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German Pages 510 [508] Year 2005
Deutsche Tribüne (1831 - 1832)
Deutsche Tribüne (1831 -1832) Herausgegeben von J.G.A. Wirth Neu herausgegeben von Wolfram Siemann und Christof Müller-Wirth Bearbeitet von Elisabeth Hüls und Hedwig Herold-Schmidt
Bd. 1/1
Deutsche Tribüne 1. Juli 1831 (Nr. 1) - 31. Oktober 1831 (Nr. 121) Bd. 1/2
Deutsche Tribüne 1. November 1831 (Nr. 122) - 21. März 1832 (Nr. 71) Bd. 2 Elisabeth Hüls, Hedwig Herold-Schmidt, Wolfram Siemann Kommentar, Glossar, Register, Dokumente
IC · G · Saur München 2005
Deutsche Tribüne (1831 - 1832) Herausgegeben von J. G. A. Wirth Neu herausgegeben von Wolfram Siemann und Christof Müller-Wirth Bearbeitet von Elisabeth Hüls und Hedwig Herold-Schmidt
Bd. 1/2
Deutsche Tribüne 1. November 1831 (Nr. 122) - 21. März 1832 (Nr. 71)
Κ · G · Saur München 2005
Die Neuedition, wissenschaftliche Erschließung und Kommentierung wurden gefördert durch eine dreijährige Beihilfe aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Förderung des Druckes dieser Edition wurde initiiert vom Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, sowie von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, Mainz. Außerdem wurde die Edition gefordert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kulturstiftung der Länder. Weitere Förderer sind: Siebenpfeiffer - Stiftung Homburg/Saar Bezirksverband Pfalz - Kaiserslautern Sparkasse Zweibrücken
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
@ Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier © 2005 by K. G. Saur Verlag GmbH, München Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten. Satz: Datagroup INT, Timisoara Druck/Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach ISBN 3-598-11543-1 (Set) ISBN 3-598-11692-6 (Band 1, Teilband 2)
Inhalt Vorwort von Wolfram Siemann
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Anmerkungen zur Edition
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Anmerkungen zur Paginierung
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In der Deutschen Tribüne verwendete Abkürzungen
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Deutsche Tribüne
Spalten
1. November 1831 (Nr. 122) - 18. Dezember 1831 (Nr. 167) 1. Januar 1832 (Nr. 1) - 21. März 1832 (Nr. 71)
981 - 1364 1-576
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Vorwort schien als "unerlöste Nation" in einem Europa, das in der Vision eines "Völkerfrühlings" und der "Brüderschaft" der zu befreienden Nationen eine Zukunftsverheißung erhielt. Das Blatt vermittelt Zugänge zur bürgerlichen Vereinsbewegung, zur Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit und zu den gegenläufigen repressiven Zensurpraktiken der Ära.
Die "Deutsche Tribüne" ist das bedeutendste politische Presseorgan des deutschen Vormärz. Mit ihr fanden die deutschen Leser Anschluß an einen Kommunikationsraum, der seit den Revolutionen in England, Nordamerika und Frankreich die oppositionellen und liberalen Meinungsführer des Wortes und der Feder in Europa verband. Die 1830 von der Pariser Julirevolution ausgehende Erschütterung des Kontinents öffnete vorübergehend auch in Deutschland so viel Spielraum für eine politische Presse, daß sie als Forum aus der Nation und für die Nation auftreten konnte, denn das meinte eigentlich der programmatische Titel "Deutsche Tribüne". Presse diente in der Absicht ihrer Erzeuger als Ersatzparlament und Ausdruck eines gedachten Volkswillens, solange es an einem nationalen Parlament noch mangelte.
Dieses wichtige Zeitdokument ist nur in wenigen Bibliotheken noch vorhanden, und dort in der Regel nur bruchstückhaft. Historische Zeitungen sind als gefährdetes Schriftgut über den Leihverkehr kaum mehr erhältlich und werden oft nur noch als Film oder Mikrofiche, nicht aber im brüchigen Original zugänglich gemacht. Der Neusatz in zwei Teilbänden bereitet diesem Mißstand für die "Deutsche Tribüne" ein Ende. Dabei hat der Leser durch die moderne Schrifttype den Vorteil der leichteren Lesbarkeit, wobei die ursprüngliche Seiten- und Spaltengliederung des Originals erhalten bleiben; dadurch bewahrt die Edition auch für die Forschung den Wert des Originals, weil ältere Quellenverweise auf das Blatt auch im Neudruck unverändert gültig sind — mehr noch: Ein umfangreicher Begleitband erschließt die Zeitung nun zusätzlich auf vielfaltige Weise. Eine wissenschaftliche Einleitung führt in Leben, Wirken und die neueste Forschung ein. Ein besonderer Kommentar entschlüsselt die vielen heute nicht mehr verständlichen zeithistorischen Anspielungen. Ein eigenes Glossar widmet sich zeithistorischen Entwicklungen und Sachverhalten von übergreifender Bedeutung. Ein Personen-, Orts- und Sachregister dient als willkommenes Werkzeug für die Forschung. Ausgewählte Quellen dokumentieren außerdem das Umfeld und die Arbeitsbedingungen der Zeitung, zum Beispiel den komplexen Mechanismus ihrer Kontrolle und Unterdrückung durch die Deutsche Bundesversammlung, aber auch das Nachleben, das Wirth schließlich in der Denkmalskultur zu einem nationalen "Erinnerungsort" werden ließ.
Ihr Herausgeber Johann Georg August Wirth machte die "Deutsche Tribüne" nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland und sogar darüber hinaus bekannt. Zugleich diente die Zeitung als Plattform und Netzwerk zur Organisation einer liberalen Bewegung für ganz Deutschland: Ihre Initiativen mündeten unmittelbar in das Hambacher Fest, die erste und bedeutendste liberale Massendemonstration in den deutschen Staaten nach dem Ende der napoleonischen Ära und dem Wiener Kongreß; ihr Herausgeber betrieb in Form des "Preß- und Vaterlands Vereins" die Bildung der ersten nationalen Parteiorganisation und kämpfte für einen geeinten deutschen Verfassungsstaat. Welcher bedeutende Impuls zur nationalen Verfassungsbildung von der Zeitung ausging, bekräftigte auf negative Weise die Deutsche Bundesversammlung, als sie das Blatt 1832 verbot. Heute mit einer Neuausgabe an die Öffentlichkeit zu treten erscheint deshalb mehr als gerechtfertigt. Die Wahrnehmung der europäischen Verflechtung der Politik im Vormärz macht die "Deutsche Tribüne" zu einer einzigartigen Quelle, denn sie beleuchtet aus deutscher Sicht die Zustände und Entwicklungen der europäischen Staaten: das Frankreich Louis Philippes, die Anfänge der belgischen Nationsbildung, den portugiesischen Bürgerkrieg, die Reformbemühungen in England und insbesondere den Freiheitskampf der Polen nach dem Warschauer Aufstand im November 1830. Polen er-
Die langwierige und mühevolle Arbeit an der Neuedition war nur möglich dank der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Mindestens ebenso wichtig war die Kompetenz der beiden Bearbeiterinnen: Dr. Elisabeth Hüls war durch
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Den damaligen Zeitungsmachern war das Risiko ihres Unterfangens bewußt. Angesichts drohender Unterdrückung hatten sie aber ihre Wirkung über den Tag hinaus und für die Nachwelt vor Augen; das gab ihnen Kraft für den mutigen Kampf um die Pressefreiheit. Einer der Ihren, der Redakteur Georg Fein, bekannte mit Blick auf die Nachlebenden — und der Nachfahre des Herausgebers Johann Georg August Wirth, Christof MüllerWirth, stimmt in dieses Bekenntnis aus Überzeugung ein — : "Und selbst gesetzt: die deutsche Tribüne würde [...] für immer unterdrückt, so hat sie in der kurzen Zeit ihres Wirkens das Ihrige geleistet, und kann beruhigt vom Schauplatz abtreten. In vielen tausend Herten hat sie Gefühle des Großen und Edlen erweckt, sie hat den hohen Gedanken von Deutschlands Freiheit und Einheit, den sich die meisten nicht einmal gestehen wagten, in's frische freudige heben eingeführt; sie hat dem deutschen Volke den Beweis gegeben, daß Charakterstärke mehr vermag, als alle Kenntniß, alles schimmernde Talent und alle eitlen Redekünste. Die deutsche Tribüne hat die Aengstlichen ermuthigt, die Schwankenden gehalten, die Trägen aufgeregt."
ihre Dissertation Johann Georg August Wirth (17981848). Ein politisches Lieben im Vormär.Düsseldorf 2004 für die wissenschaftliche Fundierung der Thematik besonders ausgewiesen und Dr. Hedwig Herold-Schmidt, gleichfalls mit Forschungen zur Geschichte des 19. Jahrhunderts hervorgetreten, ist mit schier unermüdlicher Energie auch den schwierigsten Andeutungen und Spuren nachgegangen, um dem heutigen Leser in Kommentar und Glossar das zunächst Unverständliche noch begreiflich zu machen. Publizieren von Quellen ist teuer. Deshalb war Hilfe unentbehrlich. Namhafte Geldgeber haben dieses Projekt durch Zuschüsse für den Druck unterstützt: die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, die Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, die Kulturstiftung der Länder, die Siebenpfeiffer-Stiftung Homburg/Saar, der Bezirksverband Pfalz/ Kaiserslautern und die Sparkasse Zweibrücken. Die unermüdliche Energie Dr. Christof Müller-Wirths, bei Stiftungen und Förderern Mittel einzuwerben, hat dieser Neuedition überhaupt erst ihre sichere Basis verliehen. Die Herausgeber sind besonders erfreut darüber, daß der im Umgang mit Dokumentationen besonders erfahrene und renommierte K. G. Saur Verlag die Publikation übernommen hat.
Wolfram Siemann München, im November 2004
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Anmerkungen zur Edition Leitende Gedanken bei der Neuedition der von Johann Georg August Wirth herausgegebenen "Deutschen Tribüne" (1831/32) waren einerseits eine leichte Lesbarkeit, andererseits die möglichst originalgetreue Wiedergabe der Zeitung. Daher wurde der Text zum einen in einer modernen Schrifttype neu gesetzt, zum anderen wurden die Eingriffe in den Text auf ein Minimum beschränkt. Die wichtigste Grundlage der hier vorgelegten Neuedition bilden die weitgehend vollständig überlieferten Exemplare der Zeitung in den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek München und der Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München. Einzelne fehlende Seiten bzw. Nummern konnten aus anderen Bibliotheksbeständen (ζ. B. dem der Universitätsbibliothek Trier) bzw. aus dem sich im Besitz des Mitherausgebers Christof Müller-Wirth befindlichen Exemplar der Zeitung ergänzt werden. Auch die überlieferten Flugblätter, die die Abonnenten der Zeitung für beschlagnahmte Nummern des Blattes entschädigen sollten, werden in dieser Edition berücksichtigt. So konnten Flugblätter, zum Beispiel diejenigen vom 5. und 7. Juli 1831 aus einem Bestand der Münchner Universitätsbibliothek, aufgenommen werden. Diese finden sich jeweils chronologisch in die Edition eingereiht. Kriterien/Richtlinien der editorischen Bearbeitung: 1. Insgesamt wird der ursprüngliche Spaltenfall, nicht aber die Zeilengliederung beibehalten. 2. Ebenfalls beibehalten wurde die ursprüngliche Spaltennumerierung. Notwendige Eingriffe werden kenntlich gemacht. Diese betreffen folgende Fälle: a. Die Titelblätter der einzelnen Ausgaben sind im Original generell nicht numeriert, wurden aber schon vom Herausgeber Wirth für die fortlaufende Spaltenzählung berücksichtigt. In der Neuedition finden sich die entsprechend ergänzten Spaltennummern in eckigen Klammern. b. In einzelnen Fällen kam es zu Fehlpaginierungen. Die entsprechenden Korrekturen finden sich ebenfalls in eckigen Klammern. c. Neue Spaltennummern — in eckigen Klammern — wurden zum einen in denjenigen Fällen eingefügt, wo diese völlig fehlten. Dies ist beispielsweise bei einigen Beilagen der Fall, die dem Original beigegeben waren. Außerdem sind neue Spaltennummern
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eingefügt worden, wenn im Original einzelne Spaltenzahlen doppelt vergeben wurden, so daß eine eindeutige Zuordnung der Registerbegriffe nicht möglich gewesen wäre. Eine genaue Aufstellung der Fehlpaginierungen bzw. der nachträglich ergänzten Spaltennummern gibt Aufschluß über die Eingriffe in die ursprüngliche Spaltennumerierung. 3. Satzfehler aus dem Original werden in der Neuedition unverändert wiedergegeben. Lediglich gedrehte, falsch herum gesetzte Lettern und "gefallene" Buchstaben wurden korrigiert. Da es sich bei den Stellen, an denen "u" und "n" vertauscht sind, nicht entscheiden läßt, ob es sich um "echte" Satzfehler oder um gedrehte Buchstaben handelt, bleiben diese "Fehler" aus dem Original in der Edition erhalten. Allerdings läßt sich insbesondere im Jahrgang 1832 aufgrund der Druckqualität an einigen Stellen nicht eindeutig entscheiden, ob im Original ein "u" oder ein "n" gesetzt wurde. In diesen Fällen wird die grammatikalisch richtige Schreibweise gedruckt. 4. Fehlende Buchstaben werden auch im Neudruck ausgelassen und nur dort, wo sie für das Verständnis unabdingbar oder im Original nur schwach erkennbar sind, in eckigen Klammern ergänzt. Ebenso stehen unsichere, aber wahrscheinliche Lesarten von Wörtern, Buchstaben und Satzzeichen in eckigen Klammern. 5. Im Original werden die Drucklettern für die Großbuchstaben "I" und "J" gelegentlich wie ein einziger Buchstabe ohne Unterscheidung verwendet. Bei der Umsetzung in moderne Typen erfolgte in diesen Fällen eine Anpassung an die heute korrekte Schreibweise. Bei Abkürzungen von Vornamen, die vor allem in den Subskriptionslisten für den Deutschen Preß- und Vaterlandsverein vorkommen, wird in der Edition einheitlich der Buchstabe "J" gesetzt. Ferner blieben fehlende Punkte über "i" und "j" unberücksichtigt. 6. Die früher übliche Praxis, bei Zitaten das Anführungszeichen zu Beginn jeder Zeile zu wiederholen, wird nicht übernommen, sondern dem heute gängigen Vorgehen angepaßt. Das heißt, die Anführungszeichen finden sich in diesen Fällen lediglich am Anfang und am Ende eines Zitates. Werden bei längeren Zitaten im Original jeweils die einzelnen Absätze in Anführungszeichen gesetzt oder aber zumindest jeder Absatz mit neuen An-
zulegen, die alle Varianten belegt, die sich in den zugänglichen Exemplaren der Deutschen Tribüne nachweisen lassen, werden diese nicht einzeln angeführt. Dies ist vor allem deshalb vertretbar, da sich die allermeisten Abweichungen, die sich aufgrund der durchgeführten, stichpunktartigen Überprüfungen ergaben, auf die Korrektur von Satzfehlern beschränken. Das heißt, daß die Setzer in der Regel lediglich einzelne Buchstaben oder Satzzeichen eingefügt, verbessert oder weggelassen haben. Dies wird besonders deutlich an dem Aufruf Wirths "An das deutsche Publikum", der unter der Spaltennummer la abgedruckt ist und der ersten Nummer der Zeitung vorausging. Hiervon konnten zwei Versionen lokalisiert werden, welche sich lediglich durch die — in diesem Fall allerdings erhebliche Zahl der vorhandenen Satzfehler unterscheiden. Lagen uns zwei verschiedene Versionen einer Nummer vor, so fiel die Entscheidung für diejenige mit den wenigsten Satzfehlern. Offenbar wurden nur in sehr seltenen Ausnahmen ganze Wörter ausgetauscht. Dies war beispielsweise der Fall in der Nr. 95 der Deutschen Tribüne vom 5. Oktober 1831, Sp. 764: Im Exemplar des Blattes, das in der Staatsbibliothek München überliefert ist, ist an einer Stelle von einem "Definitiwertrag" die Rede, während es in dem Exemplar, das sich im Besitz von Christof Müller-Wirth befindet, sachlich korrekt "Defensiwertrag" heißt. Solche sinnverändernden Abweichungen werden, wo immer diese nachgewiesen werden konnten, im Kommentar angemerkt, der im letzten Teilband dieser Edition zusammen mit umfassenden Registern vorgelegt werden wird.
führungszeichen begonnen, wird dies in der Edition unverändert wiedergegeben. 7. Gesperrt gedruckte Passagen im laufenden Text der Beiträge sind im Neusatz kursiv wiedergegeben, weil sie bei der heutigen Satztechnik nur so leicht erkennbar und eindeutig hervorgehoben sind. Sperrungen in Uberschriften oder Anzeigentexten bleiben dagegen auch im Neusatz erhalten. 8. Eigennamen oder fremdsprachliche Textpassagen sind im Original häufig durch Schrifttypen in Antiqua hervorgehoben. Dies findet in der Neuedition keine Berücksichtigung. 9. Zensurlücken sind durch annähernd gleich große Lücken im Text kenntlich gemacht. 10. Die Drucktype IC. steht im Original für die Abkürzung "etc.". Sie wurde durchgängig durch "etc." ersetzt. 11. Die im Text enthaltenen Abkürzungen bleiben unverändert. Abkürzungen, die dem heutigen Nutzer eventuell Probleme bereiten, können mit Hilfe des beigegebenen Abkürzungsverzeichnisses aufgelöst werden. 12. Silbentrennungen wurden auf ein Minimum beschränkt; dort, wo sie im Interesse der Erhaltung des originalen Spaltenfalls unabdingbar waren, folgen sie den Regeln der "alten", nicht reformierten Rechtschreibung. Im Verlaufe der Editionsarbeit stellte sich heraus, daß von einigen Nummern bzw. Seiten unterschiedliche Druckvarianten überliefert sind. Da es jedoch nicht in der Absicht des Editionsprojektes liegt, eine historisch-kritische Ausgabe der Zeitung vor-
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Anmerkungen zur Paginierung Art der Unregelmäßigkeit im Original
In der Edition vergebene Spaltennummern
Jg. 1831 Nr. 125 vom 4. November 1831 fehlt wegen Beschlagnahmung.
1005-1012 fehlen.
Nr. 129 vom 8. November 1831 fehlt wegen Beschlagnahmung.
1037-1044 fehlen.
Anstatt der Nr. 141 erschien am 20. November 1831 nur ein verstümmeltes, unpaginiertes und nicht numeriertes Exemplar von 4 Spalten.
1133-1136 fehlen.
Die Nr. 142 vom 21. November erschien nur als verstümmeltes, nicht paginiertes Exemplar von 4 Spalten.
1141-1144 fehlen.
In der Nr. 150 vom 30. November 1831 trägt die Spalte 1213 fälschlich die Nummer 1113, die Spalte 1214 fälschlich die Nummer 1114.
1213,1214
Unpaginierte "Anzeige" vom 15. Dezember 1831.
1332a
1137-1140 (für das verstümmelte Exemplar).
1145-1148 (für das verstümmelte Exemplar).
Jg. 1832 In der Nr. 33 vom 7. Februar 1832 trägt die Spalte 262 fälschlich die Nummer 462.
262
In der Nr. 37 vom 11. Februar 1832 ist die Spaltennummer 292 nicht zu erkennen.
292
Undatierte, nicht paginierte Beilage zu Nr. 33 vom 7. Februar 1832.
264a-264d
In der Nr. 37 vom 11. Februar 1832 trägt die Spalte 295 falschlich die Nummer 952.
295
Undatierte Beilage zu Nr. 44 vom 18. Februar 1832; Paginierung: 1-8.
352a-352h
Nicht paginierte Beilage zu Nr. 47 vom 22. Februar 1832; Beilage datiert auf den 21. Februar 1832.
376a-376b
Undatierte Beilage zu Nr. 48 vom 23. Februar 1832; Paginierung: 1-8.
384a-384h
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Art der Unregelmäßigkeit im Original
In der Edition vergebene Spaltennummern
Undatierte Beilage zu Nr. 55 vom 1. März 1832; Paginier ung: 1-8.
440a-440h
Undatierte Beilage zu Nr. 61 vom 7. März 1832; Paginierung: 1-8.
488a-488h
Beilage vom 7. März 1832: "An die Bewohner Homburgs"
488i
Nachtrag zu Bd. 1,1: In der Nr. 63 vom 3. Sept. 1831 trägt die Spalte 509 fälschlich die Nummer 409.
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In der Deutschen Tribüne verwendete Abkürzungen A. d. E./Anm. d. Eins. A. d. R./Anm. d. Red. a. M. Α. Z. a.a.O. Aachn. Ztg./A. Z./ Aachn. Zeitung, Aa. Z. Abg. Abgeordn./Abgg. Adv. allg./allgem. ält. Anmerk. Art./ art. Augsb. All. Zeit./ Α. Z.
Anmerkung des Einsenders Anmerkung der Redaktion am Main Aachener Zeitung/Allgemeine Zeitung (Augsburg) am angegebenen Ort Aachener Zeitung
Baierische Blätter baierische(r/n) Band
C. C. D./Const. D./ Const. Deutschland C. M. camer. cand. Cap. cent. Cod. code jur. Com. Consol.
Centimes Das Constitutionelle Deutschland (Zeitung) Conventionsmünze Kameralwissenschaften Kandidat Capitel centimes Codex/Code code juridique Komitee consolidierte Papiere bzw. Fonds Courier Courier fra^ais
Cour. Cour. fr. d. d. d. Ael./d. ält. d. h. d. i. d.j. d. jüng./d. j. d. M. D. R. D. R. d. D. T./ D. R. d. d. T./ D. Red. d. d. T. d.T. D. Vs. Fr. D.A.Z./D. allg. Ztg.
Dezember deutsch(e/en/es) Doktor
Ed. Emanz.
Edikt Emancipation (franz. Zeitung) engüsche(r/n) Euer
engl. Ew.
Abgeordnete (r) Abgeordneten Advokat allgemein^/r) älterer Anmerkung Artikel Augsburger Allgemeine Zeitung
Baier. Bl. bair./b. Bd.
Decbr./Dec. deutsch. Dr.
des/dieses, diesen deutsche der Ältere/der ältere das heißt das ist dieses Jahres/des Jahres der jüngere des Monats/diesen Monats die Redaktion die Redaktion der Deutschen Tribüne
F. Febr. Ferd. fl. Forstakt. Fr. fränk. Frankf. Journal/Fkf.}./ Fkft. J./Frkf. J./Frft. J./ Frkft. Jour. Frankf. Z. franz. Fried.
Francs, Franken Februar Ferdinand Gulden Forstaktuar Franken/Franc fränkisch Frankfurter Journal
Geh. ggr· 8r· gr.8 gr. Folio großherz.
Geheimer Groschen (Plural) Groschen Großoktav Großfolio großherzoglich(e/er/es)
h. Han. Ζ./ Han. Ztg./ Hanauer Ζ./ H. Ztg. heil. herzogl. S. HH. Hrn.
hohe(er/es) Hanauer Zeitung
11. MM. 1.1. H.
Ihre Majestäten Ihre Hoheiten
Jak. Jan. Joh. Jos. Jour. jun. jüng. Jur. k./kgl./königl. k.b./K.B.
königlich königlich-bayerisch(e/er)
J·
XIII
heilig(e/ er) herzoglich sächsisch Herren Herrn
jener Jahr, Journal Jakob Januar Johann(es) Joseph/Josef Journal junior jüngerer Jura
)·
der Tribüne Der Verfassungsfreund (Zeitung) Deutsche Allgemeine Zeitung
Frankfurter Zeitung französische(r/n/s) Friedrich
kaiserl. kand. kr.
kaiserlich Kandidat Kreuzer
Lj.
laufenden Jahres Die Landbötin (Zeitung, München) Littera/Buchstabe
Landb. Lit. Μ. M.M.
Maj. Me. med. Mich. Mill. Mon. beige monad. Ν. S. Ν. Sp. Ζ. NB. Nie. Niederrh. Cour./Nrh. C. Nov./Novemb. Nro./No. Nürnb. Corr.
Monsieur/Mann Messieurs Majestät Monsieur Medizin Michael Million Moniteur Beige monatlich Nachschrift Neue Speyerer Zeitung nota bene Nikolaus Niederrheinischer Courier November Nummer/Numero Correspondent von und für Deutschland (Zeitung, Nürnberg)
Oktb. Ortsvorst.
Oktober Ortsvorsteher
P· P. C. p./Pr. Pf. St. Pfd. pharm. phil. / ph. /philosoph. poln. preuß. preuß. Cour. Priv. Corr. provis./prov.
Seite Preußisch Courant pro Pfund Sterling Pfund Pharmazie Philosophie polnische(r/n) preußisch(e/r) preußisch Courant Privatkorrespondenz provisorisch(e/er/es)
Q.meilen
Quadratmeilen
R. d. d. T.
Redaktion der deutschen Tribüne Rechtskandidat Redaktion/Redakteur Regierungsblatt respektiven rheinisch Rheinbayerisch(en) Rheinbairischer Anzeiger (Zeitung)
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s. S. S. H. S. Κ. H. S. M. s.g. sächs. Schwab. M./Schw. M./ Schw. Merk. Se. k. Höh. sen. Sept. Speyr. Ztg./Sp. Z. Sr. k. Höh. Sr./Se. St./Set. st./stud./Stud. Str. Ges. B. Stuttg. allg. Z./St.-A. Ζ./ Stuttg. allg. Ztg. Stuttg. Ztg.
siehe Seite Seine Hoheit Seine königliche Hoheit Seine Majestät sogenannte(r) sächsische(r/n) Schwäbischer Merkur Seine königliche Hoheit senior September (Neue) Speyerer Zeitung Seiner Königlichen Hoheit Seiner Sankt Student Strafgesetzbuch Stuttgarter Allgemeine Zeitung Stuttgarter Zeitung
Th. theol. Thlr. Tit. Trib.
Theil Theologie Thaler Titel Tribüne
u. u. a. u. A. m. u. a. O. u. d. m./u. dgl. m. u. dgl./u. d. g. u. s. f. u. s. w.
und unter anderem und Anderes mehr und anderen Orten und dergleichen mehr und dergleichen und so fort und so weiter
Val. Vat.-Vereins Vdt. Verf. Verf.-Urk. vergl. vid.
von vorigen Jahres vorigen Monats von unten Valentin Vaterlands-Vereins vidit/hat [es] gesehen Verfassung Verfassungs-Urkunde vergleiche videatur/siehe
W.B./Westb. würtemb.
Westbote württembergische (r/s/n)
Ztg. zus. Zweibr.
Zeitung zusammen Zweibrücken
v.J. ν. M .
V. u.
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Deutsche Tribüne 1. November 1831 (Nr. 122) - 21. März 1832 (Nr. 71)
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Deutsche Ein
Dienstag.
Tribüne.
constitutionelles
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Wer sind die gemeinschaftlichen Feinde des Königthums und des Volkes? Die Regierung eines Landes hat die Aufgabe, die bürgerliche Freiheit der Nation zu befestigen, über zeitgemäße Entwicklung deren Kultur zu wachen und zur Emporhebung des Nationalwohlstandes die individuellen Kräfte frei walten zu lassen, ohne sich selbst oder einem Andern eine Störung derselben zu erlauben. Es wäre thöricht, von der Staatsregierung zu verlangen, daß sie das Volk reich, gebildet und glücklich machen solle: - dieß kann sie nicht. Aber sie soll das Volk in der Entwicklung seiner physischen und geistigen Kräfte nicht hindern, sie soll den Handel, die Gewerbe und die Agrikultur durch künstlich geschaffene Hindernisse nicht stören, vielmehr alle Hindernisse, welche eine finstere Vorzeit überlieferte, zu beseitigen streben; sie soll nicht durch üble Verwendung des Staatsvermögens oder durch Verschwendung und Luxus des Hofes dem Fleiße der Staatsbürger die Früchte und das Betriebskapital entziehen, sie soll da, wo sie zur Entwicklung der Landeskräfte naturgemäß thätig seyn kann, die Hände nicht in den Schooß legen; sie soll der aufstrebenden Kultur durch eine pedantische oder wohl gar eifersüchtigfinstere Vormundschaft keine Hemmketten anlegen, und sie soll endlich dem Aufstreben der bürgerlichen Freiheit, wie dasselbe mit der fortschreitenden Volksbildung sich äußert, nicht feindseligen Widerstand leisten. Dieser Aufgabe soll und muß die Regierung gewachsen seyn, — und wenn sie es nicht ist, so haben alle Freunde des Volkes und des Vaterlandes die Pflicht, gegen die Regierung sich in Opposition zu setzen, deren Unfähigkeit nachzuweisen und auf die Annahme eines den Volks-Interessen entsprechenden Systemes zu dringen. Die Organe dieser Opposition, welche nicht Revolution, sondern Reform, nicht einen Wechsel der Dynastie oder Regierungsform, sondern nur einen Wechsel der Regierungsprinzipien, und in diesem Sinne einen Wechsel der Minister verlangen; die Organe einer solchen Opposition, sagen wir, sind nicht minder Freunde des Königthums als des Volks, ihre Gegner aber, welche dem verkehrten Systeme der Regierung schmeicheln, sind die wahren Feinde beider. Baiern leidet an dem National-Unglück, daß die Männer, welche einem den Interessen des Volkes widerstrebenden Regierungssystem sich entgegensetzen, als Feinde
Tagblatt.
München den 1. November 1831.
des Königthums und der Nation verketzert, und diejenigen, welche unbewandert in den Geschäften, unbekannt mit dem Zustande des Landes oder irregeleitet von eigennützigen Absichten dem beweinenswerthen Systeme Weihrauch streuen, als gute Royalisten gepriesen werden. Darin liegt der Grund, daß die diesjährige Session der Kammern abermals ohne Resultat für das Land vorübergehen soll; darin liegt aber auch die dringende Aufforderung an alle Organe der treuen Opposition, mit neuer Kraft sich zu rüsten und den Feinden der Nation mit erhöhter Thätigkeit gegenüber zu treten. Die natürlichen Erwerbsquellen der Menschen, Ackerbau, Industrie und Handel, sind in Baiern verkümmert, weil ihrem Aufschwünge lähmende Hindernisse im Wege liegen, deren Beseitigung nicht in der Macht des Publikums liegt. Diese Hindernisse allmählich wegzuräumen, war die Regierung schon lange sich selbst und ihrem Lande schuldig. Die vorzüglichsten derselben bestehen in der Last und unverhältnißmäßigen Vertheilung der Abgaben, in dem traurigen Zustande der Rechtspflege und in dem Mangel an Credit und Betriebskapitalien. Diese Ursachen des gesunkenen und noch tiefer sinkenden Nationalwohlstandes können nicht auf einmal beseitiget, ihre traurigen Folgen nicht auf einmal verwischt werden; denn das Uebel liegt zu tief und seine Wirkungen erstrecken sich auf zu lange Zeit hinaus. Aber eben darum, weil dem gesunkenen Nationalwohlstand nicht auf einmal abgeholfen werden kann, eben deßhalb, weil die wahren Heilmittel Anfangs als solche gar nicht werden erkannt, sondern nur allmählich Früchte tragen werden — war es eine heilige Pflicht der Regierung, in der Vorkehrung dieser Mittel keinen Augenblick zu zögern. Was hat aber die Regierung seit dem Frieden, also seit 16 Jahren gethan, um die Steuern namhaft zu vermindern, und was noch mehr sagen will, gerechter zu vertheilen, die Rechtspflege gründlich zu bessern, dem gesunkenen Credit aufzuhelfen und dem Lande neue Betriebskapitalien zuzuführen? Antwort: Nichts - rein Nichts! Es gibt eine Anklage gegen die Regierung, welche vor dem ewigen Richter nie zu verantworten ist, welche vielmehr, gleich der Locke des alten Grafen Moor, alle Verdienste des Gouvernements hoch in die Lüfte schnellt. „Die Anklage, daß man Mittel hatte, um an reich versorgte Mitglieder des königlichen Hauses Millionen zu verschenken, Ballhäuser, Pinakotheken, Cursäle, Walhallen und Ludwigsstraßen zu bauen, aber keine Mittel, um nur dem drohenden Geschäftsbankerotte des Ober122
983 appellationsgerichts durch die Bildung eines neuen Senats vorzubeugen, geschweige denn, dem Verfalle der Justiz, des Credits, des Ackerbaues und des Verkehrs noch wirksamer zu Hülfe zu kommen. — So schwer es scheinen mag, die oben bemerkten Hindernisse des Nationalwohlstandes, nämlich übertriebene Last und unverhältnißmäßige Vertheilung der Abgaben, Verfall der Rechtspflege und Mangel an Credit, so wie an Betriebskapitalien auch nur allmählich hinwegzuräumen, so gibt es doch ein solches Mittel - es liegt in der Verminderung der Civilliste um 700,000 fl. und in der Verwendung dieser Ersparniß nicht zu Steuernachlässen, sondern zur Beförderung des Verkehrs und Verbesserung der Rechtspflege. Eine jährliche Dotation von 600,000 fl., wovon 500,000 fl. als Zins- und als 100,000 fl. als Tilgungsfond behandelt würden, gewährt zu 4 Proz. ein Anlehen von 12 Millionen Gulden. Mit diesem Kapitale können Associationen der Grundeigenthümer und Gewerbsleute ins Leben gerufen werden, wodurch der Credit assecurirt und emporgehoben, und dem Lande überflüssige Betriebskapitalien zugefiihrt worden. Ein Hülfsfond von 2 Millionen reicht hin, um für Grundeigenthümer eine Creditanstalt zu gründen, die zwischen Gläubiger und Schuldner in die Mitte tritt, d. h. von jenem borgt und diesem leiht, beiden aber entschiedene Vortheile gewährt, indem sie dem Gläubiger Unmöglichkeit eines Verlustes und prompte Zahlung sichert, dem Schuldner dagegen die Wohlfahrt eines geringen Zinsfußes, Sicherstellung vor Aufkündigung des Kapitals, bei richtiger Zinsenzahlung und endlich den unschätzbaren Vortheil des leichten Aufbringens der Kapitalien darbietet. Nur eine beispiellose Unfähigkeit der Minister macht es erklärbar, daß ein solches wohlthätiges Institut, das in Preußen schon seit vielen Decennien besteht, in Baiern immer noch zu den frommen Wünschen gehört. Ein Grundfond von 10 Millionen wäre endlich hinreichend, um eine Nationalbank mit der Bestimmung zu gründen, allen Geschäftsleuten im Lande die erforderlichen Betriebs-Capitalien gegen Prämien, welche das Risico der Anstalt compensiren, und gegen mäßige Zinsen, auch ohne Unterpfand, nur nach den gewöhnlichen Regeln des kaufmännischen Creditgebens vorzuschießen. Da die Geschäfte einer solchen Bank, bei solider Construktion der Anstalt, gewinnbringend seyn müßten, die Vortheile aber, weil das Institut, als Gemeingut der Nation, nichts effectiv gewinnen soll, unter die Creditgenossen nach Verhältniß der von ihnen zu bezahlenden Prämien vertheilt werden könnten, so würden diese Prämien wenig beträchdich, daher der Credit wohlfeil und Tausenden fleißiger Hände die erforderlichen Betriebs-Capitalien, als das Mittel zum Wohlstande, nicht länger entzogen seyn. Es wäre nicht der Grundfond von 10 Millionen, der diese Aufgabe allein erfüllen soll, sondern der unbegrenzte Credit, den eine solche Anstalt bei solider Construktion auch im Auslande erlangen und zur Beförderung des Gewerbsfleißes benützen könnte. Der Credit wäre nun gewissermaßen assecurirt, weil jeder Creditgenosse durch die Bezahlung seiner Prämie zu den Verlusten der Anstalt verhältnißmäßig beiträgt, die Assecuranz-Prämie würde unbedeutend seyn, weil der Gewinn aus den Bankgeschäften unter die Creditgenossen zur Vertheilung käme. Mathematische Berechnungen zeigen die Ausführbarkeit. Die mittelbaren Vortheile eines Creditinstitutes fur Grundeigenthümer und eines andern fur Geschäftsleute liegen in der Beseitigung der Hindernisse zur Besteuerung der Capitalisten.
984 Gegen diese Maaßregel, wodurch allein die verhältnißmäßige Vertheilung der Lasten möglich wird, spricht nämlich nur ein wirklich triftiger Grund, nämlich die Rückwirkung derselben auf den Verkehr, Erschwerung des Credits und Erhöhung des Zinsfußes. Alles dies fällt indessen weg, wenn die unnatürliche Macht der Capitalien durch Creditinstitute in ihre natürlichen Grenzen zurückgewiesen ist. Auch die Erhebung der Capitaliensteuer ist erleichtert, weil die Creditinstitute, welche zwischen die Capitalisten und die Schuldner in die Mitte getreten sind, und von letztem die Zinsen erheben und an jene bezahlen, die Steuer sogleich von diesen Zinsen abziehen und in Masse an die Staatscasse abliefern könnten. So gewährt denn schon eine jährliche Dotation von 600,000 fl. unläugbar die Mittel, den Credit im Lande zu heben, die Grundeigenthümer gegen Bedrückungen von Wucherern und Mäklern zu sichern, den Zinsfuß in seine Grenzen zurückzufiihren, den Verkehr durch Zufluß neuer Betriebs-Capitalien zu beleben und zugleich den Reichthum zur Erleichterung der Armuth zu besteu[e]rn. Eine jährliche Dotation von 100,000 fl., welche bei einer Verminderung der Civilliste um 700,000 fl. außer jenen 600,000 fl. noch übrig bliebe, wäre in Verbindung mit dom bisherigen Etat und bei einer Manipulation, nach Art der Pensions-AmortisationsCasse, hinreichend, die Justiz von der Administration zu trennen, die Gerichtsbezirke zu verkleinern, das Richterpersonale zu vermehren und dessen Loos zu verbessern, die öffentliche Rechtspflege durchzufuhren und den laufenden Rest durch Errichtung von RetardenAemtem, welche lediglich mit den Rückständen sich beschäftigten, sogleich vom Anfange an zu ordnen. Wenn daher die Krone nur zu einer momentanen Verminderung der Civilliste sich verstehen wollte — denn bei aufblühendem Wohlstande der Nation mag man den Hofetat immerhin wieder erhöhen - so sind die Mittel gegeben, den Zustand des Landes wesendich zu verbessern. Daß die Minister dazu sich nicht entschließen können, daß sie jene Maßregel als die Bedingung der Fortfuhrung des Portefeuilles nicht zu bezeichnen vermögen, daß niedrige Schmeichler eine solche Verminderung der Civilleste, durch die Deputirten-Kammer, als einen Haß gegen den Hof verketzern, daß endlich unfähige Staatsbeamte und andere unverständige Menschen von Einfluß die Bewilligung des vollen Regierungs-Postulats als eine Wohlthat der Nation und als das Mittel zur Beschäftigung der Armen anpreisen - dies ist das Unglück Bayerns. Wenn Privadeute bauen, so ist dies eine Wohlthat fur das Land. Setzt also die Privatpersonen durch Belebung des Verkehrs und die Emporhebung des Nationalwohlstandes in eine Lage, daß diese der Liebhaberei des Bauens nachhängen können, wenn ihr von dem Baue das Heil des Landes erwartet. Allein ein System zu vertheidigen, vermöge dessen der Landmann fortwährend ausgesogen, die Rechtspflege vernachläßiget, die Pflicht zur Beseitigung der Hindernisse des Nationalwohlstandes verletzt und ein unwürdiges Spiel mit Betdem und liederlichem Gesindel beibehalten werden muß, um nur Palläste auffuhren zu können - ein solches System zu vertheidigen, sagen wir, und vollends gar als eine Wohlthat des Volkes anzupreisen, dazu kann nur ein niedriger und verächdicher Schmeichler fähig seyn. Geschöpfe, die solcher Handlungen fähig sind, nicht die Oppositions-Organe, sind die Feinde des Königthums, so lange ein König seine Interessen von jenen der Nation nicht zu trennen beliebt.
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Fortschritte der bairischen Regierung. Nichts ist einer civilisirten Regierung unwürdiger und namentlich fur das natürliche Gefühl der Deutschen empörender, als die Verletzung des Gastrechts. Mit brennendem Schamgefühl müssen wir gestehen, daß unsere Regierung diesen Grundsatz nicht zu den Artikeln ihres Glaubensbekenntnisses zählt. Die Geschichte der Verfolgung fremder Schriftsteller in den Personen der Herren Saphir, Oettinger und Dr. Grosse hat dieß bewiesen. Man hoffte, daß der Ministerwechsel eine humanere Behandlung der Fremden mit sich bringen würde - allein man irrte; noch immer verfolgt man den früheren Herausgeber der baierischen Blätter, Dr. Grosse, und verstattet demselben nicht einmal zu einer, der Ehre Baierns gewidmeten Unternehmung, nämlich zur Herausgabe von Westenrieders Werke, den Aufenthalt im Lande. Andern fremden Schriftstellern gibt man diese Erlaubniß, weil sie solche mit niedrigen Schmeicheleien und mit unverständiger Vertheidigung verkehrter Regierungsmaßregeln zu erkaufen fähig sind, *) allein dem Dr. Grosse, der zur Ausführung seines Unternehmens nothwendig hier leben müßte, weil er die erforderlichen literarischen Hülfsmittel nur in der Hauptstadt finden kann, ihm untersagt man wegen seiner freisinnigem Grundsätze den Aufenthalt, wiewohl er sich verbindlich gemacht hat, bei seinem literarischen Wirken die Politik gänzlich zu vermeiden. Wo gibt es Worte, ein solches System gebührend zu bezeichnen? In der Deputirtenkammer haben die Abgeordneten v. Closen, Schwindel, Culmann und Lechner gegen dergleichen Mißhandlung der Civilisation nachdrücklich sich ausgesprochen, allein man furchtet, es würde auch dieß vergeblich seyn. Der Ministerverweser beruft sich, wie man sagt, auf das Kabinet. Wäre dieß richtig, so müßte man Herrn v. Stürmer bedauern, denn es gibt nichts unwürdigeres als einen constitutionellen Minister, der gegen seine Ueberzeugung Befehle des Cabinets vollstreckt.
