ndl. Ubertragungen geh¨ort, sowie durch das Legendar Der → Heiligen Leben gepr¨agt. Besonders verbreitet war die sog. Gregorius-Messe, ein Eucharistiewunder, in dem sich das eucharistische Brot in einen Finger verwandelt. II. Schriften. W¨ahrend des MA galten das Gregorianische Sakramentar, das Gregorianische Antiphonar und der Gregorianische Gesang als authentische Werke G.s, w¨ahrend die neuere Forschung zu anderen Schl¨ussen kommt. Seine Schriften sind zum Großteil praktisch-pastoral und aszetisch-mystisch ¨ orientiert. Altestes und umfangreichstes seiner Werke sind die Moralia in Job oder Libri morales, ein aus 35 B¨uchern bestehender Hiobkommentar. Dieser entstand aus Predigten, die G. vor Mo¨ nchen in Konstantinopel gehalten hatte (595). Die Libri wurden im MA unter der Bezeichnung Magna Moralia h¨aufig exzerpiert, kompiliert und kommentiert. Von G. stammen auch 22 Homiliae in Ezechielem prophetam. Breitere Kreise sprachen die volkst¨umlicheren 40 Homiliae in Evangelia, die jeweils eine Evangelienperikope auslegen, an. Ber¨uhmt wurden auch die vier B¨ucher umfassenden Dialogi de vita et miracuis patrum italicorum, welche ins Griechische, Arabische, Angels¨achsische, Altisl¨andische, Altfranz¨osische und Italienische u¨ bersetzt wurden. Besonders wurden die Dialogi im kl¨osterlichen Leben des MA als geistliche Lesung verwendet. Inhaltlich umfasst das Werk zahlreiche Wunderberichte und Beispielsammlungen aus dem Leben der Heiligen sowie die «Letzten Dinge» des Menschen. Die Sammlung Registrum epistolarum umfasst 854 Schreiben des Papstes. Zu den Hauptwerken G.s d. G. z¨ahlt außerdem noch die Regula pastoralis. III. Glossierung. Zu s¨amtlichen nichtliturgischen Schriften G.s finden sich umfangreiche Glossierungen in ahd. Sprache; besonders intensiv glossiert wurde die Regula pastoralis und die Evangelien-Homilien. Die obd., alemannischen und bair. Glossen gehen bis in das 8. Jh. zur¨uck. Ausgaben: Elias v. Steinmeyer/Eduard Sievers: Die ahd. Glossen 2. Dublin/Zu¨ rich 1882 (21969). – Dies.: Die ahd. Glossen 4. Dublin/Zu¨ rich 1898 (21969). – Dies.: Die ahd. Glossen 5. Dublin/Z¨urich 1922 (21969). – Hartwig Mayer: Ahd. Glossen. Nachtr¨age. Toronto/Buffalo 1974. 593

2. H¨alfte 14. Jh. Literatur: Arnd Jacob: Die Glossen des Cod. S. Pauli D-82. Diss. Jena 1897. – Karl Wesle: Die ahd. Glossen des Schlettstadter Cod. zu kirchlichen Schr. und ihre Verwandten (Unters. zur dt. Sprachgesch. 3). Straßburg 1913. – Werner Schr¨oder: Die Verwandtschaft der ahd. Glossen zu Gregors Homilien. In: PBB Halle 65 (1941) S. 1–105. ¨ IV. Ubersetzungen. 1. Moralia in Job. Aus einem Brief geht hervor, dass → Notker der Dt. das Organon bis zu einem Drittel u¨ bersetzt ¨ hatte; die Ubersetzung ist nicht erhalten. Im sp¨aten 15. Jh. u¨ bertrug → Simon von Ruckersburg Teile (erste f¨unf B¨ucher und Anfang des sechsten) der Moralia ins Dt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1147 (bair.). Die Handschrift Haag, Kgl. Bibl., Cod. 78 J 64–66 (615) aus dem St. Margaretenkloster in Harlem, u¨ berliefert in mndl. Sprache die B¨ucher 17–35. 2. Homilien zum Evangelium. ¨ Eine vollst¨andige, vor 1380 entstandene Ubersetzung schuf der → Bijbelvertaler van 1360. ¨ Uberlieferung: 20 Hss., einige Exzerpte und ein Utrechter Druck: J. Veldener, 1479. Vgl. dazu Deschamps (s. Lit.) S. 252 f. Literatur: Robrecht Lievens: Jordanus van Quedlinburg in de Nederlanden. Een onderzoek van de Hs. (Koninklijke Vlaamse Academie voor Taal- en Letterkunde 6, 82). Gent 1958. – C. C. de Bruin: Bespiegelungen over de ‹Bijbelvertaler van 1360›. Zijn milieu, werk en persoon. In: Nederlands Archief voor Kerksgeschiedenis NS 48 (1967) S. 39–59, NS 49 (1968), S. 135–154, NS 50 (1969) S. 11–27, NS 51 (1970) S. 16–41. ¨ Es liegt eine weitere ndl. Ubertragung vor, die Dirc van Herxen (gest. 1457) auszugsweise in sein erstes Collatienbuch aufnahm. ¨ Uberlieferung: Utrecht, UB, Cod. 3 L 6. – Leiden, UB, Cod. B. P. L. 2231. ¨ Aus dem dt. Sprachraum sind nur Ubertragungen von Einzelpredigten bekannt: Die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1395 (ehem. Cheltenham, Phill. 528), 134r–141r (vor 1458, ripuarisch) u¨ berliefert die Osterhomilien 21 und 23. Diese, zusammen mit Homilie 22, enth¨alt auch: Colmar, StB, Cod. 212 (717II), 28v–49r (zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch, geschrieben v. → Dorothea v. Kippenheim). Die Pfingstpredigt Homilie 30 u¨ berliefern Mu¨ nchen, BSB, Cgm 215, 109ra–113rva (1451/57, bair.; bricht kurz vor dem Schluss ab), und N¨urnberg, 594

2. H¨alfte 14. Jh. StB, Cod. Cent. VI 60, 286v–295v (zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). ¨ Wolfgang → Walcher ist der Ubersetzer der Maria-Magdalenen-Homilie 33: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4394, 149r–160v (1500, salzburgisch). Viele der G.-Homilien fanden Eingang in den Homiliarteil des Breviers und erscheinen ¨ deshalb auch in Brevier-Ubertragungen. Vgl. → Breviertexte aus Westfalen. 3. Ezechiel-Homilien. Einzelne St¨ucke der Ezechiel-Homilien wurden im Rahmen der → Geistlichen Ratschl¨age des 11. Jh. verwendet. 4. Dialogi. Die Dialogi mit ihren zahlreichen Exempeln und Legenden z¨ahlten zu den beliebtesten B¨uchern des MA. Zusammen mit der Regula pastoralis wurden sie Ende des 9. Jh. in England im Auftrag Alfreds des Großen in die Volkssprache u¨ bersetzt. Die Rezeption des Werks in dt. und ndl. Sprache setzt dagegen erst mit dem 15. Jh. ein. Der Melker Benediktiner → Johannes von Speyer u¨ bersetzte in der ersten H¨alfte des 15. Jh. die Dialogi: Melk, Stiftsbibl., Cod. 220 (olim 584, 1439). – Ebd., Cod. 570 (olim 140). – Berlin, SBB, Mgf 656. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 754. – Drucke Augsburg (Johann B¨amler) 1473 und 1476. Ungef¨ahr zur selben Zeit entstand eine weitere ¨ Ubertragung mit dem fr¨uhesten Textzeugen Wien, ¨ ONB, Cod. 2672. – Ferner: Ebd., Cod. 2968. – Ebd., Cod. 3026, 75r–86r. – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b VIII 31 (1469). ¨ Weitere Dialogi-Ubertragungen ins Dt.: Altenburg, Stiftsbibl., Cod. AB 15 B 2, 161ra-190va (1443, bair.-¨osterr.). – Berlin, SBB, Mgq 1241 (1478, ¨ alemannisch). – Wien, ONB, Cod. 12532 (bair.o¨ sterr.). ¨ Breitere Uberlieferung als die mhd. Texte fanden die mndl. bzw. mnd. Dialogi-Texte. → Bijbelvertaler van 1360. Eine Handschrift u¨ berliefert eine ripuarische Umschrift: Leiden, UB, Cod. B. P. L. 2174. Westliche Ausl¨aufer hat auch eine weitere mndl. ¨ Ubertragung, die wohl im Umfeld der Devotio Moderna entstand: Oldenburg, LB, Cod. 75 (1474). – Straßburg, UB, Cod. L germ. 176 (2100), 1r–86v (um 1400). Beide nd. L¨ubeck, StB, Cod. theol. germ. 11, 142ra–154ra (verbrannt) u¨ berlieferte davon unabh¨angige nd. Ausz¨uge aus dem 4. Buch der Dialogi. ¨ Literatur: Jan Deschamps: Die mndl. Ubersetzungen der ‹Dialoge› G.s d. G. In: Neuphilol. Mitt. 595

Gregor der Große 53 (1952) S. 466–470. – Martta Jaatinen: ‹Dialogi Gregori› nach der Hs., Theol. germ. 11 der StB L¨ubeck. In: Neuphilol. Mitt. 53 (1952) S. 82–115. – G. Dufner: Die Dialoge G.s d. G. im Wandel der Zeiten und Sprachen (Miscellanea erudita 19). Padua 1968. 5. Expositio in Cantica Canticorum. In Verbindung mit der Hoheliedauslegung Roberts von Tombelaine erscheint G.s knappe Expo¨ sitio als volkssprachliche Ubertragung in Mu¨ nchen, BSB, Cgm 459, 1r–219r (aus Mu¨ nchen, 1446) und ¨ in Wolfgang Walchers Ubersetzung in Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4394 (1500). 6. Briefcorpus. ¨ Wien, ONB, Cod. 3009, 207v–210r (1437), enth¨alt zwei St¨ucke in Form einer els¨assischen ¨ Ubertragung. Ausgaben: Giovanni Battista Gallicciolli: Opera. 17 Bde. Venedig 1768–76. – PL 75–79 (1849). – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Iets over Middelnederlandsche bijbelvertalingen. In: Theologisch Tijdschrift 37 (1903) S. 111–158 (Textproben). – Umberto Moricca: Gregori Magni Dialogi (Fonti per la Storia d’Italia 57). Rom 1924. – Patricius Verbraken (Hg.): ‹Expositio in Canticum Canticorum› (CCSL 144). Turnhout 1963. – Joseph Funk (Hg.): Des heiligen Papstes und Kirchenlehrers G.s d. G. vier B¨ucher Dialoge (Bibl. der Kirchenv¨ater 3). Mu¨ nchen 1933. – Ders: Des heiligen Papstes und Kirchenlehrers G.s d. G. Buch der Pastoralregel (Bibl. der Kirchenv¨ater 4). Mu¨ nchen 1933. – Cebus Cornelis de Bruin: Middelnederlands geestelijk Proza. Zutphen 1940 (Textproben). – Gregor der Große, Homiliae in Evangelia. Evangelienhomilien (FC 28/1–2) 1997. Literatur: Robert Gillet: Dict. Spir. 6 (1967) Sp. 872–910. – Kurt Ruh: VL 3 (21981) Sp. 233–244. – Rudolf Schieffer, RGG4 3 (2000) Sp. 1257 f. – Michael Fiedrowicz, LACL (32002) S. 292–295. – Ders.: ‹Liber regulae pastoralis›. In: LexthW (2003) S. 475 f. – Ders.: ‹Moralia in Iob›. In: ebd., S. 511. – Robert Priebsch: Ein Ausspruch G.s d. G. in ahd. Reimversen aus S. Maximin zu Trier. In: PBB (Halle) 38 (1913) S. 338–343. – E. v. Steinmeyer (Hg.): Die Die kleineren ahd. Sprachdenkm¨aler. Berlin 1916. – Aloys Dempf: Die Ethik des MA (Hb. der Philosophie, Abt. 1, C). Mu¨ nchen 1927. – Franz Lieblang: Grundfragen der mystischen Theologie nach G.s d. G. Moralia und Ezechielhomilien (Freiburger Theologische Stud. 37). Freiburg i. Br. 1934. – Ren´e 596

Meister Heinrich II Wasselynck: L’influence des ‹Moralia in Job› de S. Gr´egoire le Grand sur la th´eologie entre le 7e et le 12e si`ecle. Lille 1956. – Jean Leclercq/Fran¸cois Vandenbroucke/Louis Bouyer: La spiritualit´e au moyen aˆ ge (Histoire de la spiritualit´e chr´etienne 2). Paris 1961. – Georg Dufner: Zwei Werke G.s d. ¨ G. in ihrer intalienischen Uberlieferung. In: Italia medioevale e umanistica 6 (1963) S. 235–252. – R. Wasselynck: L’influence de l’ex´eg`ese de S. Gr´egoire le Grand sur les commentaires bibliques m´edi´evaux. In: Recherches de th´eologie ancienne et m´edi´evale 32 (1965) S. 157–204. – Bartholom¨aus Kehrer: Zum geistesgeschichtlichen Aussagewert des Hohelied-Kommentars Roberts v. Tumbalenia im Vergleich mit dem Willirams v. Ebersberg. Diss. Marburg 1966. – G. Dufner: Die Diaoge G.s d. G. im Wandel der Zeiten und Sprachen (Miscellanea erudita 19). Padua 1968. – Werner H¨over: ¨ Der Ubersetzer Wolfgang Walcher († 1518), Abt v. St. Peter in Salzburg. In: Euphorion 62 (1968) S. 143–148. – Dietmar Mieth: Die Einheit v. ‹Vita activa› und ‹Vita contemplativa› in den dt. Predigten und Traktaten Meister Eckharts und bei Johannes Tauler (Stud. zur Gesch. der katholischen Moraltheologie 15). Regensburg 1969. – J. Deschamps: Middelnederlandse Hss. uit europese en amerikaanse Bibl. Br¨ussel 1970. – Wolfgang Schulte: Die ahd. Glossierung der Dialoge G.s d. G. (Stud. zum Ahd. 22). G¨ottingen 1993. – Gerald Hiltensberger: Die ahd. Glossierung der ‹vitia cardinalia› G. d. G. (Germanistische Bibl. 31). Heidelberg 2008. SF Der von Halle OFM. – Prediger, 14. Jh. Die sog. → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191, eine Zusammenstellung von Predigtexzerpten, Dicta, Gebeten und Autorit¨atenzitaten, u¨ berliefert den nicht weiter identifizierbaren Namen des v. H. zusammen mit drei Ausz¨ugen aus dessen Predigten. Zweimal werden die sog. letzten vier Dinge behandelt. Der v. H., «ein barf˚uze», k¨onnte u¨ ber Vermittlung des Soliloquium → Bonaventuras mit dieser Materie vertraut gewesen sein. Das letzte Exzerpt ist eine knappe Wiedergabe zweier Predigtm¨arlein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 380v–381v (Pap. und Perg., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, 14. und 15. Jh., Zitatenslg. um 1400). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 225–243, hier S. 234 f. (Nr. XXXIII). 597

2. H¨alfte 14. Jh. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 414 f. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191, VL2 10 (1999) Sp. 1564–1569, hier Sp. 1566. VZ

Meister Heinrich II (auch: M. H. zu Nu¨ rnberg). – Verfasser einer dt. Quaestionensammlung, Ende 14. Jh. Ein M. H. wird als Verfasser einer Sammlung von Quaestionen genannt. Biographisch scheint gesichert, dass es sich um einen Dominikaner handelt, der wahrscheinlich schon vor 1400 gestorben war. Eine Identit¨at mit → Heinrich von R¨ubenach, dem die Sammlung f¨alschlich zugeschrieben wurde, besteht nicht. Eine etwaige Abh¨angigkeit von oder Identit¨at mit → Heinrich von St. Gallen bedarf noch genauerer Untersuchung. Die Berliner und Prager Handschrift nennen das Werk «Predigten», obwohl die St¨ucke nicht deren Form aufweisen. Es handelt sich um Quaestionen, die in der Form von scholastischen Distinktionen theologische und moralische Fragen didaktisch abhandeln; meist beginnen diese mit den Worten: «So ist ein frag» oder «So fragen die lerer». ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1276 (um 1400 im N¨urnberger Klarakloster geschr. v. Anna Wintterin). – Breslau/Wrocław, UB, Cod. I F 508a. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 625. – Ebd., Cgm 7264. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 30. – Ebd., Cod. Cent. V, 5 (1461 geschr. v. Ursula Geiselherin im N¨urnberger Katharinenkloster). – Prag, UB, Cod. XVI.A.2 (1514 geschr. v. Appolonia Pollanderin im Klarissenkloster zu Eger). Ausgaben: Kurt Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 1 (MTU 11). M¨unchen 1965, S. 187–191. – Peter Kesting: Maria als Buch. In: W¨urzburger Prosastudien I. Wort-, begriffs- und textkundliche Stud. (Medium Aevum 13). M¨unchen 1968, S. 122–147, hier S. 122–126. Literatur: P. Kesting: Meister Heinrich zu N¨urnberg. In: VL2 3 (1981) Sp. 852–854. – Wieland Schmidt: Heinrich v. St. Gallen. In: ZfdPh 57 (1932) S. 233–243. – Gundolf Keil: Heinrich v. R¨ubenach. In: PBB (T¨ub.) 83 (1961/62) S. 186 f. – Ruh (s. Ausg.). – Kesting 1968 (s. Ausg.). – Wolfram Karl Legner (Hg.): Heinrich v. St. Gallen. Die Magnifikat-Auslegung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 11). Mu¨ nchen 1973, bes. S. 23 f. SF 598

2. H¨alfte 14. Jh. Jesu Gespr¨ach mit der treuen Seele. – Kurzer ostf¨alischer Reimprosatext aus einem Nonnenkloster des Bistums Hildesheim aus dem sp¨aten 14. Jh. In diesem 61 Zeilen umfassenden Text in Form eines Dialogs zwischen Jesus und menschlicher Seele (vgl. dazu auch → Christus und die minnende Seele) zeigt letztere angesichts des Kreuzestodes Christi eine derartige Ergriffenheit, dass sie sich fortan vollkommen der Betrachtung des Lebens Jesu widmen will. Die Verfasserin, eine Nonne, scheint hier weniger Gewicht auf die Leidensnachfolge als auf die Versenkung in die im Ablauf des Kirchenjahres repr¨asentierten Lebensstationen Christi gelegt zu haben. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1318 (sp¨ates 14. Jh). Vgl. → Hildesheimer Nonnengebetbuch. Ausgaben: Ernst L¨ofstedt: Ein mittelostf¨alisches Gebetbuch (Lunds Universitets a˚rsskrift. Avd. 1, N.F. 30,5). Lund 1935, S. 48–54. – Ludwig Wolff: J. G. m. d. t. S. Nach einer Helmst¨adter Hs. des 14. Jh. In: FS Gerhard Cordes. Hg. v. Friedhelm Debus/Joachim Hartig. Bd. 1. Neum¨unster 1973, S. 251–253. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 4 (1983) Sp. 520 f.; 11 (2004) Sp. 760. – Wolff (s. Ausg.) S. 249–254. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 93. SF Christi Leiden in einer Vision geschaut. – Anonymer Mystikertext, wahrscheinlich zweite H¨alfte des 14. Jh. Der Archetyp der in mehreren Redaktionen u¨ berlieferten Passionshistorie C. L. i. e. V. g. war vermutlich alemannisch. Diese «Urfassung» (vgl. Ruh, Pickering) hat die Vision einer Nonne von dem Leiden Christi von der Gefangennahme bis zur Auferstehung zum Inhalt. Charakteristisch ist die besonders realistische, f¨ur heutige Begriffe oft ausgesprochen brutale Schilderung des Passionsgeschehens. Eine moselfr¨ankisch-rheinfr¨ankische Redaktion wird durch ein Vorwort, angeblich die Empfehlung des Beichtvaters, eingeleitet. Teile davon sind auch mndl. u¨ berliefert. Der restliche Text des Vorworts folgt → Seuses Vita. Eine obd. Redaktion zeichnet sich durch das Einschalten von Interpolationen aus. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 3, 2r–26r. – Ebd., Cod. III.1.8° 56, 141r–178v. – Basel, 599

Jesu Gespr¨ach mit der treuen Seele UB, Cod. N I 1 Nr. 87, 1r-v (Perg., fr¨uhestens Ende 14. Jh., alemannisch). – Berlin, SBB, Mgf 1030, 34vb–49vb (Perg., um 1500, els¨assisch). – Ebd., Mgo 323, 26v–58v . – Ebd., Mgo 449, 41v–80r. – Ebd., Mgo 513, 38r–45r. – Ebd., Mgo 567, 185v–191v. – Bernkastel-Kues, Bibl. im St. Nikolaus Hospital, Hs. 115, 67rb–81vb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., moselfr¨ankisch-ripuarisch). – Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., Ms. 19552–19953, 84r–108r. – D¨usseldorf, UB/LB, Ms. C 89, 6r–53v (mndl.). – G¨ottingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 295, 1r–124r (Perg., nicht vor den 80er Jahren des 15. Jh., els¨assisch). – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berol. mgq 1497, 167ra–186ra (Pap., 15. Jh., obd./mitteldt.). – London, Institute of Germanic Studies, MS. Germ. 2 (Pap., um 1430–1440, rheinfr¨ankisch-hessisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5235, 24ra–47rb (Perg., letztes Viertel 14. Jh., ripuarisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 31, 147ra–161vb. – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.26, 74v–111r (Pap., 15. Jh.). – Rastatt, Bibl. des Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums, Cod. K 8. – Warschau, Nationalbibl., Hol. O. I.3 (Pap., um 1510, mndl.). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. B 2979, 102v–126r (Perg.; illustriert). Ausgaben: Robert Priebsch (Hg.): C. L., i. e. V. g. 1936. – Frederick P. Pickering C. L. i. e. V. g. [...]. Manchester 1952. Literatur: F. P. Pickering, VL2 1 (1978) Sp. 1218–1221; 11 (2004) Sp. 317. – Tobias A. Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgeschichtliche Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006, S. 147–150. SF Kleiner Baumgarten. – Geistliche Gartenallegorie in Prosa aus dem sp¨aten 14. Jh, m¨oglicherweise in Brabant entstanden. Die beiden Fassungen des Textes k¨onnen nicht aufeinander zur¨uckgef¨uhrt werden. Redaktion I ist eine reine Gartenallegorie; Redaktion II f¨ugt dem gartenallegorischen Teil mit personifikationsallegorischen Mitteln die Darstellung einer h¨oheren Stufe geistlichen Lebens an und geh¨ort damit zur popul¨aren Brautmystik. ¨ Uberlieferung: Redaktion I: Paris, Bibl. Mazarine, Cod. 920, 102r–106r. – Redaktion II: Den Haag/’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 70 E 5, 172v–177r (Perg.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 11729/30, 222r–236r. – Trier, StB, Trier, Hs. 2017/660 8°, 168r–180r. Ausgaben: Cebus C. de Bruin: Middelnederlands geestelijk proza. Zutphen 1940, S. 66–68 600

Sieben Leiden Unserer Lieben Frau (nach der Pariser Hs.). – J[ohan] H[endrik] Kern: De Limburgsche Sermoenen (Bibliotheek van Middelnederlandsche Letterkunde). Leiden 1895, S. 538–546 (nach der Den Haager Hs.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 4 (1983) Sp. 1194 f. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Hart, warr nich m¨oo¨ d. FS Christian Boeck. Hg. v. Gustav Hoffman/Gustav J¨urgensen. Hamburg-Wellingsb¨uttel 1960, S. 260–269 (wieder in: Ders.: Wort und Bild. Berlin 1962, S. 106–116, bes. S. 108 f.). – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982. – Wybren Scheepsma: The ‹Limburg Sermons›. Preaching in the Medieval Law Countries at the Turn of the Fourteenth Century. Translated by David F. Johnson (Brill’s Series in Church History 34). Leiden/Boston 2008. BJ Von den drin fragen. – Im 14. Jh. entstandener mystischer Traktat. V. d. d. f. ist seit etwa 1380 in zahlreichen Handschriften (u¨ ber 40 Textzeugen) im ganzen dt.-ndl. Sprachgebiet u¨ berliefert; das Entstehungsgebiet liegt wohl im alemannischen S¨uden. Der in der Nachfolge Meister → Eckharts und Johannes → Taulers stehende Text war u. a. Vorlage f¨ur das Buoch von den drien durchbr¨uchen des Rulman → Merswin. Die «drei Fragen» betreffen die mystische «triplex via»; die erste behandelt den «Durchbruch» (Abl¨osung von den Bindungen der Natur und des Geistes), die zweite beschreibt den Zustand der «Gelassenheit», die dritte die Vereinigung mit Gott. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 27, 74v–78v (Pap., um 1450, schw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgq 125, 72rb–74rb. – Ebd., Mgq 171, 314r–318r (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). – Ebd., Mgo 517, 17r–19v (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., bair., alemannisch und schw¨abisch). – Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 2, 108ra–110rb (Pap.). – Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 125, 37v–42r (1380). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 237, 35r–39v (Pap.). – Heidelberg, UB, Cpg 28, 102vb–106rb (Pap., zweites Viertel 15. Jh., alemannisch mit bair. Formen). – Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 482, 89r–91v (Pap., drittes Drittel 15. Jh.). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 303, 271r–285v (Perg., 15. Jh.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 22, 134r–141v. – Stuttgart, LB, Cod. HB 601

2. H¨alfte 14. Jh. I 203, 178v–181r (Pap.). – T¨ubingen, Wilhelmsstift, Cod. Gi 501, 35v–37v. – Z¨urich, ZB, Cod. C 96, 123v–126v (Pap., 14./15. Jh., alemannisch¨ schw¨abisch). – Zur Uberl. vgl. ferner Denifle (s. Ausg.) S. 39. – Josef Quint: Neue Handschriften¨ funde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Sch¨uler (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Unters. Bd. 1). Stuttgart 1940, Reg. – ¨ Ders.: Fundber. zur hsl. Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und anderer Mystikertexte (Meister Eckhart. Die dt. und lat. Werke. Unters. Bd. 2). Stuttgart 1969, Reg. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 64 f. Ausgaben: Heinrich S. Denifle: Taulers Bekehrung (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgesch. der germ. V¨olker 36). Straßburg u. a. 1879, S. 137–143. – Gerard Isaac Lieftinck: De middelnederlandsche Tauler-Hss. Groningen 1936, S. 240–244. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 234 f.; 11 (2004) Sp. 387. – Denifle (s. Ausg.). – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA. Tl. 3. Leipzig 1893, S. 35–53. – Max Pahncke: Eckehartstud. Progr. Neuhaldensleben 1913, S. 38 f. – A. Chiquot: Histoire ou l´egende? Jan Tauler et le ‹Meisters Buoch›. Straßburg 1922, S. 70–73. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5,7). Wiesbaden 1996, S. 483. – Karin Zimmermann unter Mitwirkung v. Sonja Glauch, Matthias Miller und Armin Schlechter: Die Codd. Palatini germanici in der UB Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181) (Kat. der UB Heidelberg 6). Wiesbaden 2003, S. 78–86, hier S. 84. SF Sieben Leiden (Betr¨ubnisse) Unserer Lieben Frau. – In Gebetb¨uchern u¨ berlieferte Reimpaardichtungen, die in sieben Abschnitten von sieben leid- und schmerzvollen Gegebenheiten im Leben Marias berichten. Die erhaltenen Texte lassen sich vorrangig nach der unterschiedlichen Anordnung der Leiden Mariens in zwei Gruppen gliedern: 1. Seven liden-Text. ¨ Uberlieferung: Hs. Br¨ussel, Bibl. royale, Ms. 14688, 234r–247r (wahrscheinlich aus K¨oln, Ende 14. Jh., ripuarisch). Ausgabe: Robert Priebsch: Aus dt. Hss. der kgl. Bibl. zu Br¨ussel. In: ZfdPh 36 (1904) S. 82–86. 602

2. H¨alfte 14. Jh. Bezeichnung nach dem Titel de seuen liden Marien. Der Text enth¨alt Simeons Prophezeihung vom Schwert, Verlust des zw¨olfj¨ahrigen Jesus, Gefangennahme, Leiden Jesu, Entkleidung und Kreuzigung, Jesu Sterben und die Kreuzabnahme. Der Text steht ganz im Zeichen der «compassio». 2. Seven drofnisse-Texte. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1184, 1r–8r (15. Jh., nd./ostf¨alisch). – Ebd., Cod. Helmst. 1233, 378r–381r (ca. 1493/94, ostf¨alisch). – Ebd., Cod. Helmst. 1298, 126v–133v (15. Jh., nd.). ¨ So bezeichnet nach der Uberschrift (Cod. Helmst. 1184) de seuen drofnisse unser leuen vrowen. Die Texte umfassen Simeons Prophezeiung, Flucht vor Herodes, Suche nach dem zw¨olfj¨ahrigen Jesus, Nachricht u¨ ber die Gefangennahme Jesu, Passion und Tod Jesu, Kreuzabnahme, Leiden Marias nach dem Tod ihres Sohnes. Allen sieben Abschnitten vorangestellt ist ein formelhafter Gruß an Maria, dem jeweils eine Bitte um F¨ursprache Marias folgt. Bei dieser zweiten Gruppe steht weniger die «compassio», sondern vielmehr die F¨urbitte im Vordergrund. Literatur: Christoph Treutwein, VL2 8 (1992) Sp. 1169 f. – Elke Bayer/Wilhelm Breuer: Sieben Schmerzen Marias. In: MarLex 6 (1994) S. 157. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 1 (Nachr. der Ges. der Wiss. zu G¨ottingen. Gesch¨aftliche Mitt. 2). G¨ottingen 1898, S. 269 f. – Gerd Seewald: Die Marienklage im mlat. Schrifttum und in den germ. Literaturen des MA. Diss. masch. Hamburg 1953, S. 27, 42. – Nigel F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen 1982, S. 319. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 413 f. (M 32), S. 467 f. (M 142–M 144). – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 286. SF Marienleben der Konstanzer Hs. A I. – Marienleben eines anonymen Verfassers in dt. Reimpaarversen, entstanden wahrscheinlich im sp¨aten 14. Jh. im alemannischen Raum. Der Text mit dem Incipit [I]ch wil uch allen t˚un bee kant / Von der magt die uber alle land / Vnd in himilrich 603

Marienleben der Konstanzer Hs. A I ain kunigin ist. berichtet die Geschichte Joachims und Annas, in weiterer Folge Geburt und Kindheit Marias, ihr Leben als Tempeljungfrau, Verm¨ahlung ¨ mit Joseph, Geburt Jesu, Flucht nach Agypten; am Schluss steht die R¨uckkehr nach Nazareth. Es handelt sich bei diesem metrisch und reimtechnisch relativ anspruchslosen Marienleben um eine Nachdichtung des apokryphen PseudoMatth¨ausevangeliums mit diversen Umstellungen, Verkn¨upfungen und Erg¨anzungen, die vor allem den kanonischen Evangelien entnommen sind. ¨ Uberlieferung: Unikal u¨ berliefert in der Hs. Konstanz, Stadtarch., Hs. A I 1, 45rb–63va (geschrieben 1422–25, alemannisch). Ungedruckt. Literatur: Kurt G¨artner, VL2 6 (1987) Sp. 15–17. – Achim Masser: Dt. Marienleben des MA. In: MarLex 4 (1992) S. 49–51. – Jan Gijsel: Die unmittelbare Text¨uberl. des sog. PseudoMatth¨aus (Verhandelingen van de Koninklijke Academie voor Wetenschappen, Letteren en Schone Kunsten van Belgie, Kl. der Letteren 43, Nr. 96). Br¨ussel 1981. – Hardo Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen (MTU 75). M¨unchen 1981. SF

Min geist hat sich verwildet. – Mystisches Gedicht des sp¨aten 14. Jh. In dem 57 Verse umfassenden Lied mit vor allem auf → Tauler zur¨uckgehendem mystischen Gedankengut berichtet ein Ich von seiner Erfahrung der «unio mystica». In V. 48 ruft das Ich seine eigene Seele auf, «unvermischet» zu bleiben. ¨ Uberlieferung: Colmar, StB, Ms. 268 (Kat.Nr. 210), 154v–155r (Mitte 15. Jh., alemannisch, Unterlindenkloster Colmar). Ausgaben: Karl Bartsch: Beitr. zur Quellenkunde der altdt. Lit. Straßburg 1886, S. 328 f., Nr. 9 – Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 188 f. – Wolfgang Stammler (Hg.): Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA. M¨unchen 1948, S. 130 f. – Freese 1972 (s. Lit.) S. 59 f. (nach ¨ Bartsch), S. 60 f. (nach Spamer) mit Ubersetzung. ¨ Ubersetzungen: Fresse 1972 (s. Ausg.). – Friedrich Schulze-Maizier (Hg.): Mystische Dichtung aus sieben Jahrhunderten (Der Dom 9). Leipzig 1925 (Nachdr. Frankfurt/M. 1980) S. 211–213. – Rudolf Otto: West-¨ostliche Mystik. Vergleich und Unterscheidung zur Wesensdeutung. 3. Aufl., 604

Leipziger Predigtsamlung Dietrichs von Gotha u¨ berarb. v. Gustav Mensching. Mu¨ nchen 1971, S. 72 f. (nach Spamer). Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 541 f. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. u. 15. Jh. Diss. Greifswald 1936, S. 59 f. – ¨ Otto (s. Ubers.) S. 72–74. – Wolfgang Freese: ‹Min geyst hat sich verwildet›. Zur literarhist. Problematik eines anonymen sp¨atma. Textes. In: Wahrheit und Sprache. FS Bert Nagel. Hg. v. Wilm Peters/Paul Schimmelpfennig unter Mitwirkung von Karl Menges (GAG 60). G¨oppingen 1972, S. 57–80. – K. Ruh: Mystische Spekulation in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. Wu¨ rzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 205–230, hier S. 207, 210 f., 223 (wieder in: K. R.: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 184–211). – Ruth Meyer: ‹Maister Egghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994) Sonderheft Mystik. Hg. v. Christoph Cormeau, S. 63–82, hier S. 67. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 480 f. und 574 (Reg.). BJ Rheinfr¨ankische Magnificat-Paraphrase in Versen. – Wahrscheinlich im s¨udlichen Hessen Ende des 14. Jh. entstandene, fragmentarisch u¨ berlieferte Reimpaardichtung. Auf die rot geschriebenen lat. Verse des biblischen Magnificat-Textes (Lk 1,46–55) folgt jeweils die dt. Paraphrase (mit roten und blauen Lombarden). Der Bibeltext erf¨ahrt in seiner Nacherz¨ahlung teils recht grobe Auslegungen (z. B. erfolgt ein Vergleich Marias mit einem Fass). Die Dichtung steht in der Tradition der sp¨atma. Andachtsliteratur. ¨ Uberlieferung: Frankfurt/M., StUB, Ms. germ. fol. 14 (14. Jh.). Wahrscheinlich war der Text nie Teil einer Handschrift. Urspr¨unglich wohl vier Spalten von je 86 Verszeilen; erhalten sind zwei Spalten und die dritte in besch¨adigtem Zustand (76–77 Verszeilen). Ausgaben: Joachim Kirchner: Eine Paraphrase des Magnificat. In: ZfdA 72 (1935) S. 283–288. – Ders.: Ausgew¨ahlte Aufs¨atze aus Pal¨aographie, Handschriftenkunde, Zeitschriftenwesen und Geistesgesch. Stuttgart 1970, S. 65–72. 605

2. H¨alfte 14. Jh. Literatur: Birgitt Hilberg, VL2 8 (1992) Sp. 32. – Kirchner 1935 (s. Ausg.). – Ders. 1970 (s. Ausg.). SF Die Himmelsstraße I. – Erbauliche Reimpaardichtung mit dem Incipit «Daz buch sol uns sin bekant / Ez ist die himmel straze genant». Die einzige u¨ berlieferte Handschrift der anonym verfassten Dichtung ist auf 1383 datiert, der Text stammt vielleicht aus dem rheinfr¨ankischen Gebiet. Inhaltlich stehen Dreifaltigkeit Gottes, Erschaffung des Menschen, Wesen der Seele, freier Wille und himmlische Belohnung im Vordergrund. Der Himmelsweg wird in Gestalt eines Turmes allegorisch ausgelegt: Christus ist Fundament; M¨ortel aus Wasser, Kalk und Sand steht f¨ur Taufe, Liebe, Hoffnung; Steine sind die guten Werke; Leitlinien f¨ur den Bau sind die Zehn Gebote, die Lehre von den sechs Werken der Barmherzigkeit und die sieben Sakramente. Die Dichtung beruft sich u. a. auf die Evangelien, Paulus, Augustinus, Aristoteles und Cato und umfasst gut 5000 Verse. ¨ Uberlieferung: St. Petersburg, Nationalbibl., Nem. Q. v. XIV.1. Literatur: Werner Wegstein, VL2 4 (1983) Sp. 33 f. – Rudolf Minzloff: Die H. Eine altdt. Pergamenths. der Kaiserlich o¨ ffentlichen Bibl. zu St. Petersburg. In: Nordische Revue 1 (1864) S. 172–186. SF Leipziger Predigtsamlung Dietrichs von Gotha. – Sammlung von 57 Predigten in ostmitteldt. Sprache. Die nach den Sonn- und Festtagen des Kirchenjahres geordneten Predigten, an deren Anfang jeweils der Schrifttext (zuerst lat., dann dt. nach der Vulgata) steht, haben vor allem die Aufforderung zu Beichte und Buße zum Thema. ¨ Uberlieferung: Leipzig, UB, Ms. 1663,158 Bll. (Pap., Schreibernennung: Dietrich von Gotha, 1385, ostmitteldt.). Ausgabe: Johannes Erben (Hg.): Ostmitteldt. Chrestomathie. Proben der fr¨uhen Schreib- und Druckersprache des mitteldt. Ostens (Dt. Akad. der Wiss. zu Berlin, Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache u. Lit. 24). Berlin 1961, S. 98–102 (Die Kirchweihpredigt, Bl. 153vb-158ra). Literatur: Kurt Illing, VL2 5 (1985) Sp. 701. – Franz T¨urk: Der Wortschatz der Predigtslg. Dietrichs v. Gotha. Ein Beitr. zur Kenntnis des Mitteldt. im 14. Jh. (Gießener Beitr. zur dt. Philologie 18). Diss. Gießen 1926 (Amsterdam 1968). – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. 606

2. H¨alfte 14. Jh. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 131. – Gisela Brandt: Zur Rahmenbildung der eingeleiteten Nebens¨atze in ostmd. Predigten des 14.–16. Jh. In: PBB (Halle) 98 (1977) S. 312–323. – Franzjosef Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der Universit¨atsbibl. Leipzig. Zum Druck gebracht von Irene Stahl (DTM 70/3). Berlin 1998, S. 256–263. – Christoph Fasbender: Die ‹L. P. D. v. G.›. In: Septuaginta quinque. FS Heinz Mettke. Hg. v. Jens Haustein u. a. (Jenaer Germanistische Forschungen N.F. 5). Heidelberg 2000, S. 83–101. BJ Schurebrand. ¨ – Traktat des sp¨ateren 14. Jh. f¨ur Klarissen von einem Straßburger Gottesfreund. Vom Texttypus ist S. ein Nonnenspiegel in der Form eines Sendbriefs. Der Autor will den «Minnebrand» «sch¨uren»; die Klosterfrau wird als «Braut Gottes» und a¨ hnlich angeredet. Ausgef¨uhrt wird, wie Nonnen sein sollen und wie die vollkommenen unter ihnen bereits sind. Zentrale Themen sind Erf¨ullung der Ordensregel mit besonderer Betonung des Gehorsams, Warnung vor Klostersu¨ nden, Besitzlosigkeit, Friedfertigkeit; gefordert werden strenge Askese und Verachtung des Irdischen. Im Nachtrag wird ausgef¨uhrt, dass ein geistlicher Vater des Franziskanerordens, «Claus van Blovelden» (Nikolaus von Blaufelden, nicht identifiziert), den S. bearbeitet und dazu drei – sich vom u¨ brigen Text abhebenden – Regeln mit eigener Hand geschrieben habe. Der Traktat steht in der Nachfolge Heinrich → Seuses, der wie → Tauler einmal erw¨ahnt wird. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 171, 295r–304v (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch) (F). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1890, S. 154–177 (Pap., 17. Jh.) (E). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 46d, 140r–198v (D). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 976, S. 2–174 (Pap., 1499, alemannisch; Anfang fehlt) (C). – Ebd., Cod. 1003, S. 10–201 (Pap., 1498) (B). – Straßburg, Bezirksarch., Cod. H 2185, 56r–73r (Perg. und Pap., Straßburg, 1390–1402, alemannisch) (A). Ausgabe: Philipp Strauch (Hg.): Sch¨urebrand. Ein Traktat aus dem Kreise der Straßburger Gottesfreunde. In: Stud. zur dt. Philologie. Festgabe der germanistischen Abt. der 47. Versammlung dt. Philologen und Schulm¨anner in Halle zur Begr¨ußung dargebracht. Halle/S. 1903, S. 1–82. Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 876–880. – De Boor/Newald 4/1 (21994) 607

Schurebrand ¨ S. 330, 813. – Strauch (s. Ausg.). – Philipp Strauch: Zum Tractat ‹Sch¨urebrant›. In: ZfdA 57 (1920) S. 223–247. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 380, 442. BJ Straßburger Augustinereremit. Der S. A. ist nicht identifizierter Verfasser einer Feigenbaumpredigt u¨ ber Lk 13,6, die wahrscheinlich im sp¨ateren 14. Jh. geschrieben wurde. Zentrales Thema sind die «Fr¨uchte» der Betrachtung des Leidens Christi am Kreuz. Der Text ist nach dem gregorianischen Aufstiegsschema «incipiens», «proficiens» und «perfectus» gegliedert; der Hauptakzent liegt auf den Anfangsstufen. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 87, 224v–232v (Pap., um 1450–54, alemannisch) (L). – Aachen, Stadtarch., Hs. 2, 226r–243v (Pap., 15. Jh., ripuar. und ndl.) (A). – Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 22, 146r–162v (Pap., 1453 und 1460–75, alemannisch) (H). – Berlin, SBB, Mgq 191, 123v–131r (S). – Ebd., Mgo 328, 31r–46v (Perg. und Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh.) (B). – Darmstadt, ULB, Hs. 2275, 137r–147r. – Den Haag/’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 73 H 15, 55r–59v (M). – D¨usseldorf, ULB, Ms. C 96, 99v–107v (Pap., um 1500, mnd.) (D). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 194, 127r–137r (Pap., um 1425/26, oberrheinisch). – Heidelberg, UB, Cod. Sal. VIII 77, 63r–73r (Pap., um 1450/60, alemannisch). – Straßburg, StB, Cod. A 88 (Pap.; verbrannt). – Ebd., Cod. G 188.5, 136r–145r/v (verbrannt). Die Zuschreibung weiterer Predigten bzw. von Traktaten an den S. A. ist ungesichert. Ausgabe: Schmidtke 1979 (s. Lit.) S. 145–154. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 9 (1995) Sp. 373–375. – Ders.: Die ‹Feigenbaumpredigt› eines Straßburger Augustinereremiten. Mit einer Vorbemerkung zum deutschsprachigen Schrifttum der Straßburger Augustinereremiten im 14. Jh. In: ZfdA 108 (1979) S. 137–157. – Karl Heinz Witte: Der Meister des Lehrgespr¨achs und sein ‹InPrincipio-Dialog›, M¨unchen 1989, S. 203–207. BJ Tauler-Cantilenen. – Sechs Lieder des sp¨aten 14. Jh aus dem Umkreis der dt. Mystik. Sehr wahrscheinlich entstanden alle Texte, wohl verfasst von Nonnen, im s¨udlichen Deutschland/Elsass. Das sechste Lied, das fru¨ her nicht zu 608

Wintnauer den T.-C. gez¨ahlt wurde, ist als einziges handschriftlich relativ breit u¨ berliefert. Die Quelle des K¨olner Druck-Redaktors/Herausgebers ist nicht bekannt; seine Sprache ist (modernisiertes) Niederalemannisch. Alle T.-C. beruhen offensichtlich auf Prosatexten bzw. auf einem Fundus von mystischen Begriffen und Vorstellungen. Die Titel der Lieder nach KTD lauten (mit den Initien): 1. Von inwendige bloßheit vnd gelassenheit vns selbst vnd aller dinge. – Inc.: «Ich wil von bloßheit singen neuwen sanck» (8 Str. mit Refrain). 2. Von eyn bloß entsincken inn der gotheit. – «Gotheit du bist eyn teiff abgrunt» (10 Str.). 3. «Mein geist hat sich ergangen In ein wueste stil» (4 Str.). 4. Eyn cantilene der selen die von lieben gew˚unt ist. – «O edel sele halt dich frey» (6 Str.). 5. Noch von ein ledig entsincken inn der gotheyt. – «Mein got hat mich getrostet wol» (5 Str.). 6. Von rechter arm˚ut vnd bloßheit des geystes. – «Ich sage euch meynen s[e]yn Dar vff ich gefraget bynn» (5 Str). Die Strophenstruktur ist uneinheitlich; die Reime sind h¨aufig unrein, Taktzahl und Rhythmus oft unregelm¨aßig. ¨ Uberlieferung: K¨olner Tauler-Druck [KTD] (1543), 331va–332vb. – Lied 2: Maastricht, Gemeentearchief, Hs. 479 (fr¨uher Haelen, Privatbesitz Dr. P. S. Everts), 104r/v (limburgisch). – Lied 6: Berlin, SBB, Mgq 191, 170v–171r. – Freiburg i. Br., Erzbisch¨ofl. Arch., o. S., 72v–73r. – Karlsruhe, LB, Cod. K 1222, 172r–175v. – Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701 Nr. 149, 74r–75r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 447, 27v–29r. – Ebd., Cgm 455, 28r–29r. – N¨urnberg, StB, Cent. VII, 8, 124r–126v. – Abschrift der KTD-Lieder mit Umsetzung ins Niederl¨andische in: Berlin, SBB, Mgf 243, 54v(315v)–55v(316v). Ausgaben: Bernhard H¨uppe: Lieder und Spr¨uche der Minnes¨anger. M¨unster 1844, Anhang S. 391–402 (Lied 1–5). – Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 463–467 (Lied 1–5). – Robert Lievens: De mystieke Inhoud van het Hs. Dr. P. S. Everts. In: Leuvense Bijdragen 51 (1962) S. 1–33, hier S. 26 f. – Lied 6 nur im KTD. Literatur: Kurt Ruh, VL2 9 (1995) Sp. 657–662; 11 (2004) Sp. 1489. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. und 15. Jh. Diss. Greifswald 609

2. H¨alfte 14. Jh. 1936. – S. G. Axters: Johannes Tauler in de Nederlanden. In: Johannes Tauler, ein dt. Mystiker. Gedenkschrift zum 600. Todestag. Hg. v. Ephrem Filthaut. Essen 1961, S. 348–370, hier S. 356 f. – A. Ampe: Een kritsich onderzoek van de ‹Institutiones Taulerianae›. In: Ons Geestelijk Erf 40 (1966) S. 167–240. – Paul A. Dietrich: The Wilderness of God in Hadewijch II and Meister Eckhart and His Circle. In: Meister Eckhart and the Beguine Mystics. Hg. v. Bernard McGinn. New York 1994, S. 31–44, hier S. 41–43. BJ Wintnauer, Rudolf (auch Wittauer), † 1392. – ¨ Pfarrer von Mureck/Steiermark und Ubersetzer der um 1300 verfassten lat. Legenda maior sanctae Hadwigis. Im Auftrag des weitl¨aufig mit der hl. → Hedwig von Schlesien (gest. 1243), der schlesischen Landespatronin, verwandten Habsbuger Herzogs Al¨ brecht III. von Osterreich verfasste R. W. eine dt. Prosa¨ubersetzung der lat. Legende und trug diese wohl selbst in eine auf 1380 datierte Handschrift ein. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. 4300 (Kat.-Nr. 3408), 1r–108v (Pap., 1380, bair.-o¨ sterr.; Autograph). Auf Bl. 108v werden der Autor/Schreiber («Rudolphus dictus Wintnawer») und der Auftraggeber (Herzog Albrecht III. v. ¨ Osterreich) genannt. Ausgaben: Hedwig Semelka (Hg.): Leben und Wunder der hl. Hedwig. Diss. Wien 1988. – Jelko ¨ Peters (Hg.): R. W.s Ubers. der ‹Legenda maior de beata Hedwigi›. Text und Unters. zu einem ¨ Fr¨uhwerk der Wiener Ubersetzungsschule unter Herzog Albrecht III. (Edition Praesens Textbibl. 1). Wien 2003, S. 1–212. Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 101. – Fritz Peter Knapp, BBKL 13 (1998) Sp. 1412. – Ders., VL2 10 (1999) Sp. 1238 f. – Robert Priebsch: Aus dt. Hss. der Kgl. Bibl. zu Br¨ussel I. In: ZfdPh 35 (1903) S. 362–370. – Franz Xaver Seppelt: Ma. dt. Hedwigslegenden. In: Zs. des Ver. f¨ur Gesch. Schlesiens 48 (1914) S. 1–18, hier S. 4. – Joseph Gottschalk: Die a¨lteste dt. ¨ Ubers. der Hedwigslegende 1380. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 11 (1953), S. 51–64. – Trude Ehlert: Die Heilige Hedwig in der dt. Lit. des Sp¨atMA und der fr¨uhen Neuzeit. In: Ksiega ˛ Jadwi˙za´nska. Miedzynarodowe ˛ Sympozjum Nau´ eta ´ aska. kowe. Swi ˛ Jadwiga w dziejach i kulturze Sl ˛ Wrocław – Trzebnica 21–23 wrze´snia 1993 roku. 610

2. H¨alfte 14. Jh. Wrocław 1995, S. 151–175, hier S. 155. – F. P. Knapp: Der Beitr. der Steiermark zur sp¨atma. dt. Lit. [...]. In: Schatz und Schicksal. Kat. der Steirischen Landesausstellung 1996. Graz 1996, S. 328, ¨ 473. – J. Peters: Herzog Albrecht III. v. Osterreich und der Schlackenwerther Cod. In: Ber. und Forschungen. Jb. des Bundesinst. f¨ur ostdt. Kultur und Gesch. 7 (1999) S. 63–73. – Ders. 2003 (s. Ausg.) S. 213–267. SF Wien-Zurcher ¨ Bibel. – Alemannische Bibelu¨ bersetzung aus dem 14. Jh. Die von zwei auf einer gemeinsamen Vorlage basierenden illustrierten Handschriften (W, Z) u¨ berlieferte Bibel¨ubersetzung geh¨ort Walthers 12. Zweig an. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB Codd. 2769 und 2770 (olim Mss. Ambras 20 und 21), II + 331 und 263 Bll. (Perg., von «Johann Liechtensternn von Mu¨ nchen diezit Student zu Basel» f¨ur Matthias Eberler geschrieben und am 25.71464 vollendet (Bl. 1v) (W). – Z¨urich, ZB, Ms. Car. (olim Gal.) VIII 3, 2ra–243rb (Perg., zweiter von urspr¨unglich zwei B¨anden, 1472 «durch Nicolaum Brackmunt prester Der Edlen wolgeborn Herrn z¨u Rappoltzstein Capplann z¨u Girsperg vnd z¨u walbach etc. vnd mit sin selbs Hant vollentbracht» (Bl. 2v) (Z). ¨ Bei nicht gleich bleibender Qualit¨at der Ubersetzung begegnen viele, wohl aus einer sehr viel a¨lteren Vorlage stammende antiquierte Ausdr¨ucke. Eine gewisse N¨ahe besteht zum 18. Zweig. Literatur: Heimo Reinitzer, VL2 10 (1999) Sp. 1053–1055. – O. F. Fritsche: Die dt. Bibelhs. in Z¨urich. In: Serapeum 15 (1854) S. 177–186. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubersetzung des MA. 3 Tle. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 401–413. – Konrad Escher: Die ‹Dt. Prachtbibel› der Wiener Nationalbibl. und ihre Stellung in der Basler Miniaturmalerei des XV. Jh. In: Jb. der kunsthist. Sammlungen in Wien 36,2 (1923) S. 47–96, Abb. 1–19. – Erich Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMA. Gr¨afenhainichen 1938, S. 72, 76. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Augsburg 1939, S. 327. – Marianne Wallach-Faller: Marchwart Biberli, ein ma. Bibel¨ubersetzer aus Zu¨ rich. In: Z¨urcher Taschenbuch auf das Jahr 1980. Z¨urich 1980, S. 53–72. – Dies.: Ein alemannischer Psalter aus dem 14. Jh. (Spicilegium Friburgense 27). Freiburg/Schweiz 1981 (dazu: K. Kirchert, AfdA 93 [1982] S. 130–146). – Dies.: Die erste dt. Bibel? Zur Bibel¨ubersetzung 611

Wien-Zurcher ¨ Bibel des Z¨urcher Dominikaners Marchwart Biberli. In: ZfdA 110 (1981) S. 35–57. – Karl-Ernst Geith: Marchwart Biberli und das Solothurner Legendar Cod. S. 451. In: ZfdA 111 (1982) S. 9–21. – Jochen Splett (Hg.): ‹Das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem acker ...›. Die hochdt. ¨ Ubersetzungen v. Matth¨aus 13,44–52 in ma. Hss. (Litterae 108). G¨oppingen 1987, S. 37*, Nr. 94, Abb. 147. – Christine Wulf: Eine volkssprachige Laienbibel des 15. Jh. Unters. und Teiledition der Hs. N¨urnberg, StB, Ms. Solg. 16.2° (MTU 98). Mu¨ nchen/Z¨urich 1991, S. 8, 26, 35, 80. – M. Wallach-Faller: Z¨urcher Bibeln im MA. In: Die Bibel in der Schweiz. Hg. v. der Schweizerischen Bibelges. Basel 1997, S. 55–61. BJ Martin von Amberg (von Prag). – Theologe, Inquisitor (?), Verfasser eines Gewissensspiegels, 14. Jh. M.s Leben ist nur durch zahlreiche Annahmen zu rekonstruieren, die sich kaum sicher beweisen oder widerlegen lassen. Er wurde m¨oglicherweise um 1340 in Amberg geboren oder hatte dort ein Pr¨adikaturbenefizium inne. Eine sp¨atere Laufbahn als Inquisitor wird h¨aufig vermutet. M. ging in diesem Amt, wohl im Auftrag des Prager Erzbischofs und in teilweiser Zusammenarbeit mit Peter Zwicker, haupts¨achlich gegen die Waldenser vor. Als wahrscheinliche Stationen seiner Arbeit gelten zun¨achst Straßburg (um 1374) und danach die Prager Marienkirche, wo M. zeitweise Altarpriester gewesen sein k¨onnte. Seine weitere Arbeit als Inquisitor f¨uhrte ihn nach Regensburg (nach 1380), W¨urzburg und Erfurt (1391), Prag (1396), N¨urnberg (1399), Bamberg, Trnava (1400/01), Hartberg/Steiermark und Sopron. M.s Hauptwerk ist der Gewissensspiegel (um 1371–82). Die Prager Provinzialsynode hatte 1355 eine laientaugliche Zusammenfassung der christlichen Lehre gefordert, ebenso das Concilium Vaurense von 1368. Dem entsprach M. mit seiner dt.sprachigen Glaubenslehre, die vor allem auf dem Compendium theologicae veritatis des → Hugo Ripelin von Straßburg beruht, allerdings nicht dessen Umfang erreicht. Eine weitere Quelle M.s waren die deutschsprachigen Werke des → Johann von ¨ Neumarkt, etwa dessen Ubersetzung des EusebiusBriefs. Inhaltlich folgt der Gewissensspiegel den Vorgaben der Provinzialsynode. Er behandelt u. a. die 612

Johannes Cassianus Glaubensartikel, die zehn Gebote, die sieben Kardinals¨unden, die Sakramente und die Feiertage. M. f¨ugte in seinen Text außerdem Anweisungen f¨ur ein gottgef¨alliges Leben ein (oft separat u¨ berliefert), die sich etwa gegen Faulheit, V¨ollerei und exaltiertes Verhalten wenden und stattdessen Gehorsam und Fr¨ommigkeit einfordern. All dies ist in einem schlichten Stil formuliert, um auch Laien ohne theologische oder lat. Kenntnisse anzusprechen. M.s Text war besonders im bair. Raum ver¨ breitet, auch in Frauenkl¨ostern. Uberlieferungsgemeinschaft besteht zwischen dem Gewissensspiegel und Werken des Johann von Neumarkt (vor allem → Hieronymus-Vita und Gebete). Beeinflusst hat M.s Werk etwa Hans → Vintlers Pluemen der Tugent und die Hymelstrasz des → Stephan von Landskron. Weitere Texte sind M. nicht sicher zuzuschreiben. Er war m¨oglicherweise als Bearbeiter oder Herausgeber an einem heute Richard von Thetford zugeschriebenen Werk beteiligt (Modus praedicandi) und schrieb vielleicht einen Traktat gegen Beginen und Begharden. ¨ Uberlieferung: Der Gewissensspiegel ist in weit u¨ ber 30 Hss. u¨ berl.; Verz. bei Werbow 1958 (s. ¨ Ausg.), Schwinger 1966 (s. Lit.). – Uberl. des vielleicht von M. stammenden Traktats gegen Beginen und Begharden: Michelstadt/Odenwald, Nicolaus-Matz-Bibl. (Kirchenbibl.), Hs. D 685 (fr¨uher Chart, saec. XV). – Prag, UB, cod. XIII. E. ¨ 7. – Zur Uberl. des heute Richard von Thetford zugeschriebenen Modus praedicandi vgl. Charland 1936 (s. Lit.). Ausgabe: Der Gewissensspiegel. Hg. v. Stanley N. Werbow. Berlin 1958 (vgl. dazu: Kurt Ruh, PBB [T¨ub.] 82, 1960, S. 421–428). – M¨ogliches Traktat M.s mit unsicherer Zuschreibung: Zwei Traktate gegen Beginen und Begharden. Hg. v. Hermann Haupt. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 12 (1891) S. 85–90. Literatur: ADB 1 (1875) S. 390. – S. N. Werbow, VL2 6 (1987) Sp. 143–149; VL2 11 (2004) Sp. 978 f. – Ders., NDB 16 (1990) S. 277 f. – Rudolf Weigand, LexMA 6 (1992) Sp. 346. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 392. – Thomas-Marie Charland: Les Auteurs d’Artes Praedicandi au XIIIe ´ si`ecle d’apr`es les manuscrits. In: Etudes d’Histoire Litt´eraire et Doctrinale du XIIIe Si`ecle 1 (1932) S. 41–60. – Ders.: Artes praedicandi. Contribution a` l’histoire de la rh´etorique au moyen aˆ ge. Paris 1936, hier S. 69 u. o¨ . – Kenneth C. Green: A Comparative Study of the Subordinate Clauses and Conjunctions of M. v. A: and Johann von Neumarkt. A 613

2. H¨alfte 14. Jh. Contribution to Fourteenth Century Syntax. Diss. Austin/Texas 1955. – Ernst Werner: Nachr. u¨ ber sp¨atma. Ketzer aus tschechoslovakischen Arch. und Bibl. In: Wiss. Zs. der Karl-Marx-Univ. Leipzig 12 (1963) H. 1, Beilage, S. 215–283. – Egino P. Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der BSB (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 41–60. – Manfred Schwinger: M. v. A. Der Gewissensspiegel. ¨ Zur hs. Uberl. Diss. Graz 1966. – Georg Steer: Der Gewissensspiegel M.s v. A. und das Compendium Theologicae Veritatis Hugos von Strassburg. In: PBB (T¨ub.) 90 (1968) S. 285–302. – Ders.: Germanistische Scholastikforschung. Tl. 2. In: Theologie und Philosophie 46 (1971) S. 195–222, hier S. 202–205. – Richard Kieckhefer: Repression of Heresy in Medieval Germany. Philadelphia 1979, S. 131 f. u. o¨ . – G. Steer: Hugo Ripelin von Straßburg. Zur Rezeptions- und Wirkungsgesch. der ‹Compendium theologicae veritatis› im dt. Sp¨atMA. T¨ubingen 1981, hier S. 441 f. – Karin Baumann: Aberglaube f¨ur Laien. Zur Programma¨ tik und Uberl. sp¨atma. Superstitionenkritik. W¨urzburg 1989 (Reg.). – S´andor L´azs: M. v. A. dedik´aci´oja Nagy Lajos udvari lovagj´anak, Johannes von Scharfenecknek, in: Magyar K¨onyvszemle 125 (2009) S. 203–211. MM Johannes Cassianus, * um 360, † um 435 Marseille. – Mo¨ nch, Theologe. J. stammte aus einer wohlhabenden, in der Dobrudscha ans¨assigen Familie und lebte nach einer Pilgerfahrt durch Pal¨astina in einem Kloster in Bethlehem. Um 385 ging er mit einem Freund zu den Einsiedlern in der a¨gyptischen W¨uste, wo er mehr als zehn Jahre lang lebte. Um 400 begab sich J. nach Konstantinopel. Er war dort Sch¨uler von Chrysostomos, der ihn zum Diakon weihte. 405 wurde J. als Vertreter des Chrysostomos an die r¨omische Kurie entsandt und dort wahrscheinlich auch zum Priester geweiht. Um 415 gr¨undete J. bei Marseille das Kloster St. Viktor. J. war von großer Bedeutung f¨ur die Entwicklung des M¨onchtums und der Moraltheologie. Seine lat. Schriften sind vielfach u¨ berliefert und ediert: De incarnatione Domini contra Nestorium libri VII ist eine Streitschrift gegen die Nestorianer. De institutis coenobiorum et de octo principalium vitiorum remediis libri XII schildert das von J. erlebte M¨onchsleben der Z¨onobiten und behandelt ausf¨uhrlich acht gef¨ahrliche S¨unden sowie den Kampf gegen diese 614

2. H¨alfte 14. Jh. Versuchungen. Die Collationes patrum gelten als J.s Hauptwerk und stellen in 24 dialogisch angelegten Kapiteln den Lebenswandel der a¨ gyptischen Einsiedlerm¨onche dar. J.s Einfluss war auch im dt. und ndl. Sprachraum des MA groß. → Thomas von Aquin, → Stephan von Landskron und → Dionysius der Kart¨auser beriefen sich auf ihn. Die Benediktinerregel wurde entscheidend von den Collationes patrum beeinflusst. Teile von J.s Werken gingen auch in die → Vitaspatrum und mittelalterliche Spruchsammlungen ein. Daneben entstanden, meist im 14. und ¨ 15. Jh., dt. und ndl. Ubertragungen von J.s Schriften. So erfuhr das vierte Buch von De institutis coe¨ nobiorum mnd. und schw¨abische Ubertragungen, letztere in sehr freier Bearbeitung. Die Collationes patrum wurden dt. und ndl. u¨ bersetzt. In mehr als 30 Handschriften u¨ berliefert ist ¨ eine nordndl. Ubersetzung des fr¨uhen 15. Jh. aus dem Umfeld der Devotio moderna. Sie war in Fassungen verschiedenen Umfangs in den gesamten Niederlanden verbreitet und wurde sp¨ater auch in Antwerpen gedruckt (1506 bei Hoochstraten, ¨ 1520 bei Vorstermann). Eine s¨udndl. Ubersetzung der Collationes 14–16 und 18–24 entstand 1382 im Auftrag eines Ludwig Thonijs, war allerdings nach heutiger Kenntnis kaum verbreitet. Die dt. ¨ Ubertragungen der Collationes patrum zeichnen sich durch Vollst¨andigkeit aus, denn sie enthalten meist s¨amtliche Collationes. Auch zeigen die dt. Fassungen die Verbreitung von J.s Werk in den Kl¨ostern verschiedenster Orden. So entstanden Handschriften im N¨urnberger Katharinenkloster, im Medinger Dominikanerinnenkloster, im Klarissenkloster S¨oflingen und in St. Gallen. Johannes → Nider benutzte die Collationes patrum sp¨ater als Grundlage von Die 24 goldenen Harfen. ¨ Uberlieferung (dt./ndl.): 1. De institutis coenobiorum, Buch IV: Bonn, UB, cod. S 2561, 128vb–142rb (Pap., um 1480, mnd.). – Berlin, SBB, Mgo 574, 105r–106v (Pap., 1491, schw¨abisch). ¨ 2. Collationes Patrum: a. Ndl. Ubers.: Nordndl. ¨ Uberl. mit mehr als 30 Hss. Verz. bei Deschamps 1972 (s. Lit.) Nr. 75 und Klein 1983 (s. Lit.). – ¨ S¨udndl. Ubers.: Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., ms. 2341, 60rb–110ra (1382). – Gent, Minderbroeders¨ klooster, cod. U a 40 (1382). – b. Dt. Ubers.: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5192, 49v–65v (Perg., Mitte 14. Jh., bair., Mosaiktext mit C.-Ausz¨ugen). – Berlin, SBB, Mgo 329, 232r–253r (Pap., 15. Jh., niederrheinisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 182 615

Johannes Cassianus (Pap., Sankt Gallen, 2. H¨alfte 15. Jh., obd.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 19 (Perg. und Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, 1451, n¨urnbergisch). – Straßburg, National- und UB, ms. 2742 (fr¨uher L germ. 639.4°) (Pap., 1457, obd.). – ¨ Wien, ONB, Cod. 3016, 74r–100v (Pap., 1474, bair.–o¨ sterr., nur Collation 24). – Prag, Nationalmus., Cod. XIII C 20 (Perg. und Pap., 1476, obd.). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1055 (Perg. und Pap., 1478, mnd.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6940, 2ra–202vb (1493, obd.). – Darmstadt, ULB, Hs. 466, 2r–416vb (Pap., letztes Drittel 16. Jh., nach ¨ der nordndl. Ubers.). Ausgaben: Mndl.: Middelnederlands geestelijk proza. Hg. v. Cebus C. de Bruin und Cornelis G. N. de Vooys. Zutphen 1940, S. 263 f. (Nr. 106; Teildr. nach dem Br¨usseler Kodex). – Joost Dupon: Collationes Patrum. Een diplomatische editie van Brussel, KB, Hs. 2341, fol. 60rb–110ra, met een onderzoek naar de vertaal- en bewerkingstechniek. Magisterarbeit L¨owen 1999. – Ausg. der lat. Originalschriften u. a. in PL 49 und 50; CSEL 13 und 17; Sources chr´etiennes 42, 54, 64 und 109. Literatur: Maieul Cappuyns: Cassien, Jean. In: DHGE 11 (1949) Sp. 1319–1348. – Michel Olphe–Galliard: Cassien, Jean. In: Dict. Spir. 2 (1953) Sp. 214–276. – Owen Chadwick, TRE 7 (1981) S. 650–657. – Karl Suso Frank, LexMA 2 (1983) Sp. 1550 f. – Klaus Klein, VL2 4 (1983) Sp. 567–570; 11 (2004) Sp. 764. – Friedrich W. Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 951–953. – Karl-Heinz Kleber, BBKL 3 (1992) Sp. 300–303. – Rosemarie N¨urnberg, LThK3 5 (1996) Sp. 888 f. – Heinrich Holze, RGG4 4 (2001) Sp. 524 f. – Matthias Skeb, LACL3 (2002) S. 376–378. – Paul Bruno Albers: Cassians Einfluß auf die Regel des hl. Benedikt. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 43 (1925) S. 32–53. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 258–260. – O. Chadwick: John Cassian. Cambridge 21968. – Jan Deschamps: Middelnederlandse handschriften uit Europese en Amerikaanse bibliotheken [...]. Leiden 21972, S. 209–213. – Berthold Altaner/Alfred Stuiber: Patrologie. Leben, Schr. und Lehre der Kirchenv¨ater. Freiburg i. Br. u. a. 3 1978, S. 452–454. – Hubertus R. Drobner: Lehrbuch der Patrologie. Freiburg i. Br. u. a. 1994, S. 312–315. – Ildegarde Sutto: Contemplative Experience in Cassian and in the Rule of Benedict. In: The American Benedictine Review 54 (2003) 616

Der Heiligen Leben S. 181–204. – Peter Dyckhoff: Gebet als Quelle des Lebens. Systematisch-theol. Unters. des Ruhegebetes ausgehend von J. C. Mu¨ nchen 2006. – Augustine Casiday: Tradition and Theology in St John Cassian. Oxford u. a. 2007. – Michael Rota: The Moral Status of Anger. Thomas Aquinas and John Cassian. In: American Catholic Philosophical Quarterly 81 (2007) S. 395–418. – Roberto Alcati: Il ‹De discretione› di Cassiano e la sua influenza nella letteratura ascetica posteriore (secoli V–VII). In: Rivista di storia del cristianesimo 6 (2009) S. 65–98. MM Petirass Aheron (Himmelfahrt Aarons). – Jiddische Verslegende. Ein Fragment von P. A. ist in einer Cambridger Handschrift zusammen mit anderen jiddischen Texten u¨ berliefert, darunter die auf den P. A.-Text folgenden Legenden → Gan Eden uns → Awroham owinu. Schreiber war wahrscheinlich ein ansonsten unbekannter «Isak». Der Text besteht u¨ berwiegend aus vierhebigen Reimpaaren mit unsystematisch eingestreuten, l¨angeren Versen. Geschildert wird die Legende von Aaron, dem Bruder von Moses und Hohepriester der Israeliten, der nach seinem Tod auf dem Berg Hor von Engeln entr¨uckt wird. Das u¨ berlieferte Fragment der Legende beginnt mit der R¨uckkehr von Moses und Aarons Sohn Eleasar von Hor. We¨ gen der fragmentarischen Uberlieferung ist eine Gesamtbewertung des Inhalts nur bedingt m¨oglich. Der Stoff der Legende wurde im sp¨aten MA u. a. durch → Nikolaus von Lyra wieder aufgegriffen. Eine jiddische Prosafassung der Legende war im 16. Jh. im Raum Krakau bekannt. ¨ Uberlieferung: Cambridge, UB, TS.10.K.22 (Pap., 1382/83). Ausgaben: R¨oll 1975 (s. Lit.). – Vgl. auch R¨oll 1978 (s. Lit.). Literatur: Walter R¨oll: Cambridger Hs. v. 1382/1383. In: VL2 1 (1978) Sp. 1169 f. – Ders., VL2 7 (1989) Sp. 470 f. – Willi Staerk/Albert Leitzmann: Die j¨udisch-dt. Bibel¨ubers. v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. Frankfurt/M. 1923. Nachdr. Hildesheim 1977. – W. R¨oll: Zu den ersten drei Texten der Cambridger Hs. v. 1382/1383. In: ZfdA 104 (1975) S. 54–68. – Ernst H. Rehermann: Die Predigtexempel bei protestantischen Theologen des 16. und 17. Jh. G¨ottingen 1977, S. 389 f. MM 617

2. H¨alfte 14. Jh. Der Heiligen Leben (Prosa- oder WenzelPassional). – Meistverbreitetes deutschsprachiges Legendar des MA, entstanden um 1400. Die in ca. 200 Handschriften und (bis 1521) in u¨ ber 40 obd. und nd. Drucken u¨ berlieferte deutschsprachige Prosa-Legendensammlung D. H. L. umfasst in ihrem Originalkorpus 251 Heiligenlegenden, die Anordnung folgt dem Kirchenjahr. Sie ist in zwei B¨ucher aufgeteilt: in einen «Sommerteil» (Ambrosius bis Furseus) und einen «Winterteil» (Michael bis Anuphus). Die Sammlung entstand wahrscheinlich um 1400 im N¨urnberger Dominikanerkloster. Anzunehmen ist, dass sie urspr¨unglich als Tischlekt¨ure f¨ur den weiblichen Ordenszweig gedacht war. Der Text beginnt ohne Prolog, die Legenden sind kalendarisch angeordnet und auf zwei B¨ande verteilt. Bestand und Reihenfolge der St¨ucke variieren in den einzelnen Textzeugen. Die Quellen sind mehrheitlich deutschsprachig, zahlreiche Legenden fußen auf dem → Buch der M¨artyrer, weitere Quellen sind u. a. das → Passional, u¨ bersetzte Briefe des Pseudo-Eusebius, -Augustin und -Cyrillus, → Johann von Neumarkt, das Speculum historiale des → Vinzenz von Beauvais, die Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine). Hauptquellen des Verfassers waren die Verslegendare Passional und Buch der M¨artyrer, die er als Vorarbeit zu D. H. L. in Prosa aufl¨oste (→ Bamberger Legendar). Die Zusatzlegenden sp¨aterer Handschriften gehen ¨ meist auf lat. «abbreviationes» h¨aufig aus dem Uberlieferungskomplex der Legenda aurea zur¨uck. Formal sind stereotype Eing¨ange, Schlussgebete und weitere Formeln charakteristisch, vorherrschend ist einfache Episodenreihung. D. H. L. gilt als meist verbreitete deutschsprachige Legendensammlung, Zentren (vor der Druckzeit) der Verbreitung waren vor allem N¨urnberg, Regensburg und Augsburg. Der Verbreitungsraum beschr¨ankte sich urspr¨unglich haupts¨achlich auf das ostfr¨ankische und bair.-o¨ sterr. Sprachgebiet. Seit etwa 1440 war die Sammlung auch im S¨udwesten (mehrfach mit der Els¨assischen Legenda aurea kontaminiert) verbreitet. Vgl. auch Der → Heiligen Leben, Redaktion. ¨ ¨ Uberlieferung: Uber 200 Hss. und 40 Drucke; vgl. Firsching (s. Lit.). – Williams-Krapp 1976 (s. Lit.). Ausgaben: Margit Brand u. a. (Hg.): D. H. L. Bd. 1 (Sommertl.) (TTG 44). T¨ubingen 1999. – Dies. u. a. (Hg.): D. H. L. Bd. 2 (Wintertl.) (TTG 51). T¨ubingen 2004. 618

2. H¨alfte 14. Jh. Literatur: Konrad Kunze, VL2 3 (1981) Sp. 617–625; 11 (2004) Sp. 603. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 96, 98, 295. – Werner WilliamsKrapp/Edith Feistner, Killy2 5 (2009) S. 159–161. – Friedrich Wilhelm: Dt. Legenden und Legendare. Texte und Unters. zu ihrer Gesch. im MA. Leipzig 1907, S. 174–212. – Maria H¨obing: Legendarische Erz¨ahlformen des Wenzelpassionals. Diss. M¨unster 1935. – Gerhard Eis: Kritik der Bezeichnung ‹Wenzelpassional›. In: ZfdPh 75 (1956) S. 274–278. – Arno Borst: Die Sebaldslegenden in der ma. Gesch. N¨urnbergs. In: Jb. f¨ur fr¨ankische Landesforsch. 26 (1966) S. 19–178. – K. Schneider: Die dt. Legende Karls des Großen. In: ZfdPh 86 Sonderbd. (1967) S. 46–63, hier S. 50–61. – Werner Wolf: V. der Ulrichsvita zur Ulrichslegende. Diss. M¨unchen 1967, S. 21 f., 98 f. – Peter Assion: Die Mirakel der Hl. Katharina v. Alexandrien. Unters. und Texte zur Entstehung und Nachwirkung ma. Wunderlit. Diss. Heidelberg 1969. – Roland S¨oder: M¨arterbuch und Prosapassional. Diss. W¨urzburg 1972. – Karl Firsching: Die dt. Bearbeitungen der Kilianslegende unter besonderer Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA. W¨urzburg 1973, S. 64–103. – J. D¨unninger: Die Legende des hl. Leonhard im Prosapassional. In: FS Leopold Kretzenbacher. Hg. v. Helge Gerndt/Georg Schroubek. M¨unchen 1973, S. 223–240. – W. Williams-Krapp: Stud. zu D. H. L. In: ZfdA 105 (1976) S. 274–303. – Volker Mertens: Gregorius Eremita. Eine Lebensform des Adels bei Hartmann v. Aue in ihrer Problematik und ihrer Wandlung in der Rezeption (MTU 67). Z¨urich u. a. 1978, S. 118–123. – W. Williams-Krapp: Die ¨ dt. Ubers. der ‹Legenda aurea› des Jacobus de Voragine. In: PBB (T¨ub.) 101 (1979) S. 252–276. – V. Mertens: Verslegende und Prosalegendar. Zur Prosafassung von Legendenromanen in D. H. L. In: Poesie und Gebrauchslit. im dt. MA. W¨urzburger Colloquium 1978. Hg. v. Volker Honemann u. a. T¨ubingen 1979, S. 265–289. – Andr´e Schnyder: Legendenpolemik und Legendenkritik in der Reformation. ‹Die L¨ugend v. St. Johanne Chrysostomo› bei Luther und Cochl¨aus. Ein Beitr. zur Rezeption des Legendars ‹D. H. L.›. In: Arch. f¨ur Reformationsgesch. 70 (1979) S. 122–140. – W. WilliamsKrapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. ¨ zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Ders.: Das Bamberger Legendar. Eine Vorarbeit zu D. H. L. In: ZfdA 123 (1994) S. 45–54. – E. Feistner: Historische Typologie der dt. Heiligenlegende des MA 619

Brinckerinck v. der Mitte des 12. Jh. bis zur Reformation. Wiesbaden 1995. – Klaus Gantert: D. H. L. (Sommerund Winterteil). In: Aderlaß und Seelentrost. Die ¨ Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter Jo¨ rg Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 219–221. – Tilo Brandis: D. H. L. In: ebd., S. 222 f. SF Brinckerinck, Johannes (Jan), * um 1359 Zutphen/Niederlande, † 26.3.1419 Deventer. – Klostergr¨under und -rektor der Devotio moderna. B. studierte an der Domschule in Deventer und lernte dort 1380 Geert → Groote kennen. W¨ahrend der n¨achsten vier Jahre begleitete B. Groote auf seinen Predigtreisen. Als fr¨uher Sch¨uler Grootes zog er 1384 in das Ordenshaus der Br¨uder vom gemeinsamen Leben in Deventer, das sog. Heer-Florenshuis. Sp¨ater empfing B., der eigentlich M¨onch werden wollte, die Priesterweihe. Rege T¨atigkeit entfaltete B. zun¨achst als begabter Organisator: Er war neben dem Br¨uderMitbegr¨under Florens → Radewijns 1387 an der Errichtung des Stifts Windesheim bei Zwolle beteiligt und wirkte 1391/92 am Aufbau von Marienborn bei Arnheim mit. 1392 u¨ bernahm B. als Nachfolger des verstorbenen Jan van den Gronde das Rektorat des Schwesternhauses «Meester Geertshuis» in Deventer. Unter B. erfolgte ein bedeutsames Anwachsen der Schwesternschaft, die nun auch wohlhabende Frauen umfasste. Da diese wegen der Armutsvorschriften nicht im «MeesterGeertshuis» leben konnten, gr¨undete B. 1400 f¨ur die sog. Regularkanonissen das Kloster Diepenveen, das 1412 dem Windesheimer Kapitel angeschlossen wurde. B. selbst beaufsichtigte die H¨auser in Deventer und Diepenveen bis an sein Lebensende. Er spielte insgesamt eine wichtige Rolle bei Ausbau und Konsolidierung der Devotio moderna. Seine Verdienste wurden u. a. von → Thomas a` Kempis in einer Vita B.s gew¨urdigt. In seiner Eigenschaft als Rektor trug B. den Schwestern bei Versammlungen regelm¨aßig pastorale Ansprachen vor, in denen er sich mit religi¨osen Topoi besch¨aftigte und geistlichen Rat erteilte. Von diesen «Collatien» (Kollationen) sind mehrere Mitschriften u¨ berliefert, die wohl durch Lisbeth van Delft in Deventer aufgezeichnet und um 1450 von Rektor Rudolf van Muiden gesammelt wurden. ¨ Sp¨ater erfuhren sie redaktionelle Uberarbeitungen, die eine Rekonstruktion der origin¨aren Anteile B.s erschweren. Heute werden ihm mindestens acht 620

Brinckerinck der Texte zugeschrieben. Die Kollationen waren urspr¨unglich vermutlich im ostndl. Dialekt verfasst, den B. gesprochen haben d¨urfte, doch existieren auch mnd. Versionen. Inhaltlich befassen sich die Texte, ihrem Charakter als praktische Unterweisungen angemessen, u. a. mit kl¨osterlichen Tugenden wie Gehorsam, Demut, Schweigen und Gebet. Sie leiten aber auch zum Nachdenken u¨ ber die Sakramente, die Nachfolge Christi und den Kampf gegen sinnliche Versuchungen an. Die Kollationen enthalten zahlreiche Anspielungen auf die Bibel und die Kirchenv¨ater, aber auch auf B.s Lehrmeister Groote. Sp¨atere Kollations-Zus¨atze von Schwestern verweisen auf den weiteren Gebrauch der Texte im Klosterleben. ¨ Uberlieferung: Deventer, Stads- of Athenaeumsbibliotheek, Suppl. 198 (101 E 26), 1r–46v (1524, enth¨alt Vita B.s). – Berlin, SBB, Mgo 329, 114r–156r (Pap., 15. Jh., niederrheinisch). – D¨usseldorf, ULB, Ms. B 119, 61r–88r (Pap., 15. Jh., mndl.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1156 Novi, 2r–140r (Pap., 15./16. Jh., norddt.). Ausgaben: Umfassendste Ausg. mit acht Kollationen: Willem Moll: Acht Collati¨en van J. B. In: Kerkhistorisch Archief 4 (1866) S. 97–168. – Einzelne Kollationen und Fragmente: Oud-neˆerlandsch Rijm en Onrijm. Hg. v. Johannes Matthias Schrant. Leiden 1851, S. 201–203. – Verzameling van Nederlandsche prozastukken, van 1229–1476 naar tijdsorde gerangschikt. Hg. v. Johannes van Vloten. Leiden 1851, S. 129–133. – Stemmen uit den voortijd, die wel verdienen nog aes gehoord te worden. Hg. v. Frederik H. G. van Iterson. Leiden 1857, S. 110–114 (Online-Ausg. M¨unchen [o. J.]). – Willem de Vreese: ‹Van swighen›. Eene collatie van Jan B. In: Het Belfort 13 (1898) S. 231–235. – Middelnederlands geestelijk proza. Hg. v. Cebus C. de Bruin und Cornelis G. N. de Vooys. Zutphen 1940, S. 282–287. – Leonardus A. M. Goossens: Een onbekende collatie van J. B. In: Archief voor de Geschiedenis van het Aartsbisdom Utrecht 72 (1953) S. 184–190. – Paul J. Begheyn: Drie collaties van Jan B. In: Archief voor de Geschiedenis van de Katholieke Kerk in Nederland 13 (1971) S. 77–90. – Vgl. auch das Verz. bei Scheepsma 2004 (s. Lit.) S. 239 f. ¨ Ubersetzungen: Kollationen I und V: Devotio moderna. Basic Writings. Hg. v. John van Engen. New York u. a. 1988, S. 223–234. Literatur: Joachim Joseph Vos, ADB 3 (1876) S. 332 f. – Ludwig Schulze, Realenzyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche3 3 (1897) 621

2. H¨alfte 14. Jh. S. 409–411. – Pierre Debongnie, Dict. Spir. 1 (1932) Sp. 1959 f. – C. C. de Bruin, VL2 1 (1978) Sp. 1037 f. – Herman Vekeman, LexMA 2 (1983) Sp. 692 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 332. – Rudolf van Dijk, LThK3 5 (1996) Sp. 885. – Johannes Madey, BBKL 16 (1999) Sp. 822 f. – Ludwig Schulze: J. B. In: Realencyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche 3 (31897) S. 409–411. – [Anon.]: Vita venerabilis Joannis B. In: Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis 1 (1901) S. 323–354. – Vanden leven ende wanderinge des eersamen vaders Johan B. Hg. v. Dirk A. Brinkerink. In: Archief voor de Geschiedenis van het Aartsbisdom Utrecht 28 (1902) S. 22–37. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. in Wolfenb¨uttel und einigen benachbarten Bibl. Dritter Reiseber. (Nachr. von der K¨onigl. Gesellschaft der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.-hist. Kl. 1902, Beih.) G¨ottingen 1902, S. 168 f. – Wilhelm J. K¨uhler: J. B. en zijn klooster te Diepenveen. Diss. Amsterdam 1908. – Ders.: J. B. In: Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek 1. Leiden 1911, S. 463. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. in den Rheinlanden und in einigen anderen Slg. Vierter Reiseber. In: Nachrichten von der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, philol.-hist. Kl. 1913, Beih. (1914) S. 89–92, 168 f. – Thomas a` Kempis: Vita domini Joannis B. In: Ders.: Opera omnia 7. Hg. v. Michael J. Pohl. Freiburg i. Br. 1922, S. 222–228. – Regnerus R. Post: Studien over de Broeders van het Gemeene Leven. In: Nederlandsche Historiebladen 1 (1938) S. 304–335. – Ders.: De moderne devotie. Geert Groote en zijn stichtingen. Amsterdam 21950, S. 30, 44 u. o¨ . – Het Frensweger Hs. betr. de geschiedenis van de moderne devotie. Hg. v. Wybe J. Alberts/Adam L. Hulshoff. Groningen 1958, S. 6–13 u. o¨ . – Cornelius van der Wansem: Het ontstaan en de geschiedenis der Broederschap van het Gemene Leven tot 1400. L¨owen 1958, S. 54, 91 u. o¨ . – Albert Ampe: Een kritisch onderzoek van de ‹Institutiones Taulerianae›. In: Ons Geestelijk Erf 40 (1966) S. 167–240. – Georgette Epiney-Burgard: G´erard Grote (1340–1384) et les d´ebuts de la d´evotion moderne. Wiebaden 1970, S. 147 f. u. o¨ . – P. J. Begheyn: De hss. van het St.-Agnietenklooster te Arnhem. In: Ons Geestelijk Erf 45 (1971) S. 3–44. – Hans Butzmann: Die ma. Hss. der Gruppen Extravagantes, Novi und Novissimi (Kat. der HAB Wolfenb¨uttel 15). Frankfurt/M. 1972, S. 440 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des 622

2. H¨alfte 14. Jh. MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 176–178 (T 178). – Leen Breure: J. B. In: Spiegel Historiael 14 (1979) S. 553–558. – Robrecht Lievens: Lezenderwijs, B. en Coesfeld. In: Handelingen Koninklijke Zuidneder 35 (1981) S. 202–206. – C. C. de Bruin: De spiritualiteit van de Moderne Devotie. In: Geert Grote en de Moderne Devotie. Hg. v. dems. u. a. Zutphen 1984, S. 102–144. – Pieter F. J. Obbema: B. en Jan van Schoonhoven. In: FS Albert Gruijs. Hg. v. Christian de Backer u. a. Nijmegen 1985, S. 277–287. – Thom Mertens: Postuum auteurschap. De collaties van J. B. In: Windesheim 1395–1995. Kloosters, teksten, invloeden. Hg. v. Anton J. Hendrikman. Nijmegen 1996, S. 85–97. – Ders.: Collatio und Codex im Bereich der Devotio moderna. In: Der Codex im Gebrauch (MMS 70). Hg. v. Hagen Keller u. a. M¨unchen 1996, S. 163–182. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik 4. Mu¨ nchen 1999, S. 313–317 u. o¨ . – Gerrit H. Gerrits: J. B. Life, Sermons and Thought. In: Spirituality Renewed. Studies on Significant Representatives of the Modern Devotion. Hg. v. Hein Blommestijn u. a. L¨owen 2003, S. 57–120. – Wybren Scheepsma: Medieval Religious Women in the Low Countries. The ‹Modern Devotion›, the Canonesses of Windesheim, and Their Writings. Woodbridge u. a. 2004. – Anne Bollmann: ‹Apostolinne van Gode gegeven›. Die Schwestern vom Gemeinsamen Leben als geistliche Reformerinnen in der Devotio Moderna. In: FS Berndt Hamm. Hg. v. Gudrun Litz u. a. Leiden u. a. 2005, S. 131–144. – Katrien Heene: Hagiografisch herschrijven in de vijftiende eeuw? De casus J. B. († 1419). In: Ons Geestelijk Erf 79 (2008) S. 252–284. MM Vos, Johannes Goswini ([Vos] van Heusden, Johann [Jan] Goossens), * um 1363 Heusden, † 2.12.1424 Windesheim. – Bedeutender Repr¨asentant der fr¨uhen Devotio Moderna. V. schloss sich nach dem Schulbesuch in Deventer den Br¨udern vom Gemeinsamen Leben an und trat 1388 in Windesheim dem Augustinerchorherren-Orden bei. Von 1391 bis zu seinem Tod war er Prior des Windesheimer Stifts, seit 1395 zus¨atzlich Prior superior der Windesheimer Kongregation, deren Zusammenschluss er selbst entscheidend vorangetrieben hatte. Als herausragender Vertreter der fr¨uhen Devotio moderna wurde er bereits von Johannes → Busch (Chronicon Windeshemense) und → Thomas Hemerken von 623

Vos Kempen (Chronica Montis S. Agnetis) eingehend gew¨urdigt. Wegen einer Zuschreibung im Catalogus Scriptorum Windeshemensium des Petrus Trudonensis aus dem 17. Jh. (hg. Willem Lourdaux/Ernest Persoons. L¨owen 1968, S. 157 f.) galt V. lange – und nach heutigem Kenntnisstand zu Unrecht – als Verfasser der Epistola de vita et passione domini nostri Ihesu Christi. Tats¨achlich war die Epistola wohl ein von V. f¨ur die intensive Besch¨aftigung mit Leben und Passion Christi oft herangezogenes Werk, das er auch seinen Mitbr¨udern empfahl und das von Busch ins Lat. u¨ bertragen worden war. Gesichert ist, dass die u¨ berlieferten volkssprachlichen Fassungen der Epi¨ stola keine «R¨uck¨ubersetzungen» der Ubertragung Buschs sind. Diese selbst d¨urfte zwischen 1459 und 1464 entstanden sein und beruht auf einer kurzen Fassung des volkssprachlichen Originals. Die ¨ Ubersetzung wurde von Busch der zweiten Redaktion des Chronicon von 1464 beigef¨ugt (Grube 1886, S. 226–243). Spricht man V. die Epistola ab, so scheinen eigene Schriften V.s nicht u¨ berliefert zu sein. Ein Sermo u¨ ber die Anf¨ange der Devotio moderna liegt in einer Nachschrift Buschs vor (ebd., S. 48–52); auch erw¨ahnt er eine Kompilation von Predigten → Bernhards von Clairvaux, die V. erstellt habe (ebd., S. 95). Die Epistola in ihren volkssprachlichen und lat. Fassungen ist ein Brieftraktat an Br¨uder oder ¨ Schwestern (je nach Uberlieferung), die den unbekannten Verfasser um Anweisungen zu guten ¨ geistlichen Ubungen gebeten h¨atten. Ausgehend von Mt 10,22 wird in einer ausf¨uhrlichen Einleitung zun¨achst dargelegt, dass viele ihr geistliches Leben zwar vielversprechend beg¨onnen aber im weiteren Verlauf zunehmend ermatteten. Im Fol¨ genden werden Ratschl¨age zu geistlichen Ubungen erteilt. T¨aglich sollen drei «punte» ge¨ubt werden: u¨ ber Christi Geburt, uber dessen Leiden und ¨ u¨ ber die Heiligen Gottes, die das Ziel der geistlichen Bem¨uhungen sind. Es schließt sich nun ein umfangreicher Teil an, in dem die einzelnen Wochentage von Montag bis Sonntag durchgenommen werden (am Montag steht etwa eine Betrachtung u¨ ber Mari¨a Empf¨angnis, das letzte Abendmahl und die Engel an). Es werden so wesentliche Stationen des Lebens und Leidens Christi tageweise durchgenommen. Der Verfasser empfiehlt aus Gr¨unden der notwendigen Disziplin dem angebotenen Schema relativ eng zu folgen. Im letzten, 624

Zerbolt ebenfalls umfangreichen Abschnitt werden allgemeine Empfehlungen zu einem guten geistlichen Leben gegeben (z. B. h¨aufiges Beichten, Nachsicht, Geduld, Maßhalten), wobei vor allem die Betrachtung von Christi Leiden empfohlen wird und auch auf die «100 Betrachtungen» Heinrich → Seuses verwiesen wird. Ein bemerkenswertes Charakteristikum des sehr schlicht gehaltenen Textes ist der nahezu vollst¨andige Verzicht auf Autorit¨atenzitate. Und auch aufgrund der Allgemeinheit der Formulierungen sowie der reichen literarischen Tradition vergleichbarer Meditationen nach Wochentagen lassen sich Quellen f¨ur die Epistola nicht sicher ermitteln. Beziehungen scheinen zum Ecercitatorium monachale des Heinrich → Egher von Kalkar zu bestehen. Mo¨ gliche weitere Einfl¨usse sind: das → Bonaventura-Ludolphiaanse Leven van Jezus (→ Bonaventura), → Ludolf von Sachsen und f¨ur den letzten Abschnitt der Epistola der in den Niederlanden breit rezipierte Profectus religiosorum → Davids von Augsburg. Da die Epistola nicht spezifisch windesheimisch ist, k¨onnte sie auch durchaus in einem anderen (kart¨ausischen [?]) Milieu entstanden sein. ¨ Uberlieferung: Lat. Fassung: Die lat. Epistola ist regelm¨aßig als Teil des Chronicons Windeshemense u¨ berliefert. Vgl. Hedlund 1975, S. 62–69; Lesser 2005, S. 204–208. – Nd./ndl. Fassungen: Mindestens zehn Hss., vgl. Hedberg 1954, S. 61–65; VL2 10 (1999) Sp. 538. – Zwei Hss. bieten einen im Wochentagsteil erweiterten Text. Die k¨urzeren Fassungen scheinen aber die urspr¨unglichen zu sein. Ausgaben: Lat. Fassung: Grube 1886 (Abdruck der a¨ ltesten Hs. Utrecht, UB, Cod. 311 [1465/66]). – Hedlund 1975, S. 87–157 (krit. mit Komm.). – Johannes Vos van Heusden/Johannes Busch: Epistel vom Leben und Leiden unseres Herrn Jesus Christus und von andern frommen ¨ Ubungen, denen die Br¨uder und die Laien in Windesheim zu obliegen pflegen, vom Herausgeber dieses Buches aus dem Ndl. ins Lat. u¨ bertragen. In: Geert Groote, Thomas von Kempen und die Devotio moderna (Gotteserfahrung und Weg in die Welt). Hg. und eingel. v. Hans Norbert Janowski. Olten/Freiburg i. Br. 1978. 1983, ¨ S. 239–271 (Ubers. v. Benedikt Konrad Vollmann/Gisela Vollmann-Profe). – Nd./ndl. Fassungen: Cebus C. de Bruin: De dietse oertekst van de anonieme ‹Epistola de vita et passione domini nostri Ihesu Christi et aliis devotis ecercitiis›. In: 625

2. H¨alfte 14. Jh. Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis, N. S. 34 (1944/45) S. 1–23 (Abdruck Berlin, SBB, Mgq 1086 mit Varianten Gent, UB, Ms. 1423). – Hedberg 1954, S. 115–163 (Abdruck der zu Beginn fragmentarischen Hs. Trier, Bistumsarch. [mit Dombibl.], Abt. 95 Nr. 45 mit Lesarten aller Hss. [mit Ausnahme L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 2° 13 und der verschollenen Hs. aus Soest-Zuid] so¨ wie mit Buschs lat. Ubers. im Paralleldruck). Literatur: Jacob Cornelis van Slee, ADB 40 (1896) S. 324 (V. van Heusden). – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 337. – Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 538–542. – Johannes G. R. Acquoy: Het Klooster te Windesheim en zijn invloed Bd. 1. Utrecht 1875, S. 161–164, 229–240. – Karl Grube (Hg.): Des Augustinerpropstes Iohannes Busch Chronicon Windeshemense und Liber de reformatione monasteriorum (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 19). Halle 1886 (Nachdr. Farnborough 1968) passim. – Lydia Hedberg (Hg.): Epistola de vita et passione Domini nostri und Regula Augustini in mndl. Fassungen. Di¨ozesanarch., Trier, Ms. 45 (Lunder Germanistische Forschungen 29). Lund/Kopenhagen 1954. – Monica Hedlund: Epistola de vita et passione domini nostri (Ihesu Christi et aliis deuotis exerciciis). Der lat. Text mit Einl. und Komm. (Kerkhist. Bijdragen 5) Leiden 1975. – Wilhelm Kohl u. a. (Hg.): Monasticon Windeshemense Bd. 3: Niederlande. Bearb. v. Anton G. Weiler/No¨el Geirnaert (Archief- en Bibliotheekswezen in Belgie. Extranr. 16). Br¨ussel 1980, S. 491, 499–503, 510 f. – Ulrike Hascher-Burger: Gesungene Innigkeit. Stud. zu einer Musikhs. der Devotio moderna (Utrecht, Universiteitsbibliotheek, MS. 16 H 34, OLIM B 113) mit einer Edition der Ges¨ange (Studies in the history of Christian thought 106). Leiden u. a. 2002, S. 128–130. – Bertram Lesser: Johannes Busch: Chronist der Devotio moderna. ¨ Werkstruktur, Uberl., Rezeption (Tradition – Reform – Innovation 10). Frankfurt/M. u. a. 2005, bes. S. 182–208. VZ Zerbolt, Gerard, van Zutphen (Gerardus de Zutphania), * 1367 Zutphen (Geldern), † 1398 (Pest?) Windesheim (auf einer Reise). – Theologischer Schriftsteller der Devotio moderna. Z. entstammte einer angesehenen, aber nicht n¨aher bestimmbaren Familie und geh¨orte zu den fr¨uhesten Devoten in der Nachfolge Geert 626

2. H¨alfte 14. Jh. → Grootes. Eine erste zuverl¨assige Lebensbeschreibung stammt von → Thomas Hemerken von Kempen. Zun¨achst wurde Z. in in den Artes liberales ausgebildet und studierte dann laut Thomas an «extraneae scholae». Damit d¨urfte vielleicht weniger ein Universit¨atsstudium (Prag oder Paris [?]) gemeint sein und eher eine Lateinschule außerhalb Zutphens, da als Ausbildungsabschluss um 1383/85 die renommierte Kapitelschule von Deventer feststeht. Er freundete sich mit Florens → Radewijns an und zog mit diesem in das neu gestiftete HeerFlorenshuis der Br¨uder vom gemeinsamen Leben, wo er als Aufseher u¨ ber Bibliothek und Schreibschule den Rest seines Lebens verbrachte. Der genaue Umfang von Z.s Werk ist umstritten. Sicher zugeschrieben werden ihm vier lat. Traktate, die s¨amtlich in Volkssprachen u¨ bertragen worden sind. Rezeptionsgeschichtlich von Interesse sind die beiden Traktate Libellum super modo vivendi devotorum hominum simul commorantium und De libris teutonicalibus et de precibus vernaculis. In ihnen behandelt Z. die Laienlekt¨ure und erweist sich als entschiedener Bef¨urworter von volkssprachli¨ chen Ubersetzungen heiliger Texte. Auch a¨ ußert er sich zur volkssprachigen theologischen Literatur. In diesem Zusammenhang warnt er vor B¨uchern, die nicht mit den Schriften der Kirchenlehrer u¨ bereinstimmen und kommt in De libris teutonicalibus auf Meister → Eckhart zu sprechen, den er als schwer verst¨andlich kennzeichnet und von dessen Lekt¨ure er (zumindest) den Laien abr¨at. Von beiden Trak¨ taten wurden zeitgen¨ossische ndl. Ubersetzungen angefertigt. Z. ist in seinen Schriften der scholastischen Methode der Textanalyse verpflichtet. Seine wichtigste Autorit¨at neben → Augustinus ist → Thomas von Aquin. Theologisch bedeutsam sind die beiden Traktate De reformatione virum anime und De spiritualibus ascensionibus. Ganz auf Askese ausgerichtet ist De reformatione. Der Traktat behandelt in 59 Kapiteln die Erneuerung und Rechtfertigung des Menschen, die nur gelingt durch Vermeidung von Lastern und Gebotserf¨ullung. Gottes Erbarmen und Liebe werden weitgehend ausgeblendet. Geistiges Zentrum des Traktats sind Betrachtungen u¨ ber Leben und Leiden Christi (Kap. 26–34), die Kapitel 29–34 handeln von den sechs Myrrhenb¨uscheln der Passion Christi. Eine lat. Bearbeitung dieses Abschnitts gelangte unter → Bonaventuras Namen 1495 in Straßburg erstmals in den Druck (GW 627

Zerbolt 04648, → Myrrhenb¨uscheltexte). De spiritualibus ascensionibus widmet sich in 70 Kapiteln dem Aufstieg des s¨undigen Menschen zu Gott. Der Struktur des Traktats liegen Bonaventuras De triplici via und De scala paradisi des Johannes → Klimakos zugrunde. Dass die Nachfolge Christi zur Vereinigung mit Gott f¨uhren kann, ist ein augustinischer Gedanke im Text, der im MA außer von Z. wohl nur von der Franziskanerin Coleta de Corbie formuliert wird. Neben den mndl. Fassungen beider Traktate gibt ¨ es obd. Ubersetzungen von De spiritualibus ascensionibus (von Egidius → Schwertmann und Heinrich → Haller) und auch zwei alemannische Drucke des sp¨aten 15. Jh. liegen vor. Weitere nicht g¨anzlich zweifelsfreie Zuschreibungen sind De vestibus pretiosis und Scriptum pro quodam inordinate gradus ecclesiasticos et praedicationis officium affectante. Der auch mit Z. in Verbindung gebrachte Traktat Informatio super officio praedicationis ist Johannes → Bremer zuzuweisen. ¨ Uberlieferung: De spiritualibus ascensionibus¨ Ubers.: Egidius Schwertmann: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 52, 1r–35r (Pap., aus Eichst¨att, erste H¨alfte 15. Jh., fertiggestellt im Katharinenkloster N¨urnberg, nordbair./n¨urnbergisch, Autograph). – Heinrich Haller: Innsbruck, ULB, Cod. 641, 69r–103v und 114r–116v (Autograph, Pap., 1466, s¨udbair.). – Drucke: Basel, Johann Amerbach, um 1480/85 (GW 10696); Speyer, Konrad Hist, um 1495/97 (GW 10697). – Zur lat. und ¨ mndl. hsl. und Druck-Uberl. vgl.: Van Rooij 1936 (s. Lit.) S. 281–398.; GW 10686–1099; Honemann 1987 (s. Lit.) S. 121 f.; Staubach 1997 (s. Lit.) S. 287, Anm. 177 f., S. 289, Anm. 184; Ruh, VL210 (1999) Sp. 1540; 11 (2004) Sp. 1695. Ausgaben: Daniel Johannes Marie W¨ustenhoff: Het tractaat ‹De pretiosis vestibus›. Gent/ ’s-Gravenhage 1890. – Albert Hyma: The De libris teutonicalibus by G. Z. of Z. In: Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis N.S. 17 (1924) S. 42–70. – Ders.: Het tractaat Super modo vivendi [...]. In: Archief voor de geschiedenis van het aartsbisdom Utrecht 52 (1926) S. 1–100. – Ders.: Scriptum pro quodam inordinate gradus ecclesiasticos et praedicationis officium affectante door G. Z. v. Z. In: Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis N.S. 20 (1927) S. 179–232. – G. de Zutphania: De spiritualibus ascensionibus. Van geestelijke opklimmingen. Een aloude vertaling opnieuw gedrukt en bezorgd door Hendrik Mahieu/Jerome Mahieu. Br¨ugge 1941 (lat. und mndl.). – Jan Deschamps: 628

Peters Middelnederlandse vertalingen van Super modo vivendi (7de hoofdstuk) en De libris teutonicalibus van G. Z. v. Z. In: Handelingen van de Koninklijke Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal- en Letterkunde en Geschiedenis 14 (1960) S. 67–108; 15 (1961) 175–220. – Erika Bauer: Heinrich Hallers ¨ Ubers. v. ‹De spiritualibus ascensionibus› des Gerald [sic] Z. v. Z. (Analecta Cartusiana 165). Salzburg 2000, S. 5–65. – Francis Joseph Legrand: G. Z. de Z. Manuel de la r´eforme int´erieure. Tractatus de reformacione virium anime (Sous la R`egle de saint Augustin 8). Turnhout 2001. – Thomas Kock: G. Z. v. Z. De vestibus pretiosis. In: Staubach 2004 (s. Lit.) S. 188–207. – F. J. Legrand: G. Z. de Z. La mont´ee du coeur. De spiritualibus ascensionibus. Introduction par Nikolaus Staubach (Sous la R`egle de saint Augustin 11). Turnhout 2006. – Briefe: John van Engen: Epistola fratrum. In: Staubach 2004 (s. Lit.) S. 143–161. Literatur: Willem Lourdaux, Dict. Spir. 6 (1967) Sp. 284–289. – Guido de Baere, LThK3 4 (1995) Sp. 512 (Gerhard Z. v. Z.). – Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 1537–1541; 11 (2004) Sp. 1695. – Volker Leppin, TRE 36 (2004) S. 658–660. – Detlef Metz, RGG4 8 (2005) Sp. 1850. – Theodorus M. M. (Joannes) von Rooij: G. Z. v. Z. Bd. 1. Leven en geschriften. Nijmegen 1936. – A. Hyma: The Original Version of ‹De imitatione Christi› by G. Z. of Z. In: Archief voor de geschiedenis van het aartsbisdom Utrecht 69 (1950) S. 1–41. – Andr´e Rayez: G´erard Z. de Z. et St. Bonaventure. D´ependances litt´eraires. In: FS Leonce Reypens. Hg. v. Albertus Ampe (Stud. en tekstuitgaven van Ons Geestelijk Erf 16). Antwerpen 1964, S. 323–356. – G. H. Gerrits: Inter timorem et spem. A study of the theological thought of G. Z. of Z. (1367–1398) (Studies in medieval and Reformation thought 37). Leiden 1986. – Volker Honemann: Zur Interpretation ¨ und Uberl. des Traktats ‹De libris teutonicalibus›. In: Miscellanea Neerlandica. FS Jan Deschamps. Hg. v. Elly Cockx-Indestege/Frans Hendrickx. L¨owen 1987, S. 113–114. – Ders.: Der Laie als Leser. Zur ‹Laienregel› des Dietrich Engelhus. In: Laienfr¨ommigkeit im sp¨aten MA. Formen, Funktionen, politisch-soziale Zusammenh¨ange. Hg. v. Klaus Schreiner (Schr. des Hist. Kollegs. Kolloquien 20). M¨unchen 1992, S. 211–221. – Rudolf T. M. van Dijk: Die Wochenpl¨ane in einer unbekannten Hs. v. ‹De spiritualibus ascensionibus› des G. Z. v. Z. In: Stud. zum 15. Jh. FS Erich Meuthen. 629

2. H¨alfte 14. Jh. Hg. v. Johannes Helmrath/Heribert M¨uller. Mu¨ nchen 1994, S. 445–455. – V. Honemann: Textvarianz im Milieu der Devotio moderna. Zur Genese der verschiedenen Fassungen v. ‹Super modo vivendi devotorum hominum simul commorantium› und ‹De libris teutonicalibus›. In: Lingua Theodisca. Beitr. zur Sprach- und Literaturwiss. FS Jan Goossens (Niederl.-Stud. 16). Hg. Jos´e Cajot u. a. Mu¨ nster/Hamburg 1995, S. 969–978. – Hein Blommestijn: Growing toward likeness. G. Z. of Z.s view of the spiritual journey. In: Studies in spirituality 6 (1996) S. 73–102. – N. Staubach: G. Z. v. Z. und die Apologie der Laienlekt¨ure in der Devotio Moderna. In: Laienlekt¨ure und Buchmarkt im sp¨aten MA. Hg. v. T. Kock/Rita Schlusemann (Medi¨avistische Beitr. 5). Frankfurt/M. u. a. 1997, S. 221–289. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik Bd. 4. Mu¨ nchen 1999, S. 165–173 und Reg. – R. Th. M. van Dijk: Thematische Meditatie en het beeld: visualiteit in De spiritualibus ascensionibus van G. Z. v. Z. (1367–1398). In: Geen povere schoonheid. Laat-middeleeuwse kunst in verband met de moderne devotie. Hg. v. Kees Veelenturf. Nijmegen 2000, S. 43–66. – Ders.: Toward imageless contemplation. G. Z. of Z. as guide for lectio divina. In: Spirituality Renewed. Studies on Significant Representatives of the Modern Devotion. Hg. v. H. Blommestijn u. a. (Studies in Spirituality Suppl. 10). L¨owen u. a. 2003, S. 3–28. – N. Staubach (Hg.): Kirchenreform v. unten. G. Z. v. Z. und die Br¨uder vom gemeinsamen Leben (Tradition, Reform, Innovation 6). Frankfurt/M. u. a. 2004. – Ders.: G. Z. v. Z. und die Laienbibel. In: Lay bibles in Europe 1450–1800. Hg. v. Mathijs Lamberigts (Bibliotheca ephemeridum theologicarum Lovaniensium 198). L¨owen 2006, S. 3–26. – Ulrike Hascher-Burger: Singen f¨ur die Seligkeit. Stud. zu einer Liederslg. der Devotio moderna: Zwolle, Historisch Centrum Overijssel, coll. Emmanuelshuizen, cat. VI. Mit Edition und Faks. (Brill’s Series in Church History 28). Leiden u. a. 2007, S. 83–90. VZ Peters, Gerlach (Petersz, Gerlacus Petri), * um 1378 (?) Deventer, † 18.11.1411 Windesheim bei Zwolle. – Mystiker der Devotio moderna. P. wuchs wahrscheinlich in Deventer auf und kam fr¨uh mit Florens Radewijns in Kontakt. Er wurde regulierter Chorherr in Windesheim und zum Priester geweiht. Von kr¨anklicher Konstitution, starb P. bereits fr¨uh. Seine Vita ist in der 630

2. H¨alfte 14. Jh. Windesheimer Chronik von Johannes Busch aufgezeichnet. P. hatte eine Schwester namens Lubbe, der er Briefe in mndl. Sprache sandte. Zwei von ihnen sind erhalten; darin mahnt P. seine Schwester zu Demut, Armut und Leidensf¨ahigkeit. Außerdem hinterließ P. zwei lat. Traktate: Das asketische Breviloquium fordert a¨ hnliche Tugenden ein wie die Briefe. Das mystisch orientierte Soliloquium wurde von P.s Freund Jan Scutken redigiert und erfuhr ¨ bald eine ndl. sowie 1730 eine dt. Ubersetzung. Inhaltlich behandelt der Text die Ann¨aherung an Gott im geistlich gef¨uhrten Leben. Dieses soll nach P. durch das Prinzip der Liebe und die Aufgabe des eigenen Willens bestimmt werden. Durchaus eigenst¨andig widmet sich P. auch der F¨ahigkeit zur Unterscheidung zwischen b¨osen und guten Geistern. P.s heutige Einordnung als nicht unbedeutender Vertreter der Devotio moderna verdankt sich vor allem dem Soliloquium, das starke Einfl¨usse → Jans van Ruusbroec zeigt. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur umfangreichen hs. Uberl. vgl. Lourdaux/Persoons 1968 (s. Lit.) und de Baere 1989 (s. Lit.). Ausgaben: Das Soliloquium des G. P. Kritische Erstausgabe des Wolfenb¨utteler Textes und W¨urdigung. Hg. v. Wolfgang Gericke. Habil. Halle/Saale 1941. – De Middelnederlandse ‹Brieven› van Gerlach Peters. Studie en tekstuitgave. Hg. v. Mikel M. Kors. Nijmegen 1991. – Opera Omnia (CCCM ¨ 155). Hg. v. M. M. Kors. Turnhout 1996. – Altere Ausg. bei Lourdaux/Persoons 1968 (s. Lit.) und de Baere 1989 (s. Lit.). Literatur: Guido de Baere, Dict. Spir. 12 (1983) Sp. 1192–1195. – Ernest Persoons, DHGE 20 (1984) Sp. 881 f. – G. de Baere, VL2 7 (1989) Sp. 467–469. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 338. – Rudolf van Dijk, LThK3 4 (1995) Sp. 525. – Hellmut Zschoch, RGG4 3 (2000) Sp. 745. – Jacobus Johannes Mak: De dietse vertaling van G. P.’ ‹Soliloquium›. Asten 1936. – Josef Wiesmayer: Die geistliche Lehre des G. P. Ein Beitr. zum Problemkreis der devotio moderna. Diss. Wien 1961. – Albert Hyma: The Christian Renaissance. A History of the ‹Devotio moderna›. Hamden 21965, passim. – Albert Deblaere: G. P. (1378–1411). Mysticus van de ‹onderscheiding der geesten›. In: FS Edward Rombauts. Hg. v. Lode Roose. L¨owen 1968, S. 95–109. – Petri Trudonensis Catalogus Scriptorum Windeshemensium. Hg. v. E. Persoons und Willem Lourdaux. L¨owen 1968, 631

Felicitas und ihre sieben Sohne ¨ S. 45–51. – John H. van Engen: The Work of G. P. († 1411), Spiritual Diarist and Letter-Writer, a Mystic Among the Devout. In: Ons Geestelijk Erf 73 (1999) S. 150–177. MM Felicitas und ihre sieben Sohne. ¨ – Dt. Legende. Der Legende nach war F. eine r¨omische M¨artyrerin, die mit ihren sieben S¨ohnen hingerichtet wurde. Die Geschichte folgt dem Typus der makkab¨aischen Br¨uder in 2 Makk 7. Eine bereits im 4./5. Jh. entstandene Passio F.s ging dann in die Legenda aurea des Jacobus de Voragine ein (dt. in der Els¨assischen Legenda aurea). Diese Fassung ist allerdings deutlich k¨urzer und st¨arker auf F. konzentriert als die urspr¨ungliche Passio. Eine vor 1419 entstandene Redaktion der dt. Fassung n¨aherte sich dann wieder dem Original an, etwa durch ihre ausf¨uhrlichere Schilderung der Martern von F.s S¨ohnen. ¨ Uberlieferung: Sonderredaktion der Passio: Heidelberg, UB, cpg 144, 45rb–46rb (Pap., 1419, els¨assisch). – Augsburg, Staats- und StB, 2° Cod. 159, 33vb–35rb (Pap., um 1428–32, els¨assisch). – Rottenburg, Bibl. des Priesterseminars, Cod. 11, 161va–162rb (Pap., 1463, schw¨abisch). – Linz, Landesarch./Herrschaftsarch. Steyr, Cod. 1559, 29ra–30ra (Pap., 1474, bair.-o¨ sterr.). – Zur sonsti¨ gen und fr¨uheren Uberl. vgl. Legenda Aurea. Ausgabe: Voragine 1983 (s. Lit.). Literatur: Maria C. Celletti, Bibliotheca Sanctorum 5 (1964) Sp. 605–608. – Roger Aubert: F´elicit´e (3). In: DHGE 16 (1967) Sp. 864–866. – Karin Hahn, LCI 6 (1974) Sp. 221–223. – Maria-Barbara v. Stritzky: F. In: LThK3 3 (1995) Sp. 1216 f. – Ekkart Sauser: Die sieben S¨ohne und Felicitas. In: BBKL 10 (1995) S. Sp. 39–41. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 439 f. – Karl K¨unstle: Hagiographische Stud. u¨ ber die ‹passio Felicitatis cum VII filiis›. Paderborn 1894. – Iconographie de l’art chr´etien 3/1. Hg. v. Louis R´eau. Paris 1958, S. 487 f. – Lambert D¨orr: Zur Verehrung der hl. Felizitas in der ma. Abtei Mu¨ nsterschwarzach. In: Mainfr¨ankisches Jb. f¨ur Gesch. und Kunst 17 (1965) S. 17–28. – Reclams Lex. der Heiligen und der biblischen Gestalten. Legende und Darst. in der bildenden Kunst. Hg. v. Hiltgart L. Keller. Stuttgart 1968. 92001, S. 193 f. – Jacobus de Voragine: Die els¨assische ‹Legenda aurea› 2: Das Sondergut (TTG 10). Hg. v. K. Kunze. Tu¨ bingen 1983, S. 45–47. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 632

Gangolf 20). T¨ubingen 1986, S. 410. – Lex. der Namen und Heiligen. Hg. v. Otto Wimmer und Hartmann Melzer. Innsbruck/Wien 61988, S. 275. – Reglinde Rhein: Die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine. Die Entfaltung von Heiligkeit in ‹Historia› und ‹Doctrina›. K¨oln u. a. 1995, S. 114 f. u. o¨ . MM Dominikus. – Dt. Legenden. Aus dem Ende des 14. Jh. u¨ berliefert die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 866, 37ra–84vb (Pap., aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, Ende 14. Jh., bair.) eine wahrscheinlich aus dem westalemannischen Raum stammende D.-Verslegende, welche eindeutig f¨ur Dominikanerinnen verfasst worden war. Hauptquelle war die D.-Vita des Constantinus Mediceus, Bischof von Orvieto. Ende des 14. Jh. diente die Vers-Legende als Vorlage f¨ur die Legende im Prosalegendar Der → Heiligen Leben. Auf die Fassung der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) geht die in der Handschrift Freiburg, Stadtarch., B 1 (H) 159 (Pap., um 1459–61, aus dem Reuerinnenkloster Freiburg i. Br.) u¨ berlieferte Prosalegende zur¨uck, Entstehungszeit d¨urfte die erste H¨alfte des 15. Jh. sein. Ausgabe: Joseph K¨onig (Hg.): Legende in mhd. Sprache. In: Freiburger Di¨ocesan-Arch. 8 (1874) S. 331–359. 1467 verfasste ein Dominikaner eine in der Handschrift Bernkastel-Kues, Bibl. im St. Nikolaus Hospital, Hs. 109 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.) u¨ berlieferte mittelfr¨ankische Legende, welche weitgehend auf denselben Quellen wie die D.-Vita → Dietrichs von Apolda basiert. Literatur: Marie-Humbert Vicaire: Dominique. In: Dict. Spir. 3 (1954) Sp. 1519–1532. – Ders.: Dominique. In: DHGE 14 (1960) Sp. 592–608. – Willehad Eckert/Elisabeth v. Witzleben, Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Bd. 1. Regensburg 1967, Sp. 1413–1416. – Isnard Frank, LCI 6 (1974) Sp. 72–79. – Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 186–188. – Ambrosius Eßer, TRE 9 (1982) S. 125–127. – M.-H. Vicaire/G¨unther Binding, LexMA 3 (1986) Sp. 1221–1223. – Wimmer/Melzer (61988) S. 217 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1356–1358. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 309 f., 321. – I. W. Frank, LThK3 3 (1995) Sp. 319 f. – Ders., RGG4 2 (1999) Sp. 935 f. – K¨onig (s. Ausg.). – Fedor Bech: Neue Ausbeute f¨ur das mhd. W¨orterbuch aus der D.-Legende. In: Zs. f¨ur 633

2. H¨alfte 14. Jh. dt. Wortforschung 1/4 (1901) S. 342–346. – Fritz Bangemann: Mhd. Dominikuslegenden und ihre Quellen. Diss. Halle/Saale 1919 – W. WilliamsKrapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. ¨ zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 402 f. – ¨ Ders.: Kultpflege und literarische Uberl. Zur dt. Hagiographie der Dominikaner im 14. und 15. Jh. In: Ist mir getroumet mˆın leben? Vom Tr¨aumen und vom Anderssein. FS Karl-Ernst Geith. Hg. v. Andr´e Schnyder u.a. (GAG 632). G¨oppingen 1998, S. 147–173. – Simon Tugwell: Notes on the life of St D. 5: The dating of Jordan’s libellus. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 68 (1998) S. 5–116. – Ders.: Notes on the life of St. D. 7: where was D. from 1208 to mid 1211? In: ebd. 73 (2003) S. 5–141. SF Gangolf. – Dt. Legenden. G., vielleicht mit dem 666 urkundlich bezeugten Schutzherrn des Klosters B`eze (Di¨ozese Langres), war nach der lat. Vita (MGH SS. rer. Merov. VII 155–170) «comes» am merowingischen K¨onigshof. Nach der Legende wurde G. vom Liebhaber seiner Frau, einem Kleriker get¨otet und deswegen seit Ende des 9. Jh. lokal als M¨artyrer verehrt. Seit dem 10. Jh. verbreitete sich sein Kult (Fest 11. bzw. 13. Mai) in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Westdeutschland. → Hrotsvit von Gandersheim setzte die Vita in Verse. Eine gek¨urzte lat., in den Provincia-Anhang der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) aufgenommene Fassung der Vita wurde (zusammen mit → Genovefa von Paris) im 15. Jh. als Erg¨anzung der Els¨assischen Legenda aurea zweimal ins Deutsche u¨ bersetzt: ¨ a) Rheinfr¨ankische Ubersetzung f¨ur den Winterteil. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 495, 234rb–235rb. – Mainz, StB, Hs. I 49, 193va–194va. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 79.1 Aug. 2°, 212va–214va. ¨ b) Oberels¨assische Ubersetzung. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 343, 256v–258r. Ausgaben: Konrad Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 20). T¨ubingen 1983, S. XXII f., LII, 78–89 (beide Fassungen, mit der lat. Vorlage). c) Schweizerische Version Heinrich → Kramers (1478). 634

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 181v. d) In ein Exemplar von Der → Heiligen Leben f¨ur den Regensb¨urger Br¨uckenmeister Sigmund Graner f¨ugte der Schreiber Michael Schinbeis 1467 eine bair. Version ein. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, UB, 2° Cod. ms. 314, 72v–73r. Literatur: Martin Klewitz, LCI 6 (1974) Sp. 349 f. – P. Viard, DHGE 20 (1984) Sp. 470 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 304. – Ulrich Nonn, LThK3 4 (1995) Sp. 288. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 486 f. – Fridolin Mayer: Der heilige G., seine Verehrung in Geschichte und Brauchtum. In: Freiburger Di¨ozesan-Arch. 67 (1940) S. 90–139. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ih¨ rer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 413 f. – Margit Brand/Kristina Freienhagen-Baumgardt/Ruth Meyer/W. Williams-Krapp (Hg.): Der Heiligen Leben. Bd. 1: Der Sommerteil (TTG 44). T¨ubingen 1996, S. XXIII. BJ Sebald. – Dt. Legenden. Die fr¨uheste bekannte Legende u¨ ber Leben und Mirakel des N¨urnberger Stadtpatrons S. ist eine Prosa-Vita von 1385, welche zum Urbestand von Der → Heiligen Leben (Sommerteil, Nr. 90) z¨ahlt und aus dem in N¨urnberg entstandenen Bamberger Legendar stammt. Ob eine a¨ltere dt. Versfassung Vorlage war, ist unsicher, ebenso die Verfasserschaft von Konrad Sauer, Pfarrer in St. Sebald. Eingeschoben in den Legendentext ist ein Lob auf N¨urnberg, welches aus dem Reimoffizium Nuremberg extolleris sollempni patrono (um 1280) u¨ bersetzt wurde. 1425 wurde S. heiliggesprochen, diesem Umstand trug eine dt. N¨urnberger Redaktion von nach 1451 Rechnung, sie f¨ugte ferner ausw¨artige Mirakel aus einem Notariatsinstrument der 1430er Jahre hinzu. ¨ Uberlieferung: Neun Hss. – Vgl. dazu Borst (s. Lit.) Anm. 255, 395, 403. – Druck 1514. Eine religi¨ose Vertiefung erfuhr die Legende in der zweiten Phase von Der Heiligen Leben, Redaktion. ¨ Uberlieferung: Sieben Hss. – Vgl. dazu Williams-Krapp (s. Lit.) S. 327. Die Harburger Legenda aurea (vgl. → Jacobus a ¨ Voragine) enth¨alt ferner eine dt. Ubersetzung der Sebald-Lektionen Omnia quae gesta sunt (um 1340). 635

Sebald ¨ Uberlieferung: Vgl. Der → Heiligen Leben. Ausgaben: Edgar B¨uttner: Fragm. eines ProsaLegendars im Staatsarch. Bamberg. In: ZfDA 119 (1990) S. 37–60, hier S. 44–46. – Margit Brand u. a. (Hg.): D. H. L. Bd. 1 (Sommertl.) (TTG 44). T¨ubingen 1999. – Dies. u. a. (Hg.): D. H. L. Bd. 2 (Wintertl.) (TTG 51). T¨ubingen 2004. Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 310, 316. – Konrad Kunze, VL28 (1992) Sp. 971. – Arno Borst: Die Sebalduslegenden in der ma. Gesch. N¨urnbergs. In: Jb. f¨ur fr¨ankische Landesforschung 26 (1966) S. 19–178. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ih¨ rer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. – B¨uttner (s. Ausg.). SF Franz von Retz OP, * um 1343 (?) Retz (Nieder¨osterreich), † 8.9.1427 Wien. – Theologe, Prediger. F. trat in Retz in den Dominikanerorden ein und studierte ca. 1365–71 an der Universit¨at Wien. Zusammen mit → Heinrich von Langenstein, Heinrich → Totting von Oyta u. a. war er am Aufbau der Theologischen Fakult¨at beteiligt, an der er seit 1385 lehrte. 1388 wurde F. zum Magister in theol. promoviert. 1388–1424 war er Magister actu regens. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte Johannes → Nider. F. war zwischen 1399 und 1416 mehrmals Dekan und trat als Verhandlungsf¨uhrer gegen¨uber den Landesf¨ursten hervor. 1409 vertrat er die Universit¨at auf dem Konzil in Pisa, wo er an den Vorbereitungen des Konstanzer Konzils mitwirkte. Der sich seit 1393 f¨ur die Ordensreform im Sinne → Raimunds von Capua einsetzende F. war 1399 und 1424 Vikar der Ordensprovinz Teutonia, zeit¨ weise auch Generalvikar f¨ur Osterreich und Ungarn. 1. Das vielleicht als Lehrschrift gegen die Adamiten in Nieder¨osterreich und im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit den Juden in Wien in Sachen Marienverehrung verfasste Defensorium inviolatae virginitatis Mariae war im 15. Jh. weit verbreitet. Mit dieser Zusammenstellung von naturkundlichen, mythologischen und historischen Beispielen von ‹Wundern› sollte die jungfr¨auliche Mutterschaft Mariens belegt werden. Die wundersamen Begebenheiten (in einigen Handschriften auch bildlich dargestellt) werden in leoninischen Zweizeilern in Frageform mit dem Wunder der Jungfr¨aulichkeit Marias konfrontiert. Bei 636

Franz von Retz der Auswahl der Beispiele, die in den verschiedenen Ausgaben variiert, bezog sich F. vor allem auf → Augustinus, Isidor von Sevilla und → Albertus Magnus, ferner auf die antiken Autoren Valerius Maximus und Ovid sowie in f¨unf F¨allen auf alttestamentliche Szenen. Vom Defensorium beeinflusst zeigen sich u. a. Hans → Folz, Lienhard → Nunnenbeck und Sebastian → Brant, der die Verse in 62 lat. Distichen bearbeitet (Contra Judaeos et Haereticos conceptionem virginalem fuisse possibilem argumentatio. Basel 1498. Straßburg 1498). Darstellungen aus dem Defensorium finden sich in kirchlichen Kunstwerken des 15. Jh., darunter auf dem Triptychon von 1426 im Zisterzienserkloster Stams und auf der davon abh¨angigen Tafel aus Ottobeuren aus der Mitte des 15. Jh. in F¨ussen sowie im Kreuzgang des Brixener Doms. ¨ Uberlieferung: a) Hss.: Basel, UB, A VIII, 22, 118–128 (15. Jh.; 38 lat. Exemplaverse, Verse zu der Geburt und den nach Bethlehem eilenden Tieren). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 753, p. 180–185 (Pap., 15. Jh.; 23 lat. und dt. Exemplaverse, Verse zum Weihnachtsbild). – Graz, UB, Ms. 978, 274rv. – Lambach, Stiftsbibl., Ccl 328, 298r–302v (s. Purkart). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 258, 159ra-vb (Pap., 1446/64; 28 lat., 29 dt. Exemplaverse). – Ebd., Cgm 3974, 91v–113r (Pap., 1446/64; 42 lat. und dt. Exemplaverse; mit Illustr.). – Ebd., Clm 706, 50–56 (1472; mit Illustr.). – Ebd., Clm 4163, 102–104 (15. Jh.; 40 lat. Exemplaverse, zudem Verse zu Verk¨undigung und Geburt). – Ebd., Clm 18077, 51–56 (1459; 46 lat. Exemplaverse; mit Illustr.). – N¨urnberg, StB, Cent. I, 79, 66r–67r (1457/62). – Ebd., Cent. V, App. 34a, 83r–105v (15. Jh.). – Wien, Dominikanerkonvent, Cod. 206/172, 89v (15. Jh.; 20 lat. Exemplaverse, zudem Verse zu der Geburt und den nach ¨ Bethlehem eilenden Tieren). – Wien, ONB, Cod. 4973, 248–259 (um 1460; 51 Exemplaverse und lat. erl¨auternde Texte, Verse zu der Geburt und den nach Bethlehem eilenden Tieren). – W¨urzburg, UB, M. ch. f. 137, 225v–226v. – Ebd., M. p. th. q. 41,10v–11r. – b) Zwei Einzelbl¨atter: Berlin, Kupferstichkabinett, Nr. 2126 und 227 (s. Schmidtke, Anm. 551). – c) Zwei Blockb¨ucher: Friedrich Walthern, N¨ordlingen 1470 (53 Exempla mit lat. Versen; mit Illustr.) (Cop. 1945). – Johann Eysenhut, Regensburg 1471 (44 Exempla mit lat. Versen; lat. Vorrede und Schlussabhandlung mit Nennung des Verfassers; mit Illustr.) (Cop. 1943). – d) Sechs 637

2. H¨alfte 14. Jh. Inkunabeln (Hain 6064–6086; Cop. 1944; Marie Pellechet: Catalogue g´en´eral des incunables des biblioth`eques publiques de France. Bd. 3. Paris 1909, S. 4922 f.). Ausgaben: s. L. Hain: Repertorium bibliographicum, Nr. 6084–6086. – Faksimilia: Defensorium inviolatae virginitatis Mariae aus der Druckerei der Hurus in Saragossa. Hg. v. Wilhelm Ludwig Schreiber. Weimar 1910. – Defensorium immaculatae virginitatis. Hg. v. Kurt Pfister. Leipzig 1925 (Druck des Blockbuches von 1470, nach dem Original in der Bayerischen Staatsbibl. zu M¨unchen). – A. Kibre: Un esemplare sconosciuto del Defensorium inviolatae virginitatis Marie del 1471. In: Maso Finiguerra 2 (1937) S. 3 f. Daneben verfasste F. mehrere theologische Traktate und Predigten, die zum gr¨oßten Teil noch nicht ediert sind. Im Zusammenhang mit seiner Lehrt¨atigkeit an der Universit¨at Wien entstanden: 2. Lectura in lib. Proverbiorum ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, AugustinerChorherrenstift, CCl 57, 18–467v (1432). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 18566, 25–40 (1460). – Wien, Dominikanerkonvent, 186/152 (olim H 19), ¨ 1ra–226ra (15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 4149, 111–113 (15. Jh.). 3. Auslegungen zum Pater noster: Lectura super Orationem dominicam ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, AugustinerChorherrenstift, CCl 571, 1–164 (15. Jh.). – Wien, Dominikanerkonvent, H 5 (verschollen). 4. Lectura super antiphonam Salve regina ¨ Uberlieferung: Graz, UB, Ms. 260 (15. Jh.; Tl. 1). – Ebd., Ms. 261a (1433; Tl. 3). – Ebd., Ms. 261b (1442; Tl. 3). – Klosterneuburg, AugustinerChorherrenstift, CCl 52 (15. Jh.; Tl. 1). – Ebd., CCl 53 (15. Jh.; Tl. 2). – Ebd., CCl 54 (15. Jh.; Tl. 3). – Ebd., CCl 55 (15. Jh.; Tl. 3). – Ebd., CCl 56 (15. Jh.; ult. pars). – Ebd. CCl 867, 13–39v (15. Jh.; Ausz¨uge). – Lilienfeld, Stiftsbibl., Cod. 135–138 (verschollen). – N¨urnberg, StB, Cent. III, 70–71 (1458/59; Tl. 1 und 3). – Stuttgart, LB, HB I 23–24 (1448, 1450/51; Tl. 1 und 3). – Wien, Dominikanerkonvent, H 5 (verschollen). Mit den Auslegungen zu den Proverbia Salomonis drei Werke stehen in Verbindung: 5. De ieiunio ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 5880, 1–31 (15. Jh.). 6. Comestorium vitiorum, eine Darstellung der sieben Haupts¨unden und der von ihnen erzeugten Laster. 638

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Wien, Dominikanerkonvent, H 3 (verschollen). – Melk, Stiftsbibl., E 58 (verschollen). – Druck: N¨urnberg 1470 (Hain 13884). 7. Comestorium B. Mariae Virginis ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, AugustinerChorherrenstift, CCl 43, 1–296 (15. Jh.). – Wien, Dominikanerkonvent, H 9 (verschollen) Ausgabe: N¨urnberg 1470 (vgl. L. Hain: Repertorium bibliographicum 4, Nr. 13884). Erhalten sind ferner Schriften gegen die Hussiten und zwei Predigtsammlungen: 8. Scripta seu dicta de peccatis quae fiunt publice et quae sustinentur ab ecclesia, ne peiora peccata fiant ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 18294, 260ra–261rb (1471). – Olomouc, St´atn´ı vˇedeck´a knihovna, M II 55, 81–82v (15. Jh.). 9. Incipiunt sermones [...] ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 13571, 174–205v (15. Jh.). – Bamberg, SB, Msc. Theol. 20, 255–263v (15. Jh.). 10. Sermones selecti ad populum ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, AugustinerChorherrenstift, CCl 57, 1–5v (1432). – Ebd., CCl 926, 76–84v, 15. Jh. – M¨unchen, BSB, Clm 18230, ¨ 135va-139rb, 15. Jh. – Wien, ONB, Cod. 3673, 152 ss. (15. Jh.). – Ebd., Cod. 3741, 73v–78 (15. Jh.). – Ebd., Cod. 3746, 6v–10v, 15–17v, 34v–38, 43–47 (15. Jh.). – Ebd., Cod. 3792, 169–170v (15. Jh.). Nicht erhalten sind: 11. Comestorium generale cum fructibus spiritus ¨ Uberlieferung: Wien, Dominikanerkonvent, H 8. – Ebd., H 10. – Ebd., M 55. 12. De infeccione vel de ordinacione proprie voluntatis ¨ Uberlieferung: Wien, Dominikanerkonvent, H. 10. Literatur: Gabriel L¨ohr, LThK1 4 (1932) Sp. 117. – Friedrich Zoepfl: Defensorium inviolatae virginitatis Mariae. In: RDK 3 (1954) Sp. 1206–1208. – Paul-Gundolf Gieraths, NDB 5 (1961) S. 372. – Ewald Maria Vetter: Defensorium inviolatae virginitatis Mariae. In: LCI 1 (1968) Sp. 499–503. – Paul De Vooght: Fran¸cois de R. In: DHGE 18 (1977) Sp. 749 f. – Klaus Grubm¨uller, VL2 2 (1980) Sp. 834–837; 11 (2004) Sp. 454. – Ewald Maria Vetter/Friederike Tschochner, MarLex 2 (1989) S. 158–160. – Ekkart Sauser, BBKL 17 (2000) Sp. 405 f. – Julius von Schlosser: ¨ Zur Kenntnis der k¨unstlerischen Uberl. im sp¨aten MA. In: Jb. der kunsthist. Sammlungen des Allerh¨ochsten Kaiserhauses 23 (1902) S. 280–338. – Gallus M. H¨afele: F. v. R. Ein Beitr. zur Gelehrtengesch. des Dominikanerordens und der Wiener 639

¨ Konrad Ulin von Rottenburg Universit¨at am Ausgange des MA. Innsbruck u. a. 1918. – Adele Kibre: Un esemplare sconosciuto del’Defensorium invioloatae virginitatis Mariae del 1471. In: Maso Finiguerra 2,1 (1937) S. 3 f. – Friedrich Stegm¨uller: Repertorium biblicum medii aevi 2. Madrid 1950. Nachdr. Madrid 1981. – Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehen¨ den MA (Sb. der Osterr. Akad. der Wiss. in Wien, Phil.-Hist. Kl. 5). Wien 1954 (S. 109). – E. M. Vetter: Mariologische Tafelbilder des 15. Jh. und das Defensorium des F. v. R. Ein Beitr. zur Gesch. der Bildtypen im MA. Diss. Heidelberg 1954. – Isnard W. Frank: Hausstudium und Universit¨atsstudium der Wiener Dominikaner bis 1500 (Arch. f¨ur o¨ sterr. Gesch. 127). Graz 1968. – Alfons Huber: F. v. R. und sein Defensorium im Brixner Kreuzgang und auf der Stamser Tafel. In: Der Schlern. Bozner Halbmonatsschr. 42 (1968) S. 64–70. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 397–400. – Josef Purkart: Franciscus de Retza, ‹Defensorium inviolatae virginitatis›. Eine unbekannte Hs. aus dem Stift Lam¨ In: AB¨aG 3 (1972) S. 181–199. – Fritz bach (OO). Peter Knapp: Die Lit. des Sp¨atMA in den L¨andern ¨ Osterreich, Steiermark, K¨arnten, Salzburg und Tirol v. 1273–1439. II. Halbbd.: Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge v. Rudolf IV. bis Albrecht ¨ V. (1358–1439). (Gesch. der Lit. in Osterreich v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart 2,2). Graz 2004, S. 132–146. BJ ¨ Konrad Ulin von Rottenburg (Conradus de Rotinburg, C. Uelin de Rottenburg, Chunrat v. Ratenburg), * fru¨ hestens 1375, † 1416 Wien. – Verfasser von Predigten und weiteren theologischen Schriften. K., dessen genaue Herkunft nicht bekannt ist, wurde 1392 in die Matrikel der Universit¨at Wien als Mitglied der «Nacio Australium» eingetragen. 1393 wurde er Baccalaureus der Artes, 1396 Lizentiat und Magister. Anschließend nahm er eine Lehrt¨atigkeit auf und wurde 1404, 1410 und 1414 zum Dekan der Artistenfakult¨at bestimmt. 1407 ist K. als Sententiarius, 1411 als Baccalaureus der Theologie bezeugt. Seit 1413 war er Kanoniker von St. Stefan in Wien. Von R.s artistischen Vorlesungen ist nur ein Tractatus logicus sive disputationes super Arte veteri handschriftlich nachgewiesen, an theologischen Vorlesungen ist eine erhalten u¨ ber Buch III und IV der 640

Heinrich von St. Gallen Sentenzen, anonym sind Prinzipien zu Buch I–IV u¨ berliefert. Im dt. Predigtkorpus des sog. → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl-Redaktors wird in einem Teil der Handschriften R. als Verfasser einiger Predigten genannt: einer Weihnachtspredigt u¨ ber den Zeitpunkt der Inkarnation und die Erl¨osung der Menschen durch Christus, einer Predigt zum f¨unften Sonntag nach Epiphanie u¨ ber den Evangelientext Mt 11,25–29, einer Predigt gegen die Ketzer, die eine Anrufung der Heiligen ablehnen und einer Predigt zum Allerseelentag u¨ ber den Nutzen von Werken f¨ur die armen Seelen. ¨ Uberlieferung: G¨ottweig, Stiftsbibl., Hs. 3. – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1865. – Ebd., Cod. 705. – Stockholm, Kungl. Bibl., Cod. A 190. – Wien, Dominikanerkloster, Cod. 177/144b. Als Verfasser der Quaestio, ob gewonnenes Spielgut wieder zur¨uckgegeben werden soll, wird R. in drei Handschriften der gleichen Preditsammlung genannt. ¨ Uberlieferung: Vgl. Menhardt (s. Lit.) S. 4. – Ferner: Wien, Schottenkloster, Cod. 296 (H¨ubl 204), 134v–136v. – Ebd., Cod. 306, 26r–27r (H¨ubl 306). Das Korpus als Ganzes d¨urfte ein Buch zur Predigtvorbereitung gewesen sein; daf¨ur sprechen die direkten Hinweise darauf sowie die h¨aufigen Wechsel von dt. zu lat. Text. Literatur: Thomas Hohmann, VL2 5 (1995) Sp. 256–259. – Joseph v. Aschbach: Gesch. der Wiener Univ. Bd. 1. Wien 1865. – Adolf Spamer: ¨ Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. Ein Versuch. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420. – Hermann Menhardt: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhls Predigt vom Eigentum im Kloster. In: ZfdPh 73 (1954) S. 1–39, 268–291; ebd. 74 (1955) S. 36–41. – T. Hohmann: Heinrichs v. Langenstein ‹Unterscheidung der Geister› lat. und dt. (MTU 63). Mu¨ nchen 1977. – Ders.: Dt. Texte aus der ‹Wiener Schule› als Quelle f¨ur Michel Beheims religi¨ose Gedichte. In: ZfdA 107 (1978) S. 319–330. – Paul Uiblein (Hg.): Die Akten der Theologischen Fakult¨at der Univ. Wien (1396–1508). Wien 1978. – Kurt M¨uhlberger/Karl Kadletz (Hg.): Die Univ. Wien im MA. Beitr. und Forschungen v. P. Uiblein (Schriftenreihe des Universit¨atsarch. 11). Wien 1999, S. 185, 222, 361. – Freimut L¨oser: Meister Eckhart in Melk. Stud. zum Redaktor Lienhart Peuger [...] (TTG 48). T¨ubingen 1999, S. 126, 184, 188. SF 641

2. H¨alfte 14. Jh. Heinrich von St. Gallen, * um 1350 St. Gallen, † nach 1409. – Prediger und volkstheologischer Schriftsteller, sp¨ates 14./fr¨uhes 15. Jh. H. studierte in Prag; 1371 wurde er zum Bakkalaureus und 1373 zum Magister in den Artes promoviert. An der Prager Universit¨at, in deren Akten er 1397 zuletzt auch als «baccalareus in theologia» gef¨uhrt wird, wirkte er bis zum Auszug der Deutschen aus Prag 1409. Danach scheint H. als Prediger und Verfasser volkssprachlicher Erbauungsschriften im nord-/westbair.-alemannischen Raum t¨atig ge¨ wesen zu sein, was mit der Uberlieferung seiner sp¨aten Schriften korrespondiert. Insgesamt werden ihm f¨unf, zum Teil außerordentlich breit u¨ berlieferte Werke (nicht immer zweifelsfrei) zugeschrieben. Ein Predigtzyklus u¨ ber die Acht Seligkeiten d¨urfte noch aus der Prager Zeit stammen. Sieben menschlichen Gebrechen werden sieben durch die Gaben des hl. Geistes bewirkte Tugenden gegen¨ubergestellt. Auf die achte Tugend verzichtet H., da sie als Summe der anderen in ihnen enthalten ist. Der Extendit manumPassionstraktat (oft auch als Passio Christi bezeichnet) wird nur in einer sp¨aten Handschrift von ¨ 1462 H. zweifelsfrei zugewiesen (Wien, ONB, Cod., 12546, 139r: «Maister hainreich von sand Gallen ze Prag»), die Handschriften der Zweitredaktion des Traktats, die seit 1445 im schw¨abischalemannischen Raum u¨ berliefert wird, nennen nur einen Meister zu Prag. Der Traktat bietet ausgehend vom Schriftwort «Extendit manum [...]» (Gen 22,10) die Passionshistorie vom Freitag vor Palmarum bis zur Auferstehung auf Grundlage lat. Vorlagen und verbindet kontemplativ Erbauliches aus dem Umkreis der Franziskaner Mystik mit scholastischer Argumentationskunst. F¨ur die Bethanienszene diente die Historia Passionis Jesu Christi Extendit manum des → Michael von Massa als direkte Vorlage. Der Passionstraktat H.s ist nicht nur a¨ ußerst breit u¨ berliefert, sondern weist auch eine fruchtbare und europaweite Rezeptionsgeschichte auf (→ Heimelike Passie, → Brixener und → Egerer Passionsspiel, vgl. VL2 3 [1981] Sp. 741; 11 [2004] Sp. 624). Er geh¨ort zu den meist verbreiteten Werken dt. ma. Literatur und ist mit Abstand die bedeutendste Passionshistorie im deutschsprachigen Raum. Neben den zahlreichen Bearbeitungen gibt es auch eine Kompilation aus Passionstraktat und H.s Marienleben. Unikal u¨ berliefert ist hingegen der kurze Traktat Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit, eine Er642

2. H¨alfte 14. Jh. mahnung, «besunderheyt», Eigenwillen und Bevorzugung eines einzelnen Menschen zu vermeiden. Die handschriftliche Zuweisung («maister Heinrich von sant Gallen») ist eindeutig. Die Magnificat-Auslegung ist im a¨ ltesten Textzeugen vom Anfang des 15. Jh. (Bamberg, SB, Msc. Hist. 157, 232r) als Werk H.s ausgewiesen. H. zitiert anfangs erweiternd den Bericht von Marias Besuch bei Elisabeth (Lk 1,39–45) und l¨asst eine Satz-f¨ur-Satz-Auslegung des Lobgesangs Marias (Lk 1,46–55) nach Art der universit¨ats¨ublichen «lectio» folgen. Das Marienleben wird anonym u¨ berliefert, doch hat es so zahlreiche ¨ inhaltlich-stilistische Ubereinstimmungen mit der Magnificat-Auslegung (bei weitgehend gemeinsamer ¨ Uberlieferung), dass die Annahme eines gemeinsamen Verfassers/letztverantwortlichen Redaktors f¨ur beide Werke nahezu zwingend ist. Die ProsaMarienlegende in 19 Kapiteln erz¨ahlt auf biblischer Grundlage bei nur geringf¨ugiger Heranziehungen weiterer Quellen das Leben der Gottesmutter, das in Form eines theologisch fundierten exegetischen Gespr¨achs von ma. Autorit¨aten volkst¨umlich-erbaulich ausgelegt wird. In einer mittelbair. Abschrift von 1464 wird die Legende auf Predigten der ehemaligen Prager Magister → Matth¨aus von Krakau und → Heinrich von Berching zur¨uckgef¨uhrt (M¨unchen, UB, 4° Cod. ms. 478, 127r). Die Vorstellung von der Neusch¨opfung eines vollkommenen Menschen (vgl. Anticlaudianus des → Alanus ab Insulis, → Compendium anticlaudiani) wird im Marienleben auf die makellose Jungfrau bezogen. Das zweite Kapitel u¨ ber die Geburt Mari¨a ist wahrscheinlich eine Bearbeitung des → Maria als Buch-Gleichnisses, das u¨ ber die Sammlung dt. Quaestionen des Meister → Heinrich zu N¨urnberg vermittelt worden sein k¨onnte. Einzelne Passagen von Christi Geburt und Tod sind an die Offenbarungen → Birgittas von Schweden angelehnt, die als Heilige angesprochen wird (Kanonisierung 1391); dadurch ergibt sich ein Terminus post quem, wahrscheinlich ist eine Abfassung des Marienleben nach 1409. ¨ Uberlieferung: Acht Seligkeiten: M¨unchen, BSB, Cgm 64, 183r–227v (Perg., erste H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Ebd., Cgm 4880, 153r–198v (Pap., 1451, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Cgm 4882, 77v–119v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.; mit Autorangabe [Mag. Heinrich v. St. Gallen zu Prag], enth¨alt 36r–76v auch den Passionstraktat). – Ebd., Cgm 6617, 46r–90v (Pap., um 1420, bair.; 643

Heinrich von St. Gallen mit Autorangabe [Mag. Heinrich v. St. Gallen], enth¨alt 1r–40v auch den Passionstraktat). – Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 D 22 (vormals 23 C 11; 26 E 4), 62ra–89rb (Perg., 1442, o¨ sterr.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b V 9, 326r–368v (Pap., um 1470, o¨ sterr.; enth¨alt ¨ 283r–326r auch den Passionstraktat). – Wien, ONB, Cod. 2840, 255ra–284rb (Pap., Mitte 15. Jh., s¨udalemannisch; enth¨alt 290v–314v auch die MagnificatAuslegung). – Sonderred.: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 967 (Pap., 15. Jh., alemannisch). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 235 (639; L 67), 39rb–55rb (Pap., um 1440, mittelbair.; (enth¨alt 19rb-39rb auch den Passionstraktat). – Ebd., Cod. 981 (861; P 55), S. 198–274 (Pap., vor 1419, mittelbair.). – Passionstraktat: Mindestens 180 Hss. Vgl. Ruh 1940 (s. Ausg.) S. XVI–XVIII; Ruh 1953 (s. Lit.) S. 217–219; Andr´as Vizkelety: Beschreibendes Verz. der altdt. Hss. in ungarischen Bibl. Bd. 2. Wiesbaden 1973, Nr. 68,7; Hilg 1977 (Ausg. «Marienleben») S. 19; VL2 3 (1981) Sp. 739 f., 11 (2004) Sp. 624; Handschriftencensus (online); Zu den Drucken s. Ruh 1940 (Ausg.) S. XIX; Ruh 1953 (s. Lit.) S. 261, Anm. 2. – Kompilation Passionstraktat/«Marienleben»: Vgl. VL2 3 (1981) Sp. 741; K¨orner 2009 (s. Ausg.) S. 13–15. – Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43I, 231r-v (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, 1446, n¨urnbergisch). – Magnificat-Auslegung: 20 Hss., vgl. Legner 1973 (s. Ausg.) S. 10–13, VL2 3 (1981) Sp. 742. – Marienleben: mindestens 31 Hss., vgl. Hilg 1981 (s. Ausg.) S. 8–67 f.; Handschriftencensus (online). Ausgaben: Anton Birlinger: Passio dt. In: Altdt. Neujahrsbl. f¨ur 1874. Mittel- und nd. Dialektproben. Hg. v. dems./Wilhelm Crecelius. Wiesbaden 1874, S. 1–52. – Kurt Ruh: Der Passionstraktat des H. v. St. G. Thayngen 1940. – Wolfram Legner: H. v. St. G., Die Magnificat-Auslegung (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 11). M¨unchen 1973. – Hardo Hilg: Das ‹Marienleben› des H. v. St. G. Text und Unters. Mit einem Verz. deutschsprachiger Prosamarienleben bis etwa 1520 (MTU 75). M¨unchen 1981. – Petra H¨orner: Kompilation aus H.s v. St. G. Passionstraktat und Marienleben in drei Fassungen. Horizontal-synoptische Edition. Berlin 2009. Literatur: Kurt Ruh, NDB 8 (1969) S. 422 f. – H. Hilg/K. Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 738–744; 11 (2004) Sp. 624. – H. Hilg, MarLex 3 (1991) 644

Otto von Passau S. 131 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 292, 317, 335 f., 391 f. – Werner Williams-Krapp/Red., Killy2 5 (2009) S. 188. – Wieland Schmidt: H. v. St. G. In: ZfdPh 57 (1932) S. 233–243; wieder in: Ders.: Kleine Schr. Hg. v. Konrad Kettig. Wiesbaden 1969, S. 161–171 – Erik Rooth: Ein Fragm. des Passionstraktates v. H. v. St. G. Zugleich ein Beitr. zur Gesch. des Mnd. in den Ostseeprovinzen. In: Suomalaisen Tiedeakatemian Toimituksia. Annales Academiae Scientiarum Fennice B 30 (Helsinki 1934) S. 471–509. – K. Ruh: Stud. u¨ ber H. v. St. G. und den ‹Extendit-manum›-Passionstraktat. In: Zs. f¨ur Schweizer Kirchengesch. 47 (1953) S. 210–230, 241–278. – Josef Werlin: H. v. St. G. Ein dt. Schriftsteller in Prag zur Zeit Karls IV. In: Stifter Jb. 6 (1959) S. 131–147. – Johannes Gemke: H. v. St. G. Auslegung der acht Seligkeiten. Textgesch., Textkritik und Probeedition. W¨urzburg, Zulassungsarbeit (masch.) 1969. – K. Ruh: Das ‹Compendium Anticlaudiani› als Quelle des Prosa-Marienlebens ‹Da got der vater schuof Adam und Evam›. In: ZfdA 98 (1969) S. 109–116. – Walter Baier: Unters. zu der Passionsbetrachtung in der ‹Vita Christi› des Ludolf v. Sachsen. (Analecta Cartusiana 44). Salzburg 1977, S. 341–343. – Christoph Huber: Die Aufnahme und Verarbeitung des Alanus ab Insulis in mhd. Dichtungen. Unters. zu Thomasin v. Zerklaere, Gottfried v. Strassburg, Frauenlob, Heinrich v. Neustadt, H. v. St. G., Heinrich v. Mu¨ geln und Johannes v. Tepl (MTU 89). M¨unchen 1988, S. 236–243. – Mette Nordentoft: Zum (nord)europ¨aischen Stemma des Passionstraktates H.s v. St. G. In: Nd. in Skandinavien 4: Akten des 4. nordischen Symposions ‹Nd. in Skandinavien› in L¨ubeck-Travem¨unde, 22.–25. August 1991. Hg. v. Hubertus Menke/Kurt Erich Sch¨ondorf. Berlin 1993, S. 168–195. – Klaus Gantert: H. v. S. G.: Passionstraktat ‹Extendit manum ...›. Darin: Ge¨ bete. In: Aderlaß und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw (Ausstellungskat. SB zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz NF 48). Mainz 2003, S. 239. – P. H¨orner: H. v. St. G. Passion zur Demonstration der unermeßlichen Liebeshingabe. In: Theologie und Glaube 97 (2007) S. 155–169. VZ Otto von Passau OFM. – Verfasser eines mystischen Erbaungsbuches, zweite H¨alfte 14. Jh. Neben den Angaben zu O.s Leben aus der Vorrede seines eigenen Werks belegen ihn vier urkund645

2. H¨alfte 14. Jh. liche Zeugnisse 1362 als Ordenslektor des Franziskanerklosters in Basel, 1363 als Kustos der Minoriten, 1384 als Visitator und Reformierer des Klarissenklosters K¨onigsfelden und schließlich 1385 als Konventuale in Basel. Die Angabe im Nachwort, wonach Die 24 Alten oder Der goldene Thron der minnenden Seele am 2.2.1386 vollendet worden seien, ist problematisch, denn der a¨lteste Textzeuge ist mit großer Sicherheit auf 1383 datiert. O.s aus u¨ ber 100 Autoren kompilierte moraldidaktische christliche Lebenslehre schließt an die 24 Alten aus Offb 4,4 an, die von anderen Heiligen durch unmittelbare Gottesn¨ahe hervorgehoben sind. Deren Kult und Ikonographie waren vor allem im sp¨aten 14. Jh. belegt, allerdings wurde ihr Heiligenkult 1419 von der Wiener Theologischen Fakult¨at verurteilt. Die 24 Alten bestimmen die Makrostruktur des Werkes mit 24 Kapiteln, die von der Vorrede, einem Nachwort (der sog. «Dankbarkeit») und dem Register umrahmt sind. In den einzelnen Kapiteln wird jedem der Alten eine Rede an die «minnende Seele» in den Mund gelegt. Jede dieser Reden behandelt ein bestimmtes Thema, im Einzelnen: Wesen des Menschen und Gottes, Reue, Verzicht, Gewissen, a¨ußere Lebensf¨uhrung, Denken, Liebe, Gnade, Glaube, Eucharistie, Maria, Weisheit, Bibel, vita activa und vita contemplativa, Gebet, Gottesfreundschaft, geistliches Leben, Tugend, Verdienst, Tod, Erw¨ahlung, Fegefeuer und H¨olle, Seligkeit. Querverweise von einer Rede zur anderen sind h¨aufig, das Register h¨alt die Themenf¨ulle aber transparent. Als kompositorische Mitte fungiert die Rede des zw¨olften Alten, ein Marienleben. Quellen der Kompilation sind neben der Bibel Kirchenv¨ater wie Origenes, Chrysostomus und → Augustinus, scholastische Theologen wie → Thomas von Aquin und Duns Scotus, und vorchristliche Autoren wie Pythagoras, Sokrates, Platon, Aristoteles, Terenz, Cicero und Ovid. Es fehlen die ‹modernen› Mystiker Meister → Eckhart, Johannes → Tauler und Heinrich → Seuse, und das obwohl O. in der popularisierenden Nachfolge der oberrheinischen Mystik steht. Es werden so nur kanonisch gesicherte und durch Quellenhinweise und das Register zus¨atzlich sanktionierte Lehrinhalte geboten. O. d¨urfte damit bestrebt gewesen sein, einem interessierten Publikum ‹kritischer› Laien, hier ist vor allem an die oberrheinische Gottesfreund-Bewegung zu denken, anhand 646

2. H¨alfte 14. Jh. anerkannter Lehrst¨ucke Verhaltensregeln und Identifikationsmuster f¨ur eine praktizierbare geistliche Lebensf¨uhrung anzubieten. Der tats¨achliche Rezipientenkreis ist entsprechend: Handschriftliche Besitzvermerke belegen die Verbreitung unter st¨adtischen Laien, in Nonnenkl¨ostern und eingeschr¨ankt auch als Repr¨asentationsobjekte f¨urstlicher Auftraggeber. Hauptverbreitungsgebiet der 24 Alten war der Oberrhein mit dem Elsass als Ort erster nachhaltiger Rezeption und Ausstrahlungen bis nach Schwaben, ¨ Bayern, Ostfranken und Th¨uringen. In Osterreich, Nord- und Mitteldeutschland wurde das Werk wenig beachtet mit Ausnahme von K¨oln, das Ausgangspunkt f¨ur die ndl. Rezeption war. Die erste Verbreitung im Druck (1480–1508) konzentrierte sich auf Straßburg, Augsburg und K¨oln. Nach einer wohl reformationsbedingten Rezeptionspause setzt mit der Gegenreformation eine erneute Rezeptionsphase ein mit Dillinger und Ingolst¨adter Drucken (1568–1607). Ein literarisches Nachleben haben die 24 Alten durch 90 lat. K¨olner Predigten erfahren (um 1420), die explizit Bezug auf O. nehmen (Berlin, SBB, Ms. theol. lat. qu. 112). Ferner kann man Johannes → Nider, Hans → Rosenpl¨ut, Hans → Folz und Michel → Beheim eine Kenntnis des Werks unterstellen. ¨ ¨ ¨ Uberlieferung: Uber 140 Hss. – Alteste Textzeugen: Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 64, 230 Bll. (Pap., 14.5.1383, ostalemannisch, aus dem Raum Freiburg i. Br.; mit 24 kolorierten Federzeichnungen). – Ebd., Cod. Donaueschingen 241, 134 Bll. (Pap., um 1400, s¨udschw¨abisch/oberrheinisch, Straßburg). – Vgl. ¨ zur weiteren Uberl.: Schmidt 1938, passim. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 54, Anm. 5. – Besch 1967, S. 65 f. – Sigrid Kr¨amer: Verbleib unbekannt. Angeblich verschollene und wiederaufgetauchte Hss. (2. Folge) (Hss.funde zur Lit. des MA 32). In: ZfdA 104 (1975) S. 251–257, hier S. 254, Anm. 16. – Jaspers 1986, passim. – VL2 7 (1989) Sp. 229 f.; 11 (2004) Sp. 1153. – Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA, begonnen v. Hella Fr¨uhmorgen-Voss, fortgef¨uhrt v. N. H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann und Gisela Fischer-Heetfeld Bd. 1. Mu¨ nchen 1991, S. 81–240. – Handschriftencensus (online). Ausgabe: Die Krone der Aeltesten, oder: Die g¨ottliche Weisheit und Kraft der katholischen 647

Otto von Passau Glaubens- und Sittenlehre. Dargestellt und zusammengetragen aus den Schr. v. 104 Lehrern und Kirchenv¨atern v. dem ehrw¨urdigen O. v. P. Aufs Neue ¨ hg. v. dem Ubers. der Werke des heiligen Kirchenvaters Johannes Klimakus (Leitsterne auf der Bahn des Heils 10/N. F. 4). Regensburg/Landshut ¨ 1836 (nhd. Ubertragung). – Teilausg.: Besch 1967, S. 367–397 (4. und 11. Alter). – K. Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2 (MTU 86). Mu¨ nchen 1985, S. 183–198 (17. Alter). Literatur: Philipp Strauch, ADB 24 (1887) S. 741–744. – Konrad Hoffmann, LCI 1 (1968) ¨ Sp. 107–110 (Vierundzwanzig Alteste). – J´erˆome Poulenc, Dict. Spir. 11 (1981) Sp. 1067 f. (Otton de P.). – Andr´e Schnyder, VL2 7 (1989) Sp. 229–234; 11 (2004) Sp. 1153. – Louise Gn¨adinger, LexMA 6 (1993) Sp. 1585. – Manfred Lemmer, MarLex 5 (1993) S. 41 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 317 f. – Egon Boshoff, LThK3 7 (1998) Sp. 1225. – Norbert H. Ott, NDB 19 (1998) S. 699 f. – Felix Heinzer, LGB2 Lfg. 58 (2009) S. 115 (Die vierundzwanzig Alten). – N. H. Ott, Killy2 9 (2010) S. 44. – Rudolf Wackernagel: Gesch. des Barf¨ußerklosters zu Basel. In: Festbuch zur Er¨offnung des Hist. Mus. Basel 1894, S. 159–211, hier S. 186, 212, 215 f., 248. – G¨unther Mu¨ ller: Zur Bestimmung des Begriffs ‹altdt. Mystik›. In: DVjs 4 (1926) S. 97–126, hier S. 118–120 (wieder in: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. Kurt Ruh [WdF 23]. Darmstadt 1964, S. 24–27). – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 306–308. – Wieland Schmidt: Die vierundzwanzig Alten O.s v. P. (Palaestra 212). Leipzig 1938 (Neudr. New York/London 1967). – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß Bd. 2,2. Hg. v. dems. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 1026 f. – Leo¨ pold Kretzenbacher: Die ‹Vierundzwanzig Altesten›. S¨udostalpine Zeugnisse zu einem Kultmotiv aus der Apokalypse. In: Carinthia 1 (1961) S. 579–605. – Werner Besch: Sprachlandschaften und Sprachausgleich im 15. Jh. Stud. zur Erforschung der sp¨atmhd. Schreibdialekte und zur Entstehung der nhd. Schriftsprache (Bibliotheca Germanica 11). M¨unchen 1967, S. 20–69. – Burghart Wachinger: Michel Beheim. Prosabuchquellen – Liedvortrag – Buch¨uberl. In: Poesie und Gebrauchslit. im dt. MA. W¨urzburger Kolloquium 1978. Hg. v. V. Honemann u. a. Tu¨ bingen 1979, 648

Futerer S. 37–75, hier S. 60, 64. – Gerardus Johannes Jaspers: O. v. P. in den Niederlanden. In: Neophilologus 69 (1985) S. 90–100. – Ders.: O. v. P. in nederlandse hss. In: Ons Geestelijk Erf 60 (1986) S. 303–348. – N. H. Ott: Deutschsprachige Bilderhss. und ihr Publikum. Zu den illustrierten Hss. der ‹Vierundzwanzig Alten› O.s v. P. In: M¨unchner Jb. der bildenden Kunst 3. Folge 38 (1987) S. 107–148. – Irene v. Burg: Gestern ein Bestseller, heute vergessen. Mittelalterrezeption der Erbauungslit. am Beispiel ‹Die 24 Alten› v. O. v. P. In: MA-Rezeption. Bd. 4: Medien, Politik, Ideologie, ¨ Okonomie (GAG 550). Hg. v. ders. u. a. G¨oppingenh 1991, S. 1–10. – Walter Hoffmann: Einige Anmerkungen zur wiederaufgefundenen O. v. P.Hs. aus Trier. In: Vielfalt des Dt. FS W. Besch. Hg. v. Klaus J. Mattheier u. a. Frankfurt/M. u. a. 1993, S. 225–240. – Klaus Schreiner: Nobilitas Mariae. Die edelgeborene Gottesmutter und ihre adeligen Verehrer: Soziale Pr¨agungen und politische Funktionen ma. Adelsfr¨ommigkeit. In: Maria in der Welt. Marienverehrung im Kontext der Sozialgesch. 10.–18. Jh. (Clio Lucernensis 2). Hg. v. Claudia Opitz u. a. Z¨urich 1993, S. 213–242, hier S. 217 f. – Tilo Brandis: O. v. P.: Die 24 Alten. ¨ In: Aderlaß und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 229–231. – Klaus Gantert: O. v. P.: Die vierundzwanzig Alten oder Der goldene Thron. In: ebd., S. 231–233. – N. H. Ott: Text und Bild – Schrift und Zahl. Zum mehrdimensionalen Beziehungssystem zwischen Texten und Bildern in ma. Hss. In: Wissen und neue Medien. Bilder und Zeichen v. 800–2000 (Philol. Stud. und Quellen 177). Hg. v. Ulrich Schmidt/Horst Wenzel. Berlin 2003, S. 57–91. VZ Lehrsystem der deutschen Mystik. – Mystischer Mosaiktraktat des sp¨aten 14. Jh. Das in mehreren Handschriften ganz oder teilweise u¨ berlieferte L. ist in zwei Haupttextfassungen erhalten. Der im Umkreis der alemannischen Dominikaner(innen) entstandene Traktat besteht im Wesentlichen aus Teilen mystischen Schrifttums des 14. Jh. (Meister → Eckhart, → Tauler, → Seuse, → Johannes von Sterngassen u. a., ferner anonyme Mystikertexte); dazu kommen Zitate aus griechischen und lat. Autoren (→ Augustinus, → Gregor der Große u. a.). Im ersten Teil des L. geht es um die Seele und ihre Kr¨afte als Bild und Gleichnis der Trinit¨at, im 649

2. H¨alfte 14. Jh. zweiten Teil um die Dreifaltigkeit Gottes und das g¨ottliche Leben in der Seele; der dritte Teil befasst sich mit dem Weg des Menschen zu Gott und der Vereinigung mit ihm. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB (ehem. Har¨ burg), Cod. Ottingen-Wallerstein III 1.8° 42, 3r–38r (15. Jh., unvollst.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1917, 171 Bll. (Pap., um 1400, bair. Einfl¨usse). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1886 4°, S. 3–353 (Abschrift Daniel Sudermanns vom Jahr 1614 nach einer heute verschollenen Hs. des K¨olner Gertrudenklosters vom Jahr 1475). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4373, 2r–146v (Mitte 15. Jh.). – Ebd., Cgm 5233, 1r–104v (1417). – Z¨urich, ZB, Cod. C 108 b (fr¨uhes 15. Jh.). – Konstanz, Heinrich-Seuse-Gymnasium, Cod. 5 (olim 27), Faszikel II, 1r–102v (1484). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 219, Einband. – Zu weiteren, meist kurzen Passagen des L. in anderen Hss. s. Joseph Quint, Handschriftenfunde I 282 (Reg.) und II 65 f. Ausgaben: Rosemary Cadigan: The Compilatio Mystica (Greith’s Traktat) in the Original: An Edition of MS. C 108b Z¨urich with Reference to Four Other Parallel Manuscripts. Diss. Chapel Hill (North Carolina) 1973, S. xii–xvi, lxix–lxx. ¨ Nhd. Ubersetzung: Carl Greith: Die dt. Mystik im Prediger-Orden (von 1250–1350) nach ihren Grundlehren, Liedern und Lebensbildern aus hsl. Quellen. Freiburg i. Br. 1861 (Nachdr. Amsterdam 1965) S. 96–202 (nach der St. Galler Hs.). Literatur: Volker Honemann, VL2 5 (1985) S. 676–678. – Philipp Strauch: Zu Greiths Compilatio mystica. In: Hundert Jahre A. Marcus und E. Webers Verlag 1818–1918. Bonn 1919, S. 132–135. – Otto Karrer: Aus einer ma. Mystikerhs. In: 8. Jb. des Verbandes der Renaissancegesellschaften Basel (1929/30), S. 7–15. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 354 f., 439 f. – Josy Seitz: Der Traktat des ‹Unbekannten dt. Mystikers› bei Greith. Rudolstadt 1936. – A. Dold: Die Gesch. eines Bucheinbandes und die Ergebnisse seiner Untersuchung. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 44 (1950) S. 241–258. – Cadigan (s. Ausg.). BJ Futerer, Johannes OP. – Prediger, erstes Drittel oder zweite H¨alfte 14. Jh. Die sog. → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191, eine Zusammenstellung von Predigtexzerpten, Dicta, Gebeten und Autorit¨atenzitaten, 650

2. H¨alfte 14. Jh. u¨ berliefert an insgesamt f¨unf Stellen der Sammlung unter dem Namen J. F. Predigtexzerpte. Mit → Johannes von Sterngassen und → Bruder Th¨uring z¨ahlt F. damit zu den am h¨aufigsten zitierten Predigern der Sammlung (369v–376r treten die drei Prediger erstmals und in einem gr¨oßeren Block auf). Im 14. Jh. sind in Straßburg zwei Dominikaner mit Namen J. F. bezeugt, es k¨onnte sich um Onkel und Neffe handeln. Der a¨ ltere F. ist 1325 als Mitglied des dortigen Predigerkonventes nachgewiesen. Er war Jugendfreund Heinrich → Seuses und hat diesem gleich vermutlich bei Meister → Eckhart in K¨oln studiert. Er ist vermutlich noch um 1330 verstorben. Im 6. Kapitel von Seuses Vita erscheint er zusammen mit Eckhart in einer Vision Seuses. Der j¨ungere F. ist 1386 als Subprior des Straßburger Konvents beurkundet. Es ist umstritten, welcher von beiden mit dem J. F. der Sammlung zu identifizieren ist. Die u¨ berlieferten Exzerpte scheinen aus Predigten der Fasten- und Osterzeit zu stammen, die vermutlich in Frauenkl¨ostern gehalten wurden («Der f˚vterer der seite an einem mendage noch den ostern z˚v sante ketthrinen», Mgq 191, 385r). Sie lassen einen praktisch ausgerichteten Prediger erkennen mit wenig Tendenz zum Spekulativen. Es sind vorwiegend Exempel, Allegorien und Predigtm¨arlein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 374r–376r, 383r, 385r-v, 387r, 389r (Pap. und Perg., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, 14. und 15. Jh., Zitatenslg. um 1400). Ausgabe: Karl Bihlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: Beitr. zur Gesch. der Renaissance und Reformation. FS Joseph Schlecht. Hg. v. Ludwig Fischer u. a. M¨unchen/Freising 1917, S. 45–62, hier S. 50–54. Literatur: Hans Neumann, VL2 2 (1979) Sp. 1034. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191, VL2 10 (1999) Sp. 1564–1569, hier Sp. 1566 f. – Karl Bihlmeyer: Heinrich Seuse. Dt. Schr. Stuttgart 1907 (Nachdr. Frankfurt/M. 1961) S. 23 (‹Vita›). – Alfred Lotze: Krit. Beitr. zu Meister Eckhart. Diss. Halle 1907, S. 8, Anm. 1. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 150 (T 126). – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 390 f., 418. VZ 651

Ulrich von Falkenau Ulrich von Falkenau, Falkenau (Sokolov) im Egerland, † 1402/03 Prag. – Prager Notar und ¨ Bonaventura-Ubersetzer, sp¨ates 14. Jh. U. ist seit 1383 als Subnotar in der Prager Altstadt belegt; vor 1400 wurde er Notar. Er besaß zwei H¨auser in der Prager Altstadt. U. fertigte eine ¨ Ubersetzung von → Bonaventuras Soliloquium de quatuor mentalibus exercitiis an, die er am 9.12.1387 abschloss. Diese folgt in fl¨ussigem Dt. treu der Vorlage, gelegentlich gibt U. einfache Ausdr¨ucke durch Synonymenpaare wieder. Eine stilistische Beein¨ flussung der Ubersetzung durch den Umkreis des → Johann von Neumarkt ist wahrscheinlich. ¨ Uberlieferung: Prag, Arch. der Prager Burg/ Bibl. des Metropolitankapitels, Cod. D LXX, 3r–46r (Pap., 1387–90, ostmitteldt. mit bair. Einschlag. Reinschrift [?]; Textverlust [betreffend Ab¨ schnitte I,2–4 und I,8–10 der Ubers.] wegen eines fehlenden Doppelblatts). Literatur: V´aclav Bok, VL2 9 (1995) Sp. 1264 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 391, 396. – V´aclav Vladivoj v. Tomek: Z´aklady star´eho m´istopisu Prˇask´eho Bd. 2. Prag 1870, S. 248; Bd. 5. Ebd. 1875, S. 203. – Ders.: Dˇejepis mˇesta Prahy. Bd. 5. Prag 1881, S. 74. – Josef Teige: Z´aklady star´eho m´istopisu Prˇask´eho (1437–1620) Bd. 1,1. Prag 1910, S. 759; Bd. 1,2. Ebd. 1915, S. 149. – Bedˇrich Mendl: Z hospod´aˇrsk´ych dˇejin stˇredovˇek´e Prahy, Sbornik pˇrspˇevk˚u k dˇejin´am hlavniho mˇesta Prahy. Bd. 5. Prag 1932, S. 161–390. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 120 f., 130. – V. Bok: U. v. F. – ein neu identifizierte Gestalt der Prager dt. Lit. des 14. Jh. In: Slg. – Deutung – Wertung. Ergebnisse, Probleme, Tendenzen und Perspektiven philol. Arbeit. FS Walter Spiewok. Hg. v. Danielle Buschinger. Amiens 1988, S. 25–30. – Hildegard Bokov´a: Zur ¨ Sprache des Prager Bonaventura-Ubersetzers U.s v. F. In: Dt. Sprache und Lit. in MA und fr¨uher Neuzeit. FS Heinz Mettke. Hg. v. Heinz Endermann (Wiss. Beitr. der Friedrich-Schiller-Univ. Jena). Jena 1989, S. 43–48. VZ Heinrich von Bitterfeld (Henricus Wenceslai Venken de Bitterfeld) OP, † um 1405. – Reformtheologe. Der vermutlich aus Sachsen stammende H. trat in den Predigerkonvent im schlesischen Brieg ein und wurde sp¨ater Theologieprofessor an der Universit¨at von Prag. Dort ist er erstmals 1386 bezeugt als Praesentatus und Mitunterzeichner des 652

Heinrich von Bitterfeld Urteils der Theologischen Fakult¨at im Prozess gegen den Ulmer Schulrektor Johannes → M¨unzinger. Vermutlich 1391 auf dem Generalkapitel des Dominikanerordens zum theologischen Magister promoviert, wurde er mit der F¨orderung von Erzbischof → Johann von Jenstein sp¨atestens 1394 Magister und Prediger an der Prager Kathedrale. Damit war einer der f¨unf theologischen Lehrst¨uhle an der Universit¨at verbunden, den H. bis zu seinem Tod innehatte. Seine Schriften entstanden in der Zeit seiner Prager Lehrt¨atigkeit und widmen sich in erster Linie der Reform von Orden und Kirche, aber auch Fragen der praktischen Seelsorge. Mit De formatione et reformatione O.P. unterst¨utzt H. die Erneuerung der dominikanischen Observanz. Johannes → Nider hat die Schrift noch um 1433 f¨ur De reformatione religiosorum herangezogen. Ebenfalls der Reform des Ordens, aber auch des Klerus im Allgemeinen gelten kleinere Traktate H.s: die Collatio sacerdotum, De virginitate, die nur fragmentarisch erhaltene Determinatio contra simoniam und der mit rund hundert erhaltenen Handschriften wom¨oglich verbreitetste Traktat u¨ ber das Stundengebet De horis canonicis, der in den Handschriften mitunter auch → Heinrich von Langenstein zugeschrieben wird. Mit De largitione et veritate indulgentiarum anni iubilaei von 1394 verteidigt H. die Rechtm¨aßigkeit des Ablasswesens, wendet sich aber scharf gegen dessen Missbrauch. In der seit der zweiten H¨alfte des 14. Jh. in Prag und in B¨ohmen aufgeflammten Auseinandersetzung um die Laienkommunion geh¨orte H. (wie u. a. auch Matthias von → Janov, → Adalbert Rankonis de Ericinio und → Matth¨aus von Krakau) zu den entschiedenen Bef¨urwortern. Aus diesem Streit resultieren die Nachschrift einer Sentenzenlesung von 1388/90 De institutione sacramenti Eucharistiae und De crebra communione von 1391. Fragen der Laienseelsorge widmen sich auch die Determinatio super audientia confessorum und das deutschsprachige Regimen vitae cum confessionali. Als H.s Hauptwerk kann die nach 1391 vollendete Schrift De contemplatione et vita activa (De vita contemplativa et activa) gelten, die der K¨onigin Hedwig von Polen gewidmet ist. Im Kompilationsverfahren erstellt, st¨utzt sich die Schrift haupts¨achlich auf Gregor den Großen, → Bernhard von Clairvaux, → Wilhelm von St. Thierry sowie → Hugo und → Richard von St. Victor. H. bezieht hier Position f¨ur eine «vita mixta», die beide Lebensformen ideal vereinigt. 653

2. H¨alfte 14. Jh. Von seinen Predigten sind lediglich drei bekannt, zu zwei u¨ berlieferten Werktiteln sind die Werke selbst nicht u¨ berkommen und fraglich ist, ob die Zuschreibung der Expositio Cantici canticorum mystica an H. eines Prager Codex (Nationalbibl. Cod. V B 14, 91r) zutreffend ist. Mit großer Sicherheit falsche Zuschreibungen sind: De decem praeceptis (→ Matth¨aus von Krakau), De quattuor instinctibus (→ Heinrich von Friemar), Magisterium Christi in septem artibus liberalibus (Heinrich → Honover) und ein antihussitischer Traktat Heinrichs von Budweis von 1419. ¨ Uberlieferung: Regimen vitae cum confessionali (dt.): Breslau, UB, Cod. I Q 81, 97r–118v (Incipit: «Czu habin das reyche gotis an vordynen»). – Zur lat. Gesamt¨uberl. vgl. Koudelka 1953 (s. Lit.). – Kadlec 1966 (s. Lit.). – Kaeppeli 2 (1975) (s. Lit.). – ˇ Cernuˇ ska 2006. – Zu Drucken vgl. Hain: Repertorium bibliographicum in quo libri omnes ab arte typographica inventa usque ad annum MD. Bd. 2,1. Stuttgart 1831, Nr. 8406 (unter Heinrich v. Langenstein) und 8407. Ausgaben: De Vooght 1960 (s. Lit.) S. 345–357 (Ausz¨uge De largitione et veritate indulgentiarum anni iubilaei). – Bruno Mazur: Henricus B. de Brega. Tractatus de vita contemplativa et activa (Studia przegladu ˛ tomistycznego 4). Warschau 2003. – Paˇ vel Cernuˇ ska: Jindˇrich z Bitterfeldu. Eucharistick´e texty (Edice Pontes Pragenses 44). Brno 2006. Literatur: Vladimir J. Koudelka, Dict. Spir. 7 (1969) Sp. 180 f. (Henri de B.). – Willehad Paul Eckert, NDB 8 (1969) S. 406. – Franz Josef Worstbrock, VL2 3 (1981) Sp. 699–703; 11 (2004) Sp. 615. – Manfred Gerwing, LexMA 4 (1989) Sp. 2089. – Gustav Sommerfeld: H. v. B. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 29 (1905) S. 600–605. – Albert Auer: Ein neuaufgefundener Kat. der Dominikaner Schriftsteller (Institutum Hist. FF. Ord. praed., Dissertationes historicae 2) Paris 1933, S. 11, 27, 39, 48, 64, 80, 102 f. – Evˇzen Stein: Mistr. ˇ y cˇ asopi´s historick´y Jindˇrich z Bitterfeldu. In: Cesk´ 39 (1933) S. 36–56, 259–296, 473–504. – V. J. Koudelka: H. v. B. O. P. (gestorben c.1405) Professor an der Univ. Prag. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 23 (1953) S. 5–65. – Paul de Vooght: Hussiana (Biblioth`eque de la Revue d’histoire eccl´esiastique 35). L¨owen 1960, S. 336, 340 f., ˇ 345–357. – Jaroslav Kadlec: Reholn´ i gener´alni studia pˇri Karlovˇe Universitˇe v dobˇe pˇredhusitsk´e. In: Acta Universitatis Carolinae. Historia Universitatis Caroliae Pragensis 7 (1966) S. 63–108, bes. 654

2. H¨alfte 14. Jh. S. 71–73. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi Bd. 2. Rom 1975, S. 184–187. – Manfred Gerwing: Malogranatum oder der dreifache Weg zur Vollkommenheit. Ein Beitr. zur Spiritualit¨at des Sp¨atMA (Ver¨off. des Collegium Carolinum 57). Mu¨ nchen 1986, Reg. – Jana Nechutov´a: Die lat. Lit. des MA in B¨ohmen (Bausteine zur slavischen Philologie und Kulturgesch. A, NF 59). K¨oln u. a. 2007, S. 264–266. VZ Matth¨aus von Krakau (Matheus de Cracovia), * vor 1350 Krakau, † 5.3.1410 Heidelberg. – Theologe. M. war der Sohn eines dt. Stadtschreibers in Krakau und studierte in Prag, wo Heinrich → Totting von Oyta sein Lehrer war; 1355 wurde er Baccalaureus, 1367 Magister artium, 1380 Baccalaureus formatus, 1384 Doctor und Professor theologiae. Dort wirkte er auch als kleruskritischer Prediger. Er f¨uhrte eine Gesandtschaft der Universit¨at nach Rom und bet¨atigte sich als Synodalredner. 1387 reiste M. nach Preußen, 1390 nach Krakau, dann nach Heidelberg; 1395 wurde er Professor der Theologie an der dortigen Universit¨at. Nach Unterst¨utzung beim Aufbau des Theologiestudiums in Krakau kehrte er nach Heidelberg zur¨uck und war Geheimer Rat und Beichtvater des Kurf¨ursten Ruprecht II. von der Pfalz; diplomatische Missionen f¨uhrten ihn u. a. nach Rom (1403 und 1404). Seit 1405 Bischof von Worms, nahm M. 1409 am Konzil von Pisa teil. Papst Gregor XII. ernannte ihn 1409 zum Legaten f¨ur Deutschland. M.s Schriften (Kommentar zur Hl. Schrift, Predigten, Traktate, Reden, Erbauungs- und Gelegenheitsschriften), weit verbreitet in zahlreichen Handschriften und Drucken, zeugen vom Bestreben nach Kirchenreform, sittlicher Besserung des Klerus und vom Eintreten f¨ur die Idee eines allgemeinen Konzils. Als gem¨assigter Anh¨anger der Ideen des Marsilius von Padua und Wilhelms von Ockham stellte M. jedoch die Autorit¨at der Kirche und des Papstes nicht grunds¨atzlich in Frage. In seinem Dialogus rationis et conscientiae de communione, sive de celebratione missae (gedruckt seit 1457 oder 1458; dt. Buch des kampffkriges der vernunft und des gewissens) wird die Frage der Sakramente theologisch er¨ortert. Kritik an der Kurie, vor allem an der simonistischen Praxis u¨ bte De squaloribus curiae Romanae (1403). Zu M.s Schriften geh¨oren ferner Revelationes beate Birgitte de Swecia de passione Christi (1385) und Rationale divinorum operum libri VII, ein 655

Matth¨aus von Krakau Dialog zwischen Vater und Sohn u¨ ber das B¨ose, die Pr¨adestination und Gottes Willen. In der volkssprachigen Literatur wurde M.s Eucharistietraktat (Dialogus rationis et conscientiae) u. a. von → Johann von Indersdorf (Von dreierlei Wesen der Menschen und beim → Tegernseer Anonymus (Vorschickung ze enpfahen wirdigleich das grozheylig sacrament) rezipiert. Reich u¨ berliefert sind eine oder ¨ mehrere vollst¨andige Ubersetzungen des Dialogus, deren a¨ lteste datierte Handschrift (Breslau, UB) 1389 geschrieben ist. Vom Traktat De puntate cons¨ cientiae liegt in einer ostmitteldt. Ubersetzung vor. ¨ Uberlieferung: 1. Lat.: Vgl. VL. – 2. Dt. a) Dialogus: Augsburg, SB und StB, 2° Cod. 228, 171r–211v (1447). – Berlin, SBB, Mgf 1313, 206ra–233r. – Ebd., Mgq 206, 12r–37r. – Ebd., Mgo 368, 58r–91v. – Breslau, UB, Cod. I. F. 136, 16v–25v (1389). – Ebd., Cod. I O 50, 1r–46r. – Eichst¨att, Bisch¨ofl. Ordinariatsarch., Cod. 55, 222va–236vb. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1915, 45v–64v. – Gotha, Forschungsbibl., Cod. A 27, 202ra–212vb. – Graz, UB, Cod. 934, 2r–69r. – Heidelberg, Cpg 696, 126r–135v (fr¨uher: XI 13r–21v) (am Anfang unvollst.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1036. – K¨onigsberg (nach Franke, S. 131). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1837 (olim 473), S. 307–423. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 215, 183va–196rb. – Ebd., Cgm 5937, 181r–227r. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV, 14, 185rb–201rb. – Prag, Metropol, kap. bibl., cod. D 70, 46v–73v. – Prag, UB, cod. XVI F 8, 99v–161v. – Ebd., Cod. XXIII D 178 (olim: Lobkowitzsche Bibl., Cod. 405), 259r–276r (1442). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 20, 108r–133r (1455). – Ebd., Cod. b V 2, 74r–113r. – Salzburg, Klosterbibl. Nonnberg, Cod. 23 C 5, 85r–126v. – Weißenburg, Batthy´any-Bibl. (nach B. v. Puk´ansky, Gesch. des dt. Schrifttums in Ungarn I, 1931, ¨ S. 59). – Wien, ONB, Cod. 3470, 95r–149v. – Drucke: ein [...] Pater noster mit der Glosse, Augsburg, Anton Sorg, 1482 (Hain 12462); [Augsburg, Anton Sorg, um 1485] (Reichung, Suppl. 115). – Teil¨ubersetzung: Augsburg, SB u. StB, 2° Cod. 160, 61va–63va. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 406, 35v–38v. – Ebd., Cgm 523, 115ra–117va. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 59, 190r–194r. – Exzerpt: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 59, 249r. – b) De puntate conscientiae: Breslau, UB, Cod. I O 50, 134r–178v. Literatur: Z. Kaluza, Dict. Spir. 10 (1980) S. 804–808. – Franz Josef Worstbrock, VL2 6 (1987) Sp. 172–182. – Peter-Johannes Schuler, BBKL 5 (1993) Sp. 1033–1037. – De Boor/Newald 4/1 656

Friedrichs von Hennenberg geistliche Rustung ¨ (21994) 392 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 518. – Georg Kreuzer, LThK3 6 (1997) Sp. 1484 f. – Volker Leppin, RGG4 5 (2002) Sp. 916. – Rainer Bendel: ‹De squaloribus curiae Romanae›. In: LexthW (2003) S. 205. – Gustav Sommerfeldt: M. v. K. und A. Engelschalk. In: Mitt. des Vereins f¨ur Gesch. der Deutschen in B¨ohmen 43 (1904) S. 193–207. – Franz Francke: M. v. K. Sein Leben, Charakter und seine Schr. zur Kirchenreform. Diss. Greifswald 1910. – Adam Ludwik Szafranski: Mateusz z Krakowa. Materialy i studia. In: Zakladu historii filozofii starozytnej i sredniowiecznej 8 (1967) S. 25–92. – Władysław Se´nko: Mathieu de Cracovie et son œuvre ‹De praxi Romanae curiae›. In: Mediaevalia philosophica Polonorum 16 (1972) S. 25–41. – Hermann Himpel: Der verketzerte M. v. K. In: FS Walter Schlesinger. Hg. v. Helmut Beumann. Bd. 2 (Md. Forschungen 74/II). K¨oln u. a. 1974, S. 443–455. – Helmut Beifuss: Fr¨uhe schlesi¨ sche Ubersetzungskunst: ‹Dialogus rationis et conscientiae›. In: Stud. zu Forschungsproblemen der dt. Lit. in Mittel- und Osteuropa. Hg. v. Carola L. Gottzmann/Petra H¨orner. Frankfurt/M. u. a. 1998, S. 105–132. – Ders.: Der ‹Dialogus rationis et conscientiae› des Matth¨aus v. Krakau. Geistesgeschichtliche Einordnung, Interpretation und Textausg. Habil.-Schr. Leipzig 2007. – Matthias Nuding: M. v. K. Theologe, Politiker, Kirchenreformer in Krakau, Prag und Heidelberg zur Zeit des großen abendl¨andischen Schismas (Sp¨atMA und Reformation N.R. 38). T¨ubingen 2007. BJ Aus des vaters ewigkeit sein wir her geflossen. – Der Mystik nahestehendes Lied, vermutlich Ende 14. Jh. Das aus vier Strophen zu je acht halben Vagantenzeilen bestehende Lied handelt von der Einheit mit Gott. Die Einswerdung der Seele mit Gott, werde durch den sch¨onen Adler angezeigt; wegweisend sei die Selbstbetrachtung in Maria. ¨ Uberlieferung: Breslau / Wrocław, UB, Cod. I O 113, 7r-v (Pap., aus dem Jungfrauen-Stift zu Liegnitz, Anfang 17. Jh.). Ausgaben: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung. Eine Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl.dt.Nat.Lit. 37). Quedlinburg/Leipzig 1858, S. 307 (Nr. XXVIII, Str. 1–3). – Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867 (Nachdr. 657

2. H¨alfte 14. Jh. Hildesheim 1964) S. 392 (Nr. 539, Str. 1–4). – Friedrich v. der Leyen: Dt. Dichtung des MA. Frankfurt/M. 1962, S. 894, Kommentar S. 1060 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 551 f. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. und 15. Jh. Diss. Greifswald 1936, S. 67. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 37, 426 f. und Reg. BJ Der Geist hat mich vergeistet. – Mystisches Gedicht, Ende des 14. Jh. Das 71 dreihebige Zeilen umfassende Lied, in dem viermal in unregelm¨aßigen Abst¨anden ein dreizeiliger Refrain wiederkehrt, handelt von der Einheit der menschliche Seele mit Gott. Diese wird als Vergeistigtsein durch den g¨ottlichen Geist dargestellt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 5235, vb 67 –68va (Perg., K¨oln, letztes Viertel 14. Jh., ripuarisch). Ausgabe: Gemke 1973 (s. Lit.) S. 231–233. Literatur: Johannes Gemke, VL2 2 (1980) Sp. 65 f. – Ders.: ‹Der geyst hat sich vergeystet›. Ein geistliches Lied aus dem K¨olner Raum. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. K. R./Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 231–244. – Ruth Meyer. ‹Maister Eghart sprichet von wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 (1994), Sonderheft Mystik, hg. v. Christoph Cormeau, S. 63–82, hier S. 68. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 429 f. und 568 (Reg.). BJ Friedrichs von Hennenberg geistliche Ru¨ stung. – Mnd. Versgebet, zweite H¨alfte 14. Jh./ erste H¨alfte 15. Jh. (?). Als Verfasser eines in zwei stark voneinander abweichenden Fassungen u¨ berlieferten mnd. Ausfahrtssegens nennt sich zweimal «van Hennenberch eyn ffrederick» (V. 132/203, nur in HAB, Cod. 1233 Helmst.). Mit einer beurkundeten Person konnte dieser Friedrich bisher nicht identifiziert werden. Die 204 Reimpaarverse des Gedichtes lassen sich in drei Abschnitte gliedern. Auf eine Vorrede ohne direkten inhaltlichen Bezug zum restlichen Text (V. 1–39, vor allem Klage u¨ ber 658

2. H¨alfte 14. Jh. die Treulosigkeit in der Welt) folgt ein Abschnitt (V. 40–101), in dem Gott um Segnung der Waffen des Sprecher-Ichs gebeten wird, denn: «eyne herevard schal ick varen» (V. 40). Die Waffen sind teils geistlich symbolisch zu verstehen. Im Schlussabschnitt werden Heilige und Engel um Beistand bei der Heerfahrt gebeten. Es ist nicht eindeutig, ob sich der Sprecher Gottes Gunst f¨ur einen realen Kriegszug erbittet oder aber f¨ur einen bildlichen Kampf gegen den Teufel, bei dem allegorisch Christus, die Zeichen und Instrumente seiner Passion sowie die Heiligen als Waffen des Menschen ausgedeutet werden. In dieser Form erscheint das Motiv der geistlichen Waffen auch in einem Prosagebet aus Muri (→ Gebete und Benediktionen aus Muri). Vor allem im zweiten Abschnitt schwankt der Sprecher best¨andig zwischen Bitte um die Segnung realer Waffen und der Gew¨ahrung allegorischer Waffen (Kreuz als Schwert, Altarsakrament als Helm etc.). Ob diese gedankliche Unklarheit sekund¨ar und u¨ berlieferungsbedingt ist oder schon der urspr¨unglichen Dichtung innewohnte, l¨asst sich nicht entscheiden; allerdings deuten einige Verse ohne Reimanbindung auf Textverlust und schad¨ hafte Uberlieferung hin. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1233 Helmst., 94r–100r (Pap., 1493, aus Ostfalen, nd.). – Berlin, SBB, Mgq 1148 (vormals Privatbesitz Antiquariat Volkmann und Jarosch, Rostock), 83r–87r (Pap., aus Westfalen, 1521, Schreiber: Ebbecke Vincke, nd.). Ausgabe: Wilhelm Seelmann: F. v. H.s g. R. In: NdJb 9 (1883) S. 55–59. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 2 (1980) Sp. 947 f.; 11 (2004) Sp. 468. – Karl Ernst Hermann Krause: Nd. Hss. In: NdJb 15 (1889) S. 33–38. – Zur Wolfenb¨uttler Hs.: August L¨ubben: Die nd., noch nicht weiter bekannten Hss. der Bibl. zu Wolfenb¨uttel. In: NdJb (1880) S. 68–74, hier S. 71 f. VZ Aurelia. – Dt. Legenden. Der Legende nach war A. eine der 11.000 Begleiterinnen der hl. Ursula (→ Ursula und die elftausend Jungfrauen), welche krank auf der R¨uckreise von Rom in Straßburg zur¨uckblieb und starb, w¨ahrend Ursula nach K¨oln weiterfuhr. Ihr Festtag ist der 15. Oktober. Das Breviarium Argentinense (Acta Sanctorum October VII.1, S. 27 f.) enth¨alt zwei Mirakel und einen lat. Bericht, von dem die Lichtenthaler Schreibmeisterin → Regula eine dt. 659

Aurelia ¨ Ubertragung (um 1460) anfertigte und diese in das → Buch von den hl. M¨agden und Frauen (63v) aufnahm. Als Erg¨anzung zur Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) kam nachtr¨aglich in der ¨ ersten H¨alfte des 15. Jh. eine weitere Ubersetzung des Textes hinzu. ¨ ¨ Uberlieferung: Zweite Ubersetzung: Augsburg, SB und StB, 2° cod 159, 72ra–73vb. – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 23, 138va–139va. – Kassel, UB/LMB, 2° ms. theol. 5, 112ra/vb. Ausgabe: Ders.: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2 (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. 49–51. Literatur: Paul Stintzi, LCI 5 (1973) Sp. 292. – Wimmer/Melzer (61988) S. 152. – Lothar Kolmer, LThK3 1 (1995) Sp. 1253. – Konrad Kunze, VL 11 (2004) Sp. 189 f. – Ders. 1983 (s. Ausg.) S. XXI f., LI. SF Jungere ¨ niederrheinische Marienklage. – Gereimte Marienklage (fr¨uhestens Ende des 14. Jh.); entstanden im ripuarischen Raum. Die Klagen der Maria, eindringlich gestisch und mimisch untermalt, sind hier mit der Reimerz¨ahlung von Christi Sterben bis zur Grablegung kombiniert dargebracht. Ein wiederkehrendes Motiv ist der Todeswunsch der Gottesmutter unter dem Kreuz. Der urspr¨ungliche Aufbau ist nur noch in Fragment S (188 erhaltene Verse) zu sehen; darin tritt einmal auch Johannes auf, es entwickelt sich jedoch kein wirklicher Dialog mit Maria. Erw¨ahnt werden weiters die drei Marien und der Selbstmord des Pilatus nach Jesu Tod. Die Dichtung ist ¨ nicht verwandt mit der → Alteren niederrheinischen Marienklage. ¨ Uberlieferung: Fragm.: London, Brit. Library, Cod. Sloane 2601, 29v–38v, 12° (Pap., 15. Jh.) (S). – F¨unf ripuarische K¨olner Drucke (um 1500–1520) bei Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, MD 6, MD 7, MD 9, MD 10 und MD 13. – Ndl. Fassung in Leuven, UB, Ms. 2, 80r–86r (wahrscheinlich Br¨ugge, ca. 1425–1435). Ausgaben: Karel Christiaan Johan Willem de Vries: De Mariaklachten. Zwolle 1964, S. 302–308. – Johan B. Oosterman: De gratie van het gebed. Tl. 2 (Nederlandse literatuur en cultuur in de middeleeuwen 12). Amsterdam 1995, S. 301, 345. 660

Egher Ausgaben: Robert Priebsch: NdJb 18 (1892/1893) S. 105–111. – Oscar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854, S. 214–224. Literatur: Hans Eggers, VL2 4 (1983) Sp. 926 f.; 11 (2004) Sp. 821 f. – Christoph Treutwein, MarLex 3 (1991) S. 454. – Schade (s. Ausg.) ¨ S. 205–224. – Anton Sch¨onbach: Uber die Marienklagen. Graz 1874, S. 49. – Priebsch (s. Ausg.). – Ders.: Dt. Hss. in England. Bd. 2. Erlangen 1901, S. 28. – Gerd Seewald: Die Marienklage im mlat. Schrifttum und in den germ. Lit. des MA. Diss. masch. Hamburg 1952, S. 129. – Bergmann (s. Ausg.) S. 435 f. (M 80), 472 f. (MD 6), 474 (MD 9), 476 (MD 13). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Meister Gebhart I. – Verfasser eines Prosatraktats. G. gilt als Verfasser von Van dem sacrament. Dieser ripuarische Prosatraktat aus dem 14. Jh. ist nur in einer K¨olner Hs. u¨ berl. Der Text bedient sich der Allegorie vom Haus der Weisheit, die u. a. auch in De interiori domo des Pseudo-Bernhard von Clairvaux zu finden ist. Außerdem behandelt Van dem sacrament die Wunder der kirchlichen Messe und die Vorbereitung des Meßsakraments. Eine Identit¨at G.s mit Meister Gebhart II ist zeitlich m¨oglich, aber nicht sicher nachweisbar. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Archiv der Stadt, Best. 7008 (GB 8°) 69, 13r–17r (Pap., Ende 14. Jh., ripuarisch). Ausgaben: Karl Menne: Dt. und ndl. Hss. (Mitt. aus dem Stadtarch. von K¨oln, Sonderreihe X,1). K¨oln 1937, S. 123 f. Literatur: Kurt Illing, VL2 2 (1980) Sp. 1132 f. MM Egher, Heinrich, von Kalkar (Henricus Kalkariensis; Henricus de Calcaria), * 1328 Kalkar/Niederrhein, † 20.12.1408 K¨oln. – Bedeutender Kart¨auser des 14. Jh., Historiograph, Verfasser erbaulich-mystischer und wissenschaftlicher Werke. Der einem reichen Patriziergeschlecht entstammende H. E. studierte in K¨oln und Paris, wo er 1357 den Titel eines Magister artium erwarb und als Lehrer t¨atig war; seit 1363 war er Kanonikus an 661

2. H¨alfte 14. Jh. St. Georg in K¨oln und an St. Suitbertus in Kaiserswerth. 1365 erfolgte der Eintritt in den Kart¨auserorden in K¨oln. Von 1367 bis 1396 war E. Prior in mehreren Kl¨ostern (1367–72 Monnikhuizen bei Arnheim, wo er die Bekehrung Gert → Grootes bewirkt haben soll; 1372–77 Roermond, 1377–84 K¨oln; 1384–96 Straßburg), etwa 1375 bis 1395 dauerte seine T¨atigkeit als Visitator der dt., zuweilen auch der franz¨osischen, b¨ohmischen und m¨ahrischen Kl¨oster. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er als einfacher M¨onch im K¨olner Kloster. Er ist der Verfasser rhetorischer, musiktheoretischer, metrischer, juristischer, historischer, vornehmlich jedoch asketisch-mystischer Schriften, von denen die meisten noch nicht im Druck vorliegen. Die mystischen Werke blieben nicht ohne Einfluss auf die «Br¨uder vom gemeinsamen Leben». ¨ Uberlieferung: Besonders bedeutsam f¨ur die meisten seiner Werke ist die Handschrift Darmstadt, LB. Cod. 819 (geschrieben 1504 von Gobe¨ linus Speck). Allgemein zur Uberl. vgl. R¨uthing 1967 (s. Lit.) S. 75–156. Mit 19 erhaltenen und sieben nachweisbar verlorenen Handschriften am besten u¨ berliefert ist eine 1398 fertiggestellte Schrift zum geistlichen und monastischen Leben mit dem Titel Ortus et decursus ordinis Cartusiensis Sermones capitulares, in dem E. unter Verwendung zahlreicher Mirakel die Geschichte des Kart¨auserordens erz¨ahlt. Ausgabe: Vermeer (s. Lit.) S. 87–141. Weite Verbreitung fand ein Exercitatorium monachale oder Speculum peccatorum, welches die Regeln der monastischen Lebensweise aus der Perspektive der Bewegung der Devotio moderna schildert. Neben 26 erhaltenen Briefen, die sich ausschließlich an seine Ordensbr¨uder richten, verfasste E. auch einige Predigten; eine davon mit dem Titel Scala spiritualis exercitii handelt vom Jenseits. Die Sermones capitulares umfassen Kapitelreden mystischer Pr¨agung f¨ur die Feste des Kirchenjahres. Ob H. E. als Verfasser einer Theoria metrica gelten kann, ist bislang nicht gesichert. Unter seinem Namen ist ferner eine Reihe von wissenschaftlichen Schriften, etwa aus den Bereichen der Rhetorik und der Musiktheorie, u¨ berliefert. Nur wenige von E.s Schriften wurden in die Volkssprache u¨ bertragen; Ausnahmen stellen einige Briefe sowie ein Mariengedicht dar, das 150 Worte umfassende Psalterium beatae Mariae virginis, welches ¨ eine mndl. Ubertragung erfuhr. 662

2. H¨alfte 14. Jh. Ausgabe: Joannes Antonius Franciscus Kronenburg: Marias Heerlijkheid in Nederland 3. Amsterdam 1914, Beilage C. ´ ad P. Orb´an: Die Korrespondenz Ausgabe: Arp´ und der Liber exhortationis des H. v. K. (Analecta Cartusiana 111). Salzburg 1984. Literatur: Robert Haaß, NDB 4 (1959) S. 327 f. – Heinrich R¨uthing, VL2 2 (1980) Sp. 379–384. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 678 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 325 f. – Volker Leppin, RGG4 3 (2000) Sp. 1599. – H. B. C. W. Vermeer: Het tractaat Ortus et decursus ordinis Cartusiensis van H. E. v. K. Diss. Leiden 1929. – H. R¨uthing: Der Kart¨auser H. E. v. K. (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 18). G¨ottingen 1967. – James Lester Hogg: H. E. von Kalkars Ortus et Decursus Ordinis Cartusiensis. In: Die Gesch. des Kart¨auserordens. Tl. 2 (Analecta Cartusiana 125). Salzburg 1992, S. I–IV. – Helmut Tervooren unter Mitarb. v. Carola Kirschner/Johannes Spicker: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Handbuch zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 71 f. SF Gerard van Vliederhoven, † um 1402. – Verfasser eines im Sp¨atMA sehr beliebten und weit verbreiteten Erbauungsbuchs. Nur wenige Daten aus dem Leben G.s sind bekannt; sicher belegt ist er seit 1360 als Mitglied des Dt. Ordens und zwischen 1375 und 1396 in den Ordensh¨ausern zu Tiel, Utrecht und Schoonhoven. Von 1380 bis 1396 war er als Dispensator im Utrechter Haus der Deutschherren t¨atig. G. gilt als wahrscheinlichster Verfasser des im Sp¨atMA weit verbreiteten Erbauungsbuches Cordiale de quatuor novissimis, das w¨ahrend seines Aufenthalts in Utrecht entstand. Die biblischen «novissima» – nach dem einleitenden Sirachspruch «Memorare novissima tua et in eternum non peccabis» (Sir 7,40) – werden mit den «Vier Letzten Dingen» (Tod, Gericht, H¨olle, Himmel) identifiziert, jedem dieser «Dinge» ist dann ein Teil des Werks mit je drei Kapiteln gewidmet. L¨angster Teil ist derjenige zum Gericht, k¨urzester derjenige zum Himmel. Zweck ist, vor den Konsequenzen der S¨unde zu warnen und den Menschen zu einer richtigen Lebensf¨uhrung zu bewegen. Charakteristisch ist die F¨ulle von Zitaten. Eine nachweisliche Quelle stellte der Liber de dono timoris des → Humbert von Romans dar; den Stoff des ersten und zweiten Teils 663

Gerard van Vliederhoven hat die Schrift mit den «Ars moriendi»-Texten der Zeit gemeinsam; der dritte Teil steht in Beziehung zur Visionsliteratur. Das Werk war bis zur Reformation vor allem in den Niederlanden und in Deutschland verbreitet, erhalten sind u¨ ber 200 lat. und u¨ ber 50 ndl. ¨ und dt. Handschriften; Ubersetzungen erfolgten ins Franz¨osische, Englische, Spanische und Katalanische; 46 Drucke des 15. Jh. sind bekannt. Im ¨ Rahmen einer ersten, mndl. Ubertragung wurde der lat. Text gek¨urzt und um Varianten angereichert (rund 30 Handschriften). In hochdt. Sprache exis¨ tieren außerdem sechs eigenst¨andige Ubertragungen (meist unikal u¨ berliefert), darunter eine n¨urnbergische, von Erhart → Groß stammende Bearbeitung aus dem Jahr 1436, eine bair.-¨osterr., um 1460 entstandene von Heinrich → Haller und der sog. «Auszug» (um 1450 wahrscheinlich in Augsburg). ¨ ¨ Uberlieferung: Alteste Hs.: Utrecht, UB, Cod. ¨ 331 (lat.). – Wien, ONB, Cod. 2725 (mnd.). – Berlin, SBB, Mgq 1723 (mnd.). – Vgl. ferner Dusch (s. Ausg.) S. 40–69. Ausgaben: Marieluise Dusch: De veer Utersten. Das ‹Cordiale de quatuor novissimis› v. G. v. V. ¨ in mnd. Uberl. (Nd. Stud. 20). K¨oln u. a. 1975, S. 1–117. – Richard F. M. Byrn: The CordialeAuszug. A study of G. v. V. Cordiale de IV novissimis with particular reference to the High German versions. Diss. Leeds 1976, S. 53–325. Literatur: Jacob Cornelis van Slee, ADB 40 (1896) S. 89 f. – R. F. M. Byrn, VL2 2 (1980) Sp. 1217. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 316, 327, 809. – Christoffel Martinus Vos: De leer der vier uitersten. Amsterdam 1866. – Franz Falk: Die dt. Sterbeb¨uchlein. K¨oln 1890, S. 79–82. – Leonardus Antonius Maria Goossens: De meditatie in de eerste tijd van de Moderne Devotie. Diss. Nijmegen 1952, S. 9–205. – Dusch (s. Ausg.). – R. F. M. Byrn: Late Medieval Eschatology: G. v. V.’ ‹Cordiale de IV novissimis›. In: Proceedings of the Leeds Philosophical and Literary Society. Literary and Historical Section 17/2 (1979) S. 55–65. – Ders.: Johann B¨amlers Cordiale-Auszug vom Jahre 1473. In: Poesie und Gebrauchslit. W¨urzburger Colloquium 1978. Hg. v. Volker Honemann u. a. Tu¨ bingen 1979, S. 95–106. – Hartmut Beckers: Zur mnd. ¨ Uberl. des ‹Cordiale de quatuor novissimus G. v. V.›. In: Korrespondenzbl. des Ver. f¨ur Nd. Sprachforschung 86 (1979) S. 64–66. SF 664

Gerson Gerson, Johannes (Jean Charlier de Gerson), * 14.10.1363 Gerson/Di¨ozese Reims, † 12.7.1429 Lyon. – Theologe und Kirchenpolitiker. G. studierte seit 1377 in Paris, erwarb 1392 den Titel des Dr. theol. und wurde 1393 Dekan von St. Donatus in Br¨ugge. Seit 1395 ist er als Professor und Kanzler der Pariser Universit¨at bezeugt. Auf dem Konstanzer Konzil (1417) trat er als f¨uhrender Sprecher hervor. Anschließend lebte er in Wien, Melk und seit 1419 in Lyon. G.s Werk umfasst um die 540 gesicherte Schriften, die Forschung konzentriert sich vor allem auf die Werke zur Ekklesiologie, zur Kirchenreform und zur mystischen Theologie. In der Philosophie war G. stark vom Nominalismus beeinflusst, in der Theologie gab er der mystischen vor der scholastischen Theologie den Vorrang. J. G. geh¨orte zu den einflussreichsten Theologen des MA. Basis f¨ur die dt. Rezeption seines Werkes waren die ersten gedruckten Gesamtausgaben K¨oln 1483/84 und Straßburg 1488. Ausgaben: L. Ellies du Pin: J. G. Opera omnia. F¨unf Bde. Antwerpen 1706. – P. Glorieux (Hg.): J. G. Œuvres compl`etes. Introduction, texte et notes par. Zehn Bde. Paris/Tournai 1960–73. – Gunna Schuch: Gersons mystische Theologie. Eine ¨ dt. Ubersetzung aus dem 15. Jh. Bamberg 1969, S. 49–170. – Fidel R¨adle: J. G., De arte moriendi. Lat. ediert, komm. und dt. u¨ bers. In: FS Volker Honemann. Hg. v. Nine Robijntje Miedema/Rudolf Suntrup. Frankfurt/M. 2003, S. 721–738. ¨ Dt. Ubersetzungen: ¨ G.-Ubersetzungen entstanden haupts¨achlich im Zuge der benediktinischen Reformbewegung und der Reform der Bettelorden; sie stammen ferner von Kart¨ausern sowie Br¨udern vom Gemeinsamen Leben. 1. Opus tripartitum. ¨ Von → Johann von Speyer stammt eine Ubersetzung des Opus tripartitum, das sich aus einer Dekalogerkl¨arung, einer Beichtanleitung und der Ars moriendi zusammensetzt. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 570, f. 158–177. – Ebd., 235, 267v–281v. – Wien, Schottenkloster, Hs. 306, 228r–251r. Die Abschrift einer weiteren Fassung des Opus fertigte Lienhart → Peuger an. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1389, 345r–349r. ¨ Eine weitere Ubersetzung verfasste Heinrich von Preußen. 665

2. H¨alfte 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Innsbruck, Servitenkloster, Cod. I b 3 (verschollen). Der Dominikanerinnenkonvent St. Katharina in N¨urnberg besaß eine Handschrift mit einer dt. Ars moriendi: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 43p, 211r–217r. ¨ Eine dt. Ubertragung der Ars moriendi, von der auch drei Drucke u¨ berliefert sind, fertigte Johann → Geiler von Kaysersberg an. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 17, 145r–154r (aus St. Nikolaus in undis). – Drucke: Straßburg, M. Schott 1481. – H. Knoblochtzer 1482. – Basel, N. Lamparter 1497. ¨ Eine weitere Ubertragung stammt von Gabriel → Biel. ¨ Uberlieferung: Gießen, UB, Hs. 851, 26r–55r. 2. De exercitiis discretis. Diesen kurzen Traktat u¨ bertrug Johann → Kurfi in die Volkssprache. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen pap. 67, 254r–324v. Aus einem Franziskanerkloster stammt wohl eine ¨ anonyme Ubersetzung in Mu¨ nchen, BSB, Cgm 795, 126r–132r (1493). Die G¨uldene Regel geistlicher menschen, eine ¨ Ubertragung des Textes durch Johann Geiler von Kaysersberg, ist u¨ berliefert in: Berlin, SBB, Mgq 164, 284r–305r. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 47, 1r–37r. 3. De remediis contra pusillanimitatem. Der Tegernseer Prior → Bernhard von Waging u¨ bernahm große Teile aus diesem Traktat u¨ ber die Kleinm¨utigkeit in seine Schrift Remediarius contra pusillanimes et scrupulosos. Von diesem liegt ¨ eine Ubersetzung vor: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 778, 62v–78r. – Salzburg, St. Peter, Cod. B II 10, 21r–68r. Denselben Text u¨ bersetzte vielleicht auch der Blaubeurer Konventuale Thomas → Finck. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 574, 50v–81v (1491). Gregor Heilmann, Guardian der Konvente Kayserberg (1523) und Zabern (1528–30), schrieb eine ¨ unvollst¨andige Ubersetzung von De remediis contra pusillanimitatem. ¨ Uberlieferung: Freiburg, UB, Hs. 210, 195r–208v. 4. De probatione spirituum. Die Handschrift Salzburg, St. Peter, Cod. B VI 15, 286r–305r, u¨ berliefert eine dt. Fassung von De probatione spirituum. 666

2. H¨alfte 14. Jh. 5. De mendicitate spirituali. Von einem Benediktiner, m¨oglicherweise von ¨ Thomas Finck, stammt die Ubersetzung Von dem gaistlichen bettel. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 6940, ¨ Cod. 2923, 1r–12r. 292va–302va. – Wien, ONB, 5. Kompilationen. 6. La montaigne de contemplation. ¨ Wiederum von Geiler stammt die Ubersetzung ¨ einer Ubung aus diesem Berg des Schauens: Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 34, 16r–26r. – Ebd., Cod. St. Peter pap. 46, 2v–141v. 7. De mystica theologia. ¨ Ein Kart¨auser ist der Ubersetzer einer dt. Fassung von De mystica theologia. ¨ Uberlieferung: Rastatt, Ludwig-WilhelmGymnasium, Hs. K 198. 8. Ein Brief an seine Schwestern u¨ ber die Betrachtungen an den einzelnen Wochentagen. ¨ Eine Ubersetzung stammt von dem Basler Kart¨auser Ludwig → Moser. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. A IX 27, 167r–176r. 9. Monotessaron. Von dieser → Evangelienharmonie entstand – wohl im Umkreis der Devotio moderna – eine ¨ s¨udwestf¨alische Ubersetzung, die mit zahlreichen Glossen der Kirchenv¨ater erweitert wurde. ¨ Uberlieferung: Trier, Di¨ozesanarch., Hs. 75. – Bielefeld, Gymnasial-Bibl., Msc. 07. – Ebd., Bibl. der Altst¨adter Kirche, Msc. A 1. Einen Teil des Monotessaron u¨ berliefert auch Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen, Pap. germ. XCI, 41v–90v (Ende 15. Jh.). 10. Eine Kompilation aus verschiedenen mystischen Schriften G.s enthalten die Handschriften: Salzburg, St. Peter, Cod. B VI 15, 306r–329r. – Ebd., Cod. B II 10, 142v–151r – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 778, 89v–92v. 11. Einen Band mit neun aszetisch-kontemplativen Texten G.s u¨ bertrug Wolfgang → Walcher. Literatur: Herbert Kraume, VL2 2 (1980) Sp. 1266–1274; 11 (2004) Sp. 519 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 229 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 431 f. – Massimiliano Guareschi, Volpi 1 (1999) S. 563–566. – Christoph Burger, RGG4 3 (2000) Sp. 759 f. – Rolf Sch¨onberger: ‹Centilogium de conceptibus›. In: LexthW (2003) S. 72 f. – Sven Grosse: ‹Contra curiositatem studentium, lectiones duae›. In: ebd., S. 129 f. – Ders.: 667

Der Hunt ‹De mystica theologia›. In: ebd., S. 186 f. – Gereon Wolters/Reiner Wimmer, Enz Phil Wiss2 3 (2008) S. 102–104. – Schuch (s. Ausg.). – Wer¨ ner H¨over: Theologia Mystica in altbair. Ubertragung. Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, Hugo v. Balma, Jean G., Bernhard v. Waging u. a. Stud. ¨ zum Ubersetzungswerk eines Tegernseer Anonymus aus der Mitte des 15. Jh. (MTU 36). M¨unchen 1971. – Martin Bauer: Die Erkenntnislehre und der Conceptus entis nach vier Sp¨atschr. des J. G. (Monographien zur phil. Forschung 117). ¨ K¨oln 1973. – H. Kraume: Die G.-Ubersetzungen Geilers v. Kaysersberg. Stud. zur deutschsprachigen G.-Rezeption (MTU 71). Mu¨ nchen 1980. – Brian Patrick McGuire: J. G., the Carthusians and the Experience of Mysticism. In: The Mystical Tradition and the Carthusians. Bd. 3. Hg. v. James Hogg (Analecta Cartusiana 130,3). Salzburg 1995, S. 61–86. – Cornelius Roth: Discretio spirituum: Kriterien geistlicher Unterscheidung bei J. G. (Stud. zur systematischen und spirituellen Theologie 33). W¨urzburg 2001. – Christoph Burger: Jean G. Theologie, die erbauen soll. Theologen des MA. Eine Einf. Hg. v. Ulrich K¨opf. Darmstadt 2002, S. 212–227. – Marc Via: Zur Funktion des ‹Monotessaron› des J. G. In: Evangelienharmonien des MA. Hg. v. Ulrich Schmid u. a. (Studies in theology and religion 9). Assen 2004, S. 40–72. – Yelena Mazour-Matusevich: Jean G. (1363–1429) and the formation of German national identity. In: Revue d’histoire eccl´esiastique 101 (2006) S. 963–987. – Kees Schepers: Het ‹Opus tripartitum› van Jean G. in het Middelnederlands. In: Ons Geestelijk Erf 79 (2008) S. 146–188. – Thom Mertens: The middle Dutch mystical whitsun sermons from 1492 mediating J. G. In: Studies Christoph Burger. Hg. v. Wim Janse u. a. Leiden u. a. 2010, S. 79–98. – Theo Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Sp¨atMA (Gesch. der Philosophie, hg. v. Wolfgang R¨od, Bd. 5). Mu¨ nchen 2011, S. 483–488. SF Der Hunt. – Prediger. Der H. ist nur u¨ ber die → Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 nachgewiesen. Darin wird er ¨ als Prediger bezeichnet und mit einer Außerung zitiert: Niemand sei weiser als jener Mensch, der wenig besitze und noch weniger Besitz begehre. Der H. habe auch eine Geschichte u¨ ber den K¨onig 668

Monch ¨ von Salzburg

2. H¨alfte 14. Jh.

Alexander erz¨ahlt, in der Alexander einen neben der Straße liegenden Menschen gefunden habe. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 387v (Pap. und Perg., um 1400, alemannisch). Ausgabe: Spr¨uche dt. Mystiker. Hg. v. Franz Pfeiffer. In: Germania 3 (1858) S. 232, Nr. 22. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 4 (1983) Sp. 312. – Hans-Jochen Schiewer: Zitatenslg. der Berliner Hs. mgq 191. In: VL2 10 (1999) Sp. 1564–1569; 11 (2004) Sp. 1697. MM

Personal geistlich interpretiert und auf Tugenden und christliche und kirchliche Heilsmittel gedeutet werden. Als Schiffsherr («marner») erscheint Christus. ¨ Uberlieferung: Dillingen, Studienbibl., Cod. XV 125, 42v–89r (Pap., 1433, s¨udrheinfr¨ankisch mit niederalemannischen und mitteldt. Elementen). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 68–70. – Ders.: Geistliche Schiffahrt 2. In: PBB (T¨ub.) 92 (1970) S. 115–177, bes. S. 145–147. VZ

Der Marner (Der geistliche Kiel). – Dingallegorischer Traktat aus dem Umkreis der Gottesfreundliteratur, sp¨ates 14. Jh. (?) Im M.-Traktat (Incipit: «Dis ist der geistliche kiel geladen mit gotlichen tugenden») wird auf einen Gottesfreund verwiesen, der 1330 von Gott belehrt wurde und viele B¨ucher verfasst habe. Vermutlich ist hiermit der «Gottesfreund vom Oberland» gemeint. Aufgrund dieser Zuordenbarkeit des Traktats in das Umfeld der Gottesfreunde, ist ein Fehler des Schreibers im unikal u¨ berliefernden Codex verst¨andlich. Er hat irrt¨umlich durch eine Schlussschrift den M.-Traktat und die direkt folgende Schrift Von einem eigenwilligen Weltweisen und einem Weltpriester von Rulman → Merswin (?) zu einer Einheit zusammengefasst. Auch weitere inhaltliche Aspekte des Traktates (Weltabkehr, Kritik des zeitgen¨ossischen Klerus, sittlicher Pessimismus) belegen eine N¨ahe zu den Gottesfreunden. Der an sich unmystische Text zeigt in der Terminologie Nachwirkungen der dt. Mystik und neigt zu Wortreichtum und mehrgliedrigem Ausdruck. Untypisch f¨ur die Gottesfreundliteratur ist der nahezu vollst¨andige Verzicht auf Berichte u¨ ber Begnadungen. Der Verfasser des Traktats war vermutlich Laie und wendet sich expressis verbis an weltliche und geistliche Personen, letztlich aber an ein Publikum in einer christlichen Gemeinschaft wie den Gottesfreundkonventikeln oder Beginenh¨ausern, das noch nicht die h¨ochste geistliche Vollkommenheit erreicht hat. Der M. kann als erste umfangreiche Schiffsallegorie von Bedeutung gelten. Zugrunde liegt die weitverbreitete Metapher von der Fahrt u¨ ber das Meer der Welt zum Frieden des himmlischen Jerusalem. Das Schiff wird nicht direkt als Seele oder Kirche usw. ausgedeutet, sondern als Schiff des christlichen Gehorsams bestimmt, auf dem der Mensch die weltlichen Gefahren u¨ berwinden soll. Es wird ein reich ausgestattetes Kauffahrteischiff imaginiert, dessen Bestandteile und teilweise auch

Monch ¨ von Salzburg (Hermann v. S.). – Liederdichter der zweiten H¨alfte des 14. Jh. I. Leben. Wie sich aus Hinweisen in einigen seiner Dichtungen schließen l¨asst, wirkte der M. v. S. im Umkreis des Salzburger Erzbischofs Pilgrim II. von Puchheim (Amtszeit 1365–96). In den Handschrif¨ ten (s. Uberl.) wird er widerspr¨uchlich als Benediktiner Hermann bzw. Dominikaner Johannes bezeichnet. Meist wird der Dichter nur «M¨onch (v. S.)» («der m¨unich», «monachus») genannt, er bleibt weiterhin r¨atselhaft. Identifizierungen sind ungesichert: Ampferer (s. Lit.) bringt den Dichter mit dem 1424 bezeugten Prior Hermannus des Benediktiner-Peterstifts in Salzburg in Verbindung, eine These, die nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Bauerreiss (s. Lit.) h¨alt Johannes II. von Rossessing (1364–75 Abt von St. Peter) f¨ur den Dichter der geistlichen Lieder, Noack (s. Lit.) sieht im Abt Johannes den Verfasser eines Teils der geistlichen Lieder, w¨ahrend sie f¨ur den Rest der geistlichen und f¨ur alle weltlichen Lieder den Leutpriester Martin Kuchlmeister («Plebanus» Martin) als Verfasser annimmt. Martin Kuchlmeister ist nicht gesichert erfassbar, auch nicht seine musikalischliterarische Mitarbeit an dem Werk des «Mo¨ nchs». Denecke (s. Lit.) erw¨agt die Zuschreibung desjenigen Teils der geistlichen Lieder, welche Noack dem Abt Johannes zuweist, an einen im Nekrolog des Domstiftes genannten, sonst unbekannten «fr. Hermannus presb. et professus s. Petri». II. Lieder. Das Werk des M. v. S. umfasst 49 geistliche und 56 weltliche, meist dreistrophige Lieder, erhalten sind ferner eine große Anzahl von Melodien, zum Teil mit instrumentaler Begleitung. 1. Geistliche Lieder. Der Großteil der geistlichen Lieder besteht aus ¨ Ubertragungen lat. Hymnen und Sequenzen. Thematisch stehen Maria, die Passion, Ostern und

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2. H¨alfte 14. Jh. ¨ Fronleichnam im Vordergrund. Uberliefert sind ferner zwei dt. gottesdientliche Lieder: G 22, Josef lieber neve mein diente als Wechselgesang im Rahmen des → Resonet in laudibus, und G 24, ein Passionslied mit der auch selbstst¨andig u¨ berlieferten Strophe O du falscher Judas. Mehrere Lieder, die dem Marienlob gelten, sind zwar auf die Melodien lat. Sequenzen gedichtet, beziehen sich jedoch inhaltlich nicht auf die Vorbilder. G 1, die Mariensequenz Das guldein Abc mit vil subtiliteten, gilt als ber¨uhmteste und anspruchsvollste Dichtung des M.s. Es besteht aus 24 Halbstrophen; jeweils die erste ist aus 24 W¨ortern gebildet, deren Anlaut in alphabetischer Reihenfolge angeordnet ist. Neun strophische Lieder stehen in der meisterlichen Liedtradition zwischen Sangspruchdichtung und Meistergesang. Auch hier ist die Marienverehrung vorherrschend, so auch in einem Glossenlied u¨ ber das Ave Maria, G 12. 2. Die weltlichen Lieder («houedone») spielen mit Formen und Formeln der sp¨ath¨ofischen Dichtung, es finden sich einige wenige Trinkund Schlemmer sowie zahlreiche Liebeslieder (Liebesgr¨uße, Liebesepisteln, Abschiedslieder etc.). Mit dem unter dem Namen des M.s u¨ berlieferten Korpus wird die Tradition des mehrstimmigen volkssprachigen Liedes im dt. Sprachraum er¨offnet: Es finden sich f¨unf mehrstimmige Liebeslieder (W 1–5), zwei Martinslieder (W 54 f.) sowie ein dreistimmiger Kanon (W 31). 3. Planetenkinderverse. In zwei Handschriften wird dem M. auch ein Gedicht u¨ ber die Eigenschaften jener, die unter einem bestimmten Planeten geboren sind, zugeschrieben. III. Nachwirkung. Nachwirkungen der weltlichen Dichtung des M. sind u. a. bei → Oswald von Wolkenstein deutlich, an die weiter verbreitete geistliche Dichtung kn¨upfte Heinrich → Laufenberg an. Der M. v. S. wurde vom Meistersang als legend¨arer Meister und normgebende Autorit¨at bis um 1600 hoch gesch¨atzt. ¨ ¨ Uberlieferung: Einen Uberblick bietet Spechtler (s. Ausg.) S. 34–99. Corpus¨uberl. ist ca. seit ¨ der Mitte des 15. Jh. greifbar. Uberliefert sind ¨ acht Corpushss., darunter: Wien, ONB, Cod. 2856, 166v–214v, 215r–247r, 248v–252v, 278v–279r (Pap., in Sch¨uben entstanden; ‹Mondsee-WienerLiederhs.›, 84 Lieder, D). – M¨unchen, BSB, Cgm 715, 6r–143r (drittes Viertel 15. Jh., bair.-¨osterr.; 671

Monch ¨ von Salzburg ¨ A). – Wien, ONB, Cod. 4696, Bl. 107–188 (um 1470–85; ‹Lambacher Liederhs.›, E). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4997 K (Pap., um 1460; ‹Colmarer Liederhs.›, K). – M¨unchen, BSB, Cgm 1115 (B). – ¨ Uberliefert sind weitere mehr als 120 Hss. Ausgaben: Franz Viktor Spechtler (Hg.): Der M. v. S. Die geistlichen Lieder. Berlin/New York 1972. – W. Lipphardt (Hg.): Das lat.-dt. Augsburger Osterspiel und das dt. Passionslied des M. v. S. 1978. – Ich bin du und du bist ich. Lieder des MA. Ausw., Texte, Worterkl¨arungen v. F. V. ¨ Spechtler, Ubers. v. M. Korth. M¨unchen 1980. – Burghart Wachinger: Der M. v. S. T¨ubingen 1989 (Lit.). – Christoph M¨arz (Hg.): Die weltlichen Lieder des M. v. S. Texte und Melodien (MTU 114). T¨ubingen 1999. – Hans Waechter/F. V. Spechtler (Hg.): Der M. v. S.: Die Melodien zu s¨amtlichen geistlichen und weltlichen Liedern. G¨oppingen 2004. – Andr´e Schnyder: Das geistliche Taglied des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit. Textsammlung, Komm. und Umrisse einer Gattungsgesch. T¨ubingen/Basel 2004, S. 106–110. – B. Wachinger (Hg.): Die dt. Lyrik des sp¨aten MA. Frankfurt/M. 2006, S. 490–536, 950–969. – Vgl. auch → Kolmarer Liederhandschrift, → Lochamer Liederbuch und → Mondsee-Wiener Liederhandschrift. Literatur: B. Wachinger, VL2 6 (1987) Sp. 658–670; 11 (2004) Sp. 1012. – FranzJosef Holznagel/Rudolf Weigand: Abecedarien. In: MarLex 1 (1988) S. 12 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 170–172, 175 f., 77 f. – Lieselotte v. Eltz, BBKL 26 (2006) Sp. 976–980. – Gisela Kornrumpf, Killy2 8 (2010) S. 276–279. – Friedrich Arnold Mayer/Heinrich Rietsch: Die MondseeWiener Liederhs. und der M. v. S. 2 Tle. Berlin 1894–96. – Romuald Bauerreiss: Wer ist der ‹M. v. S.›? In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens 52 (1934) S. 204–220. – Norbert Richard Wolf: Die weltlichen Lieder des M. v. S. Diss. Innsbruck 1965. – Ders.: Der M. v. S. und Oswald v. Wolkenstein [...]. In: DVjs 40 (1966) S. 81–89. – ¨ Ders.: Uber den ‹M. v. S.›. In: Germanistische Stud. Hg. v. Johannes Erben/Ulrich M¨uller. Innsbruck 1969, S. 41–73. – George Fenwick Jones u. a. (Hg.): Verskonkordanz zu den geistlichen Liedern des M. v. S. G¨oppingen 1975. – Christoph M¨arz: Ein dreistimmiger Satz des M. v. S. In: JOWG 1 (1980/81) S. 161–173. – M. Zimmermann: Neues zum M. v. S. In: ZfdA 111 (1982) S. 135–145. – G¨unther ¨ B¨arnthaler: Ubersetzen im dt. Sp¨atMA. M. v. S., Heinrich Laufenberg und Oswald v. Wolkenstein 672

Mulberg ¨ als Ubersetzer lat. Hymnen und Sequenzen (GAG 371). G¨oppingen 1983. – Ders.: Aufgaben und Pro¨ bleme der Analyse sp¨atma. Ubers. am Beispiel des ¨ geistlichen Liedes. Die Funktion des Ubersetzens aus dem Lat. beim M. v. S. In: Lyrik des ausgehenden 14. und 15. Jh. Hg. v. Franz V. Spechtler (Chloe 1). Amsterdam 1984, S. 29–44. – Ingo Reiffenstein: ¨ Ubersetzungstypen im Sp¨atMA. Zu den geistlichen Liedern des M. v. S. In: ebd., S. 173–205. – Lorenz Welker: Das Taghorn des M. v. S. In: Schweizer Jb. f¨ur Musikwiss. NF 4/5 (1984/85) S. 41–61. – RSM 4. Bearb. v. Frieder Schanze/B. Wachinger. T¨ubingen 1988, S. 353–371. – F. V. Spechtler: Ma. Liedforschung II. Beischr. zu Liedern des M. v. S. In: FS Ingo Reiffenstein. Hg. v. Peter K. Stein u. a. G¨oppingen 1988, S. 511–525. – Wachinger 1989 (s. Ausg.). – Norbert Haas: Trinklieder des dt. Sp¨atMA. G¨oppingen 1991, S. 24–93. – Max Schiendorfer: Drei Osterges¨ange des M. v. S. In: PBB 116 (1994) S. 37–65. – Henriette Straub: ‹Mundi renovatio› and ‹Mittit ad virginem› translated by the ‹Monk of S.› and Oswald v. Wolkenstein. In: JOWG 9 (1996/97) S. 509–522. – Andreas Kraß: ¨ Stabat mater dolorosa: Lat. Uberl. und volkssprach¨ liche Ubertragungen im dt. MA. M¨unchen 1998, S. 234–244. – Ders.: Eine unheilige Liturgie. Zur karnevalesken Poetik des Martinsliedes des ‹M. v. S.›. In: PBB 121 (1999) S. 75–102. – M¨arz 1999 (s. Ausg). – Margarete Payer: Das religi¨ose Weltbild des M. v. S. in den geistlichen Liedern G 33, 34, 37 und 46. G¨oppingen 2000. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 163–167 u. o¨ . – Hans Waechter: Die geistlichen Lieder des M. v. S. Unters. unter bes. Ber¨ucksichtigung der Melodien. G¨oppingen 2005. – Wachinger 2006 (s. Ausg.) S. 950–969. – Franz-Josef Holznagel: ‹Der Martin verkert, geistlich›. Zum Trinklied W 54* des M. v. S. und seinen geistlichen Kontrafakturen [...]. In: ‹Mit clebeworten underweben›. FS Peter Kern. Hg. v. Thomas Bein u. a. Frankfurt/M. 2007, S. 193–212. – Nikolaus Henkel: Neues zum M. v. S. Der JohannesHymnus des Paulus Diaconus ‹Ut queant laxis› dt. (G 47) im Clm 3686. In: ZfdA 137 (2008) S. 377–386. – Ludger Lieb: Innenr¨aume der Dame: Imaginationen v. Pr¨asenz in den Tageliedern des M. v. S. In: Innenr¨aume in der Lit. des dt. MA. Hg. v. Burkhard Hasebrink u. a. T¨ubingen 2008, 673

2. H¨alfte 14. Jh. S. 267–293. – RSM 2,1 und 2. Bearb. v. J. Rettelbach. Tu¨ bingen 2009. – B. Wachinger: Textgattungen und Musikgattungen beim M. v. S. und bei Oswald v. Wolkenstein. In: PBB 132 (2010) S. 385–406. SF Mulberg, Johannes (Maulperg, Maulburg, Muelberg) OP, * 1350 Basel, † 1414 Kloster Maulbronn. – Prediger, Ordensreformator. I. Leben. J. M., der zun¨achst wohl wie sein Vater das Handwerk des Schuhmachers aus¨ubte, trat nach 1370 in den Dominikanerorden ein und studierte an der Prager Universit¨at. 1391 ist J. M. als Lektor im Colmarer Konvent bezeugt, wo er sich den f¨uhrenden Vertretern der dominikanischen Observanzbewegung, → Raimund von Capua und Konrad von Preußen, anschloss. 1395 war er als Prior in W¨urzburg t¨atig, wurde jedoch im selben Jahr vertrieben, nachdem er sich dort um die Einf¨uhrung der Observanz bem¨uht hatte. Ein Jahr sp¨ater war er bei der Reform des N¨urnberger Dominikanerklosters erfolgreich. 1399 wurde er Prior in Colmar, 1400 in Basel. Dort k¨ampfte er als maßgeblicher Protagonist im Beginenstreit (1400–11) gegen die Beginen und die Franziskanerterziarinnen. Zwischen Februar 1404 und Januar 1405 predigte er in Straßburg. Nach seiner R¨uckkehr nach Basel erreichte er 1405 die Aufhebung der dortigen Beginenh¨auser. Es folgte ein Aufenthalt in Rom; dorthin war er von Papst Innozenz VII. aufgrund seines Vorgehens gegen die Basler Franziskanerterziarinnen zitiert worden. M. erhielt nach seiner R¨uckkehr von Gregor XII. den Auftrag, gegen das Schisma zu predigen, musste, von der Partei des Gegenpapstes der Ketzerei beschuldigt, Basel ver¨ lassen. Uber Krankheit und Tod M.s 1414 gibt der von seinem Sch¨uler Konrad → Schlatter verfasste Sterbebericht Auskunft. II. Lat. Schriften. J. M.s bekannteste Schriften sind zwei umfangreiche Predigtzyklen und seine Abhandlungen zum Basler Beginenstreit. 1. Basler Beginenstreit. Die wahrscheinlich in dt. Sprache gehaltenen Predigten u¨ ber die Beginen sind nicht u¨ berliefert, lassen sich jedoch im lat. Zitat den Akten des Prozesses entnehmen, den die Basler Franziskaner gegen M. beim Papst angestrengt hatten. ¨ Uberlieferung: Basel, Staatsarch. Basel-Stadt, Prediger N 5. – Basel, UB, Codd. E I 11 und A VIII 41, 255r-262v. 674

2. H¨alfte 14. Jh. Ein lat. Rechtsgutachten mit dem Titel Tractatus contra statum beginarum u¨ berliefert die Handschrift Basel, UB, Cod. A IX 21, 91v–109v. Kolmar, StB, Cod. 474 (29), 126r–147v, enth¨alt 14 Artikel Contra beghardos; die von M. in Rom vorgetragenen Thesen bringt Aarau, Kantonsbibl., Cod. Wett. 26:4, 36r-v. 2. Theologische Lehrpredigten. ¨ Uber 90 Lehrpredigten M.s, die der Definition und Erl¨auterung theologischer Fragen dienten, liegen in Form einer Kopie (1424) der Predigtmitschrift des Mag. Burkhard Gelsdorf von Rottweil in Basel, UB, Cod. A VI 28, 1r-276rb, vor. H¨aufig sind in die Predigten zur Verdeutlichung dt. S¨atze eingef¨ugt. 3. Ferner liegen von M. diverse kleinere Schriften zu verschiedenen Themen vor. III. Dt. Schriften. 1. Predigten. J. M. war wohl zu seiner Zeit einer der wichtigsten Prediger in dt. Sprache. Eine umfangreiche Sammlung dt. Predigten J. M.s besaß das N¨urnberger Katharinenkloster; die Handschrift (E LIV des alten Katalogs) gilt heute als verloren. Ausgabe: August Bernoulli: Zerstreute Aufzeichnungen in Berlingers Etterlin. In: Basler Chron. 5 (1895) S. 537 f. Ein geschlossener Predigtzyklus mit f¨unf Einzelpredigten behandelt, ausgehend von dem Textwort Joh 1,14, das erste Weltzeitalter bis zu Noah. Zentrale Autorit¨aten sind hierbei → Augustin und → Thomas von Aquin. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1915, 101r–191v (Pap., aus Straßburg, 15. Jh., alemannisch). Eine Predigt von der W¨uste am Sonntag Trinitatis u¨ berliefert Berlin, SBB, Mgq 149, 84v–93v (Pap., um 1420/30, alemannisch). 2. Einen geistlichen Sendbrief an Klosterschwestern Ein williges gruntliches begeben aller creaturen enth¨alt N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 20, 120r–128v (Pap., nach 1444, n¨urnbergisch). 3. Die sieben Farben gaistlich br˚uder Mulbergs, ein in Stuttgart, LB, Cod. bibl. 2° 35, 106v (Pap., nach 1382, schw¨abisch) u¨ berlieferter Kurztraktat, handelt von den sieben Schwarz-Weiß-T¨onungen des S¨undenstands des Menschen. 4. Die Handschriften W¨urzburg, Cod. M. ch. 20, 127r-v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh./um 1500) und Basel, UB, Cod. IV 14, 95v (fragm.) u¨ berliefern ein kleines Textst¨uck mit dem Titel Ein prophecy 675

Pange lingua gloriosi u¨ ber die Ausrottung der Ketzer in Basel und das ¨ Basler Konzil. Die Echtheit der Uberlieferung ist unsicher. 5. Berlin, SBB, Mgo 570, 135r–140r (zweite H¨alfte 15. Jh., hochalemannisch), enth¨alt die Zehn t¨od und ermanung des inwendigen lydens [...] Jhesu Christi, wobei sich die «Ermahnungen» M.s auf die Schmach Christi beziehen. Literatur: Bernhard Neidiger/Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 725–734; 11 (2004) Sp. 1016. – Sabine v. Heusinger, NDB 18 (1997) S. 573 f. – Thomas Berger, LThK3 7 (1998) Sp. 516. – Rudolf Wackernagel: Gesch. der Stadt Basel 2/2. Basel 1916, S. 804–809. – Karl Sch¨onenberger: Das Bistum Basel w¨ahrend des großen Schismas. Diss. Basel 1928, S. 87 f. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel [...]. In: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 33 (1934) S. 195–303; 34 (1935) S. 107–259. – Alexander Patschovsky: Straßburger Beginenverfolgungen im 14. Jh. In: DA 30 (1974) S. 56–198. – Hans-Jochen Schiewer: Auditionen und Visionen einer Begine. Die ‹Selige Schererin›, J. M. und der Basler Beginenstreit. Mit einem Textabruck. In: Die Vermittlung geistlicher Inhalte im dt. MA. Hg. v. Timothy R. Jackson u. a. T¨ubingen 1996, S. 289–317. – S. v. Heusinger: J. M. OP. Ein Leben im Spannungsfeld v. Dominikanerobservanz und Beginenstreit (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens, NF 9). Berlin 2000. SF Pange lingua gloriosi (dt.). – Fronleichnamshymnus. P. l. g. corporis mysterium ist in Auftakt und Aufbau angelehnt an P. l. g. proelium certaminis, den Kreuzeshymnus des Venantius Fortunatus. Es existieren mehrere lat. Hymnen mit diesem Initium, aber nur der Vesperhymnus aus dem Fronleichnamsoffizium des → Thomas von Aquin (→ Lauda Sion salvatorem) zum Sakrament der Eucharistie wurde o¨ fters ins Dt. u¨ bertragen. Ausgabe: AH 50 (1907) Nr. 53. – Dreves/Blume 1 (1909) S. 357. – Antiphonale monasticum pro diurnis horis, Paris u. a. 1934, S. 547 f. – Horst Kusch: Einf. in das lat. MA. Bd. 1: Dichtung. Darmstadt 1957, S. 648 f. – Adolf Adam: Te Deum laudamus. Große Gebete der Kirche. Lat.-dt. Freiburg i. Br. 1987 (Neuausg. 2001) S. 68–71. Versubertragungen: ¨ a) → Mo¨ nch von Salzburg. Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs v. Salzburg (Quellen 676

Pilgerfahrt des tr¨aumenden Monchs ¨ und Forschungen zur Sprach-und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin/New York 1972, Nr. G 40. b) Lobe, zunge, cristi leichnam Vnd sein k¨osperliches Pl˚ut: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 444, 22v–23r (1422). – Ebd., Cgm 811 (von Jakob → Kebicz), 34r–35r. – Augsburg, UB, Cod. Oettingen-Wallerstein III. 1. 8° 6, 201v–203r. – Berlin, SBB, Mgf 488, 322v–323r, 324v. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. 2. Leipzig 1867, Nr. 569. c) Min zung, erkling und fr¨olich sing Von dem zarten lichnam fron: sporadische Z¨asurreime. Berlin, SBB, Mgq 636, 10v–11r (1491). d) Nu sing, zung, des hochwirdigen Gotts fronlichnams heymlikeit: im Anhang zu Ludwig → Moser, Der guldin Spiegel des Sunders, Basel 1497 (Bl. dv). Ausgabe: Wackernagel, Nr. 1072. Prosaubertragungen: ¨ Es gibt eine Vielzahl von (noch nicht gesich¨ teten) Ubertragungen in Prosa; u. a.: Berlin, SBB, Mgo 31, 265v. – Ebd., Mgo 451, 88v. – Wien, ¨ ONB, Cod. 3609, 285v–286r. Literatur: Burghart Wachinger: VL2 7 (1989) Sp. 288 f. – Balthasar Fischer, LThK3 7 (1998) Sp. 1311 f. – Joseph Pascher: Das liturgische Jahr. Mu¨ nchen 1963, S. 273 f. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2 (Die lyrische Dichtung des MA). Berlin 1965. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Anselmo Lentini: Te decet hymnus. L’innario della ‹Liturgia horarum›. Vatikanstadt 1984. – Miri Rubin: Corpus Christi. The Eucharist in Late Medieval Culture. Cambridge u. a. 1991. SF Pilgerfahrt des tr¨aumenden Monchs. ¨ – Traumallegorie. Um 1330–32 schrieb der Zisterzienser Guillaume de Digulleville (auch Deguileville, * 1295) die franz¨osische Allegorie P`elerinage de la vie humaine. Das als geistliches Gegenst¨uck zum Roman de la Rosa konzipierte Werk schildert in 13.540 Versen Guillaumes Traum von einer Pilgerfahrt zum himmlischen Jerusalem. Dabei begegnet er allegorischen Figuren (u. a. Frau Gnade, Frau Natur, Jungfrau Jugend, den sieben Tods¨unden) sowie Orten (Meer der Welt, Schiff der Religion) und schließlich dem Tod. Obwohl die Schrift prim¨ar 677

2. H¨alfte 14. Jh. allegorisch ist, integriert sie auch Stil- und Formelemente wie Zeitkritik, Streitgespr¨ach, Gebet und Akrostichon. Die weitere Geschichte der P. beginnt mit einer von Guillaume selbst um rund 4.000 Verse erweiterten Fassung (1355). Darauf folgten nahezu 100 Handschriften sowie bis ins 16. Jh. reichende Drucke, teilweise mit großen Bildzyklen. Neben die urspr¨unglichen Versfassungen traten bald Pro¨ safassungen und Ubertragungen. Zus¨atzlich zu ihren englischen (Chaucer), spanischen, franz¨osischen und lat. Bearbeitungen erfuhr die P. auch ¨ dt. und ndl. Ubersetzungen. In einer Berleburger Handschrift sind 13.836 Verse einer dt. Versfassung erhalten, die sich zwar eng an das Original anzulehnen bem¨uht, aber viele Fehler und Entstellungen enth¨alt. Verschiedentlich ¨ galt Elisabeth von Nassau-Saarbr¨ucken als Ubersetzerin, was jedoch unbewiesen ist. Eine dt. Prosaaufl¨osung dieser Handschrift beruhte wohl auf der gleichen Vorlage, zog aber sicher auch die franz¨osische Originalversion hinzu. ¨ Von h¨oherer Qualit¨at ist die P.-Ubersetzung des L¨utticher Domherren Peter von Merode aus dem Jahr 1430. Die 13.645 Verse dieser Fassung sind in einer K¨olner Handschrift u¨ berliefert. Bereits gegen Ende des 14. Jh. d¨urfte eine in mehreren Handschriften erhaltene ndl. Prosafassung der P. entstanden sein. Eine andere ndl. Prosau¨ bersetzung ist in zwei Drucken nachgewiesen (Haarlem 1486, Delft 1498). ¨ Uberlieferung: 1. Berleburger Vers¨ubers.: Berleburg, Sayn-Wittgensteinsche Schlossbibl., Ms. RT 2/4 (fr¨uher A 1292) (Anfang 15. Jh., rheinfr¨ankisch, mit 140 erhaltenen Federzeichnungen). ¨ 2. Prosaaufl¨osung der Berleburger Ubers.: Hamburg, SUB, Cod. germ. 18 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., rheinfr¨ankisch, mit 97 Miniaturen, Text unvollst.). – Darmstadt, LB, Hs. 201 (Pap., um 1460, rheinfr¨ankisch, mit 109 Federzeichnungen, Text unvollst.). 3. Vers¨ubers. des Peter von Merode: K¨oln, Hist. Arch., cod. Best. 7004 (GB 4°) 223 (Pap., 1444, ripuarisch). 4. Ndl. Fassung: Utrecht, Mus. Catharijneconvent BMH 93 (fr¨uher Haarlem, Bisch¨ofl. Mus., Ms. 93). – ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 76 E 6, 1ra–128vb (Perg., erste H¨alfte 15. Jh., mndl.). – Berlin, SBB, Mgf 624 (Perg., um 1460, mndl.). 678

2. H¨alfte 14. Jh. Ausgaben: 1. Berleburger Vers¨ubersetzung: Die Pilgerfahrt des tr¨aumenden Mo¨ nchs. Aus der Berleburger Hs. (DTM 25). Hg. v. Aloys B¨omer. Berlin 1915. – 2. Prosaaufl¨osung der Berlebur¨ ger Ubersetzung: Die Pilgerfahrt des tr¨aumenden Mo¨ nchs. Hg. v. Ulrike Bodemann. Mu¨ nchen 1998 (Mikrofiche–Ausg. mit Textbd.). – 3. Vers¨ubersetzung des Peter von Merode: Die Pilgerfahrt des tr¨aumenden M¨onchs. Hg. v. Adriaan Meijboom. Bonn 1926. – 4. Ndl. Fassung: Die pelgrimage vander menscheliker creaturen. Een studie naar overlevering en vertaal- en bewerkingstechniek van de Middelnederlandse vertalingen van de ‹P`elerinage de vie humaine› (1330–1331) van Guillaume de Digulleville met een kritische editie van handschrift Utrecht, Museum Catharijneconvent BMH 93. Hg. v. Ingrid E. Biesheuvel. Hilversum 2005. Literatur: Maur Standaert: Guillaume de Digulleville. In: Dict. Spir. 6 (1965) Sp. 1201–1203. – Volker Honemann, VL2 7 (1989) Sp. 683–687; 11 (2004) Sp. 1242 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 91. – Fritz G¨otze: Unters. u¨ ber die Pilgerfahrt des tr¨aumenden Mo¨ nchs. Diss. Marburg 1934. – Eberhard Schenk zu Schweinsberg: Margarete v. Rodemachern, eine dt. B¨ucherfreundin in Lothringen. In: Zs. des Ver. f¨ur Th¨uringische Gesch. und Altertumskunde, Beih. 23 (1941) S. 117–152. – Helena A. Damave: Die Sprache der Pilgerfahrt des tr¨aumenden Mo¨ nchs. Ein Beitr. zur Gesch. der K¨olner Mundart im 15. Jh. Diss. Utrecht 1964. – Rosemund Tuve: Allegorical Imagery. Some Mediaeval Books and Their Posterity. Princeton 1966, S. 145–218. – Heinrich M. Heinrichs: Zur Wortbildung in der ripuarischen ‹Pilgerfahrt des tr¨aumenden M¨onches›. In: FS Matthias Zender 2. Hg. v. Edith Ennen und G¨unter Wiegelmann. Bonn 1972, S. 968–978. – Joseph M. Keenan: The Cistercian Pilgrimage to Jerusalem in Guillaume de Deguileville’s ‹P`elerinage de la Vie humaine›. In: Studies in Medieval Cistercian History 2. Hg. v. John R. Sommerfeldt. Kalamazoo 1976, S. 166–185. – Manfred Bambeck: Weidenbaum und Welt. Ein symboltheologisches Motiv in Gautier de Co¨ıncis Theophilusmirakel und in seinem Christinenleben, im ‹Romans de Miserere› und im ‹Romans de carit´e› des Renclus de Moiliens und im ‹P`elerinage de la vie humaine› des Guillaume de Deguilleville. In: Zs. f¨ur franz¨osische Sprache und Lit. 88 (1978) S. 195–212. – Rosemarie Bergmann: Die Pilgerfahrt zum himmlischen Jerusalem. Ein allegorisches Gedicht des Sp¨atMA aus der Heidelberger 679

Psalmenubersetzungen ¨ Bilderhs. Cod. Pal. Lat. 1969 ‹P`elerinage de vie humaine› des Guillaume de D´eguileville. Wiesbaden 1983. – The Pilgrimage of the Lyfe of the Manhode. Hg. v. Avril Henry. 2 Bde. London u. a. 1985, 1988 (Lit.). – Stephen K. Wright: Deguileville’s ‹P`elerinage de vie humaine› as ‹contrepartie edifiante› of the Roman de la Rose. In: Philological Quarterly 68 (1989) S. 399–422. – Ingeborg Glier: Allegorien des 14. Jh. Normen, Vernunft, Phantasie. In: Entzauberung der Welt. Dt. Lit. 1200–1500. Hg. v. James F. Poag und Thomas C. Fox. T¨ubingen 1989, S. 133–145. – Fran¸cois Garnier: Le p`elerinage de la vie humaine de Guillaume de Digulleville. In: Art Sacr´e 8 (1998) S. 100–111. – Paule Amblard: Le p`elerinage de vie humaine. Le songe tr`es chr´etien de l’abb´e Guillaume de Digulleville. Ouvrage r´ealis´e a` partir du manuscrit 1130 de la Biblioth`eque Sainte-Genevi`eve a` Paris. Paris 1998. – Wolfgang Haubrichs: Die ‹Pilgerfahrt ¨ des tr¨aumenden Mo¨ nchs›. Eine poetische Ubers. Elisabeths aus dem Franz¨osischen? In: Zwischen Deutschland und Frankreich. Elisabeth v. Lothringen, Gr¨afin von Nassau-Saarbr¨ucken. Hg. v. dems. Sankt Ingbert 2002, S. 553–568. – Ders.: Edition und Sprachgesch. Zum sprach- und literarhist. Sinn einer synoptischen Edition der westrheinfr¨ankischen Prosa¨ubers. der ‹P. d. T. M.› (PTM). In: Edition und Sprachgesch. Baseler Fachtagung 2.–4. M¨arz 2005 (Editio, Beih. 26). Hg. v. Michael Stolz u. a. T¨ubingen 2007, S. 155–186. – Kinsley H. Alexander: Beauty and the Pilgrim Soul. A Study of ‹Le Pelerinage de la vie humaine› as an Allegory of Cistercian Aesthetics. Diss. Boston 2007. – Guillaume de Digulleville. Les P`elerinages all´egoriques. Hg. v. Fr´ed´eric Duval. Rennes 2008. – Ursula Peters: Das Ich im Bild. Die Figur des Autors in volkssprachigen Bilderhss. des 13. bis 16. Jh. K¨oln u. a. 2008, S. 140–162. MM Psalmenubersetzungen ¨ (altjiddische). – Sp¨ates 14. bis 16. Jh. Im sp¨aten 14. Jh. beginnt die handschriftliche Tradierung volkssprachlicher jiddischer Psalmen¨ubersetzungen aus dem Hebr¨aischen. Zu diesem Zeitpunkt war das Hebr¨aische in Europa nur mehr Literatursprache, als Umgangssprache spielte es unter europ¨aischen Juden schon l¨angst keine Rolle mehr, was die hebr¨aische Sprachkompetenz innerhalb des europ¨aischen Judentums minderte. 680

Psalmenubersetzungen ¨ Aufgrund dieses Umstandes sowie wegen der Bedeutung der Psalmen f¨ur das j¨udisch-religi¨ose Leben ergab sich die Notwendigkeit einer volks¨ sprachlichen Ubersetzung der sprachlich oft komplizierten Psalmen. ¨ Uberliefert sind altjiddische Psalmen¨ubersetzungen unterschiedlicher Art: in Versen und Prosa, Teil- und Gesamt¨ubersetzungen, selbstst¨andig oder als Bestandteil eines Gebetsbuches. Die Hauptfunktion dieser Texte ist stets, das hebr¨aische Studium des Psalters zu erleichtern, nicht zu ersetzen. Die a¨ lteste Stufe der altjiddischen Psalmen¨ubersetzung stellen Glossierungen zu hebr¨aischen Psaltern dar. Es sind vor allem archaische Sprachmerkmale in den Glossaren, die f¨ur ihren zeitlichen Vorausgang sprechen, und weniger das Alter der jewei¨ ¨ ligen Uberlieferungstr¨ ager. Das Gros der Uberlieferung datiert aus dem 15. Jh. Die Glossare selbst gr¨unden auf einer m¨undlichen Lehr- und ¨ erl¨auternden Ubersetzungstradition, die dann in den ersten Glossaren, zun¨achst als jiddische Rand¨ glossen, verschriftlicht wurde. Der Ubergang von den Glossaren zu umfangreicheren Psalm¨ubersetzungen ist fließend. Im Berliner ms. or. qu. 701 l¨asst sich z. B. durch Kompilation der einzelnen Glossen gelegentlich eine fast vollst¨andige Psalm¨ubersetzung erstellen. ¨ ¨ Die Uberlieferung der Ubersetzungen setzt sich im Buchdruck fort, im sp¨aten 16. Jh. erscheint auch eine poetische Psalmen¨ubersetzung in Schmuelbuch-Strophen. Am breitesten rezipiert ¨ wurde die Ubersetzung des Elijah Levita (auch Elijah Bachur) von 1545, die bis in das Zeitalter der Aufkl¨arung hinein wirkte. ¨ Uberlieferung: Glossare: Leipzig, UB, Cod. hebr. 1099; enth¨alt um 1425 geschriebene jiddische (Z¨uge des Alemannischen) Randglossen in einem a¨lteren hebr¨aisch-franz¨osischen Bibelglossar (um 1300). – Berlin, SBB, Ms. or. qu. 701 (hebr¨aischjiddisches [Z¨uge des Mainfr¨ankischen] Bibelglossar aus dem sp¨aten 14. Jh.). – Karlsruhe, LB Cod. hebr. 7b, 242–282 (hebr¨aisch-jiddisches [Z¨uge des Mitteldt.] Glossar [Ios-Par], Ende 14. Jh.). – Ebd., Cod. hebr. 6 (hebr¨aisch-jiddisches [Z¨uge des Alemannischen] Bibelglossar, um 1410). – Berlin, SBB, Ms. or. qu. 310b (kurzer hebr¨aischer Psalmenkomm. ¨ mit jiddischen Glossen, um 1510). – Ubersetzungen: ¨ Berlin, SBB, Ms. or. qu. 310A, Bll. 3–133 (Ubers. v. Ps 4–116, Z¨uge des Alemannischen, erstes Viertel 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, Cod. hebr. 8, Bll. 228–485 (Psalmen¨ubers., mit Iob und Prov, Z¨uge 681

2. H¨alfte 14. Jh. des Bair., um 1440). – Parma, Biblioteca Palatina, Cod. Parm. 2513 (Psalmen¨ubers. aus Brescia und Mantua. mit Ios, Idc und Ion, 1510/11). – Hamburg, SUB, Cod. hebr. 181 (Kat. Nr. 35), Bll. 1–113 (Psalmen¨ubers. mit Prov, Z¨uge des Schw¨abischbair., 1532). – Druck Glossar: Rabbi Anschel: Mirkebhess ha-mischne. Krakau 1534 (A. Schelomo/E. bar Chajim), hebr¨aisch-jiddisches Wurzel-Wb. auf ¨ Grundlage jiddischer Glossare. – Druck Ubersetzungen: Joseph bar Jakar: Thefila vum ganzen jor. Siddur. Ichenhausen 1544 (Chaim Schwarz). Gebetbuch mit zahlreichen Ps. (Z¨uge des Schw¨abischen). – Elijah Levita: Sefer tehillim. Venedig 1545 (Cornelio Adelkind), Z¨urich 1558, Mantua 1562. Ps mit Reimvorwort. – Mosche Stendal: Sefer tehillim. Krakau 1586 (Isaak bar Aaron Prostitz). Poetische Psalmenbearbeitung. Ausgaben: Teilabdr. einzelner Zeugen bei Staerk/Leitzmann 1923. und bei: Jerold C. Frakes: Early Yiddish texts. 1100–1750. With Introduction and Commentary. Oxford 2004, S. 81–88, 254–259, 355–368. Bibliographie: Robert Singerman: Jewish translation history. A bibliography of bibliographies and studies. Amsterdam 2002, Kap. 7: Translations to and from Yiddish, S. 273–322. Literatur: Walter R¨oll, VL2 7 (1989) Sp. 878–883. – Max Gr¨unbaum: Ju¨ dischdt. Chrestomathie. Zugleich ein Beitr. zur Kunde der hebr¨aischen Lit. Leipzig 1882 (Nachdr. Hildesheim 1969). – Willy Staerk/Albert Leitzmann: Die j¨udisch-dt. Bibel¨ubers. v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. Frankfurt/M. 1923 (Nachdr. Hildesheim 1977). – Moses Ginsburger: L’´exeg`ese biblique des juifs d’Allemagne au moyen Age d’apr`es le Ms. Reuchlin 8 de Karlsruhe. In: Hebrew Union Collegs Annual 7 (1930) ¨ S. 439–456. – Nechama Leibowitz: Die Ubersetzungstechnik der j¨udischen-dt. Bibel¨ubers. des 15. und 16. Jh. Dargestellt an den Psalmen. In: PBB 55 (1931) S. 377–463. – Salomo Birnbaum: Die jiddischen Psalmen¨ubersetzungen. In: Die Psalmenverdeutschung v. den ersten Anf¨angen bis Luther. 1. H¨alfte. Hg. v. Hans Vollmer. (Bibel und dt. Kultur 2). Potsdam 1932, S. 4–19. – Ders.: Seks hundert tillim af jiddisch. In: Studies in Jewish languages, literature, and society. FS Max Weinreich. Den Haag 1964, S. 526 f. – Moshe N. Rosenfeld: The Origins of Yiddish Printing. In: Origins of the Yiddish Language. Papers from the 1. Annual Oxford Winter Symposium in Yiddish Language and Literature, 682

2. H¨alfte 14. Jh. 15–17 Dec. 1985. Hg. v. Dovid Katz (Language and communication library 10/Winter studies in Yiddish 1). Oxford 1987, S. 111–126. VZ Megilass Ester (Die Estherrolle). – Jiddische Bearbeitungen des Buches Esther, 14., 15. und 16. Jh. Die vielleicht noch im 14. Jh. entstandene altjiddische Estherdichtung (M¨unchen, BSB, Cod. hebr. 347, fol. 86–109, zweite H¨alfte 15. Jh.; ein Basler [?] Druck von ca. 1557 mit einer teils gek¨urzten, teils erweiterten Fassung mit 1900 Versen geht nicht auf diese Handschrift zur¨uck) schildert in 1800 paargereimten Versen die Geschichte von der Errettung der persischen Juden durch Esther. Neben dem biblischen Buch verarbeitete der unbekannte Autor zahlreiche Episoden aus Talmud und Midrasch. Der Text war urspr¨unglich f¨ur die Lesung an den zwei Tagen des Purimfestes bestimmt; eher auf ein Lesepublikum zielt der Druck, der den Schlussteil und die Zweiteilung des Textes nicht aufweist. Eine j¨ungere Bearbeitung, die auch auf das Targum Scheni als Quelle zur¨uckgriff, entstand im 15. Jh. u. wurde 1544 niedergeschrieben (heute Oxford); sie umfasst 380 Strophen im Hildebrandston (vgl. → Eisek der Schreiber). Vermutlich 1522 entstand eine 1334 Strophen umfassende Bearbeitung (Hamburg, SUB, Cod. hebr. 144), die den Stoff romanhaft breit darstellt. Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 6 (1987) Sp. 302 f. – Hermann-Josef M¨uller/Red., Killy2 8 (2010) S. 94. – L. Landau: A Hebrew-German (Judeo-German) Paraphrase of the Book Esther of the Fifteenth Century. In: Journal of English and Germanic Philology 18 (1919) S. 497–555 (Abdruck der Oxforder Fassung). – Wilhelm Staerk/Albert Leitzmann: Die Ju¨ disch-Dt. Bibel¨ubersetzungen v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. Frankfurt/M. 1923. Nachdr. Hildesheim/New York 1977 (S. 228–241: Teilabdruck aus der M¨unchner und Hamburger Hs.). – W.-O. Dreeßen: Die altjiddischen Estherdichtungen. In: Daphnis 6 (1977) S. 27–39. – Barry Dov Walfish: Esther in Medieval Garb. Jewish Interpretation of the Book of Esther in the Middle Ages. State University of New York 1993. BJ Doniel. – Altjiddische Bearbeitung des biblischen Danielstoffes, wahrscheinlich im 15. Jh. (auf keinen Fall vor Mitte des 14. Jh.) entstanden. Der geschichtlich angelegte Text eines unbe¨ kannten Ubersetzers («ous dem ivri») umfasst 496 683

Megilass Ester Strophen im sog. Hildebrandston und steht damit in der Nachfolge des → Schmuelbuches. Inhaltlich und stilistisch ist jedoch eine gr¨oßere N¨ahe zur weisheitlich-apologetischen Literatur (z. B. → Ben ha-melech weha-nosir) festzustellen. ¨ Uberlieferung: Basel (Jakob K¨undig) 1557. – Die Hs. Oxford, Bodl. Library, Opp. 607, 104ra–171ra (1600; Abschrift des Basler Drucks). Ausgabe: Doniel. Das altjiddische Danielbuch nach dem Basler Druck v. 1557. Hg. v. WulfOtto Dreeßen/Hermann-Josef M¨uller (Litterae 59). Bd. 1: Transkription. Bd. 2. Faks. G¨oppingen 1978. Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 2 (1980) Sp. 205 f. – Ders.: Zur altjiddischen Synonymik. In: Fragen des a¨ lteren Jiddisch. Kolloquium in Trier 1976. Vortr¨age. Hg. v. Hermann-Josef Mu¨ ller/Walter R¨oll. Trier 1977, S. 63–67. – H.J. Mu¨ ller: Zur Edition des altjiddischen ‹Donielbuchs›. In: ebd., S. 57–62. BJ ¨ Tora-Ubersetzungen (altjiddische). Die hebr¨aische T. entspricht dem christlichen Pentateuch und ist neben dem Psalmen der zweite zentrale Text des j¨udisch-religi¨osen Lebens, der jedes Jahr im Synagogendienst vollst¨andig gele¨ senen wird. Die aram¨aische Ubersetzung der T. (Targum) enth¨alt bereits oft exegetisches Beiwerk, hinzu kommen die Midraschim und andere Kommentare zur T., die im j¨udischen Geistesleben einen hohen Stellenwert haben und zumeist m¨undlich tradiert wurden. Die f¨ur Sp¨atMA und fr¨uhe Neuzeit bedeutendste Autorit¨at als Kommentator ist Schelomo ben Jizhak (Raschi, um 1040–1105). Zur Erleichterung des T.-Studiums im Unterricht wur¨ den im europ¨aischen MA volkssprachige Ubersetzungsgleichungen benutzt, die sich in Form teilweise umfangreicher Glossare schriftlich niederschlugen. Die jiddischen Glossare zeigen teilweise schon fr¨uh Merkmale eines Fachwortschatzes. Da ¨ T.-Ubersetzungen nur dienende Funktion f¨ur das Verst¨andnis des hebr¨aischen Textes hatten, sind ¨ sie zumeist Wort-f¨ur-Wort-Ubersetzungen, bei denen oft auch Elemente aus dem Targum und den Midraschim ubernommen wurden. Ein typisches ¨ Merkmal der Glossare ist die Angabe zweier oder mehrerer jiddischer Bedeutungen, die nicht aus¨ schließlich Ubersetzungen sondern auch Erl¨auterungen sein k¨onnen. ¨ Uberlieferung: Glossare: Karlsruhe, LB, Cod. hebr. 7 (= Reuchlin 9), Bl. 1–52 (1. Tl.) (Ende 684

Weltlohn 14. Jh.). – Ebd., Cod. hebr. 7 (= Reuchlin 8), Bl. 1–17 (um 1410). – Leipzig, UB, Cod. hebr. 1099, Bl. 1–43 (erstes Viertel 15. Jh.). – Hamburg, SUB, Cod. hebr. 137 (Kat.-Nr. 60) (1513). – Asher (Rabbi) Anshel: Mirkevet ham-miˇsne. B¨uchlein, daraus man lernen mag das ganz Esrim vearba ¨ ganz deutsch. Krakau um 1534. – Ubersetzungen: London, Brit. Library, Ms. Add. or. 18694, Ende 15. Jh., teilweise 16. Jh. – M¨unchen, BSB, Cod. hebr. 152 (um 1540). – Berlin, SBB, Ms. or qu. 691 (16. Jh. [?]). – Oxford, Bibl. Bodleiana, Ms. Opp. 19 (Kat.-Nr. 170) (1544). – Drucke u. d. T. Hamishe humshe thore: Konstanz (Michael Adam?) 1544. – Augsburg, Paulus Aemilius, 1544. – Cremona, Juda ben Mose Naftali (L¨ob Bresch), 1560. – Basel 1583. – Eingestreute Partien aus der T. im Gebetbuch Josef ben Jakars: Thefila vum ganzen jor. Siddur. Druck Ichenhausen 1544. Ausgaben: Alle Drucke bis auf Ichenhausen 1544 in: Chone Shmeruk: Yiddish Books on Microfiche. Zug 1976. – Ausz¨uge in Transkription aus allen Hss. außer London/Oxford und aus dem Druck Ichenhausen bei Staerk/Leitzmann 1923. – Ausz¨uge aus London, Ms. Add. or. 18694 bei Birnbaum 1974, S. 69–71 und Birnbaum 1979, S. 153 f. Literatur: Walter R¨oll, VL2 9 (1995) Sp. 975–978. – Max Gr¨unbaum: Ju¨ dischdt. Chrestomathie. Zugleich ein Beitr. zur Kunde der hebr¨aischen Lit. Leipzig 1882. Nachdr. Hildesheim u. a. 1969. – Willy Staerk/Albert Leitzmann: Die j¨ud.-dt. Bibel¨ubersetzungen v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. Frankfurt/M. 1923. Nachdr. Hildesheim u. a. 1977. – Nechama Lei¨ bowitz: Die Ubersetzungstechnik der j¨ud.-dt. Bibel¨ubers. des 15. und 16. Jh. Dargestellt an den Psalmen. In: PBB Halle 55 (1931) S. 377–463. – Salomo A. Birnbaum: Seks hundert jor tillim af jidisch (Jidd.). In: Studies in Jewish languages, literature and society. FS Max Weinreich. Hg. v. Lucy S. Dawidowicz. Den Haag u. a. 1964, S. 526–600. – ¨ Ders.: Die jiddische Sprache. Ein kurzer Uberblick und Texte aus acht Jahrhunderten. Hamburg 1974, 3 1997. – Ders: Yiddish. A Survey and Grammar. Toronto 1979. – Erika Timm: Die Bibel¨ubers. als Faktor der Auseinanderentwicklung des jiddischen und des dt. Wortschatzes. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA (Vestigia Biliae 9/10). Unter Mitarb. v. Nikolaus Henkel hg. Heimo Reinitzer. Bern u. a. 1991, S. 59–71. – Dies.: Formen der Bibelvermittlung im a¨lteren Jiddisch. Zur jiddistischen Forschung der letzten siebzig Jahre. In: Bibel in j¨udischer und christlicher Tradition. FS Johann Maier. 685

2. H¨alfte 14. Jh. Hg. v. Helmut Merklein u. a. Frankfurt/M. 1993, S. 299–324. – Werner Weinberg: Lex. zum religi¨osen Wortschatz und Brauchtum der dt. Juden. Hg. v. W. R¨oll. Stuttgart 1994. – E. Timm: Histor. jiddische Semantik. Die Bibel¨ubersetzungssprache als Faktor der Auseinanderentwicklung des jiddischen und des dt. Wortschatzes. Tu¨ bingen 2005. VZ Von der gottlichen ¨ Liebe. – Sp¨atma. dt. Traktat franziskanischen Ursprungs. Als einziger Text der Bamberger Handschrift (s. ¨ Uberl.) ist der Traktat datiert (1508). Die Entstehungszeit d¨urfte jedoch um einiges weiter zur¨uckliegen, m¨oglicherweise im sp¨aten 14. Jh. Die Schrift, deren Verfasser wie in einer Predigt von einem Bibelwort – Mt 22,35–40 («Du sollst Gott deinen Herrn lieben aus ganzem Herzen») – ausgeht, ist in neun unterschiedlich umfangreiche Kapitel gegliedert. Diese behandeln unter anderem den Ursprung der g¨ottlichen Liebe, die Ordnung der Liebe, die Menschwerdung Christi, die N¨achstenliebe und die «Augen der Vernunft und der Liebe». H¨aufig finden sich Lehrerzitate, insbesondere → Bonaventura und → Nikolaus von Lyra. ¨ Uberlieferung: Bamberg, Staatsbibl., Msc. Lit. 178 (fr¨uher Ed.VIII.6), 206r–227r (Pap., 15./16. Jh., ostfr¨ankisch). Ausgabe: Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2 (MTU 86). Mu¨ nchen 1985, S. 232–247. Literatur: K. Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 550–552. SF Weltlohn. – Apokalyptische Mahnrede aus der zweiten H¨alfte des 14. Jh. Die didaktische Reimpaarrede eines anonymen els¨assischen oder rheinfr¨ankischen Verfassers mahnt zur Abkehr von weltlichen Freuden und ist origin¨ar dreigeteilt. Die Einleitung (52 Verse) tr¨agt den Titel «Des Iamers clage», was auch der urspr¨ungliche Titel des Gesamtwerks gewesen sein k¨onnte. Es folgt der Hauptteil (668 Verse), der von einer Dekalogs-Paraphrase (20 Verse) abgeschlossen wird. Der Ich-Erz¨ahler berichtet im Hauptteil von seiner Begegnung mit der allegorischen Frau Welt, die ihn zum Weltdienst verleiten will. Ihre Charade wird entbl¨oßt, indem ein Pilger ihr die Kleider vom Leib reißt und ihr verwesender K¨orper kenntlich wird. Direkte Vorlage des Dichters f¨ur die in ma. 686

2. H¨alfte 14. Jh. Literatur h¨aufige Frau-Welt-Personifikation d¨urfte → Konrads von W¨urzburg Der Welt Lohn gewesen sein. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Lichtenthal 77, 225r–238v (Pap., um 1430, s¨udrheinfr¨ankisch). – Dresden, LB, Mscr. M 60, 70v–82r (um 1430, els¨assisch). – Paris, Bibl. Nationale, ms. allem. 117, 87v–102v (Pap., vermutlich erste H¨alfte 15. Jh., els¨assisch). – Berlin, SBB, Mgf 742, 126r–136v (um 1450/60, els¨assisch). – D¨usseldorf, ULB, Ms. F 55 (fr¨uher Schloss Dyck, F¨urstl. SalmReifferscheidtsche Bibl., o. S. [a]) B, cod. F 55, 82v–95v (Pap., um 1460–80, rheinfr¨ankisch). Ausgabe: August Closs (Hg.): W., Teufelsbeichte, Waldbruder. Beitr. zur Bearb. lat. Exempla in mhd. Gewande [...] (Germ. Bibl. II,37). Heidelberg 1934, S. 64–91 (ohne Dekalogs-Paraphrase). Literatur: J¨urgen Geiß, VL2 10 (1999) Sp. 838–840. – A. Closs 1934 (s. Ausg.) S. 1–63. – Ders.: Weltlohn. Das Thema: Frau Welt und F¨urst der Welt. In: ZfdPh 105 (1986) S. 77–82. VZ Schulmeister, Nikolaus, Straßburg, † nach 1402. S. studierte Theologie. Er wurde p¨apstlicher und kaiserlicher Notar; 1378–1402 war er Stadtschreiber von Luzern. S.s Passionsstraktat ist eine Bearbeitung nach der – von S. nicht genannten – Vita Christi von → Ludolf von Sachsen. S.s Mystik ist vor allem → Seuse verpflichtet. Das Passionsgeschehen wird immer wieder von Gebeten und Ermahnungen unterbrochen. Ein Ableger von S.s Traktat ist der Passionsdarstellung in der Handschrift Zu¨ rich, ZB, Cod. C 10 f (1436). Dem eigentlichen Passions¨ traktat folgen als Ubersetzung ausgewiesene Betrachtungen uber die sieben Tagzeiten und ein ¨ ¨ Meßtraktat (wohl auch eine Ubersetzung). ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 339, 2r–154r (‹Passionstraktat›), 154r–173v (‹Betrachtungen u¨ ber die sieben Tagzeiten›), 173v–188r (‹Meßerkl¨arung›) (Pap., Autograph, Luzern, 1396, hochalemannisch; Abschr. in Freiburg i. Br., UB, Hs. 335 [1468]). Ausgabe: Gremminger (s. Lit.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 872–874. – Paul X. Weber: Beitr. zur a¨ lteren Luzerner Bildungs- und Schulgesch. In: Geschichtsfreund 79 (1924) hier S. 11 f. – Guido Hoppeler: Ein Erbauungs- und Andachtsbuch ¨ aus dem Dominikanerinnenkloster Otenbach in 687

Schulmeister Z¨urich vom Jahre 1436. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengeschichte 18 (1924) S. 210–216. – K. Ruh: Dt. Lit. im Benediktinerinnenkloster St. Andreas in Engelberg. In: Titlisgr¨uße 67 (1981) S. 46–55, 77–88 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 275–295, hier S. 281 f.). – B´eatrice Gremminger: Lesen im Passionstraktat des N. S. Text, Bilder und Einrichtung des Engelberger Autographs v. 1396. In: Lesevorg¨ange. Prozesse des Erkennens in ma. Texten, Bildern u. Hss. Hg. v. Eckart Conrad Lutz u. a. (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen 11). Z¨urich 2010, S. 459–482 mit S. 707–714 (Abb. 105–112). BJ Die sechs Klagen unseres Herrn. – Anonym u¨ berlieferter, urspr¨unglich nd. strophischer Monolog Christi am Kreuze, sp¨ates 14. Jh. Die Klage des gekreuzigten Christus ist gegliedert in sechs strophische Abschnitte a` 24 frei gef¨ullte vier-bis-f¨unf-taktige Verse. Ihr Thema ist der Undank der s¨undigen Christenheit angesichts seines Opfertodes und ein daran gekoppelter Bußaufruf. Der formal kunstvolle Aufbau des Gedichts legt eine rhetorische Schulung des vermutlich ostf¨alischen Dichters nahe. Dieser entfernt sich von seiner Grundlage – den Impromperien der Karfreitagsliturgie – indem er den Opfertod nicht mit dem Undank des j¨udischen Volkes kontrastiert, sondern Christus sich eindringlich an jeden einzelnen Christen wenden l¨asst: Wiederholtes S¨undigen bedinge seine fortw¨ahrend wiederholte Kreuzigung (Kehrvers der dritten Str.: «so krucigestu anderwerve mi»). Im klar strukturierten Text, der in den ersten drei Strophen den Gegensatz zwischen den Leiden Jesu und dem Wohlleben des S¨unders herausstellt und einen umfangreichen S¨undenspiegel enth¨alt, wird aber auch der Gnadengedanke betont. Den Bußbereiten erwartet die Rettung (Kehrvers der Str. 4–6: «ik wil mi gerne erbarmen over di»), am j¨ungsten Tag ist die Reue jedoch zu sp¨at. ¨ Uberlieferung: Mnd. Gruppe: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1199 Helmst., 55r–58r (Pap. und Perg., 14. und 15. Jh., lat. und nd.). – Kopenhagen, Kgl. Bibl., NKS Cod. 45,8°, 178v–185r (Perg., erste H¨alfte/Mitte 15. Jh., lat., nd. und d¨anisch). – Oldenburg, LB, Cim I 73, 45r–49r (Pap., um 1470). – Ebd., Staatsarch., Best. 285 Nr. 13, 22r–23v (Pap., 15. Jh.). – Hd. Gruppe: Berlin, SBB, Mgq 1745, 126v–128v (Perg., aus B¨ohmen, 1416, auch lat., 688

Stabat mater dolorosa und tschechische Anteile). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 353, 141r–143r (Pap., zweites Viertel 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 827, 188v–194v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., ostfr¨ankisch). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 13, 23r–28r (15. Jh.). – In den Hss. der nd. Gruppe ist die Strophenform in der Regel sehr gut erhalten. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Umsetzung der nd. Reime ins Obd. ist sie in den obd. Hss. teilweise stark gest¨ort. Die Rezeption scheint u¨ ber B¨ohmen in den bayerischen Raum verlaufen zu sein. Ausgaben: August L¨ubben: Mnd. Gedichte aus Hss. Oldenburg 1868, S. 55–59 (Nr. XVII; nach Oldenburg Cim I 73). – Borchling 1900 (s. Lit.) S. 133–140 (krit.). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 8 (1992) Sp. 980 f. – Conrad Borchling: D. s. K. u. H. In: FS dem Hansischen Geschichtsver. und dem Ver. f¨ur nd. Sprachforschung dargebracht zu ihrer Jahresversammlung. G¨ottingen 1900, S. 133–153. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. und 15. Jh. Diss. Greifswald 1936, S. 39 f. VZ ¨ Stabat mater dolorosa. – Dt. Ubertragungen einer lat. Mariensequenz am Gedenktag der Schmerzen Marias (15. September). Verfasserschaft und Entstehung (vermutlich fr¨uhestens im 13. Jh.) der lat. Sequenz sind ungekl¨art. Als Verfasser wurden → Innozenz III., → Bonaventura und Jacopone da Todi in Erw¨agung gezogen. Thema des Reimgebets, welches Passionsmystik und Marienfro¨ mmigkeit verbindet, ist der Schmerz der Gottesmutter angesichts des Gekreuzigten in einer geistlichen Betrachtung. In mlat. Sprache ist es in u¨ ber 100 Handschriften und Drucken des 14. bis 16. Jh. haupts¨achlich in Horarien und Orationalien u¨ berliefert, wobei zwei Hauptredaktionen unterschieden werden k¨onnen: eine «romanische Redaktion» (Handschriften aus Frankreich, Italien, den Niederlanden) und eine «dt. Redaktion» (Textzeugen aus dem dt. Sprachgebiet); die Melodie wird nur in einigen Handschriften des 15. Jh. uberliefert. Da die «roma¨ nische Redaktion» wahrscheinlich die a¨ ltere Fassung darstellt, wird der Ursprung in Frankreich oder Italien vermutet. Vor allem der zweite Teil des S. m. wurde h¨aufig umgeformt; dessen ungeachtet ist von zehn troch¨aischen Strophen, die nochmals in zwei Teilstrophen a` drei Zeilen unterteilt sind, auszugehen («Stabat-mater-Strophe»). 689

2. H¨alfte 14. Jh. Urspr¨unglich war der Text wahrscheinlich f¨ur den Privatgebrauch bestimmt, im 14. Jh. fand er jedoch Verwendung bei Andachten und Prozessionen. Ab dem 15. Jh. hatte er einen Platz als Sequenz in der Liturgie zum Fest der Sieben Schmerzen Marias, was auch aus der h¨aufig vollzogenen K¨urzung auf sieben Strophen ersichtlich wird. Ausgaben: AH 54 (1915) Nr. 201. – HansJoachim Behr: S. m. d. [...] In: ZfdA 116 (1987) S. 83–99. – Paul Klopsch (Hg.): Lat. Lyrik des MA. Lat.-dt. Stuttgart 1985, S. 448–453. ¨ Ubersetzungen ins Deutsche: Die gr¨oßtenteils unabh¨angig voneinander entstandenen dt. ¨ Ubertragungen existieren seit dem Ende des 14. Jh./Anfang des 15. Jh.: ¨ I. Mhd. Ubertragungen der «dt. Redaktion» 1. Maria dye muter stunt mit betrupten herczen. N¨urnberg, StB, Cod. Will II, 19. 8°, 89r–94r (Gebeths. aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, erste H¨alfte 15. Jh.). Gereimte Prosa, 13 unregelm¨aßige Doppelstrophen. Ausgabe: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung. Mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl. dt.Nat.-Lit. 37) Quedlinburg 1858, S. 47. ¨ 2. Gruppe von drei Ubertragungen, eine davon in der Corpushandschrift A der geistlichen Lieder des → Mo¨ nchs von Salzburg. a) Maria stuend in swindem smerzen. M¨unchen, BSB, Cgm 715, 70r-v und 72r–75v (aus Tegernsee, drittes Viertel 15. Jh.; mit Melodie). Hs. A des Mo¨ nchs von Salzburg. Ausgabe: Franz Viktor Spechtler: Die geistlichen Lieder des M¨onchs von Salzburg (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker, NF 51). Berlin 1972, S. 199–202. b) Bey dem krewtz in jamers dol. N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 24, 123v–125v (Gebetshs. aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, erste H¨alfte 15. Jh.). Ausgabe: Spechtler, S. 203 f. c) Cristus muter stunt in smerz. N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 100, 178r–179r (N¨urnberger Katharinenkloster, erste H¨alfte 15. Jh.; Sammelhs.). Ausgabe: Spechtler, S. 204 f. 3. Die mueter stuend mit jamers dol. Wien, Schottenstift, Cod. 313, 139r–140v (1453/56). Ausgabe: Wachinger (s. Lit.) S. 26–28. 4. Dye mueter voller smerzen stuend. Eger, Erzdi¨ozesanbibl., Cod. U.X.1, 58r-v (1471). 5. Es st˚und die muter gotes. Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 646 (1239), 96v–99v (15. Jh.). – Z¨urich, ZB, Cod. C 162, 254r–256r (15. Jh.; Prosa¨ubertragung). 690

2. H¨alfte 14. Jh. 6. Es stuend dy mueter schmertzenleich. Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter, Bibl., Cod. a I 14 (nach 1494; fragm. Versu¨ bertragung). 7. Gestanden ist muter mit schmerczen. Frankfurt/M., StUB, Ms. germ. oct. 45, 86r–89v (um 1503). Vers¨ubertragung eng nach der Vorlage. 8. Die hymmelsche k¨ungin Maria magt und m˚uter unser heren Jhesu christi stunt trurig und weynende. Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 99, 210r–212r (1469; erw. Prosau¨ bertragung). ¨ II. Mhd. Ubertragungen der «romanischen Redaktion» 1. Maria was sten pey dem kreicz. M¨unchen, BSB, Cgm 858, 118r–119r (letztes Viertel 15. Jh.; Hymnar aus Tegernsee). Ausgabe: Berta Gillitzer: Die Tegernseer Hymnen des Cgm 858 [...] (Forschungen zur bair. Mundartkunde 2). M¨unchen 1942, S. 8–10. 2. Die m˚uter stund vol leid und schmertzen. Seeleng¨artlein, im → Hortulus animae. N¨urnberg 1503, 121v. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 604. – August H. Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861, Nr. 199. 3. Gestanden ist maria by dem crutz. Freiburg i. Br., Stadtarch., Cod. B 1 140, 146r–147r (1507–1516; gek¨urzte und teilweise umgruppierte Prosau¨ bertragung). 4. Weil noch der sun der m˚utter gots. → Wolfgang von Man (M¨an): Das Leiden Jesu Christi unnsers erl¨osers. Augsburg 1515. Vers¨ubertragung ist Teil der Evangelienparaphrase. Ausgabe: Otto Clemen: Wolfgang v. M¨an. Das Leiden Jesu Christi unsers Erl¨osers (Zwickauer Faksimileausdrucke 5). Zwickau 1911. 5. Dye m˚uter stuendt gar schmertzenlich. Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter, Bibl., Cod. b II 21, 207r–209v (1550; Vers¨ubertragung). 6. Die m˚uter was ston vol schmertzen. Wurzgarten (Hortulus animae), Straßburg 1501. Ausgabe: Wackernagel, Nr. 1084. – Hoffmann, Nr. 136. ¨ III. Mnd. Ubertragungen der «romanischen Redaktion» 1. Maria by deme cruce stunt. Hamburg, SUB, Cod. conv. XIII, 69v–70v (15. Jh.). 2. Die rouwige moeder stont schriende. Darmstadt, UB/LB, Cod. 237, 52r–53r (aus K¨oln, um 1495; Prosa¨ubertragung). 691

Stabat mater dolorosa 3. Vol trurensz stunde die moder christi. Darmstadt, UB/LB, Cod. 1895, 147v–148v (aus St. Irminen in Trier, um 1500). Gek¨urzte Prosa¨ubertragung f¨ur Nonnen. e 4. Eyn moder stoend drouentlichen. nicht nachzuweisender Druck aus K¨oln (16. Jh.). Ausgabe: Hoffmann, Nr. 200. ¨ IV. Mnd. Ubertragung der «dt. Redaktion». Maria stunt an drofnysse grot. Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1142 novi, 111v–113r (aus einem Braunschweiger Frauenkloster, 15. Jh.; Versu¨ bertragung). Literatur: Wolfgang Irtenkauf, LThK2 9 (1964) Sp. 1000 f. – Theodor Maas-Ewerd u. a., MarLex 6 (1994) S. 261–263. – G¨unter Bernt, LexMA 7 (1995) Sp. 2162. – Andreas Krass, VL2 9 (1995) Sp. 207–214. – Magda Marx-Weber, MGG2 Sachteil 8 (1998) Sp. 1708–1719. – Franz Karl Praßl/M. Marx-Weber, LThK3 9 (2000) Sp. 908 f. – Hermann A. Daniel: Thesaurus Hymnologicus 2. Leipzig 1844. – Johann Kayser: Beitr. zur Gesch. und Erkl¨arung der alten Kirchenhymnen, Bd. 2. Paderborn 1866. – Clemens Blume: Der S¨anger auf die ‹Schmerzensreiche Gottesmutter›. In: Stimmen der Zeit 89 (1915) S. 592–598. – Ders.: Unsere liturgischen Lieder. Regensburg 1932, S. 208–213, 221. – Josef Fink: Der Dichter des S. m. In: Geist und Leben 21 (1948) S. 352–360. – Frederic J. E. Raby: A History of Christian-Latin Poetry from the Beginnings to the Close of the Middle Ages. Oxford 2 1953, S. 438–441. – Ferdinand Haberl: S. m. In: Musica sacra 76 (1956) S. 33–39. – P. Maximilianus van Dun: De middelnederlandse vertalingen van het S. m. Zwolle 1957. – Joseph Pascher: Das liturgische Jahr. Mu¨ nchen 1963. – Wolfgang Stammler (Hg.): Sp¨atlese des MA 2 (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 19). Berlin 1965. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2 (Die lyrische Dichtung des MA). Berlin 1965. – Ders.: Marianische Motivik der Hymnen. Leyden 1985. – Klopsch (s. Ausg.). – Hans-Joachim Behr: S. m. Zum Verh¨altnis v. Vorlage und Bearb. in der Lieddichtung des M¨onchs v. Salzburg. In: ZfdA 116 (1987) S. 83–99. – Burghart Wachin¨ ger: Der M¨onch v. Salzburg. Zur Uberl. geistlicher Lieder im sp¨aten MA (Hermaea NF 57). T¨ubingen 1989. – Paul-Gerhard Nohl: Lat. Kirchenmusiktexte. Kassel u. a. 1996. – A. Krass: S. m. d. Lat. ¨ ¨ Uberl. und volkssprachliche Ubertragung im dt. MA. M¨unchen 1998. SF 692

Bruder Hans Bruder Hans, * vor 1391. – Dichter von Marienliedern. Die nach nach 1391 (Kanonisation → Birgittas von Schweden) und ca. 1400 (aus dieser Zeit stammt die a¨ lteste, fragmentarisch erhaltene Abschrift) entstandenen kunstvollen Marienlieder H.s, der sich selbst «Broeter Hanze» (V. 3675), sind das einzige unter seinem Namen bekannte Werk. Er gab in h¨oherem Alter (V. 2271–2273, 2277, 5148) seine Ehe auf, um sich in einem nicht n¨aher bestimmbaren Orden der Verehrung Marias zu widmen. H., dessen Mischdialekt auf das Gebiet zwischen K¨oln und Kleve verweist, bem¨uhte sich um hochdt. Formen, behielt jedoch den nd. Vokalismus bei: «eyn nyderlender is geyn swaab» (V. 4234). Aus dem Text kann auf eine große Bildung geschlossen werden. H.ens formal und inhaltlich miteinander verbundene sieben Lieder (5280 Verse) sind in f¨unf Handschriften und einem Fragment aus dem 15. Jh. u¨ berliefert. Die Reihenfolge der Lieder sowie ihr Textbestand variieren. Das zuletzt entstandene erste Lied besteht aus 15 Strophen, deren Anfangsworte das Ave Maria ergeben. Die Verse der zw¨olfzeiligen Strophen sind wechselnd dt., franz¨osisch, englisch und lateinisch. Der Umfang der anderen sechs Lieder betr¨agt 100 Strophen, entsprechend der Zahl der Buchstaben des lat. Ave Maria, die als Akrosticha die Strophenanf¨ange bilden. In den Liedern 2–6 verwendete H. die Titurelstrophe. Der letzte Gesang besteht aus sechszehnzeiligen Strophen mit nur zwei Endreimen. ¨ Nach den Liedern 4–6 mit den Uberschriften «Marien genaat» (P), «Marien staat» (P) und «Marien danz» (P; in d: «Onser vrouwen dansch») entstand das mit «Marien glanz» (P) u¨ berschriebene siebte Lied, das durch H.ens Bitte eingeleitet wird, Maria als Helferin im Kampf des Menschen gegen den Teufel zu danken. Sp¨ater stellte H. dem vierten Lied das die Wirksamkeit des Ave preisende dritte Lied und das die Genealogie Josephs schildernde zweite Lied mit besonderer Betonung der Pr¨aexistenz Marias und ihrer N¨ahre zur Trinit¨at voran. Den Schluss jeder der sieben Lieder bilden Gebete H.ens f¨ur sich und seine Frau. Neben der Bibel, Marienlegenden und dichtungen sowie Offizien zu Marienfesten zog H. f¨ur seine mariologischen Ausdeutungen vor allem einen Bibelkommentar des → Nikolaus von Lyra, Werke Ps.-→ Bonaventuras, → Bernhards von Clairvaux und → Konrads von Sachsen sowie 693

2. H¨alfte 14. Jh. die Offenbarungen Birgittas von Schweden heran. Als Vorbilder werden → Wolfram von Eschenbach, → Frauenlob, → Neidhart, → Meister Boppe und ein sonst unbekannter Hans von Lothringen genannt. H. ben¨utzte → Konrads von W¨urzburg Goldene Schmiede, ohne sie zu nennen. M¨oglicherweise haben ihn auch das Marienlob des im MA Wolfram zugeschriebenen J¨ungeren Titurel und → Rumelants von Sachsen Marien f¨urbete beeinflusst. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 756 (ca. 1400, mittelfr¨ankisch) (F). – St. Petersburg, Nationalbibl., Raznojaz. O. v. XIV.1 (ca. 1400, niederrheinisch) (P). – Berlin, SBB, Mgo 425 (fr¨uher AshburnhamPlace, Coll. Barrois, Nr. 690) (15. Jh.) (Pa). – Berlin, SBB, Mgq 1016, 88r–172v (Mitte/Ende 15. Jh.) (b). – D¨usseldorf, ULB, Ms. C 93, 88r–219r (1463) (d). – K¨oln, Hist. Arch., Wallraf-Nachlass XIII 13 (zweite H¨alfte 15. Jh., niederrheinisch mit obd. Einsprengseln; verschollen) (k). Ausgaben: Rudolf Minzloff (Hg.): Bruder H.ens Marienlieder aus dem vierzehnten Jh. nach einer bisher unbekannt gebliebenen Hs. der Kaiserlich Oeffentlichen Bibl. zu St. Petersburg. Hannover 1863 (dazu Fedor Bech, G¨ottinger gelehrter Anz. 2, 1863, S. 1286–1310). – Die geistliche Dichtung des MA. Erster Teil: Die biblischen und die Mariendichtungen. Bearb. v. Paul Piper (Dt. NationalLitteratur. Hist. krit. Ausg. 3,1,1). Berlin/Stuttgart [1889], S. 283 f. – Michael S. Batts (Hg.): B. H.ens Marienlieder (ATB 58). T¨ubingen 1963 (mit Proben der Hss.). – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 79–85, 426. Literatur: Karl Bartsch, ADB 10 (1879) S. 525. – DPhiA 2 (21960) Sp. 124–126. – Hans Fromm: Mariendichtung. In: RL2 2 (1965) S. 271–291, hier S. 283. – Ulrich Montag, NDB 7 (1966) S. 625. – Wulf-Otto Dreeßen, VL2 3 (1981) Sp. 435–440. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 151 f. – R. Aubert, DHGE 23 (1990) Sp. 300 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 94. – Sabine Schmolinsky, Killy2 4 (2009) S. 648 f. – Herbert Kolb (Achim Masser), MarLex 3 (1991) 77 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 94. – Ludwig Bethmann: Marienlieder. In: ZfdA 5 (1845) S. 419–421 (mit Textproben). – K. Bartsch: Kleine Mittheilungen. In: Germania 12 (1867) S. 85–90, hier S. 89 f. – Anton Birlinger: Zu B. H.ens Marienliedern V. 4155. In: Germania 18, NR 6 (1873) S. 112 f. – Fr. Gerss: Zu B. H.ens Marienliedern. In: ZfdPh 11 (1880) S. 218–227 (teilw. 694

2. H¨alfte 14. Jh. Abdruck). – Johannes Franck: Zu B. H.ens Marienliedern. In: ZfdA 24 (1880) S. 373–425. – Edward Schr¨oder: Zur Marienlyrik. In: ZfdA 25 (1881) S. 127–130, hier S. 127–129. – Robert Priebsch: Dt. Hss. in England. Bd. 1. Erlangen 1896, S. 10–13 (Nr. 9) (mit Textproben). – Alfred Morsbach: B. H.ens Englisch. In: ZfdA 54 (1913) S. 117–120. – Hugo Suolahti: B. H.ens Marienlieder (Ed. Minzloff), 4171 f. In: Neuphilologische Mitt. 30 (1929) S. 146. – Maria Elisabeth G¨ossmann: Die Verk¨undigung an Maria. Im dogmatischen Verst¨andnis des MA. M¨unchen 1957, S. 263–266. – Michael S. Batts: Stud. zu B. H.ens Marienliedern (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker N.F. 14). Berlin 1964 (dazu Walter R¨oll, Dt. Literaturzeitung 85, 1964, Sp. 1009–1012; Johannes A. Huismann: M. S. Batts, B. H.s Marienlieder. In: Neophilologus 49, 1965, S. 78 f.). – Gilbert de Smet: Zu B. H.ens Marienliedern. In: Leuvense Bijdragen 55 (1966) S. 103–114. – Luc de Grauwe: I gioielli della Madonna predestinata. Eine ‹Inter›miszelle, ausgehend v. B. H.ens Marienliedern. In: AB¨aG 43/44 (1995), S. 205–220. – Susanne Fritsch-Staar: B. H.: Spiegel sp¨atma. Frauenlobrezeption am Niederrhein. In: JOWG 10 (1998) S. 139–151. – Karl Stackmann: Magd u. K¨onigin. Dt. Mariendichtung des MA. G¨ottingen 1988. Wieder in: Ders.: Frauenlob, Heinrich v. M¨ugeln und ihre Nachfolger. Hg. v. Jens Haustein. G¨ottinˇ gen 2002, S. 9–33. – ZivileE1 VagonyteE1: Ma. dt. Hss. in St. Petersburg. Bericht u¨ ber eine Bibliotheksreise. In: ‹Durst nach Erkenntnis ...›. Forschungen zur Kultur und Gesch. der Deutschen im o¨ stlichen Europa. Zwei Jahrzehnte ImmanuelKant-Stipendium. Hg. v. Heike Mu¨ ns und Matthias Weber (Schriften des Bundesinstituts f¨ur Kultur und Gesch. der Deutschen im o¨ stlichen Europa 29). Mu¨ nchen 2007, S. 181–195, hier S. 189. BJ Thomas von Kleve (de Clivis). – Logiker, zweite H¨alfte 14. Jh./fr¨uhes 15. Jh. bzw. Theologe, sp¨ates 14. Jh./erste H¨alfte 15. Jh. Unter dem Namen T. v. K./T. d. C. werden unterschiedliche Texte u¨ berliefert oder bezeugt. Es sind mindestens zwei T. zu differenzieren. T. Zeghenandi d. C. wurde 1364 in Paris zum Magister Artium promoviert und lehrte bis 1375 an der dortigen Artistenfakult¨at. Als Priester der Di¨ozese K¨oln war er seit 1371 bei St. Georg in K¨oln bepfr¨undet. 1375/76 ging er nach Wien, wo ein T. 695

Thomas von Kleve v. K. 1376–80/81 als Leiter der Stephansschule bezeugt ist, der vermutlich auch die Artes an der Universit¨at lehrte. Die beiden T. sind sehr wahrscheinlich identisch, denn Thomas → Ebendorfer r¨uhmt einen T. v. K. zusammen mit → Albert von Sachsen als Begr¨under des Wiener Artistenstudiums und betont dabei beider Herkunft von der Universit¨at Paris. Sp¨atestens 1391 verließ T. Wien und hat vermutlich noch an der Universit¨at K¨oln gelehrt. Seit 1399 ist er in Kleve befr¨undet und wahrscheinlich 1412 verstorben, da in diesem Jahr seine Pfr¨unde anderweitig u¨ bertragen wurden. Es d¨urfte sich bei diesem mehrfach bezeugten T. um den Logiker T. d. C. handeln, der bis ins 16. Jh. nachwirkte und von dem Werke bezeugt, aber nicht u¨ berliefert sind (so z. B. ein Traktat u¨ ber das Kernthema der terministischen Logik, die «suppositiones»). Erhalten ist indes ein Kommentar zu einem seiner Werke, n¨amlich zum Tractatus de conceptibus (auch Speculum loycale, Loyca divina) von seinem Sch¨uler Georg von Giengen. Ein j¨ungerer T. hat sich 1383 gleichsam in Wien immatrikuliert (1385 Baccalaureus, 1388 Magister). 1393/94 war er Dekan der Artistenfakult¨at, studierte Theologie und erhielt 1397 die Zulassung f¨ur den «Cursus biblicus». Diesem T. k¨onnte der f¨unfteilige Liber de sacramentis, de praeceptis decalogi, de virtutibus, de articulis fidei, de oratione dominica, de peccatis, der unter dem Namen T. v. C. u¨ ber¨ liefert ist, zuzuschreiben sein: Die Uberlieferung verweist auf eine Wiener Herkunft, die theologische Thematik spricht eher f¨ur den j¨ungeren T. als Urheber. Auch der kurze Tractatus de arte praedicandi hat einen T. v. C. zum Verfasser und scheint aus Wien zu stammen. Es k¨onnte sich auch hierbei um ein Werk des j¨ungeren T. handeln. Der Traktat behandelt das Verhalten und die Vortragsweise des Predigers ebenso wie den Aufbau der Predigt und deren gedankliche Entwicklung. ¨ Uberlieferung: Kommentar des Georg v. Giengen: G¨ottingen, SUB, 2° Cod. Ms. Luneb. 20, 2r–29v (Pap., 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Clm 19849, 186r–197v (Pap., 15. Jh.). – Ebd., UB, 2° Cod. ms. 102, 141r–161r (Pap., 1462). – Liber de sacramentis [...]: Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 194, 141r–170v (Pap., um 1395/99). – Wien, Schottenkloster, Cod. 286 (vormals 54. c. 9, Kat. H¨ubl 290), 107r–133v (Pap., 1464). – Tractatus de arte praedicandi: Mu¨ nchen, BSB, Clm 5966, 58v–66v (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Clm 11927, 27v–43r (Pap., 1442). – Ebd., Clm 18888, 36r–49r (Pap., 15. Jh.). – Ebd., 696

Wenzel Clm 26691, 193r–194r (Pap., 15. Jh.; fragmentarisch). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b X 30, 168rb–175va (Pap., 15. Jh.). – Innsbruck, Stiftsbibl. Wilten, Hs. 32 B 4, Nr. 9, 15. Jh. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 11 (2004) Sp. 1538–1541. – Paul Uiblein: Beitr. zur ¨ 71 (1963) Fr¨uhgesch. der Univ. Wien. In: MIOG S. 284–310, hier S. 308–310. – Stephen Read: T. of Cleves and Collective Supposition. In: Vivarium 29 (1991) S. 50–84. – Franco Morenzoni: La litt´erature des ‹artes praedicandi› de la fin du XIIe au d´ebut du XVe si`ecle. In: Sprachtheorien in Antike und MA (Gesch. der Sprachtheorie 3). Hg. v. Sten Ebbesen. T¨ubingen 1995, S. 339–359, hier S. 352–354. VZ Wenzel. – Legenden. Die W.-Legenden sind in altkirchenslawischer, lat., tschechischer und dt. Sprache u¨ berliefert. Die a¨lteste altkirchenslawische Fassung datiert in die erste H¨alfte des 10. Jh. Im Zentrum der Legende steht der b¨ohmische F¨urst V´aclav/Wenzel, der von seiner frommen Großmuter Ludmila erzogen und 929 oder 935 von seinem eifers¨uchtigen Bruder ermordet wurde. Nach der Beisetzung im Veitsdom in Prag entwickelte sich bald ein Heiligenkult um V´aclav als Ausdruck b¨ohmischen ma. Nationalbewusstseins. Die W.-Legenden sind ein tragendes Element der b¨ohmischen Literatur des MA. Altkirchenslawische und lat. Legenden entstanden ¨ im 10. Jh., tschechische und dt. Ubertragungen im 14. Jh. Wird V´aclav in der fr¨uhesten Fassung noch lediglich als gerechter Herrscher dargestellt, so nimmt die Zahl der Wunderberichte in den j¨ungeren Legendenfassungen stetig zu. ¨ ¨ Uberlieferung: Deutschsprachige Uberl.: Augsburg, UB, Cod. III. 1.2° 22, 343ra–344ra. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1112, 65r–68v. – D¨usseldorf, UB, Cod. C 23, 132va–134rb. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 90 Aug. 2°, 40v–46v. – Berlin, SBB, Mgq 190, 45v–49v. – Straßburg, Bibl. Nationale et Universi¨ taire, Ms. 2542, 253va–254va. – Uberlieferung der W.-Legende in der Legendenslg. Der → Heiligen Leben: Bonn, UB, Cod. S 2054, 213r–217v. – Darmstadt, ULB, Cod. 144, 171vb–174va. – D¨usseldorf, UB, Cod. c 20, 245rb–247va. – Ebd., cod. c 23, 132va–134rb. – Paris, Bibl. Nationale, Cod. all. 35 445ra–446vb. – Druck: Johann Gr¨uninger, Straßburg 1510. Ausgaben: Altkirchenslawische Legenden: J. Emler: Prameny dejin cesk´ych (Fontes rerum Bohemicarum 1). Prag 1873, S. 127–143. – J. Vajs: 697

2. H¨alfte 14. Jh. Sborn´ık staroslovansk´ych liter´arn´ıch pam´atek o sv. V´aclavu a sv. Lidmile. Prag 1929, S. 14–28, 38–43, 84–124. – Lateinische Legenden: Acta Sanctorum, Sept. 7. Antwerpen 1760, S. 769–778, 780–782. – B. Dudik: Iter Romanum 1 (1855) S. 303–326. – J. Emler 1873 (wie oben) S. 167–190, 199–227. – B. M. Reichert: Monumenta Ordinis Fratrum Praedicatorum historica 3. Rom 1898, S. 292 f., 299 f. – J. Pekaˇr: Die Wenzels- u. Ludmillalegende und die Echtheit Christians. Prag 1906, S. 88–125, 398–430. – A. Podlaha: Vita sancti Wenceslai incipiens verbis ‹ut annuncietur›. Prag 1917. – F. Stejskal: Svat´y V´aclav, 1925, S. 217–224. – A. Blaschka: Die St. Wenzelslegende Kaiser Karls IV. Einl., Texte, Komm. (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Gesch. 14). Prag 1934, S. 64–80. – V. Chaloupeck´y: Svatov´aclavsk´y sbornik 2,2. Prag 1939. S. 493–501, 521–537. – P. Devos: Le dossier de S. Wenceslas dans un manuscrit du XIIIe si`ecle (Codex Bollandianus 433). In: Analecta Bollandiana 82 (1964) S. 87–131, hier S. 106–131. – F. Newton: Laurentius monachus casinensis, archiepiscopus amalfitanus. Opera (MG, Quellen zur Geistesgesch. des MA 7). 1973, S. 23–42. – J. Ludv´ıkovsk´y: Kristi´anova legenda. Prag 1978, S. 8–103, 198–201. – Tschechische Legenden: J. Emler: Spisov´e c´ısaˇr e Karla IV., 1878, S. 111–118. – Deutsche Legenden: M. Brand u. a.: Der Heiligen Leben 1. Der Sommerteil (TTG 44). T¨ubingen 1996, S. 578–580. – A. Blaschka, 1934 (wie oben) S. 64–80. – Konrad Kunze: Die Els¨ass. legenda aurea 2. Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. 231–233. – V. Bok: Wolfenb¨uttelsk´y fragment nˇemeck´eho pˇrekladu Pulkavovy kroniky. In: Listy filologick´e 113 (1990) S. 24–31. Literatur: Peter Assion: Wenzeslaus. In: LCI 8 (1976) Sp. 595–599. – Wimmer/Melzer (61988) S. 845 f. (Wenzeslaus). – V´aclav Bok, VL2 10 (1999) Sp. 855–862. – Christian L¨ubke, LThK3 9 (2000) Sp. 1088–1090. – Peter Hilsch, RGG4 8 (2005) Sp. 1457. – Beda Dudik: Iter Romanum. Bd. 1. Wien 1855. – Fontes rerum Bohemicarum. Bd. 1. Hg. v. Josef Emler. Prag 1873. Nachdr. Hildesheim 2004. – Josef Pekar: Die Wenzels- und LudmillaLegenden und die Echtheit Christians. Prag 1906. – Die St. Wenzelslegende Kaiser Karls IV. Einleitung, Texte, Komm. Hg. v. Anton Blaschka. Prag 1934. – Paul Devos: La ‹Legenda Christiani› est-elle tributaire de la Vie ‹Beatus Cyrillus›? In: Analecta Bollandiana 81 (1963) S. 351–368. – Ders.: Le dossier de S. Wenceslas dans un manuscrit du 698

2. H¨alfte 14. Jh. XIIIe si`ecle (codex Bollandianus 433). In: ebd. 82 ˇ (1964) S. 87–132. – Oldrich Kr´al´ık: Sest legend hled´a autora. Prag 1966. – Ders.: Slavn´ıkovsk´e interludium k cesko-polsk´ym kulturn´ım vztahum kolem roku 1000. Ostrava 1966. – Josef Staber: Die a¨lteste Lebensbeschreibung des F¨ursten Wenzeslaus und ihr Ursprungsort Regensburg. In: Das heidnische und christliche Slaventum. Acta II congressus internationalis historiae Slavicae SalisburgoRatibonensis anno 1967 celebrati 2. Wiesbaden 1970, S. 183–193. – O. Kr´al´ık: Die Datierung der Wenzelslegende ‹Ut annuncietur II›. In: FS Anton Blaschka. Hg. v. Horst Gericke u. a. Weimar 1970, S. 89–122. – Frantisek Mares: Das Todesjahr des hl. W. in der I. kirchenslavischen Wenzelslegende. In: Wiener Slavistisches Jb. 17 (1972) S. 192–208. – Heinrich Jilek: Die W.s- und Ludmilla-Legenden des 10. und 11. Jh. Neuere Forschungsergebnisse. In: Zs. f¨ur Ostforschung 24 (1975) S. 79–148. – Frantisek Graus: Der Herrschaftsantritt St. W.s in den Legenden. In: FS G¨unther St¨okl. Hg. v. Hans Lemberg u. a. K¨oln u. a. 1977, S. 287–300. – Kristi´anova Legenda. Legenda Christiani. Vita et passio sancti Wenceslai et sancte Ludmile ave eius. Hg. v. Jaroslav Ludvikovsk´y. Prag 1978. – F. Graus: St. Adalbert und St. W. Zur Funktion der ma. Heiligenverehrung in B¨ohmen. In: FS Herbert Ludat. Hg. v. Klaus-Detlev Grothusen/Klaus Zernack. Berlin 1980, S. 205–231. – Ferdinand Seibt: Wenzelslegenden. In: Bohemia 23 (1982) S. 249–276. – Herman Kølln: Der Bericht u¨ ber den D¨anenk¨onig in den St.-W.s-Biographien des 13. und 14. Jh. Kopenhagen 1986. – Jir´ı Hoˇsna: Kn´ızˇe V´aclav v obrazu legend [Lit. Abbildung des F¨ursten W. in den Wenzelslegenden seit dem 10. bis ins 14. Jh.]. Prag 1986. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 470. – Dorothee Hoenig: Die gedruckten nd. Legendare des Sp¨atMA. Mu¨ nster 1987. – V. Bok: Die b¨ohmischen Landesheiligen in dt. Legenden des Sp¨atMA. In: Ergebnisse der 22. und 23. Jahrestagung des Arbeitskreises ‹Dt. Lit. des MA›. Red. Wolfgang Spiewok. Greifswald 1990, S. 121–131. – Zdenek Uhl´ır: Liter´arn´ı prameny svatov´aclavsk´eho kultu a u´ cty ve vrcholn´em a pozdn´ım stredoveku [Lit. Quellen zur Verehrung des Heiligen W. im Sp¨atMA]. Prag 1996. – Lenka Jirouskov´a: Der heilige W. und die Passio sancti Vencezlavi martyris des Gumpold v. Mantua (um 983). In: Mirakelberichte des fr¨uhen und hohen MA. Hg. v. Klaus 699

Wenzelsbibel Herbers u. a. Darmstadt 2005, S. 179–198. – Stefan Samerski: W. In: Die Landespatrone der b¨ohmischen L¨ander. Gesch., Verehrung, Gegenwart. Hg. v. S. Samerski. Paderborn 2009, S. 243–262. VZ/BJ Wenzelsbibel. Die unvollst¨andige Abschrift einer Prosa¨ubersetzung der Vulgata enth¨alt Teile des AT. Die Handschrift ist vor 1402 angefertigt worden als Auftragsarbeit K¨onig Wenzels I. (IV. von B¨ohmen, genannt der Faule), in dessen Bibliothek sie sich befand. Das Bildprogramm der Illustrationen des Codex ist auf Wenzel bezogen. Die nicht erhaltene Vorlage der W. war eine wom¨oglich ebenfalls fragmentarische Prosa¨ubersetzung, die von Martin Rotl¨ow (Rotlev) aus dem b¨ohmischen Kuttenberg (heute Kutn´a Hora) veranlasst wurde. Dieser nennt sich im Re¨ improlog als Auftraggeber der Ubersetzung und bezeichnet zudem die Prosaform f¨ur eine Bibel¨ubersetzung als besonders geeignet. Der Text der W. zeugt von den ausgezeichneten Lateinkenntnissen ¨ des Ubersetzers, dem trotz einiger Lesefehler eine verst¨andliche und lebendige dt. Fassung der alttestamentarischen Texte gelang. Rotl¨ows Prager Haus gelangte vor 1383 in den Besitz Wenzels. So ist es denkbar, dass damit auch die heute verlorene Vorlage der W. in dessen Bibliothek kam und Wenzel eine Abschrift in einer illuminierten Prachthandschrift veranlasste. Die Bedeutung der W. ist weniger textlich, sondern vielmehr in den kunstfertigen Miniaturen begr¨undet, an denen sich vermutlich acht Meisterateliers beteiligten; auch eine eigene Werkstatt Wenzels ist nicht auszuschließen. Von den geplanten 1200 Miniaturen wurde allerdings nur gut die H¨alfte ausgef¨uhrt. Vermutlich setzte die Gefangennahme Wenzels 1402 dieser Arbeit wie auch der Fertigstellung der gesamten W. ein Ende. Der urspr¨unglich zwei- und heute sechsb¨andige Codex war nach Wenzels Tod im Besitz seiner Nachfolger Sigismund I., Albrecht II., Friedrich III. und → Maximilian I. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, cod. 2759–2764 (Perg., mitteldt. mit obd. Anteilen). Ausgaben: Hedwig Heger/Michaela Krieger: Vollst. Faks.-Ausg. im Originalformat und Dokumentation v. Cod. Vindobonensis 2759–2764 aus ¨ dem Besitz der ONB (Cod. selecti 70, 1–9). 9 Bde., Graz 1981–91. – Marcel Thomas/Gerhard Schmidt: Die Bibel des K¨onigs Wenzel. Mit 32 700

Papst Urban IV. Miniaturen im Originalformat nach der Hs. aus ¨ der ONB. Bilderl¨auterungen unter Mitarbeit v. M. Krieger. Graz 1989. – W. K¨onig Wenzels Prachths. der dt. Bibel. Erl. v. Horst Appuhn. Mit einer Einf. v. Manfred Kramer (Die bibliophilen Taschenb¨ucher 1001). 8 Bde., Dortmund 1990 (mit verkleinerten Abbildungen aller illuminierten Seiten). Literatur: Katharina Hranitzky, LexMA 8 (1997) Sp. 2193. – Heimo Reinitzer, VL2 10 (1999) Sp. 870–875; 11 (2004), Sp. 1648. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubersetzungen des MA. ¨ Bd. 2 (Zweiter bis vierter Ubersetzungszweig). Braunschweig 1891 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) S. 291–306. – Julius v. Schlosser: Die Bilderhss. K¨onig Wenzel I. In: Jb. der kunsthist. Slg. des allerh¨ochsten Kaiserhauses 14 (1893) S. 214–308 (Sonderdr. u. d. zus¨atzl. T.: Ein Interimskommission zur Faks.-Ausg. der W. Graz 1981). – Erich Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMA (Bibel und dt. Kultur 8) Gr¨afenhainichen 1938, S. 77 f. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Augsburg 1939, 324 f. – Hermann Men¨ hardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. der ONB. Bd. 1 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1960, S. 266–268. – Josef Kr´asa: Die Hss. K¨onig Wenzels IV. Wien 1971, S. 23–36, 90–93, 142–305 u. o¨ . – Franz Josef Andorf: Die W. In: ¨ Ost-West-Begegnungen in Osterreich. FS Eduard Winter. Hg. v. Gerhard Oberkofler/Eleonore Zlabinger. Wien 1976, 14–26. – Ders.: Die W. Eine sprachgeschichtliche Stud. Diss. Freiburg 1981. – Franz Unterkircher: K¨onig Wenzels Bilderbibel. Die Miniaturen zur Genesis aus der W. Graz 1983. – Helga Unger: Text und Bild im MA. Illuminierte Hss. aus f¨unf Jahrhunderten in Faksimileausgaben. Graz 1986, S. 69–71. – Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA. Begonnen v. Hella Fr¨uhmorgen-Voss, fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann. Bd. 2. Mu¨ nchen 1996, S. 170–174 (Nr. 14.0.20) und Abb. 85–87. – Michaela Krieger: Die W. Erl. zu den illuminierten Seiten. Graz 1996. – Die W. Komm. (Cod. selecti 70, 9b). Hg. H. Heger u. a. Graz 1998. – Bj¨orn R. Tammen: Musik, Bild und Text in der W. In: Imago musicae 20 (2003) S. 58–64. – Fritz Peter Knapp: ¨ Die Lit. des Sp¨atMA in den L¨andern Osterreich, Steiermark, K¨arnten, Salzburg und Tirol v. 1273 bis 1439. II. Halbbd.: Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge v. Rudolf IV. bis Albrecht V. ¨ (1358–1439) (Gesch. der Lit. in Osterreich 2,2). 701

2. H¨alfte 14. Jh. Graz 2004, S. 599. – Diethelm Gresch: Das ‹e› der W. In: Kunstchronik 57 (2004) S. 131–137 (wieder in: Libri pretiosi 8 [2005] S. 53–64). – Die ¨ pr¨achtigsten Bibeln. Osterreichische Nationalbibliothek. Hg. v. Andreas Fingernagel. Hong Kong u. a. 2008, Kap. II. Prunk und Luxus – Prachthandschriften der Bibel, S. 80–91 (Wenzelsbibel. Wien, ¨ ONB, Cod. 2759–2764). VZ Papst Urban IV. (Jaques Pantal´eon), * Troyes 2.10.1264, † Perugia. – 1200. Der Sohn eines Schusters wurde am 29.8.1261 nach einer bemerkenswerten kirchlichen Karriere in Viterbo zum Papst gew¨ahlt. Am 11.8.1264 schrieb U. in der Bulle Transiturus de mundo das Fronleichnamsfest f¨ur die ganze Kirche vor und legte es – den h¨ochsten Festen gleichgestellt – auf den Donnerstag nach Trinitatis. Die Anregung hierzu kam von einer Frau: Als U. Pr¨alat in L¨uttich war, hatte sich 1229 Juliane von L¨uttich, Priorin des Leprosenhauses Mont Cornillon (Acta Sanctorum, April 1, S. 437–477), nach Visionen an ihn gewandt und auf das fehlende Fest f¨ur die Verehrung des Altarsakramentes aufmerksam gemacht (vgl. auch → Johannes vom Kornelienberge, → Pange lingua gloriosi). In L¨uttich wurde das Fest 1246 von Bischof Robert eingef¨uhrt. Die Bulle blieb indes ohne große Wirkung, bis sie in der von Clemens V. veranlassten und von Johannes XXII. 1317 ver¨offentlichten Dekretalensammlung erneut publiziert (Clementinen 3,16) und das Fest im Verbund mit der rituellen Besonderheit der Fronleichnamsprozession im 14. Jh. popul¨ar wurde. Die Zusammenstellung der r¨omischen Texte f¨ur Messe und Offizium des Fronleichnamsfestes geht wahrscheinlich auf → Thomas von Aquin zur¨uck, der bereits Vorhandenes mit eigenem Textmaterial kombinierte. Auch die Fronleichnamssequenz → Lauda Sion salvatorem (AH 50, S. 584 f.) stammt von Thomas. Die Fronleichnams-Bulle wurde auf der Textgrundlage der Clementinen vollst¨andig ins ¨ Deutsche u¨ bersetzt. Die fl¨ussige Ubersetzung ist nicht als Verst¨andnishilfe f¨ur den Lateinkundigen konzipiert sondern als Lekt¨ure f¨ur volkssprachige Leser mit knappen Erl¨auterungen zum Text. ¨ Uberlieferung: Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 2, 32rb–36ra (Pap., 1459, aus dem Augustinerchorherrenstift Rebdorf, bair.). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1933, 57r–64r (Pap., 15. Jh., bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4437, 59r–60v (Pap., 15. Jh., bair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 702

2. H¨alfte 14. Jh. 43h, 53r–58v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Nu¨ rnberg, n¨urnbergisch). – In jedem Textzeugen geht der ¨ Bulle eine Ubersetzung der Spiritualis philosophia des → Johannes von Kastl voran. Vgl. zu den Hss.: Renata Wagner: Ein n¨ucz und schone ler von der aygen erkantnuß. Des Ps.-Johannes v. Kastl ‹Spiritualis philosophia› dt. (MTU 39). M¨unchen 1972, S. 58–66. Ausgabe (lat.): Emil Friedberg: Corpus iuris canonici. Bd. 2.: Decretalium collectiones. Leipzig 2 1879 (Nachdr. Graz 1959) Sp. 1174–1177. Literatur: Angelus Albert H¨aussling, LexMA 4 (1989) Sp. 990 f. (Fronleichnam). – Remigius B¨aumer, MarLex 6 (1994) S. 549. – Karl Suso Frank, LThK 4 (1995) Sp. 172–174 (Fronleichnam). – Burkhard Roberg, LexMA 8 (1997) Sp. 1284. – Dagmar Gottschall, VL2 10 (1999) Sp. 121–123. – Georg Kreuzer, BBKL 15 (1999) Sp. 1395–1398. – Agnes Ernst: Zwei Freundinnen Gottes. Sankt Juliane v. L¨uttich, die Reklusin Eva und die Einsetzung des Festes Gottes. Freiburg/Br. 1926. – Peter Browe: Die Ausbreitung des Fronleichnamsfestes. In: Jb. f¨ur Liturgiewiss. 8 (1928) S. 107–144. – Bibliotheca sanctorum Bd. 5. Rom 1964, Sp. 353–356; Bd. 6. Rom 1965, Sp. 1172–1176. – Charles Caspers: De eucharistische vroomheid en het feest van sacramentsdag in de Nederlanden tijdens de late middeleeuwen. With a summary in English/Avec un r´esum´e en francais (Miscellanea Neerlandica 5). L¨owen 1992; Rezension: Ons Geestelijk Erf 67 (1993) S. 170 f. VZ Friedrich von Amberg OFM, * nach der Mitte des 14. Jh. Amberg/Oberpfalz, † 1432 Freiburg/Schweiz. – Lektor, Prediger, Guardian. F. trat in Regensburg in das Minoritenkloster ein, wurde 1384 Lektor des Franziskanerkonvents Freiburg/Schweiz und studierte seit 1389 in Straßburg, Paris und Avignon Theologie (1392 Magister). Bis um 1412/14 war er Provinzial der obd. Ordensprovinz avignonensischer Ob¨odienz und anschließend Guardian des Klosters in Freiburg. F.s 18 B¨ande umfassende Handbibliothek mit zumeist unedierten Texten aus der Franziskanerschule und der Predigt- und Erbauungsliteratur aus franziskanischem Umfeld war bedeutend f¨ur die Vermittlung theologisch-philosophischer und popul¨artheologischer Literatur. Die Sammlung ist 703

Friedrich von Amberg u¨ berwiegend lat. (darunter die Sentenzenkommentare des Petrus de Candida und Johannes → Hiltalingen von Basel, Defensor pacis des Marsilius von Padua oder De septem intineribus aeternitatis → Rudolfs von Biberach). Auch zumindest teilweise volkssprachige Autoren sind ausschließlich mit lat. Texten vertreten (→ Berthold von Regensburg, → Marquard von Lindau). Aus dem Bereich der homiletischen Literatur sind auch lat./dt. Mischtexte in der Sammlung enthalten sowie einige dt. Predigten, die in der Tradition der Dominikanermystik stehen. Ein bedeutender Codex der Handbibliothek ist zudem eine Abschrift des lat.dt. Vokabulars Fritsche → Closeners, die F. 1384 anfertigen ließ. ¨ Uberlieferung: Die Handschriftenslg. befindet sich in der Bibl. der Franziskaner (Bibl. des Cordeliers) in Freiburg/Schweiz. – Hss. mit lat./dt. Mischtexten sind die Codd. 44, 63, 83 und 95. – Mhd. Predigten in: Cod. 95, 25 f. und 96 f.; Paralletext in: Stuttgart LB, Cod. HB III 50 (Pap., 1357/60, mitteldt.). Die Bll. 95ra–226rb dieses Cod. entsprechen bis auf einen Zusatz exakt Freiburg/Schweiz, Cod. 95, 25r–84v. – Vokabular Closeners in: Cod. 66, 22r–101v (Pap., 1384, alemannisch). Ausgabe: Mhd. Predigten aus Cod. 95: Franz Jostes: Meister Eckhart und seine J¨unger. Ungedruckte Texte zur Gesch. der dt. Mystik (Collectanea Friburgensia 4). Freiburg/Schweiz 1895. Neudr. mit einem W¨orterverz. v. Peter Schmitt und einem Nachwort v. Kurt Ruh. Berlin/New York 1972, S. 101–107. Literatur: Christoph J¨org, VL2 2 (1980) Sp. 931–933. – Jostes 1895 (s. Ausg.) S. XIII–XV. – Bernard Fleury: Maˆıtre Fr´ed´eric d’Amberg. In: Archives de la soci´et´e d’histoire du canton de Fribourg 8 (1903) S. 37–56. – Albert Bruckner: Scriptoria medii aevi Helvetica Bd. 11. Genf 1967, S. 89. – Erwin Herrmann: Der Minorit F. v. A. In: Verhandlungen des hist. Ver. f¨ur Oberpfalz und Regensburg 107 (1967) S. 47–63. – Heinrich H¨anger: Mhd. Glossare und Vokabulare in schweizerischen Bibl. bis 1500 (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgesch. der germ. V¨olker 44 [168]). Berlin/New York 1972, S. 49 f. – C. J¨org: Handschriftenkat. der Franziskanerbibl. in Freiburg/Schw. Tl. 1: Die Hss. F.s v. A. Freiburg/Schweiz (masch.) 1974. – Ders.: Unters. zur B¨ucherslg. F.s v. A. Ein Beitr. zur franziskanischen 704

Mahrenberger Psalter Geistesgesch. des Sp¨atMA. In: Zs. f¨ur schweizerische Kirchengesch. 69 (1975) S. 1–117; auch als Sonderdr. Freiburg/Schweiz 1975. – Helmut B¨ose: Die Hss. der ehemaligen Hofbibl. Stuttgart Bd. 2,1. Codd. Biblici. Codd. dogmatici et polemici. Codd. hermeneutici. Wiesbaden. 1975, S. 114 f. – Helvetia sacra 5: Der Franziskusorden Bd.1. Bearb. v. Hugo Vonlanthen. Bern 1978, S. 67–69, 153 f., 161. – Klaus Kirchert/Dorothea Klein: Die Vokabulare v. Fritsche Closener und Jakob Twinger v. ¨ K¨onigshofen. Uberlieferungsgeschichtliche Ausg. Bd. 1: Einleitung, Text A–Im (TTG 40). T¨ubingen 1995, S. 24* f. VZ Meister Gebhart II. – Verfasser eines Prosatraktats. G. war der Verfasser des Prosatraktats Von den creften der sel (um 1400), der in einer N¨urnberger Handschrift u¨ berliefert ist. Es geht in dem Werk um die Vereinigung mit Gott durch eine religi¨ose Lebensweise, Nachfolge Christi und Liebe zu Gott. Der Text soll Laien die Lehre von den Seelenpotenzen veranschaulichen und ist entsprechend einfach geschrieben. Der Traktat l¨asst aber auf eine theologische Vorbildung des Verfassers schließen, u¨ ber den ansonsten nichts bekannt ist. Eine Identit¨at G.s mit Meister → Gebhart I ist zeitlich m¨oglich, aber nicht sicher nachweisbar. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, f 46 , 267v–286v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, 15. Jh., n¨urnbergisch). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1133. – Dies.: Die dt. ma. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 152–157. MM Lubecker ¨ Psalter (Walthers 28. Psalter). – Nd. Psalmen¨ubers. des 14. Jh. Der nd. L. P. ist in 25 Handschriften und zwei Inkunabeln u¨ berliefert. Als m¨ogliche Leithandschrift wurde der Berliner Codex Mgf 558 von 1396 identifiziert. Die namengebenden Fr¨uhdrucke entstanden in L¨ubeck bei Lucas Brandis (1473) und Mohnkopf (1493). Die eigentlichen Psalmentexte sind im L. P. in Paraphrasen wiedergegeben und mit Vorreden, Cantica, Katechetica, Litanei und Vigilie angereichert. ¨ Uberlieferung: 25 Hss. und zwei Inkunabeln bei Sch¨ondorf 1967 (s. Lit.) S. 113 f. und Schwencke 1969 (s. Lit.) S. 31–34. – M¨ogliche Leiths.: Berlin, SBB, Mgf 558 (Pap., 1396, nd.). 705

2. H¨alfte 14. Jh. Ausgabe: Holm´en 1973 (s. Lit.) S. 73–145 (Ps 1–23). Literatur: Olaf Schwencke: L¨ubecker Mohnkopf-Offizin. In: VL2 5 (1985) Sp. 927–932. – Kurt E. Sch¨ondorf: Walthers 28. Psalter. In: VL2 7 (1989) Sp. 892 f. – Wilhelm Walther: Die zu L¨ubeck gedruckten nd. Psalter. In: Theologische Stud. und Kritiken 62 (1889) S. 573–598. – Die Psalmenverdeutschung von den ersten Anf¨angen bis Luther (Bibel und dt. Kultur 2, 3). Hg. v. Hans Vollmer u. a. 2 Bde., Potsdam 1932/33, Bd. 2: S. 6 f. u. o¨ ., Bd. 3: S. 72 f. u. o¨ . – Willy L¨udtke: Neue Psalmentexte. In: FS Hans Vollmer (Bibel und dt. Kultur 11). Hg. v. Arthur Allgeier u. a. Potsdam 1941, S. 187–226, hier S. 188 f. – Constance Gr¨onlund: Eine mnd. Psalterhs. des 15. Jhs. Cod. C 495 der UB zu Uppsala. In: Ndt. Mitt. 2 (1946) S. 77–104. – K. E. Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. Unters. zur Verwandtschaft und ¨ Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther (Mitteldt. Forschungen 46). K¨oln/Graz 1967. – O. Schwencke: Cantica. Katechetica. Litania. Vigilia. Vorfragen zur Filiation und Edition des 28. Waltherschen Psalterzweiges. In: NdJb 92 (1969) S. 28–68. – Goeran Holm´en: Codex 18 der Oberlandesgerichtsbibl. zu Celle. Sprachliche Unters. einer mnd. Psalterversion aus dem 15 Jh. Diss. G¨oteborg 1973. – Ders.: Codex 18 der Oberlandesgerichtsbibl. zu Celle. Einige Bemerkungen zu einer mnd. Psalterversion aus dem 15. Jh. In: Nd. Mitt. 29 (1973) S. 108–119. MM Mahrenberger Psalter. Diese in bair.-¨osterr. Umschrift erhaltene Psalter¨ubersetzung aus der Hand eines gewissen Petrus entstand wahrscheinlich im 14. Jh. in Mittel¨ deutschland. Uberliefert ist sie als sp¨atere Handschrift aus dem Besitz einer Mahrenberger Dominikanerin namens Pferingen. Verfasst ist der M. P. in markanter Reimprosa; Ausnahme sind die ausf¨uhrlichen Prosa-Einleitungen zu den Einzelpsalmen. Die Kolonreime des Textes imitieren sehr genau die Strukturen der typischen lat. Psalmenverse. Diese Nachahmung wird vereinzelt durch eingef¨ugte Kommentare aufgebrochen, die entweder in den Textfluss integriert sind oder ei¨ genst¨andige Verse bilden. Inhaltliche Ubereinstimmungen des M. P. bestehen zum Psalmenkommentar des → Nikolaus von Lyra (1325), der m¨oglicherweise als Vorlage diente. Neben den eigentlichen 706

2. H¨alfte 14. Jh. Psalmen enth¨alt der M. P. ein einleitendes, 428 Zeilen umfassendes Lob der Dreifaltigkeit, in das auch Auslegungen hebr¨aischer Begriffe eingestreut sind. Dieser Prolog st¨utzt sich u. a. auf Aristoteles, Platon und mehrere Kirchenv¨ater (u. a. → Augustinus) als Autorit¨aten. ¨ Uberlieferung: Graz, UB, Ms. 1593, 2v–319v (Perg., Kloster Mahrenberg, um 1450, bair.o¨ sterr.). Ausgaben: Teilausg. in einer Grazer Diss. von Karl Polheim (1907), deren einziges Exemplar aber 1945 verbrannte. – Ausz¨uge bei Sch¨onbach 1899 und Sch¨ondorf 1963 (s. Lit.). Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 5 (1985) Sp. 1160–1162. – Anton Emanuel Sch¨onbach: ¨ Miscellen aus Grazer Hss. 2. Reihe, 4. Dt. Ubers. biblischer Schr. In: Mittheilungen des Hist. Vereines f¨ur Steiermark 47 (1899) S. 1–64, hier S. 4–38. – Karl Polheim: Der M. P. Text und Unters. Diss. Graz 1907. – Ein Reisebericht aus ostm¨arkischen und anderen Bibliotheken (Bibel und dt. Kultur 10). Hg. v. Hans Vollmer u. a. Potsdam 1940, S. 34–37. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. Unters. zur Verwandt¨ schaft und Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. Diss. Marburg 1963 (Nachdr. K¨oln u. a. 1967) S. 28 f., 32 (Abdruck einiger Verse aus Ps. 101), 150 f. MM Johannes von Rinstetten OESA, * um 1350, † 23.6.1421. – Prior. J. lebte als Augustinereremit in Straßburg, wo er 1384–99 Prior und um 1399 auch bisch¨oflicher Generalvikar war. Auch war J. wohl an Privilegien-Verhandlungen mit den Johannitern von Gr¨unenw¨ort beteiligt. J.s einziges u¨ berliefertes Werk ist die Vita des seligen Bruders Heinrich (um 1396 oder sp¨ater), die Heinrich J. selbst gebeichtet haben soll. J. berichtet das Leben des 1396 gestorbenen Gr¨unenw¨orter Mo¨ nchs als Beispiel und Vorbild nach dem traditionellen Muster mystischer Bekehrungen: Heinrich f¨uhrt urspr¨unglich ein weltliches Leben, von dem er sich aber radikal abwendet. Nach verschiedenen R¨uckschl¨agen pilgert er nach Einsiedeln und erf¨ahrt dort ein mystisches Erweckungserlebnis. Er widersteht nun teuflichen Versuchungen, versteht ohne Vorbildung alle Sprachen und schaut Visionen. Die Hostie ist zuletzt seine einzige Nahrung. 707

Johannes von Rinstetten ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, ms. 2613 (fr¨uher L germ. 552.4°), 114r–120v (15. Jh.). Ausgabe: Bihlmeyer 1922 (s. Lit.). Literatur: Adolar Zumkeller, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 697 f. – Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1982) Sp. 722 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 328. – A. Zumkeller: Jean de R. In: DHGE 27 (2000) Sp. 508 f. – Karl Bihlmeyer: Der selige Bruder Heinrich († 1396), ein unbekannter Straßburger. In: FS Sebastian Merkle. Hg. v. Wilhelm Schellberg. Du¨ sseldorf 1922, S. 38–58. – Wieland Schmidt: Christus und die sieben Laden. Betrachtungen zur sp¨atma. dt. Literaturgesch. In: FS Eugen Stollreither. Hg. v. Fritz Redenbacher. Erlangen 1950, S. 261–284 (wieder in: W. Schmidt: Kleine Schr. Hg. v. Konrad Kettig. Wiesbaden 1969, S. 198–215). MM Johannes von Braunschweig-Grubenhagen (de Brunswig, Brunsvicensis) OCart, * um 1340, † 28.1.1401 Torberg bei Bern. – Theologe und Prior. J. enstammt dem Geschlecht der Herz¨oge von Braunschweig-Grubenhagen. Nach dem Tod seines Vaters Ernst I. war er seit 1361 gemeinsam mit seinem Bruder Albrecht regierender Herzog. 1364 resignierte er. Das n¨achste sicher beurkundete Ereignis ist J.’ Eintritt in den Kart¨auserorden in Straßburg (vor 1375) als erster dt. Hochadliger. In der Zwischenzeit war er vermutlich Kanoniker in Einbeck und vielleicht auch an St. Viktor in Mainz, wo ihm eine (ausgeschlagene) Kandidatur f¨ur das Erzbischofsamt angetragen worden sein soll. Da er mehrmals in cartusianischen Quellen als «doctor decretorum» bezeichnet wird, k¨onnte er zwischenzeitlich auch Rechtswissenschaften studiert haben. 1378 war J. Prior des Straßburger Kart¨auserkonvents und unterst¨utzte im Großen Schisma die Position von Avignon. Da der Straßburger Konvent f¨ur die Gegenseite eintrat, musste J. 1382 Straßburg verlassen und gelangte in der Folge an die einzige dt. avignonesische Kartause in Freiburg i. Br., der er bis 1397 als Prior vorstand. Im Anschluss u¨ bernahm J. das Rektorat der neu gegr¨undeten Kartause Torberg, das er bis zu seinem Tode innehatte. Von J. sind drei theologische Schriften u¨ berliefert. Die Epistola de triplice pace ist nach 1397 entstanden, da sich J. hier als «frater [...] in Torberg» ausweist. Sie ist gepr¨agt durch J.s Erfahrungen des 708

Merbot von Weida Schismas und dem daraus resultierenden Unfrieden in der Welt. So ist die Epistola der Versuch, die Einheit von Kirche und Orden unabh¨angig der institutionellen Spaltungen auf einer h¨oheren Ebene zu wahren. Frieden kann nur durch religi¨ose Akte und insbesondere die monastischen Tugenden (Gehorsam, Armut, Keuschheit) wiederhergestellt werden. In der Kontemplation finden diese Tugenden mit der Gottesschau ihre Vollendung und die monastische Lebensform stellt sich als Garant des friedlichen Zusammenlebens der Menschen dar. Die Meditatio super missam (Tractatus super missae canonem, Pro sacrae missae officio eiusque canonis intellectu meditationis piissimae) widmet sich der sakramentalen Fr¨ommigkeit, ein in der Kart¨auserliteratur eher seltenes Sujet. Der f¨ur Priester gedachte Messkommentar ist allerdings mit seiner meditierenden Paraphrasierung der feststehenden Messbestandteile wenig originell, daf¨ur aber relativ breit u¨ berliefert. Die deutschsprachige Summa de confessione ist nach dem Vorwort in der einzigen Handschrift eine «vermanunge [...] aus der lere die pruder Johansse [...] geschriben hat wie man sich halten sol in der peihte». Es geht also nicht um die Inhalte der Beichte, sondern um ihre ideale Form, die dann auch explizit ausgef¨uhrt wird: «smerzlich, warlich, vernunftig» usw. Die Summa bietet konkrete Einblicke in die Beichtpraxis des Sp¨atMA. ¨ Vielleicht liegt mit ihr die Ubersetzung eines lat. Textes vor, urspr¨ungliche Volkssprachigkeit ist jedoch nicht auszuschließen. ¨ Uberlieferung: Epistola: Basel, UB, Cod. A VIII 11, 164r–171v. – Meditatio: Basel, UB, Cod. A.V.39. – Berlin, SBB, Cod. theol. lat. quart.165. – K¨oln, Hist. Arch. Hss. Best. 7010 (W) 119. – Ebd., Best. 7004 (GB 4°) 230 (Auszug). – Ebd., Best. 7008 (GB 8°) 92. – London, British Library, Ms. Arundel 358. – Mu¨ nster, UB, Hs. 167 (Auszug). – Parkminster, Kartause, ohne Sign. – Trier, Bibl. des Priester¨ seminars, Hs. 110. – Wien, ONB, Cod. 4064. – Hss. aus den Kartausen Mainz, Koblenz und aus dem Johanniterkloster Straßburg sind verloren. – Gedruckt in: Petrus Blomevenna/Anton Woensam: Enchiridion sacerdotum. K¨oln 1532 (VD16 B 5747), Bl. LXXXXIXr–CXIIIv. – Summa de confessione dt.: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 58, 197r–210v (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, Mitte 15. Jh., n¨urnbergisch). Literatur: Heinrich R¨uthing, NDB 10 (1974) S. 478. – Ders.: VL2 4 (1983) Sp. 548–550. – Wil709

um 1400 helm Vischer/Alfred Stern (Hg.): Heinrich Arnoldi, Chronica fundationes Carthusiae in Basilea minori. In: Basler Chroniken 1, Leipzig 1872, S. 249–251, 341. – Christoph Nickl`es: Thorberg 1397–1528 ou l’ancienne chartreuse de Berne. Freiburg/Schweiz 1894, S. 15–29, 137 f. – Paul Lehmann: Braunschweiger in der Lit. des MA. In: Braunschweigisches Magazin 1911, S. 39 f. – Paul Zimmermann: Das Haus BraunschweigGrubenhagen. Wolfenb¨uttel 1911, S. 32 f. – Antonin Paßmann: Die Kartause Straßburg. In: Archives de l’´eglise d’Alsace N.S. 9 (1958) S. 85 f. – Pal´emon Bastin: Chartreuse du Mont St. Jean Baptiste pr`es de Fribourg en Brisgau 1345–1782 (Analecta cartusiana 76). Salzburg 1987, S. 4–7. – So¨ nke Lorenz: Ausbreitung und Studium der Kart¨auser. In: B¨ucher, Bibl. und Schriftkultur der Kart¨auser. FS Edward Potkowski. Hg. v. S. Lorenz u. a. (Contubernium 59). Stuttgart 2002, S. 1–20, hier S. 8 f. VZ Merbot von Weida, Cunrad. – Schreiber einer ostth¨uringischen Beichtformel (1399). Der ansonsten unbekannte C. M., vielleicht ein Angeh¨origer des Pr¨amonstratenserklosters Mildenfurt bei Weida, dem Entstehungsort der Handschrift, ist wohl nur als Schreiber (nicht als Verfasser) eines Faszikels von drei Sexternionen zu sehen, der einer lat. theologischen Sammelhandschrift beigebunden ist. Darin ist der kurze Beichtspiegel Confessionale teutunycale enthalten. Der Text behandelt zuerst zwei (innere und a¨ ußere), dann drei (Leib, Welt, b¨oser Geist) und schließlich vier S¨unden (nach den vier Elementen); darauf folgen eine Aufz¨ahlung der S¨unden gegen die sechs Werke der Barmherzigkeit, die sieben Haupts¨unden und Sakramente und die neun fremden S¨unden sowie die zehn Gebote. Jeder Abschnitt beginnt formelhaft mit «Ich gebe mich schuldig daz ich gesundigit han myt [...]» und endet mit «[...] daz ru mich vnd yst mir leyt». ¨ Uberlieferung: Jena, UB, Ms.El.f.48, 267ra–268va (Weida, 1399). Ausgabe: Mettke 1958 (s. Lit.) S. 20–28. Literatur: Karin Schneider, VL2 11 (2004) Sp. 992 f. – Heinz Mettke: Die Beichte des M. v. Weida. In: Wiss. Zs. der Friedrich-Schiller-Univ. Jena (Gesellschafts-sprachwiss. Reihe) 5 (1955/56) S. 735–740. – Ders.: Die Beichte des C. M. v. W. Halle 1958. – Ders.: Sprachgesch. In: Wiss. Zs. der 710

um 1400 Friedrich-Schiller-Universit¨at Jena (Gesellschaftssprachwiss. Reihe) 16 (1967) S. 301–305, hier S. 302 f. – Franzjosef Pensel: Verz. der altdt. und ausgew¨ahlter neuerer dt. Hss. in der UB Jena (DTM 70/2). Berlin 1986, S. 264–266. – Bernhard T¨onnies: Die Hss. der Th¨uringer UB/LB Jena. Bd. 1: Die ma. lat. Hss. der Electoralis-Gruppe. Wiesbaden 2002, S. 126–130, bes. S. 129. SF Afra. – Um 1400 entstandene Reimlegende von 1244 Versen. Afra († um 304) und ihr Kult in Augsburg sind erstmals bei Venantius Fortunatus (um 570) und im Martyrologium Hieronymianum (um 600) bezeugt. In weiteren Handschriften, deren fr¨uheste vom Ende des 8. Jh. stammen, wird die Leidensgeschichte der Heiligen beschrieben, die w¨ahrend der diokletianischen Christenverfolgung ihren Glauben nicht aufgab und zur Strafe auf einer Lechinsel verbrannt wurde. Seit dem 9. Jh. erstreckte sich die Verehrung A.s auch u¨ ber die Grenzen des Bistums Augsburg hinaus. In Augsburg selbst fand die Verehrung an ihrem Grab o¨ stlich vom Lech statt, wo man ihr zun¨achst eine Kapelle errichtete, die schon fr¨uh Ziel von Wallfahrern wurde. Sp¨ater wurde ihr Grab Bestandteil der Ulrichskirche. A. (Fest 7. August) ist zweite Stadt- und Bistumspatronin von Augsburg. Sie wird mit M¨artyrerpalme und Krone dargestellt, an einen Baum gefesselt und auf brennendem Holz stehend. Das Gedicht setzt mit Angaben uber Afras Her¨ kunft aus Zypern ein und schildert ihren Weg nach Augsburg. Ihre Bezeichnung als Dirne beruht ver¨ mutlich auf einem Irrtum bei der Uberlieferung der Geschichte Afras, war gleichzeitig aber offenbar Ausgangspunkt f¨ur die Abfassung der Reimlegende, welche die Bekehrung durch den Bischof Narcissus erz¨ahlt. Hauptquellen des Gedichts, das mit einem Bericht u¨ ber den M¨artyrertod des Narcissus und einem kurzen Gebet des unbekannten Verfassers schließt, waren die aus Conversio und Passio (entstanden im 7./8. Jh.; historisch unglaubw¨urdig) bestehenden Akten der hl. Afra (BHL 108 f.); die Kompilation des Stoffes lag dem Verfasser vermutlich schon in einem lat. Text vor. AfraTexte aus dem → Buch der M¨artyrer und → Der arme Hartmann hatten keinen Einfluss auf die Reimlegende, deren Sprache und Reime auf einen Ostschwaben als Verfasser hindeuten; die Entstehung in Augsburg ist wahrscheinlich. Der Eingang der 711

Afra Dichtung wurde f¨ur eine Augsburger Redaktion der Afra-Legende in → Der Heiligen Leben benutzt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 751, 91r–119v (Pap., 1454) (A). – Ebd., Cgm 402, 65v–82r (Pap., 1456/57) (B). Die aus dem Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg stammenden Hss. sind aus einer gemeinsamen Vorlage *AB abgeschrieben. Ausgabe: Wilhelm, S. 45–85. Literatur: J. P. Kirsch, DHGE 1 (1912) Sp. 700–702. – Andreas Bigelmair, NDB 1 (1953) S. 93. – Friedrich Zoepfl, LCI 5 (1973) Sp. 38–41. – Karl-Ernst Geith, VL2 1 (1978) Sp. 72–74. – Matthias Zender/G¨unther Binding, LexMA 1 (1980) Sp. 196. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 51. – Wilhelm Gessel, LThK3 1 (1993) Sp. 192 f. – Manfred Weitlauff, RGG4 1 (1998) Sp. 138. – Friedrich Wilhelm: Sankt A. Eine schw¨abische Reimlegende. Amberg 1906. – A. Bigelmair: Die Afralegende. In: Arch. f¨ur die Gesch. des Hochstifts Augsburg 1 (1909–11) S. 139–221. – Ders.: Die hl. A. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben. Bd. 1. Hg. v. G¨otz Frh. v. P¨olnitz. M¨unchen 1952, S. 1–29. – Erhard Dorn: Die s¨undige Heilige in der Legende des MA. M¨unchen 1967. – Walter Berschin: Die Anf¨ange der lat. Lit. unter den Alemannen. In: Die Alemannen in der Fr¨uhzeit. Hg. v. Wolfgang H¨ubener. B¨uhl 1974, S. 121–133. – Karlheinz Schlager/T. Wohnhaas: Zeugnisse der Afraverehrung im ma. Choral. In: Jb. des Ver. f¨ur Augsburger Bistums-Gesch. 18 (1984) S. 199–226. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ¨ ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 386 (verzeichnet zehn Legendarfassungen und sechs eigenst¨andige Prosafassungen der Legende). – Christian Thelen: Das Dichtergebet in der dt. Lit. des MA. Berlin/New York 1989 (Reg.). – Bernhard Schimmelpfennig: War die heilige A. eine R¨omerin? In: Vera lex historiae. FS D. Kurze. Hg. v. Stuart Jenks u. a. K¨oln u. a. 1993, S. 277–303. – Hl. A. Eine fr¨uhchristliche M¨artyrerin in Gesch., Kunst und Kult. 304–2004 (Jb. des Vereins f¨ur Augsburger Bistumsgesch. 38; Ausstellungskat. des Di¨ozesanmuseum St. Afra). Hg. v. Manfred Weitlauff/Melanie Thierbach. Augsburg 2004. BJ Agatha von Catania. – Dt. Legenden. A. erlitt das Martyrium wahrscheinlich in der Verfolgung unter Decius. Der Legende nach war sie eine Jungfrau aus vornehmer Familie. Nach 712

Augustinus Zur¨uckweisung der Antr¨age des Stadtpr¨afekten einer Kupplerin u¨ bergeben, bewahrte sie ihre Reinheit. Nach Martern, bei der ihr die Br¨uste abgeschnitten wurden, durch eine Erscheinung des Apostels Petrus geheilt, erlag sie jedoch weiteren Grausamkeiten. A. (Fest 5. Februar) gilt als Patronin der Erzgießer, der Hochofen- und Bergarbeiter; als Nothelferin wird sie bei Brustkrankheiten angerufen. Aus dem deutschsprachigen Raum sind vier Prosaversionen des 15. Jh. u¨ berliefert, die nicht zum Grundbestand von dt. Legendaren geh¨oren. 1. Eine mainfr¨ankische Version, deren Quelle die Legenda aurea des Jacobus a Voragine ist. ¨ Uberlieferung: Prag, ehem. Gymnasialbibl., Hs. 645, 95r–101v (aus dem Trierer Raum; heutiger Aufbewahrungsort unbekannt). Ausgabe: Josef Strohschneider: Eine mainfr¨ankische Agnes-Legende. Prag 1893, S. 16–22. ¨ Eine hochalemannische Ubersetzung. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 179vb–180va. Eine weitere hochalemannische Version im Kontext einer Handschrift des Predigtbuchs des Priesters → Konrad. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. G2 II 58, 239v–249v. Eine Version im Anhang einer Auswahl aus → Der Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung: Fulda, LB, Cod. Aa 129, 311r–314v. Literatur: A. Dufourcq, DHGE 1 (1912) Sp. 909 f. – P. Allard, DACL 1 (1940) Sp. 848–850. – Heinrich D¨orrie, RAC 1 (1950) Sp. 179–184. – Christel Squarr, LCI 5 (1973) Sp. 44–48. – Matthias Zender/G¨unther Binding, LexMA 1 (1980) Sp. 202. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 53. – Maria-Barbara v. Stritzky, LThK3 1 (1993) Sp. 225. – J¨urgen Dummer, RGG4 1 (1998) Sp. 179. – Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 26 f. – Giuseppe Consoli: S. Agata vergine e martire catanese. 2 Bde., Catania 1951. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 386. – Carla Morini: Una redazione sconosciuta della Passio S. Agathæ, Ms. Auxerre, Bibl. Mun., 127 (s. XII in.), f. 17r–19r. In: Analecta Bollandiana 109 (1991) S. 305–330. – Maria Stelladoro: Il codice Escorial. O. I. 14 degli atti greci del martirio di S. Agata (BHG 37). In: Studi sull’Oriente cristiano 8,2 (2004) S. 121–142. BJ 713

um 1400 Agnes von Assisi. – Prosalegende. A. (* 1197 Assisi – † 27.8.1253 S. Damiano bei Assisi; Fest 16. November), j¨ungere Schwester der hl. → Klara, trat nach deren Bekehrung 1212 in die Gemeinschaft von S. Damiano ein. 1219 oder 1221 ¨ wurde sie Abtissin des Klarissenklosters Monticelli bei Florenz. Kurz vor ihrem Tod kehrte sie nach S. Damiano zur¨uck. Von A. ist eine deutschsprachige Legende u¨ berliefert, die zu dem vor 1380 in N¨urnberg entstandenen → St. Klara-Buch geh¨ort. Auf der lat. Vorlage der Legende, die jedoch nicht nachgewiesen werden kann, beruht auch das A.-Leben in → Der Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. IV 43, 158va–159va (14. Jh.). – Bamberg, SB, Msc. Hist. 147 (fr¨uher E.VII.54), 146r–160r (St. Klara-Buch, Perg., 14./15. Jh.). Literatur: Antoine de S´erent: Agn`es d’Assise. In: DHGE 1 (1912) Sp. 976 f. – Aldo Brunacci/Pia Bruzzichelli: Agnese di Assisi, Santa. In: Bibliotheca Sanctorum 1 (1961) Sp. 370–374. – Lieselotte Sch¨utz, LCI 5 (1973) Sp. 56. – Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 82. – Karl Suso Frank, LThK3 1 (1993) Sp. 236. – Ekkart Sauser, BBKL 15 (1999) Sp. 7. – Chronica XXIV Generalium Ordinis Minorum: Incipit vita sororis Agnetis, germanæ sanctæ Claræ. In: Analecta Franciscana 3 (1897) S. 173–182 (Vita und Epistola ad S. Claram). – K. Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 1 (MTU 11). M¨unchen ¨ 1965, S. 66–68 (Uberl. und Text ohne Wunderzeichen). – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, 387. – Giovanni Boccali: Legenda di Chiara ed Agnese di Assisi in volgare Veneto (fine del sec. XV e inizi del XVI). In: Archivum Franciscanum Historicum 98 (2005) S. 649–715. – Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA. Begonnen v. Hella Fr¨uhmorgen-Voss, fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann. Bd. 6,3/4 (Heiligenleben, v. Ulrike Bodemann). Mu¨ nchen 2005, S. 274–276. BJ Augustinus, * 13.11.354 Thagaste, † 28.4.430 Hippo Regius (beide Numidien, heute Algerien). Informationen zum Leben des Aurelius A. geben dessen Werke selbst (vor allem die Confessiones) sowie A.s Lebensbeschreibung seines j¨ungeren Freundes Possidus. A. war Sohn eines nichtchristlichen Vaters und einer katholischen Mutter, 714

um 1400 die von Beginn an versuchte, A. zum Christentum zu f¨uhren. Er besuchte die Elementarschule seiner Heimatstadt und die Grammatikschule von Madauros. Mit 16 Jahren ging er nach Karthago und studierte Rhetorik. Ciceros Dialog Hortensius begeisterte ihn 373 f¨ur die Philosophie. Er schloss sich als «auditor» den Manich¨aern an, deren elit¨are Gelehrtheit auf den jungen A. anziehend gewesen sein mag und denen er nach eigener Angabe neun Jahre angeh¨orte. Nach seiner R¨uckkehr nach Thagaste unterrichtete A. 375/76 dort als grammaticus an einer weiterf¨uhrenden Schule, um nach nur einem Jahr als Rhetoriklehrer wieder nach Karthago zu gehen. Nach Auseinandersetzungen mit Sch¨ulern und entt¨auscht vom Manich¨aismus, vor allem von Bischof Faustus, siedelte A. 383 nach Rom u¨ ber. Er wandte sich dem Skeptizismus zu, nahm aber in Rom noch die Hilfe manich¨aischer Freunde in Anspruch, die ihm zur Position des st¨adtischen Rhetoriklehrers von Mailand verhalfen. Unter dem Einfluss des Neuplatonismus und des Mail¨ander Bischofs Ambrosius setzte sich A. intensiv mit der Bibel und vor allem den paulinischen Schriften auseinander. A. selbst nennt den 1.8.386 als Datum seiner Bekehrung; katholisch getauft wurde er Ostern 387 durch Ambrosius. Er gab sein Lehramt auf, f¨uhrte fortan ein Leben der Weltentsagung und kehrte u¨ ber Karthago 388 nach Thagaste zur¨uck. Dort zog A. mit Freunden in eine monastische Gemeinschaft. Zwar str¨aubte sich A., ein kirchliches Amt zu u¨ bernehmen, wurde 391 aber dennoch in Hippo Regius zum Priester ordiniert. Dort unterst¨utzte A. den greisen Bischof Valerius und wurde 396/97 dessen Nachfolger als Bischof. Das Bischofshaus wandelte er um in eine kl¨osterliche Gemeinschaft. A. war kirchenpolitisch um die Einheit des Christentums und den Vorrang des Katholizismus bem¨uht und f¨uhrte viele o¨ ffentliche Disputationen mit Vetretern anderer Glaubensrichtungen, schrieb und predigte gegen diese (Manich¨aer, Donatisten, Arianer, Pelagianer). Er verstarb, als die Vandalen bereits Hippo Regius belagerten. A. ist der bedeutendste lat. Kirchenschriftsteller der Sp¨atantike. Sein Werk setzt in der Mail¨ander Zeit ein mit einer Absage an den philosophischen Skeptizismus (De academicis, 386). War sein Schrifttum zun¨achst philosophisch-p¨adagogisch gepr¨agt, ¨ so verlagerte es sich sp¨ater, vor allem nach Ubernahme des Bischofsamtes in den theologischen und pastoralen Bereich, freilich ohne auf philosophische 715

Augustinus Reflexionen zu verzichten. Die Retractationes (um 427), eine kritische Revision seiner Werke, geben zuverl¨assige Orientierung u¨ ber den Umfang seines Œuvres. Am einflussreichsten unter seinen zahlreichen Schriften und mit einer kontinuierlichen Rezeptionsgeschichte bis zur Gegenwart ist neben den autobiographischen Confessiones vor allem De civitate dei, die umfassendste christliche Apologie der Sp¨atantike und nach A.’ eigener Einsch¨atzung sein «grande opus». Seine theologischen Schriften widmen sich in erster Linie den Themenkreisen Gnadenlehre, Erkenntnistheorie, Mystik und Ekklesiologie. A.s Einfluss auf das MA ist immens und auch die wirkungsm¨achtigen → Boethius und → PseudoDionysius Areopagita sind mit A.’ Status als meist rezipierter und meist zitierter Autor nicht vergleichbar. Die Entdeckung des aristotelischen Schrifttums und dessen Anwendung auf theologische Fragestellungen durch → Albertus Magnus und → Thomas von Aquin relativieren zwar den Einfluss A.’ seit der Mitte des 13. Jh. (auch durch eine Autonomisierung der Philosophie), der Augustinismus und der Neuplatonismus augustinischer Pr¨agung bleiben aber eine dominante geistliche Str¨omung im sp¨aten MA mit → Bonaventura als prominentestem Vertreter. Die ins Mhd./Mndl. u¨ bertragenen Schriften A.’ sind indes in der u¨ berwiegenden Mehrheit unauthetische Opuscula. Handelt es sich also nicht um Werke A.’, so sind diese Texte doch in der Regel dem Augustinismus verpflichtet. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, setzten die (Pseudo-)A.¨ Ubertragungen erst in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. ein und haben ihren Schwerpunkt im 15. Jh. und dar¨uber hinaus. Dieser Umstand d¨urfte vor allem der generellen Expansion volkssprachigen geistlichen Schrifttums und erst in zweiter Linie einem humanistisch orientierten Neu-Augustinismus geschuldet sein. ¨ Zu den bekannten Ubertragungen authentischer Schriften z¨ahlen ein mhd. Fragment des Speculum historiale des → Vinzenz von Beauvais mit einem Auszug aus den Confessiones und eine bair.-¨osterr. Teil¨ubersetzung von De Civitate Dei in einem Budapester Codex. Johannes → Trithemius berich¨ tet von einer Ubertragung von zw¨olf B¨uchern aus De Civitate Dei in den sp¨aten 80er Jahren des 15. Jh. durch Johann → Gottfried, die allerdings nicht u¨ berliefert ist. Ferner liegen kleinere mndl. Einzelst¨ucke von De civitate Dei vor. Gleichfalls ins 716

Augustinus Mndl. u¨ bertragen wurde die Schrift De sancta virginitate (PL 40, 395–428; Boec vander joncfrouscap). Vielfach u¨ bersetzt wurde die → Augustinerregel. Von den pseudo-augustinischen ins Mhd. u¨ bersetzten Schriften ragen vier breit u¨ berlieferte heraus: das Manuale (PL 40, 951–968), die Meditationes (PL 40, 901–942), die Soliloquia animae ad Deum (PL 40, 863–898) und das Speculum peccatoris (PL 40, 983–992). Vom Manuale lassen sich zwei Haupt¨ubersetzungen ausmachen, eine vollst¨andige und eine, die zehn Kapitel umfasst. Die Textzeugen sind ausschließlich aus dem 15. Jh. Dazu kommen ¨ zwei mndl. Fassungen sowie die Ubertragungen Wolfgang → Walchers OSB (vor 1500) und Ludwig → Mosers OCart (um 1500). Von den Medita¨ tiones lassen sich in handschriftlicher Uberlieferung ¨ die Ubersetzungen dreier differenzierbarer lat. Fassungen finden, hinzu kommt ein Druck des sp¨aten 14. Jh. Soliloquia animae ad Deum wurde um 1355 von → Johann von Neumarkt u¨ bertragen. Dane¨ ben ist eine mndl. Ubersetzung mit ripuarischen und nd. Ausl¨aufern bekannt. Das Speculum peccatoris beruht auf De modo orandi des → Hugo v. St. Victor. Es wurde mehrfach ins Deutsche u¨ bersetzt, wo¨ bei eine dieser Ubersetzungen auf → Johann von Speyer zur¨uckgehen k¨onnte. Weitere, nur vereinzelt u¨ berlieferte ins Dt./Ndl. u¨ bersetzte pseudo-augustinische Schriften sind: De diligendo Deo, De duodecim abusionum gradibus, Epistola ad monicam, De fide ad Petrum sive de regula verae fidei, De interiori domi, Manuale de verbo dei, De mysterio trinitatis et incarnationis, De scala paradisi, Sermones ad Fratres in eremo (Predigtsammlung, Predigten auch einzeln oder in kleineren Gruppen u¨ berliefert), De triplici habitaculo, De vanitati saeculi, De rectitudine catholicae conversationis, De vita christiana und zahlreiche Gebete (vgl. VL2 1 [1978] Sp. 536–540). Die A.-Zitation in deutschsprachigen Texten ist betr¨achtlich und schwer zu u¨ berschauen. Neben den Zitaten in Texten anderer Autoren sind Spruchsammlungen u¨ berliefert, die zwischen authentischem wie unauthentischem Material freilich nicht differenzieren. Das Gesamtaufkommen der A.-Zitation korrespondiert nicht mit der eher ¨ geringen Zahl an Ubersetzungen authentischer Schriften. Gut fassbar ist die Zitation innerhalb der dt. Mystik, vor allem bei Meister → Eckhart, Johannes → Tauler oder in der → Rede von den 15 Graden. ¨ Uberlieferung: Confessiones (dt.): M¨unchen, UB, 2° Cod. ms. 750 (ein Pergamentdoppelbl. 717

um 1400 14. Jh., mitteldt., th¨uringisch [?]; Fragm.); ein Erg¨anzungsst¨uck (UB, Fragm. 141, drei Doppel-, vier Einzelbll.) ist verbrannt. – De civitate Dei (dt.): Budapest, Nationalbibl., Cod. Germ. 13, 132 Bll. (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Mndl. ¨ Ubertragungen: Br¨ussel, Kgl. Bibl. Ms 837–845, 121v (Pap., um 1460). – Ebd., Ms 19588 (n.c. 1, 843), 81r–82v (Pap., 15. Jh.). – Den Haag, Kgl. Bibl., 133 F 9 (n.c. 375), 9v (Pap., um 1460). – Boec vander joncfrouscap: Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. I 47 (Pap., um 1450). – Ebd., Cod. I 51 (Pap., um 1466). – Den Haag, Kgl. Bibl., 133 F 9, 4v–6r (Pap., um 1460). – Wernigerode, Fu¨ rstliche (Stolbergische) Bibl., Zb 18, 4rv (Pap., um 1460). – Verschiedene authentische Schr. ¨ in dt. Ubers. in: Scheyern, Bibl. des Benediktinerstifts, Mscr. 4 (Pap., 1486, obd.; vgl. Kristeler 1992 [s. Lit.] S. 536). – Manuale (dt.): Vollst. ¨ Ubers.: (Incipit: «Wanne wir in die mittel der stricke geseczet sint so verkalten wir lihtiklich»): Berlin, SBB, Mgo 58, 79r–130v (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgo 478, 111v–148r (Pap., 15. Jh., mitteldt.). – Ebd., Mgq 175, 187r–205r (Pap., Mitte 15. Jh., els¨assisch). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 646 (1239), 7r–86v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 55, 1r–37r (Pap., um 1440/50, n¨urnbergisch). – Kurzfassung in zehn Kap. (Incipit: «Von des wegen das wir in milte der striken syent so werdent wir offt und dik law vnd kalt»): Heidelberg, UB, Cpg 643, 1r–56v (Pap., 1506). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 79, 272v–292r (Pap., Ende 15. Jh., alemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 456, 1r–44r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch/mittelbair.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 975, S. 3–120 (Pap., 15. Jh.). – Solothurn, ZB, Cod. S 435, 1r–45r (Pap., ¨ letztes Viertel 15. Jh., alemannisch). – Wien, ONB, Cod. 2840, 314vb–327vb (Pap., Mitte 15. Jh., s¨uda¨ lemannisch). – Weitere (unabh¨angige?) Ubersetzungen: Gießen, UB, Hs. 799, 87r–119v (Pap., um 1488, obd., rheinfr¨ankische Elemente). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 31, 1r–58r (Pap., sp¨ates 15. Jh. und Mitte 16. Jh.). – Wien, Schottenkloster, Cod. 220 (H¨ubl 71), 29r–72v (Pap., Mitte 15. Jh. ¨ bair.-¨osterr.). – Mndl. Ubers.: Fassungen 1 mit 24 Hss., zuz¨uglich vier ripuarisch/nd. Ausl¨aufer und vier Drucken, Fassung 2. mit drei Hss. Vgl. Lub 1962 (s. Ausg.) S. 8 f., 16–18, 22–73. – Meditationes (dt.): Fassung 1: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 70, 86r–186r (Perg., drittes Viertel 15. Jh., bair./¨osterr.). – Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 B 8, 65r–109v 718

um 1400 (Pap., 15. Jh., mittelbair.). – Rotterdam, Gemeentebibl., Hs. 96 E 8, 2r–56r (Pap., 15. Jh., mndl.). – Rijsenburg, Groot Seminarie, 179ra–202r-a (Pap., 15. Jh., mndl.). – Druck mndl.: Schoonhoven 1500 (GW 2976). – Fassung 2: Heidelberg, UB, Cpg 205, 15v–133r (Perg., Mitte/letztes Viertel 15. Jh., schw¨abisch). – Ebd., Cpg 436, 53va–99rb (Tl. 2 der Hs., Pap., um 1415 [Tl. 1] und 1445 [Tl. 2], ostmitteldt. [Tl. 1]/schw¨abisch [Tl 2]. – Unabh¨angige Fassungen: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Aug. 1222.26 theol. 8°, 1v–41r (Pap., 15. Jh., mnd.). – Druck: Johann Otmar, Reutlingen, um 1492/95 (GW 2975). – Zu einzelnen k¨urzeren mndl. und mnd. St¨ucken vgl. de Vreese 1962 (s. Lit.) S. 355 und Borchling 1899 (s. Lit.) S. 255; 1900, S. 21; 1902, ¨ S. 248. – Soliloquia animae ad Deum (dt.): Ubertragung des Johann v. Neumarkt in mindestens 17 Hss.; mndl. Fassung in 17 Hss. und zwei Drucken. Vgl. De Vreese 1962 (s. Lit.) S. 363 f., Borchlin 1913, S. 27; Nijhoff/Kronenberg: Nederlandsche bibliogr. Nr. 154/55. – Speculum peccatoris (dt.): u¨ ber 40 Hss. Vgl. De Vreese 1900, S. 188, 424, Anm. 1; Beckers 1971, S. 253 f., VL2 1 (1978) Sp. 535 f., 11 (2004) Sp. 189; Handschriftencen¨ sus (online). – Zu allen weiteren dt. Ubertragungen pseudo-augustinischer Schr. vgl. zun¨achst VL2 (1978) Sp. 536–540, 11 (2004) Sp. 189; Handschriftencensus (online). – Spruchsammlungen: Halle (Saale), ULB, Yg 2° 37 (1), 2v (1 Pergamentdoppelbl., zweites Drittel 14. Jh., s¨udl. Rheinfr¨ankisch, vereinzelte nd. Elemente). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 27, 1r–5r (Pap., 15. Jh.). – Trier, StB, Hs. 1935/1432 4°, 4ra-vb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh./erstes Viertel 16. Jh., moselfr¨ankisch). (Alle drei Slg. zu Spr¨uchen u¨ ber die Seele, wahrscheinlich beruhend auf De spiritu et anima [ps.augustinisch, PL 40, 779–932] und De quantitate animae [PL 33 1035–1080]). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 278 (1040), 225a–251b (Perg., drittes Viertel 14. Jh., hochalemannisch). Vgl. auch VL2 1 (1978) Sp. 541 f. Ausgaben: Lat. (Ausw.): PL 32–46 (Gesamtausg. in 15 Bdn. Paris 1861/62); PL Suppl. 2, Turnhout 1960. – Opera, CSEL. Wien 1896 ff. – Opera, CCSL, Turnhout 1954 ff. – CETEDOC library of Christian Latin texts 1. Brepols 1991 (CDROM). – Corpus Augustinianum Gissense. Hg. v. Cornelius Mayer. Basel 1995 (CD-ROM). – Nhd. ¨ Ubers. (Ausw.): Ausgew¨ahlte Schr. 12 Bde. (Bibl. der Kirchenv¨ater). Kempten/M¨unchen 1911–35. – Mndl.: Henri Ernst Moltzer: Frederik III. en Karel de Stoute te Trier 1473. En fragment van: Die 719

Augustinus enighe sprake ende vereneghinge die Sunte Augustinus hadde mit God (Bibliotheek van Middelnederlandsche Letterkunde 44). Leiden 1890 (‹Soliloquia›) – J. J. Lub: Sinte Augustijns hantboec. De middelnederlandse vertalingen van het aan Augustinus toegeschreven Manuale. Tl. 1 und 2 (Neerlandica Traiectina X) Assen 1962. Literatur: Charles Boyer, Dict. Spir. 1 (1937) Sp. 1101–1130. – Ekkart Sauser, LCI 5 (1973) Sp. 277–290 (A. v. Hippo). – Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 531–543; 11 (2004) Sp. 188. – Alfred Schindler u. a., TRE 4 (1979) S. 645–723. – G¨unther Binding, LexMA 1 (1980) Sp. 1223–1229. – Fritz Hofmann/Cornelius Mayer, MarienLex 1 (1988) S. 294–298. – Wilhelm Geerlings, LThK 13 (1993) Sp. 1240–1247. – Marc¨ Aeilko Aris, Asthetik und Kunstphilosophie. Von der Antike bis zur Gegenwart in Einzeldarstellungen. Hg. v. Julian Nida-R¨umelin/Monika Betzler. Stuttgart 1998, S. 38–54. – Ekkehard Mu¨ hlenberg, RGG4 1 (1998) Sp. 959–967. – Cornelius Mayer, Volpi 1 (1999) S. 101–114 (‹Confessionum libri tredecim›, ‹De academicis libri tres›, ‹De beata vita liber unus›, ‹De civitate dei libri viginti duo›, ‹De doctrina christiana libri quattuor›, ‹De libero arbitrio libri tres›, ‹De magistro liber unus›, ‹De ordine libri duo›, ‹De trinitate libri quindecim›, ‹De vera religione liber unus›, ‹Soliquiorum libri duo ›). – Frank Hentschel, MGG2 2,1 (1999) Sp. 1169–1175. – Wilhelm Geerlings, LACL (32002) S. 78–98. – Annemarie C. Mayer: ‹Confessionum libri tredecim›. In: LexthW (2003) S. 124–126. – Wilhelm Metz: ‹Contra Faustum Manichaeum›. In: ebd., S. 131. – Johannes Brachtendorf: ‹Contra Iulianum›. In: ebd. S. 132 f. – W. Metz: ‹De baptismo contra Donatistas›. In: ebd., S. 143 f. – Michael Durst: ‹De catechizandis rudibus›. In: ebd., S. 145. – J. Brachtendorf: ‹De civitate dei›. In: ebd., S. 145–147. – Enno Edzard Popkes: ‹De diversis Quaestionibus ad Simplicianum libri duo›. In: ebd., S. 156. – Karla Pollmann: ‹De Genesi ad litteram›. In: ebd, S. 165 f. – J. Brachtendorf: ‹De libero arbitrio›. In: LexthW (2003), S. 178–180. – K. Pollmann: ‹De magistro›. In: ebd., S. 183 f. – W. Metz: ‹De natura et origine animae›. In: ebd., S. 188. – J. Brachtendorf: ‹De ordine›. In: ebd., S. 191 f. – M. Durst: ‹De peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvulorum›. In: ebd., S. 194 f. – E. E. Popkes: ‹De praedestinatione sanctorum›. In: ebd., S. 195. – W. Metz: ‹De spiritu et littera›. In: ebd., S. 203 f. – J. Brachtendorf: ‹De 720

Augustinus trinitate›. In: ebd., S. 208–210. – K. Pollmann: ‹De utilitate credendi›. In: ebd., S. 214 f. – W. Metz: ‹De vera religione›. In: ebd., S. 219 f. – Michael Fiedrowicz: ‹Enarrationes in Psalmos›. In: ebd., S. 264. – E. E. Popkes: ‹Echiridion ad Laurentium sive de fide, spe et caritate›. In: ebd., S. 265 f. – W. Metz: ‹In Ioannis Evangelium tractatus›. In: ebd., S. 394. – K. Pollmann: ‹Libri quattur de doctrina christiana›. In: ebd., S. 477 f. – Wilhelm Geerlings: ‹Retractationes›. In: ebd., S. 636 f. – W. Metz: ‹Soliloquia›, ‹De immortalitate animae›. In: ebd., S. 662–664. – Eckard K¨onig/J¨urgen Mittelstraß: Augustinismus. In: Enz Phil Wiss2 1 (2005) S. 291 f. – E. K¨onig/Thomas Rentsch, Enz Phil Wiss2 1 (2005) S. 292–295. – Richard Klein: ‹De civitate Dei›. In: Hauptwerke der politischen Theorie. Hg. v. Theo Stammen u. a. 2., aktualisierte und erw. Ausg. Stuttgart 2007, S. 39–45. – Im Folgenden stehen nur Literaturangaben zur dt./ndl. A.Rezeption und ausgew¨ahlte neueste selbstst¨andige Beitr. (ab 2007). Zu A. allgemein und seinen lat. Werken vgl. die Literaturangaben in oben stehenden Lexika und Handb¨uchern sowie: Carl Andresen: Bibliographia Augustiniana. Darmstadt 21973 und die forlaufenden Bibliographien in: Revue des e´ tudes augustiniennes 1 (1955)–49 (2003), Fortsetzung u. d. T.: Revue des e´ tudes augustiniennes et patristiques 50 ff. (2004 ff.) – Konrad Hofmann: ¨ Bruchst¨ucke einer mhd. Ubersetzung der Confessiones S. Augustini (Sb. der Kgl. Bayerischen Akad. der Wiss. 1865/1). Mu¨ nchen 1865, S. 307–316 (mit Abdruck). – Conrad Borchling: Mnd. Hss. in Norddeutschland und den Niederlanden. Erster Reiseber. In: Nachr. v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.-hist. Kl., Gesch¨aftliche Mitth. 1898. G¨ottingen 1899, S. 79–316, hier S. 255. – Ders.: Mnd. Hss. in Skandinavien, SchleswigHolstein, Mecklenburg und Vorpommern. Zweiter Reiseber. (Nachr. v. der Kgl. Gesellsch. der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.-hist. Kl. 1900 [Beiheft]). G¨ottingen 1900, S. 21. – Willem de Vreese: De handschriften van Jan van Ruusbroec’s werken Bd. 1 (Koninklijke Vlaamse Acad. voor Taalen Letterkunde Publikaties 6;23,1). Gent 1900, S. 188, 424, Anm. 1. – C. Borchling: Mnd. Hss. in Wolfenb¨uttel und einigen benachbarten Bibl. Dritter Reiseber. (Nachrichten v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.-hist. Kl. 1902 [Beiheft]). G¨ottingen 1902, S. 175, 248. – Ders.: Mnd. Hss. in den Rheinlanden und in einigen anderen Slg. Vierter Reiseber. (Nachrichten v. der Kgl. 721

um 1400 Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.-hist. Kl. 1913 [Beiheft]). Berlin 1914. – Wouter Nijhoff/Maria E. Kronenberg: Nederlandsche bibliogr. van 1500 tot 1540. ’s-Gravenhage 1923–40, Nr. 154/55. – W. de Vreese: Sint A. in het Middelnederlandsch. Uit de Bibliotheca Neerlandica Manuscripta. In: Miscellanea Augustiniana. Gedenkboek samengesteld uit verhandlingen over s. A. Amsterdam 1930, S. 341–373. Wieder in: Over handschriften en handschriftenkunde. Tien codicologische Studien. Hg. v. Petrus J. H. Vermeeren (Zwolse reeks van taal- en letterkundige studies 11). Zwolle 1962, S. 85–115. – Paul Lehmann/Otto Glauning: Ma. Handschriftenbruchst¨ucke der UB und des Georgianum zu Mu¨ nchen (Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen. Beiheft 72). Leipzig 1940, S. 148–151. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 26 f., 187, Reg. – Friedrich Ohly: Hohelied-Studien. Grundz¨uge einer Gesch. der Hoheliedauslegung des Abendlandes bis um 1200 (Schr. der Wiss. Ges. an der J. W. Goethe-Univ. Frankfurt/M. Geisteswissenschaftl. Reihe 1). Wiesbaden 1958, S. 32–46. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß Bd. 2. Hg. v. dems. Berlin 21960, ¨ Sp. 909–911, 970. – Werner H¨over: Der Ubersetzer Wolfgang Walcher († 1518). Abt v. St. Peter in Salzburg. In: Euphorion 62 (1968) S. 143–148. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1968, S. 107 f., 346. – Andr´as Vizkelety: Beschreibendes Verz. der altdt. Hss. in ungarischen Bibl. 1: Sz´ech´enyi-Nationalbibl. Wiesbaden 1969, S. 26 f. – Franz Josef Worstbrock: Zur Einb¨urge¨ rung der Ubers. antiker Autoren im dt. Humanismus. In: ZfdA 99 (1970) S. 45–81, hier S. 58–60. – Hartmut Beckers: Neue Funde zur hsl. Verbreitung v. Seuses Werken am Niederrhein und in Westfalen. In: Leuvense Bijdragen 60 (1971) S. 243–262, ¨ hier S. 253 f. – Nigel F. Palmer: Eine dt. Ubers. v. der ‹Vierten Partie› des ‹Spiegel Historiael›. In: De nieuwe taalgids 69 (1976) S. 102–110. – Hubert Herkommer: Der St. Galler Kodex als literarhist. Monument. In: Rudolf v. Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Große. Komm. zu Ms 302 Vad. Hg. v. der Kantonsbibl. (Vadiana) St. Gallen und der Editionskommission: Ellen J. Beer u. a. Luzern 1987, S. 127–273, Reg. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 1. M¨unchen 1990, 722

um 1400 2

2001, S. 85–119. – Rudolf Kilian Weigand: Vinzenz v. Beauvais. Scholastische Universalchronistik als Quelle volkssprachiger Geschichtsschreibung (Germanistische Texte und Stud. 36). Hildesheim u. a. 1991, S. 122–124, 327–335 (mit Abdruck). – Paul Oskar Kristeller: Iter Italicum. Accedunt alia itinera. A finding list of uncatalogued or incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in Italian and other libraries Bd. VI (Italy III and alia itinera IV): Suppl. to Italy (G–V), Suppl. to Vatican and Austria to Spain. London 1992, S. 536. – Volker Henning Drecoll (Hg.): Augustin Hb. Tu¨ bingen 2007. – Jochen Fritz: Ruinen des Selbst. Autobiogr. Schreiben bei A., Rousseau und Proust (Forum Europ¨aische Lit. 11). Mu¨ nchen 2007, S. 47–162. – Roland Kany: Augustins Trinit¨atsdenken. Bilanz, Kritik und Weiterf¨uhrung der modernen Forschung zu ‹De trinitate› (Stud. und Texte zu Antike und Christentum 22). T¨ubingen 2007. – Florian Bruckmann: Die Schr. als Zeuge analoger Gottrede. Stud. zu Lyotard, Derrida und A. Freiburg i. Br. u. a. 2008, S. 309–456. – Dagmar Kiesel: Lieben im Irdischen. Freundschaft, Frauen und Familie bei Augustin (Symposion 130). Freiburg i. Br./Mu¨ nchen 2008. – Constance Dittrich (Hg.): A., ein Lehrer des Abendlandes. Einf¨uhrung und Dokumente (Schr. der UB Eichst¨att 64). Wiesbaden 2009. – Norbert Fischer (Hg.): A. – Spuren und Spiegelungen seines Denkens. 2 Bde. Hamburg 2009. – A.-Zitatenschatz. Eine v. C. Mayer besorgte Ver¨off. des Zentrums f¨ur A.-Forschung e.V. an der Julius-Maximilians-Univ. W¨urzburg. 5., erheblich erweiterte und durchweg komm. Fassung. W¨urzburg 2009. – Hubertus R. Drobner: ¨ A. v. Hippo, Sermones ad populum. Uberl. und Bestand, Bibliogr., Indices (Patrologia 25). Frankfurt/M. u. a. 2010. – Ludwig Fladerer: A. als Exeget. Zu seinen Komm. des Galaterbriefes und der Genesis (Ver¨off. der Kommission zur Hg. des Corpus der lat. Kirchenv¨ater 27). Wien 2010. – Michael Margoni-K¨ogler: Die Perikopen im Gottesdienst bei A. Ein Beitr. zur Erforschung der liturgischen Schriftlesung in der fr¨uhen Kirche (Ver¨off. der Kommission zur Hg. des Corpus der lat. Kirchenv¨ater 29). Wien 2010. – A.: Bildung – Wissen – Weisheit. Beitr. des VI. W¨urzburger A.Studientages am 5. Juni 2008 (Cassiciacum. Forsch. u¨ ber A. und den Augustinerorden 39/8). Hg. v. C. Mayer u. a. W¨urzburg 2011. – R. K. Weigand (Hg.) mit Beitr. v. Christine B¨uchner: Meister Eckhart und A. (Meister-Eckhart-Jb. 3). Stuttgart 2011. VZ 723

Bamberger Legendar Bamberger Legendar. – Fragmentarisch u¨ berliefertes Prosalegendar, Ende 14. oder Beginn 15. Jh. Das B. L. ist eine Sammlung von Prosaaufl¨osungen (vor allem aus dem → Passional und dem → Buch der M¨artyrer), die Material bot f¨ur das ebenfalls im N¨urnberger Dominikanerkloster entstandene Legendar → Der Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung: Bamberg, Staatsarch., Rep. A 246, Nr. 28, Standb¨ucher Nr. 1364 (Einband) und Nr. 4801(4 (Einband) (letztere Fragmente sind nicht abgel¨ost, mindestens zw¨olf Legenden; Perg., vermutlich von verschiedenen Schreibern, erstes Viertel 15. Jh., nordbair.). – Berlin, SBB, Mgf 825 (Perg, Anfang 15. Jh., bair.). – Innsbruck, ULB, Cod. 631, 240r–271r [oder 254r–271r] (Pap., zweites Viertel 15. Jh., ostfr¨ankisch; Gregorius auf dem Stein). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 42580 (Perg., fr¨uhes 15. Jh., n¨urnbergisch; Allerheiligen). Ausgaben: B¨uttner, S. 40–53 (Bamberger Hs.). – Julius Zacher: Bruchst¨ucke aus einer Slg. des Freiherrn v. Hardenberg. In: ZfdPh 11 (1880) S. 420–423 (N¨urnberger Hs.). – Bernward Plate (Hg.): Gregorius auf dem Stein. Fr¨uhnhd. Prosa (15. Jh.) nach dem mhd. Versepos Hartmanns von Aue (Texte zur Forschung 39). Darmstadt 1983 (Innsbrucker Hs.).- Williams-Krapp, S. 52–54 (Berliner Hs.). Literatur: Williams Werner-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 208–210. – Edgar B¨uttner: Fragmente eines Prosa-Legendars im Staatsarch. Bamberg. In: ZfdA 119 (1990) S. 37–60. – W. Williams-Krapp: Das ‹B. L.›. Eine Vorarbeit zu ‹Der Heiligen Leben›. In: ZfdA 123 (1994) S. 45–54. – Sylvia Kohush¨olter: Die lat. und dt. Rezeption v. Hartmanns v. Aue ‹Gregorius› im MA. Unters. und Edition (Hermaea N.F. 111). T¨ubingen 2006, S. 129–131, 294. BJ Bebenhauser Legendar. – Sammlung von 84 Heiligenleben und 14 Predigten, wohl nicht vor dem 15. Jh. entstanden. Der Titel der Sammlung stammt von Friedrich Wilhelm (1907). Bebenhausen als Entstehungsort ist fraglich. Die Aufnahme von Gallus, Ulrich und Verena legt die Entstehung im Schw¨abischen nahe. Die Legenden, von denen die meisten homiletische Z¨uge haben, sind nach dem Kirchenjahr geordnet. Die Legenden in r sind als Anhang der Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) beigegeben. Die Quellenfrage ist erst teilweise gekl¨art; einzelne 724

Aggsbacher Marienklage der 98 kurzgefassten Texte (Afra, Maria Aegyptiaca, ¨ Kilian u. a.) sind Ubersetzungen aus einer Sammlung lat. Legenden (12. Jh.; zu den Handschriften vgl. ZfdPh 88, 1969, S. 46), die auch Vorlage f¨ur das → Buch der M¨artyrer war. Neben einer Aufwertung des monastischen Lebens pr¨agte mariologisches In¨ teresse die Ubersetzung. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 257 (Pap., 1439 im Zisterzienserkloster Bebenhausen geschrieben) (m). – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 15, 1ra–109ra (Pap., 1470 in Ehingen geschrieben) (h). – Rottenburg/N., Priesterseminar, Hs.11 (Pap., 1464, eventuell in Ehingen geschrieben, enth¨alt ‹Verena› [285r–286r] und ‹Gallus› [286r–286v]) (r). Ausgaben: Eine Gesamtausgabe fehlt; einzelne Legenden: Friedrich Wilhelm: St. Afra, Reimlegende, kritisch bearbeitet. In: Analecta Germanica. FS Hermann Paul. Amberg 1906, S. 167 f. (Afra). – Ders., 1907, S. 217–219 (Remigius, Thomas ap.). – Hirsch, S. 165 f. (Ulrich). – Trier, S. 65 f. (Jodocus). – Konrad Kunze (Hg.): Die Legende der heiligen Maria Aegyptiaca. Ein Beispiel hagiogra¨ phischer Uberl. in 16 unver¨off. dt., ndl. und lat. Fassungen (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 28). Berlin 1978, Nr. 5–6 (mit lat. Vorlage). – Firsching, S. 105 f. (Kilian). Literatur: Konrad Kunze, VL2 1 (1978) Sp. 651–653. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 312. – K. Kunze, MarLex 1 (1988) Sp. 396. – Friedrich Wilhelm: Dt. Legenden und Legendare. Texte und Unters. zu ihrer Geschichte im MA. Leipzig 1907, S. 213–234. – Albert Hirsch: Die dt. Prosabearbeitungen der Legende vom hl. Ulrich. Mu¨ nchen 1915, S. 162–166. – Jost Trier: Der hl. Jodocus. Sein Leben und seine Verehrung. Breslau 1924. Nachdr. Hildesheim u. a. 1977, S. 63–66. – K. Kunze: Stud. zur Legende der hl. Maria Aegyptiaca im dt. Sprachgebiet (Philologische Stud. und Quellen 49). Berlin 1969, S. 98–101, Reg. – Karl Firsching: Die dt. Bearbeitungen der Kilianslegende unter besonderer Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Bistums und Hochstifts Wu¨ rzburg 26). W¨urzburg 1973, S. 104–108. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 19 f., 45 (im Legendenreg. passim). – Karin Schneider: Die datierten Hss. der Bayer. Staatsbibl. Mu¨ nchen. Tl. 1: Die dt. Hss. 725

um 1400 bis 1450 (Datierte Hss. in Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland 4,1). Stuttgart 1994, S. 13 und Abb. 139–140. – Madeleine Boxler: ‹ich bin eine predigerin und appostlorin›. Die dt. Maria Magdalena-Legenden des MA (1300–1550). Unters. und Texte (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700, Bd. 22). Bern u. a. 1996, S. 218 f. BJ Berner Marienklage. – L¨uckenhaft erhaltene gereimte Marienklage von 156 Versen. Zwei Monologe Marias mit kurzen Einleitungen, zum einen u¨ ber die Unm¨oglichkeit, Jesus nach seiner Gefangennahme sehen zu k¨onnen und zum anderen u¨ ber das Leiden ihres Sohnes und ihr Mutterschicksal. Es folgt ein Schlussgebet mit der Bitte des Verfassers um Fu¨ rbitte bei Jesus. Es zeigen sich u. a. Einfl¨usse des Gedichts → Unser vrouwen klage. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 979, 104v–108r (Pap., aus Schloss Spiez am Thuner See, Anfang 15. Jh., alemannisch; Berner Gregorius-Hs., Original wahrscheinlich aus dem 14. Jh.). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 19, 113v–115v (15. Jh., md.). Ausgabe: Basilius Hidber/Hermann Paul: Geistliche St¨ucke aus der Berner Gregoriushs. Lied von der Messe. Marienlied. Marienklage. Gebete. In: PBB (Halle) 3 (1876) S. 365–370. Literatur: Hans Eggers, VL2 1 (1978) Sp. 747. – Christoph Treutwein, MarLex 1 (1988) S. 444. – Gerd Seewald: Die M. im mlat. Schrifttum und in der germ. Lit. des MA. Diss. Hamburg 1952, S. 129. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 406 (M 15), S. 460 (M 127). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Aggsbacher Marienklage. – Gereimte monologische Marienklage von 241 Versen. Der Schluss der Klage ist unvollst¨andig. Dt. und lat. Regieanweisungen weisen auf einen dramatischen Zusammenhang hin; einige Partien der A. M. waren zum Gesang bestimmt. Neben Maria spricht nur einmal der Apostel Johannes (V. 224–240). Als stumme Figuren treten Jesus, Joseph von Arimat¨aa, Nikodemus und Soldaten auf. Maria beklagt ihr Schicksal als leidende Mutter, die Passion und den Tod Jesu. Sie tritt aber auch als 726

um 1400 Verk¨underin des Heils auf, belehrt die Gemeinde u¨ ber Christi Erl¨osungswerk und fordert zur «compassio» auf. Die A. M. ist innerhalb der Gruppe der monologischen Marienklagen als eigenst¨andig anzusehen. Der Verfasser kompilierte wohl mehrere lat. Vorlagen, etwa Partien des sog. → Bernhardstraktats und des Hymnus → O filii ecclesiae. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Ser. nova 3867 (Pap., wahrscheinlich aus Kartause Mariengarten in Smichow bei Prag, Anf. 15. Jh., ostmitteldt. /schlesisch). Die zwei Bll. wurden aus einem 1416 geschriebenen Cod. des Kart¨auserklosters Aggsbach gel¨ost. Ausgaben: Hermann Maschek: Eine dt. Marienklage aus dem 15. Jh. In: PBB (Halle) 60 (1936) S. 325–339, hier S. 326–333. – Gerold Hayer: A. M. aus dem Mhd. u¨ bersetzt. In: Die Kart¨auser in ¨ Osterreich. Bd. 2. Hg. vom Inst. f¨ur Anglistik und Amerikanistik der Univ. Salzburg (Analecta Cartusiana 83). Salzburg 1981, S. 88–94. Literatur: Hans Eggers, VL2 1 (1978) Sp. 74 f.; 11 (2004) S. XIII. – Christoph Treutwein, MarLex 1 (1988) S. 59. – Maschek (s. Ausg.). – Gerd Seewald: Die Marienklage im mlat. Schrifttum und in der germ. Lit. des MA. Diss. Hamburg 1952, S. 52, 127. – Karel de Vries: De Mariaklachten. Zwolle 1964, S. 39–46, 168, 229. – Walter Baier: Quellenkrit. und theologische Anm. zur A. M. ¨ In: Die Kart¨auser in Osterreich. Bd. 2. Hg. vom Inst. f¨ur Anglistik und Amerikanistik der Univ. Salzburg (Analecta Cartusiana 83). Salzburg 1981, S. 95–109. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 464 (M 136). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Marien Kranz (Marien Rosenkranz). – Zwei Marienpreisgedichte. In zwei Gedichten wird als Zeichen des Lobes Maria ein Kranz dargebracht. Die ungenaue Bezeichnung «Marien Rosenkranz» geht auf Karl Bartsch zur¨uck. 1. Nd. Marienpreisgedicht mit der subscriptio «corona», von dem 29 Str. und ein paar Verse von wahrscheinlich 32 oder 33 Str. erhalten sind; der 727

Marien Kranz Anfang fehlt. Es entstand vermutlich im 14. oder 15. Jh. im Westen Niederdeutschlands. Beschrieben wird der Ehrenkranz der Jungfrau Maria, der aus zw¨olf Rosen, von denen jede eine Tugend symbolisiert, den zw¨olf Edelsteinen aus Aarons Priesterschild, zw¨olf Sternbildern, zw¨olf W¨urzkr¨autern und zw¨olf musikalischen Elementen besteht. Zusammengef¨ugt wird der Kranz von sechzig Vorfahren Marias, die in der Schlussstrophe selbst zu Wort kommt und erkl¨art, dass Josefs Stammbaum auch der ihre sei. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 42545 (fr¨uher Privatbesitz Freiherr von Hardenberg, Metz), 1r-8r, Pap., 15. Jh. Ausgabe: Karl Bartsch: Marien Rosenkranz nd. In: NdJb 6 (1880) S. 100–113. 2. Obd. Marienpreis mit f¨unfzig dreizeiligen Strophen aus der 1. H¨alfte des 14. Jh., der im Text ¨ «krencelin» genannt wird. Die Uberschrift lautet «Crinale virginis virginum». Verbunden mit der h¨aufigen, aber unregelm¨aßigen Anapher «Du» werden die Mariennamen aufgef¨uhrt. Das Gedicht, das stark vom → J¨ungeren (ostmitteldeutschen) Marienlob abh¨angig ist schließt mit einem Gebet. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Stadtbibl., Cent VI 43, 15. Jh.; der betreffende Teil der sp¨ater verkauften Hs. befindet sich jetzt in Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 108. Ausgabe: K. Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung. Mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl. der gesammten dt. National-Lit. v. der a¨ ltesten bis auf die neuere Zeit [Abt. 1] 37). Quedlinburg/Leipzig 1858 (Nachdr. Amsterdam 1966) S. LVI, 279–284 (Nr. XVIII). Literatur: Burghart Wachinger, VL2 5 (1985) Sp. 1276 f.; 11 (2004) Sp. 969. BJ Marienleben E das himelreich und ertreich geschaffen ¨ ward. – Altestes selbstst¨andiges prosaisches Marienleben in dt. Sprache. Inhaltlich reicht die Darstellung von der Kindheit und Jugend Marias u¨ ber die Kindheit Jesu bis zur Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel, erz¨ahlt nach biblischen, apokryphen und legend¨aren Quellen sowie der → Vita beatae virginis Mariae et salvatoris rhythmica und dem Transitus B2 des Pseudo-Melito. Das 68 Kapitel umfassende M. weist zahlreiche homiletische Einsch¨ube zu verschiedenen Marienfesten (Mariae Geburt, Verk¨undigung und Christi Geburt) auf und enth¨alt 728