Tages-Chronik. England. Die Bischöfe der hohen anglikanischen Kirche werden, ihrer politischen Macht wegen, immer heftiger in den englischen Blättern angegriffen. Ihre Abstimmung gegen die Reformbill hat diese reichen, stolzen und trägen Rentiers der Kirche bei dem Volke verhaßt gemacht. Sie mögen so bündig als irgend ein deutscher Congregationsmann das göttliche Recht, sich auf Kosten des Volks ernähren zu lassen, nachzuweisen sich bemühen, das Volk hat die Achtung für diese vornehmen Müßiggänger verloren, und hält dem scandalösen Luxus derselben die Lehren des Evangeliums entgegen. So haben die Bischöfe die Welt verkehrt, daß sie belehrt werden müssen, statt daß sie durch Beispiel lehren sollten. Der Morning-Chronicle vom 24. Oktober enthält: „Mit großer Genugthuung melden wir, aus der sichersten Quelle, daß das Parlament nicht bis zum Januar 1832 vertagt, sondern sich spätestens am 1. December versammeln wird, wo * ) W i r sagen dieß nicht, u m m i t H e r r n Saphir zu rechten, d e n n d a ß wir m i t diesem Herrn in keinen Streit uns einlassen, daher a u f seine Angriffe nie antworten k ö n n e n , ist begreiflich.
eine wenig veränderte und noch demokratische Reformbill ihm vorgelegt werden wird. Frankreich. Paris, 27. Okt. (Priv. Corr.) Der Tod Capo d'Istrias ist ein Ereigniß von großer Wichtigkeit: das Schicksal Griechenlands wird noch einmal in Frage gestellt, und alle Combinationen der europäischen Kabinete könnten dadurch über den Haufen geworfen werden. Ein Congreß in Paris solle diese Frage entscheiden. — Die gestrige Sitzung der Deputirtenkammer hat in Bezug auf die vertriebenen Fremden dem Ministerium Perier den letzten Rest der Popularität entzogen. Man kann unmöglich sich selbst tiefer herabsetzen, als es Herr Perier durch seine erbärmlichen Argumente gethan. Zugleich hat Herr Sebastiani durch seine Witzeleien und Unanständigkeiten die öffentliche Achtung vollends verspielt. Frankreich im Jahre 1831 ist also weniger gastfrei als Frankreich unter Louis XIV. und unter Louis XV. Es hat die Schutzherrlichkeit des Unglücks verläugnet. - Die Gerüchte, welche an der Börse über das Wiederbeginnen der Feindseligkeiten verbreitet waren, haben sich nicht bestätigt. Noch immer herrscht dieselbe Ungewißheit. — Man versichert, das Ministerium werde erst dann der Gesetzentwurf über die Pairie der zweiten Kammer vorlegen, wenn die holländisch-belgische Frage auf irgend eine Weise entschieden sey, denn es fühle, daß von den auswärtigen Verhältnisse sein eigenes Schicksal abhänge. Paris, den 27. Oktober. Consol. 5 Proz. 92,85; 3 Proz. 64,90; Falconnet 76; ewige Rente 51 f . Holland. Haag, 23. Oct. Der Beschluß der Regierung über die neuesten Bestimmungen der Londoner Konferenz in Betreff der belgischen Angelegenheiten, ist noch nicht mit Sicherheit bekannt. Man unterstellt fortdauernd, daß die Regierung Schwierigkeit mache, die Bestimmungen, so wie dieselben vorliegen, anzunehmen, und daß sie erst über einige Punkte nähere Aufklärung verlangt habe. Man erwartet indessen vorerst, daß die Aussetzung der Feindseligkeiten fortdauern werde. Vom 24. Heute wird noch keine Mittheilung von Seite der Regierung an die 2te Kammer der Generalstaaten über den Zustand der Unterhandlungen erwartet. Dem Vernehmen nach hat General Chasse für den 25. d. Befehle von der Regierung verlangt, und es sind darauf gestern Depeschen an ihn abgeschickt worden. Uebrigens ist der Kurierwechsel dieser Tage wieder lebhafter gewesen. Unter Andern ist Se. k. H. Prinz Albrecht von Preussen nach der Ankunft zweier Kuriere vom Prinzen von Oranien vorgestern von hier zur Armee abgereist. Herzogenbusch, 23. Okt. Unvermuthet ist hier die Nachricht angekommen, daß das Hauptquartier Sr. k. Höh. des Prinzen von Oranien den 2. k. M. in dieser Stadt zu erwarten sey. Wie es scheint, rechnet man darauf, daß das Hauptquartier eine geraume Zeit hier bleiben werde. — Viele vermuthen, daß die Streitmacht des Staates noch wohl einige Zeit, in Erwartung wichtiger Ereignisse, auf einem tüchtigen Fuße, und vereinigt bleiben werde. Vom 24. Dem Vernehmen nach wird das Hauptquartier des Herzogs von Sachsen-Weimar nach Bortel, und das des Generals Cort-Heiligers, von der Reserve-Division, von St. Oedenrode nach Schyndel verlegt. Hier erwartet man ein Bataillon Grenadiere und ein Bataillon Jäger. Im Uebrigen finden unter den Standplätzen der Truppen einige Veränderun-
987 gen Statt. Verschiedene Bataillone werden näher an die Grenzen postirt. - Allgemein will man wissen, der Waffenstillstand sey noch um einige Tage verlängert; doch etwas Offizielles ist darüber noch nicht bekannt gemacht. (Frankf. Z.) Belgien. Brüssel, 25. Okt. Man versichert, der König von Holland habe seine Beistimmung zu 24 Artikeln der Conferenz verweigert und sich beeilt, die Bevollmächtigten der fünf großen Mächte in London von seiner Weigerung in Kenntniß zu setzen, um nach Ablauf des Waffenstillstandes bei der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten freie Hand zu haben. Gestern sind 3 vollständige Batterien vor dem Kriegsminister und dem General Evain vorbeidifilirt, und hierauf nach Mecheln abgegangen. Sie dienen zur Verstärkung der Reserve, und haben ihre Munition bei sich. Das hiesige Pompierskorps ist nach Antwerpen abmarschirt; der König begegnete ihm auf dem Wege und sagte, daß er auf ihren Muth und ihre Unerschrockenheit zähle. Marschall Gerard ist wieder nach Frankreich abgereist. In der Sitzung der Repräsentantenkammer vom 24. legte der Präsident einen Brief des Herrn Meulenäre vor, nach welchem der König wünscht, die Diskussion des Friedensvertrags alsobald vorgenommen zu sehen. Die Verhandlungen, welche darüber Statt hatten, führten aber nur zum Beschluß, daß die Centrai-Sektion am folgenden Abend über den Vortrag berichten solle. Die Opposition hat in den letzten Tagen Anhänger gewonnen, und zeigt sich jetzt stärker, als man erwartete. Antwerpen, 25. Okt. Seit die Stadt in Belagerungszustand erklärt worden ist, haben alle Konsulate ihre Flaggen aufgesteckt. Diesen Morgen hat die Eskadre sich vor der Stadt aufgestellt. Die unten im Fluß liegenden Kriegsschiffe haben noch keine Bewegung gemacht. Man versichert, die Holländer seyen aufder ganzen Linie in Bewegung. Dies ist das Resultat der von der belgischen Armee ausgeführten Märsche. Die beiden Armeen halten sich bereit und erwarten die Befehle ihrer Regierungen. Diese Nacht sind die Generale Belliard und Evain in unsern Mauern angekommen. Lüttich, 26. Okt. Man schreibt aus Brüssel: Heute den ganzen Tag waren die widersprechendsten Gerüchte im Umlauf; die Einen sagen, der König von Holland habe den Vertrag bestimmt verworfen, und seine Söhne seyen unmittelbar darauf zur Armee abgereist. Andere sagen, die Feindseligkeiten hätten auf der ganzen Linie begonnen. Endlich, noch Andern zufolge, hat man von Sas van Gent her, Kanonendonner vernommen, und der Marschall Gerard sey nach Maubeuge abgereist, um an der Spitze der französischen Armee in Belgien einzurücken. Von allem diesem ist nur wahr, daß Marschall Gerard wirklich in der Nacht abgereist ist, aber nur nach der Ankunft eines Kuriers aus dem Haag, der die Nachricht überbracht hat, daß am Sonntag Abend um 7 Uhr noch nichts vom König Wilhelm in Hinsicht der Annahme oder Verwerfung des Vertrags beschlossen worden sey, daß aber in keinem Fall die Feindseligkeiten am 25. wieder aufgenommen werden würden. Heute spricht man von einem Tagesbefehl des Königs Wilhelm an seine Armee, in welchem er derselben in der That anzeigt, daß die Feindseligkeiten am 25. nicht wieder aufgenommen werden sollten.
988 Ein Privatbrief aus Brüssel von gestern spricht von einer Verlängerung des Waffenstillstandes bis zum 20. Nov., wozu der König von Holland seine Einwilligung gegeben hätte. In diesem Brief ist die Rede von einer bei Vliessingen angekommenen Flotte von 18 Segeln. Wir müssen bemerken, daß zu einer andern Epoche der König von Holland erklärt hatte, mit dem 25. Okt. laufe unwiderruflich der Waffenstillstand ab. (Aach. Z.) Deutschland. Sr. k. H. der Kurfürst von Hessen ist unter dem Namen eines Grafen von Reichenbach, und die Frau Gräfin von Reichenbach, unter ihrem eigenen Namen, in Straßburg angekommen, wo die hohen Herrschaften im Geist abgestiegen sind. Die Augsburger Allg. Zeit. v. 1. Nov. enthält, in einem Schreiben aus London, die höchst zeitgemäße Bemerkung, „Was Nationen zu verzweifelten Schritten treibt, ist nicht so sehr die positive Schlechtigkeit einer Regierung, als ihr Schwanken." — Leider gibt es etwas noch Schlimmeres, als das Schwanken; denn dieses weicht doch nicht allzuweit von einem vorgezeichneten Wege ab. Die verworrene, willenlose, aus widersprechenden Ideen und Charakterlosigkeit hervorgehende Inconsequenz aber, die heute liberal und morgen obscurant ist, erzeugt in der Regierung selbst zuerst die Anarchie, ehe noch die Völker daran denken, unleidlichem Uebel ein Ende zu machen. - Man schreie, wie man will, über die Völker und ihre demagogischen Verführer; die wahren, geschickten Revolutionäre sind die schlechten Rathgeber der Throne, welche aus Eigennutz sich an die Macht drängen, durch Ohrenbläserei die Würde der Fürsten compromittiren, und durch Unwissenheit die gesetzliche Ordnung untergraben. Carlsruhe, 28. Oct. (Priv.Corresp.) Die Artikel der liberalen Blätter fangen an Einfluß zu äußern, die Minister scheinen betroffen über den Spiegel, den ihnen die Volksstimmung vorhält; denn wie sie auch sonst seyn mögen, so haben sie doch beinahe eben so viel Respekt vor einer drohenden öffentlichen Meinung, als vor einen drohenden Gesandten der europäischen Vormünder. München, 1. November. Wider den Redakteur der Tribüne ist eine Verlängerung der Einsperrung von 36 Stunden verfugt worden. Da drei Beharrliche zusammen gekommen sind, nämlich der Censor im Streichen, die Polizei-Direktion im Einsperren und der Redakteur im Abdrucken gestrichener Stellen, da ferner jeder Befehl zur Einsperrung, ohne die Berufung zu gestatten, vollstreckt wird, so ist es wahrscheinlich, daß der Redakteur bis zur Einführung des neuen Preßgesetzes seine Freiheit nicht mehr erlange. Um solchen Preiß ist indessen die Preßfreiheit nicht theuer erkauft. Dabei hat man noch den Vortheil, den Beweis zu liefern, daß die «institutionelle Charte ein Gebilde der Einbildungskraft sey und dem Staatsbürger, in Ansehung der Sicherheit seiner Person, vor den Unterthanen des Selbstbeherrschers aller Reußen nicht den mindesten Vorzug gewähre. — Es lebe die absolute Charte neben der glorreichen Majorität des 26. Oktobers. Wie weit doch ein Liberaler es bringen kann. Herr Seuffert wird von der politischen Zeitung in Schutz genommen. Verantwortlicher Redacteur: ]. G. A. Wirth.
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constitutionelles
Mittwoch. D i e
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Welche Vortheile zieht das Haus Oesterreich aus Ungarn und wie dankt es den Ungarn dafür? (Fortsetzung.) Nicht genug, daß die österreichische Regierung Ungarn durch das Papiergeld ruinirte, und während der Kriegsjahre auf alle nur mögliche Weise aussog, beraubte dieselbe Ungarn auch noch seines Antheiles an den französischen Contributionsgeldern. Von den 700,000,000 Fr., welche bekanntlich Frankreich an die alliirten Mächte bezahlen mußte, erhielt Oesterreich 227,000,000 Fr. Diese Summe war unter andern dazu bestimmt, die Provinzen zu entschädigen, welche durch Brand und Requisitionen gelitten hatten. Ein einziger Comitat, welcher von den Franzosen besetzt war, hatte 8,000,000 fl. alte Bankzettel zu fordern, weil zur Verpflegung der Franzosen eine gleiche Summe aufgenommen und dieses Darlehen von dem Comitate bezahlt worden war. Es schmerzt den Ungar, daß der Hof dieses Geld eingesteckt hat und die Schadloshaltuug der Unterthanen verweigert, die für ihr vergossenes Blut und alle ihre Anstrengungen ohnehin nicht der mindesten Gnade sich zu erfreuen haben. Ο du göttliches Recht, (das zu nehmen, was nicht dein gehört,) wie göttlich bist du flir alle pflichtvergessenen unverantwortlichen Minister! Man hat übrigens deßhalb verlangt, daß die Minister für alle Regierungshandlungen verantwortlich gemacht werden sollten; allein es wurde erwiedert, die Ungarn hätten keine Minister, und der König könne nicht verantwortlich seyn. Ο du gutes göttliches Recht! Allein nicht blos das Vermögen, sondern auch die persönliche Freiheit der Ungarn ist ohne genügenden Schutz. Obgleich ohne vorläufige Untersuchung in der Regel Niemand verhaftet werden darf, so werden doch auf den bloßen Verdacht der Falschmünzerei (Nachmachung der Bankozettel) öfters Personen aus allen Ständen verhaftet. Es vergehen zuweilen Jahre, ehe nur der Prozeß ordnungsmäßig gegen sie eröffnet wird; der Prozeß dauert wieder mehrere Jahre, und so werden häufig Personen frei gesprochen, nachdem sie mehrere Jahre eingekerkert waren. Diese Unglücklichen werden aus
Tagblatt.
München den 2. November 1831.
der Mitte ihrer Freunde und ihrer Verwandten gerissen, in entfernte Städte geführt und so jeder Hülfe beraubt, welcher sie in ihrer Lage so sehr bedürftig sind. Von allen Gegenden des Reichs werden sie nach Pest geschleppt und im Comitatenhause eingesperrt, wo sie vor und nach ihrer Verurtheilung das Tageslicht selten erblicken. Sie sind in Gemächer eingekerkert, wovon ein finsterer Gang in einen engen, mit hohen Gebäuden umringten Hof führt, den sie ohne besondere Erlaubniß nie betreten dürfen. Die Erlaubniß muß von der Hofkammer ausgewirkt werden, wird aber dort vermöge des dicasterialmäßigen Geschäftsganges ex officio verzögert. Der Unglückliche ist daher oft todt, bevor er die Erlaubniß erhält, in den Hof zu gehen. Vorzüglich traurig ist das Loos solcher Gefangenen hinsichtlich der Bekleidung, da ihr ganzes Eigenthum bei der Verhaftung in Beschlag genommen wird. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß eine adeliche Dame schon im dritten Jahre ihrer Verhaftung vergeblich auf Kleider gewartet hat, die sie aus ihrem Eigenthum verlangt hatte. Neben allen diesen Behandlungen der Ungarn ist der Hof dennoch eifersüchtig auf unsere Constitution und begünstigt jene, welche ihr abgeneigt sind. So entsteht eine unselige Spaltung zwischen Regierung und Nation. Die Regierung nimmt die Liebe zur Verfassung als Haß gegen sich, und die Nation die Anhänglichkeit an den Hof als Verrath an sich an. Daher kommt es, daß die von dem Hofe ertheilten Titel und Dekorationen von der Nation nicht mehr als Zeichen des Verdienstes betrachtet werden. Das Mißtrauen gegen den edlen Ungarn, die vielfachen Bedrückungen desselben und die Feindseligkeiten gegen seine Nationalität machen ihn unglücklich. Daher rührt seine Düsternheit, die sich in seinem Gange, Mienen, Gesang, und selbst dem Tanze ausdrückt; darin liegt der Grund und Sinn des Sprüchworts, daß der Ungar weinend tanze. Es schmerzt ihn vorzüglich, daß sein König nicht in Ungarn wohnt; der König bleibt dadurch der Nation fremd; dringt in den Genius der Nationalität nicht ein und verletzt solche bei jedem Schritte. Man lockt die Großen des Reichs in das Ausland, damit sie dort den Reichthum der Nation verprassen, ihre Nationalität mit ausländischen Sitten vertauschen und der Nation entfremdet werden. Dieses Uebel wird noch dadurch vergrößert, daß die Hofkanzlei nicht nur in Gnadensachen und Repositionen entscheidet, sondern widerrechtlicherweise auch in Justizsachen sich mischt und viele 123
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991 Ungarn und Siebenbürgen zu kostspieligen Reisen nach Wien nöthiget. Die Aemter strotzen von Ausländern, so daß die Einheimischen zu Hause kein Brod finden, verdrängt durch jene Fremden, welche zur Dankbarkeit die Nation verspotten, ihre Gebräuche und Gewohnheiten aus Unverstand lächerlich machen, die Einigkeit zwischen dem Hofe und der Nation verscheuchen und die moralische Kraft der letztern heimlich untergraben. Das Heer ist mit Ausländern überfüllt, welche den Einheimischen die Offiziersgrade wegnehmen und mit den Dekorationen belohnt werden, welche die ungarische Tapferkeit verdient hatte. Zudem ist auch das Heer häufig im Auslaude, so daß die darunter befindlichen Magnaten ihr Vermögen im Auslande verzehren, die nationalen Sitten entwöhnen und fremde Gebräuche nach Hause bringen. Da bei der Armee der Stock regiert, so ist diesem auch der adeliche Soldat unterworfen, und zwar um so häufiger, als dieß dem Ausländer eine Gelegenheit darbietet, an dem verhaßten ungarischen Adel sich zu rächen. Freilich ist der Adel zum Militärdienst nicht gezwungen, weil er zur Zeit der Insurrektion dienen und fur diesen Fall aufgespart werden muß. Da indessen der Adeliche wegen der vielen Ausländer zu Hause keine Anstellung findet, so muß er bei allen seinen Talenten und zurückgelegten Studien bei der Armee sein Brod als Gemeiner suchen. — Der Bauer ist durch die enormen Abgaben ausgesogen, und wiewohl der Adel den Bauern mit eigener Gefahr beschützt, so sucht doch das Ministerinm die Ursache des Druckes auf den Adel zu werfen. Auf der andern Seite schildert es dem Könige jenen den Bauern geleisteten Schutz als eine Auflehnung des Adels, und so wird denn das gegenseitige Vertrauen auf alle nur mögliche Weise untergraben. Die Gravamina regni bescheiden die Minister kurz ab mit Verwerfung, und wenn dieselben dem Könige von den Ständen wiederholt zur Abhülfe vorgelegt werden, beruft: man sich auf die frühere Verwerfung. Die Presse wird unterdrückt, damit die Klagen der Nation nicht zu den Ohren des Monarchen gelangen können; die bittschriftlichen Klagen aber nicht angehört. Gleichwohl wird der Ungehorsam gegen gesetzwidrige Verordnungen (der doch in allen constitutionellen Staaten erlaubt ist) als Hochverrath ausgeschrieen, das Land als ein feindliches mit Militär besetzt und die freien Gerichtspersonen, so wie Magistratualien zum Schimpfe des Volkes in Arrest gesetzt. In einem solchen Falle war sogar die Hinrichtung dergleichen ächter Vertheidiger des Vaterlandes zu befurchten, wenn nicht ein Ehrenmann, Nemeth, causarum regalium director, dem guten Monarchen die Binde von den Augen gerissen hätte. — Mit Papiergeld wird die Sicherheit des Privateigenthums vernichtet und die Moralität untergraben. Die Nation verwickelt man leichtsinnig in Kriege, wobei sie immer nur verliert, nie aber gewinnt: denn ist der Hof unglücklich, so wird die Nation mit Subsidien gepreßt und verliert ihre Provinzen; ist aber der Hof glücklich, so muß die Nation die Kosten des glücklich beendigten Krieges decken, und die Provinzen, die der Feind nicht nehmen konnte, nimmt der Hof. Haben wir nicht in den letzten Zeiten unser Croatien zuerst an Frankreich als Feind, und dann an Oesterreich als Freund verloren? Nur dann, wenn der Hof unglücklich ist, vernehmen wir die Stimme: „juncti fuimus, juncti sumus, juncti erimus." Ist aber die Gefahr vorüber, so hören wir nichts anders, als „Nos, Vos" und von „juncti" keine Sylbe mehr. Durch Agiotage wird das Geld dem
Lande entzogen, durch Spionenheere Vater gegen Sohn, und Bruder gegen Bruder aufgehetzt, jede Freundschaft zerrissen, das Glück des geselligen Lebens zerrüttet, die Moral untergraben, die Industrie gelähmt, durch Mauthen der Handel niedergedrückt, durch eigenmächtige Verhaftungen, Stockprügel bei der Armee und durch Verschleuderung der Nationalgüter an Ratzen, Griechen, Juden und Heiden die Nation herabgewürdigt, - also überhaupt Moral, Wohlstand, Nationalität und Einigkeit vernichtet. Was könnte den Ungarn unter solchen Drangsalen aufheitern? Nicht wahr, mein guter König, du hast diese Wahrheiten von deinen Großen nie gehört? Könnte dein gutes Herz das Gefühl ertragen, daß so viele Millionen Menschen unglücklich seyn sollen? Ich kenne die Erhabenheit deines Herzen — zwar nicht aus eigenem Beispiel, da ich eine theils fur deine, theils für die Sache der Menschheit ausgelegte Summe von nahe an [5] 0,000 fl. W W. trotz aller Versprechungen nicht wieder erhalten habe - allein ich habe die Güte deines Herzens und die Tiefe deines menschenfreundlichen Gefühls oft beobachtet, und finde dich der Krone werth! Aber deine Minister verkennen und mißhandeln deine guten Absichten: ihnen fehlt der Wille oder die Fähigkeit, die Zügel der Regierung zur Wohlfahrt des Landes zu fuhren und Menschen glücklich zu machen. - Darum erwacht ihr, meine ungarischen Brüder! aus eurer Apathie zur Ergreifung aller gesetzlichen Mittel, die zur Regeneration unseres Vaterlandes uns zu Gebote stehen! Es ist die höchste Zeit, daß die seit [3] 00 Jahren unterdrückte Nationalität auf dem Wege gesetzlicher, aber durchgreifender Reform wieder hergestellt und den unzähligen Beschwerden der Nation endlich gründliche Abhülfe gewährt werde. Hier ist keine Zeit mehr zu verlieren, jede Schmeichelei muß bei Seite gesetzt, die Wahrheit enthüllt und Recht gefordert werden, gelte es auch das Leben derer, welche auf gesetzliche, doch entschiedene Weise die Gerechtsame der Nation verfechten: denn der verletzt sein Gewissen, welcher aus Rücksicht fur sein persönliches Wohl die Wohlfahrt der Nation Preis gibt. (Fortsetzung folgt.)
Die öffentliche Meinung im Kurfürstenthum und Großherzogthum Hessen. Der hessische Ehrenbecher, welcher die Inschrift trägt: Dem Verfechter des Rechts der freien Presse, Herrn Karl Welcker in Karlsruhe, von gleichgesinnten Landsleuten in Hessen, — wurde in den ersten Tagen des Oktobers mit den Unterschriften, welche der Dankbrief bis dahin erhalten hatte, nach Karlsruhe überbracht, und dort dem deutschen Ehrenmanne feierlich überliefert; die Unterzeichnung der Adresse dehnt sich aber in Hessen noch immer weiter aus. Da diese Angelegenheit eine hessische Ehrensache geworden ist, so fahre ich fort, die Orte zu nennen, wo ferner noch unterzeichnet wurde. Es sind dieß neben den größeren Städten Cassel, Darmstadt, Mainz und Worms die kleinern: Homberg an der Ohm, Battenberg und Vöhl an der Eder, Lauterbach, Herbstein, Gelnhausen, Wetter, Rödelheim, Großgerau etc., Hersfeld und Fulda, und selbst das ferne Rinteln werden ohne Zweifel nachfolgen. Es sey mir vergönnt, ein Betrach-
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993 tung hieran knüpfen. Wenn man neben den schon angegebenen Professoren in Giesen die Marburger Gelehrten: Rehm, Creuzer, Justi, Hüter, Värsch, Bekhaus etc., und aus Mainz die Namen Lehne, Schacht etc. liest, wenn man ferner neben den Hanauer Ehrenmännern: Regierungsdirektor v. Baumbach, Graf v. Benzel-Sternau etc., ausgezeichnete Gelehrte und Staatsbeamte in Darmstadt, wie Staatsrath Janp, Oberappellationsgerichtsrath Höpfner, Hofgerichtsdirektor Seeger, Oberforstrath Freiherr v. Wedekind, Regierungsrath Elwert, Professor Dilthei etc., oder Abgeordnete, wie Ε. E. Hoffmann, der als hessischer Volksvertreter vor Welcker einen Antrag fur Preßfreiheit machte, unterzeichnet findet; wenn man ferner weiß, daß in der Ständeversammlung in Cassel Preßfreiheit beantragt, und daß in Darmstadt jener Antrag von Ε. E. Hoffmann durch unsere zweite Kammer genehmigt, und nur von unserer ersten, den geheimpolizeilichen Ansichten des Freiherrn v. Arens beitretenden Kammer verworfen wurde; so wird man sich überzeugen, daß weder in der Staatsdienerschaft, noch in der Volksvertretung ein überwiegendes, der freien Presse feindseliges Element vorhanden sey. Wie kommt es nun, daß die Zeitungs-Censur hin und wieder in Hessen dennoch von einer Art böser Dämonen geübt zu werden scheint? - Antwortet doch, ihr Herren in Wien und Berlin! D e r
C e n s o r . * )
Manchen Priesterhelden nennen alte Kunden uns, der kühn Durch die Welt das Wort der Wahrheit unaufhaltsam trug dahin! Der im Königssaal gerufen: Pfui, ich wittre Kerkerluft! Und es manch' besterntem Heuchler laut gesagt: Du bist ein Schuft! Wär' ich solch ein Held der Wahrheit, mit dem Mönchskleid angethan, Alsbald an des Censors Wohnung trieb' es mich zu pochen an; Und ich spräche zu dem Manne: „Erzschelm, sink' aufs Knie zur Stell! Denn du bist ein großer Sünder, beichte und bekenne schnell!" Und ich hör' es schon im Geiste, wie er drauf in Unschuld spricht: Ihr' Ehrwürden sind im Irrthum! Der Gesuchte bin ich nicht! Ich versäume keine Messe, Amt und Pflicht verseh' ich gut! Bin kein Hurer, Gotteslästrer, Mörder, Dieb, ungläub'ger Jud! Doch aus mir dann bräche flammend der Begeist'rung Gluth hervor, Wie durch Berg und Kluft der Donner, dröhnt' ihm meine Stimm' ans Ohr; Jeder Blick entflöge tödtend ihm als Pfeil ins Herz hinein, Jedes Wort, es müßt' ein Hammer, der ihn ganz zermalme, seyn: *) Aus den Spaziergängen eines Wiener Poeten.
„Ja, du bist ein blinder Jude, denn du hast's noch nicht erkannt, Daß des Geistes Freiheit glorreich als Messias uns erstand! Ja, du bist ein blut'ger Mörder! doppelt arg und doppelt dreist! Nur die Leiber tödtet jener, doch du mordest auch den Geist! Ja, du bist ein Dieb, ein arger, oder noch viel schlimmer, traun! Obst vom Baum bei Nacht zu stehlen, schwingt sich jener über'n Zaun; In des Menschengeistes Garten, schadenfroh mit einem Streich, Willst den ganzen Baum du fallen, Blüthe, Laub und Frucht zugleich! Ja, du bist ein Ehebrecher! doch an Schande doppelt reich! Jener glüht und flammt fur's Schöne, blüht's in fremdem Garten gleich; Für die schöne, stolze Sünde ist dein Herz zu klein, zu schmal! Und der Nacht und Nebel Dirne, die nur ist dein Ideal! Ja, du bist ein Gotteslästrer, oder ärger noch, bei Gott! Todte Holz- und Marmorbilder schlägt in Trümmer frech sein Spott! Deine Hand doch ist's, die ruchlos das lebend'ge Bild zerschlägt, Das nach Gottes heil'gem Stempel Menschengeist hat ausgeprägt! Ja, du bist ein großer Sünder! - Frei läßt irdisch Recht dich geh'n, Doch in deinem Busen drinnen Rad und Galgen mußt du seh'n! An die Brust drum schlage reuig, und dein Knie, es beuge sich! Thue Büß'! Aufs Haupt streu Asche! Zieh dahin, und bess're dich!" Tages-Chronik. Frankreich. Paris, 28. Oktober. Briefe aus London vom 26. d. M., welche durch außerordentliche Gelegenheit hier angekommen sind, melden, daß die Londoner Conferenz die belgisch-holländische Angelegenheit als definitiv beendiget ansehe. Wir können diese Meinung nur unter Einschränkungen theilen. Es ist allerdings möglich, daß der Gegenstand für einige Zeit beruhen werde; allein die zahllosen Clausein, welche die Conferenz dem Friedenstraktat angehängt hat, müssen beiden betheiligten Reichen Gelegenheit genug geben, den Friedensvertrag illusorisch zu machen und in der Folge neue Verwickelungen zu erregen. Dieß mag auch der Grund seyn, daß Holland für den Augenblick zur Annahme des Traktats sich entschließt. Zuletzt wird übrigens immer Holland dabei gewinnen, weil die nordischen Mächte die Beschwerden Belgiens verspotten, England aus Eigennutz taub bleiben und Frankreich, um seinen Weg hinter die Tage der Restauration glücklich zurücklegen zu können, den Belgiern über deren Klagen noch Verweise ertheilen wird. Wahrlich
995 unsere Minister wissen, wie man es anfangen müsse, um Frankreich in den Augen der civilisirten Welt zu compromittiren. In der polnischen Sache haben sie helfen wollen als das Trauerspiel beendiget war, und in Belgien haben sie die 18 Artikel garantirt, damit man solche umwerfe. Weil sie wußten, daß man ihre Garantie nicht respektiren und ihre Politik bedauern würde, haben sie den Belgiern die Aufrechterhaltung der 18 Artikel zugesichert. Gestern hat die Kammer den Gesetzesentwurf über die Rekrutirung zu diskutiren begonnen. Die Regierung hatte hier Gelegenheit, einen Additionsartikel anzubringen, durch welchen in außerordendichen Fällen die Mobilisirung der Nationalgarde bestimmt worden wäre. Die überzeugende Rede des Marschalls Clausel mußte selbst den heftigsten Gegnern die Nothwendigkeit einer solchen Maßregel darthun. Unsere zitternden Minister werden aber nicht den Muth haben, einen nur bedingten Vortrag zur Mobilisirung der Nationalgarde zu machen; sie hören bei dem bloßen Worte einer mobilen Nationalgarde schon die heilige Allianz zanken, und es liegt ihnen viel mehr daran, die Ansprüche von Oesterreich, Preußen und Rußland zu befriedigen, als diejenigen der 28 französischen Departemente. Unsere Quotidienne kommt einer sogenannten „Münchner politischen Zeitung gegen die deutsche Opposition zu Hülfe. Sie sagt, die öffentliche Meinung in Deutschland sey dem constitutionellen Prinzipe durchaus abgeneigt. Man fühle sich vielmehr unter der zärtlichen Fürsorge der Kabinete von Wien, Berlin und Petersburg äußerst glücklich, nnd alle moralischen sowie auch alle materiellen Interessen Deutschlands verlangten, daß das Land zerstückelt bleibe, durch Censur regiert, durch Mauthen zu einem glücklichen Fabrikstaate emporgeschraubt und mit der russischen Kultur allmählich auf eine Stufe gebracht werde. Nur ein Wunsch verlange dringend Befriedigung, nämlich formelle Unterwerfung der deutschen Fürsten unter ihren russischen Oberherrn — materiell ist sie nämlich schon vorhanden, wie der deutsche Concurs (Gant, Bankerott), und es fehlt wie bei diesem nur noch an der formellen Verkündigung - damit man zur Sicherstellung der öffentlichen und Privat-Interessen den Instanzenzug nach Set. Petersburg gewinne, ein Bedürfniß, das besonders in Preßangelegenheiten sehr fühlbar wäre. Paris, den 28. Oktober. Consol. 5 Proz. 94; 3 Proz. 66,05; Falconnet 77,50; ewige Rente 53. Belgien. In den Ausschüssen der Deputirtenkammer ist das Friedens-Projekt der Conferenz angenommen worden. Von 92 Votanten stimmten 60 für die Annahme und 21 dagegen; 11 enthielten sich des Abstimmens. Die Diskussion über diesen Gegenstand in der Kammer sollte am 26. Okt. in geheimer Sitzung statt finden. Dieser 26. Okt. scheint ein Unglückstag zu seyn. In München wurde an diesem Tage auf Befehl des Fürsten Metternich fur die Finsterniß und gegen das Licht gestimmt, und in Brüssel wird man an diesem Tage, auf Befehl der Tochter der heiligen Allianz, gegen die Freiheit und Unabhängigkeit Belgiens stimmen. - Die Nachrichten über den Wiederausbruch der Feindseligkeiten in den Niederlanden sind noch immer widersprechend. Indessen scheint das Wahrscheinlichste zu seyn, daß während der Verhandlungen über die Annahme oder die Verwerfung des Pro-
996 jekts der Conferenz die Feindseligkeiten nicht wieder beginnen werden. Brüssel, 26. Okt. 9 Uhr Abends. Noch immer wissen wir nicht, ob der Vertrag angenommen oder verworfen ist. Morgen soll darüber entschieden werden. Mehrere Deputirte wollen eine Protestation einlegen. Sie ist bereits entworfen und war bei Abgang der Post um halbzehn Uhr schon mit mehreren Unterschriften versehen, während andere Deputirte zur Unterschrift in dem Bureau eintrafen. Die Protestation selbst können wir wegen Mangel an Raum in unser Blatt nicht aufnehmen. Sie zieht aus vorangesendeten Erwägungen den Schluß, daß der Friedenstraktat, wie er von der Londoner Conferenz vorgeschrieben wird, 1) als eine Vernichtung des Prinzips und Grundvertrags der belgischen Insurrection anzusehen sey, 2) die von den constitutionellen Großmächten Belgien gegebenen Garantien verletze, 3) der belgischen Charte und namendich den Artikeln 68, 110, 130, 131, 139 etc. der Verfassungs-Urkunde zrwiderlaufe, 4) ein Verbrechen gegen die Unabhängigkeit der Nationen, eine Verletzung der menschlichen Würde und überhaupt die empörendste Ungerechtigkeit enthalte, und endlich 5) alle moralischen und materiellen Interessen Belgiens, so wie die ganze Zukunft dieses Landes der Furcht vor einem europäischen Kriege aufopfere. Deutschland. Kassel, 24. Okt. In einer der letzten Sitzungen unserer Stände trug Herr Jordan in Folge früherer, in vertraulicher Sitzung stattgefundenen Berathungen ein von ihm verfaßtes Schreiben an die hohe Staatsregierung vor, worin dieselbe ersucht wird, „durch ihre Gesandten in allen constitutionellen Staaten Deutschlands dahin zu wirken, daß deren Bevollmächtigte am Bundestage beauftragt würden, hinftihro nach rein-constitutionellen Prinzipien zu stimmen, die Verwirklichung, der den Deutschen durch die Bundesakte zugesicherten Freiheiten sich angelegen seyn zu lassen, und Deutschland dem Ausland gegenüber allenthalben zu vertreten, wo es sich um europäische Angelegenheiten handle." Daran Schloß sich auch das Gesuch: „die Staatsregierung möge der Versammlung über den Erfolg dieser Bemühungen demnächst Auskunft ertheilen. Diese Gedanken bildeten ungefähr den Grund des in freier, männlicher Sprache abgefaßten Gesuchs. Um Mißdeutungen zu verhüten, ward zwar beschlossen, noch einige Sätze genauer auszudrücken; allein keinem Deputirten war es auch nnr eingefallen, den Saal zu verlassen, kein Minister hatte daran gedacht, den Ständen ein so verfassungsmäßiges Recht zu bestreiten, und der Herr Landtagscommissär war fern davon, gegen das Absenden eines solchen Schreibens zu protestiren. (Hanauer Ztg.) München, 2. November. Von geschätzter Hand schreibt man uns, das Publikum werde durch die Ungewißheit, ob Se. königl. Hoheit die Verfassung beschworen habe, in Besorgnisse versetzt. Wir können indessen dem ausgedrückten Wunsche gemäß die Beruhigung ertheilen, daß nach einer Privat-Versicherung des Herrn Ministerverwesers v. Stürmer jener Eid geleistet worden sey. Warum die Erklärung nicht öffentlich abgegeben werden wollte — sie geschah nämlich dem Abgeordneten Dietrich in der Deputirtenkammer auf dessen Anfrage privatim - und warum ein Exemplar der betreffenden Urkunde in dem ständischen Archive nicht niedergelegt werde, können wir freilich nicht einsehen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Donnerstag.
Tribüne.
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Nm
Volksaufklärung und Constitutionen in Deutschland. (Eingesendet.) Um die Herrschaft des Rechtes zu begründen, was die große, bisher aber noch wenig verstandene Aufgabe unserer Zeit ist, thut Aufklärung vor Allem Noth. Verbreitung richtiger Einsicht in das Wesen und die Bedingung der Freiheit und des Gemeinwohls, endlich richtige Leitung der öffentlichen Meinung in dem Hinstreben nach einem gemeinsamen, deutlich erkannten Ziel, dieß sind die Mittel, wodurch die Herrschaft des Rechts vorbereitet, erzielt und gesichert werden kann. Volksaufklärung ist zugleich die sicherste Bürgschaft für die öffentliche Ordnung und die mächtigste Beförderin aller gemeinsamen Interessen der Gesellschaft: denn wo das Volk von der Kenntniß seiner Bedürfnisse und Interessen nicht minder, wie von dem Umfange seiner Rechte und Pflichten wahrhaft durchdrungen ist, da erzeugt und befestigt sich Gemeinsinn und der freiwillige, auf eigene Ueberzeugung gegründete Gehorsam gegen das Gesetz. Ein Volk, das seine Rechte kennt, ehrt und achtet auch die Rechte des Andern. Leider ist aber gerade der Theil der Volksaufklärung, der sich auf den Unterricht über die dem Volke zustehenden Rechte bezieht, von Oben herab bisher am meisten vernachlässiget worden. Es gewinnt fast den Anschein, als ob es schon genug gewesen, wenn man dem Volke nur angezeigt hatte, was und wieviel es an Abgaben dem Staat und der Krone zu entrichten habe, gleichsam als ob der Umfang seiner Rechte und Pflichten hierin schon genüglich angedeutet und erschöpft, übrigens aber es ganz überflüssig sey, dasselbe auch noch darüber zu verständigen, ob ihm umgekehrt auch Rechte gegen die Krone und den Staat zustehen. Dagegen ließ man, wie die Hudeleien der RekrutenExercitien beweisen, weniger zum Schutz der Rechte des Volks, als um die Throne mit einer imponirenden Macht zu umgeben, es nicht daran fehlen, die materiellen Kräfte des Volks mit einer Aengstlichkeit und Sorgfalt auszubilden, welche gegen die Vernachlässigung, deren man sich in Absicht der Ausbildung der intellektuellen Fähigkeiten, insbesondere aber der Erweckung und Befestigung eines tüchtigen politischen Sinnes im Volke schuldig machte, nur um so greller absticht. Zwar sind hie und da Verfassungen ins Leben getreten,
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Tagblatt.
München den 3. November 1 8 3 1 .
welche mit mehr oder minderer Aufrichtigkeit bestimmtere Gränzen zwischen den Rechten und Pflichten des Volks gezogen haben; indeß nur selten stößt man auf die Spur einer Vorsorge, um das Volk über den Sinn und die Bedeutung der Verfassung aufzuklären, zur Erkenntniß ihrer Wohthaten zu bringen und mit dem Umfang so wie der Beschaffenheit der Pflichten und Rechte bekannt zu machen, welche dem Volke, der Regierung gegenüber, obliegen und zustehen. Vielleicht liegt der Grund darin, daß die deutschen Verfassungen bis jetzt großentheils nur Satiren auf die constitutionelle Charte sind und die absolute Gewalt hinter dem dünnen Schleier schöner Worte verbergen, auf daß es in Deutschland heiße: „Eine mit absoluten Institutionen umgebene Charte." Unter solchen Umständen aber liegt es freilich im Interesse der Regierung, das Volk über den Werth der Verfassung nicht aufzuklären. Bei solchen Verhältnissen ist es auch verzeihlich, wenn im Volke eine zur völligen Gleichgültigkeit herabgestimmte Lauheit gegen das ganze Verfassungswesen sich kund giebt, und in manchen Ländern die Nation gar keine Vertreter mehr wählen mochte, weil sie durch dieselben ihre Interessen und Rechte wirksam nicht vertreten sah. In der That drehte sich das Thema der ständischen Verhandlungen, besonders in den kleineren Staaten, hauptsächlich immer wieder um Verwilligung des von den Regierungen eben geforderten Steuerquantums, das man zur Deckung des Staatsbedarfs nöthig zu haben behauptete, unbekümmert darum, ob das Volk unter der Last der zu erschwingenden Abgaben erlag oder nicht, wenn, wie man öfters hörte, nur der Glanz des Hofes gerettet ward! Es mußte geschafft und aufgebracht werden, was man eben nöthig zu haben vorgab, ohne daß man sich irgendwo die natürliche und einfache Regel eines ordnungsliebenden Hausvaters zur Richtschnur hätte dienen lassen, „die Ausgabe nach der Einnahme zu reguliren," und so die Staatsbedürfnisse mit den Hülfsquellen des Landes in das richtige Verhältniß zu setzen. Dagegen wurde an Garantieen zur Sicherung und Befestigung der politischen und bürgerlichen Rechte des Volks nur spärlich, seltener aber noch mit wahrhafter Aufrichtigkeit gedacht; man glaubte das Volk vielmehr recht geflissentlich über das rechte Maaß seiner Rechte und Pflichten gleichsam als vor einer verbotenen Frucht zum größten Theil im Dunkeln halten zu müssen, und machte so das, was man demselben in den Verfassungen ohnehin nur nothdürftig und spärlich einge-
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999 räumt hatte, geradezu illusorisch, als ob sich die Zeiten Hildebrands wieder heraufbeschwören ließen. — Alle Staatsbürger sollen vor dem Gesetz gleiche Rechte genießen und die Geburt kein Vorzugsrecht zu irgend einem Staatsamt geben! Gleichwohl erblicken wir diesen Grundsatz, besonders in den kleineren Staaten Deutschlands, auf eine auffallende Weise verletzt, indem wir den Familiennepotismus und den Adel hinsichtlich der Besetzung der höheren Civil- und Militärstellen einen so entschiedenen Einfluß üben sehen, daß diese sich allermeist in dem Besitze gewisser Familien befinden und der junge Adel nach kaum überschrittenem 20sten Lebensjahre seine Carriere gewöhnlich da beginnt, wo der erfahrne Mann aus dem Bürgerstande sie in der Regel endet. Der Zufall der Geburt und vornehme Vetter- und Basenschaften müssen Talente, Fleiß und Erfahrung ersetzen. Ueberdies wurde die Verblendung so weit getrieben, daß man dem Volk sogar das Mittel der freien Gedankenmittheilung in Schrift und Sprache durch eine engherzige Beschränkung der Presse raubte, damit es nicht einmal Gelegenheit habe, seinem gepreßten Herzen Luft zu machen und sich über seine Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen auszusprechen. Man glaubte im Gegentheil schon überflüssig viel gethan zu haben, wenn man ihm statt der Rechte mit der angenommenen Miene erheuchelter Leutseligkeit nur Gnaden gespendet hatte. Der Rächer solcher verkehrter Maximen konnte nicht ausbleiben; er hat sich gefunden, und es sind die Unruhen und Bewegungen, welche auch in dem sonst so besonnenen Deutschland hie und da zum Ausbruch gekommen, die Früchte der Verkehrtheiten der Mächtigen gewesen, welche mit den geistigen Kräften der Völker ein launenhaft frevles Spiel getrieben und sich in dem Wahn gefielen, den Rechtszustand als einen Gnadenakt zu behandeln! —
A n alle rechtlichen Männer in Baiern. (Eingesendet.) Mit einer empörenden Leidenschaft erlauben sich einige niedrige Blätter, den freisinnigen Theil der baierischen Deputirten zu verläumden, und dabei sogar zur Aufhebung der Verfassung aufzumuntern. Dergleichen Attentate verletzen die Ehre der Nation und beleidigen die öffentliche Meinung, die vielmehr in der vollständigem Entwicklung des constitutionellen Prinzips den Ruhm und die Wohlfahrt des Vaterlandes erblickt. Censur ist kein Mittel, das eine civilisirte Nation gegen die Sünden unwissender Zeitungsschreiber mit Ehren vorschlagen könnte. Das beste Mittel liegt darin, dergleichen Blätter nicht mehr zu lesen. Von dem constitutionellen Geiste der baierischen Nation ist daher zu erwarten, daß jeder rechtliche Staatsbürger von nun an das Lästerblatt „die Landbötin" nicht mehr halten und alles, was in seinen Kräften steht, anwenden werde, daß dasselbe aus den Museen, Lesevereinen etc., von welchen er allenfalls ein Mitglied ist, entfernt werde. Nur auf solche Weise kann sich der Geist der Mehrheit einer Nation aussprechen, und einen eben so servilen als unwissenden Menschen zwingen, seine unnütze Feder niederzulegen.
N a c h s c h r i f t der R e d a k t i o n . Der eingesendete Artikel ist mit den Chiffern E. v. S. unterzeichnet und kam aus dem Regenkreise. Demungeachtet bezweifeln wir noch, daß Herr Eduard von Schenk der Einsender sey. Tages-Chronik. England. Nach den Correspondenz-Artikeln des Couriers verweigert der König von Holland eine Antwort auf die Vorschläge der Londoner Conferenz. Ernstliche Hindernisse scheinen der Annahme des FriedensVertrages sich entgegen zu stellen. England will Holland durch Gewalt zur Annahme zwingen, und die Flotte unter Codrington soll bereits Befehl erhalten haben, sich in die Scheide zu begeben, um den Wiederausbruch der Feindseligkeiten verhindern zu können. Frankreich. Die Quotidienne enthält einen merkwürdigen Artikel über den Grund der Politik des Cabinets von Ludwig Philipp. Am 15. August 1830 habe eine wichtige Berathung über die von Frankreich anzunehmende Politik statt gehabt, worin man zwischen den Grundsätzen der Bewegung und des Widerstandes die Wahl habe treffen wollen. Fürst Talleyrand entschied sich für das letzte Prinzip, und empfahl als ein zuverlässiges Mittel, die Anerkennung Ludwig Philipps auszuwirken, den Beitritt zu einem geheimen Artikel des Wiener Vertrages, worin die vier großen Continental-Mächte sich verpflichten, die revolutionären Grundsätze nach Umständen durch Neutralität oder Intervention zu unterdrücken. Wenn die neue Dynastie diesem Vertrage beitrete, sagte Talleyrand, würden die Folgen der Revolution bald vernichtet werden und die Regierung wieder im Sinne der alten rechten Seite sich bilden. Im entgegengesetzten Falle sey ein allgemeiner Krieg unvermeidlich; der Ausgang eines solchen aber nicht vorherzusehen. - Diese Ansicht habe Beifall gefunden und sey bis zur Stunde befolgt worden. Darin liege der Schlüssel des ganzen bisherigen Benehmens Ludwig Philipps. Paris, den 29. Oktober. Consol. 5 Proz. 94,30; 3 Proz. 66,60; Falconnet 78; ewige Rente 54 Belgien. Brüssel, 27. Okt. Es ist, und wir ersuchen das Publikum dringend, nicht zu glauben, daß wir es etwa mystifiziren wollen, es ist ein neues Protokoll Nr. 52 vom 24. d. gestern hier angekommen. Folgendes ist dessen Inhalt: Da Sir Karl Bagot, Gesandter des Königs von England im Haag seiner Regierung geschrieben hatte, daß König Wilhelm die 24 Artikel des Vertrages verwerfen zu wollen schien, so hielt Lord Palmerston es für nöthig, die Conferenz zusammen zu berufen, um ihr diese Depesche des Sir Karl Bagot mitzutheilen. Die Conferenz berathschlagte über diese Nachricht, und fand es angemessen, England einzuladen, eine Eskadre an die holländischen Küsten zu schicken, um die von den fiinf Mächten angenommenen Entschlüsse zu unterstützen. Lord Palmerston nahm es im Namen Großbrittaniens auf sich, den Entschluß der Conferenz zu vollstrecken. Das ist der Inhalt des 52sten Protokolls. Wir dürfen nicht erstaunen, die Conferenz schon zu dieser Nummer gelangt zu sehen, denn seit dem 20. d. hat sie sich tagtäglich versammelt. Gestern Nachmittag um 3 Uhr ist der Courier, welcher das 52ste Protokoll überbrachte, hier angekommen, er war Montag Abend
1001 von Londvn abgereist. General Belliard hat ebenfalls Depeschen aus London vom Fürsten Talleyrand erhalten. General Belliard hatte unmittelbae nach deren Empfang eine Zusammenkunft mit Sir Robert Adair und Hrn. v. Meulenaire. Nach dieser Zusammenkunft hat Sir Robert Adair einen Courier nach dem Haag abgeschickt. Die Antwort des Königs Wilhelm an Sir Karl Bagot, welche die Absendung der Depeschen nach London, von der wir oben gesprochen haben, veranlaßt hat, scheint der Art gewesen zu seyn, daß sie den englischen Gesandten verletzen mußte. Wir kennen die Ausdrücke nicht, in denen diese Antwort abgefaßt ist, aber wir wissen, daß, als König Wilhelm bei einer andern Gelegenheit die Conferenz fragte, wer ihm die Bezahlung der Belgien zur Last gestellten Schulden garantirte, und die Conferenz darauf versicherte, sie selbst würde ihm diese Garantie leisten, er diese Garantie fur unzureichend erklärt hat, da die großen Mächte ihm schon einmal sein Königreich der Niederlande garantirt, und dieses trotz dem hätten eingehen lassen; überdieß lösten sich alle diese Garantien immer nur in Protokolle auf, mit denen man nicht vorwärts käme. Ein Kaufmann aus Antwerpen hat uns den Inhalt eines Handelsbriefes aus Amsterdam mitgetheilt, in welchem die Weigerung des Königs Wilhelm, den 24 Artikeln beizutreten angezeigt ist. (Courier.) Brüssel, 27. Okt. 9 Uhr Abends. Wir befinden uns immer noch im statu quo, den die Conferenz auch ferner zu erhalten sorgsam bemüht ist. In drei Tagen werden wir die Entschließung unserer Kammer kennen lernen. Einstweilen ist hier die Nachricht angelangt, daß der König von Holland die 24 Artikel verworfen habe. In der heutigen geheimen Sitzung der Kammer wurde nicht einmal der Stenograph zugelassen. Die Geistlichkeit bestand auf Annahme der Artikel. Viele Deputirte haben dieser geheimen Sitzung nicht beigewohnt. Brouckere, Bruder des Kriegsministers, stimmte gegen die Annahme der Artikel. Das Hauptquartier wurde vorige Nacht nach Löwen verlegt. Der König uud Bruckere sind heute Morgen auch dahin abgereist. Antwerpen, 27. Okt. Eine diese Nacht um halb 1 Uhr im englischen Consultate angekommene Depesche des Sir Robert Adair, Gesandten Sr. brittischen Majestät, bringt die Nachricht, daß ein englisches Geschwader unter Segel gegangen ist, welches sich nach den holländischen Küsten wenden wird, um die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten von Seiten der holländischen Regierung zu verhindern. Derselbe Gesandte hat zugleich erklärt, jede Feindseligkeit von Seite der belgischen Regierung werde ebenfalls als ein Akt der Feindseligkeit gegen die hohen Mächte angesehen werden. Diesen Morgen um halb 2 Uhr hat der englische Consul die Regierung von Antwerpen von dieser Depesche in Kenntniß gesetzt. (Jour. d'Anvers.) Deutschland. Ein Correspondenz-Artikel aus Berlin im Messager des Chambres widerspricht der Existenz! jener vom Nürnberger Correspondenten mitgetheilten Note, worin eine nordische Macht ihre Unterstützung zur Unterdrückung des revolutionären Geistes in Süddeutschland angeboten haben sollte. Es heißt dabei, „daß Deutschland, England und ganz Europa nicht durch einen anti-monarchischen, sondern nnr durch einen anti-aristokratischen Geist in Bewegung gesetzt wäre: die Völker seyen nicht revolutionär, sie verlangten blos Vollziehung der politischen Gleichheit, und
1002 dieß sey ein in der menschlichen Natur gegründetes Streben, das zu seiner Zeit nothwendig sich regen müsse". Wiv vernehmen mit Freuden eine solche Sprache aus Berlin. Ist aber der Artikel aus einer offiziellen Quelle geflossen, wie man fast glauben sollte, so müßte man sich nur wundern, daß die Handlungsweise des preußischen Gouvernements so wenig mit dessen erleuchteter Einsicht übereinstimme. Man wäre dann versucht, auszurufen: „Wer des Herrn Willen weiß und doch nicht thut, ist doppelt Streiche werth." Würtemberg. Die von der Regierung mit neuen Mitarbeitern versehene Hofzeitung entwickelt allmählich ihre Kämpfe gegen die Opposition. Bis jetzt scheint sie aber hierin wenig glücklich gewesen zu seyn. Auf einen Angriff mußte sie schon förmlich Abbitte leisten, und der Herr Professor Münch, den man fur den HauptRedakteur des ministeriellen Blattes hielt, fand sogar für nöthig, diesem Gerüchte öffentlich zu widersprechen. Es ist ein übles Zeichen, wenn man sich gegen die Ehre verwahrt, der Redakteur des Hofjournals zu seyn. Neuerlich ist ein Hülfscorps der Hofzeitung in die Reihen eingerückt — man glaubt Herr Dr. Lindner - Dieser humoristische Schriftsteller hat dem würtembergischen Volke die Neuigkeit erzählt: „die Regierung sey wohlwollend, dem Geiste der Zeit nicht entfremdet, über die Bedürfnisse des Jahrhunderts aufgeklärt, hellsehend." Hierin liegt offenbar ein Scherz: denn wir wissen nicht, daß Herr Dr. Lindner die Censur, die Unterdrückung der Denk- und Redefreiheit und die Kriecherei gegen den deutschen Bund, d. h. Oesterreich und Preußen, jemals in Schutz genommen habe. Oder nennt man das Verbot der Tübinger Adresse, den Befehl zur Mundsperre an die Armee, das Anklammern an die Censur und endlich die scheue Eifersucht gegen die Vorbereitungen der Wahlen fur den nächsten Landtag Aufklärung nnd Wohlwollen? Wir befürchten, daß die Schutzreden des Herrn Dr. Lindner für die Regierung, wenn sie ernstlich gemeint wären, das Schicksal des bekannten Versöhnungsartikels in der Augsburger allgemeinen Zeitung erleiden werden. Die Stuttgarter aflg. Zeitung enthält über die von uns gestern schon angezeigte Motion des Deputirten Jordan in der Kassel'schen Kammer, in Betreff der Reform des deutschen Bundes, einen höchst interessanten Artikel aus Kassel. Am Schlüsse heißt es darin: „Wir aber wollen uns mit der Allgemeinheit des neu erwachten Nationalsinnes trösten, der seit Kurzem auch die Blätter des hiesigen Verfassungsfreundes mit seinen Herzensergießungen füllt, und uns täglich zurufen: „Niemand kann Deutschland retten, als die Deutschen selbst!" Gerade Wem die Ehre des Bundestags am Herzen liegt, Der muß denselben unter den gegenwärtigen schwer bedrohenden Umständen zu edlerer Thätigkeit aufrufen. Denn Wer gegenwärtig mit der Zeit nicht fortgehen will, den hält man filr altersschwach, er wird zum Kinderspott, und die Knaben auf der Gasse rufen ihm endlich zu: „Kahlkopf komm heraus! — Beim Bundestage ist es aber nicht die absolute Schwäche, welche wir beklagen; es ist eine Ueberfullung und Vollblütigkeit einzelner Glieder, welche den übrigen ihre Kräfte entziehen, und sie schwach machen." — Bei dieser Gelegenheit müssen wir wiederholt darauf aufmerksam machen, wie sehr die Verbreitung der Stuttgarter allgemeinen Zeitung, die so trefflich redigirt ist, ächt deutschen Geist athmet, den Charakter der Liberalität, Würde und Selbstständigkeit an sich trägt, und die europäische Politik sehr erschöpfend
1003 behandelt, im Interesse der guten Sache und zugleich der Lesewelt liege. Wir bitten aus freiem Antrieb alle freisinnigen Blätter, die Verbreitung der Stuttgarter allgemeinen Zeitung aus allen Kräften zu unterstützen. Vom Main. Bei uns Deutschen verkündet jetzt manche Stimme einen baldigen Heereszug von Osten nach Westen, einen Krieg der Restauration mit der Revolution. Der frühere Plan des russischen Herrschers, durch eine Intervention in Belgien mit Frankreich zusammen zu treffen - ein Plan, welcher nach des verstorbenen Feldmarschalls Diebitsch Geständniß nur an der polnischen Nationalerhebung gescheitert ist, die zwanglose Sprache der nordischen Hofeeitungen und der russischen Offiziere in Warschau, endlich die durch ein süddeutsches Blatt mitgetheilte Note des Petersburger Kabinets an die deutschen Fürsten, das constitutionelle, oder, wie man russisch zu sagen pflegt, demagogische Treiben der Völker einzustellen, und bei Herstellung der reinen, vulgo absoluten Monarchie auf die Hülfe des doppelten Adlers zu zählen — die Note ächt oder falsch, hat die Gedanken von der Cholera auf den Krieg geleitet, die Furcht in Vorsicht verwandelt. Erfreulich ist bei dieser Gelegenheit die Bemerkung, wie unter den verschiedenen Klassen des Volks der Widerwille gegen den Besuch ungebetener Gäste auf entschiedene Weise sich ausspricht, und so, nach der wiederum eine Zeit lang beseitigten Polensache einen neuen Stoff zur Vereinigung der deutschen Gemüther gibt. Ο daß dieser Nationalsinn Wurzel faßte, durch Thaten sich ins Leben verbreitete! Unter seinem Schirme würde sich das Unheil der Perier'schen Politik vergessen lernen und von neuem die Wahrheit bestätigen, daß, weil die Menschheit vorwärts schreitet, auch der schlechte Boden guten Saamen trägt, oder in der Prüfung die gute Sache stark wird. Der deutsche Patriot erkennt das Verdienst der französischen Nation, aber er verwirft den Judenglauben seines Volkes an den auswärtigen Messias, und sucht das Heil in eigener deutscher Brust. Eine vernünftige Idee kennt keine Unmöglichkeit, und die fränkischen Conrade, die sächsischen Heinriche haben die schönste Bürgschaft geleistet, daß das einige Deutschland zur Zurückweisung einer zahllosen Uebermacht keines fremden Schirms bedarf. Erstarken wir in diesem Glauben! und sollte dann ein neuer Xerxes den deutschen Völkern die Constitutionen abverlangen, wie einst der alte Despot von den Spartanern ihre Waffen begehrte: so wird sich wohl auch ein Leonidas finden, der ihm erwiedert: „Hole sie!" (Hanauer Ztg.) Immer reger wird der Sinn ftir die politische Freiheit und Wiedergeburt Deutschlands. Auch die Hanauer Zeitung tritt für diese gute Sache muthig in die Schranken und liefert hierüber seit einiger Zeit solche interessante Aufsätze vom Maine. Aus einem der letzten dieser Artikel heben wir noch folgendes aus: „Der Kampf um Prinzipien wird beginnen und so wie das der Vernunft, durch Luther angeregt, vor einigen hundert Jahren siegte, und die Priesterherrschaft in Deutschland vernichtete, so wird auch jetzt der Liberalismus den Sieg sich erringen und das andere Prinzip verdrängen. Darum deutsche freie Völker, laßt Euch nicht schrecken durch den Ruf: „Krieg , denn er bringt uns Heil, und wird um unsere Freiheit geführt, es ist nicht ein Kampf um Güter der Erde, sondern das Heiligste schützen wir mit dem
1004 Schwerte, wir kämpfen ja um unsere Existenz, um unsere Freiheit. Lasset Euch nicht stören durch Nachtvögelgeschrei der Finsterlinge, erzittert nicht gespenstergläubig bei dem schauerlichen Gekrächze politischer Eulen, sondern vertraut auf Gott, das Recht und Euere Kraft; blickt vorwärts, dem Feinde Eurer Freiheit muthvoll ins Auge, und zeigt ihm, daß der freie Mann unbesiegbar ist. Κ. V. H. Rheinbaiern. Der Westbote enthält folgendes Schreiben: An den Redakteur des Westbotens. „Nehmen Sie mich Werthester, unter die Zahl der Actionnaires für Wirths Unternehmen auf. Fürwahr, nachdem das Heldenschwerdt der Freiheit an der Weichsel zerbrochen, steht der Gedanke und die Intelligenz auf sich beschränkt. Wehe Deutschland, wenn es auch jetzt noch das Schwerdt über seinem Haupte nicht gewahrt. Es weise die letzte ihm gebotene Hülfe, muthvolle Sprecher, würdige Organe seiner Noth, von sich, und das Werk der großen Meister wird, mit der Gewandtheit des Nachrichters, mit der Stille spanischen Inquisitionsverfahrens vollbracht werden. „Herr Wirth hat, durch seinen Schritt, Rheinbaierns stolzestes Gefühl angeregt. Es ist das Bewußtseyn, unter dem Schutz der Gesetzlichkeit, des Rechts, zu stehen. Als ein Asyl gegen türkische Willkühr sucht er den Richterstuhl dieses Kreises, und, eine Terra sacra wehre dieser jedem Frevler den Zugriff auf den muthigen Vertheidiger der Volks-Rechte. „Es ist an uns, Bewohner dieses Landes, das schöne Vertrauen in vollem Maaße zu würdigen; ungetheilt die Gastfreundschaft zu üben, den Vorzug über Alle uns zu bewahren. Es decke der Rheinkreis allein die erforderliche Summe! und begründe sich das Recht, die neu auflebende Freiheit des Wortes seine Schöpfung zu nennen, der heiligen Sache der Völker als gewährvoller Patron zu gelten. „Nicht umsonst ist der Hülferuf Polens zu unsern Ohren gedrungen. Mit freudigem Herzen ward die manchfaltigste Gabe gespendet. Sie galt dem nämlichen Ziele, Polens Sache war die unsrige, war die Sache Aller! Sollte ihr wiederholter Ruf keinen Anklang finden, jetzt bei gedoppelter Gefahr? „Von dem Norden her bewegt sich der geschworene Widersacher aller Freiheit und Menschenwürde mit riesiger Gewalt. Seine Drohungen erschrecken den lauen Anhänger der guten Sache, stählen den in feiger Gleisnerei verhüllten Entschluß der südlichen PrinzipVerwandten. Es bleibt dem Volke nur ein Schutz, er ruht in ihm selbst, in der klaren Erkenntniß, in der offenen allseitigen und durchdringenden Beleuchtung und Wahrung seiner Rechte. Aus ihnen entsteht der allmächtige Bund der Einigkeit, des Zusammenhaltens, die undurchdringliche Schutzmauer des vereinten festen Willens am Tage der höchsten Gefahr! „Eilen wir, ihren Bau in ausgezeichneter Weise zu beschleunigen, den Augenblick heranzuziehen, wo dem Volke nnd seiner Sache kein Feind mehr furchtbar seyn wird. Zweibrücken, den 28. Okt. 1831. *** Druckfehler. In der gestrigen Nr. d. Tribüne lese man S. 996 Z. 10 v. unten: Se. königl. Hoheit der Kronprinz. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
Samstag.
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Deutschlands Wiedergeburt. Erster Artikel. Wenn man Deutschland nicht mit Unrecht das Herz von Europa nennt, so darf man sich über den krankhaften Zustand unseres Welttheiles nicht wundern: — denn es ist ja das Herz bis zum Tode verwundet. Deutschland, ein Name, an den so große Erinnerungen sich knüpfen, ein Name, der alle Söhne des Landes bald mit Entzücken, bald mit Wehmuth erfüllt, ist nicht mehr; das gemeinsame Vaterland der Deutschen wurde von einer rohen, übermüthigen Gewalt aus der Liste der europäischen Reiche gestrichen. Dieser Gewaltstreich war eine Sünde gegen die Urrechte der Völker, und ein freventlicher Eingriff in die ewige Ordnung der Dinge, welcher den Lebensorganismus des europäischen Welttheiles gewaltsam stören, Krämpfe und Zuckungen aller Art erzeugen und die gemeinsame Wohlfahrt der Völker zerrütten mußte. So lange die Ursache wirksam bleibt, wird auch die Krankheit, als unmittelbare Folge, fortdauern. — Europa kann niemals einen dauerhaften Frieden und niemals eine feste Ordnung des völkerrechtlichen Zustandes sehen, bevor nicht die Wiedergeburt Deutschlands errungen ist. In den Jahren 1813 - 1815 war die finstere Nacht unseres unglücklichen Landes einige Augenblicke durch Hoffnungsstrahlen erleuchtet: das Volk hatte seine Kraft wieder gefunden und zum Schwerdte gegriffen: nicht den preußischen, nicht den österreichischen Interessen galt der Kampf: - nein! der Befreiung und Wiederherstellung eines gemeinsamen deutschen Vaterlandes hatte das gute Volk Gut und Blut geopfert. Die deutsche Kraft behauptete ihren alten Ruhm, die fremde Herrschaft wurde gestürzt und den deutschen Fürsten durch unsägliche Anstrengungen ihrer Völker die Macht erkämpft, unser gesunkenes Land aus seiner Erniedrigung zur Einheit, Ruhm und Größe wieder emporzuheben. Doch nie wurde die Hingebung eines Volkes mit größerem Undank belohnt. Die Fürsten waren klein und beschränkt genug, ihre Interessen von jenen des Gesammtvolkes zu trennen, die Auflösung der Nationaleinheit zu bestätigen und die unglückselige Zerrissenheit des theuren Vaterlandes hinter dem Schleier eines nur formellen, dem Wesen nach völlig bedeutungslosen Bandes — dem deutschen Bunde - zu verbergen. Die Kräfte, welche in den Tagen der Noth als die Schutzwehren der Nationalität und als die sichersten
Tagblatt.
München den 5. November 1831.
Stützen der deutschen Throne sich ausgewiesen hatten, wurden in Folge der Regungen des bösen Gewissens als feindliche Elemente behandelt. Wer den Namen seines Vaterlandes aussprach, wer als redlicher, guter Deutscher frei gestand, nicht Preußen, Oesterreich, Sachsen, Schwaben oder Baiern, sondern Deutschland sey sein Vaterland — der wurde als Landesverräther, als landesverbrecherischer Dämagog verfolgt. Schwärzer als je lagen wieder die langen Schatten der Nacht auf den deutschen Ländern: fünfzehn lange Jahre war die politische Freiheit und die Sehnsucht nach Einem Vaterlande wieder auf die empörendste Weise unterdrückt. Da erwachte die alte Sehnsucht in Folge der Juli-Ereignisse noch einmal: eine Stimme um die andere erhob sich für die Nothwendigkeit der Reform Deutschlands: im südlichen Theile des Landes ist jene Stimmung bereits zur öffentlichen Meinung heraufgebildet: - das Volk ist darüber einig, - nur die Fürsten beharren auf dem alten Widerstande. Die Thatsache des von Neuem erwachten Verlangens nach National-Einheit ist von der höchsten Wichtigkeit: denn sie bestätigt den Grundsatz, daß auch den Organisationen der Völker und Länder ein ewiges, eben so weises als unabänderliches Naturgesetz zum Grunde liege, daß man in dieses, ohne die verderblichsten Folgen, störend nicht eingreifen könne, daß man am wenigsten Länder und Völker als Sachen ansehen und nach Belieben zerstückeln und vertheilen dürfe, daß solche Zerstückelungsversuche nur eine Sehnsucht nach Wiedervereinigung hervorbringen, die nie erstirbt, sondern von Generationen zu Generationen fortlebt, ursprünglich, von der Gewalt gedrückt, heimlich glimmt, mit der steigenden Aufklärung des Volkes aber wächst und früh oder spät zu einer Macht emporreift, welcher die Gewalt einer volksfeindlichen Autorität das Gleichgewicht nicht mehr zu halten im Stande ist. Unter solchen Umständen läßt sich die Zerstückelung Deutschlands um so weniger dauerhaft durchführen, als die auf dem Naturtriebe und Nationalsinne beruhende Sehnsucht nach Wiedervereinigung durch die mächtigen Triebfedern der Interessen gesteigert wird. Wer nur irgend zu denken fähig ist, muß die Zerrissenheit Deutschlands als die Quelle unserer Verarmung und politischen Nullität anerkennen. Die Sehnsucht nach der Wiederherstellung unseres Vaterlandes muß durch die Verachtung, welche man im Auslande in politischer Beziehung gegen die Deutschen hegt, und die Geringschätzung, die man bei allen Fragen der europäischen Politik dem deutschen Bunde beweist, 126
1015 nothwendig zur flammenden Gluth angefacht werden. Wenn aber auch Ehrgefühl, Nationalsinn und Vaterlandsliebe in den Deutschen schon gänzlich erstorben wären, oder vollends erstickt werden könnten, so würden am Ende doch die materiellen Interessen die Wiedervereinigung Deutschlands fordern. Wollen wir unsern wahren Zustand uns nicht verbergen, wollen wir nicht leichtsinnig und gewissenlos ein System fortfuhren, dessen Unhaltbarkeit klar vor Aller Augen liegt. Es ist unmöglich, rein unmöglich, daß der gegenwärtige Zustand Deutschlands frir die Dauer bestehe. - Unser Vaterland leidet an einem Krebsschaden, der die Früchte fleißiger Hände verzehrt, die Landeskultur zurückhält und den Grundpfeiler der bürgerlichen Gesellschaft, den Bauernstand, tödtlich berührt — wir meinen den Druck des Feudalnexus und der GrundverbandsVerhältnisse. So lange dieses am Lebensnerven der Gesellschaft zehrende Uebel durch den Segen des Handels gemildert war, so lange femer die Staatsausgaben der einzelnen Länder noch tiefer standen und nur eine mäßige Beisteuer der Vasallen und Grundholden forderten, war das Uebel noch zu ertragen; nachdem aber die Staatsausgaben der einzelnen deutschen Länder durch endlose politische Stürme - alles Folgen der Zerstückelung Deutschlands, der Theilung Polens, des Auseinanderreißens Italiens und der Unterdrückung Ungarns - und durch die ängsdiche Sorge für Aufrechterhaltung einer verkrüppelten Nationalität zu einer so unnatürlichen und furchtbaren Höhe gestiegen sind, daß das Ersinnen neuer Besteuerungsmittel zu einer Kunst geworden ist, und daß die Revenüen des Grundeigenthums, mit Ausnahme eines kärglichen Taglohns, zur Bestreitung der Staatsausgaben in Anspruch genommen werden müssen, seitdem wird in Deutschland der vereinigte Druck der Abgaben an die Grundherren und an die Staatskassen allmählich unerträglich. Noch kennt der Bauer seine Lage nicht, noch hält er sein hartes Loos für eine natürliche Bestimmung seines Standes, noch sucht er in der Steigerung des Fleißes und der Entbehrung das Mittel zur Rettung zu finden. Sobald aber das Licht der Aufklärung auch ihn erleuchtet, sobald er einsieht, daß sein bitteres Schicksal nichts weniger als natürlich, nur die Folge der traurigen Zerrissenheit Deutschlands sey, dann wird der überspannte Bogen zuverlässig brechen. Gewaltsame Staatsumwälzungen sind immer nur die Folgen eines harten und erschöpfenden Druckes der großen Masse des Volkes, der mit äußerster Anstrengung so lange ertragen wurde, als er eben ertragen werden konnte. Eine Revolution kann daher nie dadurch vermieden werden, daß man verbietet, von der Noth des Landes und von dem Bedürfnisse einer Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes zu sprechen, sondern nur dadurch, daß man zur rechten Zeit die Ursachen entfernt, welche eine gewaltsame Umwälzung in der Folge nothwendig herbeifuhren müssen. Wenn doch die deutschen Fürsten diese große Wahrheit endlich einmal anerkennen wollten; sie würden dann von selbst zur Ueberzeugung gelangen, daß eine durchgreifende politische Reform Deutschlands in dem gemeinschaftlichen Interesse der Fürsten und des Volkes liege, und ohne die gefährlichsten Folgen fur die Dauer nicht mehr zu verweigern sey. — Soll unser siechender Staatskörper eine feste Gesundheit erlangen, so muß der Feudal- und Grundverband bis auf die letzte Spur verschwinden, der Handel wieder erweckt und durch neues Aufblühen des Handels, so wie des Ackerbaues, der Industrie auf natürlichem Wege emporgeholfen werden. Auf dem Wege der Ab-
1016 lösung durch Heimzahlung des Obereigenthums-Kapitals läßt sich aber die Aufhebung des Feudal- und Grundverbandes in Deutschland ohne Mitwirkung der Staatskassen niemals ins Werk setzen, weil die Grundeigenthümer durch den furchtbaren Druck zu sehr herabgekommen sind, um die Ablösungskapitalien erschwingen zu können. Der Zweck ist vielmehr nur durch wesendiche Verminderung der Staatsausgaben und Verwendung der Ersparniß zur Ablösung von Obereigenthumsrechten zu erreichen. An eine wesendiche Verminderung der Staatsausgaben kann indessen in so lange nicht gedacht werden, als nicht die Staatsverwaltungskosten der einzelnen Länder vermindert, die stehenden Heere aufgelöst, und eine allgemeine deutsche Nationalwehr-Verfassung eingerichtet wird. Alles dieß wird aber nur durch die Wiederherstellung Eines deutschen Reiches möglich. Auch dem Handel ist nur dadurch aufzuhelfen, daß die einzelnen Regierungen der Macht zur Störung desselben entsagen und freiwillig gemeinsamen Maßregeln sich unterwerfen, die im Interesse des gesammten Landes von Einer Hand geordnet und gehandhabt werden. Das entscheidende Gewicht, welches ein organisch verbundenes Deutschland in die Wagschale der europäischen Politik einlegen würde, bietet die Möglichkeit einer allgemeinen Entwaffnung, die Einfuhrung eines der Vollziehung sichern Völkerrechts und der Wiederbelebung des Welthandels unläugbar dar. Durch die Wiederherstellung der Reichseinheit, in einer Art und Weise, wie sie die Einkünfte der einzelnen Landesherren vermehren und deren wahre (nicht die eingebildete) Macht erhöhen mußte, wird endlich der Weg gebahnt werden zu einer gemeinsamen Besteuerung, welche nur den Reichthum und das durch den verbesserten Zustand der Dinge vermehrte Einkommen trifft, in Verbindung mit den Revenüen mäßiger und weise regulirter Handelsauflagen aber hinreichend seyn wird, um verschiedene drückende Ausgaben der einzelnen deutschen Länder auf die gemeinschaftliche Reichskasse übernehmen zu können und auf solche Weise die erleichterten Brüderstaaten in den Stand zu setzen, ihren inneren Zustand wesendich zu verbessern. Wir werden in den folgenden Artikeln unsere Ansichten hierüber näher entwickeln und zugleich die Art und Weise der Organisation Deutschlands, wie sie von allen unseren moralischen und materiellen Interessen gebieterisch gefordert wird, schärfer ins Auge fassen.
Fortschritte des constitutionellen Prinzips in Deutschland. Sachsen. Dresden, 27. Oktober. Seit der feierlichen Uebergabe unserer Constitution hört man nichts mehr von ihr reden, welches eigendich nach dem Ausspruch der Menge das Beste an diesem aufgewärmten Gerichte ist. In Bezug auf unsere Preßfreiheit erwartet man erst, was der hohe Bundestag darüber zu bestimmen geruhen wird; dort vertritt die Rechte, die Freiheit, die Hoffnung Sachsens der durch sein verderbliches Finanzsystem berühmte, durch sein übermüthiges und zugleich kurzsichtiges Benehmen allen Vaterlandsfreunden verhaßte Minister von Manteuffel. Unbegreiflich ist es, daß der Hof es wagte, diesen Mann zum Vertreter der Nation zu ernennen, und nur den bedauernswerthen Umgebungen der
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1017 königlichen Familie kann man diesen Mißgriff zuschreiben. Der alte Schlendrian, die alten Gebrechen schleichen sich so nach und nach wieder ein, und bemerkt es jemand, so wird ihm geantwortet: „Ihr seyd nie zufrieden, wir haben ja eine Constitution, was wollt ihr denn mehr." Schon seit den letzten Unruhen in Dresden und Leipzig, wo auf die Bürger ohne weiteres geschossen wurde, und das Militär sich mit Ruhm bedeckte, wie es die Hofparthei nannte, tragen die Aristokraten und deren Sklaven die Nase wieder hoch, neu gestärkt durch die Unterdrückung des unglücklichen Polens und den schützenden Einfluß von Oesterreich, Rußland und leider auch Preußen. Wir sehen einer traurigeren Zukunft entgegen, als die Vergangenheit war. Armes Sachsen, getäuschtes unglückliches Volk! Von der früher so gepriesenen Mitregentschaft des Prinzen Friedrich ist seit dem Bonmot: „Vertrauen gewinnt Vertrauen" nichts besonders Erhebliches zur öffendichen Kenntniß gekommen, als daß sieben Staatsminister ernannt wurden, die man mit Recht die böse Sieben nennen kann, indem fünf von ihnen Creaturen des bei den ersten Unruhen in Dresden entflohenen Premierministers Grafen von Einsiedel sind. Sie fragen mich, was Lindenau macht, warum er nicht handelt und dem ihm geschenkten Vertrauen entspricht? Ich weiß nichts daraufzu erwiedern, als daß die Dresdener behaupten, er sey ein ganzer Mann und wäre noch die einzige Wohlthat fur's Land. Als er in Gotha regierte, hat er sich Aller Liebe und Achtung erworben, vermuthlich, weil er da allein stand; allein hier wird sein Einfluß, sein Wille von allen Seiten gedämpft, und sich aus dieser Cloake zu erheben, scheint es ihm an Muth zu fehlen. In unserm Voigtlande ist grenzenloses Elend, Fabriken und Handel liegen wie früher darnieder; der Winter wird Verzweiflung hervorbringen. In der Residenz ist es still und ängstlich, die vornehmen reichen Fremden sind fort und unser Adel ist hochmüthig und geizig. Wir hoffen, daß die Cholera und ein allgemeiner Krieg uns hilft, denn von der Regierung und vom Fürsten Staatskanzler ist nichts Gutes zu erwarten. Unsere Stände, furchten wir, werden noch feiger seyn als in andern constitutionellen Staaten. Was sie sich unter anderem früher gefallen ließen, beweist schon der Umstand, daß Graf von Bünau auf Dahlem, welcher in öffendichen Blättern bedenklichen Anklagen ausgesetzt war, ohne sich gebührend gerechtfertigt zu haben, viele Jahre hindurch ihr Haupt war. Nächstens erhalten Sie eine personelle Beschreibung unseres Ministeriums, des Diplomatencorps und der Spione, welche außer den Gesandten sich hier aufhalten. Dr. E Tages-Chronik. Frankreich. Die Gazette de France meldet: Das Ministerium hat endlich wegen der Pairsfrage einen Entschluß gefaßt. Eine Liste von 50 neuen Pairs wird im Moniteur vom Dienstag erscheinen, und der Gesetzentwurf über die Pairie soll der neuen Kammer nächsten Mittwoch vorgelegt werden. Der National macht auf die Gefahren aufmerksam, von denen Frankreich immer noch bedroht bleibt, und auf die Unsicherheit des Bandes, welches jetzt die Kabinete von London, Wien und Paris so innig verknüpft. Frankreich wird sich
zwar, gewarnt durch seine öffendichen Organe, in keinem Falle einschläfern und überraschen lassen, allein es wird alsdann ein um so strengeres Gericht über ComptoirPolitiker halten, welche das Land in Gegenwart seiner Feinde zu bewaffnen versäumt haben. Der Courier francais theilt eine Liste der Ausgaben fliir des Königs Haushalt mit, wodurch das Comite in Stand gesetzt werden soll, über die zu bewilligende Summe mit Umsicht zu urtheilen. Der Betrag derselben erhebte sich nach jener Liste auf 18,691,500 Fr. Paris, 31. Oktober. Man unterhält uns zwar fortwährend von Entwaffnung der österreichischen Armee, allein die ministeriellen Organe verschweigen dabei, daß Oesterreich ein neues Anlehen von 80 Millionen Gulden abzuschließen im Begriffe stehe. Ein Anlehen in Wien im jetzigen Augenblick muß die Furcht erregen, daß die angebliche Entwaffnung nur Maske sey und daß Oesterreich durch diese Täuschung Zeit zu gewinnen suche, um alle seine Mittel und Kräfte zur Unterdrückung der revolutionären Hydra vereinigen zu können, welcher Frankreich seit dem Juli 1830 Preiß gegeben ist. Die Mächte des Nordens sind nicht von so zartem Taig wie unser Minister-Präsident. Sie betrachten unsere Revolution keineswegs als ein zufälliges Ereigniß, sondern als gemeinschaftliches Erwachen der Völker, dessen wichtige Folgen sie zu furchten haben. Es ist daher Unterdrückung derselben Bedingung ihrer eigenen Existenz. Paris, den 31. Oktober. Consol. 5 Proz. 96,10; 3 Proz. 66,85; Falconnet 77,70; ewige Rente 54 |. Holland. Aus dem Haag, 29. Okt. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurde die Anzeige gemacht, daß die erste Kammer sich dem Entwurf der Antwort auf die königl. Eröffnungsrede angeschlossen habe. In derselben heißt es: „Mit innigem Selbstgefühl stellt sich Niederland unter die Völker Europas; aber bei der Rechtmäßigkeit seiner Sache hätte es wohl erwarten dürfen, seine gegründeten Ansprüche auf baldige und völlige Anerkennung seiner Rechte in Erfüllung gehen zu sehen. Das Volk, dessen Vertreter zu seyn, wir stolz sind, ist noch immer bereit, alle Kräfte fur seine Freiheit und Unabhängigkeit aufzubieten, um einen ehrenwllen Frieden zu erlangen, und unser fenrigster Wunsch ist, freundschaftliche Beziehungen mit andern Mächten unterhalten und angeknüpft zu sehen, welche von fruchtbarem Erfolge fur Erreichung dieses Zieles seyn können." - Der König antwortete: Sein Herz stimme mit den ihm ausgedrückten Gefühlen überein, er werde sich angelegen seyn lassen, alles was Ehre, Freiheit und Unabhängigkeit des Staates fordern könne, zu deren Aufrechterhaltung aufzubieten; zur Zeit könnten aber nähere Erläuterungen über die genommenen Maßregeln noch nicht gegeben werden, sollten jedoch, sobald es thunlich sey, mit demselben Vertrauen wie bisher erfolgen. (Frankf. Z.) Amsterdam, 27. Okt. Gestern wurde auf der Börse ausgesagt, die von Seiten des Königs nach London gesandte Antwort sey folgende: Se. Majestät danke der Conferenz fiir ihre Vermittlung, glaube jedoch sie um Erläuterung einiger Punkte des Vertrags bitten zu müssen, welche ihr nicht deutlich genug wären; sie würde die Feindseligkeiten am 25sten nicht wieder eröffnen, doch einen jeden Angriff der Belgier kräftig zurückweisen. Außerdem behauptete man auf der Börse, die Conferenz habe sich getrennt und den englischen und fran-
1019 zösischen Gesandten überlassen, fur die Ausführung der 24 Artikel zu sorgen. Denselben Nachrichten zufolge sollen die russischen und preußischen Gesandten nach dem Haag abgereist seyn. (Aachn. Ztg.) Belgien. Brüssel, 29. Okt. „Die Minorität, wie dieß der Deputirte A. Rodenbach vorhergesagt hatte, sucht durch lange Reden gegen die 24 Artikel Zeit zu gewinnen, so daß es auch heute noch nicht zur Abstimmung gekommen ist. Wahrscheinlich wird dieses indessen morgen früh der Fall seyn, und an der Annahme der Artikel darf man nicht zweifeln. Die Reden der Minorität sind ohne besondern Gehalt; sie hatte erwartet, der König von Holland würde die Feindseligkeiten am 25. wieder beginnen, findet sich nun aber in ihren Hoffnungen getäuscht. Englands bereits durch die Zeitungen bekannt gemachtes entschlossenes Benehmen, durch Absendung einer Flotte, die nach den Umständen gegen den einen oder den andern Theil agiren soll, entscheidet die Frage fur beide Länder. „Als man in der Kammer beschlossen hatte, die Berathungen über die 24 Artikel geheim zu halten, gingen mehrere Deputirte der Opposition durch die Straßen der Stadt, redeten die Vorübergehenden an und deklamirten laut gegen diese Maßregel; sie machten indessen keinen Eindruck, vielmehr tadelte man ihre unbesonnene Heftigkeit. Was ich in früheren Briefen bereits gesagt, kann ich auch jetzt nur bestätigen, daß man sich täglich mehr nach dem Ende des so schwankenden Zustandes sehnt, und die Annahme der 24 Artikel allgemein gewünscht wird. „Daneben gesteht man sich unverholen, daß dem Lande, durch gänzliche Trennung von Holland, eine unheilbare Wunde beigebracht worden, und wird dieses noch deutlicher fiihlen, wenn nach Uebernahme der ihm durch die Conferenz aufgebürdeten Schuld der schlechte Zustand der Finanzen keine Verminderung der Steuern zuläßt, und mehrere Handelsvortheile unwiderbringlich verloren sind. An dieses Bedauern der vergangenen Zeit knüpft sich indessen auch immer der Tadel der damaligen Regierung, die sich durch eigensinniges Beharren in einem fehlerhaften System die Gemüther der Belgier entfremdet hatte, und dadurch der Revolution den Weg bahnte, oder vielmehr sie gewaltsam hervorrief." Deutschland. Carlsruhe, 31. Okt. Heute wurde durch ein großherzogliches Rescript der Schluß des Landtags auf den 5. December festgesetzt. Dasselbe ist in sehr wohlwollenden Ausdrücken abgefaßt und scheint den üblen Geist schwächen zu wollen, welchen das landesherrliche Rescript über Welckers Motion erregt hat. Vom Rhein, 1. Nov. Man stößt jetzt nicht selten auf Fremde, die, während sie in Süddeutschland ein Asyl zu suchen affektiren, gegen die Bewohner und die Einrichtungen dieses Landes einen seltsamen Ton sich erlauben. Daß manche Norddeutsche für sich die Geistespräponderanz und das ganze Verdienst der Civilisation in Anspruch nehmen, sind wir gewöhnt. Daß man uns aber jetzt ins Gesicht sagt, wir seyen Ultras, Nachäffer der Franzosen, Propagandisten des Franzosenthums, die Deputirten in unsem Kammern hätten zusammengenommen nicht so viel Verstand, als ein er Minister im kleinen Finger, und wir hätten Polen nur darum den Sieg gewünscht, um Frankreichs Sache zu fördern, das
1020 ist mehr als stark, und doch kann man dergleichen Aeußerungen höhnenden Uebermuths und kecken Vertrauens auf Dinge, die da kommen sollen, täglich zu hören bekommen. Aengsdiche Gemüther wollen daraus schlimme Vorbedeutungen ziehen, und manche Erscheinungen, deren geheimer Zusammenhang nicht wohl geleugnet werden mag, scheinen dieß zu rechtfertigen; allein der ruhige Zuschauer weiß, daß gewisse Vögel jedesmal schreien, so oft sich das Wetter ändert, und die Zeit der Illusionen und Mystificationen vorüber ist. (Stuttg. allg. Ztg.) München, 4. Nov. In dem von uns gestern mitgetheilten Artikel aus dem Westboten heißt es unter andern, „daß der Redakteur der deutschen Tribüne gegen türkische Willkühr unter den Schutz der Gesetze und Gerichte im Rheinkreise sich stellen wolle." Man wird diesen Ausdruck vielleicht zu hart finden, allein er möchte so ziemlich gerecht erscheinen, wenn man das neuerliche gewaltthätige Verfahren wider den Redakteur der Tribüne, und vor allem den Entscheidungsgrund ins Auge faßt, worauf dieses Verfahren sich stützt. Derselbe lautet nämlich in dem Punkte, worauf alles ankömmt, daß ohne Strafgesetz auch keine Strafe erkannt werden könne, also: „Was endlich die Straf-Androhung selbst anbetrifft, so ist zwar nach verfassungsmäßigen Grundsätzen dieselbe nur dann anwendbar, wenn ein Gesetz sie ausdrücklich ausspricht (man wollte sagen, es sey richtig, daß eine Strafe verfassungsmäßig nur dann angedroht und verhängt werden dürfe, wenn sie durch ein Gesetz ausdrücklich angedroht ist.) Diese nach der Theorie unwiderlegbare Ansicht καηη jedoch ohne Gefährdung der bürgerlichen Verhältnisse im Leben keineAnwendungfinden, vielmehr müssen die Ueberlieferungen der früheren Polizeigesetzgebung zum Anhaltspunkt dienen etc." Also es ist richtig, daß in Ermangelung eines bestehenden Strafgesetzes verfassungsmäßig keine Strafe verhängt weiden dürfe, allein dieser Satz gehört nur der Theorie, nicht dem Leben an; er ist an ssch zwar unwiderleglich, allein er muß verletzt werden, sobald die bürgerlichen Verhältnisse, d. h. der Fürst Metternich es verlangen. Ο magna charta Bavariae! - Der Redakteur der Tribüne wird nach 24stündiger Freiheit so eben wieder auf 36 Stunden in Arrest gesetzt. München, 5. Nov. Die gestrige Nummer der Tribüne wurde wegen eines Aufsatzes über die Adressen der Städte München, Ingolstadt, Amberg und Kehlheim, so wie die daraufergangenen Entschließungen in Beschlag genommen. Die Einsperrung des Redakteurs ist wegen fortgesetzten Abdruckens gestrichener Aufsätze abermals um 48 Stunden verlängert worden. - Wir fühlen uns gedrungen, den edlen Bewohnern des Rheinkreises und insbesondere dem hochherzigen und menschenfreundlichen Redakteur des Westbotens, Herrn Dr. Siebenpfeiffer, fur die Unterstützung unseres Actienunternehmens den wärmsten Dank darzubringen. Die jüngsten Mißhandlungen des Redakteurs der Tribüne zeigen von Neuem das Bedürfniß, unter den Schutz des Gesetzes und der Civilisation sich zu begeben. Wenn auch die letzte Hoffnung der Vaterlandsfreunde, den unseligen Preßgesetz-Entwurf noch feilen zu sehen, nicht erfüllt werden sollte, so muß der Redakteur der Tribüne in Vergleichung der Bildungsstufen des Isar- und Rheinkreises, dann in Erwägung vieler anderer politischer Conjunkturen dennoch sich bestimmt fühlen, seinen Wohnsitz nach dem aufgeklärten und gastfreundlichen Rheinkreise zu verlegen, was auch, sobald die Umstände es erlauben, und jedenfalls im Monat December geschehen wird. Dieß zur Erwiederung auf die an uns ergangenen freundlichen Anfragen. Veranwortlicher Redacteur: J. G. A Wirth.
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Deutsche Ein
c ο η s t i t u t i ο η e 11 e s
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Deutschlands Wiedergeburt. Zweiter
Tribüne.
Artikel.