Johannes der Weise den → Bernhardstraktat. Es schließt mit Lobspr¨uchen auf Maria und der Sequenz Ave virgo gloriosa in dt. Prosa. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Hist. 157, 1r–122v (Perg., N¨urnberg, Klarissenkloster St. Klara, Anfang 15. Jh.). Ausgabe: Bettina Jung: Das N¨urnberger Marienbuch. Unters. und Edition (TTG 55). T¨ubingen 2004. Literatur: Hardo Hilg, VL2 6 (1987) Sp. 10–12. – Achim Masser: Dt. Marienleben des MA. In: MarLex 4 (1992) S. 49–51. – Friedrich Leitschuh/Hans Fischer: Kat. der Hss. der Kgl. Bibl. zu Bamberg. Bd. 1/2. Bamberg 1897, S. 257 f. – Johannes Kist: Das Klarissenkloster in N¨urnberg bis zum Beginn des 16. Jh. N¨urnberg 1929, S. 119 f. – Kurt Ruh: Stud. u¨ ber Heinrich v. St. Gallen [...]. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 47 (1953) S. 225. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Berlin 2 1960, Sp. 767. – Carsta Wiechmann: Die ProsaMarienviten des dt. MA. Starnberg o. J. – H. Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen (MTU 75). Mu¨ nchen 1981, S. 397, 463. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und niederl¨andischen Le¨ gendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Jung (s. Ausg.). SF Marienlied aus Lilienfeld. – Marienlied (inc. O suezz ob aller svzzichait / o svezzev chaiserinne), u¨ berliefert in einer Handschrift des 14. Jh. Von → Christan von Lilienfeld eingetragen in den Cod. Campililiensis 144 der Bibliothek des Zisterzienserstifts Lilienfeld (erste H¨alfte 14. Jh.; eingetragen am unteren Blattrand 14r), der sich fol. 216r als Schreiber eines Teils der Handschrift bezeichnet. Ob das vier Strophen zu je acht Zeilen umfassende Lied auch von Christan verfasst wurde, ist ungekl¨art. Ausgabe: Friedrich Vogt: Lilienfelder Marienlied. In: ZfdA 47 (1904) S. 288. Literatur: Vogt (s. Ausg.) S. 289. SF St. Galler Marienklage. – Fragmentarische Marienklage (Schlussteil) von 42 Versen. Die Klage, die mit einer Anrede an Johannes schließt, ist vermutlich dennoch als monologisch zu betrachten, aufgrund des geringen Umfangs aber nicht genau zuordenbar. Der Gesangstext stimmt 729

um 1400 mit den Sch¨onbachschen (Sch¨onbach 1874 [s. Lit.]) Versikeln VI, V und IX u¨ berein. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1006 (Pap., erstes Viertel 16. Jh.). Ausgabe: Franz Josef Mone (Hg.): Schauspiele des MA. Bd 1. Karlsruhe 1846, S. 199 f. Literatur: Hans Eggers, VL2 2 (1979) Sp. 1042; 11 (2004) Sp. 485. – Mone (s. Ausg.). – Anton Ema¨ nuel Sch¨onbach: Uber die Marienklagen. Ein Beitr. zur Gesch. der geistlichen Dichtung in Deutschland. Graz 1874, bes. S. 39 f. – Alfons Brinkmann: Liturgische und volkst¨umliche Formen im geistlichen Spiel des MA (Forschungen zur dt. Sprache und Dichtung 3). M¨unster 1932, S. 37 f. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 138–140 (Nr. 56), S. 420 (M 47). – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Johannes der Weise. – Verfasser eines Marienlobs. Eingebettet in eine katechetisch-erbauliche Sammlung, verwendet das aus 58 Reimpaaren bestehende Gedicht (Inc.: «Wol m¨usse mir gelingen / mochte ich vollbringen / Ein lop das dete ich gern / vil lichter morgen stern») des andernorts nicht bezeugten Autors die gebr¨auchliche Marienmetaphorik im Gebetsstil und wechselt im mittleren Teil (Verk¨undigung) zu erz¨ahlend-erbaulicher Darstellung. ¨ Uberlieferung: Berlin, Mgf 742 (L¨ucken durch Blattverluste, verbunden), 66r-69r, Mitte 15. Jh., els¨assisch. – Dresden, LB, Ms. M 60, 172r-173r, wohl um 1427–35, els¨assisch (aus der Werkstatt Diebold Laubers). – D¨usseldorf, UB, Cod. F 55 (fr¨uher Schloss Dyck), 189r-191r, um 1460–80, rheinfr¨ankisch. – Paris, Nat. Bibl. Cod. allem. 117 (Suppl. fran¸c. 119), 204v-207r, 2. Viertel 15. Jh., els¨assisch. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 798; 11 (2004) Sp. 803. – Rudolf Weigand, MarLex 3 (1991) S. 427. – Karl Bartsch: Rez. des Kat. der Hss. der k¨onigl. o¨ ffentlichen Bibl. zu Dresden. Bearb. v. Franz Schnorr v. Carolsfeld. 2 Bde., 1882/83. In: Germania 31, NR 19 (1886) S. 233–238, bes. S. 235. BJ 730

um 1400 Buch des Gehorsams. – Dt. Prosatraktat in Form eines geistlichen Sendschreibens an eine Nonne, entstanden wahrscheinlich um 1400 in Dominikanerkreisen. Vorrangiges Thema des umfangreichen, anonym u¨ berlieferten B. d. G. sind Funktion, Grundlagen und Erscheinungsformen der monastischen Grundhaltung des – widerspruchslosen und freudigen – Gehorsams. Der Aufbau der Schrift ist durch die F¨unfzahl der Wundmale Christi bestimmt. ¨ Uberlieferung: Bamberg, Staatsbibl., Msc. Lit. 191 (Pap., sp¨atestens 1430, ostfr¨ankisch, nordbair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.27, 2r–154r (Pap., 15. Jh.). Literatur: Helmut Lomnitzer, VL2 1 (1978) Sp. 1081 f. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Hg. v. W. Stammler. Bd. 2. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 871. – Rukopisn´e Fondy Centr´aln´ıch a Cirkevn´ıch Knihoven v Cesk´e Republice, Redaktor svazku: Marie Toˇsnerov´a (Pruvodce Po Rukopisn´ych Fondech V Cesk´e Republice IV). Prag 2004 [Einf. in dt. Sprache u. d. T. Hss. in den zentralen und kirchlichen Bibl. der Tschechischen Republik], S. 127 (Nr. 424). SF Christus als Koch. – Exempeldichtung, entstanden vielleicht in Augsburg im 14./15. Jh. Zw¨olf Klausnerinnen empfangen am Ostertag die Kommunion. Eine von ihnen, die in die K¨uche geschickt wird, um f¨ur Speise und Trank zu sorgen, f¨allt in Ohnmacht, als sie am Herd einen J¨ungling («ein hergeladener», «der koch hymelrichs vnd etrichs jhesus cristus») stehen sieht. Die nacheinander folgenden Klausnerinnen fallen ebenfalls in Ohnmacht; jeder von ihnen stellt sich der J¨ungling mit einer g¨ottlichen Eigenschaft vor. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 90, 231v–233r (aus zwei Teilen [1–94, 96–400] zusammengebunden, Pap., Ende 14. Jh. [Tl. I], um Mitte 15. Jh. [Tl. II], els¨ass. [Bl. 1–94, 243–400] und nordbair. [Bl. 96–236]). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 411, 49r–50v (Pap., 1436, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 480, 66r–68v (Pap., 1441, schw¨abisch). – Ebd., Cgm 702, 155r–156v (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch). – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 8° 19, 115r–117r (15.Jh.). Ausgabe: Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 146–149 731

Buch des Gehorsams (nach der Stuttgarter Hs. mit Lesarten von Cgm 411 und 702). Literatur: Kurt Illing, VL2 1 (1978) Sp. 1234 f. BJ Disput zwischen der minnenden Seele und unserem Herrn. – Mystischer Prosadialog, entstanden wohl um 1400. Es handelt sich um einen dreiteilig augebauten mystisch-spekulativen Prosadialog in der Tradition der Christus-Seele-Dialoge, wahrscheinlich dominikanischer Herkunft und kaum vor 1400 entstanden. In einigen Handschriften ist der Text unmittelbar im Anschluss an → Christus und die minnende Seele u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 710 (322), 21ra-va (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Cod. 752, 334v–335v (→ Dorothea v. Hof). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43m, 23r–25r. – ¨ Ebd., Cod. Cent. VII, 8, 13va–16v. – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Cod. 22, 19va–20ra. – Krakau, Bibl. Jagiellonska, Mgq 1303 Nr. 2. Ausgabe: Romulad Banz: Christus und die minnende Seele. Zwei sp¨atmhd. mystische Gedichte. Unters. und Texte (Germ. Abh. 29). Breslau 1908, S. 364–368. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 178 f.; 11 (2004) 370. – Banz (s. Ausg.) S. 6, 43. – Grete L¨uers: Die Sprache der dt. Mystik des MA im Werke der Mechthild v. Magdeburg. Mu¨ nchen 1926 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 157–159, 278. – Dietrich Mahnke: Unendliche Sph¨are und Allmittelpunkt. Beitr. zur Genealogie der mathemat. Mystik. Halle 1937, S. 144–171. – Niklaus Largier: Der K¨orper der Schrift. Bild und Text am Bsp. einer Seuse-Hs. des 15. Jh. In: MA – Neue Wege durch einen alten Kontinent. Hg. v. Jan-Dirk Mu¨ ller/Horst Wenzel. Stuttgart 1999, S. 246 f. SF Christian von Hiddestorf (Christianus de Hiddestorf) OFM, Hiddestorf bei Hannover, † 13.4.1420 Erfurt. – Franziskanertheologe des 14./15. Jh. Um 1390 war C. v. H. Lektor am Provinzstudium der Franziskaner in Magdeburg. 1396 wurde er Baccalaureus Biblicus, 1498 Dr. theol. Von 1400 bis zu seinem Tod im Jahr 1420 wirkte er als Magister regens am Studium Generale des Erfurter Franziskanerkonvents. 732

Dirk van Delft C. v. H. ist der Verfasser der Conclusiones Sententiarum, welche den Sentenzenkommentaren des → Petrus Lombardus folgen. ¨ Uberlieferung: L¨uneburg, Ratsb¨ucherei, Cod. theol. F. 48, 117r–207v. Von ihm ist auch ein nur fragmentarisch erhaltener Matth¨aus-Kommentar mit zahlreichen Kirchenv¨ater-Zitaten (vor allem Augustin und Gregor) u¨ berliefert: Braunschweig, StB, Cod. 141, 14v–77r. Ausgabe: Ausz¨uge bei Meier 1939 (s. Lit.). Ferner ist von C. v. H. eine Passionspredigt in der Handschrift Breslau, UB, Cod. I. F. 742, 120r–136r, u¨ berliefert. Die Nachwirkung seiner Schriften ist in der Erfurter Ordensschule bezeugt, der Matth¨ausKommentar wurde in der alemannischen Ordensprovinz benutzt. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 1221 f. – Heribert Roßmann, LexMA 2 (1983) Sp. 1912. – Ludger Meier: Christianus de H. OFM (...). In: Antonianum 14 (1939) S. 43–76, 157–180. – Ders.: Die Barf¨ußerschule zu Erfurt (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 38/2). Mu¨ nster 1958, passim. – Erich Kleineidam: Uni¨ versitas Studii Erffordensis. Uberblick u¨ ber die Gesch. der Univ. Erfurt. Bd. 1. Leipzig 1981, passim. SF Dirk van Delft (Dirc van Delf) OP, * um 1365, † nach 1404. – Mndl. Theologe und Verfasser der Tafel van den Kersten Ghelove. D. studierte wahrscheinlich in Paris Theologie und Philosophie. In Erfurt wirkte er 1396 als Magister der Theologie, in K¨oln 1403. Sein M¨azen Herzog Albrecht von Bayern (1336–1404) ernannte ihn am 17.12.1399 zum Hofprediger. Nach 1404 scheint er diese Funktion nicht mehr bekleidet zu haben; jedenfalls wird er urkundlich nicht mehr erw¨ahnt. Im Auftrag seines G¨onners verfasste D. im selben Jahr das katechetische Kompendium Eene tafel van der Kersten Ghelove, eine Summa Theologiae in der Volkssprache, die in einen Winter- (57 Kap.) und einen Sommerteil (53 Kap.) gegliedert ist. Die Tafel ist eines der wichtigsten Werke der Scholastik in den Niederlanden; es bietet eine Sitten- und die Glaubenslehre. Als Hauptquelle diente D. das Compendium theologicae veritatis des Dominikaners → Hugo Ripelin von Straßburg, daneben auch die Bibel, die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine, die Summa 733

um 1400 theologica des → Thomas von Aquin, die Vita Jesu Christi des → Ludolph von Sachsen und die Sentenzen des → Petrus Lombardus. Des weiteren stammen von D. wohl drei Predigten und vielleicht ein nicht u¨ berliefertes Gebetbuch f¨ur Margarethe von Kleve, die zweite Gemahlin Albrechts. Vgl. dazu Oostrom1987 (s. Lit.) S. 32 und 184. ¨ Uberlieferung: 27 Hss., die jeweils nur den Sommer- oder den Winterteil oder Exzerpte daraus u¨ berliefern; verzeichnet bei: Dani¨els, Bd. 1 (s. Ausg.) S. 62–102. – Stephanus Axters: Bibliotheca Dominicana Neerlandica manuscripta 1224–1500 (Bibl. de la Revue d’Histoire Eccl´esiastique fasc. 49). L¨owen 1970, S. 42–46. – Oostrom 1992 (s. Lit.) S. 168–170. Ausgabe: Ludovicus Maria Franciscus Dani¨els: Meester Dirc van Delf, O. P., Tafel van den Kersten Ghelove. Bd. 1. Einl. und Reg. Bd. 2. Winterteil. Bde. 3A/B Sommerteil (Tekstuitgaven van Ons Geestelijk Eerf 6). Antwerpen u. a. 1938/39. Dt. und mndl. Rezeption: 1. Tafel von dem christlichen Glauben und Leben, eine westdt. Bearb. der Tafel van den kersten ghelove. Diese anonyme, vielleicht im Auftrag Gerhards von Rodermachern entstandene Kompilation weist eine Reihe von Einsch¨uben aus zumeist anonymen Traktaten, Streitgespr¨achen, Dialogen zwischen Seele und Mensch sowie Gebeten auf, ferner finden sich Teile aus → Seuses Werk, eine → Geistliche Minnejagd und Ausz¨uge aus dem Sachsenspiegel. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, UB/LB, Hs 2667 (D, zweites Viertel/Mitte 15. Jh., nordwestmoselfr¨ankisch). – Bad Berleburg, F¨urstlich SaynWittgensteinsche Schlossbibl., RT 2/2 (WP, Anfang 15. Jh.; Textverluste). Literatur: Dani¨els, Bd. 1 (s. Ausg.) S. 111–121 (mit Abdruck des Prologs und des Kap. 45). – Kurt Staub/Thomas S¨anger: Dt. und ndl. Hss. (Die Hss. der Hessischen LB und Hochschulbibl. 6). Wiesbaden 1991, S. 123–128, Nr. 80 (Lit.). – G. Roth: ‹Die Tafel vom christlichen Glauben und Leben›. Die westdt. Bearb. v. D. v. D. ‹Tafel van dem Kristen Ghelove›. In: ZfdA 130 (2001) S. 291–297. 2. Trier, StB, Hs. 1935/1432 4 °, 16va–19vb, Sommerteil Kap. 38, Z. 9–33. 3. Ein umfangreicher Teil der Tafel ist in dem mndl. Tafelboec enthalten. Vgl. dazu Dani¨els, Bd. 1 (s. Ausg.) S. 103–110. – Oostrom 1992 (s. Lit.) S. 170. 4. Der Druck Zwolle, Johannes van Vollenhove, 1478–1480 (GW 8477), umfasst Ausz¨uge aus dem 734

um 1400 Sommerteil, Kap. 45–46 und 48. Vgl. dazu Herman Pleij: Dirc van Delf in G¨ottingen. In: Literatuur 7 (1990) S. 325 f. 5. Die Winterteil-Kapitel 5–11, 13–16 sind seperat u¨ berliefert. Vgl. dazu Ria Jansen-Sieben: Repertorium van de middelnederlandse ArtesLiteratuur. Utrecht 1989, Reg. 6. Die Hs. Br¨ugge, StB, Cod. 408, 265r–278r, u¨ berliefert zwei vielleicht von D. stammende Predigten. Vgl. dazu St. Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden. Bd. 3. Antwerpen 1950, S. 448. Eine weitere Predigt, die ebenfalls von D. stammen k¨onnte, bietet die selbe Handschrift Bl. 282v–285r. Vgl. dazu Oostrom 1987 (s. Lit.) S. 338 Anm. 30. Literatur: Jacob Cornelis van Slee: Dietrich v. Delft. In: ADB 5 (1877) S. 190. – Alphonsus M. J. van Buuren: Dirc van Delf. In: LexMA 3 (1986) Sp. 1104. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 361. – Gunhild Roth, VL2 11 (2004) Sp. 364–369. – Frits Pieter van Oostrom u. a.: Dirc v. D. en zijn lezers. In: Willem van den Berg/Johanna Stouten (Hg.): Het woord aan de lezer. Zeven literarhistorische verkenningen. Groningen 1987, S. 49–71. – Ders.: Het woord van eer. Literatuur aan het Hollandse hof omstreks 1400. Amsterdam 1987, S. 180–224 (Lit.). – Wilhelmina C. M. W¨ustefeld: De boeken van de Grote of Sint Bavokerk. Een bijdrage tot de geschiedenis van het middeleeuwse boek in Haarlem (Hollandse Studi¨en 24). Hilversum 1989. – Henri L. M. Defoer u. a.: Die goldene Zeit der holl¨andischen Buchmalerei. Stuttgart/Z¨urich 1990, Nr. 4 und 5 (Lit.). – Dorine Proske-van Heerdt: The Dirc van Delf-Style. Structure and Chronology. In: Masters and Miniatures. Proceedings of the Congress on Medieval Manuscript Illumination in the Northern Netherlands (Utrecht, 10.–13. Dec. 1989). Hg. v. Koert van der Horst/JohannChristian Klamt. Doornspijk 1991, S. 245–250. – F. P. van Oostrom: An Outsiders View, ebd., S. 39–49. (Lit.). – Charles M. A. Caspers: De eucharistische vroomheid en het feest van sacramentsdag in de Nederlanden tijdens de late middeleeuwen. Leuven 1992, S. 201–215. – Geert Warnar: Biecht, gebod en zonde. Middelnederlandse moraaltheologie voor de wereldlijke leek. In: Thomas Mertens u. a.: Boeken voor de eeuwigheid. Middelnederlandse geestelijke proza (Nederlandse literatuur en cultuur in de middeleeuwen 8). Amsterdam 1993, S. 36–51. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 4. Rom 1993, S. 304 f. SF 735

Die drei Lebenden und die drei Toten Die drei Lebenden und die drei Toten. – Anonyme dt. Fassungen einer Allegorie auf die Verg¨anglichkeit, die seit dem sp¨aten 13. Jh. bis zum Anfang des 16. Jh. in zahlreichen Versionen in Frankreich, Deutschland, England, in den Niederlanden und in Skandinavien verbreitet war. Drei vornehme M¨anner (K¨onige) begegnen auf der Jagd drei Toten, die sie an die Verg¨anglichkeit alles Irdischen erinnern und zu einem frommen Lebenswandel mahnen. Im Zentrum steht der aus dem alten Orient stammende und seit der Karolingerzeit auch als Grabspruch in Mitteleuropa dienende Jammerruf «Was ihr seid, das waren wir. Was wir sind, das werdet ihr». Der Schwerpunkt der Handlung liegt auf dem Dialog zwischen Lebenden und Toten, wobei Alter und Stand wechseln k¨onnen. Die fr¨uhesten literarischen Zeugnisse stammen aus Frankreich. Daneben sind zahlreiche eigenst¨andige Zeugnisse aus der bildenden Kunst u¨ berliefert. Dt. Fassungen: 1. Als a¨ lteste dt. Bearbeitung gilt Dis ist der welte lon. Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 16.17. Aug.4°, 85v–87r (Straßburg, 15. Jh., els¨assisch). Abdruck: K¨unstle (s. Lit.) S. 38–40. – Storck (s. Lit.) S. 6. – Rotzler 1961 (s. Lit.) S. 49–52. – Wolfgang Stammler: Frau Welt. Eine ma. Allegorie. Freiburg/Schweiz 1959, S. 57 f. und Anm. 176. 2. Ein aus der Zeit um 1400 stammendes, vermutlich nd. Fragment ist in Inkunabel 133, Mu¨ nster, Paulinische Bibl., eingeklebt. Ausgabe: Storck (s. Lit.) S. 6. – Rotzler 1961 (s. Lit.) S. 52. 3. Ferner ist ein Gedicht mit dem Titel Dit is van doden koningen jnd van den leuenden konyngen (wohl 14. Jh.) u¨ berliefert. Stuttgart, LB, Cod. poet. et phil. 4°, Nr. 83, f. 131–136. – Berlin, SBB, Mgf 1027, 154rv. Vgl. dazu K¨unstle (s. Lit.) S. 36 f. – Storck (s. Lit.) S. 5. – Rotzler 1961 (s. Lit.) S. 53–56. 4. Eine Fassung des Harteboks. Hamburg, SUB, Cod. 102 c fol, 76r–80v. Vgl. dazu: Storck (s. Lit.) S. 5. – Rotzler 1961 (s. Lit.) S. 56–59. 5. Nd. Fragment einer der h¨aufiger auftretenden zu einem Spruchband verk¨urzten Fassungen. Wiesbaden, Staatsarch., Cod. B 10, 124r. Ausgabe: Rotzler 1961 (s. Lit.) S. 59 f. Literatur: Willy Rotzler, RDK 4 (1956) Sp. 511–524. – M. Q. Smith, LCI 1 (1968) Sp. 550–552. – Elisabeth Heyse u. a.: Drei Lebende und drei Tote. In: LexMA 3 (1986) Sp. 1390–1392. – Erich Wimmer, VL 2 2 (1980) 736

Der Frankfurter Sp. 226–228; 11 (2004) Sp. 383. – Karl K¨unstle: Die Legende der ‹d. L. u. d. d. T.› und der Totentanz. Freiburg i. Br. 1908. – Willy F. Storck: Die Legende v. den den Lebenden und v. den drei Toten. T¨ubingen 1910. – Wolfgang Stammler: Der Totentanz. Mu¨ nchen 1948, S. 20–22, Anm. 30–41. – W. Rotzler: Die Begegnung der d. T. u. d. d. L. Winterthur 1961. – Hellmut Rosenfeld: Der ma. Totentanz. K¨oln 31974, S. 37 f. – Helmut Tervooren: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 206–208. SF Der Frankfurter (Der Franckforter, Theologia Deutsch). – Aszetisch-mystischer Traktat, sp¨ates 14. oder fr¨uhes 15. Jh. Nur in der Frankfurter (ehemals Bronnbacher) Handschrift ist der anonym u¨ berlieferte Traktat mit einem Titel versehen: «Hie hebet sich an der franckforter» (85r). Diese Betitelung d¨urfte auf den in vier Handschriften enthaltenen Prolog zur¨uckzuf¨uhren sein, der einen Frankfurter Deutschordensherren aus dem Kreis der Gottesfreunde («frunt Gottes») als g¨ottlich bestimmten Verk¨under (und nicht autonomen Autor) nennt. Bisher konnte dieser Verfasser, «eyn prister vnd eyn custos yn der deutschen herren hauß zu franckfurt [i. e. Sachsenhausen]», nicht identifiziert werden. Die These, es k¨onne sich um → Johann (Lagenator) von Frankfurt handeln, ist nicht belastbar. Auch die Entstehungszeit l¨asst sich nicht mit letzter Sicherheit festlegen, der F. d¨urfte aber noch im 14. Jh. ver¨ fasst worden sein, zumal auch die Uberlieferung auf eine N¨ahe zu Meister → Eckhart und Johannes → Tauler verweist. Der F. gelangte aufgrund zweier Ausgaben (1516/18) durch Martin Luther zu bemerkenswerter Popularit¨at im 16. Jh. und in der Folgezeit. Der pr¨agnante Titel unter dem das Werk seit 1508 erschien, Theologia Dt. (Th.D.), stammt indes nicht von Luther, der seinen unvollst¨andigen Erstdruck mit Eyn geystlich edles Buchleynn u¨ berschrieb, sondern von einem Augsburger Nachdruck Silvan Otmars (1518, VD16 T 891). Hauptanliegen des F. ist laut des vermutlich erst sp¨ater hinzugef¨ugten Prologs eine Unterscheidung der «wahren und gerechten Gottesfreunde» und der falschen «freien Geister». Hintergrund ist die als h¨aretisch eingestufte und nur schwer fassbare Bewegung der Freien Geister, als deren Vertreter (in 737

um 1400 einer nicht zwingend gerechtfertigten Gleichsetzung) die Beginen und Begarden ausgemacht wurden, die bereits 1312 auf dem Konzil von Vienne verurteilt worden waren. Zentrales Thema ist die Vollkommenheit des Menschen, die erreichbar ist durch Aufhebung aller Grenzen zwischen Gott und dem Menschen in der Unio mystica. Voraussetzung ist die Ent¨außerung von der Ichheit sowie die Abgeschiedenheit von aller Kreatur. Die Stufen der Verg¨ottlichung werden dabei nicht detailliert ausgef¨uhrt, betont wird vor allem die Notwendigkeit der Unterwerfung unter die Allwirksamkeit Gottes in der Leidensnachfolge Christi. In der Aufgabe des Eigenwillens verwirkliche sich die Freiheit des Menschen und erm¨ogliche so die Vereinigung mit Gott. Demgen¨uber steht das falsche Vollkommenheitsstreben der H¨aretiker, die u¨ ber das falsche Licht der Vernunft nicht die Gottwerdung, sondern die Selbstvergottung anstreben w¨urden. Der Selbstent¨außerung der wahren Gottesfreunde steht die Selbstheit der freien Geister, dem Gehorsam deren Anmaßung, der Bindung an die Ordnung der Kirche deren Missachtung dieser Ordnung gegen¨uber. Der F. ist eingeteilt in Prolog, Register und eigentlicher Traktat. Der Haupttext ist dabei je nach handschriftlichem Textzeugen in 53–56 Kapitel gegliedert, die abweichenden Kapitelzahlen ber¨uhren aber nicht den Gesamtumfang. Im Register wird die jeweilige Thematik zumeist als Frage formuliert, die Darlegung des Themas folgt dem scholastischen Quaestionen-Prinzip. Eckhart- und Tauler-Kenntnisse des Verfassers sind evident und auch die Terminologie weist in die spekulative Mystik. Aus der F¨ulle der mystischen Traktatsliteratur ragt der F. aber vor allem durch seine theologisch-philosophische Eigenst¨andigkeit heraus. Im Gegensatz zum Standard in der mystischen Literatur wird → Augustinus gar nicht ber¨ucksichtigt, auf den → (Pseudo-)Dionysius Areopagita nur einmal rekurriert und stattdessen ein hoch originelles anthropologisches Konzept entwickelt: Die menschliche Natur wird als genuin verdorben gekennzeichnet und neben der «Vergottung» des Menschen auch die f¨ur die Vollkommenheit Gottes und Erl¨osung des Einzelnen notwendige «Vermenschung» Gottes in der Kreatur betont. Der F. z¨ahlt gewiss zu den hervorragendsten ma. theologischen Originalwerken in dt. Sprache, wenn auch seine theologische Sonderposition zun¨achst dessen relativ geringe Rezeption im 738

um 1400 Sp¨atMA bedingt haben k¨onnte. Dies sollte sich freilich durch Luthers Herausgaben schlagartig a¨ ndern. Luther selbst r¨uckte die Schrift in die N¨ahe Taulers («faßt nach der art / des erleuchten doctors Tauleri») und betrachtete sie als gleichwertig den augustinischen Schriften. F¨ur Luther war das Hauptthema des Traktats der neue Mensch und die Frage «Was Adams // v˜n was gottis kind sey. v˜n wie Ad˜a // ynn vns sterben vnnd Christus // ersteen sall», so der Untertitel der Teilaugabe von 1516. Kaspar Schwenckfeld, Sebastian Franck, Valentin Weigel, Philipp Jakob Spener und vor allem Johann Arndt (Ausg. 1518 [VD16 T 918] mit 60 Nachdrucken) trugen zur Verbreitung der Th.D. bei. Entschieden abgelehnt wurde der Traktat von Calvin und den Reformierten; die katholische Kirche setzte ihn 1612 als «libellus iste pestilentissimus» auf den Index. ¨ Uber 20 dt. Ausgaben gab es allein im 16. Jh., u¨ ber 120 sind es bis heute, die zumeist auf dem ¨ Lutherdruck von 1518 beruhen. Auch die Ubersetzungen setzten im 16. Jh. ein: bis 1648 ndl., lat., franz¨osische, schwedische und englische Ausgaben, sp¨ater auch d¨anische (17. Jh.), russische (18. Jh.) und im 20. Jh. italienische, chinesische und japanische. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 22, 12v–18r (Pap., 1453 und 1460–75, alemannisch). – Dessau, LB, Hs. Georg. 44.8°, 4r–71r (Pap., 1477, mitteldt.). – Frankfurt/M., UB, Ms. germ. oct. 30 (vormals Bronnbach), 84v–153r (Pap., 1494/97, ostfr¨ankisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 854, 1r–170v (Pap., erstes Drittel/Ende 15. Jh., mittelbair.; Druckabschr.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 61, 115r–126r (Pap., 1489, n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. VII, 22, 177r–215v (Pap., Ende 15. Jh., n¨urnbergisch). – Prag, Nationalbibl., Cheb MS. 45/330 (9) [vormals Eger/Cheb, Franziskanerkloster, Cod. 45/330], 60r–155v (Pap., 1465, nordbair.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1014, S. 287–297 (Pap., Ende 15. Jh.). – Wien, ¨ ONB, Cod. 4079, 42r–70r (Pap., erstes Drittel 16. Jh., bair.-¨osterr.; Druckabschr.). – Drucke: Hg. M. Luther, Wittenberg (Johann RhauGrunneberg) 1516 (VD16 T 890, «Eyn geystlich edles Buchleynn.// von rechter vnderscheyd // vnd vorstand. was der // alt v˜n new mensche sey [...]»·[Teildruck, Kap. 7–26]) und 1518 (VD16 T 896, «Eyn deutsch Theologia. das ist // Eyn edles Buchleyn / von rechtem vorstand [...]»; rund 50 Nachdrucke bis 1734); voneinander unabh¨angige 739

Der Frankfurter ¨ und auf die hsl. Uberl. nicht direkt zur¨uckgehende Erstdrucke; zahlreiche weitere Drucke des 16. Jh.: VD 16 T 891–895, 897–919. – Der Druck Worms, Ludwig Sch¨offer, 1528 (VD16 T 908) enth¨alt eine Umarbeitung mit antitrinitarischer Tendenz durch Ludwig H¨atzer. Die Ausgabe wurde selten nachge¨ druckt, ist aber Grundlage der lat. Ubers. Sebastian Castellios (Johannes Theophilus). Ausgaben (Auswahl): Franz Pfeiffer: ‹Th.D.›: Die leret gar manchen lieblichen underscheit gotlicher warheit und seit gar hohe und gar schone ding von einem volkomen leben. Neue nach der einzigen bis jetzt bekannten Hs. besorgte vollst. Ausg. Stuttgart 1851; 2., verbesserte und mit einer ¨ neudt. Ubers. vermehrte Aufl. Ebd 1855. G¨utersloh 51923. – Hermann B¨uttner: Das B¨uchlein vom vollkommenen Leben. ‹Eine dt. Theologie› in der urspr¨unglichen Gestalt hg. und u¨ bertragen. Jena 1907, 21920 (nhd.). – Hermann Mandel: ‹Th.D.› (Quellenschr. zur Gesch. des Protestantismus 7). Leipzig 1908. Neuausg. Lutherdruck 1518. – Willo Uhl: Der Franckforter (‹Eyn Dt. Theologia›) (Kleine Texte f¨ur Vorlesungen und ¨ Ubungen 96). Bonn 1912. 21926. – Gottlob Siedel: ‹Th.D.› Mit einer Einl. u¨ ber die Lehre v. der Vergottung in der dominikanischen Mystik. Nach Luthers Druck v. 1518. Gotha 1929. – Joseph Bernhart: Der F. Eine dt. Theologie. Leipzig 1920. Mu¨ nchen 31946. Nachdr. Frankfurt/M. 1980. – Alois M. Haas: ‹Der Franckforter›. ‹Th.D.› (Christliche Meister. 7). Einsiedeln 1980. 21993 (nhd.). – Gerhard Wehr: ‹Th.D.› Eine Grundschr. dt. Mystik. Freiburg i. Br. 1980. 21989. – Wolfgang v. Hinten: ‹Der Franckforter› (‹Th.D.›). Krit. Textausg. (MTU 78). Mu¨ nchen 1982. – Bibliogr. der Ausg. bis 1961: Georg Baring: Bibliogr. der Ausg. der ‹Th.D.› (1516–1961). Ein Beitr. zur Lutherbibliogr. Mit Faksimileabdruck der Erstausg. und 32 Abb. (Bibliotheca Bibliographica Aureliana VIII). Baden-Baden 1963. Literatur: Bernd Moeller, NDB 5 (1961) S. 350 f. – W. v. Hinten, VL2 (1980) Sp. 802–808. – Ute Mennecke-Haustein, Dict. Spir. 15 (1991) Sp. 459–463 (Th.D.). – De Boor/Newald 4,1 (21994) S. 43, 323 f., 811. – Gerhard Ruhbach, LThK 9 (2000) Sp. 1434 (Th.D.). – Christian Peters, TRE 33 (2002) S. 258–262 (Th.D.). – Lydia Wegener, Killy2 3 (2008) S. 538–540. – G. Baring: Neues v. der ‹Th.D.› und ihrer weltweiten Bedeutung. In: Arch. f¨ur Reformationsgesch. 48 (1957) S. 1–10. – Jan J. Kiwiet: Die Th.D. und ihre Bedeutung 740

Jesu Unterweisungen w¨ahrend der Zeit der Reformation. In: Mennonitische Geschichtsbll. 15 (1958) S. 29–35. – Rudolf Haubst: Johannes v. Frankfurt als der mutmaßliche Verfasser v. ‹Eyn dt. Theologia›. In: Scholastik 33 (1958) S. 375–398. – G. Baring: Ludwig H¨atzers Bearb. der Th.D., Worms 1528. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 70 (1959) S. S. 218–230. – Max Pahn¨ cke: Zur hsl. Uberl. des ‹F.s› (‹Th.D.›). In: ZfdA 89 (1959) S. 275–280. – Kurt Ruh: Eine neue Hs. des ‹F.s›. Cod. 482 der Mu¨ nchener UB. In: ebd., S. 280–287. – G. Baring: Die franz¨osische Ausg. der ‹Th.D.›. In: Theolog. Zs. 16 (1960) S. 176–194. – ¨ Ders.: Eine italienische Ubers. der ‹Th.D.›. In: ebd. 17 (1961) S. 282–286. – Ders.: Valentin Weigl und die ‹Dt. Theologie›. In: Arch. f¨ur Reformationsgesch. 55 (1964) S. 5–17. – K. Ruh: Der ‹F.› (‹Th.D.›) im Cod. 45/330 des Franziskanerklosters zu Eger (Cheb). In: ZfdA 98 (1969) S. 204–209. – Hubert Schiel: Heinrich v. Bergen oder Johannes de Francfordia als Verfasser der ‹Th.D.›? In: Arch. f¨ur mittelrheinische Kirchengesch. 22 (1970) S. 85–92. – R. Haubst: Welcher Frankfurter schrieb die ‹Th.D.›? In: Theologie und Philosophie 48 (1973) S. 218–239. – A. M. Haas: Die ‹Th.D.› Konstitution eines mystologischen Texts. In: Freiburger Zs. f¨ur Philos. und Theologie 25 (1979) S. 304–350. Wieder in: Ders./Heinrich Stirnimann (Hg.): Das ‹einig Ein›. Stud. zu Theorie und Sprache der dt. Mystik (Dokimion 6). Freiburg/Schweiz 1980, S. 369–416. – Martin Brecht: Randbemerkungen in Luthers Ausg. der ‹Th.D.›. In: Lutherjb. 47 (1980) S. 10–32. – A. M. Haas: ‹Th.D.›, Meister Eckhart und Martin Luther. Eine Skizze. In: Variorum munera florum. Latinit¨at als pr¨agende Kraft ma. Kultur. FS Hans F. Haefele. Hg. v. Adolf Reinle. Sigmaringen 1985, S. 321–328. – Luise Abramowski: Bemerkungen zur ‹Th.D.› und zum ‹Buch v. geistlicher Armut›. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 97 (1986) S. 85–104. – Elisabetta Zambruno: La ‹Th.D.› o la via per giungere a Dio. Antropologia e simbolismo teologico (Pubblicazioni della Univ. Cattolica del Sacro Cuore/Scienze filosofiche 48). Mailand 1991. – Henrik Otto: Die Herkunft der Vorlage zu Luthers Edition der ‹Th.D›. Ein Fund in London. In: ZfdA 128 (1999) S. 434–443. – Hans Schneider: Zur Herkunft einer Vorlage f¨ur Luthers Edition der Th.D. in: ZfdA 133 (2004) S. 80–93. – Andreas Zecherle: Die ‹Th.D.› Ein sp¨atma. mystischer Traktat. In: Gottes N¨ahe unmittelbar erfahren: Mystik im MA und bei Martin Luther (Sp¨atMA und Reformation NR 36). Hg. v. Berndt Hamm. T¨ubingen 2007, S. 1–96. VZ 741

um 1400 Des Engels Unterweisungen. – Mnd. geistliches Lehrgedicht in Dialogform von 2692 Versen, entstanden wahrscheinlich im sp¨aten 14. Jh. (kurz vor 1400) im s¨udlichen Ostfalen. D. E. U. ist zusammen mit den vielleicht vom gleichen Verfasser stammenden → Jesu Unterweisungen in der Handschrift Halle/Saale, UB/LB, Quedl. Cod. Qu. 144, 1r–67v (Pap.) u¨ berliefert. Der Dialog findet zwischen einem Menschen und seinem Schutzengel statt, Thema sind Leiden und Trost des Menschen in dieser Welt; ein l¨angerer Abschnitt widmet sich der Gottesbrautschaft der Seele. Ausgabe: Inge Peters: Des Engels und Jesu Unterweisungen. Zwei mnd. Lehrgedichte. Bd. 1: ´ Text (G¨oteborgs H¨ogskolas Arsskrift 19). G¨oteborg 1913. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 2 (1980) Sp. 524 f. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 118. – I. Peters: Des Engels und Jesu Unterweisungen. Zwei mnd. Lehrgedichte. Bd. 2: Unters. G¨oteborg 1917. – Wilhelm Seelmann: Zu des Engels und Jesu Unterweisungen. In: NdJb 44 (1918). – Jutta Fliege: Die Hss. der ehem. Stifts- und Gymnasialbibl. Quedlinburg in Halle (Arbeiten aus der Universit¨ats- und Landesbibl. Sachsen-Anhalt in Halle a.d. Saale 25). Halle a.d. Saale 1982, S. 273–276. SF Jesu Unterweisungen. – Nd. geistliches Lehrgedicht, 1409. Das im ostf¨alischen Gebiet entstandene Gedicht – zusammen mit → Des Engels Unterweisungen (vielleicht vom selben anonymen geistlichen Verfasser) in einer Handschrift u¨ berliefert – bietet in 1412 Versen ein Gespr¨ach zwischen Jesus und einem sich mit Glaubensfragen besch¨aftigenden Menschen. Jesus beantwortet die vom Gl¨aubigen gestellten Fragen u¨ ber die Erbs¨unde, die Willensfreiheit, den Ursprung des B¨osen und der S¨unde, die Menschwerdung und das Erl¨osungswerk Christi etc. Die Fiktionalit¨at des Gespr¨achs wird im Epilog explizit betont. ¨ Uberlieferung: Halle (Saale), ULB, Quedl. Cod. 144, 67v–130v (Pap.). Ausgabe: Peters (s. Lit.). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 4 (1983) Sp. 521 f.; 11 (2004) Sp. 760 – Inge Peters: Des Engels und Jesu Unterweisungen. I. Text, II. Unters. ˚ (G¨oteborgs H¨ogskolas Arsskrift 19, 23). G¨oteborg 1914–17. – Wilhelm Seelmann: Zu des Engels und J. U. In: NdJb 44 (1918) S. 98–101. BJ 742

um 1400 Florianer Psalter. Der F. P. ist ein dreisprachiger (lat.-polnisch¨ dt.) Psalter. Er bietet die erste Ubersetzung der Psalmen ins Polnische und z¨ahlt zu den a¨ltesten erhaltenen Denkm¨alern polnischer Sprache u¨ berhaupt. Die einzelne Psalmenverse werden jeweils drei Mal wiedergegeben in der Reihenfolge Lat., Polnisch und Dt. Die Anfangsverse der verschiedenen Sprachversionen sind mit farbigen Initialen gekennzeichnet. Der erste Teil des Psalters ist mit phantastischen Tieren und Figuren der religi¨osen und astrologischen Symbolik reich verziert. Der Codex wurde vermutlich in drei Abschnitten in Krakau vom sp¨aten 14. bis zum fr¨uhen 15. Jh. f¨ur die polnische K¨onigin Hedwig (von Anjou) erstellt (Monogramm und Wappen der ungarischen Anjou auf Bl. 53v). Nach deren Tod 1399 wurde offensichtlich die Illustration der Handschrift abgebrochen. Sp¨atestens im Jahre 1637 befand sich der Codex im Augustiner Chorherrenstift St. Florian in Ober¨osterreich, 1931 wurde er von der polnischen Regierung erworben. Die Sprache der dt. Texte verweist auf den s¨udschlesischen Raum und geh¨ort einer schlesisch-b¨ohmischen Psalmen¨ubersetzungsgruppe an (→ Psalmen¨ubersetzungen [sp¨atma., dt. und ndl.]). ¨ Uberlieferung: Warschau, Nationalbibl. (Biblioteka Narodowa) Rps 8002 III (vormals St. Florian, Stiftsbibl., Cod. III 206), noch 296 Bll. (Perg.). Ausgaben: Psałterz Florjan´ ski Łaci´nsko-polskoniemiecki (Psalterium Florianense latino-polonogermanicum). Rekopis ˛ Bibljoteki Narodowej w Warszawie Wydali Ryszard Ganszyniec/Witold Taszycki/Stefan Kubica. Studja o oprawie i p´ısmie psaalterza napisał Aleksander Birkenmajer, o minjaturach Władysław Podlacha. Staraniem i pod redakcja Ludwika Bernackiego. Lemberg 1939, Neudr. Lodz 2002 (mit Bibliogr.). – Sławomir Szyller: Psałterz florian´ skipłyta zawiera pełna˛ podobizne˛ rekopisu ˛ Biblioteki Narodowej rps III 8002. Warschau 2006 (CD-ROM Faks.-Ausg.). Literatur: Kurt Erich Sch¨ondorf, VL2 7 (1989) Sp. 887 f., (Psalmen¨ubersetzungen [sp¨atma., dt. und ndl.], Schlesisch-b¨ohmische Psalmengruppe). – Władisław Nehring: Iter Florianense. O Psałterzu Floryan´ skim, łaci´nsko-polskoniemieckim, w szczeg´olno´sci o polskim jego dziale. Posen 1871. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Bd. 1. Braunschweig 1889 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 615. – Ludwik Bernacki: Geneza i historja psałterza 743

Florianer Psalter florja´nskiego. Uwagi o cze´ ˛sci niemieckiej psałterza podał Adam Kleczkowski, miniatury kodeksu om´owit Władystaw Podlacha. In: Rocznik Zakładu Narodowego Imienia ossoli´nskich 1 (Lemberg 1927) S. 1–20. – Stefan Kubica: Die dt. Sprache des F. P.s. Ein Versuch. Posen 1929; rezensiert Ernst Schwarz, AfdA 49 (1930) S. 24 f. – Hans Vollmer: Die Psalmenverdeutschung v. den ersten Anf¨angen bis Luther. 1. H¨alfte (Bibel und dt. Kultur 2). Potsdam 1932, S. 7, 72, 100; 2. H¨alfte (Bibel und dt. Kultur 3). Potsdam 1933, S. 4, 33–35, Tf. 13, 40–45, 49–51, Tf. 30. – Joseph Klapper: Der St. F. P., ein Glatzer Kulturdenkmal. In: Glatzer Heimatbll. 28 (1942) S. 5–9. – S. Kubica: Jezyk ˛ niemiecki Psalterza Floria´nskiego. Wokalizm i konsonantyzm (= Die dt. Sprache des F. P. Vokalismus und Konsonantismus). Posen 1966; rezensiert Jan Chodera, Germanistik 8 (1967) S. 499 f. – K. E. Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. ¨ Unters. zur Verwandtschaft und Ubers.Tradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. K¨oln/Graz 1967, S. 76–78. – S. Kubica: Zur fp-Schreibung im dt. Text des F. P.s. Ein phonetisches oder graphisches Problem? In: Studia Germanica Posnaniensia 1 (1971) S. 127–129. – Heinrich Tiefenbach: Lat.-dt. Index zum F. P. Mit einem dt.-lat. Reg. Unter Mitarbeit v. Rudolf Hanamann. Lodz 2000. – Ders./R. Hanamann: Zum Wiedererscheinen der Ausg. des lat./dt. Psalters v. Sankt Florian nebst Beobachtungen zum deutschsprachigen Teil des Denkmals. In: Sprachwiss. 27 (2002) 295–319. – R. Hanamann: Der dt. Teil des F. P. Sprachanalyse und kulturgeschichtliche Einordnung (Regensburger Beitr. zur dt. Sprach- und Literaturwiss. 96). Frankfurt/M. u. a. 2010 VZ Fleischmann, Albrecht (v. Eckelsheim [Eggolsheim/Oberfranken]), † 1444 N¨urnberg. – Pfarrer und Prediger. F. war theologischer Magister der Universit¨at Prag; er ist 1389 als Canonicus in Eichst¨att bezeugt und 1391 als Pfarrer in Schlicht (Di¨ozese Regensburg). Von 1396 bis zu seinem Tod wirkte er als Pfarrer von St. Sebald in der k¨onigsnahen Reichsstadt N¨urnberg. F. war Pronotar und Gesandter in rats¨ahnlicher Stellung der beiden dt. K¨onige Ruprecht (1401/02) und Sigismund (1411). Johannes Hus soll auf seiner Reise nach Konstanz F. besucht und mit diesem disputiert haben. F. besaß eine umfangreiche Privatbibliothek von 102 lat. Codices, 744

Gebet- und Andachtsbuch der Katharina Rutzin die er der Kirchenbibliothek St. Sebald vermacht hat und deren Katalog erhalten ist. F. verfasste einen vollst¨andigen Zyklus von Sonntagspredigten, der im alten Bibliothekskatalog des Dominikanerinneklosters St. Katharina in Nu¨ rnberg unter der Signatur E I–III verzeichnet ist und dort h¨aufig zur Tischlesung herangezogen wurde. Jedoch ist lediglich ein Teilband mit Nachschriften der 14 Predigten vom ersten Fastensonntag bis Pfingsten erhalten (E II). S¨amtliche Predigten sind in leicht verst¨andlicher Sprache abgefasst. Sie folgen einem an die scholastische Prediktkomposition angelehnten festen Schema. Der Exegese geht stets eine Vorrede voraus – meist in Quaestio-Form – gelehrte Zitate sind dabei h¨aufig. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV 33, 291 Bll. (Perg. und Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, zweites Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). Ausgabe: Kat. Privatbibl.: Ruf 1939 (s. Lit.) S. 682–685 (Nr. 123). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 748. – Peter Moraw, LexMA 4 (1989) Sp. 545. – Carl Christian Hirsch/Andreas W¨urfel: Lebensbeschreibungen aller Herren Geistlichen, welche in der ReichsStadt N¨urnberg seit der Reformation Lutheri gedienet, benebst einer Beschreibung aller Kirchen und Capellen daselbst. Bd. 1. N¨urnberg 1756, S. 47 f. – Georg Lochner: Alphabetisches Verz. der im ersten Theil v. ‹Frankfurts Reichscorrespondenz› vorkommenden N¨urnberger. In: Anz. f¨ur Kunde der dt. Vorzeit NF 10 (1863) Sp. 349–355, hier Sp. 351 f. – Paul Ruf u. a.: Ma. Bibliothekskat. Deutschlands und der Schweiz. Bd. 3,3: Bistum Bamberg. M¨unchen 1932, S. 604 (Kat. St. Katharina). – Anke Wrigge: Stud. zu dem N¨urnberger Prediger Albrecht Fleischmann († 1444). Hausarbeit Univ. G¨ottingen 1989. – Burkhard Hasebrink: Tischlesung und Bildungskultur im N¨urnberger Katharinenkloster. Ein Beitr. zu ihrer Rekonstruktion. In: Schule und Sch¨uler im MA. Beitr. zur europ¨aischen Bildungsgesch. des 9. bis 15. Jh. Hg. v. Martin Kintzinger u. a. (Beihefte zum Arch. f¨ur Kulturgesch. 42). K¨oln u. a. 1996, S. 187–216, hier S. 207. – Antje Willing: Lit. und Ordensreform im 15. Jh. Dt. Abendmahlsschr. im N¨urnberger Katharinenkloster (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 4). M¨unster u. a. 2004, S. 35, 63, 65. – Rudolf Distler: A. F. und Georg Hartmann. Zwei bedeutende B¨urger aus 745

um 1400

Eggolsheim. In: Fr¨ankische Schweiz. Zs. f¨ur Mitglieder und Freunde des Fr¨ankische-Schweiz-Ver. 3/2005, S. 15 f. VZ Gebet- und Andachtsbuch der Katharina Rutzin. Katharina lebte als Nonne im N¨urnberger Katherinenkloster der Dominikanerinnen. Sie gilt als Erstbesitzerin des in einer einzigen Handschrift u¨ berlieferten G.s. Als Katharina 1447 starb, ging der Kodex an ihre Schwester Barbara u¨ ber. Diese lebte ebenfalls als Nonne im Katherinenkloster, besaß eine kleine Sammlung von neun Handschriften und starb 1472. Ob die beiden Schwestern jenseits ihrer Eigent¨umerschaft Anteil am Entstehen der Handschrift hatten, ist fraglich. Das G. d¨urfte n¨amlich bereits um 1400 entstanden sein und weist insgesamt 13 Schreibh¨ande in neun Teilen auf. Uneinheitlich ist das G. außerdem in seiner Mischung aus dt. und lat. Texten; auch lat. Texte ¨ mit dt. Uberschriften sind enthalten. Inhaltliche Bez¨uge bestehen zu den dominikanischen Offizien; daneben besitzt das G. einen substantiellen Anteil mystischer Werke. Dazu z¨ahlen der Disput zwischen der minnenden Seele und unserem Herren (13r–16v), der sich etwa auch im Buch von der g¨ottlichen Liebe der Dorothea von Hof findet, weiterhin Ausz¨uge aus Von der edelkeit der sˆele (16v–22v) des Ps.-Eckhart, der erbauliche Traktat Die Zeichen eines wahrhaften Grundes (101r–110v) und das Gedicht Von Armut des Geistes (124r–126v). Unter den Haupttexten des G.s sind außerdem ein l¨angeres Augustinusgebet (159v–162r) und ein ausf¨uhrliches S¨undenbekenntnis, die sog. N¨urnberger Beichte (127r–135v). Weitere Teile der Handschrift umfassen konventionelle Heiligen-, Schutz-, Toten- und Tagzeitengebete sowie Psalmen und Exempla. Auch eine Teufelsbeschw¨orung (152r), eine unvollst¨andige Fassung des Tobiassegens (89v) und eine lat. Fassung von Joh 1,1–14 (27v–28v) wurden eingef¨ugt. Insgesamt gilt die Handschrift als typisches Beispiel zeitgen¨ossischer G., in diesem Fall mit einem starken mystischen Anteil f¨ur die private Lekt¨ure. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VII 8 (Perg., Katharinenkloster N¨urnberg, um 1400, n¨urnbergisch mit bair. und alemannischen Anteilen, insgesamt 13 Schreibh¨ande). Ausgaben: Teildruck der Bll. 127r–135v (sog. N¨urnberger Beichte) bei Bruchhold 2010 (s. Lit.). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1124 f. – Karl Fischer: Die Buchmalerei in 746

um 1400

Die Ges¨ange der sieben Klausnerinnen

den beiden Dominikanerkl¨ostern N¨urnbergs. Diss. Erlangen 1928, S. 42 f. – Paul Ruf: Ma. Bibliothekskat. 3,3. Bistum Bamberg. Mu¨ nchen 1939, S. 582, 635. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (Mu¨ nchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952, S. 46. – Karin Schneider: Die Hss. der StB N¨urnberg. Bd. 1. Wiesbaden 1965, S. 271–275. – Verena Holzmann: ‹Ich beswer dich wurm und wyrmin ...› Formen und Typen altdt. Zauberspr¨uche und Segen (Wiener Arbeiten zur germ. Altertumskunde und Philologie 36). Bern u. a. 2001, S. 295–297. – Ullrich Bruchhold: Deutschsprachige Beichten im 13. und 14. Jh. Editionen ¨ und Typologien zur Uberl.-, Text- und Gebrauchsgesch. vor dem Hintergrund der a¨ lteren Tradition (MTU 138). Berlin/New York 2010, S. 4, 429–442. MM

¨ um Hilfe beim Dichten (V. 1–46) und einer Uberleitung in V. 52–307 eine Passionsdichtung, in der das Farbenthema keine große Rolle spielt. Die Passio Christi (des Braunen), dessen menschliche Natur sein «wappenclayt» ist und den der Graue (Gottvater) zur Kreuzigung bestimmt hat, wird als ritterlicher Kampf dargestellt. Der bei der Auferstehung (V. 308–420) erscheinende Wappenschild zeigt, die Farbenthematik wieder aufgreifend, den Gnadenstuhl («das drey») und die Evangelistensymbole («das quater»). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 714, 189r–198v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair.). Ausgabe: W. v. Wickede, S. 33–44. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 11 (2004) Sp. 602 f. – Walther v. Wickede: Die geistlichen Gedichte des cgm 714. Hamburg 1909. BJ

Die Ges¨ange der sieben Klausnerinnen. – Nonnenlied des 14. oder 15. Jh. In dem h¨ochstwahrscheinlich im 1232 gegr¨undeten Dominikanerinnenkloster Unterlinden in Colmar entstandenen Lied (der Titel stammt von Spamer, in der Handschrift heißt es «Eyn liedein») geht es um Aussagen von sieben «jungfrowen» u¨ ber das Christuskind und die Christusminne. ¨ Uberlieferung: Colmar, StB, Ms. 268 (Kat.Nr. 210), 147v–149r (um 1440/44, aus dem Kloster Unterlinden bei Colmar). Ausgaben: Karl Bartsch: Beitr. zur Quellenkunde der altdt. Lit. Straßburg 1886, S. 318–321. – Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 180–183. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 13–15. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 113 f., 118, 214, 221, 223, 229. – Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. u. 15. Jh. Diss. Greifswald 1936, bes. S. 29 f. – Sp¨atlese des MA. Aus den Hss. hg. und erl. v. Wolfgang Stammler. Bd. 2 (TspMA 19). Berlin 1965, S. 101 f. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, bes. S. 38, 431–434, 454–456 und 582 (Reg.). BJ

Heinrich II. – Deutschsprachige Prosalegenden. Die volkssprachlichen Bearbeitungen der H.Legende in Prosa wurden bislang noch nicht methodisch dargestellt. Eine gek¨urzte Prosafassung des legendenhaften H.-Gedichts des → Ebernand von Erfurt wurde um 1400 in das Legendar Der → Heiligen Leben eingearbeitet und davon ausgehend in die Regensburger, die Harburger Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) und (stilistisch variiert) in → Der Heiligen Leben, Redaktion aufgenommen. Anna → Ebin) nahm die H.- und KunigundeLegenden in ihr rote[n] puch, da etlich heyligen an steen auf. → Regula von Lichtental u¨ bersetzte eine gek¨urzte lat. Fassung der H.-Vita und nahm sie in ihr Buch von den hl. M¨agden und Frauen (209v–211r) auf. Zwei H.-Viten wurden dem urspr¨unglichen Bestand der Els¨assischen Legenda aurea sp¨ater hinzugef¨ugt; die erste entstand vor 1382 in Straßburg nach der Vita Henrici (→ Adalbert von Bamberg) und wurde u¨ ber Jakob → Twinger von K¨onigshofen weiter verbreitet, die zweite ist fragmentarisch um 1450 in St. Gallen (Stiftsbibl., Cod. 592, 518) u¨ berliefert. Ferner scheint die H.-Legende im Umkreis der S¨udmndl. Legenda aurea auf, z.B. Paris, Bibl. Nat., Ms. all. 35, 128r–135v. Literatur: Konrad Kunze, VL2 3 (1981) Sp. 659 f.; 11 (2004) Sp. 614. – Luzian P. Pfleger: Kaiser H. der Heilige und das Bistum Straßburg. In: Els¨assische Monatsschr. f¨ur Gesch. und Volkskde. 1 (1910) S. 65–79. – Volker Mertens: Verslegende

Die heiligen Farben. – Reimpaargedicht von der Passion und dem Wappen Christi, sp¨ates 14. oder erste H¨alfte 15. Jh. In dem 428 Verse umfassenden Gedicht folgt nach dem Prolog, der Bitte an den Heiligen Geist 747

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Johannes von Schoonhoven und Prosalegendar [...] In: Poesie und Gebrauchslit. im dt. MA. W¨urzburger Colloquium 1978. Hg. v. Volker Honemann u. a. T¨ubingen 1979, S. 264–289. – K. Kunze: Die ‹Lampartica historia› des Jakob Twinger v. K¨onigshofen. In: ZfdA 109 (1980) S. 146–152. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ih¨ rer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Klaus Guth: Kaiser H. II. und Kaiserin Kunigunde. Das hl. Herrscherpaar. Leben, Legende, Kult und Kunst. Petersberg 22002. SF Die Judin ¨ und der Priester. – Mirakelerz¨ahlung, entstanden wohl im sp¨aten 14. oder fr¨uhen 15. Jh. im ostfr¨ankischen Raum. Das Thema ist nach Prolog und Epilog die Frage nach der Heiligkeit des Sakraments bei einem in S¨unde lebenden Priester (vgl. Contra hereticos des → Augustinus, nach dem die Heiligkeit der Eucharistie von den moralischen Qualit¨aten des Priesters unabh¨angig ist). Erz¨ahlt wird von einem Priester, der ein Verh¨altnis mit einer Ju¨ din hat. Als er an einem Sabbat mit ihr schlafen will, gibt sie seinem Dr¨angen nur widerwillig nach und r¨acht sich sp¨ater damit, dass sie ihn in einer Nacht verf¨uhrt, bevor er das Hochamt zelebrieren muss. Vor der Messe wird der Priester durch drei Engel von allen S¨unden rein gewaschen, die anschließend jedoch wieder u¨ ber ihn gegossen werden. Die J¨udin hat das Wunder mitverfolgt und bekehrt sich zum christlichen Glauben. Priester und J¨udin leben fortan tugendhaft. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. K 408, 87vb–89vb (Pap., 1430–35, auf der Grenze zwischen Schw¨abisch, Bair. und Ostfr¨ankisch [nach alemannisch-schw¨abischer Vorlage]). Ausgaben: Adelbert v. Keller (Hg.): Erz¨ahlungen aus altdt. Hss. (Bibl. des Litterarischen Vereins in Stuttgart 35). Stuttgart 1855, S. 57–64. – Rolf Max Kully/Heinz Rupp (Hg.): Der m¨unch mit dem genßlein. 13 sp¨atma. Verserz¨ahlungen. Aus dem Codex Karlsruhe 408 (RUB 9379–81). Stuttgart 1972, S. 131–139. – Codex Karlsruhe 408. Bearb. v. Ursula Schmid (Dt. Sammelhss. des sp¨aten MA; Bibliotheca Germanica 16). Bern/M¨unchen 1974, S. 363–369. Literatur: Rolf Max Kully, VL2 4 (1983) Sp. 897–899. – Werner Williams-Krapp/Red., Killy2 6 (2009) S. 199 f. – R. M. Kully: D. J. u. d. P. In: Wirkendes Wort 22 (1972) S. 133–142. – Dieter 749

um 1400 R. Bauer/Klaus Herbers (Hg.): Mirakel im MA. Konzeptionen, Erscheinungsformen, Deutungen. Stuttgart 2002. BJ Johannes von Schoonhoven, * um 1356 Schoonhoven, † 22.1.1431, nach anderen Angaben 24.10.1456 Groenendael. – Augustinerchorherr, Theologe. J. wurde 1374 in Paris promoviert und lebte seit etwa 1377 als Augustinerchorherr in Groenendael. Er war dort 1409/10 Prior, seit 1412 Subprior und außerdem Novizenmeister. J. wurde stark von → Jan von Ruusbroec beeinflusst, den er auch o¨ ffentlich gegen den Vorwurf des Pantheismus verteidigte. J. hinterließ zahlreiche lat. Episteln und Predigten. Unter anderem legte er in der zwischen 1400 und 1419 entstandenen Abhandlung De contemptu mundi seine Lehre von dem Primat der g¨ottlichen Liebe dar. J.s Epistola in Eemsteyn (um 1414/16) wurde durch Friedrich K¨olner († 1451) auch in dt. ¨ Ubersetzung aufgezeichnet. K¨olner war ein Benediktiner aus Hersfeld, der 1430–36 in St. Gallen lebte. Er schrieb J.s Briefe als Lekt¨ure f¨ur Kloster¨ schwestern ab. Die Ubersetzungen selbst stammen aber wahrscheinlich nicht von ihm. ¨ Uberlieferung (dt.): Wil/St. Gallen, Klosterarch. St. Katharina, Cod. M 47, 48r–84r (Pap., St. Gallen, um 1430–36, alemannisch, Autograph Friedrich K¨olners). – Zur umfangreichen lat. ¨ Uberl. vgl. Gruijs/Persoons 1966 (s. Lit.). Ausgabe: Verz. der lat Ausg. bei Kohl 1992. Literatur: ADB 32 (1891) S. 307. – Albert Gruijs: Jean de S. In: Dict. Spir. 8 (1973) Sp. 724–735. – Eva Irblich: K¨olner, Friedrich. In: VL2 5 (1985) Sp. 46 f.; VL2 11 (2004) Sp. 864. – Wilhelm Kohl, BBKL 3 (1992) Sp. 559–561. – Frans Hendrickx, LThK3 5 (1996) Sp. 966. – Roger Aubert, DHGE 27 (2000) Sp. 605. – Jacques Huijben: Jan van S. leerling van den Zaligen Jan van Ruysbroec. In: Ons Geestelijk Erf 6 (1932) S. 282–303. – Stephanus Axters: Een onuitgegeven Brief van Jan van S. In: ebd, 16 (1942) S. 130–132. – Ders.: S.’s kapittelpreek ‹Nos autem gloriari oportet›. In: ebd. 17 (1943) S. 26–45. – Willem de Roy: Briefwisseling tusschen Petrus van Herenthals en Jan van S. In: ebd. 19 (1945) S. 151–210. – Ludwog Moereels: Twee collati¨en van Cornelius Jansonius van S. (O. Carth.). In: ebd. 20 (1946) S. 391–433. – Albert Ampe: L’authenticit´e de l’Epistola de caritate et son rˆole dans la controverse entre S. et 750

um 1400 Gerson. In: Revue du moyen aˆ ge latin 11 (1955) S. 283–318. – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Middelnederlandse vertalingen van J. van S.’s werken. In: Nederlands archief voor kerkgeschiedenis NS 41 (1955/56) S. 129–142. – Joseph van Staten: Jan van S. en Sint Bernardus. In: Citeaux 10 (1959) S. 219–223. – Albert Gruijs: Jean de S., sa vie et son oeuvre. In: Archivum latinitatis medii aevi 32 (1962) S. 135–187. – Ders.: Jean de S., De contemptu huius mundi. In: ebd. 33 (1963) S. 35–97. – Ders./Ernest Persoons: Index des manuscrits contenant les oeuvres de Jean de S. (1356–1432). In: Scriptorium 20 (1966) S. 75–82. – Barbara Christine Stocker: Friedrich Colner, Schreiber und ¨ Ubersetzer in St. Gallen 1430–1436 (mit Beigabe der deutschen Wiborada-Vita in dynamischer Edition) (GAG 619). G¨oppingen 1996, S. 57–61. – Anton N¨af/Ren´e Wetzel: Friedrich K¨olner in St. Gal¨ len (1430–1436). Ubers. und Schreibert¨atigkeit im Dienst von Reform und Seelsorge. In: Ma. Lit. im Lebenszusammenhang. Ergebnisse des Troisi`eme Cycle Romand 1994. Hg. v. Eckart Conrad Lutz. Fribourg 1997, S. 317–342. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 124–129. MM Heinrich von Coesfeld (Henricus Kemenade, Kemenadius) OCart, † 1410 Kartause Genadedal (bei Br¨ugge). – Theologe, Prediger, Prior. H., der aus dem m¨unsterl¨andischen Coesfeld stammt, trat 1369 in die Kartause Monnikhuizen bei Arnheim ein. Bereits 1373 wurde er in der Nachfolge Heinrich → Eghers dort Prior. W¨ahrend H.s Amtszeit hielt sich 1374–76 Geert → Groote in Monnikhuizen auf. 1374 wurde H. vom Generalkapitel zu einem der acht Diffinitoren des Kart¨auserordens bestellt, denen wichtige Verwaltungsaufgaben zukamen. 1378–81 war H. Prior der Kartause Geertruidenberg bei Arnheim, 1381–1401 Prior von Zeelhem bei Diest, danach wieder in Geertruidenberg bis zu seinem Tod, der ihn auf einer Visitation ereilte (1406 hatte H. auch das Amt des Visitators der Ordensprovinz Rheni u¨ bernommen). Als enger Berater des Generalpriors Stephan Maconi war er 1409/10 um die Einheit des Ordens bem¨uht, der sich in der Folge des Großen Schismas 1382 gespalten hatte. 1410 auf dem Generalkapitel in der Grande Chartreuse wurde die Einheit wiederhergestellt und H. erneut zum Diffinitor und Visitator der Picardie ernannt. In seinen Schriften widmet sich H. dem kartusianischen Ordensleben, wobei die vorkritischen 751

Heinrich von Coesfeld Werkverzeichnisse ihm gewiss zu viele Schriften zuweisen. Neben Gebeten und Predigten gibt es f¨unf Schriften, die H. explizit und meistens mehrfach zugeschrieben werden. Dem in zwei B¨ucher aufgeteilten Traktat De tribus votis monasticis (De tribus votis substantialibus religionis) liegt ein Vortrag auf einem Generalkapitel zu Grunde. Im ersten Buch werden das Ordensgel¨ubde, Armut, Keuschheit und Gehorsam behandelt sowie Verletzungen der Ordensregeln scharf kritisiert. Im zweiten widmet sich H. der Zul¨assigkeit von Eigenbesitz im Kloster, den er unmissverst¨andlich zur¨uckweist. Der Traktat steht in asketischer Tradition und hat Qualit¨atsmerkmale scholastischer Predigten und Disputationen. Haupteinfl¨usse sind → Bernhard von Clairvaux und → Thomas von Aquin neben Basilius, Johannes → Klimakos und mitunter Heinrich von Gent. Epistula de instructione iuvenum et novitiorum ist ein Brieftraktat an einen Unbekannten zur Un¨ terweisung von Novizen. Eine mndl. Ubersetzung war auch in Nonnenkl¨ostern verbreitet. Die Schrift De dulcedine evangelice perfectionis dient gleichsam der Novizenunterweisung mit Schwerpunkt auf dem Armutsgebot. Der nach scholastischer Art angelegte Traktat De sacramanto eucharistiae (Liber de utili et opportuna institutione sacramenti eucharistiae) entwickelt auf Grundlage kirchlich-gelehrter Tradition (vor allem Thomas von Aquin) eine Theologie der Eucharistie. Meditatio devota (Praeparatio ad missam) ist eine dem Priester zur Vorbereitung der Messe zugedachte Meditation u¨ ber die Eucharistie. ¨ In der Uberlieferung der Meditatio schließen sich in den meisten Codices Gebete zur Eucharistie an. Ein Mariengebet (Incipit: «Ave Maria, dei genitrix, beatissima virgo») wurde in das Orationale magnum des Zisterzienserkonvents Camp aufgenommen. H. genoss in seinem Orden einen hervorragenden Ruf als Prediger. Als Prior kamen ihm die Kapitelpredigten an den 14 Festtagen des Kirchenjahres zu. Die Anzahl seiner u¨ berlieferten Predigten schwankt ¨ je nach Uberlieferungstr¨ ager, zu jedem Fest sind drei bis sechs Predigten insgesamt u¨ berliefert. Unsichere Zuschreibungen sind der asketische Traktat Circumcisorium mysticum u¨ ber die monastische Disziplin, f¨ur dessen Zuweisung an H. sich kein sicheres handschriftliches Indiz finden l¨asst und der unikal u¨ berlieferte Tractatus de audiendi missis, der im Codex wohl unter H.s Namen steht, den Werkverzeichnissen aber nicht bekannt ist (vgl. Worstbrock, VL2 11 [2004] Sp. 617). ¨ Uberlieferung: Die erhaltenen Hss. konzentrieren sich auf Best¨ande ehemaliger Kartausen in 752

Von dem Holz des heiligen Kreuzes den Niederlanden, Belgien und am Rhein aufw¨arts bis Basel, liegen damit also im Wirkungsfeld H.s als Prior und Visitator. – De tribus votis monasticis: Vollst. u¨ berl. in 17 Hss., fragm. in 5. – Epistula de instructione iuvenum et novitiorum mndl.: Berlin, SBB., Mgq 1122, 1ra–48rb (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgo 430, 17r–84r (Pap. und Perg., 15. Jh.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 11151–55 (Kat. Nr. 2377), 218r–299r (Pap., 16. Jh.). – Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. I 52 (1738) (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Halle (Saale), Arch. der Franckeschen Stiftungen, Hss.-Hauptabt. P 4, 60v–116r (Pap., um 1450). – Leiden, UB, BPL 2383 (Perg., 15. Jh. [?]). – De dulcedine evangelice perfectionis: scheinbar unikal u¨ berl. in Berlin, SBB, Ms. theol. fol. 225, 167r–180v (Pap., 15. Jh.) – De sacramanto eucharistiae: Vollst. u¨ berl. in 8 Hss., fragm. in 1. – ¨ Meditatio devota: Uberl. in 6 Hss. – Mariengebet im Orationale magnum: Darmstadt, ULB, Hs. 521, 93ra (Pap. und Perg., 1460/62/78). – Predigten: Slg. in 9 Hss., einzel¨uberl. Predigten in 4. – Vgl. zur Ge¨ samtschau der Uberl. Hoekstra, Dict. Spir. 7 (1969), Worstbrock, VL2 11 (2004) Sp. 617–622. Literatur: Jacob Cornelis van Slee, ADB 4 (1986) S. 393 f. – Willehad Paul Eckert, NDB 8 (1969) S. 407. – Eugen Gerard Hoekstra, Dict. Spir. 7 (1969) Sp. 182–184 (Henri de C.). – Paul Deselaers, LThK3 4 (1995) Sp. 1374. – Franz Josef Worstbrock, VL2 11 (2004) Sp. 616–623. – Johannes Trithemius: De scriptoribus ecclesiasticis. In: Opera historica Bd. 1. Hg. v. Marquard Freher. Frankfurt 1612, S. 340. – Ders.: De viri illlustribus. In: ebd., S. 151. – Hendrik Jan Joseph Scholtens: De priors van het kartuizerklooster Monnikhuizen bij Arnhem. In: Archief voor de geschiedenis van het aartsbisdom Utrecht 56 (1932) S. 1–80, hier S. 23–30. – Ders.: De kartuizers bij Geertruidenberg. In: Bossche Bijdragen 18 (1941) 10–122, hier S. 52–63. – H. J. J. Scholtens: Hendrik van Eger uit Kalkar en zijn kring. In: Dr L. Reypens-album. Hg. Albertus Ampe (Stud. en tekstuitgaven van Ons Geestelijk Erf 16). Antwerpen 1964, S. 383–408, bes. S. 404 f. – Heinrich R¨uthing: Der Kart¨auser Heinrich Egher v. Kalkar, 1328–1408 (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 18). G¨ottingen 1965, Reg. – Albert Gruys: Cartusiana. Un instrument heuristique (Inst. de Recherche et a` Histoire des Textes). Bd. 1. Paris 1976, S. 102 f., 108 f.; Suppl. Bd. 3. Paris 1978, S. 451. – Willem Lourdaux/Marcel Haverals: Bibliotheca Vallis Sancti Martini in Lovanio. Bijdrage 753

um 1400 tot de studi van het geestesleven in de Nederlanden (15de – 18de eeuw). Bd. 2 (Symbolae Fac. Litterarum et Philosophiae Lovaniensis A,8). L¨owen 1978, S. 350. – Christian De Backer: De kartuize Monichusen bij Arnhem. Prosopografie samen met de regesten van de zopas ontdekte oorkondenschat. In: Historia et Spiritualitas Cartusiensis. Colloquii Quarti Internationalis Acta. Hg. v. Jan De Grauwe. Destelbergen 1982, S. 69–155, hier S. 69 f., 93. – J. De Grauwe: Historia Cartusiana Belgica (Analecta Cartusiana 51). Salzburg 1985, S. 30, 106, 115, 135. VZ Hoheliedauslegung Sunte Johannes sach in Apocalipsi. – Um 1400. In der vermutlich auf ndl. Gebiet entstandenen Auslegung fallen die h¨aufigen Zitate von V¨atern und Lehrern (u. a. Origenes, → Beda, → Bernhard von St. Victor) auf. Wahrscheinlich besteht Quellengemeinschaft mit dem erbaulichen Traktat → Rede von den f¨unfzehn Graden. ¨ ¨ Uberlieferung: Vgl. Ubersicht bei Wubben (s. Lit.) S. 221 f.; Willeumier-Schalij (s. Lit.) (S. LVI Anm. 85); VL2 4 (1983) Sp. 90. – Beide Teile der Auslegung u¨ berliefern: Berlin, SBB, Mgq 1082. – Ebd., Mgq 1093. – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 2580 (294). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1312, 525 Bll. (Pap, 1538–55, mndl.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 90 f. – C. H. E. Wubben: Over mnl. vertalingen van het Oude Testament. Leiden 1903. – Johanna Marie Willeumier-Schalij: Dat Boec der Minnen. Die Rede von den 15 Graden. Ebd. 1946. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der Staats- und Universit¨atsbibl. Hamburg. Bd. 2 (Kat. der Hss. der Staats- und Universit¨atsbibl. Hamburg II,2). Stuttgart 1985, S. 16–18. BJ Von dem Holz des heiligen Kreuzes. – Mnd. Gedicht, wohl um 1400. Das Gedicht von 776 Versen ist eine Bearbeitung des mnl. Boec van den houte, das auf die zwei ¨ Uberlieferungszweige der lat. Legende zur¨uckgeht und irrt¨umlich → Jacob van Maerlant zugeschrieben wurde. Die beiden u¨ berlieferten Texte sind ¨ wahrscheinlich zwei verschiedene Ubersetzungen ins Mittelniederdeutsche, wobei die Vorlage von B aber neben der mndl. Quelle auch die Vorlage von C benutzt haben k¨onnte. Auf die beiden urspr¨unglichen mnd. Fassungen griff Arnold → Immessen f¨ur seinen S¨undenfall zur¨uck. Der Stoff war im MA beliebt und wurde vielfach gestaltet (vgl. → Heinrich von Freiberg; → Helwig 754

um 1400 [von Waldirstet]; → Kreuzesholzlegende). Es werden zwei urspr¨unglich unabh¨angige Legendenelemente miteinander verkn¨upft: die Vorstellung, dass das Holz von Christi Kreuz vom Paradiesesbaum stamme, und die Erz¨ahlung von Adams Sohn Seth, der ins Paradies zieht, um das nach dem S¨unden¨ der Barmherzigkeit zu holen. fall verheißene Ol ¨ gibt ihm ein Cherub, der ihn vor Anstatt des Ols dem Paradies empf¨angt, drei Kerne vom Baum der Erkenntnis. Seth solle sie nach Adams Tod unter dessen Zunge legen, damit auf dem Grab eine Zeder, eine Zypresse und eine Palme w¨uchsen. Das Holz der drei B¨aume, das im Leben Moses, Davids und Salomons wundersam wirkt, wird schließlich f¨ur das Kreuz Christi verwendet. Die Verheißung ¨ der erf¨ullt sich, als aus den Wunden Christi das Ol Barmherzigkeit fließt, das den Menschen Erl¨osung von ihren S¨unden bringt. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. 102c in scrin. [sog. «Hartbok»], 11r–23v (Pap., zwischen 1471 und 1484, mnd.) (B). – Ebd., Cod. Convent IV, 182r–199r (C). Ausgaben: Van deme holte des hilligen Cruzes. Mnd. Gedicht mit Einleitung, Anm. und Wb. Hg. v. Carl Schr¨oder. Erlangen 1869 (nach B). – Ders.: V. d. H. d. h. K. In: Jb. des Ver. f¨ur Nd. Sprachforschung 2 (1876) S. 88–109 (nach C). Literatur: Ehrismann 2,2 (1935) S. 383. – Ingrid Kasten, VL2 4 (1983) Sp. 117–119. – Carl Schr¨oder (Einl. zur Ausg., s. o.). – Franz Kampers: Ma. Sagen vom Paradies und vom Holze des Kreuzes Christi in ihren vornehmsten Quellen und in ihren hervorstechendsten Typen. K¨oln 1897. – Dat boec van den houte. Eine mndl. Dichtung von der Herkunft des Kreuzes Christi. Hg. v. Lars Hermodsson (Acta Univ. Upsalienis 1). Uppsala 1959, bes. S. 62–64, 71 f., 82–92. – Tilo Brandis: Die Codices in scrinio der Staats- und Universit¨atsbibliothek Hamburg. Hamburg 1972. BJ Jammerruf des Toten. – Dt. Bearbeitungen eines in Handschriften des 15. Jh. zahlreich u¨ berlieferten lat. Bildgedichtes. Die Entstehungszeit der beiden lat. Hymnen Planctus animae damnatae und Lessus damnati mit dem gemeinsamen Incipit O vos omnes qui transitis/Hanc figuram aspicite (auch: Speculum peccatorum) in 21 bzw. 22 vierzeiligen Strophen wird im 11. bis 13. Jh. angesiedelt. Wie in der Allegorie Die → Drei Lebenden und die drei Toten, zu der deutliche Parallelen bestehen, steht auch hier ein erweiterter 755

Jammerruf des Toten Grabspruch aus a¨ lterer Zeit im Zentrum. Die Seele eines reichen jungen Herrn beklagt die Verg¨anglichkeit der Welt und ermahnt die Lebenden durch eine Schilderung der eigenen S¨unden und der erlittenen h¨ollischen Qualen, Buße zu tun, um der ewigen Verdammnis zu entgehen. Einige Handschriften u¨ berliefern begleitend zu dem Gedicht die Abbildung eines Skeletts oder eines in Verwesung begriffenen Leichnams. Dt. Bearbeitungen der Textgruppe J. d. T. lie¨ gen sowohl in Form von wortgetreuen Uberset¨ zungen als auch in Form von freien Ubertragungen vor. 1. London, Wellcome Historical Medical Library, Cod. 49 (mit Bild, lat./dt.). 22 vierzeilige Strophen, entstanden wohl um 1400. Abdruck: Gerhard Eis: Eine unbekannte dt. Bearbeitung des Planctus animae damnatae. In: Neuphil. Mitt. 65 (1964) S. 278–285. – Wiederabdr. in: Ders.: Altgerman. Beitr. zur geistlichen Gebrauchslit. Frankfurt/M. 1974, S. 170–174. 2. Danzig, Bibl. Gdanska PAN, Cod. Mar. F. 171 (1479, lat./dt.). Aus dem Jahr 1432, 22 vierzeilige Strophen. Den zweiten Teil des Gedichts bildet ein Dialog zwischen dem Leib und der Seele aus der → Visio Philiberti. Abdruck: A. Bertling: Ein religi¨oses Gedicht des 15. Jh. In: Altpreußische Monatsschr. 4 (1867) S. 557–564. 3. Basel, UB, Cod. A. IX. 2. – M¨unchen, BSB, Cgm 746. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43e. – ¨ Wien, ONB, Cod. 3097 (im Vorderspiegel, mit Bild, nur Z. 1–39). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 86.3 Aug. 2°. Ausgabe: Gerhard Eis: Ein ‹Jammerruf› aus Boskowitz. In: Stifter-Jb. 8 (1964) S. 165–169. – Koz´aky (s. Lit.) S. 215–217. Die in diesen Handschriften u¨ berlieferte Version des Gedichts bringt zus¨atzlich zur Klage der verdammten Seele eine Schilderung des J¨ungsten Gerichts, einen Einschub aus Von dem → jungesten tage. ¨ 4. Wien, ONB, Cod. 12562 . Diese selbstst¨andige Fassung von 116 Versen bietet eine sehr freie Wiedergabe des lat. Textes. Den Schluss bildet ein Zitat aus dem → Spruch der Engel Uns engel wundert allgeleich. Literatur: Koz´aky (s. Lit.) S. 215 f. 5. Rudolf, S. 43 Anm. 12 und Koz´aky, S. 219 Anm. 2 (s. Lit.) erw¨ahnen weitere, bislang nicht untersuchte Handschriften. Lat. und dt. Versionen des J. d. T. wirkten in den Totentanz-Kompilationen nach. Dt. 756

Johannes von Tepl ¨ Ubertragungen sind etwa in der Einleitung zum → Mittelrheinischen Totentanz und im sog. Augsburger Totentanz enthalten; weitere Texte finden sich im → Spiegelbuch und in De → contemptu mundi; vgl. dazu auch: Jammerruf des toten Leichnams im Grabe. Ausgaben: Georges Kastner: Les Danses des Morts. Paris 1852, S. 11. – Gunhild Roth/Volker Honemann (Hg.): Jammerrufe der Toten. Unters. und Edition einer lat.-mhd. Textgruppe. (ZfdA Beih. 6). Stuttgart 2006. Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 4 (1983) Sp. 500–503. – Istv´an Koz´aky: Gesch. der Totent¨anze. Bd. 1. Budapest 1936, S. 214–219. – Rainer Rudolf: Ars moriendi (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957, S. 43 f. – Stephan Cosacchi: Makabertanz. Meisenheim am Glan 1965. – N. F. Palmer: Die letzten Dinge in Versdichtung und Prosa des sp¨aten MA. In: Dt. Lit. des sp¨aten MA. Hamburger Colloquium 1973. Hg. v. Wolfgang Harms/L. Peter Johnson. Berlin 1975, S. 225–239. – Roth/Honemann (s. Ausg.). SF Johannes Klimakos Climacus, Climax, * um 575, † um 650. – Griechischer asketischer Schriftsteller. Aus dem Leben des K. ist nur wenig bekannt: 40 Jahre lang lebte er als Eremit am Berg Sinai, bis er als bereits betagter Mann Abt des dortigen Klosters wurde. Sein Hauptwerk mit dem Titel Himmelsleiter (auch Paradiesleiter, lat.: Scala paradisi), dem er seinen Beinamen verdankt, erlangte insbesondere Bedeutung f¨ur die asketische Mystik der griechischen Kirche. Darin wird der geistliche Aufstieg eines M¨onchs auf dem Weg zur Vollkommenheit in 30 Graden bzw. Leitersprossen geschildert. Die Rezeption im Westen erfolgte in einer ersten Etappe im Rahmen des Anfang des 11. Jh. entstandenen Florilegium Casinense, das Ausz¨uge der ¨ Himmelsleiter in lat. Ubersetzung umfasst. Von dem italienischen Franziskanerspiritualen Angelo Clareno da Cingoli stammt eine um 1300 entstandene ¨ ¨ vollst¨andige Ubertragung des Werks; eine Uberar¨ beitung dieser Ubersetzung verfasste um 1420 Ambrogio Traversi. → Dionysius der Kart¨auser schrieb vor 1454 einen Kommentar zur Himmelsleiter. Ausgaben: PG 88. Nachdr. Turnhout 1978, Sp. 624–1209. – Bibl. Casinensis. Bd. 3. Montecassino 1877, Textanhang S. 328–330. – S. Giovanni Climaco. Scala paradisi. Hg. und u¨ bers. v. Pietro Trevisan. 2 Bde. Turin 1941. Dt. und ndl. Rezeption: In das um 1400 in Dominikanerkreisen entstandene → Buch des Gehorsams wurden zuerst Exzerpte 757

um 1400 aus dem «buch von den stigen eins volkumen lebens» aufgenommen. Im Rahmen der Bewegung der Devotio Moderna erwachte dann ein neues Interesse an der Altv¨aterspiritualit¨at und damit auch an J. K.’ Scala paradisi, wie zahlreiche Exzerpte daraus im Umfeld der Bewegung belegen. Zitiert wird die Schrift auch in Kapitel 9 des franziskanischen Traktats Von der → g¨ottlichen Liebe. Ein rheinfr¨ankischer Traktat Gegen die Gottesl¨asterung bezieht sich ebenfalls auf J. K. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 813/1343 8°, 42r–43r. ¨ Eine nd. Ubersetzung enthielt die verschollene Handschrift Privatbesitz Hans Mu¨ ller-Brauel, Haus Sachsenheim bei Zeven, Nr. 28 (Pap., Ende 15. Jh., nd.; verschollen). Literatur: G. Couilleau, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 369–389. – Michael Plathow, BBKL 3 (1992) Sp. 442 f. – Christoph Joest, LThK3 3 (1995) Sp. 925 f. – Heinrich Holze, RGG4 4 (2001) Sp. 527 f. – Nigel F. Palmer, VL2 11 (2004) Sp. 775–777. – Ferdinand Wilhelm Emil Roth: Mittheilungen XII. In: Germania 37 (1892) S. 286 f. – Livario Oliger (Hg.): Expositio regulae fratrum minorum auctore Angelo Clareno. Quaracchi 1912, S. XXXIV–LV. – Berthold Altaner: Die Kenntnis des Griechischen in den Missionsorden w¨ahrend des 13. und 14. Jh. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 53 (1934) S. 436–493, bes. ¨ S. 482–485. – Albert Siegmund: Die Uberl. der griechischen christlichen Lit. in der lat. Kirche bis zum zw¨olften Jh. M¨unchen 1949, S. 180. – J. Gribomont: La ‹Scala Paradisi› [...]. In: Studia monastica 2 (1960) S. 345–358. – Maurice Geerard (Hg.): Clavis Patrum Graecorum. Bd. 3. Turnhout 1979, S. 476–478. – Colm Luibheid/Norman Russell (Hg.): John Climacus. The Ladder of Divine Ascent. London 1982, S. 1–70. SF Johannes von Tepl (Johannes v. Saaz, Johannes Henslini de Sitbor), * vermutlich um 1350 Tepl´a (Tepl) B¨ohmen, † vor April 1415 Prag. – Verfasser des Ackermann aus B¨ohmen (1400/1401), einer der wichtigsten Prosadichtungen sp¨atma. dt. Literatur. ˇ J., Sohn des im westb¨ohmischen Sitboˇ r t¨atigen Pfarrers Henslin, absolvierte wahrscheinlich ein Studium in Prag und war sp¨atestens seit 1383, wahrscheinlich aber schon vor 1378 Notar («notarius civitatis») in Saaz; daneben war er sp¨atestens seit 1383 als Rektor der dortigen Lateinschule t¨atig. 758

um 1400 Seit 1386 begegnen die Bezeichnungen «Pragensis diocesis publicus auctoritate imperialis notarius» ¨ und «tabellio imperialis». Diese Amter bekleidete J. ¨ bis 1411, als die Ubersiedlung nach Prag erfolgte, wo er das Stadtschreiberamt in der Prager Neustadt u¨ bernahm. J. legte 1411 einen neuen Band des Prager Stadtbuches an und ließ sp¨ater ein Gerichtsbuch und ein Losungsbuch folgen. Er war lat. gebildet (vgl. seine Dictamina), beherrschte die tschechische (Gelegenheitsverse, Kommentare zu Urkunden) und die dt. Sprache (Ackermann aus B¨ohmen). Ein lat. Widmungsschreiben an den Jugendfreund und Prager B¨urger Petrus Rothers begleitete das einzige u¨ berlieferte literarische Werk des J., den in dt. Sprache verfassten Ackermann aus B¨ohmen (A.). In dem Brief nennt sich J. als Autor des A. und betont die f¨ur ihn zentrale Bedeutung der rhetorischen Ausgestaltung der Schrift. Bislang ist es zahlreichen Versuchen zum Trotz nicht gelungen, den Archetyp der Dichtung g¨anzlich zu rekonstruieren, daher ist nicht gekl¨art, ob sich J. in diesem Schreiben auf den A. in der uns vorliegenden Form bezieht: Bei der um 1400 entstandenen Dichtung handelt es sich um ein Streitgespr¨ach in dialogischer Form nach dem Muster eines ma. Prozesses. Als Anlass der Dichtung wird der Tod einer jungen Frau und Mutter namens Margaretha am 1. 8. 1400 genannt; dass es sich dabei um einen realen Trauerfall handelt, ist jedoch unwahrscheinlich. In 32 Wechselreden kommt im A. jeweils einer der beiden Gegner, ein Witwer und der Tod, zu Wort: Ein Saazer Schreiber, allegorisch als A. dargestellt, klagt den Tod wegen des vorzeitigen Verlustes der Gattin an und beschuldigt ihn, die Herrschaft Gottes auf Erden zu st¨oren. In seiner Rechtfertigung behauptet der Tod, Gott selbst habe ihm den Auftrag gegeben, alle Kreatur zur Strafe f¨ur den S¨undenfall ¨ zu vernichten. Der A. bleibt bei seiner Uberzeugung, Gott habe die Welt und die Lebewesen nicht geschaffen, damit sie zugrunde gehen. Am Schluss (33. Kapitel) erkl¨art Gott in seinem Urteilsspruch, der Kl¨ager klage zu Unrecht, denn er habe seine Frau von Gott nur verliehen bekommen, das irdische Leben sei nur ein zeitlich beschr¨anktes Leben. Dem Tod wird sein Hochmut verwiesen, er habe seine Gewalt nur von Gott. Im abschließenden Gebet f¨ugt sich der A. in Gottes Urteil, erkennt die Gerechtigkeit von Gottes Wort an und bittet Gott um das Seelenheil seiner Frau. 759

Johannes von Tepl Unter den unmittelbaren thematischen Quellen stechen der Tractatus de crudelitate mortis und der Dialogus mortis cum homine, mittellat. Streitgespr¨ache, in denen der Tod als personifizierte Figur begegnet, besonders hervor. Ferner dienten als Modelle das ¨ Buch der Liebkosung, eine Ubersetzung der pseudoaugustinischen Soliloquia animae ad deum, sowie die nach originalen Seneca-S¨atzen zusammengestellte Schrift De remediis fortuitorum und die Consolatio philosophiae des → Boethius. In der dt. Literatur fand der A. breite Resonanz, wenngleich keine direkte Nachfolge; es hat ihn jedoch das tschechische Streitgespr¨ach Tkadleˇcek (Das Weberlein) als Vorlage benutzt. Der A. steht zwischen der alten, glaubensstarken Welt des MA und dem neuen, beginnenden Renaissancezeitalter, indem die W¨urde und Freiheit des Menschen sowie sein Gl¨ucksanspruch thematisiert werden. Die L¨osung des Konflikts bleibt (in Auss¨ohnung und Ergebung) ma. Der Text ist streng durchkomponiert und mittels vor- und r¨uckgreifender Wort- und Satzparallelismen zu einer Einheit zusammengeschlossen. Die Prosa ist gekennzeichnet durch teilweise freie Rhythmen, Dreigliedrigkeit der Satzteile, Tropen und das Bestreben, die Typen des lat. Cursus in die dt. Sprache umzusetzen. Die Sprache ist im Lautstand der nhd. Schriftsprache schon nahe, der Stil ist von der notariellen Rhetorenkunst gepr¨agt. ¨ ¨ Uberlieferung: Die Uberl. setzt um die Mitte des 15. Jh. ein, hsl. in: Berlin, SBB, Mgq 581, 2r–36r (Pap.). – Ebd., Mgq 763, 151v–182v (Pap.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. 1634–35. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 8735, 149r–159v (Pap., 1460/70, els¨assisch). – Heidelberg, UB, Cpg 76 (Pap., um 1470, schw¨abisch). – Innsbruck, UB/LB, Cod. 60, 231r–247v (Pap.). – Jena, UB/LB, Ms. Sag. f. 13 (Pap., um 1475). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Blasien 11, 89r–106v (Pap., um 1471–1473, alemannisch mit schw¨abischem Einschlag). – Ebd., Cod. St. Georgen 70, 89r–106r (Pap., 1490). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 252, 176v (Pap., fragm.). – Ebd., Cgm 579, 40r–55r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Clm 8445, 239r–244r (Pap.). – Ebd., Clm 17662, 44r–51r (Pap.). – Ebd., Clm 27063, 163r–166v (Pap.). – Stuttgart, LB, Cod. HB X 22, 238r–263v (Pap., 1470, bair.). – Ebd., Cod. HB X 23, 2r–18r (Pap., Mitte 15. Jh., ostmitteldt.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 75.10 Aug. 2°, 84r–107r (Pap., 1468, ostschw¨abisch). – Z¨urich, ZB, Cod. B 760

Die Neue Ee 325, 98r–109v (Pap.). – Ferner 17 Drucke zwischen ca. 1460 und 1547. Ausgaben: Werner Schr¨oder (Hg.): Die ‹A.›Hss. E (clm 27063) und H (cgm 579). 2 Bde. Wiesbaden 1987. – Karl Bertau (Hg.): J. de T. Epistola cum Libello ackerman und Das b¨uchlein ackerman. 2 Bde. Berlin/New York 1944. – Christian Kiening (Hg.): J. v. T. Der A. Fr¨uhnhd./Nhd. (RUB 18075). Stuttgart 2000. Durchges. und verb. Ausg. 2002. Literatur: Antonin Hrub´y, NDB 10 (1974) S. 568–571. – Gerhard Hahn, VL2 4 (1983) Sp. 763–774; 11 (2004) Sp. 797. – Dietrich Schmidtke, LexMA 5 (1991) Sp. 607 f. – Hellmut Rosenfeld, BBKL 3 (1992) Sp. 593–595. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 393 ff. u. o¨ . – C. Kiening, Killy2 6 (2009) S. 168–171. – Ernst Schwarz (Hg.): Der A. aus B¨ohmen und seine Zeit. Darmstadt 1968. – Anton´ın Hruby: Der ‹A.› und seine Vorlage (MTU 35). Mu¨ nchen 1971. – Robert Ralph Anderson/James Charles Thomas: Index verborum zum ‹A. aus B¨ohmen›. Ein alphabetisch geordnetes Wortreg. zu Textgestaltungen des ‹A. aus B¨ohmen› v. Knieschek bis Jungbluth. 2 Bde. Amsterdam 1973/74. – Josef Sz¨ov´erffy: Der ‹A. aus B¨ohmen› und die Hymnentradition. Eine bisher unbeachtete Quelle f¨ur die Aufz¨ahlung der Artes in Kapitel XXVI. In: Germanistische Abh. MA, Barock und Aufkl¨arung. Gesammelte Schr. Hg. v. J. Sz¨ov´erffy (Medieval Classics: Texts and Studies 8). Brookline, MA/Leyden 1977, S. 89–96. – Nigel F. Palmer: ‹Antiquitus depingebatur›. The Roman Pictures of Death and Misfortune in the ‹A. aus B¨ohmen› and Tkadleˇcek, and in the Writings of the English Classicizing Friars. In: DVjs 57 (1983) S. 171–239. – Samuel Peter Jaffe: Die Konzipierung der Ackermanndichtung im Prager Metropolitankapitel Cod. O.LXX. In: FS Hans-Gert Roloff. Hg. v. Joseph P. Strelka/J¨org Jungmayr. Bern 1983, S. 46–63. – Gerhard Hahn: Der A. aus B¨ohmen des J. v. T. Darmstadt 1984. – Ders.: Altes und Neues im ‹A. aus B¨ohmen› des J. v. T. In: Studia Linguistica et Philologica. FS Klaus Matzel. Hg. v. HansWerner Eroms u. a. Heidelberg 1984, S. 295–303. – Wolfgang Spiewok: Der ‹A. aus B¨ohmen› und der dt. Renaissance-Humanismus. In: Ergebnisse der XXI. Jahrestagung des Arbeitskreises ‹Dt. Lit. des MA›. Greifswald 1989, S. 6–20. – N. F. Palmer: Der Autor und seine Geliebte. Literarische Fiktion und Autorschaft des J. v. T. In: Autor und Autorschaft im MA. Hg. v. Elizabeth Andersen u. a. T¨ubingen 1998, S. 299–322. – C. Kiening: 761

um 1400 Schwierige Modernit¨at. Der ‹A.› des J. v. T. und die Ambiguit¨at hist. Wandels. T¨ubingen 1998. – Ders.: Schicksalsdichtung. Der b¨ohmische ‹A.› in der Moderne. In: Germanoslavica 6 (1999) S. 1–30. – Albrecht Hausmann: Der ‹A.› des J. v. T. und die Prager Juden um 1400. In: PBB (T¨ub.) 125 (2003) S. 292–323. – J¨urgen Geiß: J. v. T.: Der Ackermann aus B¨ohmen. In: Aderlaß und See¨ lentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 149 f. – Hildegund Gehrke: Die Begriffe ‹MA›, ‹Humanismus› und ‹Renaissance› in den Interpretationen des ‹A. aus B¨ohmen›. G¨oppingen 2004. – Albrecht Dr¨ose: Der ‹A.› als Widerstreit: Ein Lekt¨ureversuch anhand einer Theoriefigur v. Jean-Fran¸cois Lyotard. In: Zs. f¨ur Germanistik 16 (2006) S. 26–42. – Ag´ata DinzlRybarov´a: Der ‹A. aus B¨ohmen› und der alttschechische ‹Tkadlˇeek›. G¨oppingen 2006. – C. Kiening: J. v. T. Der A. (um 1410). In: Literarische Performativit¨at. Lekt¨uren vormoderner Texte. Hg. v. Cornelia Herberichs/C. Kiening (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen 3). Z¨urich 2008, S. 280–296. SF Die Neue Ee. – Neutestamentliche Historienbibel, um 1400. Hauptquellen der im Oberdeutschen entstandenen und unter verschiedenen Titeln in Handschriften und Drucken verbreiteten Prosaaufl¨osung des neutestamentlichen Teils einer Bearbeitung der Weltchronik → Heinrichs von Mu¨ nchen waren Bruder → Philipps Marienleben und das → Passional. Der Bearbeiter schuf aus der Reimvorlage ein stilistisch einheitliches Porsawerk, das bis zur Reformation unter den Laien als Neues Testament weit verbreitet war. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 67, 457ra–483va (Pap., wohl vor 1468; in einer k¨urzenden Bearbeitung der ‹Wien-Z¨urcher Bibel›). – Ebd., Mgq 1197, 1r–123v (Pap., 15. Jh., bair.o¨ sterr.). – Ebd., Mgq 1861. 1ra–126vb (Pap., geschrieben 1447, illuminiert 1452, bair.-¨osterr.). – Ebd, Mgo 484 (fr¨uher Cheltenham, Bibl. Philippica, Cod. 1153), 249r–312r (Pap., 1492–98, schw¨abisch). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. A 26, 1ra–117vb (Pap., 1470–75, nordbair.). – G¨ottweig, Stiftsbibl., Cod. 290 (rot) / 320 (schwarz) (fr¨uher M 24), 7r–204v (Pap.,15. Jh., mittelbair.). – Graz, Landesarch., Hs. 3, 115ra–138rb. – Halle 762

um 1400

Myrrhenbuschel-(Fasciculus-myrrhae-)Texte ¨

(Saale), ULB, Yc 4° 9, noch 299 Bll. (Pap., Landshut, 1471, mittelbair.). – Hohenfurt/Vyˇsˇs´ı Brod (B¨ohmen), Stiftsbibl., Ms. 82, 122 Bll. (Pap., sp¨ates 15. Jh., bair.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Blasien 7, 1ra–100vb (Pap., 1468, bair.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 712, 3r–125v (Pap., 15. Jh.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 235 (639; L 67), 335va–344rb (Pap., Melk, Schreiber: Lienhard Peuger, um 1440, mittelbair.; k¨urzende Bearbeitung). – Ebd., Cod. 1569 (615; L 27), 1r–23v (Pap., Schreiber: Melk, L. Peuger, nach 1440, mittelbair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 246, 1ara–106vb (Pap., 1449–55, mittelbair.). – Ebd., Cgm 370, I + 285 Bll. (Pap., Mitte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 522, 56ra–142vb (Pap., 1470, mittelbair.). – Ebd., Cgm 3965, 1ra–98va (Pap., um 1467, mittelbair.). – Ebd., Cgm 4865, 55v–83v (Pap., letztes Viertel 15. Jh., s¨udbair.-¨osterr.; Ausz¨uge). – Ebd., Cgm 6017, 96 Bll. (Pap., 15. Jh., bair.). – Ebd., Cgm 7198 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Emil Hirsch, Mu¨ nchen, Nr. 1918/17), 2ra–102va (Pap., 1471, mittelbair.). – New York, Public Library, Spencer Collection, Ms. 102, noch III + 203 + I Bll. (Pap., 1440, bair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. I.C.40, 1ra–99vb (Pap., 1479, bair.). – Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 C 13 (fr¨uher 23 B 18; 26 A 18), 1r–165r (Pap., 15. h., bair.-¨osterr.). – Ebd., Cod. 23 D 6 (fr¨uher 23 B 22; 26 A 13), 225 Bll. (Pap., 15. Jh., o¨ sterr.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 600, 74 Bll. ¨ (Pap., 15./16. Jh., bair.-o¨ sterr.). – Wien, ONB, Cod. 2862, 1r–92r (Pap.). – Znaim/Znojmo, Bezirksarch., Cod. Z/II–302, 12r–161v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Z¨urich, ZB, Cod. B 288, 23rff (Pap., 1498, su¨ dalemannisch; Ausz¨uge in ‹Passionstraktat› von → Heinrich von St. Gallen). – Privatbesitz Antiquariat Gilhofer und Ranschburg, Luzern, Nr. 1933/385 (fr¨uher Nikolsburg, F¨urstl. Dietrichsteinsche Bibl., Cod. I 164), Bl. 111–173 (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.; verschollen). – Privatbesitz Antiquariat Karl & Faber, M¨unchen, Nr. 1953/6, 94 Bll. (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., Verbleib unbekannt). – Privatbesitz Antiquariat Meissner, Prag (fr¨uher Privatsammlung Friedrich Katzer, Reichenberg [B¨ohmen], Deutsche Hs. 2; davor Privatbesitz Antiquariat Gilhofer und Ranschburg, Luzern, Nr. 1933/395; davor Nikolsburg, F¨urstl. Dietrichsteinsche Bibl., Cod. I 75), 97 Bll., (Pap., 1468). – Die acht Fr¨uhdrucke (GW 9248–9254) enthalten bis auf GW 9250 als Anhang ¨ eine dt. Ubersetzung der Historia trium regum des → Johannes von Hildesheim.

Ausgabe: Hans Vollmer (Hg.): Die Neue Ee, eine neutestamentliche Historienbibel (Materialien zur Bibelgeschichte und religi¨osen Volkskunde des Mittelalters IV). Berlin 1929. – Frank Shaw/Johannes Fournier/Kurt G¨artner (Hg.): Die Weltchronik Heinrichs v. M¨unchen, Neue Ee (DTM 88). Berlin 2008. Literatur: Kurt G¨artner, VL2 6 (1987) Sp. 907–909. – Hans Vollmer: Materialien zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MA 1,1: Ober- und mitteldt. Historienbibeln. Berlin 1912. – Ders.: Materialien zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MA 4: Die N. E. Eine neutestamentliche Historienbibel. Berlin 1929. – Ders. Die N. E. Eine neutestamentliche Historienbibel. In: Zs. f¨ur die neutestamentliche Wiss. 29 (1930) S. 136–143. – Paul Gichtel: Die Weltchronik Heinrichs v. Mu¨ nchen in der Runkelsteiner Hs. des Heinz Sentlinger (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgesch. 28). M¨unchen 1937. – Burghart Wachinger: Prosabuch – Liedvortrag – Buch¨uberl. In: Poesie und Gebrauchslit. Im dt. MA. W¨urzburger Colloquium 1978. Hg. v. Volker Honemann u. a. T¨ubingen 1979, S. 37–75. – Hardo Hilg: Das ‚Marienleben’ des Heinrich v. St. Gallen. Text und Unters. (MTU 75). Diss. Mu¨ nchen 1977. Nachdr. Mu¨ nchen u. a. 1981. – Kurt G¨artner: Die Reimvorlage der N. E. In: Vestigia Bibliae 4 (1982) ¨ S. 12–22. – Aderlaß und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw (Staatsbibl. zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Ausstellungskataloge N.F. 48). Mainz 2003. – Jeffrey F. Hamburger: Rewriting History. The Visual and the Vernacular in Late Medieval History Bibles. In: Zeitschrift f¨ur deutsche Philologie 124 (Sonderheft 2005) S. 260–308. BJ

763

Myrrhenbuschel-(Fasciculus-myrrhae-)Tex¨ te. – Sp¨atma. dt. Texte, in denen die Symbolik der Myrrhe auf Christi Leiden bezogen wird. Der Titel der M.-T. ist abgeleitet von dem Bibelwort Hld 1,12, in dem der Wohlgeruch des Geliebten gepriesen wird. Die f¨ur die Symbolik entscheidende Eigenschaft der Myrrhe war aber der bittere Geschmack; so wurde die M.-Vorstellung im Abendland mehrheitlich auf die Betrachtung der Passion, des «bitteren Leidens» Christi bezogen, breit ausgebaut etwa bei → Bernhard von Clairvaux. Darauf bezogen sich im Sp¨atMA zum 764

Myrrhenbuschel-(Fasciculus-myrrhae-)Texte ¨

um 1400

Beispiel Heinrich → Seuse und zahlreiche volkssprachliche M.-Traktate. Die sp¨atma. lat. Texte handeln gr¨oßtenteils vom Leben bzw. Leiden Christi, bei einigen Texten spielt die Gleichung «fasciculus» = B¨undel, Kompilation, eine Rolle; manchmal wurde das Bibelwort als «Thema» f¨ur Passions- und Heiligenpredigten genutzt; h¨aufig sind auch Texte (zum Beispiel unter → Bonaventuras Namen), in denen mehrere M. unterschieden werden. Dt. und mndl. M.: Unterschieden werden Großtraktate, k¨urzere Texte, M., in denen Maria als Betrachterin der Passion erscheint sowie Gebete und Gebetserien zur Passion. 1. Großtraktate. Der Traktat Vierzig Myrrhenb¨uschel vom Leiden Christi behandelt unter dem Bild von 40 Myrrhenb¨uscheln 40 Stationen von Jesu Leiden. In dem teilweise in Dialogform gehaltenen Text gibt ein geistlicher Vater seine geistlichen Kinder, prim¨ar Nonnen, eine Einf¨uhrung in die Leidensmystik. Er pr¨asentiert ihnen jeweils drei Nutzen aus der Betrachtung der jeweiligen Leidensstation. Ob der Traktat in das 14. Jh. zur¨uckzudatieren ist, wie etwa durch Stammler (s. Lit.) angeregt wurde, ob¨ wohl die Uberlieferung nicht vor der Mitte des ¨ 15. Jh. einsetzt, ist fraglich. Uberlieferungszentrum scheint der niederalemannische Raum gewesen zu sein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 30, 1r–145v. – Freiburg i. Br., UB, Cod. 189, 2r–102r. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 603, S. 1–145. – ¨ Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4716, 1r–169r. – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Cod. 22, 243ra–284vb. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 83 Aug. 8°, 1r–184r. – W¨urzburg, UB, Cod. M. ch. q. 46, 2r–120v. – Fr¨uhdruck: Fasticulus (!) mirre, ohne Angaben (vielleicht Ulm oder Reutlingen, um 1480/85). Ein bair. Traktat mit dem Titel And¨achtiges Myrrhenb¨uschlein stammt wahrscheinlich aus dem sp¨aten 15. Jh. Auf eine kurze einleitende Erw¨ahnung des Myrrhenb¨uschels von Hld 1,12 folgen Betrachtungen zu den Leidensstationen Jesu ohne weitere bildliche Einkleidung. ¨ Uberlieferung: Prag, Nationalmuseum, Cod. XVII D 33, 325ra–359vb (fragm.). – Berlin, SBB, Mgo 503, 30v–149v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 853, 296r–342r. – Ebd., Cgm 4478, 162r–245v. – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 490, 109v–157r. – Ebd., 8° cod. ms. 281, 2r–47r.

Eine ndl. Anleitung zur systematischen Passionsbetrachtung tr¨agt den Titel Fasciculus mirre. Verfasser des dreiteiligen Texts war ein vor 1528 verstorbener anonymer Franziskaner der K¨olner Ordensprovinz. ¨ Uberlieferung: 24 Drucke von 1517–65. Erstdruck: Delft, H. Jansz. van Woerden 1517. 2. K¨urzere Texte. Ein kurzer Myrrhenb¨uscheltraktat der Sammlung Eis enth¨alt nach einer Titelerl¨auterung ein knappe Betrachtung des Leidens Christi. ¨ Uberlieferung: Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 117, 24r–27v (um 1400, n¨urnbergisch). Ausgabe Eis (s. Lit.) S. 94–96. Ein Lied in → Regenbogens Langem Ton nennt sich Das Mirrenb¨uschel. In dem Lied, das wohl nicht von Regenbogen stammen d¨urfte, wird eindringlich zur Betrachtung des Leidens Christi und zur Imitatio Christi gemahnt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4997 (→ Kolmarer Liederhandschrift), 387rb–388rb. – Berlin, SBB, Mgq 414, 225r–226v. Der Titel eines wohl franziskanischen Traktats ¨ lautet Eyn gebuntgen van myrren. Uberliefert ist er in: Trier, StB, Cod. 2017 [660], 240r–254v (mittelfr¨ankisch). Ein ndl. Text, der den Titel Een bundeken van myrre tr¨agt, handelt u¨ ber zw¨olf Punkte zur systematischen Betrachtung des Leidens Christi. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, Hs. 3136, v 23 –27r (um 1490, mndl.). 3. Myrrhenb¨uscheltraktate, in denen Maria als Betrachterin des Leidens Christi erscheint. Der Colmarer 23-Myrrhenb¨uschel-Text, ein Traktat in Sermoform, betont das Mitleiden der Maria mit dem Leiden Christi. ¨ Uberlieferung: Colmar, Bibl. municipale, Ms. 273, 109r–124r (zweite H¨alfte 15. Jh., els¨assisch). Ein Kurztraktat in Sermoform nennt sich Petrachtung von dem mierren p¨uschel und Weintrauben Engadi. ¨ Uberlieferung: Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b VIII 27, 183ra–186vb (1488, bair.). Ein Marianisches Myrrhenb¨uschellied/-gedicht l¨asst auf eine untextierte Melodie eine refrainartige Anrufung Mariens und 222 Reimpaarverse, die Maria an die Stationen von Jesu Leben und Leiden erinnern, folgen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 16484, 126r–128r (1512, rheinfr¨ankisch).

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um 1400 4. Gebete und Gebetserien. In zahlreichen Gebeten begegnet die Myrrhenb¨uschel-Vorstellung; zu den eigentlichen M.T. ist jedoch nur eine Vierzig-Myrrhenb¨uschelGebetsbetrachtung zu z¨ahlen, in der die 40 Leidensstationen der Vierzig Myrrhenb¨uschel zu Gebetsbetrachtungen verarbeitet sind. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB [ehem. Har¨ burg], Cod. Ottingen-Wallerstein III, 1, 8°, 44, 145r–291v (um 1470, schw¨abisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 832–839; 11 (2004) Sp. 1044. – Ders.: Myrrhenb¨uschellit. In: MarLex 4 (1992) 563. – Mattheus Verjans: Rond het ‹Fasciculus Mirre›. In: Ons Geestelijk Erf 7 (1933) S. 352–356. – Othmar Wonisch: Wer war Johann v. St. Lambrecht. In: Aus Arch. und Chron. 3 (1950) S. 137–145. – Kurt Ruh: Stud. u¨ ber Heinrich v. St. Gallen [...]. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 47 (1953) S. 210–219. – Benjamin de Troeyer: Het Fasciculus Myrrhe [...]. In: Franciscana 14 (1959) S. 1–18. – Gerhard Eis: Fasciculus Myrrhae. In: Leuvense Bijdragen 49 (1960) S. 90–96. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Hg. v. W. Stammler. Berlin 21960, Sp. 941. – Andr´e Rayez: G´erard Zerbolt de Zutphen et Saint Bonaventure. In: Dr. L. ReypensAlbum. Antwerpen 1964, S. 323–356. – Petrus Cornelis Boeren: Sint Bernardinus in de Nederlanden. In: ebd., S. 93–104. – P. Gerlach: Een Brabants handschrift uit het Augustinessenklooster in de Haghe te Helmond. In: Brabants Heem 24 (1972) S. 56–62. – Balduinus Distelbrink: Bonaventura scripta [...] critice recensita. Rom 1975. – Peter Amelung: Der Fr¨uhdruck im dt. S¨udwesten. 1473–1500. Stuttgart 1979. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5/7). Wiesbaden 1996, S. 385 f. – Klaus Klein: Rez. zu: Rukopisn´e Fondy Muze´ı a Galeri´ı v Cesk´e Republice, Redaktor svazku: Marie Toˇsnerov´a (Pruvodce Po Rukopisn´ych Fondech V Cesk´e Republice 3). Prag 2001. In: ZfdA 132 (2003) S. 108–110, hier S. 110. SF Meinrad. – Lat. und dt. Legenden. Der gegen Ende des 8. Jh. bei Rottenburg (W¨urttemberg) geborene M. wurde im Benediktinerkloster auf der Bodenseeinsel Reichenau erzogen, erhielt dort die Priesterweihe und u¨ ber767

Meinrad nahm sp¨ater die Leitung einer Klosterschule am oberen Z¨urichsee. Im Jahr 828 zog er sich als Eremit auf den Etzelpass zur¨uck, 835 schließlich in den «Finsteren Wald» (Silva Nigra), wo sp¨ater das Kloster Einsiedeln errichtet werden sollte. Nachdem er dort an die 25 Jahre als Eremit gelebt hatte, wurde M. von zwei R¨aubern zu Tode gepr¨ugelt und erw¨urgt. Sein Leichnam wurde auf der Rei¨ chenau bestattet. 1039 wird die Uberf¨ uhrung seiner Gebeine nach Einsiedeln erwirkt. Der Festtag des haupts¨achlich im s¨udwestlichen dt. Sprachraum verehrten Heiligen ist der 21. Januar. Die erste der beiden vorhandenen lat. Lebensbeschreibungen M.s ist die vermutlich von M¨onchen des Klosters Reichenau Ende des 9. Jh. verfasste Vita sive passio venerabilis Heremitae Meginrati. Ausgaben: MGH SS 15, 445–448. – Ringholz (s. Lit.) S. 648–651. – Sankt Meinrad (s. Lit.) S. 26–41. Ende des 14. Jh./Anfang des 15. Jh. entstand ¨ eine dt. Ubertragung der Vita, die ausschließlich im ¨ Uberlieferungsverbund mit den dt. → VitaspatrumProsa¨ubersetzungen auftritt. ¨ Uberlieferung: S¨amtlich Hss. des 15. Jh.: Karlsruhe, LB, Cod. Lichtental 74, 117ra–121vb. – Ebd., Cod. St. Peter pap. 41, 178vb–181ra. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 501, 61ra–63vb. – Ebd., Cgm 3971, 171r–175v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 28. 4 Aug. 2°, 97ra–103vb. – Altenburg, Stiftsbibl., Cod. AB 15 B 16, 292vb–297rb. – Augs¨ burg, UB, Cod. Ottingen-Wallerstein III. 1.2° 25, ra va ¨ 166 –170 . – Ebd., Cod. Ottingen-Wallerstein III. 1.2° 26, 219vb–225va. – Berlin, SBB, Mgf 1157, 144ra–147va. – Eichst¨att, St. Walburg, Cod. S. Walb. germ. 1, 225ra–230va. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 262, 186va–190vb. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. IV 18, 219va–224rb. – Pommersfelden, Sch¨onbornsche Bibl., Cod. 223 (olim 2845), 211vb–217ra. – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 2° 73, 251ra–256vb. Die zweite Lebensbeschreibung, die f¨alschlich dem Dominikaner Georg von Gengenbach zugeschriebene Vita sancti Meginradi martyris, entstand im 14. Jh. und ist um zahlreiche Wunder und legend¨are Z¨uge erweitert. Ausgaben: Ringholz (s. Lit.) S. 653–657. – Sankt Meinrad (s. Lit.) S. 42–53. Auch diese Vita erfuhr noch im 14. Jh. eine ¨ Ubertragung in die dt. Sprache, die h¨aufig als Sondergut in dem Corpus Der → Heiligen Leben erscheint. 768

Keck ¨ Uberlieferung: Vgl. Karl Firsching: Die dt. Bearb. der Kilianslegende unter bes. Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Bistums und Hochstifts W¨urzburg 26). W¨urzburg 1973, S. 71, 75–77. – Volker Mertens: Das Predigtbuch des Priesters Konrad (MTU 33). M¨unchen 1971, S. 22 f. – Werner Williams-Krapp: Stud. zu ‹Der Heiligen Leben›. ¨ In: ZdfA 105 (1976) S. 279. – Alteste Hss.: Basel, UB, Cod. G2 II 58 (1382). – Z¨urich, ZB, Cod. Car C 145 (Ende 14. Jh.). – Alle weiteren Hss. entstammen dem 15. Jh.: Berlin, SBB, Mgf 1158, 144ra–151rb. – Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 269vb–273ra. – Heidelberg, UB, Cpg 111, ¨ Cod. 2840, 207v–217r. – 43ra–62vb. – Wien, ONB, Z¨urich, ZB, Cod. A 116, S. 60–74. – Ebd., Cod. A 122, 387v–401v. – Ebd., Cod. Car C 145, 52r–57r. ¨ Diese dt. Ubertragung diente dem sog. «Blockbuch», einem um 1450/60 entstandenen, reich illustrierten Basler (?) Druck, als Vorlage. Vgl. dazu Gallus Morel (Hg.): Die Legende v. St. M. und v. dem Anfange der Hofstatt zu den Einsiedeln. Einsiedeln u. a. 1861. – P. Leo Helbling (Hg.): Das Blockbuch v. St. M. und seinen M¨ordern und vom Ursprung von Einsiedeln. Einsiedeln u. a. 1961. Literatur: Sabine Kimpel, LCI 7 (1974) Sp. 625–627. – Franz Xaver Bischof, NDB 16 (1990) S. 680 f. – Th. Zotz, LThK3 7 (1998) S. 69 f. – Klaus Klein, VL2 6 (1987) Sp. 319–321. – Wimmer/Melzer (61988) S. 582. – Bruno W. H¨auptli, BBKL 22 (2003) Sp. 829–832. – Odilo Ringholz: Gesch. des f¨urstlichen Benediktinerstiftes U. L. F. v. Einsiedeln. Einsiedeln 1904, S. 25–58, 220. – Sankt Meinrad. Zum elften Zentenarium seines Todes 861–1961. Hg. v. Benediktinern des Klosters Maria Einsiedeln. Einsiedeln 1961. – Hagen Keller: Kloster Einsiedeln im ottonischen Schwaben (Forschungen zur oberrheinischen Landesgesch. 13). Freiburg i. Br. 1964, S. 13–37. – Theodor Kl¨uppel: Reichenauer Hagiographie zwischen Walahfrid und Berno. Sigmaringen 1980, 45–56. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 443. – Joachim Salzgeber: Einsiedeln. In: Helvetia Sacra III/1/1 (1986) S. 517–521. – Hanna B¨ock: Einsiedeln. Das Kloster und seine Gesch. Z¨urich 1989. – Odo Lang (Hg.): Sankt Meginrat. FS zur 12. Zentenarfeier seiner Geburt. St. Ottilien 2000. SF 769

um 1400 Keck, Johannes OSB, * um 1400 Giengen a. d. Brenz, † 29.6.1450 Rom. – Theologe, Prediger. Der Sohn eines Wagners studierte seit 1426 an der Universit¨at Wien die K¨unste. Er wurde 1427 Baccalareus und 1429 Magister. Als Magister Regens lehrte er 1429–31 an der Artistenfakult¨at und studierte daneben Theologie. An der Theologischen Fakult¨at wurde er 1434 Baccalareus und schloss daran m¨oglicherweise weitere Studien in Rom an. Um 1435–37 ging K. nach M¨unchen und erhielt eine Pfr¨unde an der dortigen Peterskirche. Er stand in der Gunst Johannes Gr¨unwalders und wirkte als Beichtvater von Herzog Albrecht III. und Herzogin Anna. Gr¨unwalder berief K. 1441 an das Konzil von Basel, wo K. als Prediger hervortrat. An der Konzilsuniversit¨at wurde K. 1441/42 zum Dr. theol. promoviert. 1442 zog K. sich in das Benediktinerkloster Tegernsee zur¨uck. Nach dem Ablegen der Profess war er zun¨achst Bibliothekar und um 1443–46 Prior. Daneben bet¨atigte er sich als theologischer Gutachter des Bistums Augsburg und wirkte 1447 an der Klosterreform in Benediktbeuern mit. Urspr¨unglich ein Anh¨anger der konziliaren Idee, unterst¨utzte K. nach 1447 die p¨apstliche Autorit¨at, was ihn in jener Zeit in eine ausf¨uhrliche Kontroverse mit Marquard Sprenger und Johannes → Schlitpacher verwickelte. Auf p¨apstliche Verf¨ugung wurde K. 1449 zum Poenitentiarius minor ernannt. Ob er, wie verschiedentlich berichtet, in Rom auch noch zum Dr. iur. can. promoviert wurde, ist heute nicht mehr sicher nachzuweisen. Als Theologe war K. u. a. von → PseudoDionysius, → Bonaventura sowie → Hugo und → Richard St. Viktor beeinflusst. Auch rezipierte er → Thomas von Aquin, Johannes Duns Scotus, Petrus de Aquila, Franz von Mayronis, Nicolaus Bonetus und Antonius Andreas. Aus ihren Lehren schuf K. ein vielf¨altiges Prosawerk in lat. Sprache: Er verfasste in jungen Jahren akademische Predigten und Quaestiones, sp¨ater Traktate u¨ ber das Basler Konzil und das kirchliche Schisma, außerdem theologische Abhandlungen u¨ ber Vergebung, Buße, Pr¨adetermination u. a. Themen. K.s zahlreiche Kloster- und Konzilspredigten, die er etwa in Basel, Tegernsee und Benediktbeuern hielt, behandeln ein weites Spektrum an Inhalten, das von einzelnen Bibelstellen bis zur Klosterreform reicht. Besonders nennenswert ist einmal K.s Expositio super regulam s. Benedicti (1448). Dieser Kommentar 770

um 1400 zur Benediktinerregel enth¨alt zahlreiche Traktate und Exkurse, die ihn zu einer umfassenden Abhandlung theologischer, aszetischer und mystischer Fragen machen. Erw¨ahnt sei auch K.s Introductorium musicae (auch Liber introductorius in artem musicam, 1442). K. hinterließ außerdem Schriften zu weltlichen Themen wie Kalenderreform, Grammatik, Rechenkunst und Astronomie. In dt. Sprache verfasste K. drei Gebets¨ubersetzungen: Das Vaterunser, das Ave Maria und das Apostolische Glaubensbekenntnis sind im Vorderdeckel eines von K. geschrieben Codex erhalten. ¨ Eine dt. Ubersetzung erfuhr K.s lat. Decaperotision (auch Zehnfragentraktat, 1447) durch den → Tegernseer Anonymus. In dem Text antwortet K. auf Fragen des Indersdorfer Propstes Rothut. Gegenstand der Amfrage ist → Bernhard von Waging, der von Indersdorf nach Tegernsee u¨ bertrat. ¨ Die Ubertragung enth¨alt die Propositiones 32 bis 54 aus K.s Schrift. Obwohl K.s Nachwirkung begrenzt war, gilt er heute als wichtiger theologischer Vertreter des Klosters Tegernsee, speziell in der kontemplativen Theologie. Dazu tragen u. a. der Gehalt, die Vielseitigkeit und die methodische Klarheit seiner Schriften bei, außerdem seine Rolle in der Debatte um Konzil und Papst. ¨ ¨ Uberlieferung (dt.): K.s dt. Ubers. von Vaterunser, Ave Maria und Credo: M¨unchen, BSB, Cgm 385, [Vorderdeckel innen] (Pap., Tegernsee, 3. Viertel 15. Jh., mittelbair., Autograph K.s). – ¨ Dt. Ubers. der Propositiones 32–54 aus K.s Decaperotision durch den Tegernseer Anonymus: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 778, 92rv–98r (Pap., drittes Viertel ¨ 15. Jh., mittelbair.). – Zur lat. Uberl. vgl. Rossmann 1983/2004 (s. Lit.). Literatur: ADB 51 (1906) S. 93 f. – Volker Honemann, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 1694 f. – Frumentius Renner, NDB 11 (1977) S. 387 f. – Heribert Rossmann, VL2 4 (1983) Sp. 1090–1104; 11 (2004) Sp. 835 f. – Lothar Kolmer, BBKL 3 (1992) Sp. 435 f. – Johannes Helmrath, LThK3 5 (1996) Sp. 925. – Guibert Michiels: Jean K. In: DHGE 27 (2000) Sp. 184 f. – Christian Folini, HLS 7 (2008) S. 147. – Pirmin A. Lindner: Familia S. ¨ Quirini in Tegernsee. Die Abte und M¨onche der Benedictinerabtei Tegernsee von den a¨ltesten Zeiten bis zu ihrem Aussterben (1861) und ihr literarischer Nachlaß. In: Oberbayerisches Arch. 50 (1897) S. 18–130, bes. S. 68–75 (mit Werkverz.). – Virgil Redlich: Eine Univ. auf dem Konzil in Basel. In: 771

Rostocker Gartengebet Hist. Jb. 49 (1929) S. 92–101. – Ders.: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. Mu¨ nchen 1931 (Neudr. Aalen 1974) S. 72 f., 117 f. – Romuald Bauerreiss: Kirchengesch. Bayerns 5: Das XV. Jh. Sankt Ottilien 1954. Nachdr. ebd. 1975, S. 26, 39, 108, 130 f. – V. Redlich: Die Basler Konzilsuniv. In: FS Joseph Lortz 2. Hg. v. Erwin Iserloh und Peter Manns. Baden-Baden 1958, S. 355–361. – Heinrich Karpp: Ein Bibellob aus der Basler Konzilsuniv. In: Stud. zur Gesch. und Theologie der Reformation. FS Ernst Bizer. Hg. v. Luise Abramowski. Neukirchen 1969, S. 79–96. – Hdb. der bayerischen Gesch. 2: Das alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jh. bis zum Ausgang des 18. Jh. Hg. v. Max Spindler u. a. M¨unchen 1969. Nachdr. ebd. 1975, S. 745 f. u. o¨ . – H. Rossmann: Der Magister Marquard Sprenger in M¨unchen und seine Kontroversschr. zum Konzil von Basel und zur mystischen Theologie. In: Mysterium der Gnade. FS Johann Auer. Hg. v. H. Rossmann und Joseph Ratzinger. Regensburg 1975, S. 371–384. – Ders.: Der Tegernseer Benediktiner J. K. u¨ ber die mystische Theologie. In: Mitt. und Forschungsbeitr. der Cusanus-Gesellsch. 13 (1978) S. 330–352. – Ma. Bibl.kataloge Deutschlands und der Schweiz IV,2: Bistum Freising. Bistum W¨urzburg. Hg. Bayerische Akad. der Wiss. Bearb. v. G¨unter Glauche und Hermann Knaus. Mu¨ nchen 1979, S. 802–804 (Werkverz.). – Wilhelm Baum: J. K.s Traktat u¨ ber Klosterleben und Eremitentum f¨ur den Einsiedler Hans Frankenfurter im Halltal (1447). Ein Beitr. zur Gesch. des Klosters Tegernsee und zur Biogr. des Nikolaus von Kues. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 97 (1986) S. 444–461. MM Rostocker Gartengebet. – Allegorische Gebets¨ubung, 14. Jh. Es handelt sich um den bedeutendsten Vertreter der ma. Gartenallegorietexte (vgl. Schmidtke, S. 283–285). Das Gebet besteht aus acht Anrufungen Christi als G¨artner, der mit seinem Marterblut die S¨unden aus dem Garten der Seele roden und Tugenden pflanzen m¨oge, welche sieben der acht biblischen Seligpreisungen entsprechen. Die Siebenzahl ist reihend strukturierendes Prinzip und wiederholt sich vier Mal in der Nennung der Marterwerkzeuge, der Hauptsu¨ nden, der Gaben des Hl. Geistes und der Seligpreisungen. Das sich wiederholende Bittschema: «Jesu, wir bitten dich, rode aus mit dem Marterwerkzeuge X die Kardinals¨unde X, 772

Kreuztragende Minne bereite mit deinem Marterblut den d¨urren Garten zum Empfang der Gabe des Hl. Geistes X, auf daß daraus erwachse die Tugend der Seligpreisung X» (Schmidtke, 1992, Sp. 252 f.). Incipit (Rostocker Hs.): «O du alder soteste unde aller leveste gherdener Jhesu Criste, ik benedie unde anbeyde dek, de alle tyd dat gude, nutte unde heylsam sad in den garden der lovygen sele plecht to seygende. Hirumme bidde we dek ...» ¨ Uberlieferung: Rostock, UB, Ms. theol. 38, 130ar–135r (Pap., 1470, mnd., ostelbisch; Gebetbuch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1152 Helmst., 1r–19r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., mnd.; unvollst., Bestandteil einer 6-Tages-Andachts¨ubung, aus einem Braunschweiger Nonnenkloster). Ausgabe: Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atma. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea N.F. 43). T¨ubingen 1982, S. 492–495. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 8 (1992), Sp. 252 f. – Ders. (s. Ausg.) S. 19, 40, 140. CS Nurnberger ¨ Garten. – Geistliche Gartenallegorie. Die aus dem Umfeld des brautmystischen Schrifttums stammende Gartenallegorie wurde vielleicht von einer Nonne verfasst. Der Garten wird zun¨achst auf das himmlische Paradies, dann auf die Seele hin gedeutet. Im Hauptteil wird ein Rosenstock auf Christi Leiden und seine Wunden bezogen. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 35, 176r–190r (Pap., hier erste H¨alfte 15. Jh., hier mitteldt.). Ausgabe: Schmidtke 1982 (s. Ausg.) S. 482–491. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 1253 f. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 88, 151 u. o¨ BJ Onufrius. – Dt. Legenden. Der aus einer angesehenen Familie stammende Onufrius soll nach der Legende von seinem Vater verstoßen worden sein. Nach einer Zeit im Kloster Hermopolis in der Thebais ging er als Eremit in die W¨uste, wahrscheinlich nach G¨oreme ¨ in Kappadokien, vielleicht aber auch nach Agypten, wo er noch mehrere Jahrzehnte lebte. Paphnutius († 360) suchte ihn auf und schrieb seine Vita in griechischer Sprache. – Zu Legendarfassungen 773

um 1400 siehe → Der Heiligen Leben, → Der Heiligen Leben, Redaktion und → Vitaspatrum. ¨ Uberlieferung: Brixen, Klarissenkloster, Cod. S 13, 158r–177v. – Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms. IV 138, 86rb–89ra (Pap., ca. 1490). – Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. 101 F 13, 227rb–232vb. – Graz, ZB der Wiener Franziskanerprovinz, A 67/24, 174r–180r (Pap., dritets Viertel 15. Jh., bair.o¨ sterr.). – Innsbruck, ULB, Cod. 635, 165v–191v (Pap., Autograph, 1467, s¨udbair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 343, 268r–271r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., els¨assisch). Ausgabe: Konrad Kunze: die Els¨assische Leganda aurea. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 19). T¨ubingen 1983, S. XXXIX–XLIV, Text S. 339–348 (els¨assi¨ sche Ubersetzung mit der lat. Vorlage). Literatur: Gabriela Kaster, LCI 8 (1976) Sp. 84–88. – Wimmer/Melzer (61988) S. 624. – Erich Wimmer, EM 10 (2002) Sp. 270–272. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 1082. – Theodfried Baumeister, LThK3 7 (1998) Sp. 1057 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, Reg. S. 445 f. BJ Kreuztragende Minne. – Gruppe brautmystischer Dialoggedichte. Die beiden Dialoggedichte K. M. sowie Jesus und die Braut (J. B.) bilden zwei Gruppen verwandter ¨ ¨ Uberlieferung mit inhaltlichen Uberschneidungen und abh¨angigen Bearbeitungen. Beide Gedichte enthalten Dialoge zwischen Jesus als Br¨autigam und der Seele (auch Mensch oder Frau) in der Rolle der Braut. Die K. M. entstand um 1400 im bair.-¨osterr. Sprachraum und f¨uhrt das Incipit «Wer z¨u mir in min rich wel komen». Der Text umfasst 18 Strophen in Paarreimen und zu jeweils vier Zeilen. Der Inhalt ist eine brautmystische Ausgestaltung des Passionsgedankens. Jesus dr¨angt die widerstrebende Seele zum Tragen des Kreuzes, bis sie die Wichtigkeit der Passion begreift und sich in Jesus ergibt. Die K. M. erfuhr zwei Bearbeitungen: Die Nonnenlehre richtet sich in 20 Strophen ausdr¨ucklich an ein kl¨osterliches Publikum, w¨ahrend die mitteldt. Bearbeitung Die innige Seele deutlich gebetsartiger gestaltet ist. Das urspr¨unglich nd. Gedicht J. B. a¨ hnelt inhaltlich der K. M., enth¨alt aber eine direkte Ansprache der Seele an die Leser. J. B. ist auch in ndl. und 774

um 1400 ¨ mitteldt. Ubertragungen erhalten. Wahrscheinlich im fr¨uhen 17. Jh. entstand auch eine Bearbeitung von J. B. als katholisches Kirchenlied in f¨unfzeiligen Strophen. ¨ Uberlieferung: Verz. der umfangreichen hsl. ¨ Uberl. bei Mertens 1985/2004 (s. Lit.); vgl. auch Ausg. Ausgaben: 1. Kreuztragende Minne: Romuald Banz: Christus und die Minnende Seele. Zwei sp¨atmhd. mystische Gedichte. Unters. und Texte (Germanistische Abh. 29). Breslau 1908, S. 253–259. – Hedwig Heger: Sp¨atMA, Humanismus, Reformation. Texte und Zeugnisse, Teilbd. 1. Mu¨ nchen 1975, S. 120–122. 2. Nonnenlehre: Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. und 15. Jh. Diss. Greifswald 1936, S. 43–45. – Gedichte 1300–1500. Nach Hss. und Fr¨uhdrucken in zeitlicher Folge. Hg. v. Eva und Hansj¨urgen Kiepe. Mu¨ nchen 1972, S. 250–253. 3. Die innige Seele: Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: ‹Von der innigen Seele›. In: Anz. f¨ur die Kunde des dt. MA 3 (1834) Sp. 27 f. 4. Jesus und die Braut: Florimond van Duyse: Het oude nederlandsche Lied 3. ’s-Gravenhage-Antwerpen 1907 (Neudr. Hilversum 1965) Nr. 570A, Nr. 570 B (ndl. Fassung). – Wolfgang Stammler: Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA. M¨unchen 1948, S. 195–198 (ndl. Fassung). – Das Liederbuch der Anna v. K¨oln. Hg. v. Walter Salmen/Johannes Koepp. D¨usseldorf 1954, S. 25 f. – Verz. a¨lterer Ausg. bei Mertens 1985/2004 (s. Lit.). Literatur: Volker Mertens, VL2 5 (1985) Sp. 376–379; 11 (2004) Sp. 894 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 331, 813. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Arch. f¨ur Religionswiss. 21 (1922) S. 122–162 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin u. a. 1953, 156–184). – Het geestelijk lied van Noord-Nederland in de vijftiende eeuw. De Nederlandse liederen van de ¨ handschriften Amsterdam (Wenen ONB 12875) en Utrecht (Berlijn MG 8° 190). Hg. v. Eliseus Bruning u. a. Amsterdam 1963. – Volker Honemann: Die ‹Kreuztragende Minne›. Zur Dialogizit¨at eines sp¨atmhd. geistlichen Gedichts. In: Sprachspiel und Bedeutung. FS Franz Hundsnurscher. Hg. v. Susanne Beckmann. Tu¨ bingen 2000, S. 471–480. MM 775

Lang Lang, Stephanus, † Ende 1419/Anfang 1420 Wien. – Wiener Ratsherr, Verfasser (?) eines lat. Memento-mori-Textes, um 1400. Der Name L.s wird in vier o¨ sterr. Handschriften in Verbindung mit einer zumeist anonym u¨ berlieferten Kompilation von lat./dt. Memento-moriTexten genannt. Dieser S. L. sei «civis biennensis olim baccularius in artibus alme universitatis Pragensis» gewesen (G¨ottweig, 151ra). Ein Baccalaureus S. L. ist 1399 tats¨achlich an der Prager Universit¨at bezeugt, ab 1412 war L. in der Wiener Stadtadministration als Grundbuchverwalter und sp¨ater als Ratsherr t¨atig und seit 1419 war er zus¨atzlich im Amt des Kirchmeisters zu St. Stephan. Von seiner T¨atigkeit als Schreiber zeugt eine illustrierte Handschrift der Concordantia caritatis des → Ulrich von Lilienfeld (Budapest, ZB des Piaristenordens, CX 2, 1413). Welchen Anteil L. an der Textkompilation in ih¨ rer Gesamtheit hat, ist schwer zu kl¨aren. Der Uberlieferungsbefund legt eine Entstehung der Kompilation vor 1420 im Wiener Raum nahe, was zu L. als Urheber passt, bei offener Frage, ob er nun als Kompilator, Redaktor oder Verfasser verantwortlich zeichnet. Seine Autorschaft f¨ur das enthaltene lat. Hauptst¨uck, die Memoria improvisae mortis, ist indes wahrscheinlich. Hinsichtlich der enthaltenen ¨ St¨ucke divergiert die Sammlung in der Uberlieferung, auch themenverwandte Texte wie dt. Fassungen der → Visio Lazari oder → Visio Philiberti treten in einzelnen Handschriften hinzu. Es lassen sich drei Hauptfassungen der Kompilation differenzieren: Die urspr¨ungliche d¨urfte den → Spruch der Engel (lat. und dt.), das dt. Exempel → Gute Meinung von dem S¨under und die lat. Memoria enthalten haben. In der zweiten Fassung entf¨allt das Exempel und der dt. Spruch, die dritte und h¨aufigste Rumpffassung u¨ berliefert die Memoria allein. Auch ¨ Spruch und Exempel begegnen in der Uberlieferung alleinstehend oder in anderen Konstellationen. Alle Teile der Kompilation widmen sich dem nur unzureichend auf den Tod vorbereiteten Menschen, die Memoria ist dabei eine textnahe Bearbeitung von Ausz¨ugen aus Heinrich → Seuses Horologium sapientiae und den pseudo-augustinischen Soliloquia animae ad Deum. Die Vorlage aus dem Horologium (Dialog eines «discipulus» mit einem Sterbenden, der in einer Vision erscheint) wird in ein Gespr¨ach zwischen Sterbendem und Tod bzw. Teufel umgeformt mit st¨arkeren didaktischen Z¨ugen. Dabei wird auf den Aspekt der g¨ottlichen Gnade, 776

Passionsauslegung Christo passo in carne ganz wie im Exempel Gute Meinung von dem S¨under, verzichtet. ¨ Uberlieferung: Hss. mit Namensnennung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 152 (1065; Q 57), 1r–17r (Perg., 1422, mittelbair.; Name als Nachtrag des 18. Jh.). – Ebd., Cod. 979 (784; O 20), 150r–158r (1420/30; Zuweisung von Schreiberhand: «Hoc Stefanus Lang fecit opusculum qui fuit civis Wiennensis»). – G¨ottweig, Stiftsbibl., Cod. 245 (rot) (vormals 250), 151ra. – Klagenfurt, UB, Pap.Hs. 157, 71r–74v («Stephanus Longavus Wiennensis olim baccalaureus in artibus almae universitatis ¨ Pragensis»). – Weitere Uberl.: Fassung 1, 9 Hss.; Fassung 2, 5 Hss.; Fassung 3, 17 Hss. Vgl. VL2 9 (1995) Sp. 181 f., 11 (2004) Sp. 908–910, 1448; Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 18, Anm. 34, S, 19, Anm. 35; K¨unzle 1977 (s. Lit.) S. 242 f. Ausgaben: Cosacchi 1965 (s. Lit.) S. 266–268 (Spruch, Exempel, Beginn der «Memoria» nach BSB Clm 7747 und 23833). Literatur: Christine Glaßner, VL2 11 (2004) Sp. 907–910. – Gisela Kornrumpf: Spruch der Engel, VL2 9 (1995) Sp. 180–186, bes. Sp. 181 f.; 11 (2004) Sp. 1448. – Theodor Gottlieb: Ma. Bi¨ bliothekskat. Osterreichs Bd. 1: Nieder¨osterreich. Wien 1915 (Nachdr. Aalen 1974) S. 254, 451. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln/Graz 1957, S. 18 f. – Stefan Cosacchi: Makabertanz. Der Totentanz in Kunst, Poesie und Brauchtum des MA. Meisenheim am Glan 1965, S. 260–266. – Silvia Petrin: Perchtoldsdorf im MA (Forschungen zur Landeskunde v. Nieder¨osterreich 18). Wien 1969, S. 173 und 441, Anm. 7–9. – Pius K¨unzle: Heinrich Seuses Horologium sapientiae. 1. krit. Ausg. unter Ben¨utzung der Vorarbeiten v. Dominikus Planzer (Spicilegium Friburgense 23). Freiburg i. Br. 1977, S. 242 f. – Richard Perger: Die Wiener Ratsb¨urger 1396–1526. Ein Hb. (Forschungen und Beitr. zur Wiener Stadtgesch. 18). Wien 1988, S. 219. VZ Martin von Leibitz (Lewbicz, Zips) OFM, * Anfang des 15. Jh. Leibitz in der Zips, † 28.7.1464. – Abt. M. studierte seit 1420 an der Univ. Wien. 1446–61 war er Abt des Wiener Schottenklosters, 1451/52 zusammen mit Johannes → Schlitpacher und → Nikolaus von Kues Visitator des Benediktinerordens in der Salzburger Kirchenprovinz. M. verfasste die theologisch-asketische Schrift Trialogus de militia christiana (1446/57), einen Sermo 777

um 1400 de visitatione monasteriorum (1451/52), die Klosterordnung Caeremonialia (1460/64) und ein nach dem zweiten Kapitel abbrechendes Quodlibetarum (1464). In Form eines Gespr¨achs zwischen einem Greis und einem Ju¨ ngling schildert er in Senatorium seu dialogus historicus (1464) zun¨achst sein Leben von Kindheit an, berichtet in Kap. 4 von seinen Visitationsreisen und erz¨ahlt in den drei folgenden Kapiteln die Geschichte des Wiener Schottenstiftes und des o¨ sterr. Herrscherhauses bis 1460. Vom Trialogus de gratitudine beneficiorum Dei (1460/64), einem Gespr¨ach zwischen den drei Seelenkr¨aften Memo¨ ria, Voluptas und Ratio ist eine dt. Ubersetzung in zwei Handschriften u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Trialogus de gratitudine beneficiorum Dei (dt.): Melk, Stiftsbibl., Cod. 1651 (664; L 94), 1r–25r (Pap., Melk, 1456, bair.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Blasien 7, 243va–250rb (Pap., Melk, Schreiber: Johannes von Schweinfurt, 1468, bair.). Ausgaben der lat. Werke: Vgl. VL. Literatur: A. Siegmund, Dict. Spir 10 (1980) Sp. 683 f. – Isnard F. Frank/Franz Josef Worstbrock, VL2 6 (1987) Sp. 153–157. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 325 u. o¨ . – Placidus Heider, LThK3 6 (1997) Sp. 1424. – Ignaz Zibermayr: Johann Schlitpachers Aufzeichnungen als Visitator der Benediktinerkl¨oster in der Salzburger Kirchenprovinz. In: ¨ 30 (1909) S. 258–279, hier S. 260 f., 263 f. – MIOG Carolus Joannes Jellouschek (Hg.): Martini de Leibitz abbatis Scotorum Trialogi ascetici quibus accedunt Sermo in monasteriorum visitatione factus et Caeremonialia et Quotlibetarium (Scripta monastica 13). Patavium 1932. – Fritz Peter Knapp: ¨ Die Lit. des Sp¨atMA in den L¨andern Osterr. [...]. 2. Halbbd. Graz 2004, S. 340. BJ Passionsauslegung Christo passo in carne. – Um 1400. Der aus zwei Teilen bestehende Traktat mit 1 Petr 4,1 als Motto behandelt die heilsgeschichtliche Bedeutung des Leidens Christi. Im ersten, sich vor allem an → Thomas von Aquin orientierenden Teil geht es um die «wirdigkeit» des vom Vater bewirkten und vom Sohn erlittenen Leidens (dem Hl. Geist wird nur Mitwirkung zugeschrieben) sowie um die Notwendigkeit des Leidens f¨ur den Erleider und den Menschen. Einer Nennung von zw¨olf Fr¨uchten der Passion (253v–259r) folgt der zweite, vorwiegend erbaulich ausgerichtete Teil mit → Bernhard von Clairvaux als wichtigstem Gew¨ahrsmann. Bei der Darlegung des Vollzugs des 778

um 1400 Leidens Christi wird eine vorbereitende und eine aus¨ubende oder vollbringende Weise unterschieden. Maria wird als die «allerh¨ochst schawerin vnd contemplirerin» (264v) bezeichnet. ¨ Uberlieferung: Freiburg, UB, cod. 253, 11r–30v (Pap., 1487, aus dem Klarissenkloster Gnadental in Basel, oberrheinisch-s¨udalemannisch) (F). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5136, 241r–263v (Pap., 1529/30, Schreiber: Vizeguardian Wolfgang Sturm im Franziskanerkloster Heilbronn, schw¨abisch mit bair. Einschlag) (M, zit.). – Eichst¨att, UB, Cod. st 760, 150r–169r (Pap., aus dem Dominikanerkloster Eichst¨att, Schreiberin: Schwester Barbara von Rottenburg im Dominikanerinnenkloster Maria-Reut[h]in, Wildberg bei Calw, 1507). – Zweibr¨ucken, Bibliotheca Bipontina, Hs 30, 414v–449v (Pap., aus Straßburg, Katharinenkloster, erste H¨alfte 15. Jh.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) Sp. 342–344. BJ Passionshistorie Do es nahet das di zit. Der nach den Evangelien erz¨ahlte Prosatext enth¨alt zahlreiche Glossen aus den Schriften der Kirchenv¨ater und anderer Autorit¨aten, welche die betrachtende Zisterzienserin in der Gewahrwerdung des Geschehens eine St¨utze sein sollen. ¨ Uberlieferung: Bregenz, Arch. des Zisterzienserklosters Mehrerau, Hs. V.3.a, S. 54–127 (Perg. [hier] und Pap., «aus einem Zisterzienserinnenkloster aus dem westlich hochalemannischen Raum» [Ochsenbein], erste H¨alfte 15. Jh.). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 11 (2004) Sp. 1167. – Georg Hofmann: Seuses Werke in deutschsprachigen Hss. des sp¨aten MA. In: Fuldaer Geschichtsbll. 45 (1969) S. 113–206, hier S. 184 (Nr. 480). – P. Ochsenbein: Passionsfr¨ommigkeit einer Zisterzienserin um 1400. Ein bislang unbekanntes deutschsprachiges Gebetbuch im Kloster Mehrerau (Hs. V.3.a.). In: Jb. Vorarlberger Landesmuseumsverein 139 (1995) S. 107–123. BJ ¨ Peter von Kastl OSB. – Ubersetzer. P. war Benediktiner und Propst im Kloster Reichenbach. Andreas von Regensburg behauptet in seinem Chronicon generale (1422), P. habe 1401 eine ¨ dt. Ubersetzung von De consolatione philosophiae des ¨ Boethius verfasst. P.s Ubertragung gilt heute als verschollen und ist wahrscheinlich nicht mit je¨ ner gedruckten Ubersetzung identisch, die 1473 bei Anton Koburger in N¨urnberg erschien. Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 352. – Heribert Batzl: Kloster Reichenbach 779

Passionshistorie Do es nahet das di zit am Regen. Gr¨undung, Wirtschafts- und Geistesgesch. eines oberpf¨alzischen Benediktinerklosters. Diss. W¨urzburg 1958, S. 367. – Noel H. Kaylor: P. v. K., Fifteenth-Century Translator of Boethius. In: Fifteenth Century Studies 18 (1991) S. 133–142. – ¨ Ders.: P. v. K. Seine Ubers. der ‹Consolatio Philosophiae› des sp¨atr¨omischen Philosophen Boethius. In: Oberpf¨alzer Heimat 37 (1993) S. 67–74. MM Petrus de Alliaco (Peter von Ailly, Pierre d’Ailly), * um 1351 Compi`egne, † 9.4.1420 Avignon. – Einer der bedeutendsten Theologen, Philosophen und Kirchenpolitiker zur Zeit des großen abendl¨andischen Schismas. P. schloss seine Studien am Coll`ege de Navarre in Paris 1350 als Doktor der Theologie ab und wurde dann Canonicus in Noyon. 1383–89 hatte er am Coll`ege de Navarre das Amt des Rektors inne. Seit 1389 unterst¨utzte er als Beichtvater und Almosenier Karl VI. von Frankreich. Bis 1395 war er außerdem Kanzler der Pariser Universit¨at. 1395 wurde P. zum Bischof von Le Puy und 1397 von Cambrai ernannt, 1411 wurde er Kardinal. Er trat als Leiter mehrerer Gesandtschaften nach Avignon auf. 1413 wurde er zum apostolischen Legaten f¨ur Deutschland ernannt; 1414–18 nahm er mit seinem Sch¨uler Johannes → Gerson am Konzil von Konstanz teil. Bis zu seinem Tod lebte er schließlich als Legat in Avignon. J. verfasste ca. 175 Schriften vor allem zum Kirchenrecht und zur Kirchenpolitik (vor allem zu Fragen des Schismas), zur Philosophie und Theologie, Astronomie und Geographie sowie einige Erbauungsschriften. ¨ Die dt. Rezeption scheint sich auf die Ubersetzung einzelner erbaulicher Werke zu beschr¨anken. Drei Handschriften u¨ berliefern eine vollst¨andige ¨ Ubersetzung des Epilogus de quadruplici excrcitio spirituali (ostschw¨abisch, zweite H¨alfte 15. Jh.). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1929, 232v–242r (zweite H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Mgo 368, 92r–106r (1492, schw¨abisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 829, 110r–120r (1481, Raum Augsburg). ¨ Ferner sind bekannt: eine bair.-¨osterr. Ubersetzung der Devota meditatio super Ps 30,1–6 (15. Jh.). ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1397 (olim 461), S. 183–214 (zweite H¨alfte 15. Jh., bair.o¨ sterr.). 780

Spruche ¨ der zwolf ¨ Anachoreten ¨ Außerdem eine vollst¨andige bair.-¨osterr. Ubersetzung der Meditatio super septem psalmos poenitentiales (erste H¨alfte 15. Jh.). ¨ Uberlieferung: Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a III 21, 1r–102v (1448, Salzburg). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1397 (olim 461), S. 1–183. ¨ Eine mndl. Ubersetzung des auch Johannes Gerson zugeschriebenen Jardin amoureux de l’ˆame d´evote ist u¨ berliefert in: Leuven, UB, Hs. 185, 50r–67r (1914 vernichtet). – Druck Antwerpen 1487 und um 1525. Literatur: Karin Schneider, VL2 7 (1989) Sp. 496–499. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 68 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 20, 402. – Schulthess/Imbach (1996) S. 540 f. – Paul Tschackert: Peter v. Ailli. Gotha 1877 (Nachdr. 1968). – Louis Salembier: Le cardinal Pierre d’Ailly. Bibliographie de ses œuvres. Compi`egne 1909. – Ders.: Pierre d’Ailly. Tourcoing 1932. – Bernhard Meller: Stud. zur Erkenntnislehre des Peter v. Ailly (Freiburger theologische Stud. 67). Freiburg i. Br. 1954. – Albert Ampe: Het ‹hoefken van devocien›. In: Ons Geestelijk Erf 30 (1956) S. 43–82. – Dietrich Schmidtke: Geistliche Schiffahrt II. In: PBB (Tu¨ b.) 92 (1970) S. 115–177, hier S. 122. – Alan E. Bernstein: Pierre d’Ailly and the Blanchard Affair (Studies in medieval and reformation thought 24). Leiden 1978. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 17, 71, 215 f., 305. – Bernard Guen´ee: Entre l’´eglise et l’´etat. Paris 1987. – Marguerite Chappuis: Le trait´e de Pierre d’Ailly sur la consolation de Bo`ece (Bochumer Stud. zur Philosophie 20). Amsterdam 1993 (mit Ausg.). – Laura A. Smoller: History, Prophecy, and the Stars. The Christian Astrology of P. d. A. Princeton/N. J. 1994. SF Spruche ¨ der elf Jungfrauen. In elf unterschiedlich langen Strophen (die ersten neun sind nummeriert) kommen elf Jungfrauen zu Wort. Thema ist die Gottesminne mit ¨ den traditionellen brautmystischen Motiven. Ubereinstimmungen zeigen sich mit den «Minnebaumspr¨uchen» sowie mit dem Gedicht Die minnende Seele. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. A V 33, 19va–19vb (Pap., 1417, alemannisch). – M¨unchen, UB, 8° Cod. ms. 278, 87r–88r (Pap., 1507, mittelbair.). 781

um 1400 Ausgabe: Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 178 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 9 (1995) Sp. 190 f. – Walter Muschg: Die mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 242. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, S. 250 f., 482 f., 492 f. und 576 (Reg.). BJ Spruche ¨ der zwolf ¨ Anachoreten. – → Vitas¨ patrum-Abschnitt mit teilweise eigener Uberlieferung. ¨ Zur Vitaspatrum-Uberlieferung geh¨ort auch der Strang der alemannischen Verba seniorum. Die S. sind ein Abschnitt daraus, in dem elf Einsiedler ihre tugendhafte Lebensf¨uhrung loben. Daraufhin pr¨asentiert sich ein zw¨olfter Anachoret voller Bescheidenheit als unw¨urdiger S¨under und stellt so den Hochmut seiner Vorredner bloß. Die S. erleb¨ ten eine teilweise separate handschriftliche Uberlieferung, beruhen textlich aber meist auf den dt. Vitaspatrum-Gesamt¨ubersetzungen des MA. Im 15. Jh. wurden sie auch in lat. Fassungen u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, cod. Donaueschingen 115, 101r–105v (Kloster Katharinental bei Diessenhofen, fr¨uhes 14. Jh., alemannisch). – Basel, UB, cod. B IX 15, 99ra–99va (Mitte 14. Jh., s¨udalemannisch). – Basel, UB, cod. A V 41, 27r–29r (zweite H¨alfte 14. Jh., westliches S¨udalemannisch). – Zu den lat. Fassungen s. Battle 1971 (s. Lit.). Ausgabe: Altdt. Predigten und Gebete. Hg. v. Wilhelm Wackernagel mit Max Rieger. Basel 1876 (Nachdr. Hildesheim 1964) S. 600–602 (nach der Hs. Basel B. IX. 15, die Honemann als textlich unzul¨anglich bezeichnet). – Die ‹Alemannischen Vitaspatrum›. Unters. und Edition. Hg. v. Ulla Williams. T¨ubingen 1996, S. 264–266 (Nr. 156). Literatur: Karl Suso Frank: Anachoreten. In: LexMA 1 (1980) S. Sp. 566 f. – Volker Honemann, VL2 9 (1995) Sp. 196 f.; 11 (2004) Sp. 1448. – Columba M. Battle: Die ‹Adhortationes sanctorum ¨ patrum› (‹Verba seniorum›) im lat. MA. Uberl., Fortleben und Wirkung. M¨unster/Westf. 1971, S. 328. – Vgl. auch die Lit. zum Vitaspatrum. MM 782

um 1400 Tierspruche. ¨ – Mnd. sentenzhafte Spruchreihe, sp¨ates 14./fr¨uhes 15. Jh. Die sog. T. sind nachtr¨aglich in einen Codex eingetragen worden, der vornehmlich Predigten des ostf¨alischen Minoriten Johann Bosingfeldt enth¨alt. Die 72 mnd. Verse sind kurze sentenzartige Erl¨auterungen von 36 verschieden Tugenden oder Lastern. Diese werden jeweils von dem Tier vorgetragen, das die entsprechende Eigenschaft verk¨orpert. Neben jedem Verspaar steht links die lat. oder griechische Bezeichnung dieser Eigenschaft, rechts der mnd. Name des Symboltiers. Neben elementaren Griechischkenntnissen setzen die Spr¨uche eine Kenntnis der Tradition der Tierallegorese voraus, sodass als Verfasser eigentlich nur ein Geistlicher in Betracht kommt, auf Grund des Sprachstandes der Reimw¨orter ein Ostfale. Die bei vergleichbaren Texten u¨ blichen bildliche Darstellungen fehlen hier. Sie schienen dem Kopisten vermutlich deshalb entbehrlich, da die Aufzeichnung wohl eher f¨ur die Predigtvorbereitung gedacht ist, als Materialsammlung zur rhetorischen Ausschm¨uckung. Ein sinnvolles Aufbauprinzip der Spruchreihe ist nicht erkennbar, wie allein ein Blick auf Anfang und Schluss offenbart: Sie beginnt mit «wiltswyn» und «eynhorn» («audacia»/«fortitudo») und endet mit «ezel» und «elephant» («mansuetudo»/«iracundia»). ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Depositum Hannover, Stadtb¨uchereien, Hs. Nr. 2 (Hannover StB. Ms. Mag. 2), 243r–244r (Pap., aus dem Franziskanerkloster Hannover, erstes Viertel 15. Jh., lat., mnd.). Ausgabe: Wolfgang Stammler: Mnd. Tierspr¨uche. In: NdJb 45 (1919) S. 31–35. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 9 (1995) Sp. 930 f. – Stammler 1919 (s. Ausg.) VZ Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191. – Sammlung von Predigtexzerpten, fr¨uhes 14. Jh. Die Z. ist eine Sammlung von Predigtexzerpten mit vornehmlich dominikanischem Hintergrund, die mit Autorit¨atenzitaten, Gebeten, Dicta und einem Exempel durchsetzt ist. Dabei werden 34 Prediger und ein Laienbruder aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. namentlich genannt; sieben weitere Autoren werden nach ihrer Ordenszugeh¨origkeit oder Funktion gef¨uhrt. Die Sammlung wird mit einem einleitenden Zitat Meister → Eckharts er¨offnet. Es folgen in einem ersten 783

Tierspruche ¨ Abschnitt bis 357r Autorit¨atenzitate (→ Gregor der Große, → Augustinus, → Bernhard von Clairvaux, → Pseudo-Dionysius Areopagita, Hiob). Bernhard erscheint in der Sammlung noch einmal auf Blatt 66v in einem Abschnitt mit Gebeten, Herrenworten und Heiligenzitaten ohne Namenszuweisung. Den Rest der Sammlung machen die Exzerpte und Dicta der Prediger des 14. Jh. aus, in folgender Reihung (in Klammern Mehrfachnennung an verschiedenen Stellen der Sammlung, in der Regel sind auch die nur einmal genannten mit mehr als einem Exzerpt vertreten): → Heinrich von Augsburg II, Der → Beheim OP (5x), Der von Friedberg OP (→ Eyglo von Friedberg), Der von → Tennestette OP, Bruder Ludwig (Frater → Ludovicus [4x]), Der → Sperwer OCarm (3x), Bruder Aristotilis OP (3x), Bruder → Steinmar OP (2x), ein Prior OP, Meister Eckhart OP, Der → Kuse OP, Der von → Halle OP (3x), → Barf¨ußer von Basel, Der → Sch¨olzelin OP, ein Augustiner Lesemeister, Der ¨ von → Durlach OP, Ortelin → Sicke OP, ein Dominikaner, Bruder → Thomas OESA, Der von Gabelstein OP, ein Franziskaner, Der von → K¨ubeler OP, Der → Freund OP, → Johannes von Sterngassen OP (6x), Bruder → Th¨uring OP (5x), Johannes → Futerer OP (5x), Der von Ratzenhusen OP (→ Philipp von Rathsamhausen [2x]), ein Franziskaner-Guardian, Bruder → Lempfrit OESA (3x), → Rudolf von Gengenbach (Wilhelmiter [3x]), Bruder → Nikolaus der Wilhelmiter, ein Dominikaner, ein Dominikaner-Lesemeister, Der von → N¨uzzen OP, Der von → Basel OP, Bruder → Matth¨aus, Der → Hunt OP, Bruder → Volmar OFM (2x), Der von → Achenheim OFM, Der → Sachse OFM, ein Augustiner, → Friedrich von Neuenburg («leige»), Der von → Franken OP. Die umfangreichsten Exzerpte sind von Johannes von Sterngassen, Futerer und Bruder Th¨uring, die als gemeinsamer Block 369v–376r erstmals auftreten (mit eingestreuten Gebeten, Herrenworten, anonymen Spr¨uchen und einem Exempel). F¨ur eine Datierung und Herkunftsbestimmung der Sammlung fehlen belastbare externe Hinweise. Anhand von Identifizierungsversuchen ergibt sich ein Schwerpunkt im Straßburger Dominikanermilieu in der ersten H¨alfte des 14. Jh. Dies wird dadurch unterst¨utzt, dass die Herkunftsangabe «von Straßburg» bei den Predigernamen nicht auftritt (im Gegensatz zu «von Basel»), dies konnte wohl als bekannt vorausgesetzt werde. Die 385r und 371r erw¨ahnten «sante ketthrinen» und «Sancte 784

Traum eines Gottesfreundes Nyclˇawse z˚u den hunde» d¨urften dann mit den Dominikanerinnenkl¨ostern St. Katharina und St. Nikolaus in undis zu identifizieren sein. Die els¨assische Sprache im Codex ist ein weiterer Anhaltspunkt. Ohne anonyme St¨ucke und Gebete umfasst die Sammlung 160 St¨ucke, eine thematisch planvolle Anordnung liegt nicht vor. Zentrale Themen sind Dogmatik und Katechese (Eucharistie und Beichte, Demut, N¨achstenliebe, christliche Lebensregeln usw.) und damit par¨anetisch-praktische Aspekte der Predigt; nur selten sind die Exzerpte mystischer Natur. Vermutungen u¨ ber den/die Kompilator/in k¨onnen auch angesichts der vielen vertretenen Orden nur spekulativ sein. Eine vergleichbares Corpus aus Straßburg ist die Predigtsammlung der Agnes Fuchs aus dem 15. Jh. (Berlin, SBB, Mgq 206). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 352r–391v (Pap. und Perg., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, 14. und 15. Jh., Zitatenslg. um 1400; eine Untergliederung der Sammlung, die im Inhaltsverzeichnis der Hss. angegeben ist, spiegelt sich nicht im tats¨achlichen Layout wieder). – Ein Randeintrag (352r) des ehemaligen Besitzers Daniel → Sudermann veranlasste die Suche nach einer Parallelhandschrift: «[...] dergleichen gesammelte lehre hab ich in eim ander b´uchlin». Vermutlich ist Berlin, SBB, Mgo 69 gemeint, worin keine Parallel¨uberlieferung, aber eine strukturell vergleichbare Sammlung steht. Teilausgaben: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des vierzehnten Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Nachdr. Aalen 1962), Tl. III: Spr¨uche, S. 604 (Nr. 23 f.). – Ders.: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania. Vierteljahrsschr. f¨ur dt. Alterthumskunde 3 (1858) S. 226–241 (einige St¨ucke (‹Lesemeister von Kollen›, Heinrich von Leven, S. 241 f. nicht aus Mgq 191; die beiden Dicta Meister Eckharts nur hier). – Karl Biehlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: Beitr. zur Gesch. der Renaissance und Reformation. FS Joseph Schlecht. Mu¨ nchen/Freising 1917, S. 45–62, hier S. 50–54 (nur Johannes Futerer). – Wolfgang Stammler: Stud. zur dt. Mystik. In: ZfdPh 55 (1930) S. 291–300, hier S. 291–294 (enth¨alt in mgq 191 namentlich genannte Autoren, die bei Pfeiffer 1858 fehlen). – Die Koh¨arenz der Slg. wird von der zerkl¨ufteten Ausgabenlage nicht repr¨asentiert. – Pfeiffer 1858 (s. Lit.) ordnet nach Namen, ohne jeglichen Bezug zum hsl. Fundort. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 11 ¨ (2004) Sp. 1564–1569. – Gabriel L¨ohr: Uber 785

um 1400 die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibliotheksgesch. Diss. T¨ubingen 1957, S. 93–102, 206–210. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des dt. Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. M¨unchen 1996, S. 389–391. – Andreas R¨uther: Bettelorden in Stadt und Land. Die Straßburger Mendikantenkonvente und das Elsaß im Sp¨atMA (Berliner Hist. Stud. 26/Ordensstud. 11). Berlin 1997. – Bernhard Neidiger: Basel OP. In: Die Dominikaner und Dominikanerinnen in der Schweiz. Hg. v. Petra Zimmer unter Mitarb. v. Brigitte Degler-Spengler (Helvetia Sacra 4,5). Basel 1999, S. 188–284. VZ Rudolf von Gengenbach. – Prediger des 14./15. Jh. Von dem ansonsten unbekannten Prediger R. u¨ berliefert die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 191, 382v, 388r und 390r (um 1400, els¨assisch) drei Spr¨uche aus Predigten. Der erste Spruch behandelt drei Fragen, die einem reichen Menschen nach seinem Tode gestellt werden, der zweite bringt ein mˆere von zwein gebr¨uedern, wie einer dem andern zuo kam uˆ f eime fiurˆin rosse und doch tˆot was, und wie ime giener in daz himeirˆiche half, Spruch Nr. 3 handelt nach → Augustin davon, dass die Demut Gott, Menschen, Engel und Teufel uberwindet. ¨ Abdruck: Franz Pfeiffer: Spr¨uche dt. Mystiker. In: Germania 3 (1858) S. 225–243, hier S. 227 f. Literatur: Volker Honemann, VL2 8 (1992) Sp. 356. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Hss.-Sammler. Diss. (masch.) T¨ubingen 1956, S. 93–102, hier S. 96 und Anm. 1 (zur Hs.). SF Traum eines Gottesfreundes. – Mystischer Kurzdialog zum Thema Rechtfertigung der guten Werke, vielleicht um 1400 entstanden. Der Text besteht aus zwei dialogischen, im Schlaf geschehenden Teilen. Der Ich-Sprecher belehrt zun¨achst einen verzweifelten Menschen u¨ ber die Unzul¨anglichkeit irdischer Werke wie Fasten, Beten etc. und dar¨uber, dass der Mensch Werkzeug und Wirkungsort Gottes sein sollte. Der sich hierauf gegen diese Aussagen stellende Dominikaner wird vom Ich-Sprecher schließlich u¨ berzeugt, dass 786

um 1400 irdische Werke ohne Selbstaufgabe und «Gelassenheit» vergeblich seien. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 627, 260rb–262ra (Pap., 1458, nordbair.). – Ebd., Cgm 628, 97va–98va (Pap., 1468, mittelbair.). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 283, 284rb–285vb. – W¨urzburg, UB, M. ch. f. 66, 249v–250v. Ausgabe: Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der deutschen Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 120–124. Literatur: Falk Eisermann, VL2 9 (1995) Sp. 1011 f. BJ Tundalus. – Jenseitsvisionen (dt. Prosa¨ubersetzungen), 14./15. Jh. Um das Jahr 1149 entstand in Regensburg die lateinische Fassung der Geschichte des visionsreisenden Ritters Tnugdalus durch einen gewissen irischen «frater Marcus», wie der Verfasser sich selbst im Widmungsbrief der → Visio Tnugdali nennt (Visio Tnugdali, 3.2). Wenig sp¨ater wurde → Bruder Markus’ Prosafassung in zwei Versbearbeitungen ins Deutsche u¨ bersetzt (→ Niederrheinischer Tundalus und → Albers von Windberg Vision des Tnugdalus). Seit dem sp¨aten 14. Jh. gibt es zahlreiche dt. Prosa¨ubersetzungen der lat. Fassung, die beliebte Erz¨ahlung von Tnugdalus (dt. meist «Tundalus», aber auch «Tugdalus», «Tondalus», «Tondolus», «Tungedalus» und «Tangdalus») stellt damit die meistverbreitete Jenseitsvision in der Volkssprache dar. Der irische allzu weltlich lebende Ritter Tnugdalus verf¨allt in einen drei Tage andauernden Scheintod, w¨ahrend dessen seine Seele eine Jenseitsvision erlebt. Unter der F¨uhrung eines Engels wandert sie durch das Jenseits (Motiv der «peregrinatio animae»). Die Wanderung f¨uhrt sie durch die h¨ollischen Straforte, an denen auch sie einige Peinigungen zu erleiden hat. Nach dem Besuch eines Zwischenreichs gelangt des Ritters Seele an paradiesische Freudenorte, wo auch ihr einige Belohnungen zuteil werden und sie ihr bekannte Personen trifft. Nach der Durchwanderung aller Bereiche kehrt die Seele nicht ganz freiwillig in den K¨orper zur¨uck mit dem Auftrag das Gesehene zu berichten. Der gel¨auterte Ritter widmet sich fortan der Verk¨undung und einem bußfertigen Leben in Demut. Das Publikum der Prosa¨ubersetzungen wird allgemein als geistlich eingesch¨atzt, obwohl einige Bearbeitungstendenzen verst¨arkt auch auf ein Laienpublikum schließen lassen. Letzteres 787

Tundalus gilt dann vor allem f¨ur die Druckfassungen (Palmer, VL2, Sp. 1143). ¨ Die obd. Ubersetzung C k¨urzt die lat. Vorlage nach allgemeiner Tendenz um die Begegnung mit den irischen Bisch¨ofen und, wahrscheinlich durch eine theologische Problematik motiviert (Palmer, VL2, Sp. 1144), die Einteilung des Himmels. Der Bearbeitung fehlt ein Prolog. Der Text scheint speziell in dominikanischen Kreisen verbreitet gewe¨ sen zu sein. – Die westobd. Ubersetzung D stellt ¨ eine freie Ubersetzung nach einer vollst¨andigen Vorlage dar, k¨urzt um das Widmungsschreiben des Bruder Markus und die Schilderung Irlands. Dagegen enth¨alt sie Erg¨anzungen, «die darauf zielen, die Wirksamkeit der Beschreibungen der Strafen zu erh¨ohen» (Palmer, VL2, Sp. 1144). Offensichtlich ging es dem Verfasser um eine besondere Betonung der Amtsmissbr¨auche weltlicher und geistlicher Pers¨onlichkeiten. Im Rheinland verbreitet wie in einer westf¨alischen Fassung mit einem Versprolog u¨ berliefert, wurde der Text wohl vor allem von Laien rezipiert. – Die mndl./ripuarische ¨ ¨ Ubersetzung E stellt eine genaue Ubersetzung der lat. → Visio Tnugdali noch vor 1381 dar, ein ei¨ genst¨andiger Prolog ist hinzugef¨ugt (zum Ubersetzer vgl. auch die mndl. Prosau¨ bersetzung des Tractatus de purgatorio S. Patricii (→ Fegfeuer des hl. ¨ Patricius). – F¨ur die md. Ubersetzung G ist bis¨ her nur eine Hs. bekannt. Die Ubersetzung erfolgt vollst¨andig nach der lat. Fassung, k¨urzt lediglich bei den Beschreibungen der Straforte. – ¨ Die s¨udbair. Ubersetzung I, ebenfalls in nur einer Hs. bekannt, wurde von dem sehr produktiven Karth¨auser Heinrich → Haller f¨ur die Laienbr¨uder des Klosters Allerengelberg in Schnals nah an der lat. Vorlage verfertigt. Der T. ist gemeinsam mit dem Tractatus de Purgatorio S. Patricii und → Brandans Meerfahrt in den Bearbeitungen Hallers u¨ berliefert. Ein gemeinsamer Prolog u¨ ber die Gerichte Gottes und das Fegfeuer stellt er den drei Texten voran. – ¨ Die Ubersetzung J ist unikal u¨ berliefert in skla¨ vischer Treue gegen¨uber der lat. Vorlage. – Uber ¨ die Ubersetzung K vom Salzburger Nonnberg gibt ¨ es keine n¨aheren Informationen. – Die Ubersetzung L u¨ bersetzt die lat. Kurzfassung → Vinzenz’ von Beauvais, die in seinem Speculum historiale ent¨ halten ist. – Die Ubersetzung N erg¨anzt eine unvollst¨andige Bearbeitung, welche die lat. Kurzfassung des Vinzenz von Beauvais benutzte, mit ei¨ ner Ubersetzung einer vollst¨andigen lat. Vorlage. Da letztere in zwei Abschnitten eingef¨ugt wurde 788

Tundalus (315r–322v und 330r–341v) kann man wohl von einem Blattverlust des Originals ausgehen (Palmer, VL2, Sp. 1146). ¨ ¨ Uberlieferung: Obd. Ubers. (C): Straßburg, Nationalbibl. und Univ., Cod. 2267, 1r–15v (Pap.). – Berlin, SBB, Mgq 74, 121r–141v (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgo 664, 2r–87r (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Dresden, LB, Mscr. M 244, 2r–21r (Pap., um 1405/15, ostfr¨ankisch). – Mainz, StB, Hs. II 283, 181r–240v (Pap., 15. Jh., ostfr¨ankisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 409, 325r–348v (Pap., 1457–61 und sp¨ater, nordbair.). – Ebd., Cgm 458, 230r–270v (Pap., 1482, nordbair.). – Ebd., Cgm 473, 33r–104v (Pap., 1487, mittelbair.). – Ebd., Cgm 594, 73r–83r (Pap., 1449, mittelbair.; Wessobrunn, Schreiber Benedictus Perger, 107r). – Ebd., Cgm 845, 66r–118v (Pap., 1469/70, mittelbair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XI. C. 9, 57ra–83rb (Pap., 15. Jh., fl¨amisch). – Stuttgart, LB, Cod. HB V 86, 111ra–122va (Pap., ¨ 1468–72, westschw¨abisch). – Wien, ONB, Cod. ra va 12460, 92 –106 (Pap., 1473, s¨udbair.). – Berlin, SBB, Hs. 411, 1ra–14ra (Pap., um 1470/85, bair.o¨ sterr., Nordbayern oder N¨urnberg). – Providence, Rhode Island/USA, Brown University, John Hay Library, Ms. Germ. Cod. 1, 83va–97vb (Pap., 1411, ostfr¨ankisch und schw¨abisch, N¨urnberg). – 2 Drucke v. Johannes B¨amler. Augsburg 1473 und ¨ 1476. – Westobd. Ubers. (D): Berlin, SBB, Mgq 404, 41r–84v (Pap., 1446, nd.; Schreiber «Johannis de h¨orhusen», 40r). – Dillingen, Studienbibl., Cod. XV 14, 46ra–64va (Pap., 1479, niederalemannisch; Schreiber Johannes Karcher de Hagenau). – D¨usseldorf, Landes- und Stadtbibl. Ms. C 96, 1r–24r (Pap., um 1500, mnd.). – Moskau, Russ. Arch. der alten Akten, Fond 181, Nr. 1405, Opis’ 16, 2r–42r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4492, 1r–75r (Pap., nach 1521, bair.; Druckabschrift). – Salzburg, UB, M I 476, 90v–96r (Pap., 1441, niederalemannisch, Lahr). – Trier, StB, Hs. 818/1715 8°, 77r–88v (Mitte 15. Jh., moselfr¨ankisch/ripuarisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1233, 1r–66v (Pap., 1493, nd.). – Wrocław, Univ., Cod. I D 41a, 80v–129r (Pap., 1492). – 21 Drucke (Palmer, 1982, ¨ S. 19–21). – Mndl./ripuarische Ubers. (E): Berlin, SBB, Mgq 1087, 91r–116r (Kriegsverlust). – Br¨ussel, K¨onigl. Bibl. Albert I, 21940, 40v-94r; Ebd., II 2318, 49r–85r (Pap., 15. Jh., mndl.). – Darmstadt, ULB, Hs. 2682, 140r–177v (Pap., 15. Jh., niederfr¨ankisch, vermutlich Augustinerinnenkloster K¨oln). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7020 789

um 1400 (W*) 56, 34v–99v (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., ripuarisch). – Nijmegen, Gemeente-Archief 386, 133r–167v. – D¨usseldorf, Landes- und Stadtbibl. Ms. C 96, 1r–24r (Pap., um 1500, mnd.). – Md. ¨ Ubers. G: Berlin, SBB, Mgo 19, 2r–61v (Pap., zweite ¨ H¨alfte 15. Jh.). – S¨udbair. Ubers. I: Innsbruck, UB, Cod. 979, 5r–32v (Pap., nach 1473). – Ostmit¨ teldt. Ubers. J: Prag, Nationalbibl., Cod. XXVI.A.5, r ¨ ¨ 93 –119v (Pap., 15. Jh.). – Osterr. Ubers. (K): Salzburg, Cod. 23 D 3, 122r–154v (Pap., 1473, Bene¨ diktinerkloster Nonnberg). – Ostmitteldt. Ubers. (L): ra vb Berlin, SBB, Mgf 532, 5 –9 (Perg., 1461; Schrei¨ ber «Johannem witczenhusen», 103rb). – Ubers. (N): Straßburg, Nationalbibl. und Univ., Cod. 2106 (All. 182), 314r–341v (Mitte 15. Jh., ostf¨alisch, Bursfelde) (die Angaben nach Palmer 1982 und 1995). Ausgaben: Visio Tnugdali. Lateinisch und altdeutsch. Hg. v. Albrecht Wagner. Erlangen 1882 (Nachdr. Hildesheim u. a. 1989). – Otto Mausser: Eine Fahrt durch die Reiche des Jenseits. Himmel – Fegefeuer – H¨olle. Unbekannte dt. JenseitsVisionen. In: Walhalla 6 (1910) S. 200–271 (zu C). – Tondolus der Ritter. Die von J. und C. Hist gedruckte Fassung. Hg. v. N. F. Palmer (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 13). M¨unchen 1980 (zu D). – Ren´e Verdeyen/H. Joseph Edmund Endepols (Hg.): Tondalus’ Visioen en St. Patricius’ Vagevuur (Uitgaven d. Kkl. Vlaamsche Academie voor Taalen Letterkunde 3,20). 2 Bde. Gent 1914–17, Bd. 2, S. 2–177. – R. Verdeyen: Tondelus’ Visioen. Naar en Brusselsch handschrift. Groningen/Den Haag 1021 (zu D). Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 9 (1995) Sp. 1142–1146. – Cornelis G. N. de Vooys: Bijdragen tot de Middelnederlandse woord-geografie en woord-chronologie. Bd. 2: De vertalingen van Tondalus’ Visioen en St. Patricius’ Vagevuur. In: Tijdschrift voor Nederlandse taal- en letterkunde 54 (1935) S. 15–27. – P. Halleux: Mittelnederlandse woord-geografie. Tondalus’ Visoen. In: ebd. 65 (1948) S. 287–298. – Franz. H. B¨auml: The middle franconian ‹Tundalus›-fragments. Translation or adaption? In: Neophilologus 44 (1960) S. 116–120. – Nigel F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen u. a. 1982. – Nikolaus Henkel: Rezension zu Tondolus der Ritter, hg. v. Palmer, 1980. In: AfdA 93 (1982) S. 146–151. – N. F. Palmer: Illustrated Printed Editions of the Visions of ‹Tondal›. In: Thomas Kren: Margaret of York, Simon Marmion and ‹The 790

um 1400 Vision of Tondal› from the Late Fifteenth and Sixteenth Centuries. Malibu/CA 1992, S. 157–170. CS Visio Lazari. – Lat. Legende aus dem HochMA ¨ (dt. Ubers. erste H¨alfte 15. Jh.); dt. Versdichtung um 1400; dt. Prosalegende um 1500. Die a¨ lteste der ma. Lazarus-Dichtungen ist die lat. Legende Passio Lazari. Sie d¨urfte im Zuge des Kults um die drei bethanischen Geschwister (Maria, Martha und L.) im HochMA entstanden sein. Berichtet wird vom Tod des L., von seiner Auferweckung (mit einer aus der → Visio Sancti Pauli [Redaktion IV] u¨ bernommenen Jenseitsschilderung) und von seiner Missionst¨atigkeit als Bischof von Marseille. In den → Visiones Georgii wird ein Buch u¨ ber die H¨ollenvisionen erw¨ahnt, das L. geschrieben haben und aus dem in der Kathedrale von Marseille vorgelesen worden sein soll. Der dt. Version der Legende in Der → Heiligen Leben (Nr. 4) ¨ liegt eine hochdt. Ubersetzung zugrunde, die von der Fassung in der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine unabh¨angig ist. Im Kontext der S¨udmndl. → Legenda aurea werden zwei mndl. Prosafassungen der Passio u¨ berliefert. Eine Versbearbeitung des Stoffs ist die mhd. Dichtung V. L. (788 Verse). Sie wird ausschließlich von bair. Textzeugen tradiert und d¨urfte noch im 14. oder im fr¨uhen 15. Jh. entstanden sein. Eine direkte lat. Quelle des Gedichts ist anzunehmen, jedoch nicht bekannt. Den Rahmen des Gedichts bilden ein Gebet des anonymen Verfassers und eine lange Zeitklage. Die Vision selbst ist ein in der IchForm abgefasster Bericht u¨ ber die H¨ollenfahrt in klagendem Grundton. In Analogie zu den H¨ollenqualen im Elucidarium des → Honorius Augustodunensis ist der Bericht in f¨unf Teile gegliedert (Feuer, Eis, Finsternis, Gestank, Verwundung). Das besondere Merkmal der Vision ist eine Begegnung des Vision¨ars L. mit Propheten und Patriarchen, denen er Christi Geburt bezeugt. Die Passage mit den Altv¨atern ist in Anlehnung an Motive aus dem → Evangelium Nicodemi gestaltet. Das B¨uchlein von den peinen ist die j¨ungste L.Dichtung. Sie ist in die L.-Erz¨ahlung und eine Sammlung von 27 Prosaexempeln u¨ ber H¨olle und Fegefeuer aufgeteilt. Die L.-Legende ist eine ¨ Ubersetzung einer bekannten franz¨osischen L.Vision (Trait´e des peines d’enfer aus dem erweiterten Sch¨aferkalender Calendrier des bergers, Erstdruck Paris 1491 [GW 5906]). Die franz¨osische Vorlage 791

Visio Lazari teilt die H¨ollenqualen nach der Passio L. und Motiven der → Visio Sancti Pauli in sieben Teile ein, die im dt. Text um H¨ollen-, Fegefeuer- und Pa¨ radieserlebnisse Tundals (→ Tundalus, Ubersetzung D) erweitert werden. ¨ Uberlieferung: Passio Lazari (dt. Legende): Bamberg, SB, Msc. Hist. 159 (fr¨uher E.VII.53), 248v–270v (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh. [vor 1387], nordbair. [mit alemannischem Einschlag]). – Visio Lazari (dt. Versdichtung): Berlin, SBB, Mgf 1396, 183rb–189va (Pap., erste H¨alfte/Mitte 15. Jh., bair./nieder¨osterr.). – Ebd., Ms. lat. qu. 374, 115r–126v (Pap., erstes Drittel 15. Jh., bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 534, 70ra–72vb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Ebd., Cgm 3973, 67ra–72ra (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.). – B¨uchlein von den peinen: Druck Straßburg, Bartholom¨aus Kistler 1506 (VD16 V 2554) und 1509 (VD16 V 2555) mit 27 Holzschnitten im ersten Teil. Ausgaben: Passio Lazari (lat.): Catalogus codicum hagiographicorum bibliothecae regiae bruxellensis 1,2: Codices Latini Membranei 2. Br¨ussel 1889 (Appendix zu Analecta Bollandiana 6 [1887]) S. 88–92. – Joseph H. Alban`es/Ulysse Chevalier: Gallia christiana novissima. Histoire des archevˆech´es, e´ vˆech´es & abbayes de France. Bd. 2: Marseille. Montb´eliard 1899, Sp. 1–5. – Passio Lazari (dt.): Margit Brand u. a.: Der Heiligen Leben. Bd. 1: Der Sommertl. (TTG 44). T¨ubingen 1996, S. 16–22. – Visio Lazari (dt. Versdichtung): Voigt 1924, S. 86–113 (nach SBB Ms. lat. qu. 374). – Danach: Hedwig Heger: Sp¨atMA, Humanismus, Reformation Bd. 1 (Die dt. Lit. Texte und Zeugnisse 2,1). Mu¨ nchen 1975, S. 32–52. Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 10 (1999) ´ Sp. 408–410. – Emile Roy: Le myst`ere de la pas´ sion en France du XIVe au XVIe si`ecle. Etude sur les sources et le classement des myst`eres de la passion, accompagn´ee de textes in´edits. 2 Bde. (Revue Bourguignonne 13/14). Dijon/Paris 1903/04. – Max Voigt: Beitr. zur Gesch. der Visionenlit. im MA (Palaestra 146). Leipzig 1924 (Nachdr. New York 1967) S. 1–118. – N. F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). Mu¨ nchen 1982, S. 206–209, 408 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 432. – Thomas Kren: Some Illuminated Manuscripts of ‹The 792

Salomonische Schriften Vision of Lazarus› from the Time of Margaret of York. In: Margaret of York, Simon Marmion, and ‹The Visions of Tondal›. Hg. v. dems. Malibu CA 1992, S. 141–156. – N. F. Palmer: Illustrated Printed Editions of ‹The Vision of Tondal› from the Late Fifteenth and Early Sixteenth Centuries. In: ebd., S. 157–170, bes. S. 161–166. – Hans-Jochen Schiewer: V. L. (dt.). In: Aderlaß und Seelentrost. Die ¨ Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln (Ausstellungskat. SB zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz NF 48). Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 263. VZ ¨ Salomonische Schriften (dt.). – Uberlieferungsstrang (pdeudo-)salomonischer/biblischer Texte, 14. bis fr¨uhes 16. Jh. Der biblische K¨onig Salomo erscheint in der ma. Literatur h¨aufig als Figur, u. a. im Lob Salomos, in Salomons Haus, Das salomonische Urteil, Salomon und Markolf (Salman und Morolf), bei → Herrad von Hohenburg und in → Historienbibeln. Daneben gab es eine volkssprachige (hochdt. und nd.), teilweise mit lat. Fassungen gemischte Rezeption von traditionell Salomo zugeschriebenen Werken. Dazu z¨ahlen in erster Linie die sog. Weisheitsb¨ucher, die kanonisch oder apokryph dem AT angeh¨oren: Ecclesiastes, Proverbia, Sapientia, Jesus Sirach und beson¨ ders das Canticum canticorum. Ihre dt. Uberlieferung umspannt unterschiedliche Vorlagen und Zweige. Die dt. Rezeption der S. S. begann im 14. Jh. und kulminierte in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Erste ¨ Ubertragungen einzelner Weisheitsb¨ucher nahm ¨ der Osterr. Bibel¨ubersetzer vor. Gesammelt finden sich die deutschsprachigen Weisheitsb¨ucher erstmals um 1400 in der → Wenzelsbibel (zweiter Zweig nach Walther). Naturgem¨aß erfolgte ¨ ihre Uberlieferung oft im Kontext von Bibelausgaben, etwa der Wien-Z¨urcher Bibel, der dt. Historienbibeln oder des Schwabenspiegels (s. außerdem → Niederdeutsche Bibeldrucke, → Oberdeutsche Bibeldrucke). Teile der S. S. geh¨orten der Liturgie an und wurden daher in Andachtsb¨ucher und Plenarien aufgenommen. Teilweise sind die u¨ bersetzten Weisheitsb¨ucher auch zus¨atzlich mit dt. Glos¨ sen versehen worden. In der Uberlieferung spielen besonders Walthers Zweige 1, 10, 11, 27 bis 30 und 40 eine Rolle. Zu den namentlich bekannten ¨ Ubersetzern z¨ahlen → Johannes von Speyer und → Heinrich von Dissen, die beide die Proverbia u¨ bertrugen. 793

um 1400 Die vielleicht breiteste Rezeption unter den S. S. erfuhr das Hld. Neben den genannten Bibel¨ubersetzungen sind hier auch → Williram von Ebersberg, → Brun von Sch¨onebeck und Heinrich → Laufenberg zu nennen, außerdem der Frauenlob-Marienleich und das → St. Trudperter Hohelied. Auslegungen finden sich etwa bei bei → Richard von St. Viktor und Wolfgang Walcher. Die Handschriften u¨ berliefern h¨aufig dt.-lat. Fassungen des Werks, teilweise zusammen mit lat. Kommentaren oder dt. Auslegungen. Die Augsburger Furtmeyr-Bibel enth¨alt eine hochdt. HldFassung in Spruchb¨andern. Zu den S. S. im weiteren Sinne z¨ahlen auch die der Magie und Naturkunde gewidmeten Werke Clavicula Salomonis und Testamentum Salomonis, deren deutschsprachige Rezeption aber erst im 16. Jh. einsetzt. Der Physiologus wurde im dt. Bereich nicht als S. S. wahrgenommen. ¨ ¨ Uberlieferung: Vgl. auch die Uberl. der im Artikel genannten Bibel¨ubersetzungen. 1. Wichtige Hs. zu den S. S. gesamt: Solothurn, ZB, Cod. S I 145 (Pap., 1457, hochalemannisch, enth¨alt 1r–28v Proverbia, 28v–38r Ecclesiastes, 38r–42v Cantica canticorum, 42v–61v Sapientia, 61v–107v Jesus Sirach). 2. Canticum canticorum: Breslau, UB, Cod. I Q 341, 81v–86r (Pap., Mitte 14. Jh.). – Augsburg, UB, Cod. II.1.2° 18, 221r–234v (Pap., zweites Drittel 14. Jh., lat.-dt.). – Graz, UB, Ms. 1132, 44r–48v (Pap., Ende 14. Jh., lat.-dt.). – Leiden, UB, Cod. Ltk. 233, 52vb–57va (Perg., Ende 14. Jh., lat.-dt.). – Prag, Nationalbibl., Cod. Osek.18, 126r–159v (Pap., 14. Jh., lat.-dt.). – Seitenstetten, Stiftsbibl., Cod. 172, 6v–11r (Pap., 14./15. Jh., lat.¨ dt.). – Wien, ONB, Cod. 2907, 85rb–89va (Pap., ¨ um 1400, lat.-dt.). – Wien, ONB, Cod. 14815, 95va–99rb (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Seitenstetten, Stiftsbibl., Cod. 231, 321r–326r (Pap., erstes Drittel 15. Jh., bair.). – Budapest, UB, Cod. lat. 54, 79ra–83vb (Pap., um 1413, lat.-dt.). – Seitenstetten, Stiftsbibl., Cod. 121, 318r–321v (Pap., 1415, lat.-dt.). – M¨unchen, BSB, Clm 12723, 75v–83v (1417, lat.-dt.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 500, 250r–252r (Pap., um 1420–40, lat.-dt.). – Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701 Nr. 180, 2ra–4ra (Pap., um 1430, Fragm.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 916, 316vb–325rb (Pap., 1439, lat.-dt.). – Graz, UB, Ms. 969, 188r–194v (Pap., um 1440, lat.dt.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.F.8, 1r–65r (Pap., 1448, bair.). – Bamberg, SB, Msc. theol. 94, 794

um 1400 193r–203v (zweite H¨alfte 15. Jh., bair.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 948 (263; E 54), S. 321a–329a (Pap., 1453, mittelbair.). – Solothurn, Zentralbibl., Cod. S I 145 (s. o.). – Berlin, SBB, Mgf 516, 255va–259ra (Perg. und Pap., um 1457–60, ripuarisch, Historienbibel). – Wiesbaden, LB, cod. 52, 381v–388r (Pap., 1469, ripuarisch). – Berlin, SBB, Mgf 13, 310va–318rb (Pap., 1471, ostmitteldt.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 872, 245v–253r (Pap., 1471, lat.-dt.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 17, 194r–207v (Pap., um 1477/80, alemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 814, 2r–17v (Pap., 1478, mittelbair.). – Ebd, Clm 28884, 305ra–311rb (Pap., 1487, lat.-dt.). – Innsbruck, ULB, Cod. 207, 121ra–124vb (Pap., 15. Jh., lat.-dt.). – Oxford, Bodleian Library, Ms. Germ. e 10, 24rb–27va (Pap., 15. Jh., lat.-dt.). – Prag, Nationalbibl., Cod. I.C.15, 358va–362rb (Pap., 15. Jh., lat.-dt.). – M¨unchen, UB, 8° cod. ms. 83, 208v–214r (15. Jh., lat.-dt.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 817, 201r–204r (Perg. und Pap., um 1500, mittelbair.). – Ebd., Cgm 5377, 1r–8r (Pap.). – St. Paul im Lavanttal, Stiftsbibl., Cod. 2/4 (lat.-dt.). – ¨ Wien, ONB, Cod. 4719, 3r–9v (lat.-dt.). – Ebd., va Cod. 3970, 70 –75rb (lat.-dt.). – Ebd., Cod. 4645, 49ra–53vb (lat.-dt.). – Ebd., Cod. 4734, 215r–222r (lat.-dt.). 3. Ecclesiastes: Dresden, LB, M 208, 1r–102v (Pap., um 1450, bair.-o¨ sterr.). – Solothurn, ZB, Cod. S I 145 (s. o.). 4. Jesus Sirach: Solothurn, Zentralbibl., Cod. S I 145 (s. o.). – Heidelberg, UB, cpg 468 (Pap., 1502, hessisch). 5. Proverbia: Breslau, UB, cod. I F 333, 347ra–382vb (Pap., vor 1435, ostmitteldt., Proverbia und ein Ecclesiastes-Fragm.). – Melk, Stiftsbibl., cod. 235 (639; L 67), 280rb–293vb (Pap., um 1440, ¨ mittelbair., Ubers. des Johannes von Speyer). – Dresden, LB, M 208, 1r–102v (Pap., um 1450, bair.-¨osterr.). – Melk, Stiftsbibl., cod. 570 (140; C ¨ 18), 193ra–210vb (Pap., Mitte 15. Jh., bair., Ubers. des Johannes von Speyer). – Solothurn, Zentralbibl., Cod. S I 145 (s. o.). – Heidelberg, UB, cpg 385, 86v–143v (Pap., um 1480, alemannischschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgf 1231, 144r–153v (Pap., 15. Jh., alemannisch). 6. Sapientia: Solothurn, ZB, Cod. S I 145 (s. o.). Weitere Hss. bei Reinitzer/Kornrumpf 2004 (s. Lit.). Ausgaben: Kleinere Teildr. etwa bei Walther 1892, Koziol 1908, Zimmermann 1938, Janota 1990, Margani 1993, Knapp 2004 (alle s. Lit.). 795

Salomonische Schriften Vgl. auch die Ausg. der im Artikel genannten Bibel¨ubersetzungen. Literatur: Franz Josef Worstbrock: Proverbia Salomonis. In: VL2 7 (1989) Sp. 874; 11 (2004) Sp. 1270. – Heimo Reinitzer/Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1358–1368. – Reimund Leicht: Salomoschriften. In: RGG4 7 (2004) Sp. 805–809. – Karl Engel: Zusammenstellung der Faust-Schr. vom 16. Jh. bis Mitte 1884. Oldenburg 21885 (Nachdr. Hildesheim 1963) Nr. 414–420. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA 3. Braunschweig 1892. Nachdr. Nieuwkoop 1966. – Samuel Singer: Salomosagen in Deutschland. In: ZfdA 35 (1891) S. 177–187 (wieder in: Spielmannsepik. Walter J. Schr¨oder. Darmstadt 1977, ¨ S. 72–84). – Wilhelm Koziol: Die mhd. Ubers. des Jesus Sirach in der Heidelberger Hs. Greifswald 1908. – Arnold Oppel: Das Hld Salomonis und die dt. religi¨ose Liebeslyrik. Berlin u. a. 1911. – Karl Kiesewetter: Faust in der Gesch. und Tradition, mit besonderer Ber¨ucksichtigung des occulten Ph¨anomenalismus und des ma. Zauberwesens. Berlin 21921. Nachdr. der Ausg. Meiningen 1893: Osnabr¨uck 1983, S. 319–341. – Paul Pietsch: Ewangely und Epistel Teutsch. Die gedruckten hochdt. Perikopenb¨ucher (P.) 1473–1523, ein Beitr. zur Kenntnis der Wiegendrucke, zur Gesch. des dt. Schrifttums und der dt. Sprache, insbesondere der Bibelverdeutschung und der Bibelsprache. G¨ottingen 1927. – Erich Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMA. Diss. Hamburg 1938. – Hans Vollmer: Die dt. Bibeldichtung des MA. In: Neue Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel im MA. Hg. v. H. Vollmer. Potsdam 1938, S. 92–115. – Konrad Burdach: Der Gral. Forschungen u¨ ber seinen Ursprung und seinen Zusammenhang mit der Longinuslegende. Stuttgart 1938. Nachdr. Darmstadt 1974, S. 111–113. – Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der Bibel. Hg. v. Hans Rost. Augsburg 1939. – Erminnie Hollis Bartelmez: William’s Text of the Song of Solomon and Its Distribution. In: Manuscripta 16 (1972) S. 165–168. – Hannes K¨astner: Der Helmbrecht und die Proverbia Salomonis. Bildmuster, Argumentationsweisen und didaktische Intentionen bei Wernher dem Gartenaere. In: ZfdPh 98 (1979) S. 407–420. – Hans U. Schmid: Nachtr. ¨ zur Uberl. von Willirams Paraphrase des Hohen Liedes. In: ZfdA 113 (1984) S. 229–234. – Der Schl¨ussel von K¨onig Solomon. Clavicula Solomonis. Hg. v. S. Liddell MacGregor Mathers und Marcus M. Jungkurth. Berlin 1985 (neuzeitliche Ausg.; 796

Sermo de corpore Christi Komm. aber relevant). – Kurt G¨artner: Das Hld in Frauenlobs Marienleich. In: Wolfram-Stud. 10: Cambridger ‹Frauenlob›-Kolloquium 1986. Hg. v. Werner Schr¨oder. Berlin 1988, S. 105–116. – Die Furtmeyr-Bibel in der Univ. Augsburg. Komm. Hg. v. Johannes Janota. Augsburg 1990, S. 137–169 u. o¨ . – Christine Wulf: Tituli, Kapitelreihen, Buch¨ summarien. Uberlegungen zu texterschließenden Beigaben in vorlutherischen Bibeln. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Hg. v. H. Reinitzer mit Nikolaus Henkel. Frankfurt/M. u. a. 1991, S. 385–399. – H. ¨ U. Schmid: Eine sp¨atma. bair. Ubers. des Hohen Liedes. In: Latein und Volkssprache im dt. MA 1100–1500. Regensburger Colloquium 1988. Hg. v. N. Henkel und Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1992, S. 199–208. – Alfonso Margani: Eine mnd. Fassung des Hld aus dem 15. Jh. und ihre lat. Vorlage. In: NdJb 116 (1993) S. 28–71. – Studien zur ‹Weltchronik› Heinrichs von Mu¨ nchen 2: Von der ‹Erweiterten Christherre-Chronik› zur Redaktion alpha. Hg. v. Johannes Rettelbach. 2 Tle. Wiesbaden 1998 (Reg.). – Christoph Roth: Ein dt. Hohes Lied im Kontext ma. Hoheliedstud. im Benediktinerkloster St. Mang zu F¨ussen. In: Forsch. zur dt. Lit. des Sp¨atMA. FS J. Janota. Hg. v. Horst Brunner und Werner Williams-Krapp. T¨ubingen 2003, S. 191–210. – Karl Stackmann: Salomˆones lˆere. Spruchweisheit des AT in der Sangspruchdichtung. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel› im deutschsprachigen MA› vom 4. bis 6. September 2000 in der Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars Trier. Hg. v. Ralf Plate u. a. Bern u. a. 2004, S. 47–76. – Annette Volfing: ‹wisheit hat alle ding geticht›. Spruchdichtung als Weisheitlit. In: Sangspruchtradition. Auff¨uhrung, Geltungsstrategien, Spannungsfelder. Hg. v. Margreth Egidi. Frankfurt/M. u. a. 2004, S. 73–88. – Fritz P. Knapp: Die Lit. des Sp¨atMA ¨ in den L¨andern Osterreich, Steiermark, K¨arnten, Salzburg und Tirol von 1273 bis 1439. Bd. 2. Graz 2004, S. 252–256. – Konin Imanishi: Hartmanns ‹Iwein› und die ‹Proverbia Salomonis›. Ein Beitr. zur ma. Moralphilosophie. M¨unchen 2006. MM Sendbrief Carissima soror Agnes. – Anonymer dominikanischer Sendbrief, entstanden um 1400 in S¨udwestdeutschland. Der Verfasser des an eine gew¨ohnliche Nonne ¨ gerichteten S.s, den eine dt. Ubersetzung der 797

um 1400 Simonie-Konstitution Ne in vinea domini Papst Urbans V. vom 4.4.1369 er¨offnet, geh¨orte dem s¨udwestdt. Reformkreis der Dominikaner an. Der Konvent der Nonne war w¨ahrend der Abfassungszeit des S.s wegen simonistischer Vergehen mit dem Kirchenbann belegt. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 42, 82r–122v (Pap., 1453/54) (A). – Berlin, SBB, Mgq 988, 44r–66v (Pap., 1410, schw¨abisch mit stark alemannischen Einschl¨agen) (B). – Freiburg i. Br., Erzbisch¨ofl. Arch., Hs. 28, 107v–131r (Pap., um 1504–1506, s¨udalemannisch) (F). Ausgabe: Eisermann 2004b (s. Lit.). Literatur: Falk Eisermann, VL2 11 (2004) Sp. 1419–1422. – Ders.: Carissima soror Agnes. Zur Rezeption einer p¨apstlichen Simonie-Konstitution in sp¨atma. Frauenkl¨ostern. Mit Edition. In: Stud. und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenkl¨oster im sp¨aten MA. Hg. v. F. E./Eva Schlotheuber/Volker Honemann (Studies in Medieval and Reformation Thought 99). Leiden/Boston 2004, S. 119–167. – Ekkehard Borries: Schwesternspiegel im 15. Jh. Gattungskonstitution, Editionen, Unters. Berlin/New York 2008, S. 434–440 (mit Textproben von Bl. 82r–122v). BJ Sermo de corpore Christi (dt.). – Anonym u¨ berlieferte Eucharistiepredigt. Der Text der ganz auf die Belehrung von Laien ausgerichteten Predigt ist klar gegliedert. Den drei als Fragen formulierten Hauptthemen folgen jeweils vierfach untergliederte Antworten mit erl¨auternden allegorischen Auslegungen zur Heiligen Schrift. Der Text war auch in der Kompilation des → F¨urstenspiegels Wiewol all menschen erstlich entsprungen aus ainer wurczel Adam verbreitet. ¨ Uberlieferung: Wien, Schottenkloster, Cod. 209 (H¨ubl 206), 299va–304rb (Pap., 1413) (P). – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 144, S. 221–235 (Pap., 1457–60, schw¨ab.) (D). – M¨unchen, UB, 4° Cod. ms. 788, 33v–42r (Pap., um 1500, ¨ mittelbair.) – Wien, ONB, Cod. 2842, 225va–229va (Perg. und Pap., zweites Viertel 15. Jh., bair.o¨ sterr.) (O). Ausgabe: Gerd Brinkhus: Eine bayerische F¨urstenspiegelkompilation des 15. Jh. Unters. und Textausg. (MTU 66). M¨unchen 1978, S. 111–118. Literatur: Gerd Brinkhus, VL2 8 (1992) Sp. 1105 f. – Ders. (s. Ausg.). – Gisela Kornrumpf: Das ‹Klosterneuburger Evangelienwerk› des o¨ sterr. 798

um 1400 ¨ Anonymus. Datierung, neue Uberl., Originalfassung. In: Dt. Bibel¨ubersetzungen des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Unter Mitarbeit v. Nikolaus Henkel hg. v. Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10). Bern u. a. 1991, S. 115–131 mit S. 168–171, hier S. 122. BJ Ein verstantlich beschouwunge (Zwiegespr¨ach zwischen Gott und Mensch). – Mystischer Traktat in der Nachfolge → Eckharts und → Taulers, fr¨uhes 15. Jh (?). Der Traktat, der vermutlich aus Nordbayern stammt, ist als ein intellekttheoretisches Zeugnis der dt. Mystik haupts¨achlich beeinflusst von Meister Eckhart und Johannes Tauler, weniger von Heinrich → Seuse. Er ist gestaltet als Dialog zwischen einem begnadeten Menschen und Gott, der hier nur als «die antwurt» erscheint. Im Gespr¨ach werden grundlegende Fragen der Theologie und des menschlichen Geistes behandelt. Nach rund einem F¨unftel des Textes wird der Dialog f¨ur einen l¨angeren Abschnitt unterbrochen, in dem der menschliche Gespr¨achspartner zu neuen Einsichten und spirituellen Erfahrungen gelangt. Der Traktat, f¨ur den direkte Quellen nicht belegt sind, ist konsequent intellektualistisch, l¨asst aber einen wohl¨uberlegten Aufbau sowie eine thematische Entwicklung vermissen. Die wichtigsten Gespr¨achsthemen sind: Gottes Selbstgen¨ugsamkeit, die Gleichbehandlung aller Menschen, der Sinn des Leidens, Ebenbildlichkeit des Menschen, freier Wille, Trinit¨at (er¨ortert nach augustinisch-scholastischer Tradition), das Einssein mit Gott und Entr¨uckung des Menschen. An Jan van → Ruusbroec erinnert eine Passage u¨ ber irrige Menschen, die sich an a¨ußeren Bildern orientieren; eine direkter Einfluss Ruusbroecs ist denkbar. Der Abschluss bietet stark an Eckhart erinnernde Verheißungen Gottes, vor allem im Hinblick auf die Einswerdung. Mitunter enth¨alt der Traktat heterodoxe Formulierungen, die von einem sp¨ateren Korrektor im Stuttgarter Codex zumeist korrigiert wurden. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 627, 246rb–253va (Pap., aus Rebdorf, 1458, nordbair.). – Ebd., Cgm 628, 88rb–92vb (Pap., aus Tegernsee, 1468, mittelbair.). – Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 482, 19v–30r (Pap., letztes Drittel 15. Jh., bair.). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VII,32, 24r–30v (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 799

Ein verstantlich beschouwunge 2° 283, 285vb–291vb (Pap., aus Inzigkofen, 1445, schw¨abisch; enth¨alt Korrekturen und Kommentare eines sp¨ateren Korrektors, z. B. ist im Abschnitt mit trinitarischen Er¨orterungen die Bezeichnung Christi als «ainwaltige kreatur» verbessert in «ainwaltige natur» [vgl. Spamer 1911, s. Ausg., S. 130 f.] mit der Bemerkung: «Man mag leicht mit eim wort in solchen hohen sinnen keczerlich schreiben»). Ausgaben: Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 125–140 (nach Stuttgart unter Einbeziehung Cgm. 627 und 628 u. d. T. ‹Zwiesprach zwischen Gott und Mensch›. – Karl Jordan Glatz: Chron. des Bickenklosters zu Villingen 1238 bis 1614 (Bibl. des Literarischen Ver. in Stuttgart 151) T¨ubingen 1881 (Neudr. 2010) S. 127–137 (die Chronik enth¨alt eine erweiternde Paraphrase des Traktats mit Bezug auf Ursula → Haider). Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 304–307. – Joseph v. Bach: Meister Eckhart, der Vater der dt. Speculation. Als Beitr. zu einer Gesch. der dt. Theologie und Philosophie der mittleren Zeit. Wien 1864 (Nachdr. Frankfurt/M. ¨ 1964) S. 193–196. – Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1908. Halle 1910, S. 108 f., 311. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Z¨urich/M¨unchen 1980, bes. S. 38–59. – Johannes Gottfried Mayer: Tauler in der Bibl. der Lai¨ enbr¨uder v. Rebdorf. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS K. Ruh. Hg. v. Konrad Kunze (TTG 31). T¨ubingen 1989, S. 365–390. – Zum Intellektualismus allgemein: Niklaus Largier: Intellectus in deum ascensus. In: DVjs 69 (1995) S. 423–471. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, Kap. 37, S. 355–388. VZ Streitgespr¨ach zwischen Christ und Jude. – Bekehrungsdialog in Versen, 14. Jh. Der Versdiput z¨ahlt zur ma. Bekehrungsliteratur im Kontext der Adversus-Iudaeos-Tradition. Die Dichtung entfaltet in rund 400 Paareimversen einen Rangstreit u¨ ber die Religionen, der sich aus einer Begegnung eines Christen mit einem Juden entfaltet. Den Gespr¨achspartnern kommen abwechselnd Textbl¨ocke von ungef¨ahr zehn Versen zu. Die Argumente des j¨udischen Gespr¨achspartners sind das Alter seiner Religion und die Vorrangstellung der Juden bei Gott, erkennbar an alt800

Vom verborgenen Gott zum bloßen Gott testamentlichen Wundern und dem Dekalog. Anschließend verspottet er die Vorstellung eines durch eine Jungfrau geborenen und nicht allm¨achtigen Gottes. Der Christ wiederum interpretiert das AT als Vorzeichen des NT, und hebt die Sakramente hervor, besonders die Taufe, die mit einer Allegorie (Herz Jesu als Quell des Taufwassers) erl¨autert wird. Anschließend verh¨ohnt er Talmud und Beschneidung in mitunter grobem und beleidigendem Sprachstil. Am Ende des Disputs zeigt sich der Jude ob der Argumente seines Gegen¨ubers u¨ berw¨altigt und l¨asst sich bekehren («min begir zuo dem touff stot», Wolfenb¨uttel, 59v). Eine direkte Vorlage f¨ur das Streitgespr¨ach ist nicht bekannt. ¨ Sprachliche und formale Ahnlichkeiten weist die Disputation zwischen Papst Silvester und den j¨udischen Gelehrten in der → Kaiserchronik auf. Nicht auszuschließen ist, dass Hans → Folz das Streitgespr¨ach als Teilmodell f¨ur seine Schrift Christ und Jude herangezogen hat. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 16.17 Aug. 4°, 50v–60v (Pap., Straßburg [?], fr¨uhes 15. Jh., els¨assisch). – K¨oln, Hist. Arch., Best. 7020 (W*) 3, 162r–165r (Pap., 1410/20, niederfr¨ankisch/ripuarisch). – N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 5339a, 73r–81v (Pap., um 1472, N¨urnberg, bair.). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Oct. 145, 211r–221v (Pap., aus Augsburg [?], 1480–1500, ostschw¨abisch). – Providence (Rhode Island), Brown University, Ms. German Cod. 1, 35ra–36va (Pap., N¨urnberg, 1410, ostfr¨ankisch/schw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgq 2025, 82r–86r (Pap., um 1450, westmitteldt.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1020, 38v–45v (Pap., 1453, ¨ ostfr¨ankisch). – Die Uberl. l¨asst sich nach den Incipits differenzieren: Providence, Berlin, M¨unchen: «Horent ich wil u¨ ch wissen lan» (nach Berlin, 82r); Rest: «e gewesen und on ende got / Gar manigvalt ist din gebot» (nach Wolfenb¨uttel, 50v). Abgesehen von den Incipits scheinen keine wesentlichen Unterschiede zu bestehen. – Providence u¨ berliefert auf 28va–34va auch die Epistel des Rabbi Samuel ¨ an Rabbi Isaac Irmhart → Osers. Literatur: Robert G. Warnock, VL2 9 (1992) Sp. 406–408. – Hanns Fischer: Hans Folz: Die Reimpaarspr¨uche (MTU 1). M¨unchen 1961, S. LVI. – Heribert A. Hilgers: Das K¨olner Fragm. v. Konrads ‹Trojanerkrieg›. In: AB¨aG 4 (1973) S. 129–185. – R. G. Warnock: Ms. German Cod. 1 der Brown University, U.S.A. In: ZfdA 121 (1992) 801

um 1400 S. 422–433. – Allgemein zum Thema: Manuela Niesner: ‹Wer mit juden well disputiren›. Deutschsprachige Adversus-Judaeos-Literatur des 14. Jh. (MTU 128). Mu¨ nchen 2005. VZ Meister Wolfgangus. – Lieddichter, vermutlich um 1400. Von «Meister wolfgangus» stammt nicht nur der ¨ in der Uberschrift eines Marienliedes (in einer Handschrift aus der Mitte des 15. Jh. am Anfang einer kleiner Sammlung verwandter Texte; vgl. → Roswin und → Wildgwid) bezeugte Ton, sondern auch der Text des Liedes. Das Lob der Himmelsk¨onigin erfolgt nach zwei lat. Eingangsversen mit zahlreichen Apostrophierungen und Titeln, u. a. durch umschreibende Hinweise auf die Inkarnation und die ewige Erw¨ahlung. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, A IX 2, 182v (Handbuch des Basler Dominikaners Stephan Irmy). Ausgabe: Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 4. Mu¨ nchen 1985, S. 370 f., 423. Literatur: Frieder Schanze, VL2 10 (1999) ¨ Sp. 1342. – Gustav Binz: Die dt. Hss. der Offentlichen Bibl. der Universit¨at Basel. Bd. 1: Die Hss. der Abteilung A. Basel 1907, S. 120 f. (teilw. Abdruck). – RSM 5 (1991) S. 578. BJ Vom verborgenen Gott zum bloßen Gott. – Anonymes Fragment eines geistlichen Sendbriefes. Der unter dem Einfluss von Meister → Eckhart und Heinrich → Seuse verfasste Sendbrief eines geistlichen Ratgebers ist an eine weibliche Person gerichtet, die sich f¨ur ein Leben der «Gelassenheit» im Sinne der Gottesfreunde entschieden hat. Ne¨ ben Maximen spiritueller Haltungen und Ubungen, die zum «bloßen» (nackten) Gott jenseits aller Dinge f¨uhren sollen, geht es um praktische Empfehlungen und Anweisungen. Zentrales Thema ist die Losl¨osung des Menschen von der geschaffenen Wirklichkeit, sogar vom («verborgenen») Gott der menschlichen Vorstellungen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4715, 63r–64r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., nordbair., zu Teil mit mittelbair. Einschlag, aus dem Augustinerinnenkloster Mariastein bei Eichst¨att). Ausgaben: Karl Bihlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: Beitr. zur Gesch. der Renaissance und Reformation. Festgabe f¨ur Joseph Schlecht. Hg. v. Ludwig Fischer. M¨unchen/Freising 1917, S. 45–62, hier S. 57 f. 802

um 1400 ¨ Nhd. Ubersetzung: Wilhelm Oehl (Hg.): Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Mu¨ nchen 1931 (Nachdr. Darmstadt 1972), S. 635 f. Literatur: Bernard McGinn, VL2 11 (2004) 1616 f. – Dorothee S¨olle: Mystik und Widerstand: «Du stilles Geschrei». Hamburg 1997, S. 116 f. BJ Der von Walthusen (Walthauser). – Prediger. D. v. W. wird in der Predigerliste in der Postille → Hartwigs von Erfurt genannt; er erscheint außerdem in den Strophen 7 und 8 der → Spr¨uche der zw¨olf Meister. Auf «ettleich spruch der heiligen vnd des walthauser predig» wird in einer DictaSammlung verwiesen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, UB, 4° cod. ms. 479, 112v. – Ebd., 8° cod. ms. 279, 110v. – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 19, 319v–321v (Pap., aus Salzburg, St. Peter, um 1460). Dass sich alle drei Bezeugungen auf denselben Prediger beziehen, ist nicht auszuschließen, l¨asst sich aber auch nicht nachweisen. Identit¨at mit → Konrad von Waldhausen besteht nicht. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 698. – Gerold Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit v. Dagmar Kratochwill, Annemarie Mu¨ hlb¨ock und Peter Wind ¨ (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA 3/1). Wien 1982, S. 236–241 (zur Hs.). SF Der von Winphen. Die der aus dem Kloster Unterlinden stammenden Handschrift Colmar, StB, Ms. 269 (Kat.Nr. 203) enth¨alt 80v–83r den Text, in dem «Der von Winphen leret einen geistlichen boum ympfen [propfen]». Literatur: Kurt Ruh, VL2, 10 (1999) ¨ Sp. 1218 f. – Otto Simon: Uberl. und Handschriftenverh¨altnis des Traktates ‹Schwester Katrei›. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. Diss. Halle/S. 1906, S. 21–24. BJ Waldbruder. – Reimpaarexempel, sp¨ates 14. Jh. Das Exempel in 140 Reimpaarversen entstand vermutlich im sp¨aten 14. Jh. im rheinfr¨ankischen Raum. Es weist Predigtmerkmale auf und ist nach seinem Protagonisten benannt. Dieser lebt eremitisch im Wald und betet um ein Zeichen Gottes f¨ur ein gerechtes Leben. Ihm erscheint ein unter der 803

Der von Walthusen Last eines Kreuzes blutender und nackter Mann. Nachdem er dessen f¨unf Wundmale behandelt hat, beginnt der W., den leidenden Christus zu erkennen. Die Vision l¨ost sich auf und Gott er¨offnet dem W., dass dessen Gebet erh¨ort worden sei. Die compassio mit Christi Leiden wird so im Exempel als sicherer Weg zum ewigem Leben dargestellt. In einer abschließenden Par¨anese wird das Verhalten des Eremiten als vorbildhafter Gottesdienst zur Nachahmung empfohlen. Den lat. Exempelstoff gibt es seit dem 14. Jh. auch in anderen dt. Bearbeitungen (vgl. → Speculum humanae salvationis, Der große → Seelentrost). Gegen¨uber diesen Fassungen und der lat. Tradition weist W. drei entscheidende Ver¨anderungen auf: das Erkennen Christi, die Erweiterung zur Vita durch Hinweise zum weiteren Leben des Einsiedlers und den par¨anetischen Abschluss. Diese Zus¨atze begr¨unden eine Funktionsumwandlung des Exempels gegen¨uber dessen Tradition. In der W.-Bearbeitung fungiert es als Gebetslehre, die in Form einer Reimpaarpredigt konzipiert ist. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 77, 178v–181v (Pap., um 1430, rheinfr¨ankisch). – Dresden, LB, Mscr. M 60, 151r–152v (Pap., um 1430, els¨assisch; Werkstatt Diebold Lauber, Hagenau). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 117, 181v–184r (Pap., erste H¨alfte [?] 15. Jh., els¨assisch). – Berlin, SBB, Mgf 742, 56v–59r (Pap., um 1450/60, els¨assisch; illustriert, V. 92–131 fehlen). – D¨usseldorf, ULB, Ms. F 55 (vormals Schloss Dyck, F¨urstl. Salm-Reifferscheidtsche Bibl., ohne Sign. [a]), 133v–136r (Pap., um 1460/80, s¨udrheinfr¨ankisch; illustriert). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 64.3 Aug. 8°, 244r–250v (Pap., 15. Jh., schw¨abischalemannisch). – Bis auf Wolfenb¨uttel immer im Verbund u¨ berl. mit → Weltlohn und → Teufelsbeichte (Karlsruhe nur Weltlohn). Ausgabe: August Closs: Weltlohn, Teufelsbeichte, Waldbruder. Beitr. zur Bearb. lat. Exempla in mhd. Gewande nebst einem Anh.: De eo qui duas volebat uxores (Germ. Bibl. 2,37). Heidelberg 1934, S. 107–119. Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 333. – J¨urgen Geiss, VL2 10 (1999) Sp. 611 f. – Closs 1934 (s. Ausg.) S. 107–114. – Frederic C. Tubach: Index exemplorum. A handbook of medieval religious tales (Folklore Fellows communications 204). Helsinki 1969, Nr. 1017. VZ 804

Rode Gute Meinung von dem Sunder ¨ (Tod des S¨unders). – Weltabsage-Exempel in Versen, um 1400 oder erste H¨alfte 15. Jh. Die kurze Dichtung in vier- bis f¨unfhebigen Reimpaarversen ist ein Warnexempel von einem den Weltfreuden zugeneigten Mann, der angesichts seines j¨ahen Todes die Falschheit der Welt und seine eigene Verdammnis zu sp¨at erkennt. Die Lehre daraus ist die Aufforderung zu rechtzeitiger Sorge um das Seelenheil, «daz wir uerschaiden in ainem war¯n ¨ recht¯n glauben» (ONB, Cod. 1756, 78v). Das im Abstrakten bleibende Gedicht steht somit ganz im Kontext ma. Weltabsagedichtung (vgl. vor allem die → Absage an die falsche Welt). Eine gewisse Radikalit¨at besteht darin, dass dem S¨under keine Gnadenfrist f¨ur die Reue einger¨aumt wird. Eine direkte Quelle ist nicht bekannt, ein lat. Predigtexempel ist als Vorlage wahrscheinlich. Das Exempel erscheint ¨ in der Uberlieferung u¨ berwiegend im Verbund mit dem einleitenden → Spruch der Engel in zwei Kompilationen von «Contemptus-mundi»/«Mementomori»-Texten, eine mit ausschließlich dt., die andere mit lat. und dt. Texten. (Letztere wird in ¨ ¨ der Uberlieferung des Ofteren Stephanus → Lang zugeschrieben, was aber wahrscheinlich nur auf die darin enthaltene Memoria improvisae mortis zutrifft.) Als Verfasser kommt ein Geistlicher aus dem s¨ud¨ostlichen bair. Sprachraum in Frage. ¨ Uberlieferung: Titel nur in Laibach Ms. 108: «Ain guete maynung von dem s¨under». – Fassungen mit 50 Versen: M¨unchen, BSB, Cgm 8118 (vormals Bayerisches Nationalmuseum, Cod. 631), ¨ Cod. 91r–91v (Pap., 1476, s¨uddt.). – Wien, ONB, 1756, 77v–78v (Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.o¨ sterr.). – Ebd., Cod. 4117, 181v–183r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.; ohne «Spruch der Engel»). – Fassungen mit 63 Versen: Berlin, SBB, Ms. lat. qu. 374, 126v–127v (Pap., erstes Drittel 15. Jh., nordbair. [?]). – Heidelberg, UB, Cpg 60, 117vb–118va (Pap., um 1460, vorwiegend schw¨abisch). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 835, 188ra–189rb (Pap., 1423). – Laibach, National- und UB, Ms. 108, 104r–105v (15. Jh., bair.-¨osterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 351, 155r–156r (Pap., zweites und drittes Viertel 15. Jh., mittel- und nordbair.). – Ebd., Clm 4692, 227v–228r (1455). – Ebd., Clm 7747, 58r–59r (15. Jh.). – Ebd., Clm 8858, 237va-vb (1438–49). – Ebd., Clm 23833, 135r–136r (1454/55). – Mu¨ nchen, UB, 2° Cod. ms. 677, 140va-vb (Pap., 15. Jh., bair.). – Kurzfassung mit 34 Versen ohne «Spruch der 805

1. H¨alfte 15. Jh. Engel», stattdessen geht der → Jammerruf des Toten voraus: Berlin, SBB, Mgq 1260, 89v–90r (Pap., 15. Jh., bair.). – Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 489, 92r–93r Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). Ausgaben: Anton E. Sch¨onbach: Mitt. aus altdt. Hss. 9: Bruder Dietrich – Erbauliches in Prosa und Versen (Sb. der phil.-hist. Cl. der kaiserl. Akad. der Wiss. Wien 156,2). Wien 1907, S. 10–17; wieder in: Ders.: Mitt. aus altdt. Hss. 10 St¨ucke in einem ¨ Bd. Hildesheim/New York 1976 (nach ONB, Cod. 1756). – Janez Stanonik: Ostanki srednjeveˇskega nemˇskega slovstva na Kranjskem. Diss. Ljubljana 1957, S. 36 f. (nach Laibach). – Stefan Cosacchi: Makabertanz. Der Totentanz in Kunst, Poesie und Brauchtum des MA. Meisenheim am Glan 1965, S. 266–268 (nach Clm 7747 und 23833). Literatur: Peter Assion, in VL2 3 (1981) Sp. 331 f.; 11 (2004) Sp. 575. – Gisela Kornrumpf: Spruch der Engel, VL2 9 (1995) Sp. 180–186, bes. Sp. 180–182; 11 (2004) Sp. 1448. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln/Graz 1957, S. 42. – Gerhard Eis: Zu dem mhd. Ged. ‹G. M. v. d. S.›. In: Leuvense Bijdragen 50 (1961) S. 86–90. – P. Assion: Zu dem ma. Spruch ‹Von der Kurzsichtigkeit des Menschen›. In: Neuphilol. Mitt. 68 (1967) S. 249–259. VZ Rode, Johannes, von Hamburg OCart, * um 1373 Hamburg, † 1438 oder 1439 Stettin. – Prior, Verfasser von lat. und nd. Briefen. Der Sohn des Hamburger Patriziers Nikolaus Rode nahm um 1389 das Studium der Artes an der Prager Universit¨at auf und wurde 1391 Baccalaureus, um 1395 Magister. Seit 1392 war R. auch an der Juristischen Fakult¨at eingeschrieben. Um 1400 trat er in die Prager Kartause Mariengarten ein. 1406–1408 war er Prior der Kartause K¨onigsfeld in Br¨unn. Nach erneutem Aufenthalt in Prag stand R. abwechselnd den Kartausen in Frankfurt/Oder (1412–16, 1433–35) und Stettin (1416–33, 1435–37) vor. Von R. sind vier lat. und zwei nd. Briefe erhalten. Die lat. Briefe schrieb R. als Kart¨auser in Prag, deren Hauptthemen sind die Kritik am zeitgen¨ossischen Klerus und die Ermahnung zu einem tugendhaften Leben. Seine Argumentation a¨ hnelt mitunter der des → Matth¨aus von Krakau, dessen Synodalpredigt Sobrii estote eine nachgewiesene Quelle R.s ist. Brief I (um 1401) ist an seinen Verwandten Johannes Loysentyn, Probst von 806

1. H¨alfte 15. Jh. Oesel, gerichtet. R. berichtet vom Ordenseintritt, der Obhut des Klosters und der Verkommenheit des Weltklerus. Brief II (um 1403), an zwei Hamburger Freunde und einen Verwandten, preist die Gottesliebe und fordert die Adressaten eingedenk des Todes zu einem gottgef¨alligen Leben auf. Brief III (1403) ist nach dem Tod des Prager Kart¨ausers Johannes von Duderstadt entstanden. Dieser hatte R. gebeten, ein Mahnschreiben f¨ur dessen leiblichen Bruder, Heinrich Oleman, Kanoniker an St. Peter in N¨orten, zu verfassen. Dieses Mahnschreiben stellt sich als eine umfangreiche Abhandlung u¨ ber das rechte Leben des Klerus dar. In drei Abschnitten, die nach R.s eigener Angabe vor allem aus den Heiligen sch¨opfen, behandelt er Tod und H¨ollenstrafen, Vorschriften, die bei Befolgung die H¨ollenstrafen ersparen, und entwickelt ein Idealbild des Klerus als Vorbild f¨ur die Laien. Kontrastierend gibt er eine Beschreibung der tats¨achlichen Zust¨ande (Vernachl¨assigung der Seelsorge, Habgier etc.). Der Brieftraktat ist R.s einzige Schrift, die breit rezipiert wurde (auch als leicht gek¨urzte Fassung unter dem Titel Viridarium clericorum). L¨angere Ausz¨uge aus dem dritten Abschnitt fanden Aufnahme in das Lavacrum conscietae omnium sacerdotum (fr¨uher Jacobus von Gruitrode zugeschrieben, bis 1500 u¨ ber 15-mal gedruckt, vgl. KW M10691 u. o¨ . [Jacobus de Gruytrode]). Im Brief IV greift R. seinen Verwandten, Freund und Lehrer, den Prager Magister Segeband Stor, wegen dessen unsittlicher Lebensf¨uhrung scharf an. Aus der ersten Stettiner Zeit R.s stammen zwei nd. Brieftraktate an Frauenkonvente, die Klosterleben und -tugenden thematisieren. Der erste (um 1420?) ist an die Benediktinerinnen bei Hamburg gerichtet. In der Einleitung geht R. auf die Missst¨ande im Konvent der Adressatinnen ein (vor allem pers¨onliches Eigentum und mangelnde Bildung). Das Kernst¨uck des Briefes ¨ ist eine vollst¨andige nd. Ubersetzung des 4. Buches von De institutis coenobiorum des → Johannes Cassianus. R. zitiert ferner die → Benediktinerregel, bietet Ausschnitte aus verschiedenen Werken der → Vitaspatrum und k¨urzere Exzerpte aus dem Exordium magnum Cisterciense → Konrads von Ebersbach. Der zweite nd. Brieftraktat ist an die Birgittinerinnen bei Reval adressiert. Deren Lebenswandel lobt R. ausdr¨ucklich und handelt im Hauptteil des Briefes gest¨utzt auf Autorit¨atenzitate (vor allem ¨ Franziskuslegende, → Agidius von Assisi) die Klostertugenden Geduld, Gehorsam, Demut, Keuschheit sowie Gottes- und N¨achstenliebe ab. R. be807

Rode zieht sich im Brief auch auf ein «dudesches bokelyn» u¨ ber den Gehorsam, das er den Revaler Schwestern zuvor geschickt habe, das aber verloren zu sein scheint. Ebenso eine Expositio passionis dominicae, die R. in einer verschollenen Handschrift der Buxheimer Kartause aus dem Jahr 1438 zugeschrieben wird. ¨ Uberlieferung: Lat. Briefe: Alle vier Briefe in: K¨oln. Hist. Arch. der Stadt, Best. 7010 (W) 121, 79r–145v (Briefe III–II–I), 146r–160r (Brief IV, am Beginn einer Kart¨auserbriefslg.), aus der K¨olner Kartause St. Barbara. – Einzel¨uberl. in u¨ ber 40 Hss., davon geh¨oren u¨ ber 30 Brief II. Vgl. Ohlbaum 1943 (s. Lit.) S. 90–92. und Hoffman, VL2 8 (1992) Sp.123. – Druck Brief I–III: Speyer 1490 (KW M38424). – Brief III (gek¨urzt) in: Johann Georg Dorsche: Parallela Monastica et Academica [...]. Straßburg 1644 (Johann Andreas) S. 169–311. – Die Briefslg. der K¨olner Hs. (W) 121, 146r–171v (auch in Mainz, StB. I 33, 217v–226v) enth¨alt eventuell noch mehr Briefe v. R. Eine sichere Zuweisung erscheint anhand abweichender Verfasser-, Adressaten- und Ortsangaben in den beiden Hss. nicht m¨oglich. – Nd. Briefe: An die Benediktinerinnen: Den Haag, Kgl. Bibl., Cod. 73 H 24, 1r–75r (Pap., um 1440, aus dem Augustinerinnenkloster St. Agnes bei Maseik, limburgisch). – Exzerpte (im ¨ Kontext von Vitaspatrum-Ubers.): Bonn, UB, Cod. S 2161, 119v–142r (Pap., ostmndl.). – Nijmegen, Gemeentearchief, Cod. Weesh. 952, 2r–29v (Pap., um 1460, mndl.). – An die Birgittinerinnen: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 613 Helmst., 1r–46v (Pap., 1461, nd.). – Ebd., Cod. 704 Helmst., 143r–188r (Pap., 1461, nd.). Literatur: Heinrich R¨uthing, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 655–657 (Jean R.). – Werner J. Hoffmann, VL2 8 (1992) Sp.123–128. – Stephanie Haarl¨ander, NDB 21 (2003) S. 691. – Mattheus Verjans: Jacobus van Gruitrode, karthuizer († 1475). In: Ons Geestelijk Erf 5 (1931) S. 435–470, hier S. 36 f. – Rudolf Ohlbaum: Johann R. aus Hamburg. Von dt. Geistesleben in B¨ohmen um 1400 (Sudetendt. hist. Arch. 5). Prag u. a. 1943. – Eduard Winter: Fr¨uhhumanismus. Seine Entwicklung in B¨ohmen und deren europ¨aische Bedeutung f¨ur die Kirchenreformbestrebungen im 14. Jh. (Beitr. zur Gesch. des religi¨osen und wiss. Denkens 3). Berlin 1964, S. 58, 189. – Albert Gruys: Cartusiana. Un instrument heuristique. Paris 1976, S. 113 f. VZ 808

Elbinger Beichtbuchlein ¨ des Deutschen Ordens Bischoff, Johannes (Bischof). – Verfasser eines volkssprachlichen Predigtwerks u¨ ber die Evangelienlektionen des Kirchenjahres, Anfang 15. Jh. B., ein Angeh¨origer des Minoritenordens in Wien, war zwischen 1395 und 1406 Hofprediger ¨ Wilhelms von Osterreich, vermutlich hielt er um 1399 auch Vorlesungen an der Wiener Artistenfakult¨at. Von ihm ist in verschiedenen Handschriften ein um 1405 entstandener volkssprachlicher vollst¨andiger Jahreszyklus von Predigten in drei Teilen u¨ berliefert: Auf einen Prolog folgen Winterteil, Fastenpredigten und Sommerteil. Der Zyklus von insgesamt 106 dt. Predigten war als Andachtsbuch f¨ur Laien, aber auch als Hilfsmittel, Nachschlagewerk und Kompendium f¨ur Prediger gedacht. ¨ Uberlieferung: Eger/Erlau (Ungarn), Erzdi¨ozesanbibl., Cod. C. I*. 2, 1ra–258va (Pap., 1449). – Ebd., Cod. C. I*. 3, 1r–288v (Pap., um 1450). – Geras, Stiftsbibl., Hs. 4, 178vb–221rb (Pap., 1459). – Ebd., Hs. 7 (Pap., 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 61 (Pap., 1492). – Klagenfurt, Bisch¨ofl. Bibl., Cod. XXX. I a 14 (Pap., 15. Jh., vor 1490). – Rom (Vatikanstadt), Bibl. Apostolica Vaticana, Cod. Rossiano 794, 1ra–135vb (Pap.). – Stockholm, K¨onigl. Bibl., Cod. A 192, 1ra–318rb ¨ (Pap., Mitte 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 2827, 53ra–257rb (Pap., erste H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Cod. 2854 (Pap.). – Ebd., Cod. 2855, 178v–180v (Pap.). – Ebd., Cod. 2865 (Perg. und Pap., erstes Drittel 15. Jh.). – Ebd., Cod. 2869 (Pap.). – Ebd., Cod. 12930 (Perg.). – Wien, Schottenkloster, Cod. 97 (H¨ubl 301), 236r–246v (Pap., erstes Viertel 15. Jh.). – Ebd., Cod. 179 (H¨ubl 129), 1r–254r (Pap., 15. Jh.). Ausgaben: Ausz¨uge bei: James Midgley Clark: J. B.s Prologue. In: The English Historical Review 47 (1932) S. 454–461. – Hans Vollmer: Zu J. B.s dt. ‹Evangeliarum›. In: Bibel und dt. Kultur 9 (1939) S. 45–57. – Ders.: Ein Reisebericht. In: Ebd. 10 (1940) S. 13–16. – Willi L¨udtke: Evangelientexte, bes. aus Harmonien (Dt. Bibel-Arch. Abh. und Vortr¨age 2). Hamburg 1965, S. 11–14. – Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube/Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2. Mu¨ nchen 1985, S. 65–82. – Margit Biedermann: Die Fastenpredigten des J. B. Ein Beitr. zur franziskanischen Predigt des deutschen MA. Diss. Wien 1994, S. 83–197. – Christoph Roth: ‹Wie Not des ist, daz die frummen Layen selber P¨ucher 809

1. H¨alfte 15. Jh. habent›. Zum Predigtzyklus des J. B. aus Wien (Anfang 15. Jh.). In: ZfdA 139 (2001) S. 19–57, hier S. 49–57. Literatur: Hans Jeske/Dagmar Ladisch-Grube, VL2 1 (1978) Sp. 876–878. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319. – J. M. Clark: J. B. In: London Mediaeval Studies 1 (1937/38) S. 305–331. – Vollmer (s. Ausg.). – Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehenden MA. Wien 1954. – Biedermann (s. Ausg.). – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 201. – Roth (s. Ausg.) S. 19–57. – Ders.: ‹Gotes mund sind die prediger›. Regesten zum dt. Quadragesimale des J. B. und Einordnung eines ‹neuen› Textzeugen. In: Vom vielfachen Schriftsinn im MA. FS Dietrich Schmidtke. Hg. v. Freimut L¨oser/Ralf G. P¨asler (Schr. zur Medi¨avistik 4). Hamburg 2005, S. 393–440, bes. S. 393–399. – Franz Lackner: Zum lat. Predigtwerk des Iohannes Zerngast de Sieghartskirchen. In: Codd. Manuscripti 60/61 (2007) S. 23–39, bes. S. 29 f. SF Elbinger Beichtbuchlein ¨ des Deutschen Ordens. – Ostmitteldt. Beichttraktat, wahrscheinlich erste H¨alfte 15. Jh. Der Traktat, der sich an Angeh¨orige des Dt. Ordens richtete, ist dreiteilig aufgebaut: Ein erster Abschnitt bringt eine Abhandlung u¨ ber die Buße, wobei einzelne Begriffe wie Reue oder Beichte in Frage-Antwort-Form n¨aher erl¨autert werden. Der zweite Teil bietet einen Beichtspiegel mit Ausf¨uhrungen zu den f¨unf Sinnen, den sieben Tods¨unden, den Zehn Geboten und anderem. Ein dritter Abschnitt umfasst f¨unf Gebete: von den letzten Worten Christi am Kreuz, f¨ur alle in Not Geratenen, ein gut gebete und heist di bichte, der Psalm Miserere, zum Hl. Erasmus um eine gn¨adige Sterbestunde. Mo¨ glicherweise ist dem Verfasser des in der ¨ Handschrift (s. Uberl.) vorausgehenden Septililium beatae Dorotheae Montoviensis, Johannes → Marienwerder, auch das E. B. d. D. O. zuzuschreiben. ¨ Uberlieferung: Cambridge (GB), Corpus Christi College, Cod. 509, 154v–156v, Ir–IIr (Pap., aus dem Elbinger Birgittenkonvent, ostmitteldt.; Nachtrag von einer Hand des 15. Jh. auf wahrscheinlich urspr¨unglich frei gebliebene Bll. einer lat.-dt. geistlichen Sammelhs.). Ausgabe: Hans Westpfahl: Beichtb¨uchlein des Dt. Ordens. In: Acht Jh. Dt. Orden in Einzeldarstellungen. Hg. v. Klemens Wieser (Quellen und 810

1. H¨alfte 15. Jh. Stud. zur Gesch. des Dt. Ordens 1). Bad Godesberg 1967, S. 241–268, hier S. 250–261, 264–268. Literatur: Volker Honemann, VL2 11 (2004) Sp. 400–402. – Max Perlbach: Elbinger Hss. in Cambridge. In: Mitt. des Westpreußischen Geschichtsver. 19 (1920) S. 33–37. – H. Westpfahl: Das Elbinger Beichtb¨uchlein. In: Stud. zur Gesch. des Preußenlandes. FS Ernst Keyser. Hg. v. Ernst Bahr. Marburg 1963, S. 405–416. – Ders. 1967 (s. Ausg.) S. 241–249. SF Magdalena von Freiburg (von Kenzingen, Beutlerin, eig. Magdalena Beutler), * um 1407 Kenzingen/Baden, † 1458 Freiburg/Br. – Klarisse, Verfasserin von Gebeten und Visionen. M. war die Tochter der Dominikanerin Margareta von Kenzingen und eines Kaufmanns namens Beutler. Nach ihrer Vita hatte M. bereits als Kind mystische Visionen und wurde mit f¨unf Jahren in das Klarissenkloster in Freiburg i. Br. gegeben. F¨ur das Jahr 1431 sagte sie f¨alschlich ihren eigenen Tod voraus, was zu starken Zweifeln an ihrer Heiligkeit f¨uhrte. Unangefochten ist jedoch M.s Eintreten f¨ur Askese und Armut im Klosterleben. Wohl noch zu Lebzeiten M.s wurde das dt. Magdalenen-Buch begonnen, das erst nach ihrem Tod vollendet wurde. M.s eigener Anteil daran ist unbekannt; mindestens ein Redaktor war sicher beteiligt. Das hagiographische Werk versammelt Lebensberichte, Briefe, Gebete und Erscheinungen M.s. Die enthaltenen Texte und ihre Anordnung variieren in den erhaltenen Handschriften. Der Inhalt entspricht frauenmystischen Konventionen (u. a. Passion Christi, Fegefeuer, J¨ungstes Gericht). M. stellte auch ein dt. Paternoster-Gebetsbuch zusammen. Es enth¨alt eine Vielzahl von Variationen, Lob- und Bittgebeten, die sich alle auf das Vaterunser beziehen. Nach M.s eigener Auskunft empfing sie die Texte als g¨ottliche Eingebungen; freilich d¨urften sie eher aus anderen Quellen kompiliert ¨ worden sein. Eine eigene, reiche Uberlieferung erfuhr die Litanei vom Leben und Leiden Jesu Christi (auch Goldene Litanei), die oft M. zugeschrieben wird und eine gewisse Popularit¨at erlangte. ¨ Uberlieferung: 1. Magdalenen-Buch: Mainz, StB, Hs. I 410, 107r–108r (Pap., 1511, rheinfr¨ankisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5134, 63r–66v (Pap., um 1430–50, alemannisch). – Mainz, StB, Hs. II 16, 15ra–200ra (1491, rheinfr¨ankisch). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 470 (906) (Pap., 1637). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 185 (Pap., Klarissenkloster 811

Magdalena von Freiburg Freiburg, 1656/57, alemannisch). – 2. PaternosterGebetsbuch: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 298 (Pap., Ende 15. Jh., alemannisch). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 470 (906) (Pap., 1637). – 3. Zur umfangreichen Sonder¨uberl. der Litanei vom Leben und Leiden Jesu Christi vgl. Greenspan 1984 (s. Ausg.) S. 311–314. Ausgaben: Magdalenen-Buch: Schleussner 1907 (s. Lit.). – Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Mu¨ nchen 1931, S. 519–530, 813–815. – Paternoster-Gebetsbuch: Erkl¨arung des Vaterunsers. A Critical Edition of a FifteenthCentury Mystical Treatise by Magdalena Beutler of Freiburg. Hg. v. Karen Greenspan. Diss. Amherst 1984. Mikrofilm-Ausg. Ann Arbor 1987. Literatur: Kurt Ruh/Peter Dinzelbacher, VL2 5 (1985) Sp. 1117–1121; 11 (2004) Sp. 944. – P. Dinzelbacher: Beutlerin, Magdalena. In: LexMA 6 (1993) Sp. 70. – Wilhelm Schleussner: M. v. F. Eine pseudomystische Erscheinung des sp¨ateren MA. In: Der Katholik 87 (1907) S. 15–32, 109–127, 199–216. – Martina Backes: Zur literarischen Genese frauenmystischer Viten und Visionstexte am Beispiel des Freiburger ‹Magdalenenbuches›. In: Literarische Kommunikation und soziale Interaktion. Stud. zur Institutionalit¨at ma. Lit. Hg. v. Beate Kellner u. a. Frankfurt/M. 2001, S. 249–260. – Dies.: Begnadete Klosterjungfrau oder betr¨ugerische Zauberin? Der Fall der Freiburger Klarissin M. Beutlerin (1458). In: Eine Stadt braucht Kl¨oster – Freiburg i. Br. braucht Kl¨oster. Hg. v. M. Backes/Barbara Henze. Lindenberg/Allg¨au 2006, S. 77 f. – Annemarie Schlerka: Visionen im MA am Beispiel von Hildegard v. Bingen, Mechthild v. Magdeburg und M. Beutler v. Kentzingen. Diss. Wien 2007. MM Bilder-Ars-moriendi (Ars moriendi cum figuris). – «Ars moriendi»-Texte, die Wort und Bild miteinander verbinden. Bei der Erstausgabe einer solchen Verbindung handelt es sich um ein Blockbuch mit elf Holzschnitten und 13 Textseiten. Ob die enthaltenen Kupferstiche des Meisters E. S. oder die Holzschnitte Originale darstellen, ist ungewiss, je nachdem wird die Erstausgabe um 1420/30 (Holzschnitte als Originale) oder um 1465 (Kupferstiche als Originale) datiert. Die Bilder zeigen f¨unf Anfechtungen des Teufels in der Todesstunde; ihnen 812

Bomlin ¨ stehen f¨unf Bilder mit guten Einsprechungen des Engels gegen¨uber. Der a¨ ltere lat. Urtext, verfasst m¨oglicherweise im ersten Jahrzehnt des 15. Jh. von einem unbekannten franz¨osischen Geistlichen, wurde bald in die germ. und romanische Volkssprache u¨ bertragen; im Zentrum stehen Todesstunde, Buße, Anfechtungen, Bittgebet, F¨urbitte und Mithilfe der Freunde. ¨ Die dt. Ausgaben der B. lassen sich in zwei Uberlieferungsgruppen gliedern: 1. Gruppe mit dem Inc. «Wie wol nach der lere des nat¨urlichen maisters»: Von Ludwig von Ulm, einem Holzschneider der zweiten H¨alfte des 15. Jh., stammt die wohl erste gedruckte dt. Fassung der Ars moriendi (um 1470–73). Ebenfalls der ersten Gruppe zuzuordnen sind die dritte Basler Ausgabe (Schreiber 1909 [s. Lit.] S. 30 f.), die Handschrift Heidelberg, UB, Cpg 34, 114v–130v (Pap., Ende 15. Jh., mittelfr¨ankisch) und die un¨ vollst¨andige Handschrift Wien, ONB, Cod. 3021, 180–190. Vgl. GW 2580–2583. 2. Gruppe mit dem Inc. «So dermal der gang deß todes»: Dazu z¨ahlen drei Drucke, verzeichnet bei Schreiber 1902 [s. Lit] Nr. X, XI und XII, und die Handschrift Salzburg, St. Peter, Cod. b II 23, 136v–159v. Ausgaben: Theodor Oswald Weigel: A. m. Leipzig 1869. – Albert Fidelis Butsch: A. m. [...]. Augs¨ burg 1874. – Ernst Weil: Die dt. Ubersetzung der A. m. des Meisters Ludwig v. Ulm um 1470. M¨unchen 1922. Literatur: Rainer Rudolf, VL2 1 (1978) Sp. 862–864; 11 (2004) Sp. 256. – Ders.: Ars moriendi. B. Lit. I. Mittellat. und deutschsprachige Lit. In: LexMA 1 (1980) Sp. 1040 f. – Konrad Baumgartner u. a.: Ars moriendi. In: LThK3 1 (1993) Sp. 1035–1038. – Franz Falk: Die a¨lteste a. m. [...]. In: Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen 7 (1890) S. 309. – August Schmarsow: Der Meister E. S. und das Blockbuch der ‹a. m.›. (Ber. der kgl. S¨achsischen Ges. der Wiss., phil.-hist. Kl. 51). Leipzig 1899. – Wilhelm Ludwig Schreiber: Manuel de l’amateur de la gravure sur bois et sur m´etal en XVe si`ecle. Bd. 4. Leipzig u. a. 1902, S. 253–314. – Ders.: Basels Bedeutung f¨ur die Gesch. der Blockb¨ucher. Straßburg 1909, S. 30 f., 40–42. – Friedrich Gerke: Die satanische Anfechtung der A. m. und bei Luther. In: Theologische Bll. 11 (1923) S. 321–331. – Helmut Appel: Anfechtung und Trost im Sp¨atMA und bei Luther. Leipzig 1938, S. 75–79. – Heinrich Theodor Musper: Die A. m. und der Meister 813

1. H¨alfte 15. Jh. E. S. In: Gutenberg Jb. 25 (1950) S. 57–66. – R. Rudolf: A. m. In: Forschungen zur Volkskunde 39 (1957) S. 69–74. – Ingo Reiffenstein/Franz Viktor Spechtler: Deutschsprachige Sterbeb¨uchlein des 15. Jh. in Salzburger Hss. In: Germanistische Stud. Hg. v. Johannes Erben/Eugen Thurnher (Innsbrucker Beitr. zur Kulturwiss. 15). Innsbruck 1969, S. 107–125. – Harald Wagner/Torsten Kruse (Hg.): A. m. Erw¨agungen zur Kunst des Sterbens (Quaestiones disputatae 118). Freiburg i. Br. u. a. 1989. – Alois Maria Haas: Tod und Jenseits in der dt. Lit. des MA. In: Himmel, H¨olle, Fegefeuer. Das Jenseits im MA. Eine Ausstellung des Schweizerischen Landesmuseums in Zusammenarbeit mit dem Schn¨utgen-Museum und der Mittelalterabteilung des Wallraf-Richartz-Museums der Stadt K¨oln. Hg. v. Peter Jetzler. Z¨urich 1994, S. 69–78, hier S. 74. – Karin Zimmermann unter Mitwirkung v. Sonja Glauch, Matthias Miller und Armin Schlechter: Die Codd. Palatini germanici in der UB Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181) (Kat. der UB Heidelberg 6). Wiesbaden 2003, S. 99. SF Buch vom Gebet. – Exegetischer Traktat zum Paternoster in Frage- und Antwort-Form, entstanden 1409. Der unbekannte Verfasser ist m¨oglicherweise mit einem 1408 als Kaplan des Burggrafen Friedrich in Ansbach bezeugten Eberhard Krempel identisch. Der deutschsprachige Text orientiert sich vor allem an → Heinrich von Langenstein. ¨ Uberlieferung: Pommersfelden, Gr¨aflich Sch¨onbornsche Schlossbibl., Cod. 128, 1r–68r (1409). Literatur: Volker Honemann, VL2 1 (1978) Sp. 1080 f. – Friedrich Wachter: General-PersonalSchematismus der Erzdi¨ozese Bamberg 1007–1907 [...]. Bamberg 1908, Nr. 5682. – Thomas Hohmann: Dt. Texte unter dem Namen ‹Heinrich v. Langenstein›. In: W¨urzburger Prosastud. (Medium Aevum 31). Mu¨ nchen 1975, S. 235. SF Bomlin, ¨ Konrad OFM, * um 1380 Esslingen (?), † 26.6.1449 Esslingen. B. lebte urspr¨unglich als Franziskaner im Kloster seines Heimatorts, bevor er 1406 in den Konvent Thann wechselte. 1409 wurde er Guardian im Kloster Schw¨abisch Hall und 1438 Provinzial der obd. Ordensprovinz. Er war Bef¨urworter von Klosterreformen bei den Konventualen und Gegner der 814

1. H¨alfte 15. Jh. Observanten. So bem¨uhte er sich 1440 beim Konzil von Basel um die R¨uckf¨uhrung des dortigen Klosters an die Konventualen. Die Entstehung von B.s Werk wird heute f¨ur den Zeitraum von 1409 bis 1438 angesetzt. Bekannt sind besonders seine dt. und lat. Predigten, darunter 47 lat. Adventspredigten. Jeweils mehrfach u¨ berliefert sind die Eucharistiepredigt Venite ad me omnes, die Passionspredigt Inspice et fac und die in Straßburg gehaltene Fastenpredigt Unus est magister vester, Christus. Weiterhin werden B. zugeschrieben: der Meister-Sch¨uler-Dialog Gulden buch, die Abhandlung Von der Ber¨uhrung Gottes und ein kurzes Dictum u¨ ber den Verlust der Keuschheit. Außerdem sind Briefe B.s an die Klarissen in Oggelsbeuren und N¨urnberg erhalten. Als Autor wird B. heute vor allem in seiner starken Abh¨angigkeit von → Maquard von Lindau und → Heinrich von Friemar betrachtet. Von beiden Verfassern u¨ bernahm B. ganze Passagen w¨ortlich. So ging in B.s Predigt Von der Unterscheidung der Geister ein Teil von Heinrichs De quattuor instinctibus ein. Marquards Traktat De anima Christi findet sich vollst¨andig im Gulden buch, Teile von De reparatione hominis in B.s Von der Ber¨uhrung Gottes. Auch in Gliederung und Form lehnte sich B. immer wieder an Marquard an. Ebenso war er von der dominikanischen Mystik beeinflusst. ¨ Uberlieferung: Mehr als 30 bekannte Hss. Verz. bei V¨olker 1964 und R¨ockelein 1988 (beide s. Lit.). – Nennenswerte Hss. aus dem 15. Jh.: Luzern, Zentralbibl., cod. 47/4 (1409, enth¨alt 1r–75r Predigten B.s). – Stuttgart, LB, cod. HB I 203, Bl. 177v (Pap., Straßburg, um 1416–20, enth¨alt 116r–117v einen Predigtauszug und 177v das Dictum). – T¨ubingen, UB, cod. Mc 111 (Pap., um 1438–44, schw¨abisch, enth¨alt 2r–49v den Tractatus super historia Joseph und 193r–214r Predigten). – Berlin, SBB, Mgq 171 (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch, enth¨alt 1r–105r das Gulden buch). – Ebd., Mgq 206 (Pap., 2. Viertel 15. Jh., els¨assisch, enth¨alt 1r–11r Von der Ber¨uhrung Gottes und 200v–215v Predigten). – Karlsruhe, LB, cod. St. Blasien 76 (Pap., Mitte 15. Jh., alemannisch, enth¨alt 82r–105r die Predigt von der Unterscheidung der Geister). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7010 (W) 206a (Pap., Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch, enth¨alt 135r–164v Predigten B.s). – Berlin, SBB, Mgo 30 (Pap., Mitte 15. Jh., els¨assisch, enth¨alt 174v–198v Von der Ber¨uhrung Gottes). – Ebd., 815

Dominikus von Preußen Mgq 194 (Pap., drittes Viertel 15. Jh., oberrheinisch, enth¨alt 141r–165r und 187v–189r Predigten, 177r–187v Von der Ber¨uhrung Gottes und 189v–194v den dritten Teil des Gulden buchs). – Karlsruhe, LB, cod. Donaueschingen 356 (Pap., 1493, ostschw¨abisch, enth¨alt 122r–128r einen Predigtauszug). Ausgaben: Teildr. verschiedener Texte B.s bei Ruh 1956 und V¨olker 1964 (s. Lit.). Literatur: Georg Steer, VL2 1 (1978) Sp. 935–937. – Volker Honemann, LexMA 2 (1983) Sp. 390 f. – Viola Tenge-Wolf, LThK3 2 (1994) Sp. 568. – Immo Eberl, HLS 2 (2003) S. 556. – Karl Brehm: Ein Haller Adventsprediger von 1409. In: Di¨ozesanarch. von Schwaben 22 (1904) S. 129–131. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler von Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 58. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 56 f. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners K. B. 1: ¨ Uberl. und Unters. (MTU 8). M¨unchen 1964. – G. Steer: Germanistische Scholastikforschung 3. In: Theologie und Philosophie 48 (1973) S. 65–106, hier S. 70–74. – Der Traktat Heinrichs v. Friemar u¨ ber die Unterscheidung der Geister. Lat.mhd. Textausg. mit Unters. Hg. v. Adolar Zumkeller/Robert Warnock. W¨urzburg 1977. – Der Franziskusorden 1 (Helvetia Sacra Abt. 5,1). Bearb. v. Brigitte Degler-Spengler u. a. Bern u. a. 1978, ¨ S. 70, 106 f. – Hedwig R¨ockelein: Zur hs. Uberl. der Werke K. B.s. In: ZfdA 117 (1988) S. 155–157. MM Dominikus von Preußen (Dominicus Prutenus, auch: Eloinus) OCart, * um 1384 bei Danzig, † 21.12.1460 Trier. Nach dem Tod seines Vaters, eines Fischers, wurde D. im Alter von elf Jahren in den Dienst eines Predigers gegeben. Er besuchte die Schule und studierte dann an der Universit¨at Krakau. Nach T¨atigkeiten als Erzieher, Schulleiter und Notar in verschiedenen Orten fand er im Oktober 1409 Aufnahme in die Trierer Kartause St. Alban (durch → Adolf von Essen). Er schloss sich der Marienverehrung Adolfs an, u¨ bernahm dessen «Rosarium» genannte Betweise und f¨ugte wahrscheinlich im Advent 1409 als Erster jedem Ave Maria eine aus dem Evangelium entnommene Betrachtung des Lebens Jesu in Form eines Relativsatzes (Clausula) an. Die zun¨achst nur f¨ur den 816

Dominikus von Preußen pers¨onlichen Gebrauch aufgezeichneten Clausulae (von der Verk¨undigung bis zur Erh¨ohung Christi) wurden von seinen Mitbr¨udern in der Kartause St. Alban kopiert und auch außerhalb Triers, u. a. bei den Kart¨ausern und Benediktinern, verbreitet. 1415 wurde D. Vikar der neuen Kartause Marienfloß bei Sierck unter dem Priorat Adolfs, mit dem er 1421 nach Trier zur¨uckkehrte. Er beriet den Trierer Erzbischof Otto von Ziegenhain, war 1434/35 Novizenmeister in der Mainzer Kartause und wurde nach dem Tod Adolfs 1439 als dessen Nachfolger Vikar der Trierer Kartause St. Alban. Die in fl¨ussigem Latein verfassten Werke, die D. zugeschrieben werden, enthalten zahlreiche biographische Einzelheiten u¨ ber D. selbst und die Trierer Kartause. Sie blieben unver¨offentlicht und wurden nur teilweise ins Deutsche u¨ bersetzt, beeinflussten jedoch viele geistliche Schriftsteller und K¨unstler (K¨olner Malschule). 1. Ein «Hilfszettel» von 1409 uber das Leben Jesu ¨ war wohl zuerst dt. niedergeschrieben und ist eine Art Fr¨uhfassung der «Clausulae de vita Christi» (sp¨ater auch «Rosarium» genannt). Er war noch zu D.s Lebzeiten in u¨ ber tausend Abschriften verbreitet. 2. Die 32 Kapitel umfassende Schrift De Obedientia (zwischen 1430 und 1433, wahrscheinlich um 1432 entstanden) d¨urfte an Adolf von Essen gerichtet sein, der nach Auseinandersetzungen mit seinem Prior an das Generalkapitel schrieb. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 631/1562, 106–123 (15. Jh., aus der Bendiktinerabtei St. Maria ad Martyres). – Ebd., Hs. 1166/468, 65–83 (eine Abschrift der Windesheimer Augustiner in Eberhardsklausen, 15. Jh.). – Ebd., Hs. 750/298, 1–36 (eine Abschrift aus dem Autograph von St. Alban, 1621). – Trier, Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars, Hs. 130, 1–46 (eine Abschrift der Benediktinerabtei St. Matthias, 15. Jh.). – K¨oln, Hist. Arch., W 119, 40–60v (eine Abschrift der K¨olner Kartause St. Barbara, 15. Jh.). – Ebd., Cod. GB 4° 35, 51–90 (15. Jh.). 3. Nach Corona gloriosa Virginis Mariae ex gemmis pretiossimis confecta (zwischen 1432 und 1439 entstanden) stellt jeder Lebensabschnitt Jesu und die Tugenden und Vorz¨uge Marias stellen einen der 77 Edelsteine der Krona Marias dar. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 622/1554, 1–299v (vor 1460). – Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701 Nr. 130, 1–235 (vor 1460). – K¨oln, Hist. 817

1. H¨alfte 15. Jh. Arch., W 152, 2–284 (1491). – Trier, StB, Hs. 750/298, 41–137 (1621; Auszug). 4. Um 1499 u¨ berarbeitete D. die lat. Corona gemmaria zur dt. Schrift Marienkrone, die nur 50 erheblich k¨urzere Abschnitte enth¨alt. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2°, 2–48 (1460). 5. Nach der Pest von 1439 fasste D. die u¨ berkommende Spiritualit¨at der Trierer Kartause im Liber Experientiae (primus) zusammen. Das Werk besteht aus einem Prolog, 43 «Narrationes» und einer Recapitulatio und schließt mit einer «Confessio fratris». ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 751/299, 69v–128. – Trier, Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars, Hs. 80, 1–203 (eine Abschrift der Benediktinerabtei St. Matthias, 17. Jh. [1651?]). – Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701 Nr. 131, 1–235 (1474). – Darmstadt UB/LB, Hs 1634, 5–131 (1551). 6. Der um 1452 niedergeschriebene Tractatulus de fructuose modo celebrandi missas pro salute animarum salvandarum omnium vivorum et defunctorum, et hoc per fratres caritate singulariter pro hocconfoederatos ad Dei laudem et gloriam aeternam ist als Summe eines Lebens zu verstehen, das sich die eucharistische «Confoederatio caritativa» zum Ziel gesetzt hat. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 17va–47vb. – Metz, Bibl. municipale, Ms. 632, 38v–49v. 7. Der zehn Jahre nach der Vollendung des eigentlichen Liber Experimentiae begonnene Liber Experientiae secundus wurde 1458 abgeschlossen. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 751/299, 133–176 (mit dem Anhang bis 179v). – Darmstadt UB/LB, Hs 1634, 138–219v (mit dem Anhang bis 226) (1551). – Trier, Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars, Hs. 80 (nur «Praefatio» und Index zum Liber Experientiae secundus). 8. Die wahrscheinlich f¨ur seinen Mitnovizen Johannes Frank verfasste Schrift De verecundia, behandelt in zehn Kapiteln Motive, deretwegen ein Christ «besch¨amt» sein kann. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 48va–55va. 9. In Pallium gloriosae virginis Mariae (um 1445) gab D., der von den Straßburger Gottesfreunden die Verehrung Marias als Schutzmantelmadonna u¨ bernommen hat, eine Gesamtschau der Kirche Christi. ¨ Es wird f¨ur geistliche Ubungen geworben, durch 818

1. H¨alfte 15. Jh. die Maria ein kostbarer Mantel angefertigt wird, der allen Schutz bietet. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2178, 112r–136v (verschollen, s. Borchling, Mnd. Hss. Bd. 1, S. 129 f.). – K¨oln, Hist. Arch., Cod GB f° 129, 9rb–12va, 89v–90v (Menne, Nr. 273, s. 12. 16). – Ebd., Cod W. kf° 119, 73r–77r. – Dt. Fassung: Ebd., Cod. GB 2° 129, 63–67v. 10. Als Lebensordnung mit marianisch-ekklesiologischen Zus¨atzen ist die Schrift Quomodo debemus construere sive aedificare domum sive aulam spiritualem glorosae virginis Mariae (1446/47) zu verstehen, in der D. seine Corona gemmaria erw¨ahnt. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 12va–16a. 11. Exercitium humile et devotum de educatione Domini Jesu et gloriosae virginis Mariae, matris eius (1446/47). ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 16a–17a. – Erweiterte Fassung: Darmstadt, UB/LB, Hs 1884, 8–174v (dt.). 12. Den Brief De Vulneribus Jesu crucifixi schrieb D. vermutlich 1441. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 37vb. 13. Der Brief De Exercitio exercitiorum betont die Herz-Jesu-Verehrung als Zentrum der Trierer Kart¨auserspiritualit¨at. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 40vb–46b. 14. Bei der Schrift Contra Metum Pestilentiae d¨urfte es sich um eine Ansprache handeln, die D. 1450 in der Trierer Kartause gehalten hat. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 129, 46v–48b. 15. Als vielleicht gr¨oßtes Werk des D., das als Ganzes mit großer Wahrscheinlichkeit als verloren gelten muss, ist nach Klinkhammer Sonus Epulantis. 16. Ebenfalls noch nicht aufgefunden wurde das «Kapitularium» des D., das vermutlich Ansprachen des D. als Vikar nach dem Tod Adolfs im Kapitelsaal enth¨alt. Zu den Gedichten und Liedern des D. geh¨oren: 17. Te coeli Reginam laudamus, eine marianische Umgestaltung des Hymnus Te Deum (→ Te Deum, marianische Bearbeitungen). Der vollst¨andige Text dieses «Canticum» ist in der 22. Narratio des ersten Liber Experientiae enthalten sowie gesondert in vielen Handschriften. Eine Melodie zum Text enth¨alt das Manuskript der L¨utticher Benediktinerabtei St. Laurent (Br¨ussel, Koninklijke Bibl. van 819

Dominikus von Preußen Belgi¨e/Bibl. Royale de Belgique, Ms. 9700–4, 134 Bss). 18. Das «dictamen» Homo, Dei creatura findet sich als eigenst¨andiges Werk des D. in vielen Codices. Es handelt sich jedoch um eine Zusammenfassung des ersten Liber Experimentiae und ist so diesem beigef¨ugt (f. 128v). 19. Pallium B. M. V., eine Zusammenfassung des Inhalts der SchriftPallium gloriosae virginis Mariae in Form eines Doppelgedichts. 20. De Pulchritudine B. M. V., eine Lied aus der Corona gemmaria. 21. Nach dem Anhang zum Liber Experimentiae secundus findet sich das von → Augustinus beeinflusste Werk Libellus humilis Confessionis, seu Soliloquium ad Patrem coelestem. Literatur: Anselm Stoelen: Dominique de Prusse. In: Dict. Spir. 3 (1954) Sp. 1539–1542. – R. Aubert: Dominique de Prusse. In: DHGE 14 (1960) Sp. 619–621. – M. Petrus Stengele/Karl Joseph Klinkhammer, Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Regensburg 1967, Sp. 1418–1420. – K. J. Klinkhammer, VL2 2 (1980) Sp. 190–192. – Andreas Heinz: Rosenkranz II. Im Christentum. In: TRE 29 (1998) S. 403–407, hier S. 405. – K. J. Klinkhammer, MarLex 2 (1989) S. 213 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 37. – Gisela Kornrumpf: Te deum, marianische Bearbeitungen. In VL2 11 (2004) Sp. 1495–1506, hier Sp. 1503. – Modestus Leydecker: Historia antiquae et novae Cartusiae sancti Albani prope et supra Treviros, conscripta anno 1765 (drei Exemplare: Trier, StB, Cod. 1665/354 und Cod. 1666/353, Metz, StB, Ms 1222; Kurzbiographie). – Thomas Esser: Beitr. zur Gesch. des Rosenkranzes. Die ersten Spuren v. Betrachtungen beim Rosenkranz. In: Der Katholik 77/II (1897) S. 346–360, 409–422, 515–528. – Herbert Thurston: The Rosary. In: The Month, 3. Serie, 96 (1900) S. 403–418, 513–524, 620–637; 97 (1901) 67–79, 122–188, 286–304. – T. ¨ Esser: Uber die allm¨ahliche Einf¨uhrung der jetzt beim Rosenkranz u¨ blichen Betrachtungspunkte. Mainz 1906. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909. Nachdr. Darmstadt 1972. – Jakob Hubert Sch¨utz: Die Gesch. des Rosenkranzes unter Ber¨ucksichtigung der RosenkranzGeheimnisse und der Marien-Litaneien. Paderborn 1909. – S. Beissel: Gesch. der Verehrung 820

Agnes von Bohmen ¨ Marias im 16. und 17. Jh. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1910. Nachdr. Nieuwkoop 1970. – Karl Richtst¨atter: Die Herz-Jesu-Verehrung des dt. MA. 2., umgearbeitete und vermehrte Aufl. Mu¨ nchen/Regensburg 1924. – Johannes Hau: Der Rosenkranz in Vergangenheit und Jetztzeit. Trier 1938. – K. J. Klinkhammer: Des Kart¨ausers D. v. P. Lied u¨ ber die Sch¨onheit der Mutter Gottes. In: Das M¨unster am Hellweg 17 (1964) S. 159–162. – Ders.: Sp¨atma. Marienverehrung. In: ebd., S. 163–172; 18 (1965) S. 1–35. – Ders./Anneliese Triller: Jugenderinnerungen im Werke des Kart¨ausers D. v. P. In: Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde des Ermlands 31/32 (1968) S. 41–58; 33 (1969) S. 9–40. – K. J. Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke. Der Rosenkranz in der geschichtlichen Situation seiner Entstehung und in seinem bleibenden Anliegen. Eine Quellenforschung (Frankfurter Theologische Stud. 116). Frankfurt/M. 1972 (vgl. dazu Petrus Becker: Adolf von Essen und die benediktinische Reform im 15. Jh. In: Revue b´en´edictine 84, 1974, S. 409–412). – Rainer Scherschel: Der Rosenkranz – das Jesusgebet des Westens (Freiburger Theologische Stud. 116). Freiburg i. Br. 1979. 2 1982. – K. J. Klinkhammer: Die Kartause und die Entstehung des Rosenkranzes. In: CistercienserChronik (1980/1) S. 35–40. – Ders.: Die ‹Libri Experientiae› des Trierer Kart¨ausers D. v. K. In: Kart¨ausermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongreß u¨ ber die Kart¨ausergesch. und -spiritualit¨at. Hg. James Hogg. Bd. 2 (Analecta Cartusiana 55,2). Salzburg 1981, S. 34–55. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 202. – Heinz Finger: Der Rosenkranz und seine Gesch. In: Ders. u. a.: Der heilige Rosenkranz. Eine Ausstellung der Di¨ozesan- und Dombibl. K¨oln [...]. K¨oln 2003, S. 13–44, hier S. 22 f. – A. Heinz: Der Rosenkranz vor dem Hintergrundseiner Entstehungsgesch. In: Edelsteine, Himmelsschn¨ure. Rosenkr¨anze & Gebetsketten. Hg. v. Peter Keller/Johannes Neuhardt. (Kat. zur [...] Sonderschau des Dommuseums zu Salzburg 33; Kat. des Bestandes der EdithHaberland-Wagner-Stiftung im Dommuseum zu Salzburg 1). Salzburg 2008, S. 21–32, bes. S. 28–30. BJ Agnes von Bohmen ¨ (von Prag). – Prosalegende. A. (* 1205? Prag, † 2.3.1282 ebd.), war die Tochter K¨onig Ottokars I. von B¨ohmen, Nichte 821

1. H¨alfte 15. Jh. der → Hedwig von Schlesien und Kusine der → Elisabeth von Th¨uringen. Sie widersetzte sich den Heiratspl¨anen ihres Vaters und lehnte auch nach dessen Tod Heiratsantr¨age ab, u. a. Kaiser Friedrichs II. 1232 stiftete sie in Prag ein Franziskusspital und ein Klarissenkloster, das sie mit Schwestern aus Trient besiedelte. 1234 trat sie selbst ¨ dort ein und war bis 1238 Abtissin. A. (Fest 2. M¨arz) wurde 1874 selig- und 1989 heiliggesprochen. Sie wird mit Krone Kranke pflegend dargestellt. Die fr¨uheste lat. Vita der A. v. B. entstand vermutlich um 1328. Auf ihr beruhen vier dt. Fassungen. Die Vita ist nach dem Muster der FranziskusLegende → Bonaventuras angelegt; Motivparallelen bestehen auch zur Legende der → Klara von Assisi, die ihr vier geistliche Sendbriefe schrieb (→ St. Klara-Buch). ¨ Uberlieferung: Bamberg, StB, Msc. Hist 151 (fr¨uher E.VII.56), 162v–210r (Perg., Anfang 15. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 539 (Anfang ˇ e Re15. Jh.). – Prag, N´arodni knihovna Cesk´ publiky, Cod. XVI D 16 (Anfang 15. Jh.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 132 Helmst. (Anfang 15. Jh.). – Berlin, SBB, Mgo 484 (fr¨uher Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 1153), 178r–214v (Pap., zwischen 1492 und 1498, schw¨abisch). – Stuttgart, ¨ LB, Cod. HB I 26. – Wien, ONB, Cod. 13671, 1r–29v (Pap., Anfang 16. Jh., niederalemannisch). Ausgabe: Seton (Fassung 2, nach der Berliner Hs.). Literatur: Antoine de S´erent: Agn`es de Bohˆeme. In: DHGE 1 (1912) Sp. 977–979. – Lieselotte Sch¨utz, LCI 5 (1973) Sp. 57. – Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 82–84; 11 (2004) Sp. 28. – Wimmer/Melzer (61988) S. 117 f. – Justin Lang, LThK3 1 (1993) Sp. 236 f. – Julius Glaubrecht: Die selige K¨onigstochter A. v. B. und die letzten Premisliden. Ein hist. Zeit- und Sittengem¨alde aus dem 13. Jh. Regensburg 1874. – Walter W. Seton: Some New Sources for the Life of Blessed A. of Prag. In: Archivum Franciscanum Historicum 7 (1914) S. 185–197. – Ders.: Some New Sources for the Life of Blessed A. of Bohemia, Including a Fourteenth Century Latin Version and a Fifteenth German Version (Publications of the British Society of Franciscan Studies 7). London/New York 1915. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 822

1. H¨alfte 15. Jh. 1986, S. 387. – Jaroslav Nemec: Die Verehrung der seligen A. v. B. und der Prozeß ihrer Heiligsprechung. Thaur/Tirol 1989. – Jaroslav V. Polc: A. ¨ v. B. 1211–1282. K¨onigstochter, Abtissin, Heilige (Lebensbilder zur Gesch. der b¨ohmischen L¨ander 6). Mu¨ nchen 1989. – Johannes Schneider (Hg.): ‹Candor lucis eterne – Glanz des ewigen Lichtes›. Die Legende der heiligen A. v. B. (Ver¨off. der Johannes-Duns-Skotus-Akad. f¨ur Franziskanische Geistesgesch. und Spiritualit¨at Mo¨ nchengladbach 25). Mo¨ nchengladbach 2007. – Christian-Frederik Felskau: A. v. B. und die Klosteranlage der Klarissen und Franziskaner in Prag. Leben und Institution, Legende und Verehrung. 2 Bde., Nordhausen 2008. BJ Barbara. – Legenden. Nach der vermutlich im 7. Jh. im byzantinischen Raum entstandenen Legende ist Nikomedien zur Zeit Kaiser Maximians (306) Ort des Martyriums der historisch nicht nachweisbaren B. Von ihrem Vater Dioskuros wegen ihrer Sch¨onheit in einem Turm gefangengehalten, wird B. Christin. Bei ihrer Flucht o¨ ffnet sich ihr ein Felsen und verbirgt sie. Nach dem Verrat durch einen Hirten wird sie eingekerkert, gemartet und zuletzt von ihrem Vater enthauptet, der daraufhin vom Blitz erschlagen wird. In einer Verheißung vor ihrem Tod wird ihr kundgetan, dass keiner, der sie anruft, ohne Sakramentenempfang sterben werde. B. z¨ahlt zu den 14 Nothelfern und wird zum Schutz gegen Blitz- und Feuersgefahr angerufen (Fest 4. Dezember; seit 1969 nicht mehr im r¨omischen Heiligenkalender, jedoch 1972 in den Regionalkalender f¨ur das dt. Sprachgebiet unter den nichtgebotenen Gedenktagen aufgenommen). Sie gilt als Patronin der Bergleute, Bauarbeiter, Artilleristen und Sterbenden. B.s wichtigstes Attribut in Darstellungen ist der Turm. Ingesamt 21 eigenst¨andige dt. Fassungen der Legende neben elf Legendarfassungen verzeichnet Williams-Krapp (s. Lit.). 1. Verslegenden a) Barbaren Passie ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 478, r 58 –63r (Pap., Anfang 15. Jh., nordbair. mit mitteldt. Ankl¨angen). – Dessau, Anhaltische Landesb¨ucherei, Hs. Georg. 24.8° (olim Georg. 4°,4), 43r–50v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostmitteldt.). – Uppsala, UB, Cod. C 497, 39v–40v (Perg., 15. Jh., 823

Barbara mitteldt.; fragm.). – Ferner verschiedene Drucke (s. VL2 1 [1978] Sp. 601). → Passienb¨uchlein von den vier Hauptjungfrauen. b) Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1079, 71v–80r (Tl. 2, Pap., Tl. 1: um 1438/39, Tl. 2: um 1431; enth¨alt auch eine → Margareta- und eine → Dorothea-Verslegende). c) St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 592, S. 66–85 (Els¨assische Legenda aurea, Sommerteil, Pap., 15. Jh.). Inc.: «in gottes namen billich werd / in himel doert vnd hie vff erd / och willen han ze sagen hie / waz gelitten het vnd wie / sant barbra nach der geschrift [...]» d) Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 67r–68r (Pap., 1478). Inc.: «Sant Barbara du edels vas / werd du als ich las / vol tugenden beliben / Als ich han geschriben.» 2. Prosalegende ¨ Uberlieferung: Bamberg, Staatsbibl., Msc. Add. 21, 329v–412r (Pap., , um 1500, ostfr¨ankisch). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1569 (615; L 27), 81v–83v (Pap., Melk, Schreiber: Lienhard Peuger, nach 1440, mittelbair.). – Moskau, Staatsbibl., Hss.Abt. Fonds 68, Nr. 446, 59r–73v (Perg. und Pap., 1477, alemannisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 54, 103v–106r (Perg., zweite H¨alfte 14. Jh., westmittelbair.; Anfang in Versen). Ausgaben: Oskar Schade: Barbara Passie. In: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hg. v. dems. Hannover 1854 (Nachdr. Amsterdam 1968) S. 30–69 (K¨olner Druck v. 1513). – Philipp Wegener: Drei mnd. Gedichte des 15. Jh. mit krit. Bemerkungen. In: Jb. des P¨adagogiums zum Kloster Unserer Lieben Frauen in Magdeburg (1878) S. 1–7 (Magdeburger Druck v. 1500). Literatur: Leander Petzoldt, LCI 5 (1973) Sp. 304–311. – Wolfgang Schmitz, EM 1 (1977) Sp. 1210–1212. – Elisabeth Reuter, VL2 1 (1978) Sp. 601–603; 11 (2004) Sp. 214. – Erich Wimmer, LexMA 1 (1980) Sp. 1432 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 156. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 364 f. – E. Wimmer, LThK3 1 (1993) Sp. 1401 f. – Robert Volk, RGG4 1 (1998) Sp. 1105 f. – Die Katharinen-Passie: Ein Druck von Ulrich Zell. Hg. v. Hermann Degering/Max Joseph Husung. Berlin 1928. – Gerhard Eis: Johannes Kirchschlags Predigt zum Barbaratag 1486. In: PBB (T¨ub.) 81 (1959) S. 196–200. – Baudouin de Gaiffier: La l´egende latine de Sainte Barbe 824

Christus und die sieben Laden par Jean de Wackerzeele. In: Analecta Bollandiana 77 (1959) S. 5–41. – Vera Sack: Ein Gedicht des Wanderpoeten Samuel Karoch von Lichtenberg zur Beier des Barbaratags in der K¨olner Kartause (um 1486/89). In: FS Otto Herding. Hg. v. Kaspar Elm/Eberhard G¨onner/Eugen Hillenbrand. Stuttgart 1977, S. 188–216. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 394 f. – Helmut Eberhart: Hl. Barbara. Legende, Darstellung und Tradition einer popul¨aren Heiligen. Graz 1988. – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 29–31. – Heinrich F¨urst: Die vierzehn Nothelfer. Unsere Freunde. Ihre Verehrung von den Anf¨angen bis zum Dreißigj¨ahrigen Krieg. Petersberg 2008. – Luc Campana: Die 14 Heiligen Nothelfer. Herkunft und Verehrung. Konkurrenz zur Medizin. Leben und Legenden. Reichweite und Bildnisse. Schwerpunkt Schweiz. 2., u¨ berarb. u. erw. Aufl. Lauerz 2008. BJ Christus und die sieben Laden (Christus als Kaufmann, Christus als Kr¨amer, Von sieben k¨ostlichen Laden). – Erbaulicher Traktat aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. Gem¨aß der zu Beginn des Textes, der vermutlich im Elsass entstanden ist, zitierten Bibelstelle Lk 14,33 entschließt sich ein Kaufmann, abgeschieden zu leben. Vom Teufel bedr¨angt, verl¨asst er jedoch die Einsiedelei. Der ihm auf dem Weg begegnende Christus f¨uhrt, als Kr¨amer verkleidet, sieben Laden mit sich, die er nacheinander o¨ ffnet. Die darin enthaltenen Sch¨atze (u. a. ein Palast, ein reiches Land, ein Tisch mit k¨ostlichen Speisen, ein Spiegel mit dem Bild Gottes, die Insignien kaiserlicher Macht) bietet Christus zu sehr niedrig scheinenden Preisen; es stellt sich jedoch jedesmal heraus, dass damit die in den Seligpreisungen der Bergpredigt (Mt 5,3–11) von den Menschen geforderten Tugenden gemeint sind, die dem r¨uckf¨alligen Eremiten nicht zukommen. Als Christus weggeht, erkennt er Kaufmann, wen er vor sich hatte, und kehrt in seine Einsiedelei zur¨uck. Da mindestens zehn der Handschriften aus Frauenkl¨ostern stammen, d¨urfte der zu einem weltabgewandten, an den Lehren Christi orientierten Leben auffordernde Traktat h¨aufig f¨ur die Unterweisung von Nonnen benutzt worden sein. 825

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 80, 50r–58r (1425). – Amsterdam, Bibl. Philosophica Hermetica, BPH 207 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Dr. J¨orn G¨unther, Hamburg, Nr. 1997/16; davor D¨usseldorf, Schrobsdorffsche Buchhandlung, o. S.; davor Privatbesitz Max de Diesbach, Uebewil bei Freiburg ¨ i. U.), 3r–9v (Pap., erstes Viertel 15. Jh., alemannisch). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 8, 310r–332v (Pap., 1464, ostschw¨abisch, stark bair. gef¨arbt). – Ebd., Cod. III.1.4° 40, 107r–110r. – Basel, Kunstmuseum/Kupferstichkabinett, Inv.Nr. 2008.24 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Dr. J¨orn G¨unther, Hamburg, Nr. 2008/19; davor Schweinfurt, Bibl. Otto Sch¨afer, OS 50; davor Privatbesitz Arnold Mettler-Specker, St. Gallen, o. S.), 105ra–114ra (Pap., um 1450, niederalemannisch). – Berlin, SBB, Mgf 863 (fr¨uher Privatbesitz Franz Karl Grieshaber, Rastatt [3]), 277va–281rb (Pap., zwischen 1435 und 1440, els¨assisch). – Ebd., Mgq 194, 165v–173r (Pap., 15. Jh., oberrheinisch [els¨assisch]). – Ebd., Mgq 1200, 438v–454r (Pap., 1463, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Mgo 63, 102v–116v (Pap.). – Ebd., Mgo 328, 285r–293v (Perg. und Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh.). – Bremen, SUB, msc 0034, 6v–11v (Pap., 1463, mitteldt.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 770 (1261), 85r–101v (nach 1491). – Frankfurt/M., UB, Ms. germ. oct. 30, 21r–35r (Pap., 1494, ostfr¨ankisch). – Ebd., Ms. Praed. 11, 147rb–152rb (Pap., Mitte 15. Jh., Bl. 1–109rb: alemannisch, Bl. 109rb–152: rheinfr¨ankisch). – Ebd., o. S. (Verbleib unbekannt). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 237, 173r–180v (Pap.). – Heidelberg, UB, Cpg 28, 170r–177rb (Pap., zweites Viertel 15. Jh., alemannisch mit bair. Formen). – Ebd, Cpg 472, 189ra–194ra (Pap., um 1450, s¨udbair.). – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 87, 206r–213v (Pap., um 1450–54, alemannisch). – Ebd., Cod. St. Georgen 89, 80v–99r (Pap., Villingen [?], um 1430, ostalemannisch-schw¨abisch). – Leiden, UB, Cod. Ltk. 340, 140r–149r. – London, British Library, Ms. Add. 25089, 78v–91r. – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1651 (664; L 94), 233r–256r (Pap., 1456 [oder sp¨ater], Melk, bair.). – Ebd., Cod. 1752 (651; L 79), 250v–260v (Pap., 1438, bair.o¨ sterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 411, 165rb–177va (Pap., 1436, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 841, 199r–203v, 18r–33v (Pap., 15. Jh.). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. Merkel 2° 966, 1–3 (Pap., 1524–26). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. V, App. 34a, 163r–165v. – Ebd., Cod. Cent. VI, 43l, 826

1. H¨alfte 15. Jh. 33r–50v. – Ebd., Cod. Cent. VI, 100, 1v–22v. – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 222, 233r–239v (Pap., 15. Jh., els¨assisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 585, S. 260–277 (Pap., 1456). – Schaffhausen, StB, Cod. Gen. 10, 108r–118r (Pap., 1472, Schaffhausen, alemannisch). – Stuttgart, LB, Cod. brev. 55, 112r–128v (Pap., 1445). – Ebd., Cod. theol. et phil. 4° 59, 322v (Pap., um 1430/32, els¨assisch). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Quart 127, 150r-164v (kurz nach 1501 in N¨urnberg zusammengestellt). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 64.3 Aug. 8°, 250v–278v (Pap., 15. Jh., schw¨abischalemannisch). – W¨urzburg, Staatsarch., Ms. f. 31, 34v–38v (um 1488). – Z¨urich, ZB, Cod. Car. C 28, 215r–221v (Pap., 1474–78, nordschweizerisch). – Nicht verzeichnet sind die beiden nur in mittelalterlichen Bibliothekskatalogen nachweisbaren Handschriften aus der Kartause Salvatorberg in Erfurt (Sign. D 4) und aus dem Tertiarierinnenkloster Wonnenstein. – Neun Drucke von 1491 bus 1572 bei Schmidt, Erbauungslit., S. 445 ff.; der a¨lteste Druck: Basel, Johann Amerbach, 1491 (mit Holzschnitten). Ausgaben: Albert Bachmann/Samuel Singer (Hg.): Dt. Volksb¨ucher aus einer Z¨urcher Hs. des 15. Jh. T¨ub. 1889, S. 247–258, 390–398. – Ferdinand Vetter: Lehrhafte Litteratur des 14. und 15. Jh. II: Geistliches. Berlin/Stuttgart 1890, S. 78–80 ¨ (Teildruck). – Ubers. bei Reinhard Frauenfelder: Christus als Kaufmann. Eine Legende aus dem Kreise sp¨atma. Gottesfreunde. In: Bodenseebuch 17 (1930) S. 78–87. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 1241–1243. – Elisabeth Wunderle/Red., Killy2 2 (2008) S. 425 f. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld 1935, S. 274 f., 425. – Wieland Schmidt: Kleine Schr. Wiesbaden 1969, S. 198–215 (zuerst 1950). BJ ¨ Eberhart von Rapperswil. – Ubersetzer und Schreiber einer Thomas-von-Aquin-Legende des Wilhelm von Tocco (Anfang 15. Jh.). Der «Kilchherr ze Jonen» (wohl Jona bei Rapperswil), wie E. sich auf 104va der Handschrift be¨ zeichnet, verfasste die Ubersetzung im Auftrag der Dominikanerinnen des Klosters To¨ ss/Kt. Z¨urich. Ansonsten sind keine Lebensdaten E.s bekannt. In einer Einleitung (1r–2r) mit Bescheidenheitstopos gibt er an, bei der Bearbeitung der Vorlage einige 827

Eberhart von Rapperswil K¨urzungen und Erweiterungen vorgenommen zu haben. ¨ Uberlieferung: Frauenfeld, Thurgauische Kantonsbibl., Y 156 (Perg., 1418, su¨ dalemannisch). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 290. SF Heinrich von Hessen d. J. (Henricus de Hassia, Heinrich von Altendorf) OCart, Altendorf/Hessen, † 12.8.1427 Monnikhuizen bei Arnheim. – Verfasser eines Dialogus de rara seu frequenti celebratione missae. Nach seinem Studium lehrte H. v. H. seit 1389 als Baccalaureus artium (und 1392 Rektor) an der Universit¨at K¨oln und 1400–11 an der Universit¨at Heidelberg (1400 Rektor). 1412 erfolgte der Eintritt in den Kart¨auserorden in Freiburg i. Br., 1417–24 war H. Prior der Freiburger und 1424–27 der Monnikhuizenener Kartause. Auch → Heinrich von Langenstein wurde «Heinricus de Hassia» genannt («Heinrich von Hes¨ sen d. A.»), was die Zuordnung der Werke beider Verfasser erschwerte. Einige asketische und erbauliche Schriften, Kommentare zu den Sentenzen und zu biblischen B¨uchern wurden H. zugeschrieben; das einzige erhaltene und ihm mit Sicherheit zuzuordnende Werk ist der Dialogus de rara seu frequenti celebratione missae, in dem er a¨ngstlichen Priestern empfiehlt, die Messe h¨aufiger zu halten. ¨ Uberlieferung: Heilig (s. Lit.) S. 161, Anm. 153. Literatur: Albert Lang, NDB 8 (1969) S. 412. – Franz Josef Worstbrock, VL2 2 (1979) 282. – Heinrich R¨uthing, LThK3 4 (1995) Sp. 1388. – Johannes Trithemius: Catalogus illustrium virorum. In: Opera historica. Bd. 1. Hg. v. Marquardus Freher. Frankfurt/M. 1601, S. 153. – Konrad Josef Heilig: Krit. Stud. zum Schrifttum der beiden H. v. H. In: R¨omische Quartalschr. f¨ur christliche Altertumskunde und Kirchengesch. 40 (1932) S. 105–176 (Lit.). – Willibrord Hug: Visitationsrezeß aus der Straßburger Kartause vom Jahr 1418. In: Hist. Jb. 56 (1936) S. 372–378. – Harry Caplan: ‹Henry of Hesse› on the Art of Preaching. In: Of Eloquence [...]. Hg. v. H. Caplan. Ithaca u. a. 1970, S. 135–159. SF Johannes Evangelista. – Dt. Prosalegenden. Die Prosalegende von J. E. ist meist in volkssprachigen Legendaren u¨ berliefert. Hinzu kommen 828

Kreckwitz ¨ f¨unf erweiterte Fassungen mit selbst¨andiger Uberlieferung: ¨ Eine Bamberger Handschrift (s. Uberlieferung) enth¨alt ein J.–Libellus aus dem sp¨aten 14. Jh. mit breit ausgestalteter Vita sowie Mirakeln im Anhang. Diese Vita beruft sich besonders auf die Kir¨ chenv¨ater und steht im Kodex neben Ubersetzungen von J.-Texten sowie Lektionen und Predigten u¨ ber J. Das Legendar Der → Heiligen Leben benutzte diese Bamberger Vita als Vorlage. ¨ Einen weiteren, wichtigen Teil der Uberlieferung nimmt die alemannische J. E.-Legende ein. In einer Karlsruher Handschrift steht sie im Kontext eines m¨oglicherweise von Dominikanern zusam¨ mengestellten Libellus u. a. neben Mirakeln, Ubersetzungen und Predigten. Die Vita ist hier um dt. Bibelabschnitte erweitert (2 Joh 1–13; 3 Joh 1–14). Eine Stuttgarter Handschrift bettet diese Vita in eine Sammlung von Legenden ein; in dieser Fassung fehlen jedoch die Mirakel. Den Karlsruher und Stuttgarter Fassungen geht jeweils eine → Beda zugeschriebene Homilie voraus. Das Karlsruher Libellus war Grundlage der Basler Handschrift. Darin ist die bisherige Integrit¨at der Vita jedoch aufgegeben worden. Stattdessen verwendet der illustrierte Kodex einen aus verschiedenen Vorlagen zusammengestellten J. E.-Text. Zu dessen Quellen z¨ahlen die Els¨assische Legenda Aurea des → Jacobus a Voragine und Der Heiligen Leben. Das Libellus wurde außerdem um Predigten u¨ ber J. E. erweitert, die etwa von → Johannes von Offringen, → Johannes von N¨ordlingen und → Klaus dem Schirmer stammen. Eine erweiterte Fassung der alemannischen Vita findet sich auch in der Legendensammlung einer Berliner Handschrift. Darin steht die Legende von J. E. hinter jener von Johannes Baptista. Die Legende von Johannes ante Portam Latinam, die in der Legenda Aurea zu finden ist, erfuhr sp¨ater ¨ eine nd. Ubersetzung, die sich u¨ ber nd. Drucke der Heiligen Leben verbreitete. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 192, 64r–106r (Pap., 15. Jh.). – Bamberg, SB, cod. Hist. 153 (fr¨uher E.III.24), 37r–144v (Perg., Klarissenkloster N¨urnberg, fr¨uhes 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, cod. St. Peter pap. 21, 19r–53v (Pap., Mitte 15. Jh., alemannisch). – Basel, UB, cod. A VI 38, 1ra–41rb (Pap., 1493, alemannisch). – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 4° 77, 7v–20v (alemannisch). Ausgabe: Jacobus de Voragine: Die els¨assische ‹Legenda aurea› 2: Das Sondergut (TTG 10). Hg. 829

1. H¨alfte 15. Jh. v. Konrad Kunze. T¨ubingen 1983, S. 349–354 (Nr. 49). Literatur: Martin Lechner, LCI 7 (1974) ´ Sp. 108–130. – Donatien Mollat: Jean l’Evangeliste. In: Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 192–247. – Werner Williams-Krapp, VL2 4 (1983) Sp. 589–591. – Wimmer/Melzer (61988) S. 423–425. – Erich Wimmer, EM 7 (1993) Sp. 591–596. – Johannes Beutler/Walter v. Arx/Knut Sch¨aferdiek: J., Apostel u. Evangelist. In: LThK3 5 (1996) Sp. 866–870. – R. Alan Culpepper: J. In: RGG4 4 (2001) Sp. 518 f. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, 422 f. – Carola Redzich: Apocalypsis Joannis tot habet sacramenta quot verba. ¨ Stud. zu Sprache, Uberl. und Rezeption hochdt. Apokalypse¨ubersetzungen des sp¨aten MA (MTU 137). Berlin/New York 2010, S. 159–162, 572–576 u. o¨ . MM Kreckwitz, Georg, † 1422 Gr¨unberg/Schlesien. – Theologe. K. war seit 1394/98 Pfarrer in Freystadt/ Schlesien und ab sp¨atestens 1409 Leutpriester in Gr¨unberg/Schlesien. Unsicher ist, ob K. um 1387 in Prag studierte und dort das Baccalaureat erwarb. Nach 1409 verfasste K. wahrscheinlich eine Offb¨ Ubersetzung mit Kommentar. Die Autorschaft des Kommentars ist K. nicht v¨ollig sicher zuzuschrei¨ ben; er k¨onnte auch nur dessen Ubersetzer gewesen sein. Inhaltlich interessant ist der Kommentar durch seine Kritik an der weltlichen und geistlichen Oberschicht, der K. das Leben der Bauern positiv gegen¨uberstellt. K. wird außerdem eine Evangelienharmonie zugeschrieben, die in der gleichen Breslauer Handschrift wie der genannte Offb-Kommentar erhalten ist. Auch bei der Evangelienharmonie ist K.s eigener Anteil ungekl¨art, da keine Vorlage bekannt ist. Interessant ist die Anlage der Evangelienharmonie als Evangelistar: Die Kapitel werden durch ihre ¨ Uberschriften bestimmten Tagen des Kirchenjahrs zugeordnet, an denen sie gelesen werden sollen. ¨ Uberlieferung: Breslau, UB, Cod. I F 85 (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., enth¨alt 106r–262v K.s OffbKomm. und 263v–326r die Evangelienharmonie). Ausgabe: Willi L¨udtke: Evangelientexte, bes. aus Harmonien. Hamburg 1965, S. 68–70 (Teildr.). – Vgl. auch H¨orner 2000 (s. Lit.). Literatur: Christoph Gerhardt, VL2 5 (1985) Sp. 351–353. – Roger Aubert, DHGE 29 (2007) 830

1. H¨alfte 15. Jh. Sp. 811. – Freimut L¨oser: Der Apokalypse-Komm. ¨ des G. K. und die Tradition dt.sprachiger Ubers. der Johannes-Apokalypse im MA. In: Editionsdesiderate zur Fr¨uhen Neuzeit. Beitr. zur Tagung der Kommission f¨ur die Edition von Texten der Fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. Hans-Gert Roloff mit Renate Meincke. Amsterdam u. a. 1997, S. 637–668. – Petra H¨orner: Zweistr¨angige Tradition der Evangelienharmonie: Harmonisierung durch den ‹Tatian› und Entharmonisierung durch G. K. u. a. Z¨urich 2000. MM Kurzmann, Andreas OCist, † vor 1431. – M¨onch im Zisterzienserstift Neuberg an der M¨urz/Steiermark; Verfasser religi¨oser Dichtungen in Reimpaarversen nach lat. Vorlagen. K. trat vor 1396 in das Kloster Neuberg ein und ist 1403 als Pfarrer in Spital am Semmering bezeugt. Sein Sterbejahr ist nicht bekannt, als terminus ante quem gilt 1431. K. nennt seinen Namen in seinen Werken durchwegs selbst. Seine Dichtungen sind ohne Ausnahme religi¨osen Inhalts, s¨udbair. Versbearbeitungen in Reimpaaren, die zumeist nicht weit von der lat. Vorlage abweichen; neben dem Verfassen folgender Dichtungen bet¨atigte K. sich auch als Schreiber: 1. Eine St. Alban-Legende (→ Albanus) von 923 Versen ist u¨ berliefert in Salzburg, UB, Cod. M I 138, 206r–224v (1443). Ausgabe: Morvay (s. Lit.) S. 92–116. 2. Amicus und Amelius (zum Inhalt vgl. → Amicus und Amelius), eine Freundschafts-Legende von 1165 Versen, enth¨alt Salzburg, UB, Cod. M I 138, 225r–248v (1443). 3. Das Werk De quodam moriente (111 Verse) geh¨ort zu den ars-moriendi-Gedichten. ¨ Uberlieferung: Salzburg, UB, Cod. M I 138, 249r–251r. ¨ Ausgabe: Joseph Ampferer: Uber den Mo¨ nch v. Salzburg (14. Progr. des k.k. Staats-Gymnasiums in Salzburg am Schlusse des Schuljahres 1864). Salzburg 1864, S. 31 f. 4. Mit ca. 8000 Versen ist das Speculum humanae salvationis («Spiegel der menschlichen Seligkeit») das umfangreichste und selbstst¨andigste von K.s Werken. ¨ Uberlieferung: Vorau, Stiftsbibl., Cod. 178, 194r–247v (15. Jh.). Ausgabe: Ausg. durch Peter Wiesinger in Vorbereitung, wird erscheinen in der Reihe TspMA. 831

Kurzmann 5. Das Soliloquium Mariae cum Iesu, ein Passionsdialog in 427 Versen, u¨ berliefert Graz, UB, Cod. 856, 197r–203v (15. Jh.). Ausgabe: Sch¨onbach 1874 (s. Lit.) S. 73–83. – Hedwig Heger (Hg.): Sp¨atMA, Humanismus, Reformation (Die dt. Lit. Texte und Zeugnisse II 1). Mu¨ nchen 1975, S. 3–9. Literatur: Karin Morvay, VL2 5 (1985) Sp. 469–471. – De Boor/Newald 4/1 (21994) ¨ S. 90. – Anton E. Sch¨onbach: Uber die Marienklagen. In: FS der k.k. Univ. in Graz zur Jahresfeier am 15. November 1874, S. 71–83. – Ders.: Mitt. ¨ aus altdt. Hss. Bd. 1: Uber A. K. (Sb. der Akad. der Wiss. zu Wien. Phil.-hist. Kl. 88). Wien 1877, S. 807–874. – Jules Lutz/Paul Perdrizet: Speculum humanae salvationis. Bd. 1. Mu¨ hlhausen u. a. 1907, S. 104 (Nr. 235). – Ludwig Gauby: A. K. Ein Beitr. zur Sprachgesch. des 15. Jh. (Jahresber. der ersten Staats-Realschule in Graz 41/42). Graz 1913/14. – Othmar Pickl: Zur a¨ lteren Gesch. des Klosters Neuberg. In: Zs. des Hist. Ver. f¨ur Steiermark 46 (1955) S. 125–149. – H. Rosenfeld: Eine neuentdeckte dt. Amicus- und Amelius-Verslegende des 13. Jh. In: PBB (T¨ub.) 90 (1968) S. 43–56, darin S. 43–46, 51. – Karin Morvay: Die Albanuslegende. ¨ Dt. Fassungen und ihre Beziehungen zur lat. Uberl. (Medium Aevum 32). M¨unchen 1977, S. 80–126. – Peter Wiesinger: Schreibung und Aussprache im a¨ lteren Fr¨uhnhd. Zum Verh¨altnis v. Graphem – Phonem – Phon am bair.-¨osterr. Bsp. v. A. K. um 1400 (Studia linguistica Germanica 42). Berlin u. a. 1996. – Ders.: Episches Erz¨ahlen im Speculum humanae salvationis des steirischen Dichterm¨onchs A. K. um 1400. In: FS Anton Schwob. Hg. v. Wernfried Hofmeister. Innsbruck 1997, S. 523–538. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. SF Mu¨ nchen 32000, S. 195. Regina cœli laetare (dt.). – Osterantiphon. R. v. l. geh¨ort zusammen mit Alma redemptoris mater, Ave regina coelorum und → Salve regina zu den großen marianischen Antiphonen. Der Verfasser ist nicht bekannt. «Regina coeli (caeli)» ist ein Ehrentitel anl¨asslich des Osterfestes; die Antiphon bringt die Teilhabe der himmlischen K¨onigin an der Herrlichkeit ihres Sohnes zum Ausdruck, am Schluss steht die Bitte um F¨ursprache Marias. Um 1200 ist erstmals der Text als MagnificatAntiphon der Ostervesper in einem r¨omischen Antiphonar u¨ berliefert. In einem ehemaligen Mainzer 832

Simon von Ruckersburg Prozessionale (um 1400) findet sich dazu der Tropus Frew dich, alle christenheit. Der lat. Text wurde ab dem 15. Jh. ins Dt. u¨ bertragen und zu mehrstrophigen Liedern erweitert; im Vordergrund stehen ¨ die zwei Ubersetzungen Kunigin des himels frew dich und Freuw dich du k¨unigin der himel, die zuerst als Gebete in Gebrauch waren. ¨ Uberlieferung: Wrocław (Breslau), UB, Hs. I Q 466, 39r (1417). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 25711, 100r/v (1452/54). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 462, 115r (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Mu¨ nster, Staatsarch., Altertumsverein Msc. 301, 69r (nach 1494). – Hannover, LB, Ms. I 74. – Dresden, Staatsarch., Loc. 10297, 11r–12v (15. Jh.). – Frankfurt, StUB, Ms. germ. oct. 45, 45r (1503) und Ms. germ. oct. 3, 61r (1508). – Stuttgart, LB, HB I 87, 114v (um 1520/25). Ausgaben: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 1. Leipzig 1864, Nr. 301. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum. Tl. 2. Louvain 1897, Nr. 17170. – Antiphonale monasticum pro diurnis horis. Paris u. a. 1934, S. 176, 179, 718. Literatur: Maria Melnicki u. a.: Antiphonen. In: Lex. der Marienkunde. Bd. 1. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Regensburg 1967, Sp. 276–283. – Johannes Janota, VL2 7 (1989) Sp. 1111 f. – Ders. u. a., MarLex 5 (1993) S. 435–437. – Edward Nowacki: Marianische Antiphonen. In: MGG2 1 (1994) Sp. 658 f. – Andreas Heinz/Wolfgang Bretschneider: Marianische Antiphonen. In: LThK3 6 (1997) Sp. 1357–1359. – Josef Kothe: Die dt. Osterlieder des MA. Diss. Breslau 1939. – Ernst A. Schuler: Die Musik der Osterfeiern, Osterspiele und Passionen des MA. Kassel u. a. 1951. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Joseph Gajard: Les plus belles m´elodies gr´egoriennes. Solesmes 1985, S. 260 f. SF Von der seligen Schererin. – Bericht u¨ ber Gnadenerlebnisse einer Basler oder Straßburger Begine bzw. «deo devota». Nach der Vision eines Menschen (der Schererin) in Todesnot, wendet sich die S. mit Zustimmung ihres Mannes dem innerfamili¨aren Leben als Begine zu. Zentrales Thema der Offenbarungen (eucharistische Erscheinungen und Auditionen, Kind-JesuVisionen), die in einem alltagsweltliche Rahmen stattfinden, ist die Idee der h¨aufigen Kommunion 833

1. H¨alfte 15. Jh. («minne trang»). Als Todesdatum der Begine wird 1409 angegeben. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 219r–237r (Straßburg, St. Nikolaus in undis, els¨assisch). Ausgabe: Schiewer 1996 (s. Lit.). Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 8 (1992) Sp. 1066–1068. – Ders.: Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191. In: ebd. 10 (1999), Sp. 1564–1569; 11 (2004) Sp. 1697. – Peter Browe: Die Eucharistie als Zaubermittel im MA. In: AfK 20 (1930) S. 134–154. – Brigitte Degler-Spengler: Die Beginen in Basel. In: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 69 (1969) S. 5–83; 70 (1970) S. 29–118; ; Alexander Patschovsky: Straßburger Beginenverfolgungen im 14. Jh. In: Dt. Arch. f¨ur Erforschung des MA 30 (1974) S. 57–198, bes. S. 108, 115 f. – H.-J. Schiewer: Auditionen und Visionen einer Begine. Die ‹Selige Schererin›, Johannes Mulberg und der BaslerBeginenstreit. In: Die Vermittlung geistlicher Inhalte im dt. MA. Internationales Symposium, Roscrea 1994. T¨ubingen 1996, S. 289–317. BJ Simon von Ruckersburg, Riegersburg/Steier¨ mark (?), † vor 8.7.1417. – Prediger und Ubersetzer aus dem Lat., sp¨ates 14./fr¨uhes 15. Jh. S. ist 1409–17 an St. Stephan in Wien als «echter» («octogenarius») bezeugt, d. h. als einer der acht Prister, welche die Seelsorge ausu¨ bten. Neben drei ¨ lat. Predigten sind von S. Ubersetzungen u¨ berliefert. Die ersten f¨unf sowie den Anfang des sechsten Buches der Moralia in Iob → Gregors des Großen u¨ bertrug S. im Auftrag Reinprechts II. von Walsee, Hauptmann des Landes ob der Enns, der auch Johannes → Bischoff und → Ulrich von Potten¨ ¨ stein zu Ubersetzungen anregte. Ferner sind Ubersetzungen des Johannes Chrysostomus (Quod nemo laeditur nisi a se ipso) und des ersten Viertels der Lectio 11 der Praelectiones in librum Sapientia des Robert Holcot u¨ berliefert. Zumindest die stark k¨urzende ¨ und bearbeitende Chrysostomus-Ubertragung ist ¨ dem Kreis der Ubersetzungsliteratur der sog. Wiener Schule zuzurechnen, welche die Vermittlung religi¨oser Literatur zur Belehrung und Erbauung zu bef¨orden suchte. ¨ Uberlieferung: Lat. Predigten: Graz, UB, Ms. 524, 73ra–98rb (Pap., 1412; ‹Passio domini nostri›, ‹Sermo de indulgentiis›, ‹Contra Johannem Grieszer hereticum conbustum›). – Melk, Stiftsbibl., 834

1. H¨alfte 15. Jh. Cod. 206, 106v–200r (nur ‹Sermo de indulgen¨ tiis›). – Ubersetzungen: Berlin, SBB, Mgf 1147 (Pap., um 1420/40, bair.-¨osterr.), 1ra–162vb (‹Moralia›), 197ra–211va (Chrysostomus), 211vb–213ra (Holcot). ¨ Teilausgabe: Vorreden zur Moralia-Ubers.: Honemann 1988 (s. Lit.) S. 158–160 (erste Vorrede), S. 271 f. (zweite Vorrede). Literatur: Volker Honemann, VL2 8 (1992) Sp. 1259 f.; 11 (2004) Sp. 1435. – De Boor/Newald 4,1 (21994) S. 105, 315. – Thomas Hohmann: Heinrichs v. Langenstein ‹Unterscheidung der Geister›. ¨ Lat. und dt. Texte und Unters. zu Ubers.-Lit. aus der Wiener Schule (MTU 63). M¨unchen 1977, S. 271 f. – V. Honemann: S. v. R. Lebensumst¨ande, ¨ lat. Schr. und Ubers. f¨ur Reinprecht II. v. Walsee. In: Die ma. Lit. in der Steiermark. Hg. v. Alfred Ebenbauer (Jb. f¨ur internationale Germanistik A,23). Bern u. a. 1988, S. 143–164. – V. Honemann/Gerhard Diehl: Vom Bibelkomm. zur Predigt: Robert Holcot und S. v. R. u¨ ber die Verderblichkeit der L¨uge. In: Fata libellorum. FS f¨ur Franzjosef Pensel. Hg. v. Rudolf Bentzinger (GAG 648). G¨oppingen 1999, S. 79–94. VZ Te Deum, marianische Bearbeitungen. – Umdichtungen des → T. D. auf Maria. Diese kamen unter verschiedenen Bezeichnungen (u. a. aureum T. d. laudamus in laudem beate virginis Marie, Canticum de beata virgine super T. d. laudamus) vor 1200 auf. Sie erscheinen meist in denselben Verwendungszusammenh¨angen wie das T. D. I. Lat. Texte. 1. Adaptationen. a) Ein lat. T. D. mariale ist aus dem ausgehenden 12. Jh. im Marienoffizium eines Seckauer Breviers und in Nordfrankreich u¨ berliefert: u. a. Graz, UB, Ms. 1244, 21v–22r (aus Seckau). – Darmstadt, UB/LB, Hs 1012, 38r-v. – St. Marienthal, Zisterzienserinnenabtei, Ms. F 5, 7v. Ausgaben: Mone (s. Lit.) Nr. 501. – Legg 1891 (s. Lit.) S. 38 f. b) Das T. D. mariale des Pseudo-Bonaventura bietet die einflussreichste marianische Bearbeitung des T. D. Man unterscheidet zwei Hauptversionen nach ihrem Umfang, wobei die l¨angere Fassung vor 1400, die k¨urzere nach der Mitte des 15. Jh. u¨ berliefert ist. H¨aufig begegnet die nachtr¨agliche Verbindung mit dem Psalterium maius BMV. L¨angere Version: Mu¨ nchen, BSB, Clm 28397, 13r-v (zweite H¨alfte 14. Jh.). – Freiburg i. Br., UB, 835

Te Deum, marianische Bearbeitungen Hs. 617, vor 64r (zweite H¨alfte 15. Jh; Druckabschrift?). – GW 4798, 41r–42v. – GW 4648, Bd. 2, 91rb-va. Abdrucke: Adolpho C. Peltier: Sancti Bonaventurae Opera omnia. Bd. 14. Paris 1868, S. 222 f. K¨urzere Version: in Brevieren des sp¨aten 15. und 16. Jh., → Hortuli animae, u. a. Darmstadt, UB/LB, Hs 521, 190vb–191ra (zweite H¨alfte 15. Jh.). Abdrucke: Cole (s. Lit.) S. LIX f. – Legg 1908 (s. Lit.) S. 393 f. – Kirsch 1964 (s. Lit.) S. 130–134. – Blackburn (s. Lit.) S. 69–72. c) Eine → Petrus Damiani zugeschriebene Adaptation des sp¨aten 14. oder des 15. Jh. weist Einsch¨ube und Variationen gegen¨uber dem Vorbild auf: Porto, Bibl. p´ublica municipal, Cod. 97, 44va-vb (1395). – Berlin, SBB, Mgo 190, 62r–65r. – Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms IV 421, 141 r–144r. – Wien, ¨ ONB, Cod. Ser. nova 12875, 94v–98r. Abdruck: Villanueva (s. Lit.) S. 108–110. d) Ein sich der Reimprosa n¨aherndes T. D. mariale im Gebetbuch des Z¨urcher B¨urgermeisters Felix Maness (1401–1436): Basel, UB, Cod. B X 41, 22v–24r. e) Marianische Adaptation des Marienoffiziums des → Albrecht von Bonstetten: GW 4920, a7v–a8r. f) Canticum [...] sub nota cantici T. D. laudamus im Cantionale des Basler Kart¨ausers Thomas Kreß (um 1517/18–1525). Dazu Labhardt (s. Lit.). 2. Marienpreisgedichte, die sich an das T. D. anlehnen, jedoch keine Umdichtungen darstellen. a) «Dictamen» u¨ ber die zw¨olf «privilegia» Marias des Trierer Kart¨ausers → Dominikus von Preußen. Ausgaben: Esser (s. Lit.) S. 357 f. – van Wely (s. Lit.) S. 26. – Salmen/Koepp (s. Lit.). b) Gedicht von 30 Strophen, u¨ berliefert in einer Handschrift des fr¨uhen 15. Jh. aus Pettau an der Drau. Ausgabe: AH 31 (1898) Nr. 210. ¨ II. Ubersetzungen ins Dt.: ¨ 1. Uberlieferung von Prosa¨ubertragungen ausschließlich seit dem 15. Jh. ¨ a) Altestes dt. T. D. mariale in Basel, UB, Inc. 35, 148v. Inc.: Dich gott loben wir, dich iunpfrowen Mariam veriechen wir. b) T. D. mariale des Pseudo-Bonaventura. Die ¨ Ubersetzung, von der eine l¨angere und eine k¨urzere Version existieren, beginnt meist mit Dich muoter gotes loben wir. L¨angere Version: u. a. Berlin, SBB, Mgo 106, 30r–37r. – Greifswald, UB, nd. Hs. 9, 180v–182v. – Leipzig, UB, Ms 672, 148v–153v. – Mu¨ nchen, BSB, 836

Te Deum, marianische Bearbeitungen Cgm 850, 35r–39v. – Ebd., Cgm 7315, 4v–5v. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 114263 b, 61r–70r. K¨urzere Version: Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 111, Tl. II, 218r–219v. – Ebd., Cod. St. Peter pap. 20, 27v–28v. – Ebd., Cod. St. Peter pap. 9, Tl. I, 18v–20r. – Ebd, Cod. Wonnenthal 12, 285r–286v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 857, Tl. II, 191v–193v. – N¨urnberg, StB, Cent. VII, 66, 54v–59v. c) Die lat. Adaptation I. 1. c) aus dem sp¨aten 14. oder 15. Jh. findet sich nach Mitte des 15. Jh. in westmitteldt., niederrheinischen und ndl. getrenn¨ ten Bearbeitungen, oft in Verbindung mit Ubersetzungen des Psalterium maius BMV. U. a. in Br¨ussel, Kgl. Bibl, ms. 11231–36, 344r–345v (ndl.). – Darmstadt, UB/LB, Hs. 1869, 199r–200v. – Hamburg, SUB, Cod. theol. 2058, 28r-v (ndl.). Abdrucke: de Flou/Gailliard (s. Lit.). – Stracke (s. Lit.). – van den Oudenrijn (s. Lit.) S. 207 f. ¨ d) Eine nd. Ubersetzung des lat. T. D. mariale I. 1. d) findet sich in Rostock, UB, Mss. theol. 38 (wahrscheinlich Hildesheim, um 1470), 46v–47v. e) Obd. Adaptation vermutlich in Anlehnung an die Pseudo-Bonaventura-Adaptation. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 8237, 103r-v. – Die Siben C¨urs zu Te¨utsch vom Jahr 1517 (VD 16, B 8111), 141v–143r. 2. Prosa- und Versu¨ bersetzungen des Canticum des Dominikus von Preußen. a) Eine dt. Reimpaarnachbildung in verschiedenen Versionen ist aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. u¨ berliefert. U. a. in Darmstadt, UB/LB, Hs. 1869, 197v–198v. – Mainz, StB, Hs I 322, 112v–113r. – N¨urnberg, StB, Cod. Will II, 19. 8°, Tl. I, 30v–34v. – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. GB f° 47, Tl. I, 66r. Ausgabe: Mone (s. Lit.) S. 231. b) Mindestens drei dt. und eine ndl. Prosau¨ bertragung des Canticum sind u¨ berliefert in Darmstadt, UB/LB, Hs 1903, 220v–223v. – ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 71 H 51. – M¨unchen, BSB, Cgm 856, 222v–224r. – Trier, StB, Hs. 825/1697 8°, 189r–191r. Abdruck: Kronenburg (s. Lit.) S. 444. Literatur: Gisela Kornrumpf, VL 11 (2004) Sp. 1495–1506. – Joaquin Lorenzo Villanueva: Viage literario a´ las iglesias des Espa˜na. Bd. 1. Madrid 1802, S. 108–110. – Philipp Max K¨orner (Hg.): Marianischer Liederkranz. Augsburg 1841, S. 238, 364–366. – Hermann Adalbert Daniel: Thesaurus hymnologicus. Bd. 2. Leipzig 1844, S. 293. – Franz 837

1. H¨alfte 15. Jh. Josef Mone: Lat. Hymnen des MA. Bd. 2. Freiburg i. Br. 1854, S. 229–231, 251 f. – Charles Augustus Cole (Hg.): Memorials of Henry the Fifth, King of England (Rerum Britannicarum medii aevi scriptores 11). London 1858, S. LIX f., LXI f., 164 f. – Joseph Kehrein: Die a¨ ltesten katholischen Gesangb¨ucher. Bd. 2. W¨urzburg 1860, Nr. 392. – Gallus Morel (Hg.): Lat. Hymnen des MA. Einsiedeln u. a. 1868, Nr. 183. – Friedrich Wilhelm Emil Roth (Hg.): Lat. Hymnen des MA. Augsburg 1887, Nr. 182. – John W. Legg: Some Imitations of the T. D. London 1891, S. 34–40. – Karel de Flou/Edward Gailliard: Beschrijving van mndl. en andere hss. [...]. Gent 1896, S. 22–24. – Thomas Esser: Beitr. zur Gesch. des Rosenkranzes [...]. In: Der Katholik 77 (1897) S. 346–360. – Hermann Siebert: Beitr. zur vorreformatorischen Heiligen- und Reliquienverehrung (Erl. und Erg. zu Janssens Gesch. des dt. Volkes VI,1). Freiburg i. Br. 1907, S. 29 f. – J. W. Legg (Hg.): The Second Recension of the Quignon Breviary. Bd. 1 (Henry Bradshaw Society 35 und 42). London 1908, S. 393 f. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Freiburg i. Br. 1909, S. 314 f. – Ders.: Gebetb¨ucher der zweiten H¨alfte des MA. In: Stimmen aus Maria Laach 77 (1909) S. 169–185. – Paul Lehmann: Die Parodie im MA. M¨unchen 1922. Stuttgart 21963, S. 2. – Maria Meertens: De Godsvrucht in de Nederlanden (Hist. Bibliotheek van Godsdienstwetenschappen 6). Leuven 1934. – Karl Menne: Dt. und ndl. Hss. (Mitt. aus dem Stadtarch. v. K¨oln, Sonderreihe X, 1). K¨oln 1937. – Desiderius A. Stracke: Een Maria-lofzang uit de Middeleuwen. In: Ons Geestelijk Erf 14 (1940) S. 203–207. – Maurice Frost: Adaptations of the ‹T. D. laudamus›. In: The Journal of Theological Studies 42 (1941) S. 195–198. – Ders.: Addendum. In: ebd. 43 (1942) S. 68. – Daniel van Wely: Het kransje der twaalf sterrem in de geschiedenis van de rozenkrans (Collectanea Franciscana Neerlandica 6,1). ’s-Hertogenbosch 1941, bes. S. 25 f. – Solange Corbin: Essai sur la musique religieuse portugaise au moyen aˆge (1100–1385) (Collection portugaise 8). Paris 1952, S. 351 f. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. I 4). M¨unchen 1952, S. 40–44. – Marc Antoine van den Oudenrijn: Eine armenische Fassung des ‹Te matrem›. In: Freiburger Zs. f¨ur Phil. und Theologie 1 (1954) S. 200–210. – Walter Salmen/Johannes Koepp (Hg.): Liederbuch der Anna 838

1. H¨alfte 15. Jh. v. K¨oln (Denkm¨aler rheinischer Musik 4). D¨usseldorf 1954, Nr. 62. – Jean Leclercq: Le plus ancien t´emoin connu du ‹Te matrem›. In: Ephemerides liturgicae 72 (1958) S. 292–294. – Heinz Kettering: Quellen und Stud. zur Essener Musikgesch. des Hohen MA (Beitr. zur Rheinischen Musikgesch. 17). Essen 1960, S. 19–21. – Fernand Combaluzier: Te Mariam laudamus. In: Ephemerides liturgicae 75 (1961) S. 354 f. – Jos´e Maria Canal: Otro antiguo testimonio del ‹Te matrem›. In: Ephemerides Mariologicae 13 (1963) S. 449–451. – Winfried Kirsch: Varianten und Fragm. des liturgischen T. D.-Textes in den mehrstimmigen Kompositionen des 15. und 16. Jh. In: Kirchenmusikalisches Jb. 48 (1964) S. 118–134. – Ders.: Die Quellen der mehrstimmigen Magnificat- und Te Deum-Vertonungen bis zur Mitte des 16. Jh. Tutzing 1966. – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel, Abt. B. Bd. 2. Basel 1966, S. 803 f. – Bonnie J. Blackburn: ‹Te Matrem Dei Laudamus›. A Study in the Musical Veneration of Mary. In: The Musical Quarterly 53 (1967) S. 53–76. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968, S. 217. – Karl Joseph Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke (Frankfurter Theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972, S. 19, 284. – Gabriele Maria Roschini: La Mariologia di S. Pietro Damiano. In: San P. D. nel IX centenario della morte. Bd. 1. Cesena 1972, S. 195–237. – Balduinus Distelbrink: Bonaventurae scripta authentica, dubia vel spuria critice recensita (Subsidia scientifica Franciscalia 5). Rom 1975, S. 172, Nr. 185. – Frank Labhardt: Das Cantionale des Kart¨ausers Thomas Kreß (Publ. der Schweizer Musikforschenden Ges. II, 20). Bern/ Stuttgart 1977, S. 161. – Karl Schlemmer: Gottesdienst und Fr¨ommigkeit in der Reichsstadt N¨urnberg am Vorabend der Reformation (Forschungen zur fr¨ankischen Kirchen- und Theologiegesch. 6). W¨urzburg 1980, S. 294–299, 540–542. – Franz Krautwurst: Zur Musikgesch. N¨urnbergs um 1500. In: Neues Musikwiss. Jb. 8 (1999) S. 93–106. – Tilo Brandis: Ma. dt. Hss. [...] In: Die Pr¨asenz des MA in seinen Hss. Hg. v. Hans-Jochen Schiewer/Karl Stackmann. Tu¨ bingen 2002, S. 303–335, hier S. 317. – Ike de Loos: Liturgy and Chant in the Northern Low Countries. In: Tijdschrift van de Koninklijke Vereniging voor Nederlandse muziek geschiedenis 53 (2003) S. 9–47. SF 839

Gegrußet ¨ sistu ane we Gegrußet ¨ sistu ane we. – Vor 1428 entstandenes anaphorisches Glossenlied u¨ ber das dt. Ave Maria. Die Dichtung besteht aus neun Strophen zu je vier Vagantenzeilen. Als Verfasser wurden Claus Bentz oder Heinrich → Laufenberg genannt, die Zuschreibung an einen der beiden ist jedoch nicht gesichert. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4997 (Kolmarer Liederhs.), 1v–2v (um 1460). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43p, 184r–185r (Mitte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 38, 208r–210r (erste H¨alfte 15. Jh.). – Straßburg, National- und UB, Cod. 1995, 110rv (1428). – Straßburg, StB, Cod. B 121, 74v. – Straßburg, StB, Cod. B 146, 215v (15. Jh.). Ausgaben: Karl Bartsch: ‹Die Erl¨osung› mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen. Quedlinburg 1858, S. 207. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 286–288. – K. Bartsch: Beitr. zur Quellenkunde der altdt. Lit. Straßburg 1886, S. 346–348. – Johannes Bolte: Georg Wickrams Werke. Bd. 2 (Bibl. des Literarischen Ver. in Stuttgart 223). T¨ubingen 1901, S. XLV–XLVII. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 2 (1979) Sp. 1136. – Peter Appelhans: Unters. zur sp¨atma. Mariendichtung. Heidelberg 1970, S. 44–46. – Christoph Petzsch: Die Kolmarer Liederhs. M¨unchen 1978, S. 170 f., 190 f. – B. Wachinger: Notizen zu den Liedern Heinrich Laufenbergs. FS Kurt Ruh. Hg. v. Dietrich Huschenbett u. a. T¨ubingen 1979. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 490. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Hss. aus cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae monacensis v,7). Wiesbaden 1996, S. 426. SF Das goldene Krongebet von zehn Freuden Mariens. – Dt. Mariengebet (Prosa), 15. Jh. Ausgehend vom obd. Sprachraum, erscheint der Text seit etwa 1420 in mehr als 60 dt. und ndl. Privatgebetb¨uchern. Bei der Abfolge der Gebet lassen sich drei Hauptfassungen und eine Bearbeitung unterscheiden: I. Die erste Gruppe umfasst neben dem a¨ ltesten Zeugen (um 1420) acht weitere bair. Handschriften und eine k¨olnische Handschrift. 840

Das goldene Krongebet von zehn Freuden Mariens ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod III.1. 8° 31, 195r–199r, um 1420 (gechront pett). – M¨unchen, BSB, Cgm 121, 262r–269r, um 1465 (chr¨ont gulden gepet). – ebd., Cgm 457, 360r–364v, um 1470. – Ferner (drittes Viertel 15./erstes Viertel 16. Jh.): Bamberg, SB, Msc. Lit. 184, 71r–84v. – Darmstadt, LB/UB, Hs. 644, 264r–272r (um 1525, K¨oln). – Dresden, LB, Mscr. M 289 (olim N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 158088), 157r–169v. – Ljubljana, Nationalbibl. und UB, Ms 224, 61v–64v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 136, 155r–123v. – Ebd., Cgm 857, 91r–94r. – Ebd., Cgm 5942, 31r–42v (Ende 15. Jh.). Teilabdruck: Briˇski, S. 28–30. II. Zu der um 1450 entstandenen Fassung mit dem Titel gulden kr¨ont pet bzw. gulden kron gebet (16. Jh.) geh¨oren elf schw¨abisch-alemannische und acht bair. Hss. sowie eine ostmitteldt. Hs. ¨ Uberlieferung: Dresden, LB, Mscr. M 180, 40r–42r (1452, bair.). – Heidelberg, UB, Cpg 639, 137r–141av (1459/60). – Ferner (zweite H¨alfte 15./erste H¨alfte 16. Jh.): Augsburg, UB, Cod. III.1 8° 38, 78r–91v. – Bamberg, SB, Msc. Lit. 176, 1r–13r. – Ebd., Msc. Lit. 185, 1r–19v. – Basel, UB, Cod. B XI 27, 94r–99r, 1489. – Berlin, BSB, Mgo 255, 58v–62v (schw¨abisch). – Budapest, UB, Cod. germ. 3, 65v–74r (ostmitteldt.). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 45, 97r–100r. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 96, 226r–232v. – Ebd., Cod. Licht. 105, 79r–89v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 462, 171v–176r. – Ebd., Cgm 848, 229r–234v. – Ebd., Cgm 4638, 291r–300v. – Mu¨ nchen, UB, 8°, Cod. ms. 266, 50r–59r. – Ebd., 8° Cod. ms. 267, 175r–187v (schw¨abisch). – Ebd., 8° Cod. ms. 273, 35rv (alemannisch). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 6805a, 37v–45v (alemannisch). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI G 18, 170r–177r (nordbair.). – Z¨urich, ZB, Cod. Rh. 186, 94r–101v. Abdrucke: Jakob Hubert Sch¨utz: Die Gesch. des Rosenkranzes unter Ber¨ucksichtigung der Rosenkranz-Geheimnisse und der Marien-Litaneien. Paderborn 1909, S. 176–178. – Ders. (Hg.): Summa mariana. Bd. 4. Paderborn 1921, S. 381–384, 391–393. III. Eine ebenfalls aus I hervorgegangene Fassung (sieben nd. und vier ripuarische Handschriften, je eine nordbair., ostmitteldt. und ndl. Handschrift) nimmt im Titel manchmal auf die begleitenden hundert Ave Maria Bezug. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., W 18, 189r–193r (Mitte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, 841

1. H¨alfte 15. Jh.

Cent. VII, 66, 59v–73v. – Ferner (zweite H¨alfte 15./erste H¨alfte 16. Jh.): Darmstadt, LB /UB, Hs 189, 50r–54r (ndl.). – Ebd., Hs 1908, 245v–152v (k¨olnisch). – G¨ottingen, SUB, Cod. 8° theol. 242 f (olim Privatbesitz), S. 201–210. – Hamburg, SUB, Cod. Convent. VI, 2r–11r. – K¨oln, Hist. Arch., W 52, 167r–173v. – Leipzig, UB, Cod. Rep. II. 20, 153ra–154ra. – Trier, Bistumsarch., Abt. 95 Hs. 555 (olim Hs. 3), 136v–142r. – Trier, StB, Hs. 825/1697 8°, 175v–182v. – Uppsala, UB, Cod. C 496, 95r–98v (nd.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 61. 14. Aug. in 8°, 181r–184r. – Ebd., Cod. Guelf. 1155 Helmst., 308v–312r. – Ebd., Cod. Guelf. 1025 Novi, 230r–232v. Sch¨utz, 1921 (s. o.), S. 549–551. IV. Eine wohl nach III vorgenommene Bearbeitung (elf ndl. und neun niederrheinische/k¨olnisch Hss., eine nd. und eine alemannische Hs.) gibt gegen¨uber dogmatischen Formeln der Darstellung der menschlichen Seite des Geschehens den Vorzug. ¨ Uberlieferung: Berlin, BSB, Mgo 326, 111r–126r. – Ebd., Mgo 585, 189v–193r (beide 15. Jh., niederrheinisch). – Darmstadt, LB/UB, Hs 1944, 266r–170v (um 1480, k¨olnisch). – K¨oln, Hist. Arch., W 23, 174v–182v. – Ebd., W 16° 39, 78r–85r (15. Jh., beide ndl.). – Ebd., W 12° 68, 35r–50v (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ferner (Ende 15./16. Jh.): Berlin, BSB, Mgo 396, 121v–125r (nd.). – Br¨ugge, Kabinet Houtart, Hs. 4, 119v–126v. – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Hs. 11231–36, 338r–343v. – Darmstadt, LB/UB, Hs 193, 203r–208v (ndl.). – Ebd., Hs 237, 42r–46r. – Ebd., Hs 247, 299r–239v. – Ebd., Hs 968, 142r–160v. – Ebd., Hs 1884, 1v–6v (jeweils k¨olnisch). – Ebd., Hs 1888, 219v–225r. – Ebd., Hs 1938, 244v–259r (beide ndl.). – Gent, UB, Hs 668, 51v–56v, 86r–88v. – Haarlem, Bisch. Museum, Hs 102, 150 97 (heute in Utrecht, UB), 224v–238r. – Hs 102, 150v–163v. – Karlsruhe, LB, Cod. Licht. 92, 181r–190v (alemannisch). – K¨oln, Hist. Arch., GB 8° 17, 201r–208v. – Leiden, UB, Cod. Letterk. 325, 304v–311v. Abdruck: D. A. Stracke: De vreugden van Maria. ln: Ons Geestelijk Erf 26 (1952) S. 7–22, hier S. 14–19. – Luc Indestege (Hg.): Een Diets Gebedenboek uit het begin der zestiende eeuw. Gent 1961, S. 239–242. Bei allen Fassungen ist in mehreren Handschriften dem eigentlichen Gebet eine Einleitung mit einem a¨ tiologischen Exempel vorangestellt, nach dem es der Engel Gabriel in einer Vision einer 842

1. H¨alfte 15. Jh. Nonne u¨ bermittelt habe. Die dreißig Tage lang zu verrichtende Andacht selbst besteht aus Erinnerungen an zehn Freuden Mariens. Jeder der in Bittgebete u¨ bergehenden Ermahnungen folgen zehn Ave Maria. Vom Krongebet, dem im Aufbau eng ein 1426 von → Johannes von Indersdorf f¨ur Elisabeth Ebran geschaffenes Mariengebet verwandt ist, gibt es zwei Kurzfassungen (Mu¨ nchen, Cgm 150, 51v–52r und 218r–221r, 1616). Es wirkt auch in den → Sieben Freuden Mariens fort. Literatur: Hardo Hilg, VL2 11 (2004) Sp. 545–548. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (Mu¨ nchener theologische Studien 1,4). Mu¨ nchen 1952. – Fritz Tschirch: Maria und die Rundzahl 100. In: Ders.: Spiegelungen. Untersuchungen vom Grenzrain zwischen Germanistik und Theologie. Berlin 1966, S. 226–244. – H. Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen (MTU 75). Mu¨ nchen 1981, S. 428, Nr. 72. – Rolf Bergmann, unter Mitarbeit v. Eva P. Diedrichs und Christoph Treutwein: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA. M¨unchen 1986, S. 486. – Gerhard Achten: Das christliche Gebetbuch im MA. Berlin 21987, S. 38 f. – Marija Javor Briˇski: Geistesgeschichtliche und literarhist. Aspekte eines sp¨atma. Privatgebetsbuches der National- und Universit¨atsbibl. v. Ljubljana. In: Acta Neophilologica 31 (1998) S. 3–33, bes. S. 6–17, 28–30. – Christine Kupper: Hss. f¨ur das private Gebet. In: Spiegel der Seligkeit. Privates Bild und Fr¨ommigkeit im Sp¨atMA (Ausstellungskat. des Germ. Nationalmuseum, N¨urnberg). Hg. v. Frank Matthias Kammel. N¨urnberg 2000, S. 117–130. BJ O du uzvliezender brunne. – Gruppe selbstst¨andiger monologischer, eng mit den Marienklagen verwandter Kurzformen, die die «Worte» oder «Rufe» Marias unter dem Kreuz enthalten. Die Texte sind in dt. und ndl. Handschriften des 15. und 16. Jh. u¨ berliefert. I. Worte. Inc. «o (du) (uz)vlizender brunne der ewicheit, wie bistu (nu) (so gar) versigen». Maria spricht analog zu den sieben Worten Christi am Kreuz eine anaphorische Reihe von sieben «Worten»; darin sind jeweils ein Ehrentitel und eine anschließende Klage enthalten. Abdruck: Eis 1962 (s. Lit.). 843

O du uzvliezender brunne Eine Variante dieser Grundform verwendet die Ansprache «o du munt der warheit» und ist so auf acht «Worte» erweitert; zus¨atzlich finden sich bei diesem Typ auch ein Anhang von ein bis drei F¨urbitten, er ist h¨aufig als Passionsgebet in hochdt. und nd. «Seeleng¨artlein»-Drucken (→ Hortulus animae) oder als Ablaßgebet u¨ berliefert. II. Rufe. Inc. «o we eingebornez kint, troest din einige muoter». Auf drei, manchmal auch sechs «Rufe» folgen drei Bitten an Maria als F¨urbitterin. In dt. Gebetbuchhandschriften finden sich h¨aufig Exemplare einer weiteren Gruppe dieser Kleinformen mit dem Inc. «o laid und klag wer das im herczen tragen mag». ¨ Uberlieferung: Eine Zusammenfassung der ¨ Uberl. findet sich bei Bergmann (s. Lit.) und bei Meertens (s. Lit.) S. 179. U. a. sind u¨ berl.: Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 938, 100r–101r (um 1440–1450, mittelbair.). – Innsbruck, ULB, Cod. 1163, 49r (1505, schw¨abisch-alemannisch). – Mainz, StB, Hs. I 322 (fr¨uher Karth. 570), 188r-v (drittes Viertel 15. Jh., rheinfr¨ankisch). – Schaffhausen, StB, Cod. Gen. 15, S. 76 (15. Jh.). – Ebd., Cod. Gen. 21, Bl. 103v–105r (Anfang 16. Jh., bair.). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 6 (1987) Sp. 1269–1272. – Elke Bayer, MarLex 4 (1992) 657 f. – Maria Meertens: De godsvrucht in de Nederlanden. Bd. 6. Leuven 1934. – Kurt Ruh: Der Passionstraktat des Heinrich v. St. Gallen. Thayngen 1940. – Gerd Seewald: Die Marienklage im ma. Schrifttum und in den germ. Literaturen des MA. Diss. masch. Hamburg 1952, S. 40’. – Gerhard Eis, in: FS Franz Rolf Schr¨oder. Hg. v. Wolfdietrich Rasch. Heidelberg 1959, S. 189 f. Wieder in: Ders.: Altgermanistische Beitr. zur geistl. Gebrauchslit. Aufs¨atze, Fragmentfunde, Miszellen. Bern u. a. 1974, S. 336 f. – Ders.: Ein mystisches Reimgebet aus dem 14. Jh. In: Neuphilol. Mitt. 63 (1962) S. 148–154. – Ders.: Mitt. aus altdt. Hss. aus den Sudetengebieten. In: Stifter-Jb. 8 (1964) S. 161–194, hier S. 170–172. – Albert Viktor Schelb: Die Handschriftengruppe ‹Do der minnenklich got›. Ein Beitrag zur sp¨atma. Passionslit. Diss. Freiburg i. Br. 1972, bes. S. 63 f. – Rolf Bergmann, unter Mitarbeit v. Eva P. Diedrichs und Christoph Treutwein: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA. M¨unchen 1986, S. 479–489. – Walter Neuhauser: Neuerwerbungen: Innsbruck, UB, Cod. 1163. In: Codices manuscripti 2 (1976), S. 93–96. – R. Bergmann: Kat. 844

Visio Fursei der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayer. Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, S. 479–489. – Rudolf Gamper/Susan Marti: Kat. der ma. Hss. der StB Schaffhausen. Dietikon/Z¨urich 1998, S. 105 f. – Gerhard List: Die Hss. der StB Mainz. Bd. 3: Hs I 251 – Hs I 350. Wiesbaden 2006, S. 264–275. SF Marienleben Es sprichet sant Iheronimus. – Mit 384 Bll. sehr umfangreiches selbstst¨andiges dt. Marienleben in Prosa. Das Werk setzt sich aus epischen Partien, erz¨ahlt nach der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine), der → Vita beatae virginis Mariae et salvatoris rhythmica, dem Pseudo-Matth¨aus-Evangelium und anderen Quellen, aus mariologischen Darlegungen verschiedener Kirchenv¨ater und Theologen (u. a. → Anselm von Canterbury, Aelred von Rievaulx, Pseudo-Hieronymus-Brief Cogitis me) und und aus mystischen Visionsberichten, etwa durch → Mechthild von Hackeborn, in Form von zahlreichen Exzerpten zusammen. ¨ Uberlieferung: Freiburg i. Br., UB, Hs. 192 (Pap., nicht n¨aher bekanntes oberrheinisches Frauenkloster, um 1430–1432). Bisher nicht ver¨offentlicht. Literatur: Hardo Hilg, VL2 6 (1987) Sp. 12 f. – Achim Masser: Dt. Marienleben des MA. In: MarLex 4 (1992) S. 49–51. – H. Hilg: Das ‹M.› des Heinrich v. St. Gallen (MTU 75). M¨unchen 1981, S. 398 f. – Winfried Hagenmaier: Die dt. ma. Hss. und die ma. Hss. anderer o¨ ffentlicher Slg. in Freiburg i. Br. und Umgebung (Kat. der UB Freiburg i. Br. 1,4). Wiesbaden 1988, S. 40. SF Visio Fursei. – Lat. Legende aus dem 7. Jh., dt. Fassung Anfang 15. Jh. Die lat. Vita S. Fursei (BHL Bd. 2 [1901] Sp. 3209 f.) wurde vermutlich um 656/57 von einem Schottenm¨onch in Gallien verfasst. Im Zentrum der Vita stehen die Jenseitsvisionen des irischen Wanderpredigers und Klostergr¨unders Furseus (Fursa), der um 620–640 in Irland und S¨udengland wirkte und in P´eronne starb. In einer ersten Vision wird die Seele F.’ in das Reich der Engel gef¨uhrt, die zweite, ausf¨uhrlichere berichtet von seiner Begegnung mit den drei Schutzengeln, die mit den D¨amonen streiten (→ Muspilli) und ihm Unvollkommenheit vorwerfen. F. blickt auf die 845

1. H¨alfte 15. Jh. vier Feuer, die den Weltbrand ausl¨osen (Falschheit, Habsucht, Zwietracht, Ungerechtigkeit) und trifft im Himmel auf irische Bisch¨ofe. Rezipiert wurde die V. F. von → Beda Venerabilis, dessen Historia ecclesiastica gentis Anglorum (Buch III, Kap. 19) eine k¨urzende Fassung mit Akzentuierung der Feuervision enth¨alt. Davon unabh¨angig enth¨alt das Speculum historiale (Buch XXIII, Kap. 81–83) des → Vinzenz von Beauvais eine weitere Kurzfassung. Rezeptionsgeschichtlich am bedeutsamsten ist eine dritte Kurzfassung in den Legenda aurea (Kap. CXLIV) des → Jacobus a Voragine (BHL Bd. 1 [1898] Sp. 3217). Angaben zur Vita und zum Kult des F. werden hier ausgespart und stattdessen nur eine zweiteilige Zusammenfassung des zweiten Visionsberichtes geboten. Auch fand ein lat. FurseusExempel als Warnung vor Habsucht Verbreitung, das ein Detail der zweiten Vision enth¨alt: F. nimmt im Jenseits als Geschenk eines S¨unders einen Mantel an und tr¨agt Brandmale an Kinn und Schulter davon (u. a. im Alphabetum narrationem → Arnolds von L¨uttich und im Promptuarium exemplorum des Johannes → Herolt; vgl. Frederic C. Tubach: Index exemplorum. A handbook of medieval religious tales [Folklore Fellows communications 204]. Helsinki 1969, Nr. 2152/2229). Wohl in die erste H¨alfte des 15. Jh. ist die dt. ¨ Ubersetzung der Legenda aurea-Fassung zu datieren. Da schon die a¨ ltesten Textzeugen die dt. V. F. zusammen mit Redaktion C des → Tundalus und der ¨ Ubertragung einer Visionserz¨ahlung aus den Revelationes der → Birgitta von Schweden u¨ berliefern ist eine gemeinsame Entstehung dieser Textgruppe wahrscheinlich. Dt. und ndl. Fassungen der Legenda aurea-Version der V. F. sind zudem in den wichtigen deutschsprachigen Prosalegendaren enthalten wie Der → Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung der dt. Fassung: Augsburg, F¨urstliches und Gr¨afliches Fuggersches Familienund Stiftungs-Arch., V N 174, 76va–78va (Pap., 15. Jh., oberfr¨ankisch). – Berlin, SBB, Hdschr. 411 (vormals Privatbesitz Antiquariat G¨unther, Hamburg, Ms. 30; davor Privatbesitz Robert Blass, Z¨urich, Hs. Nr. 7a), 14ra–15ra (Pap., 1475, bair.o¨ sterr.). – Ebd., Mgq 74, 142r–143v (Pap., 15.Jh., els¨assisch). – Ebd., Mgo 664, 87r–94v, (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Dresden, LB, Mscr. M 180, 16r–18v (Pap., 1450/52 [Nachtr¨age letztes Viertel 15. Jh.], ostschw¨abisch). – London, British Library, Ms. Add. 10287, 104r–106r (Perg., 15. Jh., mndl.). – Mainz, StB, Hs. II 283, 846

1. H¨alfte 15. Jh. 240v–245v (Pap., 15. Jh., ostfr¨ankisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 458, 271r–274r (Pap., um 1482, nordbair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XI.C.9, 83va–85rb (Pap., 15. Jh., egerl¨andisch [?]). – Providence (Rhode Island), Brown University, Ms. German Codex 1, 97vb–99rb (Pap., 1410, ostfr¨ankisch und schw¨abisch). – Straßburg, National- und UB, ms. 2267 (vormals L germ. 308), 16r–17r (Pap., 15. Jh.). – Druck als Anhang zu den Dialogen ¨ Papst Gregors in der Ubers. des → Johannes v. Speyer: Augsburg: Johann B¨amler 1473/76 (GW 11405/11406). Ausgaben: Lat. Vita: Acta Sanctorum Ianuarius II (Antwerpen 1643) S. 36–40. – Bruno Krusch, MGH SS rer. Merov. IV (1902) S. 434–440 (ohne Visionsber.). – Ciccarese 1984/85 (s. Lit.) S. 279–303. – Maria Pia Ciccarese: Visioni dell’aldil`a in Occidente. Fonti, modelli, testi (Biblioteca patristica 8). Florenz 1987 (Nachdr. Bologna 2003) S. 184–230. – Ma. Visionslit. Eine Anthologie. Ausgew., u¨ bers., eingel. und komm. v. Peter Dinzelbacher. Darmstadt 1989, S. 44–49 ¨ (Teilabdr. nach Ciccarese mit dt. Ubers.). – Carozzi 1994 (s. Lit.) S. 677–692. – Dt. Fassung: Otto Mausser: Eine Fahrt durch die Reiche des Jenseits (Himmel – Fegfeuer – H¨olle). Unbekannte dt. JenseitsVisionen. In: Walhalla 6 (1910) S. 200–271, hier S. 258–261. Literatur: Lieselotte Sch¨utz, LCI 6 (1974) Sp. 338 (Furseus). – Otto Wimmer/Hartmann Melzer: Lex. der Namen und Heiligen. Innsbruck u. a. 61988, S. 301 f. (Fursa). – Georg Gresser, LThK3 4 (1995) Sp. 244. – Nigel F. Palmer, VL2 10 (1999) Sp. 402–404. – B. Krusch, in: MGH SS rer. Merov. IV (1902) S. 423–440; VII/2 (1919) S. 837–842. – Carl Fritzsche: Die lat.Visionen des MA bis zur Mitte des 12. Jh. Ein Beitr. zur Culturgesch. In: Romanische Forschungen 2 (1885) S. 247–279, hier S. 268 f. – Georg Gr¨utzmacher: DieViten des hl. Furseus. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 19 (1898) S. 190–196. – Ingo Reiffenstein: Das ahd. ‹Muspilli› und dieVita des Hl. Furseus v. P´eronne. Zwei Visionen des Fr¨uhMA. In: S¨udostdt. Arch. 1 (1958) S. 66–104. – Peter Dinzelbacher: Vision und Visionslit. im MA (Monographien zur Gesch. des MA 23). Stuttgart 1981, S. 13 f., 172 f., 216. – N. F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen 1982, S. 414 f. – M. P. Ciccarese: Le visioni di S. Fursa. In: Romanobarbarica 8 (1984/85) 847

Johann von Frankfurt S. 231–303. – Michael Lapidge/Richard Sharpe: A bibliography of Celtic-Latin literature. 400–1200 (Royal Irish Academy Dictionary of medieval Latin from Celtic sources. Ancillary publications 1). Dublin 1985, Nr. 384. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 413. – Claude Carozzi: Le voyage de l’ˆame dans l’Au-del`a d’apr`es la litterature latine. (Ve–XIIIe si`ecle) (Collection de l’Ecole Fran¸caise de Rome 189). Rom 1994, S. 99–138. VZ Johann von Frankfurt (Lagenator, J. de Franckfordia, Francfordiensis), Dieburg, † 13.5.1440 Heidelberg. – Festredner, Prediger und Verfasser theologischer Werke. J. kam 1401 als Magister artium von Paris an die Universit¨at Heidelberg, war dort in den Jahren 1406, 1416 und 1428/29 Rektor; seit 1413 ist er als Kanonikus und Universit¨atsprediger am Heiliggeiststift bezeugt. Er begr¨ußte als Sprecher des Kurf¨ursten Ludwig III. von der Pfalz 1420 in Frankreich den K¨onig von England, lebte 1427 nach der R¨uckkehr von einer Pilgerreise ins Hl. Land in Venedig, war dann als «Hof-Theologe» Ludwigs III. t¨atig, 1425 und 1429 als Inquisitor an Prozessen beteiligt. In einer Quaestio disputata von 1412 befasste sich J. kritisch mit dem Aberglauben und dem beginnenden Hexenwahn (Utrum potestas coercendi daemones), eine Quaestio von 1421 behandelt di8e Heiligenverehrung (Utrum sancti [...] possint intercessionibus nostris invocari), um 1414 entstand ein Traktat u¨ ber die g¨ottliche Vorsehung (De providentia et praescientia Dei). Ludwig III. sind eine 1421 entstandene Widerlegung der «vier Artikel» der hussitischen Utraquisten (Tractatus contra Hussitas) und ein theologisch argumentierender Traktat gegen die Juden (Concordantiae contra Judaeos) gewidmet. De contractibus ist ein Beitrag zur Wirtschaftsethik, Contra scabinos occulti judicii Feymeros appellatos wendet sich gegen Missbr¨auche der Femejustiz. Mo¨ glicherweise handelt es sich bei dem Lagenator um den Verfasser eines aszetisch-mystischer Traktats mit dem Titel → Der Frankfurter oder Theologia dt.. Literatur: Rudolf Haubst, NDB 10 (1974) S. 549 f. – Ders., VL2 4 (1983) Sp. 599–603. – Uwe Neddermeyer: Johannes de Francfordia. In: LThK3 848

Kreuzesholzlegende 5 (1996) Sp. 906 f. – Gerhard Ritter: Die Heidelberger Univ. Ein St¨uck dt. Gesch. Bd. 1. Heidelberg 1936. 21986, S. 339–347 u. o¨ . – Nikolaus Adler: Des Magister Johannes v. F. Beschreibung seiner Pal¨astinafahrt mit dem Pfalzgrafen Ludwig III. 1426/27. In: Das Heilige Land 86 (1954) S. 1–10; 90 (1958) S. 68–76. – R. Haubst: Johannes v. Franckfurt als der mutmaßliche Verfasser von ‹Eyn deutsch Theologia›. In: Scholastik 33 (1958) S. 375–398. – Hermann Heimpel (Hg.): Drei Inquisitionsverfahren aus dem Jahr 1425. Akten der Prozesse gegen den dt. Hussiten Johannes Dr¨andorf und Peter Turnau sowie gegen Dr¨andorfs Diener Martin Borchard. G¨ottingen 1969. – R. Haubst: Welcher ‹Frankfurter› schrieb die ‹Theologia dt.›? In: Theologie und Philosophie 48 (1973) S. 218–239; 49 (1974) S. 264–266. – Fritz Hoffmann: Ein Traktat des Johannes de Frankfordia u¨ ber die Vorsehung und das Vorherwissen Gottes. In: Recherches de Th´eologie Ancienne et M´edi´evale 42 (1974) S. 224–242. SF Kreuzesholzlegende. Grundlage der zahlreichen Fassungen der weit verbreiteten K. ist die Vorstellung vom Kreuz als Paradies- oder Lebensbaum. Der Legende nach ist das Kreuz Christi aus dem Holz jenes Baumes gemacht, der aus den aus dem Paradies stammenden Samenk¨ornern entstand, die Seth seinem Vater Adam ins Grab mitgab. Neben selbstst¨andigen Versionen sind K.n als Teil von Adams-Legenden oder als Vorspann von Kreuzauffindungslegen (vgl. u. a. Legenda aurea des → Jacobus a Voragine) u¨ berliefert. – Vgl. auch → Adam und Eva, → Adambuch, → Befreiung der Altv¨ater, → Heinrich von Freiberg, → Helwig (von Waldirstet), → Von dem Holze des hl. Kreuzes, → Lutwin, → Sibyllenweissagungen, → S¨undenfall und Erl¨osung, → Vitae Adae et Evae. ¨ Uberlieferung: Augsburg, StB, 2° Cod 438, 261va–264vb (1412, schw¨abisch; Prosa). – Cuyk, Kreuzherrenkloster St. Agatha, Cod. C 10, 2r–3v (‹Do god Adam hadde geschapen›; 1473, mnd.). – Darmstadt, ULB, Hs. 1848, 190v–197v (‹Na dem dat Adam›). – G¨ottingen, SUB, 4° Cod. Ms. theol. 285, 84rb–87vb (‹Da unser altvater Adam›; Pap., etwa 1450–75. – Hildesheim, Stadtarch., Best. 52 Nr. 372 (fr¨uher HM 372)/Privatbesitz Stiftung Theobald, Hamburg (verschollen), 1r–2v (‹Do Adam dorch syner sunde willen›, Schluss verloren; Pap., Ende 15. Jh., mnd.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1602 (245; E 37), S. 220–223 (‹Do Adam was neun hundert 849

1. H¨alfte 15. Jh. und xxxii jar›; 1450–1500). – Vgl. auch Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, Reg. S. 429. Ausgabe: Miller 2004 (s. Lit.). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 371 f.; 11 (2004) Sp. 894. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 448 f., 467, 468–470. – Adolfo Mussafia: Sulla leggenda dal legno dalla Croce. Wien 1870. – Legends of the Holy Rood. Symbols of the Passion and Cross-Poems. In Old English of the Eleventh, Fourteenth and Fifteenth Centuries. Hg. v. Richard Morris. London 1871. Nachdr. Millwood 1990. – Wilhelm Meyer: Die Gesch. des Kreuzholzes vor Christus (Abh. der Bayerischen Akad. der Wiss., phil.-philol. Kl. 16,2). Mu¨ nchen 1882, S. 101–166. – Hans Vollmer: Ein dt. Adambuch. Nach einer ungedruckten Hs. der Hamburger Stadtbibl. aus dem XV. Jh. Hamburg 1908. – Arthur C. Dunstan: The Middle High German ‹Adam und Eva› by Lutwin and the Latin ‹Vita Adae et Evae›. In: Modern Language Review 24 (1929) S. 191–199. – John H. Mozley: The ‹Vita Adae›. In: Journal of Theological Studies 30 (1929) S. 121–149. – Ders.: A New Text of the Story of the Cross. In: Journal of Theological Studies 31 (1930) S. 113–127. – S. Harrison Thomson: A Fifth Recension of the Latin Vita Adae et Evae. In: Studi Medievali NS 6 (1933) S. 271–278. – Gerhard Eis: Beitr. zur mhd. Legende und Mystik. Unters. und Texte. Berlin 1935. Nachdr. Nendeln 1967. – Hanns Fischer: Hans Folz. Altes und Neues zur Gesch. seines Lebens und seiner Schr. In: ZfdA 95 (1966) S. 212–236. – Achim Masser: Bibel, Apokryphen und Legenden. Geburt und Kindheit Jesu in der religi¨osen Epik des dt. MA. Berlin 1969. – Brian Murdoch: Das dt. Adambuch und die Adamlegenden des MA. In: Dt. Lit. des sp¨aten MA. Hamburger Colloquium 1973. Hg. v. Wolfgang Harms/Leslie P. Johnson. Berlin 1975, S. 209–224. – Eckehard Simon: Four Unpublished Meisterlieder on the Legend of Adam’s Death and the Holy Rood. In: Journal of English and Germanic Philology 75 (1976) S. 209–226. – B. Murdoch: Hans Folz and the Adam-Legends. Texts and Studies. Amsterdam 1977 (mit ausf¨uhrlichem Literaturverz.). – M. E. B. Halford: The Apocryphal Vita Adae et Evae. Some Comments on the Manuscript Tradition. In: Neuphilol. Mitt. 82 (1981) S. 412–427; 83 (1982) S. 222. – Jan Goossens: Die 850

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Reime in den mnd. Ubertragungen der mnl. versifizierten K. In: Die sp¨atma. Rezeption niederl¨andischer Lit. im dt. Sprachgebiet. Hg. v. Rita Schlusemann/Paul W. M. Wackers. Amsterdam 1997, S. 65–78. – Bob Miller: Eine dt. Vers¨ubers. der lat. ‹Vita Adae et Evae› in der ‹Weltchronik› Heinrichs v. Mu¨ nchen. In: Stud. zur ‹Weltchronik› Heinrichs v. Mu¨ nchen 1. Hg. v. Horst Brunner. Wiesbaden 1998, S. 240–332. – Jean-Pierre Pettorelli: La Vie ´ Analyse de la Tradition MaLatine D’Adam et Eve. nuscrite. In: Apocrypha 10 (1999) S. 195–296. – Martin Baˇzil: Zu der Heinrich v. Freiberg zugeschriebenen Kreuzholzlegende. In: Dt. Lit. des MA in B¨ohmen und u¨ ber B¨ohmen. Vortr¨age der internationalen Tagung veranstaltet vom Institut f¨ur Germanistik der P¨adagogischen Fakult¨at der ˇ e Budejovice, Cesk´ ˇ e S¨udb¨ohmischen Univ. Cesk´ Budejovice, 8. bis 11. Sept. 1999. Hg. v. Dominique Fliegler/V´aclav Bok. Wien 2001, S. 47–61. – B. Miller: F¨unf dt. Prosafassungen der Kreuzholzlegende ‹Post peccatum Adae›. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel im deutschsprachigen MA› vom 4. bis 6. Sept. 2000 (Vestigia Bibliae 24/25). Hg. v. Ralf Plate u. a. Bern 2004, S. 289–342. – Petra H¨orner: Satisfaktionslehre in der K., im Streit der vier T¨ochter und in der Rezeption des ‹Compendium Anticlaudiani›. In: Theologie und Philosophie 83 (2008) S. 32–55. BJ Lustlicher ¨ Wurzgarten. ¨ – Oberfr¨ankischer oder ostmitteldt. Traktat, Anfang 15. Jh. Der Gang durch den Garten erbringt Betrachtungen des Lebens und Leidens Jesu und zeigt den Weg der Seele zu Gott auf. Der zweite Teil des Traktats befasst sich mit dem Schloss der ewigen Seligkeit und mit der himmlischen Hofhaltung. Eine reiche Auswahl von Blumen, Kr¨autern, B¨aumen und V¨ogeln wird religi¨os-allegorisch gedeutet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 515, 1r–109r (Pap., Mitte 15. Jh., rheinfr¨ankisch). Ausgaben (nur Exzerpte): Wolfgang Stammler: Prosa der dt. Gotik. Eine Stilgesch. in Texten (Literaturhist. Bibl. 7). Berlin 1933, S. 56–58. – Ders. (Hg.): Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA (Germanistische B¨ucherei 1). Mu¨ nchen 1948, S. 188. – Schmidt (s. Lit.) passim. – Schmidtke 1982 (s. Lit.) S. 454–460. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 1085 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 331. – Kurt Schmidt: Der L¨ustliche W¨urtzgarte. Ein Beitr. 851

Lustlicher ¨ Wurzgarten ¨ zur Gesch. der dt. Mystik im Sp¨atMA. Wildenfels i. Sa. [1931]. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Hart, warr nich m¨oo¨ d. FS Christian Boeck. Hg. v. Gustav Hoffman/Gustav J¨urgensen. Hamburg-Wellingsb¨uttel 1960, S. 260–269 (wieder in: Ders.: Wort und Bild. Berlin 1962, S. 106–116, bes. S. 109. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 24, 125–130, 210, 314, 407 f. u. o¨ . (Reg.). BJ Sintram, Johannes (de Herbipoli) OFM, * um 1380 W¨urzburg, † 1450 Wu¨ rzburg. – Lektor, Prediger. S. trat vermutlich um die Jahrhundertwende in das Minoritenkloster in W¨urzburg und studierte an den Studienzentren der obd. Franziskanerprovinz sowie in Oxford. Seit 1415 war er Lesemeister in verschiedenen obd. Franziskanerkl¨ostern. Seit den 1420er Jahren ist er wieder in W¨urzburg bezeugt, als Lektor und sp¨ater als Guardian. S. legte eine große Sammlung von handschriftlichen, zum Teil selbst verfassten Predigtmaterialien an. Die lat. Predigthandschriften enthalten Jahrg¨ange bekannter Prediger, eigenst¨andige Zusammenstellungen bekannter und unbekannter Prediger sowie Sammlungen, die aus der eigenen Praxis hervorgegangen waren. Mehrere Handschriften wurden von S. mit dt. Glossen, Randbemerkungen und Strukturschemata versehen. Zahlreiche von ihm selbst verfasste dt. Predigtverse trug S. – manchmal in mehreren Fassungen – auf den R¨andern seiner Handschriften ein. ¨ Uberlieferung: Hss. mit dt. Texten und Eintr¨agen von S.: Amiens, Bibl. Municipale, Fonds Lescalopier cod. 37 (1672, H). – Berlin, SBB, Mgq 559 (B1). – Leeds, University Library, Brotherton Collection, cod. 102 (O). – London, British Library, MS Add. 44055 (R). – Mu¨ nchen, BSB, Clm 28845 (fr¨uher Bayerisches Nationalmuseum, cod. 3612) (B; nur vier dt. Glossen). – New York, Pierpont Morgan Library, cod. M. 298 (N). – Oxford, Bodleian Library, MS Douce 58 (Ox; wenige dt. Glossen). – Princeton NJ, University Library, MS Garrett 90 (Z). – W¨urzburg, Franziskanerkloster, cod. I 85 (V). – Ebd., cod. I 86 (J). – Ebd., cod. I 87 (AB). – Ebd., cod. I 89 (W2). – Ebd., cod. I 120 (A). – Hss. aus dem Besitz von S. ohne dt. Erg¨anzungen: Vgl. VL2 8 (1992) Sp. 1285. Literatur: Lothar Hardick, LThK2 5 (1960) Sp. 1082. – Nigel F. Palmer, VL2 8 (1992) 852

Kempf Sp. 1284–1287. – Konrad Eubel: Gesch. der obd. Minoriten-Provinz. W¨urzburg 1886. – Wieland Schmidt: Die 24 Alten Ottos v. Passau. Diss. Berlin 1936. Leipzig 1938. – Dorothy K. Coveney: J. S. de Herbipoli. In: Speculum 16 (1941) S. 336–339. – Theodore C. Petersen: J. S. de Herbipoli in Two of His Mss. In: Speculum 20 (1945) S. 73–87. – Ludger Meier: Aufzeichnungen aus vernichteten Hss. des W¨urzburger Minoritenklosters. In: Archivum Franciscanum Historicum 44 (1951) S. 191–209. – Alexander B¨uchner: FranziskanerMinoriten in W¨urzburg. In: Bavaria Franciscana Antiqua 2 (1955) S. 88–120. – Heinrich M. Heinrichs: Die zehn Gebote. Anleitung zur Herstellung eines Bilderdekalogs mit dt. Reimen aus dem Ende des 14. Jh. In: FS Josef Quint. Hg. v. Hugo Moser u. a. Bonn 1964, S. 127–140. – N. F. Palmer: Das ‹Exempelwerk› der englischen Bettelm¨onche. Ein Gegenst¨uck zu den ‹Gesta Romanorum›? In: Exempel und Exempelsammlungen. Hg. v. Walter Haug/Burghart Wachinger. T¨ubingen 1991, S. 137–172. BJ Frowein, Bartholom¨aus, von Ebrach OCist, N¨urnberg, † 25.7.1430 Ebrach. F. war bereits Baccalaureus der Theologie u. Priester, als er im Wintersemester 1402/03 an der Universit¨at Wien immatrikuliert wurde. Sp¨ater lehrend an der Universit¨at W¨urzburg t¨atig, wurde er 1410 Prior im Kloster Ebrach, kehrte im folgenden Jahr nach Wien zur¨uck und wurde 1413 zum Dr. theol. promoviert. 1413–26 war er Provisor des St. Nikolauskollegs, nahm als nichtoffizieller Vertreter der Wiener Universit¨at am Konstanzer Konzil teil und geh¨orte der Theologenkommission an, welche die Verurteilung des Jan Hus im Sommer 1415 bef¨urwortete. 1419/20 und 1424 war F. Dekan der Theologischen Fakult¨at in Wien, seit 1426 Abt seines Professklosters Ebrach. Neben einem aus der Lehrt¨atigkeit in W¨urzburg heraus entstandenen Commentarius in Ecclesiasten und Vorlesungen u¨ ber die Sentenzen des Petrus Lombardus – vielleicht als Teil u. d. T. Quaestio de confessione des Sentenzenkommentars erhalten – sind von F. die Lectura super Firmiter credimus (vorwiegend gegen Hus gerichtete Polemik, 1414 an der Jesuitenkirche in Wien vorgetragen; M¨unchen, BSB, Clm 14886; in anderen Handschriften → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl zugeschrieben wird) u¨ berliefert. Der Sermo de nativitate Christi (M¨un853

1. H¨alfte 15. Jh. chen, BSB, Clm 18214) ist eine zwischen 1414 und 1416 am Konstanzer Konzil gehaltene Predigt zum Weihnachtsevangelium. F. arbeitete am Tractatus contra Hussitas des Peter von Pulkau (mehr als 40 Handschriften) mit, der im Auftrag von Kardinal Branda 1423/24 zur Vorbereitung der Br¨unner Gespr¨ache mit Vertretern der Hussiten in Wien verfasst wurde. Literatur: Franz Machilek, VL2 2 (1980) Sp. 982–985. – Dieter Girgensohn: Peter Pulkau und die Wiedereinf¨uhrung des Laienkelches. Leben und Wirken eines Wiener Theologen in der Zeit des großen Schismas. G¨ottingen 1964, S. 43, 81, 175–177. – F. Machilek: Zur Gesch. der a¨ lteren Univ. W¨urzburg. In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 34 (1972) S. 157–168. – Georg Denzler: Bartholom¨aus Fr¨owein, Abt von Ebrach († 1430). In: FS Ebrach 1127–1977. Hg. v. Gerd Zimmermann. Volkach 1977, S. 147–163. BJ Kempf, Nikolaus von (von Straßburg, de Argentina) OCart, * um 1414 Straßburg, † 20.11.1497 Gaming/Nieder¨osterreich. K. begann um 1433 ein Studium der K¨unste an der Universit¨at Wien. Dort war er 1437–39 Magister regens, beendete aber 1440 seine akademische Laufbahn und trat in die Kartause Gaming/Nieder¨osterreich ein. Sp¨ater wirkte er als Prior in verschiedenen Kartausen, so 1447–51 und 1467–90 im slowenischen Geirach, 1451–58 in Gaming und 1462–67 in Pleterje. Zuletzt lebte er wieder als M¨onch in Gaming. K.s Gesamtwerk wurde von dem Gaminger Bibliothekar Leopold Wydemann bibliographiert. Diese Zusammenstellung von rund 30 Titeln ist heute weitgehend akzeptiert, jedoch teilweise nicht u¨ berpr¨ufbar, da manche Handschriften verloren sind. Zu K.s lat. Schriften z¨ahlen neben wenigen akademischen Texten (u. a. Grammatikregeln) besonders monastische Abhandlungen, darunter das verbreitete De proponentibus religionis ingressum (vor 1451). Darin untersucht K. das Klosterleben unter dem Aspekt des Seelenheils. Andere Schriften behandeln mystisch-aszetische Themen. Ausf¨uhrlich und mit zeitkritischen Tendenzen widmete sich K. in einem achtteiligen Kommentar dem Hld (Explanacio in cantica canticorum, um 1458–68). Besonders beeinflusst wurde K. von → Hieronymus, → Gregor, → Bernhard von Clairvaux, → Bonaventura, → Hugo von Balma und → Pseudo-Dionysius. 854

1. H¨alfte 15. Jh. In dt. Fassungen existierten nach Wydemann zwei Schriften K.s: der Traktat De discretione (um 1449–51) u¨ ber geistliche F¨uhrung im monastischen Kontext sowie De capitulo religiosorum u¨ ber m¨onchische Pflichten im kart¨ausischen Schuldkapitel. Mo¨ glicherweise ging De discretione auf urspr¨unglich in dt. Sprache gehaltene Predigten K.s zur¨uck. Beide dt. Texte sind heute verloren. Wy¨ demann schrieb K. auch mehrere Ubersetzungen zu (u. a. von → Gerson, Origenes, → Heinrich von Langenstein). Diese sind jedoch meist nicht belegbar oder bereits widerlegt, so etwa K.s angebliche ¨ Ubersetzung des B¨uchleins von der Liebhabung Gottes des → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur lat. Uberl. vgl. Martin 1983 (s. Lit.). Literatur: Heinrich R¨uthing, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 1699–1703. – Ders., NDB 11 (1977) S. 486. – Dennis Martin, VL2 4 (1983) Sp. 1117–1124. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 327, 408. – Gabriele Lautenschl¨ager, LThK3 7 (1998) Sp. 853. – Johannes Madey, BBKL 16 (1999) Sp. 1153 f. – Roger Aubert, DHGE 28 (2003) Sp. 1217 f. – Bernhard Pez: Bibliotheca ascetica antiquo-nova 4. Regensburg 1724, S. V (Vorwort mit Werkverz. K.s von Leopold Wydemann). – Nikolaus Paulus: Der Kart¨auser N. K. ¨ von Straßburg und seine Schr. ‹Uber die rechte Art und Weise zu studieren›. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 3 (1928) S. 22–46. – Alois H¨ormer: Der Karth¨auser N. K. als Seelenf¨uhrer. Ein Beitr. zur Aszese des Sp¨atMA. Diss. Wien 1959. – D. Martin: The Writings of N. K. of Strasbourg (ca. ¨ 1437–1468). In: Die Kart¨auser in Osterreich 1 (Analecta Cartusiana 83). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1980, S. 127–154. – Walter Baier: Des Johannes Nicolai OCart († 1475) Passionstraktat, der f¨alschlich N. K. zugeschrieben wurde. In: Ebd., S. 155–179. – D. Martin: A Foretaste of the Kingdom: Mystical Theology in N. K.’s ‹De Ostensione Regni Dei›. In: Kart¨ausermystik und -Mystiker 5 (Analecta Cartusiana 55). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1982, S. 56–66. – Donatella Frioli: Il ‹Tractatus de affectibus formandis› di Nicola K., un’opera che si riteneva perduta. In: Studi medievali Ser. 3, 30 (1989) S. 367–404. – D. Martin: Fifteenth-Century Carthusian Reform. The World of N. K. Leiden 1992. – Eva M. Martschin: N. K. von Straßburg. Ein Kart¨auser zwischen Politik und Theologie seiner Zeit. Dipl.arbeit Wien 2008. MM 855

Spiegel der Laien Spiegel der Laien. – Titel f¨ur verschiedene, thematisch v¨ollig unterschiedliche Werke der religi¨osen Unterweisung und Erbauung, 14. und 15. Jh. 1. Spieghel der leyen Der anonym u¨ berlieferte, eigenst¨andige Laienspiegel in einer Mischform aus Vers und Prosa (zweites Buch ab Kap. 11) entstand vermutlich vor 1415. Das aus dem Ijsselgebiet stammende Werk besteht aus drei B¨uchern, die wiederum in drei Hauptteile unterteilt sind. Das erste Buch handelt von der Entstehung der S¨unde und der Verstrickung des Menschen darin, das zweite Buch von der Befreiung von der S¨unde durch Beichte und Buße, das 3. Buch vom Nutzen des Leids in der Welt. Die Zehn Gebote, die Haupts¨unden und die 15 Zeichen des J¨ungsten Gerichts werden aufgez¨ahlt und ausgelegt. Unterweisende Teile werden mit zahlreichen Exempel und Legenden (z. B. von Karl d. Gr.) angereichert. ¨ Uberlieferung: M¨unster, Bibl. des Priesterseminars, Ms G4 57, 234 Bll. (Perg., 1444). – Leiden, UB, BPL 839 (ehem. Haarlem, Bibl. J. Enschede), 15. Jh., 183 Bll. (Pap., mit dem Titel spieghel der sonderen efte der leken). Ausgabe Roolfs 2004 (s. Lit.) S. 13–323. – Ausz¨uge: H¨olscher (s. Lit.) S. 7–26 (Vorrede des 1. Buches, 10 Gebote und Proben aus allen B¨uchern). – De Vries (s. Lit.) Beilage D, S. 340–346 (Vorrede und 15 Zeichen). – Reifferscheid (s. Lit.) S. 434–442 (Erz¨ahlungen des 2. Buches). 2. Speygel der Leyen Die katechetische Unterweisung in Form eines Sch¨uler-Meister-Dialogs (43 Kapitel) kann in 13 Abschnitte unterteilt werden, die in der Regel durch eine J¨unger-Frage eingeleitet werden. Themen sind die Dreifaltigkeit, die Bibel und andere heilige B¨ucher, die Messe, die sieben Tagzeiten, die kirchlichen Feste und die Kerntexte des christlichen Lebens. Ferner werden die sieben Tods¨unden und die neun Ch¨ore der Engel behandelt. Einem Auszug aus der Ars moriendi des Johannes → Gerson folgen gereimte Schlussworte. ¨ Uberlieferung: Druck L¨ubeck, Mohnkopfoffizin (1496, mittelnd.; Borchling/Claussen, Nd. Bibliogr., Nr. 269). Auf den 30 Holzschnitten des Druckes, von denen die meisten bereits in anderen Drucken der Mohnkopfoffizin verwendet wurden, werden u. a. vier Kirchenv¨ater, Szenen aus Leben und Leidensgeschichte Christi, Auferstehung, Himmelfahrt dargestellt. 856

Vrie 3. Der Leyen Spiegel ¨ Die ripuarisch-niederrheinische Ubersetzung und k¨urzende Bearbeitung des mndl. Der Leken spieghel des Jan van Boendale (das Werk entstand 1325–30 f¨ur Rogier van Leefdale) ist in vier Teile untergliedert. Die ersten beiden B¨ucher vermitteln in Anlehnung an die Bibel naturkundliche und weltgeschichtliche Kenntnisse. Das dritte Buch behandelt neben Tugend- und Lasterlehren mehrere praktische Themen, darunter Fragen der Kindererziehung. Um Prophezeiungen u¨ ber das Kommen des Antichrist und das J¨ungste Gericht geht es im vierten Buch. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, GB 2° 50, 155ra–281rb (Pap., 1445). 4. Der Laienspiegel (spiegel der weltlichen menschen) Autor des anonym u¨ berlieferten Traktats ist m¨oglicherweise der in einer Salzburger Handschrift genannte Schreiber Petrus Tegler (Profess 1475). In zw¨olf Kapiteln werden allgemein-christliche Lebensregeln behandelt. Zentrales Thema ist Weltabsage und N¨achstenliebe. Die Kapitel 9–12 unterrichten u¨ ber die Vier Letzten Dinge (Tod, J¨ungstes Gericht, Ewige Verdammnis in der H¨olle, Freude und Glorie der Ewigen Seligkeit im Himmel). Quellen sind neben der Bibel und den Schriften der Kirchenv¨ater u.a das pseudo-augustinische Speculum peccatoris (in Kap. 1–6). ¨ Uberlieferung: Salzburg, St. Peter, Cod. a II 14, 1r–104v. – Ebd., Cod. a II 16, 243r–303v (beide letztes Viertel 15. Jh.). Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 299 f. – Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 110–117. – Friedel Helga Roolfs, Killy2 (2011). – Matthias de Vries (Hg.): Der Leken spieghel, leerdicht van den jare 1330, door Jan Boendale, gezegd Jan de clerc, schepenklerk te Antwerpen. 3 Bde. Leiden 1844–1848 (Edition der ndl. Vorlage ‹Der Leken spieghel›), zur ripuarischniederrheinischen Fassung siehe Beilage C in Bd. 3, S. 321–339. – Bernhard H¨olscher: Der S. d. l., ein nd. moralisches Lehrgedicht aus dem Jahre 1444, im Auszuge mitgeteilt. In: Programm des Gymnasiums Recklinghausen 32, Schuljahr 1860–1861. Recklinghausen 1861, S. 3–26. – A. Reifferscheid: Erz¨ahlungen aus dem Spieghel der Leien. In: ZfdPh 6 (1875) S. 422–442. – Pekka Katara: S. d. L. Neuausg. eines L¨ubecker Mohnkopfdruckes aus dem Jahre 1496. Mit Einleitung und Anmerkungen (Annales Academiæ Scientiarum Fennicæ Ser. B, Tom. 77,2). Helsinki 1952. – Gerold Hayer: Die dt. Hss. 857

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,1). Wien 1982, S. 19–21. – Wolfgang Oeser: Die Br¨uder vom gemeinsamen Leben in Mu¨ nster als B¨ucherschreiber. Diss. M¨unster 1959. – Petronella Bange: Spiegels der christenen. Zelfreflectie en ideaalbeeld in laat-middeleeuwse moralistisch-didactische traktaten. Diss. Nijmegen 1986. – G. Roth: Alexander und Diogenes im ‹S. d. l›. In: JOWG 10 (1998) S. 299–308. – F. H. Roolfs: Der ‹S. d. l.›. Eine sp¨atma. Einf. in die Theologie der S¨unde und des Leidens. Diplomatische Edition und philol. Unters. (Nd. Stud. 50). K¨oln u. a. 2004. – Heike Bierschwale/Jacqueline van Leeuwen: Wie man eine Stadt regieren soll. Dt. und ndl. Stadtregimentslehren des MA. Frankfurt/M. u. a. 2005. – F. H. Roolfs: Die Rezeption geistl. Lit. im m¨unsterschen Schwesternhaus Niesing. In: Nd. Wort 47/48 (2007/08) S. 221–232. BJ Vrie, Dietrich (Vrye[n], Frye), (Theoderich, Theodoricus, de Osenbruge) OESA, * um 1370 Osnabr¨uck (?), † nach 1434. – Theologe. Der Augustiner-Eremit D. V. war Lektor der Theologie, wahrscheinlich in einem Generalstudium seiner s¨achsisch-th¨uringischen Ordensprovinz, vielleicht in Magdeburg oder Erfurt. Er war als Lektor im Kloster Himmelpforten am Harz sowie als Seelsorger eines Nonnenkonvents t¨atig und predigte 1410 auf dem Provinzkapitel in Quedlinburg. Sp¨atestens seit 1414 war V. Angeh¨origer des Osnabr¨ucker Konvents. Als einer der Gesandten seiner Provinz nahm er 1416–18 am Konstanzer Konzil teil, 1419 am Generalkapitel in Asti zur Beendigung des Schismas im Orden. Sp¨ater zog V. nach K¨oln, wo er eine Lehrt¨atigkeit am Generalstudium und damit auch an der dortigen Universit¨at aufnahm. In Himmelpforten verfasste V. einen Hortulus virginitatis, ein in f¨unf Distinktionen gegliedertes Erbauungsbuch f¨ur das von ihm betreute Nonnenkloster. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 8335, 346r–393r. Seine Marienpredigten stellte V. 1414 in Osnabr¨uck neu zusammen (Hortus Virginis). ¨ Uberlieferung: Osnabr¨uck, Nds. Staatsarch., Dep. 58 Hs. C. VI, 56r–139v. – Ebd., Di¨ozesanarch., 858

1. H¨alfte 15. Jh. Hs. Frenswegen 18, 1ra–120va. – Bremen, SUB, Ms. a. 160, 167r–200r (Ausz¨uge). Auf dem Konstanzer Konzil verfasste V. den Kaiser Sigmund gewidmeten Liber de consolatione ecclesiae, einen in acht B¨ucher gegliederten, abwechselnd in Prosa und Versen gehaltenen Dialog zwischen Christus und der Kirche, wobei die Geschichte des Konzils Hauptthema des f¨unften bis achten Buches ist (Druck: Johannes → Gerson, Librorum et tractatum vol. IV, K¨oln 1484). Ausgabe: Hermann v. der Hardt: Magnum oecumenicum Constantiense Concilium I/1. Helmstedt 1696. Eine Anzahl Konzilsakten aus dem Umkreis Gregors VII. ist nur hier u¨ berliefert. Charakteristisch ist V.s scharfe Kritik an den Missst¨anden der Kirche. Aufrufe zur Reform der Kirche sind auch die beiden erhaltenen Konstanzer Predigten V.s. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, GB 4° 97, 10v–20v. Ausgabe: Zumkeller (s. Lit.). W¨ahrend des K¨olner Aufenthalts redigierte V. aus seinen Fastenpredigten ein Quadragesimale. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs 534, 2ra–264va. Nach einem fr¨uheren Libellus de conceptu virginali (Hs. K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, GB 4° 97) schloss V. 1434 seine mariologischen Schriften mit dem Tractatus de conceptu virginis ab, in dem er sich ¨ entgegen fr¨uheren Außerungen f¨ur die unbefleckte Empf¨angnis ausspricht. Verschiedene, von V.s sp¨aterem Ordensbruder Johannes → Schiphower aufgez¨ahlte Schriften V.s sind bisher nicht aufgefunden worden. Die erhaltenen Werke widmen sich intensiver Marienverehrung, zeigen zeitkritische Tendenzen und verbinden mystische und asketische Zu¨ ge, deutlich sind V.s Belesenheit in den klassischen Autoren oder deren Zitatensammlungen und seine Vorliebe f¨ur Verse, u. a. in nd. Sprache, die wohl gr¨oßtenteils von ihm selbst stammen. Literatur: Heinrich Reusch, ADB 40 (1896) S. 373. – Adolar Zumkeller, MarLex 2 (1989) S. 194. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 151. – Ansgar Frenken, BBKL 11 (1996) Sp. 962–964. – Joachim Leuschner/Katharina Colberg, VL210 (1999) Sp. 543. – Franz Jostes: Zur Gesch. der ma. Predigt in Westfalen. In: Zs. f¨ur vaterl¨andische Gesch. und Altertumskunde 44/1 (1886) S. 3–47. – Heinrich Finke: Forschungen und Quellen zur Gesch. des Konstanzer Konzils. Paderborn 859

Winand von Steeg 1889, S. 38–51. – Florent Landmann: Das Predigtwesen in Westfalen in der letzten Zeit des MA (Vorreformationsgeschichtliche Forschungen 1). Mu¨ nster 1900. – A. Zumkeller: Die Augustinereremiten in der Auseinandersetzung mit Wyclif und Hus. Ihre Beteiligung an den Konzilien v. Konstanz und Basel. In: Analecta Augustiniana 28 (1965) S. 5–56. – Ders.: Manuskripte v. Werken der Autoren des AugustinerEremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibl. (Cassiciacum 20). W¨urzburg 1966, Nr. 807, 809–814. – Alois Schr¨oer: Die Kirche in Westfalen vor der Reformation. 2 Bde. Mu¨ nster 1967. – Thomas Beckmann: Das ehem. Augustiner-Eremitenkloster zu Osnabr¨uck (Osnabr¨ucker Geschichtsquellen und Forschungen 13). Osnabr¨uck 1970. – A. Zumkeller: Unbekannte Konstanzer Konzilspredigten der Augustiner-Theologen Gottfried Schale und D. V. In: Analecta Augustiniana 33 (1970) S. 5–74. – Adalbero Kunzelmann: Gesch. der dt. AugustinerEremiten 2, 4–5 (Cassiciacum 26/2,4–5). W¨urzburg 1970–74. – Dietrich Schmidtke: Ma. Liebeslyrik in der Kritik ma. Moraltheologen. In: ZfdPh 95 (1976) S. 321–345. – David Guti´errez: Die Augustiner im Sp¨atMA (Gesch. des Augustinerordens 1/2). W¨urzburg 1981. – Kaspar Elm: Mendikantenstudium, Laienbildung und Klerikerschulung im sp¨atma. Westfalen. In: Stud. zum st¨adtischen Bildungswesen des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. Bernd Moeller u. a. (Abh. der Akad. der Wiss. in G¨ottingen, phil.-hist. Kl. 3/137). 1983, S. 586–617. – A. Zumkeller: Die Beteiligung der Mendikanten an der Arbeit der Reformkonzilien v. Konstanz und Basel. In: Reformbem¨uhungen und Observanzbestrebungen im sp¨atma. Ordenswesen. Hg. v. K. Elm (Berliner Hist. Stud. 14). Berlin 1989, S. 459–467. – Irene Stahl: ¨ Die Uberl. Osnabr¨ucker Autoren in der Frensweger Klosterbibl. In: Osnabr¨ucker Mitt. 96 (1991) S. 27–43. SF Winand von Steeg (Ort von Steeg, von Bacherach), * 1.5.1371 Steeg bei Bacharach, † 19.1. oder 9.7.1453 Koblenz. – Theologischer Schriftsteller und Prediger. Der aus der wohlhabenden B¨urgerfamilie Ort stammende W. studierte seit 1394 an der Universit¨at Heidelberg, u. a. bei dem Juristen Nikolaus Burgmann sowie bei den Theologen → Matth¨aus von Krakau und Konrad von Soltau; 1396 wurde er Baccalaureus artium, 1401 Baccalaureus iurium. 860

Friedrich der Karmeliter 1403 an das neu gegr¨undete Studium generale nach W¨urzburg berufen, erwarb W. dort das Lizentiat und Doktorat und lehrte bis 1411 Kirchenrecht. 1409/10 war er Generalvikar des Bischofs Johann von Egloffstein. Nach dem Niedergang der Universit¨at stand W. 1412–22 als iurista et advocatus in den Diensten der Stadt N¨urnberg, in deren Auftrag er 1415, 1417 und 1418 am Konstanzer Konzil teilnahm. Beziehungen zum Passauer Bischof Georg von Hohenlohe brachten ihm eine Berufung als curialis und domesticus familiaris an den Hof K¨onig Sigismunds ein, an dessen Ungarnzug er teilnahm. Nach der Karfreitagspredigt 1419 in Gegenwart Sigismunds wurde W. zu dessen Sekret¨ar ernannt, trat jedoch wieder in N¨urnberger Dienste, die er sp¨atestens im M¨arz 1422 ganz aufgab. 1421 wurde er Kanoniker des K¨olner Stift St. Andreas, Pfarrer von Bacharach. Papst Eugen IV. verlieh ihm 1431 als weitere Pfr¨unde ein Kanonikat im Stift St. Kastor in Koblenz, dessen Dekan W. 1438/39–1447 war. Zu W.s Schriften (Werkverzeichnisse im Adamas und im Mons quattuor) geh¨oren die Predigtsammlung Lapis angularis (Teil 1 mit Predigten «de tempore» in zwei B¨uchern, 1414 vollendet; Teil 2 mit Predigten «de sanctis» in vier B¨uchern, Buch 1 und 3 sind verloren), die eherechtliche Abhandlung Mons quattuor fluvialium arborum (1417 abgeschlossen) und Adamas colluctantium aquilarum (1418/19), Prologus in Hebreorum veteris testamenti libros ab eis in canone receptos (1441 abgeschlossen). Eingestreut in seine Schriften finden sich Verse, die er zum Teil selbst gedichtet hat, darunter ein lat. Stundenlied u¨ ber die Schmerzen Mari¨a bei der Passion Christi f¨ur Pfalzgraf Ludwig III. von der Pfalz, als dieser sich 1417 anl¨asslich der Eheschließung des Kurf¨ursten mit Mechthild von Savoyen in Amberg aufhielt; der Pfalzgr¨afin widmete er gleichzeitig eine formgleiche dt. Fassung (Inc. «Du suße ¨ lilge meilicher bl˚ut»). Uberliefert sind auch akademische Schriften und amtliche Aufzeichnungen W.s. Literatur: Ansgar Frenken, BBKL 6 (1993) Sp. 1287–1289. – Enno B¨unz, VL2 10 (1999) Sp. 1181–1189. – Aloys Schmidt: Zur Gesch. der a¨lteren Univ. W¨urzburg. In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 11/12 (1949/50) S. 85–102. – Ders.: W. v. S., ein unbekannter mittelrheinischer K¨unstler. In: FS Alois Thomas. Trier 1967, S. 363–372. – Ders./Hermann Heimpel: W. v. S. (1371–1453), ein mittelrheinischer Gelehrter und 861

1. H¨alfte 15. Jh. K¨unstler und die Bilderhs. u¨ ber Zollfreiheit des Bacharacher Pfarrweins auf dem Rhein aus dem Jahre 1426 (Bayerische Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl., Abh. NF 81). M¨unchen 1977. – Barbara Obrist: Das illustrierte ‹Adamas colluctantium aquilarum› (1418–19) v. W. v. S. als Zeitdokument. In: Zs. f¨ur Schweizerische Arch¨aologie und Kunstgesch. 40/2 (1983) S. 136–143. – Bibliotheca Palatina (Kat. zur Ausstellung Heidelberg 1986). Textbd. und Bildbd. Hg. v. Elmar Mittler u. a. Heidelberg 1986, S. 9 f. (Zollgutachten), S. 190 f. (‹Mons›), S. 191 f. (‹Adamas›). – A. Graf: W. v. S.: Adamas colluctantium aquilarum. In: Umeni 40 (Prag 1992) S. 344–351. – E. B¨unz: W. v. S. In: Rheinische Lebensbilder 15 (1995) S. 43–64. BJ Friedrich der Karmeliter OCarm. – Verfasser einer Evangelienauslegung. F. war wohl Magister an der Universit¨at Wien und wurde um 1372 Prior des dortigen Konvents der Karmeliter. Er lehrte nicht nur an der Theologischen Fakult¨at in Wien, sondern um 1375 auch in Paris. Um 1386 war er Provinzial der obd. Ordensprovinz. F. starb wahrscheinlich nach 1414 und wurde m¨oglicherweise in Straubing begraben. Sein Hauptwerk ist das Buch von der himmlischen Gottheit. Diese Auslegung von Joh 1,1–14 beruht auf einer lat. Predigt und entstand um 1414. Das Werk ist volkssprachig abgefasst, jedoch werden die Quellen auch lat. zitiert. Hauptquellen F.s waren die Kirchenv¨ater, darunter vor allem → Augustinus (etwa seine Confessiones und De trinitate). Zu den wenigen neueren Autorit¨aten in F.s Werk z¨ahlt Bartholom¨aus Anglicus. ¨ Uberliefert ist das Buch von der himmlischen Gottheit nicht nur als eigenst¨andiges Werk, sondern auch als Teil eines Sonn- und Feiertagsplenars. F.s Abschnitt u¨ ber den Prolog des JohannesEvangeliums ist darin als Predigt eingebunden. ¨ Diese Plenar-Uberlieferung ist wiederum mit jener der Postille des → Hartwig von Erfurt verkn¨upft. Die genauen Abh¨angigkeitsverh¨altnisse sind allerdings noch zu kl¨aren. Daneben soll F. auch Psalmen- und Sentenzenkommentare verfasst haben, die aber nicht erhalten sind. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 130 (Pap., um 1414?). – Ebd., Mgf 1396, 57ra–95va (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.). – M¨unchen, BSB, Cgm 635 (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., b¨ohmisch, m¨oglicherweise Bearbeitung von F.s Werk). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 43z, 108r–159r (Pap., erste H¨alfte 862

1. H¨alfte 15. Jh. 15. Jh., n¨urnbergisch). – Melk, Stiftsbibl., cod. 677 (767; O 2), 85r–187r (Melk, um 1420). – Wien, ¨ ONB, Cod. 3057, 27vb–57va (Pap., um 1420–30, bair.-¨osterr.). – Melk, Stiftsbibl., cod. 849 (865; P 59), 27r–78r (Pap., Melk, 1421, mittelbair.). – Ebd., cod. 220 (584; L 3), 309va–329ra (Pap., 1439, mittelbair.-o¨ sterr.). – Ebd., cod. 705 (371; G 33), 352vb–356va (Melk, um 1450). – Breslau, UB, Cod. II Q 29, 442r–473r (Pap., um Mitte 15. Jh., ostmitteldt.). – Mu¨ nchen, UB, 2° cod. ms. 44, 108ra–146vb (Pap., um 1452, ostschw¨abisch). – Ebd., 4° Cod. ms. 476, 1r–89v (Pap., 1464, bair.). – Straßburg, Bisch¨ofliche Seminar- und Di¨ozesanbibl., Cod. 17 (1464, ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgf 13 (Pap., 1471). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 222, 32va–54vb (Pap., 1471, schw¨abisch). – Dillingen, Studienbibl., cod. XV 78, Bll. 73va–139ra (Pap., Augsburg, letztes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Melk, Stiftsbibl., cod. 1865 (586; L 5), 204rb–207ra (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.; Ausz¨uge). – M¨unchen, BSB, Clm 8432, 219ra–242vb (Pap., 15. Jh., lat., m¨oglicherweise Bearbeitung von F.s Werk). – Schl¨agl, Stiftsbibl., Cpl 166, 1r–77r (Pap., 15. Jh.). – Vgl. auch Kornrumpf 1970 (s. Lit.). Ausgaben: Hans Fromm: Ma. dt. Hss. der UB Mu¨ nchen. In: Unterscheidung und Bewahrung. FS Hermann Kunisch. Hg. v. Klaus Lazarowicz/Wolfgang Kron. Berlin 1961, S. 109–131, hier S. 116 (Teildr.). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 2 (1980) Sp. 948–950. – Joseph Haupt: Beitr. zur Lit. der dt. Mystiker I. II. In: Sb. der Akad. der Wiss. in Wien, phil.-hist. Kl. 76 (1876) S. 51–104; 94 ¨ (1879) S. 235–334. – Adolf Spamer: Uber die Zersetzung und Vererbung in den dt. Mystikertexten. Diss. Gießen 1908, S. 133–135 (zu cod. 3057). – Wolfgang Stammler: Dt. Scholastik. In: ZfdPh 72 (1953) S. 1–23, hier S. 17 f. (wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin u. a. 1953, S. 127–151). – Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehenden MA. Wien 1954, S. 186 f. – Die Evangelien der Guten Meister von Prag. Hg. v. Josef Werlin. Gr¨afelfing 1962, ¨ S. 13–27. – G. Kornrumpf: Zur Uberl. der Werke F.s des K.s. In: ZfdA 99 (1970) S. 159–162 (mit. Lit.). – Volker Mertens: Handschriftenfunde zur Lit. des MA 48: Hartwig (Hartung/Heinrich) von Erfurt, Postille. In: ZfdA 107 (1978) S. 81–91. – Elisabeth Wunderle: Die ma. Hss. der Studienbibl. Dillingen. Wiesbaden 2006, S. 154–157. – Michael 863

Konrad von Geisenfeld Rupp: Wegweisung zur Begegnung mit Gott. Religi¨ose Belehrung in einer Altzeller Predigths. In: Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der dt. Lit. Hg. v. Henrike L¨ahnemann/Sandra Linden. Berlin u. a. 2009, S. 383–396. MM Konrad von Geisenfeld OSB, * um 1400 Geisenfeld bei Ingolstadt, † 10.5.1460 Tegernsee. – Prior, Bibliothekar. K. studierte an der Wiener Artistenfakult¨at, war seit 1431 Magister regens und legte 1434 im Benediktinerkloster Melk die Profess ab; 1434/35 war er Prior. 1445 wurde er Prior und Bibliothekar in St. Quirin/Tegernsee; er ordnete auch die Best¨ande in Benediktbeuren. K. war ein Vertreter der Melker Reformbewegung und vermittelte in der Kontroverse um die Schrift De docta ignorantia des → Nikolaus von Kues. Die Zuweisung von anonymen, vor allem in Melk u¨ berlieferten Schriften an K. ist weitgehend unsicher. Als einigermassen gesichert gelten die Zuweisungen der Schrift De sacramentis, von Interlinearkommentaren zu Galater- und Titusbrief, zum Brief des Apostels Jakobus und zu den Petrusbriefen, des Sermo de septem donis spiritus sancti (Autograph) und der Schrift Strictilogium de mystica theologia (Ausg. durch Wilpert 1954 [s. Lit.] S. 274–276). 1426 vollendete K. seine Handschrift der sog. Fassung Me des lat./dt. → Vocabularius ex quo. Ferner sind zahlreiche Briefe (u. a. an Johannes → Schlitbacher) K.s u¨ berliefert (einzelne Texte bei Vansteenberghe [s. Lit.]). ¨ Uberlieferung: Siehe VL2 5 (1985) Sp. 177 f. Literatur: Hans-J¨urgen Stahl, VL2 5 (1985) Sp. 176–179. – Klaus Reinhardt, BBKL 4 (1992) Sp. 389 f. – Edmond Vansteenberghe: Autour de la docte ignorance. Une controverse sur la th´eologie mystique au XVe si`ecle (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA, 14,2–4). M¨unster 1915. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgesch. 9). Mu¨ nchen 1931 (Nachdr. Aalen 1974) bes. S. 26–28. – Paul Wilpert: Bernhard v. Waging, Reformer vor der Reformation. In: Festgabe f¨ur Seine Kgl. Hoheit Kronprinz Rupprecht von Bayern. Mu¨ nchen 1954, S. 260–276. – Klaus Grubm¨uller: Vocabularius ex quo (MTU 17). M¨unchen 1967, S. 148–154. – Joachim Angerer: Die Br¨auche der Abtei Tegernsee unter Abt Kaspar Ayndorffer (1426–1461) [...] (Stud. Mitt. OSB, Erg. Bd. 18). 864

Ulrich von Pottenstein Augsburg 1968. – Heribert Rossmann: Der Magister Marquard Sprenger in M¨unchen und seine Kontroversschr. zum Konzil v. Basel und zur mystischen Theologie. In: FS Johann Auer. Regensburg 1975, S. 350–411. BJ Nikolaus von Dinkelsbuhl ¨ (Dinkelsp¨uhl; Familienname: Prunczlein, Prun[t]zlein), * um 1360 Dinkelsb¨uhl/Schwaben, † 17.3.1433 Wien. – Theologe, Prediger und Universit¨atslehrer. Gesicherte Nachrichten u¨ ber N. setzen 1385 ein, als er sich an der Wiener Universit¨at immatrikulierte. 1386 ist er als Bakkalaureus der Artistenfakult¨at bezeugt, 1389 als Licentiat und Magister Artium. 1390 nahm er an derselben Universit¨at ein Theologiestudium (1409 Magister theologiae). Im Rahmen seiner Studien war er unter anderem Sch¨uler → Heinrichs von Langenstein und Heinrichs → Totting von Oyta. Bereits w¨ahrend seines Studiums wurde N. 1392 und 1397 zum Dekan berufen, 1405–06 nahm er das Amt des Universit¨atsrektor ein. 1410 und 1427 war N. Dekan der theologischen Fakult¨at. Seit 1405 ist er auch als Kanonikus bei St. Stephan belegt. Er trat als Vertreter und diplomatischer Gesandter der Wiener Univer¨ sit¨at und Herzog Albrechts V. von Osterreich in (kirchen-)politischen Angelegenheiten auf, so etwa im Konstanzer Konzil 1414–18; mehrfach hielt er sich als Gesandter in Rom auf. Seit 1425 war er Beichtvater Herzog Albrechts V., dessen Erzieher N. von 1406 bis 1414 gewesen war. N. v. D. gilt als Begr¨under und Vork¨ampfer der Klosterreformbewegung. Das in u¨ ber tausend Handschriften u¨ berlieferte Gesamtwerk N.’ umfasst ca. 60 Schriften, die sich der Dogmatik, der Moraltheologie und der Exegese (Psalmen- und Sentenzen-Kommentare, Quaestio¨ nen), der Homiletik (Sermones) sowie der Asthetik und Moral (Traktate) widmen; dazu kommen Reden, Briefe, Gutachten und Disputationen u¨ ber hussitische Irrlehren, Schisma, Konzils- und Reformfragen. Besonderer Beliebtheit bei Klerus und Volk erfreuten sich seine Predigten (Jahres- und Passionspredigten, Predigten zu Hochfesten des Herrn, Marienfesten sowie Heiligenfesten, Eucharistiepredigten). Zahlreiche lat. Schriften N.’ sind in autographer Gestalt u¨ berliefert. Die Zuschreibung einiger Werke (etwa Speculum artis bene moriendi) ist nicht zweifelsfrei gekl¨art. Eine nur dt. u¨ berlie¨ ferte Predigt u¨ ber das Ubel des Privateigentums im Kloster ist aber wohl N. zuzuschreiben. 865

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 48, 244rb–257va (Perg. und Pap., 15. Jh., bair.o¨ sterr.). – Ebd., Cod. 49, 199vb–211ra (Pap., 1452, obers¨achsisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 248 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Vorau, Stiftsbibl., Cod. 139 (fr¨uher CCXLI) (zweite H¨alfte ¨ 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Wien, ONB, Cod. 3054 (Pap., um 1440/1445, bair.-¨osterr.). Ausgabe: Hermann Menhardt: N. v. D. dt. Predigt vom Eigentum im Kloster. In: ZfdPh 73 (1954) S. 1–39. Die in verschiedenen Handschriften N. zugeschriebenen dt. Werke d¨urften wohl s¨amtlich von einem Redaktor (→ N.-v.-D.-Redaktor) bearbeitet worden sein, sicher gilt dies f¨ur die Jahresund Festtagspredigten sowie die dt. Fassung der Tractatus-octo-Texte. Ausgaben: Rudolf Damerau: Stud. zu den Grundlagen der Reformation. Bde. 6–10. Gießen 1968–71. – Thomas Hohmann: Heinrichs v. Langenstein ‹Unterscheidung der Geister› lat. und dt. Mu¨ nchen 1977. Literatur: Alois Madre, VL2 6 (1987) Sp. 1048–1059; 11 (2004) Sp. 1052. – Ansgar Frenken, BBKL 6 (1993) Sp. 879–882. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 409. – Volker Leppin, LThK3 7 (1998) S. 849. – Freimut L¨oser, NDB 19 (1999) S. 270 f. – F. L¨oser/Red., Killy2 8 (2010) S. 604 f. – A. Madre: N. v. D. Leben und Schr. Mu¨ nster 1965. – Damerau (s. Ausg.). – Hohmann (s. Ausg.). – A. Madre: ‹Sermo magistri Nicolai ad clerum et ad religiosos De profectu et perfectione›. In: Ecclesia militans. Stud. zur Konzilien- und Reformationsgesch. FS Remigius B¨aumer. Hg. v. Walter Brandm¨uller. Paderborn 1988, S. 185–212. – F. L¨oser: Meister Eckhart in Melk. Berlin 1999. – Fritz Peter Knapp: Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge von Rudolf IV. bis Albrecht V. ¨ (1358–1439) (Gesch. der Liter. in Osterreich 2/2). Graz 2004, S. 147–163. SF Ulrich von Pottenstein, * um 1360 wahrscheinlich Pottenstein bei Wien oder Enns bei Linz, † vor 29.11.1417 Enns. – Verfasser einer umfangreichen ¨ «Katechismus-Summe» und Ubersetzer aus dem Lateinischen. U. war seit ca. 1390 Pfarrer in Pottenstein. Er geh¨orte dem Domkapitel St. Stephan in Wien an und war in den 90er Jahren des 14. Jh. Seelsorger der o¨ sterr. Herzogin Beatrix. 1404/1406 ist er als Pfarrer in M¨odling/Nieder¨osterreich bezeugt; 866

1. H¨alfte 15. Jh. ungef¨ahr seit 1411 war er Pfarrer und Dechant in Enns. U. ist der Verfasser des umfangreichsten katechetischen Werks des Sp¨atMA. Seine dt. KatechismusSumme ist als Ganzes konzipiert, aber wegen des schieren Umfangs (rund 1100 Bll. in Großfolio) in keinem Textzeugen vollst¨andig u¨ berliefert. Die Summe umfasst 70 Kapitel in vier Teilen: Paternoster-Auslegung (Kap. 1–13); Ave-MariaAuslegung (Kap. 14–20); Credo-Auslegung (Kap. 21–42); Magnificat- und Dekalog-Auslegung (Kap. 43–70). Der Text ist aus lat.Vorlagen zusammengestellt und f¨ur den Gebrauch als Nachschlagewerk bestimmt. Dabei hat U. sein Kompendium offensichtlich nicht nur in kleinschrittiger Kompilationsarbeit aus den Vorlagen zusammengetragen, sondern auch lat. Sammelwerke passagenweise ins Deutsche u¨ bersetzt. Hauptquelle war die Summa de vitiis et virtutubus → Wilhelms von Peyraut, die allerdings im Gegensatz zu anderen Vorlagen im Werk keine namentliche Erw¨ahnung findet. Zur leichteren Benutzung hat U. ein lat.-dt. Register beigef¨ugt, das jedoch nicht f¨ur die gesamte Summe u¨ berliefert ist (einige Codices enthalten die dem jeweiligen Inhalt entsprechenden Teilregister). In Vorreden gibt U. neben Hinweisen zur formalen ¨ Gestaltung des Textes einen Uberblick u¨ ber sein methodisches, inhaltliches und sprachliches Programm. Die Hauptvorrede l¨asst mit ihrem Bezug zum Laienpublikum eine N¨ahe zur Wiener Schule erkennen (vgl. → Heinrich von Langenstein, → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl u. a.). U.s Hauptthemen sind Seelsorge und Laienbelehrung unter den Aspekten «utilitas» und Askese. Dabei war er bestrebt – im Stile einer Summe der praktischen Morallehre – das gesamte Spektrum sittlichen Lebens und religi¨oser Praxis der Laien und des Klerus zu erfassen. So bietet das Werk f¨ur alle Rezipientenkreise einen breiten F¨acher an Themen, die in die allgemeinen moraltheologischen Zusammenh¨ange integriert worden sind (z. B. juristische Fragen, Polemik gegen Ketzer, Rechte und Pflichten der Pr¨alaten, eingestreute ¨ Predigten). Bei der Ubersetzung der Vorlagen folgte U. dem Primat der Quellentreue. Vor allem stilistisch-syntaktisch nah bei den lat. Vorlagen werden eigene sprachliche Anspr¨uche scheinbar hintangestellt. U.s herausragende Leistung bei der Auswahl und adressatenbezogenen Neuordnung der Stoffe und ihrer Verf¨ugbarmachung f¨ur ein 867

Ulrich von Pottenstein deutschsprachiges Publikum vermag dieser Umstand indes nur geringf¨ugig zu schm¨alern. ¨ Neben dem Katechismus ist von U. eine Ubersetzung des lat. Fabelbuchs → Speculum sapientiae (Buch der nat¨urlichen weishait) in zwei Redaktionen (differenzierbar nach der N¨ahe zum Original) bekannt. U. wird in zwei Handschriften nament¨ lich angef¨uhrt. Die Ubersetzung stammt aus seiner Amtszeit in Enns. Ohne Autoreinlassungen u¨ bernimmt U. Form, Einteilung, Fabeltyp und Wortlaut der Vorlage. Eigene Zus¨atze gibt es in der ersten Redaktion lediglich in Form von Erl¨auterungen zur Verbesserung des Textverst¨andnisses. Auch die zweite Redaktion, die erhebliche Erweiterungen in den Text einfließen l¨asst, k¨onnte auf U. selbst ¨ zur¨uckgehen. Trotz relativ breiter Uberlieferung ¨ ist U.s Ubersetzung isoliert geblieben, wurde aber nachweislich von Hans Sachs benutzt. ¨ Uberlieferung: Katechismus: Budapest, Bibl. der Ungar. Akad. der Wiss., Cod. K. 532, 403 Bll. (Pap., Mitte 15. Jh. bair.-¨osterr.; Magnificat- und Dekalog-Auslegung). – Eger/Erlau (Ungarn), Erzdi¨ozesanbibl., Cod. B. V. 2, 288 Bll. (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.; Vorrede, Paternosterund Ave-Maria-Auslegung). – Ebd., Cod. D. II. 1, 640 Bll. (Pap., 1445, o¨ sterr.; Credo-Auslegung). – Freiburg/Br., UB, Hs. 1500,11 (vormals Ms. Leuchte XI), 1 Pergamentbl. (15. Jh., bair.-¨osterr.; Credo-Auslegung [Fragm.]). – Kalocsa (Ungarn), Kathedralbibl., Ms 322, 336 Bll. (Pap., zweites Viertel 15. Jh., bair.-¨osterr.; Credo-Auslegung). – Ebd., Ms. 629, 299 Bll. (Perg., 1416, bair.-o¨ sterr.; Magnificat- und Dekalog-Auslegung). – M¨unchen, BSB, Cgm 5019, 288 Bll. (Pap., 1430, nordbair.; Register, Vorrede, Paternoster- und AveMaria-Auslegung). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a X 13, 314 Bll., (Perg., 1446, bair.-o¨ sterr.; Vorrede, Paternoster-, Ave-Maria- und Credo¨ Auslegung, Register). – Wien, ONB, Cod. 2953, 1r–38r (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.; Credo-Auslegung [Auszug]). – Ebd., Cod. 2941, 149 Bll., (Pap., 1450, bair.-o¨ sterr.; Ave-Maria-Auslegung). – Ebd., Cod. 3050, 375 Bll., (Pap., Anfang 15. Jh., o¨ sterr.; Credo-Auslegung). – Cod. 3710, 238ra–261vb (Pap., um 1450/60, bair.-¨osterr.; Paternoster-Auslegung ¨ [Auszug]). – Vgl. zur Uberl. Baptist-Hlawatsch ¨ 1980, S. 11–73. – Speculum sapientiae-Ubers.: 22 bekannte Hss., 1 Inkunabeldruck (GW 07896), in der Mehrzahl illustriert. Vgl. Bodemann 1988, S. 55–72 und Handschriftencensus (online). Ausgaben: Katechismus: Gerold Hayer: U. v. P. Paternoster-Auslegung. Nach der Hs. a x 13 des 868

Ulrich von Pottenstein Erzstiftes St. Peter zu Salzburg krit. hg. und eingel. Diss. masch. Salzburg 1972. – Baptist-Hlawatsch 1980, S. 144–149 (Vorrede), 150–208 (Kap. 22). – Gabriele Baptist-Hlawatsch: U. v. P. DekalogAuslegung: Das erste Gebot. Text und Quellen (TTG 43). T¨ubingen 1995 (mit Vorreden). – Buch der nat¨urlichen weishait (Ausz¨uge): Georg Scharf: Proben eines krit. Textes der dt. Cyrillusfabeln des U. v. P. In: ZfdPh 59 (1935) S. 147–188. – Bodemann 1988, S. 149–179. – Zu Abdrucken einzelner Fabeln vgl. ebd., S. 143 und VL2 10 (1999) Sp. 15. Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 365; 4/1 (21994) S. 307, 408 f. – Walter Buckl, Killy1 11 (1991) S. 477 f. – Ders., MarLex 6 (1994) S. 510–512. – Aim´e Solignac, Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 27 f. (U. de P.) – Dietrich Schmidtke, LexMA 8 (1997) 1200 f. – Fritz Peter Knapp, BBKL 12 (1997) Sp. 897 f. – Gabrielle Baptist-Hlawatsch/Ulrike Bodemann, VL2 10 (1999) Sp. 9–17. – G. BaptistHlawatsch, LThK3 10 (2001) Sp. 358. – Karl Oberleitner: Die Stadt Enns im MA. Vom Jahre 900–1493 Ein Beitr. zur. Gesch. der dt. St¨adte (Arch. f¨ur Kunde o¨ sterr. Geschichtsquellen 27). ¨ Wien 1861, S. 1–166. – G. Scharf: Die hsl. Uberl. der dt. Cyrillus-Fabeln des U. v. P. Diss. Breslau 1935. – Hermann G¨ohler: Das Wiener Kollegiat-, nachmals Domkapitel zum Hl. Stephan in seiner pers¨onlichen Zusammensetzung in den ersten zwei Jahrhunderten seines Bestandes. 1365–1554. Diss. Wien 1932. – Friedrich Ranke: Zum Wortschatz der o¨ sterr. Umgangssprache um 1400. In: Beitr. zur Sprachwiss. und Volkskunde. FS Ernst Ochs. Hg. v. Karl F. M¨uller. Lahr 1951, S. 180–189. – Hans Menhardt: Funde zu U. v. P. In: FS Wolfgang Stammler. Berlin/Bielefeld 1953, S. 146–171. – Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehenden MA. (Sb. Akad. der Wiss. Wien, Philos.Hist. Kl. 228/5. Wien 1954. – Rolf M¨uller: Die Cyrillischen Fabeln und ihre Verbreitung in der dt. Lit. Diss. Mainz 1955. – Andr´as Vizkelety: Zur ¨ Uberl. der Werke U.s v. P. In: Armarium. Studia ex historia scripturae, librorum et ephemeridum. Hg. v. Piroska Dezs´enyi Szemz¨o/L´aszl´o Mezey. Budapest 1976, S. 41–44. – J¨urgen W. Einhorn: Der Bilderschmuck der Hss. und Drucke zu U.s v. P. ‹Buch der nat¨urlichen Weisheit›. In: Verbum et signum. FS Friedrich Ohly. Hg. v. Hans Fromm u. a., Bd. 1: Beitr. zur medi¨avistischen Bedeutungsforschung. Mu¨ nchen 1975, S. 389–424. – Klaus Grubm¨uller: Meister Esopus. Unters. zur Gesch. und Funktion der Fabel im MA (MTU 56). Z¨urich/M¨unchen 1977, S. 423–425. – G. Baptist-Hlawatsch: 869

1. H¨alfte 15. Jh. Das katechetische Werk U.s v. P. Sprachliche und rezeptionsgesch.liche Unters. (TTG 4). T¨ubingen 1980. – Rudolf Zinnhobler (Hg.): Die Dechanten v. Enns-Lorch. FS Eberhard Marckhgott. Linz 1982. – Thomas Hohmann: ‹Die recht gelerten ¨ maister›. Bemerkungen zur Ubersetzungslit. der Wiener Schule des Sp¨atMA. In: Die o¨ sterr. Lit. Ihr Profil von den Anf¨angen im MA bis zum 18. Jh. Hg. v. Herbert Zeman. Graz 1986, S. 349–365. – Gerhard Schmidt: Egerton Ms. 1121 und die Salzburger Buchmalerei um 1430. In: Wiener Jb. f¨ur Kunstgesch. 39 (1986), S. 41–58 mit 245–251. – Gerd Dicke/K. Grubm¨uller: Die Fabeln des MA und der fr¨uhen Neuzeit. Ein Kat. der dt. Versionen und ihrer lat. Entsprechungen (M¨unstersche MA-Schr. 60). Mu¨ nchen 1987, S. 843 f. (Reg.). – Peter Ernst: U. v. P. Leben und Werk nach dem Stand der neueren Forschung. In: Unsere Heimat. Zs. f¨ur Landeskunde v. Nieder¨osterreich 58 (1987) S. 203–213. – Dieter Harmening: Katechismuslit. Grundlagen religi¨oser Laienbildung im MA. In: Wissensorganisierende und wissensvermittelnde Lit. im MA. Perspektiven ihrer Erforschung (Wissenslit. im MA 1). Hg. v. Norbert Richard Wolf. Wiesbaden 1987, S. 91–102. – Ulrich Seelbach: ‹... die werdent ouch Helmbrehtel!› Zu den Prager und Wiener ‹Helmbrechten› im Sp¨atMA. In: PBB (T¨ub.) 109 (1987) S. 252–273, hier S. 268–273. – U. ¨ Bodemann: Die Cyrillusfabeln und ihre dt. Ubers. durch U. v. P. Unters. und Editionsprobe (MTU 93). Mu¨ nchen 1988, rezensiert von Nigel F. Palmer, PBB 116 (1994) S. 137–146. – Adalbert Elschenbroich: Die dt. und lat. Fabel in der Fr¨uhen Neuzeit. Bd. 2: Grundz¨uge einer Gesch. der Fabel in der fr¨uhen Neuzeit. Komm. zu den Autoren und Slg.en. Tu¨ bingen 1990, S. 22–26, 153–156. – ¨ Romy G¨unthart: Sebastian M¨unster, der Ubers. des ‹Spiegel der wysheit›. In: Euph. 89 (1995) S. 228. – U. Bodemann: Cyrillus in Th¨uringen. Zu einer ¨ weiteren Ubersetzung des ‹Speculum sapientiae› ins Deutsche. In: ZfdA 124 (1995) S. 171–183. – Helmut Puff: ‹Allen menschen nuczlichen›. Publikum, Gebrauchsfunktion u. Aussagen zur Ehe bei U. v. P. In: Text und Geschlecht. Mann und Frau in Eheschr. der Fr¨uhen Neuzeit. Hg. R¨udiger Schnell. Frankfurt/M. 1997, S. 176–196. – Uta ¨ St¨ormer-Caysa: Gewissen und Buch. Uber den Weg eines Begriffes in die dt. Lit. des MA. (Quellen und Forschungen zur Lit.- und Kulturgesch. 14 [248]). Berlin/NewYork 1998, S. 201–209. – R. Schnell: Sexualit¨at und Emotionalit¨at in der 870

1. H¨alfte 15. Jh. vormodernen Ehe. K¨oln 2002, S. 576 (Reg.). – Sigrid Mu¨ ller: Theology, Language and Reality in Fifteenth-Century ‹Via moderna›. In: Language and cultural change. Aspects of the study and use of language in the Later Middle Ages and the Renaissance (Groningen studies in cultural change 24). Hg. v. Lodi Nauta. L¨owen u. a. 2006, S. 1–22. – ´ Emilie Lasson: Superstitions m´edi´evales. Une analyse d’apr`es l’ex´eg`ese du premier commandement ˆ d’U. de P. (Nouvelle biblioth`eque du Moyen Age 102). Paris 2010. VZ Visio monachi Eyneshamensis (Visio Edmundi monachi de Eynsham). – Lat. Jenseitsvision, 12. Jh.; drei dt. Prosa¨ubersetzungen, 14./15. Jh. In der umfangreichen und breit u¨ berlieferten lat. Urfassung der V. m. E. erlebt ein junger Benediktinerm¨onch aus Eynsham bei Oxford w¨ahrend einer schweren Krankheit eine Jenseitsvision, bei der seine Seele vom hl. Nikolaus durch Fegefeuer und H¨olle (wo der M¨onch einige ihm bekannte arme Seelen trifft) zum Paradies und schließlich in die Gegenwart Gottes gef¨uhrt wird. Die H¨ollenqualen erfahren in dieser Vision eine a¨ ußerst drastische Schilderung. Die Oxforder Handschrift Bodleian Library, MS. Digby 34 (fr¨uhes 13. Jh. und damit einer der a¨ ltesten Textzeugen) nennt als Autor der Vision einen Adam, Prior von Eynsham, und als Vision¨ar einen Eadmundus (Edmund), der seine Vision 1196 erlebt haben soll. Adam d¨urfte mit dem Abt von Eynsham, der 1213–29 im Amt war, zu identifizieren sein. Die V. m. E. wurde im sp¨aten 14. und im 15. Jh. ins Deutsche u¨ bersetzt. Es sind drei voneinander unabh¨angige Prosa¨ubersetzungen bekannt, zwei davon sind unikal, eine in zwei Codices aus dem Dominikanerinnekloster St. Katharina zu N¨urnberg doppelt u¨ berliefert. Alle Textzeugen stammen aus dem nordbair./fr¨ankischen Raum. ¨ Uberlieferung (dt.): Dresden, LB, Msc. M 244 (vormals Mscr. M 135), 27r–49r (Pap., 1416, aus dem Augustinerchorfrauenstift Pillenreuth bei N¨urnberg, ostfr¨ankisch). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 269, 26r–53v (Pap., letztes Viertel 14. Jh., nordbair.). – Aus dem Katharinenkloster: M¨unchen, BSB, Cgm 8873 (vormals Privatbesitz Antiquariat Hartung & Karl, M¨unchen, Nr. 1986/51,1), 1r–37v (Pap., 1431, n¨urnbergisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43b (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). Ausgaben: Herbert Thurston: V. m. de Eynsham. In: Analecta Bollandiana 22 (1903) 871

Visio monachi Eyneshamensis S. 225–319. – P. Michael Huber: V. m. de Eynsham. In: Romanische Forschung 16 (1904) S. 641–733. – Herbert Edward Salter: Cartulary of the Abbey of Eynsham Bd. 2: Vision of the monk of Eynsham (Oxford Historical Society 51). Oxfgord 1908, S. 257–371. – Robert Easting: The Revelation of the Monk of Eynesham. (Early English Text Society 318). Oxford u. a. 2002 (lat./mittelenglisch). – ¨ Exzerpte mit dt. Ubers. bei: Ma. Visionslit. Eine Anthologie. Ausgew., u¨ bers., eingel. und komm. v. Peter Dinzelbacher. Darmstadt 1989, S. 122–127. Literatur: Peter Dinzelbacher, LexMA 3 (1986) Sp. 1581 f. (Edmund v. Eynsham). – Nigel F. Palmer, VL 2 10 (1999) Sp. 410–412. – Decima Langworth Douie/Hugh Farmer (Hg.): Adamus de Einesham: Magna vita Sancti Hugonis. Bd. 1. Oxford 1961 (Nachdr. 1985) S. viii–xiii. – N. F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). Mu¨ nchen 1982, S. 415 f. – P. Dinzelbacher: The Beginnings of Mysticism Experienced in 12th Century England. In: The Medieval Mystical Tradition in England 4. Hg. Marion Glasscoe. Cambridge 1987, S. 111–131. – Claude Carozzi: Le voyage de l’ˆame dans l’Au-del`a d’aprˆes la litterature latine (Ve–XIIIe si`ecle) (Collection de l’Ecole Fran¸caise de Rome 189). Rom 1994, S. 508–512. – V. Edmundi m. de Eynsham. Interdisziplin¨are Stud. zur ma. Visionslit. Hg. v. Thomas Ehlen u. a. (ScriptOralia 105). T¨ubingen 1998. Darin u. a.: Andreas Bihrer: Die Bearbeitungspraxis ma. Visionslit. Eine sp¨atma. Red. der ‹V. Edmundi m. de Eynsham›, S. 91–112. – Johannes Mangei: ¨ Die Bedeutung der Kart¨auser f¨ur die Uberlieferung der ‹V. Edmundi m. de Eynsham›, S. 135–161. VZ Bernhardin von Siena (Bernardino da Siena), * 1380 Massa-Marittima (Toskana), † 1444 Aquila. – Heiliger, Verfechter der Observanz, Volksprediger. B., der angesehenen Sieneser Familie der Albizzeschi entstammend, machte sich w¨ahrend der verheerenden Pest im Jahr 1400 als aufopferungsvoller Pfleger um die Kranken verdient. 1402 trat er in Siena in den Orden der Minderbr¨uder ein, der sich durch die Aufspaltung in die beiden Bewegungen der Observanz und des Konventualismus in einer Zeit des Umbruchs befand; B. setzte sich f¨ur die Einf¨uhrung der rigorosen Observanz ein. 872

Tepler Bibel Im Jahr 1403 nahm er seine T¨atigkeit als Volksprediger im Raum Siena auf, die sich bald auf ganz Mittel- und Norditalien ausweitete und seinen außerordentlichen Erfolg als Prediger begr¨undete. Auf ihn geht die Verbreitung des Monogramms IHS zur¨uck, da er nach jeder Predigt eine Tafel mit dem Namen Jesu zur Verehrung aufstellen ließ. B., der mehrmals der H¨aresie beschuldigt, jedoch nie verurteilt wurde, hatte 1438–42 das Amt des Generalvikars der italienischen Franziskanerobservanten inne. Gemeinsam mit seinem Sch¨uler Johann von Capistrano wirkte er als Ordensreformator. B. starb auf einer Missionsreise in die Abruzzen. Bereits 1450 wurde er von Nikolaus V. heiliggesprochen. Sein Festtag ist der 20. Mai. B.s v. S. Nachruhm liegt vor allem in den auf Nachschriften seiner H¨orer beruhenden volkssprachlich u¨ berlieferten Predigten. Die gelehrtscholastischen lat. Predigten sind dagegen authentisch. Eine bedeutende Vita des Heiligen (zwischen 1453 und 1457) entstand im Rookloster bei Br¨ussel. Die dt. Vita in M¨unchen, BSB, Cgm 4290 (16. Jh.) geht m¨oglicherweise auf diese zur¨uck. Die B.-Vita des Antonin von Florenz im Chronicon verwendete die hochalemannische Vita in St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 589, S. 105–126 (zweite H¨alfte 15. Jh). Ausgabe: Ausz¨uge bei Kurt Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 1: Texte (MTU 11). Mu¨ nchen 1965, S. 76–78. Ausgabe: S. Bernardini Senensis Opera omnia. Neun Bde. Ed. PP Collegii S. Bonaventurae. Quaracchi 1950–65. ¨ Ubertragungen ins Dt.: Besonders h¨aufig finden sich im dt.-ndl. Sprachraum Bearbeitungen des Sermo LVI des Evangelium Aeternum De sanctissima passione et mysteriis crucis: So ist in den Handschriften N¨urnberg, StB, Cent. VII 27, 48r–73v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, Ende 15. Jh.). – Berlin, SBB, Mgo 362, 1r–125v (Pap., zweite H¨alfte/Ende 15. Jh.) eine dem Original¨ text genau folgende Ubertragung eines N¨urnberger Anonymus u¨ berliefert. ¨ Eine freiere Ubertragung des Sermo LVI zeigt Karlsruhe, LB, St. Georg 95, 314v–334v (1499). Ein Passionstraktat u¨ ber die «lernung das lyden vnsers lieben heren zu betrachten» wird ebenfalls B. zugeschrieben. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 973, S. 406–475 (1498). 873

1. H¨alfte 15. Jh. Der dritte Teil des Traktats Von → dreierlei Abgr¨unden orientiert sich an B.s Sermo LVI. B.s Paternoster-Auslegung Sermo VI de Dominica oratione wurde in der dt. Fassung in der Handschrift Bamberg, SB, Cod. hist. 148a, 129r–141v (1517, th¨uringisch) leicht k¨urzend bearbeitet. ¨ Mehrere dt. Ubertragungen gibt es zu dem nicht sicher von B. verfassten Speculum peccatorum de contemtu mundi: Obd. in Z¨urich, ZB, Cod. C 20, 140vb. – N¨urnberg, Germ. Nat. Mus., Nr. 18526, 153r–175v. – Ndl. in Aachen, StB, Cod. 59. – Drucke: ohne Jahr und Ort (um 1490). – SimonMentzer-Druck Magdeburg 1493. Sehr weite Verbreitung in dt. Gebetsb¨uchern ¨ fand die Ubertragung des Gebets Vom s¨ussen Namen Jesu O bone Jesu, wobei die Autorschaft B.s nicht gesichert ist. Ausgaben: K. Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2 (MTU 86). Mu¨ nchen 1985, S. 261–282 (Paternoster-Auslegung), 345–347 (Vom s¨ussen Namen Jesu). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 789–793; 11 (2004) Sp. 244. – Giorgio Busetto u. a., LexMA 1 (1980) Sp. 1973–1975. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 540 f. – Justin Lang, SF LThK3 2 (1994) Sp. 279 f. Tepler Bibel. ¨ Der Text der Ubersetzung des NT steht dem ersten obd. Bibeldruck (Mentelin-Bibel, Druck Straßburg 1466, vgl. → Oberdeutsche Bibelfr¨uhdrucke) nahe. ¨ Uberlieferung: Prag, Nationalbibl., Tepl´a MS. b 10 (fr¨uher Tepl, Stiftsbibl., Cod. b 10 [Kat. Nr. 431] [olim Cod. 19]; davor Prag, Nationalmuseum, Ms. Tepl´a 199, S. 7–623 (Perg., 1.–2. Jahrzehnt 15. Jh., mitteldt. [nordbair.-b¨ohmisch]). Ausgaben: Philip Klimesch/Ch. Auracher/Max Huttler (Hg.): Der Cod. Teplensis enthaltend ‹Die Schrift des newen Gezeuges›. Erster Theil: Die vier heiligen Evangelien. Zweiter Theil: Die Briefe St. Pauli. Dritter Theil: Die Briefe St. Jacobi, St. Petri, St. Johannis, St. Jud¨a, das Botenbuch und St. Johannis Offenbarung nebst drei Anh¨angen. Mu¨ nchen 1884. – Alois Bernt: Die Tepler dt. Bibel des 14. Jh. Reichenberg 1929 (Teilausg.). – Jochen Splett unter Mitarbeit v. Elke Donalies u. a.: ‹das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem ¨ acker ...› Die hochdt. Ubersetzungen von Matth¨aus 874

1. H¨alfte 15. Jh. 13,44–52 in ma. Hss. (Litterae 108). G¨oppingen 1987, S. 32* (Nr. 72), 111. Literatur: Heimo Reinitzer, VL2 9 (1995) Sp. 696–698; 11 (2004) Sp. 1512. – Herman Haupt: Die dt. Bibel¨ubers. der ma. Waldenser in dem Cod. Teplensis und der ersten gedruckten dt. Bibel nachgewiesen, mit Beitr. zur Kenntniss der romanischen Bibel¨ubers. und Dogmengesch. der Waldenser. W¨urzburg 1885. – Wilhelm Weiss: Unters. zur Bestimmung des Dialektes des Cod. Teplensis. Diss. Halle/S. 1887. – Georg Ellinger: Die Waldenser und die dt. Bibel¨ubers. In: ZfdPh 20 (1888) S. 1–36. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92. Nachdr. Nieuwkoop ¨ 1966. – Rudolf Schellhorn: Uber das Verh¨altnis der Freiberger und der Tepler Bibelhs. zu einander und zum ersten vorlutherischen Bibeldrucke. 2 Bde. Freiberg 1896/97. – Erich Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMA (Bibel und dt. Kultur. Bd. 8). Diss. Hamburg 1938. – Josef Andorf: Die Mentelin-Druckbibel und ihre indirekte Vorlage, der sog. Cod. Teplensis. In: FS Eduard Winter. Hg. v. Wolfgang Steinitz. Berlin 1966, S. 71–81. BJ Des Teufels Netz (Des t¨ufels segi). – Satirischlehrhafte Reimpaardichtung, erste H¨alfte 15. Jh. Die Dichtung ist in vier voneinander kaum abh¨angigen Textredaktionen unterschiedlicher L¨ange u¨ berliefert und entstand wahrscheinlich im alemannisch-schw¨abischen Gebiet (Bodensee) vermutlich w¨ahrend oder kurz nach dem Konstanzer Konzil (1414–18). Der Verfasser d¨urfte Geistlicher gewesen sein. Die fr¨uheste und umfangreichste Fassung ¨ A u¨ berliefert die Karlsruher Handschrift (s. Uberl.). Die Fassung E ist ein aus einem Buchdeckel herausgel¨ostes Doppelblatt und umfasst nur 95 Verse. Keiner der u¨ berlieferten Texte ist als «Original» anzusehen, das genealogische Verh¨altnis der Fassungen ist nicht gekl¨art. A umfasst 13.657 Verse und zeigt auf dem Titelblatt die sieben Teufelsknechte, welche das Netz mit den gefangenen St¨andevertretern zuziehen, B ist eine verk¨urzte Redaktion von 7100 Versen, C (9979 Verse) weist in der Abfolge der ein¨ zelnen Teile gr¨oßte Ubereinstimmung mit A auf und nennt den Werktitel, D (8900 Verse, unvollst¨andig) ist ebenfalls fast durchwegs knapper, ein selbstst¨andiger Einschub erw¨ahnt vier weitere Knechte des Teufels. Die Grundstruktur des Werks ist in den verschiedenen Fassungen relativ stabil, 875

Des Teufels Netz nur in der Fassung B fehlen zwei Hauptteile; Reihenfolge und Anzahl der Kapitel im S¨unden- und Dekalogteil sind konstant, gr¨oßere Divergenzen zeigt jeweils der St¨andeteil, welcher zwischen 91 und102 Kapitel umfasst. Allen Redaktionen ist die St¨andehierarchie in der Reihenfolge Geistlichkeit, weltlicher Adel, b¨urgerliche Berufsst¨ande und «unterst¨andische» Gruppen gemeinsam. Nach der Handschrift A ergibt sich folgender Inhalt: Auf den Prolog mit Vorstellung der Dichtung als warnende Lehre u¨ ber die Versuchungen des Teufels, welcher mit einem großen Netz auf Menschenfang ist, folgt ein einleitender Erz¨ahlteil mit Betrachtungen eines Einsiedlers zum Menschen als Gottes Ebenbild, zum freien Willen, zur Erbs¨unde und zur Erl¨osung durch Christus; der neidische Teufel muss zugeben, wie er die Menschen in seine Gewalt bringt. Der Hauptteil der Dichtung ist ein Dialog des Einsiedlers mit dem Teufel. In drei Großabschnitten und einem u¨ berleitenden Zwischenteil werden die Tods¨unden (in der ungew¨ohnlichen Reihenfolge Hoffart, Neid und Hass, Geiz, Gefr¨aßigkeit, Zorn, Unkeuschheit und Tr¨agheit) als Teufelsknechte vorgestellt, ferner die vom Teufel verschuldete Verkehrung der Zehn Gebote, durch die der Mensch von Gott abf¨allt. Im umfangreichsten Großabschnitt berichtet der Teufel von den S¨unden der verschiedenen St¨ande von den geistlichen St¨anden (beginnend mit dem Papst) u¨ ber den weltlichen Adel, die Hofbediensteten, die stadtb¨urgerlichen St¨ande bis zu den «unterst¨andischen» Gruppen wie Huren, R¨auber, Mo¨ rder und Wirte. Der Schlussteil bringt eine Auslegung des Netzes und der Teufelsknechte als Tods¨unden sowie eine «Teufelsrede», in der die erbeuteten St¨ande und Verbrecher als Hofgesinde des Teufels dargestellt werden. Ein abschließender Dialog zwischen Christus und Teufel teilt die S¨under der H¨olle, die Frommen dem Himmel zu, w¨ahrend der Teufel selbst in die H¨olle verdammt wird. Der Dialog zwischen Einsiedler und Teufel folgt einem strengen Schema und zeigt Verwandtschaft mit dem «Lehrgespr¨ach»: auf kurze Fragen des Einsiedlers antwortet der Teufel in der Art einer negativen Lehre u¨ ber die Haupts¨unden, Dekalogs¨unden und Standess¨unden; der Schlussteil mit den gleichwertig verteilten Redeabschnitten zwischen Christus und Teufel findet gewisse Parallelen im geistlichen Drama (Weltgerichtsspiele), die Verbindung von S¨unden- und Dekaloglehre erscheint in katechetischer Literatur (insbesondere in Beichtspiegeln), die 876

Arbogast St¨andedidaxe kann mit derjenigen im → Buch der R¨ugen verglichen werden. Auffallend ist die große Differenziertheit in der Behandlung der st¨adtischen Berufsgruppen, insbesondere der Handwerker. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 113 (A; 1441). – Neustadt/Aisch, Kirchenbibl., Ms. 30 (B; zweite H¨alfte 15. Jh.). – Augsburg, UB, Cod. Oettingen-Wallerstein 1.3.2° 3 (C; 1449). Straßburg, Biblioth`eque nationale et universitaire, Cod. 2333 (D; 1472). – St. P¨olten, Stadtarch., H 3 (Fragm. E; 15. Jh.). Ausgaben: Karl August Barack (Hg.): D. T. N. Satirisch-didaktisches Gedicht aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. (Bibl. des Litterarischen Ver. in Stuttgart 70). Stuttgart 1863. – Michael Curschmann (Hg.): D. T. N. Ein Handschriftenfragm. aus St. P¨olten. In: ZfdA 100 (1971) 445–450. – Ulrich Boner: Der Edelstein. Mit einem Anhang: D. T. N., Sibyllenweissagung. Kodikologische und kunsthist. Beschreibung v. Ulrike Bodemann. M¨unchen 1987 (Mikrofiche-Edition). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 97. – Karin Lerchner, VL2 9 (1995) Sp. 723–727. – Ba¨ rack (s. Ausg.) S. 437–449. – Johann Maurer: Uber das Lehrgedicht D. T. N. In: 34. Jahresber. des k. k. Real- und Obergymnasiums zu Feldkirch (1889) S. 3–27. – Romuald Banz: Christus und die Minnende Seele. Unters. und Texte. Breslau 1908 (Nachdr. Hildesheim 1977) S. 124–141. – ¨ Heinrich Werner: D. T. N. Uberl. und Handschriftenverh¨altnis. Halle 1911. – Hellmut Rosenfeld: Die Entwicklung der St¨andesatire im MA. In: ZfdPh 71 (1951/52) S. 196–207. – Helga Thiel: D. T. N. Beobachtungen zur sp¨atma. geistlichen Didaktik. Diss. M¨unchen 1953. – Gerda Franz: Tugenden und Laster der St¨ande in der didaktischen Lit. des sp¨aten MA. Diss. Bonn 1957. – Gudrun Friebertsh¨auser: Unters. zu ‹Des T¨ufels segi›. Diss. Freiburg i. Br. 1966. – Wolfgang Heinemann: Zur St¨andedidaxe in der dt. Lit. des 13.–15. Jh. In: PBB 89 (1967) S. 332–343. – Hubert Hoffmann: Die geistigen Bindungen an Diesseits und Jenseits in der sp¨atma. Didaktik. Vergleichende Unters. zu Ges., Sittlichkeit und Glauben im ‹Schachzabelbuch›, im ‹Ring› und in ‹D. T. N.›. Diss. Freiburg i. Br. 1969. – Curschmann (s. Ausg.). – Bruno Boesch: Zu Sprache und Wortschatz der alemannischen Dichtung ‹Von des t¨ufels segi›. In: Alemannisches Jb. (1971/72) S. 46–73. – Anke Ehlers: D. T. N. Unters. zum Gattungsproblem. Diss. Mu¨ nchen 1973. – B. Boesch: Lehrhafte Lit. Lehre 877

1. H¨alfte 15. Jh. in Dichtung und Lehrdichtung im dt. MA. Berlin 1977, S. 267–270. – Gerhard Stamm: D. T. N. In: ‹Unberechenbare Zinsen›. Bewahrtes Kulturerbe. Kat. zur Ausstellung der vom Land Baden-W¨urttemberg erworbenen Hss. der F¨urstlich Fu¨ rstenbergischen Hofbibl. Hg. v. Felix Heinzer. Stuttgart 1993, S. 102 f. – Franz-Josef Schweitzer: Tugend und Laster in illustrierten didaktischen Dichtungen des sp¨aten MA. Hildesheim 1993, S. 249–270. – K. ¨ Lerchner: Uberlegungen zu F.-J. Schweitzers ‹Tugend und Laster›. In: Wirkendes Wort 45 (1995) S. 459–463. – Hildegard E. Keller: Die ‹minnende Seele› in D. T. N. Geschlechterpolemik kontrafaziert. In: Text im Kontext [...]. Hg. v. Alexander Schwarz/Laure Abplanalp. Bern u. a. 1997, S. 109–125. SF Arbogast. – Alemannische Legende und Predigt. Der wohl aus fr¨ankischem Adel stammende A. (Fest 21. Juli) wurde um 550 zur Wiederbegr¨undung des Bistums in das Elsass gesandt. Innerhalb des ehemaligen r¨omischen Castrums ließ er einen Marienkathedrale erbauen. Der Text ist ¨ eine k¨urzende Ubertragung einer lat. Vita und steht ¨ im Uberlieferungszusammenhang der Els¨assischen Legenda aurea des → Jacobus a Voragine. WilliamsKrapp verzeichnet neben zwei Legendarfassungen eine weitere eigenst¨andige Fassung der Legende. ¨ Uberlieferung: Legende: Aufstellung bei Kunze 1970, S. 304; Firsching, S. 27 f. – Hinzu kommt: Rottenburg, Bibl. des Priesterseminars, Hs. 11, 170vb–172ra (Pap., 1463/64, schw¨abisch). – Predigt: Colmar, StB, Ms. 717,II (Kat.-Nr. 212), 313r–316v (Pap., 15. Jh.). Ausgabe: Pfleger, S. 304–307 (nach der Hs. Heidelberg, UB, Cpg 144). – Konrad Kunze (Hg.): Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. 20–26. Literatur: G. Allmang: Arbogaste. In: DHGE 3 (1924) Sp. 1462 f. – Paul Stintzi, LCI 5 (1973) Sp. 240 f. – Werner Williams-Krapp, VL2 1 (1978) Sp. 422; 11 (2004) Sp. 125. – Wimmer/Melzer (61988) S. 145. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 205. – Michael Borgolte, LThK3 1 (1993) Sp. 939 f. – Luzian Pfleger: Zur altdt. Legendenlit. des Elsasses. In Straßburger Di¨ozesanbl. ¨ 29 (1910) S. 298–313. – Konrad Kunze: Uberl. und Bestand der Els¨assischen Legenda Aurea. In: ZfdA 99 (1970) S. 265–309. – Karl Firsching: Die dt. Bearbeitungen der Kilianslegende unter besonderer Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA 878

1. H¨alfte 15. Jh. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Bistums und Hochstifts W¨urzburg 26). W¨urzburg 1973. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 393. BJ Brigida von Kildare (Brigitta). – Dt. Legenden. B., irische Heilige und Patronin (ca. 452/53–ca. 523/24; Fest: 1. Februar), war Gr¨underin und ¨ Abtissin des Doppelklosters Kildare. Es sind sieben dt. und ndl. Fassungen der Legende sowie zehn weitere Legenden in der Volkssprache (verzeichnet bei Williams-Krapp [s. Lit.]) bekannt. Die Sprache der Legenden Nr. 2–9 ist mndl. Nr. 2–8 finden sich als Einsch¨ube in diversen Handschriften der S¨udmndl. Legenda aurea (→ Jacobus a ¨ Voragine. Nr. 1 bietet eine els¨assische Ubertragung der lat. Legende aus dem sog. Provincia-Anhang zur Legende aurea aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. (M¨unchen, BSB, Cgm 343, 138rb–142ra). Nr. 10 (Bielefeld, Bibl. des Landeskirchenamtes, Cod. A 3, 64va–65rb) z¨ahlt zu den → Buchwaldschen Heiligenpredigten. Literatur: John Hennig, LexMA 2 (1983) Sp. 689. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 749 f. – Franz Brunh¨olzl, LThK3 2 (1994) Sp. 692 f. – Elva Johnston, RGG4 1 (1998) Sp. 1765. – Konrad Kunze, VL 11 (2004) Sp. 288 f. – Acta Sanctorum Hiberniae. Br¨ugge 1888, Sp. 1–75. – Louis Gougaud: Gaelic Pioneers of christianity. Dublin 1923, S. 101, 103–108, 112, 130. – James Francis Kenney: The sources for the early history of Ireland. New York 1929. Dublin 2 1997. – Alice Curtayne: St. B. of Ireland. Dublin 1933. – K. Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2 (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. XXXIX–XLV, LVII, 322–331. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 400. – Lisa M. Bitel: Landscape with two saints. How Genovefa of Paris and Brigit of Kildare built Christianity in barbarian Europe. Oxford u. a. 2009. SF Das andere Land. – Gedicht, sp¨atestens im ersten Drittel des 15. Jh. entstanden. Vorherrschendes, durch den Refrain («dat ander lant») charakterisiertes Thema des aus sangbaren vierzeiligen Strophen mit Paarreim bestehenden Gedichts eines vermutlich klerikal gebildeten Verfassers ist die Unausweichlichkeit des To879

Brigida von Kildare des. Die Vorstellung des Sterbens als einer letzten Reise lassen an die Vado-mori-Gedichte denken, der Reigentanz («Wy moeten al dansen an den rey») erinnert an Totentanzdarstellungen. Der Text wurde im ndl. Raum in Liederb¨ucher des 16. und 17. Jh., sp¨ater in einer modernisierten Fassung in die Sammlung Des Knaben Wunderhorn aufgenommen. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, K¨onigl. Bibl., ms. 19575 (Perg., vorgeheftetes Doppelbl.). – Ebd., ms. II 112 (Kat.-Nr. 2381), 106r–108v (Pap.). – Danzig Gda´nsk, Bibl. der Poln. Akad. der Wiss. (BGPAN), Ms. 2418, 2r–3v [I,1r–3v] (Pap., 1462; das Fragment wird heute in einer eigenen Mappe aufbewahrt; fr¨uhere Blattz¨ahlung in eckigen Klammern). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7020 (W*) 319 (Pergamentbl., 15. Jh., niederrheinisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 9298 (fr¨uher Meiningen, Hofbibl., Hs. 91 [fr¨uher Hs. 43]), 105ra–105va (Perg., Mitte 15. Jh., westmitteldt. und nd.). – L¨owen, UB, Cod. G 42, 1r-v (Pap.). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 64, 307v–309v (Pap.). – Oxford, Bodleian Libr., Ms. Jun. 78, 136v–138v (Pap., Ende 15. Jh.). Ausgaben: Johann Georg Meusel: Verz. einiger auf der Herzoglichen Bibl. zu Meiningen befindlichen Hss. und Codices. In: Hist.litterarisch-bibliographisches Magazin 7 (Chemnitz 1794) S. 165–173 (Hs. Mu¨ nchen). – Franz Joseph Mone: Quellen und Forschungen zur Gesch. der teutschen Lit. und Sprache. Bd. 1. Aachen/Leipzig 1830, S. 126 (zur Hs.), 127–132 (Hs. Br¨ussel, Ms. 19575) (zit.). – Wilhelm Mantels: Nieders¨achsische geistliche Lieder aus der vorreformatorischen Zeit. In: Zs. des Vereins f¨ur L¨ubeckische Gesch. und Alterthumskunde 2 (1867) S. 528–537, hier S. 528–532 (Hs. L¨ubeck). – Hermann Oesterley: Nd. Dichtung im MA. Dresden 1871 (= Karl Goedeke: Dt. Dichtung im MA. Zweite Ausg., vermehrt um Buch XII: Nd. Dichtung von H. Oesterley), S. 61 f. (Hs. L¨ubeck). – G. Kalf: Vant ander lant. In: Tijdschrift voor Nederlandsche taal- en letterkunde 4 (1884) S. 188–195 (Hs. Oxford). – Johannes Franck: Aus dem Hist. Arch. der Stadt K¨oln. In: ZfdA 44 (1900) S. 117–131, hier S. 123–131 (Hs. K¨oln). – Leop. le Clerq: ‹Dat ander lant›. In: De gulden passer 19 (1941) S. 99–114 (Hs. L¨owen). Literatur: Christian Kiening, VL2 11 (2004) Sp. 89–91. – Franck (s. Ausg.) S. 123–126. – J. Bolte: Vom andern Land. In: Zs. des Vereins f¨ur 880

Darmst¨adter Legendar Volkskunde 12 (1902) S. 216 f. – Erna D¨oringHirsch: Tod und Jenseits im Sp¨atMA. Zugleich ein Beitr. zur Kulturgesch. des dt. B¨urgertums (Stud. zur Gesch. der Wirtschaft und Geisteskultur 2). Berlin 1927, S. 83 f. – Le Clerq (s. Ausg.) S. 100–105. – Stephan Cosacchi: Makabertanz. Der Totentanz in Kunst, Poesie und Brauchtum des MA. Meisenheim am Glan 1965, S. 652 f. – Hellmut Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. Beih. 3). 3., veb. und verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 99, 181. – Erwin Koller: Totentanz. Versuch einer Textembeschreibung (Innsbrucker Beitr¨age zur Kulturwiss. Germanistische Reihe 10). Innsbruck 1980, S. 608 f. und Register. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze. Unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Inkunabel ‹Des dodes dantz›, L¨ubeck 1489 (Nd. Stud. 36). K¨oln u. a. 1990, S. 198. – Hartmut Freytag (Hg.): Der Totentanz der Marienkirche in L¨ubeck und der Nikolaikirche in Reval (Tallinn). Edition, Kommentar, Interpretation, Rezeption (Nd. Stud. 39). K¨oln u. a. 1993, S. 46, 247. BJ Geistliche Minnejagd (Minnejagd einer innigen Seele, Diu scone iacht ener mynnender ziele). – Nd. geistliche Minneallegorie in Dialogform, je nach ¨ Uberlieferung 514 bzw. 544 Verse; entstanden in der ersten H¨alfte des 15. Jh. Die Reimprosa-Dichtung G. M. entstand vermutlich im ndl.-nd. Grenzgebiet in der N¨ahe von Geldern oder Kleve. Die westmoselfr¨ankische Be¨ arbeitung (s. Uberl.) stellt wohl eine eigenst¨andige ¨ Ubertragung aus dem Ndl. dar, die im Rahmen der Tafel von dem christlichen Glauben und Leben (→ Dirk van Delft) u¨ berliefert ist. Die Seele als «J¨ager» geht mit ihren f¨unf «Hunden» – den f¨unf Sinnen – auf die Jagd um das «Tierchen» (Christus) aufzusp¨uren. Als der J¨ager und seine Hunde nach dem «Tierchen» rufen, jedoch nur Zur¨uckweisung ernten, wird es nacheinander von «intellectus verstentenisse» mit den Hunden «vernofft» und «onderscheyt», «voluntas wylle» mit den Hunden «gunst» und «kesen», «memoria» mit den Hunden «ghedanckes» und «wederdanken» und «fidelitas truwicheyt» mit «kere-af» und «kere-totruwe» gejagt. Schließlich jagt «hersebulus tornicheyt» mit den Hunden «stedicheyt of stede-blijf» und «wlherden» oder «lief-grijf» dem «Tierchen» 881

1. H¨alfte 15. Jh. nach. Zum Schluss findet der «J¨ager» das «Tierchen», f¨ugt ihm eine Wunde zu und nimmt es gefangen. ¨ Uberlieferung: Bad Berleburg, Sayn-Wittgensteinsche Schlossbibl., Ms. RT 2/2, 327v–337r (fr¨uher A 170) (Pap., vor 1466, nordrheinfr¨ankisch). – Darmstadt, UB/LB, Hs. 2667, 216v–224r (Pap., Mitte 15. Jh., nordwestmoselfr¨ankisch). – Jena, UB/LB, Ms. Sag. o. 4, 181r–193v (15. Jh., nd.). – Inkunabel: Antwerpen, Gerard Leeuw 1488. Ausgaben: H. Beckers: Die scone iacht ener mynnender ziele. Eine allegorische Dichtung aus dem Kreis der sp¨atma. ndl.-nd. Beginenmystiken. FS Jan Goossens. Privatdr. Mu¨ nster 1980. – Gunhild Roth/Volker Honemann: Die ‹G. M.›: eine nd. geistliche Minneallegorie. In: Magister et amicus. FS Kurt G¨artner. Hg. v. V´aclav Bok u. a. Wien 2003, S. 195–235. Literatur: G. Roth, VL2 11 (2004) Sp. 505–507. – Kurt Hans Staub/Thomas S¨anger: Dt. und ndl. Hss. Mit Ausnahme der Gebetbuchhss. (Die Hss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt 6). Wiesbaden 1991, S. 123–128 (Nr. 80), hier S. 126 f. – G. Roth: Die ‹Tafel vom christlichen Glauben und Leben›. Die westdt. Bearb. v. Dircs van Delft ‹Tafel van dem Kersten Ghelove›. In: ZfdA 130 (2001) S. 291–297, hier S. 294. – Roth/Honemann (s. Ausg.) S. 175–194. SF Darmst¨adter Legendar. – Sammlung von Heiligenpredigten und -legenden in einer um 1420 abgeschlossenen Darmst¨adter Handschrift, entstanden vor 1343. Enthalten sind 110 Predigten bzw. Legenden, teilweise nach Themen geordnet: Marienlegenden (1ra–15va), Apostellegenden (16ra–52vb), m¨annliche Heilige (52vb–74vb), weibliche Heilige (75ra–98va). Es folgen drei nach dem Kalenderjahr angeordnete Corpora (98va–188vb). Das D. L. wurde aus verschiedenen dt. Quellen kompiliert. Dreizehn Texte sind auch im Heiligenleben → Hermanns von Fritzlar enthalten, mit dem das D. L. eine Vorlage gemeinsam hat; die KilianLegende findet sich auch in einer Handschrift der Harburger Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine). ¨ Uberlieferung: Darmstadt, UB/LB, Hs. 1886 (1420, mitteldt. und nd.). Ausgaben: Stammler 1933 (s. Lit.) S. 100 (Urban-Legende bzw. -predigt). – Firsching 1973 882

1. H¨alfte 15. Jh. (s. Lit.) S. 60–62. – Wagner 1987 (s. Lit.) S. 1–32 (Edition der Legende von Mari¨a Verk¨undigung). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 342 f. – Wolfgang Stammler: Prosa der dt. Gotik. Berlin 1933, S. 100. – Karl Firsching: Die dt. Bearb. der Kilianslegende [...] (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Bistums und Hochstifts W¨urzburg 26). W¨urzburg 1973. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 210. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 21 f. – Bettina Wagner: Die Darmst¨adter Hs. 1886. Ein dt. Prosalegendar des sp¨aten MA. In: Bibl. und Wiss. 21 (1987) ¨ S. 1–32. – Sibylle Jefferis: Die Uberl. und Rezeption des ‹Heiligenlebens› Hermanns v. Fritzlar, einschließlich des nd. ‹Alexius›. In: JOWG 10 (1998) S. 191–209, hier S. 197–199. SF Die Goldwaage der Stadt Jerusalem. – Besonders im obd. Sprachgebiet verbreiteter Kurztraktat des fr¨uhen 15. Jh. ¨ Die Uberlieferung des anonymen Werks, welches nach 1 Kor 13 die 15 St¨ucke der g¨ottlichen Liebe behandelt, erfolgte in zwei Fassungen. Die erste Fassung verwendet die Allegorie der Goldwaage als S¨undenwaage, die 15 Zeichen der g¨ottlichen Liebe werden durch die Gewichte der Goldwaage dargestellt. ¨ Uberlieferung: 14 Hss. bei Stammler (s. Ausg.) S. 157. – Ferner: Augsburg, StB/SB, 2° cod. 160, 28ra–30rb. – Braunau, Priv. Bibl. Langer, Cod. 404, 54v–57v (verschollen). – Harburg, F¨urstl. ¨ Ottingen-Wallersteinsche Bibl. (olim Maihingen), Cod. III 1, 2°, 5, 232rb–233vb. – Ebd. III 1, 2°, 27, 224ra–225va. – Ebd. III 1, 4°, 27, 79r–83v. – Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 112, 59–60 (fragm.). – Mu¨ nchen, UB, Cod. 4° 482, 272r–275v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 366, 145v–147v. – Ebd., Cgm 831, 42r–49v. In der zweiten Fassung fehlt die GoldwaageAllegorie als Rahmen des Textes; die Einleitung widmet sich der g¨ottlichen Liebe in von Fassung I unabh¨angiger Form, die Schilderung der 15 Zeichen der g¨ottlichen Liebe ist fast gleichlautend mit Fassung I. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1260, 172r–173v. – Mu¨ nchen, UB, Cod. 4° 489, 883

Die Goldwaage der Stadt Jerusalem 52v–55v. – M¨unchen, BSB, Cgm 432, 275r–278v. – Ebd., Cgm 458, 328v–332v. – Ebd., Cgm 744, 145v–147r. – Ebd., Cgm 1121, 221ra-rb (fragm.). – Ebd., Cgm 6396, 65v–68v. – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 54, 25v–30r. – Z¨urich, ZB, Cod. C 173, 168r–170v. – Ungedruckt. ¨ Der Uberlieferungsschwerpunkt liegt in Augustinerkl¨ostern; der Text ist meist in Zusammenhang mit einer Handschriftengruppe der ersten Fassung von Thomas → Peuntners B¨uchlein von der Liebhabung Gottes, ferner in allen Textzeugen, die Von einem → christlichen Leben vollst¨andig u¨ berliefern sowie in f¨unf Handschriften des Traktats Von der → Gemahelschaft Christi mit der gl¨aubigen Seele erhalten. Ausgabe: Wolfgang Stammler: Sp¨atlese des MA. Bd. 2 (TspMA 19). Berlin 1965, S. 57–60 (Nr. 27) (Fassung I). Literatur: Bernhard Schnell, VL 2 3 (1981) Sp. 93 f. – Stammler (s. Ausg.). – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965. – Bernhard Schnell: Thomas Peuntners ‹B¨uchlein v. der Liebhabung Gottes› (MTU 81). Mu¨ nchen/Z¨urich 1984, S. 252. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 301. – Dies.: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5/7). Wiesbaden 1996, S. 124. SF Von der Gnaden Reichtum. – Traktat des 15. Jh. i Der Traktat «Von der gnaden richait» eines unbekannten, wahrscheinlich franziskanischen Theologen, der mit der Lehre vom Seelengrund → Taulers vertraut war, versucht durch Er¨orterung von 33 Gnade-Bestimmungen ihr Wesen und ihre Wirkung zu ergr¨unden. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 999, S. 335–362 (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., alemannisch). Ausgabe: G. Steer (s. Lit.) 1966. Literatur: Georg Steer, VL2 3 (1981) Sp. 71. – Ders.: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). Mu¨ nchen 1966, S. 126–134. BJ Von einem geistlichen Mai. – Liedkontrafaktur, 15. Jh. ¨ Ahnlich wie im Prosatext → Geistlicher Maibaum wird die menschliche Seele zur Betrachtung der 884

Kettner Wunden des als Maibaum dargestellten gekreuzigten Christus aufgefordert. 1. Der vermutlich urspr¨ungliche Text ist in der Handschrift StB N¨urnberg, Cod. Cent. VI 82, 32v–33v (erste H¨alfte 15. Jh.) u¨ berliefert und umfasst f¨unf vierzeilige Strophen. Eine verk¨urzte und leicht abge¨anderte Version findet sich in der → Pfullinger Liederhandschrift (Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 190, 172v, zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch). 2. Eine auf 19 Strophen erweiterte Bearbeitung stammt aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. (Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 19, 165v–167r, zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch). 3. Ein weiteres Lied vom geistlichen Mai umfasst zw¨olf vierzeilige Strophen und stammt ebenfalls aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. (N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 22403, 293r–294r, niederrheinisch). ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 190, 172v (Pap.). Ausgaben: 1. Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 824. – 2. Ebd., Nr. 825. – Adolf Spamer (Hg.): Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 190–192. – Wolfgang Stammler (Hg.): Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA (Germanistische B¨ucherei 1). M¨unchen 1948, Nr. 75, S. 198 f. Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1167 f. – Luise Berthold: Beitr. zur hochdt. geistlichen Kontrafaktur vor 1500. Diss. Marburg 1918. Auszug gedr. ca. 1921, S. 10 f. – Urs Kamber: Arbor amoris Arbor amoris. Der Minnebaum. Ein Pseudo-Bonaventura-Traktat. Hg. nach lat. und dt. Hss des 14. und 15. Jh. (Phil.Stud.u.Qu. 20). Berlin 1964, S. 137. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968, S. 263. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982. BJ Kettner, Fritz (Ketner, Kethener, K¨otner, Kecz¨ ner), * um 1365/1370, † nach 1430. – Altester namentlich bekannter N¨urnberger Meisterlieddichter, um 1400. Der Name K. ist zwischen 1392 und 1430 archivalisch in N¨urnberg belegt, wobei es sich bei den 885

1. H¨alfte 15. Jh. urkundlichen Eintr¨agen m¨oglicherweise um zwei Tr¨ager desselben Namens handelt; K. war wohl als st¨adtischer Bediensteter t¨atig. Von K. sind sieben meisterliche T¨one u¨ berliefert (Frauenton, Hoher Ton, Osterweise, Paratreihen, Prophetentanz, Schl¨usselweise, Verk¨urzter Ton), f¨unf davon in den Meisterliederhandschriften des 15. und 16. Jh. Hoher und Verk¨urzter Ton sind erst im 16. Jh. belegt. Die Osterweise erscheint unter dem Namen Frauenlobs Verhohlener Ton auch in der → Kolmarer Liederhandschrift. Ein Lied in der Schl¨usselweise (im Text signiert: «Ketener») enth¨alt ein allegorisches Marienlob und nimmt mit dem Schl¨usselmotiv Bezug auf das Marienlied Gulden schlos des Albrecht → Lesch. ¨ Uberlieferung: Inc. Ich wil zu eim schloss guldein, 13 Str., signiert. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 351, 220v–223r (m). Ausgabe: Cramer (s. Lit.) Nr. IV. Ein weiteres Lied in der Schl¨usselweise umfasst ein anaphorisches Gotteslob. ¨ Uberlieferung: Inc. Globt sey der stark almachtig got, drei Strophen. m 223rv. Ausgabe: Cramer (s. Lit.) S. 504. Der neunstrophige Prophetentanz nennt den Reigen der Altv¨ater, den Christus in das Paradies zur¨uckf¨uhrt (ebenfalls signiert). ¨ Uberlieferung: Inc. Nu hort wunecleichen tancz, neun Str., signiert, m 259r–260v. Ausgabe: Cramer, Nr. III. Ein Lied in der Osterweise f¨uhrt 72 Marienattributionen auf. ¨ Uberlieferung: Inc. Ein kunigin ob allen kunigin ich dinen wil, f¨unf Str. Berlin, SBB, Mgq 414, 270rv (q), und f¨alschlich unter der Bezeichnung Verhohlener Ton → Frauenlobs in der → Kolmarer Liederhs., 155rv (k) und der → Donaueschinger Liederhs., S. 257–260 (u). Ausgabe: Mary Juliana Schroeder: Mary-Verse in Meistergesang. Washington D. C. 1942, S. 263 f. – Eva und Hansj¨urgen Kiepe: Gedichte 1300–1500. In: Epochen der dt. Lyrik. Bd. 2. Hg. v. Walther Killy. Mu¨ nchen 1972, S. 184–186. – Cramer (s. Lit.) Nr. I. Ein weiteres Lied in der Osterweise, Inc. Vil hundert tusent wachter wachten einen man von drei Str.: ¨ Uberlieferung: k 155v–156r (folgt auf Text d), rv k 390 und u 251. Ausgabe: Bartsch (s. Ausg.) S. 300–302. K.s Verfasserschaft ist nur f¨ur den Prophetentanz und das Marienlied in der Schl¨usselweise durch Autorsignatur sicher belegt. 886

1. H¨alfte 15. Jh. K. wurde im 15.–17. Jh. als einer der Begr¨under des N¨urnberger Meistergesangs verehrt. Ein fingierter R¨atselstreit im 15. Jh. mit dem Marner zeugt von seiner Bekanntheit; 1527 z¨ahlt ihn Hans Sachs zu den Zw¨olf alten N¨urnberger Meistern. Ausgaben: Karl Bartsch: Meisterlieder der Kolmarer Handschrift. Stuttgart 1862, S. 200–202. – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 2. Mu¨ nchen 1979, S. 112–131; 3 (1985), S. 53–61. Literatur: Dieter Merzbacher, VL2 4 (1983) Sp. 1138–1141; 11 (2004) Sp. 837. – Frieder Schanze, MarLex 3 (1991) S. 546. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 231, 789. – Horst Brunner, MGG Personenteil 10 (22003) Sp. 62 f. – Johannes Rettelbach, Killy2 6 (2009) S. 390. – Bartsch (s. Ausg.). – Georg M¨unzer: Das Singebuch des Adam Puschman. Leipzig 1906. – Wolfgang Stammler: Die Wurzeln des Meistergesanges. In: DVjs 1 (1923) S. 529–556. – Frances H. Ellis: Analysis of the Berlin Ms. Germ. Quart 414. In: Publications of the Modern Language Association of America 61 (1946) S. 947–996. – Mary Juliana Schroeder: Topical Outline of Subject Matter in the Berlin Ms. Germ. Quart 414. In: Publications of the Modern Language Association of America 61 (1946) S. 997–1017. – Tilo Brandis: Der Harder. Texte und Stud. Berlin 1964, S. 89–102 (zu Hs. m). – Bert Nagel: Meistersang (RUB 8977/78). Stuttgart 1965, S. 106. – Gerhard Pfeiffer (Hg.): N¨urnberg. Gesch. einer europ¨aischen Stadt. M¨unchen 1971 (Nachdr. ebd. 1982) S. 205. – Horst Brunner: Die alten Meister. ¨ Stud. zu Uberl. und Rezeption der mhd. Sangspruchdichter im Sp¨atMA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 54). Mu¨ nchen 1975 (Reg.). – Gisela Kornrumpf: M¨ulich v. Prag, Pfalz v. Straßburg, Albrecht Lesch. In: ZfdA 106 (1977) S. 121–137. – Cramer, Bd. 2 (s. Ausg.) S. 112–131, 502–506. – Irene Stahl: Die Meistersinger v. N¨urnberg. Archivalische Stud. (N¨urnberger Werkst¨ucke zur Stadtund Landesgesch.). N¨urnberg 1982, S. 207 f. – F. Schanze: Meisterliche Liedkunst zwischen Heinrich v. Mu¨ geln und Hans Sachs (MTU 82/83). Z¨urich/M¨unchen 1983/84, Bd. 1, S. 286–295. Bd. 2, S. 10 f. – RSM 4 (1988) S. 176–179. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. 32000, S. 334, 336, 338. – J. Rettelbach: Der Einzug der Meistersinger in die Oper. In: Vom MA zur Neuzeit. FS Horst Brunner. Dorothea 887

Kunlin ¨ Klein u. a. Wiesbaden 2000, S. 615–632. – Johannes Janota: Vom sp¨aten MA zum Beginn der Neuzeit. Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 180. – RSM 2/1 (2009) S. 105 f. SF Kunlin, ¨ Johannes. – Sp¨ates 14. oder Anfang 15. Jh., Verfasser des Reimpaartexts Von den Zehn Geboten. K., zu dessen Person es keine gesicherten Erkenntnisse gibt, verfasste eine gereimte Strafrede von den zehn Geboten, an deren Schluss er sich selbst als Verfasser nennt. Das paargereimte Gedicht umfasst 419 bzw. 433 (in Cgm 379) Verse. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 444, Pap. 209r–218r (erstes Viertel 15. Jh.?; vollst.). – Ebd., Cgm 379, Pap., 4v–11v (Augsburg, um 1454; unvollst.) – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 3, Pap., 7r–14r (Augsburg?; Abschrift des Cgm 379 vom Ende des 15. Jh., unvollst.). Ausgabe: Wolfgang Achnitz: Peter Suchenwirts Reimtraktat ‹Die zehn Gebote› im Kontext deutschsprachiger Dekaloggedichte des MA. Mit Textedition und einem Abdruck der DekalogAuslegung des Johannes K¨unlin, PBB (T¨ub.) 120 (1998) S. 53–102, hier S. 85–95. Literatur: Karin Schneider, VL2 5 (1985), Sp. 438 f.; 11 (2004) Sp. 898. – Dies.: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5/3). Wiesbaden 1973, S. 271–282. – Gerold Hayer (Bearb.): Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg (Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA 3/1). Wien 1982, S. 212–220. – Achnitz (s. Ausg.). SF Mardach, Eberhard (Madach, Mattach) OP, † 1428. – Theologe. Einzelheiten u¨ ber M.s Leben sind durch Schilderungen Johannes → Niders bekannt. Diesem zufolge war M. urspr¨unglich Weltpriester. Um 1405 schloss er sich den N¨urnberger Dominikanern an. Im dortigen Konvent war er dann von 1425 bis zu seinem Tod Prior. 1422 schrieb er einen Brief, der heute als Sendbrief von wahrer Andacht bekannt ist (ein «brief, den ein geistlicher peichtvater gesent hat seim geistlichen kind in ein closter. Vnd die materie ist von rechtem warem sicherem andacht»). Darin warnt M. vor asketischen Exzessen, wie er sie etwa den Beginen unterstellt. Stattdessen 888

Nikolaus von Kosel fordert er Demut und Hingabe als Grundlage der ¨ im Brieftitel genannten, wahren Andacht. Ubrigens ist M.s Text nicht mit der Unterscheidung von wahrer und falscher Andacht zu verwechseln. M. werden manchmal zwei weitere Schriften zugeschrieben, die zeitlich von ihm stammen k¨onn¨ ten: zun¨achst eine dt. Ubersetzung der Bruderschaft der ewigen Weisheit aus dem Horologium (II,7) von Heinrich → Seuse; außerdem das Speculum artis bene moriendi, als dessen m¨ogliche Verfasser auch → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl, Johannes → Nider und Thomas → Peuntner gelten. In den Handschriften ist ein Dominikaner namens Einhard aus N¨urnberg als Autor erw¨ahnt, was auf M. hindeuten k¨onnte. Sicher sind beide Texte M. jedoch nicht zuzuschreiben. ¨ Uberlieferung: M.s Sendbrief ist in zahlreichen Hss. u¨ berl.; vgl. Williams-Krapp 1985 (s. Lit.). Fr¨uheste Hs. ist m¨oglicherweise: N¨urnberg, Stadtbibl., Cod. Cent. VI, 100, 71v–89r (Pap., 1422, n¨urnbergisch). Ausgaben: Williams-Krapp/Williams 2004 (s. Lit.). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 1237–1239; 11 (2004) Sp. 967. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213, bes. S. 167 f., 178. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi I. Rom 1970, S. 350–352. – W. Williams-Krapp/Ulla Williams: Die Dominikaner im Kampf gegen weibliche Irrt¨umer. E. M.s ‹Sendbrief von wahrer Andacht›. Mit einer Textedition. In: Dt.-b¨ohmische Lit.beziehungen. FS V´aclav Bok. Hg. v. Hans-Joachim Behr. Hamburg 2004, S. 427–446. MM Nikolaus von Kosel OFM, Kosel/Oberschlesien. – Prediger, Anfang 15. Jh. N. erhielt seine Ausbildung wohl im Kloster Oberglogau und empfing 1415/16 die Priesterweihe. 1416 ist er als «Praedicator Bohemorum» in Olm¨utz, 1417 beim Provinzial-Ordenskapitel in Oppeln und 1421 als Sakristan in J¨agerndorf nachgewiesen. Neben Werken in lat. (Briefkopien, Predigten, Exempel und Legenden, praktisch-theologische Aufzeichnungen, Gebete, 52 Lieder, Hymnen und Sequenzen) und tschechischer Sprache (f¨unf geistliche Lieder, Interlinearglossen) geh¨oren folgende 889

1. H¨alfte 15. Jh. dt. Texte zum Werk des N. v. K.: a) Interlinearglossen zu einem Glosarius de diversis vocabulis sowie Glossen u. a. zu W¨ortern und Wendungen aus den Evangelien; b) Katechetische Texte und Gebete; c) Kirchenlieder (Wir glauben in einen got, Der hymmel koenig ist geborn, Du hymmel koenigen vreue dich,Ave morgen sterne, irlewechte vns mildiclich, Ich man dich vater Iesum Crist, Gegrusset zeistu koenigin); d) Evangelienperikopen. ¨ Uberlieferung: Breslau/Wrocław, UB, Hs. I Q 466 (enth¨alt als Autograph den als Briefkopialbuch begonnenen Rapiarius, Niederschriften unterschiedlichster Art in willk¨urlicher Folge). Ausgaben: August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied [...]. Bd. 2. Leipzig 1867. Nachdr. 1964. – Joseph Klapper (Hg.): Die Schr. Johanns v. Neumarkt IV. [Breslau] 1935, S. 375–399. – Klapper 1937 (s. Lit.) (Interlinearglossen, katechetische Texte, Gebete). – Klapper 1941 (s. Lit.) (Evangelienperikopen). Literatur: Ludwig Denecke, VL2 6 (1987) Sp. 1089–1093; 11 (2004) Sp. 1054. – Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: N. v. K., ein b¨ohmischer und dt. Dichter vom Jahre 1417. In: Monatsschr. v. und f¨ur Schlesien 2 (1829) S. 738–751. – Julius Feifalik: Stud. zur Gesch. der altb¨ohmischen Lit. 6: Die altb¨ohmische Cato. Altb¨ohmische Reimspr¨uche. In: Sb. der Akad. der Wiss. in Wien, Phil.-Hist. Kl. 36 (1861) S. 211–246. – Ders.: Unters. u¨ ber altb¨ohmische Vers- und Reimkunst. In: ebd. 39 (1862) S. 281–344, 636 f., 702 f. – Heinrich R¨uckert: Entwurf einer systematischen Darstellung der schlesischen Mundart im MA, mit einem Anhange enthaltend Proben altschlesischer Sprache. Paderborn 1878 (Nachdr. Vaduz 1971) S. 43–59. – Joseph Klapper: Kirchliches Leben in Oberschlesien vor 500 Jahren. Bruder N. v. K. In: Aus Oberschlesiens Vergangenheit und Gegenwart 2 (1922) S. 3–20. – Ders.: Ma. Wandererz¨ahlungen in Oberschlesien. In: Mitt. der Schlesischen Ges. f¨ur Volkskunde 24 (1923) S. 85–94. – Ders.: Das Volksgebet im Schlesischen MA. In: ebd. 34 (1934) S. 85–117. – Ders.: N. v. K. Oberschlesische Kultur am Beginn des 15. Jh. In: ebd. 36 (1937) S. 1–106 (mit Teilausg. der Hs.). – Ders.: Die ostmitteldt. Evangelienperikopen des N. v. K. In: FS Hans Vollmer. Hg. v. Arthur Allgeier. Potsdam 1941, S. 249–303. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im 890

1. H¨alfte 15. Jh. MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Walter Haug: Poetologische Universalien und Literaturgesch. In: Erz¨ahlforschung 2. Hg. v. Wolfgang Haubrichs. G¨ottingen 1977, S. 277–296, hier S. 285 f. BJ Nikolaus-von-Dinkelsbuhl-Redaktor. ¨ Dem N.-v.D.-R. k¨onnen mit Sicherheit Predigten zugeschrieben werden, die in zwei großen Sammlungen u¨ berlieferten sind: 1. Jahrespredigten, erg¨anzt durch weitere Festtagspredigten. ¨ Uberlieferung: Geras, Stiftsbibl., Hs. 4. – G¨ottweig, Stiftsbibl., Hs. 3 (1456). – Melk, Stiftsbibl., cod. 1865 (olim 586; L 5). – Ebd., cod. 705 (olim 371; G 33). – Stockholm, Kungl. Bibl., cod. A 190 (1439). – Wien, Dominikanerkloster, cod. 177/144B (aus dem Frauenkloster St. Laurenz in Wien). – Wien, Schottenkloster, cod. 306, 1r–148r. – Weitere Hss. mit Streu¨uberl. bei bei Madre, S. 161 f. 2. Predigten, deren lat. Vorlagen u. d. T. Tractatus octo gesammelt sind. ¨ Uberlieferung: Mehr als 20 Hss., s. Menhardt; Madre, S. 168 f., 174 f., 180, 186 f., 191, 198 f. – Ferner: Berlin, SBB, Mgf 1316. – Stockholm, Kungl. Bibl., cod. A 193. Literatur: Thomas Hohmann, VL2 6 (1987) Sp. 1059 f.; 11 (2004) Sp. 1053. – Adolf Spa¨ mer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420. – Hermann Menhardt: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhls dt. Predigt vom Eigentum im Kloster. In: ZfdPh 73 (1954) S. 1–39, 268–291. – Alois Madre: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl. Leben und Schr. Ein Beitr. zur theologischen Literaturgesch. (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA XL,4). M¨unster 1965. – T. Hohmann: Heinrichs v. Langenstein Unterscheidung der Geister. Lat. und dt. (MTU 63). Z¨urich/M¨unchen 1977, S. 161–173, 257–276. – Ders.: Dt. Texte aus der ‹Wiener Schule› als Quelle f¨ur Michel Beheims religi¨ose Gedichte. in: ZfdA 107 (1978) 319–330. – Ders.: ‹Die recht gelerten ¨ maister›. Bemerkungen zur Ubersetzungslit. der ¨ Wiener Schule des Sp¨atMA. In: Die Osterr. Lit. Ihr Profil v. den Anf¨angen im MA bis ins 18. Jh. Hg. v. Herbert Zeman. Graz 1986, S. 349–365. BJ Passionstraktat Do der minnenklich got. Der in mindestens zw¨olf Handschriften sehr unterschiedlich u¨ berlieferte anonyme Prosatraktat war 891

Nikolaus-von-Dinkelsbuhl-Redaktor ¨ im Gebiet Franken, Elsass, Schwaben/Baiern verbreitet. Die Texte geh¨oren zur sp¨atma. geistlichen «Gebrauchsliteratur», die sich nach den Bed¨urfnissen eines breiten Publikums richtete; sie gw¨ahren Einblicke in die damalige Alltagsfr¨ommigkeit. Neben den evangelischen Berichten wurde mehrfach das apokryphe → Evangelium Nicodemi als Vorlage herangezogen. Verbindungen lassen sich auch zum Passionstraktat Extendit manum → Heinrichs von St. Gallen und zu dem Traktat → Christi Leiden in einer Vision geschaut erkennen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 360, 2r–317r (Pap., 1486, schw¨abisch) (B). – Frankfurt/M., UB, Ms.Barth. 58, 2r–92r (erstes Drittel 16. Jh., rheinfr¨ankisch) (F). – G¨ottingen, SUB, 4° Cod. Ms. theol. 285, 59ra–78va (zweites Viertel 15. Jh.; unvollst.) (G). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 41 (Perg., Anfang 15. Jh., oberheinisch; unvollst.) (K1). – Ebd., Cod. St. Georgen 68, 1v–141r (Pap., Ende 15. Jh., ostalemannisch-schw¨abisch) (K2). – Ebd., Cod. G¨unterstal 14, 9v–157v (um 1540, ostalemannisch) (K3). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 14, 192 Bll. (Pap., Schreibernennung auf Bl. 191v: Frater Simon R¨osch in Wiblingen, 1495, ostschw¨abisch, stark bair. gef¨arbt). – Berlin, SBB, Mgf 1347 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, Mu¨ nchen, Nr. 1915/328; davor Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, M¨unchen, Nr. 1898/1278) (Pap., Nennung der Schreiberinnen: «von einer alten schwester Ursula kungin» und «Anna happercherin» [Rosenthal] bzw. «Ursula Rungin» und «Anna Haspergerin» [Degering], 1545/49). – Bern, Burgerbibl., Cod. 729 (fr¨uher Privatsammlung Eduard Langer, Braunau [B¨ohmen], Ms. 513; davor Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 1155), 1r–129r (Pap., Schreibernennung auf Bl. 129r: «pfaff Johanns Schnell capplan zu Burlfingen», 1461, alemannisch) (P). – Beuron, Bibl. der Erzabtei, 4° Ms. 1 (fr¨uher Sigmaringen, Kapitelsbibl., Hom. Bibl. cap. Sigm. Nr. 114), 1ra–326rb (Pap., 15. Jh., els¨assisch) (S). – Porrentruy, Biblioth`eque cantonale jurasienne, Ms. 29 (Pap., Schreibernennung: «Dis buch het uns geton schriben die erwirdig junckfrow Johanna von Merspeck» [vgl. hinterer Buchspiegel], 1428, alemannisch). – Sarnen, Bibl. des Benediktinerkollegiums, Cod. chart. 105, 1r–119r (Pap., 1533, alemannischschw¨abisch). Ausgabe: A. V. Schelb (s. Lit.) 1972, S. 199–426 (vollst. Edition von K1, nebst Sonderst¨ucken aus andern Handschriften); ebd., S. 77–84, auch die 892

Peuger durch Oliger und Riedmatter u¨ berlieferten Textstellen aus S. Literatur: Albert Schelb, VL2 7 (1989), Sp. 353–355. – Livarius Oliger: Die Leidensuhr eines Straßburger Franziskaners aus dem 15. Jh. In: Der Katholik, 98. Jg., 4. Folge, Bd. 21 (1918) S. 99–112, 158–175. – Paul Riedmatter: Die Ikonographie des Abschiedes Jesu von Bethanien. Kallm¨unz 1931, S. 67–69. – Albert Viktor Schelb: Die Handschriftengruppe ‹Do der minnenklich got›. Ein Beitr. zur sp¨atma. Passionsliteratur. Diss. Freiburg/Br. 1972. – Tobias A. Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgeschichtliche Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006, S. 153 f. BJ Peuger, Lienhart (Leonhard) OSB, * um 1390, ¨ † bald nach 1455. – Schreiber, Redaktor und Ubersetzer im Dienste der Melker Reform, Verfasser von Reimpaargedichten, Anfang 15. Jh. L. P. war zuerst Soldat, bevor er in St. Lambrecht oder Altenburg in den Benediktinerorden eintrat. Seit 1419 ist er im reformierten Benediktinerkloster Melk bezeugt, wo er 1420 die Profess als Laienbruder ablegte. In der von ihm selbst geschriebenen Melker Professurkunde nennt er sich selbst «von Mattsee»; seine (adlige?) Abstammung ist ungewiss. Mit den mehr als zwei Dutzend von P. geschriebenen dt. Handschriften legte er den Grundstock der Melker Konversen-Bibliothek, um im Sinne der Melker Reform die Bildung der Laienbr¨uder zu f¨ordern. Es beschr¨ankte sich bei seinen Texte meist nicht auf eine wortw¨ortliche Wiedergabe seiner Vorlagen, sondern bearbeitete diese auf eine eigenst¨andige und freie Weise. P. ist der Schreiber aller Handschriften der «Melker Kurzfassung» von De quattuor instinctibus des → Heinrich von Friemar, des sog. «Melker Mischtexts» der → MariaAegyptica-Legende und des Melker → Physiologus. Aus seiner Feder stammt auch eine weitgehende Neubearbeitung der sog. Melker Evangelien. In den von P. geschriebenen Handschriften sind zahlreiche stark bearbeitete und gek¨urzte Predigten Meister → Eckharts u¨ berliefert, auf deren Grundlage P. den Traktat → Von der sˆele werdikeit und eigenschaft kompilierte. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1569 (nach 1440). Ausgabe: Franz Pfeiffer: Dt. Mystiker des 14. Jh. Bd. 2: Meister Eckhart. Leipzig 1857 (Neudr. Aalen 1962) S. 394–416. 893

1. H¨alfte 15. Jh. Bislang konnte nicht zweifelsfrei ermittelt wer¨ den, welche Ubersetzungen aus dem Lat. P. selbstst¨andig verfasste und welche er nur geschrieben hat. Wahrscheinlich ist er der Verfas¨ ser einer Ubertragung der Orationes et meditationes → Anselms von Canterbury. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 235 (639; L 67), 81ra–120rb. Von P. sind vier umfangreichere Reimpaarreden u¨ berliefert: Von chlagen der sunten leben, Ein Spruch vber das salue regina, Ein Spruch vber das aue maria und Von der natur hitz. Die Texte behandeln thematisch haupts¨achlich die «conversio» des Verfassers im Alter von 22 Jahren sowie sein Selbstbild als geistlicher Ritter und sind Zeugnisse seiner Marienverehrung. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 808, 109r–120r (Autograph). Die Handschrift Melk, Stiftsbibl., Cod. 1389, S. 280 (72/B 37; Autograph) enth¨alt eine knappe Reimpaarrede mit dem Incipit «O m¨unich lazz dir dein cell ein paradeis sein» von 18 Versen. Eine l¨angere Reimpaarrede (Inc. «Ein Jungeling der welt chind...») u¨ berliefern die Handschriften ¨ Wien, ONB, Cod. 14269, 260r–267r und Schlierbach, Stiftsbibl., Cod. I 16, 79va–82rb. Literatur: Freimut L¨oser, VL2 7 (1989) Sp. 534–537; 11 (2004) Sp. 1233. – Fritz Peter Knapp, BBKL 7 (1994) Sp. 389 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 199. – F. L¨oser: An¨ selm, Eckhart, L. P. Zu einer dt. Ubersetzung der Orationes et Meditationes Anselms v. Canterbury in Hss. der Melker Laienbr¨uder. In: Lat. und Volkssprache im dt. MA: 1100–1500. Regensburger Colloquium 1988. Hg. v. Nikolaus Henkel/Nigel F. Palmer. T¨ubingen 1992, S. 233–255. – Ders.: Meister Eckhart in Melk. Stud. zum Redaktor L. P. Mit einer Edition des Traktats ‹Von der sel wirdichait und aigenschafft› (TTG 48). T¨ubingen 1999. – Ders.: Was sind Meister Eckharts dt. Straßburger Predigten? In: Meister EckhartJb. 2 (2008) S. 37–64, hier S. 51. – Andr´es Quero-S´anchez: Sein als Absolutheit [...]. In: Dass., S. 189–219, hier S. 216. – Burkhard Hasebrink u. a. (Hg.): ‹Paradisus anime intelligentis›. Stud. zu einer dominikanischen Predigtslg. aus dem Umkreis Meister Eckharts. T¨ubingen 2009, passim. – Carsten Kottmann: Das buch der ewangelii und ¨ epistel. Unters. zur Uberl. und Gebrauchsfunktion s¨udwestdt. Perikopenhss. (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 14). M¨unster u. a. 2009, S. 101, 132, 134. SF 894

1. H¨alfte 15. Jh. Gebetbuch fur ¨ Barbara Ulstatt. Namengebende Auftraggeberin oder zumindest Empf¨angerin des G.s war Barbara, die Ehefrau eines N¨urnberger Stadtbewohners namens Hans Ulstatt. Dessen Tod 1418 k¨onnte ein Grund f¨ur die Erstellung des G.s gewesen sein. Barbara selbst starb am 6.2.1428. Ihr G. ist nur in einer Erlanger Hs. u¨ berliefert, in der sich eine einzige, bisher nicht identifizierte Schreibhand nachweisen l¨asst. Das G. kann in drei Hauptteile gegliedert werden, beginnend mit Gebeten des allt¨aglichen Gebrauchs (Vater Unser, Ave Maria, Apostolisches Glaubensbekenntnis) und Mariengebeten. Ebenfalls zum ersten Teil geh¨oren das gereimte Gebet Frauenlobs Beichte sowie eine dt. Fassung von Anima Christi (eine Querverbindung zum Gebetbuch des Niklaus Meyer zum Pfeil). Darauf folgen Passionsgebete wie Gebet vor dem Gregoriusbild und Meditationsgebete wie Christus am Kreuz, die ebenfalls inhaltlich auf N. Meyers Gebetbuch verweisen. Heiligengebete (St. Erasmus, St. Barbara) beschließen den ersten Teil. Der Mittelteil des G.s ¨ (ab 33r) enth¨alt Ubertragungen liturgischer Texte, sieben Bußpsalmen, eine Allerheiligenlitanei, das Officium parvum Beatae Mariae Virginis und den Cursus de sancta cruce. Der Schlussteil (ab 139v) umfasst zun¨achst Marien- und Kommunionsgebete. Hinzu kommen Texte Johanns von Neumarkt, zu dessen Prager Tradition das G. Korrespondenzen aufweist, sowie zwei Texte von Militsch von Kremsier. ¨ Uberlieferung: Erlangen, UB, cod. B 16 (Perg., N¨urnberg, 1418). Ausgaben: Teildr. von Bl. 14v–16r (Frauenlobs Beichte) bei Peperkorn 1983 (s. Lit.). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1112 f. – Ders., MarLex 2 (1989) S. 587. – Johann v. Neumarkt: Schr. 4. Hg. v. Joseph Klapper. Berlin 1935, Nr. 5–15, 29 f. u. o¨ . – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). T¨ubingen 1968, S. 50–52. – Otto P¨ultz: Die dt. Hss. der UB Erlangen (Kat. der Hss. der UB Erlangen 4). Wiesbaden 1973, S. 30 f. – P. Ochsenbein: Die dt. Privatgebete ¨ Johanns v. Neumarkt. Uberlieferungsgesch. Stud. zu einer bislang unbekannt gebliebenen Londoner Hs. In: AB¨aG 12 (1977) S. 145–164. – G¨unter Peperkorn: ‹frawenlobes beichte›. Zur Rezeption einer Sangspruchstrophe in dt. Privatgebeten des 14. Jh. In: Beitr. zur Gesch. der dt. Sprache und Lit. 105 (1983) S. 232–250, hier S. 233–242. MM 895

Gebetbuch fur ¨ Barbara Ulstatt Rostocker Kinderlehre. – Im fr¨uhen 15. Jh. entstandene Sammlung liturgischer Gebete in lat. und mnd. Sprache. Der unbekannte Autor der mehr als ein Dutzend Gebete umfassenden R. K. war sehr wahrscheinlich Franziskaner; Adressatin der Schrift scheint eine ¨ Ordensgeistliche gewesen zu sein. Die nd. Ubertragung folgt jeweils auf drei bis vier lat. W¨orter. Der Text beginnt mit einer Vorschrift f¨ur den Klosterunterricht; behandelt werden der Lehrkanon und die von den Kindern zu gebrauchenden Schulb¨ucher (Brevier, Psalter, → Donat, → Cato u. a.). ¨ Uberlieferung: Rostock, UB, Mss. Var. 30 (Norddeutschland, 15. Jh./um 1500; Papierfaszikel aus vier Einzelbll. und einem Doppelbl.). Ausgabe: Karl Ernst Hermann Krause: Eine Kinderlehre des 15. Jh. (Progr. Große Stadtschule Rostock). Rostock 1873, S. 14–20. Literatur: Klaus Klein, VL2 8 (1992) Sp. 253. – Krause (s. Ausg.) S. 13 f. – Nikolaus Henkel: ¨ Dt. Ubers. lat. Schultexte. M¨unchen 1988, S. 260 (Lit.). – Kurt Heydeck: Die ma. Hss. der UB Rostock (Kat. der UB Rostock 1). Wiesbaden 2001, S. 266 f. SF Salzmann, Hans. – Verfasser der Reimpaardichtung Der Geistliche Bau (Inc.: «Ein geistlich baw hebt sich an / den wil ich teuchen») in 356 Versen. Im Epilog des Gedichtes nennt sich «hans salczman» als Autor. In 15 Abschnitten («grad») werden die Tugenden behandelt, durch die ein Mensch «in geselschaft [...] der lieben heiligen» kommt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, UB, 4° Cod. ms. 825, Tl. I, 56r–62v (vielleicht aus dem W¨urzburger Raum, ca. 1430). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 8 (1992) Sp. 568 f. – Hans Fromm/Hanns Fischer: Ma. dt. Hss. der UB M¨unchen (1). In: Unterscheidung und Bewahrung. FS Hermann Kunisch. Berlin u. a. 1961, S. 109–131, hier S. 123–126. – G. Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1968, S. 204–206. SF Vom Schaden des Tanzens. – Anonyme dt. Predigt, fr¨uhes 15. Jh. Tanzen wird als Verf¨uhrung zur S¨unde (vor allem zur Unkeuschheit) dargestellt, die Tanzenden 896

Thomas (Hemerken) von Kempen st¨unden in der Gefolgschaft des Teufels; ausgenommen wird nur der Tanz in Unschuld und Einfalt. Eingestreute Exempel und drastische Vergleiche sollen die Anschaulichkeit verst¨arken. Quelle war die Bibel; an Autorit¨aten werden → Gregor der Große und Johannes Chrysostomos genannt. Inhaltliche Verwandtschaft besteht u. a. mit der → Lehre gegen das Tanzen und von dem Maibaum. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 3009, r v 73 –85 (Pap., Baden-Baden, 1437, els¨assisch). Ausgaben: Moriz Haupt: Was Schaden Tantzen bringt. In: Altdt. Bll. 1 (1836; Nachdr. Hildesheim/New York 1978) S. 52–63. – M. B¨ohme (s. Lit.) S. 94–101. – Ausz¨uge in: Lehrhafte Litteratur des 14. und 15. Jh. Bd. 2. Hg. Ferdinand Vetter. Berlin/Stuttgart 1889 (Nachdr. Tokio 1974) S. 277–282. Literatur: Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 215. – Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 8 (1992) Sp. 593 f. – Franz M. B¨ohme: Gesch. des Tanzes in Deutschland. Beitr. zur dt. Sitten-, Litt.- und Musikgesch. Bd. 1. Leipzig 1886. Nachdr. 1980. – Ann Harding: An Investigation into the Use and Meaning of Medieval German Dancing Terms. Diss. Oxford 1969. G¨oppingen 1973. – Reinhold Hammerstein: Diabolus in musica. Stud. zur Ikonographie der Musik im MA. Bern 1974. BJ Thomas (Hemerken) von Kempen (Hamerken, Hamerkein; T. Malleolus, T. a Kempis), * zwischen 29.9.1379 und 24.7.1380 Kempen/Niederrhein, † 1.5. oder 24.7.1471 Kloster Agnietenberg bei Zwolle. – Verfasser und Kopist geistlicher Schriften. T. stammte aus einer Handwerkerfamilie, kam als etwa Dreizehnj¨ahriger nach Deventer und besuchte die Kapitelschule der Lebuinuskirche. Beeinflusst durch Florens → Radewijns, der ihn in einen Konvent der Br¨uder vom Gemeinsamen Leben aufnahm, kam er 1399 in das Windesheimer Kloster Sint Agnietenberg (bei Zwolle), wo sein a¨lterer Bruder Jan Hemerken († 1405) Prior war. 1406 in den Orden eingetreten, wurde er 1413/14 zum Priester geweiht. T. war als Kopist t¨atig, schrieb u. a. f¨ur das eigene Kloster und auch im Auftrag ausw¨artiger Geldgeber viermal die gesamte Bibel ab und begann um 1420 eigene geistliche Schriften zu entwerfen. 1425–31 und seit 1448 war er 897

1. H¨alfte 15. Jh. Subprior von Agnietenberg, seit 1448 auch Novizenmeister, trat auch als Musiker, Prediger und Geschichtslehrer hervor und hatte wahrscheinlich um 1443 f¨ur ein Jahr das Amt des Prokurators inne. T.s nahezu 40 Schriften sind mit einer kleinen Ausnahme in lat. Sprache verfasst. Dazu geh¨oren erbaulich-historische Schriften, Briefe, Predigten und asketische Schriften. Verschiedene Echtheitsfragen sind nicht eindeutig gekl¨art. Jahrhundertelang war auch umstritten, ob T. der Verfasser von De Imitatione Christi sei (Zuweisungen u. a. an → Bernhard von Clairvaux, Gert → Groote, Jan van → Ruusbroec, Johannes → Gerson). Zu den erbaulich-historischen Schriften T.’ geh¨oren das Chronicon Montis sanctae Agnetis, eine Vita der → Lidwina von Schiedam und der Dialogus noviciorum, der die Viten der ersten modernen Devoten enth¨alt, u. a. Gert → Groote und F. Radewijns. Die an Menschen außerhalb des Klosters gerichteten f¨unf Epistolae behandeln den geistlichen Fortschritt, geistliche Pr¨ufungen und geistliche Ausdauer. Seine Sermones fasste T. in drei Zyklen zusammen: Sermones devoti (Sermones ad Fratres), Sermones ad novicios regulares und Sermones de vita et passione Domini, scilicet ab Adventu Domini. W¨ahrend sich die beiden ersten Zyklen mit dem idealen Klosterleben befassen, widmet sich der dritte Zyklus dem liturgischen Jahr. Zentrales Thema der asketischen Schriften T.’ (insgesamt 16 Traktate) ist die Demut als notwendige Voraussetzung f¨ur ein Freisein vor Gott (u. a. Libellus spiritualis exercitii, Imitatio Christi, Libellus de disciplina claustralium, Vita boni monachi, Libellus de recognitione propriae fragilitatis). Zu den spirituell-didaktischen Werken z¨ahlen die einzige volkssprachliche Schrift T.’ (Van goeden woerden to horen ende die to spreken), ferner Hortulus rosarum, Vallis liliorum, Soliloquium animae, Consolatio pauperum et infirmorum. Sp¨atestens 1427 waren die vier Traktate, die unter dem Sammelnamen De Imitatio Christi (IC) bekannt wurden, vollendet, 15 Jahre sp¨ater wurden sie als Vollfassung in den Autograph von 1441 (Br¨ussel, Kgl. Bibl., cod. 5855–61) aufgenommen. IC gilt als eines der Hauptwerke der Devotio mo¨ derna. Die Uberlieferung umfasst mehr als 770 lat. und volkssprachliche Handschriften sowie mehr als 3000 Drucke. Die einzelnen B¨ucher wurden auch separat oder auszugsweise tradiert. Buch I (Admonitationes utiles) ist eine Anleitung zum geistlichen Leben f¨ur Anf¨anger. Das Leitwort 898

1. H¨alfte 15. Jh. des sich dem Gesamtthema widmenden ersten Kapitels lautet: «Qui sequitur me non ambulat in tenebris» (Joh 18,12). Das kurze Buch II (Admonitiones ad interna trahentes) handelt vom inneren Leben. Individuelle Voraussetzungen daf¨ur, das Ge¨ bet als privilegierte «Ubung» zu erfahren, die zur Begegnung mit Gott f¨uhrt, sind: Demut, Friedfertigkeit, Einfalt, Leidensbereitschaft. Das 12. und letzte Kapitel dieses Buches handelt vom «K¨onigsweg des Kreuzes» mit dem Leitwort: «Verleugne dich selbst, nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach» (Mt 16,23). Das umfangreiche Buch III (Liber internae consolationis) in Form eines Dialogs zwischen Christus und Mensch gibt Auskunft u¨ ber T.’ pers¨onlichen Umgang mit Jesus im Klosteralltag. Aus diesem Umgang in der «richtigen» Haltung (vor allem Demut, Gehorsam, Gottvertrauen und Kreuzesnachfolge) erw¨achst innerer Trost. Buch IV (Devota exhortatio ad sacram communionem), ebenfalls in Form eines Dialogs zwischen Christus und Mensch, handelt von der Eucharistie, der eigentlichen Vereinigung mit Christus. Zu den Hauptthemen, die in Abwandlungen immer wieder behandelt werden, geh¨oren die Eitelkeit der Welt und ihrer G¨uter, Eigenliebe, Ver¨ suchung und Uberheblichkeit, die durch Demut, Selbstaufgabe, Geduld, Leiden u. Gehorsam zu u¨ berwinden seien. Zu Christus als dem Ziel gelangt der geistliche Mensch durch wahre innere ¨ Freiheit, durch vollst¨andige Uberantwortung des eigenen Ichs an Gottes Gnade. Das Erbauungsbuch ist nicht in sich geschlossen und inhaltlich klar strukturiert; es besteht bei wechselnden Leitideen aus zusammenmontierten Sequenzen, wobei rund 1200 biblische Zitate und Anspielungen Verwendung finden. Das Werk ist ein «Rapiarium», das neben der Bibel auch Anleihen aus den Schriften der Kirchenv¨ater (u. a. → Hieronymus) und Einfl¨usse u. a. von → Ludolf von Sachsen, Gert Groote, Jan van → Ruusbroec, Florens Radewijns und Heinrich → Seuse erkennen l¨asst. Bei der dt. Rezeption des Werks des T. steht die I. C. an der Spitze. Aber auch eine Reihe anderer seiner Schriften fand eine breite Verbreitung in der Volkssprache. Von den Hanschriften der I. C. enthalten etwa ¨ 150 Ubersetzungen, darunter auch Teil¨ubersetzungen und Ausz¨uge; davon entfallen rund 70 Handschriften auf ndl. und mehr als 60 Handschriften ¨ ¨ auf dt. Ubersetzungen. Von den obd. Ubersetzung ist die sog. Obd. gedruckte Gesamt¨ubersetzung der 899

Thomas (Hemerken) von Kempen I. C. am breitesten u¨ berliefert; der Text von Buch I-III (u. a. Erlangen, UB, Cod. B 20) ist seit der ersten H¨alfte des 15. Jh. bezeugt, derjenige von Buch I-IV (oft mit Zusatzkapitel u¨ ber den Gehorsam) seit 1455 (u. a. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 418, 451 und 6966). Neben einer bair. (Innsbruck, ULB, Ccod. 979, 118v–204r; nach 1473) und eine nordbair. Gesamt¨ubersetzung (Prag, N´arodn´ı Knihovna, cod. XVI G 25, 135r–175r [I], 195v–386v [II–IV], wohl aus St. Clara zu Eger) gibt es eine alemanni¨ sche Ubersetzung von Buch I-III (Heidelberg, UB, cod. Sal. IX 7, 32r–122v; 15. Jh., aus Petershausen, Schluss fehlt) sowie eine Teil¨ubersetzung aus den B¨uchern I-III (Berlin, SBB, Mgq 178, 155r–188r). Heinrich → Haller u¨ bersetzte Buch II vollst¨andig und Buch I teilweise (Innsbruck, UB, Cod. 641, 117r–175r); von Johannes → Zierers stammt eine Gesamt¨ubersetzung (New York, Columbia University, cod. X 242.1/S, 3r–166v). Zur genaueren ¨ Darstellung der Ubersetzungen (neben den obd. ¨ auch der mitteldt. und nd. Ubersetzungen sowie ¨ der Ubersetzungen und Bearbeitungen weiterer Schriften s. VL2 9 [1995] Sp. 873 ff und VL2 11 [2004] Sp. 1528 ff.). Ausgaben (Ausw.): Faks. des Autographs der IC. Hg. v. Charles Ruelens. London 1879. – Thomae H. a Kempis [...] Opera omnia. Hg. v. Michael Joseph Pohl. 7 Bde. Freiburg i. Br. 1902–22. – Zwei ¨ Urschr. der IC in mnd. Ubers. Hg. v. Paul Hagen. Berlin 1930. – Le manuscrit autographe de T. a Kempis et ‹L’Imitation de J´esus-Christ›. Examen arch´eologique et e´ dition diplomatique du Bruxellensis 5855–5861. Hg. v. L´eon M. J. Delaiss´e. 2 Bde. Paris u. a. 1956. – De IC libri quatuor. Hg. v. Tiburzio Lupo. Vatikanstadt 1982. ¨ Ubersetzungen (Ausw.): S¨ammtliche Werke des ¨ gottseligen T. v. K. Ubers. v. Johann Peter Silbert. 4 Bde. Wien 1833–40. – Die Nachfolge Christi ¨ des gottseligen T. v. K. Ubers. v. Otto Bardenhewer. Mu¨ nchen 1948. – Das Buch v. der Nachfolge ¨ Christi. Nach der Ubersetzung v. Johann M. Sailer hg. v. Walter Kr¨ober. Stuttgart 1950. Zuletzt ¨ 2010. – T. v. K., Nachfolge Christi. Ubers. v. Hermann Endr¨os. Vorwort v. Edzard Schaper. Frank¨ furt/M. 1957. – Heinrich Hallers Ubers. der IC. Hg. v. Erika Bauer. Salzburg 1982. – Die Nachfolge ¨ Christi. Vier B¨ucher. Ubers. und hg. v. Wendelin Meyer, neu durchges. v. Lothar Hardick. Kevelaer ¨ 1987. Neuaufl. 1995. – Nachfolge Christi. Ubers. v. Hugo Harder. Solothurn 51995. 900

Thomas (Hemerken) von Kempen Literatur: Franz Xaver Kraus, ADB 38 (1894) S. 74–85. – Karl Bosl, BWG2 3 (1975) Sp. 2886. – Sabine Schmolinsky, Killy 11 (1991) S. 343–345. – Gerhard Wehr, KNLL 16 (1991) S. 542 f. – Rudolf van Dijk: T. H. a Kempis. In: Dict. Spir. 15 (1991) Sp. 817–826. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 337 u. o¨ . – G¨unter Bernt, MarLex 6 (1994) S. 411 f. – Paul van Geest/Erika Bauer/Burghart Wachinger, VL2 9 (1995) Sp. 862–882; 11 (2004) Sp. 1528–1538. – Schulthess/Imbach (1996) S. 597. – Nicolaus Heutger, BBKL 11 (1996) Sp. 1396–1398. – Manfred Gerwing: T. (H.) a Kempis. In: LexMA 8 (1997) Sp. 720. – Georg Stenger in Volpi, Gr. Werklex. der Philosophie 2 (1999) S. 1495. – Rudolf van Dijk, LThK3 9 (2000) Sp. 1531 f. – Paul van Geest: T. a Kempis. In: Medieval Germany. An Encyclopedia (2001) S. 755–757. – Ulrich K¨opf, TRE2 33 (2002) S. 480–483. – Heiner Schmidt, Quellenlex.3 31 (2002) S. 120–122. – Silvia Reinhardt: ‹De imitatione Christi›. In: LexthW (2003), S. 169 f. – Nikolaus Staubach, RGG4 8 (2005) Sp. 377. – Karl Hirsche: Prolegomena zu einer neuen Ausg. der ‹Imitatio Christi› nach dem Autograph des T. v. K. 3 Bde. Berlin 1873–94. – Van der Navolginge Cristi ses boeke. Aus dem Codex m.s. der Bibl. des Benediktinerstiftes Schotten, zugleich mit einem ‹vijften boeck van Qui sequitur› nach der Hs. der Maatschappij. Hg. v. C¨olestin Wolfsgruber. Wien 1879. – Peter Paulsen: T. a Kempis, sein Leben und seine Schr., vornehmlich die ‹Nachfolge Christi›. Leipzig 1898. – Pierre E. Puyol: La doctrine du livre ‹De imitatione Christi›. Paris 1881. 21898. – Ders.: L’auteur du livre ‹De imitatione Christi›. Paris 1899. – L. Peters: Taal en stijl der Imitatio Christi. In: De Katholiek 118 (1900) S. 461–473; 119 (1901) S. 277–295. – Symphorien de Mons: L’influence spirituelle de S. Bonaventure et l’imitation de J´esus-Christ de T. a` Kempis. In: Etudes Franciscaines 33 (1921) S. 36–77, 234–255, 344–359, 433–467; 34 (1922) 23–66, 158–194; 35 (1923) 279–300, 356–381. – L´eonce Reypens: Le sommet de la contemplation mystique. In: Revue d’asc´etique et mystique 3 (1922) S. 249–271; 4 (1923) S. 256–271; 5 (1924) S. 33–59. – Jules Coumoul: Les Doctrines de l’Imitation de Jesus-Christ exposees et commentees aux points de vue historique, philosophique et critique, szivies d’une etude sur la mystique, d’apres l’Imitation de Jesus-Christ et autres sourcers et documents. Lille 1924. – Heinrich Gleumes: Welche Mystiker haben den Verfasser der Imitiatio Christi beeinflußt? Diss. M¨unster 901

1. H¨alfte 15. Jh. 1927. – Jacob van Ginneken: Op zoek naar den oudsten tekst en den waren schrijver van het eerste boek der Navolging van Christus. Wetteren 1929. – Zwei Urschr. der ‹Imitatio Christi› in ¨ mnd. Ubers. (DTM 34). Hg. v. Paul Hagen. Berlin 1930. – Louise Veldhuis: De eerste Nederlandsche tekstfamilie der Navolging van Christus, of de alpha-familie. Diss. Nijmegen 1931. – Stanislas Chambon-Feugerolles: La D´evotion a l’humanit´e du Christ dans la spiritualit´e de saint Bonaventure. Diss. Lyon 1932. – P. Hagen: Unters. u¨ ber Buch II und III der Imitatio Christi (Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam, Afdeling Letterkunde NS 34). Amsterdam 1935. – Carl Richstaetter: T. v. K. Ein dt. Mystiker. Leben und ausgew¨ahlte Schr. Hildesheim 1939. – Pierre Debongnie: Henri Suso et l’imitation de J´esus-Christ. In: Revue d’asc´etique et de mystique 21 (1940) S. 242–268. – Cebus C. de Bruin: De middelnederlandse vertaling van De imitatione Christi (qui sequitur) van T. a Kempis. Leiden 1954. – Stephanus Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden 3. Antwerpen 1956, S. 170–198. – L´eon M.J. Delaiss´e: Le manuscrit autographe de T. a Kempis et ‹L’imitation de J´esus-Christ›. Examen arch´eologique et e´ dition diplomatique du Bruxellensis 5855–61. 2 Bde. Br¨ussel 1956. – Jacques Huijben/P. Debongnie: L’auteur ou les auteurs de ‹l’Imitation›. Louvain 1957. – Piergiovanni Bonardi/Tiburzio Lupo: L’imitazione di Cristo e il suo autore. 2 Bde. Turin 1964. – Josef Sudbrack: Existentielles Christentum. In: Geist und Leben 37 (1964) S. 38–63. – Regnerus R. Post: The Modern Devotion. Confrontation with Reformation and Humanism (Studies in Medieval and Reformation Thought 3). Leiden 1968. – S. Axters: De imitatione Christi. Een handschrifteninventaris bij het vijfhonderdste verjaren van T. H. van K. Kempen 1971 (vgl. dazu Hartmut Beckers. In: AB¨aG 5, 1973, S. 181–183). – T. v. K. Beitr. zum 500. Todesjahr. Hg. Stadt Kempen. Kempen 1971. – T. a Kempis en de Moderne Devotie. Tentoonstellingscatalogus. Hg. v. Koninklijke Bibliotheek Albert I. Br¨ussel 1971. – Ernest Persoons: Recente Publicaties over de Moderne Devotie (1959–1972). L¨owen 1972. – Wilhelm Totok: Hb. der Gesch. der Philosophie. Bd. 2. Frankfurt/M. 1973. – Josef Sudbrack: Personale Meditation. Die vier B¨ucher von der Nachfolge Christi neu betrachtet. D¨usseldorf 1973. – Johanna M. Willeumier-Schalij: Onbekende handschriften van 902

1. H¨alfte 15. Jh. Het leven van Jezus van T. a` Kempis en nieuwe argumenten voor zijn auteurschap. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde 92 (1976) S. 33–60. – Erwin Iserloh: T. v. K. und die Devotio Moderna. Bonn 1976. 21978. – Th. v. K. und die Devotio Moderna. Hg. v. Hans N. Janowski/Gert ¨ Groote. Darmstadt 1978. – Heinrich Hallers Ubersetzung der Imitatio Christi (Analecta Cartusiana 88). Hg. v. Erika Bauer. Salzburg 1982. – Dies.: ¨ Die obd. Uberl. der Imitatio Christi. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache 1 (Analecta Cartusiana 106). Salzburg 1983, S. 111–135. – Willem Audenaert: T. a Kempis, De imitatione Christi en andere werken. Een short-title catalogus van de 17de en 18de eeuwse drukken in de bibliotheken van nederlandstalig Belgie. L¨owen 1985. – Markus Himmelmann: Das Leidensverst¨andnis der Imitatio Christi im Vergleich zu Heinrich Seuses ‹B¨uchlein der Ewigen Weisheit›. In: Erbe und Auftrag 61,4 (1985) S. 283–301. – Karl Egger u. a.: Stud. zur Devotio Moderna. Bibl.kat. Der T.-v.-K.-Ges. Bonn 1988. – Gerhard Wehr: Die dt. Mystik. Mystische Erfahrung und theosophische Weltsicht. Eine Einf. in Leben und Werk der großen dt. Sucher nach Gott. Mu¨ nchen 1988. – John H. van Engen: Devotio Moderna. Basic Writings. New York u. a. 1988. – Albert Ampe: Een chronologische inventaris van T. a Kempis werken. In: Ons Geestelijk Erf 62 (1988) S. 257–273. – William C. Creasy: The Imitation of Christ by T. a Kempis. A New Reading of the 1441 Latin Autograph Manuscript. Macon/Ga. 1989. – Peter Ochsenbein: Spuren der Devotio moderna im sp¨atma. Kloster St. Gallen. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktiner-Ordens 101 (1990) S. 475–496. – N. Staubach: Pragmatische Schriftlichkeit im Bereich der Devotio moderna. In: Fr¨uhma. Stud. 25 (1991) S. 418–461. – Paul van Geest: De sermones van T. a` Kempis. Een terreinverkenning. In: Trajecta 2 (1993) S. 305–326. – Ders.: T. a Kempis – van moralist tot therapeut? In: Geest en Leven 70 (1993) S. 15–24. – Gisbert Kranz: T. v. K. Der stille Reformer vom Niederrhein. Moers 1993. – Eknath Easwaran: Mit den Augen der Liebe. Nachfolge Christi mit T. v. K. Freiburg i. Br. 1993. – Uwe Neddermeyer: Radix Studii et Speculum Vitae. Verbreitung und Rezeption der ‹Imitatio Christi› in Hss. und Drucken bis zur Reformation. In: FS Erich Meuthen. Bd. 1. Hg. v. Johannes Helmrath u. a. Mu¨ nchen 1994, S. 457–481. – Gerhard Ruhbach: T. v. K. In: Gesch. der Seelsorge in Einzelportr¨ats. Bd. 1. Hg. v. Christian M¨oller. G¨ottingen 903

Kessel 1994, S. 340–352. – Thesaurus Thomae a Kempis. Hg. v. Paul Chandler. Turnhout 1994. – P. van Geest: T. a Kempis (1379/80–1471). Een studie van zijn mens- en godsbeeld, analyse en tekstuitgave van de Hortulus rosarum en de Vallis liliorum. Diss. Utrecht 1996. – Manfred Gerwing: Die sog. Devotio Moderna. In: Jan Hus. Zwischen Zeiten, V¨olkern, Konfessionen. Vortr¨age des internationalen Symposions in Bayreuth vom 22. bis 26. September 1993. Hg. v. Ferdinand Seibt. M¨unchen 1997, S. 49–58. – Rudolphus T. M. van Dijk: De spiritualiteit van de devote regulier. Beschouwingen over de Agnietenberg Kroniek van T. van K. In: Ons Geestelijk Erf 72 (1998) S. 54–104. – Theodor Rutt: Das Menschenbild des T. v. K. Imitatio Christi in unserer Zeit. Hoffeld 1998. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. Mu¨ nchen 1999, S. 186–194. – Thomas Kock: Die Buchkultur der Devotio moderna. Handschriftenproduktion, Literaturversorgung und Bibliotheksaufbau im Zeitalter des Medienwechsels. Frankfurt/M. 1999. 22002. – N. Staubach: Reform aus der Tradition: Die Bedeutung der Kirchenv¨ater f¨ur die Devotio moderna. In: Schriftlichkeit und Lebenspraxis im MA. Erfassen, Bewahren, Ver¨andern. Akten des internationalen Kolloquiums 8.–10. Juni 1995. Hg. v. Hagen Keller u. a. M¨unchen 1999, S. 171–202. – Peter John van Ool: Die ‹Imitatio Christi› in der Ausg. v. Johann Michael Sailer. In: Beitr. zur Gesch. des Bistums Regensburg 35 (2001) S. 223–240. – Hubert Herkommer: T. H. v. K., ‹De imitatione Christi›: das meistgelesene Buch nach der Bibel. In: Dazwischen. Zum transitorischen Denken in Lit.- und Kulturwiss. FS Johannes Anderegg. Hg. v. Andreas H¨arter u. a. G¨ottingen 2003, S. 305–331. – Werner Wessel: Ein T. v. K. zugeschriebenes Rosenkranzb¨uchlein. In: Heinz Finger u. a.: Der heilige Rosenkranz. Eine Ausstellung der Di¨ozesan- und Dombibl. K¨oln [...]. K¨oln 2003, S. 79 f. – Ulrike Bodemann/Nikolaus Staubach (Hg.): Aus dem Winkel in die Welt. Die B¨ucher des T. v. K. und ihre Schicksale (Tradition – Reform – Innovation 11). Frankfurt/M. 2006. BJ Kessel, Johannes (Ketel). – Kaufmann des 14. Jh. aus Dusebroch/Flandern; wahrscheinlicher Verfas¨ ¨ ser einer Ubung, die in der Uberlieferung auf eine von ihm handelnde Vita folgt. Die Vita des J. K. ist in einer k¨urzenden ¨ dt. Ubertragung der lat. Fraterherrenviten des 904

Wer hab ain stetes belangen → Thomas von Kempen durch Justina → Blarerin u¨ berliefert. Dem wohlhabenden Kaufmann K. wird darin eine g¨ottliche Vision zuteil, woraufhin er sich ausschließlich geistlichen Pflichten zuwendet und Priester werden will. Um sein Bibelstudium zu verbessern, tritt er in Deventer in das Haus des Meisters Florens → Radewijns ein, wo er die Demut des Geistes als Weg zu Gott erkennt, seinen Wunsch nach dem Priesteramt fallen l¨asst und seinen Mitbr¨udern als Koch zu Diensten ist. 1398 verstirbt er dort in der Gemeinschaft der Br¨uder. In beiden Handschriften folgt auf die Vita eine ¨ vermutlich von K. stammende Ubung mit dem Ine er gelipt hat». cipit «hie volget her anch waß ybung Im Rahmen eines Monologs erfolgt eine Anrufung Gottes; daran schließt ein Katalog von zahl¨ reichen, genau beschriebenen Regeln, Ubungen und Vors¨atzen an. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. 422, 134v–143v (Inzigkofen, 1498). – Stuttgart, LB, Cod. theol. 4° 219, 77r–88r. Ausgaben: Michael J. Pohl (Hg.): Devotum exercitium, Thomae Hemerken a Kempis opera omnia. Bd. 7. Freiburg i. Br. 1922, S. 306–317 (lat. Text). – D. A. Brinkerink (Hg.): Dit sijn sommige punten van deses heiligen mans oefeninge [...]. In: Arch. voor de Geschiedenis van het Aartbistom Utrecht 29 (1903) S. 16–30. Literatur: Christine Michler, VL2 4 (1983) Sp. 1136. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 332. – Rudolph Dier de Muden: Scriptum de magistro Gherardo Grote. Vita Domini Florencii prioris nostri. Hg. v. Gerhard Dumbar. Deventer 1719, S. 12–52, bes. S. 50 f. – Intelligenzbl. zum Seraphaeum 20 (1859) S. 121 f. – Stephanus Axters: Geschiedenis van de vroomheid in de Nederlanden. Bd. 3. Antwerpen 1956, S. 74 f., 85. SF Sampach, Agnes, † wahrscheinlich am 28.2. 1433. – Schreiberin u. a. einer Vita Johannes des T¨aufers (fr¨uhes 15. Jh.). A. S. war Nonne im N¨urnberger Klarissenkloster und schrieb nach 1406 den Codex Bamberg, SB, Hist. 152 zur Verehrung Johannes des T¨aufers. Dieser enth¨alt eine Johannes Baptista-Legende, Predigten und Gebete sowie zwei Anh¨ange in Prosa, f¨ur die S. als Verfasserin in Frage kommt. Der erste Anhang ist eine Schilderung einer ihrem Kloster geh¨orenden Gnadenst¨atte, der zweite ein Bericht 905

1. H¨alfte 15. Jh. u¨ ber verschiedene an diesem Ort geschehene Wunder. Ausgabe: Gisela Brandt: Ursula Pfaffinger, A. S., Elisabeth Kempf, Caritas Pirckheimer u.a. – Chronistinnen v. Amts wegen (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 447). Stuttgart 2008, S. 437–445. Literatur: Lotte Kurras, VL2 8 (1992) Sp. 573 f. – Andreas W¨urfel: Hist., genealogische und diplomatische Nachrichten zur Erl. der N¨urnbergischen Stadt- und Adelsgesch. Bd. 2. N¨urnberg 1768, S. 932. – Johannes Kist: Das Klarissenkloster in N¨urnberg bis zum Beginn des 16. Jh. N¨urnberg 1929, S. 120, 132, 154–162. – L. Kurras/Franz Machilek (Hg.): Caritas Pirckheimer 1467–1532. Kat. der Ausstellung N¨urnberg 1982. Mu¨ nchen 1982, S. 94, Nr. 78. – G. Brandt: Textsorten weiblicher Chronistik. Beobachtungen an den chronikalischen Aufzeichnungen v. A. S. (–1406/07), Elisabeth Kempf (um 1470), Ursula Pfaffinger (1494–1509) und Caritas Pirckheimer (1524–1527). In: Textsortentypologien und Textallianzen v. der Mitte des 15. bis zur Mitte des 16. Jh. Akten zum internationalen Kongress in Berlin 21. bis 25. Mai 2003. Hg. v. Franz Simmler. Berlin 2004, S. 217–242, bes. S. 223–225. – Dies. 2008 (s. Ausg.). SF Wer hab ain stetes belangen. – Mystisches Gedicht mit sieben Strophen. Das Gedicht d¨urfte in der ersten H¨alfte des 15. Jh. im Augustinerinnenkloster Pillenreuth (N¨urnberg) entstanden sein. Die unregelm¨aßige metrische Form verdeutlicht, dass es sich bei W. nicht um ein singbares Lied handelt. Intention der anonymen Verfasserin ist die Vermittlung des Gedankenguts der Mystiker (wie z. B. die Einswerdung mit dem G¨ottlichen) an die Mitschwestern. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, cod. III.1 8° 22, 234v–236r (Pap., 1472/73, schw¨abisch). – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, cod. 103, 236v–237v (Kloster Pillenreuth, 1463). Ausgabe: Elvira Langen: Eine neue Quelle f¨ur die Kenntnis des mystischen Lebens im Kloster Pillenreuth. Diss. Heidelberg 1960, 226 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 875–877. – E. Langen 1960 (s. Ausg.). – K. Ruh: Mystische Spekulationen in Reimversen des 14. Jh. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Kolloquium 1970. Hg. ders./Werner Schr¨oder. Berlin 1972, S. 205–230 (wieder in: K. Ruh: Kleine Schr. 2. Berlin/New York 1984, S. 184–211). VZ 906

1. H¨alfte 15. Jh. Kugelin ¨ von Waldsee, Konrad (Kugelin, K¨ogelin), * 1364 (?) Bad Waldsee/Oberschwaben, † 1.7.1428 Bad Waldsee. – Augustinerchorherr, Verfasser einer Vita der Elisabeth Achler von Reute. K. lebte als Augustinerchorherr im Stift St. Peter in Bad Waldsee. Daneben war er 1404–18 Pfarrer der Stiftskirche in Reute und anschließend Propst des Stifts. Auf seine Initiative ging auch die Errichtung der Terziarinnen-Klause in Reute 1403–1407 zur¨uck. Von besonderer Bedeutung ist K. durch seine enge Verbindung zu der Seligen → Elisabeth (Achler) von Reute (1386–1420), die in der Reuter Klause lebte und dort zahlreiche Gnadenerlebnisse erfuhr. K. zeichnete bald nach dem Tod seiner Beichttochter deren Vita auf, ein schmuckloses, geradezu berichtartiges Werk in lat. Sprache. In dt. ¨ Ubersetzungen sowie lat. und dt. R¨uck¨ubersetzungen erlebte die Vita eine große Verbreitung in sachlich sowie in hagiographisch gestalteten Fassungen. Die Vita trug stark zur Verehrung Elisabeths bis in sp¨atere Jahrhunderte bei. ¨ Uberlieferung (dt.): Straßburg, National- und UB, ms. 1995 (fr¨uher L germ. 78.4°), 1r–26r (Pap., 1428, rheinfr¨ankisch). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 8, 254v–301v (Pap., 1464, ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgq 194, 199r–212v (Pap., 15. Jh., oberrheinisch). – Innsbruck, ULB, Cod. 663, 38r–48v (Perg. und Pap., 15. Jh., bair.). – Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 377, 1r–42r (Pap., 16. Jh.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 656, S. 787–882 (fr¨uhes 17. Jh.). – Reute, Pfarrarch., Cod. 2, 1r–44v (Pap., 1624). – Konstanz, Erzbisch¨ofliches Arch., Hs. 380, S. 187–206 (Pap., 1761/62, schw¨abisch). – Zur lat. ¨ Uberl. vgl. Ringler 1985 (s. Lit.). Ausgaben (dt.): Anton Birlinger: Leben heiliger alemannischer Frauen des MA I: Dit erst b¨uchlyn ist von der seligen kluseneryn von R¨uthy, die genant waz Elizabeth. In: Alemannia 9 (1881) S. 275–292. – Wallfahrtsbuch zum Grabe der Guten Betha v. Reute mit dem Text ihres Lebens. Hg. v. Anton Baier. Rottenburg/Neckar 31919. – Karl Bihlmeyer: Die schw¨abische Mystikerin Els¨ beth Achler von Reute († 1420) und die Uberl. ihrer Vita. In: FS Philipp Strauch. Hg. v. Georg Baesecke/Ferdinand Joseph Schneider. Halle/Saale 1932, S. 88–109. – Werner K¨ock: Vita der seligen Elisabeth v. Reute. Text, Wortindex und Unters. Diss. Innsbruck 1972, S. 72–306. – Karl F¨uller: Die Selige Gute Betha, Reute und Gaisbeuren. Reute 4 1974, S. 13–33 (nhd. Fassung). 907

Kugelin ¨ von Waldsee Literatur: Siegfried Ringler, VL2 5 (1985) Sp. 426–429. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 320, 332 u. o¨ . – Ders.: Elisabeth v. Reute. In: LThK3 3 (1995) Sp. 601. – Bihlmeyer 1932 (s. Ausg.). – Benedikt Welser: Die schw¨abischen Seligen. Religi¨oses Haus- und Heimatbuch. Ulm 2 1948, S. 76–105. – Hermann T¨uchle: Aus dem schw¨abischen Himmelreich. Religi¨ose Gestalten des Schwabenlandes. Rottenburg/Neckar 1950, S. 123–136. – Max Heinrichsperger: Reute bei Waldsee. Terziarinnen. In: Alemannia Franciscana antiqua 8 (1962) S. 193–229. – Wolfgang M¨uller: Martin Gerbert und die Gute Beth v. Reuthe. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 82 (1971) S. 379–392. – Arno Borst: Mo¨ nche am Bodensee 610–1525. Sigmaringen 1978, S. 301–319 u. o¨ . – Paulin Link: Die gute Beth. Passionsblume Oberschwabens. Bergatreute/Aulendorf 2008. MM Leben Jesu Induimini dominum. – Alemannische Evangelienharmonie. Diese Evangelienharmonie behandelt Jesu Leben im Zeitraum von Mari¨a Verk¨undigung bis Pfingsten. Der Titel der Schrift beruht auf dem Leitwort des Prologs nach R¨om 13,14: «Induimini dominum Jesum Christum». Danach soll der Christ seine Seele in Christus kleiden, um sich gegen das B¨ose und f¨ur gute Taten zu r¨usten. Dieser Grundgedanke wird durch Vergleiche aus Natur und Handwerk veranschaulicht (Luft und Licht, Eisen und Feuer, Wolle und Farbe). Der Text benutzt ausf¨uhrlich V¨aterglossen, das Evangelium Nicodemi und Autorit¨aten wie → Beda, → Theophilus, Remigius und Petrus Comestor. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 244, 121r–213v (Andreaskloster Engelberg, fr¨uhes 15. Jh., alemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 635 f. – Ders.: Dt. Lit. im Benediktinerinnenkloster St. Andreas in Engelberg. In: Titlisgr¨uße 67 (1981) S. 46–55, 77–88 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. 2. Berlin/New York 1984, S. 275–295). MM Tucher, Katharina OP, † 1448 N¨urnberg. – Verfasserin mystischer Offenbarungen. Gem¨aß ihren eigenen Aufzeichnungen lebte T., die in der Genalogie der Patrizierfamilie T. nicht nachgewiesen ist, als Witwe im weltlichen Stand, bevor sie um 1433 als Laienschwester in das Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Nu¨ rnberg 908

Herolt eintrat. Vielleicht war sie die 1419 urkundlich erw¨ahnte Witwe Otto T.s aus Neumarkt. Bei ihrem Klostereintritt brachte T. 24 im alten Bibliothekskatalog nachgewiesene Handschriften aus ihrem Privatbesitz mit, von denen noch 16 erhalten sind. Diese Codices bezeugen ihr Interesse an erbaulicher und mystischer Literatur, wobei sie einige Texte selbst kopierte (in: N¨urnberg, StB Cent. VI, 53, 59 und 101). Ebenfalls erhalten sind eigenh¨andige Aufzeichnungen u¨ ber ihr religi¨oses Leben und ihre Visionen, die sog. Offenbarungen. Sie stammen aus der Zeit ihrer Witwenschaft vor dem Klostereintritt. Ein oft erw¨ahnter Beichtvater, vermutlich ein N¨urnberger Dominikaner, d¨urfte die Niederschriften angeregt haben. Redaktionell eingegriffen hat er offensichtlich nicht, da die Aufzeichnungen keine Spuren von Revisionen erkennen lassen. Der Text ist tagebuchartig angeordnet, wobei die einzelnen Abschnitte hinsichtlich des Umfanges stark differieren. Dabei erstellte T. keine religi¨ose Vita, Autobiographisches kommt nur am Rande zur Sprache. Im Zentrum stehen die Schilderungen vision¨arer Erlebnisse (z. B. von der Seele als Braut des K¨onigs auf der Jagd oder bei der Hochzeit), geistliche Betrachtungen und ihre Gespr¨ache mit Maria und Jesus, die in Ich-Form als direkte Dialoge gestaltet sind. Daneben finden sich F¨urbitten f¨ur die Seelen der Eltern und des verstorbenenen Ehemannes, Ermahnungen des Beichtvaters und pers¨onliche Schuldbekenntnisse, die T.s Streben nach religi¨oser Vervollkommnung verdeutlichen. Die Dialoge sind in einfacher Sprache verfasst, in anderen Abschnitten ist anhand bestimmter Wendungen und des Wortschatzes eine Beinflussung durch die mystische Gegenwartsliteratur evident. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 57, 263r–292v, (Pap., urspr¨unglich selbstst¨andiger Faszikel, Autograph, bald nach 1421, n¨urnbergisch; im Katharinenkloster mit anderen Tln. zusammengebunden). Ausgabe: Uta Williams/Werner WilliamsKrapp: Die ‹Offenbarungen› der K. T. (Unters. zur dt. Literaturgesch. 98). T¨ubingen 1998. Literatur: Karin Schneider, VL2 9 (1995) Sp. 1132–1134. – Zur Familie T. allg.: Joachim Schneider, LexMA 8 (1997) Sp. 1077 f. – Andreas W¨urfel: Toden-Kalender des St. Katharina Klosters in N¨urnberg. Altdorf 1769, S. 50. – Volker Honemann: Die ‹Epistola ad fratres de Monte 909

1. H¨alfte 15. Jh. Dei› des Wilhelm v. Saint-Thierry (MTU 61). Mu¨ nchen 1978, S. 121 f. und Anm. 81–88. – K. Schneider: Die Bibl. des Katharinenklosters in N¨urnberg und die st¨adtische Gesellsch. In: Stud. zum st¨adtischen Bildungswesen des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit (Abh. der Akad. der Wiss. in G¨ottingen / Philologisch-Hist. Kl. 3,137). Hg. v. Bernd Moeller u. a. G¨ottingen 1983, S. 70–82, hier S. 73–75. – Deborah Rose-Lefmann: ‹As it is painted›. Reflections of image-based devotional practices in the ‹Confessions› of K. T. In: Studia mystica 17 (1996) S. 185–204. – Williams/Williams-Krapp 1998 (s. Ausg.). – Susanne B¨urkle: Lit. im Kloster. Hist. Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jh. (Bibliotheca Germanica 38). T¨ubingen/Basel 1999, S. 333. – Barbara Steinke: Paradiesgarten oder Gef¨angnis? Das N¨urnberger Katharinenkloster zwischen Klosterreform und Reformation (Sp¨atMA und Reformation. Neue Reihe 30). T¨ubingen 2006, S. 36, 148 f., 329 f., 342. – W. Williams-Krapp: The construction of a Mystical Self. The ‹Revelations› of K. T. In: Ein Platz f¨ur sich selbst. Schreibende Frauen und ihre Lebenswelten (1450–1700) (Medieval to early modern culture 13). Hg. v. Anne Bollmann. Frankfurt/M. u. a. 2011, S. 167–178. VZ Herolt, Johannes (Discipulus) OP, * um 1380–90, † 1468 Kloster St. Blasius/Regensburg. – Prediger. H. war Beichtvater am Katharinenkloster N¨urnberg; 1438 ist er im Dominikanerkonvent als Prior bezeugt, 1451 als Generalvikar des Katharinenklosters. Von ihm sind unter der Selbstbezeichnung «discipulus» elf lat. Schriften, Predigtmagazine und materialien sowie Exempla- und Mirakelsammlungen als Hilfsmittel zur Predigt u¨ berliefert. Seine Predigten sind einfach und u¨ bersichtlich gebaut (meist dreiteilig), anschaulich und volkst¨umlich; sie sollten dem Seelsorger als Handreichung dienen. De eruditione Christifidelium (1416) erl¨autert katechetische Hauptst¨ucke wie Dekalog, Credo, Sakramente und S¨unden. Aus den Jahren 1418, 1434, 1435 und 1437 stammen vier Predigtsammlungen. Ein Promptuarium exemplorum secundum ordinem alphabeti und ein Promptuarium de miraculis B. Mariae Virginis bieten zahlreiche Exempla. Das Promptuarium de festis sanctorum intimandis diebus dominicis (ohne Datierung) behandelt die sonntags vom Pfarrer anzuzeigenden Heiligentage der kommenden Woche. Zwei Postillae, eine aus dem Jahr 1439, 910

1. H¨alfte 15. Jh. eine undatiert, bieten Auslegungen zu Episteln und Evangelienperikopen. Die Applicationes ad sermones secundum proprietates rerum naturalium von 1463 (1467?) stellen eine alphabetisch geordnete Sammlung von Naturallegoresen bereit. Die Werke H.s liegen in u¨ ber 450 Handschriften vor und z¨ahlen ferner nicht nur zu den fr¨uhesten, sondern auch zu den verbreitetsten Fr¨uhdrucken. Ausgaben: J. H. Opera. Drei Bde. Mainz 1612. – Bonaventura Elers (Hg.): Discipulus redivivus: seu sermones Discipuli quadragesimales et festivales cum Promptuariis exemplorum. Zwei Bde. Augsburg 1728. In dt. Sprache ist die Nachschrift eines Zyklus von allegorischen dt. Adventspredigten, die J. H. 1436 im N¨urnberger Katharinenkloster hielt, erhalten: Diss puch heist der rosengart. Bei dem Rosengarten handelt es sich um einen Zyklus von Adventspredigten als Allegorie des geistlichen Gartens, eine Weihnachts- und eine Neujahrspredigt. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 57, 2r–84v (Pap., zweites Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). Teilausgabe: Dietrich Schmidtke: Stud. zur emblematischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Habilitationsschr. (masch.) Berlin 1972, S. 524–533. ¨ Dt. Ubersetzungen liegen nur in Form knapper Ausz¨uge aus den Promptuarien vor. Zehn Marienmirakel aus dem Promptuarium de miraculis B. Mariae Virginis gingen in den → Seelenwurzgarten ein. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 275. – Ebd., Cgm 371. Zwei Exempla aus dem Promptuarium exemplorum secundum ordinem alphabeti finden sich in M¨unchen, BSB, Cgm 480, 57r-v. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 3 (1981) Sp. 1123–1127. – Konrad Kunze, LexMA 4 (1989) Sp. 2175. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 323. – Isnard W. Frank, LThK3 5 (1996) Sp. 16. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) passim. – Nikolaus Paulus: J. H. und seine Lehre. Ein Beitr. zur Gesch. des religi¨osen Volksunterrichts am Ausgang des MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 26 (1902) S. 417–447. – G. Anton Weber: J. H. Ein Beitr. zum Bild, das N. Paulus zeichnet. In: ebd. 27 (1903) S. 362–365. – Walter Fries: Kirche und Kloster St. Katharina in N¨urnberg. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 5–143. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: ebd. S. 145–213. – Kurt 911

Eschenbach Schmidt: Der l¨ustliche W¨urtzgarte. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik im Sp¨atMA. Diss. Greifswald 1932. – Gerhard Eis: Lupold v. Wiltingen. Eine Stud. zum Wunderanhang der Katharinenlegende. In: FS Wolfgang Stammler. Hg. v. G. Eis u. a. Berlin 1953, S. 78–92, hier S. 84. – Gundolf Maria Gieraths: Reichtum des Lebens. Die dt. Dominikanermystik des 14. Jh. D¨usseldorf 1956. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 102–104 u. o¨ . – Richard Gordon Newhauser: From Treatise to Sermon. J. H. on the novem peccata aliena. In: Sin. Essays on the moral tradition in the Western Middle Ages. Hg. v. R. G. Newhauser (Variorum Collected Studies Series 869). Aldershot u. a. 2007. SF Eschenbach, Johann OP. – Prediger, erste H¨alfte 15. Jh. Eine N¨urnberger Sammelhandschrift u¨ berliefert von dem Dominikanerprediger E. eine 1426 im Kolmarer Kloster Unterlinden gehaltene Predigt u¨ ber den Frieden (von IX regel des frides). Derselbe Textzeuge weist E. als Verfasser einer Predigt u¨ ber einen → Geistlichen Fastnachtskrapfen (geistlich faschnatkrefflin) aus, die er in N¨urnberg gehalten haben soll. Mo¨ glicherweise ist er identisch mit einem zwischen 1399 (als Bacc. in artibus) und 1409 (als Magister art.) mehrfach an der Universit¨at Prag bezeugten E. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 34, 178v–181r, 194r–197r (Perg. und Pap., erste H¨alfte 15. Jh., alemannisch; Sammelhs. mit geistlichen Betrachtungen und Predigten, deren verschiedene Teile in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. im Katharinenkloster N¨urnberg zusammengebunden wurden). Literatur: Dagmar Ladisch-Gruber, VL2 2 (1980) Sp. 629 f.; 11 (2004) Sp. 425 f. – Gundolf Keil, in: PBB (T¨ub.) 83 (1961/62) S. 177. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. Beschreibung des Buchschmucks: Heinz Zirnbauer (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 316–324. – Renate Bicherl: Die Magister der Artistenfakult¨at der Hohen Schule zu Prag und ihre Schr. im Zeitraum 1348–1409. Diss. Erlangen 1971, S. 209. – Josef Tˇr´ıˇska: Repertorium biographicum Univ. Pragensis praehussiticae 1348–1409. Prag 1981, S. 240. – Peter Ochsenbein: Deutschsprachige Privatgebetb¨ucher vor 1400. In: Dt. Hss. 1100–1400. 912

Von menschlicher Hinf¨alligkeit

1. H¨alfte 15. Jh.

Oxforder Kolloquium 1985. Hg. v. Volker Honemann/Nigel F. Palmer. Tu¨ bingen 1988, S. 379–398, hier S. 388 (Nr. 13). SF

S. 221 f. – Antje Willing: Stud. und Ordensreform im 15. Jh. (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 4). Mu¨ nster 2004, S. 47. SF

Krauter, Heinrich OP, † 1434 N¨urnberg. – Verfasser dreier Traktate. Der N¨urnberger Dominikaner H. K., u¨ ber dessen Leben nur sehr sp¨arliche gesicherte Belege existieren, war als Beichtvater des Katharinenklosters in N¨urnberg t¨atig. Im Rahmen seiner seelsorgerischen Funktion verfasste er f¨ur die Nonnen dieses Klosters drei Traktate: 133 Artikel vom Leiden Christi: Die ersten 33 Artikel handeln von den Leiden Christi vor der Passion, w¨ahrend die restlichen 100 Artikel aus dem Passionsgeschehen gewonnene Lehren darstellen. Als Quelle f¨ur den zweiten Teil diente K. → Nikolaus von Lyra. Von K. stammt auch ein Traktat von den Zehn Geboten, worin das erste Gebot durch den Einschub einer ausf¨uhrlichen Tugendlehre erweitert ist, die restlichen Gebote dagegen recht knapp erscheinen. Schließlich verfasste H. K. noch einen Beichtspiegel nach den Zehn Geboten und den sieben Haupts¨unden. Erhalten ist der Text in einem wohl zum Abschreiben bestimmten Arbeitskonzept. Zugeschrieben wird K. in der Handschrift Esztergom / Gran, Kathedralbibl., Depositum der SimorSammlung, ohne Sign., eine Betrachtung u¨ ber die f¨unf Herzeleiden Mariae. Eine Ausgabe fehlt. ¨ Uberlieferung: ‹Leiden Christi›: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 94, Pap., 1r–26v (erste H¨alfte 15. Jh., Autograph). – ‹Zehn Gebote›: Ebd., 27r–35r (Autograph). – Dass.: M¨unchen, BSB, Cgm 432, Pap., 280r–300v (zweite H¨alfte 15. Jh.). – ‹Beichtspiegel›: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VIII, 4 (erste H¨alfte 15. Jh., Autograph). Literatur: Karin Schneider, VL2 5 (1985) Sp. 345 f. – Dies.: Beziehungen zwischen den Dominikanerinnenkl¨ostern N¨urnberg und Altenhohenau im ausgehenden MA. In: FS Kurt Ruh. Hg. v. K. Schneider. Mu¨ nchen 1975, S. 211–218. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum [...] 2. Rom 1975. – K. Schneider: Die dt. ma. Hss. Beschreibung des Buchschmucks: Heinz Zirnbauer (Die Hss. Der StB N¨urnberg I). Wiesbaden 1965, S. 410–414. – Karin Baumann: Aberglaube f¨ur Laien. Bd. 1 (Quellen und Forschungen zur europ¨aischen Ethnologie 6). W¨urzburg 1989,

Nurnberger ¨ emblematische Schifffahrtspredigt. – Dt. Lesepredigt u¨ ber Mt 9,1 aus dem fr¨uhen 15. Jh. (vor 1429). Der vermutlich monastische Autor, der das ps.¨ augustinische Buch der Liebkosung in der Ubertragung des → Johannes von Neumarkt kannte, kn¨upft an das Bildthema des Schiffes der Buße an und betont den Zusammenhang von menschlicher Buߨubung und Betrachtung der passio Christi. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1929, 117v–124v (Pap., letztes Drittel 15. Jh., n¨urnbergisch). – Ebd., Mgo 30, 233v–245v (Pap., Mitte 15. Jh., els¨assisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 1, 24r–38r (aus dem N¨urnberger Dominikanerinnenkloster St. Katharina, erste H¨alfte 15. Jh.). Ausgabe: Schmidtke 1970, S. 155–167. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 1252 f. – Ders.: Geistliche Schiffahrt. Zum Thema des Schiffes der Buße im Sp¨atMA. In: PPB (T¨ub.) 91 (1969) S. 357–385; 92 (1970) S. 115–177. BJ

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Von menschlicher Hinf¨alligkeit (Der S¨under Spiegel). – Anonymer Traktat, fr¨uhes 15. Jh. Der wohl im fr¨uhen 15. Jh., vielleicht in N¨urnberg entstandene Traktat ist anonym in zahlreichen Handschriften u¨ berliefert. Sein Zielpublikum waren wahrscheinlich vornehme Laien. In f¨unf Teilen besch¨aftigt sich der Text mit den Schlechtigkeiten menschlicher Existenz wie S¨unden, Alter und Tod; mit dem Menschen im Gesamtkontext seiner Herkunft, seines Lebens und seiner Verg¨anglichkeit angesichts der Ewigkeit; mit der Hinf¨alligkeit weltlicher Errungenschaften, seien es Weisheit oder Reichtum; mit den einzelnen Auspr¨agungen menschlicher Hinf¨alligkeit, die in Gebetsform aufgegliedert werden; zuletzt mit den vier Toden (Natur, S¨unde, Pein, Gnade), verschiedenen Todesarten und den Klagen der Verdammten. In der wohl a¨ ltesten Handschrift des Traktats (Cent. VI, 82; s. ¨ Uberl.) folgt am Ende noch eine «Zeitklage der Christenheit», die aber in sp¨ateren Fassungen bis auf Cgm 432 fehlt. Zu den nachweisbaren Quellen des Traktats z¨ahlen De miseria humanae conditionis von Innozenz III. in Tl. 1 und die pseudobernhardinischen Meditationes de cognitione humanae conditionis in Tl. 3. Der Traktat wird meis914

1. H¨alfte 15. Jh. tens zusammen mit einer dt. Fassung des pseudoaugustinischen Speculum peccatorum u¨ berl. (Aus¨ nahme ist cgm 523). Ubereinstimmungen im jeweiligen Textcorpus verweisen auf direkte Bez¨uge zwischen den Handschriften mgo 758, 2° Cod. 160, Cod. III.1.2° 31 und Cgm 406. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 82, 168v–189r (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, um 1412, n¨urnbergisch). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 43d, 247r–253r (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, erstes Drittel 15. Jh., n¨urnbergisch). – Salzburg, UB, cod. M I 476, 77v–79v (Pap., 1441, niederalemannisch. – Augsburg, Staats- und StB, 2° cod. 160, 49vb–58ra (Pap., Di¨ozese Eichst¨att [?], 1447, schw¨abisch). – Berlin, SBB, mgo 758, 15r–29r (Pap., Augsburg [?], Mitte 15. Jh., schw¨abisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 406, 15r–29v (Pap., Kartause Christgarten [?], 1458, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 432, Bll. 323v–339v (Pap., Altenhohenau, 1469–71, bair., Online-Ausg. BSB Mu¨ nchen [o. J.]). – Ebd., Cgm 523, 105va–118vb (Pap., 1471, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 5168, 43r–44r (Pap., 1473, westschw¨abisch, nur Auszug des Traktats). – Augsburg, UB, cod. III.1.2° 31, 47r–56r (Perg., Sankt Mang F¨ussen, zweite H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch). Ausgaben: Roth 1991 (s. Lit.) S. 227–237. Literatur: Karin Schneider, VL2 6 (1987) Sp. 398 f. – Hans Neumann: Der westfl¨amische Spiegel der Sonden und seine Quelle. In: Unterscheidung und Bewahrung. FS Hermann Kunisch. Hg. v. Klaus Lazarowicz/Wolfgang Kron. Berlin 1961, S. 277–293. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 83–86, 222–227. – Dies.: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 176–179, 244–249. – Dies.: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 501–690 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,4). Wiesbaden 1978, S. 56–66. – Herrad Spilling: Die Hss. der Staats- und StB Augsburg. 2° Cod 101–250 (Handschriftenkat. der Staats- und StB Augsburg 3). Wiesbaden 1984, S. 96–99. – K. Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 203–206. – Anna Jungreithmayr mit Josef Feldner und Peter H. Pascher: Die dt. Hss. des MA der UB ¨ Salzburg (Denkschr. der Osterr. Akad. der Wiss., philos.-hist. Kl. 196; Ver¨off. der Kommission f¨ur 915

Dresdner G¨artlein Schrift- und Buchwesen des MA III,2). Wien 1988, S. 69–135. – Gunhild Roth: S¨undenspiegel im 15. Jh. Unters. zum pseudo-augustinischen ‹Spe¨ culum peccatoris› in dt. Uberl. (Dt. Lit. von den Anf¨angen bis 1700 12). Bern u. a. 1991, S. 56–58, 65–67, 88–90 u. o¨ . – K. Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,7). Wiesbaden 1996, S. 511–516. MM Dresdner G¨artlein. – Geistlicher Sendgruß, erste H¨alfte 15. Jh. Der wohl f¨ur Nonnen bestimmte, teilweise nur fragmentarisch u¨ berlieferte Sendgruß ist wahrscheinlich in N¨urnberg entstanden. Nach einer allegorischen Auslegung von Bestandteilen des Gartens im ersten Abschnitt geht es im zweiten Teil ¨ haupts¨achlich um Aste, Bl¨atter, Bl¨uten und die Frucht des Baumes des hl. Kreuzes. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 43h, 59v–60v. – Ebd., Cent. VII 20, 161r–165v. – Ebd., Cent. VII 35, 192r–192v (aus zwei Teilen zusammengebunden, Pap., Tl. 1: erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Berlin, SBB, Mgf 741, 3v–4v (geschrieben von Schwester Felicitas Lieberin von Ulm im Jahre 1496; aus dem Dominikanerinnenkloster Medlingen bei Lauingen [heute Obermedlingen], sp¨ater Katharinenkloster der Dominikanerinnen in Augsburg; schw¨abisch). – Dresden, LB, cod. M 278, 56r–59r. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 232. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie. T¨ubingen 1982 (Hermaea 43). BJ Geistlicher Fastnachtskrapfen. – Dingallegorischer Traktat aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. Dieser Traktat wurde fr¨uher f¨alschlich Rudolf → Goltschlacher zugeschrieben. Die wahrscheinlich a¨ lteste der zahlreichen u¨ berlieferten Handschriften nennt hingegen den Dominikaner Johannes Eschenbach als Verfasser (Cent. VII 34). Mo¨ glicherweise hat dieser aber auch nur eine vorher schon gepredigte Allegorie paraphrasiert oder ausgestaltet. Zielpublikum des G. F. d¨urften Nonnen gewesen seien. Darauf deuten die Brautsymbolik und die damals prim¨ar weibliche Backt¨atigkeit in der Allegorie hin. Der Text k¨onnte vom Elsass im Zuge der N¨urnberger Klosterreformen 1428 in 916

Geistlicher Neujahrsbrief das Katharinenkloster gelangt sein. Auch am Oberrhein war die F.-Allegorie nachweislich bekannt. Der G. F. ist u¨ berliefert in einer Vulgata-Fassung, von der auch Kurzfassungen und Fragm. erhalten sind, sowie in einer erweiterten Fassung mit umfassenderer Auslegung und jeweils drei Versen in Paarreimen als Prolog und Epilog. Der Kerntext beschreibt das Backen des G. F., beginnend mit den erforderlichen Zutaten und Hilfsmitteln: Mehl, Eier, Wasser, Salz, F¨ullung, Schmalz, Feuer und Pfanne. Diese Dinge werden allegorisch ausgedeutet. Das Mehl symbolisiert etwa Reinheit in Leben und Gewissen, das Wasser wahre Reue, das Salz die Demut und das Feuer die Liebe. Auch die Passion Christi wird einbezogen und mit der F¨ullung verkn¨upft. Jesus erscheint hier als geistlicher Gemahl, dem die reine Seele zuletzt den Krapfen u¨ bergibt. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VII 34, 178v–181r (Perg. und Pap., Katharinenkloster N¨urnberg [?], 1428, alemannisch, Sammelhs.). – Basel, UB, cod. A V. 33, 20r (Pap., 15. Jh., Kurzfassung). – Karlsruhe, LB, cod. Donaueschingen 267, 106r–106v (nach 1426). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 46c, 175v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, erste H¨alfte 15. Jh., Teil¨uberl.). – Ebd., cod. Cent. VI 100, 213r–216r (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, erste H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., cod. Cent. VII 35, 209r–209v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Karlsruhe, LB, cod. St. Blas. 76, 395r–400r (Mitte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 43c, 214v–215v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, um 1454, n¨urnbergisch–bair., erweiterte Fassung). – Augsburg, UB, cod. III.1.4° 8, 136r–141r (Pap., Kirchheim, um 1464, ostschw¨abisch-bair.). – M¨unchen, BSB, Cgm 454, 171r–171v (Pap., Rebdorf, zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair. mit mittelbair. Anteilen). – Ebd., Cgm 841, 220r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.; Fragm.). – London, British Library, cod. Add. 25089, 93r–93v (Pap., Ende 15. Jh.). – Berlin, SBB, Mgo 590, 93r–96r (Pap., Klarissenkloster L¨offlingen [?], 16. Jh.). Ausgabe: Joseph von Lassberg: Gaistlicher Fasnacht krapffen. In: Anz. f¨ur Kunde der teutschen Vorzeit 5 (1836), Sp. 212 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1159–1161. – Robert Priebsch: Dt. Hss. in England 2. Erlangen 1901, S. 226–228 (Nr. 267). – ¨ Gustav Binz: Die dt. Hss. der Offentlichen Bibl. der Univ. Basel 1: Die Hss. der Abt. A. Basel 1907, 917

1. H¨alfte 15. Jh. S. 43–54. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 3: Die Hss. in Oktavformat (Mitt. aus der Preußischen SB IX). Leipzig 1932 (Nachdr. Graz 1970) S. 225–227. – Wieland Schmidt: Zur dt. Erbauungslit. des sp¨aten MA. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh. Darmstadt 1964, S. 437–461, hier S. 452–454 (wieder in: W. S.: Kleine Schr. Wiesbaden 1969, S. 198–215). – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 82 f., 145–148, 258–265, 316–328. – Dieter Richter: Die Allegorie der Pergamentbearb. Beziehungen zwischen handwerklichen Vorg¨angen und der geistlichen Bildersprache des MA. In: Fachlit. des MA. FS Gerhard Eis. Hg. v. Rudolf Keil. Stuttgart 1968, S. 83–92. – K. Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 307–313. – Dies.: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 264–271. MM Geistlicher Neujahrsbrief. – Sendbrief auf das neue Jahr, erste H¨alfte/Mitte 15. Jh. Der geistliche Brief eines anonymen Verfassers in Prosa stammt aus dem s¨uddt. Raum und ist dreigeteilt: Der Wendung an die Adressaten (vermutlich Klosterbewohner) mit dem Wunsch, ihre Seelen m¨ogen die Vereinigung mit Jesus erlangen, folgt eine ausf¨uhrliche Aufz¨ahlung der Eigenschaften Christi. Der zweite Teil, ein katalogartiger Abriss von Leben und Passion Jesu mit moralischdidaktischem Impetus, erinnert an die Clausulae des → Dominikus von Preußen. Der letzte Teil schildert detailliert und empathisch Christi Kreuzestod. Der Brief wird abgeschlossen von einem Gebet und einem gereimten Vierzeiler, der angesichts Christi Leiden das s¨undenfreie Leben des Gl¨aubigen einfordert. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Theol. 14 (vormals Q. IV. 17), 372v–373r (Pap., aus dem Karmelitenkloster Bamberg, 1448/61, vorwiegend lat.). – Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 485, 159v (Pap., 1478, mittelbair.). – N¨urnberg, StB., Cod. Cent. VI, 43e, 230r–232v (Pap., 1454 und sp¨ater, n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. VII, 20, 166r–168r (Pap., nach 1444, n¨urnbergisch; beide N¨urnberger Codd. aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina; fragm., mit 918

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ von der restlichen Uberl. abweichendem Wortlaut). – W¨urzburg, UB, M. ch. f. 133, 232v–233v (Pap., Mitte 15. Jh., vorwiegend lat.). – Abweichende Versfassung: Z¨urich, ZB, Cod. A 161, 42r/v und 45v–46v (Pap., 1477/85, alemannisch). – Weitere (eigenst¨andige) Prosa-Neujahrsbriefe: M¨unchen, BSB, Cgm 457, 248r–264v (Pap., 1465/72, mittelbair., teilweiser schw¨abischer Einschlag; Sendbrief ‹Auß dem h¨unigfliessenden herczen›). – Ebd., Cgm 463, 174v–175v (Pap., Tl. mit Brief: erste H¨alfte 15. Jh., [ost]schw¨abisch/bair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII 39, 57r–58v (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Nu¨ rnberg, um Mitte 15. Jh., nordbair.; Neujahrsbrief an eine Schwester [Anna Piberin?]). Ausgabe: Wolfgang Stammler: Sp¨atlese des MA Bd. 2: Religi¨oses Schrifttum (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 19). Berlin 1965 (diplomatischer Abdruck W¨urzburg) S. 33–36. Literatur: Rainer Meisch, VL2 2 (1980) Sp. 1172–1174. – Adolf Spamer: Das kleine Andachtsbild vom XIV. bis zum XX. Jh. M¨unchen 1930, 21980, S. 44–48. – Stammler 1965 (s. Ausg.) S. 83–94. – Arne Holtorf: Neujahrsw¨unsche im Liebesliede des ausgehenden MA. Zugleich ein Beitr. zur Gesch. des ma. Neujahrsbrauchtums in Deutschland (GAG 20). G¨oppingen 1973, S. 187 mit Anm. 379. – Christine Wand-Wittkowski: Briefe im MA. Der deutschsprachige Brief als weltliche und religi¨ose Lit. Herne 2000, Reg. VZ Marien Wurzg¨artlein. – Dialog zwischen Jesus und Maria in sieben Strophen. Die dramatische Wechselrede zwischen Jesus als zornigem Richter, der als «paum» (V. 1), «weinstoc» (V. 3) und «blum» (V. 62) bezeichnet wird, und Maria als F¨urbitterin der s¨undigen Menschheit endet nach dem Nachgeben Jesu in der letzten Strophe mit dem Dank der S¨under an Maria f¨ur ihre Rolle als mediatrix und dem Lob Christi als Sohn Marias. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 24, 95r-97r, 1. H¨alfte 15. Jh., aus dem Katharinenkloster, bair. Ausgabe: Karl Bartsch (Hg.): Die Erl¨osung. Mit einer Auswahl geistlicher Dichtungen (Bibl. der gesammten dt. National-Lit. v. der a¨ ltesten bis auf die neuere Zeit [Abt. 1] 37). Quedlinburg/Leipzig 1858. Nachdr. Amsterdam 1966, S. LXIV, 302–305 (Nr. XXVI). Literatur: Peter Kesting, VL2 5 (1985) Sp. 1280 f. BJ 919

Marien Wurzg¨artlein Eine Vermahnung der geistlichen und weltlichen St¨ande Deutschlands. – Sozialkritische Versdichtung mit Prosapartien und todesdidaktischen Elementen, 1. H¨alfte 15. Jh. Die Vermahnung ist in zwei Fassungen u¨ berliefert. Die umfangreichere Fassung a ist eine nicht streng hierarchisch geordnete St¨andekritik mit kosmologischem und reichspolitischen Bezug. Die Alternanz von Vers und Prosa korrespondiert offenbar bewusst mit den unterschiedlichen Ordnungsmodellen des Textes. In einem Prolog k¨undigt der anonyme Verfasser ein «gleichn¨us» an, das die Welt «in schachzal form» erfasst. Im Folgenden werden acht geistliche und weltliche Standesvertreter (in der Reihenfolge Bischof, Pfarrer, Kardinal, Papst; Kaiser, Richter, Ritter, F¨urst) mit unterschiedlichen Schachfiguren und gleichzeitig mit schulbezogenem Lehrpersonal («locat», «custos», «subcentor») assoziiert. Diese tauschen sich u¨ ber ihre eigenen Pflichten und die ihrer Untertanen (Bauern des Schachspiels respektive Sch¨uler) aus. Ferner werden den acht Vertretern nach einem sich nicht g¨anzlich erschließenden Konzept die «septem artes liberales» zuz¨uglich der Medizin zugeordnet, die jeweils von einem antiken Weisen verk¨orpert werden. Kritisiert werden die auftretenden Standesvertreter von einem Untertanen und vom Tod, der als eine Art Oberrichter erscheint. Am Schluss dieses Textteils stehen zwei ermahnende Reden eines verwesenden Kadavers. Die nun in Fassung a folgenden St¨ucke (Vorschlag zur Reichsreform, Gerichtsverhandlung zwischen F¨ursten und St¨adten in Reimversen, Prosaspr¨uche und Verse zum Sittenverfall und zu den Juden) erg¨anzen die bisherige allgemein-soziale Perspektive um eine dezidiert politische Dimension. Die Passage zur Reichsreform weist Parallelen zu einem Entwurf der k¨oniglichen R¨ate vom N¨urnberger Reichstag von 1438 unter Albrecht II. auf. Der Text k¨onnte vielleicht von einer Person aus dem Umfeld der kaiserlichen Kanzlei und in N¨urnberg entstanden sein. Die k¨urzere Fassung b spart den reichsgeschichtlichen Bezug, die Schachvergleiche und die Antworten der Standesvertreter auf den Tod aus, enth¨alt aber auch geringf¨ugig zus¨atzliches Textmaterial. Den Textabschluss bilden hier Verse zum J¨ungsten Gericht und zu Maria. Wegen in der Handschrift enthaltener Federzeichnungen, die mehrmals einen Kadaver-Tod als Anf¨uhrer eines Reigens zeigen und an Arbeiten des Augsburger Chronisten Hektor → M¨ulich erinnern, wird die 920

Gott der vater won uns bei Fassung b im Zusammenhang mit dem Totentanz diskutiert (als sog. Augsburger Totentanz). Die dargestellten Reigen sind nicht streng paarig geordnet wie beim gel¨aufigen Totentanz-Typus, und es d¨urfte sich hier vielleicht weniger um eine Vorstufe als um eine alternative Darstellungsform handeln, die den Totentanz bereits voraussetzt. In korre¨ spondierenden Textpassagen finden sich Ubernahmen aus dem → Obd. vierzeiligen Totentanz, dem → Jammerruf des Toten und aus einem dt. Gedicht aus dem De → contemptu mundi-Kontext. Diese Einstreuungen aus der Todesdidaktik geben dem sozial-politischen Appell des Textes auch einen existentiellen Bezug. Rezipiert wurde die Vermahnung nachweislich um 1500 von Hieronymus → Streitel. ¨ Uberlieferung: Fassung a: M¨unchen, BSB., Cgm 4930, 36 Bll. (drittes Viertel 15. Jh., nordbair.); 246 Verse und Prosa, Platz f¨ur Illustrationen freigelassen. – Fassung b: Ebd., Clm 3941, 14r–20v (Pap., Straßburg [?], letztes Drittel 15. Jh.). Die Vermahnung befindet sich auf einer nachtr¨aglich eingehefteten Lage aus dem Augsburger Franziskanerkloster. Der Cod. stammt aus der Sammlung Sigmund → Gossembrots, vermutlich aus dessen Straßburger Zeit. Von ihm stammen zugesetzte dt. ¨ Reimpaare, lat. Ubersetzungen und Randkomm. Fassung b umfasst 250 Verse, auf den Bll. 14r–19v befinden sich zw¨olf unkolorierte Federzeichnungen. – Fassung a ist weder das Original noch die direkte Vorlage von b, da b von a unabh¨angigen Text enth¨alt (V. 35–38). Ausgaben: Wolfgang Stammler: Die Totent¨anze des MA (Einzelschr. zur B¨ucher- und Handschriftenkunde 4). M¨unchen 1922, S. 32–46. Wieder in: ders.: Der Totentanz. Entstehung und Deutung. Mu¨ nchen 1948, S. 51–60 (nach Fassung b u. d. T.: Augsburger Totentanz). Literatur: Christian Kiening, VL2 10 (1999) Sp. 290–293. – Gustav Roethe, AfdA 26 (1900) S. 8 f. – Hellmut Lehmann-Haupt: Schw¨abische Federzeichnungen in Hss. des XV. Jh. insbesondere aus Augsburg. Berlin 1929, S. 60–62. – Ellen Breede: Stud. zu den lat. und deutschsprachigen Totentanztexten des 13. bis 17. Jh. Halle 1931, S. 106–109. – Johannes Bolte: Das Spiegelbuch. Ein illustriertes Erbauungsbuch des 15. Jh. in dramatischer Form (Sonderausg. Sb. Preuß. Akad. der Wiss. Phil.-hist. Kl. 1932,8). Berlin 1932, S. 148–150. – Stammler 1948 (s. Ausg.) S. 48–50. – Karl-August Wirth: Neue Schriftquellen zur dt. 921

1. H¨alfte 15. Jh. Kunst des 15. Jh. Eintr¨age in einer Sammelhs. des Sigmund Gossembrot. In: St¨adel-Jb. NF 6 (1977) S. 319–408. – Reinhold Hammerstein: Tanz und Musik des Todes. Die ma. Totent¨anze und ihr Nachleben. Bern/Mu¨ nchen 1980, S. 150 f. – Erwin Koller: Totentanz. Versuch einer Textembeschreibung (Innsbrucker Beitr. zur Kulturwiss. Germanistische Reihe 10). Innsbruck 1980, S. 60 f. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze. Unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Inkunabel ‹Des dodes dantz›, L¨ubeck 1489 (Nd. Stud. 36). K¨oln 1990, S. 160. – Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA. Begonnen v. Hella Fr¨uhmorgen-Voss, fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann und Gisela Fischer-Heetfeld. Bd. 1. Mu¨ nchen 1991, S. 301 f. – C. Kiening: Contemptus mundi in Vers und Bild am Ende des MA. In: ZfdA 123 (1994) S. 409–457, hier S. 433–436, 451–455. – Michael Stolz: Artes-liberales-Zyklen. Formationen des Wissens im MA. Bd. 2 (Bibliotheca Germanica 47,1/2). T¨ubingen u. a. 2004, S. 578–603, 609–619, 733–748 u. o¨ . (Reg. S. 984). – Wilfried Kettler: Der Berner Totentanz des Niklaus Manuel. ¨ Philol., epigraphische sowie hist. Uberlegungen zu einem Sprach- und Kunstdenkmal der fr¨uhen Neuzeit. Bern u. a. 2009, S. 111, 120, 143, 160. VZ Gott der vater won uns bei. – Prozessionslied, erstes Viertel 15. Jh. In dem sich aus der Allerheiligenlitanei herleitenden, weit verbreiteten Lied folgen der Anrufung der drei g¨ottlichen Personen (Str. 1–3, erst aus nachreformatorischer Zeit u¨ berliefert) Strophen mit Bitten an Maria, Heilige und Engel. Jede Stophe schließt mit einem Kyrie-Verspaar. Die Melodie ist zu Beginn dem Lied Mitten wir im Leben sind (→ Media vita in morte sumus) verwandt. Von Luther stammt eine Fassung aus dem Jahr 1524. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 444, 13rv (Pap., erstes Viertel 15. Jh., mittelbair., zum Teil mit mitteldt. Einschlag/bair.-o¨ sterr./ostschw¨abisch, Nachtr¨age bair.). Ausgaben: August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861 (Nachdr. Hildesheim 1965), S. 209–212. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied. Bd. 2. Leipzig 1867 (Nachdr. Hildesheim 1990) Nr. 684–688. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1886, Nr. 297; 922

1. H¨alfte 15. Jh. Bd. 2. Freiburg i. Br. 1883, Nr. 13, 405. – Franz Magnus B¨ohme: Altdt. Liederbuch. Leipzig 1877 (Nachdr. Hildesheim 1966), Nr. 569. – Ludwig Erk/F. M. B¨ohme: Dt. Liederhort. Bd. 3. Leipzig 1894 (Nachdr. Hildesheim 1963), Nr. 2020 f. – Gerhard Hahn (Hg.): Martin Luther. Die dt. geistlichen Lieder (Neudr. dt. Literaturwerke NF 20). T¨ubingen 1967, Nr. 23. – Melodien: Otto August Baumann: Das dt. Lied und seine Bearbeitungen in den fr¨uhen Orgeltabulatoren. Kassel 1934, S. 141–146 und Anhang Nr. 70. – Fritz Feldmann: Der Cod. Mf. 2016 des musikalischen Inst. bei der Univ. Breslau 1 (Schr. des Musikalischen Inst. bei der Univ. Breslau 2). Breslau 1932, S. 24, 98. Literatur: Johannes Janota, VL2 3 (1981) Sp. 112 f. – Albert Friedrich Wilhelm Fischer: Kirchenlieder-Lexikon 1. Gotha 1878 (Nachdr. Hildesheim 1967) S. 218 f. – Otto A. Baumann: Das dt. Lied und seine Bearbeitungen in den fr¨uhen Orgeltabulaturen. Diss. Berlin 1933, S. 141–146, Nr. 70. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). T¨ubingen 1968, S. 231 f., 243. – Ulrich G¨abler: Die Kinderwallfahrten aus Deutschland und der Schweiz zum Mont-Saint-Michel 1456–1459. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 63 (1969) S. 221–331, hier S. 273–276. – Martin Just: Der Mensuralkod. Mus. ms. 40021 der Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz Berlin (Wu¨ rzburger musikhist. Beitr. 1). 2 Tle., Tutzing 1975, bes. S. 123. BJ Jakob von Soest (de Susato, de Sweve) OP, * um 1360 Schefe bei Soest, † nach 1439 Soest. – Theologe. I. Leben. J. trat um 1377 in den Dominikanerorden ein; seit 1394 ist er als Universit¨atsprofessor in Prag (Biblicus und Sententiar) bezeugt. J. wurde 1399 Magister der Theologie. Seit 1405 war er Professor der Theologie in K¨oln, seit 1407 Dekan der Theologischen Fakult¨at. J. unterst¨utzte als Beichtvater den K¨olner Erzbischof Friedrich von Saarwerden und dessen Nachfolger Dietrich II. 1409 wurde er zum p¨apstlichen Inquisitor der k¨olnischen Provinz bestellt. Seit 1422 lebte er meist in Soest, unternahm jedoch Reisen als Prediger, Inquisitor und als Reformator der Dominikanerkl¨oster in Deutschland, besonders des Dortmunder Konvents. II. Schriften. J.s umfangreiches und vielf¨altiges Werk umfasst theologische, historische und juristische Schriften 923

Jakob von Soest sowie zahlreiche Predigtsammlungen; auf letztere entf¨allt der Großteil seiner literarischen Hinterlassenschaft, die vor allem als wichtiges Dokument der Gelehrtengeschichte des fr¨uhen 15. Jh. bedeutsam ist. J. schuf diverse Postillae super Bibliam, Traktate zur Lage der Kirche im Abendl¨andischen Schisma und eine Sammlung dominikanischer Privilegien, ferner Chroniken zur Regional- und Ordensgeschichte. 1. Predigtsammlungen. Die von J. angelegten Predigtsammlungen und homiletischen Hilfsmittel nehmen zusammen mindestens 31 B¨ande ein. Es handelt sich dabei haupts¨achlich um Predigtmagazine f¨ur den Bedarf des ganzen Kirchenjahres. Außerdem liegen außerdem eine Sammlung von Predigtentw¨urfen unter dem Titel Sermones ad diversos status und zwei kleinere Sammlungen von Predigtdispositionen u¨ ber einzelne Schrifttexte vor. 2. Distinctiones. Die Distinctiones longiores pro arte praedicandi, eine umfassende alphabetische Enzyklop¨adie mit den unterschiedlichsten Predigtstichworten in 17 B¨anden, bietet gleichzeitig ein Lexikon theologischer und kanonistischer Grundbegriffe sowie ein exegetisches und allegorisches W¨orterbuch. 3. Theologische Schriften. Als a¨ lteste theologische Arbeiten des J. sind seine Vorlesungen aus der Zeit als Bakkalaureus in Prag bekannt geworden, eine Schrifterl¨auterung nach dem Literalsinn und Vorlesungen u¨ ber die Sentenzenb¨ucher des → Petrus Lombardus, ferner stammen von ihm Lectiones super Matthaeum, eine Postilla super epistolam b. Pauli ad Titum sowie eine umfangreiche Meßerkl¨arung. J. verfasste auch diverse theologische Abhandlungen, darunter ein Tractatus de hora mortis Christi und eine Historia discipulorum Iesu. 4. Chronik. Von J. stammt eine 1427 abgeschlossene Chronik seines Ordens, die wiederum dem ersten Teil einer Chronik des Albertus de Castello als Vorlage diente. 5. Rechtliche Arbeiten. Zur kirchenrechtlichen Verteidigung seines Ordens ertellte J. neben einigen kleineren Schriften und Traktaten eine Sammlung von Privilegien sowie eine 1421 vollendete Expositio zum Mare magnum iuris canonici de prilegiis ordinis fratrum predicatorum, einer Zusammenfassung der Eigenrechte des Ordens. Von ihm stammt auch ein kanonistisches 924

Das Große Gebet der Eidgenossen Begriffslexikon als Praxishilfe f¨ur die Behandlung von Rechtsfragen. ¨ Uberlieferung: Vgl. Beckmann 1929 (s. Lit.) S. 62–64 u. o¨ . Literatur: Paul-Gundolf Gieraths, NDB 10 (1974) S. 319 f. – Franz Josef Worstbrock, VL2 4 (1983) Sp. 488–494. – Michael Tilly, BBKL 2 (1990) Sp. 1484–1486. – Dieter Berg, LexMA 5 (1991) Sp. 294. – Walter Buckl, MarLex 6 (1994) S. 847. – Ders., LThK3 5 (1996) Sp. 731. – Johann Suibert Seibertz: Quellen der westf¨alischen Gesch. Bd. 1. Arnsberg 1857. – Florent Landmann: Das Predigtwesen in Westfalen. Mu¨ nster 1900. – Josef Hermann Beckmann: Stud. zum Leben und literarischen Nachlass J. v. S. OP (1360–1440). Leipzig 1929. – Ders.: J. v. S. In: Westf¨alische Lebensbilder 3 (1934) S. 1–10. – Heribert Christian Scheeben: J. v. S. In: Arch. der dt. Dominikaner 2 (1939) S. 134–157. – Norbert Eickermann: Miscellanea Susatensia II. In: Soester Zs. 86 (1974) S. 27–34. – Eef A. Overgaauw: Die Autographen des Dominikanertheologen J. v. S. (c. 1360–C. 1440). In: Scriptorium 60 (2006) S. 60–79. SF Nikolaus von Kittlitz (de Kytlicz). – Schreiber einer lat. Handschrift der ersten H¨alfte des 15. Jh. und m¨oglicher Verfasser eines dt. Gebets. N. nennt sich selbst («N. de Kytlicz») als Schreiber der Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Clm 4411, 218v (Augsburg, 1422); darin findet sich eine wohl von ihm selbst verfasste dt. Siebenzeilerstrophe, in der er um Erlangung des ewigen Heils und um Schutz vor Feinden bittet. Abdruck: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 669. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 6 (1987) Sp. 1089. – Gundolf Keil: Nachtr¨age zum VL. In: PBB (T¨ub.) 83 (1961) S. 167–226, hier S. 206 f. SF Das Große Gebet der Eidgenossen. – Seit dem sp¨ateren 15. Jh. u¨ berlieferte Gemeinschaftsandacht in dt. Sprache. Das etwa drei Stunden dauernde Gebet ist in mindestens f¨unf verschiedenen, stark differierenden Fassungen uberliefert; je nachdem setzt es sich aus ¨ 85 bis 129 Meditationsabschnitten zusammen. Provenienz und Entstehungsgeschichte sind ungekl¨art; die Entstehungszeit liegt vielleicht in der ersten H¨alfte des 15. Jh. Die f¨unfte Fassung geht auf den 925

1. H¨alfte 15. Jh. Obwaldner Eremiten → Nikolaus von Fl¨ue zur¨uck und kommt der verlorenen Urfassung des G. G. wahrscheinlich am n¨achsten. Das G. G. d. E. umfasst die wichtigsten Stationen christlicher Heilsgeschichte von der Erschaffung der Welt bis zum J¨ungsten Gericht. Der umfangreichste Teil schildert die Passion Christi und deren unmittelbare Vorgeschichte; den Text schließen F¨urbitten zu Gott und einzelnen Heiligen ab. In dem Gebet werden nicht die himmlischen Personen, sondern das betende Volk angesprochen. Indirekte Gebetsanweisungen an die Betenden umfassen die Anzahl der zu betenden Vaterunser und/oder Ave Maria und die Gebetshaltung, wobei man abwechselnd knien, sitzen, stehen und die Arme waagrecht ausbreiten soll. Urkundlich nachgewiesen ist das Gebet bereits f¨ur 1423 in Luzern; zu einer eigentlichen «Nationalandacht» wurde es vor allem im Kt. Schwyz. Vereinzelt wurde das G. G. d. E. bis ins 20. Jh. gebetet. ¨ Uberlieferung: Sarnen, Bibl. des Benediktinerkollegiums, Pap. 196, 19r–42r (A; 1517). – Morschach/Kt. Schwyz, Pfarreiarch., Cod. 42 (B; 1575). – Lachen/Kt. Schwyz, Arch. der Bezirkskanzlei, Cod. C 28/3, 67r–77v (C; 1577). – Hermetschwil, Bibl. des Frauenklosters, Cod. 54, p. 1–67 (D; 1619; geschrieben v. Priorin Meliora Muheim, verschollen). – Schwyz, Bibl. des Kapzinerklosters, Cod. F 183, Anhang (E; 1680). – ‹Die 92 Betrachtungen des Bruder Klaus› (F). Nach der heute verlorenen Originalvorlage aus dem Gebetbuch des Eremiten bearb. und hg. v. Petrus Canisius, Freiburg/Schweiz 1586. Ausgaben: Alois L¨utolf (Hg.): Von den Gebeten und Betrachtungen unserer Altvorderen in der Urschweiz. In: Der Geschichtsfreund 22 (1867) S. 117–150 (Fassungen A und D). – Franz Delitzsch (Hg.): Das G. G. der drei schweizerischen Urcantone. Leipzig 1864, S. 11–23 (Fassung B). – Robert Durrer: Bruder Klaus. Die a¨ ltesten Quellen u¨ ber den seligen Nikolaus v. Fl¨ue [...]. Sarnen 1917–21 (Nachdr. 1981) S. 817–833 (Fassung F). – Peter ¨ Ochsenbein: Das G. G. d. E. Uberl., Text, Form und Gehalt. Bern 1989 (Fassungen A, B, C und F). Literatur: Peter Ochsenbein, VL 2 3 (1981) Sp. 282–284. – Delitzsch (s. Ausg.). – L¨utolf (s. Ausg.), S. 86–150. – Theodor v. Liebenau: Zur Gesch. des ‹G. G.›. In: Katholische Schweizer-Bll. 15 (1899) S. 254 f. – Durrer (s. Ausg.), S. 813–815. – Odilo Ringholz: Das ‹G. G.›. In: Zs. f¨ur schweize926

1. H¨alfte 15. Jh. rische Kirchengesch. 11 (1917) S. 126–130. – Peter R¨uck: Die Durchf¨uhrung des ‹G. G.› in den Jahren 1587–1588. In: Zs. f. Schweiz. Kirchengesch. 60 (1966) S. 342–355. – Guy Paul Marchal: Die frommen Schweden in Schwyz [...] (Basler Beitr. zur Geschichtswiss. 138). Basel/Stuttgart 1976, S. 33–40. – Ders.: ‹Die alten Eidgenossen› im Wandel der Zeiten [...]. In: Innerschweiz und fr¨uhe Eidgenossenschaft. Jubil¨aumsschr. 700 Jahre Eidgenossenschaft. Bd. 2. Olten 1990, S. 309–403. – P. Ochsenbein: Beten ‹mit zertanen armen›, ein alteidgen¨ossischer Brauch. In: Schweiz. Arch. f¨ur Volkskunde 75 (1979) S. 129–172. – Ders.: ‹Großes Gebet der Eidgenossen› und ‹Großes allgemeines Gebet› [...]. In: Zs. f¨ur Schweiz. Kirchengesch. 73 (1979) S. 243–255. – Ders. 1989 (s. Ausg.). – Ders.: D. G. G. d. E. Eine f¨unfhundertj¨ahrige Gemeinschaftsandacht der Schwyzer (Schwyzer Hefte 55). Schwyz 1991. – Ernst Tremp: Buchhaltung des Jenseits. Das Buß- und Ablaßwesen in der Innerschweiz im sp¨aten MA. In: Der Geschichtsfreund 143 (1990) S. 103–144. – Carl Pfaff: Pfarrei und Pfarreileben [...]. In: Innerschweiz und fr¨uhe Eidgenossenschaft [...]. Bd. 1. Olten 1990, S. 205–282. – Charlotte Bretscher-Gisiger/Rudolf Gamper: Kat. der ma. Hss. der Kl¨oster Muri und Hermetschwil. Dietikon/Z¨urich 2005, S. 324 f. SF Wagner, Konrad. – Verfasser eines erbaulichen Traktats, der wahrscheinlich in der ersten H¨alfte des 15. Jh. im N¨urnberger Raum entstand. W. ist wahrscheinlich identisch mit Conradus Wagner oder Mulner von N¨urnberg, der 1444 Dekan der Wiener Artistenfakult¨at war und 1461 in N¨urnberg starb. «Meister» K. W. wird in zwei ¨ Handschriften (s. Uberl.) als Verfasser eines erbaulichen Traktats genannt, wobei diese Zuschreibung in der N¨urnberger Handschrift von Georg → Falder-Pistoris bezweifelt wird. Der Tractat was dem schawenden menschen zugehort wendet sich insbesondere an den Laien, den der Verfasser zur Betrachtung seiner selbst, seines s¨undigen Lebens und der Heilsmittel aufrufen und zur Weltabkehr und zum Eintritt in einen geistlichen Orden bewegen will. Die am h¨aufigsten zitierte Autorit¨at ist → Bernhard von Clairvaux. Der Verfasser wendet sich zumeist direkt an den Leser und behandelt die Themenkreise Situation des s¨undigen Menschen und seine Erl¨osung, Verg¨anglichkeit von Macht und Reichtum, Aufruf zur 927

Wagner Umkehr, Betrachtung von Tod, Ju¨ ngstem Gericht und H¨ollenqualen sowie ewige Seligkeit. Thematische und stilistische Zusammenh¨ange und teilweise ¨ w¨ortliche Ubernahmen bestehen mit dem Text Von → menschlicher Hinf¨alligkeit und dem pseudoaugustinischen Speculum peccatoris. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VI 43q, 168r-182v (Pap., aus dem Katharinenkloster N¨urnberg, Mitte 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 432, 356r-382v (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster Altenhohenau, zweite H¨alfte 15. Jh., bair.). Literatur: Karin Schneider, VL2 10 (1999) Sp. 570 f. – Johannes Kist: Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg 1400–1556 (Ver¨off. der Ges. f¨ur Fr¨ankische Gesch. 4/7). W¨urzburg 1965, Nr. 6325. – Gunhild Roth: S¨undenspiegel im 15. Jh. Unters. zum pseudo-augustinischen ‹Spe¨ culum peccatoris› in dt. Uberl. (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700, Bd. 12). Bern u. a. 1991, S. 89, 153. – Lat. ma. Hss. in Folio der UB Augsburg. Die Signaturengruppe Cod. I. 2. 2.° und Cod. II. 1. 2.° Bearb. v. G¨unter H¨agele (Die Hss. der UB Augsburg 1/1). Wiesbaden 1996, S. 143 f. SF Johannes von Kastl OSB, † wahrscheinlich nach 1426. – Theologe. J. studierte wahrscheinlich in Prag, wo er um 1388 Baccalareus und sp¨ater Magister wurde. Er lebte dann als Benediktiner im Kloster Kastl und ¨ hatte dort die Amter des Subpriors und Priors inne. 1418 wirkte er in Weihenstephan an der Klosterreform mit. Dort ist er 1426 auch in Begleitung von → Johannes von Indersdorf als Visitator nachgewiesen. Das Fehlen genauerer Informationen u¨ ber J.s Leben erschwert die Zuschreibung u¨ berlieferter Schriften, was wiederholt zu Kontroversen in der Forschung gef¨uhrt hat. Unumstritten ist J.s Autorschaft der Expositio super regulam s. Benedicti. Dieser vielfach u¨ berlieferte Kommentar zur Benediktinerregel kompiliert umfassend Inhalte aus dem Bereich des Ordens (Recht, Gewohnheiten), aber auch Kenntnisse spirituellaszetischer Art. Dabei bediente sich J. nicht bei der dt. Mystik, sondern bei → Pseudo-Dionysius, → Rudolf von Biberach, Wilhelm von Auvergne, Johannes Klimako sowie juristischen und Bibelkommentaren. Bedeutsam ist auch J.s Brieftraktat Clenodium religiosorum an Johannes von Indersdorf. Hinzu kommen die kleineren Traktate De lumine 928

Tortsch increato und De lumine creato (auch Tractatus de Natura, Gratia et Gloria ac Beatitudine in Patria) sowie lat. Gebete, Psalmenkommentare u. a. ¨ Eine Uberlieferung in dt. Sprache erfuhren zwei Schriften J.s. Der zur Selbsterkenntnis aufrufende Traktat Spiritualis philosophia ist als l¨angere und k¨urzere Version erhalten. Letztere wurde zur ¨ Grundlage einer dt. Ubersetzung, die m¨oglicherweise in der ersten H¨alfte des 15. Jh. im Raum N¨urnberg entstand: Ein n¨ucz und schone ler von der ¨ aygen erkantnuß. Die Sprache der Ubertragung ist eng am lat. Original orientiert. Erhalten ist wei¨ terhin eine von dem profilierten Ubersetzer Tho¨ mas → Finck stammende Ubertragung des Traktats De fine religiosae perfectionis. Diese Schrift war fr¨uher f¨alschlich als De adhaerendo Deo bekannt und wurde verschiedentlich → Albertus Magnus oder einem sog. Pseudo-J. zugeschrieben. ¨ Uberlieferung (dt.): 1. Spiritualis philosophia dt.: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4437, 1r–37v, 51r–58r (Pap., zweites Drittel 15. Jh., nordbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43h, 4r–53r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Berlin, SBB, Mgo 565, 28r–100r (Pap., Mitte 15. Jh., bair.). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1933, 2r–57r (Pap., letztes Viertel 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 461, 215r–256v (Pap., um 1491, nordbair.). – Ebd., Cgm 806, 68r–74v (Pap., Ende 15. Jh., mittelbair., Fragm.). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 36, 1r–46v (Pap., erste H¨alfte 16. Jh., ostschw¨abisch). – Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 2, 1ra–32rb. – Vgl. auch Wagner 1972 (s. Lit.). 2. De fine religiosae perfectionis dt.: M¨unchen, BSB, Cgm 6940, 303ra–315vb (1491/92, Schreiber: Johannes Kurfi). – Eichst¨att, UB, cod. st 760, 250v–259v (Pap., Wildberg/Calw, 1507). ¨ Zur lat. Uberl. von J.s Werk vgl. auch Sudbrack 1967 (s. Lit.) S. 188–211; Sudbrack 1983 (s. Lit.). Ausgaben: Spiritualis philosophia dt.: Wagner 1972 (s. Lit.). – Zu Ausg. der lat. Schriften vgl. Sudbrack 1983 (s. Lit.). Literatur: Josef Sudbrack, NDB 10 (1974) S. 556 f. – Ders., Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 592–594. – Ders., VL2 4 (1983) Sp. 652–658; 11 (2004) Sp. 775. – Ders., MarLex 3 (1991) S. 401 f. – Michael Tilly, BBKL 3 (1992) Sp. 431–433. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 393. – J. Sudbrack, LThK3 5 (1996) Sp. 924 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 482. – Red.: Jean de K. In: DHGE 27 (2000) Sp. 180 f. – J. Sudbrack, RGG4 4 (2001) 929

1. H¨alfte 15. Jh. Sp. 537. – Martin Grabmann: Der Benediktinermystiker J. v. K., der Verf. des B¨uchleins ‹De adhaerendo Deo›. In: Theol. Quartalschr. 101 (1920) S. 186–235 (wieder in: Ders.: Ma. Geistesleben. Abh. zur Gesch. der Scholastik und Mystik 1. Mu¨ nchen 1926, S. 489–524). – Jacques Huijben: Le ‹De adhaerendo Deo›. In: Vie Spirituelle Suppl. 1922 (1922) S. 22–37; ebd. Suppl. 1923 (1923) S. 80–101. – Erhard Drinkwelder: Der Weg zu Gott in der Regelerkl¨arung des J. v. K. In: Benediktinische Monatsschr. 5 (1923) S. 50–57, 73–82, 164–173. – Bonifaz W¨ohrm¨uller: Beitr. zur Gesch. der Kastler Reform. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 42, NF 11 (1924) S. 10–40. – Otto Karrer: Die große Glut. Textgesch. der Mystik im MA. M¨unchen 1926. Nachdr. ebd. 1978, 385–394. – Emmerich Raitz von Frentz: Die Schrift ‹De adhaerendo Deo›. Kritisches zur Text¨uberl. und zur Autorenfrage. In: Scholastik 2 (1927) S. 79–92. – Hans Utz: J. v. K., ein bairischer Mystiker. In: Oberpfalz 38 (1950) S. 63–66. – Hanns Fischer: Neue Forschungen zur dt. Dichtung des Sp¨atMA (1230–1500). In: DVjs 31 (1957) S. 303–345. – Clemens Stroick: Unpublished Theological Writings of J. Castellensis. Ottawa 1964. – Dieter Picker: Der Traktat ‹De fine religiosae perfectionis› – ‹De adhaerendo Deo›. Verf., ¨ Uberl., Text. Zulassungsarbeit Wu¨ rzburg 1965. – J. Sudbrack: Die geistliche Theologie des J. v. K. Stud. zur Fr¨ommigkeitsgesch. des Sp¨atMA. 2 Bde. Aschendorff 1966/67. – Renata Wagner: Ein n¨ucz und schone ler von der aygen erkantnuß. Des Pseudo–J. v. K. ‹Spiritualis philosophia› dt. Text und Unters. (MTU 39). Mu¨ nchen 1972 (vgl. dazu J. Sudbrack. In: PBB T¨ub. 96, 1974, S. 376–379; ders. In: Theol. Revue 71, 1975, S. 155–158; Volker Honemann. In: AfdA 88, 1977, S. 41–51). – Beda Maria Sonnenberg: Die Abtswahl nach J. v. K. Unters. und Textedition. Sankt Ottilien 2008. – Thomas Henke: J. v. K. OSB (ca. 1370–nach 1426). Einheit von Theologie und Glaube im Licht der Tradition. In: Im Glanz des Heiligen. FS Johann Limbacher. Hg. v. Barbara Bagorski u. a. Eichst¨att 2010, S. 183–194. MM Tortsch, Johannes, * um Ende 14. Jh. Hof/Saale, † 1495/96 vermutlich Leipzig. T. studierte 1415–18 in Leipzig (Magister artium); seit 1428 geh¨orte er dem Lehrk¨orper der 930

1. H¨alfte 15. Jh. Universit¨at an (1428 Rektor, 1436 Lizentiat der Hl. Schrift). Die T. zugeschriebenen Werke widmen sich der Gestalt und den Offenbarungen der hl. → Birgitta von Schweden: Onus mundi (vier Fassungen zwischen 1424 und 1433; gr¨oßere Verbreitung fand nur die vierte Fassung, 9 Handschriften und 1 Druck [Rom 1485]), Lucidarius revelationum sancte Birgitte (um 1427), Liber de reprobatione christianorum et vocatione gentium, Liber celestis imperatoris ad milites (beide ca. 1428–30), Legenda sancte Birgitte (um 1427). Die vierte Fassung von Onus mundi wurde u. d. T. B¨urde der Welt ins Deutsche u¨ bersetzt. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 31, 116r–123r (Pap., 1475, ostschw¨ab.; Ausz¨uge). – Bamberg, SB, Msc. Hist. 160 (fr¨uher E.VII.18), 115r–157v (Pap., 1434) (ba). – Berlin, SBB, Mgq 189, 321r–347r (Pap., Mitte 15. Jh., oberrhein.) (be1). – Ebd., Mgo 209, 2r–87v (Pap., ca. 1455–60, nordbair.) (be 2). – Br¨unn/ Brno, Landes- und Universit¨atsbibl., Cod. Mk 23 (fr¨uher Nikolsburg, F¨urstl. Dietrichsteinsche Bibl., Cod. II 165), 31r–54r (Pap., 1480, ostmitteldt.) (br). – Colmar, StB, Ms. CPC 279 (fr¨uher Bibl. du Consistoire, ms. 279), 45v (zweites Viertel/Mitte 15. Jh., els¨assisch; Auszug). – Dresden, LB, Mscr. M 55, 210r–234r (Pap., um1460/70, ostmitteldt.) (dr). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 42, 72r–147v (Perg. und Pap.). – M¨unchen, BSB, Cgm 165, 257r–257v (Perg., 1510; Ausz¨uge). – Ebd., Cgm 523, 274r–294v (Pap., 1471, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 702, 79r–107r (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 817, 235r–235v (Perg. und Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., mittelbair., zum Teil mit leicht ostschw¨absichem Einschlag). – M¨unchen, UB, 2° Cod. ms. 684, 60r–86r (Pap., 1465, mittelbair. im Grenzgebiet zum Schw¨abischen). – Ebd., 4° Cod. ms. 496, 41r–68v (um 1460, bair. mit einzelnen alemannischen Z¨ugen). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 54, 1r–4r, 10r–86r. – Trier, StB, Hs. 813/1343 8°, 49r–76r, 106v–107r (Pap., 15./16. Jh.). – Uppsala, UB, Cod. C 803d, 52r–72v (Anfang 16. Jh., alemannisch). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Oct. 4, 33r–95v (Pap.). – Neun Drucke von 1481 bis 1625, darunter zwei Inkunabeln. Ausgabe: Montag (s. Lit.) S. 252–329 (nach der a¨ltesten Hs. von 1434, Bamberg, SB, Msc. hist. 160, synoptisch neben dem Text des lat. Druckes). Auf eine vermutlich nach 1433 entstandene Fassung der Legenda sancte Birgitte geht Leben und Wunderwerke St. Birgitten zur¨uck, der ausf¨uhrlichste Text 931

Ansgar des 15. Jh. zu Leben und Werk Birgittas, der seinerseits zur Quelle von Sunte Birgitten openbaringe (Druck L¨ubeck 1496) wurde. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 189, 267r–321r (Pap., Mitte 15. Jh., oberrheinisch). – Ebd., Mgq 1527, 55r–164v (Pap.). – Hamburg, SUB, Cod. Convent X, 1r–137r (Pap.). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter perg. 42, 72r–147v (Perg. und Pap.). – K¨oln, Hist. Archiv der Stadt, Best. 7008 (GB 8°) 24, 1r–119v, 125v–197r (Pap., 15. Jh., ripuarisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43f, 237r–384v (Perg. und Pap.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.F.1, 1r–194r (1473, nordbair. mit einigen ostmitteldt. Zu¨ gen). – Rostock, UB, Fragm. theol. 114, zwei beschnittene Doppelbll. (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nordnieders¨achsisch). – Uppsala, UB, Cod. C 803d, 1r–51v (Pap., Anfang ¨ 16. Jh., alemannisch). – Wien, ONB, Cod. 13843, 151r–199v (Pap.). – Ebd., Cod. 15034, 1r–201r (Pap.). – Z¨urich, ZB, Cod. D 231, 139r–139v (Pap., Auszug). Ausgabe: Mante (s. Lit.) S. 1–179 (nach der Hamburger Hs.). Literatur: Ulrich Montag, VL2 9 (1995) Sp. 982–984. – M. Helm: Birgitta v. Schweden in der dt. Lit. Diss. Mu¨ nchen 1916. – U. Montag: Das Werk der heiligen Birgitta von Schweden in ¨ obd. Uberl. Texte und Unters. (MTU 18), M¨unchen 1968, S. 71–74. – Axel Mante (Hg.): Eine nd. Birgitta-Legende aus der Mitte des XV. Jh. (Acta Universitatis Stockholmiensis 8). Stockholm 1971. BJ Ansgar. – Mnd. Prosalegende. Der im Kloster Corbie erzogene A. (um 801 – 3.2.865) kam 823 als Leiter der Schule nach Corvey. 825–831 hielt er sich als Missionar in D¨anemark und Schweden auf. 831 wurde er zum Erzbischof mit Sitz in Hamburg geweiht, 832 zusammen mit Erzbischof Ebo von Reims zum p¨apstlichen Legaten im Norden ernannt. Nach der Zerst¨orung der Hammaburg durch die Wikinger 845 wies ihm Ludwig der Deutsche das Bistum Bremen zu, das vielleicht schon 848 mit Hamburg vereinigt wurde (864 Best¨atigung der Vereinigung durch Papst Nikolaus I.). 849 und 852/53 f¨uhrten ihn weitere Missionsreisen nach D¨anemark bzw. Schweden. A. wurde bald nach seinem Tod als Heiliger verehrt (Fest: 3. Februar, in Skandinavien 4. Februar). Die mnd. Legende in der Wiener Handschrift ist ¨ eine Ubersetzung der Kapitel 9–11, 20–23, 25–27 932

Basilius der Große und 37–41 der von A.s Sch¨uler und Nachfolger Rimbert verfassten Vita Anskarii, in der A. als Vision¨ar geschildert wird. Eine weitere eigenst¨andige Prosalegende verzeichnet Williams-Krapp. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2673 (Perg., 15. Jh., aus dem Magdeburger Liebfrauenkloster; Fragm.). Ausgabe: T¨odt (s. Lit.) S. 62–74. Literatur: P. Fournier, DHGE 3 (1924) 435–441. – Otto Heinrich May, NDB 1 (1953) S. 311 f. – Josef M. B¨ohr, Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermisen u. a. Bd. 1. Regensburg 1967, Sp. 272. – Walther Lammers, RGA2 1 (1973) S. 346–348. – LCI 5 (1973) Sp. 198. – Gert Haendler, TRE 3 (1978) S. 5–7. – Kurt Illing, VL2 1 (1978) Sp. 395; 11 (2004) Sp. 119. – W. Lammers, LexMA 1 (1980) Sp. 690 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 138. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 186 f. – Peter Johanek, LThK3 (1993) Sp. 715 f. – Wilfried Hartmann, RGG4 1 (1998) Sp. 517. – Werner Trillmich: Quellen des 9. und 11. Jh. zur Gesch. der Hamburgischen Kirche und des Reiches. Darmstadt 1961. 31973. – Anton T¨odt: Eine nd. Hs. u¨ ber das Leben A.s. In: NdJb 86 (1963) S. 59–74. – Rimbertus: Das Leben des hl. A. von seinem Nachfolger Rimbert. Hg. v. Wilhelm Schamoni. D¨usseldorf 1965. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 391. – Stephan Waldhoff, Psalmenfr¨ommigkeit im fr¨uhen MA. Das Zeugnis der ‹Vita Anskarii›. In: Arch. f¨ur Liturgiewiss. 46 (2004) S. 37–56. – Thomas Klapheck: Der hl. A. und die karolingische Nordmission (Ver¨off. der Hist. Kommission f¨ur Niedersachsen und Bremen 242). Hannover 2008. – David Fraesdorff: A. Apostel des Nordens. Kevelaer 2009. BJ Basilius der Große. – Dt. Fassungen der Schriften des hl. B., Bischofs von C¨asarea und Kirchenlehrers (4. Jh.). B., 329 in C¨asarea (Kappadozien) als Sohn eines wohlhabenden Rhetors und Advokaten und Enkel eines christlichen M¨artyrers geboren, studierte Rhetorik, Grammatik und Philosophie in C¨asarea, Konstantinopel und Athen. Seine Familie, die sich seit einigen Generationen zum Christentum bekannte, brachte mehrere Heilige und Bisch¨ofe hervor. In seine Heimat zur¨uckgekehrt, beschloss er, seine weltliche Laufbahn abzubrechen und Eremit zu werden. Nach seiner Taufe im Jahr 356 933

1. H¨alfte 15. Jh. und einigen Reisen, auf denen er das Leben der Mo¨ nche in verschiedenen L¨andern kennenzulernen trachtete, zog er sich in eine Ein¨ode in der N¨ahe seiner in asketischer Fr¨ommigkeit auf einem Landgut bei Neoc¨asarea im Pontus lebenden Mutter und Schwester zur¨uck und gr¨undete dort eine Klostergemeinschaft. Gemeinsam mit Gregor von Nazianz, mit dem er in Freundschaft verbunden war, stellte B. zwei Mo¨ nchsregeln auf, die in der orthodoxen Kirche bis heute G¨ultigkeit haben. 364 wurde er Presbyter, 370 Bischof von C¨asarea. Zusammen werden B. der Große, sein Bruder Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz als die «drei großen Kappadozier» oder die «drei kappadokischen Kirchenv¨ater» bezeichnet; sie gelten als Begr¨under der kirchlichen Trinit¨atslehre. B. starb am 1.1.379 in C¨asarea. Ihm wird der Traktat De laude solitariae vitae (PL 145, Sp. 246 D–251 B, unter den Werken des Petrus Damiani) zugeschrieben. Eine mhd. Fassung ist in folgenden Handschriften u¨ berliefert: K¨oln, Hist. Arch., Best. 7002 (GB 2°) 136, 16v-19v (Pap., Mitte 15. Jh., Titel: von eynsiedelichem leben). – M¨unchen, BSB, Cgm 828, 153r–161v (Pap., 1480). – Wien, ¨ ONB, Cod. 2840, Iv–IIIv (Pap., Mitte 15. Jh.; unvollst.). – Sarnen, Bibl. des Benediktinerkollegiums, Cod. chart. 57, 209r–214r (Pap., 1451). Eine mndl. Fassung begegnet in den Handschriften Haag, Kgl. Bibl., Cod. 73 H 16, 166v–176r (1471; Titel: van den eynliken leven). – Ebd., Cod. 133 F 27, 94r–99r (Mitte 15. Jh.; unvollst.). Weitere Handschriften verzeichnet Willem de Vreese: De handschriften van Jan van Ruusbroec’s werken. Bd. 1. Gent 1900, S. 219. Abdruck: Johannes van Vloten: Verzameling nederlandsche Prozastukken. Leiden u. a. 1851, S. 330–332 (Teilabdr. nach Hs. Haag 73 H 16). ¨ Eine Ubertragung von Interrogano 7 von B.’ Regulae fusius tractatae mit dem Titel voel nutter dattet is in eyne guede vergaderinghe te sijn dan alleyne findet sich aller Wahrscheinlichkeit nach in Haag, Kgl. Bibl., Cod. 133 F 27, 163r–166r. Ein Teil der Interrogatio 5 aus den gleichen Regulae fand als dt. ¨ Ubertragung Eingang in die Ler von der aygen er¨ kantnus, eine mhd. Ubersetzung der Spiritualis philosophia des → Johannes von Kastl. ¨ Uberlieferung: Verzeichnet bei Renata Wagner: Ein n¨ucz und schone ler von der aygen erkantnuß (MTU 39). Mu¨ nchen 1972, S. 58–69. Abdruck: Ebd., S. 173. Die Schrift Von der Verleumdung, u¨ berliefert in den Handschriften L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 934

1. H¨alfte 15. Jh. 24, 37r–38v. – Ebd., Ms. theol. germ. 65 (beide 15. Jh.), ist m¨oglicherweise mit der B. zugeschriebenen Homilie Adversus eos qui per calumniam dicunt dici a nobis deos tres (PG 31, Sp. 43–49). Literatur: Volker Honemann, VL2 1 (1978) Sp. 626 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 406–409. – Paul Hagen: Die dt. theologischen Hss. der L¨ubeckischen StB. L¨ubeck 1922. SF Guido von Alet. – Dt. Bearbeitung einer lat. Jenseitsvision in Dialogform, erste H¨alfte 15. Jh. Grundlage der dt. G. v. T.-Vision ist die Historia Guidonis des franz¨osischen Dominikaners Johannes Gobius (Grabius) aus dem zweiten Viertel des 14. Jh. Der Dialog zwischen dem Geist des 1323 verstorbenen B¨urgers Guido und dem Prior des Predigerkonventes von Alet verbindet eine Jenseitsvision mit Unterweisungen in die kirchlichen Gnadenmittel zur Erl¨osung der Seelen aus dem Fegefeuer. Der Text ist wenig anschaulich und gepr¨agt von trockener Gelehrsamkeit. F¨ur diesen Zweig der sp¨atma. Visionsliteratur, die besonders unter Dominikanern beliebt war, ist sowohl die Dialogform als auch die inhaltliche Verkn¨upfung von Vision und Belehrung typisch. Die dt. Bearbeitung ist handschriftlich ab der Mitte des 15. Jh. nachweisbar, ¨ wobei sich die Uberlieferung auf den nd. und den ripuarischen Sprachraum beschr¨ankt. Vermutlich ist die dt. Fassung von der mndl. abh¨angig, die bis etwa 1400 zur¨uckreicht. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 404, 85r–111v (Pap., 1446, nd./westf¨alisch). – Darmstadt, ULB, Hs. 106, 221r–232r (Pap., aus dem K¨olner Fraterhaus am Weidenbach, 1470–80, ripuarisch). – Den Haag, Koninklijke Bibl., Cod. 73 E 23 (vormals Cod. V 52), 173r–173v (Pap., 15. Jh., nd.). – Koblenz, Landeshauptarch., Best. 701 Nr. 147 (vormals GB 39), 189va–199ra (Pap., um 1475, ripuarisch). – Kopenhagen, Kongelige Bibl., GKS Cod. 82,2°, 17ra–26vb (Pap. und Perg., Mitte 15. Jh., nd.). – Straßburg, National- und UB, Ms. 2932 (vormals L germ. 724.8°), 255r–290v (Pap., 15. Jh., nd.). – Trier, StB, Hs. 1236/604 4°, 279va–293vb (Pap. und Perg., aus dem Kloster Eberhardsklausen, ¨ 1466, ripuarisch/niederrheinisch). – Mndl. Uberl. (Ausw.): Berlin, SBB, Mgq 1081 (vormals Privatbesitz Freiherr August v. Arnswaldt, Hannover, Nr. 3138), 158r–174v (Pap. und Perg., 1446, ¨ mndl.). – Zur weiteren mndl. Uberl vgl. Axters ¨ 1970 (s. Lit.) S. 172–174. – Zur lat. Uberl. und 935

Guido von Alet ¨ Uberl. in weitere europ¨aische Volkssprachen vgl. Brandes 1887 (s. Lit.) S. 83–85. Ausgabe: Brandes 1887 (s. Lit.) S. 87–96 (gek¨urzter Abdruck v. Berlin, Mgq 404). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 3 (1981) Sp. 299; 11 (2004) Sp. 567 f. – Herman Brandes: G. v. A. In: NdJb 13 (1887) S. 81–96. – Gustav Schleich: The Gast of Gy. Eine englische Dichtung des 14. Jh. nebst ihrer lat. Quelle (Palaestra 1). Berlin 1898 (mit Abdruck der lat. Vision). – Stephanus Axters: Bibliotheca Dominicana Neerlandica manuscripta 1224–1500 (Bibl. de la Revue d’Histoire Eccl´esiastique 49). L¨owen 1970. – Carola Kirschner: ‹Historia Guidonis›. In: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Hg. v. Helmut Tervooren. Berlin 2006, S. 216. VZ Hoheliedauslegung An Hymmel und an erden. – Vermutlich erste H¨alfte des 15. Jh. Die vielleicht von einem Dominikaner vorgenommene Auslegung entstand wahrscheinlich im Braunschweigischen. Sie folgt paraphrasierend den Cantica Canticorum und ist wie diese in acht Kapitel gegliedert. Von den V¨atern und Lehrern wird nur → Gregor (in der Vorrede und am Anfang des ersten Kapitels) zitiert. Auslegungsmodell ist die Liebe des himmlischen Br¨autigams zur Seele als Braut; der Br¨autigam ist Christus, der seine Braut mit dem Kreuzestod vom ewigen Leid erl¨ost hat. Der Ton des Textes, der sich durch das Nebeneinander von christozentrischer und theozentrischer Auslegung auszeichnet, ist lehrhaft; im Vordergrund steht Unterweisung, nicht affektive Hochstimmung der minnenden Seele. Auf die Wichtigkeit der Predigt und des Predigtwesens wird h¨aufig hingewiesen. ¨ Uberlieferung: Mnd.: Kopenhagen, Kgl. Bibl, cod. Thott. 4° 109, 185r–230v (Pap., 1453) (K). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 2° 6, 1ra–25vb (Kriegsverlust). – Rostock, UB, Ms. theol. 40, 66r–139r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.) (R). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 458, 131va–159ra (1461) (W). – Ebd., Cod. Helmst. 1121 (Perg. und Pap.; nur 1. Kap.) (w). – Ebd., Cod. Helmst. 1291, 126r–198v (Pap., 1453). – Ostmndl.: Westmalle, Trappistenkloster, cod. Lit. A 15, 242v–323r (Ende 15. Jh., wahrscheinlich aus Marienboom, Birgittenkloster). Ausgaben: Johanna L¨urssen: Eine mnd. Paraphrase des Hohenliedes (Germanistische Abh. 936

Ingold 49/52). Breslau 1917 (Nachdr. Hildesheim/New York 1977) (Text: S. 172–231). – B. Spaapen: Een verklaring van het Hooglied uit het oude Gelder. In: Ons Geestelijk Erf 19 (1945) S. 83–172 (Text: S. 112–172). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983), 84–87; 11 (2004) Sp. 690. – J. L¨urssen/B. Spaapen (s. Ausg.). – Friedrich Ohly: Hohelied-Stud. Grundz¨uge einer Gesch. der Hoheliedauslegung des Abendlandes bis um 1200 (Schr. der Wissenschaftlichen Ges. an der Johann Wolfgang Goethe-Univ., Frankfurt a. M. 1). Wiesbaden 1958 (vgl. Rezension v. K. Ruh, in: PBB [T¨ub.] 82 [1960] S. 404–411). BJ Hugo von Ehenheim OP, † 1447. – Prediger. Der Dominikaner H. stammte urspr¨unglich vielleicht aus Straßburg oder Oberehnheim. Seit 1422 las er im Kloster Toulouse die Sentenzen. 1426 ernannte ihn das Kapitel von Bologna zum Prior des Dominikanerklosters in Straßburg, wo er 1433–35 nachweislich auch predigte. Mo¨ glicherweise war H. mit einem gleichnamigen Bischof identisch, der um 1447 starb. H.s Texte sind in zwei Handschriften erhalten, die noch zu seinen Lebzeiten in Straßburg ¨ geschrieben wurden. Diese Uberlieferung besteht aus 26 Predigten und drei Texten in predigt¨ahnlicher Prosa, alle in dt. Sprache. Sie zeigen H. als ge¨ubten Prediger. Seine Texte sind klar durchstrukturiert und folgen weitgehend dem klassischen Schema ma. Predigten: Die jeweils behandelte Textstelle wird zitiert und dt. u¨ bersetzt (Thema), dann knapp inhaltlich erweitert (Prothema), gefolgt von einer oft dreiteiligen Untergliederung (Divisio) mit m¨oglichen Zusatzgliederungen (Subdivisiones), abgeschlossen von einer Zusammenfassung. H. behandelt u¨ bliche Themen wie das Erlangen eines gottgef¨alligen Lebenswandels, Leben und Passion Christi sowie die Sakramente. H. st¨utzt sich dabei h¨aufig auf die Bibel, außerdem auf Aristoteles, → Augustinus, → Beda, → Bernhard von Clairvaux, → Albertus Magnus und → Thomas von Aquin. Obwohl sie scholastische Elemente aufweisen, bleiben H.s Predigten durch ihre einfache Sprache auch f¨ur nicht theologisch geschulte Zuh¨orer zug¨anglich. Weiterhin werden sie durch Gleichnisse, Exempla, Allegorien und Embleme aufgelockert. Hinzu kommen praktische Anweisungen, etwa zum Empfang der Eucharistie, mit 937

1. H¨alfte 15. Jh. denen H. besonders sein st¨adtisches Publikum angesprochen haben d¨urfte. St¨arker geistlich gepr¨agte Stellen seine Predigten richteten sich dagegen an ein Nonnenpublikum. Freilich erreicht H. trotz seines formalen K¨onnens nicht den Rang eines Johann → Geiler von Kaysersberg. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 35, 49r–57r, v r 114 –131 (Pap., Nikolauskloster Straßburg, um 1435–37). – Ebd., Mgq 206, 17v–176v, 187v–192v (Pap., Nikolauskloster Straßburg, zweites Viertel 15. Jh.). Literatur: Herbert Wolf: Predigt. In: RL2 3 (1977) S. 223–257, hier S. 236. – Rainer Meisch, VL2 4 (1983) Sp. 226–229. – Thomas Kaeppeli: Hugues d’E. In: DHGE 25 (1995) Sp. 220. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 526–529. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 30–50, 80–82. – Ders.: Zur Volksreligiosit¨at des 15. Jh. In: Hist.-politische Bll. f¨ur das katholische Deutschland 140 (1907) S. 416–430. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, 255 f. MM Sigelin. – Augustinerprior des 15. Jh. Dem urkundlich nicht nachgewiesenen S, wird in der Handschrift Berlin, SBB, Mgf 863, 277va–281ra (aus dem Dominikanerinnenkloster St. Magdalena in Straßburg) eine gek¨urzte Fassung der Exempeldichtung → Christus und die sieben Laden zugeschrieben. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 8 (1992) Sp. 1236. – Wieland Schmidt: Christus und die sieben Laden. Betrachtungen zur sp¨atma. dt. Literaturgesch. In: FS Eugen Stollreither. Hg. v. Fritz Redenbacher. Erlangen 1950, S. 261–284 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. Wiesbaden 1969, S. 198–215). BJ Ingold, Meister OP (?). – Prediger, Verfasser eines Traktats. ¨ I. wird in der Uberlieferung als Priester des Predigerordens bezeichnet. Wahrscheinlich handelte es sich bei I. um den 1405 und 1415 in Basel nachgewiesenen Dominikaner I. Wild. Er studierte seit 1400 in Mailand sowie seit 1416 in Wien. 1427 ist er in Basel als Magister (wohl «magister bullatus») bezeugt. Im Streit um die Annahme der strikten Observanz brach I. 1429 mit dem Basler Kloster und ging nach Straßburg. Dort war er 938

1. H¨alfte 15. Jh. zun¨achst wohl Schlosskaplan und ab 1432 Klosterlektor. Auch machte er sich einen Namen als Prediger. Er d¨urfte um 1440–50 gestorben sein. I.s Hauptwerk ist der Prosatraktat Guldˆın spil (1432), der auf einer Predigtreihe I.s beruht. Die Schrift wendet sich gegen die sieben Tods¨unden, die hier an sieben mittelalterlichen Gesellschaftsspielen veranschaulicht werden. Dazu z¨ahlt neben dem Karten- und W¨urfelspiel besonders das Schachspiel, dem sich I. ausgiebig widmet. I. bezieht sich in seiner Schrift nicht nur auf die Bibel, die Kirchenv¨ater sowie volkst¨umliche Sprichw¨orter und Fabeln. Auch die mittelalterliche (Spiel-)Traktatliteratur wird von ihm verwertet, darunter De eruditione christfidelium des Johannes Herolt und Ludus cartularum moralisatus des Johannes von Rheinfelden. Sp¨atere Handschriften des Guldˆın spils erweitern den Text um kritische Bemerkungen u¨ ber jeweils zeitgen¨ossische Bekleidungsmoden. Von I.s dt. Predigten ist nur ein kleiner Teil u¨ berliefert. Eine von Beda beeinflusste Predigt u¨ ber Lk 11,5–13 behandelt u. a. Christus und Hiob. Die «dreifache Geburt» Christi steht im Mittelpunkt einer Predigt u¨ ber Mt 22,42. Auch eine Paternoster-Predigt ist erhalten. Allen Predigten I.s ist die eing¨angige Verwendung von Zahlen gemeinsam. So erl¨autert etwa die Lukas-Predigt drei Tugenden, drei Trost- und drei Liebesarten. I.s Predigten wurden sp¨ater in die Straßburger Predigtsammlung der Agnes Sachs aufgenommen (Codex ¨ mgq 35, s. Uberlieferung) und in Sankt Gallener Gebetsb¨uchern zitiert. Langfristige Wirkung entfaltete I. freilich weniger als Prediger denn als Verfasser des Guldˆın spils. ¨ Uberlieferung: 1. Guldˆın spil: Gießen, UB, Hs. 813, 168ra–208ra (Pap., 1449/50, schw¨abisch, Leiths.). – Nelahozeves, Lobkowitzsche Bibl., Cod. VI Fc 26 (fr¨uher Prag, Nationalbibl., Cod. R VI Fc 26), S. 137–251 (Pap., 1464, schw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgo 482 (fr¨uher Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 11079) (Pap., um 1474, alemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 311, 1r–62ra (Pap., 1474, s¨udostfr¨ankisch). – Z¨urich, Zentralbibl., Cod. Car. C 28, Bll. 265r–296v (Pap., 1474, nordschweizer.). – ¨ Wien, ONB, Cod. 3049, 141ra–171vb (Pap., 1479, schw¨abisch). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1592, S. 36–168 (Pap., fr¨uhes 17. Jh.). 2. Predigten: Stuttgart, LB, Cod. HB I 203, 177v (Pap., um 1416–20, Fragm.). – Berlin, SBB, Mgq 939

Ingold 35, 34r–48v, 57v–70r (Pap., Straßburg?, um 1435). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 94, 182v–186r (Pap., um 1515/40). – Augsburg, UB, Cod. III.2.8° 59, 113r–120v (Pap., Mitte 16. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 456, 45r–53v (Pap., 2. H¨alfte 15. Jh., ostschw¨abisch-mittelbair.). – Berlin, SBB, Mgo 224, 67r–72v (Ende 15. Jh., schw¨abisch). – M¨unchen, BSB, cgm 450, 8r–13v (Pap., Ende 15. Jh., schw¨abisch). – Straßburg, StB, Cod. B 146, Bl. 57v (verbrannt). – Frankfurt/M., UB, Ms. Praed. 60, 1r–26v (Predigtausz¨uge als Tl. einer Slg.). Druck: Guldˆın spil: Augsburg: G¨unther Zainer 1472 (nach der Gießener Hs. 813; Druck war Vorlage der Hss. Mgo 482, Cgm 311, cod. 3049, cod. theol. 1592). Ausgabe: Das Goldene Spiel. Hg. v. Edward Schr¨oder. Straßburg u. a. 1882. Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 636. – Francis Rapp, Dict. Spir. 7 (1969) Sp. 1732 f. – Gisela Friedrich, NDB 10 (1974) S. 173 f. – Hellmut Rosenfeld, VL2 4 (1983) Sp. 381–386; 11 (2004) Sp. 711. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 302, 322. – Roger Aubert/Thomas Kaeppeli, DHGE 25 (1995) Sp. 1150. – Norbert H. Ott/Red., Killy2 6 (2009) S. 49. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 27–30. – Georg Boner: Das Predigerkloster in Basel von der Gr¨undung bis zur Klosterreform (1233–1429). In: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 33 (1934) S. 195–303, hier S. 285; ebd. 34 (1935) S. 107–259, hier ¨ S. 240 f. – Gabriel L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178. – Heinz-Ju¨ rgen Kliewer: Die ma. Schachallegorie und die dt. Schachzabelb¨ucher in der Nachfolge des Jacobus de Cessolis. Gießen 1966. – Wolfgang Heinemann: Zur St¨andedidaxe in der dt. Lit. des 13.–15. Jh. II. In: PBB (Halle) 89 (1967) 290–403, hier S. 329–332. – Gerhardt Powitz: Die Hss. des Dominikanerklosters und des Leonhardstifts in Frankfurt am Main. Frankfurt/M. 1968, S. 144–151. – Isnard W. Frank: Hausstudium und Univ.studium der Wiener Dominikaner bis 1500. Graz u. a. 1968, S. 200 f. – Burkhard Malich: Die sp¨atma. dt. Spielallegorie als sozialgeschichtliche Quelle. Diss. Halle/Saale 1970. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 370 f. – R¨udiger Schnell: Was haben Schachspiel und Ehe gemeinsam? Zum Goldenen Spiel des Basler Dominikaners M. I. (1432). 940

Laufenberg In: Begegnungen mit dem MA. Eine Vortragsreihe zur medi¨avistischen Forschung. Hg. v. Simona Slanicka. Basel 2000, S. 91–121. – Marja Kolde-Loges: Von den Rochen. Die Richter im ‹Goldenen Spiel› des Dominikaners M. I. In: Chess and Allegory in the Middle Ages. A Collection of Essays. Hg. v. Olle Ferm. Stockholm u. a. 2005, S. 329–358. – Oliver Plessow u. a.: Ma. Schachzabelb¨ucher zwischen Spielsymbolik und Wertevermittlung. Der Schachtraktat des Jacobus de Cessolis im Kontext sp¨atma. Rezeption. Mu¨ nster/Westf. 2007, S. 407 f. MM Laufenberg, Heinrich von, † 31.3.1460 Straßburg. – Geistlicher Liederdichter. L. wurde wohl um 1390–1400 geboren, vielleicht in Freiburg i. Br. Da er sich selbst als Priester bezeichnet und Latein beherrschte, d¨urfte er eine theologische Ausbildung genossen haben, m¨oglicherweise an der Universit¨at Heidelberg. 1421 erscheint er als Kaplan und stellvertretender Leutpriester an der Pfarrkirche in Freiburg, wo er 1424 auch ein Haus kaufte. In den Jahren danach, zumindest aber um 1433/34, betreute er als Dekan das Kollegiatsstift in Zofingen/Aargau. 1438 kehrte er nach Freiburg zur¨uck und wurde um 1441 Dekan im dortigen Landkapitel. Aus unbe¨ kannten Gr¨unden trat er 1445 von seinen Amtern zur¨uck und zog sich als Johanniter in das Kloster am Gr¨unen W¨orth in Straßburg zur¨uck. Dort verbrachte er den Rest seines Lebens. Eine m¨ogliche Identit¨at L.s mit Henricus de Libero Castro ist vermutet worden, aber nicht abschließend zu belegen. ¨ Besonderen Rang hat L. als Verfasser, Ubersetzer und Bearbeiter von Liedern und Ges¨angen. Rund 120 dieser Texte waren in der noch zu L.s Lebzeiten begonnenen Straßburger Handschrift B 121 versammelt (1870 verbrannt). Viele Lieder entstanden laut Datierung zwischen 1413 und 1445, zum Teil vermutlich als meditativ-k¨unstlerische Privat¨ubungen des Verfassers, zum Teil im Kontext von L.s Nonnen-Seelsorge. Die Zuschreibungen mancher Texte sind durch den Verlust der Straßburger Handschrift und die teilweise Anony¨ mit¨at der weiteren Uberlieferung problematisch. Grundlage f¨ur L.s volkssprachige Bearbeitungen waren u¨ berwiegend lat. Hymnen und Squenzen. Hier zeigt sich eine N¨ahe L.s zu dem ebenfalls in der Straßburger Handschrift vertretenen → M¨onch von Salzburg. Ein weiterer Teil von L.s Liedwerk 941

1. H¨alfte 15. Jh. besteht aus Weihnachts-, Neujahrs- und Marienliedern sowie Texten mit volkst¨umlichen und weltlichen Wurzeln. Obwohl L. auch Jesusminne und Heiligenverehrung aufgreift (Anna, Dorothea), liegt sein Schwerpunkt auf Maria. Auch dient ihm das Ave Maria h¨aufig als formale und inhaltliche Vorlage. Ein wichtiger Einfluss L.s war hier → Konrad von Haimburg. Mehrere Lieder L.s haben Eingang in popul¨are Gesangb¨ucher gefunden, etwa Ach lieber Herre Jesu Christ und Ich wollt, daß ich daheime w¨ar. Zwei andere St¨ucke wurden von Johannes Brahms vertont. Außerdem schrieb L. das Regimen (auch als Regimen sanitatis bekannt), ein 1429 beendetes, astrologisch-di¨atetisches Hausbuch in u¨ ber 6000 Reimversen. Das durch → Konrad von Eichst¨att beeinflusste Werk bietet in sieben Kapiteln ein breites Spektrum an praktischen Hilfen f¨ur den h¨auslichen Gebrauch, etwa kalendarische Berechnungen, geeignete Zeitpunkte f¨ur Aderlasse, Gesundheitsregeln f¨ur verschiedene Jahreszeiten sowie Hinweise zur Pflege von Kindern und zum Umgang mit der Pest. Als Ratgeber gesch¨atzt, war das Regimen bis in die Fr¨uhe Neuzeit im Gebrauch. Integraler Bestandteil der handschriftlichen und gedruckten ¨ Uberlieferung waren Abbildungen. So wurde das Werk mit u¨ ber 80 Holzschnitten als Versehung des Leibs 1491 in Augsburg gedruckt. Zu den verlorenen Werken L.s geh¨ort seine 1437 ¨ beendete Ubersetzung des Speculum humanae salvationis (dt. Spiegel menschlichen Heils). Das Lehrgedicht u¨ ber S¨undenfall und Erl¨osung umfasst bei L. rund 15.000 Reimverse mit 192 kolorierten Federzeichnungen. Verbrannt ist auch L.s Buch der Figuren von 1441, das 136 alttestamentarische Marienpr¨afigurationen enthielt. Das farbig illustrierte, mehr als 15.300 Verse umfassende Werk war m¨ogli¨ cherweise eine Ubersetzung des Figurarum opus des ¨ → Konrad von Alzey. Weitere verlorene Ubersetzungen L.s sind u. a. ein Anstandsbuch nach dem lat. Facetus cum nihil utilius und eine Reim¨ubersetzung des Cato. L.s lat. Sermones duplices de tempore et sanctis cum passione Domini (1425) sind ebensowenig erhalten wie zwei kleinere Lehrgespr¨ache. ¨ Angesichts dieser h¨ochst l¨uckenhaften Uberlieferung wird L. meist nur als Liederdichter gew¨urdigt, da seine Liedtexte in einer Edition von Philipp Wackernagel erhalten sind (s. Ausg.). Hier heben ihn sein Formenreichtum und seine eing¨angige Sprache u¨ ber den Durchschnitt der Zeit. 942

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: 1. Lieder und kleinere Prosa: Straßburg, StB, cod. B 121 (1413–58, verbrannt). – Diese zentrale Hs. enthielt die Haup¨uberl. von etwa 120 Liedern L.s, außerdem seine Bearb. des Cato (Bll. 1v–5v), Facetus cum nihil utilius (Bll. 6r–10v) und L.s geistliche Prosa (Bll. 161v–238r). Zu Inhalt und Rekonstruktion der Hs. vgl. Wackernagel 1867 (s. Ausg.); M¨uller 1888 (s. Lit.) S. 9–22; Wachinger 1979 (s. Lit.) S. 351–361; Schiendorfer 2001 (s. Lit.). Zur weiteren Streu¨uberl. einzelner Lieder vgl. Wachinger 1985 (s. Lit.). 2. Regimen: Karlsruhe, LB, cod. K 2790, 65r–120v (Pap., Mitte 15. Jh., els¨assisch). – Z¨urich, Zentralbibl., cod. C 102b, 1r–76r (Pap., Mitte 15. Jh., hochalemannisch). – Berlin, SBB, Mgf 1191 (Pap., um 1460, els¨assisch). – Ottobeuren, Stiftsbibl., Ms. O. 82, 14r–16v (Pap., um 1464, Auszug). – M¨unchen, BSB, Cgm 377 (Pap., drittes Viertel 15. Jh., alemannisch). – Darmstadt, ULB, Hs. 2781, 2r–70v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., els¨assisch). – London, Wellcome Institute of the History of Medicine, MS 438, S. 47–334 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 745, 35r–38v, 101r–102v (Pap., 1482–1516, bair.). – Budapest, UB, cod. germ. 5, 1r–130v (Pap., erste H¨alfte 16. Jh., alemannisch). – Berlin, SBB, Mgf 103, 469r–477r (Pap., Mitte 16. Jh.). – Straßburg, StB, cod. B 141 (verbrannt). – Vgl. auch Menge 1976 (s. Ausg.) S. 38–120. 3. Spiegel menschlichen Heils: Straßburg, StB, cod. B 94, 1–139 (Pap., um 1430–40, verbrannt). 4. Buch der Figuren: Straßburg, StB, cod. A 80 (Pap., verbrannt). Ausgaben: Das dt. Kirchenlied von der a¨ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. II. Mit Ber¨ucksichtigung der dt. kirchlichen Liederdichtung im weiteren Sinne und der lat. von Hilarius bis Georg Fabricius und Wolfgang Ammonius. Hg. v. Philipp Wackernagel. Leipzig 1867. Nachdr. Hildesheim 1964, Nr. 701–715, 720–738, 741–779, 782–798 (Wackernagel f¨uhrt auch unechte Lieder unter L.s Namen, diese sind hier ausgelassen). – Crailsheimer Schulordnung von 1480 mit dt. geistlichen Liedern. Hg. v. Wilhelm Crecelius. In: Alemannia 3 (1875) S. 247–262, hier S. 223–233. – Baas 1906 (s. Lit.; Teildr.). – Menge 1976 (s. Lit.). – Regimen der Gesundheit. Hg. v. Bernhard Schnell und Marlis St¨ahli. Mu¨ nchen 1998. – Weitere Teilausg. kleiner Texte sind bei Wachinger 1985 (s. Lit.) verzeich943

Laufenberg net. Zu Ausg. der Melodien vgl. Wachinger 1979 (s. Lit.). Literatur: ADB 19 (1884) S. 810–813. – HansDieter M¨uck, NDB 13 (1982) S. 708 f. – Burghart Wachinger, VL2 5 (1985) Sp. 614–625. – Erwin Rauner, LexMA 4 (1989) Sp. 2096. – Friedrich W. Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 681 f. – Roger Aubert: Henri de L. In: DHGE 23 (1990) Sp. 1161 f. – Herbert Kolb, MarLex 3 (1991) S. 127–129. – Walter Buckl, LThK3 4 (1995) Sp. 1391. – Klaus Pietschmann, MGG2 10 (2003) Sp. 1328 f. – Elisabeth Wunderle, Killy2 7 (2010) S. 261–263. – Eduard Mu¨ ller: H. Loufenberg, eine litterar-hist. Unters. Berlin 1888. – Alexander Jentsch: Regimen Sanitatis von H. v. Loufenberg. Ein mhd. Gedicht untersucht und erl¨autert. Diss. Straßburg 1908. – Henry E. Sigerist: Eine illustrierte Hs. von H. Louffenbergs Gesundheitsregiment. Leipzig 1930. – Lidwina Boll: H. Loufenberg, ein Lieddichter des 15. Jh. D¨usseldorf 1934. – George von Graevenitz: Der Freiburger Dichter H. L. Priester und Dekan am Mu¨ nster 1429–1445. Sonderdr. Freiburg i. Br. 1935. – Joseph M. M¨uller-Blattau: H. L., ein oberrheinischer Dichtermusiker des sp¨aten MA. In: Elsaß-Lothringisches Jb. 17 (1938) S. 143–163. – G¨unther Goldschmidt: Zur Gesch. der Kinderheilkunde. H. v. Louffenbergs Versehung des Leibs. In: Annales Paediatrici 162 (1944) S. 169 ff. – Heinz Menge: Das ‹Regimen› H. L.s. Textologische Unters. und Edition (GAG 184). G¨oppingen 1976. – B. Wachinger: Notizen zu den Liedern H. L.s. In: Medium Aevum Dt. FS Kurt Ruh. Hg. v. Dietrich Huschenbett u. a. T¨ubingen 1979, S. 349–385. – Manfred P. Koch: Zur Quellenanalyse von L.s Versehung des Leibs. In: FachprosaStudien. Beitr. zur ma. Wiss.- und Geistesgesch. Hg. v. Gundolf Keil u. a. Berlin 1982, S. 272–277. – ¨ G¨unther B¨arnthaler: Ubersetzen im dt. Sp¨atMA. Der Mo¨ nch von Salzburg, H. L. und Oswald von ¨ Wolkenstein als Ubersetzer lat. Hymnen und Sequenzen (GAG 371). G¨oppingen 1983. – Friedrich Lenhardt: Zur Blutschau H. L.s. In: W¨urzburger medizinhist. Mitt. 4 (1986) S. 9–21. – Lorenz Welker: H. L. in Zofingen. Musik in der sp¨atma. Schweiz. In: Schweizer Jb. f¨ur Musikwiss. NF 11 (1991), S. 67–78. – Max Schiendorfer: Der W¨achter und die M¨ullerin ‹verkˆehrt›. Fussnoten zur Liedkontrafaktur bei H. L. In: Contemplata aliis tradere. Stud. zum Verh¨altnis von Lit. und Spiritualit¨at. FS Alois M. Haas. Hg. v. Claudia Brinker u. a. Bern u. a. 1995, S. 273–315. – M. Schiendorfer: Ein 944

Johann von Speyer v¨undelˆın zu H. L.s Liedercodex (Olim: Straßburg B 121) und zu seinem Wecklied ‹Stand vf vnd sih ihesum vil rein›. In: ZfdPh 119 (2000) S. 421–426. – Ders.: Johanniterbibl. Straßburg, Cod.B 121. Die verlorene Liederhs. H. L.s. In: Entstehung und Typen ma. Lyrikhss. Akten des Grazer Symposiums, 13.–17. Oktober 1999. Hg. v. Anton Schwob. Bern u. a. 2001, S. 223–241. – Lorenz Welker: H. v. L. In: The New Grove Dictionary of Music and Musicians 14. Hg. v. Stanley Sadie. London u. a. 22001, S. 377 f. – Helmut Lauterwasser: Zur Originalgestalt der Melodie des Liedes ‹Ich wollt, dass ich daheime w¨ar›. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 44 (2005) S. 155–162. – Monika Costard: Lekt¨ure in Frauenkonventen: Maaseik, Geldern, Sonsbek. In: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hdb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum von Rhein und Maas. Hg. v. Helmut Tervooren u. a. Berlin 2006, S. 77–85, hier S. 77–79 u. o¨ . – Franz-Josef Holznagel: Der Martin verkert, geistlich. Zum Trinklied W 54* des M¨onchs von Salzburg und seinen geistlichen Kontrafakturen (H. L. WKL 795 und 796; Hohenfurter Liederbuch Nr. 75). In: Mit clebeworten underweben. FS Peter Kern. Hg. v. Thomas Bein. Frankfurt/M. u. a. 2007, S. 193–212. – M. Schiendorfer: Probleme der Text-Noten-Zuordnung bei H. L. Musikphilolo¨ gische Uberlegungen eines Germanisten. In: ‹Ieglicher sang sein eigen ticht›. Germanistische und musikwiss. Beitr. zum dt. Lied im MA. Hg. v. Christoph M¨arz. Wiesbaden 2011, S. 117–130. MM Spiegel des Leidens Christi (Der spiegel des lidens cristi). – Passionsdarstellung in Prosa. Hauptquellen des zehn Kapitel umfassenden Textes, der den Leser zur Compassio f¨uhren sollte, waren die vier Evangelien; bei der Darstellung des eigentlichen Passionsgeschehens wurden vom Autor betrachtende Texte und ein Abriss der Heilsgeschichte eingf¨ugt. Aufbau und textliche Gestaltung erinnern an → Ludolfs von Sachsen Vita Jesu Christi. ¨ Uberlieferung: Colmar, StB, Ms. 306 (Kat.Nr. 213), 1r–181vb (darin integriert: 177va–180vb, Jean de Mandeville: Reisebeschreibung, dt. v. Otto von Diemeringen, Auszug; Perg., zweites Jahrzehnt 15. Jh., els¨assisch). Literatur: Achim Masser, VL2 9 (1995) Sp. 117 f. – Heinrich Jerchel: Sp¨atma. Buchmalerei am Oberlauf des Rheins. In: Oberrheinische Kunst. Jb. der Oberrheinischen Museen 5 (1932) 945

1. H¨alfte 15. Jh. S. 17–82. – Karin J¨anecke: ‹Der spiegel des lidens christi›. Eine oberrheinische Hs. aus dem Beginn des 15. Jh. in der Stadtbibl. zu Colmar (Ms 306). Diss. Freiburg i. Br. 1963 (mit Textproben). – Das Evangelium Nicodemi in sp¨atma. dt. Prosa. Hg. v. Achim Masser/Max Siller. Heidelberg 1987. BJ Erhard von Durningen. ¨ – Prediger, erste H¨alfte 15. Jh. E., Priester der Johanniterkommende in Straßburg, ist der Verfasser zweier allegorischer Predigten u¨ ber das Leiden Christi, die er im Jahr 1434 im St. Klarenkloster auf dem Rossmarkt hielt. Ausgehend von Lk 10,26 handeln die beiden zusammengeh¨origen Predigttexte, die den emblematischen Betrachtungen zuzuordnen sind, vom Lesen in dem «Buch des Leidens Christi». Es werden die einzelnen Bestandteile eines Buches auf die Passion hin gedeutet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 35, 96v–114r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Mgq 206, 1a–17a (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 584 f. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 527 f. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg. Straßburg 1907, S. 63–66. – Andreas R¨uther/Hans-Jochen Schiewer: Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. Historischer Bestand, Gesch., Vergleich. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Universit¨at Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/H.-J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–193, hier S. 192. – Gregor W¨unsche: Hadewijch am Oberrhein. Ndl. Mystik in den H¨anden der sogenannten ‹Gottesfreunde›. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Tu¨ bingen 2009, S. 83–98, hier S. 96. SF Johann von Speyer (Johannes de Spira, Johannes Wischler, Wyszheller) OSB, * 1383 Freinsheim, ¨ † 1453 Mariazell. – Theologe, Ubersetzer. J. studierte wohl um 1401 an der Universit¨at Heidelberg Theologie, Philosophie und kanonisches Recht. Danach zun¨achst Weltpriester, schloss er sich 1418 den Benediktinern im Kloster Melk an. Dort war er Novizenmeister sowie Prior und f¨uhrte 946

1. H¨alfte 15. Jh. mehrmals Visitationen anderer Kl¨oster durch. Um 1441 wechselte J. in das Kloster Mariazell, weil er die G¨ultigkeit seiner in Melk abgelegten Profess anzweifelte. In Mariazell verbrachte er seine letzten Lebensjahre. Unter den Vorzeichen der Melker Reform schrieb J. lat. und dt. Traktate (21 sind bekannt), ¨ Predigten und Briefe. Auch trat er als Ubersetzer und Schreiber hervor. Seine lat. Abhandlungen besch¨aftigen sich meist mit Fragen des m¨onchischen Lebens und der Askese, aber auch mit Kirchen- und Naturrecht. In dt. Sprache schrieb J. Auslegungen des Vaterunsers, des Ave Maria und der Evangelienstelle vom Weinstock (Joh 15,5). Auch sind zwei Predigten u¨ ber Mt 19 erhalten; weitere Predigten J.s sind nur indirekt bekannt. Einen bedeutenden Teil von J.s Werk nehmen ¨ seine dt. Ubersetzungen ein. Dazu z¨ahlen neben einer dt. Fassung der Benediktinerregel auch die Schrift De exterioris hominis compositione des → David von Augsburg (bei J. gek¨urzt), das Opus tripartitum des Johannes → Gerson, die Dialogi von → Gregor dem Großen, die Proverbia Salomonis und der Traktat De tribus essentialibus punctis perfectionis status monastici. Wahrscheinlich von J. stammen ¨ auch Ubertragungen des Tractatus de perpetua continentia et castitate (dt. Ein handel von der kuscheide) und der Verba seniorum. Nicht sicher zuzuschreiben ¨ sind J. Ubersetzungen des Speculum peccatoris von Pseudo-Augustinus und ein Tractatus de humilitate. ¨ Uberlieferung (dt.): 1. Zentrale Hss. mit jeweils mehreren Texten J.s: Melk, Stiftsbibl., Cod. 570 (140; C 18) (Pap., Mitte 15. Jh., bair., enth¨alt auf Bll. 1ra–255vb mit Unterbrechungen das gr¨oßte J.-Korpus). – Ebd., Cod. 235 (639; L 67) (Pap., um 1440, mittelbair., enth¨alt 73ra–81ra De exterioris et interioris hominis compositione dt., 250ra–259va Tractatus de humilitate dt., 266va–279rb Opus tripartitum dt., 280rb–293vb Proverbia Salomonis dt.). – Admont, Stiftsbibl., Cod. 757 (Pap., um 1452, bair.-o¨ sterr., enth¨alt 31r–98r die Benediktinerregel dt., 99v–143r De exterioris hominis compositione dt.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 575 (407; H 19) (enth¨alt S. 95a–188b Verba seniorum dt., 287a–303b De tribus essentialibus punctis perfectionis status Monastici dt.). – Ebd., Cod. 677 (767; O 2) (enth¨alt 1r–27r De exterioris hominis compositione dt., 27r–64v Opus tripartitum dt.). 2. Weitere Hss. und Werke: a. Verba seniorum dt.: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1596 (645; L 73), 3r–164v (Pap., 2. H¨alfte 15. Jh., bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 352, 96r–237r (Pap., zweite 947

Johann von Speyer H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 4286, 2r–132r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1651 (664; L 94), 270r–277v (Pap., Melk, um 1456, bair.). b. Evangelienauslegung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1102 (480; H 102), S. 227–258 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). c. Vom Gebet: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1084 (244; E 35), 242r–262v (Pap., nach 1433 im 15. Jh., bair.). d. Dialogi dt.: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1752 (651; L 79), 177r–235v (Pap., 1438, bair.-o¨ sterr.). c. De tribus essentialibus punctis perfectionis status monastici dt.: Vorau, Stiftsbibl., Cod. 163 (fr¨uher CCCIII), 1r–112r (Pap., um 1450, bair.). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 868 (953; R 32), 20r–38r. d. Proverbia Salomonis dt.: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1382 (468; H 90), 2r–67v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., bair.). e. Opus tripartitum dt.: Melk, Stiftsbibl., Cod. 273 (1738; 1767), 1r–52v (Perg., Melk, um 1420, mittelbair.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b I 28, 1r–92r (Pap., zweites Drittel 15. Jh., bair.–o¨ sterr.). – Wien, Schottenkloster, Cod. 306 (H¨ubl 306), 215r–251v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). f. Zwei Predigten u¨ ber Mt 19: Melk, Stiftsbibl., cod. 955 (12), 232r–240v. ¨ Zur lat. Uberl. vgl. Kraume 1983 (s. Lit.). Ausgaben: Verz. der lat. Ausg. u. a. bei Prez 1729 (s. Lit.); Kraume 1983 (s. Lit.). Literatur: Guibert Michiels: Jean de Spire. In: Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 773 f. – Kurt Ruh u. a.: Benediktinerregel dt. In: VL2 1 (1978) Sp. 702–710; VL2 11 (2004) Sp. 237. – Herbert Kraume, VL2 4 (1983) Sp. 757–760. – De Boor-Newald 4/1 (21994) S. 325. – Bernhard Pez: Thesaurus Anecdotorum Novissimus 6: Codex DiplomaticoHistorico-Epistolaris [...]. Augsburg/Graz 1729, S. XXXXV–XXXXVIII u. o¨ . (Werkverz.). – Martin Kropff: Bibliotheca Mellicensis seu vitae, et scripta inde a sexcentis et eo amplius annis benedictinorum Mellicensium. Wien 1747, S. 286–297 (Werkverz.). – Ignaz Keiblinger: Gesch. des BenedictinerStiftes Melk in Nieder¨osterr., seiner Beitzungen und Umgebungen 1. Wien 1851, S. 489, 509 f., 533 f. – Heinrich von Langenstein: Erchantnuzz der sund. Hg. v. Rainer Rudolf. Berlin 1969, ¨ S. 43–45. – H. Kraume: Die Gerson-Ubers. Geilers von Kaysersberg. Studien zur deutschsprachigen Gerson-Rezeption (MTU 71). Z¨urich/M¨unchen 1980, S. 35–39. – Meta Niederkorn-Bruck: 948

Von Jesu Bettlein Die Melker Reform im Spiegel der Visitationen. Wien u. a. 1994, S. 29 f. u. o¨ . – Albert Groiss: Sp¨atma. Lebensformen der Benediktiner von der Melker Observanz vor dem Hintergrund ihrer Br¨auche. Ein darstellender Komm. zum Caeremoniale Mellicense der Jahres 1460. M¨unster 1999, Kap. 5.2. – Falk Eisermann: ‹Stimulus amoris›. In¨ ¨ halt, lat. Uberl., dt. Ubers., Rezeption (MTU 118). ¨ T¨ubingen 2001, S. 385 f. – Otto Mazal: Die Uberl. der antiken Lit. im Buchdruck des 15. Jh., Teilbd. 4. Stuttgart 2003, S. 961, 1015 f. – Richard F. M. Byrn: Nahtstelle Hs.-Druckvorlage. Johannes Bimler im Augsburger Kloster St. Ulrich und Afra. In: Texttyp und Textproduktion in der dt. Lit. des MA. Hg. v. Elizabeth A. Andersen u. a. Berlin u. a. 2005, S. 437–450, hier S. 449. MM Josep. – Verfasser der mnd. lehrhaften Dichtung Der S¨undenspiegel von u¨ ber 8000 Versen, erste H¨alfte des 15. Jh. Der ansonsten unbekannte, wahrscheinlich vornehmen Kreisen entstammende J. lebte, vielleicht als Zisterzienser, in der Gegend zwischen Weser und Elbe. Er verfasste nach den Hussitenkriegen (etwa in dem Zeitraum 1430–50) die kompilatorische Lehrdichtung Von den sieben Tods¨unden in Form eines belehrenden Dialogs zwischen Vater und Sohn. Behandelt werden die sieben «vitia capitalia», die sieben Haupts¨unden (Superbia, Avaritia, Luxuria, Invidia, Gula, Ira, Acedia), denen jeweils «filiae», Tochters¨unden, zugeordnet sind. In den fortlaufenden Reimtext sind zahlreiche lat. Zitate aus der Bibel und den Kirchenv¨atern, sowie Erz¨ahlungen, Legenden und Exempel eingeschoben. J. sieht sich als Strafprediger, der mit anschaulichen und auf den Erfahrungshorizont der Entstehungszeit bezogenen Beispielen Unrecht bek¨ampfen und zu einem sittlichen Leben anleiten will. Mit der Forderung nach strenger Klosterzucht ist Kritik an den reichen Stiften und Simonie verbunden. Er kritisiert auch weltliche Machthaber, F¨ursten, bestechliche Richter, das Modeverhalten der Frauen usw. und tritt f¨ur den armen Landmann ein. Das Lehrkompendium basiert auf unterschiedlichen Quellen; verwertet wurde besonders der Traktat De miseria humane conditionis des Lothar Segni, des sp¨ateren Papstes → Innozenz III., ferner die Historia scholastica des → Petrus Comestor und das → Secretum secretorum. F¨ur die Legenden und Exempel dienten teilweise die → Gesta Roma949

1. H¨alfte 15. Jh. norum, die Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) und die Vitaspatrum als Vorlagen. ¨ Uberlieferung: Emden, Arch. der Ges. f¨ur bildende Kunst und vaterl¨andische Altert¨umer, Hs. 64, 4°, 58r–197r (zweite H¨alfte 15. Jh.). Ausgaben: Eva Sch¨utz: J.s S¨undenspiegel. Eine nd. Lehrdichtung des 15. Jh. (Nd. Stud. 19). K¨oln/Wien 1973, S. 3–13. – Ausz¨uge bei Babucke (s. Lit.) und Reifferscheid (s. Lit.). Literatur: E. Sch¨utz, VL2 (1983) Sp. 873–876. – Ludwig Wolff, NDB 10 (1974) S. 612 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 305. – Heinrich Babucke: Josefs Gedicht v. den sieben Tods¨unden (Progr. des Progaymnasiums zu Norden). Norden 1874. – Alexander Reifferscheid: Geistliches und Weltliches in mnd. Sprache nach der Emder Hs. No. 64. In: Jb. der Ges. f¨ur bildende Kunst und vaterl¨andische Altert¨umer zu Emden 14 (1902) S. 1–38; 15 (1905) S. 187–271. – Conrad Borchling: Zur Gesch. der Emder J.-Hs. In: Ebd. 15 (1905) S. 520–525. – Wolfgang Stammler: Kleine Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin u. a. 1953. – Sch¨utz (s. Ausg.). – Dies.: J. S¨undenspiegel. Lebensnormen und Darstellungsmittel. In: NdJb 104 (1981) S. 47–69. – Irene Stahl: Hss. in Nordwestdeutschland. Aurich – Emden – Oldenburg (Ma. Hss. in Niedersachsen. Kurzkat. 3). Wiesbaden 1993, S. 52. SF Von Jesu Bettlein (Von Jhesus pettlein). – Geistlicher Sendbrief, erste H¨alfte 15. Jh. Der Titel des an eine Nonne adressierten Sendbriefs bezieht sich nicht auf Christus in der Wiege, sondern auf den «lectulus noster floridus» (Hld 1,15), in dem Christus die Hochzeit mit der tugendhaften Seele vollzieht (vgl. Johannes → Veghe, Heinrich → Seuse, → Herzklosterallegorien). Das «connubium spirituale» wird mit verschiedenen monastischen Tugenden in Zusammenhang gebracht. Der Empfang (‹Kuß›) der Hostie wird als «unio mystica» gedeutet. Der Sendbrief, «voll von alltagsbezogener und erotischer Bildlichkeit» (Hamburger), endet abrupt mit einer Liste von 16 Gr¨unden, warum die Nonne Christus als ihren Geliebten anerkennen sollte. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43b, 83v–92v (Pap., N¨urnberg, aus dem Katharinenkloster N¨urnberg [alte Signatur: N XXVII], Schreiberinnen u. a.: Klara Keiperin, Klara L¨offelholzin, Ursula Schurstabin, Ursula Geiselherin, zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). 950

1. H¨alfte 15. Jh. Ausgaben: Hamburger 1998 (s. Lit.) S. 418–426. Literatur: Jeffrey F. Hamburger, VL2 11 (2004) Sp.757–759. – Karin Lerchner: Lectulus floridus. Zur Bedeutung des Bettes in Lit. und Handschriftenillustration des MA (Pictura et poesis 6). K¨oln u. a. 1993, S. 45–59, 301–306. – J. F. Hamburger: The Visual and the Visionary. Art and Female Spirituality in Late Medieval Germany. New York 1998, S. 383–426. BJ Die Lehre von den funf ¨ Worten. – Katechetischer (Kap. 1) und aszetisch-erbaulicher (Kap. 2–5) Traktat aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. Der vom → Confessionale abh¨angige Traktat eines unbekanntes Verfassers handelt von dem, was der Mensch glauben, tun, fliehen, f¨urchten und hoffen soll. ¨ Uberlieferung: Frankfurt/M., UB, Ms. germ. qu. 98, 1r–85v (Pap., vor 1460, hochalemannisch). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1060b, 2r–121r (Pap., Ende 15. Jh., schw¨abisch; verschollen). – M¨unchen, BSB, Cgm 476, 237 Bll. (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 785, 142 Bll. (Pap., 1426, mittelbair.). – Ebd., Cgm 3900, 113ra–169ra (Pap., zweites Viertel 15. Jh., bair.o¨ sterr.). – Ebd., Cgm 6552 (fr¨uher Neuburg a. D., Provinzial-Bibl., Mscr. 1. quart), 1r–121v (Pap., Tl. 1 [hier]: 1451, Tl. 2: 15. Jh., bair.). Literatur: Egino Weidenhiller, VL2 5 (1985) Sp. 660 f.; 11 (2004) Sp. 911. – Ders.: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 162–172 (mit Textausz¨ugen). BJ Salzburger Apostelbuch. – Sammlung von zw¨olf bair.-¨osterr. Prosalegenden u¨ ber die Apostel. Das Urcorpus d¨urfte mit dem Inhalt der a¨ lte¨ ren der beiden Handschriften (s. Uberl.), der sich auf das Leben der elf «Urapostel» und Paulus beschr¨ankt, gleichzusetzen sein. Wahrscheinlich han¨ delt es sich um die bair.-¨osterr. Ubersetzung eines lat. «puechs der czwelif poten», das nicht identifiziert ist (Pseudo-Abdias?). ¨ Uberlieferung: Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 37, 125r–253v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Davon abgeschrieben: Ebd., Cod. a III 32 (drittes Viertel 15. Jh., bair.-¨osterr.). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 313. – Konrad Kunze, VL2 8 (1992) Sp. 561 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des 951

Die Lehre von den funf ¨ Worten ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 28, 226. – Gerold Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit v. Dagmar Kratochwill, Annemarie Mu¨ hlb¨ock und Peter Wind ¨ (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA 3/1). Wien 1982, S. 42 f., 250 f. SF ¨ Lantzenperger, Jakob. – Ubersetzer zweier geistlicher Traktate der ersten H¨alfte des 15. Jh. Die Sammelhandschrift Innsbruck, UB, Cod. 132, 1ra–177rb (1460), nennt J. L. als Verfasser einer ¨ bair. Ubersetzung der Expositio symboli des Johannes → Marienwerder. Der Text, entstanden «nach kristi gep¨urdt vierzechen hundert Jar vnd in dem zwa¨y und dre¨ysigisten Jar», h¨alt sich eng an das lat. Original und ist ebenso wie dieses in 12 Kapitel und eine Vorrede gegliedert. Ferner wird J. L. in einem dt. Traktat u¨ ber ¨ das Evangelium Missus est als Ubersetzer angef¨uhrt; u¨ berliefert ist er in der lat. Sammelhandschrift Wien, Bibl. des Theresianums, Cod. 2° 10, S. 465–555; der Anfang fehlt. Unklar ist, ob sich ¨ die Jahresangabe 1429 auf die Datierung der Ubersetzung oder der Handschrift bezieht. Ausgaben: Marian Borzyszkowski: Kommentarz do prologu ‹Expositio symboli apostolorum› Jana z Kwidzyna. Warschau 1974 (Teiledition der Tabula exposicionis und des Prologus). – Christine Brandauer: ‹Die Artikel des hl. christlichen Glaubens› ¨ in der Ubers. des J. L. (1432). Edition, Glossar und Unters. Diss. Innsbruck 2008. Literatur: Norbert Richard Wolf, VL2 5 (1985) Sp. 612. – Franz Unterkircher: Die datierten Hss. ¨ in Wien außerhalb der ONB bis zum Jahre 1600. Katalogbeschreibungen v. Heidelinde Horninger und Franz Lackner (Kat. der datierten Hss. in lat. ¨ Schrift in Osterreich V). Wien 1981, Textbd. S. 199 (Nr. 409). – Walter Neuhauser: Kat. der Hss. der ¨ UB Innsbruck. Tl. 2 (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 214; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA II,4,2). Wien 1991, S. 93–97. – Brandauer (s. Ausg.). SF Mahnungen an einen Monch. ¨ – An einen Mo¨ nch gerichtete Ermahnungen zu einem geistlichen Leben, u¨ berliefert in einer Handschrift der ersten H¨alfte des 15. Jh. Die in einer K¨olner Papierhandschrift aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. u¨ berlieferte Schrift enth¨alt 952

Maria Magdalena zahlreiche Zitate aus der Hl. Schrift und den Kirchenlehrern. An weltlichen Schriftstellern werden u. a. Seneca, → Boethius und Ovid zitiert. Literatur: Martin Scheins: Eine K¨olner Hs. ascetischen Inhalts. In: ZfdA 24 (1880) S. 124–127 (mit Textproben). SF Maria Magdalena. – Dt. Texte. Alle Evangelisten des NT erw¨ahnen M. M. beim Tod Jesu sowie am Ostermorgen, wo sie zusammen mit anderen die Botschaft von der Auferstehung Jesu vernimmt. Im MA wird M. M. mindestens seit → Gregor dem Großen († 604) als Einheitsbild der drei biblischen Frauen Maria von Magdala (als d¨amonisch besessene), Maria von Bethanien (die als Schwester der Martha Jesus die F¨uße salbt) und der namenlosen S¨underin (Lk 7,36) gesehen. Die Magdalenen-Homilien → Gregors des Großen (PL 76, Sp. 1188–1196) gelten als Grundlage f¨ur die M. M.-Predigt, -Klage und -Legende, soweit sich diese auf den Evangelienbericht st¨utzt. Eine Verschmelzung der biblischen Erz¨ahlung selbst findet in den a¨ltesten dt. Evangelienharmonien noch nicht statt. Die Berichte stehen nebeneinander, so im ahd. → Tatian (um 830); der alts¨achsische → Heliand (um 822–840) und das Evangelienbuch → Otfrids verzeichnen nur die Auferweckungsgeschichte des Lazarus, die Salbung und die Begegnung des auferstandenen Jesus mit Maria von Magdala; im Leben Jesu (um 1120–1125) der Frau → Ava ist praktisch der ganze biblische M. M.-Stoff ber¨ucksichtigt. Bestimmend f¨ur das einheitliche M. M.-Bild ist die Predigt. Hier wird M. M.s Besessenheit als Ausdruck ihres B¨ußerlebens gedeutet und M. M. zur Idealgestalt der bekehrten S¨underin. Zu erw¨ahnen sind nach Gregor dem Großen der Sermo de M. M. des → Odo von Cluny, eine legendenhafte Predigt im Speculum ecclesiae des → Honorius Augustodunensis, die sich darauf berufenden Predigten Von sant Marien M. des Priesters → Konrad und das entsprechende St¨uck im ahd. → Speculum ecclesiae; → Berthold von Regensburg widmet 16 dt. und verschiedene lat. Predigten M. M. Neben dem bekehrten Paulus, dem reuigen Petrus und anderen wird M. M. in der dt. Bußdichtung zum Exempel des schuldigen Menschen, dem sich der barmherzige Gott annimmt. M. M. als bereuende S¨underin tritt besonders in der 953

1. H¨alfte 15. Jh. Rede von deme heiligen gelouben des → Armen Hartmann hervor (zusammen mit → Maria Aegyptiaca und Afra von Augsburg). Von Priester → Wernher wird M. M. im zweiten Lied der «Maria» dem Bild der s¨undenfreien Maria gegen¨ubergestellt. M. M. und Martha erscheinen im St. → Trudperter Hohen Lied als Sinnbilder f¨ur das «geistliche» und «weltliche» Leben, als bittendes Schwesternpaar im → Rheinauer Paulus und in der → Millst¨atter S¨undenklage. Stellen, die sich auf M. M. beziehen, finden sich u. a. in → Gundackers von Judenburg Christi Hort, in → Heinrichs von Neustadt Von gotes zuokunft; eine eigene M. M.Dichtung ist der → Saelden Hort. Mit der Einf¨uhrung des Festtages der hl. M. M. in Martyrologien (22. Juli, seit 9. Jh.) beginnt die liturgische Verehrung M. M.s. Seit der Wende 10./11. Jh. erscheinen (gr¨oßtenteils anonym) Hymnen zu Ehren der M. M. in liturgischen B¨uchern (Verona, Seckau, Rheinau, Pr¨ufening, Admont usw., Ausg.: AH 51). → Hermann von (der) Reichenau gilt als Sch¨opfer der a¨ ltesten M. M.-Sequenz, eine weit verbreitete Sequenz stammt auch von → Gottschalk von Aachen (beide Texte in: AH 50). Von → Christan von Lilienfeld stammen zwei Reimgebete auf M. M. (Ausg.: AH 41 a), ebenso von → Konrad von Haimburg (Ausg.: ebd. 3) und von Albert von Prag (14. Jh., 47-strophiges Gebet Ave omni laude plena in seiner Scala coeli, Ausg.: ebd. 3). Ein volkssprachliches Reimgebet auf M. M. befindet sich in den mhd. Uppsalaer Frauengebeten (vgl. Hjalmar Psilander: Mhd. Frauengebete in Upsala. In: ZfdA 49 [1908] S. 363–375). Die M. M.-Klagen unterscheiden sich in Reue-, Mitleids- und Liebesklagen. Die Reueklage (bei Erkenntnis der S¨undenschuld, Selbstanklage vor Jesus) findet sich besonders in den M. M.-Szenen der Passionsspiele; die Mitleidsklage tritt weniger in Erscheinung als die aus gleicher Quelle hervorgegangene Marienklage (dt. Osterfeiern, Heinrich von Neustadt); Grundlage der Liebesklage ist die Homilia 25 Gregors des Großen: die trauernde M. M. wird zur den Geliebten suchenden Braut, die «Noli-me-tangere»-Szene mit Stellen aus dem Hohen Lied verkn¨upft. Ein weit verbreiteter lat. Sermon des Pseudo-Origenes (Ausg.: Opera Origenis, t. III. Paris 1512) verkn¨upft den Gedanken aus Gregors Predigt mit mystischem Gehalt, stellt sie szenenhaft dar und wurde h¨aufig bearbeitet und nachgedichtet. Drei dt. Bearbeitungen stammen allein 954

1. H¨alfte 15. Jh. aus der Zeit um 1300: Eine bair. Magdalenenklage von 1035 Versen stammt aus dem sp¨aten 13. Jh. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 15225, r r 1 –33 (erste H¨alfte 14. Jh.). Ausgabe: Gerhard Eis: Beitr. zur mhd. Legende und Mystik (Germ. Stud. 161). Berlin 1935, S. 315–350. Literatur: Eis (s. Ausg.) S. 156–237. – Hans Hansel: Die Quelle der bayrischen Magdalenenklage. In: ZfdPh 62 (1937) S. 363–388. Weitere Bearbeitungen finden sich als Einlage in Von gotes zuokunft des Heinrich von Neustadt und in Der S¨alden hort. ¨ Ferner existiert eine Prosa-Ubersetzung des Pseudo-Origenes durch Heinrich → Haller; vgl. dazu Erika Bauer (Hg.): Zisterzienser Predigten (W¨urzburger kl. dt. Prosadenkm¨aler des MA 7). Mu¨ nchen 1969, S. 26, Nr. 11 und Anm. 9. Karlsruhe, Cod. Don. B VI 2, 191rb–202va, ¨ u¨ berliefert eine mittelfr¨ankische Ubersetzung des Pseudo-Origenes. Ursprung der M. M.-Szene ist die «Visitatio sepulchri» der lat. Osterfeier, die Drei-MarienGruppe, aus der sp¨ater M. M. mit der Einf¨uhrung der Sequenz Victimae paschali laudes als K¨underin des Auferstehungsgeschehens hervortritt. Die Klagehymnen sind in der dt. Osterfeier Mitleidsklagen, in Frankreich ist die Liebesklage h¨aufiger. Dramatische Ans¨atze bietet der Dialog der MariaRabboni- und Noli-me-tangere-Szene. F¨ur die M. M.-Szene in den Passionsspielen ergeben sich (neben den Evangelien mit dem Salbungsbericht) haupts¨achlich folgende Quellenkomplexe: Die M. M.-Legende (s. u.) und insbesondere die Bekehrungslegende, welche sich wahrscheinlich seit dem 12. und 13. Jh. in Deutschland und in den Niederlanden ausbildete; Texte aus der Minnelyrik f¨ur die Darstellung der weltlichen Haltung M. M.s; Mystik und geistliche Minne (→ Kreuzensteiner Passionsspiel). Alle M. M.-Szenen der Passionsspiele enthalten die Bekehrung. Das → St. Galler, das → Maastrichter und das Kreuzensteiner Spiel schreiben diese ausschließlich dem Einfluss Marthas zu; den ersten, vergeblichen Bekehrungsversuch unternimmt Martha auch im Wiener Spiel, das im lat. Text mit dem → Benediktbeurer Spiel u¨ bereinstimmt; wenigstens beteiligt an der Bekehrung ist Martha in der → Frankfurter Dirigierrolle. Wie in der Legende erfolgt die Bekehrung erst nach mehreren Versuchen, von einer Dreizahl (wie im Benediktbeurer-, 955

Maria Magdalena Wiener- und St. Galler-Spiel) ist in der Legende allerdings nichts zu erkennen. Der Haupttyp der ma. M. M.-Legende ist stark beeinflusst vom Sermo in veneratione Sanctae M. M. des → Odo von Cluny († 941; Ausg.: PL 133), der in zahlreiche lat. Legendarien aufgenommen und h¨aufig bearbeitet und mit legend¨aren Zus¨atzen ausgestattet wurde. Die Legende stellt das vorherige S¨undenleben und die Bekehrung M. M.s sowie die Salbung Jesu h¨aufig nur knapp dar und legt oft das Hauptgewicht (besonders in Frankreich) auf das sp¨atere Schicksal der Heiligen, auf ihre Wirksamkeit als Botin des Glaubens und auf ihre Buße. Innerhalb der lat. Hagiographie wird zun¨achst als Vita seit dem 10./11. Jh. ein B¨ußerleben u¨ berliefert, das wohl in Anlehnung an das Leben in der W¨uste der → Maria Aegyptiaca entstanden ist. Fassungen u. a. im → Magnum Legendarium Austriacum, in einem f¨alschlich Alfred von Utrecht zugeschriebenen Martyrologium, in → Heinrichs von Melk Von des tˆodes gehugde, bei Heinrich, Dichter der Litanei, im Nachtrag der Straßburg-Molsheimer Sammelhandschrift vom Jahr 1172/73, im → Buch der M¨artyrer. Um die Mitte des 11. Jh. entstand im Kloster V´ezalay die Legende von M. M. als Gefangenenbefreierin; zwei Berichte handeln von ¨ der Uberf¨ uhrung der Gebeine aus der Provence nach Burgund (BHL 5488–95a); eine ReiseberichtLegende schildert die Meeresfahrt der M. M. von Pal¨astina nach Marseille (ebd. 5443). Ihr Reisebegleiter St. Maximinus wird vor allem in der ¨ s¨udfranz¨osischen Uberlieferung in das B¨ußerleben aufgenommen, Zentrum wird Sainte-Baume. ¨ Diese Version begegnet in der dt. Uberlieferung erst sp¨ater, Hinweise enth¨alt das Heiligenleben des → Hermann von Fritzlar, eine Versdichtung u¨ berliefert die Berliner Hs. Germ. Fol 245. Im n¨ordlichen Frankreich entstand um 1200 die Legende von den wunderbaren Erlebnissen des F¨urstenpaares von Marseille, die sich in kompilierten Viten zwischen Reisebericht (s. oben) und B¨ußerleben von Sainte-Baume eingeschoben hat (die sog. Episode [BHL 5457f.]), so auch im Speculum historiale des → Vinzenz von Beauvais, in der Legenda aurea und im → Passional. Motivgeschichtlich ber¨uhrt sich die Episode mit dem lat. Appolonius von Tyrland des Heinrich von Neustadt, mit dem altfranz¨osischen Jourdain de Blaivies und mit den Wilhelmsepen, sie bildet ferner eine Vorstufe 956

Messerkl¨arung Man findet vil buechlein und lere zu Wilhelm von Wenden des → Ulrich von Eschenbach. Eine dt. Versbearbeitung der Episode findet sich im Schlussteil des → Saelden hort (vgl. Heinrich Adrian: Das alemannische Gedicht v. Johannes dem T¨aufer und M. M. Straßburg 1908). Eine wohl md. Dichtung gab Steinmeyer (Bruchst¨uck eines unbekannten Gedichtes. In: ZfdA 19 [1876], S. 159–163) heraus, diese Legende ist keine Bearbeitung aus der Legenda aurea, sondern eine Nachdichtung des lat. Prosatextes aus der Berliner Hs. Germ. Fol 245, 71r–122v (entstanden 1440/50). Zu erw¨ahnen ist ferner das wohl von einem Geistlichen verfasste Gedicht Van sante M. M. von 800 paarweise gereimten Zeilen, welches ebenfalls auf die lat. Originalfassung der Episode zur¨uckgeht. Herkunft und zeitliche Einordnung der Dichtung sind umstritten. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 894 Helmst., 60v–73r (1449, nd.). Ausgabe: Carl Edgar Eggert: The Middle Low German Version of the Legend of Mary Magdalen. In: JEGP 4 (1902) S. 191–211. Literatur: Eggert (s. Ausg.) S. 132–214. Eine eigentliche Bekehrungslegende erscheint in drei Handschriften des 14. und 15. Jh. (Ausg. Hansel 1937), in diesen, wahrscheinlich aus dem Ende des 13. oder im 14. Jh. in den Niederlanden entstandenen Texten wird M. M. von Martha bekehrt. Zahlreich sind Verkn¨upfungen, die neben dem biblischen Einheitsbild der M. M. erscheinen: ¨ nach einer (ungekl¨arten) Uberlieferung des Talmud wird M. M. als Mirjam zur Gattin des Pa¨ pos ben Jehuda. Alteste abendl¨andische Spuren dieser Legende bei → Honorius Augustodunensis und Priester → Konrad. Aus dem exegetischen Schrifttum entwickelte sich die Legende von M. M. als verlassene Braut des Ju¨ ngers Johannes. Sie ist in der Legenda aurea, im Passional und im Saelden hort zu finden. Im sp¨aten MA kann M. M. zur buhlerischen Samariterin werden, die am Brunnen von Sichar Jesus begegnet. Literatur: Marga Anstett-Janßen, LCI 7 (1974) Sp. 516–541. – Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 1258–1264. – Wimmer/Melzer (61988) S. 553. – J. Putz/G. Wendtner: Maria v. Magdala. In: MarLex 4 (1992) S. 288 f. – Victor Saxer/Ulrike Liebl, LexMA 6 (1993) Sp. 282–284. – Karl Suso Frank u. a.: Maria, biblische Personen. In: LThK3 6 (1997) Sp. 1318–1343, hier Sp. 1340–1343. – Ingrid Rosa Kitzberger u. a., RGG4 5 (2002) Sp. 800–802. – Martin Bocian, 957

1. H¨alfte 15. Jh. unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lex. der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 350–357. – Maria Norberta Hoffmann: Die Magdalenenszenen im geistlichen Spiel des dt. MA. W¨urzburg 1933. – Friedrich Otto Knoll: Die Rolle der M. M. im geistlichen Spiel des MA. Berlin 1934. – Gerhard Eis: Beitr. zur mhd. Legende und Mystik (Germ. Stud. 161). Berlin 1935. – Charlotte Liersch: Motivgesch. und stilistische Unters. zur alemannischen Magdalenenlegende. Marburg-Lahn 1936. – Hans Hansel: Zur Gesch. der Magdalenenverehrung in Deutschland (Volk und Volkstum 1). Mu¨ nchen 1936. – Ders.: Die M.-M.-Legende. Eine Quellenunters. Greifswald 1937. – Lepold Kretzenbacher: Magdalenenlegende und Volksschauspiel. In: SchlernSchr. 53 (1948) S. 219–236. – Helen Meredith Garth: Saint Mary Magdalene in Mediaeval Literature (The John Hopkins Univ. Stud. in Hist. and Polit. Science 67,3). Baltimore 1950. – V. Saxer: Le culte de Marie Madeleine en occident des origines a` la fin du moyen aˆ ge (Cahiers d’arch´eologie et d’histoire 3). Paris 1959. – Joseph Sz¨ov´erffy: ‹Peccatrix quondam femina›. A Survey of the M. M.Hymnus. In: Traditio 19 (1963) S. 79–146. – Wiltrud aus Der F¨unten: M. M. in der Lyrik des MA (Schriftenreihe des Wirkenden Wortes 3). D¨usseldorf 1966. – Erhard Dorn: Der s¨undige Heilige in der Legende des MA (Medium Aevum 10). M¨unchen 1967. – Konrad Kunze: Stud. zur Legende der hl. Maria Aegyptiaca im dt. Sprachgebiet (Philol. Stud. und Quellen 49). Berlin 1962. – Rolf Bergmann: Stud. zur Entstehung und Gesch. der dt. Passionsspiele des 13. und 14. Jh. M¨unchen 1972. – Elke Ukena: Die dt. Mirakelspiele des Sp¨atMA. Stud. und Texte. Bern 1975. – Ursula Hennig: Die Klage der M. M. in den dt. Osterspielen. In: ZfdPh 94, Sonderheft (1975) S. 108–138. – Cornelia E. C. M. van den Wildenberg-de Kroon: Das Weltleben und die Bekehrung der M. M. in dt. religi¨osen Drucken und in der bildenden Kunst des MA (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 39). Amsterdam 1979. – Urban K¨usters: M. M. und die Legitimit¨at der Trauer. Zu den mhd. Magdalenenklagen. In: Claudia Brinker u. a. (Hg.): Contemplata aliis tradere. Stud. zum Verh¨altnis von Lit. und Spiritualit¨at. Bern u. a. 1995, S. 175–215. SF Messerkl¨arung Man findet vil buechlein und lere Wahrhscheinlich im Bistum Bamberg in der ersten H¨alfte des 15. Jh. entstanden. 958

1. H¨alfte 15. Jh. Die m¨oglicherweise von einem mit der Klosterseelsorge beauftragten Geistlichen verfasste M. enth¨alt in den ersten f¨unf Kapiteln eine Theologie des Messopfers. Nach der Behandlung des Nutzens des Messbesuchs, Hinweisen zu den priesterlichen Gew¨andern und einer Erkl¨arung, warum die Messe nicht in dt. Sprache gelesen wird, werden in den Kapiteln 11–19 die einzelnen Teile der Messe erkl¨art, die in neun Teile gegliedert wird. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VI, 43d, r v 1 –45 . – Ebd., Cent. VII, 38, 36r–108v. – Ebd., Cent. VII, 85, 1r–36v (zit.). – Salzburg, St. Peter, cod. b IV 19, 190r–230v. – Ebd., cod. b V 5, 82r–115v. – Heiligenkreuz, Stiftsbibl., Cod. 541, p. 1–68 (Pap., zwischen 1478 und 1482, schw¨abisch). – Warschau, Nationalbibl., Cod. 8033 III (fr¨uher Przemysl, Polen, Bibl. des griech.kath. Domkapitels, Nr. 18 [III D 3, XLVIII G 4], 81r–121v (Pap., 1450, bair.-o¨ sterr.; geschrieben per manus Nicolay Czipser; mit einem sonst fehlenden Prolog, den der Autor seinem vor l¨angerer Zeit ¨ verfassten B¨uchlein anl¨asslich der Ubersendung eines Exemplars an einen Ritter Berthold beigef¨ugt hat). Ausgabe: Franz Xaver W¨ober: Ain guett ler von der mess tzu nuz vnd haill allen layen durch Nicolaum Tzipser. Anno domini M.C.D.L.X.X. Aus der ¨ Hs. hg. und mit einer gegen¨uberstehenden Ubersetzung versehen. In: Jb. des k.k. Obergymnasiums zu Pˇrzemy´sl f¨ur das Schuljahr 1855/6 (Pˇrzemy´sl 1856) S. 3–52 (nach einer Hs. des Textes aus der Bibl. des Domkapitels Pˇrzemy´sl; geschrieben, nicht verfasst v. Nikolaus Zipser). Literatur: Kurt Illing, VL2 6 (1987) Sp. 444–446; 11 (2004) Sp. 994. BJ Nikolaus von Kues (Cues, Cus[z]a; Nicolaus Cusanus, eig. Krebs, Chryf[f]tz), * 1401 KuesMosel (heute Bernkastel-Kues), † 11.8.1464 Todi/Umbrien. – Philosoph, Theologe, Kirchenpolitiker. Der Sohn eines Moselkaufmanns studierte 1416/17 die artes an der Universit¨at, 1417–23 Kirchenrecht in Padua. 1425 brachte Heymericus de Campo an der Universit¨at K¨oln N. die Schriften des → Albertus Magnus und des Dionysius Areopagita nahe und machte ihn mit den Werken des Raimundus → Lullus bekannt. Zwischen 1426 und 1429 entdeckte N. die B¨ucher I–VI der Annalen des Tacitus und Plautus-Kom¨odien. In Diensten Ulrichs von Manderscheid, nahm er 959

Nikolaus von Kues 1432–37 am Konzil von Basel teil; in dieser Zeit entstand De condordantia catholica. 1437 wechselte er von der Konzilspartei zur p¨apstlichen Partei, als deren Vertreter er 1437/38 nach Byzanz reiste, um den ostr¨omischen Kaiser und den Patriarchen zum Konzil von Ferrara/Florenz zu begleiten. 1438–48 und 1450–52 unternahm er Legationsreisen im Auftrag des Papstes im Reichsgebiet, um die kirchlichen Verfassungsverh¨altnisse wieder herzustellen, aber auch mit dem Ziel, die Kirche zu reformieren. 1448 in petto zum Kardinal ernannt, 1450 o¨ ffentlich zum Kardinal und zum Bischof von Brixen erhoben – als solcher war er Reichsf¨urst –, trat N. 1452 sein Amt in Brixen an. Nach sp¨urbarem Widerstand gegen seine Reformversuche, vor allem von Seiten Herzogs Sigmunds von Tirol, floh N. 1457 nach der Burg Buchenstein und folgte 1458 einem Ruf Papst Pius II. nach Rom. Der Versuch 1460, nach Brixen zur¨uckzukehren, scheiterte. In den letzten Lebensjahren hielt sich N. in Rom und Orvieto auf, u¨ bte weiter hohe kirchliche ¨ Amter aus und entwickelte seine Sp¨atphilosophie. N. starb w¨ahrend der Vorbereitung eines Kreuzzugs gegen die T¨urken. N. verfasste einflussreiche kirchenpolitische, philosophisch-theologische und mathematischnaturwissenschaftliche Werke sowie Predigten und Briefe. Im Zentrum von N.s Denken steht die Erkenntnislehre. Thematisiert wird vor allem das Verh¨altnis von Gott und Welt, der Begriff der Welt als All und die einheitliche Ganzheit des «Weltalls» sowie die Bestimmung des Menschen. Mit Hilfe des von ihm formulierten Prinzips des ‹Zusammenfalls der Gegens¨atze› (coincidentia oppositorum) brachte er die vier ‹Regionen› Gott, Engel, Welt und Mensch in die Ordnung eines philosophischtheologischen Systems. Gott ist f¨ur N. die unendliche Einheit, die der menschliche Verstand nicht positiv (vgl. → Thomas von Aquin, analogia entis) begreifen kann. F¨ur N. l¨asst sich das Unbegreifliche nur «in nicht begreifender Weise in belehrter Unwissenheit» (docta ignorantia)« erfassen. 1. Philosophisch-theologische Schriften: In seinem Hauptwerk De docta ignorantia (1439/40) entwirft N. sein philosophisch-theologisches System: Buch I entwickelt das Prinzip des Zusammenfallens der Gegens¨atze in Gott und die sich daraus ergebende Gotteslehre, Buch II widmet sich dem Universum, Buch III behandelt die Stellung Jesu als Mittler zwischen Gott und Mensch. Gegen die H¨aresiebeschuldigung des Heidelberger Theologen 960

Nikolaus von Kues Johann → Wenck von Herrenberg verteidigte sich N. 1449 mit der Apologia doctae ignorantiae (1449). Eine Erg¨anzung zum Hauptwerk ist De coniecturis (1440) u¨ ber die Methodologie der Wissenschaft. Der Dialog De deo abscondito widmet sich wie die Arbeiten De filiatione dei, De quaerendo Jesum, De dato patris luminum (1445/46), De genesi (1447) vor allem der Gotteslehre. 1450 verfasste N. drei den platonischen Schriften nachgebildete philosophische Dialoge mit dem gemeinsamen Titel Idiota (Der Laie) (de sapientia [2 B¨ucher]; de mente; de staticis experimentis). Am Anfang der Brixener Zeit entstand De visione dei (1453), an ihrem Ende De beryllo (1458). In den letzten Lebensjahren schrieb N. u. a. Tu quis es? (1459) u¨ ber das Prinzip der Dinge, De possest (1460), De non aliud (1462), De ludo globi (1464), De venatione sapientiae (1463) und De apice theoriae (1462/64). 2. Kirchenpolitische Schriften: In der 1433/34 abgeschlossenen Reformdenkschrift De concordantia catholica entwickelt N. seine Ansichten u¨ ber das Wesen der Kirche, u¨ ber das Verh¨altnis von Kirche und Staat, Papst und Konzil. 1434 legte er auf dem Basler Konzil das Gutachten De auctoritate praesidendi in concilio generali vor. De pace fidei (1453) und De Cribratio Alchorani (1460/61) handeln von der Vereinigung aller Menschen im Glauben an Christus. Neben einem Brief u¨ ber die Neutralit¨at Deutschlands im Kampf zwischen Papst und Konzil (1440) geht es um kirchenpolitische Themen auch in den auf den Reichstagen in Mainz (1441) und Frankfurt (1442) gehaltenen Reden, ferner in einem Schreiben an Rodrigo Sanchez de Arevalo (1442) und in sechs Sendschreiben an die Hussiten (1443). Papst Pius II. legte N. den Entwurf einer Generalreform der Kirche vor. 3. Mathematisch-naturwissenschaftliche Schriften: N. legte auf dem Konzil von Basel einen Tractatus de reparatione calendarii vor (sp¨ater Tabulae Alphonsinae) und verfasste zwischen 1450 und 1458 mehrere mathematische Abhandlungen, die sich u. a. mit der Quadratur des Kreises und mit der Frage des Unendlichen befassen (De quadratura circuli, 1450; De mathematicis complimentis, 1453; De mathematica perfectione). De transmutationibus geometricis und De artithmeticis complementis sind dem Arzt und Mathematiker Paolo del Pozzo Toscanelli gewidmet, den er in Padua freundschaftlich kennengelernt hatte. N. besch¨aftigte sich mit astronomischen Fragen, mit Problemen der Statik und der Dynamik sowie mit experimenteller Physik. Er 961

1. H¨alfte 15. Jh. stellte zudem eine der ersten Karten Mitteleuropas her. Die in Orvieto verfasste Schrift De figura mundi (1463/64) gilt als verschollen. 4. Predigten: Sie sind – mit einer Ausnahme – nicht in Nachschriften, sondern in lat. Entw¨urfen und Notizen zu rund 300 Predigten u¨ berliefert. In den 1450er Jahren ließ N. seine Predigten in zwei Prachthandschriften kopieren (Vat. lat. 1244 u. 1245). An dt. Predigten sind nur zwei (¨uber das Vater Unser) bekannt. 5. Briefe: Es sind zahlreiche (auch dt.) Originale erhalten, darunter viele Autographa. Ausgaben: Opera. Hg. v. Jakob Faber Stapulensis. 3 Bde. Paris 1514. Nachdr. Frankfurt/M. 1962. – Opera omnia. Hg. v. der Heidelberger Akad. der Wiss. 20 Bde. Leipzig, sp¨ater Hamburg 1932–2009. ¨ Ubersetzung (teilweise parallel zum Text der Akademieausg.) bei der Phil. Bibl. Leipzig/Hamburg 1936 ff. Literatur: Hans Gerhard Senger, VL2 6 (1987) Sp. 1093–1113. – Rudolf Haubst, MarLex 4 (1992) S. 626 f. – Ders., LexMa 6 (1993) Sp. 1181–1184. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 413 ff. u. o. ¨ – H. G. Senger, TRE 24 (1994) S. 554–564. – Enz Phil Wiss 2 (1995) S. 1018–1020. – Schulthess/Imbach (1996), S. 526. – Klaus Reinhardt, LThK3 7 (1998) Sp. 854–857. – Norbert Herold, ¨ Asthetik und Kunstphilosophie. Von der Antike bis zur Gegenwart in Einzeldarstellungen. Hg. v. Julian Nida-R¨umelin/Monika Betzler. Stuttgart 1998, S. 585–593. – Karl Bormann, Volpi 2 (1999) S. 1090–1099. – Rolf Sch¨onberger, NDB 19 (1999) S. 262–265. – Reinhold Rieger: ‹De apice theoriae›. In: LexthW (2003), S. 139 f. – Ders.: ‹De concordantia catholica libri tres›. In: ebd., S. 149. – Ders.: ‹De coniecturis›. In: ebd., S. 150. – Ders.: ‹De docta ignorantia›. In: ebd., S. 157 f. – Karl-Hermann Kandler, RGG4 6 (2003) Sp. 332–334. – Hartmut Boockmann, DBE2 (2007) S. 475 f. – Norbert Henrichs: ‹De concordantia catholica›. In: Hauptwerke der politischen Theorie. Hg. v. Theo Stammen u. a. 2., aktualisierte und erw. Ausg. Stuttgart 2007, S. 403–408. – Christian Kiening, Killy2 8 (2010) S. 607–610. Zeitschrift: Mitt. und Forschungsbeitr. der Cusanus-Ges. (MFCG): seit 1961 (2006: Bd. 31; mit fortgef¨uhrten Bibliographien). Biographien: Eduard Vansteenberghe: Le Cardinal Nicolas de Cues. Paris 1920. Nachdr. Frankfurt/M. 1963. – Josef Koch: N. v. Cues und seine Umwelt. 962

1. H¨alfte 15. Jh. Heidelberg 1948. – Erich Meuthen: Die letzten Jahre des N. v. K. K¨oln/Opladen 1958. – N. v. K. 1401–64. Mu¨ nster 1964. 51982. Gesamtdarstellungen: Maurice de Gandillac: N. v. Cues. Stud. zu seiner Philosophie und philosophischen Weltanschauung. D¨usseldorf 1953. – Karl Jaspers: Nikolaus Cusanus. M¨unchen 1964. – Klaus Jacobi: Die Methode der Cusanischen Philosophie. Freiburg i. Br./M¨unchen 1969. – Ders.: N. v. K. Einf. in sein philosophisches Denken. Freiburg i. Br. 1979. – Werner Beierwaltes: Identit¨at und Differenz. Opladen 1980. – Giovanni Santinello: Introduzione a Niccol`o Cusano. Rom/Bari 2 1987. – Josef Stallmach: Ineinsfall der Gegens¨atze und Weisheit des Nichtwissens. Grundz¨uge der Philosophie des N. v. K. Mu¨ nster 1989. – W. Beierwaltes: Denken des Einen. Stud. zur neuplatonischen Philosophie. Frankfurt/M. 1985. – K.-H. Kandler: N. v. K. Denker zwischen MA und Neuzeit. G¨ottingen 1995. – Kurt Flasch: N. v. K. Gesch. einer Entwicklung. Frankfurt/M. 1998 u. o¨ . – Marc-Aeilko Aris (Hg.): Horizonte. N. v. K. seiner Welt. Trier 2001. – K. Flasch: Nicolaus Cusanus. Mu¨ nchen 2001. – Christopher M. Bellitto u. a. (Hg.): Introducing Nicholas of Cusa. New York 2004. – Thomas Leinkauf: Nicolaus Cusanus. Eine Einf. Mu¨ nster 2006. Studien zu speziellen Bereichen: E. Vansteenberghe: Autour de la docte ignorance. Mu¨ nster 1915. – Ernst Cassirer: Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance. Leipzig 1927. Neudr. Darmst. 1963 u. o¨ . – Joachim Ritter: Docta ignorantia. Leipzig/Berlin 1927. – Raymond Klibansky: Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung. Heidelberg 1929. – R. Haubst: Die Christologie des N. v. K. Freiburg 1956. – Gerd Heinz-Mohr: Unitas christiana. Stud. zur Gesellschaftsidee des N. v. K. Hg. v. Joseph Lenz. Trier 1958. – R. Klibansky: Nicolas of Cues. In: Philosophy in the Mid-Century. A Survey. Hg. v. dems. Florenz 1959, S. 88–94. – G. Gawlick: Neue Texte und Deutungen zu N. v. K. In: Phil. Rundschau 8 (1960) 171–202; 10 (1962) S. 20–120. – R. Haubst: Das Bild des Einen und Dreieinen Gottes in der Welt nach N. v. K. Trier 1962. – Herbert Wackerzapp: Der Einfluß Meister Eckharts auf die ersten philosophischen Schr. des N. v. K. M¨unster 1962. – Norbert Henke: Der Abbildbegriff in der Erkenntnislehre bei N. v. K. M¨unster 1969. – H. G. Senger: Die Philosophie des N. v. K. vor dem Jahre 1440. Mu¨ nster 1971. – Hans-Georg Gadamer: N. v. K. in 963

Nikolaus von Kues der Gesch. des Erkenntnisproblems. In: MFCG 11 (1975) S. 275–280. – Norbert Herold: Menschliche Perspektive und Wahrheit. M¨unster 1975. – H. Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle: Cusaner und Nolaner. Frankfurt/M. 1976 u. o¨ . – Theo van Velthoven: Gottesschau und menschliche Kreativit¨at. Stud. zur Erkenntnislehre des N. v. K. Leiden 1977. – W. Beierwaltes: Visio absoluta. Heidelberg 1978. – Moffit P. Watts: Nicolaus Cusanus. Leiden 1982. – Fritz Nagel: Nicolaus Cusanus und die Entstehung der exakten Wiss. M¨unster 1984. – Jasper Hopkins: Nicholas of Cusa’s Dialectical Mysticism. Minneapolis 1985. – Birgit H. Helander: Die visio intellectualis als Erkenntnisweg und -ziel des Nicolaus Cusanus. Stockholm 1988. – Walter Andreas Euler: Unitas et Pax. Religionsvergleich bei Raimundus Lullus und N. v. K. W¨urzburg 1990. – H. G. Senger: N. v. Cues. In Contemporary Philosophy. A New Servey. Bd. 6/1: Philosophy and Science in de Middle Ages. Den Haag 1990, S. 563–603. – R. Haubst: Streifz¨uge durch die Cusanische Theologie. Mu¨ nster 1991. – Thomas M. Itzbicki (Hg.): Nicholas of Cusa. In Search of God and Wisdom. Leiden 1991, S. 259–281. – Wolfgang Lentzen-Deis: Den Glauben Christi teilen. Theologie und Verk¨undigung bei N. v. K. Stuttgart u. a. 1991. – Ulrich Offermann: Christus – Wahrheit des Denkens. Eine Unters. zur Schr. ‹De docta ignorantia› des N. v. K. M¨unster 1991. – Martha Maria Oberrauch: Aspekte der Operationalit¨at. Unters. zur Struktur des cusanischen Denkens. Frankfurt/M. 1993. – J. Hopkins: Nicholas of Cusa on Wisdom and Knowledge. Minneapolis 1996. – Michael Thomas: Der Teilhabegedanke in den Schr. und Predigten des N. v. K. (1430–1450). M¨unster 1996. – Albert Dahm: Die Soteriologie des N. v. K. Ihre Entwicklung v. seinen fr¨uhen Predigten bis zum Jahr 1445. Mu¨ nster 1997. – Hans Werner Hoffmann: N. v. K. und Proklos. D¨usseldorf 1998. – Hubert Benz: Individualit¨at und Subjektivit¨at. Interpretationstendenzen in der Cusanus-Forschung und das Selbstverst¨andnis des N. v. K. M¨unster 1999. – Ulli Roth: Suchende Vernunft. Der Glaubensbegriff des Nicolaus Cusanus. M¨unster 2000. – Harald Schwaetzer: Aequalitas. Erkenntnistheoretische und soziale Implikationen eines christologischen Begriffs bei N. v. K. Hildesheim u. a. 2000. – Martin Thurnher: Gott als das offenbare Geheimnis nach N. v. K. Berlin 2001. – H. G. Senger: Ludus sapientiae. Stud. zum 964

Schlitpacher Werk und zur Wirkungsgesch. des N. v. K. Leiden 2002. – Johannes Wolter: Apparitio Dei. Der theophanische Charakter der Sch¨opfung nach N. v. K. Mu¨ nster 2004. – William J. Hoye: Die mystische Theologie des Nicolaus Cusanus. Freiburg 2004. – W. Beierwaltes/H. G. Senger (Hg.): Nicolai de Cusa Opera Omnia. Heidelberg 2006. – Stefanie Frost: N. v. K. und Meister Eckhart. Mu¨ nster 2006. – Markus Riedenauer: Pluralit¨at und Rationalit¨at. Die Herausforderung der Vernunft durch religi¨ose und kulturelle Vielfalt nach Nicolaus Cusanus. Stuttgart 2007. – Dirk C¨ursgen: Die Logik der Unendlichkeit. Die Philosophie des Absoluten im Sp¨atwerk des N. v. K. Frankfurt/M. 2007. – Klaus Reinhardt/Harald Schwaetzer (Hg.): Universalit¨at der Vernunft und Pluralit¨at der Erkenntnis bei Nicolaus Cusanus. Regensburg 2008. Rezeption: Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wiss. der neueren Zeit. Bd. 1. Berlin 1906. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgesch. 9). M¨unchen 1931. – Erwin Metzke: Nicolaus v. Cues und Martin Luther. In: Ders.: Coincidentia oppositorum. Gesammelte Stud. zur Philosophiegesch. Hg. v. Karlfried Gr¨under. Witten 1961, S. 205–240. – Reinhold Weier: Das Thema vom verborgenen Gott v. N. v. K. zu Martin Luther. M¨unster 1967. – G¨unter Gawlick: Zur Nachwirkung cusanischer Ideen im 17. und 18. Jh. In: Nicol`o Cusno agli inizi del mondo moderno. Florenz 1970, S. 225–239. – W. Beierwaltes: Absolute Identit¨at. Neuplatonische Implikationen in Schellings ‹Bruno›. In: Phil. Jb. 80 (1973) S. 242–266. – M. de Gandillac: N. v. K. zwischen Platon und Hegel. In: MFCG 11 (1975) S. 21–38. – K. Flasch: N. v. K. und Pico della Mirandola. In: MFCG 14 (1980) S. 113–120. – R. Klibansky: Die Wirkungsgesch. des Dialogs ‹De pace fidei›. In: MFCG 16 (1984) S. 113–125. – Peter Thurmann: Symbolsprache und Bildstruktur. Michael Pacher, der Trinit¨atsgedanke und die Sicht des N. v. K. (Bochumer Schr. zur Kunstgesch. 9). Frankfurt/M. u. a. 1987. – Stephan Meier-Oeser: Die Pr¨asenz des Vergessenen. Zur Rezeption der Philosophie des Nicolaus Cusanus vom 15. bis zum 18. Jh. Mu¨ nster 1989. BJ Schlitpacher, Johannes (Slit-, Schlick-, Schlippacher; J. de Weilheim) OSB, * 4.7.1403 Schongau/Schwaben, † 24.10.1482 Melk. – Theologe; 965

1. H¨alfte 15. Jh. bedeutender literarischer Vertreter der Melker Reform. S. erhielt seine erste Schulbildung in seinem Geburtsort; den fr¨uh Verwaisten zogen anschließend in Weilheim ans¨assige Verwandte auf. Seit 1421 besuchte S. die renommierte Ulmer Stadtschule, 1424 nahm er Studien an der Universit¨at Wien auf, an der er den Titel eines Magister artium erwarb. Seit 1434 unterrichtete er als Magister scolarium im Benediktinerstift Melk, wo er ein Jahr sp¨ater die Priesterweihe erhielt. In den 1440er Jahren war er als eifriger Verfechter der Erneuerung des kl¨osterlichen Lebens mit der Durchf¨uhrung der Basler Reformen in den Benediktinerkl¨ostern in Augsburg, Ettal und Mariazell betraut. 1468–72 war S. Prior in Formbach, G¨ottweig, Ettal und Ebersberg. Er vertrat ferner die o¨ sterr. Kl¨oster auf den Ordenskapiteln und Konferenzen von Ebersberg, Salzburg, Freising, Passau und Lambach. Seit ca. 1465 ist seine T¨atigkeit f¨ur die Vereinigung der Melker, Kastler und Bursfelder Observanz der Benediktiner bezeugt. Gemeinsam mit → Petrus von Rosenheim und → Bernhard von Waging gilt J. S. als einer der Hauptvertreter der Melker Reformbewegung. S. verfasste zahlreiche Reformschriften, die vor allem im Kloster Melk und in der BSB M¨unchen u¨ berliefert sind. Am Anfang seiner schriftstellerischen T¨atigkeit stehen Summulae, Compendia, Extractiones, Memorialia und a¨hnliche Werke: Memoriale seu Fragmentum totius Bibliae metricum (1438), Claviger Psalteri (1439), Summula Speculi humanae salvationis (1441), eine Summula zur Biblia pauperum, eine Gemma bibliae seu memoriale minus bibliae (1447, nach dem Vorbild des Roseum memoriale des Petrus von Rosenheim), ein Manuale viaticum (auch: Expositio) super regulam S. Benedicti (1447) sowie ein Memoriale metricum librorum Sententiarum. Dazu kommen zahlreiche Kommentare und Glossen zum NT, zum Psalter, zu mystischen und scholastischen Schriften; ferner theologische Traktate, geistliche Gedichte, eine Avisatio praclatorum, Akten und Briefe u¨ ber Visitationen und Unionskonvente, eine Avisamenta Ettalensia, der Briefwechsel mit → Vinzenz von Aggsbach De docta ignorantia; ein sp¨ates Werk ist De summis pontificis, doctoribus, sanctis O. S. B. (1475). Dt. Schriften: Von S. stammt ein kurzer Beichttraktat in dt. Sprache (Inc «Das ain mensch vom todt der s¨unden erstee zum leben des hails»), der sp¨atestens 1471 abgefasst wurde. Es handelt sich 966

1. H¨alfte 15. Jh. dabei jedoch lediglich um eine Bearbeitung von Thomas → Peuntners Beichtb¨uchlein. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1835 (H 32). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 365, 153r–159v. – Ebd., Cgm 4360, 96v–103r. Wahrscheinlich verfasste S. ferner eine dt. Carta visitationis f¨ur das Nonnenkloster Sonnenburg. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 959 (A 4), 203r–205r. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 8 (1992) Sp. 727–748; 11 (2004) Sp. 1382 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 486 u. o¨ . – Walter Buckl, MarLex 6 (1994) S. 849. – Ignaz Zibermayr: J. S. Aufzeichnungen als Visitator der ¨ Benediktinerkl¨oster [...]. In: MIOG 30 (1909) S. 258–279. – Ders.: Die Legation des Kardinals Nikolaus Cusanus und die Ordensreform der Salzburger Kirchenprovinz (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte 29). Mu¨ nster 1914, S. 49 f. u. o¨ . – Franz-Xaver Thoma: Petrus v. Rosenheim OSB. Ein Beitr. zur Melker Reformbewegung. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 45 (1927) S. 94–222. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. Mu¨ nchen 1931, S. 24–29 u. o¨ . – Wilhelm Fink: Wann sind die Verse des Benediktuslebens ‹Bis vini [...]› entstanden? In: Stud. und Mitt. des Benediktinerordens und seiner Zweige 61 (1947/48) S. 126–141. – Alphons Lhotsky: Quel¨ Erg¨anzungsbd. lenkunde zur ma. Gesch. (MIOG 19). Graz u. a. 1963, S. 342, 371 f., 373, 396. – Stift Melk. Gesch. und Gegenwart. Bd. 4. St. P¨olten 1985. – Harald Tersch: J. S. (1403–1482), Mel¨ ker Lebenslauf, Tegernseer Vita. In: Osterr. Selbstzeugnisse des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (1400–1650). Eine Darstellung in Einzelbeitr. Hg. v. H. Tersch. Wien u. a. 1998, S. 72–82. – Konrad Benedikt Vollmann: J. S. OSB (1403–1482). In: Lech–Isar–Land (2001) S. 3–22. SF Ulrich von Landau (Ulrich Kager, Kaeger, Kegerl) OSB, † 28.10.1505 Kloster Tegernsee. Der aus Landau/Niederbayern stammende U. studierte seit 1444 die Artes an der Univ. Wien, erwarb den Grad eines Magister artium und verließ 1451/52 die Universit¨at. Er wurde Rector scholarum in Landau, 1456 in Regensburg, wo er auch als Prediger t¨atig war, und trat dann in die Benediktinerabtei Tegernsee ein (1457 Profess, 1465 Prior). 967

Ulrich von Landau U. war ein Vertreter der Ordensreform, befreundet u. a. mit Johann → Schlitpacher in Melk. U. verfasste 1452 lat. Kommentare zu einem Hymnar, 1453 zu einem Sequentiar (mitunter mit dt. Glossierung einzelner W¨orter). Von ihm stammen ferner einige kleinere monastische Traktate sowie eine 1473 abgeschlossene exzerpierende Bearbeitung der sieben B¨ucher De perseverantia religionis des italienischen Humanisten Maffeo Vegio. U.s umfangreiches Predigtwerk ist vor allem in Tegernsee entstanden. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 9 (1995) ¨ 1271–1274. – Pirmin Lindner: Die Abte und Mo¨ nche der Benediktiner-Abtei Tegernsee. M¨unchen 1897, S. 78–82. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgesch. 9). M¨unchen 1931 (Nachdr. Aalen 1974, S. 45–55 u. o¨ . (Reg.). – Ni¨ kolaus Henkel: Dt. Ubersetzungen lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 90). M¨unchen/Z¨urich 1988, S. 41 f., 116 f. BJ Von Unterscheidung wahrer und falscher Andacht. – Traktat, um die Mitte des 15. Jh. entstanden. Der vermutlich im Zuge der auf Betreiben des → Nikolaus von Kues durchgef¨uhrten Reform der Benediktinerkl¨oster entstandene Traktat gibt neben der grunds¨atzlichen Unterscheidung der beiden im Titel genannten Formen der Andacht Hinweise, wie der Einzelne im Rahmen der kl¨osterlichen Gemeinschaft zu «richtiger» Andacht finden k¨onne. Der anonyme Autor beruft sich in seiner Argumentation auf → Thomas von Aquin (Summa theologiae II-II, qu. 82). Obwohl der freie Wille, Gott zu dienen, h¨oher bewertet wird als die and¨achtige Empfindung, ist dieser stets dem Willen Gottes und dem kl¨osterlichen Vorgesetzten unterzuordnen. ¨ Uberlieferung: Graz, UB, Ms. 1035, 320v–330v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair./¨osterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 96, 104r–118r (Perg., um 1485/90, mittelbair.). – Ebd., Cgm 457, 233r–247v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair., zum Teil mit schw¨abischen Ankl¨angen). – Ebd., Cgm 784, 125v–134r (Pap., 1458, mittelbair., zum Teil ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 830, 48v–60v (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b II 10, 1r–21r (pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). Literatur: Gerold Hayer, VL2 10 (1999) 101 f. – Werner H¨over: Theologia mystica in altbairischer 968

Ottheinrich-Bibel ¨ Ubertragung: Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, Hugo v. Balma, Jean Gerson, Bernhard v. Waging ¨ u. a. Stud. zum Ubersetzungswerk eines Tegernseer Anonymus aus der Mitte des 15. Jh. (MTU 36). Mu¨ nchen 1971, S. 46, 189 f. BJ Ordo modernus predicancium. – F¨ur Seelsorger bestimmte Sammlung von Formeln und Gebeten, die am Anfang und am Ende der Predigt zu verwenden sind. ¨ Die Uberschriften und begleitenden Hinweise der Sammlung sind lat., die Texte mittelbair. Als Entstehungszeit wird die erste H¨alfte des 15. Jh. angenommen. Inhaltlich umfassen die Texte u. a. eine Grußanrede an die Gl¨aubigen, Ansage des jeweiligen Festtages sowie Bitten f¨ur die Lebenden und Toten, Vaterunser, Ave Maria, Glaubensbekenntnis, S¨undenbekenntnis und Absolution. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 15136, 255v–257r. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 7 (1989) Sp. 43. SF Ottheinrich-Bibel. – Illuminierte Prunkhand¨ schrift mit einer dt. Ubersetzung des NT, erste H¨alfte 15. Jh. Die O.-B. ist die a¨ lteste bekannte illustrierte dt. ¨ Ubersetzung des NT. Ihr urspr¨unglicher Initiator war Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt (genannt der B¨artige, 1368–1447). Ludwig hatte vermutlich die → Wenzelsbibel, eine Prachthandschrift ¨ mit einer AT-Ubersetzung, bei einem Aufenthalt 1422/25 am Hofe Sigismunds von Ungarn (dem Erben der Handschriften Wenzels) kennengelernt. Von dieser inspiriert, gab er um 1530 eine vergleichbare repr¨asentative Bibelhandschrift mit der ¨ Ubersetzung des NT in Auftrag. Und in der Tat ist in Hinblick auf die illuminatorische Austattung nur die Wenzelsbibel der O.-B. vergleichbar. ¨ Der Ubersetzungstext geht auf die a¨lteste erhaltene Verdeutschung des NT der sog → Augsburger Bibel zur¨uck, die wom¨oglich noch vor der Mitte des 14. Jh. entstanden ist. Unklar ist, ob die in der O.-B. vorliegende spezielle Bearbeitung dieser Augsbur¨ ger Ubersetzung exklusiv f¨ur die O.-B. veran¨ lasst wurde. Deren Ubersetzung des NT nimmt n¨amlich gegen¨uber den insgesamt 14 weiteren bekannten Textzeugen von Bearbeitungen der Augs¨ burger Ubersetzung aus dem 14. und 15. Jh. (vgl. 969

1. H¨alfte 15. Jh. Wunderle 2008, S. 93) eine Sonderstellung ein, sodass sie als unikal u¨ berliefert bewertet werden kann. In Textgestalt und Abfolge h¨alt sich die O.-B. an die zeitgen¨ossische Form der Vulgata. Der gut verst¨andliche und fl¨ussige dt. Bibeltext ist dabei in Wortlaut und Syntax weitgehend vom Lat. unabh¨angig geworden. Zu Ludwigs Lebzeiten war er von einem einzigen Schreiber vollst¨andig niedergeschrieben worden. Mit der Illumination der O.-B. wurden unterschiedliche Regensburger Malerwerkst¨atten beauftragt. Die einzelnen Bilder illustrieren in der Regel die Perikopen. Die Ausschm¨uckung mit Bildern und Initialen ist indes aus ungekl¨arten Gr¨unden nur bis zum Markusevangelium gekommen (29 von insgesamt 146 Miniaturen). Dennoch hat Ludwig den Codex selbst noch binden lassen. ¨ Uber eine verzweigte Erbfolge gelangte die unfertige Handschrift 1505 an das neue Fu¨ rstentum Pfalz-Neuburg und 1522 in den Besitz des Pfalzgrafen Ottheinrich (1502–59), eines leidenschaftlichen B¨uchersammlers. 1530, also rund hundert Jahre nach dem Beginn der ersten Illustrationen unter Ludwig, erteilte Ottheinrich dem Lauinger Maler Matthias Gerung den Auftrag zur Vollendung der Illustrationen des Codex. Eine bewegte Geschichte zeichnet den weiteren Weg der Handschrift aus: Ottheinrich hat sie vermutlich 1544 mit ins Heidelberger Exil genommen. W¨ahrend des Dreißigj¨ahrigen Krieges kam sie dann in den Besitz Kurf¨urst Maximilians I. von Bayern, blieb jedoch nur zehn Jahre in Mu¨ nchen, da sie 1632 im Zuge der schwedischen Besetzung durch Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar erbeutet wurde. 1640 gelangte sie von Weimar nach Gotha, wo sie f¨ur drei Jahrhunderte verbleiben sollte. In den sechziger Jahren des 19. Jh. wurde die Handschrift in acht Teilb¨ande zerlegt und neu gebunden. F¨ur eine Austellung kamen f¨unf Teilb¨ande 1936 zur¨uck nach Heidelberg und verblieben dort kriegsbedingt f¨ur l¨angere Zeit. Die in Gotha zur¨uckbehaltenen drei B¨ande wurden 1945 von den Alliierten nach Coburg gebracht und 1950 an die BSB in Mu¨ nchen verkauft. Die Heidelberger B¨ande wiederum gelangten 2001 nach Gotha zur¨uck. Ein Verkauf an private H¨ande konnte 2007 verhindert und die acht Einzelb¨ande der O.-B. in der BSB vereinigt werden. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 8010 1–2 (vormals Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. I 11); 3–6 (vormals Heidelberg, Kurpf¨alzisches Museum, Hs. 28/3–6); 970

1. H¨alfte 15. Jh. 7 (vormals Cgm 8010/3, davor Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. I 11); 8 (vormals Heidelberg, Kurpf¨alzisches Museum, Hs. 28/8), Perg., 307 Bll. (532 x 372 mm), zweites Viertel 15. Jh., mittelbair. Ausgaben: Die O.-B. Bd. 1: Faks. Luzern 2002 (Teilausg., Bde, 1/2). – Vollst. Digitalisat (M¨unchner Digitalisierungszentrum) online verf¨ugbar: www.digitale-sammlungen.de. Literatur: Ernst-Peter Biesalski, LGB2 5 (1999) Sp. 486 (Ottheinrich v. der Pfalz). – Friedrich Adolf Schmidt-K¨unsem¨uller, ebd. Sp. 486 f. (Ottheinrich-Bde). – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. 2. Tl. Braunschweig 1891 (Nachdruck Nieuwkoop 1966), Sp. 378 f. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der Bibel. Westheim bei Augsburg 1939, S. 326. – Elisabeth Klemm/Karin Schneider: ‹O. B.›. In: Erwerbungen aus drei Jahrzehnten, 1948–1978. Abendl¨andische und orientalische Hss., Inkunabeln und seltene Drucke, Noten und Landkarten. Ausstellung April-Juli 1978 (BSB Ausstellungskat. 16). Wiesbaden 1978, S. 36–37 (Nr. 19). – K. Schneider: O.s-B. In: Thesaurus librorum. 425 Jahre BSB. Ausstellung, Mu¨ nchen 18. August – 1. Oktober 1983 (BSB. Ausstellungskat. 28). Wiesbaden 1983, S. 138 f. (Nr. 54).– Jochen Splett: ‹das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem acker› ... Die hochdt. ¨ Ubers. v. Matth¨aus 13,44–52 in ma. Hss. (Litterae 108). G¨oppingen 1987, S. 26* (Nr. 45), 68. – Robert Suckale: Die Regensburger Buchmalerei von 1350–1450. In: Regensburger Buchmalerei v. fr¨uhkarolingischer Zeit bis zum Ausgang des MA. Ausstellung der BSB Mu¨ nchen und der Museen der Stadt Regensburg in Regensburg 16. Mai – 9. August 1987 (BSB Ausstellungskat. 39). Mu¨ nchen 1987, S. 93–110. – Elke Donalies: Die Augsbur¨ ger Bibelhs. und ihre Uberl. Unters. und Text der vier Evangelien. M¨unster/New York 1992. – Kat. der dt.sprachigen illustrierten Hss. des MA. Begonnen v. Hella Fr¨uhmorgen-Voss, fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann Bd. 2. Mu¨ nchen 1996, S. 108–116 (Nr. 14.0.4). – Stefan Sonderegger: Gesch. deutschsprachiger Bibel¨ubers. in Grundz¨ugen. In: Sprachgesch. Ein Hb. zur Gesch. der dt. Sprache und ihrer Erforschung Bd. 1 (Hbb. zur Sprach- und Kommunikationswiss. 2,1). Berlin 21998, S. 229–284. – Ulrich Merkl: Buchmalerei in Bayern in der ersten H¨alfte des 16. Jh. Sp¨atbl¨ute und Endzeit einer Gattung. Regensburg 1999, S. 504–509 (Nr. 138). – Anja Eichler: Mathis Gerungs Illuminationen f¨ur 971

Ottheinrich-Bibel die O. In: Pfalzgraf Ottheinrich. Politik, Kunst und Wiss. im 16. Jh. (Neuburger Kollektaneenblatt 151). Hg. Barbara Zeitelhack. Regensburg 2002, S. 317–333. – Brigitte Gullath/Ulrich Montag (Hg.): O.s dt. B. Der Beginn einer großen B¨ucherslg. BSB, Ausstellung 22. M¨arz–18. Mai 2002 (Schatzkammer 2002). M¨unchen 2002. – Die O.-B. Bd. 2: Komm. zur Faks.-Ausg. der Hss. Cgm 8010/1.2 der BSB mit Beitr. v. Brigitte Gullath u. a. Luzern 2002. Darin u. a.: K. Schneider: Die Evangelientexte der O. B., S. 39–61; R. Suckale: Herzog Ludwig VII. der B¨artige v. Bayern-Ingolstadt als Auftraggeber, S. 127–138. – Carola Redzich: Aspekte produktiver Rezeption ¨ von Bibel¨ubers. Uberl.und Gebrauchszusammenh¨ange der Johannesapokalypse im bair.-fr¨ankischen Raum. In: Metamorphosen der Bibel. Beitr. zur Tagung ‹Wirkungsgesch. der Bibel im dt.sprachigen MA› [...] (Vestigia Biblia 24/25). Hg. Ralf Plate. Bern u. a. 2004, S. 155–173. – Cornelia Hopf: ‹... vor dem Einmarsch der Russen nach Koburg zu transportieren›. Die Verlagerung von Zimelien der heutigen Forschungsbibl. Gotha 1945 und ihr anschließender Verkauf. In: Kulturg¨uter im Zweiten Weltkrieg. Verlagerung – Auffindung – R¨uckf¨uhrung (Ver¨off. der Koordinierungsstelle f¨ur Kulturgutverluste 4). Bearb. v. Uwe Hartmann. Magdeburg 2007, S. 197–234, hier S. 216 f. – Die O.-B. Das erste illustrierte Neue Testament in dt. Sprache. BSB, Cgm 8010. Begleitbuch zu den Ausstellungen anl¨asslich der Zusammenf¨uhrung der Ottheinrich-Bibel im Jahr 2008 (Kulturstiftung der L¨ander. Patrimonia 334; BSB. Ausstellungskat. 80). Luzern 2008. Darin u. a.: Elisabeth Wunderle: Das NT in dt. Sprache, S. 87–93. – Manja VorbeckHeyn: Die deutschsprachige Evangelientradition im 14. und 15. Jh. und ihre Textgliederungsprinzipien (Berliner Sprachwissenschaftl. Stud. 11). Berlin 2008, S. 60 f. – Brigitte Gullath: O.-B. In: Hist. Lex. Bayerns (www.historisches-lexikonbayerns.de/artikel/artikel 45764) (26.01.2010). – Siegfried Hofmann: Der Ingolst¨adter Psalter. Ein dt. Psalter des Sp¨atMA aus der UB Heidelberg. Regensburg 2010, S. 38–40. – C. Redzich: Apocalypsis Joannis tot habet sacramenta quot verba. ¨ Stud. zu Sprache, Uberl. und Rezeption hochdt. Apokalypse¨ubers. des sp¨aten MA (MTU 137). Berlin/New York 2010, S. 165 f., 441–443, 644 (Reg., unter Heidelberg). VZ 972

Margareta Ursula von Masmunster ¨ Petrus von Ainstetten. – Theologe, Bearbeiter einer moraltheologischen Abhandlung. P. studierte m¨oglicherweise um 1413–20 an der Universit¨at Wien. Nach eigenen Angaben war er Priester im Bistum Passau. Als Autor ist er nur in einer Budapester Handschrift nachweisbar. Diese enth¨alt P.s dt. Bearbeitung der moraltheologischen Abhandlung De miseria humanae conditionis von Papst Innozenz III. Das Werk tr¨agt den dt. Titel Puch von menschlicher aigenschaft und ist in drei B¨ucher eingeteilt. P.s Werk ist einer G¨onnerin gewidmet, bei der es sich um Barbara von Kerbeckh gehandelt haben d¨urfte. Widmungsempf¨angerin und Handschrift lassen auf eine Entstehung des Puchs in der ersten H¨alfte des 15. Jh. schließen. ¨ Uberlieferung: Budapest, Nationalbibl., Cod. germ. 10, 3r–225v (Pap., Mitte 15. Jh., bair.-¨osterr.). Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 7 (1989) Sp. 496. – Andr´as Vizkelety: Millst¨atter Hss. in der Ungarischen Nationalbibl. Sz´ech´enyi. In: Carinthia I/157 (1967) S. 290–295. – Gerhard Eis: Nachtr. zum VL. In: Studia neophilologica 43 (1971) S. 377–429, hier S. 414. – P´eter Lok¨os: P. v. A., ‹das puch von menschlicher aigenschaft›. In: Codices manuscripti 17 (1994) S. 59–66. – Ders.: Die Praxis der u¨ bersetzerischen Explizierung im ‹Puch von menschlicher aigenschafft› des P. v. A. In: ‹swer sˆınen vriunt behaltet, daz ist lobelˆıch›. FS Andr´as Vizkelety. Hg. v. Edit Madas u. a. Budapest 2001, S. 179–185. – Ders.: Das Puch von Menschlicher Aigenschafft. Unters. zu einem sp¨atma. Textzeugen der Laienandacht in Steiermark (GAG 703). G¨oppingen 2002. MM Regel der heiligen Ehe. – Mittelbair. Ehetraktat, entstanden wohl in der ersten H¨alfte des 15. Jh. Dieser Traktat eines anonymen Verfassers gliedert sich in drei Hauptteile, Einleitung und Schluss. Es werden zw¨olf gute Gr¨unde dargelegt, deretwegen die Ehe zu loben sei. Der zentrale Teil bietet eine Exegese der Tobiasgeschichte: Am Beispiel der von einem D¨amon get¨oteten sieben M¨anner Saras (Tob 6,15) werden die sieben Hauptfehler in einer Ehe auslegt. Der Autor, der uneingeschr¨ankt f¨ur die Institution der Ehe als «weltlichen Orden» eintritt und diesen sogar u¨ ber die geistlichen stellt, nennt Eheregeln f¨ur Mann und Frau u. a. auf der Grundlage der Paulusbriefe. Der Text scheint aus dem Bereich der praktischen Seelsorge zu stammen und 973

1. H¨alfte 15. Jh. wendet sich wahrscheinlich an ein stadtb¨urgerliches Publikum. Ber¨uhrungspunkte zeigen sich mit dem anonymen → Sakrament der Ehe und mit einer Ehelehre innerhalb des → F¨urstenspiegels Wiewoll all menschen [...] (→ Sermo de matrimonio). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 757 (mittelbair., wohl aus einem Sammelbd. herausgetrennter Faszikel aus dem sp¨aten 15. Jh.). Ausgabe: Dallapiazza 1983 (s. Lit.) S. 266–292. Literatur: Michael Dallapiazza, VL2 7 (1989) Sp. 1074 f. – Nikolaus Paulus: Ma. Stimmen u¨ ber den Eheorden. In: Hist.-politische Bll. f¨ur das katholische Deutschland (1908) S. 1017 f. – M. Dallapiazza: ‹Ein p¨uechel v. der Regel der heyligen ee›. In: ZfdA 112 (1983) S. 261–292. – Ders.: Sp¨atma. Ehedidaktik. In: Liebe, Ehe, Ehebruch in der Lit. des MA. Hg. v. Xenja v. Ertzdorff/Marianne Wynn (Beitr. zur dt. Philol. 58). Gießen 1984, S. 161–172. SF Margareta Ursula (Gredursula) von Masmuns¨ ter, † 1447 oder 1448 Basel. – Dominikanerin und Verfasserin der Andachtsu¨ bung Geistliche Meerfahrt. Die aus der els¨assischen Adelsfamilie von Masm¨unster stammende M. wuchs ab dem Alter von vier Jahren im Dominikanerinnenkloster Sch¨onensteinbach auf. Sie war an der Reformierung des Klosters Unterlinden (1419) und des Klosters an den Steinen in Basel (1423) beteiligt und wurde sp¨atestens 1426 Priorin in Basel. M. verfasste eine Geistliche Meerfahrt, die im 10. Buch des Buchs der Ersetzung des Johannes → Meyer und auch selbstst¨andig u¨ berliefert ist. Es handelt sich um eine Andachts¨ubung f¨ur die vor¨osterliche Fastenzeit ab Septuagesima; die darin gebotene Schiffsallegorie ist nicht konsequent durchgef¨uhrt. ¨ Uberlieferung: Vollst. Hss. des Buchs der Erset¨ zung: Leipzig, UB, Cod. 1548, 242r–246r. – Uberr lingen, Leopold-Sophienbibl., Cod. 5, 357 –360r. – ¨ Die weitere Uberl. verzeichnet Schmidtke 1969 (s. Lit.) S. 367 f. – Ders. 1970 (s. Lit.) S. 116. – Ferner: T¨ubingen, UB, Cod. Md 129, 352v–355v (Augustinereremitenkloster Schw¨abisch-Gm¨und, erste H¨alfte 15. Jh.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 1250 f. – Benedikt Maria Reichert (Hg.): Johannes Meyer. Buch der Reformacio Predigerordens. Buch I–III (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens 2). Leipzig 1909, S. 84. – Julius Kindler v. Knobloch: Oberbadisches Geschlechterbuch. Bd. 3. Heidelberg 1919, 974

1. H¨alfte 15. Jh. S. 40. – Florent Landmann: Zwei Andachts¨ubungen v. Straßburger Klosterfrauen [...]. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 6 (1931) S. 217–228. – Emil A. Erdin: Das Kloster der Reuerinnen S. Maria Magdalena an den Steinen zu Basel. Diss. Freiburg/Schweiz 1956. – D. Schmidtke: Geistl. Schiffahrt [...]. In: PBB (Tu¨ b.) 91 (1969) S. 357–385; 92 (1970) S. 115–177. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 639–649. – Arnold Schromm: Die Bibl. des ehem. Zisterzienserinnenklosters Kirchheim am Ries. Buchpflege und geistiges Leben in einem schw¨abischen Frauenstift (Studia Augustana 9). Tu¨ bingen 1998, S. 238. SF Roswin. – Verfasser eines Marienliedes; entstanden wohl in der ersten H¨alfte des 15. Jh. ¨ Der Name wird nur in der Uberschrift der Basler Handschrift genannt, ansonsten ist R. unbekannt. Von ihm ist ein siebenstrophiges, paargereimtes Lied u¨ ber Inkarnation und Marienpreis in → Frauenlobs Langem Ton u¨ berliefert. Eine Besonderheit stellt der Anfang dar, in dem das Motiv der Einhornjagd allegorisch auf Mari¨a Verk¨undigung umgelegt wird. ¨ Uberlieferung: UB Basel, UB, A. IX. 2, 183rv (Mitte/zweite H¨alfte 15. Jh.; a). – Trier, StB, Ms. 1032/1943, 151v–154r (b). – Papierhs. aus dem Privatbesitz Gotthelf Fischer, Mainz (wohl 15. Jh.; verschollen, c). Ausgaben: Gotthelf Fischer: Beschreibung typographischer Seltenheiten und merkw¨urdiger Hss. 3. Lfg. N¨urnberg 1801, S. 109–122, Text S. 112–122 (c). – Thomas Cramer (Hg.): Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 3, S. 159–162, 551 (a). Literatur: Frieder Schanze, VL2 8 (1992) Sp. 259 f. – Wolfgang Stammler: Sp¨atlese des MA. Bd. 2 (TspMA 19). Berlin 1965, S. 136. – Ju¨ rgen Werinhard Einhorn: Spiritalis Unicornis (MMS 13). Mu¨ nchen 1976, S. 203–212, bes. S. 208. – RSM 5 (1991) S. 307 f. SF Petrus (Wiechs) von Rosenheim OSB, * um 1380 Wiechs bei Rosenheim, † 27.1.1433 Basel. – Dichter. P. war wahrscheinlich Sch¨uler in Rosenheim sowie im Kloster Tegernsee und studierte seit 1398 975

Roswin in Wien. 1403 legte er im St. Benediktkloster Subiaco/Rom die Profess ab und wurde 1413 Prior in Rocca di Mondragone. 1416 ist P. am Konzil in Konstanz nachgewiesen, 1418 als Visitator im Kloster Melk, das er 1418–23 als Prior reformierte. 1423–26 war er dort Cursor biblicus und Magister. Um 1431 reformierte er, wiederum im Amt des Priors, das Salzburger Kloster Sankt Peter. 1432 vertrat er die s¨uddt. Benediktiner am Konzil von Basel, wo er auch als Redner hervortrat. P. gilt noch heute als bedeutender Prediger, Humanist und Reformer. Unter P.s lat. Werken ist das Roseum memoriale divinorum eloquiorum (um 1423/26) hervorzuheben. Die von Kardinal Giulio Brandi di Castiglione beauftragte Schrift ist ein mnemotechnisches Werk in lat. Distichen, die dem Leser das Einpr¨agen der biblischen B¨ucher (außer den Psalmen) erleichtern sollen. Das Roseum ist in zahlreichen Handschriften und Drucken bis ins sp¨ate 16. Jh. u¨ berliefert. Ein Teil der Distichen wurde in dt. Sprache in das sog. Heidelberger Mischgedicht aufgenommen, das im Zusammenhang mit der sog. Kurzen Bibel in zwei Heidelberger Handschriften erhalten ist. Neben weiteren lat. Mnemo-, Scherz- und Totengedichten hinterließ P. auch Briefe und Annalen zur Melker Reform sowie lat. Predigten (dazu ein dt.lat. Index in M¨unchen, BSB, clm 26855). ¨ Uberlieferung: Heidelberger Mischgedicht: Heidelberg, UB, Cpg 110 (Pap., um 1500, alemannisch). – Heidelberg, UB, cpg 110a (Fragm.). – Zur umfangreichen Gesamt¨uberl. von P.s Werk vgl. Thoma 1962 (s. Lit.). Ausgabe: Theodor Fritzsche: Peter von Rosenheim’s ‹Carmen de morte›. In: Serapeum 21 (1860) S. 170–174. Literatur: ADB 25 (1887) S. 475 f. – R´eginald Gr´egoire, Dict. Spir. 12 (1983) Sp. 1663 f. – Hellmut Rosenfeld, VL2 7 (1989) Sp. 518–521; 11 (2004) Sp. 1233. – Claudia M¨artl, LexMA 6 (1993) Sp. 1988 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 486. – H. Rosenfeld, BBKL 7 (1994) Sp. 377–379. – Burkhard Ellegast, LThK3 8 (1999) Sp. 138. – Franz Xaver Thoma: P. v. R. O.S.B. Ein Beitr. zur Melker Reformbewegung. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 45 (1927) S. 94–222. – Ders.: Die Beziehungen des P. v. R. zu den Xylographa der Ars memorandi und zu den Fr¨uhdrucken des Rationarium evangelistarum. In: Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen 46 (1929) S. 533–546. – Ders.: Die Briefe des P. v. R. an 976

Margareta von Ungarn Abt Kaspar Ayndorffer von Tegernsee w¨ahrend der Klosterreform in S¨udbayern 1426–1431. In: Oberbayerisches Arch. 67 (1930) S. 1–22. – Friedrich Stegm¨uller: Repertorium Biblicum medii aevi 4. Madrid 1954, Nr. 6836 f. – Hans Walther: Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris Latinorum. G¨ottingen 1959, Nr. 156, 1641, 1648, 2157, 4529, 6060, 6552, 12471, 16905, 19295, 20029. – F. X. Thoma: P. v. R. Eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse. In: Das bayerische InnOberland 32 (1962) S. 97–164. – H. Rosenfeld: Das Oberaltaicher Vadomori-Gedicht von 1446 und Peter v. R. In: Mlat. Jb. 2 (1965) S. 190–204. – Ders.: Der ma. Totentanz. Entstehung – Entwicklung – Bedeutung. K¨oln u. a. 31974, S. 32–43. – Meta Niederkorn-Bruck: Die Melker Reform im Spiegel der Visitationen. MM Texery, Bartholom¨aus OP, † 1449. – Theologe. T. stammte aus Draguignan/Provence und trat fr¨uh in den Dominikanerorden ein. 1403 ist er als Student in Montpellier bezeugt. Er war 1413 Magister der Theologie und Regens des Studiums in Aix-en-Provence, 1418 Provinzial der Ordensprovinz Provence, 1426–49 Generalminister des Dominikanerordens. T. setzte sich f¨ur die Ordensreform ein, vor allem in Italien und im Dt. Reich. Von T. sind nur amtliche Schriften, Enzykliken im Zusammenhang mit den von ihm abgehaltenen Generalkapiteln und die Beschl¨usse selbst, Bruderschaftsbriefe, Briefe im Zusammenhang mit der Ordensreform, ein Ablassbrief und weitere Briefe in Ordensangelegenheiten erhalten. Im Zusammenhang mit der Reformierung von Konventen wurden Ordinationen erlassen: a) Reform des Basler Dominikanerklosters 1428 ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. E III 13, 15. Jh., 21v ff. (lat.). Ausgabe: Gabriel M. L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens 19). Leipzig 1924, S. 53–63. b) Reform des Dominikanerinnenklosters St. Katharina in N¨urnberg 1429. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 7069, 66v–74v (erste H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Hs. 2858, 53v–60r (2. H¨alfte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cod. Amb. 67, 4°, 33r–36v (Ende 15. Jh., alle drei Hss. stammen aus dem Katharinenkloster). Ausgabe: Theodor v. Kern: Die Reformation des Katharinenklosters zu N¨urnberg im Jahre 1428. 977

1. H¨alfte 15. Jh. In: Jb. des Hist. Vereins f¨ur Mittelfranken 31 (1863), Beilage I, S. 1–20, hier S. 16–20 (Anhang III) (nach den Hss. N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, und N¨urnberg, Stadtbibl., Cod. Amb. 67.4°). Literatur: Volker Honemann, VL2 9 (1995) Sp. 733 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 169–171 (Lit.). BJ Andreas de Escobar (A. Dias, A. Didaci, A. Hispanus, A. von Randulph, A. von Lissabon) OSB, * 1367, † 1437. – Theologe und Schriftsteller. A., seit 1428 Titularerzbischof von Megara, verfasste mehrere Schriften zu den Konzilen von Konstanz und Basel, u. a. den konziliaristischen Traktat Gubernaculum conciliorum (1434/35). Von ihm stammen die 1429 entstandenen, weit verbreiteten Beichtb¨ucher Lumen confessorum und Modus confitendi; letzteres Werk wurde seit 1475 h¨aufig gedruckt. ¨ Ubersetzung ins Deutsche: Die Privaths. ¨ Calbe, 61r–80r, enth¨alt eine mnd. Ubers. des Modus confitendi. Vgl. dazu: Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 4 (Nachrichten v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen. Phil.-Hist. Kl. Beih. 1913). Berlin 1914, S. 29–36, bes. S. 31. Literatur: P. Egino Weidenhiller, VL2 1 (1978) Sp. 339. – Johannes Helmrath, LThK3 1 (1993) Sp. 629 f. – Ant´onio Dominguez de Sousa Costa: Mestre Andr´e Dias de Escobar (Estudos e textos da Idade M´edia e Renascimento 2). Rom/Porto 1967. – J. Helmrath: Das Basler Konzil. K¨oln u. a. 1987, S. 630. SF Margareta von Ungarn. – Dt. Viten. Die schon vor ihrer Geburt dem geistlichen Stand versprochene M. (auch Margit, geb. um 1242 in Klissza/heutiges Kroatien, gest. 1270) war die Tochter K¨onig B´elas IV. von Ungarn und die Nichte → Elisabeths von Th¨uringen. Bereits mit vier Jahren wurde sie in das Dominikanerinnenkloster zu Veszpr´em gegeben; ab 1252 lebte sie im Kloster auf der heutigen Margareteninsel bei Budapest. Das Fest der 1943 Heiliggesprochenen ist der 18. Januar. Ihr asketisch-tugendreiches und vorbildhaftes Leben wurde unter anderem von Johannes de Vercellis in lat. Sprache beschrieben und im Zuge der dominikanischen Ordensreform im 15. Jh. dreimal f¨ur obd. Dominikanerinnen u¨ bertragen: Eine 978

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ alemannische Ubersetzung von 1426 stammt vielleicht von Konrad → Schlatter. ¨ Uberlieferung: Berlin, Kupferstichkabinett, Cod. 78 A 14, 112ra–120va (aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina, Augsburg). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 281, 1ra–39vb. ¨ Eine weitere Ubertragung der Vita des Johannes de Vercellis stammt von Georg → Falder-Pistoris (wohl um 1434). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 750, 109r–143r. – N¨urnberg, StB, Cent. VI, 2r–25r. – Graz, Dominikanerkloster (Sign.?). Vgl. Elem´er Lovas: Boldog Margit t¨ort´enet´enek r´eszletes forr´askritik´aja. Pannonhalma 1916. Ausgabe: Cyrill Horv´ath: A Margit legenda forr´asai. Budapest 1908, S. 23–53 (nach Cgm 750). Die dritte Fassung stammt wohl ebenfalls aus dem alemannischen Gebiet und fußt auf einer Kompilation der Viten des Garinus und des Johannes de Vercellis. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 192, 186r–214v. – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 452, 45v–81r. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 603, ¨ Leopold-Sophien-Bibl., 369a–441a. – Uberlingen, Cod. 22, 183va–202ra. Alle Hss. stammen aus alemannischen Dominikanerinnenkl¨ostern. ´ adh´azi boldog Ausgaben: G´abor Salacz: Arp´ Margit To¨ ssi legend´aja. P´ecs 1940. – Carl Greith: Die dt. Mystik im Predigerorden. Freiburg i. Br. 1861, S. 356–441 (nhd. Auszug). Literatur: Z. Szil´ardfy, LCI 7 (1974) Sp. 506 f. – Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 1248–1250; 11 (2004) Sp. 967. – Wimmer/Melzer (61988) S. 546. – Meinolf Lohrum, LThK3 6 (1997) Sp. 1316. – Imre Orb´an, LexMA 6 (1993) Sp. 232. – Klaus Grubm¨uller: Die Viten der Schwestern v. To¨ ß und Elsbeth Stagel. In: ZfdA 98 (1969) S. 171–204, hier S. 174 f. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA (MTU 72). Z¨urich u. a. 1980, S. 50–52. SF Schlatter, Konrad OP, † 1458. – Prediger, erste H¨alfte 15. Jh. S. ist 1417 als Student an der Heidelberger Universit¨at bezeugt, wo er 1419 den akademischen Grad eines «baccalarius artium» erwarb. Zwischen 1436 und 1454 war er mehrfach Prior der Basler Dominikaner. Nachweisbar ist er auch als Betreuer der Schwestern in Sch¨onensteinbach und im Basler 979

Schlatter Steinenkloster, wo er 1458 verstarb. Handschriftliche Nachweise bezeugen S. immer wieder in K¨oln, weswegen auch eine Teilnahme am K¨olner Generalstudium denkbar ist. ¨ Uberliefert sind von S. mehrere Predigtbl¨ocke. Es handelt sich dabei um insgesamt 60 Predigten; diese behandeln unter anderem die W¨urden und Tugenden Mariens sowie die zw¨olf christlichen R¨ate. Erhalten sind auch verschiedene De-sanctis(Peter und Paul, Jacobus, Dominicus, Ursula, Andreas) und De-tempore-Predigten (Predigten zu Sonntagen nach Pfingsten) sowie Fastenpredigten. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 208 (Pap., aus St. Nikolaus in undis in Straßburg, erste H¨alfte 15. Jh., els¨assisch). – Ebd., Mgq 30 (Pap., aus St. Nikolaus in undis in Straßburg, zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). Von S. stammt auch eine Heilig-Geist-Predigt, die von dem Bibelwort Hld 4,15 ausgeht und in der Gott Vater, Sohn und Hl. Geist als «stock brunnen, die eine grobe vnbekante vnwissentliche wasserlose sele wise witzig vnd vern´unftig machen» erscheinen. Die Form der Predigt orientiert sich an der Drei- bzw. der Siebenzahl; so ist die Grobstruktur in sieben Teile (wobei das siebente Membrum fehlt) gegliedert, die Feingliederung ist jeweils drei- oder siebenteilig angelegt. Eingef¨ugt sind die pseudoe bernhardinischen xv staffelen rehter demutikeit und eine Auslegung der Sequenz → Veni sancte Spiritus. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 166, 46r–57v (els¨assisch). – Ebd., Mgq 206, 418r–437v (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). Einen Sendbrief an die Schwestern von Sch¨onensteinbach u¨ ber den Tod des Johannes → Mulberg u¨ berliefert die Handschrift N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 20, 169r–179v (Pap., nach 1444, n¨urnbergisch, teilweise mit alemannischen bzw. mitteldt. Ankl¨angen). ¨ Unsicher ist, ob S. auch als Ubersetzer einer Vita der → Margareta von Ungarn gelten darf. ¨ Uberlieferung: Berlin, Kupferstichkabinett, Cod. 78 A 14, 112ra–120va (aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina, Augsburg). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 281, 1ra–39vb. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 8 (1992) Sp. 706–709. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibliotheksgesch. Diss. (masch.) T¨ubingen 1956, S. 228 f. – Andreas R¨uther/H.J. Schiewer: Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. 980

Adolf von Essen Historischer Bestand, Geschichte, Vergleich. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Univ. Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/H.-J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–193. – Monika Costard: Zwischen Mystik und Moraldidaxe. Dt. Predigten des Fraterherren Johannes Veghe und des Dominikaners K. S. in Frauenkl¨ostern des 15. Jh. In: Ons Geestelijk Erf 69 (1995) S. 235–259. SF Bruder Wolfhart OFM. – 1. H¨alfte 15. Jh. Von einem Bruder W. stammen zahlreiche Randglossen (Kommentare, Zitate und Parallelstellen) zu dt. Predigten in einer theologischen Sammelhandschrift in Bru¨ ssel. W.s Bemerkungen gr¨unden vor allem im kanonischen Recht, in der Bibel sowie in unterschiedlichen theologischen und naturwissenschaftlichen Schriften auch antiker Autoren. Dieser W. k¨onnte mit einem gleichnamigen indes urkundlich nicht nachweisbaren Minoriten zu identifizieren sein, der durch Legaten des Basler Konzils zum Widerruf einer beleidigenden ¨ Außerung veranlasst wurde. Diese war im Kontext einer Predigt gefallen, die Kreuzwein (in den man einen Partikel des Kreuzes Christi getaucht hat) als Mittel gegen Fieber zur¨uckweist. Nur der Widerruf ist handschriftlich erhalten. ¨ Uberlieferung: Glossen: Br¨ussel, Kgl. Bibl., ms. 11083–84 (Kat.-Nr. 2042), 183 Bll. (Pap., Anfang. 15. Jh., schw¨abisch, Kommentare und Randglossen: bair.-¨osterr.). – Sammelhs. u. a. mit Predigten → Bertholds von Regensburg und Bruder → Thomas’. Auf Bl. 173vb nennt sich Wolfhart: «pruder wolfhart minner pr¨uder Orden Corrigier dicz P¨uchs». – Widerruf: Vorau, Stiftsbibl., Cod. 361 (vormals CCXCIV), 148v–149r (Pap., 15. Jh.). – Seitenstetten, Stiftsbibl., Cod. 221, Bl. 192–204 (Pap., 1415, bair.; geschrieben unter eine Eucharistiepredigt des Johannes → Geuß, der im Auftrag des Domprobstes Wilhelm Tuers v. Asparn zum Kreuzwein Stellung nahm). Ausgaben: Glossen: Franz Pfeiffer: Berthold v. Regensburg. Vollst. Ausg. seiner Predigten. Wien 1862–80. Neudr. Berlin 1965 (Dt. Neudr. Reihe Texte des MA). Mit Einl. und Anmerkungen v. F. Pfeiffer und Joseph Strobl. Mit einem Vorwort, Bibliogr. und einem u¨ berlieferungsgeschichtl. Beitr. v. Kurt Ruh (im Apparat). – Widerruf: Franz 1909 (s. Lit.) S. 471, Anm. 1. – Richter 1969 (s. Lit.) S. 15 (Teilabdrucke). – Codicum Manuscriptorum 981

1. H¨alfte 15. Jh. Bibliothecae Seitenstettensis Tomus II. Seitenstetten o. J. (um 1800) S. 49 f. (hsl., umfangreicher Auszug). Literatur: Monika Costard, VL2 10 (1999) Sp. 1363 f. – Rudolf Kink: Gesch. der kaiserlichen Univ. zu Wien. Bd. 1,1. Wien 1854, S. 168. – Adolf Franz: Die kirchlichen Benediktionen im MA. Bd. 2. Freiburg/Br. 1909 (Nachdr. Graz 1960) ¨ S. 470–473. – Dieter Richter: Die dt. Uberl. der Predigten Bertholds v. Regensburg. Unters. zur geistlichen Lit. des Sp¨atMA (MTU 21). Mu¨ nchen 1969, S. 10–16 (Nr. 2). VZ Walram von Siegburg OFM. – Theologe der ersten H¨alfte des 15. Jh. W. ist 1435–43 an der Universit¨at K¨oln als Professor der Theologie belegt; 1435–39 war er Dekan der theologischen Fakult¨at. Von ihm u¨ berliefert die Handschrift K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, GB f° 175, 1r–32v (1430–35), als Autograph eine Sammlung der f¨ur die Promotion zum Dr. theol. geforderten «Redeakte» (Responsionen bei Disputationen, Kollationen, Einleitungen zu den Vorlesungen u¨ ber die Sentenzen des → Petrus Lombardus) sowie Namen und Aufgaben der am Promotionsverfahren beteiligten K¨olner Theologen und Mitstudenten, darunter → Heinrich von Werl. Die Sammlung gew¨ahrt Einblick in die Struktur des Theologiestudiums der Zeit sowie die f¨ur die Promotion erforderlichen Leistungen und ist somit eine ausgezeichnete Quelle f¨ur die sp¨atma. dt. Universit¨atsgeschichte. Ausgabe: Clasen 1952 (s. Lit.) S. 323–396. Literatur: Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 625 f. – Die Matrikel der Univ. K¨oln. Bd. 1. Bearb. v. Hermann Keussen, 2., verm. und erw. Aufl. K¨oln 1928. – Sophronius Clasen: W. v. S. OFM und seine Doktorpromotionen an der K¨olner Universit¨at (1430–1435). In: Archivum Franciscanum Historicum 44 (1951) S. 257–317, 45 (1952) S. 72–126, 323–396. – Joachim Vennebusch: Die theologischen Hss. des Stadtarch. K¨oln. Bd. 1 (Mitt. aus dem Stadtarch. v. K¨oln, Sonderreihe H. 1/Tl. 1). K¨oln u. a. 1976, S. 151–158. SF Adolf von Essen (Adolphus de Assindia, de Essendia) OCart, * um 1372 im Herrschaftsgebiet des f¨urstlichen Damenstiftes Essen/Ruhr, † 4.6.1439 Kartause St. Alban/Trier. Der aus einer adligen Familie («von Altendorf») stammende A. studierte wahrscheinlich in K¨oln, 982

1. H¨alfte 15. Jh. erwarb gr¨undliche theologische und kanonistische Kenntnisse und trat um 1398 in die Trierer Kartause St. Alban ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte er zumindest den akademischen Titel eines Baccalaureus in artibus. 1409 wurde A. Prior der Kartause St. Alban. Im selben Jahr nahm er → Dominikus von Preußen als Novizen auf. 1415 wurde A. erster Rektor der von dem lothringischen Herzog Karl II. und seiner Gemahlin Margarete von Bayern gegr¨undeten Kartause Marienfloß/Mosel bei Sierck-les-Bains. 1421 nach Trier zur¨uckgekehrt, war er Vikar in St. Alban und unterst¨utzte den mit der Visitation der westdt. Kl¨oster beauftragten Abt von St. Matthias, Johannes → Rode, in seiner Reformarbeit. A. machte sich um die Vertiefung der Volksfr¨ommigkeit verdient und sorgte daf¨ur, dass die f¨unfzig Clausulae des Dominikus nicht nur bei den Kart¨ausern, sondern auch in den Kl¨ostern anderer Orden Verbreitung fanden. 1434–37 musste er sich nach Meinungsverschiedenheiten mit seinem Prior in der L¨utticher Kartause aufhalten. A. starb an der Pest. 1. Von den Schriften A.s konnte bisher keine im Originalmanuskript aufgefunden werden. Als einziges Werk ist die Vita Margarethae, Ducissae Lotharingiae (erster Teil kurz nach 1421, zweiter Teil um 1434 verfasst) in einer nach dem Originalmanuskript erfolgten Abschrift erhalten (in den Farragines der Br¨uder Johannes und Aegidius Gelenius). F¨ur das Rosenkranzgebet werbend, stellt A. den Priestern und Ordensleuten einen Laien, die F¨urstin Margarete, als Vorbild hin. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., t. XIV, S. 389–423. Ausgabe: Klinkhammer, S. 117–130. Nach Klinkhammer (anders Scherschel) z¨ahlen zu den Schriften A.s zudem: 2. In der Vita Margarethae ist von einem «rosarium [...] cum meditationibus [...] de vita Salvationis» die Rede. Nach Klinkhammer soll A. um 1400 f¨ur die lothringische Herzogin eine Anleitung zum Rosenkranzbeten, Unser Jungfrauwen Mariae Rosengertlin verfasst haben. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., GB 2° 47, 69r–83r, um 1460 von einem Halberst¨adter Studenten f¨ur den K¨olner B¨urger Hans Menger abgeschrieben. – Mainz, StB, Hs I 322, 83v–112r, Abschrift der Mainzer Kartause. – N¨urnberg, StB, Cent. VI 58, 293v–312v. Ausgabe: Klinkhammer, S. 131–161 (nach Mainzer Hs.). 983

Adolf von Essen 3. Zusammen mit dem Rosengertlin soll um 1400 ein dt. Leben Jesu entstanden sein, erhalten in einer Abschrift eines Essener Beginenhofes (Essen, Domschatzkammer [fr¨uher: M¨unsterschatzkammer, Mu¨ nsterarchiv], Hs. 3, 140r–223v). Fraglich ist, ob eine Handschrift der Trierer Kartause ¨ aus dem Anfang des 15. Jh. eine lat. Ubersetzung dieser Schrift ist (Trier, StB, Hs. 782/1367). Nach Scherschel k¨onnte es sich um eine Kurzfassung der Vita Jesu Christi → Ludolfs von Sachsen handeln. 4. Die Zwanzig-Exempel-Schrift (zwischen 1420 und 1430 entstanden), von Dominikus von Preußen nach A.s Tod vorwiegend aus dessen hinterlassenen Papieren zusammengestellt, ist eine Einf¨uhrung in das rechte Verst¨andnis des Rosenkranzgebets. Nach Scherschel ist Dominikus von Preußen Verfasser des 5., 14. und 19. Exempels. Im letzteren wird auf den Liber spiritualis gratiae der → Mechthild von Hackeborn Bezug genommen. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., GB 2° 47, r 50 –59v. Ausgabe: Klinkhammer, S. 172–191. 5. Die Br¨uder Gelenius erw¨ahnen in ihrer Abschrift der Vita Margarethae einen unmittelbar vor dieser Vita im Codex der K¨olner Kartause enthaltenen umfangreichen (‹mehr als 30 große Folien›) Bericht u¨ ber die Gebets¨ubungen und Begnadigungen eines Benediktiners, vermutlich aus Gorze. Diese f¨unfmal gr¨oßere Schrift als die Vita Margarethae ist bisher nicht identifiziert. 6. Als eine lat. Kurzfassung des Rosengertlin wird De Commendatione Rosarii gesehen, kurz nach dem Tod der Herzogin Margarete 1434 verfasst. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 622/1554 4°, 301r–305r (um 1455 aus der Bendiktinerabtei St. Maria ad Martyres, Trier). Ausgabe: Klinkhammer, S. 162–171. 7. Aus A.s pers¨onlichem Beten soll um 1434 das Rosarium Patris Adolphi entstanden sein. ¨ Uberlieferung: Lat.: Mainz, StB, Hs I 300, 37r–48v. – K¨oln, Hist. Arch., W 119, 119v–121v. Ausgabe: Klinkhammer, S. 205–220 (lat.), 241–246 (dt.). 8. Dem Rosengertlin f¨ugte nach A.s Tod ein Herausgeber einige Ansprachen (Gliederungen) aus dessen Nachlass bei. Einige dieser Ansprachen soll A. 1415–20 am lothringischen Hof, andere vermutlich in seinen beiden Lebensjahren 1438/39 in der Trierer Kartause gehalten haben. Literatur: Stanislas Autore: Adolphe d’Essen. In: DHGE 1 (1912) Sp. 582. – M. Ilge: Adol984

Heinrich von Dissen phe d’Essen. In: Dict. Spir. 1 (1937) 209 f. – Hermann Ries, NDB 1 (1953) S. 86 f. – Karl Joseph Klinkhammer, VL2 1 (1978) Sp. 66–68; 11 (2004) Sp. 21. – Ders., MarLex 1 (1988) S. 34–39. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 38 f. – Andreas Heinz: Rosenkranz II. Im Christentum. In: TRE 29 (1998) S. 403–407, hier S. 405. – Modestus Leydecker: Historia antiquae et novae Cartusiae sancti Albani prope et supra Treviros, conscripta anno 1765 (drei Exemplare: Trier, StB, Cod. 1665/354 und Cod. 1666/353, Metz, StB, Ms 1222; Kurzbiographie des 12. Priors, ‹Adolphus de Assindia›, gedruckt in Klinkhammer, s. u., S. 404–411). – Jean-Marie Curicque: Essai historique sur la vie de la bienheureuse princesse Marguerite de Bavi`ere. Metz 1859. – Ders.: Notice historique sur la bienheureuse princesse Palatine Marguerite de Bavi`ere. Metz 1864. – Dionys-Maria Tappert: Der heilige Bruno, Stifter des Karth¨auserOrdens, in seinem Leben und Wirken. Luxemburg 1872, S. 478–485. – Thomas Esser: Beitr. zur Gesch. des Rosenkranzes. Die ersten Spuren v. Betrachtungen beim Rosenkranz. In: Der Katholik 77/II (1897) S. 346–360, 409–422, 515–528. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 516 f. – Jakob Hubert Sch¨utz: Die Gesch. des Rosenkranzes unter Ber¨ucksichtigung der Rosenkranz-Geheimnisse und der Marien-Litaneien. Paderborn 1909. – Johannes Hau: Der Rosenkranz in Vergangenheit und Jetztzeit. Trier 1938. – Franz Michel Willam: Die Gesch. und Gebetsschule des Rosenkranzes. Wien 1948. – D. A. Stracke: Mariagebeden door Franco, abt van Afflughem. In: Ons Geestelijk Erf 25 (1951) S. 176–189. – Yves Gourdel: Le culte de la Tr`es Sainte Vierge dans l’Ordre des Chartreux. ´ In: Maria. Etudes sur la Sainte Vierge. Hg. v. Hubert Du Manoir. Bd. 2. Paris 1952, S. 625–678. – Petrus Becker: Das monastische Reformprogramm des Johannes Rode, Abtes v. St. Matthias in Trier (Beitr. zur Gesch. des alten M¨onchtums und des Benediktinerordens 30). Mu¨ nster 1970. – K. J. Klinkhammer: A. v. E. und seine Werke. Der Rosenkranz in der geschichtlichen Situation seiner Entstehung und in seinem bleibendem Anliegen. Eine Quellenforschung (Frankfurter Theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972 (vgl. dazu Petrus Becker: Adolf von Essen und die benediktinische Reform im 15. Jh. In: Revue b´en´edictine 985

1. H¨alfte 15. Jh. 84, 1974, S. 409–412). – Rainer Scherschel: Der Rosenkranz – das Jesusgebet des Westens (Freiburger Theologische Stud. 116). Freiburg i. Br. 1979. 2 1982. – K. J. Klinkhammer: Die Kartause und die Entstehung des Rosenkranzes. In: Cistercienser Chron. 87 (1980) S. 35–40. – El Santo Rosario en la Cartuja (Analecta Cartusiana 103). Salzburg 1983. – K. J. Klinkhammer: ‹Unser Frauwen Marien Rosengertlin›. Die erste Rosenkranzschr. In: Historia et spiritualitas Cartusiensis. Colloquii quarti internationalis acta. Hg. v. Jan De Grauwe. Destelbergen 1983, S. 269–281. – Ders.: Die ganzheitliche Spiritualit¨at der Schr. des Kart¨ausers A. v. E. ‹Unser Frauwen Marien Rosengertlin›. In: Christsein und marianische Spiritualit¨at. Hg. v. Heinrich Petri (Mariologische Stud. 6). Regensburg 1984, S. 145–175. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 202. – Heinz Finger: Der Rosenkranz und seine Gesch. In: Ders. u. a.: Der heilige Rosenkranz. Eine Ausstellung der Di¨ozesanund Dombibl. K¨oln [...]. K¨oln 2003, S. 13–44, hier S. 22 f. – A. Heinz: Der Rosenkranz vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgesch. In: Edelsteine, Himmelsschn¨ure. Rosenkr¨anze & Gebetsketten. Hg. v. Peter Keller/Johannes Neuhardt. (Kat. zur [...] Sonderschau des Dommuseums zu Salzburg 33; Kat. des Bestandes der Edith-Haberland-WagnerStiftung im Dommuseum zu Salzburg 1). Salzburg 2008, S. 21–32, hier S. 28–30. BJ Heinrich von Dissen (Heinricus de Dissen, de Osnabrugis) OCart, * 1415 Osnabr¨uck, † 1484 K¨oln. – Theologischer Schriftsteller. H. studierte an der Artistenfakult¨at in K¨oln und beschloss sein Studium 1435 als Baccalaureus in decretis (Bakkalar des Kirchenrechts). Am 15.6 .1437 legte er die Profess in der K¨olner Kartause St. Barbara ab. Er war zun¨achst Sakristan, sp¨ater Propr¨afekt (Vicarius). H. schrieb f¨ur die Bibliothek seines Klosters zahlreiche Codices mit Texten der Kirchenv¨ater und anderen Werke, verfasste jedoch auch selbst lat. Predigten, exegetische, liturgische und asketische Traktate. Eine Unterscheidung zwischen eigenst¨andigen Schriften, Kompilationen und Abschriften zu treffen, ist bei ihm oft nicht einfach. Von H. sind auch einige Werke in dt. Sprache u¨ berliefert; so stammt von ihm eine dt. VaterunserAuslegung. 986

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, UB/LB, Hs. 1200, 108r–115v. Ihm zuzurechnen ist auch eine dt. Genealogie Christi in Darmstadt, UB/LB, Hs. 770, 146r–150r. Er u¨ bersetzte zudem mehrere biblische und patristische Texte f¨ur K¨olner Klosterfrauen, darunter eine Auswahl aus den Proverbien und ein Corpus von Schriften des Ambrosius in dt. Sprache: De virginibus, De virginitate, De institutione virginis, De viduis, Exhortatio virginitatis. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1236, 1v–112v (Pap., 1474, nd.). Literatur: Hermann Knaus, NDB 3 (1957) S. 743 f. – Heinrich R¨uthing, VL2 3 (1981) Sp. 712–717. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 674. – De Boor/Newald (21994) S. 315. – Joachim Vennebusch, MarLex 3 (1991) S. 123. – Theodorus Petreius: Bibliotheca Cartusiana sive illustrium sacri Cartusiensis ordinis scriptorum catalogus. K¨oln 1609, S. 127. – Josephus Hartzheim: Bibliotheca Coloniensis. K¨oln 1747, S. 116. – Erich Zimmermann: Heinrich Dissens Auszug aus den Proverbien. In: Alttestamentliche Texte zur Bibelverdeutschung des MA. Hg. v. Hans Vollmer (Bibel und dt. Kultur 7). Potsdam 1937, S. 195 f. – Richard Bruce Marks: The Medieval Manuscript Library of the Charterhouse of St. Barbara in Cologne (Analecta Cartusiana 21/22). Salzburg 1974. – J. Vennebusch: Die theologischen Hss. des Stadtarch. K¨oln. Tl. 4: Hss. der Slg. Wallraf. K¨oln 1986, S. 19 f., 23–29, 123 f., 206. SF Heinrich von Werl OFM, * um 1400 Werl/Westfalen, † 10.4.1463 Osnabr¨uck. – Franziskanertheologe des 15. Jh.; Verfasser zahlreicher theologischphilosophischer Schriften. H. wurde 1430 als Student der Theologie an der K¨olner Universit¨at immatrikuliert, nachdem er zu Osnabr¨uck in den Franziskanerorden eingetreten war. 1434 oder 1435 erfolgte seine Promotion, anschließend u¨ bte er bis 1461 eine Lehrt¨atigkeit an der K¨olner Universit¨at aus. 1432–62 ist er als Leiter der K¨olner Franziskaner-Provinz bezeugt. In dieser Position sah er den Orden durch die sich ausbreitende Observanzbewegung gef¨ahrdet und stellte sich gegen diese. Zuletzt lebte H. in seinem Heimatkloster Osnabr¨uck. In seinen philosophisch-theologischen Schriften zeigt sich H. beinflusst von Johannes Duns Scotus und Franziskus Mayronis. Nachgewiesene Werke 987

Heinrich von Werl H.s in lat. Sprache sind: Teile eines Sentenzenkommentars, darunter ein Traktat u¨ ber die unbefleckte Empf¨angnis der Gottesmutter; zahlreiche kirchenpolitische Schriften, in denen er Stellung gegen das schismatische Konzil von Basel und den K¨olner Erzbischof Dietrich von Mors nimmt; ein Traktat De formalitatibus. Von ihm d¨urfte auch eine dt. Predigt u¨ ber Christi Leiden stammen, die bislang allerdings nicht identifiziert werden konnte. Ausgaben: Sophronius Clasen (Hg.): Henrici de Werla OFM. Tractatus de formalitatibus. In: Franciscan Studies Ser. NS, Bd. 14 (1954) S. 310–322. – Ders. (Hg.): Henrici de Werla OFM. Opera omnia. Bd. 1. St. Bonaventure (New York) u. a. 1955. Literatur: S. Clasen, NDB 8 (1969) S. 430. – Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 919–923; 11 (2004) Sp. 638. – Schulthess/Imbach (1996) S. 463. – S. Clasen: H. v. W. O. Min., ein dt. Skotist. Beitr. zu seinem Leben und seinen Schr. In: Wiss. und Weisheit 10 (1943) S. 61–72. – Ders.: Walram v. Siegburg und seine Dr.-Promotion an der K¨olner Univ. In: Archivum Fransciscanum Historicum 45 (1952) S. 114–126. – Dieter Jansen: Der K¨olner Provinzial des Minoritenordens H. v. W., der WerlAltar und Robert Campin. In: Wallraf-Richartz-Jb. 45 (1984) S. 7–40. SF Meyer, Adam (Adamus Villicus) OSB, * um 1410 Exweiler bei St. Wendel, † 17.2.1499 K¨oln. – Benediktinerabt und Klosterreformer. Um 1430 erfolgte der Eintritt in die Benediktinerabtei St. Matthias in Trier. Seit 1454 war M. Abt des Klosters Groß St. Martin in K¨oln; im folgenden Jahr schloss er es der «Bursfelder Kongregation», einem Zusammenschluss reformwilliger Benediktinerabteien, an. Als eine der bedeutendsten Pers¨onlichkeiten dieser Bewegung gestaltete er St. Martin zu einem Modellkloster nach den Vorstellungen der Bursfelder Kongregation um. M. wirkte als Visitator und Klosterreformer in der Erzdi¨ozese K¨oln bis Friesland und Holland, 1474–78 auch als Administrator der Kl¨oster Werden und Helmstedt. Die Zuschreibung vieler Schriften an M. ist unsicher und umstritten; als ziemlich gesichert gelten nur der Tractatus asceticus de septem gradibus spiritualis ascensionis in Deum (Novizenlehre, Einf¨uhrung in Moral, Aszese und Mystik) sowie verschiedene lat. und vier volkssprachliche erbauliche Predigten, die alle der scholastischen Predigtpraxis folgen. M. hielt 988

Johannes von Indersdorf die dt. Predigten im K¨olner Benediktinerkloster St. Mauritius. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Cod. NR 5000, 28r–34v, 185r–192r, 238r–240r, 248v–251r. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) 470–473; 11 (2004) Sp. 1002. – Heinrich R¨uthing, LexMA 6 (1993) Sp. 592. – Joachim Vennebusch, NDB 17 (1994) S. 324. – DBE2 1 (2005) S. 36. – Ursmer Berli`ere: A. M. (Villicus). In: Revue liturgique et monastique 15 (1929) S. 20–37. – Peter Opladen: Groß St. Martin (Stud. zur K¨olner Kirchengesch. 2). D¨usseldorf 1954, S. 47–56, 177 f. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361. – Richard Bruce Marks: A Cologne Benedictine Scriptorium [...]. In: Mlat. Jb. 15 (1980) S. 162–171. – Bernhard Neidiger: Erzbisch¨ofe, Landesherren und Reformkongregationen. In: Rhein.Vjbl. 54 (1990) S. 19–77. – Eef Overgaauw: Die ma. Hss. der UB/LB. Wiesbaden 1996, S. 203–215. SF Balther von S¨ackingen. – Verfasser einer lat. Vita des hl. Fridolin (10. Jh.), die seit dem 15. Jh. dt. Bearbeitungen erfuhr. Der vielleicht mit Bischof Balderich von Speyer († 986) identische B. bezeichnete sich selbst als H¨origer und M¨onch des Klosters S¨ackingen. Um 960/970 betrieb er Studien in St. Gallen, die er jedoch wegen seiner Mittellosigkeit abbrechen musste. Er unternahm Wanderungen durch Frankreich und kehrte nach vier Jahren nach S¨ackingen zur¨uck, woraufhin er behauptete, in Helera an der Mosel die Vita Fridolini gelesen und auswendig gelernt zu haben, die er sp¨ater niederschrieb. Die Vita versucht einerseits, Eigentumsrechte f¨ur das Kloster S¨ackingen nachzuweisen, andererseits enth¨alt sie zahlreiche Legendenmotive und liefert eine Beschreibung der Tugendhaftigkeit und der Wunder des Heiligen. Dessen Festtag ist der 6. M¨arz; er wird oft mit dem Skelett des Urso abgebildet, den er zum Leben erweckt haben soll. Eine von Johann Gerster geschriebene Handschrift (St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 598 [1432]) ¨ enth¨alt eine alemannische Ubersetzung der Vita, ¨ eine Bearbeitung dieser Ubersetzung erscheint um 1480 in einem mit Holzschnitten ausgestatteten Basler Druck (vgl. Mone [s. Lit.] S. 99–111). Eine ¨ weitere dt. Ubersetzung u¨ berliefert der Codex 240 der Stiftsbibliothek Engelberg. Ausz¨uge und Teile 989

1. H¨alfte 15. Jh. der Vita erscheinen ferner in Der → Heiligen Le¨ ben und im Uberlieferungskontext der Els¨assischen Legenda aurea. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, Generallandesarch., Hs. 65/429, 33r–45v (Ende 12. Jh.). – Basel, UB, ¨ Cod. E. II. 4 (15. Jh.). – Altester Textzeuge ist das Z¨urcher Fragment Hs. Staatsarch., AG. 19, Fragm. 17 aus dem fr¨uhen 12. Jh.; Erstdruck Basel, um 1483/85 (GW 3225). Vgl. Koch (s. Lit.) S. 129 f. Ausgaben: Acta Sanctorum Hiberniae I. L¨owen 1645, S. 481–488. – Mone (s. Lit.) S. 4–17. – MGH SS rer. merov. 3 (1896) S. 350–369. – Koch (s. Lit.) S. 28–31. Literatur: Friedrich Wilhelm Bautz: Fridolin. In: BBKL 2 (1990) Sp. 125 f. – Franz Josef Worstbrock, VL2 1 (1978) Sp. 590–592; 11 (2004) Sp. 208. – Franz Josef Mone: Quellenslg. der badischen Landesgesch. Bd. 1. Karlsruhe 1842. – Friedrich Wilhelm: Antike und MA. In: PBB (Halle) 33 (1908) S. 287–339. – Margrit Koch: St. Fridolin und sein Biograph B. v. S. Diss. Z¨urich 1959. – Fridolin Jehle: Gesch. der Stadt S¨ackingen [...] S¨ackin¨ gen 1969. – Konrad Kunze: Uberl. und Bestand der els¨aßischen Legenda aurea. Ein Beitr. zur deutschsprachigen Hagiographie des 14. und 15. Jh. In: ZfdA 99 (1970) S. 265–309. – Berthe Widmer: Die Vita des hl. Fridolin. In: Jb. des Hist. Ver. des Kantons Glarus 65 (1974) S. 100–191. – Werner Williams-Krapp: Stud. zu ‹Der Heiligen Leben›. In: Ebd. 105 (1976) S. 274–303. – Walter Berschin: Sanktgallische Offiziendichtung aus ottonischer Zeit. In: Lat. Dichtungen des 10. und 11. Jh. FS Walther Bulst. Hg. v. W. Berschin. Heidelberg 1981, S. 13–48. – Johannes Duft/W. Berschin: B. v. S. Sigmaringen 1994. – Mechthild P¨ornbacher: Vita Sancti Fridolini. Leben und Wunder des heiligen Fridolin v. S¨ackingen. Beschrieben v. B. v. S., Bischof v. Speyer. In: Francia 25/1 (1998), S. 330–332. – Dies.: St. Fridolin v. S¨ackingen. Glaubensbote am Hochrhein. Lindenberg 2001. SF Johannes von Indersdorf (Johannes Rothuet, f¨alschlich auch «Brunner» oder «Prunner»), * 1382, † 9.11.1470 Indersdorf/Oberbayern. – Verfasste zahlreiche geistliche, vor allem die Klosterreform betreffende Schriften sowie Gebets- und Andachtsb¨ucher. J. v. I., ein bedeutender Vertreter der bayerischen Klosterreform des 15. Jh., ist zuerst als Schulmeister in Indersdorf bezeugt. 1413 erfolgte der Eintritt 990

1. H¨alfte 15. Jh. in das Augustinerchorherrenstift Indersdorf, wo er noch im selben Jahr Dekan wurde und 1417 gemeinsam mit seinem Halbbruder Erhard Brunner (Propst 1412–42) die Reformstatuten von Raudnitz einf¨uhrte. Mindestens 25 weitere Kl¨oster und Stifte reformierte er auf der Grundlage der «causa reformationis» des Konstanzer Konzils (1414–18). Durch das Basler Konzil 1441 und durch die Salzburger Provinzialsynode 1451 unter → Nikolaus von Kues ist er als Reformer best¨atigt. Nach der Ermordung der Agnes Bernauer machte J. Rothuet als Beichtvater Herzog Albrechts III. seinen Einfluss auf diesen geltend, um ihn von einem Krieg gegen seinen Vater Herzog Ernst von Bayern-M¨unchen abzuhalten; die Vers¨ohnung erfolgte 1436, Albrecht heiratete Anna von Braunschweig und wurde Mitregent. 1442 wurde J. v. I. zum Propst von Indersdorf gew¨ahlt. Vor 1442 wirkte J. als Kompilator der lat. Passionsbetrachtungen In memoria dominice passionis latus thesaurus quem tu frater sic devote cogita. Sie enthalten eine Fassung der Sieben Tagzeiten vom Leiden des Herrn (→ Tagzeitengedichte), die «utilitates memorie dominice passionis» und die «auctoritates de ¨ domini passionis». Die dt. Ubertragungen betonen besonders die «utilitates» als XV Nutzen vom Leiden Christi. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 7660, 38v–41r (lat.). Vgl. dazu Haage 1968 (s. Ausg.) S. 35, 536. F¨ur Elisabeth von Ebran verfasste er als Beichtvater 1426 und 1429 zwei Gebetb¨ucher. ¨ Uberlieferung: I: Verzeichnet bei Haage 1968 (s. Ausg.) S. 533 f. – Ferner: Budapest, Ungarische Nationalbibl., Cod. germ. 21, 18r–22r. – II: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 29, LXXr–LXXVr. – Ebd., Cgm 357, 316v–330r. Mit der Tobiaslehre, den F¨urstenlehren und den Tischreden nahm J. religi¨osen Einfluss auf Albrecht III. 1437 entstanden die F¨urstenlehren mit Tobiaslehre mit Exempeln alttestamentarischer Ko¨ nige. ¨ Uberlieferung: Verzeichnet bei Haage 1968 (s. Ausg.) S. 535 f. – Ferner: M¨unchen, BSB, Cgm 487, 30v–36v, 81v–87v. Ausgaben: Gehr (s. Lit.) S. 40 ff. – Eis (s. Lit.) S. 198–209. Geistliche Mahnungen f¨ur das Herzogspaar umfassen die Tischlesungen (1438). ¨ Uberlieferung: Verzeichnet bei Haage 1968 (s. Ausg.) S. 537. Ausgabe: Westenrieder (s. Lit.) S. 53–75. 991

Johannes von Indersdorf Als Hauptwerk des J. gilt der Traktat Von dreierlei Wesen der Menschen (1440), der fr¨uher f¨alschlich → Geiler von Kaisersberg oder → Gallus von K¨onigssaal zugeschrieben wurde. Darin vollzieht der Verfasser anhand der Beispiele des Lazarus, der Martha und der Maria Magdalena den mystischen Dreischritt der «via purgativa», «illuminativa» und «unitiva» nach. Das handschriftlich weit verbreitete Werk wurde 1510 in Augsburg und 1511 bzw. 1516 in Straßburg gedruckt. ¨ Uberlieferung: Verzeichnet bei Haage 1968 (s. Ausg.) S. 216–223. – Ders. 1971 und 1976. – Ferner: Fara (in) Sabina, Bibl. Statale del Monumento Nazionale di Farfa, Cod. AF 308, 1r–130r. Ausgabe: Haage 1968 (s. Ausg.) S. 216–528. Die Handschrift M¨unchen, BSB, Clm 7596 u¨ berliefert auf Bl. 106r–117r einen Entwurf (1440) des Werks. Ausgabe: Bernhard Haage: Ein Vorausentwurf des ma. Traktats ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. In: Leuvense Bijdragen 58 (1969) S. 138–168. F¨ur folgende Schriften kommt J. als Verfasser in Frage: eine Spruchsammlung u¨ ber den Gehorsam ¨ die S¨unde des der Ordensleute mit KurztraktatUber → Privatbesitzes im Ordensleben. ¨ Uberlieferung: Verzeichnet bei Haage 1976 (s. Lit.) S. 122 f. → Absage an die falsche Welt. Gebete f¨ur Herzog Wilhelm III. (1431/32). ¨ Uberlieferung: Verzecichnet bei Haage 1968 (s. Ausg.) S. 534 f. Ausgabe: Bernhard Haage: Der Traktat ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. Diss. Heidelberg 1968. Literatur: B. Haage, NDB 10 (1974) S. 554 f. – Ders., VL2 4 (1983) Sp. 647–651. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 329. – Lorenz Westenrieder: Geistliche Betrachtungen, welche dem e Herzog Albert III. uber Tisch vorgelesen worden sind. In: Beytr¨age zur vaterl¨andischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirtschaft 5 (1794) S. 53–75. – Eugen Gehr: Die F¨urstenlehren des J. v. I. f¨ur Herzog Albrecht III. v. BayernMu¨ nchen (1436–1460) und seine Gemahlin Anna. Diss. Freiburg i. Br. 1926. – Romuald Bauerreiss: Kirchengesch. Bayerns. Bd. 5. St. Ottilien 1955, S. 46–48. – Gerhard Eis: Die ‹Tobiaslehre› des J. v. I. In: Neophilologus 47 (1963) S. 198–209. – Haage (s. Ausg.) 1968. – Ders.: J. v. I. in der 992

Birgittinerregel zeitgen¨ossischen Chron. seines Klosters. In: Leuvense Bijdragen 58 (1969) S. 169–174. – Ders.: Ein neues Textzeugnis zum sp¨atma. Traktat ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. In: ZfdA 100 (1971) S. 227–230. – Ders.: Der Traktat ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. Nachtr. und Anm. In: Euphorion 68 (1974) S. 101–104. – Ders.: Zur Textgesch. des Traktats ‹Von dreierlei Wesen der Menschen›. Hs. Salzburg, St. Peter, Cod. b III 11. In: ZfdA 105 (1976) S. 122–125. – Gerd Brinkhus: Eine bayerische F¨urstenspiegelkompilation des 15. Jh. (MTU 66). Mu¨ nchen 1978, bes. S. 44–70. – Brigitte Weiske: Bilder und Gebete vom Leben und Leiden Christi. Zu einem Zyklus im Gebetbuch des J. v. I. f¨ur Frau Elisabeth Ebran. In: Die Passion Christi in Lit. und Kunst des Sp¨atMA. Hg. v. Walter Haug und Burghart Wachinger. T¨ubingen 1993, S. 113–168. – Josef Berghammer: Johannes Rothut. Propst des Lebensbilder aus zehn Jh. Ein Lesebuch zur Ausstellung im Bezirksmuseum Dachau. Hg. v. Ursula Katharina Nauderer. Dachau 1999, S. 53–56. SF Beringer, Heinrich (Heinrich Pl¨on[e], Henricus Borringer), † 1444. – Kart¨auserprior, Verfasser einer reformerischen Denkschrift. H.s Abstammung ist unbekannt, seine oft vermutete Herkunft aus dem holsteinischen Pl¨on oder dem polnischen Pl¨one (heute Plonia) ungekl¨art. Er lebte als Kart¨auser im Kloster Marienparadies in Carthaus (heute Kartuzy/Polen). 1421–29 ist er als Prior der Kartause Marienkron nachweisbar. Sp¨ater kehrte er nach Marienparadies zur¨uck, wo er 1434–44 Prior war. W¨ahrend seiner Zeit in Marienkron schrieb H. die sog. Ermahnung des Carth¨ausers, eine Denkschrift f¨ur den Hochmeister des Dt. Ordens, Paul von Rußdorf, der im Text auch direkt angesprochen wird. Vermutlich wurde ihm das Werk um 1427 uberreicht. Das Original ¨ des Textes ist allerdings verschollen, was eine Datierung erschwert. Zwar sind ein Entwurf und eine Endfassung der Ermahnung u¨ berliefert, aber nur in Drucken des 16. u. 17. Jh. Inhaltlich wendet sich H. u. a. gegen die pers¨onliche Bereicherung von Ordensbr¨udern und den Bruch der Zehn Gebote innerhalb des Ordens. Er fordert stattdessen eine bibeltreue Lebensf¨uhrung sowie die Einhaltung des geistlichen und weltlichen Rechts. H. begr¨undet seine Forderungen mit zahlr. Zitaten aus dem AT, was den Text auch stilistisch pr¨agt. Programmatisch steht 993

1. H¨alfte 15. Jh. H.s Schrift im Zusammenhang mit damaligen Reformbestrebungen im Deutschen Orden. Die von H. benannten Missst¨ande und Verbesserungsvorschl¨age verweisen auf Impulse aus dem Provinzialkonzil in Elbing, das 1427 stattfand. Auch ist ein Zusammenhang der Ermahnung mit der neuen Landesordnung des Dt. Ordens vom Dezember 1427 m¨oglich, etwa als deren publizistische Vorbereitung (vgl. Weise 1955). Ausgaben: Die Ermahnung des Carth¨ausers. In: Scriptores rerum Prussicarum 4. Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft. Hg. v. Theodor Hirsch u. a. Leipzig 1870, S. 449–465. Nachdr. Frankfurt/M. 1965. Drucke: Matth¨aus Waissel: Chronica alter Preusscher, Eifflendischer, vnd Curlendischer Historien, von dem Lande Preussen, vnd seiner Gelegenheit [...]. K¨onigsberg 1599, S. 162–169. Online-Ausg. Mu¨ nchen [o. J.]. – Christoph Hartknoch: Preußische Kirchen-Historia. Darinnen von Einf¨uhrung der christlichen Religion in diese Lande wie auch von der Conservation, Fortpflantzung Reformation und dem heutigen Zustande derselben ausf¨uhrlich gehandelt wird [...]. Frankfurt/M. 1686, S. 215–235. Literatur: Udo Arnold, VL2 1 (1978) Sp. 723 f. – Otto G¨unther: Eine Predigt vom preußischen Provinzialkonzil in Elbing 1427 und die ‹Ermahnung des Carth¨ausers›. In: Zs. des Westpreußischen Geschichtsver. 59 (1919) S. 69–111. – Edward Carstenn: H. B. In: Altpreußische Biographie 1. Hg. v. Christian Krollmann. K¨onigsberg 1941, S. 51 f. – Erich Weise: Das Widerstandsrecht im Ordenslande Preußen und das ma. Europa. G¨ottingen 1955, hier S. 117. – Piotr Olinski: Die ‹Ermahnung des Karth¨ausers› an die Deutschordensritter. In: Ma. Kultur und Lit. im Deutschordensstaat in Preußen. Leben und Nachleben. Hg. v. Jaroslaw Wenta. Tor´un 2008, S. 473–481. MM Birgittinerregel. – Dt. Fassungen seit der ersten H¨alfte des 15. Jh. Grundlage der B. ist der → Birgitta von Schweden geoffenbarte Text Regula sancti Salvatoris, mit dem B. eine gemeinsame Lebensform f¨ur Nonnen und Mo¨ nche des Salvator- bzw. Erl¨oserordens begr¨undete. Die zuerst in der Ich-Form gehaltenen Regeln wurden zur Erlangung der kirchlichen Genehmigung (1378) in eine neutrale Form umgesetzt und als Satzungen der → Augustinerregel bezeichnet 994

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ (sog. «approbierte Fassung»); sp¨atere Anderungen gaben dem Text wieder den Charakter einer Offenbarung (sog. «adoptierte Fassung»). Die Fr¨uh-Fassung ist im N¨urnberger Druck der Offenbarungen von 1502 uberliefert; die beiden ¨ anderen Fassungen wurden schon in der ersten H¨alfte des 15. Jh. in die dt. Sprache u¨ bersetzt, als ¨ fr¨uheste Ubertragungen gelten M¨unchen, UB, 4° cod. ms. 265 (1433; adaptierte Fassung) und ebd., Cgm 5612 (ca. 1440–1450; approbierte Fassung), ferner: Siegburg, Kreisarchiv, Altes Archiv, Akten 30, 11r–68v (Pap., um 1500/Anfang 16. Jh., nd.). Ausgabe: Ulrich Montag: Das Werk der hl. Bir¨ gitta v. Schweden in obd. Uberl. Texte und Unters. (MTU 18). Mu¨ nchen 1968, S. 213–243. Literatur: U. Montag, VL2 1 (1978) Sp. 869 f. – Hans Cnattingius: Studies in the Order of St. Bridget of Sweden. Bd. 1. Stockholm u. a. 1963, S. 9–25. – Tore Nyberg: Birgittinische Klostergr¨undungen des MA. Lund 1965, S. 1–69. – Montag 1968 (s. Ausg.) S. 17–19, 47–70, 124–150. – Ders.: The Reception of St Birgitta in Germany. In: The Translation of the Works of St Birgitta of Sweden into the Medieval European Vernaculars. Hg. v. Bridget Morris/Veronica O’Mara (The Medieval Translator 7). Turnhout 2000, S. 106–116. SF Peuntner, Thomas (Thoman der Pewntner, T. pharrer ze hoff, T. plebanus in castro, Taman Prediger zu sand Stephan zu Wyenn), * um 1390 Guntramsdorf bei M¨odling/Nieder¨osterreich, † 20.3.1439 Wien. – Prediger, Erbauungsschriftsteller. P., der vermutlich in Wien ein Theologiestudium absolvierte, war ein Sch¨uler des → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl, dessen Schriften teilweise Grundlage f¨ur P.s eigenes literarisches Schaffen bildeten. Seit 1426 ist er als Pfarrer und Prediger am herzoglichen Hof auf der Wiener Burg bezeugt. Er folgte Nikolaus von Dinkelsb¨uhl als Beichtvater Albrechts V. und seiner Gattin Elisabeth nach. 1436 wurde P. in das Kollegiatskapitel zu St. Stephan aufgenommen. Im folgenden Jahr predigte er im Wiener Augustiner-Chorfrauenstift «Zur Himmelspforte». P. geh¨ort der sog. «Wiener Schule» an, zu deren Vertretern an der theologischen Fakult¨at in Wien zun¨achst → Heinrich von Langenstein und sp¨ater besonders Nikolaus von Dinkelsb¨uhl z¨ahlen. Charakteristisch f¨ur die «Wiener Schule» ist der Versuch, eine Verbindung zwischen den Lehren der 995

Peuntner scholastischen Theologie und der praxisbezogenen Seelsorge zu erzeugen und diese Lehre an breite Schichten zu vermitteln. Die Werke P.s zeichnen sich besonders durch dessen zentrales Anliegen aus, nicht die rein a¨ ußerliche Fr¨ommigkeit und die aus Angst vor der H¨olle geborene Gottesfurcht zu sch¨uren, sondern die Liebe des Menschen zu Gott zu bef¨ordern. Als Hauptwerk P.s gilt das in drei Fassungen vorliegende sog. B¨uchlein von der Liebhabung Gottes, von dem rund 70 Handschriften, f¨unf Wiegendrucke und zahlreiche sp¨atere Auflagen (darunter nd.) bekannt sind und das sich an M¨onche, aber auch an Weltgeistliche, Adlige und B¨urger richtet. Die erste Fassung entstand wahrscheinlich 1428 und umfasst 18 Kapitel; am weitesten verbreitet war die zweite Fassung mit 22 Kapiteln, welche um 1453 oder wenig sp¨ater geschrieben wurde und in die Teile einer lat. Predigt P.s von 1432 eingegangen sind; die dritte Fassung (vielleicht nach 1439) ist mit der zweiten identisch, sie enth¨alt zus¨atzlich den Brief eines Kart¨ausers (→ Nikolaus Kempf?) an einen Ordensbruder Konrad und weist die Einleitung der ersten Fassung auf. Als Quelle dienten drei lat. Predigten des Nikolaus von Dinkelsb¨uhl De dilectione dei et proximi, aus denen P. zum Teil w¨ortlich u¨ bersetzte. ¨ Uberlieferung: Vgl. Schnell 1984 (s. Ausg.) S. 52–56. – Ferner: Salzburg, Nonnberg, Cod. 23 E 11, 19r–49r (aus Nonnberg, 1452). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1997, 1r–21r (aus Mainz, 1529). 1434 u¨ bersetzte P. eine auf dem lat. Sterbeb¨uchlein des Johannes → Gerson (1408) basierende «Ars moriendi» ins Dt.: Die Kunst von dem heilsamen Sterben. Die Schrift umfasst vier Teile, ist in mindestens drei Handschriften u¨ berliefert und nicht identisch mit dem Spiegel des kranken und sterbenden Menschen, den manche Handschriften und Drucke der Liebhabung Gottes beigef¨ugt haben. ¨ Uberlieferung: Vgl. Schnell 1984 (s. Ausg.) S. 16–51. P. zugeschrieben werden eine Reihe kleinerer Schriften in dt. Sprache, so eine Abhandlung Wie ain mensch [...] Got den herrn sull liebhaben uber alle ding, eine Auslegung des Vaterunsers und des Ave Maria sowie eine Betrachtung u¨ ber die Beichte. ¨ Uberlieferung: Vgl. Schnell 1984 (s. Ausg.) S. 13 f. P. konzipierte außerdem – wohl f¨ur Laienbr¨uder – die Christenlehre, eine belehrende und erbauliche feste Sammlung katechetischer Texte, 996

Geuß die wahrscheinlich neben seinen eigenen Werken aus den katechetischen Predigten des Nikolaus von Dinkelsb¨uhl und aus dem Gewissensspiegel des → Martin von Amberg sch¨opft. ¨ Uberlieferung: Vgl. Schnell 1984 (s. Ausg.) S. 14. Lat. u¨ berliefert sind die Originalentw¨urfe f¨ur die Predigten, die P. von 1428–1439 gehalten hatte. Die einzelnen St¨ucke sind nach dem Kirchenjahr geordnet, tragen eine Jahreszahl und geben die Kirche an, f¨ur die sie bestimmt waren. Ausgaben: Bernhard Schnell (Hg.): T. P. ‹B¨uchlein v. der Liebhabung Gottes›. Edition und Unters. (MTU 81). Mu¨ nchen 1984. – Ernst Haberkern (Hg.): Das ‹Beichtb¨uchlein› des T. P. Nach den Heidelberger, Melker, Mu¨ nchner und Wiener Hss. (GAG 696). G¨oppingen 2001. Literatur: B. Schnell, VL2 7 (1989) Sp. 537–544; 11 (2004) Sp. 1233. – Fritz Peter Knapp, BBKL 7 (1994) Sp. 390–392. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 410 f. – Peter Stockmann, LThK3 8 (1999) Sp. 154. – B. Schnell/Red., Killy2 9 (2010) S. 176 f. – Rainer Rudolf: T. P. Leben und Werk eines Wiener Burgpfarrers. In: Literaturwiss. Jb. 4 (1963) S. 1–19. – Schnell 1984 (s. Lit.). – Peter Ernst: Das Graphemsystem in T. P. ‹Kunst des heilsamen Sterbens› nach der Hs. W (cpv 2800). In: Stud. zum Fr¨uhnhd. FS Emil Sk´ala. Hg. v. Peter Wiesinger (GAG 476). G¨oppingen 1988, S. 47–67. SF

Stump II. – Verfasser einer Vaterunser-Auslegung, wahrscheinlich erste H¨alfte 15. Jh. S. wird als Autor einer 286 Verse umfassenden, gereimten Vaterunser-Auslegung in der Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 353, 202r–206v, genannt. Der vermutlich in der ersten H¨alfte des 15. Jh. entstandene Text ist «volkst¨umlich» formuliert und kaum scholastisch gepr¨agt, Berufungen auf kirchliche Autorit¨aten fehlen, andere Bibelstellen werden nicht herangezogen. Der u¨ berlieferte Text scheint eine Abschrift zu sein; f¨ur eine Identit¨at des Verfassers mit → Stump I gibt es keine Indizien. Literatur: Bernd Adam, VL2 9 (1995) Sp. 467 f. – Gundolf Keil, in: Studia Neophilologica 31 (1959) S. 231. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨ateren MA (MTU 10). M¨unchen 1965. SF 997

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Eibensteiner, Christian OSB, in Osterreich, † 1451 Melk. – Abt von Melk, Verfasser von Briefen. Nach Studien in Wien und Priesterweihe trat E. 1428 in Melk dem Benediktinerorden bei und wurde 1433 Abt und Reformer des Klosters Melk. 1451 legte er krankheitshalber sein Amt nieder. Aus seiner Feder stammen zahlreiche Briefe, in denen er immer wieder zu den Anliegen der Reform Stellung bezog, darunter ein Schreiben Epistolam apologeticam ad omnes fideles contra calumniam sibi impactam, als wenn er mit dem Baselschen Concilio nicht zufrieden sey [...] von 1435 und einen dt. Brief zur Reform vom Jahr 1442. Literatur: Franz C. Wisgrill: Schauplatz des lands¨assigen nieder¨osterr. Adels vom Herrn- und Ritterstande v. dem 11. Jh. an [...]. Bd. 2. Wien 1796. – Meta Niederkorn-Bruck: Die Melker Re¨ form im Spiegel der Visitationen (MIOG. Erg.Bd. 30). Wien/M¨unchen 1994, passim. SF Geuß, Johannes (Gaws, Gews, Geiz, Geyss), um Teining/Pfalz, † 1440 (?) Wien (?). – Theologischer Schriftsteller, Prediger. G. war seit 1416 Mitglied der Artistenfakult¨at in Wien; 1434 wechselte er zur Theologischen Fakult¨at u¨ ber. Wiederholt nahm er die Position des Dekans und Rektors der Universit¨at ein. Auch als Prediger, vielleicht an St. Stephan, trat G. regelm¨aßg in Erscheinung. Seit 1436 ist er als Domdekan bezeugt. Im Rahmen einer brieflichen Auseinandersetzung mit Sigmund → Gossembrot hob ihn 1457 Konrad → S¨alder als Vertreter wahrer Wissenschaft gegen¨uber den humanistischen «poetae» hervor. Von G. sind folgende theologischen Schriften u¨ berliefert: Ein Tractatus de indulgentiis (1439); eine Erkl¨arung der apostolischen Symbole; ein Traktat u¨ ber die Eucharistie. Seine Schrift De vitiis linguae erschien 1479 im Druck; alle anderen Schriften sind ausschließlich handschriftlich u¨ berliefert. Bei den zahlreichen Predigten G.’ handelt es sich erstens um Sermones de tempore et de sanctis einschließlich der Festtagspredigten, zweitens um dogmatische Predigten und drittens um Predigten u¨ ber Themen der praktischen Moral und Lebensf¨uhrung. Ungesichert ist die Zuschreibung einer dt. Fassung der Bußpredigten des → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl an G. 998

1. H¨alfte 15. Jh. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 3 (1981) Sp. 37–41; 11 (2004) Sp. 527. – Joseph v. Aschbach: Gesch. der Wiener Univ. Bd. 1. Wien 1865, S. 452 f. – Anton Wappler: Gesch. der theologischen Fakult¨at der K. K. Univ. zu Wien. Wien 1884, S. 368. – Anton Linsenmayer: J. G., ein Prediger des 15. Jh. In: Theologisch-praktische Monatsschr. 3 (1893) S. 825–832. – N. Paulus: G. und Nider u¨ ber das Jubil¨aum [...]. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 24 (1900) S. 182–186. – Alois Madre: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl. M¨unster 1965, Reg. – Paul Uiblein (Hg.): Acta facultatis artium universi¨ Reihe 6,2). tatis Vindobonensis 1385–1416 (MIOG Graz u. a. 1968. SF Michael de Massa OESA, * um 1298, † 10.5.1337 ¨ Paris (?). – Theologe, erste H¨alfte 14. Jh.; dt. Ubersetzungen seiner Werke existieren seit der ersten H¨alfte des 15. Jh. Der aus Massa Marittima oder Siena stammende Augustinereremit M. d. M. ist als Baccalaureus an der Universit¨at Paris bezeugt, wo er 1325/26 Vorlesungen u¨ ber die Sentenzen des → Petrus Lom¨ bardus hielt. Er war ein Gegner der Alteren Augustinerschule und Kritiker Wilhelms von Ockham. Der Umfang von M.s Werk ist nicht klar eingegrenzt; die gr¨oßte Verbreitung fand sein Passionstraktat Angeli pacis (¨uber 40 Hss.), von dem es auch eine dt. Bearbeitung gibt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, UB, 4° cod. ms. 488, 1r–202v (aus Ingolstadt, 1429). – M¨unchen, BSB, Cgm 794, 1r–126r (aus Kloster Nonnberg/Salzburg, 1471). Der Text geh¨ort zur Gattung der Historia Passionis und war f¨ur die Andachtslekt¨ure von der Mitte der Karwoche bis zum Ende der Osterwoche bestimmt; geschildert wird das Passionsgeschehen bis zur Grablegung. H¨aufig werden Autorit¨aten genannt und zitiert; der dt. Text weist Erkl¨arungen und Digressionen auf, die dem lat. fehlen. Beide dt. Texte gehen auf den gleichen lat. Grundtext zur¨uck. In der Handschrift Leipzig, UB, Cod. 800 (15. Jh.) wird M. ferner als Verfasser einer Vita Christi ausgewiesen, welche zwei volkssprachliche ¨ Ubersetzungen erfuhr. Zum einen existiert eine in ¨ u¨ ber 50 Handschriften u¨ berlieferte ndl. Ubersetzung unter dem Titel Tleven ons heren Ihesu Cristi (fr¨uher Bonaventura-Ludolphiaanse Leven van Jezus); 999

Michael de Massa zum anderen eine obd., fr¨uher → Regula zuge¨ schriebene Ubertragung, die in zw¨olf Handschriften u¨ berliefert ist. Vgl. dazu Geith (s. Lit.) S. 282. Literatur: Hans Fromm, VL2 6 (1987) Sp. 503–509. – Adolar Zumkeller, LexMA 6 (1993) Sp. 605. – Schulthess/Imbach (1996) S. 521 f. – Willigis Eckermann, LThK3 7 (1998) Sp. 236. – Kurt Ruh: Zur Theologie des ma. Passionstraktates. In: Theologische Zs. (Basel) 6 (1950) S. 17–39. – Ders.: Stud. u¨ ber Heinrich v. St. Gallen und den ‹Extendit Manum›-Passionstraktat. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 47 (1953) S. 210–230, 241–278. – Beryl Smalley: English Friars and Antiquity in the Early 14th Century. Oxford 1960. – H. Fromm/Hanns Fischer: Eine dt. Bearb. des Passionstraktates v. M. d. M. Ma. dt. Hss. der UB M¨unchen III. In: FS Ulrich Pretzel. Hg. v. Werner Simon u. a. Berlin 1963, S. 64–71. – Damasus Trapp: Notes on some Manuscripts of the Augustinian M. d. M. In: Augustinianum 5 (1965) S. 58–133. – Walter Baier: Unters. zu den Passionsbetrachtungen in der ‹Vita Christi› des Ludolf v. Sachsen. Ein quellenkrit. Beitr. zu Leben und Werk Ludolfs und zur Gesch. der Passionstheologie. Diss. Regensburg 1977. – Cebus C. de Bruin: Middeleeuwse Levens van Jezus als leidraad voor meditatie en contemplatie 3. In: Nederlands Archief voor Kerkgeschiedenis N. F. 63 (1983) S. 129–173. – Karl-Ernst Geith: Die Vita Jesu Christi des M. v. M. In: Augustiniana 38 (1988) ¨ S. 99–117. – Ders.: Die Leben-Jesu-Ubersetzung der Schwester Regula aus Lichtenthal. In: ZfdA 119 (1990) S. 22–37. – Ders.: Editionsprobleme ¨ der Leben-Jesu-Ubersetzung der Regula v. Lichtenthal. In: Editionsber. zur ma. dt. Lit. Beitr. der Bamberger Tagung ‹Methoden und Probleme der Edition ma. dt. Texte›, 26.–29. Juli 1991. Hg. v. Anton Schwob u. a. G¨oppingen 1994, S. 203–208. – Karl-Ernst Geith: Lat. und deutschsprachige Leben Jesu–Texte. Bilanz und Perspektiven der Forschung. In: JOWG 12 (2000) S. 273–289. – Tobias A. Kemper: Die Kreuzigung Christi. Motivgeschichtliche Stud. zu lat. und dt. Passionstraktaten des Sp¨atMA (MTU 131). T¨ubingen 2006, S. 157–159. SF Puer natus in Bethlehem. – Weihnachtscantio. In der a¨ ltesten Form (14. Jh.) umfasst die lat. Cantio neun Strophen. Aus dem 15. Jh. stammen 1000

Anatolia und Victoria f¨unf- bis zehnstrophige Fassungen, teils mit variabler Abfolge. Inhaltlich wird die Geburt Jesu mit wenigen S¨atzen veranschaulicht. F¨ur Bearbeitungen des 15. Jh. mit alternierenden lat. und dt. Strophen nimmt man den Gebrauch als Wechselgesang im Rahmen des Gemeindegottesdienstes an. Das Lied ist seit dem 16. Jh. in zahlreichen evangelischen und katholischen Gesangb¨uchern enthalten und wurde auch in Luthers Gesangbuch von 1543 aufgenommen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 2992, 241v–242r (Amberg, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Clm 5023, 18r (Benediktbeuren, 1495). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 962, S. 334. – Hohenfurt, Stiftsbibl., Cod. 28, 182r–183r (Mitte 15. Jh.?). – Berlichingen, Schlossarch., o. S., 13v und 15v (nach 1470). – Michaelbeuern, Hs. Man. cart. 1, 85r (Ende 15./Anfang 16. Jh.). – Basel, UB, Hs. A N II 46, 24v–25r. Ausgaben: AH 1 (1886) Nr. 178. – Ulysse Chevalier: Repertorium hymnologicum, Bd. 2. L¨owen 1897, Nr. 15779–15787, 32017. Dt. Fassungen: Eine von Heinrich → Laufen¨ berg verfasste dt. Ubertragung der Cantio datiert aus 1439. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 759. Im → Hohenfurter Liederbuch aus der Mitte des 15. Jh. wurde das P. n. i. B. als Melodievorlage f¨ur ein dt. Weihnachtslied verwendet. Literatur: Johannes Janota, VL 7 (1989) Sp. 903 f. – Zdenek Nejedl´y: Dejiny husitsk´eho zpevu. Prag 1956. – Walther Lipphardt: Das Moosburger Graduale. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymologie 3 (1957) S. 113–117. – Zmaga Kumer: Slovenske prireditve srednjeveske bozicne pesmi Puer natus in Betlehem (Slovenska akademija znanosti in umetnosti. Razred za filoloske in literarne vede. Razprave 3/2). Ljubljana 1958. – Timo M¨akinen: Die aus fr¨uhen b¨ohmischen Quellen u¨ berlieferten Piae Cantiones-Melodien (Studia historica Jyv¨askyl¨aensia 2). Jyv¨askyl¨a 1964. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. SF Anatolia und Victoria. – Dt. Legenden, 15. Jh. In einer im 6. Jh. entstandenen legendenhaften Passio folgt auf das Lob der Jungfr¨aulichkeit die 1001

1. H¨alfte 15. Jh. Schilderung des Martyriums von V. und A. Die beiden Schwestern sollten der Legende nach mit heidnischen M¨annern aus vornehmen r¨omischen Familien verheiratet werden; zentral ist der Disput der beiden u¨ ber den Stellenwert der Jungfr¨aulichkeit bzw. der Ehe. V. h¨alt eine Hochzeit f¨ur m¨oglich, da auch die V¨ater im AT verheiratet waren, A. dagegen will ihre Schwester u¨ berzeugen, ihr Leben im Stand der Jungfr¨aulichkeit Gott zu widmen. V. verkauft schließlich ihre Habe und verzichtet auf die Hochzeit. Die verschm¨ahten M¨anner denunzieren die Schwestern und erwirken das Recht, sie als Gefangene auf ihren L¨andereien zu halten, wo V. und A. jedoch unbeugsam bleiben und Bedienstete und Wachleute zum Christentum bekehren. Beide werden nach jahrelanger Gefangenschaft von den M¨annern an die Beh¨orden u¨ bergeben und von diesen gemartert und get¨otet. Bereits im 6. Jh. sind A. und V. in der Jungfrauenprozession des Mosaiks von S. Apollinare Nuovo in Ravenna dargestellt. Ihr Festtag ist der 10. Juli. Williams-Krapp verzeichnet eine Fassung in Der → Heiligen Leben und sieben weitere ndl. und dt. Fassungen. Seine Nr. «Victoria [1]» findet sich auch in der Handschrift Berlin, SBB, Mgq 1687 (fru¨ her Privatbesitz Franz Schultz, Straßburg bzw. Frankfurt/M.), 58rb–60vb. Bei Nr. «Anatolia (1)» (s. Ausg.) ¨ handelt es sich um eine Ubersetzung einer stark gek¨urzten lat. Textfassung aus dem su¨ ddt. ProvinciaAnhang der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) zur Erg¨anzung der Els¨assischen Legenda aurea in der Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 343, 274ra–276ra, aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. Ausgaben: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2. Das Sondergut. Hg. v. K. Kunze (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. 316–321 (synoptisch mit der lat. Vorlage). – Analecta Bollandiana 107 (1989) S. 372–383. Literatur: L. Sch¨utz: A. und Audax v. Tora. In: LCI 5 (1973) Sp. 136 f. – Victor Saxer: A. In: LThK3 1 (1993) Sp. 605 f. – Sven Christian Puissant: V. In: BBKL 17 (2000) Sp. 1487. – Hubertus R. Drobner: V. In: LThK3 10 (2001) Sp. 771. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 87 f. – Pio Paschini: La ‹Passio› delle Martiri Sabine Vittoria ed Anatolia con introduzione e note. Rom 1919. – Donatangelo Arturo Lupinetti: La passione di S. Vittoria. Lanciano 1976. – Kunze 1983 (s. Ausg.) S. XXXIX–XLVI, LVII. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 1002

1. H¨alfte 15. Jh. 20). T¨ubingen 1986, S. 390, 467 f. – Victor Saxer: I santi e i santuari antichi della via Salaria da Fidene ad Amiterno. In: Rivista di archeologia cristiana 66 (1990) S. 245–305, hier S. 265–273. SF Fabri, Bernhard OESA. – Prediger erstes und zweites Drittel 15. Jh. Der Schlesier F. war seit 1430 Prediger im ˙ n) und seit Augustinerchorherrenstift Sagan (Zaga´ 1432/33 dessen Prior. Er nahm als Vertreter des Stifts am Basler Konzil teil und hielt dort zwei Predigten (8.12.1434, zweiter Fastensonntag 1435). Nach einer Romreise und Predigtt¨atigkeit u. a. im Kloster Neustift (Novacella) bei Brixen wurde F. 1437 Propst in Gr¨unberg (Zielona G´ora), wo er vermutlich bis zu seinem Tode wirkte. Von F. sind eigenh¨andig aufgezeichnete lat. Predigtsammlungen u¨ berliefert, die aus Fremdtexten und eigenen Predigten bestehen. Letztere – volkst¨umliche, teils derbe Sittenpredigten – sind mit zahlreichen dt. Ausdr¨ucken, Wendungen, Versen und Sprichw¨ortern durchsetzt. ¨ Uberlieferung: Klapper 1926 (s. Lit.) S. 51–54, bes. S. 54, Anm. 2 weist 20 Hss. der UB Breslau nach (16 davon aus Gr¨unberg), mit den Signaturen Cod. I Q 16, 76, 144 f., 313, 327, 353, 362, 366, 428, 440 (4 Bde.), 441–446. Es sind durchweg Autographe in Quarto aus den Jahren 1425–63 mit insgesamt rund 7400 Pap.-Bll. ¨ Ausgabe: (Ausz¨uge in nhd. Ubertragung) Klapper 1926 (s. Lit.) S. 74–91. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 682. – Otto G¨unther: Zwei Hss. vom Basler Konzil und ihr Schreiber. In: Schlesische Jbb. f¨ur Geistes- und Naturwiss. 3 (1924) S. 10–20. – Joseph Klapper: B¨urgerliche Kultur im schlesischen MA. In: Mitt. der schlesischen Ges. f¨ur Volkskunde 27 (1926) S. 50–91. – Ders.: Dt. Schlesier des MA. Breslau 1937, S. 24 f. – Arno Lubos: Gesch. der Lit. Schlesiens 1/1. Von den Anf¨angen bis ca. 1800 (Neufassung der Ausg. Mu¨ nchen, 1960). W¨urzburg 1995, S. 41, 45–47. VZ Fabri, Heinrich (von Sch¨onensteinbach) OP, † 1452 Sch¨onensteinbach/Elsass. – Prior, Prediger und Confessarius. F. war Prior in Colmar und N¨urnberg, bevor er seit 1417 u¨ ber 35 Jahre und bis zu seinem Tod als Beichtvater im St. Birgitta-Frauenkloster 1003

Fabri in Sch¨onensteinbach wirkte, dem ersten Frauenkloster des Predigerordens. Ein Codex aus Straßburg u¨ berliefert einen Nachruf auf F. von Johannes → Wolfhardi und → Johannes von Mainz. Dieser enth¨alt auch F.s Testament, eine Aufzeichnung der letzten Ermahnungen an seine «geistlichen kind». Dem Nachruf voraus geht eine VaterunserAuslegung F.s und eine Sammlung von Predigten und Predigtausz¨ugen. Die Paternoster-Auslegung («andechtige nucz lere uber das heilge pater noster») ist von der Grundidee bestimmt, dass alles f¨ur den Menschen notwendig Wissenswerte in diesem Gebet komprimiert sei, und umreißt daher die gesamte christliche Lehre und Heilsordnung. Die Predigtsammlung wird in der Handschrift zwar eindeutig F. e («ein bihter z¨u schoenen steinbach») zugewiesen, doch d¨urfte diese Zuweisung vor allem angesichts der enthaltenenen mystischen Predigtst¨ucke f¨ur die Gesamtheit der Sammlung unzutreffend sein. Außerdem wird F. ein aszetischer lat. Traktat in einer Handschrift der UB T¨ubingen zugewiesen, der Unterweisungen zu wahrhafter Religiosit¨at und einem gottgef¨alligen Leben bietet: «De institutione verae religiosae perfecteque vitae». ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 191, 10r–27r (Vaterunserauslegung), 27r–114v (Predigtslg.), 115r–118r (Nachruf mit ‹Testament›) (Pap. und Perg., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, Straßburg, 14. und 15. Jh., vormals im Besitz Daniel Sudermanns). – T¨ubingen, UB, Cod. Mc 174, 3r–37v (Pap., aus Basel; lat. Traktat, 1479). Ausgabe: Testament: Lucien Pfleger: Vom gottseligen Leben und Abscheiden des Bruder H. F. In: Bulletin eccl´esiastique du dioc`ese de Strasbourg 44 (1925) S. 228–235. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 689–691; 11 (2004) Sp. 436. – Seraphin Dietler: Chron. des Klosters Sch¨onensteinbach. Auf Wunsch mehrerer Altertumsfreunde hg. v. Staatsrat Dr. Johann v. Schlumberger. Gebweiler 1897, S. 316 f., 442. – Gabriel L¨ohr: Die Teutonia im f¨unfzehnten Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland ¨ 19). Leipzig 1924, S. 76 (Nr. 12). – Ders.: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 177 f. – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. 1004