Ohne National-Einheit kein Heil für Deutschland! - Diese Wahrheit sollten wir täglich uns zurufen: das Verlangen nach der Wiederherstellung Eines Vaterlandes sollte die Brust eines jeden Deutschen durchglühen. Der große Zweck soll nicht durch ungesetzliche Mittel, sondern nur auf gesetzmäßigem Wege, und zwar dadurch erreicht werden, daß man beharrlich und unermüdlich die Nothwendigkeit der politischen Reform Deutschlands öffentlich darlegt nnd endlich sowohl der gesammten Nation als den verschiedenen Regierungen die Ueberzeugung abgewinnt, daß eine solche Maßregel von den Interessen der Fürsten nicht minder, als von jenen aller deutschen Volksstämme gefordert werde. In der Macht der öffentlichen Meinung liegt dann die Bürgschaft für die Wiederherstellung unserer NationalEinheit. Um aber jene Macht heranzubilden, ist vor allem nöthig, über die Art und Weise der Organisation Deutschlands sich zu verständigen und klare Begriffe hierüber zum Gemeingute der Nation zu erheben. Man hat vorgeschlagen, der Bundesversammlung in Frankfurt am Main, in deren Eigenschaft als Pairskammer, eine Deputirtenkammer, als National-Repräsentation, gegenüber zu stellen. Hierin liegt eine Verwechslung der Begriffe. Wäre die Bundesversammlung eine Pairskammer, so würde durch Hinzufügung der Wahlkammer immer noch die dritte Staatsgewalt, die Regierung, fehlen. Sie ist aber keine Kammer, sondern eine Versammlung der Monarchen durch Bevollmächtigte, also Regierungsgewalt, so weit von einer solchen bei der bedeutungslosen Construction des Bundes die Rede seyn kann. Es würde also dann noch an der Pairskammer fehlen. Zudem kann die Regierung nie ein collectives Institut seyn; Einheit ist ihr unentbehrlich, damit sie die erforderliche Schnellkraft besitze. Durch eine deutsche Wahlkammer allein würde also die Organisation des Gesammtlandes noch nicht vollendet; es gehört vielmehr dazu 1) Einheit einer gemeinschaftlichen Regierung, 2) eine den Verhältnissen des Reichs angemessene erbliche Kammer, und 3) eine gemeinschaftliche Wahlkammer. Wir wiederholen: die Organisation der Völker und Länder kann nicht nach Willkühr bemessen werden, sie muß vielmehr die Gewohnheiten, Sitten und Denkungsweise der
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Tagblatt.
München den 6. November 1831.
Nationen stets als Gesetz anerkennen. Dieser Grundsatz bewährt sich insbesondere in Ansehung einer Reform Deutschlands. Wenn es heute in der Macht des Volkes läge, Deutschland unter Ein Oberhaupt und in Ein Reich zu vereinigen und alle Spuren der Trennung der verschiedenen Volksstämme zu verwischen, so würde, wir sind es überzeugt, der Baier, Schwabe, Badener, Hesse gleichwohl seine Verfassung und keine Dynastie, der Preuße, Sachse und Oesterreicher ebenfalls seine Dynastie und in einiger Beziehung auch seine besondere Nationalität beibehalten wollen. Darum kann dem deutschen Volks-Charakter nur die Bildung eines Föderativ-Staates entsprechend seyn, und zwar in der Art, daß das einzelne Land, in Beziehung auf seine besonderen Angelegenheiten, die Souverainetät durch seinen Fürsten behauptet, und daß nur die gemeinsamen Angelegenheiten der Deutschen der Leitung einer deutschen National-Regierung, unter Mitwirkung zweier Kammern, übergeben werden. Die Elemente zur erblichen Kammer wären bereits vorhanden — es sind die deutschen Souveraine, welche die Kammer der deutschen Reichsfürsten bilden würden. Aus ihrer Mitte müßte der Regent gewählt werden, der als deutscher Kaiser für seine Lebenszeit die allgemeinen Angelegenheiten der Deutschen mit verantwortlichen Ministern zu leiten hätte. Die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Deutschen möchten sich beschränken 1) auf die Wahrnehmung der Rechte und Interessen Deutschlands gegen Außen, 2) die Sorge für freien Handel, namentlich Vollzieziehung und Aufrechthaltung von Handels-Verträgen mit auswärtigen Ländern, 3) Einführung und Aufrechthaltung Eines bürgerlichen und peinlichen Gesetzbuches für ganz Deutschland, mit Inbegriff eines Polizei- und Handelsgesetzbuches. Gleichheit der Gesetzgebung wäre unerläßlich, weil nur hierin ein wirksames Nationalband zu suchen ist. - Also eine Deputirtenkammer, frei gewählt nach Verhältniß der Familienzahl der verschiedenen deutschen Länder, dann eine Kammer der deutschen Reichsfürsten, zusammengesetzt aus den deutschen Souverainen, und endlich ein deutscher Kaiser, gewählt durch die Deputirtenkammer aus der Mitte der Reichsfürsten: - dieß würden die drei Bestandtheile der Staatsgewalt seyn, welche die allgemeinen Staatsangelegenheiten der Deutschen zu leiten hätte. Innerhalb ihres Ressorts müßte diese Staatsgewalt aber die Rechte der Souverainetät genießen, so daß die Beschlüsse der drei Gewalten und die zu ihrer Vollziehung und Handhabung erforderlichen Befehle des Kaisers fur jeden
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1023 der conföderirten Staaten eine unverbrüchliche Norm wären, für deren Befolgung die Minister des besonderen Staates verantwortlich sind. Deutschland, in dieser Weise organisirt, bedarf keiner stehenden Heere der einzelnen Lander mehr; in dem verbundenen Volke läge eine ungeheure, sogar eine Coalition des gegenwärtigen gesammten Europas überwiegende, Macht. Eine Nationalwehr-Verfässung, welche jedem Deutschen die Verbindlichkeit zum Waffendienst und zur praktischen Einübung desselben unter Anleitung der zu diesem Zwecke besoldeten Offiziere auferlegt, würde dem deutschen Reiche den obersten Rang in der europäischen Staatengesellschaft sichern. Die bewaffnete Macht könnte indessen allein von den Befehlen des Kaisers abhängig seyn, um seiner Regierung Leben einzuhauchen und ihr nach Innen und Außen Kraft und Ansehen zu geben. Dieß involvirt die Notwendigkeit der Bildung einer Reichskasse, für den ordendichen Dienst dotirt mit den Revenüen der Handelsauflagen und einer allgemeinen, durch die beiden Kammern zu votirenden Vermögensund Erwerbssteuer, welche bei steigendem Verkehre und Wohlstande von jedem deutschen Staatsbürger, der an den Wahlen zur gemeinschaftlichen Repräsentantenkammer und an andern durch die wiedererlangte NationalEinheit eintretenden Vortheilen Antheil nehmen will, in einem gewissen Maaße zu entrichten wäre. Als Garantie der deutschen Reichsconstitution wäre dann noch die Einfuhrung der Repräsentativ-Verfassung in allen einzelnen conföderirten Staaten nothwendig. Der Zeit würde es vorbehalten bleiben, alle einzelnen Verfassungen allmählich möglichst gleichförmig zu machen und auf diese Weise der National-Einheit eine neue Stütze zu sichern. Als Hauptprinzipien müßten aber in allen conföderirten Staaten anerkannt werden: Freiheit der Gewerbe und allmähliche Ablösung der durch lästigen Titel erworbenen Realrechte und Privilegien, auf Kosten der Reichskasse; Freiheit des Handels im ganzen Umfange des Reiches und Aufhebung aller Handelsauflagen, namendich aller Pflasterzölle, gegen Entschädigung aus der Reichskasse; Befreiung des Grundeigenthums durch Aufhebung aller Frohnen und Ueberbleibsel von Leibeigenschaftsdiensten und durch allmähliche Ablösung der Obereigenthumsrechte, auf Kosten der Reichskasse; Freiheit des Gewissens in der That und Wahrheit, also Aufhebung des Ausschlusses der Juden und anderer nicht chrisdichen Glaubensgenossen von dem Genüsse der politischen Rechte; Freiheit der Meinungen in der That und Wahrheit, also Aufhebung aller und jeder Censur; Oeffendichkeit der Verhandlungen aller Wahlkammern und Gerichte; Gleichförmigkeit in der Handhabung der Rechtspflege und zu diesem Zwecke Errichtung eines gemeinschaftlichen deutschen Cassationshofes, und endlich vollständige Sicherstellung der persönlichen Freiheit im ganzen Umfange des Reichs, durch Einfuhrung einer gemeinschaftlichen Habeas-Corpus-Akte. - Wir hören unsere Ideen schon im Voraus als phantastische Träume und unausführbare Projekte verspotten; allein jedes große Werk, zu dessen Reife lange Zeiträume erforderlich sind, wird von jeher anfanglich für ein Hirngespinst erklärt, bis im Laufe der Zeiten die öffendiche Meinung damit sich befreundet. Wir wollen uns daher nicht abschrecken lassen, dem wichtigen Gegenstande der politischen Reform Deutschlands noch einige Artikel zu widmen, um auf den Umfang der Nationalkräfte und der Hülfequellen aufmerksam machen zu können, welche durch die Verschmelzung Deutschlands zu Einem politischen Körper gewon-
1024 nen und zur allmählichen Heilung der Krebsschäden des Reiches allerdings Mittel an die Hand geben würden.
Constitutionelle Fortschritte der baierischen Regierung. Die Verfassungs-Urkunde zählt die Freiheit der Meinungen zu einem ihrer Hauptprinzipien. Was aber die Regierung unter Freiheit der Meinungen verstehe, geht unter andern aus folgendem Rescripte hervor, das vom Kriegsministerium über die im heurigen Frühjahre vorgenommene Armee-Inspektion erlassen worden ist. „Wenn schon auch dießmal — mit weniger Ausnahme - den Stabs- und Oberofficieren und Militärbeamten das Zeugniß des regsamsten Diensteifers und des angelegendichsten Strebens nach Vervollkommnung durchaus nicht versagt werden kann, so erregt dagegen die nicht selten von OfFicieren aller Grade wahrzunehmende Sucht, höhere Anordnungen zu beklügeln und zu bek[r]itteln, die lebhafteste Mißbilligung. „Ist die Besprechung diensdicher Gegenstände an öffendichen Orten schon an sich ungeeignet, um so sträflicher muß es erscheinen, wenn diese in ein Raisonnement ausartet, dem nur einseitige Ansichten und schiefe, aus der Unkenntniß der wahren Lage der Dinge hervorgegangene Urtheile zum Grunde liegen können. Wie weit diese Verirrungen fuhren, davon spricht die hie und da bemerkbare leidenschaftliche Theilnahme an den unseligen Umtrieben unserer Zeit. Es ist daher nicht nur heilige Pflicht der Commandeurs, sondern zunächst auch Ehrensache der einzelnen und des Gesammt-OfFiziercorps, Erscheinungen dieser Art, welche seine Würde, sein Ansehen und seine Interessen auf unzarte Weise berühren, das erworbene Vertrauen schmälern und den durch Jahrhunderte bewährten ehrenvollen Ruf verdunkeln, mit aller Kraft entgegen zu wirken. Wer nur die Vorzüge seines Standes geltend zu machen, die Bedingungen aber, worauf diese Vorzüge beruhen, nicht zu erfüllen weiß, wer seiner Berufspflicht nicht mit treuer Anhänglichkeit an König und [Vjaterland sich hinzugeben und seinen Vorgesetzten nicht unbedingtes [V] ertrauen einzuräumen vermag, und wer endlich seinen hohen Standpunkt als Vertheidiger des Thrones und des Vaterlandes aus dem Auge zu verlieren fähig ist, der hat die Wahl seines Berufes verfehlt, und sein eigenes Wohl gebietet ihm, einem Stande zu entsagen, der keine Glieder von zweideutigem Charakter duldet, der nur Ehre und Pflicht kennt, und allein hierin das höchste Ziel seines Strebens finden muß." Man wird in diesem Rescripte eine ganz eigenthümliche Logik entdecken, ζ. B.: „Jedem Raisonnement der Officiere über Gegenstände des Dienstes können nur einseitige Ansichten und schiefe Urtheile zum Grunde liegen;" dann „die Bedingungen der Vorzüge des OfEcierstandes bestehen darin, in allen Angelegenheiten des öffendichen Lebens und gemeinen Wesens auch außer Dienst stumm zu seyn wie ein Fisch," und endlich „wer nicht die Fähigkeit besitzt, auch außer Dienst ein willen- und urtheilloser Automat zu seyn, der kann kein Vertheidiger des Thrones und des Vaterlandes seyn, der hat vielmehr einen zweideutigen Charakter und muß dem Officiers-
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1025 stände entsagen, das heißt durch eine Cabinetsordre abgesetzt werden. Welche Liebe eine Regierung, von welcher dergleichen Rescripte ausgehen, zu dem constitutionellen Prinzipe hegen müsse, leuchtet von selbst ein. Nur kein Licht, nur Finsterniß. Das Regieren ist im Finstern gar zu bequem. C o r r e s p o n d e n z . (Großherzogthum Hessen, 22. Okt.) Die Entlassung eines thätigen und wissenschaftlich ausgezeichneten Lehrers am Seminarium in Friedberg, des Dr. Briel, macht im Großherzogthum Aufsehen. Es ist dieß das erste Lebenszeichen, das unser Ministerium seit dem Schlüsse des Landtages gibt, und fast möchte man sagen, es ist ein trauriges; denn das Land erhält dadurch die Verpflichtung, eine Summe von 6 - 700 fl. als Ruhegehalt eines in der vollen Kraft seines Lebens thätigen Mannes zu bezahlen, und verliert einen tüchtigen Lehrer. Man fragt sich natürlich: warum? und weiß keine andere Antwort, als die: Dr. Briel wandte sich wegen eines Unrechts, das der Kirchen- und Schulrath in Giesen ihm zufügte, an die Landstände. Seine Klage muß wohl begründet gewesen seyn, denn das Ministerium wagte nicht, die Akten der Gieser Behörde den Landständen mitzutheilen. Die Einen meinen nun, unser Ministerium sey durch einen bekannten Ränkeschmied in Giesen, dessen literarischer Barometer sehr tief steht, und der auch den Prälaten Hüffell aus dem Lande chikanirt haben soll, zu diesem pragmatischen Beschlüsse bestimmt worden. Andere meinen, ein Subjekt wie die durch Freiherrn von Arens an die oberhessischen Gymnasien gekommenen Lehrer, habe an das Seminarium gebracht werden sollen etc. Ich glaube, alle diese Meinungen sind irrig, und unser Ministerium bezweckt durch diese Entlassung nichts, als der Provinz Oberhessen bei dem großen Mangel an tüchtigen Deputirten, einen solchen zu verschaffen, da Dr. Briel durch wohlgesinnte Mitbürger leicht wählbar zu machen ist und jetzt des ministeriellen Urlaubs nicht mehr bedarf. Ich möchte wissen, ob nicht Herr Ε. E. Hoffmann diese Ansicht als die richtige betrachte und zu ihrer Verwirklichung beitragen könnte? Tages-Chronik. Frankreich. Briefe aus London sprechen von einer ernstlichen Spaltung, welche zwischen den Höfen von Frankreich, England und Oesterreich einerseits und jenen von Rußland und Preußen andererseits eingetreten sey. Diese Spaltung soll von der lang geheim gehaltenen Weigerung der beiden Nordmächte herrühren, Belgien als definitiv von Holland getrennten Staat und als von Leopold regiertes Königreich förmlich anzuerkennen. Eine französische Fregatte und die Armide sind am 24. Okt. von Navarino zu Toulon angekommen. An diesem Tage war vom Tode Capo d'Istrias dort nichts bekannt, während doch die Armide die Nachricht davon überbracht haben sollte. (Niederrh. Cour.) Paris, 1. Nov. Nicht nur in Paris, sondern mehr noch in den Departements ist man über die schimpfliche Rolle entrüstet, zu welcher unser Ministerium Frankreich herabwürdi-
get. Belgien hat sich in unsere Arme geworfen, wir haben ihm unsere Hülfe zugesagt, die Nation ist bereit, dieses Versprechen mit der größten Aufopferung zu lösen: allein die Regierung hindert das Volk und verhetzt jenes unglückliche Land in die verzweifelte Lage, selbst den nachtheiligsten Friedensvertrag als eine Wohlthat annehmen zu müssen, ja noch mehr, sie will Belgien nöthigenfalls durch die Gewalt der Waffen zur Annahme eines schimpflichen Vertrages zwingen. Dieser traurige Sieg, dessen sich das Ministerium noch vor einigen Tagen rühmte, indem es offiziel anzeigte, daß alles zur Befriedigung beider Theile geordnet sey, war indessen nur von kurzer Dauer. Heute lassen unsere Staatsmänner den Kopf hängen, und nach der Unruhe zu urtheilen, welche einer unserer Großen nicht zu unterdrücken vermag, muß ein wichtiges Ereigniß auf dem Punkte stehen, den Schicksalen Europas eine neue Wendung zu geben. Herr Perier ist in sich gekehrt und schlecht disponirt seit der Ankunft eines gewissen Kuriers aus Holland. Nachdem er sich durch Heftigkeit Luft gemacht hat, ist er jetzt sehr niedergeschlagen. Im Publikum bemerkt man mit Vergnügen die Zweifel des Ministeriums an dem was es vor einigen Tagen so zuversichtlich mitgetheilt hatte. — Wir erfahren aus ziemlich glaubwürdiger Quelle, daß die Holländer am 31. Okt. wieder angefangen haben, die Dämme der Scheide auf der Höhe des Fortes Lillo bei Antwerpen zu durchstechen. Perpiguan. Durch königl. Ordonnanz vom 8. Oktober ist hier die Nationalgarde aufgelöst. Sogleich nach der Bekanntmachung wurden drohende Anschlagzettel an mehrere Häuser angeklebt, die Nationalgarden durchliefen bewaffnet die Straßen und stießen Drohungen aus gegen die Carlisten. Eine Proklamation des Präfekts, welche hierauf folgte, vermehrte nur die Unzufriedenheit. — Derselbe wurde Abends im Theater mit Gezische empfangen und mit Injurien überhäuft: „Nieder mit dem Verräther, Tod den Carlisten," war der allgemeine Ruf. Der Präfekt wollte das Volk anreden und behauptete, er habe dem Gesetze gemäß gehandelt, das Volk ließ ihn aber nicht zu Worte kommen, sondern schrie: „er habe das Gesetz mit Füßen getreten." Geschützt durch verdoppelte Posten der bewaffneten Macht, welche seit den Unruhen vom September aufgestellt sind, gelang es dem Präfekten, unbeschädigt nach Hause zu kommen. Deutschland. Vom Neckar, 2. Nov. Wenn die baierische Deputirtenkammer ihre Annahme eines Censurgesetzes mit dem Fall von Warschau entschuldigt; wenn die badische Regierung sich vor dem Fall der Preßfreiheit nicht abgeneigt zeigte, nach dem Fall auf die Karlsbader Beschlüsse zurückkommt; wenn die nassauische Regierung vor dem Fall im Begriff ist, sich mit ihren Ständen über eine Ausscheidung der Staats- und Privatdomänen zu verständigen, nach dem Fall die Bahn der Versöhnung wieder zu verlassen scheint; wenn man in Hannover vor dem Fall von Bewilligung einer freien Verfassung spricht, nach dem Fall aber die halboffiziellen Federn sich zum Preis der Vorzüge des aristokratischen oder absoluten Systems wieder in Bewegung setzen; wenn man mit all Dem die Gerüchte von gewissen Noten und den Ton gewisser Zeitungen vergleicht, so fragt man mit Recht, wie es mit der Selbstständigkeit Deutschlands stehe, wenn die wichtigsten Fragen seiner innern Politik von Ereignissen des fernen Auslands abhängen? Aber fragt man auch, ist denn Alles so ganz anders geworden, daß die Freunde der guten
1027 Sache sich ohne Weiteres der Entmuthigung hingeben müssen ? Oder muß man den Liberalismus nicht vielmehr )olitischer Feigheit anklagen, der seinen Gegnern so eicht gewonnenes Spiel gibt? Ist im schlimmsten Falle eine edle Protestation gegen das Gebot der Gewalt, das zudem für uns noch nicht einmal vorhanden ist, nicht besser als knechtische Unterwerfung und freiwillige Verzichtung auf gutes Recht? Wir wissen wohl, daß wir, wenn wir diesen Satz aufstellen, alle diejenigen gegen uns haben, und deren ist eine Legion, welche bei vollkommen liberaler Gesinnung und gründlicher Kenntniß dessen, was Noth thut, doch vor jedem entschiedenen Schritt zurückschrecken. Man nimmt einen Anlauf, und munter geht's darauf los, bis man vor die Kluft kommt, über die man hinüber soll; dann bleibt man stehen, besinnt sich, und uns ergeht's wie Einem, der vom bösen Geist im Kreise herumgeführt nie und nimmermehr vom Fleck kommt. Diese der deutschen Nation natürliche Bedächtlichkeit weiß der Absolutismus trefflich zu benützen, indem er uns nicht nur durch Drohungen einschüchtert, sondern uns auch mit einer solchen Masse von Scrupeln und Zweifeln umgibt, daß wir oft nur um ja den moralischen Boden nicht zu verlieren, unsern politischen Standpunkt aufgeben. (Stuttg. allg. Ztg.) Wisbaden, 25. Okt. Unsere Landstände haben sich gestern wieder versammelt. Die Regierung bietet alles auf, um Einwirkung auf dieselben zu gewinnen. Aus Nähe und Ferne zieht sie die Mitglieder der ersten Kammer herbei; diejenigen, welche nicht persönlich erscheinen können, müssen Bevollmächtigte senden. Ein Vorfall zieht besonders die Aufmerksamkeit auf sich. Cöls, ein geschickter Arzt und freidenkender Mann hatte sich durch unvorsichtige Aeußerungen viele Feinde zugezogen. Er ward seines Dienstes entsetzt und verfiel dadurch in eine Art von Wahnsinn, in welchem er Verwünschungen gegen die angesehendsten Personen ausstieß nnd sie der strafbarsten Verbrechen beschuldigte. Es gehörte dieser Unglückliche ins Irrenhaus. Statt dessen ward er zum politischen Sündenbock bestimmt, indem man ihn ohne gerichtliche Untersuchung und Verhör zu einem dreijährigen Festungsarrest verurtheilt, und am Tage nach Eröffnung der Stände mit absichtlichem Eclat auf die Marxburg abgeführt hat. - So weit ist Obiges aus den Zeitbildern ausgezogen, hierauf folgt eine Lücke mit der Bemerkung: hier ist ein Censurpfeil durchgefahren. Wahrscheinlich enthielt jene Lücke Aeußerungen, wie man durch diesen Vorfall auf die Deputirten der zweiten Kammer, deren Widerspenstigkeit man fürchtet, einwirken will, und vielleicht folgten Aufforderungen an die Deputirten, die Bahn der Ehre unter allen Umständen zu verfolgen. Durch den Schluß des Artikels erfahren wir noch, daß der Herzog von Nassau seiner Regierung das Recht eingeräumt hat, in allen Injuriensachen in erster und letzter Instanz abzuurtheilen, so daß man vermöge einer ausgedehnten Interpretation des Begriffes einer Injurie fast jede Streitsache vor jenes Forum bringen und die betreffenden Personen auf die Marxburg befördern kann.
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München, 6. November. Am künftigen Montag sollen die Beschlüsse der Reichsräthe über den Rechenschaftsbericht in der Deputirtenkammer zur Berathung kommen. Die Wahlkammer wird ohne Zweifel abermals einen Beweis ihrer Consequenz liefern; ihre Consequenz besteht nämlich darin, sich
1028 in der Hauptsache immer dem Willen der Reichsräthe zu unterwerfen, und daher von ihren populären Beschlüssen, die sie bei der ersten Berathung eines Gegenstandes gefaßt hat, bei einer abweichenden Willensäußerung der Reichsräthe jederzeit wieder abzugehen. Wer ist servil? Die Reichsräthe, welche dem aristokratischen Prinzip gemäß ihren eigenen Willen gegen die Volksinteressen beharrlich verfolgen und geltend machen, oder die Deputirten, welche im Widerspruche mit ihren Ansichten und Abstimmungen, in allen wesentlichen Dingen unter jenen Willen sich beugen? Passau, 28. Oktober. Alle unsere Anstalten, welche uns gegen die Ansteckbarkeit der Cholera schützen sollen, sind eine wahre Ironie ächter Schutzanstalten. Der Cordon ist gar kein Cordon; durch einen solchen getraute ich mir ganze Bataillone durchzuführen, ohne bemerkt zu werden. Als eines Tages gar so viele Oesterreicher in Wegscheid gesehen und gefragt wurden, wie sie denn herüber gekommen seyen, da doch die Brücke (Steg) abgetragen sey, sagten sie: „Ja, wir sind durch das Wasser gegangen." Das Militär thut indeß alles, was es nur thun kann, vielleicht zu viel zum Schaden der eigenen Gesundheit. Wollene Socken, Leibbinden u. dgl. sind demselben nicht bekannt, und doch ist das Klima unserer Gegend äußerst rauh, fast rnssisch. — Die zwar schön gebaute Contumazanstalt, deren Arzt uns hier täglich besucht, wurde um einige Wochen zu spät angefangen, und darum auch, ungeachtet der größten Eile, zu spät fertig. Man mußte die Leute darin aufnehmen, ohne daß sie ganz fertig war, weil die vielen, schon so lange auf den Eintritt Harrenden mit Gewalt überzubrechen drohten. Wenn ich Ihnen alle diese Histörchen erzählen wollte, die sich während dieser Zeit ergaben, ich würde gar nicht fertig. Der Mann ζ. B., der aus Wien kam, durfte über die Gränze nicht herein, oder wurde, wenn er doch hereinkam nnd entdeckt wurde, wieder hinaustransportirt; aber Weib und Kinder durften zu ihm hinaus, damit sie ihm andere Kleider bringen und die alten zum Waschen mit hereinnehmen konnten. Doch genug; ein ganzes Buch ließe sich über ähnliche Mißgriffe schreiben. Heute Morgen wurden plötzlich weder die aus dem Baierischen auf den Wochenmarkt kommenden Marktweiber und Milchmädchen noch sonst Jemand von St. Nikola in die Stadt eingelassen. Das gab freilich ein großes und gerechte [s] Murren, indeß wurde diese Verordnung oder Anordnung doch nach einer Stunde wieder zurückgenommen. — Heute Nacht wurde an die Wohnung des Regierungspräsidenten und des ersten Bürgermeisters das Wort „Cholera" angeklebt. Beide, rastlos thätig, sind schon längere Zeit krank — aber nicht etwa an der Cholera—und da ihnen (besonders Ersterem) das Volk (wiewohl gewiß mit Unrecht) die zweckwidrigen Maßregeln zuschreibt, ist es über dieselben auch ziemlich aufgebracht. Indeß muß man aber doch bekennen, daß für den Fall, wenn die Cholera den sogenannten Cordon überspringen und uns heimsuchen sollte, neben den schlechten auch einige gute Maßregeln getroffen worden sind. Aber an Aerzten würden wir großen Mangel leiden, wenn nicht durch §. 1 und 16 (II) der Cholera-Ordnung diesem Mangel in so fern abgeholfen wird, daß die wenigsten Personen es wagen werden, einen Cholera oder Choleraähnlichen Fall anzugeben. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Montag.
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Die baierische Deputirten kammer im Jahre 1831. Nach langer Dauer nähert sich die dießjährige Session der Stände des Reichs allmählich ihrem Ende. Blicken wir auf das Wirken und das Thun der Wahlkammer zurück, von welcher die Nation in politischer und materieller Beziehung eine Verbesserung ihrer Lage erwartete, so finden wir leider die Bestätigung des Erfahrungssatzes, „daß die große Zeit überall nur kleine Menschen fand, welche ihre Aufgaben nicht zu begreifen, geschweige denn zu erfüllen im Stande waren." — Die dießjährige Session der Kammern war unter den bedeutungsvollsten Umständen eröffnet worden. Einige Wochen vorher hatte das Würzburger Volksblatt auf den finstern Geist aufmerksam gemacht, welcher der Regierung sich bemächtiget habe, und die Gefahren angedeutet, womit die bürgerliche Freiheit der Baiern bedroht sey. Bald hatte die düstere Ahnung sich als gegründet erwiesen. Die Christwoche lieferte den Beweis, daß der baierische Staatsbürger rechts- und gesetzlos der Willkühr einer rohen Gewalt verfallen sey: eine blutige Jagd gegen schuldlose Jünglinge und friedliche Bürger zeigte den Baiern den glänzenden Werth ihrer Verfassung, gegenüber einer Regierung, deren scheues Gewissen in den gewöhnlichen Excessen einer lebhaften Jugend eine Revolution erblicken kann. Bald darauf zeigte sich die gepriesene Liberalität des Gouvernements und die mit süßen Worten verkündete Anhänglichkeit an die Verfassung durch den Ausschluß derjenigen Deputirten, welchen das Volk das meiste Vertrauen geschenkt hatte, und durch den offenen Eingriff in eine der Hauptgrundlagen der Constitution, nämlich die Freiheit der Meinungen. Es war bekannt, daß bei allen diesen volksfeindlichen Maßregeln die Minister mehr leidend sich verhielten; man wußte, daß die Verletzung der Verfnssung durch einen schwachen und servilen Minister zwar ins Werk gesetzt, jedoch ihren Impuls aus einer andern Quelle erhalten hatte; Niemand zweifelte endlich daran, daß eine finstere Camarilla, welche der constitutionellen Freiheit und der Aufklärung den Krieg erklärt hatte, auf die Leitung der Regierungsangelegenheiten einen überwiegenden Einfluß gewonnen habe. Unter solchen bedeutungsvollen Umständen wurden die Kammern eröffnet. Die Gefahr, mit welcher die bürgerliche Freiheit und die Aufklärung bedroht war, lag vor Aller Augen: sie war bewiesen durch die That, und wurde durch die heuchlerischen
Tagblatt.
München den 7. November 1 8 3 1 .
Versicherungen, welche die Minister im Widerspruche mit ihren Handlungen durch die Thronrede ertheilt haben, nur in einem noch düsteren Lichte dargestellt. Die Deputirten des Volkes mußten handeln. Sicherstellung der bürgerlichen Freiheit ist die Grundlage der Wohlfahrt der Gesellschaft; ohne sie ist das materielle Wohlbefinden theils unmöglich, theils werthlos. Daß aber die baierische Verfassung die bürgerliche Freiheit nicht sicher stelle, daß sie vielmehr durch die angehängten Edikte mit sich in Widerspruch zerfallen, ein Name ohne Wesen sey und den Staatsbürgern gegen willkührliche Bedrückungen pflichtvergessener Minister und widerrechtlicher Uebergriffe einer an sich schon constitutionswidrigen Kabinets-Regierung keinen Schutz gewähre — alles dies hatte Theorie und Erfahrung nur zu deutlich bewiesen. Reform der Verfassung, durchgreifende, wahre Reform war daher die Aufgabe der Deputirten-Kammer vom Jahre 1831. Alle Umstände und Zeichen der Zeit schienen sich vereiniget zu haben, um diese große Maßregel ins Werk zu setzen. Das Volk war durch die Ordonanzen aus seiner Apathie erwacht und hatte der Regierung bewiesen, daß es mit den Plänen der Camarilla keineswegs einverstanden sey, die Regierung war durch die Erfahrung, daß sie in der Stimmung der Nation sich getäuscht habe und bei der Durchführung des Verfinsterungs-Planes auf ernstlichere Hindernisse stossen würde, als die Camarilla vorgespiegelt hatte, schüchtern geworden: die öffentliche Meinung hatte einen Centraipunkt gefunden und war von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die bedrohte Verfassung besserer Garantien bedürfe. Eine Wahlkammer, die unter solchen Umständen, mit Kraft und Nachdruck auf eine durchgreifende Reform der Verfassung gedrungen hätte, würde in der öffentlichen Meinung die mächtigste Stütze gefunden haben. Rasches und energisches Handeln war nothwendig. Die Deputirtenkammer mußte in ihrer Adresse auf die Thronrede fest und offen erklären: „die Unzulänglichkeit der Bürgschaften für Aufrechterhaltung der Verfassung und der bürgerlichen Freiheit sey durch die jüngsten Ereignisse bewiesen worden: das Volk erwarte von seinen Vertretern vor allem Auswirkung zureichenderer Garantien: dadurch sey der Kammer der Abgeordneten die unabweisliche Pflicht auferlegt, um die Vorlage eines Gesetzentwurfes zur zeitgemäßen und durchgreifenden Reform der Verfassungs-Urkunde zu bitten: die Kammer sey dem Volke und ihrem eigenen Gewissen schuldig, zur Unterstützung dieser Bitte von allen ihren formellen 128
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1031 Rechten Gebrauch zu machen, so wie sie auch alle Gesetzentwürfe, die vor der Reform-Maßregel vorgelegt würden, wegen ihrer Abhängigkeit von der Reform, als unzeitig betrachten müßte." — Hätte die Kammer der Abgeordneten eine solche Erklärung abgegeben und alle ihre vorgelegten Gesetzentwürfe, mit Inbegriff des Budgets, nach kurzen Discusionen zurückgewiesen, so würde die Regierung schon nach zwei Monaten gezwungen gewesen seyn, durch Auflösung der Wahlkammer an die Nation zu appelliren. Dortmals hätte aber das Volk zuverläßig mit Nachdruck geantwortet. Was that nnn aber die Deputirtenkammer? Nichts, rein nichts. In der nichts sagenden Adresse auf die Thronrede sprach sich der Charakter der Majorität der Kammer aus, welcher später in den verschiedenen Abstimmungen schärfer hervortrat. Opposition in den Worten und Unterwürfigkeit im Handeln, Aufgreifen und Unterstützen halber Maßregeln, planloses Fortschreiten in den parlamentarischen Geschäften und beharrliche Inconsequenz in den Hauptabstimmungen bildeten den Charakter der Mehrheit der Kammer. Das Schicksal des Gesetzentwurfes über den §. 44., der Beschwerden wegen Verletzung der Verfassung, die nicht einmal zur Entscheidung gebracht wurden, des Preßgpsetzentwurfes und vor allem der Anträge des zweiten Ausschusses in Betreff der Vereidigung der Armee, des Militair-Budgets, der Aufhebung des Lottos u. s. w. beweisen dieß hinreichend. Noch entscheidendere Beweise stehen aber ohne Zweifel bevor: denn man kann mit ziemlicher Gewißheit vorhersehen, daß die Deputirtenkammer auch ihre Abstimmungen über den Rechenschaftsbericht, die Civilliste, das Militär-Budget u. s. w. entweder ganz zurücknehmen oder nach dem Willen der Aristokratenkammer wenigstens bedeutend modificiren werde. - Man hat die Kammer vom Jahre 1825 der Servilität beschuldigt und weit hinter die gegenwärtige zurückgesetzt. Wir wollen jene Kammer nicht vertheidigen — nur bezweifeln wir, daß die neue Kammer viel vor jener voraus habe. Die Zeit, in welche die Wirksamkeit der Legislatur vom Jahre 1825 fiel, war von unserer Zeit wesentlich verschieden. Dort hatte die öffendiche Meinung noch nicht den freien, kräftigen Aufschwung genommen, der bei Eröffnung der dießjährigen Session so sichtbar hervorgetreten war, dort konnte eine entscheidende Opposition gegen die Regierung nicht so sehr auf eine nachdrückliche Unterstützung der öffendichen Meinung rechnen; dort war auch eine solche Opposition nicht so nothwendig, weil die Regierung noch Vertrauen genaß, unter die Herrschaft der Camarilla in der entschiedenen Weise wie gegenwärtig, noch nicht gebeugt war, und das System der Finsterniß und der Feindseligkeit gegen constitutionelle Freiheit und Staatsverfassung noch nicht so offen verkündet hatte. Eine Kammer, die in ihrer Adresse auf die Thronrede nicht einmal eine Mißbilligung über die Verletzung der Verfassung bestimmt ausgesprochen hat, eine Legislatur, die nichts gethan hat, um ein Gesetz über Verantwortlichkeit der Minister und andere Bürgschaften der constitutionellen Freiheit auszuwirken, eine Volksrepräsentation, welche der Censur ihre Beistimmung gab, die populären Anträge ihres zweiten Ausschusses in wesendichen Dingen ohne Unterstützung ließ, ihre Abstimmungen, wo sie einmal den öffendichen Interessen entsprachen, bei den ersten Widerstandsversuchen der Aristokratenkammer stets wieder zurücknahm, eine Kammer endlich, die neue Verfassungsverletzungen, ζ. B. das Verbot der Flugblätter, vor ihren Augen vorgehen ließ, ohne Beschwerde zu fuhren und
fur das verletzte Gesetz Genugthuung zu fordern, eine solche Kammer kann in Erwägung der gegenwärtigen Zeitverhältnisse vor der Legislatur des Jahres 1825 nicht viel voraus haben. Alles dieß gilt, jedoch nur von der Mehrheit der Deputirtenkammer, nicht von jener mit Ruhm bedeckten Minorität, die während des ganzen Laufes der Session Consequenz behauptete und bei allen Hauptfragen im Sinne der Freiheit, Aufklärung und der Volksinteressen überhaupt mit unerschütterlicher Kraft handelte. Die Namen Schüler, Weinmann (Dekan), Scheuing, Ziegler, Heinzelmann, Zinn, Schäfer, Jourdan, Schoppmann, Brogino, Ritter, Mutz, Schwindel, Binder, Lang, Brandenburg, Dietrich, Schalkhäuser, Lanzer und andere werden stets im dankbaren Andenken der Nation leben. Es wird uns eine angenehme Beschäftigung gewähren, die wichtigsten Diskussionen und Abstimmungen durchzugehen, um zeigen zu können, wie eine gewisse Anzahl von Deputirten nie strauchelte, und bei allen Gelegenheiten eine Charakterfestigkeit, Einsicht und Consequenz entwickelte, daß man schon immer im Voraus bestimmen konnte, wie bei jeder schwebenden Frage ihr Benehmen beschaffen seyn würde.
Anfrage aus Hessen. Der Artikel 35 unserer Verfassungs-Urkunde lautet: „Die Presse und der Buchhandel sind in dem Großherzogthume frei, jedoch unter Befolgung der gegen den Mißbrauch bestehenden oder künftig erfolgenden Gesetze." Gesetze können im Großherzogthum nur von den drei gesetzgebenden Gewalten ausgehen, und die Minister haben die ganze Verfassungs-Urkunde, folglich auch diesen Artikel beschworen, in welchem eine durch Bundestags-Beschlüsse eintretende Censur nicht einmal erwähnt ist. Da wir (der Mehrheit nach protestantische) Hessen nun nicht einmal dem Pabste, und noch weniger einem Congreß absoluter Monarchen die Befugniß zugestehen, von einem Eide zu entbinden oder ein auf Gesetze gegründetes Recht in Unrecht zu verwandeln, so wäre ich verlangend, belehrt zu werden, wie der auf die Verfassung geleistete Eid unserer Minister und die im Großherzogthum fortbestehende Censur zu vereinigen seyen. Man wird sich auf den zweiten Artikel unserer Verfassung berufen; aber da jetzt die Mehrzahl der deutschen Staaten, gleich Hessen, Verfassungen besitzt, welche Preßfreiheit anerkennen, so ist ein auf Stimmenmehrheit gegründeter Bundesbeschluß, welcher Censur anordnet, nur denkbar, wenn die Gesandten der constitutionellen Staaten im Widerspruch mit den Verfassungs-Urkunden der Staaten, welche sie vertreten, also gegen Eid und Pflicht stimmen. Ich gestehe aufrichtig, in meinem Nachdenken keinen Faden zu finden, der mich aus diesem Labyrinthe fuhren könnte, es sey denn, daß wir außer unserm gesetzlich regierenden Großherzoge auch noch die absoluten Monarchen von Oesterreich und Preußen als unsere Oberherren zu erkennen verpflichtet wären. Ich würde darum einem ministeriellen Publicisten, ζ. B. dem Herrn Ministerialrath Linde, fur eine Belehrung über diesen Punkt sehr dankbar seyn.
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Ta g e s - C h r o n i k . England. London den 31. Okt. Gestern fanden ernstliche Unruhen in Bristol statt. Ein Kampf zwischen dem Volk und den Constablern hatte einen Todten zur Folge und die Arrestation mehrerer Personen, welche aber von der Masse bald wieder befreit wurden. Der Zug wandte sich sodann nach dem Stadthause. Alle Fenster wurden eingeworfen, das Hauptthor mit Gewalt erbrochen, alle Meublen zerstört, die Offiziere geschlagen und bis in die Zimmer der Mairie verfolgt. Der Maire verlas die Aufruhrakte, was jedoch dem Werke der Zerstörung keinen Einhalt zu thun vermochte. Die Constabler und der Maire retteten sich endlich über die Dächer. Nun kamen drei Cavalleriecorps, und führten Ruhe herbei. Gegen 8 Uhr Abends entstand neuerdings Streit mit den Soldaten, welche mit gezogenem Säbel die Massen aus einander trieben. Heute Morgen hatten sich die Köhler und Bauern dem Volke angeschlossen. Der Kampf wurde ernstlicher, die Cavallerie mußte Feuer geben, mehrere Personen wurden getödtet, viele verwundet. Die Erbitterung des Volkes hatte sich noch mehr gesteigert und ein neuer Angriff aufs Stadthaus fand statt. Das Volk bemächtigte sich der Keller und erhitzte sich durch den Genuß von starken Weinen. Voll Uebermuths forderte es die Soldaten zum Angriff auf. Man erwartet Hülfe von Bilton und furchtet ein blutiges Zusammentreffen. Einige tausend Menschen sind um das Rathhaus versammelt, das Volk hat sich jetzt bewaffnet und will seine Revanche gegen die Dragoner nehmen. Es sind Kuriere um neue Verstärkung abgegangen. - Das 14. Regiment der Dragoner wird so eben aus der Stadt vertrieben. Das 3. Dragonerregiment verbrüdert sich mit dem Volke. Bridewell und das neue Gefängniß stehen in Flammen. Alle Gefangenen sind befreit. Frankreich. Paris, 2. Nov. Statt der früher beabsichtigten Ernennung von 100 Pairs soll deren Zahl jetzt auf 40 oder 45 beschränkt werden. Der Grund liegt in der Verweigerung mehrerer hoher Personen, diese Würde in einem Augenblicke anzunehmen, wo sie in Frage steht. So stoßen unsere Minister immer auf neue Schwierigkeiten, selbst in Sachen, wo sie kaum vorherzusehen sind. Chateaubriands Brochüre bleibt fortwährend Gegenstand der Unterhaltung und erregt viel Aufsehen. - Briefe, welche wir aus dem Departement de Lot und Garonne erhalten, melden: daß die Bewohner dieses und der benachbarten Departemente entschlossen seyen, keine indirekte Abgabe, so wie auch keine Erhöhung der direkten, wie sie in der Kammer bewilligt worden, zu bezahlen. Eine Association ist gebildet worden, wovon jedes Mitglied geschworen hat, denjenigen, welcher eine solche Abgabe entrichte, aus dem Departement zu verjagen. — Die Stimmung sämmtlicher Departemente ist überhaupt beunruhigend; es herrscht allgemeiner Unwillen über die indirekten Steuern, und als Folge desselben brachen an mehreren Orten Unruhen aus, so daß die Kammer sich beeilen sollte, einen andern Zustand der Dinge herbeizufuhren. Allein was thut unsere Kammer? Sie zeigt sich schlaff, alle Geschäfte stocken, ja man will sie sogar auf einen Monat prorogiren, während das Budget, die Civilliste und so viele andere Gesetzesentwürfe von Wichtigkeit noch zu diskutiren sind. Paris, den 1. November. Consol. 5 Proz. 94,35; 3 Proz. 66,95; Falconnet 78,10; ewige Rente 53 4.