Von dem sweigen Bd. 2. Rom 1975, S. 195. – Gerd Brinkhus/Arno Mentzel-Reuters: Die lat. Hss. der UB T¨ubingen. Tl. 2: Signaturen Mc 151 bis Mc 379 sowie die lat. Hss. bis 1600 aus den Signaturengruppen Mh, Mk und aus dem Druckschriftenbestand (Handschriftenkat. der UB Tu¨ bingen 1,2). Wiesbaden 2001, S. 88. – Marie-Luise Ehrenschwendtner: Die Bildung der Dominikanerinnen in S¨uddeutschland vom 13. bis 15. Jh. (Contubernium 60). Stuttgart 2004, S. 263, 295. VZ Johannes von Lubeck, ¨ * um 1430 L¨ubeck (?), † 16.1.1502 Prag. – Hussitischer Theologe. J. studierte wohl an der Universit¨at Rostock und erwarb dort den Magistergrad. Er ging 1467 nach Prag, schloss sich dort den Hussiten an und lehrte Theologie an der Prager Universit¨at. J. ist 1497 zuletzt als Dozent nachgewiesen. Von J.s zumeist in lat. Sprache verfassten Werken sind mehrere Prager Vorlesungen von 1470/71 erhalten, außerdem ein unvollendeter Psalmenkommentar sowie Traktate u¨ ber die Sakramente und das hussitische Konzept der Eucharistie. Weitere lat. Predigten und Kommentare J.s sind nur u¨ ber Erw¨ahnungen in anderen Texten nachweisbar. J. gilt heute auch als Verfasser zweier nd. Jan Hus¨ Ubersetzungen. Fr¨uher dem Rostocker Prediger Nicolaus Rutze zugeschrieben, wurden sie in einem Band mit dem Titel Dat Bokeken van deme repe. De uthlegghinge ouer den louen um 1482 in L¨ubeck anonym gedruckt. Die beiden Texte erl¨autern die Zehn Gebote, das Vaterunser und das Apostolische Glaubensbekenntnis. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur Uberl. der lat. Werke J.s vgl. Bok 2004. Drucke: [L¨ubeck: Johann Snel oder Lucas Brandis, um 1482] (Inkunabel heute Rostock, UB, inc. Fm-64). Ausgaben: Dat Bˆokeken van deme Rˆepe des Mag. Nicolaus Rutze van Rostock (M. Nic. Rus) nach der Incunabel (F. m. 64) der Rostocker Universit¨atsbibliothek. Hg. v. Karl Nerger. Rostock 1886. – Dat bokeken van deme repe. Hg. v. Amedeo Moln´ar. Hildesheim u. a. 1971 (Faks. des L¨ubecker Originals). Literatur: V´aclav Bok, VL2 11 (2004) Sp. 781–784. – Franti˘sek Mich´alek Barto˘s: Nemeck´y husita na Karlove universite a nejstarsi tisk Husova dila. In: Jihoˇcesk´y sborn´ık historick´y 13 (1940) S. 54–57. – Ders.: Nov´y husitsk´y theolog a nove dilo M. Jana z Lubecku. In: Ebd. 20 (1951) 1005

1. H¨alfte 15. Jh. S. 156 f. – Ders.: Pr´ıspevky k dejin´am Karlovy university v dobe Husove a husitsk´e. In: Sborn´ık historick´y 4 (1956) S. 33–70. – Friedrich Stegm¨uller: Repertorium Biblicum medii aevi 7. Madrid 1961, Nr. 10904, 10918–10924; ebd. 9. Madrid 1977, S. 211 f. MM Vom Schweigen im Kloster. – Briefliches Lehrschreiben in par¨anetischer Prosa, um 1430. Der vermutlich von einer dominikanischen Ordensschwester (wahrscheinlich aus dem els¨assischen Kloster Sch¨onensteinbach) verfasste, an den regelhaften Vorschriften der monastischen Schweigendisziplin ausgerichtete Text meint letztlich aszetisches Schweigen als geistliche Grundhaltung. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 100, 195v–198r (alemannisch; N1). – Ebd., Cod. Cent. VII, 29, 179r–181r (n¨urnbergisch; N2). Ausgabe: Uwe Ruberg: Beredtes Schweigen in lehrhafter und erz¨ahlender dt. Lit. des MA. Mit kommentierter Erstedition sp¨atma. Lehrtexte u¨ ber das Schweigen (Mu¨ nstersche MA-Schr. 32). Mu¨ nchen 1978, S. 306–308. Literatur: Uwe Ruberg, VL2 8 (1992) Sp. 930 f. BJ Von der inbeslissung der zungen. – Prosatext aus der Praxis monastischer Schriftmeditation. Im Zentrum des Textes steht die Schweigedisziplin, die zur angestrebten Vervollkommnung hilfreich sei. Den Abschluss bildet ein Gebet um «rechtes» Reden und Schweigen, das auf dem Psalter basiert. ¨ Uberlieferung: Als letztes St¨uck nach Legenden und Gebeten der hl. Birgitta in der Hs. N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43f, 388r-390r (Perg. und Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina, dort 1445–48 abgeschrieben) u¨ berliefert. Ausgabe: Ruberg 1978 (s. Lit.). Literatur: Uwe Ruberg, VL 2 4 (1983) Sp. 375. – Ders.: Beredtes Schweigen in lehrhafter und erz¨ahlender dt. Lit. des MA (M¨unstersche MASchr. 32). M¨unchen 1978, S. 302–305. BJ Von dem sweigen. – Mystisch-aszetische lehrhafte Prosa, 15. Jh. Die den Grundstock aus der → Engelhart von Ebrach zugeschriebenen «Spruchsammlung» beziehende Textreihe umfasst 19 St¨ucke (Lehren der V¨ater, Lebensregeln und Argumente der «meister», legendarische Erz¨ahlbestandteile und Exempla). 15 St¨ucke widmen sich dem Gewinn aus 1006

1. H¨alfte 15. Jh. «rechtem Schweigen», die restlichen behandeln aus «¨uberfl¨ussigem Reden» resultierenden Sch¨aden. Als Quelle dienten u. a. die → Vitaspatrum; an Autorit¨aten werden u. a. Salomo, → Hieronymus und (Ps.-)Seneca genannt. ¨ Uberlieferung: In monastischen Sammelhandschriften reich bezeugt im 15. Jh. (s. Ruberg, S. 249 f. Ausgabe: Uwe Ruberg: Beredtes Schweigen in lehrhafter und erz¨ahlender dt. Lit. des MA. Mit kommentierter Erstedition sp¨atma. Lehrtexte u¨ ber das Schweigen (Mu¨ nstersche MA-Schr. 32). Mu¨ nchen 1978, S. 248–252 (Edition nach der Hs. M¨unchen, UB, 4° cod. ms. 483, 251v–254v; um 1470). Literatur: Uwe Ruberg, VL2 9 (1995) Sp. 554 f. BJ Von dem heilgen swygenhaltten. – Schweigetraktat f¨ur ein monastisches Publikum, 15. Jh. ¨ Der Traktat, und darauf verweist auch die Uberlieferung, steht ganz unter dem Einfluss franziskanischer Spiritualit¨at. Thema ist richtiges und falsches Schweigen unter Bezugsetzung auf das geistliche Leben und auf Grundlage biblischer und patristischer Zitate (Ambrosius, Chrysostomus, → Hieronymus, → Augustinus, → Gregor der Große). Die Abhandlung st¨utzt sich ferner vor allem auf → Bernhard von Clairvaux, seltener auf → Thomas von Aquin und → Bonaventura sowie auf → Nikolaus von Lyra. Ein Basistext aus lat. Exzerpten scheint f¨ur den Traktat predigthaft ausgearbeitet worden zu sein. Dargestellt werden im ersten Teil Gr¨unde f¨ur das Schweigen und im zweiten sieben Modi, das an sich sittlich neutrale Schweigen zur Tugend werden zu lassen. Der Traktat scheint in erster Linie f¨ur den Einsatz in Frauenkl¨ostern konzipiert zu sein, behandelt aber nicht die formalen kl¨osterlichen Schweigeregeln. Vielmehr wird die von den Ordensstiftern gefordert Schweigsamkeit in einen allgemeinen Kontext menschlicher Vervollkommnung gestellt. Erst am Schluss wird auf ein spezi¨ fisches Andachtsschweigen rekurriert. Der Uberlieferungszusammenhang der Berliner Handschrift und auch inhaltlich-stilistische Erw¨agungen lassen auf den Franziskaner Heinrich → Vigilis als Verfasser des Traktats schließen (vgl. → Von dreierlei Abgr¨unden). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 164, 1v–29r (Pap., 15. Jh., alemannisch, aus dem Besitz Daniel Sudermanns). – Freiburg/Br., UB, Hs. 253, 1007

Von dem heilgen swygenhaltten 258v–278r (Pap., 1487, aus dem Klarissenkloster in Gnadental, oberrheinisch/su¨ dalemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5136, 217r–236r (Pap., 1529, aus dem Franziskanerkloster Heilbronn, schw¨abisch mit bair. Einschlag). – Stuttgart, LB, Cod. HB I 26, 214v–226v (Pap., fr¨uhes 16. Jh.). – Mu¨ nchen und Stuttgart bieten vereinfachte und teilweise gek¨urzte Fassungen mit Verzicht auf lat. Zitate. Ausgabe: Ruberg 1978, S. 255–292. Literatur: Uwe Ruberg, VL2 3 (1981) Sp. 615–617. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 58 f., 77, 110 f. – U. Ruberg: Beredtes Schweigen in lehrhafter und erz¨ahlender dt. Lit. des MA. Mit kommentierter Erstedition sp¨atma. Lehrtexte u¨ ber das Schweigen (Mu¨ nstersche MA-Schr. 32). Mu¨ nchen 1978, S. 30 f., 253 f. und 324 f. (Reg.). VZ Krautgartengedicht. – Reimallegorie. Das anonym u¨ berlieferte K. entstand wohl in der ersten H¨alfte des 15. Jh. Die fr¨uhesten bekannten Redaktionen sind auf 1454 zu datieren. Die Urspr¨unge des Texts d¨urften im n¨ordlichen obd. oder mitteldt. Raum liegen, von wo aus sich das K. in den gesamten dt. Sprachraum verbreitete. Inhaltlich wohl von → Der Seele Kranz angeregt, stellt das K. die Kr¨auter eines Gartens allegorisch neben Tugenden, die den Menschen zur Seligkeit bef¨ordern sollen. Das K. ist in drei dt. Redaktionen (I, II, III) und einer lat. Fassung u¨ berliefert. I umfasst rund 182 Verse, II je nach Handschrift rund 114 bis 161 Verse. II ist deutlich bearbeitet; Anweisungen zum moralischen Handeln sind hier konkretisiert. II ging in vierzeiliger Strophenform in das Hohenfurter Liederbuch ein und war vermutlich Grundlage der lat. Fassung. III beruht auf I und enth¨alt 220 nd. Verse. F¨ur ein weltliches Publikum bearbeitet, betont III besonders die Bedeutung der Buße. III ging in das Hartebok ein. ¨ Uberlieferung: Verz. der zahlreichen Hss. bei Schmidtke 1970 (s. Lit.) und Schmidtke 1982 (s. Lit) S. 48–53. Ausgaben: Friedrich Kauffmann: Gesch. der schw¨abischen Mundart im MA und in der Neuzeit mit Textproben und einer Gesch. der Schriftsprache in Schwaben. Straßburg 1890 (Nachdr. Berlin 1978) S. 333–337. – Wilhelm B¨aumker: Ein dt. geistliches Liederbuch mit Melodien aus dem XV. 1008

Nider Jh. nach einer Hs. des Stiftes Hohenfurt. Leipzig 1895, S. 79–81 mit S. 53. – Schmidtke 1982 (s. Lit.) S. 550–563. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 349–351. – Kurt Schmidt: Der l¨ustliche W¨urtzgarte. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik im Sp¨atMA. Diss. Greifswald 1932, S. 72. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Hart, warr nich m¨oo¨ d. FS Christian Boeck. Hamburg 1960, S. 260–269 (wieder in: W. Stammler: Wort und Bild. Stud. zu den Wechselbeziehungen zwischen Schrifttum und Bildkunst im MA. Berlin 1962, S. 106–116). – D. Schmidtke: Zur Quelle des Krautgartengedichts im Hartebok. In: NdJb 93 (1970) S. 54–67. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 106 f., 183–190 u. o¨ . MM Meister Wilhelm. – Verfasser eines didaktischerbaulichen Kurztraktates, erstes Drittel 15. Jh. Der Prolog eines Traktates u¨ ber die F¨unf Spiegel der Selbsterkenntnis nennt als dessen Verfasser ¨ in allen vier Uberlieferungstr¨ agern einen «großen Meister Wilhelmus». Eine Identifikation dieses W. mit dem Akademikerarzt Magister → Wilhelm ist unwahrscheinlich. Zumindest nicht auszuschließen ist, dass er mit dem Magister W. gleichzusetzen ist, den das Inhaltsverzeichnis des Codex 166 der Stiftsbibliothek Vorau als Verfasser der Ars moriendi des → Pseudo-Nikolaus von Dinkelsb¨uhl f¨uhrt und von dem es allerdings auch keine weitere Kenntnis gibt. Die f¨unf Spiegel, die M. W. dem Rezipienten vorh¨alt, sollen diesem zur Erkenntnis der eigenen Lebensweise («stat») und zur Verbesserung dieser Lebensf¨uhrung gereichen. Der erste Spiegel ver¨ weist auf die Uberfl¨ ussigkeit des Sprechens und Denkens, sofern es nicht dem eigenen Leben oder dem des N¨achsten n¨utzlich ist. Die Spiegel 2, 3 und 5 zeigen die Vorbildlichkeit der Heiligen und frommen Menschen sowie diejenige von Christus und der heiligen Schrift. Spiegel 4 behandelt das eigene Gewissen als kontrollierende Instanz des menschlichen Handelns. Die Adressaten des didaktischen Werkes d¨urften im Laienstand zu suchen sein, wobei angesichts des oft stichwortartigen Charakters der Ausf¨uhrungen gewisse biblische, heiligenspezifische und in geringem Maße auch theologische Grundkenntnisse zum Verst¨andnis notwendig sind. Aufgrund dieser Knappheit der Ausf¨uhrungen ist es 1009

1. H¨alfte 15. Jh. denkbar, dass der Kurztraktat die gek¨urzte Fassung eines bislang nicht entdeckten oder identifizierten umfangreicheren Werks ist. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Hist. 160 (fr¨uher E.VII.18), 157v–159r (Pap., 1434, nordbair. mit ostfr¨ankischem Einschlag). – M¨unchen, BSB, Cgm 4437, 47v–48r (Pap., zweites Drittel 15. Jh., nordbair.). – London, British Libr., Ms. Add. 25089, 92rv (Pap., sp¨ates 15. Jh., obd.). – Ebd., Ms. Add. 32049, 1r–2v (Pap., sp¨ates 15. Jh., obd.). Literatur: Gunhild Roth, VL2 10 (1999) Sp. 1090 f. – Elvira Langen: Eine neue Quelle f¨ur die Kenntnis des mystischen Lebens im Kloster Pillenreuth. Unters. und Texte. Diss. Heidelberg 1961, S. 30. – Ulrich Montag: Das Werk der heili¨ gen Birgitta v. Schweden in obd. Uberl. Texte und Unters. (MTU 18). M¨unchen 1968, S. 71–74. – Renata Wagner: Ein n¨ucz und schone ler v. der aygen erkantnuß. Des Pseudo-Johannes v. Kastl ‹Spiritualis philosophia› dt. Text und Unters. (MTU 39). Mu¨ nchen 1972, S. 60 f. – G. Roth: M. W. ‹F¨unf Spiegel›. In: ZfdA 128 (1999) S. 409–413. VZ Nider, Johannes (Nieder, Nyder) OP, * um 1380 Isny/Allg¨au, † 13.8.1438 N¨urnberg (auf einer Visitationsreise). – Theologischer Schriftsteller, f¨uhrender Ordensreformator. Um 1400 trat N. in das observante Dominikanerkloster in Colmar ein. Er studierte 1410–13 in K¨oln am Generalstudium des Ordens. Seit 1422 studierte und unterrichtete N. in Wien, wo er 1425 als Sch¨uler des → Franz von Retz zum Dr. theol. promoviert wurde. Um 1427–29 war N. Prior des N¨urnberger Predigerkonvents; 1429 wurde er Vikar der reformierten Kl¨oster seiner Provinz. In N¨urnberg reformierte N. das Frauenkloster St. Katharina und 1429 den M¨annerkonvent in Basel, wohin er zu Vorbereitungen f¨ur das Basler Konzil gesandt worden war. Bis 1434 wirkte er als Prior in Basel, das in dieser Zeit zu einem geistig-moralischen Mittelpunkt der Ordensprovinz wurde. Von 1431–34 nahm N. f¨ur seinen Orden als f¨uhrendes Mitglied am Basler Konzil teil, hielt am 27.7.1431 die Er¨offnungspredigt, verhandelte u. a. mit den Hussiten und wirkte als Gesandter des Konzils in B¨ohmen. N. kehrte 1434 an die Universit¨at Wien zur¨uck und war 1436 Dekan der dortigen theologischen Fakult¨at. Weiterhin betrieb er die Reform des Ordens (neben nieder¨osterr. Konventen auch St. Katharina in Colmar). Johannes → Meyer hat im Buch der Reformacio 1010

1. H¨alfte 15. Jh. Predigerordens (4,18) N.s Bedeutung f¨ur die Observantenbewegung eingehend gew¨urdigt. N.s a¨ ußerst umfangreiches und breit u¨ berliefertes u¨ berwiegend lat. schriftstellerisches Œuvre umfasst Traktate, Predigten, Gebete, Sendbriefe und Trostb¨ucher (Werkverzeichnis Kaeppeli 1975). N. verfolgt dabei kirchenpolitische, ordensreformorientierte, praktisch-asketische oder moraltheologische Ans¨atze und ist bem¨uht um die Vermittlung der Lehren der Kirchenv¨ater und Philosophen (vor allem → Thomas von Aquin) f¨ur die Alltagsfr¨ommigkeit und Seelsorgepraxis. Der vor dem Basler Konzil verfasste Traktat Contra heresim Hussitarum und Briefe zum Hussitenthema aus der Zeit der Verhandlungen in B¨ohmen spiegeln N.s Auseinandersetzung mit der Hussitenfrage und seine Konzilst¨atigkeit wieder; allerdings hat sich N. von der Sch¨arfe der Wortwahl im Traktat sp¨ater w¨ahrend des Konzils distanziert. Als programmatische Schrift der Observanzbewegung kann der Traktat De reformatione Status coenobitici gelten, der Reform des S¨akularklerus widmen sich die Schriften De saecularium religionibus und De paupertate perfecta saecularium. Handb¨ucher f¨ur die praktische Seelsorge sind das Beichtbuch Manuale confessorum und die Dekalogauslegung Praeceptorium divinae legis. Im gesellschaftskritischen Traktat Formicarius (um 1436/38) entwirft N. ein allgemeines Sittengem¨alde seiner Gegenwart. Ausgehend von Spr 6,6 und in Anlehnung an den Apiarius (Bienenbuch) seines Ordensbruders → Thomas von Cantimpr´e entwickelt er eine modellhafte Darstellung des Ameisenstaates in Form eines Dialoges zwischen «Theologus» und «Piger». Das umfangreiche Werk ist in f¨unf B¨ucher gegliedert, die den Eigenschaften der Ameisen entsprechen, jedes Buch wiederum in zw¨olf Kapitel unterteilt. Der Formicarius ist ein herausragendes kulturgeschichtliches Zeugnis des 15. Jh. Teile der Schrift und auch solche aus dem Praeceptorium divinae legis sind in vollem Wortlaut in den Malleus maleficarum (Hexenhammer) des Heinrich → Institoris u¨ bernommen worden. N.s einziger deutschsprachiger Traktat Die 24 goldenen Harfen ist der scholastischen Gnadenlehre verpflichtet. Es ist eine freie Bearbeitung der Collationes des → Johannes Cassianus und nimmt Bezug ¨ auf die Harfen der 24 Altesten der Offenbarung Johannis (Offb 4,4), deren Kult im 15. Jh. verbreitet war (vgl. die Vierundzwanzig Alten → Ottos von Passau). Die Harfen werden als die Lehren der 1011

Nider W¨ustenv¨ater interpretiert, die zu einem vollkommenen religi¨os-asketischen Leben f¨uhren. Weitere u¨ berlieferte dt. und ins Deutsche u¨ bersetzte Schriften N.s sind Sendbriefe, Predigten, Gebete und «Betrachtungen zu den Mahlzeiten f¨ur jeden Wochentag». Vom Formicarius ist ein kurzer Auszug in ¨ mndl. Ubersetzung bekannt. ¨ Uberlieferung dt. Werke: Die 24 goldenen Harfen: Mindestens 40 Hss., vgl. Kaeppeli 1975 (s. Lit.) S. 513; VL2 (1987) Sp. 973; 11 (2004) Sp. 1049; Brand 1998 (s. Lit.) S. 46–105. – Sendbriefe: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 8, 168v–179v (Pap., 1464, ostschw¨abisch, bair. gef¨arbt). – Basel, UB, Cod. A X 130, 258v–261v (Pap., 14. und 15. Jh., vorwiegend alemannisch). – Berlin, SBB, Mgq 1130, 53r–58r, 80r–83v (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Ebd., Mgq 1593, 1r–301v (Sendbriefe und Predigten; Pap., 1474, schw¨abisch). – Ebd., Mgo 224, 1r–8r, 73r–74v (Pap., Ende 15. Jh., schw¨abisch). – Ebd., Mgo 453, 99v–105r (Pap., 1434, alemannisch/schw¨abisch). – Colmar, StB, Ms. 266 (Kat.-Nr. 197), 61r–109v (Pap., 15. Jh., els¨assisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 372, 141r–142v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 523, 99v–102r (Pap., 1471, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 3891, 1r–158r, 159r–172v (Sendbriefe und Predigten, Pap., 1487, schw¨abisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43m, 56v–67r (Pap., um 1445/46, n¨urnbergisch, teilweise alemannische F¨arbung). – Ebd., Cod. Cent. VII, 20, 105v–119v (Pap., nach 1444, n¨urnbergisch, teilweise alemannische/mitteldt. Einf¨arbung). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 219, 64v–65v (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Wien, Bibl. des Dominikanerklosters, Cod. 71/295, 93v–95v (Pap., 15. Jh., bair./¨osterr.). – Predigten: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 8 (s. o.), 142r–168r. – Berlin, SBB, Mgq 1593 (s. o.). – Ebd., Mgo 30, 205r–213v (Pap., Mitte 15. Jh., els¨assisch). – Ebd., Mgo 222, 206r–209v (Pap., Ende 15. Jh., schw¨abisch). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. 1683–87 (Kat.-Nr. 2431), 144r–148v (Pap., nach 1523, s¨udmndl.). – Colmar, StB, Ms. 266 (Kat.-Nr. 197) (s. o.) 110r–130v. – Mariastein (Solothurn), Benediktinerkloster, Cod. S 353 (vormals Solothurn, ZB, Cod. S 353), 182r–184r (Pap., 1470/80, ostschweizerisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 3891 (s. o.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43e, 265v–274r (Pap., 1454 und sp¨ater, n¨urnbergisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 977, S. 385–387 (Perg. und Pap., 15. Jh. und sp¨ater, bair., teilweise alemannisch 1012

Nider gef¨arbt). – Gebet u¨ ber «Jesus Nazarenus Rex Iudeorum»: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. V, App. 81, 88r–89v (Perg. und Pap., drittes Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). – Gebet «Geistliche Gemahelschaft»: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2084, 2r–15v (Pap., Anfang 16. Jh., schw¨abisch/alemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 103, 138v–154r (Pap., 1572, schw¨abisch). – Betrachtungen zu den Mahlzeiten: Colmar, StB, Ms. 266 (Kat.-Nr. 197) (s. o.), 130v–136r. – Formicarius (mndl., Auszug): Gent, UB, Ms. 946, 39v–42v (Pap., 1510, s¨udmndl.). – Zur ¨ lat. Uberl. vgl. Kaeppeli/Panella 1975 (s. Lit.). – Druckverz. ebd. 1975 (s. Lit.). Ausgaben: Faksimileausg. des Erstdrucks des «Formicarius» (GW M26846): Hans Biedermann: Vollst. Ausg. der Inkunabel K¨oln, o. J. (Guldenschaff), vermehrt um eine Einf. Graz 1971. – Catherine Ch`ene: J. N. Formicarius. In: L’imaginaire ´ du sabbat. Edition critique des textes les plus anciens (1430 c–1440 c). Hg. v. Martine Ostorero u a. (Cahiers lausannois d’histoire m´edi´evale 26). Lausanne 1999, S. 99–165 (5. Kap.). – Briefe: Giovanni Domenico Mansi: Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio. Bd. 29. Paris 1904, S. 441–444, 613–617, 633 f., 643 f. – Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA. 1100–1500. M¨unchen 1931, S. 502–518. Literatur: Paul Beck, ADB 23 (1886) S. 641–646. – Guy Thomas Bedouelle, Dict. Spir. 11 (1982) Sp. 322–325 (Jean N.). – Eugen Hillebrand, VL2 (1987) Sp. 971–977; 11 (2004) Sp. 1049. – Bettina Wagner, LexMA 6 (1993) Sp. 1136. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 334, 405, 411 f., 489, 499. – Uwe Neddermayer, LThK3 5 (1996) Sp. 940 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 491 f. – Peter Segl, NDB 19 (1998) S. 211 f. – Sabine v. Heusinger, RGG4 6 (2003) Sp. 293 f. – Ulla Williams/Red., Killy2 8 (2010) 578 f. – Kaspar Schieler: Magister J. N. aus dem Orden der Predigerbr¨uder. Mainz 1885. – Norbert Weinrich: Die dt. Prosa des Dominikaners J. N. in seinen ‹Vierundzwanzig goldenen Harfen›. Diss. Mu¨ nster 1933. – Gundolf M. Gieraths: J. N. O.P. und die ‹dt. Mystik› des 14. Jh. In: Divus Thomas 30 (1952) S. 321–346. – Beatrice Galbreth: N. and the Exemplum. A study of the Formicarius. In: Fabula 6 (1964) S. 55–72. – Georg Steer: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). Mu¨ nchen 1966, S. 21–23 u. o¨ . – Winfried Trusen: De contractibus mercatorum. Wirtschaftsethik und gelehrtes Recht im Traktat J. N.s 1013

1. H¨alfte 15. Jh. (1438). In: Ius et commercium. Stud. zum Handelsund Wirtschaftsrecht. FS Franz Laufke. W¨urzburg 1971, S. 51–71. – William A. Hinnebusch: The History of the Dominican Order Bd. 2. New York 1973, S. 262–267. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 157 (T 140). – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 500–515. – John Dahmus: Preaching to the laity in fifteenth-century Germany. J. N.’s ‹Harps›. In: Journal of Ecclesiastical History 34 (1983) S. 55–68. – Volker Honemann: Aspekte des ‹Tugendadels› im europ¨aischen Sp¨atMA. In: Lit. und Laienbildung im Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Symposium Wolfenb¨uttel 1981. Hg. v. Ludger Grenzmann/Karl Stackmann (Germanistische-Symposien-Berichtsbde. 5). Stuttgart 1984, S. 274–286, hier S. 277 f. – U. Williams: Schul der Weisheit. Spirituelle artes-Auslegung bei J. N. ¨ Mit Edition der 14. Harfe. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS Kurt Ruh. Hg. v. Konrad Kunze u. a. (TTG 31). T¨ubingen 1989, S. 391–424. – Ralph Weinbrenner: Klosterreform im 15. Jh. zwischen Ideal und Praxis. Der Augustinereremit Andreas Proles (1429–1503) und die privilegierte Observanz (Sp¨atMA und Reformation NR 7). T¨ubingen 1996, S. 93–97, 145–150, 173, 185, 262 (Reg.). – Michael D. Bailey: Abstinance and Reform at the Council of Basel. J. N.’s ‹De abstinencia esus carnium›. In: Medieval Studies 59 (1997) S. 225–261. – Margit Brand: Stud. zu J. N.s dt. Schr. (Institutum Historicum Fratrum Praedicatorum Romae. Dissertationes Historicae 23). Rom 1998. – Werner Tschacher: Der Formicarius des J. N. v. 1437/38. Stud. zu den Anf¨angen der europ¨aischen Hexenverfolgungen im Sp¨atMA (Ber. aus der Geschichtswiss.). Aachen 2000. – C. Ch`ene: Le ‹Formicarius› (1436–38) de Jean N. Une source pour l’histoire de la chasse aux sorciers et aux sorci`eres dans le dioc`ese de Lausanne? In: Schweizerische Zs. f¨ur Gesch. 52 (2002) S. 122–126. – M. D. Bailey: Battling demons. Witchcraft, heresy, and reform in the late Middle Ages. University Park, Pa. 2003, passim. – Fritz Peter Knapp: Die Lit. zur Zeit der habsburgischen Herz¨oge v. Rudolf IV bis Albrecht ¨ V. (1358–1439) (Gesch. der Lit. in Osterreich 2,2). Graz 2004, S. 163–174. – James Mixson: The setting and resonance of J.N.’s ‹De reformatione religiosorum› In: Kirchenbild und Spiritualit¨at. Domi1014

1. H¨alfte 15. Jh. nikanische Beitr. zur Ekklesiologie und zum kirchlichen Leben im MA. FS Ulrich Horst. Hg. v. Thomas Pr¨ugl. Paderborn u. a. 2007, S. 319–338. – Karl-Heinz Steinmetz: Schule der hl. Katharina. Triangul¨arer Wissenstransfer in der ‹Katharinenpredigt› und der ‹Vierzehnten Harfe› des J. N. O. P. In: ebd., S. 339–355. – Kathrin Utz Tremp: Von der H¨aresie zur Hexerei. ‹Wirkliche› und imagin¨are Sekten im Sp¨atMA (MGH Schr. 59). Hannover 2008, S. 15–17, 671 (Reg.). VZ St. Katharinentaler Schwesternbuch (fr¨uher: Dießenhofener Schwesternbuch). – Sammlung dt. Texte u¨ ber das Gnadenleben der Dominikanerinnen des Klosters St. Katharinental bei Dießenhofen im Thurgau. Das wohl kaum vor dem Ende des 14. Jh. in unterschiedlichen Redaktionen entstandene St. K. S. enth¨alt im Grundbestand 53 Schwesternviten, denen Johannes → Meyer noch sechs weitere Viten sowie eine Vorrede, eine Gr¨undungsgeschichte des auf eine Beginensammlung zur¨uckgehenden Konvents und ein Nachwort zu seiner Redaktion hinzuf¨ugte. Sieht man von den Einsiedler Abschriften ¨ textgleich; die u¨ briaus G ab, sind nur G und U gen Handschriften bieten selbstst¨andige Fassungen. Verwandtschaft besteht mit dem T¨osser Schwesternbuch (Elsbeth → Stagel). Aus den nach einem einfachen Schema (Eingangsformel, Name, Gnadenerlebnisse) aufgebauten Viten ragen differenzierter strukturierte und umfangreichere Gnadenleben wie das der Anne von Ramschwag (gest. um 1343; Nr. 41) heraus, das mit dem Besuch Meister → Eckharts in Katharinental verbunden ist. ¨ Uberlieferung: Frauenfeld, Kantonsbibl., Cod. Y 74, S. 1–104 (Pap., um 1414 [?], nordostschweizerisch) (F: abgedr. v. Birlinger). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. V, 10a, 84vb–118va (Perg. und Pap., aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch) (N). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 603, S. 500a–571b (Pap., Dominikanerinnenkloster St. Katharina, St. Gallen, 1493 und zweite H¨alfte 15. Jh., ostalemannisch; S. 446a–499b: Gr¨undungsgeschichte von St. Ka¨ tharinental) (G). – Uberlingen, Leopold-Sophien¨ – Bibl., Ms. 22, 285ra–320ra (Pap., um 1500) (U). Kurze Ausz¨uge enth¨alt Basel, UB, cod. A VI 38, 39rb–41ra (B). – Abschriften von ma. Hss. aus dem 17. Jh. liegen vor in Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 694 und 695 (nach St. Gallen 603) und in Frauenfeld, 1015

St. Katharinentaler Schwesternbuch cod. Y 105 (mit Gr¨undungsgeschichte von St. Katharinental); – Von F. Pfeiffer stammen Exzerpte aus einer unbekannten Hs. von ca. 1600, die ebenfalls eine Abschrift des St. K. S. enthalten haben muss (Wien, cod. 15293, Nr. 9). Ausgabe: Ruth Meyer 1995 (s. Lit.). Literatur: Klaus Grubm¨uller: Dießenhofener S. In: VL2 2 (1980) Sp. 93–95; 11 (2004) Sp. 352. – Anton Birlinger: Leben Heiliger Alemannischer Frauen des MA V. Die Nonnen v. Katharinental bei Dieszenhofen. In: Alemannia 15 (1887) S. 150–184 (mit Abdr. von F). – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 192 f., 227–231, 420. – Georg Kunze: Stud. zu den Nonnenviten des dt. MA. Diss. Hamburg 1952, S. 110–126. – Walter Blank: Die Nonnenviten des 14. Jh. Eine Stud. zur hagiographischen Lit. des MA unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Visionen und ihrer Lichtph¨anomene. Diss. Freiburg 1962, S. 72–74. – Klaus Grubm¨uller: Die Viten der Schwestern von To¨ ß und Elsbeth Stagel. In: ZfdA 98 (1969) S. 171–204. – Ruth Meyer (Hg.): Das ‹St. Katharinentaler Schwesternbuch›. Unters., Edition, Kommentar (MTU 104). T¨ubingen 1995. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssrpachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 109, 113. – Simone Mengis: Schreibende Frauen um 1500. Scriptorium und Bibl. des Dominikanerinnenklosters St. Katharina St. Gallen. Diss. Univ. Basel 2006. BJ St. Katharinentaler Liedersammlung. – Obd. Sammlung geistlicher Lieder. Die St. K. L. findet sich in der a¨ ltesten Handschrift des St. Katharinentaler Schwesternbuchs gleich hinter diesem. Die enthaltenen obd. Lieder sind anonym und ohne Noten u¨ berliefert. Die Sammlung besteht aus zwei Teilen: Teil A enth¨alt 19 Lieder, die von der gleichen Hand wie das Schwesternbuch geschrieben wurden. Es handelt sich weitgehend um mehrstrophige Lieder mit Refrain in der Form der damals beliebten Virelai-Ballade, wie sie etwa vom Mo¨ nch von Salzburg verwendet wurde. Die Lieder sind meist mystisch-aszetischen Inhalts; auch Marien- und Weihnachtslieder wurden in A aufgenommen. Der wenig sp¨ater geschriebene Teil B umfasst neun Lieder und Einzelstrophen von einer anderen Schreibhand und ist u¨ berwiegend dem Marienpreis gewidmet. Die Lieder, manche davon mit 1016

Groß Refrain, sind in insgesamt neun T¨onen komponiert. Darunter sind Sangsprucht¨one nach Stolles Alment, Pfalz von Straßburg, Wernher von Honberg, Reinmar von Zweter und dem M¨onch von Salzburg. B u¨ berschneidet sich partiell mit der Heidelberger Liederhandschrift C, der Kolmarer Liederhandschrift und der Donaueschinger Liederhandschrift. Die St. K. L. wirkte auf → Konrad von W¨urzburg und verschiedene Meisterlieder. Erw¨ahnenswert ist auch die in der Sammlung enthaltene Version von Es kommt ein Schiff geladen, die m¨oglicherweise die fr¨uheste Aufzeichnung des Lieds darstellt. ¨ Uberlieferung: Frauenfeld, Kantonsbibl., cod. Y 74, S. 117–154 (Pap., Katharinental bei Diessenhofen, um 1424, nordostschweiz.). – Zur Parallel¨uberl. einzelner Lieder vgl. Kornrumpf 2004. Ausgaben: Zu Ausg. einzelner Lieder und Strophen vgl. Kornrumpf 2004. Literatur: RSM 1 (1994) S. 159 f. – Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 832–834. – Ruth Meyer: ‹Maister Eghart sprichet von Wesen bloss›. Beobachtungen zur Lyrik der dt. Mystik. In: ZfdPh 113 Sonderh. (1994) S. 63–82. – Dies.: Das ‹St. Katharinentaler Schwesternbuch›. Unters., Edition, Komm. (MTU 104). T¨ubingen 1995 (zur Hs.). – Dies.: Die ‹St. K. L.›. Zu Gehalt und Funktion einer bislang unbeachteten Slg. geistlicher Lieder ¨ des 15. Jh. In: Lied im dt. MA. Uberl., Typen, Gebrauch. Chiemsee–Colloquium 1991. Hg. v. Norbert H. Ott u. a. T¨ubingen 1996, S. 295–307. – Volker Zapf: Stolle und die Alment. Einf., Edition, Komm. G¨ottingen 2010, S. 37, 122, 278 f. u. o¨ . MM Von dem weisen Mann und seinem Sohn. – Geistliche Lehrrede in 232 Reimpaarversen. Das anonyme Gedicht in der Form einer Lehrrede eines Vaters an seinen Sohn, welchem vielleicht der → Cato als Vorbild diente, ist nach «Heilsreihen» wie den zehn Geboten, den sechs Werken der Barmherzigkeit und den sieben Tods¨unden gegliedert. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Karlsruhe 408, 91v–93v. Ausgaben: Adelbert v. Keller (Hg.): Erz¨ahlungen aus altdt. Hss. Stuttgart 1855, S. 680–686. – Ursula Schmid: Cod. Karlsruhe 408 (Bibl. Germanica 16). Bern/M¨unchen 1974, S. 378–383. Literatur: Isolde Neugart, VL2 10 (1999) Sp. 823 f. – De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 117. SF 1017

1. H¨alfte 15. Jh. Groß, Erhart OCart, * um 1400 N¨urnberg, † um ¨ 1450 N¨urnberg. – Ubersetzer, religi¨oser Schriftsteller. Der N¨urnberger Patriziersohn G. lebte um 1432–49 als Kart¨auser in Marienzell zu N¨urnberg. Sein Ausbildungsweg ist unbekannt, doch beherrschte er wohl die lat. und die ndl. Sprache. G.s Werk entstand im lokal begrenzten Lebensumfeld eines fest ans¨assigen Kart¨auserm¨onchs ¨ ohne o¨ ffentliche Amter, aber mit Verbindungen ins Patriziat. Widmungen und Dialoge G.s erw¨ahnen N¨urnberger B¨urger und B¨urgerinnen, Verwandte und Mitbr¨uder, aber auch Schwestern aus dem o¨ rtlichen Katharinenkloster. F¨ur sie schrieb er, u¨ berwiegend in dt. Sprache, religi¨os-erbauliche Trak¨ tate und Ubersetzungen. Als G.s fr¨uheste Schrift gilt das Nonnenwerk (1432), das als Autograph erhalten ist (Handschrift ¨ Br, s. Uberlieferung). Die 21 Kapitel mahnen wohl die Nonnen des Katharinenklosters zum vollkommenen, innigen Leben durch Weltentsagung, Bibelstudium und Gottergebenheit. Im Gegensatz zum kl¨osterlichen Kontext des Nonnenwerks hat G.s n¨achstes Werk einen b¨urgerlichen Hintergrund. Die ebenfalls als Autograph erhaltene Grisardis (1432, Handschrift Br) beruht auf dem gleichen Stoff wie die Griseldis-Novelle im Dekameron des Giovanni Boccaccio. G.s Quelle war aber wahrscheinlich unabh¨angig von Boccaccio. Griseldis ist die Ehefrau eines Markgrafen, die in strengen, von ihrem Mann ersonnenen Pr¨ufungen ihre eheliche Treue beweisen muss. G. rei¨ an, chert diesen Stoff mit religi¨osen Uberlegungen etwa in einem umfangreichen Dialog u¨ ber die Ehe. Auch greift G. auf das Adversus Iovinianum des Hieronymus zur¨uck. Die Grisardis ist in abweichenden Fassungen u¨ berliefert, die mal legendenhaft (Handschriften B, E) und mal didaktisch (A, C, D) ausgearbeitet sind. G.s Text erlangte eine gewisse Verbreitung, wurde aber seit 1471 von Heinrich → Steinh¨owels gedruckter PetrarcaBearbeitung abgel¨ost. Sp¨ater wurde die Schrift irrt¨umlich → Albrecht von Eyb zugeschrieben, der ihre Exempel in seinem Eheb¨uchlein u¨ bernahm. Um 1436 entstanden drei weitere Werke G.s. ¨ Das Cordiale (Autograph in Br) ist eine dt. Ubersetzung des Traktats Cordiale de quatuor novissimis (um 1390) von → Gerard van Vliederhoven u¨ ber das Gottesgericht und das Leben nach dem Tod. G.s Geographischer Traktat (Autograph in Br) 1018

1. H¨alfte 15. Jh. besch¨aftigt sich auf erbauliche Weise mit den heiligen St¨atten in Jerusalem und Pal¨astina. Super oracione dominica ist eine Paternoster-Auslegung in 13 Kapiteln. Der als Sentenzenkommentar gestaltete Text wurde f¨ur die N¨urnberger Dominikanerin Barbara → Rutzin geschrieben. Die 43 Gespr¨ache (1440, Autograph) behandeln die menschliche und g¨ottliche Natur Christi. G. l¨asst dazu 13 Priester seiner Kartause in ein Lehrgespr¨ach eintreten. Das Laiendoctrinal (1443, Autograph) entstand im Auftrag zweier B¨urger aus N¨urnberg. Bei diesem dt. ¨ Prosatext handelt es sich um eine Ubersetzung der mndl. Dietsche Doctrinale. Geltung besitzt auch G.s Witwenbuch (1446), das ¨ in der Uberlieferung auch «der witwen puch» und «der Mendlen puch» genannt wird. Letztere Bezeichnung r¨uhrt von der Empf¨angerin des Werks her, der wohlhabenden Witwe Margareta Mendel. Sie hatte sich nach dem Tod ihres Ehemanns Marquard in das Katharinenkloster zur¨uckgezogen. Im dialogisch angelegten Witwenbuch tritt sie als Gespr¨achspartnerin G.s auf. In 78 Dialogen erl¨autert er ihr den angemessenen Lebenswandel einer Witwe, w¨ahrend Mendel mit eigenen Anmerkungen und Exempla antwortet. Das Witwenbuch ist u¨ ber inhaltliche Bez¨uge mit fr¨uheren Schriften G.s verkn¨upft, besonders mit Grisardis, Nonnenwerk und den 43 Gespr¨achen. G. betrachtete den Text als Kulmination seines Werks. Daneben hinterließ G. mehrere lat. Gebete und Abhandlungen, die ohne Wirkung blieben (Septem psalmi de sacramento eucharistiae, Tractatus brevis de sacramento eucharistiae, Decretum et septem libri decretalium, Decretum metricum et septem libri sententiarum magistri Petri episcopi). Lange Zeit unbeachtet, wird G.s Werk heute st¨arker gew¨urdigt. Die Qualit¨at seiner Sprache und sein fr¨uhes Aufgreifen der italienischen Novellistik sind ebenso hervorzuheben wie seine innovative Verwendung des Verfassers als eigenst¨andige Figur, vor allem als Gespr¨achspartner in den Dialogen. ¨ Uberlieferung: 1. Nonnenwerk: Breslau, UB, cod. I Q 77, 90r–108v (Pap., 1436, n¨urnbergisch, zentraler Autograph, Hs. Br). – N¨urnberg, StB, cod. Cent VIII 16, 106ra–131ra (Pap., 1442, n¨urnbergisch, Hs. N). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 59, 201r–203v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch, enth¨alt Kap. 1–5). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VII 81, 2r–51r (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). 1019

Groß 2. Grisardis: Br, 108v–128v (Schluss fehlt). – N, Bll. 131rb–164ra. – Augsburg, Fuggersches Familien– und Stiftungs-Arch., V N 174, 231va–265va (Pap., kurz nach 1432, oberfr¨ankisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Guelf. 44. 15 Aug. 2°, 243ra–265vb (Pap., Mitte 15. Jh., bair., Hs. D). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6020, 281r–358v (Pap., um 1454?, n¨urnbergisch, Hs. E). – Berlin, SBB, Mgq 763, 96v–151v (Pap., 1470, Hs. A). – Erlangen, UB, cod. B 10, 1r–52v (Pap., 1471, fr¨ankisch/n¨urnbergisch, Hs. C). – M¨unchen, BSB, Cgm 535, 176v–206v (Perg. und Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair., Hs. B). – Philadelphia/Pennsylvania, UB, Ms. Cod. 1077 (fr¨uher Ms. Ger. 6), 178r–231v (Pap., sp¨ates 15. Jh., bair.). 3. Cordiale: Br, 1r–63v. – N, 1r–74r. 4. Geographischer Traktat: Br, 63v–89v. – N, 74r–105v. 5. Super oracione dominica: Mainz, Martinus-Bibl., cod. 43, 65r–88v (Perg. und Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh.). 6. 43 Gespr¨ache: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 623 (Pap., 1440, n¨urnbergisch, Autograph). 7. Laiendoctrinal: Dresden, LB, cod. M 182 (Pap., N¨urnberg, 1443, ostfr¨ankisch, Autograph). – N¨urnberg, StB, cod. Amb. 55.4°, 1r–84v (Pap., um 1465, n¨urnbergisch). – Karlsruhe, LB, cod. Ettenheimm¨unster 18, 2r–58v (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., alemannisch). 8. Witwenbuch: Debrec´en, Großbibl. des Reformierten Kirchendistrikts, cod. R 521 (Perg., 1446, n¨urnbergisch). ¨ Zur Uberl. von G.s lat. Schriften vgl. Steinhoff 1981. Ausgaben: 1. Grisardis: Dt. Prosanovellen des f¨unfzehnten Jh. Hg. v. Philipp Strauch. In: ZfdA 29 (1885) S. 373–443 (Werk hier f¨alschlich Albrecht von Eyb zugeschrieben). – Strauch 1931 (s. Lit.). – Eichler 1935 (s. Lit.). – BB 1 (1978) S. 459 (Auszug). 2. Laiendoctrinal: Riedel-Bierschwale 2009 (s. Lit.). 3. Witwenbuch: Das Witwenbuch des Erhart Gros. Hg. v. Eva Dienes und Ir´en Lugossy. 2 Tle. Debrec´en 1936, 1941. Drucke: Laiendoctrinal: [Straßburg?: Clas Wenker oder Conrad Wolfach 1473/74]. – [Straßburg?: Drucker des Henricus Arimensis 1476?]. – Augsburg: [Johann Sch¨onsperger?] 1485. – Augsburg: [Christoph Schnaitter] 1493. Literatur: Paul-Gerhard V¨olker, NDB 7 (1966) S. 139. – BB 1 (1978) S. 1078. – Hans-Hugo Steinhoff, VL2 3 (1981) Sp. 273–278. – James Hogg, 1020

Auslegung der Hymnen DHGE 22 (1988) Sp. 363–366. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 326 u. o¨ . – Christian Kiening/Red., Killy2 4 (2009) S. 446 f. – Philipp Strauch: E. G. der Verf. der Grisardis. In: ZfdA 36 (1892) S. 241–254. – K¨ate Laserstein: Der Griseldisstoff in der Weltlit. Eine Unters. zur Stoff- und Stilgesch. Weimar 1926, S. 47–57. – Die Grisardis des E. Grosz nach der Breslauer Hs. Hg. v. P. Strauch. Halle/Saale 1931. – Friedrich Eichler: Stud. u¨ ber den N¨urnberger Kart¨auser E. G. Greifswald 1935. – Robrecht Lievens: Het Duits sukses van de Dietsche Doctrinale. In: Leuvense Bijdragen 49 (1960) S. 130–148, hier S. 138–146. – Gunilla Ljung¨ gren: Der Leyen Doctrinal. Eine mnd. Ubers. des mndl. Lehrgedichts ‹Dietsche Doctrinale›. Lund 1963, S. 27 f. – Eva Nemedi: Das ‹Witwenbuch› des E. G. In: N´emet Filol´ogiai Tanulm´anyok 3 (1968) S. 57–85. – Heinz Otto Burger: Renaissance, Humanismus, Reformation. Dt. Lit. im europ¨aischen Kontext. Bad Homburg v. d. H. u. a. 1969, S. 81 f., 157. – Ursula Hess: Heinrich Steinh¨owels ‹Grisel¨ dis›. Stud. zur Text- und Uberlieferungsgesch. einer fr¨uhhumanistischen Prosanovelle. Mu¨ nchen 1975, S. 117–120, 126–128 u. o¨ . – Joachim Knape: De oboedientia et fide uxoris. Petrarcas humanistischmoralisches Exempel ‹Griseldis› und seine fr¨uhe dt. Rezeption. G¨ottingen 1978. – H.-H. Steinhoff: Kein Albrecht v. Eyb. Eine Grisardis-Hs. aus Philadelphia. In: ZfdA 113 (1984) S. 132–135. – Henrike L¨ahnemann: Belehrung zwischen Kloster und Stadt. Das ‹Witwenbuch› des E. G. In: Geistliches in weltlicher und Weltliches in geistlicher Lit. des MA. Hg. v. Burghart Wachinger u. a. T¨ubingen 2000, S. 305–328. – Albrecht Classen: E. G., ein weitgehend unbekannt gebliebener Autor des ¨ 15. Jh. Uber Liebe, Ehe, Kinder, Witwenschaft und Gottesfurcht aus der Sicht eines Kart¨ausers. In: Journal of English and Germanic Philology 100 (2001) S. 377–405. – Ders.: Widows. Their Social and Moral Functions According to Medieval German Literature, with Special Emphasis on E. G.’s ‹Witwenbuch›. In: Fifteenth Century Studies 28 (2003) S. 65–79. – Ursula Kocher: Boccaccio und die dt. Novellistik. Formen der Transposition italienischer ‹novelle› im 15. und 16. Jh. Amsterdam u. a. 2005, S. 157–202. – Britta-Juliane Kruse: Witwen. Kulturgesch. eines Standes in Sp¨atMA und Fr¨uher Neuzeit. Berlin u. a. 2007, S. 19–49 u. o¨ . – Andres Laubinger: Die Kartause Marienzelle und das N¨urnberger Patriziat. Zugleich ein Beitr. zu dem ‹N¨urnberger Kart¨auser› E. G. In: Kloster 1021

1. H¨alfte 15. Jh. und Wirtschaftswelt im MA. Hg. v. Claudia Dobrinski u. a. Mu¨ nchen 2007, S. 125–169. – Heike Riedel-Bierschwale: Das ‹Laiendoctrinal› des E. G. Edition und Unters. (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 15). M¨unster/Westf. u. a. 2009. – Nina Allweier: Griseldis lernt sprechen. Liebe und Ehe in der ‹Grisardis› des E. G. von 1432. In: Die dt. Griselda. Transformationen einer literarischen Figuration von Boccaccio bis zur Moderne. Hg. v. Achim Aurnhammer u. a. Berlin u. a. 2010, S.107–123. MM Auslegung der Hymnen. – Zweisprachiges Hymnar des 15. Jh. Der erste Abschnitt dieser Hymnenerkl¨arung f¨uhrt den Text des lat. Hymnus an, der durch ¨ eine glossenartige Wort-f¨ur-Wort-Ubersetzung ins Dt. durchschossen ist, wobei teilweise zwei bis ¨ drei Ubersetzungen zur Wahl stehen. Der zweite Abschnitt mit dem Titel Der sin in t¨utsch oder Die meinung des ymbs bietet eine freiere ProsaParaphrase. Die Gebrauchssph¨are des Textes scheint der Schulunterricht gewesen zu sein. In den einzelnen Handschriften variieren Hymnenbestand (meist zwischen 114 und 119 Hymnen) und -reihenfolge deutlich. ¨ Einen Hinweis auf den Ubersetzer liefert einzig die a¨ lteste Hs. K.: «Incipiunt ymni per circulum anni, translati uel expositi de Latino in Teutonicum per publicum notarium tocius regni in ciuitate Rotwile». Es k¨onnte sich dabei um → Jos von Pfullendorf handeln. ¨ Uberlieferung: Sechs Hss. des 15. Jh., eine Inkunabel: Basel, UB, A. IV. 45, 67--150r (Pap., Mitte 15. Jh.; B1). – Ebd., A. XI. 58 (Pap., 15. Jh.; B2). – Ebd., A. V. 26, 38v–83r (B3). – St. Gallen, StB, Ms. 379, 160r–292v (G). – Heidelberg, UB, Cpg 427 (Pap., um 1465, niederalemannisch; H). – Karlsruhe, LB, Reichenauer Papierhs. Aug. 72, 16v–42r (K). – Uslegunge der hymbs nach der zitt des gantzen iares, Straßburg Johann Gr¨uninger 1494, GW 3083 (S). Literatur: Johannes Janota/Burghart Wachinger: Hymnare und Hymnenerkl¨arungen in dt. Sprache. In: VL2 4 (1983) Sp. 338–346, hier Sp. 340–342; 11 (2004) Sp. 702. – Gustav Binz: Die dt. Hss. der o¨ ffentlichen Bibl. der Univ. Basel 1. Basel 1907, S. 26 f., 41, 293 f. – Anton E. Sch¨onbach: Die Bereitung der Osterkerze im MA. In: Zs. des Ver. f¨ur Volkskunde 18 (1908) S. 426–428. – Helga Unger: Geistlicher Herzen Bavngart. Ein 1022

1. H¨alfte 15. Jh. mhd. Buch religi¨oser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jh. Unters. und Text (MTU 24). M¨unchen 1969, S. 83–97. – Alfred Holder: Die Reichenauer Hss. Bd. 2. Wiesbaden 21971, S. 160–165, 708. – Wolfgang Irtenkauf (Hg.): Die Rottweiler Hofgerichtsordnung um 1430. Portr¨at einer Hs. (Litterae 74). Stuttgart ¨ 1981, S. 7. – Nikolaus Henkel: Dt. Ubersetzungen lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit. Mit einem Verz. der Texte (MTU 90). M¨unchen 1988, passim. – Karin Zimmermann/Matthias Miller: Die Codd. Palatini germanici in der UB Heidelberg (Cod. Pal. germ. 304–495). (Kat. der UB Heidelberg 8). Wiesbaden 2007, S. 381–392. SF Der Heiligen Leben, Redaktion (daz marterloyum und daz passional) (auch: Rebdorfer Martyrologium und Redaktion des Prosapassionals). – Umfangreichste dt. Legendensammlung des MA. Das in drei Teilen vorliegende Legendar D. H. L., R. beruht haupts¨achlich auf Der → Heiligen Leben, welches kurz nach seiner Entstehung um ¨ ca. 105 eigenst¨andige Ubersetzungen auf mehr als 365 Texte angereichert wurde. Vorangestellt ist der Tageseintrag aus dem Martyrologium → Usuards, die Reihenfolge der St¨ucke wurde entsprechend ge¨andert. Die aus Der Heiligen Leben u¨ bernommenen Legenden sind stilistisch u¨ berarbeitet und sprachlich liturgischen Formen angen¨ahert. Die Endfassung entstand vor 1434, wahrscheinlich im Bistum Bamberg. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 22. – Heidelberg, UB, Cpg 153. – Marburg, UB, Mscr. 537. – Uppsala, UB, Fragm. germ. 18. – Prag, Nationalbibl., Tepl´a MS. D 17. – Scheyern, Bibl. des Benediktinerstifts, Ms. 48 (fr¨uher Mscr. ¨ 6). – Wien, ONB, Cod. 2839. – Weitere Hss. bei Firsching (s. Lit.) und Williams Krapp 1976 (s. Lit.). Ausgaben: Margit Brand u. a. (Hg.): D. H. L. Bd. 1 (Sommertl.) (TTG 44). T¨ubingen 1999. – Dies. u. a. (Hg.): D. H. L. Bd. 2 (Wintertl.) (TTG 51). T¨ubingen 2004. Literatur: Konrad Kunze, VL2 3 (1981) 625; 11 (2004) Sp. 603. – Werner Williams-Krapp/Edith Feistner, Killy2 5 (2009) S. 159–161. – W. WilliamsKrapp: Stud. zu D. H. L. In: ZfdA 105 (1976) S. 274–303. – Karl Firsching: Die dt. Bearb. der Kilianslegende unter besonderer Ber¨ucksichtigung dt. Legendarhss. des MA. W¨urzburg 1973, S. 85–103. – ¨ W. Williams-Krapp: Die dt. Ubers. der ‹Legenda 1023

Der Heiligen Leben, Redaktion aurea› des Jacobus de Voragine. In: PBB (Tu¨ b.) 101 (1979) S. 252–276. – Ders.: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Vgl. ferner Lit. zu Der → Heiligen Leben. SF Verena (von Zurzach). – Lat. Legenden, dt. Prosafassung 1. H¨alfte 15. Jh. Ihrer Legende nach kam die Jungfrau V. mit der ¨ Theb¨aischen Legion aus Agypten in die Schweiz, wo sie in Solothurn und Zurzach missionarisch und karitativ t¨atig war und in Zurzach um 350 als Reklusin starb. Die Vita prior wurde um 890 vermutlich vom Reichenauer Abt Hatto III. OSB verfasst und einer «filia illustrissima» gewidmet. Wahrscheinlich ist Richardis, die Gattin Kaiser Karls III. gemeint. In verk¨urzter Form wurde die Vita prior um 896 in das Martyrologium → Notkers I. aufgenommen. Im 11. Jh. entstand eine Versifikation in 132 Hexametern und im 12. Jh. eine weitere Abbreviation in einem im dt. S¨udwesten verbreitetem Kurzlegendar. Die Vita posterior d¨urfte aus dem 10. Jh. stammen. In ihr wird V.s Reise von Solothurn nach Zurzach st¨arker gewichtet. Zwischen 993 und 1012 wurde eine Sammlung von 21 Miracula erstellt. Diese und die Vita posterior fanden in verk¨urzter Form Eingang in den Provincia-Anhang der Legenda aurea (um 1288) des → Jacobus a Voragine. In dt. Bearbeitungen erscheint die Legende innerhalb von Legendensammlungen. Im → Buch der ¨ M¨artyrer findet sich eine Ubersetzung der Vita prior in der Fassung des lat. Kurzlegendars; deren Prosifizierung wiederum steht in Der → Heiligen Leben. Teil eines Straßburger Legendars ist eine k¨urzende Prosa¨ubersetzung der Vita posterior (11 der 21 Mirakel). ¨ Uberlieferung:: Die lat. Versionen werden von rund 80 Hss. vor allem aus dem alemannischen und nieder¨osterr. Raum bezeugt. – Buch der M¨artyrer/Der Heiligen Leben: vgl. dort. – Prosau¨ bers. der Vita posterior: Berlin, SBB, Mgq 188, 66v–72r (Pap., aus dem Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, 1430/40, els¨assisch; 35 Viten insgesamt ohne zwingende Ordnung). Ausgaben (Ausw.): Reinle 1948 (s. Lit.) S. 26–69, 84–87 (lat. Fassungen ohne Abbreviationen). – Lat. Versifikation: Karl Strecker/Norbert Fickermann, MGH Poetae 5,1 (1937) S. 95–100. Literatur: Adolf Reinle, LCI 8 (1976) Sp. 542 f. – Otto Wimmer/Hartmann Melzer (Hg.) 1024

Thomas von Wien Lex. der Namen und Heiligen. Wien/Innsbruck 6 1988, Sp. 821 f. – Gabriele Lautenschl¨ager, BBKL 12 (1997) Sp. 1241. – Konrad Kunze, VL 210 (1999) 244. – Ernst Tremp, LThK3 10 (2001) Sp. 645. – A. Reinle: Die hl. V. v. Z. Legende, Kult, Denkm¨aler (Ars docta 6). Basel 1948. – Walther Berschin: V. und Wiborada. Mythos, Gesch. und Kult im X. Jh. In: Freiburger Di¨ozesanarch. 102 (1982) S. 5–15. – Guy Philippart: Les l´egendes latine de Saint V.: pour une histoire de leur diffusion. In: Analecta Bollandiana 103 (1985) S. 253–302. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- u. Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986 (Reg.). – ¨ Okumenische Kirchengesch. der Schweiz. Hg. v. Lukas Vischer u. a. Freiburg (Schweiz) 1994, S. 20, 97. – A. Reinle: Formen und Ausstrahlungen des Verenakultes im MA. In: Gesch. des Fleckens Zurzach. Hg. v. Albert Sennhauser/Hans-Dietrich Altendorf. Zurzach 2004, S. 143–164. VZ Johannes von Brandenturn OP, * 1388 Valladolid, † 26.9.1468 Rom. – Kardinal. Nach heutiger Kenntnis verweist der in Handschriften zu findende Name J. v. B. wahrscheinlich auf Juan de Torquemada (Johannes de Turrecremata). Dieser stammte aus kastilischem Adel, schloss sich 1403 den Dominikanern an und wurde 1425 in Paris promoviert. Danach war er u. a. Prior, k¨oniglicher und p¨apstlicher Gesandter sowie seit 1439 Kardinal. Als leidenschaftlicher Unterst¨utzer der p¨apstlichen Autorit¨at nahm er auch am Konzil von Basel teil. Im Kloster An den Steinen der dortigen Dominikanerinnen wurden 1434 mehrere Predigten gehalten, die als deutschsprachige Sammlung u¨ berliefert sind. Darunter ist auch eine Predigt u¨ ber Joh 2,1 mit Bezug auf die Legende von St. Agnes. Gest¨utzt auf → Bernhard von Clairvaux und seine Predigten zum Hld, behandelt die Predigt die Hochzeit zwischen Gott und der menschlichen Seele in geistlicher Ausdeutung. Dabei werden die theologischen Inhalte durch Gleichnisse und Bilder veranschaulicht. Die Predigt wurde vereinzelt f¨alschlich Johannes Himmel zugeschrieben. Da sie sich als lat. Auszug aber auch in Torquemadas Predigtsammlung Quaestiones evangeliorum tam de tempore quam de sanctis et flos theologiae (um 1480/81) findet, d¨urfte sie von diesem verfasst worden sein. Auch die zeitliche ¨ und o¨ rtliche Ubereinstimmung zwischen dessen Aufenthalt in Basel und den Entstehungsumst¨anden 1025

1. H¨alfte 15. Jh. der Predigt sprechen daf¨ur, den Text Torquemada zuzuordnen und den in den Handschriften genannten J. v. B. mit ihm gleichzusetzen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 166, 342v–353v (Pap., 15. Jh., els¨assisch). – Berlin, SBB, Mgq 206, 403r–418r (Pap., 15. Jh., els¨assisch). – N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 16567, 153r–161r (Pap., um 1460–66, alemannisch, Fragm. der Agnes-Predigt). – Berlin, SBB, Mgf 741, 34va–40rb (1496, schw¨abisch). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1983) Sp. 546 f. – Schulthess/Imbach (1996) S. 501 f. – Thomas Pr¨ugl: Johannes de Torquemada. In: LThK3 5 (1996) Sp. 973 f. – Ansgar Frenken: Torquemada, Juan de. In: BBKL 12 (1997) Sp. 338–342. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi III. Rom 1980, S. 24–42. MM Thomas von Wien. – Theologe, Prediger, 15. Jh. T. ist vermutlich mit Thomas → Ebendorfer (de Haselpach) identisch. Unter T.’ Namen sind vier Predigten u¨ berliefert, die 1434 im Steinenkloster Basel gehalten und dann verschriftlicht und redi¨ giert wurden. Sie geh¨oren in den Uberlieferungszusammenhang der «Basler Reformpredigten», die von Konzilsteilnehmern gehalten worden waren. Zwei der mit Bibel- und Autorit¨atenzitaten versehenen Predigten befassen sich mit der Beichte, eine handelt von der geistlichen Tr¨agheit und eine andere von der imitatio Christi. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 741, 237ra–244ra (Nr. 1), 251ra–257va (Nr. 2), 285ra–292va¨ha (Nr. 3) (aus Medlingen, 1496) (A). – Ebd., Mgq 166, 256r–266r (Nr. 1), 266v–277r (Nr. 2), 297v–307r (Nr. 3), 319v–330r (Nr. 4) (aus Straßburg, St. Nikolaus in undis, 1435) (B). – Ebd., Mgq 206, 278r–294v (Nr. 1), 294v–309r (Nr. 2), 334r–347v (Nr. 3), 367v–384v (Nr. 4) (aus Straßburg, St. Nikolaus in undis, 1437–41) (C). Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 9 (1995) Sp. 893–896. – Hermann Maschek: Der Verfasser des B¨uchleins v. der Liebhabung Gottes. In: Zentralblatt f¨ur Bibliothekswesen 53 (1936) S. 361–368, hier S. 368. – Emil A. Erdin: Das Kloster der Reuerinnen Sancta Maria Magdalena An den Steinen zu Basel. Diss. Freiburg i. Br. 1956. – Alphons Lhotsky: Thomas Ebendorfer. Ein o¨ sterr. Geschichtschreiber, Theologe und Diplomat des 1026

1. H¨alfte 15. Jh.

Der slecht weg / Oberrheinisches Erbauungsbuch

15. Jh. (Schr. der Monumenta Germaniae historica 15). Stuttgart 1957. – Andreas R¨uther/H.J. Schiewer: Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Univ. Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/H.-J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–192. BJ Der slecht weg / Oberrheinisches Erbauungsbuch. – Kompilation geistlicher Gedichte, erste H¨alfte 15. Jh. Eine umfangreiche Sammlung katechetischerbaulicher Gedichte in Reimpaarversen, das sog. Oberrheinische Erbauungsbuch (O. E., u¨ berliefern sechs Handschriften des 15. Jh. aus dem oberrheinischen Raum. Bestandteil dessen ist eine gr¨oßere Partie, die in drei Handschriften den Titel Der slecht weg z˚u dem himelrich (D. s. w.) tr¨agt. Auf ein Glossenlied u¨ ber das Ave Maria folgt in der umfangreichsten Karlsruher Handschrift (s. ¨ Uberl.) ein Abschnitt u¨ ber die Herkunft der Seele von Gott und ihre Reinigung durch die Beichte. Daran schließen sich lebenspraktische Lehren auf geistlicher Grundlage, Meister Albertus Lehre u¨ ber rechtes Reden, Schweigen und Ratfragen (nach → Albertanus von Brescia) sowie ein St¨uck u¨ ber Ehe, Kinder und Gesinde an; nachfolgend findet sich ein Marienlied des → M¨onchs von Salzburg. Der sich daran anschließende D. s. w. bietet schlicht gehaltene, erbauliche Reimpaartexte, die thematisch vor allem die Zehn Gebote, Reue, Buße, Gebet, Passionsbetrachtung und inneres Glaubensleben behandeln. Auf die drei Teile des D. s. w. folgen wiederum geistliche St¨ucke des O. E., darunter Gedichte u¨ ber die Zehn Gebote, die Sieben Sakramente, die Sechs Werke der Barmherzigkeit usw. Abschließend finden sich der → Weltlohn, eine knappe Paraphrase der Zehn Gebote sowie die → Teufelsbeichte. ¨ Uberlieferung: Berlin, BSB, Mgf 742 (Mitte 15. Jh., els¨assisch). – Dresden, LB, Mscr. M 60 (um 1427–35, els¨assisch; aus der Werkstatt Diebolt Laubers). – D¨usseldorf, UB, Ms. F 55 (Pap., ca. 1460–80, rheinfr¨ankisch). – Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 77 (Pap., um 1430, rheinfr¨ankisch). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 117 (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). – St. Gallen, Kantonsbibl., VadSlg Ms. 356 (Pap., zweites Drittel des 15. Jh., alemannisch). 1027

Ausgabe: Arnold Otto (Hg.): ‹der slecht weg zuo dem himelrich›. Ein oberrheinisches Erbauungsbuch. Edition und Komm. (TspMA 42). Berlin 2005. Literatur: A. Otto/Burghart Wachinger, VL2 11 (2004) Sp. 1437–1441. – August Closs: Weltlohn, Teufelsbeichte, Waldbruder. Beitr. zur Bearb. lat. Exempla in mhd. Gewande. Heidelberg 1934, S. 21–42. – A. Otto: Images, Bindings, Blocks of Texts. In: Mediaevalia 20 (1997) S. 227–253. – Ders.: Die Bibel in der sp¨atma. Gebrauchslit. In: Fifteenth Century Studies 28 (2003) S. 184–198. – Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw (Hg.): Aderlaß und Seelentrost. Mainz 2003, S. 225–227. – Otto 2005 (s. Ausg.). SF Acht Seligkeiten. – Lehrtraktat des 15. Jh. Der an eine geistliche Tochter gerichtete Text handelt von den acht Seligpreisungen (Mt. 5,3–10) als Zusprache von Heilserf¨ullung. Als Autorit¨aten werden u. a. Aristoteles, Cicero, → Augustinus, → Bo¨ethius, → Thomas von Aquin und → Nikolaus von Lyra zitiert. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 774, 118v–204v (Pap., 1467, mittelbair.; u¨ berwiegend von der Hand des Frater Jodocus von Augsburg in Tegernsee). – Ebd., Cgm 787, 1r–122v (Perg. und Pap., 1443, westmittelbair., ostschw¨abisch beeinflusst). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 24 f. – Ders.: Bonaventura dt. (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 122. – Christian Bauer: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee. Unters. zu Gebrauch ¨ und Uberl. deutschsprachiger Lit. im 15. Jh. (MTU 107). T¨ubingen 1996, S. 77, 131 u. o¨ . BJ Falder-Pistoris, Georg (Falderer, Vald(n)er, Vold(n)er, Walder, Wolder, Welter) OP, Traismauer/ ¨ Nieder¨osterreich, † 29.12.1452. – Ubersetzer und Kompilator von Traktaten f¨ur Klosterfrauen, erste H¨alfte 15. Jh. F. trat in Wien in den Predigerorden ein. 1429–34 war er Prior in N¨urnberg, 1434/36 und 1445–47 in Wien, 1439–44 in Tulln. Von ca. 1434 bis 1451 versah er auch das Amt des Generalvikars f¨ur o¨ sterr. Reformkl¨oster; in seine Zust¨andigkeit fiel vor allem die Betreuung der Frauenkl¨oster. F.s literarisches Schaffen steht in direktem Zusammenhang mit seiner pastoralen T¨atigkeit: So u¨ bersetzte und kompilierte er f¨ur die Nonnen lat. 1028

Kolner ¨ Traktate und Sendschreiben erbaulicher, liturgischer oder ordensrechtlicher Natur. Sofern es die lat. Vorlagen erlaubten, war F. dem linearen Stil ver¨ pflichtet; er fertigte seine Ubersetzungen in bildhafter und einfacher Sprache. Seine gesicherten Schriften sind: drei geistliche Briefe an die Dominikanerinnen von St. Katharina in N¨urnberg (von 1435, signiert mit Bruder Jo¨ r[i]g Valder); Geistliche Belehrung, ein aszetischer Unterweisungstraktat in Form eines Dialogs zwischen «magd» und «prediger» in zw¨olf Kapiteln (auch: Allegorie von ¨ der geistlichen Geißel); Ubersetzungen der Nachfolge Christi des → Thomas von Kempen, von Ausz¨ugen aus den Offenbarungen der → Birgitta von Schweden, der Expositio in regulam Augustinianam des → Humbertus de Romanis, der Vitae s. Margaritae regis Hungariae filiae des Garinus von Guy l’Evˆeque OP (→ Margareta von Ungarn). ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 20, 215v–223r (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, nach 1444, n¨urnbergisch mit alemannischen/mitteldt. Ankl¨angen; Briefe). – Ebd., Cod. Cent. VI, 43q, 1r–162v (Pap., aus St. Katharina, Mitte 15. Jh.; ‹Geistliche Belehrung›). – Ebd., Cod. Cent. VI, 46f, 1r–24v (‹Nachfolge Christi›), 25r–63v (‹Offenbarungen›) (Pap., aus St. Katharina, Anfang/Mitte 15. Jh.). – Margareta: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 603, 329a–368a (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in St. Gallen, 1493 und zweite H¨alfte 15. Jh., ostalemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 750, 109r–143r (Pap., aus dem Kloster Pillenreuth, 1454–68, nordbair.). – N¨urnberg Stb., Cod. Cent. VI, 53, 2r–25r (Pap., aus dem Kloster Tulln, sp¨ater St. Katharina, Mitte 15. Jh., bair.). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 2° 228, 1r–39v ¨ (Pap., 1476, alemannisch/schw¨abisch). – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Ms. 22, 183rb–202ra (Pap., aus dem Dominikanerinnenkloster Zofingen zu Konstanz, um 1500, alemannisch-schw¨abisch). – ¨ Die N¨urnberger Codd. enthalten weitere Ubers. ungekl¨arter Verfasserschaft. Vgl. Schneider 1965 (s. Lit.) S. 133 f., 151–154 und Spielvogel 1973 (s. Lit.) S. 24–30. Ausgaben: Schneider 1963/64 (s. Lit.) S. 193 f. (ein Brief) – Spielvogel 1973 (s. Lit.) Anhang S. 1–16 (Vorrede und 1. Kap. ‹Geistliche Belehrung›). – Carl Greith: Die dt. Mystik im PredigerOrden (von 1250–1350) nach ihren Grundlehren, Liedern und Lebensbildern aus hsl. Quellen. Freiburg/Br. 1861 (Nachdr. Amsterdam 1965) 1029

1. H¨alfte 15. Jh. S. 356–362 (‹Margareta›). – Ausz¨uge und Initien bei Schneider 1965 (s. Lit.). Literatur: Isnard Wilhelm Frank, VL2 (1980) Sp. 703–706. – Karin Schneider: G. WalderP. In: Freiburger Geschichtsbll. 52 (1963/64) S. 187–195. – Dies.: Die dt. ma. Hss. Beschreibung des Buchschmucks Heinz Zirnbauer (Die Hss. der StB N¨urnberg Bd. 1). Wiesbaden. 1965, S. 133 f., 151–154, 168–170, 293 f. – I. W. Frank: Das Wiener Dominikanerkloster um die Mitte des 15. Jh. im Spiegel eines Briefbuches. In: Translatio Studii: Manuscript and Library Studies. Honoring Oliver L. Kaspner, O.S.B. Hg. v. Julian Gerard Plante. Collegeville, MN 1973, S. 169–201, hier S. 181–183. – Eva Spielvogel: G. F.-P. Diss. Wien 1973. – Dies.: G. F.-P. Reformator o¨ sterr. und su¨ ddt. Domi¨ 83 (1975) nikanerkl¨oster des 15. Jh. In: MIOG S. 325–351 (Zusammenfassung Diss.). – Thomas Kaeppeli (Hg.): Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 29 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 167 f. – Antje Willing: Lit. und Ordensreform im 15. Jh. Dt. Abendmahlsschr. im N¨urnberger Katharinenkloster (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 4). M¨unster u.a. 2004, S. 46–51, 257. – Barbara Steinke: Paradiesgarten oder Gef¨angnis? Das N¨urnberger Katharinenkloster zwischen Klosterreform und Reformation (Sp¨atMA und Reformation NR 30). T¨ubingen 2006, S. 75–79, 418 (Reg.). VZ Kolner, ¨ Friedrich (Kolner, Colner), † 7.2.1451 ¨ K¨oln. – Schreiber und Ubersetzer von Heiligenviten. Der wahrscheinlich aus K¨oln stammende F. K. kam 1430 nach St. Gallen, war sp¨ater Konventuale, Beichtvater und Schreiber der Benediktinerinnen von St. Georgen bei St. Gallen und ging nach 1440 in die Kl¨oster Hornbach und S. Maria ad Martyres bei Trier. Als Schreiber verfertigte K. verschiedene St. Galler Handschriften (Heiligen- und Predigtb¨ucher, asketisch-mystische Traktate), selber u¨ bersetzte er die vier Viten der St. Galler Heiligen Gallus, Magnus, Otmar und Wiboroda ins Dt. Vorlagen waren die von → Walahfrid erneuerten Viten der hl. Gallus und Otmar mit den Miracula s. Otmari → Isos von St. Gallen die a¨ltere Fassung der Vita s. Magni des Pseudo-Theodor und die Vita s. Wiborodae → Hermanns v. St. Gallen. 1030

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ ¨ Uberlieferung: Ubersetzungen der vier Viten der St. Galler Heiligen: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 586 (1430/36; Autograph). – Ebd., Cod. 602 (1451/52; geschrieben v. Konrad Seiler). – Ebd., Cod. 588 (Ende 15. Jh.). Literatur: Eva Irblich, VL2 5 (1985) Sp. 46 f. – Rudolf Henggeler: Profeßbuch der f¨urstlichen Benediktinerabtei der hl. Gallus und Otmar zu St. Gallen (Monasticon Benedictinum Helvetiae 1). Zug 1929, S. 233. – Gebhard Spahr: Die Reform im Kloster St. Gallen 1417–1442 (Sonderabdruck aus den Schr. des Ver. f¨ur Gesch. des Bodensees und seiner Umgebung 75). Konstanz 1957, S. 35 f. – Johannes Duft: Die Ungarn in St. Gallen (Bibl. Sangallensis 1). Zu¨ rich 1957, S. 72. – Ders.: Sankt Otmar. Die Quellen zu seinem Leben (Bibl. Sangallensis 4). Z¨urich 1959, S. 87. – Ders.: Sankt Otmar in Kult und Kunst. St. Gallen 1966, S. 64 f. – E. Irblich: Die Vitae sanctae Wiboradae (Sonderabdruck aus den Schr. des Ver. f¨ur Gesch. des Bodensees und seiner Umgebung 88). St. Gallen 1970, ¨ S. 18 f., 166 f. – Erika Bauer: Die obd. Uberl. der Imitatio Christi. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache. Bd. 1. Hg. v. James Hogg. Salzburg 1983, S. 111–135, bes. S. 126–129. SF Buch des Lebens. – Allegorischer Traktat aus der ersten H¨alfte des 15. Jh. Im Mittelpunkt des Textes steht zun¨achst Christus als Gottessohn, dessen Wesen und Passion behandelt werden. Gleichzeitig ist Christus, als das ewige Leben selbst, der Schl¨ussel zur Kernallegorie des Werks: Er ist das B. d. L., vom Heiligen Geist auf Pergament geschrieben. Weiterhin besch¨aftigt sich der Traktat mit verschiedenen theologischen Themen (u. a. Dekalog, Sakramente, Tugenden). Das B. d. L. beruht m¨oglicherweise auf einer lat. Vorlage, die in einer Colmarer Handschrift erhalten ist. ¨ Uberlieferung: Colmar, StB, Ms. CPC 151 (fr¨uher Konsistorialbibl., cod. 151), 270r–281v (m¨ogliche lat. Vorlage, Schreiber: Konrad Dreuben). – Sankt Gallen, Stiftsbibl., Cod. 965, S. 409–434, 472–481 (Pap., Mitte 15. Jh., nordostschweizerisch). – Berlin, SBB, Mgo 467, 208r–249v (Pap., 15. Jh., bair.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 1092 f. – Helmut Kohlenberger, LexMA 2 (1983) Sp. 813 f. – Dieter Richter: Die Allegorie der Pergamentbearbeitung. Beziehungen zwischen handwerklichen Vorg¨angen und der geistlichen Bildersprache des 1031

Buch des Lebens MA. In: Fachlit. des MA. FS Gerhard Eis. Hg. v. Rudolf Keil u. a. Stuttgart 1968, S. 83–92, bes. S. 88 f. MM Lehre von einem gottlichen ¨ und geistlichen Leben. – Mystischer Traktat. Der Traktat handelt von der Notwendigkeit der Abkehr von allen irdischen Dingen und von den drei «gebresten», die verhindern, dass der Mensch von Christus als J¨unger empfangen wird. Anschließend folgt eine – in großen Teilen aufz¨ahlende – Betrachtung des Lebens Jesu. ¨ Uberlieferung: Beuron, Bibl. der Erzabtei, 8° Ms. 42, 79va–85rb (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., westalemannisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 661. – Ders.: Eine Beuroner Mystikerhs. In: Scriptorium 34 (1980) S. 278–287. BJ Munchner ¨ Bibel des Johannes Viler. – Text des ¨ NT (Walthers Ubersetzungszweig 14). Kopien einer Handschrift, die vielleicht bis ins 14. Jh. zur¨uckreicht, u¨ berliefern einen Text, der sich eng an die Vulgata h¨alt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB,Cgm 5018, 13ra–281rb (ab Bl. 59r geschrieben von Johannes Vil(l)er von Koburg, 1435). – Stuttgart, LB, Cod. HB II 8, 162ra–281va (aus dem St. Klarakloster N¨urnberg, 1456). Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 753 f.; 11 (2004) Sp. 1039. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 427–432. – Adolf Mautsch: Die mhd. Evangelien in der M¨unchener Hs. 5018. Diss. Greifswald 1909 (mit Textproben). – Friedrich Maurer: Stud. zur mitteldt. Bibel¨ubersetzung vor Luther. Heidelberg 1929, S. 140–142 (mit Textprobe). – Verdeutschung der Evangelien und sonstiger Teile des NT. V. den ersten Anf¨angen bis Luther. Beitr. zu ihrer Gesch. mit neuen Texten in synoptischen Tabellen (Bibel und dt. Kultur 5). Hg. v. Hans Vollmer. Potsdam 1935 (mit Textproben). BJ Spiegelbuch. – In unterschiedlichen Fassungen u¨ berliefertes erbauliches Werk wahrscheinlich des zweiten Viertels des 15. Jh. In einer Reihe von Gespr¨achen wird das Thema des Contemptus mundi in dt. Reimzeilen er¨ortert; 1032

Zwiegespr¨ache zwischen Tod, Leib, Seele und Teufel integrierender Bestandteil ist ein Bilderzyklus. Einem Streitgespr¨ach zwischen Juvenis und Monachus, in dem der J¨ungling von der Notwendigkeit u¨ berzeugt wird, sich von der Welt zu trennen und sich zu bekehren, folgen Spottreden seines ehemaligen Gef¨ahrten; Gott sichert dem jungen Ordensmann zu, dass er sich bald an den su¨ ndhaften Menschen werdem r¨achen k¨onnen. Der aus einem Gespr¨ach zwischen Dominus, Diabolus und einem s¨undigen M¨adchen, einer Rede gegen das Welt-Leben, einem Dialog zwsichen Jungfrau und Tod und der Klage eines Toten bestehende Abschnitt endet mit einer Rede u¨ ber die Gleichheit der St¨ande im Beinhaus (vgl. → Mittelrheinischer Totentanz). Der letzte Teil besteht aus Gottes Verurteilung des S¨unders, Klagen der verdammten Seele in der H¨olle, die Geschichte von Lazarus und dem Prasser und den Reden von Dives, Abraham und Diabolus im Jenseits. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. E VI 2 (fr¨uher E VII 39), 149v–168v (Hs. B, etwa 677 Verse; der Platz f¨ur die Bilder ausgespart). – Darmstadt, LB, cod. 345, 1r–17r (Hs. H, 726 Verse; der Platz f¨ur die Bilder ausgespart; fr¨uher in Bad Homburg). – St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 985, p. 381–419 (Hs. F, 750 Verse, 18 Bilder). – Gotha, Forschungsbibl., cod. Chart. B 237, 152r–161r (Hs. G, fragm., 384 Verse, 8 Bilder). – Trier, StB, cod. 817/24, 13 Bll. (Hs. T1, ¨ 651 Verse, die Bilder durch Uberschriften ersetzt; bereits 1888 verschollen). – Ebd., cod. 852/1919, 340v–356v (Hs. T2, verst¨ummelt: urspr¨unglich etwa 716vv. und 19 Bilder). – Drei illustrierte Texte des 16. Jh. in den Versionen A, B und C der sog. «Totentanzhs.» des Grafen Wilhelm Werner von Zimmern, vgl. → Mittelrheinischer Totentanz: Stuttgart, LB, Cod. Don. A III 54, 1v-19v (Z1, etwa 818vv.; fr¨uher in Aulendorf). – Berlin, Staatl. Museen zu Berlin – Kupferstichkabinett, cod. 78 A 19, 11r–19v (Z2, wegen Blattverlust nur 230 Verse, Abschrift von A). – Stuttgart, LB, Don. 123, 1v–20r (Z3, 818 Verse, Abschrift von A). Ausgaben: Adalbert v. Keller (Hg.): Fastnachtspiele aus dem f¨unfzehnten Jh. Nachlese. Stuttgart 1858 (Nachdr. 1966) S. 265–285 (T1). – Rieger (s.Lit.) S. 185–211 (H und T1, die Reihenfolge von H zu Unrecht umgestellt). – Bolte (s.Lit.) S. 151–171 (F und Z3). – Cosacchi (s.Lit.) S. 523–537 (H und T1). Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 270, 300. – Nigel F. Palmer, VL2 9 (1995) Sp. 134–138. – Max Rieger: Das S. In: Germania 16, NR 4 (1871) 1033

1. H¨alfte 15. Jh.

S. 173–211. – Johannes Bolte: Das S. Ein illustriertes Erbauungsbuch des 15. Jh. in dramatischer Form. Berlin 1932. – Ders.: Eine weitere Hs. des S. Berlin 1932. – James M. Clark: The S. In: Modern Language Review 28 (1933) S. 87–92. – Ders.: The Dialect of the S. In: ebd. S. 488 f. – Gustav Binz: Das S., ein illustriertes Erbauungsbuch des f¨unfzehnten Jh. In: FS Eberhard Vischer. Basel 1935, S. 45–59. – Stephan Cosacchi: Makabertanz. Der Totentanz in Kunst, Poesie und Brauchtum des MA. Meisenheim 1965. – Hella Fr¨uhmorgen-Voss u. a.: Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA 1. Hg. Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss. M¨unchen 1986. BJ Von Luzifers und Adams Fall. – Biblische Kleinerz¨ahlung (577 Verse). Die in f¨unf Abschnitte gegliederte, durch den Wechsel zwischen erz¨ahlenden Abschnitten mit Dialogpartien lebhafte Dichtung (577 Reimpaarverse) behandelt die Erschaffung der Engel und die Auflehnung Luzifers gegen Gott, Luzifers Verstoßung durch den Erzengel Michael, die Erschaffung Adams und Evas sowie ihren Fall nach der Versuchung und erz¨ahlt zuletzt von Luzifer und seinen Gesellen in der H¨olle. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. K 408, 116ra–120rb (Pap., 1430–35, Schreibsprache auf der Grenze zwischen Schw¨abisch, Bair. und Ostfr¨ankisch). – Z¨urich, ZB, Cod. A 131, 83r–85r (Pap., 1393, s¨udalemannisch). Ausgaben: Adelbert v. Keller (Hg.): Erz¨ahlungen aus altdt. Hss. (Bibl. des Litterarischen Vereins in Stuttgart 35). Stuttgart 1855, S. 10–25. – Ursula Schmid: Codex Karlsruhe 408 (Bibliotheca Germanica 16). Bern/M¨unchen 1974, S. 460–478. Literatur: Kurt Illing, VL2 5 (1985) Sp. 1102. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lexikon der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 324–328. – U. Schmid (s. Ausg.) 1974. BJ Zwiegespr¨ache zwischen Tod, Leib, Seele und Teufel. Einem «gespreche des tods mit dem libe vnd des libes mit der sele vnd der sele mit dem t¨ufel» (155 Verse) in Prosa folgt eine nicht-dialogische Darstellung (zum Teil in erlebter Rede) der sich 1034

1. H¨alfte 15. Jh. vom K¨orper trennenden Seele, die in beiden F¨allen der Verdammnis anheimf¨allt. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 3009, 97v–102v, Elsass, um 1437. Ausgabe: Thiel, S. 268–279. Literatur: Rainer Rudolf: Ars Moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957, S. 47. – Gudrun Else Kaethe Thiel: Die Todesfigur: Eine Studie ihrer Funktion in der dt. Lit. vom vierzehnten bis zum sechzehnten Jh. [...]. Diss. Univ. of Natal/Durban 1989, S. 132–139. – Christian Kiening unter Mitwirkung v. Florian Eichberger: Contemptus mundi in Vers und Bild am Ende des MA. In: ZfdA 123 (1994) S. 409–457, hier S. 445. BJ Stocklin, ¨ Ulrich (St¨okl, Stoeckel, Ulrich von Tegernsee, Udalricus Wessofontanus) OSB, * um 1360 Rottach am Tegernsee, † 6.5.1443 Wessobrunn. – Benediktiner-Abt und Verfasser von Briefen, Hymnen, Reimgebeten, Rosarien und Psalterien. S. ist 1418 als Tegernseer Benediktiner und 1431 als Prior bezeugt; 1432–1437 (mit Unterbrechungen) war er Abgesandter der Benediktinerkl¨oster der Di¨ozese Freising beim Basler Konzil; 1436/37 befand er sich als Prior wieder in Tegernsee und wurde 1438 Reformabt des Klosters Wessobrunn. Als Teilnehmer am Basler Konzil verfasste S. zahlreiche (46 erhaltene) Schreiben an den Tegernseer Abt, welche unter anderem u¨ ber Konzilsneuigkeiten berichten. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 1585, 38r–101v. Ausgabe: Haller (s. Lit.) S. 60–106. Ob S. wirklich der Verfasser der ihm von G. M. Dreves 1889 (s. Lit.) zugeschriebenen Hymnen, Reimgebete, Rosarien und Psalterien ist, konnte bisher nicht zweifelsfrei best¨atigt werden. ¨ Uberlieferung: Die S. zugeschriebene geistliche Dichtung ist in u¨ ber 20 bekannten Handschriften s¨uddt. und o¨ sterr. Herkunft u¨ berliefert, eine ge¨ schlossene Uberlieferung liegt nicht vor. Haupthss. sind: Mu¨ nchen, BSB, Clm 19353, 19824, 19991, 20001, 20005, 20016, 20021 (alle aus Tegernsee). – Salzburg, St. Peter, Codd. b II 3 und b VII 10. – Augsburg, StB und SB, 8° Cod. 15. Ausgaben: AH 6 (1889); 38 (1902). Die S. in AH 3 (1888), S. 169–198, f¨alschlich zugeschriebenen Reimgedichte und Leselieder stammen von → Christan von Lilienfeld. 1035

Stocklin ¨ Die Dichtungen stellen Formen des Gebets dar, welche sich vor allem an Maria und Christus richten; charakteristisch sind gr¨oßere zyklische Formen: Psalterium, Rosarium, Laudatorium, Abecedarium; nur 20 Hymnen und Reimgebete erscheinen nicht als Zyklus. Die 17 Psalterien umfassen gem¨aß der Zahl der Psalmen je 150 Strophen, sind aber mehrfach um Strophen u¨ ber die Cantica oder die 22 Abschnitte des 118. Psalms erweitert; 15 Psalterien gliedern sich in Triaden, zwei bilden ein Paar. Die Rosarienzyklen werden in verschiedene Typen unterteilt: Die drei Rosarien des ersten Zyklus (drei Mal f¨unfzig Strophen) enthalten ausschließlich Lob und Anrufung Marias in verschiedenen Variationen; die acht Rosarien des zweiten Zyklus zeigen einen stark meditativen Charakter; alle Strophen sind Relativs¨atze, im Vordergrund steht die Betrachtung des Lebens Jesu. Die Abecedarien umfassen drei Serien, im Zentrum steht Marienlob. Das Laudatorium B. M. V. ist ein siebenteiliger Zyklus nach den sieben Horen des t¨aglichen Stundengebets. Die nichtzyklischen Gedichte sind formal konventionell gehalten. F¨ur sich steht das Centimonium, ein Visonsgedicht in Form eines zweit¨agigen Dialogs zwischen dem Autor und der ihm erschienen Gottesmutter, im Zentrum stehen die 100 Namen Marias. Die zwei Mal achtundvierzig lat. Namen auf dem Saum von Marias Kleid stammen aus der Bibel- und Naturallegorese und dienen alle der Anrufung oder dem Preis Marias. Formal ist in den Werken S.s die Vagantenstrophe vorherrschend, h¨aufig sind auch eine Zehnsilberstrophe und eine Zw¨olfsilberstrophe mit daktylischem Rhythmus. Literatur: AH 6 (1889) S. 5–16; 38 (1902) S. 5–8. – Tusculum-Lex. griechischer und lat. Autoren des Altertums und des MA. Dritte, neubearb. und erw. Aufl. Hg. v. Wolfgang Buchwald u. a. Mu¨ nchen u. a. 1982, S. 749. – G¨unter Bernt, MarLex 6 (1994) S. 304 f. – Franz Josef Worstbrock, VL 2 9 (1995) Sp. 346–352. – Johannes Schaber, BBKL 10 (1995) Sp. 1514–1516. – G¨unter Bernt, LexMA 8 (1997) Sp. 188 f. – Georg Hager: Die Bauth¨atigkeit und Kunstpflege im Kloster Wessobrunn und die Wessobrunner Stukkatoren. In: Oberbayr. Arch. 48 (1893/94) S. 195–521, hier S. 226 f., 235, 252. – Johannes Haller (Hg.): Concilium Basiliense. Stud. und Dokumente zur Gesch. 1036

Schoup der Jahre 1431–1437. Basel 1896, S. 54–106. – Pirmin Lindner: Familia S. Quirini in Tegernsee. Die ¨ Abte und M¨onche der Benediktiner-Abtei Tegernsee [...] und ihr lit. Nachleben. In: Oberbayerisches Arch. f¨ur vaterl¨andische Gesch. 50, Erg.-H. (1897) S. 18–130, hier S. 58–63; Nachtrag ebd. 50, Erg.H. Mu¨ nchen 1898. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2. Berlin 1965, S. 313. – Karl Joseph Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke (Frankfurter Theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972, S. 264–271. – Johannes Helmrath: Das Basler Konzil 1431–1449 [...] (K¨olner hist. Abh. 32). K¨oln/Wien 1987, S. 206, 356. – Wolfgang Winhard: Die Benediktinerabtei Wessobrunn im 18. Jh. Mu¨ nchen/Z¨urich 1988, S. 16. – Max Spindler (Hg.): Hb. der bayer. Gesch. SF Bd. 2. Mu¨ nchen 21988. Berthold von Wiesbaden OFM. – Prediger, erste H¨alfte 15. Jh. Der Franziskaner B. stellte eine Sammlung von Heiligenpredigten zusammen, die zumindest teilweise von ihm selbst verfasst wurden. In der a¨ltesten erhaltenen Hs. aus dem Jahr 1428 tr¨agt die Sammlung den Titel Collectura sermonum de Sanctis, wurde aber sp¨ater auch als Collectio sermonum bezeichnet. Obwohl B.s Sammlung als Hilfestellung f¨ur Prediger eine gewisse Verbreitung erlangte, steht eine ¨ vollst¨andige Erforschung ihrer Uberlieferung noch aus. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 9001 (1428, Schreiber Johann Sack). – Ansbach, Schloßbibl., Ms. lat. 9, Bl. 1r–379v (Pap., um 1504, lat., genaue Auflistung der B. zugeschriebenen Predigten bei Keller 1994, s. Lit.). – Lt. Ruh 1978 (s. Lit.) sind B.s Predigten auch in den M¨unchner Codices Clm 15326, Clm 4751 und Clm 11463 enthalten. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 825. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 13 (1926) S. 337–365; ebd. 14 (1927) S. 297–332; ebd. 15 (1928) S. 96–120, 316–348. – Karl Heinz Keller: Kat. der lat. Hss. der Staatlichen Bibl. (Schloßbibl.) Ansbach 1. Ms. lat. 1–Ms. lat. 93. Wiesbaden 1994, S. 25–28. – Bert Roest: Franciscan Literature of Religious Instruction Before the Council of Trent. Leiden u. a. 2004, hier S. 45. MM 1037

1. H¨alfte 15. Jh. Messerkl¨arung Sider nu die heilig messe. Einer Einleitung, die sich vor allem gegen die Hoffart (der Frauen) richtet folgt im Wesentlichen → Marquards von Lindau Messerkl¨arung im Rahmen des Eucharistietraktats mit getilgter Dialogform. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, cod. C 10 f., 273v–283r (aus dem Dominikanerinnenkloster ¨ Otenbach in Z¨urich, 1436, hochalemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 448 f. – Guido Hoppeler: Ein Erbauungs- und Andachtsbuch aus dem Dominikanerinnenkloster Oetenbach in Z¨urich vom Jahre 1436. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 18 (1924) S. 210–216. – Annelies J. Hofmann: Der Eucharistie-Traktat Marquards v. Lindau. T¨ubingen 1960. BJ Schoup, Johannes. – Leutpriester, Verfasser eines Traktats und von Predigten. S. ist in einer Berliner Handschrift als Leutpriester am Straßburger M¨unster erw¨ahnt. Der gleiche Codex u¨ berliefert in dt. Sprache vier Predigten und einen kurzen Traktat S.s. Der Traktat Es sint trierhande trehen behandelt Lk 19,41 und k¨onnte urspr¨unglich Teil einer Predigt gewesen sein, da diese Bibelstelle als Sonntagsperikope Verwendung fand. Die vier Advents- und Sonntagspredigten stammen aus dem Jahr 1436. Sie behandeln Mk 7,37 (Sonntag nach Pfingsten), Joh 6,12 (Sonntag vor Advent), Mt 21,5 (mit Zacharias 9,9; erster Advent) und Mt 11,3 (dritter Advent). Die Predigten enthalten in ihrer Gliederung mehrere wiederkehrende Bestandteile, so das jeweilige Textwort im Original ¨ und als Ubersetzung, ein Ave Maria und die Paraphrase der jeweiligen Tagesperikope. In zwei F¨allen ist zus¨atzlich ein Prooemium eingef¨ugt; daneben erl¨autert S. auch andere Meßtexte (z. B. Introitus). Neben katechetischen Abschnitten enthalten die Predigten auch Kritik an menschlichen Lastern und am Klerus. Als Autorit¨aten werden Aristoteles, → Bernhard von Clairvaux, → Heinrich von Friemar und Robert Holcot genannt. Den → Vitaspatrum entlehnte S. ein Exempel. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 206, 180v–187v, 192v–200v, 239v–266v (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). Ausgaben: Pfleger 1907 (s. Lit.) S. 87, 81 f. (Ausz¨uge). Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 8 (1992) Sp. 839–841. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 68–72 u. o¨ . – Le livre de 1038

1. H¨alfte 15. Jh. Bourgeoisie de la ville de Strasbourg, 1440–1530. Bd. 3. Hg. v. Charles Wittmer/J. Charles Meyer. Straßburg/Z¨urich 1961, S. 201 f. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin. Bd. 1 (MTU 8). Nachdr. M¨unchen 1964, S. 97–101. – Andreas R¨uther/H.-J. Schiewer: Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerklosters St. Nikolaus in Undis. Hist. Bestand, Gesch., Vergleich. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der FU Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/H.-J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–193. MM Strober, ¨ Konrad OFM, † 1443. S. war Lektor, Guardian und Weihbischof in Regensburg, zeitweise Kustos der Franziskanerprovinz Bavaria. Eine Identit¨at mit dem → Striber ist fraglich. S. ist vermutlich der Verfasser einer 1436 in Straßburg gehaltenen Pfingstpredigt, die vom Bibelwort «Habebunt vitam eternam» ausgeht. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 206 (olim Dt. SB/ DDR), 215v–222v. Ausgabe: Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2. Mu¨ nchen 1985, S. 117–125. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 9 1995) Sp. 453 f. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 22. – Florenz Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 96–120. – Ruh (s. Ausg.), S. 117 f. BJ Der Striber OFM. Der S. wird in der Handschrift als Verfasser eines Kurztraktats (einer Predigt) u¨ ber zw¨olf Zeichen des Hl. Geistes genannt; er wird n¨aherhin als Barf¨ußer und Baccalaureus bezeichnet. Der von dem S. an Pfingsten 1437 bei den Deutschherren in Straßburg vorgetragene Text behandelt zw¨olf Zeichen, die zeigen sollen, ob man die Gabe, Kraft und Gnade des allm¨achtigen Gottes empfangen habe; zwischen Ehe-, Witwen- und Jungfrauenstand wird unterschieden. Dreigliedrigen Gruppen werden jeweils vier Zeichen f¨ur das Wirken des Hl. Geistes zugeordnet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 206 (olim Dt. SB/DDR), 266v–267v. Ausgabe: Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches 1039

Strober ¨ Schrifttum im dt. MA. Bd. 2. Mu¨ nchen 1985, S. 126 f. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 9 1995) Sp. 416 f. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 27, 60. – Florenz Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 169–193. – Ruh (s. Ausg.), S. 105. BJ Freiburger Perikopen. – Perikopenkompilation. Die F. P. bezeichnen ein deutschsprachiges Lektionar des 15. Jh., das vielleicht im Straßburger Reuerinnenkloster entstand. Dies wird zumindest durch die als Schreiberin nachgewiesene Katharina Ingolt nahegelegt. Es d¨urfte dort als Erbauungsund Tischlekt¨ure geschrieben worden sein. Sein großer Umfang hebt das Werk aus der Masse a¨ hnlicher Plenare heraus, kompiliert es doch 464 Evangelien- und Epistelperikopen sowie 138 Predigten bzw. Glossen. W¨ahrend die Predigten den Festtagen gewidmet sind, behandeln die Perikopen auch die gew¨ohnlichen Wochen- und Sonntage des Kirchenjahrs. Quelle f¨ur die Predigten ist die Els¨assische Legenda aurea des → Jacobus de Voragine. Die Glossen der F. P. sind in zwei Zyklen eingeteilt, deren erster aus dem Einsiedeln-Z¨urcher Lektionar stammt. Der zweite Zyklus wurzelt in der hochdt. Plenar¨uberlieferung des sog. Heidelberger Typs. ¨ Im Laufe der Uberlieferung wurden die urspr¨unglichen Perikopen h¨aufiger durch andere dt. ¨ Ubertragungen ersetzt oder erweitert. In der Frei¨ burger Handschrift (s. Uberlieferung) finden sich Bibelperikopen aus dem Commune sanctorum und dem Sanctorale. Auch die M¨unchner Handschrift weist Sanctorale-Bestandteile auf. Zus¨atzlich gingen ¨ die F. P. bald in die gedruckte Uberlieferung u¨ ber und bildeten den Grundstock des Spiegels menschlicher behaltnis mit den episteln und evangelien (gedruckt Basel 1476), der die F. P. um eine dt. Prosaversion des → Speculum humanae salvationis erg¨anzt. Wie die um 1480 entstandene M¨unchner Handschrift zeigt, ¨ liefen handschriftliche und gedruckte Uberlieferung dabei zun¨achst noch parallel. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, cod. C 38, 1r–17v (Pap., 1443, hochalemannisch). – Freiburg/Schweiz, Bibl. des Cordeliers, cod. 17, 1a–738b (1462, els¨assisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 1040

Gebetbucher ¨ fur ¨ Erzherzog Albrecht V. 157, 1ra–55vb (Perg., Straßburg, um 1480, els¨assisch, unvollst.). Ausgaben: Teilausg./-faks. in Splett 1987 und Palmer 2009 (s. Lit.). Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 11 (2004) Sp. 458–461. – ‹das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem acker ...› Die hochdt. ¨ Ubers. v. Mt 13,44–52 in ma. Hss. Hg. v. Jochen Splett. G¨oppingen 1987, S. 40, 166 f. – Ders.: ¨ Die Zuordnung zu Ubersetzungszweigen. Darge¨ stellt anhand der hochdt. Ubers. v. Mt 13,44–52 in ma. Hss. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch. Hg. v. Heimo Reinitzer. Frankfurt/M. 1991, S. 34–58, hier S. 52. – N. F. Palmer: Dt. Perikopenhss. mit der Glosse. Zu den Predigten der sp¨atma. dt. Plenarien und Evangelistare. In: ebd., S. 273–296, hier S. 283. – Ders.: Bibel¨ubers. und Heilsgesch. Stud. zur Freiburger Perikopenhs. v. 1462 und zu den deutschsprachigen Lektionaren des 15. Jh. Berlin/New York 2007. – Ders.: Die M¨unchner Perikopenhs. Cgm 157 und die Handschriftenproduktion des Straßburger Reuerinnenklosters im sp¨aten 15. Jh. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel. Berlin/New York 2009, S. 263–300. – Carsten Kottmann: Das ¨ buch der ewangelii und epistel. Unters. zur Uberl. und Gebrauchsfunktion s¨udwestdt. Perikopenhss. Mu¨ nster/Westf. u. a. 2009. MM Niklas von Salzburg. – Prediger, erste H¨alfte 15. Jh. Von N. sind in sechs Handschriften zwei deutschsprachige Predigten ohne mystisches Vokabular u¨ berliefert. Die erste handelt von der Entr¨uckung des Apostels Paulus in den dritten Himmel und beantwortet die Frage, aus welchen vier Gr¨unden Paulus deswegen gepriesen werde. Die zweite Predigt befasst sich mit den f¨unf Wegen Gottes zur Seele des Menschen. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 705 (371; G 33), 462r–469r. – Ebd., Cod. 856 (881; Q 10), 215v–226r (pap., 1455, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Cod. 970 (347; G 7) , S. 259–274 (Pap.). – Ebd., Cod. 1752 (651; L 79), 144v–155r (Pap., 1438, bair.o¨ sterr.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 790, 143v–152r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.). – Wien, ¨ ONB, Cod. 14269, 246r–254v (Pap., o¨ sterr.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 1015 f. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Bd. 5. Wiesbaden 1984, S. 348 f. BJ 1041

1. H¨alfte 15. Jh. Silvester von Rebdorf Can Aug, * wahrscheinlich vor 1400 Passau, † 1465 Rebdorf bei Eichst¨att. – Propst von Rebdorf. S. war Dekan im Stift Rebdorf, 1447 Reformator im Stift St. Mang, 1451–1454 Propst von Rebdorf. Als einzige deutschsprachige Schrift ist der Brief an die Schwestern von Pulgarn u¨ ber Armut im Kloster erhalten, in dem sich S. gegen jede Art von Besitz im Ordensleben ausspricht. ¨ Uberlieferung: 12 Hss., vgl. → Privatbesitz im Ordensleben. – Zus¨atzlich: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 837, 227r–234r, 245r–257v (Rebdorf, Ende 15. Jh.). – Ebd., Clm 14816, 83r–114v. – Ebd., Clm 14820, 423r–452v (beide Regensburg, St.Emmeram, zweite H. 15. Jh.). – Clm 14919, 178r–198v (ebd., Mitte ¨ 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 13756*, 1r–18v (Ostschwaben, Ende 15. Jh.). Zu den lat. Schriften S.s geh¨ort der vor allem f¨ur Ordensgeistliche bestimmte Tractatus bzw. Meditationes de passione domini, meist zusammen u¨ berliefert mit den Speciales breves ac particulares meditationes de passione Christi. ¨ Uberlieferung: Zahlreiche Hss., verschiedene Fassungen, auch in dt. Sprache (¨ubersetzt u. a. von Wolfgang → Kydrer und Ursula → Satzenhofer); vgl. VL2 8 (1992) Sp. 1250. Neben Predigten (Zyklus f¨ur alle Sonn- und Festtage, 1447) sind zwei Briefe an zwei Pr¨opste von Augustinerchorherrenstiften erhalten. Literatur: Karin Schneider, VL2 8 (1992) Sp. 1248–1253. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schr.n. d. Franziskaners Konrad B¨omlin. Tl. 1 (MTU 8). Mu¨ nchen 1964, S. 129 f. – Adolar Zumkeller: Mss. v. Werken der Autoren des Augustiner-Eremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibliotheken (Cassiciacum 20). W¨uzburg 1966, S. 406 Nr. 876, S. 606 Nr. 646 d. – Ernst Reiter: Rebdorf. In: Monasticon Windeshemense. Tl. 2: Dt. Sprachgebiet (Archives et Biblioth`eques de Belgique. Archief- en Bibliotheekswezen in Belgie, num´ero sp´ecial 16). Br¨ussel 1977, S. 351, 359, 361. BJ Gebetbucher ¨ fur ¨ Erzherzog Albrecht V. Auftraggeber oder zumindest Empf¨anger der G. war der Habsburger Albrecht V. (1397–1439), der 1438 zum K¨onig Albrecht II. gekr¨ont wurde. Die G. sind in zwei Handschriften in Wien (W) und Melk (M) u¨ berliefert. Wie die darin verzeichneten Wappen nahelegen, wurde W wohl vor Albrechts Kr¨onung geschrieben, da nur M auch 1042

1. H¨alfte 15. Jh. die maßgeblichen Wappen B¨ohmens und Ungarns enth¨alt. Als Entstehungsort beider G. gilt Melk, als Illustrator der Wiener Albrechtsminiator. Er schuf f¨ur die Handschriften neben den Wappen auch ein Portr¨at Albrechts innerhalb einer Kommunionsdarstellung. Inhaltlich werden die G. durch dt. Texte liturgischer wie nichtliturgischer Provenienz bestimmt. Umfangreich ist vor allem der Anteil der Kommunionsgebete (1r–60v); hinzu kommen eine Ostermette und (Buß-)Psalmen, Andachten und Gebete zur Passion Christi sowie Marien- und Heiligengebete. Neben anonymen St¨ucken stehen dabei Texte bekannter Verfasser wie (Seitenangaben nach W) → Johann von Neumarkt (u. a. Tagzeiten vom Leiden Christi, 174r–177r), → Jordanus von Quedlinburg (65 Artikel, 62r–87r), → Ekbert von Sch¨onau (Meditationes de humanitate Christi, 99r–112v) und → Johannes Militsch von Kremsier (Kommunionsgebet, 15v–17v). Zwischen den eigentlichen Gebetstexten wurde auch der Ablass von Papst Bonifaz VI. in die Handschrift aufgenommen (51v). ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, cod. 2722 (Perg., Melk [?], um 1438, dt., eine Schreibhand). – Melk, Stiftsbibl., cod. 1080 (Perg., Melk [?], um 1438/39, dt.). Ausgaben: Ausz¨uge bei Nimmervoll 1969 und Pirker-Aurenhammer 2002 (s. Lit.). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1123 f. – Ders., MarLex 2 (1989) S. 590. – Joseph Neuwirth: Stud. zur Gesch. der Miniatur¨ malerei in Osterreich. In: Sb. der phil.-hist. Kl. der kaiserlichen Akad. der Wiss. 113 (1886) S. 129–211, hier S. 188–194. – Hans Tietze: Die Denkmale des ¨ politischen Bezirkes Melk (Osterreichische Kunsttopographie 3). Wien 1909, S. 337–339. – Johann v. Neumarkt: Schr. 4. Hg. v. Joseph Klapper. Berlin 1935, Nr. 7–15 u. o¨ . – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952, S. 112. – Hermann Men¨ hardt: Verz. der altdt. Lit. Hss. der ONB 1. Berlin 1960, S. 218 f. – Franz Unterkircher: Abendl¨andi¨ sche Buchmalerei. Miniaturen aus Hss. der ONB. Graz u. a. 1967, S. 102–105. – Dominik Nimmervoll: Das Gebetbuch f¨ur Albrecht V. (Codex Vindobonensis 2722). Ein Beitr. zur Erforschung des mittelbair. Sprachzustandes und der religi¨os¨ geistigen Welt des 15. Jh. in Osterreich. Diss. Wien 1043

Himmel von Weits 1969. Nachdr. Wien 1973 (mit verschiedenen Textausz¨ugen). – P. Ochsenbein: Die dt. Privatgebete ¨ Johanns v. Neumarkt. Uberlieferungsgesch. Stud. zu einer bislang unbekannt gebliebenen Londoner Hs. In: AB¨ag 12 (1977) S. 145–164. – 900 Jahre Benediktiner in Melk. Jubil¨aumsaustellung 1989. Hg. v. Ernst Bruckm¨uller. Melk 1989, S. 175 f. – Veronika Pirker-Aurenhammer: Das G. f¨ur Hzg. Al¨ ¨ brecht V. von Osterreich (Wien, ONB, Cod. 2722) (Codices illuminati I,A,2). Graz 2002. MM Himmel von Weits, Johannes (Hymel, Coeli), * 1390 Weiz/Steiermark, † 11.11.1450 Wien. – Theologe, Prediger. H. studierte seit 1406 an der Universit¨at Wien die K¨unste und zus¨atzlich die Theologie, in der er 1416 den Baccalaureus erwarb. Seit etwa 1425 lehrte er bei den Artisten und den Theologen, war daneben dreimal Rektor der Universit¨at (1425, 1437, 1441) und mehrmals Dekan beider Fakult¨aten. Mit seiner Promotion 1430 wechselte er endg¨ultig an die Theologische Fakult¨at. Seit jenem Jahr u¨ ber¨ nahm H. auch mehrere kirchliche Amter. So war er 1430–33 Offizial des Passauer Bischofs, seit 1430 Kanonikus am Wiener Stephansdom und seit 1437 auch Domherr in Olm¨utz. H. spielte auch als Kirchendiplomat eine Rolle: Herzog Albrecht V. von ¨ Osterreich entsandte ihn 1432 auf das Konzil von Basel. Dort agierte H. auch als Prokurator des Bischofs von Freising und, zusammen mit Thomas → Ehrendorfer, zeitweise als Repr¨asentant der Universit¨at Wien. Im Zuge des Streits um den Status des Konzils gegen¨uber dem Papst wurde H. zuletzt gebannt. H. predigte 1434 im Basler Dominikanerinnenkloster «An den Steinen». Eine deutschsprachige Predigt u¨ ber Lk 2,21 aus jenem Jahr ist noch erhalten. Thema ist die Beschneidung Jesu, die im Text nach dem geistlichen, sittlichen und zeitlichen Schriftsinn gedeutet wird. So wird die Vorbereitung des Jungen auf die Beschneidung allegorisch mit der Bereitung der Seele zur mystischen Reinheit gleichgesetzt. Diese h¨ohere Bedeutung der Beschneidung wird auch sittlich-moralisch auf das Leben im Kloster angewandt. ¨ Uberliefert sind auch lat. Advents-, Sonntagsund Marienpredigten, deren Zuschreibung jedoch teilweise umstritten ist. H. hinterließ weiterhin den lat. Traktat Determinatio u¨ ber die Heiligung des Sonntags sowie ebenfalls lat. Stellungnahmen und Mitteilungen. Insgesamt steht H.s Bedeutung als 1044

Peter von Gengenbach Prediger deutlich hinter seiner kirchendiplomatischen T¨atigkeit zur¨uck. ¨ Uberlieferung: Dt. Predigt von 1434: Berlin, SBB, Mgq 166, 330r–342r (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgq 206, 384v–402v (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgf 741, 11ra–18vb (Pap., 1496, schw¨abisch). – ¨ Zur Uberl. von H.s lat. Texten vgl. Worstbrock/ Ladisch-Grube 1983 (s. Lit.). Literatur: Franz Josef Worstbrock/Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1983) Sp. 24–27; 11 (2004) Sp. 674. – Roger Aubert, DHGE 23 (1993) Sp. 579 f. – Rudolph Kink: Gesch. der kaiserlichen Univ. zu Wien 1. Wien 1854 (Nachdr. Frankfurt/M. 1969) S. 156 f. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. M¨unchen 1931, S. 159 f. u. o¨ . – Hyacinthus Ameri: Doctrina theologorum de Immaculata B. V. Mariae Conceptione tempore Concilii Basiliensis. Rom 1954, S. 70 f., 81 f. u. o¨ . – Karl Kamminger: J. Himel. In: Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart. Beitr. zur Kultur- und Wirtschaftsgesch. Hg. Stadt Weiz. Weiz 1958, S. 29–39. – Isnard Wilhelm Frank: Hausstudium und Univ.studium der Wiener Dominikaner bis 1500. Wien u. a. 1968, S. 212, 219 u. o¨ . – Johannes Baptist Schneyer: Winke f¨ur die Sichtung und Zuordnung sp¨atma. lat. Predigtreihen. In: Scriptorium 32 (1978) S. 231–248, hier S. 237 f. MM Tafel der christlichen Weisheit. – Zusammenstellung von katechetisch-aszetischen Texten, praktischen Lebensweisheiten und medizinischen Ratschl¨agen, entstanden wahrscheinlich um 1438/39. Der unbekannte Verfasser des Textes, der Anspielungen auf das Basler Konzil enth¨alt und politische Ereignisse erw¨ahnt, war wahrscheinlich Ordensgeistlicher. Es werden 126 katechetische St¨ucke aufgez¨ahlt, dabei die katechetischen Kernst¨ucke u. a. durch praktische Anweisungen f¨ur den Alltag, Hinweise zur Erhaltung der Gesundheit und Lebensregeln erweitert (vgl. die Laienregel des Dietrich → Engelhus). Es lassen sich vier Themenkreise unterscheiden: a) theologisch-katechetischer Teil (Seelenlehre, 7 Todsu¨ nden, 7 Sakramente, 7 Gaben und 12 Fr¨uchte des Hl. Geistes u. a.); b) naturkundlicher Teil (7 Wochentage, 7 Planeten, 4 Jahreszeiten, 4 Elemente u. a.); c) praktischrechtlicher Teil (Berufsst¨ande, Obrigkeit, Essen u. Trinken, Kirchenbann, 7 Lebensalter u. a.); eschatologischer Teil («Ars moriendi», 15 Vorzeichen 1045

1. H¨alfte 15. Jh. des J¨ungsten Gerichts, H¨olle, ewige Seligkeit). Der Verfasser benutzte den Renner → Hugos von Trimberg, den er auch als Lekt¨ure empfiehlt. ¨ Uberlieferung: Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 270, 8r–68r (Pap., ostfr¨ankisch-nordbair.). – Heidelberg, UB, Cpg 471, 66r–68v (Perg. und Pap.). – M¨unchen, BSB, Cgm 234, 124va–159va (Pap., 1458, nordbair.). – Ebd., Cgm 523, 204v–234va (Pap., 1471, ostschw¨abisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 86.3 Aug. 2°, 1r–39v (Pap., 1472, niederalemannisch). Literatur: Dagmar Gottschall, VL2 9 (1995) Sp. 574–576. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 83–101. – Karin Baumann: Aberglaube f¨ur Laien. Zur Programma¨ tik und Uberl. sp¨atma. Superstitionenkritik (Quellen und Forschungen zur europ¨aischen Ethnologie 6). 2 Bde. W¨urzburg 1989, bes. Bd. 1, S. 187–190. – Dietrich Schmidtke: Die ‹Laienregel› des Dietrich Engelhus und ihr literar. Kontext. In: Dietrich Engelhus. Beitr. zu Leben und Werk. Hg. v. Volker Honemann (Mitteldt. Forschungen 104). K¨oln u. a. 1991, S. 128–146, hier S. 141 f. BJ Peter von Gengenbach OP, * sp¨ates 14. Jh., † um 1452/53. – Prior, Prediger. P. erscheint 1420 als Prior des Straßburger Dominikanerklosters. Im selben Jahr zum Vikar f¨ur die Reform der Frauenkl¨oster der Di¨ozese Straßburg ernannt, wurde er wegen seines umstrittenen Vorgehens vom Generalkapitel von 1426 zu sechs Jahren Exil verurteilt. Er lebte zeitweise in Basel (1429 erfolgloser Versuch der Reform des Basler Steinenklosters). 1437 ist er als Generalvikar der Kl¨oster der reformierten Dominikanerinnen nachgewiesen. Von P. ist eine Predigt u¨ berliefert, die er am 25.9.1436 anl¨asslich der Einschließung der Else Linser in die St. Gallen-Klause des Straßburger Vororts K¨onigshofen hielt. Die Predigt zeichnet sich durch schlichte Sprache aus und verzichtet auf gelehrte Ausf¨uhrungen. ¨ Uberlieferung: Straßburg, StB, Cod. B 146 (Pap., verbrannt). Literatur: Volker Honemann, VL2 7 (1989) Sp. 434 f. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 523–525. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. 1046

1. H¨alfte 15. Jh. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 17–27, 50–52. – Johannes Meyer: Buch der Reformacio Predigerordens. Hg. v. Benedikt M. Reichert (Quellen und Foschungen zur gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 2/3). 2 Bde., Leipzig 1908/09, S. 77–79, 82, 97 f., 109–111, 150. – Annette Barthelm´e: La r´eforme dominicaine au XVe si`ecle en Alsace et dans l’ensemble de la province de Teutonie. Straßburg 1931, S. 45–47, 54, 56, 58, 60–62, 64, 100, 142. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin (MTU 8). M¨unchen 1964, S. 97–101 (zur Hs.). BJ Basler Totent¨anze. – Basler Totentanz auf dem Predigerfriedhof und Wandgem¨alde im Kloster Klingental. Der Basler T. auf dem Friedhof der Predigerkirche – auch Großbasler oder Prediger-Totentanz genannt –, neben dem L¨ubecker Gem¨alde einer der bekanntesten seiner Art, befand sich auf der Innenseite der Mauer, die den zum Dominikanerkloster geh¨origen Laienfriedhof begrenzte. Er war rund 57,6 m lang und ca. 1,5 m hoch. Zu sehen waren 39 Tanzpaare, die sich von rechts, von einem S¨undenfall ausgehend, nach links auf ein Beinhaus und eine Predigerszene zu bewegten. Neben den jeweils vierzeiligen Strophen, die den einzelnen Figuren zugeordnet waren, gab es am Anfang und am Ende des Gem¨aldes Inschriftentafeln. Gegen¨uber ¨ angegebenen Jahder von Matth¨aus Merian d. A. reszahl 1439 geht die neuere Forschung (Egger) davon aus, dass der Totentanz in den fr¨uhen Konzilsjahren (1431–35/36) entstanden sei. Der K¨unstler ist unbekannt. Der Totentanz wurde mehrfach restauriert und dabei stellenweise u¨ bermalt; keine der zahlreichen Kopien bietet den Originalzustand. Beim Abriss des Totentanzes 1805 retteten Basler B¨urger 19 Fragmente, die heute im Historischen Museum der Stadt ausgestellt sind (zur Restaurierung durch Hans Hug Kluber 1568, zu Hulderich Fr¨olichs Totentanz-Drucken und Merians Kupferstichen sowie zu der 1998 von Uli Wunderlich neuentdeckten Gouachenfolge des Basler Totentanzes s. Warda, S. 233–255). Bei dem Klingentaler Wandgem¨alde (1860 zerst¨ort), das von der fr¨uhen Forschung f¨ur das a¨ltere der beiden Gem¨alde gehalten wurde, handelt es sich um eine j¨ungere, etwa 1480 entstandene Nachbildung des Totentanzes auf dem Friedhof der Basler Predigerkirche. Bei weitgehender 1047

Basler Totent¨anze ¨ Ubereinstimung der beiden Totent¨anze gibt es Unterschiede, die sich nicht durch die Modernisierung durch Kluber erkl¨aren lassen. So finden sich nur in Klingental Figuren wie der Patriarch, der Erzbischof und die Begine; unterschiedlich ist auch der Beginn der Totent¨anze und die Reihenfolge der Gestalten zu Beginn bei den Vertretern der Kirche. Die beiden Totent¨anze weichen aber auch im Text voneinander aber, sowohl sprachlich als auch inhaltlich. ¨ Uberlieferung: a) Hulderich Fr¨olich (Hg.): Lobspruch An die Hochloblich vnnd Weitber¨umpte Statt Basel [...]. Basel 1581. – Ders.: Der hochloblichen vnd weitber¨umpten Statt Basel kurtze/ aber nutzliche Beschreibung [...] sampt des Todtentanzes [...]. Basel 1608. – [Matth¨aus Me¨ Todten=tanz/ Wie derselbe in der rian d. A.]: e e Statt Basel/ Als ein loblichen und weitberuhmten Spiegel Menschlicher Beschaffenheit [...]. Frankfurt 1646. – Hs. des E. B¨uchel, 1773 (Kupferstichkabinett Basel A 102) u. a. – b) Text in Hs. des E. B¨uchel, 1766 (Kupferstichkabinett Basel A 106). – H. F. Maßmann: Die Baseler Todtent¨anze in getreuen Abb. Nebst geschichtlicher Untersuchung, so wie Vergleichung mit den u¨ brigen dt. Todtent¨anzen [...] (Der Schatzgr¨aber in den literarischen und bildlichen Seltenheiten [...], F¨unfter Theil). Stuttgart 1847, T. I–XII (beide Texte, krit. Ausg.). Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 1 (1978) Sp. 633 f. – Fran¸cois Maurer: Die Kunstdenkm¨aler des Kantons Basel-Stadt. Abh. u¨ ber die Wandbilder v. Rudolf Riggenbach (IV. Die Kirchen, Kl¨oster und Kapellen. Zweiter Tl.: St. Katharina bis St. Niklaus). Basel 1961. – Ders.: Die Kunstdenkm¨aler des Kantons Basel-Stadt. (V. Die Kirchen, Kl¨oster und Kapellen. Dritter Tl.: St. Peter bis Ulrichskirche). Basel 1966. – Paul-Henry Boerlin: Der Basler Prediger-Totentanz. Gesch. und erste Restaurierungsergebnisse. In: Unsere Kunstdenkm¨aler 17 (1966), Sp. 128–140. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 103–117. – Franz Egger: B. T. Basel 1990. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze [...]. (Nd. Stud. 36). K¨oln/Wien 1990. – Patrick Layet: B. T. 1583. In: ‹Ihr m¨ußt alle nach meiner Pfeife tanzen›. Totent¨anze vom 15. bis 20. Jh. aus den Best¨anden der Herzog August Bibl. Wolfenb¨uttel und der 1048

Johannes von Mainz Bibl. Otto Sch¨afer Schweinfurt (Ausstellungskataloge der HAB 77). Wolfenb¨uttel 2000, S. 57–60. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura et poiesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 225–269. BJ Ulmer Totentanz. Der 1440 im Ulmer Wengenkloster unter Abt Ulrich Strobl, der am Basler Konzil (1431–49) teilnahm, gemalte Totentanz ist m¨oglicherweise nach Vorlagen aus Basel entstanden. Der Text mit 24 Tanzpaaren folgt dem → Oberdeutschen vierzeiligen Totentanz. ¨ Uberlieferung: Ulmer Wengenkloster, o¨ stlicher Kreuzgang, gemalt 1440 (140 cm hoher Gem¨aldestreifen, darunter Schriftband; 1923 Teilst¨uck «Kaiser» bis «Arztpartner» aufgedeckt, 17.12.1944 durch Brand zerst¨ort; 1944 Teilst¨uck «Edelmann» bis «Kind» aufgedeckt, bis auf «Edelfrau» mit zwei Todespartnern durch Witterung zerst¨ort). Ausgaben: Text bis Arztpartner bei Weser (s. Lit.). – Lesarten aus dem U. T. im krit. Text des Oberdeutschen vierzeiligen Totentanzes bei Rosenfeld 1954 (s. Lit.) S. 308–318 (dort als W¨urzburger Totentanztext bezeichnet). Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 9 (1995) Sp. 1235. – Rudolf Weser: Der U. T. im Wengenkloster. In: Ulmische Bll. f¨ur heimatliche Gesch., Kunst und Denkmalspflege 1 (1924/25) S. 81–83. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung – Entwicklung – Bedeutung (Beihefte zum Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). Mu¨ nster/K¨oln 1954. 31974, S. 95–97, Abb. 16. – Reinhold Hammerstein: Tanz und Musik des Todes. Die ma. Totent¨anze und ihr Nachleben. Bern/Mu¨ nchen 1980, S. 67, 160. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze (Nd. Stud. 36). K¨oln/Wien 1990, bes. S. 175 f. BJ Der von Tubingen. ¨ – Verfassername zweier kurzer Eucharistie-Traktate in einer Handschrift der ersten H¨alfte des 15. Jh. ¨ Eine Straßburger Handschrift (s. Uberl.) u¨ berliefert unter dieser Bezeichnung zwei kurze Texte zur Eucharistie; der Verfasser ist nicht identifiziert und die Entstehungszeit der Texte nicht ermittelt. Im ersten Text werden die der Kommunion vorausgehende Reue, Beichte und Buße in Form einer Gerichtsverhandlung behandelt; der zweite 1049

1. H¨alfte 15. Jh. Text l¨adt zur Kommunion ein und schildert den Nutzen des Altarsakraments und den Schaden bei Unterlassung. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 90, 282r–284r, r v 284 –287 (wahrscheinlich aus einem Straßburger Kloster, zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch). Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 9 (1995) Sp. 1116 f. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Diss. masch. T¨ubingen 1956, S. 213–216. – Anneliese J. Hofmann (Hg.): Der Eucharistie-Traktat Marquards v. Lindau (Hermaea, NF 7). T¨ubingen 1960, S. 79–84. – Kurt Illing: Alberts des Großen ‹Super missam›-Traktat in ¨ mhd. Ubertragungen (MTU 53). M¨unchen 1975, S. 71–98. SF Engelsuß, ¨ Kaspar, Straßburg. – Im 15. Jh. in Straߨ burg lebender Ubersetzer der Legende der hl. Reparata. 1442 und 1448 als Priester in Straßburg verzeichnet, u¨ bertrug E. 1439 die lat. Legende der hl. Reparata (BHL 7183) in eine dt. Prosaversion und f¨ugte ihr eine Namensetymologie an. Ein astronomischer Traktat u¨ ber die 36 Sternbilder stammt wohl ebenfalls von ihm. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 17, 322r–325r. – Colmar, Bibl. de la ville, Cod. 265, 157v–160v. Ausgabe: Wolfgang Stammler: Prosa der dt. Gotik (Literarhist. Bibl. 7). Berlin 1933, S. 101–104. Literatur: Marie-Luise Seyler: VL2 2 (1980) Sp. 564 f.; 11 (2004) Sp. 411 f. – Hans Rott: Quellen und Forschungen zur s¨udwestdt. und schweizerischen Kunstgesch. im 15./16. Jh. III. Abt. Bd. 3,1. Stuttgart 1936, S. 205. – Hermann Knaus: Els¨assische astronomische Hss. des 15. Jh. In: B¨orsenbl. f¨ur den Dt. Buchhandel. Frankfurter Ausg. zum 30. Dezember 1959, S. 1955 f. – Werner WilliamsKrapp: Stud. zu ‹Der Heiligen Leben›. In: ZfdA 105 (1976) S. 279. SF Johannes von Mainz (Johannes Fyntzel, auch Binder gen.) OP, † 1.3.1457 Sch¨onensteinbach/Elsass. – Biograph. J. war Dominikaner und Weltgeistlicher. Um 1431/32 hielt er sich im Gefolge des Mainzer Erzbischofs Konrad III. am Konzil in Basel auf. Dort trat er nach Konrads Tod 1434 in den Konvent der Dominikaner strikter Observanz ein, wo er seit 1442 als Lektor unterrichtete. 1444 wurde J. Beichtvater 1050

1. H¨alfte 15. Jh. bei den Dominikanerinnen in Sankt Maria Magdalena (Basel) und 1447 bei den Dominikanerinnen in Sch¨onensteinbach. Von J. ist ein dt. Bericht u¨ ber Leben und Sterben des Heinrich Fabri (1452) u¨ berliefert. Der Text schildert auf erbauliche Weise die Vita von J.s Vorg¨anger als Beichtvater in Sch¨onensteinbach. J. hinterließ in dt. Sprache auch ein geistliches Mahnschreiben (um 1442–47) und ein Trostschreiben (1444), in dem er sich an die Sch¨onensteinbacher Nonnen wendet. Diese hatten im Zuge der ArmagnacRaubz¨uge ihr Kloster verlassen m¨ussen, worauf J.s Brief mit tr¨ostenden Worten antwortet. Eine weitere dt. Schrift J.s wird von Johannes Meyer erw¨ahnt (s. Lit.), ist aber verloren. Zu J.s lat. Texten z¨ahlt u. a. eine Beschreibung der Klosterreform, mit der die Basler Dominikaner die strenge Observanz einf¨uhrten. ¨ Uberlieferung: Fabri-Vita: Berlin, SBB, Mgq 191, 115r–118v (Pap. und Perg., um 1400, alemannisch). – Trost- und Mahnschreiben: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 20, 180r–189r (Pap., nach 1444, n¨urnbergisch). – Breslau, UB, Cod. IV F ¨ 194a, 148v–151v (Pap., um 1450). – Zur lat. Uberl. vgl. Neumann 1983. Ausgabe: Vom gottseligen Leben und Abscheiden des Bruders Heinrich Fabri, Beichtigers zu Sch¨onensteinbach (gest. 1452). Hg. v. Luzian Pfleger. In: Bulletin eccl´esiastique de Strasbourg 44 (1925) S. 228–235. Literatur: Hans Neumann, VL2 4 (1983) Sp. 675–677. – Simon Tugwell: Jean de Mayence. In: DHGE 27 (2000) Sp. 281 f. – Veronika FellerVest, HLS 6 (2007) S. 798. – Johannes Meyer: Buch der Reformacio Predigerordens. Hg. v. Benedikt Reichert. 2 Bde. Leipzig 1908/09, bes. Bd. 1, S. 1–106 und Bd. 2, S. 1–160. – Gilles Meersseman: Concordia inter quatuor ordines mendicantes. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 4 (1934) ¨ S. 75–97, hier S. 96 f. – Gabriel M. L¨ohr: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 173–178, hier S. 178. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 480 f. – Franz Egger: Beitr. zur Gesch. des Predigerordens. Die Reform des Basler Konvents 1429 und die Stellung des Ordens am Basler Konzil 1431–1448. Bern u. a. 1991, S. 25–71. – Falk Ei¨ sermann: ‹Stimulus amoris›. Inhalt, lat. Uberl., dt. ¨ Ubersetzungen, Rezeption (MTU 118). T¨ubingen 2001, S. 266. MM 1051

Anna von Sissach Anna von Sissach OP, † 1462. – Reformpriorin, 15. Jh. A. war zun¨achst Schaffnerin in St. Maria Magdalena an den Steinen in Basel; 1445 wurde sie als Priorin in das Dominikanerinnenkloster St. Michael in der Insel Bern geholt, wo sie eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung der Reform spielte. A. unterst¨utzte wahrscheinlich als Assistentin und Schreiberin Johannes → Meyer bei der Erstellung verschiedener Werke, darunter bei der Vita der Margarethe St¨uhlinger und der Chronik des Inselklosters. H¨ochstwahrscheinlich wurde von A. selbst das Regelbuch (Liber vitae) des Inselklosters angelegt; nach ihrem Tod wurde es bis 1492 fortgef¨uhrt. Es handelt sich bei dem Liber vitae um ein Verzeichnis der Schwestern und Beichtv¨ater, dem kurze historische Einsch¨ube beigef¨ugt sind. In der Aufz¨ahlung erscheint auch der Name «Elisabeth von Eige», wobei diese wohl mit → Elsbeth von Oye identisch sein d¨urfte. ¨ Uberlieferung: Bern, Burgerbibl., Ms. A 53, 72ra–75va (Regelbuch des Inselklosters). Literatur: Claudia Engler, VL2 11 (2004) Sp. 107 f. – Johannes Meyer: Buch der Reformacio Predigerordens. Hg. v. Benedikt Maria Reichert. Leipzig 1909, S. 101 f. – C. Engler: Regelbuch und Observanz. Diss. Phil. Bern 1998. – Wolfram Schneider-Lastin: Die Fortsetzung des Oetenbacher Schwesternbuchs und andere vermißte Texte. In: ZfdA 124 (1995) S. 201–210. – C. Engler: Bern, St. Michael in der Insel. In: Die Dominikaner und Dominikanerinnen in der Schweiz. Bd. 2. Bearb. v. Urs Amacher (Helvetia Sacra 4/5/2). Basel 1999, S. 610–630, hier S. 629. – W. Schneider-Lastin: Leben und Offenbarungen der Elsbeth v. Oye [...]. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Berlin u. a. 2009, S. 395–467, hier S. 451, 454, 456. SF Filinger, Bechtold. – Theologe, Verfasser einer emblematischen Predigt. F. war als Weltpriester an der Allerheiligenkirche in Straßburg t¨atig. Seine Lebensdaten sind unbekannt; erw¨ahnt ist er in einer Handschrift von ca. 1435. Darin ist eine Predigt F.s u¨ ber Joh 10,11 u¨ berliefert. Das darin enthaltene Hirtengleichnis wird von F. emblematisch ausgedeutet: Das von den 1052

Es kommt ein schiff geladen Schafen gegessene Gras entspricht dem Wort Gottes, die Blumen den christlichen Tugenden. Weitere Werke F.s sind nicht bekannt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 35, 13r–23r (Papier, Nikolauskloster Straßburg, um 1435). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 736. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 524 f. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 66 f. MM ABC vom Altarssakrament. – Traktat, 15. Jh. In der Form des Alphabets werden die Geheimnisse des Altarssakraments und damit die Passio Christi dargestellt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, UB, 8° Cod. ms. 277, 52r–66r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., nordbair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 215, 122rb–127ra (Pap., 1451–57, nordbair.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b III 8, 253r–268r. Literatur: Volker Honemann, VL2 1 (1978) Sp. 6. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15). Sigmaringen 1997, S. 106 f. BJ Es kommt ein schiff geladen. – Geistliches allegorisches Lied, entstanden wahrscheinlich im 15. Jh. In der Vergangenheit wurde das Advents- und Weihnachtslied E. k. e. s. g. h¨aufig dem Mystiker Johannes → Tauler zugeschrieben; der a¨lteste bekannte Textzeuge stammt jedoch aus der Mitte ¨ des 15. Jh., weiter l¨asst sich die Uberlieferungsgeschichte nicht zur¨uckverfolgen. Die Verfasserschaft Taulers ist somit unwahrscheinlich, auch wenn sich ¨ theologische Ubereinstimmungen zu seinem Werk finden lassen. Inhaltlich bestimmend ist f¨ur das Lied die auf Maria und die Menschwerdung Christi bezogene Schiffsmetaphorik; so wird in einigen u¨ berlieferten ¨ Liedfassungen (s. Uberl.) die schwangere Gottesmutter als beladenes, einlaufendes Schiff dargestellt. Mast und Segel werden auf den Hl. Geist und die Minne hin ausgedeutet. Alle Fassungen (außer 2) zeichnen sich durch ihre Weihnachtsmotivik aus. In das Straßburger Gesangbuch Daniel Sudermanns (1550–1631) von 1626 wurde das Lied unter dem Titel Es kompt ein Schiff geladen aufgenommen. Formal zeichnet sich E. k. e. s. g. durch den einfachen Strophenbau aus zwei Langzeilen (3x–3a, 1053

1. H¨alfte 15. Jh. 3x–3a) aus; Fassungen 1 und 4 haben einen ebenfalls aus zwei Langzeilen zusammengesetzten Refrain. ¨ Uberlieferung: 1. Berlin, SBB, Mgo 53, 181v–182r (Pap., aus dem Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nicolaus in undis, um 1450, els¨assisch; f¨unf Str. mit Refrain). 2. Berlin, SBB, Mgo 224, 103v (1470/80?, aus dem Augustinerinnenkloster Inzigkofen bei Sigmaringen; vier Str.). 3. Berlin, SBB, Mgo 185, 273–276 (Ende 15. Jh., aus einem Frauenkloster mit CaecilienPatrocinium in Deventer; acht Str.). 4. → Werdener Liederbuch (um 1500; 13 Str. mit Refrain). 5. → Ebstorfer Liederbuch (Anfang 16. Jh.; drei Str.). 6. Hsl. Eintrag in einem verschollenen Exemplar v. Gesang vnd Psalmenbuch, M¨unchen 1586 (sieben Str.). 7. Cath. Geistl. Ges¨ange ... Von der Fraternitet S. Ceciliae Zu Andernach. C¨olln 1608 (Andernacher ¨ Gesangbuch; acht Str., einzige Uberl. mit Melodie). 8. D[aniel] S[udermann], Etliche Hohe geistl. Ges¨ange, Straßburg um 1626, Blatt F (sechs Str.). – Hsl. Fassungen v. Sudermanns Bearb.: Berlin, SBB, Mgq 202, 367v–368r. – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1885, S. 879. 9. Seit der Mitte des 19. Jh. neu verbreitete Fassungen gehen auf Nr. 7 und Nr. 8 zur¨uck. Ausgaben: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 458–460. – Edward Schr¨oder: Die Ebstorfer Liederhs. In: NdJb 15 (1889) S. 1–30, hier S. 23. – Sr. M. Eucharis Becker: Unters. zu dem Tauler zugeschriebenen Lied ‹E. k. e. S. g.›. In: Johannes Tauler, ein dt. Mystiker, Gedenkschr. zum 600. Todestag. Hg. v. Ephrem Filthaut. Essen 1961, S. 77–92, hier S. 77–86. – Dt. Gedichte des MA. Mhd./Neuhochdt. Ausgew¨ahlt, u¨ bers. und erl. v. Ulrich M¨uller. In Zusammenarbeit mit Gerlinde Weiss (RUB 8849). 2., u¨ berarb. und aktualisierte Aufl. Stuttgart 2009, S. 438 f. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 2 (1979) Sp. 625–628; 11 (2004) Sp. 424. – Franz M. B¨ohme: Altdt. Ldb. Leipzig 1877, Nr. 517. – Marie Josepha (G. G. Wilbrink): Das geistliche Lied der Devotio moderna (Disquisitiones Carolinae 2). Nijmegen 1930, S. 131–136. – Becker (s. Ausg.) S. 77–92. – Paul Alpers/Markus Jenny: ‹E. k. e. S., g.›. In: Jb. f¨ur 1054

1. H¨alfte 15. Jh. Liturgik und Hymnologie 10 (1965) S. 147–152. – Viviane Mellinghoff-Bourgerie: Zur Gesch. des Liedes ‹E. k. e. S., g.›. Von Ephraim dem Syrer zu Johannes Tauler. In: Jab. f¨ur Liturgik und Hymnologie 33 (1990/1991) S. 111–129. – Christa Reich: ‹E. k. e. S., g.›. In: Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. H. 5. Hg. v. Gerhard Hahn/J¨urgen Henkys. G¨ottingen 2002, S. 10–16. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 92, 169. – C. Reich: Es kommt ein Schiff. In: Geistliches Wunderhorn. Große dt. Kirchenlieder. Hg., vorgestellt und erl. v. Hansjakob Becker u. a. Mu¨ nchen 2009, S. 60–68. – Mu¨ ller (s. Ausg.) S. 581. SF Heidelberger Bilderkatechismus. Der um 1460 in ostmitteldt. Sprache verfasste Traktat (im Prolog als «gemoltes bucheleyn» bezeichnet) stammt vermutlich von einer Hand. Wegen der Heranziehung der dt. Summa des → Berthold von Freising muss das Werk wohl in der ersten H¨alfte des 15. Jh. entstanden sein. Der (unvollst¨andig u¨ berlieferte) Text, der mit den Illustrationen korreliert, besteht nach einem knappen Prolog (1r) aus folgenden Abschnitten (Bezeichnungen nach Werner): Dekalog und die zehn ¨ a¨gyptischen Plagen (als Strafen f¨ur die Ubertretung der Zehn Gebote; 1v–35r), Gedicht von den Zehn Geboten (35r–37r), Wahre Beichte und Buße (37r–38r), S¨unden- und Beichtspiegel (38v–56r), Gott ruft den Su¨ nder zur Buße (56r–69v), Warum S¨under sich nicht bekehren (69v–78r), Vom Aufschub der Beichte (78r–84v), Von der Verantwortung f¨ur die S¨unden anderer (84v–95v), Die sieben Tods¨unden (95v–110v). ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 438, 1r–110v (Pap., um 1455/58, ostmitteldt.; 74 ganzseitige, zum Teil mit Spruch- und Schriftb¨andern versehene Illustrationen). Faksimileausgabe: Die Zehn Gebote, Beichtund S¨undenspiegel, Biblia pauperum, Totentanz, Symbolum apostolicum, Septimania poenalis, Planetenbuch, Fabel vom kranken L¨owen, Dekalog. Farbmikrofiche-Edition der Handschrift und der Blockb¨ucher in dem Cod. Pal. Germ. 438 der Universit¨atsbibl. Heidelberg. Beschreibung des Sammelbandes von Wilfried Werner (Monumenta xylographica et typographica 3). M¨unchen 1994. 1055

Heidelberger Bilderkatechismus Literatur: Volker Honemann, VL2 11 (2004) Sp. 598–601. – Johannes Geffcken: Der Bildercatechismus des funfzehnten Jh. und die catechetischen Hauptst¨ucke in dieser Zeit bis auf Luther. Bd. 1: Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438. Leipzig 1855. – Verdeutschung der Evangelien und sonstiger Teile des NT v. den ersten Anf¨angen bis Luther. Beitr. zu ihrer Gesch. nebst einem Anhang ‹Dt. Bilder zum Dekalog› (Bibel und dt. Kultur 5). Potsdam 1935, S. 283–293. – Elmar Mittler/Wilfried Werner: Mit der Zeit. Die Kurf¨ursten von der Pfalz und die Heidelberger Hss. der Bibliotheca Palatina. Wiesbaden 1986, S. 94–97 (Nr. 19–20). – Blockb¨ucher des MA. Bilderfolgen als Lekt¨ure. Hg. Gutenberg-Ges./GutenbergMuseum. Mainz 1991. – Matthias Miller/Karin Zimmermann: Die Codices Palatini germanici in der Universit¨atsbibl. Heidelberg (Cod. Pal. germ. 304–495) (Kataloge der Universit¨atsbibl. Heidelberg VIII). Wiesbaden 2007, S. 423–430. BJ Hel, Erhard OP. – Prediger, erste H¨alfte 15. Jh. Der aus N¨urnberg stammende Dominikaner H. ist 1440 in dem Basler Kloster ad Lapides als Beichtvater bezeugt. W¨ahrend des Konzils zu Basel hielt er als Dominikanerlesemeister eine Predigt: «Dise predig geh¨ort u¨ ber das Ewangelium als der her ihesus ainen vsseczigen rain macht vnd det sy bruoder Erhart lesmaister». Vielleicht ist er identisch mit einem «Meister Erhard», dem eine Predigt u¨ ber Mt 6,25 in der Handschrift Nu¨ rnberg, StB, Cod. Cent. VI 60, 79r–106v (aus dem Katharinenkloster N¨urnberg, Mitte 15. Jh.) zugeschrieben wird. M¨oglich ist auch eine Identit¨at mit Gerhard → Comitis (bzw. Gerhard [von Straßburg]). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 741, 40rb–43ra (1496, schw¨abisch). Literatur: Christine Michler, VL2 3 (1981) Sp. 942 f. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geyler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 21, 52. – Benedikt Reichert (Hg.): J. Meyer O.P. Buch der Reformacio Predigerordens. Buch 4 und 5. Leipzig 1908, S. 75. – Gabriel Maria L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1925, ¨ bes. S. 55, 134. – Ders.: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948/50) S. 178. – Emil Albin 1056

Visio Sancti Pauli I Erin: Das Kloster der Reuerinnen S. Maria Magdalena An den Steinen zu Basel. Freiburg/Schweiz 1956, S. 29, 158. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 372 f. – Bal´azs J. Nemes: Dis buch ist iohannes schedelin. Die Hss. eines Colmarer B¨urgers aus der Mitte des 15. Jh. und ihre Verflechtungen mit dem Literaturangebot der Dominikanerobservanz. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alemannischen Raums 1). Berlin/New York 2009, S. 157–214, hier S. 177–181. SF Posser, Hieronymus (Poczner, Jeronimus de Salczburga, Hieronymus v. Salzburg), * um 1400 Salzburg, † 8.11.1454 Kuchl/Land Salzburg. – Prediger und Seelsorger. Nach einem Studium in Wien, dem eine Lehrt¨atigkeit an der dortigen Artistenfakult¨at folgte, kehrte P. sp¨atestens 1446 nach Salzburg zur¨uck, wo er bis 1452 Pfarrvikar der Stadtpfarrkirche zu ULF war und wo er das PredigerBenefizium innehatte. Zuletzt ist er als Pfarrer in Kuchl bezeugt. Sieben Handschriften nennen P. als Verfasser zweier lat. Predigtzyklen Rustilogus de tempore et de sanctis auf der Grundlage der Flores de sanctis, dazu kommen einige unter P.s Namen u¨ berlieferte Einzelpredigten; auch eine umfangreiche lat. Expositio decem praeceptorum decalogi, eine k¨urzere lat. Darstellung desselben Themas und der juristische Tractatus de quattuor iuribus parochalibus stammen von ihm. Unsicher ist die Zuweisung eines Beicht- und eines Meßtraktats sowie eines Traktates u¨ ber tugendsames Leben und die Gnade Gottes an ihn. P. gilt ferner als Verfasser einer umfangreichen dt. Auslegung der Zehn Gebote in Predigtform. Der Aufbau orientiert sich an dem Schema einer Beichttafel; die sieben Haupts¨unden werden dabei den zehn Geboten zugeordnet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1199. – Budapest, Nationalbibl., Cod. Germ. 22. – G¨ussing, Bibl. des Franziskanerklosters, Hs. 1/32. – Mu¨ nchen, BAB, Cgm 632. – Ebd., Cgm 5255. – Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 D 1 (fr¨uher 23 B 10; 26 A 16). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a II 11. – Ebd., Cod. a II 16. – Ebd., Cod. a III 28. – Ebd., Cod. b III 13. – Ebd., Cod. b IV 4. Literatur: Gerold Hayer, VL2 7 (1989) Sp. 791. – Hugo Weish¨aupl: Salzburger Predigten um die 1057

1. H¨alfte 15. Jh. Mitte des 15. Jh. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 35 (1911) S. 161–175, 552–561. – Konrad Josef Heilig: Krit. Stud. zum Schrifttum der beiden Heinriche v. Hessen. In: R¨omische Quartalsschr. 40 (1932) S. 105–176. – Josef Staber: Ein altbayerischer Beichtspiegel des 15. Jh. In: Bayerisches Jb. f¨ur Volkskunde (1963) S. 7–24. – G. Hayer: Der Salzburger Prediger und Jurist H. P. († 1454). ¨ Biogr. – Werke – Uberl. In: FS Adalbert Schmidt. Hg. v. Gerlinde Weiss unter Mitwirkung v. GerdDieter Stein (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 4). Stuttgart 1976, S. 193–219, hier S. 212. – Johanna Sallaberger: Johann v. Staupitz [...]. In: FS St. Peter zu Salzburg. Hg. v. Kuno Bugmann u. a. Salzburg 1982, S. 218–269. – G. Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarb. v. Dagmar Kratochwill, Annema¨ rie Mu¨ hlb¨ock und Peter Wind (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA 3/1). Wien 1982, S. 77–80. SF Visio Sancti Pauli I (Paulusapokalypse). – Lat. Jenseitsvision (erstmals bezeugt 5. Jh.), dt. Prosa¨ubersetzungen 14./15. Jh. Die lat. V. S. P. beruht auf einem in der urspr¨unglichen Fassung nicht erhaltenen griechischen Prosatext aus der ersten H¨alfte des 5. Jh., der seinerseits vielleicht eine Bearbeitung einer noch a¨ lteren Vorlage war. Schon in dieser altchristlichen griech. Fassung sind die wichtigsten Motive der V. S. P.Tradition des gesamten MA enthalten: Schilderung der Jenseitserlebnisse in Ich-Form, Fokussierung auf das Schicksal der Seelen unmittelbar nach dem Tode, Darstellung der Trennung von Leib und Seele mit den Anspr¨uchen der Engel und D¨amonen, Schilderung der su¨ ndenspezifischen Straforte und der «Sabbatruhe» in der H¨olle w¨ahrend der Nacht und des Tages der Auferstehung. In der Kirchenv¨aterzeit stieß die V. S. P. vielfach auf Ablehnung, doch hatte sie im 8. Jh. einen viel h¨oheren Verbreitungsgrad als ihr Vorl¨aufer und ihre Grundlage, die Petrusapokalypse, erlangt. Es sind zwei Hauptfassungen als Ausgangspunkt der redaktionellen Textentfaltung zu differenzieren, die auf ¨ verschiedenen lat. Ubersetzungen des griechischen Originals beruhen: Eine a¨ ltere Langfassung (L1), die f¨ur das 5. Jh. bezeugt und ab dem 8./9. Jh. u¨ berliefert ist. Sie ist Grundlage f¨ur sp¨atere Redaktio¨ nen und die meisten volkssprachigen Ubersetzungen (ab dem 10. Jh., zuerst im Altenglischen). Die 1058

1. H¨alfte 15. Jh. zweite Langfassung (L2) ist deutlich j¨unger (12. Jh. [?]) und in lediglich drei Handschriften u¨ berliefert. Sie ist Grundlage einer mhd. Versbearbeitung des sp¨aten 12. Jh. (→ V. S. P. II), der dadurch eine rezeptionsgeschichtliche Sonderstellung zukommt. Die V. S. P. in ihren zahlreichen europaweiten Bearbeitungsstufen ist der Bezugsspunkt f¨ur das Gros der sp¨ateren ma. Visionsliteratur (z. B. → Visio Drycthelmi, → Visio Fursei, → Visio monachi Eyneshamensis, Visio Tnugdali des Bruder → Marcus und Jenseitsberichte wie → Brandans Meerfahrt, → Fegfeuer des hl. Patricius oder die → Visiones Georgii). In den meisten ma. Redaktionen wird Paulus’ Jenseitsreise auf den Besuch in der H¨olle im Zustand der Verz¨uckung reduziert, nur die von karolingischen Codices uberlieferten Redaktionen VI ¨ und XI berichten auch von der Reise durch die St¨atten der Gerechten. Die Passage von der Sabbatruhe tritt in einigen Bearbeitungen so sehr in den Vordergrund, dass das Motiv der Sonntagsheiligung bei diesen nachgerade zum zentralen Thema wird. Das gilt u. a. f¨ur die Redaktion III, die auch ins Deutsche u¨ bersetzt wurde. Es sind insgesamt vier sp¨atma. dt. Prosa¨ubersetzungen der V. S. P. bekannt, drei (voneinander unabh¨angige) der Redaktion III und eine von Redaktion VII. ¨ ¨ Uberlieferung: Lat.: Uber 50 Hss. Vgl. Silverstein 1935, S. 220–222. – VL2 10 (1999) Sp. 418. – ¨ Dt. Ubers. der Red. III: Berlin, SBB, Hdschr. 411 (vormals Privatbesitz Antiquariat G¨unther, Hamburg, Ms. 30; davor Privatbesitz Robert Blass, Z¨urich, Hs. Nr. 7a), 79va–81rb (Pap., 1475, bair.o¨ sterr.; Incipit: «Der suntag ist ain besunder heilger derwelt tag wann an dem selben tag so frewent sich die engel»). – Heidelberg, UB, Cpg 118, 151r–156v (Pap., letztes Viertel 14. Jh. bis Anfang 15. Jh., th¨uringisch mit mittelfr¨ankischem und nd. Einschlag; Incipit: «Ez ist eyn frage wer erst irworbe dy roywe den selen in dem fegefur»). – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berol. mgq 1870 (vormals Berlin, SBB, Mgq 1870; davor Wernigerode, F¨urstlich Stolbergische Bibl., Cod. Zb 10), 11v–15r (Perg., zweites Viertel/Mitte 15. Jh., bair./niederalemannisch; Incipit: «An dem suntag hat got weschaffen alle dinck und hat volpracht ¨ alles sein dinck»). – Dt. Ubers. der Red. VII: Colmar, StB, Ms. 306 (Kat.-Nr. 213), 276r–277v (Perg., zweites Jahrzehnt 15. Jh., els¨assisch; Incipit: «Vnse schribet Sant Paulus alz er wart in dene himel verzuket dz gotte ouch wolt das gesehe die pine der helle»). 1059

Visio Sancti Pauli I Ausgaben: Lat.: PL 94, Sp. 501 f. (Red. IV). – Brandes 1885 (s. Lit.) S. 75–80 (Red. IV). – Montague Rhodes James: Apocrypha anecdota. A Collection of Thirteen Apocryphal Books and Fragments. Cambridge 1893 (Nachdr. 1967) S. 11–42. (L1). – Paul Meyer: La Descent de Saint Paul en Enfer. In: Romania 24, Paris 1895, S. 365–375 (Red. IV). – Silverstein 1935 (s. Lit.) S. 129–218 (L1/2; Red. I–III u. V–VIII). – Silverstein 1959 (s. Lit.) S. 229–247 (Red. III, IX und X). – Dwyer 1988 (s. Lit.) S. 125–129 (Red. XI). – Edgar Hennecke/Wilhelm Schneemelcher: Neutesta¨ mentliche Apokryphen in dt. Ubers. Bd. 2: Apostolisches, Apokalypsen und Verwandtes. Tu¨ bingen 6 1997 (Studienausg. 1999) S. 644–675. – Carozzi 1994 (s. Lit.) S. 179–299 (L1/2). – Theodore Silverstein/Anton Hilhorst: Apocalypse of Paul. A New Critical Edition of Three Long Latin Versions (Cahiers d’orientalisme 21). Genf 1997 (Synopse der Langfassungen und ‹V. S. P. II› mit Faks.). – Dt. ¨ Ubers. der Red. III: Brandes 1885, S. 83–88 (Mgq 1870). – Carl Reinholdt: Die Wundergeschichten des Cod. Pal. germ. 118. Diss. Greifswald 1913, S. 23–28. Literatur: Karl-Heinz Schwarte, TRE 3 (1978) S. 257–275, bes. S. 259–261 (Apokalyptik/Apokalypsen V). – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 103 f. – Peter Dinzelbacher, Lex. MA 8 (1997) Sp. 1733. – Nigel F. Palmer, VL2 10 (1999) Sp. 418, 423. – Hermann Brandes: V. S. P. Ein Beitr. zur Visionslitt. mit einem dt. und zwei lat. Texten. Halle 1885. – Th´eodor Batiouchkof: Le d´ebat de l’ˆame et du corps. In: Romania 20 (1891) S. 1–55, 513–578, bes. S. 17–38. – T. Silverstein: V. S. P. The History of the Apocalypse in Latin Together With Nine Texts. London 1935. – Douglas David Roy Owen: The Vision of St. Paul. The French and Proven¸cal Versions and their Sources. In: Romance Philology 2 (1958) S. 33–51. – T. Silverstein: The Vision of St. Paul. New Links and Patterns in the Western Tradition. In: Arch. d’histoire doctrinale et litt´eraire du moyen aˆ ge 34 (1959) S. 199–248. – Ders.: The Date of the ‹Apocalypse of Paul›. In: Mediaeval Studies 24 (1962) S. 335–248. – Ders.: Visiones et revelationes S. P. Una nuova tradizione di testi latini nel Medio Evo (Accademia nazionale dei Lincei. Problemi attuali di scienza e di cultura, Quaderno N. 188). Rom 1974. – Ders.: The Graz and Z¨urich Apocalypse of Saint Paul. An Independent Mediev. Witness to the Greek. In: Medieval Learning and Lit. FS Richard 1060

Horant William Hunt. Hg. Jonathan James Graham Alexander/Margaret Templeton Gibson. Oxford 1976, S. 166–180. – N. F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen 1982, S. 416 f. – James H. Charlesworth/James R. Mueller: The New Testament apocrypha and pseudepigrapha. A guide to publications, with excurses on apocalypses (ATLA bibliography series 17). Metuchen NJ 1987, S. 289–294, 307–309. – Claude Kappler: L’Apocalypse latine de Paul. In: Apocalypses et voyages dans l’Au-del`a. Hg. v. dems. Paris 1987, S. 237–266. – Carol Zaleski: Otherworld Journeys. Accounts of Near-Death Experience in Medieval and Modern Times. New York/Oxford 1987. Dt.: Nah-Todeserlebnisse und Jenseitsvisionen vom MA bis zur Gegenwart. Frankfurt/M. 1993. – M. E. Dwyer: An Unstudied Redaction of the V. P. In: Manuscripta 32 (1988) S. 121–138. – Peter Dinzelbacher: Die Verbreitung der apokryphen ‹V. P.› im ma. Europa. In: Mlat.Jb. 27 (1992) S. 77–90. – Claude Carozzi: Eschatologie et audel`a. Recherches sur l’ ‹Apocalypse de Paul›. Aixen-Provence 1994. – Sven Limbeck: ‹Turpitudo antique passionis›. Sodomie in ma. Visionslit. In: Visio Edmundi monachi de Eynsham. Interdisziplin¨are Stud. zur ma. Visionslit. Hg. Thomas Ehlen u. a. (ScriptOralia 105). T¨ubingen 1998, S. 165–226, hier S. 171 f. (Reg.). – Lenka Jirouˇskov´a: Die V. P. Wege und Wandlungen einer orientalischen Apokryphe im lat. MA unter Einschluß der alttschechischen und deutschsprachigen Textzeugen (Mlat. Stud. und Texte 34). Leiden u. a. 2006. – Jan N. Bremmer/Istv´an Czachesz (Hg.): The V. P. and the gnostic Apocalypse of Paul (Studies on early Christian apocrypha 9). L¨owen 2007 (Konferenzbd. mit Bibliogr. S. 211–236). – P. Dinzelbacher: Von der Welt durch die H¨olle zum Paradies – das ma. Jenseits. Paderborn 2007, bes. S. 165–180. VZ Funfbrunner, ¨ Konrad, † 1501 N¨urnberg. – Verfasser eines Briefs. Von F.s Leben sind nur seine Zugeh¨origkeit zum N¨urnberger Franziskanerkonvent und sein Todesdatum bekannt. Er verfasste einen Trostbrief an eine Witwe namens Barbara, der er offenbar den Tod ihres Mannes mitteilen musste. Vor dem Hintergrund biblischer Vorbilder und Aussagen wird ein gottgef¨alliges Leben im Witwenstand geschildert. 1061

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VII 20, 211v–215r (aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, zwischen 1444 und 1457). Ausgabe: Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2 (MTU 86). Mu¨ nchen 1985, S. 248–250. Literatur: K. Ruh, VL 2 2 (1979) Sp. 1013. – Ders. (s. Ausg.) S. 248. – Britta-Juliane Kruse: Witwen. Kulturgesch. eines Standes in Sp¨atMA und Fr¨uher Neuzeit. Berlin u. a. 2007, S. 71. SF Horant, Ulrich, † wahrscheinlich 1461. – Theologe, Verfasser eines Traktats. H. stammte aus Schweinfurt. Er war Magister und Priester sowie 1442–61 Kustos am N¨urnberger Heiliggeistspital. Wie aus einem Leihvermerk von 1442 im Kart¨auserkloster N¨urnberg hervorgeht, kannte er die Summa des → Thomas von Aquin. H. kann mit großer Sicherheit ein Kurztraktat Vom geistlichen Menschen zugeschrieben werden, der 1450 in N¨urnberg entstand. Der Text ist in mehreren Handschriften u¨ berliefert und wurde 1522 in Basel erstmals gedruckt. In seiner Schrift kritisiert H. Geistliche, die ihren Glauben nur durch a¨ ußerliche Akte zum Ausdruck bringen. H. betont dagegen die Bedeutung innerer Fr¨ommigkeit. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1929, 18r–20v (Pap., letztes Drittel 15. Jh., n¨urnbergisch). – Eichst¨att, UB, cod. sm 214, S. 360–367 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-alemannisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43b, 17r–19r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 482, 1r–5r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair.). – Ebd., Cgm 750, 45r–48v (Pap., 1454–68, nordbair.). – Ebd., Cgm 5926, 195r–198r (Pap., 1463, mittelbair.). – Prag, Nationalbibl., Cheb MS. 45/330 (9), 352r–356r (Pap., 1465, nordbair.). – Berlin, SBB, Mgq 1133, 16v–20r (Pap., 1468). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 447, 98r–103v (Pap., Ende 15. Jh., nordbair.). – Verz. auch bei Ruh 1969 (s. Lit.). Ausgaben: Teildr. in Hohmann 1975 (s. Lit.). Literatur: Karin Schneider, VL2 4 (1983) Sp. 139 f. – Roger Aubert, DHGE 24 (1993) Sp. 1104. – Hans Fromm: Zu Dietrichs von Apolda Vita der Elisabeth von Th¨uringen. In: ZfdPh 86, Sonderh. (1967) S. 20–45, hier S. 27–30 u. o¨ . – Kurt Ruh: Der ‹Frankfurter› (Theologica Deutsch) in Cod. 45/330 des Franziskanerklosters zu Eger (Cheb). In: ZfdA 98 (1969) S. 204–209, hier 1062

1. H¨alfte 15. Jh. S. 208. – Thomas Hohmann: Discretio spirituum. Texte und Unters. zur ‹Unterscheidung der Geister› bei Heinrich von Langenstein. Diss. W¨urzburg 1975. MM Vend, Johannes. – Verfasser eines Traktats f¨ur Klosterfrauen, m¨oglicherweise auch einer Predigt, Mitte 15. Jh. V. nennt sich kurz vor der Mitte des 15. Jh. selbst als Verfasser eines Traktats f¨ur Nonnen; u¨ berliefert ist dieser in einem offenbar autographen Arbeitsmanuskript in mittelbair. Schreibsprache. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VI, 58, 281r–291r (einzelner Faszikel, einer Sammelhs. des N¨urnberger Katharinenklosters beigebunden). Eine sp¨atere Hand schrieb ihm ferner eine im Katharinenkloster von Kunigunde Niklasin geschriebene Predigt aus dem Jahr 1446 zu. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 431, 279r–284r (1446). Nach eigener Aussage war V. Kaplan in einem Schwesternkonvent, ist als solcher in N¨urnberg aber nicht nachgewiesen; Sprache und Name weisen nach Oberbayern. Der Traktat widmet sich der Auslegung von Hld 3,11 und beschreibt die Eigenschaften der Jungfrauen, die das Jesuskind schauen und mit ihm umgehen sollen; Autorit¨atenzitate beziehen sich u¨ berwiegend auf die Kirchenv¨ater. Die stilistisch verschiedene, V. m¨oglicherweise zu Unrecht zugeschriebene Predigt handelt von Gottesliebe; Christus und seine Passion werden den Nonnen als Vorbild vorgestellt. Literatur: Karin Schneider, VL2 10 (1999) 206 f. – Dies.: Die Hss. der StB N¨urnberg. Bd. 1. 1965, S. 111, 197. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 3. Rom 1980, S. 42. SF Zweiundsiebzig Namen Marias. – Mit dem Wort «Diva» beginnender Katalog von meist 72 Namen und Ehrentiteln Marias zum Zweck der samst¨aglichen Ehrung. 1. Advocationes b. Mariae. Auslegung von 68 Namen Marias, an den Samstagen zu lesen oder zu h¨oren, in einer katalonischen Handschrift des ausgehenden 12. oder 13. Jh. u¨ berliefert: Barcelona, Archivo de la Corona de Arag´on, Cod. Ripoll 193, 4r–27v. – Ferner: Vallbona de las Monjas (L´erida), Archivo del Monasterio, Cod. 3, 23v–57r (14. Jh.). – Paris, Bibl. nat. de France, Ms. 1063

Vend lat. 3456. – Paris, Bibl. Ste-Genevi`eve, Ms. 24. – Florenz, Bibl. Medicea Laurenziana, Plut. XXXIV Sin. cod. 3. Ausgabe: Atanasio Sinu´es Ruiz: Advocaciones de la virgen en un c´odice del siglo II. In: Analecta sacra Tarraconensia 21 (1948) S. 1–34, hier S. 10–34. 2. Lat. Namenkatalog. Zusammenhang zum Advocationes-Traktat. Dieser meist lat., aber auch volkssprachliche, seit dem 14. Jh. u¨ berlieferte Katalog beginnt im Allgemeinen mit: «Diva, virgo, flos, nubes, regina» und ist oft mit einem «Offenbarungsbericht» verkn¨upft; darin wird erz¨ahlt, wie Maria dem Bischof von Sclavonia die ihr vom Hl. Geist eingegebenen Namen offenbart und bei regelm¨aßiger samst¨aglicher Andacht mit diesen Namen und sieben Ave Maria Teilhabe am ewigen Leben in Aussicht stellt. ¨ Uberlieferung im dt. Sprachgebiet: Avignon, Bibl. du mus´ee Calvet, Ms. 208, 243v ff. (s¨uddt. Herkunft, Anfang 15. Jh.). – Basel, UB, Inc. 35, 226v, 15. Jh. – Darmstadt, UB/LB, Hs 521, 255vb (um 1460/62). – Dessau, Anhaltische Landesb¨ucherei, Georg Hs. 56, 178r–179r (15. Jh.). – Ebd., Georg Hs. 57, Tl. I, 2v–3r, um 1477/78. – Ebstorf, Klosterbibl., Cod. IV 4, 145v–148r (erstes Viertel 16. Jh.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 519, 94v–95r (vor 1439). – Gda´nsk, Bibl. Gda´nska PAN (fr¨uher Danzig, StB), Ms. Mar. F 250, Tl. I, 95r (Anfang 15. Jh.). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Memb. II 80/81, 143v–145r (1459). – Halle, UB/LB, Qu. Cod. 75, 198ra-vb (15. Jh.). – Hamburg, SUB, Cod. in scrin. 31, Fragm. 19 (Anfang 15. Jh.). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W* 16, 211v–212r (15. Jh.). – Mainz, StB, Hs I 110, 70v (Ende 15. Jh.). – Hs I 127, 8r (Ende 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Clm 672, 69v–70r (15. Jh.). – Ebd., Clm 3702, 74r-v (1468). – Ebd., Clm 10125, 157r–158r (15. Jh.). – Ebd., Clm 11922, 69v (1501–1503). – Ebd., Clm 14926, 100v (15. Jh.). – Ebd., Clm 20015, 138v (um 1500). – Ebd., Clm, 26770, 46r (15. Jh.). – Oldenburg, LB, Cim I 72, 126v (Mitte 15. Jh.). – Prag, Archiv Praˇzsk´eho hradu, Knihovna Metropolitn´ı Kapituly, Cod. D 87, 144v (erste H¨alfte 15. Jh.). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Oct 54, 87v–88v (1443). – Ebd., Oct 58, 45v–46r (erstes Drittel 15. Jh.). – ebd., Oct. 62, 89r-v (15. Jh.). – Zwettl, Zisterzienserstift, Bibl., Cod. 135, 175v–176r (wohl Mitte 14. Jh., Nachtrag). Ein im S¨udosten des dt. Sprachraums bezeugter Katalog beginnt mit «Imperatrix, domina, theotho1064

Zweiundsiebzig Namen Marias cos, virgo, regina». Der Namensbestand ist großteils derselbe wie oben, wobei die Anordnung variiert. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 14528, 232rv (Regensburg, St. Emmeram, erste H¨alfte 14. Jh.). – Ebd., Clm 19635, 148v (Tegernsee, 14. Jh.). – Zwickau, Ratsschulbibl., Ms. I, XV, 3, 134r (um 1500). LXXII nomina beatae Mariae virginis. Glossengedicht von 1456 oder fr¨uher zum DivaKatalog. Auf einen Prolog von acht Versen folgen 72 Strophen zu je sechs Vagantenzeilen und ein Epilog von 14 Vagantenzeilen. Daran schließt der Offenbarungsbericht in Prosa an. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. GB 8° 124,151–168 (1456). Teilausgabe: Jakob Hubert Sch¨utz (Hg.): Summa Mariana. Bd. 2. Paderborn 1908, S. 787. Dt. Bearbeitungen: 1. Die lat. Namen sind vollst¨andig in zwei Meisterliedern enthalten; zum einen bei Michel → Beheim: Zwischen 1449 und 1457 lehnt er in sich einem Lied in seiner Hofweise an den DivaKatalog (Nr. 304; RSM 1Beh/304) an. Zum anderen begegnet eine Bearbeitung des ImperatrixKatalogs in einem Lied im Unbekannten Ton des → Nestler von Speyer (RSM 1Nestl/1), u¨ berliefert um 1460 in der Kolmarer Liederhandschrift. ¨ 2. Eine Ubersetzung des Diva-Katalogs ohne weitere Zus¨atze ist u¨ berliefert in: Berlin, SBB, Mgo 403, Tl. I, 9r-v (Mitte des 14. Jh., bair.). – Link¨oping (Schweden), StB, Stiftsavdelningen, Cod. T 10, 107v–108r (K¨oln, St. Barbara OCart, 15. Jh.). – Trier, StB, Hs 823/1696 8°, 176v–178 (zweite H¨alfte 15. Jh., moselfr¨ankisch). 3. Reimpaardichtungen. a) Siebzig Namen Marias. Nd. Glossengedicht des 14. Jh. nach dem Diva-Katalog von insgesamt 306 Versen. ¨ Uberlieferung: Trier, Bistumsarchiv, Abt. 95, Nr. 540, 227r–233v ((wohl Hildesheim, OCart, um 1400). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 72, 184r–192v. – Ms. theol. germ. 8° 85, 256v–270r. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 1142 Helmst., 30r–38v. b) Siebenundsiebzig Namen Marias. Nd. Glossengedicht des 14. oder 15. Jh. nach dem Diva-Katalog, verbunden mit den f¨unf Namen M(ediatrix)-A(uxiliatrix) - R(eparatrix) - I(lluminatrix) - A(diutrix) von 282 Versen. ¨ Uberlieferung: Uppsala, UB, Cod. C 496, 81r–88r (nach 1471). 1065

1. H¨alfte 15. Jh. c) Lobpreis zu den zweiundsiebzig Namen Marias. Hochdt., wohl 14. Jh. Insgesamt 198 Verse. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4701, 171r–177r (Regensburg, St. Emmeram, drittes Viertel 15. Jh.). ¨ 4. Glossierende Prosa-Ubertragungen des DivaKatalogs sind seit dem sp¨ateren 15. Jh. in ripuarischen und ndl. und selten auch in nd. hsl. Gebetb¨uchern u¨ berliefert. a) Gegroit systu Maria, eyne riche goedynne der werelt, eyne reyne maget [...]. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, UB/LB, Hs 1916, 154v–155v (K¨oln, um 1470). – Ebd., Hs 247, 206r–209r (K¨oln, um 1525). – Ebd., Hs 1923, 320r–323v (K¨oln, um 1525). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. GB 8° 190, 42r–45r (ripuarisch, 15. Jh.). b) Wes gegroit blome des kamps, luchtende wolke, koningynne der barmherticheit [...]. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W 39, 156v–161v (15. Jh., ndl. in o¨ stlicher F¨arbung). – Darmstadt, UB/LB, Hs 490, 281v–284r (1574). – Ebd., Hs 1908, 212v–213v, um 1530 (?). – Stuttgart, LB, Cod. brev. 20, 286v–288v (16. Jh.). c) O Maria reyne konnyngynne, Du bist der engele keiserynne [...] Ghegrot sijstu maria, du bist gehilliget van godes hant [...]. Nd. Grußgebet. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 1293 Helmst., 396r–401r (15. Jh., nd.). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W 52, 178v–184v (1522, ripuarisch/nd.). – Paderborn, Erzbischo¨ fl. Akad. Bibl., Theodoriana Ba 59 (16. Jh., nd.). Ausgabe: Sch¨utz, S. 787 f. d) Ndl. Versionen. Bei Luc Indestege (Hg.): Een Diets Gebedenboek uit het begin der zestiende eeuw (Koninklijke academie voor nederlandse taal- en letterkunde. Reeks 3, Nr. 37). Gent 1961, S. 210–212. – weiters Br¨ugge, StB, Hs. 334, 138v ff. (15. Jh.). – G¨ottingen, SUB, 8°, Cod. Ms. Theol. 283, 17r–30r (um 1600). – Paris, Bibl. nat. de France, Ms. n´eerl. 40, 178r–179v (um 1550). – Utrecht, Museum Catharijneconvent, BMH h 96, 123v–129r (15. Jh.). 5. Hochdt. Druckfassungen. a) Siebenundsiebzig Namen Marias. Offenbarungsbericht und Diva-Katalog mit Glossen, umfangreiches Bittgebet. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Friedrich Creußner, um 1493. – Wohl Druckabschrift: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 499, 178v–183r (16. Jh.). 1066

1. H¨alfte 15. Jh. b) Zweiundsiebzig Namen Marias. Enthalten im Wurzgarten (→ Hortulus animae). Knappe Glossierung des Diva-Katalogs. ¨ Uberlieferung: Wurzgarten, 1501 (L5), 256r–257r; 1503 (L12; VD 16; H 5079), 260v–261v. – Druckabschriften: Berlin, SBB, Mgo 578, 67r–69r (16. Jh.). – Halle, UB/LB, Q. Cod.141, 174v–177r (Anfang 16. Jh.). Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1698–1709. – Rudolf Beer: Die Hss. des Klosters Santa Maria de Ripoll. Bd. 2 (Sb. der kaiserlichen Akad. der Wiss. in Wien. Phil.-Hist. Bd. 158, Abh. 2). Wien 1908, S. 62, 64. – Cipriano Baraut: Un recull de miracles de Santa Maria, procedent de Ripoll [...]. In: Maria – Ecclesia, Regina et Mirabilis (Scripta et documenta 6). Montserrat 1956, S. 127–161. – Gilles Gerard Meersseman: Der Hymnos Akathistos im Abendland. Bd. 1 (Spicilegium Friburgense 2). Freiburg 1958, S. 94–96. – Karl Stackmann: Der Spruchdichter Heinrich v. M¨ugeln [...] (Probleme der Dichtung. Bd. 3). Heidelberg 1958, S. 44. – Gerard Achten/Hermann Knaus: Dt. und ndl. Gebetbuchhss. der Hessischen LB und Hochschulbibl. Darmstadt. Darmstadt 1959, S. 170. – Bibl. nationale. Catalogue g´en´eral des manuscrits latins. Bd. 5. Paris 1966, S. 439 f. – Frieder Schanze: Meisterliche Liedkunst zwischen Heinrich v. Mu¨ geln und Hans Sachs. Bd. 1 (MTU 83). M¨unchen 1982, S. 184–187, 214 f. – Vera Sack: Die Inkunabeln der UB und anderer o¨ ffentlicher Slg. in Freiburg i. Br. und Umgebung Bd. 2 (Kat. der UB Freiburg i. Br. 2,1). Wiesbaden 1985, S. 616, Nr. 1843. – Hans Ulrich Schmid: Die ma. dt. Inschriften in Regensburg (Regensburger Beitr. zur dt. Sprach- und Lit.wiss. 40). Frankfurt/M. 1989. – Johannes Rettelbach: Variation – Derivation – Imitation (Fru¨ he Neuzeit 14). T¨ubingen 1993, S. 196. – Karin Schneider: Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis Tomus V Editio altera, Pars VII). Wiesbaden 1996, S. 369–372. – Max L¨utolf (Hg.): Geistliche Ges¨ange des dt. MA. Bd. 1 (Das dt. Kirchenlied. Abt. 2). Kassel u. a. 2003, Nr. 117. SF Krone unserer Lieben Frau. – Titel sp¨atma. «Koronen» (Gebetszyklen), denen die regelm¨aßige Wiederholung des Ave Maria und anderer Gebete zugrunde liegt. Die Gebete, die auf dem Gedanken fußen, Maria einen Kranz («coronam») aus Gebeten zu flechten, 1067

Krone unserer Lieben Frau begegnen als Marienoffizium, Marienleben und Marienpreis. I. Marienoffizium. 1. Divae Mariae corona secundum praedicatorum ordinem des Bartholom¨aus von Trient Inc.: «Gegroit sijstu sterne des mers hoege gotz moeder». F¨unf liturgische Psalmen mit Antiphonen, Versikel und Doppelgebet nach jedem Psalm; die Anfangsbuchstaben bilden den Namen MARIA. Zu Beginn steht der Hymnus → Ave maris stella. ¨ Uberlieferung: Paris, Bibl. Nat., Ms. lat. 10532, S. 309–317 (lat.). – Trier, StB, Hs. 825, 92r–98r (moselfr¨ankisch). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 237, 61r–65v (k¨olnisch). – Ebd., Hs. 1831, 77r–82v. – Budapest, Bibl. der Ungarischen Akad. der Wiss., Cod. K 540, 63r–70r (westf¨alisch). Literatur: Jacques Qu´etif/Jacques Echard: Scriptores Ordinis Praedicatorum. Bd. 1. Paris 1719, S. 98, Nr. 5. – Thomas Esser: Gesch. des englischen Grußes. In: Hist. Jb. 5 (1884) S. 97 f., Anm. 1. – Heribert C. Scheeben: Der lit. Nachlaß Jordans v. Sachsen. In: Hist. Jb. 52 (1932) S. 67. 2. Corona beatae Mariae virginis des → Bonaventura Inc.: «Mit vreuden sullen wir des namen Marien gedencken». Andacht mit F¨unf-Gaude-Antiphon und eigenen Antiphonen und Gebeten. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 8° 55, 234v–238r (lat.). – Weitere Hss. bei Distelbrink (s. Lit.) S. 19. – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 968, 211r–220r (k¨olnisch). – Ebd., Hs. 1908, 105r–108v. – Ebd., Hs. 1916, 124r–128r. – Ebd., Hs. 1933, 286v–289v. – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 8° 57, 117r–120r (k¨olnisch). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 21953, 260r–265r (ndl.). – Greifswald, UB, nd. Hs. 17.8°, 1r–12v (nd.). Ausgabe: Adolphe Charles Peltier (Hg.): S. Bonaventurae Op. omnia [...]. Bd. 14. Paris 1867, S. 179 f. Literatur: Bracaloni (s. Lit.) S. 267 f. – Meersseman, Bd. 2 (s. Lit.) S. 38 f. – Balduinus Distelbrink: Bonaventurae scripta (Subsidia scientifica franciscalia 5). Rom 1975, S. 19. 3. Dreifaches Mariensuffragium, eine Zusammenstellung von Ave-Antiphonen, Versikeln und Kollekten, genannt Krone Mariens. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 247, 258v–262r. 1068

Krone unserer Lieben Frau II. Marienleben. 1. Viginti quattuor gaudia gloriosissimae virginis Mariae des → Jordan von Quedlinburg ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 517, 152r–157v (lat.). – Berlin, SBB, Mgo 380, 151r–156r (dt.). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 8° 1, 85v–91r (dt.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4640, 35r–43r (dt.). 2. Marienkrone des → Dominikus von Preußen (um 1449). 3. Corona virginis Mariae cum VII meditationibus des → Johannes von Capestrano. Literatur: Analecta Franciscana. Bd. 2, Quaracchi/Florenz 1887, S. 342. – Cannarozzi (s. Lit.) S. 24 f. – Bracaloni (s. Lit.) S. 274. 4. Mit der Betrachtung sieben Freuden Marias verbundene Andachten zu Ehren der 63 bzw. in der franziskanischen Tradition 70, 72 oder 73 Lebensjahre Marias. a) Krone Unserer Lieben Frau von den sieben Freuden ¨ Uberlieferung: Bozen, Gymnasium der Franziskaner, Pergamenths. ohne Signatur (1482, verschollen). – Innsbruck, UB, Cod. 730, 82r–95r (fr¨uhes 16. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 143, 2r–32v (um 1500, trotz Datierungsvermerk 1454). b) Unserer Lieben Frauen Krone Die sieben Freuden Mariens sind hier mit weiteren Siebenzahlen wie den Bitten um Reinigung von sieben Hauptlastern und dem Gedenken an die sieben Blutvergießungen Jesu verbunden. ¨ ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. OttingenWallerstein III, 2, 8° 11, 195r–205v (Anfang 16. Jh.). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1883, 45v–49v. – Innsbruck, UB, Cod. 730, 32r–38r. – Kopenhagen, Kgl. Bibl., GKS Cod. 3423, 8°, 141r–154r. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 1733, 122r–124v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1293, 383r–386r. c) Die cron der mutter aller gnaden Die Karlsruher Handschrift Cod. St. Georgen pap. germ. 96, 122r gibt die Anweisung, das Gebet bezugnehmend auf die Sternenkrone Mariens aus f¨unf mal zw¨olf plus drei Ave Maria und sechs Vaterunsern zu sprechen. III. Marienpreis. 1. Zw¨olfsternenkrone Vnser leuen vrouwen krone myt den XII sternen de sunt Bernt bescryvet in synem sermonem, im → Bielefelder Gebetbuch, 4r–6v, enth¨alt die von → Bernhard von Clairvaux genannten Gnadenvorrechte Marias in Form von zw¨olf Mariengr¨ußen mit Vorbereitungs- und Schlussgebet. 1069

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1910, 142v–144r. – K¨oln, Hist. Arch., Cod, GB, 8° 6, 196v–198v. – Ebd., Cod. W. 8° 55, 238r–247r. b) De gulden crone de salighen yuncfrowen Marie de de ghecyret is myt twolf sternen umfasst die Privilegien der Gottesmuter durch ihr Verh¨altnis zur Trinit¨at und den neun St¨anden des Himmels. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 3020, 147r–161r. Literatur: Van Wely (s. Lit.) S. 26–28. – Meersseman, Bd. 2 (s. Lit.) S. 172. c) Die kaiserlich kron der junckfrawen Marie setzt sich aus 62 Ave Maria zusammen. ¨ Uberlieferung: Druck: Ulm, Dinckmut 1485 (Ex. Metten, Bibl. der Abtei, Inc. II. 126). – Hs.: Innsbruck, UB, Cod. 730, 75r–81r (fr¨uhes 16. Jh., s¨udbair.). 2. Benedictus-Orationen Lobpreis Mariens durch Gabriel, Elisabeth und eine unbekannte Frau. a) Kr¨onlein Unserer Lieben Frau Auf ein Einleitungsgebet folgen eine Ave MariaParaphrase und 24 Benedeiungen der Glieder Marias. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl. Cod. 9961, 127va (13. Jh., lat.). – Ebd., Cod. 11171, 154v–166r (ndl.). – Ebd., Cod. 19645, 14r–21r (ndl.). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1834, 211r–221r (ndl.). – Frankfurt, StB und UB, Ms. Praed. 12, 132v–140v (ndl.). – Haarlem, Bisch. Museum, Hs. 102, 127r–149r (ndl.). – Leiden, UB, Cod. Letterk. 323, 120r–129r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 849, 182r–193r (ndl.). Berlin, SBB, Mgo 487, 55v–66v (ripuarisch). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1884, 267v–271v (ripuarisch). – Ebd., Hs. 1916, 118r–123r (ripuarisch). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 8° 57, 120r–125v (ripuarisch). b) Krone (Kr¨onlein) des Lobs Die Benediktionen der Grundfassung stehen jeweils am Anfang der 23 Lobgebete auf die Glieder Marias. ¨ Uberlieferung: Grundfassung: Berlin, SBB, Mgo 585, 164r–168r (niederrheinisch). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 490, 276v–281v (niederrheinisch). – Ebd., Hs. 1888, 179r–183r (niederrheinisch). – Ebd., Hs. 1908, 159v–163v (niederrheinisch). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 12° 49, 25r–32v (verschollen). – Gent, UB, Cod. 2364, 1070

1. H¨alfte 15. Jh. 25v–32r (nd.). – Greifswald, UB, nd. Hs. 10. 8°, 173v–180v. K¨urzere Fassung: Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 2274, 101r–107r (Wesel, 1439, lat.). – Berlin, SBB, Mgo 585, 146v–164r (niederrheinisch). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1888, 161r–179r (niederrheinisch). – Berlin, SBB, Mgo 29, 193r–203v (ndl.). – Frankfurt, StB und UB, Ms. Praed. 12, 115r–132v (ndl.). – Haarlem, Bisch. Museum, Hs. 101, 213r–226v (ndl.). – Rotterdam, StB, Cod. 96.G.10, 173r–182v (ndl.). Zweiteilige Fassung: Darmstadt, LB ud Hochschulbibl., Hs. 2274, 108r–123r (lat.). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB. 8° 17, 157v–195r (ripuarisch). – Haarlem, Bisch. Museum, Hs. 96, 162r–201v (ndl.). – London, British Library, Cod. Eagerton 677, 9r–37v (ndl.). – Cambrai, StB, Cod. 263, 144r–149v (Anfang 15. Jh., lat.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 21953, 212r–241v. – Cambridge, UB, Cod. Add. 2876, 159r–193v. – Leiden, UB, Cod. Letterk. 320, 153r–190r. – London, Brit. Library, Cod. Add. 29985, 138v–178v (alle ndl.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Aug. 61.14 in 8°, 186r–233v. Inkunabelfassung: f¨unf ndl. Drucke zwischen 1490 und nach 1513: GW 7838–7841. c) 14 Benedeiungen der Lebensdaten, Geisteshaltungen und Glieder der Maria. Inc.: Ghebenendijt moetstu sijn o Maria in der ewigen ewicheit. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 230, 162r–173r (ndl.). – Ebd., Hs. 1834, 221r–225v (ndl.). – Den Haag, Kgl. Bibl., Cod. 133. F. 10 (ndl.). – Leiden, UB. Cod. Letterk. 320, 291r–293v (ndl.). – Ebd., Cod. Letterk. 323, 129r–132v (ndl.). – M¨unchen, BSB, Cgm 849, 193r–197v (ndl.). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 968, 222v–228v (k¨olnisch). – Ebd., Hs. 1884, 272r–274v (k¨olnisch). – Ebd., Hs. 1916, 86r–89v (k¨olnisch). – Ebd., Hs. 1933, 295r–297v (k¨olnisch). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 8° 57, 114r–117r. 3. Grußhymnen a) 72 Namen Mariens. Inc.: «Gegroit systu Maria eyn rycke guedynne der werlt» ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 38, 94v–99v (ripuarisch). – Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 247, 206r–209v (ripuarisch). – Ebd., Hs. 1916, 154v–155v (ripuarisch). – Ebd., Hs. 1923, 320r–323v. (ripuarisch). – Eine a¨hnliche Fassung ebd., Hs. 490, 281v–284r (ripuarisch). – Ebd., Hs. 1908, 212v–213v (ripuarisch). 1071

Krone unserer Lieben Frau b) 72 zweiteilige Anrufungen mit je einem Ave Maria bzw. Vaterunser. Inc.: «O vrauwe myn du bist gebenedit in allen enden der erden». ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs. 1831, 70r–77r. c) → J¨ungeres (ostmd.) Marienlob Vier eigenst¨andige Schlussverse in der Hs. Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1184, 173v–182v beginnen mit Dit het vnser eluen vrowen krone. Literatur: Heinrich Schauerte: Corona. In: Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1967, Sp. 1200 f. – Hardo Hilg, VL2 5 (1985) Sp. 384–392; 11 (2004) Sp. 897. – Joannes Jacobus Bourass´e: Summa Aurea de Laudibus Beatissimae Virginis Mariae, Dei Genitricis Sine Labe Conceptae. Hg. v. Jacques Paul Migne. Bd. 4. Paris 1866, S. 242–259. – Thomas Esser: Unser Lieben Frauen Rosenkranz. Paderborn 1889, S. 108–143. – Albert Poncelet: Initia miraculorum. In: Analecta Bollandiana 21 (1902) S. 241–260, Nr. 69, 578, 1332. – J. A. F. Kronenburg: Maria’s Heerlijkheid in Nederland. Bd. 4. Amsterdam 1906, S. 380–382. – Jakob Hubert Sch¨utz: Die Gesch. des Rosenkranzes unter Ber¨ucksichtigung der Rosenkranz-Geheimnisse und der MarienLitaneien. Paderborn 1909, S. 12–16, 184–191. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909. Nachdr. Darmstadt 1972 (Reg.). – Ders.: Gesch. der Verehrung Marias im 16. und 17. Jh. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1910 (Nachdr. Nieuwkoop 1970) S. 35–39. – Joseph Dobner: Die mhd. Versnovelle Marien Rosenkranz. Borna-Leipzig 1928, S. 43–48. – Ciro Cannarozzi: La ‹Corona B. Mariae Virginis› e la ‹Corona Domini Nostri Iesu Christi› in due Opere inedite di Fr. Mariano da Firenze. In: Studi Francescani 3 (28) (1931) S. 14–32. – Leone Bracaloni: Origine, evoluzione ed affermazione della Corona Francescana Mariana. In: ebd. 4 (29) (1932) S. 257–295. – Dani¨el van Wely: Het kransje der twaalf sterren in de geschiedenis van de rozenkrans (Collectanea Franciscana Neerlandica VI,1). ’s-Hertogenbosch 1941, S. 7–34. – Gislind M. Ritz: Die christliche Gebetsz¨ahlschnur. Ihre Gesch., ihre Erscheinung, ihre Funktion. Diss. Univ. M¨unchen 1955, S. 78–85. – Gilles G. Meersseman: Der Hymnos Akathistos im Abendland (Spicilegium Friburgense 2 und 3). Freiburg/Schweiz 1958, Bd. 1, 1072

Mantel Unserer Lieben Frau S. 94–96; Bd. 2, S. 24, 31–33, 38 f., 172–187. – Gerard Achten/Hermann Knaus: Dt. und ndl. Gebetbuchhss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt (Die Hss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt 1). Wiesbaden 1959, S. 15, 104, 333 u. o¨ . – Hans-Georg Richert: Rosenkranz. In: Zs. f¨ur dt. Sprache 20 (1965) S. 153–159. – Philippe Verdier: Le couronnement de la Vierge. Les origines et les premiers d´eveloppements d’un th`eme iconographique. Montr´eal/Paris 1980, S. 17–47. – H. Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen. Text und Unters. Mu¨ nchen/Z¨urich 1981, S. 336, 402 f., 426, 429. SF Mantel Unserer Lieben Frau. – Sp¨atma. Gebetsund Andachts¨ubungen. Bei den Gebets- und Andachts¨ubungen in Form des Mariendienstes, des Marienlebens und des Marienpreises werden die Gebetstexte in einen direkten Zusammenhang mit dem marianischen Attribut des Mantels gebracht, dessen Sch¨onheit und Wirksamkeit durch die Fr¨ommigkeit des Beters beeinflusst werden k¨onnen. A. Mariendienst 1. Im Pallium gloriosae virginis Mariae (um 1445) gab → Dominikus von Preußen, der von den Straßburger Gottesfreunden die Verehrung Marias als Schutzmantelmadonna u¨ bernommen hat, eine Gesamtschau der Kirche Christi. Es wird f¨ur geistli¨ che Ubungen geworben, durch die Maria ein kostbarer Mantel angefertigt wird, der allen Schutz bietet. Neben lat. und dt. Nachtr¨agen von Dominikus selbst sind von ihm auch eine lat. und eine dt. Versbearbeitung des Textes mit marianischem → Te Deum u¨ berliefert (gedruckt: T. Esser, 1897, S. 357 f. – D. v. Wely, 1941, S. 26; vgl. → Te Deum, marianische Bearbeitungen). ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2178, 112r–136v (verschollen, s. Borchling, Mnd. Hss. Bd. 1, S. 129 f.). – K¨oln, Hist. Arch., Cod GB f° 129, 9rb–12va, 63rb–67va, 89v–90v (Menne, Nr. 273, s. 12. 16). – Ebd., Cod W. kf° 119, 73r–77r. 2. Eine Anweisung, beim Tod einer Schwester 90.000 Ave Maria zu beten. ¨ Uberlieferung: Frankfurt/M., SUB, Ms. germ. oct. 28, 129rv (um 1470, straßburgisch). 3. Der geistlich (guldin) mantel vnser lieben frowen, eine alemannische Marienmantelallegorese (zweite ¨ H¨alfte 15. Jh.), in der fromme Ubungen und der 1073

1. H¨alfte 15. Jh. Wert des Kleidungsschmucks Mariens und des Jesuskinds in Beziehung gesetzt werden. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 591, S. 265–289 (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Heidelberg, Cpg 108, 86r–90r. – Karlsruhe, LB, Cod Lichtenthal 87, 215r–220v. – M¨unchen, BSB, Cgm 783, 168r–173r. 4. Das ist der andechtig gaystlich mantel der barmhertzigkayt vnnd beschirmung der hochgelobten iunckfrawen vnnd wirdigen m˚uter gottes Marie (Ulmer Druck von Johann Zainer, Ende 15. Jh.): Einer Allegorisierung der Eigenschaften und Bestandteile des Mantels in Prosa und Anweisungen f¨ur ein aus 70 Ave Maria bestehendes Bruderschaftsgebet folgen 7 Tagzeiten der Jungfrau Maria. B. Marienleben 5. In der ndl. Gebetfolge Onser lieuer vrouwen mantel beginnt jede Ermahnung (Erinnerung) Marias mit «Weest gegruet gloriose maget ende moeder gods Mariae» und endet mit einer Bitte. ¨ Uberlieferung: a) Ndl.: Amsterdam, UB, Cod. I G 42, 79r–134v (Mitte 15. Jh.). – Ebd. Cod I F 14, 220v–223v. – Ebd. Cod. I G 15, 59v–80v. – Berlin, SBB, Mgo29, 131r–158r (15. Jh.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., Hs. II 5220, 138r–158r (um 1510). – Ebd. Hs. IV 31, 97r–126v. – Ebd. Hs. IV 113, 35r–70r (k¨urzere Fassung). – Ebd. Hs. IV 196, 162v–259v. – Ebd. Hs. IV 198, 236r–344v. – Deventer, Stadsarch. en Athenaeumbibl., Hs. I, 30 (olim 1742) (letztes Viertel 15. Jh.). – Frankfurt/M., SUB, Ms. praed. 12, 148v–192v. – Leiden, UB, Cod. Letterk. 320, 193r–240v. – Ebd. Cod. Letterk. 322, 177v–230v. – Ebd., Cod. Letterk. 323, 1r–62v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 849, 1r–78r. – Ebd., Cgm 5203, 51v–84v. – Xanten, Dombibl., Hs 4640, 1r–62r. b) Niederheinisch: Berlin, SBB, Mgo 585, 93r–145r (15. Jh.). – Darmstadt, UB/LB, Hs. 237, 66r–108v. – Ebd., Hs. 1888, 108r–159r. – Ebd., Hs. 1908, 1r–44v. – K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 8° 143, 163r–219v. – Ebd. Cod. W. 8° 1, 256v (Exzerpt). c) Nd.: Bonn, UB, Cod. 390, 4°, 91r–153r (Borschling, Mnd. Hss., Bd. 4, S. 22). – Budapest, Bibl. der Ungarischen Akad. der Wiss., Cod. K. 540, 73r–144r (zweite H¨alfte 15. Jh.). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W 12° 50, 15r–90r. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Aug. 61. 14 in 8°, 80r–12r (15. Jh.; Borchling, Mnd. Hss., Bd. 3, S. 108). 11 Drucke zwischen 1490 und 1520: GW 7838. 7839 (Nr. III). – Campbell, Annales, Nr. 305. – W. Nijhoff/M. E. Kronenberg: Ndl. Bibliographie, 1074

1. H¨alfte 15. Jh. Bd. 1 (1923) und 2 (1940), Nr. 1486–1491, 3497, 3498. 6. Ndl. Rosenkranz (15. Jh.), bestehend aus zehn Gebeten mit jeweils zehn Clausulae zum Marienleben, Einleitungs- und Schlussgebet. ¨ Uberlieferung: London, Guildhall Library, o. S. (R. Priebsch, Dt. Hss. in England, Bd. 2, 1901, S. 322, Nr. 325, 9). – Stuttgart, LB, Cod. brev. 18, 39r–48r. C. Marienpreis 7. Ein dem hl. Bernhard zugeschriebener nd. Marienpsalter (zweite H¨alfte 15. Jh.) mit 150 Anrufungen Mariens, die letzten dreißig als Bitten. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Aug. 61, 14 in 8°, 124v–136v. – Ebd. Cod. Helmst. 1293, 408r–423r (Borchling, Mnd. Hss., Bd. 3, S. 75, 108). Literatur: Petrus M. Stengele/Karl Josef Klinkhammer: Dominikus v. Preußen. In: Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermisen u. a. Bd. 1. Regensburg 1967, Sp. 1418–1420, hier Sp. 1419. – Hardo Hilg, VL2 5 (1985) Sp. 1221–1225; 11 (2004) Sp 966. – Friederike Tschochner: Mantel. In: MarLex 4 (1992) S. 266 f. – Thomas Esser: Beitr. zur Gesch. des Rosenkranzes. Die ersten Spuren v. Betrachtungen beim Rosenkranz. In: Der Katholik 77 (1897) S. 346–360, 409–422, 515–528, bes. S. 357 f., Anm. 1. – Engelbert Krebs: Maria mit dem Schutzmantel am Freiburger Mu¨ nster. In: Freiburger M¨unsterbll. 1 (1905) S. 27–35. – Johannes A. F. Kronenburg: Maria’s Heerlijkheid in Nederland. Bd. 4. Amsterdam 1906, S. 379 f.; Bd. 5, 1907, S. 77. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 195 f., 352–357. – Karl Schu´e: Das Gnadebitten in Recht, Sage, Dichtung und Kunst. In: Zs. des Aachener Geschichtsvereins 40 (1918) S. 143–286, hier S. 251–286. – Cornelis G. N. de Vooys: Middelnederlandse legenden en exempelen, bijdrage tot de kennis van de prozalitteratuur en het volksgeloof der middeleeuwen. Groningen/Den Haag 1926, S. 60, 92–94. – Karl Menne: Dt. und ndl. Hss. (Mitt. aus dem Stadtarch. v. K¨oln, Sonderreihe 10, Abt. 1,1.2). K¨oln 1931, S. 231 f., 295, 535, 609–614. – Dani¨el van Wely: Het kransje der twaalf sterren in de geschiedenis van de rozenkrans. ’s-Hertogenbosch 1941, S. 25 f. – G´erard Gilles Meersseman: Der Hymnos Akathistos im Abendland (Spicilegium Friburgense 2 und 3). 2 Bde., Freiburg i. Br. u. a. 1958–60, Bd. 1, S. 7, 1075

Geistbuch 24 f; Bd. 2, S. 21, 127 f. – Jan Deschamps: Hss. uit het Sint-Agnesklooster te Maaseik. In: FS Mathieu Bussels. Tongeren 1967, S. 167–194, Nr. 49, 50, 53. – Frederic C. Tubach (Hg.): Index exemplorum. A Handbook of Medieval Religious Tales (Folklore Fellows Communications 204). Helsinki 1969, Nr. 431, 3163. – K. J. Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke. Der Rosenkranz in der geschichtlichen Situation seiner Entstehung und in seinem bleibenden Anliegen. Eine Quellenforschung (Frankfurter Theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972, S. 16, 19–21. – Alois Thomas: Schutzmantelmaria. In: Die Gottesmutter. Marienbild in Rheinland und Westfalen. Hg. v. Leonhard K¨uppers. Bd. 1. Recklinghausen 1974, S. 227–242. – J. Deschamps (Hg.): Middelnederlandse hss. in de Koninklijke Bibliotheek Albert I, Brussel. Vierde reeks (1952–1977). Br¨ussel 1977, S. 657–689, passim. – H. Hilg: Das ‹Marienleben› des Heinrich v. St. Gallen. Text und Unters. Mit einem Verz. deutschsprachiger Prosamarienleben bis 1520 (MTU 75). Mu¨ nchen 1981, S. 432. BJ ¨ Geistbuch (Buch der geistlichen Ubung). – Anonymer mystischer Traktat, 15. Jh. Der in einer obd. und einer wahrschlich j¨ungeren ndl. Fassung u¨ berlieferte Text ist durchgehend in Mystikersammelhandschriften aus (Frauen-) Kl¨ostern zu finden. Der Autor war wahrschlich ein gelehrter Geistlicher. Er verkn¨upft unter Verwendung von Einzels¨atzen Meister → Eckharts spekulative Mystik mit Unterweisungen zu einem vollkommenen Leben; gefordert wird Aufgabe des ei¨ genen Willens und des subjektiven Ichs. Uber ein Vier- bzw. (im Schlussteil) F¨unfstufensystem soll die unio mystica erreicht werden. Auf der h¨ochsten Stufe werde die Seele Gott. ¨ Uberlieferung: Obd. Salzburg, UB, cod. M. I. 476, 162v–166v (Pap., 1441, niederalemannisch). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 46h, 23v–48v. – Augsburg, UB, cod III. 1. 4° 41 (fr¨uher Harburg, F¨urstlich Oettingen-Wallersteinsche Bibl.), 198v–215r (Pap., drittes Viertel 15. Jh.). – Ehem. Kartause Erfurt D 113. – Ndl.: Paris, Bibl. Nationale, Ms. n´eerl. 37, 82r–88v, 97r–98r (unvollst¨andig). – Gaesdonck, Collegium Augustinum, Ms. 16, 124r–163r (Kriegsverlust). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1157 f. – Georg Steer: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). M¨unchen 1966, S. 72. – Anna Jungreithmayr unter Mitarbeit v. Josef 1076

Buschmann Feldner und Peter H. Pascher: Die dt. Hss. des MA ¨ der Universit¨atsbibl. Salzburg (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Klasse, Denkschriften 196; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,2). Wien 1988, S. 69–135. – K. Schneider: Dt. ma. Hss. der Universit¨atsbibl. Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der Universit¨atsbibl. Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 358–363. BJ Meister Andreas. – Bislang nicht verifizierter Verfasser einer dt. Katharinenlegende. Die in der Handschrift N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Codex 15131 (1443) und anderen Handschriften u¨ berlieferte Katharinenlegende mit Wunderanhang nennt mehrmals eine Vorlage eines bislang unbekannten «mayster Endres». Literatur: Peter Assion, VL2 1 (1978) Sp. 338. – Ders.: Die Mirakel der hl. Katharina v. Alexandrien [...]. Diss. Heidelberg 1969, S. 75. SF Buschmann, Arnt, * um 1411/12, † nach 1483. – Kleriker, Verfasser eines Mirakelberichts. Wenn man dem ihm zugeschriebenen Mirakelbericht glauben darf, war B. der Sohn eines Großbauern aus Meiderich (heute zu Duisburg). Seine Familie bewirtschaftete dort schon seit Generationen den Buschmannshof, der im Mirakelbericht eine wichtige Rolle spielt. Nach eigener Schilderung erschien B. und anderen Einwohnern Meiderichs 1437/38 der Geist seines 1338 verstorbenen Urgroßvaters Heinrich, der B. zum geistlichen Leben bekehrte. B. wurde Kleriker, unternahm 1450 eine Romreise mit Prior Johann von Essen und war um 1483 Stellvertreter des Pfarrers im Kirchspiel G¨otterswick/Voerde. Inhaltlich wird B.s Mirakelbericht durch zahlr. unterweisende Dialoge bestimmt. Im Gespr¨ach mit B. schildert Heinrich seinen s¨undigen Lebenswandel und seine Bestrafung im Fegefeuer. Er bittet B., ihn zu erl¨osen, indem er Seelenmessen lesen l¨asst, Almosen gibt und Pilgerfahrten unternimmt. Gewissenhaft erf¨ullt er die Bitten Heinrichs, pilgert u. a. nach Aachen und erl¨ost so zuletzt seinen Urgroßvater. Den Mahnungen Heinrichs folgend, nimmt er einen christlichen Lebenswandel an. B.s Mirakelbericht entstand sp¨atestens 1444 und wurde urspr¨unglich wohl im s¨udniederfr¨ankischkleverl¨andischen Dialekt verfasst. Im Dominika¨ nerkloster Wesel erfolgte 1444 eine lat. Ubertragung und ausf¨uhrliche Redaktion des Original¨ textes, die Grundlage der weiteren lat. Uberlieferung wurde. Es war auch die lat. Fassung des 1077

1. H¨alfte 15. Jh. Berichts, die B. 1450 in Rom Papst Nikolaus V. u¨ bergab. In zahlreichen lat. und dt. Handschriften und Drucken erlangte der Mirakelbericht eine f¨ur einen urspr¨unglich volkssprachigen Text enorme Verbreitung bis nach D¨anemark, Niederdeutschland, Straßburg, Schlesien, Nordbayern, Ostfranken und bis in die Niederlande hinein. Insgesamt liegt die Bedeutung des Berichts in seiner erfolgreichen Verbindung von Volkstradition (Geistergeschichte) und dogmatischer Kirchenlehre unter Verwendung von Protagonisten aus dem Bauernstand. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 404, 1r–40r (Pap., 1446, nd., Schreiber Johannes von H¨orhusen). – Ebd., Mgo 348, 1–48 (Pap., 15. Jh., nd.). – Emden, Bibl. der Ges. f¨ur bildende Kunst und vaterl¨andische Altert¨umer, Hs. 64, 1r–45r (Pap., Kloster Ebstorf, Mitte 15. Jh., nd.). – Kopenhagen, K¨onigliche Bibl., GKS Cod. 82,2°, 1a–16b (Mitte 15. Jh., nd.). – Greifswald, UB, nd. Hs. 1 (Pap., um 1450/60, ndl.). – F¨urstenwalde, Dombibl., ohne Sign. (1) (Pap., um 1490, mnd.). – Breslau, UB, Cod. I D 41a, 1794–250v (Pap., 1492). – Trier, StB, Hs. 1186/488 8°, 1v–40v (Pap., um 1500, mittelfr¨ankisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1180 Helmst., 9r–20v, 22r–39r (Pap., 15./16. Jh., nd.). – Br¨ussel, Kgl. Bibl., cod. 1654–55 und 2224–30 (ndl.) sowie 8763–74 (lat.). – Eichst¨att, SB, cod. St. Walb. germ. 7 (odb.). – Heidelberg, UB, cpg 226 (obd.). – London, Univ. College, ms. germ. 24 (obd.). – Koblenz, Hauptlandesarch. Gymn. Bibl. Ms. 149 (lat.). – K¨oln, Hist. Arch., cod. GB 4° 218 (lat.). – Freiburg i. Br., UB, Ink E 4817 (Faks.-Ausg. Wiesbaden 1997). – D¨usseldorf, Landes- und StB, B. 120, 102r–129r (lat.). – G¨ottingen, UB, Theol. 88, 109r–135r (lat.). – Koblenz, Staatsarch. 701/245, 83r–114r (lat.). – Utrecht, UB, Univ. 173, 209v–228v (lat.). Drucke (Ausw.): Mirackel von got von eynem geyst der offenbarte sich eynem jungen gesellen. [Speyer 1483]. Online-Ausg. Mu¨ nchen [o. J.]. – Dis ist eyn groß mirackel von got vnd einem geyst der offenbarte sich eyne[m] iungen gesellen der was genant Arnolt b¨uschma[n]. Straßburg 1500. – Arnt bosman byn ich genant. Offt des geistes boich byn ich bes becant. [K¨oln 1506]. – Van Arnt Busman vnde v¨a eine gheiste eyn groet mirakel. Dat gescheen is in eineme d¨orpe gheheten Meyeryck, yn dem lande tho Cleue by eyner stadt gen¨omet Dußborch. L¨ubeck 1510. – Sym alden vader dem Geyst. Eyn wonderlich Myreckel, dat geschyet ys 1078

1. H¨alfte 15. Jh. yn den land van Cleue by D¨uysszborch tzo Meyerick [...]. L¨ubeck 1510. – Eyn mirackel vn offenbarunge eynes geystes. Vnd eynes mannes genat Henrich Buschman. Erfurt 1515. – Van Arnt buschman[n] vn[n] Henrich sym alden vader dem Geyst. Eyn wonderlich Myrackell dat geschyet ys yn dem land van Cleue by D¨uyßberch tzo Meyerich. [K¨oln 1520]. CD-ROM-Ausg. Emden 2002. – Dis ist ein groß Wunderzeichen von eim Geist. Straßburg 1518. Online-Ausg. G¨ottingen 2006. Ausgabe: Seelmann 1880 (s. Lit.) S. 40–67. – B.s Mirakel. Ein religi¨oses Volksbuch des f¨unfzehnten Jh. Neuer Abdruck. Hg. v. Wilhelm Seelmann. Norden 1881. – Alexander Reifferscheid: Geistliches und Weltliches in mnd. Sprache nach der Emder Hs. No. 64. In: Jb. der Ges. f¨ur bildende Kunst und vaterl¨andische Altert¨umer zu Emden 14 (1902) S. 7–26. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 1 (1978) Sp. 1142–1145; (2004) Sp. 308. – W. Seelmann: A. B.s Mirakel. In: NdJb 6 (1880) S. 32–67. – Wilhelm Crecelius: A. B. In: ebd. 7 (1881) S. 70 f. – W. Seelmann: Peter Smed und A. B. In: ebd. 12 (1886) S. 95 f. – Klaas Heeroma: Der Ackermann aus Meiderich. In: NdJb 94 (1971) S. 99–114. – Helga Neumann: ‹vnd were vil me zuo schriben dan geschriben ist.› Nachrichten aus dem Fegefeuer in ‹Arnolt B.s Mirakel›. In: Zs. f¨ur Germanistik 9 (1999) H. 3, S. 691–695. – Marlies Baar: Ein Gespenst aus Westfalen – mehr als Spuk. In: Gespenster. Erscheinungen, Medien, Theorien. Hg. v. Moritz Bassler u. a. W¨urzburg 2004, S. 39–53. – A. B.s Mirakel. In: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum von Rhein und Maas. Hg. v. Helmut Tervooren, Bearb. v. Carola Kirschner/Johannes Spicker. Berlin 2006, S. 217–219. MM Johannes von Eych (Johann III. von Eich), * um 1404 Eicha/Kr. Hildburghausen, † 1.1.1464 Eichst¨att. – Bischof von Eichst¨att. J. studierte seit 1423 in Wien und seit 1429 in Padua die Rechte. Nach seiner Promotion zum Dr. jur. wurde er 1435 Prof. f¨ur Kirchenrecht in Wien. Er war auch Kanzler unter den o¨ sterr. Herz¨ogen Albrecht V. (sp¨ater K¨onig Albrecht II.) und Albrecht VI.; außerdem nahm er am Konzil von Basel und am F¨urstentag in Mainz teil. Seit 1441 Propst am Marienstift in Wetzlar, wurde J. 1446 zum Bischof von Eichst¨att geweiht. Er machte sich schnell einen Namen als Bistums- und Klosterreformer. 1079

Johannes von Eych J. unterhielt freundschaftliche Kontakte zu Nikolaus von Kues, Johannes von Capestrano, Bernhard von Waging und Aeneas Silvius Piccolomini, dem sp¨ateren Papst Pius II. Auch umgab er sich mit Humanisten wie Wilhelm von Reichenau. J.s unvollst¨andig u¨ berliefertes Werk umfasst zun¨achst drei lat. Episteln u¨ ber Aspekte des kl¨osterlichen Lebens, darunter die bekannte Epistola impugnatoria speculi pastorum von 1462. In dieser an Bernhard von Waging versandten Schrift bezog J. in der Kontroverse um Bernhards Speculum pastorum Stellung. Auch sind neben Briefen mehrere Reden J.s erhalten, die er u. a. 1439 auf dem Konzil von Basel hielt. J. war außerdem der Empf¨anger von Aeneas Silvius Piccolominis satirischem Brief De Curialium Miseriis (1444), der sp¨ater auch eine dt. ¨ Ubersetzung erfuhr. ¨ Uberlieferung: Verz. bei Reiter 1983 (s. Lit.). Ausgaben: Vgl. Reiter 1983 (s. Lit.) und Wendehorst 2006 (s. Lit.). Literatur: Victor Conzemius, DHGE 16 (1967) Sp. 270 f. – Ernst Reiter, NDB 10 (1974) S. 483 f. – Ders., VL2 4 (1983) Sp. 591–595; VL2 11 (2004) Sp. 771. – Alfred Wendehorst, LexMA 5 (1991) Sp. 514. – Alois Schmid, LThK3 3 (1995) Sp. 1157 f. – Frank F¨urbeth: J. v. Eich. In: Killy2 6 (2009) S. 158. – Franz-Xaver Thoma: Petrus von Rosenheim O.S.B. Ein Beitr. zur Melker Reformbewegung. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 45 (1927) S. 94–222, hier S. 178–194. – Martin Grabmann: Bernhard v. Waging († 1472), Prior v. Tegernsee, ein bayerischer Benediktinermystiker des 15. Jh. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 60 (1946) S. 82–98. – E. Reiter: Rezeption und Beachtung von Basler Dekreten in der Di¨ozese Eichst¨att unter Bischof J. v. E. (1445–1464). In: Von Konstanz nach Trient. FS f¨ur August Franzen. Hg. v. Remigius B¨aumer. Mu¨ nchen 1972, S. 215–232. – Franz Machilek: Ein Eichst¨atter Inquisitionsverfahren aus dem Jahre 1460. In: Jb. f¨ur fr¨ankische Landesforschung 34/35 (1975) S. 417–447. – Leonie von Wilckens/Hannelore Herrmann: Das Rationale des Eichst¨atter Bischofs J. v. E. (1445–64). In: Jb. der bayerischen Denkmalpflege 30 (1975/76) S. 119–137. – Heide Riemann: Der Briefwechsel Bernhards v. Waging und J. v. Eych (1461)–1463. Speculum pastorum et animarum rectorum Epistula impugnatoria Defensorium speculi pastorum et animarium rectorum. Zur Kontroverse u¨ ber Rang und Dienst des aktiven 1080

Kalteisen und des kontemplativen Lebens. Diss. K¨oln 1985. – Paul Weinig: Aeneas Silvius Piccolominis ‹De Cu¨ rialium Miseriis› dt. Eine unbekannte Ubers. aus dem 15. Jh. In: ZfdA 120 (1991) S. 73–82. – A. Schmid: E., J. v. (um 1404–1464). 1445–1464 Bischof von Eichst¨att. In: Die Bisch¨ofe des Heiligen R¨omischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lex. Hg. v. Erwin Gatz mit Clemens Brodkorb. Berlin 1996, S. 173 f. – A. Wendehorst: J. III v. Eich. In: Das Bistum Eichst¨att 1: Die Bischofsreihe bis 1535 (Germania sacra NF 45). Berlin 2006, S. 202–220 (mit Bibliogr.). MM Kalteisen, Heinrich (Kaltysen) OP, * um 1390 Koblenz, † 2.10.1465 Koblenz. – Theologe, Prediger, Titularerzbischof von Caesarea. K. schloss sich bereits in jungen Jahren den Koblenzer Dominikanern an. Nach seiner 1411 in London erfolgten Weihe zum Subdiakon studierte er seit 1415 in Wien. 1423 ist er als Baccalaureus an der Dominikanerschule in K¨oln nachweisbar. Seit 1424 wirkte K. auf Anweisung von Papst Martin V. erstmals als Inquisitor, zun¨achst in Cambrai und L¨uttich. 1425 wurde er Baccalaureus Formatus und wahrscheinlich auch Magister, Dr. theol. und Professor. Seit 1430 lehrte K. in Mainz, bevor er 1432 Gesandter des Erzbischofs von Mainz am Basler Konzil wurde. Dort trat K. auch als Prediger hervor; so hielt er 1433 eine viel beachtete Rede gegen die Hussiten. 1434 ernannte der Mainzer Erzbischof Konrad III. K. zu seinem Beichtvater. Sweit 1435 war K. auf Anweisung des dominikanischen Ordensgenerals wieder als Inquisitor t¨atig, nun in den Di¨ozesen K¨oln, Mainz und Trier. Auf dem Basler Konzil z¨ahlte K. zu den Unterst¨utzern von Eugen IV. 1437 begab er sich von Basel zu dem von Eugen einberufenen Konzil in Ferrara. 1438 wurde K. zum apostolischen Capellanus ernannt; 1439–41 weilte er als Nuntius in Mainz. 1441 nahm er als Gesandter des Papstes am Reichstag teil. Daneben war K. 1440–52 Magister Sacri Palatii. 1452 wurde er zum Erzbischof von Trondheim ernannt, 1453 inthronisiert. Wegen starken o¨ rtlichen Widerstands gegen seine Amts¨ubernahme legte K. das Amt jedoch bald nieder. W¨ahrend der n¨achsten Jahre bet¨atigte er sich diplomatisch als Gesandter des d¨anischen K¨onigs und als Kreuzzugsprediger. 1455 wurde er vom Papst zum Legaten f¨ur Deutschland ernannt. 1463 1081

1. H¨alfte 15. Jh. kehrte K. in sein Koblenzer Heimatkloster zur¨uck, wo er seinen Lebensabend verbrachte. K.s in zahlreichen Handschriften (auch Autographen) u¨ berlieferte Texte sind u¨ berwiegend in lat. Sprache verfasst. Einen großen Teil des Werks nehmen Predigten, Lektionen und Reden ein, die etwa am Basler Konzil, im akademischen Rahmen oder zu Festtagen gehalten wurden. Die behandelten Themen reichen von der Kirchenpolitik (Auseinandersetzung mit den Hussiten) bis zur Theologie (u. a. Ablass, Buße). Daneben hinterließ K. Trakatate und Quaestiones, die sich u. a. mit der Rolle des Konzils und der Stellung des Papstes besch¨aftigen. Charakteristisch f¨ur K.s Positionen sind zwei Schriften, die hier beispielhaft genannt seien: In De libera praedicatione verbi Dei (1433), urspr¨unglich eine Konzilsrede, verteidigt K. die kirchliche Hierarchie gegen die Angriffe der Hussiten. Der Tractatus seu consilium super auctoritate papae et concilii generalis (1440/41) unterstreicht die Autorit¨at des Papstes gegen¨uber den Anspr¨uchen des Konzils. Unter K.s dt. Texten u¨ berwiegen die Predigten. 1434 predigte er vor den Dominikanerinnen im Basler Kloster An den Steinen. Von diesem Anlass sind zehn Predigten u¨ berliefert, die meist zu Festtagen gehalten wurden (Dreifaltigkeit, hl. Katharina u. a.) bzw. bestimmte Bibelstellen behandeln. Drei Predigten Von der minnenden Seele widmen sich Hld 3,1 und Hld 5,6. K. bezieht sich dabei unter Verwendung zahlreicher Exempla und volkst¨umlicher M¨arlein besonders auf Autorit¨aten wie → Thomas von Aquin, aber auch auf brautmystische Stellen bei → Bernhard von Clairvaux. Allerdings erweist sich K. selbst in diesen Predigten keineswegs als Mystiker, sondern eher als moralisierender Scholastiker. Neben drei Predigtfragmenten, die sich u. a. der Tochter Syon widmen, ist auch eine dt. Rede K.s bekannt, die er 1440 vor den Kurf¨ursten in Frankfurt hielt (Kodex ist verloren). Ein dt. Brief K.s an den Rat von L¨ubeck aus dem Jahr 1454 zeigt K.s sprachliche Eigenheiten auf, die aus einer Vermischung von nd. und mitteldt. Mundarten resultieren. Daneben sind als dt. Texte K.s nur kleinere Briefe und Dokumente bekannt. ¨ Uberlieferung (dt.): 1. Predigten: Berlin, SBB, Mgq 199, 32r–124r (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Ebd., Mgq 90, 363r–374r (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Ebd., Mgq 206, 309r–334r (Pap., 1434–36, els¨assisch). – Ebd., Mgq 166, 277v–297v (Pap., 1435, schw¨abisch). – Ebd., Mgf 1082

1. H¨alfte 15. Jh. 741, 58va–67ra, 81va–88ra, 156rb–203va, 262ra–267va, 312vb–338rb (1496, schw¨abisch). – Hamburg, SUB, cod. theol. 1890, S. 101–154 (Pap., 17. Jh., Fragm.). – 2. Andere Schriften: Rede zur Kaiserwahl 1440: Erlangen, UB, cod. 553, 276r–302r (verloren). – Brief an den L¨ubecker Rat von 1454: Bonn, UB, cod. S 326, 36r–39r. – Brief an K¨onig Christian I.: Ebd., 28v. – Schuldverschreibung von 1456: ¨ Ebd., 75r. – Zur lat. Uberl. vgl. Haage 1983/2004 (s. Lit.). Ausgaben: Erkebiskop Henrik K.s Kopibog. Hg. v. Alexander Bugge. Kristiania 1899. – ‹Von der minnenden Seele›. 3 Predigten H. K.s O. P. (Die dt. Predigten H. K.s OP 1; GAG 373). Hg. v. Bernhard Dietrich Haage. G¨oppingen 1983. – Drei Basler Predigten H. K.s OP. Edition und Unters. (Die dt. Predigten H. K.s OP 2; GAG 677). Hg. v. Helga Haage-Naber. G¨oppingen 2000. – Drei Basler Predigten (GAG 691). Hg. v. H. Haage-Naber. G¨oppingen 2001. – Vier Predigten H. K.s OP. Edition (Die dt. Predigten H. K.s OP 3; GAG 718). Hg. v. H. Haage-Naber. G¨oppingen 2004. Literatur: ADB 15 (1882) S. 41. – Paul-Gundolf Gieraths, NDB 11 (1977) S. 71 f. – Bernhard D. Haage, VL2 4 (1983) Sp. 966–980; 11 (2004) Sp. 825. – Johannes Helmrath, LexMA 4 (1989) Sp. 2094 f. – Roger Aubert/Thomas Kaeppeli: Henri K. In: DHGE 23 (1990) Sp. 1156–1158. – Reinhard Tenberg, BBKL 3 (1992) Sp. 986 f. – Heribert M¨uller, LThK3 4 (1995) Sp. 1389. – Ders., HLS 7 (2008) S. 52. – Nikolaus Paulus: Eine ungedruckte Ablassschrift des Dominikaners H. K. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 27 (1903) S. 368–372. – P. Schr¨oder: Eine unbekannte Ablaßschr. In: ebd. 49 (1925) S. 148–151. – Fritz Hermann: Die letzte Ketzerverbrennung in Mainz, 20. Okt. 1458. In: Beitr. zur Kunst und Gesch. des Mainzer Lebensraums. FS Ernst Neeb. Mainz 1936, S. 105–110. – Raymond Creytens: L’opuscule de Henri K. O.P. sur l’obligation de la R`egle de Sainte Claire. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 37 (1968) S. 47–69. – Werner Kr¨amer: Die Relevanz des kirchenpolitischen Schrifttums H. v. K.s f¨ur die Cusanusforschung. In: Mitt. und Forschungsbeitr. der Cusanus-Ges. 8 (1970) S. 115–146. – B. ¨ D. Haage: Zur Uberl. der dt. Predigten H. K.s O.P. In: ZfdPh 93 (1974) S. 416–420. – T. Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, 199–208. – Thomas Pr¨ugl: Die Ekklesiologie H. K.s OP in der Auseinandersetzung mit dem Basler Konziliarismus. Paderborn 1083

Leben Jesu Tres sunt qui testimonium dant 1995. – Martina Hartmann: Sp¨atma. und fr¨uhneuzeitliche Kritik an den pseudoisidorischen Dekretalen. Nikolaus v. Kues und H. K. als ‹Wahrheitszeugen› bei Matthias Flacius Illyricus und den Magdeburger Centuriatoren. In: Fortschritt durch F¨alschungen? Ursprung, Gestalt und Wirkungen der pseudoisidorischen F¨alschungen [...] (MGH Stud. und Texte 31). Hg. v. Wilfried Hartmann/ Gerhard Schmitz. Hannover 2002, S. 191–210. – Eef A. Overgaauw: Auteur et copiste? L’autographe du deuxi`eme discours d’Henri K. O. P. contre les Hussites (Bˆale, 7–8 avril 1433). In: La collaboration dans la production de l’´ecrit m´edi´eval. Hg. v. Herrad Spilling. Paris 2003, S. 315–322. – Christine Knust: ‹Mainestu nit, das sy got hab getroestet?› Vier Predigten H. K.s OP. Eine lit.wiss. Analyse. Baden-Baden 2007. MM Leben Jesu Tres sunt qui testimonium dant. – Alemannische Christus-Vita nach Michael de Massa. Der Text schildert das Leben Christi in 52 Kapiteln, die bis Pfingsten reichen. Dem Hauptteil geht eine Einleitung voraus, in der die Ereignisse von der Sch¨opfung bis um S¨undenfall abgehandelt werden; am Ende steht eine Schlussrede. Die Lebensbeschreibung ist teilweise predigtartig angelegt und beruft sich auf Autorit¨aten wie → Augustinus und → Bernhard. Damit wird der geistliche Stellenwert der Vita unterstrichen: Die Betrachtung von Jesu Leben und Passion wird im Text als Fundament aller Erbauung bezeichnet. Die Vita galt lange als eigenst¨andiger Text. Nach heutiger Kenntnis be¨ ruht sie aber auf einer ndl. Ubertragung der Vita Christi des Michael von Massa mit dem Titel Tleven ons heren Ihesu Cristi. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1257, 61r–148r (Pap., 1444, ostalemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 636 f. – Ders.: Der Passionstraktat des Heinrich v. St. Gallen. Diss. Z¨urich 1940, S. XCIX f. – Ders.: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 272, Anm. 1. – Karl¨ Ernst Geith: Die Leben Jesu-Ubers. der Schwester Regula aus Lichtenthal. In: ZfdA 119 (1990) S. 22–37. MM Paulus und Thekla I und II. – Dt. Texte u¨ ber P. und T. Seit Spamer (s. Lit.) und Stammler (s. Lit.) werden unter diesem Titel zwei (bislang nicht edierte) Texte zusammengefasst, die nur den Bezug zu P. 1084

Eichmann und T. und die Beziehung von Beichtiger und Beichtkind miteinander teilen, ansonsten jedoch keine Gemeinsamkeiten aufweisen. Als Bezugspunkt dienen die Acta Pauli-Teclae (zweite H¨alfte 2. Jh.), in denen die M¨artyrerin T. als gelehrige Sch¨ulerin des Apostels dargestellt wird. Ausgaben: Gilbert Dagron: Vie et miracles de Sainte Th`ecle [...] (Studia hagiographica 62). Br¨ussel 1978. – Jeremy W. Barrier: The Acts of Paul and Thecla. A critical introduction and commentary (Wiss. Unters. zum NT, Reihe 2, 270). T¨ubingen 2009. I ist in der Handschrift N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 43, 51r–75v (vom Jahr 1446, n¨urnbergisch) u¨ berliefert und bietet einen aszetischen Dialogtraktat zwischen Beichtvater und -tochter, der auf traditionellen Vorbildern (→ Augustinus, → Bernhard von Clairvaux u. a.) beruht; darin enthaltene Lehren werden vor allem allegorisch vermittelt. Im Schlussteil sind Einfl¨usse → Hugos von St. Victor deutlich. In II – u¨ berliefert in der Handschrift Frankfurt, StB, Ms. praed. 159, 77r–148v (1469, hochalemannisch) – bleibt die P.-T.-Beziehung im Gegensatz zu I eine einmalige Anspielung. Als sicherster Weg zu ewigem Leben wird die Einhaltung der Gebote angesehen; neben der dargestellten Lehre ist vor allem die Lebensskizze des Beichtigers von Interesse. Obwohl beide Texte in Mystiker-Handschriften u¨ berliefert sind, k¨onnen keine mystischen Tendenzen ausgemacht werden. Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) ¨ Sp. 390–393. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeifferschen Eckhart-Texte. In: PBB (Halle) 34 (1909) S. 307–420. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Hg. v. W. Stammler. Berlin → 1960, Sp. 749–1102, hier Sp. 977 f. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. Beschreibung des Buchschmucks: Heinz Zirnbauer (Die Hss. der StB N¨urnberg I). Wiesbaden 1965, S. 107–111, hier S. 108. – Gerhardt Powitz: Die Hss. des Dominikanerklosters und des Leonhardstifts in Frankfurt a. M. (Kat. der StUB Frankfurt a. M. 2,1). Frankfurt a. M. 1968, S. 353–355, hier S. 354. – Anne Jensen: Thekla, die Apostolin. Ein apokrypher Text neu entdeckt. Freiburg. i. Br. 1995. – Elisabeth Esch-Wermeling: Thekla – Paulussch¨ulerin wider Willen? Strategien der Leserlenkung in den Theklaakten. Mu¨ nster 2008. SF 1085

1. H¨alfte 15. Jh. Eichmann, Jodocus (Eychmann, Aichmann; J. de Calw, de Heidelberg, Jost von Calwe), Calw, † um 1490 Heidelberg. – Theologe, Verfasser von Predigten, eines dt.-lat. Vokabulars und anderer Schriften. E. ist 1444 als Lizentiat der Artes und Magister in Heidelberg bezeugt; sp¨ater wurde er Dekan der Artistenfakult¨at und 1459 Rektor der Univer¨ sit¨at Heidelberg. Uber die Universit¨at hinaus war er als Prediger und einer der f¨uhrenden Heidelberger Theologen bekannt. Bekanntschaftliche oder freundschaftliche Beziehungen verbanden ihn mit Peter → Luder und Johannes → Wenck. Seine Schriften enthalten haupts¨achlich Predigten und andere erbauliche Schriften. Von seinen lat. Predigten sind bislang nur Sermones dominicales per totum annum bekannt. Von den dt. Predigttexten sind eine Predigt u¨ ber die Weissagungen der zw¨olf Sibyllen u¨ ber die jungfr¨auliche Geburt Christi und eine u¨ ber die f¨unf Gr¨unde der christlichen Hoffnung u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 5927, 39v–48v (F¨unf Gr¨unde). – Heidelberg 1493 (GW 9255) (Zw¨olf Sibyllen). Am bekanntesten ist das lat.-dt. Vocabularium predicantium, eine Synonymik, die unter seiner Leitung von Johann → Melber von Geroltzhofen «ex sermonibus auditis» zusammengestellt wurde; von seiner Verbreitung, vornehmlich in S¨udwestdeutschland, zeugen zahlreiche Fr¨uhdrucke. Literatur: Andreas Weiss, ADB 5 (1877) S. 471. – Franz Josef Worstbrock, VL2 2 (1980) Sp. 394–397; 11 (2004) Sp. 395. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 480. – Wilhelm Wattenbach: Peter Luder, der erste humanistische Lehrer in Heidelberg. In: Zs. f¨ur Gesch. des Oberrheins 22 (1869) S. 33–127, hier S. 48 f., 68. – Gustav Toepke: Die Matrikel der Univ. Heidelberg v. 1386 bis 1662. Bd. 2. Heidelberg 1884, S. 387–389, 391, 394. – Edward Schr¨oder: Jacob Sch¨opper v. Dortmund und seine dt. Synonymik. Marburg 1889, S. 27 f. – Karl Hartfelder: Das Katharinenfest der Heidelberger Artistenfakult¨at. In: Neue Heidelberger Jbb. 1 (1891) S. 52–71. – Hugo Holstein: Heidelbergensia. In: Zs. f¨ur vergleichende Literaturgesch. NF 5 (1892) S. 387–391. – Joseph Knepper: Jakob Wimpfeling. Freiburg i. Br. 1902, S. 19, 221. – Richard Lossen: Staat und Kirche in der Pfalz im Ausgang des MA (Vorreformationsgeschichtliche Forschungen 3). Mu¨ nster 1907, S. 174 f. – Gerhard Ritter: 1086

1. H¨alfte 15. Jh. Via antiqua und via moderna auf den dt. Universit¨aten des 15. Jh. Darmstadt 1922, S. 54–62, 67 f., 77 Anm. 3. – Ders.: Petrus Antonius Finariensis. In: Arch. f¨ur Kulturgesch. 26 (1935) S. 89–103, hier S. 93,102. – Ders.: Die Heidelberger Univ. Bd. 1: Das MA. Heidelberg 1936, S. 383–387, 420 f., 463, 500 u. o¨ . – Frank Baron: The Beginnings of German Humanism: The Life and Work of the Wandering Humanist Peter Luder. Diss. Berkeley 1966, S. 75–77 u.¨o. – Ders.: Stephan Hoest: Reden und Briefe (Humanistische Bibl. 3). M¨unchen 1971, S. 13 f., 27, 65, 86–89. – Wilfried Kettler: Unters. zur fr¨uhnhd. Lexikographie in der Schweiz und im Elsass.S trukturen, Typen, Quellen und Wirkungen v. W¨orterb¨uchern am Beginn der Neuzeit. Bern u. a. 2008, passim. SF Kempf, Elisabeth OP, * 1415 Colmar, † 9.10.1485 ¨ Colmar. – Ubersetzerin. Die Tochter eines Colmarer Patriziers kam bereits als Sechsj¨ahrige in das Kloster Unterlinden. Nachdem sie ihre Gel¨ubde als Dominikanerin abgelegt hatte, ist sie seit 1469 als Priorin des Klosters nachgewiesen. Sie hatte das Amt bis zu ihrem Tod inne. Als Priorin u¨ bersetzte K. die lat. Vitae Sororum (auch Unterlindener Schwesternbuch) der Katharina von Gebersweiler in die dt. Sprache. Das Werk gilt als a¨ lteste lat. Sammlung von Nonnenviten und schildert in einem Prolog und 48 Kapiteln das Klosterleben in Unterlinden sowie die Viten von 42 Schwestern des Konvents. K. wollte mit ¨ ihrer Ubertragung auch Schwestern ohne Lateinkenntnissen die Geschichte des Klosters zug¨anglich machen. Zuschreibungen weiterer Colmarer Texte an K. sind h¨ochst unsicher. Insbesondere wird sie ¨ heute nicht mehr als Ubersetzerin der Vita Christi von Michael de Massa (Colmar, StB, Hs. 267) angesehen. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 164.1 Extravagantes, 2r–141r (Pap., Unterlinden?, 15. Jh., alemannisch). Literatur: Karl–Ernst Geith, VL2 4 (1983) Sp. 1115–1117; 11 (2004) Sp. 836 f. – Roger Aubert, DHGE 28 (2003) Sp. 1217. – Jeanne AnceletHustache: Les ‹Vitae Sororum› d’Unterlinden. ´ Edition critique du ms. 508 de la biblioth`eque de Colmar. In: Archives d’histoire doctrinale et litt´eraire du moyen aˆ ge 5 (1931) S. 317–513. – Ruth Bindschedler: Ein liturgischer Text aus einer Hs. des Klosters Unterlinden. In: Colmarer Jb. 2 (1936) S. 44–55. – K.-E. Geith: E. K. (1415–1485), Priorin 1087

Kempf ¨ und Ubersetzerin in Unterlinden zu Colmar. In: Annuaire de la Soci´et´e d’Histoire et d’Arch´eologie de Colmar 29 (1980/81) S. 41–73. – Ders.: E. ¨ K.s Ubers. und Fortsetzung der ‹Vitae sororum› der Katharina von Gueberschwihr. In: Annuaire de la Soci´et´e d’Histoire et d’Arch´eologie de Colmar 32 (1984) S. 27–42. – Claudia Teusch: A la recherche d’une sœur connue. E. K. et la traduction allemande des Vitae sororum (Unterlinden, vers 1470). In: Dominicains et dominicaines en Alsace, XIIIe–XXe si`ecles. Actes du colloque de Guebwiller, 8–9 avril 1994. Hg. v. Jean-Luc Eichenlaub. Colmar 1996, S. 173–176. – Gisela Brandt: Textsorten weiblicher Chronistik. Beobachtungen an den chronikalischen Aufzeichnungen von Agnes Sampach (–1406/07), E. K. (um 1470), Ursula Pfaffinger (1494–1509) und Caritas Pirckheimer (1524–1527). In: Textsortentypologien und Textallianzen von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 16. Jh. Akten zum Internationalen Kongress in Berlin 21. bis 25. Mai 2003. Hg. v. Franz Simmler mit Claudia Wich-Reif. Berlin 2004, S. 217–242. – G. Brandt: Ursula Pfaffinger, Agnes Sampach, E. K., Caritas Pirckheimer u. a. Chronistinnen von Amts wegen. Soziolinguistische Stud. zur Gesch. des Neuhochdeutschen (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 447). Stuttgart 2009. MM O-Antiphonen (Antiphones maiores). – Mit «O» beginnende Antiphonen zum Magnificat der Vespergottesdienste an den letzten sieben Adventstagen vor dem Hl. Abend. Die O-A. verbinden die Messiasanrufung (vokativisches «O») mit der Bitte um sein Kommen («veni») und greifen inhaltlich auf Texte des AT zur¨uck. Die sieben Antiphonen der r¨omischen Liturgie «O Sapientia», «O Adonai», «O radix Jesse», «O clavis David», «O Oriens», «O Rex gentium», «O Emmanuel» wurden wohl noch vor 800 in Gallien oder im Frankenreich derart angeordnet, dass sich – von hinten nach vorne gelesen – f¨ur die Anfangsbuchstaben nach dem einleitenden «O» das Akrostichon «ero cras» bzw. mit dem angef¨ugten Text «O virgo virginum» «vero cras» ergibt. Im MA gab man der kanonischen Siebenerreihe verschiedentlich bis zu f¨unf O-A. f¨ur die vorhergehenden Tage bei. Die O-A. schlugen sich in der ma. Sekund¨arliteratur nieder, etwa bei → Amalarius von Metz, und fanden Verwendung im Rahmen des pers¨onlichen Gebets: → Alkuin, Vita Alcuini (MGH, SS 1088

Speculum artis bene moriendi 15,1, S. 196). Ferner scheinen sie in volkssprachlichen Gebet- und Betrachtungsb¨uchern wie dem → Spiegel der samwitticheit auf. Ausgaben: Die Texte sind in jedem Brevier eingetragen. – Renatus-Joannes Hesbert: Corpus antiphonalium officii. Bd. 3. Rom 1968, Nr. 4081, 3988, 4075, 4010, 4050, 4078, 4025, 4091, 4028, 4034, 4048, 4080, 4083. ¨ Ubersetzungen ins Deutsche: Bislang erforschte, selbstst¨andig u¨ berlieferte volkssprachliche Bearbeitungen: 1. Sieben Antiphonen. a. «O ewige weyßheit die du pist außgangen auß dem mund dez allerh¨ochsten». Augsburg, UB, Cod. III. 1. 8°7, 106v–108r (letztes Viertel 15. Jh.). b. «O wißheit die do ist us gangen von dem mund des obersten». Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 9, 63v–64r (zweite H¨alfte 15. Jh.). 2. Neun Antiphonen. «Hie begynnen die ix antiffen die men heldt in dem aduent [...] O ewyge wysheit die vßgegangen bis uß dem monde des aller ouersten». Hamburg, SUB, Cod. theol. 2059, 71r–73r (15. Jh.). Neben den sieben kanonischen Antiphonen umfasst diese Reihe die Antiphonen O thomas dydime und O jonffrauwe der jonfrauwen. 3. Zw¨olf Antiphonen. a. «O ewige weishait die du außgangen pist aus e e dem mund des allerhochsten». Mu¨ nchen, BSB, r r Cgm 777, 157 –158 (1445–1447). – Ebd., Cgm 4593, 189v–190v (Ende 15. Jh.). – Ebd., Cgm 4701, 110r–112r (drittes Viertel 15. Jh.). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 28860, 93r–94r (15. Jh.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, a VI 48, 169v–170v/171r? (1447). – Ebd., b I 2, 184r–186v (Ende 15. Jh.). – Ebd., b V 19, 175v–176v/177r? (1449). b. «O weishait die aus ist gangen aus dem mund des o¨ bristen». Mu¨ nchen, BSB, Cgm 784, 84v–85r (1458). c. «O weishait des obersten vatters wan dw vrsprung hast aus dem mudt des oberisten». Mu¨ nchen, UB, 8 ° cod. ms. 215, 116v–119r (1480–85). d. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4685, 190r–193r (1502). Anfang fehlt. e. «O wyßhet die do vß dem mund des aller obersten bist vor gangen». Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 92, 45v–48r (1520–1540). f. «O weyshait die da aus ist gangen aus dem mundt des allerhochsten». M¨unchen, BSB, Cgm 4640, 125v–128v (erstes Viertel 16. Jh.). 1089

1. H¨alfte 15. Jh. g. «O du ewige wyßheit die do vßgot von dem munde des allerobersten». Mu¨ nchen, BSB, Cgm 856, 13r–14v (16. Jh.). h. «O du aller unerforlichste weiszhait und unbegreiffliche onerschopfliche tieffe, der du aufgegegangen bist». Mu¨ nster, UB/LB, Ms. N. R. 5500, 194v–199r (um 1600). 4. Auslegung. Die siben O. Eya allerlibsten kinder gotes so wir erkennen auß der heiligen geschrift. M¨unchen, BSB, Cgm 432, 301r–304r (zweite H¨alfte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cent. VII,9, 51r–52v (zweite H¨alfte 15. Jh.; k¨urzere Fassung). Literatur: Dietmar Huebner, MarLex 4 (1992) S. 656 f. – Hans Schmid, LexMA 6 (1993) Sp. 1329. – J¨urgen B¨arsch, LThK3 7 (1998) Sp. 953 f. – Angelus A. H¨aussling/Nicola Zotz, VL2 11 (2004) Sp. 1066–1070. – Sylvain Gasser: ´ Les antiennes O. In: Etudes gr´egoriennes 24 (1992) S. 53–84. – Thomas J. Knoblach: The ‹O› Antiphones. In: Ephemerides liturgicae 106 (1992) S. 177–204. SF Speculum artis bene moriendi. – Seit der ersten H¨alfte des 15. Jh. in lat. und dt. Fassungen weit verbreitetes sp¨atma. Sterbeb¨uchlein. Das zun¨achst in lat. Sprache verbreitete B¨uchlein (Inc. «Cum de presentis exilii miseria mortis transitus propter moriendi imperitia») sollte Seelsorgern helfen, sich auf die geistliche Versehung Sterbender vorzubereiten. Der lat. Text war seit dem zweiten Drittel des 15. Jh. in u¨ ber 200 Handschriften und Drucken verbreitet (vgl. Rudolf 1957 [s. Lit.] S. 77 f.); er ist in sechs Teile gegliedert: Lob des Todes und Kenntnis des guten Sterbens, die letzten Anfechtungen, Fragen an den Kranken, Unterweisungen und Sterbegebete, Mahnungen f¨ur die Zeit des Todeskampfes, weitere Sterbegebete und das Predigtm¨arlein vom Papst und Kaplan. Quellen sind u. a. die → Anselm von Canterbury zugeschriebene Admonitio morienti und das Opus tripartitum des Johannes → Gerson. Die Verfasser¨ frage ist ungekl¨art; neben anonymen Uberlieferungen schreiben Handschriften und Drucke die Schrift u. a. → Heinrich (Heinbuche) von Langenstein, Eberhard → Mardach, → Matth¨aus von Krakau und → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl zu; angenommen wird, dass der Verfasser aus Wiener Universit¨atskreisen stammte. ¨ I. Dt. Ubersetzungen. Seit dem zweiten Drittel des 15. Jh. sind auch dt. ¨ Ubersetzungen greifbar, nach Rudolf 1957 (s. Lit.) 1090

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ k¨onnen acht Ubersetzungen (vier obd., drei mitteldt. und eine nd.) nach den «Kennw¨ortern» ihrer Initien unterschieden werden; manche die¨ ser Ubertragungen gelten heute jedoch eher als vorl¨aufige gr¨oßere Gruppen, innerhalb derer der handschriftliche Text stark variieren konnte; einige der Verdeutschungen stellen lediglich Bearbeitungen und Kontaminationen dar. Insgesamt sind u¨ ber ¨ 40 Handschriften mit dt. Ubersetzungen bekannt. ¨ Die Darstellung der einzelnen Ubertragungen erfolgt nach der Einteilung Rudolfs: ¨ 1. Erste obd. Ubersetzung, seit ca. 1435 im bair.o¨ sterr. Raum verbreitet (Inc. «Als/Wann nun der ausgang von dem j¨amerigen eilend mit dem leibleichen tod»). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1148, 145v–154v (1435). – Salzburg, St. Peter, Cod. b II 13, 246r–272v. – Ebd., Cod. b II 21, 36r-v (Ex¨ zerpt). – Wien, ONB, Cod. 3086, 229r–235v (unvollst.). – Abweichende Fassung in M¨unchen, BSB, Cgm 7248, 87r–97r. Literatur: Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 78 f. und Anm. 15. ¨ 2. Zweite obd. Ubersetzung, in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. haupts¨achlich im bair. und schw¨abisch-alemannischen Raum weit verbreitete, ¨ vollst¨andige Ubertragung des Speculum ins Dt. (Inc. «Als nun der gang des gegenw¨urtigen lebens von der armut umb unverstendikayt des Sterbens»). ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.8°13, 111r–152r. – Berlin, SBB, Mgo 664, 111r–176r. – Heidelberg, UB, Cpg 617, 185v–234v. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 9, 154r–216r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 458, 281v–310v. – Ebd., Cgm 758, 121r–164r. – Ebd., Cgm 834, 1r–34r. – Ebd., Cgm 4591, 195r–228v. – Ebd., Cgm 7954, 141r–161v. – Ebd., Cgm 8118, 91v–111v. – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 479, 165r–194r. – New York, Pierpont Morgan Library, M 782, 165r–194r. – Straßburg, UB, Cod. 2267 (L.germ. 308), 20r–31r. – Stuttgart, LB, Cod. HB I 38, 24r–47r. – Drucke: Augsburg, Johann B¨amler, 1473 und 1476. Literatur: Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 79 und Anm. 16. ¨ 3. Dritte obd. Ubersetzungsgruppe, teils stark voneinander abweichende Fassungen. Ob diese auf eine einzige Verdeutschung zur¨uckgehen, ist noch zu u¨ berpr¨ufen. Der Großteil der Textzeugen stammt aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. und aus dem gesamten s¨uddt. Raum. Inc. «Wann (Seit 1091

Speculum artis bene moriendi einmal) der gang des todes (des todes gang) aus disem elende (aus dises gegenwirtigen elendes ermlichkeit/armut, aus der jamerkeit dis gegenwirtigen eilends)». ¨ Uberlieferung: Vgl. zehn Hss. bei Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 79 Anm. 17. – Ferner: Augsburg, UB, Cod. III.1.2°4, 181r–194v. – Ebd., III.1.4°4, 1r–28r. – Ebd., III.1.4°5, 80r–111r. – Ebd., III.1.4°15, 65v–124v. – Ebd., III.1.4°42, 231v–281r. – Bamberg, SB, Msc. Lit. 175, 72r–92r. – Freiburg i. Br., UB, Hs. 60, 1r–10r (Exzerpte). – Ebd., Staatsarch., B a Nr. 163, 110r–143r. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 982, 309va–319vb. – Innsbruck, UB, Cod. 670, 156r–178r. – M¨unchen, UB, 4° cod. ms. 476, 90r–104v. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 117 254, 115r–129v. – Ebd., Hs. 155 317, 154v–172r. – Straßburg, UB, Cod. 2626 (L.germ. 565), 209v–224r. Literatur: Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 79 und Anm. 17. 4. Vierte obd. Fassung, eine eigenst¨andige, von ¨ den Ubersetzungen 1–3 deutlich abweichende, ¨ teilweise k¨urzende Ubersetzung, entstanden wahrscheinlich im bair. Raum im zweiten Viertel des 15. Jh. (Inc. «Durch unchunst wie sich ein yeder gelawbiger mensch in seiner lecztten czeit so er verschaidet, halten sol»). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 766, 92r–103v (1435). – Ebd., Clm 16213, 283ra–290vb. Literatur: Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 79 und Anm. 18. ¨ 5. Erste mitteldt. Ubersetzung, u¨ berliefert in einer rheinfr¨ankischen Handschrift (Inc. «Syntdemail daz under allen erschrecklichen dingen der doit des lychams daz aller erschrecklichste ist»). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 19803, 263r–296v. ¨ 6. Zweite mitteldt. Ubersetzung (Inc. «Want umme die sache das der ingang des todes»). ¨ Uberlieferung: Straßburg, UB, Cod. 2104 (L. germ. 180), 162r–253r (Erfurt, 1447). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1189 Helmst., 35r–64r. ¨ 7. Dritte mitteldt. Ubersetzung (Inc. «Synt de male in der czijt der iamerheit der ganck des doedes ind des stervens»). ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, Hs. 1830, 59r–85v. – Augsburg, UB, Cod. III. 1.2°14, 2ra–12vb (unvollst.). ¨ 8. Nd. Ubersetzung von Dietrich → Engelhus. 9. Teil¨uberlieferung: Einzelne Kapitel und Ex¨ zerpte aus verschiedenen Ubersetzungen der 1092

Speculum artis bene moriendi Schrift sind zudem h¨aufig handschriftlich u¨ berliefert (besonders aus den Abschnitten Anfechtungen des Sterbenden; Fragen an den Sterbenden und Predigtm¨arlein). II. Dt. Bearbeitungen. 1. B¨uchlein von der edlen Kunst des Sterbens, eine ¨ k¨urzende Ubertragung des Speculum (der 6. Abschnitt fehlt); eingef¨ugt ist ein Exempel vom heuchlerischen Kardinal und seinem Kaplan aus ¨ anderer Quelle. Die Uberlieferung stammt aus dem bair.-¨osterr. Raum (zweite H¨alfte 15. Jh.). Inc. «Das ich nicht undanckn¨am sey dem leiplichen guet». ¨ Uberlieferung: F¨unf Hss. bei Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 82 Anm. 30. – Ferner: N¨urnberg, StB, Ms. Solg. 9.8°, 2r–65r. 2. Sterbeb¨uchlein Ein gut kunst, darin man mag gar hailbartlich lernen sterben, u¨ berliefert in zwei bair. Handschriften vom Ende des 15. Jh. Es handelt sich um eine k¨urzende Bearbeitung des Speculum (Inc. «Als uns bebeysen di heyligen lerar der geschrift wie der todt der natur gar grausenlich sei»). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 466, 40v–69r. – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 485, 88r–106v. 3. Spiegel des kranken und sterbenden Menschen. In der zweiten H¨alfte des 15. Jh. im o¨ sterr. und im N¨urnberger Raum verbreitetes Sterbeb¨uchlein; der Verfasser bezeichnet sich als «lerer der heiligen geschrift». Als Quelle diente ihm das Speculum (Inc. «Gedennckh in all deinen werckenn dein leczte zeit»). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 61, 57v–59v. – Ebd., Mgo 481, 260v –286v. – Graz, ZB Wiener Franziskanerprovinz, Cod. 26, 78v–109r. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 71, 1r–19v. – N¨urnberg, StB, Cent. VII, 88, 2r–5r (unvollst.). – Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis, Cod. 103, 1r–30v (Pillenreuth 1463). – Stuttgart, LB, HB XIII 10, ¨ 300r–315v. – Wien, ONB, Cod. 2978, 258r–281v. – Drucke: Augsburg, Anton Sorg 1483. – Ebd., Johann Froschauer 1494. – Ebd., Johann Sch¨onsperger 1498. – Ebd., E. Oglein und J. Nadler 1508. – Nd. Druck: L¨ubeck, Steffen Arndes 1497. Literatur: Rudolf 1957 (s. Lit.) S. 87 und Anm. 18. Eine zweite Fassung dieser Bearbeitung in Berlin, SBB, Mgo 58, 19v–22r. Eine j¨ungere Bearbeitung findet sich in der Totentanzhandschrift des Grafen Wilhelm Werner von Zimmern (Karlsruhe, Cod. Donaueschingen A III 54, 146v–184v, 223r–230v). 1093

1. H¨alfte 15. Jh. 4. Kontaminationen des Speculum mit Thomas → Peuntners Kunst des heilsamen Sterbens liegen in vier verschiedenen Fassungen vor: ein in Wien um die Mitte des 15. Jh. entstandener Text mit dem Incipit Der aufgang (anfang) von dem jamerigen ellend mit dem leiplichen tod. ¨ Uberlieferung: Vgl. Reiffenstein/Spechtler, Bernhard v. Rohr (s. Lit.) S. 103 f. ¨ In eine Ubersetzung des Speculum unter dem Titel Von dem heilsamen Sterben wurden Abschnitte aus Peuntners Kunst des heilsamen Sterbens eingearbeitet (Inc. «Als nu der ganck von der armut des gegenw¨urtigen ellents umb unverstentikait des Sterbens»). ¨ Uberlieferung: Salzburg, St. Peter, Cod. a IV 37, 2r–59r. – Ebd., b I 35, 133r–184v; b IV 40, 87v–122v. Eine leicht abweichende Fassung des vorangehenden Textes unter dem Titel Underweissung von chunst des sterbenden menschen war im s¨uddt. Raum gegen Ende des 15. Jh. verbreitet (Inc. «Wyewoll das ist das ainem yeden menschen zwgeh¨ort das er sein aigne sel gar trewleich und woll versorg»). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 8119, 206r–263v (1474). – Salzburg, St. Peter, Cod. a II 14, 105r–168r. – Salzburg, Nonnberg, Cod. 23 A 23, 1r–66v. – Schaffhausen, StB, Gen. 12, 98r–179v. Eine Mischredaktion mit kontaminierten Abschnitten aus dem Speculum und aus Peuntners Kunst des heilsamen Sterbens (Inc. «Als nun der ganck von der armuet des gegenw¨urtigen ellends umb unverst¨andtikait») ist u¨ berliefert in Salzburg, St. Peter, Cod. bV 20, 2r–20r. 5. Eine Druckfassung der → Bilder-Ars-moriendi weist Verwandtschaft mit dem Speculum auf. Literatur: Rainer Rudolf: Ars Moriendi. In: LexMA 1 (1980) Sp. 1039–1042. – Rudolf Mohr: Ars moriendi I. In: TRE2 14 (1993) S. 143–154. – Philip Brady: Ars Moriendi. In: LThK3 1 (1993) Sp. 1036. – Karin Schneider, VL2 9 (1995) Sp. 40–49. – Franz Falk: Die dt. Sterbeb¨uchlein v. der a¨ ltesten Zeit des Buchdruckes bis zum Jahre 1520. K¨oln 1890. Nachdr. Amsterdam 1969. – Nikolaus Paulus: Die Reue in den dt. Sterbeb¨uchlein des ausgehenden MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 28 (1904) S. 1–36, 449–485, 682–698. – Mary C. O’Connor: The Art of Dying Well. New York 1942. Nachdr. New York 1966. – R. Rudolf: Der ¨ Verfasser des ‹S. a. b. m.›. In: Anz. der Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl. 24 (1951) S. 388–398. – Thomas Peuntners Kunst des heilsamen Sterbens 1094

1. H¨alfte 15. Jh. ¨ nach den Hss. der ONB. Hg. v. R. Rudolf. Berlin 1956. – Ders.: Ars moriendi (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957, S. 75–99. – Elvira Langen: Eine neue Quelle f¨ur die Kenntnis des mystischen Lebens im Kloster Pillenreuth. Diss. Heidelberg 1961. – Alois Madre: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl. Leben und Schr. Ein Beitr. zur theologischen Literaturgesch. Mu¨ nster 1965. – Ingo Reiffenstein/Franz V. Spechtler: Deutschsprachige Sterbeb¨uchlein des 15. Jhs. in Salzburger Hss. In: Germanistische Stud. Hg. v. Johannes Erben/Eugen Thurnher (Innsbrucker Beitr. zur Kulturwiss. 15). Innsbruck 1969, S. 107–125. – I. Reiffenstein/F. V. Spechtler: Erzbischof Bernhard v. Rohr als B¨uchersammler. In: Mitt. der Ges. f¨ur Salzburger Landeskunde 109 (1969) S. 95–104. – R. Rudolf: Die Ars-moriendi-Lit. des MA. In: Jb. f¨ur internationale Germanistik 3,1 (1971) S. 22–29. – Hella Fr¨uhmorgen-Voss u. a.: Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA 1. Hg. Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayerischen Akad. der Wiss. Mu¨ nchen 1986. – Nigel F. Palmer: Ars moriendi und Totentanz. Zur Verbildlichung des Todes im Sp¨atMA. Mit einer Bibliogr. zur Ars moriendi. In: Tod im MA. Hg. v. Arno Borst u. a. Konstanz 1993, S. 313–334. SF Beginchen von Paris. – Gedicht, Anfang/Mitte 15. Jh. Das geistliche Gedicht u¨ ber das B. v. P. entstand wohl in der ersten H¨alfte des 15. Jh. und stammt m¨oglicherweise aus dem Umfeld ndl. Beginen. Entsprechend steht der Text inhaltlich in der Tradition mystischer Jesusminne. Das B. entstammt einer wohlhabenden Familie aus Paris, entsagt aber dem weltlichen Leben und tritt in ein Beginenkloster ein. In einer weiteren Stufe der Entsagung nimmt das M¨adchen dort nicht am Klosterleben teil, sondern versenkt sich allein in stille Andacht. In v¨olliger Hingabe an Christus lebt das B. sieben Jahre lang ohne Nahrung, bis es nach einer Erscheinung Christi zum Himmel auff¨ahrt. Urspr¨unglich in mndl. Sprache geschrieben, fand die Geschichte des B.s ihre gr¨oßte Verbreitung in den Niederlanden, aber auch in den nd. und westmitteldt. Nachbargebieten. Neben einer kar¨ gen handschriftlichen Uberlieferung sind Drucke aus dem 15. bis 17. Jh. erhalten, unter denen eine Inkunabel aus Delft (Christiaen Snellaert [?], 1095

Beginchen von Paris ca. 1489/95) als fr¨uhester und originalgetreuester Druck gilt. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. Convent V, 110r–125v (mnd.). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 66, 247v–263v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mnd.). – Oldenburg, LB, Cim I 73, 119r–131v (Pap., um 1470). Ausgaben: Johannes van Vloten: Baghijnken van Parijs. In: Algemeene Konst- en Letterbode voor het jaar 1853. Tl. 2. Haarlem 1853, S. 50–55. – Van dem Begingin van Paris. In: Geistliche Gedichte des XIV. und XV. Jh. vom Niderrhein [sic]. Hg. v. Oskar Schade. Hannover 1854, S. 333–360. – Baghijnken van Parijs. Oock is hier by ghedaen de wyse leeringe die Catho zijnen Sone leerde. Hg. v. Constant Philip Serrure. Gent [1860] (basiert auf der Ausg. Antwerpen 1605). – Mnd. Gedichte aus Hss. Hg. v. August L¨ubben. Oldenburg 1868, S. 1–20. – Segebrecht 1921 (s. Lit.). – Dat Baghynken van Parys. Naar de incunabel van ca. 1490. Hg. v. Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys und Cornelis Kruyskamp. Leiden 1954. – Ampe 1954 (s. Lit.). – Niekerken 1959 (s. Lit.). Literatur: Ehrismann 2,2,2 (1935) S. 408. – Hartmut Beckers, VL2 1 (1978) Sp. 667–671; 11 (2004) Sp. 228. – Wolfgang Lindow, KNLL 18 (1992) S. 184. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 331. – Reinhold Segebrecht: V. dem Beghinchen v. Paris. Vergleichung der u¨ berlieferten Fassungen und Herstellung eines krit. Textes (Diss. Hamburg) 1921. – Albert Ampe: Dat baghijnken van Parijs. In: Ons Geestelijk Erf 28 (1954) S. 277–316. – Walther Niekerken: Vom B. v. P. In: NdJb 82 (1959) S. 99–112. – Manfred Beck: Unters. zur geistlichen Lit. im K¨olner Druck des fr¨uhen 16. Jh. (GAG 228). G¨oppingen 1977, S. 134 f. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 1990, S. 175. – Robert Schweitzer: Die alten und wertvollen Best¨ande der StB. Entstehung und Slg. Gesch. der Auslagerung, Bedeutung der R¨uckkehr. In: Der Wagen, ein l¨ubecker Jb. (1992) S. 73–105, auch Anhang S. 269–278. – J¨org Fligge/Andrea Mielke/Robert Schweitzer: Die nd. Hss. der StB L¨ubeck nach der R¨uckkehr aus kriegsbedingter Auslagerung. Forschungsbilanz nach einem Jahrzehnt. In: Vulpis adolatio. FS Hubertus Menke. Hg. v. Robert Peters u. a. Heidelberg 2001, S. 183–237. MM Gresemund, Gottschalk (von Meschede), * um 1406 Meschede/Westfalen, † 9.7.1463 Erfurt. – Verfasser theologischer und rhetorischer Schriften. 1096

Johannes von Dorsten Der a¨ ltere Bruder von Hermann → Gresemund und Dietrich → Gresemund aus einer westf¨alischen Gelehrtenfamilie nahm 1424 sein Studium in Erfurt auf (1426 Baccalaureus und 1428 Magister artium; 1433 Baccalaureus und 1439 Doktor der Theologie). Als einer der f¨uhrenden Professoren der Erfurter Universit¨at war G. 1436/37 Dekan der Artistenfakult¨at und dreimal Rektor der Hochschule (1437/38, 1445/46, 1456). Seit 1445 zus¨atzlich Kanonikus am Marienstift, wurde er 1455 auch dessen Dekan. G. genoss als Theologe hohes fachliches Ansehen und wurde oft f¨ur Gutachten oder Disputationes herangezogen (1447 gegen Matthias → D¨oring und Johannes → Kannemann im Konflikt um das Wilsnacker Blutwunder). G. ist der erste Weltpriester, den Johannes Trithemus erw¨ahnt. Ein bei Trithemus angef¨uhrter Sentenzenkommentar sowie dort gelistete Quaestiones und Sermones lassen sich nicht nachweisen. Erhalten ist eine Quaestio quodlibetatis von 1446 u¨ ber den Ablass. Auch eine Proposicio introductoria artis rhetorice d¨urfte G. zuzuweisen sein. Diese ist in ¨ Ubereinstimmung mit dem zeitgen¨ossischen Rhetorikbegriff im Wesentlichen eine (unvollst¨andige) Brieflehre (Ars dictaminis). ¨ Uberlieferung: Quaestio: Stiftsbibl. Kremsm¨unster, Cod. 18, 111r–114v. – Ebd., Cod 175, 111r–114r. – Ars rhetorica: Erlangen, UB, Ms. 636, 115r-126r, 127r–132v. Randnotiz 115r: «rhetorica gotscalci». Enth¨alt auch Schr. Hermann Gresemunds. Literatur: Franz-Josef Worstbrock, VL2 3 (1983) Sp. 251–253. – Johannes Trithemius: Scriptores ecclesiastici. In: Opera historica 1. Hg. v. Marquard Freher. Frankfurt 1601 (Nachdr. 1966) S. 369. – Ludger Meier: Die Stellung der Ordensleute in der Erfurter theologischen Fakult¨at. In: Humanismus, Mystik und Kunst in der Welt des MA. Hg. v. Josef Koch (Stud. und Texte zur Geistesgesch. des MA 3). Leiden/K¨oln 1953, S. 137–144, hier S. 140. – Joseph Klapper: Der Erfurter Kart¨auser Johannes Hagen. Ein Reformtheologe des 15. Jh. Bd. 1. Leipzig 1960, S. 23 f., 120. – Erich Kleineidam: Universitas Studii Erffordensis. Bd. 1: Sp¨atMA, 1392–1460 (Erfurter theologische Stud. 14). Leipzig 1964. Erfurt/Leipzig 21985, Nachdr. 1997, S. 114, 116–119, 121, 135, 141, 230, 284 f. 350, 365. – HansHeinrich Fleischer: Dietrich G. der Ju¨ ngere. Ein Beitr. zur Gesch. des Humanismus in Mainz. Wiesbaden 1967, S. 6, 133. VZ 1097

1. H¨alfte 15. Jh. Berninck, Hendrik (Henricus) OFM, * um 1396 Mu¨ nster/Westf., † 1492 Hamm. – Prediger. H. geh¨orte den Franziskanern in der k¨olnischen Observantenprovinz an. Er kannte wohl den Heiligen Bernhardin von Siena und gr¨undete mit dessen Segen mehrere Kl¨oster, so 1439 in Gouda, 1445 in Leiden und 1448 in Antwerpen. Nach heutiger Kenntnis verbrachte er insgesamt vier Jahrzehnte in den Niederlanden. 1456–59 war er Provinzialvikar und 1475–77 Guardian in Boetendaal/Belgien. Daneben trat er auch mit Predigten hervor, von denen allerdings nur die Nachschrift Vander schoenheit ende edelheit der sielen u¨ berliefert ist, die eine 1475 in Br¨ussel gehaltene Predigt H.s wiedergibt. Außerdem verfasste er den Traktat Onser liever vrouwen doernen crone, der nur in sp¨ateren Drucken des 16. Jh. vorliegt. ¨ Uberlieferung: Vander schoenheit [...]: Gent, UB, cod. 902, 228r–233v (um 1475, ndl.). Ausgaben: Mattheus Verjans: Preken van Minderbroeders uit vroeger tijd. In: Neerlandia Seraphica 10 (1936) S. 1–192, hier S. 46 f., 90–96. Drucke: Onser Liever Vrouwen doernen crone: Antwerpen 1514. – Leiden 1515. – Antwerpen um 1538. Literatur: Benjamin de Troeyer, VL2 1 (1978) Sp. 794 f. – Ders.: Bio-bibliografie van de Minderbroeders in de Nederlanden voor het jaar 1500. Voorstudies (Nieuwe reeks) I: H. B. In: Franciscana 25 (1970) H. 1/2, S. 3–18. – Ders./Leonide Mees: Bio-bibliographia franciscana neerlandica ante saeculum XVI. Bd. 1. Nieuwkoop 1974, S. 128–138; Bd. 2. Ebd. 1974, Nr. 18. MM Johannes (Bauer) von Dorsten OESA, * um 1435 Dorsten/Westfalen, † 3.1.1481 Erfurt. – Prediger. J. studierte seit 1454 in Erfurt die K¨unste. Nachdem er 1458 den Magistergrad erhalten hatte, schloss er sich den Augustinereremiten an. Sein darauffolgendes Theologiestudium beendete er 1465 mit der Promotion zum Dr. theol. Anschließend lehrte er als Prof. in Erfurt Theologie, leitete das Generalstudium seines Ordens und war 1467–70 Provinzial der s¨achsischen Ordensprovinz. 1470 ist am Generalkapitel in Bologna nachgewiesen. J. wirkte u. a. auf Johannes Hagen, Benedikt Ellwanger und seinen bekanntesten Sch¨uler → Johannes von Palz, der auch J.s Nachlassverwalter war. Palz nahm Ausz¨uge aus J.s Schriften in seine 1098

1. H¨alfte 15. Jh. Predigthandb¨ucher Coelifodina (1500, Neufassung 1502) und Supplementum Coelifodinae (1503/04) auf. J.s Werk ist in lat. Sprache u¨ berliefert und besteht haupts¨achlich aus theologischen und kirchenpolitischen Traktaten. Außerdem schrieb er 1454–77 die Chronica imperatorum ab anno I nach Martin von Troppau. Seine lat. Predigten sind in mehreren Sammlungen erhalten. Darin erweist sich J. als kritischer Reformer mit Augenmaß. ¨ ¨ Uberlieferung: Verz. der Uberl. in: Adolar Zumkeller: Mss. v. Werken der Autoren des Augustiner-Eremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibl. W¨urzburg 1966, S. 221–233 (Nr. 471–484), S. 594–598 (Nr. 471–482c). ¨ Ausgaben: Vgl. Zumkeller 1966 (s. Uberl.). Literatur: ADB 5 (1867) S. 364 (D¨orsten). – A. Zumkeller, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 480 f. – Erich Kleineidam, NDB 10 (1974) S. 548. – Katharina Colberg, VL2 4 (1983) Sp. 577–580. – A. Zumkeller, LexMA 5 (1991) Sp. 570. – Roger Aubert, DHGE 26 (1997) Sp. 1480. – Ludger Meier: Die Rolle der Theologie im Erfurter Quodlibet. In: Recherches de th´eologie ancienne et m´edi´evale 17 (1950) S. 283–302. – Ders.: Wilsnack als Spiegel dt. Vorreformation. In: Zs. f¨ur Religions- und Geistesgesch. 3 (1951) S. 53–69. – Ruth KestenbergGladstein: The ‹Third Reich›. A 15th-Century Polemic Against Joachism, and Its Background. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institute 18 (1955) S. 245–295 (wieder in: Joachim of Fiore in Christian Thought. Essays on the Influence of the Calabrian Prophet 2. Hg. v. Delno C. West. New York 1975, S. 559–609). – Erich Kleineidam: Universitas Studii Erfordensis 2. Leipzig 1969, S. 106–109 u. o¨ . – A. Zumkeller: Die Lehre des Erfurter Augustinertheologen J. v. D. († 1481) u¨ ber Urstand und Erbsu¨ nde. In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 35/36 (1974) S. 43–74. – Ders.: Hss. aus dem ehemaligen Erfurter Augustinerkloster in der SB Berlin-Preussischer Kulturbesitz. Neue Aufschl¨usse u¨ ber J. v. D. O.S.A. In: Analecta Augustiniana 40 (1977) S. 223–277. – Ders.: Der Predigtbd. Cod. Berolinensis lat. fol. 851 des Erfurter Augustinertheologen J. v. D. († 1481). In: Augustiniana 27 (1977) S. 402–430; 28 (1978) S. 34–90. – Ders.: Die Lehre des Erfurter Augustinertheologen J. v. D. (gest. 1481) u¨ ber Gnade, Rechtfertigung und Verdienst. In: Theologie und Philosophie 53 (1978) S. 27–64, 179–219. – Ders.: J. v. D. (?–1481). In: Westf¨alische Lebensbilder 13. Hg. v. der Hist. Kommission f¨ur Westfalen. 1099

Kolde Mu¨ nster/Westf. 1985, S. 1–18. – Paul ZimdarsSwartz: John of D.’s Response to Apocalyptic Prophecy in the 1466 Erfurt Quaestio. A Prelude to an Apocalyptic Theology of Papal Grace. In: Il Profetismo gioachimita tra Quattrocento e Cinquecento. Atti del III Congresso Internazionale di Studi Gioachimiti, S. Giovanni in Fiore, 17–21 settembre 1989. Hg. v. Gian Luca Potest`a. Genua 1991, S. 259–271. – A. Zumkeller: Der Augustiner J. v. D. († 1481), ein f¨uhrender Theologieprofessor der Erfurter Univ. am Ausgang des MA. In: Zur Gesch. der Univ. Erfurt. Hg. v. Horst Rudolf Abe/J¨urgen Kiefer. Erfurt 1993, S. 97–107. MM Kolde, Dietrich, von Osnabr¨uck, von M¨unster (Colde, Coelde, Dietrich von Osnabr¨uck, von Mu¨ nster, Derick oder Diederick van Munster, Theodoricus Coelde Monasteriensis) OFM, * um 1435 Mu¨ nster/ Westfalen, † 11.12.1515 L¨owen. – Prediger, Verfasser eines ndl. Katechismus. Der Patriziersohn schloss sich fr¨uh den Augustinern im Kloster Osnabr¨uck an. Anschließend studierte er wahrscheinlich Theologie und die K¨unste an der Universit¨at K¨oln. In den folgenden Jahren machte er sich als Prediger einen Namen und war seit 1482 Lesemeister. Aus unbekannten Gr¨unden wechselte K. um 1483–86 in den Orden der Franziskanerobservanten. Er trat weiterhin als Prediger auf und gewann durch seine engagierte Pflege von Pestkranken in Br¨ussel 1488/89 weitreichende Bekanntheit. Der K¨olner Erzbischof Hermann IV. ernannte K. danach zum Praedicator generalis f¨ur Westfalen und das Rheinland. Um 1492–97 lebte K. im Kloster Br¨uhl und war anschließend Guardian in Br¨ussel. Er u¨ bte dieses Amt seit 1502 auch in Boetendaal, seit 1508 in Antwerpen und seit 1510 in L¨owen aus. Gleichzeitig war er seit etwa 1502 Definitor. 1507 ist er auf dem Provinzkapitel in Gouda nachweisbar. Seinen Lebensabend verbrachte K. in L¨owen. Im 19. Jh. wurde seine Seligsprechung betrieben, was aber am Fehlen einer kontinierlichen Verehrung K.s scheiterte. Von u¨ berragender Bedeutung ist Der Kerstenen Spiegel, der heute als erster dt. Katechismus gilt. Seine genaue Entstehung ist unbekannt, aber K. selbst gab um 1480 in L¨owen eine Fr¨uhfassung der Schrift heraus. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Spiegel in weit u¨ ber 30 Drucken zuerst im ndl., dann im nd. Sprachraum verbreitet. Westf¨alische Handschriftenfassungen der Schrift sind ebenso 1100

Kolde u¨ berliefert wie ripuarische Druckfassungen. Inhaltlich bietet der Spiegel in drei Teilen mit insgesamt 46 Abschnitten zahlreiche praktische Lehren und Gebete f¨ur christliche Laien. Im ersten Teil finden sich neben dem Credo vor allem Lehren zu Gott, Jesus und dem Ewigen Leben. Der zweite Teil behandelt u¨ berwiegend Sakramente, Gebote und S¨unden, enth¨alt aber auch Gebetsanweisungen und Hinweise zur christlichen Erziehung von Kindern. Teil drei befasst sich mit Sterben und Tod. Von K.s kleineren Schriften erlangte keine die Bedeutung des Spiegels. Erw¨ahnenswert ist Och edel ziele mercke, ein dialogisch angelegtes Lied, das bis in die Neuzeit anthologisiert wurde. In 21 Strophen mit Kreuzreimen entspinnt sich darin, vermittelt durch einen fiktiven Beichtvater, ein Gespr¨ach zwischen Christus als Br¨autigam und der minnenden Seele als Braut. Im Zentrum steht die Aufforderung Jesu, die Seele m¨oge ihm im Leiden nachfolgen. Genannt seien hier noch zwei weitere Schriften, die K.s Ausrichtung auf die Vermittlung praktischer Glaubenshilfen zeigen, wie sie auch im Spiegel deutlich wird: Das in der Tradition Davids von Augsburg stehende Een hant vol wysheyden (auch Doctrina salutifera) gibt Anweisungen f¨ur Gebet, Beichte und den Empfang der Sakramente. Das Boechelgen van ynwendiger oeffnungen ist eine Anleitung zur Jesus- und Heiligen-Kontemplation, Die doernen Crone onses heren Ihesu Cristi eine Meditation zur Passion Christi. K. hinterließ auch drei mndl. Predigten, in denen Gottesliebe, Marias Himmelfahrt und Offb 3,15 thematisiert werden. Die sich u. a. auf Bonaventura beziehenden Predigten sind laienfreundlich mit Bildern und Exempeln angereichert und verzichten auf scholastische Gelehrsamkeit. Nicht mehr K. zugeschrieben werden heute Een prophetije gepreect by Dierick van Munster und De proprietate monastica. K. war auch nicht identisch mit dem zu Anfang des 15. Jh. lebenden Dietrich (Kerkering) von M¨unster, dem eine Neujahrspredigt zugeschrieben wird, die ebenfalls nicht von K. stammen d¨urfte. Bleibende Wirkung entfaltete K. in erster Linie mit seinem Spiegel, der die katechetische Literatur bis weit ins 16. Jh. pr¨agte. Nicht zu vergessen sind jedoch auch seine Verdienste als umtriebiger Bußprediger von großer Volksn¨ahe. Als religi¨oser Schriftsteller wie als Prediger gewann K. 1101

1. H¨alfte 15. Jh. die Wertsch¨atzung prominenter Humanisten seiner Zeit wie Erasmus von Rotterdam, Johannes Trithemius und Rudolf von Langen. ¨ Uberlieferung (dt., ndl.): 1. Der Kerstenen Spiegel: Mu¨ nster, Di¨ozesanbibl., Ms. G12 210, 3r–100v (Perg., um 1490, westf¨alisch, unvollst.). – Trier, StB, Hs. 833/1368 8°, 135r–158r (Pap., um 1500, westf¨alisch, nur Kap. 1–11). 2. Predigten und kleinere Schriften: Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 141, 21r–26r (Predigt von 1470). – Nov´a R´ıˇse, Bibl. der Pr¨amonstratenserabtei, Cod. 69, 383r–419r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nordmittelfr¨ankisch). – Br¨ussel, Stadtarch., ms. 2915, S. 71–88 (Ende 15. Jh.). – Weitere Hss. bei de Troeyer 1985 (s. Lit.) und Bautz 1990 (s. Lit.). Drucke: Verz. der zahlreichen Drucke u. a. bei de Troeyer 1985 (s. Lit.), Bautz 1990 (s. Lit.). – Nennenswerte Fr¨uhdrucke im GW, Nr. 7135–7152. Ausgaben: 1. Der Kerstenen Spiegel: Katholische Katechismen des sechzehnten Jh. in dt. Sprache. Hg. v. Christoph Moufang. Mainz 1881 (Nachdr. Hildesheim 1964) S. 1–105. – Der Christenspiegel des D. K. v. Mu¨ nster (Franziskanische Forschungen 9). Hg. v. Clemens Drees. Werl/Westf. 1954. 2. Kleinere Schriften: Schlager 1907 (s. Lit.; Een hant vol wysheyden). – Goyens 1926 (s. Lit.; verschiedene kleinere Schriften). – Mattheus Verjans: Dirk van M¨unster OFM († 1515) en het traktaat ‹De proprietate monastica›. In: Ons Geestelijk Erf 7 (1933) S. 348–352. – Kurt Ruh mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 2. M¨unchen 1985, S. 166–179 (Kollatie u¨ ber Offb 3,15). – Weitere Kurztexte auch bei Drees 1954 (s. o.). Literatur: E. Aander Heyden: Coelde, Dederich. In: ADB 4 (1876) S. 386–388. – Sophronius Clasen, NDB 3 (1957) S. 307. – Benjamin de Troeyer, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 1770 f. – Ders., VL2 5 (1985) Sp. 19–26; 11 (2004) Sp. 859. – Dieter Berg: D. Kolde (Dirk, Thierry Coelde) (ca. 1453–wahrscheinlich 1515). In: LexMA 3 (1986) Sp. 1037. – Hans-Jochen Schiewer, MarLex 3 (1991) Sp. 601. – Dieter Berg, LThK3 6 (1997) Sp. 175 f. – Friedrich W. Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1075–1077. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319 f., 810. – Heinz Wittenbrink/Red., Killy2 6 (2009) S. 601 f. – Patricius Schlager: Zur Biogr. des Theoderich v. M¨unster. D¨usseldorf 1907. – Bertold Bockholt: Theodorich v. M¨unster. Ein Gedenkbl. zu seinem 400. Todestage. M¨unster/ 1102

1. H¨alfte 15. Jh. Westf. 1915. – Athanasius Bierbaum: D. v. Mu¨ nster. Mu¨ nster/Westf. 1926. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Strassburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 13 (1926) S. 337–365; 14 (1927) S. 297–332; 15 (1928) S. 96–120, 316–348. – J´erˆome Goyens: Le Bienheureux Thierri Coelde de Mu¨ nster, O. F. M (m. 1515). Bibliogr. et documents sur ses reliques. In: Archivum Franciscanum Historicum 19 (1926) S. 418–430. – Ders.: Un h´eros du Vieux-Bruxelles. Le Bienheureux Thi´erri Coelde († 1515). Notes et documents. Mechelen 1929. – Ferdinand Doelle: D. Coelde. In: Westf¨alische Lebensbilder II,3. Hg. v. Aloys B¨ome u. a. M¨unster/Westf. 1931, S. 379–395. – Karl Zuhorn, Neue Beitr. zur Lebensgesch. D. Koldes. In: Franziskanische Stud. 28 (1941) S. 107–116, 163–194. – Albert Groeteken: Der a¨lteste gedruckte dt. Katechismus und die nd. Volksb¨ucher des sel. D. Koelde v. Mu¨ nster. In: Franziskanische Stud. 37 (1955) S. 53–74, 189–217, 388–410, hier S. 404–407. – K. Zuhorn: Weitere Unters. zur Lebensgesch. D. K.s. In: Westf¨alische Zs. 112 (1962) S. 53–61. – Adolar Zumkeller: Mss. von Werken der Autoren des AugustinerEremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibl. W¨urzburg 1966, S. 371–374. – B. de Troeyer: BioBibliographia Franciscana Neerlandica Saeculi XVI 2. Nieuwkoop 1970, Nr. 281–307. – Ders.: Biobibliografie van de Minderbroeders in de Nederlanden voor het jaar 1500. Voorstudies (Nieuwe reeks). III. Dirk van Munster. In: Franciscana 26 (1971) S. 109–173. – Ders. und Leonide Mees: BioBibliographia Franciscana Neerlandica Ante Saeculum XVI. Nieuwkoop 1974, Bd. 1, S. 197–248; Bd. 2, Nr. 1–21; Bd. 3, S. 7–40. – Karin Morvay/ Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 171–173 (T 170). – B. de Troeyer: D. v. M. (um 1435–1515). In: Franziskanische Stud. 65 (1983) S. 156–204. – Bernd-Ulrich Hergem¨oller: D. Koldes ‹Verclaringhe van den stummen sunden› und ‹Een prophetye gespreect by broeder Dierick van Munster›. Zur Arbeitsweise und Rezeptionsgesch. des Christenspieglers. In: Vestigia Monasteriensia. Westfalen, Rheinland, Niederlande. Hg. v. Ellen Widder u. a. Bielefeld 1995, S. 73–99. MM Bidermann, Jodocus. – Verfasser einer kurzen Dichtung gegen das Messelesen um Sold, 15. Jh. Ein J. B. ist 1447 als Leutpriester in Betschwanden/Kt. Glarus bezeugt. 1103

Bidermann Es handelt sich bei diesem wahrscheinlich um den Verfasser von 20 deutschsprachigen Versen gegen das Messelesen um Sold, welche auf dem hinteren Innendeckel der Handschrift St. Gallen, Cod. 1061, u¨ berliefert sind. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) Sp. 853. – Gustav Scherrer: Verzeichniss der Hss. der Stiftsbibl. v. St. Gallen. Halle 1875 (Nachdr. Hildesheim/New York 1975) S. 396. SF Dreuben, Konrad (Conrad Drube, «Conradus Truben de Hochstedn»). – Leutpriester, Kompilator. D. lebte zun¨achst als Leutpriester im els¨assischen Herlisheim, danach in Sainte-Croix-enPlaine/Colmar. Dort war er 1462–67 Kanoniker und um 1473 wieder Leutpriester. Zwischen 1445 und 1476 stellte er zum Eigengebrauch drei handschriftliche Kompilationen zusammen. Darin sind vor allem theologische, pastorale und homiletische Texte und Ausz¨uge versammelt. Zu den aufgenommenen Autoren z¨ahlen Augustinus (De arte praedicandi), → Nikolaus von Lyra, → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl, Johannes → Gerson und → Hermann von Schildesche. Der Sentenzenkommentar des Petrus Lombardus ist in bearbeiteter und geraffter Form enthalten. Hinzu kommen Predigten (meist Bußpredigten) zu Ereignissen des Kirchenjahrs wie Advent und Fastenzeit. D. erg¨anzte diese Texte nachtr¨aglich mit eigenen Randglossen, darunter lat. Predigten und lat.-dt. Erl¨auterungen. Die Colmarer Hs. 151 enth¨alt außerdem den allegorischen Traktat Buch des Lebens (Liber Vite). ¨ Uberlieferung: Colmar, StB, Ms. CPC 1946 (Pap:, Mitte 15. Jh., lat. und dt.). – Colmar, StB, Ms. CPC 1954–55 (Pap:, Mitte 15. Jh., lat.). – Colmar, StB, Ms. CPC 151 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., lat. und dt., enth¨alt auch das Buch des Lebens). Literatur: Kurt Ruh: Buch des Lebens. In: VL2 1 (1978) Sp. 1092 f. – Dagmar LadischGrube, VL2 2 (1980) Sp. 232. – Florent Landmann: Drei Predigt- und Seelsorgsb¨ucher von K. D., einem els¨assischen Landpfarrer aus der Mitte des 15. Jh. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 8 (1933) S. 209–240. – Paul Bolchert: La Bi´ blioth`eque du Consistoire de l’Eglise de la Confession d’Augsbourg a` Colmar 1: Les Manuscrits. In: Annuaire de la Soci´et´e Historique et Litt´eraire de Colmar 5 (1955) S. 29–31. – Dieter Richter: Die Allegorie der Pergamentbearbeitung. Beziehungen zwischen handwerklichen Vorg¨angen und 1104

Johann von Palz der geistlichen Bildersprache des MA. In: Fachlit. des MA. FS Gerhard Eis. Hg. v. Gundolf Keil. Stuttgart 1968, S. 83–92. MM Etzen, Hermann OFM, † wahrscheinlich nach 1465 Hildesheim. – Erfurter Franziskaner; Verfasser von (Sentenzen-)Kommentaren, theologischen und philosophischen Disputationen, Traktaten und Predigten. E. studierte seit 1445 in Erfurt, geh¨orte anschließend zum philosophisch-theologischen Lehrpersonal der s¨achsischen Minoritenprovinz und wirkte als Lektor an den Kl¨ostern Prenzlau, Halberstadt und Magdeburg. 1458 wurde er Guardian in Hildesheim und sp¨ater zweimal Kustos des dortigen Klosters. E. verfasste eine Reihe von handschriftlich erhaltenen lat. philosophisch-theologischen Disputationen, Traktaten und Kommentaren zu den Sentenzen sowie zu Aristoteles’ Physica und De anima. Von ihm stammen ferner Predigtb¨ande (u. a. Scriptum de laudibus S. Joseph), vier Zyklen von Predigten auf Maria (u. a. Aenigmaticum Beatae Virginis) und eine nd. Predigt auf Anna mit dem Incipit «Dat was in Ungeren eynes Ratmannes sone in eyner stat». ¨ Uberlieferung: Hildesheim, Gymnasialbibl. Andreanum, Cod. 537, 151r–154v (15. Jh; Autograph, 1945 verbrannt). Literatur: Christine Michler, VL2 2 (1980) Sp. 639–641. – Leonhard Lemmers: Nieders¨achsische Franziskanerkl¨oster im MA. Hildesheim 1896, S. 28, 37. – Ludger Meier: Ermanno Etzen O.F.M. e lo scotismo preriformatore nella Germania. In: Studi francescani 7 (1935) S. 369–413; 8 (1936) S. 144–163. – Ders.: Das Charakterbild des dt. Franziskaners H. E. im Lichte seiner Predigten. In: Franziskanische Stud. 24 (1937) S. 122–149, 260–278. – Ders.: Die Barf¨ußerschule zu Erfurt (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 38/2). M¨unster 1958, S. 27, 56, 100 u. o¨ . SF Johann von Palz (Pfaltz, Valz, Palatinus, Jeuser, Geuser usw.; Hausname: Greffenstein) OESA, * um 1445 Pfalzel bei Trier, † 13.3.1511 M¨ulheim bei Koblenz. – Theologe, Prediger. Als Sohn eines Gesch¨utzmeisters geboren, studierte J. seit 1462 an der Universit¨at Erfurt. Seit 1464 Baccalaureus, wurde er 1467 zum Magister 1105

1. H¨alfte 15. Jh. promoviert und trat anschließend den Augustinern im Erfurter Kloster bei. Durch → Johannes von Dorsten 1470–75 theologisch geschult, wurde J. schließlich zum Priester geweiht. Ein ausgesprochener Bef¨urworter kl¨osterlicher Reformen, wurde er 1475 Prior im Kloster in Neustadt/Orla. Seit 1481 lehrte und predigte J. in Erfurt, wo er 1483 zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Daneben bet¨atigte er sich als Visitator, war um 1488 auch Inquisitor f¨ur Th¨uringen und reiste 1488–90 als Ablassprediger durch Ostdeutschland. 1490/91 reformierte er das Kloster in Herzberg/ Elster. Nachdem er 1493 seine Erfurter Professur niedergelegt hatte, war J. im Bistum Trier t¨atig und begr¨undete dort u. a. einen Konvent in M¨ulheim bei Koblenz. 1500 kehrte er nach Erfurt zur¨uck, wirkte seit 1501 an der Klostergr¨undung in Sternberg/Parchim mit und hielt 1502/03 wieder Ablasspredigten. 1505 zog sich J. nach Mu¨ lheim zur¨uck, wo er 1507 Prior wurde und seine letzten Lebensjahre verbrachte. Zu J.s lat. Schriften geh¨oren Quaestio De cautelis servandis in absolutione sacramentali (1486 oder sp¨ater), Quaestio determinata Contra triplicem errorem (1486), De conceptione sive praeservatione a peccato originali sanctissimae dei genitricis virginis Mariae (1488), das Predigthandbuch Coelifodina (erste Fassung 1500, Neufassung 1502) mit dem dazugeh¨origen Supple¨ mentum Coelifodinae (1503/04). Uberliefert sind von J. auch akademische und Synodal-Predigten sowie Collationes, u. a. u¨ ber die Passion, das Ju¨ ngste Gericht, Seelsorge und klerikale Missst¨ande. J.s wichtigstes und popul¨arstes Werk ist in dt. Sprache u¨ berliefert. In die Friedrich dem Weisen gewidmete Himmlische Fundgrube (1490) gingen vier Predigten J.s ein, die am s¨achsischen Hof gehalten wurden. Ausgehend vom Bild eines himmlischen Bergwerks (eben der «Fundgrube») besch¨aftigt sich J. darin mit der Passion Christi, gedanklichen Blasphemien, angemessenen Arten des ¨ Sterbens und der Letzten Olung. Die himmlische Fundgrube war sp¨ater Grundlage von J.s Coelifodina. ¨ In dt. Ubertragung liegt auch J.s urspr¨unglich lat. Traktat De septem foribus seu festis beatae virginis Mariae (1491) u¨ ber Marienverehrung und -feste vor. Die wohl nicht von J. selbst u¨ bersetzte Fassung Die sieben Pforten oder Feste der Mutter Gottes ist stark redigiert. Sie wurde zwischen 1491 und 1509 mehrmals gedruckt. J. zugeschrieben wird außerdem ein 1106

1. H¨alfte 15. Jh. dt. Text in einer von Katharina Gurdelers zusammengestellten Hamburger Sammelhandschrift aus dem Agneskloster in Trier. Es d¨urfte sich dabei um einen Abschnitt aus einer Collatio J.s handeln. Sicher von J.s eigener Hand stammt dagegen ein auf 1505 datierter dt. Brief an Herzog Heinrich von Mecklenburg. J., der sich weniger an ein akademisches Publikum als an einfache Geistliche und Laien wandte, verband in seinen Schriften scholastische Gelehrsamkeit mit anschaulichen Vergleichen. Als Quellen dienten ihm neben Johannes von Dorsten und Johannes → Gerson besonders die Kirchenv¨ater, → Bernhard von Clairvaux, → Bonaventura und → Thomas von Aquin, aber auch Albert von Padua, Simon Fidati von Cascia und Andreas Proles. ¨ Uberlieferung: 1. Die himmlische Fundgrube: Prim¨ar¨uberl. durch Drucke. Zur sekund¨aren Hs.¨uberl. vgl. Morvay/Grube 1974 (s. Lit.); Hamm 1982 (s. Lit.) S. 110, 341; Hamm 1983 (s. Lit.). 2. Dt. Collationsauszug: Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Guelf. Helmst. 1121 (Pap. und Perg., Ende 15. Jh.). – Hamburg, SUB, cod. theol. 2065, 338v–342v (Pap., erste H¨alfte 16. Jh.). 3. Brief an Herzog Heinrich von Mecklenburg: Landeshauptarch. Schwerin (Erfurt, 3.2.1505, Auto¨ graph). – Zur lat. Uberl. vgl. Hamm 1983 (s. Lit.). ¨ Drucke: Uber 20 dt. Drucke sind bekannt, u¨ berwiegend der Fundgrube (erstmals 1490). Verz. bei Hamm 1982 (s. Lit.) S. 110 f., 116; Hamm 1983 (s. Lit.). Ausgaben: Werke. Hg. v. Christoph Burger u. a. ¨ 3 Bde. Berlin 1983–89 (enth¨alt auch die nd. Ubers. der Himmlischen Fundgrube). Literatur: ADB 14 (1881) S. 469; 25 (1887) S. 112 f. – Herbert Wolf, NDB 10 (1974) S. 565 f. – Berndt Hamm, VL2 4 (1983) Sp. 698–706; 11 (2004) Sp. 796. – Adolar Zumkeller, MarLex 3 (1991) S. 410–412. – Ders., LexMA 5 (1991) Sp. 592. – Ders., BBKL 6 (1993) Sp. 1473–1476. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 328. – B. Hamm, TRE 25 (1995) S. 606–611. – C. Burger, LThK3 7 (1998) Sp. 1305. – Roger Aubert: Jean de Palcz. In: DHGE 27 (2000) Sp. 414 f. – Ralph Weinbrenner, RGG4 4 (2001) Sp. 537 f. – Nikolaus Paulus: J. v. P. u¨ ber Ablaß und Reue. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 23 (1899) S. 48–74. – Richard Laufner: Zur Abstammung v. Luthers Lehrer J. v. P. In: Vierteljahresbll. der Trierer Ges. f¨ur n¨utzliche Forschungen 1 (1955) S. 59–62. – Reinoud Weijenborg: Doctrina de Immaculata Conceptione apud Jean de Paltz. In: Virgo Immaculata 1107

Johann von Palz 14 (1957) S. 160–183. – Herbert Wolf: Die ‹Himmlische Fundgrube› und die Anf¨ange der dt. Bergmannspredigt. In: Hessische Bll. f¨ur Volkskunde 49/50 (1958) S. 347–354. – A. Zumkeller: Die Lehrer des geistlichen Lebens unter den dt. Augustinern. In: S. Augustinus vitae spiritualis Magister. Bd. 2. Rom 1959, S. 239–338, hier S. 314–323. – Bernhard Lohse: M¨onchtum und Reformation. Luthers Auseinandersetzung mit dem M¨onchsideal des MA. G¨ottingen 1963, S. 160–171. – Hans Burose: J. v. P. und seine ‹Himmlische Fundgrube›. In: Der Anschnitt 16 (1964) S. 9–14. – A. Zumkeller: Mss. v. Werken der Autoren des AugustinerEremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibliotheken. W¨urzburg 1966, S. 255 f., S. 604. – Markus Ferdigg: De vita, operibus et doctrina Joannis de P. In: Analecta Augustiana 30 (1967) S. 210–321; 31 (1968) S. 155–318. – Robert H. Fischer: P. und Luther. In: Luther-Jb. 37 (1970) S. 9–36. – Gisela Brach: Die ‹Kunst zu sterben› des J. v. P. In: Kurtrierisches Jb. 10 (1970) S. 74–85. – Fritz ¨ Juntke: Uber die im XV. Jh. in Leipzig gedruckten Ablasspredigten des J. v. P. In: Gutenberg-Jb. 48 (1973) S. 203–212; Nachtrag ebd. 49 (1974) S. 96. – Adalbero Kunzelmann: Gesch. der dt. AugustinerEremiten. Bd. 5. W¨urzburg 1974, S. 437–443, 483–485, 490 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 175 (T 176). – B. Hamm: Fr¨ommigkeitstheologie am Anfang des 16. Jh. Stud. zu J. v. P. und seinem Umkreis. T¨ubingen 1982. – A. Zumkeller: Erbsu¨ nde, Gnade, Rechtfertigung und Verdienst nach der Lehre der Erfurter Augustinertheologen des Sp¨atMA. W¨urzburg 1984, S. 390–431, 443–451. – Werner Wegstein: Reminiszenz an J. v. P. in einer Trierer ¨ Klosterpredigtenslg. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS Kurt Ruh. Hg. v. Konrad Kunze u. a. T¨ubingen 1989, S. 314–331. – C. Burger: Volksfr¨ommigkeit in Deutschland um 1500 im Spiegel der Schr. des J. v. P. OESA. In: Volksreligion im hohen und sp¨aten MA. Dokumentation der Wiss. Studientagung ‹Glaube und Aberglaube. Aspekte der Volksfr¨ommigkeit im hohen und sp¨aten MA› [...]. Hg. v. Peter Dinzelbacher/Dieter R. Bauer. Paderborn u. a. 1990, S. 307–327. – C. Burger: Latijns denken, Duits praten. Een preek van J. v. P. OESA (ca. 1445–1511) over het nut van sterven. In: Millennium 12 (1998) S. 3–12. – Brigitte D¨oring: ‹... daß ich welle zu teutsch machen etlich 1108

Borxleben predige vor euern genaden getan ...› Bemerkungen u¨ ber ‹Die himmlische fundtgrub› des J. Jeusser v. P. OESA. In: Septuaginta quinque. FS Heinz Mettke. Hg. v. Jens Haustein u. a. Heidelberg 2000, S. 49–60. – C. Burger: J. v. P. († 1511) als Rezipient von ‹De gestis Domini Salvatoris› des Simon v. Cascia. In: Simone Fidati da Cascia OESA. Un agostiniano spirituale tra Medioevo e umanesimo [...]. Hg. v. Carolin Oser-Grote. Rom 2008, S. 351–366. MM Lakmann, Nikolaus (Lakman, Lakeman) OFM, * um 1415 Danzig, † 10.11.1479 Breslau. – Prediger. Der Franziskaner L. lebte um 1433/34 in Magdeburg, studierte um 1442 in Leipzig und um 1443 in Erfurt. Dort wurde er 1446 zum Dr. theol. promoviert und war danach Magister regens des franziskanischen Studiums. 1461 wurde L. Provinzialminister der Ordensprovinz Saxonia, die er in den folgenden Jahren reformierte. 1462 war er auch an der Klosterreform in G¨orlitz beteiligt und ist 1464 als Schlichter in einem Breslauer Privilegienstreit nachweisbar. L.s lat. Werk ist breit u¨ berliefert. Von Johannes Bremer, → Bonaventura und Johannes Scotus beeinflusst, verfasste L. haupts¨achlich Traktate, Quaestiones, Episteln und Predigten. Hinzu kommen ein Sentenzenkommentar (Commentarius in IV libros Sententiarum, 1443/44) und eine erw¨ahnenswerte Quaestio de quolibet (1448). L. predigte im Erfurter Dom auch in der Volkssprache; so ist in den Quellen eine f¨unfst¨undige dt. Karfreitagspredigt L.s erw¨ahnt. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur lat. Uberl. vgl. Michler 1985 und 2004 (s. Lit.). Literatur: ADB 17 (1883) S. 529. – Ludger Meier, NDB 13 (1982) S. 424. – Christine Michler, VL2 5 (1985) Sp. 487–489; 11 (2004) Sp. 905. – Schulthess/Imbach (1996) S. 527. – Roger Aubert, DHGE 29 (2007) Sp. 1450 f. – L. Meier: De schola franciscana Erfordiensi saeculi XV. In: Antonianum 5 (1930) S. 57–94, 157–202, 333–362, 443–474, hier S. 157–188. – Ders.: N. L. OFM und die Erfurter Predigtt¨atigkeit um die Mitte des 15. Jh. In: Franziskanische Stud. 25 (1938) S. 162–177. – Ders.: Quibusnam codicibus manuscriptis editio Formalitatum Nicolai L., O. Min., hucusque fulciatu. In: Miscellanea Giovanni Mercati. Bd. 2. Rom 1946, S. 431–464. – Ders.: De Nicolai L. Commentario in Sententias. In: Scriptorium 4 (1950) 1109

1. H¨alfte 15. Jh. S. 28–43; 5 (1951) S. 26–39. – Alfonso Pompei: De formalitatibus, modis et rebus Scotistarum doctrina. Accedit ‹Quaestio de formalitate›, Nicolai L., O.F.M. Conv. († 1479). In: Miscellanea francescana 61 (1961) S. 198–275. MM Borxleben, Christian (Borgsleben) OFM, * um 1400 Borxleben, † 1484 Erfurt. – Theologe. B. geh¨orte den Franziskanern im Kloster Nordhausen an, wo er um 1440 Lektor war. Anschließend lehrte er seit 1446 als Lektor an der Univ. Leipzig, wo er u¨ ber die Sentenzen des Petrus Lombardus las. 1449 erhielt er in Leipzig das Lizentiat und promovierte dort zum Dr. theol. Obwohl B. bis 1454 haupts¨achlich in Leipzig aktiv war, hielt ¨ er sich zumindest 1452 auch als Ubersetzer des fahrenden Predigers Johannes von Capestrano in Magdeburg auf. Um 1457 wurde B. wieder Lektor im Kloster Nordhausen, bald auch Guardian und Custos Thuringiae. 1461 reiste er mit Graf Hein¨ von Stolberg und Hunold von Plettenrich d. A. berg nach Pal¨astina. Um 1464–70 war B. Magister Regens seines Ordens an der Univ. Erfurt und 1471–80 an der Universit¨at Leipzig, bevor er sich nach Erfurt zur¨uckzog. Obwohl es Hinweise auf zahlreiche Predigten B.s gibt, sind nur wenige seiner Werke u¨ berliefert. Neben der Passio domini Iesu Christi, die sich eng an die Evangelisten und die Kirchenv¨ater anlehnt, existiert noch eine Skotisten wie Nikolaus Bonetus verpflichtete Quaestio, in der B. wissenschaftsphi¨ losophische Fragen behandelt. Uberliefert ist auch eine Ars praedicandi, die B. f¨ur die Studenten in Erfurt schrieb. In dieser Anleitung (mit Musterpredigt) erl¨autert B. das Erstellen vor allem volkssprachlicher Predigten von der Themenfindung bis zur Ausformulierung. ¨ Uberlieferung: Passio: Wrocław, UB, Cod. I F 186, 302ra–320vb. – Ars praedicandi: Leipzig, UB, cod. 616, 1r–4r. – Colmar, Konsistorialbibl., cod. 166, 289r–291v. – Quaestio: G¨orlitz, StB, cod. fol. 37, 3r–9r. Ausgabe: Buchwald 1921 (s. Lit.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 961–963. – Heribert Rossmann, LexMA 2 (1983) Sp. 1912. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319. – Georg Buchwald: Die Ars praedicandi des Erfurter Franziskaners C. B. In: Franziskanische Stud. 8 (1921) S. 67–73. – Ludger Meier: De Schola Franciscana Erfordiensi saeculi XV. In: Antonianum 5 (1930) S. 57–94, 157–202, 333–362, 1110

1. H¨alfte 15. Jh. 443–474. – Ders.: Die Lehre vom Primat in der dt. Franziskanertheologie des ausgehenden MA. In: Franziskanische Stud. 19 (1932) S. 269–291, hier S. 290. – Ders.: Stud. zur Franziskanertheologie an den Univ. Leipzig und Erfurt. In: ebd. 20 (1933) S. 261–285, hier S. 269–275. – Ders.: Lebensgang und Lebenswerk des Erfurter Franziskanertheologen Kilianus Stelzing. In: ebd. 23 (1936) S. 176–200, 265–295, hier S. 187 f. – Ders.: Das Charakterbild des dt. Franziskaners Hermann Etzen im Lichte seiner Predigten. In: ebd. 24 (1937) S. 122–149, 260–278. – Ders.: Die Rolle der Theologie im Erfurter Quodlibet. In: Recherches de th´eologie ancienne et m´edi´evale 17 (1950) S. 283–302, hier S. 297 f. – Ders.: Die Barf¨ußerschule zu Erfurt. M¨unster/Westf. 1958, hier S. 30–32 u. o¨ . – Erich Kleineidam: Universitas ¨ studii Erffordensis. Uberblick u¨ ber die Gesch. der Univ. Erfurt im MA 1392–1521, Tl. 2: Sp¨atscholastik, Humanismus und Reformation, 1461–1521. Erfurt 21992. – Bernd Schmies: Der Nordh¨auser Franziskaner C. B. (geb. 1400, gest. 1484). In: Beitr. zur Gesch. aus Stadt und Kreis Nordhausen 29 (2004) S. 145–158. MM Wenck, Johannes (auch Wenk, m¨ogl. Namenszusatz: von Herrenberg), * Ende 14. Jh. Herrenberg/W¨urttemberg, † 1460 Heidelberg. – Theologe, Philosoph. W. nahm 1424 an einer Di¨ozesansynode in Konstanz teil und studierte zun¨achst Theologie in Paris. Als Priester der Di¨ozese Speyer schrieb er sich 1426 intituliert als M. A. Parisiensis an der Univ. Heidelberg ein und gab bereits seit 1427 Vorlesungen. 1432 wurde W. Lizenziat und sp¨ater Professor f¨ur Theologie der Universit¨at, zu deren Rektor er 1435, 1444 u. 1451 gew¨ahlt wurde. 1441 war er zudem Dekan der Theologischen Fakult¨at und Vizekanzler der Universit¨at. Als Anh¨anger des Basler Konzils (1431–1449) und der «via antiqua» stand er zun¨achst der scholastischen Str¨omung des Albertismus nahe und sympathisierte sp¨ater mit dem Thomismus. Hier¨uber geriet er in wissenschaftlichen Streit mit seinem Lehrer → Nikolaus von Kues. W. verfasste Predigten, Reden und philosophischtheologische Kommentare und (Streit-)Schriften. ¨ Uberlieferung: M¨unchen BSB, Clm 8868, 1r–175v (A). – Heidelberg, UB, Heid. Hs. 959, 99r–113v (B). – Karlsruhe, Bad. LB, cod. Karlsruhe 1036 (C). – Mainz, StB, cod. I 372, 2r–226v (D); 260v–263v. –Ebd., cod. I 190, 150r–155r (E). – Ebd., 1111

Wenck cod. I 560, 317r–324v. Ebd., cod. I 610, 2r–38r, 46r–71r, 72r–84r (F). – Rom, Vatikan. Bibl., cod. Pal. lat. 149, 1r–140r (G). – Ebd., cod. Pal. lat. 370, 75v–76v. – Ebd., cod. Pal. lat. 438, 272r-v. Ebd., cod. Pal. lat. 486, 1r–205r (H). Ebd., cod. Pal. lat. 600, 246v–248r. – Ebd., cod. Pal. lat. 1768, 215r–238v (I). – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 2° 76, XXIII, 30r–50r (K). – Trier, StB, cod. 228/1467 8°, 307r–316v (L). – T¨ubingen, UB, cod. Mc 31 (Sammelhs., 1430–32). Schriften (Auswahl): Komm. zu Liber de causis (pseudo-aristotelisch), De Anima von Aristoteles und zu De hebdomadibus von → Boethius, um 1425 (¨uberl. F). – Parva Logicalia (Komm. zu Petrus Hispanus) um 1425–30 (¨uberl. I). – Das Buchlin von der Seelen, 1436 (u¨ berl. B). – Epistola in causa schismatis, 1441 (¨uberl. K). – De ignota litteratura (Gegenschr. zu Nikolaus’ von Kues De docta ignorantia) 1442/43 (¨uberl. E u. L). – Memoriale divinorum officiorum (Predigtslg.) 1445 (¨uberl. A, C, D u. H). – Komm. zum pseudo-dionysischen De caelesti hierarchia, 1455 (¨uberl. G). Ausgaben: E. Vansteenberghe: Le ‹de ignota litteratura› de Jean W. de Herrenberg contre Nicolas de Cuse (Beitr. zur Gesch. der Philos. im MA 8,6) 1910. – J. W. v. Herrenberg: Das B¨uchlein v. der Seele. Hg. v. Georg Steer (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 3). M¨unchen 1967. – Jasper Hopkins: Nicholas of Cusa’s Debate with John Wenck: A Translation and an Appraisal of de Ignota Litteratura and Apologia Doctae Ignorantiae. Minneapolis 1981, S. 97–118 (De ignota litteratura, lat.engl). Literatur: Rudolf Haubst, LexMA 5 (1991) Sp. 611. – Walter Andreas Euler, LThK3 5 (1996) Sp. 976. – R. Haubst, VL2 10 (1999) Sp. 841–847. – Ders.: J. W. aus Herrenberg als Albertist. In: Revue de th´eologie ancienne et m´edi´evale 18 (1951) S. 308–323. – Ders.: Stud. zu Nikolaus v. Kues u. J. W. Aus Hss. der Vatikanischen Bibl. (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 38,1). Mu¨ nster 1955. – Ders.: Das christologische Schrifttum des J. W. in cod. Mainz 372. In: R¨omische Quartalschr. 52 (1957) S. 211–228. – Franz Xaver Bantle: Nik. Magni de Jawor und J. W. im Lichte des cod. Mc 31 der UB Tu¨ bingen. In: Scholastik 38 (1963) S. 536–574. – Klaus Grubm¨uller: Vocabularius ex quo. Unters. zu dt.-lat. Vokabularen des Sp¨atMA (MTU 17). M¨unchen 1967, S. 167, 213, 259 f., 262. – Klaus Dieter Kuhnekath: Die Philosophie des J. W. v. Herrenberg im Vergleich 1112

Biel zu den Lehren des Nikolaus von Kues. Diss. K¨oln 1975. – Kurt Flasch: Einf. in die Gesch. der Philosophie des MA. Darmstadt 1987, 181–195. VZ Biel, Gabriel (Byel[l], Byhel, Bila), * um 1408/15 Speyer, † 7.12.1495 Einsiedel bei T¨ubingen. – Sp¨atscholastischer Theologe, Schriftsteller und Prediger, 15. Jh. B. wurde vor 1432 «primissarius» (Fr¨uhmessner) in St. Peter in Speyer, studierte seit 1432 in Heidelberg (1435 Baccalaureus, 1438 Magister artium) und lehrte anschließend an der Heidelberger Artistenfakult¨at. Seit 1449 mehrfach in Mainz belegt, war B. seit 1451 an der Theologischen Fakult¨at in Erfurt immatrikuliert, nachdem er bereits 1442/43 sich zu Studien an der dortigen Universit¨at aufgehalten hatte. Bevor er 1457 in Erfurt theologischer Lizentiat wurde, studierte B. 1453–55 zus¨atzlich in K¨oln (Baccalaureus 1455). Von Ende 1457 bis um 1464/66 wirkte er als Domprediger in Mainz mit Unterbrechungen w¨ahrend der Mainzer Stiftsfehde, bei der er auf der Seite des p¨apstlichen Kandidaten Adolf von Nassau stand. B. schloss sich den Br¨udern vom gemeinsamen Leben an und war an deren Verbreitung und dem Gedankengut der Devotio moderna im mittelrheinischen und w¨urttembergischen Gebiet auch durch Mitgr¨underschaft von Br¨uderh¨ausern (1463 Marienthal [Rheingau], 1467 K¨onigsstein [Taunus], 1468 Butzbach, 1477 Urach, 1478 Wolf [Mosel], 1492 St. Peter auf dem Einsiedel bei T¨ubingen) aktiv beteiligt. Er u¨ bte das Propstamt in Butzbach (seit 1470), Urach (seit 1479) und St. Peter (von 1492 bis zu seinem Tod) aus. B. fungierte ferner als Berater des Grafen Eberhard I. von W¨urttemberg und hatte 1484–92 die theologische Professur nach der via moderna an der 1477 gegr¨undeten Universit¨at T¨ubingen inne, deren Rektor er 1485/86 und 1489 war). Er wurde 1491 emeritiert. B. schuf ein umfangreiches homiletisches Werk; seine Predigtt¨atigkeit erstreckt sich u¨ ber ein halbes Jahrhundert (¨alteste datierte Predigt von 1448). Erhalten sind u. a. Predigten aus Mainz (1457–65), dem Rheingau (1463–67) und Butzbach (1470–76). Darunter sind ganze Predigtjahrg¨ange, Marienpredigten, Sermones de Sanctis etc. Die Predigten sind lat. notiert, wurden aber in der Regel in der Volkssprache gehalten. Trotz schulgem¨aßen Aufbau und Traditionsn¨ahe bieten die Predigten dennoch Raum f¨ur B.s pers¨onliches von der Devotio moderna und Mystik gepr¨agte Fr¨ommigkeitskonzept. 1113

1. H¨alfte 15. Jh. Zur Mainzer Stiftsfehde nahm B. am 18.9.1462 in einem dt. offenen Brief «an einen guten Freund» Stellung. Aus Predigten zur selben Thematik ist das Defensorium oboedientiae apostolicae entstanden, in dem er die p¨apstlichen Anspr¨uche unterst¨utzt. B.s theologische Nachwirkung bis ins 17. Jh. beruht auf seinen scholastischen Hauptwerken Canonis missae expositio und vor allem dem Collectorium circa quattuor libros Sententiarum. Der Messkommentar wurde 1488 aus der T¨ubinger Vorlesungst¨atigkeit heraus zu einem umfassenden pastoraltheologischen Handbuch ausgearbeitet. Hauptquelle ist ein Vortrag von B.s Freund Egeling → Becker von Braunschweig vor dem Mainzer Klerus. F¨ur den einfachen Priester hat B. selbst einen Auszug erstellt (Epitoma expositionis canonis missae). Der Sentenzenkommentar Collectorium ist die letzte große Systematik des sp¨atma. ockhamistischen Nominalismus. Gleichsam der T¨ubinger Lehrt¨atigkeit entwachsen, datieren Vorarbeiten allerdings bereits in die K¨olner Studienzeit. Das Werk ist gleichzeitig Amplificatio und Abbreviatio der Ordinatio des Wilhelm von Ockham, indem B. von diesem breit Behandeltes rafft und dort, wo sich bei jenem wenig oder nichts fand, den Stoff ausbaut respektive eigene Kommentare erstellt. Von den vier B¨uchern des Collectorium wurden die ersten drei 1486–89 abgeschlossen, am vierten (unvollendeten) arbeitete B. bis zu seinem Tod. F¨ur die Erstausgabe hat es B.s Sch¨uler Wendelin → Steinbach mit einem Abschluss versehen. Zu B.s zahlreichen noch nicht g¨anzlich erfassten weiteren Schriften z¨ahlen die fr¨uhen Traktate Disputatio super principium veteris artis Aristotelis (1441) und De communi vita clericorum, die p¨adagogischen Schriften Ars grammatica und Regula puerorum (beide vor/um 1483), theologische Schriften unterschiedlichster Natur und Briefe. Ferner u¨ bertrug B. Johannes → Gersons Opus tripartitum (um 1474), → Hugos von St. Victor De laude caritatis (um 1492/95) und De animabus exutis a corporibus des → Jakob von J¨uterbog ins Deutsche. Als Chronist der Fraterherren-Bewegung bet¨atigte er sich mit dem B¨uchlin inhaltend die Stifftung des Stiffts Peters zum Ainsiedel im Schainbuch (vor/um 1493). ¨ ¨ Uberlieferung: Die handschriftliche Uberlieferung konzentriert sich vor allem auf die UB Gießen, wo die Handschriften des ehemaligen Fraterherrenstifts St. Markus zu Butzbach aufbewahrt ¨ werden. Zur Uberl. vgl. Elze 1970 (Hss.) S. 75–89; Bayerer 1975, S. 91; VL2 1 (1978) Sp. 855–857; TRE 6 (1980) Sp. 489 f.; Bayerer 1980, S. 196 1114

1. H¨alfte 15. Jh. (Reg.); Ott 2004, S. 396–398 (Reg). – Brief vom 18.9.1462: Mainz, StB, Hs. II 219, S. 23 f. – Rom (Vatikanstadt), Bibl. Apostolica Vaticana, Cod. Pal. lat. 192, 204v–206v. (Die beiden hsl. Belegstellen entsprechen den von Wolfgang Stammler genannten Fundstellen f¨ur eine dt. Fass. des Defensorium oboedientiae apostolicae [Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Hg. W. Stammler. Bd. 2. Berlin 21960, Sp. 931]. Diese seitdem in der Forschungsliteratur genannte dt. Version des Defensorium h¨atte demnach keinen hsl. Beleg.) Erstdrucke: Opus tripartitum (dt.): Marienthal, um 1475 (GW 10785). – Ars grammatica: Urach um 1483 (GW 04329). – Regula puerorum: Urach um 1483 (GW 04338). – Sacri canonis missae expositio: Hg. Wendelin Steinbach. Reutlingen 1488 (GW 04332). – B¨uchlin inhaltend die Stifftung [...]: Ulm 1493 (GW 9181). – Epitoma expositionis sacri canonis missae: Hg. W. Steinbach. T¨ubingen 1499 (GW 04334). – Sermones: 4 Bde.: De festivitatibus Christi; De festivitatibus virginis Mariae; De sanctis; De tempore. Hg W. Steinbach. Tu¨ bingen 1499/1500 (GW 04340). – Defensorium oboedientiae apostolicae: in Sermones, Bd. 4. – Collectorium circa quattuor libros Sententiarum: Hg. W. Steinbach. T¨ubingen 1501 (GW 4 Sp.195a; VD16 B 5406). – De laude caritatis (dt.): Augsburg 1518 (VD16 H 5850). Ausgaben: Predigten (Ausz¨uge): Elze 1968/69, S. 7–52; 1970 (Hss.) S. 89–91. – Briefe: Ferdinand Wilhelm Emil Roth, Nassauische Annalen 35 (1910) S. 583–585; Brief vom 18.9.1462: Johann Balthasar Ritter: Evangelisches Denckmahl der Stadt Franckfurth am Mayn [...]. Frankfurt/M. 1726, S. 18–23; Erler 1964, S. 309–312 (gek¨urzt); Obermann 1965, S. 24–30. – Tractatus Magistri Gabrielis Byell: De communi vita clericorum. In: Landeen, 1960, S. 79–95. – Heiko A. Oberman/William J. Courtenay: Gabrielis B. canonis misse expositio. 4 Bde. Wiesbaden 1963–67. Erg¨anzungsbd. 5 (Gliederungsschema, Stichwortund Sachreg.) hg. v. Wilfried Werbeck, 1976. – H. A. Oberman u. a.: G. B. Defensorium oboedientiae apostolicae et alia documenta (lat./engl.). Cambridge/Mass. 1968. – W. Werbeck/Udo Hofmann: Gabrielis B. Collectorium circa quattuor libros sententiarum. 4 Bde. (Bd. 4 in 2 Teilbdn.). T¨ubingen 1973–84. Bd. 5 [Indices] 1992. – Ausz¨uge ¨ in nhd. Ubersetzung: Gustav Adolf Benrath: Wegbereiter der Reformation. Bremen 1967. S. 70–79. Literatur: Emmerich Raitz v. Frentz, Dict. Spir. 1 (1937) Sp. 127. – Erwin Iserloh, NDB 2 (1955) 1115

Biel Sp. 225 f. – Ulrich Bubenheimer, VL2 1 (1978) Sp. 853–858. – Werner Detloff, TRE 6 (1980) S. 488–491. – Manfred Schulze, LexMA 2 (1983) Sp. 127. – Franz-Josef Burkhard, LThK3 2 (1994) Sp. 437. – Schulthess/Imbach (1996) S. 399. – W. Werbeck, RGG4 1 (1998) Sp. 1558 f. – Reinhold Rieger: ‹Collectorum circa quattuor libros Sententiarum›. In: LexthW (2003) S. 108 f. – J¨urgen Mittelstraß, Enz Phil Wiss2 1 (2005) S. 462. – Ulrich Bubenheimer/Christoph Fasbender, Killy2 1 (2008) S. 533 f. – Johannes Haller: Die Anf¨ange der Univ. T¨ubingen 1477–1537. Zur Feier des 450j¨ahrigen Bestehens der Univ. Bd. 1. Stuttgart 1927, S. 153–172; Bd. 2, 1929, S. 54*–64*. – Hermann Degering (Hg.): Luthers Randbemerkungen zu G. B.s Collectorium [...] und zu dessen Sacri canonis missae expositio, Lyon 1514 (Festgabe der Commission zur Hg. der Werke Martin Luthers zur Feier des 450. Geburtstages Luthers 10. November 1933). Weimar 1933. – William M. Landeen: G. B. and the Devotio Moderna in Germany. In: Research Studies Washington State Univ. 27 (1959) S. 135–213; 28 (1960) S. 21–45, 61–95. – Leif Grane: Contra Gabrielem. Luthers Auseinandersetzungen mit G. B. in der Disputatio Contra Scholasticam Theologiam 1517. Gyldendal 1962. – Martin Elze: Ein Beitr. G. B.s zur sp¨atma. Erbauungslit. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 74 (1963) S. 265–281. – H. A. Oberman: The harvest of medieval theology. G. B. an late medieval nominalism. Cambridge/ Mass. 1963, 21967; dt. u. d. T.: Sp¨atscholastik und Reformation 1. Der Herbst der ma. Theologie. Aus dem Englischen u¨ bers. v. Martin Rumscheid/ Henning Kampen. Zu¨ rich 1965. – Rudolf Damerau: Die Abendmahlslehre des Nominalismus, insbesondere die des G. B. (Stud. zu den Grundlagen der Reformation 1). Gießen 1964. – Adalbert Ehler: Ma. Rechtsgutachten zur Mainzer Stiftsfehde (Schr. der Wissenschaftlichen Ges. Frankfurt/M. Geisteswissenschaftliche Reihe 4). Wiesbaden 1964. – W. J. Courtenay: Zur Chronologie der Schr. G. B.s. v. 1462. In: Trierer Theologische Zs. 74 (1965) S. 374–376. – Ders.: G. B. als Mainzer Domprediger. In: ebd. 75 (1966) S. 49–52. – W. Werbeck: Hss. zum ersten Buch v. G. B.s Collectorium. In: Geist und Geschichte der Reformation. FS Hanns R¨uckert. Hg. Kurt Aland u. a. Berlin 1966, S. 65–85. – Werner Jetter: Drei Neujahrssermone G. B.s als Beispiele sp¨atma. Lehrpredigt. In: ebd., S. 86–126. – M. Elze: Sieben Exequienpredigten v. G. B. In: Bll. f¨ur w¨urttembergische 1116

Biel Kirchengesch. 68/69 (1968/69) S. 3–52. – Wilhelm Ernst: Sp¨atma. Heiligenpredigten. Eine Unters. der Sermones de Sanctis bei G. B. In: Sapienter Ordinare. FS Erich Kleineidam. Hg. Fritz Hoffmann (Erfurter theologische Stud. 24). Leipzig 1969, S. 232–259. – M. Elze: Hss. v. Werken G. B.s aus seinem Nachlaß in der Gießener UB. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 81 (1970) S. 70–91. – Ders.: ¨ Zur Uberl. des Sermo historialis passionis v. G. B. In: ebd., S. 362–374. – Ders.: Eine Predigt G. B.s auf den hl. Amandus. In: Bll. f¨ur w¨urttembergische Kirchengesch. 72 (1972) S. 3–13. – W. Ernst: Gott und Mensch am Vorabend der Reformation. Eine Unters. zur Moralphilosophie und -theologie bei G. B. (Erfurter theologische Stud. 28). Leipzig 1972. – Franz Joseph Burkard: Phil. Lehrgehalte in G. B.s Sentenzenkommentar unter besonderer Ber¨ucksichtigung seiner Erkenntnislehre (Monographien zur phil. Forschung 122). Meisenheim am Glan 1974. – Wolfgang Georg Bayerer: Libri Capituli Ecclesiae Sancti Marci. Zur Katalogisierung der Butzbacher Hss. an der UB Gießen. In: Wetterauer Geschichtsbll. 24 (1975) S. 57–91. – Ders.: Die Hss. des ehemaligen Fraterherrenstifts St. Markus zu Butzbach. Tl. 1: Hss. aus der Nummernfolge Hs 42–Hs 760 (Hss.kat. der UB Gießen 4). Wiesbaden 1980, S. 196 (Reg.). – Herbert Kraume: Die ¨ Gerson-Ubers. Geilers v. Kaysersberg. Stud. zur deutschsprachigen Gerson-Rezeption (MTU 71). Mu¨ nchen 1980, Reg. – U. Bubenheimer: G. B. In: Gestalten der Kirchengesch. Bd. 4. Hg. ders. Stuttgart 1983, S. 308–319. – W. G. Bayerer: G. B.s Gratiarum actio und andere Materialien zu einer Testimonien-Biogr. bez¨uglich seiner Universit¨atsjahre in Heidelberg, Erfurt, K¨oln (und T¨ubingen) aus Hss. der UB Gießen mitgeteilt und erl¨autert. In: Forschungen aus der Handschriftenabt. der UB Gießen (Ber. und Arbeiten aus der UB Gießen 39). Gießen 1985. – John L. Farthing: Thomas Aquinas and G. B. Interpretations of St. Thomas Aquinas in German nationalism on the eve of the Reformation (Duke monographs in medieval and Renaissance studies 9). Durham u. a. 1988. – Irene Crusius: G. B. und die oberdt. Stifte der devotio moderna. In: Stud. zum weltlichen Kollegiatstift in Deutschland (Ver¨off. des Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 114). Hg. Dies. G¨ottingen 1995, S. 298–322. – Nigel F. Palmer: Zisterzienser und ihre B¨ucher. Die ma. Bibliotheksgesch. von Kloster Eberbach im Rheingau unter besonderer Ber¨ucksichtigung der in Oxford und London aufbewahrten Hss. Regensburg 1117

1. H¨alfte 15. Jh. 1998, Reg. – Ulrich K¨opf/S¨onke Lorenz (Hg.): G. B. und die Br¨uder vom gemeinsamen Leben. Beitr. aus Anlaß des 500. Todestages des T¨ubinger Theologen (Contubernium 47). T¨ubingen 1998. – Gerhard Faix: G. B. und die Br¨uder vom gemeinsamen Leben. Quellen und Unters. zu Verfassung und Selbstverst¨andnis des Oberdt. Generalkapitels (Sp¨atMA und Reformation NR 11). Tu¨ bingen 1999. – Detlef Metz: G. B. und die Mystik (Contubernium 55). Stuttgart 2001. – Paulus J. van Geest: Influence of Thomas Aquinas in the ‹Via moderna› and ‹Devotio moderna›? G.B.’s debt to Thomas Aquinas. In: Aquinas as authority. A collection of studies presented at the second conference of the Thomas Insituut te Utrecht, December 14–16, 2000 (Publications of the Thomas Insituut te Utrecht. New Series 7). Hg. Ders. u. a. Leuven 2002, S. 39–64. – G. B. In: Hdb. Gelehrtenkultur der Fr¨uhen Neuzeit. Bd. 1. Hg. Herbert Jaumann. Berlin/New York 2004, S. 100. – Joachim Ott: Die Hss. des ehemaligen Fraterherrenstifts St. Markus zu Butzbach Tl. 2: Die Hss. aus der Signaturenfolge Hs 761–Hs 1266, NF-Signaturen, InkSignaturen (Ber. und Arbeiten aus der UB und dem Univ.arch. Gießen 52). Gießen 2004, S. 396–398 (Reg). – U. K¨opf: G. B. als Mainzer Domprediger. In: Zwischen Konflikt und Kooperation. Religi¨ose Gemeinschaften in Stadt und Erzstift Mainz in Sp¨atMA und Neuzeit (Ver¨off. des Inst. f¨ur Europ¨aische Gesch. Mainz Beih. 70). Hg. v. Irene Dingel. Mainz 2006, S. 17–34. – Hermann Stinglhammer: Libertas semper bona: Gottesgedanke und menschliche Freiheit bei G. B. Ein Beitr. zur christlichen Legitimit¨at der Neuzeit. Winzer 2006. – P. J. v. Geest: Aquinas or Augustine? On the sources of G. B.’s ‹Canonis missae expositio›. In: Zs. f¨ur antikes Christentum 11 (2007) S. 73–95. – Volker Leppin: Theologie im MA (Kirchengesch. in Einzeldarstellungen 1,11). Leipzig 2007, S. 164–167. – H. Stinglhammer: ‹... qua habens amicus Dei constituitur›. Freundschaftstheologische Erkundungen bei G. B. In: ‹Freunde habe ich euch genannt›. Freundschaft als Leitbegriff systematischer Theologie (Theologie: Forschung und Wiss. 20). Hg. Margit Eckholt, S. 129–140. – P. J. v. Geest: G. B.: Brother of the Common Life and ‹alter Augustinus›? Aim and meaning of his ‹Tractatus de communi vita clericorum›. In: Augustiniana 58 (2008) S. 305–357. – Theo Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Sp¨atMA (Gesch. der Philosophie, hg. v. Wolfgang R¨od, Bd. 5). Mu¨ nchen 2011, 489–493. VZ 1118

1. H¨alfte 15. Jh. Achahildis von Wendelstein. – Legende. ¨ Das Instrumentum publicum, eine Ubersetzung des Instrumentum S. Achahildis (Ausg. Wiedemann, S. 98–102) durch einen nicht n¨aher bekannten N¨urnberger Kart¨auser, berichtet von der Aufnahme der Kultst¨atte der A., die lange als Schwes¨ ter der Kaiserin Kunigunde galt. Neben der Offnung ihres Sarges durch den Eichst¨atter Bischof werden u. a. Wunder an der Grabst¨atte geschildert. Der Legende nach soll A. eine Gans, die von ihrem Gesinde gestohlen und gegessen worden war, wieder zum Leben erweckt haben. Ferner soll sie im Winter einen Kirschbaum mit reifen Fr¨uchten vorgefunden haben, als sie w¨ahrend ihrer Schwangerschaft Appetit auf Kirschen bekam. Die verlorene Legende enthielt vermutlich mehrere aus der Kunigunden- und Elisabeth-Legende u¨ bernommene Motive. A. (Fest 1. November) wurde besonders im 15. Jh. in der Region um Wendelstein verehrt. Auf Grund der u¨ berlieferten Wunder wird sie in b¨urgerlicher Kleidung mit drei G¨ansen, einem G¨anseknochen oder einem Kirschbaum mit reifen Fr¨uchten (Kornelkirschen) dargestellt. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 2261, 205v–208v (1465–82, Schreiberin: Anna → Ebin aus Pillenreuth, bair.). Ausgabe: Historisch-Diplomatisches Magazin f¨ur das Vaterland 1 (1780) S. 295–307. Literatur: Elisabeth Weis, LCI 5 (1973) Sp. 15. – Wimmer/Melzer (61988) S. 109. – Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 9 f. – Ernst Wiedemann: Die Legende der heiligen A., der Lokalheiligen Wendelsteins bei N¨urnberg. In: Beitr. zur bayerischen Kirchengesch 27 (1921) S. 65–106. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 385. BJ Thomas von Laa (Maisterl, Thomas, von Laa). – Subprior, Prediger OSB, 1. H¨alfte/Mitte 15. Jh. Der Name T. v. L. begegnet drei Mal in der ¨ Uberlieferung des 15. Jh. T. de L. (Laa an der Thaya, Nieder¨osterreich), Baccalaureus der Artes, trat 1433 in das Kloster Melk ein, legte 1434 die Profess ab und war 1451–53 Subprior. Ein Melker Codex u¨ berliefert drei deutschsprachige Predigten von T. an seine Mitbr¨uder: zu Christi Auferstehung, Himmelfahrt (datiert 1448) und zum 1119

Achahildis von Wendelstein Pfingstfest. Zudem enth¨alt die Melker Briefsammlung des Johannes → Schlitpacher einen lat. Brief von T. an diesen aus dem Jahr 1452. In der Dresdner Iwein-Handschrift steht am Schluss ein Tierbispel vom Kuckuck, der Taube und dem Falken (¨uber die Nutzlosigkeit der Vorsorge u¨ ber das Grab hin¨ aus). Uberschrieben ist es mit «Thomas maisterl von Laa geporen». Laut Schlussvermerk entstand das Bispel im Auftrag Johannes → Bassenhaimers, dem ehemaligen Besitzer und teilweisen Schreiber der Handschrift, dessen Reiseberichte dem Bispel vorangehen. Eine Identit¨at dieser beiden T. ist zumindest nicht ausgeschlossen. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1794 (786; O 22), 108r–122v (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.; Predigten). – Ebd., Cod. 1767 (426; H 45), S. 261–263 (Pap., 15. Jh.; Brief). – Dresden, LB, Mscr. M 65, 89va–89vb (Pap., 1415, Nachtrag mit Bispel: 1426/30, mittelbair.). Ausgabe: Bernhard Pez: Thesaurus anecdotorum novissimus Bd. 6 (Codex diplomaticohistorico-epistolaris). Augsburg/Graz 1729, Tl. 3, S. 359 f. (Brief). Literatur: Dietrich Huschenbett, VL2 9 (1995) Sp. 884 f. – Martin Kropff: Bibliotheca Mellicensis seu vitae et scripta inde a sexcentis et eo amplius annis Benedictinorum Mellicensium. Wien 1747, S. 246–248. – Carl Adolf Herrschel: Johann Passenhanner. In: Serapeum 15 (1854) S. 232–234. – Ders.: Der Kampf gegen die Romantik. In: ebd. 16 (1855) S. 13–16. – Ders.: Zur Reiselit. des MA. In: Anz. f¨ur Kunde der teutschen Vorzeit 10 (1863) S. 319–322. – Meta Bruck: Profeßbuch des Klosters Melk. 1. Tl. 1418–25. In: Stift Melk in Gesch. und Gegenwart 4 (1985) S. 79–202, hier S. 150. VZ Pater Heinrich. – Verfasser einer Predigt, 15. Jh. Die Handschrift Kolmar, StB, Ms. 268, 219v–223r (15. Jh.) u¨ berliefert eine Predigt u¨ ber die g¨ottliche Trinit¨at. Ein Vermerk (219v) weist einen nicht identifzierbaren P. H. als ihren Verfasser aus. Literatur: Peter Kesting, VL2 3 (1981) Sp. 683 f. – Karl Bartsch: Beitr. zur Quellenkunde der altdt. Lit. Straßburg 1886, S. 311–316. – P. Kesting: Maria als Buch. In: W¨urzburger Prosastud. 1 (Medium Aevum Philol. Stud. 13). M¨unchen 1968, S. 122–147, bes. S. 128 f. SF Vater Heinrich. – Prediger. Die f¨ur diesen Prediger gew¨ahlte Bezeichnung Vater Heinrich dient zur Abgrenzung von → Meister 1120

Nigri Heinrich II; beide werden in der Handschrift Berlin, SBB, Mgo 501, 211r–233v (15. Jh.; geschrieben im Katharinenkloster N¨urnberg) als Meister bezeichnet. Die Handschrift u¨ berliefert von V. H. dt. Predigten, die sich um die Frage drehen, ob Unwissen die S¨unde entschuldigt. Inhalt und Form dieser Predigten – es handelt sich um sog. «Scheltpredigten» f¨ur ein Laienpublikum – lassen eine Identifizierung dieses Heinrich mit Meister Heinrich II (zu N¨urnberg) kaum zu. Literatur: Peter Kesting, VL2 3 (1981) Sp. 684 f. – Ders.: Maria als Buch. In: W¨urzburger Prosastud. 1 (Medium Aevum Philol. Stud. 13). Mu¨ nchen 1968, S. 122–147, bes. S. 129. SF Niederrheinisches Augustinusbuch. – Um die Mitte des 15. Jh. zum Lob des Heiligen und Kirchenvaters → Augustinus entstandener Schriftenverbund. Das N. A. besteht aus der niederrheinischen Fassung (II) eines in drei Redaktionen mehrfach handschriftlich u¨ berlieferten Augustinuslebens und aus volkssprachlichen Predigt¨ubersetzungen aus den Sermones de sanctis des → Jordan von Quedlinburg. Der im Rahmen der drei Redaktionen Ndl. Agustinusleben A (I), Niederrheinische Redaktion a (II) und Ndl./niederrheinische Kurzfassung B (III) u¨ berlieferte Text der Augustinusvita st¨utzt sich auf den ¨ lat. Text BHL 787. I ist im Wesentlichen eine Uber¨ setzung des lat. Textes; diese Ubersetzung wurde in II durchgreifend neu bearbeitet; charakteristisch f¨ur III insgesamt ist der knapper gefasste Textbeginn. Diese Redaktion bezieht sich ihrerseits auf eine Fassung des lat. Textes, nicht auf I. Merkmale der volkssprachlichen Fassungen sind die Ausgestaltung von Geschehnissen der Grundhandlung zu Episoden, R¨uckgriffe auf die lat. Quellen des BHL-Textes (Augustinus’ Confessiones; Augustinus-Biographie des Possidius), Benutzung weiterer Quellen (etwa der pseudo-augustinischen Soliloquia animae ad deum, Exempel und Mirakelerz¨ahlungen). II richtet sich vor allem an geistliche Frauengemeinschaften, angesprochen sind aber auch Laien. Zentral ist die p¨adagogische Absicht; in ¨ der Uberlieferung ist der Text oft mit volkssprach¨ lichen Ubersetzungen von Augustinus-Predigten → Jordans von Quedlinburg verbunden, einige Handschriften bieten auch weitere Texte. Als Leithandschrift gilt Darmstadt, LB und Hochschulbibl., Hs 540 (aus dem Augustinerinnenkloster Frauweiler bei Bedburg an der Erft, um 1476/77). 1121

Mitte 15. Jh. I ist haupts¨achlich in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. aus ndl. Frauenkonventen im Einflussbereich der Devotio moderna u¨ berliefert; II wurde von 1456 bis ins dritte Jahrzehnt des 16. Jh. im deutschsprachigen Gebiet rezipiert, Zentrum waren Frauenkl¨oster im Westf¨alischen, insbesondere am Niederrhein (K¨oln); III ist ausschließlich im Handschriftentypus Legendar nachgewiesen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1101. – Ebd., Mgq 1687. – Darmstadt, UB/LB, Hs. 540. – Ebd., Hs. 734. – Ebd., Hs. 2458. – D¨usseldorf, UB/LB, Ms. C 21. – G¨ottingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 200. – K¨oln, Hist. Archiv der Stadt, Best. 7010 (W) 173. – London, University College, MS. Germ. 17. – Mu¨ nster, UB, Hs. 531. Ausgabe: Ute Obhof: Das Leben Augustins im ¨ ‹N. A.› des 15. Jh. Uberlieferungsund Textgesch. (Germ. Bibl., Reihe 3, Unters.). Heidelberg 1991, S. 125–208 (Teilausg.). Literatur: Ute Obhof, VL2 11 (2004) Sp. 1049–1052. – Dies. 1991 (s. Ausg.). SF Nigri, Petrus (Schwarz, Petrus) OP, * um 1435 Kaaden a. d. Eger/B¨ohmen, † um 1483 Buda. – Theologe, Hebraist; Verfasser von philosophischen und theologischen Werken in lat. und dt. Sprache. N., der wie seine drei Br¨uder schon fr¨uh in den Dominikanerorden eingetreten war, studierte 1457 in Leipzig und im folgenden Jahr in Bologna, wo er zum Diakon geweiht wurde. Weitere Studien betrieb er in Montpellier und Salamanca; 1471 wurde er Baccalaureus der Freiburger Universit¨at und Angeh¨origer des W¨urzburger Konvents. 1473 ist er als Lizentiat der Theologie in Ingolstadt bezeugt. 1474 begab sich N. nach Regensburg, wo er hebr¨aische Handschriften identifizierte und katalogisierte. Predigtt¨atigkeit N.s ist u. a. in Regensburg, Bamberg und N¨urnberg nachgewiesen. 1481 erfolgte durch Matthias Corvinus die Berufung zum Rektor des neu gegr¨undeten Studium generale in Buda. Die lat. Werke N.s lassen sich in zwei jeweils auch zeitlich zusammengeh¨orende Gruppen gliedern: Aristoteles-Kommentare (um 1467–1474) und Schriften zum Thema Juden und hebr¨aischer Bibeltext (um 1474–1481). Die Questiones super librum de anima, u¨ berliefert in einem Autograph von 1467, behandeln Probleme der scholastischen Seelenlehre im Anschluss an Aristoteles’ De anima; die Questiones super libros Physocorum er¨ortern Fragen der scholastischen Naturphilosophie im Anschluss 1122

Mitte 15. Jh. an Aristoteles’ Physik; im Clipeus Thomistarum sive questiones super arte veteri Aristotelis (Autograph von 1474) verteidigt N. die thomistische Logik gegen die Anh¨anger des → Albertus Magnus, gegen die Scotisten und Nominalisten (Drucke: Venedig 1481 und 1504). Der Tractatus contra perfidos Iudeos de conditionibus veri Messie ist eine lat. Fassung von N.s Regensburger Judenpredigten vom Jahr 1474, in denen den Juden die Wahrheit des Christentums aus dem Urtext des AT bewiesen werden soll. Super psalmos ist ein 1476/77 entstandener Psalmenkommentar, welcher den hebr¨aischen Text durchgehend wiedergibt und Wort f¨ur Wort ins Lat. u¨ bersetzt. Ein lat. Brief N.s an den Prior des W¨urzburger Dominikanerkonvents ist in einer Inkunabel der UB W¨urzburg u¨ berliefert. Der Stern Meschiah (Chochaf hamschiah) ist eine auf elf Traktate mit 75 Kapiteln ausgeweitete deutschsprachige Fassung des Tractatus contra perfidos Iudeos; Hauptquelle war der Pugio fidei adversus Mauros et Iudeos des Raimund Martini (ca. 1220–1284), zitiert werden aber auch andere christliche und j¨udische Autorit¨aten. Eine Einleitung erl¨autert den Zweck des Buches und sein Transkriptionssystem, im Anschluss an die Traktate steht eine zw¨olfseitige hebr¨aische Fibel, eine fr¨uhe Lehre von der hebr¨aischen Schrift und Aussprache mit grammatikalischen Erl¨auterungen. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. HB III 39, r 1 –171r (15. Jh.). – Druck: Eßlingen, Konrad Fyner 1477. Ausgabe: Fibel: Bernhard Walde: Christliche Hebraisten Deutschlands (Atl. Abh. 6/2–3). Mu¨ nster 1916, S. 102–115. Literatur: Benedikt K. Vollmann, VL2 6 (1987) Sp. 1008–1013. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 323, 655 u. o¨ . – Schulthess/Imbach (1996) S. 552. – B. K. Vollmann, NDB 19 (1998) S. 254 f. – Carl Prantl: Gesch. der Logik im Abendlande. Bd. 4. Leipzig 1870 (Nachdr. Graz 1955) S. 221–223. – Gustav Bauch: Die Anf¨ange des Humanismus in Ingolstadt. In: Hist. Bibl. 13 (1901) S. 9–14. – Ders.: Die Einf. des Hebr¨aischen in Wittenberg. In: Monatsschr. f¨ur die Gesch. und Wiss. des Judentums 48 (1904) S. 29–32, 77 f., 487. – Walde (s. Ausg.) S. 70–152. – Stephanus Hesek: Philosophia Petri Nigri O. P. Diss. Freiburg/Schweiz 1920. – Charles H. Lohr: Medieval Latin Aristotle Commentaries. In: Traditio 27 (1971) S. 251–351; 28 (1972) S. 281–396, hier S. 364–366 (Lit.). – Thomas Kaeppeli: Scriptores 1123

Nikolaus von Nurnberg ¨ I Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 3. Rom 1980, S. 238–240 (Lit.). – Lore Sprandel-Krafft: ¨ Uber das Verh¨altnis v. Autor und Druckherr in der Inkunabelzeit. In: Arch. f¨ur Gesch. des Buchwesens 24 (1983) S. 353–384. – Hans-Martin Kirn: Das Bild vom Juden im Deutschland des fr¨uhen 16. Jh. [...]. T¨ubingen 1989, passim. – Heinz Schreckenberg: Die christlichen Adversus-Judaeos-Texte und ihr literarisches und hist. Umfeld (13.–20. Jh.). Frankfurt/M. 1994, S. 544–546. SF Nikolaus von Nurnberg ¨ I (Niclas Humilis) OP. – Verfasser eines Kommentars. zur Benediktinerregel, Biograph Dorotheas von Montau. N. ist 1391–1417 in N¨urnberg bezeugt, wo er Prediger am Neuen Spital war, dem er auch nachweislich seine Bibliothek stiftete. Kontakte N.s zum Kloster der Augustinerchorfrauen in Pillenreuth bestanden in literarischer Form: N. verfasste f¨ur die dortigen Schwestern mehrere dt. Schriften zu → Dorothea von Montau. Mit → Johannes Marienwerder, dem Biograph Dorotheas, verband N. eine lange Freundschaft, die bis in ihre gemeinsame Schulzeit zur¨uckreichte. Johannes versorgte N. 1395 mit Dokumenten u¨ ber Dorothea, mit denen er im Rahmen seiner Kanonisationsversuche wahrscheinlich einen Dorotheenkult in N¨urnberg begr¨unden wollte. N. schuf daraufhin eine ¨ dt. Ubertragung der kurzen Vita Dorotheas sowie des ersten Traktats ihres Septiliums. N. unterhielt auch Verbindungen zu den Benediktinern in Reichenbach/Oberpfalz. Ihnen widmete er einen lat. Kommentar zu Kapitel 7 der Benediktinerregel, Speculum noviciorum super XII gradus humilitatis regule s. Benedicti. Eine dt. Zusammenfassung des Textes ist in der gleichen Handschrift u¨ berliefert wie N.s ¨ dt. Dorothea-Texte (s. Uberlieferung). Nur u¨ ber Kataloge nachweisbar sind heute verschollene Predigten N.s. ¨ Uberlieferung (dt.): Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 17.9. Aug. 4° (Pap., 1455/56, geschrieben von Anna → Ebin und Kunigunde in Pillenreuth; enth¨alt 29v–32r die Septilium-Bearbeitung N.s, 34r–35v die dt. Zusammenfassung des Speculum, ¨ 60v–67r eine dt. Vita Dorotheas). – Zur lat. Uberl. vgl. Williams-Krapp 1987 (s. Lit.). Ausgaben: Vgl. die Ausg. zu Dorothea v. Montau bei Johannes Marienwerder. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 6 (1987) Sp. 1124–1126; 11 (2004) Sp. 1054. – Irma Lamprecht: Der M¨onch N., ein Vorl¨aufer Abrahams a 1124

Nurnberger ¨ O welt-Gedicht Santa Clara. In: Mu¨ nchener Mus. f¨ur Philologie des MA und der Renaissance 5 (1929) S. 115–167, hier S. 116. – Hans Westpfahl: Die erste kurze Lebensbeschreibung Dorotheas v. Johannes Marienwerder. Die Vita Prima. In: Der Dorotheenbote 25 (1967) S. 114–118. – Rudolf Stachnik: Zum Schrifttum u¨ ber die hl. Dorothea v. Montau. In: Dorothea v. Montau. Eine preußische Heilige des 14. Jh. Hg. v. R. S./Anneliese Triller. Osnabr¨uck 1976, S. 59–105. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). M¨unchen 1980, S. 55 f. – Sabine M¨uller: Daz leben der heiligen newen Dorothea claußnerin jn Prewsen. Edition und Unters. des a¨ ltesten volkssprachlichen Textzeugen v. 1395. Diplomarbeit W¨urzburg 1985. – Sabine Schmolinsky: Nicolaus H., ‹predicator in Nuremberga›. In: Bibliotheksforum Bayern 22 (1994) S. 148–154. – W. Williams-Krapp: Kultpropaganda f¨ur eine Mystikerin. Das Leben der Dorothea v. Montau im Sendbrief des N. v. N. In: Lit., Gesch., Literaturgesch. FS Volker Honemann. Hg. v. Nina Miedema/Rudolf Suntrup. Frankfurt/M. 2003, S. 711–720. MM Nikolaus von Nurnberg ¨ II (N. der Kart¨auser) ¨ OCart. – Prediger, Ubersetzer. N. lebte wahrscheinlich in der Mitte des 15. Jh. als Kart¨auser in N¨urnberg. Aus seinen Predigten l¨asst sich auch auf eine seelsorgerische T¨atigkeit N.s bei Nonnen schließen. Vor 1448 entstand N.s in einer M¨unchner Hand¨ schrift u¨ berlieferte dt. Ubersetzung von mehreren Gebeten und den sieben Bußpsalemen. 1452 u¨ bersetzte N. Predigten von → Beda, → Richard von ¨ St. Viktor u. a. in die dt. Sprache. Die Ubertragungen gelten als gewissenhaft, doch wenig bemerkenswert. N. hinterließ auch zwei dt. Predigten von 1455, die sich mit dem Aderlass und der Einsegnung einer Nonne besch¨aftigen. Beide Predigten waren an Klosterschwestern gerichtet und zeichnen sich durch die Verwendung von Bildern, Spr¨uchen und Wortspielen aus. ¨ Uberlieferung: Predigten: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 60, 276r–282v, 366r–368v (Pap. und Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 43b, 21r–24v (Pap., N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 750, 100r–107v (Pap., 1454–68, nordbair.). – Berlin, SBB, Mgq 1133, 40v–43r (Pap., 1125

Mitte 15. Jh. 1468). – Ebd., Mgq 1929, 15r–18r (Pap., letztes Drittel 15. Jh., n¨urnbergisch). Predigt¨ubers.: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI, 60, 325v–328v (Pap. und Perg., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 627, 282rb–290vb (Pap., 1458, nordbair.). – Ebd., Cgm 628, 111vb–117ra (Pap., 1468). – Ebd., Cgm 817, 94r–94v (Perg. und Pap., Wende 15./16. Jh., mittelbair.-ostschw¨abisch). – Bußpsalmen und Gebete: Ebd., Cgm 468, 4r–21v (Pap., 1448, bair.). Ausgaben: Predigten: Lamprecht 1929 (s. Lit.) S. 120–130. – Predigt¨ubers.: Lamprecht 1929 (s. Lit.) S. 136–167. – Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der dt. Mystik des MA. Hg. v. Wolfgang Stammler. Mu¨ nchen 1948, S. 18–20, 156–158. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 6 (1987) Sp. 1126 f.; 11 (2004) Sp. 1054. – Irma Lamprecht: Der Mo¨ nch N., ein Vorl¨aufer Abrahams a Santa Clara. In: M¨unchener Mus. f¨ur Philologie des MA und der Renaissance 5 (1929) S. 115–167. – Die Psalmenverdeutschung v. den ersten Anf¨angen bis Luther 1. Hg. v. Hans Vollmer u. a. Potsdam 1932, S. 11, 72–74. – Kurt E. Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. ¨ Unters. zur Verwandtschaft und Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. K¨oln/Graz 1967, S. 150. – Wer¨ ner: H¨over: Theologia mystica in altbair. Ubertragung. Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, Hugo v. Balma, Jean Gerson, Bernhard v. Waging und andere [...]. (MTU 36). M¨unchen 1971, S. 23 f., 185 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 174 (T 174), S. 188 f. (T 187–189). MM Nurnberger ¨ O welt-Gedicht. Im ersten Teil des Reimpaargedichts werden nach einer Mahnung zur Betrachtung des Todes die Schrecken der Seele beim Scheiden vom Leib dargestellt. Der zweite Teil (V. 47–68) ist der Jammerruf der Seele eines Toten. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43e, 160r–161r (Pap., 1454 und sp¨ater, n¨urnbergisch). Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 6 (1987) Sp. 1258. – Ders.: Die letzten Dinge in Versdichtung und Prosa des sp¨aten MA. In: Dt. Lit. des sp¨aten MA. Hg. v. Wolfgang Harms/L. Peter Johnson (Publ. of the Inst. of Germanic Studies, Univ. of London 22). Berlin 1975, S. 225–239, hier 1126

Mitte 15. Jh. S. 232 f. – Gunhild Roth/Volker Honemann (Hg.): Jammerrufe der Toten. Unters. und Edition einer lat.-mhd. Textgruppe (ZfdA. Beiheft 6). Stuttgart 2006. BJ Nurnberger ¨ Funf-G¨ ¨ arten-Text. – Erbauungstext. Unter Verwendung der Gartenbildlichkeit werden f¨unf Themen behandelt: Dreifaltigkeit, Inkarnation, Hl. Schrift, Seligkeit der Engel und Auserw¨ahlten, menschliche Seele. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43m, 205r–207r (Pap., ca. 1445/46, n¨urnbergisch, zum Teil alemannisch gef¨arbt). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 1253. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 3 Anm. 5, 79, 372 Anm. 36. BJ Nurnberg-Wiener ¨ Wurzgart. ¨ – Geistlicher Gartenallegorie-Traktat des 15. Jh. In knapper kontemplativ-traktathafter Form werden sechs Gartenelemente behandelt; der Garten wird als Herz gedeutet. Die N¨urnberger Fassung ist ausf¨uhrlicher und enth¨alt eine vorangestellte Disposition. Das → Roseng¨artlein des Herzens hat den N.-W. W. benutzt, oder beide Texte beruhen auf einer gemeinsamen Quelle. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 3009, 205r–207r (Pap., 1437, els¨assisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 55, 221r–225r. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 1261 f. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea N.F. 43), Tu¨ bingen 1982, S. 163–166, 166 u. o¨ . BJ Wolfenbutteler ¨ Garten. – Seelengartenallegorie. Der um die Mitte des 15. Jh. als Erbauungslekt¨ure f¨ur ein ostf¨alisches Frauenkloster des Braunschweiger Umkreises verfasste Prosaallegorie liegen nicht Gartenbestandteile, sondern Gartenbearbeitungsvorstellungen zugrunde (vgl. → Rostocker Gartengebet, → Goslarer Gartengebet). ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1207 Helmst., 130v–133r (Pap.). – Ebd., Cod. 1254 Helmst., 255r–257v. Ausgabe: Schmidtke 1982 (s. Lit.) S. 491 f. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 10 (1999) Sp. 1329 f. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Er1127

Nurnberger ¨ Funf-G¨ ¨ arten-Text bauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea N.F. 43). Tu¨ bingen 1982 (Reg.) BJ Palmer, Petrus (f¨alschlich Pabner). – Verfasser eines dt. Prosatraktats mit Anweisungen zur Gestaltung des geistlichen Lebens. Von ihm u¨ berliefert die Handschrift Berlin, Mgq 164 (Ende 15. Jh.) auf Bl. 407r–409v neben einigen anderen Schriften der Mystik und der Erbauungsliteratur (etwa von → Bonaventura, → Bernhard von Clairvaux, Johannes → Gerson und Heinrich → Vigilis von Weißenburg) einen kurzen fragmentarischen Text, der ein «recept einer geistlichen krefftigen artzenige» (so im Register der Hs. aus dem fr¨uhen 16. Jh.) bieten soll. Der ansonsten nirgends urkundlich erw¨ahnte P. P. wird in der Berliner Sammelhandschrift als Lesemeister im Ulmer Konvent ausgewiesen. Sein Sendbrief richtet sich an sog. «m¨utter» und ist in drei Regeln zu je f¨unf St¨ucken gegliedert; seine geistlichen Kinder sollen durch eine vollkommene Reinigung der Seele, t¨aglichen Kommunionsempfang und vor allem stetes Gebet in ihrem geistlichen Leben St¨arke und Trost finden. Literatur: Volker Honemann, VL2 7 (1989) Sp. 287 f. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB. Bd. 2. Leipzig 1926, S. 28 f. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Diss. T¨ubingen 1956, S. 147–151. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. (Bibl. Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 77 f., 110–112. SF Passionsbetrachtung Die hohe des himels. Die anonym u¨ berlieferte P. ist von einem theologisch hoch versierten Kleriker um die Mitte des 15. Jh. verfasst und vom Lat. ins Dt. ubersetzt wor¨ den (Krakau, mgq 1146, 256v [Epilog]: «geschriben vnnd in dises te¨utsch gebracht»). Gewidmet ist der Text einer nicht n¨aher bestimmbaren f¨urstlichen Frau, die vor kurzem Witwe geworden sei. Die P. beginnt mit einer Auslegung von Sir 1,2 («altitudinem caeli [= die Gottheit] et latitudinem terrae [= Leib Christi] et profundum abyssi [= Seele Christi] quis mensus est»). Hiervon ausgehend wird eine Betrachtung des inwendigen und a¨ußeren Leidens Christi entwickelt, die auf einen asketischen Nutzen abzielt. Gegliedert ist die P. in zehn Wege, die den zehn Leidensstationen Christi entsprechen. Der 1128

Passionsgedicht Do christ mit sinen jungern az Verfasser beruft sich u. a. auf → Albertus Magnus, → Bernhard von Clairvaux (oft als «unser vater» bezeichnet), → Bonaventura, Johannes → Gerson und Johannes de → Capestrano, die er auch zitiert. Der streng systematisch gegliederte Text ist als meditative Grundlage vorstellbar, gibt aber keine An¨ reize zur Compassio. In der a¨lteren Uberlieferung e gerichte ob Cristus beinhaltet die P. «ein gottlich solt sterben vmb vnnser heil» (mgq 1146 61r–73r), und abschließend eine Quaestio zur H¨ollenfahrt sowie einen Epilog. Diese Bestandteile fehlen in den sp¨aten Handschriften. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1318, 1r–103v (Pap., 1530, aus dem Dominikanerinnekloster St. Katharina in N¨urnberg; Passionsbetrachtung geschrieben v. Jacope Besserer). – Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 5, 1r–138r (Pap., 1489, Schreiberin: Margareta Z¨urlin). – Heidelberg, UB, Cpg 93, 1ra–199va (um 1500, mittelbair.). – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berol. mgq 1146 (vormals Berlin, SBB, mgq 1146), 20r–258v (Perg., 1479, bair.; wom¨oglich das Widmungsexemplar). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5516, 3r–333r (Pap., erstes Viertel 16. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster Altenhohenau [?], mittel-/nordbair.). – T¨ubingen, UB, Cod. Md 129, 1r–156r (Pap., 1527/28 aus dem Augustinereremitenkonvent Schw¨abisch Gm¨und; Cod. in seiner Gesamtheit entspricht SBB, Mgf 1318). Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) Sp. 344 f., Nachtrag: Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1166 f. – Hans Wegener: Beschreibendes Verz. der Miniaturen und des Initialschmuckes in den dt. Hss. bis 1500 (Beschreibende Verz. der MiniaturenHss. der Preuß. SB zu Berlin 5). Leipzig 1928, S. 110. – Karin Zimmermann unter Mitwirkung v. Sonja Glauch u. a.: Die Cdd. Palatini germanici in der UB Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181; Kat. der UB Heidelberg 6). Wiesbaden 2003, S. 224. VZ

Passionsbetrachtung Pone me ut signaculum. Ausf¨uhrlich vergegenw¨artigt wird das Leiden Christi in seinem Verlauf, beginnend am Tag vor dem Palmsonntag und endend mit der Auferstehung am Ostersonntag. Die Seele des Betrachters ist bei jedem Geschehnis der Passion anwesend und unterbricht die Handlung immer wieder, «um dem eben Gesehenen eine Funktion im Verh¨altnis der 1129

Mitte 15. Jh. minnenden Seele zu ihrem Liebhaber Christus zuzuordnen» (Heimrath). ¨ Uberlieferung: Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 4, 1r–138r (Pap., bair., 1468) (A). – Augsburg, UB (ehem. Harburg), Cod. ¨ Ottingen-Wallerstein III 2.4° 1, 301 Bll. (Schreibernennung auf Bl. 299r: Johannes Pr¨aler von ¨ Kempten, 1510) (B). – Ebd., Cod. OttingenWallerstein III 2.4° 33, 188 Bll., (Pap., erste H¨alfte 16. Jh., ostfr¨ankisch-bair.) (C). Literatur: Ralf Heimrath, VL2 7 (1989) Sp. 345 f. – Joseph Lechner: Die sp¨atma. Handschriftengesch. der Benediktinerinnenabtei St.Walburg/Eichst¨att. Mu¨ nster 1937, S. 29–31 (Beschreibung von A). – R. Heimrath: Die Harburger Hs. III. 2.4° 1 als Zeugnis eines bisher unbeachteten Passionstraktats ‹Pone me ut signaculum›. In: Allg¨auer Geschichtsfreund 87 (1987) S. 16–27. BJ Passionsgedicht Do christ mit sinen jungern az. Das 132 Verse umfassende Gedicht, dem in den meisten Codices die Dichtung Maria clag diu was so groz (→ Augsburger Marienklage) vom selben Verfasser folgt, schildert die Passion Christi, beginnend mit dem Abendmahl und endend mit dem Gespr¨ach mit dem Sch¨acher Dismas. Hauptmotiv des Gedichts ist der Verrat des Judas. ¨ Uberlieferung: a) Heidelberg, UB, Cpg 109, 160r–161v (1516, aus Augsburg). – Berlin, SBB, Mgq 1131, 4r–6v (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, Don. 106, 35r–37v (14./15. Jh., aus Inzigkofen). – b) Stark erweitert: Chur, Staatsarch., B 1 (fr¨uher Kantonsbibl., Ms. 53a), 60v–64v (Ende 15. Jh., hochalemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5134, 56r–59v (erste H¨alfte 15. Jh.). – c) Aus derselben Quelle erweitert, aber eingearbeitet in die ebenso erweiterte Fassung der → Augsburger Marienklage: Heidelberg, UB, Cpg 639, 175v–180v (1492). Ausgabe: Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 511 (do Christ) und Nr. 512 (Maria clag). Literatur: Franz Eggers, VL2 7 (1989) Sp. 348–350. – Romuald Banz: Christus und die minnende Seele. 2 sp¨atmittelhdt. mystische Gedichte. Breslau 1908 (Nachdr. Hildesheim/New York) 1977, S. 20 f. und Anm. 1. – Georg Hofmann: Seuses Werke in deutschsprachigen Hss. des sp¨aten MA. In: Fuldaer Geschichtsbll. 45 (1969) S. 113–206, hier S. 139 u. 172. BJ 1130

Mitte 15. Jh. Peter von Breslau OP. – Prediger. P. ist 1445 und 1451 als Lektor und Beichtvater am Kloster Sankt Nikolaus in undis der Straßburger Dominikanerinnen nachgewiesen. Dort hielt er zahlreiche dt. Predigten, von denen 33 in einer Berliner Handschrift u¨ berliefert sind. Diese Nachschriften stammen u¨ berwiegend von einer Nonne des Klosters, enthalten aber auch Korrekturen von einer zweiten Hand, die außerdem drei Predigten und einen Teil des Inhaltsverzeichnisses schrieb. Da im Codex die Predigten in ihrer genauen Gliederung wiedergegeben und lat. Autorit¨aten exakt zitiert sind, hat man auf eine autornahe, vielleicht autorisierte Nachschrift geschlossen. Neun der erhaltenen Predigten P.s wurden zu u¨ blichen Anl¨assen des Kirchenjahrs gehalten. Ein gr¨oßerer Teil von 24 Predigten behandelt in Form eines Zyklus die Passion Christi (Bll. 13r–273r). Grundlage des jeweils ersten Teils der zweiteilig angelegten Predigten sind die Perikopen bis zum zweiten Sonntag vor Aschermittwoch (Sexegesima). Eine Predigt u¨ ber den → Geistlichen Fastnachtskrapfen dient als Epilog des Zyklus. Als Quellen P.s sind besonders → Jacobus a Voragine und das Liber vitae des Konrad Dreuben zu nennen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 22 (Pap., Nikolauskloster Straßburg, nach 1445, els¨ass.; die Predigten auf Bll. 7v–11v, 291r–294v stammen wahrscheinlich nicht von P.). Ausgaben: Schmidtke 1970 (s. Lit.) S. 167–171 (Predigt vom 19. Sonntag nach Trinitatis). Literatur: Hans-Jochen Schiewer/Volker Mertens, VL2 7 (1989) Sp. 429–432. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 24 f., ¨ 53–58. – Paul-Gerhard V¨olker: Die Uberlieferungsformen ma. dt. Predigten. In: ZfdA 92 (1963) S. 212–227. – Elizabeth Jane Douglass: Justification in Late Medieval Preaching. A Study of John Geiler of Kaysersberg. Leiden 1966. 21989, S. 35, 40. – Dieter Richter: Die Allegorie der Pergamentbearbeitung. Beziehungen zwischen handwerklichen Vorg¨angen und der geistlichen Bildersprache des MA. In: Fachlit. des MA. FS Gerhard Eis. Hg. v. Rudolf Keil u. a. Stuttgart 1968, S. 83–92. – Dietrich Schmidtke: Geistliche Schiffahrt. Zum Thema des Schiffes der Buße im Sp¨atMA, Tl. 2. In: PBB (T¨ub.) 92 (1970) S. 115–177. – Karin Morvay/ Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 158 f. (T 142). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi 1131

Peter von Breslau III. Rom 1980, S. 252. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 253. MM Poll, Peter. – Verfasser eines Dekaloggedichts. P. ist nur durch ein Gedicht (Ain Spruch auß den zehen gebotten) in der sog. Handschrift des Valentin Holl nachweisbar. Die 80 Verse in Paarreimen mahnen auf der Grundlage der Zehn Gebote zur Tugendhaftigkeit sowie Gottesfurcht und warnen vor den Kardinals¨unden. Im letzten Vers nennt P. sich selbst als Autor. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. Merkel 2° 966, 78v–79r (Pap., 1524–26). Literatur: Frieder Schanze, VL2 7 (1989) Sp. 771. MM Preventa und Adoptata. – Erbaulich-religi¨ose Prosaerz¨ahlung des 15. Jh. In der wahrscheinlich im westf¨alischen Gebiet entstandenen Erz¨ahlung erscheint drei Tage nach ihrem Tod die Seele der verstorbenen Preventa ihrer Freundin Adoptata in einem Traum. Zentrale Themen des Dialogs sind Jungfr¨aulichkeit als Tugend, P.s Erfahrungen bei ihrem Tod und im Fegfeuer; die in der H¨olle erlittenen Qualen werden ausf¨uhrlich beschrieben. Zuletzt willigt A. ein, in ein Kloster einzutreten; die Geschichte ihrer Traumvision l¨asst sie von Theophilus, dem Notar Papst Leos, niederschreiben. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1240, 109v–124v (B). – Ebd., Mgo 407, 1r–33r (BE). – Bonn, UB, Cod. S 2052, 92r–109v (Pap., 1454, mndl.) (BO). – Darmstadt, ULB, Hs. 1433, 50r–79r. – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7020 (W*) 56, 1r–34v (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., ripuarisch) (K). – Trier, StB, Hs. 1189/2023 4°, 36r–46v (abweichende Fassung) (T). Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 7 (1989) Sp. 826 f. – Ders.: ‹P. u. A.›. Eine erbauliche Klosterlegende aus dem 15. Jh. In: Poesie und Gebrauchslit. im dt. MA. W¨urzburger Colloquium 1978. Hg. v. Volker Honemann u. a. Tu¨ bingen 1979, S. 290–303. – Ders.: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen/Zu¨ rich 1982. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 29, 67. BJ 1132

Propheten-Auszug Privatbesitz im Ordensleben. – Abhandlungen und Predigten zum kl¨osterlichen Armutsgebot. Das kl¨osterliche Armutsgebot verpflichtete im Gefolge der Benediktinerregel alle Ordensangeh¨origen, auf Privateigentum zu verzichten. Im Mittelalter wurde diese Thematik in zahlreichen Traktaten behandelt, insbesondere im Kontext der kl¨osterlichen Reformdiskussionen nach den Basler und Konstanzer Konzilien. Die als dt. Original oder ¨ dt. Ubersetzungen rezipierten Schriften umfassen u. a.: Die Expositio Regulae B. Augustini des → Humbert von Romans, die als Von den lob der gemeinschaft die man in den dostern halten sol vnd von dem erlauben ¨ vnd dispensiren [...] eine stark erweiterte Ubersetzung erfuhr. Der Traktat De proprietate, der fr¨uher → Heinrich von Langenstein zugeschrieben wurde, aber heute als Werk von Job Vener gilt. Der Text ist in niederalemannischen und nd. Fassungen u¨ berliefert. Langenstein schrieb auch eine Briefpredigt zum P. i. O., die an die Klosterneuburger AugustinerChorherren gerichtet war. Die anonyme Epistola cuiusdam egregii magistri Parisiensis de vicio proprietatis [...] wurde mit wechselnden Zus¨atzen und Incipits mehrfach dt. u¨ bersetzt. So wurde in einer Fassung eine Exempelerz¨ahlung hinzugef¨ugt, aber daf¨ur der Anfang der Epistel nicht u¨ bersetzt. Mo¨ glicherweise handelte es sich hierbei um Anpassungen des Textes an ein wechselndes Lesepublikum. Von → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl ist eine dt. Predigt gegen den P. i. O. erhalten (Incipit: «Ewer sitt, ewr gewonhait oder ewr leben, das ir fuert in dem closter [...]»); von Silvester von Rebdorf ein dt. Brief u¨ ber die kl¨osterliche Armut, den er den Pulgarner Nonnen sandte (Incipit: «Es ist zw wißen das alle gaistlich orden als vil ir sein jn der heilligen cristenhait, Wie die genad sein vnd wer sy erfunden hab [...]»). Wahrscheinlich von → Johannes von Indersdorf ¨ stammt eine dt. Spruchsammlung Uber die S¨unde des Privatbesitzes im Kloster. Darin als Autorit¨aten zitiert werden u. a. → Augustinus, → Hieronymus, → Gregor, → Bernhard von Clairvaux, → Franz von Assisi und Wilhelm Peraldus. Eine weitere Sammlung zum Thema P. i. O. ist als Dicta von Lehrern bekannt und zitiert neben Bernhard auch → Thomas von Aquin, → Ludolf von Sachsen und → Hugo von St. Viktor. Als anonyme Schriften seien auch genannt: das in einer Eichst¨atter Handschrift u¨ berlieferte «Item 1133

Mitte 15. Jh. nach gewonhait des ordens als es von allter her kumen ist, daz man alle die jn den pan thuett, die aigenschaft haben oder pesiczen» (Incipit); Mirckliche lere wilche dat verbudet allen begenen ind geistlichen luden die verdomeliche sunde der eygenschaff in einem Trierer Kodex; die mndl. Schrift Van der eighenscap; zuletzt Van der gruwelicher verschrecklicher sunden Der eygentschaff in einer K¨olner Handschrift. ¨ Uberlieferung: Verz. der Gesam¨uberl. mit rund 50 Hss. bei St¨ollinger-L¨oser/Haage 1989 (s. Lit.). Ausgaben: Vgl. die Ausg. der im Artikel genannten Verfasser. Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser/Bernhard D. Haage, VL2 7 (1989) Sp. 845–850; 11 (2004) Sp. 1269 f. – Friedrich Sch¨affauer: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl als Prediger. Ein Beitr. zur religi¨osen Kulturgesch. des ausgehenden MA. In: Theologische Quartalschr. 115 (1934) S. 405–439, 516–547. – Hermann Menhardt: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhls dt. Predigt vom Eigentum im Kloster. In: ZfdPh 73 (1954) S. 1–39, 268–291; ebd. 74 (1955) S. 36–41. – Gerhard Eis: Der Reimspruch auf Meister Heinrich v. Hall. In: Leuvense Bijdragen 51 (1962) S. 80–83. – Paul Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. ¨ des Franziskaners Konrad B¨omlin 1: Uberl. und Unters. (MTU 8). M¨unchen 1964, S. 82 f., 87 f., 129 f. u. o¨ . – Alois Madre: Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl. Leben und Schr. Ein Beitr. zur theol. Literaturgesch. Mu¨ nster/Westf. 1965, S. 276 f. – B. D. Haage: Ein neues Textzeugnis zum sp¨atma. Traktat ‹Von dreierlei Wesen der Menschen› des Johannes v. Indersdorf. In: ZfdA 100 (1971) S. 227–230. – Thomas Hohmann: Dt. Texte unter dem Namen ‹Heinrich v. Langenstein›. In: W¨urzburger Prosastud. 2. FS Kurt Ruh (Medium Aevum 31). Hg. v. Peter Kesting. W¨urzburg 1975, S. 219–236, hier S. 228–230. – Hermann Heimpel: Die Vener v. Gm¨und und Strassburg 1162–1447. Stud. und Texte zur Gesch. einer Familie sowie des gelehrten Beamtentums in der Zeit der abendl¨andischen Kirchenspaltung und der Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel. G¨ottingen 1982, S. 1267–1284. – ‹Von der minnenden Seele›. Drei Predigten Heinrich Kalteisens OP (GAG 373). Hg. v. B. D. Haage. G¨oppingen 1983, S. 63 u. o¨ . MM Propheten-Auszug (Der weissagen puech). – Anonyme Auswahl¨ubertragung praktisch s¨amtlicher alttestamentlicher Prophetenb¨ucher der Vulgata. Der in zahlreichen Textzeugen des 15. Jh. meist zusammen mit → Historienbibeln u¨ berlieferte P.-A. 1134

Mitte 15. Jh. ist mit Erg¨anzungen und Kommentaren zu Einzelstellen sowie l¨angeren Zus¨atzen versehen, die auf → Petrus Comestors Historia scholastica verweisen. Wahrscheinlich ist der P. urspr¨unglich unabh¨angig von der Historienbibel¨uberlieferung im dt. S¨udosten entstanden; die innere Textgestalt ist weitgehend einheitlich und durch wechselnden Kontraktions- und Interpolationsgrad gekennzeichnet; biblische wie außerbiblische Textteile sind mit Kommentaren durchsetzt, die meist als «glosa» voran- oder nachgestellt werden. ¨ Uberlieferung: Vgl. Vollmer (s. Ausg.) S. XLIX. – Ferner: New York, Public Library, Spencer Collection 52. – Wien, Kapuzinerkloster, Provinzarch., o. S. – Berlin, SBB, Mgq 1985, 129ra–189ra. – G¨ottweig, Stiftsarch., Cod. 225 (202), 261va–309ra. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 523, 185ra–189rb. – Ebd., Cgm 58, 137rb-,188va. – Prag, Nationalmus., Cod. XVI. A.6, 108–153r. Ausgabe: Hans Vollmer: Materialien zur Bibelgesch. [...]. Bd. 3: Ein dt. glossierter Auszug des 15. Jh. aus den alttestamentlichen Propheten. Berlin 1927. Literatur: Claudia Brandt, VL2 7 (1989) Sp. 867–870. – H. Vollmer (s. Ausg.). – C. Brandt: ‹Historie› und ‹wˆıssagunge› [...]. In: Dt. Bibel¨ubers. des MA. Beitr. eines Kolloquiums im Dt. Bibel-Arch., unter Mitarbeit v. Nikolaus Henkel hg. v. Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10 [1987/1988]). Bern u. a. 1991, S. 375–384. – Gisela Kornrumpf: Die o¨ sterr. Historienbibeln IIIa und IIIb. In: ebd., S. 350–374. SF Regel aines ordenlichen lebens. – Sendschreiben u¨ ber geistlichen Lebenswandel. Dieser 1434 von einem Schreiber namens N. Kratzer beendete Text ist in einer Berliner Handschrift erhalten. Kratzer benutzte als Vorlage eine bereits existierende Fassung der R., die allerdings nicht bekannt ist, ebensowenig wie ihr urspr¨unglicher Autor. Dieser verfasste die R. als Sendschreiben f¨ur eine a¨ltere Laienfrau. Unter Berufung auf → Augustinus, → Gregor, → Hieronymus und → Bernhard von Clairvaux propagiert der Text Stetigkeit und Gottesliebe als Grundlage eines tugendhaften Lebens. Eine wichtige Rolle spielen auch N¨achstenliebe, Keuschheit, Armut und Gehorsam (hier aber nicht im kl¨osterlichen Kontext). Ferner werden die Sakramente der Eucharistie und der Buße n¨aher behandelt. In die R. sind mehrere 1135

Regel aines ordenlichen lebens Gebete eingef¨ugt, doch ist die Schrift ansonsten schmucklos prosaisch gehalten. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 453, 1r–99r (Pap., 1434, schw¨abisch). Literatur: Volker Honemann, VL2 7 (1989) Sp. 1075–1077. – Lat. und dt. Hss., erworben 1911 (Mitt. aus der Kgl. Bibl. Berlin 2). Hg. v. Kgl. Bibl. Berlin. Berlin 1914, S. 114–116. – Bucheinb¨ande aus der Preußischen SB zu Berlin in hist. Folge erl¨autert. Hg. v. Max Joseph Husung. Leipzig 1925, S. 11, Abb. 27. MM ¨ Rellach, Johannes. – Ubersetzername in einer Handschrift aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Der aus Reso¨ m stammende R. geh¨orte einem Kloster des Bistums Konstanz an. Er unternahm angeblich Reisen nach Rom (1450), Skandinavien und ins Preußische Ordensland. Die sp¨arlichen und in sich unstimmigen Lebensdaten R.s entstammen der Handschrift N¨urnberg, StB, Ms. Solger 16, 2°, 47v, 120v (um 1475), in ¨ der er als Ubersetzer genannt wird: Der Textzeuge ¨ enth¨alt dt. Ubersetzungen der biblischen B¨ucher Josua, Richter und Ruth; es handelt sich dabei um eine Abschrift der sog. Mentelin-Bibel (Druck Straßburg, Johann Mentelin, vor 27.6.1466). Mitt¨ lerweile gilt als gesichert, dass R. nicht als Ubersetzer gelten darf, sondern wohl lediglich die Inhalts¨ubersicht verfasste und/oder als Kompilator der Vorreden t¨atig war. Literatur: Christine Wulf, VL2 7 (1989) Sp. 1219 f. – Franz Jostes: Die Waldenserbibeln und Meister J. R. In: Hist. Jb. 15 (1894) S. 771–795. – Wilhelm Walther: Ein angeblicher Bibel¨ubersetzer des MA. In: Neue Kirchliche Zs. 7 (1896) S. 195–207. – F. Jostes: Meister J. R., ein Bibel¨ubersetzer des 15. Jh. In: Hist. Jb. 18 (1897) S. 133–145. – William Kurrelmeyer: Die erste dt. Bibel. Bd. 10. T¨ubingen 1915, S. XVI–XXV. – Hans Vollmer: Dt. Bibelausz¨uge des MA zum Stammbaum Christi (Bibel und dt. Kultur 1). Potsdam 1931, S. 4–6. – C. Wulf: Eine volkssprachige Laienbibel des 15. Jh. Unters. und Teiledition der Hs. N¨urnberg, StB, Solg. Ms. 16. 2° (MTU 98) Mu¨ nchen 1991, S. 142–145. SF Ritterschaft Christi. – Im 15. Jh. entstandenes strophisches Gedicht u¨ ber das Erdenleben des Gottessohnes. Im Zentrum der stark verderbt u¨ berlieferten Dichtung mit dem Incipit «Nu syngen ich gerne 1136

Sendbrief vom Betrug teuflischer Erscheinungen van Ritterschaft» steht die Passion; die S¨under sollen dem Ritter danken, der auf Erden so ritterlich f¨ur sie gestritten hat. Die vorangehenden drei Strophen erinnern u. a. an St. Georg, der um Christi willen sein Blut vergossen hat. ¨ Uberlieferung: London, Library of University College, Cod. germ. 10, 59vb–60rb (Pap., 1456, westmitteldt.). Ausgabe: Robert Priebsch: Dt. Hss. in England. Bd. 1. Erlangen 1896 (Nachdr. Hildesheim 1979) S. 58. Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 106. – Dorothy K. Coveney: A Descriptive Catalogue of Manuscripts in the Library of University College. London 1935, S. 45–49. SF Ritterschaft Jesu Christi. – Traktat mit Anlei¨ tungen zu geistlichen Ubungen f¨ur die Karwoche, Mitte 15. Jh. Der Prosatraktat mit dem Incipit «Diß ist die Ritterschaft ihesu Cristi die sol man wben die ` ganczen carw¨ochen [...] Am palmtag so fach an vnd wbe dich wider hˇoffart» umfasst geistliche ¨ Ubungen f¨ur die Zeit zwischen Palmsonntag und der Osternacht. Jeder Tag steht im Zeichen einer bestimmten Tugend und der diese bedrohenden und im Rahmen der geistlichen Ritterschaft des Menschen zu bek¨ampfenden Tods¨unde (Hochmut, Neid/Hass, Zorn, Gier, Tr¨agheit, Gefr¨aßigkeit, Unkeuschheit). F¨ur jeden Tag gibt es ein Symbol, das in der Betrachtung dem Gl¨aubigen dabei helfen soll, die Passion Christi nachzuvollziehen: Dornenkrone, Speer, Geißel und Rute, Jesu Kleidung bzw. Judas’ Geldbeutel, Kreuz mit drei N¨ageln, Essigschwamm, Grab Christi. Dazu kommen f¨unf Vaterunser (und teilweise zus¨atzlichen Ave Maria), die man t¨aglich sprechen, und die jeweiligen symbolischen Handlungen (Niederknien, H¨ande kreuzweise auf das Haupt oder an das Herz legen, sich geißeln u. a.), die man aus¨uben soll, um die rechte Buߨubung gegen die sieben Tods¨unden zu erhalten. F¨ur den in der Frankfur¨ ter Handschrift (s. Uberl.) u¨ berlieferten Text ist die allegorische Beschreibung der Todsu¨ nden a¨ hnlich den Darstellungen im → Etymachietraktat charakteristisch. ¨ Uberlieferung: Frankfurt/M., StB/UB, Ms. Praed. 159, 149r–152v (Pap., 1469, alemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 74, 6v–8v (Pap., 1448, westschw¨abisch). – M¨unchen, BSB, 1137

Mitte 15. Jh.

Cgm 523, 204r/v (Pap., 1474, ostschw¨abisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 226 Extravagantes, 105v–107r (Pap., Augsburg, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Z¨urich, ZB, Cod. C 162, 143r–147r (Pap., Mitte/zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch). Literatur: Monika Kasper-Schlottner, VL2 11 (2004) Sp. 1329–1331. SF Schober, Friedrich OP. – Lektor, Prediger. S. ist 1482/83 als Kursor in N¨urnberg, 1488 im Predigerkonvent Bamberg, 1493/94 als Prediger und Lektor in Bozen, 1495 als Visitator und Vikar bezeugt. In zwei erhaltenen Predigten besch¨aftigt sich der Thomist S. mit eschatologischen Fragen. Die am dritten Ostertag 1482 (a) gehaltene Predigt handelt von Christus als Richter; in der Predigt vom zweiten Ostertag 1483 (b) geht es um die Frage, «warumb unser ber muß erscheinen einem yden menschen, er sey heid, jud, krist oder keczer». ¨ Uberlieferung: a) Z¨urich, ZB, Cod. D 231, 125v–127r (Pap.; Ausschnitt). – b) Heidelberg, Helko Eis, Privatsammlung (fr¨uher Schriesheim bei Heidelberg, Gerhard Eis), Hs. 114, 175r (Pap., zwischen 1472 und 1498; beide aus dem Katharinenkloster N¨urnberg). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 798 f. – Gabriel L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur schweizer. Kirchengesch. 38 (1944) S. 33–46, 108–120, 199–208. – Peter Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Helmut G. Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis, besonders das Werk Peter Kirchschlags. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 38 (1968) S. 71–97. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 405 f. BJ Sendbrief vom Betrug teuflischer Erscheinungen. – 1450 wahrscheinlich im Bamberger Bistum entstanden. Der mit einer Ausnahme (Hs. der M¨unchner UB) stets zusammen mit dem thematisch verwandten Sendbrief des Eberhard → Mardach u¨ berlieferte Sendbrief handelt von der Unterscheidung der Geister. Ursache der Teufelst¨auschungen sind f¨ur den Verfasser, der sich auf das Wirken des Teufels konzentriert, in erster Linie u¨ bersteigerte Eucharistie- und Passionsandacht. Grund f¨ur die teuflischen Aktivit¨aten ist die mangelnde Bescheidenheit der Vision¨arinnen. Um einer Verehrung 1138

Mitte 15. Jh. von Frauen vorzubeugen, die zur Erlebnismystik neigen, werden schließlich Visionen und Auditionen generell als Teufelswerk hingestellt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1133 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, M¨unchen, Nr. 1884/1062), 2r–16v (Pap., 1468) (B). – Eichst¨att, UB, Cod. sm 214, S. 327–360 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair. mit alemannischem Einschlag) (E). – M¨unchen, BSB, Cgm 482, 19r–42r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair.) (M1). – Ebd., Cgm 750, 30r–45r (Pap., Schreiberin [Haupthand]: Schwester Anna → Ebin im Dominikanerinnenkloster Pillenreuth, 1454–68, nordbair.) (M2). – Ebd., Cgm 5926, 198r–215r (Pap., 1463/64, mittelbair.) (M3). – M¨unchen, UB, 4° Cod. ms. 482, 49v–56v (Pap., letztes Drittel 15. Jh.) (M4). – Prag, Nationalbibl., Cheb MS. 45/330 (9) (fr¨uher Eger/Cheb, Franziskanerkloster, Cod. 45/330), 356r–375r (Pap., 1465, nordbair.) (C). Ausgabe: Ulla Williams/Werner WilliamsKrapp 2003 (s. Lit.) (nach M¨unchen, BSB, Cgm 750). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 8 (1992) Sp. 1075–1077. – Ders.: ‹Dise ding sint dennoch nit ware zeichen der heiligkeit›. Zur Bewertung mystischer Erfahrungen im 15. Jh. In: Zs. f¨ur Literaturwiss. und Linguistik 20, H. 80 (1990) S. 61–71. – Ulla Williams/W. WilliamsKrapp: Eine Warnung an alle, ‹dy sych etwaz duncken›. Der ‹S. v. B. t. E.›. In: Forschungen zur dt. Lit. des Sp¨atMA. FS Johannes Janota. Hg. v. Horst Brunner/W. Williams-Krapp. T¨ubingen 2003, S. 167–189. BJ Sendbrief Außdem h¨unigfliessenden herczen (Geistlicher Neujahsrbrief). Bei dem Verfasser des Sendbriefs (vgl. → Geistlicher Neujahrsbrief) k¨onnte es sich um Klarissenspiritual aus dem Franziskanerorden handeln. Der umfangreiche Brief besteht aus einem Neujahrswunsch und zwei Hauptteilen. Der erste Teil widmet sich der Adventsbotschaft, der zweite – mit dem vierfachen Umfang – handelt von der Lauterkeit (Reinheit des Herzens), die als wichtigste Tugend dargestellt wird. Die zahlreichen Bibelzitate stammen vor allem aus dem Psalter und dem Hohenlied. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 457, 248r–264v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair., zum Teil mit schw¨abischen Ankl¨angen). – Ebd., Cgm 784, 134r–146r (Pap., 1458, mittelbair., zum 1139

Sendbrief Außdem h¨unigfliessenden herczen Teil ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 830, 89r–105v (Pap., um Mitte 15. Jh., ostschw¨abisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 1074 f. BJ Sermo de matrimonio (dt.). – Im 15. und beginnenden 16. Jh. weit verbreitete Ehepredigt. In seiner a¨ltesten, unbetitelten Fassung ist der Text in mehreren Handschriften, Sammel- und Einzeldrucken u¨ berliefert; unter dem Titel S. d. m. erscheint er sp¨ater in den acht Handschriften des → F¨urstenspiegels Wiewol all menschen erstlich entsprungen aus ainer wurczel Adam und zus¨atzlich in der Handschrift Berlin, SBB, Hdschr. 411, 85va–89va (Pap., um 1475, bair.-¨osterr.). Zu unterscheiden ¨ sind insgesamt drei Uberlieferungsstr¨ ange: Die a¨ lteste Fassung steht noch vor der Integration in die F¨urstenspiegelkompilation und ist die ausf¨uhrlichste; die Fassung der F¨urstenspiegelkompilation und die Druckfassung, welche in der Inkunabelversion von derjenigen der F¨urstenspiegels unabh¨angig ist. Ziel des S. d. m. ist die Belehrung von Laien, ethische Deutungen und moralphilosophische Wertungen sind unber¨ucksichtigt. Im Vordergrund steht die Ehelehre der Poenitentialsummen (Ausz¨uge aus der ma. Moraltheologie und die Bestimmungen des kanonischen Rechts). Der Schwerpunkt des ersten Teils liegt auf der Er¨orterung des Wesens der ehelichen Gemeinschaft, hervorgehoben wird die Bedeutung der gegenseitigen Treue und F¨ursorge; der zweite Teil behandelt die Ehe unter dem Aspekt des «regimen familiae», angef¨ugt ist eine dt. Bearbeitung der pseudoaristotelischen Oikonomia. Verwandtschaft besteht vor allem mit der umfangreichen → Regel der hl. ehe. ¨ Uberlieferung: Titellose Fassung: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 144, S. 206–221 (Pap., 1457–1460, schw¨abisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 638, 110ra–114rb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 4873, S. 152–160 (Pap., 1456, bair.-¨osterr.; unvollst.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI,44, 33r-37r (Anfang 15. Jh.). – Wien, ¨ ONB, Cod. 2875, 181ra–186va (um 1400). – Gotha, Forschungs- und LB, Chart. B 270, 120–134 (1468/69). – Berlin, SBB, Ms. germ. fol. 13, 303ra–310va (1471). – Druckfassungen in Sammeldrucken: Augsburg, J. B¨amler 1472, 32r–38r. – Ebd. 1476, 59r–71v. – Hsl. Abschr.: Klosterneuburg, Stiftsbibl., CCl. 747, 129ra–133v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5168, 1r–96r. – Einzeldruck: Augsburg, Ch. 1140

Spiegel der Menschen Hayny 1481. – Kombiniert mit einem Kapitel aus → Albrechts von Eyb Das lob der ee in mehreren Drucken des 16. Jh. Ausgaben: Gerd Brinkhus: Eine bayerische F¨urstenspiegelkompilation des 15. Jh. Unters. und Textausg. (MTU 66). M¨unchen 1978. – Britta¨ Juliane Kruse: Neufunde zur Uberl. der ‹Predigt vom ehelichen Leben›/ ‹Sermo de matrimonio› im Zusammenhang mit einer ‹Predigt auf die Hochzeit zu Kana›. In: Speculum medii aevi. Zs. f¨ur Gesch. und Lit. des MA 1,II (1995) S. 37–62, hier S. 50–62. Literatur: Gerd Brinkhus, VL2 8 (1992) Sp. 1106–1108; 11 (2004) Sp. 1425. – N. Paulus: Ma. Stimmen u¨ ber den Eheorden. In: Hist.politische Bl. f¨ur das katholische Deutschland 141 (1908). – Brinkhus 1978 (s. Ausg.). – M. Dallapiazza: ‹Ein p¨uechel von der regel der heyligen ee›. In: ZfdA 112 (1983) S. 261–292, hier S. 261, 263 f. – X. v. Ertzdorff/M. Wynn (Hg.): Liebe, Ehe, Ehebruch in der Lit. des MA. 1984. – Kruse (s. Ausg.) S. 37–44. – R¨udiger Schnell: Konstanz und Metamorphosen eines Textes. Eine u¨ berlieferungs- und geschlechtergeschichtliche Stud. zur volkssprachlichen Rezeption v. Jacobus’ de Voragine Ehepredigten. In: Fr¨uhma. Stud. 33 (1999) S. 319–395, hier S. 354–367. – Heidemarie Vogl: Der ‹Spiegel der Seele›. Eine sp¨atma. mystisch-theologische Kompilation (Meister-Eckhart-Jb. Beih. 2). Stuttgart 2007, S. 21. SF Vater Siegmund OFM. – Prediger, 15. Jh. Von dem urkundlich nicht nachweisbaren Prediger aus dem Elsass ist eine Eucharistiepredigt u¨ berliefert. Der umfangreiche Text behandelt Fragen der Eucharistie unter den Aspekten, warum Gott wolle, dass der Mensch das Altarssakrament empfange und wie dieser sich vor und nach dem Empfang verhalten solle. ¨ Uberlieferung: Colmar, Bibl. Municipale, Ms. 268 (Kat.-Nr. 210), 93r–114v (aus dem Dominikanerinnenkloster Unterlinden, Mitte 15. Jh., alemannisch). Ausgabe: Kurt Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA II. M¨unchen 1985, S. 100–116. Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 1206 f. – Pierre Schmitt: Manuscrits de la Biblioth`eque de Colmar (Catalogue G´en´eral des Manuscrits des Biblioth`eques Publiques de France 56). Paris 1969, S. 95–97 (Nr. 210). BJ 1141

Mitte 15. Jh. Spiegel des Herzens (Speghel dynes herten). – Mnd. Prosatraktat des 15. Jh. aus dem Umkreis der Devotio moderna. Im Zentrum der anonymen Dichtung steht eine umfangreiche geistliche Tugendlehre zur Vorbereitung des Herzens auf den Empfang der hl. Kommunion; die Kardinaltugenden und ihre «T¨ochter» sowie die jeweils zugeordneten Laster werden systematisch er¨ortert. Vielleicht geht der Text auf die Fassung eines k¨urzeren mnd. Traktats mit dem Incipit «Bereydet iuwe herte deme heren» zur¨uck. ¨ Uberlieferung: ’s-Gravenhage, Koninklijke Bibl., Cod. 73 E 23, 41vb–108ra (aus einem nordnieders¨achsischen Frauenkloster, Mitte 15. Jh.). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 9 (1995) Sp. 108–110. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 1. G¨ottingen 1898, S. 258; Bd. 2 (1902) S. 175; Bd. 3 (1913) S. 31, 35, 158. – Petronella Bange: Spiegels der christenen. Zelfreflectie en ideaalbeeld in laat-middeleeuwse moralistisch-didactische traktaten (Middeleeuwse studies 2). Nijmegen 1986, S. 74 f. SF Spiegel der Menschen (Menschenspiegel). – Titel verschiedener sp¨atma. katechetischer und moraldidaktischer Texte. So werden die in den Drucken Augsburg, Johann → B¨amler, 1472 und 1476, und K¨oln, Johann G¨uldenschiff, 1486, sowie in der Handschrift M¨unchen, BSB, Cgm 5168, 37v–47r (1473), u¨ berliefer¨ ten dt. Ubersetzungen des pseudo-augustinischen Speculum peccatoris bezeichnet, die sich von den ¨ sonstigen Uberlieferungen durch einen eingeschobenen Abschnitt mit einem angeblichen Spruch → Freidanks sowie durch eingef¨ugte Exzerpte aus dem Traktat Von → menschlicher Hinf¨alligkeit unterscheidet. M¨oglicherweise hat Johann B¨amler nicht nur als Drucker, sondern auch als Urheber dieser Kompilation zu gelten. Auch der Spiegel menschlicher behaltnis, wie er 1476 in Augsburg von Anton → Sorg gedruckt wurde, tr¨agt den Titel S. d. M. (vgl. → Speculum humanae salvationis). Neun voneinander unabh¨angige Texte gibt das Register der Handschrift Berlin, SBB, Mgf 1027 (1436/37) unter dem Titel Spigel alre mynschen an; die St¨ucke erscheinen in der Handschrift fol. 107va–110va als hintereinander geschriebener, nur ¨ durch Uberschriften getrennter Block. Literatur: Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 118–121. – Jan Deschamps: De middelnederlandse handschriften van de grote en de kleine 1142

Mitte 15. Jh. ‹Der sielen troest›. In: Handelingen XVII der Koninkl. Zuidnederlandse Maatschappij voor Taalen Letterkde. en Geschiedenis (1963) S. 111–167, hier S. 118–127. – G. Roth: S¨undenspiegel im 15. Jh. Unters. zum pseudo-ausgustinischen ‹Spe¨ culum peccatoris› in dt. Uberl. (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700, Bd. 12). Bern u. a. 1991. SF Spiegel der Sunder ¨ («Eyn spygel der sundere»). – Anonymes, paargereimtes mnd. Gedicht (112 Verse), wohl im 15. Jh. entstanden. Im Zentrum der zur Textgruppe → Jammerruf der Toten geh¨orenden Dichtung steht das Sprecher-Ich eines Toten, das dar¨uber klagt, dass es den falschen Versprechungen der Welt gefolgt sei und nun von Gott verlassen in der H¨olle leiden m¨usse. Die Menschen werden aufgefordert, sich beizeiten zu bessern, damit es ihnen nicht gleich ergehe wie dem Sprecher. Der S. d. S. ist eine bearbeitete und er¨ weiterte Ubersetzung des Lessus Damnati (AH 33, Nr. 264). ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 33.1. Aug. 2°, 500va-b (1491–97). – Flensburg, Stadtarch., St. A. XII Hs 706 (Leihgabe des Alten Gymnasiums, fr¨uher K¨onigl. Gymnasium, Flensburg, Hs. o. S.), 278r–280v (1542–63). Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 300. – Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 127 f. – Otto v. Heinemann: Die Hss. der Herzoglichen Bibl. zu Wolfenb¨uttel 3. Die augusteischen Hss. Wolfenb¨uttel 1898. Nachdr. Frankfurt/M. 1966. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. 2. G¨ottingen 1900. BJ Spiegel des Sunders. ¨ – Beichtspiegel. Der in vier Augsburger Drucken (von ca. 1476 bis 1482) erhaltene Beichtspiegel in 38 Kapiteln sollte als Leitfaden zur vorbereitenden Gewissenserforschung f¨ur M¨anner und Frauen dienen. Van den Broek vermutet in dem unbekannten Kompilator einen Dominikaner, der vielleicht in Augsburg gewirkt hat. Die ersten 16 Kapitel handeln von der Beschaffenheit der Beichte sowie von Ursachen und Umst¨anden der S¨unde. In Kapitel 17 und 18 geht es um die Frage, warum der Mensch beichten soll und wie er sich am besten darauf vorbereite. Kapitel 19–26 widmen sich den 7 Tods¨unden und ihren «T¨ochtern», Kapitel 27–36 den Zehn Geboten. Den Abschluss bildete eine Zusammenfassung und 1143

Spiegel der Sunder ¨ ein Aufruf zur Abkehr von der S¨unde, damit das ewige Leben von Gott verliehen werden k¨onne. Zu den am Ende der Vorrede genannten Quellen geh¨oren neben Bibel und Kirchenv¨atern u. a. → Hugo Ripelin von Straßburg (Compendium theologicae veritatis), → Heinrich von Langenstein (Erchantnuzz der Sund) und Johannes → Gerson (Opusculum tripartitum). Ausgabe: Marius A. van den Broek: Der S. d. S. Ein katechetischer Traktat des 15. Jh. Textausg. und Beobachtungen zum Sprachgebrauch (Quellen und Forschungen zur Erbauungslit. des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 11). Amsterdam 1976, S. 153–282 (diplomatischer Abdruck nach dem vermutlichen Erstdruck o. O., Drucker u. J. [Augsburg, G¨unther Zainer, um 1476] mit Lesarten nach den anderen Drucken). Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 300. – Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 128–130. – Johannes Geffcken: Der Bilderkatechismus des 15. Jh. Leipzig 1855, Beilage S. 50–80. – Van den Broek (s. Ausg.). – Dies.: Zum Wortgebrauch im ‹S. d. S.›. In: AB¨aG 18 (1982) S. 179–203. BJ Sproll, Hans. – Verfasser einer religi¨os-moraldidaktischen Reimpaardichtung von 351 Versen, wahrscheinlich Mitte 15. Jh. Die Dichtung beginnt mit einer Spaziergangseinleitung und der Aufz¨ahlung der Engelsch¨ore, Planeten und Sieben K¨unste. Es folgen allgemeine Ermahnungen, eine Zeitklage und, als Hauptteil, Er¨orterungen u¨ ber die Sieben Haupts¨unden. Im Zentrum des Interesses steht dabei der Hochmut, der sich vor allem im Kleiderluxus a¨ ußere. Der Verfasser ermahnt dann zu gottgef¨alligem Leben und gibt die sieben Worte des Gekreuzigten vollst¨andig wieder. Am Schluss stehen Lob und Anrufung der hl. Dreifaltigkeit und Marias, hier nennt der Autor auch seinen Namen. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. S 318, S. 227–237 (begonnen 1479 von Hans Vogler dem ¨ Alteren, fortgef¨uhrt bis zu seinem Tod 1518). – Unediert. Literatur: Frieder Schanze, VL2 9 (1995) Sp. 179 f. – Johannes H¨ane: Das Familienbuch zweier Rheintalischer Amtm¨anner des 15. und 15. Jh. In: Jb. f¨ur Schweizerische Gesch. 25 (1900) S. 43–80, hier S. 63 f. – Alexa Renggli: Das Famili¨ enbuch Hans Voglers des Alteren und des Ju¨ ngeren. Entstehung und praktische Bedeutung. In: Haus1144

Stuler und Familienb¨ucher in der st¨adtischen Ges. des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. Birgit Studt. K¨oln u. a. 2007, S. 61–86, hier S. 84. SF Van dem stervende mynsschen unde dem gulden selen troste. – Nd. Sterbeb¨uchlein. Das aus 15 Kapiteln bestehende B¨uchlein bietet Lehren und Ratschl¨age f¨ur den Kranken und f¨ur den Sterbehelfer. Als Quelle nennt der Verfasser das → Speculum artis bene moriendi. Das Schlusskapitel enth¨alt das siebenteilige Seelengebet zur Passion Christi Der gulden selentroest, das unter demselben Titel auch einzeln in nd. Handschriften u¨ berliefert ist. ¨ Uberlieferung: Druck Magdeburg, Simon Koch (fr¨uher Johann Grasehoff zugeschrieben), 1486, 18 Bll. in 4° (Borchling/Claussen, Nd. Bibliogr., Nr. 347). Teilausgabe: Mu¨ nzenberger (s. Lit.) S. 38–70. Literatur: Karin Schneider, VL2 9 (1995) Sp. 313 f. – Johannes Geffcken: Der Bildercatechismus des 15. Jh. Leipzig 1855, S. 110. – Ernst Franz August M¨unzenberger: Das Frankfurter und Magdeburger Beichtb¨uchlein und das Buch ‹vom sterbenden Menschen›. Mainz 1880, S. 38–70. – Franz Falk: Die dt. Sterbeb¨uchlein v. der a¨ ltesten Zeit des Buchdruckes bis zum Jahre 1520. K¨oln 1890 (Nachdr. Hildesheim 1969) S. 52–54. – Ders.: Der Magdeburger Drucker Johann Grasehoff 1486. In: Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen 7 (1890) S. 246–248, 344. – Nikolaus Paulus: Die Reue in den dt. Sterbeb¨uchlein des ausgehenden MA. In: Zs. f¨ur Katholische Theologie 28 (1904) S. 682–698, hier S. 690. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln/Graz 1957, S. 89 f. und Anm. 24, 115–117. – Mary Catharine O’Connor: The Art of Dying Well. New York 1942 (Nachdr. 1966) S. 175. BJ Straub, Nicolaus. – 15. Jh. S. ist ein nicht mit Sicherheit identifizierter Verfasser (ein schw¨abischer Notar, ein Laie) einer ¨ Ubersetzung der vier Evangelien mit den Vorreden des → Hieronymus (Hs. Leipzig, UB, Ms. 35, Bl. 1–176, wahrscheinlich 15. Jh.). Die Sprache der ¨ Ubersetzung weist ins ostmitteldt.-bair. Sprachgebiet. Unklar sind Auftraggeber, Anlass und Zweck ¨ der Ubersetzung. Auch ist nicht gekl¨art, ob sie direkt aus dem Lateinischen oder durch Vergleich 1145

Mitte 15. Jh. ¨ verschiedener dt. Ubertragungen entstanden ist. In den Text eingef¨ugt oder am Rand notiert sind einige glossenartige Bemerkungen und mehrere Varianten. Literatur: Heimo Reinitzer, VL2 9 (1995) Sp. 386 f. – Erich Zimmermann: Zwei neue dt. Evangelienhss. In: Neue Forschungen und Texte zur Gesch. der dt. Bibel. Hg. v. Hans Vollmer. Potsdam 1939, S. 58–77. – ‹das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem acker ...› Die ¨ hochdt. Ubersetzungen v. Matth¨aus 13,44–52 in ma. Hss. Hg. v. Jochen Splett. G¨oppingen 1987 (mit ¨ Faks.). – Ders.: Die Zuordnung zu Ubersetzungs¨ zweigen. Dargestellt anhand der hochdt. Ubers. v. Matth¨aus 13, 44–52 in ma. Hss. In: Dt. Bibel¨ubersetzungen des MA. Hg. v. H. Reinitzer. Bern 1991, S. 34–58. BJ Stuler, J¨org. – Deutschordensritter des 15. Jh. S. war wahrscheinlich in der Ballei Franken t¨atig; er ist vielleicht identisch mit einem 1474 bezeugten Jobst Stuler. S. nennt sich als Schreiber des Codex Stuttgart, LB, HB XIII 10 («Historienbuch», aus der Mergentheimer Deutschordenskommende, 364 Bll., bair.); der erste Teil wurde 1479 abgeschlossen, der zweite kaum viel sp¨ater. Im Wesentlichen war S. Exzerptor, Bearbeiter, Kompilator und Schreiber. In seiner Handschrift versammelte er dt. Prosatexte aus zwei Jahrhunderten, breit u¨ berlieferte St¨ucke ebenso wie Unica; eine chronolog. Ordnung wurde nicht angestrebt. Der erste Teil umfasst den «Extendit manum»Passionstraktat → Heinrichs von St. Gallen bis zum Abendmahl und Christi Passion vom Gang zum ¨ Olberg an, Geschichten aus dem → Buch der K¨onige und dem Großen → Seelentrost, sechs «exempel» (je zwei aus dem Großen und dem Kleinen Seelentrost), den Judeneid aus dem → Schwabenspiegel, Erz¨ahlungen von → Judith (Prosafassung), → Hester (Prosafassung) und Akkons Fall (s. Reimchronik → Ottokars von Steiermark) und das → Buch von Troja I. Zum zweiten Teil geh¨oren die → Sieben weisen Meister (Prosafassung c) und die → Gesta Romanorum (Redaktion i), der Spiegel des kranken und sterbenden Menschen (→ Speculum artis bene moriendi), eine kurze Messauslegung, → Steinh¨owels Griseldis (S), das → Fegfeuer des hl. Patricius, Abenteuerfahrt und Heimkehr Heinrichs des L¨owen sowie Abschnitte u¨ ber Alexander den Großen, Mohammed, Silvester und die hl. Helena aus Jakob → Twingers Straßburger Chronik. S. trug weitere 1146

Mitte 15. Jh.