Holland. Rotterdam, 26. Okt. Unsere Prinzen haben an die Armee eine Proklamation erlassen, worin dieselbe aufgefordert wird, auf ihrer Huth zu seyn, indem der Waffenstillstand wahrscheinlich aufgekündigt werden würde. Amsterdam, 28. Okt. Tausend Gerüchte durchkreuzen sich: das aber ist gewiß, daß der König den Vertrug nicht annimmt. Unser Heer befindet sich in einer concentrirten Stellung, und ist auf jedes Ereigniß gefaßt. — Die Fonds steigen. (Frankf. Journal.) Belgien. Brüssel, 30. Oktober. Das Hauptquartier ist noch immer in Mecheln. Unsere Streitkräfte sind nach Westerloo, Lierre, Herrenthals, Gheel und Tournhut vertheilt. Etwas steht noch in Diest. General Desprez, Chef des Generalstabs, zeigt sich sehr thätig. Die Handelskammer von Antwerpen hat auf die Anfrage der Regierung einstimmig erklärt, daß man die 24 Artike annehmen müsse. Die Majorität in der Repräsentantenkammer ist noch immer fur die Annhme des Friedenstraktats. Im geheimen Comite vom 29. zeigte Herr Vandeweyer an, daß der Finanzminister nächstens einen Bericht über die Staatsschuld vorlegen werde. Auf die Frage, was die Regierung zu thun gedenke, wenn Holland seine Verpflichtungen nicht erfüllen sollte, erwiederte der Redner, daß es zu gefährlich sey, sich jetzt hierüber zu erklären. — Die Erörterungen des Hrn. Vanderweyer wurden für sehr ungenügend gehalten. Hr. Lehon meint, daß es durchaus nothwendig sey, den Traktat anzunehmen, da uns die Konferenz sonst dazu zwingen werde. Man müsse die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, Belgeen endlich einmal zu constituiren, Belgien, das nie unabhängig gewesen, sondern immer von einer Hand in die andere übergegangen sey. (Aachn. Zeitung.) Brüssel, 31. Oktbr. 9 5 Uhr Abends. Die Stellung der Minister wird von Tag zu Tag schwieriger. Schon gestern begann die Entscheidung unserer Deputirtenkammer zweifelhaft zu werden. Die Majorität wurde schwankend, und die gestrige Sitzung hat einen ziemlichen Theil der Deputirten umgestimmt, welche sich früher für die Annahme des Friedensvertrags ausgesprochen hatten. Heute wurde die Mehrheit fur die Annahme noch schwächer. - Das Ministerium zeigte Bestürzung und des befehlenden Tones der Conferenz eingedenk, sprach es bestimmt aus, daß Belgien kein Ausweg bleibe, i s die Annahme der 24 Art. Dadurch wurde bei der Majorität der Kammer die alte Furcht eine Zeitlang wieder rege, allein gegenwärtig hat die Kammer sich wieder ermannt, so daß die Opposition gegen Erwarten der Minister und zu ihrer größten Verlegenheit täglich mehr Terrain gewinnt. - Morgen soll öffentliche Sitzung statt haben. Um die Verhandlungen in die Länge zu ziehen wird die Opposition die Taktik anwenden, jede ihrer Noten zu erläutern, und durch lange Reden zu rechtfertigen, so daß Morgen noch keine Entscheidung zu erwarten ist, während die Angst des Hrn. Melenaere immer mehr steigt. Was besonders dazu beiträgt, die Kammer fiir die Verwerfung zu stimmen, ist die eingelaufene Nachricht, daß der König Wilhelm in der Antwort auf die Adresse der Generalstaaten erklärt hat, „der politische Horizont trübe sich immer mehr; Holland würde bald genöthigt seyn, seine Zuflucht zu den Waffen zu nehmen, um die legitimen Rechte zu erhalten, worauf die Conferenz gar keine Rücksicht nähme. ["] Wir müssen daher den Wiederausbruch der Feindseligkeiten
1035 erwarten, und was man uns auch über die ausgelaufene englische Flotte sagen mag, so glauben wir doch in keinem Fall, daß sie den König Wilhelm zwingen wird, den Vertrag anzunehmen. Herr Osy, Deputirter von Antwerpen, wird morgen ein Amendement vorschlagen, des Inhalts: daß die Annahme des Vertrags nur dann als gültig zu betrachten sey wenn die fünf Mächte sich verbindlich machen für die Aufrechterhaltung der stipulirten Artikel von Seite Hollands zu garantieren. Die angebliche Majorität wird sich diesem Amendement anschließen, welches auch wieder dazu beiträgt, die Discussion verwickelter und gedehnter zu machen. Die Unruhen in Antoing sind noch nicht ganz beigelegt. Deutschland. Die Rheinschifffahrts-Commission in Mainz ist der gänzlichen Beendigung der Vertragsbestimmungen ganz nahe, indem, wie wir eben aus Berlin erfahren, die große Mehrheit der Mitbetheiligten an der Rheinschifffahrt bei der noch übrigen Ernennung des Oberaufsehers in der Person des Geh. Raths Hrn. v. Aner einig seyen, und die weiter finanziellen Reklamationen einiger Staaten gegen Preussen entweder einem Ausschuß des Bundestags oder einem Arbitralgericht zur Entscheidung übergeben werden würden. Mainz, den 1. Nov. Die Reklamationen wegen unserer Einquartirungslast sind nun vom Bundestage entschieden. Der h. Bundestag erklärte nämlich, daß, ohne Unterschied der Jahreszeit, der Quartierträger täglich 3 2 kr. pr. Kopf fur Logis, Bett, Licht, Feuer zum Heitzen und zum Kochen erhalten solle, mit der bedingenden Clausel jedoch, daß bei denjenigen Soldaten, welche bei den Quartierträgern ihre Speisen nicht kochen, ein Abzug in Anrechnung gebracht wird, welcher Abzug allein von der Militärbehörde zu bestimmen ist. (Schw. M.) Frankfurt, vom 31. Okt. Sechs der Hauptmänner des Tumultes oder doch wahrscheinlich die Mörder der drei Soldaten sitzen im Criminalgefängniß. — Wir haben in unsern frühern Artikeln noch nicht berichtet, daß am Abende des 25. Okt. ein Haufe Meuterer auch nach der Wohnung des Bürgermeisters gezogen, um dort die Fenster einzuwerfen, was jedoch die Bürgergarde verhinderte. Der österreichische Bundestagsgesandte soll mit dem Einrücken eines Theiles der Mainzer Garnison in die freie Stadt gedroht haben, und hat augenblicklich Couriere an seinen Hof abgefertigt. Die Auftritte am 25. d. hatten einen so ernsten Charakter, daß mehrere der ersten Magistratspersonen sich im Arresthause verborgen gehalten haben sollen. Aus Norddeutsch land. Die Bewegung der Gemüther ist in diesem Augenblicke in ganz Europa größer, als je; darin stimmen die Zeitungen aller Farben überein, und alle scheinen, je nach ihrer Gesinnung, zu furchten oder zu hoffen, daß ein unvorsichtiger Hauch die unterdrückte Flamme zum Ausbruch bringe. Was Vielen bange macht, ist die allgemein verbreitete Meinung, daß Oesterreich, Rußland und Preußen sich vereinigt hätten, alles constitutionelle Leben zu vernichten und überhaupt jede freie Regung zu unterdrücken; und daß dieß und so manches Andere verderblichen Einfluß auch auf Deutschland und die besten deutschen Fürsten haben werde; vielen Regierungen sey es ohnehin mit ihrer Liberalität nicht sehr Ernst gewesen, und diese würden nun gern die servile Seite herauskehren und schwerere Fesseln anlegen u. s. w. Uns scheint die Furcht wenigstens übertrieben, und
1036 wie wir an eine solche Unredlichkeit nicht glauben, so flirchten wir auch nicht, daß man von Neuem unabsehbares Elend über Deutschland herbeifuhren werde. Viel entscheidend ist aber der Augenblick. (Han. Z.) Würtemberg. Der Hochwächter theilt die Namen der baierischen Deputirten mit, welche für völlige Aufhebung der Censur gestimmt haben, und bemerkt dabei: „Leicht möglich, daß die meisten unserer Leser diese Männer nicht persönlich kennen; aber sie haben ja einen Brutus, einen Casca, einen Metellus Cimber etc., oder einen Vergniaud, oder wie so viele andere wackere Männer der Geschichte heißen mögen, auch nicht persönlich gekannt, und doch haben sie sich in der Schule damit abgegeben, dergleichen Namen auswendig zu wissen. Und was nicht ist, kann werden. Leicht möglich, einer unserer Leser hört auf der Reise einmal in einem Gasthofe einen gegenübersitzenden Herrn mit: „Herr Gehauf oder „Herr Kühbacher" anreden, und erinnert sich und erkundigt sich, und hat vielleicht die Freude, einen jener vierundvierzig baierischen Deputirten kennen zu lernen, die das freie Wort in deutschen Landen retten wollten - oder summst er Nachts im Postwagen: „Schickendanz" vor sich hin - „was steht zu Diensten?" fragt eine gegenübersitzende dunkle Gestalt, und wiederum ist die Bekanntschaft mit einem freigesinnten deutschen Manne gemacht." München, 7. Nov. Auch den «institutionellen Deutschen im Großherzogthume Hessen, namentlich in Gießen, Darmstadt, Friedberg, Lieh, Vöhl und Butzbach müssen wir für die liberale Unterstützung unseres AktienUnternehmens unsern Dank öffentlich darbringen. Bei einer so lebhaften Theilnahme in Würtemberg, Baden, Hessen und dem baierischen Rheinkreise dürfen wir uns nun der Hoffnung ergeben, gegen die Willkühr eine Schutzstätte zu finden. Die Tribüne wird unter den Schutz der Gesetze und Gerichte im Rheinkreise ihren Lauf fortsetzen. Bei dieser Gelegenheit fühlen wir uns auch gedrungen, den Buchdruckereibesitzer, Herrn Ritter zu Zweibrücken, welcher bis zur Errichtung einer eigenen Druckerei seine Pressen auf die bereitwilligste Weise uns angeboten hat, unsern Dank öffendich auszudrücken. — Die gewaltthätige Einsperrung des Redakteurs der Tribüne ist abermals um 48 Stunden verlängert worden, und wird nunmehr wohl so lange fortdauern, bis die Verhältnisse ihm gestatten, aus dem Sitze der Finsterniß und der Willkühr in die Regionen der Aufklärung und des Gesetzes sich zu begeben. Doch die moralische Freiheit ist höheren Werthes, als die körperliche. Mag der Körper in widerrechtlicher Gefangenschaft gehalten werden, wenn nur der Geist frei ist und seinen Henker der Herrschaft entsetzt hat. Ja sie sind ihres Schergenamts entsetzt, unsere geistigen Henker, denn alles was sie willkührlich streichen, wird gedruckt — ihre edlen Amtsverrichtungen werden zum Spotte, weil sie solche vergebens ausüben. Die Verspottung mußte der Censur noch zu Theil werden, daß sie faktisch zur Ohnmacht wird, daß man ihr Streichen nicht respektirt. Das Bewußtseyn, über die schimpfliche Gewalt der Censur sich erhoben zu haben, erhält aber auch im Zustande der Einsperrung die Heiterkeit des Geistes.
Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
Mittwoch.
N m 130.
Zum europäischen Frieden. (Siebenter Artikel.) In der langen Unterbrechung unserer Betrachtungen über den europäischen Frieden liegt ein Zeichen der Zeit. Der lebhafte Kampf der Meinungen hat auch in Deutschland sich eröffnet, die Gemüther feuriger Menschenfreunde mit Begeisterung erfüllt und den ruhigen Beobachter der Dinge in den Hintergrund gestellt. Stilles Forschen und kaltes tiefes Ergründen der Bedürfnisse der Gesellschaft bildet die Grundlage zur Veredlung des gesellschaftlichen Zustandes; allein leidenschaftlich-glühende Begeisterung für die große Sache der Völker ist die Waffe zur Besiegung des Widerstandes, welchen die Feinde der Nationen den vom kalten Verstände als nothwendig erkannten Reformen entgegen setzen. Wo die gründlichsten und besonnensten Nachweisungen über die Bedürfnisse der Gesellschaft engherzige Machthaber und privilegirte Stände von dem hartnäckigen Widerstande gegen die Interessen der Gesammtheit nicht abzubringen vermögen, wo, entmuthigt durch die Macht der Volksfeinde, selbst die öffentliche Stimme an einer bessern Zukunft verzweifelt, - da kann nur noch die Flamme der Begeisterung Hoffnung erwecken, und wahrlich Deutschland wird seine finstere Nacht noch lange nicht erhellt sehen, wenn ihm nicht ein ritterlicher Held ersteht, dessen Wesen in edle, hingebende Leidenschaft aufgelöst, die erstorbenen Nationalgefühle gleich einem elektrischen Funken zu wecken, und die gedrückten erkalteten Gemüther mit dem himmlischen Feuer ergreifender Beredtsamkeit zu erwärmen im Stande ist. - Mitten unter dem Kampfe der Meinungen ist eine Conferenz von Diplomaten beschäftiget, den europäischen Frieden durch gütliche Ausgleichung der im Streite liegenden Interessen zu schützen. Wollten die großen Mächte wirklich jene Interessen versöhnen, deren Widerstreit die Ruhe Europas gefährdet, und würden sie bei der Wahl der Mittel von dem Genius der Zeit und dem Bedürfnisse des gesellschaftlichen Zustandes der Völker sich leiten lassen, so könnte man für Aufrechthaltung des europäischen Friedens Hoffnung schöpfen. Allein die Diplomaten haben es nur mit der Abfindung eines Fürsten zu thun, die auf Kosten eines andern Volkes bewirkt werden soll: die Versöhnung der im Kampfe liegenden Prinzipien des Jahrhunderts liegt außer dem Bereiche ihres Strebens, es wäre denn, daß man die Absicht dazu rechnen
Tagblatt.
München den 9. November 1831.
wollte, durch eine kurze Waffenruhe in den Niederlanden zur Unterdrückung des Geistes der Zeit vollends die Mittel zu finden. Es ist möglich, daß es der Gewalt noch einmal gelinge, die Anforderungen des Zeitgeistes zurückzuweisen, allein die dadurch errungene Ruhe ist blos ein Waffenstillstand, nur die dumpfe Stille eines großen Staatsgefängnisses, dessen Bewohner, durch die bewaffnete Gewalt eingeschüchtert, den Befehlen der Machthaber sich unterwerfen. Friede, der mehr seyn soll, als ein Waffenstillstand von kürzerer oder längerer Dauer, ist nur dann möglich, wenn gewissenhafte Achtung der Urrechte des Menschen und heilige Achtung der Urrechte der Völker zum obersten Gesetze der Staatskunst und des Völkerrechts erhoben wird. Gebt die Neigung auf, die Nationen als Sachen zu betrachten, die als der Preis der Kämpfe unter die siegenden Machthaber vertheilt werden, um ein Gegenstand ihres Vermögens zu werden; laßt ab von der gegen die Gesetze der Natur streitenden Zerstückelung der Nationen; gebt dem Menschen den freien Gebrauch seiner körperlichen und geistigen Kräfte wieder; gesteht endlich zu, daß die Angelegenheiten der mündigen Völker nach dem Ausspruche der öffentlichen Vernunft geleitet werden, — und ihr werdet bald die Grundlage gewonnen haben für einen dauerhaften europäischen Frieden. Der Mensch ist nicht zur Ruhe, sondern zur Thätigkeit geboren. Kampf ist das Element, nach welchem jedes Gefühl der Kraft sich sehnt; allein der Kampf soll nicht in dem Ringen roher Gewalten, sondern vielmehr in dem Wetteifer der Intelligenz, des Fleißes und der Industrie bestehen. Jedes Volk wird durch seinen Nationalstolz getrieben, über andere Völker sich zu erheben, allein nicht in der Mißhandlung und Unterjochung anderer Völker durch rohe Waffengewalt kann eine civilisirte Nation ihren Ruhm und ihre Ehre suchen, sondern nur in dem Uebergewichte ihres materiellen Wohlstandes, so wie ihrer sittlichen und geistigen Veredlung. - Verwendet, ihr Völker, eure Kraft nicht zur Eroberung eines neuen Gebietes, sondern zur Veredlung des innern Zustandes eurer Länder. Beengt euch nicht gegenseitig den Athem, welcher zur Erhaltung eures Lebens nöthig ist, sondern laßt ihn seine wohlthätigen Verrichtungen ungestört vollbringen, gebt den Handel frei und gestattet ihm, seine unerschöpflichen Schätze den bedrückten Völkern ungehemmt wieder zuwenden zu können. Verleihet seinem Gange Flügel, indem ihr eure Länder nach allen Richtungen mit Canälen und Eisenbahnen durchschneidet, um die Städte den Städten und 130
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1047 die Lander den Ländern näher zu rücken; erhebt Talent, Fleiß und Geschicklichkeit über die Macht des Geldes, indem ihr durch große Associationen den Credit assecurirt und das Geld dadurch gleichsam zu einem Handwerkzeug herabsetzt, das auch der Unbemittelte nach Maßgabe der Bedürfnisse seiner Unternehmungen ohne Schwierigkeit sich verschaffen kann; hebt die Macht ererbter Standesvorzüge auf, indem ihr durch Gesellschaften der hülflosen Jugend die Mittel zur Ausbildung ihrer Naturanlagen bis zur Begründuug ihres Nahrungsstandes vorschießt; macht nur mit diesem einen Anfang, und ihr werdet einsehen, welch' ein unendlicher Spielraum der wetteifernden Thätigkeit der Menschen und Völker gegeben ist. Ein völkerrechdicher Zustand, welchem die gegenseitige Anerkennung der Rechte der Nationen und freiwillige Unterlassung jeder Kränkung derselben zum Grunde liegt, ist kein Hirngespinnst, sondern eine Forderung der Vernunft, welche, wie in vielen andern Dingen, so auch hierin im Laufe der Zeiten über Vorurtheil und Rohheit den Sieg zuverlässig davon tragen wird. Der Weg dazu wird durch die Einfuhrung der repräsentativen Staatsverfassungen gebahnt, weil hierdurch die öffentliche Meinung des Volkes auf die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten den ihr gebührenden Einfluß gewinnt, und in der Herrschaft der öffendichen Vernunft, so wie der in Sympathie der Völker ein Damm gewonnen wird, gegen den Ehrgeiz, die Eroberungssucht und andere unlautere Leidenschaften einzelner Machthaber. Gleichwie aber die Umschaffung der absoluten Regierungsform in die constitutionelle das Mittel wird, den Reibungen der Nationen ein Ziel zu setzen, so ist dieselbe auch das Mittel, die Gährungsstoffe im Innern der Länder zu entfernen. Versöhnung mit dem constitutionellen Prinzipe - das ist es also, was der Geist der Zeit, so wie die gemeinschaftlichen Interessen der Völker und der Fürsten fordern; nur hierin liegt der Weg zum europäischen Frieden.
An unsere
Leser.
Nachdem man den Redakteur der Tribüne durch widerrechtliche und gewaltthätige Einsperrungen, wobei man das Rechtsmittel civilisirter Nationen, die Berufung, stets verweigerte, nicht zu erschüttern vermochte, greift man nun zu dem Mittel willkührlicher Confiscationen, die, wie die Leser sehen, rasch hinter einander eintreten. Unter solchen Umständen bleibt uns nichts übrig, als die Verlegung des Blattes nach dem Rheinkreise zu beschleunigen. Damit aber der Redakteur, um dieß bewirken zu können, die Freiheit wieder erlange, ist kein anderer Ausweg vorhanden, als eine kurze Zeit lang die Aufsätze der Redaktion zurückzuhalten und das Blatt mit Artikeln anderer Journale zu füllen, welche einer verständigern Censurbehörde unterworfen sind.*) Wir machen den Anfang mit folgendem interessanten Artikel des Volksblattes, der in München zuverlässig gestrichen worden wäre.
*) Die Unterbrechung der Aufsätze der Redaktion wird nur eine kurze Zeit dauern. Wir hoffen wegen des Dranges der Umstände auf geneigte Nachsicht unserer Leser zählen zu dürfen.
Der constitutionelle Sinn Staatsregierung,
unserer
b e l e u c h t e t in e i n e r P a r a l e l l e . Es ist bekannt, daß Englands constitutioneller König sich mit nicht geheuchelter Theilnahme nach dem Befinden eines Mannes erkundigen ließ, der eine eben so leidenschaftliche als unedle Opposition gegen des hochherzigen Wilhelms schönste Idee ergriffen hatte, und dafür beinahe ein Opfer der Volksrache geworden wäre. Diese Thatsache, die vor allen geeignet ist, die edle Selbstbeherrschung und somit den wahrhaft constitutionellen Sinn des größten aller lebenden Fürsten zu bezeugen, veranlaßt uns durch eine traurige IdeenAssociation das öffentliche Leben in England und in Baiern einer vergleichenden Betrachtung zu unterwerfen. In England schlingt sich das Band der Liebe und des Vertrauens zwischen König, Ministerium und Volk, nur die Aristokratenkammer steht wie ein feindlicher Dämon diesem Liebesbunde gegenüber. Die Organe der öffentlichen Meinung sprechen in England nicht der Oppositon das Wort. — In Baiern verbindet sich die Regierung mit dem Aristokratismus gegen das Volk, Kälte una Mißtrauen haben sich — was auch immer einige eigennützige und knechtische Schreier dagegen sagen mögen - zwischen Regierung und Volk gedrängt, und wir überlassen es dem Leser, zu entscheiden, ob das Volk, welches in wahrer constitutioneller Bahn sich bewegen will, oder unsere Cabinetsregierung, die sich von dem bequemen Absolutismus nicht loswinden zu können scheint, die Veranlassung zu diesem wechselseitigen Mißtrauen geben. Die Losung des hochherzigen Wilhelms heißt „Vorwärts", möglichste Entwickelung eines volksthümlichen constitutionellen Systems ist die freigewählte Aufgabe seines unsterblichen Lebens. - In Baiern kennt man das „Vorwärts" nur in den Gedichten eines königlichen Sängers „Freiheit lebt nur in dem Reich der Träume"; die Staatsregierung läßt zwar den König in der Thronrede sagen: „Ich möchte nicht unumschränkter Herrscher seyn", verfolgt aber jede constitutionelle Regung, welche die Willkühr zu beschränken droht. Englands König zeigt freundliche Theilnahme selbst gegen die Mitglieder einer Opposition, welche aus verwerflichem Egoismus seiner liberalen Reform feindlich in den Weg trat, und eine That verhindern möchte, durch die König Wilhelm im Gedächtniß der Völker einen ehrenvollem und dauerndem Platz erringen wird, als Johann ohne Land durch die gegen seinen Willen entstandene Verfassung. — In Baiern verfolgt und schmäht die gesammte Hofpartei und einige feile Hofjournalisten die Opposition in der zweiten Kammer, weil sie uneigennützig durch Versprechungen wie durch Drohungen nnerschütterlich unsere Institutionen theils aufrecht erhalten, theils verbessern, vor allem aber der Staatsregierung die Lehre geben zu müssen glaubte, daß Ersparung zuvörderst da beginnen müsse, wo bisher am meisten Ueberfluß war; die aber dem Könige nie feindlich in den Weg trat, wenn er durch wahrhaft großartige Regierungshandlungen seinen Namen in das große Buch der Menschheit eintragen wollte. In England haben König und Minister alles aufgeboten, damit die Erbitterung des Volks nicht zur blutigen That reife, sie wollten ihre Lieblings-Ideen, die der eigensüchtige Aristokratismus niedergetreten hatte, nicht durch das bewaffnete Volk wieder aufrichten lassen. — In Baiern haben die Hof-
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1049 und Ministerial-Zeitungen nichts unterlassen, um den Münchner Pöbel gegen die Abgeordneten aufzuregen und Gewalt-Scenen herbeizufuhren, und man hat nicht erfahren, daß von Seite der Regierung Einschreitungen gegen solche Frevel geschehen wären. In England sind die Stände als gesetzgebende Gewalten geachtet. - In Baiern kann es der Beamtendünkel noch nicht einsehen, daß der Staatsdiener dieselbe Ehrfurcht gegen die Stände, wie gegen die Regierung selbst hegen müsse, jeder Schreiber glaubt über die Abgeordneten schimpfen zu dürfen, was um so weniger auffallen wird, wenn man erfährt, daß General-Commissäre mit solchen pflichtvergessenen Beispielen voran gehen, besonders wenn sich die Abgeordneten nicht zu blinden Werkzeugen des Absolutismus erniedrigen wollen. Mit einem Worte, in England lebt die Verfassung in Wort und That, während wir der baierischen Regierung mit Royer Collard's Worten zurufen müssen: Nennt die Verfassung keine Wahrheit, dann haben wir doch eine Lüge weniger!
Tages-Chronik. England. London, 2. Nov. Die Nachrichten aus Bristol sind beruhigend. Unser Ministerium wird alle gesetzlichen Mittel anwenden, um die Ruhe aufrecht zu erhalten. Der König ist heute in der Stadt eingetroffen, in der Absicht, einer Berathung darüber beizuwohnen. Man glaubt, daß eine Proklamation publicirt werden soll, vermöge welcher eine Belohnung von 1000 Pf. St. für die Gefangennehmung derjenigen Personen zugesagt wird, welche zu den Unruhen in Bristol Veranlassung gegeben, oder an der Spitze der Aufrührer gestanden haben. - Marquis von Londondery hat einen Orden mit einem eigenhändigen Schreiben von Don Miguel erhalten, worin er ihm für das Interesse dankt, mit welchem er sich in der Kammer der Pairs für die portugiesischen Angelegenheiten verwendet habe. — Das Bild dieses Marquis wurde gestern an einem Stocke in den Straßen Sunderland herumgetragen, und zuletzt in der hohen Straße unter ungeheurem Geschrei nnd Gepfeiffe einer unzähligen Masse von Zuschauern verbrannt. — Die Reformversammlungen vermehren sich in allen Städten, sogar in kleinen Burgen; überall entwerfen die Clubs Adressen an das Ministerium Grey mit dem Ansuchen, die Reformbill auf keine Weise zu modificiren, sondern so wie sie Lord Roussel vorgelegt, wieder ins Parlament zu bringen. - Hunt fährt fort, die heftigsten Anreden ans Volk zu halten, und sucht mit seinem Anhange eine blutige Revolution herbeizuführen. Die Conferenzen haben gestern wieder begonnen. Bristol den 1. Nov. Wir schöpfen endlich wieder freyer Athem nach den fürchterlichen Scenen von Aufruhr und Zerstörung, deren Zeugen wir waren. Laut offiziellen Angaben belaufen sich die Todten und Verwundeten nur auf348, allein es sind wenigstens 4 bis 500 in Privathäusern untergebracht worden, welche in jener Angabe nicht begriffen sind. Viele Mordbrenner sind Opfer ihrer eigenen Wuth geworden, indem sie aus den Häusern nicht mehr entkommen konnten, welche sie selbst in Brand gesteckt hatten. Die Schuldigen sind hauptsächlich Köhler und Schiffer, größtentheils vom Lande. Die Patrouillen kreuzen sich in den Straßen wie in einer erstürmten
Stadt, der Magistrat ist thätig, es sind keine neue Unruhen zu befurchten. Gestern Mittags traf noch ein InfanterieRegiment ein. Die entwendeten Gegenstände sind zum Theil wieder gefunden worden. Sie liegen in Kirchen, und werden von Soldaten bewacht, so wie auch die Gefangenen, deren Zahl groß ist. Man erwartet noch ein Regiment im Laufe des Tages, ein Staabsaffizier ist von London eingetroffen, um das Commando der Truppen zu übernehmen. Schon werden hie und da wieder Läden eröffnet, alle angesehenen Bewohner leisten einstweilen Constablersdienste. Eine öffendiche Versammlung wird nächsten Samstag statt haben, um über das Verfahren des Magistrats Berathung zu pflegen. Man sagt, es sey neuerdings eine bedeutende Zahl Köhler im Anzüge begriffen. Um vorige Nacht Ruhe zu erhalten, wurden alle Bewohner aufgefordert, Lichter an die Fenster zu stellen, indem man fürchtete die Unruhstifter möchten die Röhren der Gasleitung unterbrechen. Von dem Zustande Queen Squares kann man sich keinen Begriff machen, man sollte glauben, es sey bombardirt worden. Nachschrifi. 4 Uhr Abends. Das Gerücht verbreitet sich, daß die Köhler heute Nacht die Stadt stürmen wollen. Wir haben indessen eine bedeutende Zahl Truppen, um gehörigen Widerstand leisten zu können, und man erwartet noch das 58. Regiment zur Verstärkung unserer militärischen Macht. Frankreich. Paris, 4. Nov. Bisher hatten die ministeriellen Journale über die Ernennung neuer Pairs das tiefste Stillschweigen beobachtet, heute endlich meldet das Journal des Debats, daß diese Ernennung noch vor der Vorlage des Gesetzesentwurfs über die Pairie statt finden solle. Zu einem so armseligen Mittel nimmt also das Ministerium seine Zuflucht, um ein so armseliges Gesetz durchzufuhren! Diese Maßregel, wenn sie wirklich statt findet, ist eine offenbare Verhöhnung der Charte, derselben Charte, welche zur Wahrheit geworden seyn soll, und welche seitdem ! Die Charte von 1830 bestimmt ausdrücklich, daß der Art. 23 durch die erste legislative Sitzung revidirt werde. Ist es daher nicht augenscheinlich, daß der König kein Recht hat, Pairs zu ernennen, bis jene Revision statt gefunden. Wir müssen gegen diesen Mißbrauch mit aller uns zu Gebote stehenden Kraft: protestiren, denn wir wissen, wohin eine erste Verletzung der Constitution fuhrt; wir haben kürzlich gesehen wie das Volk Genugthuung nahm in seinem und des Landes Interesse; wir fordern Herr Perier auf, es nicht zu vergessen. - Die portugiesischen Flüchtlinge, welche an der Expedition Don Pedros Theil nehmen, werden den 15. d. Μ. Paris verlassen, um sich zum Theil direkt nach Terceira, zum Theil mit Don Pedro nach London zu begeben. — Das Ministerium kann sich nicht entschließen, das Gesetz über die Gültigkeit der in den 100 Tagen erworbenen Grade und Dekorationen zu promulgiren. Für ein neues Gouvernement ist immer das erst auszusprechende Veto eine bedenkliche Sache; wir ermahnen daher die Minister, es wohl zu überlegen, ehe sie von diesem Rechte Gebrauch machen. Frankreich sympathisirt zu sehr mit den Tapfern, welche seine Unabhängigkeit vertheidigt haben, um nicht von dem schmerzlichsten Gefühl durch die Verweigerung ergriffen zu werden: ihnen den so wohl verdienten Lohn ihres Muthes zuzugestehen. — Trotz der Ankunft der englischen Eskadre an der holländischen Küste haben wir noch immer nichts davon gehört, daß der König von Holland die 24. Art. angenommen habe. - Unsere Kammer wird immer schlaffer. Heute um halb 2 Uhr war sie
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1051 noch nicht in gehöriger Zahl, um sich den Arbeiten widmen zu können. So wie gestern verlangten auch heute mehrere Mitglieder, daß man einen namentlichen Aufruf mache, und die Abwesenden im Moniteur anführe. An der Tagesordnung war der 30ste Artikel des Rekrutirungsgesetzes. Die Verhandlungen boten kein besonderes Interesse dar. - Es circulirt im Augenblick eine Adresse an General Guilleminot zur Unterschrift, um demselbem für den Patriotismus zu danken, wovon er an seinem Gesaudtschaftsposten in Constantinopel so sprechende Beweise abgelegt hat. Paris, den 4. November. Consol. 5 Proz. 95,90; 3 Proz. 68,60; Falconnet 79,80; ewige Rente 54 f . Deutschland. Kassel, 3. Nov. Am 31. Okt. wurde in der Ständesitzung das vom Ausschuß revidirte Gesuch des Deputirten Jordan, die verfassungsmäßige Bevollmächtigung der Gesandten am deutschen Bundestage betreffend, genehmigt. Die Denkschrift wird jetzt gedruckt und ungesäumt der hessischen Staatsregierung übergeben werden. Möge sie nicht allein bei dieser, sondern auch im ganzen übrigen Deutschland gehörige Erwägung und Beherzigung finden! Als 114 Jahre früher, gerade an dem nämlichen Tage, Luther seine Theses an die Schloßkirche zu Wittenberg schlug, ahnten die Wenigsten wohl den Erfvlg dieser kecken That. Und wahrlich! ohne die Empfänglichkeit der Gemüther, worauf in solchen Fällen Alles ankommt, wäre jener Einfall ohne alle Folgen gewesen, und kaum gedächte die Geschichte noch desselben. Ob die Gemüther der Deutschen gegenwärtig gehörig empfänglich sind, wage ich nicht zu bestimmen; Das aber weiß ich, daß sie es billig seyn sollten, sowohl die Fürsten als die Völker. Die Zeichen der Zeit liegen klar am Tag, und es wird eine verhängnißvolle Zeit; ob auch eine große Zeit fur Deutschland, hängt von den Deutschen selbst ab. Darauf kommt es zunächst an, daß Fürsten und Völker zu gemeinsamer Behauptung ihrer Selbstständigkeit sich einen; daß kein getheiltes Interesse sie beide zu Grunde richte! Nur aufs Innigste zu Schutz und Trutz vereint, können sie den beiden Ungewittern, welche von Osten und Westen her das arme Deutschland bedrohen, kräftigen Widerstand leisten. Vor 300 Jahren bildete in dem großen Völkerkampfe die Theologie die Avantgarde, das Haupttreffen aber die Politik, und im Hinterhalte lauerten die schlauen Feldherrn, die alles ordneten, auf der einen Seite das Haus Oesterreich, auf der andern die protestantischen Fürsten. In dem jetzt noch bevorstehenden Kampfe bildet den Vortrab der Servilismus und Liberalismus, das Haupttreffen, wie damals, die Politik, den Hinterhalt, welcher alles in Bewegung setzt, der Osten und der Westen, und die Kundschafter des Heeres erwählt man aus den Mystikern. - Deutsche Fürsten, seyd auf eurer Hut! Nicht von euren Völkern droht euch Gefahr, wenn gleich ihr Streben nach verfassungsmäßiger Freiheit nicht länger zurückzuweisen ist; der Deutsche wird den Freibrief, welchen ihr ihm ertheilt, mit treuer Anhänglichkeit und mit seinem Blute zahlen. Gebt denselben ohne Vorbehalt, ohne Mißtrauen, und in Kurzem werdet ihr sehen, Wem ihr vertrautet. Aber nicht länger haltet die lange genährte Hoffnung hin, nicht länger hemmt das Streben nach größerer Einigung Deutschlands, in der allein der Deutsche seine eigne wie eure Rettung erblickt; daun mögt ihr ruhig den Stürmen der Zukunft entgegen sehen! Es ist eine alte
bekannte Regel, daß Gewitter, welche im Osten stehen, einen sehr starken, wiederhallenden Donner haben; sie sind um deßwillen nicht gefährlicher! Der Blitz aus Westen aber schlägt am liebsten in solche Bäume, welche nicht fest in vaterländischem Boden bewurzelt sind. Uns aber kräftigt dann das Siegsgeschrei: Mit Gott fiir Fürst, Freiheit und Vaterland. (Stuttg. allg. Ztg.) Marburg, 30. Okt. Der „Verfassungsfreund" (ein in Kassel herauskommendes Blatt von wahrhaft deutschem Charakter und mit mannhafter Freimüthigkeit in rein constitutionellem Sinne) berichtet, daß unsere Landstände auf den Antrag des Abgeordneten der hiesigen Universität, Professor juris Dr. Jordan, eines würdigen Genossen des badischen gefeierten Welkers, einstimmig, und ohne daß auch nur ein Widersacher sich hätte vernehmen lassen - die Staatsregierung ersuchen wollen, im gleichen Sinne der Welkerschen Motion, dazu kräftig mitzuwirken, daß eine constitutionelle Organisation des deutschen Bundes durch eine Nationalrepräsentation verwirklicht werde. Worauf der hiesige patriotische Verein sofort eine Adresse an die kurhessische Ständeversammlung zur dankbaren Anerkennung ihres fur alle deutschen Vaterlandsfreunde höchst erfreulichen zeitgemäßen Strebens votirt und beschlossen hat, solche drucken zu lassen, und mit vielen hundert Unterschriften der hiesigen Bürger und Einwohner, alsbald an die Stände einzusenden, wovon wir Ihnen hiernächst ein Exemplar zur gefälligen Aufnahme in Ihr Blatt mittheilen werden. (Const. Deutschland.) Aus dem Badischen, 3. Nov. Die an unsere Deputirtenkammer eingereichte Petition um Aufhebung des Cölibats wird schwerlich einigen Erfolg haben. Nur ein kräftiges Einschreiten der mächtigern Bundesfursten (Oesterreich, Preussen und Baiern) könnte den römischen Hof zur Abschaffung dieses kirchlichen Disciplinargesetzes bestimmen, aber gerade von dieser Seite läßt sich kein Entgegenkommen in dieser Sache erwarten. Auch möchte in den Vorurtheilen gar vieler katholischen Gemeinden noch ein großes Hinderniß liegen, so dringend auch die Demoralisirung eines Theils der katholischen Geisdichkeit eine Aufhebung jener widernatürlichen Anordnung fordern mag. Eine Trennung des Christenthums von dem Lehramte, wie in der alten Kirche, scheint das einzige Mittel, welches hier mit Glück angewendet werden könnte; würde das letztere wieder in die Hände von Diakonen gegeben, und das erstere auf Verwaltung der kirchlichen Mysterien beschränkt, so ließe sich vielleicht eine Versöhnung der Begriffe hoffen, indem das Gesetz der Ehelosigkeit für die Diakonen abgeschafft, und nur für die kleine Zahl von Priestern beibehalten würde. Ausserdem könnte leicht auch in Deutschland jener Zwiespalt entstehen, der in Frankreich früher durch den Priestereid hervorgebracht worden. Uebrigens mögen unter den geistlichen Vertheidigern des Cölibats manche seyn, welche den bisherigen bequemen Zustand dem beschwerlichen der Ehe vorziehen. Die Tartüfferie ist in diesem Stande noch nicht ausgestorben. (Stuttg. allg. Ztg.) München, 9. Nov. Die gestrige Nummer der Tribüne ist abermals mit Beschlag belegt und die gewaltthätige Einsperrung des Redakteurs von kurzer Hand nochmals um 24 Stunden verlängert worden.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Donnerstag.
Tribüne
c ο η s t i t u t i ο η e 11 e s
N— 131.
Verhandlungen der baierischen Kammer. München, 9. Nov. In den Sitzungen der baierischen Deputirtenkammer vom 8. und 9. wurde über die Rückäußerung der Kammer der Reichsräche, die Finanzrechnungen von 18 f f betreffend, berathen. Die erste Kammer hat sämmtliche von der zweiten Kammer gestrichenen Positionen mit einziger Ausnahme des Odeonbaues anerkannt. Der wiederholten Abstimmung über die einzelnen Posten ging in der Sitzung vom 8ten eine allgemeine Discussion voraus, in welcher nichts Neues vorgebracht wurde. Hinsichtlich der Ausgaben für Gemälde im Betrage von 22,000 fl. trat die zweite Kammer dem Beschluß der ersten bei mit einer Majorität von 64 gegen 54 Stimmen. Die Opposition setzte nach diesem Beschluß die Abstimmung mittelst namentlichen Aufrufs durch. Die Position für die Frescogemälde in den Arcaden des Münchner Hofgartens im Betrag von 24,000 fl. wurde sofort verworfen mit 62 gegen 58. Der Posten für die Pinakothek war von der Reichskammer nur unter der ausdrücklichen Bedingung anerkannt worden, daß den Ständen über den künftigen Kostenaufwand Bauüberschläge vorgelegt würden. Der Abgeordnete Vetterlein trug auf Anerkennung der bereits verwendeten Summe an, so weit solche durch eine von der Regierung niederzusetzende Commission von Sachverständigen gerechtfertigt würde. Diesen Antrag bekämpften die Herren v. Closen, Schwindel und Leinecker aus dem Grunde: weil die Regierung hier Richter in eigener Sache wäre, und überhaupt von einem solchen Collegium von Sachverständigen kein unparteiisches Urtheil zu erwarten sey. Der Finanzminister appellirte an das Billigkeitsgefühl der Kammer, die mit so großer Strenge gegen die Verwaltung von 18§f verführe, während doch in dieser Periode in Vergleichung mit den früheren so viel erspart worden sey. Die Motion des Abgeordneten Vetterlein fiel durch mit einer Majorität von 72 gegen 45. Der Beschluß der Reichsräthe aber ward zurückgewiesen mit 90 gegen 30. Die Ausgaben für die Bauten in Brückenau wurden anerkannt mit 121,000 fl., ebenso die Ausgaben für die Hofpensionen, und zwar letztere aus dem Grunde, weil die Kammer von 1825 sich ausdrücklich dahin ausgesprochen habe, daß der Civilliste die Hofpensionen nicht zur Last fallen sollen. Dagegen wurden die Ausgaben für das Cabinetssecretariat im Betrage von 22,330 fl. und für die italienische Oper von
Tagblatt.
München den 10. November 1 8 3 1 .
5000 fl. mit großer Stimmenmehrheit wiederholt gestrichen. Sonach hat die Kammer von den ursprünglich gestrichenen 800,000 fl. nachträglich einer Summe von etwa 150,000 fl. die Anerkennung ertheilt. Hinsichtlich des Odeonbaues hat die Kammer der Reichsräthe beschlossen, denselben der Hoftheater-Intendanz zuzuweisen, welche dafür die gestrichene Summe mit 4 Proz. verzinsen und das Capital allmählich dem Staat ersetzen soll. Der Abg. v. Closen sprach sich gegen diesen Beschluß aus, weil man die Civilliste, deren Unterbehörde die Hoftheater-Intendanz sey, mit deren Ersatz belasten würde, und zwar gegen den ausdrücklichen Grundsatz, daß die Verantwortlichkeit den Ministern zur Last falle, und weil außerdem die Hoftheater-Intendanz kaum im Stande sey, ihre laufenden Ausgaben aufzubringen, so daß sie voraussichtlich weder Zinsen noch Capital würde bezahlen können. Die Versammlung trat dem Beschluß der ersten Kammer nicht bei, es wurde vielmehr wiederholt beschlossen, den Posten wie die übrigen einfach nicht anzuerkennen. Nach den Abstimmungen über die einzelnen Summen wurde die Berathung über die Frage eröffnet, auf welche Weise die ausgefallenen Kosten wieder eingebracht werden sollen. Der Antrag des Ausschusses, verbessert durch die Modification des Abg. Seuffert, ging dahin, es solle die Regierung bei der nächsten Rechnungsablage den Ständen das Geld als vergütete und eingebrachte Activa nachweisen. Der Freiherr v. Closen erklärte, durch diesen Beschluß würde man der Regierung ein unauflösliches Räthsel aufgeben, denn auf welche Weise solle diese das Geld flüssig zu machen vermögen. Wenn sie auch sogleich den ehemaligen Minister des Innern, der die Decrete contrasignirt, ausklagen und ein Drittheil seiner Besoldung mit Beschlag belegen lassen würde, so möchte die Summe durch dieses Mittel doch kaum in 500 Jahren getilgt seyn. Der ehemalige Minister würde hiedurch zu einer großen Unsterblichkeit gelangen, er würde neuen Stoff zu Lobreden auf die Baulust der Könige haben, allein dem Staat würde damit nicht geholfen seyn. Eben so wenig möchten diejenigen Städte, welche gegenwärtig ihre unbedingte Hingebung dem Staatsoberhaupt zu Füßen zu legen sich beeiferten, zu diesem Opfer Lust haben. Es werde somit der frühere Antrag des Ausschusses bei Erstattung des Rechenschaftsberichts vorzuziehen seyn, daß nämlich die Kosten unter den übrigen Staatsactiv-Capitalien vorgemerkt werden sollen. Mit diesem Antrag vereinigte sich der Abg. Vetterlein, auch der Abg. Schwindel. 131
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1055 Er wurde dagegen von dem Abg. Rudhardt bekämpft, weil eine solche Nachfuhrung das Geld so wenig flüssig mache als das Dekret, daß die Regierung das nächstemal sich über die Einbringung nachweisen solle. Die Versammlung beschloß jedoch mit 70 gegen 46 Stimmen, dem neuen Antrag des Ausschusses beizutreten, wonach die Regierung bei nächster Rechnungsablage die Einbringung des Geldes nachweisen solle. Die übrigen Differenzen zwischen beiden Kammern betrafen untergeordnete Gegenstände, wobei die Kammer der Deputirten so viel als möglich nachzugeben sich bemühte. Doch beharrte sie auf einigen Beschlüssen, wie ζ. B. darauf, daß die Grundabgaben durch Maierschaftsfristen sollen abbezahlt werden können, daß nicht bloße Schulvisitationen vorzunehmen, sondern besondere KreisSchulreferenten aufzustellen seyen.
Politische
Miscellen.*) 1.
In Bayern sind die Machthaber Freunde der Preßfreiheit — so lange die Schriftsteller in ihrem Sinne und nach ihren Grundsätzen schreiben. Das Muster aller guten Schriftsteller ist ihnen aber derjenige, welcher die Gegenwart und Zukunft vernachläßiget und bei der Vergangenheit verweilt. Daher sind ihnen Urkundensammler aus dem Mittelalter die wichtigsten Schriftsteller, sollten dieselben auch noch so einseitig, ja selbst falsch seyn; wenn sie nur dazu dienen, die Puppe des Mittelalters aufzuschürzen. 2. Der Adel war nie ein aufrichtiger Freund der Fürsten. In einer finstern Zeit durch Grausamkeit und rohe Gewaltthaten zur Macht gelangt, sucht er diese gegen den Zeitgeist zu behaupten. Der Adel liebt nur sich; er hält zur Regierung, weil er von ihr Glanz, Ehre und Reichthum erhält; er verläßt sie aber in dem Augenblicke, wo dies aufhört; er hängt an der Verfassung, so Tange er sich in derselben wohl befindet, und hilft dieselbe umstossen, sobald er unter Trümmern seinen Vortheil findet. Die Geschichte Deutschlands, Italiens, Kataloniens, Rußlands unter Peter I., und Schwedens geben Beispiele genug, daß der Adel kein eigentlicher Freund der Regierung ist, sondern in dieser, gegen die Interessen des Volkes, nur sich selbst, sein Ansehen und seine Vortheile vertheidigt. Wehe daher dem Fürsten, der in dem Adel eine Stütze des Thrones sucht und demselben sich in die Arme wirft. Umgekehrt ist dagegen der Fürst schon auf halbem Wege zur Besserung, wenn er gegen den Adel mißtrauisch wird, denn alles Unglück der Fürsten kommt daher, daß sie sich von den Aristocraten verleiten lassen, mit denselben gemeinsame Sache zu machen. Die Aristocraten zogen den Fürsten von jeher zurück, wenn er mit dem Zeitgeiste fortschreiten und seine Nation glücklich machen wollte.
nie eine Regierung gab, die, ohne nicht selbst zum Priester zu werden, alle Ansprüche derselben befriedigen konnte. Losgerissen von dem natürlichen Familienband, bilden sie einen eigenen Staat im Staate; beschränkt auf die Waffen des Aberglaubens und ausser diesen ohne eigene Macht, bestechen sie das Volk mit dem Gifte der Heuchelei; sie liegen in steter offener Fehde mit Wahrheit und Vernunft, und sind die Kämpfer der Finsterniß. Sie stehen mit dem Adel in der engsten Verbindung. Der gemeinschaftliche Plan beider ging von jeher dahin, die Menschheit mit Unwissenheit zu überziehen, damit sie selbst ewig im Besitze der Gewalt und der Macht verbleiben.
Der Berliner Sand und Wind. Die Tribüne hat auf die veränderte Sprache aufmerksam gemacht, welche die absoluten Zeitungen in Deutschland seit dem Fall von Warschau über Krieg und Frieden fuhren. Ich wünschte, die Tribüne machte das constitutionelle Deutschland auch auf die veränderte Sprache aufmerksam, welche jetzt von Wien und Berlin aus über die Cholera gefuhrt wird. Als der asiatische Gast noch nicht in Wien und Berlin angelangt war, hegte man über die Ansteckbarkeit der Krankheit, über die Heilsamkeit militärischer Sperren etc. keinen Zweifel. Jetzt lauten die Nachrichten ganz anders. Die Ansteckbarkeit wird völlig geläugnet, und weil denn überhaupt die Berliner Correspondenten durch den Wind, den sie machen, den Sand, worin sie wohnen, dem constitutionellen Deutschland so gern in die Augen blasen, stellen sie jetzt die ganze Krankheit fast als eine Lustbarkeit dar. Ein Berliner schreibt: seit die Cholera in Berlin ausgebrochen sey, habe man Hoffnung, daß der Welt ein ganz neues Licht über dieselbe aufgehen werde! Der Stein der Weisen liegt bekanntlich nicht so gar tief unter Berlin, und vielleicht wird er gerade jetzt etwa von Hegel oder Hengstenberg ausgegraben. Pflanzt sich übrigens die Cholera wirklich, seit sie in Berlin ausgebrochen ist, nicht mehr durch Ansteckung fort, sondern blos durch die Luft, so wird doch wohl die Luft, worin Cholera-Kranke sich finden, mehr von Giftstoff durchdrungen und also wohl vergiftender seyn. Dabei will ich noch erwähnen, daß ein hessischer Arzt das Stärken der Magennerven durch Magnetisiren als das beste Heilmittel angibt, weil alle innerlichen Heilmittel wenig helfen könnten, da gerade der Magen von der Cholera tödtlich ergriffen werde. — O b überhaupt der Verbreitung der Cholera ein D a m m zu setzen ist? - Sie scheint die absolute Krankheit des heiligen Bundes zu seyn, durch welche die constitutionelle Welt zur Besinnung und Bekehrung gebracht werden soll! —
Tages-Chronik.
3. Die Bundesgenossen des Adels sind die Priester **). Dieselben waren zu allen Zeiten Feinde der Regierungen, weil es *) Aus dem Werke entnommen: „Die Zeichen der Zeit," Köln bei Peter Hammer. Jahrg. IX. * * ) Der Satz: „keine Regel ohne Ausnahme," versteht sich von selbst.
England. London, 3. Nov. Der König hat gestern wegen der Unruhen eine Proklamation erlassen. In Erwägung des festen Entschlusses, jede Spur von Aufruhr zu unterdrücken, werden alle Antoritäten zur strengen Erfüllung ihrer Pflicht aufgefordert. Bis jetzt haben wir nicht gehört,
1057 daß von der Majorität der 41 Pairs, welche für Verwerfung der Reformbill gestimmt haben, auch nur ein kleiner Theil seine Meinung geändert habe. Die Minister ihrerseits lassen sich eben so wenig auf eine Modifikation der Bill ein, wodurch dieselbe für den großen Zweck der VolksRepräsentanten an Wirksamkeit verlöre. Lord Grey wird deßhalb gezwungen seyn, zu Ernennung neuer Pairs seine Zuflucht zu nehmen. Man sagt, die Regierung befürchte den Ausbruch von Unruhen in Manchester, wohin auch bereits Truppen gesandt worden seyen. Bristol, 2. Nov. Die Ruhe ist jetzt vollkommen wieder hergestellt. Eine strenge Untersuchung wird eingeleitet, denn als die Stadt von allen Seiten dem Feuer Preiß gegeben war, konnte man weder Maire noch Magistratspersonen finden. Der ganze Magistrat war von einem panischen Schrecken ergriffen. Sämmdiche Kirchspiele verlangen daher vorläufige Entsetzung des Maires und der Aldermänner. Es kommen immer noch Truppen an, die wir jedoch nicht mehr bedürfen, denn schon widmet man sich wieder den Geschäften. Der Schaden wird auf l j Millionen geschätzt. Man spürt noch immer entwendeten Gegenständen nach, und sucht der Theilnehmer an den Tumulten habhaft zu werden. Die meisten Aufrührer sollen Fremde gewesen seyn, hauptsächlich aus Birmingham. Heute Nacht wurde noch ein Versuch gemacht, die Gasleitung zu unterbrechen. Frankreich. Paris, 5. Nov. Einige Journale haben sich mit Publication der zu ernennenden Pairs übereilt. Die Wirkung davon ist eine nachtheilige auf beyden Seiten. Die eine empört sich, daß berühmte Namen, gleich den ihrigen, welche der Revolution von 1830 so ausgezeichnete Dienste geleistet, für unwürdig erachtet würden, auf den Bänken der Aristokratie zu figuriren; die andere fühlt schon jetzt Gewissensbisse, Functionen angenommen zu haben, welche ihr die Verachtung und den allgemeinen Spott des Volkes zuziehen, selbst ehe sie dieselben angetreten. Von diesem Wirren ist unser Ministerium allein das Opfer; ihm werden alle Vorwürfe gemacht und seine Verlegenheit ist unendlich, denn wie soll es jeden Theil befriedigen? - Es werden wieder viele Versetzungen von Präfecten und Unterpräfecten vorgenommen obgleich die Erfahrung lehrt, wie nachtheilig diese Versetzungen auf die öffendichen Angelegenheiten wirken. - Die Carlistenparthey erhebt immer mehr ihr Haupt; Hr. De Breuz-Brece erlaubte sich gestern einen heftigen Ausfall gegen das Ministerium, welcher von seinem Freunde Fitz [-]James aufs nachdrücklichste unterstützt wurde. Letzterer äußerte, „da die Kammer in einigen Tagen doch fallen würde, so sollte sie wenigstens mit Ehren fallen," eine Apostrophe welche auf dieselbe keinen Eindruck machte, denn sie stimmte folgsam furs Ministerium wie gewöhnlich. Wir sind wirklich begierig, ob sie bei dem Art. 23 auch so folgsam seyn wird. - In der gestrigen Sitzung wurde über ein Amendement zum Rekrutengesetz lebhaft gestritten. Dasselbe hatte zum Zweck der stehenden Armee eine Reserve zu geben, allein die Stellung unseres Ministeriums gegen die fremden Mächte ist von der Art daß es nicht wagen darf, officiell eine Reserve für den Fall eines Krieges zu formiren. Die Furcht daß die Worte fiir den Fall eines Krieges ihm wirklich den Krieg zuziehen möchten, ist so groß, daß es sogar den Schein vermeiden will, Vertheidigungsmaßregeln zu ergreifen. So tief ist also Frankreich gesunken, daß man es im Angesicht der Welt zu einer solchen Rolle verurtheilen kann. In diesem Zustande der Erniedrigung muß
1058 man bald wünschen, daß die Verhandlungen der Kammern bei verschlossenen Thüren gehalten werden. Paris, den 5. November. Consol. 5 Proz. 95,50; 3 Proz. 68,60; Falconnet 79,75; ewige Rente 54 f . Holland. Haag, 1. Nov. Alle Combinationen der Conferenz, sagt das Journal de la Haye, sind dermaßen unbillig und mit einer dauernden Ruhe in Europa unverträgträglich, daß sie schon aus diesem Grunde Holland keine Besorgniß einzuflößen brauchen. Die Uebermacht kann die Artikel uns aufzwingen, aber ein solches Verhältniß wird nicht von Bestand seyn. Die Gewalt der Umstände, die öffendiche Meinung und andere politische Ereignisse werden bald eine Ausgleichung möglich machen, die gerechter und geeigneter ist, die materiellen Interessen der beiden Länder zu sichern. Unmöglich können dieselben sich auf die Länge zu ihrem Ruine hergeben, blos um die Interessen Englands zu begünstigen. Letzterem Lande wird aus der ganzen Intrigue kein anderer Vortheil erwachsen, als der, überall den Keim zu unversöhnlichem Hasse gegen sich ausgesäet zu haben — einem Haß, der zu rechter Zeit und am rechten Orte doch einmal zum Ausbruche kommen wird. Heute wird der Prinz-Feldmarschall mit seinem Hauptquartier von Breda nach Herzogenbusch abgehen, wo man Anstalten zu einem würdigen Empfang trifft. Denselben Tag wird der Prinz Wilhelm, ältester Sohn Sr. k. Höh. des Prinzen von Oranien, auf der Cronwoorter Haide, eine Division reitender Reserveartillerie, die unter dem Befehl des Majors Ronnaer steht, Revue passiren lassen. Man versichert, der junge Prinz werde einige Zeit bei der Armee bleiben. In Tilburg wohnt er fast tägliich den Uebungen der Grenadierdivision bei. (Aachn. Z.) Haag, 3. Nov. (Priv. Cor.) Sie wünschen, um über die tausend widersprechenden Nachrichten von Annahme und Nichtannahme des Ultimatums im Haag ins Klare zu kommen, einen sichern Aufschluß über die wirklichen Gesinnungen und Entschließungen unseres Kabinets. Allein, obgleich, wie man vernimmt, von Seiten der fünf Höfe nichts unterlassen wird, was die holländische Regierung bestimmen könnte, ihre Einwilligung zu den 24 Artikeln zu geben, und obgleich, wie es heißt, Preußen insbesondere sehr eindringende Vorstellungen deßhalb gemacht hat, endlich, obgleich von Seite Englands durch Sir Codrington die beweglichsten Gründe insinuirt worden, so hat sich doch der König hiedurch bisher noch nicht zur Nachgiebigkeit bestimmen lassen. Auch scheint der allgemeine Volksgeist in dieser Beharrlichkeit des Widerstands durchaus mit dem Könige zu sympathisiren. Vielleicht liegt der Schlüssel zu diesem System in einer der letzten Aeußerungen Wilhelms I. über das Unzureichende aller Garantien für eingegangene Staatsverträge. (Stuttg. Ztg.) Nymwegen, 1. Nov. Gestern kam hier der Befehl an, so schnell wie möglich den Anfang mit Anlegung eines verschanzten Lagers rings um diese Festung an der Landseite, vom Fort Krayenhoff bis an den Hunnenberg, zu machen. Man hat bereits die Abstechung desselben begonnen. Luxemburg, 2. Nov. Die Truppen des deutschen Bundes, die zu unserer Garnison gehören, werden, dem Vernehmen nach, am 12. d. Luxemburg veiiassen. Sie werden nicht durch andere ersetzt werden. (Frankf. Journ.) Belgien. Brüssel, 2. Nov. Am 31. Okt. war die
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1059 englische Flotte auf der Höhe von Ostende. Sie wird zu Cadsand ankern. (Courr.) Vom 3. Nov. Heute hat der Senat den Friedensvertrag mit 35 Stimmen gegen 8 angenommen. Vor der Abstimmung schlug Herr v. Ansembourg vor, daß man gegen Zwang der Uebermacht im Angesichte Europas protestiren solle. Der Antrag wurde jedoch verworfen. Man sagt, England habe im Jahre 1815 für Abtretung des Kaps der guten Hoffnung dem jetzigen König der Niederlande den Besitz Belgiens ganz besonders garantirt, und es bestehe in dieser Hinsicht ein geheimer Vertrag zwischen Großbrittanien und Holland. Lüttich, 3. Nov. In der gestrigen Sitzung des Senats hat die Diskussion des Gesetzentwurfes über die 24 Artikel begonnen. Mehrere Redner für und wider wurden angehört und die Diskussion auf den folgenden Tag verschoben. Herr Lefebvre-Meuret hat folgenden Vorschlag eingebracht: Der Senat erklärt, daß kein Grund vorhanden sey, über die uns aufgezwungenen 24 Artikel zu berathschlagen. Dieser Vorschlag wurde von Herrn Beyts, dem Grafen von Robiano und G. von Mean unterstützt, jedoch vom ganzen Senat, 4 Stimmen ausgenommen, verworfen. (Aachn. Z.) Deutschland. Frankfurt, 5. Nov. Durch Beschluß des hohen Senats sind die Zeitschriften: „Zeitbilder; Volksund Anzeigeblatt für Mitteldeutschland' hier verboten, weil sie angeblich in der Absicht redigirt werden, Mißtrauen gegen die Obrigkeit, Unzufriedenheit mit den Behörden, Zwietracht, Unruhe und Aufruhr unter der Bürgerschaft zu verbreiten. - Wir werden auf diesen Gegenstand zurückkommen. Von den Ufern des Rheins her ergehet folgender gutgemeinter Zuruf an die Nassauischen Landstände: „Das ruhmvolle Ziel, das Ihr, würdige Repräsentanten des nassauischen Volkes, nach einer langen Reihe thatloser Jahre, endlich Euerer Wirksamkeit gesteckt habt, ist erreicht, wenn Ihr in der gegenwärtigen entscheidenden Sitzung mit gleichem Muth und mit demselben Hochsinn die Sache des Volkes verfechtet, wie bisher. Die Domainensache ist für das Herzogthum Nassau die eigentliche Lebensfrage. Mit ihr steht und fällt der ganze Wohlstand des Landmanns, das Gedeihen der Gemeinden, die Sicherheit des Gemeindeeigenthums, die Abgabenerleichterung und somit der Aufschwung aller Gewerbe, die Hoffnung zuletzt, endlich einmal die Wildhütten und Frohnthäcke - diese Abzeichen des Mittelalters — von nassauischer Erde verschwinden zu sehen. Mit ihr steht und fällt auch die Möglichkeit einer Verbesserung der jetzigen Verfassung des Herzogthums, und einer Umgestaltung dieses bloßen Schattenbildes der Freiheit zu einer wahren Repräsentativ-Verfassung, wie sie die meisten andern Völker Deutschlands besitzen. Doch nicht blos in dem Herzogtssum Nassau, auch bei allen freigesinnten Männern der übrigen deutschen Staaten, hat der edle Kampf, den Ihr kämpfet, das höchste Interesse erregt; denn es gilt hier alle die großen Grundsätze, durch welche Willkühr gezügelt und das Gesetz, als Ausdruck der Gesammtheit des Bürgervereins, zur Herrschaft erhoben wird, — es gilt die Grundsätze, an deren Einführung ins Leben das ganze nach Freiheit ringende Deutschland arbeitet. — Darum habt ihr bei den Bewohnern Nassaus eine Theilnahme gefunden, um deren hundertsten Theil vergebens die ministerielle Faction
gebuhlt hat. Eure Bemühungen sind ein wahres Volksfest gewesen. Darum habt ihr auch bei allen freigesinnten Männern Deutschlands einen Beifall errungen, dessen sich kaum die liberale Partei in irgend einem deutschen Staat zu erfreuen hatte. Jene - die Bewohner Nassaus — sahen in Euch ihre Befreier, die bereit waren, sie in ein würdiges und freies Leben einzuführen, wo Vernunft und Recht das Scepter tragen, Talent und Tugend ihre gerechte Anerkennung, hingegen Knechtssinn und Heuchelei nicht länger den Preis, und das Verdienst nicht länger Unterdrückung und Verbannung finden würden. Diese - die freien Männer Deutschlands haben in dem, was Ihr geleistet, einen mächtigen Beitrag zu der großen konstitutionellen Bewegung, die durch unser Vaterland geht, dankbar erblickt. Ihr seid jetzt versammelt, um Euer Werk zu vollenden und den Kampf zur siegreichen Entscheidung zu führen. Daher haltet fest an Eurer Forderung, an der Forderung der Rückgabe aller Domainen a das Land, und der Aussetzung einer vernünftigen Civilliste für unser hohes Fürstenhaus. Durch jedwede Abweichung von dieser Forderung würdet Ihr alle Früchte Eurer bisherigen Bemühungen, allen Ruhm Eurer bisherigen Thätigkeit und alle Achtung Eurer Committenten verlieren. (Han. Ztg.) Speyer. Die Zahl der Beharrlichen vergrößert sich, auch hier sind zwei zusammengetroffen, nämlich der Censor der Speyerer Zeitung im Streichen und der Herausgeber derselben im Abdrucken gestrichener Stellen. Ein Dritter, beharrlich im Einsperren, wird sich jedoch schwerlich finden, da die diesseitigen Gesetze einen jeden in solchen Fällen der Mühe überheben. Die Speyerer Zeitung wird von Herrn Regierungsrath v. Reimans censirt, was Herr F. Kolb in jedem Blatte zur Kunde zu bringen sich bemüht. — Wir halten es fur Pflicht, ihn in dieser Bemühung zu unterstützen. München, 10. Nov. Die Einsperrung des Redakteurs der Tribüne ist von kurzer Hand wiederholt um 48 Stunden verlängert worden.
Verwahrung. Aus einigen öffentlichen Blättern mußte ich die Erfahrung machen, daß Herr Dr. Kalb und Herr Dr. Wolf TVL München eine neue Zeitschrift: „Die alte und neue Zeit" herausgeben. Aber aus einigen Rügen über diese neue Zeitschrift entnehme ich, daß das Publikum deren Inhalt nur mit Indignation aufnehme. Indem ich aber schon seit zwei Jahren dahier eine Zeitschrift unter diesem Titel: „Die alte und neue Zeit" mit ziemlichem Beifalle herausgebe, so will ich mich gegen jene Münchner Zeitschrift verwahren, um mir deren Sünden nicht zurechnen zu lassen. Nürnberg, den 24. Oktober 1831. Jakob Ernst von Reider, Herausgeber der Zeitschrift: „Die alte und neue Zeit"
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
Freitag.
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Die Reaction und die Liberalen. Vom Neckar, 7. Nov. Noch sind erst zwei Monate seit Warschaus Fall verflossen, und bereits erhebt sich von allen Seiten das vielköpfige Ungeheuer Reaktion. Die unparteiische allgemeine Augsburger Zeitung, die, wie es scheint, nach Titel und Rang eines europäischen Hofblattes trachtet, ist ein wahrer Barometer, der die ganze Scala der Hoffnungen und Wünsche, wie der Bestrebungen und Entwürfe des Absolutismus zeigt. Die Zeit der Verblendungen und Selbsttäuschungen ist verschwunden, und auch den Blinden müssen die Schuppen w n den Augen fallen. Was wollen jetzt so manche deutsche Liberalen sagen, die, als die Wage Polens noch schwankte und die öffentliche Meinung im Rathe der europäischen Gewalthaber noch als eine Macht galt, deren Stimme von unberechenbarem, vielleicht von rettendem Einfluß auf das Schicksal des Kampfes seyn konnte. Was wollen jetzt diese Liberalen sagen, die sich damals nicht einmal so viel Herz zu fassen vermochten, um in freier, unumwundener Erklärung im Angesicht der Welt Zeugniß abzulegen für das kühne Heldenvolk? Wenn schon das ästhetische Wohlgefallen an den Wundern der Tapferkeit, die geschehen, an den unermeßlichen Opfern, welche die Vaterlandsliebe sich auflegte, alle edeln Gemüther zur höchsten Bewunderung auffordern mußte, so mußte Jedem, dem die eigene Freiheit und Selbstständigkeit am Herzen lag, mit unwiderstehlicher Beweiskraft die Ueberzeugung sich aufdrängen, daß an keinem Orte der Welt die Freiheit zu Grunde gehen kann, ohne daß dieß eine Niederlage für die gute Sache überhaupt ist, daß man also den Polen zu etwas mehr verpflichtet war als zu einer milden Gabe für Spitäler und Lazarethe oder zu einem unklaren Ausdruck der Theilnahme, der sich hinter die Furcht vor der Cholera versteckte. Selbst jene von den Regierungen so ungnädig aufgenommenen Eingaben zu Gunsten Polens, welche man, wie die römischen Bullen, mit den Anfangsworten bezeichnen kann: „Eine furchtbare Seuche" sind daher, so gutgemeint sie waren, doch ein trauriges Zeichen des Mangels politischen Muthes deutscher Nation. Warum diese Umschweife, diese schüchternen Wendungen, wo es galt, eine große Nationalgesinnung auszusprechen? Keiner der Petitionäre konnte sich wohl im Ernst einbilden, daß er die hohe
Tagblatt.
München den 11. November 1831.
deutsche Bundesversammlung durch seine Eingabe unmittelbar zu thätigem Einschreiten bewegen würde; aber er konnte sich von einer freimüthigen Sprache eine große moralische Wirkung versprechen, die sicherlich auch auf die Kabinete nicht verloren gegangen wäre, wenn man sich erinnert, daß auf ähnliche Weise Griechenland gerettet worden war. Doch mit all Dem ist es nun vorbei; schwarze Gewitterwolken haben den von der Juliussonne kaum so schön beleuchteten Horizont umzogen und der kalte Nordwind weht über die Stoppeln der niedergetretenen Freiheitssaat; wer von Wiederverjüngung des alten Europa geträumt hatte, sieht seine Hoffnungen auf unbestimmte Zukunft vertagt. (Stutt. allg. Z.)
Russische Glückseligkeit in Polen. Deutschland. Berlin, 2. Nov. Das letzte kaiserliche Manifest aus Petersburg hat hier eine große Sensation gemacht. Es ist ein Vorspiel dessen, was man schon längst hier gesagt hat, aber noch nicht recht glauben wollte. Nachrichten aus Petersburg versicherten nämlich, daß der Kaiser, sowohl um dem russischen Stolze zu schmeicheln, als auch um erneuerten Revolutionen in Polen vorzubeugen, beschlossen habe, dieses Königkeich ganz aufzulösen und es zu einer Provinz seines großen Reichs zu machen. Die Unterhandlungen mit England und Frankreich über diesen Punkt hätten bisher noch einer Erklärung entgegen gestanden. Das besagte Manifest leite dieselbe nunmehr ein. Der Kaiser betrachtet das Versprechen, das Alexander auf dem Wiener Congreß gegeben, nur als ein solches, das ihn gegen sich selbst und höchstens noch die polnische Nation verbindlich mache; die letztere aber habe gegenwärtig keine Rechte mehr gegen ihn geltend zu machen, da sie Treue und Gehorsam gegen ihn gebrochen und sich darauf auf Gnade und Ungnade ihm ergeben habe. Gegen die auf dem Wiener Congreß versammelten Mächte sey aber Alexander keineswegs die Verbindlichkeit eingegangen, Polen als besonderes Königreich zu regieren, vielmehr sey ausgesprochen worden, daß Polen als für ewige Zeiten mit dem russischen Reiche verbunden betrachtet werden solle, was auch zugleich ein Artikel der polnischen Constitution besage. — 132
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1063 Daß diese Argumentation bei Frankreich und England, vielleicht auch bei Oesterreich, Widerspruch findet, ist keine Frage, indessen dürfte sich im Verlau f der Unterhandlungen darüber deutlicher als bisher zeigen, wie falsch die Politik Englands und Frankreichs während des russisch-polnischen Kriegs gewesen. D e m entschlossenen und unbeugsamen Charakter des Kaisers darf man es wohl zutrauen, daß er sich zuletzt wenig um den Widerspruch dieser Mächte kümmert und seinen Willen durchsetzt. Und wie wollen es diese dann verhindern, da sie nicht einmal wagten, während des polnischen Kampfes den Polen einige Hülfe zu leisten oder doch billige Zugeständnisse für sie zu erwirken? Auch ist das russische Reich durch seine Lage gegen einen Angriff gesichert und für einen Seekrieg dürfte sich in England und Frankreich, nachdem Polen einmal doch unterlegen, wenig Sympathie finden. — Daß faktisch Polen gegenwärtig nicht anders denn als russische Provinz betrachtet wird, bestätigen alle Nachrichten, die wir aus Warschau erhalten. Alle wichtigern Stellen werden nur durch Russen oder solche Personen, die sich stets unbedingt dem russischen Interesse ergeben haben, besetzt. Daneben finden sehr bedeutende Reactionen statt. Man gibt die Zahl der nach Sibirien geschleppten Polen bereits auf dreitausend an, worunter fast alle Reichstagsmitglieder, die in Warschau geblieben sind, und mehrere der vornehmsten Generale (ζ. B. Lubienski) sich befinden. Auch von Morawski sagt man dasselbe, doch berichten französische Blätter dessen Ankunft in Paris. - Die während der polnischen Insurrektion aus Posen geflüchteten polnischen Gutsbesitzer, deren Güter sequestrit wurden, sollen dieselben, wenn sie Bürgschaften für die Zukunft stellen, wieder erhalten. Man erwartet einen Kabinetsbefehl in den nächsten Tagen über diesen Gegenstand. — Die Cholera ist jetzt bei uns sehr im Abnehmen, trotz der erfolgten gänzlichen Aufhebung aller Sperren von Wohnungen, worin Cholerakranke sich befanden, so wie aller Cootumazen solcher Personen, die mit Cholerakranken in Verbindung gekommen sind. (Stuttg. allg. Ztg.)
Aufruf von Doktor Fr. Mayer in Neustadt. Neustadt, Ύ1. Okt. Der Redakteur der deutschen Tribüne, dieser wackere Mann der Freiheit, verläßt München und will nach dem Rheinkreise, diesem in vieler Beziehung so trefflichen Lande ziehen, er hofft den Schutz der Gesetze. Die nächsten Motive seiner Ortsveränderung sind wiederholte Verfolgungen der Isarkreis-Regierung, und wahrscheinlich hat die Gleichheit der Gesinnung mit Ihnen, lieber Westbote, viel zur Bestimmung seines künftigen Aufenthaltsorts beigetragen, um durch näheres Beisammenseyn leichter den Ideen-Tausch bewirken zu können; aber er möge scharf wählen, auch im Rheinkreis gibt es Leute, denen daran gelegen ist, daß es leiser sey. — Die Glocke, ein Aufsatz in der deutschen Tribüne, von einem Ungarn verfaßt (er stellt die Verhältnisse dieses unglücklichen Landes in ein recht lebendiges Licht), mag freilich dem Fürsten Metternich ein Ohrensausen verursacht haben, er hörte vielleicht die dumpfen Töne summen: „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los," was war natürlicher, als
daß die Gutmüthigkeit des Grafen von Seinsheim den aristokratischen Freund aus den Wehen seines Schwindels riß. Bisweilen sollen die Mittel den Zweck heiligen, ich lasse dieß unerörtert, sapienti sat — kurz der brave Dr. Wirth ließ dennoch die von der Censur gestrichenen Artikel in seine Blätter einrücken, die Censur hat dafür nun Verhütungsmittel getroffen, sie verbietet den Druckern das, was eine freisinnige Feder der Presse übergibt. (?!) Es fragt sich nun, ob das Räthsel der Zeit schwer oder leicht zu lösen ist? Der Redakteur der deutschen Tribüne will auf eigene Faust, mit Unterstützung des Volks, eine Presse errichten, begreift nun das Volk was es soll? Der Gedande an eine verneinende Antwort ist fast unmöglich, und, wäre es, unverantwortlich. Der Vorschlag einer Actions-Errichtung unter Bedingungen, wie sie vorgeschlagen sind, ist so einleuchtend, daß man an der Realisirung dieses schönen Wunsches nimmer zweifeln kann, ohne ein Verbrechen zu begehen. Nur um Gotteswillen keine Rückschritte! sie können nicht mehr stattfinden, es ist offenbarer Unsinn, gebieten zu wollen, daß man ein trübes Dämmerlicht ieber haben soll, als einen hellen erquickenden Strahl; der blasse blaue Schein der Irrlichter mag in dunkler Nacht erfreuen, wo es aber kräftig getagt hat, da ist helles Licht nöthig wie das Leben selbst, und geistiges Leben ist des Daseyns Zweck. Das deutsche Volk soll und muß wollen, wenn es die Ohnmacht der Aristokraten und das absolute Regierungssystem niedertreten will, aber dieses Wollen muß aus kräftigen biedern Herzen kommen, wenn es Anklang finden soll, es muß allgemein seyn. Das Prinzip der Selbstständigkeit muß sich durchs Leben tragen, wer dieß nicht begreifen will, der lerne es an Kindern ab, die das Gängelband der A m m e verachten, wenn sie sich im Stande fühlen, auf eigenen Füßen zu stehen. (Westbote.)
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Politische
Miscellen. 1.
Staatsmänner müssen ihr Wort so lange halten, als — sie Nutzen davon haben. Sobald aber der Nutzen von Verträgen aufhört, so ist auch der Regent befugt, deren zweierlei zu brechen — die mit andern Regenten, die mit seinen eigenen Landesstiefkindern. 2. Die Staatsmänner halten das Menschengeschlecht fur einen Apparat zu Versuchen, für Jagdzeug, für Kriegsgeräthe, für Strickzeug - diese Menschen sehen den Himmel nur für die Claviatur der Erde, und die Seele für die Ordonnanz des Körpers an — sie führen Kriege, nicht um die Kränze der Eichen, sondern um ihren Boden und ihre Eicheln zu erbeuten — sie brechen Eide und Herzen, um dem Staate zu dienen — sie achten Dichtkunst, Philosophie und Religion, aber als Mittel; sie achten Reichthum, statistischen Landesflor und Gesundheit, aber als Zwecke — sie ehren in der reinen Mathesis und in reiner Weibertugend nur beider Verwandlung nur unreine für Fabriken und Armeen, in der schönen Astronomie nur die Verwandlung der Sonnen in Schrittzäh-
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ler und Wegweiser für Pfefferflotten, und im erhabensten Magister legens nur den anködernden Bierkranz für arme Universitäten. Jean Paul.
Tages-Chronik. England. London, 4. Nov. Es sind Briefe von Sunderland eingetroffen, welche den Ausbruch der Cholera morbus melden. Hamburger Schiffe scheinen uns dieselbe gebracht zu haben. Noch widersprechen sich die Gerüchte, ob sie blos im Hafen oder in der Stadt selbst herrsche. So viel ist aber gewiß, daß sie einen sehr bösartigen Charakter entwickelt, denn von 6 erkrankten Personen sind 5 binnen wenigen Stunden gestorben. Die Unruhen in Bristol sind vollkommen beigelegt; die Zahl der Gefangenen beläuft sich auf 150 Individuen. Bei fast allen hat man entwendete Gegenstände vorgefunden. - In Manchester, wo man ebenfalls Unruhen befürchtete, ist die Ordnung ungestört erhalten worden. Frankreich. Paris, 6. Nov. Mehrere Mitglieder der Pairskammer sind entschlossen, gegen den Staatsstreich des Ministeriums, neue Pairs zu ernennen, aufs lebhafteste zu protestiren, weil der König durch diesen Akt seine Rechte überschreite. Bei der Promulgation der Charte von 1830 war die Pairkammers incomplett, und es behielt sich der König vor, von den Kammern die definitive Constituirung derselben zu verlangen, folglich hat er jetzt nicht das Recht, ihr neue Mitglieder aufzudringen, um auf diese Constituirung einzuwirken. — Unsere Diplomatie ist ganz unthäthig, es seye denn, daß man das Gehen und Kommen der Depechen, gewöhnlichen und ungewöhnlichen Courieren etc., welche alle nichts Wesentliches bringen, als Thätigkeit erkennen wollte. Aus Belgien versichert man uns, daß der Friede für den Augenblick nicht würde gestört werden, daß aber die durch König Wilhelm erhobenen zahlreichen Schwierigkeiten eine außerordentliche Verzögerung herbeifuhren würden. Seine Absicht ist, Zeit zu gewinnen, das belgische Volk sowohl als auch das französische zu ermüden, und durch die Ungewißheit, um Unsicherheit, in der alles erhalten wird, den gegenwärtigen Zustand des Friedens drückender zu machen, als denjenigen des Kriegs selbst. - Man spricht von einem Anlehen, welches unser Ministerium zu contrahiren im Begriffe stehe. Auch von einem bedeutenden russischen Anlehen, welches in Paris und London negocirt werden soll, ist immer noch die Rede. - Paulet Tompson nnterhandelt für England um ein Privilegium zur Korallen-Fischerei an den afrikanischen Küsten. Unser Ministerium scheint geneigt, dem englischen zu willfahren. Das Publikum aber erblickt hierin einen neuen Annäherungsschritt zur Ueberlassung Algiers an England. Holland. Haag, 2. Nov. Die seit dem 23. Oktober begonnenen Bewegungen unserer Armee sind nun dadurch beendigt, daß eine defensive Stellung genommen ist, aus der man sogleich zur Offensive schreiten kann, wenn der Feind es wagt, unser Grundgebiet anzugreifen. Da das allgemeine Hauptquartier in Bosch seyn wird, schlägt der General van Geen sein Hauptquartier in Tillburg, der Herzog von Sachsen-Weimar das seinige zu Bördel auf.
Belgien. Brüssel, 4. Nov. Gestern Abend um 8 Uhr hat sich das Ministerconseil im Pallast des Königs versammelt, um über die Annahme der 24 Artikel, Seitens Seiner Majestät zu berathschlagen. Wir kennen das Resultat der Berathung nicht; wir wissen nicht einmal, ob sie ein Resultat gehabt hat. Aber was wir sicher wissen, ist, daß Belgien und sein würdiges Oberhaupt vor 12 Stunden noch durch einen energischen Entschluß gerettet werden konnten. Wir haben, sagt ein Journal, einen Brief aus Paris vom 30. Oktober von einer glaubwürdigen Person vor uns. Es heißt darin, heute habe ich beim König den Herzog von Broglio gefragt, ob unsere Angelegenheiten bald beendigt würden. Er hat mir aufgetragen, Ihnen zu melden, daß König Wilhelm, ohne den 24 Artikeln förmlich beizutreten, den Mächten erklärt habe, er werde vier Monate lang die Feindseligkeiten nicht wieder aufnehmen, und die Wirkung der Maßregeln abwarten, welche sie zur Beendigung der belgischen Angelegenheiten für nöthig halten würden. Nach dieser Frist hoffte er in eine Stellung versetzt zu seyn, in welcher er nur ihre Gerechtigkeit in Anspruch zu nehmen brauche. Die Abwesenheit des Herrn Karl Vrouckere bei der Discussion und der Abstimmung der 24 Artikel in der Repräsentantenkammer erklärt sein Bleiben im Ministerium. Er hat sich geweigert, an der Ausführung des schimpflichen, die belgische Revolutionen entehrenden Vertrages Theil zu nehmen, er tritt jedoch von seinem Posten nicht zurück, um die Mittel vorzubereiten, welche man, um dessen Folgen abzuwenden, bald ins Leben wird rufen müssen. Hellsehender und der Revotion ergebener als seine Collegen, läßt er sich durch die Täuschungen, mit welchen man die Vernunft der Kammer verblendet hat, nicht einschläfern. Herr von Brouckere weiß, daß den 24 Artikeln die Restauration zum Grunde liegt. (Courrier.) Das Journal de Luxembourg vom 2. d. sagt, daß die nassauische Fahne in mehreren Dörfern des Großherzogthums aufgepflanzt worden sey. Die Stadt Vließingen ist in Belagerungszustand erklärt worden; der König hat die Einwohner aufgefordert, sich auf drei Wochen mit Lebensmitteln zu versehen; man scheint sich allgemein zu einem kräftigen Widerstand vorzubereiten, für den Fall, daß die Engländer in die Scheide einlaufen wollten. (Aachn. Ztg.) Wie man glaubt, wird Holland nicht ohne großen Widerstand nachgeben, und dieß hauptsächlich wegen Rußland, dessen Politik die Verträge von 1815 aufrecht erhalten will. Die englische Flotte scheint übrigens sich sehr willig in die Wünsche der Konferenz zu fügen. Von der belgischen Gränze, 30. Okt. Der Ruin des holländischen Handels, das Emporkommen des lange gehaßten Nebenbuhlers, die Vorstellung der großen Opfer, so sie gebracht, dies Alles macht einen so starken Eindruck auf die holländische Phantasie, daß die Regierung, sogar beim besten Willen nachzugeben, dabei sich bedenken müßte. So läßt sich denn die nächste Zukunft ziemlich leicht vornussehen. Es bedurfte nicht der feindlichen Demonstration von Seite Englands, um Holland vom Wiederbeginnen der Feindseligkeiten abzuhalten; schon der Armeebefehl des Prinzen-Feldmarschall vom 25. d. spricht deutlich aus, daß man sich nur in der Defensive halten wolle. Zudem besteht der wahre Vortheil Hol-
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1067 lands mehr im Zögern, als in einem gewaltsamen Bruche, in gedehnten Unterhandlungen, die jeden Abschluß möglichst hinausschieben. Und die Bahn dazu ist schon vortrefflich eingeleitet. Man verweigert vorerst keineswegs förmlich die Annahme der Artikel, sondern fordert nur weitere Explikationen, und in der Form dieser Anfragen, wo dann die zahlreichen Inkonvenienzen und Lücken des allzu übereilten Friedensprojekts, besonders in Hinsicht auf die Gränzbestimmungen, sich von allen Seiten ins Licht stellen werden, wird man zu neuen Erläuterungen, Modifikationen, Zusätzen verleiten, und am Ende wird sich die Conferenz nach einer ganz andern Seite hin verschlagen sehen, selbst vorausgesetzt, daß die Einigkeit derselben stark genug ist, um den ganzen mühsamen Wechsel überstehen zu helfen. (Frankf. Journal.) A n z e i g e . Um die Befreiung unseres Redakteurs aus dem Arreste, zum Zweck seiner nach Rheinbaiern beabsichtigenden Reise zu bewirken, haben wir heute der Censur mehrere Artikel aus andern schon censirten Blättern, namentlich auch aus dem Westboten vorgelegt. Es wurden aber so wenige davon durch unsern Censor, Herrn RegierungsRath Aichberger, für aufnahmefähig erklärt, daß wir den Raum der heutigen Tribüne mit Ankündigungen vollends ausfüllen mußten. Wir bitten unsere Leser in Berücksichtigung dieser Verhältnisse um gütige Nachsicht. Morgen hoffen wir dagegen die Befreiung und Abreise unseres Herrn Doktor Wirth an den Ort seiner neuen Bestimmung anzeigen zu können, und dann soll bald Entschädigung folgen. Die Redaktion. Literarische
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Das Bibliographische Institut. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
Samstag.
N—
Das Wahl-Manifest in Würtemberg. Der Chef des Departements des Innern hat an die Oberbeamten des Reichs ein Rundschreiben erlassen, das die bevorstehende neue Wahl der ständischen Abgeordneten zum Gegenstand hat. Wenn es in constitutionellen Staaten schon im Allgemeinen gestattet seyn muß, die Regierungshandlungen einer öffentlichen Kritik zu unterwerfen, so kann dieses Recht in dem vorliegenden Falle um so weniger bestritten werden, als die Regierung hier von ihrer Höhe herabsteigt und gegenüber vom Publikum als Partei auftritt. Da die Ständeversammlungen vornehmlich dazu da sind, das Verfahren der Regierung zu kontroliren, so kann letzterer der Natur der Sache gemäß weder eine mittelbare noch eine unmittelbare Einmischung in die Wahlen der Abgeordneten zustehen; denn Wer seinen Richter nach eigenem Sinn wählen darf, hat leicht Rechnung abzulegen. Man sage nicht, daß dem demokratischen Prinzip durch eine solche Passivität ein überwiegender Einfluß eingeräumt werden würde. Die Stabilität ist durch die nur der Regierung zustehende Initiative bei Gesetzesvorschlägen, durch das Veto der Regierung mehr als hinreichend gesichert - der vielen andern ihr zu Gebot stehenden Mittel nicht einmal zu gedenken. Die Regierung soll und kann sich also bei den Wahlen völlig neutral verhalten. Ohne uns in eine Untersuchung darüber einzulassen, ob und in wiefern diese Neutralität durch das vorliegende Rundschreiben verletzt worden sey, legen wir unsere constitutionelle Genügsamkeit durch die Erklärung dar, daß wir uns eine Theilnahme der Regierung an den Wahlen gerne gefallen lassen, wenn dieselbe öffentlich ist. Wir können daher die Regierung nur loben, daß sie ihre Theilnahme durch ein Manifest zn erkennen gegeben hat. Zwar giebt es Viele, welche glauben, diese Oeffentlichkeit sey durch geheime, den Beamten ertheilte Instruktionen paralysirt. Aber aufrichtig gesagt, wir gehören nicht zu dieser Klasse. Um in dieser Beziehung jeden Zweifel und jedes Mißtrauen zu widerlegen, führen wir für unsere entgegen gesetzte Meinungan, nicht allein daß die Regierung eine solche Intrigue als ihrer unwürdig betrachten würde, sondern auch daß sie eine Entdeckung derselben und somit eine Prostitution befürchten müßte. Wir glauben daher an die Aechtheit der in dem Rundschreiben enthaltenen Aeußerungen. Wollten wir aber behaupten, daß wir mit dem Inhalte des-
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Tagblatt.