Tagzeiten zur Betrachtung der Werke Gottes

Twinger-Ausz¨uge und Zw¨olf Fr¨uchte des Abendmahlempfangs nach. Ausgaben: Judith: Richert (s. Lit.) S. XV f. (Probe). – Hester: Caliebe (s. Lit.) S. 13–120. – Der Herr von Braunschweig: Kornrumpf 2000 (s. Lit.). Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 344. – Gisela Kornrumpf, VL2 9 (1995) Sp. 464–466; 11 (2004) Sp. 1461. – Kurt Gr¨aßner: Komposition und Quellen v. J. S.s Historienbuch. Diss. Marburg 1931. – Karl Helm/Walther Ziesemer: Die Lit. des Dt. Ritterordens. Gießen 1951, bes. S. 139–143. – Gerhard Eis: J. S. In: PBB (Tu¨ b.) 83 (1961/62) 215 f. – Hans-Georg Richert (Hg.): Judith (ATB 18). T¨ubingen 1969, S. XIII–XVI, XVIII. – Udo Arnold: Deutschordenshistoriographie im Dt. Reich. In: Die Rolle der Ritterorden in der ma. Kultur. Hg. v. Zenon Hubert Nowak (Universitas Nicolai Copernici. Ordines militares. Colloquia Torunensia Historica 3). Toru´n 1985, S. 65–87, hier S. 71–73. – Manfred Caliebe (Hg.): Hester. Eine poetische Paraphrase des Buches Esther aus dem Ordensland Preußen. Edition und Komm. (Quellen und Stud. zur Gesch. des Dt. Ordens 21). Marburg 1985, S. 2–6. – Christa Bertelsmeier-Kierst: ‹Griseldis› in Deutschland. In: GRM, Beih. 8 (1988) S. 32, 44, 193, 205 f. – Christoph Witzel (Hg.): Das Els¨assische Trojabuch (‹Buch v. Troja I›) (Wissenslit. im MA 21). Wiesbaden 1995, S. LXX–LXXII. – G. Kornrumpf: ‹Der Herr v. Braunschweig›. Eine unbeachtete Prosaerz¨ahlung aus dem Historienbuch des Deutschordensritters J. S. In: Vom MA zur Neuzeit. FS Horst Brunner. Hg. v. Dorothea Klein u. a. Wiesbaden ¨ 2000, S. 473–485. – Detlef Roth: Uberlieferungskontexte als Zugang zu ma. Texten am Beispiel der ‹Sieben weisen Meister›. In: ZfdPh 122 (2003) S. 359–382, hier S. 370. – Henrike L¨ahnemann: Hystoria Judith. Dt. Judithdichtungen vom 12. bis zum 16. Jh. (Scrinium Friburgense 20). Berlin/New York 2006, S. 189 f., 233–255, 446–452. – Edith Feistner/Michael Neecke/Gisela VollmannProfe: Krieg im Visier. Bibelepik und Chronistik im Dt. Orden als Modell korporativer Identit¨atsbildung. T¨ubingen 2007, S. 203–216. BJ

Tagzeiten. Dem «ainveltige[n] menschen», an den sich die T. wenden, soll durch gef¨uhlsbetonte Schilderung des Heilsgeschehens, vertiefende Betrachtung und Formulierungshilfen ein unmittelbar empfundenes, pers¨onliches Gebet erm¨oglicht werden. Grundlage sind die Tagzeiten vom Leiden Christi (vgl. → Tagzeitengedichte); jeder Tagzeit werden weitere Werke Gottes zur Seite gestellt. Der Abschnitt u¨ ber die sieben Geistesgaben k¨onnte urspr¨unglich ein selbstst¨andiegr Text gewesen sein. Als Autorit¨aten werden vor allem → Bernhard von Clairvaux und → Augustinus zitiert. ¨ Uberlieferung: Dillingen, Studienbibl., Cod. XV 130, 73 + I Bll. (Pap., Schreibernennung auf Bl. 72r: «durch den ersamen hern Conratten Gol¨ len fr¨umesser z¨u Oppffingen der edlen frowen frow Annen vom Berg geporn von Lobenberg wittwe», 1486, westschw¨abisch). – M¨unchen, UB, 2° Cod. ms. 45, 166ra–239ra. – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b VIII 27, 201ra–262va. Literatur: Claudia Tieschky, VL2 9 (1995) ¨ Sp. 576 f. – Dies.: Die ‹T. z. B. d. W. G.›. Uberl. und Gehalt. Zulassungsarbeit Augsburg 1994. – Carsten Kottmann: ‹das buch der ewangelii und ¨ epistel›. Unters. zur Uberl. und Gebrauchsfunktion s¨udwestdt. Perikopenhandschriften (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 14). Mu¨ nster u. a. 2009, S. 400 f. BJ

Tagzeiten zur Betrachtung der Werke Gottes. – Pastoral motiviertes, teilweise katechetisches Prosawerk wohl des 15. Jh. Die von einem anonymen Kleriker verfasste Schrift mit dem Ziel, das «betrachtende Beten» einzu¨uben, enth¨alt 29 Abschnitte zu den sieben 1147

¨ Tegernseer Anonymus. – Ubersetzer des 15. Jh. Der T. A. ist von Werk und Wirkungsort her eindeutig mit dem Benediktinerkloster St. Quirin in Tegernsee in Verbindung zu bringen. Ob er mit → Bernhard von Waging identisch ist, wie zum Beispiel Bauer (s. Lit.) annimmt, ist ungekl¨art. Als ¨ Beginn der Ubersetzert¨ atigkeit des T. A. kann ungef¨ahr das Jahr 1447 angenommen werden; Haupthandschrift ist Mu¨ nchen, BSB, Cgm 813. Die ¨ Ubersetzungen waren f¨ur geistliche Frauengemeinschaften in M¨unchen und Salzburg bestimmt. Mit unterschiedlicher Sicherheit k¨onnen dem T. A. etwa 25 Texte zugeschrieben werden, diese werden von H¨over (s. Lit.) zum großen Teil in die zwei Gruppen «Mystica» und «Ascetica» unter¨ teilt. Umfangreichster Text ist eine k¨urzende Ubersetzung der Hoheliedpredigten → Bernhards von Clairvaux. ¨ Uberlieferung: Neun Hss., davon sechs vollst. ¨ (s. Uberl.) – In Hs. a: f. 1r–260r. Ferner werden dem T. A. zugeschrieben: Eine ¨ Ubersetzung der Propositiones 32–54 aus dem De1148

Tegernseer Anonymus caperotision des Johannes → Keck (auch: Traktat von den Bewegungen der Seele). ¨ Uberlieferung: a, 261r–273v. – e, 92v–109r. – p, 281r–288v. Von der wahren Braut Christi (lat. Vorlage unbekannt). ¨ Uberlieferung: p, 182v–183v. – f, 114rb–115va. Eine Weihnachtspredigt (nach Bernhard von Clairvaux und → Bonaventura). ¨ Uberlieferung: p, 183v–190r. – f, 111ra–113ra. Ein Beichttraktat (lat. Vorlage unbekannt). ¨ Uberlieferung: p, 190r–194v. Ein Traktat u¨ ber Lk 2,14 (nach → Richard von St. Viktor, Bernhard von Waging und Meister → Eckhart). ¨ Uberlieferung: p, 193v–198v. Ein Sendbrief (nach einer Predigt Meister Eckharts). ¨ Uberlieferung: p, 198v–202r. Ein Traktat u¨ ber die drei Wege zu Gott (nach → Hugo von Balma, Bonaventura, → Stimulus Amoris). ¨ Uberlieferung: p, 203r–244v. ¨ Eine Ubersetzung aus der Theologia mystica des Hugo von Balma. ¨ Uberlieferung: p, 251r–278v. – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 477, 60r–90v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 839, 116r–136v (Auszug). ¨ Eine Ubersetzung von Johannes → Gersons De probatione spirituum. ¨ Uberlieferung: p, 289r–305v. Eine Kompilation aus verschiedenen Schriften Gersons. ¨ Uberlieferung: p, 306r–329r. – e, 89v–92v (Ausv zug). – q, 142 –151r (Auszug). Ein Predigttraktat f¨ur das Weihnachtsfest (nach Richard von St. Viktor, Bernhard von Waging). ¨ Uberlieferung: p, 329r–335v. ¨ Eine (unvollst¨andige) Ubersetzung von Bonaventuras Itinerarium mentis in Deum. ¨ Uberlieferung: p, 335v–348r. Ein Mosaiktraktat aus Predigten Meister Eckharts und des → Johannes (Korngin) von Sterngassen. ¨ Uberlieferung: p, 348r–362v. Ein Traktat u¨ ber «den gar nachenden weg, Got ze sechen» (nach Johannes Gerson). ¨ Uberlieferung: p, 363r–371r. Ein Eucharistietraktat (zusammenh¨angende lat. Vorlage nicht bekannt). ¨ Uberlieferung: e, 40v–52r. – p, 371v–373v (fragm.). – q, 152r–191v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1149

Mitte 15. Jh. 4686, 36r–85r. – Schaffhausen, StB, Gen. 19, 208v–237v. – Salzburg, St. Peter, Cod. a III 38, 1r–34r. – Manchester, John Rylands Library, German Ms. 11, 219r–255r. Ein Traktat Wider klainm¨utikhait vnd jrrend gewissen (haupts¨achlich nach Johannes Gerson). ¨ Uberlieferung: e, 62v–78r. – f, 148rb–159rb. – v r q, 21 –68 . Ein Sendbrief Ein predig geschehen z¨u geystleichen personen (nach Bernhard von Waging und Richard von St. Viktor). ¨ Uberlieferung: e, 54r–60r. – f, 142ra–146vb. – q, 68v–87r. Ein Traktat Von aygenwillikhait (lat. Vorlage unbekannt). ¨ Uberlieferung: e, 60r–62r. – f, 146vb–148ra. – r v q, 87 –92 . Ein Traktat Von unterschydung natur vnd gnad (nach → Thomas Hemerken von Kempen und ¨ → Heinrich Friemar d. A.). r ¨ Uberlieferung: e, 78 –81r. – q, 109r–118r. Ein Traktat Von virlay eingeystung (nach Heinrich ¨ von Friemar d. A.). ¨ Uberlieferung: e, 81v–86r. – q, 118r–131v. Ein Auszug aus Johannes Gersons Tractatus primus super Magnificat. ¨ Uberlieferung: f, 113ra–114rb. ¨ Eine Ubersetzung von Richards von St. Viktor Benjamin major. ¨ Uberlieferung: f, 120ra–130ra (unvollst.). – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 477, 2r–59r. Ein auf Neujahr 1454 datierter Sendbrief Trostung den betr¨ubten vnd laydsamen (nach Bernhard von Waging). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 746, r 77 –82r. – Ebd., Cgm 801, 60v–67r. – Salzburg, St. Peter, Cod. b V 40, 415v–428r. Ein weiterer Sendbrief, dessen Vorlage unbekannt ist. ¨ Uberlieferung: e, 98r–99v. Vermutlich k¨onnen dem T. A. noch weitere drei ¨ Ubersetzungen zugewiesen werden: eine fragmen¨ tarische Ubersetzung von Bonaventuras Itinerarium ¨ mentis in Deum, die Ubersetzung des Traktates De cognoscendo Deum von Bernhard von Waging sowie eine Teil¨ubersetzung des Eucharistietraktats des → Albertus Magnus in zwei Fassungen. ¨ Uberlieferung: Zu den neun Hss. der Hoheliedpredigten, die auch den Großteil der anderen Werke des T. A. enthalten, vgl. H¨over 1971 (s. Lit.) S. 5–51: M¨unchen, BSB, Cgm 813 (Mitte 15. Jh., 1150

Mitte 15. Jh. mittelbair.; a). – Ebd., Cgm 814 (1478, mittelbair.; b). – Ebd., Cgm 350 (1498, bair.; c). – Ebd., Cgm 817 (d). – Ebd., Cgm 778 (mittelbair.; e). – Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 D 2 (zweite H¨alfte 15. Jh., mittelbair.; n). – Salzburg, St. Peter, Cod. b VI 15 (p). – Ebd., Cod. b II 10 (q). – Berlin, SBB, Mgq 179 (zweite H¨alfte 15. Jh., els¨assisch; s). – Ferner: M¨unchen, BSB, Cgm 263 (f). Literatur: Werner H¨over, VL2 9 (1995) Sp. 665–670. – Ders.: Theologia Mystica in altbair. ¨ ¨ Ubertragung. Stud. zum Ubersetzungswerk eines T. A. aus der Mitte des 15. Jh. M¨unchen 1971. – Robert G. Warnock/Adolar Zumkeller: Der Traktat u¨ ber die Unterscheidung der Geister (Cassiciacum 32). W¨urzburg 1977, S. 98–102. – Christian Bauer: Deutschsprachige Lit. im Kloster Tegernsee. ¨ Unters. zu Uberl. und Gebrauch geistlicher Prosa im 15. Jh. Diss. Regensburg 1992. – Ders.: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee. Unters. zu Ge¨ brauch und Uberl. deutschsprachiger Lit. im 15. Jh. (MTU 107). T¨ubingen 1996. SF

Tegernseer Hymnen. – Um die Mitte des 15. Jh. entstanden. Die Sammlung geh¨ort zu den rein deutschsprachigen Prosahymnaren, die wahrscheinlich vor allem dem privaten, volkssprachlichen Gebetsund Meditationsgebrauch von Nonnen, Laien und religi¨osen Gemeinschaften dienten. Deutlich ist das Bem¨uhen um Nachahmung der lat. Metrik und zum Teil des Reims. Aufgenommen wurden auch ein dt. geistliches Lied von Heinrich von → Laufenberg und eine Hymnen¨ubertragung des → Mo¨ nchs von Salzburg («Ut queant laxis. Daz wir volbringen he[rr] mit guoten synnen [...]», 1488). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 858, 112r–231r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., mittelbair.). Ausgabe: Berta Gillitzer: Die Tegernseer Hymnen des Cgm 858. M¨unchen 1942. Literatur: Johannes Janota/Burghart Wachinger, VL2 4 (1983) Sp. 345. – Berta Gillitzer: Die T. H. des Cgm. 858. Beitr. zu Kunde des Bairischen und zur Hymnendichtung des 15. Jh. Mu¨ nchen 1942. – J. Janota, Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968. – Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 691–867. Neu beschrieben v. Karin Schneider. Wiesbaden 1984. BJ 1151

Tegernseer Hymnen Trierer Apostelbuch. – Legendensammlung. Die Sammlung, deren Quellen noch nicht erforscht sind, enth¨alt Legenden aller Apostel in der Reihenfolge ihrer Feste. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 812/1339 4°, 116r–143v (aus dem Benediktinerstift St. Matthias und Eucharius in Trier, 15. Jh., moselfr¨ankisch). Literatur: Konrad Kunze, VL2 9 (1995) Sp. 1039. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 28, 82 (im Legendenreg. passim). BJ Ulrich der Kart¨auser («bruder vlrich carth¨user») OCart. – 15. Jh. U. u¨ bersetzte die kl¨osterliche Erbauungsschrift Speculum animae des → Heinrich von Langenstein ins Deutsche und ist wahrscheinlich identisch mit einem «Bruder Ulrich», der eine lat. Homilie zur Himmelfahrt Mariae u¨ bersetzte. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 107, 108r–137v (Pap., 15. Jh.; ‹Speculum animae›). – Mainz, StB, Cod. 128, 170r–186r (Homilie). Literatur: Karl Langosch, VL1 4 (1953) Sp. 570. – Thomas Hohmann/Georg Kreuzer: Heinrich v. Langenstein. In: VL2 3 (1981) Sp. 763–773, hier Sp. 771. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 327. – T. Hohmann: Dt. Texte unter dem Namen ‹Heinrich von Langenstein›. Eine ¨ Ubersicht. In: W¨urzburger Prosastud. II. Unters. zur Lit. und Sprache des MA. FS Kurt Ruh. Hg. v. Peter Kesting (Medium Aevum 31). Mu¨ nchen 1975, S. 219–236, hier S. 220, 226–228 (mit Nen¨ nung der hsl. Uberl.). BJ Unser frowen fischli und fogeli. ¨ – Nonnenverse des 15. Jh. aus dem Klarissenkloster Villingen. Die ungleichm¨aßigen Strophen der vielleicht von Ursula → Haider verfassten Dichtung werden als «Sinngedicht» (Greith) bzw. als «Parabeln» (Scarpatetti) bezeichnet. Fische und V¨ogel werden miteinander eingef¨uhrt; auf die erste «fischli»-Strophe folgt der «tistel fogeli» (Distelfink). Die ca. 70 Fische und V¨ogel stellen sich in Ich-Form vor und sprechen die Klosterfrauen mit Du an. Themen sind kl¨osterliche Tugenden wie Keuschheit, Schweigen, M¨aßigkeit, Gerechtigkeit, Mitleid sowie die Christusliebe. Der Titel bezieht sich auf die Gottesmutter Maria, an die sich die erste Strophe auch richtet. 1152

Vierzehn geistliche Jungfrauen Mit zwei Ausnahmen werden die V¨ogel einzelnen Nonnen zugeordnet. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1919, S. 608–631 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostschweizerisch). Ausgabe: Carl Greith: Die dt. Mystik im Prediger-Orden (von 1250–1350) nach ihren Grundlehren, Liedern und Lebensbildern aus hsl. Quellen. Freiburg i. Br. 1861 (Nachdr. Amsterdam 1965) S. 277–288 (nhd., unvollst.). Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) 89 f. – M. Thoma (Katharina) Vogler: Gesch. des Dominikanerinnenklosters St. Katharina in St. Gallen (1228–1607) 1938. – Karl Bihlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: Beitr. zur Gesch. der Renaissance und Reformation. FS Joseph Schlecht. Freising 1917, S. 45–62, hier S. 61 f. – Beat Matthias v. Scarpatetti: Die Hss. der Stiftsbibl. St. Gallen. Beschreibendes Verz. Codd. 1726–1984 (14.–19. Jh.). Mit einer Einleitung zur Gesch. der Katalogisierung v. Johannes Duft. St. Gallen 1983, S. 200–205. BJ Unterweisung der Laien. – Katechetischer Traktat, Mitte des 15. Jh. Der unbekannte Verfasser stellte f¨ur Laien f¨unf Hauptst¨ucke christlicher Lehre zusammen, die sich den Fragen widmen, was der Mensch glauben, was er bitten, was er tun und lassen, was er gem¨aß seinem Stand und was er an Sonn- und Feiertagen tun soll; zu den behandelten Geboten der Kirche z¨ahlen das Sonntagsgebot, das Fastengebot und der Sakramentsempfang. Ausf¨uhrlich behandelt werden anhand eines Streitgespr¨achs Jesu mit den Pharis¨aern u¨ ber die Frage nach dem h¨ochsten Gebot die zwei Gebote der Liebe und das Thema der Feiertagsheiligung. Im Unterschied zur Aufz¨ahlung der Katechismusst¨ucke werden in jenem Teil der U., der sich durch predigthaften Stil auszeichnet, h¨aufiger Autorit¨aten wie Johannes → Gerson, → Augustinus, → Bernhard von Clairvaux, → Hieronymus und Johannes Chrysostomus zitiert. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 458, 30r–39r (Pap., um 1482, nordbair.). Ausgabe: Weidenhiller (s. Lit.) S. 156–162 (fast vollst. Abdruck des Textes). Literatur: Dagmar Gottschalk, VL2 10 (1999) Sp. 102–104. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der Bayersichen Staatsbibl. (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 153–162. BJ 1153

Mitte 15. Jh. Vierzehn geistliche Jungfrauen (Zw¨olf geistliche Jungfrauen). – Tugendallegorie in zahlreichen lat., dt. und ndl. Versionen, 15. Jh. Thema der meist in eine Weihnachtspredigt integrierten Allegorie ist die Geburt des Gottessohnes in der Seele des Menschen. Die Predigt richtet sich an Schwestern und belehrt diese, wie sie das neugeborene Jesus Kind pflegen sollen. F¨ur die nun aufgez¨ahlten T¨atigkeiten seien jeweils geeignete Ammen zu suchen: die v. g. J. Diese treten als allegorische Personen jeweils paarweise auf. Ihre Dienste am Kind werden ausf¨uhrlich beschrieben und mit Bibelzitaten (zumeist aus dem Hohenlied) kommentiert: «Rouwe» («Contricio») w¨ascht die Windeln und «Bicht» («Confessio») h¨angt sie zum Trocknen auf; «Puerheit» («Puritas») macht das Bett und «Gotlike Mynne» («Caritas») wickelt das Kind und legt es zu Bett; «Rusticheit» («Tranquillitas») bewacht den Schlaf und «Neerstighe Huede» («Emulacio») besch¨utzt vor b¨osen Worten; «Guede Ghedahte» («Meditatio Sancta») weckt es und «Ghebet» («Oracio») spricht mit ihm; «Mildicheit» («Pietas») bereitet das Bad und «Innicheit» («Devocio») w¨ascht das Kind; «Ghehoersamkeit» («Obediencia») und «Voersienicheit» («Circumspectio») tragen es aus dem Bad; «Barmherticheit» («Misericordia») f¨uttert es und «Sachtmoedicheit» («Mansuetudo») gibt ihm die Brust. Die dt. Namen bleiben in den unterschiedlichen Fassungen gleich w¨ahrend die lat. variieren. Als Quelle der V. g. J. ist eine lat. Weihnachtspredigt zu vermuten. Diese m¨usste ihrerseits w¨ortliche ¨ Ubereinstimmungen mit dem Kapitel I,11 der Arbor vitae crucifixae Jesu des → Hubertinus von Casale gehabt haben, welche zwar teils w¨ortliche Entsprechungen zu den V. g. J. aufweist, wegen erheblicher Abweichungen wiederum aber als direkte Vorlage ausscheidet. ¨ Uberlieferung dt. und ndl. Fassungen: Berliner (niederrheinische) Fassung (Weihnachtspredigt, richtet sich an eine weibliche Klostergemeinschaft und wurde Johannes → Brugman vermutlich unberechtigt zugeschrieben): Berlin, SBB, Mgo 353 (vormals Privatbesitz August v. Arnswaldt, Hannover, Nr. 3148), 138r–142r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., aus dem Augustinerinnenkloster Nazareth in Geldern, mndl.). – Den Haag, Koninklijke Bibliotheek, Cod. 73 F 27, 59v–67v (Pap., Mitte 15. Jh., aus dem Augustinerinnenkloster St. Agnes in Maaseik, mndl.). – Antwerpen, Bibliotheek van het Ruusbroec-Genootschap, Hs. 14, 1154

Mitte 15. Jh. 25r (Pap.; enth¨alt eine andere fragmentarische Predigtversion der Allegorie, die v. Brugman stammen d¨urfte; Ausg.: Petrus Grootens: Onuitgegeven sermoenen van Jan Brugman [Studien en tekstuitgaven van Ons Geestelijk Erf 8]. Tielt 1948, S. 64). – G¨ottinger Fassung (Weihnachtspredigt ndl. oder weststf¨alischen Ursprungs mit einer Abhandlung u¨ ber die dreifache Geburt Christi als Einleitung und anschließender Allegorie u¨ ber die dritte, geistliche Geburt im Menschen): G¨ottingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 242f (vormals Privatbesitz Diestelmann, Berklingen, o. S.), 193r–201r (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., mnd. [westf¨alisch]). – Leiden, UB, Cod. Ltk. 223, 86v–95r (Pap., 1503, mndl.). – Ebd., Cod. Ltk. 239, 111r–118r (Pap., um 1490, ostmndl.). – Mu¨ nster, UB, Ms. N.R. 1552, 288rb–292ra (Pap., 1500, westf¨alisch). – Stark gek¨urzt mit Zuschreibung an Jan van → Ruusbroec: Br¨ussel, Koninklijke Bibliotheek, ms 22006, 158vb–159rb (Pap., 16. Jh., mndl.). – Predigt des → Nikolaus von Gießen (Predigt vor Benediktinerinnen im Kloster St. Mauritius in K¨oln mit den V. g. J. im Schlussteil. In der Regel k¨urzend und von der G¨ottinger Fassung abh¨angig): Mu¨ nster, UB, Ms. N.R. 5000 (vormals Ms. N.R. 27), 16v–24r (Pap., 1537, aus St. Mauritius, ripuarisch). – L¨ubecker Fassung (k¨urzende Bearbeitung [Anfangsteil ganz gestrichen] u. d. T. Van den twelf gheestliken iuncfrowen; trotzdem werden auch in dieser Version 14 Tugenden genannt): Hamburg, SUB, Cod. Convent VI, 285r–292v (Pap., Ende 15. Jh., aus dem Hamburger Beginenkonvent, nd.). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 56, 260v–264r (Pap.). – Ebd., Ms. theol. germ. 8° 74, 38v–40v (Pap., beide L¨ubecker Hss. Ende 15. Jh., nd., aus dem Michaeliskonvent der Schwestern vom gemeinsamen Leben in L¨ubeck). – Helmstedter (ostf¨alische) Fassung (Freie Bearbeitung mit Einbettung der Allegorie in eine Vision; die Anzahl der Jungfrauen, die einzeln statt paarweise auftreten, ist auf zw¨olf reduziert, da zwei Tugenden durch eine einzelne ersetzt und die letzte weggelassen wurde): Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1155 Helmst., 123r–130r (1473). – Ebd., Cod. 1240 Helmst., 103r–109r. – Ebd., Cod. 1245 Helmst., 80r–86r. – Ebd., Cod. 1025 Novi, 179r–185v (1483; alle Pap., sp¨ates 15. Jh., ostf¨alisch). – Van die gheestelijke kintscheyt Jhesu ghemoraliseeret ende van der jacht der minnen tusschen die devote innighe ziele ende dat dierken Jesus (Traktat, in dessen ersten Hauptteil zus¨atzlich drei weitere allegorische Paare auftreten [‹Veritas› und ‹Jusiticia›; ‹Penitencia› und ‹Gratitudo›; ‹Paupertas› und ‹Innocentia›]; jeder der nun 1155

Vierzehn geistliche Jungfrauen 20 Figuren ist als Typus eine altestamentliche Frau beigegeben; vgl. → Geistliche Minnejagd): Illustrierter Druck Antwerpen (Gerard Leeu) 1488 (GW M16297). – Oberdt. Fassungen: Berlin, SBB, Mgq 164, 268v–273v (Pap., 1489, els¨assisch; «Was das neugeborene Jesuskind von einer and¨achtigen Seele begehrt», vielleicht v. Heinrich → Vigilis). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 854, 180r–187r (Pap., 1528/Ende 15. Jh., aus dem M¨unchner P¨utrich-Regelhaus, mittelbair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.33, Bd. 2, 168r–178v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., aus dem Klarissenkloster in Eger, egerl¨andisch). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 197, S. 70–81 (Pap., 1521; vgl. → S¨oflinger Gebetb¨ucher f¨ur Klarissen). – Stark abweichende obd. Fassungen mit sieben Tugenden: Berlin, SBB, Mgo 554, 146r–149r (Pap., 15. Jh., schw¨abisch). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308 (H¨ubl 234), 174r (Pap., 1451, aus dem Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen, schw¨abisch). Ausgaben: Berliner (niederrheinische) Fassung: Johannes Brugman. Verspreide sermoenen. Uitgegeven met inleiding en toelichtingen door A. van Dijk (Klassieke Galerij 41). Antwerpen 1948, S. 89–94 (nach SBB, Mgo 353). – Predigt des → Nikolaus von Gießen: Katara 1934, S. 347 f. (nur der allegorische Schlussteil). – L¨ubecker Fassung: Katara 1934, S. 342–346 (Paralledruck der L¨ubecker Hss.). – Helmstedter (ostf¨alische) Fassung: Katara 1934, S. 279–286. Literatur: Werner J. Hoffmann, VL2 11 (2004) Sp. 1626–1632. – Pekka Katara: Die z. g. J. Eine mnd. Beginenvision. In: Nd. Stud. FS Conrad Borchling. Neum¨unster 1934, S. 273–286. – Ders.: Die mnd. Allegorie von den z. g. J. Die L¨ubecker Fass. In: Germ.-romanische Stud., FS Hugo Suolahti (Suomalaisen Tiedekeakatemian toimituksia. Sarja B,30). Helsinki 1934, S. 333–348. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. FranziskanerMystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 111 f. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Zu¨ rich/M¨unchen 1980, S. 138–140. – Fons van Buuren: ‹Van die gheestelijke kintscheyt Jhesu ghemoraliseeret›. Een verkenning. In: Een drukker zoekt publiek. Gheraert Leeu te Gouda 1477–1484 (Oudheidkundige Kring Die Goude. Verzameling bijdragen 23). Hg. v. Koen Goudriaan u. a. Delft 1993, S. 111–132. – Karin Lerchner: Lectulus floridus. Zur Bedeutung des Bettes in Lit. und Handschriftenillustration des MA 1156

Vierzig Zellen (Pictura et poesis 6). K¨oln 1993, S. 326–328. – Wilhelmina C. M. W¨ustefeld: Middeleeuwse boeken van Het Catharijneconvent. Zwolle 1993, S.114. VZ Vierzig Zellen. – Meditation u¨ ber das Leiden Christi in der W¨uste, Mitte 15. Jh. Die V. Z. sind ein h¨aufig separat u¨ berlieferter Auszug aus der Predigt Nr. 5 der mndl. «Jhesus collacien», einer Sammlung von Ansprachen («collacien») Christi, die sich an franziskanische Drittordensschwestern richtet und vermutlich um die Mitte des 15. Jh. in den s¨udlichen Niederlanden entstanden ist. Die einzelnen Texte der Sammlung sind als Visionsberichte gestaltet (Jesus und sp¨ater auch der hl. Geist erscheinen einer Nonne in der Fastenzeit). Insgesamt sind 46 Ansprachen Jesu und 26 des hl. Geistes enthalten. Sie enthalten Anweisungen zur Meditation u¨ ber Leben und Passion Christi neben Belehrungen u¨ ber das kl¨osterliche Leben und Tugenden. Die V. Z. sind das mit Abstand am h¨aufigsten separat u¨ berlieferte St¨uck der Sammlung. Als Einleitung, die in den meisten Textzeugen der Einzel¨uberlieferung allerdings ausgespart wird, dient eine Schilderung des Erscheinens Christi vor der fastenden Schwester. Als Gabe des hl. Geistes an die kl¨osterliche Gemeinschaft u¨ berreicht er sieben goldene und mit Perlen geschm¨uckte Tauben, die Schrifttrollen in den Schn¨abeln halten. Auf diesen wird der Inhalt der nachfolgenden Rede Christi angedeutet. In seiner Ansprache selbst berichtet Christus von vierzig Zellen, die er in der W¨uste errichtet habe. In diesen Zellen sollen die Nonnen w¨ahrend der einzelnen Tage der Fastenzeit mit ihren Gedanken wohnen. Die Entbehrungen und ¨ das Leiden in der W¨uste sowie das Uberdenken der einzelnen Stationen seiner zuk¨unftigen Passion und seines Sterbens h¨atten entscheiden zum Bau beigetragen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Teilen der «collacien» haben die V. Z. einen konkreten liturgischen Bezug. Die Rede ist auf den ersten Fastensonntag terminiert, dessen Evangelienperikope Christi Aufenthalt in der W¨uste behandelt (Mt 4,1–11). Mo¨ glicherweise liegt den V. Z. die alttestamentliche Aufz¨ahlung der Lagerpl¨atze der ¨ Israeliten in der W¨uste bei ihrem Zug aus Agypten (4 Mos 33, 1–49) und ihre auf die Passion bezogene Auslegungstradition zugrunde (in zahlreichen Traktaten belegt). 1157

Mitte 15. Jh. Ein den V. Z. thematisch verwandter Text findet sich in den Visionen der → Mechthild von Hackeborn (Liber specialis gratiae II, 26; I, 13), in denen sie mehrfach bekennt in der Fastenzeit spirituell bei Jesus in der W¨uste gewesen zu sein. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur Uberl. der Jhesus collacien, ¨ ¨ zur mndl. Uberl. der V. Z. und zur Uberl. weiterer Ausz¨uge aus den Jhesus collacien vgl. Baaij 1962 (s. Lit.). – Lievens 1958 und 1962 (s. Lit.). – VL2 10 ¨ (1999) Sp. 340. – Deutschsprachige Uberl. V. Z.: Berlin, SBB, Mgo 328, 57v–63v (Perg. und Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., moselfr¨ankisch). – Darmstadt, ULB, Hs. 1001, 249v–253v (Pap., aus dem Augustinerinnenkloster St. Maria Magdalena K¨oln, um 1510, k¨olnisch). – Ebd., Hs. 2694, 1r–50v (Pap., erste H¨alfte 16. Jh., nd.). – G¨ottingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 242f (vormals Privatbesitz Diestelmann, Berklingen, ohne Sign.), 134v–139v (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., mnd.; Zuschreibung an → Birgitta von Schweden). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7010 (W) 55, 346r–354r (Pap., aus einem Augustinerinnenkloster, Anfang 16. Jh., lat./ripuarisch). – Ebd., Best. 7008 (GB 8°) 133, 78v–82r (Pap., aus einem K¨olner Frauenkloster, erste H¨alfte 16. Jh., ripuarisch). Ausgabe: Baaij 1962 (s. Lit.) (diplomatischer Druck der Hs. Leiden, UB, Lett. 330 III), S. 140–144, Varianten S. 256–292. Literatur: Werner J. Hoffmann, VL2 10 (1999) Sp. 339–342. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 267. – Robrecht Lievens: Jordanus van Quedlinburg in de Nederlanden. Een onderzoek van de hss. (Koninklijke Vlaamse Academie voor Taal- en Letterkunde. Uitgaven VI, 82). Gent 1958, S. 224–226. – Anna Maria Baaij: Jhesus collacien. Een laatmiddeleeuwse prekenbundel uit de kringen der Tertiarissen (Zwolse drukken en herdrukken 40). Zwolle 1962.; rezensiert v. Albertus Ampe, Ons Geestelijk Erf 37 (1963) S. 118 f. und R. Lievens, Tijdschrift voor nederlandsche taal- en letterkunde 80 (1964) S. 55–62. – Jan Deschamps: Middelnederlandse hss. in de Koninklijke Bibliotheek Albert I. Brussel. Vierde reeks. In: Archief- en Bibliotheekweezen in Belgi¨e 48 (1977) S. 657–689, hier S. 668, 673, 679. – A. Ampe: Naar een geschiedenis van de passie-beleving vanuit Marrow’s passieboek. In: Ons Geestelijk Erf 58 (1984) S. 129–175, hier S. 145 f. – Jos´e van Aelst: Vruchten van de 1158

Mitte 15. Jh. passie. De laatmiddeleeuwse passieliteratuur verkend aan de hand van Suso’s ‹Honderd artikelen› (Middelleuwse Studies en Bronnen 129). Hilversum 2011, Reg. S. 351 (‹Jhesus collacien›). VZ Vorauer Hymnenerkl¨arung. – Lat.-dt. Hymnensammlung zu Studienzwecken, Mitte 15. Jh. ¨ Ubertragungen und Erl¨auterungen von lat. Kirchenges¨angen gibt es schon seit Beginn der schrift¨ lichen Uberlieferung in ahd. Zeit. Diese treten zumeist vereinzelt auf, erst seit ungef¨ahr der Mitte des 15. Jh. werden auch in sich geschlossene ¨ Sammlungen u¨ berliefert. Die Uberschrift zur V. H.: «Hernach stend geschriben ettleich sw¨er vocabula geczogen aus dem ymnus» l¨asst eigentlich ein Glossar vermuten. Tats¨achlich handelt es sich um einen zweispaltig angelegten Studientext, der u¨ ber hundert Nummern versammelt: In der linken Kolummne steht der syntaktisch vereinfachte lat. Hymnentext, in der rechten eine w¨ortliche, nicht ¨ immer sklavisch enge Ubersetzung ins Deutsche; z. B.: «Fratres scientes quia ora est / nunc enim propior est nostra / salus quam cum credidimus» (linke Spalte); «Wisst dass die Zeit ist wenn / nu ist vnser hail nachner / denn wir geglaubt haben» (rechte Spalte). ¨ Uberlieferung: Vorau, Stiftsbibl., Cod. 32 (vormals CCLXII), 70v–123r (Pap., 15. Jh., ‹Exp[o]sicio ympnorum [...] in Theutonico›, Registereintrag). Literatur: Johannes Janota/Burghart Wachinger, VL2 4 (1983) Sp. 338–346 (Hymnare und Hmynenerkl¨arungen in dt. Sprache), hier Sp. 343. – Mathias Pangerl: Die Handschriftenslg des Chorherrenstiftes Vorau. In: Beitr. zur Kunde steierm¨arkischer Geschichtsquellen 4 (1867) S. 85–137, hier S. 123 (Nr. 262). – Pius Frank: Catalogus Voraviensis seu Codices manuscripti Bibliothecae Canoniae in Vorau. Graz 1936, S. 18 f. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968, bes. S. 246–255 (zum Hymnen¨ubers. und -erkl¨arungen allg.). – Dorothea Klein: Rezension Nikolaus ¨ Henkel: Dt. Ubers. lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit. Mit einem Verz. der Texte (MTU 90). Mu¨ nchen 1988. In: G¨ottingische Gelehrte Anzeigen 242 (1990) 263–282, hier S. 281. VZ Vorbereitungsbuch fur ¨ Novizinnen. – Nd. Lehrbuch zur Vorbereitung auf Jungfrauenweihe und Profess, Mitte 15. Jh. Das V. d¨urfte in einem der großen Frauenkl¨oster der L¨uneburger Heide entstanden oder f¨ur eines 1159

Vorauer Hymnenerkl¨arung dieser Kl¨oster geschrieben worden sein. Es ist zum m¨undlichen Vortrag bestimmt und setzt lat. Grundkenntnisse voraus. Als Verfasser kommen sowohl eine Nonne als auch ein m¨annlicher Geistlicher in Betracht. Enthalten sind vier Lektionen. Die ersten drei f¨uhren auf den Abschluss des Noviziats mit der Jungfrauenweihe hin, die letzte bereitet auf die Ablegung der Profess vor. Lektion 1 behandelt die f¨ur das Leben in der kl¨osterlichen Gemeinschaft notwendigen Tugenden. Dies geschieht unter Verweis auf die Benediktinerregel und mit teilweise bildhafter Ausschm¨uckung. Als Verk¨orperer der Tugenden wird der Apostel Matth¨aus hervorgehoben, auf den auch in der zweiten und vierten Lektion rekurriert wird. W¨ahrend diese drei Abschnitte in erster Linie auf die jenseitige Belohnung des tugendhaften Lebens abzielen, stellt die dritte Lektion, die einen mystischen Grundton anstimmt, einen diesseitigen «kleynen vorsmack» der Vereinigung mit Gott in Aussicht. Die in dieser Lektion enthaltene Gartenallegorie beruft sich auf einen nicht n¨aher identifizierten «lerer Gwilbertus» als Quelle. ¨ Uberlieferung: Hannover, LB, Ms I 79, 129 Bll. (Pap., aus dem Zisterzienserinnenkloster Wienhausen bei Celle, kurz vor 1470, ostf¨alisch). – Br¨ussel, Koninklijke Bibliotheek, ms. II 2645 (vormals Cheltenham, Bibl. Phillippica, Cod. 19588), 43r–107r (Pap., vermutlich aus dem Benediktinerinnenkloster Ebstorf bei Uelzen oder dem Zisterzienserinnenkloster Medingen bei L¨uneburg, 15. Jh., nd.). Literarische Beziehungen zwischen Wienhausen und Medingen sind nachgewiesen (Walther Lipphardt: Nd. Reimgedichte und Lieder des 14. Jh. in den ma. Orationalien der Zisterzienserinnen von Medingen und Wienhausen. In: NdJb 95 [1972] S. 66–131). – In ms. II 2645 fehlt die mystische Lektion 3. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 10 (1999) Sp. 531–533. – Robert Priebsch: Dt. Hss. in England Bd. 1. Erlangen 1896 (Nachdr. Hildesheim/New York 1979) S. 127 f. (Nr. 132). – Conrad Borchling: Mnd. Hss. in Norddeutschland und den Niederlanden. Erster Reiseber. In: Nachrichten v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.hist. Klasse, Gesch¨aftliche Mitth. 1898. G¨ottingen 1899, S. 79–316, hier S. 198 f. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Arch. f¨ur Gesch. der Religionswiss. 21 (1922) S. 120–40, wieder in: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964, 1160

Wendelin S. 386–436, bes. S. 429–431. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea N.F. 43). T¨ubingen 1982, S. 77, 271. – Helmar H¨artel/ Felix Ekowski: Hss. der Nieders¨achsischen LB Hannover. 1. Tl.: Ms I 1–Ms. I 174 (Ma. Hss. in Niedersachsen 5). Wiesbaden 1989, S. 84 f. – Heinrich R¨uthing: Die ma. Bibl. des Zisterzienserinnenklosters W¨oltingerode. In: Zisterziensische Spiritualit¨at. Theologische Grundlagen, funktionale Voraussetzungen und bildhafte Auspr¨agungen im MA. Bearb. v. Clemens Kasper/Klaus Schreiner (Stud. und Mitt. zur Gesch. des BenediktinerOrdens und seiner Zweige. Erg.-Bd. 34). St. Ottilien 1994, S. 189–216, hier S. 206 f. – Ekkehard Borries: Schwesternspiegel im 15. Jh. Gattungskonstitution, Editionen, Unters. Berlin/New York 2008, S. 464 (Anm. 73). VZ Van den wapen Kristi. – Nd. Passionsgedicht des 15. Jh. Die Dichtung umfasst sieben Strophen. Die ersten drei thematisieren die Leidenswerkzeuge («Arma Christi»), besonders den Schild mit Inschrift und Kreuz, die n¨achsten drei Strophen berichten von der Kreuzigung, der Grablegung und vom Abstieg in die H¨olle. Das dem Gedicht vorangestellte (fragmentarische) Reuegebet und die Schlussstrophe r¨ucken die Dichtung in den Rahmen der Passionsmeditation. ¨ Uberlieferung: Braunschweig, StB, Fragm. 22. Ausgabe: Ludwig H¨anselmann: Braunschweigische F¨undlinge. In: NdJb 3 (1877) S. 71–73. Literatur: Moritz Woelck: Arma Christi. In: LThK3 1 (1993) Sp. 993 f. – Alwine Slenczka, VL2 10 (1999) Sp. 722 f. – Rudolf Berliner: Arma Christi. In: Mu¨ nchner Jb. der bildenden Kunst F. 3. Bd. 6 (1955) S. 35–152. – Robert Sucka¨ le: Arma Christi. Uberlegungen zur Zeichenhaftigkeit ma. Andachtsbilder. In: St¨adel-Jb. NF 6 (1977) S. 177–208. – Andr´as Vizkelety: Ein Beispiel zu Funktion und Praxis der Arma-ChristiAndacht im Sp¨atMA. In: Soˆ wold ich in fr¨oiden singen. FS Antonius Touber. Hg. v. Carla Dauvenvan Knippenberg (AB¨aG 43/44). Amsterdam u. a. 1995, S. 521–530. SF Wagner, Johannes. – Priester und Verfasser eines geistlichen Kalenders, 15. Jh. Der vielleicht mit einem Pfarrer J. W. von Eulenried bei Hohenwart (1445 in einer Urkunde des 1161

Mitte 15. Jh. Klosters Indersdorf genannt) identische J. W. nennt sich selbst als Autor eines geistlichen Kalenders. Nur der erste Teil (von Weihnachten bis Ostern) der einer Frau Ursula und deren Tochter gewidmeten, unvollst¨andigen Schrift ist erhalten; dieser f¨uhrt jeweils kurz die Lebensstationen Jesu nach der Ordnung der Kirchen- und Heiligenfeste an. Die Daten der Festtage stimmen f¨ur die Jahre 1429 oder 1440, wobei letzteres wahrscheinlicher ist. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 463, 186r–195v (zweites Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Unediert. Literatur: Karin Schneider, VL2 10 (1999) Sp. 569 f. – Michael Trost: Regesten v. Urkunden aus dem Archive der Stadt Pfaffenhofen. In: Oberbayer. Arch. 27 (1866/67) S. 310 f. – K. Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 354–360, hier S. 359. SF Von der wahren Einkehr. – Traktat. ¨ Der Traktat widmet sich der Ubung der «wahren Einkehr» und den «Dingen», die dabei helfen; Ziel ist die «einker» bei Gott. – Vgl. Heinrich → Vigilis (Von geistlicher Einkehr und Auskehr). ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und Universit¨atsbibl., ms. 1989 (fr¨uher L germ. 72.8°), 1r–48r (Pap., 1454). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 844, 107r–150r (Pap., Anfang 16. Jh., bair. und nordbair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.31, 100v–156v (15./16. Jh., mitteldt.). – Berlin, SBB, Mgo 563, 409v–413v (Anfang 16. Jh.; vielleicht teilweise). Literatur: Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 576. BJ Wendelin. – Dt. Legenden. Der hl. W. (auch Wendalinus, Wendel oder Wandelin), welcher in einer Lebensbeschreibung des Trierer Bischofs Magnerich (gest. 596) erw¨ahnt wird, lebte um die Mitte des 6. Jh. als Eremit im Waldgebirge («Vogesen»). Die Legende machte W. sp¨ater zum Abt von Tholey und zum iroschottischen K¨onigssohn. W.s Grabst¨atte, bezeugt um 1000 im Kalendarium von Stablo, liegt in St. Wendel (Saarland). Sein Fest ist der 20. Oktober; als Schutzpatron der Hirten wird er oft mit Schaf oder Stab, im Sp¨atMA aber auch als als M¨onch, Pilger oder Einsiedler dargestellt. Die am weitesten verbreitete der drei erhaltenen dt. Prosaversionen seiner Legende entstand wahrscheinlich im schw¨abischen/mittelbair. Gebiet als 1162

Mitte 15. Jh.

Wilhelm von Aquitanien

Sondergut f¨ur den Sommerteil von Der → Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 521, 297va/vb. – Ebd., Cgm 1108, 399vb–402rb. – Eventuell auch in einer verschollenen Hs. des Evangelischen Stifts T¨ubingen. – S¨amtliche Druckausg. v. Der Heiligen Leben (erste Ausg. 1471/72). – Separatdrucke der Legende v. Mathes Maler, Erfurt 1511 und 1512. Ausgabe: Selzer (s. Lit.) S. 75–80. Im K¨olner Druck der S¨udmndl. Legenda aurea von Ludwig van Renchen (1485) findet sich als Sondergutlegende eine ripuarische Kurzvita des hl. W. Ausgabe: Selzer (s. Lit.) S. 80 f. Die dritte Legende, eine bair. Bearbeitung, fand als Sondergut Eingang in den Codex Berlin, SBB, Mgf 658, 72r–74r (aus dem Dominikanerinnenkloster Altenhohenau am Inn), eine Handschrift von Der Heiligen Leben. Literatur: A. Thomas, LCI 8 (1976) Sp. 593 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 845. – C.-F. Geyer: Wendalinus/Wendelin. In: BBKL 13 (1998) Sp. 742–744. – Werner Williams-Krapp, VL2 10 (1999) Sp. 848 f. – G. Weber, LThK3 10 (2001) Sp. 1087. – Ulrich K¨opf, RGG4 8 (2005) Sp. 1454. – A. Selzer: St. W. in Kult und Kunst. Leben und Verehrung eines alemannisch-fr¨ankischen Volksheiligen. 1936, S. 61–128. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ih¨ rer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 470 (Reg.). SF

Von einer lat. Vita des 11. Jh. (Acta Sanctorum, Mai VI [1866] S. 801–809) sind vier dt. Kurzfassungen des 15. Jh. bekannt. Drei davon finden sich jeweils in einer Handschrift der Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine), die vierte Version in einer Handschrift der S¨udmndl. Legenda aurea. ¨ Uberlieferung: Nr. 1: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 79.1.Aug.2°, 47r–49r. – Karlsruhe, LB, Hs. St. Blasien 76, 246v–249r (um 1471/75, alemannisch). – Nr. 2: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 343, 90v–93r. – Nr. 3: Berlin, SBB, Mgq 189, 262v–263v. – Nr. 4: London, British Library, Add. MS. 20034, 141rv. Ausgaben: Nr. 1 und 2: Kunze 1983 (s. Lit.) S. 104–115, synoptisch mit der lat. Vorlage. Literatur: L. Sch¨utz/K. G. Kaster, LCI 8 (1976) Sp. 604 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 851. – W. Kohl, BBKL 13 (1998) Sp. 1231 f. – K. Kunze, VL2 10 (1999) Sp. 1091 f. – R. Schieffer, LThK3 10 (2001) Sp. 1171. – Victor Saxer: Le culte et la l´egende hagiographique de St. Guillaume de Gellone. La chanson de geste et le mythe carolingien. FS R´ene Louis. Bd. 2. Hg. v. Emmanu`ele Baumgartner u. a. Saint-P`ere-sous-V´ezelay 1982, S. 565–589. – K. Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2 (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. XXXIX–XLV, LII. – W. Williams-Krapp: Die dt. ¨ und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 39, 108, 470. SF

Wilhelm von Aquitanien. – Dt. Legenden. Aus karolingischem Adel stammend war W. (auch Wilhelm von Gellone, von Orange, Guillaume de Gellone, Guillaume au Court Nez, Wilhelm Kurznase, Guilhem; ca. 754–812), ein Vertrauter Karls des Großen, Graf von Toulouse (seit 790) und Herzog von Aquitanien. Nach seiner Beteiligung als Heerf¨uhrer an der Einnahme von Barcelona (801) zog er sich 806 in das zwei Jahre zuvor von ihm gegr¨undete Kloster St. Crucis zu Gellone zur¨uck und f¨uhrte dort ein vorbildliches Leben. Das Fest W.s, der 1066 heiliggesprochen wurde, ist der 28. Mai. Er gilt als Schutzheiliger der Waffenschmiede. In der Ikonographie wurde er h¨aufig mit → Wilhelm von Malevalle verwechselt; dargestellt wird W. mit dem Attribut des Helmes. In der altfranz¨osischen Epik wird er als Held Guillaume d’Orange verherrlicht; der Stoff wurde unter anderem von → Wolfram von Eschenbach in seinem Willehalm ins Deutsche u¨ bertragen.

Wilhelm von Malevalle. – Dt. und ndl. Legenden. Der m¨oglicherweise einer franz¨osischen Adelsfamilie entstammende W. v. M. (auch Malavalle, mit dem Beinamen «der Große»; gest. 10.2.1157 in Malavalle bei Castiglione della Pescaia, Di¨ozese Grosseto) unternahm 1145 eine neunj¨ahrige Pilgerfahrt nach Rom und Jerusalem. Nach seiner R¨uckkehr begann er ein streng asketisches Leben als Eremit, zuerst in Lupocavio bei Pisa, sp¨ater auf Monte Pruno und schließlich 1155 in einer als «Stabulum Rodis» bezeichneten Erdh¨ohle im Tal Malavalle. Nach seinem Tod entstand die nach ihm benannte Eremitenkongregation der Wilhelmiten durch das Wirken seines Sch¨ulers Albert, welcher auch die sog. Regula sancti Guillelmi verfasste. W., 1202 heiliggesprochen durch Papst Innozenz III., wurde in der Ikonographie seit dem 13. Jh. h¨aufig mit → Wilhelm von Aquitanien verwechselt; er wird im Gegensatz zu diesem stets in

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Wolfgang von Regensburg hohem Alter und mit langem weißen Bart (als Eremit mit Stab oder im Kettenhemd) dargestellt. Sein Fest ist der 10. Februar. Von seiner Legende sind drei dt. und zwei ndl. wohl im 15. Jh. entstandene Prosa¨ubersetzungen sowie eine in Der → Heiligen Leben, Redaktion enthaltene Fassung u¨ berliefert. Dt. und ndl. Prosaubertragungen: ¨ Eine verk¨urzte Fassung der Vita a Theobaldo exornata (Acta Sanctorum, Feb. 2, Sp. 451–472) enth¨alt eine wohl im Elsaß entstandene W.-Legende. ¨ Uberlieferung: Freiburg i. Br., Stadtarch., B 1 Nr. 115, 197vb–213vb. – Dillingen, Studienbibl., Cod XV, 14, 2ra–23ra. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Blasien 76, 223r–246v. – Solothurn, ZB, Cod. S. 353, 257r–282r. – Im Anhang des Sommerteils v. Straßburger Drucken v. Der → Heiligen Leben: d28, d32, d33, d35, d37 und d41. Vgl. dazu WilliamsKrapp 1986 (s. Lit.) S. 237 f., 311. Literatur: Nigel F. Palmer: ‹Visio Tnugdali›. The German and Dutch translations and their circulation in the later Middle Ages (MTU 76). M¨unchen u. a. 1982, S. 297. Die Handschrift M¨unchen, BSB, Cgm 270 enth¨alt auf 24r–26r eine vermutlich im schw¨abischen Raum entstandene und auf 26r eine weitere fragmentarische Legende. ¨ In der Handschrift Wien, ONB, Cod. Ser. nova 12.897, 1r–70r, findet sich eine umfangreiche ndl. Legende. Br¨ussel, Kon. Bibl., Cod. 19.544, 165ra–167vb, u¨ berliefert ferner eine ndl. Kurzvita. Literatur: L. Sch¨utz/K. G. Kaster, LCI 8 (1976) Sp. 607–612. – Wimmer/Melzer (61988) S. 853. – K. Elm: Wilhelmiten. In: LexMA 9 (1998) Sp. 197 f., hier 197. – A. Zumkeller: W. v. Malavalle. In: BBKL 13 (1998) Sp. 1245 f. – W. WilliamsKrapp, VL2 10 (1999) Sp. 1113 f. – Ders.: Die dt. ¨ und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 470 f. (Reg.). SF Wolfenbutteler ¨ Legendar. Das W. L., neben der Nd. Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) das einzige umfassendere nd. Legendar, enth¨alt siebzig Prosatexte zu den Heiligen- und Hauptfesten. Ein Anhang mit einzelnen Mirakeln (371rb–383vb) geh¨ort wahrscheinich nicht zum Urcorpus. Die Aufnahme der Heiligen Malachias und Edmund Rich – bei sonstiger Beschr¨ankung auf die Hauptheiligen – legt eine Entstehung des wohl urspr¨unglich als Legendar 1165

Mitte 15. Jh. konzipierten Werks im Zisterzienserorden nahe. Der Bezug zwischen vorangestelltem dt. Bibelwort und dem folgenden Lebensbericht wird zum Teil recht ausf¨uhrlich hergestellt. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 316 Nov. (15. Jh.). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 312. – Werner Williams-Krapp, VL2 10 (1999) Sp. 1336. – Ders.: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ¨ ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 20 f. (im Legendenreg. passim). BJ Wolfgang von Regensburg. – Dt. Legenden. Der in Nordschwaben geborene W. begann seine geistliche Laufbahn im Kloster auf der Reichenau, ging dann zusammen mit Heinrich, dem sp¨ateren Erzbischof von Trier (956–964), nach W¨urzburg und folgte Heinrich nach Trier, wo er als Kanzler, Domdekan und Scholaster wirkte. 965 trat W. in das Kloster Einsiedeln (Schwyz) ein, wo er durch Bischof Ulrich von Augsburg zum Priester geweiht wurde. 971 ging W. als Missionar nach Ungarn, wurde aber bereits 972 durch Bischof Pilgrim von Passau zuru¨ ckberufen. Ende des Jahres zum Bischof von Regensburg geweiht, stimmte W. der Abtrennung B¨ohmens von seinem Bistum zu und erm¨oglichte dadurch die Gr¨undung des Bistums Prag. W. war Wegbereiter der Klosterreform in S¨uddeutschland nach dem Muster von Gorze/Trier. Er starb am 31.10.994 im ober¨osterreichischen Pupping. Seine Gebeine wurden am 7.10.1052 in St. Emmeram durch den Reformpapst Leo IX. zur Ehre der Alt¨are erhoben (Fest: 31. Oktober). 1. Von W.s Vita sind vier eigenst¨andige dt. Prosaversionen u¨ berliefert. a) Eine in Regensburg um die Mitte des 15. Jh. entstandene Legende geh¨orte wohl urspr¨unglich zum Sondergut der Regensburger Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine). Quelle ist eine Redaktion der W.-Vita → Otlohs von St. Emmeram. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1258, 367vb–375rb. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 3972, 232r–238r. – Ebd., Cgm 3973, 249v–257r. – Ebd., Cgm 4879, 89r–98v. – Ebd., Cgm 7247, 98r–112r. – Regensburg, Staatl. Bibl., Inc. 226 4° (einem Druck von Der → Heiligen Leben vom Jahr 1482 beigebunden). b) Die verbreitetste dt. W.-Legende findet sich fast ausschließlich als Sondergut im Winterteil von Der Heiligen Leben. 1166

Mitte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Erlangen, UB, cod. B 21, 461rb–464vb. – Karlsruhe, LB, cod. Donaueschingen 447a, 64r–70r (Druckabschrift). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., cod. 711, 477va–484rb. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 504, 89r–98v (Druckabschrift). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, cod. b IV 31, 147v–155v. – S¨amtliche 41 Druckauflagen von Der Heiligen Leben. – Die Druckfassung der Legende in einem Separatdruck in zwei Auflagen: Straßburg, Mathias Hupfuff 1502; o. O. u. J. c) Eine offenbar im Benediktinerstift Mondsee entstandene Version ¨ Uberlieferung: Drucke: Landshut (Johann Weyssenburger) 1515, 1516 und 1522 (mit 50 Holzschnitten; VD 16, L 865–867). d) Ripuarische Kurzvita, deren Quelle der Augsburger Druck von Der Heiligen Leben (1475) aus der Offizin Johannes B¨amlers gewesen sein d¨urfte. ¨ Uberlieferung: K¨olner Druck der S¨udmittelndl. Legenda aurea (Jacobus a Voragine) von Ludwig van Renchen (1485). Zudem ist in dem Legendar Der Heiligen Leben, Redaktion zum Festtag 31. Oktober eine W.Legende integriert 2. Das vom M¨unchner Meisterlieddichter Albrecht → Lesch verfasste W.-Lied (Nr. 5) ist als Votivgabe f¨ur eine Krankenheilung und als Werbung f¨ur die W.-Wallfahrt vorgesehen. Literatur: Karl Uhlirz, ADB 44 (1898) S. 118–123. – Barbara B¨ohm, LCI 8 (1976) Sp. 626–629. – Wimmer/Melzer (61988) S. 862 f. – Max Georg Kellner, BBKL 13 (1998) Sp. 1528 f. – Werner Williams-Krapp, VL2 10 (1999) Sp. 1346–1348. – Ulrike Bausewein, LThk3 10 (2001) Sp. 1279 f. – Karl Hausberger, RGG4 8 (2005) Sp. 1685. – Das Leben des hl. W. nach dem Holzschnittbuch des Johann Weyssenburger aus dem Jahr 1515. Hg. v. Hans Bleibrunner. Regensburg 1976. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 471. – U. Bausewein/Robert Leyh: Stud. zum Wolfgangskult. In: Zs. f¨ur bayerische Kirchengesch. 61 (1992) S. 1–26 (fehlerhaft). – Marianne Popp: Viten und Legenden des hl. W. in der hsl. ¨ Uberl. In: Liturgie zur Zeit des hl. W. Der hl. W. in der Kleinkunst. Ausstellung anl¨asslich des 1000. Todestages des Bistumspatrons St. W. in der Bisch¨oflichen Zentralbibl. Regensburg, 17. Juni bis 16. September 1994. Hg. v. Stephan Acht. Regens1167

Zukunft burg 1994, S. 35–42. – Werner J. Chrobak: Lit. u¨ ber ¨ den hl. W. Ein Uberblick. In: ebd., S. 43–53, hier S. 43 f. BJ Zukunft, Hans. – Verfasser zweier mhd. geistlicher Reimpaarreden des 15. Jh. In den Epilogen der geistlichen Lehrreden Das Goldene Jahr (GJ) und Der Priester und die Messe (PM) wird der anonsten unbekannte H. Z. als Autor genannt. Das Goldene Jahr. Auf einen Prolog, der ein Lob der g¨ottlichen Ordnung und Sch¨opfungskraft darstellt, folgt der Hauptteil, in welchem der Jahreszeitenwechsel der Natur auf die Lebensalter des Menschen umgelegt wird. Ein Epilog, der neben der Verfassernennung einen Segenswunsch und den Werktitel («das g´uldin j¨ar») umfasst, beschließt das Werk. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cpg 355, 19r–23r (zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abischalemannisch; 241 Verse). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 379, 1r–4v (Augsburg, 1454; 260 Verse). – Salzburg, Benediktinerstift St. Peter, Cod. b IV 3, 1r–6v (drittes Viertel 15. Jh., bair.; 259 Verse). – Wien, ¨ ONB, Cod. 3214, 195r–202r (zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch; 261 Verse). – Eine Kurzversion von 102 Versen ohne geistlichen Schlussteil findet sich in Hans → Folz’ Teilautograph Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Q 566, 13r–14r (N¨urnberg, 1479/80). Ausgabe: Wilhelm Brauns/Gerhard Thiele (Hg.): Mhd. Minnereden. Bd. 2 (DTM 41). Berlin 1938, S. 75–79. Der Priester und die Messe. Der Prolog k¨undigt ein Lob auf die W¨urde des Klerus an, der Hauptteil begr¨undet dieses mit dem Heilsgewinn durch ¨ Messe, Beichte und letzte Olung und bringt typologische Vergleiche. Die enthaltene Par¨anese ist sowohl an die Geistlichen als auch an die Laien gerichtet. Der Epilog umfasst neben einer Autorsignatur die Forderung, die Priester sollen ebenso verehrt wie die Damen, da f¨ur beide Maria in ihrer Keuscheit als Vorbild diene. Thematische Verwandtschaft besteht zu der Rede Von der → W¨urde des Priesters. ¨ Uberlieferung: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. O 145, 89r–100r (Ende 15. Jh., schw¨abisch; 363 Verse). Ausgabe: Ute Schwab: H. Z. Der Priester und die Messe. In: AION. Annali, Sez. Germanica 5 (1962) S. 95–134. 1168

¨ Die Arzte Literatur: Franz-Josef Holznagel, VL2 10 (1999) Sp. 1594–1596. – Schwab (s. Ausg.) – Dies.: Die Reimrede der zw¨olf Meister v. den Fr¨uchten der Messe. In: AION. Annali, Sez. Germanica 6 (1963) S. 13–64, hier S. 13 f. SF Von zwolf ¨ Zeichen der Gottesfreunde. – Nd. geistlich-didaktischer Kurztraktat, wohl aus dem n¨ordlichen Niedersachsen, Mitte 15. Jh. Mittels des von einem anonymen Autor wohl urspr¨unglich f¨ur monastische Kreise verfassten Traktats sollte es den Lesern m¨oglich sein, «anhand eines gradual gestuften, leicht memorierbaren Referenzschemas» (Eisermann) die Gottgef¨alligkeit ihres Lebens zu u¨ berpr¨ufen. – Vgl. den strukturell a¨ hnlich angelegten Katalog der Zeichen der Gottesminne bei → Rudolf von Biberach (Die siben strassen zu got) und Heinrichs von → Langenstein Unterscheidung der Geister. ¨ Uberlieferung: G¨ottingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 204, 65v–67v (zweite H¨alfte 15. Jh.) (G). – Kopenhagen, Kgl. Bibl., NKS Cod. 19,8°, 3r–8r (Pap., Anfang 16. Jh.) (K). – Emden, Bibl. der Ges. f¨ur bildende Kunst und vaterl¨andische Altert¨umer, Hs. 64, 213v–215v (Pap., Mitte 15. Jh.) (E). Ausgabe: Wolfgang Stammler: Mnd. Lesebuch. Hamburg 1921, S. 44–46 (nach K, ohne Kenntnis von E). Literatur: Falk Eisermann, VL2 10 (1999) Sp. 1649 f. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 386–436, bes. S. 417, 421. – Eva Sch¨utz: Joseps S¨undenspiegel. Eine nd. Lehrdichtung des 15. Jh. Kommentierte Textausg. (Nd. Stud. 19). K¨oln/Wien 1973, S. 3–13 (zu Hs. E). BJ Absage an die falsche Welt. – Zur katechetischen Kleinprosa geh¨orender, vermutlich im fr¨uhen 15. Jh. entstandener Text. Der erste Teil ist eine mit zahlreichen Metaphern versehene Schm¨ahrede auf die Falschheit der Welt, der zweite Teil gibt eine katechetische Unterweisung in der Dialogform scholastischer Traktate, abgest¨utzt auf V¨ater- und Bibelzitate. Die Zuweisung des Werks an → Johannes von Indersdorf ist nicht zweifelsfrei bewiesen. Die ¨ Handschriften A, D, D’, E, F, H (s. Uberl.) f¨uhren die Absage unter den Gebeten f¨ur Frau Elisabeth 1169

Mitte 15. Jh. Ebran an bzw. in variierter Form im Vorausentwurf zu dem Traktat Von dreierlei Wesen der Menschen sowie in diesem Text selbst. Einige der u¨ brigen ¨ Handschriften (B, C, G) zeigen den Text im Uberlieferungszusammenhang mit anderen Werken zum Thema «Abkehr von der Welt», namentlich mit der → Goldenen Kette St. Bernhards, den Zw¨olf (bzw. acht) Dingen, die den Menschen an einem seligen Leben hindern und dem → Spruch der Engel Uns engel wundert all geleich. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 357, 330r–330v (A) (Pap., drittes Viertel 15. Jh.). – Ebd., Cgm 141, 2v–3v (B) (Perg., 15. Jh.). – Ebd., Cgm 8118, 86r–86v (C) (Pap., um 1476). – Ebd., Cgm 29, 75v (D) (Perg., erste H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., Cgm 255, 81v–82v (D’, Abschr. v. D) (Pap., Mitte 15. Jh.). – Ebd., Clm 7596, 26r (E) (Pap.). – Heidelberg, UB, Cpg 640, 32r (F) (Pap., 1490). – ¨ Wien, ONB, Cod. 1756 (G). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Cod. 1735, 47r–48v (H). (Pap., 1465–67). – Schaffhausen, StB, Cod. Gen. 12, 61r–63r (Pap., 1477). Ausgaben: Anton Emanuel Sch¨onbach: Mitt. ¨ aus altdt. Hss. St¨uck 9. In: Sb. der Osterr. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl., 156/2 (1908) (nach G) S. 13 f. – Wolfgang Stammler: Frau Welt. Eine ma. Allegorie (Freiburger Universit¨atsreden, NF 23). Freiburg/Schweiz 1959, S. 84 f. (nach A). Literatur: Bernhard D. Haage, VL2 1 (1978) Sp. 16 f. – Sch¨onbach (s. Ausg.) S. 10–27. – Stammler (s. Ausg.) S. 84 f., 105 Anm. 148. – B. D. Haage: Das Traktat ‹V. dreierlei Wesen der Menschen›. Diss. Heidelberg 1968, passim. – Ders.: Ein Vorausentwurf des ma. Traktats ‹V. dreierlei Wesen der Menschen›. In: Leuvense Bijdragen 58 (1969) S. 138–174. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5/7). Wiesbaden 1996, S. 239, 350. – Klaus Wolf: Hof – Universit¨at – Laien: literaturund sprachgeschichtliche Unters. zum dt. Schrifttum der Wiener Schule des Sp¨atMA (Wissenslit. im MA 45). Wiesbaden 2006, S. 140. SF ¨ Die Arzte. – Legendenhafte Erz¨ahlung (15. Jh.?) von 445 Reimpaarversen. Die Zuschreibung an Hans → Rosenpl¨ut ist umstritten. Die Dichtung ist in drei Episoden geglie¨ dert: In der ersten erlangen die Arzte Ippocras, Galienus und Orienes Kenntnis u¨ ber die Wunder Christi. Orienes zieht daraufhin nach Jerusalem, 1170

Mitte 15. Jh. empf¨angt dort die Lehren Jesu und reist bekehrt nach Griechenland zur¨uck. Im zweiten Teil der Erz¨ahlung tritt der griechische K¨onig zum christlichen Glauben u¨ ber. Die dritte Episode ist eine Version des Rachefeldzugs Kaiser Vespasians wider die Juden, berichtet nach der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine. F¨ur die ersten beiden Episoden konnten keine Quellen ausgemacht werden. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 466, 90v–104r (Pap., wahrscheinlich Ende 15. Jh.). Ausgabe: Adelbert v. Keller (Hg.): Fastnachtsspiele aus dem 15. Jh. Bd. 3. Stuttgart 1853. Literatur: Gustav Roethe, ADB 29 (1889) S. 224, 232. – Kurt Illing, VL2 1 (1978) 506 f. – Johannes Demme: Stud. u¨ ber Hans Rosenpl¨ut. Diss. Mu¨ nster 1906, S. 7. – Hanns Fischer: Stud. zur dt. M¨arendichtung. Zweite, durchges. und erw. Aufl., besorgt v. Johannes Janota. T¨ubingen 1983, S. 154. SF Arnoldi, Heinrich, von Alfeld OCart, * um 1407 Alfeld/Leine, † 5.6.1487 Basel. – Theologe, Chronist. A. studierte in Rom Theologie und Rechtswissenschaften und war – obgleich ohne akademischen Grad – als «cortisanus urbis Romae» und Kuriennotar t¨atig. Er nahm am Basler Konzil teil, zun¨achst als Schreiber, dann als Rotanotar und trat im September 1435 in die Basler Kartause St. Margarethental ein, wo er zum Vikar, 1449 zum Rektor und 1450 zum Prior ernannt wurde. A. verfasste zahlreiche Traktate, u.a. zur Christologie (De passione Domini, De vita Christi, De mysterio redemptionis humanae dialogus inter Jesum et Mariam) und Mariologie (De conceptione Virginis Mariae, Sermo de visitatione Beatae Virginis Mariae, Sermo de compassione Beatae Mariae Virginis), Gebete und Meditationen zum Kirchenjahr (Meditationes et orationes de sanctis, Meditationes de martyribus et confessoribus) sowie Schriften zur kl¨osterlichen Erziehung (De humilitate, De modo perveniendi ad veram et perfectam dei et proximi dilectionem) und zu aktuellen Anl¨assen. Der f¨ur die Geschichte der Spiritalit¨at wichtige Liber meditationum et orationum et aliorum opusculorum enth¨alt eine Darstellung der Heilsgeschichte bis zur Passion Christi und behandelt anschließend die Kardinaltugenden der humilitas und caritas. Dieser Teil wird mit 350 Gaudia Beatae Mariae abgeschlossen. Der dritte und vierte Teil des Liber umfassen «Orationes et meditationes de tempore et sanctis» f¨ur das ganze Kirchenjahr, w¨ahrend der f¨unfte Teil 1171

Arnoldi Einblicke in das Gebetsleben der Kartause in Basel bietet, in der A. die marianischen Feste der Praesentatio (1470), der Immaculata Conceptio (1471) und der Compassio (1477) einf¨uhrte. Nach der Resignation 1490 (wegen Krankheit) schrieb er eine Chronica fundationis Carthusiae in Basilia minori. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, A II 32. – Ebd., A III 22. – Ebd., A V 4. – Ebd., A V 26. – Ebd., A V 54. – Ebd., A VII 30. – Ebd., A VII 68. – Ebd., A VIII 2. – Ebd., A VIII 11. – Ebd., A VIII 18. – Ebd., A VIII 19. – Ebd., A VIII 21. – Ebd., A IX 6. – Ebd., A IX 27. – Ebd., A IX 34. – Ebd., A IX 35. – Ebd., A X 69, 71, 83, 94, 96. – Ebd., A XI 25, 72. – Ebd., A A λ III 10. – Ebd., B VII 19. – Ebd., B X 12. – Ebd., B X 24. – Ebd., B X 36. – Ebd., B XI 9. – Ebd., B XI 13. – Ebd., B XI 14. – Ebd., B XI 18. – Ebd., B XI 20. – Ebd., B XI 22. Ausgaben: Litania specialis contra Teucros [Turcos] et preces flexis genibus dicendae. Basel 1476. Straßburg 1533. – Tractatus de modo perveniendi ad perfectam Dei et proximi dilectionem. o. O. u. J. [Basel, vor 1500]. Nachdrucke: K¨oln 1534 und Mu¨ nchen 1603 f¨alschlich unter den Werken Denis’ des Kart¨ausers gedruckt. Mit dem richtigen Verfassernahmen hg. von Bernhard Pez, Regensburg 1724 (Bibliotheca Ascetica, Bd. 6, S. 1–214). – De conceptione immaculata Virginis Mariae. Anvers 1527. – Chronica fundationis Cartusiae in Basilea minori. Hg. v. Wilhelm Vischer/Alfred Stern, unter Mitwirkung v. Moritz Heyne. Leipzig 1872 (Basler Chroniken. Bd. 1, S. 233–548). – AH 44 (1904) S. 50 (‹De s. Antonio Eremita›). ¨ Ubersetzungen: Dialogue de la perfection de ¨ la charit´e. Ubers. v. Jean de Billy. Paris 1570. – Jean Jarry: Exercices devots et spirituels de [...] Sainte Gertrude. Avec plusieurs autres trait´es spirituels de Jean Lansperge et Henri Saxon, chartreux, traduits du latin. Paris 1580. – Karl Buxtorf: Die Chron. v. der Stiftung der Karthause im Minderen Basel [des Karth¨ausers H. v. Alleveld, alias Henricus Arnoldi, in’s Deutsche u¨ bertragen]. Basel 1847. – Zwei Gebete wurden von Ludwig → Moser u¨ bersetzt (Walther-Hugo Haeller: Stud. zu Ludwig Moser. Kart¨auser-M¨onch in Basel. Freiburg/Schweiz 1967, S. 42–45, 79 f.). Literatur: GW 2 (1926) Nr. 2509–2511. – Stanislas Autore: A. (Henri). In: DHGE 6 (1930) S. 590. – Longin Ray: A. de Alleveldia (Henri). In: Dict. Spir. 1 (1937) S. 892 f. – Helmut Bahlow, NDB 1 (1953)S. 390. – Otto Stegm¨uller, Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. 1172

Kremmeling Bd. 1. Regensburg 1967, Sp. 372. – Eugen Hillenbrand, VL2 1 (1978) Sp. 488 f. – Walter Baier, MarLex 1 (1988) S. 245 f. – Gabriele Lautenschl¨ager: H. A. In: LThK3 4 (1995) S. 1371. – James Hogg, BBKL 16 (1999) Sp. 55–59. – Martin Steinmann, HLS 1 (2002) S. 517. – Christophe Nickl`es: La Chartreuse du Val Ste Marguerite a Bale. Porrentruy 1903, S. 17–148. – Carl Pfaff: Kaiser Heinrich II. Sein Nachleben und sein Kult im ma. Basel (Basler Beitr. zur Geschichtswiss. 89). Basel/Stuttgart 1963, S. 93–97. – Albert Bruckner: Schreibschulen der Di¨ozese Konstanz. Stadt und Landschaft Luzern (Scriptoria medii aevi Helvetica 9). Genf 1964, S. 81–94, hier S. 85 f. – Hans-J¨org Gilomen: Zum Lebenslauf des Heinricus A. v. A., Priors der Basler Kartause. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 76 (1982) S. 63–70 (mit Lit.). – Gerard Achten: Die Meditationes et Orationes des A. v. A. wiederentdeckt. In: Historia et Spiritualitas Cartusiensis. Colloquii Quarti Internationalis Acta. Hg. v. Jan De Grauwe. Destelbergen 1983, S. 15–20. – Hubertus Maria Bl¨um: H. A. In: Die Kart¨auser. Orden der schweigenden M¨onche. Hg. v. Marijan Zadnikar. K¨oln 1983, S. 346. – G. Achten: Die theologischen lat. Hss. in quarto der Staatsbibl. PK Berlin. Tl. 2. Wiesbaden 1984, S. 121–128. – Das christliche Gebetbuch im MA. Andachts- und Stundenb¨ucher in Hs. und Fr¨uhdruck. Ausstellung u. Kat.: G. Achten (Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, Ausstellungskat. 13). 2., verb. und verm. Aufl. Wiesbaden 1987, S. 80. – S. Autore: Scriptores Sacri Ordinis Cartusiensis. Bd. 3 (Analecta Cartusiana 120,3). Salzburg 1993, S. 29–42. BJ Bebenhausen, Philipp (auch Babinhusen). B. ist durch eine Handschrift aus Fritzlar belegt, die neben Predigten Meister → Eckharts eine B. zugeschriebene Sammlung mitteldt. Predigten enth¨alt. Ob B. ihr Verfasser oder nur ihr Schreiber war, ist unbekannt. Die Handschrift enth¨alt Predigten zu Sonn- und Feiertagen (Bl. 64r–144v) und u¨ ber Heilige (145r–293r). Mo¨ glicherweise war B. Pfarrer an der Peterskirche in Fritzlar und sammelte die Predigten zum eigenen Gebrauch. Die schlichte Form und Sprache der Texte legt nahe, dass sie f¨ur weltliche Laien geschrieben wurden. So sind etwa die Heiligenpredigten kaum mehr als einfache Paraphrasen der entsprechenden Heiligenlegenden. Verschiedentlich hat man auch auf 1173

Mitte 15. Jh. ¨ inhaltliche und formale Ahnlichkeiten von B.s Predigten zu Plenarien-Glossen hingewiesen. ¨ Uberlieferung: Kassel, LMB, Cod. theol. 94, Bl. 64r–293r (Fritzlar, 1470, mitteldt.). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 1 (1978) Sp. 650 f. – Eduard Sievers: Predigten von Meister Eckhart. In: ZfdA 15 (1872) S. 373–439, hier S. 438. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879, S. 529–532. MM Du heiles hort. – Geistliches Lied des 15. Jh. von vier Strophen. Mit zahlreichen Metaphern werden Gott und dessen Minne gepriesen; die Form ist (mit einigen Unregelm¨aßigkeiten) diejenige der Sequenz. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 501, 14r (Katharinenkloster N¨urnberg, 15. Jh.). Ausgabe: Eleonore Benary: Liedformen der dt. Mystik im 14. und 15. Jh. Greifswald 1936, S. 77 f. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 237 f. SF Der geistliche Blumengarten. – Marienlied von 18 Strophen. Das Lied verkn¨upft dreimal jeweils das Bild eines Rosenstocks mit f¨unf Rosen mit f¨unf Mariengeheimnissen (1. weiße Rosen – freudenreiche Geheimnisse, 2. rote Rosen – schmerzensreiche Geheimnisse, 3. blaue Rosen – glorreiche Geheimnisse). Es ist in achtzeiligen Strophen verfasst und der Tradition der Rosenkranzlieder zuzuordnen. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 4348, 145r–147r, 147v–148r, 277v (um 1500). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1979) Sp. 1158. – Mary Juliana Schroeder: Mary-Verse in Meistergesang. Diss. The Catholic University of America Washington D.C. (The Catholic University of America. Studies in German 16). Washington D.C. 1942, S. 237. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 89, 286. SF Kremmeling, Hermann. – Geistlicher, Bearbeiter eines Marienliedes, Ende 15. Jh. Der andernorts literarisch nicht hervorgetretene K., der vielleicht mit einem in Hildesheimer und Braunschweiger Urkunden 1392 und 1396 erw¨ahnten «presbyter» identisch ist, schuf um 1400 f¨ur Hildesheimer Nonnen nach dem urspr¨unglich 1174

Mitte 15. Jh. Crinale, sp¨ater meist Rosarium genannten lat. Marienlied des o¨ sterreichischen Kart¨ausers → Konrad von Haimburg einen «Marienrosenkranz» in nd. Prosa, der «Vnser vrouwen rosenkrantz» u¨ berschrieben ist. Der aus f¨unf Großabschnitten zu je zehn Abs¨atzen bestehende Marienpreis ist in einem → Hildesheimer Nonnengebetbuch des fr¨uhen 15. Jh. u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1318, 28r–43r. Ausgabe: Ein mittelostf¨alisches Gebetbuch. Im Auszug hg. v. Ernst L¨ofstedt (Lunds Universitets˚arsskrift: Avdelningen 1, Teologi, juridik och humanistiska a¨mnen N.F. 30, 5). Lund 1935, S. 24–46, 144. Literatur: Peter Ochsenbein: Hildesheimer Nonnengebetbuch. In: VL2 4 (1983) Sp. 10 f. – Hartmut Beckers, VL2 5 (1985) Sp. 354 f. – P. Ochsenbein, MarLex 3 (1991) S. 149. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 94. – R. Aubert, DHGE 29 (2007) Sp. 821. BJ Pantaleon. – Dt. Heiligenlegenden. Der griech. Heilige Pantaleon (Pantaleimon, Botlan) wurde um die 2. H¨alfte des 3. Jh. in Nikomedia, dem heutigen ´Izmit/T¨urkei geboren und starb 305 im Zuge der Diokletianischen Christenverfolgung. Nach der Legende ist er der Sohn eines heidnischen Vaters und einer christlichen Mutter und in der Arznei- und Heilkunde ausgebildet. Durch die liebevolle und belehrende Zuwendung des Priesters Hermolaos, dem von Gott die Heiligkeit Pantaleons prophezeit worden war, wird er dem christlichen Glauben zugetan. Nach der in Gottes Namen gewirkten Wiedererweckung eines durch eine Schlange zu Tode gekommenen Kindes l¨asst sich Pantaleon taufen, die Heilung eines Blinden u¨ berzeugt sodann auch seinen Vater die ¨ Taufe zu empfangen. Seine neidischen Arztekollegen denunzieren Pantaleon beim Kaiser Maximian (240–310), der ihn daraufhin martern l¨asst, nachdem er den Wettstreit um die Heilung eines Lahmen f¨ur sich entschied. Pantaleon ertr¨agt die in den einzelnen Legenden teilweise unterschiedlichen Marter (Folter, Verbrennen mit Fackeln und fl¨ussigem Blei, Nahrungs- und Wasserentzug, Ertr¨anken, wilde Tiere, zu Tode St¨urzen, Enthaupten) zun¨achst unbeschadet. Erst als man ihn an einen Baum bindet und die H¨ande auf den Kopf nagelt, wird sein Megalomartyrium durch Enthauptung beendet. Statt Blut tritt aus seinen 1175

Pantaleon Wunden Milch, welche den Baum ergr¨unen und s¨uße Fr¨uchte tragen l¨asst. Vor Eintreten des Todes bittet Pantaleon um Barmherzigkeit f¨ur seine Henker, woraufhin eine Stimme aus dem Himmel ihn Pantaleimon (Allerbarmer) nennt. Der PantaleonKult ist seit dem 5. Jh. im Westen und Nordafrika ¨ nachgewiesen, die Verehrung als einer der hl. Arzte ist im Osten weit verbreitet, seit dem Mittelalter gilt er als einer der Vierzehn Nothelfer. Wichtige Kultzentren sind Konstantinopel, Jerusalem und seit dem 9./10. Jh. K¨oln sowie Basel. Pantaleon wird entweder im Osten meist jugendlich mit verschiedenen Arztinstrumenten dargestellt oder im Westen oft in der Gruppe der Nothelfer, an einen Baum gebunden, die H¨ande auf den Kopf genagelt (Welker, Sp. 113 f.). Die a¨lteste erhaltene Darstellung ist ein Tonrelief des 5./6. Jh. aus Nordafrika. Die P.-Legende ist in zehn dt. Legendaren u¨ berliefert (→ Bebenhauser Legendar, Darmst¨adter Legendar, → Els¨assische Legenda aurea, → Heiligen Leben, Der Heiligen Leben (Redaktion), → M¨arterbuch, → Mittelfr¨ankische Heiligenpredigten, → Schw¨abische Heiligenpredigten, → Thalbacher Legenda aurea, → Wolfenb¨uttler Legendar); hinzu kommen sieben von den einzelnen Legendaren unabh¨angige Fas¨ sungen in insgesamt 20 Hss. (vgl. unten Uberlieferung A–G), davon zehn allein aus dem ripuar. Gebiet (A; Acta SS Jul. VI, S. 421–427). ¨ Die Uberlieferung letzterer Fassung deutet auf den K¨olner Raum, der Hochburg der deutschen Pantaleon-Verehrung (Benediktinerabtei St. Pantaleon zu K¨oln, gegr. durch Otto den Großen, Erw¨ahnung in → Lohengrin, V. 7394–7396). Ein a¨ hnlicher Kultbezug ist f¨ur die alemannischen Version (F) zu vermuten. → Konrad von W¨urzburg schuf im Auftrag Johannes’ von Arguel eine 2158 Verse z¨ahlende Versfassung und damit die einzige eigenst¨andige mhd. Version der Legende. Sie ist um 1375/90 unikal im Wiener Cod. 2884 auf 15 Bll. in niederalemannischer Mundart und gemeinsam mit → Rudolfs von Ems Barlaam und Josaphat und Kleineren Reimpaardichtungen des → Stricker u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: A: Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibl., Cod. 144, 71va–77ra (Pap. und Perg., vor 1471, ripuarisch). – Ebd., Cod. 814, 252vb–266va (Pap., um 1471, ripuarisch). – Ebd., Cod. 2196, 169vb–183rb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ripuarisch). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. fol. 165, 194ra–209ra (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ripuarisch). – Paris, Bibl. Nat., Cod. all. 35, 1176

Befreiung der Altv¨ater 154rb–170rb (Pap., vor 1460, moselfr¨ankisch; reich illustriert und verziert). – Berlin, BSB, Mgq 1687, 43rb–46rb (Pap., vor 1463, ripuarisch). – Bonn, UB, Cod. S 2054, 58r–99v (Perg. und Pap., 15. Jh. westnd.). – Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. 101, D6. – Utrecht, UB, Cod. 8 J 33 (1690), 1ra–28vb. – Vaalbeek, Franziskanerkloster, Cod. A 21, 225ra–244vb. – B: D¨usseldorf, UB, Cod. C 23, 39rb–44rb (Pap., 15. Jh., niederfr¨ankisch). – Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. 101 D 5, 23rb–33vb (Pap., 15. Jh. mndl.). – C: Deventer, Stads- of Athenaeumbibl., Cod. 101 F 9, 363ra–364vb (Pap., 15. Jh. mndl.). – ’s-Gravenhage, K¨onigl. Bibl., Cod. 70 E 14 (Pap., vor 1464, mndl.). – Maastricht, StB, Cod. 111, 205rb–207ra. – D: London, British Library, Cod. Add. 20034, 240ra–244vb (Perg., vor 1465, mndl.). – E: Ludwig van Rechen, K¨oln 1485 (mittelfr¨ankisch; Druck). – F: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 589, fol. 197–281 ¨ (Pap., 15. Jh., alemannisch). – G: Wien, ONB, r v Cod. 13655, 183 –213 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mndl.). – Hamilton/CAN, McMaster University Library, Cod. 41, 31r–54v (die Angaben nach Williams-Krapp,1986, S. 447, pass.). Ausgaben: Life of Saint Pataleon. London, British Library, MS Cotton Vitellius D XVII. – Moriz Haupt: ‹Pantaleon› v. Konrad v. W¨uzburg. In: ZfdA 6 (1848) S. 193–253. – Konrad v. Wu¨ rzburg: Die Legenden III. Hg. v. Paul Gereke (ATB 21). Halle/S. 1927. – Vonn sand Panthaleoni. In: Das M¨arterbuch. Die Klosterneuburger Hs. 713. Hg. v. Erich Gierach. Mit 1 Tafel in Lichtdruck (DTM 32). Berlin 1928, S. 258–264 (V. 13391–13682). – Konrad v. W¨urzburg: Pantaleon. Hg. v. Winfried Woesler (ATB 21). T¨ubingen 1974. – Joseph Bryant Carroll: A Text Ed. of the Pantaleon Legend According to Codex Sangallensis 589. Chapel Hill 1976, S. 197–281 (nach F). – Von sant Panthaleon. In: Die ‹Els¨assische Legenda aurea›. Bd. 1: Das Normalcorpus. Hg. Ulla Williams/Werner WilliamsKrapp (TTG 3). T¨ubingen 1980, S. 787–795. – Von sant Panthaleon. In: ‹Der Heiligen Leben›. Bd. 1: Der Sommerteil. Hg. v. Margit Brand u. a. (TTG 3). T¨ubingen 1996, S. 307–310. – Henri Ernest Moltzer (Hg.): Levens en Legenden van Heiligen. Eerste gedeelte: Brandan en Panthalioen naar het Utrechtsche Hs. (Bibl. van Middelnederlandsche Letterkunde). Leiden 1891, S. 41–70 (nach A). – Maurice Coen (Hg.): Un sermon inconnu de Rupert, abb´e de Deutz, sur S. Pantal´eon. In: Analecta Bollandiana 55 (1937) S. 244–267. – Hart1177

Mitte 15. Jh. mann Schedel: Weltchronik. Kolorierte Gesamtausgabe von 1493. Einl. und Komm. v. Stephan F¨ussel. Augsburg 2004, fol. CXXVr (mit Illustration). – Konrad v. W¨urzburg: Pantaleon. Bereinig¨ ter diplomatischer Abdruck und Ubersetzung. Hg., u¨ bers. und mit Anm. versehen v. Thomas Neukirchen (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 45). Berlin 2008. Literatur: A. Bigelmair, LThK1 7 (1935) Sp. 918. – Josef Oswald, LThK2 8 (1963) Sp. 24 f. – Klaus Welker, LCI 8 (1976) Sp. 112–115. – Erich Wimmer, LexMA 6 (1993) Sp. 1658. – Hans Reinhard Seeliger, LThK3 7 (1998) Sp. 1317. – Wimmer/Melzer (61988) S. 634. – Werner WilliamsKrapp, VL2 7 (1989), Sp. 290. – Paul Gerhard Aring, BBKL 6 (1993) 1485 f. – Manfred Weitlauff, RGG4 6 (2001) Sp. 2003. – Acta Sanctorum Jul. VI, S. 397–429. – Bibliotheca hagiographica latina antiquae et mediae aetatis (BHL), S. 6429–6448. – Bibliotheca Hagiographica Orientalis (BHO), S. 835 ff. – Bibliotheca Hagiographiaca Graeca (BHG), S. 1412z-1418c. – Heinrich Gunter: Legenden-Studien. K¨oln 1906, S. 111 ff., pass. – Adalberto Pazzini: I santi nella storia della medicina. Rom 1937, S. 178 ff. – P. M. Matthew: The Old English Life of Saint Pantaleon. University College London. M.A. dissertation. 1965/67. – Roland S¨oder: Das M¨arterbuch als Quelle des Prosapassionals (Der Heiligen Leben). In: Volkskultur und Heimat. FS Josef D¨unninger. Hg. v. Dieter Harmening u. a. W¨urzburg 1986, S. 328–338. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und niederl¨and. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferung-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Joana Proud: The Old English ‹Life of Saint Pantaleon› and its Ms. Context. In: Bulletin of the John Rylands University Library of Manchester 79.1 (1997), S. 119–132. – Stefan Samerski: Die K¨olner Pantaleonsverehrung. Kontext – Funktion – Entwicklung (Forschungen zur Volkskunde 51). Norderstedt 2005. – Neukirchen, 2008, S. 92–102. CS Befreiung der Altv¨ater. – Gedicht von 326 Versen, wahrscheinlich 15. Jh. Die vermutlich in Obersachsen entstandene Dichtung bietet den zweiten Teil des → Evangelium Nicodemi (H¨ollenfahrt Christi, vgl. → Heinrich v. Hesler), der mit dem ersten Abschnitt der Kreuzesholzerz¨ahlung verkn¨upft ist. 1178

Mitte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Dessau, LB, Hs. Georg. 24.8°, 130v–138v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostmit¨ teldt.). – Wien, ONB, Cod. 3007, 118v–125r (Pap., 1472, schlesisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 6351, 142r–151r (Pap., Zofingen, 1456, hochalemannisch). Ausgabe: Zatoˇcil (s. Lit.) S. 80–88. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 1 (1978) Sp. 667. – L. Zatoˇcil: B. d. A. In: Sborn´ık Prac´ı Filosofick´e Fakulty Brn´ensk´e University 12 (Br¨unn 1965) S. 75–93. BJ Munchner ¨ Apostelbuch. – Sammlung von 15 Legenden. Das von Wilhelm nach dem Aufbewahrungsort der einzigen ihm bekannten Handschrift (M) benannte Werk enth¨alt 15 Legenden u¨ ber die zw¨olf Apostel und die Apostelsch¨uler Barnabas, Lukas und Markus. M bricht gegen¨uber P nach zehn Texten bei Matth¨aus ab. Die vor 1454 (M) entstandenen Texte sind u¨ berarbeitete Prosaaufl¨osungen der Legenden 1–15 aus dem Buch II des → Passionals. Der Erscheinungsort ist unbekannt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 361, 1r–80v (ostfr¨ankisch, 1454 wahrscheinlich im N¨urnberger Predigerkloster von Konrad Forster geschrieben) (M). – Prag, UB, Cod. I C 40, 178ra–243vb (bair., 1479 von «Martinus Saltzmann de Wollenzach» geschrieben) (P). – Seitenstetten, Stiftsbibl., Cod. 313, 1r–? (15. Jh.) (S). Ausgabe: Wilhelm, S. 99, 103–105, 1*–10* (Incipit, eine Passage aus Jacobus maior und die Thomaslegende). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 309, 313. – Konrad Kunze, VL 2 6 (1987) Sp. 751 f. – Friedrich Wilhelm: Dt. Legenden und Legendare. Texte und Unters. zu ihrer Gesch. im MA. Leipzig 1907, S. 97–105 (mit Textausz.). – Guy Philippart: Les l´egendiers latins et autres manuscrits hagiographiques. Turnhout 1977, S. 87–93; Suppl. 1985, S. 21. – V´aclav Bok: Bemerkungen zum sog. ‹M. A.› anhand der Prager Hs. In: JOWG 3 (1984/85) S. 251–266. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 28, 213 (im Legendenreg. passim). – Hildegard Bokov´a: Zur Edition des sogenannten M. A. In: Editionsberichte zur ma. dt. Literatur. Beitr. zur Bamberger Tagung ‹Methoden und Probleme der Edition ma. dt. Texte› 26.–29. Juli 1991. Hg. v. Anton Schwob (Litterae 117). 1179

Munchner ¨ Apostelbuch G¨oppingen 1994, S. 185 f. – Christine Glaßner: Inventar der ma. Hss. des Benediktinerstiftes Seitenstetten. Nach dem hsl. Kat. Wien 2005, S. 164. BJ Stephan. – Dt. Legenden. Nach der Apostelgeschichte ist S. der erste christliche M¨artyrer; er war Mitglied der christlichen Urgemeinde in Jerusalem und einer der gew¨ahlten «Sieben», die mit sozial-karitativen Aufgaben wie der Witwenversorgung betraut waren, um die zwischen den «Hellenisten» und den «Hebr¨aern» unter den J¨ungern ein Konflikt enbrannte. Eine flammende Rede des S. erregte Anstoß unter den Mitgliedern der hellenistisch-j¨udischen Synagogen; wegen Tempel- und GesetzesKritik angeklagt, wurde S. nach einer großen Verteidigungsrede, die eine summarische Geschichte Israels aus der Sicht des Christentums darstellt, vor der Stadt gesteinigt. Er gilt in der katholischen Kirche als Patron der Pferde und Kutscher; sein Fest ist der 26. Dezember. Darstellungen zeigen den Heiligen mit den Attributen Palme und Evangelienbuch sowie mit Steinen. Die S.-Legende z¨ahlt zum Grundbestand jedes dt. und ndl. Legendars. Von diesen unabh¨angig sind eine von → Hawich dem Kellner stammende Versfassung und eine Prosalegende, die in der Bibliothek des Landeskirchenamts Bielefeld, Cod. A3, 25ra–26ra (westf¨alisch) u¨ berliefert und dort im Rahmen einer Heiligenpredigtsammlung zu finden sind. Beide Legenden behandeln die «Passio» des Erzm¨artyrers. Es liegen ferner drei eigenst¨andige dt., auf die Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) zur¨uckgehende Prosaversionen der «Inventio» und der «Translatio» S.s vor. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 188, 19r–23r. – Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 185rb–186rb (beide alemannisch). – Druck: Steffen Arndes, L¨ubeck 1492, Druck von Der → Heiligen ¨ Leben (k¨urzende Ubersetzung zur Legendarfassung). Literatur: Gaynor Nitz, LCI 8 (1976) Sp. 395–403. – Hans-Christoph Goßmann: Stephanus im NT. In: BBKL 10 (1995) Sp. 1411–1416. – Wimmer/Melzer (61988) S. 763–766. – Werner Williams-Krapp, VL 2 9 (1995) Sp. 289 f. – De Boor/Newald 3/1 (51997) S. 460 f. – Gerhard Hotze u. a., LThK3 9 (2000) Sp. 958 f. – Axel v. Dobbeler, RGG4 7 (2004) Sp. 1716 f. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris 1180

Blume der Seele Lenz: Lex. der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 485–487. – Kurt Otto Seidel: Mnd. Hss. aus Bielefelder Bibl. G¨oppingen 1986, S. 15. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Le¨ gendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 461. SF Paradies des Klausners Johannes. – Wahrscheinlich aus der Gegend von Corvey/H¨oxter stammender Zyklus von 41 mnd. Reimgebeten aus der Mitte des 15. Jh., insg. ca. 8300 Verse. Als Verfasser dieser relativ zusammenhanglos angeordneten Gebetsammlung mit dem Titel «paradis» wird im Prolog (V. 3) ein sonst unbekannter, wohl aus dem o¨ stlichen Westfalen stammender «Klausner Johannes» genannt. An die Dreifaltigkeit und Maria richten sich die ersten Abschnitte, die darauffolgenden an verschiedene Heilige, wobei diese immer wieder durch inhaltlich abweichende Passagen unterbrochen werden. Am Schluss befinden sich als Anhang drei Gedichte, die nicht in Zusammenhang mit dem Paradies stehen; zuletzt enth¨alt die Handschrift eine versifizierte Mahnung zu einem gottgef¨alligen Leben. ¨ Uberlieferung: Oldenburg, LB, Cim. I 72, 1r–124r (Pap., Mitte/zweite H¨alfte 15. Jh.). Ausgabe: August L¨ubben: D. P. d. K. J. In: NdJb 7 (1881) S. 80–100, hier S. 83–92 (Textausz¨uge). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 7 (1989) Sp. 291–293. – L¨ubben (s. Ausg.). – Karl Bartsch: Mittheilungen 1.4. In: Korrespondenzbl. des Ver. f¨ur nd. Sprachforschung 7 (1882) S. 51. – Wolfgang Stammler: Die mnd. geistliche Lit. In: Neue Jahrb¨ucher 45 (1920) S. 101–122, hier S. 119 und 127. – Erneut in: Ders.: Kl. Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin u. a. 1953, S. 239–256, hier S. 243 f. – Irene Stahl: Hss. in Nordwestdeutschland. Aurich-Emden-Oldenburg (Ma. Hss. in Niedersachsen. Kurzkat. 3). Wiesbaden 1993, S. 177. SF Sieben Schl¨afer. – Dt. Legenden. Die Legende, deren Stoff vielleicht aus Syrien stammt (5. Jh.), erz¨ahlt von sieben J¨unglingen, die vor der Christenverfolgung des Kaisers Decius in eine H¨ohle bei Ephesos fliehen, wo sie eingemauert werden und sterben. Sie werden dann unter Kaiser Theodosius I. von Gott wieder zum Leben 1181

Mitte 15. Jh. erweckt, als sich Zweifel an der Wiederauferstehung Christi unter den Menschen ausbreiten. Die wiederauferstandenen J¨unglinge u¨ berzeugen sogar Kaiser Maximinianus von dem großen Wunder und sterben dann erneut. Die Legende war im MA vor allem nach der Aufnahme in die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine gesamteurop¨aisch verbreitet. Zahlreiche Versionen sind in dt. und ndl. Legendaren enthalten. Die schon in der → Kaiserchronik enthaltene Legende wurde an der Wende des 13. zum 14. Jh. neu in Versform bearbeitet; eine Versfassung findet sich im → V¨aterbuch. Aus dem alemannischen Gebiet stammen zwei selbstst¨andige Prosafassungen des 15. Jh.: eine in zwei els¨assischen Handschriften u¨ berlieferte Version (Berlin, SBB, Mgq 190, 26r–28r; Colmar, StB, Ms. 343, 192va–201ra) sowie eine k¨urzere Legende in der Hs. 240 (184rb–185rb) der Stiftsbibliothek Engelberg. Zudem ist eine fragmentarisch erhaltene mndl. Fassung bekannt (Kassel, UB/LMB, 2° Ms. poet. et roman. 41, 8 Bll.; Perg., 15. Jh.). Ausgabe: Theodor Georg v. Karajan (Hg.): Von den siben slˆafaeren. Heidelberg 1839. – Karl Reissenberger (Hg.): Das V¨aterbuch, aus der Leipziger, Hildesheimer und Straßburger Hs. (DTM 22). Berlin 1914, S. 550 ff. Literatur: Martin Lechner/Christel Squarr, LCI 8 (1976) Sp. 344–348. – Wimmer/Melzer (61988) S. 744 f. – Werner Williams-Krapp, VL2 8 (1992) Sp. 1171 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 97, 755. – Alexandra Ioannidou, LexMA 7 (1995) Sp. 1843. – Rainer Stichel, LThK3 9 (2000) Sp. 564 f. – Renate Pillinger, RGG4 7 (2004) Sp. 1306. – Robert Schindler: Die Siebenschl¨afer. Ihre Legende, ihr Kult, ihr Brauchtum. In: Ostbairische Grenzmarken 5 (1961) S. 195–199. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 459 (Reg.). – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 378 f. – Norbert Mecklenburg: Die S.-Legende bei Goethe und Al-Hakim. In: Kairoer germanistische Stud. 18 (2009) S. 241–259. BJ Blume der Seele. – Traktat u¨ ber das Altarssakrament. Als Verfasser des Prosatextes, der eine Kompilation verschiedener eucharistischer Schriften darstellt, nennt sich «ein pruder prediger ordens des 1182

Mitte 15. Jh. chlosters vo[n] wienn» (Vorrede, 1r). Die B. d. S. ist der sp¨atma. katechetischen Literatur zuzurechnen. ¨ Uberlieferung: Prag, Nationalbibl., Cod. XVI. ¨ E. 14, 1r–112v (Pap., Mitte 15. Jh.) – Wien, ONB, Cod. 12568, 1r–73v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). Literatur: Kurt Illing, VL2 1 (1978) Sp. 901 f. – ¨ Johann Kelle: Die altdt. Hss. der k.k. Offentlichen und UB in Prag. In: Serapeum 20 (1859) S. 42. – ¨ Walther Dolch: Kat. der dt. Hss. der K.K. Offentlichen und UB zu Prag. Tl. 1. Prag 1909, S. 124. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen ¨ Hss. der ONB. Bd. 3, Berlin 1961, S. 1254 f. SF Farben der Seele. – Nach 1427 entstandene theologische Kompilation f¨ur Nonnen. In diesem unvollst¨andig erhaltenen geistlichen Lehrgespr¨ach zwischen der Inzigkofener Nonne Beatrix (vermutlich Beatrix Joos von Pfullendorf, † 1480) und ihrem geistlichen Vater folgen auf knappe Fragen umfassende Antworten aus der christlichen Dogmatik. Der Titel ist auf die fiktive Rahmenhandlung des Gespr¨achs zur¨uckzuf¨uhren, derzufolge ein aus sechs Bl¨attern aus leeren farbigen Tuchstreifen bestehendes Buch an Beatrix und ihre Mitschwestern gesandt und aufgrund seiner Farbsymbolik erl¨autert wird. Die Hauptthemen des Dialogs entsprechen den sechs Farben: Weiß – die Seele im Zustand der Taufgnade; Schwarz – die Seele im Zustand der S¨unde; Gr¨un – die Reinigung der Seele durch die g¨ottliche Gnade; Rot – Erl¨osung des Menschen durch das Leiden Christi, Gnade und g¨ottliche Liebe; Blau – Betrachtung himmlischer Dinge als Anreiz zur Tugend und zur Beharrlichkeit in ihr; Goldgelb – Freude der ewigen Glorie und ewiger Lohn. Nur zwei der sechs geplanten Teile sind erhalten; im zweiten Abschnitt bricht der Text ab, was auf Erkrankung und Tod des Verfassers zur¨uckgef¨uhrt wird. Fechter (s. Lit. 1979, S. 68) identifiziert die ohne Angabe eines Verfassernamens u¨ berlieferte Kompilation durch Schriftvergleich als Autograph des → Jos von Pfullendorf. An Quellen sind die Sentenzen des → Petrus Lombardus und De rerum proprietatibus des → Bartholom¨aus Anglicus auszumachen. Zweck des Buchs war eine anspruchsvolle Glaubensunterweisung f¨ur Nonnen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1045, 2r–14r (Pap., nach 1427, aus Inzigkofen). 1183

Farben der Seele Literatur: Siegfried Ringler, VL2 1 (1978) Sp. 1079 f.; 11 (2004) Sp. 299. – Johannes Bolte: Marienlegenden des 15. Jh. In: Alemannia 17 (1889) S. 1–25, hier S. 2 f. – Werner Fechter: Neues u¨ ber Jos von Pfullendorf. In: ZfdA 108 (1979) S. 65–70, hier S. 68. – Ders.: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15). Sigmaringen 1996, S. 55 f. SF Die besessene Nonne Agnes. – Lesetext f¨ur Nonnen, 15. Jh. Der aus dem ndl. Sprachbereich stammende Text (Borries ordnet ihn dem Haus der Schwestern vom Gemeinsamen Leben Ten Orten in Herzogenbusch zu, das zur Devotio moderna geh¨orte) fand in meh¨ reren Fassungen, darunter auch eine lat. Ubersetzung, Eingang in obd. Handschriften. Laut Anweisung in W soll er «alle jair czu mynstin eyn mail» vorgelesen werden. Aus dem Mund einer besessenen Nonne beantwortet der durch Beschw¨orung gezwungene Teufel Fragen der Mitschwestern und verr¨at, durch welche S¨unden Nonnen am st¨arksten bedroht werden. ¨ Uber diese Erz¨ahlung hinaus enth¨alt der Text moralische Ermahnungen und Warnungen. ¨ Uberlieferung: Bamberg, Staatsbibl., Msc. Lit. 178 (fr¨uher Ed.VIII.6), 247r–338r (15./16. Jh.) (B). – Berlin, SBB, Mgq 1122, 324va–331ra (mndl. Kurzfassung) (Bln). – Colmar, StB, Ms. 272 (Kat.Nr. 201), 2v–145v (Pap., 15. Jh., els¨assisch) (C). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 836, 1r–51r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., bair.) (M). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 969, S. 131–215 (Pap.) (SG1). – Ebd., Cod. 973, S. 225–404 (Pap., 1498, Provenienz: Drittordensschwestern des hl. Franziskus zu Wonnenstein bei St. Gallen [Ruh, 1956, S. 126]) ¨ (SG2). – Wien, ONB, Cod. 3006 (noch im 15. Jh. aus drei urspr¨unglich selbstst¨andigen Teilen [1–84, 85–106, 108–128] zusammengebunden), 1r–73r (Pap., Schreiber: Heinrich H¨ocher, Schreibort Tl. 1: Eppenberg in Hessen, Kartause [vgl. Bl. 73r], erste H¨alfte bis Ende 15. Jh., 1474, hessisch) (W). Ausgabe: E. Borries 1996, S. 19–33 (nach Berlin). – E. Borries 2008, S. 84–152 (nach St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 973), 223–274 (nach Colmar, StB, Ms. 272 [Kat.-Nr. 201]), 280–300 (nach St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 969). 1184

Papst Clemens VI. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 1 (1978) Sp. 830 f.; 11 (2004) Sp. 247. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 127, 171. – Ekkehard Borries: D. b. S. A. Ein Schwesternspiegel des 15. Jh. aus dem Haus Ten Orten in Herzogenbusch. Edition der Berliner Hs. mit Kommentaren und Untersuchungen. In: Ons Geestelijk Erf 70 (1996) S. 10–61. – Ders.: Schwesternspiegel im 15. Jh. Gattungskonstitution, Editionen, Untersuchungen. Berlin/New York 2008. BJ Des Sterbenden Anfechtung durch den Teufel. – Wahrscheinlich in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. im bair. Gebiet entstandenes Sterbeb¨uchlein. Der Text mit dem Incipit «Salomon spricht das der frewnt wirt beh¨ort in den n¨otten» richtet sich wohl eher an Laien als an Geistliche; das Buch behandelt wie das → Speculum artis bene moriendi, aber in eigenst¨andiger Form, die f¨unf Anfechtungen in der Todesstunde und sechs Fragen an den Sterbenden, welche auf → Anselm von Canterbury und Johannes → Gerson zur¨uckgehen; anschließend folgt das Predigtm¨arlein von Papst und Kaplan. Charakteristisch sind eingschobene Exempel; in zwei Handschriften folgt abschließend ein (auch selbst¨andig u¨ berlieferter) Beichtspiegel f¨ur Kranke. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 477, 1r–25r (2. H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 744, 105r–112v (2. H¨alfte 15. Jh., bair. und nordbair. mit ostschw¨abischen Einfl¨ussen). – Ebd., Cgm 841, 164v–167v (Pap., Mitte/2. H¨alfte 15. Jh., bair./ostschw¨abisch; Exzerpt). – M¨unchen, UB, 4° Cod. ms. 489, 1r–8v (Pap., 2. H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., 8° Cod. ms. 48, 268v–269v (Exzerpt). Ausgabe: Hiram K¨umper: ‹D. S. A. d. d. T.›. Ein bair. Sterbeb¨uchlein des 15. Jh. In: Zs. f¨ur Bayerische Kirchengesch. 75 (2006) S. 18–30. Literatur: Karin Schneider, VL2 9 (1995) Sp. 301 f. – Nikolaus Paulus: Die Reue in den dt. Sterbeb¨uchlein des ausgehenden MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 28 (1904) Sp. 682–698, hier S. 684. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln u. a. 1957. – Ders.: Die Ars-moriendi-Lit. des MA. In: Jb. f¨ur internationale Germanistik 3/1 (1971) S. 22–29, 1185

Mitte 15. Jh. hier S. 24. – K¨umper (s. Ausg.). – Ders. (Bearb.): Tod und Sterben. Lat. und dt. Sterbelit. des Sp¨atMA (Texte zur ma. Lit. in Stoffgruppen 1). Duisburg/K¨oln 2007, S. 133–139. SF Papst Calixtus. – Ablassgebet des 15. Jh. Die einzelnen Teile des in vielen Handschriften Sankt (bzw. Papst) Calixtus Paternoster genannten Gebetes – Kreuzestod Jesu, Auferstehung usw. – werden jeweils durch das Sprechen des Vaterunsers abgeschlossen. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur mndl. Uberl. vgl. Meertens VI (s. Lit.) S. 116 (Nr. 43). – Ferner: Darmstadt, LB, Hs. 237, 141r–142r (um 1490). – Ebd., Hs. 1903, 193v–195r (um 1500). – Greifswald, UB, Ndt. Hs. 9, 155rv (15. Jh.). Ausgabe: Meertens I (s. Lit.) S. 84 f. Literatur: Volker Honemann, VL2 1 (1978) Sp. 1168. – Maria Meertens (Hg.): De godsvrucht in de Nederlanden, naar handschriften van gebedenboeken der XVe eeuw. 6 Bde. Antwerpen 1930–34. – Gerard Achten/Hermann Knaus: Dt. und ndl. Gebetbuchhss. der Hessischen Landesund Hochschulbibl. Darmstadt. Darmstadt 1959. SF Papst Clemens VI. (urspr¨unglich: Pierre Roger), * 1292 Maumont, † 1352 Avignon. – Ihm werden einige, haupts¨achlich wohl im 15. Jh. entstandene dt. Gebete und Betrachtungen zugeschrieben. C., der einer s¨udfranz¨osischen Adelsfamilie entstammte, wurde am 7.5.1342 in Avignon zum Papst gew¨ahlt und blieb es bis zu seinem Tod am 6.12.1352. Zugeschrieben werden ihm folgende dt. Texte: 1. Wahrscheinlich im 15. Jh. am Niederrhein entstandene Mari¨a Tagzeiten mit dem Incipit «Tzo metten tzijt wart Marien gekundiget, dat Jhesus van den valschen ioden geuangen was». ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 451, 278r–280v (15. Jh., ripuarisch). – Ebd., Mgo 585, 297v–299r (15. Jh., niederrheinisch). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W. 8° 1*, 108v–109v (Ende 15. Jh.). – Darmstadt, LB, Hs. 1903, 210v–213r (um 1500, k¨olnisch). – Ebd., Hs. 1932, 31r–36v (um 1490, mndl.). – Ebd., Hs. 1962, 155r–157v (um 1525, mndl.). 2. Eine Betrachtung u¨ ber die zw¨olf Fastenfreitage, die beginnt: «Ich pabst Clement Ich wil machen ain weg In das ewig leben». ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2994, 112r (Mitte 15. Jh., bair.; gedruckt Augsburg 1494). – Prag, Nationalbibl., Cod. I.C.26, 37ra-rb (Pap., 1186

Mitte 15. Jh. zweite H¨alfte 15. Jh.). – Darmstadt, LB, Hs. 968, 305r–308v (um 1525, k¨olnisch). 3. Ein C. VI. zugeschriebenes Ablassgebet mit 15 Paternostern (Inc.: «Ich vall heut dem herrn zu f¨ueß der mir sel vnd leib peschueff») ist u¨ berliefert in: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 136, 93r–98v (1475, bair.). 4. Eine Kontemplation u¨ ber die vier Freuden Christi, die jeweils mit «Ich ermanen dich» beginnt und mit dem Paternoster schließt, enth¨alt die Handschrift M¨unchen, BSB, Cgm 97, 87r–88r (1519). 5. Einige knappe Ablassgebete sind ebenfalls unter dem Namen Papst C.’ u¨ berliefert: Schaffhausen, StB, Cod. Gen. 21, 31rv (Pap., Anfang 16. Jh., ¨ bair.). – Wien, ONB, Cod. 3637, 168v–169r (Ende 15. Jh., bair.). Literatur: Peter Kesting, VL2 1 (1978) Sp. 1289 f. – Bernard Guillemain: Clemente VI. In: Dizionario Biografico degli Italiani 26 (1982) S. 215–222. – Josef Lenzenweger, LexMA 2 (1983) Sp. 2143 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1053 f. – Ludwig Vones, LThK3 2 (1994) Sp. 1221 f. – Guillaume Mollat: Les Papes d’Avignon (1305–1378). Paris 1912. 101965, S. 89–103. – Franz X. Seppelt: Das Papsttum im Sp¨atMA und in der Renaissance v. Bonifaz VIII. bis zu Klemens VII. (Gesch. der P¨apste v. den Anf¨angen bis zur Mitte des 20. Jh. 4). M¨unchen 21957, S. 133 f. u. o¨ . – Diana Wood: Clement VI. The Pontificate and Ideas of an Avignon Pope. Cambridge 1989. – Rudolf Gamper unter Mitwirkung v. Susan Marti: Kat. der ma. Hss. der StB Schaffhausen [...]. Dietikon/Z¨urich 1998, S. 116–119. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 7–9, 392. SF Dionysius der Kart¨auser (auch D. Ri(j)ckel, D. van Leeuwen, D. de Leeuwis), * um 1402 oder 1403 Rijkel bei St. Trond/Belgisch-Limburg, † 12.3.1471 Roermond. – Bedeutender theologischer Schriftsteller, Scholastiker und Mystiker. Nachdem D. bei den Benediktinern in St. Trond und anschließend an der st¨adtischen Schule zu Zwolle unter dem Rektor Johannes → Cele unterrichtet worden war, betrieb er Studien an der Universit¨at K¨oln (Magister artium, wahrscheinlich auch theologische Studien). 1424 erfolgte der Eintritt in das Kart¨auserkloster Bethlehem Mariae 1187

Dionysius der Kart¨auser in Roermond. D. wirkte dort als Prokurator und Rektor. Freundschaftlich verbunden war er vor allem mit Johannes → Brugman und mit Kardinal → Nikolaus von Kues, den er 1451/52 auf seinen Visitationsreisen am Nieder- und Mittelrhein begleitete. 1466–69 leitete D. die Kartause zu Herzogenbusch; seine letzten Lebensjahre verbrachte er wieder in Roermond. Wegen seiner unerm¨udlichen literarischen T¨atigkeit (insgesamt ca. 200 Werke), die sich auf alle Gebiete der Philosophie und Theologie erstreckte, wurde er bald weltber¨uhmt. Zu seinen Werken z¨ahlen unter anderem: Bibelkommentare, Kommentare zu → Dionysius Areopagita, zu den Sentenzen des → Petrus Lombardus, zu den theologischen Schriften des → Boethius, Cassian und → Johannes Klimakos, Visionsberichte, Predigten, liturgisches Schrifttum, Schriften zur Kirchenreform und zur scholastischen Theologie, Briefe, Hymnen, Passionslieder, eine Dichtung De laudibus superlaudabilis Dei (ca. 12.000 Verse) sowie Abhandlungen zur a¨ sthetischen Philosophie, zum Beispiel die bedeutende Schrift De venustate mundi et pulchritudine Dei. D. gilt als «letzter Scholastiker»; zugleich war er Mystiker und strenger Asket («Doctor ecstaticus»). Viele seiner Schriften, so die Erkl¨arung der Paulusbriefe (Monopanton in Opera XIV) oder die mystischen Schriften (De fonte lucis ac semitis vitae) stellen Kompilationen aus den Werken des → Petrus Lombardus und des → Thomas von Aquin dar. Ausgaben: Doctoris ecstatici D. Dionysii Cartusiani Opera omnia. 44 Bde. Montreuil u. a. 1896–1935. – Kent Emery Jr.: Dionysii Cartusiensis opera selecta. Prolegomena. Bibl. manuscripta. 2 Bde., IA/IB: Studia bibliographica (CCCM 121/121A). Turnhout 1991. ¨ Dt. Ubersetzungen: In der 1944 vernichteten geistlichen Sammelhandschrift Warschau, Nationalbibl., Hol. Q. I.1 (Mitte 15. Jh., westmitteldt.) fanden sich neben zahlreichen Kleintex¨ ten auf 1r–68r eine dt. Ubertragung der D.-Schrift De votis et professione religiosorum, und auf 68v–89v ¨ die Ubersetzung eines Sermo in commune virginum (Sermo de castitate). Literatur: Martin Anton Schmidt, VL2 2 (1980) Sp. 166–178. – Dennis D. Martin, LexMA 3 (1986) Sp. 1092–1094. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1323 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 326. – Schulthess/Imbach (1996) S. 412 f. – Harald Dickerhof, RGG4 2 (1999) Sp. 860 f. – H. 1188

Von dreierlei Abgrunden ¨ Welters: Denys le Chartreux, sa vie et ses œuvres. Roermond 1882. – Knud Carl Ansgar KroghTonning: Der letzte Scholastiker. Eine Apologie. Freiburg i. Br. 1904. – Heinrich Alois Keiser: D. des K. Leben und p¨adagogische Schr. Freiburg i. Br. 1904. – Augustin R¨osler: Die Schr. des D. ‹De venustate mundi› und der Sch¨onheitsbegriff der Gegenwart. In: Hist.-politische Bll. 149 (1912) S. 505–522. – Georg Heidingsfelder: Das Opusculum ‹De passionibus animae› D. des K. (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA, Suppl. 2). M¨unster 1923, S. 255–269. – Eugen Ewig: Die Anschauungen des Kart¨ausers D. v. Roermond u¨ ber den christlichen Ordo in Staat und Kirche. Diss. Bonn 1936. – Karel Swenden: Bronnen van Dionysius Cartusianus’ ‹mystica theologia›. In: Ons Geestelijk Erf 22 (1948) S. 259–278. – Ders.: Invloed van D. Cartusianus’ ‹mystica theologia›. In: Ons Geestelijk Erf 23 (1949) S. 345–356; 25 (1951) S. 190–196. – Anselme Stoelen: De Chronologie van de Werken van D. de Kartuizer. De eerste werken en de Schriftuurkommentaren. In: Sacris Erudiri 5 (1953) S. 361–401. – Norbert Maginot: Der ‹Actus humanus moralis› unter dem Einfluß des Hl. Geistes nach D. Carthusianus. Diss. M¨unchen 1968. – Emery (s. Ausg.). – Erich Meuthen: Nikolaus v. Kues und D. d. K. In: In: FS Karl Bormann. Hg. v. Ludwig B. Hagemann. Wu¨ rzburg u. a. 1993, S. 100–120. – Dirk Wassermann: D. d. K. Einf. in Werk und Gedankenwelt (Analecta Cartusiana 133). Salzburg 1996. – Andreas Speer u. a. (Hg.): Die D.-Rezeption im MA. Internationales Kolloquium in Sofia vom 8. bis 11. April 1999 unter der Schirmherrschaft der Soci´et´e internationale pour l’´etude de la philosophie m´edi´evale. Turnhout 2000. SF Comitis, Gerhard. – Prediger. F¨ur das Jahr 1431 ist C. als Hauptlesemeister des N¨urnberger Dominikanerklosters bezeugt; im dortigen Katharinenkloster hielt er auf den Wunsch der Schwestern hin vier Eucharistie-Predigten. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem Lesemeister Gerhard von Straßburg, der 1434 als Beichtvater der Straßburger Dominikanerinnen am Kloster St. Nikolaus in Undis t¨atig war. Daneben trat er als Kanzelredner auf und war Beichtvater im Kolmarer Kloster Unterlinden, wo er am 14. September 1425 eine Predigt u¨ ber die «hundert artickel [...] von unsers liben herren liden» hielt. Von dieser 1189

Mitte 15. Jh. Predigt existieren neben C.’ Fassung noch zwei eigenst¨andige, anonym u¨ berlieferte Fassungen. Insgesamt sind von ihm u¨ ber 50 Predigten u¨ berliefert, die er in den 30er Jahren des 15. Jh. haupts¨achlich in reformierten Dominikanerinnenkl¨ostern der Ordensprovinz Teutonia hielt. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 16 (Pap., zweites Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). – Berlin, SBB, Mgq 434, 31r–33r (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., els¨assisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 52, 227r–314v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. VII, 34, 169r–178v, 181r–190r (Perg. und Pap., erste H¨alfte 15. Jh., alemannisch). Ausgaben: Florent Landmann: Die unbefleckte Empf¨angnis Mari¨a in der Predigt zweier Straßburger Dominikaner und Geilers v. Kaysersberg. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 6 (1931) S. 189–196. – Antje Willing (Hg.): N¨urnberger Eucharistiepredigten des G. C. (Erlanger Stud. 128). Erlangen/Jena 2003, S. 37–93. Literatur: Gundolf Keil, VL2 2 (1980) Sp. 1 f.; 11 (2004) Sp. 335. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 323, 811. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg [...]. Straßburg 1907, S. 52 f. – Landmann (s. Ausg.). – Gabriel Maria L¨ohr: Das N¨urnberger Predigerkloster im 15. Jh. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 39 (1944) S. 223–234, hier S. 225 f. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg 2,1). Wiesbaden 1988, S. 451. – Sylvie de Tribolet-Aeschlimann: ‹Die hundert artickel v. dem wirdigen liden unsers herren Jhesu Christi›. In: Ma. Lit. im Lebenszusammenhang. Hg. v. Eckard Conrad Lutz (Scrinium Friburgense 8). Freiburg/Schweiz 1997, S. 343–357. – Willing 2003 (s. Ausg.). – Dies.: Lit. und Ordensreform im 15. Jh. Dt. Abendmahlsschr. im N¨urnberger Katharinenkloster (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 4). Mu¨ nster/New York 2004, passim, bes. S. 233–254. SF Von dreierlei Abgrunden. ¨ – Aszetischer Traktat, 15. Jh. Der Traktat behandelt in drei Teilen die Abgr¨unde der Bosheit, des Erbarmens und des Leidens Christi. Der erste Teil deckt die f¨unf Wurzeln des B¨osen in unseren Neigungen auf und steht in direkter Beziehung zum → Von dem Grunde aller 1190

Mitte 15. Jh. Bosheit-Traktat. Der zweite Teil nennt sech Zeugnisse des g¨ottlichen Erbarmens: Bewahrung vor S¨unden, gnadenvolle Geduld, getreues Bekehren, umfassends Verzeihen, Bewahren vor R¨uckfall und die Hoffnung auf ewiges Leben. Der dritte Teil ist eine differenzierte Theologie des Opfertodes Christi. Es lassen sich f¨ur alle drei Abschnitte jeweils bestimmende Quellen ausmachen: Teil 1 ist eine Paraphrase aus → Bonaventuras De triplice via (I, 4–6), der zweite ganz vom Gedankengut → Bernhards von Clairvaux bestimmt und der dritte beruht auf einem Sermo (LVI, De sanctissima passione et mysteriis Crucis) → Bernhardins von Siena. Im Freiburger Codex werden die einzelnen Teile des Traktats diesen drei Autoren daher nicht unberechtigt zugeschrieben. Daniel Sudermann glaubte den Text in seiner Gesamtheit Johannes → Tauler zuweisen zu k¨onnen, doch kommt als letztverantwortlicher ¨ Verfasser, Ubersetzer und Redaktor vor allem der Franziskaner Heinrich → Vigilis in Betracht, wor¨ auf auch der Uberlieferungskontext der Berliner und Freiburger Codices hinweist (vgl. → Von dem heilgen swygenhaltten). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 164, 62v–95v (Pap., 15. Jh., alemannisch, aus dem Besitz Daniel Sudermanns; Zuschreibung des gesamten Traktat an Bonaventura). – Freiburg/Br., UB, Hs. 253, 228r–229v (Pap., 1487, aus dem Klarissenkloster in Gnadental, oberrheinisch/su¨ dalemannisch). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.22, 2r–56r (Pap., Mitte und zweite H¨alfte 15. Jh., aus einem Klarissenkloster, ostmitteldt.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 976, S. 177–519 (Pap., 1499, alemannisch). – Ebd., Cod. 1003, S. 206–339 (Pap., 1498, alemannisch). – Die beiden St. Galler Cdd. u¨ berliefern nur Tl. 1 und 3 (als Tl. 2) des Traktats. In Cod 976 folgt als Tl. 3 (S. 315–519) der Extendit-manumPassionstraktat → Heinrichs von St. Gallen. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 230 f.; 11 (2004) Sp. 383. – Ders.: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 286–292. VZ Erhard von Regensburg. – Bair. Prosalegende. Der hl. E. (Fest: 8. Januar) war wohl Missionsbischof am Herzogshof der Agilolfinger in Regensburg (Ende 7. Jh.). Die schlichte Prosalegende stammt wahrscheinlich von einem Regensburger Verfasser. Als Quelle 1191

Erhard von Regensburg diente die E.-Vita des Paulus Judaeus (MGH SS rer. Merov. 6, S. 10–21). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4879, 99r–102r (Regensburg, Kloster St. Emmeram, 1460). Ausgabe: Gisela Koschwitz: Der hl. Bischof E. v. R. Legende – Kult – Ikonographie. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens 86 (1975) S. 481–644, hier S. 527–531. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1979) Sp. 585 f. – Alois Schmid, LexMA 3 (1986) Sp. 2138 f. – Helmut Flachenecker, LThK3 3 (1995) Sp. 763 f. – Ekkart Sauser, BBKL 15 (1999) Sp. 525 f. – Koschwitz (s. Ausg.) S. 527–532. – Paul Mai: Der hl. E. Bischof v. Regensburg. Lebensbilder aus der Gesch. des Bistums Regensburg. Bd. 1. Regensburg 1989, S. 38–53. SF Bruder Friedrich OCist. – Prediger. Der ansonsten unbekannte F. hielt 1452 eine Predigt von zwelf gnaden. Der in einer einzigen Handschrift u¨ berlieferte Text beschreibt diese Gnaden als Lohn f¨ur gute Werke, den sogar S¨under empfangen k¨onnen. Aus diesem Aufruf zu wohlt¨atigem Verhalten hat die Forschung auf ein weltliches Publikum der Predigt geschlossen. ¨ Uberlieferung: Heiligenkreuz, Stiftsbibl., Cod. 165, 201r–208v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair., Predigt von 1452). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 926. – Monika Marsmann: Die Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaak. Unters. und Edition. Diss. Mu¨ nchen 1971, S. 128. MM Ganser, Johannes. – Verfasser eines Briefs, Mitte 15. Jh. Der geb¨urtige Ulmer G. war zun¨achst Kaplan des Klarissenklosters S¨oflingen bei Ulm und 1483 Lesemeister und Beichtvater der Klarissen vom Kloster Paradies bei Schaffhausen. Aus einer Urkunde geht hervor, dass seine Mutter, die Witwe Anna Steinhuserin, ihm im Jahr 1461 in Ulm ihre ganze Hinterlassenschaft vermachte. Von G. ist lediglich ein Brief vom 22.12.1483 ¨ an die Abtissin des Klarissenklosters S¨oflingen bei Ulm, Christina Str¨olerin, erhalten. Es handelt sich um einen privaten Neujahrsbrief, dem als Geschenk zwei eingesalzene Rheinlachse beigef¨ugt sind, deren Behandlung und Zubereitung ¨ kenntnisreich beschrieben wird. Des Ofteren wird 1192

Von der Gnade Gottes G. auch in anderen S¨oflinger Briefen erw¨ahnt. → S¨oflinger Briefe und Lieder. Ausgaben: Georg Steinhausen: Dt. Privatbriefe des MA. Bd. 2. Berlin 1907, S. 86 (Nr. 80). – Max Miller: Die S¨oflinger Briefe und das Klarissenkloster S¨oflingen im Sp¨atMA. Diss. T¨ubingen 1940, S. 234–236 (Nr. 53). Literatur: Kurt Ruh, VL 2 2 (1980) Sp. 1070 f. – Miller (s. Ausg.) passim. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Bsp. der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 279. SF Der geistliche Freudenmai. – Erbauliches allegorisches Gedicht, 15. Jh. Das aus 19 vierzeiligen Strophen bestehende Ge¨ dicht geht nach der Uberschrift in der Hs. Helmst. 1240 auf die Vision einer Nonne zur¨uck, der sich Christus am Kreuz mit einem Blumenkranz geoffenbart habe. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1240 Helmst., 73r–75r. – Ebd., Cod. 1426 Helmst., 33r–34v. – Ebd., Cod. 1426 Helmst. 1313 (nur bis Str. 10). Alle drei Hss. stammen offenbar aus Nonnenkl¨ostern. Ausgabe: D. g. F. Hg. Ludwig Wolff. In: NdJb 83 (1960) S. 29–32. Literatur: Ludwig Wolff, VL2 2 (1980) ¨ Sp. 1161. – Erika Bauer: Die obd. Uberl. der Imitatio Christi. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache. Bd. 1 (Analecta Cartusiana 106,1). Salzburg 1983, S. 111–135, hier S. 135 (Nr. 15). – Monika Costard: Die ‹Imitatio Christi› im Kontext sp¨atma. Laienlekt¨ure im Mutterland der Devotia moderna. In: Aus dem Winkel in die Welt. Die B¨ucher des Thomas v. Kempen und ihre Schicksale. Hg. v. Ulrike Bodemann/Nikolaus Staubach (Tradition – Reform – Innovation 11). Frankfurt/M. 2006, S. 36–64, hier S. 63 (Nr. 99). BJ Geistliches Weizenkorn. – Passionstraktate des 15. Jh. I. «Item einen passion gezogen vf daz weiszen e korn, wie man das buwen, seyen, eren, schniden [...] vnd bachen m˚usz, vntz daz brot dor vsz wirt» (Freiburg, 31v). ¨ Uberlieferung: Freiburg i. Br., UB, Hs. 253, 31v–72r (Pap., 1487, oberrheinisch-s¨udalemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. Schwarzach 19, 2r–47v (Pap., 1480, els¨assisch). Das Passionsgeschehen wird nach Joh 12,24 f. unter dem Bild des Weizenkorns von der Saat bis 1193

Mitte 15. Jh. zum Backen und Verspeisen des Brotes dargestellt und ausgelegt. II. «Nysi granum frumenti cadens in terram mortuum fuerit [...]» (Cgm 793, 1r). ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 793 (Pap., um 1517, mittelbair.). – Ebd., Cgm 979 (Pap., 1520, mittelbair.). Der im Unterschied zu I. wesentlich umfangreichere Traktat behandelt dasselbe Thema in 20 Kapiteln. – Vgl. → Geistliche Weinrebe. Literatur: Albert V. Schelb, VL2 2 (1980) Sp. 1181 f. – Ders.: Die Handschriftengruppe ‹Do der minneklich got›. Ein Beitr. zur sp¨atma. Passionslit. Diss. Freiburg i. Br. 1972, S. 35 f., 37 Anm. 1. BJ Geistliche Wirtschaft. – Theologischer Kleintraktat des 15. Jh. Der Traktat eines unbekannten Autors vermittelt im Bild der «wirtschaft» (Mahlzeit), «die Cristus der herr hat mit ainer andachtigen sel», eine theologische Seelen- und Vollkommenheitslehre, die sich auf die → Augustinus zugeschriebene Schrift De spiritu et anima (Alchers von Clairvaux) bezieht. Der ¨ Prozess der Uberf¨ uhrung der «Seelenteile» durch «ged¨achtniß», «will» und «verstentniß» in die Stufen der Reinigung, Erleuchtung und Vollkommenheit wird hier als «geistliche Wirtschaft» bezeichnet. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4373, 269v–278r (Schreiberin: Elisabeth Sighartin. – Ebd., Cgm 5140, 330v–336v (beide zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1182. – Grete L¨uers: Die Sprache der dt. Mystik des MA im Werke der Mechthild v. Magdeburg. M¨unchen 1926, S. 300–302. – Kristina FreienhagenBaumgardt: Hendrik Herps ‹Spieghel der Volco¨ menheit› in obd. Ubersetzung. Ein Beitr. zur Rezeptionsgesch. ndl. Mystik im obd. Raum (Miscellanea Neerlandica 17). Leuven 1998, S. 71 f. BJ Von der Gnade Gottes. – Kurztraktat wahrscheinlich des 15. Jh. Ausgehend von der «definitio magistralis» → Bonaventuras, behandelt der sich durch straffe Dreigliederung auszeichnende Traktat «Von der gnaud gottes» Wesen, Ursprung und Nutzen der Gnade. Der dt. Bearbeiter war der franziskanischen Theologie verpflichtet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 605, 271r–273v (Pap, 15. Jh.) (B1). – Ebd., Mgo 640, 115r–117v (B2). 1194

Mitte 15. Jh. Ausgabe: Steer (s. Lit.) 1966, S. 124 f. Literatur: Georg Steer, VL2 3 (1981) Sp. 71. – Ders.: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). Mu¨ nchen 1966. – Ders., Germanistische Scholastikforschung I. In: Theologie und Philosophie 45 (1970) S. 221. BJ Fragen des Timotheus an Paulus. In dieser Mystikerhandschrift des 15. Jh. sind eine Reihe von Fragen u¨ berliefert, die Timotheus seinem Lehrer Paulus gestellt haben soll. Der Verfasser der F. ist unbekannt, auch wenn sie manchmal Pseudo → Dionysius Areopagita zugeschrieben werden, der seine Texte an einen Sympresbyter namens T. richtete. Aufgrund inhaltlicher Tendenzen hat man die F. auch in der Nachfolge Meister → Eckharts verortet. Die F. besch¨aftigen sich u. a. mit den Wesensz¨ugen des Menschen, die von Verdorbenheit bis zur Vollkommenheit reichen, aber auch mit dem Erlangen dieser Vollkommenheit. Weiterhin werden in den F. die Menschwerdung Christi und das Sakrament des Altars er¨ortert. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 33, 228v, 205r–207r, 209v–213r (Pap., Kirchheim, 1450, ostschw¨abisch). – Straßburg, UB, ms. 2795 (fr¨uher L.germ.662.4°), 318v–323v (Pap., 1440, ¨ obd.; unvollst¨andig). – Weitere Angaben zur Uberl. bei Spamer 1909 (s. Lit.) S. 353 f. Ausgabe: Auguste Jundt: Histoire du pantheisme populaire au moyen age et au seizi`eme si`ecle. Paris 1875 (Nachdr. Frankfurt/M. 1964) S. 246–252. Literatur: Volker Honemann, VL2 2 (1980) ¨ Sp. 798 f. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420, hier S. 345–354. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 324–331. MM Goldenes ABC. – Geistliche Prosa-«Abecedarien» in dt. Sprache, u¨ berliefert haupts¨achlich im 15. Jh. Im MA waren sog. «Abecedarien» a¨ ußerst beliebt. Es handelt sich dabei um Schriftst¨ucke mit divergierenden Inhalten, denen formal gemeinsam ist, dass die Anfangsbuchstaben der W¨orter am Anfang eines jeden neuen Textabschnitts alphabetisch angeordnet sind. Bei den geistlichen Abecedarien lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: Das sind zum einen Texte, die in alphabetischer Reihenfolge Regeln f¨ur ein 1195

Fragen des Timotheus an Paulus wahres christliches Leben auflisten und somit der religi¨osen Didaktik zugeordnet werden. In einer zweiten Gruppe wird das ABC zum Gegenstand erbaulicher Betrachtungen gemacht; dazu z¨ahlen auch Gebete und Lobpreisungen auf Christus und die Heiligen, besonders auf Maria (→ MarienABC). Das G. A., das sich der ersten Gruppe zurechnen l¨asst, bildet einerseits den Schluss des zweiten Kapitels des sog. Meisterbuchs, eines Werks der «Gottesfreundliteratur» (Rulman → Merswin). Andererseits ist es als selbstst¨andiges St¨uck in einer ¨ breit gestreuten Uberlieferung außerhalb des Meisterbuchs u¨ berliefert. Es ist anzunehmen, aber nicht endg¨ultig gekl¨art, dass das Meisterbuch die Quelle der Streu¨uberlieferung darstellt. M¨oglich w¨are aber ¨ auch eine gemeinsame a¨ ltere Uberlieferung des G. A. ¨ Uberlieferung: Textzeugen außerhalb des ‹Meisterbuchs›: Basel, UB, Cod. A. IX.2, 237rv (15. Jh.). – Ebd., Cod. A.X.130, 191r–192r (15. Jh.). – Ebd., Cod. E. VI. 2, 165v–168r (15. Jh.). – Berlin, SBB, Mgo 69, 180v–181v (14. Jh.). – Ebd., Mgo 517, 24rv (15. Jh.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 770 (olim 1261), 118r–120v (15. Jh.). – Freiburg, Di¨ozesanarch., Cod. Adelh. 017, f. 61–64. – Heidelberg, UB, Heid. Hs. 959, 263r–264r (um 1450). – Mainz, StB, Hs. I 215b (Anfang 15. Jh.; zwischen f. 114 und f. 115 eingeklebt). – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 482, 282rv. – ¨ Wien, ONB, Cod. 3009, 141r–142r (1437). – Z¨urich, ZB, Cod. A 131, 132rv (1393). Literatur: Walter R¨uegg: Abecedarien. In: LexMA 1 (1980) Sp. 18. – Peter Kesting, VL2 3 (1981) Sp. 77–80; 11 (2004) Sp. 544. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 138. SF Goltschlacher, Rudolf (Goldschlager) OP. – Prediger. Der Dominikaner G. war zun¨achst Lektor im N¨urnberger Kloster seines Ordens. 1437 zum Prior des Dominikanerklosters in Wien gew¨ahlt, trat er das neue Amt wahrscheinlich nicht an, weil sein Heimatkloster ein Veto einlegte. 1449 war G. Prior der Dominikaner in Bern, kehrte aber bald darauf nach N¨urnberg zur¨uck. 1451 an der Klosterreform in Bamberg beteiligt, wurde er dort im selben Jahr 1196

Bruder Heinrich I 1. Prior der Observanz und sp¨atestens 1456 Prioratsverwalter. Daneben trat G. mit Predigten her¨ vor. Zuschreibung und Uberlieferung seines Werks sind teilweise unsicher. Als gesichert gilt G.s Autorschaft der Kollektaneen-Sammlung De diversis generibus meditationum (Hs. Cent. VII 41). Darin sind (wahrscheinlich eigenh¨andige) Notizen f¨ur Predigten und Unterricht versammelt, die G. auch mit einem genauen Register versehen hat. Er bedient sich in der Sammlung etwa bei → Jacob von J¨uterbogk (Tractatus de arte bene moriendi) und → Guido von Alet (Hystoria de spiritu Gwidonis). Außerdem ist eine Predigt G.s u¨ ber Apg 9,6 erhalten, die er wohl um 1448 vor den Augustinerinnen in Kloster Pillenreuth gehalten hat (Hss. Cent. VI 43g und Cod. 1066). Darin spricht G. von der rechten Art, eine geistliche Fastnacht zu feiern. Inhaltlich reicht die sich am Verlauf eines Festmahls orientierende Predigt von al¨ legorischen Uberlegungen zur Passion Christi bis zu Ausf¨uhrungen uber angemessene Spr¨unge und ¨ T¨anze. Obwohl in der Apg-Predigt ein Fastnachtskrapfen erw¨ahnt wird, d¨urfte G. nicht der Verf. des → Geistlichen Fastnachtskrapfens gewesen sein, der heute Johannes Eschenbach zugeschrieben wird. H¨ochst unsicher ist auch die Zuschreibung zweier weiterer Predigten an G. (Hs. Cent. VI 43g, 179v–196r). Sie besch¨aftigen sich mit Bibelstellen sowie mit dem → Geistlichen Mai und wurden wohl von einem Dominikaner geschrieben, wie inhaltliche Verweise auf → Thomas von Aquin u. a. nahelegen. Eine Autorschaft G.s ist daraus aber nicht abzuleiten. ¨ Uberlieferung: De diversis generibus meditationum: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII 41, 1r–276v (Pap., Predigerkloster N¨urnberg, drittes Viertel 15. Jh., wohl Autograph). – Predigt u¨ ber Apg 9,6: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI 43g, 173v–179v (Pap. und Perg., Katharinenkloster N¨urnberg, 2. H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Sankt Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1066, 89va–94va (Pap., Sankt Gallen). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 3 (1981) Sp. 96–98. – Gustav Scherrer: Verz. der Hss. der Stiftsbibl. von St. Gallen. Halle/Saale 1875 (Nachdr. Hildesheim/New York 1975) S. 396 f. – Gabriel M. L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. Studien und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1924, 1197

Mitte 15. Jh. S. 15, 69–73. – Ders.: Das N¨urnberger Predigerkloster im 15. Jh. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 39 (1944) S. 223–232, hier S. 224, ¨ 228. – Ders.: Uber die Heimat einiger dt. Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden. In: ZfdA 82 (1948–50) S. 173–178. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 98–102. – Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg 1400–1556. Bearb. v. Johannes Kist. W¨urzburg 1965, S. 140. – Dies.: Die lat. ma. Hss. 1: Die theol. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 2,1). Wiesbaden, 1967, S. 349 f. – D. Schmidtke: Studien zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 239 f. u. o¨ . MM Hammenstede, Barthold. – Magister und Baccalaureus der Hl. Schrift, 15. Jh. Von H. sind in der Wolfenb¨utteler Handschrift Cod. 785 Nov., 41r-42r (15. Jh.) Ausz¨uge aus Predigten in lat. und nd. Sprache u¨ berliefert. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 3 (1981) Sp. 428 f. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. in Wolfenb¨uttel und einigen benachbarten Bibliotheken (Nachrichten der G¨ottingischen Ges. der Wiss., Philol.-hist. Classe. Beiheft). G¨ottingen 1902, S. 150. BJ Bruder Heinrich I. – Barf¨ußerm¨onch, 15. Jh. H. ist nur in einem eigenh¨andig verf. Brief vom 17.5.1446 nachweisbar. Danach war er der Sohn des Heilbronner B¨urgers Paul Dinkelsb¨uhl und Dr. des kanonischen Rechts. Urspr¨unglich den Maulbronner Zisterziensern beigetreten, wechselte er um 1446 als Novize zu den Barf¨ußern der strengen Observanz. Offenbar bestanden aber noch finanzielle Verpflichtungen von H.s Vater gegen¨uber den Zisterziensern. In seinem Brief entsagt H. nun aller weltlichen Besitzt¨umer und entbindet seinen Vater sowie die Stadt Heilbronn von ihren Verpflichtungen. Auch bittet er den Maulbronner Abt um einen Verzicht auf seine Forderungen. Interessant ist hier die Verbindung von weltlichen Angelegenheiten mit theologischen Argumenten. H. verweist n¨amlich auf die Bedeutung der Armut f¨ur die Bettelorden seit den Heiligen Peter und Paul. Er betrachtet die v¨ollige Erf¨ullung des Armutsgel¨ubdes als notwendig, um glaubw¨urdig gegen Habsucht und Geiz predigen zu k¨onnen. Das von H. selbst 1198

Mitte 15. Jh. als «offener Brief» bezeichnete Dokument tr¨agt das Siegel des Guardians von Pforzheim. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, Staatsarch., Heilbronner Urkunden (Perg., Heilbronn, 17.5.1446, Autograph H.s). Ausgaben: Gebhard Mehring: Eines Karmeliterbruders Lob der Armut. In: W¨urttembergische Vierteljahrsh. f¨ur Landesgesch. NF 12 (1903) S. 69 f. – Urkundenbuch der Stadt Heilbronn 1. Bearb. v. Eugen Knupfer. Stuttgart 1904, S. 337 (Nr. 642). Literatur: Wolfram Schmitt, VL2 3 (1981) Sp. 677 f. MM Heinrich von Offenburg. – Augustinerprior, 15. Jh. H., 1449 und 1467 bezeugt, war Prior der ¨ Straßburger Augustiner. Uberliefert ist er als Prediger in zwei Berliner Handschriften, darunter die Predigtsammlung der Agnes Sachs. Zu den von H. behandelten Themen geh¨oren die Heilige Kommunion und die Ausgießung des Heiligen Geistes (beide in mgq 35). H.s Stil ist einerseits gelehrt und mischt die Definitionsgenauigkeit der Scholastik mit zahlr. Bez¨ugen auf die Bibel und die Kirchenv¨ater (v. a. → Augustinus), aus denen H. ausgiebig zitiert. Auch allegorische Interpretationen sind in die Texte eingestreut. Auf der anderen Seite beherrscht H. die Kunst, durch allt¨agliche und volkst¨umliche Beispiele und Formulierungen bildstarke und lebensnahe Predigten zu schaffen, was besonders die zwei Ansprachen in mgq 206 pr¨agt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SB, mgq 35, 70v–92v (Pap., Kloster Sankt Nikolaus in undis Straßburg, um 1435, els¨assisch). – Berlin, SB, mgq 206, 222v–233v (Pap., zweites Viertel 15. Jh., els¨assisch, Schreiberin Agnes Sachs). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 3 (1981) Sp. 854 f. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Hs.sammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibliotheksgesch. Diss. T¨ubingen 1956, S. 17–29. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 525 f. – Luzian Pfleger: Zur Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907, S. 61–63. – Andreas R¨uther/Hans-Jochen Schiewer: Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. Hist. Bestand, Gesch., Vergleich. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich 1199

Heinrich von Offenburg Germanistik der FU Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. H.-J. S./Volker Mertens. T¨ubingen 1992, S. 169–193. MM Heinrich von Rubenach ¨ (Henricus de Revenaco) OP, † 1493 Koblenz. – K¨olner Dominikaner des 15. Jh.; vermeintlicher Verfasser einer Quaestionensammlung. H., der sich 1450 an der K¨olner Universit¨at eingeschrieben hatte, war sp¨ater dort Theologieprofessor. 1455 ist er als Provinzial der su¨ ddt. Dominikanerprovinz bezeugt; 1456 wurde der angesehene Prediger zum Weihbischof von K¨oln und sp¨ater von Mainz ernannt. Ihm wurde f¨alschlich eine umfangreiche dt. Quaestionensammlung zugeschrieben. Vgl. dazu Meister → Heinrich zu N¨urnberg und Vater → Heinrich. Literatur: Peter Kesting, VL2 3 (1981) Sp. 869. – Paulus v. Lo¨e: Statistisches u¨ ber die Ordensprovinz Teutonia (Quellen und Forsch. zur Gesch. des Dominikanerordens 1). Leipzig 1907. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: Mitt. des Vereins f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213. – Schr. des Arnold Heymerick. Hg. v. Friedrich Wilhelm Oediger. Bonn 1939. – Gerhard Eis/Gundolf Keil: Nachtr¨age zum VL. In: PBB (Tu¨ b.) 83 (1961) S. 167–226. – Friedhelm Ju¨ rgensmeier: R. (Revenaco), H. v. (OP, gest. 1493). In: Die Bisch¨ofe des Heiligen R¨omischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biogr. Lex. Hg. v. Erwin Gatz. Berlin 1996, S. 601. SF Hermann von Linz (Lienz/Tirol ?). – Sentenzenautor. Auf H. geht eine Sentenz aus dem 14. Jh. zur¨uck, die im Buch der Vollkommenheit des PseudoEngelhart von Ebrach u¨ berliefert ist. Inhaltlich unterstreicht sie das Allwissen der Trinit¨at, die alle Leiden des Menschen vorhersehen k¨onne. Es liegt neben der wohl urspr¨unglichen Prosafassung auch eine Reimpaar-Version der Sentenz vor. Von deren acht Versen werden jedoch nur die ersten vier H. zugeschrieben. ¨ Uberlieferung: Vgl. das Buch der Vollkommenheit des Pseudo-Engelhart von Ebrach. Ausgabe: Die Wolfenb¨uttler Hs. 2. 4. Aug. 2°. Hg. v. Karl Euling (Kleinere mhd. Erz¨ahlungen, Fabeln und Lehrgedichte 2; DTM 14). Berlin 1908, 1200

Eine geistliche Geißel S. 120, Nr. 667, Z. 1–4 (metrische Fassung). – Eis 1965 (s. Lit.). Literatur: Volker Honemann: Engelhart von Ebrach. In: VL2 2 (1980) Sp. 555 f. – Ders., VL2 3 (1981) Sp. 1071 f. – Wilhelm Preger: Gesch. der dt. Mystik im MA 2. Leipzig 1881, S. 135. – Albert Auer: Leidenstheologie im Sp¨atMA (Kirchengeschichtliche Quellen und Stud. 2). Sankt Ottilien 1952, S. 91 f. – Gerhard Eis: Die Sentenz des Bruders H. v. L. In: Neuphilol. Mitt. 66 (1965) S. 229–234. MM Emmeram-Legende. – Bair. Prosalegende, entstanden wohl im 15. Jh. im Kloster St. Emmeram. Der im Umkreis der Regensburger Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) u¨ berlieferten Legende diente De vita et virtutibus beati Emmerammi des → Meginfried von Magdeburg als Hauptvorlage, die zahlreichen angef¨ugten Mirakelerz¨ahlungen zeigen den Einfluss des Liber de miraculis S. Emmerammi des → Arnold von St. Emmeram. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 3972, 223r–228r. – Ebd., Cgm 3973, 197v–203v (beide Mitte 15. Jh.) – Ebd., Cgm 4879, 60r–67r (1460). Alle drei Hss. stammen aus dem Benediktinerkloster St. Emmeram, Regensburg. Ausgabe: Karl Babl: Emmeram v. Regensburg. Legende und Kult (Thurn-und-Taxis-Stud. 8). Kallm¨unz 1973, S. 76 f. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 519. – Wimmer/Melzer (61988) S. 247 f. – Babl (s. Ausg.) S. 77–82. – W. Williams¨ Krapp: Die dt. Ubersetzungen der Legenda aurea [...] In: PBB (T¨ub.) 101 (1979) S. 252. – Ders.: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ih¨ rer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. Tu¨ bingen 1986. SF Eine geistliche Geißel. – Aszetischer Kurztraktat, vor 1421 entstanden. Der Traktat entstand in einem kl¨osterlichen Umfeld, m¨oglicherweise im N¨urnberger Katharinen¨ kloster, aus dem ein Großteil der Uberlieferung stammt. Meist in Sammelhandschriften u¨ berliefert, steht die G. darin oft neben Predigten und → Eckhart-Texten. Geschrieben ist die G. in dt. Sprache mit u¨ berwiegend alemannischen, nu¨ rnbergischen und schw¨abischen F¨arbungen. Der Text wird meist emblematisch von der Zeichnung einer G. begleitet, mit der die Leser sich kasteien sollen. 1201

Mitte 15. Jh. Der Stab der G. wird mit g¨ottlicher Liebe identifiziert, ihre sieben Schn¨ure mit monastischen Tugenden: Demut, Geduld, Gehorsam, Keuschheit, M¨aßigung, Armut und br¨uderlicher Liebe. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1915, 65v–71r (Pap., 15. Jh., alemannisch). – Zweibr¨ucken, Bibliotheca Bipontina, Hs 33, 74v–81v (Perg., erste H¨alfte 15. Jh.). – Klagenfurt, Bisch¨ofliche Bibl., Cod. XXX e 7, 186v–202r (Pap., 1421, schw¨abisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 54, 35r–44v (Pap., Katharinenkloster, um 1421–23, n¨urnbergisch). – Berlin, SBB, Mgq 166, 354r (Pap., 1435, els¨assisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 411, 1v–11ra (Pap., Augsburg, 1436, ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgo 137, 1r–18v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, zweites Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5249/64, 1r–18v (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, zweites Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43e, 198v–204r (Pap., Katharinenkloster, 1454 und sp¨ater, n¨urnbergisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 784, 78r–83r (Pap., Scheyern, 1458, mittelbair.–ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgq 1130, 18v–25r (Pap., Kartause Buxheim, 1474, schw¨abisch). – Z¨urich, ZB, Cod. C 162, 282v–293v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch). – Berlin, SBB, Mgq 1929, 164r–172v (Pap., Kloster Medingen [?], sp¨ates 15. Jh., n¨urnbergisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1162. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 2: Die Hss. in Quartformat (Mitt. aus der Preußischen SB VIII). Leipzig 1926 (Nachdr. Graz 1970) S. 191 f. – Hermann Menhardt: Handschriftenverz. der K¨arntner Bibl. 1: Klagenfurt, Maria Saal, Friesach (Handschriftenverz. o¨ st. Bibl., K¨arnten 1). Wien 1927, S. 58. – H. Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 3: Die Hss. in Oktavformat (Mitt. aus der Preußischen SB IX). Leipzig 1932 (Nachdr. Graz 1970) S. 54 f. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibliotheksgesch. Diss. T¨ubingen 1956, S. 29–32. – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. (Die Hss. der StB N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 86–96, 173–178. – Dies.: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 192–199. – Beat Matthias von Scarpatetti: Die Hss. der Stiftsbibl. St. Gallen. Beschreibendes Verz. Codices 1726–1984 1202

Mitte 15. Jh. (14.–19. Jh.). Sankt Gallen 1983, S. 191–193. – K. Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Cgm 691–867 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,5). Wiesbaden 1984, S. 333–341. – Thomas Lentes: ‹Andacht› und ‹Geb¨arde›. Das religi¨ose Ausdrucksverhalten. In: Kulturelle Reformation. Sinnformationen im Umbruch 1400–1600. Hg. v. Bernhard Jussen/Craig Koslofsky. G¨ottingen 1999, S. 59–61. – Lars G. Svensson: Die Gesch. der Bibliotheca Bipontina. Mit einem Kat. der Hss. (Beitr. zur pf¨alzischen Gesch. 21). Kaiserslautern 2002, S. 269–271. – K. Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Die ma. Fragm. Cgm 5249–5250 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,8). Wiesbaden 2005, S. 115 f. MM Ludwig von Toulouse. – Dt. Legenden. Im Februar 1274 wohl in Brignoles/Provence geboren, wurde der Sohn Karls II. von Anjou, K¨onigs von Sizilien, in Neapel und in der Provence erzogen. 1288–95 war L. f¨ur seinen Vater mit seinen beiden j¨ungeren Br¨udern in Katalonien in Geiselhaft. Durch zwei Franziskaner kam er in Kontakt mit Petrus Johannis Olivi. Nach dem Tod seines a¨ lteren Bruders verzichtete L. zugunsten seines j¨ungeren Bruders auf die Krone. 1296 zum Priester geweiht, nahm der die Ernennung zum Bischof von Toulouse im selben Jahr unter der Bedingung an, in den Franziskanerorden eintreten zu d¨urfen. L. starb 1297 auf dem Weg nach Rom, um dem Papst seine Demission anzutragen, in seinem Geburtsort. Er wurde 1317 heiliggesprochen (Fest 19. August). Der Kult L.s fand bis zum 15. Jh. vor allem in Katalonien, im Languedoc und in Italien Verbreitung. Im deutschsprachigen Bereich sind sieben dt. Fassungen einer Legende L.s bekannt, die alle auf die lat. Vita des Johannes de Orta zur¨uckgehen. Ausgaben: Johannes de Orta, in: Analecta Bollandiana 9 (1890) S. 281–553. – Processus Canonizationis et Legendae variae S. Ludovici OFM (Analecta Franciscana 7). Florenz 1951, S. 331–380. 1. Eine eng am Wortlauf dfer Orta-Vita blei¨ bende alemannische Ubersetzung des 15. Jh., vermutlich durch einen Geistlichen mit sehr guten Lateinkenntnissen (d). Eine Umgestaltung nach chronologischen Aspekten erfuhr der Text durch einen Redaktor. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Don. 453, 61r–103r (d). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5115, 2r–103r. 1203

Ludwig von Toulouse Ausgabe: Hopfgartner, Bd. 1, S. 47–114. 2. Eine ebenfalls eng beim Wortlaut der Vorlage ¨ bleibende Ubersetzung des 15. Jh., die vermutlich im Elsass entstanden ist. Es wird nur ein Teil der lat. Vita u¨ ebrsetzt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 192, 293v–320r (b). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 79.1. Aug. 2°, 349vb–356ra (Auszug) (w). – Eine weitere Hs. ist eventuell beim Brand der Straßburger UB 1870 zerst¨ort worden. Ausgaben: Hopfgartner, Bd. 2, S. 282–316 (b). – Konrad Kunze (Hg.). Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 10). Tu¨ bingen 1983, S. 303–310 (w). 3. Die Fassung mit dem geschicktesten Erz¨ahl¨ stil aller Ubersetzungen ist alemannischen und in ¨ der Uberarbeitung und Erweiterung der Mu¨ nchner Handschrift der Fassung I nicht un¨ahnlich. St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 589, S. 283–376. – ¨ ebd., Cod. 603, S. 572–684. – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Cod XXII (22), 206ra–242va. – ¨ Wien, ONB, Cod. 2837, 151ra–204va. Ausgabe: Hopfgartner, Bd. 2, S. 358–480. 4. Bairisch-¨osterr. Legende in einem Brevier in zum Teil versifizierten Lektionen, um 1400. ¨ Uberlieferung: Graz, UB, Cod. 1620. Ausgabe: A. Jeitteles (Hg.): Mitt. aus Grazer Hss.: 8. Legende vom hl. L. v. T. In: Germania 31 (1887) S. 99–116. 5. Unvollendet blieb die Fassung des Basler Kart¨ausers Ludwig → Moser. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, Cod. A IX 27, 247r–248r, 249r–252v, 253r. 6. Eine mittelfr¨ankische Kurzfassung. Incipit: «Johannes busschof eyn knecht der knechten godes». ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1687, 83ra–87rb. – London, Univ. College Library, Ms. germ. 17, 233ra–239ra. 7. Eine weitere mittelfr¨ankische Fassung. Incipit: «Ludowicus was eyn eyrst geboren son». ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., GB 2° 88, 214va–216vb. – Bonn, UB, Cod. S 2054, 217v–220v. Literatur: Siegfried Gr¨an, LCI 7 (1974) Sp. 442–445. – Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 1033–1035. – Andr´e Vauchez: L. v. Anjou. In: LexMA 5 (1991) Sp. 2202 f. – Ludwig Vones, LThK3 6 (1997) Sp. 1103 f. – Johannes Madey, BBKL 16 (1999) Sp. 965 f. – Oktavian Schmucki, RGG4 5 (2002) Sp. 543. – Victor Zeidler: Die Legenden des hl. L. v. T. In: ZfdA 1204

Gertrud von Nivelles 34 (1890) S. 235–241. – Beda Kleinschmidt: St. L. v. T. in der Kunst. In: Archivum Franciscanum Historicum 2 (1909) S. 197–215. – Margaret R. Toynbee: St. Louis of T. and the Process of Canonisation in the 14th Century. Manchester 1929. – C´elestin Vielle: St-Louis d’Anjou, son temps, son culte. Vanves 1930. – L´eon Chancerel: S. Louis d’Anjou. Paris 1943. – Alban Heysse: De vita S. Ludovici ep. Tolosani contenta in codd. Paris. Nat. lat. 5376 et Ottob. lat 2516. In: Archivum Franciscanum Historicum 40 (1947) S. 118–142. – M. H. Laurent: Le culte de St-Louis d’Anjou a` Marseille en XIVe si`ecle. Rom 1954. – Edith P´asztor: Per la storia di S. Ludovico d’Angi`o. Rom 1955. – Willibald Hopfgartner: Die mhd. Viten des hl. Bischofs ¨ L. Editon, Glossar und Unters. der zwei Ubersetzungen und einer Bearbeitung der lat. Vita des Johannes de Orta. 2 Bde., Diss. masch. Innsbruck 1972. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 434. – Christian Heitzmann: Die ma. ¨ Hss. der Leopold-Sophien-Bibl. in Uberlingen. In: Schr. des Ver. f¨ur Gesch. des Bodensees und seiner Umgebung 120 (2002) S. 41–103, hier S. 61–63. – Beat Matthias v. Scarpatetti: Die Hss. der Stiftsbibl. St. Gallen. Bd. 1: Abt. IV, Codices 547–669. Hagiographica, Historica, Geographica, 8.–18. Jh. Wiesbaden 2003, S. 162–166. – Elisabeth Wunderle: Zur Datierung des Mu¨ nchner Cgm 5115. In: ZfdA 138 (2009) S. 508. BJ Gertrud von Nivelles. – Dt. Legenden. Die hl. G. (626–659) wurde als Tochter des aus¨ trasischen Hausmeiers Pippins des Alteren geboren ¨ und war eine Schwester der Abtissin Begga von Andenne an der Maas. G. trat im Alter von 14 Jahren in das von ihrer Mutter Iduberga gestifteten Kloster Nivelles bei Br¨ussel ein und leitete als ¨ Abtissin zeitweise die Abtei. Die Heilige, die sich durch große Belesenheit und Schriftkenntnis auszeichnete, machte sich besonders um die Armen und Kranken verdient und k¨ummerte sich auch um Wandergesellen und Reisende. Zum Abschied oder zur Vers¨ohnung trank man im MA h¨aufig die «St. Gertrudenminne». Ihr Festtag ist der 17. M¨arz. Um 670 entstand die erste lat. Vita (Vita prima; MGH SS rer. Merov. 2, S. 453–471), die im 11. Jh. eine Bearbeitung erfuhr (Vita tertia) und zur Vita tripartita erweitert wurde. 1205

Mitte 15. Jh. Bislang sind an dt. und ndl. Legendentexten neben sechs Legendarfassungen noch zw¨olf Prosaversionen bekannt, die wohl alle dem 15. Jh. entstammen. Nr. 1 entstammt als einziger der Texte dem s¨uddt. Sprachraum; er schildert nur die Episode vom seligen Tod der G., die sich auch im lat. Provincia-Anhang der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) findet und als Erg¨anzung der Els¨assi¨ schen Legenda aurea in els¨assischer Ubersetzung in die Handschrift M¨unchen, BSB, Cgm 343, 182r, eingef¨ugt wurde. Nr. 2–5 und 8 sind ausschließlich in ndl. Handschriften erhalten. Nr. 6 ist wahrscheinlich ripuarischer Herkunft und ist als Sondergut in sieben Handschriften der S¨udmndl. Legenda aurea, in einem K¨olner Legendar und einer weiteren Handschrift uberliefert. ¨ ¨ Uberlieferung: Hss. der S¨udmndl. Legenda aurea: Darmstadt, LB, Hs 814, 151ra–154ra. – Ebd., Hs 2196, 107vb–110va. – G¨ottingen, SB/LB, Cod. ms. theol. 200, 223r–227v. – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Cod. W 165, 111rb–114ra. – Ebd., Cod. W 169, 211rb–214ra. – Trier, StB, Hs. 1185/487 4°, 106vb–110vb. – Ferner: Berlin, SBB, Mgq 1687, 298ra–300vb (Pap., 1463, ripuarisch). – D¨usseldorf, UB/LB, Ms. C 96 (Pap., um 1500. mnd.). Im Jungfrauenteil des Legendars Berlin, SBB, Mgq 524, 132r–143v (um 1480) findet sich eine westf¨alische Legendenfassung mit zw¨olf Mirakeln, der die Vita tripartita als Vorlage diente. Nr. 9 ist in allen Drucken der S¨udmndl. Legenda aurea u¨ berliefert und ist daher vielleicht in einen Zusammenhang mit deren Drucklegung zu stellen. Als Quelle diente wohl die Vita tertia. Nr. 10, ein knapper Text in nd. Sprache, findet sich als Sondergut zur S¨udmndl. Legenda aurea in der Abschrift des Johann Neteler in Kloster Marienstuhl. ¨ Uberlieferung: Hannover, LB, Ms. I 189a (Pap., 1480, nd.). Die geistliche Sammelhandschrift Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen, B VI 2, 203r–220r (aus dem Augustinerinnenkloster Frauenweiler bei Bedburg, 1538) u¨ berliefert gemeinsam mit Legenden von sieben anderen Heiligen den ripuarischen Text Nr. 11. Die in der Handschrift Bielefeld, Bibl. des Landeskirchenamtes, Cod. A 3, 78r–79r, enthaltene Legende Nr. 12 geh¨ort zu den → Buchwaldschen Heiligenpredigten. 1206

Mitte 15. Jh. Ausgabe: Konrad Kunze (Hg.): Jacobus de Voragine. Die els¨assische ‹Legenda aurea› 2: Das Sondergut (TTG 10). Tu¨ bingen 1983, S. 344. Literatur: Angelo M. Raggi, Bibliotheca Sanctorum 6 (1965) Sp. 288. – Lotti van Looveren, LCI 6 (1974) Sp. 406–408. – M. J. H. Madou: Gertrude de N. In: DHGE 20 (1984) Sp. 1065–1068. – Wimmer/Melzer (61988) S. 319 f. – Marc van Uytfanghe, LexMA 4 (1989) Sp. 1356 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 232 f. – Matthias Werner, LThK3 4 (1995) Sp. 539. – Martina Hartmann, RGG4 3 (2000) Sp. 761. – Karin Schneider, VL2 11 (2004) Sp. 520–522. – Joseph Braun: Tracht und Attribute der Heiligen in der dt. Kunst. Stuttgart 1943. Berlin 41992, S. 294–298. – Jean de Vincennes: Gertrude. Dame de Nivelles. Br¨ussel 1954. – Iconographie de l’art chr´etien 3/2. Hg. v. Louis R´eau. Paris 1958, S. 586 f. – Matthias Zender: R¨aume und Schichten ma. Heiligenverehrung in ihrer Bedeutung f¨ur die Volkskunde. D¨usseldorf 1959. 21973, S. 89–143, 264–266. – Reclams Lex. der Heiligen und der biblischen Gestalten. Legende und Darstellung in der bildenden Kunst. Hg. v. Hiltgart L. Keller. Stuttgart 1968. 9 2001, S. 228 f. – Bernhard Schemmel: Sankt Gertrud in Franken. Sekund¨are Legendenbildung an Kultst¨atten. In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 30 (1968) S. 7–153. – Gerd Heinz-Mohr: Lex. der Symbole. Bilder und Zeichen der christlichen Kunst. D¨usseldorf 1971. Neudr. Mu¨ nchen 1998, S. 244. – Kunze 1983 (s. Ausg.). S. XXXIX–XLV, LVII. – Brigitte Derendorf: Die mnd. Bearbeitungen der Legenda aurea. In: NdJb 107 (1984) S. 7–31, hier S. 18–28. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 415 f. – Alain Dierkens: Saint-Amand et la fondation de l’abbaye de Nivelles. In: Revue du Nord 68 (1986) S. 325–334. – Klaus Herbers u. a. (Hg.): Mirakelber. des fr¨uhen und hohen MA. Lat. und dt. (Freiherr-vom-SteinGed¨achtnisausg., Reihe A, Bd. 43). Darmstadt 2005, passim. – Rudolf Schieffer: Die Karolinger. Stuttgart 1992. 42006, S. 18–22. – Manfred BeckerHuberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 134. SF Marina. – Lat. und dt. Legenden. Die orientalische Legende berichtet vom Klostereintritt der als M¨onch Marinus verkleideten hl. M. (Fest: 12. Februar; weitere Festtage ergeben sich 1207

Marina aus Verwechslungen mit gleichnamigen Heiligen). Als man ihr dort vorwirft, ein Kind gezeugt zu haben und sie verst¨oßt, erduldet sie die Anklage widerspruchslos. Erst nach ihrem Tod entdeckt man, dass eine Frau unter den Klosterbr¨udern gelebt hat. Darstellungen zeigen M. h¨aufig als Nonne oder Einsiedlerin mit Kind. Im lat. Abendland ist die Legende zuerst in den → Vitaspatrum fassbar (BHL 5528). Es lassen sich verschiedene Legendentypen und Lesarten der lat. Legende unterscheiden, eine abweichende Version bringt das → Magnum Legendarium Austriacum; ferner existiert eine Reimlegende (BHL 5530). I. Dt. Versfassungen. 1. Van der hilgen juncfruwen sunte Marinen. Nd. anonymes Gedicht von 330 Versen, entstanden wohl in der zweiten H¨alfte des 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1203, 72r–80v. Ausgaben: Paul Jakob Bruns: Romantische und andere Gedichte in altplattdt. Sprache. Berlin 1798, S. 141–158. – Carl Schr¨oder: Vruwenlof. Van sunte Marinen. Mnd. Gedichte. Erlangen 1869, S. 23–35. – Clugnet (s. Lit.) S. 139–147. 2. Eine dt. Versfassung in 242 Versen findet sich auch im → Passional. Ausgabe: Friedrich Karl K¨opke (Hg.): Das Passional. Quedlinburg 1852, S. 305–307. – Clugnet (s. Lit.), S. 128–134. II. Dt. Prosafassungen. 1. Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 56vb–58rb (1478). Inc. «Es was ein man in einualtigem leben e der hatt ein kind das waz ein dochterlin». 2. London, British Library, Add. Ms. 15700, 155r–166v (1485) Inc. «Marina was ein schone junckfraw. Ir vater wolt sye opffern». 3. Im Corpus der dt. Vitaspatrum-Prosa fin¨ den sich vier M.-Legendenfassungen: Eine Ubersetzung des Kart¨ausers Heinrich → Haller vom Jahr 1467 u¨ berliefert Innsbruck, UB, Cod. 635, 219v–225v; Autograph. Eine zweite Fassung findet sich in Berlin, SBB, Mgf 1110, 175va–177ra. – Ebd., Mgq 17, 161r–163r. – Darmstadt, UB/LB, Cod. 817, 227va–230ra. Eine weitere Version bieten Heidelberg, UB, Cpg 90, 149rb–150va. – Ebd., Heid. Hs. 959, 201v–203r. – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 41, 171ra–172rb. – Straßburg, UB, Cod. 2626, 132v–133v. Die obd. Druckausgaben seit 1482 (z.B. Augsburg, Anton Sorg, 1482, 327v–331r) enthalten eine vierte Fassung. 1208

Hildegund von Schonau ¨ 4. Eine Exempelsammlung des 15. Jh. mit St¨ucken aus den Vitaspatrum und → Caesarius von Heisterbach enth¨alt ebenfalls eine dt. Prosafassung. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 4028, 102ra–103vb. – Salzburg, Nonnberg, Cod. 23 B 25, 59v–64r. Inc. «Man vint geschriben in dem puech der allten v¨ater von ainem weltlichenn mann der het ain tochter die hies Marina». 5. Auch als Teil von Legendaren sind dt. M.Prosalegenden u¨ berliefert, so in beinahe allen ¨ volkssprachlichen Ubertragungen der Legenda aurea, etwa in der Els¨assischen Legenda aurea (Ausgabe: Ulla Williams/Werner Williams-Krapp (Hg.): Die ‹Els¨assische Legenda aurea›. Bd. 1 (TTG 3). Tu¨ bingen 1980, S. 374 f, Nr. 83) sowie in Handschriften und Drucken von → Der Heiligen Leben. ¨ Uberlieferung: Vgl. W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ih¨ rer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. Ausgaben: Schr¨oder, S. 14–16. – Clugnet, S. 126–128, 137–139. Literatur: Karl Georg Kaster, LCI 7 (1974) Sp. 545 f. – Klaus Klein, VL2 6 (1987) Sp. 261. – Heike Grieser, LThK3 6 (1997) Sp. 1381. – Hermann Usener: Acta Marinae et Christophori. Bonn 1886. – L´eon Clugnet: Vie et office de Sainte Marine (Bibl. hagiographique orientale 8). Paris 1905. – Konrad Zwierzina: Der Pelagiatypus der fabulosen M¨artyrerlegende (Nachr. der G¨ottinger Ges. der Wiss., phil.-hist. Kl.). G¨ottingen 1927. – Giuseppe Rossi Taibbi: Martirio di S. Lucia. Vita di S. M. Palermo 1959. SF Hildegund von Schonau, ¨ † 20.4.1188. – Zisterzienserin; wurde in m¨annlicher Verkleidung Novize im Kloster Sch¨onau. Mehrere VitenFassungen von 1188 bis Anfang des 13. Jh. H. begleitete 1183 ihren Vater auf eine Pilgerreise ins Hl. Land; zum Schutz trat sie, auch nachdem der Vater w¨ahrend der Reise verstorben war, in M¨annerkleidung und unter dem Namen Joseph auf. 1185 wurde sie als Novize im Zisterzienserkloster Sch¨onau bei Heidelberg aufgenommen. Erst nach ihrem Tod am 20.4.1188 entdeckten ihre Mitbr¨uder, dass eine Frau unter ihnen gelebt hatte. H.s Leben und Sterben in Sch¨onau und ihr gesamter abenteuerlicher Lebensbericht 1209

Mitte 15. Jh. wurden schon 1188 von → Engelhard von Langheim in dessen Mirakelsammlung f¨ur die Nonnen von Wechterswinkel dargestellt, d. i. die urspr¨ungliche Vita (A; BHL 3936, De virgine inventa in ordine nostro et defuncta). Die von H. am Sterbebett dem Prior berichtete Lebensgeschichte ist formal als Ich-Erz¨ahlung gestaltet und nimmt den Großteil der Vita ein. Knapper werden als Rahmenerz¨ahlung das Leben im Kloster und die Ereignisse nach H.s Tod geschildert. ¨ Uberlieferung: A ist in zwei Redaktionen u¨ berl. F¨unf Hss. des 12.–14. Jh.: dazu Griesser (s. Lit) S. 57 und 71 f. – Oppel (s. Lit.) S. 11–16. Ausgaben: Joseph Schwarzer: Vita und Miracula aus Kloster Ebrach. In: Neues Arch. der Ges. f¨ur a¨ltere dt. Geschichtskunde [...] 6 (1881) S. 515–529. – Oppel (s. Lit.) S. 200–208. Eine metrische Version von 153 Hexametern entstand vor Ende 1191 (B; BHL 3937, Vita Hildegundis metrica). B richtet sich in Aufbau und Inhalt nach A. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 22227, 207v. – Zwettl, Stiftsbibl., Cod. 24 (→ Magnum Legendarium Austriacum), 308r-v (13. Jh.; Nachtrag). Ausgabe: Wilhelm Wattenbach: Vita H. metrica und andere Verse. In: Neues Arch. der Ges. f¨ur a¨ ltere dt. Geschichtskunde [...] 6 (1881) S. 533–536. Von A und B abh¨angig ist die Variante C (BHL 3939, Legenda s. H. virginis), entstanden vor 1220. Darin kommen Prolog und Gebetsschluss hinzu. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Bibl. Royale, Cod. 7503–18, 131v–132v (14. Jh.). Ausgabe: Catalogus codd. hagiograph. bibliothecae regiae Bruxellensis 2 (1889) S. 92–95. Version D (BHL 3940), → Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculorum I 40 (um 1220), ist eine Bearbeitung von C. Der in A, B, und C beibehaltene Aufbau (Rahmen- und Ich-Erz¨ahlung) wurde hier durch eine chronologische StoffAnordnung ersetzt. H.s Leben im Kloster wird im Vergleich zu den Vorg¨angern, wo das Augenmerk st¨arker auf H.s Erlebnissen vor dem Klostereintritt liegt, weit ausf¨uhrlicher dargestellt. Ausgabe: Joseph Strange: Caesarii Heisterbacensis monachi [...] Dialogus miraculorum. Bd. 1. K¨oln 1851, S. 47–53. Die Bearbeitung des Caesarius wurde auch ins Dt. u¨ bersetzt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 524, 185r–189r (Mitte 15. Jh., westf¨alisch). – Leipzig, UB, Ms 1279, 304v–311r (Leipzig, erste H¨alfte 1210

Mitte 15. Jh. 15. Jh.). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 16567, 129v–137r (zweite H¨alfte 15. Jh., alemannisch). Eine k¨urzere Fassung der Legende verzeichnet Williams-Krapp (s. Lit.) S. 419, Nr. 2: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 261, 217r–219r (geschrieben v. Anna → Ebin). Die Vorlage ist nicht gekl¨art. E (BHL 3938), entstanden wohl Anfang des 13. Jh., ist eine erweiterte Fassung eines angeblich vertrauten Mitbruders und Lehrers H.s. Ebenso wie D ist sie chronologisch angeordnet und erweitert die Klosterepisode gegen¨uber dem fr¨uheren Leben H.s. Diese umfangreichste Fassung E ist am deutlichsten literarisiert und weist legendenhafte Elemente sowie hagiographische und biographische Erg¨anzungen auf. Literatur: Friederike Tschochner-Werner, LCI 6 (1974) Sp. 537. – Franz Josef Worstbrock, VL2 4 (1983) Sp. 4–8; 11 (2004) Sp. 670. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 853. – Barbara Henze, LThK3 5 (1996) Sp. 107 f. – Maximilian Huffschmid: Beitr. zur Gesch. der Cisterzienserabtei Sch¨onau bei Heidelberg. In: Zs. f¨ur die Gesch. des Oberrheins 45 (1891) S. 416–449. – Herbert Thurston: The Story of St. H., Maiden and Monk. In: The Month 127 (1916) S. 145–156. – Herbert Derwein: Das Zisterzienserkloster Sch¨onau. Frankfurt/M. 1931, S. 29–35. – Bruno Griesser: Engelhard v. Langheim und sein Exempelbuch f¨ur die Nonnen von Wechterswinkel. In: Cictercienser-Chron. 70 (1963) S. 55–73. – Wilhelm Wattenbach/Robert Holtzmann: Deutschlands Geschichtsquellen im MA. Die Zeit der Sachsen und Salier. Tl. 1. Neuausg., besorgt v. FranzJosef Schmale. Darmstadt 1967. – Hans D. Oppel: Die exemplarischen Mirakel des Engelhard v. Langheim. Diss. masch. W¨urzburg 1976. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, Reg. S. 419, Nr. 1 und 3. – Andrea Liebers: ‹Eine Frau war dieser Mann›. Die Gesch. der H. v. S. Z¨urich 1989. – Valerie R. Hotchkiss: Disguise and Despair. The Life of H. v. S. In: Women as Protagonists and Poets in the German Middle Ages [...] (GAG 528). Hg. v. Albrecht Classen. G¨oppingen 1991, S. 29–41. – Franzjosef Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der UB Leipzig (DTM 70, 3). Berlin 1998, S. 174 f. – Kerstin Losert: Kleider machen M¨anner. Ma. Geschlechterkonstruktion und die 1211

Gansfort Legende der H. v. S. In: Invertito. Jb. f¨ur die Gesch. der Homosexualit¨aten 3 (2001) S. 68–94. – Martha G. Newman: Real men and imaginary women. Engelhard v. Langheim considers a woman in disguise. In: Speculum 78, 3/4 (2003) S. 1184–1213. – Andrea Rottloff: ‹St¨arker als M¨anner und tapferer als Ritter›. Pilgerinnen in Sp¨atantike und MA. Mainz 2007. SF Gansfort, Wessel (Goesevort, -voit, -voet; mit Humanistennamen Basilius, f¨alschlich auch Johannes G.), * um 1419 Groningen, † 1489 Groningen. – Theologe aus dem Umkreis der Devotio moderna und des ndl. Fr¨uhhumanismus. Der Sohn eines B¨ackers besuchte seit ca. 1432 die Stadtschule in Zwolle, wo er im Anschluss an seine Ausbildung als Lehrer wirkte. G. wohnte in einem Konvikt der Fraterherren und stand in Kontakt zu → Thomas Hemerken von Kempen, der im nahe gelegenen Kloster Agnetenberg lebte. 1449 nahm G. das Artesstudium in K¨oln auf (1452 Magister). Nach einem Parisaufenthalt (1454/55) war er bis 1456 an der albertinischen Laurentianerburse in K¨oln als Magister t¨atig und danach bis 1457 an der Universit¨at Heidelberg. Nach einem kurzen Verbleib in Zwolle ging G. 1458 wieder nach Paris, wo er sich ohne Lehrauftrag rund 15 Jahre aufhielt. G., der uber Griechisch-, Hebr¨aisch- und Arabisch¨ kenntnisse verf¨ugte und theologische, philosophische und medizinische Interessen gleichermaßen verfolgte (dabei aber nie Theologie oder Medizin studiert hat), wurde wegen seiner Gelehrsamkeit «Lux mundi» genannt und wegen seines Disputationstalents «Magister contradictionis». In Paris orientierte G. sich theologisch um, von der via antiqua der via moderna zu. Nach einer Romreise (1473) kehrte er indes nicht mehr nach Paris zur¨uck, nachdem in der Folge des Pariser Richtungsstreits der Nominalismus als Universit¨atslehre verboten worden war. (Schon 1471 hatte G. sich zur Vermittlung in diesem Streit zwischen Papst, K¨onig und Universit¨at in Rom aufgehalten.) Er wandte sich der ndl. Heimat zu, hielt sich dort bis zu seinem Tod an wechselnden Orten auf und bet¨atigte sich auch als Arzt. Er geh¨orte zum Kreis von Humanisten, der sich in der Zisterzienserabtei Adoard bei Groningen versammelte und dem u. a. Rudolf → Agricola, → Rudolf von Langen und Alexander → Hegius angeh¨orten. Die erhaltenen geistlichen und theologischen Schriften G.s sowie einige Briefe stammen s¨amtlich 1212

Gansfort aus der Zeit nach seiner R¨uckkehr in die Niederlande: die Sammlung verschiedener theologischer Schriften Farrago rerum Theologicarum, der Eucharistietraktat De sacramento de eucharistiae et audienda missa, der Passionstraktat De causis incarnationis. De magnitudine et amaritudine dominicae passionis libri duo, die Gebetslehre De oratione dominica und die Meditationslehre Scala meditationis. G. zeigt Distanz zu kirchlicher Hierarchie und propagiert Fr¨ommigkeit auch unabh¨angig von kirchlicher Vermittlung. Eine um/vor 1500 enstandene gek¨urzte und neu geordnete ndl. Fassung von De oratione Dominica ist das erste volkssprachliche Rezeptionszeugnis G.s. Die gesammelten Bl¨atter De dignitate et potestate ecclesiastica (aus der Farrago) fassen die wesentlichen Punkte der kirchenkritischen Ans¨atze G.s zusammen und fielen in der Zeit der fr¨uhen Reformation auf fruchtbaren Boden. Es verwundert daher nicht, ¨ dass von De dignitate et potestate zwei dt. Ubersetzungen erstellt und gedruckt wurden. Auch die u. a. in Wittenberg und Basel erschienenen Drucke der Farrago wirkten auf das allgemeine Reformklima ein. ¨ Uberlieferung: Hss. mit lat. Schr. G.s sind nicht erhalten, lediglich hsl. Notizen G.s in einer Cicero-Hs. des 14. Jh. (Groningen, UB Cod. 158). – Drucke einzelner Werke erschienen seit 1521/22. – Vollst. Druckverz. bei Huisman/Santing 1989, S. 13–23, vgl. auch VL2 11 (2004) Sp. 490–492. – De oratione Dominica ndl.: Leiden, UB, BPL 2889 (vormals Maastricht, Minderbroeders Ms. 3), 1r–50v (Pap., um 1500). – De dignitate et potestate ecclesiastica dt.: Von gaistlich gewalt vnd w¨urdigkhait warer vnd rechter gehorsam vnnd wievil der prelaten gepott vnnd gesatz die vnderthon verpinden. Augsburg 1522 (VD16 V 2706). – Das die vnderthanen beyder geystlicher vnd weltlicher oberkeyten ettwan nit zegehorsamen sonder jnen zewidersteen vnd sie von jren aemptern abzesetzen schuldig sind [...]. Straßburg 1530 (VD 16 J 602). Ausgaben: M. Wesseli Gansfortii Groningensis Opera. Groningen 1614. Hg. Petrus Pappus v. Trotzberg. Faks.nachdr. Nieuwkoop 1966 (Monumenta Humanistica Belgica 1). – De oratione Dominica ndl.: Anne Jacob Persijn: De oratione Dominica in een dietse bewerking. Assen 1964. Literatur: Adolf Brecher, ADB 42 (1897) S. 761–763 (Wessel, Johann). – Sarah D. Reeves, TRE 12 (1984) S. 25–28. – Rudolf T. M. van Dijk, Dict. Spir. 16 (1992) Sp. 1393–1396. – Arjo J. Vanderjagt, LThK3 10 (2001) Sp. 1114 f. – Franz-Josef 1213

Mitte 15. Jh. Worstbrock, VL 11 (2004) Sp. 487–500. – Carl Ullmann: Johann Wessel, ein Vorg¨anger Luthers. Hamburg 1834. – Edward Waite Miller: W. G., Life and Writings. Principal Works. Translated by Jared Waterbury Scudder. 2 Bde. New York/London 1917. – Maarten van Rhijn: W. G. Diss. Groningen 1917 (mit Bibliogr. 1540–1915). – M. van Rhijn: Stud. over W. G. en zijn tijd. Utrecht 1933. – Regnerus Richardus Post: De via antiqua en de via moderna bij bijftiende-eeuwse nederlandse theologen. Nijmegen/Utrecht 1964. – Heiko Oberman: Forerunners of the reformation. The shape of late medieval thought. New York u. a. 1966, mehrere Neuaufl., zuletzt Cambridge 2003. – Lee Daniel Snyder: W. G. and the Art of meditation. Diss. Cambridge MA 1966. – Gustav Adolf Benrath: Reformtheologen des 15. Jh. Johann Pupper v. Goch, Johann Ruchrath v. Wesel, W. G. (Texte zur Kirchen- und Theologiegesch. 7). G¨utersloh 1968. – Margaret H. Ogilvie: W. G.s Theology of Church Government. In: Nederlands Archief voor Kerkgeschiednis 55 (1975) S. 125–150. – Gerda C. Huismann/C. G. Santing (Hg.): W. G. en het noordelijk humanisme. Ausstellungskat. UB Groningen 1989. – F. Akkermann/G. C. Huismann/A. J. Vonderjagt (Hg.): W. G. (1419–1489) and Northern Humanism. Selection of papers presented at a Conference Covened at Groningen in the summer of 1989 (Brill’s Studies in Intellectual History 40). Leiden 1993 (mit Bibliogr. S. 387–414 und zahlr. relevanten Beitr.). – F. Akkermann: Agricola und der Humanismus im friesischen Raum. In: Rudolf Agricola. 1444–1485. Protagonist des nordeurop¨aischen Humanismus zum 550. Geburtstag. Hg. v. Wilhelm K¨uhlmann. Bern u. a. 1994, S. 49–66. – Charles M. A. Caspers: Magister consensus: W. G. (1419–1489) en de geestelijke communie. In: Trajecta – Tijdschrift voor de Geschiedenis van het Katholiek Leven in de Nederlanden 5 (1996) S. 97–110. – Toon van Houdt: W. G. (1419–1489) and Northern Humanism. In: Scriptorium 50 (1996) S. 204–209. – Marijn de Croon: ‹Wij geloven in God en in Christus. Niet in de kerk›. W. G. en Martin Bucer. Kampen 2004; engl. ¨ Ubers. u. d. T.: We believe in God and in Christ. Not in the church. The influence of W. G. on Martin Bucer. Louisville KY 2009. – Jaap Van Moolenbroek: The Correspondence of W. G.: An Inventory. In: Nederlands Archief voor Kerkgeschiedenis 84 (2004) S. 95–125. – A. Vanderjagt: W. G. (1419–1489) and Rudolph Agricola (1443–1485). 1214

Mitte 15. Jh. Piety and Hebrew. In: Fr¨ommigkeit – Theologie – Fr¨ommigkeitstheologie. Contributions to European church history (Studies in the history of Christian traditions 124). FS Berndt Hamm. Leiden u. a. 2005, S. 159–172. – Ders.: Mediating the Bible. Three Approaches. The Cases of Giannozzo Manetti (1396–1459), W. G. (1419–1489) and Sanctes Pagninus (1470–1536). In: Cultural mediators, artists and writers at the crossroads of tradition, innovation and reception in the Low Countries and Italy 1450–1650 (Groningen studies in cultural change 31). Hg. v. Annette de Vries. L¨owen u. a. 2008, S. 23–40. – Ders.: W. G.s (1419–1489) Use of Hebrew. In: Transforming relations. Essays on Jews and Christians throughout history. FS Michael A. Signer. Hg. v. Franklin T. Harkins. Notre Dame IN 2010, S. 265–284. VZ Hugo von Balma (Balmey), † 1304 (?). – Kart¨auserprior, Mystiker. H. war 1289–1304 Prior im Kart¨auserkloster Meyriat (Di¨ozese Lyon). Weitere Details u¨ ber sein Leben sind unbekannt; seine Gleichsetzung mit Heinrich von Balma oder Hugo de Dorche ist fragw¨urdig. Er verfasste nach 1250 den mystischaszetischen Traktat Theologia mystica, auch bekannt als De triplici via ad sapientiam oder Viae Sion lugent. Der Text wurde lange → Bonaventura zugeschrieben und mit dessen Werk breit u¨ berliefert (u. a. Einfluss auf Spieghel der volcomenhait, Johannes ¨ → Gerson, Nikolaus → Kempf). Aus den Ubersetzungen des Traktats in mehrere Sprachen sind ¨ im dt. Sprachraum die bair. Ubersetzungen des → Tegernseer Anonymus erw¨ahnenswert. Diese ¨ s¨uddt. Uberlieferungslinie entwickelte sich nach heutiger Kenntnis u¨ ber den ebenfalls von H. beeinflussten Johannes → Keck zu Vinzenz von Aggsbach. Auch wurde H.s Lehre zum direkten Vorbild spanischer Mystiker wie Eiximenis und franz¨osischer Kapuziner wie Benedikt von Canfield, Lawrence von Paris und Constantin von Barbanson. Inhaltlich weist die Theologia mystica Bez¨uge zu (Pseudo-)→ Dionysius Areopagita auf, auch zu dessen Kommentator → Thomas Gallus sowie → Augustinus, Cassian und → Richard von St. Victor. Der Text skizziert drei durch Meditation bef¨orderte Wege zur Weisheit («via purgativa», «via illuminativa» und «via unitiva») und er¨ortert ausf¨uhrlich die Rolle von Seele und Intellekt bei der Vereinigung mit Gott. 1215

Hugo von Balma ¨ Uberlieferung: Etwa 100 Hss., deren große Zahl auch durch falsche Zuschreibungen zustandekommt. So erscheinen H.s Texte teilweise als Werke Bonaventuras und Dionysius’ des Kart¨ausers; vgl. Stoelen 1969 (s. Lit.) Sp. 860, H¨over 1983 (s. Lit.). Ausgaben: Hugonis de Palma Theologia mystica sive trivium sacrum [...]. Hg. v. Abraham von Franckenberg. Amsterdam 1647. – Prosatori minori del trecento. Hg. v. Giuseppe de Luca. Mailand/Neapel 1954, S. 825–843 (Teilausg.). – Weitere Abdrucke bis ins 19. Jh. auch unter Bonaventuras Namen, etwa in: Opera 7. Hg. v. Constanzo Boccadifuoco. Rom 1596, S. 699–730. – Sancti Bonaventuræ Opera Omnia 8. Hg. v. Adolphe-Charles Peltier. Paris 1866, S. 2–53. ¨ Ubersetzungen: Theologia mystica, d.i. geheime Gottes-Lehre, welche handelt von dem dreyfachen Weg der Seelen [...]. Amsterdam 1696. – La teologia mistica attribuita a S. Bonaventura, gia? volgarizzata prima del 1367 da frate Domenico da Montechiello [...]. Hg. v. Bartolomeo Sorio. Verona 1852. – Hanns Fischer und Hans Fromm: Ma. dt. Hss. der UB Mu¨ nchen. In: Unterscheidung und Bewahrung. FS Hermann Kunisch. Hg. v. Klaus Lazarowicz und Wolfgang Kron. Berlin 1961, S. 109–131; Forts. in: PBB (T¨ub.) 84 ¨ (1962) S. 433–473 (bair. Ubers.). – Jasper Hopkins: Nicholas of Cusa’s Dialectical Mysticism. Text, Translation, and Interpretive Study of De Visione die. Minneapolis 1985, S. 369–392 (Teil¨ubers.). – Sol de contemplativos. Teolog´ıa m´ıstica. Hg. v. Teodoro H. Mart´ın. Salamanca 1992. – Harald Walach: Notitia Experimentalis Dei. Die Erfahrungserkenntnis Gottes. Studien zu Hugo de Balmas Text ¨ ‹Viæ Sion lugent› und deutsche Ubersetzung. Salzburg 1994, bes. S. 251–368. – Th´eologie Mystique. Hg. v. Francis Ruello und Jeanne Barbet. 2 Bde., Paris 1995/96. – Carthusian Spirituality. The Writings of Hugh of Balma and Guigo de Ponte. Hg. v. Dennis D. Martin. New York u. a. 1997. – Wei¨ terhin zahlr. ungedr. Ubers., Verz. bei Hogg 2007 (s. Lit.). Literatur: Anselme Stoelen, Dict. Spir. 7 (1969) Sp. 859–873. – Werner H¨over, VL24 (1983) Sp. 225 f. – Manfred Gerwing, LexMA 5 (1991) Sp. 169. – Olivier Maire, LThK3 5 (1996) Sp. 304. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 340. – Roger Aubert, DHGE 25 (1995) Sp. 189. – James Hogg, BBKL 27 (2007) Sp. 706–715. – Hugo Hofstetter: H. v. B. Die Lehre v. den drei Wegen. Ein Beitr. 1216

Gebhard zur Gesch. der Mystik. M¨unster 1944. – Bernhard Spaapen: Karthuizer-Croomheid en Ignatiaanse Spiritualiteit. In: Ons Geestelijk Erf 30 (1956) S. 337–366; 31 (1957) S. 129–149. – Jean Krynen: La pratique et la th´eorie de l’amour sans connaissance dans le ‹Viae Sion lugent› d’Hugues de B. In: Revue d’Asc´etique et de Mystique 40 (1964) S. 161–183. – Faustino de Pablo Marotto: Amor y conocimiento en la vida mistica selon H. de B. In: Revista de Espiritualidad 24 (1965) S. 399–447. – W. H¨over: Theologia Mystica in alt¨ bair. Ubertragung: Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, H. v. B., Jean Gerson, Bernhard v. Waging ¨ u. a. Stud. zum Ubersetzungswerk eines Tegernseer Anonymus aus der Mitte des 15. Jh. (MTU 36). Mu¨ nchen 1971. – Francis Ruello: Status et rˆole de l’Intellectus et de l’Affectus dans la Th´eologie Mystique de Hugues de B. In: Kart¨ausermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongreß u¨ ber die Kart¨ausergesch. und -spiritualit¨at. Bd. 1. Salzburg 1981, S. 1–46. – Thomas F. Mertens: Het aspiratieve gebed bij Hendrik Mande. Invloed van H. de B. In: Ons Geestelijk Erf 58 (1984) S. 300–321. – James Hogg: Hugh of B. and Guigo du Pont. In: Kart¨auserregel und Kart¨auserleben. Internationaler Kongreß vom 30. Mai bis 3. Juni 1984, Stift Heiligenkreuz. Bd. 1. Salzburg 1984, S. 61–88. – Thierry Mertens: H. de B. in het Middelnederlands. In: Codex in Context. FS Albert Gruijs. Hg. v. Chris de Backer u. a. Nijmegen 1985, S. 249–261. – Peter Nissen/Josef Weismayer: H. v. B. In: Wo¨ rterbuch der Mystik. Hg. v. Peter Dinzelbacher. Stuttgart 1989, S. 239 f. – Patricia Ann Guinan: Carthusian Prayer and Hugh of B.’s Viæ Sion Lugent. San Francisco/London 1994. – Kees Schepers: H. de B. bij Hendrik Mande in ‹Vurighe begherten› en in ‹bedudinghe op Cantica Canticorum›. In: Ons Geestelijk Erf 48 (1994) S. 229–240. – Dennis D. Martin: ‹Die Wege nach Sion trauern.› Kart¨auserAffektivit¨at und dionysische Unwissenheit. In: The Mystical Tradition and the Carthusians. Bd. 3. Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1995, S. 41–59. – Tore Nyberg: Paradiso Copying Activity (15th century Florence) and Hugh of B. In: ebd., S. 87–95. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 3. M¨unchen 1996, S. 91–105. – H. Walach: Notitia experimentalis Dei – was heißt das? H. de B.s Begriff der Erfahrungserkenntnis Gottes, Versuch einer Rekonstruktion. In: The Mystical Tradition and the Carthusians. Bd. 5. Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1996, S. 45–66. – Patricia Guinan: The Influence of Hugh 1217

Mitte 15. Jh. of B.’s ‹Viae Sion lugent›. In: ebd. Bd. 14. Salzburg 1997, S. 5–49. – Rudolf Schmitz-Perrin: La autonom´ıa del amor cognoscitivo en la reflexi´on m´ıstica de H. de B. In: Scala Dei. Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1999, S. 555–569. – Tore S. Nyberg: H. de B. in seiner Vater-Unser-Auslegung und die heilige Birgitta v. Schweden. In: VIII Centenario della Certosa di Monte Benedetto. Hg. v. Silvio Chiaberto. Borgone Susa 2002, S. 185–192. – Christian Trottmann: Contemplation et vie contemplative selon trois chartreux: Guigues Il, Hugues de Balma et Guigues du Pont. Quelques points de rep`eres dans une e´ volution. In: Revue des sciences philosophiques et th´eologiques 87 (2003) S. 633–680. – J. Hogg: Carthusian Spirituality. In: Analecta Cartusiana 225 (2005) S. 26–123, hier S. 33–41. – Joan Requesens Piquer: Hug de Balma en catal`a. La seva Theologia Mystica en el Tractat de Contemplaci´o de Francesc Eiximenis i edici´o del pr`oleg tradu¨ıt. In: Arxiu de textos catalans antics 26 (2007) S. 569–615. – Barbara Faes de Mottoni: Hugues de Balma: Contemplation et raptus. In: Vers la contemplation. Etudes sur la synd´er`ese et les modalit´es de la contemplation de l’Antiquit´e a` la Renaissance. Hg. v. C. Trottmann. Paris 2007, S. 157–172. – Joan Requesens Piquer: Hug de B. (s. XIII) en catal`a (s. XV). La seva Theologia Mystica en el Tractat de Contemplaci´o de Francesc Eiximenis i edici´o del pr`oleg tradu¨ıt. In: Arxiu de textos catalans antics 26 (2007) S. 569–615. MM Gebhard. – Alemannische Prosa-Legende. Die Legende um den Konstanzer Bischof G. II († 995) entstand vermutlich im 15. Jh. und ist eine ¨ Ubersetzung der lat. Vita des Heiligen (MGH SS X, S. 582–594). ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cod. Sal. IX 7, 1r (fragm.). – Sigmaringen, F¨urstliches Hohenzollersches Museum, Hs. 24, 274r–286r. – Ehem. Inzigkofener Hs. des 15. Jh. von elf Bll. aus dem Privatbesitz von Anton Birlinger, gilt heute als verschollen. Ausgabe: Anton Birlinger: Legende vom hl. Gebhard v. Konstanz. In: Alemannia 17 (1889) S. 193–210. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1979) Sp. 1131. – Birlinger (s. Ausg.) – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 228. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 1218

Mitte 15. Jh. 16. Jh. aus der Bibl. des ehem. Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15). Sigmaringen 1997, S. 131 f. (Nr. 39). – Klaus Klein: Erneut zu ‹Verbleib unbekannt›. Wiederaufgefundene Hss. In: ZfdA 127 (1998) S. 69–84, hier S. 80 f. (Nr. V). SF Grutsch, ¨ Conrad OFM, * nicht sp¨ater als 1409 Basel, † vor 20.10.1475. – Prediger. G. trat um 1423 in den Franziskanerorden ein, absolvierte 1424–29 das Studium generale in Straßburg, studierte dann in Paris u. 1435–37 in Wien. Seit 1437 Baccalaureus theologiae und Lektor, ist er 1441 als Lektor in Zu¨ rich und als Teilnehmer am Basler Konzil, 1447 als Kustos und Lektor in Mu¨ lhausen/Elsass, 1456 als Lektor in Bern und ca. 1458–61 als Kustos und Lektor in Freiburg/ Schweiz, 1467/68 in M¨uhlhausen nachgewiesen. G.’ Predigtwerk ist meist unter dem Namen eines Johannes Gr¨utsch (nach Murith ein Bruder von C. G.; geb. ca 1420, Basler Kanoniker, Professor f¨ur kanonisches Recht und Rektor der Universit¨at Basel) u¨ berliefert, alle Sammlungen sind aber das Werk allein von C. Gr¨utsch. Sehr beliebt war sein vor 1440 verfasstes dt. Quadragesimale, das zahlreiche Fabeln und Erz¨ahlungen enth¨alt. ¨ Uberlieferung: Vgl. VL 3 (1981) Sp. 292; 11 (2004) Sp. 567. Literatur: H. Kellner: Johannes Gritsch. In: ADB 9 (1879), S. 704. – Hans J¨urgen Rickenberg, NDB 7 (1966) S. 206. – Christine St¨ollinger, VL2 3 (1981) Sp. 291–294; 11 (2004) Sp. 567. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 318, 809. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 558–561. – Florenz Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 14 (1927) S. 297–332, hier S. 300–303. – Ders.: Die sp¨atma. Predigt der Franziskanerkonventualen nach den Hss. der Konsistorialbibl. zu Colmar. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 5 (1930) S. 19–88, hier S. 70 f. – Andr´e Murith: Jean et C. G. de Bale. Diss. Freiburg (Schweiz) 1940. – Paul Lachat: Das Barf¨ußerkloster Burgdorf. Burgdorf (Schweiz) 1955, S. 68, 119 f. – Willi Massa: Die Eucharistiepredigt am Vorabend der Reformation (Ver¨off. des Missionspriesterseminars S[ankt] Augustin, Siegburg 15). St. Augustin 1966, S. 31, 139–142 u. o¨ . BJ 1219

Grutsch ¨ Humery, Konrad (Homery, Hommery), * um 1400 wohl in Mainz, † 1471/78 Mainz. – Stadt¨ syndikus, Kanzler, Ubersetzer. H. stammte aus einer Mainzer Patrizierfamilie. Er studierte zun¨achst in Erfurt (1421) und K¨oln (1421–23) die K¨unste, allerdings mit unbekanntem Abschluss. 1427 ging er als Student der Rechte nach Bologna, wo er 1432 promoviert wurde. Anschließend kehrte H. nach Mainz zur¨uck, wo er 1435 als Stadtsyndikus am Vertrag der Mainzer «Pfaffenrachtung» beteiligt war. 1437 ubernahm er ¨ im Auftrag des Stadtrats die Redaktion des Mainzer Friedebuchs. H. war 1443 Mitbegr¨under einer patrizierfeindlichen Gesellschaft. 1444 wurde er als F¨uhrungsfigur der Z¨unfte Kanzler und oberster Schreiber des neuen Stadtrats. Nach 1449 stand er im Dienst des Mainzer Erzbischofs Dietrich von Erbach. 1459 unterst¨utzte er in der Mainzer Stiftsfehde den neuen Erzbischof Diether von Isenburg und wurde im selben Jahr Stadtschultheiß. H. trat f¨ur den Bischof als Unterh¨andler auf und organisierte die Ver¨offentlichung von zwei Drucken zur Verteidigung Diethers. Nach dem Einmarsch Adolfs von Nassau in Mainz 1462 wurde H. als bekannter Unterst¨utzer Diethers festgenommen und bis 1463 inhaftiert. In jenen Jahren stand H. auch in Beziehung zu Johannes Gutenberg und unterst¨utzte diesen m¨oglicherweise finanziell. Sicher erhielt H. 1468 Druckger¨ate aus Gutenbergs Nachlass, die der Drucker ihm vielleicht verpf¨andet hatte. ¨ Von H. stammt eine dt. Ubersetzung der Consolatio philosophiae des → Boethius. H. widmete die Schrift «allen gefangenen», was eine m¨ogliche Entstehung des Texts w¨ahrend H.s Haft 1462/63 nahelegt. Charakteristisch f¨ur H.s an Laien gerichtete ¨ Ubertragung ist ihre freie und durchweg christliche Ausgestaltung. H. k¨urzte mal den Text der Vorlage, mal erweiterte er ihn um Kommentare und Glossen. Den Anteil der antiken Philosophie reduzierte H. stark. Stattdessen reicherte er die Consolatio mit christliche Vorstellungen an, u. a. mit S¨unden und Engeln. H. steht damit fest in der → Alkuin verpflichteten Tradition der mittelalterlichen Boethius-Rezeption. H. hinterließ auch eine Nachschrift, die er 1430 als Student in Bologna verfasst hatte. Darin wird eine Vorlesung von Nicolaus Lapi wiedergegeben. Ob H. auch ein Manifest gegen Adolf von Nassau aus dem Jahr 1462 schrieb oder nur f¨ur dessen 1220

Hoheliedauslegung Meliora sunt ubera tua vino Drucklegung verantwortlich war, ist heute nicht mehr sicher zu sagen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Ms. theol. lat. fol. 490, 109r–156v (Pap., 1476). – Mainz, StB, cod. III 44, 2r–71r (Pap., 1472, rheinfr¨ankischschw¨abisch). – T¨ubingen, UB, cod. Md 124, 2r–115v (Pap., um 1475). Ausgaben: Franz Joseph Mone: Das Friedensbuch der Stadt Mainz um 1430. In: Zs. f¨ur die Gesch. des Oberrheins 7 (1856) S. 3–28. – Mommert 1965 (s. Lit.; enth¨alt Teildr. mit H.s Vorrede zur Consolatio). Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 4 (1983) Sp. 301–304. – Eckhard Bernstein, Killy2 6 (2009) S. 12. – Aloys Ruppel: Welche Druckerei hinterliess Gutenberg? In: Gutenberg-Jb. 15 (1940) S. 134–138. – Otto Herding: Probleme des fr¨uhen Humanismus in Deutschland. In: AfK 38 (1956) S. 344–389, hier S. 375–379. – Michael Mommert: ¨ K. H. und seine Ubers. der ‹Consolatio philosophiae›. Stud. zur dt. Boethius-Tradition am Ausgang des MA. Diss. Mu¨ nster/Westf. 1963. – F. Geldner: Johannes Gutenberg, Johannes Fust und Dr. K. H. In: B¨orsenbl. f¨ur den dt. Buchhandel (Frankfurt/M.) 24 (1968) S. 309–317. – Albert Kapr: Gab es Beziehungen zwischen Johannes Gutenberg und Nikolaus von Kues? In: Gutenberg-Jb. 47 (1972) S. 32–40. – Wolfgang Dobras: Der Stadtsyndikus Dr. K. H. Abschrift einer Vorlesung des Bologneser Rechtsprofessors Nicolaus Lapi, Bologna 1430. In: Gutenberg. Aventur und Kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Hg. Stadt Mainz. Red. W. Dobras. Mainz 2000, S. 78. – Hans-Michael Empell: Gutenberg vor Gericht. Der Mainzer Prozess um die erste gedruckte Bibel. Frankfurt/M. u. a. 2008, S. 126 f. – Arne Schumacher: Die Berliner H.-Hs. Ms. theol. lat. fol. 490. Beschreibung und Analyse. Masterarbeit (masch.) Bochum 2009. – Manfred Eikelmann: ¨ Boethius f¨ur Laien. K. H.s dt. Ubers. (vor 1467) der ‹Consolatio Philosophiae›. In: Boethius Christianus? Transformationen der ‹Consolatio philosophiae› in MA und Fr¨uher Neuzeit. Hg. v. Reinhold F. Glei. Berlin u. a. 2010, S. 129–156. MM Hoheliedauslegung Meliora sunt ubera tua vino. Der vielleicht im ostmitteldt. Gebiet entstandene Kommentar ist in drei B¨ucher zu 31, 29 und 21 Kapitel gegliedert. Eine zun¨achst im Vordergrund stehende Exegese wird zunehmend durch die Lehre 1221

Mitte 15. Jh. verdr¨angt. Im ersten Kapitel werden die Hoheliedverse auf Fakten der Heilsgeschichte bezogen (vgl. → Irimbert von Admont); im Folgenden werden ziemlich unsystematisch Fronleichnam und Messe, Priesterstand, Gott und Seele, Sch¨opfung etc. behandelt. Das zweite Buch ist eine monastische Tugendlehre. Das dritte Buch, das keinen Bezug zum Hohelied hat, handelt von Todsu¨ nden, Tod, Fegfeuer, J¨ungstem Gericht, H¨olle etc. H¨aufig werden Autorit¨aten wie → Bernhard von Clairvaux, → Augustin, → Gregor der Große zitiert. Nach Ruh handelt es sich bei diesem Text vielleicht um ein urspr¨unglich deutschsprachiges Werk, nicht um ¨ eine Ubersetzung oder Bearbeitung. ¨ Uberlieferung: Annaberg-Buchholz (Erzgebirge), Kirchenbibl. St. Anna, Cod. 329 (fr¨uher D 187), 1ra–82va, 83ra-va (Register zur Hoheliedauslegung) (Pap., 1447, md. [obers¨achs.], geschrieben von Johannes Pauli, Notar der Stadt Meißen [Bl. 82va]; Buch I–III, Anfang und ein Blatt im Textinnern verloren) (An). – Aschaffenburg, Stiftsbibl., Ms. Pap. 26 (fr¨uher: Ms. 106), 1r, 3r–219v (Pap., 1465 [vgl. Bl. 213v und 255v]; Buch I–III, mit vorangestelltem Register) (As). – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 8, 3ra-106rb (Perg. und Pap.; geschrieben im Katharinenkloster N¨urnberg von Kunigund Niklasin [alte Signatur: A XIII], 1437, n¨urnbergisch; Bl. 3ra–111ra oder eine eng verwandte Hs. diente offenbar 1483 als Vorlage f¨ur Berlin, SBB, Mgq 834 aus dem Regensburger Dominikanerinnenkloster Heilig Kreuz; Buch I–II) (Au). – Berlin, SBB, Mgf 1293 (fr¨uher Erfurt, Stadtbibliothek, CE 2° 22), Teil 3 (1447/48; Buch I–III, mit Register; Buch III mit einem Anhang von Exempeln) (B2). – Ebd., Mgq 172, 59ra–85vb (Pap., 15. Jh., nd.; nur Buch I bis etwa zur Mitte; vgl. Mu¨ nchen, BSB, Clm 14157, 237vb, Z. 12; zahlreiche lat. und dt. Eintr¨age auf den unteren R¨andern) (B5). – Ebd., Mgq 187, 193 Bll. (Pap., 1470, wohl md., eschrieben von Thomas Mullitoris «in castro Wymar», also Weimar; Buch I–III, mit Register (B3). – Ebd., Mgq 834, 1r–168v (Pap., 1483, von drei H¨anden: Bl. 1–168v; 169v–173r; 173r; Nennung der Schreiberin auf Bl. 168v: Elizabeth Furnschiltin; ma. Besitzvermerke f¨ur das Regensburger Dominikanerinnenkloster zum Hl. Kreuz auf den Innenseiten des Einbandes, bair.; Buch I–II, ohne den Prolog, und ein Text u¨ ber die Auferstehung Christi) (B4). – Ebd., Mgq 1528, 1r–176v (Pap.) (B1). – Cambridge (Mass.), Harvard College 1222

Mitte 15. Jh. Libr./Houghton Libr., MS Ger 44, 1*ra-vb (Register zur Hoheliedauslegung), 1ra–100ra (Pap., 1472, schw¨abisch; Buch I–III) (H). – Coburg, LB, Ms. Cas. 43, 145va–202va (Pap., 1448 [Bl. 202ra]; Buch I–III, mit nachgestelltem Register) (C). – Dessau, LB, Hs. Georg. 3.4°, 2ra–211ra (Pap., 15. Jh., ostmd. mit nd. Einschlag; Buch I–III, mit Anhang, Register separat [224v–226v]) (D2). – Ebd., Hs. Georg. 43.4°, 6ra–133ra (Pap., Buch I–III, Anfang verloren, mit Anhang, Register nach Buch II) (D1). – Freiburg/Br., UB, Hs. 235, noch 102 Bll. (Pap., um 1461–63 [aufgrund einer Wasserzeichenanalyse], oberrheinisch-rheinfr¨ankisch; Buch I–III, Anfang und Schluss verloren, L¨ucken im Innern, mit vorangestelltem Register) (F). – Leipzig, UB, Ms. 154, 1ra–138vb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ostmd./md.; Buch I–III; 276va-vb: Re¨ gister zur Hoheliedauslegung [77 Uberschriften]) (Le). – London, The Victoria and Albert Museum, L 1810–1955, 1ra–123rb (Pap., 1430/40 [aufgrund einer Wasserzeichenanalyse], th¨uringisch; Buch I–III, Anfang verloren, Textverlust in Buch III) (Lo). – Mainz, StB, Hs. I 36 (Pap., drittes Viertel 15. Jh., s¨udrheinfr¨ankisch; Buch I–III, Schluss verloren, mit vorangestelltem Register) (Ma). – Mu¨ hlhausen (Th¨ur.), Stadtarch., Ms. 60/21, 27ra–85vb (alt XXVIra–LXXXIIIvb) (Pap., Mitte 15. Jh., th¨uringisch; Buch I–III, ohne Register) (Mu¨ h). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 742, 2ra–96ra (Pap., um 1470–72, zum Teil ostschw¨abisch; Buch I–III, mit nachgestelltem Register) (M2). – Ebd., Clm 14157, 216va–313rb (Pap., 1419, nordbair. [?]; Buch I–III, ohne Bucheinteilung) (M1). – M¨unster, Di¨ozesanbibl., Bestand Studien- und Zentralbibl. der Franziskaner, Ms. OFM 5 (fr¨uher Studien- und Zentralbibl. der Franziskaner, Ms. OFM 5; davor Privatbesitz Franz Jostes, M¨unster, ohne Sign.), 136r–141r (Pap.) (Mst). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 944, S. 5–512 (Pap., 1497, westliches Hochalemannisch; ¨ Buch I–III, mit Register) (G). – Wien, ONB, Cod. 12469, 41va–136va (Pap., 1470, ostfr¨ankisch; Buch I–III, ohne Bucheinteilung, in sieben Abschnitten A–G, ohne Register) (V). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 803 Helmst., 1r–158v (Pap., 15. Jh., nd.; Buch I–III) (W). – Z¨urich, ZB, Cod. C 20, 119ra–127vb, 180ra-vb, 128ra–133rb (erste H¨alte 15. Jh., b¨ohmisch; Buch III). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 88–90. – Friedrich Ohly: Hohelied-Stud. Grundz¨uge einer Gesch. der Hoheliedauslegung des Abendlandes bis um 1200 (Schr. der Wissenschaftlichen Ges. 1223

Horn an der Johann Wolfgang Goethe-Univ., Frankfurt a.M. 1). Wiesbaden 1958 (vgl. Rezension v. K. Ruh, in: PBB [T¨ub.] 82 [1960] S. 404–411). – Christoph Gerhardt/Nigel F. Palmer: Die ‹F¨unfzehn Zeichen vor dem Ju¨ ngsten Gericht› in dt. ¨ und ndl. Uberl. Kat. (Stand 18. Juni 2000), K 26: Zusammenstellung von 20 Hss. der Hoheliedauslegung (online. – Gisela Kornrumpf: [Salomonische Schriften, B.] ‹Cantica canticorum› (dt.). In: VL2 11 (2004) Sp. 1364–1367, hier Sp. 1365 (Nr. 10). – Johanna Rodda/Markus Stock: ‹Wissen so¨ llen alle s¨aligen›. A Manuscript of the Hoheliedauslegung ‹M. s. u. t. v.› at the Houghton Library, Harvard University. In: Oxford German Studies 39 (2010) S. 1–15. BJ ¨ Horn, Ulrich OFM. – Ubersetzer. H.s Lebensumst¨ande sind unbekannt, seine einzigen beiden erhaltenen Arbeiten in einer N¨urnberger Handschrift u¨ berliefert. Es handelt sich da¨ bei um dt. Ubertragungen lat. Prosatexte. H.s ¨ Ubersetzung des Traktats De adhaerendo Deo enstand auf Grundlage einer damals → Albertus Magnus und heute → Johannes von Kastl zugeschrie¨ benen Vorlage von um 1400. Die zweite Ubersetzung Betrachtung des Leidens Christi (1484) beruht auf einer unbekannten lat. Vorlage fr¨uhestens des sp¨aten 14. Jh. Der Text erkl¨art unter christologischen Vorzeichen die Passion, vor allem im Bezug auf den von Jesus erlittenen Schmerz. Christi Leiden wird in seiner Ursache, seinem Ablauf und seinem Verdienst untersucht. Zu den in der Betrachtung zitierten Autorit¨aten z¨ahlen Aristoteles, Seneca, → Augustinus (Gottesstaat, De trinitate), → Boethius (Consolatio philosophiae), → Anselm von Canterbury (Interrogatio), Averroes, → Bonaventura, → Thomas von Aquin und → Marquard von Lindau. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Hs. 18526 (Pap., 1488–90, bair., enth¨alt 2r–52v De adhaerendo Deo und 52v–152r Betrachtung des Leidens Christi). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 141–143. – Roger Aubert, DHGE 24 (1993) Sp. 1129 f. MM Gartner, Jodocus von Berching, * Berching (Di¨ozese Eichst¨att), † 1457 Wien. – Wiener Universit¨atstheologe, erste H¨alfte 15. Jh. G. studierte und lehrte an der Universit¨at Wien. An der dortigen Artistenfakult¨at ist er 1424 als Magister regens nachgewiesen und viermal als deren 1224

Stephan von Landskron Dekan in den Jahren 1433–52. An der Theologischen Fakult¨at erscheint er 1441/45 als Baccalaureus, 1451 als Lizentiat und sp¨ater als Dr. theol. Zudem wurde er dreimal zum Rektor der Universit¨at gew¨ahlt (1441/45/51). G. war entgegen fr¨uherer Annahmen kein Franziskaner. Er schrieb zwei Sentenzenkommentare, deren erster der traditionellen Wiener Theologie entspricht (Lectura super distinctiones 27, 28, 29 et 39 [...] libri Sententiarum, verfasst als Baccalaureus), w¨ahrend der sp¨atere deutlich von den großen Franziskanertheologen → Alexander von Hales und → Bonaventura beeinflusst ist (Quaestiones in II. librum Sententiarum). Deren Lehre hatte vor allem u¨ ber die Vermittlung Johannes → Gersons auch an der Wiener Universit¨at Verbreitung gefunden. Im Gegensatz zu Gerson trifft aber Johannes Duns Scotus bei G. nicht auf Ablehnung und wird genau so oft zitiert wie Bonaventura. Neben den Kommentaren sind von G. philosophische Schriften bekannt ¨ (s. Uberlieferung). → Johannes de Werdea (Hieronymus von Mondsee) verfasste 1445 auf G. ein lat. Huldigungsgedicht in 5 Hexametern (innerhalb einer Sammlung von 10 Gedichten zur Feier der Lizentiaten im Stephansdom [?]; Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 14, 80r–81r). ¨ Uberlieferung: (alle Hss. 15. Jh.) Lectura super distinctiones: M¨unchen, BSB, Clm 8450, 95r–105v (Pap., «Mag. Jodoci baccal. Wiennensis»). – Quaestiones in II. librum Sententiarum: Fulda, LB, Cod. D 33, 380ra–466vb (Pap., Mitte 15. Jh.). – Paris, Bibl. Nationale, Ms. nouv. acq. lat. 1159, 194r–196r. – ¨ Parva logicalia cum commento: Wien, ONB, Cod. 5005, 1r–180v. – Quaestiones artis sive Disputata logicalia: Ebd., Cod. 5152, 2r–245v. – Disputata parvorum logicalium: M¨unchen, BSB, Clm 19676, 171 Bll. – Disputata super octo libros Physicorum Aristotelis und Disputata super libros Aristotelis de anima: Ebd., Clm 19674, 1–186 und 186–239 (1439). Ausgabe: Meier 1929, S. 299–302 (Quaestio in Sententiarum I: ‹Utrum res productae sint in esse a pluribus principiis, uno malo altero bono›). Literatur: Christine St¨ollinger, VL2 2 (1981) Sp. 1097–1099; 11 (2004) Sp. 500 (mit falscher Handschriftenangabe, recte: Fulda, LB, Cod. D 33). – Joseph v. Aschbach: Gesch. der Wiener Univ. im ersten Jh. ihres Bestehens. FS zu ihrer 500j¨ahrigen Gr¨undungsfeier. Wien 1865, S. 582–602. – Ludger Meier: J. G. O.F.M de B. In: Antonianum 4 (1929) S. 293–302. – Ders.: J. G. de B. In: ebd. 5 (1930) S. 95–102. – Paul Uiblein (Hg.): 1225

Mitte 15. Jh. Die Akten der Theologischen Fak. der Univ. Wien (1396–1508) Bd. 2. Wien 1978, S. 653 (Reg.). – S¨onke Lorenz: Welcher Hugo? Spurensuche in sp¨atma. Logik-Hss. In: Universitas. Die ma. und fr¨uhneuzeitliche Univ. im Schnittpunkt wissenschaftlicher Disziplinen: FS Georg Wieland. Hg. v. Oliver Auge. T¨ubingen u. a. 2007, S. 91–116, hier S. 102, 109. VZ Stephan von Landskron, * zwischen 1400 und 1410 Landskron (Lanˇskroun/Tschechien), † 29.11.1477 Wien. – Augustinertheologe. S. fl¨uchtete vermutlich 1421 vor den Hussiten nach Wien, trat dort in das neu gegr¨undete Augustinerstift St. Dorothea ein und legte 1424 die Profess ab. 1451 ernannte ihn → Nikolaus von Kues zum stellvertretenden Visitator der AugustinerChorherren der Salzburger Kirchenprovinz. Seit 1452 Dechant des Domstifts Chiemsee, wurde S. 1458 Propst von St. Dorothea. Auf zahlreichen Visitationsreisen bem¨uhte er sich um die Klosterreform. S.s praktisch-aszetisch ausgerichtetets Werk ist gepr¨agt von seiner T¨atigkeit als Ordensreformer, Seelsorger und Prediger. 1. Sicher zugeschriebene lat. Werke: a) Der Bischof Sylvester von Chiemsee gewidmete Tractatus de IV novissimis behandelt die Vier Letzten Dinge; dazu kommen Anweisungen f¨ur ein gottgef¨alliges Leben. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 3247. – Ebd., Clm 7334. – Ebd., Clm 15760. – Ebd., Clm 17287. – Ebd., Clm 22098. Ausgabe: Bernhard Pez: Bibliotheca ascetica antiquo-nova 1. Regensburg 1723 (Nachdr. Farnborough 1967) S. 27–156. b) Die Responsio ad epistulam scrupulosi widmet sich der Frage, ob ein im Verdacht der Simonie stehender Bischof die Priesterweihe spenden d¨urfe. ¨ Uberlieferung Melk, Stiftsbibl., cod. 1918. Ausgabe: Raimung Duellius: Miscellanea quae ex Codicibus manuscriptis collegit [...]. Bd. 1. Augsburg/Graz 1723, S. 216–220. c) Expositio missae (Inc. «Exposicio missae ex diversis dictis sanctorum vel doctorum et eciam modernum collecta»). ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, Stiftsbibl., cod. 823, 84r–130r. d) Expositio Regulae S. Augustini. Vgl. Jaspers (s. Lit.), S. 8 f., Nr. 2.2.5. 1226

Mitte 15. Jh. e) Collatio in coena Domini: wahrscheinlich um 1450 gehaltene Predigt. Vgl. Jaspers, S. 8, Nr. 2.2.4. f) Tractatus de moribus. ¨ Uberlieferung: Melk, Stiftsbibl., cod. I 36. (vermutlich verschollen). 2. S.s dt. Schriften geh¨oren zur dritten Phase der sog. Wiener Schule, die durch Kompilationen aus verschiedenen deutschsprachigen Texten gekennzeichnet ist. Adressaten waren vor allem Nonnen und Laienbr¨uder der durch die Melker (bzw. Raudnitzer) Reform erneuerten o¨ sterr.-bair. Kl¨oster. a) In seinem deutschsprachigen Hauptwerk Himelstraß (1465 vollendet) verkn¨upft S. Belehrung und Erbauung; er verwendet Geschichten und Beispiele aus der Bibel, aus Exempelsammlungen und aus dem Alltagsleben. In 52 Kapiteln werden katechetische Themen behandelt, darunter Beichte und Buße, Zehn Gebote, S¨unden, Gebet, Sieben Werke der Barmherzigkeit; am Schluss stehen Gebete und ein Register. S. benutzte offensichtlich Teile aus den dt. Schriften des Thomas → Peuntner. ¨ Uberlieferung: Freiburg i. Br., UB, Hs. 248 (Pap., 1498–1500, oberrhein-s¨udalemannisch; Druckabschrift). – Innsbruck, ULB, Cod. 585, 1ra–192va, 210ra–213rb (Register). – Melk, Stiftsbibl., Cod. 132 (583; L 2), 1ra–193ra (Pap., 1474, mittelbair.). – Ebd., Cod. 1800 (794; O 31). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 788 (Pap., 1472, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Cgm 817, 243r–254v, 256r–258v (Perg. und Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., mittelbair., zum Teil mit leicht ostschw¨abischem Einschlag; Ausz¨uge). – Ebd., Cgm 1142, 64r–169r (Pap., 1512/13, bair.o¨ sterr.; Ausz¨uge). – Ebd., Cgm 6549 (fr¨uher Neuburg a. D., Provinzial-Bibl., Mscr. 1. fol.), 1ra–197vb (Pap., 15. Jh.). – Olm¨utz/Olomouc, Wissenschaftl. Bibl., Cod. M II 124 (fr¨uher 2 III 27 = II c 27), 4r–153r (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.26, 2r–50v (Pap., 15. Jh.). – Vorau, Stiftsbibl., Cod. 178 (fr¨uher CCXXVII), 1r–159r (Pap., Vorau [?], zweite H¨alfte 15. Jh.). – Jaspers, S. 15–21, nennt drei Augsburger Drucke von 1484, 1501 und 1510. Faks.-Ausgabe des Druckes Augsburg 1484 (Hain 9898) v. Jaspers 1979 (s. Lit.). b) Die in sieben Textzeugen u¨ berlieferte Schrift Von etleichen dingen die allain dy geistlichen per¨uren steht in f¨unf Handschriften im Anschluss an die Himelstraß. 14 Kapitel befassen sich vor allem mit den «dreyn tugenden der klosterleut»: Armut, Keuschheit u. Gehorsam. ¨ Uberlieferung: Innsbruck, ULB, Cod. 585, 193ra–209va. – Melk, Stiftsbibl., Cod. 132 (583; 1227

Stephan von Landskron L 2), 193rb–216rb (Pap., 1474, mittelbair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4715, 91r–166v (Pap., letztes Viertel 15. Jh., nordbair., zum Teil mit mittelbair. Einschlag). – Ebd., Cgm 6549 (fr¨uher Neuburg a. D., Provinzial-Bibl., Mscr. 1. fol.), 197vb–222vb (Pap., 15. Jh.; am Schluss fehlen zwei S¨atze). – Olm¨utz/Olomouc, Wissenschaftl. Bibl., Cod. M II 124 (fr¨uher 2 III 27 = II c 27), 154r–172v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., bair.). – Vorau, Stiftsbibl., Cod. 178 (fr¨uher CCXXVII), 160r–183v (Pap., Vorau [?], ¨ zweite H¨alfte 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 2878, 195ra–217ra (Pap., 1467, bair.). c) Der Spiegel der Klosterlewt ist wie die beiden folgenden Werke S.s f¨ur lateinunkundige Klosterleute verfasst. Der aus 45 Kapiteln bestehende Spiegel setzt mit einer «Ars moriendi» ein und widmet sich dann u. a. den S¨unden der Geistlichen, den drei Ordensgel¨ubden Armut, Keuschheit u. Gehorsam sowie den Tugenden und Lastern in den Kl¨ostern. ¨ Uberlieferung: Klagenfurt, Landesarch., Cod. GV 3/17, 1r–106v (Ende 15. Jh.). – Kremsm¨unster, Stiftsbibl., Cod. 110, 1r–148r (letztes Viertel 15. Jh.). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.E.14, ¨ 136r–303v (Pap., Mitte 15. Jh.). – Wien, ONB, Cod. 12568, 114r–227r (Pap., 1474, bair.-o¨ sterr.). ¨ d) Ain Unnderweisung ainer Obristen behandelt mit dem Thema des Privateigentums im Kloster eines der Hauptanliegen der Klosterreformen des 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Klagenfurt, Landesarch, Cod. GV 3/1, 107r–116v (Ende 15. Jh.) Ausgabe: G. J. Jaspers: S. v. L., ‹Ain Unnderwei¨ sung ainer Obristen [...]›. In: Carinthia I 174 (1984) S. 155–174. e) Reformsatzungen f¨ur die Chorfrauen in Kirchberg am Wechsel. ¨ Uberlieferung: Vorau, Stiftsbibl., Cod. 155, 93r–106v. Literatur: Gerard J. Jaspers: Landskrana, Stephan. In: NDB 13 (1982) S. 520 f. – Ulla Williams, Killy 11 (1990) S. 174. – Bernhard Schnell/Egino Weidenhiller, VL2 9 (1995) Sp. 295–301. – Fritz Peter Knapp, BBKL 10 (1995) Sp. 1381 f – Norbert H. Ott, LexMA 8 (1997) Sp. 122 f. – Johannes Geffcken: Der Bildercatechismus des 15. Jh. und die catechetsichen Hauptst¨ucke in der Zeit [...]. Leipzig 1855. – Ignaz Zibermayr: Die Legation des Kardinals Nikolaus Cusanus und die Ordensreform in der Kirchenprovinz Salzburg (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte 29). Mu¨ nster 1914. – Ders.: Zur Gesch. der Raudnitzer Re¨ form. In: MOIG. 11. Erg.-Bd. (1929) S. 323–353. – 1228

Thomas von Baden Hans Rupprich: Das Wiener Schrifttum des ausgehenden MA. Wien 1954. – E. Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Mu¨ nchen 1965, S. 174–190 u. o¨ . – G. J. Jaspers: S. v. L., ‹Die Hymelstrasz›. Mit einer Einl. und vergleichenden Betrachtungen zum Sprachgebrauch in den Fr¨uhdrucken (Quellen und Forschungen zur Erbauungslit. des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 13). Amsterdam 1979. – Karin Baumann: Aberglaube f¨ur Laien. Zur Programmatik ¨ und Uberl. sp¨atma. Superstitionenkritik (Quellen und Forschungen zur europ¨aischen Ethnologie 6). W¨urzburg 1989, Bd. 1, bes. S. 212–215 (fehlerhaft). – Uwe Boch: Katechet. Lit. im f¨unfzehnten Jh. S. v. L. († 1477): ‹Die Hymelstrasz›. T¨ubingen 1994. – Austra Reinis: Reforming the art of dying. The ars moriendi in the German Reformation (1519–1528). Aldershot-Burlington 2007, S. 22–45. BJ Thomas von Baden (T. Piscatoris v. B.) OSB, * um 1410 Baden bei Wien, † 18.8.1478 (?) ¨ Melk. – Prior, geistlicher Schriftsteller und Ubersetzer, 15. Jh. T. studierte seit 1529 die Artes in Wien (1533 Baccalaureus). 1435 trat er in das Benediktinerstift Melk ein, wo er 1451 als «magister coquinae exterioris» bezeugt ist. 1455–59 und 1475–78 war er Prior des Stifts, 1459–65 Prior des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg. T., dessen Schriften ausschließlich in Melker Codices u¨ berliefert sind, bet¨atigte sich als Autor so¨ wohl in lat. als auch dt. Sprache, ferner als Ubersetzer, Redaktor und Schreiber. Sein Schrifttum ist in erster Linie von seinem Wirken als Prior gepr¨agt. Seine Verfasserschaft f¨ur die von ihm geschriebenen und nicht anderweitig zuordenbaren Texte ist in keinem Fall gesichert, bei unikal u¨ berlieferten Schriften von seiner Hand ist sie aber wahrscheinlich, vor allem bei dt. ohne bekannte lat. Vorlage. ¨ Uberlieferung: Im Folgenden stehen in chro¨ nologischer Reihung Hss. mit Ubers. T.’ sowie mit Schriften, als deren Verfasser er gelten kann. Alle Hss. bzw. Passagen aus Hss. sind von T. selbst geschrieben und stammen aus der Stiftsbibl. Melk; dt. Sprachanteile sind durchweg bair.-¨osterr. – Cod. 1759 (233; E 24), S. 31–34 (zweites Viertel 15. Jh.): ¨ Ubers. eines Exempels aus dem Bonum universale de apibus des → Thomas von Cantimpr´e (Vorlage vermutlich Cod. 282 [517; I 36], 128v–129r). – Cod. 1099 (417; H 34), S. 1–20 (1441): lat. Ausz¨uge aus 1229

Mitte 15. Jh. einem nicht erhaltenen Musiktraktat u. d. T. Excerptorium de semitoniis. – Cod. 887 (727), 1r–165v (um 1459): lat. Sermones de tempore et de sanctis mit dt. Interpretamenten; 140v–142r: lat./dt. ‹Ars praedicandi›. – Cod. 641 (837; P 27), 132r–143v (um 1460): vier lat. Predigten, die ersten zwei mit dt. Interpretamenten. – Cod. 763 (818; P 4), ¨ 1r–362v (um 1465): Ubers. v. 59 Jahrespredigten. Grundlage sind vor allem die Sermones de tempore → Jordans von Quedlinburg mit Einsch¨uben aus Predigten Nikolaus → Kempfs von Straßburg und des → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl. – Cod. 774 (354; ¨ G 14), 1r–90r (1465, auf Bl. IIv Nennung als Ubersetzer und Schreiber: «Item ain predig von Sand Pauls bekerung fratris Thome von Paden profess zu Melkch der auch ditz puech hat vmbtragen vnd ge¨ schriben»): Spiegel der junkfrauen Marie, Ubers. des Speculum B. Mariae Virginis → Konrads von Sach¨ sen; 90r–91r: Ubers. zweier Exempel u¨ ber die Freuden des Paradieses (Vorlage im Cod. 860, 120rv, dort voranstehend auch das Speculum Konrads); 91r–95r: ¨ Ubers. der Lamentationes Jeremiae f¨ur die Liturgie des Triduum sacrum mit Vorrede; 95v–118v: dt. Auslegung der Lamentationes; 119r–124v: dt. Predigt zum Fest Pauli Bekehrung. – Cod. 751/2 (730), 301v–305v (zweite H¨alfte 15. Jh.): dt. Weihnachtspredigt (1468): Collacio vulgaris de nativitate Christi domini anno etc. 68. – Cod. 800 (863; P 57), 17r (zweite H¨alfte 15. Jh.): lat. Gegenargumente zu einem an T. adressierten Brief des → Johannes von Capestrano De publicis et promiscuis balneis religiosorum (1455), der Brief geht in der Hs. voraus. – Cod. 1153 (906; Q 45) (zweite H¨alfte 15. Jh.): Auf 1v–11r steht eine dt. → Sibyllenweissagung deren Erweiterung nach der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine im Abschnitt u¨ ber die → F¨unfzehn Vorzeichen des j¨ungsten Gerichts nur hier u¨ berliefert ist. – Zu weiteren von T. geschriebenen Hss. und von T. redigierten Texten vgl. Glaßner 1997, S. 93 f. und dies., VL2 11 (2004) Sp. 1524 f., 1527. Ausgaben: Bernhard Pez: Bibliotheca ascetica antiquo-nova Bd. 8. Regensburg 1725, Nachdr. Farnborough 1967, S. 573 (gegen Capestrano). – Alexander Rausch: Neue Quellen zur Rezeption des ‹Prologus in tonarium› des Bern von Reichenau. In: Beitr. zur Musik, Musiktheorie und Liturgie der Abtei Reichenau. Ber. u¨ ber die Tagung Heiligenkreuz 6.–8. Dezember 1999 (Musica mediaevalis Europae occidentalis 8). Hg. Walter Pass/A. Rausch. Tutzing 2001, S. 69–98 (‹Excerptorium›). – Ingeborg Neske: Die sp¨atma. dt. Si1230

Mitte 15. Jh. byllenweissagung. Unters. und Edition (GAG 438) G¨oppingen 1985, S. 181 f. Literatur: Christine Glaßner, VL2 11 (2004) Sp. 1523–1527. – Martin Kropff: Bibliotheca Mellicensis seu vitae et scripta inde a sexcentis et eo amplius annis Benedictinorum Mellicensium. Wien 1747, S. 363–366. – [Vinzenz Staufer:] Catalogus codicum manu scriptorum, qui in bibliotheca monasterii Mellicensis O.S.B. servantur Bd. 1. Melk 1889, Hss. 1–232 (alte Signaturen). – Franz Gall/Willy Szaivert: Die Matrikel der Univ. Wien Bd. 1. 1377–1450. Graz/K¨oln 1956, S. 166. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß Bd. 2. Hg. ders. Berlin 2 1960, Sp. 749–1102, hier Sp. 766, 844, 1030. – Meta Bruck: Profeßbuch des Klosters Melk. 1. Tl. 1418–25. In: Stift Melk in Gesch. und Gegenwart 4 (1985) S. 79–202, hier S. 153 f. – C. Glaßner: Leben und Werk des Melker Priors T. v. B. In: Codices manuscripti 18/19 (1997) S. 81–95. VZ Vinzenz von Aggsbach OCart, * um 1389 ¨ wahrscheinlich in Osterreich, † 19.1.1464 Aggsbach bei Melk/Nieder¨osterreich. – Prior, Verfasser mystisch-theologischer Streitschriften. V. trat um 1419 in die Kartause Aggsbach ein. Nach Selbstzeugnis hat er nie eine Universit¨at besucht und vermutlich stattdessen theologische Studien in seinem Heimatkloster betrieben. Er war einer monastisch-kontemplativen Theologie verpflichtet. V. wurde Prior in Aggsbach um 1435 und 1448 wegen seiner Parteinahme f¨ur das von Papst Eugen IV. suspendierte Basler Konzil des Amtes enthoben. Zuvor war er 1443 in das Gremium der Diffinitores berufen worden. Obwohl er seine Ansichten zum Konzil nicht grundlegend a¨nderte, wurde er dennoch 1458 zum Vikar von Aggsbach bestimmt, wodurch ihm die Zust¨andigkeit f¨ur das geistlich-kl¨osterliche Leben und die Unterweisung der Novizen oblag. V.’ Schriften zur Kirchenreform und zur Theologia mystica sind als lat. Briefe und Brieftraktate u¨ berliefert. Sie stehen im Kontext verschiedener schriftlich gef¨uhrter Kontroversen zwischen 1452/60, deren Ausgangspunkt De docta ignorantia des → Nikolaus von Kues bildete. Die Streitparteinen waren → Bernhard von Waging, Tegernseer Prior und Anh¨anger Nikolaus’ sowie Marquard → Sprenger auf der einen und V. neben dem vermittelnden Johann → Schlitpacher auf der anderen Seite. 1231

Vinzenz von Aggsbach Im Grundsatz ging es V. um eine Theologie des Affekts, womit er gegen scholastischen Intellektualismus Position bezog. Im Detail stritt er um das richtige Verst¨andnis der mystischen «consurrectio» gem¨aß dem Ps. → Dionysius Areopagita, wonach der Aufstieg der Seele affektiv ohne Mitwirkung der «cognitio» erfolge. Auf Bernhards Laudatorium doctae ignorantiae (1451), das V. u¨ ber die Vermittlung Schlitpachers kennenlernte, antwortete er mit dem Impugnatorium Laudatorii doctae ignorantiae (1454). Zuvor hatte er sich bereits in einem Brieftraktat von Johannes → Gerson distanziert und dessen «consurrectio»-Verst¨andnis verworfen. Im selben Jahr (1453) griff auch Sprenger in den Diskurs ein (Elucidatorium mysticae theologicae). Einer Verteidigungsschrift Bernhards von 1459 ließ V. seine Replicatio contra Defensorium Laudatorii doctae ignorantiae folgen. V.’ verfasste auch Schriften zur Kirchenreform, die alle an Schlitpacher gerichtet sind. Entt¨auscht von den Theologen, die sich vom Konzil abgewandt haben, gr¨undete V. seine Hoffnung f¨ur die Rettung der Kirche auf die «simplices», also einfache Mo¨ nche, Frauen und Kinder. Er beklagte die Nichtbeachtung von Prophetinnen wie → Hildegard von Bingen oder → Birgitta von Schweden durch die Kirchenoberen und verdammte die p¨apstlichen Abl¨asse, besonders den T¨urkenablass (vgl. → T¨urkenbulle Papst Calixtus’ III.). Neben diesen thematischen Hauptkomplexen ist V. noch der Traktat De institutione cellae necnon operibus et exercitiis eius zum kl¨osterlichen Leben zugeschrieben. Der Text ist als Dialog zwischen «pater» und «filius» gestaltet. Neben allgemeinen Fragen des Gemeinschaftslebens steht die Zelle als «terra sancta» im Mittelpunkt, in der sich die Begegnung mit Gott vollziehe. Auch lobt V. das Schweigen explizit. Der Traktat st¨utzt sich auf → Wilhelm von St. Thierry (Epistola ad fratres de Monte Dei) und zitiert → Augustinus, → Gregor den Großen, → Heinrich von Langenstein, → Heinrich von Gent und die → Vitaspatrum. Die Zuweisung eines Traktats gegen die Bettelorden (Melk, Stiftsbibl., Cod. 1647 [658; L 88] 156r–165v) an V. ist nicht gesichert. ¨ Uberlieferung: V.’ Schriften sind in erster Linie in zwei Codd. der Stiftsbibl. Melk u¨ berliefert: Cod. 1767 (426; H 45), innerhalb Schlitpachers gesammelter Korrespondenz der Jahre 1441–65: S. 341–348, 357–366, 372–377, 384–392, 394–397, 1232

Wann 401, 403–414, 416. – Cod. 1605 (59; B 24): 93r–102v, 103r, 104r–111r, 113r–116v. – Briefe an Schlitpacher 1451–53 in ebd., Cod. 662 (896; P 25) ¨ 189v. – Vereinzelte Uberl. von Brieftraktaten in: Mu¨ nchen, BSB, Clm 4403, 151–155v; ebd., Clm 19114, f. 113–128. – Detaillerter Einzelwerknachweis in VL2 10 (1999) Sp. 363 f. Ausgaben: Bernhard Pez: Bibliotheca Ascetica antiquo-nova. Bd. 9. Regensburg 1727, S. 533–590 (‹De institutione cellae›). – Ders.: Thesaurus anecdotorum novissimus. Bd. 6: Codex diplomaticohistorico-epistolaris. Tl. 3. Augsburg/Graz 1729, S. 327–357. – Vansteenberghe 1915, S. 189–218. – Hubalek 1963, Nr. 40 f., 53 f., 56, 67–75, 77–80. – Pal´emon Glorieux: Jean Charlie de Gerson. Œuvres compl`etes. Bd. 10: L’œuvre pol´emique. Paris 1973, S. 567–576 (‹Alterim scriptum patris Vincentii de mistica theologia contra Gersonem›). – Detaillerter Einzelwerknachweis in VL2 10 (1999) Sp. 363 f. Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 325, 327, 417. – Augustin Devaux, Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 804–806. – Marc-Aelko Aris, LexMA 8 (1997) Sp. 1705. – Dennis D. Martin, VL2 10 (1999) Sp. 359–365. – Edmond Vansteenberghe: Autour de la docte ignorance. Une controverse sur la th´eologie mystique au XVe si`ecle (Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA 14). Mu¨ nster 1915. Nachdr. Salzburg 1992. – Heribert Roßmann: Der Magister Marquard Sprenger in M¨unchen und seine Kontroversschr. zum Konzil v. Basel und zur mystischen Theologie. In: Mysterium der Gnade. FS Johann Auer. Hg. v. H. Roßmann/Joseph Ratzinger. Regensburg 1975, S. 350–411. – Edmund Colledge/J. C. Marler: Tractatus Magistri Johannes Gerson De Mistica Theologia: St. P¨olten, Di¨ozesanarch., Ms. 25. In: Medieval Studies 41 (1979) S. 354–386. – H. Roßmann: Leben und Schr. des ¨ Kart¨ausers V. v. A. In: Die Kart¨auser in Osterreich Bd. 3 (Analecta Cartusiana 83). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1981, S. 1–20. – Ders.: Die Stellungnahme des Kart¨ausers V. v. A. zur mystischen Theologie des Johannes Gerson. In: Kart¨ausermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongreß u¨ ber die Kart¨ausergesch. und -spiritualit¨at. Bd. 5 (Analecta Cartusiana 55,5). Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1982, S. 5–30. – Michael Sargent/J. Hogg: The Chartae of the Carthusian General Chapter. Bd. 3, S. 95; Bd. 4, S. 42 f., 66, 125; Bd. 5, S. 178; Bd. 8, S. 13, 93. Salzburg 1984–86 (Analecta Cartusiana 100,3/4/5/8). – Margot Schmidt: Nikolaus 1233

Mitte 15. Jh. v. Kues im Gespr¨ach mit den Tegernseer M¨onchen u¨ ber Wesen und Sinn der Mystik. In: Mitt. und Forschungsbeitr. der Cusanus-Gesellsch. 18 (1989) S. 25–49. – Burkhard Ellegast: Reformt¨atigkeit in der Kirche des 15. Jh. Die Kartause Aggsbach und das Reformzentrum Melk (V. v. A. – Johannes Schlitpacher). In: Die Ausbreitung kart¨ausischen Lebens und Geistes im MA. Bd. 2 (Analecta Cartusiana 63,2). Hg. v. Anton Drexler/Karl Thir. Salzburg 1991, S. 108–117. – M.-A. Aris: Hildegard ¨ bei den Kart¨ausern. Beobachtungen zur hsl. Uberl. der Werke Hildegards im Sp¨atMA (Mitt. und Verz. aus der Bibl. des Bisch¨oflichen Priesterseminars zu Trier 13). Trier 1999, S. 12–17. – K. Thir: Die Kartause Aggsbach (Analecta Cartusiana 169). Salzburg 2000, S. 64, 160, 190. – M.-A. Aris: Gr¨ubelnde Mo¨ nche. Wiss. in sp¨atma. Kartausen. In: Herbst des MA? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jh. (Miscellanea mediaevalia 31). Hg. v. Jan Aertsen/ Martin Pickav´e. Berlin u. a. 2004, S. 173–186. – Christian Trottmann: Trois regards chartreux sur la contemplation au cœur de XVe si`ecle. In: ebd., S. 558–593. VZ Wann, Paul (Wan; Waan; Paulus de Kemnat[en], Chemnaten; Paul v. Passau), * um 1423 Kemnath/ Oberpfalz, † 12.(11.?)6.1489 Passau. – Theologe und Prediger. W. studierte seit 1441 in Wien, war seit 1445/46 Magister und unterrichtete zun¨achst in den Artes. 1449 nahm er ein Studium der Theologie auf; 1460 ist er «novellus doctor» bezeugt. Auch an der Juristischen Fakult¨at studierte W., erwarb darin aber offenbar keinen akademischen Grad. 1460 wurde er zum Passauer Domprediger berufen, 1466 erhielt er die Pfarrei Abstetten bei G¨ottweig. Sp¨ater trat er als Offizial und Kanzler in den Dienst des Passauer Bischofs, wurde 1477 Passauer Domherr, verlor jedoch im Zuge des Nachfolgestreits um den Passauer Bischofsstuhl 1479 Amt und Pfr¨unde und wurde exkommuniziert. Seine Rehabilitation erfolgte nach dem Tod des Gegenbischofs Georg Hasler (1482). In freundschaftlicher Verbindung stand W. u. a. mit dem Tegernseer Prior Augustinus → Holzapfler und dem Wiener Theologen und Passauer Offizial Michael → Lochmair. Seinen B¨uchernachlass vermachte er dem Kloster Tegernsee. Hauptanliegen W.s als Schriftsteller war die Unterweisung des Volkes sowie die Aus- und Fortbildung des Klerus. Von seinen Wiener Vorlesungen, 1234

Mitte 15. Jh. die er seit 1449 gehalten hatte, sind nur Teile erhalten. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 4843. – St. Paul im Lavanttal, Stiftsbibl., Cod. 245/4. Das umfangreiche Predigtwerk, entstanden vor allem zwischen 1460 und 1470, wurde von W. selbst in große Predigtreihen und -zyklen eingeteilt und mit Sachregistern versehen. Die Predigten wurden meist in dt. Sprache gehalten, aber ausschließlich lat. aufgezeichnet und redigiert, sie dienten anderen als Muster und waren im Klerus und in Kl¨ostern ¨ Bayerns und Osterreichs weit verbreitet. Von den Wiener Universit¨atspredigten ist nur die Immaculata-Predigt vom Jahr 1449 nachgewiesen. Die Reihe der Sermones super evangeliis dominicalibus per annum umfasst 64 im Jahr 1460 in Passau gehaltene Predigten (zahlreiche Handschriften, Erstdruck Passau 1491, mehrere weitere Drucke bis 1613), der Passionszyklus f¨ur die Karwoche ist (ohne Einleitung) auch separat u¨ berliefert. Die Reihe Sermones super epistolis dominicalibus per annum enth¨alt 63 bzw. 64 Predigten, die 1461 in Passau gehalten wurden. Die Sermones de sanctis, 1468 in Passau gehalten, umfassen 33 Heiligen- und neun Festtagspredigten (mehrere Handschriften, Erstdruck Hagenau 1497 u. o¨ .; 23 Predigten auch in Lochmairs Sermones de sanctis, Druck Passau 1490/91). W.s acht Predigtzyklen sind predigtgerechte Aufbereitungen theologischer Traktatliteratur: ein Tractatus de alienis peccatis von zehn in Passau 1465/66 gehaltenen Predigten; der Tractatus de tribus partibus poenitentiae (Fastenpredigten vom Jahr 1467). Die Sermones decem praeceptorum umfassen 39 Predigten aus dem Jahr 1468, sie bilden zusammen mit den ihnen angeschlossenen Predigtst¨ucken einen vierteiligen Zyklus, der nicht immer als Ganzes u¨ berliefert ist. 19 Predigten aus den Jahren 1468–69 bilden den Zyklus Sermones de praeservatione hominis a peccato (mehrere Handschriften, Druck N¨urnberg 1490 u. o¨ .), 14 Predigten vom Jahr 1470 sind im Zyklus Sermones super officio missae zusammengefasst. Der Tractatus de contractibus entstand wahrscheinlich vor 1470; der Tractatus de septem sacramentis umfasst 69 in Passau 1469 gehaltene Predigten. 134 (Fasten-)Predigten, kompiliert vor allem aus den Moralia → Gregors des Großen und dem Speculum morale des → Vinzenz von Beauvais, bilden den Zyklus Sermones de septem vitiis criminalibus (Drucke u. a. Hagenau 1514 und 1517). Daneben sind von W. einige kleinere Predigtfolgen bekannt. Der Bestand der zahlreichen Einzelpredigten ist noch nicht vollst¨andig festgestellt. 1235

Wann Ferner verfasste W. das Confessionale, eine Beichtlehre auf der Grundlage von Johannes → Gersons Opus tripartitum. Die zwischen ca. 1455 und ca. 1485 entstandene Sammelhandschrift Straubing, Bibl. des Johannes-Turmair-Gymnasiums, Cod. Y 213, enth¨alt von W. u. a. medizinische Rezepte in lat. und dt. Sprache sowie zeitgeschichtliche Dokumente wie p¨apstliche Bullen, private Korrespondenz und Kanonistisches. ¨ Uberlieferung: Zu den Hss. vgl. Huber/Worstbrock (s. Lit.). Literatur: Johann Friedrich v. Schulte, ADB 41 (1896) S. 158. – Dict. Spir. 16 (1994) Sp. 1315 f. – Alfons Huber/Franz Josef Worstbrock, VL2 10 (1999) Sp. 711–722. – Paul Hupfauer: Ueber den passauischen Domherrn W., seine Schr. und die zerschiedenen Ausg. derselben, mit litt. Anm. Nebst Digressionen u¨ ber das Predigerwesen. Nebst zwei Holzschnitten. Landshut 1801. – Alois Schels: Zur Gesch. des Passauerbischofes Dr. Friedrich Mauerkircher. In: Verhandlungen des Hist. Ver. f¨ur Niederbayern 8 (1862) S. 341–350. – Joseph Aschbach: Gesch. der Wiener Univ. im ersten Jh. ihres Bestehens. Bd. 1. Wien 1865 (Nachdr. Farnborough 1967) S. 570–572. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 517–519, 571–573. – Adolph Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902 (Nachdr. Darmstadt 1963, Bonn 2003) S. 53, 303–305, 605 f. – Franz X. Zacher: Ein Passauer Domprediger im Kampf gegen den Wucher. In: Die ostbair. Grenzmarken 13 (1924) S. 113–117. – Ders.: Zu den kirchlichen Reformbestrebungen im 15. Jh. In: Theologisch-praktische Quartalschr. 78 (1925) S. 713–721. – Die Passion des Herrn (Passauer Passionale). Gepredigt im Pas¨ sauer Dom im Jahre 1460 v. Dr. P. W. Ubers., eingel. und hg. v. F. X. Zacher (Schr. zur dt. Lit. 12). Augsburg 1928. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. Mu¨ nchen 1931 (Nachdr. Aalen 1974) S. 67–71 u. o¨ . – Josef Werlin: P. W., ein ber¨uhmter Passauer Prediger im 15. Jh. In: Ostbair. Grenzmarken 5 (1961) S. 64–70. – Karl Binder: Die Lehre des Nikolaus v. Dinkelsb¨uhl u¨ ber die Unbefleckte Empf¨angnis im Licht der Kontroverse. Wien 1970, S. 121, 145–148 u. o¨ . – Paul Uiblein (Hg.): Die Akten der Theologischen Fakult¨at der Univ. Wien (1396–1508). Wien 1978, passim. – Alfons Huber: Eine sp¨atma. Sammelhs. des Passauer Domherrn P. W. in der Bibl. des JohannesTurmair-Gymnasiums Straubing. In: Jahresber. des 1236

Gartenallegoriediptychon Hist. Ver. Straubing 89 (1987) S. 65–81. – Christine Reinle: Ulrich Riederer (ca. 1406–1462). Gelehrter Rat im Dienste Kaiser Friedrichs III. (Mannheimer Hist. Forschungen 2). Mannheim 1996, S. 474 f. SF Johannes de Werdea (Hieronymus von Mondsee) OSB, * um 1420, † 1475 Niederaltaich. J. studierte an der Universit¨at Wien die K¨unste. Nach dem Erwerb der Lehrbefugnis 1445 war er Dozent und Pr¨ufer. Ein zus¨atzliches Studium der Theologie blieb wohl unbeendet. 1451 schloss sich J. den Benediktinern in Mondsee an, wo er bereits 1452 die Profess ablegte. Um 1463 wurde J. Prior des Klosters. Seit 1468 reformierte er die Abtei Niederaltaich. Besondere Verdienste erwarb sich J. in Mondsee als Prediger sowie durch die Erschließung und Erweiterung der dortigen Bibliothek. Auch unterhielt er Kontakte zu → Bernhard von Waging und Johannes → Schlitpacher. J. ist nicht identisch mit Johannes von Werden, der die Postille Dormi secure schrieb. J. hinterließ ein umfangreiches lat. Werk, das in mehr als 75 Handschriften erhalten ist. Diese waren besonders unter den s¨uddt. Benediktinern verbreitet. Aus J.s p¨adagogischer T¨atigkeit erwuchsen Kollektaneen-Sammlungen, außerdem Traktate zu Grammatik, Logik, Ethik und Poetik (besonders zu Aristoteles) sowie zu kl¨osterlichen Themen. Bemerkenswert sind auch J.s mehr als 150 lat. Predigten und Reden, die in vier Sammlungen vorliegen. J. dichtete außerdem lat. Leselieder. Die Zuschreibung zweier dt. Lieder an ihn ist heute jedoch nahezu widerlegt. Es handelt sich dabei erstens um das Lied Der geistliche Spinnrocken, das in einer aus Mondsee stammenden Wiener Handschrift u¨ berliefert ist. Das zweite Lied, O muoter der parmhertzikait, ist in einer ebenfalls in Mondsee abgefassten Handschrift (heute in Mu¨ nchen) erhalten und wird mittlerweile Johann Hauser zugeschrieben. ¨ ¨ Uberlieferung (dt. Lieder): Wien, ONB, cod. 3650, Bll. 103v–104r (Mondsee, um 1475/76, bair.–o¨ sterr.). – Mu¨ nchen, BSB, clm 4423, S. 35 ¨ (Mondsee, 1481). – Zur lat. Uberl. vgl. Stohlmann 1983 (s. Lit.). Ausgaben (dt. Lieder): Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. 2. Hg. v. Thomas Cramer. Mu¨ nchen 1979, S. 42, 44–60. Literatur: ADB 6 (1877) S. 501–503. – Karin Schneider: Der geistliche Spinnrocken. In: VL2 2 (1980) Sp. 1174–1176. – J¨urgen Stohlmann, VL2 4 1237

Mitte 15. Jh. (1983) Sp. 799–811. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 824 f. – Dominicus Meier, LThK3 5 (1996) Sp. 976. – Ludwig Gl¨uckert: H. v. M. (Magister J. de W.). Ein Beitr. zur Gesch. des Einflusses der Wiener Univ. im 15. Jh. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 48 (1930) S. 99–201 (mit Werkverz.). – Marcel Viller: Lectures spirituelles de Jerome de Mondsee. In: Revue d’asc´etique et de mystique 13 (1932) S. 374–388. – Reinhard D¨uchting: Maria im Versbock. Zu einer Oratio des J. v. W. In: Philol. Unters. FS Elfriede Stutz. Hg. v. Alfred Ebenbauer. Wien 1984, S. 487–491. MM Von den Farben der Kleider geistlich. – Prosaallegorie der ersten H¨alfte des 15. Jh. Diese Prosa-Dingallegorie ist in einer einzigen Berliner Handschrift u¨ berliefert. Darin steht sie, neben a¨hnlichen Texten wie Geistliche Ausdeutung von Speisen, vor dem G¨ottlichen Baumgarten. Der Text V. d. F. d. K. enth¨alt geistliche Deutungen von Farben und verschiedenen Kostbarkeiten (u. a. Gold, Seide, Perlen). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1200, 336v–344r (Pap., 1436, bair.-o¨ sterr.). Literatur: Dietrich Schmidtke: Studien zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). Tu¨ bingen 1982, S. 88. MM Gartenallegoriediptychon. Das wahrscheinlich im 15. Jh. verfasste G. besteht aus zwei durchaus eigenst¨andigen Texten, dem Garten des Heiligen Geistes und dem Rosengarten des Leidens Christi (nicht identisch mit der ndl. Passionsmeditation gleichen Titels). Die u¨ berlieferten Handschriften lassen keine R¨uckschl¨usse zu, ob beide Texte zusammen entstanden sind. Denkbar w¨are auch die fr¨uhere Entstehung eines Teils, dem dann der zweite Teil als Erg¨anzung folgte. Die Forschung hat das G. im Kontext der Devotio moderna verortet, weil es Hinweise auf nordnieders¨achsische-ndl. Wurzeln des G. gibt, außerdem inhaltliche Belege wie die explizite Betonung von Innerlichkeit und Gnadenerfahrung. Der Garten des Heiligen Geistes enth¨alt einerseits die allegorische Darstellung der zw¨olf Fr¨uchte des Heiligen Geistes, was literaturhistorisch im Rahmen ma. Gartenallegorien zu sehen ist. Gleichzeitig ruht der Text auf der Vorstellung von der g¨ottlichen Einwohnung in der menschlichen Seele. 1238

Mitte 15. Jh. Auch die Passion Christi wird in ihrer Bedeutung f¨ur Andacht und Gnadenerfahrung herausgestellt. Hier bezieht sich das G. auf → Bonaventura und → Bernhard von Clairvaux. Die Passion ist auch f¨ur den Rosengarten des Leidens Christi zentral. Ihre Betrachtung durch den Betenden geht hier der Einwohnung voraus. Allegorisch erfolgt diese Betrachtung durch das Vorbeigehen an Rosenst¨ocken, die verschiedene Stationen der Passion darstellen. ¨ Diese Stationen beginnen am Olberg und enden bei der Grablegung. Zur emotionalen Verst¨arkung des Inhalts wird der Leser hier direkt angesprochen, was die Forschung im Sinne der CompassioFr¨ommigkeit gedeutet hat. ¨ Uberlieferung: Den Haag, Kgl. Bibl., cod. 73 E 23, 26r–35r (nordnieders¨achsisch-ndl.). – St. Petersburg, Nationalbibl., Nem. Q. I.310 (fr¨uher L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 4° 25), 140v–211r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nd.; G. hier Teil einer Sammelhs.). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 59, 11v–89v. – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 8° 70, 57r–59r. – Hannover, LB, cod. I. 239, 187r–212v (Pap., 1524; enth¨alt nur den Rosengarten). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 1094–1096; 11 (2004) Sp. 500. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. in Norddeutschland und den Niederlanden. Erster Reiseber. (Nachr. von der K¨onigl. Gesellsch. der Wiss. zu G¨ottingen, philol.-hist. Kl., Gesch¨aftliche Mittheilungen 1898). G¨ottingen 1899, S. 79–316, hier S. 254–263. – Catalogus codicum manuscriptorum Bibliothecae Regiae 1: Libri theologici. Hg. K¨onigliche Bibl. Den Haag. Den Haag 1922, S. 200 f. (Nr. 644). – Paul Hagen: Die dt. theologischen Hss. der L¨ubeckischen StB. L¨ubeck 1922, S. 18 f., 47, 58–60. – Kurt Schmidt: Der l¨ustliche W¨urtzgarte. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik im Sp¨atMA. Wildenfels [1932], S. 70. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Ders.: Wort und Bild. Stud. zu den Wechselbeziehungen zwischen Schriftum und Bildkunst im MA. Berlin 1962, S. 106–116 (wieder in: Landschaft und Raum in der Erz¨ahlkunst. Hg. v. Alexander Ritter. Darmstadt 1975, S. 248–261). – W. Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh. Darmstadt 1964, S. 386–436, hier S. 412. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). Tu¨ bingen 1982, bes. S. 111–114. – Helmar H¨artel/Felix Ekowski: 1239

Von eyme geistlichen hove Hss. der Nieders¨achsischen LB Hannover 2: Ms I 176a-Ms Noviss. 64 (Ma. Hss. in Niedersachsen 6). ˇ e Vagonyt˙e: Ma. Wiesbaden 1982, S. 87–90. – Zivil˙ dt. Hss. in St. Petersburg. Bericht u¨ ber eine Bibliotheksreise. In: ‹Durst nach Erkenntnis ...› Forschungen zur Kultur und Gesch. der Dt. im o¨ stlichen Europa. Zwei Jahrzehnte Immanuel-KantStipendium. Hg. v. Heike M¨uns/Matthias Weber. Mu¨ nchen 2007, S. 181–195, hier S. 189 f. MM Von eyme geistlichen hove. – Andachtsu¨ bung, 15. Jh. Diese Andachtsu¨ bung verkn¨upft die sieben Wochentage mit gartenallegorischen Elementen. W¨ahrend die Prim¨arfassung des Texts in einer ripuarischen Hs. mit k¨olnischen Ankl¨angen u¨ berliefert ist, existiert auch eine zweite, ndl. Fassung ¨ (Een hoefkijn) mit abweichendem Text. Uber den Ursprung der Andachtsu¨ bung ist nichts bekannt. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, cod. 1869, 236v–241v (Pap., um 1490, ripuarisch-k¨olnisch). – Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., Ms. 22006, 43r–46r (ndl. Fassung). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 1164. – Gerard Achten/Hermann Knaus: Dt. und ndl. Gebetbuchhss. der Hessischen Landesund Hochschulbibl. Darmstadt (Die Hss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt 1). Darmstadt 1959, S. 161–164 (Nr. 38). – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 78, 226. MM Die geistliche Klause. – Tugendallegorie, 15. Jh. Die anonym u¨ berlieferte Tugendallegorie ist seit der Mitte des 15. Jh. im obd. und nd. Sprachraum als Lang- und Kurzfassung nachgewiesen. Die Langfassung enth¨alt zun¨achst eine Einleitung, in der die Liebe als Grundlage christlicher Lehre betont wird. Darauf folgt ein Hauptteil, in dem die Bestandtteile der K. im Sinne christlicher Tugenden allegorisch ausgedeutet werden. In der Kurzfassung ist die Einleitung auf einen Satz gek¨urzt und der allegorische Teil weitgehend auf knappe Begriffserl¨auterungen reduziert, die st¨arker das Bild einer abgeschlossenen K. vermitteln. Außerdem ist eine Alternativfassung der g. K. u¨ berliefert (De geestelicke Cluse), die Unterschiede in der allegorischen Ausdeutung aufweist. Inhaltliche Bez¨uge weist die g. K. zum Tiroler Christenspiegel auf, mit dem sie 1240

Geistliches Muhlenlied ¨ die ersten f¨unf Kapitel der Klausnerregel gemeinsam hat. Außerdem ist die Langfassung des Texts durch zahlr. Bibelzitate gekennzeichnet, die in der Kurzfassung fehlen. Die g. K. ist u¨ brigens nicht mit dem Geistlichen Kloster der → Herzklosterallegorie identisch. ¨ Uberlieferung: Langfassung: Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, cod. a III 9, 117r–130r (Pap., Salzburg [?], zweite H¨alfte 15. Jh.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, cod. b III 12, 292r–297r (Pap., St. Peter ¨ Salzburg [?], 1499). – Kurzfassung: Wien, ONB, S. n. 3022, 214r–216v (Pap., Mitte 15. Jh., niederrheinisch). – Wien, Schottenkloster, Cod. 308 (H¨ubl 234), 168v–170v (Pap., Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen, 1451, schw¨abisch). – Eichst¨att, UB, Cod. st 665, 130r–132r (Pap., 1454, bair.o¨ sterr.). – Melk, Stiftsbibl., cod. 183 (olim 603), 38r–42v (Pap.). – Alternativfassung: Berlin, SBB, Mgo 29, 65r–67r (Pap., 15. Jh., mnd.). – Ebd., Mgq 1100 (Arnswaldt Nr. 3164), 210r–212r (Pap. und Perg., 15. Jh., mndl.). Literatur: Siegfried Ringler, VL2 2 (1980) Sp. 1166 f. – Albert H¨ubl: Catalogus codicum manu scriptorum qui in Bibliotheca Monasterii B.M.V. ad Scotos Vindobonae servantur. Wien/Leipzig 1899, S. 254–256 (Nr. 234). – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 3: Die Hss. in Oktavformat (Mitt. aus der Preußischen SB IX). Leipzig 1932 (Nachdr. Graz 1970) S. 10–12, 185. – Angelus Josef Wielander: Ein Tiroler Christenspiegel des 14. Jh. Affoltern am Albis 1959, S. 106. – Hermann Menhardt: Verz. ¨ der altdt. literarischen Hss. der ONB 2 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1961, S. 800–803. – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). M¨unchen 1980, S. 132–134. – Gerold Hayer u. a.: Die dt. Hss. des MA der Erzab¨ tei St. Peter zu Salzburg (Osterr. Akad. der Wiss., philol.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,1). Wien 1982, S. 30–32, 199–204. – Karl Heinz Keller: Die ma. Hss. der UB Eichst¨att 3: Aus Cod. st 471–Cod. st 699 (Kat. der UB Eichst¨att 1,3). Wiesbaden 2004, S. 338–341. MM Geistliches Muhlenlied. ¨ – Im 15. Jh. von einem anonymen, vermutlich geistlichen Autor in ostnieders¨achsischer Sprache verfasste allegorische Dichtung von ca. 24 Strophen. Der Autor will aus den vier H¨olzern des Hl. Kreuzes (vgl. S¨undenfall des Arnold → Immessen) 1241

Mitte 15. Jh. eine M¨uhle errichten. Die M¨uhlsteine sind AT und NT, angetrieben werden sie von Moses und dem Hl. Geist. Apostel und Kirchenv¨ater sind die Mahlknechte, die vier Paradiesesstr¨ome der M¨uhlbach. Maria brachte das Korn, die vier Evangelisten sollen es mahlen. Die Mu¨ hle mahlt f¨ur jedermann, sie wird Papst, Kaiser und Predigern zur Wartung empfohlen. Ein Gebet f¨ur den Verfasser bildet den Schluss der Dichtung. Grundlage der allegorischen Ausdeutung der Mu¨ hle d¨urfte die Lehre von der Transsubstantiation Christi in Brot (und Wein) sein. Die Allegorie findet sich (wie diejenige f¨ur das Keltern des Weines) bei den Kirchenv¨atern, in lat. Hymnen und in Predigten. Das M¨uhlenmotiv erscheint poetisch gestaltet u. a. in → K¨onig Tirol, bei→ Muskatbl¨ut, → Regenbogen und Heinrich → Laufenberg; ein weltliches Gegenst¨uck ist ein Neujahrsgruß im Liederbuch der Klara → H¨atzlerin. Im G. M. wird allerdings der Mahlvorgang betont, der als gegenw¨artiges Heilsgeschehen f¨ur alle Menschen dargestellt wird. Das «Korn» Christus wird a¨ hnlich wie in der mystischen M¨uhle der bildenden Kunst zu vier Mehlstr¨omen zermahlen, die sich u¨ ber die Christenheit ergießen. ¨ ¨ Uberlieferung: Breit gestreute Uberl. in verschiedenen Fassungen und Versionen. Strophenzahl und -abfolge variieren. Nd. Fassungen: Im sog. Essener Liederheft: Essen, Stadtarch., Cod. A 951, 1r–2r (um 1450). – Im → Wienh¨auser Liederbuch, 30r/v (nach 1480). – Im → Ebstorfer Liederbuch, 1r–3v (zwischen 1490 und 1520). – In einem Druck von 1552. Abdruck: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 1067. ¨ Hochdt. Fassungen: Wien, ONB, Cod. 4117, 65v–68r (um 1480/85, geschrieben v. Johannes → Hauser in Mondsee). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Ms. b VIII 27, 265ra–266rb (um 1488). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1140, 8°, ¨ Cod. 108v–110r (noch 15. Jh.?). – Wien, ONB, 4058, 119v–121r (um 1509). – In mehreren Drucken des 16. Jh. Ndl. Fassung: Berlin, SBB, Mgo 185, S. 257–265 (Ende 15. Jh., aus einem Haus der Schwestern des gemeinsamen Lebens in Deventer). Dazu kommen verschiedene nunmehr verschollene Fassungen und Drucke. Ausgaben: Ulrich Steinmann: Das mnd. M¨uhlenlied. In: NdJb 56/57 (1930/31) S. 60–110. – Albrecht Classen: ‹Mein Seel fang an zu singen›: 1242

Mitte 15. Jh. Religi¨ose Frauenlieder der [sic] 15.–16. Jh. Krit. Stud. und Textedition. Leuven u. a. 2002, S. 74–76 (Nr. 25). Literatur: Eva Kiepe-Willms, VL2 3 (1981) Sp. 441; 11 (2004) Sp. 508. – Steinmann (s. Ausg.) (Lit.). – Marie Josepha (G. G. Wilbrink): Das geistliche Lied der Devotio moderna. Diss. Nijmegen 1930, S. 125–131. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – E. Kiepe-Willms: Zum g. M. In: ZfdA 105 (1976) S. 204–209. SF Der geistliche Wagen. – Emblematischer Traktat u¨ ber die letzten Dinge, 15. Jh. Der Traktat bietet eine dingallegorische Auslegung einer Kutsche: Die vier R¨ader bedeuten die vier letzten Dinge (Tod, H¨olle, J¨ungstes Gericht, himmlisches Vaterland), die zwei kreuzweise angebrachten Gestelle das Mitleiden mit Christus und dem N¨achsten, die Deichsel die Tugend der Gerechtigkeit, die drei Zugpferde Glaube, Liebe und Hoffnung und der Wagenf¨uhrer Christus. Der Text ist zum gr¨oßten Teil aus Zitaten zusammengesetzt, die haupts¨achlich aus AT und NT stammen; daneben werden → Bernhard von Clairvaux, → Augustinus, Chrysostomos, → Thomas von Aquin, → Gregor der Große und Prosper von Aquitanien zitiert. F¨ur die Darstellung des Todes hat der unbekannte Verfasser vermutlich den Traktat Cordiale de IV novissimis (Di veer utersten) → Gerards van Vliederhoven herangezogen. Der Text schließt mit einem gereimten Epilog. Das Wagenemblem ist in der Literatur weit verbreitet. In dt. Sprache begegnet es zuerst bei Di vier schˆıven → Werners vom Niederrhein (Auslegung der Tiefe, Breite, L¨ange und H¨ohe des Wagens auf Geburt, Passion, Himmelfahrt und Auferstehung Christi). Auch → Berthold von Regensburg legt in den Predigten XI und LII einen Wagen aus. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 393, 96r–108v (Pap., 1468/70, mittelbair.). – Ebd., Cgm 690, 244r–251r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., westbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 61, 26v–31r (Pap., 1489/90, n¨urnbergisch). – Ebd., Cod. Cent. V, App. 81, 193r–207v (Perg. und Pap., drittes Viertel 15. Jh., n¨urnbergisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 964, S. 237–254 (Pap., 1464, bair., n¨urnbergischer Einschlag; Epilog fehlt durch Blattverlust). – Verwandte Texte in: Beuron, Bibl. der Erzabtei, 8°, Ms. 43 (vormals Cod. 24), 140r–188v (Pap., 1243

Der geistliche Wagen 1554, s¨uddt./schw¨abisch; der Wagen wird in Bezug zum Leiden Christi gesetzt). – Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Berol. mgq 1085 (vormals Berlin, SBB, Mgq 1085), 246r–248r (Pap., 15. Jh., mndl.; R¨ader bedeuten Furcht, Gelassenheit, Leiden, Minne). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 1178–1180; 11 (2004) Sp. 508. – Gustav Roethe: M¨unchener Reimpredigt. In: ZfdA 44 (1900) S. 187–196, hier S. 187. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. VZ Bd. 2. Hg. v. dems. Berlin 21960, Sp. 790 f. Geistliches Wurfelspiel. ¨ – Geistliche Unterweisung (Sendbrief, Predigt), 15. Jh. Ein anonymer Ordensmann richtet sich im belehrend-erbaulichen Gestus mit einer allegorischen Auslegung des W¨urfelspiels an eine «liebe tochter». Der weihnachtliche ‹adventus› des fleischgewordenen Christus (Lk 10,35) ist Anlass f¨ur die Spielallegorie. Die Tochter solle geistlich mit Christus spielen, wobei das geistliche Spiel als Kontrastentwurf zum weltlichen Spielen zu verstehen sei, demnach einige «menschen nit recht sich schickent noch kerent zu dem spil». Das zentrale Element der triadischen Komposition der allegorischen Erkl¨arung sind die Augustinischen Seelenkr¨afte «vernunfft», «wille», «ged¨achtnuss» (‹ratio›, ‹voluntas›, ‹memoria›). Der Spieltisch steht f¨ur die «gegenwuertig z¨yt» des Menschen, der Spieleinsatz f¨ur die «and¨achtige s¨ussikeit, grosse lust vnd ewig leben vnd das kind selber». Im ersten Teil der Auslegung geht der Verfasser auf Jesus als Spielpartner und seine fast u¨ berm¨aßige Spielleidenschaft ein. Im zweiten Teil werden viererlei S¨unden auf vier Arten von Falschspielern ausgelegt: die Unreinen, die mit W¨urfeln ohne Augen spielen; die Unbarmherzigen, die beim Spiel z¨ogern; die falschen Ordensleute, die nur a¨ ußerlich ihr Leben Gott geweiht haben und deshalb furchtsam spielen sowie die Verlierer, die die Gnade Gottes erst gwinnen und gleich wieder verlieren. Der dritte Teil widmet sich schließlich denen, die «recht und redlich mit dem kinde spielent». Die Seele solle wie Christus, der beim Spiel Blut und Kleider verloren habe, ihre allegorischen Kleider einsetzen. Sie bedeuteten die drei Liebesarten «amor summus», «amor singularis», «amor unicus». Der Entkleidung der Seele entspricht die von ihr geforderten Abl¨osung von allem Nat¨urlichem («allen creaturen») und der «abgeschaidenhait» von sich selber. Der Text l¨auft 1244

Von einem gottlichen ¨ Baumgarten entsprechend auf ein mystisches Motiv hinaus, welches zu den anderen Texten der Heidelberger wie der Colmarer Handschrift passt. Auch sonst greift der Verfasser auf Quellen zur¨uck, die im Kontext der Liebesmystik des 12. Jh. stehen (→ Richards von St. Victor Benjamin major, → Hugos von St. Victor De laude caritatis und Soliloquium de arrha animae und Gedanken → Bernhards von Clairvaux) (St¨ollinger-L¨oser, Sp. 511). St¨ollinger-L¨oser vermutet f¨ur die Heidelberger Hs. die Vorlage zweier «zusammengeho¨ riger Predigten» (Sp. 510), die neu kompiliert wurden. In der Colmarer Hs. besteht der Text von vorn herein aus zwei Teilen (151r–160r und 160r–170r), die als Bestandteil einer Weihnachtspredigt vermerkt sind. Die Predigt(en) sind zusammen mit 16 weiteren in der geistlichen Sammelhandschrift u¨ berliefert und nach dem Kirchenjahr geordnet. Nemes (S. 172 f.) ¨ weist mit den Berliner Hss. neue Uberlieferungszeugen nach und pl¨adiert u¨ berzeugend f¨ur die Do¨ minikanische Provenienz der Texte. Die Uberlieferungslage mit nunmehr drei Predigtfassungen zeigt, dass der Sendbrief in der Heidelberger Hs. offensichtlich eine Bearbeitung der a¨lteren Predigtform darstellt. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, UB, Cod. Sal. VIII 77, 91r–108v (Pap., 1450/60, schw¨abischalemannisch; enth¨alt außerdem → Marquards von Lindau Hiob-Traktat, die Feigenbaumpredigt u¨ ber Lk 13,6 des → Straßburger Augustinereremiten, Predigten Johannes → Taulers, → Eckhart-Legenden (Meister Eckharts Tochter) (zit.). – Colmar, StB, Ms. CPC 279, 151r–170r (Pap., zweites Viertel/Mitte 15. Jh., els¨assisch; Besitzer und Schreiber Johannes Schedelin, Schreiber Petrus Hasenclow; enth¨alt u. a. Texte von → Johannes Tortsch, → Nikolaus von Straßburg, → Marquard von Lindau, Worte → Meister Eckharts, Heinrich → Seuses Predigt Lectulus noster floridus). – Berlin, SBB, Mgo 501, 54v–70v (Pap., 15. Jh., o¨ stfr¨ankisch; Sammelhs. theologischer Predigten und Traktate, Sch¨onensteinbach). – Ebd., Mgq 149, 36v–49v (Pap., 15. Jh., els¨assisch; St. Nikolaus in Straßburg, Sammelhs. mit Sendbriefen, Predigten und Traktaten gr¨oßtenteils mystischer Coleur). Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 11 (2004) Sp. 510 f. – Eckart Greifenstein: Der Hiob¨ Traktat des Marquard v. Lindau. Uberlieferung, Unters. und kritische Textausgabe (MTU 68). Mu¨ nchen 1979, S. 67. – Wilfried Schouwink: Strip 1245

Mitte 15. Jh. Dice Medieval Style: Christ’s clothes and other garments in a mystic sermon of the 15th century. In: Fifteenth-century-studies 20 (1993) S. 291–307. – Buchmalerei der Zisterzienser. Kulturelle Sch¨atze aus sechs Jh.en. Kat. zur Ausstellung ‹Libri Cistercienses› im Ordensmuseum Abtei Kamp. Hg. v. Pfarrei Kloster Kamp. Stuttgart 1998, S. 122 f. (Nr. 32), mit Abb. 94r. – Wilfried Werner: Die ma. nichtliturgischen Hss. des Zisterzienserklosters Salem. Kat. der UB Heidelberg V. Wiesbaden 2000, S. 145. – Bal´azs J. Nemes: Dis buch ist iohannes schedelin. Die Hss. eines Colmarer B¨urgers aus der Mitte des 15. Jh. und ihre Verflechtungen mit dem Literaturangebot der Dominikanerobservanz. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Stud. und Texte. Hg. v. Barbara Fleith/Ren´e Wetzel (Kulturtopographie des alem. Raums 1). Berlin/New York 2009, S. 157–214. CS Geistliches Wurfelbuch ¨ (Losbuch, Geistliches W¨urfelspiel). – Gereimte dt. Spruchsammlung mit geistlichen Lehren. Die 56 strophen¨ahnlichen Abschnitte (zu je sechs bis zehn kunstlosen Versen) des Textes beziehen sich auf die bei einem Spiel mit drei W¨urfel (56) m¨oglichen Zahlenkombinationen. Die einzelnen Abschnitte, in denen es um das rechte Verhalten Gott gegen¨uber geht, sind Personen der Bibel oder einem Heiligen in den Mund gelegt. Im ersten Abschnitt spricht Jesus. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 312, v 71 –80v (Pap., Schreiber: Konrad Bollstatter, 1450–73, ostschw¨abisch). – Kassel, UB/LMB, 8° Ms. med. 6, 179v–183v (erste H¨alfte 16. Jh., niederhessisch). Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL 11 (2004) Sp. 508–510. – Art. Los, losen, Losbuch. In: Handw¨orterbuch des dt. Aberglaubens. Hg. v. Hanns B¨achtold-St¨aubli u. a. Bd. 5. Berlin 1932/33 (Nachdr. Berlin/New York 1987) Sp. 1351–1401, bes. Sp. 1384, 1390 f., 1396 f. BJ Von einem gottlichen ¨ Baumgarten. – Reimpaardichtung des 15. Jh. Die Gartenvorstellung wird nur am Beginn des nur in einer Abschrift u¨ berlieferten, zahlreiche unreine Reime enthaltenden Gedichts angesprochen; danach werden jeweils als Blumen bezeichnete Tugendgebote (meist konkrete Verhaltensanweisungen) aneinandergereiht. Der Abschnitt V. 11–40 1246

Mitte 15. Jh. ist – zum Teil w¨ortlich – nach dem Muster des allegorischen Lehrgedichts → Der Seele Kranz (13. Jh.) gestaltet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1200 (nummeriert nach alter Z¨ahlung 240–468), 366v–371r (Pap., 1463, bair.-o¨ sterr.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 3 (1981) Sp. 185 f. – Ders.: Zur Quelle des Krautgartengedichts im Hartebok. In: NdJb 93 (1970) S. 54–67, bes. S. 67. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 18, 53 (Nr. 34), 88. BJ Harfenspiel vom Leiden Christi. – Dt. Passionsallegorien, 14./15. Jh. Vermittelt u¨ ber Cassiodors Kommentar zu Ps 56 (PL 70, 404; PL 37, 1194, 1341 f.) und → Hieronymus’ wie → Augustinus’ (PL 36, 671 f.) allegorische Psalter- und Harfenlehre taucht das Motiv von der Harfe als Passion Christi in dt. Sprache zuerst um 1300 in der → Erl¨osung (V. 5618–5656) und etwa zeitgleich im → Passional (S. 74 und 78) auf (zur Motivgeschichte vgl. Pickering). Im 14./15. Jh. fasst eine Gruppe von Passionsallegorien die Passion und Christi Kreuzworte (sieben Worte entsprechen sieben Saiten) in das Bild von Harfe und Harfenspiel. Stammler vermutet einen von → Bonaventura gepr¨agten franziskanischen Hintergrund f¨ur die Entstehung des Dichtermotivs (Stammler, S. 409 mit Hinweisen zu weiteren obd. und nd. Verfassern). A: Die nd. Passionsallegorie in Prosa vergleicht Christi gemarterten Leib am Kreuz mit einer gespannten Harfe, die Einzelteile des Instruments werden auf Christi Glieder und Wunden gedeutet. Die ‹innige Seele› solle allzeit gern auf der Harfe Christi spielen, sich in sein Leiden versenken und wie der Heiland alle Leiden mit Freude tragen. Trotz großer Abweichungen zwichen den einzel¨ nen Uberlieferungstr¨ agern wird eine gemeinsame Quelle vermutet (Beckers). Incipit (Wolfenb¨uttel, Cod. Helmst. 1183): «Sithara eyn herpe is eyn soyte seydenspel vnde is ghemaket van holte vnde bedvtet dit lydent Christi in den hilgen cruce». B: Eine Gruppe verwandte wenn auch nicht identische nd. Texte arbeiten sich an dem gleichen Motiv ab. Incipit (Wolfenb¨uttel, Cod. Novi 1143.2): «O celestis cythara et musica paterni cordis, der du ab inicio hest gesungen und gedungen in amenitate». 1247

Harfenspiel vom Leiden Christi C: Eine Handschrift u¨ berliefert außerdem einen rheinfr¨ankischen Text mit einer von A und B wohl unabh¨angigen Harfenallegorese. Incipit: «Diß sint die zwolff seyten da die mynnende sell an harphen sal daz der geist erwecket werde.» ¨ Uberlieferung: A: Ebstorf, Klosterbibl., Ms. IV 12, 449v (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mnd.). – Hamburg, Staats- und Universit¨atsbibl., Cod. Convent I, 204v–208r (Perg. und Pap., 15. Jh., mnd.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 1183, 196v–198r (Pap., 11. Jh., mnd.). – Ebd., Cod. Helmst. 1313, 161v–165v (Pap., 15. Jh., mnd.). – B: Ebd., Cod. Novi 1143.2, 45v–57r (Perg., Ende 14. Jh., mnd.). – Ebd., Cod. 62.3 Aug. 4°, 262v–267v (Pap., 1499, mnd.). – Ebd., Cod. Helmst. 1383, 36r–47v (Pap., 16. Jh., mnd.). – C: Mainz, StB, Cod. I 51, 61vb–62rb (Perg. und Pap., Mitte 15. Jh., rheinfr¨ankisch; vgl. Naser). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 3 (1981) Sp. 472–474; 11 (2004) Sp. 589. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Reisebericht. 4 Bde. G¨ottingen 1899–1914, Bd. 1, S. 98, 257 f., Bd. 3, S. 86, 91, 109, 165. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. Kurt Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964 (zuerst 1922), S. 386–436, bes. 408 f. – Frederick P. Pickering: Lit. und darstellende Kunst im MA (Grundlagen der Germanistik 4). Berlin 1966, S. 182–190. – Christian Naser: Lit. f¨ur Laienbr¨uder. Die Hs. I 51 der Stadtbibl. Mainz. Beschreibung von Inhalt und Aufbau der Hs. In: W¨urzburger Fachprosa-Stud. Beitr. zur ma. medizin-, Pharmazie- und Standesgesch. aus dem W¨urzburger Medizinhist. Inst. FS Michael Holler. Hg. v. Gundolf Keil (W¨urzburger medizinhist. Forsch. 38). W¨urzburg 1995, S. 248–321. CS

Herzklosterallegorien. – Beliebte Allegorien des sp¨aten MA. Die H. wurzeln u. a. in der Vorstellung vom Kloster als Heerlager Gottes, in dem die M¨onche mit dem B¨osen ringen. Ebenso streiten nach mittelalterlichem Glauben in der menschlichen Brust die Tugenden mit den Lastern. Die Gleichsetzung von Herz und Kloster war also im geistlichen Kontext naheliegend und wurde entsprechend popul¨ar, besonders im Auslegungsrahmen des moralischen Schriftsinns. Sie wurde zuletzt auch von der weltli1248

Herzklosterallegorien chen Literatur u¨ bernommen (Oswald von Wolkenstein, Kloster der Minne, Weltliches Kl¨osterlein). Hier seien wichtige geistliche Ausgestaltungen der H. genannt: Ein predig: der kunck hat mich gefurt in seinen wein keler ist in dt. und mndl. Fassungen u¨ berliefert. Der Text beruht auf der Abhandlung Introduxit me rex in cellam vinariam (wohl fr¨uhes 13. Jh.) eines Augustinerchorherren namens Johannes, der sich wiederum auf De claustro animae des Hugo von Fouilloy st¨utzte. Biblische Grundlage dieser H. ist Hld 2,4. Ein predig stellt den Aufstieg der Seele zu Gott als Durchschreiten eines Kloster dar. Stationen sind etwa ein Wasserbecken (Reue) und der Kapitelsaal (Beichte), in dem Abt (Verstand), Prior (Vernunft) und Subprior (religi¨oser Eifer) miteinander streiten. ¨ Uber Dormitorium (Seelenfrieden) und Infirmaria (vergebliche Heilungsversuche) zieht die Seele weiter ins Paradies. Die zu den → St. Georgener Predigten geh¨orende H. Von maenger hande tugend gaischliches lebens geht ebenfalls von der erw¨ahnten Hld-Stelle aus. Eine direkte Ableitung des Texts von Introduxit me rex in cellam vinariam ist aber unsicher. Im Text des Predigers werden weniger die Geb¨audeteile des Klosters genannt, sondern st¨arker die darin wohnenden Figuren, insbesondere Klosterfrauen, die hier den Tugenden entsprechen. Eine weitere Prosa-H. ist Des hilghen gheystes closter, die in mnd. und mndl. Fassungen vorliegt und m¨oglicherweise auf einer lat. Vorlage beruht. In dieser H. gr¨undet der Heilige Geist f¨ur seine To¨ chter ein Kloster, in das sich aber bald der Teufel einschleicht. Dessen schnell erlangte Herrschaft wird zuletzt vom Heiligen Geist beendet. Auch hier ist die Allegorie stark mit Figuren verkn¨upft: Die Klosteroberen und die T¨ochter des Teufels verk¨orpern jeweils verschiedene Tugenden und Laster. Nur in einer Engelberger Handschrift aus dem 14. Jh. erhalten ist Das kloster der sele mit einr entwerfunge der empter vnd der ampt l´ute. Diese mhd. H. zeichnet sich durch zahlreiche Zitate von Autorit¨aten wie → Bernhard von Clairveaux aus. Außerdem nimmt sie in großem Detailreichtum eine allegorische Ausdeutung der Klosterteile vor: Figuren wie Abt, Prior und Pf¨ortner verk¨orpern Tugenden wie Gehorsam und Bescheidenheit, Orte wie die Klosterzellen stehen f¨ur Andacht oder Keuschheit. Grundlage von Das kloster der sele ist das h¨aufig u¨ berlieferte Claustrum anime. 1249

Mitte 15. Jh. Auf dem a¨ hnlich betitelten In claustro anime deus debet esse abbas (urspr¨unglich Tituli claustri anime, vor 1367) beruht die H. In dem clostir der selin got ist der prior. Dieser Text ist zwar teilweise mit Introduxit me rex in cellam vinariam u¨ berliefert, gilt heute aber eher als Vorstufe des dt. Herzklosters (s. u.). Charakteristisch f¨ur In dem clostir ist die Knappheit der allegorischen Ausdeutung, die mehr einer Gegen¨uberstellung in Merkversen a¨ hnelt. Auf diesem Text beruht dann die um Baum- und Gartenallegorien sowie vision¨are Elemente erweiterte H. Daz geistliche closter der selen von tugenden gemacht. ¨ Das Herzkloster erreichte in zwei Uberlieferungsstr¨angen große Verbreitung im dt. und ndl. Sprachraum. Der erste Strang umfasst einer k¨urzere Bearbeitung des Texts, die in hochdt., mnd. und mndl. Versionen vorliegt. F¨ur diese werden heute mindestens zwei unterschiedliche Vorlagen vermutet. Auch steht in diesem Strang stets ein M¨annerkloster im Mittelpunkt. Dagegen verwenden die H. des zweiten Strangs ein Nonnenkloster. Die¨ sem zweiten Uberlieferungszweig sind die meisten Herzkloster-Handschriften zuzurechnen, die vor allem aus dem hochdt. Sprachgebiet stammen. Der ¨ Text ist in diesem Strang um eine Uberschrift erweitert, die je nach Handschrift mehr oder weniger ausf¨uhrlich Bernhard von Clairveaux als Verfasser hervorhebt. Auch ist das Herzkloster des zweiten Zweigs meist in einer Kompilation von Traktaten u¨ berliefert, die wahrscheinlich um 1379–1413 entstand. Erw¨ahnt sei hier außerdem eine Predigtfassung des Herzklosters, die auf dem zweiten Zweig beruht (Von ainem gaistlichen closter volkommen der gaistlichait). Auch eine Versfassung des geistlichen Klosters existiert, doch d¨urfte diese eher auf dem Fließenden Licht der Gottheit (Teil VII, Kapitel 36) der Mechthild von Magdeburg beruhen als auf den klassischen H. Unsicher ist die Provenienz des Lieds vom «Seelenkl¨osterlein». Es ist von Ludwig Uhland als Volkslied u¨ berliefert worden, k¨onnte aber auch kl¨osterliche Wurzeln haben. ¨ ¨ Uberlieferung: Verz. der umfangreichen Uberl. bei Bauer 1981 (s. Lit.). Ausgaben: 1. Ein predig: der kunck hat mich gefurt in seinen wein keler: Bauer 1973 (s. Lit.) S. 400–410. 2. Von maenger hande tugend gaischliches lebens: Altdt. Predigten und Gebete aus Hss. Hg. v. Wilhelm Wackernagel. Basel 1876, S. 81–85. – Karl Bartsch: S¨undenklage eines Verstorbenen. In: NdJb 11 (1885) S. 128–133. – K. Rieder: Mystischer 1250

Mitte 15. Jh. Traktat aus dem Kloster Unterlinden zu Colmar i. Els. In: Zs. f¨ur hochdt. Mundarten 1 (1900) S. 80–90. – Der sogenannte St. Georgener Prediger. Aus der Freiburger und der Karlsruher Handschrift (DTM 10). Hg. v. Karl Rieder. Berlin 1908, S. 18–21. 3. In dem clostir der selin got ist der prior: Bauer 1973 (s. Lit.) S. 310, 321, 324 f., 333 f. 4. Dt. Herzkloster: Wackernagel 1876 (s. o.) S. 609 f. – Prosa der dt. Gotik. Eine Stilgesch. in Texten. Hg. v. Wolfgang Stammler. Berlin 1933, S. 50 (Nr. 28). – Eis 1964 (s. Lit.). – Mhd. Lieder und Spr¨uche. Hg. v. Gerhard Eis. M¨unchen 21967, S. 107 (Nr. 44). – Bauer 1973 (s. Lit.) S. 23 f., 329. 5. Lied vom «Seelenkl¨osterlein»: Die hl. Elisabeth. In: Diutiska: Denkm¨aler dt. Sprache und Lit. aus alten Hss. 3. Hg. v. Eberhard G. Graff. Stuttgart 1829 (Nachdr. Hildesheim u. a. 1970) S. 409 f. – Alte hoch- und nd. Volkslieder 1. Hg. v. Ludwig Uhland. Stuttgart/T¨ubingen 1844 (Nachdr. Hildesheim 1968) S. 864 f. (Nr. 333). – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. der o¨ sterr. NB 2. Berlin 1961, S. 938. – Fr¨uhwald 1963 (s. Lit.) S. 152. Literatur: Manitius 3 (1931) S. 226–228. – Gerhard Bauer, VL2 3 (1981) Sp. 1153–1167; 11 (2004) Sp. 652. – Anton E. Sch¨onbach: Stud. zur Gesch. der altdt. Predigt 4. Wien 1905 (Nachdr. Hildesheim 1968) S. 125 f. – Romuald Banz: Christus und die minnende Seele. Zwei sp¨atmhd. mystische Gedichte. Breslau 1908. Nachdr. Hildesheim u. a. 1977, S. 4–13. – Walther Dolch: Die Verbreitung oberl¨andischer Mystikerwerke im Niederl¨andischen, auf Grund der Hss. dargestellt 1. Weida 1909, S. 11, 33–38. – Wolfgang Stammler: Die mnd. geistliche Lit. In: Neue Jahrb¨ucher f¨ur das klassische Altertum, Gesch. und dt. Lit. 45 (1920) S. 114–144 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Lit.gesch. des MA. Berlin u. a. 1953, S. 240 f.). – Ders.: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Arch. f¨ur Religionswiss. 21 (1922) S. 122–162 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Lit.gesch. des MA. Berlin u. a. 1953, 156–184). – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 316 f., 429. – Wieland Schmidt: Die vierundzwanzig Alten Ottos von Passau. Leipzig 1938, S. 45 f. u. o¨ . – Henri Peltier: Hugues de Fouilloy, chanoine r´egulier de Saint-Laurent-au-Bois. In: Revue du moyen age latin 2 (1946) S. 25–44. – W. Stammler: Der allegorische Garten. In: Hart, 1251

Herzklosterallegorien warr nich m¨oo¨ d. FS Christian Boeck. Hg.v. Gustav Hoffman und Gustav J¨urgensen. Hamburg 1960, S. 260–269 (wieder in: Landschaft und Raum in der Erz¨ahlkunst. Hg. v. Alexander Ritter. Darmstadt. 1975, S. 248–261). – Xenia von Ertzdorff: Das Herz in der lat.-theol. und fr¨uhen volkssprachigen religi¨osen Lit. In: PBB (Halle) 84 (1962) S. 249–301 (wieder in: Dies.: Spiel der Interpretation. Ges. Aufs¨atze zur Lit. des MA und der Fr¨uhen Neuzeit [GAG 597]. Bearb. v. Rudolf Schulz u. a. G¨oppingen 1996, S. 21–69). – Wolfgang Fr¨uhwald: Der St. Georgener Prediger. Stud. zur Wandlung des geislichen Gehaltes. M¨unchen 1963, S. 148–154. – Roger Baron: Note sur le De Claustro. In: Sacris Erudiri 15 (1964) S. 249–255. – G. Eis: Zwei unbekannte Hss. der Allegorie vom Seelenkloster. In: Leuvense Bijdragen 53 (1964) S. 148–153 (wieder in: Altgermanistische Beitr. zur geistlichen Gebrauchslit. Bern u. a. 1974, S. 145–150). – Guy-Marie Oury: Le ‹De Claustro Animae› de Jean, prieur de Saint-Jean-des-Vignes. In: Revue d’Asc´etique et de Mystique 40 (1964) S. 427–442. – Friedrich W. Wodtke: Die Allegorie des ‹Inneren Paradieses› bei Bernhard von Clairvaux, Honorius Augustodunensis, Gottfried v. Strassburg und der dt. Mystik. In: FS Josef Quint. Hg. v. Hugo Moser u. a. Bonn 1964, S. 277–290. – X. von Ertzdorff: Die Dame im Herzen und das Herz bei der Dame. Zur Verwendung des Begriffs ‹Herz› in der h¨ofischen Liebeslyrik des 11. und 12. Jh. In: ZfdPh 84 (1965) S. 6–46 (wieder in: Dies.: Spiel der Interpretation, S. 71–111). – W. Stammler, Geist uns Form im Sp¨atMA. In: ZfdPh 84 (1965) S. 482–490. – Egino P. Weidenhiller: Unters. zur dt.sprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der BSB (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 28 f., 140 f. u. o¨ . – Walter Blank: Die dt. Minneallegorie. Stuttgart 1970, S. 162–172. – Ernst F. Ohly: Cor amantis non angustum. Vom Wohnen im Herzen. In: Gedenkschrift f¨ur William Foerste. Hg. v. Dietrich Hofmann und Willy Sanders. K¨oln 1970, S. 454–476 (wieder in: E. F. Ohly: Schr. zur ma. Bedeutungsforschung. Darmstadt 1977, S. 128–155). – Gerhard Bauer: Claustrum animae 1. Unters. zur Gesch. der Metapher vom Herzen als Kloster. Mu¨ nchen 1973 (vgl. dazu Dietrich Schmidtke. PBB [T¨ub.] 97, 1975, S. 451–459; Ingeborg Glier. Medium Aevum 46, 1977, S. 125–129). MM 1252

Jakob von Paradies Johannes de Beka. – Dichter eines Mariengedichts, 15. Jh. Von Magister J. («egregius poeta») stammt ein kunstvolles Gedicht u¨ ber Maria in Hexametern mit dem Incipit Salve, Christi parens et nata Dei benedicta. Ausgabe: AH 46 (1905) S. 163 f. (Nr. 113). Literatur: Joseph Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Bd. 2. Berlin 1965, S. 400. SF Johannes von Aichstetten (auch Maister Hanns). – Prediger. J. stammte wohl aus Aichstetten/Kr. Ravensburg und predigte zumindest zeitweise im Memminger Heiliggeist-Spital. Eine dort gehaltene dt. Predigt ist in einer Berliner Handschrift erhalten. Der Text behandelt sieben Arten des Gewissens. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1593, 311r–314r (Pap., 1474, schw¨abisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) S. 536 f. MM Irrung an dem glouben. – Zusammenstellung von Irrlehren aus dem 15. Jh. Neben den acht, 1312 vom Konzil von Vienne formulierten Errores Beguardorum et Beguinarum de statu perfectionis, mit denen die Inquisitionsverfahren gegen Begarden und Beginen in Gang gesetzt wurden, enth¨alt der Text Ausz¨uge des Gutachtens, das → Albertus Magnus aus Anlass der Ketzerei im Schw¨abischen Ries verfasst hatte, einschließlich der XXX articuli de heresi novi spiritus, in die Artikel 3 und 4 aus der Bulle In agro dominico, die Meister → Eckhart verurteilte, eingeschoben sind. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. C 38, v 54 –57v (Pap., 1443, hochalemannisch). Ausgabe: Ruh 1981 (s. Lit.) S. 229–235. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 422 f. – Ders.: Volkssprachliches u¨ ber H¨aresien. In: ZfdA 110 (1981) S. 221–239 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. Bd. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin/New York 1984, S. 255–274). BJ Karl der Große. – Els¨assische Prosalegende. Das Sondergut der Els¨assischen Legenda aurea ¨ (→ Jacobus a Voragine) ist eine unbeholfene Ubersetzung (Die hystoria k¨unig Carolus) einer Kurzfassung der Historia Caroli Magni et Rotholandi des Pseudo-Turpin von Reims. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 79.1 Aug. 2°, 214v–222v (15. Jh., oberhreinisch). 1253

Mitte 15. Jh. Ausgabe: Konrad Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. 294–302. Literatur: Wolfgang Braunfels, LCI 7 (1974) Sp. 276–282. – Konrad Kunze, VL2 4 (1983) Sp. 1002. – Reinhard Schneider, TRE 17 (1987) S. 644–649. – Wimmer/Melzer (61988) S. 478 f. – Rudolf Schieffer, LThk3 5 (1996) Sp. 1240 f. – Wilfried Hartmann, RGG4 4 (2001) Sp. 813–816. BJ Jakob von Paradies (Jakob Kuniken, Coneken, Jacobus de Paradiso, de Claratumba, de Cracovia, de Polonia, Carthusiensis, de Erfordia, Junterbuck, de Juterbog, Doctor Jacob Carthuser zu Erdfurt; Name oft mit Doktortitel) OCart, * 1381, † 30.4.1465 Erfurt. – Theologe. J. stammte wohl aus einer Bauernfamilie und lebte seit 1401 als Zisterzienser im Kloster Paradies/ Meseritz. Er studierte seit 1420 in Krakau, wurde 1423 Magister und 1432 Doktor der Theologie. Danach war er bis 1441 als Lektor und Prediger an der Universit¨at Krakau t¨atig. M¨oglicherweise hatte er damals auch das Amt des Abtes im Kloster Meseritz inne und widmete sich der Klosterreform. Auf dem Konzil von Basel vertrat J. den Abt von Mogila/Krakau. Um 1442/43 brach J. mit seinem bisherigen Leben und wechselte von den Krakauer Zisterziensern zu den Kart¨ausern in Erfurt. Dort lehrte er seit 1452 als Professor f¨ur kanonisches Recht an der Universit¨at, deren Rektor er 1456 wurde. Zuletzt war J. Vikar seiner Kartause. Da J.s Schriften unter verschiedenen Namen u¨ berliefert sind, waren die Zuschreibungen seiner Werke in der Vergangenheit oft unsicher oder falsch. So wurden etwa Jakob von Gruitrode und Jakob von T¨uckelhausen mit J. verwechselt. Heute gelten u¨ ber hundert lat. Schriften J.s als gesichert, die in rund 450 Handschriften und zahlreichen Drucken u¨ berliefert sind. Darunter sind Texte zur Kirchen- und Klosterreform, Stellungnahmen (etwa u¨ ber die Regularien des Kart¨auserordens), juristische, ethische und moraltheologische Traktate, Predigten und Konzilsreden. Besonders bekannt wurden das Sterbebuch De arte bene moriendi (um 1450) und eine Abhandlung u¨ ber Geistererscheinungen, De apparitionibus animarum (1454). J.s universit¨are Lehrschriften sind nur noch fragmentarisch erhalten. In seinen Texten tritt J. als kritischer Konziliarist hervor, der sich nach dem Scheitern kirchlicher Reformen in die 1254

Mitte 15. Jh. innere Emigration der Kart¨auser-Existenz zur¨uckzieht. Als literarische Vorbilder J.s gelten Johannes Cassianus, → Bernhard von Clairvaux und Heinrich von Gent. ¨ Nach J.s Tod entstanden dt. Ubertragungen mehrerer lat. Texte. Die zuletzt Thomas Finck zugeschriebene dt. Fassung von De apparitionibus animarum ist in zwei Handschriften erhalten und wurde um 1477 in Esslingen bei Fyner gedruckt. In verschiedenen Handschriften sind auch dt. u¨ berliefert: De receptione et proventibus monialium, De contractu venditionis et revenditionis, De praeparatione ad sacramentum eucharistiae und ein Passionstext J.s. Eine Sammlung von dt. Kollationen aus J.s Erfurter Zeit ist heute verschollen. J.s Arbeiten erlangten bei Kart¨ausern, Benediktinern, Windesheimern und Erfurter Akademikern große Verbreitung. Auch auf Johann Geiler von Kaysersberg wirkten sie. Erst mit der Reformation brach die J.-Rezeption weitgehend ab. ¨ Uberlieferung (dt.): 1. De apparitionibus animarum separatarum dt.: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1145, 1ar–52v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Ebd., Cgm 6940, 229r–260r (um 1490). 2. Passion nach den vier Evangelien: Innsbruck, ULB, cod. 626 (E 178), 2r–138r (Pap., 1471, s¨udbair.). 3. De receptione et proventibus monialium dt.: Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Guelf. 30. 1. Aug. fol. (Kat.-Nr. 2299), 86r–100r. 4. De contractu venditionis et revenditionis dt.: Karlsruhe, LB, cod. St. Georgen 71, 124r–131r (Pap., 1456, s¨udalemannisch). 5. De praeparatione ad sacramentum Eucharistiae dt.: Augsburg, UB, cod. III.1.8° 13, 87r–110v (Pap., Ende 15. Jh., alemannisch). – Augsburg, UB, cod. III.1.8° 47, 217v–271v (Pap., Ende 15. Jh., ostschw¨abisch). Zur umfangreichen Gesamt¨uberl. vgl. Meier 1955 (s. Lit.) S. 12–88 und Mertens 1976 (s. Lit.) S. 276–285. Ausgaben (dt.): Paternoster-Auslegung. Zugeschrieben J. v. Ju¨ terbog, verdeutscht von Heinrich Haller. Hg. v. Erika Bauer. Stockholm 1966. – Fas¨ bender 2001 (s. Lit.). – Passio Christi. Ubersetzt von Heinrich Haller (Analecta Cartusiana 136). Hg. v. E. Bauer. Salzburg 2005. Literatur: ADB 13 (1881) S. 554 f. – Bernhard Stasiewski, NDB 10 (1974) S. 318 f. – Dieter Mertens, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 52–55. – Ders., 1255

Jakob von Paradies VL2 4 (1983) Sp. 478–487; 11 (2004) Sp. 756. – Michael Tilly: J. v. J¨uterbog. In: BBKL 2 (1990) Sp. 1466–1468. – Manfred Gerwig: J. v. J¨uterbog. In: LexMA 5 (1991) Sp. 291. – Andreas-Pazifikus Alkofer, LThK3 5 (1996) Sp. 728. – Schulthess/Imbach (1996) S. 475. – Roger Aubert: Jacques de Paradyz. In: DHGE 26 (1997) Sp. 716 f. – Dieter Mertens, RGG4 4 (2001) Sp. 357 f. – Casimir Morawski: Histoire de l’universit´e de Cracovie 2. Paris 1903, S. 62–124. – Theodor Brieger: Zu J. v. Ju¨ terbock. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 24 (1903) S. 136–149. – Fritz Schillmann: Neue Beitr. zu J. v. J¨uterbock. In: Ebd. 35 (1914) S. 64–76, 363–371. – Albert Auer: Johannes von Dambach und die Trostb¨ucher vom 11. bis zum 16. Jh. Mu¨ nster 1928, S. 218 f., 327 f. u. o¨ . – Ludger Meier: Die Werke des Erfurter Kart¨ausers J. v. J¨uterbog in ihrer handschriftlichen ¨ Uberl. M¨unster/Westf. 1955. – Jakob Wimpfelings Adolescentia. Hg. v. Otto Herding mit Franz Josef Worstbrock. Mu¨ nchen 1965, hier S. 102–105. – ¨ Peter Assion: Zur dt. Uberl. von J. v. J¨uterbogks ‹De animabus exutis›. In: Leuvense Bijdragen 55 (1966) S. 176–180. – Stanislaw Andrzej Porebski: Contribution a` l’´etude de Jacques de Paradyz. In: Mediaevalia philosophica Polonorum 21 (1976) S. 115–143. – D. Mertens: Der Streit um den Bursfelder Liber ordinarius. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 86 (1975) S. 728–760. – Ders.: Iacobus Carthusiensis. Unters. zur Rezeption der Werke des Kart¨ausers J. v. P. (1381–1465). G¨ottingen 1976. – Gerard Achten: Literarische T¨atigkeit einiger Erfurter Kart¨auser im 15. Jh. In: CistercienserChronik 87 (1980/81) S. 10–12. – D. Mertens: J. v. P. (1381–1465) u¨ ber die mystische Theologie. In: Kart¨ausermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongreß u¨ ber die Kart¨ausergesch. und -spiritualit¨at 5 (Analecta Cartusiana 55,5). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1982, S. 31–46. – Bronislaw Geremek: G´eographie et apocalypse. La notion de l’Europe chez Jacques de Paradyz. In: Acta Poloniae Historica 56 (1988) S. 5–17. – Peter Assion: Von den abgeschiedenen Seelen. Kirchenlehre und Volksglaube in der sp¨atma. Fegefeuer- und Geisterlit. In: Geist und Zeit. Wirkungen des MA in Lit. und Sprache. FS Roswitha Wisniewski. Hg. v. Carola L. Gottzmann und Herbert Kolb. Frankfurt/M u. a. 1991, S. 255–275. – Christoph Fasbender: Ein d¨amonologisches Exempel J.s v. P. im N¨urnberger Katharinenkloster. In: Oxford German Studies 28 (1999) S. 1–21. – Ders.: Von der Wiederkehr 1256

Kristallsegen ¨ der Seelen Verstorbener. Unters. zu Uberl. und Rezeption eines Erfolgstextes J.s v. P. Heidelberg 2001. – Jaroslaw Stos: Die mystische Theologie des J. v. P. In: Theol. und Philos. 79 (2004) S. 90–98. – Krzysztof Bracha: Zwischen ‹miracula›, ‹mirabilia› und ‹mira›. Die Wallfahrten nach Wilsnack im Urteil J.s von P. In: Die Wilsnackfahrt. Ein Wallfahrtsund Kommunikationszentrum Nord- und Mitteleuropas im Sp¨atMA. Hg. v. Felix Escher und Hartmut K¨uhne. Frankfurt/M. u. a. 2006, S. 165–177. MM Konrad von Liebenberg OP. K. war wahrscheinlich Dominikaner und Lesemeister im Nikolauskloster in Konstanz. Von ihm ist in einer Pommersfeldener Handschrift eine Predigt u¨ ber St. Jakob mit Bezug auf Mt 20,20 u¨ berliefert. Im gleichen Kodex finden sich auch Predigten u¨ ber Johannes den T¨aufer und Johannes Evange¨ lista sowie die Ubersetzung der Hieronymusbriefe des → Johannes von Neumarkt. ¨ Uberlieferung: Pommersfelden, Gr¨aflich Sch¨onbornsche Bibl., cod. HS 120, 61va–69rb (Mitte 15. Jh.). Literatur: Volker Honemann, VL2 5 (1985) Sp. 218; 11 (2004) Sp. 879. – Hans-Jochen Schiewer: Literarisches Leben in dominikanischen Frauenkl¨ostern des 14. Jh. Das Modell St. Katharinental bei Diessenhofen. In: Stud. und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenkl¨oster im sp¨aten MA. Ergebnisse eines Arbeitsgespr¨achs in der HAB Wolfenb¨uttel, 24.–26. Febr. 1999. Hg. v. Falk Eisermann u. a. Leiden u. a. 2004, S. 285–309, hier S. 300 f. MM ¨ Konrad von Nurnberg. ¨ – Ubersetzer prophetischen B¨ucher des AT. Der Name ist u¨ berliefert in der Heidelberger Hs. Cpg 19–23, welche die alttestamentlichen Propheten enth¨alt. Am Ende des entsprechenden Abschnitts wird ein «propst C˚unrot von nierenberg» als ¨ Ubersetzer genannt. Ob K. mit dem Regensburger Dompropst Konrad Kunhofer († 1452) identisch ist, bleibt fraglich. Literatur: Heimo Reinitzer, VL2 5 (1985) Sp. 244. – Johannes Geffcken: Der Bildercatechismus des funfzehnten Jh. und die catechetischen Hauptst¨ucke in dieser Zeit bis auf Luther 1. Leipzig 1855. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92. Nachdr. Nieuwkoop 1966. BJ 1257

Mitte 15. Jh. Kristallsegen. – Mantische Beschw¨orungsformel. Die Kristallomantie, die Wahrsagekunst vermittels eines Kristalls, geht eventuell bereits auf antike Wurzeln zur¨uck (Zimmermann, 1985, Sp. 382; dagegen Handw¨orterbuch des dt. Aberglaubens, Sp. 578), findet aber erst seit dem sp¨aten MA Verbreitung und spielt bis heute in der Mantik eine nicht unbedeutende Rolle. Ausgehend von wirklichen oder nur imaginierten Erscheinungen auf einer spiegelnden Oberfl¨ache (u. a. Wasser, Spiegel, Schwertklinge) soll die Methode die Zukunft vorhersagen, vergangene oder entfernte Vorg¨ange deuten, verborgene Dinge, Handlungsursachen und -verursacher aufsp¨uren. Die Texte sind in Prosa abgefasst, rhythmisch strukturiert und mit vereinzelten Reimankl¨angen versehen. Der Aufbau der Texte variiert, entspricht aber strukturell etwa den seit dem fr¨uhen Mittelalter bekannten Segens- und Beschw¨orungsformeln. In Analogie zu den Gebr¨auchen und Handlungen beim Gottesdienst wird die Beschw¨orung von der Rezitation einschl¨agiger Bibelstellen, der Aufforderung zum Messe Lesen oder der wiederholten Anrufung der Trinit¨at (vgl. Ausgabe) begleitet. Als Analogiezauber soll die Macht des Kristalls bzw. der reflektierenden Fl¨ache gleiches bewirken wie das heilige Gotteswort, wie die Eucharistie oder der Stern zu Bethlehem, «darine mir zu sehen alles daz mein hercz wegert» (Ausgabe, Z. 11). ¨ Uberlieferung: Memmingen, StB, Cod. 2,39.4°, 66v–67r, 92v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.; im Konvoi mit Rezepten, medizinischen Traktaten, Segens- und Beschw¨orungsformeln). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 3227a, 85v (Perg. und Papier, um 1389, ostmd.; u. a. im Konvoi mit lat. alchemistischen und medizinischen Rezepten sowie Texten zur Fechtkunst). Ausgaben: Volker Zimmermann: Ein Zauberspruch aus dem Bereich der Kristallomantie. In: ZfdA 105 (1976) S. 250–254, hier S. 253 f. (nach N¨urnberg, Hs. 3227). Literatur: Volker Zimmermann, VL2 5 (1985) Sp. 382f. – Handw¨ortbuch des dt. Aberglaubens 5 (1930/31) Sp. 576–594. – Gerhard Eis: Bakterienlampen im MA. In: Forsch. zur Fachprosa. Bern 1972, S. 219–222. – Zimmermann (s. Ausg.). – Anton Birlinger: Zu Goethes Faust und GrossKophta. Krystall- und Zauberspiegelseherei. In: Alemannia 9 (1881) S. 71–84. – G. Eis: Medizinische Fachprosa des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 48). 1258

Mitte 15. Jh. Amsterdam 1982, S. 38–42. – Francis B. Br´evart: Between Medicine, Magic and Religion: Wonder Drugs in German Medico-Pharmaceutical Treatises of the Thirteenth to the Sixteenth Centuries. In: Speculum 83 (2008) S. 1–57, hier S. 37, Anm. 117. CS Krossen, Antonius (Crossen). – Schlesischer Augustiner, Mitte des 15. Jh. Von K. stammt die 1441–52 in Gr¨unberg geschriebene Handschrift Breslau/Wrocław, UB, Cod. I Q 419, die neben lat. Predigten mit dt. Einsch¨uben, Glossen und Kirchenliedern auf Bl. 313v–314r eine dt. Laurentiuspredigt enth¨alt. Welche Texte von K. sind, l¨asst sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 5 (1985) Sp. 392. BJ Lauchein, Johannes. – Hymnendichter, 15. Jh. In einem Sequentiar aus Sankt Gallen findet sich die Sequenz De sanctis Fabiano et Sebastiano u¨ ber die beiden M¨artyrer und Heiligen Fabian und Sebastian. Die Anfangsbuchstaben der ersten 16 Strophen bilden als Akrostichon den Namen J. L. Es d¨urfte sich dabei um den Verfasser handeln, der aber ansonsten v¨ollig unbekannt ist. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 546 (Pap., St. Gallen, 1507–14). Ausgabe: AH 55, S. 146 f. (Nr. 126). Literatur: Frank Labhardt: Das Sequentiar Cod. 546 der Stiftsbibl. v. St. Gallen und seine Quellen 1. Bern 1959, S. 105. MM Loccumer Historienbibel (Loccumer Erz¨ahlungen). – Mnd. Prosa-Bibelparaphrase aus der Mitte des 15. Jh. Als Hauptquelle diente neben der Vulgata die Historia Scholastica des → Petrus Comestor. Der Verfasser des aus dem su¨ dlichen Teil des Ostf¨alischen stammenden Werks ist unbekannt, er kann Geistlicher oder Laie gewesen sein. Vgl. auch → Historienbibel. ¨ Uberlieferung: Loccum, Bibl. des Predigerseminars, Ms. Nr. 6 (fragm.). Ausgabe: Erik Liljeb¨ack: Die L. H. (Die sog. Loccumer Erz¨ahlungen). Eine mnd. Bibelparaphrase aus der Mitte des 15. Jh. Lund 1923. Literatur: Johann Friedrich Merzdorf: Die dt. Historienbibel des MAs. 2 Bde., Tu¨ bingen 1870. – Hans Vollmer: Materialien zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MAs I/1 und 2. Berlin 1259

Krossen 1912, 1916. – Erich Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMAs. Diss. Hamburg 1938. Auch in: Neue Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel im MA. Bibel und deutsche Kultur 8. Hg. v. Hans Vollmer. Potsdam 1938, S. 1–91. – Hans Rost: Die Bibel im MA. Beitr. zur Gesch. und Bibliogr. der Bibel. Augsburg 1939. – Astrid Stedje: Die N¨urn¨ berger H. Textkrit. Stud. zur hsl. Uberl. mit einer Ausg. des Weidener Fragm. Hamburg 1968. – Ursel Bakker. Die Loccumer Erz¨ahlungen: Stoffe einer mnd. Historienbibel. In: Nd. Wort 38 (1998) S. 1–35. SF Spiegel des Christenglaubens («Fundament vander kirstenre gelouen», «Speyghel des cristen ghelouven»). – Im mndl. und mittelnd. Sprachgebiet verbreiteter, oft einem Ludolf von G¨ottingen zugeschriebener erbaulich-katechetischer Text wahrscheinlich des 15. Jh. Ziel des Textes, der zu den Katechismustafeln mit breiterem Kommentar gez¨ahlt werden kann, ist es, Laien eine Anleitung zum gottgef¨alligen Leben zu geben. Die Darstellung folgt streng didakti¨ schen Uberlegungen. Der Text besteht aus eher lose verbundenen Einzelst¨ucken; auch deshalb schwanken Umfang, Formulierung und Reihenfolge der Teile in den verschiedenen Textzeugen betr¨achtlich. Wahrscheinlich handelt es sich beim S. d. C. um eine k¨urzende Bearbeitung des Fundament van der kirstenre gelouen; in seiner Anlage zeigt er Verwandtschaft mit dem aus lat. Quellen u¨ bersetzten Werk Wech von salicheit. Quellen waren u. a. → Hugo Ripelin von Straßburg (Compendium theologicae veritatis), → Wilhelm Peraldus (Summa de viciis et virtutibus) und Papst → Innozenz III. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1169, 160ra–189ra (15. Jh., Exzerpte). – Br¨ussel, Bibl. Royale, cod. 2079 (2296), 99r–123r (15. Jh., Exzerpte). – Ebd., cod. 2087 (2389), 2r–179r (15. Jh.). – Deventer, Stadsof Athenaeumsbibl., cod. 101 D 4 (olim 52/1738), 2ra–99ra (15. Jh.). – D¨usseldorf, LB/StB, cod. B 130, 1v–80v (1468). – ’s-Gravenhage, Koninkl. Bibl., cod. 70 H 29, 1r–106v (15. Jh.). – Ebd., cod. 73 E 24, 39ra–68rb (15. Jh.). – Hamburg, SUB, cod. theol. 1550, 2r–177r (1472). – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, cod. GB 2°83, 1ra–69rb (15. Jh.). – Ebd., cod. GB 4° 121, 1r–135v (15. Jh.). – Leiden, UB, cod. Ltk. 345, S. 1–194 (15. Jh.). – Ebd., cod. Ltk. 346, 1ra–67vb (15. Jh.). – Leuven, UB, cod. G 222 1260

Traktat gegen weltliche Minne 202r–234r (15. Jh.; Exzerpte, verschollen). – Maastricht, Stadsbibl., cod. 157, 153ra–200ra (15. und 16. Jh.). – Straßburg, Bibl. Nat. et Univ., Ms. 2101, 86r–207v (1468). – Zwolle, Gemeentearchief, cod. Emmanuelshuizen 5, 77r–133v (15. Jh.). Erstmals gedruckt von Gerard Leeu 1478 in Gouda (Hain 14968) und um 1480 in Niederdeutsch von Joh. Koelhoff sr. in K¨oln (Bange 1980 [s. Lit.] S. 152, Nr. 34; Bange 1986 [Lit.] S. 48). Ausgaben: Diplomatischer Abdruck der ‹Fundament›-Version aus der Leidener Hs.: J. de Vos: Fundament vander kerstenre ghelouen. Inleiding. Tekstuitgave (licentiaatsverhandeling in machineschrift). Leuven 1967. – Ein Teilabdruck nach der Hamburger Hs. bei Johannes Geffcken: Der Bilderkatechismus des 15. Jh. und die catechetischen Hauptst¨ucke in dieser Zeit bis auf Luther. Leipzig 1855, Beilagen VII, Sp. 88–98. Literatur: Dagmar Gottschall, VL2 9 (1995) Sp. 100–104. – Geffcken (s. Ausg.). – Paul Bahlmann: Deutschlands katholische Katechismen bis zum Ende des 16. Jh. M¨unster/Regensburg 1894, S. 20–22. – D. C. Tinbergen: Des Coninx Summe. Leiden 1900–1907, S. 197–199. – Anne Troelstra: De toestand der catechese in Nederland gedurende de voorreformatorische eeuw. Diss. Utrecht 1901. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). Mu¨ nchen 1965. – De Vos (s. Ausg.). – Petronella Bange: Vijftiende eeuwse SpeculumLiteratuur in de Nederlanden. Een verkenning van terrein en materiaal. In: Archief voor de Geschiedenis van de Katholieke Kerk in Nederland 22 (1980) S. 122–153. – Dies.: Spiegels der christenen. Zelfreflectie en ideaalbeeld in laat-middeleeuwse moralistisch-didactische traktaten (Middeleeuwse Studies 2). Diss. Nijmegen 1986. BJ Spruche ¨ der funf ¨ klugen und der funf ¨ torich¨ ten Jungfrauen (Van vijf wisen und vijf dwasen juncvrouwen). – Nd. Dichtung in zehn sechszeiligen Abschnitten, 15. Jh. Das Gedicht besteht aus unregelm¨aßigen Paarreimversen, die alternierend je einer der klugen und einer der t¨orichten Jungfrauen in den Mund gelegt sind (vgl. Mt 25,1–13). Zwischenu¨ berschriften trennen die Redepartien; die Sprecherinnen preisen ihre Tugenden (Gehorsam, Zuversicht in Gott) oder beklagen ihre Untugenden (Eigenwillen, Selbstgerechtigkeit). 1261

Mitte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Cuijk/Niederlande, Kruisherenklooster St. Agatha, Hs. C 10, 223r–224 (aus dem Augustinerchorherrenstift Frenswegen, 1473). Ausgabe: Rudolf Langenberg: Quellen und Forschungen zur Gesch. der dt. Mystik. Bonn 1902, S. 64–66. Literatur: Christine St¨ollinger–L¨oser, VL2 9 (1995) Sp. 191 f. SF Summe der Sunden. ¨ – Beichtsspiegel, 15. Jh. Der von einem unbekannten «broder mertyn lewersteyn» verfasste oder kompilierte «spiegel der sunden» (178r) bietet in vollst¨andigen S¨atzen (d.h. nicht als bloße Aufz¨ahlung) einen S¨undenkatalog zur Gewissenserforschung als Beichtvorbereitung: Den f¨unf Sinnen, denen jeweils vier bis f¨unf S¨unden zugeordnet werden, folgen die sieben Tods¨unden und die sieben Gaben des Heiligen Geistes, wobei jeder Todsu¨ nde mit ihren (bis zu 21) «T¨ochtern» eine Gabe des Hl. Geistes mit deren (bis zu 17) «T¨ochtern» gegen¨ubergestellt wird. Es werden zudem die S¨unden gegen die Zehn Gebote aufgef¨uhrt, ferner die sieben Gaben des Hl. Geistes, die sieben Sakramente, die S¨unden gegen die Sakramente, die acht Seligkeiten, die sieben leiblichen und die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit, die sechs Schl¨ussel zur Weisheit, die sechs S¨unden gegen den Hl. Geist, die neun «fremden», die f¨unf «stummen» und die vier «rufenden» S¨unden. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 329, 158r–178r (15. Jh., aus dem Franziskanerdrittordenskloster Aachen). Literatur: Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 519–521. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 118. – G. Roth: S¨undenspiegel im 15. Jh. Unters. zum pseudo¨ augustinischen ‹Speculum peccatoris› in dt. Uberlieferung (Dt. Lit. v. den Anf¨angen bis 1700; Bd. 12) Bern u. a. 1991, S. 2 Anm. 7 u. S. 4 Anm. 10. BJ Traktat gegen weltliche Minne («Eyn nutte tractaet tegen wertlike mynne»). – Geistliche Mahnung und Lehre, von einem devoten Chorherren an seine Nichte, ein junges M¨adchen in M¨unster/ Westfalen, gerichtet, Mitte 15. Jh. Die Text bildete urspr¨unglich nur die pers¨onliche Einleitung zu einem auf Wunsch der Adressatin zusammengestellten Buch. Anlass war eine Verfehlung der Adressatin, die ihre Jungfr¨aulichkeit verloren hatte. Der Traktat ist ein Appell zur Umkehr 1262

Mitte 15. Jh. auf der Grundlage von geistlichen Ratschl¨agen und Lehren. Zitate aus Bibel und Kirchenv¨atern sind ebenso zu finden wie Darstellung und Auslegung biblischer Exempel und Figuren. Im Zentrum des Textes, in dem auch direkte Rede und Anspielungen auf pers¨onliche und lokale Ereignisse vorkommen, steht die Aufforderung zu Beichte, Reue und Buße. Zur Vermeidung der Ursachen und Anl¨asse der Unkeuschheit werden besondere Ratschl¨age erteilt. ¨ Uberlieferung: Abschriftlich unter der Rubrik Eyn nutte tractaet tegen wertlike mynne: Cuijk/Niederlande, Kreuzherrenkloster St. Agatha, Hs. C 10, 95r–126v (aus dem Augustiner-Chorherrenstift Frenswegen, 1473). Ausgabe: Rudolf Langenberg: Quellen und Forschungen zur Gesch. der dt. Mystik. Bonn 1902, S. 109–129 (unvollst.). Literatur: Ralf Plate, VL2 9 (1995) 1003–1005. – Langenberg (s. Ausg.). – Dagmar Thoss: Frauenerziehung im sp¨aten MA. In: Frau und sp¨atma. Alltag. Internationaler Kongreß Krems a. d. Donau 2. bis 5. Oktober 1984 (Ver¨off. des Inst. f¨ur ma. Realien¨ kunde Osterreichs 9). Wien 1986, S. 303–323. BJ Mittelniederdeutsches Ostergedicht. – In zwei → Medinger Gebetb¨uchern u¨ berlieferte nd. geistliche Dichtung von 120 Versen. Das Preisgedicht handelt von der Liturgie des Ostertages; es umfasst die H¨ollenfahrt Christi, die Auferstehung, die «visitatio sepulchri» und die Liturgie der Messe mit der Kommunion, die als Hochzeit Christi mit der geistlichen Braut geschildert wird. Eine von Borchling (s. Lit.) vorgenommene Datierung der Handschrift W auf den Zeitraum um 1300 f¨uhrte zu der mittlerweile nicht mehr haltbaren Annahme, das Gedicht sei noch im 13. Jh. entstanden. Eine formale Besonderheit der Dichtung stellt der variierende, dreizeilige Refrain dar. Das M. O. bietet die fr¨uhesten nd. Belege f¨ur die Lieder → Christ ist erstanden und → Helf uns das heilige Grab. ¨ Uberlieferung: Hildesheim, Stadtarch. und StB, Best. 52 Nr. 383, 36r–39r (Kloster Medingen, 15. Jh., ostf¨alisch) (H). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. Helmst. 1082, 39r–40v (Kloster Medingen?, ostf¨alisch) (W). Ausgaben: John Holmberg: Ein mnd. ostergedicht. In: Studia Neophilologica 15 (1942) 1263

Mittelniederdeutsches Ostergedicht S. 162–166. – Walther Lipphardt: Nd. Reimgedichte und Lieder des 14. Jh. in den ma. Orationalien der Zisterzienserinnen v. Medingen und Wienhausen. In: NdJB 95 (1972) S. 66–131, hier S. 73–75. Literatur: Dietlind Gade, VL2 11 (2004) Sp. 1007–1009. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 3 (Nachr. von der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Phil.-hist. Kl. Beih. 1902). G¨ottingen 1902, S. 23. – Holmberg (s. Ausg.) S. 157–172. – Gustav Korl´en: Die mnd. Texte des 13. Jh. Beitr. zur Quellenkunde und Grammatik des Fr¨uhmndl. (Lunder germanistische Forschungen 19). Lund 1945, S. 71 f. – Lipphardt (s. Ausg.). – Gerard Achten: De gebedenboeken van de Cistercienserinnenkloosters Medingen en Wienhausen. In: Miscellanea Neerlandica. FS Jan Deschamps. Bd. 3. Leuven 1987, S. 173–188. – Irene Stahl: Ma. Hss. im Stadtarch. Hildesheim (Ma. Hss. in Niedersachsen. Kurzkat. 4). Wiesbaden 2001, S. 98 f. SF Lehre gegen das Tanzen und von dem Maibaum. – Gereimte geistliche Mahnrede in nd. Sprache gegen den Reigentanz unter dem Maibaum, entstanden wahrscheinlich im 15. Jh. Der unbekannte Verfasser wendet sich vor allem an die Jugend und polemisiert gegen das Tanzen unter dem Maibaum. Das Tanzen wird als sehr große Versu¨ ndigung und als Ursprung aller großen S¨unden dargestellt und mit dem Tanz um das goldene Kalb verglichen. Der Maibaum, dessen Aufstellung der Aufrichtung des Kreuzes durch die Juden gleichkommt, wird nicht als Baum des Lebens, sondern als teuflisches Gegenbild («des duuels hochaltaer») zum Kreuz Christi verstanden. ¨ Uberlieferung: Cuyk, Kreuzherrenkloster St. Agatha, Cod. C 10, 223r–226v (1473, mnd.). Ausgabe: Rudolf Langenberg: Quellen und Forschungen zur Gesch. der dt. Mystik. Bonn 1902, S. 67–71. Literatur: Chrstine St¨ollinger-L¨oser, VL2 5 (1985) Sp. 670–672. – Ferdinand Holthausen/Karl ¨ Bartsch: Uber das Tanzen I und II. In: Germania 30 (1885) S. 193–202. – Langenberg (s. Ausg.). – Leopold Kretzenbacher: Tanzverbot und Warnlegende. Ein ma. Predigtexempel in der steirischen Barockpassologie. In: Rheinisches Jb. f¨ur Volkskunde 12 (1961) S. 16–22. – Reinhold Hammerstein: Diabolus in musica. Stud. zur Ikonographie der Musik im MA (Neue Heidelberger Stud. zur Musikwiss. 6). Bern/M¨unchen 1974, S. 45–49. BJ 1264

Der geistliche Spinnrocken Luneburger ¨ Maibaumtext. – Kurzer nd. Reimprosatext. Der Text geh¨ort zu den den Baumallegorien; der Maibaum steht f¨ur Christus am Kreuz. ¨ Uberlieferung: L¨uneburg, Ratsb¨ucherei, Ms. Theol. 4° 74, 116v–119r (15. Jh.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 1065. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Hart, warr nich m¨oo¨ d. FS Christian Boeck. Hg. v. Gustav Hoffman/Gustav J¨urgensen. Hamburg-Wellingsb¨uttel 1960, S. 260–269 (wieder in: Ders.: Wort und Bild. Berlin 1962, S. 106–116, bes. S. 107. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 83. BJ Der geistliche Spinnrocken. – Geistliche Auslegungen, 15. Jh. A: In den Hss. Chicago, Case MS f67 und Salzburg, Cod. a III 21 wird das Gedicht → Hieronymus von Mondsee (= → Hieronymus ¨ von W¨orth) bzw. Johannes de Werdea (ONB Cod. 3650) zugeschrieben. Gegen Hieronymus’ Verfasserschaft spricht wom¨oglich die teilweise ¨ recht fr¨uhe Uberlieferung des Textes (ab 1439/40; Schneider, Sp. 1175). Das Gedicht war vor allem im bair.-¨osterr. Raum bekannt. ¨ Die Uberlieferung umfasst 13 bis 15 vierzeilige Strophen, ab Str. acht in teilweise abweichender Reihenfolge, mit einem zwei- bis dreizeiligen Refrain, die Z¨urcher Hs. hat am Schluss drei Strophen mehr, insgesamt 17. Die abweichende Reihenfolge l¨asst sich entweder durch eine Ordnung nach dem Vorgang beim Spinnen oder dem Passionsgeschehen erkl¨aren (Cramer, S. 492). Zun¨achst wird eine Szenerie eines «guten Menschen» beim Spinnen imaginiert, der in seiner Handarbeit Christi Leiden erkennt. Das Spinnen sei als Liebesdienst an Gott zu verstehen und steht in Verbindung mit der mitleidenden Betrachtung der Leiden Christi. Ab Strophe f¨unf werden die einzelnen Bestandteile des Spinnrockens (Kunkel) auf Christi Passion ausgelegt: Der Rocken bedeutet das Kreuz, die Schnur bedeutet die Fesseln, der Flachs ist Christi Leib, die Wolle bedeutet seinen gerauften Bart, bzw. sein geschundenes Gesicht, der Faden bedeutet das Seil, an dem man Christus abf¨uhrte, die Fusseln, die auf den Schoß hinabrieseln, bedeuten das vergossene Blut, das Netz steht f¨ur die Verspottung durch die Juden, die Spindel 1265

Mitte 15. Jh. den Speer, das Drehen die Schl¨age, der Spinnwirtel steht f¨ur die Dornenkrone und der Rockenfuß f¨ur den Stein, an den das Kreuz gesetzt wurde. B: Nur am Anfang a¨ hnlich lautet ein weiteres Gedicht, das eine geistliche Auslegung des Spinnrockens bietet. C: Nicht verwandt mit A und B ist der umfangreiche Prosatraktat, → Das Spinnbuch (Dat spynbock), der neben dem Spinnrocken selbst auch das Spinnen, Weben, den Verkauf der Wolle und den Flachsanbau geistlich ausdeutet. D: Ein weiterer Prosatraktat, Von der geistlichen Spinnerin, ist in f¨unf Hss. aus der 1. H¨alfte des 15. Jh. aus ostschw¨ab. und nordbair. Frauenkl¨ostern ¨ u¨ berliefert (Schneider, Sp. 1175). Ahnlich wie Das Spinnbuch, wenn auch auf andere Weise, legt der katechetische Traktat den Spinnrocken, das Spinnen, das Weben und den Verkauf geistlich aus. Der Text diente anscheinend der Nonnenunterweisung. ¨ Uberlieferung: A: Berlin, SBB, Mgq 1587, 256r (Pap., 15. Jh.). – Ebd., Mgo 590, 91v–93r (Pap., 16. Jh.). – Chicago (Illinois), The Newberry Libr., Case MS f67, 204va–205rb (Pap., 1469, bair.-¨osterr.). – Mainz, StB, Hs. II 16, 14va–15va (Pap., 1491). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4437, 48v–49v (Pap., zweites Drittel 15. Jh.). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a III 21, 102v–106r (Papier, ¨ 1448). – Wien, ONB, Cod. 3011, 163r–164v (Pap., 15. Jh., nd.). – Ebd., Cod. 3650, 103v–104r (Pap. und Perg., 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Ebd., Cod. 4119, 19v–21r (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Ebd., Cod. 4348, 65v–66r (Pap., um 1500, bair.-¨osterr.). – Ebd., Cod. 4745, 64v und Ir (Pap., 15. Jh., bair.-¨osterr.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1172 Helmst., 109r–111v (Pap., 15. Jh., nd.). – Z¨urich, ZB, Cod. C 101, 114v–115v (Pap., um 1570, alemannisch). – B: Berlin, BSB, Mgo 329, 178v–180v (Pap., 15. Jh., nd.). – ¨ C: Wien, ONB, Cod. 2985, 1r–161v (Pap., 1507, nd.). – D: Mainz, StB, Hs. II 16, 200ra–207rb (Pap., 1491). – Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 3, 96r–106v (Pap., 1449, ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgo 501, 71r–80r (Pap., 15. Jh.). – M¨unchen, BSB, Cgm 480, 81r–89v (Pap., 1441, schw¨abisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 20.1 Aug. 4°, 118v–133v (Pap., 15. Jh.). Ausgaben: Diutiska. Denkm¨aler Dt. Sprache und Lit., aus alten Hss. Hg. v. Eberhard Gottlieb Graff. Bd. 3. Stuttgart/T¨ubingen 1829, S. 407–410. – I. Werner: Meditacio neretricum devotarum et interpretacio instrumentorum earum cum gestibus suis. In: Bl¨atter f¨ur Hymnologie 7 1266

Mitte 15. Jh. (1889), S. 154–156 (nach der Z¨urcher Hs.). – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 2. Mu¨ nchen 1979, S. 44–60 (Parallelabdruck der Wiener und der Z¨urcher Hss.). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1174–1176; 11 (2004) Sp. 508. – Wolfgang Stammler: Die Bedeutung der mnd. Lit. in der dt. Geistesgesch. In: GRM 13 (1925) S. 447 f. mit Anm. 4. – Wolfgang Fr¨uhwald: Der St. Georgener Prediger. Stud. zur Wandlung des geistlichen Gehaltes. Berlin 1963, S. 152 f., Anm. 17. – Renata Wagner: Ein n¨ucz und schone ler von der aygen erkantnuß. Des Pseudo-Johannes von Kastl ‹Spiritualis philosophia› dt. Text und Unters. Mu¨ nchen 1972, S. 61, Anm. 13. – Johannes Gemke: Der geyst hayt mych vergeistet. Ein geistliches Lied aus dem K¨olner Raum. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13.–15. Jh. Hg. v. Kurt Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 231–244, hier S. 242. – Cramer: Die kleineren Liederdichter, S. 492 f. CS Leutpriester Oswald. – Weltgeistlicher am Straßburger Mu¨ nster, 15. Jh. Von O. ist eine Predigt u¨ ber Joh 16,23 f. u¨ berliefert, deren zentrales Thema das Gebet ist. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 35, 23v–33v (Straßburg, Kloster St. Nikolaus in undis, nicht viel sp¨ater als 1435). Literatur: Jochen Conzelmann, VL2 11 (2004) Sp. 1112. – Luzian Pfleger: Gesch. des Predigtwesens in Straßburg vor Geiler v. Kaysersberg. Straßburg 1907. – Hans-Jochen Schiewer: German Sermons in the Middle Ages. In: The Sermon. Hg. v. Beverly Mayne Kienzle. Turnhout 2000, S. 861–961. BJ Ludwig von Helmsdorf. – Verfasser einer Passionsbetrachtung, 15. Jh. Der aus dem Thurgau stammende L. war unter Abt Ulrich VIII. M¨onch in St. Gallen. 1436 verfasste er eine Passionsbetrachtung. Literatur: Karl Bartsch: Konrad v. Helmsdorf. In: ADB 11 (1880) S. 708. SF Lupi, Johannes (Wolff, Johannes), Oberkonnersreuth bei Bayreuth, † 30.9.1468. – Verfasser eines dt. Beichtb¨uchleins, 15. Jh. L. studierte seit 1436 in Heidelberg; 1444 ist er als Magister bezeugt. Sp¨ater war er erster Pleban der St. Peterskapelle in Frankfurt/M. Sein 1267

Leutpriester Oswald Beichtb¨uchlein wurde 1478 von den Kugelherren zu Marienthal im Rheingau (26 einspaltige Bl¨atter zu je 36 Zeilen) gedruckt. Wie im Kolophon belegt ist, verf¨ugte L. den Druck und dessen Zusendung an alle Pfarreien der Mainzer Di¨ozese testamentarisch. Das Werk, das ein besonderes Interesse an der Exegese der Zehn Gebote erkennen l¨asst, beginnt mit einem Beichtspiegel f¨ur Erstbeichtende, wobei der Dekalog und die sieben Haupts¨unden kurz abgehandelt werden. Daran schließt ein ausf¨uhrlicherer «fortgeschrittener» Beichtspiegel an. Es folgen die Darlegung einzelner S¨unden, Belehrungen u¨ ber die Tods¨unde und die Reue und ein Anhang, in dem die Vorteile der Gottesliebe und die Nachteile der S¨unde behandelt werden. Eingestreut sind zahlreiche lat. Stellen aus der Bibel und verschiedenen bedeutenden theologischen und philosophischen Schriften. Ausgaben: Franz Falk (Hg.): Drei Beichtb¨uchlein nach den Zehn Geboten aus der Fr¨uhzeit der Buchdruckerkunst (Reformationsegsch. Stud. und Texte 2). Mu¨ nster 1907, S. 17–75. – Battenberg (s. Lit.) S. 1–49. Literatur: Jakob Franck, ADB 19 (1884) S. 644–646. – Volker Honemann, VL2 3 (1981) Sp. 1069–1071. – Ernst Franz August Mu¨ nzenberger: Das Frankfurter und Magdeburger Beichtb¨uchlein und das Buch ‹vom sterbenden Menschen›. Mainz 1881, S. 6–23, 71. – Friedrich Wilhelm Battenberg: Das Beichtb¨uchlein des J. Wolff (L.). Gießen 1907. – Falk (s. Ausg.) S. 4–75. – Barbara Bott/Ludwig D¨ory: Die Steindenkm¨aler des Hist. Museums Frankfurt/Main (Kl. Schr. H. 2). Frankfurt/M. 1956, S. 12 (Lit.). SF Lur, Heinrich (L¨ur, Luer, Laur[rer], de Lur), * um 1410/12 Unterkirchberg/W¨urttemberg, † nach 1476. – Theologe, Philosoph, Prediger. Der aus einer Bauernfamilie stammende L. studierte seit 1428 an der Universit¨at Leipzig, wurde Magister und lehrte an der Artistenfakult¨at; 1438 erwarb er den Grad eines Baccalaureus theologiae. 1436/37 war er Rektor der Universit¨at, 1438/39 Dekan der Artistenfakult¨at. Um 1440 studierte er kanonisches Recht in Padua (1441 Lic. decretorum). Danach Kanoniker in Trient und bisch¨oflischer Poenitentiar, wurde er um 1451 Sekret¨ar und Rat des Augsburger Bischofs Kardinal Peter von Schaumburg, 1469 von dessen Nachfolger Johann 1268

Marienmesse von Werdenberg). Seit 1453 war er Pfarrer von Dillingen. Zahlreiche Schriften L.s zu Grammatik, Logik und Philosophie scheinen verschollen; als fr¨uheste erhaltene Schrift gilt der Traktat De modo audiendi confessiones (um 1450). Von L.s Predigten ist nur eine Augsburger Predigt u¨ ber die Eucharistie bekannt; auf Passionspredigten geht der Traktat Passio domini nostri Jesu Christi secundum ordinem quatuor evangelistarum collecta (um 1465) zur¨uck. Von der in scholastischer Predigttechnik entworfenen, «in alemanico» vorgetragenen Trauerrede f¨ur Peter von Schaumburg u¨ ber Lk 22,61 existiert eine lat. Fassung (Mu¨ nchen, BSB, Clm 24847, 286r–294r; Stuttgart, LB, Cod hist. 4° 227). Aus den Jahren 1465 und 1466 sind sieben Briefe aus L.s Korrespondenz erhalten. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 5 (1985) Sp. 1078–1082; 11 (2004) Sp. 941. – Rolf Sch¨onberger, NDB 15 (1987) S. 527. – Magnus K¨onig: H. L.’s Ged¨achtnisrede auf den Kardinal Peter von Schaumberg. In: Jb. des Hist. Ver. Dillingen 9 (1896) S. 107–126. – Friedrich Zoepfl. Gesch. der ehemaligen Univ. Ottobeuren. In: Arch. f¨ur die Gesch. des Hochstifts Augsburg 5 (1919) 517–562, hier S. 521–523. – Ders.: H. L. In: Hist. Jb. 59 (1939) S. 143–159. – Ders.: Der Humanismus am Hof der F¨urstbisch¨ofe von Augsburg. In: ebd. 62–69 (1949) S. 671–708, hier S. 672–679. BJ Der maget krone. ˆ – Dichtung eines unbekannten, vermutlich geistlichen alemannischen Verfassers, nach Reimtechnik und Sprache zu urteilen entstanden um 1450. Der Autor enth¨alt sich bewusst der Nennung seines Namens und jeglicher Anspielungen auf seine Person. Der Titel bezieht sich zum einen auf die Krone der Jungfr¨aulichkeit, die durch Maria repr¨asentiert wird und zum anderen auf die Krone als Symbol der Auszeichnung f¨ur den M¨artyrertod der Jungfrauen. Der Aufbau des Werks ist dreiteilig: Marienpreis, Marienleben, Jungfrauenlegenden. An eine (verlorene) Einleitung schließt ein Marienpreis mit einer gereimten Bearbeitung des → Salve regina an. Auf die L¨ucke in der Handschrift folgen das Marienleben, beginnend mit der Legende der hl. drei K¨onige bis zur Erz¨ahlung vom Pfingstfest und eine Sammlung der Lebensbeschreibungen der elf hl. M¨artyrer-Jungfrauen Barbara, Dorothea, Margareta, Ursula, Agathe, Agnes, Lucia, Cecilia, Cristina, Anastasia und Juliana. Nur 1269

Mitte 15. Jh. die Legenden der hl. Lucia, Cecilia, Cristina und Juliana sind vollst¨andig erhalten. Der Jungfrauenteil steht in einem Traditionsverh¨altnis zur Legenda aurea. D. m. k. st¨utzt sich nicht auf eine Gesamtquelle, sondern auf eine Vielzahl von Quellen, besonders auf die Evangelien, auf das apokryphe Evangelium Pseudo-Matthaei und auf → St. Anselmi Fragen an Maria. Wahrscheinlich handelt es sich um ein in erster Linie f¨ur ein weibliches, laikales Publikum konzipiertes Erbauungsbuch und verfolgte keinen k¨unstlerischen Anspruch. Der Erz¨ahlstil ist einfach und knapp gehalten, Reim- und Verskunst sind durchschnittlich. ¨ Uberlieferung: Das Legendenwerk ist unikal und unvollst¨andig in der Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5264 in kl. 4°, u¨ berliefert. Aufgrund des Wasserzeichens (1473–75 in Augsburg belegt) l¨asst sich der Entstehungszeitraum der Handschrift auf die Jahre um 1475 eingrenzen. Von 174 Bl¨attern sind 94 und damit 4915 Verse von urspr¨unglich wahrscheinlich ca. 8400 erhalten geblieben. Ausgabe: Ignaz v. Zingerle: D. m. k. Ein Legendenwerk aus dem 14. Jh. (Sb. der Kaiserlichen Akad. der Wiss. in Wien, Phil.-Hist. Kl. 47). Wien 1864, S. 489–564. Literatur: Ehrismann 2,2 (1935) S. 401. – HansFriedrich Rosenfeld, VL2 5 (1985) Sp. 1148–1152. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 97. – Zingerle (s. Ausg.). – Anton Birlinger: Alemannisch-bair. In: Zs. f¨ur vgl. Sprachforschung 14 (1865) S. 448 f. – Paul Piper: Die geistliche Dichtung des MA. Bd. 2. Berlin 1888. – Edward Schr¨oder: D. m. k. In: ZfdA 67 (1930) S. 48. – Karl Langosch: Die Sprache des G¨ottweiger Trojanerkrieges (Palaestra 187). Leipzig 1933. – Monika Reinisch: Ein neuer Transitus Mariae des Pseudo-Melito. Diss. masch. Mu¨ nchen 1955. – Edith Feistner: Hist. Typologie der dt. Heiligenlegende des MA von der Mitte des 12. Jh. bis zur Reformation (Wissenslit. im MA 20). Wiesbaden 1995. SF Marienmesse. – Mnd. Versifizierung einer Marienmesse, 15. Jh. Die aus dem 15. Jh. stammende mnd. Vorlage des in der handschriftlichen Lokalchronik des Salzwedeler Arztes Elias Hoppe aus der Mitte des 18. Jh. u¨ berlieferten Textes ist verschollen. Bei dem Gedicht (298 Verse) handelt es sich um eine (eher seltene) paraphrasierende Versifikation des Messformulars Salve sancta parens (→ Marienmesse Salve 1270

Mitte 15. Jh. sancta parens), der Votivmesse am Samstag zu Ehren der Jungfrau Maria. Selbst die Epistel und das Evangelium sind versifiziert. Im Unterschied zu anderen Teilen gehen die Paraphrasen zu Introitus, Epistel und Traktus weit u¨ ber das lat. Messformular hinaus. Wahrscheinlich sollte mit der in einem Zusammenhang mit der sp¨atma. Gebetbuchliteratur ¨ nach der Art der Hortuli animae stehenden Ubertragung lesekundigen Laien ein stilles Mitbeten der lat. Messgebete erm¨oglicht werden. ¨ Uberlieferung: Salzwedel, Kirchenbibl. der St. Katharinengemeinde: Soltquellensia maiora (ohne Sign.), Bd. 4, S. 512–518. Ausgabe: Johannes Luther: M. In: NdJb 12 (1886) S. 143–150. Literatur: Johannes Janota, VL2 6 (1987) Sp. 18 f. – Ders., MarLex 4 (1992) S. 313. – [Johann Friedrich Danneil]: Die Familie Hoppe in Salzwedel und die Soltquellensien. In: Jahresbericht des Altm¨arkischen Vereins f¨ur Vaterl¨andische Gesch. und Industrie 14 (1864) S. 125–133, hier S. 128–131. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Bd. 1. G¨ottingen 1898, S. 191. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968, S. 82 f., Anm. 329. BJ Martinslieder. – Dt. Lieder auf den hl. → Martin von Tours. Neben zahlreichen lat. Hymnen auf den Heiligen sind auch einige weltliche dt. Lieder u¨ berliefert. Schon seit dem 6. Jh. diente das Fest der Translation des hl. Martin am 11. November auch als Rahmen f¨ur weltliche Br¨auche, besonders f¨ur Gelage (Der → Stricker, Die Martinsnacht); als eigener Typus des weltlichen Liedes existieren dt. M. vom 14. bis 17. Jh. Diese sind meist mehrstimmig, weisen h¨aufig lat. Einsch¨ube auf und handeln haupts¨achlich vom Trinken und dem Verspeisen der Martinsgans. Der sog. Martinskanon ist in verschiedenen Fassungen des 15. Jh. u¨ berliefert: In der Handschrift G¨ottweig, Stiftsbibl., Cod. 427 finden sich auf Bl. 232v sowohl der lat. («Martine Christi famule fac nos iam gaudere») als auch der dt. Text (Inc. «Mertein liebr herre wir schullen froleich sein»). Ein dt. Martinskanon mit Melodie (Inc. «Martein liber herre nu laß vns fr¨oleich sein») ist in der Lam¨ bacher Liederhandschrift (Wien, ONB, Cod. 4696, 170v–171r) und fragmentarisch in M¨unchen, BSB, Cgm 715, 182rv, unter der Liedern des → M¨onchs 1271

Martinslieder von Salzburg u¨ berliefert. Es handelt sich um einen Achtzeiler-Text mit Anrufung des Heiligen, in dessen Zentrum die Freude u¨ ber Speise und Trank steht. Wahrscheinlich ist die lat. Fassung die urspr¨ungliche; der M¨onch von Salzburg war vermutlich nicht – wie in der a¨ lteren Forschung angenom¨ men – der Verfasser, sondern vielleicht Ubersetzer einer der Fassungen. Ein Lied von St. Martins Freuden stammt vom Mo¨ nch von Salzburg; es ist in f¨unf Handschriften u¨ berliefert, eine weitere Handeschrift ist verbrannt, dazu kommt ein Zitatzeugnis. Eine geistliche Kontrafaktur steht im → Hohenfurter Liederbuch, zwei weitere sind bei Heinrich → Laufenberg u¨ berliefert. Ein sechsstrophiges Martinslied aus je zwei Langzeilen in regelm¨aßigem Wechsel von Lat. und Dt. u¨ berliefert die Handschrift Wien, Cod. 4715, 376v (um 1484). Ausgaben: August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: In dulci iubilo. Hannover 21861, Nr. 36. – Hermann Maschek (Hg.): Lyrik des sp¨aten MA (Dt. Lit., Reihe Realistik des Sp¨atMA 6). Leipzig 1939, S. 219. Eine Textstelle bei → Oswald von Wolkenstein («Den besten vogel, den ich waiss, das was ain ganns’ vor zeiten ward gesungen») zeugt von der Verbreitung eines Martinsliedes zu Beginn des 15. Jh. Das Lied Wie man von Sand Martein singt an seiner nacht und von der ganss, beginnend mit «Lat uns ¨ zw der ganss» ist in der Handschrift Wien, ONB, Cod. 4119, 89v–90v (Johann → Hauser) enthalten. Bislang ist keine Melodie dazu bekannt, die u¨ ber den formalen Aufbau Aufschluss geben k¨onnte. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 6 (1987) Sp. 166–169. – Anton E. Sch¨onbach: In: Vierteljahreschr. f¨ur Litteraturgesch. 3 (1890) S. 173–175. – Friedrich Arnold Mayer/Heinrich Rietsch: Die Mondsee-Wiener-Liederhs. und der M¨onch v. Salzburg. Berlin 1896, passim. – Wilhelm Ju¨ rgensen: M. Unters. und Texte. Breslau 1910. – Walter Wiora: Zwischen Einstimmigkeit und Mehrstimmigkeit. In: FS Max Schneider. Hg. v. Walther Vetter. Leipzig 1955, S. 319–334, hier S. 332 f. – Peter Kesting: Martine Christi famule. Zum Martinskanon des ‹Mo¨ nchs v. Salzburg›. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. Kurt Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 98–111. – Mathias Feldges: Lyrik und Politik am Konstanzer Konzil. In: Literatur-Publikum-hist. Kontext. 1272

Meditationes Vitae Christi Hg. v. Gert Kaiser/Horst Wenzel (Beitr. zur a¨lteren dt. Literaturgesch. 1). Bern u. a. 1977, S. 137–181, hier S. 174–176. – Max L¨utolf (Hg.): AH Reg. Bern/Mu¨ nchen 1978 (Hymnen). – Horst Brunner u. a.: Das Windsheimer Fragm. einer Musikhs. des 15. Jh. In: JOWG 1 (1980/81) S. 185–222, hier S. 208–213; 2 (1982/83) S. 325. – Manfred Zimmermann: Neues zum Mo¨ nch v. Salzburg I. In: ZfdA 111 (1982) S. 135–137. SF Mauricius, Schulrektor in Landau. – Kompila¨ tor, wahrscheinlich auch Ubersetzer einer lat.-dt. Beichtunterweisung, 15. Jh. Die Handschrift M¨unchen, BSB, Clm 18877, nennt einen «magister nomine Mauricius rector scolarium in landau» (125r) als Kompilator eines in Handschriften des 15. Jh. mehrfach u¨ berlieferten opusculum de penitentia. Der 52 Hexameter umfassende Text gliedert sich in 21 Spr¨uche. Nach jedem lat. Spruch steht eine wohl von M. selbst ¨ stammende dt. Reimpaar-Ubersetzung (insg. 135 Verse). Der im Schulbetrieb verwendete Text enth¨alt katechetische Merkverse zur Beichtunterweisung und zur S¨undenlehre und bietet weitere Aufz¨ahlungen: F¨unf Sinne, Sechs Werke der geistlichen und Sieben der leiblichen Barmherzigkeit, Sieben Tugenden, Gaben des Hl. Geistes u. a. ¨ ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. OttingenWallerstein II. 1. 8° 30, 211r–214v. – Graz, UB, Cod. 873, 79v–81v. – Ebd., Cod. 885, 275v–277v. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 18877, 125r–132r (aus Tegernsee). – Halle, UB/LB, Qu. Cod. 89, 26v–27v. ¨ Jeweils lat. Text mit der gleichen dt. Ubersetzung. Ausgabe: Edwin Habel: Reimspr¨uche des Schulrectors M. zu L. In: ZfdA 51 (1909) S. 273–280. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 6 (1987) ¨ Sp. 200 f. – Nikolaus Henkel: Dt. Ubers. lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 90). M¨unchen u. a. 1988, S. 197 und 287. – Jutta Fliege: Die Hss. der ehem. Stifts- und Gymnasialbibl. Quedlinburg in Halle (Arbeiten aus der Universit¨ats- und Landesbibl. Sachsen-Anhalt in Halle a. d. Saale 25). Halle 1982, S. 92–102. SF Meditationes Vitae Christi. – Erz¨ahl- und Erbauungsbuch eines italienischen Franziskaners nach 1300. Die M. V. C., als deren Autor lange Zeit → Bonaventura galt, sind eine paraphrasierende 1273

Mitte 15. Jh. Kompilation der Evangelientexte mit Anleihen bei a¨ lteren Werken der Jesu- und Passionsfr¨ommigkeit. Ergebnisse der gelehrten Figuralexegese werden in das neutestamentliche Geschehen eingebaut, Szenarien und Situation oft gegenwartsnah ausgemalt. Die M. V. C. wurden auch in Ausz¨ugen u¨ berliefert, seit dem 15. Jh. in Volkssprachen (Italien, Frankreich, England, Niederlande, Deutschland) u¨ bersetzt und waren von großem Einfluss auf die ma. Passions- und Christusmystik, auf Literatur, Kunst und Mysterienspiel. Die M. V. C., das erfolgreichste Werk des franziskanischen Schrifttums, waren u. a. Quelle f¨ur das mndl. Bonaventura Ludolphiaanse Leven van Jezus und die Vita Christi → Ludolfs von Sachsen. ¨ Uberlieferung: Columban Fischer: Die ‹M. ¨ V. C.› Ihre hsl. Uberl. und die Verfasserfrage. In: Archivum Franciscanum Historicum 25 (1932) S. 3–35, 175–209, 305–348, 449–483. – Dt. und ndl. ¨ Ubersetzungen bieten (Auswahl): Br¨ugge, Stadsbibl. 408 (1487, fl¨amisch; Textproben bei Willem de Vreese: Die eerste bliscap van Maria. ’s-Gravenhage 1931). – Amsterdam, UB I G 29 (15. Jh., niederl¨andisch). – Berlin, SBB, germ. 4° 1257 (1444, alemannisch). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 45 (1424, alemannisch). – Z¨urich, ZB, C 126 (15. Jh., alemannisch; gleicher Text wie Berlin). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 169 (1518, bair.). – Ebd., Cgm 795 (15. Jh., bair.). – Ebd., Cgm 5143, 234r–272v (Pap., 1479, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 8122 (fr¨uher Nationalmuseum, Cod. 952) 236r–248v (Pap., 1452–62, schw¨abisch). – Ebd., ‹Guldin puchlein› (fr¨uher Staatl. Graphische Slg., ‹Guldin puchlein›], 218r–226v (Pap., 1450, n¨urnbergisch; Kap 80–84). – Drucke: Ulm 1488. – N¨urnberg 1514. Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 282–290 (Lit.). – Walter Baier, LexMA 7 (1993) Sp. 452. – Benedikt K. Vollmann, LThK3 7 (1998) Sp. 53. – Livario Oliger: M. V. C. In: Studi Francescani 7 (1921) S. 143–183, 8 (1922) S. 18–47. – Giorgio Petrocchi: Sulle composizione e data delle ‹M. V. C.› In: Convivium 5 (1952) S. 757–778. – Alberto Vaccari: Scritti di erudizione e di filologia 1. Rom 1952. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956. – Josef Sz¨ov´erffy: Die Annalen der lat. Hymnendichtung. Ein Hb. 2. Berlin 1965. – Bonaventura: Studien zu seiner Wirkungsgesch. Referate des Bonaventura-Kongresses vom 10.–12. Sept. 1974 in Mu¨ nster. Hg. v. Ildefons Vanderheyden. Werl 1976. BJ 1274

Mitte 15. Jh. Meffreth von Meißen (Meffret). Die lat. Predigtsammlung, dessen Verfasser ein Angeh¨origer der Di¨ozese Meißen war, besteht aus drei Teilen (Pars aestivalis, Pars hiemalis, De sanctis). In den Drucken lautet der Titel Sermones Meffreth alias Hortulus reginae. Der De sanctis-Teil wurde 1443 abgeschlossen. Erster datierter Druck Venedig ¨ 1479, letzter Mu¨ nchen 1615. Ubersetzungen oder Bearbeitungen kennt man bisher nur von Predigten des De sanctis-Teils. ¨ Uberlieferung: Die a¨ltesten Hss. finden sich in Wrocław/Breslau, UB: Cod. I Q 332 (‹De sanctis›, 1444), Cod. I F 597 vol. I/II (‹De sanctis›, Mitte 15. Jh.), Cod. I F 737 (‹De sanctis›, kurz nach Mitte 15. Jh.), Cod. I F 694 (‹De tempore, Pars hiemalis›, 1447), Cod. I F 693 vol. I (‹De tempore, Pars hiemalis›, 1448), Cod. I F 693 vol. II (‹De tempore, Pars aestivalis›, Mitte 15. Jh.). – Vgl. VL2 (1987) Sp. 297 (dort auch Hinweise auf Fr¨uhdrucke und Drucke vom Anfang des 17. Jh.). – ¨ Ubersetzungen und Bearbeitungen (Auswahl): M¨unchen, BSB Cgm 371, 129r–132v (Barbara, Ausgabe: Schmidtke, S. 525–529), 132v–136v (Lucia). – Klosterneuburg, Cod. 845, 150r–154v (Barbara, Kontaminierung zweier Predigten des ‹H. R.›, Bearbeiter wohl → Peter [Eckel] von Haselbach, Ausgabe: Schmidtke, S. 516–525). – Berlin, SBB, Mgf 1259, 182ra–185ra (Appolonia). Literatur: Stanonik, ADB 21 (1885) S. 175 f. – Volker Honemann, Dict. Spir. 10 (1980) Sp. 934 f. – Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 297–299. – C. A. Webb/Victor Scholderer: Berthold Ruppel, Printer of the Sermones Meffreth. In: The Library V, 15 (1960) S. 1–7 (wieder in: V. Scholderer: Fifty Essays in Fifteenth- and Sixteenth-Century Bibliography. Hg. v. Dennis E. Rhodes. Amsterdam 1966, S. 281–286). – Johann Baptist Schneyer: Wegweiser zu lat. Predigtreihen des MA. M¨unchen 1965. – Ders.: Winke f¨ur die Sichtung und Zuordnung sp¨atma. lat. Predigtreihen. In: Scriptorium 32 (1978) S. 231–248, bes. S. 239. – Guillaume van Gemert: Die Werke des Aegidius Albertinus. Amsterdam 1979 (Reg.). –D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). Tu¨ bingen 1982, passim. BJ Menger, Konrad (Schoch). – Luzerner Fr¨uhhumanist, diplomatischer Agent und Pfr¨undenj¨ager. Der aus dem luzernischen Sursee stammende M. studierte seit 1451 in Heidelberg (1458 Ma1275

Meffreth von Meißen gister artium). Seit 1460 Scholasticus am Luzerner Stift St. Leodegar im Hof, wurde er 1464 dort Chorherr. Briefkontakt ist u. a. mit Albrecht von Bonstetten bezeugt. 1467–82 reiste M. als Unterh¨andler der Eidgenossen h¨aufig nach Oberitalien. Agentent¨atigkeit f¨ur den Herzog von Mailand brachte ihm mehrere Pfr¨unden ein, darunter 1480 die Propstei von Bregnano bei Como. Auf die Pfarrei von Naters (Wallis), wohin er sich sp¨ater zur¨uckzog, verzichtete er 1501. Ein dt. Sermo de Natiuitate domini Compilatus per Magistrum Conradum Menger prepositum bregniani, der als eigenh¨andige Abschrift erhalten ist, behandelt das Schriftwort Lk 2,6–7. Am Rand der Handschrift finden sich – in lat. Sprache – u¨ bersetzte Bibelstellen, Zitate von → Augustinus und → Bernhard sowie formelhafte Wendungen. ¨ Uberlieferung: Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 302, 22r–33v (Pap., ‹Sermo de natiuitate domini›, dt.,1464 [vgl. Bl. 21r], 1483 [vgl. Bl. 22r, 23r), 1465 [vgl. Bl. 43v]). Literatur: Mathias Stauffacher, VL2 6 (1987) Sp. 387 f. – Paul B¨anziger: Beitr. zur Gesch. der Sp¨atscholastik und des Fr¨uhhumanismus in der Schweiz (Schweizer Stud. zur Geschichtswiss. N.F. 4). Z¨urich 1945, S. 112–119 (mit Lit.). BJ Messerkl¨arung Hie hebt sich an die betautung der hailige messe. – 15. Jh. Die M. handelt von den Gnaden, die von der Messe ausgehen. Statt einer Erkl¨arung des Kanons bietet sie Belehrungen und Gebete f¨ur die Laien. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 406, 155r–164v (Pap., 1458, ostschw¨abisch). – Salzburg, Nonnberg, cod. 23 B 9 (fr¨uher 23 B 15; 26 A 3), 76v–82r. – Salzburg, St. Peter, cod. a II 12, 55r–57v (fragm.). – Ebd., cod. a IV 18, 100v–106r. – Ebd., cod. b V 5, 75v–81v. Literatur: Kurt Illing, VL2 6 (1987) Sp. 444. – Adolf Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902 (Nachdr. Darmstadt 1963) S. 631, 706 f. BJ O filii ecclesiae / Homo, tristis esto. – Lat.-dt. Doppellied, u¨ berliefert seit der Mitte des 15. Jh. Seit etwa 1400 sind zwei lat. Lieder bezeugt, die zur Betrachtung der Passion Christi aufrufen: O. f. e. und H., t. e.. Beide werden strophenweise 1276

O filii ecclesiae / Homo, tristis esto von einer dt. Version begleitet. Erstmals um die Mitte des 15. Jh. sind die beiden lat.-dt. Lieder miteinander verkn¨upft uberliefert; sie begegnen dabei ¨ im Kontext von lat. Ges¨angen zu den Matutinae tenebrarum der drei Kartage. Je nach Textzeuge variieren Reihung der Lieder, Abfolge und Bestand der Strophen sowie die Zuordnung der dt. ¨ Strophen stark. Zentrum der Uberlieferung sind das ostmitteldt. und das su¨ dostdt. Sprachgebiet. Die Eingangsstrophe von O. f. e. ist Maria in den Mund gelegt; sie erscheint h¨aufig im Kontext von Ges¨angen der dt. Marienklagen und Passionsspiele, so etwa in der → Erlauer Marienklage, im → Welser Passionsspiel, im → Alsfelder Passionsspiel und in der → Trierer Marienklage. ¨ Uberlieferung: O filii ecclesiae: Innsbruck, UB, Cod. 457, Tl. II, 102r (aus Neustift?, um 1400; IN). – Z´amek Nelahozeves, Roudnick´a lobkowick´a knihovna, Cod. VI Fb 16, p. 156 (R; Nachtrag 15. Jh.; nur lat.). Homo, tristis esto: Prag, N´arodni knihovna, Cod. XXIII F 128, 55v–56r (L). – Breslau, UB, Cod. I Q 233, Tl. II, 174r-v (B; 15. Jh.). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 30.9.2 Aug.4°, 114r (W; 15. Jh.; fragm.). – K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB f° 47, Tl. I, 87va-vb (K; Mitte 15. Jh.). Doppellied: G¨ottingen, SUB, Nachlass Friedrich Ludwig, XXX.1, Bl. E 6v-6r (G; wahrscheinlich schlesische Herkunft, Mitte 15. Jh.; Reste einer Papierhs.). – Leipzig, UB, Ms 770, 43r–51r (LE; zweite H¨alfte 15. Jh.). – Breslau, Archiwum Archidiecezalne, Ms. 58 (→ Neumarkter Cantionale, Tl. IV, 247r–257v (NC). – Zwickau, Ratsschulbibl., Ms. CXIX.1, 151v–160v (Z). – Prag, N´arodn´ı knihovna, Cod. VII C 10, 56r–69r (P; 1556, angeblich Abschrift des Prager Erzbischofs Ernst v. Pardubitz, gest. 1364). Ausgaben: ‹Erlauer Marienklage›. In: Texte und Melodien der ‹Erlauer Spiele›. Hg. v. W. Suppan. Text¨ubertragung v. J. Janota (Musikethnologische Sammelbde. 11). 1990, S. 184 f. – Marienklagen und Spiele des Debs-Cod. In: Die geistlichen Spiele des Sterzinger Spielarch. (Mittlere Dt. Lit. in Neuund Nachdrucken 14–19,1.2). Bern u. a. 1980 ff. Bd. 1. Hg. v. W. Lipphardt. 2., verb. Aufl. 1986, S. 56 f., 220 f., 313; Bd. 6,2. 1996. Bearb. v. A. Traub, S. 140, 144, 151 und 153. – ‹Bozner Passionsspiel v. 1514› und ‹Tiroler Marienklage›. In: ebd., Bd. 3. Hg. v. H.-G. Roloff/A. Traub. 1996, S. 52, 340. – ‹Alsfelder Passionsspiel› mit der Par1277

Mitte 15. Jh. allele der ‹Trierer Marienklage›. In: Die Hessische Passionsspielgruppe. Hg. v. J. Janota. Bd. 2. 2002, S. 685. Literatur: Gisela Kornrumpf, VL2 11 (2004) Sp. 1061–1065. – A. Schmitz/F. Ranke: Ein schlesisches Cantional aus dem 15. Jh. In: Arch. f¨ur Musikforschung 1 (1936) S. 385–423, bes. S. 386 f., 399–402, 418–421. – Ernst August Schuler: Die Musik der Osterfeiern, Osterspiele und Passionen des MA. Kassel u. a. 1951, S. 198 f., Nr. 212–213. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). 1968, S. 155–167, bes. S. 165 mit Anm. 788. – W. Lipphardt: Stud. zur Musikpflege in den ma. Augustiner-Chorherrenstiften des dt. Sprachgebietes. In: Jb. des Stiftes Klosterneuburg N. F. 7 (1971) S. 7–232. – Ders.: Musik in den sp¨atma. Passionsspielen und Osterspielen v. Bozen, Sterzing und Brixen. In: Tiroler Volksschauspiel. Hg. v. E. K¨uhebacher. Bozen 1976, S. 127–166. – Gesine Taubert: Zwei Kreuzabnahmespiele aus dem Debs-Kodex. In: ZfdA 106 (1977) S. 32–37, hier S. 32. – Das dt. Kirchenlied. krit. Gesamtausg. der Melodien. Abt. III: Die Melodien aus gedr. Quellen bis 1680. Bd. I,2. Vorgelegt v. J. Stalmann. 1996/97, E6 f. – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Bd. 1 (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128, 129). Amsterdam/Atlanta 1997, S. 81, 94 f., 101 f., 105. – J. Stenzl: Die Hs. 457 der UB Innsbruck. In: Schweizer Jb. f¨ur Musikwiss. 20 (2000) S. 143–201, bes. S. 148, 162–166, 183. – M. Staehelin: Klein¨uberl. mehrstimmiger Musik vor 1550 in dt. Sprachgebiet. III. Frgm. des mittleren 15. Jh. mit Mensuralmusik im Nachlaß v. Friedrich Ludwig (GGN Philol.-Hist. Kl., Jg. 2001, Nr. 2). 2001. – Das dt. Kirchenlied. Krit. Gesamtausg. der Melodien. Abt. III: Die Melodien aus gedr. Quellen bis 1680. Bd. 2. Vorgelegt v. J. Stalmann. 2002, E6fB. – Geistliche Ges¨ange des dt. MA. In Verbindung mit M. Sobiela-Caanitz, C. Hospenthal und M. Schiendorfer hg. v. M. L¨utolf. Bd. 1 ff. 2003 ff.- Geistliche Ges¨ange des dt. ¨ MA. Melodien und Texte hsl. Uberl. bis um 1530. Bd. 3: Ges¨ange I–M (Nr. 331–536). In Verbindung mit Mechthild Sobiela-Caanitz, Cristina Hospenthal und Max Schiendorfer hg. v. Max L¨utolf (Das dt. Kirchenlied II,3). Kassel u. a. 2009, S. 269–276 (Nr. 512 A). SF 1278

Mitte 15. Jh. Rheinauer Predigtsammlung. – Sammlung alemannischer Temporal- und Sanktoralpredigten. Die R. P. umfasst 82 dt. Predigten, von denen 54 Temporal- und 28 Sanktoralpredigten sind. Die genaue Entstehungszeit der R. P. ist ebenso unbekannt wie ihr Entstehungsort. Die Handschriften sind alemannisch, aber in einem Teil der R. P.¨ Uberlieferung finden sich noch lat. Bestandteile, vor allem Zitate aus der Bibel u. a. Quellen. Thematisch gr¨unden die Predigten auf den jeweiligen Tagesperikopen und Episteln. Meist konzentrieren sich die Predigten auf die Paraphrasierung und allegorische Ausdeutung der Bibelstellen; die Heiligenpredigten geben die jeweiligen Legenden und Wunderberichte wieder. Manche Sonntage werden zu Themenschwerpunkten gruppiert. Dabei bewegen sich die Texte immer im Rahmen konventioneller Predigtthemen (christliche Tugenden, die Sakramente, Anweisungen zu frommer Lebensf¨uhrung usw.). Sie werden durch Exempla aufgelockert, die meist aus der Bibel stammen. Es wurden aber auch Stoffe wie die Legende von der Heiligen Pelagia oder vom K¨onig im Bade aufgenommen, außerdem der sog. Antichrist-Bildertext. Zu den Quellen der R. P. z¨ahlen u. a. die → Vitaspatrum, die → Legenda aurea und die Werke von → Augustinus, → Gregor, → Hieronymus, → Bernhard von Clairvaux, Johannes Chrysostomus und Prosper von Aquitanien. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 751 (745), 247 Bll. (Pap., 15. Jh., hochalemannisch). – Metten, Stiftsbibl., Fragm. Cart. 2, 9 Bll. (Pap., 15. Jh., alemannisch; Fragm.). – Z¨urich, ZB, Cod. C 102a, 491 S. (Pap., Mitte 15. Jh., hochalemannisch). Ausgaben: Michael Huber: Homilienfragm. aus der Benediktinerstiftsbibl. Metten In: Mu¨ nchener Mus. f¨ur Philologie des MA und der Renaissance 1 (1911/12) S. 339–355. – Jakob Werner: Volkskundliches aus einer R. P. des 15. Jh. In: Schweizerisches Arch. f¨ur Volkskunde 26 (1926) S. 280–292 (Teildr.). ¨ Ubersetzungen: Exemplary Lives. Selected Sermons on the Saints, from Rheinau. Hg. v. James C. Wilkinson. Milwaukee 2006 (insg. 14 Predigten). Literatur: Ehrismann 2,1 (1922) S. 593. – HansJochen Schiewer, VL2 8 (1992) Sp. 28–31. – Monika Costard, MarLex 5 (1993) S. 473 f. – Alfred G¨otze: Das geht auf keine Kuhhaut. In: Zs. f¨ur Mundartforschung 11 (1935) S. 162–168. – Karin Morvay/ Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des 1279

Rheinauer Predigtsammlung MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 190 (T 192 f.). MM Jakob von Burigh («herre Jacobus»). – Verfasser von Predigten, 15. Jh.?. Ihm weist die von Katherina → Gurdelers kompilierte erbauliche Sammelhandschrift Hamburg, SUB, Cod. theol. 2065 (abgeschlossen nach 1527) elf Texte zu. Biographische Einzelheiten sind nicht bekannt, J. d¨urfte jedoch als Geistlicher in Trier gewirkt haben, denn der Beiname «Burigh» bezieht sich auf das nahe gelegene Beurig. M¨oglich scheint die Identit¨at mit einem Jakob von Nijmegen (gest. 1468), der von 1460 bis zu seinem Tod Rektor des Trierer Augustinerinnenkonvents war. J.s v. B. Texte, die im Rahmen der Sammelhandschrift eine herausragende Stellung einnehmen, sind Predigten zu den zentralen Kirchenfesten: Zwei Adventspredigten behandeln die dreifache Ankunft Christi bzw. Mari¨a Empf¨angnis, eine Weihnachtspredigt bietet eine Auslegungen des Schriftworts «Apparuit benignitas et humilitas», eine Fastenpredigt legt den Opfertod Christi nach atl. Pr¨afigurationen aus; ferner stammen von ihm eine Predigt zum 2. Sonntag nach Ostern, eine Pfingstpredigt und mehrere Heiligenpredigten (Andreas, Lucia, Petrus und Matthias). Die St¨ucke wenden sich an ein Frauenkonvent, die Auslegungen nehmen teilweise auf → Bernhard von Clairvaux Bezug. Einige anonyme Passagen der Handschrift sind zwar nicht als Werke J.s ausgewiesen, d¨urften aber ebenfalls von ihm stammen. Literatur: Werner Wegstein, VL2 4 (1983) Sp. 472 f. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der SUB Hamburg (Kat. der Handschriften der SUB Hamburg 2,4). Stuttgart 1998, S. 169, 172. – Dietrich Schmidtke: St¨andev¨ogelserien in sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Neujahrspredikten: Samt Abdruck der Neujahrspredigt, die Johann Rasser 1580 in Ensisheim im Elsaß gehalten hat. In: Ars et scientia. FS Hans Szklenar. Hg. v. Carola L. Gottzmann/Roswitha Wisniewski. Berlin 2002, S. 251–278, hier S. 262. SF Eisek der Schreiber. – Verfasser einer altjiddischen Estherdichtung, 15. Jh. Der erhaltene Text (hsl. Kurztitel: Di megila) beginnt beim Inhalt von Est 1,6 und umfasst 380 Strophen im sog. Hildebrandston. Grundlage war der Targum Seheni, eine erweiterte aram¨aische Bearbeitung des Buchs Esther; ferner sch¨opfte E. 1280

Melochimbuch

Mitte 15. Jh.

aus mehreren Midraschim. Die Reimpaardichtung → Megilass Ester steht in keiner unmittelbaren Beziehung zu E.s Text. ¨ Uberlieferung: Oxford, Bibl. Bodleiana, cod. Opp. 19, Bl. 400–433 (Abschrift, Februar/M¨arz 1544, Schreiber: Josef bar Jaakov aus Wetzlar; unvollst.). Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 2 (1980) Sp. 433 f.; 11 (2004) Sp. 399. – Leo Landau: A Hebrew-German (Judeo-German) Paraphrase of the Book Esther of the 15th Century. In: Journal of English and Germanic Philology 18 (1919) S. 497–555 (mit Transkription des Textes). – W.-O. Dreeßen: Die altjiddischen Estherdichtun¨ gen. Uberlegungen zur Rekonstruktion der Gesch. der a¨ lteren jiddischen Lit. In: Daphnis 6 (1977) S. 27–39. BJ

ˇ S. 69–129. – Nathan S¨usskind: Das Smuel Buch. Diss. New York 1941. – Ders.: Schmuel-buchproblemen. In: For Max Weinreich on his 70th birthday. London u. a. 1964, S. 467–449 (sic). – W.-O. Dreeßen: Midraschepik und Bibelepik. In: ZfdPh 100 (1981) Sonderh. ‹Jiddisch›, S. 78–97. – Barbara K¨onneker: Zum literarischen Charakter und die literarische Intention des altjiddischen S.s. In: Kontroversen, alte und neue. Bd. 5: Auseinandersetzungen um jiddische Sprache und Lit. (Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses, G¨ottingen 1985). T¨ubingen 1986, S. 3–12. – Erika Timm: Yiddish Literature in a Franconian Genizah. Jerusalem 1988, S. 30 f., 53, 101 f. – Bettina Simon: Jiddische Sprachgesch. Versuch ei¨ ner neuen Grundlegung. Uberarb. Fassung. Frankfurt/M. 1993. BJ

Schmuelbuch. – Altjiddische Bearbeitung der Geschichte von der Errichtung des j¨udischen K¨onigtums unter Saul und David, 15. Jh. Das 1792 Strophen (in der editio princeps) im Hildebrandston umfassende Werk ist eine Bearbeitung der biblischen B¨ucher Samuel 1 und 2 unter Verwendung literarischer Elemente der Heldendichtung des dt. MA sowie von Stoffen aus dem Midrasch. ¨ Uberlieferung: Das S. ist mit zehn Textzeugen (zwei fast vollst. Hss., ein Handschriftenbruchst¨uck, sieben Drucke) aus dem 16. und 17. Jh. der am breitesten u¨ berlieferte altjiddische Text. Ausgaben: Das Schemuelbuch des Mosche Esrim Wearba. Einleitung und textkrit. Apparat v. Felix Falk. Aus dem Nachlaß hg. v. Leo Fuks. 2 Bde. Assen 1961 (Bd. 1 enth¨alt ein Faks. der Augsburger editio princeps von 1544). – Textproben in Umschrift (Str. 1–10 des Augsburger Drucks und 11–42 der Hamburger Hs.) bei Staerk/Leitzmann (s. Lit.) S. 246–253. – Die ersten 350 Str. der Pariser Hs. bei S¨ußkind (s. Lit.) 1941. Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 8 (1992) Sp. 769–771. – Felix Falk: Die B¨ucher Samuelis in dt. Nibelungenstrophen des XV. Jh. In: Mitt. zur j¨udischen Volkskunde (1908) H. 25, S. 97–116; H. 28, S. 129–150. – Willy Staerk/Albert Leitzmann: Die j¨udisch-dt. Bibel¨ubersetzungen v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. Nach Hss. und alten Drucken dargestellt. Frankfurt/M. 1923 (Nachdr. Hildesheim/New York 1977) S. 241–253. – M. Erik: Di geschichte fun der jidischer literatur [...] 14.–18. Jh. Warschau 1928,

Melochimbuch. – Altjiddische Bearbeitung der Geschichte Salomos und seiner Nachfolger, vermutlich 15. Jh. Das M. wurde in der Intention der Hervorhebung j¨udischer Selbstbesinnung und -verpflichtung ¨ auf die eigene Uberlieferung von einem unbekannten gelehrten Autor verfasst. Quellen waren wahrscheinlich weniger die biblischen B¨ucher als vielmehr exegetische und par¨anetische Schriften (Midraschim). Formal steht das M. – wie auch der → Doniel in der Nachfolge des → Schmuelbuches. Als Strophenform wird der sog. Hildebrandston verwendet. ¨ Uberlieferung Augsburg (Paulus Aemilius) 1543 (Faks.: Fuks [s. Ausg.] Bd. 1). – Krakau (Jizchak ben Ahron Prostitz) 1582. – Prag (Mosche ben Bezalel Katz) 1607. – Die Hs. der Bibliotheca Rosenthaliana (Amsterdam; Sign. Hs. Ros. 176; zweite H¨alfte des 16. Jh.) ist wahrscheinlich eine Abschrift der Augsburger editio princeps. – Vgl. Fuks, Bd. 1, S. 27–41. Ausgaben: Leo Fuks: Das altjiddische Epos ‹Melokˆım-bˆuk›. 2 Bde. Assen 1965. – Aus¯ ¯ zug in Umschrift bei Staerk/Leitzmann (s. Lit.) S. 253–260. Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 6 (1987) Sp. 378–380. – Wilhelm Staerk/Albert Leitzmann: Die J¨udisch-Dt. Bibel¨ubersetzungen v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. Frankfurt/M. 1923. Nachdr. Hildesheim/New York 1977. – W.-O. Dreeßen: Midraschepik und Bibelepik. In: ZfdPh 100 (1981) Sonderh. ‹Jiddisch›,

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Mitte 15. Jh. S. 78–97. – Gertrud Zandt: Zum M., ein Epos in jiddisch-dt. Sprache. In: AB¨aG 43/44 (1995) S. 589–600. BJ Die Tugendschule. – Anonymer Lehrdialog, Mitte 15. Jh. Es handelt sich bei dem Text um einen didaktischen Dialog zwischen Meister und Sch¨uler. Der Verfasser ist unbekannt (nicht → Marquard von Lindau, wie bei Illing [s. Lit.]), die Entstehungszeit ist vermutlich um die Mitte des 15. Jh. anzusetzen, Entstehungsgebiet d¨urfte der bair.-¨osterr. Raum sein. Zentrales Thema des in drei B¨ucher gegliederten Textes ist das Altarsakrament. Das erste Buch behandelt das Geheimnis der Eucharistie, das zweite die Frage, wie man sich auf den Empfang des Sakraments vorbereiten soll, das kurze dritte Buch widmet sich der Frage, zu welcher Zeit man die hl. Kommunion empfangen solle. ¨ Uberlieferung: Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b IV 20, 72r–107r (Pap., Salzburg, St. Peter, um 1455, bair.-o¨ sterr.). – Ebd., Cod. b VI 5, 165v–185v (Pap., um 1450, bair.-o¨ sterr.). – Wien, ¨ ONB, Cod. 12530, 108r–147r (Pap., 1420/30, bair.o¨ sterr.). Literatur: Bernhard Schnell, VL2 9 (1995) Sp. 1141 f. – Kurt Illing: Alberts des Großen ‹Super Missam›-Traktat (MTU 53). M¨unchen 1975, S. 16 Anm. 2. – Gerold Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit v. Dagmar Kratochwill, Annemarie M¨uhlb¨ock ¨ und Peter Wind (Osterr. Akad. der Wiss., phil.hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA 3/1). Wien 1982, S. 299 u. o¨ . SF Bernhard von Waging, * gegen 1400 Waging bei Salzburg, † 2.8.1472 Bergen an der Donau. – Verfasser von Werken zur mystischen Theologie, zur Klosterreform und zum geistlichen Leben. Nach Studien in Wien lebte B. v. W. seit 1430 als Chorherr in Indersdorf, trat um 1446 in das Benediktinerkloster St. Quirin in Tegernsee ein und wirkte dort 1452–65 als Prior. Er schrieb zahlreiche Traktate, Predigten und Briefe und stand mit Kardinal → Nikolaus von Kues in eifrigem Briefwechsel, im Zuge dessen mystische und klosterreformatorische Fragen er¨ortert wurden. Beide machten sich stark f¨ur die Reform der s¨uddt. Kl¨oster. Unter seinen zahlreichen Schriften werden unter anderem Remedarius contra pusillanimes et scrupulosos 1283

Die Tugendschule (1464/65), De spiritualibus sentimentis et perfectione spirituale (ca. 1463/64) und Avisamenta reformationis Ordinis S. Benedicti als besonders bedeutsam betrachtet. Ein → Tegernseer Anonymus, m¨oglicherweise B. selbst, u¨ bersetzte mehrere seiner Werke ins Deutsche. Ob es sich bei diesem wirklich um B., wof¨ur zum Beispiel Bauer (s. Lit.) vehement eintritt, oder um eine Person aus B.s Umfeld handelt, konnte bislang nicht endg¨ultig gekl¨art werden. Die Handschrift M¨unchen, BSB, Cgm 778, enth¨alt ¨ die Ubersetzungen von Predigtausz¨ugen und von Ausz¨ugen aus Remedarius contra pusillanimes et scrupulosos B.s. v. W. durch den «Tegernseer Anonymus». Ausgaben: Bernhard Pez: Thesaurus anecdotarum novissimus 6/3. Augsburg 1721–29, S. 346–348. – Laudatorium doctae ignorantiae 1451. Abgedruckt in: Beitr. zur Gesch. der Philosophie des MA 14 (1915) H. 2/4. Literatur: Hubert Vogel, NDB 2 (1955) S. 117. – Werner H¨over, VL2 1 (1978) Sp. 779–789; 11 (2004) Sp. 244. – Heribert Roßmann, LexMA 1 (1980) Sp. 2004 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 537. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 486, 516 f., 846. – Walter Andreas Vogel, LThK3 2 (1994) Sp. 277. – Schulthess/Imbach (1996) S. 397. – Pirmin August Lindner: Die ¨ Abte und M¨onche der Benediktiner-Abtei Tegernsee v. den a¨ltesten Zeiten bis zu ihrem Aussterben (1861) und ihr literarischer Nachlass. In: Oberbayerisches Arch. 50 (1897) S. 82–90. – Adolph Franz: Die Messe im dt. MA. Freiburg i. Br. 1902, S. 566–577. – Martin Grabmann: Bayerische Benediktinermystik am Ausgang des MA. In: Benediktinische Monatsschr. 2 (1920) S. 196–202. – Ders.: Die Erkl¨arung des B. v. W. O.S.B, zum Schlußkapitel v. Bonaventuras Itinerarium mentis in Deum. In: Franziskanische Stud. 8 (1921) S. 125–135. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgesch. 9). M¨unchen 1931, S. 914. – M. Grabmann: B. v. W. († 1472), Prior v. Tegernsee, ein bayerischer Benediktinermystiker des 15. Jh. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 60 (1946) S. 82–98. – Paul Wilpert: B. v. W. Reformer vor der Reformation. In: FS Kronprinz Rupprecht v. Bayern. 1954, S. 260–276. – W. H¨over: Theologia Mystica ¨ in altbair. Ubertragung. Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, Hugo v. Balma, Jean Gerson, B. v. W. ¨ u. a. Stud. zum Ubersetzungswerk eines Tegernseer 1284

Hedwig von Schlesien Anonymus aus der Mitte des 15. Jh. (MTU 36). Mu¨ nchen 1971, S. 44, 246, 266, 269–274. – Christian Bauer: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee. ¨ Unters. zu Gebrauch und Uberl. deutschsprachiger Lit. im 15. Jh. (MTU 107). T¨ubingen 1996, S. 137–159. SF Brugman, Johannes (B., Jan) OFM, * um 1400 Kempen bei Krefeld (?), † Ende 1473 Nijmegen. – Ndl. Volksprediger des 15. Jh. Herkunft und Bildungsweg des Franziskaners J. B. liegen gr¨oßtenteils im Dunkeln. Mo¨ glicherweise ist er in Kempen bei Krefeld geboren. Um 1424 erfolgte der Eintritt in den Orden der Minderbr¨uder Conventualen in Hertogenbosch, 1445 die Bekehrung zur franziskanischen Observanz. Belegt sind zahlreiche Reisen zur Unterst¨utzung der Niederlassung der Observanz, als deren Verfechter er eintrat, u. a. in Rheinland-Westfalen. Sp¨ater wurde er Vorsteher der Kl¨oster in Mechelen und Sluis. Als «lector theologiae» war B. in St. Omer (Frankreich) und seit 1462 als Provinzialvikar der K¨olner Observantenprovinz t¨atig. B. ist auch der Gr¨under eines Klosters in Amsterdam. Auf die außergew¨ohnlichen F¨ahigkeiten des J. B. als Prediger nimmt die noch heute gebr¨auchliche Redensart «praten als Brugman» Bezug. Seine letzten Lebensjahre verbrachte B. in Nijmegen. Von ihm sind keine originalen Predigten, nur Fragmente von ca. 46 meist an Nonnen gerichteten Predigten bekannt. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um Rekonstruierungen von Ordensbr¨udern. Ferner sind ihm vier lat. und zwei franz¨osische Briefe sowie die Solutiones, eine Antwort an den Klostervorsteher zu Lemgo auf dessen Beschwerden u¨ ber o¨ rtlichen Widerstand, zuzurechnen. An lat. Traktaten sind erhalten: Speculum Imperfectionis (um 1451) gegen Verst¨oße jeder Klostergemeinschaft gegen die Ideen des Franziskus, eine Vita der → Lidwina von Schiedam (1456) und ein Devotus Tractatus (1456/58 oder nach 1464), der eine Betrachtung der Leiden Christi darstellt. B. verfasste auch Traktate in mndl. bzw. mnd. Sprache: ein Leben Jesu in vier Teilen – Kindheit, ¨ Leben in der Offentlichkeit, Passion, Auferstehung und Himmelfahrt – mit dem Titel Devote Oefeninge und 40–44 Meditationen u¨ ber Jesu Schicksal von Palmsonntag bis Ostern/Pfingsten unter dem Titel Ontboezemingen over het H. Lijden. ¨ Uberlieferung: Privatbesitz Antiquariat Karl Theodor V¨olcker, Frankfurt/M. [verschollen]. 1285

Mitte 15. Jh. Von B. stammen auch die XV Punten, kurze Ratschl¨age f¨ur einfache Gl¨aubige, ferner Brugman’s Regel, ebenfalls eine volkskatechetische Schrift, und die verschollenen Loci communes. F¨ur einige Gebetstexte ist B.s Verfasserschaft nicht gesichert. Außerdem stammen zwei Lieder von B., die sich in allen großen Sammlungen geistlicher Lieder aus dem Ende des 15. Jh. finden, so im → Werdener Liederbuch, in der Utrechter Hs., der Deventer Hs. sowie im → Liederbuch der Anna von K¨oln. Die Lieder zeichnen sich durch einfache Form und variable Strophenzahl aus. Ausgaben: Aurelian van Dijk: J. B. Verspreide Sermoenen (Klassieke Galerij 41). Antwerpen 1948. – P. Grootens: Onuitgegeven Sermoenen van J. B. Tielt 1948. – Moll (s. Lit.). – Van den Hombergh 1967 (s. Lit.). – Ders. 1971 (s. Lit.). Literatur: Joachim Joseph Vos, ADB 3 (1876) S. 410. – Frederik Adolphus Henricus van den Hombergh, VL2 1 (1978) Sp. 1048–1052. – Herman Vekeman, LexMA 2 (1983) Sp. 749 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 764 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319, 809 f. – Willem Moll: J. B. Zwei Bde. Amsterdam 1854. – F. van den Hombergh: Leven en Werk van Jan B. Diss. Nijmegen 1967. – Ders.: Ein unbekannter Brief des J. B. u¨ ber die Observanz. In: Archivum Franciscanum Historicum (1971) S. 337–366. – Benjamin de Troeyer: Bio-Bibliographia Franciscana Neerlandica ante Saeculum XVI, I. Nieuwkoop 1974, S. 98–102 (Lit.). – Nico Lettnick: Praten als Brugman. De wereld van een Nederlandse volksprediker aan het einde van de Middeleeuwen (Verloren Verleden 5). Hilversum 1999. – Helmut Tervooren unter Mitarbeit v. Carola Kirschner/Johannes Spicker: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Handbuch zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 159–161. – Thomas F. Mertens: The sermons of J. B., OFM. In: Constructing the medieval sermon. Hg. v. Roger Andersson (Sermo 6). Turnhout 2007, S. 253–274. SF Hedwig von Schlesien. – Lat. und dt. Legenden. Die um 1174/78 auf Schloss Andechs/Bayern geborene H. war die Tochter von Graf Berthold IV., Herzog von Dalmatien und Istrien (Meranien). In den Kl¨ostern Andechs und Kitzingen/Bamberg erzogen, wurde sie um 1188/90 mit Herzog Heinrich I. von Schlesien († 1228) verm¨ahlt. Sie erlangte bald den Ruf einer großen Wohlt¨aterin und 1286

Mitte 15. Jh. begr¨undete 1202 das Zisterzienserinnenkloster in Trebnitz. 1208 zog sie sich dorthin zur¨uck, um als Laienschwester ein Leben in Keuschheit und Armut zu f¨uhren. H. starb am 14.10.1243. Bereits 1267 wurde sie von Papst Clemens IV. heiliggesprochen. W¨ahrend H. selbst kein literarisches Werk hinterließ, erlangte ihre Legende im MA große Bekanntheit und war prim¨ar in lat. und dt. Fassungen verbreitet. Am Anfang stand die um 1262 verfasste H.-Vita des Zisterziensers Engelbert, die aber heute verloren ist. Engelberts Text sowie die Akten zu H.s Kanonisationsprozess waren die Haupquellen der lat. Vita maior (auch Legenda maior, um 1300) eines unbekannten Franziskaners. In zw¨olf Kapiteln behandelt das Werk in klassisch hagiographischer Weise H.s Tugenden und Wundertaten. Der Verfasser unterstreicht besonders H.s keusch-asketischen Lebenswandel, der von Demut und barmherziger F¨ursorge f¨ur Arme und Kranke gepr¨agt gewesen sei. Die Vita maior ist Teil des sog. Schlackenwerther Codex (um 1353). Dessen Auftraggeber war ein Urenkel H.s, Herzog Ludwig I. von Schlesien. Er ließ den Kodex mit 65 Miniaturen ausstatten, die Stationen aus H.s Leben darstellen. Zum Inhalt der Handschrift z¨ahlen weiterhin eine lat. Vita minor ¨ H.s und eine genealogische Ubersicht ihrer Vorfahren. Hinzu kommen mehrere Texte, die mit H.s Heiligsprechung im Zusammenhang stehen: ihre Kanonisationsurkunde, die Kanonisationspredigt von Clemens IV. und ein Brief von Nikolaus Henrici. Diese erg¨anzenden Texte wurden auch von der auf dem Schlackenwerther Codex beruhen¨ den Uberlieferung teilweise aufgenommen. Im deutschsprachigen Raum verbreiteten sich die Viten des Schlackenwerther Codex in mehre¨ ¨ ren Ubertragungen. Als a¨ lteste Ubersetzung der Vita maior gilt eine Fassung von 1380, die in einer Br¨usseler Handschrift erhalten ist. Sie wurde von dem Murecker Pfarrer Rudolf Wintnauer im Auf¨ trag von Herzog Albrecht III. von Osterreich ab¨ gefaßt. N¨achster bekannter Ubersetzer der Vita war der Meininger Franziskaner Kilian. Er schrieb seine ¨ Ubersetzung wohl in Erfurt, wo er sie 1424 vollendete. Der Text ist in einer Schleusinger Handschrift u¨ berliefert. ¨ stammen aus dem Weitere Ubersetzungen schw¨abischen Raum. Erw¨ahnenswert ist besonders eine Augsburger Handschrift von 1447, die 1287

Hedwig von Schlesien ¨ dt. Ubertragungen der beiden Viten sowie der Genealogie enth¨alt. Die Texte sind mit 71 kolorierten Federzeichnungen illustriert, die vom Schlackenwerther Codex inspiriert wurden. Auftraggeberin der Handschrift war m¨oglicherweise Gr¨afin Eufemia von Oettingen. Eine zweite schw¨abische Viten¨ Ubertragung wurde 1476 von Konrad Bollstatter verfasst und ist in einer M¨unchner Handschrift erhalten. ¨ Ein weiterer Strang der Viten-Uberlieferung entwickelte sich im ostmitteldt. Sprachraum. Grundlage war eine heute verlorene lat. Handschrift, die Herzog Ruprecht von Liegnitz 1380 in Auftrag gegebenen hatte. Eine darauf beruhende ¨ Breslauer Ubersetzung umfasst die Vita maior, die Genealogie H.s, ihre Kanonisationsurkunde und die p¨apstliche Predigt. Auftraggeber war der Patri¨ zier Anton Hornig, w¨ahrend der eigentliche Ubersetzer unbekannt ist. Hornig ließ die 1451 fertigge¨ stellte Ubertragung im selben Jahr von Peter Freytag professionell abschreiben. Es wurden auch mehr als 60 Federzeichnungen hinzugef¨ugt. Text und Il¨ lustrationen dieser Ubersetzung bildeten dann die Vorlage f¨ur Konrad Baumgartens Fr¨uhdruck Grosse legenda der hailigsten frawen Sandt hedwigis (Breslau ¨ 1504), der eine wichtige Br¨ucke zur nachma. Uberlieferung der Legende bildet. ¨ Uberlieferung: Zur Fr¨uh¨uberl. s. Josef Klapper, VL 2 (1936) Sp. 235–239. 1. Schlackenwerther Kodex: Los Angeles, J. Paul Getty Mus., Ms. Ludwig XI 7 (fr¨uher Schlackenwerth, Piaristenbibl., N° 1) (Pergament, Polen, 1353). 2. Wintnauer-Fassung: Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., cod. 3408 (1380, Schreiber R. Wintnauer). 3. Kilian-Fassung: Schleusingen, Bibl. des Naturhist. Mus., G 189 (Pap., 1424, ostfr¨ankischostmitteldt. F¨arbung). ¨ 4. Schw¨abische Ubers.: Augsburg, UB, Cod. I.3.2° 7 (Pap., um 1450–66, ostschw¨abisch, enth¨alt ‹Vita maior›, ‹Vita minor› und die Genealogie sowie 71 kolorierte Federzeichnungen). – M¨unchen, BSB, Cgm 735, 138r–174v (Pap., Augsburg, 1476, Schreiber: Konrad Bollstatter, ostschw¨abisch). ¨ 5. Ostmitteldt. Ubers.: Breslau, UB, cod. IV F 192 (1451, ostmitteldt.). – Ebd., cod. IV Q 177, 3r–4r (letztes Drittel 15. Jh., bair.-mitteldt.; Fragm.). – Ebd., cod. R 823 (Pap., 16. Jh. [?], Fassung von cod. IV F 192, s. o.). – Ebd., cod. R 824 (weitere Fassung von cod. IV F 192, s. o.). Ausgaben: 1. Fassungen des Schlackenwerther Kodex von 1353: Vita maior. Vita minor. Genealo1288

Hedwig von Schlesien gia. In: Scriptores rerum Silesiacarum oder Sammlung schlesischer Geschichtsschreiber 2. Hg. v. Gustav A. Stenzel. Breslau 1839, S. 1–114. – Adolf v. Wolfskron: Die Bilder der Hedwigslegende nach einer Hs. vom Jahre 1353 in der Bibl. der P. P. Piaristen zu Schlackenwerth. Wien 1846 (Ausz¨uge). – Acta Sanctorum, Octobris VIII. Br¨ussel 1853, S. 224–264 (‹Vita maior›). – Vita maior sanctae Hedwigis. Vita minor. Hg. v. Aleksander Semkowicz. In: Pomniki dziejowe Polski / Monumenta Poloniae Historica 4. Lemberg 1884 (Nachdr. Warschau 1961) S. 510–642. – Else Promnitz: H. die Heilige, Gr¨afin v. Andechs-Diessen, Herzogin in Schlesien und Polen. Ein Zeit- und Lebensbild im Anschluß an die Bilderlegende des Schlackenwerther Kodex und nach alten und neueren Berichten dargestellt. Breslau 1926 (Ausz¨uge im Anhang). – Die große Legende der Heiligen Frau Sankt H. Die Legenda maior de Beata Hedwigi. Hg. v. Konrad Metzger/Franz Metzger. Breslau 1927. Neuausg. u. d. T.: Das Leben der heiligen H. D¨usseldorf 1967. – Der H.s-Codex von 1353. Slg. Ludwig. Hg. v. Wolfgang Braunfels. 2 Bde. Berlin 1972 (vgl. dazu: Wolfgang Jungandreas, AfdA 85, 1974, S. 26–31). – Legenda swietej ˛ Jadwigi. Hg. v. Jo´ zef Pater/Andrzej Jochelson. Breslau 1993 (‹Vita maior›). – Legenda o sw. Jadwidze. Hg. v. Trude Ehlert. Breslau 2000. 2. Wintnauer-Fassung von 1380: An Edition of Brussels Ms. 3408. The Life of St. H. Hg. v. William F. Forsman. Diss. Chapel Hill 1972. Mikrofilm-Ausg. Ann Arbor 1972. – Jelko Pe¨ ters: Rudolf Wintnauers Ubersetzung der ‹Legenda maior de beata Hedwigi›. Text und Unters. ¨ zu einem Fr¨uhwerk der Wiener Ubersetzungsschule unter Herzog Albrecht III. Wien 2003. – Die Legende der heiligen H. Nach der a¨ltesten ¨ dt. Ubersetzung. Hg. v. Sabine Seelbach u. a. In: Eichendorff-Hefte 15 (2006) S. 54–78; 16 (2006) S. 6–24; 17 (2007) S. 26–36; 18 (2007) S. 6–18; 19 (2007) S. 6–20; 20 (2007) S. 6–32; 21 (2008) S. 8–37; 22 (2008) S. 18–32; 23 (2008 [Ver¨off. 2009]) S. 6–29; 24 (2009) S. 6–17; 25 (2009) S. 56–75; 27 (2009) S.6–27; 28 (2009) S.42–55; 29 (2010) S. 28–44; 30 (2010) S. 4–18. 3. Kilian-Fassung von 1424: Daz lebin sent hedewigis. Hs. der Bibl. des Schleusinger Gymnasiums. Hg. v. Bruno Obermann. Schleusingen 1880 (Vorrede und Kap. I–II). ¨ 4. Ostmitteldt. Ubers.: Die H.s-Predigt des Papstes Klemens IV. v. J. 1267. Hg. v. Joseph Gottschalk. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 4 1289

Mitte 15. Jh. (1957) S. 15–35 (nur Predigt). – Die grosse Legende der heiligen Frau Sankt H. geborene F¨urstin v. Meranien und Herzogin in Polen und Schlesien. Hg. v. J. Gottschalk. 2 Bde. Wiesbaden 1963 (Faks. der Ausg. v. Konrad Baumgarten, Breslau, 1504). Literatur: Colmar Gr¨unhagen, ADB 11 (1880) S. 229 f. – Gustav Kawerau, Realenzyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche 7 (31899) S. 517–519. – Aufriß2 2 (1957) Sp. 1007 f., 1099. – Joseph Gottschalk, NDB 8 (1969) S. 190 f. – Friederike Werner, LCI 6 (1974) Sp. 473–478. – Werner Williams-Krapp, VL2 3 (1981) Sp. 565–569; 11 (2004) Sp. 598. – Teresa Dunin-Wasowicz, LexMA 4 (1989) Sp. 1985 f. – Anna Wiłkowska: Hedwige d’Andechs. In: DHGE 23 (1990) Sp. 749–753. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 636–638. – Kazimierz Dola, MarLex 3 (1991) S. 89. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 101 f., 741. – Werner Marschall, LThK3 4 (1995) Sp. 1237 f. – Martina Hartmann, RGG4 3 (2000) Sp. 1502. – Sandra Linden: Hedwigslegenden. In: Killy2 5 (2009) S. 124 f. – Alice Dehmelt: Sprachliche Beurteilung einer Hs. der Hedwigslegende von 1451. Breslau 1920. – J. Gottschalk: ¨ Die a¨ lteste dt. Ubers. der Hedwigslegende 1380. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 11 (1953) S. 51–64. – Maria Luise Thurmair-Mumelter: Die hl. H. D¨usseldorf 1954. – J. Gottschalk: Die neuere H.s-Lit. In: Schlesien. Eine Vierteljahresschr. f¨ur Kunst, Wiss. und Volkstum 3 (1958) S. 177–180. – J. Klapper/J. Gottschalk: Eine unbekannte ‹Historia Sancte Hedwigis Minor›. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 18 (1960) S. 272–285. – Ortrud Reber: Die Gestaltung des Kultes weiblicher Heiliger im Sp¨atMA. Die Verehrung der Heiligen Elisabeth, Klara, H. und Birgitta. Hersbruck 1963. – J. Gottschalk: Der hist. Wert der Legenda maior de beate Hedwigi. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 20 (1962) S. 84–125. – Ders.: Die Kanonisationsurkunde der hl. H. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 22 (1964) S. 120–139. – Ders.: St. H., Herzogin v. Schlesien. K¨oln u. a. 1964. – Ders.: Die a¨ lteste Bilderhs. mit den Quellen zum Leben der hl. H. im Auftrage des Herzogs Ludwig I. v. Liegnitz und Brieg im Jahre 1353 vollendet. In: Aachener Kunstbl. 34 (1967) S. 61–161. – J. Gottschalk: Eine Biogr. der hl. H. in alttschechischer Sprache (um 1355). In: Beitr. zur schlesischen Kirchengesch. FS Kurt Engelbert. Hg. v. Bernhard Stasiewski. K¨oln u. a. 1969, S. 233–244. – Hagiografia polska 1. Hg. v. Romuald Gustaw. Red. 1290

Mitte 15. Jh. Bozyslow Walczak. Posen 1971, S. 475–485 (Bibliogr.). – Ewald Walter: Stud. zum Leben der hl. H., Herzogin v. S. Stuttgart/Aalen 1972. – Pieter van den Bosch: Die heilige H. in Kreuzherrenhss. In: Clairlieu: Tijdschrift gewijd aan de Geschiedenis der Kruisheren 38 (1980) S. 93–96. – E. Walter: Neue Ergebnisse zur Hedwigsforschung. Der Verf. der Legenda maior. Datum der liturgischen Heiligsprechung. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 43 (1985) S. 221–245. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 418. – E. Walter: Zur Echtheit der Papst Klemens IV. zugeschriebenen Hedwigspredigt vom Jahre 1267. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 47/48 (1990) S. 261–272. – Alois Sch¨utz: Das Geschlecht der Andechs-Meranier im europ¨aischen HochMA. In: Herz¨oge und Heilige. Das Geschlecht der Andechs-Meranier im europ¨aischen HochMA. Hg. v. Josef Kirmeier/Evamaria Brockhoff. Mu¨ nchen 1993, S. 21–111. – T. Dunin-Wasowicz: Sainte Hedwige et l’hagiographie m´edi´evale polonaise. In: Le Culte des saints aux IXe–XIIIe si`ecles. Actes du Colloque tenu a` Poitiers les 15–16–17 septembre 1993. Hg. v. Robert Favreau. Poitiers 1995, S. 53–61. – Ekkehard Grunewald: Das Bildprogramm des Augsburger Hedwigskodex I.3.2 7. Ein Beitr. zur H.s-Ikonographie des 15. Jh. In: Ksiega Jadwizanska. Miedzynarodowe Sympozjum Naukowe [...]. Bearb. v. Michal Kaczmarek. Breslau 1995, S. 283–296. – T. Ehlert: Die Heilige H. in der dt. Lit. des Sp¨atMA und der fr¨uhen Neuzeit. In: ebd., S. 151–175. – E. Grunewald: Die H.-Bilderzyklen des MA und der Fr¨uhen Neuzeit. In: Ber. und Forschungen 3 (1995) S. 69–106. – Das Bild der heiligen H. in MA und Neuzeit. Hg. v. E. Grunewald/Nikolaus Gussone. Mu¨ nchen 1996. – Christian-Erdmann Schott: H. v. S. In: Gesch. des christlichen Lebens im schlesischen Raum. Hg. v. Joachim K¨ohler/Rainer Bendel. Mu¨ nster 2002, S. 511–524. – Stanislaw Rosik: ‹Pauper et modicus, collegio pauperum aggregatus›. Der anonyme Hagiograph der Hl. H. v. S. als Theologe. Beobachtungen aufgrund der ‹Vita sanctae Hedvigis›. In: Slaska republika uczonych 1. Hg. v. Marek Halub/Anna Manko-Matysiak. Breslau 2002, S. 55–65. – Daria Barow-Vassilevitch: Die Heilige Herzogin. Das Leben der H. v. S. W¨urzburg 2007. – Winfried Irgang: Die heilige H. – ihre 1291

Revelationes Cornelii Rolle in der schlesischen Gesch. In: Ders.: Schlesien im MA. Siedlung, Kirche, Urkunden. Hg. v. Norbert Kersken/J¨urgen Warmbrunn. Marburg 2007, S. 272–288. – Petra Melicharov´a: Crown, Veil and Halo. Confronting Ideals of Royal Female Sanctity in the West and in the Byzantine East in Late Middle Ages (13th–14th Century). In: Byzantion. Revue internationale des e´ tudes byzantines 77 (2007) S. 315–344. – S. Seelbach: H. in Th¨uringen. Kontexte der volkssprachigen Rezeption einer lat. Heiligenlegende. In: wort unde wise – singen unde sagen. FS Ulrich Mu¨ ller (GAG 741). Hg. v. Ingrid Bennewitz-Behr. G¨oppingen 2007, S. 121–136. – Dies.: Translatio sanctitatis. Die heilige H. als Integrationsfigur dt. Adelsdynastien im Sp¨atMA: Habsburg, Oettingen, Henneberg. In: Jb. der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Univ. zu Breslau 49 (2008) S. 11–31. – Corine Schleif: St H. Personal Ivory Madonna. Women’s Agency and the Powers of Possessing Portable Figures. In: The Four Modes of Seeing. Approaches to Medieval Imagery in Honor of Madeline Harrison Caviness. Hg. v. Evelyn Staudinger Lane u. a. Farnham 2009, S. 382–403. – J. K¨ohler: H. v. S. In: Die Landespatrone der b¨ohmischen L¨ander. Gesch., Verehrung, Gegenwart. Hg. v. Stefan Samerski. Paderborn u. a. 2009, S. 85–98. MM Revelationes Cornelii (Apparitio C., Visio C., Revelationes cuiusdam religiosi defuncti). – Bald nach 1451 von einem Mitglied des Kreuzherrenordens verfasster Text. Die R. C. handeln von den psychischen Erfahrungen eines jungen Novizen des Kreuzherrenklosters Osterberg und von damit zusammenh¨angenden Vorg¨angen im und um das Kloster. Seine akustischen und visuellen Erlebnisse, wie etwa merkw¨urdige Ger¨ausche, r¨atselhafte Bewegungen von Dingen und ein Dialog mit einem Unsichtbaren, die ihn tief ver¨angstigen, deutet der Novize als Erscheinungen des verstorbenen Osterberger Kreuzherrn Cornelius von Siebenberg († 1450); die Mitteilungen («revelationes») werden also C. zugeschrieben. Die Schrift besteht je etwa zur H¨alfte aus Protokolltexten sowie Erl¨auterungen und Ermahnungen; Absicht war, die Reform des Ordens neu zu beleben und die kl¨osterliche Disziplin zu ¨ f¨ordern. Eine dt. Ubersetzung des in drei lat. Handschriften (alle 15. Jh.) u¨ berlieferten Textes bietet 1292

Stundenbucher ¨ die Handschrift K¨oln, Hist. Arch., Cod. W 185, 51r–96v/97r (Pap., Mitte 15. Jh., ndl./ripuarisch). Literatur: Joachim Vennebusch, VL 2 8 (1992) Sp. 6–9. – Cornelius Rudolphus Hermans: Annales Canonicorum Regularium S. Augustini Ordinis S. Crucis. Bd. 2. ’s-Hertogenbosch 1858, S. 271–279. – J. Vennebusch: Die theologischen Hss. des Stadtarch. K¨oln. Tl. 2 (Mitt. aus dem Stadtarch. v. K¨oln. Sonderreihe. Die Hss. des Arch. 2). K¨oln/Wien 1980, S. 234; ebd. Tl. 3 (1983) S. 122. – Handschriftencensus Rheinland. Erfassung ma. Hss. im rheinischen Landesteil v. Nordrhein-Westfalen mit einem Inventar. Hg. v. G¨unter Gattermann, bearb. v. Heinz Finger u. a. Bd. 2 (Schr. der UB/LB D¨usseldorf 18). Wiesbaden 1993, S. 1197 (Nr. 2211). SF Stundenbucher ¨ (Horarium, Livre d’heures, Book of Hours). – Private Andachts- und Gebetb¨ucher f¨ur den Gebrauch durch Laien, in dt. Sprache etwa seit der Mitte des 15. Jh. u¨ berliefert. Das lat. S. entstand etwa gleichzeitig mit dem Brevier im 11. Jh., es enth¨alt Privatgebete wie auch liturgische Texte und diente als Gebetbuch f¨ur die vom Chorgebet ausgeschlossenen und an der aktiven liturgischen Teilnahme verhinderten Laien. Die Gebetstexte wurden zu bestimmten Stunden rezitiert, entsprechend der bei den R¨omern u¨ blichen und im liturgischen Chorgebet der M¨onche und Kleriker tradierten Tageseinteilung. Kernst¨uck bilden Marienstunden und Totenoffizium. Seit dem 14. Jh. wurden S. in die Volkssprachen u¨ bersetzt und teilweise zu reich illustrierten Luxusund Sammelobjekten ausgestaltet. Der im Gegensatz zum Brevier nichtoffizi¨ose Charakter der S. erm¨oglichte freie Gestaltung und Ber¨ucksichtigung privater W¨unsche. Erstdrucke stammen aus Venedig (1474), Delft und Br¨ussel (seit 1480) und Paris (seit 1487). Das mndl. S. zog als standardisierte Textgrundlage vor allem das von Gert → Groote wahrscheinlich um 1380 u¨ bersetzte Getijdenboek (Tagzeiten) heran. Das mhd. S. war vor allem im Einflussbereich des Ndl. verbreitet und bezog sich auf die ¨ Grooteschen Ubersetzungstexte (u. a. Eberhardgebetbuch, vgl. Wendelin → Steinbach und Stephan → Schriber). Vor allem im obd. Gebiet u¨ berwiegen die seit dem sp¨ateren 14. Jh. bekannten Privatgebetb¨ucher und Privatgebetssammlungen (vgl. u. a. → Johann von Neumarkt, → Johannes von Indersdorf). Fr¨uhe dt. S.-Drucke (Urach, Konrad Fyner, 1293

Mitte 15. Jh. um 1480–1482; Ulm 1491 u. a.) wurden seit 1501 von dem → Hortulus animae abgel¨ost. Erhalten sind u¨ ber 100 dt. S.; sie stammen vor allem aus dem Zeitraum zwischen 1450 und 1530, nur wenige davon weisen eine Prachtausstattung auf. ¨ Ausgaben: Eugeniusz Janota: Ubersetzung v. Psalmen, Hymnen und Kirchengebeten aus dem 14. Jh. Aus der Hs. hg. Wien 1855. – Isabella Dubizmay: ‹Der kurß zu Teutze von unser lieben frawen› (Breviarium aus dem Jahre 1463). Debrecen 1939. – Jakob Eschweiler: Das Eberhardgebetbuch [...]. Stuttgart 1951. – Andr´as Vizkelety: Beschreibendes Verz. der altdt. Hss. in ungarischen Bibl. Bd. 2. Budapest 1973. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 9 (1995) Sp. 468–472; 11 (2004) Sp. 1461 f. – Dagmar Thoss, LexMA 8 (1997) Sp. 259. – Josef Stadlhuber: Das Laienstundengebet vom Leiden Christi in seinem ma. Fortleben. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 72 (1950) S. 282–322. – Wolfgang Irtenkauf: Zur liturgischen Seite des Eberhardgebetbuches. In: FS Wilhelm Hoffmann. Stuttgart 1962, S. 189–203. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (Mu¨ nchener theologische Stud. 1/4). M¨unchen 1967. – Friedrich Gorissen: Das S. im rheinischen Niederland. In: Stud. zur klevischen Musikund Liturgiegesch. (Beitr. zur Rheinischen Musikgesch. 75). K¨oln 1968, S. 63–109. – Joachim M. Plotzek: Die Hss. der Slg. Ludwig (Museum Ludwig, K¨oln). Bd. 2. K¨oln 1982, S. 11–47, 286–313. – Hermann K¨ostler: S. Zur Gesch. und Bibliogr. In: Philobiblon 28 (1984) S. 95–128. – Gerhard Achten: Das christliche Gebetbuch im MA. Andachtsund Stundenb¨ucher in Hs. und Fr¨uhdruck (SB Preußischer Kulturbesitz Ausstellungskat. 13). Berlin 21987. – J. M. Plotzek: Andachtsb¨ucher des MA aus Privatbesitz. K¨oln 1987. – Roger S. Wieck: Time Sanctified. The Book of Hours in Medieval Art and Life. New York 1988, S. 27–44. – P. Ochsenbein: Vorreformatorische Gebetbuchdrucke in dt. Sprache. In: Librarium 32 (1989) S. 42–48. – Martin Kl¨ockener/Heinrich Rennings (Hg.): Lebendiges Stundengebet. Freiburg i. Br. 1989. – Knud Ottosen: The Responsories and Versicles of ˚ the Latin Office of the Dead. Arhus 1993. – Karl Wilhelm Joseph Maria Tax: Das Janota-Officium. Gesch. und Sprache eines ripuarischen S. Amsterdam 1996. – R. S. Wieck: Painted Prayers. The Book of Hours in Medieval and Renaissance Art. New York 1997. – E. K¨onig/Gabriele Bartz: S. 1294

Mitte 15. Jh.