München den 12. November 1831.
selben durchaus einverstanden seyen, so würden wir uns eine Unwahrheit zu Schulden kommen lassen. Vorerst hat uns der Ton, in welchem das Manifest abgefaßt ist, mit Betrübniß erfüllt. Ist es ein Mittel, die Gemüther zu beruhigen und zu versöhnen, wenn man Diejenigen, deren Ansichten in manchen Punkten von denen der Regierung abweichen, im Allgemeinen nicht nur des Unverstandes, sondern auch der bösen Absicht bezüchtigt? Das Rundschreiben nennt keine Namen. Wenn man sich aber früherer halboffizieller Zeitungsartikel erinnert, so ist es nicht schwer, Diejenigen zu errathen, welche in die erste und zweite Klasse der Opponenten versetzt sind. Und doch ist es gerade diese zweite so schwerbeschuldigte Klasse, welche „das allerwärts sich regende lebhafte Interesse für die bevorstehende neue Wahl der ständischen Abgeordneten" hervorgerufen hat, ein Interesse, das, wie die Regierung selbst sagt, „in der Geschichte unseres constitutionellen Lebens eine erfreuliche Erscheinung bildet", und das, wie wir hinzusetzen, der Grundstein jeder Verfassung ist. Aus der Bitterkeit jener Aeußerungen und aus manchen andern Stellen des Rundschreibens, wo Derer, welche eine Theilnahme an den Wahlen öffentlich bekennen, als Solch er Erwähnung geschieht, die sich herzudrängen, haben wir zu entnehmen Gelegenheit gehabt, daß die Regierung noch nicht ganz von der Idee abgekommen ist, die Erörterung über Fragen des öffentlichen Wesens als ein ihr zustehendes Monopol zu betrachten, und daß sie sich somit noch nicht zur Höhe ihrer wahren Bestimmung erhoben hat. Die Versicherung, „daß die Verfassung auch fortwährend die Grundlage ihres Verwaltungssystems bilde," hätte sie sich füglich ersparen können. Gleichwie das Daseyn des Menschen an das Element der Luft gebunden ist, so existirt die Regierung eines constitutionellen Staats nur durch die Verfassung. Wenn also eine solche Regierung ausspricht, die Verfassung bilde die Grundlage ihres Verwaltungssystems, so heißt Dieses nichts Anderes, als: sie habe die Absicht fortzubestehen. Wie sie aber fortbestehen, welcher Mittel sie sich zur Anwendung und Ausführung des Grundgesetzes bedienen wolle, darin besteht das Regierungsystem, und hierüber hat sie uns Nichts gesagt. Doch an ihren Werken sollt ihr sie erkennen! Diese Werke, die Leistungen der Regierung für des Landes Wohl, zählt das Rundschreiben in langer Reihe auf. An der Spitze steht: „vollständige Sicherung des verfassungsmäßigen Wirkungskreises der Volksrepräsentation." So lange aber die Stellung des Bundestags die
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1071 jetzige bleibt, können wir die Volksrepräsentation nicht fiir gesichert halten. „Klarheit und Ordnung im Finanzhaushalt" erkennen wir an, spenden dem nun verstorbenen Gründer derselben unsern Dank, und bedauern nur, jenen Prädikaten nicht auch noch das der Einfachheit beifügen zu können. „Die Verminderung der öffendichen Lasten" ist bis jetzt nicht sehr fühlbar geworden. Sie besteht mehr in einer veränderten Vertheilung derselben, als in einer erheblichen Reduktion. „Die Anlegung eines auf Entfesselung des Grundeigenthums und die ungezwungene Bewegung der Gewerbthätigkeit berechneten Systems" hat fast noch keine Früchte getragen. Auch leidet gedachtes System, so weit es sich auf die Gewerbthätigkeit bezieht, an den Gebrechen der Halbheit, und befriedigt weder die Anhänger des Zunftzwanges noch die der Gewerbsfreiheit. Der Entfesselung des Grundeigenthums aber steht großentheils die Armuth der Grundbesitzer ent- „Die Verbesserung wichtiger Zweige unseres Civilrechts" war ein zu dringendes Bedürfniß, um noch länger verzögert werden zu können; aber der schon seit Jahrzehnten gehegte Wunsch um Einfuhrung eines unseren Verhältnissen und Begriffen angemessenen Civilgesetzbuches ist immer noch nicht in Erfüllung gegangen, und der Zeitpunkt der Erfüllung scheint noch ferne zu seyn! Was wir von den „Vorbereitungen zu einer zeitgemäßen Strafgesetzgebung" vernommen haben, scheint uns namendich in Beziehung auf die Oeffendichkeit des Verfahrens nicht ganz zeitgemäß zu seyn. Indessen enthalten wir uns eines Urtheils über eine Sache, die bis jetzt noch blos Entwurf ist. „Die Vorzüge unserer Gemeindeordnung" verdienen die vollste Anerkennung. Nur wünschten wir, die noch stattfindende Bevormundung durch die Staatsbehörden möchte allmählich beseitigt werden. „Die auf Entfernung aller Willkür und vollständigen Rechtsschutz berechnete Organisation der Staatsbehörden" hat bis jetzt noch kein genügendes Resultat gewährt und wird keines gewähren, so lange die unbedingte Preßfreiheit für innere Angelegenheiten vorenthalten wird. Bei den Unterrichtsanstalten, die sich schon seit lange her eines verdienten Rufs erfreuen, vermissen wir sehr ungerne die politische Ausbildung. Es wäre von unberechenbarem Vortheil, wenn schon den jugendlichen Gemüthern ihre Rechte und ihre Pflichten gegen König und Vaterland eingeprägt würden. Was sollen wir endlich von der Versicherung sagen, „die Regierung habe, so weit es von ihr abgehangen, der geistigen Mittheilung einen freien Spielraum eingeräumt?" Ist ihr nicht schon mehrere Male entgegengehalten worden, daß sie den Karlsbader Beschlüssen eine zu reichliche Ausdehnung gegeben habe, und daß sie nicht befugt gewesen sey, die dem Lande in der Verfassungs-Urknnde garantirte Preßfreiheit im Wege der Ordonnanz aufzuheben? Wenn wir aber einerseits an dem Wirken der Regierung im Dienste der Wahrheit die obenerwähnten Ausstellungen machen zn müssen uns veranlaßt gesehen haben, so erfüllen wir andrerseits nur eine Pflicht der Dankbarkeit, wenn wir demjenigen, was die Einsicht und der beharrliche Wille einer erlauchten Person für Industrie, Handel und Gewerbe ins Werk gesetzt hat, unsere vollste Anerkennung angedeihen lassen, und wenn sich in dieser Beziehung nicht Alles den gehegten Erwartungen gemäß gestaltet hat, so sind wir weit entfernt, dieß auf Rechnung einer ungeschickten Politik setzen oder gar bösem Willen zuschreiben zu wollen. Weil übrigens die Regierung uns vorsagt, was sie gethan, so sey es auch vergönnt, ihr außer dem
1072 bisher Angeführten noch Einiges entgegen zu halten, was sie nicht gethan hat. Sie hat das zur Zeit der Willkürherrschaft gegebene und in manchen Punkten empörende Majestätsgesetz nicht aufgehoben; sie hat die verfassungsmäßig zugesagte Unabhängigkeit der Gerichte nicht in Ausführung gesetzt, indem sie junge Männer, welche ihrer Lage nach abhängig sind, zu Richtern verwendet; sie hat die Gleichheit vor dem Gesetze nicht geachtet, indem sie privilegirte Gerichtsstände eingeführt hat; sie hat für die in §. 20 der Verfassungs-Urkunde vorgeschriebene Leistung des Huldigungeids nicht Sorge getragen, sie hat das in §. 125 der Verfassung versprochene Gesetz über das Recht, Waffen zu tragen, immer noch nicht vorgelegt; sie hat manche Petionen der Stände unbeantwortet gelassen; sie hat den Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung nicht gehörig respektirt, indem sie manche Abgaben, - - - - - - willkürlich nachgelassen hat, sie hat endlich der sogenannten Administrativjustiz zum großen Nachtheile des gemeinen Wesens immer noch nicht ihre bestimmten Gränzen angewiesen. Wir begreifen recht gut, daß sich nicht Alles in einem Tage abthun läßt, und stimmen mit dem Rundschreiben vollkommen überein, wenn es sagt: „Das Wohl des Landes heischt Fortschritte, aber keine Sprünge, besonnene Verbesserungen, keine gewagten Versuche." Aber wäre denn der Speung so groß gewesen, wenn dasjenige in einem Zeiträume von zehn Jahren in Ausführung gebracht worden wäre, was wir so eben beispielsweise als unterlassen angeführt haben? Noch mehr, wäre es nicht Pflicht gewesen, dasjenige zu vollziehen, was das Grundgesetz ausdrücklich vorschreibt? Es ist schon oft und bis zum Ueberflusse nachgewiesen worden, daß die Staatsmaschine vereinfacht und die Last der Abgaben bedeutend erleichtert werden könnte, ohne daß man zu befürchten hätte, das öffentliche Wesen hiedurch einem Abgrunde zuzuführen; aber diejenigen, welche solche Behauptungen aufstellen, werden spottweise - Weltverbesserer oder wohl gar Anarchisten genannt, - - - - - - Wenn übrigens die Regierung von gewagten Sprüngen spricht, so fragen wir sie, ob sie nicht selbst schon ihre Sprünge gemacht? Oder ging es etwa im langamen Schritt, als — — — — der alte Geschäftsgang über den Haufen geworfen und das so kostbare Kreissystem mit seiner Vervielfältigung der Beamten und mit den hohen Besolduugen zu Tage gefördert wurde? — Was das Rundschreiben über die Eigenschaften sagte, welche ein Abgeordneter haben soll, unterschreiben wir aus vollem Herzen; - — — - - — - - — — - - - - - - - - - Das Manifest schließt mit der Weisung an die Oberbeamten, die Wahlfreiheit zu schützen und hen Wählern mit Rath und That an die Hand zu gehen. Wohl! die Wählern werden den ihnen ertheilten Rath zu würdiigen wissen, von welcher Seite er auch kommen, und die Gerichte werden im Falle unerlaubtev Umtriebe, woher diese auch ausgehen mögen, erkennen, was Rechtens ist *). (Stuttg. allg. Z.)
*) Die im vorstehenden Aufsatze enthaltenen Censurlücken befinden sich im Originalblatte, aus welchem der Aufsatz genommen ist, nämlich der Stuttgarter allgemeinen Zeitung.
1073 Des österreichischen Beobachters theurer Republikanismus. Ob es einer Staatsform zur Empfehlung diene, wenn sie wohlfeil ist, wollen wir dahin gestellt seyn lassen; Viele behauptend zwar und Viele schätzen sich glücklich, wohlfeil regiert zu werden; darüber aber war jedenfalls bisher kein Zweifel, daß von allen Regierungen die republikanische sich durch den Charakter der Wohlfeilheit vorzüglich auszeichnet. Allein nun tritt die Revue de Paris und nach ihr der österreichische Beobachter vom 2. Nov. auf, und beweist das Gegentheil. Man höre: „Nach dem Annal-Amerikan-Register vom Jahre 1829 beläuft sich das Föderalbudget der vereinigten Staaten auf24,767,119 Dollars, oder 131,265,729 Franken. Bei Annahme einer Bevölkerung von 11 Millionen in den 24 Staaten, welche damals die Union bildeten, würde dieß, im Durchschnitt gerechnet, 13 Franken fiir den Kopf austragen. Wenn daher das französische Budget wieder auf den Stand einer Milliarde zurückgeführt würde, auf welchem es sich vor der Revolution von 1830 befand, so würde bei einer Bevölkerung von 33 Millionen, die auf einen Kopf fallende Last 31 Franken betragen, mithin zu der des Nordamerikaners sich wie 31 zu 13 verhalten. Das Föderalbudget weiset aber keineswegs die gesammten Kosten der Staatsverwaltung aus. Jeder einzelne Staat hat seine besondere Verwaltung und die Kosten derselben sowie die der Verwaltung der Grafschaften (Distrikte) und Gemeinden, woraus er besteht, nebst einer nicht unbeträchtlichen Summe indirekter Lasten, wovon gleich die Rede seyn wird, müssen nothwendig mit in Rechnung gebracht werden, wenn man zu einer richtigen Vergleichszahl gelangen will. Diese Elemente sind nun freilich nur annäherungsweise zu erheben. Aus den statistischen Tafeln des AnnualRegisters und des Repository of Usefiil Knowledge ergeben sich jedoch die Kosten der Verwaltung für einige der 24 Staaten, ζ. B. für Pensilvanien mit 4,210,000 Fr., für New-York mit 10,276,445 Fr. und so für andere; Kosten, die verhältnißmäßig sehr beträchtlich sind, eben weil die Gehalte fast das Doppelte und Dreifache im Vergleiche mit dem Gehalte der Beamten in Frankreich ausmachen. Die Ausgaben in den Grafschaften, d. i. in den administrativen, den Departements ähnlichen Bezirken, sind aus eben dieser Ursache und schon wegen der Verschiedenheit des Regierungsprinzips in Frankreich und Nordamerika - dort größtmögliche Centralisation, hier wenigstmögliche - η diesem letzten Lande bedeutend größer. Man wird also gewiß nicht zu viel und wahrscheinlich zu wenig annehmen, wenn man die Kosten der Provinzial-Verwaltung denen der Gesammt-Administration gleichsetzt. Hieraus aber ergibt sich die Summe von 265 Millionen Franken, und somit wäre die Durchschnittlast des Einzelnen nicht mehr 13, sondern 26 Fr. Aber auch diese Ziffer ist nicht die vollständige. Im französischen Budget erscheinen Ausgaben, die weder auf dem allgemeinen, noch auf dem besondern Budget der vereinigten Staaten zu finden sind, und dennoch auch in diesen bestritten werden müssen, ζ. B. für Straßen- und Brückenbauten, für den Klerus, für die Nationalgarde, der in Nordamerika die Miliz entspricht. In Frankreich sind für den ersten dieser Zweige 41 Millionen auf dem allgemeinen
1074 Budget ausgeworfen; es wird aber keine Abgabe für Brücken und Straßen erhoben, in den vereinigten Staaten dagegen ist ein großer Theil derselben vermauthet, und wer sie befährt, bezahlt. Die geringste Schätzung, die man dieser indirekten Last geben kann, ist 10 Millionen. Der Klerus kostet in Frankreich beinahe 37 Millionen; in Nordamerika, wo er von den Gemeinden erhalten wird, diesen zum wenigsten 30 Millionen, da die statistischen Tabellen, obgleich unvollkommen, dennoch über 10,000 Geistliche, 11,000 Kirchen und 25 Seminarien ausweisen, und der Gehalt des geringsten Schreibers (clerk?) auf 5,300 Franken sich beläuft. Die Miliz zählt 1,200,000 Mann. Zieht man davon 200,000 Mann wegen Krankheit oder sonstiger Verhinderung ab, und bedenkt, daß die übrige Zahl jährlich fiinfTage zu den Uebungen zusammenrücken, diese Zeit also für die in so hohem Werthe stehende Arbeit verlieren muß, und der Taglohn 7 Fr. 95 Cent. (?) beträgt, so haben wir eine andere indirekte Last von 35 Millionen. Hierzu die Kosten fur Kleidung und Rüstung nach dem fast unmöglichen geringen Maßstabe von 25 Franken gerechnet und nur die Hälfte der Miliz als bewaffnet und gekleidet angenommen, so macht diese Ausgabe einen Zuschuß von 12,500,900 Franken, und somit bedingen die Kosten der Miliz, zu Friedenszeit, jährlich eine Last von wenigstens 50 Millionen. Diese Theilsummen, welche nicht einmal die Kosten der GemeindeAdministration in sich schließen, geben bereits eine Staatslast von 353 Millionen also ist in gewöhnlichen Zeiten die Durchschnittlast für den Bewohner der nordamerikanischen Freistaaten 35 Franken, während sie fiir den Franzosen, trotz Civilliste und stehender Armee, nur 31 Franken ausmacht. Dieses merkwürdige Resultat, fügt der Beobachter hinzu, ist auf die Voraussetzung einer Volksmenge von 11 Millionen gegründet. Die neuesten statistischen Angaben, in welchen statt 24 mehr als 30 einzelne Staaten figuriren, geben die Volksmenge der Union auf 13 Millionen an. Da aber die Vermehrung der Staaten auch eine gleichmäßige Vermehrung der LokalAusgaben nach sich ziehen muß, so wird dadurch in der berechneten Verhältniß-Zahl nichts verändert. Das ist sonach die wohlfeile nordamerikanische Verwaltung!" — Hiezu einige Fragen: Warum ist in Frankreich nur das allgemeine Budget in Berechnung genommen und von den Lokal-Budgets bloß bei Amerika die Rede, die doch auch in Frankreich nicht unbedeutend seyn können, wenn das von Paris allein gegen 100 Millionen beträgt? Warum berechnet der Beobachter nicht auch, wie hoch sich der Werth der Arbeit beläuft, die durch die stehenden Heere, welche nicht bloß jährlich fünf Tage, sondern zwölf Monate beisammen sind, für den Staat verloren geht, also gleichfalls als indirekte Auflage zu betrachten ist? Ein Stuttgarter Zeitungsmann hat die Sache besser beleuchtet: ihm zu Folge sind nämlich die LokalAusgaben die Hauptsache, und wenn für das Volk etwas erspart werden kann, so kann es nur an diesen geschehen. Je größer das Staatsbudget ist, desto glücklicher ist das Land, insonderheit sind große Staatsdiener-Besoldungen der wahre Lebensnerv des Staats; hingegen darf man Gemeindedienste nur zu unentgeldlichen Ehrendiensten machen, oder das Volk darf seine Lokalangelegenheiten nur frohndweise besorgen lassen, um sich eine Ersparniß zu sichern, die, wie jener meint, für Würtemberg zu zwei Millionen jährlich nicht zu nieder angeschlagen ist. Wir
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1075 überlassen es unsern Lesern, die scheinbaren Widersprüche zu vereinigen, welche sie vielleicht zwischen diesen beiden — —Autoritätenfindendürften. Es wird ihnen gewiß gelingen, oder es müßte nicht wahr seyn, was das Sprüchwort sagt: Magna ingenia conspirant. (Stuttg. allg. Zeit.) Tages-Chronik. Spanien. Madrid, 27. Okt. Ein gestern hier eingetroffener Kurier brachte die Nachricht von Don Miguel, daß, wenn ihm der König nicht in aller Eile Truppen sende, er sich in Lissabon nicht mehr halten könne. Diese unerwartete Nachricht hat große Niedergeschlagenheit am Hofe hervorgebracht, und es ist die Heiterkeit, welche sich seit dem Falle Warschaus unserer Hofleute bemächtigt hatte, plötzlich verschwunden. England. London, 4. Nov. Man furchtet fur den nächsten Montag (7. Nov.) einen gefährlichen Auflauf. An den Straßenecken sind Zettel angeschlagen, worin alle Handarbeiter aufgefordert werden, an jenem Tage in einem gewissen Wirthshause sich einzufinden. Man sagt, es würden bereits Waffen gesammelt, womit sich jene Leute versehen wollten. Von Seite der Behörden trifft man Vorkehrungen, um Unordnungen zu verhindern. Es wird eine bedeutende Zahl außerordentlicher Constabel angestellt werden. Die Times fordern die Bürger auf, sich zu bewaffnen, um ihr Eigenthum und die öffentliche Ordnung gegen Brandstifter, Diebe und Banditen zu vertheidigen. - Der Courier setzt die Nachricht über den Ausbruch der Cholera in Sunderland noch in Zweifel, weil die Nachrichten hierüber widersprechend lauten. Er versichert, die in Sunderland ausgebrochene Krankheit sey nicht die wahre Cholera. Der Courier enthält endlich die Versicherung, daß das Gouvernement alle nur möglichen Vorsichtsmaßregeln ergriffen hat, damit bei der auf nächsten Montag bevorstehenden Versammlung der Arbeiter in White-Conduithouse keine Unordnungen entstehen. Ueber die in New-Castle ausgebrochene Cholera morbus verbreiten sich die widersprechendsten Gerüchte. Während Briefe melden, die vorgefallenen Todesfälle seyen blose Folgen von Vergiftung, zeigt dagegen ein hiesiges Journal an, daß unsere Regierung bereits der französischen über den Ausbruch der Cholera in England Mittheilung gemacht habe. — Die Expedition gegen Don Miguel wird lebhaft betrieben und verspricht Erfolg. Nach Briefen aus Lissabon wird Don Pedro mit Sehnsucht vom Volke erwartet, und werden auch die dortigen Truppen sich unter seine Fahnen stellen. Die Stadt ist nur schwach befestigt, so daß die Patrioten sich ihrer leicht bemächtigen können. Einige tausend Mann, welche in der englischen Armee gedient haben, sind von Don Pedro enrolirt worden. Frankreich. Paris, 7. Nov. Die Anlehen vermehren sich auf allen Seiten von Europa. Durch die Kriegsrüstungen und Sanitäts-Cordons sind alle Kassen erschöpft. Rußland, Oesterreich, Holland, Belgien, Spanien, Portugal, die beiden Sicilien haben Agenten in London oder Paris, um Anlehen abzuschließen. Auch ein Theil der kleinen deutschen Staaten sucht Geld. Endlich soll unser Ministerium damit umgehen,
ehestens ein Anlehen zu negociren, und wahrscheinlich liegt hierin der Grund seiner Bemühungen, unsere Fonds zu heben; allein es wird dieser erkünstelte hohe Stand von keiner Dauer seyn. Für den Augenblick werden wir zwar den Frieden erhalten, weil es sämmtlichen Regierungen an den nöthigen Mitteln zum Kriege fehlt, allein so wie sie sich von ihrer jetzigen Erschöpfung erholt haben, wird Frankreich die Erfahrung machen, ob sie den Frieden wirklich wollen. Paris, den 7. November. Consol. 5 Proz. 95,15; 3 Proz. 68,10; Falconnet 87,90; ewige Rente 53 Holland. Rotterdam, 4. Nov. Es ist viel die Rede von Errichtung einer vierten Division, die in Seeland stationirt werden soll, um das Reich von dieser Seite gegen jeden feindlichen Angriff sicher zu stellen. Man versichert sogar, daß bereits Befehle zur Requirirung von Wagen gegeben seyen, um die dazu bestimmten Truppen dahin zu schaffen. Ihr Gepäck sollte nach Goes gebracht werden, so daß man es flir wahrscheinlich hielt, daß dort das Hauptquartier dieser neuen Division hinkommen werde. Herzogenbusch, 4. Nov. Dem Vernehmen nach soll gegenwärtig auch die Gemeinde Bormer und andere am linken Ufer der Maas gelegene Orte, die ans Limburgische gränzen und bis jetzt unbesetzt geblieben waren, von einer ansehnlichen Macht besetzt werden. Die dazu bestimmten Truppen sollten sich heute in Bewegung setzen. Wie man versichert, soll die unter den Befehlen des Generals Cort-Heiligers stehende Reservedivision bei einer neuen Zusammensetzung verstärkt werden. Belgien. Brüssel, 5. Nov. Gestern Abends um 9 Uhr wurde Ministerrath gehalten. Herr Meulenaere und Brouckere bestanden auf unverzüglicher Anerkennung des Königs Leopold durch Preußen, so wie auf alsbaldiger Räumung der Citadelle von Antwerpen. Diesem Verlangen wurde von Vandeweyer, Adair und Belliard die Einwendung entgegengesetzt: daß da Preußen nöthigenfalls dem König Wilhelm seine Unterstützung zugesagt habe, und Letzterer durch die ihm vorgelegten Artikel ohnehin gereitzt sey, leicht durch ein solches Verlangen die Unterhandlungen ganz abgebrochen werden könnten. Herr Vandeweyer gab bei dieser Veraulassung wiederholt die Versicherung, der König von Holland habe die 24 Artikel angenommen habe. Als Beweis legte er einen Brief vor, den er von Talleyrandmorbus (wie Hr. v. Rodenbach ihn zu nennen pflegt) erhalten habe. Am Schlüsse desselben heißt es: „durch meine Agenten in Haag erfahre ich, daß wenn keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten eintreten, die 24 Artikel den Generalstaaten spätestens den 6. oder 8. d. M. vorgelegt werden sollen, und daß die Annahme derselben, obgleich durch eine nur schwache Majorität, gesichert sey. Trotz aller dieser Versicherungen ist die Politik des Herrn Talleyrand-morbus und der Eigensinn des Königs Wilhelm zu sehr bekannt, als daß nicht fortwährend das größte Mißtrauen selbst unter unsern Ministern herrschen sollte. Deutschland. Karlsruhe, 2. Nov. Wie es heißt, wird die Kommission, welche das Preßgesetz bearbeitet, auf der Einführung der Jury beharren. Allgemein gespannt ist man, ob die fortdauernde Censur der Zeitungen genehmigt wird.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Sonntag.
Tribüne.
constitutionelles
N^ 134.
Verhandlungen der baierischen Deputirtenkammer. München, 12. Nov. In der heutigen Sitzung ward der Antrag des Reichsraths Grafen v. Arco, Entschädigung der Gutsherren für die verlorne Gerichtsbarkeit über die Klostergrundholden betreffend, berathen. Die Kammer der Reichsräthe war auf diesen Antrag eingegangen, eben so der Referent im Ausschusse der Deputirtenkammer. Die Majorität des Ausschusses sprach sich gegen denselben aus, weil die VerfassungsUrkunde diese Gerichtsbarkeit ohne Festsetzung einer Entschädignng aufgehoben habe. Diese Ansicht wurde in der Kammer unterstützt von den Abgeordneten v. Dresch, v. Eberz, Rudhardt, welche den Betheiligten den Rechtsweg überließen. Für die Entschädigung sprachen sich aus v. Ehrne, v. Westernach, Graf v. Seinsheim. Mehrere dem Gutachten des Ausschusses beigefügte Wünsche zu vertragsmäßiger Uebernahme der Patrimonialgerichtsbarkeit überhaupt gaben dem Freiherrn von Closen und Kreß Vera [n] lassung sich für das Aufhören aller Patrimonial-Jurisdiction im Wege gütlicher Uebereinkunft auszusprechen. Der Graf v. Seinsheim warnte die Versammlung, durch das Eingehen in diese Anträge einen Stein am Gebäude der Verfassung zu verrücken, da man denn vor deren Einsturz nicht sicher seyn könne. Von allen Rechten sey dem Adel keines geblieben als die Gerichtsbarkeit. Diese müsse ihm nothwendig bleiben. Die Behauptung des Freiherrn v. Closen, daß mit der Gerichtsbarkeit das Recht der Scharwerke in der Jagd nicht verloren gehe, ward von dem Abgeordneten Rudhardt unterstützt, von dem Abgeordneten Culmann und von Ministerialrath v. Abel bekämpft. Der Beschlnß der Kammer der Reichsräthe auf Verwilligung einer Entschädigung ward verworfen. Dagegen wurden folgende Anträge des Ausschusses und Freiherrn von der Thann angenommen. Die Regierung möge einen Gesetzesentwurf vorlegen, in welchem die Grundsätze über die gänzliche oder theilweise Abtretung der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit festgestellt werden sollen. Bei der Abtretung der Gerichtsbarkeit sollen den Gutsherren namentlich folgende Rechte verbleiben: 1) das Recht der Bauschaft, 2) die Ausübung der niedern Polizei, 3) die Eintreibung liquider Gefalle auf dem Executionswege. Die fur die Gerichtsbaikeit zu gebende Entschädigung soll nach einer Durchschnittsberechnung ihres Ertrags gegeben
Tagblatt.
München den 1 3 . November 1 8 3 1 .
werden. Bereits anhängig gemachte Jurisdictionsstreitigkeiten sollen wo möglich dadurch beseitigt werden, daß den Gegnern des Staats anheimgestellt sey, gegen diese Begünstigungen auf die Gerichtsbarkeit zu verzichten. Die Einwilligung der Mitbelehnten etc. soll zur Abtretung der Gerichtsbarkeit an den Staat nicht nothwendig seyn.
Politische
Miscellen.
1. In der Vorrede einer deutschen Schrift über Staatsrecht versichert der Verfasser, daß er diese nicht ohne Bangigkeit dem größeren Publikum vorlege. Es sey eine Zeit, in welcher die Klugheit mehr als je zum Schweigen mahne über Gegenstände des öffentlichen Rechts und der Politik; denn man könne auf dem staatsrechtlichen und politischen Gebiet jetzt kaum einen Weg mehr einschlagen, ohne in Gefahr zu seyn, Häschern in die Hände zu fallen. - Diese Vorrede ist doch wohl zu einer Zeit geschrieben worden, wo die französischen Kriegsgerichte die Gedankenfreiheit gefangen hielten, im Jahre 1811 oder 1812? Weit gefehlt! Diese Vorrede wie die Schrift selbst gehören dem Jahre 1828 an. Der Verfasser des Werks ist der rühmlichst bekannte Professor Jordan in Marburg, der am kurhessischen Verfassungswerke so thätigen Antheil hatte und nun als Deputirter des Volkes sich auszeichnet. Das Werk selbst „Beiträge über allgemeines Staatsrecht" ist bekanntlich eine sehr gemäßigte Schrift, worin der Verfasser, ein erklärter Anhänger des constitutionellen Systems, seine Ansichten über Staatsrecht und Politik philosophisch entwickelt. 2.
Ancillon sagt im zweiten Theile seiner Schrift „Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen 1831", die ganze Geschichte zeige eine stets fortschreitende geistige Bewegung. Manchmal gehemmt oder gehindert, hebe sie ihren Lauf immer wieder an, wenn auch nur, um in Spiralform vorzurücken. Die preußischen Landsleute des Verfassers behaupten auch, voigerückt zu seyn, und, nur wünschend, daß dieses anerkannt 134
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1079 und ihnen namentlich die Verfassung gewährt würde, welche die Frucht dieses Vorschreitens seyn soll, wollen sie gern zugeben, daß sie in Spiralform vorgerückt seyen. Nur bedauern sie, daß die Regierung, dadurch, daß sie zu ferne steht, zum Irrthum verleitet, diese Spiralform für einen Kreis ansieht, an dem kein Anfang und kein Ende ist. 3. Ludwig der Vierzehnte von Frankreich fragte einmal, wozu das Lesen nütze? Sollten die Censur-Edikte der neueren Zeit vielleicht zum Bewies dienen, daß auch das neunzehnte Jahrhundert noch von solchen Fragen erzählen kann? 4. Ein hannöverischer Staatsdiener war von Seiten der Regierung seiner Stelle endassen, aber von dem Tribunal in sein Amt und Besoldung wieder eingesetzt worden. Als man hierauf bei dem Könige (dem König Georg II. von Großbrittanien) darauf antrug, daß von der in der Bestallung befindlichen Dienstaufkündigungsklausel Gebrauch gemacht werden möge, verbot er dieses ausdrücklich, um nicht die völlige Wirkung des Erkenntnisses zu hindern. Dieses Benehmen eines Fürsten war gewiß ächt fürstlich. Möchte es auch in unsern Zeiten Nachahmung finden. An Gelegenheit dazu fehlt es nicht, ζ. B. wenn es in constitutionellen Staaten darauf ankommt, ob von dem Recht Gebrauch gemacht werden soll, zum Landtag gewählten Staatsdienern den Eintritt in die Kammer zu verweigern oder fremde Schriftsteller aus dem Lande zu treiben.
Tages-Chronik. England. London, 6. Nov. Die Unruhen, welche in Bristol stattgefunden haben, geben unserer Regierung neue Kraft. Die vornehmen Klassen sind von einer panischen Furcht ergriffen. Der Pöbel hat sich in seiner ganzen Häßlichkeit gezeigt, im Brand, Raub und Todtschlagen. Man organisirt jetzt überall Nationalgarden, um ähnliche Unfälle zu verhüten. - Noch immer ist die Zustimmung des Königs von Holland zu den 24 Artikeln nicht erfolgt, allein nach allen Versicherungen der Diplomaten und Minister ist an Erhaltung des provisorischen Friedens nicht zu zweifeln. — Unser Ministerium unterstützt die Expedition Don Pedros, wenn auch nur im Stillen. Mehrere Seeofficiere haben sich unter fremdem Namen einschreiben lassen; die Regierung weiß es, aber sie drückt die Augen zu. Ehestens wird die Expedition nach Terceira abseegeln. — Einige Zusammenkünfte von Ministern mit Antireformern sollen den Erfolg gehabt haben, daß Letztere unter gewissen Bedingungen der Reformbill beizustimmen sich entschlossen. Wahrscheinlich haben zu diesem Entschluß die Bristoler Unruhen mehr beigetragen, als die Beredsamkeit unserer Minister. Frankreich. Paris, 8. Nov. Es vergehen Tage und Wochen, ohne daß man die stündlich erwartete Entschließung des Königs von Holland kennen lernt. Derselbe sucht nur immer Zeit zu gewinnen. Man braucht kein tiefer Politiker zu seyn, um zu
wissen, daß der Theil, welcher Zeit zu gewinnen sucht, gewöhnlich den andern Theil zu überlisten beabsichtigt, so bald nämlich der günstige Augenblick dazu kommt. Trotz der Zustimmung der Bevollmächtigten Preußens und Oesterreichs zu den 24 Artikeln, begünstigen sie unter der Hand die kriegerischen Absichten Hollands. Mit Frankreich und England haben sie bisher nur gemeinschaftliche Sache gemacht, weil sie der Macht der Verhältnisse nachgeben mußten. So wie aber der von ihnen erwartete günstige Zeitpunkt eintritt, wird Holland sich erklären, und Preußen, Oesterreich und Rußland werden dann die Maske abwerfen. Und unsere Friedensmänner! womit werden sie die Unabhängigkeit des Vaterlands erhalten? - Der Gesetzesentwurf über die Mobilisirung der Nationalgarde, welcher gestern der Kammer vorgelegt wurde, erregt viel Unruhe. Entweder ist das Ministerium des Friedens gewiß oder nicht. Wozu aber im ersteren Falle die Nationalgarde mobilisiren und die benachbarten Mächte aufschrecken, wie noch kürzlich die Anhänger des Ministeriums in der Kammer selbst sich ausdrückten. Wenn aber im Gegentheil das Ministerium Kriegsbesorgnisse hegt, warum mobilisirt es nicht die ganze Nationalgarde, anstatt ihr nur einigen Schein von Mobilisirung zu geben. Wir halten es überhaupt für ein Capitalverbrechen an der Nation, wenn es versäumt wird, seiner Armee und Nationalgarde eine Organisation zu geben, fähig die Rechte und Freiheiten des Landes jeden Augenblick und gegen jeden Feind zu vertheidigen. - Hinsichdich Algiers ist unser Ministerium durch die Stimme der Nation überwunden worden. Es soll nun seine Colonisirung organisirt und Bonne wo möglich wieder genommen werden. Auch ist der Befehl nach Toulon ergangen, alle Fahrzeuge bereit zu halten, welche die Escadre bilden. Das 35ste und llte Infanterieregiment werden nach Algier übergeschifft, als Ersatz zweier Regimenter, welche nach Frankreich zurückgekommen sind. Paris, den 8. November. Consol. 5 Proz. 95,05; 3 Proz. 68,20; Falconnet 78,60; ewige Rente 54. Holland. Die Antwort, welche der König von Holland in Bezug auf die 24 Artikel der Londoner Conferenz ertheilt hat, ist unbekannt. Dieselbe ist ausweichend, macht Ausstellungen gegen die Form der Verhandlungen, und gibt überhaupt die Absicht zu erkennen, die Entscheidung zu verzögern. Deutschland. Berlin, 5. Nov. Ich freue mich, Ihnen melden zu können, daß die trüben Aussichten, welche die seit einiger Zeit bemerkte Thätigkeit in den Artillerieanstalten eröffnete, sich wieder aufzuklären beginnen. Die Artilleriewerkstätten namentlich stellen ihre starken Arbeiten ein, und mit dem 1. Januar 1832, heißt es, sollen alle außerordendichen Arbeiter, die man angenommen hat, endassen werden. Auch werden die Artillerie-Brigaden am Rhein, welche bisher mobil und auf den Feldfüß gesetzt waren, nach einer vorgestern erschienenen Bestimmung nunmehr demobilisirt. Diese Entwaffnung an dem ausgesetztesten Punkte des preußischen Staates ist wohl die Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens. — Wie sich gleich bei der ersten Ankündigung der Tendenz des Berliner politischen Wochenblattes erwarten ließ, wird hier beim Buchhändler Fincke ein Oppositions-Journal (der Titel ist noch nicht bekannt) erscheinen, und zwar unter der Leitung eines unserer besten Köpfe, dem es nicht an zahlreichen und geeigneten Mitarbeitern fehlen wird, die es mit den Redakteuren und den anderen angesehenen Personen, die zur Mitwirkung an dem Wochenblatt aufgefordert scheinen,
1081 wohl werden aufzunehmen im Stande seyn. — Leider sind die Konfiskationsprozesse in Posen nunmehr wirklich eröffnet. Man hält sich zwar überzeugt, daß die letzte Entscheidung durch die persönliche Milde unseres guten Königs geschehen werde; allein die Hoffnung, daß diese Prozesse vom Hause aus würden niedergeschlagen werden, ist nicht in Erfüllung gegangen. - Oesterreich verfährt milder gegen seine galizischen Unterthanen. Auch in Hinsicht auf die polnischen Flüchdinge scheint man in Oesterreich einem mildern Verfahren zu huldigen, als bei uns. - Man erzählt sich hier, daß der russische Senat auf eine Vereinigung und Verschmelzung Polens mit Rußland dringe, während der Kaiser die Beibehaltung der Constitution verlange. (Schw. M.) Karlsruhe, 7. Nov. Noch vier Wochen dauert der Landtag, und dennoch beschloß die zweite Kammer, heute eine Motionsbegründung anzuhören, vielleicht - gewiß die letzte auf diesem Landtage. Die hohe Wichtigkeit des Gegenstandes entschuldigte hinlänglich die Vornahme eines neuen Geschäftes zu den vielen noch vorräthigen. Der Abg. Aschbach begründete seine Motion auf Leistung eines Verfassungseides fiir alle Staatsbürger, nnd schlug vor, daß dieser Eid bei der Huldigung geleistet würde. Er entwickelte in kurzer, gediegener Rede das Nothwendige dieses Eides, welcher zu sehr mit dem Wesen des constitutionellen Lebens verbunden sey, als daß hiedurch etwas in Anregung gebracht würde, was mit demselben nicht in Einklang stände. Die Kammer schien auch von der Wahrheit der Ansichten des Abg. Abschach so überzeugt, daß sie mit Stimmeneinhelligkeit beschloß, den Antrag in die Abtheilungen zu verweisen und ihn zu berathen. Es war kein Regierungscommissär anwesend; es ist nicht zu bestimmen, welchen Eindruck der Antrag auf die Regierung machen, noch weniger läßt sich sagen, ob die erste Kammer den Grundsatz eines Verfassungseides anerkennen wird. Vorzüglich lebhaft möchte die Erörterung werden, wenn die Frage behandelt wird, ob auch das Militär den Eid zu leisten habe. - Bei der Diskussion über eine Reihe von Ausgaben bei dem Ministerium des Innern kamen auch die des landwirthschaftlichen Vereins zur Sprache, wofür die Budgetscommission kaum die Hälfte genehmigt hatte, was die Regierung begehrte, v. Rotteck sprach ausführlich über die Kargheit, und setzte auseinander, wie nothwendig es sey, den Verein zu heben, wodurch der Ackerbau, überhaupt die Landwirtschaft in ihrem ganzen Umfange, gefördert werde. Er trug auf Genehmigung des Postulats von 12,000 fl. fiir jedes Jahr an, was auch vielseitig unterstützt wurde; mehrere Abgeordnete, ebenfalls von der Nothwendigkeit einer kräftigeren Unterstützuug durchdrungen, sprachen noch ausführlich fiir Rotteck's Antrag. Das Wohlthätige eines allgemeinen landwirthschaftlichen Volksfestes und das, was in Würtemberg und Baiern zum Emporbringen der Landwirthschaft geschieht, wurde einer besonderen Berücksichtigung werth gehalten. Bei der Abstimmung wurde das Postulat der Regierung mit 12,000 fl. von einer großen Majorität angenommen. — Da die Regierungscommission versprach, mit Nächstem einen Gesetzentwurf über die Gendarmerie vorzulegen, so wurde die Discussion über diese Rubrik ausgesetzt. Dieses neue Anerkenntniß der billigen Wünsche der zweiten Kammer, von Seiten der Regierung, ist wohl das beste Zeugniß von dem Trachten derselben, mit den Ständen in Harmonie zu bleiben. - Leider schwinden die Wochen, mit
1082 ihnen aber nicht in gleichem Verhältniß die Arbeiten des Landtages. (Schwäb. Merkur) In dem Vortrag des Herrn Commissärs der Regierung über das Preßgesetz ist fiir die Nichteinfiihrung des Geschwornengerichts als Grund angegeben, als man die Frage dieses Instituts überhaupt noch zu erwägen, und zu entscheiden habe, ob es in das badische Gerichtsverfahren übergehen solle. Diese Erwägung und Entscheidung soll der Zeit vorbehalten werden, wo die Gesetzentwürfe über das Gerichtsverfahren zur Berathung kommen. Uns scheiut, daß gerade der angeführte Grund fiir die Einführung der Geschwornen ins Preßgesetz sprach. Theoretisch ist die Sache hinlänglich verhandelt; wer also in Baden noch zweifelhaft ist, dem fehlt die Anschauung des Instituts in seiner lebendigen Wirksamkeit, und diese Anschauung konnte ja eben bei den Verhandlungen über Preßvergehen gewonnen werden. Das gebildete badische Volk wird bei diesem Versuche beweisen, daß es reif fiir eine Anstalt ist, die es um keinen Preis mehr lassen wird, sobald es deren Werth völlig erkannt hat. Wir erlauben uns, die badische Kammer hierauf aufmerksam zu machen. (Westbote.) Kassel am [3.] Nov. Erst heute erfolgte die Huldigung der Stände, zu welcher diese sich schon am 10. Okt. bereit erklärt hatten, die aber dennoch bisher unterblieben war. Man hatte daher vermuthet, S. H. der Mitregent habe dem Beschluß der Stände vom 8. Okt.: „daß die Verfassungsmässigkeit des Regierungs-Antritts nicht durch die Ausstellung der Eides-Urkunde der Regenten, sondern durch die Anerkennung derselben von Seiten der Landstände bedingt werde," seine Zustimmung versagt; wenigstens hatte die Landtags-Commission an jenem Tage feierlich dagegen protestirt. Da es jedoch im §. 90. der Verf.Urkunde ausdrücklich heißt: In dem von den Ständen geleisteten Huldigungseide liegt zugleich die allgemeine Anerkennung des verfassungsmässigen RegierungsAntrittes, mithin eine Art von Interregnum bei uns stattfand, so trug der Abg. Pfeiffer in der vorigen Sitzung darauf an, die Regierung wegen dieser Verzögerung um Auskunft zu ersuchen, worauf der Landtags-Commissär sich sogleich fiir ermächtigt erklärte, die Huldigung auf die nächste Sitzung anzuberaumen. In dieser erschien dann der neue Ministerpräsident Wiederhold, und entschuldigte in einer sehr gewandten Rede jene Verzögerung damit, daß S. H. der Mitregent dem geleisteten Versprechen, die Verfassung aufrecht zu halten, auch ohne diesen feierlichen Akt stets würden treu geblieben seyn, und Sich auch der Treue Ihrer Unterthanen ohne besondere Huldigung versichert gewußt hätten." Somit ward dieser Gegenstand ohne Weiteres erledigt. - Auf gleiche Weise hatte der Mitregent am 13. Okt. den Landständen erklären lassen: „Er habe dem bisherigen Vorstand des Kriegs-Ministeriums, v. Loßberg (der wegen verfassungswidriger Militär-Ernennungen in den Anklagestand versetzt werden sollte), seine Endassung ertheilt, und zwar weil Er von dem Wunsche beseelt sey, ein gutes Vernehmen mit den versammelten Ständen nach Möglichkeit zu befördern, und deßhalb der WiederAufnahme einer frühern Mißhelligkeit vorzubeugen." Diese unumwundene Anerkennung eines Prinzips, mit dem unsere ganze Verfassung steht und fällt, und das dennoch jener Minister zu bestreiten gewagt hatte, hat im ganzen Lande wahre Freude verursacht, und von dem neuen Beherrscher die besten Hoffnungen erregt. Sigmaringen, 6. Nov. So eben ist eine Verordnung er-
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1083 gangen, nach welcher die Wahlen für die einzuberufenden Stände Statt finden sollen, um mit denselben auf dem Wege der Vereinbarung das Verfassungs-Geschäft zu berichtigen. Die verschiedenen Anordnungen über die nöthigen Eigenschaften der Abgeordneten, die innere Ordnung der Versammlung und der Verhandlung der Geschäfte soll blos für die erste Einberufung und Versammlung beobachtet, und später der Berathung mit den Ständen selbst unterstellt werden. Wir heben aus der Verordnung das Wichtigste aus: Die ständische Versammlung wird zusammengesetzt: aus den beyden Fürstlichen Standesherren oder ihren Abgeordneten (Fürstenberg und Taxis), aus einem Abgeordneten der Geistlichkeit, aus zehn Abgeordneten sämmtlicher Aemter. - Die Abgeordneten der einzelnen Wahlbezirke werden durch Wahlmänner ernannt, welche theils aus der höchstbesteuerten Klasse der Ortsbürger, theils durch die freie Wahl der gesammten Bürgerschaft bestellt werden. Je auf 10 stimmgebende Bürger einer Gemeinde wird ein Wahlmann berechnet. - Die Hälfte der aus einer Gemeinde zu stellenden Wahlmänner wird aus denjenigen Bürgern zusammengesetzt, welche die höchste Gütersteuer in der Gemeinde entrichten, die andere Hälfte durch die freie Wahl aller steuerbaren Ortsbürger. — Die Wahlmänner sind in Ansehung der auszuwählenden Abgeordneten nicht auf ihren Wahlbezirk beschränkt, sie können auch einem außer dem Wahlbezirk wohnenden Landes-Angehörigen ihre Stimme geben. — Die Räthe der Fürstl. Regierung und des Hofgerichts können nicht zu Abgeordneten gewählt werden. — Das erste Geschäft des dermal einzuberufenden Landtages wird die Berathung über die einzuführende Verfassungs-Urkunde seyn. — Die Verhandlungen des Landtags gelangen durch Abdruck zur öffentlichen Kenntniß. Literarische
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- Atlas
E u r o p a .