Wie die innig sel ein himel gottes ist genant

Perlen der Buchkunst. Die Gattung in Hss. der Vaticana. Stuttgart u. a. 1998. – K¨onig (s. Ausg.). – G. Bartz: Der Boucicaut-Meister: ein unbekanntes S. Ramsen 1999. – Regina Cermann: S. nach dem Gebrauch v. Rom. In: Aderlaß und Seelentrost. ¨ Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter Jo¨ rg Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 283–285. SF

Johannes von Capestrano (Johannes Kapistran, Capistranus) OFM, * um 24.6.1386 Capestrano/ Aquila, † 23.10.1456 Ilok/Donau. – Theologe. J. stammte aus adeliger Familie und studierte 1400–09 r¨omisches und kanonisches Recht in Perugia. Dort war er, nach drei Jahren als Gerichtsrat in Neapel, ab 1412 als Richter t¨atig. W¨ahrend einer diplomatischen Mission geriet J. in Gefangenschaft und entschied sich unter dem Eindruck der Haft f¨ur ein geistliches Leben: Er schloss sich 1415 den Franziskanern der strengen Observanz an und wurde 1417 zum Prediger ordiniert. In den folgenden Jahrzehnten machte er sich einen Namen als wortgewaltiger Wanderprediger. Er zog mit → Bernhard von Siena durch Italien und seit 1451 auch durch die dt. Reichsgebiete. Unter anderem missionierte er in M¨ahren bei den Hussiten. Bedeutsam war J. auch als papsttreuer Kirchendiplomat. Er war1443–46 sowie 1449–52 Generalvikar und reformierte die Observanten. Daneben war er Inquisitor, p¨apstlicher Berater und Legat. So vermittelte er 1435/36 im Thronstreit von Neapel. 1439/40 weilte er in Pal¨astina und 1442 in den Niederlanden. Eine besondere Rolle spielte J. im Konflikt mit den T¨urken. Er hielt Kreuzzugspredigten in Frankfurt/M. (1454), Wiener Neustadt (1455) und Ungarn (1455/56). Im Kampf um Belgrad mobilisierte J. mit seinen Predigten ein milit¨arisches Aufgebot und trug so zur Rettung der Stadt bei. 1690 wurde J. heiliggesprochen. J. war einer der gr¨oßten Prediger des MA. Daher sind auch viele Nachschriften u¨ berliefert, meist in lat. Sprache. J. predigte nur in Italien volkssprachig, ansonsten lat. Er reiste mit Dolmetschern, die seine Predigten in der Volkssprache des jeweiligen Publikums zusammenfassten. Leider liegen heute nur wenige Texte J.s in volkssprachigen Versionen vor. Dazu z¨ahlen zun¨achst die Aufzeichnungen einer Franziskanerin namens Adelheid aus dem Kloster ¨ Linnich/K¨oln (Handschrift cod. 238, s. Uberlieferung). Sie stellte vor allem solche Aussagen und Exempla J.s zusammen, die mit asketischer Strenge volkst¨umliche Vergn¨ugungen verdammen, darunter Tanzen, Spiele, Kost¨umierungen und Fluchen. Eine weitere dt. Zusammenstellung findet sich im Kodex XI 203 aus St. Florian. Darin werden zum Laiengebrauch zehn Regeln J.s aufgelistet, deren zugespitzte H¨arte jedoch gerade auf Laien lebensfremd wirken muss. L¨asslicher zeigt sich J. in einer dt. Predigt, die in Heiligenkreuz erhalten ist (Cod. 165). Darin behandelt er zw¨olf Gnaden, die auch Tods¨undern

Wie die innig sel ein himel gottes ist genant. – Mystische Engellehre in der Auslegung von Lk 17,21. Die im Nominalstil gehaltene Auslegung der Gleichsetzung von Seele und Himmel Gottes (vgl. Meister → Eckhart, Predigt Nr. 68, DW III, S. 147,1–4) eines unbekannten Verfassers folgt der von (Pseudo-) → Dionysius Areopagita (vgl. De caelesti hierarchia) gebotenen Gliederung der Ch¨ore nach drei Triaden, greift in der Reihenfolge der Ch¨ore jedoch auf die 34. Homilie → Gregors des Großen zur¨uck. Die grundlegende Ausrichtung der Ch¨ore auf die Trinit¨at m¨undet in der Deutung des «himel gotes» als Eingliederung der Seele in den innertrinitarischen Prozess. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 215, 84va–85rb (Pap., 1451–57, nordbair.). Ausgabe: Bach (s. Lit.) S. 242 f. (Anhang). Literatur: Burkhard Hasebrink, VL2 10 (1999) Sp. 1009 f. – Joseph Bach: Meister Eckhart, der Vater der dt. Seculation. Wien 1864. Nachdr. Frank¨ furt/M. 1964. – Adolf Spamer: Zur Uberl. der Pfeiffer’schen Eckeharttexte. In: PBB 34 (1909) S. 307–420. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der Bayerischen Staatsbibl. Mu¨ nchen. Cgm 201–350 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,2). Wiesbaden 1970, S. 52–60. – Eckart Conrad Lutz: ‹In niun schar insunder geordent gar›. Gregorianische Angelologie, DionysiusRezeption und volkssprachliche Dichtungen des MA. In: ZfdPh 102 (1983) S. 335–376 (ohne diesen Text). – Johannes Gottfried Mayer: Tauler in ¨ der Bibl. der Laienbr¨uder v. Rebdorf. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS Kurt Ruh. Hg. Konrad Kunze u. a. (TTG 31). T¨ubingen 1989, S. 365–390. – Christian Bauer: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee. ¨ Unters. zu Gebrauch und Uberl. deutschsprachiger Lit. im 15. Jh. (MTU 107). T¨ubingen 1996. BJ 1295

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Johannes von Capestrano widerfahren k¨onnen, wenn sie gute Werke tun. ¨ Uberliefert sind auch eine Marienpredigt (mgo 563), eine Paternoster-Auslegung (Mscr. 211) und eine Predigt u¨ ber → Klara von Assisi, in der J. ihre f¨unf Mirakelzeichen bespricht. Diese Predigt steht ¨ im Uberlieferungszusammenhang mit dem → St. Klara Buch. J. legte auf seine streng asketische Weise auch die Klarissenregel von Papst Innozenz IV. aus. Dieser Text ist in einer Leidener Handschrift (Lett. 608) u¨ berliefert. Ein lange J. zugeschriebenes Rundschreiben zum Sieg der Christen gegen die T¨urken bei Belgrad 1456 gilt heute als unecht. ¨ Uberlieferung (dt.): 1. Adelheid-Nachschrift: K¨oln, Di¨ozesan- und Dombibl., cod. 238, 269r–272v (Pap., 15. Jh., ripuarisch). – 2. Zehn Regeln: Sankt Florian, Stiftsbibl., cod. XI 203, 129r–132v (Pap., Ende 15. Jh.). – 3. Predigt u¨ ber zw¨olf Gnaden: Heiligenkreuz, Stiftsbibl., cod. 165, 201r–208v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – 4. Marienpredigt: Berlin, SBB, Mgo 563, 414r–428r (Pap., erste H¨alfte 16. Jh.). – 5. Paternoster-Auslegung: Dresden, LB, cod. Mscr. 211, S. 1–10 (Pap., um 1460–75, th¨uringisch). – 6. Predigt u¨ ber Klara von Assisi: Prag. UB, cod. XVI D 16, 170vb–173rb (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Helmst. 132, 238rb–240ra (um 1500, ostmitteldt.). – 7. Auslegung der Klarissenregel: Leiden, UB, cod. Lett. 608, 123r–168r. Ausgaben: Anton Birlinger: Aufzeichnungen der Nonne Adelheid in Linnich. In: Germania 28 (1883) S. 25–30 (Ausg. des K¨olner cod. 238). – David de Kok: Bijdragen tot de Geschiedenis der Nederlandsche Klarissen en Tertiarissen voor de Hervorming. Utrecht 1927, S. 62–84 (Klarissenregel ndl.). – Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2. Mu¨ nchen 1985, S. 7 f. (Predigt J.s in Leipzig). Literatur: G¨unther Franz, BWG2 2 (1974) Sp. 1339 f. – Oktavian Schmucki/Pater Gerlach, LCI 7 (1974) Sp. 90–93. – Ottokar Bonmann: S. Jean de Capestrano. In: Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 316–323. – Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 564 f. – Kaspar Elm: Giovanni da C. In: LexMA 5 (1991) Sp. 560 f. – Alfonso Pompei, MarLex 3 (1991) S. 390 f. – Harald Wagner, BBKL 3 (1992) Sp. 295 f. – Kaspar Elm, LThK3 5 (1996) Sp. 887 f. – Roger Aubert: Jean de Capistran. In: DHGE 26 (1997) Sp. 1371 f. – O. Schmucki, RGG4 4 (2001) Sp. 534. – Eugen Jacob: J. v. Capistrano. 2 Bde. Breslau 1903–07. – Aniceto Chiappini: Reliquie 1297

Mitte 15. Jh. letterarie Capestranesi. Storie, Codici, Carte, Documenti. L’Aquila 1927. – Ders.: La produzione letteraria di S. Giovanni da C. Tattati, lettere, sermoni, (rec. eseguita su manoscritti e stampe antiche). Gubbio 1927. – Johannes Hofer: J. Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. Innsbruck 1936. Neudr. 2 Bde., Heidelberg 1964/65 (hier auch Bibliogr.). – Florio Banfi: Le fonti per la storia di S. Giovanni da Capestrano. In: Studi Francescani 53 (1956) S. 299–344. – Josef M. Wehner, Der Kondottiere Gottes. Ein Roman vom Leben des Hl. J. v. C. Heidelberg 1956. – Franz Babinger: Der Quellenwert der Berichte u¨ ber den Entsatz v. Belgrad am 21./22. Juli 1456 (Sb. der Bayerischen Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl. 1957/6). M¨unchen 1957. – Lucianus Luszczki: De sermonibus S. Ioannis a Capistrano. Studium historico-criticum. Rom 1961. – Peter Csendes: Eine Heiligenvita als Quelle zur K¨arntner Ver¨ kehrsgesch. J. v. C. und sein Zug nach Osterreich. In: Carinthia 155 (1965) S. 406–409. – Andreas Bauch: Zur Kapistranforsch. in Franken. In: Jb. f¨ur fr¨ankische Landesforsch. 26 (1966) S. 1–8. – Ottokar Bonmann: J. Kapistran in der figurativen Kunst seiner abruzzesischen Heimat. In: Franziskanische Stud. 52 (1970) S. 289–346. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 168 (T 163). – Erik Fu¨ gedi: Kapisztr´an J´anos csod´ai. Tal´alkoz´as a k¨oz´epkori n´epi vall´asoss´aggal (Die Wunder des J. Capistranus. Ein Einblick in die volkst¨umliche Religiosit¨at des MA). In: Ethnographia 88 (1977) S. 555–564. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). Mu¨ nchen 1980, S. 19–28, 142 f. – Der Bußprediger C. auf dem Domplatz in Bamberg. Eine Bamberger Tafel um 1470/75 [...]. Hg. v. Lothar Hennig. Bamberg 1989. – S. Giovanni da Capestrano nella chiesa e nella societ`a del suo tempo. Atti del Convegno Storico Internazionale, Capestrano-L’Aquila, 8–12 ottobre 1986. Hg. v. Edith und Lajos P´asztor. L’Aquila 1989. – Giovanni da C. e la riforma della Chiesa. Atti del V Convegno storico di Greccio, Greccio, 4–5 maggio 2007. Hg. v. Alvaro Cacciotti. Mailand 2008. – Ott´o Gecser: Preaching and Publicness. St John of C. and the Making of His Charisma North of the Alps. In: Charisma and Religious Authority. Jewish, Christian, and Muslim Preaching. Hg. v. Katherine Ludwig Jansen und Miri Rubin. Turnhout 2010, S. 145–159. MM 1298

2. H¨alfte 15. Jh. Ebin, Anna (Anna von Eyb, Eybin), um Bayreuth, ¨ † 1485. – Augustinerchorfrau, Ubersetzerin, Kompilatorin, Schreiberin. E. wurde als Tochter des markgr¨aflich-brandenburgischen Rats Ludwig IV. von Eyb und der Margarete von Wolmershausen geboren. Damit w¨are sie eine Schwester Albrechts von Eyb gewesen. Sicher lebte sie im Augustiner ChorfrauenStift Pillenreuth, wo sie 1461 zur Pr¨opstin gew¨ahlt wurde. Sie zog sich 1476 aus Altersgr¨unden von diesem Amt zur¨uck. Die Quellen erw¨ahnen sie außerdem als G¨onnerin des Klosters Inzigkofen. E. pr¨agte das geistige Leben ihres Klosters stark. Nach zeitgen¨ossischen Angaben schrieb sie zahlreiche B¨ucher, die aber zum gr¨oßten Teil verloren sind. E.s T¨atigkeit l¨asst sich nur aus vier u¨ berlieferten Handschriften erschließen, die ihre Ta¨ lente als Kompilatorin, Ubersetzerin und Schreiberin beweisen. Mit ihrem meist mystisch-aszetischen Schwerpunkt stehen diese Handschriften in der Tradition ihres Klosters, in dem etwa → Heinrich von N¨ordlingen seinen Lebensabend verbrachte und das u. a. geistige Verbindungen zu den Kl¨ostern Engelthal, Rebdorf, Sch¨onensteinbach und Inzigkofen unterhielt. Die Mu¨ nchner Hs. Cgm 750 versammelt u. a. Heiligenviten, das → Weiler Schwesternbuch, → Bonaventuras De quinque festivitatibus pueri Jesu, Ulrich → Horants Traktat vom geistlichen Menschen, Eberhard → Mardachs Sendbrief von wahrer Andacht, → Eckhart-Legenden, ein Lob des Klosterlebens, ein Kapitel aus → Heinrichs von Langenstein De discretione spirituum sowie Predigten von → Hans dem Bekehrer und → Nikolaus von N¨urnberg. Die Handschrift in Wolfenb¨uttel ist als das Rote puch bekannt. Sie enth¨alt u. a. Heiligenlegenden, Predigten, Lektionen, Episteln und eine HldAuslegung. Die Freiburger Sammelhs. ist beson¨ ders wegen E.s dt. Ubertragung des mystischen Traktats → Schwester Katrei von Bedeutung. E.s ¨ Ubertragung beruht auf der verlorenen lat. Fassung des Oswald von Brewtzenhausen. Eine weitere, von E. u¨ bertragene dt. Fassung des Texts befindet sich in der N¨urnberger Handschrift. In den gleichen Codex hat E. u¨ berwiegend Heiligenlegenden (u. a. von Wilhelm von England [St. Ursula] und dem sog. Karmeliter Erasmus [St. Bartholom¨aus, St. Barbara]. Insgesamt ist E.s u¨ berliefertes Werk vor allem von rezeptionshistorsichem Wert, da es ¨ Uberlieferungslinien etwa zum Katharinenkloster in N¨urnberg erschließt. 1299

Ebin ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 750 (Pap., Pillenreuth, 1454–68, nordbair.; E. auch Schreiberin). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 17.9 Aug. 4° (Pap., wahrscheinlich Pillenreuth oder N¨urnberg, um 1455/56; E. auch Schreiberin). – Freiburg i. Br., UB, cod. 490, 198r–226r (Pap., Pillenreuth(?), um 1461–63, bair.; Sammelhs. mit E. als Schreiberin von Tl. VIII). – N¨urnberg, Germ. Nationalmus., cod. 2261 (Pap., um 1465–82, bair.; E. auch Schreiberin). Ausgaben: Irma Lamprecht: Der M¨onch Nikolaus, ein Vorl¨aufer Abrahams a Santa Clara. In: Mu¨ nchener Mus. f¨ur Philol. des MA und der Renaissance 5 (1929) S. 115–167 (Teildr. von cgm 750). – Erbauungsbuch der Anna Ebin. Hg. v. Olaf Wegewitz und J¨org Sperling. Leipzig 1996. Literatur: Siegfried Ringler, VL2 2 (1980) Sp. 295–297. – Franz-Josef Schweitzer: Schwester Katrei. In: VL2 8 (1992) Sp. 947–950; VL2 11 (2004) Sp. 1395. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 813. – Heinrich Wich: Gesch. von Kloster Pillenreuth mit Weiherhaus und K¨onigshof. N¨urnberg 1925. – Heinrich G¨ursching: Neue urkundliche Nachr. u¨ ber den Mystiker Heinrich von N¨ordlingen? In: FS Karl Schornbaum. Hg. v. dems. Neustadt/Aisch 1951, S. 42–57. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 172–174. – Elvira Langen: Eine neue Quelle f¨ur die Kenntnis des mystischen Lebens im Kloster Pillenreuth. Diss. Heidelberg 1961, S. 20–24. – Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Studien (MTU 72). Mu¨ nchen 1980, S. 50–56. – Winfried Hagenmaier: Die dt. ma. Hss. der UB und die ma. Hss. anderer o¨ ffentlicher Slg. (Kat. der UB Freiburg i. Br. 1,4). Wiesbaden 1988, S. 123–129. – Martin Schieber: Die Gesch. des Klosters Pillenreuth. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 80 (1993) S. 1–115, besonders S. 84. – Peter Schmidt: Bildgebrauch und Fr¨ommigkeitspraxis. Bemerkungen zur Benutzung fr¨uher Druckgraphik. In: Spiegel der Seligkeit. Privates Bild und Fr¨ommigkeit im Sp¨atMA. Bearb. v. Franziska Bachner und Doris Gerstl, hg. v. Georg Ulrich Großmann. N¨urnberg 2000, S. 69–83, hier S. 79. – Ekkehard Borries: Schwesternspiegel im 15. Jh. Gattungskonstitution, Editionen, Unters. Berlin u. a. 2008, S. 455. MM Hans der Bekehrer. – Prediger, 15. Jh. Der ansonst nicht bekannte H. («her Hans der bekerer») war vielleicht ein Dominikaner aus dem 1300

Kreutzer ostfr¨ankisch-niederbair. Raum. Die fr¨uhestens zum Jahreswechsel 1461/62 entstandene Predigt u¨ ber die «wirdickait vnd kraft dez sussen namen Ihesu Cristi vnd von dem namen Maria [...]» behandelt nach Buchstabenauslegungen der Namen Jesus und Maria die Stelle Jes 9,5 f. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 750, 275r–279v (Pap., Schreiberin [Haupthand]: Schwester Anna → Ebin im Dominikanerinnenkloster Pillenreuth bei N¨urnberg, 1454–68, nordbair.). Ausgabe: K. Weigel (s. Lit.). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 3 (1981) Sp. 442 f. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879. Nachdr. Darmstadt 1966. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145 ff., 178 ff. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 172–176. – Klaus Weigel: H. d. B.s Predigt u¨ ber die ‹wirdickait vnd kraft des sussen namen Ihesu Cristi›. In: Neuphilol. Mitt. 67 (1966) S. 242–257. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 159 f. (T 144). BJ Weiler Schwesternbuch. – Sammlung dt. Texte u¨ ber das Gnadenleben der Dominikanerinnen des Klosters Weiler bei Esslingen/W¨urttemberg. Beim dem wohl von einer nicht n¨aher bekannten Weiler Schwester 1350 zusammengestellten W. S. handelt es sich wahrscheinlich um das j¨ungste der neun aus s¨uddt. Dominikanerinnenkl¨ostern ¨ bekannten Texte dieses Genus (vgl. → Otenbacher Schwesternbuch u. a.). Das in schlichter Sprache und ohne literarischen Anspruch geschriebene Schwesternbuch besteht neben einem kurzen Prolog und Epilog aus 29 Kapiteln. Von den 27 Gnadenviten sind nur die ersten sechs etwas ausf¨uhrlicher; die folgenden Berichte sind Notizen u¨ ber Visionen und Gnadenerweise (besonder h¨aufig sind Erscheinungen des Jesuskindes), bei denen zum Teil die Schwestern nicht einmal namentlich genannt werden. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 750, 59r–78v (Pap., Schreiberin: Anna → Ebin im Augustinerinnenkloster Pillenreuth bei N¨urnberg, 1454–68, nordbair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 43b, 1r–16v (aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, zweite H¨alfte 15. Jh., 1301

2. H¨alfte 15. Jh. bair.-mainfr¨ankisch). – Graz, Dominikanerkloster, Scrin. VIII ser. V n. 11, 40r–66r (aus dem schweizerischen Zisterzienserinnenkloster Steinen in der Au, um 1500, alemannisch). Ausgabe: Karl Bihlmeyer: Mystisches Leben in dem Dominikanerinnenkloster Weiler bei Eßlingen im 13. u. 14. Jh. In: W¨urttembergische Vierteljahrshefte f¨ur Landesgesch. NF 26 (1916) 61–93 (mit Kommentar). Literatur: Peter Dinzelbacher, VL2 10 (1999) Sp. 801–803. – Maria Paraklyta Pieller: Dt. Frauenmystik im XIII. Jh. Diss. Wien 1928, S. 418–428. – Georg Kunze: Stud. zu den Nonnenviten des dt. MA. Diss. Hamburg 1952. – Rosemarie Rode: Stud. zu den ma. Kind-Jesu-Visionen. Diss. Frankfurt 1957. – Walter Blank: Die Nonnenviten des 14. Jh. Eine Stud. zur hagiographischen Lit. des MA unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Visionen und ihrer Lichtph¨anomene. Diss. Freiburg 1962, S. 76–78 u. passim. – Susanne Uhrle: Das Dominikanerinnenkloster Weiler bei Esslingen (1230–1571/92) (Ver¨off. der Kommission f¨ur Geschichtliche Landeskunde in Baden-W¨urttemberg 49). Stuttgart 1969. – Siegfried Ringler: Vitenund Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA (MTU 72). Z¨urich/M¨unchen 1980, S. 4, 52. – Gertrud Jaron Lewis: Bibliogr. zur dt. Frauenmystik des MA. Berlin 1989, S. 315 f. – Derk Oohlenroth: Darbietungsmuster in dominikanischen Schwesternb¨uchern aus der Mitte des 14. Jh. In: FS Walter Haug und Burghart Wachinger. Hg. v. Johannes Janota u. a. 2 Bde. T¨ubingen 1992, Bd. 1, S. 423–456, bes. S. 435–441. – G. J. Lewis: By Women, for Women, about Women. The Sister-Books of fourteenth-century Germany, Toronto 1996, S. 29–31 u. passim. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssrpachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 116. BJ Kreutzer, Johannes OP, * um 1400 Gebweiler/ Elsass, † 16.(30.?)6.1468 auf R¨uckreise von Rom. – Prediger. K. studierte seit 1442 in Erfurt die K¨unste und Theologie. Nach seinem Abschluss als Magister artium war er seit 1454 Pfarrer am Straßburger Mu¨ nster. Weil er lautstark gegen die Mendikanten predigte, wurde er 1456 gebannt, aber in Basel bereits 1457 rehabilitiert. Im selben Jahr studierte K. in Heidelberg wieder Theologie. 1458 ist er bei 1302

2. H¨alfte 15. Jh. der Verbrennung Friedrich Reisers in Straßburg nachgewiesen. Seit 1459 war er Domherr und Prediger in Basel, seit 1460 Professor und sp¨ater auch Dekan und Rektor an der dortigen Universit¨at. 1461 wurde er in Heidelberg zum Dr. theol. promoviert. Nachdem er sich stark f¨ur Klosterreformen strikter Observanz eingesetzt hatte, wurde K. 1465 Dominikaner in Gebweiler. Er war dort um 1466/67 Prior des Klosters, kurzzeitig Lektor der N¨urnberger Dominikaner und zuletzt Delegierter am Generalkapitel in Rom. K. werden dt. Texte in mehreren Handschriften zugeschrieben, doch ist die Authentizit¨at dieser Schriften nicht immer gesichert. Als weitgehend authentisch gelten die Texte in der Berliner ¨ Handschrift Mgq 158 (s. Uberlieferung). Hingegen gelten zahlreiche Lieder aus der Pfullinger Liederhandschrift heute nicht mehr als Werke K.s. Bedeutsam ist K.s Hld-Auslegung nach → Bernhard von Clairvaux, die allerdings Fragment blieb. Ebenfalls mit Bez¨ugen auf das Hld verfasste K. die gartenallegorisch-brautymstischen Abhandlungen → Geistlicher Mai und → Geistliche Ernte. Von der Brautmystik gepr¨agt ist auch K.s → Unterweisung an eine Klosterfrau, eine Anleitung zum Erreichen der mystischen Einheit mit dem Br¨autigam Christus. Von K. sind auch eine Vaterunser-Auslegung, eine Abhandlung zur Trinit¨at und ein B¨uchlein des inneren geistlichen Trostes u¨ berliefert. Besonders allegorisch gestaltet sind der → Geistliche Lebkuchen und das → Fastnachtsk¨uchlein. Hinzu kommen Sendschreiben, kl¨osterliche Festgr¨uße, eine Predigt und mehrere Predigtentw¨urfe. K. hinterließ auch kleinere lat. Schriften, die aber kaum erforscht sind. Zeitlebens wurde K. als Prediger gesch¨atzt und wirkte u. a. auf Johann Geiler von Kaysersberg. Heute gilt K. als wichtiger Autor der geistli¨ chen Literatur des Elsass am Ubergang von Meister → Ingold und Rulman → Merswin zu Geiler von Kaysersberg. Obwohl K.s Werk nicht frei von Selbstzitaten ist, besitzt es eigene Qualit¨aten. So entwickelte K. unter R¨uckgriff auf allt¨agliche Gegenst¨ande einen bildhaften, oft allegorischen Stil, der f¨ur seine Schriften charakteristisch ist. ¨ Uberlieferung: 1. Geistliche Ernte und Geistlicher Mai: Moskau, SB, Hss.-Abt. Fonds 68 Nr. 446, 74r–131r, 131r–153r (Perg. und Pap., 1477, alemannisch, enth¨alt auch den Herbstjubel). – Berlin, SBB, Mgq 202, 107r–172v (Pap., sp¨ates 15. Jh., els¨assisch). – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 4° 1303

Kreutzer 190, 1v–78v, 157r–166v (Pap.). – 2. Unterweisung an eine Klosterfrau u. a.: Berlin, SBB, Mgq 158, 169r–221r (Pap., 1469). – 3. Brunnen des Lebens: Ebd., Mgq 344, 185r–188v (Pap., 15. Jh., Abschrift aus Mgq 158). Ausgaben: Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. II. Mit Ber¨ucksichtigung der dt. kirchlichen Liederdichtung im weiteren Sinne und der lat. von Hilarius bis Georg Fabricius und Wolfgang Ammonius. Hg. v. Philipp Wackernagel. Leipzig 1867 (Nachdr. Hildesheim 1964) Nr. 477, 479, 706, 815–823, 831–835 (Lieder). – Luzian Pfleger: Zur Gesch. der MarienMaiandacht im Elsaß. In: Straßburger Di¨ozesanbl. 31 (1912) S. 163–176, hier S. 167–69 (Festgr¨uße). – Luise Berthold: Die Sprache des Prosateils des Stuttgarter cod. theol. et philos. 4° 190. In: Teuthonista 2 (1925/26) S. 180–241, hier S. 237–239 (Teildr. von Ernte und Mai). – Landmann 1953/54 (s. Lit.; Ausz¨uge des Werks). – Schmidtke 1982 (s. Lit.) S. 433 (Auszug aus dem Traktat zur Trinit¨at). Literatur: Volker Honemann, Dict. Spir. 8 (1974) Sp. 1779 f. – Dietrich Wittke, NDB 13 (1982) S. 26 f. – Volker Honemann, VL2 5 (1985) Sp. 358–363. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 322, 810. – Thomas Berger, LThK3 6 (1997) Sp. 441. – M´edard Barth: Dr. J. K. (gest. 1468) und die Wiederherstellung des Dominikanerinnenklosters Engelporten. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 8 (1933) S. 181–208. – L. Pfleger: J. K. Ein Straßburger M¨unsterpfarrer des 15. Jh. In: Elsaß-Land 16 (1936) S. 137–141. – Florent Landmann: J. K. aus Gebweiler (gest. 1468) als Mystiker und Dichter geistlicher Lieder. Der Bestand seiner Schr. und das Hauptwerk. Auslegung v. Cant.Cant. Kap. I bis II, 13. In: Archives de l’Eglise d’Alsace NF 5 (1953/54) S. 21–67. – Wieland Schmidt: J. K. Ein els¨assischer Prediger des 15. Jh. In: FS Helmut de Boor. Hg. v. Direktoren des Germ. Seminars der FU Berlin. Berlin 1966, S. 150–192 (wieder in: W. Schmidt: Kleine Schr. Wiesbaden 1969, S. 227–259). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 464. – Volker Kalisch: Die sog. Pfullinger Liederhs. In: W¨urttembergische Bll. f¨ur Kirchenmusik 49 (1982) S. 3–19, 51–57. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 232 u. o¨ . – Carmen Stange: J. K. OP: Predigten, Sendbriefe und Traktate. In: Aderlaß und Seelentrost. 1304

Lidwina von Schiedam ¨ Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter Jo¨ rg Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 253–255. MM Ludovici, Johannes (Lodovici, Lodewici) OESA, † 1480 Regensburg. – Prediger. L. war Lektor und Prior des W¨urzburger Konvents, seit 1460 Mitglied des Windsheimer Konvents und seit 1464 Magister der Theologie. 1461 wurde er Provinzial der bayerischen Ordensprovinz, 1468 Weihbischof von Regensburg. Als Handb¨ucher f¨ur Prediger verfasste L. mehrere Predigtreihen; die bekannteste liegt in den zwei Fassungen Bartholom¨aus (78 Texte) und Rapularius (51 Texte) vor; es handelt sich u¨ berwiegend um Sonntagspredigten. Eine weitere Reihe umfasst 118 Texte (Sonntags- und Heiligenpredigten); eine dritte Reihe enth¨alt Predigten f¨ur das Commune Sanctorum. ¨ Uberlieferung: 35 Hss. des Bartholomaeus und 15 des Rapularius sind nachgewiesen bei Schneyer (s. Lit.) S. 229 f. – Zudem: Mu¨ nchen, BSB, Clm 27441, 169v–222v (Bartholomaeus). – F¨unf Hss. der zweiten Reihe bei Schneyer, S. 241. – Predigten f¨ur das Commune Sanctorum: Gandersheim, Stiftsbibl., Cod. 253, 195r–221v. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 5 (1985) Sp. 987 f. – Johann B. Schneyer: Die Sermonesreihen des J. L. v. W¨urzburg OESA. In: Augustiniana 23 (1973) S. 218–241. – Helmar H¨artel: Die Hss. der Stiftsbibl. zu Gandersheim (Ma. Hss. in Niedersachsen 2). Wiesbaden 1978. BJ Lidwina von Schiedam, Heilige. – Dt. Prosalegenden. Die Leidensmystikerin L. (Ludwina, Lidia, Lidwiga, Lidwigis, Liedewij, Lydewy; Fest: 14. April), geboren am 18.3.1380 in Schiedam bei Rotterdam, gestorben 14.4.1433 ebenda, war die Tochter eines armen Nachtw¨achters in der N¨ahe von Rotterdam. Nach einem Unfall etwa im Alter von 15 Jahren beim Schlittschuhlaufen war sie 38 Jahre ans Bett gefesselt, ern¨ahrte sich ab dem 20. Lebensjahr ausschließlich von der Eucharistie und empfing h¨aufig Visionen, in denen sie Christus auf Golgatha folgte. Ihre Christusmystik ist durchzogen von marianischen Einfl¨ussen. Verschiedene mndl. (¨alteste wahrscheinlich von Jan Gerlach) und lat. Fassungen (u. a. von Johannes → Brugman und → Thomas von Kempen) u¨ berliefern ihre Legende; die lat. Vita des Kanonikers 1305

2. H¨alfte 15. Jh. Hugo (Venite et videte; BHL 4923) wurde mehrfach ins Dt. u¨ bertragen. Fassung I. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Licht. 87, 1r–85v (alemannisch). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Cod. 14712 (alemannisch; Fragm.). – Trier, StB, Cod. 1185/487, 151r–193r (moselfr¨ankisch). ¨ Die Uberlieferung stammt aus dem Alemannischen und dem Mittelfr¨ankischen, die Herkunft ungekl¨art. Inc.: «Komet vnd sehent die werck des herren vnd die wunder czeichen». Fassung II. N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Cod. 2261, ¨ von 1457. Inc.: 111r–205r. Bair. Ubersetzung «Uenite et videte [...] Kumet vnd sehet dye werck dez hern der da hat getan». Fassung III. N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 11a, 252r–262r. Bair. (n¨urnbergische?) Kurzfassung. Inc.: «Die heilig junckfraw liedeweych wart geporn da man zalt MCCCLXXX». Fassung IV. Berlin, SBB, Mgq 1240, 1r–94v. Nd. Version von BHL 4923 (ohne Prolog). Inc.: «In hollant is eyn staet de is geheiten schiedem». Literatur: Georges Kiesel, LCI 7 (1974) Sp. 405–408. – Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 779. – Wimmer/Melzer (61988) S. 518. – Peter Dinzelbacher: L., Peterdochter v. Schiedam. In: LexMA 5 (1991) Sp. 1963. – Otger Steggink, MarLex 4 (1992) S. 118. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319. – Franz Staab, LThK3 6 (1997) Sp. 907 f. – Ekkart Sauser, BBKL 16 (1999) Sp. 956. – Titus Brandsma: Middeleeuwsche Duitsche vertalingen van Pater Brugman’s Leven van de H. Liduina. In: Sancta Liduina 1 (1931/32) S. 87–89. – Lotte Kurras: Die dt. ma. Hss. Tl. 1, Anhang (Kat. des Germ. Nationalmuseums Nu¨ rnberg 1,1). Wiesbaden 1974, S. 65. – Hans van Oerle: Tleven van Liewy die maghet van Scyedam. In: Ons geestelijk Erf 54 (1980) S. 241–266. – Pieter Jacobus Stolz: De maagd van Schiedam. Amsterdam 1980. – Marijke Carasso-Kok: Repertorium van verhalende bronnen uit de middeleeuwen. ‘s-Gravenhage 1981, S. 60–66 (Lit.). – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Felix Heinzer/ Gerhard Stamm: Die Hss. v. Lichtenthal [...] (Die 1306

2. H¨alfte 15. Jh. Hss. der Badischen LB in Karlsruhe XI). Wiesbaden 1987, S. 205. – H. van Oerle: Liedwy van Schiedam. Mystica oder Hysterica? In: P. Dinzelbacher/Dieter R. Bauer (Hg.): Religi¨ose Frauenbewegung und mystische Fr¨ommigkeit im MA (Beih. zum AfK 28). K¨oln 1988, S. 395–404. – P. Dinzelbacher: Mirakel oder Mirabilien? In: Das Wunderbare in der ma. Lit. Hg. v. Dietrich Schmidtke. G¨oppingen 1994, S. 177–208. – Ludo Jongen: Het leven van Liedewij, de maagd van Schiedam (Middelnederlandse tekstedities 2). Hilversum 1994. SF Antonius (Anthis) von Lambsheim, † 1458 Straßburg. – Verfasste einen Brief, einen Traktat, eine Sequenz und vier Gedichte. A. v. L., ein gelehrter Adliger aus Weißenburg, kam 1458 zum f¨unften Mal zu den Dominikanerinnen des Maria-Magdalena-Klosters in Basel um sie zu unterweisen. Am 5. Oktober desselben Jahres kehrte er nach Straßburg zur¨uck, wo er an der Pest erkrankte und starb. Dies berichtet die Handschrift Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 16 (geschrieben 1458–60 im Steinen-Kloster Basel, alemannisch). Von A. sind keine weiteren Lebensdaten bekannt. An von A. verfassten Schriften enth¨alt die Karlsruher Handschrift sechs traktatartige Briefe (214r–223r), einen Traktat, eine Sequenz u¨ ber die Liebe Jesu und vier geistliche Gedichte (223v–229r). Die Texte sind zur geistlichen Erbauung der Nonnen geschrieben und weisen keinerlei pers¨onliche Mitteilungen auf; Thematik und Wortwahl sind von mystischer Literatur beeinflusst. Ausgabe: Gustav Binz: Die dt. Hss. der o¨ ffentlichen Bibl. der Univ. Basel. Bd. 1. Basel 1907, S. 118. Literatur: Walter Blank, VL2 1 (1978) Sp. 401 f. – Klaus Niebler: Die Hss. v. St. Peter im Schwarzwald. Bd. 1 (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe X/1). Wiesbaden 1969, S. 26–28. – Karin Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg 2/1). Wiesbaden 1988, S. 454. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 217. SF Gebetbuch fur ¨ Georg Schedel aus Nurnberg. ¨ Das 305 Bl¨atter umfassende G. ist in einer Mu¨ nchner Handschrift u¨ berliefert, die 1458–62 von dem N¨urnberger Mo¨ nch Johannes Schedel geschrieben wurde. Die Handschrift ging dann 1307

Antonius von Lambsheim in den Besitz seines Bruders Georg u¨ ber, der als wohlhabender Kaufmann in N¨urnberg lebte. Mit Georgs Tod am 12.5.1505 u¨ bernahm der dritte und bekannteste Bruder, der Humanist Hartmann → Schedel, das G. in seine umfassende N¨urnberger Bibliothek. Georgs und Hartmanns Besitz der Handschrift wird durch entsprechende Vermerke im Codex best¨atigt. Hartmann selbst f¨ugte dem G. einzelne Gebete und Lebensdaten seines Bruders Johannes hinzu. Das abschließende Register stammt noch von Johannes. Im G. sind einerseits Texte namentlich bekannter Verfasser enthalten, darunter ein Mariengebet von Enea Silvio Piccolomini (1v), ein Abendmahlsgebet aus Heinrich → Seuses B¨uchlein der ewigen Weisheit (31v–32v), → Johanns von Neumarkt dt. Fassung der Tagzeiten vom Leiden Christi (72v–76v), → Johannes’ von Sterngassen Spruch von Maria (172v–173r) und St¨ucke aus der Spruchsammlung des Engelhart von Ebrach (120v–121r). Hinzu kommen zahlreiche anonyme Passions-, Christus-, Marien- und Heiligengebete (u. a. an St. Bernhard, St. Katharina, St. Sebald), außerdem Kommunions- und Tagzeitengebete sowie Gebete an Schutzengel und Gottvater. Auch eine dt. Fassung von Joh 1,1–18 wurde in das G. aufgenommen (122r–123r). Die Reihenfolge der G.-Texte scheint dabei keinem u¨ bergeordneten Gliederungsprinzip zu folgen. Bedeutsam ist das Schedel’sche G. durch ¨ den Reichtum seiner textlichen Uberlieferung. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, cgm 484 (Pap., N¨urnberg, 1458–62, n¨urnbergisch). Ausgaben: Bisher nur verstreute Teildr. einzelner St¨ucke aus dem G., am umfangreichsten in: Johann v. Neumarkt: Schr. 4. Hg. v. Joseph Klapper. Berlin 1935, S. 4–15 (Nr. 1), S. 97–100 (Nr. 12), S. 108–115 (Nr. 14), S. 176–179 (Nr. 23), S. 190–193 (Nr. 29), S. 233–235 (Nr. 55), S. 237 (Nr. 58), S. 335–343 (Nr. 98/1), S. 366 (Nr. 107), S. 387–392 (Nr. 123) (enth¨alt die Tagzeiten u. a.). – Anima Christi: Ingeborg Traunbauer: Beitr. zum mystischaszetischen Schrifttum des dt. Sp¨atMA. Diss. Wien 1955, S. 265–267. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1114 f. – Ders., MarLex 2 (1989) S. 587 f. – Wilhelm Wattenbach: Hartmann Schedel als Humanist. In: Forschungen zur dt. Gesch. 11 (1871) S. 349–374, hier S. 352 f. – Richard Stauber: Die Schedelsche Bibl. Ein Beitr. zur Gesch. der Ausbreitung der italienischen Renaissance, des dt. Humanismus und der medizinischen Lit. Freiburg/Br. 1308

Fridolin 1908 (Nachdr. Nieuwkoop 1969) S. 8–11, 149. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213. – Paul Ruf: Ma. Bibliothekskat. 3,3. Bistum Bamberg. Mu¨ nchen 1939, S. 802–839. – Arno Borst: Die Sebalduslegenden in der ma. Gesch. N¨urnbergs. In: Jb. f¨ur fr¨ankische Landesforsch. 26 (1966) S. 19–178. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Cgm 351–500 (Catalogus Codicum manu scriptorum Bibliothecae Regiae Monacensis 5,3). Wiesbaden 1973, S. 423–440. MM Munnerstadt, ¨ Johannes OP, † 1453 N¨urnberg. – Prior, Prediger. M. ist in K¨oln 1425 als Baccalaureus und 1426/27 als Lector sententiarum, in W¨urzburg 1427–30 als Professor theologiae und Domprediger, 1438 als Prior des Dominikanerklosters Regensburg bezeugt. 1440 hielt er im N¨urnberger Katharinenkloster die beiden u¨ berlieferten Kirchweihpredigten. M., der 1447 an der Einf¨uhrung der Ordensreform im Dominikanerkloster Eichst¨att beteiligt war, starb als Prior des N¨urnberger Predigerklosters. M. zitiert in den Predigten h¨aufig Autorit¨aten wie → Thomas von Aquin, → Petrus Lombardus und → Aristoteles, verwendet aber auch anschauliche Exempel und die direkte Anrede. Das kurze lat.-dt. Glossar mit u¨ berwiegend theologischen und philosophischen Lemmata ist zu einem großen Teil dem → Abstractum-Glossar entnommen; die dt. Interpretamente weichen allerdings oft ab. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VI, 52, 98r–122v (Pap., erste H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch; Kirchweihpredigten). – M¨unchen, BSB, Clm 13571, 65r–74r (Glossar, lat.-dt.). Literatur: Karin Schneider, VL2 6 (1987) Sp. 79 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 493 f., Nr. 2523–2524 (mit Bibliogr.). BJ Fridolin, Stephan (Fridelini; Fridelinus; Fridilinus) OFM, * um 1430 Winnenden/W¨urttemberg, † 17.8.1498 N¨urnberg. – Theologe und Prediger; Verfasser homiletischer und erbaulicher Werke. Der sp¨atere Franziskaner-Observant F. ist erstmals 1460 als Prediger in Bamberg erw¨ahnt, 1477/78 als Lektor in Mainz. 1479 wurde er auf der 1309

2. H¨alfte 15. Jh. R¨uckreise von Rom von Seer¨aubern nach Korsika verschleppt, bald darauf jedoch wieder freigelassen. Seit 1480 (mit Unterbrechung 1487–89) lebte F. bis zu seinem Tod in N¨urnberg, wo er Lektor im Konvent und Prediger im dortigen Klarissenkloster war. Er ist der Verfasser mehrerer dt. Erbauungsschriften und Predigten, die teilweise erst im 16. Jh. gedruckt wurden. Mit dem N¨urnberger Humanistenkreis verbindet ihn die auf Anraten Hans → Tuchers verfasste Schrift Von den Kaiserangesichten (abgeschlossen 1487) u¨ ber antike Kaiserm¨unzen. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cod. Cent VI, 90, 1r–37r (Perg., 1487, n¨urnbergisch). Ber¨uhmt wurde seine Erbauungsschrift u¨ ber Leben und Leiden Christi, Der Schatzbehalter oder Schrein der wahren Reicht¨umer des Heils und der ewigen Seligkeit mit 96 blattgroßen Holzschnitten aus der Schule des Michael Wohlgemut. Der vor allem f¨ur Laien bestimmte Text handelt 100 Betrachtungspunkte des Leidens Christi ab und basiert inhaltlich auf patristischen und franziskanischen Quellen. ¨ Uberlieferung: Druck: Der Schatzbehalter oder e Schrein der waren reichttuemer des hayls vnd der ewigen seligkeit, N¨urnberg, A. Koberger 1491. – Ausz¨uge in Hss.: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 837, 217r–224v (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., bair.). – Ebd., Cgm 4475 (Pap., Anfang 16. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 4474 (Pap., 1507, mittelbair.). – Eine stark k¨urzende Bearb. u¨ berliefert die Handschrift Augsburg, UB, Cod. III 2 4° 3, 146v–181v (Pap., 1552). Zu den Erbauungsschriften z¨ahlt auch Der geistliche Herbst, eine Andachtsu¨ bung u¨ ber die inneren Leiden Christi. ¨ Uberlieferung: Das puchlein wirdt genendt der edel Weinreb Jesu, o. O. u. J. (Anfang 16. Jh.). – Augsburg, UB, Cod. III 2 8°, 3r–60v. – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.31, 33r–55r (Anfang 16. Jh., mitteldt.). – Der geistlich Herpst, Dillingen 1575. – Der Geistlich May Vnnd Geistliche H¨orpst, Dillingen 1581. – Scheyern, Bibl. des Benediktinerstifts, Mscr. 19 (Pap., 15. Jh.). – Berlin, SBB, Hdschr. 110, 161r–193r (Pap., Anfang 16. Jh., bair.). Der geistliche Mai, ebenfalls eine erbauliche Schrift, entstand wohl nach dem Geistlichen Herbst und handelt von den a¨ ußeren Leiden Christi. Zentral ist die Auslegung von Gegenst¨anden aus der heimischen Natur. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4473, 1r–339v (Pap., 1529, mittelbair.). – Der gaystliche 1310

2. H¨alfte 15. Jh. Mayen, Landshut, J. Weissenburger 1533. – Augsburg, UB, Cod. III 2 4° 3, 1r–134r (Pap., 1552). – Ebd., Cod. III 2 4° 34, 278r–281v, 317v–318r (Pap., zweite H¨alfte 16. Jh; fragm.). – Der geystlich May, Mu¨ nchen, A. Schobsser 1549. – Neuauflage, Mu¨ nchen, 1550. – Neuauflage, Mu¨ nchen, o. J. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5951, 1v–188r (zweite H¨alfte 16. Jh.). – Der Geistlich May Vnnd Geistliche H¨orpst, Dillingen 1581. – Der Seelen Lustg¨artlein, Dillingen o. J. (um 1575). – Berlin, SBB, Hdschr. 110, 2r–160r (Pap., Anfang 16. Jh., bair.). Die Predigten F.s, von denen teilweise Nachschriften von Caritas → Pirckheimer vorliegen, umfassen haupts¨achlich Erkl¨arungen von Hymnen und Psalmen des Stundengebets der Nonnen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1040, Tl. I, 1r–222r (1501). – Ebd., Tl. II, 1r–42v. – Ebd., Mgq 1592, 1r–166r (1519). – Mu¨ nchen, Nationalmuseum, Cd. 3801, 1r–230v (Pap., N¨urnberger Klarissenkloster, Anfang 16. Jh., nordbair.). Eine Lehre f¨ur angefochtene und kleinm¨utige Menschen u¨ berliefert die Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4439, 50v–54r (Pap., Anfang 16. Jh., n¨urnbergisch). Mo¨ glicherweise handelt es sich bei S. F. auch um den Verfasser des Prosaromans → Fortunatus. Ausgaben: Paul Joachimsohn (Hg.): Hans Tuchers Buch v. den Kaiserangesichten. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 11 (1895) S. 1–86, hier S. 25–86. – Ottokar Bonmann: Eine Konferenz des Mystikers S. F. bei den N¨urnberger Klarissen. Erste Ver¨offentlichung eines alten Textes. In: An Heiligen Quellen 29 (1936) S. 367–373 (Lehre f¨ur angefochtene und kleinm¨utige Menschen). – Petra Seegets (Hg.): Lehre f¨ur angefochtene und kleinm¨utige Menschen: Cgm 4439 BSB Mu¨ nchen. In: Sp¨atma. Fr¨ommigkeit zwischen Ideal und Praxis. Hg. v. Berndt Hamm/Thomas Lentes (Sp¨atMS und Reformation, NR 15). T¨ubingen 2001, S. 189–195. Literatur: Hermann T¨uchle, NDB 5 (1961) S. 440. – Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 918–922; 11 (2004) Sp. 468. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319, 341. – Johannes Madey, BBKL 16 (1999) Sp. 1467 f. – Nikolaus Paulus: Der Franziskaner S. F., ein N¨urnberger Prediger des ausgehenden MA. In: Hist.-politische Bll. f¨ur das katholische Deutschland 113 (1894) S. 465–483; 120 (1897) S. 150–152. – Ulrich Schmidt: P. S. F., ein Franziskanerprediger des ausgehenden MA. M¨unchen 1911. – Paul Lehmann: 1311

Fridolin Ma. Hss. des K. B. Nationalmuseums zu Mu¨ nchen (Sb. der Kgl. Bayerischen Akad. der Wiss. Phil.-philol. und hist. Kl. Jahrgang 1916, 4. Abh.). Mu¨ nchen 1916. – Karl Richst¨atter: Die HerzJesu-Verehrung des dt. MA. Regensburg 21924, S. 185–190, 258. – Florenz Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprov. in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 322–329. – Johannes Kist: Das Klarissenkloster in N¨urnberg. N¨urnberg 1929, S. 62, 116 f. – Wolfgang Stammler: Allegorische Stud. In: DVjs 17 (1939) S. 19–22. – Michael Bihl: Tabulae capitulares observantium Argentinensium. In: Analecta Franciscana 8 (1946) bes. S. 798–801. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskanermystik und -scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 57–59, 140. – Richard Bellm: Der Schatzbehalter. Ein Andachts- und Erbauungsbuch. Zwei Bde. Wiesbaden 1962. – Wolfgang Br¨uckner: Hand und Heil im Schatzbehalter und auf volkst¨umlicher Graphik. In: Anz. des Germ. Nat. Mus. (1965) S. 60–109, bes. S. 60–74. – D. Schmidtke: Stud. zur emblematischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie. Habilitationsschr. masch. Berlin 1972, S. 94–97, 198 f., 296. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 165. – Horst Kunze: Gesch. der Buchillustration in Deutschland. Das 15. Jh. Leipzig 1975, Bd. 1, S. 362–368; Bd. 2, Tf. 282–296. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 18, 58 (Nr. 38a), 270, Anm. 5. – Nikolaus Henkel: Ein Zeugnis zum Schatzbeh¨alter des S. F. in der dt. Weltchron. Hartmann Schedels. In: 500 Jahre Schedelsche Weltchron.: Akten des interdisziplin¨aren Symposions vom 23./24. April 1993 in N¨urnberg. Hg. v. Stephan F¨ussel (Pirckheimer-Jb. 9). N¨urnberg 1994, S. 165–170. – P. Seegets: Passionstheologie und Passionsfr¨ommigkeit im ausgehenden MA. Der N¨urnberger Franziskaner S. F. (gest. 1498) zwischen Kloster und Stadt (Sp¨atMA und Reformation, NR 10). T¨ubingen 1998. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 201. – Anneliese Schmitt: F., S.: Schatzbehalter. In: Aderlaß und See¨ lentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 236–239. – Carmen Stange: S. F.: Geistlicher Mai, Geistlicher Herbst. 1312

Adelheid In: ebd., S. 258–260. – Ulrike Heinrichs-Schreiber: Sehen als Anwendung v. Wissen: Aussage und Wirkung der Bilder in S. F. ‹Schatzbehalter› und bei Albrecht D¨urer. In: Die Gleichzeitigkeit v. Hs. und Buchdruck. Hg. v. Gerd Dicke/Klaus Grubm¨uller (Wolfenb¨utteler MA-Stud. 16). Wiesbaden 2003, S. 49–104. SF Kress, Caspar OSB, * um 1425 N¨urnberg, † 1462 ¨ N¨urnberg. – Ubersetzer. Der Magister K. lebte als Benediktiner im Egidienkloster in N¨urnberg. Von ihm ist in ei¨ ner Mu¨ nchner Handschrift eine Ubersetzung der Eufrasia-Legende erhalten. Vorlage K.s war die lat. Fassung der Legende in den Vitaspatrum. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 750, 145r–174v (Pap., 1454–68, nordbair.). Literatur: Marie-Luise Seyler-Rinderspacher, VL2 5 (1985) Sp. 358; VL2 11 (2004) Sp. 893. – Paul Ruf: Ma. Bibliothekskat. 3,3. Bistum Bamberg. Mu¨ nchen 1939, S. 423. – Gerhard Pfeiffer: Die Anf¨ange der Egidienkirche zu N¨urnberg. Ein Beitr. zur a¨ ltesten Stadtgesch. In: Mitt. des Ver.s f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 37 (1940) S. 254–308, hier S. 303, 308. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 150, 174. – Werner Williams–Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 408. MM Matthias (Apostel). – Dt. Legenden. Der ansonst im NT nicht erw¨ahnte M. (Kurzform von Mattathias, «Gabe Jawes») wurde nach Apg 1,15–26 durch das Los anstelle des Judas Iskariot in die Zw¨olfergruppe der Apostel gew¨ahlt. Voneinander abweichende Berichte u¨ ber die Missionst¨atigkeit und das Martyrium M.’ in den Apokryphen bieten nichts historisch Gesichertes. Seine Gebeine sollen nach der Legende im 4. Jh. im Auftrag von Helena, der Mutter des Kaisers Konstantin, von Rom nach Trier gebracht worden sein, wo sie 1050 und 1127 wiederaufgefunden wurden. Von den vom Trierer Benediktiner → Lambert von L¨uttich um 1186 verfassten lat. Texte in Vers und Prosa u¨ ber M. sind verschiedene dt. Fassungen u¨ berliefert. ¨ Eine Ubersetzung von Lamberts Prosaversion, um 1460. ¨ Uberlieferung: Hss. der S¨udmndl. Legenda aurea: Darmstadt, UB/LB, HS. 447, 370r–399r. – Ebd., 1313

2. H¨alfte 15. Jh. Hs. 814, 132rb–143va. – K¨oln, Hist. Arch., Cod. W 169, 181vb–191va. – Paris, Bibl. nat., Ms. allem. 35, 381ra–393vb. – Ferner: Berlin, SBB, Mgq 1687, 87r–97v (1463). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1731, 251r–275v (Ende 15. Jh.). – Trier, StB, Hs. 809/1341 8°, 189r–206v (aus Eberhardsklausen). Da die M.-Legende der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) mehr von Judas als von M. berichtet (→ Judas), verfasste 2Regula 1465 f¨ur ihre Bearbeitung der Els¨assischen Legenda aurea eine eigene Kurzversion. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bibl. nat. et univ., Ms. 2542, 94rb–97ra. Ausgabe: Konrad Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, XXIV f., LIII, S. 116–120 (Text), S. 121–125 (Fassung aus Der → Heiligen Leben). Kurze schw¨abische Version. ¨ Uberlieferung: Augsburg, StB, 2° cod. 438, 224v–226v (aus der Di¨ozese Augsburg). Williams-Krapp verzeichnet 24 weitere dt. und ndl. Legendarfassugen. Literatur: Martin Lechner, LCI 7 (1974) Sp. 602–607. – Wimmer/Melzer (61988) S. 571 f. – Michael Matheus/Josef Engemann, LexMA 6 (1993) Sp. 401. – Paul Gerhard Mu¨ ller/Clemens Scholten, LThK3 6 (1997) Sp. 1485–1487. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 979 f. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lex. der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 366–368. – Rudolf M. Kloos: Lambertus de Legia, De vita, translatione, inventione ac miraculis sancti Matthiae Apostoli libri quinque. Diss. Mu¨ nchen 1952 (Nachdr. Trier 1958) S. 168, 182 f. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 442. – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 260. BJ Adelheid. – Dt. Prosalegenden. Die um 931 als Tochter K¨onig Rudolfs II. von Hochburgund geborene A. wurde als sechsj¨ahriges Kind mit Lothar, dem Sohn K¨onig Hugos von Italien, verlobt. 947 fand die Hochzeit mit K¨onig Lothar von Italien statt. Nach dessen Tod 950 riss Markgraf Berengar von Ivrea die Macht an sich und setzte A. gefangen. Einer unw¨urdigen Behandlung konnte sie jedoch durch Flucht entkommen. 951 verm¨ahlte sich der dt. K¨onig Otto der Große, der 1314

2. H¨alfte 15. Jh. das «regnum Langobardorum» an sich genommen hatte, mit ihr. Als Otto 962 in Rom die Kaiserkrone empfing, wurde A. ebenfalls gekr¨ont; sie erscheint seitdem als «imperatrix augusta» und «consors imperii» in den Urkunden. Nach Ottos Tod (973) ¨ und der Ubernahme der Regierungsgewalt durch Otto II. hatte sie Einfluss auf die Politik des jungen Kaisers, u¨ berwarf sich dann jedoch mit ihm und hielt sich lange Zeit in Italien und Burgund auf; 980 kam es zu einer Auss¨ohnung. F¨ur den unm¨undigen Otto III. f¨uhrten A. und Theophanu bis zu ihrer Entzweiung eine gemeinsame Regentschaft. Bei der erneuten Regentschaft nach Theophanus Tod (991) wurde A. von dem Mainzer Erzbischof Willigis unterst¨utzt. Seit 994 hielt sich A., die den ¨ Abten Maiolus und Odilo nahestand, in dem von ihr gegr¨undeten Kloster Selz im Unterelsass auf, wo sie 999 verstarb. Schon einige Zeit nach ihrem Tod wurde sie als Heilige verehrt und unter Papst Urban II. 1097 offiziell kanonisiert. A. (Fest 16. Dezember) wird in f¨urstlichem Gewand mit Szepter und Krone, seit dem 14. Jh. auch mit Kirchenmodell dargestellt. Auf dem Epitaphium dominae Adelheidae augustae (PL 142, Sp. 969–992) beruhen zwei dt. Prosalegenden: 1. Eine stark gek¨urzte Version des Epitaphium. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 750, 174v–181r (Pap., 1454–68, Schreiberin: Anna → Ebin). Ausgabe: Miller, S. 26–40. 2. Eine schw¨abische Version. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1259, 110ra–116ra (Pap., Schreiber: Johannes → Kurfi). Ausgabe: Miller, S. 70–85. Die aus dem 15. Jh. stammende Prosafassung des Herzog Ernst (Fassung F) enth¨alt am Schluss eine Art Vita mit A. zugeschriebenen Wundern. A. findet sich auch in Jakob → Mennels Die Seligen und Heiligen des Hauses Habsburg. Zwei ndl. Versionen sind unikal u¨ berliefert (Darmstadt, UB/LB, Hs. 1912, 150r–163r; Gent, UB, Ms. 896, 163ra–168va). Literatur: Odilo v. Cluny: Epitaphium A. im¨ peratricis. Ed. v. Herbert Paulhart. In: MIOG. Erg.-Bd 20.2 (1962) 27–54. – MGH DD OI, OII, OIII. – Paul Calendini, Ad´ela¨ıde. In: DHGE 1 (1912) Sp. 545–547. – Walter Schlesinger, NDB 1 (1953) S. 57 f. – Herbert Zielinski/G¨unther Binding, LexMA 1 (1980) Sp. 145 f. – Paul Stintzi, LCI 5 (1973) Sp. 31 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 113 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 1315

Berliner Weingartenpredigt (1990) Sp. 35. – Karl Schmid, LThK3 1 (1993) Sp. 152. – Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 18 f. – Werner R¨osener, DBE2 1 (2005) S. 43. – Julius Bentzinger: Das Leben der Kaiserin A., Gemahlin Ottos I., w¨ahrend der Regierung Ottos III. Diss. Breslau 1883. – Patrick Corbet: Les saints ottoniens. Saintet´e dynastique, saintet´e royale et saintet´e f´eminine autour de l’an mil. Sigmaringen 1986. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Le¨ gendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 385. – A. Miller: Die obd. Legenden v. der hl. A. Unters. und Edition. Magisterarbeit masch. Univ. Mu¨ nchen 1989. – Gerald Beyreuther: Kaiserin A. In: Herrscherinnen und Nonnen. Hg. v. Erika Uitz u. a. Berlin 1990, S. 43–79. – Bruno Keiser: Bevor das Jahr Tausend anbrach. A. – K¨onigin, Kaiserin, Heilige. Ein Leben in bewegter Zeit. D¨usseldorf 1995. – Ad´ela¨ıde de Bourgogne. Gen`ese et repr´esentation d’une saintet´e imp´eriale. Sous la direction de Patrick Corbet. Dijon 2002. – Franz Staab/Thorsten Unger (Hg.): Kaiserin A. und ihre Klostergr¨undungen in Selz (Ver¨off. der Pf¨alzischen Ges. zur F¨orderung der Wiss. in Speyer 99). Speyer 2005. BJ Berliner Weingartenpredigt. – Allegorische Predigt, wahrscheinlich zweite H¨alfte 15. Jh. Thematisch geht die B. W. von Mt 20,1 aus; angedeutet wird eine Weinbauallegorie. Die Predigt ist Bestandteil einer relativ homogenen, zumindest anfangs nach dem Kirchenjahr angeordneten Sammlung von Lesepredigten, in der sich auch die Predigt Von der → Gnade Gottes findet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 605, 69r–72v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., westschw¨abisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 1 (1978) Sp. 735. – Georg Steer: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). M¨unchen 1966, S. 28 f., 32, 122–125. – D. Schmidtke: Stud. zur emblematischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie Habilitationsschr. Berlin 1972, S. 717. – Ders.: Lasterv¨ogelserien. In: Arch. f¨ur die Stud. der neueren Sprachen und Literaturen 212 (1975) S. 244, Anm. 13. SF Buch von den heiligen M¨agden und Frauen. – Um 1460 vollendete Sammlung von 57 Legenden weiblicher Heiliger mit dem Incipit «b˚uch von den heiligen megden und frowen». Das Legendar wurde von der Lichtentaler Zisterzienserin → Regula als Tischlesung f¨ur ihre 1316

Adambuch Mitschwestern verfasst. Prolog (1r–2r) und Epilog (219r f.) behandeln die Qualit¨aten des Jungfrauenstandes. Das Werk sollte laut Vorwort einen Teil eines hagiographischen Kompendiums von vier B¨anden bilden; die anderen drei Teile sind jedoch nicht auszumachen. Regula kompilierte Legenden aus diversen dt. und lat. Quellen, u. a. aus der Els¨assischen Legenda aurea und dem Martyrologium des → Usuardus. Der Text weist zahlreiche historische, theologische und moralische Anmerkungen der Verfasserin auf. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 69, 1r–233r. Ausgabe: Konrad Kunze: Die Legende der hl. Maria Aegyptiaca. Ein Bsp. hagiographischer ¨ Uberl. in 16 unver¨offentlichten dt., ndl. und lat. Fassungen (TspMA 28). Berlin 1977. Literatur: K. Kunze, VL2 1 (1978) Sp. 1087–1089. – Ders.: Stud. zur Legende der hl. Maria Aegyptiaca im dt. Sprachgebiet (Phil.Stud.u.Qu. 49). Berlin 1969, S. 101–103. – Ders.: Alemannische Legendare. In: Alemannisches Jb. 1971/72, S. 20–45. – Werner Williams-Krapp: ¨ Die dt. und ndl. Legendare des MA. Ihre Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 30. – Felix Heinzer/Gerhard Stamm: Die Hss. v. Lichtenthal [...] (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe XI). Wiesbaden 1987, S. 173–175. – K. Kunze: Regulas Bearb. der ‹Legenda aurea› f¨ur die Tischlesung in Kloster Lichtenthal. Werk- und wortgeschichtl. Beobachtungen. In: Ze hove und an der strˆazen. Die dt. Lit. des MA und ihr ‹Sitz im Leben›. FS Volker Schupp. Hg. v. Anna Keck/Theodor Nolte. Stuttgart/Leipzig 1999, S. 84–94, hier S. 86. SF Eingang der Himmel. – Fr¨uhdruck aus der Werkstatt Peter Sch¨offers in Mainz, zweite H¨alfte 15. Jh. Der Text beginnt: «Item diss buch ist genant der sicher Ingang der hymel» und enth¨alt erbauliche Ermahnungen und Betrachtungen eines unbekannten Verfassers. Der erste Teil handelt von den sieben Anfechtungen der «closter l¨ut», der zweite von der zehnfachen geistlichen Blindheit. E. d. H. wurde zwischen 1460 und 1499 von Sch¨offer gedruckt. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 2 (1980) Sp. 420. – Franz Falk: Der P. Sch¨offerdruck ‹Ingang der Himmel›. In: Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen (1902) S. 581–583. SF 1317

2. H¨alfte 15. Jh. Adambuch. – Bibelbearbeitung, Prosaaufl¨osung, 15. Jh. Der bair.-¨osterr. Text stellt die Aufl¨osung der obd. Reimfassung → Adam und Eva dar, die in der Weltchronik → Heinrichs von Mu¨ nchen eingelassen und nach der lat. Vita Adae et Evae (Meyer) u¨ bertragen wurde. Er ist nicht identisch mit der Prosafassung → Adam und Eva (= Adams Klage). Eine Vorlage f¨ur die in den Handschriften u¨ berlieferte Fassung (→ Historienbibel Gruppe IIIb) ist nicht bekannt, als lat. Grundlage kann Meyers III. Kl. der Vita gelten. Die Prosaaufl¨osung enth¨alt Adams Buße nach dem S¨undenfall, die Geschichte seiner Kinder, den Tod Abels, Adams Weissagungen und Tod sowie Seths Paradiesfahrt mit Motiven aus der Kreuzholzlegende der Vita. Neben weiteren Motiven f¨ugt die Prosafassung gelegentlich neue Interpretationen der lat. Quelle ein. ¨ Uberlieferung: Hamburg, Staats- und Universit¨atsbibl., cod. 8 in scrin. (Pap., nach 1458, bair.o¨ sterr.). – Berlin, SBB, Mgf 1108 (Pap., 1472, ¨ bair.-¨osterr.; illustriert). – Wien, ONB, Cod. 2766 (Perg., Mitte 15. Jh., bair.-¨osterr.; illustriert). Ausgabe: Hans Vollmer: Ein dt. Adambuch. Nach einer ungedruckten Hs. der Hamburger Stadtbibl. aus dem XV. Jh. Hamburg 1908 (nach der Hamburger Hs., mit 2 Abb. der Miniaturen). Literatur: Brian Murdoch, VL2 1 (1978), Sp. 61 f.; 11 (2004), Sp. 16. – Wilhelm Meyer: Vita Adae et Evae. Abh. der Bayerischen Akad. der Wiss., Phil.-Philol. Kl. 14,3. Mu¨ nchen 1878. – Hans Vollmer: Ober- und mitteldt. Historienbibeln (Mat. zur Bibelgesch. und religi¨osen Volkskunde des MA I,1). Berlin 1912, Nr. 59, 60 und 63 mit Tf. XVI. – Roy Albert Wisbey: Marvels of the East in the Wiener Genesis and in Wolfram’s Parzival. In: Essays in German and Dutch literature 1973, S. 1–41. – Brian Murdoch: The river that stopped flowing. In: Southern Folklore Quarterly 37 (1973), S. 37–51. – Ders.: Das dt. A. In: Die dt. Lit. des sp¨aten MA. Hamburger Colloquium 1973. London/Berlin 1975, S. 209–224. – Gisela Kornrumpf: Die o¨ sterr. Historienbibeln IIIa und IIIb. In: Dt. Bibel¨ubersetzungen des MA. Beitr¨age eines Koll. im Dt. Bibel-Arch., unter Mitarbeit v. Nikolaus Henkel hg. v. Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10). Bern u. a. 1991, S. 350–374. – Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA, begonnen v. Hella Fr¨uhmorgen-Voss, fortgef¨uhrt v. Norbert H. Ott zusammen mit Ulrike Bodemann. Bd. 7,1/2. Mu¨ nchen 2008, S. 144–147 (mit Abb. 36–38). CS 1318

2. H¨alfte 15. Jh. Einsiedeln-Zurcher ¨ Lektionar. – Alemannische Bibel¨ubersetzung. ¨ Das E.-Z. L. enth¨alt eine alemannische Ubertragung der Evangelienperikopen zur TemporaleMesse, erweitert um Glossen und kurze Predigten. Kompiliert wurde das L. durch einen ansonsten unbekannten Johannes von Weingarten (Vingartensis). Grundlage des Textes war eine um 1300 ¨ entstandene Ubersetzung, die vielleicht von Zisterziensern im Bodensee-Bereich verfasst wurde. Das L. selbst d¨urfte um die Mitte des 15. Jh., bestimmt aber vor 1462 entstanden sein. Die enthaltenen Glossen sind jedenfalls deutlich a¨ lter als die erhaltenen Handschriften. Die genaue Herkunft der Handschriften ist unbekannt. Der Z¨uricher Codex ¨ (s. Uberlieferung) k¨onnte am Bodensee oder im Z¨uricher Raum seinen Usprung haben, die zweite Handschrift vielleicht in S¨udbaden oder Straßburg. Der Text des L.s beginnt mit einer Predigt u¨ ber Mt 21,5. Die Glossen sind teilweise unmarkiert in den biblischen Text eingef¨ugt. Der Inhalt des L.s unterscheidet sich zwischen den beiden erhaltenen Handschriften: Der Z¨uricher Codex enth¨alt, anders als die Handschrift aus Einsiedeln, einen zus¨atzlichen Passionstext zum Karfreitag sowie eine gr¨oßere Zahl von Evangelienperikopen. Beiden Handschriften gemeinsam ist ihr kompilatorischer ¨ Charakter. Die Ubersetzung selbst gilt als durchschnittlich. ¨ Das L. steht in einem Uberlieferungszusammenhang mit den Zu¨ rcher Evangelienperikopen (um 1300), den Heidelberger (sp¨ates 14. Jh.) und Freiburger Perikopen (um 1450/60) sowie dem Spiegel menschlicher behaltnis (1476). So finden sich in der Z¨uricher Handschrift des L.s zus¨atzliche Perikopen aus den Z¨urcher Evangelienperikopen. Sp¨ater wurden Teile des L.s von den Freiburger Perikopen u¨ bernommen. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, cod. C 52, 2r–94v (Pap., um 1470, hochalemannisch). – Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 708 (349), 1r–118v (Pap., 1471, westalemannisch). – Streu¨uberl. bei Palmer 2004 (s. Lit.). Ausgaben: Kurze Ausz¨uge aus beiden Hss. bei Palmer/Plate 2004 (s. Lit) S. 154; Kottmann 2009 (s. Lit.) S. 361–363, 461–464. Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 11 (2004) Sp. 397–399. – Ders.: Das ‹E.-Z. L.›. Unters. zur sp¨atma. Bibel¨ubers. im s¨udwestdt. Raum. In: Metamorphosen der Bibel. Hg. v. Ralf Plate u. a. 1319

Einsiedeln-Zurcher ¨ Lektionar (Vestigia Bibliae 24/25). Bern 2004, S. 123–154. – Carsten Kottmann: Das buch der ewangelii und ¨ epistel. Unters. zur Uberl. und Gebrauchsfunktion s¨udwestdt. Perikopenhss. M¨unster/Westf. u. a. 2009, S. 120–125 u. o¨ . MM ¨ Erasmus, Karmeliter. – Ubersetzer der lat. Viten des hl. Bartholom¨aus und der hl. Barbara. Die einzige u¨ berlieferte Handschrift, eine bair. Legendenkompilation, weist einen «carmelit mit namen Erasmus» (31v) als Verfasser zweier (bislang nicht edierter) dt. Prosaversionen unbekannter lat. Bartholom¨aus- und Barbara-Legendenfassungen aus. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 2261, 25r–31v (Bartholom¨aus) und 225v–229v (Barbara) (1465–1482). Literatur: Marie-Luise Seyler, VL 2 (1980) Sp. 571. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 97, 755. – Lotte Kurras: Die dt. ma. Hss. Tl. 1. Die literarischen und religi¨osen Hss. Anhang: Die Hardenbergschen Fragm. (Kat. des Germ. Nationalmuseums N¨urnberg 1,1). Wiesbaden 1974, S. 38–41, hier S. 39 f. SF Hayweger, Augustinus. – Liederdichter des 15. Jh. Der archivalisch bislang nicht nachgewiesene Liederdichter A. H. stammte wahrscheinlich aus N¨urnberg. Vielleicht ist er mit dem N¨urnberger Meistersinger Augustin → Moser identisch. Von ihm u¨ berliefert die 1517/18 von Hans Sachs geschriebene Handschrift Berlin, SBB, Mgq 414, 1145r–446r, ein dreistrophiges Meisterlied in der sog. «Schrankweise» des Hans → Folz. Themen sind das Gebot des Kaisers Augustus, die Geburt Christi, die Hirten auf dem Feld sowie Gottes- und Marienlob. Entstanden ist das Lied wohl fr¨uhestens im letzten Drittel des 15. Jh. in N¨urnberg. Ausgabe: Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 362–364, 475. Literatur: Horst Brunner, VL2 3 (1981) Sp. 564. – Johannes Rettelbach: Der Einzug der Meistersinger in die Oper. In: Vom MA zur Neuzeit. FS H. Brunner. Hg. v. Dorothea Klein u. a. Wiesbaden 2000, S. 615–632, hier S. 619. – T. Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 3 2000, S. 332. SF 1320

Gebet- und Andachtsbuch der Margret Zschampi Hermann von Wiedenbach, Bruder. – Kleriker des 15. Jh. H. v. W., erzogen im Kloster B¨oddeken, war dann Angeh¨origer des St. Michael-Hauses der «Kogelherren» des Ordens St. Hieronymi in Wiedenbach bei K¨oln. Ende des 15. Jh. verfasste er eine umfangreiche, teils lat., teils nd. Anweisung f¨ur einen jungen Kleriker, wie er sich innerlich und a¨ ußerlich verhalten soll. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, Hs. 2676 [I] (Pap., K¨olner Kartause St. Barbara, um 1500). Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 3 (1981) Sp. 1117; 11 (2004) Sp. 649. – Kurt Hans Staub (Hg.): Die Hss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt. Bd. 5: J¨ungere theologische Texte (Die Hss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt 5). Wiesbaden 2001, S. 159. SF Der Herzmahner. – Kurztitel eines Andachtsbuchs, 15. Jh. D. H. ist nur in einem zwischen 1490 und 1498 entstandenen N¨urnberger Druck (228 Bl., o. J., Kaspar Hochfeder) u¨ berliefert, der in mehreren Exemplaren erhalten ist (vgl. van der Vekene). Die Entstehungsgeschichte des anonymen Werks liegt im Dunkeln. Das haupts¨achlich f¨ur Laien konzipierte Werk besteht aus einer Reihe von Gebeten, von denen fast alle mit «Ich wolsprich und dancksag dir herr Ihesu Christe» beginnen. Erz¨ahlt wird die Heilsgeschichte von der Erschaffung des Menschen bis zur Grablegung Christi. Die einzelnen Gebete kn¨upfen an die Passion Christi an und weiten sich zu Erz¨ahlung, Betrachtung, Gel¨obnis usw. aus. An das Begr¨abnis Christi schließt der Schlussteil aus einer Reihe von teils sehr weit verbreiteten Gebeten an, der direkt an den S¨under gerichtet ist. Sein inniger, schlichter Ton r¨uckt das Andachtsbuch in die N¨ahe von Werken wie dem Schatzbehalter des Stephan → Fridolin oder dem Zeitgl¨ocklein → Bertholds. Als Quelle diente dem Verfasser unter anderem der lat. Antidotarius anime des Nikolaus → Salicetus, der H. beeinflusste seinerseits wohl die F¨unfzig Artikel des Leidens und Sterbens Christi des Johannes → Waidmann. Ausgabe: Ausz¨uge gedruckt in: Vincenz Hasak: Der christliche Glaube des dt. Volkes beim Schlusse des MA. Regensburg 1868, S. 141–146. Literatur: Volker Honemann, VL2 3 (1981) ´ Sp. 1167–1170; 11 (2004) Sp. 652. – Emile van 1321

2. H¨alfte 15. Jh.

der Vekene: Kaspar Hochfeder. Ein europ¨aischer Drucker des 15. und 16. Jh. (Bibliotheca bibliographica Aureliana 52). Baden-Baden 1974, S. 57 f. – Wolfram Sexauer: Fr¨uhnhd. Lit. In Kart¨auserbibl. (Europ¨aische Hochschulschr. 1/247). Frankfurt/M. 1978, S. 134 f. SF Gebet- und Andachtsbuch der Margret Zschampi. Margret wurde um 1470 als Tochter eines K¨ublers geboren. Sie kam schon als Kind zu den Dominikanerinnen in Klingental, verließ das Kloster aber im Zuge der Reform 1480 mit den Reformgegnerinnen. Nach der Vertreibung der Reformerinnen kehrte sie 1482 zur¨uck. Sp¨ater ist sie als Erbin einer Klosterzelle und einer Gartenparzelle belegt. Margret starb kurz nach dem 16.10.1525. Ihr G. ist in einer um 1460 (also vor Margrets Geburt) entstandenen Hs. u¨ berl., an der mehrere unbekannte Schreiber oder Schreiberinnen beteiligt waren. Unter welchen Umst¨anden Margret die Hs. erhielt, ist nicht mehr nachweisbar. Nach Margrets Tod gelangte die Hs. zu den Kart¨ausern im Kloster Kleinbasel. Inhaltlich unterscheidet sich das G. durch einen hohen Anteil an Unterweisungen und Exempla von vergleichbaren Handschriften Unter den enthaltenen Gebeten dominieren vor allem Kommunionsgebete, hinzu kommen Marien-, Heiligen-, Toten-, Mess- und Bußgebete. Zu den bekannteren Texten im G. z¨ahlt etwa das Gebet vor dem Gregoriusbild (148r–149r), das sich u. a. auch in den → Gebetb¨uchern des Niklaus Meyer zum Pfeil, → der Barbara Ulstatt und der → Ursula Begerin findet. Neben anonymen Gebeten beinhaltet das G. St¨ucke von → Ludolf von Sachsen (Kurzfassung von Vita Christi, 3r–34v), → Jordanus von Sachsen (Gebete aus den Articuli LXV, 46v–68v), Meister → Eckhart (zugeschriebenes S¨uhnegebet, 73v–74v), Heinrich → Seuse (Hundert Betrachtungen, 149r–161v) und ein Exzerpt aus dem Stimulus amoris (Zehn Staffeln der Demut, 140r–145r). ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. A VIII 51 (Pap., um 1460, baslerisch, mehrere Schreibh¨ande, auch mit sp¨ateren Eintragungen). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1125 f. – Gustav Binz: Die dt. Hss. der o¨ ffentlichen Bibl. der Univ. Basel. Bd. 1. Basel 1907, S. 106–108. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz 1200–1500. Frauenfeld 1935, S. 363. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. 1322

2. H¨alfte 15. Jh. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 150, 277 u. o¨ . – Georg Hofmann: Seuses Werke in deutschsprachigen Hss. des sp¨aten MA. In: Fuldaer Geschichtsbll. 45 (1969) S. 113–206. – Freimut L¨oser: Oratio est cum deo confabulatio. Meister Eckharts Auffassung vom Beten und seine Gebetspraxis. In: Dt. Mystik im abendl¨andischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans¨atze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998. Hg. v. Walter Haug und Wolfram Schneider-Lastin. Tu¨ bingen 2000, S. 283–316, besonders S. 303–305. – Falk Ei¨ sermann: ‹Stimulus amoris›. Inhalt, lat. Uberl., dt. ¨ Ubersetzungen, Rezeption (MTU 118). T¨ubingen 2001, hier S. 479 f. – Kloster Klingental in Basel. Hg. v. Dorothea Schwinn Sch¨urmann. Basel 2002, S. 49–51. MM Johannes von Lutrea, † 1479 Mainz. – Mainzer Domprediger. J. studierte seit 1452 in Erfurt in K¨unste. Er wurde 1454 Baccalaureus und 1456 Magister. Danach lehrte er in Erfurt und studierte gleichzeitig Theologie. Nach dem Lizentiat (1466) wurde er Gabriel Biels Nachfolger als Domprediger in Mainz. In dieser Position entfaltete J. große Wirkung mit volksnahen dt. Predigten, die er wohl selbst aus seinen lat. Predigtentw¨urfen u¨ bersetzte. Die lat. Fassungen der Predigten stellte J. eigenh¨andig in zw¨olf B¨uchern zusammen, von denen jedoch nur zwei Autographen erhalten sind. Sie zeigen J. als rhetorisch schlichten Volksprediger, der auch aktuelle Kontroversen kommentierte und u. a. gegen Juden und Hussiten polemisierte. Unter J.s lat. Schriften ist der Tractatus de indulgentiis (1467/68) hervorzuheben. Darin spricht J. als wahrscheinlich erster dt. Theologie der katholischen Ablasspraxis jede Berechtigung ab. In weiteren Reden und Episteln wandte sich J. etwa gegen die Simonie und kommentierte zeitgen¨ossische theologische Debatten. ¨ Uberlieferung: Die Mainzer Predigten sind in zwei Autographen erhalten: Gießen, UB, Hs 828 (1470). – Gießen, UB, Hs 856 (1472). – Zur wei¨ teren Uberl. vgl. Ott 2004 (s. Lit.). Literatur: Joachim Ott, VL2 11 (2004) Sp. 784–788. – Erich Kleineidam: Universitas Studii Erfordensis 1. Leipzig 21985, S. 385, 442 f.; Bd. 2. Leipzig 21992, S. 115, 312 u. o¨ . – Joachim Vennebusch: Zeitkritische Schr. des Mainzer Dompredigers J. de L. (gest. 1479) in einem Kodex aus 1323

Johannes von Lutrea seinem Besitz. In: Arch. f¨ur mittelrheinische Kirchengesch. 52 (2000) S. 55–98. MM Kern der gottlichen ¨ Wahrheit. – Prosatraktat u¨ ber das geistliche Leben. Entstehungszeit und Verfasser dieses geistlichmystischen Traktats sind unbekannt; allerdings verweist die Vielzahl der exakt zitierten Autorit¨aten im Text auf einen belesenen Autor mit hervorragender Bibliothek. In 59 Kapiteln behandelt die Schrift das vorbildliche Leben gottliebender Menschen sowie ihren Gegensatz, die fleischlichen Menschen. Die gottliebenden Menschen erfahren laut Verfasser stets die Zuneigung Gottes, tragen ihn in ihrer Seele und k¨onnen sich mit ihm vereinigen. Daneben bespricht der Traktat auch grunds¨atzliche theologische Themen wie Gnade, Pr¨adestination, Trinit¨at, Gut und B¨ose. Bemerkenswert am K. d. g. W. ist die Breite der zitierten Quellen. Neben der Bibel z¨ahlen dazu antike Autoren wie Aristoteles, Seneca und Cicero, Kirchenv¨ater wie → Augustinus, → Gregor und Johannes Chrysostomos, außerdem → Bernhard von Clairvaux, → Thomas von Aquin, → Albertus Magnus und → Hugo von Sankt Viktor. Hinzu kommen → Ludolf von Sachsen, → Heinrich von Friemar und → Heinrich von Langenstein. Der K. d. g. W. ist nicht mit einer Erfurter Schrift a¨ hnlichen Namens zu verwechseln, hinter der sich eigentlich das Buch von geistlicher Armut verbirgt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 654, Bll. 1ra–217ra (Pap., N¨urnberg, 1460). – N¨urnberg, Germ. Nationalmus., Graphische Slg., Inv.-Nr. H 10 (Pap., 1460). – Magdeburg, StB, Cod. XII,22, Bll. 1r–130r (Pap., 1485; verschollen). Literatur: Volker Honemann, VL2 4 (1983) Sp. 1135 f. MM Korbinian von Freising. – Dt. Prosalegende. Die bair. Prosalegende vom ersten Bischof von Freising, Korbinian (geb. vor 700 unweit Melun [D´ep. Seine-et-Marne], gest. um 728/30 Freising), ¨ ist eine stark verk¨urzte Ubersetzung der Vita B (in: MG SS rer. Merov. VI 594–635), einer vom Tegernseer M¨onch Hrotroc u¨ berarbeiteten Version der um 770 verfassten Vita A des Bischofs ¨ → Arbeo von Freising. Im Uberlieferungszusammenhang steht die Legende im «Sondergut» des Legendars → Der Heiligen Leben. Eine von dieser 1324

O laid und klag Fassung unabh¨angige K.-Prosalegende ist in → Der Heiligen Leben (Redaktion) enthalten. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 504, 64vb–71va (Pap., 1475, mittelbair.). Ausgaben: Joseph Schlecht (Hg.): Die Corbinians-Legende nach der Hs. des Klosters Weihenstephan vom Jahre 1475. Freising 1924. – Auszug aus Schlecht in: BB 1 (1978) S. 458 f. Literatur: Max B¨udinger: Corbinian. In: ADB 4 (1876) S. 472 f. – Albert Hauck: Corbinian. In: Realencyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche3 4 (1898) S. 281–283. – August Franzen, DHGE 13 (1956) Sp. 825 f.; 29 (2007) Sp. 653 f. – Kurt Becher: Corbinian. In: NDB 3 (1957) S. 355. – Lex. der dt. Heiligen, Seligen, Ehrw¨urdigen und Gottseligen. Hg. v. Jakob Torsy. K¨oln 1959, Sp. 329. – Filippo Caraffa, Bibliotheca Sanctorum 4 (1964) Sp. 169–171. – Hans Ramisch, LCI 7 (1974) Sp. 337–339. – Friedrich Wilhelm Bautz: Corbinian. In: BBKL 1 (1975) Sp. 1124 f. – Harald Wunder: Arbeo v. Freising. In: VL2 1 (1978) Sp. 414–422 (Vita A). – Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 316 (bairische Prosalegende nach Vita B). – Wimmer/Melzer (61988) S. 497. – Wilhelm St¨ormer, LexMA 5 (1991) Sp. 1443. – Rudolf George, EM 8 (1996) Sp. 282–286. – W. St¨ormer, LThK3 6 (1997) Sp. 372. – Martina Hartmann: Corbinian. In: RGG4 2 (1999) Sp. 459. – Robert T. Meyer, The New Catholic Encyclopedia2 4 (2003) S. 258 f. – Maximilian Fastlinger: Das Todesjahr des hl. K. In: Beitr. zur Gesch., Topographie und Statistik des Erzbistums Mu¨ nchen und Freising NF 1 (1901) S. 1–16. – Johann Kr¨oss: Austria Sancta. Die Heiligen und Seligen Tirols 1. Wien 1910, S. 98 f. – Arbeo: Arbeonis episcopi Freisingensis Vitae sanctorum Haimhrammi et Corbiniani (MGH SS 13). Hg. v. Bruno Krusch. Hannover 1920. – Balthasar Arnold: Zur Vita Corbiniani. In: Bulletin d’ancienne litt´erature chr´etienne latine 1 (1921/28) S. 368–370 (wieder in: Wiss. Festgabe zum zw¨olfhundertj¨ahrigen Jubil¨aum des hl. K. Hg. v. Joseph Schlecht. Mu¨ nchen 1924, S. 61–68). – Ders.: Das Leben des hl. K. dem Bischof Arbeo v. Freising nacherz¨ahlt. Freising 1924. 21951. – Die Corbinians-Legende nach der Hs. des Klosters Weihenstephan vom Jahre 1475. Hg. v. J. Schlecht. Freising 1924. – Karl K¨unstle: Ikonographie der Heiligen. Freiburg/Br. 1926, S. 388 f. – Hieronymus Frank: Der hl. K., ein Klosterbischof. Freising 1934. – Alfons M. Zimmermann: Kalendarium Benedictinum 3. Die Heiligen und Seligen 1325

2. H¨alfte 15. Jh. des Benediktinerordens und seiner Zweige. Metten 1937, S. 32 f. – Romuald Bauerreiß: Kirchengesch. Bayerns. Bd. 1. St. Ottilien 1949. Nachdr. ebd. 1974, S. 41 f. u. o¨ . – Heinz L¨owe: Corbinians Romreisen. In: Zs. f¨ur Bayerische Landesgesch. 16 (1951/52) S. 409–420. – Vita Corbiniani. Bischof Arbeo v. Freising und die Lebensgesch. des hl. K. Hg. v. Hubert Glaser u. a. M¨unchen/Z¨urich 1983. – Karl B¨ock: Menschen und Heilige. Donauw¨orth 21986, S. 233–237. – Werner WilliamsKrapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. ¨ zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 428 f. – Lothar Vogel: Vom Werden eines Heiligen. Eine Unters. der Vita Corbiniani des Bischofs Arbeo v. Freising. Berlin/New York 2000. BJ O laid und klag. – Seit der Mitte des 15. Jh. u¨ berlieferter Passionsgesang. Bergmann (s. Lit.) rechnete irrt¨umlicherweise diesen Gesang von zehn Strophen den Marienklagen zu. Behandelt werden die Leidensank¨undigung und die Gefangennahme Jesu, das Verfahren durch Kaiphas, die Dornenkr¨onung, die Verurteilung durch Pontius Pilatus, der Gang nach Golgatha sowie Kreuzigung und Tod Christi; dialogische Partien (Gespr¨ache zwischen Jesus und Maria) sind in den erz¨ahlerischen Rahmen eingebettet. ¨ Uberlieferung: Michaelbeuern, Bibl. der Benediktinerabtei, Man. cart. 1, 72r (mit Melodie). – Salzburg, Bibl. der Erzabtei St. Peter, a I 14, 118v–120v. – Ebd., b IX 17, 173v–174r. – Wien, ¨ ONB, Cod. 3835, 111r/v (fragm., mit Melodie). Ausgaben: Joachim Fridolin Angerer: Lat. und dt. Ges¨ange aus der Zeit der Melker Reform (Forschungen zur a¨ lteren Musikgesch. 2). Wien 1979, S. 146 f. – Max L¨utolf in Verbindung mit Bernhard Hangartner und Max Schiendorfer (Hg.): Das dt. Kirchenlied. Krit. Gesamtausg. der Melodien. Abt. 2: Geistliche Ges¨ange des dt. MA. Melodien und ¨ Texte hsl. Uberl. bis um 1530. Bd. 5: Zyklische Slg. Die Geißlerlieder v. 1349 nach Hugo v. Reutlingen. Dt. Stundengebetb¨ucher des 15. Jh. Kassel u. a. 2005, Nr. 587. Literatur: Johannes Janota, VL2 11 (2004) Sp. 1065 f. – Angerer (s. Ausg.) S. 141–150. – Walther Lipphardt: Mensurale Hymnenaufzeichnungen in einem Hymnar des 15. Jh. aus St. Peter, Salzburg (Michaelbeuern Ms. cart.1). In: Ut mens concordet voci. FS Eug`ene Cardine. Hg. v. J. Berchmans G¨oschl. St. Ottilien 1980, S. 458–487, 1326

2. H¨alfte 15. Jh. hier S. 461–465. – Ders.: Dt. Antiphonlieder des Sp¨atMA in einer Salzburger Hs. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 27 (1983) S. 39–82, hier S. 41. – Rolf Bergmann unter Mitarbeit v. Eva P. Diederichs und Christoph Treutwein: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA (Ver¨off. der Kommission f¨ur Dt. Lit. des MA der Bayer. Akad. der Wiss.). M¨unchen 1986, M 83 a, M 119, M 120, M 135. – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997, S. 25. SF Regensperger, Leonhard OP. – Dominikaner der ungarischen Ordensprovinz, zweite H¨alfte 15. Jh. R. ist 1468 als Superior des Dominikanerstiftes in Ofen/Ungarn bezeugt, 1469 war er Mitglied des Kaschauer Ordenshauses. Die Handschrift Alba Julia/Rum¨anien (Karlsburg, fr¨uher Weißenburg; ungarisch: Gyulafeh´erv´ar), Bibliotheca Batthy´anyana, Hs. R.I. 112, enth¨alt eine Passio Adonaii domini nostri Jesu 1462 bistextilis. Expressus Jesus trans torrentem an deren Ende ein Vermerk besagt, dass diese «per me fratrem Leonardum Regensperger pro tunc predicatorem domus Cassoviensis anno 1469» gepredigt wurden (136v). Von der gleichen Hand stammen dt. Glossen. Als Autor der lat. Texte konnte Johannes → Herolt nachgewiesen werden. Literatur: Andr´as Vizkelety, VL2 7 (1989) Sp. 1101 f. – Robert Szentiv´anyi: Catalogus concinnus librorum manuscriptorum Bibliothecae Batthy´anyanae. Szeged 41958, S. 62–66. – J´ulius Sopko: Stredovek´e latinsk´e k´odexy slovenskej proveniencie v Madarsku a v Rumunsku – Codd. latini medii aevi qui olim in bibliothecis Slovaciae asservabantur et nunc in Hungaria et Romania asservantur (Stredovek´e k´odexy slovenskej proveniencie – Codd. qui in bibliothecis Slovaciae asservantur ac olim asservabantur 2). Martin 1982, S. 186–188. SF Rothaw, ¨ Johannes (Roethaw) OFM, † um 1490. – Theologe und m¨oglicher Verfasser zweier dt.-lat. Gedichte, zweite H¨alfte 15. Jh. R. war in den Jahren 1456 und 1460 an der Universit¨at Erfurt immatrikuliert, 1480 studierte er in Leipzig, wo auch sein Heimatkonvent gewesen zu sein scheint; 1482 wurde er zum Dr. theol. promoviert. Kurz darauf war R. als Vikar der s¨achsischen 1327

Regensperger Ordensprovinz und 1488 als Magister regens des Ordensstudiums in Erfurt t¨atig. Er ist der Verfasser verschiedener Quaestiones und Sermones sowie Conclusiones zum Lombardus metricus des Helwicus von Magdeburg. Nicht gesichert ist, ob auch zwei dt.-lat. Gedichte in der teils autographen Handschrift Leipzig, UB, Cod. lat. 1525, 81r (geschrieben 1454–1456), von R. stammen. Abdruck: Meier 1935 (s. Lit.) S. 309 f. Literatur: Volker Honemann, VL2 8 (1992) Sp. 276. – Ferdinand Doelle: Die Martinianische Reformbewegung (Franziskanische Stud., Beih. 7). Mu¨ nster 1921, S. 82–84. – Ludger Meier: De schola Franciscana Erfordiensi saeculi XV. In: Antonianum 5 (1930) S. 57–94, 157–202, 333–362, 443–474, hier S. 346 f., 354 f. – Ders: Stud. zur Franziskanertheologie an den Universit¨aten Leipzig und Erfurt. In: Franziskanische Stud. 20 (1933) S. 261–285, hier S. 273. – Ders.: De scientifica fratris Ioannis Roethaw OFM activitate. In: Studi francescani 7 (1935) S. 283–312, 385. – Ders.: Die Barf¨usserschule zu Erfurt (Beitr. zur Gesch. der Philosophie und Theologie des MA 38/2). Mu¨ nster 1958, S. 28, 35 f., 57 f., 78. SF Ruodgerus Cartusiensis (von Erfurt). – Verfasser eines Novizentraktats, wahrscheinlich zweite H¨alfte 15. Jh. In dem sp¨atestens seit 1477 von Jakob → Volradi angelegten großen Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause ist als Inhalt der Handschrift F 58 u. a. eine Formula spiritualium exerciciorum, incipit ‹Meditatus sum nocte› eiusdem R˚udcheri Cartusiensis huius ¨ domus (entstanden um 1460?) verzeichnet. Uber R. ist lediglich bekannt, dass er im 15. Jh. in der Erfurter Klause lebte. Eine m¨oglicherweise in der Basler Kartause ent¨ standene mhd. Ubertragung der Formula findet sich handschriftlich im Anschluss an einen Druck der Vierundzwanzig Harfen des Johannes → Nider in einem Sammelband (B 35) der dortigen Laienbibliothek (Basel, UB, Inc. 288). Es handelt sich bei dem dt. Text um einen Novizentraktat, der sich im Gegensatz zum lat. Original auch an Laien richtet und eine praxisbezogene Summe dessen, was ein Novize bzw. Laienbruder zur Ausbildung seines geistlichen Lebens ben¨otigte, bietet; gegliedert ist der Traktat in eine Vorrede und drei Teile. Literatur: Volker Honemann, VL2 11 (2004) Sp. 1348–1351. – Ma. Bibliothekskat. Deutschlands 1328

Lochmair und der Schweiz. Hg. v. der Bayerischen Akad. der Wiss. in Mu¨ nchen. Bd. 2. Mu¨ nchen 1918, S. 324, 358. – V. Honemann: Dt. Lit. in der Laienbibl. der Basler Kartause 1480–1520. Habilitationsschr. (masch.) Berlin 1982, S. 56–58, 256 f. – Martin Steinmann: Die Hss. der UB Basel. Reg. zu den Abt. A I – A XI und O. Basel 1982, S. 179. SF Tudel, Georgius (Georg[ius] Tudel von Giengen), † nach 1465 Wien (?). – Theologe, Prediger. Der Weltgeistliche T. war 1434–59 Magister an der Wiener Artistenfakult¨at, mehrfach deren Dekan und 1443/46 Procurator der «natio rhenensis». Nach dem Erwerb des theologischen Licentiats (1459) wechselte T. 1460 an die Theologische Fakult¨at, deren Dekan er 1461 wurde. Rektor der Universit¨at Wien war er 1453/62. Neben lat. theologisch-philosophischen Schriften ist von T. eine dt. Predigtreihe zum Thema Hochmut und Demut u¨ berliefert. Diese geh¨ort zu den wenigen umfangreichen Predigtreihen (wenngleich sie innerhalb der Wiener Schule kein Einzelfall ist), die sich thematisch auf einzelne Laster und Tugenden konzentrieren. Inhaltlicher Bezug ist der st¨adtische Lebensraum, Kritikpunkte sind Feste, Kleiderluxus usw. T. st¨utzt sich in den numerisch geordneten Predigten auf narrative Exempla und Tierallegoresen. ¨ Uberlieferung: Predigtreihe: Trogen, Kantonsbibl., CM Ms. 11 (vormals Cod. 208 I) (fr¨uher Geras, Stiftsbibl., Hs. 30 I), 313 Bll. (1459, bair.). – Ebd., CM Ms. 12 (vormals Cod. 208 II) (fr¨uher Geras, Stiftsbibl., Hs. 30 II), 263 Bll. (1459 oder 1460, bair.). – Beide Papierquarthss. stammen aus dem Chorfrauenstift Pernegg und haben fast identische Autorzuweisungen: «Das gemacht vnd gepredigtt hat der hoch gelert maister Gorig von Giengen zu wien» (CM Ms 11). – Lat. Schriften: ‹De novem peccatis alienis›: Mu¨ nchen UB, 2° Cod. ms. ¨ Cod. 678, 233ra–311ra (Pap., 1459). – Wien, ONB, r r 4256, 1 –74 (Pap., 15. Jh.). – ‹De scandalo›: Ebd., ¨ 317r–332r. – ‹De extremo judicio›: Wien, ONB, Cod. 14352, 61r–105r (Pap., 1453/57/58). – ‹De corea et de ludis›: Ebd., 105r–114v. – ‹Quaestiones Physicorum Aristotelis›: M¨unchen, BSB, Clm 19847, 275 Bll. (Pap., 1448). – Fernandus de Cordoba: ‹Quaestio disputata cum Georgio T. de G. in universitateViennense anno 1448›: Basel, UB, Cod. O III 45 (Pap., 15. Jh.). – Mainz, StB, Hs. I 121, 1329

2. H¨alfte 15. Jh. 125r–136v (Pap., 1448/51). – ‹Epistola ad Iohannem → Schlitpacher›: Melk, Stiftsbibl., Cod. 1767, S. 444–446 (Pap., 15. Jh.). Ausgabe: (Ausz¨uge) Carl M. Blaas: Aus den Predigten Georgs v. Giengen. In: Germania 30 (1885) S. 88–98. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 11 (2004) Sp. 1566–1568. – Joseph v. Aschbach: Gesch. der Wiener Univ. Bd. 1. Wien 1865, S. 526 f. – Franz Hubalek: Aus dem Briefwechsel des Johannes Schlitpacher v. Weilheim. Wien Diss. 1963. – Isnard Wilhelm Frank: Hausstudium und Universit¨atsstudium der Wiener Dominikaner bis 1500 (Arch. f¨ur o¨ sterr. Gesch. 127). Graz u. a. 1968, S. 216. – Charles H. Lohr: Medieval Latin Aristotle Commentaries. Authors G–I. In: Traditio 24 (1968) S. 194–245. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨off. Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 160 (T 145). – Paul Uiblein (Hg.): Die Akten der Theologischen Fakult¨at der Univ. Wien (1396–1508). Wien 1968, S. 645 f. (Reg.). – Beat Matthias v. Scarpatetti: Kat. der datierten Hss. in der Schweiz in lat. Schrift vom Anfang des MA bis 1550. Bd. 3: Die Hss. der Bibl. St. Gallen – Zu¨ rich. Text- und Abb.bd. Z¨urich 1991, Textbd. S. 145 f. (Nr. 406 f.), Abbildungsbd. S. 104 f. (Abb. 266–268). – Ralph Andraschek-Holzer: Der Geras-Pernegger dt. Psalter aus dem 15. Jh. Text, Unters. und kulturgeschichtliche Beurteilung (Stud. und Forsch. aus dem Nieder¨osterr. Inst. f¨ur Landeskunde 19). Wien 1994, S. 219–222. – Rudolf Gamper/Matthias Weishaupt (Hg.): Slg. Carl Meyer in der Kantonsbibl. Appenzell Ausserrhoden in Trogen. Kat. der Hss. und der Drucke bis 1600. Z¨urich 2005, S. 82–91. VZ Lochmair, Michael (Lochmayr, Lochner, M., v. Heideck), † 8.3.1499 Passau. – Wiener Theologe. 1462 nahm L. in Wien ein Artes-Studium auf, 1468 ein kanonistisches und kurze Zeit darauf ein theologisches Studium. Im selben Jahr begann er an der Artistenfakult¨at eine Lehrt¨atigkeit. 1474 wurde er Rektor der Wiener Universit¨at. Seit 1476 war er Professor des Kirchenrechts und der Theologie in Wien, nahm mehrfach die Stellung des juristischen und theologischen Dekans ein und wurde 1483 wieder Rektor; er z¨ahlte in den 1470er und 1480er Jahren zu den f¨uhrenden Mitgliedern der Wiener Universit¨at. Seit etwa 1473 war L. als Domherr in 1330

2. H¨alfte 15. Jh. Passau t¨atig, seit 1479 wirkte er als Pfarrer in Probstdorf/Nieder¨osterreich und seit 1487 in Tulln auch in der Seelsorge. Enge Beziehungen unterhielt er zu Paul → Wann. L. verfasste Schriften zur Unterweisung des Pfarrklerus, Predigten und Vorlesungen. Seine Sermones de tempore et de Quadragesima und Sermones de sanctis (Fr¨uhdrucke seit 1497) sind scholastisch gepr¨agt; das Parochiale curatorum besteht aus zehn Traktaten u¨ ber die Rechte und Pflichten des Seelsorgers (Fr¨uhdrucke seit 1494). 1490 verfasste L. die Practica electionum prelatorum, ein kanonistisches Kompendium u¨ ber das Verfahren der Bischofswahl (Druck um 1490); die teilweise → Heinrich von Langenstein zugeschriebenen Secreta sacerdotum wurden von L. f¨ur den Druck u¨ berarbeitet und redigiert. Schriften, die aus L.s Lehrt¨atigkeit in Wien erwuchsen, sind die Dicta circa veterem artem zur Logik und eine Philosophia naturalis. Das Lavacrum conscientiae omnium sacerdotum stammt nicht von L., sondern von Jakob von Gruytrode († 1475). Literatur: P. Anton Weis: Lochmayr, Michael v. Heideck. In: ADB 19 (1884) S. 64. – Franz Josef Worstbrock, VL2 5 (1985) Sp. 891–893. – Joseph v. Aschbach: Gesch. der Wiener Univ. Bd. 2. Wien 1877, S. 32, 37, 447 f., 451, 456. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 517–519. – Theodor Wiedemann: Gesch. der Reformation und Gegenreformation im Lande unter der Enns. Bd. 4. Prag 1884, S. 498–500. – Adolph Franz: Die Messe im dt. MA. Freiburg i. Br. 1902, S. 520 f. – Charles H. Lohr: Medieval Latin Aristotle Commentaries. In: Traditio 27 (1971) S. 251–351. – Johann Baptist Schneyer: Winke f¨ur die Sichtung und Zuordnung sp¨atma. lat. Predigtreihen. In: Scriptorium 32 (1978) S. 231–248. – Klaus Wolf: Hof, Univ., Laien: Lit.- und sprachgeschichtliche Unters. zum dt. Schrifttum der Wiener Schule des Sp¨atMA (Wissenslit. im MA 45). Wiesbaden 2006, S. 93, 141. SF Wienh¨auser Liederbuch. – Lat./mnd. Sammlung u¨ berwiegend geistlicher Lieder und Reimgebete, 2. H¨alfte 15. Jh. und fr¨uhes 16. Jh. Das W. L. ist unter den sp¨atma./fr¨uhneuzeitlichen nd. Liederb¨uchern das a¨lteste und umfangreichste. Im Gegensatz zum → Ebstorfer Liederbuch und zum → Werdener Liederbuch enth¨alt es zu vielen Liedern Melodien und zudem auch lat. Texte. Am n¨achsten steht es dem → Liederbuch der Anna von 1331

Wienh¨auser Liederbuch K¨oln (um 1540, elf gemeinsame Texte); Verwandschaft besteht ferner mit der → Deventer Liederhandschrift und dem Liederbuch der Catherina Tirs (um ¨ 1500 und 1588, je f¨unf Ubereinstimmungen). Die dreiteilige Sammlung hat keinen einheitlichen Aufbau. Er¨offnet wird sie im ersten Teil mit elf lat. Liedern zu Weihnachten und Ostern (darunter: → Puer natus in Betlehem, → Dies est laetitiae, Resurrexit dominus mit dt. Refrain: «We schullen alle frolik sin», vgl. → Medinger Gebetb¨ucher). Ein mnd. Dialoglied zwischen Gott und Seele und ein lat. Lied zur Kirchweih (AH 1 [1886] S. 149 f. [Nr. 147]) beschließen den ersten Teil und die erste Lage der Handschrift. Diese beiden Lieder sind jeweils mit eigener Hand geschrieben. Auf den Lagen 2 und 3 folgen die 29 Lieder des zweiten, u¨ berwiegend mnd. Teils. Lat. sind lediglich die Lieder Nr.23 (zum Teil AH 1 [1886] S. 54 [Nr. 10]), 26, 41 und 57. Das letzte Lied findet sich auf einem beigelegten Zettel zwischen Bl. 27 und 28. Lat./dt. Mischlieder sind die ersten drei Lieder (darunter → In dulci iubilo), weitere Mischlieder sind die Nr. 18, 24, 31, 36 und 39. Ein signifikanter thematischer Schwerpunkt des zweiten Teils sind Marienlieder, daneben finden sich u. a. weitere Dialoglieder zwischen Gott und Seele (Nr. 19 [vgl. → Kreuztragende Minne], Nr. 28 [vgl. → Palmbaumtraktate]), Lieder von der Weltabkehr, vom himmlischen Jerusalem, das → Geistliche M¨uhlenlied (Nr. 38), didaktische Tugendlieder, die geistliche Kontrafraktur des → Bruder Konrad (Nr. 33; Cramer 2 [1979] S. 133–136) und Lieder u¨ ber die Hostienfrevel von Breslau (Nr. 21, → Jakob von Ratingen) sowie denjenigen von Blomberg (Nr. 22, Tirich → Tabernes). Der dritte Teil der Sammlung auf der letzten Lage der Handschrift ist durchgehend mnd. und bis auf Nachtr¨age von anderer Hand in einem Zug durchgeschrieben. Zu Beginn der hier enthaltenen 15 Lieder stehen die Ballade → Elisabeth von Th¨uringen und → Maria zart in der elfstrophigen Fassung. Mit den Liedern Nr. 45, 48 und 50 sind auch im dritten Teil weitere Marienlieder enthalten. Nr 51–53 sind (gem¨aß eines parallel u¨ berliefernden Einblattdrucks von Ludwig Dietz, Rostock um 1512) acht Strophen eines einzigen Lieds, wobei die drei einzelnen Hauptbestandteile urspr¨unglich selbst¨andig waren: Ein «Cord Krumelyn» wendet sich als Gefangener unter Berufung auf die Jungfrauengeburt an Maria mit der Bitte, ihn vor dem «ewigen valle» zu retten. Das Kreuzlied 1332

Wienh¨auser Liederbuch «O du eddele sedderenbom» (Nr. 44) ist deutlich von der Devotio moderna beeinflusst. Weiter finden sich im dritten Teil Reimgebete (an St. Georg, St. Adrian, an den Hl. Geist, an Maria und St. Anna) und etwas unbeholfen versifizierte christliche Gebote. Nachtr¨age von anderer Hand sind neben einer fragmentarischen Strafpredigt an die Nonnen in Reimprosa die weltlichen Lieder 58 und 59 («Klage des H¨asleins» [auf dem Vorsatzblatt] und «Vogelhochzeit»; auch Nr. 18 aus dem zweiten Teil [Fabelstoff vom Esel in der Schule] ist ein weltliches Lied). Zwischen Bl. 36/37 ist ein Blatt eingelegt, das einen fragmentarischen Brief der Wienh¨auser ¨ Abtissin Katharina von Hoya und eine Wiederholung der Reimgebete an St. Georg und St. Adrian enth¨alt. Das W. L. scheint im Zusammenhang mit der Reform des Klosters Wienhausen entstanden zu sein und ist vom Geist der Devotio moderna gepr¨agt. Mystisch-spekulative Lieder und Gemeindelieder finden keine Ber¨ucksichtigung. Objektive, jedoch individuell erlebbare, Glaubenserfahrungen und Glaubensbekenntnisse bestimmen die Texte des W. L. Auch die Marienlieder, die in einer Sammlung aus einem Frauenkonvent nat¨urlich einen Schwerpunkt darstellen, folgen der objektiven Ausrichtung. Durch die Ankn¨upfung an Weihnachten, Ostern und das himmlische Jerusalem wird die Fr¨ommigkeit in einen theologischliturgischen Kontext gestellt. ¨ Uberlieferung: Wienhausen (bei Celle), Klosterbibl., Ms. 9, 40 Papierbll., ein vorgeheftetes Pergamentbl., 3 Tle. mit entsprechenden 3 Haupth¨anden, 1. Tl. (2r–12r, lat.; 12v–13r, mnd.) nach 1460, 2. und 3. Tl. (14r–31v/32r–39r, mnd. mit ostf¨alischem/nieders¨achsichem Einschlag) Anfang 16. Jh., teilweise mit Noten in gotischer Hufnagelnotation auf vier Linien, Melodien einstimmig, aus dem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Wienhausen (heute evangelisches Damenstift). Der lat. 1. Tl. (2r–12r) d¨urfte nicht im Kloster entstanden sein, f¨ur die Tle. 2 und 3 ist eine Niederschrift in Wienhausen sehr wahrscheinlich. – Sieben Lieder sind in nd. Einblattdrucken, sechs davon von Ludwig Dietz, Rostock, parallel u¨ berliefert (Nr. 34, 38, 43, 51–53; Nr. 19: Jo¨ L¨ubeck. Vgl. VL2 10 [1999] hann Balhorn d. A., Sp. 1048 f., 1052). – Verz. der Einblattdrucke: Conrad Borchling/Bruno Claussen: Nd. Bibliogr. Gesamtverz. der nd. Drucke bis zum Jahre 1800. Bd. 1. 1333

2. H¨alfte 15. Jh. Neum¨unster 1931, Nr. 511, 512, 514, 666, 1784A, 2224 und Rolf Wilhelm Brednich: Die Liedpublizistik im Flugbl. des 15. bis 17. Jh. Bd. 2: Kat. der Liedflugbll. des 15. und 16. Jh. (Bibliotheca bibliographica Aureliana 60). Baden-Baden 1975, Nr. 61, 79, 146, 411. Ausgaben: Paul Alpers. Das W. L. In: NdJb 69/70 (1943/47) S. 1–40 (komm., ohne reine lat. Lieder); Erg¨anzungen: ebd., 76 (1953) S. 21–24. – Ders.: Das W. L. Celle 1951 (Ausw.). – Heinrich Sievers: Das W. L. 2 Bde.: 1 Faks., 2 Komm. Wolfenb¨uttel 1954; rezensiert v. Walter Salmen, Musikforschung 8 (1955) S. 365 f. und Wolfgang Irtenkauf, Nieders¨achsisches Jb. f¨ur Landesgesch. 28 (1956) S. 316–319. – Peter Kaufhold: Das W. L. (Kloster Wienhausen 6). Wienhausen 2002. Literatur: Johannes Janota, VL2 10 (1999) Sp. 1046–1052. – H. Sievers: Die Melodien des W. L. In: NdJb 69/79 (1943/47) S. 41–46. – Konrad Ameln: Das W. L. (um 1460). In: Jb f¨ur Liturgik und Hymnologie 1 (1955) S. 102. – W. Irtenkauf: Einige Erg¨anzungen zu den lat. Liedern des W. L. (1470–1480). In: Musikforschung 10 (1957) S. 217–225. – Willy Krogmann: Zur Wienh¨auser ‹Vogelhochzeit›. In: NdJb Korr.bl. 65 (1958) S. 8–10. – Ludwig Wolff: Joseph im Wienh¨auser Weihnachtsliede ‹Do de tyd wart vullenbracht›. In NdJb Korr.bl. 68 (1961) S. 37 f. – Clytus Gottwald: In dulci iubilo. Morphogenese eines Weihnachtsliedes. In: Jb f¨ur Liturgik und Hymnologie 9 (1964) S. 133–143. – P. Alpers: Weltliches im WL. In: Jb. Volkslied 12 (1967) S. 93–102. – L. Wolff. Zum W. L. In: Niedersachsen. Zs. f¨ur Heimat und Kultur 67 (1967) S. 543–546; wieder in: Gedenkschr. P. Alpers. Hildesheim 1968, S. 66–68. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968. – Horst Appuhn: Chron. des Klosters Wienhausen (Bomann Arch. 3/4). Celle 21968. – Ders.: Der Fund vom Nonnenchor (Kloster Wienhausen 4). Wienhausen 1973. – Heiko Leerhoff: Kloster Wienhausen. In: Germania Benedictina 12 (1994) S. 756–796. – Rudolf T. M. van Dijk: Kirchliches Reformklima in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Zur Buchkultur im ndl.dt. Raum. In: Humanistische Buchkultur. Dt.-ndl. Kontakte im Sp¨atMA (1450–1522) (NiederlandeStud. 14). Hg. Josef M. M. Hermans/Robert Peters. Mu¨ nster 1997, S. 37–63. – Kathrin Agricola: ‹O here, giff my der leve brant› – mystische Lyrik im W. L. In: Europ¨aische Mystik vom 1334

2. H¨alfte 15. Jh. HochMA zum Barock. Eine Schl¨usselepoche in der europ¨aischen Mentalit¨ats-, Spiritualit¨ats- und Individuationsentwicklung (Bremer Beitr. zur Lit.- und Ideengesch. 21). Hg. v. Wolfgang Beutin/Thomas B¨utow. Frankfurt/M. u. a. 1998, S. 139–165. – Anja Sroka: Mystik im Lied. Rezeption mystischer Traditionen im W. L. In: Jb der Oswald v. Wolkenstein Gesellsch. 10 (1998) S. 383–394. – Gisela Kornrumpf: In dulci iubilo. Neue Aspekte der ¨ Uberlieferungsgesch. beider Fassungen des Weihnachtsliedes. In: Edition und Interpretation. Neue Forschungsparadigmen zur mhd. Lyrik. FS Helmut Tervooren. Hg. v. Johannes Spicker u. a. Stuttgart 2000, S. 159–190, hier S. 182. – Martin J. Schubert: W. L. In: Elisabeth v. Th¨uringen – eine europ¨aische Heilige. Kat. Hg. v. Dieter Blume/Matthias Werner. Petersberg 2007, S. 195 (Nr. 125). – Volker Honemann: Kreuzesmeditation in der kl¨osterlichen Lit. am Beispiel des Liedes ‹O du eddele sedderenbom›. In: Passion und Ostern in den L¨uneburger Kl¨ostern. Bericht des 8. Ebstorfer Kolloquiums, 25. bis 29. M¨arz 2009. Ebstorf 2010. Hg. v. Linda Maria Koldau, S. 223–244. – L. M. Koldau: Liturgie und Andacht. Passion und Ostern in den musikalischen Quellen der L¨uneburger Kl¨ostern. In: ebd, S. 265–308. – Friedel Helga Roolfs: Das W. L. – eine kodikologische Ann¨aherung. In: ebd., S. 245–264. VZ Tabernes, Tirich (Dietrich). – Verfassersignatur in einem Lied aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Der Name T. T. ist aus der Verfassersignatur in der letzten Strophe eines Liedes im → Wienh¨auser Liederbuch (Nr. 22) transkribiert. Die Lesung «Tabernes» (vielleicht eine latinisierte Berufsbezeichnung f¨ur einen Schankwirt bzw. «tabernarius» mit dt. Endung -es) ist plausibel, jedoch nicht gesichert. Das in mnd. Sprache verfasste Lied umfasst zehn Strophen und berichtet von einem (nicht von Juden begangenen) Hostienfrevel, der Ostern 1460 in Blomberg bei Detmold stattgefunden habe, genauer um den Raub von 45 geweihten Hostien nach der Osterkommunion durch eine vom Teufel angestiftete Frau. Aus Angst vor Bestrafung warf sie die Hostien sp¨ater in einen Brunnen, der daraufhin als wundert¨atig galt und als Wallfahrtsst¨atte zahlreiche Pilger anlockte. Vermutlich diente das Lied zur Propagierung und F¨orderung der Blomberger Wallfahrt. In einem vor 1473 entstandenen Traktat richtet sich Johannes Hagen gegen die mit 1335

Tabernes dem Brunnenwasser verbundenen abergl¨aubischen Praktiken. ¨ Uberlieferung: Wienhausen, Klosterbibl., Ms. 9, 20r-v (Pap.). Ausgaben: Paul Alpers: Das Wienh¨auser Liederbuch. In: NdJb 69/70 (1943/47) S. 1–40, hier S. 16 f. – Heinrich Sievers: Das Wienh¨auser Liederbuch. Bd. 1: Faks. Wolfenb¨uttel 1954, Bl. 20r-v. Literatur: Johannes Janota, VL2 9 (1995) Sp. 565 f. – H. Sievers: Das Wienh¨auser Liederbuch. Bd. 2: Komm. Wolfenb¨uttel 1954. – Joseph Klapper: Der Erfurter Kart¨auser Johannes Hagen. Bd. 1. Leipzig 1960, S. 99–109; Bd. 2. Leipzig 1961, S. 92–112. – P. Alpers: Weltliches im Wienh¨auser Liederbuch. In: Jb. f¨ur Volksliedforschung 12 (1967) S. 93–102, hier S. 94. – HansPeter Wehlt: Blomberg. In: Westf¨alisches Klosterbuch. Tl. 1. Hg. v. Karl Hengst. M¨unster 1992, S. 84–88 (Lit.). – Martin J. Schubert: Wienh¨auser Liederbuch. In: Elisabeth v. Th¨uringen – eine europ¨aische Heilige. Kat., hg. v. Dieter Blume/Matthias Werner. Petersberg 2007, S. 195 (Nr. 125). SF Westf¨alischer Totentanz. – Mittelnd. Totentaz. Das stark beschnittene Pergamentst¨uck zeigt in relativ unmittelbarer «Danse macabre»-Rezeption zwei Todesfiguren als Sargtr¨ager; die eine von ihnen spielt zus¨atzlich Fl¨ote. Der beigegebene Text besteht aus kreuzgereimten, achtzeiligen Strophen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 735 (19,5 × 21,5 cm). Ausgaben: Seelmann (s. Lit.) S. 126 (Text, nicht ganz vollst¨andig entziffert). – Rosenfeld 31974 (s. Lit.) S. 327 f. (krit. Text und Abb. 17). – Faks.: Hammerstein (s. Lit.) Abb. 265. – Schulte (s. Lit.) Abb. 4. Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 11 (2004) Sp. 967 f. – W. Seelmann: Fragm. eines Totentanzes. In: NdJb 11 (1885) S. 126 f. – P. Post: Die Kost¨ume der M¨anner v. 1400–1450. In: Dt. Kulturatlas. Hg. v. G. L¨udeke/L. Mackensen. 1928–36, Tf. 106 f. – H. Wegener: Beschreibendes Verz. der Miniaturen und des Initialschmuckes in den dt. Hss. bis 1500 (Beschreibende Verzeichnisse der Miniaturen-Hss. der Preuss. SB zu Berlin 5). 1928, S. 142. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 193–196 u. o¨ ., vgl. Reg. (Lit.). – Reinhold Hammerstein: Tanz und Musik des Todes. Die ma. 1336

Gussinger ¨ Totentanz Totent¨anze und ihr Nachleben. Bern/M¨unchen 1980, S. 197 f. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze [...]. (Nd. Stud. 36). K¨oln/Wien 1990, S. 191 f. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura et poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 130–132. BJ Oberdeutscher vierzeiliger Totentanz. Die 24 Figuren des Totentanzes sind hierarchisch angeordnet, beginnend mit Papst und Kaiser, endend mit Kind und Mutter. ¨ Uberlieferung: Augsburg, SB und StB, 2° Cod 157, 18ra–20ra (um 1457) (A). – Berlin, SBB, Mgf 19, 224r–227v (um 1460) (B). – Budapest, Bibl. et Archivum P. P. Franciscanorum, Cod. Esztergom 11, 137r–141v (um 1500; → G¨ussinger Totentanz) (Bu). – Heidelberg, Cpg, 79r–80v (Schreiber: Sigismund Gossembrot, um 1443/47, lat.dt.) (H1). – Ebd., Cpg 438, 129r–142v (Blockbuch, kurz vor 1460) (H2). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 270, 192v–197v (um 1464) (M1). – Ebd., Cod. xyl. mon. 39 (Versoseite: ausgeschnittene Blockbuchholzschnitte, Rectoseite: hsl. Texte, um 1470/80). – Ebd., Cgm 2927, 13r–15v (1446) (M3). Ausgaben: a) kritische: Maßmann (s. Lit.) nach S. 127. – Wilhelm Fehse: Der obd. vierzeilige Totentanztext. In: ZfdPh 40 (1908) S. 67–92. – Rosenfeld 31974, S. 308–323. – b) einzelne Textfassungen: Fehse, S. 50–58 (H1). – Cosacchi (s. Lit.) S. 735–740 (H1). – Hammerstein (s. Lit) S. 31–39 (H1 mit Umstellungen und Erg¨anzungen). – Koller, Anhang (Faks von H2). – Kaiser (s. ¨ Lit.) S. 276–329 (Faks. und Ubersetzung v. H2). – Hansj¨urgen Linke: Der G¨ussinger Totentanz. In: Architectura Poetica. FS Johannes Rathofer. Hg. v. Ulrich Ernst/Bernhard Sowinski. K¨oln/Wien 1990, S. 277–297 (Bu). – Wilfried Werner (Hg.): Die Zehn Gebote [...]. Farbmikrofiche-Edition der Hss. und der Blockb¨ucher in dem Cod. Pal. Germ. 438 der Univ.-Bibl. Heidelberg (Monumenta xylographica et typographica 3). M¨unchen 1994 (H2). Literatur: Christoph Kiening, VL2 11 (2004) Sp. 1074–1079. – H. F. Maßmann: Die Baseler Totent¨anze. Stuttgart 1847. – Wilhelm Fehse: Der Ursprung der Totent¨anze. Halle 1907. – Ders: Das Totentanzproblem. In: ZfdPh 42 (1910) S. 261–286. – Wolfgang Stammler: Die Totent¨anze des MA. Mu¨ nchen 1922. Neuausg. u. d. T. Der Totentanz. Entstehung und Deutung. Mu¨ nchen 1948. – Ellen Breede: Stud. zu den lat. und deutschsprachlichen Totentanztexten des 13. bis 17. Jh. Halle 1337

2. H¨alfte 15. Jh. 1931, S. 106–109. – L. P. Kurtz: The Dance of Death and the Macabre Spirit in European Literature. New York 1934. – Stephan Cosacchi: Makabertanz. Meisenheim am Glan 1965, S. 733–758. – Hellmut Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 89–102. – Reinhold Hammerstein: Tanz und Musik des Todes. Die ma. Totent¨anze und ihr Nachleben. Bern/Mu¨ nchen 1980. – Erwin Koller: Totentanz. Versuch einer Textembeschreibung. Innsbruck 1980. – Gert Kaiser: Der tanzende Tod. Frankfurt/M. 1982 u. o. ¨ – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze [...]. (Nd. Stud. 36). K¨oln/Wien 1990, S. 157–179. – Franz Egger: Der Basler Totentanz. Basel 1990. – G. Kaiser: Totentanz und verkehrte Welt. In: Tanz und Tod in Lit. und Kunst. Hg. v. Franz Link. Berlin 1993, S. 93–118. – Nigel F. Palmer: Ars moriendi und Totentanz. In: Tod im MA. Hg. v. Arno Borst u. a. Konstanz 1993, S. 313–334. – Annette Kr¨uger: Heilsgeschichtliche Bez¨uge in sp¨atma. Totent¨anzen. In: NdJb 117 (1994) S. 109–129. – C. Kiening: Contemptus mundi in Vers und Bild am Ende des MA. In: ZfdA 123 (1994) S. 409–457, 482. – Ders.: Totent¨anze – Ambivalenzen des Typus. In: Jb. f¨ur Internationale Germanistik 27 (1995) S. 38–56. – Bruno Reudenbach: Tod und Verg¨anglichkeit in Bildern des Sp¨atMA und der fr¨uhen Neuzeit. In: Erfindung des Menschen. Hg. v. Richard van D¨ulmen. Wien u. a. 1998, S. 73–91. – C. Kiening: Das andere Selbst. Figuren des Todes an der Schwelle zur Neuzeit. M¨unchen 2003. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura et poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 199–225. BJ Gussinger ¨ Totentanz. Der zwar bereits 1883 aufgefundene, jedoch erst 1985 bekannt gemachte G. T. geh¨ort zur Familie des → Oberdeutschen vierzeiligen Totentanzes. ¨ Uberlieferung: Budapest, Bibl. et Archivum P.P. Franciscanorum, Cod. Esztergom 11, 137r–141v (Pap.). Ausgabe: Hansj¨urgen Linke: Der G¨ussinger Totentanz. In: Architectura poetica. FS Johannes Rathofer. Hg. v. Ulrich Ernst/Bernhard Sowinski. K¨oln/Wien 1990, S. 277–297. Literatur: Hansj¨urgen Linke, VL 11 (2004) Sp. 571. BJ 1338

2. H¨alfte 15. Jh. Lubecker ¨ Totent¨anze. 1. Der Totentanz von 1463. ¨ Uberlieferung: L¨ubeck, Marienkirche, Beichtkapelle, von Bernt Notke (fast 30 m, auf Leisten gespannte Leinwand mit nd. Schriftband unter den Figuren, uber Kirchengest¨uhl mit 52 Figuren ein¨ schließlich Prediger und aufspielendem Tod), am 15.8.1463 vollendet. 1588 wurden die ersten 28 Figuren durch Kopien ersetzt (das restaurierte Original ist seit 1603 in Reval, Nikolaikirche, die ersten 13 Figuren sind dort bis heute erhalten), 1701 durch Kopie des Gem¨aldes (Anton Wortmann) mit hochdt. Versen (barocke Alexandriner) komplett ersetzt, bei einem Bombenangriff in der Nacht 28./29.3.1942 vollst¨andig zerst¨ort. Ausgaben: Seelmann 1891 (s. Lit.) S. 70–78. – Wolfgang Stammler: Mnd. Lesebuch. Hamburg 1921, S. 119–127. – W. Dahms (Hg.): Die nd. Verse v. 1463 und die hochdt. Verse v. 1701 zum Totentanz in der St. Marienkirche zu L¨ubeck aus dem Jahre 1463 erneuert 1701. L¨ubeck 1929. – Freytag 1993 (s. Lit.). Grundlage war die frz. Danse macabre in einem mndl. Bilderbogen; auch der → Obd. vierzeilige Totentanz war bekannt. Der T. stellt die S¨undhaftigkeit aller St¨ande, besonders der h¨oheren, dar. Im Sinne der Devotio moderna verheißt der Tod Figuren wie dem bußfertigen Klausner und dem Bauern, der immer in Arbeit und M¨uhsal gelebt hat, Gottes Erbarmen.Verloren sind die V. 109–180, 213–228, 389–396 und 399–404. Das 1464 in L¨ubeck entstandene → Redentiner Osterspiel kn¨upft an den Totentanz von 1463 an. 2. Der Totentanz von 1489. ¨ Uberlieferung: Des dodes Dantz. L¨ubeck: Mohnkopfdrucker (vgl. → L¨ubecker MohnkopfOffizin), 1489, 21496 (1686 nd. Verse). Ausgaben: Faks. hg. v. Max J. Friedl¨ander (Ver¨off. der Graphischen Ges. 12). Berlin 1910. – Text hg. v. Hermann Baethcke: Des dodes dantz. Nach den L¨ubecker Drucken v. 1489 und 1496. Stuttgart 1876. Nachdr. 1968. Diese Inkunabel weitet den Text von 1463 um das Vierfache; vielleicht wurden das Gespr¨ach zwischen Levent und Dod (Druck L¨ubeck 1484, → Leben und Tod), das Boek der Profecien, Epistolen vnde hyllyghen Ewangelii over dat gantze Jaer (L¨ubeck, St. Arndes 1488) und andere Quellen benutzt. Der 1686 Verse umfassende Totentanz enth¨alt neben den Zwiegespr¨achen zwischen den sterbenden Menschen und dem Tod (ingesamt 1347 Verse) 1339

Lubecker ¨ Totent¨anze drei einleitende und acht abschließende Kapitel, in denen versucht wird, ein Erkl¨arungsmodell f¨ur Krankheit und Tod zu finden. Es sind 28 St¨andevertreter dargestellt. 3. Der Totentanz von 1520. ¨ Uberlieferung: Dodendantz. L¨ubeck: Mohnkopfdrucker 1520 (Exemplar in Oxford, Bodleian Library). Ausgabe: Seelmann 1895 (s. Lit.) S. 111–122. Der im Vergleich zur Inkunabel sehr viel k¨urzere Text (424 nd. Verse) benutzt im Wesentlichen dieselben Holzschnitte wie in Des dodes dantz, weist allerdings 32 St¨andervertreter auf. Auch antwortet der Tod nicht wie 1489, sondern spricht als erster zum Sterbenden. Den Dialogen geht eine 16 Verse umfassende Vorrede und ein ebenso langer Aufruf des Todes an die Menschen voraus. Den Abschluss bildete eine aus 32 Versen bestehende Mahnrede des Todes. 4. Der Hannoversche Totentanz am Ende von Hermann → Botes handschriftlicher Weltchronik bis 1518. ¨ Uberlieferung: Hannover, LB, Ms. XI 669, 450r–453r. Ausgabe: C. Borchling: Ein prosaischer nd. Totentanz des 16. Jh. In: NdJb 28 (1902) S. 25–31. Der Totentanz, der sich in den Anh¨angen der Chronik vor der Beschreibung der 15 Zeichen des J¨ungsten Gerichts befindet, bringt nur die Reden des Todes in nd. Prosa; die Menschen kommen nicht zu Wort. Zudem gibt es keine Abbildung des Reigens. Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 5 (1985) Sp. 935–938; 11 (2004) Sp. 932. – Ludwig Suhl: Kurze Nachricht vom L¨ubeckischen Todtentanze. L¨ubeck 1783. – Wilhelm Seelmann: Die L¨ubecker Totent¨anze v. 1489 und 1520. In: NdJb 17 (1891) S. 34–37. – Ders.: Der alte l¨ubisch-revalsche Totentanztext. In: ebd., S. 68–80. – Ders.: Der L¨ubecker Totentanz v. 1520. In: NdJb 21 (1895) S. 108–122. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. und verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 99–101, 160, 166–168, 183–203, 214–229, 233, 331, 348 f., 351, 366; Abb. 21, 29. – Olaf Schwencke: Ein Kreis sp¨atma. Erbauungsschriftsteller in L¨ubeck. In: NdJb 88 (1965) S. 20–58. – Achim Masser: Das Redentiner Osterspiel und der Totentanz v. L¨ubeck. In: ZfdPh 89 (1970) S. 66–74. – Reinhold Hammerstein: Tanz und Musik des Todes. Die ma. Totent¨anze und ihr Nachleben. 1340

Revaler Totentanz Bern/Mu¨ nchen 1980, bes. S. 67 f., 154–156. – Birgit Schulte: Hermen Botes Prosa-Totentanz und sein Verh¨altnis zur L¨ubecker Vorlage. In Korrespondenzbl. des Vereins f¨ur nd. Sprachforschung 88 (1981) S. 15–22. – Hartmut Freytag: Die Totentanzfragmente der Marienkirche in L¨ubeck und in der Nikolaikirche in Reval (heute Tallinn). In: NdJb 111 (1988) S. 31–52. – Ders. (Hg.): Der Todtentanz in der Marienkirche zu L¨ubeck. Mit einer Zeichnung von C. J. Milde, mit erl¨auterndem Text von Professor W. Mantels. Nachdr. der Ausg. L¨ubeck, Rathgens von 1866 mit einem Nachwort ‹Der Totentanz in der Marienkirche zu L¨ubeck und das Totentanz-Fragm. in der Nikolaikirche zu Reval (Tallinn). L¨ubeck 1989. 2, verm. und verb. Aufl. 1993. 3., erneut verm. und verb. Aufl. 1997. – Ders.: Der L¨ubeck-Revaler Totentanz v. 1463 – spectel ‹geistliches Schauspiel› oder spegel ‹Speculum›? In: Architectura poetica. FS Johannes Rathofer. Hg. Ulrich Ernst/Bernhard Sowinski (K¨olner Germanistische Stud. 30). K¨oln/Wien 1990, S. 299–306. – Ders. (Hg.): Der Totentanz der Marienkirche in L¨ubeck und der Nikoliakirche in Reval (Tallinn). Edition, Kommentar, Interpretation, Rezeption (Nd. Stud.). K¨oln/Weimar/Wien 1993. – Ders.: Der Totentanz-Fries der Marienkirche in L¨ubeck. Zu Problemen und Inhalten eines Kommentars. In: Editio 8 (1994) S. 71–79. – Maike Claußnitzer/H. Freytag/Susanne Warda: Das Re¨ dentiner – ein L¨ubecker Osterspiel. Uber das Redentiner Osterspiel v. 1464 und den Totentanz in der Marienkirche in L¨ubeck v. 1463. In: Zs. f¨ur dt. Altertum und dt. Lit. 132 (2003) S. 189–238. – Rolf Paul Dreier: Der Totentanz – ein Motiv der kirchlichen Kunst als Projektionsfl¨ache f¨ur profane Botschaften (1425–1650). Leiden 2010, bes. S. 79–131. – S. Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura et poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 69–106, 120–126. BJ Revaler (Tallinner) Totentanz. Das Totentanzfragment (756 x 163 cm) von 1463, 1466 (Hasse), 1468 (Eimer) oder um 1500 (Lumiste/Globatschowa) ist vermutlich in n¨achster Nachbarschaft zum L¨ubecker Totentanz-Fragment der Marienkirche von 1463 (→ L¨ubecker Totent¨anze) entstanden. Es enth¨alt 13 Figuren und den auf Spruchb¨andern unter ihnen stehenden mnd. Text (V. 1–36, 44–108), der mundartlich nach L¨ubeck weist und – mit Ausnahmen – stilistisch dem 1341

2. H¨alfte 15. Jh. L¨ubecker Totentanz entspricht. Das Revaler Fragment ist das a¨ lteste Zeugnis f¨ur einen in Bild und Wort erhaltenen deutschsprachigen Totentanz. ¨ Uberlieferung: Antoniuskapelle der Nikolaikirche in Tallinn. Ausgaben: Carl Russwurm: Der Todtentanz in der St. Nicolaikirche zu Reval. In: Das Inland. Eine Wochenschr. f¨ur Liv-, Esth- und Curland’s Gesch., Geographie, Statistik und Litteratur 3. Nr. 31–33 (1838) S. 481–486, 497–502, 513–519. – Gotthard v. Hansen: Die Kirchen und ehemaligen Kl¨oster Revals. Reval 21873, 31885, S. 40–45. – Eugen v. Nottbeck/Wilhelm Neumann: Gesch. und Kunstdenkm¨aler der Stadt Reval. Bd. 2. Reval 1904, S. 75 f. – Wilhelm Seelmann: Der alte l¨ubisch-revalsche Totentanztext. In: NdJb 17 (1891) S. 68–80. – Wolfgang Stammler: Der L¨ubecker Totentanz v. 1463. In: Ders.: Mnd. Lesebuch. Hamburg 1921, S. 119–127, Anm. und Nachweise S. 146 f. – Mai Lumiste: Tallinna Surmatants (Eesti NSV Kultuuri Kirjastus. Kunst). Tal¨ linn 1976, S. 40 f. – Ubers. bei Russwurm und v. ¨ Hansen; Ubers. ins Estnische bei Lumiste, S. 18 f., 22 f., ins Russische ebd., S. 50 f., 54. – Abb. des gesamten Fragm. und einzelner Teile bei Lumiste/ Globatschowa. Literatur: Hartmut Freytag, VL2 8 (1992) Sp. 2–6; 11 (2004) Sp. 1298. – Der Todtentanz in der Marienkirche zu L¨ubeck. Nach einer Zeichnung v. Carl Julius Milde, mit erl¨auterndem Text von Wilhelm Mantels. L¨ubeck 1866. Nachdr., hg. v. H. Freytag. L¨ubeck 1989. – W. Mantels: Der L¨ubecker Todtentanz vor seiner Erneuerung im Jahre 1701, Anz. f¨ur Kunde der dt. Vorzeit 20 (1873) S. 158–161. – Seelmann (s. Ausg.) S. 68–70. – Erik Moltke: Der Totentanz in Tallinn (Reval) und Bernt Notke. In: Nordisk medeltid. Konsthistoriska studier till¨agnade Armin Tuulse. Hg. v. Sten Karling u. a. (Acta Universitatis Stockholmiensis. Stockholm Studies in History of Art 13). Stockholm 1967, S. 321–327. – M. Lumiste/S. Globatschowa: Der Revaler Totentanz von Bernt Notke. Forschungsergebnisse im Lichte einer neuen Restaurierung. In: Zs. des dt. Ver. f¨ur Kunstwiss. 23 (1969) S. 122–138. – E. Moltke: Bernt Notkes ˚ Altartavle i Arhus Domkirke og Tallinntavlen. Mit Regesten und Bildtexten auf deutsch. 2 Bde. Kopenhagen 1970. – Max Hasse: Bernt Notke. In: Zs. des dt. Ver. f¨ur Kunstwiss. 24 (1970) S. 18–60. – Lumiste (s. Ausg.), Interpretation in estnischer (S. 14–47), russischer (S. 38–67) und dt. Sprache 1342

2. H¨alfte 15. Jh. (S. 69–82). – Gerhard Eimer: Bernt Notke. Das Wirken eines nd. K¨unstlers im Ostseeraum (Kulturstiftung der dt. Vertriebenen). Bonn 1985, S. 33, 35, 37, 39–48, 171, 173. – S. Globatschowa: Restaurierung des Tallinner Gem¨aldes v. Bernt Notke ‹Der Totentanz› (XV. Jh.). In: Martin-Carl-AdolfB¨ockler-Stiftung. ‹Homburger Gespr¨ach› vom 6. bis zum 9. Oktober 1985. H. 7: Die Kunst Nordeuropas u. der Baltenl¨ander. Hg. v. Erich B¨ockler. Bad Homburg 1986, S. 97–107. – Ernst Murbach: Ikonographie und Entwicklung der Totentanzdarstellungen unter Ber¨ucksichtigung des Revaler Totentanzes. In: ebd., S. 81–96. – H. Freytag: Die Totentanzfragmente der Marienkirche in L¨ubeck und der Nikolaikirche im ehemaligen Reval (heute Tallinn). In: NdJb 111 (1988) S. 31–52. – Ders.: Der L¨ubeck-Revaler Totentanz v. 1463 – ‹spectel›, ‹geistliches Schauspiel› oder ‹spegel› ‹Speculum›. Architectura poetica. FS Johannes Rathofer. Hg. v. Ulrich Ernst/Bernhard Sowinski (K¨olner germanistische Stud. 30). K¨oln/Wien 1990, S. 299–306. BJ Mittelrheinischer Totentanz. Die wichtigsten Text- und Bildzeugen sind der wahrscheinlich um 1485/88 erschienene Knoblochtzer-Druck und die in der Landesbibliothek Kassel aufbewahrte illustrierte Handschrift. Der Text ist weitgehend identisch, w¨ahrend die Bilder eine sehr unterschiedliche Gestaltung zeigen. Der M. T. beeinflusste die illustrierte Handschrift des Grafen von Zimmern (Beginn des 16. Jh.), ein Kirchengem¨alde in Kienzheim/Elsass, den Overijsselschen Totentanz und den Nordb¨ohmischen Totentanz. ¨ Uberlieferung: Kassel, Murhardsche Bibl. u. LB, 4° Mss. poet. 5 (letztes Drittel 15. Jh.; vgl. G. Struck: Die Handschriftensch¨atze der LB Kassel 2, 1930, S. 94–98); Bll. 19–20. 29–35 im Zweiten Weltkrieg verloren; Textabschrift des 19. Jh. Berlin, SBB, Mgq 960; alle Bilder bei Hammerstein, Abb. 266–291 (608 Verse in 76 achtzeiligen Str., 20 Einleitungsverse). – Drucke: Der doten dantz mit figuren. Heidelberg, H. Knoblochtzer 1485/88 (608 Verse, 20 Einleitungs- und 36 Schlussverse; Faks. hg. v. A. Schramm, Leipzig 1922; Holzschnitte bei A. Schramm: Der Bilderschmuck der Fr¨uhdrucke 19, 1936, Abb. 618–659 und Hammerstein, Abb. ¨ 138–177; Faks. [mit nhd. Ubers.] in: G. Kaiser: Der tanzende Tod [Insel-Taschenb¨ucher 647], 1983, 1343

Mittelrheinischer Totentanz S. 112–193). – Der Dodten dantz mit figuren. Mainz, J. Meydenbach 1492 (Exemplar in Mu¨ nchen, BSB, Im. mort. 2). – Der todten dantz mit figuren. M¨unchen, J. Schobser ca. 1510 (608 Verse in 76 Str., 34 Einleitungs- und 38 Schlussverse; Faks.-Ausg. Mu¨ nchen 1925). Ausgabe: R. Rieger: Der j¨ungere Totentanz. In: Germania 19 (1874) S. 27–280. Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 6 (1987) Sp. 625–628. – Bertha Antonia Wallner: Die Bilder des achtzeiligen obd. Totentanzes. Ein Beitr. zur Musikikonographie des 15. Jh. In: Zs. f¨ur Musikwiss. 6 (1923/24) S. 65–74. – Leo Baer: Der Heidelberger Totentanz und die mittelrheinische Buchillustration des f¨unfzehnten Jh. In: Gutenberg-FS zur Feier des 25j¨ahrigen Bestehens des Gutenberg-Museums in Mainz. Hg. v. A. Ruppel. Mainz 1925, S. 269–275. – Wolfgang Stammler: Der Totentanz. Entstehung und Deutung. M¨unchen 1948, S. 61–64; H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 230–254, 332, 335 f., Abb. 28, 33, 39. – Reinhold Hammerstein: Tanz und Musik des Todes. Die ma. Totent¨anze und ihr Nachleben. Bern/M¨unchen 1980, S. 83–88, 119–128, 198–212. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura et poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 140–199. BJ Klever Totentanz. Die Textfragmente des teilweise mit dem Mittelrheinischen Totentanz verwandten K. T. – drei der vier Fragmente sind erst seit 1996 bekannt – umfassen 180 Verse und bieten nach einem Prolog Strophen von Kaufmann, Wucherer, des Wucherers Erbe, B¨urger, Handwerker, B¨urgerin und Waldbruder, zuletzt die Anrede des Todes an ‹allerlei Volk› und den ersten Vers der Antwort Jedermanns. H. Freytag stellte Beziehungen einiger Verse zum L¨ubeck-Revaler Totentanz fest; der Text ist auch im Umkreis der altfranz¨osischen danse macabre zu sehen. Die Verse vom Erben des Wucherers und diejenigen des Waldbruders u¨ berliefert kein anderer Totentanz. ¨ Uberlieferung: Fragm. 1–3 (133 Verse): D¨usseldorf, Nordrhein-Westf¨alisches Hauptstaatsarch., Annex zu zwei Aktenbdn., Stift Wissel, Akten Nr. 17 und 17a. – Fragm. 4 (47 Verse): Leeuwarden, Provinciale Bibliotheek van Friesland, 150 Hs. 1344

Pfister a. – Faks. v. Fragm. 3 bei Claassens/Sternberg (s. Lit.) S. 74–76. Ausgaben: Stoett (s. Lit.) S. 156 f. (Fragm. 4). – Rosenfeld (s. Lit.) S. 335 f. (Fragm. 4). – Claassens/ Sternberg (s. Lit.) S. 77–83. Literatur: Hartmut Freytag, VL2 11 (2004) Sp. 851–853. – F. A. Stoett: Spreekwijzen verklaard. III. Den dans ontspringen. In: Nord en Zuid 14 (1891) S. 153–158. – Hellmut Rosenfeld: Der ma Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Beihefte zum Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). Mu¨ nster/K¨oln 1954. 21974, S. 253 f. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze. Unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Inkunabel ‹Des dodes danz›. L¨ubeck 1489 (Nd. Stud. 36). K¨oln/Wien 1990, S. 186–191. – Gert M. Classens/Brigitte Sternberg: Ein Klever Totentanz? Neu entdeckte Fragmente. In: ZfdPh 115 (1996) S. 55–83. – H. Freytag: Ein Klever Toten¨ tanz aus dem 15. Jh. Uber Beziehungen der j¨ungst entdeckten Fragmente zum Totentanz der Marienkirche in L¨ubeck und dem Totentanz in der Nikolaikirche in Reval. In: ebd. 116 (1997) S. 90–93. – Susanne Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura und poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 195–199. BJ Pfister, Albrecht, † vor dem 13.4.1466. – Bamberger Drucker. Nur wenige Lebensdaten P.s sind bekannt. Er war Kleriker («clericus coniugatus») und seit etwa 1448 Sekret¨ar des Bamberger F¨urstbischofs Georg I. von Schaumberg. 1460 f¨uhrte er dessen Lehenbuch. Im April 1466 wird P. als verstorben vermerkt. Der Sekret¨ar P. wird heute mit einem Bamberger Drucker gleichgesetzt, dem neun Inkunabeln aus der Zeit um 1460–64 zugeschrieben werden: Ulrich → Boners Der Edelstein (1461 und um 1462), → Johannes’ von Tepl Ackermann von B¨ohmen (um 1462 und um 1463), die Historia. Von Joseph, Daniel, Judith und Esther (1462), die → Biblia pauperum in dt. (um 1462 und um 1463) sowie lat. (um 1462/63) Sprache, schließlich eine dt. Ausgabe des Belial sive Consolatio peccatorum (um 1464) des Jakob von Theramo. P. ist in zweierlei Hinsicht als Pionier zu betrachten: In einer Zeit u¨ berwiegend lat. Drucke publizierte er mehrheitlich dt. Ausgaben und gewann damit eine charakteristische Volkst¨umlichkeit. Zweitens war er der erste Drucker, der seine 1345

2. H¨alfte 15. Jh. Inkunabeln mit Holzschnitten versah. Die Forschung hat bis heute zwei unbekannte Meister unterschieden, die diese Illustrationen herstellten. Ob P. bei seinen B¨uchern auch als Herausgeber oder Redaktor agierte, ist nicht sicher zu belegen. Die Qualit¨at seiner Texte schwankte; so gilt seine gek¨urzte Edelstein-Ausgabe als sprachlich mangelhaft. Die Vorlagen von P.s Drucken sind unbekannt. Die Vier Historien k¨onnten auf eine Historienbibel zur¨uckgehen. ¨ Uberlieferung: Drucke: Ulrich Boner: Der Edelstein. Bamberg: [A. P.] 1461 (GW Nr. 4839; Online-Ausg. HAB Wolfenb¨uttel [o. J.]). – Ulrich Boner: Der Edelstein. [Bamberg: A. P., um 1462] (GW Nr. 4840). – Ackermann von B¨ohmen. [Bamberg: A. P. um 1462] (GW Nr. 193). – Historia. Von Joseph, Daniel, Judith und Esther. Bamberg: A. P. 1462 (GW Nr. 12591). – Biblia pauperum. [Bamberg: A. P, um 1462] (dt.; GW Nr. 4325). – Biblia pauperum. [Bamberg: A. P. um 1462/63] (GW Nr. 4326; Online-Ausg. BSB M¨unchen [o. J.]). – Ackermann von B¨ohmen. [Bamberg: A. P. um 1463] (GW Nr. 194). – Biblia pauperum. [Bamberg: A. P. um 1463] (dt.; GW Nr. 4327). – Jacobus de Theramo: Belial sive Consolatio peccatorum. Bamberg: A. P. [um 1464] (dt.; GW Nr. M11085). – Unsicher sind die Fragm. GW Nr. 8688 und 8690. Ausgaben: Ulrich Boner: Der Edelstein. Lichdrucknachbildung der undatierten Ausgabe im Besitze der Kgl. Bibl. zu Berlin nebst 6 Tafeln nach der Ausgabe der Herzogl. Bibl. zu Wolfenb¨uttel. Berlin 1908. – Ders.: Der Edelstein. Faks. der ersten Druckausgabe Bamberg 1461. Hg. v. Doris Fouquet. 2 Bde. Stuttgart 1972. Literatur: ADB 25 (1887) S. 792–794. – Ferdinand Geldner, VL2 7 (1989) Sp. 571–574. – Gottfried Zedler: Die Bamberger Pfisterdrucke und die 36zeilige Bibel. Mainz 1911. – Victor Scholderer: A. P. of Bamberg. In: The Library Ser. 3,3 (1912) S. 230–236. – Pierre Gusman: Le premier livre typographique illustr´e, imprim´e par P. a` Bamberg (1460). In: Byblis 7 (1928) S. 81–85. – Herbert C. Schulz: A. P. and the N¨urnberg Woodcut School. In: Gutenberg-Jb. 28 (1953) S. 39–49. – F. Geldner: Die Buchdruckerkunst im alten Bamberg 1458/59 bis 1519. Bamberg 1964, S. 29–33 u. o¨ . – Margaret B. Stillwell: The Beginning of the World of Books, 1450 to 1470. A Chronological Survey of the Texts Chosen for Printing During the First 20 Years of 1346

2. H¨alfte 15. Jh. the Printing Art. New York 1972, S. 14–16 u. o¨ . – Wolfgang Milde: Zu den beiden Bonerdrucken A. P.s (GW 4839 und 4840). In: Gutenberg-Jb. 51 (1976) S. 109–116 (wieder in: Ders.: Mediaevalia et Lessingiana. Kleinere Schr. Hildesheim u. a. 2001, S. 85–92). – F. Geldner: Zum fr¨uhesten dt. und italienischen Wiegendr. In: Gutenberg-Jb. 54 (1979) S. 18–38. – Marion Janzin und Joachim G¨untner: Das Buch vom Buch. 5000 Jahre Buchgesch. Hannover 32007, S. 124–126. – Sabine H¨außermann: Die Bamberger Pfisterdrucke. Fr¨uhe Inkunabelillustration und Medienwandel. Berlin 2008. MM Tzewers, Wilhelm (Textoris de Aquisgrani; Guilelmus [Wilhelmus]; doctor Wilhelmus von Auch; Wilhelmus Weber; Wilhelmus Zcewers), * um 1420 Aachen, † 1512 ebd. – Theologe, Prediger. T. studierte seit 1446 in Erfurt (1450 Magister artium, 1460 lic. theol.), empfing um 1460 die Priesterweihe und stand in engem Kontakt mit → Jakob von J¨uterbogk (von Paradies) und Johannes → Indaginis (von Hagen). Seit 1462 an der 1460 er¨offneten Universit¨at Basel (Dr. theol.) t¨atig, war er bis 1472 als Nachfolger von Johannes Rucherat von Wesel Ordinarius f¨ur Theologie, mehrfach Dekan, 1463 und 1467/68 Rektor, 1465–82 auch Basler Mu¨ nsterprediger. 1470–1506 hatte er ein Kanonikat an St. Lambert in L¨uttich und seit 1474 an St. Marien in Aachen inne. 1477/78 unternahm er eine Reise nach Jerusalem und lebte seit etwa 1484 vermutlich in Aachen. Aus T.’ Erfurter Zeit stammt seine umfangreichstes Werk, ein Kommentar zum vierten Sentenzenbuch des → Petrus Lombardus (Hs. Bielefeld, Bibl. des Ratsgymnasiums, cod. 4, 1r–353v). Im Zusammenhang mit der Lehrt¨atigkeit in Basel stehen die Einleitungsvorlesungen in das Bibelstudium (Hss. Basel, UB, cod. A IV 19, 2r–82r [Ende der Vorlesung 19.2.1463]; ebd., cod. A VI 33, 251r–333v [unvollst¨andig]; Mu¨ nchen, UB, 2° cod. ms. 73, 189r–208r). Predigten aus T.’ Zeit als Mu¨ nsterprediger sind in Mitschriften von Johannes → Heynlin (von Stein) erhalten (Hs. Basel, UB, cod. A VII 10, 107r–125r); 17 seit 1462 entstandene lat. Predigten zu Herren- und Marienfesten und Kirchweih u¨ berliefert die Hs. Colmar, Bibl. Mun., cod. ms. 192, 1r–163v. Nach der Pilgerreise nach Jerusalem verfasste T. eine Descriptio [bzw. Itinerarius] terrae sanctae, die u. a. eine detaillierte und praktische 1347

Tzewers Anleitung zur Reise darstellt (Hss. Frankfurt/M. UB, Ms. Praed. 85 Nr. 2, 1r–51r; Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Weißenb. 52, 1r–93v; Z¨urich, ZB, cod. Car. C 58, 12r–62v). Nach dem Wegzug T.’ aus Basel u¨ bersetzte Ludwig → Moser eine Anleitung T.s zum Empfang des Altarsakraments mit einer Betrachtung des Leidens Christi ins Deutsche (Druck Basel, nicht nach 1489). Ferner verfasste T. nach seiner Basler Zeit ein an Laien gerichtetes Sterbebuch (Preparamentum saluberrimum christiani hominis ¨ ad mortem se disponentis; dt. Ubersetzung von L. Moser, Hs. Basel, UB, cod. A X 117, 2r–149v; nd. Druck von 1503: Eyn seer vruchbars boexken genant Mygrale). Literatur: J. Haustein, Dict. Spir. 15 (1991) Sp. 314 f. – Dieter Mertens, VL2 9 (1995) Sp. 1196–1200. – Emil Fromm: Beitr. zur Lebensgesch. des Wilhelm Textoris v. Aachen. In: Zs. des Aachener Geschichtsver. 14 (1892) S. 243–262. – F. Landmann: Der Basler Universit¨atsprofessor und Mu¨ nsterprediger Wilhelm Textoris und sein Predigtbuch in der StB zu Colmar. In: Archives de ´ l’Eglise d’Alsace N. S. 1 (1946) S. 133–161. – Ders.: Der Zyklus der Adventspredigten des Wilhelm Textoris vom Jahre 1476 nach den Aufzeichnungen seines Basler Berufsgenossen Heynlin vom Stein. In: Ebd. N. S. 2 (1947/48) 205–234. – Ders.: Die v. Wilhelm Textoris 1477 im Basler M¨unster gehaltenen und von Heynlin v. Stein aufgezeichneten Fastenpredigten. In: ebd. N. S. 3 (1949/50) ¨ S. 71–98. – Martin Elze: Zur Uberl. des Sermo historialis passionis dominicae v. Gabriel Biel. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 81 (1970). – D. Mertens: Iacobus Carthusiensis. Unters. zur Rezeption der Werke des Kart¨ausers Jakob v. Paradies. G¨ottingen 1976. – Erich Kleineidam: Universitas Studii Erffordensis I: Sp¨atMA 1392–1460. Leipzig 21985, S. 469 (Reg.); II: Sp¨atscholastik, Humanismus und Reformation 1461–1521. Ebd. 21992, S. 23–26, 310 f. BJ Becker, Eg(g)eling (Engelinus, Angelus, Engelmus, Eggclingus, Angelus de Brunsvico), † 1481 Straßburg. – Theologe. Der sp¨atma. Theologe E. B. wurde in Braunschweig geboren, studierte in Erfurt (1445 Magister artium), wo er eine Lehrt¨atigkeit aufnahm, war seit 1458 theologischer Lektor am Mainzer Dom und gefeierter Prediger; n¨ahere Beziehungen unterhielt er zu den Kart¨ausern. B. war freundschaftlich verbunden mit Johann → Geiler von Kaisersberg und 1348

Eberler Bibel besonders mit Gabriel → Biel. Urkunden bezeugen, dass B. sich ab 1478 in Straßburg aufhielt. Im Konflikt des Johann Rucherat von Wesel mit den Mainzer Dominikanern im Jahr 1479 sprach er sich mit Geiler von Kaisersberg gegen Wesels Verurteilung aus. B. verfasste vor 1459 eine umfangreiche Meßerkl¨arung Expositio canonis missae, die die Grundlage f¨ur Biels Canonis missae expositio darstellt und gr¨oßtenteils in diese u¨ bernommen wurde. Es handelt sich dabei um eine Verbindung aus traditioneller Meßallegorese, moralisch-aszetischer Auswertung und Ausf¨uhrungen u¨ ber weite Gebiete der dogmatischen Theologie. ¨ Uberlieferung: K¨oln, Hist. Arch., Cod. GB 2° 99 (Kloster St. Alban bei Mainz, 1464). – Frankfurt, UB, Ms. Barth. 93 (1470). Von B. stammen auch die Predigt Sermo [...] ad clerum [...] in vigilia assumpcionis gloriose virginis Marie (Mainz, StB, Hs. I 175, 66r–71r) und das Predigtfragment Sermo de sancto Anthonio abbate. Zusammen mit Paulus → Munthart verfasste B. 1480 eine Agenda f¨ur die Klosterfrauen des Reuerinnenklosters St. Maria Magdalena in Straßburg, die unter anderem Anleitungen zur Beichte und zum Sterbesakrament umfasst. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bibl. des Mus´ees de Strasbourg, LA.8–175 (1490; lat.). – Berliner Privatbesitz, Slg. Leuchte, Ms. XIV, 73ra–112vb (nach 1489; lat.-dt.). – Budapest, Orsz´agos Sz´ech´enyi K¨onyvtar, Cod. Germ. 6, 107r–177v (um 1490; dt. mit einzelnen lat. Stellen). Literatur: Erwin Iserloh, NDB 1 (1953) S. 714 f. (Lit.) – Ulrich Bubenheimer, VL2 1 (1978) Sp. 657 f. – Nigel F. Palmer: Munthart, Paulus. In: VL2 11 (2004) Sp. 1041–1043. – Alfons Knoll, LThK3 3 (1995) Sp. 462. – Johannes Trithemius: De scriptoribus ecclesiasticis (1494). In: Opera historica. Tl 1. Frankfurt/M. 1601, S. 373 f. – Adolph Franz: Die Messe im dt. MA. Freiburg i. Br. 1902, S. 537–555. – Erich Kleineidam: Universitas Studiorum Erffordensis. Bd. 1. Leipzig 1964, S. 159–161. – Elizabeth Jane Dempsey Douglass: Justification in Late Medieval Preaching (Studies in medieval and reformation thought 1). Leiden 1966. – Gerhard List: Die Hss. der StB Mainz. Bd. 2. Wiesbaden 1998, S. 121. SF Eberler Bibel. – Basler Bibel¨ubersetzung. Die E. B. ist auch als Wiener Bibel bekannt und wurde 1464 fertiggestellt. Auftraggeber war 1349

2. H¨alfte 15. Jh. der Basler Patrizier und M¨azen Mattis (Mathias) Eberler (um 1440–1502), dessen Wappen die zwei B¨ande der E. B. ziert. Der Text wurde von einem Johann Lichtenstern geschrieben, der wohl aus Mu¨ nchen stammte und damals in Basel stu¨ dierte. Die E. B. enth¨alt eine alemannische Ubertragung aus → Walthers 12. Zweig auf Grundlage der Bibel¨ubersetzung des Dominikaners Marquard (Marchwart) → Biberlis. Der Satzbau der E. B. orientiert sich st¨arker am dt. Gebrauch als am Original. Charakteristisch ist auch die teil¨ weise Nennung von m¨oglichen Ubersetzungsvarianten oder lat. Begriffen, die dem Leser jeweils ein eigenes Abw¨agen m¨oglicher Lesarten erlauben. Erw¨ahnenswert sind auch die farbig ornamentierten Initialen der E. B., die von zwei unbekannten Illuminatoren stammen. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 2769 (Perg., 1464, alemannisch; enth¨alt AT bis Ecclesiasticus). – ¨ Wien, ONB, Cod. 2770 (Perg., 1464, alemannisch; Fortsetzung ab Jes). Literatur: Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA 2. Braunschweig 1891 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) Sp. 401 f. – Konrad Escher: Die ‹Dt. Prachtbibel› der Wiener Nationalbibl. und ihre Stellung in der Basler Miniaturmalerei des XV. Jh. In: Jb. der kunsthist. Sammlungen in Wien 36 (1923) S. 47–96. – August Burckhardt: Junker Mathias Eberler, der Typus des reichen und kunstliebenden Baslers. In: Jahresber. der Freiwilligen Basler Denkmalpflege 1933 (1934) ˚ S. 13–30. – M¨arta Asdahl Holmberg: Exzipierendeinschr¨ankende Ausdrucksweisen untersucht besonders auf Grund hochdt. Bibel¨ubers. bis zum Anfang des 16. Jh. Uppsala 1967, S. 120–122. – Kurt E. Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. ¨ Unters. zur Verwandtschaft und Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. K¨oln/Graz 1967, S. 131 f. – Franz Simmler: Biblische Textsorten. Ihre Merkmale und Traditionen v. der Mitte des 15. bis zur Mitte des 16. Jh. In: Daphnis 33 (2004) S. 379–546. – Die pr¨achtigsten Bibeln. Hg. v. Andreas Fingernagel. K¨oln u. a. 2008, S.110–117. – Carola Redzich: Apocalypsis Joannis tot habet sacramenta quot ¨ verba. Stud. zu Sprache, Uberl. und Rezeption hochdt. Apokalypse¨ubers. des sp¨aten MA (MTU 137). Berlin/New York 2010, S. 448–454 u. o¨ . MM 1350

2. H¨alfte 15. Jh. Liber Floretus. – Didaktisches religi¨oses Werk in ca. 1160 Hexametern, von dem etwa seit der Mitte des 15. Jh. dt. Bearbeitungen vorliegen. Der zwischen dem sp¨aten 14. und dem 16. Jh. u¨ berlieferte und in sechs Abschnitte gegliederte L. F. soll eine Auswahl des Besten aus dem Garten Gottes darstellen. Das Werk, das den Charakter eines Florilegiums aufweist, stammt von einem anonymen Redaktor, der wahrscheinlich nur einzelne Passagen selbst verfasste. F¨alschlich wurde es seit dem 15. Jh. → Bernhard von Clairvaux zugeschrieben. Inhaltlich umfasst der Liber die christliche Glaubenslehre, die Zehn Gebote, die sieben weltlichen und die sieben geistlichen S¨unden, die Sakramente, Sterbelehre, Tugenden und Laster. Die Entstehungszeit des großteils in leoninischen Hexametern verfassten Werks liegt zwischen dem 12. und der zweiten H¨alfte des 14. Jh., als am wahrscheinlichen gilt die Entstehung in der ersten H¨alfte/Mitte des 14. Jh. ¨ Uberlieferung: Hans Walther: Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris latinorum. G¨ottingen 21969, 11943. – Erg¨anzungen: Mlat. Jb. 7 (1972) S. 304; 8 (1973) S. 297; 9 (1973) S. 333; 16 (1981) S. 426. – Ferner: Gotha, Forschungsbibl., Cod. Gymn. 1. – St. Paul/K¨arnten, Stiftsarch., Cod. 214/4 und Cod. 239/4. – Drucke: a) unter dem Namen Bernhards: GW 3996–4019. – Leopold Janauschek: Bibliographia Bernardina (Xenia Bernardina T. 4). Wien 1891. Nachdr. Hildesheim 1959, Reg. – b) innerhalb der ‹Auctores octo›: GW 2776–2800. Drucke des 16. Jh. bei: Johannes Oster¨ nacher: Die Uberl. der Ecloga Theoduli. In: NA 40 (1916) S. 347–352. ´ Ausgabe: Arpad Orb´an: L. F. Hg. nach der Hs. Utrecht, UB,283 (Beih. zum Mlat. Jb. 16). Kastellaun/Hunsr¨uck 1979. ¨ Dt. Ubersetzungen: Ein unvollst¨andige Interlinear¨ubersetzung bietet Mu¨ nchen, BSB, Clm 4409, 47r–82v (15. Jh.). Eine Reimpaar¨ubersetzung aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. ist u¨ berliefert in: Innsbruck, UB, Cod. 792, 1r–81r. – Oxford, Bodleian Library, Cod. Auct. I. Q. VII. 37. Literatur: Nikolaus Henkel, VL2 5 (1985) Sp. 756–759; 11 (2004) Sp. 921. – Histoire lit´eraire de la France. Bd. 8. Paris 1868 (Nachdr. Nendeln 1973) S. 91–95. – Barth´elemy Haur´eau: Notice sur les œuvre authentiques ou suppos´ees de Jean de Garlande. In: Notices et extraits des mss. de la Biblioth`eque Nationale 27,2 (1879) S. 1–86, 1351

Liber Floretus hier S. 25–27. – Ders.: Des po`emes latins attribu´es a` Saint Bernard. Paris 1890, S. 43–45. – Gustav ¨ Gr¨ober: Ubersicht u¨ ber die lat. Litt. v. der Mitte des 6. bis zur Mitte des 14. Jh. (Grundriß der romanischen Philol. II,1). Straßburg 1902, S. 379. – Edwin Habel: Johannes de Garlandia, ein Schulmann des 13. Jh. In: Mitt. der Ges. f¨ur dt. Erziehungsund Schulgesch. 19 (1909) S. 1–34 und 118–130, hier S. 119. – Robert Bultot: La ‹Chartula› et l’einseignement du m´epris du monde dans les e´ coles et les universit´es m´edi´evales. In: Studi medievali ser. 3a 8,2 (1967) S. 784–834, hier S. 799 f. – Nigel F. Palmer: Zum Nebeneinander v. Volkssprache und Lat. in sp¨atma. Texten. In: Lit. und Laienbildung im Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Symposium Wolfenb¨uttel 1981. Hg. v. Karl Stackmann. Stuttgart 1984, S. 579–600. SF Ulrich vom Grunenw ¨ orth. ¨ – Theologe, 15. Jh. U. war Priester der 1371 von Rulman → Merswin gegr¨undeten Straßburger Johanniterkommende auf dem Gr¨unenw¨orth; er ist nicht identisch mit Ulrich → Engelberti. Zentrales Thema einer von U. verfassten und in mehreren Handschriften u¨ berlieferten Predigt ist der Weg der Seele zu Gott mittels eines tugendhaften Lebens in der Nachfolge Christi mit dem Ziel der geistlichen Vereinigung. F¨ur die Beschreibung der vergeblichen Suche der Seele auf Erden ist eine Fassung des → Tochter Sion-Traktats eingearbeitet. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 741, 306rb–311rb (aus Medingen bei Dillingen, 1496, schw¨abisch) (B1). – Ebd., Mgq 182, 264r–276r (aus dem Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis, drittes Viertel 15. Jh., els¨assisch) (B2, Verfasserangabe nur hier). – N¨urnberg, StB, Cent. VII, 34, 147r–168v (aus dem N¨urnberger Katharinenkloster, Faszikel vielleicht aus Sch¨onensteinbach, erste H. 15. Jh., alemannisch). – Paris, Bibl. Nat. et Univ., Ms. allem. 222, 125r–131v (ebenfalls aus St. Nikolaus in undis, 15. Jh., els¨assisch). Ausgabe: Wiltrud Wichgraf: Der Traktat von der Tochter von Syon u. seine Bearbeitungen. In: PBB 46 (1922) S. 173–231 (S. 227–231 Abdruck der mit dem Tochter Sion-Traktat verwandten Passagen nach B2). Literatur: Monika Costard, VL2 9 (1995) Sp. 1265 f. – Wichgraf (s. Ausg.) S. 203 f. – Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. Schr. des Franziskaners Konrad B¨omlin (MTU 8). M¨unchen 1964, 1352

Kremer S. 15–19 (Beschreibung von B2). – Karin Schneider: Die dt. ma. Hss. Beschreibung des Buchschmucks: Heinz Zirnbauer (Die Hss. der Stadtbibl. N¨urnberg 1). Wiesbaden 1965, S. 316–324. BJ Gerhard von Elten OP, * um 1420, † nach dem 15. 2.1483. – Thomistischer Theologe. G. studierte in K¨oln seit 1439 zun¨achst die Artes und lehrte an der Artistenfakult¨at 1447–61. Er ließ das Studium der Theologie folgen (1458 Lizentiat, 1462 Magister) und wechselte als Lehrkraft an die Theologische Fakult¨at. 1458/59 und 1463/64 war G. Rektor der K¨olner Universit¨at und insgesamt viermal theologischer Dekan. Um 1466/67 trat er dem reformierten K¨olner Predigerkonvent bei und wurde bereits 1468/69 zum Regens f¨ur das Ordensstudium bestimmt (sp¨ater auch 1474/75, 1480/81). Außerdem war G. Kanonikus an St. Andreas und St. Maria ad Gradus in K¨oln. Als Vikar des neu gegr¨undeten Klosters und Studienhauses ging er 1475 nach Heidelberg, kehrte aber im folgenden Jahr nach K¨oln zur¨uck. 1478 wurde G. zum Inquisitor f¨ur die Di¨ozesen K¨oln, Mainz und Trier bestellt und war f¨uhrend am Mainzer Inquisitionsprozess gegen → Johann von Wesel beteiligt. Als strikter Thomist geh¨orte G. zu den ersten Theologen in Deutschland, die ihren Vorlesungen nicht die Sentenzen des → Petrus Lombardus sondern die Summa theologica des → Thomas von Aquin zugrunde legten. So sind seine erhaltenen Schriften denn auch dem Thomismus verpflichtet, eine widmet sich der Ordensreform. ¨ Uberlieferung: Lectura super I. partem Summae Thomae de Aquino: Basel, UB, Cod. A X 67 (XV), 3r–66v (Pap.). – Utrum liceat pueros ante pubertatis annos ad religionis ingressum inducere: Druck K¨oln um 1473/76 (GW 10672). – Declaratio modi et formae venditionis ac emptionis reddituum perpetuorum et vitalium: Druck K¨oln um 1473/76 (GW 10671). Literatur: Gundolf Gieraths, NDB 6 (1964) S. 470. – Franz-Josef Worstbrock, VL2 2 (1980) Sp. 1232 f. – Walter Senner, LThK3 4 (1995) Sp. 510. – Johannes Trithemius: Scriptores ecclesiastici. In: Opera historica 1. Hg. v. Marquard Freher. Frankfurt/M. 1601 (Nachdr. 1966) S. 372. – Jacques Qu´etif/Jaques Echard: Scriptores Ordinis Praedicatorum Bd. 1. Paris 1719 (Nachdr. 1910 und L¨owen ¨ 1961) S. 858. – Otto Clemen: Uber Leben und Schr. Johanns v. Wesel. In: Dt. Zs. f¨ur Geschichtswiss. NF 2 (1897/98) S. 143–173, hier S. 154. – Joseph Hansen: Quellen und Unters. zur Gesch. des 1353

2. H¨alfte 15. Jh. Hexenwahns und der Hexenverfolgung im MA. Mit einer Unters. der Gesch. des Wortes Hexe v. Johannes Franck (Hist. Bibl. 12a). Bonn 1901. Nachdr. Hildesheim 1963 und 2003. – Benedikt Reichert: Registrum litterarum Raymundi de Capua 1386–1399, Leonardi de Mansuetis 1474–1480 (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 6). Leipzig 1911, S. 67, 72, 95. – Gabriel L¨ohr: Die theologischen Disputationen und Promotionen an der Univ. K¨oln im ausgehenden 15. Jh. nach den Angaben des P. Servatius Fanckel O. P. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 21). Leipzig 1926, S. 21, 26, 52–54, 63 f., 70, 96, 113–115, 117–119. – Hermann Keussen: Regesten und Ausz¨uge zur Gesch. der Univ. K¨oln 1388–1559. In: Mitt. aus dem Stadtarch. v. K¨oln 36/37 (1918) S. 1–546, hier S: 160, 163, 183, 186, 225, 227, 232, 272. – Paulus A. Walz: De magistri Gerardi de E. O.P. lectura super I. partem summae S. Thomae. In: Analecta Sacri Ordinis Fratrum Praedicatorum 16 (1923/24) S. 84–87. – G. L¨ohr: Die K¨olner Dominikanerschule vom 14. bis zum 16. Jh. K¨oln 1948, S. 102 f. – Ders.: Die zweite Bl¨utezeit des K¨olner Dominikanerklosters. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 19 (1949) S. 208–254, hier S. 217, 243 f., 246. – Ders.: Die Dominikaner an der Univ. Heidelberg. In: ebd. 21 (1951) S. 272–293, hier S. 273, 277, 291. – Erich H¨ohn: Der Wissenschaftscharakter der Theologie bei dem K¨olner Thomisten G. v. E. († 1484). Diss. K¨oln 1977. – Thomas Kaeppeli: Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 33 f.; Nachtr. Bd. 4 (1993) S. 93 f. – Erich Meuthen: Die Artesfakult¨at der alten Univ. K¨oln. In: Die K¨olner Univ. im MA. Geistige Wurzeln und soziale Wirklichkeit (Miscellanea mediaevalia 20). Hg. v. Albert Zimmermann. Berlin/New York 1989, S. 366–393, hier S. 387 f. VZ Kremer, Marquart. – Ansonsten unbekannter ¨ Geistlicher, der sich als Ubersetzer des lat. Traktats Speyghel der samwittikeit nennt. Dieser nicht identifizierte S¨unden- und Beichttraktat ist nicht identisch mit der denselben Titel ¨ tragenden mndl. Ubersetzung der Augustin oder Bernhard zugeschriebenen Schrift De interiori domo (PL 184, Sp. 507–552). ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Helmst. 704, 191r–237r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nd.). 1354

2. H¨alfte 15. Jh. Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 353 f. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: K. Ruh: Altdt. und altndl. Mystik (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 386–426, hier S. 425–427. SF Ritter, Andreas, * um 1440 Gr¨unberg/Schlesien, † 1480. – Prediger. Seit 1471 ist der Augustinerchorherr R. als bedeutender und ber¨uhmter Prediger in Sagan, Gr¨unberg und Freystadt bezeugt. Aufgrund einer Auseinandersetzung mit dem Abt beging R. dem Catalogus abbatum Saganensium zufolge Selbstmord. Autobiographische Notizen in verschiedenen Breslauer Handschriften gew¨ahren einen genauen Einblick in die T¨atigkeit eines sp¨atma. Predigers, lassen aber auch auf einen Hang R.s zu h¨aufigen und ausgedehnten Besuchen der «taberna» bzw. zum Alkohol schließen. R. kann kein schriftstellerisches Werk im u¨ blichen Sinne zugestanden werden; erhalten sind lediglich teilweise von ihm geschriebene Handschriften mit Eigengut (Zus¨atze, Notizen etc.). Die Handschrift Breslau, UB, I O 122b enth¨alt Predigtmaterialien: zun¨achst nicht von seiner Hand stammende, aber von ihm mit Zus¨atzen versehene Sermones varii de tempore et de sanctis; der zweite Teil der Handschrift (alphabetisches Register, Predigtnotizen, Ausz¨uge aus den Revelationes der → Birgitta von Schweden etc.) ist von R. geschrieben. Ganz von seiner Hand stammt der Breslauer Codex I Q 387 mit zahlreichen Predigtentw¨urfen und autobiographischen Notizen. Darin finden sich vielerorts lat.-dt. Mischprosa sowie dt. Kurztexte (Mariengebete: 241r, 330r) und dt. und lat. Meditationen zum Hohen Lied (329r-v). Ob R. nur als Schreiber, ¨ als Ubersetzer oder vielleicht sogar als Verfasser dieser Texte gelten darf, ist bislang ungekl¨art. H¨aufig bietet R. im Anschluss an Predigtentw¨urfe dt. Liedinitien. Dt. Notizen und Kurztexte finden sich auch in der von R. angelegten Breslauer Handschrift I O 139, dem sog. Rapularius. Literatur: Volker Honemann, VL2 11 (2004) Sp. 1326–1329. – Arno Lubos: Das schlesische Geistesleben im MA. In: Jb. der schlesischen Friedrich Wilhelms-Univ. 1 (1955) S. 71–111, hier S. 77 f. – V. Honemann: Zu Leben und Werk des Saganer Augustinerchorherren A. R. In: Deutschsprachige Lit. des MA im o¨ stlichen Europa. Hg. v. Ralf G. P¨asler/Dietrich Schmidtke. Heidelberg 1355

Ritter 2006, S. 293–313. – Ders: A. R. In: Schlesische Lebensbilder. Bd. 9. Hg. v. Ludwig Petry u. a. W¨urzburg/Sigmaringen 2007, S. 67–73. – Ders.: Zu Leben und Werk des Saganer Augustinerchorherrn A. R. In: Literaturlandschaften. Schr. zur deutschsprachigen Lit. im Osten des Reiches. Hg. v. V. Honemann u. a. (Medieval to early modern culture 11). Frankfurt/M. 2008, S. 313–332. SF Robert von Molesme(s) (Rupert, Ruprecht). – Dt. Legende. R. (gest. 1111), der als Gr¨undergestalt des Zisterzienserordens gilt, war Abt der 1075 von ihm gegr¨undeten, Maria gewidmeten Abtei M.; um sein Ideal einer asketischen Lebensweise zu verwirklichen, verließ R. jedoch die Abtei und zog sich tempor¨ar in eine Einsiedelei zur¨uck. Sein Fest ist der 29. April. Die Lichtenthaler Schreibmeisterin → Regula ¨ verfasste um 1465/70 eine k¨urzende Ubersetzung einer um 1221 entstandenen lat. Vita, die sie ihrer Bearbeitung der Els¨assischen Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) als Erg¨anzung beif¨ugte. ¨ Uberlieferung: Straßburg, National- und UB, Ms. 2542, 124v–126r (Pap.). Ausgabe: Konrad Kunze: Die Els¨assische Legenda aurea. Bd. 2. Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. XXIX, S. 135–138. Literatur: Wimmer/Melzer (61988) S. 713. – Jean Richard, LexMA 7 (1989) Sp. 909 f. – Gerhard B. Winkler, LThK3 8 (1999) Sp. 1222. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 1331 f. – Bruno W. H¨auptli, BBKL 25 (2005) Sp. 1176–1183. SF Wedergang von Lunden. – Autor oder Kompilator einer Gebetsammlung aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Ein ansonsten unbekannter Propst W. v. L. in ¨ Dithmarschen nennt sich in der Uberschrift einer Sammlung von mnd. Gebeten und Betrachtungen in der Handschrift Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 19.26.7 Aug.4°, 82r–130v selbst als Verfasser: «prouest wedergang to lunde hefft it ghedichtet». Diese umfasst Dichtungen f¨ur den Festzyklus des Sommerhalbjahres von Ostern bis Allerheiligen. Literatur: Irene Stahl, VL2 10 (1999) Sp. 782 f. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. Reiseber. 3 (Nachr. v. der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Phil.hist. Kl. Beih. 1902). G¨ottingen 1902, S. 96. – Otto v. Heinemann: Die Augusteischen Hss. Bd. 4 (Kat. der HAB Wolfenb¨uttel, Alte Reihe 7). 1356

J¨ack Wolfenb¨uttel 1900. Nachdr. 1966, S. 280 f. – Ludwig Erich Schmitt (Hg.): Kurzer Grundriß der germ. Philol. bis 1500. Bd. 2. Berlin 1971, S. 278. SF Bew¨ahrung, dass die Juden irren. – Apologetischer Traktat, 1466. Zentrales Thema des Traktats ist die Auseinandersetzung mit den Einw¨anden der Juden gegen die «Wahrheit» des Christentums; Gew¨ahrsm¨anner des unbekannten Autors sind u. a. → Hieronymus, → Nikolaus von Lyra und → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl. Dem im Hauptteil in Wechselreden (f¨unf Quaestionen) dargelegten Irrt¨umern der Juden folgt eine Zusammenstellung der von den Juden gegen das Christentum vorgebrachten (13) Argumente. Der Traktat wurde einzeln (u. a. in der → Donaueschinger Liederhandschrift) wie auch als Buch I von → Der Seelen Wurzgarten u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Steer 1975, S. 194 f. Literatur: Georg Steer, VL2 1 (1978) Sp. 840 f. – Ders.: Zur Entstehung und Herkunft der Donaueschinger Hs. 120. In: W¨urzburger Prosastud. 2. FS Kurt Ruh. Hg. v. Peter Kesting (Medium Aevum 31). Mu¨ nchen 1975, 193–199. BJ ¨ J¨ack, Johannes, † 1466. – Prediger, Ubersetzer. J. stammte wie sein Bruder Heinrich J. aus Biberach. Gemeinsam studierten die Br¨uder seit 1450 in Wien die K¨unste. 1456 wurde J. Magister und sp¨atestens 1459 Kaplan am Heiliggeist-Spital in Biberach. Bis zu seinem Tod 1466 war er dort auch Prediger. Dieses Amt ging dann an Heinrich u¨ ber. ¨ J. ist nur mit einer einzigen Ubersetzung hervorgetreten, die zwischen 1459 und 1466 entstand und als Autograph mit J.s Unterschrift erhalten ist. Der von J. u¨ bertragene Text galt zur damaligen Zeit unter dem Titel Epistola ad Monicam als Brief des Augustinus an seine Mutter oder Schwester. Nach heutiger Kenntnis handelt es sich dabei jedoch um die Admonitio ad Nonsuidam reclusam des Adalger. J. hat die 15 Kapitel der Schrift mit Anspruch auf ¨ Exaktheit u¨ bersetzt. Gewidmet ist die Ubertragung der Buchauer F¨urst¨abtissin Margaretha von Werdenberg (1449–1497). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1045, 15r–24v (Pap., Inzigkofen, um 1459–66, schw¨abisch, Autograph). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 435 f. – Roger Aubert, DHGE 26 (1997) Sp. 792 f. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der 1357

2. H¨alfte 15. Jh. Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen. Sigmaringen 1997, S. 90. – J. J. In: Schwabenspiegel 1. Lit. vom Neckar bis zum Bodensee 1000–1800. Hg. v. Ulrich Gaier u. a. Ulm 2003, S. 435. MM J¨ack, Heinrich Priester, Prediger, * Anfang 15. Jh. Biberach, † 25.4.1491 Biberach. Mit seinem Bruder Johannes J¨ack studierte J. seit 1450 in Wien die K¨unste. Er wurde 1456 Magister und sp¨atestens 1459 Prediger in seiner Heimatstadt. 1462 in Meersburg zum Priester geweiht, war J. anschließend Altarist in Biberach und seit 1462 Pfarrer von Hundersingen/Alb-Donau-Kreis. Nach dem Tod seines Bruders wurde J. 1466 auch Prediger und Kaplan am Heiliggeist-Spital in Biberach. 1477 verkaufte er dem Spital seine bedeutsame Bibliothek, die Werke aus vielen Bereichen der Theologie enthielt und heute noch teilweise erhalten ist. Darunter waren ebenso Sammlungen von Predigten wie Schriften zum Kirchenrecht. J. werden heute sechs dt. Predigten zugeschrieben, die in einer Berliner Handschrift u¨ berliefert sind. Sie wurden wohl vor den Zisterzienserinnen der Abtei Heggbach gehalten, wie u. a. aus den behandelten Anl¨assen zu schließen ist. So besch¨aftigen sich die Predigten etwa mit den Amtsantritten ei¨ ner Abtissin und einer Priorin, mit der Einkleidung von Schwestern und mit dem Fest des Namensheiligen der Abteikirche. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1056, 1ra–90rb (Pap., letztes Drittel 15. Jh., ostalemannisch). Literatur: Werner Fechter, VL2 4 (1983) Sp. 433–435. – Roger Aubert, DHGE 26 (1997) Sp. 791. – Hermann Schoder: Eines Pfarrers Bibl. vor 450 Jahren. In: Bll. f¨ur w¨urttembergische Kirchengesch. NF 4 (1900) S. 56–75. – Dietrich Schmidtke: Geistliche Schiffahrt. Zum Thema des Schiffes der Buße im Sp¨atMA. In: PBB (Tu¨ b.) 92 (1970) S. 115–177, hier S. 140 f. mit Anm. 151. – Helmut Boese: Die Hss. und Inkunabeln des Spitalarch. in Biberach. Wiesbaden 1979, S. 24–30. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen. Sigmaringen 1997, S. 106. – Simone Dr¨ucke: Humanistische Laienbildung um 1500. ¨ Das Ubersetzungswerk des rheinischen Humanisten Johann Gottfried. G¨ottingen 2001, S. 57–59. – H. J. In: Schwabenspiegel 1. Lit. vom Neckar bis zum Bodensee 1000–1800. Hg. v. Ulrich Gaier u. a. Ulm 2003, S. 435. MM 1358

2. H¨alfte 15. Jh. Kemli, Gallus OSB, * 18.11.1417 St. Gallen, † 12.2.1480 oder 1481 vermutlich St. Gallen. – Wanderm¨onch, Schreiber und Sammler von Handschriften und Fr¨uhdrucken. 1428 trat K. in den Benediktinerorden (vermutlich Kloster St. Gallen) ein, 1441 erhielt er die Priesterweihe, verließ 1443 das Kloster St. Gallen mit f¨unf anderen Mo¨ nchen im Dissens mit dem Abt Kaspar von Breitenlandenberg und ging daraufhin auf Wanderschaft; Aufenthalte sind unter anderem in Trier (1451), Mainz (1453) und Heidelberg (1461) belegt; 1470 kehrte er nach St. Gallen zur¨uck, 1471 u¨ bersiedelte er nach einer weiteren Streitigkeit mit dem neuen Abt Ulrich R¨osch ins Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, u¨ bernahm daraufhin zahlreiche geistliche Funktionen an Ordensh¨ausern und Dorfkirchen. 1480 erfolgte eine neuerliche R¨uckkehr nach St. Gallen; es gab wiederum eine Auseinandersetzung mit Abt Ulrich, der ihn schließlich ins Klostergef¨angnis setzte, wo er vielleicht starb. K. ist vor allem als passionierter Handschriftenschreiber und -sammler bedeutsam. Von ihm selbst sind verfasst: eine lat. Autobiographie, entstanden nach 1476. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 919, p. 192–190 (!). Ausgaben: Werner 1905 (s. Lit.) S. 207 f. – Lehmann (s. Lit.) S. 119 f. – Henggeler (s. Lit.) S. 234 f. – Sch¨utzeichel 1978 (s. Lit.) S. 44–46. Eine lat./dt. Mariologie nach Art der Biblia pauperum entstand um 1465. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 605, p. 298–321. Ausgabe: Cornell (s. Lit.) S. 173, 178–180. Ferner stammt von K. ein Promptuarium ecclesiasticum, d. i. ein Handbuch f¨ur den christlichen Kult, entstanden 1466–76. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 692. Ausgabe: Werner 1905 (s. Lit.) S. 206 f. Vielleicht die Narratio proelii Laupensis, eine lat. ¨ Ubersetzung von Konrad → Justingers Bericht u¨ ber den sog. Laupenkrieg, entstanden um 1475. ¨ Uberlieferung: Bern, Burgerbibl., Cod. 452, 83r–91v. Ausgabe: Strahm (s. Lit.) S. 126–129. Ein Verscisioianus (→ Cisioianus). ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. C 101, 34v–40r. Ein lat. Testament. 1359

Kemli ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. C 101, 153v–154r. Ausgabe: Werner 1905 (s. Lit.) S. 213 f. Ferner stellte K. einen detaillierten Katalog seines umfangreichen Handschriften- und B¨ucherbesitzes zusammen (verzeichnet bei Sch¨utzeichel 1979 [s. Lit.] S. 646–654), dessen Wert vor allem in der Bewahrung kleinerer Gebrauchstexte liegt. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. A 135, r 2 –13r, 56v. Ausgabe: Lehmann (s. Lit.) S. 119–135. Literatur: Arne Holtorf, VL2 4 (1983) Sp. 1107–1112; 11 (2004) Sp. 836. – Peter Ochsenbein, BBKL 3 (1992) Sp. 1333 f. – Beat v. Scarpatetti, HLS 7 (2008) S. 178. – Johann Jacob ¨ Werner: Uber zwei Hss. der StB in Zu¨ rich. Aarau 1904. – Ders.: Beitr. zur Kunde der lat. Lit. des MA. Aarau 21905. – Paul Lehmann: Ma. Bibliothekskat. Bd. 1. M¨unchen 1918, S. 119–135. – Henrik Cornell: Biblia pauperum. Stockholm 1925, S. 172–181. – Rudolf Henggeler: MonasticonBenedictinum Helvetiae. Bd. 1. Einsiedeln 1929, S. 234–236. – Paul B¨anziger: Beitr. zur Gesch. der Sp¨atscholastik und des Fr¨uhhumanismus in der Schweiz (Schweizer Stud. zur Geschichtswiss. NF 4). Z¨urich 1945, S. 25–27. – Hans Strahm: Die Narratio proelii Laupensis. In: FS H. v. Greyerz. Hg. v. Ernst Walder u. a. Bern 1967, S. 101–130, hier S. 126–129. – Rudolf Sch¨utzeichel: Das Mittelrheinische Passionsspiel der St. Galler Hs. 919. T¨ubingen 1978, S. 44–49. – Ders.: Zur Bibl. eines wandernden Konventualen: Gall K. aus St. Gallen. In: FS Gerhart Lohse. Hg. v. R. Sch¨utzeichel u. a. Bonn 1979, S. 643–665. – Bruno Boesch: Die dt. Schr. des St. Galler Mo¨ nchs G. K. In: FS Johannes Duft. Hg. v. Otto P. Clavadetscher. St. Gallen u. a. 1980, S. 123–147. – P. Ochsenbein: Spuren der Devotio moderna im sp¨atma. Kloster St. Gallen. In: Stud. und Mitt. des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 101 (1990) S. 475–496. – B. v. Scarpatetti: Kat. der datierten Hss. in der Schweiz in lat. Schrift vom Anfang des MA bis 1550. Bd. 3. Z¨urich 1991, S. 290 f. SF Geistlicher Mai (St. Galler Maipredigt). – Entwurf einer deutschsprachigen Musterpredigt. Zentrales Thema dieses Entwurfs einer Predigt auf Philippus und Jacobus d. J., in dem ein Maibaum f¨unffach allegorisch ausgelegt wird (Wurzel, Stamm, Krone, Gl¨ockchen, Windm¨uhle), ist die 1360

Oberdeutsche Bibeldrucke Notwendigkeit der Unterordnung des Leibes unter die Seele. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 55, S. 548–550, 553–554 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.; Schreiber: Gallus → Kemli). Ausgabe: Kesting (s. Lit.) S. 266–269. Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 11 (2004) Sp. 504 f. – Peter Kesting: Der geistliche Maien. Eine allegorische Predigt des 15. Jh. In: ¨ Osterr. Zs. f¨ur Volkskunde 73 (1970) S. 264–271. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Mu¨ nchen 1974, T 219 (unter ‹St. Gallener Maienpredigt›). – Rudolf Sch¨utzeichel: Zur Bibl. eines wandernden Konventualen. Gall Kemli aus St. Gallen. In: Stud. zur dt. Lit. des MA. Hg. v. dems. Bonn 1979, S. 643–665. – Bruno Boesch: Die dt. Schriften des St. Galler M¨onches Gallus Kemli. In: Florilegium Sangallense. FS Johannes Duft. Hg. v. Otto P. Clavadetscher u. a. St. Gallen/Sigmaringen 1980, S. 123–147. BJ Vastelavendes Krenseken. – Geistliche Allegorese, Prosa, 15. Jh. Ausgangspunkt ist ein Fastnachtsbrauch, wobei die hier in den Kranz zu windenden Blumen und Kr¨auter allegorisch auf geistliche Tugenden ausgelegt werden (vgl. Der → geistliche Mai, Der → Seele Kranz). Das V. K. ist als Anleitung zu einer Folge von Andachten angelegt, die am ersten Sonntag nach dem Neujahrstag aufgenommen werden sollen. Ausgegangen wird jeweils von einer der sieben Blumen, f¨unf «gr¨unen Kr¨autern», den goldgelben Nelken, dem Kranzreif, der goldenen Kranzschnur und schließlich von den f¨unf Veilr¨oschen. Deren allegorische Bedeutung wird mit einer Begebenheit des Lebens Jesu und der Bitte um Gew¨ahrung der entsprechenden geistlichen Tugend oder Gnadengabe verbunden. Das Hauptanliegen des V. K. ist es, zur Nachfolge Christi und letztendlich zur Vereinigung mit ihm anzuleiten (vgl. das in der frauenmystischer Spiritualit¨at verbreitete Motiv der Umarmung von Braut udn Br¨autigam am Schluss der Allegorese). ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1245 Helmst., 52r–60v (Pap.). Ausgabe: Ludwig Wolff: Ein geistliches V. K. aus einer Hs. des 15. Jh. In: NdJb 96 (1973) S. 34–42. Literatur: Ralf Plate, VL2 10 (1999) Sp. 162–164. BJ 1361

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ Oberdeutsche Bibeldrucke. – Uberlieferungsstrang deutschsprachiger Bibeln. Die O. B. umfassen 14 Bibeldrucke, die von 1466 bis 1518 entstanden. Es handelt sich um jeweils ¨ vollst¨andige Ubersetzungen der Bibel auf Grundlage einer spanischen Vulgata-Rezension aus dem 10. Jh. (¨uberliefert im sog. Codex Gothicus aus Le´on und im Madrider Codex Toletanus). Die O. B. wer¨ den dem ersten Ubersetzungszweig Walthers (s. Lit.) zugeordnet, enthalten aber auch Spuren des ¨ ¨ zweiten Ubersetzungszweigs und weiterer Ubersetzer. Inhaltlich gemeinsam sind den O. B. die Einf¨ugung des Briefs an die Laodic¨aer hinter Gal sowie die Einordnung der Apg hinter Hebr. Enstprechend ihrer Erscheinungsjahre werden die O. B. wie folgt eingeteilt: 1. Mentelin-Bibel (M): Gedruckt um 1466 von Johann Mentelin in Straßburg; eine exakte Datierung ist nicht mehr m¨oglich. Vorlage war wohl eine Bibel¨ubersetzung aus dem 14. Jh., die in der Region N¨urnberg entstand und heute verloren ist. Textliche Bez¨uge bestehen auch zur TeplerBibel und anderen Handschriften aus Walthers erstem Zweig (Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Aug. fol. 1.6.7; Freiberg/Sachsen, Gymnasialbibl., Ms. IC 8° 18 m). Zum zweiten Zweig bestehen u. a. u¨ ber die Wenzelbibel Verbindungen. Eine waldensische Herkunft des Texts wurde fr¨uher angenommen, wird aber heute bezweifelt. Im Unterschied zur Standard-Vulgata fehlt in M das Manasse-Gebet und der Offb folgen die Tituli psalmorum. Auch sind Hiob vier Vorreden hinzugef¨ugt, die aus un¨ terschiedlichen Ubersetzungen stammen. Sprachlich war die Vorlage Ms fehlerhaft und bereits zu ihrer Zeit altert¨umlich. Trotzdem gewann M eine gewisse Beliebtheit in Laienkreisen und als Unterrichtshilfe. Mehrere, teils illustrierte Abschriften zeugen ebenfalls von der Akzeptanz des Drucks ¨ (s. Uberlieferung). 2. Eggestein-Bibel (E): In Straßburg von Heinrich Eggestein gedruckt. Fr¨uher auf 1465 datiert, wurde Es Entstehungszeitraum mittlerweile bis sp¨atestens 1470 erweitert. Zahlreiche Lese- und Druckfehler sowie der weitgehend u¨ bereinstimmende Satz (außer Bll. 218–259) verbinden E mit M. Typisch f¨ur E ist hingegen die gr¨oßere Zahl an Abk¨urzungen und Fehlern. Auf E beruhte der Straßburger Psalter Heinrich Eggesteins von ca. 1473 (→ Psalmen¨ubersetzungen). 3. Pflanzmann-Bibel (P): Gedruckt etwa 1475–77 von Jodocus Pflanzmann in Augsburg. Enth¨alt 57 1362

2. H¨alfte 15. Jh. Holzschnitte und als erster O. B. das ManasseGebet. Direkte Vorlage war E, stellenweise auch M. Trotz zahlreicher Korrekturen gegen¨uber den fr¨uheren Drucken blieb P fehlerhaft. 4. Zainer-Bibel (Z I): Um 1475/76 von G¨unter Zainer in Augsburg gedruckt. Beruht auf E (prim¨ar), P (Manasse-Gebet) und einer wohl verlorenen Fassung der Vulgata. Im Gegensatz zu M enth¨alt Z I nur zwei Hiob-Vorreden und f¨ugt die Tituli Psalmorum in die Ps ein. Neben 76 Initialbildern enth¨alt Z I auch ein Gesamtregister, das in allen O. B. bis S II erscheint (s. u.). Der Text wurde sprachlich aufgefrischt, Fehler korrigiert. Die Qualit¨at von Z I ließ den Druck zur Basis aller folgenden O. B. werden. 5. Sensenschmidt-Bibel (A; sog. Schweizerbibel): Von Johann Sensenschmidt und Andreas Frisner wohl vor 1478 in N¨urnberg gedruckt (fr¨uher wurde als Druckort irrt¨umlich Basel angenommen), als erster O. B. in zwei Teilen. Nimmt die Bildinitialen von Z I auf. In A erfolgen weitere Korrekturen und Modernisierungen des Texts. 6. Zainer-Bibel (Z II): Von G¨unter Zainer 1477 in Augsburg gedruckt, wie A in zwei Teilen. 7. Sorg-Bibel (S): In Augsburg von Anton Sorg am «Freitag vor St. Johannes dem T¨aufer» 1477 gedruckt. Die zwei Teile des Drucks enthalten 24 bzw. 53 Holzschnitte auf der Grundlage von P, w¨ahrend der Text eine korrigierte Fassung von Z I als Vorlage benutzte. 8. Sorg-Bibel (Sa): Gedruckt in Augsburg am «Montag vor Dreik¨onigstag» 1480 bei Anton Sorg. ¨ Zweiteiliger Druck in seitengleicher Ubereinstimmung mit Z II, jedoch mit einem erweiterten Register. 9. Koberger-Bibel (K): Gedruckt in N¨urnberg von Anton Koberger am «Montag nach Invocavit» 1483. K gilt als die popul¨arste dt. Bibel vor ¨ Luthers Ubersetzung. Der Bibeltext ist darin weiter verbessert und modernisiert; die daf¨ur herangezogene Vulgata-Version ist allerdings nicht bekannt. Statt der Register sind in K Inhaltsangaben zu Kapiteln und Psalmen enthalten, die im AT-Teil auf der K¨olner Bibel von 1478 beruhen (→ Niederdeutsche Bibeldrucke). Aus dieser wurden auch die Holzst¨ocke der eingef¨ugten 109 Holzschnitte u¨ bernommen, die teilweise noch von der Lutherbibel rezipiert wurden. K war die Textgrundlage von Albrecht D¨urers Die heimlich Offenbarung Johannis (1498). 10. Straßburger Bibel (G): Gedruckt 1485 von Johann Gr¨uninger in Straßburg. Die zwei Teile 1363

Oberdeutsche Bibeldrucke enthalten 88 bzw. 21 Holzschnitte nach K, aber von eigenem k¨unstlerischen Wert. G war Textvorlage mehrerer Psalter (Straßburg 1489; Ulm 1492; Augsburg 1492; vielleicht auch Augsburg 1498). 11. Sch¨onsperger-Bibel (Sb): Gedruckt zu St. Urban 1487 von Johann Sch¨onsperger in Augsburg. Einteiliger Druck mit 109 Holzschnitten nach K. 12. Sch¨onsperger-Bibel (Sc): Ebenfalls von Sch¨onsperger in Augsburg gedruckt, aber am «Dienstag vor Martini» 1490. Zwei Teile mit 88 und 21 Holzschnitten. Der Text entspricht Sb. 13. Otmar-Bibel (O): In Augsburg 1507 von Johann Otmar gedruckt. Wie Sc zweiteilig mit 88 und 21 Holzschnitten. Vorlage f¨ur den Text und die Holzschnitte war Sb; K kam als Korrekturvorlage hinzu. 14. Otmar-Bibel (Oa): Gedruckt 1518 in Augsburg von Silvan Otmar. Folgt meist genau O, mit wenigen, modernisierenden Abweichungen im Text. Wie die → Niederdeutschen Bibeldrucke trugen die O. B. zur Durchsetzung der Bibellekt¨ure lateinunkundiger Laien bei. Sie erf¨ullten die wichtige ¨ Funktion, den Ubergang zur Lutherbibel vorzubereiten. ¨ Uberlieferung: 1. Abschriften von M: Graz, UB, Hs. 48 (Pap., Salzburg, um 1469, bair., Schreiber Erasmus Stratter). – Berlin, SBB, Mgf 676–678 (Pap., 1470, schw¨ab., drei Teile). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Aug. fol. 1.6.1. (Pap., 1471, obd.). – N¨urnberg, StB, Ms. Solger 16,2° (Pap., nach 1471, obd.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 204–205 (Pap., um 1472, ostschw¨abisch). – Heidelberg, UB, cpg 16–18 (Pap., 1477, obd., drei Teile). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. Aug. fol. 1A und 1B (Pap., 1481, bair., zwei Teile, enth¨alt auch Teile von Z). – Basel, UB, cod. AN II 36 und 37 (Pap., 15. Jh., alemannisch, enth¨alt auch Teile von P). 2. Abschrift von Z I mit Teilen von Z II, S I und S II: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 82 (Perg., 1484, obd.). 3. Abschrift von Z II: N¨urnberg, StB, Ms. Solger N 17 (Pap., 1483, obd., Schreiber Mayr Pflum). 4. Abschriften von K: Hamburg, Stadt- und UB, cod. 105 in scrin. (Pap., 1504, mitteldt., Schreiberin: Gertrud von B¨uren). – G¨ottingen, UB, cod. theol. 50 (16. Jh., obd.). Ausgaben: Die erste deutsche Bibel. Hg. v. William Kurrelmeyer. 10 Bde. Tu¨ bingen 1904–15. – Biblia sacra. Dt. Edition der Bibelausgabe des Hieronymus durch Johann Mentelin 1466 zu Straßburg gedruckt (1. gedruckte deutsche Bibel) nach einer ¨ Ubersetzung um das Jahr 1350. Hg. v. Sophronius 1364

Oberdeutsche Bibeldrucke Hieronymus und Eva Berndt. Berlin 1987 (nach Berlin, SBB, Inc. 2099). Drucke: 1. M: [Straßburg: Johann Mentelin, ¨ vor 27.6.1466]. Digitalisate: BSB M¨unchen, ONB Wien. Vgl. GW 4295. – 2. E: [Straßburg: Heinrich Eggestein, nicht nach 1470], 2°. Digitalisate: ¨ BSB Mu¨ nchen, ONB Wien. Vgl. GW 4296. – 3. P: [Augsburg: Jodocus Pflanzmann, um 1475, vor 20.6.1477], 2°. Mit 57 Holzschnitten. Digitalisat: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4297. – 4. Z I: Augsburg: [G¨unter Zainer 1475/76], 2°. Mit 76 Initialbildern. Digitalisate: BSB M¨unchen. Vgl. GW 4298. – 5. A: [N¨urnberg: Johann Sensenschmidt und Andreas Frisner, vor 1478?], 2°. Mit 73 Bildinitialen. Digitalisate: BSB, M¨unchen, ULB Darmstadt, StB Elbingen. Vgl. GW 4299. – 6. Z II: Augsburg: [G¨unter Zainer] 1477, 2°. Zwei Teile. Digitalisate: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4300. – 7. S: Augsburg: Anton Sorg, [20.6.] 1477, 2°. Zwei Teile mit 24 und 53 Holzschnitten. Digitalisate: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4301. – 8. Sa: Augsburg: Anton Sorg, [3.1.] 1480, 2°. Zwei Teile. Digitalisate: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4302. – 9. K: N¨urnberg: Anton Koberger, [17.2.] 1483, 2°. Digitalisate: BSB ¨ Mu¨ nchen, ONB Wien, Anna-Amalia-Bibl. Weimar. Vgl. GW 4303. – 10. G: Straßburg: [Johann Gr¨uninger] 2.5.1485, 2°. Zwei Teile mit 88 und 21 Holzschnitten. Digitalisate: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4304. – 11. Sb: Augsburg: Johann Sch¨onsperger, [25.5.] 1487, 2°. Mit 109 Holzschnitten. Digitalisat: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4305. – 12. Sc: Augsburg: Johann Sch¨onsperger, [9.11.] 1490, 2°. Zwei Teile mit 88 und 21 Holzschnitten. Digitalisate: BSB Mu¨ nchen. Vgl. GW 4306. – 13. O: Augsburg: Johann Otmar, 1507, 2°. Zwei Teile mit 88 und 21 Holzschnitten. – 14. Oa: Augsburg: Silvan Otmar, 1518, 2°. Literatur: Waldtraut I. Sauer-Geppert: Bibel¨ubersetzungen III.1. In: TRE 6 (1980) S. 228–246. – Dieter Kartschoke: Bibel¨ubersetzungen X.: Dt. Bibel¨ubersetzungen. In: LexMA 2 (1983) Sp. 96–99. – Heimo Reinitzer, VL2 6 (1987) Sp. 1276–1290; 11 (2004) Sp. 1073 f. – Georg Ellinger: Die Waldenser und die dt. Bibel¨ubers. In: ZfdPh 20 (1888) S. 1–37. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. 3 Bde. Braunschweig 1889–92. Nachdr. Nieuwkoop 1966. – W. Kurrelmeyer: The Genealogy of the Pre-Lutheran Bibles. In: Journal of Germanic Philology 3 (1901) S. 238–247. – Ders.: Manuscript Copies of Printed German Bibles. In: American Journal of Philology 22 (1901) S. 70–76. – Ferdinand Eichler: 1365

2. H¨alfte 15. Jh. Die dt. Bibel des Erasmus Stratter in der UB zu Graz. Eine Unters. zur Gesch. des Buchwesens im XV. Jh. Leipzig 1908. – Paul Knoblauch: Die Bildinitialen der Augsburger Zainerbibel und der Sensenschmidbibel. Greifswald 1916. – Karl Schorbach: Der Straßburger Fr¨uhdrucker Johann Mentelin (1458–1478). Mainz 1932. – F. Eichler: Wann wurde Mentelins dt. Bibel gedruckt? In: Gutenberg-Jb. 10 (1935) S. 67. – Alban Dold: Ein unbekanntes Spezimen einer ‹G¨unther-Zainer›Bibel. Leipzig 1937. – Hans Friedrich Schmidt: D¨urers Apokalypse und die Strassburger Bibel von 1485. In: Zs. des Dt. Ver. f¨ur Kunstwiss. 6 (1939) H. 4, S. 261–266. – F. Eichler: Eine Salzburger Prunkabschrift der von Johann Mentelin um 1466 gedruckten ersten dt. Bibel. In: GutenbergJb. 1941 (1941) S. 68–75. – Fr¨uhnhd. Bibel¨ubersetzungen. Texte von 1400–1600. Hg. v. Gerhard Eis. Frankfurt/M. 1949, S. 72 f. u. o¨ . – Franz Unterkircher: Die Buchmalerei im Wiener Exemplar der ersten dt. Bibel von Mentelin 1466 (GW 4295). In: Gutenberg-Jb. 30 (1955) S. 75–81 (wieder in: Beitr. zur Buchkunde und Kulturgesch. FS Franz Unterkircher. Hg. v. Otto Mazal. Graz 1984, S. 132–137). – Paul H. Vogel: Europ¨aische Bibeldrucke des 15. und 16. Jh. in den Volkssprachen. Ein Beitr. zur Bibliogr. des Bibeldrucks. Baden-Baden 1962. – Josef Andorf: Der Codex Teplensis, enthaltend ‹Di schritt dez newen gezeugz›. Diss. Freiburg i. Br. 1965. – P. H. Vogel: Die dt. Bibeldrucke. In: Die Bibel in Deutschland. ¨ Das Wort Gottes und seine Uberl. im dt. Sprachraum. Hg. v. Johannes Schildenberger u. a. Stuttgart 1966, S. 251–309. – J. Andorf: Die MentelinDruckbibel und ihre indirekte Vorlage, der sog. Codex Teplensis. In: Ost und West in der Gesch. des Denkens und der kulturellen Beziehungen. FS Eduard Winter. Hg. v. Wolfgang Steinitz. Berlin 1966, S. 71–81. – Kenneth A. Strand: German Bibles Before Luther. The Story of 14 High-German Editions in Celebration of the Earliest Vernacular Printed Bible 1466. Grand Rapids 1966. – William B. Lockwood: Vernacular Scriptures in Germany and the Low Countries before 1500. In: The Cambridge History of the Bible 2: The West from the Fathers to the Reformation. H. v. Geoffrey W. H. Lampe. Cambridge 1969, S. 415–436. – Lars O. Larsson: Der Hamburger Codex 105 in Scrinio. Stud. zu einer Bibelhs. aus dem Jahre 1504. G¨oteborg 1980. – Walter Eichenberger und Henning Wendland: Dt. Bibeln vor Luther. Die Buchkunst 1366

2. H¨alfte 15. Jh. der achtzehn dt. Bibeln zwischen 1466 und 1522. Berlin u. a. 21980. – Biblia. Dt. Bibeln vor und nach Martin Luther. Ausstellung der UB Heidelberg vom 15. Dezember 1982 bis 26. Februar 1983. Hg. v. Joachim-Felix Leonhard. Heidelberg 21982. – Reinhard Tenberg: Gedruckte dt.sprachige Bibeln vor Luther. Eine Bibliogr. der wiss. Lit. In: Was Dolmetschen fur Kunst und Erbeit sey. Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel¨ubers. Hg. v. Heimo Reinitzer. Hamburg 1982, S. 209–234. – Biblia dt. Luthers Bibel¨ubers. und ihre Tradition. Hg. HAB. Bearb. v. H. Reinitzer. Wolfenb¨uttel 1983. – Klaus Kirchert: Grunds¨atzliches zur Bibelverdeutschung im MA. In: ZfdA 113 (1984) S. 61–78. – Herwarth von Schade: Bibliogr. zur Wirkungsgesch. der Bibel im dt.sprachigen Raum. In: Vestigia Bibliae 6 (1984) S. 321–361; ebd. 7 (1986) S. 141–202; ebd. 8 (1987) S. 161–220. – H. Wendland: Eine f¨unfhundertj¨ahrige Inkunabel. Anton Kobergers dt. Bibel. In: Philobiblon 28 (1984) S. 30–37. – Ders.: Die Gr¨uninger-Bibel wird 500 Jahre alt. In: Wandelhalle der B¨ucherfreunde 27 (1985) S. 45–48. – G¨unther Bauernfeind: Die ‹Otmar-Bibel› im Wallfahrtsmus. Neukirchen bei Hl. Blut. In: Beitr. zur Gesch. im Landkreis Cham 10 (1993) S. 89–94. – Stefan Sonderegger: Gesch. deutschsprachiger Bibel¨ubersetzungen in Grundz¨ugen. In: Sprachgesch. Ein Hb. zur Gesch. der dt. Sprache und ihrer Erforschung, Teilbd. 1. Hg. v. Werner Besch u. a. Berlin u. a. 21998, S. 229–284 (mit Bibliogr.). – Uwe Kahl: Kostbarkeiten aus dem Altbestand der Christian-Weise-Bibl. Zittau. Der erste Bd. der Koberger-Bibel aus dem Jahre 1483. In: Bibliotheksjournal der Christian-Weise-Bibl. Zittau 17 (2001) S. 25–29. – Michael Bucher: Der Buchschmuck der Sensenschmidt-Bibel. N¨urnberg, um 1476. Nach dem Exemplar der Bibl. Otto Sch¨afer. Schweinfurt 2001. – Biblia dt. Bibel und Bibelillustration in der Fr¨uhzeit des Buchdrucks. Hg. v. Michael Landgraf und H. Wendland. Speyer 2005. – Franz Simmler: Zum Verh¨altnis von Drucken und ihren Abschriften in der deutschsprachigen Bibeltradition der Inkunabelzeit. Die Abschriften der Zainer- und Koberger-Bibel. In: Daphnis 36 (2008) H. 1/2, S. 67–109. MM Der Seelen Wurzgarten → Band 6. Eucharius, Valerius und Maternus. – Dt. Legenden. In der in Trier entstandenen Vita sanctorum Eucharii, Valerii, Materni (9./10. Jh.) werden E., V. 1367

Der Seelen Wurzgarten und M., die drei ersten Bisch¨ofe von Trier, als Sch¨uler des Apostels Paulus ausgegeben. Dadurch sollte wohl Triers Anspruch auf den Titel eines «zweiten Rom» gest¨utzt werden. 1. Eine urspr¨unglich wohl moselfr¨ankische ¨ Ubersetzung der Vita findet sich in einem 1468 verfassten Legendar mit Trierer Heiligen, einem K¨olner Legendar und als Sondergut in vier moselfr¨ankischen bzw. ripuarischen Handschriften und einem Druck der S¨udmndl. Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine, → Bijbelvertaler van 1360). ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 809/1341 8°, 206r–220r. – Berlin, SBB, Mgq 1687, 166v–177v. – Darmstadt, UB/LB, Hs. 814, 34va–39vb. – K¨oln, Hist. Arch. der Stadt, Best. 7010 (W) 169, 35vb–40rb. – London, University College, MS. Germ. 17, 1ra–9ra. – Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 35, 393vb–399vb. – Druck: Utrecht, Jan Veldener 1480. 2. Eine weitere ripuarische Bearbeitung ist im Druck der S¨udmndl. Legenda aurea Ludwig van Renchen, K¨oln 1485, enthalten. 3. In den Provincia-Anhang der lat. Legenda aurea, der besonders im dt. S¨udwesten Verbreitung fand, wurde eine Abbreviation der lat. Vita von E., V. ¨ und M. aufgenommen. Eine dt. Ubersetzung dieser Abbreviation erscheint erstmals Mitte des 15. Jh. als Sondergut in einer oberrheinischen Handschrift der Els¨assischen Legenda aurea. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 79.1 Aug. 2°, 31v–33vb. Sp¨ater erscheint sie außerdem in allen Drucken von Der → Heiligen Leben. Weitere Fassungen der Legende finden sich in Der → Heiligen Leben, Redaktion und in den → Mittelfr¨ankischen Heiligenpredigten. Ausgabe: Konrad Kunze (Hg.): Die els¨assische ‹Legenda aurea› 2: Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, bes. S. 288–293. Literatur: Bibliotheca Sanctorum 5 (1964) Sp. 137–139. – Alois Thomas: E. In: LCI 6 (1974) Sp. 172 f. – Paul Stintzki: M. v. K¨oln. In: LCI 7 (1974) Sp. 585 f. – A. Thomas: V. In: LCI 8 (1976) Sp. 533. – Wolfgang Seibrich: E. In: LThK3 3 (1995) Sp. 975. – Georg Gresser: M. v. K¨oln. In: LThK3 6 (1997) Sp. 1469 f. – Gisbrecht Isselstein: V. In: LThK3 10 (2001) Sp. 525. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 427 f. – Wilhelm Levison: Die Anf¨ange rheinischer Bist¨umer in der Legende. In: Annalen des Hist. Vereins f¨ur den Niederrhein 116 (1930) S. 5–28. – Johannes Hau: Die Heiligen v. 1368

Berthold St. Matthias in ihrer Verehrung. Saarbr¨ucken 1933. Gebweiler 21938. – Ernst Winheller: Die Lebensbeschreibungen der vorkarolingischen Bisch¨ofe v. Trier. Bonn 1935, S. 28–45. – Joseph Clauss: Die Heiligen des Elsass in ihrem Leben, ihrer Verehrung und ihrer Darstellung in der Kunst. D¨usseldorf 1935, S. 59–61 u. o¨ . – Nikolaus Irsch: Ikonographie der Heiligen des Bistums Trier. Trier 1944, S. 20–24. – Wilhelm Levison: Aus rheinischer und fr¨ankischer Fr¨uhzeit. D¨usseldorf 1948, S. 7–27. – Ferdinand Pauly: Aus der Gesch. des Bistums Trier 2. Trier 1969, S. 11–14. – Nancy Gauthier: L’´evang´elisation des pays de la Moselle. La province romaine de Premi`ere Belgique entre Antiquit´e et Moyen-Age. Paris 1980, S. 11–16. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 407. – Ernst Gierlich: Die Grabst¨atten der rheinischen Bisch¨ofe vor 1200. Diss. Bonn 1987 (Nachdr. Mainz 1990) S. 14–17. – Hans-Walter Stork: Ein Straßburger Druck der Maternus-Legende. Beitr. zu einer Maternus-Ikonographie. In: Kurtrierisches Jb. 36 (1996) S. 155–192. SF Beier, Dorothea (Beyeryne, Behir), † nach 1464 Freystadt (heute Kozłuch´ow). B. ist als Person nur durch den Catalogus abbatum Saganensium nachgewiesen. Sie war wohl schlesischer Herkunft und Ehefrau eines Schusters aus Sagan, der mindestens acht Jahre vor ihr starb. Als Witwe lebte B. zun¨achst um 1457–64 in einem Haus direkt neben der Pforte des Klosters der Augustinerchorherren in Sagan. Die letzten Jahre vor ihrem Tod verbrachte sie verarmt im Spital von Freystadt. W¨ahrend ihrer Zeit am Kloster von Sagan schilderte B. dem dortigen Abt Simon Arnoldi ihre mystischen Visionen, die Simon um 1457/58 in lat. Aufzeichnungen festhielt. Dieses Liber spiritualis gracie (auch als Niger libellus bekannt) galt lange als verschollen; erst die neuere Forschung hat in Breslau Abschriften des verlorenen Originals aufgefunden. Inhaltlich wird die Analphabetin B. heute im Kontext schlesischer Volksfr¨ommigkeit und in der Tradition von Mystikerinnen wie Birgitta von Schweden oder Dorothea von Montau verortet. ¨ Uberlieferung: Breslau, UB, Hs. Sign. I D 5, 1r–38v (1457, lat.). – Breslau, UB, Hs. Sign. Akc. 1369

2. H¨alfte 15. Jh. 1948/742, 89r–147v (lat.). – Breslau, UB, Hs. Sign. Akc. 1948/1048, 194r–269r (um 1487, lat.). Literatur: Robert Samulski, NDB 2 (1955) S. 19. – Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 684 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 467. – Catalogus abbatum Saganensium (Scriptores rerum Silesiacarum 1). Hg. v. Gustav A. Stenzel. Breslau 1835, S. 325 f. – Friedrich Wilhelm Carl Gemoll: Die Hss. der Petro-Paulinischen Kirchenbibl. Liegnitz 1900, S. 51 f. – Joseph Klapper: Dt. Schlesier des MA. Nach schlesischen Klosterhss. Breslau 1937, 30 f. – Alfred G. Swierk: Schreibstube und Schreiber des Augustiner-Chorherren-Stiftes zu Sagan im MA. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 26 (1968) S. 124–140, hier S. 135. – Wojciech Mrozowicz: Schlesien und die ‹Devotio moderna›. Die Wege der Durchdringung und Verbreitung der ‹Neuen Fr¨ommigkeit›. In: Die ‹Neue Fr¨ommigkeit› in Europa im Sp¨atMA. Hg. v. Marek Derwich, Martial Staub. G¨ottingen 2004, S. 133–150, hier S. 148 f. MM Berthold OP. – Verfasser eines Andachtsbuchs. B. war ein Dominikanerpriester unbekannter Herkunft. Seine Bezeichnung als B. der Deutsche (Teuto) und seine gelegentliche Gleichsetzung mit B. von Freiburg werden heute angezweifelt, u. a. weil B. von Freiburg zu Anfang des 14. Jh. lebte, ¨ w¨ahrend die Uberlieferung des hier behandelten B. erst um die Mitte des 15. Jh. beginnt. Als gesichert gilt B.s Verfasserschaft des erbaulichen Andachtsbuchs Das andaechtig zeitgl¨ocklein des lebens und leidens Christi, nach den 24 stunden ausgeteilt. Eine m¨oglicherweise von B. selbst stammende, lat. Fassung des Textes erschien unter dem Titel Horologium devotionis circa vitam Christi und richtete sich an ein gebildetes Publikum, das sich von der dt. Fassung nicht angesprochen f¨uhlte. Das Zeitgl¨ocklein ist mit einem ausf¨uhrlichen Vorwort versehen, das den Inhalt und Aufbau der Schrift erl¨autert. Von kulturhistorischem Interesse sind die ebenfalls enthaltenen Anleitungen zur Gebetspraxis. Inhaltliche Anregungen empfing B. u. a. von den Evangelien und vom Werk Hein¨ rich → Seuses. F¨ur die weitere Uberlieferung von B.s Text sind neben den um die Mitte des 15. Jh. einsetzenden Handschriften auch die Drucke von Bedeutung. Die Fr¨uhdrucke der lat. Fassung beginnen 1489, jene der dt. Fassung um 1491. Sie l¨osen 1370

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ allerdings keineswegs die handschriftliche Uberlieferung ab, die noch bis weit ins 16. Jh. reicht. ¨ Uberlieferung: Verz. bei Kaeppeli 1970 und ¨ Griese 2005 (s. Lit.). – Bekannte Uberl. zum Zeitgl¨ocklein: Sankt Gallen, Stiftsbibl., cod. 1142, S. 13–46 (Pap., zweites Drittel 15. Jh.). – Ber¨ lin, SBM, Mgo 703 (fr¨uher Maihingen, OttingenWallersteinsche Bibl., Cod. I.3.8° 6) (Pap., um 1494). – Washington D. C., National Gallery of Art, The Rosenwald Collection, B-3422a bis B3422e (Pap., um 1494, umfasst nur die Holzschnitte zur Berliner Hs. mgo 703). – Dessau, LB, Hs. Georg. 70.8°, 1r–177r (Pap., Ende 15. Jh., mitteldt.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 763 (1205) (Pap., Ende 15. Jh./Anfang 16. Jh.). – Stockholm, K¨onigliche Bibl., cod. Til. Ty. 2, 1r–373v (Perg., um 1500, ale¨ mannisch). – Wien, ONB, cod. 11616, 1r–132v (Anfang 16. Jh.). – Karlsruhe, LB, cod. St. Peter pap. 1, 1r–183r (Pap., Anfang 16. Jh., oberrheinisch). – Berlin, SBB, Mgq 1817, 102ra–146rb (Pap., um 1506, s¨udmitteldt.). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., cod. 1159 (Perg., 1544). – Kremsier, Hist. Bibl. des Erzbisch¨oflichen Schlosses, cod. O/c VIII 18, Inv.-Nr. 21082, 17v–189v (Perg.). – Cambridge, UB, MS. Add. 6904. Drucke: Verz. nennenswerter Fr¨uhdrucke des Zeitgl¨ockleins in G¨unthart 2007 (s. Lit.) S. 262. – Erstdruck der lat. Fassung 1489 durch Anton Sorg in Augsburg und Johannes Amerbach in Basel. – Erstdruck der dt. Fassung um 1491 durch Markus Reinhard in Kirchheim und 1492 durch Johannes Amerbach in Basel. Literatur: Helmut Weck, VL2 1 (1978) Sp. 801 f.; 11 (2004) Sp. 245. – Ernst Vouilli`eme: Der Buchdruck K¨olns bis zum Ende des 15. Jh. Ein Beitr. zur Inkunabelbibliogr. Bonn 1903. Nachdr. D¨usseldorf 1978, S. 107 f. – Otto Geiger: Stud. u¨ ber Bruder B., sein Leben und seine Werke. In: Freiburger Di¨ozesanarch. 48 (1920) S. 1–54. – Anna Schauenberg: 24 Betrachtungen u¨ ber die Geheimnisse der Menschwerdung, des bitteren Leidens und der vier letzten Dinge. D¨ulmen/Westf. 1921 (moderne Bearbeitung von B.s Text). – Hans Otto Lampert: Beschreibung von 23 bei Degering nicht mehr erfassten Hss. der ehemaligen Preußischen SB Berlin. Magisterarbeit (masch.) T¨ubingen 1970, S. 70–74. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi I. Rom 1970, S. 241 f. – Otto Mazal: Buchkunst der Gotik. Graz 1975, S. 164–188. – Peter Amelung: Dinckmuts angebliche Neuausg. des ‹Zeitglo¨ cklein› (H 16280). 1371

Evangelien der guten Meister von Prag In: Gutenberg-Jb. 52 (1977) S. 75–79. – Sabine Griese: Das Andachtsbuch als symbolische Form. B.s ‹Zeitgl¨ocklein› und verwandte Texte als LaienGebetb¨ucher und -Bilder. In: The Mediation of Symbol in Late Medieval and Early Modern Times. Medien der Symbolik in Sp¨atMA und Fr¨uher Neuzeit. Hg. v. Rudolf Suntrup u. a. Frankfurt/M. 2005, S. 3–36. – Romy G¨unthart: Dt.sprachige Andachtsb¨ucher um 1500. Drucke zwischen Wissensvermittlung und Meditationshilfe. In: Cognition and the Book. Typologies of Formal Organisation of Knowledge in the Printed Book of the Early Modern Period. Hg. v. Karl A. Enenkel. Leiden 2005, S. 455–478, hier S. 470–474. – Romy G¨unthart: Dt.sprachige Lit. im fr¨uhen Basler Buchdruck (ca. 1470–1510). Mu¨ nster/Westf. u. a. 2007. MM Evangelien der guten Meister von Prag. – Evangelienperikopenwerk, unikal u¨ berliefert in einer Handschrift der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Bei den ewangelia [...] als sie gut meister zcu prag gemacht haben handelt es sich um Schriftlesungen f¨ur einzelne Tage durch das Kirchenjahr (Sonntag, Mittwoch und Freitag sowie einzelne Montage und die gesamte Fastenzeit). Die Evangelienperikopen sind um zahlreiche glossenartige Zus¨atze und zwei Predigten (zum Karfreitag und zu Fronleichnam) erweitert, wobei die Predigten wohl nicht dem Perikopen¨ubersetzer zuzuordnen sind. Das Werk ¨ geh¨ort in den Zusammenhang der Prager Ubersetzerschule. Besondere Merkmale sind die Neuartigkeit des Wortschatzes und Selbstst¨andigkeit gegen¨uber der lat. Quelle. Nach Werlin (s. Ausg.) ist ein Einfluss auf Luther wahrscheinlich. ¨ Uberlieferung: Bamberg, Staatsbibl., Msc. Lit. 146 (fr¨uher Ed.II.2), 25ra–85vb (Pap., 1477 im St. Michaelskloster bei Bamberg geschriebene Sammelhs., ostfr¨ankisch). Ausgaben: Josef Werlin (Hg.): Die E. d. g. M. v. P. (Adalbert Stifter Verein e.V., Mu¨ nchen. Ver¨off. der Wiss. Abt. 7). Gr¨afelfing 1962. – Christoph Gerhardt (Hg.): Die E. d. g. M. v. P. (Ahd. Texte in krit. Ausg. 3). Mu¨ nchen 1970. Literatur: Hans Jeske, VL2 2 (1980) Sp. 645 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 392. – Gerhard Eis: Altdt. Bibel¨ubers. aus B¨ohmen. In: Sudetendt. Bll. f¨ur Kunst und Wiss. 1 (1949) S. 10–13. – Ders.: Aufgaben der sudetendt. Literaturgeschichtsforschung. In: Stifter-Jb. 1 (1949) S. 9–22. – J. Werlin: Die 1372

Herp E. d. g. M. v. P. Diss. Heidelberg 1960. – Werlin (s. Ausg.). – Jochen Splett (Hg.): ‹das hymelreich ist gleich einem verporgen schatz in einem ¨ acker›. Die hochdt. Ubersetzungen v. Matth¨aus 13,44–52 in ma. Hss. (Litterae 108). G¨oppingen 1987, S. 35 (Nr. 86), 134. – Carsten Kottmann: Das buch der ewangelii und epistel. Unters. zur ¨ Uberl. und Gebrauchsfunktion su¨ dwestdt. Perikopenhss. (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 14). M¨unster u. a. 2009, S. 137 u. o¨ . SF Fabri, Felix → Band 3. Ficino, Marsilio → Band 6. Gnadentraktat Von der anmynnent gnad. – 15. Jh. F¨unf Gnadenqu¨astionen besch¨aftigen sich mit der Vorbereitung auf die Gnade sowie mit deren Erkennbarkeit, Ursprung und formalen Wirkungen. Das Wesen der Gnade wird nicht thematisiert. Ausgehend von der Lehre des → Albertus Magnus und des → Thomas, dass der Mensch mit seinem nat¨urlichen Verstand nicht erkennen k¨onne, ob er in der Gnade Gottes stehe oder nicht, werden die Mo¨ glichkeiten der zeichenhaften Erkenntnis der Gnadenstandes umfassend geschildert. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 41, 132v–135r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., nordbair. [1.–2. Hand], ostschw¨abisch [3.–4. Hand]). Ausgabe: G. Steer (s. Lit.) 1966. Literatur: Georg Steer, VL2 3 (1981) Sp. 71 f. – Ders.: Scholastische Gnadenlehre in mhd. Sprache (MTU 14). Mu¨ nchen 1966, S. 71–80. BJ Herp, Hendrik (Hendrick van Erp, Henricus de Erp, Harpho, Heinrich Herpius, Harphius, Citharoedus) OFM, * um 1410 Erp/Nordbrabant oder Erpe/Flandern, † 22.2.1477 oder 1478 Mecheln. – Prediger. H. studierte um 1429 an der Universit¨at L¨owen und schloss sich zu einem unbekannten Zeitpunkt den Br¨udern vom gemeinsamen Leben an. Daneben machte er sich als Prediger einen Namen. 1445 ist er als Rektor des Br¨uderhauses Hieronymusdal in Delft nachgewiesen. 1446 gr¨undete er das Br¨uderhaus Sankt Paul in Gouda. Auf einer Romreise im Jahr 1450 wechselte H. zu den Franziskaner-Observanten. In deren K¨olner Ordensprovinz war er 1454, um 1462 sowie 1473 Guardian in Mechelen und 1460 1373

2. H¨alfte 15. Jh. Guardian in Antwerpen. 1470–73 hatte er das Provinzvikariat inne. Mit dem Wohlwollen des Herzogs von Burgund begr¨undete H. auch mehrere Konvente, so in Boetendaal (1467–71), Amersfoort (1471) und Herentals (1471–74). Hinzu kam 1471 ein Klarissenkloster in Haarlem. H. schrieb mehrere Werke in Latein, seinen wichtigsten Text jedoch in mndl. Sprache. Der Spieghel van Volcomenheit wurde wohl zur Unterweisung einer Schwester geschrieben. In vier Teilen erl¨autert H.s Schrift den Weg zur wahren mystischen Schau. Am Anfang stehen 12 Akte der Askese, die zur Abt¨otung des eigenen Selbst beitragen sollen (De XII stervingen). Danach beschreibt H. in weiteren 12 Kapiteln das t¨atige Leben des Gl¨aubigen (Dat werkende leven). Das Leben der geistlichen Schau (Het scouwende leven) ist mit 32 Kapiteln umfangreich ausgestaltet. Der Spieghel kulminiert dann in acht Kapiteln, die das Leben der h¨ochsten, u¨ berwesenhaften Schau beschreiben (Dat overweselic scouwende leven). Der Spieghel erfuhr dann neben drei verschiedenen Redaktionen schon vor ¨ 1469 eine obd. Ubersetzung, die m¨oglicherweise auf Vermittlung Peter → Kirchschlags durch einen Heinrich → Haß erfolgte. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich auch eine schw¨abische ¨ Uberlieferung. Um 1496 entstand eine lat. Bearbei¨ tung, sp¨ater weitere Ubersetzungen in romanische Sprachen. Zu den kleineren lat. Texten H.s z¨ahlen drei dem Spieghel verwandte Schriften. Der Traktat Eden contemplativum gilt heute als Vorstufe von H.s Hauptwerk. Scala amoris novem distincta scalaribus behandelt den neunstufigen Aufstieg zur unio mystica. Tres collationes fasst die im Spieghel beschriebenen Wege unter leidenstheologischer Pr¨amisse zusammen. H.s eigener Anteil an diesem Text ist allerdings unsicher. Weitere Schriften H.s sind Sammlungen seiner Kollationen und mehr als 200 Predigten: XXI Sermones, Speculum aureum de praeceptis divinae legis, Sermones de tempore, de sanctis, de tribus partibus poenitentiae, de Adventu, De processu humani profectus (Zuschreibung unsicher). Zu H.s Quellen z¨ahlt u. a. De novem rupius von Rulman → Merswin. Haupts¨achlich ist sein Werk aber von Jan van → Ruusbroec, → PseudoDionysius Areopagita sowie der Franziskanerund Zisterzienser-Mystik beeinflusst. H. wiederum wirkte u. a. auf sp¨atere Kart¨auser und Kapuziner. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die Sammlung 1374

2. H¨alfte 15. Jh. Theologia Mystica, die erstmals 1538 in K¨oln gedruckt wurde. Dietrich Loher van Stratum kompilierte darin Schriften H.s. Die Wirkung des Franziskaners erfasste sp¨ater u. a. Frans Vervoort, Nicolaus Eschius, Franciscus Nugent, Lucas van Mechelen, Victor Gelen, Angelus Silesius und Fulgentius Bottens. Dabei stand H.s Werk jedoch stets im Schatten des großen Ruusbroec. ¨ Uberlieferung: 1. Eden contemplativum: Br¨ussel, Kgl. Bibl., cod. 21503–21504 (1456). – K¨oln, Hist. Arch., cod. W° 8° 13x. – Trier, StB, cod. 281, Bll. 41–160. – Trier, StB, cod. 344, Bll. 40–176. 2. Scala amoris novem distincta scalaribus: M¨unster/ Westf., UB, Hs. 698, Bll. 1–291 (Pap., Ende 15. Jh., ndl.). 3. Spieghel van Volcomenheit: Verz. der u¨ ber 50 Hss. bei Verschueren 1931 (s. Ausg.), Ruh 1964 (s. Lit.), Freienhagen-Baumgardt 1998 (s. Lit.). – Nennenswerte Hss. des 15. Jh.: N¨urnberg, StB, cod. Cent. VII 21 (Pap., um 1450–1469, n¨urnbergisch). – N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI 96 (Pap., um 1450–69, n¨urnbergisch). – Leiden, UB, cod. Letterkunde 222 (Pap., 1458, nd.). – Leiden, UB, cod. Letterkunde 1129 (Perg., 1462, mndl.). – Berlin, SBB, Mgq 653, 1r–248v (Pap., 1485, ostschw¨abisch). – Princeton, UB, General Collection, Ms. 60 (Pap., 1486, westschw¨abisch). – W¨urzburg, UB, M. ch. o. 32, 2r–122v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., mndl.). – Driebergen-Rijsenburg, Groot Seminarie, Hs. 105.54, 236r–297r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nd., verschollen). – L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 4° 29, 97r–138v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., nd.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 8823, 48r–217v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 59 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., n¨urnbergisch). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 24, 33r–284r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgf 1317, 4ra–99ra (Pap., letztes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Mgq 1924 (Pap., letztes Viertel 15. Jh., schw¨abisch). – Ebd., Mgo 516, 1r–91r (Pap., Ende 15. Jh., bair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 27, 3r–47r (Pap., Ende 15. Jh., n¨urnbergisch). – Straßburg, National- und UB, ms. 2019 (fr¨uher L germ. 100.4°), 34r–241v (Pap., Ende 15. Jh., ostschw¨abisch). 4. Tres collationes: Luik, Grande Seminarie, cod. 6 M. 8. – Cambrai, StB, cod. 263. – Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., cod. IV 37. 5. De processu humani profectus: Paris, Biblioth`eque Mazarine, cod. 957 (1099). – Trier, StB, cod. 281. 1375

Herp 6. XXI Sermones: Trier, StB, cod. 281. – Reims, StB, cod. 591. – Berlin, SBB, Ms. lat. fol. 702. – Paris, Biblioth`eque Mazarine, cod. 957 (1099). Ausgaben: 1. Spieghel van Volcomenheit: Spieghel der volcomenheit. Hg. v. Lucidius Verschueren. 2 Bde. Antwerpen 1931. – Kurt Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 1 (MTU 11). Mu¨ nchen 1965, S. 248–264 (Ausz¨uge). – Hendrik Herps ‹Spiegel der Vollkommenheit› in deutscher Sprache. Eine u¨ berlieferungsgeschichtliche Edition. Hg. v. Deborah Rose-Lefmann. 2 Bde. Diss. Princeton 1994 (Mikrofilm-Ausg. Ann Arbor 1994). – Late Medieval Mysticism of the Low Countries. Hg. v. Rik van Nieuwenhove u. a. New York u. a. 2008, S. 145–164 (Teildr.). 2. Scala amoris novem distincta scalaribus: Franz Jostes: Beitr. zur Kenntniss der nd. Mystik. In: Germania 31 (1886) S. 1–41, 164–204. 3. Sonstige: Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Mu¨ nchen 1931, S. 602–612. – Theologia mystica. Farnborough 1966 (Faks. der Ausg. K¨oln 1538). – Directorio de contemplativos. Hg. v. Juan Martin Kelly. Madrid 1974. Neuausg. hg. v. Teodoro H. Mart´ın. Madrid 2004 (Teildr. aus der Theologia Mystica). – De processu humani profectus. Sermonis de diversis materiis vitae contemplativae. Hg. v. Georgette Epiney-Burgard. Wiesbaden 1982. – Trois conf´erences sprituelles. Hg. v. Georgette Epiney-Burgard. Genf 1988. Literatur: ADB 12 (1880) S. 203; ADB 13 (1881) S. 794 (Korrektur). – Etta Gullick/Optat de Veghel, Dict. Spir. 7 (1969) Sp. 351–366. – Benjamin de Troeyer, VL2 3 (1981) Sp. 1127–1135; 11 (2004) Sp. 649. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 765 f. – Red., DHGE 24 (1993) Sp. 160. – De Boor/Newald 4,1 (21994) S. 340. – Thom Mertens, LThK3 4 (1995) Sp. 1388. – L. Verschueren: Leven en werken van H. H. In: Collectanea Franciscana 2 (1931) S. 345–393. – Heinrich Gleumes: H. H., sein Leben und seine Werke. In: Zs. f¨ur Aszese und Mystik 12 (1937) S. 222–225. – Josef Kalverkamp: Die Vollkommenheitslehre des Franziskaners H. H. († 1477). Werl 1940. – Canisius Janssen: L’oraison aspirative chez H. et chez pr´ed´ecesseurs. In: Carmelus 3 (1956) S. 19–48. – Jean Orcibal: Les traductions du ‹Spieghel› de Henri H. en italien, portugais et espagnol. In: FS Leonce Reypens. Hg. v. Albert Ampe. Antwerpen 1964, S. 257–268. – Kurt Ruh: Altndl. ¨ Mystik in dt.sprachiger Uberl. In: ebd., S. 357–382 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. 2. Hg. v. Volker 1376

Heynlin Mertens. Berlin u. a. 1984, S. 94–117). – Stephanus Axters: Nederlandse mystieken in het buitenland van Rupert van Deutz tot Ruusbroec. Gent 1965, S. 287–290. – Bio-bibliographia Franciscana Neerlandica saeculi XVI 2. Hg. v. Benjamin de Troeyer. Nieuwkoop 1970, S. 129–151. – Robrecht Lievens: H. H.s ‹Eden› in het Middelnederlands. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde 89 (1973) S. 1–11. – B. de Troeyer: H. H. en het excommunicatiegeval te Herentals (1471–1474). In: Franciscana 28 (1973) S. 3–43. – Ludovicus Moereels: Jordaens en H. Een belangrijke ontdekking. In: Ons Geestelijk Erf 48 (1974) S. 129–142, 225–252. – Bio-bibliographia Franciscana Neerlandica ante Saeculum XVI 1. Hg. v. B. de Troeyer. Nieuwkoop 1974, S. 108–123. – Joseph Alaerts: Een middelnederlands handschrift met werken van H. H. en Ruusbroec. In: Ons Geestelijk Erf 49 (1975) S. 18–28. – Johanna-Marie Willeumier-Schalij: H. H. als Predikant. In: ebd. 60 (1986) S. 23–37. – G. Epiney-Burgard: Henri H. De la D´evotion Moderne a` l’observance franciscaine. In: La d´evotion moderne dans les pays bourguignons et rh´enans. Hg. v. Jean-Marie Cauchies. Bˆale 1989, S. 89–96. – Patricia Guinan: The Influence of Hugh of Balma’s ‹Viae Sion lugent›. In: The Mystical Tradition and the Carthusians (Analecta Cartusiana 130). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1996, S. 5–49. – Kristina Freienhagen-Baumgardt: ¨ H. H.s Spieghel der Volcomenheit in obd. Ubers. Ein Beitr. zur Rezeptionsgesch. ndl. Mystik im obd. Raum. Leuven 1998 (vgl. dazu Gunhild Roth. In: ZfdA 128, 1999, H. 2, S. 242–246). – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 219–228. – Lionel Rousselot: Sub alis Domini. La Madeleine dans la pr´edication du franciscain Henri H. (vers 1400–1477). In: Religion et ˆ mentalit´es au Moyen Age. FS Herv´e Martin. Hg. v. Sophie Cassagnes-Brouquet u. a. Rennes 2003, S. 305–313. – Anna Dlabacov´a: H. in de herberg. Een zestiende-eeuwse pelgrimsreis met elementen uit de ‹Spieghel der volcomenheit›. In: Ons Geestelijk Erf 82 (2011) S. 3–58. – Feike Dietz/Johannes M. Mu¨ ller: De ‹Spieghel› in beeld. H. H.s ‹Spieghel der volcomenheit› in ‹Jezus en de ziel› van Jan Luyken. In: ebd., S. 59–84. MM Heynlin, Johannes, de Lapide (von Stein) (a Lapide, J. Heynlin, J. H. von Stein), * um 1430 1377

2. H¨alfte 15. Jh. Stein bei Pforzheim, † 12.3.1496 Basel. – Theologe, Fr¨uhhumanist, Prediger und Drucker. H. studierte in Erfurt und Leipzig, wo er 1450 den akademischen Grad eines Bakkalaureus der freien K¨unste erwarb und sein Erstlingswerk, die Quaestiones in libros III Aristotelis de anima, verfasste. 1453 nahm er ein Theologie-Studium in L¨owen auf. Die folgenden elf Jahre ist er in Paris nachweisbar, 1455 als Magister der freien K¨unste und seit 1456 zw¨olfmal als Prokurator der dt. Nation; 1462 wurde H. als Magister der Theologie Mitglied der Sorbonne. Zwischen 1464 und 1466 lebte H. in der angehenden Druckerstadt Basel; im Anschluss daran hielt er sich wahrscheinlich bei den Protagonisten des Buchdrucks in Mainz auf. Nachdem er 1467 seine Lehrt¨atigkeit in Paris wieder aufgenommen hatte, u¨ bernahm er 1469 das Amt des Rektors der Sorbonne. Den Grad des Doctor Theologiae erhielt er 1472. Mit Guilhelmus Fichetus, durch den H. bereits fr¨uher mit dem Humanistenkreis um Gregorio Tifernas in Ber¨uhrung gekommen war, richtete er die erste Druckerei in Paris ein und wirkte dort als Herausgeber antiker Autoren (Cicero, Sallust, Valerius Maximus) und Humanisten (Laurentius Valla, Bessarion, Fichet). Eine wichtige Z¨asur ereignete sich 1474, als H. seiner Predigtt¨atigkeit wegen nach Basel zur¨uckkehrte; zeitweise war er auch Ablassprediger in Bern. Als Berater und Herausgeber wirkte er in Johannes Amerbachs Basler Druckerei mit. 1478 wurde er Rektor der neugegr¨undeten T¨ubinger Universit¨at, Stadtpfarrer und TheologieProfessor, darauf Kustos und Thesaurius des Chorherrenstifts Baden-Baden. 1484 ist er als Kanonikus und Prediger am Basler M¨unster bezeugt; 1487 erfolgte der Eintritt als M¨onch in das Kart¨auserkloster St. Margaretental in Basel. H. war Scholastiker (Vertreter der «via antiqua») und Fr¨uhhumanist, Vorbild von → Brant, → Geiler, Wimpfeling u. a. Die vollst¨andige Sammlung seiner 1410 Predigten sowie verschiedene Kommentare zu Aristoteles De anima, die Collectanea in totam Aristotelis philosophiam naturalem, zahlreiche Disputationen und Briefe, Reden und Vorlesungen befinden sich in der Universit¨atsbibliothek Basel. Basel, UB, Cod. A VII 8–12 enth¨alt die Predigten H.s in lat. Sprache mit dt. Einsch¨uben. Die h¨aufig zu mehrt¨agigen Zyklen zusammengef¨ugten Predigten wurden auf der Grundlage des lat. Konzepts auf Dt. gehalten. 1378

2. H¨alfte 15. Jh. Ausgabe: E. Stolz (Hg.): ‹Sermo habitus in Tubingen in missa Universitatis› 1478. In: Theologische Quartalsschr. 108 (1927) S. 37–49. – H. v. Geyertz (Hg.): Sieben Ablaßpredigten J. H.s v. Stein. In: Arch. des hist. Ver. des Kantons Bern 32 (1934) S. 113–117. Literatur: Beat Matthias v. Scarpatetti, VL2 3 (1981) Sp. 1213–1219. – Michael Tilly, BBKL 2 (1990) Sp. 810–812. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 486. – Heinz Holeczek, Killy2 5 (2009) S. 407 f. – Max Hossfeld: J. H. aus Stein. In: Basler Zs. f¨ur Gesch. und Altertumskunde 6 (1907) S. 309–359; 7 (1908) S. 79–219, 237–431. – Max Burckhardt: Die Inkunabeln aus der Bibl. des J. de L. In: FS Christoph Vischer. Basel 1973, S. 15–75. – A. Gabriel: Via antiqua and Via moderna and the Migration of Paris Students and Masters to the German Universities in the 15th Century. In: Antiqui et Moderni. Hg. v. Albert Zimmermann (Miscellanea Medievalia 9). Berlin/New York 1974, S. 439–483. – B. M. v. Scarpatetti: Kirche und Augustiner-Chorherrenstift St. Leonhard in Basel. Basel 1974. – Martin Steinmann: Basler B¨uchersammler. J. H. de L. In: Librarium 20 (1977) S. 22–49. SF Die Lilie der Keuschheit. – Text (70 Verse) einer anonymen geistlichen Verfasserin in einem nordnieders¨achsischen Nonnengebetbuch. Der allegorischen Warnung vor dem Verlust der Keuschheit folgen eine Erinnerung an das J¨ungste Gericht und die Mahnung zu Reue und Buße. ¨ Uberlieferung: Oldenburg, LB, Cim I 73, 86v–88v (Pap., um 1470). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 5 (1985) Sp. 831 f. – August L¨ubben: Mittheilungen aus nd. Hss. Oldenburg 1874, S. 9 f. BJ Niederdeutsche Predigtsammlung aus Celle. – Sammlung von 43 Predigten aus dem Jahr 1470. Die Sammlung, die 43 Predigten mit 53 eingestreuten Legenden bzw. Exempeln enth¨alt, beginnt mit zwei Predigten zu Fronleichnam (Sommerteil) und endet mit einer Predigt zum Fest der hl. Barbara (Anfang des Winterteils). ¨ Uberlieferung: Celle, Bibl. des Oberlandesgerichts, Cod. 12. Ausgaben: Ausz¨uge (Predigten Nr. 3, 12, 33, 35, 43 und ausgew¨ahlte Exempel aus den Predigten Nrr. 2, 15, 16, 19, 22, 25, 30, 37) bei Ber1379

Die Lilie der Keuschheit gner (s. Lit.) S. 101–135, und (Exempel aus Predigt Nr. 16) bei Wichmann (s. Lit.) S. 246–248. Literatur: Harald Parigger, VL 6 (1987) Sp. 992–994. – F. Wichmann: Aus der Celler nd. Predigtslg. In: Hannoverland 7 (1913) H. 10, S. 246–248. – Dora Bergner: Eine nd. Predigtslg. v. 1470. In: NdJb 55 (1929) S. 82–135; 56/57 (1930/31) S: 1–59. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 200 f. (T 206). BJ Stegeler, Johannes. – Ratsherr in Osterwieck/ Ostfalen und Verfasser einer 1466 abgeschlossenen Bearbeitung des Kaland von → K¨onemann von Jerxheim. Das in der Handschrift Magdeburg, Staatsarchiv, Copiarien 779, u¨ berlieferte Werk zeigt eine «modernere» Sprachgestalt: S. schrieb K¨onemanns mitteldt.-nd. Text in reines Nd. um, ersetzte die gehobene Wortwahl durch allt¨aglichere Ausdr¨ucke und erreichte einen bewegteren, silbenreicheren Rhythmus. Ausgabe: Karl Euling: Der Kaland des Pfaffen K¨onemann. In: NdJb 18 (1892) S. 19–60, Text S. 26–60. Literatur: Ludwig Wolff: Pfaffe Konemann. In: NDB 12 (1980) S. 484 f., hier 485. – Hartmut Beckers, VL 2 9 (1995) Sp. 243. – Euling (s. Ausg.). – L. Wolff: Die Dichtungen K¨onemanns. Kaland, Wurzgarten, Reimbibel (Nd. Denkm¨aler 8). Neum¨unster 1953, S. 11 f. SF Peter von Haselbach (Eckel, Peter), * um 1440 Haselbach/Nieder¨osterreich, † 8.1.1506 Klosterneuburg. – Weltpriester; Verfasser von Predigten und Traktaten. Nur einige wenige Lebensdaten des P. v. H. sind bekannt: 1458 schrieb er sich an der Wiener Universit¨at, wo er 1465 den Grad eines Magister artium erwarb. Danach war er wahrscheinlich Weltpriester mit Wohnung im Augustinerchorherrenstift in Klosterneuburg. In den 90er Jahren des 15. Jh. hielt P. einige Predigten vor den Schwestern des Frauenklosters St. Magdalena in Klosterneuburg. Von ihm sind acht dt. Predigten zum Gr¨undonnerstag, zum Palmsonntag, u¨ ber die Geduld, zu Margareta, u¨ ber die Demut, u¨ ber die Jungfrauenschaft, zu Katharina, zu Barbara u¨ berliefert; als Vorlage f¨ur die meisten Predigten diente der Hortulus Reginae des → Meffreth von Meißen. Ebenfalls P. zuzuschreiben ist ein Passionstraktat u¨ ber 1380

Ubertino da Casale Klgl 1,12. Der Text stellt eine Bearbeitung von im Klosterneuburger Chorherrenstift gehaltenen Predigten f¨ur die dortigen Chorfrauen in dt. Sprache dar und handelt von den zehn Leidensst¨atten sowie Tod und Grablegung Christi. Erhalten ist ferner ein Traktat von den Leiden Mari¨a u¨ ber Hld 5,17. Ob P. außerdem das Passionsgeschehen und andere Teile der Bibel ins Dt. u¨ bersetzte, ist fraglich. ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 845 (bair.-o¨ sterr.; Autograph, enth¨alt alle von P. bekannten Schriften). – Ebd., Cod. 859 (Abschrift des Passionstraktats und Beginn der Marienpassion). Literatur: Alois Haidinger, VL2 7 (1989) Sp. 436 f.; 11 (2004) Sp. 1192 f. – Berthold Otto Cernik: Das Schrift- und Buchwesen im Stifte Klosterneuburg w¨ahrend des 15. Jh. In: Jb. des Stiftes Klosterneuburg NF 5 (1913) S. 97–176, hier S. 115. – Paul Uiblein (Hg.): Die Akten der theologischen Fakult¨at der Univ. Wien (1396–1508). Wien 1978, S. 691 (Reg.). – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). Tu¨ bingen 1982, bes. S. 44, 237 f. – P. Uiblein: Zur ersten Dotation der Univ. Wien. In: Jb. des Stiftes Klosterneuburg NF 16 (1997) S. 353–367, hier S. 363 f. SF Rosenkranz unserer lieben Frau. – Dichtung von 398 wahrscheinlich ostfr¨ankischen Reimpaarversen, u¨ berliefert in einer Sammelhandschrift des 15. Jh. In einem Prolog wirbt der unbekannte Verfasser f¨ur den sog. Kart¨auserrosenkranz, der in Form von Einsch¨uben Betrachtungen u¨ ber das Leiden Jesu enth¨alt. Darauf folgen das erste und das zehnte der Zwanzig Rosenkranz-Exempel des → Adolf von Essen bzw. → Dominikus von Preußen, die Beschreibung der Rosenkranzvisionen Adolfs sowie Gebetsanweisungen. Daran schließen 50 «Clausulae» in Form von Relativs¨atzen sowie Doxologie und Gebete an. ¨ Uberlieferung: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Oct. 55b, 133r–137r (15. Jh.). Ausgabe: Karl Euling: Kleinere mhd. Erz¨ahlungen, Fabeln und Lehrgedichte. Bd. 2 (DTM 14). Berlin 1908, S. 184–194, Nr. 833–888. Literatur: Konrad Kunze, VL 8 (1992) Sp. 194 f.; 11 (2004) Sp. 1332. – Karl Joseph Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke. Der 1381

2. H¨alfte 15. Jh. Rosenkranz in der geschichtlichen Situation seiner Entstehung und in seinem bleibenden Anliegen (Frankfurter theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972. – Rainer Scherschel: Der Rosenkranz. Das Jesusgebet des Westens. Freiburg i. Br. 21982. – Andreas Heinz: Eine sp¨atma. Exempelslg. zur Propagierung des Trierer Kart¨auser-Rosenkranzes. In: Trierer Theologische Zs. 92 (1983) S. 306–318. SF Stoß, Peter (Stoss, Stoess) OCist, † 5.11.1485 ¨ Zisterzienserabtei Salem/Kr. Uberlingen. S. stammte aus Ravensburg und studierte als Frater der Zisterzienserabtei Salem seit etwa 1440 wahrscheinlich in Heidelberg. 1462 war er vor¨ubergehend Abt des Zisterzienserklosters K¨onigsbronn und lebte dann wieder in Salem. Die erhaltenen Schriften S.’ entstanden zwischen 1470 und 1484 und sind in der UB Heidelberg, Cod. Salemitanus VII, VIII und IX erhalten. Zu seinen lat. Werken, die zum Teil dt. Wendungen enthalten, geh¨oren neben Predigten u. a. drei Traktate u¨ ber den Ablass bzw. die kirchliche Bußpraxis, ein Spiegel der Kranken, eine Geschichte des Leidens Christi und eine Abhandlung uber die Macht des ¨ Papstes und des Kaisers. Literatur: Klaus Schreiner, VL2 9 (1995) Sp. 366–369. – Rudolf Sillib: Aus Salemer Hss. In: Zs. f¨ur Gesch. des Oberrheins 72 (1918) S. 17–27, hier S. 18 u. 24. – Manfred Krebs: Eine Salemer Stimme zum Konstanzer Schisma des Jahres 1474. In: ebd. 87 (1935) S. 348–358. – Ewald Jammers: Die Salemer Handschriftenslg. In: Bibliotheca docet. Festgabe f¨ur Carl Wehmer. Amsterdam 1963, S. 45–64, hier S. 59 f. – Alfons Dreher: Das Patriziat der Reichsstadt Ravensburg. Von den Anf¨angen bis zum Beginn des 19. Jh. Hg. v. der Kommission f¨ur Geschichtliche Landeskunde in Baden-W¨urttemberg. Stuttgart 1966. – Wilfried Werner: Schreiber und Miniatoren – ein Blick in das ma. Skriptorium des Klosters Salem. In: Salem. 860 Jahre Reichsabtei und Schloß. Hg. v. Reinhard Schneider. Konstanz 1984, S. 295–342, hier S. 340. BJ Ubertino da Casale (Hubertinus von C.; d’Ilia) OFM, sp¨ater OSB, * 1259 Casale/Piemont, † vermutlich um 1330. – Prediger. U. wurde um 1273 Franziskaner und studierte 1285–89 in Florenz und 1289–98 in Paris. Nach mehreren Jahren als Lektor in der Toskana machte er sich in Perugia einen Namen als Prediger. Auch 1382

2. H¨alfte 15. Jh. wurde er ein wichtiger Protagonist der Spiritualen. Durch den Papst von seinem Amt suspendiert, lebte U. zur¨uckgezogen in La Verna. Um 1309 ging er an die Kurie nach Avignon und weilte 1311 auch auf dem Konzil von Vienne. 1317 trat er zu den Benediktinern u¨ ber. Im Armutsstreit erbitterter Gegner von Papst Johannes XXII., fl¨uchtete U. zuletzt aus Avignon. Danach verliert sich seine Spur. U.s Hauptwerk Arbor vitae crucifixae Jesu (1305) wurde von → Bonaventuras Lignum vitae angeregt. Der Lebensbaum dient bei U. der Gliederung des Texts in f¨unf B¨ucher, die jeweils Wurzel, Stamm, ¨ Asten, Zweigen und Fr¨uchten des Baums entsprechen. Daraus entwickelt U. seine Darstellung des Lebens Christi von der Geburt bis zur Apokalypse. Die Schrift ist aber nicht allein christologisch orientiert, sondern will auch zur praktischen Meditation u¨ ber Jesu Leben anleiten. Anregungen empfing U.s Text u. a. von Petrus Johannes Olivis (Lectura super Apocalipsim), Thomas von Celano und der Legenda antiqua. Außerdem lassen sich im Arbor vitae Elemente aus Laienmystik und -fr¨ommigkeit nachweisen. U.s Schrift wirkte nicht nur auf → Bernhardin von Siena und Johannes → Brugman. Vielmehr erfuhr sie besonders im ndl. Raum eine starke Rezeption, die sich in mehreren volkssprachigen Be¨ arbeitungen niederschlug. Unter den ndl. Ubertragungen ist zun¨achst Der Rosengarten Jesu und Marias (1445 oder fr¨uher) hervorzuheben. Diese zur ¨ kl¨osterlichen Erbauung geschriebene Ubersetzung u¨ bernimmt nur die ersten vier B¨ucher aus U.s Original, enth¨alt also auch nicht die kirchenkritischen Bemerkungen des f¨unften Teils. Weiterhin ist die Einteilung des Rosengartens st¨arker an den Wochentagen ausgerichtet. Neu eingef¨ugt wurden Zitate von Heinrich → Seuse, Jan van → Ruusbroec, Ludolf von Sachsen und Kirchenv¨atern. ¨ Zwei weitere Ubertragungen greifen selektiv auf U.s viertes Buch zu¨urck: Vanden inwindigen lijden ons liefs heeren Jesu Christi na dat het die leeraers Ubertinus ende s. Bernardinus bescreven sowie ein in einer K¨olner Handschrift erhaltener Auszug aus dem vierten Buch. Erw¨ahnt seien auch das fragmentarisch u¨ berlieferte Oefening van St. Ubertinus und Hubertynus spreect vander maghet marien, die beide aus dem sp¨aten 15. Jh. stammen k¨onnten. ¨ Jenseits der Ubersetzungen war U.s Arbor vitae auch als Quelle ndl. Andachtsliteratur bedeutsam. Die Devote Oefeninge des Johannes Brugman beruhte haupts¨achlich auf ihm, ebenso das h¨aufig gedruckte Leven ons liefs heeren Jhesu Christi. Spezielle 1383

Ubertino da Casale Ausgestaltung erfuhr U.s Schrift in einer ndl. Wochenandacht (2. H¨alfte 15. Jh.), die den Text mit Zitaten von → Bernhard von Clairveaux, Ludolf von Sachsen und → Jordan von Quedlinburg anreicherte. Seven suverlike cranskens, geordineeret op des heilighen Ubertinus oeffeninghe (Erstdruck Antwerpen 1509) verband U.s Werk mit dem dominikanischen Rosenkranz. Eine Berliner Handschrift u¨ berliefert auch eine ¨ niederalemannische Ubertragung des Arbor vitae mit dem Titel Ein andehtige betrahtunge von der geburt Cristi, in die auch Teile aus Bernhards Schriften eingeflossen sind. ¨ Uberlieferung: 1. Der Rosengarten Jesu und Marias: Berlin, SBB, Mgo 351 (fr¨uher Arnswaldt 3144), 78r–313v (Pap., Augustinerinnenkloster Geldern?, 15. Jh.). – ’s-Gravenhage, K¨onigliche Bibl., cod. 73 H 20 (St. Agnes-Kloster in Maeseyk, 1445). – Ebd., cod. 133 F 17, 228vb–242vb (Perg. und Pap., 1479?, mndl.). 2. Vanden inwindigen lijden ons liefs heeren Jesu Christi...: Br¨ussel, K¨onigliche Bibl., cod. 3057/58, 2r–49v (Anfang 16. Jh.). 3. Ndl. Auszug aus Buch IV.: K¨oln, Hist. Arch., cod. G.B. 8° 71, 43r–46v (Amsterdam, um 1470). 4. Oefening van St. Ubertinus: ’s Heerenberg, Stichting Huis Bergh, cod. v. H. 19; L 0282, 133r–152v (um 1470). 5. Hubertynus spreect vander maghet marien: ’s-Gravenhage, K¨onigliche Bibl., cod. XXX, 129v–140v (um 1500). 6. Ein andehtige betrahtunge von der geburt Cristi: Berlin, SBB, Mgo 37, 119r–133v (1478). Ausgaben: Callaey 1921 (s. Lit.). – Arbor vitae crucifixae Jesu. Hg. v. Charles T. Davis. Turin 1961 (Nachdr. der Ausg. Venedig 1485). – Meditazioni alla Verna di Ubertino da Casale. Introduzione e testi. Hg. v. Marino Damiata. Florenz 1993. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 211–219; 11 (2004) Sp. 694. – Gian Luca Potest`a: Ubertin de Casale. In: Dict. Spir. 15 (1992) S. 3–15. – Michael O’Carroll, MarLex 6 (1994) S. 493 f. – Gian Luca Potest`a, LexMA 8 (1997) Sp. 1169. – Peter Segl: U. da C. In: LThK3 10 (2001) Sp. 338 f. – Johannes K. Schlageter, RGG 8 (2005) Sp. 683. – Willem de Vreese: De handschriften van J. v. R.s werken 2. Gent 1902, S. 429–445, 465–478. – Fr´ed´egand Callaey: Les id´ees mystico-politiques d’un Franciscain spirituel. Etude sur l’Arbor vitae d’Ubertin de C. In: Revue d’Histoire Eccl´esiatique 11 (1910) 1384

Martin von Tours S. 483–504, 693–727. – Ders.: L’idealisme franciscain spirituel au 14e si`ecle. Etude sur Ubertin de C. L¨owen 1911. – Ders.: L’influence et la diffusion de l’Arbor vitae d’Ubertin de C. In: Revue d’Histoire Eccl´esiatique 17 (1921) S. 533–546. – Maria Meertens: De godsvrucht in de Nederlanden, nar Hss. van gebedenboeken der XVe eeuw 1. Antwerpen 1930, S. 92–95. – Emmerich Blondeel: L’influence d’Ubertin de C. sur les e´ crits de S. Bernardin de Sienne. In: Collectanea Franciscana 5 (1935) S. 5–44; 6 (1936) S. 57–76. Auch als Sonderdr. Assisi 1935. – P. Optatus: De oefening van het inwendig gebed in de Minderbroedersorde gedurende de vijftiende en zestiende eeuw. In: Ons Geestelijk Erf 21 (1947) S. 113–160. – Ders.: De invloed van H. van C. op het Leben van Jezus door Jan Brugman. In: ebd. 23 (1949) S. 315–334, 427–434. – Bertilo de Boer, De postincunabel ‹Seven suverlike cranskens›. In: Bijdragen voor de geschiedenis van de provincie der minderbroeders in de Nederlanden 8 (1956/57) S. 82–110. – Fidentius van den Borne: U. v. C. en de Spiritualen-richting. In: Sint Franciscus 5 (1959) S. 163–217. – Albert Ampe: Losse aantekeningen bij de ‹Heimelike Passie›, Tl. 4. In: Ons Geestelijk Erf 37 (1963) S. 330–343. – Petrus C. Boeren: Sint Bernardinus in de Nederlanden. In: Dr. L. Reypens-Album. Hg. v. Albertus Ampe. Antwerpen 1964, S. 93–104. – Raoul Manselli: Pietro di Giovanni Olivi ed U. di C. In: Studi medievali Ser. 3, 6 (1965) H. 2, S. 95–122. – Michael Thomas: Der Gedanke des ‹Lebensbaumes› (Lignum vitae) in der Generation nach Bonaventura. In: Bonaventura. Stud. zu seiner Wirkungsgesch. (Franziskanische Forschungen 28). Hg. v. Ildefons Vanderheyden. Werl 1976, S. 157–169. – Philip Martin Caliendo: U. da C. A Re-evaluation of the Eschatology in the Fifth Book of His ‹Arbor vite crucifixe Jesu›. Diss. New Brunswick 1979. – Hermanus Johannes Leloux: Laatmiddeleeuwse Getijden- en Gebedenboeken in het middelnederlands uit het bezit van het Huis Bergh. In: Ons Geestelijk Erf 54 (1980) S. 182–232. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik 2. M¨unchen 1993, S. 485–495. – Carlos Martinez Ruiz: U. de C., autor de dos versiones del Arbor Vitae. In: Archivum Franciscanum Historicum 89 (1996) S. 447–468. – Gregory S. Beirich: Franciscan Poverty as a Basis for the Reform of the Church in U. de C.’s ‹Arbor Vitae Crucifxate Jesu›. In: Reform and Renewal in the Middle Ages and the Renaissance. FS Louis Pascoe. Hg. v. Thomas M. Izbicki u. a. Leiden u. a. 2000, S. 50–74. – U. da 1385

2. H¨alfte 15. Jh. C. Nel VII centenario dell’‹Arbor vitae crucifixae Iesu› (1305–2005). Atti del convegno di studi, La Verna 15 settembre 2005. Hg. v. Gabriele Zaccagnini. Florenz 2007. – Stephen Mossman: U. da C. and the Devotio Moderna. In: Ons geestelijk erf 80 (2009) S. 199–280. MM Martin von Tours. – Dt. Prosalegenden. M. wurde 316/17 als Sohn eines r¨omischen Tribuns in Sabaria/Pannonien geboren, wuchs in Pavia auf, schlug mit 15 Jahren die Milit¨arlaufbahn ein und wurde Offizier der schola palatina. In diesen Jahren spielt in Amiens die Szene, wie M. seinen Mantel mit einem Bettler teilt. Nach der Taufe schied er um 356/57 aus dem Milit¨ar aus, lebte einige Zeit bei Hilarius, dem Bischof von Poitiers, und zog sich als Einsiedler auf die Insel Gallinaria bei Genua zur¨uck. Um 360 ging er wieder zu dem aus dem Exil zur¨uckgekehrten Hilarius und gr¨undete 361 in Ligug´e das erste Kloster Galliens. Nach der Wahl zum Bischof von Tours (370/71) errichtete er 375 das Kloster Marmoutier, das zu einem Zentrum asketischer Kultur wurde. M. wirkte als Missionar, Wundert¨ater und Exorzist. Wegen seiner Kritik am Prozess gegen Priscillians kam er unter H¨aresieverdacht. M. starb am 8.11.397 in Candes bei Tours/Frankreich. Der Kult des hl. M. hat sich schnell ausgebreitet. Seit der Bekehrung Chlodwigs wurde M. (Fest 11. November) als fr¨ankischer Reichsheiliger verehrt. Er ist der Schutzpatron Frankreichs, der Slowakei und des Eichsfelds, Landespatron des Burgenlandes und Patron der Stadt Mainz. Aufgrund seiner Vita ist M. Schutzheiliger der Reisenden, der Armen und Bettler sowie der Reiter. In der Kunst wurde aus dem Leben des hl. M. vor allem die Mantelteilung immer wieder dargestellt. Eine Vita M.s schrieb sein J¨unger Sulpicius Severus. Ausgabe: Sulpicius Serverus: Libri qui supersunt. Hg. v. Carl Halm (CSEL 1). Wien 1866. – Sulpice S´ev´ere: Vie de Saint M. Hg. v. Jacques Fontaine (SC 133–135). 3 Bde., Paris 1967–69. Die Legende mit der Mantelszene ist in zahlreichen Legendaren enthalten. Die Vita des Sulpicius u¨ bersetzte 1466 ein mittelfr¨ankischer Dominikaner, der im folgenden Jahr auch eine → DominikusVita u¨ bertrug, ins Deutsche. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 261, 137r–170r. – Trier, StB, Cod. 1190/491, 239rb–267rb. 1386

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ Eine Ubersetzung der Version in der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) ist in der aus Straßburg stammenden Hs. Berlin, SBB, Mgq 188, 118r–127v u¨ berliefert. Literatur: Sabine Kimpel, LCI 7 (1974) Sp. 572–579. – Jacques Fontaine, Dict. Spir. 10 (1977) Sp. 687–694. – Werner Williams-Krapp, VL2 6 (1987) Sp. 157 f. – Wimmer/Melzer (61988) S. 566 f. – Luce Pietri, TRE 22 (1992) S. 194–196. – Dieter v. der Nahmer, LexMA 6 (1993) Sp. 344 f. – J. Fontaine, LThK3 6 (1997) Sp. 1427 f. – Hans Christof Brennecke, RGG4 5 (2002) Sp. 858 f. – Saint M. et son temps. M´emorial du XVIe centenaire des d´ebuts du monachisme en Gaule ´ 361–1961. Hg. v. Elie Griffe u. a. Rom 1961. – Gerhard Strunk: Kunst und Glaube in der lat. Heiligenlegende. Zu ihrem Selbstverst¨andnis in den Prologen (Medium Aevum 12). Mu¨ nchen 1970. – Clare Stancliffe: St. M. and His Hagiographer. History and Miracle in Sulpicius Severus. Oxford 1983. Nachdr. ebd. 1987. – Werner WilliamsKrapp: Laienbildung und volkssprachliche Hagiographie im sp¨aten MA. In: Lit. und Laienbildung im Sp¨atMA und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenb¨uttel 1981. Hg. v. Ludger Grenzmann/Karl Stackmann. Stuttgart 1984, S. 697–707, hier S. 702 f. – Clare Stancliffe: St. Martin and his Hagiographer. History and Miracle in Sulpicius Severus. Oxford 1983. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 441. – D. v. der Nahmer: M. v. T. Sein M¨onchtum, seine Wirkung. In: Francia 15 (1987) S. 1–42. – Joachim Drumm (Hrsg.): M. v. T. Der Lebensbericht von Sulpicius Severus. Ostfildern 1997. – Roman Mensing: M. v. T. D¨usseldorf 2004. – Martin Happ: Alte und neue Bilder vom Heiligen M. Brauchtum und Gebrauch seit dem 19. Jh. K¨oln 2006. – Manfred Becker-Huberti: Lex. der Br¨auche und Feste. Freiburg i. Br. u. a. 22007, S. 243–258. BJ Anastasia. – Dt. Legende. ¨ Die Legende, die keinerlei Ahnlichkeit mit der Vita irgendeiner bekannten hl. A. hat, erz¨ahlt von der Frau des K¨onigs Albrecht von Spanien, die sich von einem Einsiedler in geistlichen Dingen un¨ terweisen l¨asst. Von diesem zur Ubernachtung im Wald in eine H¨ohle eingeschlossen, dann aber vergessen, wird A. dreißig Jahre lang von Engeln am Leben gehalten. Nach der Befreiung kehrt sie an 1387

Anastasia den Hof zur¨uck, wo sie bis zu ihrem Tod acht Jahre lang unerkannt lebt. Erst am Sterbebett gibt sie sich ihrem Sohn zu erkennen. Der K¨onig lebt fortan in Armut. ¨ Uberlieferung: Colmar, StB, Hs 265 (Kat.Nr. 198), 161r–167r. – Freiburg i. Br., UB, Hs. 490, 197r–197v (Pap., aus acht selbstst¨andigen Teilen unterschiedlicher Herkunft zusammengebunden, hier Tl. VII: Schreiberin: Dorothea Leynacher, 1465, oberrheinisch; Fragm.). – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 2261, 212r–217r (Pap., mehrfache Nennung der Schreiberin: Anna → Ebin, 1465–82, bair.). – Ebd., Hs. 16567, 198r–204v (Pap.). – Z¨urich, ZB, Cod. Car. C 28, 261v–264v (Pap., 1474–78, nordschweizerisch). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 86, 1r–16v (Pap., um 1470, mittelbair.). Ausgabe: Albert Bachmann/Samuel Singer: Dt. Volksb¨ucher aus einer Z¨urcher Hs. des 15. Jh. T¨ubingen 1889 (Nachdr. Hildesheim u. a. 1973) S. 337–344 (nach Z¨urich). Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 1 (1978) Sp. 333 f.; 11 (2004) Sp. 87. – Bachmann/Singer, S. LXVI. – W. Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ihrer ¨ Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 390. BJ Anfechtungen der Klosterleute. – Drei Predigten eines unbekannten Franziskaners, 15. Jh. Die urspr¨unglich f¨ur Zisterzienserinnen bestimmten Predigten zu Mt 6,33, in denen in aufsteigender Ordnung sieben Staffeln (Berufung, Vermeiden von u¨ bertriebenen Fr¨ommigkeits¨ubungen, Gehorsam, Bachten des Willens Gottes, Gotteserkenntnis [theologisches Wissen wird wahrer Andacht, «besch¨owlichkeit», untergeordnet], Anfechtungen der S¨unde, tugendhaftes Bestehen; vgl. Ps.-Bonaventura) abgehandelt werden, geht es in erster Linie um die praktischen Bed¨urfnisse reformierter Schwestern, deren Gottesn¨ahe betont wird («Die vngereformierten menschen die werdent tieffer verdampt dan juden oder haiden», 82vb). W¨ahrend wenige Bibel- und Autorit¨atenzitate angef¨uhrt werden, wird dem Evangelisten Johannes, dem Apostel Paulus sowie den Ordensgr¨undern → Augustinus, → Benedikt von Nursia und → Franz von Assisi eine besondere Bedeutung beigemessen. 22 Exempla, die u. a. aus den 1388

Christanni → Vitaspatrum stammen, sollen das Abgehandelte veranschaulichen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, mgf 1056, 34v–48v, 73r–90r (Pap.) (A). – Straßburg, National- und Universit¨atsbibl., ms. 2797 (fr¨uher L germ. 664.4°), ¨ 96r–189r (Pap.) (B). – Uberlingen, LeopoldSophien-Bibl., Ms. 1, 245r–279r (Pap., 2. H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch) (C). Literatur: Eckart Greifenstein: Der Hiob¨ Traktat des Marquard von Lindau. Uberl., Untersuchung und krit. Textausg. (MTU 68). M¨unchen 1979, S. 67–69. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15). Sigmaringen 1997, S. 139–142 (Nr. 43). – Christoph Fas¨ bender: Thomas Finck als Ubersetzer, Textbearbeiter und Autor. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 110 (1999) S. 147–167, hier S. 153. – Christian Heitzmann: Die ma. Hss. der Leopold-Sophien-Bibl. ¨ in Uberlingen. In: Schr. des Vereins f¨ur Gesch. des Bodensees und seiner Umgebung 120 (2002) S. 41–103, hier S. 44–46. – Klaus Graf: Thomas Finck. Arzt, Benediktiner in Blaubeuren und Kart¨auser in G¨uterstein. In: T¨ubingen in Lehre und Forschung um 1500. Hg. v. S¨onke Lorenz/Dieter Bauer/Oliver Auge (T¨ubinger Bausteine zur Landesgesch. 9). Sigmaringen 2008, S. 159–175, bes. S. 174. BJ Christanni, Peter (Petrus), † 1483. – Franziskaner, Verfasser einer Vaterunser-Auslegung. Der u. a. in Nicolaus Glassbergers Chronica erw¨ahnte C. stammte wahrscheinlich aus Breslau. Zun¨achst Prediger in N¨urnberg, lebte er seit 1480 als Guardian der Franziskaner in Mu¨ nchen. C. gilt als Verf. einer wohl 1479 von ihm selbst als Druck in Auftrag gegebenen Reimpredigt mit Vaterunser-Auslegung. Wie die Handschrift Cgm 690 vermerkt, hielt C. diese Predigt auch 1481 im Mu¨ nchner Franziskanerkloster. In der vollst¨andigsten bekannten Fassung (Cgm 690) umfasst das Werk zun¨achst eine gereimte Vorrede, gefolgt von schematischen Darstellungen auf der Basis der Zahl 7: die sieben Blutvergießen Christi, die sieben Tods¨unden, sieben Farben und Tugenden, die allesamt in Korrespondenz mit den sieben Bitten des Vaterunsers gebracht werden. Diese Schemata d¨urften sowohl der Orientierung des Predigers wie der Veranschaulichung theologischer Inhalte f¨ur eine 1389

2. H¨alfte 15. Jh. wenig gebildete Zuh¨orerschaft gedient haben. Die Auslegung selbst ist in Ternaren geschrieben. Daneben sind von C. verschiedene Predigten zum Kirchenjahr in mehreren M¨unchner Sammlungen erhalten, deren genaue Erforschung jedoch noch aussteht. ¨ Uberlieferung: Vaterunser-Auslegung: M¨unchen, BSB, Cgm 690, 253r–255r (Pap., Westbayern, 1486, bairisch; vollst¨andigste Fassung). – Graz, UB, Ms. 1972, 96v–97v (Pap., um 1500, mittelbair.). – Weitere Predigten: M¨unchen, BSB, Clm 8727 (um 1479). – Ebd., Clm 11928 (um 1499). – Ebd., Clm 28665, 2r–247r (Pap., Ingolstadt [?], Ende 15. Jh., 12r–207r kollationiert mit Clm 11928). – M¨unchen, UB, 8° Cod. ms. 83, 2r–44r (Pap., Landshut, um 1500, Predigthandbuch des Franziskaners Caspar Wurmrauscher, kollationiert teilweise mit clm 8728, vgl. Daniel 1989 in Lit.). Drucke: Vaterunser-Auslegung: M¨unchen, Staatl. Graph. Slg., Nr. 118309, N¨urnberg 1479 (Einblattdruck, f¨ur dessen Ausg. vgl. Schneider 1987 in Lit.). Ausgaben: Vaterunser-Auslegung: Roethe 1900 (s. Lit.). – Egino Weidenhiller: Unters. zur dt.sprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). Mu¨ nchen 1965, S. 194 f., 225 (Teildr.). – Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 2 (MTU 86). M¨unchen 1985, S. 259 f. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 1 (1978) Sp. 1210 f.; 11 (2004) Sp. 316. – Karin Schneider: M¨unchner Reimpredigt u¨ ber das Vaterunser. In: VL2 6 (1987), Sp. 772–774. – Nicolaus Glassberger: Chronica fratris Nicolai Glassberger Ordinis Minorum Observantium (Analecta Franciscana 2). Quaracchi 1887, S. 473, 486. – Albanus Heysse: Necrologium conventuum Brugensium Fratrum Minorum 1247–1807 (Analecta Franciscana 8). Quaracchi 1946, S. 790 f. u. o¨ . – Gustav Roethe: M¨unchener Reimpredigt. In: ZfdA 44 (1900) S. 187–196, 430–432. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 96–120, 316–348, hier S. 317 f. – Bavaria Franciscana antiqua 3. Ehemalige Franziskanerkl¨oster im heutigen Bayern. Kurze hist. Beschreibungen mit Bildern. Hg. v. der Bayerischen Franziskanerprovinz. M¨unchen 1957, S. 70, 90 f. – Karin Morvay/D. Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 213, T 224. – 1390

2. H¨alfte 15. Jh. Bernd Adam: Katechetische Vaterunserauslegungen. Texte und Unters. zu deutschsprachigen Auslegungen des 14. und 15. Jh. (MTU 55). M¨unchen u. a. 1976, S. 243. – Natalia Daniel: Die lat. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen. Die Hss. aus der Oktavreihe (Die Hss. der UB Mu¨ nchen 4). Wiesbaden 1989, S. 84 f. MM Beck, Heinrich, † 1523 im Heilbronner Franziskanerkonvent. – Verfasser einer Passionshistorie. Der aus Bregenz stammende B. trat um 1496 in den Franziskanerorden ein und war Kapellan am St. Nikolaus-Altar der Schaffhauser Stadtkirche. Zwischen 1496 und 1520 ist er in verschiedenen H¨ausern des Ordens als Prediger bezeugt. B. verfasste eine in vier Teile mit je drei Artikeln gegliederte Passionshistorie, die sich auf eine mit zahlreichen V¨aterzitaten (Chrysostomus, → Augustinus, → Beda) erweiterte Evangelienkonkordanz st¨utzt. Der Evangelientext ist durch rote Unterstreichung hervorgehoben. Vorlage des Traktats, dem es in erster Linie um theologische Auslegung geht, war vielleicht die Historia passionis Qui inimici essemus (UB Freiburg/Schweiz, Cod. L 16, 16v–34v). ¨ Uberlieferung: Schaffhausen, StB, Cod. Gen. 10, 1r–64r (Pap., Schaffhausen, 1472, alemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 655 f. – Reinhard Frauenfelder: Ein Kreis von Gottesfreunden im sp¨atma. Schaffhausen. In: Beitr. zur vaterl¨andischen Gesch. 3 (1936) S. 77–85. – Michael Curschmann: Der Mu¨ nchener Oswald und die dt. spielm¨annische Epik (MTU 6). M¨unchen 1964, S. 201 f. BJ Großes Zittauer Fastentuch. Das F. stellt eine einmalige Verbindung von Textil- und Verskunst dar. Es wurde 1472 von dem Kaufmann Jakob G¨urtler gestiftet, der auch in der Bord¨ure des F. portr¨atiert ist. Jedes Jahr zur Fastenzeit in der Zittauer Johanniskirche aufgeh¨angt, trennte das F. dort den Chor vom Langhaus. Diese Praxis wurde auch nach der Reformation fortgesetzt, obwohl sich Luther gegen den Gebrauch von F. ausgesprochen hatte. Die sp¨atere Verwendung des F. ist unbekannt, da viele Quellen im großen Stadtfeuer von 1757 verbrannten. Erst 1840 wurde das F. in der Ratsbibl. von Zittau wiederentdeckt, lagerte dann seit 1842 in Dresden und seit 1876 wieder in Zittau. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs erfolgte die Auslagerung des F. Es wurde aber noch 1391

Beck 1945 von sowjetischen Soldaten geraubt, zerschnitten und im Wald zur¨uckgelassen, wo es ein Holzsammler fand. Nach langer Einlagerung wurde es erst 1994/95 restauriert. Seit 1999 ist es in Zittau ausgestellt. Das F. wurde von unbekannter Hand mit Tempera auf Leinen gemalt. Mit 8,20 Metern H¨ohe und 6,80 Metern Breite z¨ahlt es zu den gr¨oßten ma. Textilkunstwerken. Auf dem F. sind in zehn Reihen und neun Spalten insgesamt 90 Bilder angeordnet. Die oberen f¨unf Reihen enthalten Darstellungen aus dem AT, die unteren aus dem NT. Insgesamt reicht der Inhalt der Bilder von der Genesis bis zum J¨ungsten Gericht. Dargestellt sind u. a. Kain und Abel, Noahs Arche, Jakob und Josef sowie das Leben Christi von der Verk¨undigung bis zur Auferstehung. Jedes Bild wird von einem Vers begleitet; untereinander sind die Verse durch Paarreime verbunden. Hierin liegt die Besonderheit des F., denn es existieren zwar zahlreichen F. des sog. alpenl¨andischen Feldertyps, jedoch keines mit einem vergleichbaren Text. ¨ Uberlieferung: Ausgestellt im Mus. «Kirche zum Heiligen Kreuz» (Zittau). Ausgaben: Abb. u. a. in Wolfson 1996 (s. Lit.) und Mennekes 1998 (s. Lit.). – Online-Abb. der St¨adtischen Museen Zittau: http://www.zittauerfastentuecher.de/images/xxl/grossesfastentuch.jpg Literatur: Henrike L¨ahnemann: Z. F. von 1472. In: VL2 10 (1997) 1569 f. – Volker Dudeck: Das G. Z. F., eine museale Kostbarkeit von europ¨aischem Rang. In: Zittauer Geschichtsbll. NF 2 (1995) H. 2, S. 42 f. – Ders.: Zittau und seine Fastentu¨ cher. Ein hist. Exkurs. In: Riggisberger Ber. 4 (1996) S. 10–23. – Michael Wolfson: Das Z. F. von 1472. In: Riggisberger Ber. 4 (1996) S. 27–69. – Ulrich Schiessl: Zur Maltechnik des G. Z. F. In: ebd. (1996) S. 70–95. – Joachim Fischer: Die Z. Fastent¨ucher in der Kreuzkirche. Hg. vom Kuratorium Zittauer Fastent¨ucher. Potsdam 1996. – Das G. Z. F. Hy schaffte hy[m]mel und erde got. Hg. v. den St¨adtischen Museen Zittau. Bearb. v. V. Dudeck. Bad Muskau 1997. – Uwe Kahl: Fr¨uhe schriftliche Zeugnisse entdeckt. Zum G. Z. F. In: Oberlausitzer Kulturschau 3 (1997) H. 5, S. 24–27. – Ders.: Neues vom Z. F. In: Bibliotheksjournal der Christian-Weise-Bibl. Zittau 2 (1998) S. 31–33; 4 (1998) S. 44–47; 10 (2000) S. 22–25. – Die Zittauer Bibel. Bilder und Texte zum G. F. von 1472. Hg. v. Friedhelm Mennekes. Stuttgart 1998. – Z. F. Biblische Betrachtungen. 1392

Wurzgarten des Herzens Hg. v. F. Mennekes/Edeltrud Meistermann. Stuttgart 1998. – Antje Sol´eau: Eine Kostbarkeit wird gerettet. Das G. Z. F. ist wieder f¨ur alle zug¨anglich. In: Textilkunst international 27 (1999) H. 3, S. 123–125. – Marina Michel: Was den Zittauern das F. wert ist. In: Oberlausitzer Kulturschau 5 (1999) H. 6, S. 6 f. – V. Dudeck: Mus. Kirche zum Heiligen Kreuz. Heimstatt f¨ur das G. Z. F. von 1472. In: Sammeln – Erforschen – Bewahren. FS Ernst-Heinz Lemper. Hg. v. Martin Schmidt. G¨orlitz u. a. 1999, S. 106–114. – 525 Jahre G. Z. F. – und wie weiter? Internationales wiss. Symposium Alth¨ornitz, 3. und 4. Mai 1997 (Mitt. des Zittauer Gesch.- und Mus.ver. 27). Hg. v. Dietmar Dammzog. G¨orlitz/Zittau 2000. – Renate K¨uhnen u. a.: Technical Observations on the So-Called ‹G. Z. F.›. A Lenten Veil Dating from 1472. In: The Fabric of Images. European Paintings on Textile Supports in the Fourteenth and Fifteenth Centuries. Hg. v. Caroline Villers. London 2000, S. 99–108. – Barbara Friebel: Das Z. F. in der wahrscheinlich gr¨oßten Vitrine der Welt. In: Informationen des S¨achsischen Museumsbundes e. V. 20 (2000) S. 66–71. – V. Dudeck: Das G. Z. F. im Mus. Kirche zum Heiligen Kreuz. In: S¨achsische Heimatbll. 47 (2001) H. 4/5, S. 212–217. – Enno B¨unz: Ein Zeugnis sp¨atma. Fr¨ommigkeit aus der Oberlausitz. Neue Forschungen zum G. Z. F. von 1472. In: Neues Arch. f¨ur S¨achsische Gesch. 72 (2001) S. 255–274. – V. Dudeck: Die Z. Fastent¨ucher als Gegenstand der Forschung. In: Zittauer Geschichtsbll. 7 (2002) H. 1, S. 3–14. – Rudolf Suntrup: Fastentu¨ cher als Zeugnisse sp¨atma. Passionsfr¨ommigkeit. Gurk – Zittau – Telgte. In: ebd. (2002) S. 22–32. – Reiner S¨orries: ... dem Vergessen entrissen – es bleiben Fragen. Die Z. Fastent¨ucher. In: Via Sacra: Oberlausitz, Schlesien, B¨ohmen. FS V. Dudeck (Mitt. des Zittauer Geschichts- und Museumsvereins 30). Hg. v. Steffen G¨artner. G¨orlitz 2007, S. 18–23. – Die Zittauer Fastent¨ucher (Zittauer Geschichtsbll. NF 38). Hg. v. Zittauer Gesch.- und Museumsver. Zittau 2009. – V. Dudeck: Christian Weise und das G. Z. F. In: Poet und Praeceptor. Christian Weise (1642–1708) zum 300. Todestag. Hg. v. Peter Hesse. Dresden 2009, S. 461–466. MM Windsperger, Ludwig (Wintzperger, de Windsberg) OP. W. trat 1464 in das Basler Dominikanerkloster ein. Er wurde dort Cursor, Subprior und Prior, 1483 Lektor. 1487 wirkte er als Prior und Lektor 1393

2. H¨alfte 15. Jh. in Eichst¨att; 1496 ist er im Berner Predigerkonvent bezeugt. Von W., der ein angesehener Theologe und Prediger gewesen sein muss, ist nur eine einzige dt. Predigt erhalten, die er am 1.5.1487 im Katharinenkloster N¨urnberg gehalten hat. Zentrales Thema ist die Gnade Gottes. Die theologischen Leitgedanken st¨utzen sich auf → Thomas von Aquin. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, cod. D 231, 224v–230r (Ende 15. Jh.). Ausgabe: Gabriel Maria L¨ohr: Aus sp¨atma. Kosterpedigten. In: Zs. f¨ur schweizerische Kirchengesch. 38 (1955) S. 13–46, 108–120, 199–208, hier S. 200–203. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 1213 f. – Benedikt Maria Reichert: Registrum litterarum (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 7). Leipzig 1912, S. 24, 38; ebd. 10, 1914, S. 90. – Gabriel M. L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1924, S. 123 (Nr. 32). – L¨ohr (s. Ausg.). – Thomas Kaeppeli: Scriptores ordinis Praedicatorum medii aevi. Bd. 3. Rom 1980, S. 97. BJ Wurzgarten des Herzens (M¨unchener Sendbrief, Sendbrief vom Wurzgarten des Herzens). – Allegorischer Sendbrief, u¨ berliefert in einer Handschrift aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Bei dem als W. d. H. bezeichneten Text mit dem Initium «Item das her nach geschriben stet ist ein sant prif. Dyß ist ein prif, den schreib sy mir, do der feyel wuchs» handelt es sich um einen Sendbrief einer geistlichen «Mutter» an ihre geistliche «Tochter». Die geistliche Lehre, der Form nach eine Gartenallegorie (sch¨utzender Zaun um den «wurczgarten» des Herzens, Gartenger¨ate, Gartenarbeiten, Tiere, Pflanzen etc.), soll zur Vorbereitung des Herzens auf den Empfang Christi dienen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, UB, 8° Cod. ms. 277, 193v–196v (Pap., um 1470, nordbair.). Mit einem dem W. d. H. verwandten Initium beginnt auch eine Predigt auf Mari¨a Verk¨undi¨ gung; die Salutatio am Textbeginn und eine Uber¨ leitungspartie weisen starke Ahnlichkeiten auf. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 230, 163r–169r (vor 1548, mittelbair.). – Dresden, LB, Msc. M 244, 51r–57r (Augustinerinnenkloster Pillenreuth bei N¨urnberg). – Berlin, SBB, Mgo 137, 1394

2. H¨alfte 15. Jh. 47r–67r (Dominikanerinnenkloster St. Katharina zu N¨urnberg, 1. H¨alfte 15. Jh.). ¨ Vorstellbar ist, dass die Abtissin oder sonstige Klosteramtstr¨agerin, die den W. d. H. verfasste, den Textbeginn der dt. Mari¨a-Verk¨undigung-Predigt, die ihrerseits wohl auf eine lat. Vorlage zur¨uckgeht, in leicht abge¨anderter Form ubernahm. ¨ Ausgabe: Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 499 f. Literatur: D. Schmidtke, VL2 10 (1999) Sp. 1460 f. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB M¨unchen (Die Hss. der UB M¨unchen 1). Wiesbaden 1968, S. 290. – Schmidtke (s. Ausg.) S. 19, 41 (Nr. 19), 579 (Reg., unter ‹M¨unchener Sendbrief›). SF Bischoff, Konrad. – Verfasser einer dt. Legende des hl. Otto, 15. Jh. B. war Barf¨ußerm¨onch im Franziskanerkloster Bamberg und verfasste 1473 eine deutschsprachige Legende Bischofs Otto I. von Bamberg († 1139); Otto wurde 1189 heilig gesprochen, sein Gedenktag im Bistum Bamberg ist der 30. September, in Pommern der 1. Oktober. Als Vorlagen dienten B. die lat. Otto-Viten → Ebos und → Herbords von Michelsberg aus dem 12. Jh. B.s Text diente in bearbeiteter Fassung bis ins 18. Jh. als Grundlage von Otto-Legenden. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Add. 21. – Bamberg, SB, Msc. Hist. 155, f. 113–203 (fr¨uher E.VI.11). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 17.10 Aug. 4°, 1–229v. – W¨urzburg, UB, M. ch. f. 4, 57r–138r. Ausgabe: Karl S¨udekum (Hg.): Die dt. OttoVita des K. B. aus dem Jahre 1473 (Ver¨off. der Ges. f¨ur Fr¨ankische Gesch. I,4). Neustadt/Aisch 1982. Literatur: J¨urgen Petersohn, VL2 1 (1978) Sp. 878. – Heinrich Joachim J¨ack: Hss. der Kgl. Bibl. zu Bamberg. In: Arch. der Ges. f¨ur a¨ltere dt. Geschichtskunde 6 (1831) S. 65–69. – Friedrich Leitschuh/Hans Fischer: Kat. der Hss. der Kgl. Bibl. zu Bamberg I 2. Leipzig 1895–1906, S. 254–256; III. 1912, S. 63 f. – Dietrich Andernacht: Die Biographen Bischof Ottos v. Bamberg. Diss. masch. Frankfurt a. M. 1950, S. 12–14, 37. – J¨urgen Petersohn: Bemerkungen zu einer neuen Ausg. der Viten Ottos v. Bamberg. Bd. 1. In: DA 27 (1971) S. 180 f., 184, 186, 189. SF 1395

Bischoff Kirchschlag, Johannes von (Kirchsclag, Kirchslag) OP, * um 1450 N¨urnberg, † 2.10.1494 N¨urnberg (?). – Prediger. K. predigte seit etwa 1473 im Katharinenkloster N¨urnberg. Dort war er auch um 1476–78 Lektor und 1486–89 Prior. Seine Predigten sind nur in von Nonnen angefertigten Nachschriften erhalten, die wenig u¨ ber K.s urspr¨unglichen Stil verraten. Es liegen zw¨olf Predigten aus den Jahren 1473–88 vor, die sich mit u¨ blichen theologischen Themen besch¨aftigen. So behandelt eine Predigt u¨ ber Joh 16,23 unter Bezug auf Johannes Damascenus das Gebet. Eine an → Thomas von Aquin angelehnte Predigt u¨ ber Mt 22,37 thematisiert die Gottesminne, eine Predigt zu Allerheiligen handelt von Auferstehung und Seligkeit. Auch Maria und die heilige Barbara erscheinen in K.s Predigten, die insgesamt von einer großen Quellenkenntnis des Verfassers zeugen. Er beruft sich u. a. auf Aristoteles, → Hugo von St. Victor, → Bernhard von Clairveaux, Petrus Lombardus und → Albertus Magnus. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VII 13, Bll. 122v–130v (Pap., um 1486–1500, n¨urnbergisch). – Z¨urich, ZB, D 231, 109–119v, 197–204v (1486). – N¨urnberg, StB, Cent. VII 11a, 180r–251v (Pap. und Perg., Katharinenkloster N¨urnberg, 1488, n¨urnbergisch). – Berlin, SBB, Mgo 628, 119v–126v (Pap., 15. Jh.). – Heidelberg, Slg. Eis, cod. 114, 39r–42v, 84v–85v, 96r–101v, 159v–160v, 165r–165v, 177v–178v, 209r–212r (15. Jh.). – Heidelberg, Slg. Eis, cod. 116, 19v–21 (15. Jh.). Ausgaben: Gabriel L¨ohr: Das N¨urnberger Predigerkloster im 15. Jh. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 39 (1944) S. 229 (Ausz¨uge). – Ders.: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur schweizer. Kirchengesch. 38 (1944) S. 33–46, 108–120, 199–208, hier S. 39 f., 119 f. (Ausz¨uge). – Gerhard Eis: J. K.s Predigt zum Barbaratag 1486. In: PBB (T¨ub.) 81 (1959) S. 196–200. – Renner 1959 (s. Lit.) S. 213 f. 4 Literatur: Peter Renner, VL2 (1983) Sp. 1154–1156. – Carlo Longo, DHGE 29 (2007) Sp. 147. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213. – Ursula Kellermann: Die sp¨atma. Prediger P. K. und Johannes K. in N¨urnberg. Heidelberg 1959 (ungedr. Examensarbeit). – P. Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Helmut Walther: Prediger 1396

Alphart und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis, besonders das Werk Peter K.s. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 37 (1968) S. 71–97. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 162 (T 150). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 462 f. MM Kirchschlag, Peter (Kirchsclag, Kirchlant, Keyerslach) OP, * um 1440 N¨urnberg (?), † 30.4.1483 Stuttgart. – Prediger. K. legte 1457 bei den Dominikanern in Wien die Profess ab. Seit 1464 hielt er sich in K¨oln auf, wo er die Kl¨oster seines Ordens reformierte. 1468 f¨uhrte er im Mainzer Konvent wieder die strenge Observanz ein. Die n¨achsten Jahre verbrachte er im Predigerkloster in N¨urnberg, wo er seit 1473 Prior und 1474–79 Lektor war. Daneben wurde er 1474 auch Vikar der Reformkl¨oster in der s¨uddt. Ordensprovinz. Offenbar betraute man K. auch mit heiklen Missionen: So unternahm er 1479 den Versuch, eine von einem Ritter entf¨uhrte Nonne in den Orden zur¨uckzuf¨uhren. Obwohl K. als guter Prediger galt, sind nur f¨unf lat. Predigten von ihm u¨ berliefert, unter denen ihm eine nur unsicher zuzuschreiben ist. Die Predigten sind zahlenmystisch gepr¨agt und behandeln z. B. f¨unf Wege der M¨artyrernachfolge und neun Grade rechter Demut. Erhalten ist auch eine von K. zusammengestellte Kompilation Passio Christi ex quatuor evangelistis (1477 in K¨oln gedruckt) und lat. Briefe aus dem Jahr 1467. K. wurde gelegentlich f¨alschlich als Bearbeiter des Spiegels der Vollkommenheit von Hendrik Herp angesehen. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, Slg. Eis, cod. 114 (Pap., Katharinenkloster N¨urnberg, 1472–98; Predigten). Ausgaben: Litterae du beneficiis O.P. (Fontes Minores Medii Aevi 14). Hg. v. Servatius Petrus Wolfs. Groningen 1963, S. 29–31 (Briefe). – Walther 1968 (Predigten; s. Lit.). Literatur: Peter Renner, VL2 4 (1983) Sp. 1156 f. – Carlo Longo, DHGE 29 (2007) Sp. 147 f. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213. – Ursula Kellermann: Die sp¨atma. Prediger P. K. und Johannes K. in N¨urnberg. Heidelberg 1959 (ungedr. Examensarbeit). – P. Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 1397

2. H¨alfte 15. Jh. 41 (1959) S. 201–217. – Kurt Ruh: Altndl. Mystik ¨ in dt.sprachiger Uberl. In: FS Leonce Reypens. Hg. v. Albert Ampe. Antwerpen 1964, S. 357–382 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. 2. Hg. v. Volker Mertens. Berlin 1984, S. 94–117). – Helmut Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis, besonders das Werk Peter K.s. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 37 (1968) S. 71–97. – Isnard Wilhelm Frank: Hausstudium und Univ.studium der Wiener Dominikaner bis 1500 (Arch. f¨ur o¨ sterr. Gesch. 127) Wien u. a. 1968, S. 226 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 163 f. (T 153). – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 234 f. MM Alphart, Johannes, † 4.6.1492 Mu¨ nchen. – Angesehener Prediger, zweite H¨alfte 15. Jh. Der aus Basel stammende J. A. war seit 1474 mehrmals Vikar und Visitator der obd. franziskanischen Observantenprovinz. Von ihm sind Statuten f¨ur Riedlers «Selhaus» in Mu¨ nchen und die Franziskanerinnen in Kaufbeuren u¨ berliefert. Ferner stammt von ihm die in verschiedenen Fassungen u¨ berlieferte Predigt Surge vade u¨ ber die «Via mystica» in neun hierarchisch geordneten «G¨angen». ¨ Uberlieferung: ‹Surge vade›: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5140, 317v–322v. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1007, S. 423–443. – Schaffhausen, Stadtbibl., Cod. Gen. 19, 193r–199v. – Stuttgart, LB, theol. et phil. 4° 219, 1r–33v. Ausgaben: Michael Bihl, in: Archivum Franciscanum Historicum 14 (1921) S. 453–455. – Richard Dertsch: Das Franziskanerinnenkloster in Kaufbeuren. Kurze Gesch. des Klosters. In: Bavaria Franciscana Antiqua 5 (1961) S. 32–36. – Lucidius Verschueren, in: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 121–125. Literatur: Kurt Ruh, VL 2 1 (1978) Sp. 261. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319. – Johannes Schlageter, LThK3 5 (1996) Sp. 878 f. – James Midgley Clark: Alhart and Alphart. In: Modern Language Review 29 (1934) S. 440–443. – K. Ruh: Bonaventura dt. (Bibliotheca Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 57. – Rudolf Gamper unter Mitwirkung v. Susan Marti: Kat. der ma. Hss. der StB Schaffhausen. Im Anhang Beschreibung v. ma. 1398

2. H¨alfte 15. Jh. Hss. des Staatsarchivs Schaffhausen, des Gemeindearchivs Neunkirch und der Eisenbibl., Klostergut Paradies. Dietikon/Z¨urich 1998, S. 114. SF Margareta von Kenzingen (eig. Beutler) OP, † 23.12.1428. M. heiratete einen Kenzinger Kaufmann und Ratsherren namens Beutler, mit dem sie eine Tochter hatte (→ Magdalena von Freiburg). Nach dem Tod Beutlers unternahm M. eine Pilgerreise und pflegte sp¨ater Kranke im Elisabethenspital in Marburg. Der Legende nach pilgerte M. auch zu Rulmann → Merswin. Zuletzt lebte sie als Dominikanerin im Kloster Unterlinden/Colmar. Auch hielt sie sich um 1423 im Kloster An den Steinen in Basel auf, wohin sie zur Ordensreform entsandt worden war. M.s mit mystischen Erlebnissen angereicherte Vita ist in einer Handschrift von 1474 und als f¨unftes Buch von Johannes → Meyers Buch der Reformacio Predigerordens u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 1916 (Pap., 1483, als Tl. von Meyers Buch der Reformacio Predigerordens). Ausgaben (dt.): Reliquien aus dem MA IV: Lebensbeschreibungen der ersten Schwestern des Klosters der Dominikanerinnen zu Unterlinden. Hg. v. Ludwig Clarus. Regensburg 1863, S. 400–411. – Denifle 1876 (s. Lit.). – Johannes Meyer: Buch der Reformacio Predigerordens, Bd. 2. Hg. v. Benedikt Reichert. Leipzig 1908, hier Buch V, Kap. 11–14. Literatur: Kurt Ruh/Peter Dinzelbacher: Magdalena von Freiburg. In: VL2 5 (1985) Sp. 1117–1121; 11 (2004) Sp. 944. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 323. – Roger Aubert, DHGE 28 (2003) Sp. 1269. – Heinrich Denifle: Das Leben der M. v. K. In: ZfdA 19 (1876) S. 478–491. – Hermann Gumbel: Mystik im Elsaß. In: Elsaß-Lothringisches Jb. 10 (1931) S. 39–56. – Werner Williams-Krapp: Frauenmystik und Ordensreform im 15. Jh. In: Literarische Interessenbildung im MA. DFG-Symposion 1991. Hg. v. Joachim Heinzle. Stuttgart 1993, S. 301–313, hier S. 306 f. MM Pfullinger Liederhandschrift. – Sammlung von 15 geistlichen Liedern, zweite H¨alfte 15. Jh. Es handelt sich um eine Sammlung geistlicher Lieder innerhalb der Handschrift Stuttgart, LB, 1399

Margareta von Kenzingen Cod. theol. et philos. 4° 190, Pap., 169r–179r, welche sich bis 1539 im Klarissenkloster Pfullingen bei Reutlingen befand, wahrscheinlich aber in einem Zeitraum zwischen 1468 und 1478 in Gebweiler oder Straßburg geschrieben wurde. Die P. L. entstand im Kreis jener Ordensfrauen im oberen Elsass, als deren Seelsorger der Ordensreformer Johannes → Kreutzer wirkte, einige Lieder d¨urften von ihm selbst verfasst sein. Unmittelbar nach K.s Tod 1468 setzte die Sammeltradition sei¨ ner dt. Lehr- und Erbauungsschriften ein. Uberliefert sind im Rahmen der P. L. 15 Texte ohne Melodien, meist sind es Unica von bis zu elf Strophen Umfang. Ordnungsprinzip ist das «geistliche Jahr», gedanklich steht die kl¨osterliche Frauenmystik des 14. und 15. Jh. im Vordergrund. Ein Teil der Lieder der P. L. kennzeichnet das Gestaltungsprinzip der geistlichen Kontrafaktur: Ein bereits existierender weltlicher Liedtext wird in geistlich umgearbeiteter Form neu pr¨asentiert. Im Rahmen der P. L. f¨allt erstmals der Begriff der Kontrafaktur («Contrafact uf einen geistlichen sinn»). Ausgaben: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 818, 819, 833, 815, 816, 835, 822/823, 817, 477, 479, 820/831, 821, 706, 832, 834. – Kalisch 1982 (s. Lit.) S. 9–19. Literatur: Michael Curschmann/Gisela Kornrumpf, VL2 7 (1989) Sp. 584–587. – Johannes Janota/Hans P¨ornbacher: Liederb¨ucher. In: MarLex 6 (1994) S. 853–855, hier S. 854. – Wieland Schmidt: Johannes Kreutzer. Ein els¨assischer Prediger des 15. Jh. In: FS Helmut de Boor. T¨ubingen 1966, S. 150–192. – Volker Kalisch: Die sog. P. L. In: W¨urttembergische Bll. f¨ur Kirchenmusik 49 (1982) S. 3–19, 51–57. Rezension dazu: Christoph Petzsch, in: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 26 (1982) S. 190–194. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie (Hermaea N.F. 43). T¨ubingen 1982, S. 24 f. – Uwe Ruberg: ‹Contrafact uff einen geistlichen sinn›. Liedkontrafaktur als Deutung zum Spiritualsinn? In: Geistliche Denkformen in der Lit. des MA. Hg. v. K. Grubm¨uller u. a. (MMS 51). M¨unchen 1984, S. 69–82. – V. Kalisch: ‹Ich bin doch selber ich›. Spuren mystischer Fr¨ommigkeit im geistlichen Liedgut des 15. Jh. Der Pfullinger Liederanhang (Musik-Kultur 6). Essen 1999. – Judith Theben: Die mystische Lyrik des 14. und 15. Jh. Unters. – Texte – Repertorium (Kulturtopographie des alemannischen Raums 2). Berlin/New York 2010, passim. SF 1400

Alanus de Rupe Neumarkter Cantionale. – Sammelband (272 verbliebene Bl¨atter) mit geistlichen Ges¨angen, zusammengesetzt aus f¨unf Teilen. Die vorwiegend lat. Ges¨ange (marianische Antiphonen, Wechselges¨ange, Lektionen, Invitatorien, Cantiones etc.) sind mit Noten u¨ berliefert. Darunter sind auch einige dt. Lieder zu finden: u. a. → Mittit ad virginem in der dt. Bearbeitung des → Mo¨ nchs von Salzburg (182r–184v), → O filii ecclesiae / Homo tristis esto (247r–257v; Doppellied, lat. und dt.) sowie ein separates Doppelblatt ohne Noten zum → Rex Christe factor omnium (260r–261r). Das N. C. war f¨ur die Verwendung sowohl im liturgischen als auch im außerliturgischen Gottesdienst bestimmt. ¨ Uberlieferung: Wrocław (Breslau), Archiwum Archidiecezjalne (Di¨ozesanarchiv), Ms. 58, 54r (datiert 1474). – 102v (datiert 1484) (Neumarkt/Schlesien, angelegt im 15. Jh.). Literatur: Johannes Janota, VL2 6 (1987) Sp. 918–920. – Ders./Hans P¨ornbacher: Liederb¨ucher. In: MarLex 6 (1944) S. 853–855, hier S. 853. – Arnold Schmitz: Ein schlesisches Cantional aus dem 15. Jh. In: Arch. f¨ur Musikforschung 1 (1936) S. 385–423. – Fritz Feldmann: Musik und Musikpflege im ma. Schlesien (Darstellungen und Quellen zur schlesischen Gesch. 37). Breslau 1938. Nachdr. Hildesheim 1973. – Dragan Plamenac: Music Libraries in Eastern Europe 1. In: Music Library Association. Notes 19 (1962) S. 411–420, 584–598. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968. – Kurt v. Fischer: Hss. mit mehrstimmiger Musik des 14., 15. und 16. Jh. Bd. 2 (R´epertoire International des Sources Musicales B IV4). Mu¨ nchen 1972. – Burghart Wachinger: Der ¨ Mo¨ nch von Salzburg. Zur Uberl. geistlicher Lieder im sp¨aten MA (Hermaea NF 57). T¨ubingen 1989. SF

Alanus de Rupe (de la Roche, van der Clip) OP, * um 1428 in der Bretagne, † um 8.9.1475 Zwolle. Der fr¨uh von den Dominikanern in Dinan aufgenommene A. studierte in Paris, wo er auch seine Lehrt¨atigkeit begann, und trat 1462 in den Reformkonvent Lille u¨ ber, der 1464 mit anderen ndl. Kl¨ostern zur «Congregatio Hollandica» vereint wurde. Seit 1464 war A. Lektor in Douai, seit 1468 in Gent und seit 1460 in Rostock. 1473 dort zum 1401

2. H¨alfte 15. Jh. Dr. theol. promoviert, wurde er 1474 dem Kloster in Zwolle zugewiesen. 1464 hatte A. eine ‹Marienvision›, die ihm den Marianischen Psalter (dreifacher Rosenkranz) zur Lebensaufgabe werden ließ. Er gab den Anstoß f¨ur den Aufschwung der Rosenkranzfr¨ommigkeit im ausgehenden 15. Jh. Die von ihm begr¨undete Rosenkranzbruderschaft (zuerst 1468 in Douai, dann in Lille und Gent, vor 1475 wahrscheinlich auch in Rostock), deren Mitglieder sich verpflichteten, t¨aglich 150 Ave Maria mit je einer Betrachtung aus dem Leben Jesu und alle zehn Ave Maria ein Paternoster zu beten, entwickelte sich nach seinem Tod zu einer großen Volksbewegung. A. wurde bald als Seliger verehrt, ohne dass dieser Kult jemals von der Kirche anerkannt worden w¨are; sein Ged¨achtnis wurde am 8. September begangen. Die sog. Rosenkranzlegende geht auf A. zur¨uck, der Anregungen des Kart¨ausers → Dominikus von Preußen aufgegriffen hat. Danch soll der Rosenkranz dem hl. Dominikus als Hilfsmittel zur Bek¨ampfung der H¨aretiker geoffenbart worden sein. Eine der vielen bildlichen Darstellungen dieser Legende stammt von Guido Reni: Der Heilige Dominikus erh¨alt den Rosenkranz (1596/98). Von den A. zugeschriebenen Werken kann nur die in seinem Todesjahr 1475 verfasste Verteidigungsschrift als authentisch gelten. Nachdem seine Visionen wegen ihres ekstatischen und zum Teil vulg¨aren Inhalts von seinem Ordensoberen verurteilt worden waren, fasste er in der «Apologia» an den Bischof von Tournai die Ziele der Bruderschaft zusammen und rechtfertigte seine Predigtt¨atigkeit. In einer von Johann Neßen, einem Sch¨uler des A., stammenden Handschrift (UB Kiel, Cod. ms. Bord. 58) wird A. als Verfasser u. a. folgender Schriften genannt: a) Tractatus apologeticus: De Psalterio Virg. Mariae ad V. D. Ferricum de Cluniaco episc. Tornacensem. ¨ Uberlieferung: Kiel, UB, Cod. ms. Bord. 58 A, 11r–49v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1035 Helmst. 4v–104v (lat.). – Nijmegen, Albertinum, Ms. o. A., 18r–27r (z.T. dt.; vgl. de Boer, Ons Geestelijk Erf 30,1956, S. 189). b) Magnum Psalterium Trinitatis (vielleicht identisch mit dem Anfang des Textes Cod. ms. Bord. 58 B, 1r–35v), von der A. vielleicht eine Kurzfassung u.d.T. Compendium Psalterii Trinitatis schuf. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 682/244, 243r–260r. – ebd., 639/1571, 83r–101r. – ebd., 1402

2. H¨alfte 15. Jh. 687/249, 184r–206r, 177–179, nach Zwolle weisend. – Prag, UB, Cod. A VIII 46, 106r–148v. – Kiel, UB, Cod. ms. Bord. 58 A, 49v–66v (Compendium). – Dt.-ndl. Fassungen: Colmar, Bibl. mun., Ms. 474. – Karlsruhe, LB, Don. B VI 2, 43r–90v. – Gießen, UB, Ms. 784, 73v–98r. – Leiden, UB, Ltk. 218, 24r–53v (ndl.). – ebd., Ltk. 324, 20v–24r, 92v–96v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm, 2r–90v. – N¨urnberg, StB, Cent. VII 2, 43r–90v. – ebd., Cent. VII 9, 11r–18v. – ebd., Cent. VII 82, 1r–7v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1233 Helmst., 144r–162r. Exempla des A. von 1467 und 1475: Tournai, Bibl. Mun., Cod. 100, 174r–205v. – Mecheln, Sem. cod. 15. – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI F 7, 101r–127r (dt.). Ausgaben: de Boer, Ons Geestelijk Erf 29 (1955) 381–388 (Epilog zum Compendium). – Dt.-ndl. Fassungen: Archivum Fratrum Praedicatorum 40 (1970), S. 105–118. c) Expositio super Regulam s. Augustini. ¨ Uberlieferung: Kiel, UB, Cod. ms. Bord. 58, 1r–39r. – Paris, Bibl. nat., ms. lat. 18322, 1r–17r. Ausgabe: Creytens, AFP 36 (1966) S. 298–305. d) De Psalterio Virginis Mariae, ein Brief an den Rostocker Kart¨auser Jakobus. ¨ Uberlieferung: Kiel, UB, Cod. ms. Bord. 58, 106v–110v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1035 Helmst, 104v–121v (lat.). e) XV Scale religionis, ein Brief an den Rostocker Kart¨auser Joh. Spane. ¨ Uberlieferung: Kiel, UB, Cod. ms. Bord. 58 A, 2r–4r. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 1035 Helmst, 150v f. f) Sermo Doctoris Alani super novelli Virg. Mariae super Salutationem Angelicam ad pertimescendum extremum judicium. ¨ Uberlieferung: Kiel, UB, Cod. ms. Bord. 58, 168r–175v. Ausgabe: Alanus de Rupe redivivus de psalterio seu rosario Christi ac Mariae eiusdemque fraternitate rosaria. Bearb. und hg. v. Johannes Andreas Coppenstein. Freiburg i. Br. 1619 u. o¨ . (bearb.). Literatur: R. Coulon: Alain de la Roche. In: DHGE 1 (1912) Sp. 1306–1312. – Marcel Viller: Alain de la Roche. In: Dict. Spir. 1 (1937) 269 f. – Ephrem Filthaut, LThK2 1 (1957) Sp. 266. – DPhiA 2 (21960) Sp. 833. – Leopold J¨ager, Lex. der Marienkunde. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Regensburg 1967, Sp. 102 f. – Lieselotte Sch¨utz, LCI 5 (1973) Sp. 66. – Karl J. Klinkhammer, VL2 1 (1978) Sp. 102–106; 11 (2004) Sp. 34. – Meinolf Lohrum, 1403

Alanus de Rupe MarLex 1 (1988) S. 74. – Andreas Heinz: Rosenkranz. I. Theologiegesch. In: MarLex 5 (1993) S. 553–555. – Franz Courth: Rosenkranzbruderschaften. In: ebd., S. 564 f. – Kurt K¨uppers: Rosenkranz. In: LexMA 7 (1995) Sp. 1035. – Hb. der Marienkunde. Hg. v. Wolfgang Beinert/Heinrich Petri. Bd. 2. Regensburg 21996, S. 545. – A. Heinz: Rosenkranz II. In: TRE 29 (1998) 403–407, hier S. 405. – Jacques Qu´etif/Jacques Echard (Hg.): Scriptores Ordinis Praedicatorum. Bd. 1. Paris 1719 (Nachdr. Turin 1960) S. 849–852. – Thomas Esser: Beitr. zur Gesch. des Rosenkranzes. Die ersten Spuren v. Betrachtungen beim Rosenkranz. In: Der Katholik 77/II (1897) S. 346–360, 409–422, 515–528. – J. A. F. Kronenburg: Maria’s Heerlijkheid in Nederland. Bd. 3. Amsterdam 1905, ¨ S. 302–304, 620 f. – T. Esser: Uber die allm¨ahliche Einf¨uhrung der jetzt beim Rosenkranz u¨ blichen Betrachtungspunkte. Mainz 1906, S. 44–61. – Hugo Hurter (Hg.): Nomenclator literarius theologiae catholicae theologos exhibens aetate, natione, disciplinis distinctos. Bd. 2. Innsbruck 31906, Sp. 979 f. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 540–546. – Walther Dolch: Kat. der dt. Hss. der k. k. o¨ ffentlichen und Universit¨atsbibl. zu Prag. I. Teil: Die Hss. bis etwa z. J. 1550. Prag 1909, S. 64 f. (Nr. 136). – Jakob Hubert Sch¨utz: Die Gesch. des Rosenkranzes unter Ber¨ucksichtigung der RosenkranzGeheimnisse und der Marien-Litaneien. Paderborn 1909. – S. Beissel: Gesch. der Verehrung Marias im 16. und 17. Jh. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1910. Nachdr. Nieuwkoop 1970 (Reg.). – Johan Huizinga: Herbst des MA. M¨unchen 21928, S. 189 f., ´ 300 f. – Gilles Meersseman: Etudes sur les anciennes confr´eries Dominicaines. III. Les Congr´egations de la Vierge. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 22 (1952) S. 5–176. – Gabriel M. L¨ohr: Die Dominikaner an den ostdt. Universit¨aten Wittenberg, Frankfurt/Oder, Rostock und Greifswald. In: ebd., S. 294–316, hier S. 305–311. – Bertilo de Boer: De Souter van A. de R. In: Ons Geestelijk Erf 29 (1955) S. 358–388; 30 (1956) S. 156–190; 31 (1957) S. 187–204; 33 (1959) S. 145–193. – Raymond Creytens: Les commentateurs dominicains de la r`egle de S. Augustin du XIIIe au XVIe si`ecle. III. Les commentateurs du XVe si`ecle: Barth´elemy de Mod`ene et Alain de la Roche. In: Archivum 1404

Akˆedass Jizchak Fratrum Praedicatorum 36 (1966) S. 263–312, bes. S. 267–293. – Stephanus G. Axters: Bibliotheca Dominicana Neerlandica manuscripta, 1224–1500 (Biblioth`eque de la Revue d’histoire eccl´esiastique 49). Louvain 1970, S. 132 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970, S. 21–25. – 500 Jahre Rosenkranz. 1475 K¨oln 1975. Kunst und Fr¨ommigkeit im Sp¨atMA und ihr Weiterleben. K¨oln 1975. – El Santo Rosario en la Cartuja (Analecta Cartusiana 103). Salzburg 1983. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 202. – Heinz Sch¨urmann: Rosenkranz und Jesusgebet. Anleitung zum inneren Beten. Freiburg i. Br. u. a. 1986. 21989. – Gerhard Schlegel: Schr. aus der Kartause Marienehe bei Rostock und ihrem Umfeld. In: The Mystical Tradition and the Cartusians. Bd. 4. Hg. v. James Hogg (Analecta Cartusiana 130,4). Salzburg 1995, S. 87.98, hier S. 94 f. – Heinz Finger: Der Rosenkranz und seine Gesch. In: Ders. u. a.: Der heilige Rosenkranz. Eine Ausstellung der Di¨ozesan- und Dombibl. K¨oln [...]. K¨oln 2003, S. 13.-44, hier S. 23, 58 f. – Werner Wessel: A. d. R. und die Rosenkranzbruderschaft v. Douai (1468). In: ebd., 78 f. – Andreas Heinz: Der Rosenkranz vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgesch. In: Edelsteine, Himmelsschn¨ure. Rosenkr¨anze & Gebetsketten. Hg. v. Peter Keller/Johannes Neuhardt. (Kat. zur [...] Sonderschau des Dommuseums zu Salzburg 33; Kat. des Bestandes der Edith-Haberland-WagnerStiftung im Dommuseum zu Salzburg 1). Salzburg 2008, S. 21-.32, bes. S. 30. BJ Apotheke der Schwestern (Der susteren apteeke). – Geistlicher Dialog, zweite H¨alfte 15. Jh. Es handelt sich um einen anonym u¨ berlieferten Dialog zwischen einem geistlichen Vater und einer um Rat fragenden Ordensschwester. Die Herkunft des Textes ist bislang ungekl¨art; es wurden zum einen Vermutungen angestellt, der Eichst¨atter ¨ Codex (s. Uberl.) sei f¨ur Augustinerinnen verfasst worden, zum anderen wurde die Bewegung der Devotio moderna als Entstehungsumfeld der Apotheke in Betracht gezogen. Vorherrschende Themen des in 30 Kapitel eingeteilten Textes sind die sieben Tods¨unden und die monastischen Gel¨ubde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, LB, Cod. 1383, 26rv–77ra (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., ripuarisch). – Den Haag/’s-Gravenhage, K¨onigl. Bibl., Cod. 133 1405

2. H¨alfte 15. Jh. F 23, 30r–126v (mndl.). – Eichst¨att, St. Walburg, Cod. germ. 11, 153r–268r (obd.). – G¨ottingen, UB, Cod. theol. 201, 201r–249r (mittelfr¨ankisch). – Gent, UB, Cod. 1301 (mndl.). Ausgabe: Cebus Cornelis de Bruin: Middelnederlands Geestelijk Proza. Zuthpen 1940, S. 222–224 (Teildr. nach der Hs. Gent). – Ekkehard Borries: Schwesternspiegel im 15. Jh. Gattungskonstitution, Editionen, Unters. Berlin/New York 2008, S. 429–434 (Teildr. nach der Hs. G¨ottingen). Literatur: Wolfgang Stammler/Kurt Illing, VL2 1 (1978) Sp. 411; 11 (2004) Sp. 122. – Cornelis Gerrit Nicolaas de Vooys: Middelnederlandse Legenden en Exempelen. Groningen/Den Haag 1926, S. 51. – W. Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Hg. v. W. Stammler. Berlin 21960, Sp. 749–1102, hier Sp. 1025 f. – Die Hss. der hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt. Bd. 6: Dt. und ndl. Hss. Mit Ausnahme der Gebetbuchhss. Bearb. v. Kurt Hans Staub/Thomas S¨anger. Wiesbaden 1991, S. 80 f. (Nr. 49). – Borries (s. Ausg.). SF Akˆedass Jizchak (Bindung Isaaks). – Altjiddische religi¨ose Erz¨ahlung in urspr¨unglich 63 Strophen, zweite H¨alfte 15. Jh. Das Gedicht eines vermutlich rabbinisch gelehrten Verfassers (Dreeßen) geht auf den hebr¨aischen Midrasch Wajoscha zur¨uck, eine homiletische Schrift zu Ex 14,30 ff. aus dem sp¨aten 11. Jh., die im sp¨aten 12. Jh. eine Erg¨anzung und Umarbeitung erfahren hat (Wies-Campagner). W¨ahrend in der ersten H¨alfte des Werks sich Satan vergeblich bem¨uht, Abraham und Isaak auf dem Weg zur Opferst¨atte zum Ungehorsam gegen Gott bzw. den Vater zu verleiten, lassen im zweiten Teil schließlich die aus R¨uhrung u¨ ber die Gottergebenheit der beiden vergossenen Tr¨anen der Engel das Schlachtmesser stumpf werden. Abraham, den Raphael von dem Opferbefehl entbindet, und seinen Nachkommen wird von Gott ewiges Gedenken an die bestandene Pr¨ufung zugesichert. Die Strophen bestehen aus vier unterschiedlichen Zeilen mit gleichen Reim. ¨ Uberlieferung: Zwei vollst. Hss., zwei Handschriftenfragm., drei Drucke; s. Dreeßen 1971, S. 9–31. Ausgaben: Matenko/Sloan (Transkription u. Faks. der Pariser Hs.; davon Transliteration, Tran¨ skription und engl. Ubers. bei Howard). – Dreeßen (krit. Text in Transkription). 1406

2. H¨alfte 15. Jh. Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 1 (1978) Sp. 95–97. – Willy Staerk/Albert Leitzmann: Die J¨udisch-Dt. Bibel¨ubersetzungen, v. den Anf¨angen bis zum Ausgang des 18. Jh. (Schr. hg. v. der Ges. zur F¨orderung der Wiss. des Judentums 26). Frankfurt/M. 1923, S. 271–274. – Maks Erik (Pseudonym f¨ur S. Merkin): Di geschichte fun der jidischer literatur [...] ferznter-achznter jorhundert. Warschau 1928, S. 124 f. – Chuune Shmeruk: An opgefunener fragment funem altjidischn akeidelid. Almanach fun di jidische schraiber in Jisroel. Tel Aviv 1967, S. 202–209. – Percy Matenko/Samuel Sloan: Two Studies in Yiddish culture. Leiden 1968. – Akˆedass Jizh.ak. Ein altjiddisches Gedicht u¨ ber die Opferung Isaaks. Mit Einl. und Komm. krit. hg. v. W.-O. Dreeßen (Hamburger Beitr. zur Gesch. der dt. Juden 2). Hamburg 1971. – Rolf-Peter Schmitz: Aqedat Jis.h.aq. Die ma. j¨udische Auslegung von Genesis 22 in ihren Hauptlinien (Judaistische Texte und Studien 4). Hildesheim/New York 1979. – Gabrielle Oberh¨ansliWidmer: Akedat Jizchat: ein 3000-j¨ahriges Motiv in der hebr¨aischen Lit. In: Luchot 178 (Dez. 1995/Jan. 1996) S. 18–23. – Salomo A. Birn¨ baum: Die jiddische Sprache. Ein kurzer Uberblick und Texte aus acht Jahrhunderten. Mit einem Vorw. zur 3. Aufl. v. Walter R¨oll. Hamburg 1997, S. 116–118. – Elisabeth Wies-Campagner: Midrash Va-Yosha / Midrasch Wajoscha. Edition – Tradition – Interpretation. Berlin/New York 2009. BJ Ben ha-melech weha-nosir (K¨onigssohn und ¨ frommer Asket). – Altjiddische Ubersetzung der hebr¨aischen Version von Barlaam und Josaphat. ¨ Von der Ubersetzung des um die Mitte des 13. Jh. in Spanien nach einer arabischen Vorlage von Abraham ibn Chisdai verfassten hebr¨aischen Ssefer ben ha-melech weha-nasir (Prinz und Derwisch) sind die Kapitel 9–35 erhalten. Die Unterweisung des «jungen k¨uniks» durch den «gaislichen» endet, anders als in den auf dem lat. Text basierenden Barlaam-Fassungen, mit dem Abschied der beiden voneinander. Die Prosa¨ubersetzung ins Westjiddische (Frankfurt/M. 1769 u. o¨ .) des Eisak Homburg ist von der handschriftlichen Fassung nicht beeinflusst. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Chm 347, 1–85 und 110 (Wasserzeichen: zweite H¨alfte 15. Jh.); enth¨alt zwei Drittel (rund 5180 Vers- und 1407

Ben ha-melech weha-nosir 240 Prosazeilen) des urspr¨unglichen Textes als Abschrift. Ausgaben: Textproben bei Winter/W¨unsche (S. 556 f.), Staerk (Sp. 58–62, in hebr¨aischer Quadratschrift) und Dreeßen (S. 225–233). Literatur: Wulf-Otto Dreeßen, VL2 1 (1978) Sp. 686 f. – Wolf A. Meisel: Prinz und Derwisch, oder die Makamen Ibn-Chisdai’s. Pest 21860. – Jakob Winter/August W¨unsche: Die J¨udische Lit. seit Abschluß des Kanons. Bd. 3. Trier 1896. Nachdr. Hildesheim 1965. – Willy Staerk: Ois di alt-jidische oizress fun der minchener meluchischer bibliothek. Wilna 1926, Sp. 55–58. – Max Erik: Di geˇsoichte fun der jidiˇser lit.eratur fun di eltste Tzeit.n biz der haˇskole-tkˆufe firtzent.er – achtzent.er Jarhundert. Warschau 1928. 21929, S. 173 f., 333–335. – Hiram Peri: Der Religionsdisput der Barlaam-Legende, ein Motiv abendl¨andischer Dichtung (Unters., ungedruckte Texte, Bibliogr. der Legende). Salamanca 1959. – W.-O. Dreessen: Die altjiddische Bearb. des Barlaam-Stoffes. In: ZfdPh 93 (Sonderbd. 1974) S. 218–233. BJ

Jehoschua. – Altjiddische Bearbeitung des Buches Josua, 15. Jh. (?). J. d¨urfte vom Schmuelbuch inspiriert sein. Dessen Hildebrandston wird in den 231 Strophen des J. mit schwankender Genauigkeit nachgeahmt. Auch deuten mehrere Publikums-Anreden im Text darauf hin, dass der J. wie das Schmuelbuch als Vortrag intendiert war. Die biblische Vorlage wird im J. schmucklos wiedergegeben. Eine Auslegung im Sinne des Midrasch ist kaum vorhanden. Der J. war m¨oglicherweise die Vorlage einer 1594 in Krakau erschienenen Bearbeitung in 340 Strophen, die vielleicht von Jakob zu der Kannen verfasst wurde. ¨ Uberlieferung: Parma, Biblioteca Palatina, Ms. Parm. 2513, 129v–155r (Brescia/Mantua, 1510/11). Literatur: Erika Timm, VL2 4 (1983) Sp. 511. – Dies., Killy2 6 (2009) S. 124 f. – Max Erik: Di ge˘sichte fun der jidi˘ser literatur fun di elteste tzaitn biz der haskole-tkufe. Warschau 1928, S. 122–124, 211. – Max Weinreich: Bilder fun der jidi˘ser literaturge˘sichte. Fun di onheibn biz mendele moichersforim. Wilna 1928, S. 126–130. – Chone Shmeruk: Shishah defusei Mantovah be-yidish shelo hayu velo nibrau. In: Alei Sefer 8 (1980) S. 74–78, bes. S. 76 f. MM 1408

Blomenberg Schoftim. – Altjiddische Bearbeitung des biblischen Buches Richter in 523 Strophen, wahrscheinlich noch im 15. Jh. entstanden. Wie beim → Doniel, dem → Melochimbuch und dem → Schmuelbuch ist die Hildebrandsstrophe verwendet; auf Erweiterung durch R¨uckgriff auf den Midrasch wird beim S. fast ganz verzichtet. Eine andere Bearbeitung des Buchs Richter in 396 Strophen ist in einem Druck Mantua von 1564 erhalten; der Autor nennt sich Jakob zu der Kannen. ¨ Uberlieferung: Parma, Biblioteca Palatina, Ms. Parm. 2513, 155v–208v (zusammen mit einer strophischen Bearbeitung des Buches Josua (→ Jehoschua) sowie Psalmen (→ Psalmen¨ubersetzungen [altjiddische]) und biblischen Legenden in Prosa; 1510/11 in Brescia und Mantua geschrieben). Literatur: Erika Timm, VL2 8 (1992) Sp. 814 f. – M. Erik: Di geschichte fun der jidischer literatur [...] 14.–18. Jh. Warschau 1928, S. 122–124. – Chuune Shmeruk: Defussei jidisch be-’Italja. In: ’Italja (Jerusalem) 3 (1982) S. 112–175, bes. S. 144–148. – Ders.: Prokim fun der jidischer literaturgeschichte. Tel Aviv 1988, bes. S. 194–199. BJ Priester Bethlem (Bethlehem, Bethleem). – Verfasser eines nach 1471 entstandenen Kreuzwegb¨uchleins. Die Lebensdaten des «priester ghenaemt heer Bethlem», der m¨oglicherweise eine l¨angere Reise ins Hl. Land unternahm, liegen im Dunkeln; auch ist nicht gekl¨art, ob er das gesamte B¨uchlein verfasste oder nur das Verzeichnis der Kreuzwegstationen erstellte. Der Inhalt des Werks erstreckt sich von der nach Wochentagen aufgeteilten Beschreibung der Passion Christi u¨ ber Erl¨auterungen zu Abl¨assen, Gebeten und Entfernungen der Stationen. Die in der Handschrift St. Truiden, Minoritenbibl., Cod. B 65 III 5 (15. Jh.) u¨ berlieferte Kreuzwegandacht benutzte B. wohl als Grundlage oder verfasste auch diese selbst. Das Kreuzwegb¨uchlein war besonders im Mndl., aber auch im nd. und obd. Gebiet verbreitet; es wirkte stark auf die Ausbildung der Kreuzwegandacht mit 14 Stationen. ¨ Uberlieferung: Hss.: Darmstadt, LB, Hs 1868, 19r–37r (k¨olnisch; ohne Verfassernamen). – Ebd., Hs 1861, 129v–143r (K¨oln, um 1530, k¨olnisch). – Mu¨ nster, UB, Hs 771, 219r–232r (15. Jh., mnd.; die Hs. ist verbrannt). – G¨ottingen, SUB, Cod. theol. 295i, 2r–32r (15. Jh., mnd.). – Stuttgart, LB, Cod. poet. et philol., 4° 83, 23r–32r (um 1400; fraglich, 1409

2. H¨alfte 15. Jh. ob v. B. verfasst). – Drucke: Antwerpen 1518 bei W. Vorsterman. – Ebd., o. J. (ca. 1525) bei W. Vorsterman. – Delft 1520 bei H. Lettersnyder. – Leiden o. J. (nach 1518) bei J. Severszoon. – Antwerpen 1536 und 1561. – Paris o. J. (ca. 550) bei Kerver. – Ebd., o. J. (ca. 1570) bei Merlin. Ausgabe: Cornelis Jacobus Gonnet: Overwegingen op het lijden des Heeren voor degengen, die in den geest de heilige plaatsen willen bezoeken. In: Bijdragen voor de geschiedenis van het bisdom van Haarlem 11 (1882) S. 324–343 (nach dem Druck Antwerpen 1518). Literatur: Wolfgang Stammler, VL1 1 (1933) Sp. 225 f. – Dietrich Huschenbett, VL2 1 (1978) Sp. 835–837; 11 (2004) Sp. 248. – Reinhold R¨ohricht: Bibliotheca geographica Palaestinae [...]. Berlin 1890, S. 172 (Nr. 607). – Karl Alois Kneller: Gesch. der Kreuzwegandacht v. den Anf¨angen bis zur v¨olligen Ausbildung. Freiburg i. Br. 1908, S. 153–159. – P. Anastasius van den Wyngaert: Een merkwaardige nederlandsche kruiswegoefening uit de XVe eeuw. In: Ons Geestelijk Erf 2 (1928) S. 10–41. – Wolfgang Irtenkauf/Ingeborg Krekler mit Vorarbeiten v. Isolde Dumke: Codd. Poetici et Philologici (Die Hss. der W¨urttembergischen LB Stuttgart I,2). Wiesbaden 1981, S. 141. SF Blomenberg, Johannes (Blomenberch). – Prediger. B.s Lebensumst¨ande sind unbekannt; nachweisbar ist er nur u¨ ber zwei Predigten in einer M¨unsteraner Handschrift von 1537. Die Predigten selbst wurden wahrscheinlich im letzten Jahrzehnt des 15. Jh. im Benediktinerinnen-Kloster St. Mauritius in K¨oln gehalten. Ob B. selbst dem BenediktinerOrden angeh¨orte, ist nicht gekl¨art. B.s Predigten erlauben nur R¨uckschl¨usse auf eine gewisse Kenntnis scholastischer Methoden, deren p¨adagogischen Ansatz er u¨ bernimmt. Beide Predigten benutzen Heiligen-Festtage und Bibelstellen als Ausgangspunkt f¨ur weitergehende theologische Er¨orterungen. Der Agnestag (21.1.) wird mit Hld 2,2 verkn¨upft, um die Jungfr¨aulichkeit gegen¨uber der Ehe aufzuwerten. Der Katharinentag (25.11.) dient in Verbindung mit Mt 13,44 zur Erl¨auterung der unio mystica, veranschaulicht am Beispiel der Heiligen. B.s Predigten waren inhaltlich also jenem Frauenkloster angemessen, in dem sie gehalten wurden. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Ms. N. R. 5000, 276r–283r (Pap., wahrscheinlich Kloster St. Mauritius in K¨oln, 1537, ripuarisch). 1410

2. H¨alfte 15. Jh. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 1 (1978) Sp. 900. – Ders.: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. dems./Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361. MM Einzlinger, Johannes (Einzinger, Inslinger, Unthlinger) OFM, † 1497 Ulm. – Prediger der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Der Ordensgeistliche ist 1477 als Guardian in Landshut bezeugt, 1481–87 als Prediger des N¨urnberger Konvents. Seit 1488 lebte er in Ulm. Von ihm ist eine dt. Bearbeitung des Traktats De septem itineribus aternitatis des → Rudolf von Biberach u¨ berliefert, die E. als Predigtreihe vor Klarissen hielt. Der Text zeichnet sich durch relativ freie Verwendung der Vorlage und Praxisbezogenheit aus. Eine weitere Predigt E.s behandelt die Gelassenheit. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4439, 54r–57r (Pap., Anfang 16. Jh., n¨urnbergisch). – Ebd., Cgm 4575, 2r–411r (Pap., drittes Drittel 15. Jh., nordbair.). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 432 f. – Anton Linsenmayer: Beitr. zur Gesch. der Predigt in Deutschland am Ausgang des MA. Passau 1889, S. 51–53. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 319 f. – Margot Schmidt: Rudolf v. Biberach, Die siben strassen zu got. Die hoch¨ alemannische Ubertragung nach der Hs. Einsiedeln 278 (Spicilegium Bonaventurianum 6). Quaracchi 1969, S. 50* f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 170 (T 167). – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,7). Wiesbaden 1996, S. 130, 208 f. – Christian Bauer: Geistliche Prosa im Kloster Tegernsee. Un¨ ters. zu Gebrauch und Uberl. deutschsprachiger Lit. im 15. Jh. (MTU 107). T¨ubingen 1996, S. 240. SF Gebetbuch der Ursula Begerin. B. war eine am 31.8.1531 verstorbene Nonne im Straßburger Reuerinnenkloster St. Magdalena. Ihr Name findet sich als Nachtrag am Ende einer Berner Hs. des G.s. Als Schreiberin oder Illustratorin des bereits im sp¨aten 14. Jh. konzipierten G.s kommt B. aber nicht in Frage. Hervorstechendes Merkmal der u¨ berlieferten Handschrift 1411

Einzlinger sind die ganzseitigen, in zwei Zyklen angeordneten Miniaturen, die jeweils durch Gebete erg¨anzt werden. Die Miniaturen sind eingeklebt und d¨urften aus einer noch a¨ lteren Hs. u¨ bernommen worden sein, ebenso die Gebete. Man hat die erste Anlage des G.s auf 1390 datiert, w¨ahrend letzte Nachtr¨age noch 1494 vorgenommen wurden. Der erste Zyklus des G.s (Bl. 9r–156r) besteht aus 136 Miniaturen, die Vita und Passion Christi seit dem Sturz der aufst¨andischen Engel und seit dem S¨undenfall illustrieren. Die begleitenden Gebete beziehen sich zwar jeweils auf die Schilderungen in den Miniaturen, enthalten aber auch pers¨onliche Bitten einzelner Nonnen. Der zweite Zyklus (Bl. 157v–176v) enth¨alt 28 Miniaturen von Heiligen, die wiederum durch Gebete erg¨anzt werden (u. a. an Maria, Hieronymus und Ursula). Erw¨ahnenswert ist auch die an den zweiten Zyklus anschließende Einf¨ugung zweier Unterweisungen f¨ur Nonnen, was auf den Gebrauchscharakter des G.s verweist (Bl. 177r–187v). Gebete an Jesus und Maria Magdalena beschließen die Hs. Inhaltliche Bez¨uge des G.s verweisen auf Ludolf von Sachsens Vita Christi; das im G. enthaltene Gebet vor dem Gregoriusbild findet sich auch in anderen G. des 15. Jh. (Gebetbuch f¨ur Barbara Ulstatt, Gebetbuch des Niklaus Meyer zum Pfeil). ¨ Uberlieferung: Bern, Burgerbibl., Cod. 801 (Pap., St. Magdalena-Kloster Straßburg [?], zwischen 1390 und 1494, alemannisch). Ausgabe: Edition in Vorbereitung (Nigel F. Palmer und Jeffrey Hamburger). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1120 f.; 11 (2004) Sp. 501. – Beat Matthias v. Scarpatetti: Kat. der datierten Hss. in der Schweiz in lat. Schrift vom Anfang des MA bis 1550 2: Die Hss. der Bibl. Bern-Porrentruy. Dietikon-Z¨urich 1983, Textband Nr. 66, Abb.bd. Nr. 564). – Regina Cermann: Gebetb¨ucher (Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA 5,1/2). M¨unchen 2002, S. 103–119. – Nigel F. Palmer und HansJochen Schiewer: Literarische Topographie des deutschsprachigen Su¨ dwestens im 14. Jh. In: Regionale Literaturgeschichtsschreibung. Aufgaben, Analysen und Perspektiven. Hg. v. Helmut Tervooren, Jens Haustein. Berlin 2003, S. 178–202. – N. F. Palmer: Die M¨unchner Perikopenhs. Cgm 157 und die Handschriftenproduktion des Straßburger Reuerinnenklosters im sp¨aten 15. Jh. In: Kulturtopographie des deutschsprachigen S¨udwestens im sp¨ateren MA. Studien und Texte. Hg. v. Barbara 1412

Medinger Gebetbucher ¨ Fleith/Ren´e Wetzel. Berlin u. a. 2009, S. 263–300, hier S. 274 f. MM Gebetbuch des Wolfgang Schreiber. Der Verfasser des G.s ist nur aus der in M¨unchen u¨ berlieferten Handschrift des Werks erschließbar. Wie darin enthaltene Hinweise nahelegen, war Wolfgang m¨oglicherweise den Salzburger Benediktinern verbunden. Wolfgangs G. hebt sich durch seinen u¨ berwiegend kl¨osterlich-liturgischen Charakter von anderen Gebetb¨uchern ab, folgt aber in der Auswahl mancher Gebete auch den nichtliturgischen Konventionen zeitgen¨ossischer Gebetb¨ucher. So finden sich zwei der Gebete auch im patrizischen → G. des Niklaus Meyer zum Pfeil: Sancta Maria (98v–103v) und Christus am Kreuz (313v–314v). Mehrere ins Deutsche u¨ bersetzte Gebete liturgischer Pr¨agung wiederum verweisen auf den Codex Cgm 87 von 1442, u. a. ein Marienoffizium (146v–197r), ein Totenoffizium (201r–247r) und sieben Bußpsalmen mit Litanei (275v–297v). Das Gebet Ich vall heut dem herrn zu f¨ueß (93r–98v) ist auch im Engelberger G. enthalten. Neben den anonymen Texten des G.s stehen die oft → Birgitta von Schweden zugeschriebenen 15 Gebete zum Leiden Christi (103v–113v, unvollst¨andig). Ansonsten umfasst das G. verschiedene deutschsprachige Heiligen-, Tagzeiten-, Dreifaltigkeits- und Mariengebete. Beschlossen wird das G. von gereimten Schreiberversen Wolfgangs, in denen er seine Leser zu F¨urbitten f¨ur seine Seele auffordert und einen seit dem fr¨uhen MA weitverbreiteten Spruch u¨ ber die Ungewissheit des Schicksals zitiert: «Ich leb ich wais nit wie lang / Ich stirb ich wais nit wann / Ich var ich wais nit wohin / Mich wundert das ich So fr¨olich pin.» ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 136 (Perg. und Pap., Bistum Salzburg, 1475, von Wolfgang selbst geschrieben). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1121 f. – Erich Petzet: Die dt. PergamentHss. Nr. 1–200 der Staatsbibl. in Mu¨ nchen (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae regiae Monacensis 5,1). Mu¨ nchen 1920, S. 253–257. – Johann v. Neumarkt: Schr. Bd. 4. Hg. v. Joseph Klapper. Berlin 1935, Nr. 98/1. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952, S. 149–151. – Gerhard Eis: Ein mystisches Reimgebet aus dem 14. Jh. In: Neuphilol. Mitt. 63 (1962) S. 48–154. – Kurt Erich 1413

2. H¨alfte 15. Jh. Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. ¨ Unters. zur Verwandtschaft und Ubersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther. Diss. Marburg 1963 (Nachdr. K¨oln u. a. 1967) S. 84. – Ulrich Montag: Das Werk ¨ der hl. Birgitta v. Schweden in oberdt. Uberlieferung. Texte und Unters. (MTU 18). M¨unchen 1968, S. 26, 29, 46. – Helga Unger: Geistlicher Herzen Bavngart. Ein mhd. Buch religi¨oser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jh. Unters. und Text (MTU 24). M¨unchen 1969, S. 82. MM Medinger Gebetbucher. ¨ Zwischen 1228 und 1241 entstand in Medingen ein Kloster der Zisterzienserinnen mit guten Verbindungen zum L¨uneburger Patriziat. Im sp¨aten 13. Jh. entwickelte sich das Skriptorium des Medinger Klosters zu einer Produktionsst¨atte hochwertiger Handschriften, von denen vor allem zwischen ca. 1470 und der Reformation eine große St¨uckzahl hergestellt wurde. Dazu z¨ahlen prim¨ar die M. G. mit ihrem umfangreichen Korpus von ¨ Kirchenliedern und Andachtstexten. Zur Uberlieferung der M. G. werden heute rund 44 Handschriften gez¨ahlt, die nur verstreut erhalten sind. Ihr Ursprung im Kloster Medingen l¨asst sich u. a. ¨ durch Ubereinstimmungen in den Illuminationen sowie in den enthaltenen Liedern und Gedichten nachweisen. Von den Schreiberinnen sind nur wenige namentlich bekannt, so Elisabeth von Winsen, Margarete Buringen, eine Mechthild und eine Alheydis. Gemeinsam ist den M. G. die Ausrichtung auf Andacht und Meditation w¨ahrend und zwischen Messe und Stundengebet. In genauen Anweisungen wird in den G. geregelt, welche Lieder etwa w¨ahrend der Gangs zur Kirche zu singen sind. Zitate aus Liturgieges¨angen verkn¨upfen die G. dabei mit dem Kontext der Gottesdienste. Grunds¨atzlich werden die M. G. in zwei Gruppen eingeteilt: erstens prim¨ar lat. Handschriften mit einzelnen nd. Strophen, Gedichten oder Prosaabschnitten (u. a. Hss. CA, HV1, HV2, A, K1, K2, HO, M, O), zweitens nd. Handschriften mit ¨ Ubersetzungen der lat. Originale neben nd. Einzelst¨ucken und oft neuen Reimgedichten, die sich noch nicht in den lat. Handschriften finden. Zur zweiten Gruppe z¨ahlen auch Handschriften, die als Auftragsarbeiten f¨ur Patrizierinnen aus L¨uneburg entstanden (Hss. T1, T2, GO, HB), w¨ahrend der 1414

2. H¨alfte 15. Jh. Großteil der M. G. ja f¨ur den Gebrauch der Nonnen gedacht war. Eine weitere Untergruppe der lat. Handschriften sind die sog. T¨olner Handschriften, die unter dem Propst Ludiger T¨olner 1416–46 geschrieben wurden (Hss. K2, HO, HI1, HV2, M, ¨ O). Die nd. Ubersetzungen der lat. Texte stehen h¨aufig in starker Abh¨angigkeit von den Originalen, vor allem indem sie die lat. Vorlagen zitieren oder deren Strukturen folgen. Viele Texte in den M. G. sind Gebete und Lobpreisgedichte, oft mit brautmystischen Ankl¨angen. Ihre Entstehung mag teilweise eine Reaktion der Nonnen auf die ungeliebten Reformen von 1479 gewesen sein, als in den bisher liberal gef¨uhrten Heidekl¨ostern die strenge Zisterzienser-Regel wieder eingef¨uhrt wurde. Jedenfalls hat man die gesteigerte Produktion der G. verschiedentlich als Besinnung der Schwestern auf ihre ureigene, kl¨osterliche Fr¨ommigkeit interpretiert. Inhaltlich widmen sich die Hss. vor allem zwei Hochfesten des Kirchenjahres: Weihnachten (Hss. A, K1, K3, T2, W2, GO) und Ostern, letzteres im Zeitraum von der Karwoche bis teilweise zu den darauffolgenden Patronatsfesten (Hss. CA, HV1, HV2, T1, T2, K2, M, W2 u. a.). Auch die Feiertage der Klosterheiligen Philippus, Jacobus und Mauritius werden in den Handschriften gew¨urdigt (vor allem Hss. L1, L2). Die M. G. sind ein bedeutendes Zeugnis ma. Liedkultur. Ihre einzigartig reiche Lied¨uberlieferung umfasst fast 1500 Lieder. Viele davon sind neumiert, waren also f¨ur den Gesang gedacht, obwohl die G. eigentlich Andachtsb¨ucher waren. In den M. G. finden sich die a¨ lteste nd. Fassung von Christ ist erstanden sowie eine einzigartige Parallelstrophe zu → Helf uns das heilige Grab. Zum Korpus geh¨oren außerdem einige der a¨ltesten Textzeugen von → In dulci iubilo und → Gelobet sistu Jesu Christ. Zahlreiche Lieder der M. G. sind noch in modernen Gesangb¨uchern abgedruckt. Auch die Illustrationen der M. G. sind stark musikalisch gepr¨agt. Zu den dargestellten ma. Musikinstrumenten geh¨oren neben einem seltenen «Glockenbaum» auch konventionelle Instrumente wie Laute und Harfe. Dass damit in den M. G. die musikalischen Aspekte ma. Klosterkultur in Text, Melodie, Instrumentierung und Praxis sichtbar werden, verleiht den Handschriften ihren besonderen kulturhistorischen Wert. ¨ Uberlieferung Haupt¨uberl.; Liste und Bezeichnungen nach Lipphardt 1972 (s. Lit.) und nach 1415

Medinger Gebetbucher ¨ Henrike L¨ahnemann (http://research.ncl.ac.uk/ medingen/public extern/; dort auch aktuelles ¨ Verz. der vollst. Uberl.). Zur Datierung auch Lipphardt 1972 und Uhde-Stahl 1978 (s. Lit.). – A: Augsburg, UB, Cod. 220/14. – BE1: Berlin, SBB, Theol. Lat. oct. 189. – BE2: Berlin, SBB, Mgo 48. – BE3: Berlin, SBB, Mgo 265. – BR3: Bremen, UB, Msc 0066. – CA: Cambridge, University Library, Ms. Add. 4080. – CA1: Cambridge, University Library, Ms. Add. 8850. – GO: Gotha, Forschungsbibl., cod. Memb. II 84. – GT1: G¨ottingen, SUB, cod. Theol. 242. – GT2: G¨ottingen, SUB, cod. Theol. 243. – HH1: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 151b. – HH2: Hamburg, SUB, cod. theol. 2199. – HH3: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 206. – HH4: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 207. – HH5: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 208. – HH6: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 209. – HH7: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 210. – HH8: Hamburg, SUB, cod. in scrin. 149. – HHL: Harvard Houghton Library [ohne Signatur]. – HI1: Hildesheim, Dombibl., cod. J 29. – HI2: Hildesheim, Dombibl., cod. J 27. – HI3: Hildesheim, Stadtarch., Best. 52 Nr. 379. – HI4: Hildesheim, Stadtarch., Best. 52 Nr. 376. – HI5: Hildesheim, Stadtarch., Best. 52 Nr. 383. – HV1: Hannover, LB, Ms. I 75. – HV2: Hannover, LB, Ms. I 74. – HV3: Hannover, LB, Ms. I 78. – HV4: Hannover, LB, Ms. I 96. – K1: Kopenhagen, K¨onigliche Bibl., cod. GKS 3451,8°. – K2: Kopenhagen, K¨onigliche Bibl., cod. Thott 120,8°. – K3: Kopenhagen, K¨onigliche Bibl., cod. Thott 130,8°. – L1: L¨uneburg, Ratsbibl., Ms theol. 4° 74. – L2: L¨uneburg, Ratsbibl., Ms theol. 4° 73. – LO1: London, Guildhall Library, Ms. 1366. – LO2: London, Victoria and Albert Mus., NAL MSL/1886/2629. – M: M¨unster, Staatsarch., Ms 301 (Altertumsver.). – O1: Oxford, Bodleian Library, Ms. Lat. lit. f. 4. – O2: Oxford, Bodleian Library, Ms. Lat. lit. e. 18. – O3: Oxford, Keble College, Ms. 18. – T1: Trier, Bistumsarch., Abt. 95 Nr. I 528. – T2: Trier, Bistumsarch., Abt. 95 Nr. I 529. – W1: Wolfenb¨uttel, HAB, Ms. Helmst. 1297. – W2: Wolfenb¨uttel, HAB, Ms. Extrav. 300,1. – W3: Wolfenb¨uttel, HAB, Ms. Helmst. 1082. Ausgaben (s. jeweils Lit.) Bartsch 1879. – Priebsch 1896. – Holmberg 1942/43. – Mante 1960. – Thomas 1963. – Thomas/Ameln 1964. – Lipphardt 1969. – Lipphardt 1972. – Weitere Lieder und Tropen in AH 21 (1895) S. 25, 28; AH 1416

Gebetbuch fur ¨ Margaretha von Kappel 47 (1905) S. 151; AH 49 (1906) S. 184 f., 189 f. – ¨ Altere Abdr. von Einzeltexten bei Conrad Borchling: Mnd. Hss., Reiseber. 1. G¨ottingen 1898, S. 196. Literatur: Walther Lipphardt, VL2 6 (1987) Sp. 275–280; 11 (2004) Sp. 982. – Axel Mante: Ein nd. Gebetbuch aus der zweiten H¨alfte des XIV. Jh. (Bistumsarch. Trier, Nr. 528). Lund 1960. – Wilhelm Thomas: Mnd. Weihnachtslieder aus vorreformatorischer Zeit. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 8 (1963) S. 118–122. – W. Thomas/ Konrad Ameln: Mnd. Osterlieder aus vorreformatorischer Zeit. In: ebd. 9 (1964) S. 121–133. – K. Ameln: Ein vorreformatorisches Gebet- und Andacht-Buch als hymnologische Quelle. In: ebd. 10 (1965) S. 131–138. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). T¨ubingen 1968. – W. Lipphardt: Zwei neuaufgefundene Nonnengebetb¨ucher aus der L¨uneburger Heide als Quelle nd. Kirchenlieder des MA. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 14 (1969) S. 123–139. – Neil R. Ker: Medieval Manuscripts in British Libraries 1. Oxford 1969, S. 79 f., 387. – W. Lipphardt: Dt. Kirchenlieder in einem nieders¨achsischen Zisterzienserinnenkloster des MA. In: FS Christhard Mahrenholz. Hg. v. Walter Blankenburg. Kassel 1970, S. 310–318. – Ders.: Nd. Reimgedichte und Lieder des 14. Jh. in den ma. Orationalien der Zisterzienserinnen v. Medingen und Wienhausen. In: NdJb 95 (1972) S. 66–131. – Ders.: Die liturgische Funktion dt. Kirchenlieder in den Kl¨ostern nieders¨achsischer Zisterzienserinnen des MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 94 (1972) S. 158–198. – Ders.: Ma. Musikhss. aus dem Kloster Medingen. In: Uelzener Beitr. 5 (1974) S. 9–31. – Brigitte UhdeStahl: Fig¨urliche Buchmalereien in den sp¨atma. Hss. der L¨uneburger Frauenkl¨oster. In: Nd. Beitr. zur Kunstgesch. 17 (1978) S. 25–60. – Joachim Homeyer: Kloster Medingen. Die Gr¨undungslegende und ihre hist. Elemente. Ein Beitr. zur Entstehungsgesch. des Konvents vor 750 Jahren (1228). In: Jb. der Ges. f¨ur nieders¨achsische Kirchengesch. 79 (1981) S. 9–60. – Marlis St¨ahli: Hss. der Ratsb¨ucherei L¨uneburg 3 (Ma. Hss. in Niedersachsen 4). Wiesbaden 1981, S. 108–110. – Waltraud I. Sauer-Geppert: Sprache und Fr¨ommigkeit im dt. Kirchenlied. Vor¨uberlegungen zu einer Darstellung seiner Gesch. Kassel 1984, S. 148 f. – Gerard Achten: De Gebedenboeken van de Cistercienserinnenkloosters Medingen en Wienhausen. 1417

2. H¨alfte 15. Jh. In: Opstellen voor Jan Deschamps ter gelegenheid van zijn zeventigste verjaardag. Hg. v. Elly CockxIndestege. L¨owen 1987, S. 173–188. – Helmar H¨artel/Felix Ekowski: Hss. der Nieders¨achsischen LB Hannover 1: Ms I 1-Ms. I 174 (Ma. Hss. in Niedersachsen 5). Wiesbaden 1989, S. 62–74, 141–146 u. o¨ . – Nil¨ufer Kr¨uger: Nd. Osterorationale aus Medingen. Eine unbekannte Hs. in der SUB Hamburg Carl von Ossietzky. In: FS Horst Gronemeyer. Hg. v. Herald Weigel. Herzberg 1993, S. 179–201. – Irene Stahl: Ma. Hss. im Stadtarch. Hildesheim (Ma. Hss. in Niedersachsen, Kurzkat. 4). Wiesbaden 2001, S. 98 f. u. o¨ . – Regina Cermann: M. G. ¨ In: Aderlaß und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker und Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 272–275 (Nr. 138). – Irene Stahl: Kat. der ma. Hss. der SUB Bremen (Die Hss. der SUB Bremen 1). Wiesbaden 2004, S. 269–279. – Henrike L¨ahnemann: ‹An dessen bom wil ik stighen›. Die Ikonographie des Wichmannsburger Antependiums im Kontext der Medinger Hss. In: Oxford German Studies 34 (2005) S. 19–46. – Hans-Walter Stork: Eine Gruppe von Medinger Hss. in der SUB Hamburg. In: Frauen – Kloster – Kunst. Neue Forschungen zur Kulturgesch. des MA. Beitr. zum Internationalen Kolloquium vom 13. bis 16. Mai 2005 anl¨asslich der Ausstellung ‹Krone und Schleier›. Hg. v. Jeffrey F. Hamburger/Carola J¨aggi. Turnhout 2007, S. 131–142. – Ulrike Hascher-Burger: Verborgene Kl¨ange. Inventar der hs. u¨ berl. Musik aus den L¨uneburger Frauenkl¨ostern bis ca. 1550. Hildesheim u. a. 2008. – H. L¨ahnemann: Die Erscheinungen Christi nach Ostern in Medinger Hss. In: Medialit¨at des Heils im sp¨aten MA. Hg. v. Christian Kiening u. a. Z¨urich 2009, S. 189–202. – U. Hascher-Burger: Zwischen iubilus und canticum. Zur Funktion der Musik bei Johannes Mauburnus und in den M. G. In: ebd., S. 203–216. – H. L¨ahnemann: Der Auferstandene im Dialog mit den Frauen. Die Erscheinungen Christi in den Andachtsb¨uchern des Klosters Medingen. In: Passion und Ostern in den L¨uneburger Kl¨ostern. Bericht des VIII. Ebstorfer Kolloquiums, Kloster Ebstorf 25. bis 29. M¨arz 2009. Hg. v. Linda Maria Koldau. Ebstorf 2010, S. 105–134. MM Gebetbuch fur ¨ Margaretha von Kappel. Margaretha war die Tochter des Konstanzer Patriziers Ulrich von Kappel und wurde wahrscheinlich um 1440 geboren. 1455 wurde sie mit Heinrich 1418

2. H¨alfte 15. Jh. Ehinger (1438–1479) verheiratet, der als Oberbaumeister und sp¨ateres Ratsmitglied ebenfalls dem Patriziat der Stadt angeh¨orte. Das G. ist in einer einzigen Handschrift u¨ berliefert, die 1482 vollendet wurde. Nach den Angaben im Kodex wurde das G. nach dem Tod Heinrichs von seiner Witwe in Auftrag gegeben. Illustriert wurde die Handschrift von einem Priester namens Johannes Satler. Dieser ist vielleicht identisch mit einem gleichnamigen Theologen, der 1476–82 Pfarrer in Crailsheim war und die Crailsheimer Schulordnung (um 1480) schrieb. Sein Todesjahr 1482 entspricht dem Datum der Fertigstellung der Hs. mit ihren rund 30 meist ganzseitigen Miniaturen. Inhaltlich folgt das G. den liturgischen Festen des Kirchenjahrs ab dem Advent. Man hat aus der vorhandenen Parallel¨uberlieferung auf eine urspr¨unglich selbstst¨andige Einteilung in drei Themenkreise dominikanischer Herkunft geschlossen (Advent/ Weihnachten, Fastenzeit/Karwoche, Ostern), die nachtr¨aglich durch Gebete erg¨anzt wurden. Zu diesen z¨ahlen Marien- und Passionsgebete, aber auch ein Tagzeitengebet zum Heiligen Geist. Eine genauere Erforschung der inhaltlichen Wurzeln des G.s steht aber noch aus. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 283 (1105) (1482 vollendet, dt., eine Schreibhand mit Miniaturen von Johannes Satler). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1116–1118. – Gabriel Meier: Catalogus codicum manu scriptorum qui in Bibliotheca Monasterii Einsidlensis O.S.B. servantur. Einsiedeln 1899, S. 259 f. – Johannes Mu¨ ller: Die Ehinger von Konstanz. In: Zs. f¨ur die Gesch. des Oberrheins 59, NF 20 (1905) S. 19–40. – Romuald Banz: Christus und die minnende Seele. Zwei sp¨atmhd. mystische Gedichte. Breslau 1908 (Nachdr. Hildesheim u. a. 1977) S. 9. – Linus Birchler: Die Kunstdenkm¨aler des Kantons Schwyz 1. Basel 1927, S. 200–203 (mit Abb.). – Johannes Janota: Schola cantorum und Gemeindelied im Sp¨atMA. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 24 (1980) S. 37–52, hier S. 39 (zu Johannes Satler). – Regina Cermann: Gebetb¨ucher (Kat. der deutschsprachigen illustrierten Hss. des MA 5,1/2). Mu¨ nchen 2002, S. 246–252, Tf. XXII f. – Hildegard Keller: Zorn – Pr¨ufstein der Exemplarit¨at? Eine Fallstudie zum Exemplar und seinen Paratexten. In: Anima und sˆele. Darst. und Systematisierungen von Seele im MA. Hg. v. Katharina-Silke Philipowski/Anne Prior. Berlin 2006, S. 221–248. – Kat. der Hss. in der Stiftsbibl. 1419

Dorothea von Hof Einsiedeln 2: Codices 501–1318. Hg. v. Odo Lang. Basel 2009, S. 904. MM Dorothea von Hof (Dorathe), * um 1.9.1458, † um 27.2.1501. – Schreiberin und Kompilatorin. D. wuchs wahrscheinlich als Tochter eines Kaufmanns und einer Patrizierin in Einsiedeln auf. Nachdem sie 1474 als junges M¨adchen geheiratet hatte, wandte sie sich nach einem religi¨osen Erweckungserlebnis schon 1477 wieder von ihrem bisherigen weltlichen Leben ab. Sie entschied sich stattdessen f¨ur eine geistliche Lebensf¨uhrung im Umkreis des Katharinenklosters der Dominikanerinnen in Sankt Gallen. In der Klosterchronik findet sich ein Hinweis auf D.s Tod, allerdings ist offen, ob sie dem Orden angeh¨orte. D. war dem Kloster zumindest als G¨onnerin verbunden; sie stiftete u. a. eine Monstranz. Ihre T¨atigkeit als Schreiberin und Kompilatorin ist jedenfalls ohne die Unterst¨utzung einer Klosterbibl. kaum denkbar. Von D. sind zwei Autographen u¨ berliefert, die beide auf das Jahr 1483 datiert sind: ein Gebetbuch, das neben Jesus- und Mariengebeten auch Heinrich → Seuse (Hundert Betrachtungen aus dem B¨uchlein der ewigen Weisheit) und → Thomas von Aquin zugeschriebene Texte enth¨alt, und das Buch von der g¨ottlichen Liebe, eine von ihr selbst zusammengestellte Kompilation. Darin finden sich neben Kirchenv¨ater-Spr¨uchen und einem Disput zwischen der minnenden Seele und unserm Herrn auch Abschnitte aus Werken bekannter Autoren, so aus Heinrich Seuses Vita, B¨uchlein der ewigen Weisheit und Briefb¨uchlein, Ottos von Passau 4 Alte, Johannes → Niders 4 goldene Harfen und eine gek¨urzte Fassung der Schwester-Katrei. Weitere Teile des Buchs behandeln kirchliche Themen wie Tugenden und Tods¨unden, Glauben und Buße sowie Apokalypse und H¨olle. Insgesamt ist D.s Kompilation als Dokument ma. Laienfr¨ommigkeit von Interesse. ¨ Uberlieferung: Gebetbuch: St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 479 (Pap., 1483, hochalemannisch). – Buch von der g¨ottlichen Liebe: Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 752 (Pap., 1483, hochalemannisch). Ausgaben: Banz 1908 (s. Lit.) S. 364–368 (Teildr. mit dem Disput). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 216 f.; 11 (2004) Sp. 380. – Peter Ochsenbein: Disput zwischen der minnenden Seele und unserem Herrn. In: VL2 2 (1980) Sp. 178 f.; 11 (2004) Sp. 370. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 332, 813. – Jeffrey F. 1420

Munchner ¨ Minnegarten Hamburger: Women and the Written Word in Medieval Switzerland. In: Bibliotheken bauen. Tradition und Vision. Red. Susanne Bieri und Walther Fuchs. Basel u. a. 2001, S. 122–159, hier S. 153 f. – Beat von Scarpatetti mit Philipp Lenz: Die Hss. der Stiftsbibl. St. Gallen 2: Abt. III/2. Codices 450–546. Wiesbaden 2008, S. 92–95. – Undine Br¨uckner: Kleidung, Verkleidung und Autorschaft. Verh¨ullung und Zierde bei D. v. H. In: Innenr¨aume in der Lit. des dt. MA. XIX. Anglo-German Colloquium, Oxford 2005. Hg. v. Burkhard Hasebrink u. a. T¨ubingen 2008, S. 157–178. – Simone Mengis: Schreibende Frauen um 1500. Scriptorium und Bibl. des Dominikanerinnenklosters St. Katharina St. Gallen. Berlin 2009, S. 105 f. – Kat. der Hss. in der Stiftsbibl. Einsiedeln 2: Codices 501–1318. Hg. v. Odo Lang. Basel 2009, S. 322 f. – U. Br¨uckner: Verschriftlichte Laienfr¨ommigkeit. Die Andachtsund Gebetshss. der Margarethe von Rodemachern und der D. v. H. In: Zs. f¨ur Lit.wiss. und Linguistik 40 (2010) H. 159, S. 57–81. MM Soflinger ¨ Gebetbucher ¨ fur ¨ Klarissen. Die urspr¨unglich aus zwei Teilen bestehende St. Florianer Handschrift ist der a¨ lteste der drei Textzeugen. Sie enth¨alt die Sterbe- u. Begr¨abnisliturgie f¨ur Klarissen mit lat. Gebeten und dt. Rubriken (entstanden nach 1482) sowie das eigentliche Gebetbuch mit dt. Privatgebeten, die 1496 von einer S¨oflinger Klarissin aufgeschrieben wurden. Zwei Texte sind franziskanischer Herkunft (an den hl. Franziskus und an die hl. Klara; beide Texte hg. v. K. Ruh, s. Lit.); der Rest steht insgesamt im Rahmen der am Ende des 15. Jh. in Frauenorden verbreiteten Gebets- und Andachtsliteratur: Kommuniongebete, Passions- und Mariengebete, Heiligengebete. Das integrierte dt. Sterbeb¨uchlein ist von Johannes → Gersons De arte moriendi beeinflusst. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 590. – Stuttgart, LB, cod. theol. et phil. 8° 197. – St. Florian, Stiftsbibl., cod. XI 205. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 9 (1995) Sp. 16–18. – Die Hss. der Stiftsbibl. St. Florian. Hg. v. Albin Czerny. Linz 1871, S. 92. – Johann v. Neumarkt: Schr. 4. Hg. v. Joseph Klapper. Berlin 1935. – Max Miller: Die S¨oflinger Briefe und das Klarissenkloster S¨oflingen bei Ulm a. D. im Sp¨atMA. Diss. T¨ubingen 1940. – Rainer Rudolf: Ars Moriendi. V. der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens. K¨oln u. a. 1957, S. 66–68. – Kurt 1421

2. H¨alfte 15. Jh. Ruh u. a.: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 2 (MTU 86). Mu¨ nchen 1985, S. 330–332, 336–344. BJ Haus der Tugenden. – Mnd. Tugendallegorie, 15. Jh. Das in einem Gebetbuch von ca. 1470 u¨ berlieferte H. d. T. ist eine Allegorie in 85 Reimverse und zwei Teile, die einmal selbstst¨andig gewesen sein k¨onnten. Im ersten Teil (vier Strophen mit jeweils sechs Z.) werden zu vermeidende Untugenden abgehandelt. Diese beziehen sich meist auf allzu extrovertiertes Verhalten, etwa lautes Lachen und Rufen. Im sechsstrophigen Hauptteil werden die Einzeltl. des H. d. T. aufgez¨ahlt und allegorisch ausgedeutet. So steht der Giebel f¨ur Friedfertigkeit und das Dach f¨ur Geduld, w¨ahrend Schuldbewusstsein, Dankbarkeit u. a. als Schmuck des Hauses dienen. Das H. d. T. ist den von Spr 9,1 inspirierten Geb¨audeallegorien des MA zuzurechnen, zu denen auch der pseudo-bernhardinische Traktat De interiori domo, das → Herzkloster und → Das geistliche Haus z¨ahlen. Seinen Ursprung hat das H. d. T. m¨oglicherweise in mnd.-mndl. Beginenkreisen. ¨ Uberlieferung: Oldenburg, LB, Cim I 73, 80r–82v (Pap., Region Bremen-Oldenburg, um 1470, mnd.). Ausgabe: August L¨ubben: Mitth. aus nd. Hss. Oldenburg 1874, S. 5–7 (Mikrofiche-Ausg. [o. O.] 2001). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 3 (1981) Sp. 550 f.; 11 (2004) Sp. 593. – Irene Stahl: Hss. in Nordwestdeutschland. Aurich – Emden – Oldenburg (Ma. Hss. in Niedersachsen, Kurzkat. 3). Wiesbaden 1993, S. 179–182. MM Munchner ¨ Minnegarten. – Geistliche Gartenallegorie, u¨ berliefert in einer Handschrift der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Der M. M., urspr¨unglich wohl eine Predigt (nach Hld 5,1), ist jedoch in der einzigen Handschrift (s. ¨ Uberl.) unter dem Titel g˚ute lere von der gaystlichen mynne als Erbauungstext eingetragen. Allegorisch behandelt werden jene Tugenden, die den Menschen Gott angenehm machen; der Garten wird auf das Herz bezogen. Urspr¨unglich war der Text wohl f¨ur ein monastisches Publikum bestimmt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 523, 96va–99vb (Pap., 1471, ostschw¨abisch). Ausgabe: Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. 1422

2. H¨alfte 15. Jh. der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 495–499. Literatur: D. Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 763 f. – Ders. 1982 (s. Lit.). SF Frankfurter Wurzg¨ ¨ artlein. – Geistliche Gartenallegorie in Reimprosa. Der als Tischlesung f¨ur den Heiligen Abend vorgesehene Text, der wahrscheinlich in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. entstanden ist, besteht aus einer Gartenallegorie (Auslegung eines Baumes mit sieben Zweigen mit jeweils einer Blume und einem Vogel darauf) und einem Dialog zwischen Jesus und der minnenden Seele. ¨ Uberlieferung: Frankfurt/M., UB, Ms. Barth. 58, 92r–99r, 121r–126r (Pap., erstes Drittel 16. Jh., rheinfr¨ankisch). Ausgabe: D. Schmidtke (s. Lit.) 1982. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL 2 2 (1980) Sp. 820. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Ders.: Wort und Bild. Stud. zu den Wechselbeziehungen zwischen Schrifttum und Bildkunst im MA. Berlin 1962, S. 106–116, bes. S. 109 f. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie. T¨ubingen 1982 (Hermaea 43). BJ Die geistliche Badestube. – Dingallegorische Andachts¨ubung, 15. Jh. Die als bair. Prosatext u¨ berl. G. B. wurde wahrscheinlich als Andachtsu¨ bung im Konvent Altom¨unster konzipiert. Sie vermischt die fromme Dingallegorie mit traditionellen Elementen der B¨aderliteratur. Die B. erh¨alt im Text eine doppelte allegorische Verkn¨upfung. Einerseits repr¨asentieren die einzelnen Gebete bestimmte Teile der B. und des Badevorgangs – also neben Ofen, Trog, W¨anden und Fenster etwa Schwitzen, S¨aubern, Ausruhen u. a. Diese Elemente wiederum werden mit religi¨osen Inhalten wie Buße und Passion verkn¨upft. Die elaborate Doppelallegorie und das gew¨ahlte Sujet unterscheiden die B. auf charakteristische Weise von vergleichbaren Dingallegorien, die in der monialen Fr¨ommigkeit des Sp¨atMA gebr¨auchlich waren. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 405, 62r–65v (Pap., Altom¨unster [?], um 1500, bair.). Ausgabe: Schnyder 1984 (s. Lit.) S. 147–150. Literatur: Andr´e Schnyder, VL2 11 (2004) Sp. 503 f. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der 1423

Frankfurter Wurzg¨ ¨ artlein germ. Hss. der Preußischen SB II. Die Hss. in Quartformat (Mitt. aus der Preußischen SB VIII). Leipzig 1926 (Nachdr. Graz 1970) S. 75. – Dietrich Schmidtke: Studien zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). Tu¨ bingen 1982. – A. Schnyder: Die geistliche Padstube. Eine sp¨atma. Andachts¨ubung. In: ZfdA 113 (1984) S. 146–157. – Ders.: Die Ursulabruderschaften des Sp¨atMA. Ein Beitr. zur Erforsch. der dt.sprachigen religi¨osen Lit. des 15. Jh. Stuttgart 1986. – Meinolf Schumacher: S¨undenschmutz und Herzensreinheit. Stud. zur Metaphorik der S¨unde in lat. und dt. Lit. des MA (MMS 73). M¨unchen 1996, S. 592–611. MM Geistliche Weinrebe. – Sp¨atma. Passionstraktat aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Ausgehend von Joh 15,1 wird unter einkleidender Verwendung bildlicher Elemente (zw¨olf Eigenschaften aus dem Bereich der Weinrebenbearbeitung und Weinkelterung bis zum Ausschenken des Weins) die Passion Christi geschildert und ausgelegt. Dem vermutlich am Oberrhein ans¨assigen Autor der G. W. ist vermutlich auch die Weizenkornallegorie (→ Geistliches Weizenkorn) zuzuschreiben (vgl. Schelb), die in den beiden a¨ ltesten datierten Handschriften jeweils der G. W. vorausgeht. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 202, 267r–347v (Pap., sp¨ates 15. Jh., els¨assisch; Titel: Geistlicher Herbst). – Eichst¨att, UB, Cod. st 111, 2r-232v (Pap., Schreiberin: Schwester Margaretha Stoß, 1524, mittel- bis nordbair. mit alemannischem Einschlag). – Freiburg/Br., UB, Hs. 253, 72v–120v (Pap., 1487, oberrheinisch-s¨udalemannisch). – Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 899, 173 Bll. (Pap., um 1490–1500, ostfr¨ankischnordbair.). – Karlsruhe, LB, Cod. Schwarzach 19, 54r–131r (Pap., 1480, els¨assisch). – M¨unchen, BSB, Cgm 5136, 1r–51v (Pap., Heilbronn, Schreiber: Frater Wolfgang Sturm, Viceguardian im Barf¨ußerkloster, 1529, schw¨ab. mit bair. Einschlag). – Ebd., Cgm 795, 87r–88r (Pap., Ende 15./Anfang 16. Jh., bair. und ostschw¨abisch; mit Beginn des 3. Kap.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 1180 f. – Florent Landmann: Johannes Kreutzer aus Gebweiler († 1468) als Mystiker und Dichter ´ geistlicher Lieder. In: Archives de l’Eglise d’Alsace 21 (1954) S. 23 Anm. 20. – Wolfgang Stammler: Sp¨atlese des MA. Bd. 2 (TspMA 19). Berlin 1965, 1424

Großer Baumgarten S. 156. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 125. BJ Gerold. – Wohl im 15. Jh. entstandene alemannische Prosalegende. Die Herkunft der Legende, die mit einiger Sicherheit auf eine lat. Quelle zur¨uckgeht, ist h¨ochstwahrscheinlich su¨ dalemannisch. G., Herzog von Sachsen, entzieht sich dem weltlichen Leben und begibt sich in ein abgeschiedenes Tal des Walgaues, wo er in strenger Askese lebt. Vor seinem Tod schenkt er dem Stift Einsiedeln seinen ganzen Besitz. ¨ Uberlieferung: Einsiedeln, Stiftsarch., Cod. F. WD 5 (1514). Ausgabe: Odilo Ringholz: Gesch. des f¨urstlichen Benediktinerstifts Einsiedeln. Bd. 1. Einsiedeln 1904, S. 662–664. Literatur: Lieselotte Sch¨utz, LCI 6 (1974) Sp. 403 f. – Werner Williams-Krapp, VL2 2 (1980) Sp. 1264 f. – Joachim Salzgeber, LThK3 4 (1995) Sp. 535. – Laurenz Burgener (Hg.): Helvetia sancta oder Leben und Wirken der heiligen, seligen und frommen Personen des Schweizerlandes. Bd. 1. Einsiedeln u. a. 1860, S. 272–274. – Ringholz (s. Ausg.) S. 39 f., 661–667. – J. Salzgeber: Kritisches zur Gr¨undungsgesch. v. St. Gerold. In: Der Geschichtsfreund 125 (1972) S. 26–33. – Ders.: Albrecht v. Bonstetten, ein bedeutender Humanist, Geograph und Genealog. In: 775–1975. Neue Beitr. zur Gesch. v. Uster. Uster 1976, S. 33–38, hier S. 37 f. – Josef Zehrer: Die Legende vom heiligen G. und die Gesch. vom Markgrafen G. In: Montfort 31 (1979) S. 221 f. SF Der goldene Spiegel der armen sundigen ¨ Seele. – Aszetischer Traktat aus dem 8. Jahrzehnt des 15. Jh. Dem wahrscheinlich im dt. S¨udwesten entstandenenen Traktat liegt das Speculum aureum anime peccatricis des Kart¨ausers Jacobus von Gruitrode († 1475) zugrunde (vgl. den ersten Teil des Traktats Der guldin Spiegel des S¨unders Ludwig → Mosers). In sieben, auf die Wochentage verteilten Kapitel soll der Mensch angewiesen werden, Laster und S¨unde zu meiden und den Weg zur ewigen Seeligkeit einzuschlagen. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 1578, 3r–97v (Pap., Heidelberg, 1478, alemannisch 1425

2. H¨alfte 15. Jh. [Ruh Sp. 91], rheinfr¨ankisch [Kr¨uger S. 110]). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Blasien 84, 49r–100v (1477, alemannisch). – Drucke: Ulm (Dinkmut) 1484 und 1487 (Hain 14949 und 14950). Ausgabe: Spiegel der armen s¨undigen Seele. Ulm, Cunrad Dinckmut 1484. Mit einem Glossar, einer Einf. und Beobachtungen zum Sprachgebrauch v. Pieter Boon (Quellen und Forschungen zur Erbauungslit. des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 8). Amsterdam 1984. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 91 f.; 11 (2004) Sp. 548f. – Mattheus Verjans: Jacobus van Gruitrode, karthuizer († 1475). In: Ons Geestelijk Erf 5 (1931) S. 435–470. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der Staats- und Universit¨atsbibl. Hamburg. Bd. 2: Quarthss. (Cod. theol. 1252–1750) (Kat. der Hss. der Staats- und Universit¨atsbibl. Hamburg II,2). Stuttgart 1985, S. 110 f. BJ

Großer Baumgarten. – Gartenallegorie aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Der in seiner Verbreitung auf das oberdt. Gebiet beschr¨ankte, vermutlich f¨ur ein geistliches Publikum bestimmte Traktat (der Titel stammt von Schmidtke) war unter den mittelalterlichen geistlichen Gartenallegorie in dt. Prosa der erfolgreichste. Zentral ist asketisch-weltfl¨uchtige Haltung; Gartenbestandteile aufgreifend, wird ein Ideal christlichen Lebens dargestellt. Zitiert wird u. a. → Thomas von Aquin; ohne Nachweis dagegen wurde → Seuses B¨uchlein der Ewigen Weisheit benutzt. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 35, 96r–145v (Pap., 1476, obd.) (B1). – Ebd., Mgo 368, 1r–57v (Pap., 1492, [ost]schw¨abisch) (B3). – Beuron, Bibl. der Erzabtei, 8° Ms. 43 (fr¨uher Cod. 24), 1r–73r (Pap., 1554, s¨uddt.-schw¨abisch) (Be2). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 79, 321r–351v (Pap., letztes Jahrzehnt 15. Jh., alemannisch [westschw¨abisch?]) (Ka1). – M¨unchen, BSB, Cgm 339, 148ra–169va (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair. und schw¨abisch) (M1). – Ebd., Cgm 8823 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Hartung & Karl, Mu¨ nchen, Nr. 1984/44,28), 217v–287r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.) (M2). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.24, 268r–323r (zweite H¨alfte 15. Jh., nordbair.-b¨ohmisch) (P1). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1866, S. 3–97 (Sg). – T¨ubingen, UB, Cod. 1426

2. H¨alfte 15. Jh. Md 123, 183r–217v, 230r–236v (1496 [vgl. Bl. 84v], 1497 [vgl. Bl. 236v], ostschw¨abisch) (T). Teilausgabe: Schmidtke 1982 (s. Lit.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 3 (1981) Sp. 280 f. – Ursmar Engelmann: Ein Zeuge der Mystik aus dem 16. Jh. In: Colligere Fragmenta. FS Alban Dold. Hg. v. Bonifatius Fischer/Virgil Fiala (Texte und Arbeiten I, Beiheft 2). Beuron 1952, S. 276–280. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982. BJ Lustgarten. – Nd. Gartenallegorie in Prosa aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Die Auslegung der Gartendinge auf das Leiden Christi erscheint in diesem zwischen Traktat und Andachts- bzw. Gebets¨ubung stehenden Text nicht ganz harmonisch vereinigt mit der Deutung des Gartens auf das Herz des Menschen. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 283.1 Extravagantes, 184v–192v. Ausgabe: Schmidtke 1982 (s. Lit.) S. 500–502. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 1084 f. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea N.F. 43). Tu¨ bingen 1982, S. 41 f., 283, 315, 327 f., 409 f., u. o¨ . (Reg.). BJ Berliner Roseng¨artlein. – Allegorische Andachts¨ubung auf den Allerheiligentag, zweite H¨alfte 15. Jh. Ausgehend von der Vorstellung eines Roseng¨artleins in einer kostbaren Schale, werden vor allem die Blumen auf einzelne k¨orperliche Leiden Christi bezogen und zu jedem Einzelding Gebete empfohlen. Wahrscheinlich vom gleichen Verfasser stammen die an den B. R. anschließenden Andachts¨ubungen Goldene Krone (39v–41v) und Geistliche Orgel (41v–44v). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 63, 33v–39v (Pap.). Ausgabe: Schmidtke 1982 (s. Lit.). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 1 (1978) Sp. 731 f. – Kurt Schmidt: Der l¨ustliche W¨urtzgarte. Ein Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik im Sp¨atMA. Diss. Greifswald 1932. – Wolfgang Stammler: Der allegorische Garten. In: Ders.: Wort und Bild. Stud. zu den Wechselbeziehungen zwischen Schrifttum und Bildkunst im MA. Berlin 1427

Lustgarten 1962, S. 106–116, bes. S. 115. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie. T¨ubingen 1982 (Hermaea 43). BJ Wiener gartenallegorische Verspr¨afatio. Die Bestimmung des vielleicht im Kloster Mondsee entstandenenTextes, dessen Initium sich an den Beginn des Krautgartengedichts anlehnt, als Verspr¨afatio (Schmidtke) st¨utzt sich auf die Zeilen 4 ff. des Textes: «Reut auß schnell die kreutter unreyn, / Wye es stet hernach in dem puchleyn / Durch betrachtung, reu, mißfal zwar, / Besrung z¨unemung yn der tugenden schar». Der Verspr¨afatioentwurf k¨onnte f¨ur die in der Handschrift (253v–272r) vorausgehende katechetische Schrift in Prosa bestimmt gewesen sein. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 4348, 272r (Pap., um 1500 [1496, 1503], bair.-¨osterr.). Ausgabe: Schmidtke 1982 (s. Lit.) S. 76. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 10 (1999) Sp. 1016 f. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. ¨ literarischen Hss. der Osterr. Nationalbibl. Bd. 2 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1961, S. 1023–1033. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982 (Reg. s. v.). BJ Brevier fur ¨ Kaiser Friedrich III. Bei dem mit Miniaturen ausgestatteten Brevier, das als Eigentum Kaiser Friedrich III. († 1493) ausgewiesen ist, handelt es sich um die Prosau¨ bersetzung eines Vollbreviers. Die Miniaturen werden als Werke des wahrscheinlich aus M¨ahren stammenden «Meisters des Friedrich-Breviers» um 1475–80 datiert und nach Wien lokalisiert. Der Text ist in s¨udbairisch-¨osterreichischer Mundart gehalten und wohl ebenfalls in Wien entstanden. Cgm 67 umfasst den Winterteil des Temporale, Cgm 68 den Sommerteil und das Sanctorale. Der Sommerteil bietet die Homilienlesungen aus den Kirchenv¨atern nach dem offiziellen Brevier; im Winterteil werden teilweise deutschsprachige Originalpredigten f¨ur die Lesungen verwendet. Sie stimmen mit den u. a. in Wien, cod. 3057 u¨ berlieferten Predigten → Friedrichs des Karmeliters u¨ berein, die zum Teil auch in der Postille → Hartungs von Erfurt erscheinen. Zahlreiche Evangelienperikopen des Winter¨ teils entsprechen der Ubersetzung der → Evangelien des guten Meisters von Prag. 1428

Haller ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 67 und Cgm 68 (beide Perg., um 1475–80). Literatur: Karin Schneider, VL2 1 (1978) Sp. 1029 f. – Erich Petzet: Die dt. Pergament-Hss. Nr. 1–200 der Staatsbibl. in Mu¨ nchen (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,1). Mu¨ nchen 1920, S. 110–112. – Wolfgang H¨ormann: Bayerns Kirche im MA. Hss. und Urkunden. Ausstellung veranstaltet von den Bayerischen Staatlichen Bibliotheken in Verbindung mit den Staatlichen Archiven Bayerns, Juni – Oktober 1960 (Bayerische Staatsbibl. Ausstellungskataloge 5). Mu¨ nchen 1960, S. 56 (Nr. 280). – Ger¨ hard Schmidt: Buchmalerei. In: Gotik in Osterreich. Ausstellungskat. Krems 1967, S. 134–178, hier 173 f., 177 Nr. 119. – Gisela Kornrumpf: ¨ Zur Uberl. der Werke Friedrichs des Karmeliters. In: ZfdA 99 (1970) S. 159–162. – Karin Schneider: Brevier f¨ur Kaiser Friedrich III. In: Thesaurus librorum. 425 Jahre Bayerische Staatsbibl. Ausstellung, Mu¨ nchen 18. August – 1. Oktober 1983 (Bayerische Staatsbibl. Ausstellungskataloge 28). Wiesbaden 1983, S. 140 f. (Nr. 55). – Gerhard Schmidt: Die zwei Stile des ‹Meisters des Friedrichsbreviers›. Ein sp¨atgotischer Buchmaler kopiert Stiche des Meisters E. S. In: Tributes in Honor of James H. Marrow. Studies in Painting and Manuscript Illumination of the Late Middle Ages and Northern Renaissance. Hg. v. Jeffrey F. Hamburger/Anne S. Korteweg. London/Turnhout 2006, S. 441–452, hier S. 441 und 451 f. BJ ¨ Haller, Heinrich OCart. – Ubersetzer. Der Spross einer einflussreichen Innsbrucker Familie lebte als Kart¨auser in Schnals/Su¨ dtirol, wo er seit 1455 nachgewiesen ist. Er geh¨orte dem Kloster zu diesem Zeitpunkt aber bereits wenigstens ¨ neun Jahre lang an. H.s Arbeit als Ubersetzer von Predigten, Traktaten und anderen religi¨osen Texten wurde in Schnals von einem Prior Friedrich gef¨ordert. Mit der Reform des Klosters und Friedrichs Abl¨osung scheint H. sein Wirken aber um ¨ 1471/72 eingestellt zu haben. Sp¨atere Ubersetzungen H.s sind jedenfalls nicht nachgewiesen. Er starb wahrscheinlich vor dem 4.5.1488. ¨ H.s Ubersetzungen sind in mehreren Autographen erhalten. Seine ersten Handschriften entstanden vor 1464; H.s letzte Arbeit war m¨oglicherweise ¨ die Ubertragung einer Paternoster-Auslegung im ¨ Jahr 1471. Neben vollendeten Ubersetzungen existieren zu einzelnen Texten auch Konzepte sowie 1429

2. H¨alfte 15. Jh. sp¨atere Abschriften. Die Auswahl der u¨ bersetzten Werke scheint zu einem großen Teil praktischpastoraltheologisch motiviert. Das belegen etwa die von H. u¨ bertragenen Passions-, Eucharistie- und Heiligenpredigten (u. a. nach Konrad von Brundelsheim). Weiterhin u¨ bersetzte er die Imitatio Christi des → Thomas a Kempis, die Passio Christi des → Jakob von Paradies, De amore Dei et proximi von Albertanus Brixiensis, De spiritualibus ascensionibus von Gerard → Zerbolt van Zutphen, Expositio super evangelium in cena domini von Oglerius de Locedio und Expositio super orationem dominicam von Godefridus ¨ Herilacensis. Erw¨ahnt seien hier auch H.s Ubersetzungen der sog. Hieronymus-Briefe (angebliche Briefe von Eusebius, → Augustinus und Cyrillus), der Visio Tungdali, der Navigatio S. Brendani und eine Teil¨ubersetzung der Antiquitates iudaicae des ¨ ¨ Flavius Josephus (weitere Ubersetzungen s. Uberlieferung). Die Forschung hat besonders die sprach¨ liche Qualit¨at von H.s Ubersetzungen hervorgehoben. ¨ ¨ Uberlieferung: F¨ur genaue Analysen der Uberl. vgl. bes. die Arbeiten von Erika Bauer (Ausg. und Lit.) sowie Palmer 1973 (s. Lit.). Wichtige Hss.: Innsbruck, UB, cod. 206, 255r (Pap., um 1460–70, Autograph H.s, enth¨alt ein kurzes Konzept). – Innsbruck, Landesmus. Ferdinandeum, cod. FB 1065 (Pap., Kartause Schnals, bis 1464, Autograph ¨ H.s, enth¨alt S. 2–276 die Ubers. der Hieronymus¨ Briefe und S. 284–307 die Ubers. der Homilie u¨ ber Joh 20,11). – Innsbruck, ULB, cod. 641 (Pap., Kartause Schnals, 1466, Autograph H.s, enth¨alt 2r–64v ¨ die Ubers. von De amore Dei et proximi des Albertanus von Brescia, 64v–68v Von den guten Sitten, ¨ 69r–103v und 114r–116v die Ubers. von De spiritualibus ascensionibus des Gerard Zerbolt van Zutphen, ¨ 104r–110r die Ubers. des Stimulus amoris, 110r–114r ¨ Von der Liebe Gottes, 117r–175r die Ubers. der Imitatio Christi des Thomas a Kempis, 175v–197v die ¨ Ubers. der Expositio super evangelium in cena domini von Oglerius de Locedio, 198r einen Auszug aus den Antiquitates Iudaicae des Flavius Josephus). – Ebd., cod. 773 (Pap., Kartause Schnals, ¨ 1464, Autograph H.s, enth¨alt 11r–223v die Ubers. der Hieronymus-Briefe). – Ebd., cod. 635 (Pap., Kartause Schnals, 1467, Autograph H.s, enth¨alt das ¨ V¨aterleben und die Ubers. der Vita S. Hilaronis). – Ebd., cod. 618 (Pap., Kartause Schnals, 1470, Autograph H.s, enth¨alt 1r–115v Von der Ankunft Jesu Christi und 115v–286v Predigten). – Ebd., cod. 772 1430

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ (1470, Autograph H.s, enth¨alt die Ubers. der Passio ¨ Christi des Jakob von Paradies). – Wien, ONB, cod. 12787 (Pap., um 1470, Abschrift von cod. 626, enth¨alt 68r–82r Predigt¨ubers. nach Konrad von Brundelsheim und 82v–188r nach Godefridus Herilacensis). – Innsbruck, UB, cod. 626 (E 178) (Pap., 1471, Autograph H.s, enth¨alt 2r–138 die Passion nach den 4 Evangelien nach Jakob von Paradies und ab 138v Predigt¨ubers. nach Konrad von Brundels¨ heim und Godefridus Herilacensis). – Wien, ONB, cod. 12460 (Pap., 1473, Abschrift von cod. 773, ¨ der Hieronymus-Briefe). – enth¨alt 1ra–91ra die Ubers. Innsbruck, UB, cod. 979 (zweite H¨alfte 15. Jh., ¨ des Tractatus de enth¨alt u. a. 32vb–49va die Ubers. Purgatorio S. Patricii und 49va–81vb Brandans Meerfahrt). Ausgaben: Anton E. Sch¨onbach: Studien zur Erz¨ahlungslit. des MA 3: Die Legende vom Erzbischof Udo v. Magdeburg. Wien 1902 (Nachdr. Hildesheim u. a. 2005) S. 68–75 (Teildr.). – Paternoster-Auslegung. Zugeschrieben Jakob v. J¨uterbog, verdeutscht v. H. H. Hg. v. Erika Bauer. Stockholm 1966. – Zisterzienser-Predigten. Homiliae 9 et 13 expositionis super Evangelium in Cena Domini Oglerii de Trino (Kleine dt. Prosadenkm¨aler des MA 7). Hg. v. ders. M¨unchen ¨ 1969. – Ubersetzungen im ‹gemeinen Deutsch› (1464). Aus den Hieronymus-Briefen. Abb. vom ¨ Ubersetzungskonzept, Reinschrift, Abschrift und ¨ Materialien zur Uberl. Hg. v. ders. G¨oppingen ¨ 1972. – H. H.s Ubersetzung der ‹Imitatio Christi› des Thomas a Kempis (Analecta Cartusiana 88). ¨ Hg. v. ders. Salzburg 1982. – H. H.s Ubersetzung der ‹Hieronymus-Briefe›. Hg. v. ders. Heidelberg ¨ 1984. – Bauer 1999 (s. Lit.). – H. H.s Ubersetzung v. ‹De spiritualibus ascensionibus› des Gerald Zerbolt van Zutphen (Analecta Cartusiana 165). Hg. v. Antonio Call`a/E. Bauer. Salzburg 2000. – Albertanus v. Brescia: De amore Dei et proximi, in ¨ der Ubersetzung H. H.s (Analecta Cartusiana 178). Hg. v. ders. Salzburg 2001. – Iacobus de Paradiso: Passio Christi, u¨ bers. v. Heinrich Haller (Analecta Cartusiana 136). Salzburg 2005. – Godefridus Heriliacensis: Expositio super orationem dominicam, ¨ in der Ubersetzung H. H.s (Analecta Cartusiana 263). Hg. v. ders. Salzburg 2008. Literatur: E. Bauer, VL2 3 (1981) Sp. 415–418; 11 (2004) Sp. 585. – James Hogg, DHGE 23 (1990) Sp. 171 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 327. – Stanley N. Werbow: ‹Die gemeine Teutsch›. Ausdruck und Begriff. In: ZfdA 82 (1963) S. 44–63. – Johannes B. Schneyer: Repertorium der lat. Ser1431

Haller mones des MA 1. M¨unster/Westf. 1969, S. 716–747 (CD-ROM-Ausg. ebd. 2001). – Bertrand-Georges Guyot: A propos de quelques commentaires sur le ‹Pater noster›. In: Revue des sciences philosophiques et th´eologiques 53 (1969) S. 245–255; 56 (1972) S. 423–432. – Nigel F. Palmer: Ein Hand¨ schriftenfund zum Ubersetzungswerk H. H.s und die Bibl. des Grafen Karl Mohr. In: ZfdA 102 (1973) S. 49–66. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 189 (T ¨ 191). – E. Bauer: Zweigliedrigkeit und Ubersetzungstechnik. In: W¨urzburger Prosastudien 2. FS Kurt Ruh. Hg. v. Peter Kesting. W¨urzburg 1975, S. 175–192. – Dies.: Mo¨ glichkeiten zur Ver¨anderung von Texten. Die Kategorie adiectio in H. H.s ¨ Hieronymus-Ubers. In: Sprachwiss. (Heidelberg) 4 (1976) S. 454–467. – Dies.: Der Kart¨auser H. H. ¨ als Ubersetzer von Cistercienser-Texten. In: Cistercienser Chron. 84 (1977) S. 93–97. – Walter Neuhauser: Beitr. zur Bibliotheksgesch. der Kartause ¨ Schnals. In: Die Kart¨auser in Osterreich 1 (Analecta Cartusiana 83). Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1980, S. 48–126. – E. Bauer: H. H.s Bibelzitate in den ¨ Hieronymus-Briefen. In: Die Kart¨auser in Osterreich 3 (Analecta Cartusiana 83). Hg. v. J. Hogg. ¨ Salzburg 1981, S. 57–69. – Dies.: Der Ubersetzer H. H. aus der Kartause Allerengelsberg in Schnals. In: Kart¨ausermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongreß u¨ ber die Kart¨ausergesch. und -spiritualit¨at. 3 (Analecta Cartusiana 55,3). Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1982, S. 147–166. – Dies.: Die sog. ‹Hieronymus-Briefe› und ihre volkssprachli¨ che Uberl. In: Historia et spiritualitas Cartusiensis. Colloquii quarti internationalis acta, Gandavi, Antverpiae, Brugis 16–19 Sept. 1982. Hg. v. Jan Grauwe. Destelbergen 1983, S. 21–33. – Bengt Sandberg: Unters. zur Graphemik und Phonemik eines Tiroler Autographs aus dem Ende des 15. Jh. In: Acta Universitatis Gothoburgensis 23 (1983) S. 1–84. – Stig A. Thoursie: Die Verbalflexion eines s¨udbair. Autographs aus dem Jahre 1464. Ein Beitr. zur fr¨uhnhd. Morphologie. In: ebd. 25 (1983) ¨ S. 1–125. – E. Bauer: Die obd. Uberl. der ‹Imitatio Christi›. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache 1 (Analecta Cartusiana 106). Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1983, S. 111–135. – Dies.: Wortwahl und Wortvariation in H. H.s ‹Hieronymus›. Heidelberg 1984. – Dies.: H. H.s ‹selliges leben auf dem ertreich›. Die Vorreden und Kolophone sei¨ ner Ubers. In: Kart¨auserregel und Kart¨auserleben 1432

Von den Kr¨aften der Seele und den geistlichen Lebensformen 1 (Analecta Cartusiana 113). Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1984, S. 122–186. – Dies.: H. H. O. Cart. als Bibel¨ubersetzer. In: Die Ausbreitung kart¨ausischen Lebens und Geistes im MA 1 (Analecta Cartusiana 63). Hg. v. J. Hogg. Salzburg 1990, S. 212–219. – Walter Neuhauser: ‹und han daz pracht zu ainer schlechten gemainen te¨ucz, die man wol versten ¨ mag›. Der Ubersetzer H. H. In: Vom Codex zum Computer. 250 Jahre UB Innsbruck. Hg. v. Gert Ammann. Innsbruck 1995, S. 80 f. – E. Bauer: ¨ H. H.s Ubers. der dem Origenes zugeschriebenen Predigt u¨ ber Jo 20,11–18: Maria stabat. In: Die Kart¨auser und das Heilige R¨omische Reich 3. Internationaler Kongress vom 9.–11. September 1997 (Analecta Cartusiana 140). Hg. v. J. Hogg u. a. Salzburg 1999, S. 1–61. – Dies.: Variatio delectat – delectat variatio? Beobachtungen an autographi¨ schen Ubers. des Kart¨ausers H. H. In: Texte zum Sprechen bringen. FS Paul Sappler. Hg. v. Christiane Ackermann/Ulrich Barton. T¨ubingen 2009, S. 407–420. MM Haß, Georg OP. – Prediger der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Von dem Dominikaner H. aus N¨urnberg ist in der Handschrift N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII 27, 74r–84v (Pap., Ende 15. Jh., n¨urnbergisch), eine 1484 im Katharinenkloster gehaltene Predigt u¨ ber die Bekehrung des Paulus erhalten. In der Handschrift Privatsammlung Eis, Heidelberg, Hs. 114, 85r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.), einer Predigtsammlung aus dem Katharinenkloster N¨urnberg, ist unter dem Namen «Jorg Haß» ein kurzer Predigttext u¨ ber die Tods¨unde u¨ berliefert. Wahrscheinlich ist H. nicht mit jenem «peichtiger vater Haß» identisch, der den Spiegel der Vollkommenheit des Hendrik → Herp f¨ur die Nonnen des Katharinenklosters u¨ bersetzt hat. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 3 (1981) Sp. 546. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213, hier S. 174, 184. – Peter Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: Arch. f¨ur Kulturgesch. 41 (1959) S. 201–257, hier S. 205, 209. – Kurt Ruh: Altndl. ¨ Mystik in deutschsprachiger Uberl. In: Opstellen Leonce Reypens. Hg. v. Albert Ampe. Antwerpen 1964, S. 357–382, hier 372 f. – Helmut Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 38 (1968) 1433

2. H¨alfte 15. Jh.

S. 82–97, hier S. 74 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 22. SF ¨ Hasz, Heinrich OP. – Ubersetzer einer mndl. mystischen Stufenlehre, zweite H¨alfte 15. Jh. H. war Beichtvater der Schwestern im N¨urnberger Katharinenkloster. Er fertigte um das Jahr 1470 ¨ eine fr¨uhe obd. Ubersetzung des mndl. Spieghel van volcomenheit des Minoriten Hendrik → Herp an. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, StB, Cent. VII 21. – Ebd., Cent. VI 96. – Vgl. ferner Ruh 1964 (s. Lit.) S. 374. Ausgaben: Lucidius Verschueren: Hendrik Herp OFM. Spieghel der volcomenheit. Antwerpen 1931 (ndl.). – Kurt Ruh (Hg.): Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 1 (MTU 11). Mu¨ nchen 1965, S. 248–264 (dt., Ausz¨uge). Literatur: Benjamin De Troeyer: Herp, Hendrik. In: VL2 3 (1981) S. Sp. 1127–1135; 11 (2004) Sp. 649. – K. Ruh: Altndl. Mystik in deutschspra¨ chiger Uberl. In: Opstellen Leonce Reypens. Hg. v. Albert Ampe. Antwerpen 1964, S. 357–382, hier S. 372–374. – Kristina Freienhagen-Baumgardt: Hendrik Herps Spieghel der Volcomenheit in obd. ¨ Ubersetzung. Ein Beitr. zur Rezeptionsgesch. ndl. Mystik im obd. Raum (Miscellanea Neerlandica 17). Leuven 1998. SF Von den Kr¨aften der Seele und den geistlichen Lebensformen. – Traktat zur Einf¨uhrung in den Spiegel der Vollkommenheit des Henrik → Herp. ¨ Die Vorrede des Ubersetzers begr¨undet, warum der Traktat zur Einf¨uhrung in den Spiegel angemessen sei. Die menschliche Seele fasst der Autor nach Gen 1,27 als Abbild der g¨ottlichen Trinit¨at auf. Nach der Behandlung (teilweise w¨ortlich nach → Davids von Augsburg Traktat De exterioris et interioris hominis compositione 1. II, c. 8–10) der «oberen» und der «unteren» Seelenkr¨afte, die beide deformiert seien, befasst sich der zweite Teil des Traktats mit den beiden christlichen Lebensformen der Vita contemplativa und der Vita activa. ¨ Uberlieferung: Augsburg, Staats- und Stadtbibl., 2° Cod. 230, 6v–22v (Pap., Schreibernennung auf Bl. 222ar: Udalricus Kratz de Buchloe, 1507, ostschw¨abisch). – Augsburg, UB, Cod. III.1.4° 24, 10r–32r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., ostschw¨abisch). – Berlin, SBB, Mgq 653, 8*r–27*v (Pap., 1485, ostschw¨abisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 79, 2v–21r (Pap., letztes Jahrzehnt 1434

2. H¨alfte 15. Jh. 15. Jh., alemannisch [westschw¨abisch?]). – M¨unchen, BSB, Cgm 782, 209v–220v (Pap., erstes Viertel 16. Jh., ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 786, 7r–25v ¨ (Pap., von der Hand der Ottilia Offellerin [vgl. Bl. 247r]; im Vorderdeckel Besitzeintrag der Schreiberin f¨ur das Birgittenkloster Altom¨unster; 1505, ostschw¨abisch). – Straßburg, National- und Universit¨atsbibl., ms. 2019 (fr¨uher L germ. 100.4°), 12r–31r (Pap., Schreibernennung auf Bl. 31r: Bartholomeus Hertel, Ende 15. Jh., ostschw¨abisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 334–336. – Ders.: Altndl. Mystik in deutsch¨ sprachiger Uberl. In: Dr. L. Reypens-Album. Antwerpen 1964, S. 371–375. – Kristina FreienhagenBaumgardt: Hendrik Herps Spieghel der Volco¨ menheit in obd. Ubersetzung. Ein Beitr. zur Rezeptionsgesch. ndl. Mystik im obd. Raum (Miscellanea Neerlandica 17). Leuven 1998. BJ Meister Heinzelin. – Verfasser zweier geistlicher Prosatexte. Der ansonsten nicht nachgewiesene, wohl geistliche Autor H. nennt sich selbst in zwei geistlichen Prosatexten: Von den sieben Tagzeiten ist eine Sammlung von haupts¨achlich den Leidensweg Jesu betreffenden Gebeten und Betrachtungen zu den Tagzeiten mit einer Art Beichtspiegel («peichtp¨uchlein») in Gebetsform; Von den zw¨olf R¨aten Christi (Die hymelisch laitter) bietet eine Aufz¨ahlung und Erkl¨arung der von Christus genannten Tugenden (→ Die zw¨olf R¨ate Jesu Christi). ¨ Uberlieferung: Von den sieben Tagzeiten: M¨unchen, BSB, Cgm 463, 24r–129r (Augsburg, 1475; geschrieben v. Konrad → Bollstatter). – Augsburg, UB, Cod. III.1.2° 14, 13ra–24vb, 61ra–67ra. – Von den zw¨olf R¨aten Christi: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 463, 129r–163v. Literatur: Karin Schneider, VL2 3 (1981) Sp. 936; 11 (2004) Sp. 639. – Nigel F. Palmer: Tagzeitengedichte. In: VL2 9 (1995) Sp. 577–588, hier Sp. 580. – K. Schneider: Dt. ma. Hss. der UB Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der UB Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 171–175. – J¨urgen Wolf: Konrad Bollstatter und die Augsburger Geschichtsschreibung. Die letzte Schaffensperiode. In: ZfdA 125 (1996) S. 51–86, hier S. 60 (Nr. 11). SF Heltauer Marienlied. – Marienruf, zweite H¨alfte 15. Jh. Das anonym u¨ berlieferte Lied besteht aus sieben sporadisch gereimten Strophen. Die mit dem 1435

Meister Heinzelin Lobrpreis Marias verbundene Anrufung zeigt die Gottesmutter als mediatrix zwischen Himmel und Erde mit universalem Anspruch. Der Text ist als ¨ gradueller Prozess des Ubergangs von der Diesseitigkeit zur Transzendenz angelegt. Ein in der UB Graz vorhandener Paralleltext ¨ zur Heltauer Uberlieferung wurde 1991 von C. L. Gottzmann erstmalig vorgestellt. Abgesehen von sprachlichen Eigent¨umlichkeiten, der Gliederung (in der Grazer Handschrift sind die Strophen 3 und 4 vertauscht) und einzelnen W¨ortern, sind die Unterschiede nicht groß. Der Heltauer Text weist einen regelm¨aßigeren Bau auf als die Grazer Fassung, die aufgrund sprachlicher Ph¨anomene j¨unger sein d¨urfte. Die Sprache des Heltauer Textes zeigt nd./moselfr¨ankische und ostmd./schlesischen Einfluss. Beim nicht so stark mundartlich gef¨arbten Grazer Text herrscht dagegen der bairische Dialekt vor. In der Grazer Handschrift wird in einem vorangestellten Satz neben einer typologischen Zuordnung («ain r¨uef von unser frawen») auch ein Hinweis auf eine Melodie gegeben (nach dem Lied O suesser vatter, herre got; M¨unchen, BSB, Cgm 716, 178r). ¨ Uberlieferung: Heltau / Cisn˘adie (Rum¨anien), Kirchenbibl., Bl. 322 eines Codex, ohne Sign., 2. H¨alfte 15. Jh. (seit 1916 verschollen). – Graz, UB, Hs. 1972, 29r-30r, Pap. Ausgaben: Ein Marienlied. Mitgeteilt v. Heinrich Wittstock. In: Arch. des Vereines f¨ur Siebenb¨urgische Landeskunde, NF 10 (1872) S. 161–163. – Richard Csaki (Hg.): Jenseits der W¨alder. Eine Slg. aus acht Jahrhunderten dt. Dichtung in Siebenb¨urgen. Hermannstadt 1916, S. 57. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 3 (1981) Sp. 979. – Carola L. Gottzmann, MarLex 3 (1992) S. 138 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 179. – Adolf Schullerus: Prolegomena zu einer Gesch. der dt. Schriftsprache in Siebenb¨urgen. In: Arch. des Vereines f¨ur Siebenb¨urgische Landeskunde, NF 34 (1907) S. 408–425, bes. S. 422 f. – Andreas Scheiner: Die ‹Saxonismen› des H. M.s. In: Zs. f¨ur dt. Mundarten 18 (1923) S. 286–289. – B´ela von Puk´anszky: Gesch. des dt. Schrifttums in Ungarn. Bd. 1 (Deutschtum und Ausland 34–36). M¨unster 1931, S. 81–83, 431 (mit Abdruck). – Karl Kurt Klein: Literaturgesch. des Deutschtums im Ausland. Schrifttum und Geistesleben der dt. Volksgruppen im Ausland vom MA bis zur Gegenwart. Leipzig 1939. Nachdr. mit einer Bibliogr. (1945–1978) hg. v. Alexander Ritter. Hildesheim/New York 1979, 1436

Hohenfurter Liederbuch S. 26. – Maria Bindschedler: Ma. Marienlyrik. In: DU 9 (1957) S. 30–37. Wieder in: Dies.: MA und Moderne. Ges. Schr. zur Lit. Bern 1985, S. 105–112. – Stefan Sienerth: Gesch. der siebenb¨urgisch-dt. Lit. Von den Anf¨angen bis zum Ausgang des sechzehnten Jh. Cluj/Napoca 1984, S. 74 f., 205. – Dieter Kessler: Ein Marienlied aus dem fr¨uhen 16. Jh. Das a¨ lteste dt. Gedicht aus Siebenb¨urgen. In: S¨udostdt. Vierteljahresbll. 38 (1989) S. 204–206 (mit Abdruck). – C. L. Gottzmann: Das H. M. und seine Grazer Fassung. Ein fru¨ her dt. Text aus Siebenb¨urgen. In: Geist und Zeit. Wirkungen des MA in Lit. und Sprache. FS Roswitha Wisniewski. Hg. v. C. L. Gottzmann/Herbert Kolb. Frankfurt/M. 1991, S. 229–253. – Joachim Wittstock: Anf¨ange dt. Dichtung. Religi¨ose Kodizes, Versdichtungen, Inschriften. In: Die dt. Lit. Siebenb¨urgens. Von den Anf¨angen bis 1848. 1. Halbbd: MA, Humanismus und Barock. Hg. v. J. Wittstock/Stefan Sienerth (Ver¨off. des S¨udostdt. Kulturwerks B 81). Mu¨ nchen 1997, S. 99–106, hier S. 102–104 (mit Textprobe). BJ Hoheliedauslegung Die sin van desen boeke es. – Zweite H¨alfte 15. Jh. Dieser Hoheliedkommentar in mndl. Sprache wurde auch auf dt. Gebiet rezipiert . In der Handschrift Wiesbaden, LB, Cod 52 aus dem Zisterzienserinnenkloster Sch¨onau (1469) folgt auf eine Hohelied¨ubertragung der Anfang der ndl. Auslegung (388r–389r). ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 2665/69, 169r (1488). – Gent, UB, Cod. 218, S. 1–363 (1460). – ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 76 J 7, 164r ff. (zweite H¨alfte 15. Jh.). – London, Brit. Library, Egerton-Fonds MS Egerton 677, 126v–172v (Ende 15. Jh.). – Wien, Cod. Ser. nov. 12886, 115r–162v (1487). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 87 f. – C. H. Ebbinge Wubben: Over mnl. vertalingen van het Oude Testament. Leiden 1903. BJ Hohenfurter Liederbuch. – Großteils mit Melodien versehene Liedersammlung von 81 dt. und zwei lat. Liedern, Mitte 15. Jh. Das H. L., eine der reichhaltigsten sp¨atma. dt. Liederquellen, u¨ berliefert in einer Papierhandschrift des Zisterzienserstiftes Hohenfurt/S¨udb¨ohmen, enth¨alt 79 Liedtexte und 38 Singweisen; es stammt im Wesentlichen von einer Hand um die 1437

2. H¨alfte 15. Jh. Mitte des 15. Jh. F¨ur Hohenfurt als Entstehungsort gibt es keine eindeutigen Belege, es sprechen jedoch auch keine ernsthaften Gr¨unde dagegen. Die rufartigen Prozessions- und Wallfahrtslieder des ersten Teils («rueff») bilden eine Einheit und erz¨ahlen fortlaufend die Jugendgeschichte Jesu und die Passion, sie stehen unter dem Einfluss der Franziskanerpredigt; die Lieder des zweiten Teils schildern den Seelenkampf des Verfassers, der sich als ehemaliger S¨under bezeichnet, der sich reuig von der Welt abkehrte. Diesem Mittelteil sind drei verdeutlichende Federzeichnungen beigegeben. Zum Schluss finden sich einige Weihnachtsund Osterlieder, darunter als einzige lat. Texte der Handschrift die cantiones → Dies est laetitiae und → Resonet in laudibus 2154. Die Lieder sind durchwegs paargereimt und weisen wechselnde Melodien auf. ¨ Uberlieferung: Hohenfurt/Vyˇsˇsi Brod (B¨ohmen), Stiftsbibl., Ms. 8b (Pap., um Mitte 15. Jh., bair.-¨osterr.). Ausgabe: Wilhelm B¨aumker: Ein dt. geistliches Liederbuch mit Melodien aus dem 15. Jh. nach einer Hs. des Stiftes Hohenburg. Leipzig 1895. Nachdr. Hildesheim 1970. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 4 (1983) Sp. 94–99; 11 (2004) Sp. 690. – Johannes Janota/Hans P¨ornbacher: Liederb¨ucher. In: MarLex 6 (1994) S. 853–855, hier S. 853 f. – Monika Fink/Martin Horyna/(Walter Salmen): Hohenfurter Hss. In: MGG2 Sachteil 4 (1996) Sp. 352–355. – Joseph Kehrein: Katholische Kirchenlieder aus den a¨ ltesten dt. Gesangb¨uchern. 3 Bde. W¨urzburg 1859–65. – Wilhelm B¨aumker: Ein dt. geistliches Liederbuch mit Melodien aus dem 15. Jh. Leipzig 1895 (Nachdr. Hildesheim 1970) S. III–V, IX–XVIII. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Bsp. der Gartenallegorie (Hermaea NF 43). T¨ubingen 1982, S. 19, 52 (Nr. 33j). – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 218. – Andr´e Schnyder: Das ‹H. L.› und seine geistlichen Tagelieder. In: Dt. Lit. des MA in B¨ohmen und u¨ ber B¨ohmen. Hg. v. Dominique Fliegler. Wien 2001, S. 383–403 (Lit.). – V´aclav Bok: Literaturpflege im Kloster Vyˇsˇsi Brod/Hohenfurt vom 13. bis zum 15. Jh. In: Zisterziensisches Schreiben im MA – das Skriptorium der Reiner M¨onche. Beitr. der Internationalen Tagung im Zisterzienserstift Rein, Mai 2003. Hg. v. Anton Schwob/Karin Kranich-Hofbauer. Bern u. a. 2005, S. 179–191. SF 1438

2. H¨alfte 15. Jh. Ida von Toggenburg (Idda, Itha, Itta, Ydda [v. Fischingen]). – Alemannische Prosalegenden u¨ ber I., Gr¨afin von T., Patronin des Benediktinerstifts Fischingen. Wegen des Verdachts auf Ehebruch wird I., die Gemahlin des Grafen von T., schuldlos vom Burgturm gest¨urzt. Auf wundersame Weise u¨ berlebt sie und beginnt ein Leben als Einsiedlerin. Ihr restliches Leben verbringt I. trotz Reue und Einsicht des Gatten im Benediktinerinnen-Kloster Fischingen bei Kirchberg/St. Gallen. Patronin von Kirchberg, Fischingen und Bauen. Nach L. M. Kern (s. u.) werden die Fassungen C, D und E ihrer Lebensbeschreibung unterschieden. Fassung C, eine vermutlich in den 70er Jahren des 15. Jh. im Thurgauischen entstandene Prosalegende, diente wahrscheinlich 1481 und 1485 als Quelle f¨ur die zwei lat. I.-Legenden des → Albrecht von Bonstetten (Fassung A und B.). ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 603, ¨ Leopold-SophienS. 145b–152b. – Uberlingen, Bibl., Cod. 1, S. 301r–303r. Ausgaben: Anton Birlinger: Legende v. S. I. v. T. In: Alemannia 12 (1884) S. 173–177 (nach der ¨ Uberlinger Hs.). – L. M. Kern 1928, s. u., S. 62–82 ¨ (nach der St. Galler Hs. mit Lesarten der Uberlinger Hs.). Fassung D basiert weitgehend auf der dt. Fassung ¨ C (zahlreiche w¨ortliche Ubereinstimmungen) sowie auf der Fassung A Bonstettens. Einige Mirakel des 16. Jh. wurden hinzugef¨ugt. ¨ Uberlieferung: Frauenfeld, Staatsarch. Thurgau, Fischingen C15 S9 N12 (angefertigt 1583 von Josua Dolder). Ausgabe: L. M. Kern, s. u., S. 63–83. ¨ Bei Fassung E handelt es sich um eine Uberset¨ zung von Bonstettens lat. Fassung B, der Ubersetzer war wahrscheinlich Bonstetten selbst. ¨ Uberlieferung: Straßburger Drucke von Der → Heiligen Leben der Jahre 1510, 1513 und 1514. – Habsburger Heiligenbuch Jakob → Mennels (Wien, ¨ ONB, Cod. 8994), der die Legende dem Druck von 1510 entnahm. Ausgaben: W. Williams-Krapp 1982, s. u. (nach dem Druck v. 1510). – B. Meyer 1974/75, s. u., S. 63–73 (Mennels Redaktion). Ausgaben: Ilsemarie Brandmair Dallera: I fioretti di Santa Ida di Fischingen. Brescia 1996, S. 48–175. – Ida L¨uthold-Minder: Hl. I. v. T. Stein am Rhein 2001, S. 110–117. Literatur: Friederike Tschochner-Werner, LCI 6 (1974) Sp. 564–566. – Werner Williams-Krapp, 1439

Ida von Toggenburg VL2 4 (1983) S. 359–361. – Michael Tilly, BBKL 2 (1990) Sp. 1251. – Helmut Maurer, LThK3 5 (1996) Sp. 387. – W. Williams-Krapp/Red., Killy2 6 (2009) S. 35. – Leo M. Kern: Die I. v. T.Legende. In: Thurgauische Beitr. zur vaterl¨andischen Gesch. 64/65 (1927/28) S. 1–136. – B. Meyer: Die hl. Ita v. Fischingen. In: ebd. 112 (1974/75) S. 21–97. – W. Williams-Krapp: Die dt. I.-Legende des schweizerischen Humanisten Albrecht v. Bonstetten. In: Zs. f¨ur Ges. des Oberrheins 130 (1982) S. 71–80. – Ders.: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Barockes Fischingen. Hg. vom Ver. St. Iddazell. Fischingen 1991. – Brandmair Dallera (s. Ausg.). – L¨uthold-Minder (s. Ausg.). – Hans Brauchli: I. v. T. 12. Jh. Legende und Gesch. In: Thurgauer Ahnengalerie. Hg. v. H. Brauchli. Weinfelden 2003, S. 37–40. SF Itinerarium Beatae Virginis Mariae. – In lat. und dt. Prosa u¨ berlieferte Gebetsbetrachtungen u¨ ber das Leben Marias. Durch sieben betrachtende Gebete an sieben Tagen soll der betende S¨under bekehrt werden; jedes davon bezieht sich auf einen bestimmten Lebensstand oder ein Lebensalter Marias und l¨asst sich in Lob, Ermahnungen und Bitten gliedern. Vorangestellt ist eine Verg¨anglichkeits- und S¨undenklage, am Schluss folgt eine «Ausrufung von der ewigen Seligkeit». Es zeigen sich Bez¨uge zur Pilgerschaft. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 4426, 1488, 7r–60v. – Basel, UB, Cod. F. P. VII2.7, 1r–40r. – Melk, Stiftsbibl., Cod. 1473, 1–81 (1490). Ausgabe: Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum [...]. Bd. 2. Stuttgart u. a. 1831, Nr. 9322 f., 9324. Cop. 3329, 9325–9327. ¨ Ubersetzungen ins Deutsche: Karlsruhe, LB, Don. 357, 1r–99r (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 270, 1–138 (1595). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 168 (1492). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI. G.33, Bd. 1, 85r–174r (Ende 15./Anfang 16. Jh.). Literatur: Hardo Hilg, VL2 4 (1983) Sp. 428 f. – Rudolf Riggenbach: Leonhard Ysenhut und sein ‹I.› v. 1488/1489. Basel 1955. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philologie im Aufriß. Bd. 2. Berlin 21960, Sp. 767. – Peter Amelung: Der Fr¨uhdruck im dt. S¨udwesten 1473–1500. Eine Ausstellung der W¨urttembergischen LB Stuttgart. Stuttgart 1979, Nr. 148 f. – Odo Lang: Kat. der 1440

Leben und Tod Hss. in der Stiftsbibl. Einsiedeln. Codd. 501–1318. Basel 2009, S. 902. SF

Ivo H´elory. – Deutschsprachige Vita des I. H. von Kermartin (1253–1303), des zweiten Landespatrons der Bretagne. Im Zentrum des Textes steht der radikale Armutsgedanke, von dem das Leben dieses Heiligen getragen war. Grundlage f¨ur den Text war die Vita, wie sie in den Analecta Bollandiana [Bd. 2 (1883) S. 324–340] enthalten ist. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Hs. 589 (zweite H¨alfte 15. Jh., o¨ stliches Hochalemannisch). In einer Sammlung von Heiligenleben des Franziskanerordens (→ Klara von Assisi, → Bernhardin, Rosa, Eleazar, Ivo, Pantaleon, → Ludwig von Toulouse). Literatur: Kurt Ruh: VL2 4 (1983) Sp. 430–432. – Michael Tilly: BBKL 2 (1990) Sp. 1393–1394. – Acta Sanctorum Mai IV (1865) S. 537–615. – Vies des Saints et des Bienheureux [...] B´en´edictins de Paris 5. Paris 1947, S. 380–388. – Beat Matthias v. Scarpatetti: Die Hss. der Stiftsbibl. St. Gallen. Bd. 1, Abt. IV, Codd. 547–669. Hagiographica, Historica, Geographica, 8.-18. Jh. Wiesbaden 2003, S. 125–127. SF

Kaspar von Altenburg. – Geistlicher der zweiten H¨alfte des 15. Jh., Verfasser eines lat. und eines dt. Bittgebets. Im Jahr 1484 trug der aus Altenburg in Nieder¨osterreich stammende und strafweise nach Mondsee versetzte Mo¨ nch K. v. A. als Inhaftierter in die Mondseer Hs. Wien, Cod. 4015, eine geistliche Sammelhandschrift des 15. Jh., ein lat. Bittgebet (221r) ein; ein paar Tage sp¨ater ließ er einige dt. Verse (119r) a¨hnlichen Inhalts nachfolgen. Hauptbestandteile sind biblische und liturgische lat. Floskeln sowie Klage- und Bittfloskeln der dt. Liedtradition. Literatur: Burghart Wachinger, VL2 4 (1983) Sp. 1047. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. ¨ literarischen Hss. der ONB. Bd. 2 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1961, S. 970–972. – Gerhard Eis: Nachtr¨age zum VL (Studia neophilologica 43/2). Berlin 1971, S. 400. SF 1441

2. H¨alfte 15. Jh. Leben und Tod. – Strophische Dichtung mit Dialog zwischen Mensch und Tod. Auf der Grundlage des Dialogus mortis cum homine (13. Jh.) entstand wahrscheinlich in der zweiten H¨alfte des 15. Jh. das Gedicht vom L. u. T. Seine Urspr¨unge liegen im n¨ordlichen Niedersachsen, vielleicht in L¨ubeck, doch verbreitete sich der ¨ Text in russischer Ubersetzung bis nach Nowgorod. Bez¨uge zur L¨ubecker Totentanz-Schrift Des dodes dantz (1489) sind m¨oglich, doch unsicher. Nikolaus Mercatoris griff das Gedicht nachweislich in seinem Vastelavendesspel van dem dode unde van dem leuende auf. ¨ In der schmalen Uberlieferung ist L. u. T. mal in 21, mal in 19 vierzeiligen Strophen erhalten. Darin begegnet der Mensch dem als Sensenmann personifizierten Tod. Nach einer dialogischen Konfrontation ruft der Mensch Gott an, bevor er sich mit einer Ansprache an die gesamte Menschheit wendet. Am Ende steht die traditionelle Mahnung des «memento mori». Insgesamt zeichnet sich L. u. T. durch eine starke pastoral-psychologische Tendenz aus. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 1136 Helmst., 306r–308v (Pap., Ende 15. Jh., ostf¨alisch). – Wolfenb¨uttel, HAB, cod. 1233 Helmst., 189v–192r (Pap., 1493, nd., Abschrift des Drucks von 1484). Druck: L¨ubeck: Bartholom¨aus Gothan 1484. Ausgaben: Mnd. Fastnachtsspiele. Hg. v. Wilhelm Seelmann. Norden u. a. 1885, S. 45–48; 2 1931, S. 95–98. – Wilhelm Mantels: Das Zwiegespr¨ach zwischen dem Leben und dem Tode. In: NdJb 1 (1875) S. 54–56; ebd. 2 (1876) 131–133. – Mnd. Lesebuch. Hg. v. Wolfgang Stammler. Hamburg 1921, Nr. 73. – Ludwig Wolff: Das Zwiegespr¨ach zwischen Leben und Tod. In: Korrespondenzbl. des Ver. f¨ur nd. Sprachforschung 44 (1931) S. 51–53 (Teildr.). – Theodor Lewandowski: Das mnd. Zwiegespr¨ach zwischen dem Leben und dem ¨ Tode und seine altrussische Ubers. Eine kontrastive Studie. K¨oln u. a. 1972, S. 60–80. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 5 (1985) Sp. 637–639. – Dietrich Gerhardt: M¨oglichkeiten kontrastiver Stud. auf mnd. und russischem Gebiet. In: Korrespondenzbl. des Ver.s f¨ur nd. Sprachforschung 80 (1973) S. 33–47. – Catherine Squires: Ein unbekannter Druck des Zwiegespr¨achs zwischen L. u. T. v. Bartholom¨aus Ghotan. In: Gutenberg-Jb. 80 (2005) S. 115–122. MM 1442

2. H¨alfte 15. Jh. Marien-ABC. – Marienpreis- und Bittgedicht, zweite H¨alfte 15. Jh. Die f¨unf vor und um 1500 entstandenen mnd. und mndl. Textzeugen gehen auf ein nicht erhaltenes Original aus der Zeit vor 1476 zur¨uck. Das wahrscheinlich nicht nur in kl¨osterlichen Gemeinschaften, sondern auch bei frommen Laien verbreitete, urspr¨unglich vermutlich 23 Str. umfassende Abecedarium ist an Maria gerichtet. Neben preisenden Anreden an Maria am Anfang jeder Str. enth¨alt es Bitten um Beistand. In formaler Hinsicht zeichnet sich das Gedicht durch gleichen Endreim der vier Zeilen jeder Str. und durch Verwendung der Alliteration aus. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. scrin. 102 c (‹Hartebok›), 31v–32v, Pap., zwischen 1471 und 1484. – Osnabr¨uck, Bisch¨ofliches Arch., Hs. Gertrudenberg 5, 202v–205v. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 289.3 Extrav., 263v–265v. – Ebd., Cod. Helmst. 1172, 164v–167v. – Druck: Amsterdam, Pieter Jansz. Tyebaut 1528. – Vgl. Leloux (s. Lit.) S. 169–172. Ausgaben: Hartmut Beckers: Mnd. und mndl. Hss. des bisch¨oflichen Archivs zu Osnabr¨uck. In: Osnabr¨ucker Mitt. 78 (1971) S. 55–80, hier S. 78–80. – Leloux, S. 172–180 (nach der Hs. Wolfenb¨uttel 289.3 Extrav., mit Lesarten der anderen Fassungen). Literatur: Ingrid Kasten, VL2 5 (1985) Sp. 1281 f.; 11 (2004) Sp. 969. – Franz-Josef Holznagel/Rudolf Weigand: Abecedarien. In: MarLex 1 (1988) S. 12 f. – Hermann Jellinghaus: Gesch. der mnd. Lit. Straßburg 21902, S. 11. – Hermanus Johannes Leloux: Sp¨atma. Versionen eines Marianischen Abecedariums aus Norddeutschland und dem Nordosten der Niederlande. In: Studia Germanica Gandensia NS 16 (1975) S. 169–186. BJ ¨ Messerkl¨arung Messe singen oder lesen. – Alteste dt. Gesamterkl¨arung der heiligen Messe aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Der vermutlich von einem Weltgeistlichen der Di¨ozese Augsburg verfasste Text basiert vor allem auf dem Ordinarium missae des Augsburger Missales (1386). Das Werk beginnt mit den kirchlichen Vorschriften u¨ ber die Liturgie der Messe und den zelebrierenden Priester, dann folgen der lat. Text ¨ des Ordinarium missae und dt. Ubersetzung, verbunden mit weiteren Erkl¨arungen und Gebeten. ¨ Uberlieferung: Handschriften: Berlin, SBB, Mgf 1287, 2r–165v (Perg., 1471, aus dem Jesuitenkolleg 1443

Marien-ABC Erfurt, obd.). – M¨unchen, BSB, Cgm 1125, 167 Bll. (Ende 15. Jh., Abschrift der Druckausgabe N1, nach Reichert, S. X und XXII–XXVI). – Ebd., Slg. Pfeiffer Nr. 12, 7r–167v (1493, vgl. Nachlass Stammler 27/98 a). – Drucke: N1 (N¨urnberg, F. Creußner, um 1480, GW 3085, mit vollst¨andiger Kanonerkl¨arung). – N2 (N¨urnberg, F. Creußner, nach 1480, GW 3085 [!], mit Auslassungen bei der Kanonerkl¨arung, sonst identisch mit N1). – A (Augsburg, J. B¨amler, v. J. 1484, GW 3086, Text meist wie die N¨urnberger Ausgaben, aber ohne Kanonerkl¨arung). Weitere Drucke des 16. Jh. s. Reichert (s. Lit.) S. XLII–LIX (Die Messerkl¨arung im Dienst der Gegenreformation). Ausgabe: Reichert (s. Lit.) 1967, S. 1–208. Literatur: Kurt Illing, VL2 6 (1987) Sp. 446–448. – Adolf Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902 (Nachdr. Darmstadt 1963) S. 711–717. – Hans Bernhard Meyer: Luther und die Messe. Eine liturgiewissenschaftliche Unters. u¨ ber das Verh¨altnis Luthers zum Meßwesen des sp¨aten MA. Paderborn 1965, S. 408. – Franz Rudolf Reichert: Die a¨lteste dt. Gesamtauslegung der Messe. Mu¨ nster 1967. – K. Illing: Alberts des Großen ‹Super Missam›, Traktat ¨ in mhd. Ubertragungen. Unters. und Texte (MTU 53). Mu¨ nchen 1975, S. 10, 30. – Helmut Weck: Die ‹Rechtssumme› Bruder Bertholds. Eine dt. abecedarische Bearb. der ‹Summa Confessorum› des Jo¨ hannes v. Freiburg, die hsl. Uberl. T¨ubingen 1982, S. 26. – Angelus H¨aussling: Das Missale dt. Materialien zur Rezeptionsgesch. der lat. Meßliturgie im dt. Sprachgebiet bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. M¨unster 1984, Nr. 28, 101–104, 115. – Anne-Beate Riecke: M. ‹M. s. o. l.›. In: Aderlaß ¨ und Seelentrost. Die Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter J¨org Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 227–229. BJ Narrenschiffspredigt. – Zweite H¨alfte 15. Jh. Der sich an Nonnen richtenden Predigt liegt als Tagestext Mt 25,2 zugrunde. Das Fehlverhalten von 21 Narren wird zu einem auf monastische Verh¨altnisse zielenden Lasterkatalog aus- und umgedeutet. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 91341 (fr¨uher Privatbesitz Auktionshaus Sotheby’s, London, Nr. 1835/4671) (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch-bair. Grenzraum). 1444

Satzenhofer

2. H¨alfte 15. Jh.

Ausgabe: Adolf Spamer: Eine Narrenschiffspredigt aus der Zeit Sebastian Brants. In: Otto Glauning zum 60. Geburtstag. Festgabe aus Wiss. und Bibl. Bd. 2. Leipzig 1938, S. 113–130. Literatur: Hans-J¨urgen Stahl, VL2 6 (1987) Sp. 862 f. – Spamer (s. Ausg.) S. 113–117. – Dietrich Schmidtke: Geistliche Schiffahrt. Zum Thema des Schiffes der Buße. In: PBB (T¨ub.) 91 (1969) S. 357–385; 92 (1970) S. 115–177, bes. 1969, S. 381. – Lotte Kurras: Die dt. ma. Hss.. Erster Tl.: Die literarischen und religi¨osen Hss. Anhang: Die Hardenbergschen Fragmente (Kataloge des Germ. Nationalmuseums Nu¨ rnberg 1,1). Wiesbaden 1974, S. 122 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 210 (T 220 d). BJ

cod. A XI 23, 150ra–285va) und eine Zusammenfassung der acht Hauptpunkte einer dt. Eucharistiepredigt, die er 1472 den Nonnen des Straßburger Klosters St. Agnes hielt, erhalten (Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 14, 39r–40r). Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 6 (1987) Sp. 1179 f. – Gabriel M. L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1924, S. 105 f., 128, 132, 135. – Ders.: Die K¨olner Dominikanerschule v. 14. bis zum 16. Jh. Freiburg/ Schweiz 1946, S. 80 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 2. Rom 1975, 211 f. – Martin Steinmann: Die humanistische Schr. und die Anf¨ange des Humanismus in Basel. In: Arch. f¨ur Diplomatik 22 (1976) S. 376–437, hier S. 428 f. BJ

Nater, Conrad OFM. – Zweite H¨alfte 15. Jh. C. N. ist als Guardian in Oppenheim (1495/96), Vizeguardian in M¨unchen (1486/87, 1489), Lenzfried bei Kempten (1490/92), Basel (1493), N¨urnberg (1498/99) und Mainz (1501) bezeugt; 1484 nahm er am Provinzialkapitel teil. ¨ N.s wortgetreue Ubersetzung der Regula novitiorum → Bonaventuras nach der lat. Vorlage des Ulmer Zainer-Drucks der Regula von 1473 erfolgte 1492. ¨ Uberlieferung: Kaufbeuren, Franziskanerinnenkloster, Lit. 1, 19r–48r (nach 1492). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 973, S. 15–107 (Pap., 1498). Ausgabe: Kurt Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 1. Mu¨ nchen 1965, S. 130–138. Literatur: K. Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 865 f. – Ders.: Bonaventura dt. (Bibl. Germanica). Bern u. a. 1956, S. 251 f. – Peter Schmidt: Gedruckte Bilder in handgeschriebenen B¨uchern. Zum Gebrauch v. Druckgraphik im 15. Jh. (Pictura et poesis 16). K¨oln u. a. 2003, S. 175 Anm. 143. SF

Die Ritterschaft. – Emblematischer Traktat u¨ ber die Ausr¨ustung des Ritters, zweite H¨alfte 15. Jh. In der geistlich-moralisierenden Allegorie D. R. wird abschnittsweise die Ausr¨ustung des Ritters vorgestellt (Pferd, Lanze, Helm usw.), wobei der umfangreichste Teil von den «sporn» handelt. Die Ausdeutungen werden gegen Ende immer knapper. Der unikal in der Dresdner Handschrift (s. ¨ Uberl.) u¨ berlieferte Text bildete die Grundlage f¨ur den ca. 20 Jahre sp¨ater erfolgten Druck mit dem Titel Der f˚ußpfadt tz˚u der ewigen seligkeyt (Heidelberg, Heinrich Knoblochtzer und Jakob K¨obel, 1494). ¨ Uberlieferung: Dresden, LB, Cod. M 209, 1r–37r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., oberrheinisch; fragm.). Literatur: Franzjosef Pensel, VL2 8 (1992) Sp. 104–106. – Edward Schr¨oder: ‹D. R.›. In: ZfdA 71 (1934) S. 127 f. – Andreas Wang: Der ‹miles christianus› im 16. und 17. Jh. und seine ma. Tradition. Ein Beitr. zum Verh¨altnis v. sprachlicher und graphischer Bildlichkeit (Mikrokosmos 1). Bern 1975. SF

Nolt, Heinrich OP, † 24.4.1474 Straßburg. Der Basler Dominikaner N. studierte seit 1466 in K¨oln Theologie. Als Baccalaureus formatus 1469 nach Basel zur¨uckgekehrt, wurde er bald nach der Promotion zum Dr. theol. (1471) Ordinarius der Basler Theologischen Fakult¨at. Als Vicarius der Natio Alsacie war er in der Klosterreform t¨atig. N. starb im Straßburger Konvent St. Nicolaus in undis. Von den Schriften N.s sind ein Autograph seiner K¨olner Sentenzenvorlesung von 1467 (Basel, UB,

¨ Satzenhofer, Ursula OSB. – Ubersetzerin des Traktat De passione Christi des → Silvester von Rebdorf, zweite H¨alfte 15. Jh. S. war Benediktinerin im Kloster Niederm¨unster in Regensburg, wechselte dann in den Frauenkonvent von St. Peter in Salzburg, lebte um 1467/68 wieder im Kloster Regensburg und legte 1469 in Salzburg die Profess ab. ¨ Uberlieferung: Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b VIII 27, 1ra–177rb (Schreiberin: Erentrudis Sch¨ottlin, 1488).

1445

1446

2. H¨alfte 15. Jh. Literatur: Werner H¨over, VL2 8 (1992) ¨ Sp. 587. – Ders.: Die Ubersetzerin U. S. In: Euphorion 62 (1968) S. 149. – Gerold Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit v. Dagmar Kratochwill, Annema¨ rie Mu¨ hlb¨ock und Peter Wind (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,1). Wien 1982, S. 330–332. BJ Schwertmann, Egidius OP, † 1479 N¨urnberg. Dem 1474 als Prior des Dominikanerkonvents in N¨urnberg bezeugten S. schreibt die Hs. N¨urnberg, StB, cod. Cent. VI,52 (erste H¨alfte 15. Jh.) eine ¨ mhd. Ubersetzung des lat. Traktats De spiritualibus ascensionibus von Gerard → Zerbolt van Zutphen ¨ zu. S.s Ubertragung f¨orderte die weitere Verbreitung dieses zentralen Textes der Devotio moderna. Ferner sind von S. zwei lat. Predigten erhalten. Literatur: Volker Honemann, VL2 8 (1992) Sp. 946 f. – J. v. Roij: Gerard Zerbolt v. Zutphen. I. Leven en Geschriften. Nijmegen 1936. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 1. Rom 1970 (Lit.). BJ Von den sechs Flugen. ¨ – Im nord- und mittelbair. Sprachgebiet verbreiteter mystisch-aszetischer Kurztraktat, zweite H¨alfte 15. Jh. Mit Hilfe der Allegorese des Vogelfluges soll dem «geistlichen menschen» der Weg zu Bed¨urfnislosigkeit und Ruhe in Gott gezeigt werden. Der sechsstufige Weg ist strukturell der mystischen Dreiweglehre verpflichtet. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, cod. OettingenWallerstein III. 1. 4° 29, 66r–67v (A). – M¨unchen, BSB, Cgm 458, 148r–150r (M1). – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 479, 67v–69v (M2). – Ebd., 8° cod. ms. 279, 63r–65r (M3). – Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, cod. b IV 19, 310v–312r (S1). – Ebd., cod. b V 40, 280r–282v (S2). Literatur: Gerold Hayer, VL2 8 (1992) Sp. 978. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der Bayerischen Staatsbibl. Mu¨ nchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 326–333. – G. Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit v. Dagmar Kratochwill, An¨ nemarie M¨uhlb¨ock und Peter Wind (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA III,1). Wien 1982, S. 236–241, 287–296. – 1447

Schwertmann K. Schneider: Dt. ma. Hss. der Universit¨atsbibl. Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I.3 und Cod. III.1 (Die Hss. der Universit¨atsbibl. Augsburg II,1). Wiesbaden 1988, S. 305–313. BJ Tinctor, Johann. – Theologischer Schrifsteller, zweite H¨alfte 15. Jh. T. war Professor der Theologie in K¨oln, sp¨ater vermutlich Dekan der Philosophischen Fakult¨at und Kanonikus in Dornick (heute zu Emmerich am Rhein). Er verfasste die theologischen Schriften De vitio proprietatis contra Waldensis, Determinatio de confessionis integritate, In primam & secundam partem D. Thomae und Contra filiationem S. Iohannis Evangelistae (Zedler 1745 und J¨ocher 1751 verzeichnen drei weitere Schriften T.s, die aber vermutlich von Nicolaus → Tinctoris stammen; vgl. Anton Maria Kobolt, Baier. Gelehrten-Lex. Landshut 1795, S. 693.) ¨ Uberlieferung: Determinatio de confessionis integritate/Contra filiationem S. Iohannis Evangelistae: Druck Br¨ussel 1478/79, Tl. 2 (1479), Bl. 31b–33b/94b (GW 06136; innerhalb der Sportula fragmentorum des Aegidius Carlerius). – F¨ur die Streitschr. gegen die Waldenser gibt Zedler 1745 eine nicht n¨aher bestimmte Hs. bei den Martinianern in L¨owen als Fundort an, f¨ur In primam & secundam partem D. Thomae Hss. bei den Dominikanern in St. Omer, Den Haag und Rotterdam. Literatur: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollst. Universal Lex. aller Wiss. und K¨unste Bd. 44. Leipzig/Halle 1745, Sp. 249. – Christian Gottlieb J¨ocher: Allg. Gelehrten-Lex. Bd. 4. Leipzig 1751, Sp. 1214. – Otto Liebmann, ADB 38 (1894) S. 355. VZ Diemar, Johannes OP. – Prediger, 15. Jh. Nachdem er sich den Dominikanern angeschlossen hatte, erhielt D. 1458 in Bamberg die niederen Weihen; 1459 wurde er zum Priester geweiht. 1476–78 war er Lektor und Subprior im N¨urnberger Dominikanerkloster. Vor den Nonnen des dortigen Katherinenklosters hielt er Predigten, von denen mehrere mhd. Nachschriften erhalten sind (Zuschreibungen teilweise unsicher). D. predigte in einfacher Sprache u¨ ber zahlreiche religi¨ose Themen, die von scholastischen Proble¨ men bis zu brautmystischen Uberlegungen zum Hld reichen. Er besch¨aftigte sich auch mit der Begr¨undung des Dreifaltigkeitsfests sowie den Motivationen der menschlichen Seele. Daneben stehen 1448

Kydrer typische Predigtthemen wie Buße und Beichte, aber auch reine Gelegenheitspredigten, etwa zu Mariae Himmelfahrt. Erw¨ahnenswert ist außerdem ¨ D.s mhd. Ubertragung von → Heinrich von Friemars Traktat De quattuor instinctibus, die D. in seine Bearb. der Bergpredigt einfließen ließ. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 406, 1r–98r (Pap., um 1473, n¨urnbergisch). – Heidelberg, Slg. Eis, Hs. 114, 53r–83v, 145r–147v, 199r–206r (Pap., um 1476, mit zwei Predigten und einem Zyklus D.s). – Heidelberg, Slg. Eis, Hs. 116, 18v–19r (Pap., um 1478, Einzelpredigt D.s). – Berlin, SB, Mgo 566, Bl. 84v–208r (Pap., 16. Jh., enth¨alt drei Predigten D.s). Ausgaben: Lee 1969 (s. Lit.) S. 98–273. Literatur: Peter Renner, VL2 2 (1980) Sp. 88 f.; 11 (2004) Sp. 349. – Ders.: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–257. – Helmut Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis, besonders das Werk Peter Kirchschlags. In: AFP 38 (1968) S. 71–97, hier S. 72–74, 81. – Andrew Lee: Materialien zum geistigen Leben des sp¨aten 15. Jh. im Sankt Katharinenkloster zu N¨urnberg. Mit besonderer Ber¨ucksichtigung der Predigten ~s. Erlangen 1969. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 164 f., T 153 A. – Der Traktat Heinrichs von Friemar u¨ ber die Unterscheidung der Geister. Lat.-mhd. Textausg. mit Unters. (Cassiciacum 32). Hg. v. Robert G. Warnock/Adolar Zumkeller. Wu¨ rzburg 1977, S. 102–107. MM Von der Geburt Christi. – Mnd. Gedicht. Die im → Hartebok u¨ berlieferte Dichtung (488 Verse) schildert die Verk¨undigung durch Gabriel, die Geburt Christi, die Anbetung durch die Drei K¨onige, die Darbringung im Tempel und die Simeon-Prophetie schildert. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. 102c in scrin., 1r–4v (Pap., zwischen 1471 und 1484). Ausgaben (alle unvollst¨andig und fehlerhaft): Nicolaus Staphorst, in: Hamburgische Kirchengeschichte I,4. Hamburg 1731, S. 175–184. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867 (Nachdr. Hildesheim u. a. 1964) S. 395–399. – Hermann Oesterley, in: Karl Goedeke: Dt. Dichtung im MA. Bd. 12. Hannover 1871, S. 9 f. (Auszug). 1449

2. H¨alfte 15. Jh. Literatur: Ingrid Kasten, VL2 2 (1980) Sp. 1133 f. – Hermann Jellinghaus: Gesch. der mnd. Lit. Berlin 31925, S. 5 f. BJ Hentinger, Johannes (Kursser) OP. – Prediger. H. erhielt 1463 in Bamberg die niederen Weihen und wurde 1474 als Cursor nach Regensburg versetzt. Im Fr¨uhjahr 1477 als Prediger in den Kl¨ostern der Dominikaner und Dominikanerinnen in N¨urnberg bezeugt, hielt er wahrscheinlich in der Fastenzeit desselben Jahres eine Predigt u¨ ber die 15 Arten der h¨ollischen Pein vor den Nonnen des N¨urnberger Dominikanerinnenklosters St. Katharina. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, Helko Eis, Privatsammlung (fr¨uher Schriesheim bei Heidelberg, Slg. Eis), Hs. 114, 165v–166v (undatiert). Ausgabe: Renner 1959 (s. Lit.) S. 211. Literatur: Peter Renner, VL2 3 (1981) Sp. 1015. – Ders.: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Helmut Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 38 (1968) S. 71–97. – Andrew Lee: Materialien zum geistlichen Leben des sp¨aten 15. Jh. im St. Katharinenkloster zu N¨urnberg. Mit bes. Ber¨ucksichtigung Johannes Diemers. Diss. Heidelberg 1969. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 146. – Thomas Kaeppeli: Scriptores ordinis Praedicatorum medii aevi 2. Rom 1975, S. 449. BJ Kydrer, Wolfgang (Kidrer) OSB, * um 1420 Salz¨ burg, † 13.8.1487 Tegernsee. – Ubersetzer. K. war seit 1437 Student und seit 1441 Magister regens an der Wiener Universit¨at. Nachdem er seit etwa 1445 Schulrektor in Salzburg gewesen war, wurde er Priester in Mattsee/Salzburg und sp¨ater in Frankenmarkt/Ober¨osterreich (1456–61). Seit 1462 war K. Benediktiner im Kloster Tegernsee. Er unterhielt Kontakte zu → Johannes de Werdea und → Bernhard von Waging. K. verfasste mehrere lat. Abhandlungen und Predigten, die u. a. von Johannes → Nider und → Nikolaus von Dinkelsb¨uhl beeinflusst wurden. Nennenswert ist etwa K.s Tractatus per modum sermonum de securo moriendi, der in der mittelalterlichen «ars moriendi»-Tradition steht. Außerdem u¨ bersetzte K. mehrere theologische Schriften in die dt. Sprache: De planctu ecclesiae des Alvarus Pelagius 1450

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ als Von der klag der kirchen (Cgm 780, s. Uberlieferung), De nuptiis spiritualibus des → Johannes von Brandenturn als Von geistlicher Hochzeit (Cgm 780), die Meditationes de passione Christi des Sylvester von Rebdorf als Passion nach den VII Tagzeiten (Cgm 792, Cgm 848, Cgm 1149) und wahrscheinlich den Dialogus de modo perveniendi ad veram et perfectam dei et proximi dilectionem des Heinrich Arnoldi von Alfeld als Tractat von der Liebe Gottes und des N¨achsten (Cgm 780, Cgm 394). Mo¨ glicherweise sind K. auch eine Reihe dt. Gebete zuzuschreiben (Cgm 780). ¨ Uberlieferung (dt.): M¨unchen, BSB, Cgm 848, 250r–319v (Perg. und Pap., erste H¨alfte 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 792, 1r–231r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., mittelbair.). – Ebd., Cgm 394, 133r–221r (Pap., 1477, mittelbair.). – Ebd., Cgm 780, 2r–166v, 167r–222v (Pap., 1477/78, mittelbair.). – Ebd., Cgm 1149, 1r–188v (Pap., 1486/87, ¨ mittelbair.). – Zur lat. Uberl. vgl. Martin 1985. Literatur: Dennis D. Martin, VL2 5 (1985) Sp. 474–477; 11 (2004) Sp. 904. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 325. – Roger Aubert, DHGE 29 (2007) Sp. 1052. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. Mu¨ nchen 1931, S. 57 f. u. o¨ . – Rainer Rudolf: Ars Moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens. K¨oln u. a. 1957, S. 95 f. u. o¨ . – Werner: H¨over: Theologia ¨ mystica in altbair. Ubertragung. Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, Hugo v. Balma, Jean Gerson, Bernhard v. Waging und andere [...] (MTU 36). Mu¨ nchen 1971, S. 274. – D. Martin: ‹Der Tractat von der Lieb Gots und des N¨achsten› in cgm 780 und 394. In: ZfdA 108 (1979) 258–266. MM Kramer, Heinrich. – Schulmeister (?). K. wird in der geistlichen Sammelhandschrift Cod. 240 der Stiftsbibliothek Engelberg am Anfang eines dt. Plenars genannt. Die von ihm geschriebene Handschrift enth¨alt haupts¨achlich Legenden. Da mehrere unikal u¨ berliefert sind (z. B. Pankratius, Gangolf, Petronella), k¨onnten sie auch ¨ Ubersetzungen K.s sein. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 5 (1985) Sp. 336 f. – Ders.: Die dt. und ndl. Legen¨ dare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch (TTG 20). T¨ubingen 1986. BJ ¨ Niederdeutsche Bibeldrucke. – Uberlieferungsstrang deutschsprachiger Bibeln. Als N. B. werden vier mnd. Bibeln bezeichnet, die auf unterschiedlichen Fassungen der Vulgata 1451

Kramer beruhen: zwei K¨olner Bibeln (KBB, um 1478), die L¨ubecker Bibel (LB, 1494) und die Halberst¨adter Bibel (HB, 1522). Die enthaltenen Bibeltexte wurden f¨ur diese Drucke jeweils neu u¨ bersetzt oder kompiliert. 1. KBB: Die beiden KBB werden nach den in ihnen verwendeten Konjunktionen unterteilt: Die KBu gebraucht das nieders¨achsische «unde», die KBe das niederrheinische «ende». Beide Texte verwerten aber kompilatorisch die gleichen ndl., obd. und rheinischen Vorlagen. Dazu z¨ahlen etwa ein Augsburger Bibeldruck von 1475 und eine handschriftliche Fr¨uhfassung der Delfter Bibel von 1477. Die Holzschnitte der KBB gehen auf eine Berliner Handschrift (Berlin, SBB, Mgf 516) zur¨uck. Innovativ waren die KBB als erste dt. Bibeldrucke mit Glossen, auch wenn diese hier noch weitaus knapper gehalten sind als in der LB. Die Kompilatoren der KBB waren vielleicht Br¨uder vom gemeinsamen Leben, bestimmt aber Anh¨anger der Laienfr¨ommigkeit, die sich der Brisanz ihrer Arbeit bewusst waren. So erfolgt in den KBB noch die explizite Rechtfertigung volkssprachiger Bibel¨ubersetzungen, w¨ahrend diese in sp¨ateren Drucken bereits als akzeptiert gelten. Die Verbreitung der beiden K¨olner Drucke erstreckte sich f¨ur die KBu in westliche Richtung bis Mu¨ nster, f¨ur die KBe bis in Gebiete am Niederrhein, im westlichen Westfalen und o¨ stlich der Ijssel. 2. LB: Die vielleicht wichtigste dt. Bibelausgabe vor Luther wird heute wegen ihres Umfangs, ihrer Bebilderung und der Qualit¨at ihrer Glossen gew¨urdigt. Auch wenn die LB teilweise auf ein korrigiertes KBu-Exemplar zur¨uckgreift, gilt sie in ¨ Ubersetzung und Glossierung als eigenst¨andig. So sind etwa die ersten B¨ucher des AT und das Hld hervorzuheben. Die Schwabacher Lettern und 152 Holzschnitte der LB heben sich durch ihre kunstvolle Ausf¨uhrung von s¨amtlichen fr¨uheren dt. Bibeln ab. Die ausf¨uhrlichen Glossen beruhen auf mehreren Quellen, darunter die Postillae perpetuae in Vetus et Novum Testamentum des → Nikolaus von Lyra, die Glossa ordinaria sowie Einzelkommentare Hugos von St. Viktor. Die Identit¨at des Glossators ist unsicher. Es handelte sich vielleicht um einen Dominikaner oder einen Franziskaner aus dem Umfeld des L¨ubecker Katharinenklosters, z. B. Nikolaus → Buchholt. 3. HB: Dieser Druck st¨utzt sich einerseits auf LB und KBu, andererseits auf Silvanus Otmars 1452

Niederdeutsche Bibeldrucke Augsburger Bibeldruck von 1518 (→ Oberdeutsche Bibeln, Nr. 14.). Die wenigen eigenst¨andig u¨ bersetzten Teile der HB beruhen auf einer VulgataVersion, die sich von jener der LB-Vorlage unterscheidet. Wie eine Wortschatz-Analyse nahe¨ legt, wurden die Ubersetzungen in der HB durch zwei Bearbeiter vorgenommen, von denen einer auch die Schlussredaktion durchf¨uhrte. Obwohl die HB sich in ihren Texten und Illustrationen an die fr¨uheren N. B. anlehnt, unterscheidet sie sich durch das Fehlen der Glossen von diesen. Auch ihr sprachliches Niveau wird allgemein niedriger angesetzt als insbesondere jenes der LB. Wie die Oberdeutschen Bibeln spielten die N. B. eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Bibellekt¨ure lateinunkundiger Laien. Sie bereiteten den Boden f¨ur die Volksbibel Martin Luthers. Ausgaben: Die nd. Bibelfr¨uhdrucke. K¨olner Bibeln (um 1478), L¨ubecker Bibel (1494), Halberst¨adter Bibel (1522) (DTM 54,1–6). Hg. v. Gerhard Ising. 6 Bde. Berlin 1961–76. – Die K¨olner Bibel 1478/1479. Hg. v. Rudolf Kautzsch. 2 Bde. Hamburg und Amsterdam 1979, 1981 (Faks.-Ausg. mit Komm.bd.). Drucke: 1. KBB: K¨oln: [Heinrich Quentell mit Bartholom¨aus von Unckel?], um 1478. Digitali¨ sate: UB K¨oln, Anna-Amalia-Bibl. Weimar, ONB Wien. Vgl. auch GW 4307 f. sowie: Die Inkunabeln. Bearb. v. Eva Raffel. Wiesbaden 2007, S. 89. – 2. LB: L¨ubeck: Steffen Arndes, 19.11.1494. Digitalisate: UB Kiel, BSB Mu¨ nchen. Vgl. auch GW 4309; Raffel 2007 (s. o.) S. 90. – 3. HB: Halberstadt: [Lorenz Stuchs], 8.7.1522. Digitalisat: Athenaeumbibliotheek Deventer. Literatur: Waldtraut I. Sauer-Geppert: Bibel¨ubersetzungen III.1. In: TRE 6 (1980) S. 228–246. – Dieter Kartschoke: Bibel¨ubersetzungen X.: Dt. Bibel¨ubersetzungen. In: LexMA 2 (1983) Sp. 96–99. – Olaf Schwencke, VL2 6 (1987) Sp. 977–986; VL2 11 (2004) Sp. 1049. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. 3 Bde. Braunschweig 1889–92. Nachdr. Nieuwkoop 1966. – Adolph Tronnier: Meister der L¨ubecker Bibel von 1494. Straßburg 1904. – Ernst Breest: Der Hg. der ‹Halberst¨adter Bibel› von 1522. In: Theol. Stud. und Kritiken 85 (1912) S. 478–488. – Tage R. Ahld´en: Die K¨olner Bibel-Fr¨uhdrucke. Entstehungsgesch., Stellung im nd. Schrifttum. Diss. Lund 1937. – Ernst Zimmermann: Die dt. Bibel im religi¨osen Leben des Sp¨atMA. Diss. Hamburg 1938. – Axel Ludvig Romdahl: Der A-Meister der 1453

2. H¨alfte 15. Jh. L¨ubecker Bibel aus dem Jahre 1494. Diss. G¨oteborg 1941. – Siegfried Joost: Die Halberst¨adter Bibel vom Jahre 1522. Stud. zur mnd. Wortgeographie. Diss. Rostock 1948. – Ders.: Notizen zum fr¨uhen nd. Bibeldruck. Ein Beitr. zur Halberst¨adter Bibel. In: Arch. f¨ur Gesch. des Buchwesens 4 (1956) S. 1541–1559. – Severin Corsten: Die K¨olner Bilderbibeln von 1478. Neue Stud. zu ihrer Entstehungsgesch. In: Gutenberg-Jb. 32 (1957) S. 72–93. – Hildegard Reitz: Die Illustrationen der ‹K¨olner Bibel›. Diss. K¨oln 1959. – Hans Volz: Bibel und Bibeldr. in Deutschland im 15. und 16. Jh. Mainz 1960. – Fedja Anzelewsky: Der Meister der L¨ubecker Bibel von 1494. In: Zs. f¨ur Kunstgesch. 27 (1964) S. 43–59. – O. Schwencke: Ein Kreis sp¨atma. Erbauungsschriftsteller in L¨ubeck. In: NdJb 88 (1965) S. 20–58. – Ders.: Die Glossierung alttestamentlicher B¨ucher in der L¨ubecker Bibel von 1494. Beitr. zur Fr¨ommigkeitsgesch. des Sp¨atMA und zur Verfasserfrage vorlutherischer Bibeln. Berlin 1967. – Joachim Wiese: Die Sprachform der Halberst¨adter Bibel vom Jahre 1522. Diss. Berlin (Ost) 1967. – Lauri Ahtiluoto: Zur Vorlagenfrage der K¨olner Bibeln von ca. 1478. Salo 1967. – Ders.: Zur Sprache der K¨olner Bibeln. Stud. zur Urheberfrage. Helsinki 1968. – G. Ising: Der Psalter der K¨olner Bibelfr¨uhdrucke. Zur Textgesch. und Vorlagenfrage. In: Nd. Mitt. 25 (1969) S. 5–23. – O. Schwencke: Strukturen des Sp¨atMA und dt. Lit. In: Colloquia Germanica 4 (1970) H. 2/3, S. 129–184. – G. Ising: Die Bedeutung der nd. Bibelfr¨uhdrucke f¨ur Fr¨ommigkeitsgesch. und Sprachgesch. In: Nederlands archief voor kerkgeschiedenis NS 56 (1975) S. 35–50. – Margaret Skiles Zelljadt: A Descriptive Grammar of the L¨ubecker Bibel of 1494. Bern u. a. 1979. – Ernst Berneburg, Die ‹KBB› von 1478. Zum 500j¨ahrigen Jubil¨aum der ersten nd. Vollbibel(n). In: De Kennung 2 (1979) H. 2, S. 1–8; Nachtrag ebd. 3 (1980) H. 1, S. 59–67. – Reinhard Tenberg: Gedruckte dt.sprachige Bibeln vor Luther. Eine Bibliogr. der wiss. Lit. In: Was Dolmetschen fur Kunst und Erbeit sey. Beitr. zur Gesch. der dt. Bibel¨ubers. Hg. v. Heimo Reinitzer. Hamburg 1982, S. 209–234. – Biblia dt. Luthers Bibel¨ubers. und ihre Tradition. Hg. HAB. Bearb. v. H. Reinitzer. Wolfenb¨uttel 1983, S. 8–92. – Herwarth von Schade: Bibliogr. zur Wirkungsgesch. der Bibel im dt.sprachigen Raum. In: Vestigia Bibliae 6 (1984) S. 321–361; ebd. 7 (1986) S. 141–202; ebd. 8 (1987) S. 161–220. – Bodo Brinkmann: Neues 1454

2. H¨alfte 15. Jh. vom Meister der L¨ubecker Bibel. In: Jb. der Berliner Museen NF 29/30 (1987/88) S. 123–161. – Dieter Lohmeier: Die Fr¨uhzeit des Buchdrucks in L¨ubeck. In: Die L¨ubecker Buchdrucker im 15. und 16. Jh. Buchdruck f¨ur den Ostseeraum. Hg. v. dems. und Alken Bruns. Heide/Holstein 1994, S. 11–53. – Henning Wendland: 500 Jahre L¨ubecker Bibel, 1494–1994. Eine ber¨uhmte Inkunabel aus Norddeutschland. In: Philobiblon 38 (1994) S. 306–317. – Kurt E. Sch¨ondorf: Modifizierende Verbf¨ugungen in der L¨ubecker Bibel. In: Lingua Theodisca. FS Jan Goossens 1. Hg. v. Jos´e Cajot u. a. Mu¨ nster 1995, S. 101–111. – Thomas Brockow: Die Bibel an der Wand. Religi¨ose Darst. des sp¨aten MA in L¨ubecker B¨urgerh¨ausern. In: L¨ubeckische Bll. 162 (1997) S. 23–24. – Andrea Fromm: Die K¨olner und L¨ubecker Bibel. Zeugnisse der Buchdruckerkunst im nd. Raum im 15. Jh. In: Jb. der Oswald von WolkensteinGesellsch. 10 (1998) S. 153–165. – S. Corsten: The Illustrated Cologne Bibles of c. 1478. Corrections and Additions. In: Incunabula. FS Lotte Hellinga. Hg. v. Martin Davies. London 1999, S. 79–88. – Matthias Weniger: Der ‹A›-Meister der L¨ubecker Bibel – Felipe Morros? In: Malerei und Skulptur des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit in Norddeutschland. K¨unstlerischer Austausch im Kulturraum zwischen Nordsee und Baltikum. Hg. v. Hartmut Krohm/Uwe Albrecht. Wiesbaden u. a. 2004, S. 279–294. – Stefan M¨ahl: Stud. zum mnd. Adverb. K¨oln u. a. 2004, passim. MM Regula, Lichtenthaler Schreibmeisterin OCist, † 20.05.1478 Lichtenthal. – Lesemeisterin, ¨ Ubersetzerin und Kompilatorin im Kloster Lichtenthal (Baden-Baden), zweite H¨alfte 15. Jh. I. Leben. Schwester «Margaretha, dicta R.» (Nekrolog in: Karlsruhe, Bad. Generallandesarch., Abt. 64/47), u¨ ber deren Abstammung nichts Genaues bekannt ist, kam wahrscheinlich um 1440 aus dem bereits reformierten Zisterzienserinnenkloster K¨onigsbr¨uck bei Straßburg im Zuge der Reformierung des Klosters Lichtenthal dorthin. Ihr oblag die Leitung der Schreibstube und vermutlich auch die Ausbildung der Novizinnen. Von R. als Schreiberin stammen einige g¨anzlich neue Schriften, haupts¨achlich Legendenwerke und Erbauungsliteratur. Daneben korrigierte und erg¨anzte sie zahlreiche Codices der Klosterbibliothek. Charakteri1455

Regula, Lichtenthaler Schreibmeisterin stisch sind zahlreiche Randbemerkungen R.s mit teilweise sehr pers¨onlicher Note. II. R.-Handschriften. R. als Schreiberin werden die folgenden Handschriften zugewiesen: Karlsruhe, LB, Hs. Lichtenthal 82 (um 1445–50). – Ebd. 70 (um 1450–52). – Ebd. 79 (um 1450–55). – Ebd. 69 (um 1460). – Ebd. 74 (1461). – Ebd. 88 (nach 1461). – Straßburg, Bibl. nat. et univ., Ms. 2545 (nach 1461). – Karlsruhe, Bad. Generallandesarch., Abt. 65/323 (um 1450). – Kloster Lichtenthal, Ms. 108 (um 1450). ¨ III. R. als Ubersetzerin und Kompilatorin. R. bem¨uhte sich um die Versorgung ihrer des Lat. nicht oder nur wenig m¨achtigen Mitschwe¨ stern mit dt. Texten. Hinweise auf die Ubersetzungst¨atigkeit R.s finden sich in Handschrift L 70, 187r (Leben Jesu) sowie im Straßburger Textzeugen auf 236ra (Els¨assische Legenda aurea). Aus pers¨onlichen Bemerkungen in Handschrift L 69 (→ Buch von den heiligen M¨agden und Frauen) l¨asst ¨ sich schließen, dass R. die Ubersetzerin dieses ¨ Werks ist. Weitere Ubertragungen der Lichtenthaler Schreibmeisterin im Rahmen der sonstigen deutschsprachigen Texte der von ihr geschriebenen Handschriften sind wahrscheinlich, wenngleich schwer nachweisbar. IV. Bearbeitete Werke. 1. Den Hauptteil der Regula-Handschriften macht das hagiographische Schrifttum aus. a. Els¨assische Legenda aurea. Die beiden Textzeugen L 70, 332r–391vb und die Straßburger Handschrift, 4ra–277vb, bilden eine Einheit; die Redaktion des Textes entstand um die Mitte des 15. Jh. b. Buch von den heiligen M¨agden und Frauen. Das in der Handschrift L 69, 1ra–223ra, u¨ berlieferte, von R. erstellte Frauenlegendar gilt als die eigenst¨andigste ihrer Schriften. c. Legende von den 10.000 M¨artyrern. Der Text in Handschrift L 82, 142r–157r, stellt wohl anders als ¨ angenommen keine eigene Ubersetzung R.s dar. Vgl. → Zehntausend M¨artyrer. d. Epistola de morte Hieronymi (dt.) (L 69, 223va–228vb, 267va–278rb). F¨ur diese Schrift ist nicht ¨ gesichert, ob R. als ihre Ubersetzerin gelten darf. 2. Leben Jesu. R. ist wahrscheinlich nicht die ¨ Ubersetzerin dieser in Handschrift L 70, 1r–187v, u¨ berlieferten Bearbeitung der Vita Christi des → Michael von Massa, sondern ist wohl nur f¨ur ¨ die sprachliche und stilistische Uberarbeitung verantwortlich. 1456

Sebastian 3. Liturgische Schriften. a. Von R. stammt ein dt. Lektionar mit Evangeliar in L 70, 189r–328vb. b. Ein dt. Direktorium in Kloster Lichtenthal, Ms. 108, wurde nur teilweise von R. geschrieben. 4. Aszetische Schriften. a. → Bonaventura, Soliloquium (dt.) (L 65, 1ra–41rb). b. Vom Eigenbesitz der Klosterleute (L 65, 41va–61rb), nach → Heinrich von Langenstein (Tractatus de proprietate religiosorum). Vgl. → Privatbesitz im Ordensleben. c. Buch von den wahren Tugenden (L 79, 1r–94v), eine Bearbeitung des Paradisus animae von PseudoAlbertus Magnus. d. Buch von einem wohlgeordneten geistlichen Leben (L 79, 138v–161r), ein dt. Auszug aus → Davids von Augsburg De exterioris et interioris hominis compositione. e. Eine Reihe k¨urzerer aszetischer Texte findet sich außerdem in L 69, 229ra–240rb, 244ra–267rb. 5. Theologisch-dogmatische und exegetische Schriften. a. Dt. Auszug aus → Hugo Ripelin von Straßburg, Compendium theologicae veritatis (L 79, 94v–119v). b. Von den zw¨olf Glaubensartikeln (L 79, 119v–125v). c. Dt. Auszug aus De sacramento, Buch 4 von → Thomas a Kempis (?), De imitatione Christi (L 79, 131v–138r). d. Vaterunser-Auslegungen (L 69, 240rb–244ra; L 82, 160v–202r). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1987) S. 313, 316, 360. – Gerhard Stamm, VL2 7 (1989) Sp. 1131–1134; 11 (2004) Sp. 1291. – Astrid Breith, Killy2 9 (2010) S. 482 f. – Felix Heinzer/G. Stamm: Die Hss. v. Lichtenthal [...] (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe 11). Wiesbaden 1987. – F. Heinzer: Lichtenthaler Bibliotheksgesch. als Spiegel der Klostergesch. In: Zs. f¨ur die Gesch. des Oberrheins 136/NF 98 (1988) S. 35–62. – Karl-Ernst Geith: ¨ Die Leben-Jesu-Ubersetzung der Schwester R. aus Lichtenthal. In: ZfdA 119 (1990) S. 22–37. – Werner Williams-Krapp: Frauenmystik und Ordensreform im 15. Jh. In: Literarische Interessenbildung im MA. Hg. v. Joachim Heinzle. Stuttgart 1993, S. 301–313. – G. Stamm: Klosterreform und Buchproduktion. Das Werk der Schreib- und Lesemeisterin R. In: 750 Jahre ZisterzienserinnenAbtei Lichtenthal. Hg. v. Harald Siebenmorgen. 1457

2. H¨alfte 15. Jh. Sigmaringen 1995, S. 63–70. – Maria Pia Schindele: ‹Die ordenung. die daz. Capitel von Zitel [...] hat gemacht› (HS 3, 11r). Eine unbekannte Hs. der Schwester R. im Arch. der Abtei Lichtenthal. In: Freiburger Di¨ozesanarch. 116 (1996) S. 79–121. – Konrad Kunze: R.s Bearb. der ‹Legenda aurea› f¨ur die Tischlesung im Kloster Lichtenthal. Werk- und wortgeschichtliche Beobachtungen. In: ‹Ze hove und an der strˆazen›. Hg. v. Anna Keck/Theodor Nolte. Stuttgart 1999, S. 84–94. – K. E. Geith: Lat. und deutschsprachige Leben-Jesu-Texte. In: JOWG 12 (2000) S. 273–289, hier S. 284 f. – Arnold Otto (Hg.): ‹der slecht weg zuo dem himelrich›. Ein oberrheinisches Erbauungsbuch [...] (TspMA 42). Berlin 2005, S. 144–146. – A. Breith: Textaneignung. Das Frauenlegendar der Lichtenthaler Schreibmeisterin Schwester R. (Stud. und Texte zum MA und zur fr¨uhen Neuzeit 17). M¨unster u. a. 2010. SF Sebastian. – Dt. Legenden. Historisch exakte Aussagen u¨ ber S. sind kaum m¨oglich. Ambrosius von Mailand erw¨ahnt ihn nur als geb¨urtigen Mail¨ander, der in Rom als M¨artyrer gestorben sei. Der traditionellen Legende nach war S. im 3. Jh. Leibgardist eines r¨omischen Kaisers. Er wurde als Christ zum Tod verurteilt und mit Pfeilen beschossen, u¨ berlebte aber. Danach trat er o¨ ffentlich f¨ur das Christentum ein und wurde zuletzt um 303–305 erschlagen. S.s angebliches Grab an der Via Appia wurde sp¨ater ein Ort der M¨artyrerverehrung. S. gilt als Schutzheiliger gegen Seuchen und ist fester Bestandteil der christlichen Ikonographie. So wird er h¨aufig als ein von Pfeilen durchbohrter J¨ungling dargestellt. Neben den wohl im 5. Jh. einsetzenden lat. Legenden entwickelte sich auch im dt. Sprachraum des Mittelalters eine S.-Legendentradition. Deren Grundlage waren meist direkt oder indirekt die Acta des Pseudo-Ambrosius (vgl. PL 17, Sp. 1019–1058). Eine Engelberger Handschrift u¨ berliefert eine auf etwa 800 W¨orter reduzierte dt. ¨ Kurzfassung der Acta-Legende im Uberlieferungszusammenhang mit der els¨assischen Legenda Aurea. Diese Legendenfassung konzentriert sich ganz auf S. und verzichtet auf ausschm¨uckende Nebenfiguren und Handlungsstr¨ange. Umfangreicher ist ¨ die dt. Acta-Ubertragung in einer Gothaer Handschrift (um 5500 W¨orter). Zwar wurde auch hier die lat. Vorlage gerafft, doch sind alle Handlungsstr¨ange des Originals vorhanden. Die mit 20.000 1458

2. H¨alfte 15. Jh. W¨ortern umfangreichste Fassung der Legende findet sich in einer Colmarer Handschrift. Dorothea ¨ von Kippenheim hinterließ darin als Ubersetzerin ¨ und Schreiberin eine nahezu komplette Ubertragung der Acta-Legende, die eng dem lat. Original folgt. Daneben sind 17 Legendarfassungen der S.-Legende bekannt, aber noch nicht n¨aher untersucht. ¨ Uberlieferung: Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. B 269, 67r–76r (Pap., letztes Viertel 14. Jh., nordbair.). – Colmar, Stadtbibl., Ms. 717,II (Kat.Nr. 212), 102r–162r (Pap., 15. Jh., els¨assisch, Schreiberin: Dorothea von Kippenheim). – Engelberg, Stiftsbibl., Cod. 240, 177rb–177vb (Pap., 1478, hochalemannisch). Ausgaben: Oskar Ters: Die Legende des Heiligen S. Ein Vergleich zwischen den lat. Quellen und ¨ den ma. Ubers. unter besonderer Ber¨ucksichtigung und Transkription der Hs. 717 II der Bibliotheque Municipale zu Colmar. M¨unchen 2007. Literatur: Giandomenico Gordini/Pietro Cannata, Bibliotheca Sanctorum 11 (1968) S. 776–802. – Peter Assion, LCI 8 (1976) Sp. 318–324. – Andr´e Schnyder, VL2 8 (1992) Sp. 973–975. – Wolfgang Kuhoff, Sebastianus. In: BBKL 9 (1995) Sp. 1268–1271. – Hans R. Seeliger, LThK3 9 (2000) Sp. 360 f. – Hartmut K¨uhne/ Joseph Imorde, RGG4 7 (2004) Sp. 1085. – Ru¨ dolf Gerhardt: Uber die Akten des hl. Anthimus und des hl. Sebastianus. Diss. Jena 1916. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 40 f. u. o¨ . – Sebastian Mayer: Der hl. S. Eine Bibliogr. zu Legende, Ikonographie und Verehrung. Winh¨oring 2003. MM Effrem der Syrer (Ephraem Syrus, Ephraem diaconus, syrisch: Afrem), * um 306 Nisibis, † 9. Juni 373 Edessa. – Hl., syrischer Kirchenschriftsteller und -lehrer, Hymnendichter des 4. Jh., dessen Schriften seit der zweiten H¨alfte des 15. Jh. in die dt. Sprache u¨ bertragen wurden. Schon fr¨uh wurden einige seiner in altsyrischer Sprache niedergeschriebenen Predigten ins Griechische und sp¨ater ins Lat. u¨ bersetzt (sog. Effrem latinus, u¨ ber 100 Hss.). Die lat. Predigtsammlung war bis ins Sp¨atMA weit verbreitet; der anhaltend starke Einfluss E.s auf das Schrifttum des MA zeigt sich auch in den Volkssprachen. Parallelen zu E. werden etwa in der mystischen Augensymbolik 1459

Effrem der Syrer (→ Hildegard von Bingen) deutlich. Die lat. escha¨ tolgische E.-Uberlieferung k¨onnte – unabh¨angig von ihrer Echtheit – zusammen mit den syrischen eschatologischen E.-Sermones Einfluss auf die Gestaltung des → Muspilli ausge¨ubt haben. ¨ Eine mnd. Ubertragung der Sermones De compunctione cordis, De die iudicii et de resurrectione, De beatudine, De paenitentia, In luctaminibus und De die iudicii findet sich in der Handschrift Berlin, SBB, Mgo 41 (aus dem Kreuzherrenkloster Falkenhagen in L¨ugde/Ostwestfalen, 1479). Eine ostmndl. Bearbeitung von De compunctione cordis bietet die einige Jahrzehnte a¨ ltere Handschrift Leiden, UB, Cod. BPL 2692 (olim Gaesdonck, Cod. 6) 3r–35v (aus dem Arnheimer Agnetenkloster). ¨ Ubereinstimmungen der beiden Texte lassen auf eine gemeinsame, wahrscheinlich ostmndl. Vorlage schließen. Die zur indirekten lat. E.-Tradition geh¨orende Legende Abraham et Mariae diente → Hrotsvit von Gandersheim als Vorlage f¨ur ihr Drama Abraham und ist als mnd. Bearbeitung in der Handschrift Berlin, SBB, Mgo 61, 238v–248v (L¨ubeck, 1495) u¨ berliefert. Literatur: Hartmut Beckers, VL2 2 (1980) Sp. 360 f.; 11 (2004) Sp. 391. – Margot Schmidt, LexMA 3 (1986) Sp. 2052 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 1519 f. – Peter Brund, LACL (32002) S. 221–224. – Johannes Hofmann: ‹Refutationes/Sermo de virginitate›. In: Ebd., S. 623 f. – Jan Deschamps: Middelnederlandse handschriften uit europese en amerikaanse bibliotheken (Handelingen van de Kon. Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal- en Letterkunde en Geschiedenis 20). Br¨ussel 1970, S. 20. – M. Schmidt: Zu den orientalischen Einfl¨ussen auf die dt. Lit. des MA 1: Der Einfluß Ephr¨ams auf die dt. Lit. des MA. In: ZfdPh 90 (1971) S. 1–15. – Dies.: Influence de Saint Ephr`em sur la litt´erature latine ˆ et allemande du d´ebut du Moyen Age. In: Parole et l’Orient 4 (1972) S. 325–341. – Dies.: Das Auge als Symbol der Erleuchtung bei Ephr¨am und Parallelen in der Mystik des MA. In: Oriens Christianus 68 (1984) S. 27–57. SF ¨ Zierer, Johannes OP. – Lektor, Prediger, Ubersetzer. Z. war bis 1478 Lektor des Predigerkonvents in Ulm und wurde am 15.1.1478 zum Beichtvater des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis berufen. Handschriftlich u¨ berliefert 1460

Ablassgebete sind von ihm eine dt. Predigt zum Fest der unbefleckten Empf¨angnis aus dem Jahr 1479 (De con¨ ceptione BMV) sowie eine Ubersetzung der Imitatio Christi des → Thomas Hemerken von Kempen von ¨ 1480. Diese ist die einzige vollst¨andige Ubersetzung der Imitatio aus dem alemannischen Bereich. Ausgangsthema der Predigt ist Spr 8,24, ihre Schwerpunkte sind die typologische Parallelisierung von Eva und Maria, die Ersetzung des 10. Engelchores durch die Nachkommen Marias (nach der Engellehre des Ps. → Dionysius Areopagita) und alttestamentliche Verweise auf die Empf¨angnis Marias. ¨ Uberlieferung: Predigt: Berlin, SBB, Mgq 434, 25r–31r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., aus St. Niko¨ laus in undis, Straßburg, els¨assisch). – Die Uberl. steht im Kontext des Streites um die Immaculata Conceptio; in der Hss. folgen Exzerpte zum Thema aus Predigten eines Meister Gerhard (Gerhard → Comitis [?] oder Erhard → Hel OP [?]) ¨ und Johannes → Geilers von Kaysersberg. – Ubersetzung: New York, Library of Columbia University, Cod. X242.1.S., 3r–166v (Pap., 1485, aus dem Reuerinnenkloster Maria Magdalena in Straßburg, geschrieben v. Katharina Ingolt, els¨assisch). Ausgabe: Landmann 1931, S. 191 f. (Teildruck Predigt). Literatur: Monika Costard, MarLex 6 (1994) S. 793. – Hans-Jochen Schiewer, VL2 10 (1999) Sp. 1552–1554. – Florenz Landmann: Die Unbefleckte Empf¨angnis Mari¨a in der Predigt zweier Strassburger Dominikaner und Geilers v. Kaysersberg. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 6 (1931) S. 189–194. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibliotheksgesch. Diss. T¨ubingen 1956, S. 143–146. – Stephanus G. Axters: De imitatione Christi. Een handschrifteninventaris bij het vijfhonderdste verjaren van Thomas Hemerken van Kempen † 1471 / Elenchus codicum manuscriptorum in quingentesimo anno ab obitu Thomae Hermken a Kempis (Schriftenreihe des Kreises Kempen-Krefeld 27). Kempen 1971, S. 45 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨off. Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 280 (T 182). – Thoma Kaeppeli: Scriptores ordinis praedicatorum medii aevi. Bd. 3. Rom 1980, S. 48 f. – Erika Bauer: Die oberdt. ¨ Uberl. der Imitatio Christi. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache Bd. 1 (Analecta Cartusiana 106,1). Salzburg 1983, S. 111–135, hier S. 130 (Nr. 4). – Andreas R¨uther/H.-J. Schiewer: 1461

2. H¨alfte 15. Jh. Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. Hist. Bestand, Gesch., Vergleich. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Universit¨at Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/H.-J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–193, hier S. 182, 192. – ¨ Werner Williams-Krapp: Die s¨uddt. Ubers. der ‹Imitatio Christi›. Zur Rezeption der Devotio moderna im ‹oberlant›. In: Aus dem Winkel in die Welt. Die B¨ucher des Thomas von Kempen und ihre Schicksale. Hg. v. Ulrike Bodemann/Nikolaus Staubach (Tradition – Reform – Innovation 11). Frankfurt/M. 2006, S. 65–79, hier S. 77 (Nr. 23). VZ

Ablassgebete. – Im Sp¨atMA begegnende Gebete mit beigef¨ugten Ablassversprechen. ¨ Uberliefert sind die teilweise mit Illustrationen versehenen A. in Gebet- und Andachtsb¨uchern und Einblattdrucken. Meist besteht kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem eigentlichen Gebetstext und dem Ablassversprechen, weswegen es sich bei den A. um keinen eigenen Gattungsbegriff handelt. Besonders h¨aufig waren die A. neben Sixtus IV. mit den Namen → Gregors des Großen, Johannes XXII., Benedikt XII. und Clemens VI. verbunden. Die im Folgenden beschriebenen Gebete beziehen sich ausschließlich auf Papst Sixtus IV., indem sie ihn als Ablasserteiler und Urheber der Gebetstexte bezeichnen. ¨ 1. Besonders h¨aufig wurden Ubersetzungen des Ave sanctissima Maria (→ Goldenes Ave Maria) mit Ablassversprechen von 11.000 Jahren f¨ur jedes Lesen des Gebets versehen. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB, III.1.8° 3, 159r. – Frankfurt, StB/UB, Ms. germ. oct. 45, 38v. – Freiburg, UB, Hs. 461, 355v. – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 842, 3v. – Ebd., Cgm 864, 216hr (ndl.). – Salzburg, St. Peter, a I 14, 132r. – Ebd., a II 12, 197v. – Ebd., a III 38, 39v. – Ebd., b IX 10, 22r. – Typographische Drucke: Einblattdrucke 388, 1328 (obd.) und 389 = 1327 a (nd.). – Xylographische Bll. des 15. Jh.: Schreiber Nr. 1031 f., 1053 b, 1078 a, 1088 a, 1107. 2. Eine monologische Marienklage (Sechs Rufe Mariens) nennt ebenfalls Papst Sixtus IV. als Erteiler eines Ablasses von 11.000 Jahren. Publiziert wurde 1462

2. H¨alfte 15. Jh. das Gebet um 1500 von Johannes Otmar in T¨ubingen. ¨ Uberlieferung: Einblattdrucke 1281; vgl. Paulus Bd. 3 (s. Lit.). Ein wahrscheinlich an eine Kreuzantiphon angelehntes Pestgebet mit dem Incipit Durch das zeichen thau erl¨oß uns Jesu Christe verspricht 40-t¨agigen Ablass von Sixtus IV. ¨ Uberlieferung: Einblatt-Holzschnitte Schreiber 1685 a und 1694 h (Ende 15. Jh.). Weitere auf Sixtus IV. bezogene A.: Frankfurt, StB/UB, Ms. germ. oct. 32, 123r–124r (ndl.). – Greifswald, UB, Nd. Hs. 10 8°, 170r-v. – Ebd., Nd. Hs. 16 8 °, 196v–197v, 198r-v. – Hamburg, SUB, 102 c in scrin., 81v (nd.). – Heidelberg, UB, Cpg 109, 150v. Literatur: Falk Eisermann, VL2 11 (2004) Sp. 4–7. – Nikolaus Paulus: Gesch. des Ablasses im MA vom Ursprunge bis zur Mitte des 14. Jh. 3 Bde., Paderborn 1922/23, Bd. 2, S. 232–234; Bd. 3, S. 167–169, 190–192, 204–210, 293–302. – Wilhelm Ludwig Schreiber: Hb. der Holz- und Metallschnitte des XV. Jh. 8 Bde., Leipzig 1926–30. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB Mu¨ nchen. Wiesbaden 1968, S. 215. – Gerard Achten: Das christliche Gebetbuch im MA. Andachts- und Stundenb¨ucher in Hs. und Fr¨uhdruck. Ausstellung 29. Mai – 14. August 1980. Wiesbaden 1980. Berlin 21987, S. 40 f., 118 f., 133. – Flora Lewis: Rewarding Devotion. Indulgences and the Promotion of Images. In: The Church and the Arts. Papers Read at the 1990 Summer Meeting and the 1991 Winter Meeting of the Ecclesiastical History Society. Hg. v. Diana Wood. Oxford, 1992, S. 178–194. – Arnold Angenendt u. a.: Gez¨ahlte Fr¨ommigkeit. In: Fr¨uhma. Stud. 29 (1995) S. 1–71, bes. S. 42 f. Wieder in: Florilegien, Kompilationen, Kollektionen. Lit. Formen des MA. Hg. v. Kaspar Elm. Wiesbaden 2000, S. 107–114. SF Albert von Weißenstein (de Albo Lapide) OP, † Ende des 15. Jh. wahrscheinlich in Z¨urich. – Verfasser eines Loblieds u¨ ber das → Salve regina und eines Ablasstraktats vom Ende des 15. Jh. A. v. W. k¨onnte in Weißenstein bei G¨oppingen geboren sein, die Herkunft ist jedoch ungewiss. Er 1463

Albert von Weißenstein ist vielleicht identisch mit einem Albert von Esslingen des Wiener Konvents. 1451 scheint er in den Matrikeln der K¨olner Universit¨at auf. Kurz darauf u¨ bernahm A. das Amt des Generalvikars des observanten Pforzheimer Predigerordens. 1458 wurde er nach Studien in Italien Magister der Theologie. Die Lebensjahre bis zu seinem Aufenthalt in Z¨urich liegen im Dunkeln. H¨ochstwahrscheinlich verstarb er dort bald nach 1480. Anl¨asslich einer Ablassbulle an die Z¨urcher Obrigkeit vom 12.7.1479, in der Papst Pius IV. zur Finanzierung des Neubaus der Wasserkirche einen Plenarablass garantierte, verfasste A. einen um 1480 in der Offizin des Sigmund Rot gedruckten Traktat, der die Vorz¨uge dieses Ablasshandels herausstellt. Daran schließt sich ein Lob der Stadt Z¨urich an. Zehn Exemplare dieses Drucks sind erhalten. Eine weitere Schrift mit dem Titel Laus et commendatio illius suavissimi cantici Salve regina, ein Loblied auf die Antiphon mit dem Charakter einer Erbauungsschrift, entstammt derselben Offizin. Dadurch sollten die Rezipienten zum Besuch der Salve regina-Prozession im Predigerorden angeregt werden. Zum Inhalt: Auf eine kurze Einleitung folgen drei Gr¨unde f¨ur die Teilnahme am Salve regina, am Schluss steht eine Anrufung der Dreifaltigkeit. Der Verfasser greift haupts¨achlich auf Schriften von Autorit¨aten des Dominikanerordens zur¨uck, etwa → Albertus Magnus oder Hugo von Saint Cher und besonders die Expositio in antiphonam Salve regina des → Franz von Retz. Von der Schrift u¨ ber das Salve regina sind noch zwei Druckexemplare erhalten: Einsiedeln, Stiftsbibl. Inc 467 (1011) und London, British Library IA. 38320 (C.38.e.23). Die Entstehung der beiden Drucke ist aus technischen Gr¨unden als zeitgleich anzusehen. Von A. sind keine weiteren Werke bekannt. Abdruck: Christian Moser/David Vitali: Der Z¨urcher Ablasstraktat des A. v. W. (1480). In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 95 (2001) S. 60–109. – Martina Wehrli-Johns/Peter Stotz: Der Traktat des Dominikaners A. v. W. u¨ ber das Salve regina. In: P¨apste, Pilger, P¨onitentiarie. FS Ludwig Schmugge. Hg. v. Andreas Meyer u. a. T¨ubingen 2004, S. 295–313. Literatur: Nicolaus Paulus: Das Z¨urcher Jubil¨aum vom Jahre 1479 und die Ablassschrift A.s. v. W. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 23 (1899) S. 423–437, hier S. 425. – Jacobus Qu´etif/Jacobus Echard: Scriptores ordinis praedicatorum recensiti notisque historicis et criticis illustrati. Bd. 1. Paris 1464

Bonifatius 1719. Neudr. New York 1959, S. 847. – Martina Wehrli-Johns: Gesch. des Z¨urcher Predigerkonvents (1230–1524). [...] Z¨urich 1980, S. 206–208. – Nikolaus Paulus: Gesch. des Ablasses im MA. [...] Bd. 2. Darmstadt 22000, S. 78–94. – Moser/Vitali (s. Ausg.) S. 49–109. – Wehrli/Stotz (s. Ausg.) S. 283–313. SF Bole, Bernhard, † 1491. – Prediger. B., ein Fraterherr aus Herford, kam als volkst¨umlicher Prediger im L¨ubecker Schwesternhaus zu Ehren, wie das dortige Memoirenbuch berichtet. Keine seiner Predigten ist u¨ berliefert. Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 1 (1978) Sp. 931. – Anton Fahne: Die Westfalen in L¨ubeck. K¨oln/Bonn 1855, S. 103. – Florent Landmann: Das Predigtwesen in Westfalen in der letzten Zeit des MA (Vorreformationsgeschichtliche Forschungen 1). Mu¨ nster 1900, S. 59. SF Bonifatius (Winfrid). – Dt. Legenden. Der wohl einer wests¨achsischen Grundherrenfamilie entstammende Winfryth (geb. um 672/675 bei Exeter/Wessex) erhielt in den Kl¨ostern Exeter und Nursling bei Winchester eine umfassende Bildung. Er wurde bald nach der Priesterweihe als Lehrer und Prediger bekannt. 716 bei einem Missionsversuch in Friesland gescheitert, verließ er England 718 endg¨ultig. Am 15.5.719 in Rom von Papst Gregor II. mit einem Missionsauftrag und (nach dem Heiligen des Vortags) dem Namen B. versehen, war er zun¨achst bei den Th¨uringern, dann neben Willibrord in Friesland t¨atig; seit 721 wirkte er selbstst¨andig in Hessen. 722 wurde er zum Missionsbischof ohne festen Sitz geweiht, 732 zum Missionserzbischof erhoben. 737/738 mit der Organisation der Kirche in Bayern und Alemannien beauftragt, grenzte B. 739 die Bist¨umer Freising, Passau, Regensburg und Salzburg ab; sp¨ater (745?) folgte Eichst¨att. 741 wurden die Bist¨umer W¨urzburg, B¨uraburg (bei Fritzlar) und Erfurt errichtet. Nach Karl Martells Tod (741) beauftragten dessen S¨ohne Karlmann und Pippin B. mit der Reform der fr¨ankischen Landeskirche. 746 erhielt er das Bistum Mainz. Seit 753 widmete sich B. wieder der Mission in Friesland. Am 5.6.754 starb er in der N¨ahe von Dokkum bei einem Raub¨uberfall; er wurde dem von ihm 744 gegr¨undeten Kloster Fulda beigesetzt. B. (Fest 5. Juni) verfasste Schulb¨ucher zur Grammatik und Metrik. Zudem sind einige R¨atsel und meist kurze Gedichte von ihm erhalten. 1465

2. H¨alfte 15. Jh. Williams-Krapp verzeichnet acht Legendarfassungen und elf volkssprachige Viten des B. Einige von ihnen wurden als Erg¨anzung der S¨udmndl. Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine; → Bijbelvertaler van 1360) in Handschriften derselben integriert. Nr. 2–9 und 11 sind mndl. Von den beiden einzigen Langfassungen ist Nr. 4 weitgehend eine w¨ort¨ liche Ubersetzung der Vita tertia Bonifatii (W. Levison: Vitae s. Bonifatii. In: MGH SS rer. Germ, 1905, S. 97 f.); am Schluss wird die B.-Vita des → Willibald von Mainz frei wiedergegeben (ebd., S. 1–56, hier ab S. 50, Z. 20). Nr. 11, eine fehlerhafte Kompilation aus der B.-Vita und der Vita tertia Bonifatii, wurde nach 1475 in dem der Windesheimer Kongregation angeh¨origen Kloster Bethanien bei Arnhem verfasst. Ausgaben: Nr. 4: Alberts, 1961, S. 33–45. – Nr. 11: Alberts, 1959, S. 368–382. Eine Ende des 15. Jh. im Stift Freckenhorst entstandene schlichte nd. Kompilation aus der B.Vita Willibalds, der Vita altera und der B.-Vita → Otlohs enth¨alt auch einige Motive, die sonst nirgends u¨ berliefert sind. ¨ Uberlieferung: M¨unster, Bistumsarch., Dechaneiarch. Freckenhorst, Hs. 310, S. 87–164. – Ebd., Hs. 311, 194r–227v. Ausgaben: Wilhelm Dorow: Denkm¨aler alter Sprache und Kunst. Bd. 1. Bonn 1823, S. 57–86. – Johann Hermann Schulte (Hg.): Das Leben des hl. Bonifacius, des Apostels der Deutschen. In nd. Sprache nach einer Hs. aus dem 13. Jh. Warendorf 1852. Nr. 1 (zur Erg¨anzung der Els¨assischen Legenda ¨ aurea [Jacobus a Voragine]) und 10 (Ubersetzung von Anna → Ebin) sind hochdt. Kurzfassungen. Ausgabe: Nr. 1: Konrad Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. XXXIX–XLV, 335–338 (mit der lat. Vorlage). ´ de Moreau: Boniface. In: DHGE Literatur: E. 9 (1937) Sp. 883–895. – Theodor Schieffer, NDB 2 (1955) S. 444–446. – Georges Kiesel, LCI 5 (1973) Sp. 427–436. – Fritz Wagner, EM 2 (1979) 612 f. – Kurt-Ulrich J¨aschke, TRE 7 (1981) S. 69–74. – Josef Semmler/G¨unter Bernt/G¨unther Binding, LexMA 2 (1983) Sp. 417–421. – Wimmer/Melzer (61988) S. 176 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 684–687. – Arnold Angenendt, LThK3 2 (1994) Sp. 575–577. – Wilfried Hartmann, RGG4 1 (1998) Sp. 1685 f. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 271–273. – Hans Schneider, DBE2 1466

2. H¨alfte 15. Jh. 1 (2005) S. 822 f. – Lutz E. v. Padberg, HRG2 1 (2008) Sp. 645 f. – Joseph Machens: Das Freckenhorster nd. Leben des hl. Bonifatius. In: Fuldaer Geschichtsbll. 23 (1930) S. 49–56, 77–80. – Wybe J. Alberts: Een middelnederlands leven van Sint B. In: Archief voor de Geschuiedenis van de Katholieke Kerk in Nederland 1 (1959) S. 361–382. – Ders.: Middelnederlands heiligenlevens uit de kring van de Devotio Moderna. In: Verslag van de algemene vergradering van de leden van de Historisch Genootschap gehouden te Utrecht 75 (1961) S. 13–64. – Theodor Schieffer: Winfrid-B. und die christliche Grundlegung Europas. Darmstadt 2 1972. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. ¨ Legendare des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 341 f., 399. – Hartwig Bley: Die Freckenhorster Vita Bonifatii. In: Warendorfer Schriften 21/24 (1991–94) S. 224–234. – Beate Sophie Fleck/ Friedel Helga Roolfs/Gabriela Signori (Hg.): Das Freckenhorster Legendar. Andacht, Gesch. und Legende in einem sp¨atma. Kanonissenstift (Religion in der Gesch. 10). Bielefeld 2003 (mit diplomatischer Edition der gesamten Hs. und Glossar f¨ur die mnd. Texte). – Lutz E. v. Padberg: B. Missionar und Reformer. M¨unchen 2003. – Michael Glatthaar: B. und das Sakrileg (Freiburger Beitr. zur ma. Gesch. 17). Frankfurt/M. u. a. 2004. – Paul Verheijen/G¨unther Schneider: Der Heilige B. Regensburg 2004. – Rudolf Schieffer: Der Gottesmann ¨ aus Ubersee. Die christliche Botschaft o¨ ffnet eine gr¨oßere Welt. In: Arch. f¨ur mittelrheinische Kirchengesch. 57 (2005) S. 11–23. – Theo K¨olzer: B. und Fulda. Rechtliche, diplomatische und kulturelle Aspekte. In: ebd., S. 25–53. – Franz Staab: B., die regula sancti patris Benedicti und die Gr¨undung des Klosters Fulda. In: ebd., S. 55–69. – L. E. v. Padberg: Die Pers¨onlichkeit des B. im Spiegel seines Umgangs mit Freunden und Feinden. In: ebd., S. 71–93. – Gereon Becht-J¨ordens: Die Ermordung des Erzbischofs B. durch die Friesen. Suche und Ausgestaltung eines Martyriums aus kirchenpolitischer Notwendigkeit? In: ebd., S. 95–132. – Stefan Heid: Der vereinnahmte B. Vom apostolischen V¨olkermissionar zum ‹Apostel der Deutschen›. In: Trierer Theologische Zs. 116 (2007) S. 238–272. – R. Schieffer: Neue B.-Lit. In: Dt. Arch. f¨ur Erforschung des MA 63 (2007) S. 111–123. – Andrew Philipps: Hl. B. v. Crediton, Apostel Deutschlands. Berlin 2008. – Lotte K´ery: Klosterexemtion in der Ein¨ode? B. und das Privileg des Papstes Zacharias 1467

Franziskanische Traktate f¨ur Fulda (751): In: Arch. f¨ur mittelrheinische Kirchengesch. 60 (2008) S. 75–110. – Reinhard Abeln (Hg.): B. Apostel der Deutschen. Kevelaer 2009. BJ Franziskanische Traktate. – Mndl. Sammlung franziskanischer Schriften. Das Korpus der F. T. vereinigt acht franziskanische Texte in mndl. Sprache. Die Bearbeiter der Sammlung sind unbekannt; es waren aber mindes¨ tens zwei verschiedene Ubersetzer beteiligt. Die Entstehung der F. T. d¨urfte um 1389–1400 anzusetzen sein. Sie wurden dann wahrscheinlich in franziskanischen Kl¨ostern als Tischlekt¨ure benutzt, fanden aber auch unter den Anh¨angern der Devotio moderna Verbreitung. Die rund 50 Handschriften ¨ umfassende Uberlieferung erfasst bis zum fr¨uhen 16. Jh. auch den nd. und mittelfr¨ankischen Raum. Zu den F. T. geh¨oren: 1. Bonaventuras große Franziskus-Vita (Legenda maior), davon nur die ersten 15 Kapitel komplett, Kapitel 16 dagegen in verk¨urzter Form; 2. Teil I sowie die ersten sechs Kapitel von Teil II der kleinen Franziskus-Vita Bonaventuras (Legenda minor); 3. das Testamentum S. Patris Francisci des Franziskus; 4. die zur Christus-Nachfolge mahnenden Verba admonitionis S. Francisci; 5. Teile der Spruchsammlung Dicta beati Aegidii ¨ Assisiensis des Agidius von Assisi (Kapitel 7–9 und 20–23 sind gek¨urzt wiedergegeben, Kapitel 13 und 14 fehlen); 6. die Franziskus-Vita Speculum perfectionis seu S. Francisci Assisiensis legenda antiquissima; 7. Actus beati Francisci et sociorum eius, aufgegliedert in zwei Hauptteile: a. Sommeghe wonderlike wercken, die sinte Franciscus ende sijn ierste ghesellen deden. Dieser Teil gruppiert sich in zwei Unterabschnitten (i, ii) um die oben genannten Dicta beati; b. Dit sijn die namen van sinte Franciscus ghesellen, die ierst van hem gheroepen waren totter ordenen. Das Korpus der F. T. umfasste in seiner fr¨uhesten Zusammensetzung wahrscheinlich die Texte 6, 7.a.i, 5, 7.a.ii, 4. Diese Gruppe wurde dann um Texte 1, 2 und 3 erweitert; 7.b kam separat hinzu. Wie die teilweise Unvollst¨andigkeit der in den F. T. enthaltenen Werke nahelegt, k¨onnten den Bearbeitern l¨uckenhafte Textfassungen vorgelegen haben. 1468

Fuchs Aus einem geschlossenen lat. Korpus sch¨opften sie sicher nicht. ¨ Uberlieferung: Verz. der rund 50 Hss. bei Kruitwagen 1905, Ruh 1956, Clasen/Gurp 1956, ¨ Deschamps 1976 (alle s. Lit.). Vgl. auch die Uberl. der in den F. T. enthaltenen Einzeltexte. Ausgaben: 1. Legenda maior: Hier beghint Sente Franciscus leven alsoe alst die eersameghe bonaventura vergadert heeft [...]. Hg. v. Stephanus Schoutens. Aalst 1903. – 2. Legenda minor: Maximilianus: Een middelnederlandse vertaling van de Legenda minor van S. Bonaventura. In: Franciscaans Leven 42 (1959) S. 115–123, 152–157. – 4. Verba admonitionis S. Francisci: Sommeghe guldenen woerde seer stichtich die broeder Egidius ghesproeken heeft. Sinte Franciscus vermanighe. Hg. v. S. Schoutens. Antwerpen 1904, S. 27–32. – 5. Dicta beati Aegidii Assisiensis: Ebd., S. 7–24. – 6. Speculum perfectionis [...]: Jan van Roest [Schreiber]: Alde legenden van sente Franciscus. Hg. v. S. Schoutens. Antwerpen 1904, S. 7–77. – 7. Actus beati Francisci et sociorum eius: Ebd., S. 78–102. – J. van Roest [Schreiber]: Die capittelen vanden ghesellen s. Francisci. Hg. v. S. Schoutens. Antwerpen 1904. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 845–848. – Bonaventura Kruitwagen: De middelnederlandsche hss. over het leven van Sint Franciscus en zijn eerste gezellen. In: De Katholiek 128 (1905) S. 151–191. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 217–239. – Sophronius Clasen/Julius van Gurp: Nachbonaventurianische Franziskusquellen in ndl. und dt. Hss. des MA. In: Archivum Franciscanum Historicum 49 (1956) S. 434–482. – Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Hg. v. K. Ruh u. a. 2 Bde., M¨unchen 1965 und 1987. – S. Clasen: Legenda antiqua S. Francisci. Unters. u¨ ber die nachbonaventurianischen Franziskusquellen, Legenda trium sociorum, Speculum perfectionis, Actus B. Francisci et sociorum eius und verwandtes Schrifttum. Leiden 1967. – Jan Deschamps: Middelnederlandse vertalingen van Levens en Legenden van de H. Franciscus van Assisi. In: Franciscana 31 (1976) S. 59–73. MM Fuchs, Ludwig OP, † 1498 Ulm. – Prior und Generalvikar. F. wurde 1462 theologischer Magister und war in der Verwaltung des Predigerordens t¨atig. Er reformierte Kl¨oster im Elsass (1464 auch das Frauen1469

2. H¨alfte 15. Jh. kloster Sylo in Schlettstadt, wo er auch als Confessarius wirkte) und sein Ulmer Heimatkloster, dessen Prior und Lesemeister er lange Zeit war (s. Johannes → Meyers Buch der Reformacio Predigerordens). Auf verschiedenen Provinzialkapiteln der Provinz Teutonia hatte F. das Definitorenamt inne; nach dem Tod Jakob → Spenglers wurde er 1496 Generalvikar der Teutonia und zudem Leiter des Ulmer Provinzialkapitels. Die einzige u¨ berlieferte Schrift, die F. sicher zugewiesen werden kann, ist eine dt. asketische Vollkommenheitslehre f¨ur Ordensleute in 17 «regel vnd lere» («Dis ob geschriben st¨uck vnd ler het der Erwirdig meister Ludwig Fuchß meister gotlicher kunst vund zu der zit biche tuatter zu Syl uß dem latin zu tutschcz gemacht») Der Text basiert auf → Bonaventuras Epistola de XXV memorialibus und stellt so ein Beispiel f¨ur die außerfranziskanische Bonaventura-Rezeption dar. ¨ Uberlieferung: Karlsruher cod. St. Peter, pap. 9, 274r–277r (um 1480, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Margareta in Straßburg [?], niederalemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 998 f. – Paulus v. Lo¨e: Statistisches u¨ ber die Ordensprovinz Teutonia (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 1). Leipzig 1907, S. 43, 47 f., 50. – Benedikt Reichert (Hg.): Johannes Meyer. Buch der Reformacio Predigerordens 4. und 5. Buch (Quellen und Forschungen [...] 3). Leipzig 1908, S. 112–114, 144 f., 158. – Gabriel L¨ohr: Die Teutonia im f¨unfzehnten Jh. Studien und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen [...] 19). Leipzig 1924, S. 37, 107, 169. – K. Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 254–268. – Klaus Niebler: Die Hss. v. St. Peter im Schwarzwald. 1. Tl.: Die Papierhss. (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe 10,1). Wiesbaden 1969, S. 19. – Herrmann Tu¨ chle: Beitr. zur Gesch. des Ulmer Dominikanerklosters. In: Aus Arch. und Bibl. Stud. aus Ulm und Oberschwaben. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Ulm 1969, S. 194–207, hier S. 196 f. – Isnard W. Frank: Franziskaner und Dominikaner im vorreformatorischen Ulm. In: Kirchen und Kl¨oster in Ulm. Ein Beitr. zum katholischen Leben in Ulm und Neu-Ulm v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart. Hg. v. Hans Eugen Specker/H. T¨uchle. Ulm 1979, S. 103–147, hier S. 125–128. – I. W. Frank: 1470

2. H¨alfte 15. Jh. Reform und Reformation bei den Ulmer Dominikanern. In: Rottenburger Jb. f¨ur Kirchengesch. 21 (2002) S. 261–289, hier S. 264–269. – Stefan Schr¨oder: Zwischen Christentum und Islam. Kulturelle Grenzen in den sp¨atma. Pilgerber. des Felix Fabri (Orbis mediaevalis – Vorstellungswelten des MA 11). Berlin 2009, S. 51, 54 f. VZ Glogauer Liederbuch. – Aus drei kleinformatigen Stimmb¨uchern bestehendes Liederbuch aus Glogau/Schlesien, entstanden um 1480. Das G. L. wurde anfangs nach seinem Fundort als Berliner Liederbuch bezeichnet, sp¨ater jedoch seiner Herkunft entsprechend umbenannt. Letzte Sicherheit u¨ ber Glogau als Entstehungsort ist jedoch nicht zu gewinnen; Gancarczyk (2008) und andere vermuten als solchen vielmehr Sagan. Das sehr sorgf¨altig und systematisch zusammengestellte G. L. stammt wohl fast zur G¨anze von einem Schreiber, vielleicht von Andreas → Ritter, einem Mo¨ nch im Saganer Kloster. Gancarczyk nimmt als Kompilator den Saganer Regularkanoniker Martin Rinkenberg an. Die drei Stimmb¨ucher, die jeweils mit «Discantus», «Tenores» und «Contratenores» bezeichnet sind, enthalten 75 dt. und 158 lat. weltliche und geistliche Lieder sowie 59 nicht textierte Musikst¨ucke, meist Chansons. Von den dt. Liedern sind elf vollst¨andig textiert (geistliche Lieder des → Konrad von Queinfurt, schwankhafte Erz¨ahllieder, Tagelied und Trinklied), in ein paar F¨allen wurde das dt. durch einen lat. Text ersetzt (z. B. Marienhymnus). Zw¨olf Lieder sind auch im Liederbuch des Hartmann → Schedel, einige auch im → K¨onigsteiner Liederbuch enthalten. Unter den vier ¨ Quodlibets befindet sich die a¨ lteste Uberlieferung des sog. → Bruder Konrad. ¨ Uberlieferung: Krakau, Bibl. Jagiello´nska, Mus. ms. 40098. Ausgaben: Heribert Ringmann: Das G. L. Tl. 1 und 2 (Das Erbe dt. Musik 4.8). Leipzig 1936/37. – Christian V¨aterlein: Das G. L. Tl. 3 und 4 (Das Erbe dt. Musik 85/86). Kassel u. a. 1981. Literatur: Paul Sappler, VL2 3 (1981) Sp. 57–59; 11 (2004) Sp. 542. – Monika Fink/(Walter Salmen), MGG2 Sachteil 3 (1995) Sp. 1481–1483. – Robert Eitner: Ein Liederbuch des 15. Jh. In: Monatsh. f¨ur Musikgesch. 6 (1874) S. 67–74. – D. A. Freitag: Die Herkunft des ‹Berliner Liederbuches›. In: Arch. f¨ur Musikwiss. 2 (1920) S. 18–21. – Heribert Ringmann: Das G. L. (um 1480). In: Zs. f¨ur Musikwiss. 1471

Glogauer Liederbuch 15 (1932/33) S. 49–60. – Hans-J¨urgen Feurich: Die dt. weltlichen Lieder der Glogauer Hs. (ca. 1470) (Neue musikgeschichtliche Forschungen 4). Frankfurt/M. 1970. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. Im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 319. – Paweł Gancarczyk: Abbot Martin Rinkenberg and the so-called Głog´ow songbook (ca 1480). Summary. In: Tradycje ´slaskiej ˛ kultury muzycznej Tom XI. Hg. v. Dorota Kanafa. Wroclław 2008, S. 105. – Ders.: Abbot Martin Rinkenberg and the origins of the ‹G. L.›. In: Early music 37 (2009) S. 27–36. SF Haider, Ursula, * 1413 Leutkirch/Schwaben, † 20.1.1498 Villingen. – Mystikerin, Reform¨abtissin. Die im S¨auglingsalter verwaiste H. wurde von Großmutter und Onkel aufgezogen; 1431 erfolgte der Eintritt ins Klarissenkloster Valdunen (Vorarl¨ berg), wo sie 1467 zur Abtissin gew¨ahlt wurde. Um 1480 wurde sie gemeinsam mit sieben Mitschwestern mit dem Auftrag nach Villingen berufen, das bisher offene Kloster am Bickentor zu reformieren und zu einem geschlossenen Konvent zu machen. Als Mystikerin geistlich von → Seuse beeinflusst, hinterließ H. Aufzeichnungen von Visionen, Ansprachen, mystischen Erkenntnissen und Poesie. Ihre Schriften sind nur mittelbar bekannt durch die Chronik des Bickenklosters von Juliana Ernestin (1637). In der Chronik, der mindestens sieben schriftliche Quellen und m¨undliche Berichte von Klosterschwestern zugrunde liegen, folgt auf einen kurzen Abriss der Gr¨undungsgeschichte des Klosters eine Darstellung von H.s Leben und Wirken. Darin eingef¨ugt sind mehrere von H. selbst stammende Texte, darunter ein Schreiben an Papst Innozenz VIII., zwei Neujahrsansprachen sowie Aufzeichnungen von Offenbarungen und Betrachtungen. Letztere entnahm Juliana Ernestin einem heute verlorenen, wohl von H. selbst geschriebenen «uralten b¨uechlin». Nach eigener Aussage ließ Julia Ernestin einige der darin enthaltenen Kapitel aus, die ihr «zue hoch» erschienen und denen sie deshalb nicht folgen konnte. Der wohl wesentlichste und aufschlussreichste Teil der Schriften und Aufzeichnungen H.s muss daher f¨ur die Forschung als verloren gelten. Zentraler Gedanke ihrer erhaltenen Werke ist die Nachfolge Christi durch die Betrachtung der Passion. ¨ Uberlieferung: Villingen, Klosterarch. St. Ursula. Litt. BB 1. 1472

Die Knoten der Klara von Assisi Ausgabe: Karl Jordan Glatz (Hg.): Chron. des Bickenklosters zu Villingen 1238–1614. Stuttgart 1881. Literatur: Siegfried Ringler, VL2 3 (1981) Sp. 399–403; 11 (2004) Sp. 581. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 478 f. – Chris¨ tian Roder/Karl Kiefer: Die selige Abtissin U. H. zu St. Clara in Villingen. Frankfurt/M. 1908. – Karl Brehm: Der seligen U. H. Lebenszeit und Lebensalter. In: Schw¨abisches Arch. 29 (1911) S. 22–25. – Adolf Spamer: Texte aus der dt. Mystik des 14. und 15. Jh. Jena 1912, S. 120–140. – Karl Richst¨atter: Die Herz-Jesu-Verehrung des dt. ¨ MA. Mu¨ nchen 21924. – Hildegard Rech: Abtissin U. H. 1413–1498. Ein Beitr. zur Heimatgesch. v. Villingen, nach einer alten Hs. Villingen 1937. – Georg Kunze: Stud. zu den Nonnenviten des dt. MA. Ein Beitr. zur religi¨osen Lit. im MA. Diss. Hamburg 1953, S. 97–99. – Hermann Tu¨ chle: Kirchengesch. Schwabens. Bd. 2. Stuttgart 1954, S. 162 f., 232, 403. – Gabriele Loes: Villingen. Klarissen-Kloster. In: Alemannia Franciscana Antiqua 3 (1957) S. 45–76, bes. 50–56. – S. Ringler: Viten- und Offenbarungslit. in Frauenkl¨ostern des MA. Quellen und Stud. (MTU 72). M¨unchen 1980, S. 59 f. – Peter Dinzelbacher: Ma. Frauenmystik. Paderborn 1993, S. 23. – Monika Geisser: Von der Turteltaube und dem Fisch, der auf der Glut lag: Eine Ann¨aherung an die Mystikerin U. H. In: Schwierige Frauen – schwierige M¨anner in der Lit. des MA. Hg. v. Alois M. Haas/Ingrid Kasten. Bern u. a. 1999, S. 249–266. SF Hermann von Metten. – Prediger, M¨onch. Vermutungen u¨ ber H.s ansonsten unbezeugtes Leben lassen sich nur aus dem Text und Kontext seiner einzigen u¨ berlieferten Predigt heraus anstellen. Mo¨ glicherweise war er Dominikaner oder Benediktiner und Metten/Niederbayern entweder sein Geburtsort oder sein Heimatkloster. Er wirkte als Lesemeister zu K¨oln, hielt seine Predigt aber wohl um 1481–84 im Katharinenkloster in N¨urnberg. Dorther stammen n¨amlich die Texte jener Predigtsammlung, in der auch H.s Predigt u¨ berliefert ist. Im Mittelpunkt der Predigt steht Christus in seinem Menschsein und Leben. Außerdem berichtet H. die Geschichte eines getauften Juden. Der Text ist schmucklos, anschaulich und praktischtheologisch orientiert; charakteristisch ist auch die vertrauliche Ansprache des Publikums. 1473

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, Privatslg. Eis, Hs. 114, 232r–237v (Pap., um 1472–98). Ausgaben: Werlin 1968 (s. Lit.). Literatur: Josef Werlin, VL2 3 (1981) Sp. 1075 f. – Peter Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Josef Werlin: H. v. M., ein K¨olner Dominikanerprediger. In: Neuphilol. Mitt. 69 (1968) S. 39–47. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi II. Rom 1975, S. 226 f. MM Himmlische Apotheke. – Mystisch-allegorischer Traktat, 15. Jh. Im Zentrum des aus dem Bereich des Klarissenordens (wahrscheinlich aus Villingen im Schwarzwald) stammenden Textes steht die allegorische Ausdeutung von Edelsteinen, Spezereien, Konfekten, Sch¨opfkellen u. a. auf Christus und sein Erl¨osungswerk (vgl. Traktate, in den Christus als Arzt, die Predigt als Speise und Trank betrachtet werden). ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 127, 156r–170v (Andachts- und Gebetbuch, sp¨ates 15. Jh.). Literatur: Werner Wegstein, VL2 4 (1983) Sp. 35 f. – Grete L¨uers: Die Sprache der dt. Mystik des MA im Werke der Mechthild v. Magdeburg. Mu¨ nchen 1926, S. 132 f. und passim. BJ Die Knoten der Klara von Assisi. – Erbaulicher Traktat des sp¨aten 15. Jh. Nach dem Bericht des Thomas von Celano trug Klara einen Strick mit 13 Knoten als Erinnerungszeichen der Wunden Christi. Diese Knoten werden allegorisch (→ Herzklosterallegorien) dem Personal eines Frauenklosters zugeordnet; je eine Station des Leiden Christi wird mit einer kl¨osterlichen Personengruppe oder einer Amtstr¨agerin in Beziehung gesetzt. Ziel des Traktats ist die Vergegenw¨artigung von Christi Leiden. Knappe Ausf¨uhrungen u¨ ber den mystischen Brautstand der Seele erinnern an Meister → Eckharts Predigt u¨ ber die Armut des Geistes. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 855, 157r–165v (Pap., erste H¨alfte 16. Jh., mittelbair.). – Mu¨ nchen, UB, 8° Cod. ms. 281, 57r–62v (Pap., 1498, mittelbair.). – Zwiefalten, Bibl. des ehem. Benediktinerklosters, Pap. Hs. 113 (Pap., 15. Jh.; verschollen). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 1275 f. BJ 1474

2. H¨alfte 15. Jh. Kuchler, ¨ Andreas, von Breslau (bzw. von Weißenburg), Breslau, † 15.7.1502 K¨oln. K. war 1475–83 Komtur der Johanniterpriesterkommende Zittau, trat 1483 in die Benediktinerabtei Weißenburg/Elsass ein und wurde 1487 Abt des K¨olner Benediktinerklosters St. Pantaleon. Von ihm sind 19 deutschsprachige Predigten (u. a. u¨ ber die Passion) u¨ berliefert, die er 1489–92 im K¨olner Benediktinerinnenkloster St. Mauritius gehalten hat. ¨ Uberlieferung: M¨unster/Westfalen, ULB, Hs. N. R. 5000. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 406 f. – Ders.: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 173. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Beispiel der Gartenallegorie. T¨ubingen 1982 (mit Ausg. einer Predigt). BJ Kurfi, Johannes (Kurfius, Kursi). – Schreiber ¨ oder Ubersetzer sowie Kompilator von asketischen Handschriften aus dem Ende des 15. Jh. K. war Inhaber einer Stiftung der Herren von Ellerbach f¨ur das Benediktinerinnenkloster Ur¨ spring. Er ist der Schreiber oder Ubersetzer und Kompilator von einigen dem Kloster Urspring und dem Klarissenkonvent So¨ flingen gewidmeten Handschriften. 1498 und 1499 schrieb K. eine haupts¨achlich auf der Vita Christi → Ludolfs von Sachsen basierende Passionskompilation, deren Texte auf die eigentliche Passionsbetrachtung vorbereiten sollten. Dass K. nicht nur als Schreiber, ¨ sondern auch als Ubersetzer der Passion in Frage kommt, wird mittlerweile angezweifelt. ¨ Uberlieferung: Beuron, Bibl. der Erzabtei, 4° Ms. 19 (1498). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 67 (1499). 1493/94 schrieb er eine Reihe von Heiligenlegenden. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 1259, 96ra–133vb, 187ra–206ra, 208ra–215va. K. verfertigte auch die Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6940 (aus dem Kloster S¨oflingen), wel¨ che die Ubersetzungen des Thomas → Finck u¨ berliefert. 1475

Kuchler ¨ Literatur: Herbert Kraume, VL2 5 (1985) Sp. 461–463. – Albert V. Schelb: Die Handschriftengruppe ‹Do der minnenklich Got›. Ein Beitr. zur sp¨atma. Passionslit. Diss. Freiburg i. Br. 1970, ¨ S. 33–35. – H. Kraume: Die Gerson-Ubers. Geilers v. Kaysersberg. Stud. zur deutschsprachigen Gerson-Rezeption (MTU 71). M¨unchen 1980, S. 61–64. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehem. Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15). Sigmaringen 1997, S. 132–135. – ¨ Christoph Fasbender: Thomas Finck als Ubersetzer, Textbearb. und Autor. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 110 (1999) S. 147–167, hier S. 153. SF Mittelfr¨ankische Heiligenpredigten. Die im Mittelfr¨ankischen entstandene Sammlung umfasst 177 «sermoenen» oder kurzgefasste Legenden zu Heiligen- und Hauptfesten. Eine besondere Ber¨ucksichtigung erfahren Heilige der Di¨ozese K¨oln (Anno, Agilulf). Die in der Regel ¨ lat. Initien und einige lat. Zitate legen eine Ubersetzung der Texte aus einer lat. Vorlage nahe, die wahrscheinlich nicht unmittelbar, keineswegs aber als einzige die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine war. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bibl. nat. et univ., Ms. 2931 (letztes Drittel 15. Jh.). Literatur: De Boor/Newald 3/2 (1986) S. 312. – Konrad Kunze, VL2 6 (1987) Sp. 316. – Adolf Becker: Die dt. Hss. der Kaiserlichen Universit¨atsund Landesbibl. zu Straßburg (Kat. der Kaiserlichen Universit¨ats- und Landesbibl. in Straßburg 6). Straßburg 1914, S. 77. – K. Kunze (Hg.): Die Legende der heiligen Maria Aegyptiaca. Ein Bei¨ spiel hagiographischer Uberlief. in 16 unver¨off. dt., ndl. und lat. Fassungen (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit 28). Berlin 1978 (Abdruck der Maria Aegyptiaca-Legende, S. 80 f.). – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 20 (im Legendenreg. passim). BJ Mombritius, Boninus (Bonino Mombrizio, Montebreto), * 1424 Mailand, † nach 1482 ebd. – Seit etwa 1460 Professor f¨ur griechische und lat. Literatur in Mailand, Humanist und Hagiograph. Als Hauptwerk und als eine der wichtigsten Quellen der Legendenliteratur auch im deutschsprachigen Raum gilt M.’ Sanctuarium seu Vitae 1476

Moser Sanctorum in zwei B¨anden (um 1480). Dieses Legendar umfasst 334 (teilweise nur hier u¨ berlieferte) Viten von M¨artyrern und Bekennern, die Quellenfrage ist noch nicht endg¨ultig gekl¨art. M. ist ferner der Verfasser von vier B¨uchern De dominica passione (Erstdruck um 1475), von zehn B¨uchern De varietate fortunae, von zw¨olf B¨uchern Momidos und der Schrift Threnodia (Erstdruck 1504). ¨ Außerdem ist er Ubersetzer der Theogonie des Hesiod und der Chroniken des Eusebius von Caesarea, weiters Herausgeber der Collectanea rerum memorabilium des Julius Solinus, der Chroniken des → Hieronymus und des Prosper von Aquitanien sowie der Summulae des Paulus Venetus. Ausgabe: Sanctuarium seu vitae sanctorum. Zwei Bde., Paris 1910. Nachdr. Hildesheim u. a. 1978. Literatur: Hubertus R. Drobner, BBKL 6 (1993) Sp. 51 f. – Peter Walter, LThK3 7 (1998) Sp. 385. – Gerhard Eis: Die Quellen f¨ur das Sanctuarium des Mail¨ander Humanisten B. M. (Germanistische Stud. 140). Berlin 1933. Nachdr. Nendeln 1967. – Mario Emilio Cosenza: Biographical and Bibliographical Dictionary of the Italian Humanists and the World of Classical Scholarship in Italy 1300–1800. Bd. 3. Boston 1962, S. 2236 f. – Tino Foffano: Per la data dell’edizione del ‹Sanctuarium› di B. M. In: Italia medioevale e umanistica 22 (1979) S. 509–511. – Baudouin De Gaiffier: Au sujet des sources du Sanctuarium de M. In: Mlat. Jb. 14 (1979) S. 278–280. – Serena Span`o Martinelli: Bonino Mombrizio e gli albori della scienza agiografica. In: Erudizione e devozione [...] (Sacro, santo, NS 4). Hg. v. Gennaro Luongo. Rom 2000, S. 3–18. SF Moser, Ludwig OCart, * 1442 Z¨urich, † 16.7.1510 ¨ Basel. – Ubersetzer und Vermittler geistlicher ¨ Prosaschriften, kirchlicher Lehrer, Ubersetzer lat. Kirchenlieder. M. war 1462–74 in Rheinfelden Stadtschreiber; 1474 trat er in die Kartause St. Margarethental in Basel ein, wo er am 2.2.1475 die Profess ablegte. 1482 wurde er Prior der Kartause Ittingen, resignierte jedoch 1486 und kehrte nach Basel zur¨uck. Autobiographische Notizen finden sich in den Handschriften Basel, UB, Codd. A X 93, 132r; B VII 19, 228v. ¨ Uberlieferung: Liste des Gesamtwerks aus dem Katalog der Basler Kartause bei Honemann (s. Lit.) 1477

2. H¨alfte 15. Jh. S. 145–149. – Hss.: Basel, UB, cod. A IX 27 (zum Teil Autograph). – Ebd., cod. E VI 2. – Ebd., cod. A VIII 19. – Ebd., cod. A X 117. – Ebd., cod. C VI 34. – St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 546. Drucke: Basel, [J. Amerbach 1489]. – [Basel, J. Amerbach 1492]. – Basel, [J. Amerbach?] 1497. – Augsburg, [L. Zeissenmair 1497]. – K¨oln, H. Bungart 1503. – Basel, M. Furter 1506 und 1507. – Beschreibungen bei Haeller (s. Lit.), mit Textabdrucken, und Honemann, S. 136, 149–160, 175–177, 183–186, 198–202. 1. Die meisten der von M. hinterlassenen Gebete sind solche zu Heiligen (zu Erasmus, Christoph), die «froidlobungen» und Gebete zu Maria Magdalena sowie zwei Gebete «von vnser lieben frowen». Von der Legende des Bischofs → Ludwig von Toulouse ist nur Vorrede und Beginn u¨ berliefert, dazwischen eingeschoben eine kurze Legende des hl. franz¨osischen K¨onigs → Ludwig. M. u¨ bersetzte zwei Gebete des Priors Heinrich → Arnoldi von Alfeld (von allen heiligen durch die wochen; Ein kurtz h´upsch dancksagung z˚u vnserem lieben herren vnd z˚u siner wirdigen m˚uter Maria) und verfasste zwei Gebete zum Empfang der Eucharistie. 2. Zu Ms. Gedichten und Kirchenliedern geh¨oren die zehn Hymnen im Cursz vom sacrament (gedruckt im Anhang zum Guldin Spiegel zusammen mit der Vszlegung des Gloria Patri und ¨ Sant Bernarts Rosenkrantz), dt. Ubersetzungen von → Ave vivens hostia, → Pange lingua gloriosi und → Veni creator spiritus, Hymnen auf Elisabeth und Zacharias und auf Mariae Himmelfahrt (Inc. «Sich mit frowend der englen chor») sowie eine lat. Epistola metrica an J. Amerbach. 3. Asketische und mystische Schriften ¨ a) Ubersetzung einer Andachtsu¨ bung Johannes → Gersons (Basel, cod. A IX 27, 167r–176r): Gerson sinen swestern was sy yeglichs tags der wochen betrachten sollen. b) Bereittung zu dem heiligen sacrament: Druck Basel 1489 bei J. Amerbach (?). ¨ c) Ubersetzung der Ars moriendi des Basler Theologen Wilhelm → Textoris (Migrale, 1501 vor dem Erscheinen der lat. Vorlage u¨ bersetzt): Basel, cod. A X 117, 2r–149v; gedruckt 1503 in K¨oln. d) Der guldin Spiegel des S¨unders: Basel, cod. A IX 27, 35r–148v. – Drucke: Basel, [J. Amerbach?] 1497. – Augsburg [L. Zeissenmair 1497] (Hain 14951). ¨ e) Sammlung von 17 Ubersetzungen, die 1506/07 in einem zweib¨andigen Druck bei M. 1478

2. H¨alfte 15. Jh. Furter in Basel erschien: Bd. 1: Vnser lieben Frowen Spiegel (und andere Traktate); Bd. 2: Brunn des lebens (und andere Traktate). Neun dieser Schriften sind Werke → Bonaventuras. 4. Zu M.s Predigten sind zu z¨ahlen zwei Sermones capitulares (Basel, UB, A IX 27, 267r–277v) sowie ¨ die Ubersetzung der Trauerrede Pallas Spangels auf die Pfalzgr¨afin Margaretha vom Jahr 1501 (ebd., 314r–324v). 5. Nach Honemann (S. 117 f.) ist M. vielleicht ¨ auch der Ubersetzer von Amerigo Vespuccis Brief Von der neu gefundenen Region (Druck [Basel, M. Furter, nach Mai 1505]). Literatur: ADB 52 (1906) S. 485 f. – Herbert Kraume, VL2 6 (1987) Sp. 705–710. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 327. – Beat von Scarpatetti, HLS 8 (2009) S. 756. – Walter Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200–1500. Frauenfeld/Leipzig 1935, S. 365 f. – Kurt Ruh: Bonaventura deutsch. Ein Beitr. zur dt. FranziskanerMystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 186–191. – Walther-Hugo Haeller: Stud. zu L. M. Kart¨auser-M¨onch in Basel. Freiburg/Schweiz 1967. – Josef Brecht: Die pseudothomasischen Opuscula ‹De divinis moribus› und ‹De beatitudine› (MTU 40). M¨unchen 1972. – Veronika Gerz-v. B¨uren: La tradition de l’œuvre de J. Gerson chez les Chartreux: La Chartreuse de Bˆale. Paris 1973, S. 121 f. – Dieter Mertens: Iacobus Carthusiensis. Unters. zur Rezeption der Werke des Kart¨ausers Jakob v. Paradies (Max-Planck-Inst. f¨ur Gesch. 50, Stud. zur Germania Sacra 13). G¨ottingen 1976, S. 63–65, 84–86, 243. – H. Kraume: ¨ Die Gerson-Ubersetzungen Geilers v. Kaysersberg (MTU 71). Mu¨ nchen 1980, S. 70. – Volker Honemann: Dt. Lit. in der Laienbibl. der Basler Kartause 1480–1520. Habil.-Schr. (masch.) Berlin 1983. BJ Muleysen, Johannes (M¨uleysen) OP. – Prediger des sp¨aten 15. Jh. Von M. sind zwei dt. Predigten u¨ berliefert (Von geduldigem Leiden; die zweite Predigt handelt vom Altarsakrament als Viaticum), die er 1484 und 1485 vor den Dominikanerinnen des Katharinenklosters N¨urnberg gehalten hat, ferner ein Predigtbruchst¨uck u¨ ber Sokrates und eine Predigt u¨ ber Johannes den T¨aufer. ¨ Uberlieferung Z¨urich, ZB, cod. D 231, 119r/v, r/v 152 . – Heidelberg, Helko Eis, Privatslg (fr¨uher Schriesheim, Slg. G. Eis), Hs. 114, 149v, 175v–176v, 1479

Muleysen 178v, 251v–253v. – Ebd., Hs. 116, 3v–5v. Alle Hss. stammen vom Ende des 15. Jh. Ausgaben: Sokrates-Fragm.: Renner (s. Lit.) S. 214. – Bericht u¨ ber das sprechende Haupt Johannes’ des T¨aufers: ebd., S. 216. Literatur: Kurt Ruh, VL2 6 (1987) Sp. 735 f. – Gabriel L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur schweizer. Kirchengesch. 38 (1944) S. 33–46, 108–120, 199–208. – Paul Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AKG 41 (1959) 201–227, bes. S. 207, 210, 213 f., 216 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 161. BJ Munthart, Paulus, † 1481. Der aus Offenburg stammende M. studierte die Rechte in Italien, wurde 1431 Notar im p¨apstlichen Palast in Rom und war seit 1434 Kanoniker des St. Thomasstifts in Straßburg. Er wurde Propst von Jung St. Peter in Straßburg und Vicarius des des Reuerinnenordens im Kloster St. Maria Magdalena. M., der zu den F¨orderern der Klosterreform geh¨ort haben d¨urfte, verfasste 1480 zusammen mit Egeling → Becker eine Agenda f¨ur die Nonnen des Magdalenenklosters mit Anleitungen u. a. zur Beichte und zum Empfang des Sakraments oder zum Ritual beim Tod einer Mitschwester. Das Werk ist in mindestens drei Handschriften (alle aus dem Bestand des Magdalenenklosters) in verschiedenen Fassungen u¨ berliefert: a) Ritus administrandi infirmos et sepeliendi (Straßburg, Bibl. des Mus´ees de Strasbourg, LA.8–175, datiert 1490, lat.); b) Agenda infirmorum et defunctorum (Berliner Privatbesitz, Slg. Leuchte, Ms. XIV, 73ra–112vb, geschrieben nach 1489 von Katharina Ingolt, lat.-dt.); c) Ordnung so man einer s´uchen swester daz heilige sacrament gibet (Budapest, Orsz´agos Sz´ech´enyi K¨onyvt´ar, cod. Germ. 6, 107r–177v, um 1490, dt. mit einzelnen Stellen in lat. Sprache, ohne Prolog). Literatur: Nigel F. Palmer, VL2 11 (2004) Sp.1041–1043. – J. Walter: Un manuscrit liturgique du convent des P´enitentes de Sainte MarieMadleine de Strasbourg de 1490 (Ritus administrandi infirmos et sepeliendi). In: Archives Alsaciennes d’Histoire de l’Art 7 (1928) S. 57–61. – Felix Heinzer: ‹Dis liset man, so ein swester hinzuht›. Sondergut in der Sterbeliturgie der els¨assischen Dominikanerinnenkl¨oster. In: Archives de l’Eglise d’Alsace 44 (1985) S. 337–342. BJ 1480

Quirinus von Neuss Passionsbetrachtung Wir haben durch bewerte geschrift. – 15. Jh. Die drei Texte (Acht innere Leiden Christi, → Geistlicher Maibaum und der Schmerzensmann Christus), aus denen die Passionsbetrachtung wohl Ende des 15. Jh. zusammengestellt worden ist, sind nicht miteinander verbunden und teilweise auch einzeln u¨ berliefert. Im ersten Teil werden die inneren Leiden auf vier Befindlichkeiten Christi zur¨uckgef¨uhrt. Teil 2 und 3 scheinen von Heinrich → Seuse beeinflusst zu sein. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1112 (fr¨uher Privatbesitz Anton Birlinger, Bonn (5), 436v–467r (darin: Geistlicher Maibaum) (Pap., Ende 15. Jh./ um 1500, aus Augsburg, bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 861, 1r–59v (Pap., 1504, Nachtr¨age 1514, aus Augsburg, ostschw¨abisch). – Nur Tl. 1 u¨ berliefern: Augsburg, UB (olim Harburg), Cod. OettingenWallerstein III.1.8° 26, 93v–110v. – Ebd., Cod. III.1.8° 37, 205v–228v. – Berlin, SBB, Hdschr. 112 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Hauswedell & Nolte, Hamburg), 2r–24v) (Pap., Ende 15. Jh., alemannisch). – GW 3084, Ulm, nach 1478. – Nur Tl. 2 u¨ berliefert: M¨unchen, BSB, Cgm 470, 1r–15r (zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch). Ausgabe: Anton Birlinger: Asketische Tractate aus Augsburg IV. In: Alemannia 8 (1880) S. 103–117. Literatur: Kurt Ruh, VL2 7 (1989) Sp. 346–348. – Urs Kamber: Arbor amoris. Der Minnebaum. Ein Pseudo-Bonaventura-Traktat (Phil.Stud.u.Qu. 21). Berlin 1964, S. 137–140. BJ Protpeckh. – Verfasser zweier mantischer Kurztraktate, 15. Jh. P. lebte (vielleicht als Laienbruder) im o¨ stlichen Baiern, m¨oglicherweise in Mu¨ hldorf am Inn. Auf seine T¨atigkeit als Klosterb¨acker weist sein Name hin. Ihm schreibt die große Rezeptsammlung in Karlsruhe, Cod. Donaueschingen 793 (Ende 15. Jh., mittelbair.) eine Beschw¨orung des Brotes in dt. Sprache und ein zweites, a¨ hnliches St¨uck in lat. Sprache (mit eingestreuten dt. Ausdr¨ucken) zu. Beide Kurztraktate sind dreigliedrig aufgebaut und gemischtsprachig; beschrieben wird die Herstellung eines mantischen Indikators aus einem Brotlaib. Literatur: Gundolf Keil, VL2 7 (1989) Sp. 870 f. – Gerhard Eis: Medizinische Fachprosa 1481

2. H¨alfte 15. Jh. des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 48). Amsterdam 1982, S. 22. SF Quirinus von Neuss. – Deutschsprachige Legende des r¨omischen Tribuns Q., der um 116 den M¨artyrertod starb. Der hl. Q. war ein r¨omischer Tribun der ersten H¨alfte des 2. Jh., der zum Christentum konvertierte und sich gemeinsam mit seiner Tochter Balbina, die die Ketten des hl. Petrus gefunden haben soll, taufen ließ. Nach seinem Martyrium wurde er in der Praetextatus-Katakombe an der Via Appia bestattet. Seine Reliquien gelangten 1050 durch ein Geschenk Papst Leos IX. an dessen Schwester Gepa, ¨ Abtissin im dort befindlichen BenediktinerinnenKloster, nach Neuss. Der hl. Q., dessen Fest der 30. M¨arz ist, wurde der Nothelfergruppe der «Vier hl. Marsch¨alle» zugeordnet und meist als Ritter mit einem Habicht und einem Schild mit neun Punkten dargestellt. Eine Version der Legende ist in den → Mittelfr¨ankischen Heiligenpredigten enthalten; ferner sind vier volkssprachliche Fassungen bekannt: Die umfang¨ reichste Fassung I ist eine wortgetreue Ubersetzung der lat. Legende Passio Alexander, Eventius, Theodolus, Hermes, Quirinus et Balbina (BHL 266), die nur in einer mnd. Handschrift als Sondergut der S¨udmndl. Legenda aurea (Berlin, SBB, Mgq 524, 10v–21r, aus Mu¨ nster, Mitte 15. Jh.) u¨ berliefert ist. Literatur: Brigitte Derendorf: Die mnd. Bearb. der Legenda aurea. In: Jb. des Ver. f¨ur nd. Sprachforschung 107 (1984) S. 7–31. Einzig in Fassung II, der in einer redigierten Version der Anfang von BHL 266 zugrundeliegt, wird die Translation der Reliquien Q.’ ans Ende des Textes gestellt. Ein Großteil der Handschriften dieser Fassung sind als Sondergut der S¨udmndl. Legenda aurea u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1687, 294vb–298ra. – Darmstadt, UB/LB, Hs. 814, 170vb–176rb. – Ebd., Hs. 2196, 120rb–125ra. – G¨ottingen, SUB, Cod. Theol. 200, 279r–286v. – K¨oln, Hist. Arch., Cod. G. B. f. 88, 182ra–192va. – Ebd., Cod. W. f. 165, 130rb–135vb. – Ebd., Cod. W. f. 169, 257rb–262ra. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Cod. 8826, 29ra–36vb. – Trier, StB, Cod. 1185/487, 126rb–131vb (moselfr¨ankisch). – Ebd., Cod. 1189/2023, 3va–9rb. Teilausgabe: Felten (s. Lit.) S. 115–118 (K¨oln, G.B. f. 88). 1482

2. H¨alfte 15. Jh. Alle Hss. außer Trier sind in ripuarischem Dialekt geschrieben und entstammen dem 15. Jh., haupts¨achlich der zweiten H¨alfte. Die mndl. dritte Fassung stammt aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. und ist ebenfalls als Sondergut der S¨udmndl. Legenda aurea u¨ berliefert, sie stammt wahrscheinlich aus einem Frauenkloster und h¨alt sich wie Fassung I an den Wortlaut von BHL 266. ¨ Uberlieferung: Deventer, Athenaeumbibl., Hs. 101 F 9 (Catalogus 43), 265ra–270rb. – Inkunabeldruck der S¨udmndl. Legenda aurea K¨oln, Ludwig van Renchen, 592ra–596ra (1485). Literatur: W. J. Alberts: Middelnederlandse Heiligenlevens uit de Kring van de Devotio Moderna. In: Verslag van de algemene vergadering van de leden van het Historisch Genootschap gehouden te Utrecht 74 (1960) S. 17–19. Eine mnd. Q.-Legende enth¨alt die Handschrift Berlin, SBB, Mgq 524, 2ra–7rb; f¨ur den in zwei Teile gegliederten Text ist keine lat. Vorlage bekannt. Literatur: Leander Petzoldt, LCI 8 (1976) Sp. 240–242. – Wimmer/Melzer (61988) S. 692 f. – Ursula Rautenberg, VL2 7 (1989) Sp. 937. – Josef Theodor Rath, BBKL 7 (1994) Sp. 1130 f. – Gloria-Maria Avella-Widhalm, LexMA 7 (1995) Sp. 375 f. – Erich Wimmer, LThK3 8 (1999) Sp. 777. – Wilhelm Felten: Ein dt. Leben des hl. Marschalls Q. In: Beitr. zur Gesch. der Kreise Neuss-Grevenbroich 1 (1899) S. 113–118. – Ders.: Der hl. M¨artyrer und Tribun Q. Neuss 1900. – Jakob Torsy: Der hl. Marschall Q. v. N. In: Annalen des hist. Ver. f¨ur den Niederrhein 153/154 (1953) S. 7–49. – Matthias Zender: R¨aume und Schichten ma. Heiligenverehrung. D¨usseldorf 1959. – Ders.: Die Verehrung des hl. Q. in Kirche und Volk. Neuss 1967. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986, Reg. S. 454. – Eugeen van Autenboer: De verering van Sint-Q. in Westeuropa [...]. In: De Vlierbes 10 (1988) S. 75–93. – Max Tauch (Hg.): Q. v. N. Beitr. zur Heiligen-, Stifts- und M¨unstergesch. K¨oln 2000. SF Rosengarten von dem Leiden Jesu Christi. – Mndl. Passionsbetrachtungen mit dem Incipit «O here Jhesu Christe, milde sloeteldrager der verborgenre scatten der onbegrypeliken rycheit gods», sp¨ates 15. Jh. Der Entstehungsort des R. d¨urfte im Umkreis des St. Agnes-Klosters in Maaseik zu suchen sein. 1483

Rosengarten von dem Leiden Jesu Christi Thematisch umfassen die insgesamt 22 Passionsmeditationen die Geschehnisse ab dem letzten Abendmahl bis zur Grablegung Jesu. Darin spricht der Gl¨aubige (auch: «minnende sele») als Subjekt Christus, Maria, Johannes und Maria Magdalena in direkter Rede an und pflegt die Erinnerung an den Leidensweg Christi. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Ms. II 277 (Kat.-Nr. 866), 131r–163v. – Ebd., Ms. II 1332, 128r–158v. – Ebd., Ms. II 3490, 1r–8v; 107r–138r. – Ebd., Ms. IV 31, 8r–26r. – Ebd., Ms. IV 94, 44r–75v (alle aus dem St. Agnes-Kloster in Maaseik, um 1510). – Leiden, UB, Cod. Ltk. 320, 32r–73r. – London, British Library, Ms. Add. 29985, 29r–60v. – L¨uttich, UB, Ms. 2328, 1r–26v. – Darmstadt, UB/LB, Hs. 1837, 89r–149v. – Greifswald, UB, Nd. Hs. 9 8°, 68r–99r. – K¨oln, Hist. Arch., Best. 7008 (GB 8°) 17, 13v–60r. – Ebd., Best. 7008 (GB 8°) 143, 120v–159r. – Privatbesitz Antiquariat Karl Theod. V¨olcker, Frankfurt/M., 256v–300v (verschollen). Vgl. dazu Conrad Borchling: Mnd. Hss. in den Rheinlanden und in einigen anderen Slg. Vierter Reiseber. (Nachr. von der Kgl. Ges. der Wiss. zu G¨ottingen, Philol.-hist. Kl. 1913). Berlin 1914, S. 121–124. – Berlin, SBB, Mgo 253, 321r–434r. Ausgabe: Dupont (s. Lit.) S. 91–129 (diplomatischer Abdruck). Literatur: Kurt Ruh, VL2 8 (1992) Sp. 185–187. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. K. Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 411 f. – Jean Deschamps: Hss. uit het Sint-Agnesklooster te Maaseik. In: Album Dr. M. Bussels. Tongeren 1967, S. 167–194. – M. Dupont: Vier middelnederlandse Passiegebeden uit hss. afkomstig uit het Sint-Agnesklooster te Maaseik. Lic. Arbeit Univ. Leuven 1970. – Handschriftencensus Rheinland. Erfassung ma. Hss. im rheinischen Landesteil von Nordrhein-Westfalen mit einem Inventar. Bd. 2. Hg. von G¨unter Gattermann, bearbeitet von Heinz Finger, Marianne Riethm¨uller u.a. (Schr. der UB/LB D¨usseldorf 18). Wiesbaden 1993, S. 1077 f. (Nr. 1936), S. 1109 f. (Nr. 2011). – J¨urgen Geiß: Ma. Hss. in Greifswalder Bibl. Verz. der Best¨ande der Bibl. des Geistlichen Ministeriums (Dombibl. St. Nikolai), der UB und des Universit¨atsarch. Wiesbaden 2009, S. 181–184. SF 1484

Soflinger ¨ Briefe und Lieder Vom Sakrament der Ehe. – Ehelehre aus dem Bereich der praktische Seelsorge. Der eigenst¨andige Text eines anonymen Autors steht in funktionaler Hinsicht der → Regel der heiligen Ehe nahe. In zw¨olf Punkten wird die N¨utzlichkeit und Wichtigkeit der Ehe dargelegt. Die Hauptquellen sind die Bibel, das kanonische Recht und → Augustinus. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 756, 21v–27r (Pap., letztes Drittel 15. Jh., schw¨abisch). Ausgabe: Dallapiazza, PBB (s. Lit.) S. 78–84. Literatur: Michael Dallapiazza, VL2 8 (1992) Sp. 503 f. – Ders.: Eine schw¨abische Ehelehre des 15. Jh. In: PBB 106 (1984) S. 75–84. – Ders.: Sp¨atma. Ehedidaktik. In: Liebe, Ehe, Ehebruch in der Lit. des MA. Hg. v. Xenja v. Ertzdorff/Marianne Wynn (Beitr. zur dt. Philologie 58). Gießen 1984, S. 161–172. BJ Sechs Gebote fur ¨ den Menschen. – Katechetischer Traktat. Die einzelnen Teile des Prosatextes sind aus verschiedenen Quellen kompiliert, exzerptartig aneinandergereiht und mit Schriftzitaten versehen. Der Text, der teilweise den Gewissensspiegel → Martins von Amberg als Vorlage hat, versteht sich als Einf¨uhrung in wichtige Punkte christlicher Glaubenslehre f¨ur Laien (Gottesfurcht und -liebe, Glaubensartikel, Zehn Gebote, sieben Haupts¨unden, t¨odliche und l¨assliche Su¨ nden, Buße). Auf den eigentlichen Katechismus mit den Bitten des Vaterunsers, dem Apostolicum und ¨ Uberlegungen zur Siebenzahl (sieben Gaben des Hl. Geistes usw.) folgen eine Erkl¨arung der sieben Tods¨unden und ihrer «T¨ochter», Buße und S¨unden der Vers¨aumnis. Zuletzt geht es um die vergessenen neun S¨unden und die S¨unden wider den Hl. Geist. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 1128, 172r–177r (Pap., drittes Viertel 15. Jh., mittelbair.). Literatur: Marlies Hamm, VL2 8 (1992) Sp. 979 f. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 172–174. – Helmut Weck, Die ‹Rechtssumme› Bruder Bertholds. Eine dt. abecedarische Bearbeitung der ‹Summa Confessorum› des Johannes v. Freiburg. Die hsl. ¨ Uberl. (TTG 6). Tu¨ bingen 1982, S. 166 f. BJ Severus von Ravenna. – Dt. Legenden. Der Legende nach soll der verheiratete Wollweber S. zum Bischof von Ravenna gew¨ahlt worden 1485

2. H¨alfte 15. Jh. sein, weil sich w¨ahrend des Wahlvorgangs als Zeichen des Hl. Geistes eine Taube auf sein Haupt niedergelassen habe. Die Legende ist in sechs dt. Legendaren und in sieben selbstst¨andigen dt. Fassungen u¨ berliefert (verzeichnet bei Williams-Krapp 1986 [s. Lit.] S. 459); genauere Untersuchungen zu diesen stehen bislang noch aus. Auf einer Bildtafel in Regensburg (heute im Museum der St. Ulrichskirche) ist eine weitere dt. S.Legende u¨ berliefert. Im Jahr 1456 stiftete die Bruderschaft der Wollweber dort eine Bilderwand mit 16 Tafelbildern, die das Leben des Hl. S. zeigen. Die Bilder werden durch lat. und dt. Spruchb¨ander sowie durch eine fortlaufende S.-Legende am unteren Bildrand erl¨autert; Quelle daf¨ur war die Vita Severi des Lutolf von Mainz. Ausgabe: Spruchb¨ander und Legende: Hans Ulrich Schmid: Die ma. dt. Inschriften in Regensburg (Regensburger Beitr. zur dt. Sprach- und Literaturwiss. B 40). Frankfurt/M. u. a. 1989, S. 32–36. Literatur: Wimmer/Melzer (61988) S. 742. – Werner Williams-Krapp, VL2 11 (2004) Sp. 1425 f. – Ders.: Die dt. und ndl. Legendare des MA. Stud. zu ¨ ihrer Uberlieferungs-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 459. SF Soflinger ¨ Briefe und Lieder (S¨oflinger Buhlbriefe, Amores S¨oflingenses). – Privatdokumente aus dem Klarissenkloster S¨oflingen. Als 1484 das Klarissenkloster S¨oflingen reformiert wurde, fand man in den Zellen der Nonnen auch 55 Briefe und sieben Lieder privater Natur. Empf¨anger waren S¨oflinger Nonnen, Absender zu einem großen Teil Franziskaner, Laien und Schwestern aus den Kl¨ostern Ulm und Weiler/Esslingen. Namentlich bekannt sind die Briefschreiber Joducus → Wind, der 21 Briefe an Magdalena von Suntheim schrieb, sowie Konrad von Bondorf mit vier Briefen an Klara von Rietheim. Ein Teil der Briefe war sachlicher Natur und behandelte u. a. finanzielle Angelegenheiten, Klosterreformen, politische Geschehnisse oder den kaiserlichen Schutzbrief von 1467. Daneben sind in ¨ den S. B. zahlreiche pers¨onliche Außerungen ent¨ halten, die von abwertenden Außerungen u¨ ber Mitbr¨uder bzw. -nonnen bis zu u¨ berschw¨anglichen Freundschafts- oder Liebesbekundungen reichen. Die darin zum Ausdruck kommenden Beziehungen erscheinen in den Briefen als sog. geistliche Ehen, die sich wahrscheinlich in einem akzeptierten Rahmen bewegten. Die mit den Briefen aufgefundenen sieben Lieder unbekannter Herkunft 1486

2. H¨alfte 15. Jh. d¨urften von weltlichen Liebesliedern angeregt worden sein, deren volkst¨umliche Konventionen und Floskeln sie wiedergeben. Inhaltlich thematisieren sie u. a. jene Neider, die anderen Menschen keine Liebe g¨onnen. ¨ Uberlieferung: Ludwigsburg, Staatsarch., B 509, B¨u 2. – Ulm, Stadtarch., Veesenmeyersche Urkundenslg., Nr. 299. Ausgaben: Anton Birlinger: Amores S¨oflingenses. In: Alemannia 3 (1875) S. 86–88, 140–148. – Georg Steinhausen: Dt. Privatbriefe des MA 2. Berlin 1907, S. 41–88 (Nr. 37–81). – Miller 1940 (s. Lit.). – S. B. In: Schwabenspiegel 1. Lit. vom Neckar bis zum Bodensee 1000–1800. Hg. v. Ulrich Gaier u. a. Ulm 2003, S. 333–336 (nach Miller). Literatur: De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 320 f., 810. – Helga Sch¨uppert, VL2 9 (1995) Sp. 13–16; 11 (2004) Sp. 1441. – Karl Suso Frank: S¨oflingen. In: LThK3 9 (2000) Sp. 686. – Gottfried Petzsch: ¨ Uber Technik und Stil der mhd. Privatbriefe des 14. und 15. Jh. Diss. Greifswald 1913, passim. – Rudolf Schmitz: Der Zustand der su¨ ddt. FranziskanerKonventualen am Ausgang des MA. D¨usseldorf 1914, bes. S. 33–40. – Max Miller: Die S. B. und das Klarissenkloster S¨oflingen bei Ulm im Sp¨atMA. W¨urzburg 1940. – Ders.: Der Streit um die Reform des Barf¨ußerklosters in Ulm und des Klarissenklosters in S¨oflingen und seine Beilegung (1484–1487). In: Aus Arch. und Bibl. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Weißenhorn 1969, S. 175–193. – Arne Holtorf: Neujahrsw¨unsche im Liebesliede des ausgehenden MA. Zugleich ein Beitr. zur Gesch. des ma. Neujahrsbrauchtums in Deutschland (GAG 20). G¨oppingen 1973, S. 251–254 u. o¨ . – K. S. Frank: Das Klarissenkloster S¨oflingen bis zur Aufhebung 1803. In: Kirchen und Kl¨oster in Ulm. Ein Beitr. zum katholischen Leben in Ulm und Neu-Ulm v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart. Hg. v. Hans Eugen Specker/Hermann T¨uchle. Ulm 1979, S. 163–199, bes. S. 177–183. – Ders.: Das Klarissenkloster S¨oflingen. Ein Beitr. zur franziskanischen Ordensgesch. Su¨ ddeutschlands und zur Ulmer Kirchengesch. Ulm 1980, bes. S. 97–103. – Gabriela Signori: Die S¨oflinger Liebesbriefe (um 1484) oder die vergessene Gesch. von Nonnen, die von Liebe tr¨aumten. In: Metis 17 (1995) S. 14–23. – Marc Mu¨ ntz: Freundschaften und Feindschaften in einem sp¨atma. Frauenkloster. Die sog. S. B. In: Meine in Gott geliebte Freundin. Freundschaftsdokumente aus kl¨osterlichen und humanistischen Schreibstuben. Hg. v. Gabriela Signori. Bielefeld 1998, S. 111–120. MM 1487

Thomas von Lampertheim Thomas von Lampertheim (Lampacher, Lamparthen, Lampertius) OP, † nach 1501. – Verfasser von Schriften zum Ordensleben, Vertreter der Observanzbewegung, sp¨ates 15. Jh. T. stammte aus Lampertheim/Niederelsass. Vor 1475 war er Lektor im Predigerkloster Gebweiler, seit 1475 Prior in Chur. Ausgestattet mit der Erlaubnis zur Gr¨undung von Drittordensniederlassungen f¨ur M¨anner und Frauen versah er hoheitliche Aufgaben f¨ur Schwesternkonvente. Sp¨atestens seit 1483 war T. zudem Visitator und u¨ bernahm zahlreiche Vikariate. T. kam hinsichtlich Verwaltung, Betreuung und Organisation innerhalb des reformierten Zweigs der Dominikaner eine herausragende Stellung zu. Neben seinen zahlreichen Aufgaben f¨ur den Orden stand er in Verbindung mit humanistischen und gelehrten Kreisen in Basel und Straßburg. Er geh¨orte zusammen mit u. a. Johann → Geiler von Kaisersberg zu einer Gruppe, die eine Lebensform «in solitudine» anstrebte, die sich an den Br¨udern vom gemeinsamen Leben orientierte. Mit Geiler war T. befreundet, was anhand der Geiler-Vita Jakob Wimpfelings als gesichert gelten kann. Auch stehen seine unikal u¨ berliefer¨ ten Schriften zumeist in einem Uberlieferungszusammenhang mit Werken Geilers. Sie sind in der Regel von T.s allt¨aglichen Aufgaben gepr¨agt. Es sind bis jetzt sieben Schriften bekannt, die T. zugeschrieben werden k¨onnen: Eine Beichtanweisung f¨ur Ordensfrauen, die Johannes → Gerson und → Thomas von Aquin zitiert. Eine Abhandlung von den vj stunden der nach[t] vor denen sich ein yeder mensch h¨utten soll behandelt Fragen der geistlichen Disziplin sowie des Gehorsams gegen¨uber der Ordensregel und der Konvents- und Ordensleitung. Das ABC des Geistes schildert die Auseinandersetzung zwischen dem Verwalter G¨oli und dem Beichtvater Thomas um Mitgift und Fr¨ommigkeit von acht neuen Schwestern. T. deutet die Mitgift geistlich. Das Werk ist auch T. von Sachsen zugeschrieben worden, doch sprechen neben stilistischen Aspekten vor allem ¨ Datierung und Uberlieferungszusammenhang f¨ur eine Autorschaft T.’ v. L. Weitere Schriften sind eine Ermahnung zum tugendreichen Leben (Ein nutze under wyßung vnd lere aller geistlichen menschen zu kvmen zv wolkvmenheit aller tvgende), eine Anleitung zum rechten Glauben (Eine n¨utze leere synen zunderen kynden geben), ein Traktat gegen pers¨onliches Eigentum von Ordensschwestern und eine 1488

Varnbuhler ¨ geistliche Unterweisung Wie sich der mensch halten sol der iecz in willen ist, sich z˚u b¨osßerend. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 197, 197v–224v (Pap., 16. Jh., els¨assisch; Beichtanweisung). – Ebd., Mgf 88, 260v–263r (Pap. und Perg., 1498/99, westschw¨abisch und els¨assisch; vj stunden der nach[t]; auf 263r wird T. «vom Predigerorden bichtvatter zu der steigen» genannt: T. u¨ bernahm 1488 das Vikariat des els¨assischen Kloster Obersteigen). – Ebd. Mgq 434, 33r–35r (Pap., letzte Viertel 15. Jh., els¨assisch; ABC). – Ebd. Mgo 63, 129r–131v/131v–137r (Pap., 15. Jh. els¨assisch; Ermahnung/Anleitung). – Alle Berliner Hss. sind aus dem Besitz Daniel Sudermanns und u¨ berliefern zudem Geiler-Texte. – W¨urzburg, UB, M. ch. o. 16, 206r–207v (Pap., 15./16. Jh., schw¨abisch; Traktat gegen das Eigentum). – Dillingen, Studienbibl., Cod. XV 197, 60v–75r (Pap., Anfang 16. Jh., hochalemannisch/schw¨abisch; geistliche Unterweisung; T. wird 60v als «b¨ychtiger des reformierten closters Gnadental Stetten» genannt: T. u¨ bersiedelte 1502 mit Dominikanerinnen aus dem Kloster Klingental [Basel] von Obersteigen nach Stetten). Ausgabe: Landmann 1943, S. 62–66 (‹ABC›). Literatur: Hans-Jochen Schiewer, VL2 9 (1995) Sp. 885–889. – Charles Schmidt: Notice sur le cou´ vent et l’Eglise des Dominicains de Strasbourg. Suivie d’une notice sur l’ancien Temple-Neuf et l’ancien Gymnase de Strasbourg. Straßburg 1876, S. 161–224. – Ders.: Histoire litt´eraire de l’Alsace a` la fin du XVe et au commencement du XVIe si`ecle. Bd. 1. Paris 1879, S. 23, 359. – Benedikt Maria Reichert: Registrum litterarum. 3 Bde. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 6, 7 und 10). Leipzig 1911–14, Reg. (Bd. 3, S. 195). – Hieronymus Wilms: Das a¨lteste Verz. der dt. Dominikanerinnenkl¨oster (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 24). Leip¨ zig 1928. – Luzian Pfleger: Zur hsl. Uberl. Geilerscher Predigttexte. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 6 (1931) S. 195–205. – Oskar Vasella: Gesch. des Predigerklosters in Chur. Paris 1931, S. 45, 53 f., 57, 60. – Florenz Landmann: Das ABC des Geistes von Bruder T. Ein Strassburger mystischer Traktat u¨ ber den Hausrat von Klosterfrauen. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 16 (1943) S. 55–66. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibliotheksgesch. Diss. T¨ubingen 1956, S. 144, 1489

2. H¨alfte 15. Jh. 152–154, 156 mit Anm. 1, 158 f., 168–170. – Hermann T¨uchle: Beitr. zur Gesch. des Ulmer Dominikanerklosters. In: Aus Arch. und Bibl. Stud. aus Ulm und Oberschwaben. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Weißenhorn 1969, S. 194–207. – Jakob Wimpfeling/Beatus Rhenanus: In Johannis Keiserspergii theologi doctrina vitaque. Das Leben des Johannes Geiler v. Kaysersberg (Opera selecta 2,1). Unter Mitarb. v. Dieter Mertens eingel., kommentiert und hg. Otto Herding, S. 58. – Francis Rapp: R´eformes et R´eformation a` Strasbourg. Straßburg 1974, S. 146–149, 365–367. – So´ nia Pelletier-Gautier: L’Eglise et la vie religieuse a` Guebwiller a` la fin du du moyen age (Soci´et´e savante d’Alsace et des r´egions de l’Est. Recherches et Documents 39). Colmar 1988, passim. – Jakob Wimpfeling: Briefwechsel Teilbd. 1 (Opera selecta 3,1). Eingel., kommentiert und hg. v. O. Herding/D. Mertens. Mu¨ nchen 1990, S. 58, 272 Anm. 2. – Elisabeth Wunderle: Die ma. Hss. der Studienbibl. Dillingen. Wiesbaden 2006, S. 376. VZ Varnbuhler, ¨ Angela (Engel) OP, * 1441 St. Gallen, † 5.3.1509 St. Gallen. Die Tochter des Zunftmeisters Hans V. und Schwester des St. Galler B¨urgermeisters Ulrich V. trat 1453 in das Dominikanerinnenkloster St. Katharina in St. Gallen ein und legte 1455 das Gel¨ubde ab. Als Piorin (1476–1509) war sie an der Einf¨uhrung der «strengen Observanz» beteiligt und vermehrte die Klosterbibliothek erheblich. V. verfasste den ersten Teil der dt. Klosterchronik, der auch ein Verzeichnis der Klosterbibliothek enth¨alt. Vom Briefwechsel mit der Priorin Kunigunda Haller im Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg sind nur die Briefe der N¨urnberger Priorin im St. Galler Schwesternbuch als Kopie erhalten. In ihr pers¨onliches lat.-dt. Gebetbuch trug V. Nekrologe zum Tod ihrer vier Geschwister ein. ¨ Uberlieferung: Klosterchronik: Wil (Kanton St. Gallen), Klosterarch. St. Katharina, ohne Sign., 187 Bll. (Pap., Schreiberinnen: Anlagehand A. V. und Cordula von Sch¨onau, Justina Blarer, Sapientia Wirt, Elisabeth Schaigenwiler und Regula Keller, ca. 1481/82–1528). – St. Galler Schwesternbuch: Ebd., ohne Sign., 279 Bll. (Pap., Schreiberinnen: Haupt- und Anlagehand Elisabeth Muntprat, abgel¨ost passim von A. V.; wenige kurze Abschnitte auch von Regina Sattler, Cordula von Sch¨onau 1490

2. H¨alfte 15. Jh. und (der sp¨ateren Priorin) Sapientia Wirt, 1480er Jahre). – Gebetbuch: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1899. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 10 (1999) Sp. 161. – M. Thoma (Katharina) Vogler: Gesch. des Dominikanerinnen-Klosters St. Katharina in St. Gallen (1228–1607). Freiburg/Schweiz 1938, S. 46–62. – Andreas R¨uther/Hans-Jochen Schiewer. Die Predigthandschriften des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. In: Die dt. Predigt im MA. Hg. v. Volker Mertens/H.J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–193, bes. S. 174, 185–189. – Heike Uffmann: Wie in einem Rosengarten. Monastische Reformen des sp¨aten MA in den Vorstellungen v. Klosterfrauen (Religion in der Gesch. 14). Bielefeld 2008, S. 331. – Monika R¨uegg: Die sogenannte Chronik v. St. Katharina in St. Gallen. Inhaltsanalyse eines Konventsbuches. Masterarbeit Freiburg/Schweiz 2010. BJ Wagner, Bernhard OSB. – Vermeintlicher Verfasser eines Beichtbriefs, Ende 15. Jh. W. ist als benediktinischer Laienbruder im Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg bezeugt. Er ist anders als fr¨uher angenommen nicht der Verfasser eines deutschsprachigen Beichtbriefs in Heidelberg, UB, Cpg 640, 110v–117r (aus Augsburg). Der Beginn des Textes («Ich br¨uder bernnhart wagner armer s¨under») nennt lediglich den Namen des Beichtenden, der die Abschrift eines Beichtbriefs in Auftrag gegeben habe, die Schrift stammt auch nicht aus St. Ulrich und Afra, sondern ist Abschrift ¨ oder Ubersetzung einer kart¨ausischen Quelle. Der Text beginnt mit einer Anrede Gottes, dann folgen, eingekleidet in ein Gebet an Gottvater, eine allgemeine Bekenntnis ungenannter S¨unden mit der Bitte um Gnade und das hl. Sakrament, ein Gebet zu Christus und zum Schutzengel, Datierung (1498), Lokalisierung (St. Ulrich und Afra) und «Absender» («bruder bernhart wagner»), ein kurzes Gebet um Beistand zu Christus, Maria, den Heiligen und Engeln, sowie ein kurzer Bericht u¨ ber die Entstehung des Textes mit Betonung der allgemeinen Anwendbarkeit des Verfahrens. Am Schluss stehen einige Reimpaarverse mit allgemeinen Mahnungen an den Menschen. Die Handschrift enth¨alt ferner u. a. Gebete, die vermutlich → Johannes von Indersdorf zugeschrieben werden k¨onnen. Literatur: Freimut L¨oser, VL2 10 (1999) Sp. 567 f. SF 1491

Wagner Weyg, Johannes (Weig, Weyg, Weg, Wech) OP. – Prediger, um 1478/93 bezeugt. W. studierte wohl seit 1454 in Leipzig und ist um 1478 als Disputationsteilnehmer an der Universit¨at K¨oln nachweisbar. Zwischen 1478 und 1482 hielt er sich im Dominikanerkonvent in N¨urnberg auf, wo er um 1481 das Amt des Kursors innehatte. Er lebte zuletzt seit 1482 bis mindestens 1493 im Kloster Pettau/Slowenien. W. hinterließ Fragmente und Anmerkungen zu zwei seiner dt. Predigten, die er in den Jahren 1480 und 1481 im Katharinenkloster in N¨urnberg gehalten hatte. Er bezieht sich darin vor allem auf einen Lk-Kommentar von → Bonaventura u¨ ber die Freude der Engel an B¨ußern. ¨ Uberlieferung: Schriesheim/Heidelberg, Slg. Eis, cod. 114, 106r, 169r–169v (N¨urnberg, Katharinenkloster, Ende 15. Jh.). Ausgaben: Renner 1959 (s. Lit.) S. 210. – Walther 1968 (s. Lit.) S. 83, Nr. III. Literatur: Karin Schneider, VL2 10 (1999) Sp. 978 f. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. Beitr. zu seiner Gesch. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213. – Gabriel M. L¨ohr: Die theologische Disputationen und Promotionen an der Univ. K¨oln im ausgehenden 15. Jh. nach den Angaben des P. Servatius Fanckel O. P. Leipzig 1926, S. 113. – Peter Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Helmut G. Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis, besonders das Werk Peter Kirchschlags. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 37 (1968) S. 71–97, hier S. 78–80. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. T 152. MM Wichmannsburger Antependium. – Ende 15. Jh. Das A. gelangte aus dem Zisterzienserinnenkloster Medingen bei L¨uneburg in die Pfarrkirche Wichmannsburg (Hannover, Kestner-Museum, W. M. XXII,8). Es bietet eine komplexe Passionsikonographie mit lat. und einzelnen nd. Beischriften. Literatur: Henrike L¨ahnemann, VL2 11 (2004) Sp. 1655 f. – Brigitte Uhde-Stahl: Fig¨urliche Buchmalereien in den sp¨atma. Hss. der L¨uneburger Frauenkl¨oster. In: Nd. Beitr. zur Kunstgesch. 17 (1978) S. 25–60. – Krone und Schleier. Kunst aus ma. Frauenkl¨ostern [Ausstellungskat.]. M¨unchen 1492

Zolner 2005. – H. L¨ahnemann: ‹An dessen bom will ik stighen.› Die Ikonographie des W. A. im Kontext der Medinger Hss. In Oxford German Studies 34 (2005) S. 19–46. BJ Wiener Dialogverse uber ¨ Tod, Gericht und Jenseits. – Text u¨ ber das Schicksal des Menschen zwischen Tod und J¨ungstem Gericht (86 Verse). Der von dem Mondseer Benediktiner Johann → Hauser (1440–1518) in eine seiner Sammelhandschriften eingetragene Text gliedert sich in drei Teile: Nach einer Ars-moriendi-Szenerie mit f¨unfmaliger Versuchung durch den Teufel und f¨unfmaliger Best¨arkung im Glauben durch einen Engel zeigt der zweite Teil drei Menschentypen (Gerechter, Verfluchter, S¨under). Der dritte Teil des nicht zur szenischen Auff¨uhrung bestimmten Textes entwickelt die drei Jenseitsoptionen im Gespr¨ach der Seele mit dem Tod, dann im Gespr¨ach mit Gott, Engeln und Teufeln. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, Cod. 4119, 121r–124r (Pap., um 1500). Ausgaben: Fiedler (s. Lit.) S. 298–304. – Trauden (s. Lit.) S. 514–519. Literatur: Christian Kiening, VL2 10 (1999) Sp. 1014 f. – Ilse Fiedler: Der Mondseer Benediktiner Johannes Hauser († 1519) als Sammler und Dichter. Diss. Wien 1950. – Rolf Bergmann: Kat. der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des MA. M¨unchen 1986, Nr. 165, S. 357–359. – Dieter Trauden: ‹Auch ander ler exempel gut› – Der Mondseer Benediktiner Johann Hauser als Sammler volkssprachiger Dramen? In: AB¨aG 43/44 (1995) [FS A. H. Touber] S. 485–519, bes. S. 492–496. BJ Wilhelm zum Lenzfried OFM. – Verfasser einer Art Katechismustafel. Ein schw¨abischer Einblattdruck ist von einem «Br˚uder Wilhalm z˚um lentzfrid» unterzeichnet; 1461–1548 existierte ein Franziskanerkloster in Lenzfried bei Kempten. Die Tafel enth¨alt unter ¨ der Uberschrift «O cristen mensch bis vermant ernstlich, was hie geschriben ist lis vern¨unfftiglich» 30 Ermahnungen zu einem gottgef¨alligen Leben, wobei jede der 32 Verszeilen auf «-lich» endet, eine Auflistung der zehn Gebote und der sieben Tods¨unden sowie ein Paternoster und ein Ave Maria in dt. Prosa. ¨ Uberlieferung: Einblattdruck v. Albert Kunne, Memmingen, ca. 1496. Ein Exemplar eingeklebt in 1493

2. H¨alfte 15. Jh. den um 1497 von dem Regensburger Augustinerprior Hieronymus → Streitel zusammengestellten Kollektaneenband Hamburg, SUB, Cod. hist. 31 e fol., 417r. Ausgabe: Wilhelm Ludwig Schreiber: Formschnitte und Einblattdrucke aus o¨ ffentlichen und privaten Bibl. und Slg. (Einblattdrucke des 15. Jh. 38). Straßburg 1913, S. 13, Faks. Tf. 19. Literatur: Konrad Kunze, VL2 10 (1999) Sp. 1111 f. – Wolfgang Stammler: Ma. Prosa in dt. Sprache. In: Dt. Philol. im Aufriß. Bd. 2. Berlin 21960. Hg. v. W. Stammler, Sp. 749–1102, hier Sp. 873. SF Ympni vulgarisati. – Lat.-dt. Hymnar, zweite H¨alfte 15. Jh. Es handelt sich bei den Y. v. um eine Sammlung von mehr als 60 Hymnen¨ubersetzungen; da¨ bei folgt die dt. Ubersetzung dem lat. Text meist Wort f¨ur Wort. Die Sammlung a¨ hnelt stark den Kontextglossen der → Auslegung der Hymnen, stellt aber eine selbstst¨andige Arbeit dar. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 14698, 28r–45r (geschrieben vor 1486 v. dem Regensburger Franziskaner Michael Pfullinger in Augsburg). Literatur: Johannes Janota/Burghart Wachinger: Hymnare und Hymnenerkl¨arungen in dt. Sprache. In: VL2 4 (1983) Sp. 338–346, hier Sp. 342; 11 (2004) Sp. 702. – Nikolaus Henkel: ¨ Ma. Ubers. Lat. Schultexte ins Dt. Beobachtungen zum Verh¨altnis v. Formtyp und Leistung. In: Poesie und Gebrauchslit. im dt. MA. W¨urzburger Colloquium 1978. Hg. v. Volker Honemann u. a. T¨ubingen 1979, S. 164–180, hier S. 168 f. – ¨ Ders.: Dt. Ubers. lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 90). Mu¨ nchen 1988, S. 142 f. SF Zolner, Johannes (Tzolner) OP. – Prediger des sp¨aten 15. Jh. Die drei in der Handschrift Z¨urich, ZB, Cod. D 23, 121r–125v, 139v–143r (Pap., aus dem N¨urnberger Katharinenkloster) u¨ berlieferten Predigten Z.s aus den Jahren 1483–85 handeln vom Altarsakrament (mit Berufung auf den Sentenzenkommentar des → Thomas von Aquin), von unsern geistlichen Waffen und von Maria als Ehrenthron Salomons. Thema der Predigt (datiert 18.7.1484) in der Handschrift der Privatsammlung Eis, Heidelberg, Hs. 114, 247v–249v (Pap., zwischen 1472 und 1498) ist die Tugend der Demut. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 1586. – Gabriel M. L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. 1494

2. H¨alfte 15. Jh. In: Zs. f¨ur schweizerische Kirchengesch. 38 (1944) S. 41–43. – Peter Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217, hier S. 208. – Helmut Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 38 (1968) S. 71–94, bes. S. 80. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 3. Rom 1980, S. 49. BJ Lock, Johannes OP, † 14.5.1494. Der aus Windsheim stammende L. studierte seit 1460 in Leipzig, wurde 1468 zum Magister artium promoviert und trat dann in den Dominikanerorden ein. In N¨urnberg wurde er Lektor, zu Ostern 1485 Beichtvater der Nonnen von St. Katharina; zwischen 1481 und 1487 ist er dort als Prediger bezeugt. L.s Predigten handeln vom Reich Gottes in uns, von der Trinit¨at, von der Nachfolge Christi, von der Versuchung Gottes, von der F¨urbitte Marias und von der Liebe Gottes. Die unter dem Einfluss der Scholastik stehenden Predigten zitieren h¨aufig → Thomas von Aquin. ¨ Uberlieferung: Neun Predigtnachschriften, gefertigt von den Nonnen des St. Katharinaklosters (acht dt. und eine lat.): Z¨urich, ZB, Cod. D 231, 119v–121r, 127r–138v, 143r–152r, 152v–155v, 155v–162v, 194r–197r, 205r–216v, 217r–219v, 253v–263v. – Drei Predigtnachschriften, ebenfalls aus St. Katharina: Heidelberg, Helko Eis, Privatslg., Hs. 114, 111v f., 174v f., 224v ff. Ausgabe: Gabriel L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 38 (1944) 41–42, 43–45, 45–46, 199, 199–200, 203–205 (kurze Ausz¨uge aus den Predigten der Z¨urcher Hs.). Literatur: Peter Renner, VL2 5 (1985) Sp. 898 f. – Friedrich Bock: Das N¨urnberger Predigerkloster. In: Mitt. des Vereins f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 25 (1924) S. 145–213. – Gabriel M. L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 38 (1944) S. 33–46, hier S. 43. – Leo Kunibert Mohlberg: Ma. Hss. (Kat. der Hss. der ZB Z¨urich 1). Z¨urich 1951, S. 291 f. – P. Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Helmut Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 38 (1968) S. 71–97. BJ 1495

Lock Otto von Sonnenberg, † 1491. – Bischof von Konstanz; Verfasser und Auftraggeber liturgischer und pastoraler Werke, zweite H¨alfte 15. Jh. Der aus dem Hause Waldburg stammende O. v. S. ist erstmals 1451 bezeugt, als er sich in Wien immatrikulierte. Drei Jahre sp¨ater studierte er in Pavia. 1466 trat er in Lindau eine Chorherrenstelle an; 1472 stand er im Dienst des Grafen Eberhard im Bart von W¨urttemberg. Als Domherr in Konstanz ist er 1474 bezeugt. Im selben Jahr wurde O. v. S. vom Domkapitel zum Konstanzer Bischof gew¨ahlt, auf die Wahl folgte jedoch, ausgel¨ost durch den Einspruch von Papst Sixtus IV., der sog. «Konstanzer Bistumsstreit», im Rahmen dessen Kaiser Friedrich III. und die Stadt Konstanz f¨ur O. eintraten, w¨ahrend der Papst und Herzog Sigismund von Tirol den p¨apstlichen Kanditaten Ludwig von Freiberg, der Anfang 1474 zum Koadjutor des Bischofs Hermann III. von Breitenlandenberg ernannt worden war, favorisierten. Erst im Jahr 1481, nachdem Ludwig im Herbst 1480 gestorben war, erfolgte die Weihe O.s zum Priester und Bischof. Nach zehnj¨ahriger Amtszeit starb er am 21. M¨arz 1491. In seinem Auftrag wurde das Breviarium Constantiense redigiert. Druck: Basel, Michael, Wenßler, vor dem 21.5.1480 (GW 5318). – F¨unf weitere Konstanzer Breviere (GW 5319–5323) erschienen bis 1491. Zu den Statuta synodalia, dem bedeutendsten Dokument der Reformsynode von 1481 u¨ ber die Pflichten und den Lebenswandel der Geistlichen, verfasste O. ein Vorwort. Druck: Basel, Michael, Wenßler, um 1481/82. Das Geleitwort zu der Schrift Obsequiale sive benedictionale secundum ecclesiam Constantiensem stammt ebenfalls von O. Drucke: Basel, Michael Wenßler, um 1481/82. – Ebd., um 1482 (verbesserte Neuausg.). Ausgabe: Alban Dold: Die Konstanzer Ritualientexte in ihrer Entwicklung v. 1482 bis 1721 (Liturgiegeschichtliche Quellen 5–6). M¨unster 1923, S. 1–169. Auf O.s Veranlassung hin entstand eine redigierte Ausgabe des Missale Constantiense. Druck: Basel, Peter, Kollicker 1485. Mo¨ glicherweise war er auch der Herausgeber eines mittlerweile verlorenen Handbuchs f¨ur Priester (Vochezer [s. Lit.] S. 880). Der knappe, in vier Kapitel gegliederte Traktat De contemptu mundi des O. v. S. behandelt die Erschaffung des Menschen, den S¨undenfall, die Ent1496

Antworter stehung des B¨osen und der S¨unde und die Vertreibung aus dem Paradies. Darauf folgt eine Beschreibung desselben nach → Isidor und → Vinzenz von Beauvais. Der n¨achste Abschnitt handelt von dem traurigen Dasein des gefallenen Menschen in den sechs Lebensaltern; die Schrift schießt mit einem Ausblick auf die ewige Seligkeit und die Verdamm¨ nis. Eine Ubersetzung aus dem Jahr 1484 stammt von Michael → Christan. Druck: Basel, Johannes Amerbach, nicht nach 1488. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 11 (2004) Sp. 1153–1156. – Joseph Vochezer: Gesch. des f¨urstlichen Hauses Waldburg in Schwaben. Bd. 1. Kempten 1888, S. 801–899. – Emil G¨oller: Sixtus IV. und der Konstanzer Bistumsstreit. In: Freiburger Di¨ozesanarch. NF 25 (1924) S. 1–60. – Albert Braun: Der Klerus des Bistums Konstanz im Ausgang des MA (Vorreformationsgeschichtliche Forschungen 14). M¨unster 1938, S. 15–22, 101, 132, 153, 175 f., 185. – Ludwig Bertalot: Stud. zum italienischen und dt. Humanismus. Rom 1975, S. 85. – Peter F. Kramml: Kaiser Friedrich III. und die Reichsstadt Konstanz (1440–1493). Die Bodenseemetropole am Ausgang des MA (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 29). Sigmaringen 1985, S. 223–229. – J¨org Mauz: Ulrich Molitoris. Ein s¨uddt. Humanist und Rechtsgelehrter. Wien 1992, S. 23–31, 70 f. – Helvetia sacra. Abt. 1, Bd. 2: Erzbist¨umer und Bist¨umer 2. Bern 1993. 1. Teil, S. 114–120, 366–371; 2. Teil, Reg. – Die Bisch¨ofe des Heiligen R¨omischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lex. Hg. v. Erwin Gatz, bearb. v. Clemens Brodkorb. Berlin 1996, S. 669 f. SF Prausser, Johannes OP. – Verfasser eines Traktats. P. lebte urspr¨unglich als Dominikaner in N¨urnberg. 1473 ging er mit anderen Br¨udern nach Stuttgart, um dort ein neues Kloster zu gr¨unden. Er war bis 1475 dessen Prior und anschließend Lektor sowie Generalprediger. 1478 widmete er sich der Reform W¨urttembergischer Frauenklo¨ ster. Seit 1479 Vikar in Gotteszell/Schw¨abisch Gm¨und, wurde er 1481 an die Universit¨at Heidelberg abgeordnet. Dieser Abordnung scheint P. jedoch nicht gefolgt zu sein, da er im gleichen Jahr als Prediger in N¨urnberg erw¨ahnt ist. Danach verliert sich seine Spur. P. gilt heute als Autor einer lat. Abhandlung u¨ ber frommes Witwenleben. Die Schrift selbst ist ver¨ schollen; u¨ berliefert ist nur eine dt. Ubertragung 1497

2. H¨alfte 15. Jh. von Felix → Fabri, Von dem regiment der andechtigen witwen. Eine Predigt P.s von 1481 ist als Nachschrift erhalten; sie behandelt in scholastischer Pr¨agung die Unaussprechlichkeit des Namens Gottes. ¨ Uberlieferung: Von dem regiment der andechtigen witwen: Karlsruhe, LB, cod. St. Georgen 102, 1r–150r (1481, schw¨abisch). – Predigt: Schriesheim/Heidelberg, Slg. Eis, cod. 114, 170r–170v (Katharinenkloster N¨urnberg, Ende 15. Jh.). Ausgaben: Gerhard Eis: J. P.s Predigt u¨ ber die Unaussprechlichkeit Gottes. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 31 (1961) S. 323–325. Literatur: Peter Renner, VL2 7 (1989) Sp. 810 f. – Ders.: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1959) S. 201–217. – Helmut G. Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis, besonders das Werk Peter Kirchschlags. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 37 (1968) S. 71–97. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 162 (T 151). – Bernhard Neidiger: Das Dominikanerkloster Stuttgart, die Kanoniker vom gemeinsamen Leben in Urach und die Gr¨undung der Univ. T¨ubingen. Konkurrierende Reformans¨atze in der w¨urttembergischen Kirchenpolitik am Ausgang des MA. Stuttgart 1993, S. 33 u. o¨ . – Roland Deigendesch: Die Kartause G¨uterstein. Gesch., geistiges Leben und personales Umfeld. LeinfeldenEchterdingen 2001, S. 72. MM Antworter, Georg, * um 1430, † 17.3.1499 W¨urzburg. – Verfasser eines Traktats. G. A., ein Angeh¨origer des Minoritenordens, war Professor der Theologie und seit 1479 Weihbischof in W¨urzburg. Er verfasste 1482 eine dt. Belehrung u¨ ber das Beschw¨oren von Geistern. Der Traktat ist als Brief an einen Junker abgefasst, der sich von einem Poltergeist zu befreien trachtete; A. glaubt an die Existenz von guten und b¨osen Geistern und gibt Anweisungen zur Beschw¨orung. Zu diesem Zweck f¨ugt er einen lat. und einen dt. Beschw¨orungstext bei. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, Msc. Theol. 6 (fr¨uher Q.II.3c), 306v–307v (kurz nach 1482; dt. Nachtrag in einer 1470 v. Christopherus Kellner geschriebenen lat. theologischen Hs.). Ausgabe: Josef Werlin: G. A.s Belehrung u¨ ber das Beschw¨oren v. Geistern. In: Neuphilolog. Mitt. 66 (1965) S. 210–216. Literatur: Peter Assion, VL2 1 (1978) Sp. 405. – Egon Johannes Greipl: A., G. (OFM) († 1499). 1498

2. H¨alfte 15. Jh. Ep. tit. Nicopolitanus. 1479–1499 Weihbischof in W¨urzburg. In: Die Bisch¨ofe des Heiligen R¨omischen Reiches 1448 bis 1648. Bd. 2. Ein biographisches Lex. Hg. v. Erwin Gatz. Berlin 1996, S. 25. – Nikolaus Reininger: Die Weihbisch¨ofe v. W¨urzburg. W¨urzburg 1865, S. 87–95. – Werlin (s. Lit.). SF Geiler von Kaisersberg, Johann, * um 16.3.1445 Schaffhausen, † 10.3.1510 Straßburg. – Prediger, Hofkaplan Maximilians I. Der vielleicht wichtigste Prediger des sp¨aten MA stammte aus einer Familie, die u. a. Handwerker und B¨urgermeister hervorgebracht hatte und deren Wurzeln v¨aterlicherseits in Colmar lagen. G.s Vater Johannes war urspr¨unglich Gehilfe des Stadtschreibers in Schaffhausen und Ammerschwihr, wo G. die Elementarschule besuchte. Nachdem sein Vater 1449 von einem B¨aren get¨otet worden war, wurde G. von einem Verwandten, wahrscheinlich seinem Onkel Peter, aufgezogen. Seit etwa 1452 lebte er mit diesem in Kaysersberg. Seit 1464 studierte G. mit finanzieller Unterst¨utzung seines Onkels an der Universit¨at Freiburg i. Br., deren Artistenfakult¨at ihm 1464 den Magistergrad verlieh. Seit 1465 geh¨orte G. bereits dem Fakult¨atsrat an und war 1469/70 Dekan. 1471 wahrscheinlich in Basel zum Priester geweiht, wechselte er im selben Jahr an die dortige Universit¨at. Dort wurde er 1474 Dekan der Artistenfakult¨at, 1475 Dr. theol. und Professor f¨ur Theologie. 1476 kehrte G. als Theologieprofessor an die Universit¨at Freiburg zur¨uck, war dort auch kurzzeitig Rektor, ließ aber schon 1477 die akademische Welt f¨ur immer hinter sich. Einer seiner F¨orderer, der Straßburger Kaufmann ¨ gewann ihn als und Politiker Peter Schott d. A., Prediger f¨ur Straßburg, nachdem G. ein a¨ hnliches Angebot in W¨urzburg ausgeschlagen hatte. Auf einer teilweise von Schott finanzierten Stelle predigte G., zun¨achst noch Vikar, seit 1478 an der Lorenzkirche und seit 1486 im Straßburger Mu¨ nster auf einer eigens f¨ur ihn erbauten Kanzel. G.s exzellenter Ruf als Prediger verbreitete sich schnell, und so ließ man ihn etwa 1488 auch in Augsburg predigen. Straßburg blieb aber sein Wirkungszentrum, f¨ur das er nach seiner ordentlichen Bestallung (1489) u. a. Rufe nach Basel und K¨oln ausschlug. Ein aufmerksamer Zuh¨orer G.s war Kaiser Maximilian I., der ihn 1501 zum Hofkaplan ernannte und mehrmals seinen Rat suchte. 1503 predigte G. in F¨ussen vor Maximilians Hof und beriet 1499

Geiler von Kaisersberg den Kaiser anl¨asslich einer Reihe von unerkl¨arlichen Himmelserscheinungen. Daneben war G. als Rechtsbeistand und Gutachter t¨atig. Er vertrat u. a. das Magdalenenkloster der Reuerinnen, in dem er zw¨olf Jahre lang Prior war. Zu G.s Aufgabenkreis geh¨orte n¨amlich auch die Betreuung mehrerer Straßburger Konvente. Gleichzeitig erstreckte sich sein Wirken bis in den politischen Bereich. 1501 trug er dem Straßburger Stadtrat die sog. 21 Artikel vor. Darin kritisierte er u. a. die schlechte Krankenversorgung der Stadt, unrechtm¨aßige Abgaben, unzureichende Armenf¨ursorge sowie st¨adtische Eingriffe in klerikale Privilegien, aber auch menschliche Schw¨achen wie Fluchen und Gl¨ucksspiel. Unterst¨utzt wurde G. zeitlebens von einem Kreis zuverl¨assiger Freunde und Gleichgesinnter. Dazu z¨ahlten Peter Schott d. J. und dessen gleichnamiger Vater, der Prediger Hieronymus → Gebwiler, der Augsburger Bischof Friedrich von Zollern, der Humanist Jakob Wimpfeling und der Verfasser des Narrenschiffs, Sebastian → Brant. Sie lieferten G. intellektuelle Anregungen und halfen ihm bei verschiedenen Arbeiten. Mit Schott d. J. gab er 1488 die Werke Johannes → Gersons heraus. Brants Narrenschiff besprach er 1498/99 ausgiebig in einem Predigtzyklus. Und Bischof Friedrich beherbergte ihn regelm¨aßig in Augsburg, wenn G. wieder einmal Straßburg entfliehen wollte. Denn auch eine einsiedlerische Ader lag in G.s Pers¨onlichkeit. So plante er nachweislich, sich mit seinen besten Freunden in ein Eremitendasein zur¨uckzuziehen. Es kam freilich nie dazu – G. blieb Straßburgs bekanntester und beliebtester Prediger. Respekt verschaffte ihm neben seinen ausgezeichneten Predigten auch sein frommer Lebenswandel, der den von ihm gepredigten Anspr¨uchen entsprach. Die o¨ ffentliche Wersch¨atzung G.s zeigte sich noch einmal nach seinem Tod: Unter großer Anteilnahme von Volk und Klerus wurde er unter seiner Kanzel im Straßburger Mu¨ nster beigesetzt. Selbst die von G. zeitlebens kritisierten Ratsherren erwiesen ihm die letzte Ehre. G.s Schriften wurden nur teilweise von ihm selbst publiziert. Zahlreiche Drucke beruhen hingegen auf Nachschriften. Diese stammten bei den lat. Texten aus G.s eigener, bei den dt. Texten aus zweiter Hand. Die von G. selbst betreuten Ver¨offentlichungen begannen nach heutiger Kenntnis mit Wie man sich halten sol by eym ster¨ benden menschen (um 1480/81), einer dt. Uberset1500

Geiler von Kaisersberg zung von Gersons Ars moriendi und wahrscheinlich G.s fr¨uhester Buchpublikation u¨ berhaupt. 1482 erschien Oratio habita in Sinodo Argentinensi, danach die 1488 in Augsburg gehaltenen Predigten Berg des Schauens. 1488 gab G. mit Peter Schott d. J. eine dreib¨andige Gerson-Ausgabe heraus. Es ¨ folgten zwei weitere Gerson-Ubersetungen: Die g¨uldene Regel geistlicher Menschen (1492) und Trostspiegel (1503). Bei den Predigten in Der seelen Paradiß, gehalten 1503–1505 im Straßburger Magdalenenkloster, wurde zumindest das Manuskript noch von G. selbst durchgesehen. Auch bei mehreren kleineren Werken, zumeist Predigten und Traktaten, betrieb G. selbst die Publikation. Weitere Schriften wurden von namentlich bekannten Herausgebern publiziert, die G. zum Teil nahegestanden hatten: Jakob Otther, Jakob Biethen, Johannes Adelphus Muling, Johannes Pauli, Heinrich Weßmer und G.s Neffen Peter Wickgram, der auch sein Nachfolger als Prediger in Straßburg war. Von dem Durchschnitt ma. Prediger unterschied sich G. sowohl in seinem sprachlich-literarischen K¨onnen wie in seinem theologischen Anspruch. Gepr¨agt durch → Heynlin von Stein, Gabriel → Biel und vor allem Johannes Gerson, zeigt sich G. in seinen Predigten als Scholastiker mit eklektizistischen Z¨ugen. Zumindest ist seine Methode der Er¨orterung scholastisch, auch wenn G.s Positionen keiner Schule eindeutig zugeordnet werden k¨onnen. Er u¨ bernimmt teilweise den Nominalismus Biels und Gersons, reichert diesen aber mit mystischen Elementen an. Man hat G. verschiedentlich als Thomisten bezeichnet, dabei ist sein Werk keineswegs orthodox. Als eklektizistisch gilt die Auswahl seiner Predigtstoffe und Quellen. Ohne eine bestimmte Str¨omung zu bevorzugen, bedient sich G.s Werk bei geistlichen Denkern wie → Bonaventura, → Thomas von Aquin und Duns Scotus, → Jordanus von Sachsen, → Jacobus a Voragine und → Jakob von J¨uterbogk. G. wurde als Theologe u. a. von Willibald Pirckheimer gesch¨atzt. Dass G. bei aller theologischen Tiefe auch u¨ ber einen weltlichen Text wie das Narrenschiff predigte, verweist auf eine weitere Qualit¨at des Predigers: seine Volksn¨ahe. G.s Predigten sind eing¨angig formuliert und gegliedert, mit volkst¨umlichen Sprichw¨ortern und Redensarten durchsetzt und nicht frei von allt¨aglichen Beobachtungen und Derbheiten. Allegorien, Fabeln und Gleichnisse veranschaulichen theologische Inhalte. 1501

2. H¨alfte 15. Jh. Hinter dem allgemein zug¨anglichen Stil steht ein starker p¨adagogisch-moralischer Anspruch, wie er sich auch bei Brant und Wimpfeling findet. Neben G.s theologischen und stilistischen Fertigkeiten muss seine Vorliebe f¨ur Reihenpredigten erw¨ahnt werden. Vielfach behandelte G. seine Themen in ausf¨uhrlichen Zyklen, in denen er jeden Aspekt des gew¨ahlten Gegenstands beleuchtete. So hielt er allein u¨ ber Brants Narrenschiff rund 110 Predigten (1498/99), die zu seinen ber¨uhmtesten z¨ahlen. Insgesamt war G.s Leben und Werk durchg¨angig von einem p¨adagogisch-reformerischen Impetus getragen. Dieser zeigt sich in den 21 Artikeln ebenso ¨ wie in seinen Predigten. Außerungen aus G.s letzten Lebensjahren lassen den Prediger jedoch als resigniert, wenn nicht gar verbittert erscheinen, hatte er doch die Hoffnung auf eine tiefgreifende Reform des Christentums verloren. Es ist daher nicht ohne Ironie, wenn G. nach seinem Tod von Flaccius Illyricus und anderen als Vorl¨aufer der Reformation vereinnahmt wurde. Die katholische Kirche wiederum distanzierte sich von ihrem bedeutendsten ma. Prediger – 1559 ließ Papst Paul IV. die Werke G.s auf den Index setzen. ¨ Uberlieferung: 1. Predigten: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 294 (Pap., 15. Jh.). – Straßburg, National- und UB, ms. 1988 (fr¨uher L germ. 71.4°) (Pap., 1489, enth¨alt u. a. Predigten vom ‹geistlichen Spinnrocken›). – Augsburg Staats- und StB, cod. 8° Aug. 18 (1490). – Hamburg, SUB, cod. theol. 2105 (Pap., 1491). – Berlin, SBB, Mgq 1112, 1r–284v (Pap., um 1496, bair., Sammelhs. mit Nachschriften 1488 gehaltener Predigten). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 46 (Pap., Straßburg oder Freiburg i. Br., um 1500, alemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 47 (Pap., Straßburg oder Freiburg i. Br., um 1500, alemannisch, enth¨alt neben Predigt-Nachschriften auch eine dt. Fassung des De exercitiis discretis devotorum simplicium von Johannes Gerson). – Karlsruhe, LB, St. Peter pap. 34, 16v–26r (Straßburg oder Freiburg i. Br., Anfang 16. Jh., Fragm.). – Colmar, StB, Ms. 403 (Kat.-Nr. 61) (Pap., Anfang 16. Jh., wohl Abschrift zweier fr¨uherer Hss. mit Predigten G.s). – Schwaz, Franziskanerkloster, cod. Q I/18 (1506). – Dillingen, Studienbibl., Ms. XV 31, Bll. 1r–151v (Pap., Wettenhausen [?], 1509). – Breslau, UB, Cod. I O 32, Bll. 103r–130r (Pap., 1530, Sammelhs. mit Nachschrift der Predigt zum Leiden Christi). – 2. Sonstige Texte: Berlin, SBB, Mgo 17, 145r–154v 1502

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ (Pap., 15. Jh., dt. Ubers. von De arte moriendi des Johannes Gerson). – Ebd., Mgq 164, 284r–305v (Pap., 15. Jh., dt. Fassung des De exercitiis discretis devotorum simplicium von Johannes Gerson). – M¨unchen, BSB, Cgm 46 (Pap., 1512, enth¨alt einen dt. Auszug aus dem Schiff der Reu’ als Widmungsexemplar des Johann von Eck f¨ur Herzogin Kunigunde von Bayern. Online-Ausg. Mu¨ nchen [o. J.]). – K¨oln, Hist. Arch., cod. W f° 173, 218ra–233rb (Trostspiegel). – Harburg, Oettingen-Wallersteinsche Bibl., cod. III ¨ 1 8° 9, 174v–219r (Trostspiegel). – Zur Uberl. vgl. auch Pfleger 1931 (s. Lit.) und Kraume 1980 (s. Lit.). Drucke: Es sind, beginnend um 1480/81, mehr als 110 Erstdrucke von G.s Werken bekannt, von denen die meisten zwischen 1510 und 1520 erschienen. Grundlegend dazu Dacheux 1882 (s. Ausg.). Neuere Verz. bei Ritter 1945 (s. Lit.), Douglass 1966 (s. Lit.) S. 209–218, Israel 1997 (s. Lit.) S. 356–371, VD16. – Erw¨ahnenswerte Erstdrucke: Wie man sich halten sol by eym sterbenden menschen. [o. O. 1480/81] (sog. Totenb¨uchlein). – Johannes Gerson: Opera. 3 Bde. Straßburg 1488 (Hg., mit Peter Schott d. J.). – Doctor keyserspergs Trostspiegel [...]. Straßburg 1503. – Predigen Te¨utsch [...]. Augsburg 1508. – Der seelen Paradiß. Straßburg 1510. – Das buch granatapfel. Augsburg 1510. – Navicula siue speculum fatuorum [...]. Straßburg 1510. – Navicula penitentie. Augsburg 1511. – Die Emeis. Straßburg 1516. – Des hochwirdigen doctor Keiserspergs narenschiff, so er gepredigt hat zuo straßburg [...]. Straßburg 1520. Ausgaben: 1. Sammelausgaben: Ausgew¨ahlte Schriften. Hg. v. Johann Braun. Trier 1858. – Die a¨ ltesten Schriften des G. von K. Hg. v. L´eon Dacheux. 2 Bde., Freiburg i. Br. 1877, 1882. Nachdr. Amsterdam 1965 (Bd. 1 mit Artikeln und Briefen, Bd. 2 mit sonstigen Schriften). – Ausgew¨ahlte Schriften nebst einer Abhandlung u¨ ber Geilers Leben und echte Schriften. Hg. v. Philipp de Lorenzi. 4 Bde. Trier 1881–83. – S¨amtliche Werke, Tl. 1: Die dt. Schriften. Hg. v. Gerhard Bauer. 3 Bde. Berlin u. a. 1989–95 (danach Erscheinen eingestellt). – 2. Einzelne Texte (Auswahl): Friedrich Wilhelm Ammon: Geiler von Kaisersbergs Leben, Lehren und Predigten. Erlangen 1826, S. 111–199 (Predigtausz¨uge). – Johann Scheible: Volksprediger, Moralisten und frommer Unsinn. Sebastian Brandt’s Narrenschiff mit Geiler’s von Kaisersberg Predigten dar¨uber und Thomas Murner’s Schelmenzunft, vollst¨andig nach den 1503

Geiler von Kaisersberg alten Drucken und ihren bildlichen Darstellungen. Stuttgart 1845, S. 230–814. – Das Schiff des Heils. Hg. und u¨ bers. v. Heinrich Bone. Kirchheim 1864. – Der christliche Glaube des deutschen Volkes beim Schlusse des Mittelalters, dargestellt in deutschen Sprachdenkmalen, oder 50 Jahre der deutschen Sprache im Reformationszeitalter vom Jahre 1470 bis 1520 [...]. Hg. v. Vincenz Hasak. Regensburg 1868, S. 244–247, 381–389, 398–408, 431–435, 442–451, 463–465, 486–484, 519–522, 556–558. – 496 Sprichw¨orter und sprichw¨ortliche Redensarten aus den Schriften G.s v. K. In: Alsatia 8 (1868) S. 131–162. – Altdt. Lesebuch. Hg. v. Wilhelm Wackernagel. Basel 51873, Sp. 1461–1496. – Paedagogisches aus G. v. Kaysersberg. Hg. v. Anton Berlinger. In: Alemannia 1 (1875) S. 1–13. – Zur Gesch. des Volks-Aberglaubens im Anf¨ange des 16. Jh. Aus der Emeis von Dr. Joh. G. v. Keisersberg. Hg. v. August St¨ober. Basel 21875. – G.s v. K. ‹Ars moriendi› aus dem Jahre 1497 nebst einem Beichtgedicht von Hans Foltz von N¨urnberg. Hg. v. Alexander Hoch. Freiburg i. Br. 1901. – Der Passion oder dz lyden Jesu Christi unsers Herren [...]. Hg. v. Richard Zoozmann. Berlin 1905 (Faks.Ausg.). – Der Leib unterwegs, das Herz daheim! Gedanken und Worte von G. v. Kaysersberg. Hg. v. Albert Bruckner-Bremgarten. Hamburg 1907. – ¨ Seelenparadies. Ubers. und hg. v. Franz Xaver Zacher. M¨onchengladbach 1923. – Altels¨assische Spruchweisheit. Aus G.s Predigten. Hg. v. Joseph Lefftz. In: Elsassland 5 (1925) S. 333–337. – Ein A.B.C. wie man sich schicken soll zu einem k¨ostlichen seligen tod. Hg. v. Luzian Pfleger. Hagenau 1930 (Faks.-Ausg.). – Predigtm¨arlein aus G.s Predigten. Hg. v. dems. In: Elsassland 11 (1931) S. 35–39. – ‹Von den zw¨olf schefflin›. Eine unbekannte Predigt G.s v. Kaysersberg. Hg. v. dems. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 6 (1931) S. 206–216. – ‹Von den XV Aest›. Eine unbekannte Predigt G.s v. Kaysersberg. Hg. v. dems. In: ebd. 10 (1935) S. 139–151. – ‹Von der artt der kind›. Eine unedierte Predigt. Hg. v. dems. In: ebd. 15 (1941) S. 130–148 (auch als Sonderdr. Colmar 1941). – Breitenstein 1941 (s. Lit.). – Israel 1997 (s. Lit.). – Koller 2000 (s. Lit.). – Miedema 2004 (s. Lit.). – Steinmetz 2005 (s. Lit.). Bibliographien: Internationale Bibliogr. zur Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zur Gegenwart 1. Hg. v. G¨unter Albrecht/G¨unther Dahlke. Berlin 1969, S. 830 u. o¨ .; Bd. 4,1 (1984) S, 480. – Heiner Schmidt: Quellenlex. zur dt. Literatur1504

Geiler von Kaisersberg gesch., Bd. 8. Duisburg 1996, S. 7 f. – Goedeke, Grundriß2 1 (1884) S. 396–403. Literatur: Ernst Martin: G., Johannes. In: ADB 8 (1878) S. 509–518. – Ehrismann 2,2 (1959) S. 593. – Dieter Wuttke, NDB 6 (1964) S. 150 f. – Francis Rapp, Dict. Spir. 6 (1967) Sp. 174–179. – De Boor/Newald 4/1 (1970) S. 425. – Herbert Kraume, VL2 2 (1980) Sp. 1141–1152; VL2 11 (2004) Sp. 502 f. – F. Rapp, TRE 12 (1984) S. 159–162. – Ursula Schulze, LexMA 4 (1989) Sp. 1174 f. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 2 (1990) Sp. 194 f. – Dieter Mertens, LThK3 4 (1995) Sp. 364 f. – Christian Peters, RGG4 3 (2000) Sp. 554. – Claudia H¨andl, Killy2 4 (2009) S. 138 f. – Anke Roeder, KNLL3 6 (2009) S. 159 f. – Karl August Barack: Die Hss. der F¨urstlich-F¨urstenbergischen Hofbibl. zu Donaueschingen. Tu¨ bingen 1865. Nachdr. Hildesheim/New York 1974, S. 237. – L. Dacheux: Un r´eformateur Catholique a la Fin du XVe si`ecle. Jean G. de K., pr´edicateur a la ´ cath´edrale de Strasbourg, 1478–1510. Etude sur sa vie et son temps. Paris/Straßburg 1876. – Franz Xaver Zacher: G. v. K. als P¨adagog. Eine p¨adagogischkatechetische Stud. 2 Bde., Burghausen 1913/14. – Erich Petzet: Die dt. Pergament-Hss. Nr. 1–200 der SB in Mu¨ nchen (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,1). Mu¨ nchen 1920, S. 75–77. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 2: Die Hss. in Quartformat (Mitt. aus der Preußischen SB VIII). Leipzig 1926 (Nachdr. Graz 1970) S. 28 f., 187 f. – Karl Stenzel: G. v. K. und Friedrich v. Zollern. Ein Beitr. zur Gesch. des Strassburger Domkapitels am Ausgang des 15. Jhs. In: Zs. f¨ur die Gesch. des Oberrheins NF 40 (1927) S. 61–113. – L. Pfleger: Straßburg in den Predigten G.s v. K. In: Elsaß-Land 7 (1927) S. 366–371. – Ders.: Der Franziskaner Johannes Pauli und seine Ausg. Geilerscher Predigten. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 3 (1928) S. 47–96. – Lorenzo Bianchi: G. v. K. und Abraham a Santa Clara. In: Oberdt. Zs. f¨ur Volkskunde 3 (1929) S. 137–160. – L. Pfleger: ¨ Zur hs. Uberl. Geilerscher Predigttexte. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 6 (1931) S. 195–205. – Hermann Degering: Kurzes Verz. der germ. Hss. der Preußischen SB 3: Die Hss. in Oktavformat (Mitt. aus der Preußischen SB IX). Leipzig 1932 (Nachdr. Graz 1970) S. 6 f. – Paul Ramatschi: G.s v. K. ‹Has im Pfeffer›. Ein Beispiel emblematischer Predigtweise. In: Theologie und Glaube 26 (1934) 1505

2. H¨alfte 15. Jh. S. 176–191. – Jakob Gabler: G. v. K. und Charitas Pirkheimer. In: ebd. 10 (1935) S. 418–420. – L. Pfleger: ‹Von den XV Aest›. Eine unbekannte Predigt G.s v. K. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 10 (1935) S. 139–151. – Franz Josef Ritter: R´epertoire bibliographique des livres imprim´es en Alsace au 16me si`ecle de la Biblioth`eque Nationale et Universitaire de Strasbourg. 4 Bde. Straßburg 1939–57, hier bes. Bd. 1 (1939), Nr. 177; Bd. 2 (1945), Nr. 947–986; Bd. 3 (1950), Nr. 284–286, 635–671; Bd. 4 (1957), Nr. 1832–1859. – Eugen Breitenstein: Sprichw¨ortliche Redensarten aus der Emeis G.s v. K. In: Arch. f¨ur els¨assische Kirchengesch. 15 (1941) S. 147 f. – Ders.: Die Autorschaft der G. v. K. zugeschriebenen Emeis. In: ebd., S. 149–198. – Florent Landmann: Zur Gesch. der oberels¨assischen Predigt in der Jugendzeit G.s v. K. In: Archives de l’Eglise d’Alsace 1 (1946) S. 133–161; 2 (1947/48) S. 205–234; 3 (1949/50) S. 71–98. – Adolar Zumkeller: Das Ungen¨ugen der menschlichen Werke bei den dt. Predigern des Sp¨atMA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 81 (1959) S. 265–305. – Murray A. Cowie/Marian L. Cowie: G. v. K. and Abuses in FifteenthCentury Straßburg. In: Studies in Philology 58 (1961) S. 483–495. – Essie J. Dempsey: The Doctrine of Justification in the Preaching of Dr. John G. of K. Diss. Cambridge/Mass. 1963. – Richard Newald: J. G. v. K. In: Probleme und Gestalten des dt. Humanismus. Berlin 1963, S. 326–345. – Elizabeth Jane Douglass: Justification in Late Mediavel Preaching. A Study of John G. of K. Leiden 1966. 2 1989. – Thomas M. Myers: A Rhetorical Analysis of ‹Das Buch Granatapfel›. Diss. Lincoln/Nebraska 1968. – Pierre Schmitt: Manuscrits de la Biblioth`eque de Colmar (Catalogue G´en´eral des Manuscrits des Biblioth`eques Publiques de France 56). Paris 1969, S. 31 f. (Nr. 61). – Klaus Niebler: Die Hss. von St. Peter im Schwarzwald 1: Die Papierhss. (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe X,1). Wiesbaden 1969, S. 52 f., 69–72. – Jakob Wimpfeling/Beatus Rhenanus: Das Leben des Johannes G. v. K. (Jacobi Wimpfelingi Opera Selecta 2,1). Hg. v. Otto Herding. Mu¨ nchen 1970. – Robert P. Ebert: On Predicate Complemention in G.s Seelenparadies. A Study in Early New High German Syntax. Diss. Madison/Wisconsin 1972. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ n¨ chen 1974, S. 182–187 (T 184). – R. P. Ebert: Uber ¨ eine ‹verschollene› Ubers. des Seelenparadies G.s v. 1506

2. H¨alfte 15. Jh. K. In: Modern Language Notes 91 (1976) H. 3, S. 506–509. – Dieter Mertens: Iacobus Carthusiensis. Unters. zur Rezeption der Werke des Kart¨ausers Jakob von Paradies (1381–1465) (Stud. zur Germania Sacra 13). G¨ottingen 1976, S. 254–269. – Josef Schmidt: Lestern, lesen und lesen h¨oren. Kommunikationsstud. zur dt. Prosasatire der Reformationszeit. Bern u. a. 1977, S. 108–132. – F. Rapp: Jean G. de K. (1445–1510), le pr´edicateur de la cath´edrale de Strasbourg. In: Grandes Figures de l’Humanisme Alsacien. Courants – Milieux – Destins. Hg. v. dems. und Georges Livet. Straßburg ¨ 1978, S. 25–32. – H. Kraume: Die Gerson-Ubers. G.s v. K. Stud. zur deutschsprachigen GersonRezeption (MTU 71). Mu¨ nchen 1980. – Wilbergis Klaiber: Johannes Eck und G. v. K. In: Freiburger Di¨ozesan-Arch. 100 (= 3. Folge 32) (1980) S. 248–253. – Klaus Manger: Literarisches Leben in Straßburg w¨ahrend der Pr¨adikatur J. G.s v. K. (1478–1510). Heidelberg 1983. – Werner Schr¨oder: Auxiliar-Ellipsen bei G. v. K. und bei Luther. In: Abh. der Akad. der Wiss. Mainz, Geistes- und Sozialwiss. Kl. 5 (1985) S. 1–64. – Giovanni Matteo Roccati: G. v. K. et la tradition imprim´ee des œuvres de Gerson. In: Revue fran¸caise d’histoire du livre 47 (1985) S. 271–293. – Hermann Wies¨ flecker: Kaiser Maximilian I. Das Reich, Osterreich und Europa an der Wende zur Neuzeit 5: Der Kaiser und seine Umwelt. Hof, Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Mu¨ nchen 1986, S. 344–346 u. o¨ . – Adalbert Elschenbroich: ‹Purgare, illuminare, perficere›. J. G. v. K. als Fabelerz¨ahler und Fabelinterpret in seinen Predigtzyklen. In: DVjs 61 (1987) S. 639–664. – Volker Honemann: Der Tod bei G. v. K. In: Zeit, Tod und Ewigkeit in der Renaissance-Lit. 1 (Analecta Cartusiana 117). Hg. v. James L. Hogg. Salzburg 1987, S. 90–107. – G. Bauer: J. G. v. K. als Objekt und Grundlage der Erforschung der Straßburger Stadtsprache. In: Stadtsprachenforschung unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Verh¨altnisse der Stadt Straßburg in Sp¨atMA und fr¨uher Neuzeit (GAG 488). Hg. v. dems. G¨oppingen 1988, S. 439–470. – Monika Spatz-Koller: Die Sprache einiger Drucke von J. G. v. K. ‹Text der Passion› und ihre Ver¨anderung. In: ebd., S. 413–438. – Christel Matheis-Rebaud: ‹Die Predigt mit dem Gebet f¨ur die sieben Tage der Woche› von J. G. v. K. (1445–1510). Ein Beispiel f¨ur die religi¨ose und spirituelle Unterweisung von Klosterfrauen am Ende des MA. In: Revue Mabillon NS 2 (1991) S. 207–239. – Roland Fillinger: J. 1507

Geiler von Kaisersberg G. v. K. Die Predigten ‹Von den ne¨un fr¨uchten oder n¨utzen aines rechten kloster lebens› und ihre Quellen. Diss. Mannheim 1991. – G. Bauer: Synonyme Zwillingsformeln mit und und oder bei J. G. v. K. In: Uf der mˆaze pfat. FS Werner Hoffmann (GAG 555). Hg. v. Waltraud Fritsch-R¨oßler und Lieselotte Homering. G¨oppingen 1991, S. 351–371. – Anneliese Schmitt: Die Macht des Wortes und die Wirkung des Witzes. J. G. v. K. und Till Eulenspiegel. In: Eulenspiegel-Jb. 32 (1992) S. 11–30. – Susanne Malzer: Schiff der Narren, Schiff der Weisen. Das Augustinische Zweistaatenmodell in J. G.s v. K. Predigtzyklen. In: Lit. in Bayern 30 (1992) S. 22–26. – Helga Sch¨uppert: Allegorie und Alltag. Ein Forschungsaspekt, illustriert mit Texten und Bildern, bei Hans Sachs und G. v. K. In: Symbole des Alltags, Alltag der Symbole. FS Harry K¨uhnel. Hg. v. Gertrud Blaschitz u. a. Graz 1992, S. 661–681. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theol. Hss. der SUB Hamburg 3: Quarthss. und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228) (Kat. der Hss. der SUB Hamburg II,3). Stuttgart 1993, S. 198–200. – Otto von Heesen: Norm und Variation in der Relativkonstruktion des Fr¨uhneuhochdeutschen. Syntaktische Studien am Beispiel von G.s v. K. ‹Predigen Te¨utsch› (Augsburg 1508). Diss. Mannheim 1994. – Dietz-R¨udiger Moser: G. v. K. und die Narrenlit. am Oberrhein. In: Das Elsaß und Tirol an der Wende vom MA zur Neuzeit. Hg. v. Eugen Thurnher. Innsbruck 1994, S. 75–87. – Herbert Schmidt: ‹Seelenparadies› und ‹Paradisus animae›. Stud. zu einem Predigtwerk J. G.s von K. und seiner lat. Vorlage. Diss. Mannheim 1994. – G. Bauer: J. G. v. K. Ein Problemfall f¨ur Drucker, Hg., Verleger, Wiss. und Wiss.f¨orderung. In: Daphnis 23 (1994) S. 559–589. – Ders.: Die Predigten J. G.s v. K. u¨ ber Sebastian Brants ‹Narrenschiff› und ihre ¨ Uberl. durch Jakob Otthers ‹Navicula fatuorum› (1510) und Johannes Paulis ‹Narrenschiff› (1520). In: S´ebastien Brant, son e´ poque et ‹La Nef des fols›. Hg. v. Gonthier-Louis Fink. Straßburg 1995, S. 93–113. – Helga Sch¨uppert: G. v. K. Ein Beitr. zur Imagologie der Predigt. In: Albertus Magnus und der Albertismus. Hg. v. Maarten Hoenen und Alain de Libera. Leiden u. a. 1995, S. 333–352. – Werner Williams-Krapp: J. G. v. K. in Augsburg. Zum Predigtzyklus ‹Berg des Schauens›. In: Literarisches Leben in Augsburg w¨ahrend des 15. Jh. Hg. v. dems. und Johannes Janota. T¨ubingen 1995, S. 265–280. – Claude Lecouteux: G. de K. et ‹Das W¨utende Heer›. In: Etudes germaniques 50 (1995) 1508

Geiler von Kaisersberg H. 3, S. 367–376. – Susanne Eisenmann: Sed corde dicemus. Das volkst¨umliche Element in den dt. Predigten des G. v. K. Frankfurt/M. u. a. 1996. – Rita Voltmer: Praesidium et pater pauperum, pustulatorum praecipua salus. J. G. v. K. und die Syphilis in Straßburg (1496–1509). In: Liber Amicorum necnon et amicarum f¨ur Alfred Heit. Beitr. zur ma. Gesch. und geschichtlichen Landeskunde (Trierer hist. Forschungen 28). Hg. v. Friedhelm Burgard u. a. Trier 1996, S. 413–444. – Jean Rott: Une lettre in´edite (?) de Jean G. de Kayserberg (fin main 1486). In: Revue d’Alsace 122 (1996) S. 193–200. – Uwe Israel: J. G. v. K. (1445–1510). Der Straßburger M¨unsterprediger als Rechtsreformer. Berlin 1997. – R. Voltmer: ‹Wie der W¨achter auf dem Turm›. Ein Prediger und seine Stadt. J. g. v. K. (1445–1510) und Straßburg. Trier 1998. – Erwin Koller: Bibeldt. zwischen Mentel und Luther. Neutestamentliche Schriftstellen in Predigten G.s v. K. In: Sprache, Kultur, Gesch. Sprachhist. Stud. zum Dt. FS Hans Moser. Hg. v. Maria P¨umpelMader und Beatrix Sch¨onherr. Innsbruck 1999, S. 51–81. – Ders.: Munds¨unden. Ein Fastenpredigtzyklus G.s v. K. Mit einem Teilabdruck. In: Sprache und Dichtung in Vorder¨osterreich. Elsass, Schweiz, Schwaben, Vorarlberg, Tirol. Ein Symposion f¨ur Achim Masser zum 65. Geburtstag am 12. Mai 1998. Hg. v. Guntram A. Plangg und Eugen Thurnher. Innsbruck 2000, S. 135–172. – Berndt Hamm: Between Severity and Mercy. Three Models of pre-reformation Urban Preaching: Savonarola – Staupitz – Geiler. In: Continuity and Change. FS Heiko A. Oberman. Hg. v. Robert J. Bast. Leiden 2000, S. 321–358 (wieder in: B. H.: The Reformation of Faith in the Context of Late Medieval Theology and Piety. Hg. v. R. J. Bast. Leiden u. a. 2004, S. 50–87). – R. Voltmer: Kr¨amer, Kaufleute, Kartelle. Standeskritischer Diskurs, ma. Handelspraxis und J. G. v. K. (1445–1510). In: Landesgesch. als multidisziplin¨are Wiss. FS Franz Irsigler. Hg. v. Dietrich Ebeling u. a. Trier 2001, S. 401–445. – Anne Rosche: Predigt im Alltag, Alltag in der Predigt . Die Rolle der Pr¨adikanten am Beispiel des J. G. v. K. In: Sp¨atma. am Oberrhein 2. Hg. v. S¨onke Lorenz und Markus Dekiert. Stuttgart 2001, S. 437–443. – David Steinmetz: Reformers in the Wings: From G. v. K. to Theodore Beza. Oxford u. a. 2001. – Aaron E. Wright: The Economy of Salvation in G. v. K. The ‹Bilger› Frontispiece of 1494. In: Insights and Interpretations. Studies in Celebration of the Eighty-Fifth Anniversary of 1509

2. H¨alfte 15. Jh. the Index of Christian Art. Hg. v. Colum Hourihane. Princeton 2002, S. 131–139. – Volker Mertens: Authentisierungsstrategien in vorreformatorischer Predigt. Erscheinungsform und Edition einer oralen Gattung am Beispiel J. G.s v. K. In: Editio. Internationales Jb. f¨ur Editionswiss. 16 (2002) S. 70–85. – Nine R. Miedema: Een geestelijke pelgrim op reis. Reisvoorbereiding en reisbenodigdheden. Met een editie van de ‹xx aigenschafft, die ain pilger an y¨ m haben sol› van J. G. v. K. In: Op reis met Memoria. Hg. v. Peter M. de Wilde. Hilversum 2004, S. 107–145. – Ralf-Henning Steinmetz: ¨ Uber Quellenverwendung und Sinnbildungsverfahren in den ‹Narrenschiff›-Predigten G.s v. K. Am Beispiel und mit dem lat. und dem dt. Text der Predigt uber die ‹B`ulnarren›. In: Predigt im ¨ Kontext. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der FU Berlin vom 5.–8. Dezember 1996. Hg. v. V. Mertens u. a. T¨ubingen 2005, S. 87–119. – R. Voltmer: Zwischen polittheologischen Konzepten, obrigkeitlichen Normsetzungen und st¨adtischem Alltag. Die Vorschl¨age des Straßburger M¨unsterpredigers J. G. v. K. zur Reform des st¨adtischen Armenwesens. In: Norm und Praxis der Armenf¨ursorge in Sp¨atMA und fr¨uher Neuzeit. Hg. v. Sebastian Schmidt und Jens Aspelmeier. Stuttgart 2006, S. 91–135. – Elisabeth Wunderle: Die ma. Hss. der Studienbibl. Dillingen. Wiesbaden 2006, S. 43–47. – Gerald Kapfhammer: Inszenierung von Authentizit¨at. Johannes Pauli und die Ver¨off. der Predigten G.s v. K. In: Autorbilder. Zur Medialit¨at literarischer Kommunikation in MA und Fr¨uher Neuzeit. Hg. v. dems. u. a. Mu¨ nster 2007, S. 269–284. – R.-H. Steinmetz: Die Rezeption antiker und humanistischer Lit. in den Predigten G.s v. K. In: Humanismus in der dt. Lit. des MA und der fr¨uhen Neuzeit. XVIII. AngloGerman Colloquium, Hofgeismar 2003. Hg. v. Nicola McLelland. T¨ubingen 2008, S. 123–136. – R. Voltmer: ‹Die fueßs an dem leichnam der christenhait / seind die hantwercks le¨ut. arbaiter / baule¨ut / und das gemayn volck...› Die Straßburger ‹Unterschichten› im polit-theologischen System des J. G. v. K. St¨adtische Gesellschaft und Kirche im Sp¨atMA. Arbeitstagung auf Schloss Dhaun 2004. Hg. v. Sabine Klapp und Sigrid Schmitt. Stuttgart 2008, S. 189–232. – Lev M. Thoma: ‹Das seind die s¨und der vnk¨uscheit›. Eine Fallstudie zum Umgang mit der Sodomie in der Predigt des ausgehenden MA. Die ‹Br¨osamlin› J. G.s v. K. In: ‹Die su¨ nde, der 1510

2. H¨alfte 15. Jh. sich der tiuvel schamet in der helle›. Homosexualit¨at in der Kultur des MA und der fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. dems. Ostfildern 2009, S. 137–154. – R. Voltmer: Klerikaler Antiklerikalismus? Die Kritik am geistlichen Stand bei J. G. v. K. (1445–1510). In: Kirchlicher und religi¨oser Alltag im Sp¨atMA. Akten der internationalen Tagung in Weingarten, 4.–7. Oktober 2007. Hg. v. Andreas Meyer. Bearb. v. Rebekka G¨otting und Sabine Fees. Ostfildern 2010, S. 47–75. MM Nikolaus von Flue ¨ (Niklaus v. F., Bruder Klaus), * 1417 Fl¨ueli bei Sachseln/Obwalden, † 21.3.1487 im Ranft/ebd. – Bauer, Politiker, Einsiedler, Mystiker. N. war Bauer. Seit 1445/46 verheiratet mit Dorothea Wyss, wurde er Vater von zehn Kindern. Sp¨atestens 1457 war er Vorsteher der Gemeinde Sachseln, und sp¨atestens 1462 geh¨orte er dem F¨uhrungskreis des Standes Obwalden an. Um ¨ 1465 legte er die politischen Amter nieder. Am 16.10.1467 verließ er Hof und Familie, um als Pilger zu wallfahren, kehrte jedoch bald zur¨uck und lebte zwanzig Jahre als Einsiedler im Ranft (unweit seiner Familie). Er wurde bald ein begehrter Ratgeber und F¨urbitter. 1481 wirkte er beim Stanser Verkommnis vermittelnd auf die eidgen¨ossischen St¨ande ein. Am 5.5.1947 wurde N. von Papst Pius XII. heiliggesprochen. Die Schriften N.s, der weder lesen noch schreiben konnte, beruhen auf Diktat. 1. Briefe vom 30.1.1482 an die Stadt Konstanz und vom 4.12.1482 an den Schultheiß und Rat von Bern (Vermischung von politischen Ermahnungen mit mystischen Aussagen). Ausgabe: Durrer (s. Lit.) S. 183 (Konstanz), S. 209 f. (Bern). – Wilhelm Oehl (Hg.). Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. M¨unchen 1931 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 625 f., 628 f. 2. Spr¨uche a) Wir sellen Got also lieb han, von «proder klas» ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 463, 1r/v (1475, ostschw¨abisch). b) Das n¨utzest: Auf die Frage, was als das N¨utzlichste anzusehen sei, «das leyden christi, den gemain tod, das iungst gericht», antwortet N.: «all dies sei nott¨urfftig, aber ainß ist n¨otter, Das ist, das der mensch sy ains raynen gewissens». ¨ Uberlieferung: Sieben Hss. (s. Ruh, S. 176 f., 179 f.). Der a¨ lteste Textzeuge ist Wu¨ rzburg, 1511

Nikolaus von Flue ¨ UB, Ms.p.th. 12° 4, 158r–160v (1486, im Taschenb¨uchlein eines Franziskaners). 3. Reimgebete a) Klausens gewonlich bet: Das dreigliedrige, sechszeilige Reimgebet (umfassende Analyse bei Stirnimann, S. 71–140), das in zwei Fassungen u¨ berliefert ist, ist von Heinrich → Seuse beeinflusst. ¨ Uberlieferung: Acht Hss. und f¨unf Drucke des 16. Jh. bei Ruh, S. 176 f. – Zehn Hss. und zehn Drucke des 16. Jh. bei Stirnimann, S. 76. – Neuzeitliche Textzeugen bei Amschwand 1974, S. 75–89. Die a¨ltesten hsl. Textzeuge: Berlin, SBB, Mgq 636, 12v (Ende 15. Jh.). – St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 997, S. 125 (1504). Abdrucke (nach verschiedenen Hss. und alten Drucken): Planzer 1938, S. 41; Ruh S. 178, 181; Amschwand 1974, S. 73, 75; Stirnimann, S. 77. 3. Aus den Visionenberichten zu den Schriften N.’ lassen sich R¨uckschl¨usse auf die Sprache des Einsiedlers ziehen. Hemleben (S. 78–101) bietet ¨ eine Ubersicht u¨ ber die verschiedenen Gruppen von Visionsberichten. Das fr¨uheste Druckwerk u¨ ber N. ist der anonyme Pilgertraktat (Drucke: Br˚uder claus, Editio princeps, Augsburg, um 1487; N¨urnberg 1488 und ebd. 1489/90 [GW 7074–7076]; eine Hs. ist nicht bekannt; Ausgaben bei Durrer, Bd. 1, 1917, S. 361–381, und Stirnimann, S. 300–330). Literatur: Oskar Vasella, NDB 5 (1961) S. 260. – Heinrich Stirnimann, VL2 6 (1987) Sp. 1069–1074; 11 (2004) Sp. 1053. – Roland Gr¨obli, TRE 24 (1991) S. 549–551. – R. Gr¨obli, MarLex 4 (1992) S. 624 f. – Franz Xaver Bischof, LThK3 7 (1998) Sp. 850 f. – Oktavian Schmucki, RGG4 6 (2003) Sp. 331 f. – Robert Durrer: Bruder Klaus. Die a¨ ltesten Quellen u¨ ber den seligen N. v. F., sein Leben und seinen Einfluß. 2 Bde. Sarnen 1917–21 Nachdr. ebd. 1981. – Heinrich Federer: Niklaus v. F. Frauenfeld 1928. Luzern/Stuttgart 21986. – Dominikus Planzer: Zu Bruder Klaus’ Spr¨uchen und Gebet. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 32 (1938) S. 39–46. – Paul Hilber/Alfred Schmid: Niklaus v. F. im Bilde der Jahrhunderte. Z¨urich 1943. – Marie-Luise v. Franz: Die Visionen des N. v. F. Z¨urich/Stuttgart 1959. Z¨urich 31983. – Kurt Ruh: Das Reimgebet des N. v. F. In: Volkskultur und Gesch. Festgabe f¨ur J. D¨unninger. Berlin 1970, S. 562–569 (wieder in: K. R.: Kleine Schr. II. Berlin/New York 1984, S. 176–183). – Johannes Hemleben: Niklaus v. F. Der Heilige der Schweiz. Frauenfeld/Stuttgart 1977. – Anton Hagenb¨uchle: Zum 1512

Waler a¨ltesten Schrifttum u¨ ber Bruder Klaus. In: Obwalder Geschichtsbll. (1979) S. 9–58. – Karl Heinz Zeiß/Silja Walter: Gesicht im Goldkreis. Bildmeditation mit Bruder Klaus. Freiburg/Basel/Wien 1980. – Werner T. Huber: Der g¨ottliche Spiegel. Zur Gesch. und Theologie des a¨ltesten Druckwerks u¨ ber Bruder Klaus und sein Meditationsbild. Bern 1981. – H. Stirnimann: Der Gottesgelehrte N. v. F. Drei Stud. (Dokimion 7). Freiburg/Schweiz 1981. – Marie-Louise v. Franz: Die Visionen des Niklaus von Fl¨ue. Z¨urich 31983. – H. Stirnimann: Niklaus v. F. – Identifikation und Inspiration. In: Unsere Kunstdenkm¨aler. Mitteilungsbl. f¨ur die Mitglieder der Ges. f¨ur Schweizerische Kunstgesch. 35 (1984) S. 79–88. – Rupert Amschwand: Bruder Klaus. Erg.-Bd. zum Quellenwerk. v. R. Durrer. Sarnen 1987. – Pierre Moysan/Walter Signer: Niklaus v. F. Bauer, Familienvater, Gottesfreund, Friedensstifter. Paris 1987. – Walter Nigg: N. v. F. in Berichten von Zeitgenossen. Olten/Freiburg i. Br. 21987. – Ernst Walder: Bruder Klaus als politischer Ratgeber und die Tagsatzungsverhandlungen in Stans 1481. In: Freiburger Geschichtsbll. 65 (1988). – Silja Walter: Feuerturm. Mysterienspiel zum 500. Todesjahr des heiligen Bruder Klaus. Olten 1987. – R. Gr¨obli: Die Sehnsucht nach dem ‹einig Wesen›. Leben und Lehre des Bruder Klaus v. F. Z¨urich 1990. – Charles Journet: Der heilige N. v. F. Freiburg/Schweiz 21990. – Werner T. Huber: Dorothea, die Ehefrau des hl. N. v. F. Freiburg/Schweiz 1994. – E. Walder: Das Stanser Verkommnis. Ein Kapitel eidgen¨ossischer Gesch. neu untersucht. Die Entstehung des Verkommnisses von Stans in den Jahren 1477 bis 1481. Stans 1994. – W. T. Huber: Bruder Klaus. Z¨urich 1996. – Pirmin Meier: Ich Bruder Klaus v. F. Eine Gesch. aus der inneren Schweiz. Z¨urich 1997. – Klara Oberm¨uller: Ganz nah und weit weg. Fragen an Dorothee, die Frau des Niklaus v. F. Luzern 42007. BJ Waler, Caspar OFM, † 27.4.1527 Koblenz. – Prediger. W. ist 1481 als Prediger und Konventuale des Mainzer Konvents bezeugt. Er beteiligte sich an einer Ablasskampagne gegen die T¨urken, die in Otranto/Apulien gelandet waren. W. wurde Subkommissar des Emerich von Kemel, Prokurator des Franziskanerordens an der Kurie in Rom, sp¨ater Guardian des Franziskanerklosters in Heilbronn, 1492 Prediger des Heidelberger Konvents und einer 1513

2. H¨alfte 15. Jh. der Definitoren des Landshuter Provinzialkapitels. 1493–96 war er Provinzial der Straßburger Ordensprovinz, danach wieder Guardian in Heilbronn. Wegen seines Einsatzes f¨ur eine strenge Beachtung der Regel des hl. Franz innerhalb der Observanz ein, wof¨ur er sich mit Erfolg um die Unterst¨utzung durch weltliche Gewalten bem¨uhte, der Gefahr der Gefangennahme ausgesetzt, floh W. nach Italien und ging dann zum Reichstag nach Freiburg i. Br. Nach der R¨uckkehr in die Observanz wurde er 1502 nach Koblenz versetzt. W. scheint nach verschiedenen Quellen ein außergew¨ohnlicher Prediger gewesen zu sein; Pre¨ digten sind jedoch nicht erhalten. Uberliefert sind ein lat. Ablassbrief (Druck Bamberg 1482) sowie ein lat. und zwei dt. Briefe an Stadtschreiber und B¨urger der Stadt Hall aus den Jahren 1484, 1492 und 1494 zum Thema der Reformbestrebungen (Abdruck bei Schaefer [s. Lit.]). Literatur: Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 619–621; 11 (2004) Sp. 1644. – Johannes Madey, BBKL 17 (2000) Sp. 1523 f. – Johannes Schlageter, LThK3 10 (2001) Sp. 958 f. – Fortunatus Hueber: Dreyfache Chronickh v. dem dreyfachen Orden deß grossen H. Seraphinischen Ordensstiffters Francisci, so weith er sich in Ober und Nider Teutschland/ Auch allen angrentzenden L¨anderen/ in seinen Cl¨osteren und Provinzen erstrecket. Mu¨ nchen 1686. – Das Chronikon des Konrad Pellikan. Zur vierten S¨akularfeier der Univ. T¨ubingen. Hg. v. Bernhard Riggenbach. Basel 1877. Mikrofiche-Ausg. Zug 1980. – Nicolaus Glassberger: Chronica Ordinis Minorum Observantium (Analecta Franciscana 2). Florenz 1887. – Parthenius Minges: Gesch. der Franziskaner in Bayern nach gedruckten und ungedruckten Quellen bearbeitet. M¨unchen 1896. – Cajetan Schmitz: Der Anteil der s¨uddt. Observantenvikarie an der Durchf¨uhrung der Reform. In: Franziskanische Stud. 2 (1915) S. 359–376; 3 (1916) S. 41–57, 354–364. – Albrecht Schaefer: Akten zur Observanzbewegung des 15. Jh. in W¨urttemberg. In: Bl. f¨ur w¨urttembergische Kirchengesch. NF 26 (1922) S. 129–159. – Nikolaus Paulus: Gesch. des Ablasses im MA 3: Gesch. des Ablasses am Ausgang des MA. Paderborn 1923. Darmstadt 22000. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 13 (1926) S. 337–365; 14 (1927) S. 297–332; 15 (1928) S. 96–120, 316–348. BJ 1514

2. H¨alfte 15. Jh. Wind, Jodocus OFM. – Briefautor. W. schloss sich in Ingolstadt den Franziskanern an und studierte seit 1463 Theologie in Straßburg, Florenz, Bologna und Rom. Als Baccalaureus lehrte er in Florenz (1474/75), Reutlingen, Villingen und Rothenburg ob der Tauber. 1477 wurde W. Guardian in Ulm, 1480 Kustos in Schwaben. Wahrscheinlich 1482 verlor er aber aus unbe¨ kannten Gr¨unden beide Amter und wurde Lektor sowie Beichtvater der W¨urzburger Klarissen. 1487 war er Guardian in Schw¨abisch Gm¨und. Als 1484 das Klarissenkloster S¨oflingen reformiert wurde, fand man in den Zellen der Nonnen auch zahlreiche Briefe privater Natur. Empf¨anger waren S¨oflinger Nonnen, Absender zu einem großen Teil Franziskaner, Laien und Schwestern aus den Kl¨ostern Ulm und Weiler/Esslingen. Als Briefautor namentlich bekannt ist u. a. J. W., von dem dt. Briefe an Magdalena von Suntheim erhalten sind. In ihrer Zelle bewahrte Magdalena im Zusammenhang mit W. außerdem ein Portr¨at, Urkunden u. a. Dokumente auf. Magdalena z¨ahlte zu den Gegnerinnen der S¨oflinger Klosterreform und wechselte 1484 in das Kloster Zofingen. Das Briefkorpus umfasst 20 Briefe und zwei f¨ur Magdalena geschriebene Briefentw¨urfe W.s. Die Briefe wurden 1482/83 in Ulm, W¨urzburg und Dinkelsb¨uhl geschrieben. Ihr Inhalt besteht zu einem großen Teil aus Freundschafts- und Liebesbekundungen, die sich aber stets im Rahmen einer «geistlichen Ehe» bewegen. Auch tauschen sich die Briefpartner u¨ ber die Visitationen ihrer jeweiligen Kl¨oster aus. Pers¨onliche Fehden und Intrigen um Kloster¨amter spielen dabei eine große Rolle; hinzu kommen Berichte u¨ ber allt¨agliche Angelegenheiten und Ereignisse. So l¨asst sich aus den Briefen auf W.s Arbeit als Krankenpfleger w¨ahrend der W¨urzburger Pestepidemie schließen. W. erw¨ahnt auch eine von ihm gehaltene Predigt, die jedoch verloren ist. ¨ Uberlieferung: Ludwigsburg, Staatsarch., B 509, B¨u 2 (Briefe). – Ulm, Stadtarch., Slg. Veesenmeyer (Urkunden). Ausgaben: Miller 1940 (s. Lit.) S. 157–180, 210–234. – Vgl. auch → S¨oflinger Briefe und Lieder. Literatur: Vgl. auch 2S¨oflinger Briefe und Lieder. – Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 10 (1999) Sp. 1189–1192. – Albrecht Sch¨afer: Die Orden des hl. Franz in W¨urttemberg v. 1350–1517. In: Bll. f¨ur w¨urttembergische Kirchengesch. NF 23 (1919) 1515

Wind S. 1–39, 48–110, 145–171; 24 (1920) S. 55–104. – Max Miller: Die S¨oflinger Briefe und das Klarissenkloster S¨oflingen bei Ulm im Sp¨atMA. W¨urzburg 1940, hier S. 95–107 u. o¨ . – Ders.: Der Streit um die Reform des Barf¨usserklosters in Ulm und des Klarissenklosters in S¨oflingen und seine Beilegung (1484–1487). In: Aus Arch. und Bibl. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Weißenhorn 1969, S. 175–193. – Arne Holtorf: Neujahrsw¨unsche im Liebesliede des ausgehenden MA. Zugleich ein Beitr. zur Gesch. des ma. Neujahrsbrauchtums in Deutschland (GAG 20). G¨oppingen 1973, S. 251–254 u. o¨ . – Gabriela Signori: Die S¨oflinger Liebesbriefe (um 1484) oder die vergessene Gesch. von Nonnen, die von Liebe tr¨aumten. In: Metis 17 (1995) S. 14–23. – Marc Mu¨ ntz: Freundschaften und Feindschaften in einem sp¨atma. Frauenkloster. Die sog. S. B. In: Meine in Gott geliebte Freundin. Freundschaftsdokumente aus kl¨osterlichen und humanistischen Schreibstuben. Hg. v. Gabriela Signori. Bielefeld 1998, S. 111–120. MM Gerhard von Eberhardsklausen, Pater. – Prediger der zweiten H¨alfte des 15. Jh. Die Predigtsammelhandschrift Hamburg, SUB, Cod. theol. 2065, 337a–338b (aus dem Augustinerinnenkonvent St. Agnes in Trier, abgeschlossen nach 1527 v. Schwester Katherina → Gurdelers, moselfr¨ankisch) u¨ berliefert von G. einen Predigtauszug mit mystischen Ankl¨angen. Es handelt sich bei dem Verfasser mit großer Wahrscheinlichkeit um Gerhard von der Lippe (geb. um 1451 in Westfalen, gest. 19. M¨arz 1527), der um 1483 Prior des Augustinerchorherrenklosters Eberhardsklausen und damit «commissarius» u¨ ber den Augustinerinnenkonvent St. Agnes in Trier wurde. Themen des Predigtauszugs sind die Aufgaben des geistlichen Menschen; besondere Betonung liegt auf dem Aspekt des Gehorsams. Literatur: Werner Wegstein, VL2 2 (1980) Sp. 1231 f. – Peter Dohms: Die Gesch. des Klosters und Wallfahrtsortes Eberhardsklausen an der Mosel. In: Rheinisches Arch. 64 (1968) bes. S. 110–113, 180. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der SUB Hamburg. Bd. 4 (Cod. theol. 1002–2256) (Kat. der SUB Hamburg 2/4). Hamburg 1998, S. 170. SF Hauser, Johann OSB, * um 1440/42 St. Georgen im Attergau, † 29.11.1518 Mondsee. – Kompilator, ¨ Ubersetzer. H. legte 1474 die Profess ab und lebte danach als Benediktiner in Mondsee. Er war zuletzt Leutprie1516

Hauser ster, vielleicht auch Stiftsbibliothekar und Schulmeister. Er stand in Kontakt zu den Kl¨ostern Tegernsee und Melk, dort vor allem zu Johannes → Schlitpacher und → Petrus von Rosenheim. Im Austausch mit diesen d¨urfte H. die vielf¨altigen literarischen Anregungen erhalten haben, die in seine ¨ Arbeit als Kompilator, Ubersetzer und Redaktor einflossen. 17 erhaltene Handschriften (heute in Wien) stammen ganz oder teilweise aus seiner Hand; urspr¨unglich waren es wohl u¨ ber 20. Enthalten sind darin lat. wie dt. Texte, letztere in bair.o¨ sterr. Mundart. H.s Werk ist einerseits theologisch-philologischer Natur. So beendete er 1482 eine als Stel¨ lenkommentar gestaltete Ubersetzung von AT und ¨ NT (cod. 2853, s. Uberlieferung). 1483 enstanden Indizes zur Bibel (Collectura ex aurea biblia, cod. 3699) und zur Lehre von den Sakramenten (Collectura de septem sacramentis, cod. 3566). 1485 folgten ein alphabetisch geordnetes Sachregister zu den Kirchenv¨atern (Pharetra doctorum, cod. 3618) und eine am Kirchenjahr orientierte Evangelien- und Epistel¨ubersetzung (cod. 4110). Andererseits ging H.s Arbeit als Kompilator weit u¨ ber die Grenzen der Theologie hinaus. Dies wird besonders in vier Sammelhandschriften deutlich, die einen wichtigen Teil seines Werks ausmachen (cod. 4117–4120). Das Spektrum der darin enthaltenen, mal gelehrten und mal volkst¨umlichen Texte umfasst Gedichte, Gebete, Meisterges¨ange und Lieder (auch weltliche), Allegorien und Exegesen, Reden, Dialoge und dramatische Spiele, Segens-, Merk- und Zauberspr¨uche, aber auch Rezepte und R¨atsel. Zu den von H. aufgenommenen Autoren z¨ahlen → Johannes de Werdea, Florianus Schiffer, Heinrich Steinh¨owel, Hans Rosenpl¨ut, Hans Folz, Peter Suchenwirt und der Schmieher. Erw¨ahnenswerte Texte sind etwa das pseudo-bernhardinische De contemptu mundi, der Moralische Physiologus, Novus Cato, Facetus und das teilweise als → Wiener Weltgerichtspiel bezeichnete Vom Sterben, Gericht, den Pforten des Todes und den St¨atten des Jenseits. ¨ Uberlieferung: Verz. der Hss. bei Herzmann 1972 (s. Lit.) und in den Ausg. – 1. Haupt¨uber¨ lieferung: Wien, ONB, cod. 4117 (Pap., Mondsee, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., cod. 4119 (Pap., Mondsee, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., cod. 4120 (Pap., Mondsee, um 1478). – Ebd., cod. 2853 (Pap., Mondsee, 1482). – Ebd., cod. 3566 (Pap., Mondsee, 1483). – Ebd., cod. 3699 (Pap., Mondsee, 1483). – Ebd., cod. 3618 (Pap., Mondsee, 1485). – Ebd., 1517

2. H¨alfte 15. Jh. cod. 4110 (Pap., Mondsee, 1485). – Ebd., cod. 4118 (Pap., Mondsee, Ende 15. Jh.). – Ebd., cod. 3027 (Pap., Mondsee, Ende 15. Jh.). – 2. Sammelhss. mit ¨ einzelnen Eintr¨agen H.s: Wien, ONB, cod. 3604, 133r–149v (Pap., Mondsee, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., cod. 3654, 215r–218r, 439v–443r u. o¨ . (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – Ebd., cod. 3594, 242r–288v (Pap., Mondsee, um 1471 mit sp¨ateren Eintragungen). – Ebd., cod. 3650, 1r–212v, mehrheitlich von H. (Pap., Mondsee, 1475–86). – Ebd., cod. 3835, 12v–77v, 84r–122v (Pap., um 1475–95). – Ebd., cod. 3656 (15. Jh.). – Ebd., cod. 3655, 1r–57v, 83r–88v (Pap., 15./16. Jh.). – N¨ahere Angaben zu den Hss. bei Hermann Menhardt: Verz. der altdt. literarischen Hss. der o¨ sterr. NB. 2 Bde. Berlin 1960/61. Ausgabe: Deutschsprachige Texte aus den Wiener Hss. 4117–4120: Fiedler 1950 (s. Lit.). – De contemptu mundi und Vom Sterben [...]: Trauden 1995 (s. Lit.). – Verschiedene Lieder und Gedichte: Sch¨onbach 1889; Sch¨onbach 1890; Maschek 1939 (alle s. Lit.). Literatur: Hedwig Heger, VL2 3 (1981) Sp. 551 f.; 11 (2004) Sp. 593. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 195. – RSM 1 (1994) S. 293. – Vincenz Staufer: Mondseer Gelehrte 2. Melk 1865, S. 7 f., Nr. 22. – Anton E. Sch¨onbach: Steirisches Scheltgedicht wider die Baiern. In: Vierteljahrschr. f¨ur Litteraturgesch. 2 (1889) S. 321–346. – Ders.: Zur Volkslitteratur. In: ebd. 3 (1890) S. 173–177. – Pirmin Lindner: Das Profeßbuch der Benediktinerabtei Mondsee. In: Arch. f¨ur Gesch. der Di¨ozese Linz 2 (1905) S. 133–199, hier S. 150. – Hermann Maschek: Lyrik des sp¨aten MA. Leipzig 1939 (Nachdr. Darmstadt 1971) S. 15, 115–121, 306 f. – Ilse Fiedler: Der Mondseer Benediktiner Johannes H. als Sammler und Dichter. Diss. Wien 1950. – Herbert Herzmann: J. H., ein Mondseer Klosterschreiber an der Wende vom 15. zum 16. Jh., mit einer Zusammenstellung der Mondseer Hss. Diss. ¨ Salzburg 1972. – Nikolaus Henkel: Dt. Ubersetzung lat. Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im MA und in der fr¨uhen Neuzeit (MTU 90). Mu¨ nchen u. a. 1988, S. 170 f. u. o¨ . – Dieter Trauden: ‹Auch ander ler exempel gut›. Der Mondseer Benediktiner J. H. als Sammler volkssprachlicher Dramen? Mit einer Edition des ‹De contemptu mundi› (dt.) und des Wiener ‹Vom Sterben, Gericht, den Pforten des Todes und den St¨atten des Jenseits›. In: So wold ich in fro¨ iden singen. FS Anthonius H. Touber (Amsterdamer Beitr. zur a¨ lteren Germanistik 43/44). Hg. v. Carla Dauven-van 1518

2. H¨alfte 15. Jh. Knippenberg/Helmut Birkhan. Amsterdam u. a. 1995, S. 485–519. – Ders.: Gnade vor Recht? Unters. zu den deutschsprachigen Weltgerichtsspielen des MA. Amsterdam u. a. 2000, S. 120–123. – Michael Baldzuhn: Schulb¨ucher im Trivium des MA und der Fr¨uhen Neuzeit. Die Verschriftlichung von ¨ Unterricht in der Text- und Uberlieferungsgesch. der ‹Fabulae› Avians und der dt. ‹Disticha Catonis›. Berlin u. a. 2009, S. 1010. MM Kridwis, Ulrich (Kreidenweiß), † 1501 K¨oln. – Theologe, Prediger. K. war der Sohn eines Eßlinger Patriziers. Er studierte seit 1454 an der Universit¨at K¨oln Theologie und wurde dort 1470 zum Dr. theol. promoviert. 1473–76 lehrte er in Trier, kehrte dann aber nach K¨oln zur¨uck. Dort war er Rektor und seit 1498 Vizekanzler der Universit¨at, daneben seit 1490 auch Generalvikar und Siegelbewahrer am erzbisch¨oflichen Hohen Gericht. K. galt als Anh¨anger des → Thomas von Aquin. 1483 und 1493 weilte K. zu Visitationen bei den Benediktinerinnen des Mauritiusklosters in K¨oln. In beiden Jahren hielt er dort Predigten, von denen zwei in einer M¨unsteraner Handschrift erhalten sind. Die Predigten zeichnen sich durch Strukturiertheit und Bildlichkeit aus, blieben aber insgesamt unbeachtet. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Hs. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 162r–164r, 334r–338r (Pap., 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 380 f. – Hermann Keussen: Die alte Univ. K¨oln. Grundz¨uge ihrer Verfassung und Gesch. [...]. K¨oln 1934, S. 51 f. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. dems./Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, hier S. 354. – Otto Borst: Buch und Presse in Esslingen am Neckar. Esslingen 1975, S. 81–84 u. o¨ . MM Auer, Johannes. – Verfasser einer Predigt, zweite H¨alfte 15. Jh. Von J. A. ist eine 1484 vielleicht in N¨urnberg gehaltene Predigt u¨ ber die Gerechtigkeit und die sieben Ursachen der S¨undhaftigkeit u¨ berliefert. Unwahrscheinlich, aber m¨oglich ist die Identit¨at A.s mit einem am Schluss der Handschrift N¨urnberg, 1519

Kridwis Germ. Nationalmuseum, Cod. 5339a genannten «meister hanns awer». ¨ Uberlieferung: Heidelberg, Privatslg. Eis, Hs. 114, 110r–111r. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 515 f. – Peter Renner: Sp¨atma. Klosterpredigten aus N¨urnberg. In: AfK 41 (1979) S. 201–217, hier S. 206 und 210. – H. Walther: Prediger und Predigten aus Cod. 114 der Slg. Eis. In: Archivum Franciscanum Historicum 38 (1968) S. 71–97, S. 73. SF Berliner Totentanz. Der (erst 1860 unter einer Putzschicht wiederentdeckte) B. T., bei dem Ankl¨ange an den L¨ubecker Totentanz deutlich sind, ist franziskanisch gepr¨agt: Prediger ist ein Angeh¨origer dieses Ordens, Geistliche und Laien erscheinen getrennt. Von anderen Totent¨anzen unterscheidet er sich dadurch, dass sich in seinem Zentrum eine Kreuzigungsszene befindet. ¨ Uberlieferung: Schriftfeld unter dem Totentanzfries der Turmvorhalle der Marienkirche in Berlin; Text zum Teil unleserlich oder zerst¨ort. Ausgaben: Seelmann (s. Lit.) S. 95–108. – Willy ¨ Krogmann: Der B. T. Berlin 1937 (mit dt. Ubersetzung). Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 1 (1978) Sp. 734 f. – A. L¨ubben: Der ‹B. T.›. In: Jb. des Vereins f¨ur nd. Sprachforschung 3 (1877) S. 178–181. – R. Springer: Zum ‹B. T.›. In: ebd. 4 (1878) S. 105 f. – Wilhelm Seelmann: Der ‹B. T.›. In: ebd. 21 (1896) S. 81–94. – R. A. Th. Krause: Die Totent¨anze in den Marienkirchen zu L¨ubeck und zu Berlin. In: Zs. des Vereins f¨ur L¨ubecker Gesch. und Altertumskunde 9 (1907) S. 334–351. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 204–214. – Erwin Koller: Totentanz. Versuch einer Textembeschreibung (Innsbrucker Beitr. zur Kulturwiss., Germanistische Reihe 10). Innsbruck 1980. – Brigitte Schulte: Die deutschsprachigen sp¨atma. Totent¨anze [...]. (Nd. Stud. 36). K¨oln/Wien 1990. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit. K¨oln u. a. 2011, S. 106–120. BJ Donaueschinger Predigtsammlung von 1484. Es handelt sich um einen mindestens teilweise auf das De tempore-Predigtmagazin es → Jacobus 1520

De beatitudine a Voragine zur¨uckgehenden vollst¨andigen Predigtjahrgang De tempore mit einer Predigt pro Sonntag. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 293, 112r–184r (Pap., Ende 15. Jh., niederalemannisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 203. – Ders.: Geistliche Schiffahrt. In: PBB (T¨ub.) 91 (1969) S. 357–385; 92 (1970) S. 115–177. SF

Messerkl¨arung Ego sum panis uiuus. – 15. Jh. Die zu den allegorischen Auslegungen zu z¨ahlende M. enth¨alt mystische Elemente. Die Gebete des Kanons werden lat. zitiert und dann u¨ bersetzt. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, Cgm 109, 1r–85v (Perg., 15. Jh.; Schluss fehlt). – Ebd., Cgm 445, 2r–84r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch). – Stuttgart, LB, cod. theol. 8° 30, 172 Bll. (Pap., 1469; Bl. 99v: Federzeichnung [Messe zelebrierender Priester]). – Dillingen, Studienbibl., cod. XV 34, 2r–37r (Pap., letztes Viertel 15. Jh., westschw¨abisch). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1555, 1r–42v (fr¨uher Privatbesitz Johannes Geffcken) (Pap., Mitte 15. Jh., mitteldt.). Literatur: Kurt Illing, VL2 6 (1987) Sp. 443 f.; 11 (2004) Sp. 994. – Adolf Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902 (Nachdr. Darmstadt 1963) S. 690–694. – Franz Rudolf Reichert (Hg.): Die a¨lteste dt. Gesamtauslegung der Messe (Erstausgabe ca. 1480) (Corpus Catholicorum 29). Mu¨ nster 1967, S. IX. BJ

Messerkl¨arung Augustinus der hochwirdig lerer. – 15. Jh. Unter Berufung auf → Augustinus werden die priesterlichen Gew¨ander und die Opferhandlung der Messe erkl¨art. ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, HB I 179, 11r–19r (Pap., 1484/85, bair.). Literatur: Kurt Illing, VL2 6 (1987) Sp. 443. – Adolf Franz: Die Messe im dt. MA. Beitr. zur Gesch. der Liturgie und des religi¨osen Volkslebens. Freiburg i. Br. 1902 (Nachdr. Darmstadt 1963) S. 704 f. BJ 1521

2. H¨alfte 15. Jh. Aegidius von Assisi OFM, † 22.4.1262 Perugia. – Verfasser von Dicta, die im 15. Jh. ins Mhd. und Mndl. u¨ bersetzt wurden. ¨ war seit 1209 einer der ersten Gef¨ahrten und A. engsten Vertrauten des → Franziskus von Assisi. Der selige A. (Festtag: 23. April) wurde wegen seiner mystischen Aphorismen ber¨uhmt; volkssprachige Bearbeitungen seiner Dicta finden sich in dem mhd. → Franziskusbuch Fac secundum exemplar (Mu¨ nchen, BSB, Cgm 381 [um 1500]) und in den mndl. → Franziskanischen Traktaten. Dictum XIII De contemplatione, das in sieben Stufen die kontemplative Betrachtung behandelt, diente u. a. → Bonaventura, → Hendrik van Santen und → Thomas Gallus f¨ur dessen Schrift De septem gradibus contemplationis als Vorlage; von dieser liegen zwei obd. Bearbeitungen vor. Vgl. dazu Ruh 1956 (s. Lit.) S. 281–283. ¨ Eine mhd. A.-Vita findet sich in der Handschrift Mu¨ nchen, BSB, Cgm 381, 187v–201r, 202v–203v; eine weitere Vita enth¨alt Prag, UB, Cod. XVI E 15, 259v–276v (um 1500). Ausgaben: Dicta Beati Aegidii Assisiensis. Ed. PP. Collegii S. Bonaventura. Quaracchi 21939. – Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2. Mu¨ nchen 1985, S. 4 f. (Dicta, c. XVI). Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 76–78. – Friedrich Wilhelm Bautz, BBKL 1 (1990) Sp. 43. – Anton Rotzetter, LThK3 1 (1993) Sp. 177 f. – Bonaventura Kruitwagen: De middelnederlandse hss. over het leven van Sint Franciscus en zijn eerste gezellen. In: De Katholiek 128 (1905) S. 151–191. – K. Ruh: Bonaventura dt. (Bibl. Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 217–239. – Sophronius Clasen/ Julius van Gurp: Nachbonaventurianische Franziskusquellen in ndl. und dt. hss. des MA. In: Archivum Franciscanum Historicum 49 (1956) S. 434–482. – S. Clasen: Legenda antiqua S. Francisci (Studia et Documenta Franciscana 5). Leiden 1967, S. 41 f. u. o¨ . – K. Ruh: Zur Grundlegung einer Gesch. der franziskanischen Mystik (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 240–274. – Ders.: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 2. M¨unchen 1993, bes. S. 399–406. SF De beatitudine. – Dt. Fassungen eines pseudothomasischen lat. Werks zur Seligkeitslehre, Ende 15. Jh. D. b. zielt vor allem auf praktisch-seelsorgerische Wirkung und ist in verschiedenen mndl., obd. 1522

2. H¨alfte 15. Jh. und mitteldt. Fassungen vom Ende des 15. Jh. u¨ berliefert. Namentlich bekannte Bearbeitungen sind Thomas → Finck und Lud(e)wig → Moser. Im Zentrum stehen die sieben S¨aulen der ewigen Seligkeit, denen sieben Kapitel entsprechen; charakteristisch ist die Vermischung von scholastischem und asketischem Gedankengut unter dem Einfluss der Aristoteles-Rezeption, welche die Seligkeits- von der Vollkommenheitslehre her entwickelt. Funktionell auf D. b. bezogen ist die gleichzeitig entstandene Schrift De divinis moribus. ¨ Uberlieferung: Mndl. Hss. verzeichnet bei ¨ Brecht 1973 (s. Ausg.). – Dt. Ubersetzungen des Thomas Finck: Augsburg, UB, Cod. III.1.8° 13, 1r–87r (Pap., Ende 15. Jh.). – Eichst¨att, UB, Cod. st 760, 230r–250r (Pap., 1507). – Mu¨ nchen, BSB, ¨ Cgm 6940, 204ra–228vb. – Mitteldt. Ubersetzung: Mainz, StB, Hs. I 321, 279r–290v (Pap., zweite ¨ H¨alfte 15. Jh.). – Ubersetzung des Ludwig Moser: Basel, UB, 2. Bd. des Michael-Furter-Drucks, Basel 1507, M 4v–X 7r. Ausgabe: Josef Brecht: Die pseudothomasischen Opuscula ‹De divinis moribus› und ‹D. b.› [...]. (MTU 40). Mu¨ nchen 1973, passim. Literatur: J. Brecht, VL2 1 (1978) Sp. 648–650; 11 (2004) Sp. 228. – Gilles G´erard Mersseman: A propos deux e´ crits a` S. Thoma. In: R´evue Thomiste 35 (1930) S. 564–575. – Kurt Ruh: Thomas v. Aquin in mhd. Sprache. In: Basler Theologische Zs. 7 (1951) S. 341–365. – Ders.: Bonaventura dt. (Bibl. Germanica 7). Bern u. a. 1956, S. 157, 258 f. – Brecht (s. Ausg.). – Christoph Fasbender: Thomas ¨ Finck als Ubersetzer, Textbearb. und Autor. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 110 (1999) S. 147–167. – Gerhard List: Die Hss. der StB Mainz. Bd. 3: Hs I 251 – Hs I 350. Wiesbaden 2006, S. 257–264. – Klaus Graf: Thomas Finck. Arzt, Benediktiner in Blaubeuren und Kart¨auser in G¨uterstein. In: T¨ubingen in Lehre und Forschung um 1500. Hg. v. S¨onke Lorenz u. a. (T¨ubinger Bausteine zur Landesgesch. 9). Sigmaringen 2008, S. 159–175, bes. S. 174. SF Fabri, Johannes OSB. – Prediger, Lektor in Koblenz, zweite H¨alfte 15. Jh. F. wird in einem Cod. der SUB Hamburg als Verf. eines dort u¨ berlieferten Sermo de morte bezeichnet: «Jo. Fabri Ord. Benedic. et lectoris Confluentiae» (von einer sp¨ateren Hand des 16. Jh.), 1523

Fabri Explicit des Sermo: «Bet vor dem predikant meister Johann¯e fabri Leßmeister zu Couelentz». Die Predigt dient der Ermunterung trauernder «krist¯e mensche[n]», die angesichts des Todes von Freunden nicht «ze vil trurig s¯y» sollen. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 1584, S. 193–206 (Pap., 1480, Nachtr. zweites Viertel 16. Jh., lat.). Literatur: Ludwig Denecke, J. F. IV., VL1 1 (1933) Sp. 600. VZ Der gute Wirt (Der Wirt der Seele). – Lob des Priesters in Reimpaarversen, wohl alemannischer Herkunft. Die Dichtung f¨uhrt zun¨achst vier Tugenden eines guten Gastgebers an (V. 1–12), die daraufhin auf das Priesteramt umgelegt werden (V. 13–40). Die nachfolgenden Verse stellen wahrscheinlich eine Verkn¨upfung der vier Hof¨amter mit dem Wirken des Priesters dar – er wird als «kamerer» (V. 41–68) und «truchseß» (V. 69–108) Gottes dargestellt; hier bricht der Text ab. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 714, 203r–206r (Raum N¨urnberg, drittes Viertel 15. Jh.). Literatur: Burghart Wachinger, VL2 11 (2004) Sp. 578 f. SF De Heimelike Passie ons Heeren Ihesu Christi. – Mndl. Passionsmeditation des 15. Jh. Diese Meditation u¨ ber die Passion Christi entstand im mndl. Raum, aus dem auch die einzige u¨ berlieferte Handschrift stammt. Die H. P. geh¨ort aber gleichzeitig einer gr¨oßeren, gedruckt u¨ berlieferten Textfamilie an. So lassen sich um 1488–1540 zahlreiche Leidener und Antwerpener Inkunabelund Postinkunabel-Versionen der H. P. nachweisen, die unter abweichenden Titeln ver¨offentlicht wurden: Oefeninghe vander passien, Leven van Jezus und Vruchten des lijdens ons liefs beeren (eigentlich «heeren», wohl ein Fehler des Druckers). Die Druckfassungen liegen in zwei grunds¨atzlichen Textgestalten vor, deren Wurzeln jedoch unsicher sind. Die These von einer einzigen Ursprungsfassung, die wiederum auf ein Leven van Jezus von 1450 zur¨uckgehen soll, ist in der Forschung umstritten. Die H. P. folgt den kanonischen Tagzeiten, die hier aber als reines Gliederungsschema verwendet werden. Textliche Beziehungen zum lat. Grundtypus sind nicht erkennbar. Die Andacht selbst ist 1524

Kuttenmann sehr individualistisch aufgefasst, steht doch die betrachtende Einzelseele im Mittelpunkt, worauf sich auch die Bezeichnung «heimelik» im Titel beziehen d¨urfte. Die fromme Seele ist in der H. P. zugleich das Objekt von Ermahnungen und das Subjekt von Klagen und Gebeten. Sie versenkt sich mitleidend in die Passion Christi, was im Sinne der compassio-Fr¨ommigkeit zu deuten ist. Jenseits seiner prononcierten Innerlichkeit schildert der Text mit einem gewissen Realismus Christi Martern und die Exzesse seiner Peiniger. Inhaltliche wie textliche ¨ Ubereinstimmungen bestehen zwischen der H. P. und dem auch im mndl. Raum bekannten Passionstraktat Extendit manum des Heinrich von Sankt Gallen. Die H. P. wiederum war eine unmittelbare Vorlage von Frans Verworts Die Woestijne des Heeren (1551). ¨ Uberlieferung: Rom, Vatikanische Bibl., Fond. lat. 9216, 2r–83r (Gent [?], Ende 15. Jh., s¨udndl.). – Drucke: Verz. der zahlreichen Inkunabeln bei: Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum 2,1. Stuttgart/Paris 1831, Nr. 10044–10059. – Marshall Campbell: Annales de la typographie n´eerlandaise au 15e si`ecle. Suppl. 1. La Haye 1874, Nr. 1108–1116, 1118–1120, 1327. – Ampe 1962 (s. Lit.) S. 358 f. Ausgabe: Adolf Stracke: Een brokstuk uit de Passie des Heeren. In: Ons Geestelijk Erf 11 (1937) S. 121–190, hier S. 136–188. Literatur: Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 642–644; 11 (2004) Sp. 612. – Albert Ampe: Losse Aantekeningen bij de H. P. In: Ons Geestelijk Erf 35 (1961) S. 186–214; ebd. 36 (1962) S. 353–371; ebd. 37 (1963) S. 188–203, 330–343. MM Kreuzensteiner Legendar. – Zwischen 1452 und 1485 in Wien entstanden. Das nach Burg Kreuzenstein/Nieder¨osterreich benannte K. L. ist eines der Hauptdenkm¨aler der o¨ sterr. Hagiographie. Es ist in vier Codices u¨ berliefert, die sich heute in Wien befinden (Codd. Ser. nova 35753–56). Die 417 Legenden sind weder eindeutig nach dem Kirchen- noch nach dem Kalenderjahr geordnet. Quellen waren u. a. das Speculum historiale des → Vinzenz von Beauvais, das Martyrologium des → Hermann von Reichenau und vor allem die Legenda aurea des → Jacobus a Voragine, aus der praktisch der ganze erste Band kompiliert wurde. Teilausgaben: Oswald Redlich/Anton E. Sch¨onbach (Hg.): Des Gutolf v. Heiligenkreuz 1525

2. H¨alfte 15. Jh. ‹Translatio sanctae Delicianae›. In: Sb. der phil.hist. Kl. der kaiserlichen Akad. der Wiss. 159. Bd., II. Abh. Wien 1908, S. 8–20. – Jaroschka/Wendehorst 1957 (s. Lit.) S. 410–415 (eine ‹Vita s. Maximiliani›, eine ‹Passio ss. Quattuor Coronatorum› und ein Notariatsinstrument u¨ ber eine Reliquientranslation von Zu¨ rich nach Wien). – Joseph Klapper: ‹Hedwigis electa›. Eine Hedwigsvita aus dem Anfang des 14. Jh. In: Arch. f¨ur schlesische Kirchengesch. 19 (1961) S. 53–61. Literatur: Alfred Wendehorst/Walter Jaroschka, VL2 5 (1985) Sp. 368 f.; 11 (2004) Sp. 894. – Dies.: Das K. L. Ein Beitr. zur Gesch. der o¨ sterr. ¨ 65 (1957) Hagiographie des Sp¨atMA. In: MIOG S. 369–418 (mit Texten und Index sanctorum). – Alphons Lhotsky: Thomas Ebendorfer. Ein o¨ sterr. Geschichtsschreiber, Theologe und Diplomat des 15. Jh. (Schr. der MGH 15). Stuttgart 1957 (Nachdr. Stuttgart 1975) S. 127–130. – Ders.: Quel¨ lenkunde zur ma. Gesch. Osterreichs. Graz u. a. 1963 (Nachdr. Lisse 1984) S. 138, 204, 213 f., 255, 268. BJ Kuttenmann. – Augustiner (?), Verf. eines mystischen Traktats. Der K. d¨urfte in der ersten H¨alfte des 15. Jh. geboren sein und war m¨oglicherweise ein ostmitteldt. Augustiner. Genauere Angaben u¨ ber sein Leben sind nicht m¨oglich. Von ihm ist nur ein mystischer Traktat in mehreren Handschriften u¨ berliefert, Vom Reuer, Wirker und Schauer. Ausgehend von Mt 16,24 behandelt der K. drei Wege: Der «Reuer» der «via purgativa» beschreitet den Weg der Selbstverleugnung; der «Wirker» sucht u¨ ber die «via activa» die Nachfolge Christi mit dem Tragen des Kreuzes; der «Schauer» versenkt sich in die «via contemplativa» der Brautmystik und mystischen Spekulation. Besondere Aufmerksamkeit widmet der K. in seiner Schrift Mo¨ nchen und Predigern, was auf die Reformbestrebungen in der Folge der Basler und Konstanzer Konzilien verweist. In diesem Kontext hat man den Traktat des K.s mit Von dreierlei Wesen der Menschen des Johannes von Indersdorf verglichen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 452, 41r–82v (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., bair.–schw¨abisch). – Eisleben, Bibl. der Andreaskirche, Ms. 960, 255r ff. (Perg. und Pap., 1461–87). – Berlin, SBB, Ms. lat. oct. 214, 103r–129v (1471). – Dessau, LB, Hs. Georg. 44.8°, 86v–112v (Pap., 1477, mitteldt.). – Mu¨ nchen, BSB, cgm 458, 51r–88v 1526

2. H¨alfte 15. Jh. (Pap., um 1482, nordbair.). – T¨ubingen, Wilhelmsstift, cod. Gi 501, 85r–113v (1484). – St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 973, S. 717–727 (Pap., 1498). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 843, 1r–29v (Pap., Ende 15. Jh., nordbair.). – Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., cod. fol. 11, 136va–152rb. Literatur: Bernhard Dietrich Haage/Lotte Kurras, VL2 5 (1985) Sp. 472–474; 11 (2004) Sp. 903 f. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 127. MM ¨ Schonmerlin, ¨ Ludwig OFM. – Ubersetzer und Bearbeiter katechetischer und erbaulicher Schriften, zweite H¨alfte 15. Jh. Bezeugt ist S. zwischen 1469 und 1485; nach eigener Aussage war er Franziskaner im Barf¨ußerkloster Thann/Elsass und Lesemeister. 1483 u¨ bersetzte er Teile aus dem Quadragesimale des Robertus Caracciolus aus Lecce zum Zweck einer Predigtgrundlage ins Deutsche. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 4700, 15r–145v (Thann, 1483; Autograph). ¨ Wie weit S. als Redakteur, Bearbeiter und Ubersetzer eines Beichttraktats in derselben Handschrift (201r–260v) sowie eines lat. alphabetischen Sachregisters in der Handschrift, Mu¨ nchen, Clm 5622, 220r–223v, in Frage kommt, ist unsicher. Literatur: Karin Schneider, VL2 8 (1992) Sp. 827. – Luzian Pfleger: Fr. L. S., ein Thanner Franziskaner des ausgehenden 15. Jh. In: Straßburger Di¨ozesanbl. 4 (1902) S. 107 f. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 107 f. – Klaus Berg: Der Tugenden B˚uch (MTU 7). M¨unchen 1964, S. 66 f., 225–227. – Egino Weidenhiller: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 238. – Helvetia Sacra 5/1. Bern u. a. 1978, S. 253. SF Sendbrief uber ¨ wahre Gelassenheit. – Letztes Viertel 15. Jh. Die im Sendbrief thematisierte «gelaszenheit» hat nicht mystischen Charakter, sondern es geht hier vielmehr darum, «ynnerlich truck und getreng» standzuhalten. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4715, Vorderspiegel–1r (Pap., aus dem Augustinerinnenkloster Mariastern bei Eichst¨att, letztes Viertel 1527

Schonmerlin ¨ 15. Jh., nordbair., zum Teil mit mittelbair. Einschlag). Ausgabe: Karl Bihlmeyer: Kleine Beitr. zur Gesch. der dt. Mystik. In: Beitr. zur Gesch. der Renaissance und Reformation. Festgabe f¨ur Joseph Schlecht. Hg. v. Ludwig Fischer. M¨unchen/Freising 1917, S. 45–62, hier S. 56 f. ¨ Nhd Ubersetzung: Wilhelm Oehl (Hg.): Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Mu¨ nchen 1931. Nachdr. Darmstadt 1972, S. 63 f., Nr. XXXVI, 2. Literatur: Freimut L¨oser, VL2 11 (2004) Sp. 1423 f. BJ Spiegel der samwitticheit. – Zusammenfassender Titel f¨ur verschiedene erbauliche sp¨atma. Schriften. Ein Spiegel der samittycheyt ist als L¨ubecker Druck von 1487 erhalten. Die Entstehungszeit des vielleicht von einem Benediktinerm¨onch verfassten Werks liegt nach 1482. Der Spiegel setzt sich aus zwei Vorreden und drei B¨uchern zusammen; die erste Vorrede enth¨alt ein Inhaltsverzeichnis, eine Betrachtung u¨ ber den Nutzen der Lekt¨ure des Buches sowie u¨ ber die Bedeutung der Heiligen und ihrer Vermittlerrolle. Die zweite Vorrede bietet in 17 Kapiteln einen Spiegel f¨ur die Erkenntnis eines frommen und rechtgl¨aubigen Lebens. Es umfasst inhaltlich das J¨ungste Gericht, den Fall Satans, Adams und Judas’, bietet dabei Zitate aus der Bibel und den Kirchenv¨atern und legt den Wert des Gebetes dar. Buch I enth¨alt Paternoster und Ave Maria mit satzweiser Exegese, einen Rosenkranz, Wochentagsgebete, drei Gebete auf den Freitagnachmittag, eine Offenbarung Papst Gregors und ein Gebet auf den Sonntag. Buch II bietet Gebete u. a. zu Heiligenfesten, von der Ankunft des Herrn, der Geburt Christi sowie Gebete allgemeinen Inhalts und enth¨alt die sieben → O-Antiphonen. Buch III ist der umfangreichste Teil des Bandes, es umfasst an die 100 Gebete zu Heiligen- bzw. Kirchenfesten, wobei Heiligenlegenden teilweise in Gebetsform erz¨ahlt werden. ¨ Uberlieferung: Druck L¨ubeck, Stefan Arndes, 1487. Vgl. dazu Hain (s. Lit.) 14943. – Conrad Borchling/Bruno Claussen: Nd. Bibliogr. Gesamtverz. der nd. Drucke bis zum Jahre 1800. Bd. 1. Neum¨unster 1931, Nr. 120. – Ernst Voulli`eme: Die Inkunabeln der Kgl. Bibl. und der anderen Berliner Slg. (Beih. zum Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen 30). Leipzig 1906, Nr. 1482. – Die Hs. L¨ubeck, StB, 1528

Tobritsch Ms. theol. germ. 31 diente vielleicht als Druckvorlage. Literatur: Paul Hagen: Die dt. theologischen Hss. der L¨ubeckischen StB. L¨ubeck 1922. – Wolfgang Stammler: Die Bedeutung der mnd. lit. in der dt. Geistesgesch. In: GRM 13 (1925) S. 422–450, hier S. 437. – P. Albert Auer: Johannes v. Dambach und die Trostb¨ucher v. 11. bis zum 16. Jh. Mu¨ nster i. W. 1928, S. 231. – W. Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh. (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 386–436, hier S. 426 f. Der spegel der samitticheit (Boek der beschouwinge to gode) enth¨alt ein Lektionar «aller» Heiligenfeste, wobei die Zeit zwischen Advent und Ostern im Vordergrund steht; betont wird die Konzeption der Sammlung als Gebetbuch f¨ur Laien. Der spegel enth¨alt auch den Hymnus → Veni redemptor gentium und Kap. 1,1–14 des Johannes-Evangeliums in nd. ¨ Ubertragung (→ Johannes-Evangelium 1,1–14). ¨ Uberlieferung: Drei Drucke: Magdeburg 1492. Vgl. dazu GW 4509. – Borchling/Claussen, Nr. 196. – Vouill`eme, Nr. 1497. – John Claude Trewinard Oates: A Catalogue of the FifteenthCentury Printed Books in the University Library Cambridge. Cambridge 1954, Nr. 1228. – Leipzig, Martin Landsberg, o. J. [1507?]. Vgl. dazu Oates, Cat. Nr. 1292. – Rostock, Hermann Barckhusen, [15. 6.] 1507. Vgl. dazu Borchling/Claussen, Nr. 425. Literatur: Karl Friedrich Arend Scheller: B¨ucherkunde der sassisch-nd. Sprache, haupts¨achlich nach den Schriftdenkm¨alern der herzoglichen Bibl. zu Wolfenb¨uttel. Braunschweig 1826, Nr. 533. – Carl M. Wiechmann: Meklenburgs Altnieders¨achsische Lit. Bd. 1. Schwerin 1864, S. 19 f. (Nr. VI). – Stammler 1925. – Auer 1928, S. 232, 357. Zu erw¨ahnen sind ferner der Speygel der sammwitticheit des Marquart → Kremer sowie das pseudoaugustinische Boke van der samwitticheit, das auch im → Spiegel der Tugenden enthalten ist. Literatur: Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 121–124. – Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum [...]. Bd. 1–4. Stuttgart u. a. 1826–1838. SF Spiegel der Tugenden («Speygel der dogende»). – Beichtspiegel. Diese Kompilation ist in einem Druck (L¨ubeck 1485) erhalten, der in vier B¨ucher eingeteilt ist und 1529

2. H¨alfte 15. Jh. 30 Holzschnitte aufweist. Die Texte der einzelnen B¨ucher waren bereits vor dem Druck zu Corpora zusammengefasst. Auf ein Register folgt Buch I, das u. a. zahlreiche anonyme Traktate, eine Palmbaumallegorie, De quatuor instictibus → Heinrichs von Friemar und Abschnitte aus dem Eusebiusbrief der → Hieronymus-Briefe enth¨alt. Im Zentrum von Buch II stehen das Paternoster und Auslegungen, denen ein Ablass von Sixtus IV. zum Sprechen des Gebets folgt. Buch III («boeck der samwitticheyt effte consciencien») bietet u. a. eine ¨ verk¨urzende Ubersetzung der ersten Kapitel des ps.-augustinischen De interiori domo und handelt dann von der Liebe Gottes als alleinrichtigem Weg zum ewigen Leben. Buch IV er¨ortert in neun Abschnitten Reue und Su¨ nde, Beichte, Zehn Gebote, 7 Haupts¨unden, 7 Werke der Barmherzigkeit und Besserung der Su¨ nden. Den Schluss bilden Gebete zum Leben und Leiden Jesu und ein «Ars moriendi». Literatur: Gunhild Roth, VL2 9 (1995) Sp. 130–133; 11 (2004) Sp. 1442 f. – Johannes Geffcken: Der Bildercatechismus des funfzehnten Jh. und die catechetischen Hauptst¨ucke in dieser Zeit bis auf Luther. Leipzig 1855. – Albert Schramm: Der Bilderschmuck der Fr¨uhdrucke 12. Leipzig 1929. – Winfried K¨ampfer: Stud. zu den gedruckten nd. Plenarien. Ein Beitr. zur Entstehungsgesch. sp¨atma. Erbauungslit. Mu¨ nster 1954. – Wolfgang Fleischer: ‹Ascendam in palmam›. Ein Beitr. zur ¨ Uberl. der Palmbaumallegorie im MA. In: Lit.wiss. Jb. NF 10 (1969) S. 1–52. – Bernd Adam: Katechetische Vaterunserauslegungen. Texte und Unters. zu deutschsprachigen Auslegungen des 14. und 15. Jh. Mu¨ nchen 1976. BJ Tobritsch, Kaspar (Tobrisch). – 15. Jh. T. stammte aus Ingolstadt, wo er 1477 an der Universit¨at immatrikuliert war. Er wurde Pfarrer am Heilig-Geist-Spital in Ingolstadt, sp¨ater Weihbischof in Eichst¨att. Die f¨ur Klosterfrauen geschriebene Sammelhandschrift Eichst¨att, St. Walburg, cod. germ. 11 (15. Jh.) enth¨alt auf Bl. 35v–42r eine Betrachtung u¨ ber Lk 10,42, die von der Schreiberin der Handschrift T. zugewiesen wird. T. stellt die «vita activa» und die «vita contemplativa» gegen¨uber. Ist das Ziel der «vita contemplativa» erreicht, lebt der Mensch in «Abgeschiedenheit» und Unschuld; er 1530

2. H¨alfte 15. Jh. hat «rechtes» Gottvertrauen und u¨ bt sich in guten Werken. Als Autorit¨aten zitiert T. neben der Bibel → Augustinus, → Thomas von Aquin und → Hieronymus. Literatur: Dagmar Gottschall, VL2 9 (1995) Sp. 949 f. – Joseph Lechner: Die sp¨atma. Handschriftengesch. der Benediktinerinnenabtei St. Walburg/Eichst¨att. Mu¨ nster 1937, S. 69–75. BJ Vitztum, Nikolaus, † nach 1510. – Prediger. V. ist 1485 in Salzburg als Stiftsprediger an der Stadtpfarrkirche Unserer Lieben Frau, 1494 als Domprediger bezeugt; er predigte auch in der Be¨ nediktinerabtei St. Peter. 1510 legte er seine Amter nieder. Die Handschrift Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, cod. b III 12, 305r–333v (1499) u¨ berliefert von V. eine scholastisch gepr¨agte deutschsprachige Predigt, die sich zun¨achst dem Problem der ewig g¨ottlichen und zeitlich begrenzten menschlichen Natur Jesu widmet. Bei der anschließenden Behandlung des Wunders der Menschwerdung Gottes werden die menschlich-nat¨urliche Entwicklung Jesu im K¨orper Marias und seine Geburt betont. Neben der Bibel zitiert V. Autorit¨aten wie → Thomas von Aquin und → Augustinus. Literatur: Gerold Hayer, VL2 10 (1999) Sp. 466 f. – Johann Sallaberger: Johann v. Staupitz, die Stiftsprediger und die MendikantenTermineien in Salzburg. In: Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 93 (1982) S. 218–269. – G. Hayer: Die dt. Hss. ¨ des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154). Wien 1982, S. 199–204. BJ Wilgefortis (Ontkommer, K¨ummernis). – Ndl. und dt. Legenden aus der zweiten H¨alfte des 15./Anfang des 16. Jh. Der Kult der hl. W. («virgo fortis»), einer mythologischen Volksheiligen, ist erstmals Ende des 14. Jh. in den Niederlanden bezeugt und breitete sich von dort aus. Nach einer seit der Mitte des 15. Jh. u¨ berlieferten ndl. Legende ist sie die Tochter des heidnischen K¨onigs von Portugal, konvertiert um 130 zum Christentum und wird, da sie die Ehe mit einem heidnischen Prinzen verweigert, von ihrem Vater in den Kerker geworfen und gemartert. Auf ihre an Gott gerichteten Bitten um Verunstaltung w¨achst ihr ein Bart. Von ihrem Vater 1531

Vitztum in Lumpen ans Kreuz geschlagen, predigt sie drei Tage lang und bekehrt schließlich auch den Vater, der nach dem Tod der W. eine S¨uhnekirche errichtet und zu ihren Ehren ein kostbares Bild aufstellt. Vor diesem Bild spielt ein armer Geiger, die Angeflehte wirft ihm darauf einen (und sp¨ater einen zweiten) silbernen Schuh herab. Bislang sind neun ndl. und dt. Prosafassungen der Legende (vgl. Williams-Krapp [s. Lit.] und Schn¨urer/Ritz [s. Ausg.]) aus der zweiten H¨alfte des 15. bzw. dem Anfang des 16. Jh. bekannt. F¨unf davon sind ausschließlich in ndl. Sprache u¨ berliefert. Eine Fassung fand als dt. Bearbeitung Eingang in ein westf¨alisches (um 1480 zusammengestellt) und ein ripuarisches Legendar. ¨ Uberlieferung: Deventer, Athen¨aumsbibl., Cod. 101 F 9, 376r–380v. – Berlin, SBB, Mgq 524, 182v–185r (um 1480, westf¨alisch). – Ebd., Mgq 261, 117r–118r (aus K¨oln). Eine weitere ist in allen nd. Drucken von Der → Heiligen Leben seit L¨ubeck, Steffen Arndes 1492, u¨ berliefert. Kurz nach 1511 wurde im Kloster St. Walburg in Eichst¨att nach a¨lterer Vorlage eine dt. Legendenfassung mit einem Anhang von drei Mirakeln aufgezeichnet. ¨ Uberlieferung: Eichst¨att, St. Walburg, Cod. germ. 7, 201r–206v. ¨ mit Ein Einblattdruck des Hans Burgkmair d. A. dem Titel Sant k¨umernus stammt ca. aus dem Jahr 1507. Nach 1528 erfolgte eine Abschrift des Simprecht Kr¨oll in der Handschrift Heidelberg, UB; Cpg 793, 6r. Ausgaben: Wybe Jappe Alberts: Een onbekende Passio S. Wilgefortis. In: Dona Westfalica. FS Georg Schreiber (Schr. der Hist. Kommission f¨ur Westfalen 4). M¨unster/Westfalen 1963, S. 1–8, hier S. 3–8. – Gustav Schn¨urer/Josef Maria Ritz: St. K¨ummernis und Volto santo. Stud. und Bilder. D¨usseldorf 1934, S. 27–30, 34 f., 98–100. – Jan Baptist Gessler: De Vlaamsche Baardheilige W. of Ontcommer. Antwerpen 1937, S. 47–51. – Leander Petzoldt: Hist. Sagen. Bd. 2. Mu¨ nchen 1977, S. 249 f., 340 f. – Regine Schweizer-V¨ullers: Die Heilige am Kreuz. Stud. zum weiblichen Gottesbild im sp¨aten MA und in der Barockzeit. Bern u. a. 1997, S. 17 f., 278–288. Literatur: Wimmer/Melzer (61988) S. 499 (K¨ummernis). – Peter Spranger: K¨ummernis. In: Enzyklop¨adie des M¨archens Bd. 8 (1996) Sp. 604–607. – Anton D¨orrer: K¨ummernis. In: 1532

Tinctoris LThK3 6 (1997) Sp. 525 f. – Erich Wimmer, LexMA 9 (1998) Sp. 125. – Konrad Kunze, VL2 10 (1999) Sp. 1081–1083. – Schn¨urer/Ritz (s. Ausg.). – Gessler (s. Ausg.). – Alberts (s. Ausg.). – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des ¨ MA. Stud. zu ihrer Uberl.-, Text- und Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 430 (Reg.). – Peter Spranger: Der Geiger v. Gm¨und. Justinus Kerner und die Gesch. einer Legende. Schw¨abisch Gm¨und 21991. – Sigrid Glockzin-Bever/Martin Kraatz (Hg.): Am Kreuz – eine Frau: Anf¨ange – Abh¨angigkeiten – Aktualisierungen. M¨unster 2003. SF Wilperg OP. Von W. sind keine Lebensdaten bekannt, außer dass er am Karfreitag 1485 den Dominikanerinnen in N¨urnberg gepredigt hat. Die Predigt befasst sich im Anschluss an die Quaestionen 46 und 49 der Tertia der Summa theologica des → Thomas von Aquin mit der Passio Christi. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, cod. D 231, 265r–271v. Ausgabe: Gabriel M. L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 38 (1955) S. 13–46, 108–120, 199–208, hier S. 204–206. Literatur: Kurt Ruh, VL2 10 (1999) Sp. 1170 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 4. Rom 1993, S. 483 f. (Lit.). BJ Riß, Heinrich OP, * Rheinfelden, † nach 1490. Der aus Rheinfelden am Oberrhein geb¨urtige R. trat 1450 in den Basler Dominikanerkonvent ein. Um 1460 ist er als Student des Wiener Studium generale des Ordens bezeugt. 1465 war er Subprior in Ulm, 1468 Prior in Metz, 1475 Lektor und Generalprediger, sp¨ater Magister der Theologie, nach einem Aufenthalt in den Niederlanden seit 1477 Prior seines Mutterklosters. Seit 1483 im Kloster St. Nicolai in Chur t¨atig, war er zugleich mit der Inquisition im Churer Bistum beauftragt. Zu welcher Aufgabe ihn der Rat der Stadt Chur berufen hatte, geht aus einem ablehnenden deutschsprachigen Schreiben R.’ vom 5.10.1490 nicht hervor. Von R., der eine ansehnliche Bibliothek besaß, ist nur eine seiner Predigten u¨ berliefert, und zwar in zwei Fassungen. Da der Wortlaut beider Versionen bis auf Stichworte verschieden ist, ist wohl 1533

2. H¨alfte 15. Jh. von zwei voneinander unabh¨angigen Aufzeichnungen der einen Predigt auszugehen. F¨ur K. Ruh bestand «kein Zweifel dar¨uber, daß in N eine, leider fr¨uhzeitig abbrechende, wohl unautorisierte kl¨osterliche Nachschrift vorliegt, in Z ein nachtr¨aglicher, sorgf¨altig und gelehrt ausgearbeiteter, also ‹literarischer› Sermon». ¨ Uberlieferung: Fassung 1 (am 23.4.1486 w¨ahrend des Provinzialkapitels zu N¨urnberg den Frauen des Katharinenklosters gehalten): N¨urnberg, StB, cod. Cent. VII, 13, 71r–74r (um 1486, aus dem dortigen Katharinenkloster [aber zeitweilig im Katharinenkloster St. Gallen], n¨urnbergisch [79r–113r hochalemannisch], endet fragm.) (N). – Fassung 2: Zu¨ rich, ZB, cod. D 231 (638), 163r–194r (um 1480–90, ostfr¨ankisch) (Z); Ausgabe: L¨ohr, S. 108–119 (nicht ganz vollst¨andig). Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 83–86. – Gabriel M. L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 38 (1955) S. 33–46, 108–120, 199–208. BJ Tinctoris, Nicolaus (Tinctor, F¨arber; de Gontzenhusen), Gunzenhausen/Mittelfranken, † vor 9.9.1495 Regensburg. – Theologe und Logiker. T. studierte seit 1468 in Paris und schloss dort das Studium vermutlich mit dem Magister Artium ab, denn er immatrikulierte sich 1474 an der Universit¨at Ingolstadt als «magister [...] Parisiensis universitatis». 1475/76 war er Dekan der Artistenfakult¨at und wurde nach der Erlangung des theologischen Baccalaureats 1477 zur Sentenzenvorlesung zugelassen. 1478/79 u¨ bte er das Amt des Universit¨atsrektors aus. Vielleicht wurde T. auch zum Dr. theol promoviert. Sp¨ater erscheint T. als Prediger an St. Lorenz in N¨urnberg, wo er 1486 bepfr¨undet wurde; seit 1491 war er Domprediger in Bamberg und sp¨ater wohl auch in Regensburg, wo er an der Pest verstarb. T. verfasste neben dem f¨ur ihn gesicherten scotistischen Kommentar zur Logik des → Petrus Hispanus vermutlich einen Sentenzenkommentar (Quaestiones in IV libros sententiarum), Dissensiones D. Thomae et Scoti und Collationes varias (diese drei Schriften verzeichnen Johann Heinrich Zedler, Grosses vollst. Universal Lex. aller Wiss. und K¨unste Bd. 44. Leipzig/Halle 1745, Sp. 249 und Christian Gottlieb J¨ocher, Allg. Gelehrten-Lex. Bd. 4. Leipzig 1751, Sp. 1214 als Werke Johann → Tinctors). 1534

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Dicta super summulas Petri Hispani, Druck Reutlingen 1486 (GW M47084). Literatur: Otto Liebmann, ADB 38 (1894) S. 355 (N. Tinctor). – Anton Maria Kobolt: Baier. Gelehrten-Lex. Landshut 1795, S. 691–693; Erg¨anzungen und Berichtigungen. Ebd. 1824, S. 281 f. – Joachim Heinrich J¨ack: Pantheon der Literaten und K¨unstler Bambergs Bd. 7. Erlangen 1815, Sp. 1117 f. – Carl v. Prantl: Gesch. der Ludwig-Maximilians-Univ. in Ingolstadt, Landshut, M¨unchen zur Festfeier ihres vierhundertj¨ahrigen Bestehens. 2 Bde. Mu¨ nchen 1872 (Neudr. Aalen 1968) Bd. 1, S. 91, 121 Anm. 69, Bd. 2, S. 484. – Johannes Kist: Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg 1400–1556 (Ver¨off. der Gesellsch. f¨ur fr¨ankische Gesch. 4,7). W¨urzburg 1965, S. 72 f. – Arno Seifert: Statuten- und Verfassungsgesch. der Univ. Ingolstadt 1472–1586 (Ludovico-Maximilianea Forsch. 1). Berlin 1971, S. 73. – Winfried Kausch: Gesch. der Theologischen Fak. Ingolstadt im 15. und 16. Jh. 1472–1605 (Ludovico-Maximilianea Forsch. 9). Berlin 1977, S. 221. – Albrecht Liess: Die artistische Fak. der Univ. Ingolstadt 1472–1588. In: Die LudwigMaximilians-Univ. in ihren Fak. Bd. 2. Berlin 1980. Hg. L¨atitia Boehm/Johannes Sp¨orl, S. 9–35, hier S. 21. – Christoph Sch¨oner: Mathematik und Astronomie an der Univ. Ingolstadt im 15. und 16. Jh. (Ludovico Maximilianea Forsch. 13). Berlin 1994, S. 164, 484. – Lorenz B¨oninger: N. T. In: Biogr. Lex. der Ludwig-Maximilians-Univ. Mu¨ nchen Bd. 1: Ingolstadt-Landshut 1472–1826 (Ludovico Maximilianea Forsch. 18). Hg. v. L. Boehm u. a. Berlin 1998, S. 438. VZ Aufkirchen, Lorenz. – Prediger, um 1500. L. A. ist 1487 als Kursor und 1508 als Prior des Dominikanerkonvents Eichst¨att bezeugt, 1509–15 war er als Provinzial der s¨uddt. Dominikanerprovinz t¨atig. Von ihm ist eine 1487 von den Nonnen des N¨urnberger Katharinenklosters nachgeschriebene Predigt u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod. D 231, 233r (Pap.). Literatur: Peter Assion, VL2 1 (1978) Sp. 516. – Gabriel M. L¨ohr: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 38 (1944) S. 35, 203. – Gundolf Keil: Nachtr¨age zum VL. In: PBB (T¨ub.) 83 (1961) S. 167–226, hier S. 171 f. – 1535

Aufkirchen Barbara Steinke: Paradiesgarten oder Gef¨angnis? Das N¨urnberger Katharinenkloster zwischen Klosterreform und Reformation (Sp¨atMA und Reformation. Neue Reihe 30). Tu¨ bingen 2006, S. 290. SF Gundelfinger, Peter OP. – 1476–87 in Ulm nachgewiesen. Von G., dem Bruder des Niklaus G., ist eine Predigt, die er am Karfreitag 1487 vor den Nonnen des Katharinaklosters in N¨urnberg gehalten hat, in einer Handschrift dieses Klosters u¨ berliefert. Dargelegt werden drei Gr¨unde f¨ur das Mitleiden Mariens angesichts des Leides in der Welt. ¨ Uberlieferung: Z¨urich, ZB, Cod D 231, 220r–224r (1487). Ausgabe: G. M. L¨ohr: Klosterpredigten (s. Lit.) S. 200 (Auszug). Literatur: Gundolf Keil, VL2 3 (1981) Sp. 312. – Registrum litterarum Raymundi de Capua 1386–1399 [und] Leonardi de Mansuetis 1474–1480. Hg. v. Benedictus Maria Reichert (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens 6). Leipzig 1911, S. 100. – Gabriel Maria L¨ohr: Das N¨urnberger Predigerkloster im 15. Jh. In: Mitt. der Ver. f¨ur Gesch. der Stadt N¨urnberg 39 (1944) S. 223–232, hier S. 229. – Ders.: Aus sp¨atma. Klosterpredigten. In: Zs. f¨ur Schweizerische Kirchengesch. 38 (1944) S. 25. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA (MTU 47). M¨unchen 1974, S. 165 f. (Tf. 158). BJ Heiltumsbucher. ¨ – Sp¨atma. Verzeichnisse der Reliquiensch¨atze von Kirchen, Kl¨ostern, religi¨osen Gemeinschaften oder Orten. Die seit dem letzten Viertel des 15. Jh. bis zur Reformation belegten H. wurden anl¨asslich von «Heiltumsweisungen» – o¨ ffentlichen, mit Abl¨assen verbundenen Reliquienausstellungen nach einem bestimmten Ritual – publiziert und stellen in Wort und Bild deren Ablauf dar. Die H. bildeten h¨aufig in Form von illustrierten Holzschnitten die Reliquiare in der Reihenfolge ihrer Weisung ab. Vor der Abbildung des Heiltums findet sich oft eine Illustration zur Lokalisierung des Heiltumsschatzes, etwa Stadtwappen, Stadtpatrone oder Repr¨asentanten eines Geschlechts. H. sind bisweilen um → Klostergr¨undungsgeschichten und → Ablaßverzeichnisse erweitert oder erscheinen als Teil lokaler → Marienmirakelsammlungen. 1536

Heiltumsbucher ¨ ¨ Uberlieferung: Im Folgenden werden ohne Anspruch auf Vollst¨andigkeit selbstst¨andige volkssprachige Hss. und Klein- und Einblattdrucke des 15. Jh. und beginnenden 16. Jh. angef¨uhrt, die in Umfang und Anspruch stark variieren: Aachen, Maastricht und Kornelim¨unster. EinblattHolzschnitt, um 1468–75 (Schreiber 1927 [s. Lit.] Nr. 1937). – Alt¨otting, Stift. Jakob → Issickemer. – Andechs, Benediktiner. → Andechser Chronik. – Au am Inn, Augustiner-Chorherren. Hs. M¨unchen, BSB, Cgm 2929 (um 1500). – Augsburg, Benediktiner St. Ulrich und Afra. Einbl.-Holzschnitt (um 1520) (Schreiber 1927 [s. Lit.] Nr. 1936). Reliquien auch in Ursprung und Anfang Augsburgs (→ Augsburger Stadtchroniken des 15. Jh.), gedruckt bei Johannes B¨amler 1483 (GW 2860) und 1488 (vgl. Frieder Schanze: Seltene Drucke in einem Sammelbd. des 16. Jh. aus der Dombibl. Hildesheim. In: Die Dombibl. Hildesheim. Hg. v. Jochen Bepler u. a. Hildesheim 1996, S. 353–375, bes. 370 f.). – Bamberg, Dom. Drucke: Bamberg, [Johannes Pfeyl] (GW 3232), [Hans Sporer] (GW 3233, 3235). – N¨urnberg, Hans Mair (GW 3234) (alle 1493). – Weitere Ausg. v. Mair 1495 (GW 3236), v. Pfeyl 1509, aus demselben Jahr die Hs. London, British Library, Add. MS. 15689. – St. Georgenberg/Tirol, Benediktiner. Druck: [Augsburg, Anton Sorg, nach 10. Mai 1480] (GW 10642). – Goslar, St. Simon und Judas, lat. Vorlage um 1293, ¨ nd. Ubersetzung (15. Jh.): Hannover, LB, Ms XXI 1209. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 20. 10. Aug. 4°. – Hall/Tirol. Florian → Waldauf. – Halle, Neustift. Druck: Halle [oder Leipzig?, Wolfgang St¨ockel] 1520. Hs.: Aschaffenburg, Hofbibl., Ms. 14 (um 1526–1530). – Hohenwart, Benediktinerinnen. Druck [Ingolstadt, Drucker des Lescherius = Bartholom¨aus Golsch?, um 1489]. – K¨oln. → Ursula und die elftausend Jungfrauen; → Abl¨asse und Heilt¨umer der Stadt K¨oln. Ebenfalls aus K¨oln ¨ stammt vielleicht auch das H. einer Abtissin Katharina von Bayern (1510). Hs. N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs 876 (ripuarisch). – Magdeburg, Dom. Lat. Druck mit nd. Einsprengseln: Magdeburg, Joachim Westval und Albert Ravenstein [um 1482–1483] (Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum [...]. Bd. 2 [1831] Nr. 9173). – NederWaver, Kirche U.L.F. (Di¨ozese L¨uttich). Einblattdruck: Heilichdomme ende reliquien van O. L. Vrouwen te Wavere, ndl. [Drucker des Heilichdomme, um 1483] (Incunabula Printed in the Low Countries. 1537

2. H¨alfte 15. Jh. Nieuwkoop 1999, Nr. 1162). – N¨urnberg, Reichskleinodien (Falk, Nr. 10). Drucke: N¨urnberg, Peter Vischer 1487 (Hain, Nr. 8415); Hans Mair 1493 (Hain, Nr. 8416). – Ferner sind auch Fragm. eines Einblatt-Holzschnitts erhalten (Mitte/zweite H¨alfte 15. Jh.). Zwei Ausg.: Schreiber 1927 [s. Lit.] Nr. 1942, 1942 a). – Raitenhaslach, Zisterzienser. Hs. Mu¨ nchen, BSB, Cgm 1529 (zweite H¨alfte 15. Jh.). – Tongern, Stationswallfahrt v. Aachen und Maastricht; gedruckte H. seit 1514. – Trier, ¨ Dom und Kl¨oster. Uber 50 lat. und dt. Drucke zwischen 1512 und 1517 (Seibrich). Spruch v. Johannes → Kurtz u¨ ber die Erhebung der Trierer Heilt¨umer. – Utrecht, Dom, Ein H. von 1473, bezeugt nur durch einen Rechnungseintrag. – Werden, Benediktiner. Hs. M¨unster, Staatsarch., Dep. Altertumsver., Msc. 136, 117v–118ar (nd.). – Wien, St. Stephan. Druck: Wien, Johannes Winterburg 1502, weitere Ausg. 1514. – Wittenberg, Stiftskirche. Hss.: Weimar, Hauptstaatsarch., Reg. O. 212. – Jena, UB und LB, Ms. Bos. q. 26 a, beide 16. Jh. Drucke: Wittenberg, [Symphorian Reinhart] 1509/1510, zwei Ausg., jeweils u¨ ber 100 Holzschnitte nach Vorlagen v. Lucas Cranach. – W¨urzburg, Dom. Druck: N¨urnberg, Hans Mair, 1. Juni [1493] (Hain, Nr. 8417); datiert 1483, als amtierender Papst wird jedoch Alexander VI. (gew¨ahlt 1492) genannt. Literatur: Hildegard Erlemann/Thomas Stangier, LexMA 4 (1989) Sp. 2032 f. – Falk Eisermann, VL2 11 (2004) Sp. 604–609. – Wolfgang Br¨uckner, LThK3 4 (1995) Sp. 1357. – Franz Falk: Die Druckkunst im Dienste der Kirche [...] bis zum Jahre 1520. K¨oln 1879. Neudr. Amsterdam 1969. – Stephan Beissel: Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland im MA. Bd. 2. Freiburg i. Br. 1892 (Neudr. Darmstadt 1983) S. 123 f. – Hermann Siebert: Beitr. zur vorreformatorischen Heiligen- und Reliquienverehrung. Freiburg i. Br. 1907, S. 55–61. – Nicolaus Paulus: Gesch. des Ablasses im MA. Bd. 3. Paderborn 1923, S. 288–292. – Wilhelm Ludwig Schreiber: Hb. der Holz- und Metallschnitte des 15. Jh. Bd. 4. Leipzig 1927, S. 89–92. – Ernst Schulze-Strathaus: Die Wittenberger Heiligtumsb¨ucher vom Jahr 1509 mit Holzschnitten v. Lucas Cranach. In: Gutenberg-Jb. 1930, S. 175–186. – Maria Elisabeth Kronenberg: Incunabel-Bijdragen. In: Het Boek 2,20 (1931) S. 5–16. – Philipp Maria Halm/Rudolf Berliner (Hg.): Das Hallesche Heiligtum. Berlin 1931. – W. Engel: Das W¨urzburger Heiligtum des sp¨ateren 1538

2. H¨alfte 15. Jh. MA. In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 11/12 (1949/50) S. 127–158. – Petrus Cornelis Boeren: Heiligdomsvaart Maastricht. Maastricht 1962, bes. S. 87–89, 116–159. – Ferdinand Geldner: Das Heiltumbuch v. Hohenwart, ein unbekannter Wiegendruck. In: Gutenberg-Jb. 1969, S. 91–94. – Gerhard Weiss: Abt Caspar Augsburger v. St. Georgenberg (1469 bis 1491). In: Ver¨off. des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 50 (1970) S. 219–238. – Der Schatz vom Hl. Berg Andechs. Ausstellungskat. Mu¨ nchen. Mu¨ nchen 1976. – N¨urnberg – Kaiser und Reich. Ausstellungskat. Staatsarch. N¨urnberg. N¨urnberg 1986. – Franz Machilek: Die Bamberger Heilt¨umersch¨atze und ihre Weisungen. In: Dieses große Fest aus Stein. Hg. v. Hans-G¨unter R¨ohrig. 1987, S. 217–256. – Heiltum und Wallfahrt. Ausstellungskat. Wilten/Fiecht-St. Georgenberg. Innsbruck 1988. – Harry K¨uhnel: ‹Werbung›, Wunder und Wallfahrt. In: Wallfahrt und Alltag in MA und fr¨uher Neuzeit. Wien 1992, S. 95–113. – Hans Thurn: Das W¨urzburger Heiltum. In: W¨urzburger Di¨ozesangeschichtsbll. 55 (1993) S. 143–156. – Kerstin Merkel: Die Reliquien v. Halle und Wittenberg. Ihre H. und Inszenierung. In: Cranach, Meisterwerke auf Vorrat. Hg. v. A. Tacke (Schr. der UB ErlangenN¨urnberg 25). 1994, S. 37–50. – Wolfgang Seibrich: Die Trierer Heilthumsfahrt im Sp¨atMA. In: Arch. f¨ur mittelrheinische Kirchengesch. 47 (1995) S. 45–125. – Ders.: Die H. der Trierer Heiltumsfahrt der Jahre 1512–1517. In: ebd., S. 127–147. – Dagmar Eichberger: A Renaissance Reliquary Collection in Halle, and its Illustrated Inventories. In: Art Bulletin of Victoria 37 (1996) S. 19–36. – Renate Baumg¨artel-Fleischmann (Hg.): Das Bamberger Heiligtum. Bamberg 1998. – Hartmut K¨uhne: Ostensio reliquiarum. Unters. u¨ ber Entstehung, Ausbreitung, Gestalt und Funktion der Heiltumsweisungen im r¨omisch-dt. Regnum. Berlin u.a. 2000, S. 34–50. – F. Eisermann: Die H. des sp¨aten MA als Medien symbolischer und pragmatischer Kommunikation. In: The mediation of symbol in Late Medieval and early Modern Times. Hg. v. Rudolf Suntrup (Medieval to early modern culture 5). Frankfurt/M. 2005, S. 37–56. – Birgit Luscher: Reliquienverehrung als Symbolsystem. Volkskirchliche Praxis und reformatorischer Umbruch. Zum Wittenberger Reliquienschatz und zur Transformation des symbolischen Denkens bei Luther. Berlin 2008, S. 24 f. u. o¨ . SF 1539

Hendrik van Santen Hendrik van Santen (H. v. Xanten; Henricus Xantis) OFM, Xanten, † 1493 Mecheln. – Prediger und Mystiker. Der wohl aus dem niederrheinischen Xanten stammende Franziskaner H. v. S. trat in die K¨olner Observanten-Vikarie ein; in den 80er und 90er Jahren des 15. Jh. ist er mehrfach als Guardian des Klosters in Mechelen und als Provinzvikar bezeugt. Er ist der Verfasser von Predigten und mystischen Schriften, in denen er sich u. a. beeinflusst ¨ von Johannes → Gerson, → Agidius von Assisi und ¨ → Bonaventura zeigt. Uberliefert sind Predigten u¨ ber das Altarsakrament, die W¨urdigkeit, Gestalt, Einsetzung, Vorbereitung und Nutzen der Eucharistie behandeln. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 1268–1269, 196r–232v (erste H¨alfte 16. Jh.). – Ebd., Cod. 2805–2809 (Anfang 16. Jh.). Von H. stammen auch Predigten u¨ ber Evangelientexte und diverse andere Themen. ¨ Uberlieferung: Wien, Cod. ser. nov. 12847, 221r–268v. Die Collacien, eine Sammlung von zehn Predigten u¨ ber das beschauende Leben, schließen mit einem Gebet an die Gottesmutter. ¨ Uberlieferung: Drei Postinkunabeln mit dem Titel ‹Die collatie(n) vanden eerwaerdigen vader broeder henricus van santen Gardiaen van Mechelen›: Leiden, Jan Seversz., o. J. – Antwerpen, Hendrik Eckert van Homberch, o. J. – Ebd., o. J. – Hsl. ¨ Uberl.: Br¨ussel, Stadhuis, Cod. 2915, 262r–276r. – Gent, UB, Cod. 895, 273r–291r. – ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 73 F 28 (olim K 60), 12r–14v. – Berlin, SBB, Mgo 1391. Literatur: Sophronius Clasen, NDB 8 (1969) S. 430 f. – Kurt Ruh, VL2 3 (1981) Sp. 1003–1005. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 319. – Mattheus Verjans: P. Hendrik van Santen o. 1493. In: Ons Geestelijk Erf 4 (1930) S. 196–204. – S. Clasen: Walram v. Siegburg, O.F.M., und seine Doktorpromotion an der K¨olner Universit¨at (1430–1435). In: Archivum Franciscanum Historicum 45 (1952) S. 72–126, hier S. 85–91. – Benjamin de Troeyer OFM: Bio-bibliographia Franciscana Neerlandica ante saeculum 16/1. Nieuwkoop 1974, S. 141–156. – Albert Ampe: Naar aanleiding van H. v. S. ‹Collacien›. In: Ons geestelijk erf 49 (1975) S. 366–380. – Ders.: Nog eens H. v. S. ‹Collacien›. In: Ons Geestelijk erf 50 (1976) S. 207–213. – Helmut Tervooren unter Mitarb. v. Carola Kirschner und Johannes Spicker: Van der Masen tot op den 1540

Lubecker ¨ Mohnkopf-Offizin Rijn. Ein Hb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum von Rhein und Maas. Berlin 2006, S. 68. – Renate Schipke: Neuerwerbungen abendl¨andischer Hss. f¨ur die SBB zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz 1998–2007. In: Mlat. Jb. 43 (2008) S. 327–346, hier S. 337. SF Lubecker ¨ Mohnkopf-Offizin. Die L. M.-O. produzierte in L¨ubeck zwischen 1487 und 1520 zahlreiche hochwertige Drucke. Diese umfassten auch theologische Texte in lat. Sprache, u¨ berwiegend aber rund 30 mnd. Inkunabeln. Zu den wichtigsten dt. Drucken der L. M.-O. z¨ahlen die Totentanz-Schrift Des dodes dantz (1489, 1496, 1520), das Plenar Euangelia (1492), die Psalmen¨ubersetzung De salter to dude (1493), Sebastian Brants Dat narrenschyp (1497) und Reynke de vos (1498). Die Holzschnitte und Typen der L. M.-O. wurden nur von ihr selbst verwendet, was auf eine weitreichende Autonomie der Offizin schließen l¨asst. Die Bezeichnung L. M.-O. geht u¨ brigens auf drei Mohnk¨opfe in jenem Wappenschild zuru¨ ck, das die Drucke der Offizin ziert. Durch die Qualit¨at und Eigenst¨andigkeit ihrer Produktion kam der L. M.-O. im sp¨atmittelalterlichen Norddeutschland eine große Bedeutung f¨ur die Verbreitung volkssprachiger religi¨oser Literatur zu. Die Offizin hatte den expliziten Anspruch, durch den Gebrauch der Volkssprache auch dem einfachen Volk den Weg zum Seelenheil zu er¨offnen. Dies geschah im Sinne einer konventionellen, schlichten und um Demut bem¨uhten Fr¨ommigkeit, die sich stark an der Passion Christi orientierte. Die Forschung hat sich intensiv der Frage gewidmet, welche Personen hinter der Offizin standen. H¨aufig gilt neben Matth¨aus Brandis und Bartholom¨aus Ghotan auch der in einem M.-Plenar von 1488 erw¨ahnte Hans van Ghetelen als Kopf der L. M.-O. Verschiedentlich wird Ghetelen auch als ¨ Verfasser der dt. Ubertragungen der Offizin angesehen, vor allem des Narrenschyps. Die einheitliche religi¨ose Ausrichtung der Drucke hat außerdem die These provoziert, Franziskanerm¨onche des Katharinenklosters h¨atten die Offizin betrieben oder als ihre M¨azene agiert, was aber heute angezweifelt wird. Die Hintergr¨unde der L. M.-O. sind somit noch nicht abschließend erforscht. Ausgaben (Auswahl): Sebastian Brant: Dat Narrenschyp von Hans von Ghetelen. Hg. v. Herman Brandes. Halle/Saale 1914 (vgl. dazu Agathe Lasch. 1541

2. H¨alfte 15. Jh. Modern Language Notes 30, 1915, S. 186–189; wieder in: A. Lasch: Ausgew¨ahlte Schr. zur nd. Philologie. Neum¨unster 1979, S. 332 f.). – Speygel der Leyen. Neuausg. eines L¨ubecker Mohnkopfdruckes aus dem Jahre 1496. Hg. v. Pekka Katara. Helsinki 1952. – S. Brant: Dat narren schyp. Hg. v. Timothy Sodmann. Bremen 1980. Neuausg. Vreden u. a. 2003 (Faks. der Ausg. L¨ubeck 1497). – Vgl. auch die Ausg. zu den im Artikel genannten Werken. Literatur: Christoph Gerhardt: Hans van Ghetelen. In: VL2 3 (1981) Sp. 451–455; 11 (2004) Sp. 587. – Olaf Schwencke, VL2 5 (1985) Sp. 927–932. – Ludwig Baucke: Das mnd. Narrenschiff und seine hochdt. Vorlage. In: NdJb 58/59 (1932/1933) S. 115–164. – O. Schwencke: Ein Kreis sp¨atma. Erbauungsschriftsteller in L¨ubeck. In: Ebd. 88 (1965) S. 20–58. – Ders.: Die Glossierung alttestamentlicher B¨ucher in der L¨ubecker Bibel v. 1494. Beitr. zur Fr¨ommigkeitsgesch. des Sp¨atMA und zur Verfasserfrage vorlutherischer Bibeln. Berlin 1967. – Ders.: Gregorius de grote S¨under. In: NdJb 90 (1967) S. 63–88. – Lambertus Okken: Reinke de Vos und die Herren L¨ubecks. In: Nd. Wort 11 (1971) S. 7–14. – Bernd U. Hucker: Neue Eulenspiegelforschungen. In: Eulenspiegel-Jb. 17 (1977) S. 3–29. – Hartmut Beckers: Mnd. Lit. Versuch einer Bestandsaufnahme II. In: Nd. Wort 18 (1978) S. 1–47. – Irmgard Jaeger: ‹Speygel des dodes›. Der sp¨atma. Totentanz von L¨ubeck (1489). Erlangen 1989, S. 29 f. u. o¨ . – Brigitte Derendorf: Die Lehre von der unbefleckten Empf¨angnis Mariens als Kriterium f¨ur die Einordnung des in L¨ubeck gedruckten sp¨atma. Erbauungsschrifttums. Zu einigen Drucken aus der M. und der Druckerei des Steffen Arndes. In: Nd. Wort 29 (1989) S. 75–98. – Ralf K¨otter: Hans van Ghetelen als Drucker der M. In: Zs. des Ver. f¨ur L¨ubeckische Gesch. und Altertumskunde 71 (1991) S. 353–367. – Hartmut Freytag: Der Totentanz der Marienkirche in L¨ubeck und der Nikolaikirche in Reval (Tallinn). Edition, Komm., Interpretation, Rezeption. K¨oln u. a. 1993, S. 348–357 u. o¨ . – Ders.: ‹Dat narren schyp›. Ein vor 500 Jahren in L¨ubeck gedruckter dt. Best¨ seller. Uber ein in L¨ubeck von Hans van Ghetelen in der M. 1497 hergestelltes Buch. In: L¨ubeckische Bll. 162 (1997) S. 354–356. – Ders./J¨org Fligge: ‹Id gheschach vp eynen pynxstedach›, ‹Pfingsten, das ¨ liebliche Fest, war gekommen›. Uber den vor 500 Jahren in L¨ubeck gedruckten ‹Reynke de vos›. In: ebd. 163 (1998) S. 135–138. MM 1542

2. H¨alfte 15. Jh. Hans van Ghetelen (van Getelen), * vor 1480, † vor dem 31.1.1528. – Drucker der L¨ubecker Mohnkopfoffizin. G., wohl aus einer L¨ubecker Kaufmannsfamilie stammend, ist urkundlich erstmals 1480 durch den Erwerb von Grundbesitz in der L¨ubecker Mengstraße bezeugt. Der neueren Forschung gilt G. als Drucker der → L¨ubecker Mohnkopfoffizin; seine Zugeh¨origkeit zu dieser f¨ur die mnd. Literatur sehr bedeutenden Druckerei, die zwischen 1487 und 1520 ca. 30 mnd. Fr¨uhdrucke in L¨ubeck herausgab, geht aus einem in den Schlussversen der «Ewangelia» (Plenarium von 1488, u¨ bernommen in die Plenarausgabe von 1492) enthaltenen Na¨ mensakrostichon und aus der Ubereinstimmung des Wappenzeichens der Familie van Ghetelen mit der Druckermarke (Abbildung dreier Mohnk¨opfe, der Kapselfr¨uchte des Mohns) der Mohnkopfoffizin hervor. Eine a¨ltere Forschungsmeinung (Krause, Brandes [s. Lit.]), nach der H. v. G. der Verfasser bzw. Bearbeiter (der sog. «L¨ubecker Unbekannte») des Großteils seiner Verlagswerke war, wodurch er zum hervorragendsten Vertreter der mnd. Dichtung w¨urde, gilt mittlerweile als widerlegt. Eine Textbearbeitung im eigentlichen Sinn f¨uhrte G. sehr wahrscheinlich nicht durch; auch die Bezeichnung G.s als «Verleger» ist wohl nicht korrekt. Als Verfasser bzw. Verleger der Mohnkopf-Offizin sind nach Schwencke (s. Lit.) vielmehr Franziskanerkreise aus dem L¨ubecker Katharinenkloster in Betracht zu ziehen. F¨ur die Erzeugnisse der Verlagsgesellschaft der L¨ubecker Mohnkopfoffizin sind neben der Bevorzugung der Volkssprache gegen¨uber dem Lat. der seelsorgerische, didaktische Zug, die zahlreichen Holzschnittillustrationen und die Qualit¨at des Satzes charakteristisch. Zu den bedeutendsten Druckerzeugnissen, die aufgrund von religi¨oser Haltung und gegenseitigen Verweisen zwischen den einzelnen Mohnkopf-Drucken als literarische Einheit betrachtet werden, geh¨oren neben den erw¨ahnten Plenarien → Reynke de vos, Dat narren schyp, Psalmen¨ubersetzungen und die Totentanzb¨ucher. Literatur: Ahasver v. Brandt, NDB 6 (1964) S. 352. – Christoph Gerhardt, VL2 3 (1981) S. 451–455; 11 (2004) Sp. 587. – Olaf Schwencke: L¨ubecker Mohnkopf-Offizin. In: VL2 5 (1985) Sp. 927–932. – Dieter Lohmeier: H. v. G. In: Biographisches Lex. f¨ur Schleswig-Holstein und 1543

Hans van Ghetelen L¨ubeck. Bd. 10. Neum¨unster 1994, S. 132–135. – Karl Ernst Hermann Krause: H. v. G. aus L¨ubeck. In: Jb. des Ver. f¨ur nd. Sprachforschung 4 (1878) S. 96–98. – Karl Schorbach: Stud. u¨ ber das dt. Volksbuch Lucidarius und seine Bearb. in fremden Sprachen (Quellen und Forschungen zur Sprachund Culturgesch. 74). Straßburg 1894. – Herman Brandes (Hg.): ‹Dat narrenschyp› v. H. v. G. Halle 1914. – Ludwig Baucke: Das mnd. Narrenschiff und seine hochdt. Vorlage. In: NdJb 58/59 (1933) S. 115–164. – Pekka Katara (Hg.): Speygel der Leyen. Neuausg. eines L¨ubecker Mohnkopfdruckes aus dem Jahre 1496 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae Ser. B,77,2). Helsinki 1952. – Wolfgang Stammler: Die Bedeutung der nd. Lit. in der dt. Geistesgesch. In: Kleine Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin 1953, S. 207 f. – Winfried K¨ampfer: Stud. zu den gedruckten mnd. Plenarien (Nd. Stud. 2). Mu¨ nster/K¨oln 1954. – Hans Wiswe: Meybom to Aken (Reinke de vos 2781). In: NdJb 87 (1964) S. 57–72. – O. Schwencke: Ein Kreis sp¨atma. Erbauungsschriftsteller in L¨ubeck. In: NdJb 88 (1965) S. 20–58. – Ders.: Cantica. Katechetica. Litania. Vigilia. Vorfragen zu Filiation und Edition des 28. Waltherschen Psalterzweiges. In: NdJb 92 (1969) S. 28–68. – L. Okken: Reinke de Vos und die Herren L¨ubecks. In: Nd. Wort 11 (1971) S. 7–24. – Horst Kunze: Gesch. der Buchillustration in Deutschland. Das 15. Jh. Textbd. Leipzig 1975. – Reinke de Vos. Faks. der Ausg. L¨ubeck 1498. Hamburg 1976. – Hartmut Beckers: Mnd. Lit. Versuch einer Bestandsaufnahme (II). In: Nd. Wort 18 (1978) S. 1–47. – Ralf K¨otter: H. v. G. als Drucker der Mohnkopfoffizin. In: Zs. des Ver. f¨ur L¨ubeckische Gesch. und Altertumskunde 71 (1991) S. 353–367. – D. Lohmeier: H. v. G. In: Die L¨ubecker Buchdrucker im 15. und 16. Jh. Buchdruck f¨ur den Ostseeraum. Hg. v. Alken Bruns/D. Lohmeier. Heide 1994, S. 74–77. – Hartmut Freytag: Dat narren schyp: ein vor 500 Jahren in L¨ubeck ¨ gedruckter dt. Bestseller. Uber ein in L¨ubeck von Hans van Ghetelen in der Mohnkopfoffizin 1497 hergestelltes Buch. In: L¨ubeckische Bll. 162 (1997) S. 354–356. SF Marcus von Weida OP, * um 1450 Weida bei Gera, † 1516. – Lektor, Exeget, Prediger des Klosters St. Pauli in Leipzig und theologischer Volksschriftsteller. Der seit 1483 urkundlich fassbare M. v. W. war seit 1513 Regens und sp¨ater Vicarius im Leipziger 1544

Buman Ordensstudium der Dominikaner. Am s¨achsischen F¨urstenhof war er hochgesch¨atzt. 1487 verfasste er den dem Kurf¨ursten Friedrich dem Weisen von Sachsen gewidmeten Traktat Spigell des ehlichen ordens u¨ ber den g¨ottlichen Charakter der Ehe als heiligen Orden sowie Rechte und Pflichten der Eheleute, wobei f¨ur M. die Liebe das Fundament der Ehe darstellt. Die beiden letzten Kapitel behandeln die Kindererziehung. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 23.35.Aug.4°. Eine volkst¨umliche Predigt u¨ ber das Vaterunser ist Ein Nutzliche Lere und underweysunge wye und was der mensch bethen solle [...] (Drucke Leipzig 1502; Straßburg 1516, 1520; K¨oln 1573). Der Spiegel hochloblicher Bruderschaft des Rosenkrantz Marie (Druck Leipzig 1515) stellt ein Zeugnis f¨ur die Ausbreitung der Rosenkranzbruderschaften und Rosenkranzandachten dar. Außerdem gab M. zwei verdeutschte lat. Erbauungsschriften heraus: Das Buch geistlicher Gnaden der hl. Mechtild und Gertrud (Leipzig 1503) und Das Buch der Botschaft der hl. Gertrud (Leipzig 1505) sowie f¨unf lat. Reden des Nikolaus von Sch¨onberg (1512). L¨ohr (s. Lit.) schreibt M. ferner einen Band von 108 Predigten (Leipzig, UB, Hs. 868) zu. In der Handschrift Prag, UB, Cod. XVI.F.7, 1r–100r, ¨ steht unter M.s Namen eine Ubertragung einer Vita der hl. Katharina von Siena des → Raimund von Capua. Ausgaben: Vincenz Hasak: Die letzte Rose oder Erkl¨arung des Vater Unser nach M. v. W. [...]. Regensburg 1883. – Anthony van der Lee (Hg.): Spigell des ehlichen Ordens. Assen 1972. – Ders. (Hg.): Ein nutzliche lere und underweysunge wye und was der mensch bethen solle. Assen 1973. – Ders. (Hg.): Der Spiegel hochloblicher Bruderschafft des Rosenkrantz Mariae. Amsterdam 1978. Literatur: A. van der Lee, VL2 5 (1985) Sp. 1233–1237. – Ders., NDB 16 (1990) S. 133 f. – De Boor-Newald 4/1 (21994) S. 322 f. – Thomas Berger, LThK3 6 (1997) Sp. 1407. – Nikolaus Paulus: M. v. W. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 26 (1902) S. 247–262. – Franz Breitkopf: M. v. W. Ein Prediger und theologischer Volksschriftsteller des ausgehenden MA. Diss. Greifswald 1932. – Gabriel L¨ohr: Die Dominikaner an der Leipziger Univ. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens 30). Vechta 1934, S. 74–76. – Wolfgang Stammler: Von der Mystik zum Barock (Epochen der dt. Lit. 2,1). Stuttgart 21950, S. 270, 615. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. 1545

2. H¨alfte 15. Jh. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 166. – A. van der Lee: Die Graphemstruktur dreier fr¨uhnhd. Traktate des Leipziger Volkspredigers M. v. W. In: FS Heinrich Matthias Heinrichs. K¨oln u. a. 1978, S. 110–132. – Ders.: Beob. zum Sprachgebrauch des Leipziger Volkspredigers M. v. W. (1450–1516). Amsterdam 1980. – M. Dallapiazza: Minne, hˆusˆere und das ehlich leben. Zur Konstitution b¨urgerlicher Lebensmuster in sp¨atma. und fr¨uhhumanistischen Didaktiken (Europ¨aische Hochschulschr. Reihe 1, Dt. Sprache und Lit. 455). Frankfurt/M. u. a. 1981, S. 151–155. – Marinus A. van den Broek: Sprichwort und Redensart in den Werken des Leipziger Volkspredigers M. v. W. In: Beitr. zur Erforschung der dt. Sprache 7 (1987) S. 168–181. – Frank Muller: Le ‹Spiegel Hochl¨oblicher Bruderschaft des Rosenkrantz Marie› de M. v. W. et ses illustrations. In: Economie, politique et culture au moyen age. Ed. par Danielle Buschinger. Amiens 1991, S. 137–150. – R¨udiger Schnell (Hg.): Text und Geschlecht. Mann und Frau in Eheschriften der fr¨uhen Neuzeit (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1322). Frankfurt/M. 1997. – Ders. (Hg.): Geschlechterbeziehungen und Textfunktionen. Stud. zu Eheschr. der Fr¨uhen Neuzeit (Fr¨uhe Neuzeit 40). T¨ubingen 1998, Reg. – Ders.: Frauendiskurs, M¨annerdiskurs, Ehediskurs. Textsorten und Geschlechterkonzepte in MA und Fr¨uher Neuzeit (Gesch. und Geschlechter 23). Frankfurt/New York 1998, Reg. – Ders.: Sexualit¨at und Emotionalit¨at in der vormodernen Ehe. Wien 2002, Reg. – Gerhard Weise: M. v. W. Ein ber¨uhmter Sohn der Stadt Weida. In: Jb. des Museums Reichenfels-Hohenleuben 51 (2006) S. 89–96. SF Buman, Heinrich (Bumann). – Theologe, viel¨ leicht Verfasser einer Bonaventura-Ubertragung. B.s Lebensumst¨ande sind nur u¨ ber einige Mu¨ lhausener Urkunden nachzuweisen. Er wurde nach dem Tod Mathias Seemans 1478 Kaplan der Michaelskapelle in Mu¨ lhausen und ging 1488 als Leutpriester nach Illzach. Er gilt als m¨oglicher ¨ Verfasser einer mhd. Ubertragung und Auslegung des Lignum Vitae von → Bonaventura, die in f¨unf Handschriften u¨ berliefert ist. Der Text erw¨ahnt Bonaventura als Heiligen, d¨urfte also nach dessen Kanonisation von 1482 verfasst worden sein. B.s Verfasserschaft wird heute aus einer Erw¨ahnung seines Namens in der Handschrift Wonnental 14 1546

2. H¨alfte 15. Jh. abgeleitet. Wie aus der Auslegung hervorgeht, kannte der Verfasser die Werke der Kirchenv¨ater und Scholastiker, da er sich u. a. auf → Thomas von Aquin und → Johannes Gerson bezieht. Ob B. selbst tats¨achlich solche Kenntnisse besaß, ist angesichts der sp¨arlichen Quellenlage freilich nicht nachweisbar. Sollte er der Verfasser gewesen sein, wurde das Werk m¨oglicherweise urspr¨unglich als Predigt f¨ur die Klarissen in Mu¨ lhausen konzipiert. ¨ Uberlieferung: Bamberg, SB, cod. B V 43 (Patr. 58), 1r–388v (Pap., um 1492). – Sankt Gallen, Stiftsbibl., cod. 989, 11a–542a (Pap., 1517). – Freiburg, UB, cod. 193, 2r–308r (Pap., Ende 15. Jh.). – Straßburg, SUB, cod. L germ. 295, 1r–301v (Ende 15. Jh.). – Karlsruhe, LB, cod. Wonnental 14, 176r–226v (Pap., Wonnental, Ende 15. Jh., alemannisch, unvollst. Fassung mit den Abschnitten Nr. 14–37, aber ohne Nr. 16, 31, 33, 35, 36). Ausgabe: Ruh 1956 und 1965 (s. Lit.). Literatur: Kurt Hannemann, VL2 1 (1978) Sp. 1115–1117. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 163–170. – Ders.: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA 1 (MTU 11). M¨unchen 1965, S. 287–298. – Theodor Laengin: Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe, Beil. 2,2: Dt. Hss. der Großh. Badischen Hof- und LB. Karlsruhe 1894 (Nachdr. 1974) S. 107, 202 f. – Gustave Gide: Le vieux Mulhouse 1. M¨ulhausen 1895, S. 170, 198 f. – Verz. und Inhaltsangabe der Best¨ande des StadtArch. von M¨ulhausen i. E. 1236–1798. Bearb. v. Bernhard Post/Edouard Benner. Mu¨ lhausen 1910, Nr. 2434 f., 2488 f. u. o¨ . – J. Wagner: Les anciennes chapelles de Mulhouse. In: Revue catholique d’Alsace 41 (1926) S. 712–720, hier S. 719. – Armin Schlechter/Gerhard Stamm: Die kleinen Provenienzen (Die Hss. der Badischen LB in Karlsruhe 13). Wiesbaden 2000, S. 364–372. MM Anna. – Lat., ndl. und dt. Prosalegenden und -mirakel. Der Name A.s, der hl. Mutter Marias und der Frau des Joachim, erscheint erstmals im apokryphen Protevangelium des Jakobus (2. Jh.), im Anschluss daran im Pseudo-Matth¨aus-Evangelium (6. Jh.) sowie dem Liber de nativitate Mariae (um 800). Ihre Lebensgeschichte ist jener der alttestamentlichen Anna (Hannah) und ihres Sohnes Samuel (1 Sam 1–20) nachempfunden. Nach dem Jakobus-Evangelium bleibt die Ehe von A. und Joachim lange Zeit unfruchtbar; nachdem Joachim 40 1547

Anna Tage und N¨achte fastend in der W¨uste verbracht hat und A. wegen ihrer Kinderlosigkeit ein Klagelied an Gott richtet, wird beiden die Geburt eines Kindes offenbart. A. empf¨angt ihren zur¨uckkehrenden Gemahl an der «Goldenen Pforte» in Jerusalem. Sp¨ater geben die Eltern in Erf¨ullung A.s Gel¨ubdes die inzwischen dreij¨ahrige Maria in den Tempeldienst. Seit dem 9. Jh. schreibt die Legende A. nach dem Tod Joachims zwei weitere Ehem¨anner, Kleophas und Salomas, zu («Trinubium» A.s); aus den angeblich aus diesen Ehen stammenden drei Marien und deren Familien setzt sich die «Heilige Sippe» zusammen. A. wurde im Osten seit dem 6. Jh., im Abendland seit dem 8./9. Jh., besonders jedoch im Sp¨atMA als Mutter der Gottesgeb¨arerin sehr verehrt. Bis zum Ende des 15. Jh. war die Legende nur im Rahmen der Kindheit Marias (zum Beispiel in der Legenda aurea des → Jacobus a Voragine) popul¨ar; danach entstanden auch eigenst¨andige Annenlegenden. Darstellungen zeigen die hl. A. oft als Matrone in langem, geg¨urteten Gewand oder bei der Unterweisung Mariens; h¨aufig sind auch A.-Selbdritt-Darstellungen mit Maria und Jesuskind; ihr Festtag ist im Westen der 26.7., im Osten: 9.12., 25.7., 9.9. Sie ist vor allem die Patronin der kinderlosen Frauen, der Witwen und der Schwangeren, ingesamt hat sie mehr als 30 Patronate inne. I. Lat. Legenden. 1. Legenda seu vita beatissime Annae, eine dem Rosenkranz-Handbuch Speculum rosariorum Jhesu et Mariae beigef¨ugte Legende, die wahrscheinlich von einem anonymen Karmeliter verfasst wurde (u¨ berliefert seit 1489). ¨ Uberlieferung: Vier Drucke verzeichnet D¨orfler-Dierken (s. Lit.) Anhang 2.1, Nr. 1489, ca. 1490 a, ca. 1490 b, 1493. 2. Legenda sanctae Annae. Die a¨ltere Fassung der Legende wird dem Utrechter Weltkleriker Jan van Denemarken zugeschrieben und diente als Vorlage ¨ weiterer Ubertragungen, z.B. der Historie van S. Anna (s. u.). ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod. 4837, 122r–167r (ca. 1496). Zu den j¨ungeren Legendenfassungen vgl. D¨orfler-Dierken (s. Lit.) S. 147 Anm. 72, S. 161 Anm. 128 und Brandenbarg 1990 (s. Lit.) S. 307–309. 3. Historia perpulchra de Anna sanctissima des Petrus Dorlandus. Diese deutlich durch die Vita des anonymen Karmeliters (s. o.) beeinflusste Legende 1548

Anna (entstanden nach 1493) stammt von dem Zelemer Kart¨auser Petrus Dorlandus. ¨ Uberlieferung: Verzeichnet bei Brandenbarg 1990 (s. Lit.) S. 276 und D¨orfler-Dierken (s. Lit.) Nr. ca. 1487, ca. 1498 a, na. 1500 c. Ausgabe: Acta Sanctorum Juli VI. Antwerpen 1729, S. 261–279. 4. Die Legenda sanctissime matrone Anne ist von der Historia des Dorlandus (s. o.) abh¨angig und stammt von einem unbekannten Franziskanerobservanten. ¨ Uberlieferung: D¨orfler-Dierken (s. Lit.) Nr. 1496 b, 1497 b, 1497 c, 1498 a, 1501 b, 1502 a, 1505 a, 1507 c, 1510 d, 1511 d, 1512 c, 1515, 1517 e. II. Ndl. und dt. Legenden. 1. Die historie, die ghetiden ende die exempelen vander heyligher vrouwen sint Annen, eine mndl. Druckversion, stellt die fr¨uheste volkssprachliche A.Legende (von 1486) dar. ¨ Uberlieferung: GW 1996–2000. – D¨orflerDierken (s. Lit.) Nr. 1491 a, 1491 b, 1496 a, 1497 a. ¨ 2. Der Ubersetzer der Legende van sunte Anna, einer brabantischen Bearbeitung der Legenda s. Annae (s. o.), ist unbekannt. Vgl. dazu Ampe 1978 (s. Lit.) S. 401–412. ¨ Uberlieferung: Br¨ussel, Kgl. Bibl., Cod IV 383, r 33 –155v (1491–1500). Ausgabe: J. Saelens: Legende van de H. Anna. Licentiaatsthesis Leuven 1975. 3. Historie van S. Anna von Wouter Bor. ¨ a) Die Ubertragung des Kart¨ausers Wouter Bor der Legenda s. Annae (s. o.) wurde in weiterer Folge ins Franz¨osische und ins Dt. (s. u.) u¨ bersetzt. ¨ Uberlieferung: D¨orfler-Dierken (s. Lit.) Nr. 1499 a, 1500 a, 1504 a, 1517 a, 1530 a, 1530 b. – Druckabschrift: Amsterdam, UB, XI H 16 (1509). b) Braunschweiger St.-Annen-B¨uchlein. ¨ Neben einer ostf¨alischen Ubersetzung der Historie van S. Anna umfasst dieses B¨uchlein Gebete, Betrachtungen und zwei Sterbelehren. ¨ Uberlieferung: Druck: Braunschweig, Hans Dorn 1507 (D¨orfler-Dierken, Nr. 1507 b). – Druckabschrift: L¨ubeck, StB, Ms. theol. germ. 4° 19. Ausgabe: Roolfs 1997 (s. Lit.) S. 90–217. ¨ c) Ferner existiert eine md. Ubersetzung in zwei Fassungen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 261, f. 191–247 (wohl aus der K¨olner Kartause St. Barbara, 16. Jh., ripuarisch; fragm.). – Trier, StB, Hs. 1187/489 8°, 11r–225r (nach 1511, moselfr¨ankisch). 1549

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ d) Eine ripuarische Ubersetzung der Historie van S. Anna f¨uhrt als Verfasser einen Nicolaus Symonis an, von dem aber wohl nur der Prolog stammt. ¨ Uberlieferung: Druck: K¨oln, Arnt v. Aich 1519 (D¨orfler-Dierken, Nr. 1519 a). e) Hystorie of dat leven mit die geslechten der glorioser heiliger vrouwen Sancta Anna ist eine ndl. Kompilation von Historie van S. Anna und Die historie, die ghetiden ende die exempelen vander heyligher vrouwen sint Annen. ¨ Uberlieferung: Maastricht, Bonnefantenmuseum, o. S., 47r–182r (um 1545/55). Ausgaben: J. Habets: De echtverbintenis van Maria. In: Publications de la soci´et´e historique et arch´eologique dans le duch´e de Limbourg 12 (1875) S. 127–144. – A. Ampe: Jan van Denemarken’s processiespel. In: Handelingen XXXII der Koninkl. Zuidnederlandse Maatschappij voor Taalen Letterkunde en Geschiedenis (1978) S. 5–19. ¨ 4. Dietse Historie, eine mndl. Ubersetzung der Historia des Dorlandus. Druck: D¨orfler-Dierken (s. Lit.) Nr. 1501 a. – Druckabschrift: Gent, UB, Hs. 895, 62va–110rb. 5. Die A.-Legende eines Straßburger Johanniters ¨ ist eine dt. Ubersetzung der Legenda des anonymen Franziskanerobservanten (s. o.). ¨ Uberlieferung: Zwei Drucke: Straßburg, Bartholom¨aus Kistler 1502. – Ebd., Matthias Hupfuff 1509 (D¨orfler-Dierken, Nr. ca. 1502 a, 1509 a). Vgl. dazu: P. Armel d’Etel: Le culte de sainte Anne dans ley pays rh´enans au moyen aˆge et les franciscains. In: Etudes franciscaines 35 (1923) S. 632–647; 36 (1924) S. 275–283, 600–623. III. Mirakel. 1. Das Mirakel Der J¨ungling von Dolch erz¨ahlt die Geschichte des jungen Ungarn Emericius, der nach dem Verlust seiner Familie und s¨amtlicher G¨uter eifrig der hl. Anna dient und von dieser vor einem Sturz vom Kirchturm bewahrt wird. ¨ Uberlieferung: Darmstadt, UB/LB, Hs 1932, 17r–31r. – Dresden, LB, Mscr. M 180, 124v–127v. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 593, 37r–44v. – G¨ottingen, SUB, Cod. 8° theol. 156h, 112vf. – ’s-Gravenhage, Kgl. Bibl., Cod. 73 F 23, f. 185–191 (ca. 1460–1470). – Halle, UB, Qu. Cod. 105, 107v–125r (1482). – Hannover, LB, Ms. I 237, 57v–64v. – M¨unchen, BSB, Cgm 244, 321vb–324rb. – Ebd., Cgm 843, 54r–59r. – ¨ Wien, ONB, Cod. 15101, 27r–30r (um 1500). – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. 1233 Helmst., 169r–176r. – Druck: o. O. und J. (ca. 1499). Vgl. 1550

2. H¨alfte 15. Jh. dazu Marie Pellechet: Catalogue g´en´eral des incunables des biblioth`eques publiques de France. Paris 1897, Nr. 788. Ausgaben: Erik Nilsson Liljeb¨ack: Mnd. Exempel aus dem Kodex N° I 237 Hannover. Lund 1931, S. 13–18. – Eis (s. Lit.) S. 386 f., S. 391–394. 2. Erzbischof Procopius. In diesem Mirakel zieht der ungarische Theologiestudent Procopius den Zorn Gottes auf sich, weil er sich zu einer Ehe und damit zur Weltlichkeit u¨ berreden ließ. Als Klausner steht er daraufhin im Dienst der hl. Anna. Er findet einen Schatz und u¨ berl¨asst diesen einem K¨onig, der im Gegenzug A. selbdritt auf die M¨unzen pr¨agen soll. Procopius wird von dem mittlerweile ebenfalls A. dienenden K¨onig zum Erzbischof erhoben. ¨ Uberlieferung: Druck: o. O. und J. (ca. 1499) (Pellechet, Nr. 788). – Hs.: Bru¨ ssel, Kgl. Bibl., Cod. 3391–3399, 104vb–105vb. Ausgabe: Eis (s. Lit.) S. 382 f. 3. Von sancta Anna: Und von dem Taw berichtet von einem treuen Anh¨anger der hl. A., der an der Pest stirbt und wiederbelebt wird. ¨ Uberlieferung: Druck: Erfurt, Hans Sporer 1495 (GW 2010. – D¨orfler-Dierken, Nr. 1495 c). Vgl. dazu Otto Clemen: Zum St. Annenkultus im ausgehenden MA. In: Arch. f¨ur Reformationsgesch. 21 (1924) S. 251–253. Literatur: Josef Schmid u. a. In: Lex. der Marienkunde. Bd. 1. Hg. v. Konrad Algermissen u. a. Regensburg 1967, S. 230–257. – Martin Lechner, LCI 5 (1973) Sp. 168–184. – Dieter Harmening u. a., LexMA 1 (1980) Sp. 653 f. – J. Schmid u. a., MarLex 1 (1988) S. 154–166. – Ekkart Sauser, BBKL 15 (1999) Sp. 34–36. – Friedel Roolfs, VL2 11 (2004) Sp. 99–107. – Martin Bocian, unter Mitarbeit v. Ursula Kraut und Iris Lenz: Lex. der biblischen Personen. 2., erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 54–56. – ‹De S. Anna matre deiparae›. In: Acta Sanctorum, Juli VI. Antwerpen 1729, S. 233–297. – Ernst Schaumkell: Der Kultus der hl. A. am Ausgange des MA. Freiburg i. Br. 1893. – Leonard Willems: Pieter Doorlant en zijn twee levens van Sint A. In: Tijdschrift voor boeken bibliotheekwezen 8 (1910) S. 1–16. – Beda Kleinschmidt: Die hl. A. Ihre Verehrung in Gesch., Kunst und Volkstum (Forschungen zur Volkskunde, H. 1–3). D¨usseldorf 1930. – Gerhard Eis: Der Ju¨ ngling v. Doch. Eine altdt. Annenlegende aus Ungarn. In: Monumentum Bambergense. FS Benedikt Kraft. Hg. v. Hermann Nottarp (Bamberger Abh. und 1551

Finck Forschungen 3). M¨unchen 1955, S. 378–394. – Erwin Gatz (Hg.): St. A. in D¨uren. Mo¨ nchengladbach 1972. – Albert Ampe: Philips van Meron en Jan van Denemarken. In: Ons Geestelijk Erf 50 (1976) S. 10–37, 148–203, 260–308, 353–377; 51 (1977) S. 169–197, 367–390; 52 (1978) S. 397–427; 53 (1979) S. 240–303; 54 (1980) S. 113–157. – Ders.: Petrus Dorlandus O. Carth. en Dominicus van Gelre O. P. In: FS Wytze Hellinga. Hg. v. Anthony R. A. Croiset van Uchelen. Amsterdam 1980, S. 29–42. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare des MA (TTG 20). T¨ubingen 1986. – Ton Brandenbarg: Jan van Denemarken en Pieter Dorlant over de Maagschap van de Heilige Moeder A. In: Ons Geestelijk Erf 63 (1989) S. 201–244. – Ders.: Heilig familieleven. Nijmegen 1990. – Angela D¨orfler-Dierken: Die Verehrung der hl. A. in Sp¨atMA und fr¨uher Neuzeit (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengesch. 50). G¨ottingen 1992. – Klaus Arnold: Die Heilige Familie. Bilder und Verehrung der Heiligen A., Maria, Joseph und des Jesuskindes in Kunst, Lit. und Fr¨ommigkeit um 1500. In: Maria in der Welt. Marienverehrung im Kontext der Sozialgesch. 10.–18. Jh. Hg. v. Claudia Opitz u. a. (Clio Lucernensis 2). Z¨urich 1993, S. 153–174. – F. Roolfs: Das Braunschweiger St.-Annen-B¨uchlein (Westf¨alische Beitr. zur nd. Philol. 6). Bielefeld 1997. – Dies.: Das Reykjah´olab´ok und die Historie van Sint A. In: Nd. Wort 39 (1999) S. 411–428. – Virginia Nixon: Mary’s mother: Saint Anne in late medieval Europe. University Park 2004. – Manfred Eder: Hat Martin Luther 1505 die hl. A. um Hilfe angerufen? Zur Bedeutung der Großmutter Jesu f¨ur die sp¨atma. Fr¨ommigkeit und f¨ur den dt. Reformator. In: Verantwortete Exegese. FS Georg Untergaßmair. Hg. v. Gerhard Hotze/Egon Speigel. Berlin u. a. 2006, S. 447–477. SF Finck, Thomas OSB, † 9.7.1523 G¨uterstein/Bad ¨ Urach. – Ubersetzer, Mediziner. F. studierte um 1471 in Basel, wo er 1473 den Grad eines Baccalaureus Artium erwarb, und nach 1477 in T¨ubingen. Er wurde vor 1483 promoviert und lebte als Arzt wahrscheinlich in Kirchheim/Teck. Auch unterhielt er Kontakte zu Gabriel → Biel. Nach einer ersten Ehe (1473–81) verwitwet, heiratete F. 1481 eine Ratstochter aus Schw¨abisch Gm¨und, die aber bereits 1484 an der Pest starb. Daraufhin trat F. in das Benediktinerkloster Blaubeuren ein. Als Priesterm¨onch ist er auch 1552

Finck um 1489 in Elchingen und um 1493 in der Abtei Lorch nachweisbar. 1506 oder sp¨ater schloss sich F. den Kart¨ausern in G¨uterstein bei Bad Urach an. Auch repr¨asentierte er die Kartause 1515 in einer juristischen Auseinandersetzung. Im Kontext der Melker Reform schuf F., prim¨ar ¨ f¨ur die Nonnen seines Ordens, zahlreiche dt. Ubersetzungen theologischer Schriften. F.s Werk ist heute in rund 25 Handschriften erhalten, deren Zuschreibungen aber noch nicht vollst¨andig gekl¨art ¨ sind. Unter F.s Ubertragungen finden sich mehrere Texte von Johannes → Gerson, so De mendicitate spirituali, De exercitiis discretis devotorum simplicium, De diversis temptationibus diaboli und De remediis contra pusillanimitatem. Zu erw¨ahnen sind ¨ auch F.s Ubersetzungen des Dialogus noviciorum des → Thomas a Kempis, der Epistola de XXV memorabilia → Bonaventuras, eines Passionstraktats nach → Ludolf von Sachsen sowie der Apparitionibus animarium des → Jakob von Paradies. 1489 entstand ¨ eine Ubersetzung des pseudothomasischen Traktats De beatitudine. 1493 widmete F. der Urspringer ¨ Abtissin Helena von H¨urnheim den Traktat Von den sieben Tagzeiten, den er nach heutiger Kenntnis selbst verfasste. Außerdem schrieb er kleinere medizinische Texte, darunter ein Rezept gegen die Pest. Insgesamt wird F. heute der Rang eines bedeu¨ tenden volkssprachigen Ubersetzers einger¨aumt. ¨ Seine Ubertragungen beweisen Eigenst¨andigkeit gegen¨uber den Originalen und erzielen so ein hohes Maß an Allgemeinverst¨andlichkeit und Eing¨angigkeit. Sie erf¨ullen also vollkommen die ihnen zugedachte Aufgabe, theologische Inhalte an Schwestern ohne Lateinkenntnisse zu vermitteln. Eine umfassende Erforschung und Edition von F.s Werk steht allerdings noch aus. ¨ Uberlieferung: Verz. bei Brecht 1980, Fechter 1997 und bes. Graf 2008 (alle s. Lit.). – Auswahl wichtiger Hss.: Berlin, SBB, Mgo 574 (1491). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 6940 (1491/92, Schreiber: Johannes Kurfi). – Berlin, SBB, Mgo 484 (Pap., Kloster S¨oflingen, 1492–98, schw¨abisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 84 (Pap., Lorch, um 1493). – Beuron, Erzabtei, 4° Ms. 19 (Stift Inzigkofen, 1498, Schreiber: Johannes Kurfi). – Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 422 (Pap., Stift Inzigkofen, 1498, Schreiberin: Elisabeth Muntprat d. J.). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 971 (1498). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Georgen 67 (Pap., 1499, Schreiber: ¨ J. Kurfi). – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., 1553

2. H¨alfte 15. Jh. Cod. 28 und 29 (Pap., Katharinenkloster St. Gallen, Ende 15. Jh., alemannisch). – Augsburg, UB, Cod. III 1 8° 13 (Pap., Kloster Kirchheim/Ries, Ende 15. Jh., alemannisch). – Augsburg, UB, Cod. III 1 8° 47 (Pap., Medlingen [?], Ende 15. Jh., ostschw¨abisch, Schreiberin: Felicitas Lieberin). – Freiburg, UB, Cod. 273 (Pap., Kloster Gnadenthal/Basel, um 1499–1501, s¨udalemannisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 624 (Pap., Kloster Blaubeuren, um 1500, schw¨abisch). – Ebd., Cgm 238 (Pap., Anfang 16. Jh., mittelbair.). – Freiburg, Erzbisch¨ofliches Arch., Cod. 28 (Pap., Kloster Zofingen [?], um 1504–1506, s¨udalemannisch). – Graz, UB, Hs. 111 (Pap., 16. Jh.). Ausgaben: Brecht 1973 (s. Lit.) S. 170–182 (Teilausg. von De beatitudine). – Volker Honemann: Die ¨ Inzigkofener Ubers. der Zerbolt-Vita des Thomas von Kempen. In: Kirchenreform von unten. Gerhard Zerbolt von Zutphen und die Br¨uder vom gemeinsamen Leben. Hg. v. Nikolaus Staubach. Frankfurt a. M. u. a. 2004, S. 236–242 (Transkrip¨ tion der Ubers. im Karlsruher Cod. Donaueschingen 422). Literatur: Josef Brecht, VL2 2 (1980) Sp. 738–740; 11 (2004) Sp. 445 f. – Wolfgang Stammler: Dt. Scholastik. In: ZfdPh 72 (1953) S. 1–23, hier S. 11 (wieder in: Ders.: Kleine Schr. zur Literaturgesch. des MA. Berlin u. a. 1953, S. 127–151). – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und Scholastik. Bern 1956, S. 26, 258–261. – Klaus Berg: Der tugenden buoch. Unters. zu diesen und anderen mhd. Prosatexten nach Werken des Thomas v. Aquin (MTU 7). Mu¨ nchen 1964. – J. Brecht: Die pseudothomasischen Opuscula ‹De divinis moribus› und ‹De beatitudine›. Texte und Unters. zu ¨ mhd. und mittelndl. Ubertragungen (MTU 40). Mu¨ nchen 1973, S. 167–198. – Herbert Kraume: ¨ Die Gerson-Ubers. Geilers v. Kaysersberg. Stud. zur deutschsprachigen Gerson-Rezeption (MTU 71). Z¨urich/M¨unchen 1980, S. 55–61. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen. Sigmaringen 1997, S. 132–141. – Christoph ¨ Fasbender: T. F. als Ubersetzer, Textbearbeiter und Autor. Stud. und Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens und seiner Zweige 110 (1999) 147–167. – Klaus Graf: Zur Biogr. des T. F. In: ebd. 110 (1999), S. 169–173. – C. Fasbender: Von der Wiederkehr ¨ der Seelen Verstorbener. Unters. zu Uberl. und Rezeption eines Erfolgstextes Jakobs v. Paradies. 1554

2. H¨alfte 15. Jh. Heidelberg 2001, S. 303–326. – Ders.: Imitatio fratrum und cura monialium. T. F. bearbeitet den ‹Dialogus noviciorum› des Thomas v. Kempen. In: Aus dem Winkel in die Welt. Die B¨ucher des Thomas v. Kempen und ihre Schicksale. Hg. v. Ulrike Bodemann/Nikolaus Staubach. Frankfurt/M. u. a. 2006, S. 202–214. – K. Graf: T. F. Arzt, Benediktiner in Blaubeuren und Kart¨auser in G¨uterstein. In: T¨ubingen in Lehre und Forschung um 1500. FS Ulrich K¨opf. Hg. v. S¨onke Lorenz/Dieter Bauer/ Oliver Auge. Ostfildern 2008, S. 159–175. MM Nitzschewitz, Hermann, Trebbin (Mark Brandenburg), † 1503 Bardowick. – Jurist, kaiserlicher Beamter, Verfasser eines Marienpsalters. Als Jurist zun¨achst Kaplan Kaiser Friedrichs III., wurde N. Protonotar der Stadt Frankfurt/O., sp¨ater Notar und Stadtschreiber in L¨uneburg und war zuletzt Vikar von St. Vitus in Bardowick. Bereits in Frankfurt/O. arbeitete er am Marienpsalter Novum beatae Mariae virginis psalterium de dulcissimis novae legis mirabilibus divini amoris refertis noviter ad Turci conteritionem confectum, den er 1489 fertigstellte. Er legte das Werk zweimal dem Kaiser vor, ehe es wahrscheinlich 1494/95 im Zisterzienserkloster Zinna gedruckt wurde. Der Marienpsalter ist ein H¨ohepunkt in der Entwicklung des Rosenkranzgebets und mit 507 Abbildungen von 189 Motiven das am reichsten illustrierte Holzschnittbuch des 15. Jh. in Deutschland. Dargestellt werden die Wunder des NT von der Erw¨ahlung und Geburt Marias bis zum J¨ungsten Gericht. Neben einer Einleitung zur Mariologie und einer Anweisung zum Beten des Rosenkranzes enth¨alt es Klauseln und typologisch-glossierende Texte zu allen 149 Ave Maria (eins fehlt) und den 15 Pater noster. Die nach Maximilians I. Antritt der Alleinregierung hinzugef¨ugte f¨unfzigseitige Vorrede verbindet das Rosenkranzgebet mit dem Motiv der T¨urkenabwehr («ad vincendum Teucrum»). ¨ Uberlieferung: Hain 11891; Schreiber, Nr. 4859; 62 Exemplarnachweise bei Clajus, S. 194–196. N. verfasste auch eine selbstst¨andige nd. Bearbeitung des Psalters: Gulden rosenkrans der soten gotliken leue (L¨uneburg, um 1495), mit 501 Abbildungen von 193 Motiven. Gegen¨uber der lat. Version des Psalters herrscht gegen¨uber dem dortigen Glossierstil Vergegenw¨artigung der Wundertaten Gottes in 1555

Nitzschewitz Meditation und Gebet vor. Das Motiv der T¨urkenabwehr fehlt v¨ollig. ¨ Uberlieferung: Hain 13992; Schreiber, Nr. 4860, 4860a; Borchling/Claussen, Nd. Bibliogr., Nr. 235. – Kopenhagen, Kgl. Bibl., Inc. 2923 und 2924. Literatur: Hardo Hilg, VL2 6 (1987) Sp. 1166–1168. – Ders., MarLex 3 (1991) ¨ S. 149 f. – Ludwig G¨otze: Altere Gesch. der Buchdruckerkunst in Magdeburg. Magdeburg 1872, ¨ S. 105–109. – Anton E. Sch¨onbach: Uber die Marienklagen. Ein Beitr. zur Gesch. der geistlichen Dichtung in Deutschland Graz 1874. – Heinrich Otte: Das neutestamentliche Bilderbuch des H. N. vom Jahre 1489. In: Neue Mitt. aus dem Gebiet hist.-antiquarischer Forschungen 15 (1882) S. 250–332. – Hans O. Lange: Det aeldste bogtrykkeri i L¨uneburg. In: Allm¨anna Svenska Boktryckaref¨oreningens Meddelanden 11 (1906) S. 7–9. – Ders.: Eine anonyme Hamburger Druckerei v. 1502. In: Jb. der Hamburgischen Wiss. Anstalten 25,7 (1907) S. 17–30, bes. S. 26 f. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 526 f. – Frankfurter B¨ucherfreund. Mitt. aus dem Antiquariate v. Joseph Baer und Co 10 (1912) S. 441–451. – Alfred W. Pollard/Victor Scholderer: Catalogue of Books Printed in the 15th Century now in the British Museum. Bd. 3. London 1913, S. 698–700. – Augusta v. Oertzen: Maria, die K¨onigin des Rosenkranzes, eine Ikonographie des Rosenkranzgebetes durch zwei Jh. dt. Kunst. Diss. Bonn 1924. Augsburg 1925. – Wilhelm Ludwig Schreiber: Hb. der Holz- und Metallschnitte des XV. Jh. Bd. 5. Leipzig 1928. – Gustav Adolf Erich Bogeng: Gesch. der Buchdruckerkunst. Bd. 1: Der Fr¨uhdruck. Hellerau 1930, S. 360. – Walther Lipphardt: Stud. zu den Marienklagen. In: PBB (Halle) 58 (1934) S. 390–444. – Frances H. A. van den Oudendy Pieterse: D¨urers Rosenkranzfest en de ikonografie der Duitse rozenkransgroepen van de 15e en het begin der 16e eeuw. Diss. Utrecht 1939, S. 230, 268 f., 538, 572. – Friedrich Karl Clajus: Der Marienpsalter der Klosterdruckerei Zinna vom Jahre 1493. In: Das Antiquariat 13 (1957) S. 193–196. – Heinrich Grimm: Die Holzschnittillustration in den Drucken aus der Universit¨atsstadt Frankfurt an der Oder bis zum Jahre 1528 vom Marienpsalterium aus Kloster Zinna bis zu Georg Lemberger. Ein Beitr. zur Kultur- und Kunstgesch. 1556

Der beschlossen gart des rosenkrantz marie des dt. Nordostens. Mainz 1958, S. 16–20. – H. Wiesflecker: Maximilians I. T¨urkenzug 1493/94. In: Ostdt. Wiss. 5 (1958) S. 152–178. – Stefano Orlandi: Libro del Rosario della gloriosa Vergine Maria, studi e testi. Rom 1965, S. 77. – Ferdinand Geldner: Die dt. Inkunabeldrucker. Bd. 1. Ein Hb. der dt. Buchdrucker des XV. Jh. nach Druckorten. Stuttgart 1968, S. 284–287. – Wolfgang F. Michael: Das dt. Drama des MA. Berlin 1971. – Adam Wienand: Der Marienpsalter v. Zinna. In: Die Cisterzienser. Gesch., Geist, Kunst. Hg. v. Ambrosius Schneider. K¨oln 1974, S. 183–192. – Erik H¨uhns: Der Marienpsalter des Klosters Zinna. Anl¨aßlich der 800-Jahr-Feier. In: Beitr. zur Inkunabelkunde, 3. Folge 6 (1975) S. 38–43. – 500 Jahre Rosenkranz. Kunst und Fr¨ommigkeit im Sp¨atMA und ihr Weiterleben. Hg. Erzbisch¨ofliches Di¨ozesanMuseum. K¨oln 1975, S. 142. – Andreas Heinz: Die Zisterzienser und die Anf¨ange des Rosenkranzes. Das bisher unver¨offentlichte a¨ lteste Zeugnis f¨ur den Leben-Jesu-Rosenkranz in einem Zisterziensergebetbuch aus St. Thomas a. d. Kyll (um 1300). In: Analecta Cisterciensia 33 (1977) S. 262–309. – Rainer Scherschel: Der Rosenkranz, das Jesusgebet des Westens. Freiburg i. Br. 1979. 21982. – El santo rosario en la Cartuja (Analecta Cartusiana 103). Salzburg 1983, S. 57 f. – Das christliche Gebetbuch im MA. Andachts- und Stundenb¨ucher in Hs. und Fr¨uhdruck. Ausstellung u. Kat.: Gerard Achten (Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, Ausstellungskat. 13). 2., verb. u. verm. Aufl. Wiesbaden 1987, S. 139–141, Tf. 28. – Holger Nickel: Wenig Neues von H. N. In: FS Helmut Claus. Hg. v. Ulman Weiß. Epfendorf 2008, S. 55–72. BJ Bannholtzer, Valentin. Der Name ist nur durch B.s Signatur auf zwei Einblattdrucken bekannt. Der eine Einblattdruck (Der Junckfrowen marie vnd m˚uter gottes ein fr¨untlichen gr˚uß zu lob vnd er im salne [!] ged¨utscht, [Straßburg, um 1500], Mu¨ nchen, SB, Einbl. III 48) enth¨alt unter einem Holzschnitt, der Maria mit Kind zwischen der hl. Katharina und der hl. Babara zeigt, einen alemannischen, an das → Salve regina anschließenden Marienhymnus in 20 vierzeiligen Strophen und ein alemannisches Marienlob in 24 Reimpaaren. Im anderen Einblattdruck (Ad honorem Sancte Anne exortatio attenta riccematice coadunata, [N¨urnberg 1507], Wien, Albertina) steht unter einem Holzschnitt von Wolf Traut (Anna Selbdritt und drei kerzentragende Engel) ein lat. 1557

2. H¨alfte 15. Jh. Hymnus auf Anna als Mutter Mariens in 21 vierzeiligen Strophen. Darunter befinden sich vier quadratische Holzschnitte: Mariae Verk¨undigung, Geburt Christi, Darbringung, die drei Weisen. Ausgabe: Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 60–64, 423. – Faksimile: a) Werner Cohn: Einblattdrucke der Straßburger Druckerei Johannes Gr¨uninger (Einblattdrucke des 15. Jh. 92). Straßburg 1937, Nr. 11. – b) Max Geisberg: Der dt. Einblatt-Holzschnitt in der ersten H¨alfte des XVI. Jh. Mu¨ nchen 1923–26, Nr. 29,26 = Nr. 1409; vgl. Hugo Schmidt (Hg.): Bilder-Kat. zu Max Geisberg: Der dt. Einblatt-Holzschnitt in der ersten H¨alfte des XVI. Jh. Mu¨ nchen [1929], Nr. 1409. Literatur: Rolf Wilhelm Brednich, VL2 1 (1978) Sp. 600 f. – Konrad Kunze, MarLex 6 (1994) S. 823 f. – Einblattdrucke des XV. Jh. Ein bibliographisches Verz. Hg. v. der Kommission f¨ur den Gesamtkat. der Wiegendrucke (Sammlung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten 35/36). Halle/ Saale 1914. Nachdr. Nendeln 1968, Nr. 405. – R. W. Brednich: Ein Beitr. zur volkskundlichen Interpretation ikonographischer QQ. In: Kontakte und Grenzen. Probleme der Volks-, Kultur- und Sozialforschung. FS Gerhard Heilfurth. G¨ottingen 1969, S. 299–316, hier S. 302 f. und Tf. IV, Abb. 9. BJ Der beschlossen gart des rosenkrantz marie. – Sp¨atmittelalterliche Summe der christlichen Heils- und Sittenlehre. Das zweib¨andige, elf B¨ucher umfassende Werk mit mehr als 1000 Holzschnitten, darunter mehr als 300 von Hans Sch¨aufelin (u. a. Kreuzigung; Maria im Rosenhag mit dem Jesuskind und den Engelsch¨oren unter der Dreifaltigkeit), wurde 1505 von Friedrich Peypus in der Werkstatt Ulrich Pinders in N¨urnberg gedruckt. Es enth¨alt Darlegungen u¨ ber die Wahrheiten des christlichen Glaubens, das Gebet und die Meditationsfr¨ommigkeit. Der Titel des Gesamtwerks hat mit dem Inhalt der ersten beiden B¨ucher zu tun. Der Allegorie vom Garten, der auf Maria hin ausgelegt wird, folgen Ausf¨uhrungen u¨ ber die geschichtliche Entwicklung des Rosenkranzgebets. Weitere Betrachtungen gelten der Rolle der Rosenkranzbruderschaften und den Fr¨ommigkeits¨ubungen ihrer Mitglieder. Nach einer Auflistung und Erl¨auterung von 54 Namen Mariens beenden 17 Namen Christi und ein Gebet zu Christus das erste Buch. Das zweite 1558

2. H¨alfte 15. Jh. Buch handelt von jenen Eigenschaften, die f¨ur eine Nachfolge Mariae und Christi notwendig sind. Das Rosengertlin des → Adolf von Essen wird im 1. Buch in zwei Kapiteln verwendet, im 11. Buch der eucharistische Doppeltraktat Super missam des → Albertus Magnus zitiert. Literatur: Eva B¨orsch-Supan: Garten. In: LCI 2 (1970) Sp. 77–81. – Kurt Illing, VL2 1 (1978) Sp. 829 f. – Ders.: Garten: In: MarLex 2 (1989) S. 580 f. – Hans Vollmer. Die Illustratoren des ‹B. g. d. r. m.›. In: Repertorium f¨ur Kunstwiss. 31 (1908) S. 18–36, 144–158 (vgl. dazu: Meister um Albrecht D¨urer. Ausstellung im Germ. National-Museum vom 4. Juli bis 17. September. Gestaltung des Kat.: Eugen O. Sporer. Bearb. des Kat.: Peter Strieder u. a. N¨urnberg 1961, S. 56–60, Nr. 25). – Robert Proctor: An Index of German Books 1501–1520 in the British Museum (Holland Press Bibliographies 3). London 21954, Nr. 11030. – Karl Joseph Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke. Der Rosenkranz in der geschichtlichen Situation seiner Entstehung und in seinem bleibenden Anliegen. Eine Quellenforschung (Frankfurter Theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972, S. 133. – K. Illing: Alberts, des Großen ‹Super missam›-Traktat in ¨ mhd. Ubertragungen. Untersuchungen und Texte (MTU 53). Mu¨ nchen 1975, S. 29 f., 54 f. (Lit.). – Peter Keller: Gemeinschaft und Masse. In: Edelsteine, Himmelsschn¨ure. Rosenkr¨anze & Gebetsketten. Hg. v. dems./Johannes Neuhardt (Kat. zur [...] Sonderschau des Dommuseums zu Salzburg 33; Kat. des Bestandes der Edith-Haberland-WagnerStiftung im Dommuseum zu Salzburg 1). Salzburg 2008, S. 108–118, bes. S. 111–113. BJ Dietrich von Munster. ¨ – K¨olner Magister, Prediger. D. erscheint in einer M¨unsteraner Hs. von 1537 als Verf. einer Neujahrspredigt zu Lk 2,21. Der Text befasst sich mit dem Aufstieg des Menschen von der S¨unde zur Gnade durch sieben gute Taten, darunter das Erkennen und Beichten seiner S¨unden. Die Handschrift identifiziert den Autor als «Derich van Munster, eyn meister in der bursen der stat Coelne» (nach Overgaauw 1996). Es k¨onnte sich dabei um den Magister D. Kerkering v. M. gehandelt haben, der 1389 Theol.prof. in K¨oln wurde und um 1422 starb. Der in der Quelle erw¨ahnten Burse der Artistenfakult¨at war Kerkering nachweislich verbunden: 1418 vermachte er ihr seine B¨uchersammlung. Diese Zuschreibung impliziert freilich, dass 1559

Dietrich von Munster ¨ in die Mu¨ nsteraner Predigtslg. eine damals mindestens 115 Jahre alte Predigt aufgenommen wurde, ¨ von der keine weitere Uberl. bekannt ist. Auch Dietrich → Kolde von M¨unster (1435–1515) gilt verschiedentlich als m¨oglicher Verf. der Neujahrspredigt. Allerdings war er nach heutiger Kenntnis nie Magister oder Dozent an der Artistenfakult¨at in K¨oln. Damit bleibt die Identit¨at des Verf. der Neujahrspredigt letztlich unsicher. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Ms. N. R. 5000, 24r–28r (Pap., wahrscheinlich Kloster St. Mauritius in K¨oln, 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1979) Sp. 139 f. – Albert Groeteken, Der a¨ lteste gedruckte dt. Katechismus und die ndt. Volksb¨ucher des sel. D. Koelde v. M¨unster. In: Franziskanische Studien 37 (1955) S. 53–74, 189–217, 388–410, hier S. 404–407. – Benjamin de Troeyer: Bio-bibliografie van de Minderbroeders in de Nederlanden voor het jaar 1500. Voorstudies (Nieuwe reeks). III. Dirk van Munster. In: Franciscana 26 (1971) S. 109–173. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. dems./Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, hier S. 355–357. – Eef Overgaauw: Die ma. Hss. der Univ.- und LB M¨unster. Wiesbaden 1996, S. 205. MM Engelbrecht, Sebastian, † 1510 Erfurt. – Verfasser einer Erbauungsschrift. E., Dr. theol., ist der Verfasser einer Erbauungsschrift mit dem Titel Saft ausgedruckt von dem tegelichen Gebethe, von dem Engelischen grusse und apostolischen Glauben, die vielmehr Kompilation als eigenst¨andige Arbeit darstellt. Gewidmet ist die Schrift Abt Gunther auf dem St. Petersberg in Erfurt. ¨ Uberlieferung: Wernigerode, F¨urstl. Stolbergische Bibl., Cod. Zb 10m (fr¨uhestens Ende 15. oder 16. Jh.; verschollen). Literatur: Wolfgang Stammler, VL2 2 (1980) Sp. 550; 11 (2004) Sp. 409. – Ernst F¨orstemann: Die Gr¨aflich Stolbergische Bibl. zu Wernigerode. Nordhausen 1866, S. 107. – Ulrich-Dieter Oppitz: Die ‹Dt. Mss. des MA› (Zb-Sign.) der ehem. Stolberg-Wernigerodischen Handschriftenslg. In: Geographia Spiritualis. FS Hanno Beck. Hg. v. Detlef Haberland. Frankfurt/M. u. a. 1993, S. 187–205, hier S. 194. SF 1560

Friedrich von Zollern Der eren tafel. – Im Rahmen einer nicht vor dem Ende des 15. Jh. zusammengestellten geistlichen Sammelhandschrift u¨ berlieferter strophischer Text in ostf¨alischer Schreibsprache. Der 14 Strophen umfassende, «werdyghen vrauwen und man» ausdr¨ucklich als Lesetext empfohlene Text wurde in abwechselnd schwarzer und roter Schrift in einer eigenen Lage der didaktisch orientierten Wolfenb¨utteler Sammelhandschrift aufgezeichnet. Behandelt werden – anfangs metaphorisch, dann als Nacherz¨ahlung – die Passion Christi und deren Auswirkungen auf den Leser, offenbar weibliche und m¨annliche Angeh¨orige von Klostergemeinschaften. Eine Besonderheit D. e. T. ist ¨ die Ubertragung des Passionsgeschehen in ein ritterliches literarisches Umfeld, in dem Christus als «here» in allegorischer R¨ustung und die Ju¨ nger als dessen getreue «man» erscheinen, die gemeinsam zu Jerusalem an «der eren tafelen» sitzen. ¨ Uberlieferung: Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. Guelf. Helmst. 1121, 100r–107v (Perg. und Pap., mnd.; fr¨uhestens Ende des 15. Jh. aus mehreren Teilen zusammengestellt). Ausgabe: Georg Baesecke: D. e. t. In: NdJb 33 (1907) S. 122–128. Literatur: Hans-Joachim Ziegeler, VL2 11 (2004) Sp. 413–416. – Otto v. Heinemann: Die Hss. der Herzoglichen Bibl. zu Wolfenb¨uttel, Erste Abtheilung: Die Helmstedter Hss. Bd. 3. Wolfenb¨uttel 1888. Nachdr. unter dem Titel: Die Helmstedter Hss. Bd. 3: Cod. Guelferbytanus 1001 Helmstadiensis bis 1438 Helmstadiensis (Kat. der HAB Wolfenb¨uttel 3). Frankfurt/M. 1965, S. 65–67 (Nr. 1228). – Leopold Zatoˇcil: Eine mnd. Katharinenlegende in Prosa und ihre Beziehung zur alttschechischen Version. In: Sborn´ık Prac´ı Filozofick´e Fakulty Brnˇensk´e / Studia minora Facultatis Philosophicae Universitatis Brunensis, Roˇcn´ık [Jg.] ˇ 29, Rada Liter´arnˇevˇedn´a (D) 27 (1980) S. 141–154. SF Die Erschaffung Adams. – Dt. erbauliche Prosaabhandlung u¨ ber Erschaffung, Versuchung und Fall des Menschen und u¨ ber die Erl¨osung durch die Menschwerdung Christi. ¨ Uberlieferung: Die ersch¨opfung des ersten menschen Adams. Mit einer gr¨untlichen lere von der gepurt unsers herren Jesu Cristi. Bamberg [H. Sporer 14]93 (Hain 81, GW 210). Literatur: Bob Miller, VL2 11 (2004) Sp. 419 f. – Ferdinand Geldner: Die Buchdruckerkunst im alten Bamberg 1458/59 bis 1519. Bamberg 1964, 1561

2. H¨alfte 15. Jh. S. 53. – Ders.: Die dt. Inkunabeldrucker. Ein Hb. der dt. Buchdrucker des 15. Jh. nach Druckorten. Bd. 2. Stuttgart 1968, S. 52–55. – B. Miller: Eine ¨ mhd. Ubers. der lat. ‹Vita Adae et Evae›. In: Stud. zur Weltchronik Heinrichs v. Mu¨ nchen. Bd. 1. Hg. Horst Brunner (Wissenslit. im MA 29). Wiesbaden 1998, S. 240–332, hier S. 257 Anm. 61. BJ Ettlich tewtsch ymni. – Haupts¨achlich von der Beichte handelnde, in der Tradition katechetischer Prosa stehende Texte. e Der Knoblochzer-Druck Hierinne stond ettlich tewtsch ymni oder lobgesange mit versen st˚ucken vnd gesatzen, Heidelberg 1494, u¨ berliefert einige bewusst reimlose Texte, die keine Hymnen¨ubersetzungen darstellen, sondern aus dem Bereich der katechetischen Prosa stammen. Sie sind so gestaltet, dass sie auf die Melodien bekannter Hymnen gesungen werden k¨onnen. Literatur: Johannes Janota/Burghart Wachinger: Hymnare und Hymnenerkl¨arungen in dt. Sprache. In: VL2 4 (1983) Sp. 338–346, hier Sp. 345; 11 (2004) Sp. 702. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968, S. 251. – B. Wachinger: Der ¨ Mo¨ nch v. Salzburg. Zur Uberl. geistlicher Lieder im sp¨aten MA (Hermaea, NF 57). T¨ubingen 1989, S. 145. SF Friedrich von Zollern, Graf, * 1451, † 8.3.1505 Dillingen. – Bischof von Augsburg, Verfasser eines f¨unfstrophigen Bittliedes. F., der schw¨abischen Linie der Hohenzollern entstammend, studierte ab Mai 1468 an den Universit¨aten Freiburg i. Br., wo er sp¨ater Rektor wurde und die Bekanntschaft → Geilers von Kaisersberg machte, und in Erfurt. 1467/68 war er Domherr in Straßburg, seit 1483 Domdekan. 1486 wurde er als Friedrich II. auf Betreiben der Habsburger einstimmig zum Bischof von Augsburg gew¨ahlt. Als solcher berief er noch im selben Jahr eine Bistumssynode in Dillingen ein, gewann 1488 und 1490 seinen Freund Geiler als Gastprediger im Augsburger Dom und ließ liturgische B¨ucher drucken. Von F. stammt sehr wahrscheinlich das Bittlied Frid gyb myr her vff erden in f¨unf Strophen. Ein Akrostichon («FRidRich Her von zoren Bischoff Z˚u Augspurg») weist ihn als Verfasser aus; m¨oglich 1562

2. H¨alfte 15. Jh. ist auch, dass das Akrostichon eine Widmung des Liedes an F. darstellt. ¨ Uberlieferung: Liederbuch des Arnt v. Aich, K¨oln um 1518, Nr. 77 (recte Nr. 75) mit vierstimmigem Satz. – Berlin, SBB, Mgq 659, f. 39rv (geistliche Liederhs., Schreiberdatum: 9.12.1528, ohne Noten). Ausgaben: August H. Hoffmann: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf luthers Zeit. Hannover 31861, Nr. 300. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 1052. – Theodor Dreher: Das Tagebuch u¨ ber F. v. Z. In: Mitt. des Ver. f¨ur Gesch. und Alterthumskunde in Hohenzollern 21 (1887/88) S. 90 f. – Eduard Bernoulli/Hans Joachim Moser: Das Liederbuch des Arnt v. Aich. Kassel 1930, Nr. 75 (Text und Musik). – Ernst Fritz Schmid: Das goldene Zeitalter der Musik in Augsburg. In: Augusta 955–1955 (1955) S. 301–322, Text 306 f. – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. u. 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 228 f., 457. Literatur: Friedrich Roth: F. Graf v. Z. In: ADB 49 (1904) S. 93–96. – Friedrich Zoepfl: F. Graf v. Z. In: NDB 5 (1961) Sp. 490 f. – Johannes Janota, VL2 2 (1980) Sp. 966–968. – Gerhard Eis/Gundolf Keil: Nachtr¨age zum VL. In: PBB (T¨ub.) 83 (1961) S. 167–226, hier S. 179. – E. F. Schmid: Musik an den schw¨abischen Zollernh¨ofen der Renaissance. Kassel 1962, S. 3–9 (Lit.). – Alfred Schr¨oder: Quellen zur Gesch. des Bischof F. v. Z. In: Arch. f¨ur die Gesch. des Hochstifts Augsburg 1 (1909/11) S. 91–138. – Gustav Bebermeyer: T¨ubinger Dichterhumanisten. Tu¨ bingen 1927, S. 30. – Otto Herding: Bemerkungen zu den Briefen des P. Schott [...]. In: Arch. f¨ur Kulturgesch. 46 (1964) S. 113–126. – Philipp Maria Halm: Stud. zur su¨ ddt. Plastik. Bd. 1. Augsburg u. a. 1926, S. 102–107 und Abb. 98, 100. – Moser (s. Ausg.) Einl. zur Ausg. – Christoph Petsch: Hofweisen. In: DVjs 33 (1959) S. 414–445. – Barbara Schwendowius: Arnt v. Aich. In: Rheinische Musiker 5 (1967) S. 4–8. SF Geistlicher Maibaum. – Anonyme Prosaallegorie, zweite H¨alfte 15. Jh. Der gekreuzigte Christus wird als Maibaum dargestellt; die minnende Seele betrachtet die Wunden. Im Baum nistende V¨ogel stehen f¨ur Menschen auf den verschiedenen Vollkommenheitsstufen auf 1563

Geistlicher Maibaum dem Weg zur unio mystica. Die urspr¨ungliche Fassung des passionsmystischen Textes ist wohl nur in Cgm 470 u¨ berliefert. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 470, 1r–15r (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., schw¨abisch/ ostschw¨abisch/bair. mit ostschw¨abischem Einschlag). – Ebd., Cgm 861, 25v–59v (Pap., 1504, Nachtr¨age 1514, ostschw¨abisch). – Ebd., Cgm 9457 (Codex Sammelband mit Drucken des 16. Jh. und einem 35 Bll. umfassenden hsl. Teil, Pap., Ende 16./Anfang 17. Jh., obd.). – Berlin, SBB, Mgq 1112 (fr¨uher Privatbesitz Anton Birlinger, Bonn [5]), 436v–467r (Passionsbetrachtung Wir haben durch bewerte geschrift, darin: G. M.) (Pap., Ende 15. Jh./um 1500, bair.). – Beuron, Bibl. der Erzabtei, 8° Ms. 43 (fr¨uher Cod. 24), 298r–302v (Nachtrag 16. Jh.) (Pap., 1554, s¨uddt.-schw¨abisch; am Ende fragm.). – Vgl. auch Schmidtke (s. Lit.). Ausgaben: Anton Birlinger, in: Alemannia 8 (1880) S. 109–117 (nach Mgq 1112, mit Anhang). – Ebd. 13 (1885) S. 285 f. (Anfang, aus der Inkunabel GW 3084). – Engelmann (s. Lit.). Literatur: Karin Schneider, VL2 2 (1980) Sp. 1168 f.; 11 (2004) Sp. 505. – Urs Kamber: Arbor amoris Arbor amoris. Der Minnebaum. Ein Pseudo-Bonaventura-Traktat. Hg. nach lat. und dt. Hss des 14. und 15. Jh. (Phil.Stud.u.Qu. 20). Berlin 1964, S. 137–140. – K. Schneider: Die dt. Hss. der Bayerischen Staatsbibl. Mu¨ nchen. Cgm 351–500 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,3). Wiesbaden 1973, S. 387–390. – Dietrich Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982. – Ursmar Engelmann: Ein Zeuge der Mystik aus dem 16. Jh. In: Colligere Fragmenta. FS Alban Dold. Hg. v. Bonifatius Fischer/Virgil Fiala (Texte und Arbeiten I, Beiheft 2). Beuron 1952, S. 276–280. BJ Pater Gotthard. – Prediger, zweite H¨alfte 15. Jh. Von dem urkundlich nicht nachgewiesenen G., Pater des St. Gertrudisklosters in K¨oln, u¨ berliefert ¨ der einzige Textzeuge (s. Uberl.) eine Predigt u¨ ber Lk 6,36 («Estote ergo misericordes, sicut et pater noster misericors est»). ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Ms. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 292v–297r (Pap., 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke: VL2 3 (1981) Sp. 183. – Ders.: Zur Gesch. der K¨olner Predigt 1564

Maillard im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361. – Eef Overgaauw: Die ma. Hss. der UB/LB M¨unster. Wiesbaden 1996, S. 213. SF Eine gute Beicht. – Beichtspiegel, um 1500. Im Zentrum des breit angelegten Beichtspiegels, der fast alle katechetischen St¨ucke enth¨alt, steht die Darstellung der sieben Haupts¨unden und der Zehn Gebote. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 866, 43 Bll. (Pap., um 1500, mittelbair.). – Paralleltexte (mit hinzugef¨ugten lat. Begiffen) enthalten die Hss. Mu¨ nchen, BSB Clm 8729 und Clm 11968. Ausgabe: E. Weidenhiller (s. Lit.) 1965, S. 57–83. Literatur: Egino Weidenhiller, VL2 3 (1981) Sp. 327 f. – Ders.: Unters. zur deutschsprachigen katechetischen Lit. des sp¨aten MA. Nach den Hss. der Bayerischen Staatsbibl. (MTU 10). M¨unchen 1965, S. 52–57. BJ Kornwachs, Johannes OP, * 1465 Ehingen. – Be¨ arbeiter einer Bonaventura-Ubertragung. K. schloss sich 1483 den Ulmer Dominikanern an und starb wahrscheinlich zwischen 1526 und 1535. Sein einziges bekanntes Werk ist eine Neu¨ bearbeitung der altschw¨abischen Ubersetzung von → Bonaventuras De triplici via. K. war mit großer ¨ Sicherheit nicht der eigentliche Autor der Ubertragung, die um 1490 entstand. Vielmehr fungierte er als Redaktor: Auf der Basis einer Vorlage aus se¨ parater lat. Uberlieferung nahm K. zahlreiche Revisionen und Korrekturen des urspr¨unglichen dt. Texts vor. K.s Bearbeitung gilt insgesamt als fl¨ussig und wortreich. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 356, 1r–47r (Pap., 1493, ostschw¨abisch). Ausgabe: Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 314–347 mit S. 101–106. – Bonaventura: ¨ ‹De triplici via› in altschw¨abischer Ubertragung. Hg. v. K. Ruh. Berlin 1957. Literatur: Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 320 f. – Roger Aubert, DHGE 29 (2007) Sp. 670. – Hermann T¨uchle: Beitr. zur Gesch. des Ulmer Dominikanerklosters. In: Aus Arch. und Bibl. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Weißenhorn 1969, S. 194–207. MM 1565

2. H¨alfte 15. Jh. Maillard, Oliverius (Olivier) OFM, * um 1430 Juign´e/Bretagne, † 22.7.1502 Toulouse. – Prediger. Der aus der Bretagne stammende M. war Franziskaner und ein in Paris promovierter Doktor der Theologie. Er war 1487–90, 1493–96 und 1499–1502 Generalvikar der Observanten und ist als Teilnehmer mehrerer Provinzialkapitel nachgewiesen, so 1488 in N¨urnberg, 1493 in Kaysersberg und 1501 in Pforzheim. Besondere Wirkung entfaltete M. als Prediger von Wortgewalt und Volksn¨ahe. M. hielt sich mehrmals im N¨urnberger Klarissenkloster auf. In dt. Sprache sind drei an die dortigen Klarissen gerichtete Ansprachen und ein ¨ Brief M.s erhalten. Als Ubersetzer der Ansprachen gilt ein Beichtvater der Klarissen namens Stephan ¨ → Fridolin. Der Brief k¨onnte von seinem Uberbringer, einem M¨onch namens Johannes Macheysen, u¨ bertragen worden sein. Inhaltlich enthalten die vier Texte Ermahnungen und Auslegungen von stilistisch wie spirituell hoher Qualit¨at. Eine Ansprache ist als Marienpredigt gestaltet, behandelt aber auch das Sakrament der Eucharistie und erl¨autert ter christologischen Gesichtspunkten die Messe. Die zweite Ansprache geht von Spr 8,31 aus und stellt drei Arten der Christus-Andacht dar. In der dritten Ansprache warnt M. vor teuflischen Versuchungen in jeder Form, insbesondere vor der S¨unde der «acedia». M.s Brief schließlich ruft die Klarissen zur st¨andigen Kontemplation Christi als Gemahl und Heilsbringer auf. ¨ Uberlieferung: Brixen, Klarissenkloster, Cod. S 11 / Ms. 49, 33r–48r (Pap., um 1500, bair.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4439, 48v–50v (Pap., N¨urnberg [?], Anfang 16. Jh., n¨urnbergisch). – Prag, Nationalbibl., Cod. XVI.G.31, ll. 28v–33v (15./16. Jh., nordbair.). Ausgaben: Straganz 1917 (s. Lit.). – Zu lat. Drucken und Ausg. vgl. Ruh 1985 (s. Lit.). Literatur: Hugues Dedieu, Dict. Spir. 10 (1980) Sp. 106–109. – Kurt Ruh, VL2 5 (1985) Sp. 1173–1175; VL2 11 (2004) Sp. 957. – Wilhelm Forster, LThK3 6 (1997) Sp. 1206. – Adolf Stark: Syntaktische Unters. im Anschluss an die Predigten und Gedichte O. M.s (1430–1502) mit besonderer Ber¨ucksichtigung des ersten Auftretens des neufranz¨osischen Sprachgebrauchs. In: Romanische Forschungen 15 (1904) S. 689–773. – Ferdinand Marie Delorme: O. M. et le Tiers-Ordre r´egulier en Ecosse (1488–1496). In: Archivum Franciscanum Historicum 8 (1915) S. 353–358. – David Car1566

2. H¨alfte 15. Jh. nahan: Some Sources of O. M.’s Sermon on the Passion. In: Romanic Review 7 (1916) S. 144–169. – Max Straganz: Ansprachen des Fr. O. M. an die Klarissen zu N¨urnberg. In: Franziskanische Stud. 4 (1917) S. 68–85. – F. M. Delorme: Une lettre d’O. M. (11 juin 1487). In: Archivum franciscanum historicum 18 (1925) S. 300 f. – Karin Morvay/ Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 170 f. (T 168). – Bernard Chevalier: O. M. et la r´eforme des Cordeliers (1482–1502). In: Revue d’histoire de l’´eglise de France 65 (1979) S. 25–39. – Brigitte Terrasson: Mujeres e incitaci´on al pecado. Extractos de sermones de tres predicadores franceses: O. M., Michel Menot y Guillaume Pepin (finales siglo XV). In: Arenal 9 (2002) S. 395–411. MM Bruder Reinhard (Reynhart). – Prediger, zweite H¨alfte 15. Jh. R., der vielleicht als Franziskanerobservant im K¨olner Raum lebte, ist der Verfasser einer Predigt auf den ersten Fastensonntag («Thema» ist 2 Kor 6,2), welche wohl im letzten Jahrzehnt des 15. Jh. entstand. Die Fastenzeit wird darin in sehr positivem Licht als Zeit des Suchens, Zeit des Findens und Zeit der Erhaltung von Gottes Barmherzigkeit geschildert. Eingef¨ugt sind f¨unf umfangreichere Exempel aus dem M¨onchs- und Nonnenleben. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Ms. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 53v–68r (Pap., 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 (1989) Sp. 1176. – Ders.: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/ Helga Sch¨uppert (Beitr. zur Gesch. der dt. Sprache und Lit. 95/2). T¨ubingen 1973, S. 328–361, hier S. 352. – Eef Overgaauw: Die ma. Hss. der UB/LB Mu¨ nster. Wiesbaden 1996, S. 206. SF Roseng¨artlein des Herzens. – Seelengartenallegorie vom Ende des 15. Jh. Der am Oberrhein entstandene predigthafte Text, der formal in Beziehung zum a¨lteren → N¨urnberg-Wiener W¨urzgart steht, hebt neben dem Bußsakrament besonders die Tugendbereitung hervor, ohne die Jesus nicht in das menschliche Herz kommen wird. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1584, 2r–9r (Pap., Ende 15. Jh./Anfang 16. Jh., niederalemannisch). – Karlsruhe, LB, Cod. St. Peter pap. 44, 1567

Bruder Reinhard 1r–6v (Pap., Anfang 16. Jh., alemannisch). – Wien, ¨ ONB, Cod. 4348, 303r–305r (Pap., um 1500, bair.o¨ sterr.). Ausgabe: Schmidtke, S. 509–516. Literatur: Dieterich Schmidtke, VL2 8 (1992) Sp. 192 f. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982 (Reg.). BJ Tesenpacher, Christian (Tesenbacher) OSB, † 26.6.1502 Oberalteich/Niederbaiern. Der aus Salzburg stammende T. studierte 1449 die Artes an der Universit¨at Wien (1452 Baccalaureus). 1455 wurde er Pfarrvikar in Frankenmarkt/ Ober¨osterreich, 1456 in Attergau/Ober¨osterreich, war 1457–62 Hilfsgeistlicher in Oberwang bei Mondsee/Ober¨osterreich und wohnte in der Abtei Mondsee. 1462 trat er in das Benediktinerkloster Tegernsee ein. 1476 wurde T. als Nachfolger → Ulrichs von Landau Prior, 1484 Abt von Oberalteich. Als Visitator war er im Sinn der Tegernseer Reformbestrebungen und der Klosterpolitik Herzog Albrechts IV. t¨atig. Als Hauptwerk T.s gilt die in Tegernsee entstandene Expositio super regulam s. Benedicti (zwischen 1488 und 1495 in vier Handschriften u¨ berliefert), eine Kompilation aus den j¨ungeren (→ Johannes von Kastl u. a.), zeitgen¨ossischen (Johannes → Keck; Johann → Schlitpacher u. a.) Regelkommentaren und aus anderen Schriften der aszetischen Tradition. Unter Heranziehung von Aristoteles trat T. daf¨ur ein, dass nur ein b¨urgerlich-mittelst¨andischer Konvent der «medii» sich bew¨ahren k¨onne. In Oberalteich verfasste T. Kapitelansprachen («collaciones», Hs. M¨unchen, BSB, Clm 9521), 54 Sermones de tempore und 64 Sermones de sanctis (Hs. ebd., Clm 9522); f¨ur Albrecht IV. schrieb er zehn Regeln christlichen Lebens in dt. Sprache und zehn Artikel zu grunds¨atzlichen Fragen der Klosterreform (Hs. Bayerisches Haupt¨ staatsarch. Mu¨ nchen, Kurbaiern, Außeres Arch. Nr. 1504). Ferner kopierte T. vor allem zwischen 1452 und 1462 verschiedene Texte (mit Eintr¨agen von Zeit und Ort der Abschrift) und verfasste einige Briefe, u. a. zur Klosterdisziplin beziehungsweise zum Klosterleben. Literatur: Franz Josef Worstbrock, VL2 9 (1995) Sp. –717714. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh., Mu¨ nchen 1931. – Klaus Schreiner: Benediktinische Klosterreform 1568

Veghe als zeitgebundene Auslegung der Regel. In: Bll. f¨ur W¨urttembergische Kirchengesch. 86 (1986) S. 105–195, hier S. 175 f. – Ders.: M¨onchsein in der Adelsges. In: Hist. Zs. 248 (1989) S. 557–620, hier S. 603 f. BJ Veghe, Johannes und Ps.-Veghe, * um 1430/35 Mu¨ nster/Westfalen, † 21.9.1504 ebd. – Nd. Prediger des Sp¨atMA. V. studierte seit 1450 in K¨oln (immatrikuliert als «Johannes ten Loen alias Veghe, clericus Monasteriensis») und trat wahrscheinlich im folgenden Jahr in das M¨unstersche Fraterhaus «zum Springborn» (Br¨uder vom gemeinsamen Leben) ein. Im Jahr 1470 ist er als «rector pro tempore» des Fraterhauses in Rostock bezeugt. Seit 1471 lebte er wieder im Fraterhaus M¨unster, wo er sp¨ater Rektor wurde. 1481 urkundet V. als Rektor des Niesingklosters (Schwestern vom gemeinsamen Leben) in Mu¨ nster. Von V.s Werken sind folgende (in nd./westf¨alischer Sprache) erhalten: 23 Predigten (Collacien), ein Predigtrapiar und (vielleicht) zwei Lieder. ¨ Uberlieferung: M¨unster, Nordrhein-Westf¨alisches Staatsarch., Depositum Altertumsver., Msc. 4, 2ra–187va (Predigten und Predigtrapiar), 188ra (Lieder) (vermutlich um 1490/1500 geschrieben v. dem Mu¨ nsterschen Fraterherren Johannes Becker f¨ur das Niesingkloster). Die Predigten und das Predigtrapiar sind vermutlich urspr¨unglich von Schwestern des Niesingklosters aufgezeichnet, aber vom Autor durchgesehen worden. Bei den Predigten handelt es sich um in der Handschrift als Jahrgang von Ostern bis Septuagesima angeordnete Sonntags-, Festtags- und Heiligenpredigten, nachgetragen ist eine Predigt auf Johannes den Evangelisten. Charakteristisch sind nummerierende Reihung und rhetorische Elemente; Teilabschnitte k¨onnen als Perikopenexegese homilienartig gestaltet sein, daneben finden sich auch emblematische (etwa dingallegorische) Texte. V. vertrat die Auffassung vom freien Willen und der Gottesebenbildlichkeit des Menschen, Hauptziel war es, die Zuh¨orerinnen von s¨undhafter Lebensf¨uhrung abzubringen und im Sinne der Devotio moderna zu einem tugendhaften Leben zu f¨uhren, das in engem Kontakt mit Gott sein sollte. Zitierte Autorit¨aten sind antike Gestalten wie Seneca, Cicero und Aristoteles, relativ h¨aufig wird 1569

2. H¨alfte 15. Jh. daneben auf Johannes → Gerson Bezug genommen. Die zwei Lieder sind in der Handschrift nicht explizit V. zugeschrieben, sie folgen aber unmittelbar auf V.s Predigtrapiar. Das erste widmet sich der Todesn¨ahe des Menschen, das zweite, eine kunstvolle Kanzonenstrophe, dem tugendhaften Verhalten und dessen Lohn. Fraglich ist die Zuschreibung der auszugsweisen ¨ mnd. Ubersetzung der ersten drei B¨ucher der Imitatio Christi des → Thomas (Hemerken) von Kempen, ebenso eines in der Handschrift Berlin, SBB, Mgq 556 (aus M¨unster, 1469), u¨ berlieferten Eucharistietraktates an V. Unter dem Namen Pseudo-Veghe gehen in der neueren Forschung vier gr¨oßere Traktate, die fr¨uher V. zugeschrieben wurden, da eine deutliche Verwandtschaft in Stil, Bildgebrauch und spiritueller Orientierung mit V. besteht. PseudoV. lebte wahrscheinlich in einem AugustinerChorherrenstift der Devotio moderna, das eine ostmndl. Sprache benutzte und in enger Beziehung zu Mu¨ nster stand, in Frage kommt Frenswegen bei Nordhorn, dessen Priore als Visitatoren des Fraterhauses und der Schwesternh¨auser in M¨unster amtierten. Die Traktate sind mit einer Ausnahme dingallegorisch eingekleidet, zeigen ausgepr¨agten Detailrealismus und Einf¨ugung von Gebetskapiteln, im Mittelpunkt stehen u. a. Herz-Jesu (und HerzMari¨a-) Verehrung, Leiden-Christi-Fr¨ommigkeit, Kult der Leidenswerkzeuge und sakramentale Mystik. Pseudo-V. gilt als Autor der Traktate Wyngaerden der sele und Lectulus noster floridus, zugeschrieben werden ihm ferner Marientroest und Geistliche Jagd. Wyngaerden der sele, das umfangreichste und bedeutendste Werk des Pseudo-V. ist in der Handschrift Berlin, SBB, Mgf 549, 2v–224rb (1486), und fragmentarisch in M¨unster, Staatsarch., Depositum des Altertumsver., Msc. 55, S. 1–414, u¨ berliefert. Die Entstehungszeit (aller Traktate) d¨urfte wohl nicht weit vor dem Datum der Berliner Handschrift liegen. Das Werk war f¨ur Anf¨anger im geistlichen Leben, also f¨ur Novizen oder Novizinnen bestimmt. Die drei ungleichm¨aßig langen Abschnitte – u¨ berlagert von einem Schema, das auf der «divisio» des Themas Hld 7,12 wohl in Anlehnung an Jan van → Ruusbroecs Zierde der geistlichen Hochzeit beruht – behandeln drei Stufen des geistlichen Aufstiegs «incipiens», «proficiens» und «perfectus». Im Zentrum steht dabei die Behandlung der ersten beiden Stufen. Der zweite Abschnitt betont die 1570

2. H¨alfte 15. Jh. Herz-Jesu-Verehrung und gipfelt in der Beschreibung der Vereinigung des Menschen mit Christus im Eucharistie-Sakrament. Auf den Wyngaerden der sele folgen die Gartenallegorien Marien wyngaerden und De wyngaerden christi jhesu, der einen ausf¨uhrlichen Weingarten des geistlichen vollkommenen Lebens bzw. der Seele enth¨alt. Lectulus noster floridus ist ebenfalls in der Berliner Handschrift (224va–311vb) u¨ berliefert, Thema ist Hld 1,15. Unterschieden werden drei Bettchen: Marienbett, Kreuzesbett (das die Synagoge Jesus bereitete) und das Bett des menschlichen Herzens, besonders des Herzens eines monastisch lebenden Menschen, das f¨ur die Ankunft Christi vorbereitet werden soll. Im umfangreichen dritten Teil werden nicht nur die Tugendblumen angef¨uhrt, die das Bett des Herzens schm¨ucken sollen, sondern die ganze Schlafkammer wird sinnbildlich geschildert (Himmelsrichtungen, Gem¨alde mit ihren Bedeutungstr¨agern u. a.). Marientroest war in einer heute verschollenen Handschrift wahrscheinlich des sp¨aten 15. Jh. u¨ berliefert und ist in drei Teile gegliedert: Maria im Stall und an der Krippe, Maria unter dem Kreuz, Maria an des K¨onigs Hof. Die Geistliche Jagd war in der gleichen, heute verschollenen Handschrift u¨ berliefert und beginnt mit einem Widmungsschreiben an einen weltlichen F¨ursten sowie einer Einleitung. Die drei Teile des Traktats widmen sich dem «jagenden L¨owen» (jeweils als Gott, Teufel bzw. Mensch, der Gott «jagt»). Am umfangreichsten ist der dritte Teil, hier wird die Jagdallegorie besonders breit entfaltet, eingestreut sind verschiedene Fabeln und geistliche Tierinterpretationen, die teilweise auf den → Physiologus zur¨uckgehen. Ausgaben: Bernhard H¨olscher: Lieder und Spr¨uche aus dem M¨unsterlande. Berlin 1854, Nr. LXVIII und LXIX. – Franz Jostes: J. V. Ein dt. Prediger des 15. Jh. Halle 1883. – Heinrich Rademacher (Hg.): Lectulus Noster Floridus, Unser Blumenbettchen. Eine devot-mystische Schr. des 15. Jh. Nd. v. J. V. Hiltrup 1938. – Ders. (Hg.): Wyngaerden der sele. Eine aszetisch-mystische Schr. aus dem 15. Jh. Nd. v. J. V., Fraterherr in Mu¨ nster. Hiltrup 1940. Literatur: Philipp Strauch: V., Johann. In: ADB 39 (1895) S. 525–528. – Robert Stupperich, Killy 12 (1992) S. 10 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 339, 815. – Christine Mundhenk, Dict. Spir. 16 1571

Veghe (1994) S. 343–347. – Gisela Drossbach, LexMA 8 (1997) Sp. 1445 f. – Dietrich Schmidtke, VL2 10 (1999) Sp. 190–199. – C. Mundhenk, LThK3 10 (2001) Sp. 576. – Detlef Metz, RGG4 8 (2005) Sp. 923 f. – Franz Jostes: Drei unbekannte dt. Schr. von J. V. In: Hist. Jb. der G¨orres-Ges. 6 (1885) S. 345–412. – Ludwig Theodor Schulze: Zur Gesch. der Br¨uder vom gemeinsamen Leben. Bisher unbekannte Schriften v. Geert Groote, Johannes Busch und J. V. In: Zs. f¨ur Kirchengesch. 11 (1890) S. 577–619. – Florenz Landmann: Das Predigtwesen in Westfalen in der letzten Zeit des MA. Ein Beitr. zur Kirchen- und Kulturgesch. Mu¨ nster 1900. – Hermann Triloff: Die Traktate und Predigten V.s. untersucht auf Grund des ‹Lectulus floridus› der Berliner Hs. Eine Einleitung in das Studium V.s. Halle/S. 1904. – Aloys B¨omer: Das lit. Leben in Mu¨ nster bis zur endg¨ultigen Rezeption des Humanismus. M¨unster 1906. – Karl Richst¨atter: Die Herz-Jesu-Verehrung des dt. MA nach gedruckten und ungedruckten Quellen dargestellt. 2 Bde. Paderborn 1919. M¨unchen/Regensburg 21924. – A. B¨omer: J. V. In: Westf¨alische Lebensbilder 1 (1930) S. 166 ff. – Heinrich Rademacher: Mystik und Humanismus der Devotio moderna in den Predigten und Traktaten des J. V. Ein Beitr. zur Geistesgesch. Mu¨ nsters um 1500. Diss. M¨unster 1935. – Hermann Kunisch: J. V. und die oberdt. Mystik des 14. Jh. In: ZfdA 75 (1938) S. 141–171. Wieder in: Ders.: Kleine Schr. Berlin 1968, S. 121–156. – Elisabeth Schnitzler: Das geistige und religi¨ose Leben Rostocks am Ausgang des MA. Diss. M¨unster 1940. Nachdr. Vaduz 1965. – Carl F. Bayerschmidt: J. V. A Low German Preacher of the Fifteenth Century. In: Germanic Review 20 (1945) S. 3–20. – Henning Junge: J. V. Sprache, Stil, Pers¨onlichkeit. Diss. Hamburg 1954. – Pekka Katara: Das Diminutivum bei J. V. In: Annales Academiae scientiarum Fennicae B 84,28 (1954) S. 599–627. – Klaas Heeroma: J. V. en de dieren. In: Driemaandelijkse Bladen NS 9 (1957) S. 49–60. – Felix Wortmann: J. V. und die ihm zugeschriebenen Traktate. In: Mu¨ nstersche Beitr. zur ndt. Philologie 6 (1960) S. 47–78. – D. Schmidtke: Bemerkungen zum ‹Wyngaerden der sele› des Ps.-V. In: FS Friedrich Ohly 2. Hg. v. Hans Fromm u. a. M¨unchen 1975, S. 413–436. – Monasticon Fratrum vitae Communis 2. Hg. v. Wolfgang Leesch u. a. Br¨ussel 1979. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA am Beispiel der Gartenallegorie. T¨ubingen 1982. – Karin Lerchner: Lectulus floridus. Zur Bedeutung 1572

Genovefa von Paris des Bettes in Lit. und Handschriftenillustration des MA. Diss. Wuppertal 1992. K¨oln u. a. 1993. – Brigitte Derendorf: Mnd. lit. Hss. in M¨unster. In: Ndt. Wort 34 (1994) S. 21–33. – Monika Costard: Zwischen Mystik und Moraldidaxe. Dt. Predigten des Fraterherren J. V. und des Dominikaners Konrad Schlatter in Frauenkl¨ostern des 15. Jh. In: Ons Geestelijk Erf 69 (1995) S. 235–259. – Norbert Nagel: Der m¨unsterische Fraterherr J. V. d. J. (gest. 1504). Aspekte einer genealogisch ausgerichteten Schreibsprachbiografie. In: Stadt, Kanzlei ¨ und Kultur im Ubergang zur Fr¨uhen Neuzeit. Hg. v. Rudolf Suntrup/Jan R. Veenstra. Frankfurt/M. u. a. 2004, S. 133–187. SF Pastor von Groningen. – Prediger, zweite H¨alfte 15. Jh. Von dem «Pastoir van Groynnigen», Beichtvater des K¨olner Tertiarissenhauses in der Reimersgasse, ist eine im Jahr 1491 gehaltene Pfingstpredigt u¨ ber das Bibelwort Apg 2,4 u¨ berliefert. Mo¨ glicherweise ist er identisch mit einem K¨olner Baccalaureus Godefridus de Groningen. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Ms. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 125r–131v (Pap., 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 3 (1981) Sp. 260 f. – Gabriel Maria L¨ohr: Die theologischen Disputationen und Promotionen an der Univ. K¨oln im ausgehenden 15. Jh. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens 21). Leipzig 1926, S. 28, 51 f., 55, 68 f. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der Kl¨oner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, bes. S. 357 f. – Eef Overgaauw: Die ma. Hss. der UB/LB Mu¨ nster. Wiesbaden 1996, S. 207. SF Klaus der Schirmer. – Prediger. K. ist in einer Basler Handschrift als Verfasser einer Predigt u¨ ber den Evangelisten Johannes erw¨ahnt. Er wird darin als Bruder und Pariser Lesemeister mit dem lat. Namen Nicolaus Custor bezeichnet. Bei der Predigt handelt es sich um eine Auslegung von Gen 37,9 im Sinne eines Johannes-Lobs. In der Handschrift steht der Text neben weiteren Johannes-Predigten von → Bernhard von Clairvaux, → Johannes von N¨ordlingen, → Johannes von Offringen u. a. 1573

2. H¨alfte 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. A VI 38, 61ra–83vb (Pap., 1493, alemannisch). Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) Sp. 1193 f.; 11 (2004) Sp. 849. MM Bucholt, Nikolaus OFM. – Theologe. 1471 an der Universit¨at Erfurt immatrikuliert, wurde B. 1473 zum Doktor der Theologie promoviert. Seit 1476 lehrte er als Professor an der Universit¨at Greifswald und war Regens des dortigen franziskanischen Studiums. 1487, 1490 und 1492 ist er als Kustos der L¨ubecker Ordenskustodie nachweisbar, die ihren Sitz im Katharinenkloster in L¨ubeck hatte und die franziskanischen Niederlassungen in den Hafenst¨adten entlang der Ostseek¨uste umfasste. B. gilt als der f¨uhrende Kopf einer Verfassergruppe, die der Devotio moderna angeh¨orte und die hinter dem Großteil der im letzten Viertel des 15. Jh. in L¨ubeck, vornehmlich in der Mohnkopfdruckerei des → Hans van Ghetelen gedruckten Erbauungsliteratur steht. Literatur: Anna Katharina Hahn, VL2 11 (2004) Sp. 301 f. – Olaf Schwencke: Ein Kreis sp¨atma. Erbauungsschriftsteller in L¨ubeck. In: NdJb 88 (1965) S. 20–58. – Ders.: Die Glossierung alttestamentlicher B¨ucher in der L¨ubecker Bibel v. 1494. Beitr. zur Fr¨ommigkeitsgesch. des Sp¨atMA und zur Verfasserfrage vorlutherischer Bibeln. Berlin 1967. – T. Sodmann: Die Druckerei mit den drei Mohrenk¨opfen. In: Franco-Saxonia. Mu¨ nstersche Studien zur niederl¨andischen und niederdeutschen Philologie. Red.: Robert Damme. Neum¨unster 1990, S. 343–360. – A. Fromm: Die K¨olner und L¨ubecker Bibel. In: JOWG 10 (1998) S. 153–168. BJ Genovefa von Paris. – Dt. Legenden. Nach der zwischen 520 (MGH SS. rer. Merov. III, 204–238) und 875 in f¨unf Versionen entstandenen Vita wurde die um 420 in Nanterre bei Paris geborene G. durch Bischof Germannus von Auxerre zu einer religi¨osen Lebensf¨uhrung verpflichtet. Sie zog vor 451 nach Paris und soll nach der Legende durch ihre F¨urbitte die Stadt beim Hunneneinfall vor der Zerst¨orung bewahrt haben. G., die als Stifterin der Kirche St-Denis in Paris gilt, nahm politisch-administrative Aufgaben war und rettete die Stadt u¨ ber schwere Krisen hinweg (Versorgung von Paris mit Getreide aus der Gegend ¨ um Troyes). Sie starb um 502. Uber ihrem Grab 1574

2. H¨alfte 15. Jh. ließ Chlodwig I. eine Kirche (Apostelkirche) erbauen. Die im 12. Jh. neu errichtete Kirche wurde im 18. Jh. abermals durch einen gr¨oßeren Bau ersetzt (seit «Panth´eon»). G. (Fest 3. Januar) war im MA in ganz Frankreich eine der volkst¨umlichsten Heiligengestalten; erst in der Neuzeit wurde sie offizielle Patronin von Paris und Frankreich. Die in dt. Sprache kaum rezipierte Vita findet ¨ sich in schw¨abischer Ubersetzung in einem Legendar von 1492 aus dem Koster S¨oflingen. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgo 484, 86r–92v. Eine gek¨urzte lat., in den Provincia-Anhang der Legenda aurea (→ Jacobus a Voragine) aufgenommene Fassung der Vita wurde (zusammen mit → Gangolf) im 15. Jh. als Erg¨anzung der Els¨assischen Legenda aurea zweimal ins Deutsche u¨ bersetzt: ¨ a) Rheinfr¨ankische Ubersetzung f¨ur den Winterteil. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgf 495, 234rb–235rb. – Mainz, StB, Hs. I 49, 193va–194va. – Wolfenb¨uttel, HAB, Cod. 79.1 Aug. 2°, 212va–214va. ¨ b) Oberels¨assische Ubersetzung. ¨ Uberliegerung: M¨unchen, BSB, Cgm 343, 256v–258r. Ausgaben: Konrad Kunze: Die Els¨assische ‹Legenda aurea›. Bd. 2: Das Sondergut (TTG 10). T¨ubingen 1983, S. XXII, XLIV, LII, 62–77 (die zwei letztgenannten Texte, mit der lat. Vorlage). Literatur: Lieselotte Sch¨utz, LCI 6 (1974) Sp. 361–365. – Jacques Dubois: Gen`evieve. In: DHGE 20 (1984) Sp. 455–464. – Wimmer/Melzer (61988) S. 307. – Martin Heinzelmann/JosephClaude Poulin: G. In: LexMA 4 (1989) Sp. 1237. – M. Heinzelmann/Karl Suso Frank, LThK3 4 (1995) Sp. 468 f. – Hubertus Lutterbach, RGG4 3 (2000) Sp. 678. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 513 f. – Genevi`eve Duhamelet: Sainte Genevi`eve, patronne de Paris. Lyon 1952. 41964. – Noel Jaquin: Ste. Genevi`eve, ses images et son culte. Positions des th`eses souteneus par les anciens e´ l`eves de l’Ecole du Louvre 1944–1952. Paris 1956. – J. Dubois/ Laure Beaumont-Maillet (Hg.): Sainte Genevi`eve de Paris. La vie, la culte, l’art. Paris 1982. – Werner Williams-Krapp: Die dt. und ndl. Legendare ¨ des MA. Stud. zu ihrer Uberlieferungs-, Textund Wirkungsgesch. (TTG 20). T¨ubingen 1986, S. 414. – M. Heinzelmann/J.-C. Poulin (Hg.): Les ´ vies anciennes de Sainte Genevi`eve de P. Etudes critiques. Paris 1986. – M. Heinzelmann: Manuscrits hagiographiques et travail des hagiographes, 1575

Nikolaus von Gießen l’exemple de la tradition manuscrite des vies anciennes de Sainte Genevi`eve de Paris. In: Manuscrits hagiographiques et travail des hagiographes. Hg. v. dems. Sigmaringen 1992, S. 9–16. BJ Nikolaus von Gießen OSB, † 1505/06 Trier. N. war Mo¨ nch im Benediktinerkloster St. Matthias in Trier, 1488 Beichtvater am Benediktinerinnenkloster St. Mauritius in K¨oln, daneben Prior von St. Pantaleon. Die Handschrift Mu¨ nster, UB, Ms. N. R. 5000 u¨ berliefert sieben deutschsprachige Predigten von ihm, die vor den Nonnen von St. Mauritius gehalten wurden. Zentrales Thema ist das christliche Tugendleben; die Buße spielt eine wichtige Rolle. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Ms. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 16v–24r, 76v–85v, 120v–124v, 153v–162r, 199r–206v, 244r–248v, 283r–284v (pap., 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 1075 f. – Pekka Katara: Die mnd. Allegorie von zw¨olf geistlichen Jungfrauen. Die L¨ubecker Fassung. In: Germ.-romanische Stud. Prof. H. Suolahti [...] dargebracht. Helsinki 1934, S. 333–348, bes. S. 335 und S. 347 f. (Teiledition einer Predigt). – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA: Einige neue Predigernamen. In: PBB (T¨ub.) 95 (1973), Sonderbd. (FS Ingeborg Schr¨obler), S. 328–361, hier S. 330–335, 346 f. BJ Mickell, Hans OCart, † 1508 Gutenstein. Der aus Augsburg stammende M. wurde 1495 zum Prior der Kartause Buxheim gew¨ahlt. Noch im selben Jahr wegen schwerer Krankheit von seinem Amt entbunden, zog M. 1501 nach Gutenstein. Sein abc der goetlichen liebi von der erhaebung menschlichen gemuetz jn got (1493 bei Albert Kunne in Memmingen gedruckt; GW II, Nr. 1567) ist ¨ eine Ubersetzung des Alphabetum divini amoris seu de elevatione mentis in Deum. Literatur: Herbert Kraume, VL2 6 (1987) Sp. 517 f. BJ Vigilis, Heinrich (V. von Weißenburg), † 16.7. 1499 N¨urnberg. – Franziskaner-Observant, Prediger. Die Herkunft V.s aus dem els¨assischen Weißenburg ist ungewiss; u¨ ber seine Ausbildung ist nichts bekannt. In der Chronik Nikolaus → Glasbergers wird er als Guardian des Klosters in Leonberg 1576

Vigilis erw¨ahnt (1474–77). Er begleitete Visitationen der Franziskaner und Klarissen in Heilbronn, vielleicht auch solche in Ingolstadt, N¨urnberg und der s¨achsischen Provinz. Handschriftliche Vermerke (Colmar, StB, Ms. 274, 278v; St. Gallen, Stiftsbibl., Cod 1859, S. 469; Berlin SBB, Mgq 164, 1r) belegen H. als Beichtvater und Prediger im Klarissenkloster Alspach bei Colmar, N¨urnberger Klarissenchroniken (Totengedenkbuch von St. Clara, vgl. VL2 10, Sp. 343) weisen ihn von 1487 bis um 1495 in gleicher Funktion in St. Clara in N¨urnberg nach. Sein Nachfolger als Prediger dort war Stephan → Fridolin. Das literarische Schaffen H.s ist von seiner seelsorgerischen T¨atigkeit nicht zu trennen. Das umfangreiche dt. homiletische Werk wurde vermutlich von den Klarissen aufgeschrieben, von V. aber korrigiert und autorisiert. Ein Zyklus mit Predigten u¨ ber die Sonntagsevangelien von 1493 d¨urfte in seiner Gesamtheit V. zuzuweisen sein, worauf Stil und Komposition sowie die Vorliebe f¨ur → Bonaventura hindeuten. Er wird von keinem der beiden Textzeugen vollst¨andig u¨ berliefert. Vier der Predigst¨ucke aus dem Zyklus sind auch in den Sieben Predigten f¨ur Nonnen enthalten. Breit u¨ berliefert ist die Predigt von den Sieben Graden der vollkommenen Liebe (ausgehend von Hld 2,16). Thema ist die «hochzeit» der Seele mit Christus, die durch die Liebe erm¨oglicht werde. Im streng gegliederten Text erscheinen die Begriffe zuerst lat. und werden anschließend verdeutscht. Rekurriert wird vor allem auf die Brautmystik → Bernhards von Clairvaux; als j¨ungere Autorit¨aten werden Johannes → Gerson und → Dionysius der Kart¨auser zitiert. Aufgrund der Angaben im Totengedenkbuch ¨ von St. Clara und im Uberlieferungstr¨ ager («geistlicher vater parfußer ordens zu Nurmberg zu sant Claren», Cgm 1120, 5v) k¨onnen V. die anonym und unikal u¨ berlieferten 72 Predigten u¨ ber die acht Seligkeiten relativ sicher zugeschrieben werden. Auch im Fall der ebenfalls anonym u¨ berlieferten 95 Adventspredigten u¨ ber die sieben Gaben des Heiligen Geistes gibt es Hinweise im Gedenkbuch; zudem spricht die stilistische N¨ahe vor allem zum SeligkeitenZyklus f¨ur eine Verfasserschaft V.s. (vgl. auch Bruder → Heinrich). F¨ur die Predigten u¨ ber die Zw¨olf evangelischen R¨ate gibt es eine eindeutige handschriftliche Autorzuweisung. Bei Von geistlicher Einkehr und Auskehr handelt es sich um einen scholastisch straff gegliederten Traktat u¨ ber die innere Einkehr, die zur Selbsterkenntnis f¨uhrt, auf die dann 1577

2. H¨alfte 15. Jh. die Hinwendung zum N¨achsten, zur Arbeit und zur «Seelenweide» folgt. Wahrscheinlich aus der Alspacher Zeit stammt die Ermahnung zu einem wahren kl¨osterlichen Leben. Im Gegensatz zu den Predigten fehlen hier lat. Begriffe und Zitate. Hauptthemen des Traktats in drei Teilen sind Gehorsam, Disziplin und Geduld im Leiden. Der direkte Bezug zum kl¨osterlichen Leben der Nonnen ist durchweg gegeben. Auch ist der Einfluss Bonaventuras deutlich; eine weitere Quelle ist das Speculum disciplinae Bernhards von Bessa. Die beiden Codices Berlin Mgq 164 und Freiburg i. Br., UB, Hs. 253 u¨ berliefern beide in der gleichen Reihung (Mgq 164 mit zwei Einsch¨uben) die sechs St¨ucke → Von dem heilgen swygenhaltten, Von der Vollkommenheit des geistlichen Menschen und → Von dreierlei Abgr¨unden und drei obd. Bonaventura-Paraphrasen: De quinque festivitatibus pueri Jesu, Paraphrase des Sentenzenkommentars (Lib. 3, dist. 34/35; Von den sieben Gaben des heiligen Geistes), De triplici via. Dabei hat nur der Berliner Codex auf Bl. 1r die Zuweisung an «br¨uder heynrich von wissenburg» aus «Altespach», die somit als unsicher gelten muss. Der Schweige-Traktat Von dem heilgen swygenhaltten hat eine strenge scholastische Gliederung und weist in¨ haltliche und terminologische Uberschneidungen zur Ermahnung zu einem wahren kl¨osterlichen Leben auf, was f¨ur V. als Verfasser spricht. Sollte die Zuweisung der Paraphrasen an V. zutreffend sein, w¨are ¨ er zu den bedeutendsten Bonaventura-Ubersetzern und -Bearbeitern zu z¨ahlen. ¨ Uberlieferung: Predigten von 1493: Bamberg, Bibl. des Metropolitankapitels, Ma 29 (Sommertl.) (Pap., geschrieben nach einer Vorlage v. Caritas → Pirckheimer, zweite H¨alfte 15. Jh.). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 749 (Weihnachtsfestkreis), 317 Bll. (Pap., Ende 15. Jh., norbair./n¨urnbergisch; Eintrag im Vorderdeckel: Vater Heinrich). – Sieben Predigten f¨ur Nonnen: Mu¨ nchen, UB 4° Cod. ms. 490, 1r–105r (Pap., Anfang 16. Jh., mittelbair.). – Ebd., BSB, Cgm 853, 1r–74r, 80r–129v (Pap., Anfang 16. Jh., aus dem P¨utrich-Regelhaus in Mu¨ nchen, mittelbair.). – Ebd., Cgm 1120, 1ra–5va (Pap., um 1509, aus dem Augustiner-Chorfrauen-Stift Mariastein bei Rebdorf, nordbair.; Predigt Nr. 2). – Sieben Grade der vollkommenen Liebe: Berlin, SBB, Mgq 164, 253v–268r (Pap., Ende 15. Jh.). – Colmar, StB, Ms. 274 (Kat.-Nr. 207), 250r–278v (Pap., Ende 15. Jh., aus Alspach [?]). – M¨unchen, BSB, Cgm 853 (s. o.), 23r–41r. – Mu¨ nchen, UB, 4° Cod. ms. 490 (s. o.), 19r–41r. – Leipzig, UB, 1578

2. H¨alfte 15. Jh. Rep. IV. 106, Bd. 1, 78r–96v (Pap., 17. Jh.). – e Druck: Straßburg 1622: Ein schone Lehr/ von den sieben Graden/ oder Staffeln der volkommenen Liebe/ in denen die Gesponß Christi wandeln soll. Hg. v. Daniel Sudermann (VD 17). – 72 Predigten u¨ ber die acht Seligkeiten: M¨unchen, BSB, Cgm 1120 (s. o.), 5vb–440rb. – 95 Adventspredigten u¨ ber die sieben Gaben des Heiligen Geistes: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4338, 589 Bll. (Pap., Anfang 16. Jh., aus dem P¨utrich-Regelhaus in Mu¨ nchen, mittelbair.; Predigt 1–43). – Ebd., Cgm 4339, 760 Bll. (Pap., 1505, aus dem Franzikanerkloster Mu¨ nchen, mittelbair.; Predigt 48–95); jeweils Teilbde. zweib¨andiger Ausg. – Zw¨olf evangelische R¨ate: Bamberg, SB, Msc. Patr. 58 (vormals B.V.43), 389r–603r (Pap., 1492; 1r–388v: Predigten nach Bonaventuras Lignum vitae). – Von geistlicher Einkehr und Auskehr: Colmar, Stadtbibl., Ms. 274 (Kat.-Nr. 207) (s. o.), 2r–107v. – Eichst¨att, Stiftsbibl. St. Walburg, Cod. germ. 7, 21r–64r (Pap.). – London, British Libr., Ms. Add. 30936, 155r–209v (Pap., 1544). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 449, 1r–40v, 81r–84v, 41r–70r (Pap., 1491, aus Rebdorf [?], nordbair.). – Ebd., Cgm 844, 151r–200v (Pap., 16. Jh., aus Rebdorf, [nord]bair.). – N¨urnberg, StB, Cod. Cent. VII, 9, 23r–89v (Pap., letztes Viertel 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in N¨urnberg, n¨urnbergisch). – Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 4° 81, 2r–81v ¨ (Pap.). – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Ms. 1, 193va–227vb (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh., aus dem Dominikanerinnenkloster Zoffingen zu Konstanz, schw¨abisch/alemannisch). – Ermahnung zu einem wahren kl¨osterlichen Leben: Berlin, SBB, Mgo 571, 13r–35r (Perg. und Pap., 1595/1600, aus Inzigkofen [2. Tl.], alemannisch). – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 1859, S. 469–499 (Pap., um 1480, urspr¨ungl. aus Straßburg, vermutl. v. Dominikanerinnen geschrieben, sp¨ater im Dominikanerinnen¨ kloster St. Katharina in St. Gallen). – Uberlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Ms. 1 (s. o.), 187ra–193va. – St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 973, S. 190–223 (Pap., 1498, aus dem Kloster Wonnenstein bei St. Gal¨ len; enth¨alt eine unabh¨angige Ubertragung der unbekannten lat. Vorlage). – 6 St¨ucke: Berlin, SBB, Mgq 164 (s. o.), 1v–29r, 29r–62v, 62v–95v, 96r–113v, 141v–195v, 196r–239r, 268v–273v. – Freiburg/Br., UB, Hs. 253, 228r–239v, 244r–258v, 258v–278r, 278r–299v, 300r–330r, 330v–366r (Pap., 1487, aus dem Klarissenkloster Gnadental in Basel, oberrheinisch/s¨udalemannisch); Von der Vollkommenheit des 1579

Vigilis ¨ geistlichen Menschen auch in: Uberlingen, LeopoldSophien-Bibl., Ms. 1 (s. o.), 227vb–242ra. – Weitere ¨ Uberl. Von dem heilgen swygenhaltten und Von dreierlei Abgr¨unden vgl. die jeweiligen Artikel und Ruberg 1978, S. 255 f. («swygenhaltten»). – Zu weiteren (unsicheren) Zuweisungen an V. (Was das neugeborene Jesuskind von einer and¨achtigen Seele begehrt, Alphabetum religiosorum, Ein andehtige wedrachtung lignum vite, → Von den anfechtungen der closterlut, Ein guter Einkehr, → Von der wahren Einkehr) vgl. VL2 10 (1999) Sp. 349. Ausgaben: Predigten v. 1493: (Ausz¨uge) Linsenmayer 1889, S. 8–12. – Sieben Grade der vollkommenen Liebe: Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2 (MTU 86). Mu¨ nchen 1985, S. 129–146. – 72 Predigten u¨ ber die acht Seligkeiten: (Ausz¨uge) Linsenmayer 1889, S. 12–25. – 95 Adventspredigten u¨ ber die sieben Gaben des Heiligen Geistes: (Ausz¨uge) Ebd., S. 25–32. – Zw¨olf evangelische R¨ate: (Initien) Kist 1938, S. 147–150. – Ermahnung zu einem wahren kl¨osterlichen Leben: (Tl. 3) K. Ruh: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 1 (MTU 11). Mu¨ nchen 1965, S. 157–163. – Von dem heilgen swygenhaltten: Ruberg 1978, S. 255–292. Literatur: Walter Buckl, Killy1 12 (1992) S. 30. – De Boor/Newald 4/1 (21994) 319. – Justin Lang, LThK3 4 (1995) Sp. 1399 (Heinrich [V.] v. Weißenburg). – Hans-Jochen Schiewer (mit Beitr. v. Volker Honemann), VL2 10 (1999) Sp. 342–350. – Johannes Kist: H. V., ein Franziskanerprediger am Vorabend der Reformation. In: Zs. f¨ur bayer. Kirchengesch. 13 (1938) S. 144–150. – Hans Hornung: Daniel Sudermann als Handschriftensammler. Ein Beitr. zur Straßburger Bibl.gesch. Diss. T¨ubingen 1956, S. 147–151. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. FranziskanerMystik und -scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 48 u. o¨ . (Reg.). – Georg Steer: Die Rezeption des theologischen BonaventuraSchrifttums im dt. Sp¨atMA. In: Franziskanische Forschung 28 (1976) S. 146–156. – Uwe Ruberg: Beredtes Schweigen in lehrhafter und erz¨ahlender dt. Lit. des MA. Mit kommentierter Erstedition sp¨atma. Lehrtexte u¨ ber das Schweigen (M¨unstersche MA-Schr. 32). M¨unchen 1978, S. 253 f. und passim. – Caritas Pirckheimer 1467–1532. Kat. der Ausstellung der Katholischen Stadtkirche N¨urnberg in der Kaiserburg, 26. Juni–8. August 1982. Hg. Lotte Kurras/Franz Machilek. M¨unchen 1580

Gebetbuch fur ¨ Gr¨afin Anna von Montfort-Wasserburg-Rothenfels 1982. – Andreas R¨uther/H.-J. Schiewer: Die Predigthss. des Straßburger Dominikanerinnenklosters St. Nikolaus in undis. Hist. Bestand, Gesch., Vergleich. In: Die dt. Predigt im MA. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Univ. Berlin vom 3.–6. Oktober 1989. Hg. v. Volker Mertens/H.-J. Schiewer. T¨ubingen 1992, S. 169–192. – Werner Fechter: Dt. Hss. des 15. und 16. Jh. aus der Bibl. des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15). Sigmaringen 1997, S. 194 (Reg.). VZ Bruder Heinrich II. – Prediger, zweite H¨alfte 15. Jh. Die verschollene Handschrift aus dem Privatbesitz Georg Kloss, Frankfurt/M., Cod. 14 (aus dem Klarissenkloster S¨oflingen bei Ulm, 1534; geschrieben v. Barbara Mangoltin) umfasste 95 Predigten u¨ ber die sieben Gaben des Hl. Geistes. Das Vorblatt des Codex nennt einen B. H., der die Predigten 1490 im S. Marienkloster der Klarissen in N¨urnberg gehalten habe. Die Predigten seien von Caritas → Pirckheimer aufgeschrieben worden; die vorliegende Abschrift stamme von ihrer Handschrift ab. Mo¨ glicherweise handelt es sich um jene anonym u¨ berlieferten, bislang Heinrich → Vigilis zugeschriebenen 95 Adventspredigten u¨ ber die Gaben des Hl. Geistes. Literatur: VL2 11 (2004) Sp. 615. – UlrichDieter Oppitz: Georg Kloss und seine Handschriftenslg. In: Wolfenb¨utteler Notizen zur Buchgesch. 22 (1997) S. 1–47 (Nr. 4591). SF Pauli, Johannes → Band 5. Burkhard, Prior (Broc(c)ardus oder Burchardus Billick) OCarm, K¨oln, † 4.12.1527 K¨oln. Der in einer M¨unsteraner Handschrift erw¨ahnte Prior B. wird heute meist als der Karmeliter Broc(c)ardus Billick identifiziert. Dieser stammte aus einer K¨olner Patrizierfamilie und war der Onkel des sp¨ateren obd. Karmeliter-Generalvikars Eberhard Billick. B. schloss sich 1475 den Karmelitern an und war 1482–91 sowie 1494–1527 Lektor im K¨olner Konvent, zuletzt seit 1521 auch Prior. Außerdem wurde er als Prediger gesch¨atzt und durfte etwa bei den Benediktinerinnen in Marienberg/Boppard predigen. B. werden verstreute, m¨oglicherweise aus dieser Predigert¨atigkeit hervorgegangene Texte zugeschrieben, die sich in zwei 1581

2. H¨alfte 15. Jh.

Handschriften finden. Ein Kopenhagener Codex, der urspr¨unglich aus B.s K¨olner Kloster stammen d¨urfte, enth¨alt mehrere Predigten und Traktate in lat. Sprache mit dt. Einsprengseln. B. gilt u. a. als Verf. der Abschnitte Logotesseron (1495), Sermo de 9 peccatis alienis (1496), Materia collacionis principalis de matrimonii sacramento, Sermones super ‹In omnibus operibus tuis memorare nouissima tua› und Sermones su¨ per ‹Declina a malo et fac bonum›. Uberl. ist auch ein als Predigt dargebrachter Neujahrsgruß B.s in einer Mu¨ nsteraner Hs. Der Text ist auf 1529 datiert, also nach B.s Tod, doch hat die neuere Forschung diese Datierung in Zweifel gezogen. ¨ Uberlieferung: Traktate/Predigten: Kopenhagen, K¨ongliche Bibl., Ny Kgl. S. 2828 410, 2r–97r, 113v–128v, 130r–143v, 233r–312v (1495/96, wahrscheinlich aus dem Karmeliterkloster K¨oln). – Neujahrsgruß: Mu¨ nster, UB, Ms. N. R. 5000, 297r–300r (Pap., wahrscheinlich Kloster St. Mauritius in K¨oln, 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 1 (1978) Sp. 1134. – Joseph Hartzheim: Bibliotheca Coloniensis, in qua vita et libri typo vulgati et manuscripti recensentur [...]. K¨oln 1747, S. 40 (Faks.Ausg. Farnborough 1967). – Ellen J¨orgensen: Catalogus codicum latinorum medii aevi Bibliothecae Regiae Hafniensis. Kopenhagen 1926, S. 95 f. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. dems./Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, hier S. 352–354. – Franz-Bernard Lickteig: The German Carmelites at the Medieval Universities. Rom 1981, S. 259, 458. – Eef Overgaauw: Die ma. Hss. der Univ.und LB Mu¨ nster. Wiesbaden 1996, S. 213. MM

Gebetbuch fur ¨ Gr¨afin Anna von MontfortWasserburg-Rothenfels. Das G. wurde in der a¨ lteren Forschung Gr¨afin Veronika von Montfort-Bregenz zugesprochen. Es geh¨orte jedoch urspr¨unglich wohl Gr¨afin Anna von Zweibr¨ucken-Bitsch, einer Tochter des Simon VII. Wecker und der Elisabeth von Lichtenberg. Anna heiratete 1487 Hugo XV. von Montfort zu Rothenfels und Wasserburg. Nach dem Tod ihres Mannes 1519 lebte sie abwechselnd auf den Schl¨ossern Rothenfels und Neufra und starb 1531. Unter welchen Umst¨anden Anna oder Hugo das 1582

2. H¨alfte 15. Jh. Buch in Auftrag gaben bzw. benutzten, ist nicht mehr zu ermitteln. ¨ Uberliefert ist das G. in einer Basler Handschrift eines unbekannten Schreibers. Die Gebete sind teilweise identisch mit Texten im Gebetbuch f¨ur Herzog Wilhelm III. von Bayern des → Johannes von Indersdorf. Ein weiterer Teil des G.s entspricht Heinrich → Seuses Hundert Betrachtungen (48r–54v), ein anderer den sog. 8 Psalmversen Bernhards (100r–103v). Außerdem enth¨alt der Codex Morgen-, Kommunions-, S¨uhne- und Totengebete, weiterhin Gebete an Maria, Engel, Nothelfer und Heilige (u. a. Johannes der T¨aufer, St. Christophorus, St. Barbara, St. Erasmus) sowie eine Allerheiligenlitanei mit Bußpsalmen. Den praktischen Gebrauch des G.s erl¨autert ein enthaltener Send¨ brief Johannes → Gersons. In einer dt. Ubersetzung des Basler Karth¨ausers Ludwig Moser u¨ bermittelt der Brief genaue Gebetsanweisungen f¨ur jeden Wochentag. Illustriert wird der Kodex duch zwanzig ganzseitige Miniaturen im Bodenseer Stil. Sie stellen u¨ berwiegend das Leben Christi von der Verk¨undigung bis zur Auferstehung dar, aber u. a. auch Teile der Apokalypse, Maria, Engel und verschiedene Heilige. Inhaltliche Bez¨uge des G.s bestehen u. a. zu Johannes von Indersdorf und dem Gebetbuch des Niklaus Meyer zum Pfeil. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. B XI 27 (Perg., um 1489, hochalemannisch). Literatur: Peter Ochsenbein: Gebetbuch f¨ur Gr¨afin Veronika v. Montfort-Bregenz. In: VL2 2 (1980) Sp. 1115 f.; 11 (2004) Sp. 501. – Ders., MarLex 2 (1989) S. 586 f. – Johann Nepomuk v. Vanotti: Gesch. der Grafen v. Montfort und v. Werdenberg. Ein Beitr. zur Gesch. Schwabens, Graub¨undtens, der Schweiz und des Vorarlbergs. Belle-Vue bei Constanz 1845 (Nachdr. Bregenz 1988) S. 189 f. – Edmond Vansteenberghe: Quelques e´ crits de Jean Gerson. Textes in´edits et e´ tudes, Tl. 5. In: Revue des sciences religieuses 14 (1934) S. 370–386. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (Mu¨ nchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952. – Sp¨atlese des MA 2. Religi¨oses Schrifttum. Hg. v. Wolfgang Stammler. Berlin 1965, S. 23–28, 72–77. – P. Ochsenbein: Die Privatgebetb¨ucher. In: Die Grafen von Montfort. Gesch. und Kultur. Hg. v. Bernd Wiedmann. Friedrichshafen 1982, S. 82–88. – Ders.: Fr¨ommigkeit einer adeligen Dame. Das bislang unbekannte G. f. G. A. v. 1583

Gebetbuch des Niklaus Meyer zum Pfeil M.-W.-R. In: Montfort 34 (1982) S. 331–346. – Jeffrey F. Hamburger: Women and the Written Word in Medieval Switzerland. In: Bibliotheken bauen. Tradition und Vision. Red. Susanne Bieri und Walther Fuchs. Basel u. a. 2001, S. 122–159, hier S. 147 f. – Regina Cermann: Gebetb¨ucher (Kat. der dt.sprachigen illustrierten Hss. des MA 5,1/2). M¨unchen 2002, S. 42–47. MM Gebetbuch des Niklaus Meyer zum Pfeil. Der wahrscheinlich zwischen 1435 und 1451 geborene Niklaus geh¨orte dem Basler Patriziat an. Seit 1471 war er mit der Ratsherrentochter Barbara zum Luft verheiratet. 1480 wurde er Ratsschreiber von Basel und starb um 1500. Er trat nicht nur als B¨uchersammler hervor, sondern auch als Schreiber. Zu seinen Handschriften z¨ahlen Werke des → Th¨uring von Ringoltingen (Melusine, 1471) und ¨ des → Jacobus de Theramo (Belial in dt. Ubers., 1472). Neben einem nie fertiggestellten Plenar schrieb er 1495 auch das in der UB Basel u¨ berlieferte G. Die darin enthaltenen Miniaturen, darunter f¨unf ganzseitige Darstellungen Marias, der Kommunion, des Fegefeuers u. a., d¨urften allerdings nicht von Niklaus selbst stammen. Der Inhalt des G.s besteht aus deutschsprachigen Gebeten, die zumeist zwar keine liturgischen Urspr¨unge besitzen, aber durchaus in der ma. Gebetbuchkultur verwurzelt sind. So verweist das Gebet Christus am Kreuz (118v–121r) auf das G. des Wolfgang Schreiber, das Gebet vor dem Gregoriusbild (24r–26v) auf die G. der Barbara Ulstatt und der Ursula Begerin, w¨ahrend die St. Bernhard’schen Psalmverse (16v–23v) sich auch im → G. der Anna von Montfort-Wasserburg-Rothenfels finden. Kommunions-, Marien-, Toten- und Passionsgebete bilden den Schwerpunkt der Handschrift; hinzu kommen Morgen- und Schutzengelgebete. Neben den meist anonymen Texten nahm Niklaus auch f¨unf Gebete des → Thomas von Kempen auf (8r–16v, 123r–139r), die aus De imitatione Christi und Orationes et meditationes de vita Christi stammen. ¨ Uberlieferung: Basel, UB, cod. B XI 26 (Perg., Basel, 1495, dt., von Niklaus selbst geschrieben). Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1119 f. – Carl Christoph Bernoulli: Basels Bedeutung fur Wiss. und Kunst im 15. Jh. Buchdruck. In: FS der Stadt Basel zum 400. Jahrestage des ewigen Bundes zwischen Basel und den Eidgenossen: 13. Juli 1901. Hg. Hist. und Antiquarische Ges. zu Basel. Basel 1901, S. 271. – August Bernoulli: Die Familienchron. der M. z. P. 1584

Waidmann In: Basler Chron. 6. Hg. v. A. Bernoulli. Basel 1902, S. 377–407. – Rudolf Wackernagel: Gesch. der Stadt Basel. Bd. 2,2. Basel 1916, S. 914. – Johann v. Neumarkt: Schr. Bd. 4. Hg. v. Joseph Klapper. Berlin 1935, Nr. 98/1. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952. – Hans-Friedrich Rosenfeld: Der Eingang des Johannesevangeliums im MA mit einem Seitenblick auf Goethes Faust. In: FS Hans Heinrich Borcherdt. Hg. v. Albert Fuchs. M¨unchen 1962, S. 178–205 (wieder in: Ders.: Ausgew¨ahlte Schr. zur dt. Lit.gesch., germ. Sprach- und Kulturgesch. und zur dt. Wort-, Mundart- und Volkskunde 1 (GAG 124). Hg. v. Hugo Kuhn. G¨oppingen 1974, S. 122–149). – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel 2. Basel 1966, S. 1089–1098. – Beat Matthias v. Scarpatetti: Kat. der datierten Hss. in der Schweiz in lat. Schrift vom Anfang des MA bis 1550 1: Die Hss. der Bibl. v. Aarau, Appenzell und Basel. Dietikon-Zu¨ rich 1977, Nr. 393, 602, 627, S. 270. – Regina Cermann: Gebetb¨ucher (Kat. der deustchsprachigen illustrierten Hss. des MA 5,1/2). Mu¨ nchen 2002, S. 39–42. MM Gebetbuch fur ¨ Graf Ulrich von MontfortTettnang (oder seine Gemahlin Magdalena, geb. Gr¨afin von Oettingen). ¨ Die 1473 als Gr¨afin von Ottingen geborene Magdalena heiratete um 1485 den Grafen Ulrich VII. d. J. von Montfort zu Tettnang. Das Ehepaar gab in den n¨achsten Jahrzehnten mehrere illuminierte Handschriften in Auftrag, darunter das Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg und das Gebetbuch f¨ur Gr¨afin Magdalena von Montfort. Das G. f¨ur Graf Ulrich entstand wohl zu Anfang des 16. Jh. Nachdem Ulrich 1520 und Magdalena am 22.4.1525 gestorben waren, k¨onnte ihre Tochter Ursula (1497–1526) das G. geerbt haben. Um 1580 war es dann im Besitz der Fugger. Wie andere G. der Familie Montfort ist die Handschrift allein in dt. Sprache geschrieben. Als Vorlage der enthaltenen Texte diente m¨oglicherweise ein fr¨uher Druck des Hortulus animae. Das G. versammelt u. a. Die sieben Tagzeiten des Leidens Christi (50r) und die sieben Bußpsalmen mit Allerheiligenlitanei (77r–88r), die sich in allen Montforter G. finden. Hinzu kommen ein Sanctorale (147r–175v, auch im Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg), der Ablass Papst Alexanders VI. (172v) 1585

2. H¨alfte 15. Jh. sowie Beichtandachten, Kommunions–, Toten-, Marien- und Heiligengebete, unter denen besonders Maria einen großen Anteil besitzt. Die verehrten Heiligen u¨ berschneiden sich in mehreren F¨allen mit jenen in anderen G. der Familie (vor allem Gallus, Wolfgang, Ottilie). Neben den Texten finden sich im G. auch zahlr. Miniaturen, darunter sieben ganzseitige, acht dreiviertelseitige und 72 kleine Illustrationen. Dargestellt sind neben religi¨osen Motiven auch Portr¨ats der Stifter Ulrich und Magdalena. ¨ ¨ Uberlieferung: Wien, ONB, cod. 2748 (Perg. und Pap., Anfang bis zweite H¨alfte 16. Jh., schw¨abisch, sechs Schreibh¨ande). Literatur: Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (Mu¨ nchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952, S. 116. – Hermann Menhardt: Verz. der altdt. ¨ lit. Hss. der ONB 1 (Ver¨off. des Inst. f¨ur dt. Sprache und Lit. 13). Berlin 1960, S. 258 f. – Peter Ochsenbein: Die Privatgebetb¨ucher. In: Die Grafen von Montfort. Gesch. und Kultur. Hg. v. Bernd Wiedmann. Friedrichshafen 1982, S. 82–88. MM Waidmann, Johannes (Weidmann, Wideman), † 26.10.1509 Kartause Buxheim bei Memmingen. – Verfasser des Andachts- und Gebetbuchs F¨unfftzigkh artickl des leidenns vnnd sterbenns Cristi. W. erlangte an der Universit¨at Paris den Magister-, vielleicht auch den Doktorgrad. Seit etwa 1470 war er Pfarrer und sp¨ater Dekan des Landkapitels von Weißenhorn, 1499 folgte sein Eintritt in die Kartause Buxheim. Der u¨ berlieferte Text der F¨unfftzigkh artickl, der im Auftrag eines G¨onners der Kartause, Wilhelm von Zell, verfasst wurde, zeigt viele Korrekturen und teilweise auch Erg¨anzungen; die erste Vorrede stammt von anderer Hand als der Text, in ihr wird das Buch auch als spiegel des leidens Cristi bezeichnet und ein Lob des Verfassers ausgesprochen. W.s eigene Vorrede verweist auf Johannes Chrysostomus, → Bernhard von Clairvaux und → Bonaventura; die m¨oglichst t¨agliche Betrachtung des Leidens Christi wird als bestes Mittel dargestellt, um Vollkommenheit im geistlichen Leben finden zu k¨onnen. Nicht zu vergessen sei auch das Leiden Marias. Die F¨unfzig Artikel beginnen mit den predigen Cristi und der erquickung lasari, sie enden mit der Auferstehung Christi, dem 50. Artikel. Gegliedert ist das Werk nach den sieben Tagen der Woche 1586

2. H¨alfte 15. Jh.

Gebet- und Andachtsbucher ¨ fur ¨ die Laienbruder ¨ der Basler Kartause

in sieben Teile zu je sieben Artikeln. Inhaltlich setzen sich die Artikel jeweils aus einer Ermahnung bzw. Erz¨ahlung («ermanung») und einer daran ankn¨upfenden Bitte des Betenden («begerung») zusammen. Den einzelnen Teilen geht jeweils eine kurze «gemaine ermanung» voraus. Der Text wendet sich an Laien, es fehlen Autorit¨aten- und Bibelstellenverweise, der Stil ist einfach und schlicht. Bislang unzureichend untersucht ist der Einfluss des lat. Antidotarius animae des Nikolaus → Salicetus und des anonymen dt. → Herzmahner auf das Werk des J. W. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1925 (Buxheim, 1509; vielleicht Autograph). Literatur: Friedrich Zoepfl: Zell, Wilhelm von. In: LThK 10 (1965) S. 1341 f. – Volker Honemann, VL2 10 (1999) Sp. 581–583. – Theodorus Petreius: Bibl. Cartusiana. K¨oln 1609. – Leon le Vasseur: Ephemerides ordinis Cartusiensis. 5 Bde. Monstrolii 1890–1903. – Friedrich St¨ohlker: Die Kartause Buxheim 1402–1803. Folge 1–4. Buxheim 1974–1978, bes. Folge 4, S. 765–768. – Wolfram D. Sexauer: Fr¨uhnhd. Schr. in Kart¨auserbibl. Unters. zur Pflege der volkssprachlichen Lit. in Kart¨auserkl¨ostern des obd. Raums bis zum Einsetzen der Reformation (Europ¨aische Hochschulschr. Reihe 1, Dt. Lit. und Germanistik 247). Frankfurt/M. u. a. 1978, S. 134 f. SF Gebet- und Andachtsbucher ¨ fur ¨ die Laienbruder ¨ der Basler Kartause. Die in Basel ans¨assigen Kart¨auser besaßen urspr¨unglich zwei Bibliotheken in den klassischen Sprachen. Erst unter Hieronymus Zscheckenb¨urlin (1461–1536), der seit 1501 Prior der Basler Kartause war, entstand im Dormitorium der Laienbr¨uder eine volkssprachige Bibliothek. Heute wird deren Umfang mit etwa 250 B¨anden angenommen, ¨ darunter ca. 120 Handschriften. Die Uberlieferung der darin enthaltenen G. beschr¨ankt sich auf neun Handschriften und zehn Drucke, die in der UB Basel erhalten sind. Zu ihnen z¨ahlen das Gebet- und ¨ Andachtsbuch der Margret Zschampi (Nr. 1 in Uberlieferung) sowie mehrere Sammelhs. (Nr. 2–5, 7, 8) mit teilweise bis zu neun Faszikeln. Freilich ist ¨ durch diese komplexe Uberl. die genaue Entstehungsgeschichte einzelner Hss. kaum noch zu rekonstruieren. Gemeinsam ist den G., außer in Handschrift Nr. 6, das Nebeneinander von Gebeten und geistlich-erbaulichen Texten. Sterbe-, Dank- und 1587

Bittgebete wechseln sich mit Litaneien und Bibelst¨ucken ab. Eine dt. Fassung der Benediktinerregel (Nr. 2, 34r–91v) steht neben Viten des → Benedikt von Nursia (Nr. 2, 96r–117r) und des Hugo von Lincoln (Nr. 4, 2r–53v). In den G. enthalten sind auch ein Plenar (Nr. 9, 2v–71r), die St. Georgener Predigten (Nr. 5, 3r–26r), die Sechs St¨ucke zur Vollkommenheit (Nr. 7, 49r–51v), der Tischsegen des → Mo¨ nchs von Salzburg (Nr. 8, 179r–180v) und der Hiob–Traktat des → Marquard von Lindau (Druck Inc. 141, 25v–41r). Einen besonderen Anteil an den G. hatte Ludwig Moser (1442–1510), der zahlreiche Bearbei¨ tungen und Ubersetzungen lat. Vorlagen schuf. Er geh¨orte seit 1474 der Kartause St. Margaretenthal in Kleinbasel an. Nach seinem Tod 1510 gingen Mosers Autographen und Drucke teilweise in den Besitz der Laienbr¨uder der Basler Kartause u¨ ber. Erw¨ahnenswert sind besonders Mosers hsandschriftlich u¨ berlieferte St¨ucke, darunter Der guldin Spiegel des S¨unders (Nr. 3, 35r–148v) und eine ¨ dt. Ubersetzung der Andachtsu¨ bung des Johannes → Gerson (Nr. 3, 167r–176r). Moser schrieb seine Bearbeitung mit dem Ziel einer Ver¨offentlichung jenseits des Ordens, also wahrscheinlich f¨ur ein volkssprachiges, weltliches Laienpublikum. ¨ Uberlieferung: 1. Gebet- und Andachtsbuch der Margret Zschampi, Basel, UB, cod. A VIII 51 (Pap., um 1460, baslerisch, mehrere Schreibh¨ande). – 2. Basel, UB, cod. A IX 23 (Pap. und Perg., 15. Jh., baslerisch, sieben Schreibh¨ande). – 3. Basel, UB, cod. A IX 27 (Pap., 15. Jh., enth¨alt Autographen Ludwig Mosers). – 4. Basel, UB, cod. A IX 38 (Pap., 15. Jh.). – 5. Basel, UB, cod. A XI 59 (Pap., Ende 15. Jh. bis Anfang 16. Jh.). – 6. Basel, UB, cod. A XI 61 (Pap., zweite H¨alfte 15. Jh.). – 7. Basel, UB, cod. B XI 11 (Perg., 15. Jh.). – 8. Basel, UB, cod. B XI 19 (Pap. und Perg., zweite H¨alfte 14. Jh. und zweite H¨alfte 15. Jh.). – 9. Basel, UB, Msc. E VI 2 (Pap., Basler Kartause, 14. Jh. bis zweite H¨alfte 15. Jh.). – Drucke: Basel, UB, Aleph E IX 8. – Basel, UB, Aleph F X 1. – Basel, UB, FO VI2 1. – Basel, UB, FO VI2 2. – Basel, UB, FP VIII2 1. – Basel, UB, FP VI 153. – Basel, UB, Inc. 141. – Basel, UB, Inc. 678. – Basel, UB, Inc. 679. – Basel, UB, Ki Ar A VIII 1. – Verzeichnis und Beschreibung speziell der Moser-Drucke bei Haeller 1967 (s. Lit.) S. 86–123. Ausgaben: Teildr. von Mosers Texten bei Hael¨ ler 1967 (s. Lit.). – Teildr. mit Mosers Ubers. von 1588

Gebetbuch fur ¨ Gr¨afin Magdalena von Montfort Johann Gersons Sendbrief bei Stammler 1965 (s. Lit.) S. 23–28. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 2 (1980) Sp. 1126–1128. – Herbert Kraume: Moser, Ludwig. In: VL2 6 (1987) Sp. 705–710. – Christophe Nickl`es: La Chartreuse du Val Ste Marguerite a` Bˆale. Porrentruy 1903, S. 167–183. – Gustav Binz: Die dt. Hss. der o¨ ffentlichen Bibl. der Univ. Basel. Bd. 1. Basel 1907, S. 106–108, 132–139 u. o¨ . – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨uddeutschlands (M¨unchener theologische Stud. 1,4). Mu¨ nchen 1952, S. 96–100. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 186–191 u. o¨ . – Sp¨atlese des MA 2. Religi¨oses Schrifttum. Hg. v. Wolfgang Stammler. Berlin 1965. – Gustav Meyer/Max Burckhardt: Die ma. Hss. der UB Basel. Bd. 2. Basel 1966, S. 958–974, 1028–1045. – Walter-Hugo Haeller: Stud. zu Ludwig Moser, Kart¨auserm¨onch in Basel. Diss. Freiburg (Schweiz) 1967. – Wolfram D. Sexauer, Fr¨uhnhd. Schr. in Kart¨auserbibl. Unters. zur Pflege der volkssprachlichen Lit. in Kart¨auserkl¨ostern des oberdt. Raums bis zum Einsetzen der Reformation. Frankfurt/M. u. a. 1978, S. 105–199. – Beat Matthias v. Scarpatetti: Kat. der datierten Hss. in der Schweiz in lat. Schrift vom Anfang des MA bis 1550 1: Die Hss. der Bibl. v. Aarau, Appenzell und Basel. Dietikon-Zu¨ rich 1977, Nr. 212, 334, 391. – Pierre L. van der Haegen: Basler Wiegendrucke. Verz. der in Basel gedruckten Inkunabeln mit ausf¨uhrlicher Beschreibung der in der UB Basel vorhandenen Exemplare. Basel 1998, S. 129 f. MM Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg. Das auch als G. f¨ur Graf Ulrich VII. und Magdalena von Montfort bekannte Werk geht auf zwei fromme ¨ Adelige zur¨uck: Die 1473 als Gr¨afin von Ottingen geborene Magdalena heiratete um 1485 den Grafen Ulrich VII. d. J. von Montfort zu Tettnang. Zu Lebzeiten gab das Ehepaar mehrere Handschriften in Auftrag, darunter neben dem G. der E. v. S. auch das Gebetbuch f¨ur Gr¨afin Magdalena von Montfort und das Gebetbuch f¨ur Graf Ulrich von MontfortTettnang. Nachdem Ulrich 1520 und Magdalena am 22.4.1525 gestorben waren, ging das G. an ihre Tochter Eva (1494–1527) u¨ ber, die 1509 den Freiherren Christoph von Schwarzenberg heiratete. Die Schriftqualit¨at des in einer N¨urnberger Handschrift u¨ berlieferten G. deutet auf einen professionellen Schreiber hin. Der gleiche Schreiber 1589

2. H¨alfte 15. Jh. verfasste auch einen textlich identischen Teil der vier Jahre j¨ungeren M¨unchner Handschrift Cgm 97. Inhaltlich umfasst das deutschsprachige G. u. a. Passions-, Vesper- und Ablassgebete, außerdem Schutzengel-, Toten- und Heiligengebete. Einen großen Anteil haben auch Mariengebete (besonders 70v–82r). Die Texte des G. u¨ berschneiden sich teilweise mit anderen G. der Familie, so etwa das Sanctorale (82r–102v) und die sieben Bußpsalmen mit Allerheiligenlitanei (102v–119v). Auch die im G. verehrten Heiligen finden sich in mehreren Montforter G., v. a. Gallus, Wolfgang und Ottilie. Illustriert ist das G. mit drei ganzseitigen und 32 kleineren Miniaturen. In der N¨urnberger Handschrift finden sich außerdem Eintragungen Christophs von Schwarzenberg. Nach Evas Tod schrieb er verschiedene Familiennachrichten in den Codex. ¨ Uberlieferung: N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Hs. 1737 (Perg., um 1515, schw¨abisch). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 97 (Perg., 1519; stimmt in Text und Schreibhand teilweise mit der N¨urnberger Hs. u¨ berein, vgl. Petzet 1920 in Lit.). Literatur: Erich Petzet: Die dt. Pergament-Hss. Nr. 1–200 der SB in M¨unchen (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,1). Mu¨ nchen 1920, S. 167–171. – Lotte Kurras: Die dt. ma. Hss. 1: Die literarischen und religi¨osen Hss. (Kat. des Germ. Nationalmuseums N¨urnberg 1,1). Wiesbaden 1974, S. 29–33. – Peter Ochsenbein: Die Privatgebetb¨ucher. In: Die Grafen von Montfort. Gesch. und Kultur. Hg. v. Bernd Wiedmann. Friedrichshafen 1982, S. 82–88. – Ulrich Merkl: Buchmalerei in Bayern in der ersten H¨alfte des 16. Jh. Sp¨atbl¨ute und Endzeit einer Gattung. Regensburg 1999, S. 286–288. MM Gebetbuch fur ¨ Gr¨afin Magdalena von Montfort. ¨ 1473 als Gr¨afin von Ottingen geboren, heiratete Magdalena um 1485 den Grafen Ulrich VII. d. J. von Montfort zu Tettnang. Ulrich starb 1520, Magdalena am 22.4.1525. Zwei Jahre vor Ulrichs Tod entstand das auf 1518 datierte G., das die vorhandene Sammlung illuminierter Handschriften des Ehepaars erg¨anzte (darunter etwa das Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg und das Gebetbuch f¨ur Graf Ulrich von Montfort-Tettnang). Das G. wurde lange in Maihingen und auf Schloss Harburg aufbewahrt und befand sich zuletzt in Privatbesitz. Der Codex enth¨alt 66 kolorierte Tuschezeichnungen, die 1590

2. H¨alfte 15. Jh. im expressiven Stil die Passion Christi zeigen. Zum Inhalt des G. geh¨orte u. a. eine dt. Fassung der Articuli LXV de passione Domini des → Jordanus von Quedlinburg. ¨ ¨ Uberlieferung: [Maihingen, F¨urstlich Ottingen-Wallersteinsche Bibl., Cod. III.2.8° 39] (Perg., 1518, schw¨abisch, mittlerweile in Privatbesitz). Literatur: Peter Ochsenbein, Fr¨ommigkeit einer adeligen Dame. Das bislang unbekannte G. f. G. A. v. M.-W.-R. In: Montfort 34 (1982) S. 331–346, hier S. 346, Anm. 49. – Ders.: Die Privatgebetb¨ucher. In: Die Grafen von Montfort. Gesch. und Kultur. Hg. v. Bernd Wiedmann. Friedrichshafen 1982, S. 82–88. – Karl Heinz Burmeister: Familie, Fr¨ommigkeit und Politik. Die Gr¨afin M. v. M. (1473–1525). In: Leben am See 10 (1992/93) S. 121–130 (wieder in: Die Grafen von Montfort. Gesch., Recht, Kultur. FS Karl Heinz Burmeister. Hg. v. Alois Niederst¨atter. Konstanz 1996, S. 279–285). MM Kaplan Heinrich. – Prediger, zweite H¨alfte 15. Jh. Die Handschrift M¨unster, UB, Ms. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 267v–275v (Pap., 1537, ripuarisch), u¨ berliefert zwei Predigten eines K.s H. von St. Mauritius. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem 1498 als Kaplan von St. Mauritius bezeugten Heinrich von Soest. Die erste Predigt geht von Hld 2,15 aus; die zweite ist eine Marienpredigt u¨ ber Offb 12,1. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 3 (1981) Sp. 682. – Hermann Keussen: Die Matrikel der Univ. K¨oln 1. 1389–1475. Bonn 21928, S. 388. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, bes. S. 358. SF Jakob von Augsburg (Jakob Helfer). – Prediger. J. predigte um 1495 am Augsburger Frauendom. Die Bezeichnung «helfer» in den Quellen k¨onnte Teil seines Namens oder eine Amtsbezeichnung (Pfarrhelfer?) gewesen sein. Heute werden J. vier anschaulich und lebendig formulierte Predigten in dt. Sprache zugeschrieben, die sich besonders auf → Bernhard von Clairvaux berufen. Eine Predigt u¨ ber Joh 16,20 besch¨aftigt sich mit der geistlichen Traurigkeit, deren acht Stufen in 1591

Kaplan Heinrich Freude verwandelt werden. Von sieben, zur Vollkommenheit f¨uhrenden Herzensu¨ bungen handelt eine Predigt zu 1 Sam 7,3. In einer weiteren Predigt stehen Maria und die Keuschheit im Mittelpunkt, zu deren Einhaltung J. praktische Anweisungen gibt. Die vierte Predigt lobt die Vorz¨uge des Nonnendaseins gegen¨uber der weltlichen Ehe. Die Frage nach dem besten Weg zur geistlichen Perfektion des Menschen beantworten J.s Predigten durchg¨angig (teils explizit, teils implizit) mit dem Verweis auf das kl¨osterliche Leben. Ein verschiedentlich J. zugeschriebener Passionstraktat Wir haben durch bewerte geschrift stammt wahrscheinlich nicht von ihm. ¨ Uberlieferung: Berlin, SBB, Mgq 1112, 397r–436r (Pap., Ende 15. Jh., bair.). Ausgaben: Birlinger 1879 (s. Lit.). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1983) Sp. 470 f. – De Boor-Newald 4/1 (21994) S. 336. – Anton Birlinger: Asketische Traktate aus Augsburg. In: Alemannia 7 (1879) S. 193–211. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 181 f. (T 184). MM Pot, Heinrich OFM, † 1497 K¨oln. P. war Kustos der K¨olner Franziskanerkustodie, Guardian, Lektor und zuletzt Poenitentiar des K¨olner Franziskanerklosters. Die Handschrift N. R. 5000 der UB M¨unster enth¨alt 261v–267v eine dt. Predigt (1495) von ihm u¨ ber das Gebet (Eph. 3,14). Eine bildliche Darstellung der Tods¨unde wird ausgelegt. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 7 (1989) Sp. 795. – Ders.: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361. BJ Proles, Andreas OSA, * um 1.10.1429 Dresden, † 6.6.1503 Augustinerkloster Kulmbach. P. studierte seit 1446 an der Universit¨at Leipzig die K¨unste. Nach dem Erlangen des Magistergrads schloss er sich 1451 den Augustinern im Kloster Himmelpforten/Harz an. 1453 zum Priester geweiht, studierte P. 1454/55 in Perugia Theologie und war dann Lektor am Generalstudium seines Ordens in Magdeburg. 1456–58 amtierte er als Prior von Himmelpforten. In K¨onigsberg/Franken nahm er 1458 als Definitor am Provinzkapitel teil und reiste im folgenden Jahr zum Ordensgeneral 1592

Spiegel der Vernunft nach Rom. 1461–67 und 1473–1503 war P. Generalvikar der dt. Augustiner-Reformkongregation. Unter Mithilfe von Johannes von Paltz und Herzog Wilhelm von Sachsen trieb er die Klosterreformen voran und steigerte die Zahl der Observanzkl¨oster erheblich. Zuletzt lebte er im Kloster Kulmbach. Zu P.s dt. Schriften z¨ahlen Ein Innige lere wie man sych halden sal bei der Tauff der Kinder (Druck ¨ um 1495) mit der nd. Ubersetzung Eyne ynnyge lere van der dope der kyndere (1500 gedruckt) sowie einige dt. Predigten und Briefe. P.s lat. Werk umfasst einen Traktat u¨ ber die Rechte und Pflichten von Ehepartnern (Regula coniugatorum), eine Abhandlung zur Erbauung von Nonnen (Claustrum animae), einen geistlichen Ratgeber (Informationes spirituales, mit nd. Anteilen) sowie Predigten und Briefe. Insgesamt hat man P.s Werk einerseits Lebensn¨ahe attestiert, etwa in seiner Schilderung der Ehe, den Augustiner aber zugleich wegen seiner Idealisierung des Klosterlebens kritisiert. P.s Verdienste um die Klosterreform sind indes unbestritten. ¨ ¨ Uberlieferung: Zur lat. Uberl. vgl. Zumkeller 1989 (s. Lit.) und Weinbrenner 1996 (s. Lit.). – Drucke (dt.): Ein Innige lere wie man sych halden sal bei der Tauff der Kinder. Leipzig: Martin Landsberg [um 1495] (Online-Ausg. Wolfenb¨uttel [o. J.]). – Nd. Fassung: Eyne ynnyge lere van der dope der kyndere. Magdeburg: Simon Mentzer 1500. Ausgaben: Ein Innige lere wie man sych halden sal bei der Tauff der Kinder. In: Heinrich Pr¨ohle: Andreas Proles, Vikarius der Augustiner. Ein Zeuge der Wahrheit kurz vor Luther [...]. Gotha 1867, S. 55–70. – Der Briefwechsel des Andreas Proles. Hg. v. Theodor Kolde. In: T. Kolde: Die dt. Augustiner-Congregation und Johann von Staupitz. Ein Beitr. zur Ordens- und Reformationsgesch. nach meistens ungedruckten Quellen. Gotha 1879, S. 417–435. – Predigten in: Johannes von Paltz: Werke 1. Hg. v. Christoph Burger u. a. Berlin 1983, S. 173 f., 336–378, 442. Literatur: ADB 26 (1888) S. 661–663. – Adolar Zumkeller, Dict. Spir. 12 (1983) Sp. 2406–2409. – Ders., VL2 7 (1989) Sp. 862–864. – Ders., BBKL 7 (1994) Sp. 998 f. – Ders., LThK3 8 (1999) Sp. 622. – Ralph Weinbrenner, RGG4 6 (2003) Sp. 1689 f. – A. Zumkeller: Die Lehrer des geistlichen Lebens unter den dt. Augustinern vom 13. Jh. bis zum Konzil von Trient. In: Sanctus Augustinus, Vitae 1593

2. H¨alfte 15. Jh. Spiritualis Magister 2. Rom 1959, S. 239–338, hier S. 311–313. – Ders.: Das Ungen¨ugen der menschlichen Werke bei den dt. Predigern des Sp¨atMA. In: Zs. f¨ur kath. Theologie 81 (1959) S. 265–305, hier S. 299. – Ders.: Mss. von Werken der Autoren des Augustiner-Eremitenordens in mitteleurop¨aischen Bibl. W¨urzburg 1966, S. 57–60, 568 f. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 174 f. (T 175). – Adalbero Kunzelmann: Gesch. der dt. Augustiner-Eremiten 5. W¨urzburg 1974, S. 406–433. – Berndt Hamm: Fr¨ommigkeitstheologie am Anfang des 16. Jh. Stud. zu Johannes von Paltz und seinem Umkreis. Tu¨ bingen 1982, bes. S. 63–72, 292–294, 312 f. – A. Zumkeller: Ein Ms. des Bartholom¨aus v. Usingen, OSA († 1532) mit unbekannten Predigten des A. P., OSA († 1503), des Johannes Drolmeyer, OSA (* vor 1505) und anderer Erfurter Prediger. In: Analecta Augustiniana 58 (1995) S. 5–44. – R. Weinbrenner: Klosterreform im 15. Jh. zwischen Ideal und Praxis. Der Augustinereremit A. P. (1429–1503) und die privilegierte Observanz. T¨ubingen 1996. – Ders.: L’ideale spirituale della vita monastica e la riforma forzata dei principi: A. P. e l’osservanza degli Agostiniani tedeschi. In: Ordini religiosi e societ`a politica in Italia e Germania nei secoli XIV e XV. Hg. v. Giorgio Chittolini und Kaspar Elm. Bologna 2001, S. 419–488. MM Spiegel der Vernunft. – Einblattholzschnitt mit Texten in nordschw¨abischer Sprache und Bildern, zweite H¨alfte 15. Jh. Der S. d. V., dessen Herkunft ungekl¨art ist, ist in zwei textlich nur geringf¨ugig verschiedenen Exemplaren erhalten; eine auf 1495 datierte lat. Version (Speculum rationis) ist verschollen. Ein «pilgram» geht u¨ ber eine h¨olzerne «Br¨ucke des Lebens» seiner Lebensmitte entgegen. In einem Spruchband wird ersichtlich, dass er Gott um Gnade anfleht und sich Gottes Willen unterwirft. Der Teufel versucht, seiner habhaft zu werden; von den drei g¨ottlichen Personen wird er angewiesen, in den S. d. V. zu schauen und sich u¨ ber seine Herkunft, sein Leben und sein Ziel zu befragen. Durch die Doppeltafel-Inschrift auf einem in Mitte der Br¨ucke befindlichen Bildstock wird der Betrachter zu Gottes- und N¨achstenliebe angehalten; am Ende der Br¨ucke ist eine Uhr abgebildet, unter der der Tod mit gespanntem Bogen auf den Pilger zielt. 1594

2. H¨alfte 15. Jh. Vier Engel mit Posaunen fordern den Mann metaphorisch in vier Strophen zu je vier Versen unter dem Hauptaspekt der Verg¨anglichkeit und des ewigen Lebens auf, hinter sich, u¨ ber sich, unter sich und vor sich zu blicken. ¨ Uberlieferung: Je ein Exemplar einer Version ist u¨ berliefert: M¨unchen, Staatliche Graphische Slg. Inv. Nr. 118319 (1488?; Fragm.) – London, British Library, I. C. 36 (um 1490). Abdrucke: Paul Heitz (Hg.): Einblattdrucke des 15. Jh. Bd. 32. Straßburg 1912, T. 140 (Faks. des Exemplars M¨unchen). – Wilhelm L. Schreiber: Hdb. der Holz- und Metallschnitte des 15. Jh. Bd. 4. Leipzig 1927, S. 43 f. (Nr. 1861). – Catalogue of Books Printed in the 15th Century now in the British Museum. Bd. 1. London 1908, S. 10. Literatur: Volker Honemann, VL2 9 (1995) Sp. 133 f. – Heitz (s. Ausg.) S. 22 f. SF Gosseler, ¨ Johann auch Gosseler, G¨ohsler, G¨aßler, G¨ahsler, Gesler, Geßler. – Verfasser eines dt. Ursula-Liedes f¨ur deren Bruderschaft von St. Ursula Schifflein in Straßburg mit dem Incipit «Ein zyt hort ich vil g˚utter mer / von einem schyfflin sagen»; entstanden um 1480 bzw. vor 1483. 1496 schrieb der in Straßburg t¨atige Wiener Dominikaner → Johannes von Lindau das Bruderschaftsbuch Von Sand Vrsulen schifflein vnd der xj Tausent junckfrauen pruderschafft. Darin erw¨ahnt er lobend den «maister Johannes gosseler» (Berlin, SBB, Mgq 405, 34v–35v) und dessen Ursula-Lied. G. ist urkundlich am 20. November 1466 und am 16. Juli 1480 als Ravensburger Pfarrer belegt. 1469 schreibt er sich an der Universit¨at Wien, 1473 als Geistlicher der Konstanzer Di¨ozese an der Universit¨at Freiburg i. Br. ein. Es sind zwei Fassungen des Liedes zu Ehren der hl. Ursula, dessen Melodie wahrscheinlich von G. selbst stammt, bekannt: eine wohl urspr¨ungliche hochdt. Fassung von zw¨olf Strophen zu je sieben Zeilen und eine siebenstrophige k¨olnische Fassung. Nur in der ersten Version sind die Aufgaben der Mitglieder der Straßburger Ursula-Bruderschaft dargestellt. Die eigentliche Legende der hl. Ursula (→ Ursula und die elftausend Jungfrauen) wird in keiner der beiden Versionen nacherz¨ahlt. ¨ Uberlieferung: Straßburger Drucke: H. Knoblochtzer 1481 (Ameln u. a. [s. Lit.] Nr. 148101), 1492 (Berlin, SB Preußischer Kulturbesitz, Inc. 8° 2545; mit Melodie und Holzschnitt). – J. Gr¨uninger (?) nicht vor 1496. – B. Kistler 1497 und nach 1595

Gosseler ¨ 1499 (Ameln u. a. [s. Lit.] Nr. 149701 und 150002). – Vielleicht noch zwei weitere Drucke v. 1495 und 1496. Vgl. Beck (s. Lit.) S. 43. – K¨olner Drucke: Von ca. 1506 bis ca. 1525 zehn Ausg. v. verschiedenen Druckern, verzeichnet bei Conrad Borchling/Bruno Claussen: Nd. Bibliogr. Gesamtverz. der nd. Drucke bis zum Jahre 1800. Neum¨unster 1931, Nr. 456, 467, 493, 494, 503 (Schade C), 576, 676, 850, 396 A (Schade A), 494 C (Schade B). – N¨urnberger Druck: Von 1513. Vgl. Ameln u. a. (s. Lit.) Nr. 151301. – Hsl. nur Karlsruhe, LB, Cod. Lichtenthal 136, 20r–21r (Druckabschrift?). Abdrucke: Schade (s. Lit.) S. 169–171. – Franz Josef Mone: Lat. Hymnen des MA. Bd. 3. Freiburg i. Br. 1855, S. 527 f. – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 767–769, Nr. 1017 (Straßburger Fassung) und 1018 (K¨olner Bearb.). – Beck (s. Lit.) S. 43 f. (K¨olner Bearb.). – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 256–258, 462. Literatur: Dietz-R¨udiger Moser, VL2 3 (1981) Sp. 102–105. – Heinrich Zedler: Großes vollst. Universal-Lexicon [...] Bd. 10. Halle/Leipzig 1735, Sp. 1296. – Oskar Schade: Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jh. vom Niederrhein. Hannover 1854, S. 164–171. – Paul Beck: Ein St.-Ursula-Lied v. Dr. Johannes G¨aßler in Weissenau-Ravensburg aus dem 15. Jh. In: Di¨ozesanarch. v. Schwaben 23 (1905) S. 43 f. – Hermann Mayer: Die Matrikel der Univ. Freiburg i. Br. v. 1460–1656. Bd. 1. Freiburg i. Br. 1907. – Norbert Backmund: Monasticon Praemonstratense. Bd. 1. Straubing 1949–51. – Alfons Dreher: Das Patriziat der Reichsstadt Ravensburg. Stuttgart 1966. – Willy Szaivert/Franz Gall: Die Matrikel der Univ. Wien. Bd. 2. Graz u. a. 1967. – Konrad Ameln u. a. (Hg.): Das dt. Kirchenlied. Bd. I 1 (R´epertoire International des Sources Musicales B VIII 1). Kassel 1975. – Andr´e Schnyder: Die Ursulabruderschaften des Sp¨atMA. Ein Beitr. zur Erforschung der deutschsprachigen religi¨osen Lit. des 15. Jh. (Sprache und Dichtung 34). Bern/Stuttgart 1986. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 176. SF Issickemer, Jakob CanAug. – Verfasser eines Mirakelbuches, Ende 15. Jh. I. war seit 1494 Chorherr an der Stiftskirche im bayerischen Marienwallfahrtsort Alt¨otting. 1497 schloss er Das buchlein der zuflucht zu Maria der muter gottes in alten Oding (gedruckt in N¨urnberg, o. J.) ab, 1596

Walcher das – in einem theologischen Kontext, der Maria als Mittlerin im Heilsgeschehen betrachtet – von 77 auf die F¨urbitte Mariens geschehenen Mirakeln berichtet. Literatur: Roger Aubert, DHGE 26 (1997) Sp. 319. – Kurt Illing, VL2 4 (1983) 427; 11 (2004) Sp. 746. – Maria Angela K¨onig: Weihegaben an Unsere Liebe Frau v. Alt¨otting. Bd. 2. Mu¨ nchen 1940, S. 2–4 (mit Textausz¨ugen). – Josef Klemens Stadler: Urkunden-Regesten der Kapellstiftungsadministration zu Alt¨otting. In: Oberbayerisches Arch. 75 (1949) S. 97–188, hier S. 118. – Robert Bauer: Das B¨uchlein der Zuflucht zu Maria. Alt¨ottinger Mirakelber. v. Jacobus I. Alt¨otting 1965. – Ders.: Bayerische Wallfahrt Alt¨otting. Gesch., Kunst, Volksbrauch. 4., ver¨and. Aufl. Regensburg 1998, S. 57–59 (mit Textausz¨ugen), Abb. 49 (Titelblatt des ‹buchlein›). BJ

Ranshover, J¨org, * vielleicht aus Braunau, † nach 1508. – Verfasser eines Bruderschaftstraktats zur hl. Ursula. R. studierte 1480 in Wien, war 1499–1508 als Vikar in Trostberg und schließlich wohl als Pfarrer in Braunau t¨atig. Aus Anlass seiner Gr¨undung einer Konfraternit¨at der hl. Ursula und ihrer Elftausend Jungfrauen um 1497 verfasste er die Schrift Bruederschafft der heylingen xj m maid, die in vier Redaktionen handschriftlich und gedruckt u¨ berliefert ist: 1. Ein lat. Brief vom 31. August 1502 aus Trostberg (BBr I) ist an «alle Gl¨aubigen» gerichtet. Salzburg, St. Peter, Cod. b V 20, 22r–24r. 2. Vom 1. Juli 1503 stammt ein dt. Traktat (BBr II). Salzburg, St. Peter, Cod. b. V 20, 25r–40r. – Ebd., UB, Cod. M I 61, 2r–16v, 62r–91r. Ein wahrscheinlich durch einen Dritten bearbeiteter dt. Traktat (BBr III) von 1515 findet sich in dem Druck Ein fast grosse lobliche bruderschafft (o. O., o. J.). 4. Der Druck Die bruderschafft sancte Vrsule (N¨urnberg: Pinder 1513, S. 50–55) enth¨alt einen dt. Traktat von 1513 (BBr IV). Ausgabe: Ders.: Die Ursulabruderschaften des Sp¨atMA [...] (Sprache und Dichtung, NF 34). Bern/Stuttgart 1986, S. 285–375 (alle Fassungen). Literatur: Andr´e Schnyder, VL2 7 (1989) Sp. 990–992. – Ders. 1986 (s. Ausg.). SF 1597

2. H¨alfte 15. Jh. Tractetlein von dem sterbenden Menschen. – 1497 zusammengestellte Sammlung. Der anonyme Verfasser/Bearbeiter war ein gelehrter Theologe. Sein Sterbeb¨uchlein enth¨alt in meist abweichender Fassung die aus dem → Speculum artis bene moriendi bekannten f¨unf Anfechtungen durch den Teufel und sechzehn Fragen an den Sterbenden, das Sterbeb¨uchlein aus Heinrich → Seuses B¨uchlein der ewigen Weisheit in der mehrfach selbstst¨andig u¨ berlieferten Bearbeitung, ferner Seelenmessen, eine Litanei f¨ur Kranke und Gebete, die in der Gegenwart der Sterbenden zu sprechen sind. Der N¨urnberger Druck f¨ugt zw¨olf Tr¨ostungen f¨ur Sterbende und das «Predigtm¨arlein» von Papst und Kaplan hinzu. ¨ Uberlieferung: Zwei Drucke: Memmingen, [A. Kunne um 1505?], 4° 28 Bll. (Hain 11082). – Erweiterte Fassung N¨urnberg, J. Weißenburger 1509, 4° 30 Bll. Literatur: Karin Schneider, VL2 9 (1995) Sp. 996. – Franz Falk: Die dt. Sterbeb¨uchlein v. den a¨ltesten Zeit des Buchdruckes bis zum Jahre 1520 (Schr. der G¨orres-Ges. 1890, 2). K¨oln 1890 (Nachdr. Heidelberg 1969) S. 57–59. – Nikolaus Paulus: Die Reue in den dt. Sterbeb¨uchlein des ausgehenden MA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 28 (1904) S. 682–698, hier S. 691, Nr. 12. – Mary Catharine O’Connor: The Art of Dying Well. New York 1942 (Nachdr. 1966) S. 175. – Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln/Graz 1957, S. 104 und Anm. 22. BJ Walcher, Wolfgang OSB, K¨osching bei Ingolstadt, ¨ † 18.6.1518 Salzburg. – Abt, Ubersetzer mystischaszetischer Schriften, Verfasser eines Hymnus. W., u¨ ber dessen schulische Ausbildung nichts bekannt ist, trat um 1479 in das Benediktinerkloster St. Peter in Salzburg ein. Dort legte er 1482 die Profess ab und wurde 1485 zum Priester geweiht. 1495/96 war er als Praefectus Verwalter der Besitzungen des Klosters in Dornbach (heute zu Wien). Er kehrte nach Salzburg zur¨uck und u¨ bernahm das Amt des Beichtvaters der Nonnen aus dem an das M¨annerkloster angeschlossenen Frauenkonvent. 1501 wurde er Cellerar und 1502 zum Abt von St. Peter gew¨ahlt. W. verfasste einen Marienhymnus, wirkte aber in erster Linie im Rahmen seiner seelsorgerischen ¨ Praxis als Ubersetzer f¨ur die «Petersfrauen». Es sind 1598

2. H¨alfte 15. Jh. nahezu ausschließlich mystisch-aszetische Texte, ¨ die W. den Klosterfrauen durch seine Ubersetzungen zur Lekt¨ure anempfahl, offensichtlich bem¨uht um die F¨orderung des spirituellen und kontemplativen Klosterlebens. Einen Schwerpunkt stellen Johannes → Gerson und die Kirchenv¨aterliteratur ¨ dar. Auf die Ubersetzung katechetischer Literatur hat er vermutlich deshalb verzichtet, weil die Klosterbibliothek mit der einschl¨agigen Literatur in dt. Fassungen schon hinreichend ausgestattet war. ¨ Uberlieferung: Die meisten Schr. W.s sind in zwei autographen Papierhss. aus St. Peter u¨ berliefert, die W. als Handexemplare benutzt hat. – Bd. 1: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4393, 1. Tl. der aus zwei Tl.en zusammengebundenen Hss. (1r–185v) ¨ (1497/98, s¨udbair.); enth¨alt Ubers. v. Traktaten Johannes Gersons. Vorlage war die dreib¨andige Ausg. v. Peter → Schott und Johann → Geiler v. Kaisersberg (Druck Basel 1489; GW 10715). – Bd. 2: Ebd., Cgm 4393, 171 Bll. (1500, s¨udbair.); 2r–147v: → Gregor der Große/Robertus de Tumbalene: Hoheliedauslegung dt.; 148r–149r: Lk 7,36–50 dt.; 149r–160v: Gregor der Große: Homilie 33 u¨ ber Maria Magdalena dt.; 161rv: dt. Hymnus v. Maria Magdalena in elf Strophen; 162ar–170v: Ps. → Hieronymus: ‹De lapsu virginis› dt. – Wei¨ tere Ubers. außerhalb der Handexemplare: Ps. → Augustinus: ‹Manuale de verbo dei› (durch Wid¨ mungsvermerk als Ubers. W.s gesichert): Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b III 12, 78r–108v (Pap., 1499, s¨udbair.); ebd., Cod. b I 1, 97r–151v (Pap., um 1500, mittelbair.); Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 D + 29, 1r–73r (Pap., 1499, o¨ sterr.); ebd., Cod. 23 D 31, 2r–82r (Pap., Salzburg [?], erstes Drittel 16. Jh.). – St. Peter Cod. b I 1 und Nonnberg, Cod. 23 D + 29 sind v. Katharina P¨uchlerin geschrieben, 1496–1530 Konventualin ¨ der Petersfrauen. – Ubers. ‹Modus disponendei se ad mortem› eines unbekannten Kart¨ausers («todten brieff»): Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b III 12 (s. o.), 115r–116v (mit Schlussschr. «Dominus W. W. 1499»); Salzburg Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 D + 29 (s. o.), 73v–78v; ebd., Cod. 23 D 31 (s. o.), 82v–87v. – Unsichere Zuweisungen sind zwei ps.augustinische Texte, die ohne Hinweise auf den ¨ Ubersetzer in Papierhss. aus St. Peter u¨ berliefert sind: ‹Meditationes› (Kap. 11–37): Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. a IV 36, 111r–239r; ebd., Cod. b. I. 1, 153r–193v (nur Kap. 21–25, 31–33, 35–37, ¨ im Anschluss an die ‹Manuale›-Ubers. (s. o.); Mu¨ nchen, BSB, Cgm 70, 86r–148r (Perg., drittes Viertel 1599

Walcher 15. Jh., b¨ohmisch); Salzburg, Stiftsbibl. Nonnberg, Cod. 23 B 8, 65r–107r. (Pap., 15. Jh., mittelbair). – ‹Soliloquia› (Kap. 1–9): Salzburg, Stiftsbibl. St. Peter, Cod. b I 35, 249r–279v (Pap., um 1500, bair.o¨ sterr.). Ausgaben: Magdalenenhymnus: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied. Von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, S. 890 (Nr. 1104). – Friedhelm Kemp: Dt. geistliche Dichtung aus tausend Jahren. Mu¨ nchen 1958 (Nachdr. 1962/87) S. 81 f. – Obst 1973 (s. Lit.). – Cramer 3 (1982) S. 380 f., 577. Literatur: Gerold Hayer, VL2 10 (1999) Sp. 603–606. – Beda Seeauer: Novissimum Chronicon antiqui monasterii ad S. Petri Salisburgi Ord. S. Benedicti Augsburg 1772, S. 428–442. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. FranziskanerMystik und -Scholastik (Bibliotheca Germanica 7). Bern 1956, S. 99 f. – Rainer Rudolf, Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens (Forschungen zur Volkskunde 39). K¨oln 1957, S. 84 f. – Wolfgang Stammler: Sp¨atlese des MA. Bd. 2 (Texte des sp¨aten MA und der fr¨uhen Neuzeit ¨ 19). Berlin 1965, S. 73. – Werner H¨over: Der Ubersetzer W. W. († 1518). Abt von St. Peter in Salzburg. In: Euphorion 62 (1968) S. 143–148. – Ders.: ¨ Theologia mystica in altbair. Ubertragung. Bernhard v. Clairvaux, Bonaventura, Hugo v. Balma, Jean Gerson, Bernhard v. Waging u. a. Stud. zum ¨ Ubersetzungswerk eines Tegernseer Anonymus aus der Mitte des 15.Jh. (MTU 36). M¨unchen 1971, ¨ S. 154. – Herbert Kraume: Die Gerson-Ubers. Geilers v. Kaysersberg. Stud. zur deutschsprach. Gerson-Rezeption (MTU 71). M¨unchen/Z¨urich 1980, S. 64–67. – Wolfgang Obst: W. W.s Magdalenenlobgesang. In: Beitr. zur weltlichen und geistlichen Lyrik des 13. bis 15. Jh. W¨urzburger Colloquium 1970. Hg. v. Kurt Ruh/Werner Schr¨oder. Berlin 1973, S. 245–257. – G. Hayer: Die dt. Hss. des MA der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit v. Dagmar Kratochwill, Annemarie ¨ Mu¨ hlb¨ock und Peter Wind (Osterr. Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., Denkschr. 154; Ver¨off. der Kommission f¨ur Schrift- und Buchwesen des MA 3,1). Wien 1982, S. 59 f., 199–204. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB Mu¨ nchen. Die ma. Hss. aus Cgm 4001–5247 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,7). Wiesbaden 1996, S. 105–110. VZ 1600

Hortulus animae Hortulus animae (dt.: Seeleng¨artlein). – Seit dem Ende des 15. Jh. gedruckte Andachtsb¨ucher im Taschenformat in lat., dt., tschechischer und mndl. Sprache. Im Zeitraum zwischen 1498 und 1523 wurden die oft pr¨achtig illustrierten Hortuli animae u¨ ber 100 Mal in mindestens f¨unf – die in einer eigenen Tradition stehenden ndl. Drucke ausgenommen – verschiedenen Fassungen gedruckt. Alle bekannten Versionen dieser weit verbreiteten Gebetsanthologien enthalten die sechs grundlegenden Elemente des Stundenbuchs, nach deren Vorbild die Hortuli sich entwickelten: Kalender, kleines Marienoffizium, sieben Bußpsalmen, Allerheiligenlitanei, Suffragien und Totenoffizium (vgl. → Stundenb¨ucher). Mit der Reformation endete die breite Rezeption in Deutschland; im katholischen Bereich setzte die Tradition seit der zweiten H¨alfte des 16. Jh. Sebald Mayer fort; Georg Rhau in Wittenberg u¨ berarbeitete den Text im protestantischen Sinn (1547). Einzelne dt. Hortuli aus der Bl¨utezeit zwischen 1498 und 1523 zieren u. a. Holzschnitte der D¨urer Schule, Hans Holbeins d. J. und Hans Baldung Griens. Auf den verschollenen Flachschen Druck von 1510 geht die Wiener Miniatur-Handschrift ¨ des Seeleng¨artleins (Wien, ONB, Cod. 2706) zur¨uck, welche der Gent-Br¨ugger-Schule entstammt und von zwei Schreibern im zweiten Jahrzehnt des 16. Jh. hergestellt wurde. Ausgabe: Friedrich D¨ornh¨offer (Hg.): H. a. ‹Seeleng¨artlein›. Drei Mappen, Frankfurt a. M. 1907–11. Druck-Fassungen des H. a. bis 1523: 1. Lat. H. a. Der erste Druck eines lat. H. a. durch einen dt. Drucker (Wilhelm Schaffner) erfolgte 1498 in Straßburg; danach richten sich im wesentlichen alle insgesamt bekannten 52 lat. Ausgaben, die aber h¨aufig durch weitere Texte angereichert sind. 2. Wurzgarten Drei Ausgaben sind bekannt. Der a¨lteste dt. H. a.-Druck, der Wurzgarten, erschien 1501 ebenfalls in Straßburg bei Johann Gr¨uninger; dieser ¨ der lat. Hortuli dar, sonstellt keine Ubersetzung dern zeigt einen eigenst¨andigen Aufbau. Er umfasst zahlreiche strophisch gereimte Gebete unbekann¨ ter hsl. Herkunft, eine Ubersetzung der → Anselm von Canterbury zugeschriebenen Interrogatio Sancti Anselmi de Passione Domini, eine gereimte Kate1601

2. H¨alfte 15. Jh. chismustafel das Predigtm¨arlein vom → Papst und Kaplan. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 1075–1082, 1084–1096 (Abdruck einzelner gereimter Gebete). 3. Seeleng¨artlein Der Wurzgarten wurde bald vom ebenfalls 1501 erstmals gedruckten Seeleng¨artlein verdr¨angt, von dem 36 Ausgaben nachgewiesen sind. Das Titelblatt der ersten Ausgabe nennt Sebastian → Brant ¨ als Ubersetzer; sein Anteil daran ist nicht ausreichend untersucht. Wahrscheinlich stammen von ihm Auswahl und Aufbau der dt. Texte sowie ei¨ ¨ nige Ubersetzungen und Uberarbeitungen lat. Vor¨ lagen. Sicher kann ihm die Ubersetzung der Mariensequenz Verbum bonum et suave zugeschrieben werden. Diese Erstausgabe bildet die Grundlage f¨ur alle weiteren dt. Drucke, welche den urspr¨unglichen Bestand durch Prosa und Versgebete st¨andig erweitern. Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 61, 1083, 1097–1102 (Abdruck einzelner gereimter Gebete). Vom nd. Seeleng¨artlein sind elf Ausgaben bekannt. Die Erstausgabe erschien 1506 bei Lotter in Leipzig. Die erste tschechische Ausgabe (1520) stammt aus N¨urnberger Offizin des Johann Stuchs. ¨ Uberlieferung: Bibliogr. der Drucke: Oldenbourg 1973 (s. Lit.). Literatur: Alfred v. Wurzbach: H. a. und H. a.Meister. In: Lex. des gesamten Buchwesens. Bd. 2. Hg. v. Karl L¨offler. Leipzig 1936, S. 119 f. – Peter Ochsenbein, VL2 4 (1983) Sp. 147–154; 11 (2004) Sp. 693 f. – Kurt K¨uppers, LexMA 5 (1991) Sp. 130. – P. Ochsenbein, LThK3 5 (1996) Sp. 488. – Woldemar v. Seidlitz: Die gedruckten illustrierten Gebetb¨ucher des 15. und 16. Jh. in Deutschland. In: Jb. der Preußischen Kunstslg. 6 (1885) S. 22–38. – Stephan Beissel: Zur Gesch. der Gebetb¨ucher. In: Stimmen aus Maria-Laach 77 (1909) S. 28–41, 169–185, 274–289, 397–411, bes. S. 175–185. – Franz Hotzy: Zur dt. Gebetslit. des ausgehenden MA. In: Jb. des Gymnasiums der Ges. Jesu in Kalksburg 1912/13. Kalksburg 1913, S. 3–38, bes. S. 14–19. – Hildegard Zimmermann: ¨ und die Illustrationen des Lukas Cranach d. A. Rhau’schen H. a. 1919. – Ferdinand Cohrs: H. a. evangelisch. Leipzig 1927. – Franz Xaver Haimerl: Ma. Fr¨ommigkeit im Spiegel der Gebetbuchlit. S¨ud-Deutschlands (Mu¨ nchener theologische Stud. 1602

2. H¨alfte 15. Jh. I 4). Mu¨ nchen 1952, S. 39 f., 48–50, 55, 123–131, 138–148. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. (Mitteldt. Forschungen 46). K¨oln u. a. 1967, S. 133–135. – Maria Consuelo Oldenbourg: Zwei tschechische Hortuli animae mit N¨urnberger Illustrationen. In: Philobiblon 12 (1968) S. 105–112. – Dies.: H. a. [1494]–1523. Bibliogr. und Illustration. Hamburg 1973 (Lit.). – Das christliche Gebetbuch im MA. Andachts- und Stundenb¨ucher in Hs. und Fr¨uhdruck. Ausstellung und Kat.: Gerard Achten (SB Preußischer Kulturbesitz, Ausstellungskat. 13). 2., verb. und verm. Aufl. Wiesbaden 1987, S. 141. – Johannes Janota: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit (1280/90–1380/90) (Gesch. der dt. Lit. v. den Anf¨angen bis zum Beginn der Neuzeit 3/1). T¨ubingen 2004, S. 446. SF Marianischer Baumgarten. – Nd. Gedicht. Im ersten Teil des vermutlich auf einen mndl. Prosatext zur¨uckgehenden Gedichts von 53 vierzeiligen Strophen wird anhand des Bildes eines Baumgartens voller Tugendblumen die Vortrefflichkeit Mariens beschrieben. Der zweite Teil, der auf das Bild eines Gartens voller Unkr¨auter eine S¨undenklage folgen l¨asst, schließt mit einer Gnadenbitte an Maria. ¨ Uberlieferung: Unser leven vrouwen bomgharde [...]. Druck L¨ubeck: Steffen Arndes um 1498, Bl. 1r–7v (Conrad Borchling/Bruno Claussen: Nd. Bibliogr. Gesamtverz. der nd. Drucke bis zum Jahre 1800. Bd. 1. Neum¨unster 1931 [Nachdr. Utrecht 1976] Nr. 261; GW 4640). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 1270. – Ders.: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atMA. Am Beispiel der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982. BJ Es flog ein clains walt vogelein auß hymels drone. – Geistliches Lied, Ende 15. Jh. In dem geistlichen Kontrafaktum zu dem weltlichen Lied Ich weiß mir ein kleines Waldv¨ogelein wird das Motiv vom V¨ogelein als Liebesboten und Liebhaber auf die Verk¨undigung Mariens angewendet. Die im W¨urzburger Einblattdruck handschriftlich erhaltene Melodie entspricht mit Abwandlungen der Weise des Liedes Die br¨unlein, die do fließen (B¨ohme, Nr. 133). ¨ Uberlieferung: Einblattdruck: N¨urnberg, Hochfeder um 1498 (W¨urzburg UB, Einblattdrucksammlung 564, vgl. Einblattdrucke des 1603

Marianischer Baumgarten XV. Jh. Ein bibliographisches Verz. Hg. v. der Kommission f¨ur den Gesamtkat. der Wiegendrucke (Slg. bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten 35/36). Halle/Saale 1914 (Nachdr. Nendeln 1968) Nr. 564; Der Bilderschmuck der Fr¨uhdrucke. Begr. v. Albert Schramm. Fortgef¨uhrt v. der Kommission f¨ur den Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Bd. 18. Leipzig 1935. Nachdr. Stuttgart 1982, Abb. 714; Rolf Wilhelm Brednich: Die Liedpublizistik in Flugblatt des 15.–17. Jh. Bd. 2. Baden-Baden 1975, Nr. 10, Abb. 4). – M¨unchen, BSB, Cgm 808, 7r–8r, Anfang 16. Jh. – N¨urnberg, Germ. Nationalmuseum, Merkel Hs. 2° 966 (Hs. des Valentin Holl), 159r. – Klosterneuburg, Stiftsbibl., Cod. 1228, 35r–37r, um 1520. – Tegernseer Gesangbuch, 1574. Ausgaben: Ludwig Uhland (Hg.): Alte hochund nd. Volkslieder mit Abh. und Anm. 2 Bde., Stuttgart/T¨ubingen 1844/45, Nr. 337 (vgl. Nr. 29). – August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861. Nachdr. Hildesheim 1965, Nr. 233. – Philipp Wackernagel (Hg.): Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867. Nachdr. Heidelberg 1964, Nr. 881. – Franz M. B¨ohme (Hg.): Altdt. Liederbuch. Volkslieder der Deutschen nach Wort und Weise aus dem 12. bis zum 17. Jh. Leipzig 1877. Nachdr. Hildesheim/Wiesbaden 1966, Nr. 599 (vgl. 133, 134). – Bernhard Rzyttka: Die geistlichen Lieder der Klosterneuburger Hs. 1228. ¨ Studien zum sp¨atma. Kirchenlied in Osterreich. Diss. masch. Wien 1952 (mit Abdruck aller Lieder). Literatur: Walther Lipphardt, VL2 2 (1979) Sp. 625. – Kurt Hennig: Die geistliche Kontrafaktur im Jh. der Reformation. Ein Beitr. zur Gesch. des dt. Volks- und Kirchenliedes im XVI. Jh. Halle/S. 1909. Nachdr. Hildesheim/New York 1977, S. 13, 148 f. – Norbert Mayer-Rosa: Stud. zum dt. Tagelied. Unters. zur Gruppe ‹Tagelieder› in Uhlands Slg. ‹Alte hoch- und nd. Volkslieder›. Diss. T¨ubingen 1938, S. 92–100. – B. Rzyttka, 1952 (s. Ausg.). – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des geistlichen dt. Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968, S. 91. BJ Liederbuch der Anna von Koln ¨ (Ms.germ. Oct. Nr. 280, Staatsbibl. Berlin). – Sammelhandschrift geistlicher Lieder, um 1500. Die um 1500 von sieben H¨anden etappenweise zusammengestellte Papierhandschrift in Kleinoktav 1604

Arwiler

um 1500

mit der Signatur Berlin, SBB, Mgo 280 (177 Bll.; einige Eintr¨age sp¨ater als 1500), auch bezeichnet als L. d. A. v. K., wurde zum privaten Gebrauch als Memorier- und Hausbuch angelegt. Es enth¨alt 82 geistliche Lieder, 15 lat. und 67 volkssprachliche, wovon 24 mit Melodie u¨ berliefert sind. Der Entstehungsort ist schwer zu bestimmen: Der a¨lteste Teil der Handschrift scheint ostndl. Herkunft zu sein; Zielsprache der anderen Lieder ist Ripuarisch. Wichtigste Motive sind Absage an die Welt und Sehnsucht nach dem himmlischen Br¨autigam, es finden sich jedoch auch urt¨umliche Volkslieder. Außer Martin Luther und → Thomas von Kempen sind keine weiteren Autoren namentlich erschlossen. 35 St¨ucke sind Unika, mit der Deventer Handschrift sind 17, mit dem → Wienh¨auser Liederbuch zehn, mit dem → Werdener Liederbuch sieben und mit dem Liederbuch der Katharina Tirs 16 St¨ucke gemeinsam. Anna von K¨oln, die sich an mehreren Stellen der Handschrift als Besitzerin nennt, geh¨orte wahrscheinlich einem niederrheinischen Schwesternhaus an. Ausgabe: Walter Salmen (Hg.): Das L. d. A. v. K. (Denkm¨aler rheinischer Musik 4). D¨usseldorf 1954. Literatur: Johannes Janota: Liederb¨ucher. In: MarLex 6 (1994) S. 853 f., hier S. 854. – Hugo Suolahti: Die Mariensequenz im L. d. A. v. K. In: Neuphilol. Mitt. 12 (1910) S. 1–14. – W. Salmen: Das L. d. A. v. K. und seine Beziehungen zu den Niederlanden. In: Kongreß-Ber. Utrecht 1952. – Salmen/Koepp (s. Ausg.) 1954. – Renate Schipke: ‹L. d. A. v. K.›. In: Aderlaß und Seelentrost. Die ¨ Uberl. dt. Texte im Spiegel Berliner Hss. und Inkunabeln. Hg. v. Peter Jo¨ rg Becker/Eef Overgaauw. Mainz 2003, S. 118 f. – Linda Maria Koldau: Weibliche Kulturr¨aume – ‹weibliche Spiritualit¨at›? Das Liedgut der Devotio modema und das L. d. A. v. K. In: In: Das Erzbistum K¨oln in der Musikgesch. des 15. und 16. Jh. Hg. v. Klaus Pietschmann. Kassel 2008, S. 171–190. SF

Vierzeiler mit geistlichen Lehren, ein Gebet und eine gereimte Paraphrase von Glaubensartikeln. Die weltlichen Lieder dienten als «Formulierungshilfe» f¨ur die geistlichen, welche thematisch Erl¨osung im Jenseits (objektive «wir-Lieder») und pers¨onlich-emotionale Bindung an Jesus («ichLieder») umfassen. Sechs Lieder sind dem E. L. und der vergleichbaren Sammlung des → Wienh¨auser Liederbuchs gemeinsam, zwei teilt es mit dem Bestand der Deventer Liederhandschrift. ¨ Uberlieferung: Ebstorf, Klosterbibl., Ms. VI 17 (Pap., zweites Viertel 16. Jh., mnd. mit ostf¨alischen/nordnieders¨achsischen Eigenheiten; 62 Bll., zus¨atzlich ein f¨ur sich beschriebenes loses Doppelbl., auf dem sich eines der beiden fragm. weltlichen Lieder befindet, drei Schreiberinnen). Ausgaben: Edward Schr¨oder: Die Ebstorfer Liederhs. In: NdJb 15 (1889) S. 1–30. – Albrecht Classen: ‹Mein Seel fang an zu singen›. Religi¨ose Frauenlieder des 15.–16. Jh. Krit. Stud. und Textedition. Leuven u. a. 2002, S. 115–153. Literatur: Arne Holtorf, VL2 2 (1979) Sp. 312–314. – Johannes Janota/Hans P¨ornbacher: Liederb¨ucher. In: MarLex 6 (1944) S. 853–855, hier S. 854. – Conrad Borchling: Literarisches und geistiges Leben im Kloster Ebstorf am Ausgange des MA. In: Zs. des Hist. Ver. f¨ur Niedersachsen (1905) S. 361–420. – Paul Alpers: Unters. u¨ ber das alte nd. Volkslied. In: NdJb 38 (1912) S. 1–64, bes. S. 3 f. – Sr. Marie Josepha (G. G. Wilbrink): Das geistliche Lied der Devotio moderna (Disquisitiones Carolinae 2). Nijmegen 1930. – Wolfgang Stammler: Stud. zur Gesch. der Mystik in Norddeutschland. In: Altdt. und altndl. Mystik. Hg. v. Kurt Ruh (WdF 23). Darmstadt 1964, S. 386–436. – Renate Giermann/Helmar H¨artel: Hss. des Klosters Ebstorf (Ma. Hss. in Niedersachsen 10). Wiesbaden 1994, S. 193–196. – Wolfgang Irtenkauf: Die Ebstorfer Liederhs. In: ‹In Treue und Hingabe›. 800 Jahre Kloster Ebstorf. Bearb. v. Marianne Elster/ Horst Hofmann (Schr. zur Uelzener Heimatkunde 13). Ebstorf 1997, S. 123–134. – Classen (s. Ausg.) S. 110–153. SF

Ebstorfer Liederbuch. – Liederbuch aus dem Benediktinerinnen-Kloster Ebstorf, erste H¨alfte 16. Jh. (um 1520). Neben 13 geistlichen und vier weltlichen Liedern, von denen zwei fragmentarisch sind, umfasst das E. L. nd. Bibelzitate, Sentenzen, Zwei- und

Arwiler, Peter (Ahrweiler). – Verfasser einer dt. Predigt und eines lat. Breviers, um 1500. Von 1486 bis war P. A. 1515 Rektor des AgnesAugustinerchorfrauenklosters in Trier. Von ihm sind eine Pfingstpredigt u¨ ber den Empfang des Hl. Geistes im Herzen der Gl¨aubigen und

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um 1500 das Bewahren des Feuers des Hl. Geistes sowie ein lat. Brevier uberliefert. ¨ ¨ Uberlieferung: Pfingstpredigt: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2065, 300v–304v (Pap., aus dem AgnesAugustinerchorfrauenkloster in Trier, um 1500 geschrieben v. Katherina → Gurdelers). – Brevier: Trier, StB, Cod. 385/1047. Literatur: Kurt Ruh, VL2 1 (1978) Sp. 504 f. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der SUB Hamburg. Bd. 3 (Kat. der Hss. der SUB Hamburg 2/3). Stuttgart 1993, S. 165–173. SF Nordbohmischer ¨ Totentanz (J¨ungerer obd. vierzeiliger Totentanz, Teplitzer Totentanz). Der bildlose N. T. bietet in Teilen eine verk¨urzte Fassung des → Mittelrheinischen Totentanzes, dessen achtzeiliger Text zu vierzeiligem Text verk¨urzt wurde. Dass der Bearbeiter auch ein Exemplar der → Obd. Totentanzes besessen haben muss, zeigt sich z. B. bei der Kaiserin, f¨ur die es im mittelrheinischen St¨andeinventar kein Vorbild gab. Die 32 Totentanzpaare (acht Geistliche, 14 Weltliche und, als Sonderheit, zehn Frauen) sind getrennt nach geistlichen und weltlichen St¨anden angeordnet. Am Anfang spricht nicht der Prediger, sondern Christus selbst; in V. 17–24 folgt das Gebet «aller Menschen» um Barmherzigkeit. ¨ Uberlieferung: Prag, Arch. hlavn´uho mesta prahy (fr¨uher im Privatbesitz in Weißkirchlitz bei Teplitz), rkp. 8200, 112r–120r (religi¨ose Sammelhs. im Andachtsbuchkleinformat, 1499, nordb¨ohmisch). Ausgabe: Schr¨oer (s. Lit.) S. 297–309. Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 6 (1987) Sp. 1182 f.; 11 (2004) Sp. 1058. – K. J. Schr¨oer: Totentanzspr¨uche. In: Germania 12 (1867) S. 285–309. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 263–283. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen Neuzeit (Pictura et poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 190–194. BJ Berner Totentanz. Der B. T., in dem sich der Maler und Dichter Niklaus Manuel am Ende des Todesreigens in Schrift und Bild verewigt hat, zeichnet sich durch besondere Sch¨arfe und Ironie aus. In den menschlichen Gestalten portr¨atiert der K¨unstler Personen 1607

Nordbohmischer ¨ Totentanz der f¨uhrenden Schichten der bernischen Gesellschaft. Manuel hat neben der obd. Gruppe (vor allem Basel) wohl auch den mittelrheinischen Totentanz zum Vorbild genommen, sich aber ebenso von franz¨osischen Totent¨anzen anregen lassen. Große Teile des B. T. sind originale Einf¨alle und wei¨ sen keine Verbindungen zur u¨ brigen Uberlieferung auf. ¨ Uberlieferung: Friedhofsmauer des Dominikanerklosters Bern, 1515/19 von Niklaus Manuel gemalt, 1660 zerst¨ort. Kopie (Bild, Text) v. A. Kauw, 1649 (Hist. Mus. Basel, Inv.-Nr. 882), Text gedr. Gr¨uneisen, S. 324–338, Faks. Zinsli, S. 51–63; Textkopie v. H. Kiener, 1576, gedr. Baechtold, S. 1–20; Fluri, S. 218–265; v. H. Fr¨ohlich, Zwen Todtent¨anz, 1588; krit. hg. v. H. F. Maßmann, Die Baseler Todtent¨anze, Stuttgart 1847, T. I–XII. Ausgaben: Der Berner Totentanz des Niklaus Manuel [...]. Hg. und eingel. v. Paul Zinsli (Berner Heimatb¨ucher 54/55). Bern 21979. – Niklaus Manuel Deutsch. Maler, Dichter, Staatsmann. Bern 1979, S. 252–291. – Niklaus Manuel. Werke und Briefe. Vollst¨andige Neuedition hg. v. Paul Zinsli/ Thomas Hengartner. Unter Mitarbeit v. Barbara Freiburghaus. Bern 1999, S. 23–72. Literatur: Hellmut Rosenfeld, VL2 1 (1978) Sp. 747 f. – C. Gr¨uneisen: Niklaus Manuel. Stuttgart/T¨ubingen 1837. – J. Baechtold: Niklaus Manuel. Frauenfeld 1878. – A. Fluri: Niklaus Manuels Totentanz in Bild u. Wort. In: Neues Berner Taschenbuch auf 1901 (1900) S. 119–266. – Paul Hofer/Luc Mojon: Die Kunstdenkm¨aler des Kantons Bern. Bd. 5: Die Kirchen der Stadt Bern. Antonierkirche, Franz¨osische Kirche. Heiliggeistkirche und Nydeggkirche (Die Kunstdenkm¨aler der Schweiz). Basel 1969, S. 70–83. – H. Rosenfeld: Der ma. Totentanz. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung (Arch. f¨ur Kulturgesch. 3). 3., verb. u. verm. Aufl. K¨oln/Wien 1974, S. 263–283. – Niklaus Manuel Deutsch (s. Ausg.). – Tanz der Toten – Todestanz. Der monumentale Totentanz im deutschsprachigen Raum. Hg. vom Zentralinst. und Museum f¨ur Sepulkralkultur. Dettelbach 1998, S. 142–146. – Niclaus Manuel im Kunstmuseum Bern. Hg. v. Sandor Kuthy (Schriftenreihe Kunstmuseum Bern 2). Bern 1999. – Wilfried Kettler: Der Berner Totentanz des Niklaus Manuel. Philologische, epigraphische so¨ wie historische Uberlegungen zu einem Sprachund Kunstdenkmal der fr¨uhen Neuzeit. Bern u. a. 2009. – Susanna Warda: Memento mori. Bild und Text in Totent¨anzen des Sp¨atMA und der Fr¨uhen 1608

Bozner Marienklagen Neuzeit (Pictura et poesis 29). K¨oln u. a. 2011, S. 269–290. BJ Bielefelder Gebetbuch. – Um 1500 wahrscheinlich im Bielefelder Augustinerinnenkloster entstandene mnd. Sammelhandschrift. Das B. G. enth¨alt 73 vorwiegend an Maria gerichtete, ansonsten thematisch nicht weiter gegliederte Gebets- und Andachtstexte in Prosa, namentlich etwa Krone unserer lb. Frau mit den zw¨olf Sternen, Die goldene Litanei von der Jungfrau Maria oder Die zehn Tugenden Marias. Es handelt sich um ein typisches mnd. Nonnengebetsbuch aus der Wende 15./16. Jh. ¨ Uberlieferung: Bielefeld, Stadtarch. und Landesgschichtliche Bibl., Cod. Hgb 154. Ausgabe: Hermann T¨umpel: Ein mnd. B. G. FS zum 350j¨ahrigen Jubil¨aum des Gymnasiums und Realgymnasiums zu Bielefeld. Bielefeld 1908 (Teilausg.). – Kurt Otto Seidel: Mnd. Hss. aus Bielefelder Bibl. (GAG 453). G¨oppingen 1986, S. 99–119 (Teilausg.). Literatur: Hartmut Beckers, VL2 1 (1978) Sp. 858 f. – Conrad Borchling: Mnd. Hss. 4 Bde. G¨ottingen 1898–1913. – T¨umpel (s. Ausg.). – De godsvrucht in de Nederlanden, naar handschriften van gebedenboeken der XVe eeuw. Hg. v. Maria Meertens. 4 Bde. Antwerpen 1930–34. – Gerard Achten/Hermann Knaus: Dt. und ndl. Gebetbuchhss. der Hessischen Landes- und Hochschulbibl. Darmstadt. Darmstadt 1959. – Seidel (s. Ausg.) S. 94–99. – Ders.: Mnd. literarische Hss. in Bielefelder Bibl. In: Nd. Wort 34 (1994) S. 13–20, hier S. 17. SF Grimon. – Dichter eines f¨unfstrophigen Marienlobs. Das vermutlich in N¨urnberg gegen Ende des 15. oder zu Beginn des 16. Jh. entstandene f¨unfstrophige Meisterlied des sonst unbekannten Dichters ist in der 1517/18 von Hans Sachs geschriebenen Hs. Berlin, BSB, Mpq 414, 407r–409r enthalten. Incipit: «Schein / Der gotheit ein keisserein / Dein / rein- / es lob ich singe». F. H. Ellis weist auf eine m¨ogliche Identit¨at G.s mit dem N¨urnberger Meistersinger Merten → Grim hin. Ausgabe: Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 238–242, 458 (unter Fr¨umon II). Literatur: Horst Brunner, VL3 (1981) Sp. 259 f. – Francis H. Ellis: Analysis of the Berlin 1609

um 1500 Ms Germ. Quart. 414. In: Publications of the Modern Language Association of America 61 (1946) S. 947–996, hier S. 955. BJ Klinger, Hans. – Verfasser eines Marienliedes. Das aus 13 Fu¨ nfzeilerstrophen des ‹Lindenschmidt›-Typs bestehende Lied, das um 1500 in Basel gedruckt wurde, z¨ahlt nach der einleitenden Verk¨undigungsszene verschiedene Stationen des Marienlebens auf, darunter die Weissagung des Simeon, der zw¨olfj¨ahrige Jesus im Tempel, seine Marter und Kreuzigung, die Compassio. ¨ Uberlieferung: Einblattdruck mit Verk¨undigungsholzschnitt, Titel: Ursely holder b˚ule min geistlich z˚u syngen, [Basel, L.] Ysenhut [1498/ 1502?]; Exemplar in Mu¨ nchen, BSB, Einbl. III, 47 (aus Tegernsee, beschriftet 1508); Reproduktion in Rolf Wilhelm Brednich: Die Liedpublizistik im Flugblatt des 15. bis 17. Jh. Bd. 2 (Bibliotheca bibliographica Aureliana 60). Baden-Baden 1975, Abb. 15. Literatur: Frieder Schanze, VL2 11 (2004) Sp. 853 f. – Frank Hieronymus: Basler Buchillustration 1500–1545 (Oberrheinische Buchillustration 2; Publikationen der UB Basel 5). Basel 1984, Nr. 10 b. – F. Schanze: Inkunabeln oder Postinkunabeln? In: Einblattdrucke des 15. und fr¨uhen 16. Jh. Probleme, Perspektiven, Fallstudien. Hg. v. Volker Honemann u. a. T¨ubingen 2000, S. 45–122, Nr. 50. BJ Bozner Marienklagen. – Zwei im Codex des Benedikt → Debs (Nr. 9 und Nr. 12) u¨ berlieferte deutschsprachige Marienklagen. Der erste Text, die B. M. I planctus beate virginis xiij plat von 834 Versen enth¨alt Prolog, Klagen der Marien am Kreuz, Klagen der Maria, ProphetenAuftritte und eine Zwischenrede. Die B. M. II planctus dem ersten gleich aber nit gantz viij plat umfasst 690 Verse und bricht in der Rede des Propheten Jonas ab. ¨ Uberlieferung: Sterzing, Stadtarch., Hs. IV., 63r–75v und 91r–98v. ¨ Ausgaben: Adolf Pichler: Uber das Drama des MA in Tirol. Innsbruck 1850, S. 115–140. – Walther Lipphardt/Hans-Gert Roloff: Die geistlichen Spiele des Sterzinger Spielarch. Bd. 1 (Mittlere dt. Lit. in Neu- und Nachdrucken 14). Bern u. a. 2 1986, S. 489–496, 502–511. Literatur: Norbert Richard Wolf: Debs, Benedikt. In: VL2 2 (1979) Sp. 59–61. – Lipphardt/Ro1610

um 1500 loff (s. Ausg.) S. 489–496, 502–509. – Ulrich Mehler: Marienklagen im sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Deutschland. Textversikel und Melodietypen. Darstellungsteil (Amsterdamer Publ. zur Sprache und Lit. 128). Amsterdam u. a. 1997. SF Buchsbaum, Sixt (Buchsbam). – Dichter eines Rosenkranzliedes von 21 Strophen (1492). Der nicht identifizierte B. nennt sich in der letzten Strophe des Rosenkranzliedes im HerzogErnst-Ton selbst und gibt das Entstehungsjahr an (sp¨ater umdatiert auf 1500). Dem Rosenkranz werden 15 ‹Geheimnisse› zugeordnet, welche die Heilsgeschichte von der Verk¨undigung bis zum J¨ungsten Gericht enthalten. B.s Lied hat das damals verbreitetste dt. Rosenkranzb¨uchlein (Auszug aus → Alanus de Rupe, zuerst Ulm 1483) zugrundegelegen. In der Anfangs- und der Schlußstrophe bezieht sich B. auf die von Jakob → Sprenger gegr¨undete K¨olner Rosenkranzbruderschaft. ¨ ¨ Uberlieferung: 1. Wien, ONB, Cod. 4348, 150r–152r (1496/1503, Abschrift eines verschollenen Druckes v. Hans Sporer, Erfurt 1494). – 2. Einblattdrucke: a) [Ulm, Joh. Zainer, um 1500]: Mu¨ nchen, BSB, Einbl. III, 51w; Faks. in: Der Bilderschmuck der Fr¨uhdrucke. Begr. v. Albert Schramm. Fortgef¨uhrt v. der Kommission f¨ur den Gesamtkat. der Wiegendrucke. Bd. 5. Leipzig 1923, Abb. 500. – b) Memmingen, [Alb. Kunne] 1500: ebd., 51z. – 3. Neun Flugschriften von ca. 1500–1638, 8 Bl. 8°: a) [M¨unchen, Joh. Schobser, ca. 1500]: Erlangen, Inc. 1446a, 6; Schramm, S. 20, f¨alschlich Zainer zugeschrieben; Titelblatt, Abb. 496; b) N¨urnberg, Wolfgang Huber o. J.: Mu¨ nchen, UB, P. germ. 8° 1050: Cim. 38; zu den u¨ brigen Drucken vgl. Emil Weller: Repertorium typograhicum. Die dt. Lit. im ersten Viertel des 16. Jh. (nebst Suppl. [1.] 2) (Georg Wolfgang Panzers Annalen der a¨ lteren dt. Lit. 1500–1526, Teil 3). N¨ordlingen 1864/85, Nr. 171, 734, 2242; Index Aureliensis. Catalogus librorum sedecimo saeculo impressorum. Tl. 1. Bd. 5. Baden-Baden 1974, Nr. 126.585–589; Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen. Von den fr¨uhesten Zeiten bis gegen Ende des siebzehnten Jh. Bd. 1. Freiburg i. Br. u. a. 1862 (Nachdr. Hildesheim 1997) S. 98, Nr. 336. – 4. Gesangb¨ucher: a) Tegernseer Gesangbuch, 1557; b) Mainzer Cantual, 1605 und 1627; c) Corners Gesangbuch, 1631 und 1649 (bearb. und auf 22 Str. erw.). 1611

Buchsbaum Ausgaben: Philipp Maximilian K¨orner: Marianischer Liederkranz. Eine Sammlung v. Kirchenliedern, Ges¨angen und Gedichten vom Jahre 1500 bis auf unsere Zeit. Augsburg 1841, S. 241–250 (nach 3b). – Joseph Kehrein: Katholische Kirchenlieder, Hymnen, Psalmen. Aus den a¨ ltesten dt. gedruckten Gesang- und Gebetb¨uchern. Bd. 2. W¨urzburg 1860. Nachdr. Hildesheim 1965, Nr. 439 (4b und c). – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867. Nachdr. Heidelberg 1964, S. 854–859 (Nr. 1062) (3a und 4a). – Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 1. Mu¨ nchen 1977, S. 86–103, 427–438. Literatur: GW 5671–5672. – Frieder Schanze, VL2 1 (1978) Sp. 1109 f. – Philipp Wackernagel: Bibliogr. zur Gesch. des dt. Kirchenliedes im 16. Jh. Frankfurt/M. 1855 (Nachdr. Hildesheim 1961) S. 8 f., Nr. XXI. – August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861 (Nachdr. Hildesheim 1965) Nr. 281. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische dt. Kirchenlied in seinen Singweisen v. den fr¨uhesten Zeiten bis gegen Ende des siebzehnten Jh. Bd. 2. Freiburg i. Br. 1883, Nr. 84. – Karl Goedeke: Grundriß zur Gesch. der dt. Dichtung aus den Quellen. Bd. 1. Berlin 11884, S. 316, Nr. 54. – Stephan Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Deutschland w¨ahrend des MA. Ein Beitr. zur Religionswiss. und Kunstgesch. Freiburg i. Br. 1909 (Nachdr. Darmstadt 1972) S. 536 f. – Einblattdrucke des XV. Jh. Ein bibliographisches Verz. Hg. v. der Kommission f¨ur den Gesamtkat. der Wiegendrucke (Slg. bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten 35/36). Halle/Saale 1914 (Nachdr. Nendeln 1968) Nr. 474 f. – Mary Juliana Schroeder: Mary-Verse in Meistergesang (The Catholic Univ. of America, Studies in German 16). Washington 1942, S. 237–241. – Karl Joseph Klinkhammer: Adolf v. Essen und seine Werke. Der Rosenkranz in der geschichtlichen Situation seiner Entstehung und in seinem bleibenden Anliegen. Eine Quellenforschung (Frankfurter Theologische Stud. 13). Frankfurt/M. 1972. – Rolf Wilhelm Brednich: Die Liedpublizistik in Flugblatt des 15.-17. Jh. Bd. 2. Baden-Baden 1975, Nr. 22 f. – F. Schanze: Ein vergessener Erfurter Druck Hans Sporers v. 1494. In: Arch. f¨ur Gesch. des Buchwesens 15 (1976) S. 1301–1308. – Thomas Cramer: Gesch. der dt. Lit. im sp¨aten MA. Mu¨ nchen 32000, S. 176 f. BJ 1612

Genovefa von Brabant Cynckler, Heinrich (Cinckler). – Prediger. In der nach 1527 von Katherina → Gurdelers geschriebenen Sammelhandschrift Hamburg, SUB, Cod. theol. 2065 (insg. 74 Texte) erscheint H. C. als Prediger und Verfasser von 14 Texten der Predigtsammlung. Es d¨urften ihm jedoch noch weitere, namentlich nicht gekennzeichnete Predigtst¨ucke der Handschrift zuzuschreiben sein. Die Texte, in denen C. h¨aufig → Augustinus und → Hieronymus sowie → Bernhard von Clairvaux zitiert, zeichnen sich durch ihre bildhafte, an Exempeln reiche Sprache aus und richten sich an geistliche Konvente. Literatur: Werner Wegstein, VL2 11 (2004) Sp. 338 f. – Ders.: Reminiszenz an Johann v. Paltz in ¨ einer Trierer Klosterpredigtslg. In: Uberlieferungsgeschichtliche Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. Hg. v. Konrad Kunze u. a. (TTG 31). T¨ubingen 1989, S. 314–331. – Nil¨ufer Kr¨uger (Bearb.): Die theologischen Hss. der SUB Hamburg. Bd. 4: Nachtr¨age (Cod. theol. 1002–2256) (Kat. der SUB Hamburg 2,4). Hamburg 1998, S. 170 f. SF Ebstorfer Predigtsammlungen. – Zwei zusammengeh¨orige Predigtsammlungen, um 1500. Im evangelischen Damenstift Ebstorf sind zwei Predigtsammlungen u¨ berliefert, welche eng zusammengeh¨oren und Festpredigten enthalten, die im Benediktinerinnenkloster Ebstorf gehalten wurden. Die erste Sammlung enth¨alt 43 zwischen 1497 und 1515 entstandene Predigten, die zweite 30 zwischen 1495 und 1516 entstandene Predigten. Die h¨aufige Nennung der Initialen der Ebstorfer Domina Mechthild von Ingersleben in den Handschriften macht einen Bezug der Entstehungsumst¨ande der Sammlungen zu ebendieser (Domina 1511–18) wahrscheinlich. ¨ Uberlieferung: Ebstorf, Klosterbibl., Ms. VI 5 (Pap., erstes Viertel 16. Jh., mnd.). – Ebd., Ms. VI 6 (15./16. Jh., mnd.). – Seitengetreue Abschrift: G¨ottingen, UB, Cod. 4° theol. 285e (1897/98). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 2 (1980) Sp. 314 f. – Conrad Borchling: Lit. und geistiges Leben im Kloster Ebstorf am Ausgange des MA. In: Zs. des hist. Ver. f¨ur Niedersachsen 4 (1905) S. 361–420. – D. Schmidtke: Stud. zur dingallegorischen Erbauungslit. des Sp¨atmMA. Am Bsp.der Gartenallegorie (Hermaea, NF 43). T¨ubingen 1982, S. 18, 65 (Nr. 45). – Renate Giermann/ Helmar H¨artel: Hss. des Klosters Ebstorf (Ma. Hss. in Niedersachsen 10). Wiesbaden 1994, S. 170–177. SF 1613

um 1500 Genovefa von Brabant. – Legenden. Nach der Legende war G. die Tochter eines Herzogs von Brabant. F¨alschlich des Ehebruchs beschuldigt und von ihrem Ehemann zum Tod verurteilt, wird sie mit ihrem neugeborenen Sohn im Wald mit Hilfe der Gottesmutter durch eine Hirschkuh am Leben erhalten, bis sie nach sechs Jahren von ihrem sich auf der Jagd befindenden Gemahl aufgefunden wird und ihm ihre Unschuld beweisen kann. Grundlage zweier lat. Fassungen der Legende im MA ist eine Gr¨undungssage der Frauenkirche bei Mendig (Ende 14. Jh.). 1. Eine kurze Version der Legende (um 1500) als Abschrift einer a¨ lteren lat. Vorlage existiert in ¨ der Uberlieferung des Maria-Laacher Benediktiners Johannes von Andernach († 1503). ¨ Uberlieferung: Andernach, ehem. Bibl. des Progymnasiums, Pap., 4° (Abschrift durch Th. Kupp). – Trier, StB, Hs. 1370/39 2°, 481r–488v, Pap. (1542 stilistisch redigiert durch Johannes Seinius). Ausgaben: Sauerborn, S. 54–103. – Felix Br¨ull: Die Legende von der Pfalzgr¨afin G. nach dem noch ungedruckten, bisher verschollenen Texte des Johannes Seinius. Pr¨um 1899, S. 1–21. 2. Der Karmeliterprior Mathias Emych († 1480) verfasste in gelehrt-erbaulicher Intention 1472 eine l¨angere Version der Legende. ¨ Uberlieferung: Trier, StB, Hs. 1353/132 8°, r 3 –26r. Ausgabe: Kentenich, S. 26–51. Seit dem 17. Jh. wurde die Legende zum volkst¨umlichen Stoff zahlreicher literarischer Bearbeitungen, u. a. bei Ren´e de C´eriziers (L’innocence reconnue ou Vie de St.e Genevi`eve de Brabant. Paris 1634 u. o¨ .). Literatur: Frans van Molle, LCI 6 (1974) Sp. 360 f. – R. Aubert: Genevi`eve de B. In: DHGE 20 (1984) Sp. 454 f. – Konrad Vanja, EM 5 (1987) Sp. 1003–1009. – Klaus Unterburger, RGG4 3 (2000) Sp. 678. – Konrad Kunze, VL2 11 (2004) Sp. 512 f. – Heinrich Sauerborn: Gesch. der Pfalzgr¨afin G. und der Kapelle Frauenkirchen. Zugleich ein Beitr. zur Gesch. des Bisthums Trier. Regensburg 1856. – Gottfried Kentenich: Die Genovefalegende, ihre Entstehung und ihr a¨ ltester datierter Text. Trier 1927, S. 26–51. – Albert Schneider: La l´egende de Genevi`eve de B. dans la litt´erature allemande (Volksbuch, Mu¨ ller, Tieck, Hebbel, Ludwig). Paris 1955. – Nikolaus Kyll/Josef R¨oder: Die Fraukirch in der Pellenz im 1614

um 1500 Rheinlande und die Genovefalegende. In: Rheinisches Jb. f¨ur Volkskunde 2 (1951) S. 81–101. – Maurice Coens: Genevi`eve de B., une sainte? Le terroir de sa legende. In: Ders.: Recueil d’´etudes bollandiennes (Subsidia hagiographica 37). Br¨ussel 1963, S. 101–118. – Wolfgang Z¨ack: Und so wurde sein K¨orper in vier Teile geteilt. Auf den Spuren der G.-Legende von Fraukirch bis zum Goloring. Mayen 2004. BJ Gertrud von Buren. ¨ – Schreiberinnen- oder Besitzerinnenvermerk in einer um 1500 geschrie¨ benen Handschrift mit Ubersetzungen der Evangelien und Apostelgeschichte. Die Handschrift Hamburg, SUB, Cod. 105 in scrin. (Pap., 1504 [?], mittelrheinisch; geschrieben von einer Hand) enth¨alt die vier Evangelien und ¨ die Apostelgeschichte in vollst¨andigen Ubersetzungen. Zudem sind den einzelnen Bibeltexten verdeutschte Prologe vorangestellt; der Prolog zum Matth¨ausevangelium ist aufgrund des Verlusts der ersten Lage fragmentarisch. Nach dem Schreiberkolophon am Ende der Apostelgeschichte (295r) findet sich folgender Zusatz von anderer Hand: «von suster Gertrut von buren». Mittlerweile gilt es als wahrscheinlich, dass der Nachtrag nicht die Schreiberin nennt, sondern eher einen Besitzver¨ merk darstellt. Als Textvorlage der Ubertragung, die sich eng an die lat. Vorlage h¨alt, gilt unter anderem eine Bearbeitung der sog. «Koberger Bibel» (Druck 1483 zuletzt revidiert; → Obd. Bibeldrucke). Verschiedene Ans¨atze zur Identifzierung G.s mit einer Gesche von B¨uren, einer Beghine aus Bremen, oder mit einem Mitglied des ZisterzienserNonnenklosters Beuren konnten bislang nicht best¨atigt werden. Ausgaben: Textproben bei Goeze (s. Lit.). – Walther (s. Lit.). Literatur: Eduard Brodf¨uhrer: Bibel¨ubersetzung. In: RL2 1 (1958) S. 145–152. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 344. – Heimo Reinitzer, VL2 3 (1981) Sp. 6 f. – Johann Melchior Goeze: Versuch einer Historie der gedruckten nieders¨achsischen Bibeln vom Jahr 1470–1621. Halle 1775, S. 6–23. – Wilhelm Walther: Die dt. Bibel¨ubers. des MA. Braunschweig 1889–92 (Nachdr. Nieuwkoop 1966) S. 137–143, 158 f. – William Kurrelmeyer (Hg.): Die erste dt. Bibel. Bd. 10. T¨ubingen 1915, S. XXV–XXVIII. – Tilo Brandis: Die Codd. in scrinio der SUB Hamburg 1–110 (Kat. der Hss. der SUB Hamburg 7). Stuttgart 1972, 1615

Gertrud von Buren ¨ S. 178 f. – Eva Horv´ath/Hans-Walter Stork (Hg.): ‹Von Rittern, B¨urgern und v. Gottes Wort›. Volkssprachige Lit. in Hss. und Drucken aus dem Besitz der SUB Hamburg. Ausstellungskat. (Schr. aus dem Antiquariat Dr. J¨orn G¨unther, Hamburg, 2). Kiel 2002, S. 26 f. (Nr. 4) mit S. 129. SF Gurdelers, Katherina. – Kompilatorin. G. ist nur in einer Hamburger Hs. nachgewiesen, die wahrscheinlich vor 1511 begonnen und nach 1527 abgeschlossen wurde. Demnach war G. Nonne bei den Augustinerinnen im Trierer Konvent St. Agnes. Sie wird als Kompilatorin der Hs. genannt, in der 74 Einzeltexte versammelt sind. Dazu z¨ahlen neben vollst¨andigen und teilweisen Predigten und Kollationen auch Ausz¨uge aus den Offenbarungen der Birgitta von Schweden und aus der Vita der Heiligen Euphemia. Mehrere Autoren sind in der Handschrift namentlich erw¨ahnt, so → Johann von Paltz, Peter → Arwiler, → Gerhard von Eberhardsklausen und ein Heinrich → Cynckler. Hinzu kommen anonyme Heiligen- und Kirchweihpredigten. Die Reihenfolge der Texte orientiert sich im gr¨oßten Teil der Hs. lose am Kirchenjahr, beginnend im Advent. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, cod. theol. 2065, 2r–442r (Pap., erste H¨alfte 16. Jh., moselfr¨ankisch). Ausgabe: Einzeltext von Johann von Paltz bei Wegstein 1989 (s. Lit.). Literatur: Werner Wegstein, VL2 3 (1981) Sp. 326 f.; 11 (2004) Sp. 571. – Paul Lehmann: Mitt. aus Hss. 5. M¨unchen 1938, S. 52. – Richard Laufner: Die Bibl. von St. Agneten an der Weberbach in Trier im 15. und 16. Jh. In: Kurtrierisches Jb. 9 (1969) S. 121–128. – W. Wegstein: Reminiszenz an Johann von Paltz in einer Trierer Klosterpre¨ digtenslg. In: Uberlieferungsgesch. Editionen und Stud. zur dt. Lit. des MA. FS Kurt Ruh. Hg. v. Konrad Kunze u. a. T¨ubingen 1989, S. 314–331. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theol. Hss. der SUB Hamburg 3: Quarthss. und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228) (Kat. der Hss. der SUB Hamburg II,3). Stuttgart 1993, S. 165–173. – Dietrich Schmidtke: St¨andev¨ogelserien in sp¨atma. und fr¨uhneuzeitlichen Neujahrspredigten. Samt Abdruck der Neujahrspredigt, die Johann Rasser 1580 in Ensisheim im Elsaß gehalten hat. In: Ars et scientia. Stud. zur Lit. des MA und der Neuzeit. FS Hans Szklenar. Hg. v. Carola Gottzmann/Roswitha Wisniewski. Berlin 2002, S. 251–278. MM 1616

Der himmlische Rosenkranz Freytag, Johannes OFM, † um 1533 Bamberg. – Prediger. F. lebte nach 1489 zun¨achst in Ingolstadt, Kehlheim, Mengenberg und Amberg. Seit 1507 ist er in Bamberg nachgewiesen, wo er auch Beichtvater im Klarissenkloster war. Dort d¨urfte F. 1514 jene Predigt gehalten haben, die als wahrscheinlich von einer Nonne aufgezeichnete Nachschrift u¨ berliefert ist. Darin behandelt F. sieben Lichter, «die da außweyßen oder außpreyten den glancz der verstendnuß». F.s Text ist in Inhalt und Aufbau eng → Bonaventuras De triplici via angelehnt, dessen Schema er paraphrasiert. ¨ Uberlieferung: Augsburg, UB (fr¨uher Harburg, Oettingen-Wallersteinsche Bibl.), cod. III 2 8° 10, 67v–77v (1514). Ausgaben: Kurt Ruh, zusammen mit Dagmar Ladisch-Grube und Josef Brecht: Franziskanisches Schrifttum im dt. MA. Bd. 2. Mu¨ nchen 1985, S. 91–99. Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 2 (1980) Sp. 916. – Florent Landmann: Zum Predigtwesen der Straßburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 15 (1928) S. 96–120, 316–348, hier S. 328 f. – Analecta Franciscana [...] VIII: Necrologium conventuum Brugensium Fratrum Minorum (1297–1807). Hg. v. Albanus Heysse. Qiaracchi 1946, S. 766–768 u. o¨ . – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 173 (T 172). MM Holzapfler, Augustinus OSB, † nach 14.3.1504. – Prior des Klosters Tegernsee, Prediger. H. studierte Theologie an der Universit¨at Wien, wo er den Titel eines Magister artium erwarb. 1472 zum Priester geweiht, wurde er 1482 Prior in Tegernsee; 1504 ersuchte er Abt Heinrich, ihn von seinem Amt zu entbinden. Von H. sind f¨unf B¨ande lat. Predigten im Autograph u¨ berliefert. H. versah seine Texte mit zahlreichen dt. Glossen. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Clm 18676–18680. – Ebd., Clm 18931, 140r–210r. Literatur: Joseph Staber, VL2 4 (1983) Sp. 119. – Virgil Redlich: Tegernsee und die dt. Geistesgesch. im 15. Jh. (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgesch. 9). Mu¨ nchen 1931. Nachdr. Aalen 1974. – J. Staber: Die Predigt des Tegernseer Priors Augustin H. als Quelle f¨ur das sp¨atma. Volksleben Altbayerns. In: Bayerisches Jb. f¨ur Volkskunde 1617

um 1500 1960, S. 125–135. – Josef Werlin: Paul Wann, ein ber¨uhmter Passauer Prediger im 15. Jh. In: Ostbairische Grenzmarken 5 (1961) S. 64–70. – J. Staber: Ein altbayerischer Beichtspiegel des 15. Jh. (Cgm 632). In: Bayerisches Jb. f¨ur Volkskunde 1963, S. 7–24. – Johann B. Schneyer: Winke f¨ur die Sichtung und Zuordnung sp¨atma. lat. Predigtreihen. In: Scriptorium 32 (1978) S. 231–248, hier S. 234. BJ Der himmlische Rosenkranz. – Geistliches Lied zur Rosenkranz-Meditation. Das Lied vom H. R. ist seit dem fr¨uhen 16. Jh. u¨ berliefert. Der Verfasser ist unbekannt, doch lassen bestimmte Eigenheiten des Lieds einen Franziskaner vermuten. Die 13 Strophen des Texts folgen dem Ton eines heute verlorenen Lieds Wenn ich gedenck der grossen Lieb. Der H. R. besteht neben Bitten um g¨ottlichen Beistand und Anweisungen zum Beten des R.s vor allem aus der Aufz¨ahlung der zehn himmlischen «Rosen». Dazu z¨ahlen etwa die Trinit¨at, Maria, Engel, Propheten, Apostel, M¨artyrer und heilige Jungfrauen. F¨ur das korrekte Beten des R.s verspricht das Lied vielfache Abl¨asse. Insgesamt handelt es sich beim H. R. also weniger um ein klassisches R.-Gebet, sondern vielmehr um eine Aufz¨ahlung der himmlischen St¨ande mit einer Ermunterung zum Beten des R.s. Die himmlischen St¨ande des H. R.s werden auch in mehreren illustrierten Einblattdrucken (um 1500) aufgegriffen. Deren genaues Verh¨altnis zu dem Lied vom H. R. ist jedoch unklar. In den Drucken erscheinen die Himmelsst¨ande von einem R. umschlossen und gruppieren sich um ein Kruzifix. Die Beischriften variieren je nach Druck, weisen aber wie der H. R. teilweise auf zu erwartende Abl¨asse hin oder verwenden die Bezeichnung «H. R.». Der in einer M¨unchner Handschrift u¨ berlieferte Gebetszyklus von 1508 verweist ebenfalls explizit auf den H. R.: Er verdanke diesem die Reihenfolge der im Text gepriesenen Heiligen. Auch inhaltlich sind die Vaterunser- und Ave Maria-Gebete des Zyklus vom h. R. beeinflusst. ¨ Uberlieferung: Sankt Gallen, Stiftsbibl., cod. 997, S. 112–117 (Pap., 1504). – Mu¨ nchen, UB, 4° cod. ms. 477, 92v–110v (Landshut, 1508, enth¨alt den Gebetszyklus). – Klosterneuburg, Stiftsbibl., cod. 1228, 44v–46v (Pap., um 1520, bair.-o¨ sterr.). Ausgaben: Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. II. Mit Ber¨ucksichtigung der dt. kirchlichen Liederdichtung im 1618

um 1500 weiteren Sinne und der lat. von Hilarius bis Georg Fabricius und Wolfgang Ammonius. Hg. v. Philipp Wackernagel. Leipzig 1867 (Nachdr. Hildesheim 1964) Nr. 1060. – Rzyttka 1952 (s. Lit.) S. 296–299. – Ecker 1981, Bd. 2 (s. Lit.) Abb. 32. Drucke: Zahlr. Einblattdrucke aus der Zeit um 1500. Verz. bei Schreiber 1927 (s. Lit.) und Wachinger 2004 (s. Lit.). Literatur: Burghart Wachinger, VL2 11 (2004) Sp. 676–680. – Maximilian Pfeiffer: EinzelFormschnitte des XV. Jh. in der K¨oniglichen Bibl. Bamberg 2. Straßburg 1911, S. 10–12. – Wilhelm Ludwig Schreiber: Hb. der Holz- und Metallschnitte des XV. Jh. 4. Leipzig 1927, S. 19–21. – Bernhard Rzyttka: Die geistlichen Lieder der Klosterneuburger Hs. 1228. Stud. zum sp¨atma. ¨ Kirchenlied in Osterreich. Diss. Wien 1952, S. 296–308. – Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard V¨olker: Die dt. ma. Hss. der UB M¨unchen. Wiesbaden 1968, S. 113–115. – Rolf W. Brednich: Die Liedpublizistik im Flugblatt des 15. bis 17. Jh. Bd. 2. Baden-Baden 1975. – Gisela Ecker: Einblattdrucke v. den Anf¨angen bis 1555. Unters. zu einer Publikationsform literarischer Texte (GAG 314). 2 Bde. G¨oppingen 1981. – Thomas Lentes: Bildertotale des Heils. Himmlischer Rosenkranz und Gregorsmesse. In: Der Rosenkranz. Andacht, Gesch., Kunst. Hg. v. Urs-Beat Frei und Freddy B¨uhler. Bern 2003, S. 69–90. MM Der Jesusknabe in der Schule. – Dichtung u¨ ber einen apokryphen Stoff. Der im ripuarischen Dialekt abgefasste Text, von dem 88 Verse erhalten sind, begann urspr¨unglich wohl mit einer Szene, in der Maria ihren Sohn dem Lehrer anvertraut. Die Dichtung, bei der sich kleine verbindende Einsch¨ube feststellen lassen, ist vielleicht das Fragment eines geistlichen Spiels oder einer dialogischen Erz¨ahlung. Geschildert wird, wie ¨ die Gereiztheit des Lehrers, welcher der Uberlegenheit seines Sch¨ulers nicht gewachsen ist, zunimmt. Als der Lehrer seinen Sch¨utzling schl¨agt, muss er sofort sterben, wird aber vom Jesusknaben wieder zum Leben erweckt. ¨ Uberlieferung: K¨olner Druck (Servais Kruffter) um 1520, ehemals Berlin, Sammelband von k¨olnischen Drucken aus dem Minoritenkonvent zu Fritzlar (Wi 9358, Yg 6377, N 5162, Yp 7150); jetzt in Krakau, Bibl. Jagiello´nska. Ausgabe: J. Bolte: Der Jesusknabe in der Schule [...]. In: NdJb 14 (1888) S. 4–8. 1619

Der Jesusknabe in der Schule Literatur: Bernd Neumann, VL2 4 (1983) Sp. 522. – Edgar Hennecke/Wilhelm Schneemel¨ cher: Neutestamentliche Apokryphen in dt. Ubers. Bd. 1: Evangelien. T¨ubingen 1904. 61990. 7., v¨ollig neu bearb. Aufl. Hg. v. Christoph Markschies u. a. (in Vorb.). – Wolfgang F. Michael: Das dt. Drama des MA (Grundriß der germ. Philologie 20). Berlin 1971, S. 100. – Rolf Bergmann: Stud. zu Entstehung und Gesch. der dt. Passionsspiele des 13. und 14. Jh. (Mu¨ nstersche MA-Schr. 14). Mu¨ nchen 1972. – B. Neumann: Ma. Schauspiel am Niederrhein. In: ZfdPh 94 (1975) Sonderheft, S. 150 f. ¨ mit Anm. 23. – Werner Williams-Krapp: Uberl. und Gattung. Zur Gattung ‹Spiel› im MA (Unters. zur dt. Literaturgesch. 28). T¨ubinegn 1980, S. 27 Anm. 32. BJ Johann(es) von Leonrodt (auch Hans), * 1439, † 1504. – Rat, Verfasser einer allegorischen Schrift. Der aus Eichst¨atter Adel stammende J. ist 1451–73 am markgr¨aflichen Hof in Ansbach nachgewiesen. Er war Rat des Grafen Albrecht III. Achilles und 1464, obwohl Laie, Kloster¨altester am Hochstift Eichst¨att. J. war nach den Quellen auch an Ritterturnieren und einer juristischen Auseinandersetzung mit Sigmund von Schwarzenberg beteiligt. Als einziges Werk J.s ist die dt. Prosaallegorie Hymelwagen u¨ berliefert, die er gegen Ende seines Lebens schrieb und Markgraf Friedrich IV. von Ansbach und Kulmbach-Bayreuth widmete. Der Titel von J.s Schrift bezieht sich auf eine darin enthaltene Wagenallegorie, die der Hymelwagen aber im Gegensatz zu vergleichbaren Allegorien nur knapp abhandelt. In der Allegorie steuert die Dreifaltigkeit als Kutscher sieben Pferde, die verschiedene Tugenden verk¨orpern (Liebe, Demut, Gehorsam, Geduld, Reue, Friede, Glaube). Dieser «Himmelwagen» wird von J. mit einem «H¨ollenwagen» kontrastiert, bei dem b¨ose Geister sieben Pferde der Laster lenken (u. a. Hochmut, Ungeduld, Unglaube). Ausf¨uhrlich besch¨aftigt sich der Text mit menschlicher Verg¨anglichkeit und S¨undhaftigkeit sowie der Passion Christi. Auch erteilt J. darin praktische Ratschl¨age f¨ur einen christlichen Lebenwandel. Da J. den Hymelwagen f¨ur Laien ohne h¨ohere Bildung schrieb, bem¨uhte er sich um Einfachheit und Anschaulichkeit. So verwendet er oft Beispiele und Vergleiche, viele davon mit h¨ofischen Bez¨ugen. Dazwischen sind Gebete in den Text eingeschaltet. Anders als die theologische Literatur seiner Zeit, 1620

Kastner beruft J.s Schrift sich selten auf Autorit¨aten. J. benutzte neben der Bibel nur → Gregor, → Bernhard und den Traktat Von menschlicher Hinf¨alligkeit. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 4318 (Pap., Augsburg?, 1619). Drucke: Augsburg: Silvan Otmar 1517. – Augsburg: Silvan Otmar 1518. – Innsbruck. Rupprecht H¨oller 1558. – Dillingen: Sebald Mayer 1567. – Dillingen: Sebald Mayer 1568. – Dillingen: Erhard Lochner 1628. Literatur: Volker Honemann, VL2 4 (1983) Sp. 669–672. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 341. – Otto Rieder: Die vier Erb¨amter des Hochstifts Eichst¨att. In: Sammelbl. des Hist. Ver. Eichst¨att 18 (1903) S. 1–115, hier S. 17. – Richard Muther: Die dt. B¨ucherillustration der Gothik und Fr¨uhrenaissance 1. M¨unchen/Leipzig 21922, S. 152 f. MM Johannes von Klingenberg OP. – Prediger. J. wird in einer Predigtnachschrift als «Lehrer» und «w¨urdiger Vater» bezeichnet, doch sind sein genauer Rang und seine Herkunft unbekannt. Er war wohl Dominikaner und predigte nachweislich um die Wende vom 15. zum 16. Jh. im Katharinenkloster zu N¨urnberg. Zwei seiner Predigten sind als Nachschriften einer Nonne erhalten. Die erste Predigt ist in Form und Lehre scholastisch. Unter Berufung auf → Thomas von Aquin wird darin die g¨ottliche Barmherzigkeit abgehandelt. Das im Text verwendete Gleichnis vom «goldenen Berg» des franz¨osischen K¨onigs verweist auf eine popul¨are Predigt des Nikolaus von Straßburg. Die zweite, gebetsartig gestaltete Predigt ergeht sich in Lob und Dankbarkeit f¨ur die Gnade des Sakraments. ¨ Uberlieferung: Heidelberg, Slg. G. Eis, Hs. 115, 42r–56v. Ausgabe: Josef Werlin: Mystikerzitate aus einer N¨urnberger Predigths. In: AKG 43 (1961) S. 240–259, hier S. 252–259. Literatur: Kurt Ruh, VL2 4 (1983) S. 559 f. – Simon Tugwell: Jean de K. In: DHGE 27 (2000) Sp. 196. MM Kastner, Heinrich OFM, † 1530 Ingolstadt. – Prediger. Der Franziskaner K. war zeitlebens u¨ berwiegend als Prediger t¨atig, so 1495/96 in Heidelberg, 1496–1501 in Ingolstadt, 1501–07 in N¨urnberg, 1508–10 in Heilbronn, 1511–13 in Ulm, 1513/14 wieder in N¨urnberg, 1515–19 in Freiburg i. Br. 1621

um 1500 und 1519/20 erneut in N¨urnberg. Daneben war er Lektor und Guardian in Ulm und 1515 an der Freiburger Klosterreform beteiligt. 1522 wurde er Definitor und Guardian von Bamberg. Seit 1523 Provinzialminister, trat er bald aus gesundheitlichen Gr¨unden von diesem Amt zur¨uck. K. hielt 1498–1501 in Ingolstadt eine Reihe dt. Predigten (teilweise nach 1506 wiederholt), von denen 113 lat. Skizzen erhalten sind. Diese sind in einer Colmarer Handschrift unter dem Titel Sermones de sanctis et aliis variis in principio annotatis Tercius u¨ berliefert. Die Predigten wurden an Heiligenfesten zu besonderen Anl¨assen gehalten. In die Sammlung wurden sie nachtr¨aglich eingetragen und in vier Zyklen gegliedert. Wiedergegeben sind meist nur die Einf¨uhrung der jeweiligen Predigt, ihre gereimte Divisio, die manchmal auch dt. u¨ bersetzt wird, und die Dilatatio. Stilistisch lockert K. seine Predigten durch dialogische und narrative Elemente auf, auch benutzt er Exempla, Allegorien und Sprichw¨orter. Inhaltlich decken die Predigten ein Spektrum ab, das ¨ von theologischen Uberlegungen bis zur Zeitkritik reicht. Allein zehn Predigten sind der Passion Christi gewidmet. Andere Predigten K.s enthalten Bez¨uge auf Ereignisse (T¨urkenkrieg), Personen (Isabella von Spanien) und Gebr¨auche (Bekleidung) seiner Zeit. Als Autorit¨aten dienen ihm vor allem Aristoteles, → Augustinus, → Hieronymus, → Bernhard von Clairvaux, → Thomas von Aquin, → Bonaventura, Duns Scotus, Alexander von Hales und Johannes Vitalis. In den Sermones de sanctis erw¨ahnt K. zwei weitere Predigtsammlungen aus seiner Hand, die jedoch verloren sind. Als m¨ogliche Titel gelten Sermonarium viarum vitae et mortis, Sermones extravagantes und Eytlposs. Erhalten ist weiterhin eine lat. Epistola Encyclica (1524) K.s, in der er sich mit Problemen seines Ordens (vor allem Austritten) besch¨aftigt. ¨ Uberlieferung: Sermones de Sanctis: Colmar, StB, cod. 115 (Pap., Rufach?, um 1495–1501, wohl Autograph). – Epistola Encyclica: M¨unchen, Hauptstaatsarch., Bayerische Franziskanerprovinz Literale 73, S. 9. Literatur: J¨urgen W. Einhorn, VL2 4 (1983) Sp. 1051–1053. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 320. – Roger Aubert, DHGE 28 (2003) Sp. 1041 f. – Florent Landmann: Das Ingolst¨adter Predigtbuch des Franziskaners H. K. In: FS Heinrich Finke. Hg. v. Gottfried Buschbell u. a. M¨unster 1904, S. 423–480. – Ders.: Zum Predigtwesen 1622

um 1500 der Strassburger Franziskanerprovinz in der letzten Zeit des MA. In: Franziskanische Stud. 13 (1926) S. 337–365; ebd. 14 (1927) S. 297–332; 15 (1928) S. 96–120, 316–348. – Tabulae Capitulares Vicariae, 1454–1516, dein Provinciae, 1517–1574, Observantium Argentinensium. Hg. v. Michael Bihl und Adalbert Wagner. In: Analecta Franciscana 8 (1946) S. 667–894, hier S. 810–812. – Kurt Ruh: Bonaventura dt. Ein Beitr. zur dt. FranziskanerMystik und -Scholastik. Bern 1956, S. 59. – Bert Roest: Franciscan Literature of Religious Instruction Before the Council of Trent. Leiden u. a. 2004, S. 88 f. MM Krumpach, Nikolaus, * um 1475 Hainsberg/ Sachsen (?), † 1535/36 Eisleben. – Theologe, Bibel¨ubersetzer. K. begann 1493 das Studium der Theologie in Leipzig und ist dann als Pfarrer in Querfurt und Eisleben nachgewiesen. Daneben verfasste er dt. ¨ Ubersetzungen biblischer und anderer Texte. Auf das B¨uchlein des lieblichen Lehrers und heiligen Bischofs Sanct Ambrosii von priesterlicher W¨urdigkeit (1521) ¨ folgte 1522 ein Band mit Ubersetzungen von Joh, Tit, 1 Tim sowie der Nova praefatio des Erasmus. Neben zwei Briefen von Pico della Mirandola (1525) ubersetzte K. auch einen Sterbebericht u¨ ber ¨ Jan Hus von Peter von Mladenowitz (1529) und den F¨urstenspiegel Scheda regia des Agapet (1530). K. werden auch zwei eigene Texte zugeschrieben: die in der «ars moriendi»-Tradition stehende Gebetund Andachtsammlung Leer wie man sich zu dem Tod soll schicken und bereiten (um 1500) sowie ein Gebet in der Kompilation Auserw¨ahlt B¨uchlein (1524). ¨ Uberlieferung: Leer wie man sich zu dem Tod soll schicken und bereiten: Berlin, SBB, cod. germ. 365, S. 1–223 (um 1500). Literatur: ADB 17 (1883) S. 247–249. – De Boor/Newald 4/2 (1973) S. 130. – Hans Ju¨ rgen Rieckenberg, NDB 13 (1982) S. 125. – Roger Aubert, DHGE 29 (2007) Sp. 897. – Otto Clemen: Der Bibel¨ubersetzer N. K. In: Zentralbl. f¨ur Bibliothekswesen 36 (1919) S. 216–220. – Heinrich G. Voigt: Nicolaus K., der sogenannte letzte katholische Pfarrer v. Querfurt. In: Zs. des Ver. f¨ur Kirchengesch. der Provinz Sachsen 23 (1927) S. 55–85. – Gerhard Eis: Fr¨uhnhd. Bibel¨ubers. Frankfurt/M. 1949 (Reg.). – Rainer Rudolf: Ars moriendi. K¨oln/Wien 1957, S. 104. – Dieter Wolf: ¨ Die neutestamentlichen Ubersetzungen N. K.s und ¨ die 1522 anonym erschienenen Ubersetzungen des 1623

Krumpach Markus- und Lukasevangeliums mit einem Exkurs zu der Ars moriendi Cgm. 365. Diss. Heidelberg 1971. MM Magnus von Anhalt, F¨urst, * 1455, † 29./31.10. 1524 Magdeburg. – F¨urst von Anhalt-Zerbst; Verfasser theologischer Betrachtungen, geistlicher und ¨ weltlicher Lieder und Gedichte sowie Ubersetzer eines Libellus des Lupold von Bebenburg. M., Sohn des F¨ursten Adolf I. von Anhalt-Zerbst aus dem anhaltinischen Haus Alt-K¨othen-Zerbst und der Cordula, geb. Gr¨afin von Lindow-Ruppin, studierte in Leipzig. 1475 bis 1508 war er regierender F¨urst von Zerbst; 1492 wurde er kaiserlicher Rat und 1498 Stellvertreter am Reichskammergericht. Im Herbst 1508 verzichtete M. zusammen mit seinem Bruder Adolf II. auf die weltliche Herrschaft, um sich ganz seinen geistlichen Aufgaben widmen zu k¨onnen. Er begab sich auf verschiedene Romreisen und nahm 1512 am K¨olner Reichstag teil. 1516 wurde er Dompropst von Magdeburg. Von M. stammen theologische Betrachtungen, 21 dt. geistliche Lieder und Gedichte, elf weltliche dt. Gedichte, Lieder und Reimpaarspr¨uche sowie sechs lat. Lieder und Gedichte. ¨ Uberlieferung: Dessau, StB, Hs. Georg. 147. 4° und 151. 8°. Ausgaben: Wilhelm Hos¨aus: Geistliche Gedichte aus dem ersten Jahrzehnte des 16. Jh. In: Mitt. des Ver. f¨ur Anhaltische Gesch. und Altertumskunde 4 (1886) S. 377–397. – Ders.: Nachtrag zu den dem F¨ursten M. v. A. zugeschriebenen geistlichen Gedichten aus dem ersten Jahrzehnt des 16. Jh. In: Ebd., S. 460–469. In dem Gedicht von gotlicher menschwerdung nennt M. sich selbst als Verfasser (Hs. Georg. 151. 8°, 6r–8r), in anderen weden Entstehungsort oder -zeit angegeben; das Gedicht Eyn liedt von der fasten (Ebd., 47r–49v) wurde etwa «Zcu Roßlaw» gedichtet. Diese Angaben lassen mit einiger Sicherheit auf M. als Verfasser schließen. Zu den geistlichen Gedichten geh¨oren u. a. die Marien clage yres kyndes leydens (Hs. Georg. 151. 8°, 12r–14v) und Ein lieth vom leiden vnsirs herren (Ebd., 1r–2r). Die weltlichen Dichtungen sind der Leipziger Studienzeit zuzuordnen; z.B. Leipcz dy stat / Gewunnen hat / Des abint spat / Gute frische geste. Ferner verfasste M. (vermutlich zwischen 1508 ¨ und 1516) eine freie Ubertragung von → Lupolds von Bebenburg Libellus de zelo christianae religionis veterum principum Germanorum in dt. Sprache, 1624

Steinbach die er unter dem Titel Ein b¨uchlein vonn etzlichen christlichen vorfursten vnd furstynnen Margarete von Mu¨ nsterberg widmete. ¨ Uberlieferung: Dessau, StB, 148. 8° und 149. 8°. Ausgabe: W. Hos¨aus: ‹Die tawren hendele etzlicher cristlicher vorfursten und furstynnen›. Aus dem Lat. v. F¨urst M. zu A. In: Ebd. 6 (1893) S. 1–52. Konrad Celtis widmete dem F¨ursten M. v. A. die ersten beiden von ihm herausgegebenen Trag¨odien (1487) Senecas. Literatur: Franzjosef Pensel, VL2 5 (1985) Sp. 1156–1160; 11 (2004) Sp. 953. – L. M. Herr´an: Lyrik. In: MarLex 4 (1992) S. 197–216, hier S. 197. – de Boor/Newald 4/1 (21994) S. 524, 627. – Johann Christoph Beckmann: Historie des F¨urstenthums Anhalt. Th. 1–7. Zerbst 1710–16, bes. Th. 5, S. 103, 105–108. – Hos¨aus 1886 (s. Ausg.). – Ders.: Dichter und Dichterinnen aus dem Hause der Askanier. In: Mitt. des Ver. f¨ur Anhaltische Gesch. und Altertumskunde 4 (1886) S. 219–223; 5 (1890) hier S. 114 f. – Konrad Haebler: Dt. Bibliophilen des 16. Jh. Die Fu¨ rsten v. Anhalt, ihre B¨ucher und ihre Bucheinb¨ande. Leipzig 1923, S. 3–7. – Dietrich Schmidtke: Zwei Lieder aus einer Br¨unner Hs. In: Jb. f¨ur Volksliedforschung 26 (1981) S. 106–128, bes. S. 120–123. – Ders.: Zu einem weltlichen Lied des F¨ursten M. v. A. (1455–1524). In: Editionsber. zur ma. dt. Lit. Beitr. der Bamberger Tagung [...] 1991. Hg. v. Anton Schwob (Litterae 117). G¨oppingen 1994, S. 149–156. – Michael Thomas: M. v. A. F¨urst und Magdeburger Dompropst (1455–1524). In: Mitteldt. Lebensbilder. Hg. v. Werner Freitag. K¨oln (u.a.) 2002, S. 89–111. SF

Ritter Gottfried. – Religi¨ose Reimpaardichtung von 414 Versen, 15. Jh. Der Text, der zu den «Jenseitserz¨ahlungen» in Reimpaarform gez¨ahlt werden kann, ist in zwei Drucken (um 1500 N¨urnberg, 1504/14 ebd.) erhalten. Der tapfere Ritter G. sucht seine verstorbene Frau, besiegt den Teufel, sieht seine Frau in der H¨olle, gelobt, unrechtm¨aßig erworbenes Gut zur¨uckzugeben und ins Kloster zu gehen und erl¨ost so die Seele seiner Frau. Literatur: Frieder Schanze, VL2 8 (1992) Sp. 98 f. SF 1625

um 1500 Steinbach, Wendelin, * um 1454 Butzbach/Hessen, † 14.1.1519 T¨ubingen. S. trat als Jugendlicher in das Butzbacher St. Markus-Stift der Br¨uder vom Gemeinsamen Leben ein. Als 1477 Graf Eberhard I. im Bart von W¨urttemberg die Br¨uder in sein Land berief, ging S. mit Propst Gabriel → Biel nach Urach, wo bei der Pfarrkirche St. Amandus ein Stift der Br¨uder gegr¨undet wurde. S. wurde 1477 Diakon, immatrikulierte sich 1481 an der Univ. T¨ubingen und war Plebanus auf Schloss Hohent¨ubingen; er errichtete im Schlossbezirk ein Studienkolleg zur Unterbringung der an der Universit¨at studierenden Br¨uder. 1486 wurde S. Baccalaureus biblicus, 1487 Baccalaureus sententiarius, 1489 Lic. theol. und Dr. theol., 1490 (und 1494, 1500/01, 1507/08, 1511/12, 1515/16) Rektor der Univ. T¨ubingen. Er war Beichtvater und Vertrauter des Grafen Eberhard im Bart. Nach Aufhebung der H¨auser der Br¨uder vom Gemeinsamen Leben in W¨urttemberg 1516 und dem Ende seiner Lehrt¨atigkeit 1517 zog sich S. wahrscheinlich in das Martinsstift neben der Stifts- und Universit¨atskirche zur¨uck. S. ver¨offentlichte zu seinen Lebzeiten keines seiner zahlreichen Werke; er trat nur als Herausgeber von Schriften anderer, vor allem von Gabriel Biel, auf. 1521 gab S.s Sch¨uler Gallus M¨uller das von S. verfasste Gabrielis Byel Supplementum heraus; alle anderen Werke sind verschollen oder nur handschriftlich u¨ berliefert. W¨ahrend h¨ochstwahrscheinlich mehrere Kommentare zum Corpus Paulinum, u¨ ber das S. 1510–17 vermutlich gelesen hatte, verloren sind, geh¨oren ein Galaterbrief-Kommentar mit zwei Indices (T¨ubingen, UB, cod. Mc 256) in 37 Lektionen und ein Hebr¨aerbrief-Kommentar mit ebenfalls zwei Indices (UB T¨ubingen, cod. Mc 201) zu den u¨ berlieferten Textzeugen. Letzterer Kommentar ist in 65 Lektionen gegliedert. Eine Dubitatio generalis u¨ ber das Verh¨altnis von Gnade und nat¨urlichen F¨ahigkeiten der Menschen bietet am Ende zus¨atzliche f¨unf Lektionen. Von den systematischen Schriften sind Gabrielis Byel Supplementum, das die fehlenden 28 letzten Distinktionen Gabriel Biels in dessen Epythoma pariter et collectorium circa quattuor sententiarum libros bietet, sowie mehrere Disputationen erhalten, u. a. u¨ ber ¨ Gnade, Demut und Letzte Olung (Trier, StB, cod. 971/929; T¨ubingen, UB, cod. Mc 185, 188 und 201). Bei akademischen Anl¨assen und Feiern der Universit¨at gehaltene Reden und Predigten sind 1626

um 1500 in den Handschriften Gießen, UB, cod. 835, und T¨ubingen, Ub, cod. Mc 185, 188 und 201, u¨ berliefert. S. fertigte ferner zahlreiche Abschriften und Exzerpte von Werken anderer Autoren an. So sind wichtige Schriften von Konrad Summenhart und Johannes Vergenhans (Nauclerus) nur in Abschriften S.s u¨ berliefert (StB Trier, cod. 971/929; UB Gießen, cod. 53, 678, 822; UB Tu¨ bingen, cod. Mc 188, 194 u. 201). Vermutlich ist S. der Kompilator oder Schreiber des zwischen 1492 und 1496 entstandenen Eberhardgebetbuchs (Stuttgart, LB, cod. brev. 1). Das mit Miniaturen ausgestattete «Stundenbuch» ist vorwiegend in dt. Sprache geschrieben, zeigt stark meditativen Charakter und betont Marienund Passionsfr¨ommigkeit. S. gab mindestens neun Werke anderer Autoren heraus: Wilhelm v. Ockham (Scriptum in primum librum sentenciarum, 1483); Gabriel Biel (Sacri canonis misse expositio, 1488; Epithoma expositionis canonis misse, 1499; Expositio brevis [...] canonis misse, 1499; Sermones, 4 Bde., 1499/1500; Epythoma pariter et Collectorium circa quattuor sententiarum libros, 1501 [krit. Neuausg. v. W. Werbeck/U. Hofmann, 4 Tle., 1973–84); Pierre d’Ailly (Quaestiones, 1490); Wilhelmus Cancellarius Paris. (Sermones dominicales, 1499). S., der Luthers Fr¨uhwerk nicht kannte, war Lehrer u. a. von Johann Nathin, Johann von Staupitz, Johann Eck und Ambrosius Blarer. Ausgabe: Helmut Feld (Hg.): W. S., Opera exegetica quae supersunt omnia, 3 Bde. Wiesbaden 1976–87 (Galaterbriefkomm., Hebr¨aerbriefkommentar). Literatur: Heinrich Reusch, ADB 35 (1893) S. 687. – Uta M¨uller-Koch, Killy 11 (1991) S. 157. – Helmut Feld, VL2 9 (1993) Sp. 249–255. – Helmut Feld, BBKL 10 (1995) Sp. 1289–1292. – Ders.: RGG4 7 (2004) Sp. 1700. – Heinrich Hermelink: Die Anf¨ange des Humanismus in Tu¨ bingen. In: W¨urttembergische Vierteljahrshefte f¨ur Landesgesch. NF 15 (1906) S. 319–336. – Ders.: Die theologische Fakult¨at in T¨ubingen vor der Reformation. 1477–1534. T¨ubingen 1906. – Jakob Eschweiler: Das Eberhardgebetbuch. Cod. Brev. 4° Nr. 1 der W¨urttembergischen Landesbibl. zu Stuttgart. Stuttgart 1951. – Wolfgang Irtenkauf: Zur liturgischen Seite des Eberhardgebetbuches. In: FS Wilhelm Hoffmann. Hg. v. Ewald Lissberger u. a. 1627

Der Spiegel der Seele Stuttgart 1962, S. 189–203. – H. Feld: Martin Luthers und W. S.s Vorlesungen u¨ ber den Hebr¨aerbrief. Eine Stud. zur Gesch. der neutestamentlichen Exegese und Theologie. Wiesbaden 1971. – Ders.: Die Anf¨ange der modernen biblischen Hermeneutik in der sp¨atma. Theologie. Wiesbaden 1977. – Heiko A. Oberman: Werden und Wertung der Reformation. Vom Wegestreit zum Glaubenskampf. T¨ubingen 1977. 31989. – Ders.: Via moderna. Devotio moderna. Tendenzen im T¨ubinger Geistesleben 1477–1516. In: Theologen und Theologie an der Univ. T¨ubingen. Hg. v. Martin Brecht. T¨ubingen 1977, S. 1–64. – Manfred Schulze: ‹Via Gregorii› in Forschung und Quellen. In: Gregor v. Rimini. Werk und Wirkung bis zur Reformation. Hg. v. Heiko A. Oberman. Berlin u. a. 1981, S. 1–126. – H. Feld: Die theologischen Hauptthemen der Hebr¨aerbrief-Vorlesung W. S.s. Zur Rezeption paulinischer und augustinischer Theologie im Sp¨atMA. In: Augustiniana 37 (1987) S. 187–252. – Wilfried Sch¨ontag: Die Kanoniker und Br¨uder vom Gemeinsamen Leben in W¨urttemberg. In: Rottenburger Jb. f¨ur Kirchengesch. 11 (1992) S. 197–207. BJ Der Spiegel der Seele. – Mystischer Mosaiktraktat des sp¨aten 14. oder 15. Jh. ¨ Uberlieferung: Karlsruhe, LB, Cod. Donaueschingen 144, S. 91–200 (Pap., aus dem Besitz des Pfarrers O. F. H. Sch¨onhuth, von Laßberg in T¨ubingen erworben, 1457–60, schw¨abisch). – Hamburg, SUB, Cod. theol. 1060b, 2r–41r (Pap., Ende 15. Jh., schw¨ab.; verschollen). – Straßburg, StB, Ms. allem. 287 (fr¨uher M 810 N. 75) [fr¨uher Privatbesitz Carl F¨orster’sche Kunstauction, Mu¨ nchen, Nr. 2688], 2r–72r (Pap., 1458, schw¨abisch). Ausgabe: Heidemarie Vogl: Der ‹S. d. S›. Eine sp¨atma. mystisch-theologische Kompilation (Meister-Eckhart-Jb. Beiheft 2). Stuttgart 2007, S. 299–637 (Edition nach Karlsruhe und Quellenapparat). Literatur: Kurt Ruh, VL2 9 (1995) Sp. 124 f. – ¨ Josef Quint: Neue Handschriftenfunde zur Uberl. der dt. Werke Meister Eckharts und seiner Schule. Ein Reisebericht (Meister Eckhart. Unters. 1). Stuttgart/Berlin 1940, S. 20, 217 f. BJ Werdener Liederbuch. – Fragmentarische niederfr¨ankisch-westf¨alische geistliche Liedersammlung aus dem ersten Drittel des 16. Jh. mit 23 geistlichen Liedern ohne Noten, drei geistlichen 1628

Ludger (von Werden?) Reimpaarspr¨uchen und einem didaktischen Reimpaarspruch. ¨ Uberliefert als Teil einer Papierhandschrift im Gebetbuchformat (13,5 x 10 cm), die im Stift der Augustiner-Chorfrauen Marienberg (Helmstedt) entstanden und nach der Reformation in die Benediktinerabtei Werden (heute zu Essen) gelangt sein d¨urfte. Es bestanden Verbindungen zwischen Marienberg und den Schwestern des Gemeinsamen Lebens in Deventer/Niederlande, was ¨ die Ubereinstimmung des W. mit dem → Deventer Liederbuch bei neun Liedern und sprachlichen Eigenheiten erkl¨art. Marien- und Weihnachtslieder bilden den Schwerpunkt der Sammlung. Drei Lieder (Nr. 10, 12 u. 13) sind unikal u¨ berliefert, drei sicher bekannten Autoren zuzuordnen (Nr. 16, Johannes → Brugmann; Nr. 20, → Peter von Arberg [Tonautor]; Nr. 21 → Jakob von Ratingen), zwei sind gesicherte Kontrafrakturen (Nr. 14 u. ¨ 15) und Nr. 22 ist eine Ubersetzung eines lat. Hymnus. Die parallel u¨ berlieferten Lieder (neben dem Deventer Liederbuch auch Parallel¨uberlieferung im → Wienh¨auser und → Ebstorfer Liederbuch, im → Liederbuch der Anna von K¨oln und im → Liederbuch der Catherina Tirs) verweisen auf den literarisch-geographsichen Raum Overijssel – Niederrhein – K¨oln – Westfalen. ¨ Uberlieferung: Zuletzt Essen-Werden, Pfarrarch., o. S., verschollen. Ausgabe: Franz Jostes: Eine Werdener Liederhs. aus der Zeit um 1500. In: Nd. Jb. 14 (1888) S. 60–89. Literatur: Johannes Janota, VL2 10 (1999) Sp. 883–886. – G. G. (Sr. Marie Josepha) Wilbrink: Das geistliche Lied der Devotio Moderna. Ein Spiegel niederl¨andisch-dt. Beziehungen. Nijmegen 1930, 14 f., 58 f., 95–113, 192–217. – Robert Jahn, Die a¨ ltesten Sprach- und Literaturdenkm¨aler aus Werden und Essen. In: Beitr. zur Gesch. v. Stadt und Stift Essen 60 (1940) S. 9–142, hier S. 94–98. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des geistlichen Liedes im MA. T¨ubingen 1968, S. 100. – Helmut Tervooren, unter Mitarb. v. Carola Kirschner und Johannes Spicker: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Hb. zur Gesch. der ma. volkssprachlichen Lit. im Raum v. Rhein und Maas. Berlin 2006, 166 f. VZ Wyg, Jakob OFM. – Bearbeiter einer dt. Druckausgabe des Breviarium Romanum. Der ansonsten nicht nachweisbare J. W. («br˚uder e Jacob Wyg barfuser ordens von Kolmar») wird auf 1629

um 1500 Bl. 629v des dt. Breviariums als Bearbeiter be¨ zeichnet. Die dt. Ubertragung umfasst das gesamte Brevier (vgl. → Brevier f¨ur Kaiser Friedrich III.) außer dem Marienoffizium und dem Totenoffizium. Den Anfang bilden mit einem Heiligenkalender verbundene Monatsregeln in Reimen, daran schließen eine Tafel der beweglichen Feste, eine Gebrauchsanweisung f¨ur das Brevier und Verzeichnisse der Psalmen, Hymnen, Antiphonen, Versikel, Lesungen usw. an; die dt. Druckausgabe, erschienen in einer Auflage von 400 Exemplaren, wurde von dem kroatischen Grafen Christoph Frangepan (1482–1527) und seiner Frau Apollonia in Auftrag gegeben. e ¨ Uberlieferung: Das deutsch romisch Breiuer, Druck Venedig, Gregorius de Gregoriis 1518, 4°, 645 Bll., Ex. u. a. N¨urnberg, StB, Solg. Ms. 15, 4°. Vgl. dazu Hanns Bohatta: Bibliogr. der Breviere 1501–1850. Leipzig 1937, Nr. 63. Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 10 (1999) Sp. 1464–1466. – Michael Bihl: Catalogus scriptorum observantium Argentinae, 1440–1587. In: Analecta Franciscana 8 (1946) S. 780–849, hier S. 848 f. – Kurt Erich Sch¨ondorf: Die Tradition der dt. Psalmen¨ubers. K¨oln u. a. 1967, S. 85–87. – Ru¨ dolph Stephan: Teutsch Antiphonal (Sb. der Osterr. Akad. der Wiss. 598, Ver¨off. der Kommission f¨ur Musikforschung 24). Wien 1998, S. 34–39, 169 f. SF Ludger (von Werden?) OSB, † 1517. – M¨oglicher Verf. einer Neujahrspredigt. Bei L. handelte es sich wahrscheinlich um einen Benediktiner im K¨olner Kloster Sankt Pantaleon, der seit 1511 auch Beichtvater der Benediktinerinnen im Mauritiuskloster in K¨oln war. Bereits 1501 erhielten diese Nonnen von einem L. eine emblematische Neujahrspredigt in dt. Sprache zugeschickt, die in einer M¨unsteraner Handschrift er¨ halten ist. Die zeitliche und o¨ rtliche Ubereinstimmung machen den genannten M¨onch als Verfasser sehr wahrscheinlich. Inhaltlich konstruiert die Predigt Verbindungen zwischen Aspekten der Heiligen Lade des AT und Gruppen frommer Schwestern. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Hs. N.R. 5000 (fr¨uher Ms. N.R. 27), 338r–341v (Pap., 1537, ripuarisch). Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 961 f. – Ders.: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA. Einige neue Predigernamen. 1630

um 1500 In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. dems./Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, hier S. 336, 350. MM Leo, Johannes (Lewen) OP. – Prediger des 15./16. Jh. L., der vielleicht aus Peckelsheim/Westfalen stammte, trat vor 1483 dem K¨olner Dominikanerkloster bei; 1503 war er Lektor und Vertreter des Hauptpredigers des K¨olner Konvents. Von ihm sind zwei deutschsprachige Ablasspredigten u¨ berliefert, die er 1502 im K¨olner Benediktinerinnenkloster St. Mauritius gehalten hatte. ¨ Uberlieferung: M¨unster, UB, Hs. N. R. 5000, 317r–328r. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 5 (1985) Sp. 712 f. – Gabriel Maria L¨ohr: Beitr. zur Gesch. des K¨olner Dominikanerklosters im MA. 2 Bde. (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 15). Leipzig 1922/23. – Nikolaus Paulus: Gesch. des Ablasses am Ausgang des MA. Bd. 3. Paderborn 1923. – Johannes Baptist Schneyer: Gesch. der katholischen Predigt. Freiburg i. Br. 1969, S. 199. – D. Schmidtke: Zur Gesch. der K¨olner Predigt im Sp¨atMA [...]. In: FS Ingeborg Schr¨obler. Hg. v. D. Schmidtke/ Helga Sch¨uppert. T¨ubingen 1973, S. 328–361, bes. S. 328, 336, 350 f. SF ¨ Osterreicher, Konrad OFM, † 1506 Ingolstadt. ¨ war 1489/90 Vizeguardian in Landshut, O. 1490–92 in Mu¨ nchen, 1492–1504 dort Prediger und 1504/05 in Bamberg, 1505 Vizeguardian und Novizenmeister in Ingolstadt. Seine Venustissima materia Passionis Christi Iesu (Drucke o. J., 1502, 1507; dt. 1581) behandelt die Genugtuungslehre in prozessualer (1. Hauptst¨uck) und traktathafter (2. Hauptst¨uck) Form. Christi Tod wird dreifach begr¨undet (Vorbedeutung, Vorverk¨undigung, Vollzug); die prozessuale Beweisf¨uhrung verlangt, dass Christus am Kreuz sterben muss. Das 2. Hauptst¨uck («Von drei Ursachen, weshalb Christus sterben mußte») ist eine systematische, scholastisch bestimmte Genugtuungslehre. Ausgabe: Parthenius Minges: Sehr anmutige ¨ Materie u¨ ber das Leiden Christi von K. O. Regensburg 1923 (mit Angaben zum verlorenen Tractatus de septem sacramentis S. matris ecclesie 1631

Leo [1502], einer Collectaneensammlung zu homiletischen Zwecken). Literatur: Kut Ruh VL2 7 (1989) Sp. 113–116. – Minges (s. Ausg.). – K. Ruh: Zur Theologie des ma. Passionstraktats. In: Basler Theologische Zs. 6 (1950) S. 17–39. BJ Emmericher Schwesternbuch. Das 1971 in einer Kopie (1921/22) wieder aufgefundene S¨usternbuch des Agnetenklosters in Emmerich am Niederrhein enth¨alt nach einem Prolog 69 Lebensl¨aufe, zun¨achst die der ersten drei Rektorinnen des Hauses, dann die der vier ersten Mu¨ tter. Die folgenden Schwesternviten sind unterschiedlich lang. Entgegen der Bestimmung des Windesheimer Generalkapitels von 1455, dass es Klosterschwestern «bei Kerkerstrafe» verboten sei «Schriften philosophischen Inhalts» und «Offenbarungen» zu verfassen und abzuschreiben, sollen in Emmerich «die S¨ustern B¨ucher kopiert, illuminiert und eingebunden haben» (H¨ovelmann, S. 47). Illuminierung und Binden von Manuskripten waren verbreitete T¨atigkeiten bei Klosterfrauen. Die Kopierarbeit ist wohl auf liturgische B¨ucher einzuschr¨anken. ¨ Uberlieferung: Emmerich, Stadtarch., Nr. 1206, 237 Bl. (Pap., ripuarisch; verschollen). Ausgabe: Anne Bollmann/Nikolaus Staubach (Hg.): Schwesternbuch und Statuten des St.Agnes-Konvents in Emmerich (Emmericher Forschungen 17). Emmerich 1998. – H¨ovelmann 1971, S. 52–62 (drei kleinere Viten und eine ausf¨uhrliche von Yde van Huntten). Literatur: Kurt Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 405–407. – Gregor H¨ovelmann: Das Emmericher Su¨ sternbuch. Eine verloren geglaubte Hauptquelle zur Gesch. der Devotio Moderna. In: Thomas v. Kempen. Beitr. zum 500. Todesjahr 1471–1971. Kempen 1971, S. 43–62. – Wybren Scheepsma: Deemoed en devotie. De koorvrouwen van Windesheim en hun geschriften. Proefschrift Leiden. Amsterdam 1997. – K. Ruh: Die Schwesternb¨ucher der Niederlande. In: ZfdA 126 (1997) S. 166–173. – Ders.: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 313–322. – Ulrike Hascher-Burger: Auf Spurensuche: Instrumentalmusik in der Devotio moderna? In: Meer dan muziek alleen. In memoriam Kees Vellekoop. Red. R. E. V. Stuip (Utrechtse Bijdragen tot de Medi¨evistiek 20). Hilversum 2004, 127–142, hier S. 129 f. – Ekkehard Borries: Schwesternspiegel im 1632

Guttel ¨ 15. Jh. Gattungskonstitution – Editionen – Unters. Berlin/New York 2008. BJ Krafft, Ulrich (Kraft), * um 1455 Ulm, † 11.4.1516 Ulm. – Jurist, Prediger. Der Sohn eines B¨urgermeisters studierte seit 1475 in Basel und seit 1477 in T¨ubingen, wo er 1479 den Magistergrad erwarb. 1482 ging er nach Padua und wurde dort um 1482 zum Dr. jur. promoviert. 148 wurde er in T¨ubingen erneut promoviertr. Danach lehrte er r¨omisches Recht in T¨ubingen (1485–91), Freiburg/Br. (1492–95) und Basel (1495–1501). Daneben war er seit 1486 Domherr in Augsburg und Konstanz, seit 1495 Kanonikus in Basel. 1500 zum Priester geweiht, wurde er 1501 zum Ulmer M¨unsterprediger ernannt. Auch wirkte er als Klosterreformer und Ablasskommissar. 1516 war er durch die Stiftung von B¨uchern ein Mitbegr¨under der sp¨ateren Stadtbibliothek von Ulm. Von K. sind zwei dt. Predigtsammlungen in Handschriften und Drucken erhalten, die wahrscheinlich auf direkten Vorlagen K.s beruhen. Der geistliche Streit enth¨alt 36 Fastenpredigten, die 1503 gehalten wurden. Die Predigten behandeln trocken und anspruchslos g¨angige Themen wie Gebet, Sakramente, S¨unden, Laster, Tugenden, Laster und die Passion Christi. Die Arch Noe (1514) versammelt Fasten-, Heiligen- und Festtagspredigten. Jeder Sammlung liegt eine Allegorie oder Metapher zugrunde: im Streit die «militia christiana», in der Arch das «geistliche Schiff». ¨ Uberlieferung: Der geistliche Streit: M¨unchen, BSB, Cgm 460, 1r–172r (Pap., 1505, schw¨abisch). Drucke: Der geistliche Streit: [Straßburg: Konrad ¨ 1517]. – [o. O. Kerner oder Johann Knobloch d. A. 1555]. – Arch Noe: Straßburg: Konrad Kerner 1517. Ausgabe: Vincenz Hasak: Der christliche Glaube des deutschen Volkes beim Schlusse des Mittelalters, dargestellt in deutschen Sprachdenkmalen, oder 50 Jahre der deutschen Sprache im Reformationszeitalter vom Jahre 1470 bis 1520 [...]. Regensburg 1868, S. 435–442, 485–487. – Rudolf Cruel: Gesch. der dt. Predigt im MA. Detmold 1879 (Nachdr. Darmstadt 1966) S. 562 f. Literatur: Hermann T¨uchle, LThK2 6 (1961) Sp. 579. – Volker Honemann, Dict. Spir. 8 (1973) Sp. 1774 f. – Ders., VL2 5 (1985) Sp. 332–334. – Albrecht Schaefer: Das Testament des Ulmer Plebans Dr. jur. U. K. vom 1. April 1516. In: Ulm und Oberschwaben 33 (1953) S. 80–87. – Roland Schelling: Der Jurist U. K. und das schw¨abische st¨adtische Wirtschaftsrecht im sp¨aten MA und 1633

1. H¨alfte 16. Jh. zu Beginn der Neuzeit. Diss. T¨ubingen 1954, S. 11–70. – Adolar Zumkeller: Das Ungen¨ugen der menschlichen Werke bei den dt. Predigern des Sp¨atMA. In: Zs. f¨ur katholische Theologie 81 (1959) S. 265–305. – Hugo Rahner: Symbole der Kirche. Die Ekklesiologie der V¨ater. Salzburg 1964, S. 504–547. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, S. 187 f. (T 186). MM Salus animae. – Dt. Gebetbuch, im Oktober 1503 von Hieronymus H¨oltzel in N¨urnberg gedruckt. S. a. folgt in seinem Textbestand, nicht jedoch in der Abfolge der Texte weitgehend dem 1501 erstmals in Straßburg erschienenen Seeleng¨artlein, der verbreitetsten dt. Fassung des → Hortulus animae. W¨ahrend s¨amtliche «Ars moriendi»-Texte fehlen, ist ein Gebet f¨ur Brautleute (265v–266r) neu. Der hl. Sebald erscheint nicht nur als Titelholzschnitt vor dem Kalender (1v), sondern erh¨alt im Sanctorale ein l¨angeres Gebet (182r–184r). Von den 65 fig¨urlichen Holzschnitten des N¨urnberger Drucks werden die meisten Albrecht D¨urer zugeschrieben. Literatur: Peter Ochsenbein, VL2 8 (1992) Sp. 546 f. – M. Consuelo Oldenbourg: Hortulus animae [1494]–1523. Bibliogr. und Illustration. Hamburg 1973, S. 208–211. BJ Guttel, ¨ Caspar (G¨uthel, Guttel), * 1471 Reetz/ Oberpfalz, † 24.5.1542 Eisleben. – Prediger. G. studierte Theologie in Leipzig; 1498 erfolgte die Priesterweihe. 1514 trat er in den Orden der Augustiner ein. Im Jahr darauf wurde er in den neu er¨offneten Konvent in Neustadt-Eisleben entsandt. 1518 wurde er dort Prior; nach Aufl¨osung des Konvents 1523 wandte er sich der evangelischen Lehre zu und bet¨atigte sich in der Folge als Prediger in Zwickau, Arnstadt und Brix in B¨ohmen; wurde sp¨ater erster evangelischer Pfarrer und Superintendent der Grafschaft Mansfeld in Eisleben. Von ihm stammen zahlreiche dt. Predigten und Lehrschriften, die h¨aufig in der Form eines Meister-Sch¨uler-Gespr¨achs angelegt sind. Ausgabe: Vincenz Hasak: Der christliche Glaube beim Schlusse des MA. Regensburg 1868, S. 546 f. (Ausz¨uge). Literatur: Ernst Anem¨uller, ADB 10 (1879) S. 225 f. – Dagmar Ladisch-Grube, VL2 3 (1981) Sp. 346 f. – Gustav Kawerau: Caspar G. Ein Lebensbild aus Luthers Freundeskreis. In: Zs. des 1634

1. H¨alfte 16. Jh. Harz-Ver. 14 (1881) S. 33–132. – Otto Clemen: Erg¨anzungen zu Kawerau, Caspar G. In: ebd. 31 (1898) S. 316–322. – Karin Morvay/Dagmar Grube: Bibliogr. der dt. Predigt des MA. Ver¨offentlichte Predigten (MTU 47). Mu¨ nchen 1974, T 177. – Enno B¨unz: K. G. Geistlicher an der Zeitenwende v. Sp¨atMA und Reformation. In: Christlicher Glaube und weltliche Herrschaft. Gedenkschr. G¨unther Wartenberg. Hg. v. Michael Beyer u. a. (Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegesch. 24). Leipzig 2008, S. 167–178. SF ¨ Ederin, Katharina. – Ubersetzerin bzw. Bearbeiterin oder Schreiberin eines Traktats → Davids von Augsburg. E., eine ansonsten unbekannte Nonne im Freiburger Dominikanerinnenkloster St. Maria Mag¨ dalena, k¨onnte im Jahr 1505 als Ubersetzerin von Davids Novizentraktats Formula de compositione hominis exterioris ad novizios gewirkt haben; ihr Name ¨ wird am Schluss der Ubersetzung genannt. Der Traktat bietet anders als die Vorlage Lehren und Anweisungen f¨ur weibliche Novizen, dazwischen einen Abschnitt u¨ ber die freiwillige Armut und ein Abschnitt u¨ ber Christus als den «gesponß». ¨ Uberlieferung: Der Text ist unikal in der Handschrift Freiburg i. Br., UB, Cod. 219, 9r–20v, 22r–33v, 21v, u¨ berliefert. Ausgabe: Karl Rieder (Hg.): Ain form oder ain gestalt aines gaistlichen anfahenden lebens, so der mensch noch ain noviz darin ist, wirt dieser nachfolgend tractat genempt. In: Alemannia 25 (1898) S. 166–180. Literatur: Kurt Ruh, VL2 2 (1980) Sp. 356. – Winfried Hagenmaier: Die dt. ma. Hss. der UB und die ma. Hss. anderer o¨ ffentlicher Slg. (Kat. der UB Freiburg i. Br. 1/4). Wiesbaden 1988, S. 63. – Marie-Luise Ehrenschwendtner: Die Bildung der Dominikanerinnen in Su¨ ddeutschland vom 13. bis 15. Jh. (Contubernium 60). Stuttgart 2004, S. 104. SF Fabri, Wendelin OP, * um 1465 (bei) Pforzheim (?), † nach 1533 Markdorf/Bodensee. – Prediger und theologischer Schriftsteller. F. trat um 1480/85 in Pforzheim in den Predigerorden ein. 1509–27 war er Confessarius und Spiritual des Dominkanerinnenklosters Zoffingen zu Konstanz sowie zeitweise Lektor der dortigen Domschule. 1511/12 erwarb F. in Rom die Doktorw¨urde. Nach vergeblichem Widerstand gegen 1635

Ederin die Reformation folgte er 1527 dem Konstanzer Bischof Hugo von Hohenlandenberg und dem Domkapitel ins Meersburger Exil und war seit 1528 in Markdorf bepfr¨undet. Auf der Grundlage seiner Zoffinger Predigtzyklen verfasste F. um 1510–18 dt. eucharistische und asketische Traktate f¨ur die kl¨osterliche Tischlesung. Diese sind in einer Abschrift von drei St. Galler Nonnen in einem Codex, der ausschließlich den Werken F.s gewidmet ist, unikal u¨ berliefert. Die einzelnen Traktate sind (in der Reihenfolge der Abschrift): Sacrament des fronlichnams, Von den f¨unff girsti brot der gaistlichen vnd der ingeschlossenen (¨uber die Askese der Nonnen, ausgehend von Joh 6,9), Fr¨uchte der mess, Villicatorius (Allegorie einer geistlichen Meierei als Einf¨uhrung in das asketische Leben), Prudentia simplex religiosorum (in vier Traktate ¨ gegliederte geistliche Ubungen, die vom Rosetum exercitiorum spiritualium et sacrarum meditationum des Johannes Mauburnus [Basel 1504] deutlich beeinflusst sind) und eine christologische Auslegung der liturgischen O-Antiphonen. Ferner verfasste F. ein fr¨uhhumanistisches Lobgedicht auf Heinrich Bebel, In laudem Henrici Bebelii [...] Sapphicon, das 1506 in einer Doppelausgabe von Jakob Heinrichmanns Grammatica und Bebels Ars condendorum carminum erstmals in den Druck gelangte. ¨ Uberlieferung: St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 990, 294 Bll. (Pap., 1521/22, aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in St. Gallen, alemannisch). – Erstdruck Lobgedicht: Grammatica Jacobi / Henrichman [...] Ars condendorum carmin˜u Henrici Bebelij Iustin=/gensis Poete˛ Laureati [...]. Pforzheim, Thomas Anshelm, 1506 (VD16 H 1983), Bl. 205v, im Anschluss an Bebels Ars condendorum carminum (Ars versificandi), zahlreiche Neuauflagen. Literatur: Karl H¨opf, Dict. Spir. 5 (1964) Sp. 24 f. – Kurt Hannemann, VL2 2 (1980) Sp. 698–700. – Isnard Wilhelm Frank, LThK3 3 (1995) Sp. 1149. – K. Johannes H¨opf: Der Zoffinger Spiritual W. F. O. P. aus Pforzheim und seine geistlichen Schr. Ein Beitr. zur vorreformatorischen Gesch. der dominikanischen Observanz und Predigt in der Teutonia. Diss. Freiburg/Br. 1951. – Brigitta Hilberling: 700 Jahre Kloster Zoffingen 1257–1957. Konstanz 1957, S. 43–50, 197 (Reg.). – Hermann Buck/Ekkehard Fabian: Konstanzer Reformationsgesch. in ihren Grundz¨ugen Bd. 1: 1519–1531. T¨ubingen 1965, S. 41, 63, 99, 103–108, 117. – Alfred V¨ogeli (Hg.): J¨org V¨ogeli, 1636

Emser Schr. zur Reformation in Konstanz 1519–1538. Bd. 2,2: Komm. und Reg. (Schr. zur Kirchenund Rechtstgesch. 41). Tu¨ bingen 1973, S. 1147 f., 1459. – Zu F.s Privatbibl.: Armin Schlechter/Ludwig Ries: Kat. der Inkunabeln der UB Heidelberg, des Inst. f¨ur Gesch. der Medizin und des Stadtarch. Heidelberg Bd. 1 (Kat. der UB Heidelber 9,1/Inkunabeln in Baden-W¨urttemberg 3,1). Wiesbaden 2009, S. 48 f. VZ Schott, Johann, * 1477 Straßburg, † um 1548 ebd. – Straßburger Drucker und Humanist. S., Sohn des Buchdruckers und Patriziers Martin S., studierte in Freiburg i. Br., Heidelberg und ¨ Basel. Er ist der Verfasser einer k¨urzenden Ubersetzung der Vita Jesu Christi → Ludolfs von Sachsen unter dem Titel: Das Leben Jesu Christi gezogen auß den Euangelien (Druck Straßburg, Johann Knoblouch, 1508); ferner stammen von ihm ein Dekalogtraktat Spiegel christlicher Wallfahrt (1509) und ein Enchiridion poeticum (1514). Von S. stammen außerdem zahlreiche Vorreden zu bei ihm erschienenen Drucken. Literatur: Karl Steiff, ADB 32 (1891) S. 402–404. – Volker Honemann: J. S.s ‹Spiegel christlicher Wallfahrt› (1509). Ein Dekalogtraktat aus dem Umkreis des Straßburger christlichen Humanismus. Zur Text- und Bildtradition der Zehn ¨ Gebote und Zehn Agyptischen Plagen. In: Sp¨atma. geistliche Lit. in der Nationalsprache [...]. Hg. v. James Lester Hogg (Analecta Cartusiana 106/2). Salzburg 1984, S. 28–102. SF Emser, Hieronymus, * 26. oder 16. 3.1478 Weidenstetten bei Ulm, † 8.11.1527 Dresden. – Humanist und Kontroverstheologe. E. war vermutlich adliger Abkunft, sein Vater Johannes Emser ist um 1500 als benediktinischer Stiftskanzler in Augsburg bezeugt. 1493 nahm E. das Studium der Artes in T¨ubingen auf, wo er bei Dionysius Reuchlin, dem Bruder Johannes → Reuchlins, Griechisch lernte. 1497 wechselte er nach Basel (im selben Jahr Baccalaureus, 1499 Magister Artium). Er ließ theologische und juristische Studien folgen und lernte Willibald → Pirckheimer kennen. 1502 ist E. in Basel als Priester bezeugt und wird im selben Jahr nach kurzem Gef¨angnisaufenthalt aus der Stadt gewiesen, nachdem er offenbar Spottverse auf die Schweiz gedichtet hatte. Er begleitete daraufhin als Sekret¨ar und Kaplan bis 1502 1637

1. H¨alfte 16. Jh. den p¨apstlichen Legaten Kardinal Raimund Peraudi, der in Deutschland Abl¨asse f¨ur den T¨urkenkreuzzug verkaufte. Ende 1503 oder Anfang 1504 hielt E. sich kurz im Kreise Jakob → Wimpfelings in Straßburg auf, der ihn in einem Brief an Sebastian → Brant als Hauslehrer empfahl. Im Sommersemester 1504 weilte E. an der Universit¨at Erfurt, wo nach seinen eigenen Angaben Luther eine Vorlesung E.s besucht habe, und noch im selben Jahr erscheint er in Leipzig. Dort erwirbt E. 1505 das theologische Baccalaureat und wird 1509 zum Lizentiaten des kanonischen Rechts promoviert. Von 1505 bis um 1511 war E. Kaplan und Sekret¨ar des Herzogs Georg von Sachsen am Dresdner Hof, in dessen Auftrag er auch die Kanonisierung des Bischofs Benno von Meißen vorantreiben sollte. Als Berater blieb er Georg auch sp¨ater eng verbunden. Im Anschluss an diese Anstellung widmete E. sich seinen Studien, erm¨oglicht durch Pfr¨unde in Dresden und Meißen. Nach einer Predigt Luthers im Dresdner Schloss im Juli 1518, war Luther mit anderen Theologen Gast im Hause E.s. Hier entwickelte sich ein Streit, der zun¨achst noch beigelegt werden konnte, nach der Leipziger Disputation (Juni/Juli 1519) aber zu offener Feindschaft f¨uhrte. An diesem Punkt setzt E.s eigentliche theologische Publizistik ein, die sich meist polemisch gegen reformatorische Schriften und Positionen richtet. E. wurde zum wichtigsten Gegner Luthers im albertinischen Sachsen und betrieb von 1524–26 sogar eine eigene Druckwerkstatt in seinem Haus («Emserpresse»). E., der seine Schriften sowohl in dt. als auch in lat. Sprache verfasste, verwendet in seiner Dt. Satyra erstmals im Titel eines dt. Werkes den Begriff «Satire» im Sinne von Straf- und Lehrgedicht. Aus der Korrespondenz E.s sind u. a. Briefwechsel mit Erasmus von Rotterdam und Pirckheimer er¨ halten. Auch bet¨atigte sich E. als Ubersetzer und Herausgeber. 1527 ver¨offentlicht er seine «katholi¨ sche» Ubersetzung des NT («Emsertestament»). Schriften und Erstdrucke: Eyn deutsche Satyra vnd straffe des Eebruchs vnnd in was wurden vnnd erenn der Eelich stand vorczeiten gehalten mit erclarung vil schoner historien. Leipzig 1505 (VD 16 E 1110). – Dialogismus Hieronymi Emser de origine propinandi vulgo compotandi et an sit toleranda compotatio in rep. bene instituta nec ne [Dialog u¨ ber die Vor- und Nachteile von Trinkgelagen]. Leipzig 1505 (VD 16 E 1111). – Epitome ad sanctissimum dominum nostruum Papam 1638

1. H¨alfte 16. Jh. Julium secundum super vita miraculis et sanctimonia diui patris Bennonis [...] [Kurzfassung der Vita Bennos]. Leipzig 1505 (VD 16 ZV 4995). – Opuscula Hieronymi Emser Ducalis Secretarij que in hoc libello continentur [...] [Slg. v. Musterbriefen]. Leipzig 1509 (VD 16 E 1127). – Divi Bennonis Misnensis quondam episcopi vita. miracula. et alia quedam non tam Misnensibus quam Germanis omnibus decora [...]. [Vita Bennos] Leipzig 1512 (VD 16 E 1117). – Das heilig leben vnd legend des seligen Vatters Bennonis weylund Bischoffen tzu Meyssen: gemacht vnd in das tewtsch gebracht [...]. Leipzig 1517 (VD 16 ZV 4997). – Antireformatorische Streitschriften (Auswahl): De disputatione Lipsicensi: quantum ad Boemos obiter deflexa est [...]. Leipzig 1519 (VD 16 E 1116). – A Venatione Luteriana Aegocerotis assertio [...]. Leipzig 1519 (VD 16 E 1181). – Wider das vnchristenliche buch Martini Luters Augustiners an den Tewtschen Adel außgangen [...]. Leipzig 1521 (VD 16 E 1137). – Emsers vorantwurtung auff das ketzerische buch Andree Carolstats von abthueung der bilder [...]. Leipzig 1522 (VD 16 E 1109). – Wyder den falschgenanten Ecclesiasten vnd warhafftigen Ertzketzer Martinum Luter. Emßer getrawe vnd nawe vorwarnung mit bestendiger verlegung auß bewerter vnd canonischer schrifft. Leipzig 1523 (VD 16 E 1138). – Canonis Missae contra Huldricum Zwinglium. Defensio. Dresden (Emserpresse) 1524 (VD 16 E 1104). – Missae Christianorum contra Lutheranam missandi formulam Assertio. Dresden (Emserpresse) 1524 (VD 16 E 1121). – Antwurt Auff das lesterliche buch wider Bischoff Benno zu Meissen vnd erhebung der heylign iungst außgegangen. Dresden (Emserpresse) 1524 (VD 16 E 1083). – ενκωµιον in diuum Bennonem [...]. [‹Lied u¨ ber Benno und Luther› mit Noten anl¨asslich des Streits um die Erhebung der Gebeine Bennos]. Einblattdruck Dresden (Emserpresse) 1524. – Auff Luthers grewel wider die heiligen Stillmeß. Antwort. Jtem wie wo vnd mit wolchen wortten Luther yhn seyn buechern tzur auffrur ermandt geschriben vnd getriben hat. Dresden (Emserpresse) 1525 (VD 16 E 1088). – Der bock trith frey auff disen plan // Hat wyder Ehren nye gethan // Wie sehr sie yn gescholden han // Was aber Luther fuer ein man // Vnd wilch ein spil er gfangen an // Vnd nun den mantel wenden kan // Nach dem der wind thut eynher ghan // Findstu in disem buechlin stan. Dresden (Emserpresse) 1525 (VD 16 E ¨ 1102). – Ubersetzungen ins Dt., «Emsertestament»: 1639

Emser Das naw testament nach lawt der Christlichen kirchen bewertem text corrigirt vnd widerumb zu recht gebracht [...]. Dresden 1527 (VD 16 B 4374). ¨ Grundlage ist Luthers Ubersetzung, die E. an einigen Stellen lediglich w¨ortlicher an die Vulgata anlehnt. Vorarbeiten haben in den zahlreich aufgelegten Annotationes stattgefunden: Annotationes Hieronymi Emser vber Luthers naw Testament gebessert vnd emendirt. Dresden (Emserpresse) 1525 (VD 16 1090); Ertstausg. u. d. T.: Auß was gruend vnnd vrsach Luthers dolmatschung vber das nawe testament dem gemeinen man billich vorbotten worden sey. Mit scheynbarlicher anzeygung wie wo vnd an woelchen stellen Luther den text vorkert vnd vngetrewlich gehandelt hab. Leipzig 1523, mit einer Vorrede Herzog Georgs (VD 16 E 1089). Gemeinsame Ausg. des Testaments und der Annotationes: Leipzig 1528 (VD 16 B 4384). Eine ¨ nd. Ubers. unter dem Namen E.s gelangte zuerst 1526 in K¨oln in den Druck (DAt gantze New Testament vp duydtsch [...]. [VD 16 B 4506]). Insgesamt erreicht diese nd. Fassung u¨ ber 70 Drucke bis 1793; ¨ vgl. K¨oster 1996, S. 357–396. – Zu weiteren Ubers. (u. a. Erasmus, Plutarch) vgl. VL Humanismus 1 (2008) Sp. 620 f. und zu E.s Herausgebert¨atigkeit, u. a. Erasmus’ Enchiridion (Enchiridion Erasmi Roterodami Germani de milite Christiano [...]. Leipzig 1515 [VD 16 E 2744]) vgl. ebd. Sp. 625 und Aurich 2000, S. 41–89. Ausgaben: Vita Bennos (1517): Acta Sanctorum Junii Bd. 3. Antwerpen 1701, S. 150–173. – Ludwig Enders: Luther und E. Ihre Streitschr. aus dem Jahre 1521. 2 Bde. (Neudr. dt. Literaturwerke des 16. und 17. Jh. 83/84 und 96/98; Flugschr. aus der Reformationszeit 8/9). Halle 1890–92. – Otto Clemen: Briefe v. H. E., Johann Cochl¨aus, Johann Mensing und Petrus Rauch an die F¨urstin Margarete und die F¨ursten Johann und Georg von Anhalt (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte 3). Mu¨ nster 1907. – Ernst Weißbrodt: Das nd. ¨ NT nach E.s Ubers., Rostock 1530. Eine Ausw. aus den Lemgoer Bruchst¨ucken. Mit einer Einl. ¨ (Kleine Texte f¨ur Vorlesungen und Ubungen 106). Bonn 1912. – Franz Xaver Thurnhofer: De disputatione Lipsicensi, quantum ad Boemos obiter deflexa est (1519) – A venatione Luteriana aegocerotis assertio (1519) (Corpus Catholicorum 4). Mu¨ nster 1921. – Robert T. Clark jr.: H. E. Eyn deutsche Satyra [...]. (Texte des sp¨aten MA 3). Berlin u. a. 1956. – Theobald Freudenberger: H. E. 1640

Mechthild von Schottland Schr. zur Verteidigung der Messe (Corpus Catholicorum 28). Mu¨ nster 1959. – Gerhard Ruh: H. E. Eyn deutsche Satyra und Straffe des Eebruchs. Unters. und Text. Diss Heidelberg 1964. – Adolf Laube unter Mitarb. von Ulman Weiß: Flugschr. gegen die Reformation Bd. 1: 1518–1524. Berlin 1997, S. 221–269, 305–343, 456–483, 509–529; Bd. 2: 1525–1530. Berlin 2000, S. 65–75, 136–141, 398–403. – Lied u¨ ber Benno und Luther: Aurich 2000 (s. Lit.) S. 54 f. (Nr. 12, mit Abb.). Literatur: Theodor Kolde, ADB 6 (1877) S. 96–99. – Heinrich Grimm, NDB 4 (1959) S. 488 f. – De Boor/Newald 4,2 (1973) S. 85–94 passim u. o¨ . (Reg.). – Josef Steinruck, TRE 9 (1982) S. 576–580. – Remigius B¨aumer, MarLex 2 (1989) S. 337. – Heribert Smolinsky, LThK 3 (1995) Sp. 637. – Hellmut Zschoch, RGG 2 (1999) Sp. 1271. – Ludger Lieb, VL Dt. Humanismus 1 (2008) Sp. 614–627. – Kenneth Albert Strand: Reformation Bibles in the Crossfire: The Story of Jerome E., His Anti-Lutheran Critique and His Catholic Bible Version. Ann Arbor MI 1961. – Ders.: The Emserian Testament Used by the Rostock Brethren of the Common Life for Their LowGerman Translation. In: Arch. f¨ur Reformationsgesch. 55 (1966) S. 216–220. – Heinz Bluhm: E.s ‹Emendation› of Luthers NT, Galatian 1. In: Modern Language Notes 81 (1966) S. 370–397. – KarlHeinz Musseleck: Unters. zur Sprache katholischer Bibel¨ubers. der Reformationszeit (Stud. zum Fr¨uhnhd. 6). Heidelberg 1981, S. 23–40 u. o¨ . – Heribert Smolinsky: Augustin von Alveldt und H. E. Eine Unters. zur Kontroverstheologie der fr¨uhen Reformationszeit im Herzogtum Sachsen (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte 122). Mu¨ nster 1983. – Raimund Kemper: Kleinigkeiten zu E. In: Leuvense bijdragen 74 (1985) S. 67–79. – Hermann Gelhaus: Der Streit um Luthers Bibelverdeutschung im 16. und 17. Jh. Bd. 1 (Reihe Germanistische Linguistik 89). Tu¨ bingen 1989, Reg. – H. Smolinsky: Streit um die Exegese? Die Funktion des Schriftargumentes in der Kontroverstheologie des H. E. In: Zum Gedenken an Joseph Lortz (1887–1975). Beitr. zur Reformations¨ gesch. und Okumene. Hg. v. Rolf Decot. Stuttgart 1989, S. 358–375. – Walter Behrendt: H. E.s ‹Satyra›, Johannes Adelphus und der ‹Wormser Freidank›. In: ZfdA 119 (1990) S. 185–191. – Barbara K¨onnerker: Satire im 16. Jh. (Arbeitsb¨ucher zur Literaturgesch.). M¨unchen 1991, S. 31 f. – Uwe K¨oster: Stud. zu den katholischen dt. Bibel¨ubers. 1641

1. H¨alfte 16. Jh. im 16., 17. und 18. Jh. (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte 134). Mu¨ nster 1996, S. 7–10, 17–27 u. o¨ . – Fidel R¨adle: Der heilige Benno v. Meißen und Hildesheim. Texte aus der Hs. Dombibl. Hs 123b. In: B¨ucherschicksale. Die Dombibl. Hildesheim. Hg. v. Jochen Bepler/Thomas ScharfWrede. Hildesheim 1996, S. 271–304. – Benedikt Peter: Der Streit um das kirchliche Amt. Die theologischen Positionen der Gegner Martin Luthers (Ver¨off. des Inst. f¨ur Europ¨aische Gesch. Mainz 170. Abt. abendl¨andische Religionsgesch.). Mainz 1997, S. 49–78. – Frank Aurich: Die Anf¨ange des Buchdrucks in Dresden. Die Emserpresse 1524–1526 (Schriftenreihe der SLUB 3). Dresden 2000. – Christoph Volkmar: Die Heiligenerhebung Bennos v. Meissen (1523/24). Sp¨atma. Fr¨ommigkeit, landesherrliche Kirchenpolitik und reformatorische Kritik im albertinischen Sachsen in der fr¨uhen Reformationszeit (Reformationsgeschichtliche Stud. und Texte 146). Mu¨ nster 2002, Reg. – Kai Bremer: Religionsstreitigkeiten. Volkssprachliche Kontroversen zwischen altgl¨aubigen und evangelischen Theologen im 16. Jh. (Fr¨uhe Neuzeit 104). T¨ubingen 2004, bes. S. 66–100. – F. Aurich: Die Emserpresse im Dienste der Religionspolitik Herzog Georgs. In: B¨ucher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland. Neue Forschungen zur Kommunikations- und Mediengeschichte um 1500 (Schr. zur s¨achsischen Gesch. und Volkskunde 15). Hg. v. Enno B¨unz. Leipzig 2006, S. 153–163. – C. Volkmar: Reform statt Reformation. Die Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. 1488–1525 (Sp¨atMA, Humanismus, Reformation 41). T¨ubingen 2008, Reg. – Ders.: Georg v. Sachsen und der Humanismus. Distanz und N¨ahe. In: Der Humanismus an der Univ. Leipzig (Pirckheimer-Jb. zur Renaissance- und Humanismusforschung 23). Hg. v. E. B¨unz. Wiesbaden 2008, S. 129–148 passim. – Saskia Braun: ‹Wider das unchristliche Buch Martin Luthers ...›. Zur rhetorischen Komposition in H. E.s ‹refutatio› auf Luthers Adelsschr. In: Daphnis 38 (2009) S. 491–526. VZ Mechthild von Schottland. – Nd. Prosalegende. Quelle der Legende der Tochter eines K¨onigs von Schottland und Schwester des Alexander von Foigny ist das Bonum universale de apibus (lib. II, cap. X) des Thomas von Cantimpr´e. ¨ Uberlieferung: Hannover, LB, Cod. I 239, 306r–310r. – Bonn, UB, Cod. S 302, 197r. Ausgabe: Stammler (s. Lit.) S. 50 f. 1642

1. H¨alfte 16. Jh. Literatur: Werner Williams-Krapp, VL2 6 (1987) Sp. 270. – Wolfgang Stammler: Mittelnd. Lesebuch. Hamburg 1921, S. 138, 147. BJ Murner, Batt (Beatus), * zwischen 1488 und 1492 Straßburg, † vor 1526. – Buchdrucker. Der j¨ungere Bruder Thomas Murners war 1511/12 in Frankfurt/M. t¨atig. Thomas M. ist Autor oder Herausgeber von acht der neun Drucke des B. M. Ob M. als Verfasser der von ihm gedruckten religi¨osen Erbauungsschrift Schiffart von dissem eilenden jamertal (1512) gelten kann, ist unsicher, obwohl unter der Vorrede die Buchstaben BM stehen. Sondheim (s. Lit.) h¨alt einen Barf¨ußerm¨onch f¨ur den Verfasser, was durch Anlage und Inhalt des Werks gest¨utzt wird. Die 432 Verse umfassende Schiffart besteht aus Einleitung, f¨unf Hauptteilen und einem Schlussteil; sie will den einfachen Menschen zeigen, wie der Weg zur Seligkeit gefunden werden kann. Literatur: Dietrich Schmidtke, VL2 6 (1987) Sp. 811 f. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 590. – Moriz Sondheim: Die a¨ ltesten Frankfurter Drucke (Beatus Murner 1511–12). Eine bibliographischlitterarische Studie. Frankfurt/M. 1885, S. 36–81 (wieder in: Ders.: Gesammelte Schr. Ebd. 1927, S. 335–346) (Wiederabdr. der Einleitung zur Faksimileausg. v. 1922). – Christoph Reske: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jh. im dt. Sprachgebiet. Auf der Grundlage des gleichnamigen Werkes v. Josef Benzing (Beitr. zum Buch- und Bibliothekswesen 51). Wiesbaden 2007. BJ Schlick, Arnold (Arnolt), * um 1455 (vor 1460) Rheinpfalz (Heidelberg?), † um 1525 (nach 1521) wahrscheinlich Heidelberg. – S¨uddt. Orgelexperte, Organist und Komponist. S. lebte in Heidelberg, hielt sich 1490/91 in den Niederlanden auf, zeitweise in Straßburg und nahm an verschiedenen Reichstagen und Kr¨onungen teil. Seit etwa 1485 ist der blinde Orgelvirtuose als kurpf¨alzischer Hoforganist in Heidelberg bezeugt. Er verfasste das erste bekannte in dt. Sprache gedruckte Werk u¨ ber Orgelbau und Orgelspiel, den Spiegel der Orgelmacher und Organisten (Druck Speyer, Peter Drach, 1511). Die Lehrschrift umfasst zehn Kapitel, gibt Anordnungen und Anregungen f¨ur alle Gebiete des Orgelbaus und Vorschl¨age zur Wahl eines geeigneten Ortes zur Aufstellung der 1643

Murner Orgeln. 1512 erschien von S. in Mainz die erste gedruckte dt. Orgeltabulatur, die Tabulaturen Etlicher lobgesang und lidlein uff die orgeln un lauten. Weitere Kompositionen S.s finden sich in Trient, Archivio di Stato, Sez. tedesca nr. 105 (darin ein dt. Widmungsschreiben S.s an den F¨urstbischof von Trient Bernard Clesio). Ausgaben: Spiegel der Orgelmacher und Organisten. Hg. v. Robert Eitner. In: Monatsh. f¨ur Musikgesch. 1 (1869) S. 78–114. – Tabulaturen Etlicher lobgesang [...]. Hg. v. Gottlieb Harms. Klecken 1924 (21937). – Spiegel der Orgelmacher und Or¨ ganisten. Faks. und nhd. Ubertragung. Hg. v. Paul Smets. Mainz 1959. Literatur: R. Eitner, ADB 31 (1890) S. 491 f. – Karin Berg-Kotterba, MGG 11 (1963) Sp. 1817–1820. – Rudolf Denk, VL2 8 (1992) Sp. 718–720. – De Boor/Newald 4/1 (21994) S. 352. – Raymond Kendall: Notes on A. S. In: Acta Musicologica 11 (1939) S. 136–143. – Gerhard Pietzsch: Quellen und Forschungen zur Gesch. der Musik am kurpf¨alzischen Hof zu Heidelberg bis 1622 (Abh. der Akad. der Wiss. und der Lit. in Mainz, geisteswiss. und sozialwiss. Kl.). Mainz 1963, H. 6, S. 583–763. – Heinrich Husmann: Zur Charakteristik der Schlickschen Temperatur. In: Arch. f¨ur Musikwiss. 25 (1967) S. 253–262. – R. Denk: Musica getuscht. Dt. Fachprosa des Sp¨atMA im Bereich der Musik (MTU 69). M¨unchen 1981, S. 171–176. SF Stettfelder, Nonnosus (Nononius) OSB, † 10.2. 1529 Bamberg. – Verfasser von Heiligenlegenden. S. lebte als Benediktiner im Kloster Michelsberg bei Bamberg. Seit 1470 als Schreiber nachgewiesen, wurde er 1483 Sektret¨ar von Andreas Lang, der damals als Reformabt des Klosters amtierte. Bekannt ist S. als Autor zweier 1511 zusammen gedruckter dt. Heiligenviten u¨ ber Heinrich II. und Kunigunde. Vorlagen waren haupts¨achlich die Vita Henrici (um 1160) des Adalbert von Bamberg (vgl. MGH SS 4, S. 792–814) und die Vita Cunegundis (um 1199; vgl. MGH SS 4, S. 821–828), außerdem u. a. Kunigundes Kanonisationsbulle von Innozenz III. und Der Heiligen Leben. Es gibt außerdem Hinweise auf das Einfließen ikonographischer und oral tradierter Legendenelemente. S.s Werk beeinflusste sp¨ater u. a. die Bamberger Reim-Chronik (1599) des Jacob Ayrer und die Annales Bambergensis Episcopatus (um 1600) des Martin Hoffmann. 1644

Ostermayr Druck: Dye legend vnd leben des heiligen sandt Keyser Heinrichs [...] leben vnd legend der heyligen junckfrawen vnd Keyserin sandt Kungunden. Bamberg: [Hanß Pfeyll] 1511. Literatur: Paul Stintzi: Heinrich II. In: LCI 6 (1974) Sp. 478–481. – Georges Kiesel: Kunigunde. In: LCI 7 (1974) Sp. 357–360. – Alfred Wendehorst: Heinrich II. In: LexMA 4 (1989) Sp. 2037–2039. – Robert Folz: Henri II. In: DHGE 23 (1990) Sp. 1047–1050. – A. Wendehorst: Kunigunde. In: LexMA 5 (1991) Sp. 1570 f. – Ingrid M¨unch: Kunigunde. In: BBKL 4 (1992) Sp. 817–820. – Konrad Kunze, VL2 9 (1995) Sp. 330 f. – Roger Aubert: Kunigunde. In: DHGE 29 (2007) Sp. 998 f. – George M. Priest: Ebernand v. Erfurt. Zu seinem Leben und Wirken. Jena 1907, S. 70–82, 86–102. – Max Mu¨ ller: P. N. S.s Heinrichs- und Kunigundenlegende. In: Heimatbll. des Hist. Ver. Bamberg 4 (1924) S. 66–70. – Hans-J¨urgen Schr¨opfer: ‹Heinrich und Kunigunde›. Unters. zur Verslegende des Ebernand v. Erfurt und zur Gesch. ihres Stoffs (GAG 8). G¨oppingen 1969, S. 175–178. – Leopold Kretzenbacher: Legende und Sozialgeschehen zwischen MA und Barock. Wien 1977, S. 14–20. – Klaus Guth: Die Heiligen Heinrich und Kunigunde. Leben, Legende, Kult und Kunst. Bamberg 1986. Petersberg 22002, S. 56–60 u. o¨ . – Ders.: Die ¨ fr¨uhe lat. und dt. Uberl. der ‹Legende› v. Kaiser Heinrichs Heilung im Kloster Montecassino. In: Volkskultur und Heimat. FS Josef D¨unninger. Hg. v. Dieter Harmening/Erich Wimmer. W¨urzburg 1986, S. 316–327. MM Passionspredigten «Geistlicher Lebkuchen». Die vermutlich von einem Prediger der Di¨ozese Konstanz verfasste Sammlung in zwei B¨uchern enth¨alt 82 Passionspredigten im volkst¨umlichen Stil, die laut Vorwort 1512 gehalten wurden (47 im ersten, 35 im zweiten Buch). Die einzelnen Texte widmen sich den Stationen des Leidens und Sterbens Christi. Der Hauptteil jeder Predigt, die Austeilung der Lebkuchenpartikel, ist nach dem Schema «nutz», «frucht» und «ler» (Schrifttext, Betrachtung, Lehre) aufgebaut. Der unbekannte Verfasser benutzte offensichtlich die Predigtsammlung Passion des Lebkuchens von Johann → Geiler von Kaysersberg. Zur Allegorie vgl. auch Johannes → Kreutzers Geistlichen Lebkuchen. ¨ Uberlieferung: Buch 1: St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 1163 (1515; schw¨abisch). – Freiburg 1645

1. H¨alfte 16. Jh. i. Br., UB, Hs. 199, 226 Bll. (Pap., 1516; derselbe Schreiber, schw¨abisch). – Ebd., Hs. 201, 294 Bll. (Pap. 1518; s¨udalemannisch). – Buch 2: Mu¨ nchen, BSB, Cgm 4375, 1r–201v (nach 1521, s¨udliches Schw¨abisch). – Freiburg i. Br., UB, Hs. 200, 2r–163v (Pap., 1523, alemannisch). – Berlin, SBB, Mgf 1347 (fr¨uher Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, Mu¨ nchen, Nr. 1915/328; davor Privatbesitz Antiquariat Ludwig Rosenthal, M¨unchen, Nr. 1898/1278) (Pap., Nennung der Schreiberinnen: «von einer alten schwester Ursula kungin» und «Anna happercherin» [Rosenthal] bzw. «Ursula Rungin» und «Anna Haspergerin» [Degering], 1545/49). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 419, 217r (1454/55, schw¨abisch). Literatur: Winfried Hagenmaier, VL2 7 (1989) Sp. 350–352. BJ Tietz, Jakob OP. – Bearbeiter und Herausgeber eines Liedes u¨ ber den Rosenkranz (1513). Bruder J. T. war Lesemeister des Dominikanerklosters Halle/Saale. Das Rosenkranzlied umfasst 13 Strophen in J¨org → Schillers Hofton, wurde durch einen Leipziger Drucker ver¨offentlicht. T. ¨ gilt aufgrund der anonymen Uberlieferung des Liedes in einem etwas fr¨uheren N¨urnberger Druck nicht als dessen Verfasser. ¨ Uberlieferung: Druck: Leipzig, W. St¨ockel 1513, Ex. Zwickau, Rautsschulbibl., 17. 10. 11/5. – Vgl. RSM 1 (1994) S. 434, Nr. 201 b. Literatur: RSM 5 (1991) S. 344 f. – Frieder Schanze, VL2 9 (1995) Sp. 931. SF Ostermayr, Wolfgang (Ostermair, Ostermeir, Ausermayer; Beiname: C¨appelmair [Cappelmeyer, Koppelmayer]) OSA, † 1531. O. wurde am 5.1.1501 als Mitglied des M¨unchener Augustinerklosters an der Universit¨at T¨ubingen immatrikuliert; im Wintersemester 1502/03 holte ihn Staupitz an die neu gegr¨undete Universi¨at Wittenberg, wo er folgende Grade erwarb: Bacc. art. (13.12.1502), Mag. art. (2.2.1504), Bacc. bibl. (1507), Bacc. formatus (29.12.1508), Dr. theol. (21.8.1509). 1507/08 hatte er die moralphilosophische Lehrstelle inne. 1509–11 war O. Mitglied des Professorenkollegiums der Theologischen Fakult¨at, 1510/11 Dekan. 1517–29 ist er in seinem Heimatkonvent M¨unchen, 1522–27 als dessen Prior, bezeugt. Unter O.s Namen ist eine am Karfreitag 1514 gehaltene dt. Passionspredigt u¨ berliefert. Das Predigtthema ist 1 Kor 15,31 (Incipit in Md 129: «Nym 1646

1. H¨alfte 16. Jh. war ich stirb von ewer ere wegen. Das seyn nach dem puchstaben die wort des heiligen Pauli in der ersten epistel zu den Kerrenterren in dem 15. capitel»). ¨ Uberlieferung: T¨ubingen, UB, Cod. Md 129, 291v–295v (Pap., geschrieben 1527/28 im Birgittenkloster Altom¨unster). – Berlin, SBB, Mgf 1318, 218v–221r (geschrieben 1530 in St. Katharina, N¨urnberg). Ausgabe: Zumkeller (s. Lit.) S. 237–243 (nach beiden Hss.). Literatur: Johannes Janota, VL2 7 (1989) Sp. 108–110. – Adolar Zumkeller: Der Mu¨ nchener Augustiner und Wittenberger Theologieprofessor W. Ostermair und seine Karfreitagspredigt vom Jahre 1514. In: Analecta Augustiniana 29 (1966) S. 213–254. BJ Wolfgang von Man (M¨an, Men). – Verfasser eines Andachtsbuches, eines religi¨osen Strophengedichts und zweier politischer Dichtungen, erste H¨alfte 16. Jh. ¨ Uber die Lebensumst¨ande W.s ist kaum etwas bekannt. Er versah das Amt des Priesters und stand als Kaplan im Dienst Kaiser → Maximilians, in dessen Auftrag er ein Andachtsbuch verfasste, das im Jahr 1515 gedruckt wurde. 1. Es handelt sich dabei um eine Passionsgeschichte in rund 450 f¨unfzeiligen Strophen des sog. → Lindenschmidt-Typs, wobei Hinweise auf Sangbarkeit fehlen. Durch lat. Titel mit Inhalts- und Quellenangabe und zugeh¨orige Holzschnitte (von Hans Burgkmair, Hans Sch¨aufelein und J¨org Breu) ist das Werk in 26 bzw. 27 Kapitel von unterschiedlicher L¨ange gegliedert. Inhaltlich reicht der Text von der Auferweckung des Lazarus bis zur Aufer¨ stehung Christi; eingeschoben ist eine Ubersetzung der Sequenz → Stabat mater dolorosa mit dem Akrostichon «Wolfganng von Men». Als Hauptquellen werden abgesehen von der Bibel unter anderem die Vita Jesu Christi des → Ludolf von Sachsen, → Augustinus, → Bernhard von Clairvaux und Johannes → Gerson angef¨uhrt. ¨ Uberlieferung: Quart-Druck Augsburg 1515, J. Sch¨onsperger: Das leiden Jesu Christi vnnsers erl¨osers. Sonders and¨achtiger lere Nutzperlicher betrachtunng auß den vier Euangelisten entlichen durch Wolffganng van Maen. in gesatz weiß bezwungen (68 Bll.). – Pergamentexx. in Schweinfurt, Slg. Otto Sch¨afer, II–021. – Mu¨ nchen, SB, 4° L. impr. membr. 21. – Papierexx. u. a. in Coburg, Gotha, London und 1647

Wolfgang von Man Wolfenb¨uttel. – Oktavdruck Tegernsee 1574: Das Leiden vnsers Herren Jesu Christi [...] vor 50. Jahren von Herren Wolffgang von M¨an im Gef¨angniß gemacht und 1580: Passio oder das Leyden vnsers Herrn Jesu Christi [...] in gesangsweiß [...] gestellt. – Hs. des 16. Jh. in Modena, Bibl. Estense, R 9.9. Abdruck: Philipp Wackernagel: das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 1319–1325 (Ausz¨uge). 2. Ein Akrostichon in einem Gedicht (1516) von elf siebenzeiligen Strophen weist ebenfalls einen «Wolfgang von Man Priester» als Verfasser aus. Inhaltlich ist der als Druck verbreitete Text von Ermahnungen an den S¨under im Angesicht des Todes bestimmt. ¨ Uberlieferung: Augsburg, SB/StB, 4° cod. H 27, 1br–2r (Sammelhs. des Claus → Spaun, das Gedicht v. dessen Hand aufgezeichnet). 3. Von W. stammt ferner eine Polemik in Reimpaarversen (513 V.) gegen eine PropagandaFlugschrift zugunsten Herzog Ulrichs von W¨urttemberg, der 1519 die Reichsstadt Reutlingen usurpiert hatte. Darin wirft er dem Herzog vor, sein Volk durch ungerechtfertigte Steuern ausgebeutet und sich grausam gegen die eigenen Untertanen verhalten zu haben. ¨ Uberlieferung: M¨unchen, BSB, Cgm 1585, 199r–209v (wahrscheinlich auf einen verlorenen Druck zur¨uckgehend). 4. W. ist auch der Verfasser eines Liedes in 16 F¨unfzeilerstrophen u¨ ber die Einnahme der von den Franzosen besetzten Stadt Tournai (im Lied dt. Torneck) durch die Truppen Kaiser Karls V. im Jahr 1521. ¨ Uberlieferung: Einblattdruck mit dem Titel Jm newen Thon von Torneck [Augsburg, Ph. Ulhart 1522], Ex. Heidelberg, UB, Cpg 793, 73r. Literatur: Frieder Schanze, VL2 10 (1999) Sp. 1342–1346. – Richard Schmidbauer (Hg.): Einzel-Formschnitte des 15. Jh. in der Staats-, Kreis- und StB Augsburg (Einblattdrucke des 15. Jh. 18). Augsburg 1909, S. 15 b. – Rolf Wilhelm Brednich: Die Liedpublizistik im Flugblatt des 15. bis 17. Jh. Bd. 2. Baden-Baden 1975, Nr. 259. – Karl Heinz Schreyl: Hans Sch¨aufelein. Das druckgraphische Werk. Bd. 1. N¨ordlingen 1990, S. 106 f. SF Stettener Predigthandschrift. – Handschrift mit Predigten verschiedener Verfasser. Als S. P. wird eine heute in Stuttgart aufbewahrte Handschrift mit dt. Predigten bezeichnet. 1648

Hentz von den Eichen Diese wurden 1516–18 bei den Dominikanerinnen im Kloster Stetten/Hechingen von acht Gastpredigern und Beichtv¨atern gehalten. Schreiberin der S. P. war m¨oglicherweise Kunigunde von Reuschach, die zumindest die Widmung der Handschrift an ihre Schwester Dorothea vornahm. Die Predigten selbst umfassen ebenso Einzelpredigten wie Advents- und Fastenzyklen, teilweise auch nur Predigtausz¨uge. Ihre Anordnung ist f¨ur 1518 chronologisch, w¨ahrend die Predigten der u¨ brigen Jahre eingeschoben worden sind. Inhaltlich behandeln die Texte Fragen des Nonnenlebens. Die schlicht gehaltenen Predigten werden durch Exempla und Gleichnisse aufgelockert. Als Autorit¨aten erscheinen in der S. P. → Augustinus, → Hieronymus, → Gregor, → Hugo von St. Viktor, → Bernhard von Clairvaux, → Thomas von Aquin sowie die → Vitaspatrum und die Bibel. Als Prediger der S. P. sind namentlich bekannt: 1. der Esslinger Dominikaner und Gnadentaler Kaplan Jakob Gessler (2r–11r, 102r–106r, 106r–108r); 2. der 1537 verstorbene Frankfurter Subprior und Gnadentaler Beichtvater Michael de Werdea (12v–36v, 37v–77v, 88r–101v, 131r–136v, 137v–142v); 3. der nach 1526 gestorbene Johannes Burckard (78v–84r). Er wurde 1524 Generalvikar der obd. Ordensprovinz und sp¨ater Propst des Kollegiatstifts in Thann/Elsass; 4. der 1535 gestorbene Frankfurter Lektor Johannes Haim (auch Heym), der seit 1526 in Trier lehrte (109v–117v); 5. der ehemalige Gnadentaler Beichtvater und Mainzer Prior Johannes Halgart (118v–123v); 6. ein Lektor aus dem Kloster Schw¨abisch Gm¨und namens Veit (124v–130v); 7. der 1527 verstorbene Magnus Vetter (143r–148v). Vetter wurde 1499 in K¨oln zum Dr. theol. promoviert, war um 1501 Prior in Eichst¨att sowie Generalvikar der Teutonia, 1505 Definitor am Generalkapitel in Mailand, danach bis 1512 Prior in Ulm, um 1517–26 Prior in Schw¨abisch Gm¨und und 1524 Dekan an der Univ. Trier; 8. der Rottweiler Klosterreformer Jakob Friedrich von Kolmar (149v–154v, 155r–175v). ¨ Uberlieferung: Stuttgart, LB, Cod. theol. et phil. 8° 3, 175 Bll (Pap., Predigten v. 1516–18). Ausgaben: Haug/Kraus 1955 (s. Lit.). Literatur: Christine St¨ollinger-L¨oser, VL2 9 (1995) Sp. 322–328. – Bruno Klaus: Zur Gesch. der Kl¨oster der ehemaligen Reichsstadt Schw¨abisch Gm¨und. In: W¨urttembergische Vierteljahrshefte 1649

1. H¨alfte 16. Jh. f¨ur Landesgesch. NF 20 (1911) S. 5–67. – Gabriel Maria L¨ohr: Die Teutonia im 15. Jh. Stud. und Texte vornehmlich zur Gesch. ihrer Reform (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 19). Leipzig 1924, S. 18, 155. – Ders.: Die Akten der Provinzialkapitel der Teutonia v. 1503 und 1520. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 17 (1947) S. 250–284. – Ders.: Die Dominikaner an der Univ. Trier. In: FS Raymond Martin. Br¨ugge 1948, S. 499–521. – Ders.: Die zweite Bl¨utezeit des K¨olner Dominikanerklosters (1464–1525). In: Archivum Fratrum Praedicatorum 19 (1949) S. 208–254. – Franz Haug/Johann A. Kraus: Urkunden des Dominikanerinnenklosters Stetten im Gnadental bei Hechingen 1261–1802. Hechingen 1955, S. 162–164, 333–339. – Hermann T¨uchle: Beitr. zur Gesch. des Ulmer Dominikanerklosters. In: Aus Arch. und Bibl. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Weißenhorn 1969, S. 194–207. MM Hentz von den Eichen. – Verfasser eines alemannischen Streitgespr¨achs. Eine alemannische Handschrift von 1518 enth¨alt ein Streitgespr¨ach u¨ ber den «krieg zw¨uschen dem lyb vnd der Seel» (Incipit). Darin bezeichnet sich der Verfasserr als H. v. d. E. Er war sicher nicht mit dem Schreiber der Handschrift identisch, einem Bieler Stadtschreiber namens Ludwig Sterner. Das Streitgespr¨ach d¨urfte deutlich a¨ lter sein als die Handschrift. Wie aus den zahlreichen Bez¨ugen im Text hervorgeht, wurde H. m¨oglicherweise von der Visio Philiberti und dem Ackermann aus B¨ohmen des → Johannes von Tepl beeinflusst. Inhaltlich erkundet das Streitgespr¨ach den Gegensatz zwischen der nach geistlichen H¨ohen strebenden Seele und dem im prallen Leben verharrenden Leib. Erst als dieser arm und krank geworden ist, kommt er zur Besinnung. Nachdem er bereut und geb¨ußt hat, verso¨ hnt der Leib sich mit der Seele, die ihm Erl¨osung in Aussicht stellt. ¨ Uberlieferung: London, British Library, cod. Add. 32447, 8v–11r (Pap., 1518, alemannisch, Schreiber: Ludwig Sterner). Ausgabe: Der Krieg zwischen dem lyb vnd der seel. Hg. v. Robert Priebsch. In: ZfdPh 29 (1897), S. 87–98. Literatur: Peter Kesting, VL2 3 (1981) Sp. 1015 f. MM 1650

1. H¨alfte 16. Jh. Roecx, Jacobus, * um 1480 Bergen-op-Zoom/ Nordbrabant, † 1527. – Ndl. Regularkanoniker und geistlicher Schriftsteller der ersten H¨alfte des 16. Jh. Um 1505 erfolgte der Eintritt R.’ in das Priorat Unserer Lieben Frau ten Troon bei Herenthals, wo er 1506 die Profess ablegte. Seine Schriften entstanden am Beginn der Zerfallperiode des Priorats ab etwa 1513, sie sind nur in sp¨ateren Drucken erhalten und gelten geistlichen Themen, besonders dem inneren Leben. Die Zuweisungen (u. a. auch an Johannes → Tauler) sind zum Teil umstritten. Literatur: Albert Ampe, Dict. Spir. 13 (1988) Sp. 862–866. – Ders., VL2 8 (1992) Sp. 135–140. – Ders.: ‹Den wijngaert der sielen› van J. R. als diets origineel v. Tauler’s ‹Exercitia› [...]. In: Ons Geestelijk Erf 34 (1960) S. 5–52. – Ders.: Aantekeningen bij een zestiende-eeuws handschrift uit Dendermonde. In: Handelingen der Koninklijke Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal- en Letterkunde en Geschiedenis 16 (1962) S. 9–54. – Gaston J. Peeters: Vervoort († 1555), R. († 1527), en de ‹Exercitia Tauleriana›. In: Verslagen en mededelingen der Koninklijke Vlaamsche academie foor taal- en letterkunde (1966) S. 123–154. – A. Ampe: Vervoort, R., en de ‹Exercitia Tauleriana›. In: Verslagen en mededelingen der Koninklijke Vlaamsche academie foor taal- en letterkunde (1968) S. 167–242. – Petri Trudonensis catalogus scriptorum Windeshemensium. Hg. v. Willem Lourdaux/Ernest Peersoons. L¨owen 1968, S. 76–80. – Emile van de Vyver: De eerste gekende druk v. ‹Den wijngaert der sielen›. In: Ons Geestelijk Erf 61 (1987) S. 210–214. – A. Ampe: De twee drukken van R. ‹Gheestelijcken Steen ...›. In: ebd., S. 215–218. – Ders.: J. R. und seine Schr. (Zugleich zum Original der Pseudo-Taulerschen Exercitia). In: ZfdA 117 (1988) S. 105–127. – Serena Span`o Martinelli: Les ‹Exercitia piissima de vita et passione Christi› de Pseudo-Tauler: un Texte n´eerlandais de spiritualit´e dans l’Italie du XVIe si`ecle. In: Ons Geestelijk Erf 64 (1990) S. 144–155. SF Hymnarius von Sigmundslust. – Humanistisch gepr¨agtes Hymnar. Der 1524 gedruckte, mit Holzschnitten illus¨ trierte H. v. S. versammelt 131 Hymnen-Ubertragungen in der traditionellen Reihenfolge des Of¨ fiziums. Die Ubertragungen imitieren meist Strophen und Reime der Vorlagen. Charakteristische 1651

Roecx Strophenformen werden einheitlich mit Buchstaben bezeichnet, um ein identisches Absingen gleichartiger Strophenarten zu erleichtern. Den Hymnen sind leere Notenlinien zur Eintragung von Melodien durch den Benutzer beigef¨ugt. Die ¨ Ubertragungen selbst werden heute Petrus Tritonius zugeschrieben. Ihre humanistische Pr¨agung ¨ gilt als Uberleitung in die nachreformatorische Liturgietradition. Druck: Sigmundslust/Schwaz: Josef Piernsieder 1524. Ausgaben: Das dt. Kirchenlied von der a¨ ltesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jh. II. Mit Ber¨ucksichtigung der dt. kirchlichen Liederdichtung im weiteren Sinne und der lat. von Hilarius bis Georg Fabricius und Wolfgang Ammonius. Hg. v. Philipp Wackernagel. Leipzig 1867 (Nachdr. Hildesheim 1964) Nr. 567, 571, 938, 1347–1398; ebd. Bd. III. Leipzig 1870, Nr. 569, 570. – Gebhard Kurz: Intende qui regis Israel. Der Weihnachtshymnus des Ambrosius von Mailand. In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 42 (2003) S. 105–161, hier S. 152 (Nr. 4). Literatur: Johannes Janota/Burghart Wachinger, VL2 4 (1983) Sp. 346. – J. Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). M¨unchen 1968, S. 88, 93 u. o¨ . – Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied 2. Leipzig 1867 (Nachdr. Hildesheim 1990) Nr. 567, 571, 938, 1347–1398. – Konrad Gl¨ockner: Das dt. Hymnenbuch ‹H. Sygmundslust 1524›. In: Ver¨off. des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 50 (1970) S.29–72. – Erich Egg: Die St¨ockl-Offizin in Sigmundslust bei Schwaz. In: ebd., S. 5–27, bes. Abb. 4–9. – Heike Wennemuth: Vom lat. Hymnus zum ¨ dt. Kirchenlied. Zur Ubers.und Rezeptionsgesch. von ‹Christe qui lux es et dies›. T¨ubingen u. a. 2003, S. 132, 147 u. o¨ . MM Hutz, Peter (auch: Petrus Nestler) OP, * 1498 Ulm. – Prediger. H. schloss sich 1502 den Dominikanern an, wurde um 1520 Lektor und war zun¨achst vor allem als Prediger in Ulm aktiv. Er trat als entschiedener Gegner der Reformation hervor und musste die Stadt deshalb 1525 verlassen. Im Anschluss predigte er als Lesemeister in Dillingen. 1526 wurde er in Ingolstadt immatrikuliert und dort 1528 von Johannes Eck promoviert. Um 1535 lebte er wieder in Dillingen. H. war dann um 1537 Prior in 1652

Maria van Oisterwijk Regensburg und 1537–41 Provinzial der Ordensprovinz Teutonia. Aus H.s Zeit in Dillingen (1525) sind Sonn- und Feiertagspredigten u¨ berliefert, die von Mari¨a Verk¨undigung bis zum neunten Sonntag nach Trinitatis reichen. Weitere Predigten H.s, die er 1540 als Provinzial hielt, sind in einer M¨unchner Handschrift gesammelt. Im Mittelpunkt dieser zug¨anglich formulierten und klar strukturierten Fastenpredigten steht das Gewissen. ¨ Uberlieferung: Straßburg, Bibl. Nat. et Univ., Ms. 2026 (fr¨uher L germ. 106) (Pap., 1525). – Mu¨ nchen, BSB, Cgm 5273, 22r–77r (Predigten von 1540). Literatur: Dagmar Ladisch-Grube, VL2 4 (1983) Sp. 337 f. – Alain Kordel, DHGE 25 (1995) Sp. 473–475. – Nikolaus Paulus: Die dt. Dominikaner im Kampfe gegen Luther (1518–1563). Freiburg/Br. u. a. 1903, S. 283–286. – Paulus von Lo¨e: Statistisches u¨ ber die Ordensprovinz Teutonia (Quellen und Forschungen zur Gesch. des Dominikanerordens in Deutschland 1). Leipzig 1907, S. 16. – Hermann T¨uchle: Beitr. zur Gesch. des Ulmer Dominikanerklosters. In: Aus Arch. und Bibl. Stud. aus Ulm und Oberschwaben. FS Max Huber. Hg. v. Alice R¨ossler. Weißenhorn 1969, S. 194–207. – Thomas Fuchs: Sp¨atma. Frl¨ommigkeit und Rationalisierung der Religion. Beobachtungen in der s¨uddt. St¨adtelandschaft. In: Die S¨akularisation im Prozess der S¨akularisierung Europas. Hg. v. Peter Blickle/Rudolf Schl¨ogl. Epfendorf 2005, S. 67–82. MM Gisbert. – Prediger, wahrscheinlich erste H¨alfte 16. Jh. Einem Pater G. werden in einer Hamburger ¨ Sammelhandschrift (s. Uberl.) eine Predigt und drei Textausz¨uge zugeschrieben. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich dabei um einen Pater Gisbert von Eberhardsklausen, der als Rektor des Trierer Augustinerinnenkonvents St. Agnes t¨atig war (gest. 1540). In der Predigt vff de octaua van oisteren van dem vreden geht es um den Frieden mit sich selbst, dem N¨achsten und Gott. Unter dem Titel Eyn goyt nutze vnderwysunge, dat eyn mensch, der syne bicht sprycht zo vreden mach syn, was eme ouch der bichter ist besetzen, cleyn ader groyß finden sich in der Hamburger Handschrift außerdem Textausz¨uge, die besonders den kl¨osterlichen Gehorsam behandeln, sowie Bernhard- und Augustinzitate u¨ ber das Blut Christi 1653

1. H¨alfte 16. Jh. (Christi Item noch eyn wort ader Spruch das gedechtnis wirdich ist). Um Reue, Ablass und kl¨osterlichen Gehorsam geht es in Textausz¨ugen G.s u¨ ber das Schriftwort «Septies cadit iustus» unter dem Titel Der gerecht mensch velt sieuen werff jn dem dage, aber steit alle zyt wyeder vff. ¨ Uberlieferung: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2065, 252r–256r, 256r–257r, 257v–258r, 335v–337r (Pap., aus dem Augustinerinnenkonvent St. Agnes in Trier, moselfr¨ankisch; Sammelhs., abgeschlossen nach 1527 von Schwester Katherina → Gurdelers). Literatur: Werner Wegstein, VL2 3 (1981) Sp. 45 f. – Thomas Kaeppeli: Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi. Bd. 2. Rom 1975, S. 43 f. – Nil¨ufer Kr¨uger: Die theologischen Hss. der SUB Hamburg. Bd. 3 (Kat. der Hss. der SUB Hamburg 2/3). Stuttgart 1993, S. 165–173. SF Maria van Oisterwijk (eig. v. Hout[e]), * um 1470 Udenhout/Oisterwijk, † 30.9.1547 K¨oln. – Begine, Mystikerin. M. wurde wohl bei den Beginen des Hauses Bethlehem in Oisterwijk ausgebildet. Dort war sie sp¨ater auch Oberin. Um 1530 traf sie den K¨olner Kart¨auser Gerhard Kalckbrenner, der ihr geistlicher Betreuer wurde. 1545 ging M. nach K¨oln, um dort bei Kalckbrenners Kartause zu leben. Es war auch Kalckbrenner, der M.s Schriften im Druck herausgab, darunter die Traktate Der rechte wech zo der evangelischen volkomenheit (K¨oln 1531, ripuarische Fassung), Dat Paradijs der lieffhavender sielen (K¨oln 1532) und Van den Tempel onser Sielen (Antwerpen 1543). Von besonderer Bedeutung sind M.s 18 erhaltene Briefe von 1531, in denen die Begine ihr geistiges Leben ebenso offen darstellt wie ihre Freundschaften und ihre Leiden. Die Briefe gelten heute als herausragende Dokumente weiblicher Spiritualit¨at im MA. Ausgaben: Kettenmeyer 1927 (s. Lit.). – Wilhelm Oehl: Dt. Mystikerbriefe des MA 1100–1550. Mu¨ nchen 1931, S. 682–720, 835–841. – De brieven uit ‹Der rechte wech› van de Oisterwijkse begijn en mystica Maria van Hout († Keulen, 1547). Hg. v. Johanna Marie Willeumier-Schalij. L¨owen 1993. – Two Letters. In: Late Medieval Mysticism of the Low Countries. Hg. v. Rik van Nieuwenhove u. a. New York 2008, S. 365–369. Literatur: De Boor/Newald 4/2 (1973) S. 148. – Paul Verdeyen, LThK3 6 (1997) Sp. 1346. – A. Mo¨ llmann: M. v. O. und ihre Schrift ‹Der rechte Weg zur evangelischen Vollkommenheit›. In: Zs. 1654

1. H¨alfte 16. Jh. f¨ur Aszese und Mystik 2 (1927) S. 319–333. – Johann B. Kettenmeyer: Uit de briefwisseling van een Brabantsche Mystieke uit de 16e eeuw. In: Ons Geestelijk Erf 1 (1927) S. 278–293, 370–395. – Ders.: M. v. O. († 1547) und die K¨olner Kartause. In: Annalen des Hist. Ver. f¨ur den Niederrhein 114 (1929) S. 1–33. – Willibrord Lampen: M. v. O. Tertiaris van S. Franciscus. In: Bijdragen voor de Geschiedenis van de Provincie der Minderbroeders in de Nederlanden 9 (1957) H. 26, S. 219–238. – Ulrike Wiethaus: ‹If I had an iron body›. Femininity and Religion in the Letters of M. de H. In: Dear Sister. Medieval Women and the Epistolary Genre. Hg. v. Karen Cherewatuk und U. Wiethaus. Philadelphia 1993, S. 171–191. – Dies.: ‹For This I Ask You, Punish Me›. Norms of Spiritual Orthopraxis in the Work of M. v. H. (d. 1547). In: Ons Geestelijk Erf 68 (1994) S. 253–270. – Kirsten M. Christensen: M. v. H. and Her Carthusian Editor. In: ebd. 72 (1998) S. 105–121. – Dies.: In the Beguine Was the Word. Mysticism and Catholic Reformation in the Devotional Literature of M. v. H. (died 1547). Diss. Austin/Texas 1998. – Johan Seynnaeve: Middle Dutch in Contact with Ripuarian. Evidence from Kalckbrenner’s Edition of M. v. O.’s Correspondence. In: Los cartujos en Andaluc´ıa 1 (Analecta Cartusiana 150). Hg. v. James Hogg. Salzburg 1999, S. 177–183. – Kurt Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 277–289. – Ruth Timmermans: Een laatmiddeleeuwse mystieke vrouw met moderne idee¨en. Religiositeit, lichaam en taal in verbeelden en handelen van M. v. H. († 1547). In: Het lichaam m/v. Hg. v. Kaat Wils. L¨owen 2001, S. 71–86. – K. M. Christensen: The Gender of Epistemology in Confessional Europe. The Reception of M. v. H.’s Ways of Knowing. In: Seeing and Knowing. Women and Learning in Medieval Europe, 1200–1550. Hg. v. Anneke B. Mulder-Bakker. Turnhout 2004, S. 97–120. MM Maria zart. – Im 16. Jh. und sp¨ater breit u¨ berliefertes Marienlied (Incipit des Stammlieds: Maria zart / von edler art / ein roß an allen dornen). I. Es gibt zahlreiche Variationen, Bearbeitungen und Kontrafakturen des im Original hochdt. Liedes; dar¨uber hinaus diente es als Tonmodell f¨ur andere Lieder. Vor 1500 ist kein Textzeuge sicher datierbar; die pl¨otzlich ab diesem Zeitpunkt einsetzende und 1655

Maria zart ¨ sehr weit reichende Uberlieferung legt einen Bezug zum Jubeljahr nahe. Die verbreitetste (und vermutlich urspr¨ungliche) Fassung umfasst elf mit «Maria» beginnende Strophen, in denen Maria in Ich-Form als F¨urbitterin angesprochen wird. Zum Erfolg des Liedes trug sicher die Melodie bei, welche mit dem Text zusammen zuerst in der Tegernseer Hs. Mu¨ nchen, BSB, Clm 18885, 121v–122r (um 1500) und dann in K¨obels Druck um 1515/20 u¨ berliefert ist. II. Zahlreiche Lieder aus den ersten Jahrzehnten der Wirkungsgeschichte des Liedes, die sich in Ton, Incipit und Strophenanapher an M. z. anlehnen, aber eigene Dichtungen darstellen und sich ¨ in den Uberschriften ausdr¨ucklich auf das Vorbild beziehen: a) Maria zart / dein sun vera(r)t / am Cre¨utz sein heyliges bl˚ute, Marienanrufung von f¨unf Strophen. Einzelne Strophen daraus wurden sp¨ater in das Stammlied einbezogen. ¨ Uberlieferung: Zwei Einblattdrucke von ca. 1501 und 1506 verzeichnet Brednich (s. Lit.) Nr. 34 f. – Hsl. Mu¨ nchen, BSB, Clm 16484, 125v (Druckabschrift). Ausgabe: Philipp Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 2. Leipzig 1867, Nr. 1037. b) Maria zart / geheiligt ward / in mueter leib der jugent, acht Strophen, Marienpreis. ¨ Uberlieferung: Klosterneuburg, Hs. 1228, 41r–43r (um 1520). Ausgabe: Wackernagel, Bd. 2, Nr. 1042. c) Zyklus von f¨unf geistlichen Liedern, zuerst gedruckt 1503. Jo¨ rg → Preining benutzt darin den Ton und das Prinzip der Strophenanapher. Ausgabe: Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jh. Bd. 3. Mu¨ nchen 1982, S. 20–57, 538–540. III. Lieder des 16. Jh., die den Ton u¨ bernehmen und das Prinzip der Strophenanapher nachahmen. Dazu geh¨oren die drei mittleren Liedern Preinings (s. o. II.c, Inc. II Ihesus ein wort, III Got ewig ist, IV Christus der herr) sowie weiters: a) O Anna tzart. In einem 1507 gedruckten nd. Erbauungsbuch (Wackernagel, Bibliogr. Nr. 34). – Hsl. Marburg, UB, Hs. 72, 11v–12v. Ausgabe: Wackernagel, Bd. 2, Nr. 1257. b) Hans Sachs, Das Liedt Maria zart verendert und Christlich Corrigiert, erstmals gedruckt 1524, Inc. O Jesu zart / g¨ottlicher art / ain roß on alle doren. 1656

Maria zart Ausgabe: P. Wackernagel: Das dt. Kirchenlied v. der a¨ ltesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jh. Bd. 3. Leipzig 1870, Nr. 80. – Adelbert v. Keller/Edmund Goetze (Hg.): Hans Sachs. Bd. 22. Stuttgart 1894, S. 85–88. e c) Ain Schon new Christlich Lied darinn das gantz leben Vnsers Herren Jesu Christi begriffen, Inc. O Jhesu zart / G¨ottlicher Art / gehayliget werd dein Namen. Drei Drucke, zweite H¨alfte 16. Jh., aus Augsburg und N¨urnberg. Ausgabe: Wackernagel, Bd. 3, Nr. 807. Zahlreiche Lieder, die den Ton benutzen, ohne auf den Text v. M. z. Bezug zu nehmen. ¨ Uberlieferung: a) Hauptfassung (elf Str.): Fu¨ nf Einblattdrucke vom Anfang des 16. Jh. verzeichnet Brednich (s. Lit.) Nr. 36–39 und 146 (mit Lit.). – Faks. v. Brednich Nr. 36 bei Gisela Ecker: Einblattdrucke v. den Anf¨angen bis 1555 (GAG 314). G¨oppingen 1981, II, Abb. 31. – Abdr. v. Brednich Nr. 146 (elf Str. verst¨ummelt, aber urspr¨unglich vorhanden) Joseph Ludwig de Bouck: Serapeum 15 (1854) S. 209–218. – Alfred Puls: NdJb 16 (1890) S. 67 f. – Weiterer Einblattdruck bald nach 1500, vgl. Rasmus Nyerup: Idunna und Hermode 1816, S. 81 f. – Hss. (z. T. wohl Druckabschriften): W¨urzburg, Staatsarch., Ebracher Standbuch (Bamberger Abgabe; Rep.: D 7, S. 5’), Nr. 11/II, 16r–19r (Aufzeichnung v. Joh. Nibling), Abdr. des Textes P. Wittmann: Stud. und Mittheilungen aus dem Benedictiner- und dem Cistercienser-Orden 19 (1898) S. 272–274, Ausg. des Satzes v. Pfabenschwanz und Abb. Hanns Dennerlein: Zs. f¨ur Musikwiss. 8 (1925/26) S. 1–5. – M¨unchen, BSB, Cgm 808, 1r–3r (um 1505), Abdruck: Wackernagel, Bd. 2, Nr. 1036. – Mu¨ nchen, BSB, Clm 9359, 141r–142r. – Werden, Pfarrarch. (→ Werdener Liederbuch, um 1500, nd.), Abdr. Franz Jostes: Eine Werdener Liederhs. aus der Zeit um 1500. In: NdJb 14 (1888) S. 67–69. – → Ebstorfer Liederbuch, 9r–15r (um 1500, nd.), Abdr. Edward Schr¨oder: Die Ebstorfer Liederhs. In: NdJb 15 (1889) S. 8–10. – Heidelberg, UB, hsl. auf Vorsatzbl. einer Ausg. des Mariale Bernardini de Busti 1502, datiert 1513, heute verschollen, vgl. Franz Josef Mone: Anz. f¨ur Kunde der Vorzeit 2 (1833) S. 232. Die elfstrophige Fassung auch im → Wienh¨auser Liederbuch, Nr. 43. b) Varianten dieses Textes mit Erweiterungen, K¨urzungen und Umstellungen aus den ersten Jahrzehnten des 16. Jh.: M¨unchen, BSB, Clm 18885, 1657

1. H¨alfte 16. Jh. 121v–122v (aus Tegernsee, um 1500; a¨lteste einstimmige Melodie¨uberl., elf Str. nur umgestellt). – Stift Michaelbeuern, Man. cart. 1, 79v–80r (f¨unf Str. mit dem Satz des Pfabenschwanz, aber anonym), vgl. Franz Viktor Spechtler, in: Litterae ignotae. Hg. v. Ulrich M¨uller. G¨oppingen 1977, S. 40 und Joachim Fridolin Angerer: Lat. und dt. Ges¨ange aus der Zeit der Melker Reform. Wien 1979, S. 151. – Druck v. W. Huber, N¨urnberg um 1510, Abdr. in: Marianischer Liederkranz. Hg. v. Philipp Max K¨orner. Augsburg 1841, S. 250–255 (14 Str.). – Berlin, SBB, Mgq 659, 22r–24v (datiert 1526, dieselbe Fassung wie der Hubersche Druck). – Marburg, UB, Hs. 72, 10r–11r (13 Str., nd.), vgl. E. Schr¨oder: NdJb 15 (1889) S. 30 f. – London, Wellcome Historical Library, Cod. 766, 9r–10v, Abdr. Lee (s. Lit.) S. 100–102 (elf Str. mit Umstellung und Austausch einer Str. durch eine sonst nur sp¨at bezeugte). – Halle, UB und LB, Zb 24, hsl. Einzelbl. (die Datierung auf 1488 ist unbegr¨undet), Abdr. Wackernagel, Bd. 2, Nr. 1035 (nd. sechs Str., davon zwei sonst nicht belegt). Nicht sicher zu a) oder b) zuzordnen sind zwei fragm. Textzeugen: ein Druck v. J. Schott, Freiburg i. Br. 1503/4, v. dem nur ein fragm. Abzug auf Makulatur mit Holzschnitt v. Urs Graf, drei Textstr. und winzigen Ans¨atzen v. Notenlinien erhalten ist (UB T¨ubingen: Ke XVIII 4 2° Nr. 5 Inc.). – Ein Nachtrag (16. Jh.) von eineinhalb Str. in der sonst a¨lteren Hs. Leipzig, UB, Ms. 1305, 85v. c) Eine erweiterte Fassung enth¨alt alle elf Str. der Hauptfassung (in ver¨anderter Folge), alle f¨unf Str. des unten (II.a) angef¨uhrten Lieds, das zun¨achst eine eigene Dichtung war, und weitere Str., die sonst nicht oder erst sp¨ater bezeugt sind; diese Fassung, bislang zuerst aus dem Tegernseer Gesangbuch v. 1577 bekannt (Abdr. Wackernagel, Bd. 2, Nr. 1038, 23 Str.), findet sich auch schon 1511 in Mu¨ nchen, BSB, Clm 19822, 179r–182v (aus Tegernsee, 20 Str.). d) Eine eigene Fassung, die durch Auswahl, Neukombination und Zudichtung entstand, ist auch der Text des Drucks v. J. K¨obel, Oppenheim 1515/20 (mit Entstehungslegende und Melodie). ¨ e) In der sp¨ateren Uberlieferung kommt es immer wieder zu neuen Fassungen; diese k¨onnen hier nicht aufgearbeitet werden. Vgl. dazu Wackernagel, Bd. 2, Nr. 1038–1041. – Rom, Bibl. Vat., Pal. V. 182, Nr. 92 (Druck, vermutlich um 1550/70). Literatur: Burghart Wachinger, VL2 5 (1985) Sp. 1264–1269; 11 (2004) Sp. 968. – Johannes Janota/Hans P¨ornbacher: Liederb¨ucher. In: MarLex 1658

1. H¨alfte 16. Jh. 6 (1944) S. 853–855, hier S. 854. – August Heinrich Hoffmann v. Fallersleben: Gesch. des dt. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. Hannover 31861. Nachdr. 1965, S. 454–460. – Wilhelm B¨aumker: Das katholische Kirchenlied in seinen Singweisen. Bd. 2. Freiburg. i. Br. 1883, S. 89–93. – Otto A. Baumann: Das dt. Lied und seine Bearb. in den fr¨uhen Orgeltabulaturen. Diss. Berlin 1933, S. 28, 110–113. – Walther Lipphardt: Jakob K¨obels Liederbl. ‹M. z.› In: Jb. f¨ur Liturgik und Hymnologie 10 (1965) S. 152–155. – Johannes Janota: Stud. zu Funktion und Typus des dt. geistlichen Liedes im MA (MTU 23). Mu¨ nchen 1968, S. 108, 135, 219. – Edward Hunter Lee: Die Schwazer Marienlieder. In: Ostbair. Grenzmarken 12 (1971) S. 89–110. – Rolf Wilhelm Brednich: Die Liedpublizistik im Flugbl. des 15. bis 17. Jh. Bd. 2 (Bibliotheca bibliographica Aureliana 60). Baden-Baden 1975. – Karin Schneider: Die dt. Hss. der BSB M¨unchen. Cgm 691–867 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,5). Wiesbaden 1984, S. 387 f. – Franzjosef Pensel: Verz. der dt. ma. Hss. in der UB Leipzig. Zum Druck gebracht von Irene Stahl (DTM 70/3). Berlin 1998, S. 180. SF Die Evangelische Perle. – Ndl. mystische Schrift von 1535/36. Von der anonymen Verfasserin, die herausragende theologische Kenntnisse besessen haben muss, sind lediglich die Lebensdaten (1463–1540) und die Heimat Oisterwijk (Nordbrabant) bekannt. Von ihr stammen auch die Schrift Vanden tempel onser sielen (1543) und einige weniger umfangreiche Traktate. Die gr¨oßte Bedeutung kommt jedoch der E. P. zu, die vom 16. bis in das 18. Jh. weite Verbreitung fand. Die Schrift ist gegliedert in eine «Kleine» und eine «Große» Perle, wobei die «Kleine» (39 Kapitel) der «Großen» (drei B¨ucher zu 53, 56 und 58

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Die Evangelische Perle Kapiteln) vorangeht. Die drei B¨ucher der Großen Perle liegen den 19 Druckausgaben 16. bis 18. Jh. zugrunde. Die E. P. zeigt Einfl¨usse aus der Mystik → Ruusbroecs, Meister → Eckharts und → Taulers; ferner verwendete die Verfasserin das Neunfelsenbuch des Rulman → Merswin, die Schriften → Bernhards, die → Meditationes Vitae Christi und den Extendit manum-Passionstraktat des → Heinrich von St. Gallen. Ausgabe: Klaus Dahme (Hg.): Die e. P. Das geistliche Begleitbuch einer fl¨amischen Mystikerin ¨ des 16. Jh. in der Ubersetzung des Angelus Silesius. Salzburg 1990. Literatur: A. Ampe, Dict. Spir. 12 (1984) Sp. 1159–1169. – Kurt Ruh, VL2 11 (2004) Sp. 430–434. – L. Reypens: De schrijfster der Evangelische Peerle. In: Ons Geestelijk Erf 2 (1928) S. 52–76, 189–213, 305–341. – Dom J. Huyben: Nog een vergeten mystieke grootheid. De invloed der Evangelische Peerle. In: ebd., S. 361–392; 3 (1929) S. 60–76, 144–164; 4 (1930) S. 5–26, 428–473. – D. A. Stracke: Wanneer werd de Groote Evangelische Peerle voltooid? In: Ons Geestelijk Erf 10 (1936) S. 85–96. – A. Ampe: Kritische kanttekeningen bij de ‹Evangelische Peerle› I–VI. In: Ons Geestelijk Erf 25 (1951) S. 151–175; 28 (1954) S. 172–193; 32 (1958) S. 421–424; 33 (1959) S. 194–200; 38 (1964) S. 225–319; 40 (1966) S. 241–305. – P. J. Begheyn: Nawerking van de ‹Evangelische Peerle›. In: ebd. 49 (1975) S. 173–192. – Ders.: De verspreiding van de ‹Evangelische Peerle›. In: ebd. 51 (1977) S. 391–421. – P. J. Begheyn: Nieuwe gegevens betreffende de ‹Evangelische Peerle›. In: ebd. 58 (1984) S. 30–40. – Ders.: Die ‹Evangelische Peerle›. Nieuwe gegevens over auteur en invloed. In: ebd. 63 (1989) S. 170–190. – K. Ruh: Gesch. der abendl¨andischen Mystik. Bd. 4. M¨unchen 1999, S. 290–312. SF

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Register der Personennamen und Werktitel ABC vom Altarssakrament 1053 Ablassgebete 1462 f. Absage an die falsche Welt 546, 805, 992, 1169 f. Achahildis von Wendelstein 1119 Der von Achenheim 132, 784 Acht Seligkeiten 1028 Adalbert von Bamberg 748, 1645 Adalbert von Danzig 480 Adalbert Rankonis de Ericinio 467–469, 502, 548, 653 Adalrich 61 Adam von St. Victor 1, 536 Adam und Eva 27, 849, 1318 Adambuch 849, 1318 Von dem adel der sˆele 202–204 Adelheid 1296, 1314–1316 Adelheit von Freiburg 223 Adolf von Essen 816 f., 982–986, 1381, 1559 Aegidius von Assisi 229, 807, 1522, 1540 Aegidius Romanus 110 ¨ Altere niederrheinische Marienklage 660 ¨ Die Arzte 1170 f. Afra 711 f. Agatha von Catania 712 f., 1269 Aggsbacher Marienklage 726 f. Agnes 226 f., 1269, 1410 Agnes von Assisi 463, 714 Agnes von Bohmen ¨ 463, 821–823 Agnes von Ungarn 11, 232 Agricola, Rudolf 1212 Agrippa von Nettesheim 25 Akˆedass Jizchak 1406 f. Alanus de Insulis 128, 264, 334, 643 Alanus de Rupe 1401–1405, 1611 Albanus 831 Albers von Windberg 787 Albert B¨oheim 447 Albert von Haigerloch 261 Albert von Oberaltaich 261 f. Albert von Padua 1107 Albert von Sachsen 460–462, 549, 696 Albert von Weißenstein 1463–1465 Albertus Magnus 4, 7, 10–12, 104, 110, 161, 201, 276, 375, 434 f., 458, 483, 507 f., 637, 716, 929, 959, 1123, 1129, 1150, 1253, 1324, 1373, 1396, 1464, 1559 1661

Bruder Albrecht 507 f. Albrecht von Bonstetten 836, 1439 Albrecht von Eyb 1018, 1141 Albrecht der Lesemeister 507, 508 f. Albrecht von Treffurt 375 Albuinus Erimita 167 Aldebert, Bischof von Verdun 363 Alexander IV., Papst 463 Alexander von Hales 379, 1225, 1622 Alexius-Legende 103–105 Alfonsus Bonihominis 227 f., 237 Alsfelder Passionsspiel 1277 Alkuin 1088, 1220 Alphart, Johannes 1398 f. Amalarius von Metz 1088 Amerbach, Johannes 1371, 1378 Amicus und Amelius 831 Ambrosius 90, 104, 226, 264, 276, 488, 618, 715, 987, 1007, 1458, 1624 Anastasia 1269, 1387 f. (Pseudo-) Anastasios Sinaites 221 Anastasius Bibliothecarius 4 Anatolia und Victoria 1001–1003 Andechser Chronik 1537 Das andere Land 879–881 Meister Andreas 1077 Andreas de Escobar 978 Andreas von Regensburg 779 Von dem anefluzze des vaters 204 f. Anfechtungen der Klosterleute 1388 f., 1580 Angelus Silesius 1375, 1661 Anna 1547–1552 Anna von Munzingen 136 f. Anna von Sissach 1052 Anselm von Canterbury 56, 87, 276, 513, 845, 894, 1090, 1185, 1224, 1602 St. Anselmi Fragen an Maria 87–89, 1270 Ansgar 932 f. Antonius von Lambsheim 1307 Antworter, Georg 1498 f. Apokalypse 311–315 Der apostele tat 212, 315 f. Apotheke der Schwestern 1405 Arbeo von Freising 1324 Arbogast 878 f. 1662

Register Aristoteles 272, 276, 350, 460 f., 465, 549, 606, 646, 707, 1028, 1105, 1122 f., 1224, 1309, 1324, 1378, 1523, 1569, 1622 Bruder Aristotiles 302, 784 Von armuot des geistes 202 Arndt, Johann 739 Arnold der Rote 133 f. Arnoldi, Heinrich, von Alfeld 1171–1173, 1451, 1478 Arnoldus von Gabelstein 302 Arnold von L¨uttich 846 Arnold von St. Emmeram 1201 Arnoldus von Zabelstein 302 Arnpeck, Veit 447 Arwiler, Peter 1606 f., 1616 Athala-Legende 132 Athanasius 41 Auer, Johannes 1519 f. Aufkirchen, Lorenz 1535 f. Augsburger Bibelhandschrift 316–318, 969 Augsburger Gebet 160 Augsburger Marienklage 1130 Augsburger Stadtchroniken 1537 Augsburger Totentanz 757 Augustinus 9–12, 29, 55, 78, 104, 110, 166, 175, 184, 201, 212, 264, 276, 310, 319, 331, 350, 374, 395, 408, 422, 428, 434, 473, 488, 525, 535, 558, 560, 564, 578, 591, 606, 627, 637 f., 646, 675, 707, 714–723, 733, 737, 749, 784, 786, 820, 862, 915, 928, 1007, 1028, 1084, 1121 f., 1194, 1199, 1222, 1276, 1324, 1391, 1430, 1485, 1522, 1531, 1599, 1613, 1622, 1647, 1649 Aurelia 659 f. Aus des vaters ewigkeit sein wir her geflossen 657 f. Auslegung der Hymnen 1022 f., 1494 Ave praeclara maris stella 492–494 Ave vivens hostia 528 f., 1478 Averroes 71, 1224 Awroham owinu 529 Ayrer, Jakob 1644 B¨amler, Johannes 379, 1537 Balbin, Bohuslav 510 Balduin von Trier, Erzbischof 110 Balther von S¨ackingen 989 f. Bamberger Legendar 618, 724 Bannholtzer, Valentin 1557 f. Barbara 114, 117, 122, 823–825, 1269, 1320, 1379 Barfußer ¨ von Basel 585 Barfußer-Lesemeister ¨ 217–219, 375 Bartholom¨aus 469 f., 1320 1663

Bartholom¨aus Anglicus 1183 Bartholom¨aus von Bolsenheim 469 Bartholom¨aus von Trient 1068 Der von Basel 784 Basilius der Große 752, 933–935 Basler Totent¨anze 1047–1049 Bassenhaimer, Johannes 1120 Baumgarten, Konrad 1288 De beatitudine 1522 f. Bebel, Heinrich 1637 Bebenhausen, Philipp 1173 f. Bebenhausener Legendar 425, 724–726, 1176 Beck, Heinrich 1391 Becker, Eg(g)eling 1114, 1348 f., 1480, 1570 Beda Venerabilis 56, 166, 258, 264, 377, 442, 565, 754, 846, 908, 937, 939, 1125, 1391 Befreiung der Altv¨ater 849, 1178 f. Beginchen von Paris 1095 f. Der Beheim 302, 784 Beheim, Michel 167, 237, 430, 495, 580, 647 Beichttraktat Es sind vil menschen, den ir peicht wenig oder gar nichts hilft 318 f. Beier, Dorothea 1369 f. Ben ha-melech weha-nosir 684, 1407 f. Benediktinerregel 42, 156, 477, 807, 1124 Benedikt XII., Papst 239, 271, 297–299, 1462 Benedikt von Nursia 1388, 1588 Der von Berau 531 Berengar von Landora 7 Beringer, Heinrich 993 f. Berliner Roseng¨artlein 1427 f. Berliner Totentanz 1520 Berliner Weingartenpredigt 1316 Bernardus Guidonis 307 Berner Marienklage 726 Berner Totentanz 1607–1609 Bernhard von Bessa 1579 Bernhard von Clairvaux 12, 29, 55, 103 f., 110, 175, 201 f., 264, 331, 354, 374, 377, 408, 428, 434, 495, 558, 560, 578, 624, 653, 661, 693, 752, 767, 778, 784, 854, 937, 1007, 1025, 1038, 1069, 1082, 1107, 1128 f., 1135, 1148, 1153, 1191, 1222, 1239, 1243, 1245, 1249, 1276, 1279, 1303, 1351, 1422, 1573, 1577, 1583, 1586, 1592, 1613, 1621, 1647, 1653 Bernhard von St.-Victor 754 Bernhard von Waging 294, 666, 771, 966, 1080 f., 1148, 1150, 1231, 1237, 1283–1285, 1450 Bernhardin von Siena 83, 872–874, 1191, 1296, 1383, 1441 1664

Register Bernhardstraktat 243, 727, 729 Berninck, Hendrik 1098 Berno von Reichenau 331 Berthold 1370–1372 Priester Berthold 228, 1321 Berthold von Bombach 134 f. Berthold von Freising 1055 Berthold von Moosburg 201, 275 Berthold von Regensburg 373 f., 507 f., 704, 953, 1243 Berthold von Wiesbaden 1037 Der beschlossen gart des rosenkrantz marie 1558–1560 Die besessene Nonne Agnes 1184 f. Priester Bethlem 1409 f. Bew¨ahrung, dass die Juden irren 1357 Biberli(n), Marquard 62 f., 486, 1350 Bidermann, Jodocus 1103 f. Der von Biel 262 Biel, Gabriel 666, 1113–1118, 1323, 1349, 1501, 1552, 1626 Bielefelder Gebetbuch 1069, 1609 Die Bienenkirche 247 f. Bihtebuoch 319 Bijbelvertaler van 1360 43, 159, 164, 477–479, 486, 1368, 1466 Bilder-Ars-moriendi 812–814, 1094 Birgersson, Ulf 322 Birgitta von Schweden 80, 320 f., 321 f., 512, 643, 655, 693 f., 846, 931 f., 1006, 1029, 1232, 1355, 1369, 1413 Birgittinerregel 320, 994 f. Bischoff, Johannes 809 f., 834 Bischoff, Konrad 1395 Blarer, Ambrosius 1627 Blarerin, Justina 905 Blomenberg, Johannes 1410 f. Die Blume der Schauung 194 f. Blume der Seele 1182 f. Boccaccio, Giovanni 1018 B¨ohme, Jacob 277 Bomlin, ¨ Konrad 583, 814–816 Boethius 12, 272, 716, 760, 953, 1028, 1112, 1188, 1220 Bole, Bernhard 1465 Bollstatter, Konrad 460, 1435 Bonifatius 1465–1468 1665

Bonaventura 5, 55, 59, 104, 185, 264, 477, 512, 597, 625, 627 f., 652, 686, 689, 693, 716, 765, 770, 822, 835 f., 999, 1007, 1068, 1101, 1109, 1128, 1149, 1191, 1194, 1224 f., 1239, 1247, 1273, 1299, 1383, 1445, 1457, 1468, 1470, 1479, 1492, 1501, 1522, 1540, 1546, 1553, 1565, 1577 f., 1586, 1617 Boner, Ulrich 1345 Borxleben, Christian 1110 f. Bosingfeld, Johann 783 Bostius, Arnold 514 Bote, Hermann 1340 Bozner Marienklagen 1610 f. Brandans Meerfahrt 788, 1059 Brandis, Lukas 515, 562, 705 Brant, Sebastian 39, 382, 493, 637, 1378, 1444 f., 1500, 1541, 1544, 1638 Braunschweiger Marienklage 242 Bremer, Johannes 628 Brevier fur ¨ Kaiser Friedrich III. 500, 1428 f., 1556, 1630 Breviertexte aus Westfalen 89 Brigida von Kildare 879 Brinckerinck, Johannes 564, 620–623 Brixener Passionsspiel 642 Der Bruder mit den sieben S¨ackchen 64 f., 328 Brugman, Johannes 1188, 1285 f., 1305, 1383, 1629 Brun von Sch¨onebeck 794 Bruno, Giordano 25 Buch vom Gebet 814 Buch des Gehorsams 731, 757 Buch von geistlicher Armut 277, 294 f., 746 Buch von den heiligen M¨agden und Frauen 1316 f., 1456 Buch des Lebens 1031 f., 1104 Buch der M¨artyrer 125, 711, 724 f., 956, 1024, 1176 Buch der Rugen ¨ 65–67, 877 Buch von den sechs Namen des Fronleichnams 105 Buch der sieben Grade 105 Bucholt, Nikolaus 1452, 1574 Buchsbaum, Sixt 1611 f. Buchwaldsche Heiligenpredigten 300 f., 879, 1206 Buchlein ¨ vom schauenden und vom wirkenden Leben 323 f. Buman, Heinrich 1546 f. Burkhard, Prior 1581 f. Busch, Johannes 623, 631 1666

Register Buschmann, Arnt 1077–1079 Caecilia-Legenden 89 f. Caesarius von Heisterbach 155, 247, 544, 1209 Papst Calixtus 1186, 1232 Canisius, Petrus 277 Cassiodor 565, 1247 Cele, Johannes 574 f., 1187 Celtis, Konrad 1626 Chim¨ara von Kolin, Stephanus 509 Christ ist erstanden 1263 Christian, Michael 1497 Christanni, Peter 1389–1391 Christe qui lux est et dies 324 f. Christherre-Chronik 27 Christi Leiden in einer Vision geschaut 599 f., 892 Christian von Hiddestorf 732 f. Christian von Lilienfeld 257, 380, 954 Christina von St. Trond 352 Von einem christlichen Leben 577 Christus als Koch 731 f. Christus und die minnende Seele 195–197, 599, 732 Christus und die sieben Laden 825–827, 938 Chronica der graffen von Cilli 447 Cicero 12, 272, 646, 1028, 1324, 1378, 1569 Clemens IV., Papst 1287 Clemens V., Papst 702 Clemens VI., Papst 127, 239, 271, 1186 f., 1462 Clementia, Herzogin von Z¨ahringen 119 Coleta di Corbie 628 Comitis, Gerhard 1056, 1189 f., 1461 Compendium Anticlaudiani 334 f. Confessionale 509 f. 951 De contemptu mundi 531 f., 757, 921 Corner, David Gregor 482 Cynckler, Heinrich 1613, 1616 Cyprian von Toulon 488 Cyprianus 56 Cyrillus 525, 1430 Daniel 51, 207, 209–211, 212, 215 Darmst¨adter Legendar 882 f., 1176 David von Augsburg 104, 264, 428, 510, 625, 947, 1434, 1457, 1636 Debs, Benedikt 1611 Der die nacheit minnet 325 f. Der Geist hat mich vergeistet 658 Detmar von L¨ubeck 554 Deventer Liederbuch 1629 Di element uns des veriehen 327 Diemar, Johannes 1448 f. 1667

Dies est laetitiae in ortu regali 219–221, 1438 Dietrich von Altenburg 212, 215 Dietrich von Apolda 6333 Dietrich von Colmar 240 Dietrich von Freiberg 8, 63, 110, 126, 193, 198, 201, 276, 452 Dietrich von Munster ¨ 1559 f. (Pseudo-) Dionysius Areopagita 1, 3–7, 12, 55, 76, 182, 194, 201 f., 276, 310 f., 375, 422 f., 428, 473, 558, 583, 716, 738, 770, 784, 854, 928, 959, 1188, 1195, 1215, 1232, 1295, 1374, 1461 Dionysius der Kart¨auser 4, 413, 615, 757, 1187–1189, 1216, 1577 Dirk van Delft 445, 733–735, 881 Disput zwischen der minnenden Seele und unserem Herrn 732, 746 Disticha Catonis 166, 606, 896, 942, 1017 Dominikus 633, 1386 Dominikus von Preußen 816–821, 836, 918, 983, 1069, 1073, 1381, 1402 Donat 896 Donaueschinger Liederhandschrift 886, 1357 Donaueschinger Predigtsammlung von 1520 f. Doniel 683 f., 1282, 1409 Dorothea 114–117, 117, 122, 823, 1226, 1269 Dorothea von Hof 746, 1420 f. Dorothea von Kippenheim 594, 1459 Dorothea von Montau 479–481, 519 f., 1124, 1369 Die drei Lebenden und die drei Toten 736 f., 755 Von dreierlei Abgrunden ¨ 1007, 1190 f., 1578 Von dreierlei geistlichem Sterben 308 f. Dreikonigslegende ¨ 532 f. Dresdner G¨artlein 916 Dreuben, Konrad 51, 1104 f. Von den drin fragen 601 f. Du heiles hort 1174 Durandus 161 Der von Durlach 327, 784 Ebendorfer, Thomas 447, 696, 1026 Eberhard von Sax 435 Eberhart von Rapperswil 307, 827 f. Eberler Bibel 1350 Ebernand von Erfurt 748 Ebin, Anna 748, 1124, 1211, 1299 f., 1466 Ebner, Christine 141 f., 143–146, 234 Ebner, Margareta 146–150, 150, 231 f., 275, 309 1668

Register Ebstorfer Liederbuch 1054, 1242, 1331, 1605 f., 1629, 1657 Ebstorfer Predigtsammlungen 1613 Eck, Johannes 1627, 1652 Meister Eckhart 1 f., 4, 7–23, 61, 63 f., 69, 71, 74–76, 97, 106, 109, 126 f., 129, 133, 151, 155, 162, 175, 181 f., 185, 192 f., 197, 201, 204, 218, 271 f., 275 f., 286, 294, 303, 310, 328–330, 338, 341, 349, 353 f., 359, 362, 371, 375, 397, 403, 419, 421, 422, 424, 428, 435, 451, 454, 456, 458, 512 f., 524, 534, 558 f., 563, 573, 583, 601 f., 627, 646, 649, 651, 717, 737, 746, 783, 799, 802, 893, 1015, 1076, 1149, 1195, 1201, 1253, 1295, 1322, 1474, 1629, 1660 Eckhart von Gr¨unding 151 Eckhart der Jungere ¨ 151 f. Eckhart und der Laie 327 f. Eckhart-Legenden 328–330, 1245, 1299 Ederin, Katharina 1635 Effrem der Syrer 1459 f. Egenolf von Ehenheim 240 Egerer Passionsspiel 642 Eggestein, Heinrich 1362 Egher, Heinrich, von Kalkar 625, 661–663, 751 Ehrenbloß 246 Ehrenfreund 245–247 Eibensteiner, Christian 998 Eichmann, Jodocus 80, 1086 f. Ein meister der seit uns von wesen blos 330 f. Eingang der Himmel 1317 Einsiedeln-Zurcher ¨ Lektionar 1319 f. Einzlinger, Johannes 1411 Eisek der Schreiber 1280 f. Eiximenis 1215 Elbinger Beichtbuchlein ¨ des Deutschen Ordens 810 f. Eleazar von Sabran 83 f. Elisabeth von Ebran 354, 546, 843, 991, 1169 f. Elisabeth von Kirchberg 140 f., 222 Elisabeth von Nassau-Saarbr¨ucken 678 Elisabeth von Ungarn 189 Elisabeth von Th¨uringen 253, 822, 978, 1119, 1332 Els¨assische Predigten 299 f. Elsbeth von Oye 137–140, 201, 223, 1052 Emmeram-Legende 1201 Emmericher Schwesternbuch 1632 f. Emser, Hieronymus 1637–1642 Engelberger Gebetbuch 460, 533–535 Engelberger Marienklage 485 1669

Engelberger Predigten 303–305, 576 Engelbirn 331 f. Engelbrecht, Sebastian 1560 Engelhard von Langheim 1210 Engelhart von Ebrach 201, 332–334, 344, 346, 354, 428, 1006, 1200, 1308 Engelhus, Dietrich 554, 1045, 1092 Des Engels Unterweisungen 742 Engelsuß, ¨ Kaspar 1050 Erasmus, Karmeliter 1299, 1320 Erasmus von Rotterdam 1102, 1624, 1639 Bruder Erbe 375 Der eren tafel 1561 Erhard von Durningen ¨ 946 Erhard von Regensburg 1191 f. Erlauer Marienklage 1277 Erl¨osung 78, 1247 Ernst von Pardubitz 380, 484, 502 Die Erschaffung Adams 1561 Es flog ein clains walt vogelein auß hymels drone 1603 f. Es kommt ein schiff geladen 277, 1053–1055 Eschenbach, Johann 912 f., 916 Esra und Nehemia 214–216 Der von Ettelingen 63 f., 330 Ettlich tewtsch ymni 1562 Etymachietraktat 152–154 Etzen, Hermann 1105 Eucharius, Valerius und Maternus 1367–1369 Eugen IV., Papst 861 Euphrosyne 90 f. Eusebius von Caesarea 525, 612, 618, 1430, 1477 Evagrius von Antiochien 41 Evangelien der guten Meister von Prag 1372 f., 1428 Evangelienharmonien 165 Evangelien-Perikopen der Passion 28 f. ¨ Evangelien-Ubertragungen 164 Die Evangelische Perle 1659 f. Evangelium Nicodemi 164, 335–338, 361, 791, 1178 Ey edel sele, halt dich vri 338 f. Eyglo von Friedberg 225, 784 Fabri, Felix 1498 Fabri, Johannes 1523 f. Fabri, Heinrich 1003–1005 Fabri, Wendelin 1635–1637 Falder-Pistoris, Georg 979, 1028–1030 Von den Farben der Kleider geistlich 1238 Farben der Seele 1183 f. 1670

Register Fegfeuer des hl. Patricius 464, 540, 788, 1059, 1146 Felicitas und ihre sieben Sohne ¨ 632 f. Ferrer, Vinzenz 585–590 Filinger, Bechtold 1052 f. Finck, Thomas 666 f., 929, 1475, 1523, 1552–1555 Flavius Josephus 1430 Fleischmann, Albrecht 744–746 Florentius von Utrecht 339 f., 375, 403 Florentius-Legende 341 Florian von Lorch 262 f. Florianer Psalter 743 f. Folz, Hans 539, 637, 647, 801, 1320, 1517 Fragen des Timotheus an Paulus 1195 Franck, Sebastian 739 Frank van Goudenberg 173 Franke, Johannes 4, 23, 106–109, 349, 375, 403, 428 Der Frankfurter 737–742, 848 Frankfurter Dirigierrolle 955 Frankfurter Wurzg¨ ¨ artlein 1423 Franko von Meschede 106, 154 f., Franz von Retz 430, 636–640, 1010, 1464 Franziskanische Traktate 1468 f., 1522 Franziskus von Assisi 229, 1133, 1388, 1421, 1468, 1522 Franziskusbuch Fac secundum exemplar 229 f., 1522 Das Frauchen von 22 (21) Jahren 341–343 Frauenlob 216, 243, 694, 886, 975 Freiburger Perikopen 1040 f. Freidank 101 Der Freund 343 Freytag, Johannes 1617 f. Fridolin, Stephan 1309–1313, 1321, 1566, 1577 Friedauer, Bartholom¨aus 576 f. Friedrich II., Kaiser 821 Friedrich II., Markgraf 98 Friedrich III., Markgraf 98 Friedrich der Weise, Kurf¨urst 1106, 1545 Bruder Friedrich 1192 Friedrich von Amberg 703–705 Friedrich von Dollnstein 36 Friedrich der Karmeliter 249, 371, 862–864, 1428 Friedrich von Neuenburg 226, 784 Friedrich von Saarburg 167 Friedrich von Zollern, Graf 1562 f. Friedrich, Jakob, von Kolmar 1649 Friedrich, Konrad 141 f. 1671

Friedrichs von Hennenberg geistliche Rustung ¨ 658 f. Friker, Johannes 591 f. Die fromme Mullerin ¨ 342, 343–346 Frowein, Bartholom¨aus, von Ebrach 853 f. Fuchs, Agnes 785 Fuchs, Ludwig 1469–1471 Von funf ¨ Meistern 346–348 Funfbrunner, ¨ Konrad 1061 f. F¨unfzehn Vorzeichen des J¨ungsten Gerichts 78, 373, 1230 Fuller, Heinrich 67 f. Futerer, Johannes 181, 650 f., 784 Der von Gabelstein 302 Gabriel und die Seele 348 f. Gaesdoncksche Traktate 4, 76, 106, 349 f. St. Galler Marienklage 729 f. Gallus von Konigssaal ¨ 510–512, 992 Gallus, Thomas 5, 55, 1215, 1522 Gan Eden 530 Gangolf 634 f., 1576 Ganser, Johannes 1192 f. Gansfort, Wessel 1212–1215 Garten der Tugenden 535 Gartenallegoriediptychon 1238–1240 Gartner, Jodocus 1224–1226 Gebet- und Andachtsbuch der Katharina Rutzin 746 f. Gebet- und Andachtsbuch der Margret Zschampi 1322 f., 1588 Gebet- und Andachtsbucher ¨ fur ¨ die Laienbruder ¨ der Basler Kartause 1587–1589 Gebet an den Heiligen Geist 230 f. Gebetbuch fur ¨ Barbara Ulstatt 401, 507, 895, 1322, 1585 Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg 1586, 1589 f. Gebetbuch fur ¨ Georg Schedel aus Nurnberg ¨ 401, 1307–1309 Gebetbuch fur ¨ Gr¨afin Anna von MontfortWasserburg-Rothenfels 1582–1584, 1584 Gebetbuch fur ¨ Gr¨afin Magdalena von Montfort 1586, 1590, 1590 f. Gebetbuch fur ¨ Graf Ulrich von MontfortTettnang 1585 f., 1590 f. Gebetbuch fur ¨ Margaretha von Kappel 1418–1420 Gebetbuch des Niklaus Meyer zum Pfeil 1322, 1413, 1584 f. Gebetbuch der Ursula Begerin 1322, 1411–1413, 1585 Gebetbuch des Wolfgang Schreiber 39, 1413 f., 1585 1672

Register Gebetbucher ¨ fur ¨ Erzherzog Albrecht V. 507, 1042 f. Gebete und Benediktionen aus Muri 659 Gebhard 1218 f. Meister Gebhart I 661, 705 Meister Gebhart II 661, 705 Von der Geburt Christi 1449 f. Von der geburt des eˆ wigen wortes in der sˆele 255 f. Gebwiler, Hieronymus 1500 Gegen die Gottesl¨asterung 758 Gegrußet ¨ sistu ane we 840 Geiler von Kaisersberg, Johann 583, 666, 938, 992, 1255, 1303, 1349, 1378, 1461, 1488, 1499–1511, 1562, 1599, 1645 Geißlerlieder 305–307 Geistbuch 1076 f. Die geistliche Badestube 1423 f. Der geistliche Blumengarten 1174 Die geistliche Ernte 1303 Geistlicher Fastnachtskrapfen 912, 916–918, 1197 Der geistliche Freudenmai 1193 Eine geistliche Geißel 1201–1203 Das geistliche Haus 350 f., 1422 Geistliche Himmelfahrt 535 f. Von eyme geistlichen hove 1240 Die geistliche Jagd 351 Die geistliche Klause 1240 f. Von einem geistlichen Mai 884 f. Die Geistlichen Lilien 399 Geistlicher Mai 1197, 1303, 1360 f., 1361 Geistlicher Maibaum 884, 1481, 1563 f. Geistliche Minnejagd 734, 881 f., 1156 Geistliches Muhlenlied ¨ 1241–1243 Geistlicher Neujahrsbrief 918 f., 1139 Der geistliche Spinnrocken 1265–1267 Der geistliche Streit 94 Der geistliche Wagen 1243 f. Geistliche Weinrebe 1424 f. Geistliches Weizenkorn 1193 f., 1424 Geistliche Wirtschaft 1194 Geistliches Wurfelbuch ¨ 1246 Geistliches Wurfelspiel ¨ 1244–1246 Gelobet sistu Jesu Christ 351 f. Gelsdorf von Rottweil, Burkhard 675 Gemahelschaft Christi mit der gl¨aubigen Seele 578 f., 884 Gemeine Lehre 471 f. Genovefa von Brabant 1614 f. Genovefa von Paris 634, 1574 f. Geoffroy de Beaulieu 158 Geoffroy Breteuil 396 1673

Georg 91–94 Georg von Gengenbach 768 Georg von Giengen 696 St. Georgener Predigten 4, 428, 1249, 1588 Georgslied 91 Geraert von S. Trond 352 f. Gerard van Vliederhoven 663 f., 1018, 1243 Gerard von Frachet 43 Gerhard von Duren ¨ 505 Gerhard von Eberhardsklausen, Pater 1516, 1616 Gerhard von Elten 1353 f. Gerhard von Rappoltsweiler 135 f. Gerhard von Rodermachern 734 Gerhard von Sterngassen 68–70, 253, Gerhard, Johann 277 Gerlach von Nassau, Erzbischof von Mainz 369 Gerold 1425 Gerson, Johannes 4, 55, 175, 185, 473, 665–668, 780 f., 855 f., 859, 898, 947, 996, 1090, 1104, 1107, 1114, 1128, 1144, 1150, 1153, 1185, 1232, 1236, 1421, 1478, 1488, 1500 f., 1540, 1546, 1553, 1570, 1583, 1588, 1599, 1647 Gerstenberg, Wigand 554 Gerster, Johann 989 Gertrud von Buren ¨ 1615 f. Gertrud von Helfta 234 Gertrud von Nivelles 1205–1207 Gertrud von Ortenberg 353 f. Die Ges¨ange der sieben Klausnerinnen 747 Gessler, Jakob 1649 Gesta Romanorum 950, 1146 Geuß, Johannes 981, 998 f. Gisbert 1653 f. Giselher von Slatheim 218, 248, 253, 375, 451 Glasberger, Nikolaus 1576 Glogauer Liederbuch 482, 1471 f. Diu glose ˆ uber ¨ daz eˆ wangelium S. Johannis 155 f. Von der Gnade Gottes 1194 f., 1316 Von der Gnaden Reichtum 884 Gnadentraktat Von der anmynnent gnad 1373 Godeverd van Wevele 573 f. Gosseler, ¨ Johann 1595 f. Goethe, Johann Wolfgang von 515 Von einem gottlichen ¨ Baumgarten 1238, 1246 f. Von der gottlichen ¨ Liebe 686, 746, 758 Goldenes ABC 1195 f. Goldenes Ave Maria 494–497, 1462 Goldene Kette St. Bernhards 354 f., 546, 1170 1674

Register Das goldene Krongebet von zehn Freuden Mariens 840–843 Goldene Muskate 95 f. Der goldene Spiegel der armen sundigen ¨ Seele 1425 f. Die Goldwaage der Stadt Jerusalem 577, 883 f. Goltschlacher, Rudolf 916, 1196–1198 Gonsalvus de Vallebona 10 Goslarer Gartengebet 1125 Gossembrot, Sigismund 286, 921, 998 Got ist ein wesen, daz ie waz 355 Gott der vater won uns bei 922 f. Gottfried, Johann 716 Ritter Gottfried 1625 Pater Gotthard 1564 f. Gottschalk von Aachen 954 Granum sinapis 1–3, 4 Gregor der Große 12, 29, 55, 68, 104, 166, 175, 276, 331, 350, 374, 408, 428, 435, 465, 477, 558, 592–597, 649, 653, 733, 784, 834, 897, 936, 953, 1222, 1235, 1279, 1295, 1462, 1599, 1621, 1649 Gregor II., Papst 1465 Gregor XI., Papst 514 Gregor XII., Papst 655, 674 Gregor von Nazianz 934 Gregor von Nyssa 934 Gresemund, Dietrich 1097 Gresemund, Gottschalk 1096 f. Gresemund, Hermann 1097 Grim, Merten 1609 Grimlaicus 156 f. Grimon 1609 f. Pastor von Groningen 1573 Groote, Gert 173, 414, 473 f., 564–572, 574, 620, 626 f., 662, 751, 898 f., 1293 Groß, Erhart 664, 1018–1022 Grosseteste, Robert 4, 55, 443 Das Große Gebet der Eidgenossen 925–927 Großer Baumgarten 1426 f. Großes Zittauer Fastentuch 1391–1393 Grutsch, ¨ Conrad 1219 Vom Grunde aller Bosheit 356–359, 1191 G¨urtler, Jakob 1391 Gussinger ¨ Totentanz 1337, 1338 Guttel, ¨ Caspar 1634 f. Guido von Alet 935 f., 1197 Guillaume de Chartres 158 Guillaume de Nangis 158 Guillaume de Saint-Pathus 158 Gundacker von Judenburg 166, 336, 954 Gundelfinger, Peter 1536 1675

Gurdelers, Katherina 469, 1107, 1280, 1516, 1616 Eine gute Beicht 1565 Eine gute Klosterlehre 576 Gute Meinung von dem Sunder ¨ 776, 805 f. Der gute Wirt 1524 Gutenberg, Johannes 80, 1220 Hadewijch 175, 441 H¨atzer, Ludwig 238, 740 H¨atzlerin, Klara 471, 1242 Hagen, Johannes 1335, 1347 Haider, Ursula 1152, 1472 f. Halgart, Johannes 1649 Der von Halle 597 f., 784 Haller, Heinrich 43, 51, 526, 628, 664, 788, 900, 955, 1429–1433 Hammenstede, Barthold 1198 Hane der Karmelit 218, 248, 375, 403 Bruder Hans 693–695 Hans der Bekehrer 1299, 1300 f. Hans van Ghetelen 409, 1542, 1543 f., 1574 Hans von Orleans 434 Harfenspiel vom Leiden Christi 1247 f. Hartmann von Aue 361 Hartmann von Kronenberg 359 f., 428, 435 Hartwig von Erfurt 63, 96, 133, 248–250, 251, 253, 255, 428, 435, 803, 862, 1428 Hartwig von dem Hage 118 Haß, Georg 1433 f. Hasz, Heinrich 1374, 1434 Haus der Tugenden 1422 Hauser, Johann 1237, 1242, 1272, 1493, 1516–1519 Hawich der Kellner 361 f., 1180 Hayweger, Augustinus 1320 Hedwig von Schlesien 610, 822, 1286–1292, 1526 Heff, Leonhard 554 Hegius, Alexander 1212 Heidelberger Bilderkatechismus 1055 f. Von dem heilgen swygenhaltten 1007 f., 1191, 1578 Die heiligen Farben 747 f. Der Heiligen Leben 42, 91, 125, 158, 263, 320, 486, 541, 554, 618–620, 635 f., 712–714, 724, 768, 774, 791, 829, 846, 990, 1002, 1023, 1163–1167, 1176, 1209, 1324, 1368, 1439, 1532 Der Heiligen Leben, Redaktion 91, 158, 263, 486, 618, 774, 1023 f., 1176, 1180, 1314, 1324 Heilke von Staufenberg 353 Heiltumsbucher ¨ 1536–1539 1676

Register De Heimelike Passie ons Heeren Ihesu Christi 642, 1524 f. Heinbuche von Langenstein, Heinrich 582, 1090 Heinrich II. 748 f. Pater Heinrich 1120 Vater Heinrich 1120 f., 1200 Bruder Heinrich I 1198 f., 1577 Bruder Heinrich II 1581 Kaplan Heinrich 1591 f. Heinrich von Augsburg II 225 f., 784 Heinrich von Berching 643 Heinrich von Bitterfeld 652–655 Heinrich von Budweis 654 Heinrich von Clevan 96 Heinrich von Coesfeld 751–754 Heinrich von Dissen 793, 986 f. Heinrich von Ekkewint 97 Heinrich von Engelthal 141, 142 f. Heinrich von Freiberg 98, 754, 849 Heinrich von Friemar 129, 583, 654, 815, 893, 1038, 1324, 1449, 1530 Heinrich von St. Gallen 334, 336, 405, 483, 598, 642–645, 892, 1146, 1660 Heinrich von Gent 752, 1232, 1255 Heinrich von Herford 554 Heinrich von Hesler 209, 215, 336, 1178 Heinrich von Hessen d. J. 828 Heinrich von Langenstein 413, 548, 550, 579–582, 636, 653, 828, 855, 865, 867, 995, 1133, 1144, 1152, 1169, 1232, 1299, 1324, 1331, 1457 Heinrich von Melk 102, 956 Heinrich von M¨ugeln 51, 162 f., 413 Heinrich von M¨unchen 27, 31, 554, 762 Heinrich von Neustadt 334, 445, 954–956 Heinrich von Nordlingen ¨ 143, 146, 181, 225, 231–233, 275, 286, 309, 397, 1299 Meister Heinrich II 598, 483, 643, 1120 f. Heinrich von Offenburg 1199 f. Heinrich von Preußen 665 Heinrich von Rubenach ¨ 598, 1200 Heinrich von Soest 1592 Heinrich der Teichner 116 Heinrich von T(h)alheim 353, 362 Heinrich von Werl 982, 987 f. Heinrich von W¨urzburg 236 Meister Heinzelin 460, 1435 Hel, Erhard 1056 f., 1461 Helf uns das heilige Grab 1263, 1415 Heliand 953 Heltauer Marienlied 1435–1437 Helwic von Germar 75 f., 375, 403 1677

Helwicus von Magdeburg 1328 Helwicus Theutonicus 75 Helwig (von Waldirstet) 98 f., 754 f., 849 Hendrik van Santen 1522, 1540 f. Hentinger, Johannes 1450 Hentz von den Eichen 1650 Herakleios, Kaiser 98 Herbord von Michelsberg 1395 Hermann von Fritzlar 68, 194, 248, 253–255, 255, 307, 882, 956 Hermann von St. Gallen 1030 Hermann von Linz 1200 f. Hermann von Loveia 375, 403 Hermann von Metten 1473 f. Hermann von (der) Reichenau 492, 954, 1525 Hermann von Schildesche 253, 1104 Hermann von Wiedenbach, Bruder 1320 f. Herolt, Johannes 51, 457, 846, 910–912, 1327 Herp, Hendrik 1373–1377, 1397, 1433 f. Herrad von Hohenburg 793 Hervaeus Natalis 110 Herzklosterallegorien 950, 1241, 1248–1252, 1422, 1474 Der Herzmahner 1321 f., 1587 Herzog Ernst 1315 Hesiod 1477 Heynlin, Johannes, de Lapide 1347, 1377–1379, 1501 Hieronymus 41, 166, 212, 215, 256, 276, 399, 434, 474, 613, 845, 854, 899, 1007, 1018, 1135, 1145, 1247, 1412, 1456, 1477, 1530 f., 1599, 1613, 1622, 1649 Hieronymus von W¨orth 1265 Hieronymus-Briefe 525–528 Hilarius von Poitiers 488 Hildegard von Bingen 79, 1232, 1460 Hildegund von Schonau ¨ 1209–1212 Hildesheimer Nonnengebetbuch 49 f., 599, 1175 Hilduin von St.-Denis 4 Hiltalingen von Basel, Johannes 193 f., 438, 451 f., 512 f., 704 Himmel von Weits, Johannes 1044 f. Himmelsbrief 362–366 Die Himmelsstraße I 606 Himmlische Apotheke 1474 Der himmlische Rosenkranz 1618 f. Hiob 51, 205, 210, 211–213, 315 Historien der alden E 205 f. Historienbibel 165, 793, 1134, 1259, 1318 Hochalemannischer Prediger 99 H¨oltzel, Hieronymus 1635 1678

Register Hoffmanns Marienklage 243 f. Hoheliedauslegung An Hymmel und an erden 936 f. Hoheliedauslegung Die sin van desen boeke es 1437 Hoheliedauslegung Meliora sunt ubera tua vino 1221–1224 Hoheliedauslegung Sunte Johannes sach in Apocalipsi 754 Hohenfurter Liederbuch 1272, 1437 f. Hollen, Gottschalk 458 Holtnicker, Conrad 378 Von dem Holz des heiligen Kreuzes 754 f., 849 Holzapfler, Augustinus 1234, 1617 f. Holzmindener Bibelfragmente 407 Honorius Augustodunensis 167, 373, 791, 953, 957 Honover, Heinrich 654 Horant, Ulrich 1062 f., 1299 Horn, Ulrich 1224 Hortulus animae 39, 496, 844, 1067, 1271, 1294, 1586, 1601–1603, 1634 Hrabanus Maurus 166 Hrotsvit von Gandersheim 634, 1460 Hubertinus von Casale 1154 Hugo von Balma 5, 854, 1215–1218 Hugo a St.-Caro 210 Hugo von Ehenheim 937 f. Hugo von Fouilloy 1249 Hugo von Langenstein 210 Hugo von Lincoln 1588 Hugo Ripelin von Straßburg 69, 167, 264, 430, 459, 577, 612, 733, 1144, 1260, 1457 Hugo von Trimberg 101 f., 1046 Hugo von Vaucemain 181, 184 Hugo von St. Victor 4, 55, 276, 434, 653, 717, 770, 1114, 1133, 1245, 1324, 1396, 1452, 1650 Humbert von Romans 663, 1133 Humery, Konrad 1220 f. Hundertpfund, Heinrich 536 Der Hunt 668 f. Hus, Jan 470, 503, 507, 848, 853, 860, 1005, 1010 f., 1323, 1623 Hutz, Peter 1652 f. Hymnarius von Sigmundslust 1651 f. Ich man dich vater Jhesum Christ 401 Ich solt mich leren lossen 387 f. Ich wil vch sagen mere 388 f. Ich will von der minne singen 326 Ida von Toggenburg 1439 f. Immessen, Arnold 754, 1241 In dulci iubilo 389–391, 1332, 1415 1679

Von der inbeslissung der zungen 1006 Ingold, Meister 938–941, 1303 Innicher Marienklage 241 f. Innozenz III., Papst 532, 689, 949, 973, 1260, 1644 Innozenz VII., Papst 674 Innsbrucker Marienklage 35 f. Der ˆınslac 23 f. Institoris, Heinrich 1011 Irimbert von Admont 1222 Irrung an dem glouben 1253 Isidor von Sevilla 167, 637, 1497 Iso von St. Gallen 1030 Issickemer, Jakob 1537, 1596 f. Itinerarium Beatae Virginis Mariae 1440 f. Ivo H´elory 83, 1441 J¨ack, Johannes 1357 f. J¨ack, Heinrich 1358 Jacobus a Voragine 62, 91, 98, 116, 121, 125, 132, 159, 166, 226, 246, 263, 300, 336, 378, 381, 430, 436, 447, 454, 465, 477, 486 f., 544, 591, 593, 618, 632–635, 660, 713, 724, 733, 748, 791, 829, 845, 849, 878 f., 950, 957, 1002, 1024, 1040, 1131, 1164–1166, 1171, 1180, 1201, 1206, 1230, 1314, 1356, 1368, 1387, 1466, 1476, 1501, 1521, 1525, 1548, 1575 Jacobus de Theramo 336, 1584 Jakob von Augsburg 1592 f. Jakob von Brussin 501 Jakob von Burigh 1280 Jakob von Eltville 579 Jakob von Gruitrode 1254, 1331, 1425 Jakob von J¨uterbogk 510, 1114, 1197, 1347, 1501 Jakob von Maerlant 477, 554, 754 Jakob von Muhldorf ¨ 36 f. Jakob von Paradies 1254–1257, 1430, 1553 Jakob von Ratingen 1332, 1629 Jakob von Soest 923–925 Jacopone da Todi 689 Jakob von T¨uckelhausen 1254 Jammerruf des Toten 755–757, 921, 1143 Jan van Boendale 857 Jan van Denemarken 1548 Jan Hinckaert 173 Jan van Leeuwen 173, 366 f. Jan Tay 477, 479 Jans Enikel 27 Jean de Joinville 158 Jehoschua 1408 Von Jesu Bettlein 950 f. Jesu Gespr¨ach mit der treuen Seele 599 1680

Register Jesu Unterweisungen 742 Der Jesusknabe in der Schule 1619 f. Johannes III., Papst 41–43 Johannes XXII., Papst 9, 65, 109 f., 154, 232, 275, 297, 362, 702, 1462 Johannes von Aichstetten 1253 Johannes von Andernach 1615 Johannes de Beka 1253 Johannes von Brandenturn 1025, 1451 Johannes von Braunschweig-Grubenhagen 708–710 Johannes von Capestrano 1069, 1080, 1110, 1129, 1230, 1296–1298 Johannes Cassianus 42–44, 56, 477, 614–617, 807, 1011, 1255 Johannes Chrysostomos 264, 614, 834, 897, 1007, 1153, 1243, 1279, 1324, 1391, 1586 Johannes Corvus 514 Johannes von Dambach 271–274, 275 Johannes von Dorsten 1098–1100, 1106 Johann von Essen 1077 Johannes Evangelista 828–830, 1448 Johannes von Eych 1079–1081 Johannes de Fonte 367 f. Johann von Frankfurt 848 f. Johann von Freiburg 580 Johannes von Hildesheim 514–516, 533 Johannes von Iglau 368 f. Johannes von Indersdorf 354, 509, 546, 583, 656, 843, 928, 900–993, 1133, 1169, 1293, 1491, 1527, 1583 Johann von Jenstein 467 f., 653 Johannes von Kastl 5, 55, 703, 928–930, 934, 1224, 1568 Johannes Klimakos 628, 752, 757 f., 928, 1188 Johannes von Klingenberg 1621 Johannes von Kornelienberge 702 Johann(es) von Leonrodt 1620 f. Johannes von Lindau 1595 Johannes von Lubeck ¨ 1005 f. Johannes von Lutrea 1323 Johannes von Mainz 1004, 1050 f. Johannes von Moneta 250 Johann von der Muntz ¨ 126, 250 f., 251 Johann von Neumarkt 502, 514, 526, 612 f., 618, 652, 717, 895, 914, 1043, 1257, 1293, 1308 Johannes von Nordlingen ¨ 355 f., 829, 1573 Johannes von Offringen 829, 1573 Johann von Palz 1098, 1105–1109, 1593, 1616 Johannes von Rheinfelden 939 1681

Johann(es) von Rinstetten 707 f. Johannes von Schaftholzheim 516 f. Johannes von Schoonhoven 750 f. Johannes von Schweinfurt 778 Johann von Speyer 43, 595, 665, 717, 793, 946–949 Johannes von Sterngassen 63, 68, 70–74, 275, 428, 649, 651, 784, 1308 Johannes von Tepl 758–762, 1345, 1650 Johannes der Weise 730 Johannes von Weißenburg 590 f. Johannes de Werdea 1225, 1237 f., 1265, 1450, 1517 Johann von Zazenhausen 336, 368–370 Johannes-Evangelium 1, 1–14. Deutsche Auslegung nach Augustin 371 Johannisminne 371–373 Johanniterregel und -statuten 291–293 Jordaens, Wilhelm 472–477 Jordan von Quedlinburg 42, 127–132, 264, 475, 1043, 1069, 1121, 1230, 1384, 1591 Jordanus von Sachsen 1322, 1501 Jos von Pfullendorf 1022, 1183 Josep(e) 949 f. Judith (ostmitteldt.) 360 f. Die Judin ¨ und der Priester 749 f. Jung, ¨ Johann 251 Jungere ¨ niederrheinische Marienklage 660 f. Justinger, Konrad 1359 Kachelofen, Konrad 122 Kaiserchronik 801, 1182 Kalckbrenner, Gerhard 1654 Kalteisen, Heinrich 1081–1084 Kannemann, Johannes 1097 Karl der Große 100, 1163, 1253 f. Karl IV., Kaiser 143, 269, 272, 380, 467, 502, 514 Karl VI., K¨onig 780 Karl der Große und die schottischen Heiligen 99–101 Karlmeinet 554 Karwochenbuchlein ¨ 373 Kaspar von Altenburg 1441 Kastner, Heinrich 1622–1624 Katharina von Alexandrien 114, 117, 122, 1077, 1308 Katharina von Schweden 320, 321 f. Katharina von Siena 541 St. Katharinentaler Liedersammlung 1016 f. St. Katharinentaler Schwesternbuch 223, 1015 f. 1682

Register Kaufringer, Heinrich 344 Keck, Johannes 770–772, 1149, 1568 Kemli, Gallus 1359 f., 1361 Kempf, Elisabeth 1087 f. Kempf, Nikolaus von 854 f., 996, 1215, 1230 Kern der gottlichen ¨ Wahrheit 1324 Kessel, Johannes 904 f. Kettner, Fritz 885–888 Kirchschlag, Johannes von 1396 f. Kirchschlag, Peter 1374, 1397 f. Klara von Assisi 462 f., 714, 822, 1297, 1421, 1441 St. Klara-Buch 462–464, 714, 822 Klaus der Schirmer 829, 1573 f. Kleiner Baumgarten 600 f. Der Kleine Renner 101–103 Klemens von Alexandrien 231 Klever Totentanz 1344 f. Klinger, Hans 1610 Klosener, Fritsche 364, 704 Klosterneuburger St¨andepredigten 373 f. Die Knoten der Klara von Assisi 1474 Koberger, Anton 779, 1363 Koch, Simon 122 K¨obel, Jakob 80 Kolner, ¨ Friedrich 750, 1030 f. K¨olner Klosterpredigten 162 K¨onemann von Jerxheim 1380 K¨onig Tirol 1242 Konigsberger ¨ Marienklage 86 f. K¨onigsteiner Liederbuch 1471 Kolde, Dietrich 1100–1103, 1560 Kolmarer Liederhandschrift 672, 886 Konrad von Alzey 517 f., 942 Konrad von Bondorf 1486 Konrad von Brundelsheim 103 Konrad von Ebersbach 807 Konrad von Eichst¨att 553, 942 Konrad von F¨ussen 143 Konrad von Fußesbrunnen 166 Konrad von Geisenfeld 864 f. Konrad von Haimburg 49, 380–384, 484, 942, 954, 1175 Konrad von Heimesfurt 336, 361 Konrad von Helmsdorf 431 Konrad von Kronenberg 359 Konrad von Liebenberg 1257 Konrad von Nurnberg ¨ 1257 Konrad von Preußen 674 Konrad von Queinfurt 481–483, 1471 Konrad von Sachsen 463, 693, 1230 Konrad von Soltau 566, 860 1683

¨ Konrad Ulin von Rottenburg 640 f. Konrad von Waldhausen 467, 501–504, 506, 803 Konrad (von Wien) 379 f. Konrad von W¨urzburg 115, 154, 216, 454, 687, 694, 1017 Korbinian von Freising 1324–1326 Korner, Hermann 554 Kornwachs, Johannes 1565 Von den Kr¨aften der Seele und den geistlichen Lebensformen 1434 f. Krafft, Ulrich 1633 f. Kraft von Boyberg 76–78, 403, 428 Kramer, Heinrich 121, 634, 1451 Kranc, Klaus 51, 212, 213 f., 315, 415 Krauter, Heinrich 51, 913 f. Krautgartengedicht 1008 f., 1428, 1604 Kreckwitz, Georg 830 f. Kremer, Marquart 1354 f., 1529 Kremmeling, Hermann 49, 382, 1174 f. Kremsmunsterer ¨ Marienklage I 34 f. Kress, Caspar 1313 Kreutzer, Johannes 1302–1305, 1400, 1645 Kreuzensteiner Legendar 1525 f. Kreuzesholzlegende 79, 98, 755, 849–851, 1318 Kreuztragende Minne 774 f. Kridwis, Ulrich 1519 Kristallsegen 1258 f. Kr¨oll, Simprecht 92, 1533 Krone unserer Lieben Frau 1067–1073 Krossen, Antonius 1259 Krumpach, Nikolaus 1623 f. Der Kubeler ¨ 393, 784 Kuchler, ¨ Andreas, von Breslau 1475 Kugelin ¨ von Waldsee, Konrad 907 f. Kunlin, ¨ Johannes 888 Kurfi, Johannes 666, 1315, 1475 f. Kurzmann, Andreas 431, 831 f. Der Kuse 518, 784 Kuttenmann 1526 Kydrer, Wolfgang 1042, 1450 f. Lakmann, Nikolaus 1109 f. Laktanz 78 Lambert von L¨uttich 1313 Lamprecht von Regensburg 234 Lang, Stephanus 546, 776 f., 805 Langmann, Adelheid 150, 233–236, Lantzenperger, Jakob 952 Laubers, Diebold 414 Lauchein, Johannes 1259 Lauda Sion salvatorem 702 1684

Register Laufenberg, Heinrich von 286, 382, 431, 492, 537 f., 553, 671, 794, 840, 941–945, 1001, 1151, 1242, 1272 Leben Jesu Induimini dominum 908 Leben Jesu Tres sunt qui testimonium dant 1084 Leben und Tod 1442 Die Lehre von den funf ¨ Worten 951 Lehre gegen das Tanzen und von dem Maibaum 897, 1264 Lehre von einem gottlichen ¨ und geistlichen Leben 1032 Lehre von der Messe 582 Lehrsystem der deutschen Mystik 5, 649 f. Leibniz, Gottfried Wilhelm 25 Vom Leiden 201 Leipziger Predigten 248 Leipziger Predigtsamlung Dietrichs von Gotha 606 f. Bruder Lempfrit 519, 784 Lentulus-Brief uber ¨ Christi Gestalt 393 f. Leo III., Papst 100 Leo IX., Papst 1482 Leo, Johannes 1631 ¨ Leopold, Herzog von Osterreich 54 Leopold von Wien 447 Lesch, Albrecht 886, 1167 Levold von Northof 554 Liber Floretus 1351 f. Lichtenberger, Johannes 80 Lidwina von Schiedam 898, 1285, 1305–1307 Lieberin von Ulm, Felicitas 916 Liederbuch der Anna von Koln ¨ 493, 1286, 1331 f., 1604 f., 1629 Liederbuch der Catharina Tirs 1629 Liedersaal-Handschrift 395 Die Lilie der Keuschheit 1379 Linck, Wenzeslaus 238 Lisbeth van Delft 620 Liutgard von Tongern 353 Lob der Jungfrau Maria 395 Loccumer Historienbibel 1259 f. Lochamer Liederbuch 672 Lochmair, Michael 1234, 1330 f. Lock, Johannes 1495 Lohengrin 1176 Lucidarius 104, 373 Lucius III., Papst 292 Luder von Braunschweig 206–209, 209, 215 f., 1086 Ludger (von Werden?) 1630 f. Ludolf von G¨ottingen 1260 1685

Ludolf von Sachsen 185, 263–268, 393, 430, 625, 687, 734, 899, 945, 984, 1133, 1274, 1322, 1383, 1412, 1475, 1553, 1637, 1647 Ludolf von Sudheim 515 Ludovici, Johannes 1305 Ludwig IV., Kaiser 232, 271, 297, 309, 362 Ludwig IX. (frz. Konig) ¨ 157–160, 553 f. Ludwig III., Pfalzgraf 470 Ludwig von Helmsdorf 1267 Ludwig van Renchen 1163, 1368 Ludwig von Toulouse 1203–1205, 1441, 1478 Lubecker ¨ Mohnkopf-Offizin 1541 f., 1575 Lubecker ¨ Psalter 705 f. Lubecker ¨ Totent¨anze 1339–1341 Luneburger ¨ Maibaumtext 1265 Lustlicher ¨ Wurzgarten ¨ 851 f. Lukas de Bitonto 378 Lullus, Raimundus 24–27, 959 Lumen animae 153 Lupi, Johannes 1267 f. Lupold von Bebenburg 1625 Lur, Heinrich 1267 f. Lustgarten 1427 Luther, Martin 51, 214, 218, 277, 352, 562, 737–739, 1372, 1391, 1452 f., 1627 Lutwin 27, 849 Von Luzifers und Adams Fall 1034 Macrobius 350 Magdalena von Freiburg 811 f., 1399 Magdalena von Suntheim 1516 Der maget krone ˆ 1269 f. Magnum Legendarium Austriacum 1208, 1210 Magnus von Anhalt, Furst ¨ 1624 f. Mahnungen an einen Monch ¨ 952 f. Mahrenberger Psalter 51, 706 f. Maillard, Oliverius 484, 1566 f. Mande, Hendrik 56 Der Mandelkern 295 f. Mantel Unserer Lieben Frau 1073–1076 Marburg-Kasseler Bibel-Fragmente 506 Bruder Marcus 464 Marcus von Weida 1544–1546 Mardach, Eberhard 888 f., 1090, 1138, 1299 Margareta von Antiochien 114, 117–122, 122, 211, 823, 1269 Margareta von Kenzingen 1399 Margarete von Kleve 734 Margareta van Meerbeke 174 Margareta von Ungarn 978 f., 1029 Margareta Ursula von Masmunster ¨ 974 f. Margareta zum Goldenen Ring 309 Maria als Buch 483 f. 1686

Register Maria Aegyptiaca 956 Maria Magdalena 953–958 Maria van Oisterwijk 1654 f. Maria zart 1655–1659 Marianischer Baumgarten 1603 Marien Kranz 727 f. Marien Wurzg¨artlein 919 Marien-ABC 1196, 1443 Marienleben E das himelreich und ertreich geschaffen ward 728 f. Marienleben Es sprichet sant Iheronimus 845 Marienleben Es wirt vff gan ein r˚ut 485 f. Marienleben der Konstanzer Hs. A I 603 f. Marienlied aus Lilienfeld 729 Marienmesse 38, 1270 f. Marienmesse Salve sancta parens 37, 1270 f. Mariensequenz aus Muri 492 Mariensequenz aus Seckau 492 Marienweerder Marienklage 87 Marienwerder, Johannes 480, 519–524, 810, 952, 1124 Marina 1207–1209 Bruder Markus 787 Markus von Weida 541 Der Marner 79, 669 f. Marquard von Lindau 51, 55, 155, 175, 185, 294, 336, 371, 582–585, 704, 815, 1038, 1224, 1245, 1283, 1589 Marquard von Randeck 580 Marsilius von Padua 655, 704 Martin V., Papst 1081 Martin von Amberg 612–614, 997, 1485 Martin von Braga 41 Martin von Leibitz 777 f. Martijns van Torhout 87 Martin von Tours 1386 f. Martinslieder 1271–1273 Matth¨aus von K¨onigsaal 510 Matth¨aus von Krakau 470, 643, 653 f., 655–657, 806, 860, 1090 Matthias (Apostel) 1313 f. Matthias von Beheim 256 f. Matthias von Janov 503, 653 Mauricius, Schulrektor in Landau 1273 Maximilian I., Kaiser 320, 500, 700, 1499, 1647 Mechthild von Hackeborn 234, 393, 845, 984, 1158 Mechthild von Magdeburg 143, 232, 234, 296, 309 Mechthild von Schottland 1642 f. Mechthild von Waldeck 140 Medinger Gebetbucher ¨ 1263, 1332, 1414–1418 1687

Meditationes Vitae Christi 1273 f., 1660 Meffreth von Meißen 1275, 1380, 1396, 1518, 1603 Megilass Ester 683 f. Meginfried von Magdeburg 1201 Meichsner, Friedrich 554 Meinhard von Neuhaus 382 Meinrad 767–769 Meister Boppe 694 Melber, Johann 1086 Melker Gebete an die Dreifaltigkeit 401 f. Melochimbuch 1282 f., 1409 Menger, Konrad 1275 f. Mennel, Jakob 1315, 1439 Von menschlicher Hinf¨alligkeit 914–916, 928, 1142, 1621 Mentelin, Johann 414, 874, 1136, 1362 Merbot von Weida, Cunrad 710 f. Mercatoris, Nikolaus 1442 Merseburger Gebetsbruchst¨uck 160 Merswin, Rulman 275, 286–291, 351, 455, 517, 669, 1196, 1303, 1352, 1374, 1660 Messerkl¨arung Augustinus der hochwirdig lerer 1521 Messerkl¨arung Ego sum panis uiuus 1521 Messerkl¨arung Hie hebt sich an die betautung der hailige messe 1276 Messerkl¨arung Man findet vil buechlein und lere 958 f. Messerkl¨arung Messe singen oder lesen 1443 f. Messerkl¨arung Sider nu die heilig messe 1038 Meyer, Adam 988 f. Meyer, Johannes 136, 189, 223, 505, 974, 1010, 1015, 1051 f., 1399, 1470 Michael de Cesena 109 Michael de Werdea 1650 Michael de Massa 264, 369, 642, 999 f., 1456 Mickell, Hans 1576 Miliˇc, Jan, von Kremsier 503, 506 f., 895, 1043 Millst¨atter S¨undenklage 954 Min geist hat sich verwildet 604 f. Von der Minne I 398 Von der Minne II 192–194 Der Minne Spiegel 296 f. Minnebaum 5 Die minnende Seele 402, 781 Missale 37, 160–162, Mittelfr¨ankische Heiligenpredigten 1176, 1368, 1476, 1482 Mittelniederdeutsches Ostergedicht 1263 f. Mittelrheinische Marien Himmelfahrt 402 f. 1688

Register Mittelrheinischer Totentanz 757, 1033, 1343 f., 1607 Mittit ad virginem 537 f., 1401 Monch ¨ von Heilsbronn 103–106 Monch ¨ von Salzburg 36, 161, 384, 492, 495, 528, 537–539, 670–674, 676, 690, 941, 1017, 1027, 1151, 1272, 1401, 1588 Mombritius, Boninus 118, 1476 f. Mondsee-Wiener Liederhandschrift 672 Moser, Augustin 1320 Moser, Ludwig 528, 667, 677, 717, 1172, 1348, 1425, 1477–1479, 1523, 1584, 1589 Mu¨ lich, Hektor 920 Munchner ¨ Apostelbuch 1179 f. Munchner ¨ Bibel des Johannes Vil(l)er 1032 Munchner ¨ Minnegarten 1422 f. Munnerstadt, ¨ Johannes 1309 Muntzinger, ¨ Johannes 653 Mulberg, Johannes 674–676, 980 Muleysen, Johannes 1479 f. Munthart, Paulus 1349, 1480 Murbacher Hymnen 325 Murner, Batt 1643 Muskatbl¨ut 1242 Muspilli 845, 1460 Der mynnen rede 398–400 Myrrhenbuschel-(Fasciculus-myrrhae-)Texte ¨ 764–767 Nachtigall, Konrad 539 Narrenschifffspredigt 1444 f. Nater, Conrad 1445 Nauclerus, Johannes 1628 Neidhart 694 Neptalym cervus emissus 400 f. Nestler von Speyer 1065 Neteler, Johann 1206 Die Neue Ee 762–764 Neumarkter Cantionale 1401 Niblung, Ulrich 150 f. Nicetas von Remesiana 488 Nider, Johannes 185, 615, 636, 647, 653, 889, 1010–1015, 1328, 1420, 1450 Niederdeutsche Bibeldrucke 477, 793, 1364, 1451–1455 Niederdeutsche Predigtsammlung aus Celle 1379 f. Niederrheinisches Augustinusbuch 1121 f. Nigri, Petrus 1122–1124 Nigri, Johannes 162 Niklas von Salzburg 1041 Nikolaus V., Papst 1078 Nikolaus von Astau 465, 540 1689

Nikolaus von Dinkelsbuhl ¨ 853, 855, 865 f., 867, 889, 995–998, 1009, 1090, 1104, 1133, 1230, 1357, 1450 Nikolaus-von-Dinkelsbuhl-Redaktor ¨ 641, 891 Nikolaus von Flue ¨ 926, 1511–1513 Nikolaus von Gießen 1155, 1576 Nikolaus von Heidelberg 470 Nikolaus von Jamnitz 502 Nikolaus von Jauer 470 f. Nikolaus von Jeroschin 207, 215 Nikolaus von Kittlitz 925 Nikolaus von Kosel 889–891 Nikolaus von Kues 25, 55, 185, 777, 864, 959–965, 968, 991, 1080, 1111, 1188, 1226, 1231, 1283 Nikolaus von Landau 51, 75, 218, 248, 339, 375, 403 f., 428 Nikolaus von Laun 268–270 Nikolaus von L¨owen 287, 517 Nikolaus von Lyra 50–54, 165 f., 210, 212, 214, 413, 617, 686, 693, 706, 1007, 1028, 1104, 1357, 1452 Nikolaus von Nurnberg ¨ I 1124 f., 1299 Nikolaus von Nurnberg ¨ II 520, 1125 f. Nikolaus von Sax 435 Nikolaus von Sch¨onberg 1545 Nikolaus von Straßburg 9, 109–113, 248, 362, 451, 1245, 1621 Nikolaus der Wilhelmiter 524, 784 Nitzschewitz, Hermann 1555–1558 Nolt, Heinrich 1445 f. Nonnos von Edessa, Bischof 486 Nordbohmischer ¨ Totentanz 1607 Notker der Deutsche 594, 1024 Nurnberger ¨ O welt-Gedicht 1126 f. Nurnberger ¨ emblematische Schifffahrtspredigt 914 Nurnberger ¨ Funf-G¨ ¨ arten-Text 1127 Nurnberger ¨ Garten 773 Nurnberg-Wiener ¨ Wurzgart ¨ 1127, 1567 Der von Nuzzen ¨ 524, 784 Nunnenbeck, Lienhard 637 Vom Nutzen des Schweigens und Sch¨aden des unnutzen ¨ Redens 395 f. O du uzvliezender brunne 843–845 O filii ecclesiae / Homo, tristis esto 727, 1276–1278, 1401 O laid und klag 1326 f. O-Antiphonen 1088–1090, 1528, 1637 Oberdeutsche Bibeldrucke 793, 874, 1362–1367, 1453, 1615 1690

Register Oberdeutscher vierzeiliger Totentanz 921, 1049, 1337 f., 1607 Odilia 132 f. Odo von Cluny 956 ¨ Oser, Irmhart 227, 236–239, 801 ¨ Osterreicher, Konrad 1631 f. ¨ Osterreichischer Bibelubersetzer ¨ 51, 162–172, 336 ¨ Otenbacher Schwesternbuch 8, 137, 223–225, 1301 Olibrius 117 Onufrius 773 f. Ordo modernus predicancium 969 Origenes 561, 754, 855, 954 f. Ostermayr, Wolfgang 1646 f. Leutpriester Oswald 1267 Oswald von Anhausen 197 Oswald von Wolkenstein 538, 546, 671, 1249, 1272 Otloh von St. Emmeram 442, 1166, 1466 Otmar, Johannes 1463 Otmar, Silvan 737, 1364, 1452 Otte II 113 Ottheinrich-Bibel 969–972 Otto I, Kaiser 1314 f. Otto von Freising 78 Otto von Passau 185, 645–649, 1011, 1420 Otto von Sonnenberg 1496 f. Ottokar von Steiermark 1146 Ovid 637, 646, 953 Palladius von Helenopolis 41 Palmer, Petrus 1128 Pange lingua gloriosi 676 f., 702, 1478 Pantaleon 1175–1178 Papst und Kaplan 1602 Paradies des Klausners Johannes 1181 Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornunftigen sele) 4, 74–76, 375–377 Paratus 524 f. Parmenides 3 Pascasius von Dume 41 Paschalis von Rom 166, 221 Passauer Anonymus 167 Passienbuchlein ¨ von den vier Hauptjungfrauen 114, 122–124, 823 Passion Christi in Reimversen 404–406 Passional 98, 125, 209 f., 212, 215, 426, 724, 762, 956, 1179, 1208, 1247, 1561 f. Passionsauslegung Christo passo in carne 778 f. Passionsbetrachtung Die hohe des himels 1128 f. Passionsbetrachtung Pone me ut signaculum 1129 f. 1691

Passionsbetrachtung Wir haben durch bewerte geschrift 1481 Passionsgedicht Do christ mit sinen jungern az 1130 Passionshistorie Do es nahet das di zit 779 Passionspredigten «Geistlicher Lebkuchen» 1303, 1645–1647 Passionstraktat Do der minnenklich got 891–893 St. Pauler Evangelienreimwerk 124 f. Pauli, Johannes 51 Paulinische Briefe 406 f. Paulus 125 f., 331 Paulus Diaconus 89 Paulus Venetus 1477 Paulus und Thekla I und II 1084 f. Pelagia 486 f. Pelagius I., Papst 41–43 Peregrinus von Oppeln 300, 378 Peter von Arberg 384–386, 1629 Peter von Breslau 1131 f. Peter von Dusburg 207 Peter von Gengenbach 1046 f. Peter von Haselbach 1380 f. Peter von Kastl 779 f. Peter von Merode 678 Peter von Pulkau 854 Peter von Reichenbach 386 f. Peter von Sachsen 539 f. Peter von Zittau 510 Peter von Zutphen 367 Peters, Gerlach 630–632 Petirass Aheron 617 Petri, Adam 409 Petrus von Ainstetten 973 Petrus de Alliaco 780 f. Petrus de Candida 704 Petrus Cellensis 483 Petrus Comestor 174, 207, 210, 430, 477, 908, 949, 1135, 1259 Petrus Damiani 836, 934 Petrus Dorlandus 1548 f. Petrus Hispanus 1534 Petrus Lombardus 7, 67, 192, 350, 368, 414, 437, 512, 565, 733 f., 853, 924, 982, 999, 1104, 1110, 1183, 1188, 1309, 1347, 1353, 1396 Petrus Naghel 477 Petrus Olavi 322 f. Petrus von Prag 510 Petrus Raffanensis 480 Petrus von Rosenheim 966, 975–577, 1517 Petrus Tegler 857 1692

Register Petrus Trudonensis 624 Peuger, Lienhart 121, 507, 576, 893 f. Peuntner, Thomas 884, 889, 967, 995–997, 1094, 1227 Pfister, Albrecht 1345–1347 Pflanzmann, Jodocus 1362 Pfullinger Liederhandschrift 885, 1399 f. Bruder Philipp 28, 30–34, 37, 762 Philo von Alexandrien 134 Physiologus 258, 794, 893, 1571 Piccolomini, Aeneas Silvius 960 f., 1080, 1308 Pico della Mirandola 1624 Pilgerfahrt des tr¨aumenden Monchs ¨ 677–680 Pilgrim von Passau, Bischof 1166 Pirckheimer, Caritas 1311, 1581 Pirckheimer, Willibald 1501, 1637 f. Platon 12, 276, 646, 707 Platterberger, Johannes 554 Plenarien 160, 407–412 Poll, Peter 1132 Pomerius, Henricus 366 Porphyrius 549 Posser, Hieronymus 1057 f. Pot, Heinrich 1592 f. Prager Predigtsammlung 377–379 Prausser, Johannes 1497 f. Preining, J¨org 1656 Preventa und Adoptata 1132 Privatbesitz im Ordensleben 992, 1133 f. Proklos 276 Proles, Andreas 1107, 1592–1594 Propheten-Auszug 1134 f. Prosper von Aquitanien 1243, 1279, 1477 Protpeckh 1481 f. Psalmenubersetzungen ¨ (altjiddische) 680–683, 1409 Psalmenubersetzungen ¨ (sp¨atmittelalterliche, deutsche und niederl¨andische) 62, 412–419, 743 Puer natus in Bethlehem 1000 f. Quirinus von Neuss 1482 f. Radewijns, Florens 572 f., 620, 627, 630, 897–899, 905 Raimund von Capua 540–543, 636, 674, 1546 Raymund von Penyaforte 580 Ranshover, Jorg ¨ 1597 Rauscher, Caspar 546 Rede von den f¨unfzehn Graden 399, 717, 754 Redentiner Osterspiel 1339 Regel aines ordenlichen lebens 1135 f. Regel der heiligen Ehe 973 f., 1140, 1485 1693

Regenbogen, Barthel 766, 1242 Der Regensburger 396 Regensburger Marienklage 396 f. Regensperger, Leonhard 1327 Regina cœli laetare 832 f. Regula, Lichtenthaler Schreibmeisterin 91, 159, 659, 748, 1316, 1356, 1455–1458 Reimregel fur ¨ eine geistliche Jungfrau 397 f. Reimverse eines Begarden 575 Reinbot von Durne 91 Bruder Reinhard 1567 Reinmar von Zweter 396, 1017 Reiser, Friedrich 1303 Diu reissunge und die bewisunge zuo dem beschouwenden lebende 419 Rellach, Johannes 1136 Resonet in laudibus 391–393, 671, 1438 Reuchlin, Johannes 1637 Reuter, Johannes 550 Revaler Totentanz 1341–1343 Revelationes Cornelii 1292 f. Reynke de vos 1543 Rheinauer Predigtsammlung 954, 1279 f. Rheinfr¨ankische Magnificat-Paraphrase in Versen 605 f. Richard von St. Victor 55, 354, 424, 512, 770, 794, 1125, 1150, 1215, 1245 Riß, Heinrich 1533 f. Ritter, Andreas 1355 f., 1471 Der Ritter in der Kapelle 420 f. Die Ritterschaft 1446 Ritterschaft Christi 1136 f. Ritterschaft Jesu Christi 1137 Robert von Molesme(s) 1356 Rochus 84–86 Rode, Johannes 806–808 Roecx, Jacobus 1651 Rothaw, ¨ Johannes 1327 f. Roger von St. Frideswide 240 Ros von den Bayern 421 f. Rosa von Viterbo 83 Rosenallegorie 421 Roseng¨artlein des Herzens 1567 f. Rosengarten von dem Leiden Jesu Christi 1483 f. Rosenkranz unserer lieben Frau 1381 f. Rosenpl¨ut, Hans 647, 1170, 1517 Rostocker Gartengebet 772 f., 1127 Rostocker Kinderlehre 896 Roswin 802, 975 Rothe, Johannes 102 Rube, Eckhart 74 f., 253, 375, 403 1694

Register Rucherat, Johann, von Wesel 1347, 1349, 1353 Rudolf von Biberach 4, 54–58, 354, 704, 928, 1169, 1411 Rudolf von Ems 118, 216, 1176 Rudolf von Gengenbach 784, 786 Rudolf von Langen 1102, 1212 Rufinus von Aquileja 41 Rumelant von Sachsen 694 Ruodgerus Cartusiensis 1328 f. Ruppel, Berthold 1275 Ruprecht von Liegnitz, Herzog 1288 Rutze, Nikolaus 1005 Rutzin, Barbara 1019 Ruusbroec, Jan van 4, 172–180, 275, 366, 472, 566, 573, 583, 631, 750, 799, 898 f., 934, 1374, 1383, 1571, 1660 Der von Sachs 268 Sachs, Agnes 939, 1199 Sachs, Hans 868, 887, 1320, 1610 Der Sachse 268 Vom Sakrament der Ehe 974, 1485 S¨alder, Konrad 998 Salicetus, Nikolaus 1321, 1586 Salomo Ben Isaak, Rabbi 51, Salomonische Schriften 793–797 Salus animae 1634 Salve mater salvatoris 536 f. Salve regina 832, 1269, 1463, 1557 Salvelt, Johannes 368 Salzburger Apostelbuch 951 f. Salzmann, Hans 896 Sampach, Agnes 905 f. Sant Johannes sprichet «ich sach daz wort in gote» und Die drˆıe persone ˆ geschuofen die crˆeature ˆ von nihte 422 f. Satzenhofer, Ursula 1042, 1446 f. Sauer, Konrad 635 Schachzabel 554 Vom Schaden des Tanzens 896 f. Vom Schauen Gottes durch die wirkende Vernunft 61 Schedel, Hartmann 85, 1308, 1471 Schepach, Elsbeth 146 Schiller, Jo¨ rg 1646 Schinbeis, Michael 635 Schiphower, Johannes 859 Schlatter, Konrad 674, 979–981 Schlick, Arnold 1643 f. Schlitpacher, Johannes 430, 770, 777, 864, 965–967, 968, 1120, 1231, 1237, 1517, 1568 Schmuelbuch 684, 1281 f., 1408 f. Schober, Friedrich 1138 Der Scholzelin ¨ 585, 784 1695

Schonmerlin, ¨ Ludwig 319, 1527 Schoftim 1409 Schott, Johann 1637 Schott, Peter 1599 Schoup, Johannes 1038 f. Schriber, Stephan 1293 Schurebrand ¨ 607 f. Schule des Geistes 424 f. Schulmeister, Nikolaus 687 f. Schwabenspiegel 1146 Schw¨abische Heiligenpredigten 425 f., 1176 Schwarzw¨alder Predigten 300 Vom Schweigen im Kloster 1006 Schwenckfeld, Caspar 277, 739 Schwertmann, Egidius 627, 1447 Schwester Katrei 197–201, 1299, 1420 Scotus Eriugena, Johannes 4 Scutken, Johannes 414, 631 Sebald 635, 1308 Sebastian 1458 f. Von den sechs Flugen ¨ 1447 f. Sechs Gebote fur ¨ den Menschen 1485 Die sechs Klagen unseres Herrn 688 f. Seckauer Cantionale 270 f. Secretum secretorum 949 Sedulius 37 Der Seele Kranz 1247, 1361 Seelentrost 543–545, 554, 804, 1146 Der Segen Jakobs 426 Von der sˆele werdikeit und eigenschaft 424, 893 Von der seligen Schererin 833 f. Sendbrief Ach ir gottes minnerin 426 f. Sendbrief Ain wares uffdringen der begird 427 Sendbrief Außdem h¨unigfliessenden herczen 1139 f. Sendbrief Carissima soror Agnes 797 f. Sendbrief vom Betrug teuflischer Erscheinungen 1138 f. Sendbrief uber ¨ das Verhalten in mystischer Begnadung 427 Sendbrief uber ¨ wahre Gelassenheit 1527 f. Seneca 12, 272, 953, 1007, 1324, 1569 Sermo de corpore Christi 798 f. Sermo de matrimonio 974, 1140 f. Servanctus di Faenza 484 Seuse, Heinrich 4, 12, 180–189, 189, 201, 264, 275, 303, 348, 441, 470, 474, 534, 546, 591, 599, 607, 625, 646, 651, 687, 734, 765, 776, 799, 802, 889, 899, 950, 1245, 1308, 1322, 1383, 1420, 1426, 1472, 1481, 1512, 1583, 1598 1696

Register Severus von Ravenna 1485 f. Sibyllenweissagungen 78–83, 849 ¨ Sicke, Ortelin 784 Sieben Leiden Unserer Lieben Frau 602 f. Sieben Liebeswerke Christi 487 f. Sieben Schl¨afer 1181 f. Von den sieben Todsunden ¨ II 309 f. Sieben weise Meister 1146 Siegmund (Vater Siegmund) 1141 Sigelin 938 Silvester von Rebdorf 1042, 1451 Simon von Ruckersburg 594, 834 f. Sintram, Johannes 561, 583, 852 f. Sit willekomen herre kirst 59–61 Sixtus IV., Papst 1462, 1496 Der slecht weg / Oberrheinisches Erbauungsbuch 1027 f. Soflinger ¨ Briefe und Lieder 1193, 1486 f., 1515 Soflinger ¨ Gebetbucher ¨ fur ¨ Klarissen 1156, 1421 f. Solothurner Legendar 132, 486 Spamers Mosaiktraktate 201, 428 f. Spechthart von Reutlingen, Hugo 305 Speculum artis bene moriendi 1090–1095, 1145 f., 1185, 1598 Speculum ecclesiae 953 Speculum humanae salvationis 429–433, 804, 942, 1040, 1142 Spener, Philipp Jakob 739 Spengler, Georg 526 Spengler, Jakob 1470 Der Sperwer 133, 784 Spiegel des Christenglaubens 1260 Spiegel des Herzens 1142 Spiegel der Laien 856–860 Spiegel des Leidens Christi 945 f. Spiegel der Menschen 1142 f. Spiegel der samwitticheit 1089, 1354, 1528 f. Der Spiegel der Seele 1628 Spiegel der Sunder ¨ 1143 Spiegel des Sunders ¨ 1143 f. Spiegel der Tugenden 1529 f. Spiegel der Vernunft 1594 f. Spiegelbuch 757, 1032–1034 Das Spinnbuch 1266 Spital von Jerusalem 292 Spitzer, Konrad 379 Sprenger, Jakob 1611 Sprenger, Marquard 770, 1231 Sproll, Hans 1144 f. 1697

Spruch der Engel 545–548, 756, 776, 805, 1170 Spruche ¨ der elf Jungfrauen 781 f. Spruche ¨ der funf ¨ klugen und der funf ¨ torichten ¨ Jungfrauen 1261 f. Spr¨uche der f¨unf Lesemeister 347 Spruche ¨ der Meister zu Paris und Prag 433 f. Spruche ¨ der zwolf ¨ Anachoreten 782 Spruche ¨ der zwolf ¨ Meister 126 f., 248, 362, 434, 803 Spruche ¨ der zwolf ¨ Meister zu Paris 434–436 Stabat mater dolorosa 689–692, 1647 Stagel, Elsbeth 181, 184, 189–192, 223, 1015 Staupitz, Johann von 1628 Stegeler, Johannes 1380 Steinbach, Wendelin 1293, 1626–1628 Steinh¨owel, Heinrich 1018, 1146, 1517 Bruder Steinmar 784 Stephan 359, 1180 f. Stephan von Landskron 613, 615, 1226–1229 Des Sterbenden Anfechtung durch den Teufel 1185 f. Van dem stervende mynsschen unde dem gulden selen troste 1145 Stettener Predigthandschrift 1648–1650 Stettfelder, Nonnosus 1644 f. Stimulus amoris 59 Stocklin, ¨ Ulrich 1035–1037 Stoß, Peter 1382 Straßburger Augustinereremit 608, 1245 Straub, Nicolaus 1145 f. Streitel, Hieronymus 921, 1494 Streitgespr¨ach zwischen Christ und Jude 800–802 Der Striber 1039 f. Der Stricker 1176, 1271 Strober, ¨ Konrad 1039 Strobl, Ulrich 1049 Stuchs, Johann 1603 St¨ulinger, Margarethe 223 Stuler, Jorg ¨ 360, 1146 f. Stump I 997 Stump II 997 Stundenbucher ¨ 1293–1295, 1601 Suchenwirt, Peter 536, 1518 Sudermann, Daniel 277, 294, 397, 785, 1004, 1191, 1489 Summe der Sunden ¨ 1262 Summenhart, Konrad 1627 Sunder, Friedrich 142, 234 1698

Register Von dem sweigen 1006 f. Tabernes, Tirich 1335 f. Tadeo de Gualandis 465 Tafel der christlichen Weisheit 1045 f. Tagzeiten zur Betrachtung der Werke Gottes 1147 f. Tatian 953 Tauler, Johannes 4, 11 f., 95, 126, 133, 151, 155, 173, 181, 232, 271, 274–286, 286, 289, 293 f., 295, 303, 309, 398, 428, 583, 601, 604, 607, 646, 649, 717, 737–739, 799, 884, 1191, 1245, 1651, 1660 Tauler-Cantilenen 608–610 Te Deum 488–492, 819, 1073 Te Deum, marianische Bearbeitungen 488, 835–839, 1073 Tegernseer Anonymus 656, 771, 1148–1151, 1215, 1284 Tegernseer Hymnen 1151 Der von Tennestette 784 Tepler Bibel 874 f. Terentius 646 Tesenpacher, Christian 1568 f. Des Teufels Netz 875–878 Teufelsbeichte 804, 1027 Texery, Bartholom¨aus 977 f. Textoris, Wilhelm 1478 Theoderich von Erfurt 251–253 Theophilus 449, 908 Theotimos 117 Thomas (Apostel) 436 f. Thomas von Apolda 375 Thomas von Aquin 1, 8–12, 69 f., 75, 110, 166, 185, 192 f., 194, 275 f., 307 f., 350, 430, 438, 451, 520, 534, 549, 591, 615, 627, 646, 675 f., 702, 716, 734, 752, 770, 778, 827, 937, 960, 968, 1011, 1028, 1062, 1082, 1107, 1197, 1243, 1309, 1353, 1373, 1394, 1396, 1420, 1426, 1488, 1494 f., 1501, 1519, 1531, 1533, 1546, 1621, 1649 Thomas von Baden 1229–1231 Thomas von Cantimpr´e 258, 352, 1011, 1229, 1643 Thomas von Celano 463, 1474 Thomas (Hemerken) von Kempen 566, 572, 620, 623 f., 627, 897–904, 905, 1029, 1150, 1212, 1305, 1430, 1457, 1461, 1553, 1570, 1584, 1605 Thomas von Kleve 695–697 Thomas von Laa 1119 f. Thomas von Lampertheim 1488 Thomas von Straßburg 127, 437–440 Thomas von Wien 1026 1699

Bruder Thuring ¨ 29 f., 651, 784 Th¨uring von Ringoltingen 1584 Tierspruche ¨ 783 Tietz, Jakob 1646 Tilo von Kulm 205, 207, 215, 216 f. Tinctor, Johann 1448, 1534 Tinctoris, Nicolaus 1448, 1534 f. Tobritsch, Kaspar 1530 f. Tochter Sion 103–105, 1352 ¨ Tora-Ubersetzungen (altjiddische) 684–686 Tortsch, Johannes 320, 930–932, 1245 Totting von Oyta, Heinrich 467 f., 519, 548–552, 636, 655, 865 Tougenhort 242 f. Tractetlein von dem sterbenden Menschen 1598 Traktat gegen weltliche Minne 1262 f. Traum eines Gottesfreundes 786 f. Traversari, Ambrogio 4 Trebnitzer Psalmen 440 Trierer Apostelbuch 1152 Trierer Marienklage 1277 Triller, Valentin 482 Trithemius, Johannes 716, 1097, 1102 Truchseß, Heinrich 554 Tucher, Hans 1310 Tucher, Katharina 908–910 Tudel, Georgius 1329 f. Der von Tubingen ¨ 1049 f. Die Tugendschule 1283 Tundalus 554, 787–791, 792, 846 Twinger von K¨onigshofen, Jakob 341, 554, 748, 1146 Tzewers, Wilhelm 1347 f. Ubertino da Casale 1382–1386 Von dem uberschall(e) ¨ 441 Von der ubervart ¨ der gotheit 310 Uhland, Ludwig 1250, 1605 Ulmer Schwesternbuch 140, 222–223 Ulmer Totentanz 1049 Bruder Ulrich 580, 1152 Ulrich von Eschenbach 957 Ulrich von Falkenau 652 Ulrich vom Grunenw ¨ orth ¨ 1352 f. Ulrich der Kart¨auser 1152 Ulrich von Landau 967 f., 1568 Ulrich von Lilienfeld 257–261, 430, 776, 1035 Ulrich von Manderscheid 959 Ulrich von Pottenstein 834, 866–871 Ulrich Engelbrecht von Straßburg 201, 1352 Unser frowen fischli und fogeli ¨ 1152 f. Unser vrouwen klage 726 1700

Register Von Unterscheidung wahrer und falscher Andacht 968 f. Unterweisung der Laien 1153 Urban IV., Papst 702 f. Papst Urban V. 250, 798 Ursula und die elftausend Jungfrauen 659, 1269, 1299, 1412, 1537, 1595 Usuardus 1317 V¨aterbuch 42, 344, 1182 Valerius Maximus 430, 637, 1378 Varnbuhler, ¨ Angela 1490 f. Vastelavendes Krenseken 1361 Veghe, Johannes 950, 1569–1573 Venantius Fortunatus 676, 711 Vend, Johannes 1063 Veni creator spiritus 497, 1478 Veni, sancte spiritus 497–501 Venturin von Bergamo 239–241, 271 Vom verborgenen Gott zum bloßen Gott 802 f. Verena (von Zurzach) 1024 f. Eine Vermahnung der geistlichen und weltlichen St¨ande Deutschlands 920–922 Ein verstantlich beschouwunge 799 f. Vetter, Magnus 1649 Vierzehn geistliche Jungfrauen 1154–1157 Vierzig Zellen 1157–1159 Vigilis, Heinrich 1007, 1128, 1156, 1162, 1191, 1576–1581, 1581 Vincentius, Bischof von Ibiza 363 Vintler, Hans 613 Vinzenz von Aggsbach 5, 55, 966, 1231–1234 Vinzenz von Beauvais 442, 544, 552–558, 618, 716, 788, 846, 956, 1235, 1497, 1525 Visio Drycthelmi 442 f., 1059 Visio Fursei 845–848, 1059 Visio Lazari 465, 776, 791–793 Visio monachi Eyneshamensis 871 f., 1059 Visio Philiberti 443–446, 546, 756, 776, 1650 Visio Sancti Pauli I 464, 791 f., 1058–1061 Visio Tnugdali 787 f., 1430 Visiones Georgii 464–466, 791 Vita Beatae virginis Mariae et Salvatoris rhythmica 244, 845 Vita Maximiliani 446–448 Vitalis, Johannes 1622 Vitaspatrum 40–49, 91, 128, 156, 465, 477, 615, 768, 774, 782, 807, 950, 1007, 1038, 1208, 1232, 1279, 1313, 1389, 1649 Vitztum, Nikolaus 1531 Von Vollkommenheit 558–560 Vollkommenheit in der Stille 293 1701

Volpertus 448–450 Volradi, Jakob 1328 Vorauer Hymnenerkl¨arung 1159 Vorbereitungsbuch fur ¨ Novizinnen 1159–1161 Vorsmak des eˆ wigen lebennes 193, 451–453 Vos, Johannes Goswini 623–626 Vrie, Dietrich 858–860 Von den vrien geisten 441 f. Vrˆone botschaft 364 Wagner, Bernhard 1491 Wagner, Johannes 1161 f. Wagner, Konrad 927 f. Von der wahren Einkehr 1162, 1581 Waidmann, Johannes 1321, 1586 f. Walahfrid Strabo 207, 1030 Walcher, Wolfgang 595 f., 667, 717, 794, 1598–1600 Waldauf von Waidenstein, Florian 320 Waldbruder 803 f. Die Waldregel 156 Waler, Caspar 1513 f. Walram von Siegburg 982 Walther von Rheinau 30, 244 Walther von der Vogelweide 60 Walther, Johann 352 Walther, Wilhelm 316 Der von Walthusen 803 Wann, Paul 1234–1237, 1331 Van den wapen Kristi 1161 Warnung vor Sunden ¨ 471 Wedergang von Lunden 1356 f. Weigel, Valentin 739 Weiler Schwesternbuch 1299, 1301 f. Der Weingarten 453 Von dem weisen Mann und seinem Sohn 1017 Von der welt valscheit 453 f. Weltlohn 686 f., 804, 1027 Wenck, Johannes 4, 960, 1086, 1111–1113 Wendelin 1162 f. Wenzel 697–700 Wenzelsbibel 104, 700–702, 793, 969, 1362 Wer hab ain stetes belangen 906 Werdener Liederbuch 1054, 1286, 1331, 1605, 1628 f., 1657 Werner vom Niederrhein 1243 Wernher der Schweizer 30, 244 f. Vom Wesen Gottes 201 f. Westf¨alischer Totentanz 1336 f. Wetzel von Bernau 118 f. Weyg, Johannes 1492 Wicboldus 450 f. 1702

Register Wichmannsburger Antependium 1492 f. Wie die innig sel ein himel gottes ist genant 1295 Wiener Dialogverse uber ¨ Tod, Gericht und Jenseits 1493 Wiener gartenallegorische Verspr¨afatio 1428 Wiener Weltgerichtsspiel 1517 Wienh¨auser Liederbuch 220, 1242, 1331–1335, 1335, 1605 f., 1629, 1657 Wien-Zurcher ¨ Bibel 62, 164, 611 f. Wikbold Dobbelstein 450 Wilgefortis 1531–1533 Meister Wilhelm 1009 f. Wilhelm von Aquitanien 1163 f. Wilhelm von Auvergne 928 Wilhelm von England 454 Wilhelm zum Lenzfried 1493 f. Wilhelm von Malevalle 1163, 1164 f. Wilhelm von Ockhem 362, 549, 655, 999, 1114, 1628 Wilhelm Peraldus 580, 1260 Wilhelm von Peyraut 867 Wilhelm von Reichenau 1080 Wilhelm von Saint-Thierry 12, 55, 175, 653, 1232 Wilhelm von Tocco 307 Wilhelm von Varlar 49 Wilhelm von St.-Victor 83, 653 Wilkens, Albert 49 Willibald von Mainz 1466 Williram von Ebersberg 794 Wilperg 1533 Wimpfeling, Jakob 67, 1378, 1488, 1500, 1638 Winand von Steeg 860–862 Wind, Jodocus 1486, 1515 f. Windsperger, Ludwig 1393 f. Der von Winphen 803 Winrich von Kniprode 450 Wintnauer, Rudolf 610 f. Von der Wirkung der Seele 310 f. Wirnt von Gravenberg 454 Wolfenbutteler ¨ Garten 1127 f.

1703

Wolfenbutteler ¨ Legendar 1165 f., 1176 Meister Wolfgangus 802 Wolfgang von Man 691, 1647 f. Wolfgang von Regensburg 1166 Bruder Wolfhart 164 f., 981 f. Wolfram von Eschenbach 27, 115, 167, 694, 1163 Von der Wurde ¨ des Priesters 560, 1168 Wurzgarten des Herzens 1394 f., 1602 Wycliff, John 520 Wyg, Jakob 1629 f. Ympni vulgarisati 1494 Zacharias Chrysopolitanus 264 Zainer, G¨unther 408, 1363, 1445 ¨ Zehn Gebote und Agyptische Plagen 560–563 Zehn Staffeln der Demut 58 f. Zehntausend M¨artyrer 113, 1456 Diu zeichen eines wˆarhaften grundes 454–456, 746 Zell, Ulrich 122 Zerbolt, Gerard, van Zutphen 572, 626–630, 1430, 1447, 1555 Zierer, Johannes 900, 1460–1462 Zitatensammlung der Berliner Hs. mgq 191 132, 650, 668, 783–786 Zittauer Fastentuch von 1472 Zolner, Johannes 1494 f. Von dem zorne der sˆele 456 f. Zscheckenb¨urlin, Hieronymus 1588 Zurcher ¨ Gebete 563 f. Zukunft, Hans 560, 1168 f. Zweiundsiebzig Namen Marias 1063–1067 Zwiegespr¨ache zwischen Tod, Leib, Seele und Teufel 1034 f. Die zwolf ¨ guten Menschen und der Jung¨ ling 457 Zwolf ¨ Meister uber ¨ die Fruchte ¨ der Messe 457 f. Von den zwolf ¨ nutzen unsers herren lichames 458 f. Die zwolf ¨ R¨ate Jesu Christi 459 f., 1435 Von zwolf ¨ Zeichen der Gottesfreunde 1169

1704