Dieses eben so zeitgemässe als bedeutende, jedem Gebildeten, jedem Geschäftsmann, jedem Lehrer der Geographie und Geschichte, und hauptsächlich auch dem Zeitungsleser äusserst nützliche, ja wir möchten behaupten, ganz unentbehrliche Werk, erscheint in 25 Lieferungen. Jede Lieferung enthält (im säubern Umschlag) v i e r Städte-Pläne nebst Beschreibung und z w a n z i g Ansichten der merkwürdigsten und prächtigsten Bauwerke. Pläne und Ansichten sind sämmtlich genau nach der Natur aufgenommen und gezeichnet, und auf das trefflichste in Stahl gestochen. Noch existirt kein gleiches Werk; weder in Deutschland noch in der Fremde. - Im Vertrauen auf die kräftigste und allgemeinste Unterstützung des gebildeten Publikums für diess Unternehmen wagen wir es, den Subscriptionspreis so niedrig zu stellen, als man ihn noch niemals erwarten mochte; - wir setzen ihn nämlich auf zwölf Groschen sächsish für jede Lieferung von vier Plänen und zwanzig Ansichten fest! Die erste Lieferung des Städte-Atlasses, welche die Pläne von London, Paris, Berlin und Dresden mit Beschreibung und zwanzig Abbildungen der schönsten Gebäude dieser Städte enthält, erscheint zu Anfang nächsten Jahres. Ihr folgt (hinlängliche Theilnehmer vorausgesetzt) alle zwei Monate regelmässig eine gleich starke Lieferung. NB. Den mit Jahresschluss unwiderruflich eintretenden jedenfalls weit höheren Ladenpreis werden wir später anzeigen. Zu Bestellungen empfehlen wir alle soliden Buchhandlungen des In- und Auslandes. Hildburghausen und New-York, Ende Sept. 1831. Das Bibliographische Institut. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
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Die baierische Censur. (Eingesendet.) Die deutsche Tribune vom 27. Oktober 1. Js. Nr. 117 enthält einen Aufsatz unter der Aufschrift: „Deutschlands Schande", worin es unter Anderem heißt, daß Seuffert, zweiter Präsident der Kammer, Professor und Abgeordneter der Universität zu Würzburg, der Mann sey, über welchen Deutschland die Wehklage anstimmen müsse, weil er Schande über dieses Land gebracht, indem er den Vorschlag gemacht habe, daß der Regierung das Recht zur Einführung einer vorübergehenden Censur zugestanden werde. Das baierische Volksblatt vom 1. November 1. J. Nr. 46 enthält unter Aufschrift: „das Schicksal des baierischen Preßgesetzes", einen Artikel, worin Seuffert einigermaßen in Schutz genommen, zugleich aber darüber geklagt wird, daß die deutsche Tribüne bei dieser Beschuldigung Seuffert's jene Mäßigung und Toleranz gegen auders Meinende, welche ein liberales Blatt charakterisiren solle, in hohem Grade verläugne, was von den besonnenen Liberalen mißbilligt werden müsse. Es ist unsere Aufgabe nicht, hier zu untersuchen, in wie fern der, der deutschen Tribüne gemachte, Vorwurf gegründet sey oder nicht; wir glauben aber, daß, falls die Mäßigung verletzt seyn sollte, dieses hier nicht zum Tadel gereichen dürfte. Denn wer es aufrichtig mit der deutschen Sache meint, wer lebendig überzeugt ist, daß dieselbe durch den fraglichen Vorschlag äußerst gefährdet ist; sollte der bei einem solchen Rückschritte nicht auf's Innerste gekränkt und zu Ausbrüchen veranlaßt seyn, welche die Gränze der Mäßigung überschreiten? Dürfte nicht selbst in einem solchen Falle eine heftigere Sprache Anerkennung finden, da sie Zeugschaft gibt von einem der Sache des Volkes ergebenen Charakter, von einem mit achtem Patriotismus reich erfüllten Gemüthe? Wir überlassen die Beurtheilung dieses dem Publikum und bemerken, daß wir im Wesentlichen dem gedachten Aufsatze der deutschen Tribüne beistimmen, wobei wir noch hinzusetzen, also urtheilend: „Seuffert hat hier seine Aufgabe als Deputirter mißkannt und Schwäche gezeigt." Denn die Idee eines Abg. involvirt das nothwendige Merk-
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Tagblatt.
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mal, daß er den Willen seiner Auftragsgeber kräftigst geltend zu machen suche. Es ist die heiligste Pflicht eines Abgeordneten, dahin zu streben, daß der Wille seiner Mandanten in Erfüllung gebracht werde. Diesen darf er nie verläugnen, darf seinen Willen nie jenem der Mandanten vorziehen. Hier gilt die Alternative, „den Willen des Volkes realisiren, oder das Mandat ablehnen." Ist der Wille des Volkes entschieden, so hat ihn dessen Vertreter mit gleicher Entschiedenheit der Verwirklichung zuzuführen. Seuffert erkannte in Klarheit den Willen des baierischen Volkes, welches, nebst anderen gerechten Anforderungen, auch die volle Freiheit der Presse in Anspruch nimmt. Die öffentliche Meinung hatte diesen Willen mit unverkennbarer Gewißheit ausgesprochen. Erkannte aber Seuffert diesen Willen, so war seine Pflicht, mit Festigkeit auf dessen Verwirklichung zu bestehen, er durfte um Nichts hiervon abweichen. Durch diese Abweichung ist der erst gemachte Vnrwurf gerechtfertigt, um so mehr, als der Deputirte eines Volkes zu einer Censur, einem so entehrenden Institute, seine Zustimmung nie ertheilen darf. Was konnte aber diesen Abgeordneten vermögen, von dem Volkswillen abzugehen? Sicher nicht der Absprung von der guten Sache. Seuffert ist gewiß ein aufrichtiger Freund liberaler Institutionen. Nichts anders also als geheime Drohungen, Furcht vor Erschütterungen. Allein grundlos; denn der Deputirte kann durch keine Drohungen geschreckt werden, sobald der Wille des Volkes entschieden steht. Wer sollte es bezweifeln, daß das baierische Volk mit Festigkeit bei seiner Anforderung auf voller Freiheit der Presse beharret? Wer vermöchte es zu läugnen, daß das baierische Volk bereit ist, für dieses Palladium der Freiheit alles zu opfern? Seuffert hat es gewiß nicht bezweifelt, er mußte daher auf das äußerste um diese Göttin kämpfen, die er so tief in seinem Innersten verehrt. Er hat sein Schwerdt bei noch voller Kraft in die Scheide zurückgeführt, es war dieß Schwäche, über die seine Gegner mit Hohngelächter triumphiren werden. Oder wäre es möglich, daß Seuffert diesen festen Willen des Volkes bezweifelt hätte? Wir halten es für unmöglich, da sich die öffentliche Meinung der Presse immer bestimmt ausgesprochen hat. Seuffert mußte daher bei diesem Ansprüche einem Felsen gleich unerschütterlich stehen, um so mehr, als es Sache der Regierung gewesen wäre, die gegenwärtige Kammer aufzulösen, und eine andere zu berufen, wenn sie bezweifelt hätte,
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1087 daß die gegenwärtige Kammer den Willen des Volkes repräsentire. Es war Pflicht der Deputirten, durch Beharren bei den gemachten Anforderungen die Regierung zur Auflösung Kammer zu vermögen, damit eine andere Kammer berufen, und der Regierung die Ueberzeugung von dem Willen des Volkes verschafft worden wäre. Hätte sich dieselbe dann immer noch im Widerspruche mit dem Volkswillen gehalten, so wäre jede nachtheilige Folge dem Gouvernement zur Last gefallen. Dieses hätte jeden nachtheiligen Erfolg zu verantworten gehabt; der Deputirte aber wäre frei von aller Schuld. Wir glauben sohin, unser Urtheil gerechtfertigt zu haben, und schließen mit dem Wunsche, Seuffert möge, wenigstens für die Zukunft, den Willen des baierischen Volkes mit jener Festigkeit im Worte verkünden und hiebei beharren, womit das Volk denselben in der That zu behaupten bereit ist.
Tages-Chronik. England. London, 7. Nov. Eine Nachricht, welche wir heute früh erhielten, erregt allgemeines Erstaunen. Nach Briefen von Deal und Gravesend hat die Regierung unserer Flotte Befehl ertheilt, sich aller Schiffe zu bemächtigen, welche Don Pedro zu seiner Expedition gegen Don Miguel bestimmt hatte. Drei derselben, der Congres, die Junon und die Asia sind schon genommen. An der Börse war ein übler Eindruck bereits fühlbar. Allgemein wurde geäußert, daß wenn die Regierung durch das Abgehenlassen der Expedition Don Pedros geglaubt hätte, die Rechte der Nicht-Intervention zu verletzen, sie wenigstens Don Pedro davon hätte unterrichten müssen, anstatt ihn zur Beschleunigung seiner Expedition anzutreiben, um sich sodann alles seines Eigenthums zu bemächtigen. Die in London anwesenden Portugiesen haben sich vereinigt und eine Protestation redigirt. An Don Pedro wurde sogleich ein Courier abgesandt, um ihn schleunigst hieher zu berufen. — Laut Briefen vom 5. d. M. ist wirklich die Cholera in Sunderland ausgebrochen, die Zahl der Erkrankten und Gestorbenen ist jedoch sehr gering. — Die Versammlung, welche so große Besorgnisse erregte, fand gestern nicht statt, der Tag, waun sie nun gehalten werden soll, ist noch uubestimmt. - Der König von Holland beharrt auf seinem Systeme des Hinhaltens, noch immer hat er über seine Absichten keine Erklärung gegeben, man glaubt indessen; daß er vor der Hand in keinen Krieg sich einlassen wird. - Die Conferenz hat in Folge des Todes von Capo d'Istras ihre Berathung über die Gränzen Griechenlands eingestellt. Schade dafür! Frankreich. In Paris war am 9. November allgemein das Gerücht verbreitet, daß der König von Holland, gestützt auf die Hülfe Preußens und Rußlands, die 24 Artikel verworfen habe. Einige Journale gaben schon die Antwort, woraus diese Verwerfung zu folgern sey. Der Messager des Chambres bezweifelt indessen die Aechtheit eines solchen dem französischen Ministerium völlig unbekannten Aktenstückes, und gibt die Versicherung, daß der preußische Gesandte im Haag von seinem Hofe die bestimmtesten Weisungen erhalten habe,
auf baldige Ratifikation des Friedensvertrages zu dringen. Bei diesem Benehmen des preußischen Gouvernements und in Rücksicht auf die Aufstellung einer englischen Flotte an der Mündung der Scheide wird daher, sagt der Messager, die wahre Antwort des Königs von Holland, das heißt sein Beitritt zu den 24 Artikeln nicht mehr lange zu erwarten seyn. Paris, 9. Nov. Je mehr wir vorrücken, je weniger sind wir im Stande, einen Begriff über das System unseres Ministeriums zu fassen. Dieß mag wohl daher rühren, weil Herr Perier eigentlich gar kein System hat, es sey denn, daß man eine einzige fixe Idee mit dem Namen System beehrt. Diese einzige Idee ist die des Friedens, ihr opfert Herr Perier Grundsätze, Ehre, Geld, Unabhängigkeit, Zukunft, mit einem Worte ganz Frankreich. Wir möchten wissen, ob der berühmte Dr. Gall in seinem System der Schädellehre auch das Friedensorgan begriffen hat; wenn nicht, so beweist Herr Perier, daß das Gallische System unvollständig ist. Es werden doch endlich Frankreich die Schuppen von den Augen fallen, einem Lande, das immer eifersüchtig auf seine Ehre, auf seine Unhängigkeit war, das noch kürzlich durch die Gefangenen in Ham Beweise davon abgelegt hat. Herr Perier sollte dieß nicht vergessen. - Die Unruhen in der Vendee nehmen einen ernsthafteren Charakter an. — Es scheint nun entschieden zu seyn, daß wir Algier weder an den Dey gegen Tribut noch an England gegen sonstige Concessionen abtreten. Uebrigens ist der Zustand dieser Kolonie sehr kritisch. Man furchtet einen Angriff des Beys von Tanger und der arabischen Beduinen, welche sich in bedeutender Zahl bei Bonne versammelt haben, und wovon ein Theil sich mit der Armee von Tanger vereinigt hat. — Es erweckt immer größere Besorgnisse, daß Belgien trotz seiner Annahme der 24 Artikel von den nordischen Mächten nicht anerkannt wird; auch muß es auffallen, daß in den Depeschen der fünf Mächte fortwährend die Ausdrücke angewendet werden: „die belgische Regierung, der König der Niederlande" diese Hartnäckigkeit der Mächte den alten Styl beizubehalten, verspricht wenig Bürgschaft fiir die Erhaltung des Friedens. - So eben trifft die Nachricht ein, daß Don Pedros Schiffe von England mit Beschlag belegt worden seyen. Wir müssen dieß als eine indirekte Handlung der Feindseligkeit gegen Frankreich betrachten. Lord Grey befürchtet, eaß Don Pedro wieder auf den Thron gesetzt, dem französischen Handel zu große Privilegien einräumen möge, und zudem mußten die Stimmen der Antireformer für die Reformbill erkauft werden, indem man ihrer Sympathie fiir den portugiesischen Tyrannen schmeichelte. Jedenfalls hoffen wir, daß unser Ministerium zu einer solchen Handlung die Hand nicht geboten hat, daß es sich vielmehr um Zurückgabe von Don Pedros Schiffen bei England ernstlich verwenden wird. Sonst würde dieses Zugeständniß ein neuer Akt seyn, worüber das liberale Frankreich das Ministerium Perier anzuklagen hätte. Holland. Haag, 31. Okt. Auf eine ungerechte, für Holland notorisch nachtheilige Weise ist sowohl die Gränzscheidung als die Theilung der Schuld von der Conferenz vorgenommen worden. Was aber die auffallendste Ungerechtigkeit und allen Grundsätzen zuwider ist, das sind die Stipulationen, wodurch man sich in unsere Verwaltung und unsere Angelegenheiten mischt, um unsere Finanzgesetzgebung hinsichtlich
1089 unserer eigenen Bürger zu beschränken, und uns einen unbeschränkten freien Durchgang aufzunöthigen, der unsere eigene Industrie und unsern Handel zu Grunde richtet, und im höchsten Grade erniedrigend ist. Nie wird der König die Befehle dieser Conferenz annehmen, wenn er nicht mit Gewalt dazu gezwungen wird; bis dieß geschieht, legen ihm die Pflichten gegen seine Unterthanen das strengste Gebot auf, seine Zustimmung zu verweigern. (Frkf. Jour.) Belgien. Brüssel, 6. Nov. Man versichert, daß der König die 24 Artikel nur dann unterzeichnen wird, wenn er die Gewißheit hat, daß die Annahme derselben die Anerkennung unserer Unabhängigkeit zum Resultat hat. (Beige.) Wir erfahren aus dem Hauptquartier durch einen Brief vom 4. d. 3 Uhr Abends, daß unsere Truppen die Ordre erhalten haben, sich der Gränze zu nähern. Es ist von einem Protokolle die Rede, welches die Zahlung der durch den Aufenthalt der französischen Armee in Belgien verursachten Kosten reguliren soll. - Der Senat hat sich bis zum 10. d. M. vertagt. Die Bürgergarde hat gestern mehrere Posten abgelöst, die bis jetzt durch das vierte Regiment besetzt waren; man sagt, daß dieses Regiment zur Reservearmee abgeht. Viel Geschütz ist gestern durch Brüssel zur Armee passirt. Die Stadt Brüssel hat, wie man sagt, die Absicht, eine neue Anleihe abzuschließen. - In Lüttich sind französische Mineurs angekommen. (Emancipation.) Oberst Fox, Sohn des Lord Holland, ist gestern aus dem Haag in Brüssel angekommen. Die Sanitäts-Verordnungen nach dem Dekret vom 17. Sept. werden nächstens in Bezug auf Alles aus Frankfurt a. M., Nassau und Hessen-Darmstadt kommende außer Kraft gesetzt werden. Brüssel, 7. Nov. Ein Kurier des englischen Kabinets ist gestern Nachmittag mit Depeschen ftir den englischen Gesandten aus dem Haag hier angekommen. Man liest im Independant: Unter der Regierung Wilhelms erhielt das Gouvernement aus Paris, London und Deutschland eine Menge kostbarer Instrumente, die fur das Brüsseler Observatorium bestimmt waren. Ein großer Theil dieser Ankäufe wurde mit beträchtlichen Summen baar bezahlt. Wir erfahren, daß das holländische Gouvernement mehrere Individuen in die gemeldeten Städte und Länder gesandt hat, um diej enigen Instrumente, welche in Folge der Revolution noch nicht nach Brüssel gekommen sind, nach Holland zu schaffen. Wir vernehmen so eben, daß Ludwig Philipp nicht zur Nordarmee kommen wird, wie man es vermuthete. Wir haben dies aus einem vom Könige unterzeichneten und an den Marschall Gerard gerichteten Brief ersehen, in welchem wir folgende Stelle finden: „Ich hatte die Absicht, mich bei der Armee einzufinden, ehe die Truppen in ihre respektiven Garnisonen zurückkehrten. Ich sehnte mich danach, sie wieder zu sehen und ihnen zu ihrem ehrenwerthen Betragen Glück zu wünschen, seit die Invasion der holländischen Armee mich den Entschluß fassen ließ, sie Belgien zu Hülfe marschiren zu lassen; aber die vorgerückte Jahreszeit zwingt mich, auf diesen Plan zu verzichten, da ich fürchte, daß die Bewegungen, welche sie, um sich zu concentriren, machen müßten, bei der jetzi-
1090 gen Beschaffenheit der Wege und Kommunikationen für sie zu mühselig seyn möchten; doch bin ich darüber sehr bekümmert, und bitte Sie, dies denselben zu versichern." Antwerpen, 7. Nov. Wir vernehmen, daß die Holländer die Deiche von Zwyndrecht durchstechen, was uns neues Unheil bringen wird. Man meldet von Stabroeck unterm 5. Nov.: Der gestrige Tag ist abermals einer der traurigsten für die Bewohner von Stabroeck gewesen. Zwischen 3 und 4 Uhr Morgens hat die hohen Fluth, von einem schrecklichen Nordwestwinde aufgepeitscht, an unserm Deiche schreckliche Verheerungen angerichtet und mehrere sehr beträchtliche Brüche verursacht; die folgende Fluth um 5 Uhr Abends hat Schrecken und Verwirrung unter allen Einwohnern von Nieder-Stabroeck verbreitet; ihre Anstrengungen, partielle Schutzwehren ihrer Landgüter zu erhöhen, sind vergebens gewesen; in weniger als einer Viertelstunde stand das Wasser 4 bis 5 Fuß in ihren Wohnungen, aus welchen sie schwimmend mit ihren Hausthieren entfliehen mußten, um bei ihren glücklichern Mitbürgern ein Asyl zu suchen. (Achener Zeitung.) Deutschland. Frankfurt, 29. Okt. Der Westbote theilt aus französischen Blättern vom 5. Nov. Nachstehendes mit: Im Augenblick, wo in Frankfurt Unruhen ausgebrochen waren, machte der patriotische Verein folgenden Aufruf an die Einwohner der Stadt bekannt: „Vergangenen Herbst, als so viele Völker für die Freiheit sich erhoben, als in Deutschland auch eine allgemeine Bewegung auf Reformen und Verbesserungen drang; sagte man sich in Frankfurt: Warum sollten nicht auch wir das Aufhören so vieler Mißbräuche begehren, die auf uns lasten! Dies war der Wunsch des Publikums. Unsre Regierenden antworteten, unser Wunsch sey gerecht; allein in so unruhigen Zeiten sey es nicht der Augenblick, die Erfüllung zu verlangen. Seitdem ist ein Jahr verflossen, die Ruhe der Stadt ist keinen Augenblick gestört worden; die Bürger, wie groß ihre Beschwerden waren, haben den gesetzlichen Weg nicht verlassen. Sie haben das Joch geduldig ertragen, und ihre Liebe zur Ordnung und Gesetzlichkeit mußte harte Proben bestehen. War aber jetzt noch immer nicht der Augenblick gekommen, wo die Bürger endlich die Verbesserung fordern und der Senat sie bewilligen können? Es hat sich in Frankreich ein Verein von patriotischen Männern gebildet, der täglich wächst, der nicht im Finstern schleicht und der alle aufnimmt, die das gemeine Beste wollen; die Sitzungen sind öffentlich, nnd der Verein hat keinen Zweck, als dem Vaterlande fortschreitende Verbesserungen der Gesetze und bürgerlichen Einrichtungen zu verschaffen. Der Verein will keine Unruhen, keinen Umsturz. Er will auf gesetzlichem Wege, aber mit Kraft, mit jener Energie, welche die gute Sache einflößt, eine Reform der öffentlichen Institutionen. Was uns vor allem anliegt, ist die Oeffentlichkeit der Erörterungen des gesetzgebenden Körpers. Dies wurde schon lange gewünscht. In andern constitutionellen Ländern sind die Sitzungen öffentlich; wir Bürger Frankfurts, hingegen sind zur Unwissenheit verdammt. Man entscheidet bei verschlossenen Thüren über unser Geschick, über unsere Ehre, unser
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1091 Eigenthum; wir kennen die Männer nicht, die frei und für das Gemeinwohl sprechen. Wir müssen unsere Vertreter erwählen, ohne selbst uns überzeugen zu können, ob sie dieser Auszeichnung würdig sind oder nicht; und man verlangt von uns Achtung für eine Verwaltung, die sich vor unsern Augen verbirgt, die das Licht der Sonne scheut! Eine Vorstellung wird mit Beginn der diesjährigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers am 1. November übergeben werden. Sie hat den Zweck, die Oeffendichkeit dieser Sitzungen zu begehren. Schon haben mehrere hundert Bürger die Petition unterzeichnet. Wir laden alle Patrioten zur Unterzeichnung ein. Die Petition wird den besten Erfolg haben, denn schon mehrere neue Glieder des gesetzgebenden Körpers haben sich für diese Oeffendichkeit ausgesprochen, und erklärt sie würden solche kräftigst unterstützen. Möge der patriotische Sinn der Bürger Frankfurts sich in vollem Lichte zeigen! Mögen die Sitzungen künftig öffentlich seyn! Möge dieser erste Erfolg unserer patriotischen Anstrengungen der Anfang einer bessern Zeit seyn! Frankfurt, den 25. Oktober 1831. Die Glieder des patriotischen Vereins." Der Westbote stimmt von Herzen in die Wünsche dieser wackern Patrioten ein. Warum melden uns die Zeitungen der freien Stadt Frankfurt nichts von diesen edlen Bemühungen? Sind die dortigen Bürger, die Bürger einer freien Stadt, Heloten? Müssen sie aus französischen Blättern erfahren, was ihre Mitbürger, rechtlichgesinnte Männer, für das Gemeinwesen auf gesetzlichem Wege thun? Will der Senat keine andere Sprache hören, als die des Aufruhrs? Wird denn die Schmach solcher Heimlichkeit, solcher unwürdigen Unterdrückung im entehrten Deutschland nie ein Ende nehmen? Berlin, 3. Nov. Die Wolken, welche unsern politischen Horizont verdunkelten, scheinen sich allmählich zu verziehen. Das an den Rhein hin bestimmte erste Armeecorps soll, wie man versichert Gegenbefehl erhalten haben, und die zu demselben gehörigen Regimenter, die im Cordon standen, kehren fürs Erste in ihre Friedensgarnisonen zurück. Man schreibt diese plötzliche Umgestaltung der politischen Lage der Dinge einer eben so eindringlichen als freundschaftlichen Note zu, die ein großer Hof an die Höfe von Berlin und Petersburg erlassen hat, und worin die Nothwendigkeit, auf den vollständigsten Friedensfuß zurückzukehren, mit den schlagendsten Gründen dargethan wird. - Auch Graf Flahaut, der franz. Gesandte, kehrte wieder hieher zurück. Unsere Politiker betrachten diesen Umstand als einen sichern Beweis unseres guten Einvernehmens mit Frankreich. Darmstadt, 10. Nov. Endlich ist das Urtheil gegen die Militärpersonen gefällt, welche durch die Södeler Begebenheiten (am 1 Okt. v. J.) kompromittirt und nachher vor ein Kriegsgericht gestellt waren. Es ist äußerst billig ausgefallen. Zwei Offiziere sind völlig freigesprochen, der dritte bekam 6 Monate Festung, und Manche wollen behaupten, daß, im Wege der Appellation ans Oberkriegsgericht, diese Strafe sich noch vermindere. Von den Unteroffizieren und Soldaten wurde auch Manchem Freisprechung zu Theil. Die härteste Strafe war hier 3 Jahre einfacher Festungsarrest. Die häreteste Strafe — und doch keine sehr harte! Der, den sie traf,
hatte den Wölfersheimer getroffen, nicht mit 2 Jahren einfachen Festungsarrests sondern mit der tödtenden Kugel. Bei Beurtheilung aller jener Vergehen gieng man von der Ansicht aus, die auch in den Akten ihre Begründung fand, die schießenden und einhauenden Soldaten hätten die unglücklichen, wehrlosen Opfer in ihrer kriegerischen Wuth irrthümlicher Weise für Rebellen gehalten. Dieser Irrthum hatte dadurch seine erste Entstehung gefunden, daß ein Offizier (einer der Freigesprochenen) dem kommandierenden General noch jenseits des Dorfes berichtet hatte, es seyen hinter demselben Rebellen bemerkt worden. „Gut." antwortete dieser, „wir werden sie treffen." Der Offizier setzte sich nun wieder nach dem Dorfe hin in Galopp; die Cheveauxlegers thaten Dasselbe; im Dorfe sah der Offizier einen Soldaten von 4ten Infanterieregimente, den er hier nicht an seinem Orte glaubte, und den er, mit einem Schimpfworte auf inn einsprengend, festzunehmen befahl. Natürlich drängte sich die neugierige Menge dabei näher. Der Offizier glaubte einige bedenkliche Gesichter darunter zu finden und befahl auch F die estnehmuug dieser Leut. Verhaften, Schießen, Hauen, Einsprengen auf die Umstehenden, Dringen in Höfe und Häuser reihten sich nun unmittelbar zusammen. Das Resultat war in einer kleinen Viertelstunde: vier todtwunde Landbewohner, von denen zwei starben, noch drei oder vier leichter verwundete, eine Anzahl Mißhandelter (dazu gehören selbst, die bereits gefangen gewesen), und mehrfache Eigenthumsbeeinträchtigungen. Mag man annenmen, jener Offizier habe, auf eine irrige Ansicht hin, Recht zu jenen Verhaftungen gehabt, so bleibt doch, was sich daran knüpfte ein Räthsel, wenn man nicht weiß, daß viele Cheveauxlegers in Friedberg sich betrunken hatten, und daß auch durch früher an sie gehaltene Reden und die Sage, die Södeler trieben Schmuggel, Blut und Sinn jener Menschen, von denen ein Theil als Einsteher nur wirkliche Miethlingschaft ist, erhitzt gewesen waren. Aber, mit Beantwortung einiger Fragen, regen diese Umstände zugleich andere auf: Erlaubten die Offiziere jenes Berauschen? Warum wehrten sie ihm nicht? Wie war der genaue Inhalt jener Reden? - Und dann das Bulletin, das theilweise falsche Bulletin!!! Literarische Anzeige. Bei Unterzeichneter ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Orchoski, Α., über die Wiederherstellung des Friedens von Polen im Interesse Rußlands, Preußens, Oesterreichs und ganz Europas. Broch. 4 gGr. Diese, mit wichtigen historischen Notizen und den Aussprüchen großer Staatsmänner durchwebte, in einer ergreifenden Sprache abgefaßte, höchst interessante Schrift wird kein Leser aus der Hand legen, ohne mit inniger Theilnahme für diese heldenmüthige Nation und ihre zahllosen Leiden erfüllt zu werden. Luckhardtische Hofbuchhandlung in Kassel. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
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Dringende Bitte an die Männer im Goßherzogthum Hessen (Eingesendet.) Bei Herannahung der neuen Wahlen zu den Landständen ist es Pflicht für jeden Hessen, der es gut mit seinem Fürsten und seinem Vaterlande meint, dahin zu wirken, daß uneigennützige, unabhängige, sachkundige, muthvolle, rechtschaffene Abgeordnete auf den Landtag geschickt werden: deßwegen und damit eine solche Wahl gewiß ist, muß bei der Wahl der Wahlmänner schon mit der größten Umsicht verfahren werden. Jeder gebe seine Stimme nur solchen Männern, die die oben angeführten Eigenschaften besitzen, achte nicht darauf, ob ein solcher Mann Freund oder Feind sey, wenn er nur Freund fürs Allgemeine ist. Jeder denke, daß man durch die Wahl das Glück des Landes in dessen Hände legt, und daß unter Umständen eine schlechte Wahl nie oder doch schwer gut zu machendes Unglück hervorbringen kann. Nicht nach dem Reden, sondern nach ihren bisherigen Handlungen beurtheile man Diejenigen, die man zu wählen beabsichtigt. Man lasse sich nicht durch Umtriebe irre machen, sondern handle nach eigener Ueberzeugung. Eben so wenig lasse man sich durch einen Einwand der Art abwendig machen, der zu wählen beabsichtigte Kandidat sey bereits anderswo gewählt, wie man es bei den Wahlen im Jahre 1826 in Betreff des Herrn Ernst Emil Hoffmann versuchte, und wo es ohne die Festigkeit der Wahlmänner mehrerer Bezirke geglückt wäre, diesen durchfallen zu lassen. Nein, bedenke Jeder, es ist besser, es werden Männer, die das Zutrauen verdienen, in mehreren Bezirken gewählt, als gar nicht, indem man dann sicher ist, daß diese wenigstens einmal erscheinen. Vor allem schenke man denen Personen, die sich für Fürst und Vaterland auf dem letzten Landtage ausgesprochen haben, auch neuerdings das Zutrauen, da ein in Geschäften erfahrner redlicher Mann doppelt so nützlich seyn kann. Das Wohl des Fürsten und des Volkes ist aber zu einem glücklichen Zustand unumgänglich nothwendig, und nur die verdienen die Verachtung, die sich dazwischen drängen und durch falsche
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Rathschläge den Fürsten gegen sein Volk mißtrauisch machen und die Liebe des Volkes zu seinem Fürsten schwächen. Es ist kein Fürst in Europa, der an Edelmuth und Redlichkeit über den unsrigen gestellt werden könnte, und doch ist unser Land nicht glücklich zu preisen; Fremdlinge zehren nicht allein am Mark des Landes, nein, solche arbeiten auch dahin, daß zeitgemäße, heilig zugesagte Verbesserungen unterbleiben. Solche halten den edlen Fürsten fern von seinem Volk, fröhnen dem Müssiggang, der Verschwendung und sonstigen Lastern; gegen solche Menschen müssen die Stände auftreten, und zwar mit mehr Kraft, als es auf dem letzten Landtag geschah. Glückt es, solche im ganzen Lande verwünschte und verachtete Menschen aus der Umgebung und Wirksamkeit zu bringen, und endlich die Wünsche des Landes berücksichtigt, Ordnung und Sparsamkeit eingeführt zu sehen, dann wird sich auch ein Weg finden, die Privatverhältnisse unseres geliebten Fürsten ohne eine Consequenz und ohne dem Lande hierdurch eine Last zu schaffen, zu ordnen; wer sich aber selbst nicht hilft, dem ist nicht zu helfen. Ohne die erneuerte Wahl folgender Männer würde die Kammer Vieles entbehren. Vor Allen der sich auf dem letzten Landtag vorzüglich für Fürst und Volk auszeichnete, deßwegen von den Schmarotzern übel angesehene würdige Präsident Geheimerath Schenk, von der Stadt Darmstadt gewählt; Freiherr von Rodenstein; Freiherr von Dörnberg, in Lorsch gewählt; Freiherr von Schenk von Wäldershausen; Hofrath Andree, gewählt von Offenbach; Burgermeister Fritz, gewählt von Friedberg; Hofgerichtsrath Müller, gewählt von Alsfeld; Notar Wigen, gewählt von Bingen; Regierungsrath Elwart, gewählt von Großgerau; Weinhändler Schenk aus Kelsterbach, gewählt für den Bezirk Langen; Ernst Emil Hoffmann, gewählt von mehreren Bezirken; Stadtschultheiß Brenner, gewählt von dem Bezirk Waldmichelbach; Lederfabrikant Hellmann aus Neckarsteinach, gewählt im Bezirk Erbach; Landmann König von Ammelsbach, für den Bezirk Höchst gewählt; 136
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Tobacksfabrikant Gail in Giesen, fur den Bezirk Heichelheim gewählt; Goerich von Altenschlirf, fur Lauterbach; Kaufmann Ernst Koch von Alsfeld, fur Romrod; Oberfinanzrath Goldmann, fur Grünberg; Hauptmann Helmerich, für Echzel; Burgermeister Ewen, fiir Gaualgesheim; Burgermeister Brunk, fiir Wöllstein; Bürgermeister Grode, fiir Wörrstadt; Schaffner Mohr, für Oppenheim; Bürgermeister Möllinger fiir Pfeddersheim. Ja, es wäre Undankbarkeit fur deren redliches Bestreben zu nennen, wenn solche nicht neuerdings und möglichst einstimmig von den früheren Bezirken gewählt würden, ja die sieben Abgeordneten, die für die Uebernahme der 2 Millionen Schulden und und die unseligsten Consequenzen stimmten, (Herr OberAppellationsrath Weller, Geheime Regierungsrath von Grolmann, Geheime Rath Dietz, Regierungsrath Küchler, Major von Breidenbach, Landjägermeister von Biebra, Graf Lehrbach) würden einen Beleg fiir die von Einzelnen unter ihnen geäußerten Meinung, das Land würde die zwei Millionen gerne bezahlen, erhalten. Ihr biederen Hessen bedenket, der kommende Landtag muß dem Lande die von Deutschlands Fürsten feierlich versprochene Preßfreiheit, das heißt die unbeschränkte Möglichkeit, Unbilden, Bedrückungen, Veruntreuungen etc. der Staatsdiener öffentlich zu rügen, bringen, denn ohne Preßfreiheit sind die Constitutionen oft nicht der Kosten werth. Dieß ruft euch zu ein treuer Unterthan des edelsten der Fürsten, ein ruhiger Bürger. Tages-Chronik. England. Die Communes, ein Pariser Journal, spricht von Unruhen, weche bei der bekannten Versammlung der Arbeiter in White-Conduithouse am 7. d. M. vorgefallen seyen. Wir haben jedoch durch außerordendiche Gelegenheit Nachrichten von London über Paris erhalten, welche bis zum 8. November Abends 10 Uhr gehen und von keinen Unruhen in London etwas melden. — London, 8. Nov. Die Nachricht der Beschlagnahme von Don Pedros Schiffen hat sich vollkommen bestätigt. Es wird dieser Embargo aber nur von kurzer Dauer seyn, da nicht vom Ministerium des Aeußern, sondern von jenem des Innern der Befehl dazu ergangen ist; veranlaßt durch die in England fiir die Expedition Don Pedros angestellten Werbungen von pensionirten Soldaten, welche noch dienstfähig sind. — Man ist wegen der zu haltenden Versammlungen immer noch sehr besorgt. Gestern fanden Unruhen in Coventry statt, ein Gebäude wurde abgebrannt und Maschinen zerstört. Durch kräftiges Einschreiten der Behörden war aber die Ruhe bald wieder hergestellt. — Aus Preston erfährt man, das Hunt Sonntag Nachts um 11 Uhr bei Fackelbeleuchtung eingezogen sey, ohne daß Excesse sich ereignet hätten. — In Sunderland greift die Cholera um sich. — Hier ist man überzeugt, daß der König von Holland dem Protokolle zuletzt doch seine Zustimmung geben wird, allein man betrachtet diese Uebereinkunft blos als eine provisorische, und es sind tausend Gründe vorhanden, um künftiges Früh-
jahr auf einen Krieg zwischen Holland uud Belgien mit Zuversicht zu rechnen. Es scheint unmöglich, daß die andern Continentalmächte keinen Antheil daran nehmen. Vielmehr können wir mit Bestimmtheit versichern, daß im Augenblick von einem Vertrag zwischen Holland und Preußen die Rede ist, in Folge dessen es Holland an Unterstützung nicht fehlen würde. — Im Haag dauern die Umtriebe wegen der 24 Artikel fort. Der preußische Gesandte hat endlich dem König von Holland das Versprechen abgelockt, den Generalstaaten die Enscheidung zu überlassen. Da aber die Glieder dieser Versammlung fast einstimmig Neigung zum Kriege zeigen und die Nation ihre feindliche Gesinnung gegen Belgien theilt, so ist an der Verwerfung der Artikel nicht zu zweifeln. Inzwischen wird Zeit gewonnen, und manches, was noch im Werke ist, kann zur Reife kommen. — Die Reformbill, nur wenig modificirt, wird ohne Vermehrung der Pairs angenommen werden. Frankreich. In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer war der Gesetzetzentwurf über die Pensionäre der alten Civilliste an der Tagesordnung. Herr Auguis spricht dagegen; er fragt, durch wen diese Pensionen bezahlt werden sollen? man sage durch Carl X., allein warum verlange man dann Kredit dazu? Da wir einen Bürgerthron hätten (lebhafte Unterbrechung und lautes Gelächter), so könnten wir nicht erwarten, daß die Regierung den Irrgängen der Restauration folge. Während aber jene Pensionäre mit der Fackel des Bürgerkriegs uns bedrohten, sollten wir sie besolden? Die Fonds, welche man fiir sie verlangt, würden weit zweckmäßiger fiir die noch übrig gebliebenen Tapfern von Waterloo zu vrrwenden seyn. Herr Beausejour bemerkt, man müßte voraussetzen, daß die Diener eines Königs so zahlreich wären wie eine Armee, wenn man einräumen wollte, daß alle Pensionen nur alten Dienern bewilligt worden seyen. Es habe der König das Recht, Pensionen zu bewilligen, allein diese Bewilligungen dürften nie den Steuerpflichtigen zur Last fallen. Herr Dupin verlangt, daß man sich des Ausdrucks Ex-Pensionärs bediene, damit der zu fassende Beschluß nicht zum Rechtstitel fiir künftige Reklamationen werde. Es handle sich hier nicht um Abtragung einer Schuld, sondern um Bewilligung einer Unterstützung. Mehrere Redner stützten sich auf die Pflichten der Mensch lichkeit, welche im vorliegenden Falle berücksichtigt werden müßten. Herr Mauguin wird dadurch veranlaßt, sein Erstaunen auszudrücken, daß die Regierung Louis Philipps, welche dem Unglücke so viele Theilnahme schenke, den Gesetzesentwurf über die während den 100 Tagen verliehenen Grade und Dekorationen immer noch nicht sanktionirt habe. Der Präsident weißt diese Anmerkung mit Bitterkeit zurück als eine unparlamentarische und unconstitutionelle. Herr Mauguin behauptet dagegen, daß, wenn die Kammer einen Gesetzesentwnrf diskuttirt und genehmigt habe, sie auch das Recht besitze, das Ministerium zufragen,was daraus geworden sey, wie ζ. B. aus jenem der Pairie (lebhafte Unterbrechung.) Der Präsident zieht dem Redner das Wort zurück (noch lebhaftere Bewegung aufder linken Seite, lärmende Unterbrechung.) Der Präsident ruft zur Ordnnng. Herr Demarcay besteigt den Rednerstuhl trotz der heftigsten Opposition des Präsidenten, und beweißt auf schlagende Weise, daß der Präsident seine Rechte mißbraucht habe. Der Gesetzesentwurf, welcher einen Kredit von 600,000 Fr. fiir die Pensionäre der alten Civilliste bewilligt, wird angenommen. Paris, 10. Nov. Unser Ministerium, sein Friedens-
1097 system verfolgend, hatte alles aufgeboten, um Oesterreich zu einer theilweisen Entwaffnung zu veranlassen. Oesterreich machte einige Zugeständnisse unter der Bedingung jedoch, daß auch Frankreich eine Entwaffnung vernehmen müsse. Dieß ließ sich aber in Frankrech bei dem so gereitzten Zustaud der Gemüther nicht ausführen, am wenigsten in einem Augenblick, wo die Mobilisirung der Nationalgarde so dringend gefordert wird. Herr Perier mußte daher auf sein Projekt verzichten. Nun hat das Wiener Cabinet gedroht, seine Divisionen der italienischen Armee wieder zu complettiren, wenn Perier sein Versprechen nicht alsobald erfülle. Der Ministerpräsident wußte sich nicht anders zu helfen, als dagegen seinerseits zu drohen, daß er in diesem Falle unverzüglich ein Gesetz über die Mobilisirung der Nationalgarde vorlegen würde. Nach sich urtheilend, glaubte er Metternich damit zu schrecken. Metternich aber hat sich von dem Friedensmanne nicht schrecken lasse, sondern erklärt, daß er eine Mobilisirung der französischen Nationalgarde als eine Kriegserklärung betrachten und demgemäß handeln würde. Man stelle sich den Schrecken Periers bei Erhalt dieser cathegorischen Antwort vor. Sein Ehrgeiz erlaubte ihm nicht nachzugeben, seine Muthlosigkeit aber zwang ihn dazu. In diesem trostlosen Zustande nahm er zu seinem gewöhnlichen diplomatischen Mittel die Zuflucht, zur Halbheit. Das Mobilisirungs-Gesetz wurde vorgelegt, aber so beschnitten, daß es bestimmt keine Besorgnisse einflößen kann, denn es sind 35 Tage erforderlich, um nur die Nationalgarde zu vereinigen, und ein gleicher Zeitraum wäre wenigstens nöthig, sie in den Waffen zu üben. Herr Perier nehme sich in Acht, seine diplomatischen Mittel sind verbraucht, und nicht immer wird er dasselbe Glück haben; wenn aber der Tag der Verantwortung kommt, so wird strenges Gericht gehalten werden. Paris, den 10. November. Consol. 5 Proz. 94,75; 3 Proz. 67,85; Falconnet 78,75; ewige Rente 54 j . Belgien. Brüssel, 8. Nov. Man versichert, daß König Leopold die 24 Artikel noch nicht angenommen hat, sondern daß man über die Bedingungen unterhandelt, welche er der Konferenz für seine Einwilligung vorschlägt. Wir haben oft gesagt, daß, abgesehen von allen Gründen für oder gegen die Annahme der 24 Artikel, ein wichtiger Punkt in den Stipulationen liegt, welche uns die freie Schifffahrt in den Binnen-Gewässern von Holland versprechen. Wir erfahren, daß der Handelsstand zweier wichtiger holländischer Städte ernstliche Schritte gethan hat, um den König Wilhelm, vermöge einer jährlichen Summe, welche einen großenTheil der 8,400,000 Gulden ausmachen soll, dazu zu bewegen, diese Freiheit der Schifffahrt uns gesetzmäßig zu entziehen. Man urtheile also, welche Plackereien wir zu erwarten haben, wenn die Stipulation nicht gegen die Eifersucht Rotterdams geschützt wird. (Emancipation.) Antwerpen, 8. Nov. Man spricht von einem neuen Waffenstillstand bis zum nächsten Frühjahr; bis dahin wird die Konferenz den Frieden zum Vortheil Europas zu befestigen suchen. (Jour. de Commerce.) Lüttich, 9. Nov. Man schreibt uns aus Brüssel vom 8.: Seit drei oder vier Tagen arbeitet man an Ergänzung des Ministeriums. Anfangs hat man das Portefeuille der auswärtigen Angeigenheiten dem Herrn Vandeweyer geben wollen, aber man hat gegen ihn die Angriffe der Presse zu sehr gefürchtet. Man hat sodann die Herren Lebeau, Devaux, Le-
1098 hon und selbst Herrn F. de Merode im Auge gehabt; endlich ist nach vielen Zweifeln die Wahl auf Herrn Goblet, frühern Kriegsminister, gefallen. Die Ernennungsordonnanz ist unterzeichnet und wird übermorgen ohne Zweifel im Moniteur erscheinen. Wenn man die Angriffe der Presse gegen Herrn Vandeweyer furchtet, wie kann man erwarten, daß sie Herrn Goblet unangetastet lassen wird, der eine notorische Unfähigkeit im Kriegsministerium gezeigt hat, mit Recht und Unrecht des Orangismus verdächtig gehalten wird, und dessen politischer Ruf in den ersten sechs Monaten der Revolution nicht unbefleckt geblieben ist. Nur eine Vermuthung kann diese Wahl rechtfertigen. Man hat das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten mit Fleiß einem unfähigen Mann geben wollen, um alle Geschäfte dem Herrn Nothomb zu überlassen, wie man dieß seit mehreren Monaten gethan hat. Man weiß, daß seit langer Zeit Herr von Meulenaere nur dem Namen nach Minister war, daß er nicht einmal die beiden Reden entworfen hat, welche er vor der Diskussion über die 24 Artikel gehalten hat. Was freilich dagegen spricht, ist eine Nachricht, die verbürgt werden kann, daß nämlich Herr Nothomb seit 2 Tagen seine Entlassung als General-Sekretair des Ministeriums eingereicht hat; diese Entlassung ist jedoch noch nicht angenommen. Herr von Meulenaere sollte erst ins Ministerium des Innern kommen, aber jetzt ist bestimmt, daß er als Gouverneur nach Westflandern zurückkehrt. Man spricht von Herrn deTheux und Isidor Fallon als seinen Nachfolgern; die Wahrscheinlichkeit ist fur den Letztern. Diesen Abend ist Herr Vandeweyer nach London abgereist; er ist Ueberbringer der Instruktionen des Gouvernements hinsichtlich der 24 Artikel. (Aach. Z.) Carlsruhe, 10. November. Für die gestrige Sitzung der Volkskammer verkündigte die Tagesordnung den Commissionsbericht über das bekannte Rescript, durch welches das Staatsministerium sich noch einmal post festum gegen die Welckersche Motionsbegründung erklärt hatte. Die Kammer scheint ihre constitutionellen Rechte mit gebührender Energie aufrecht erhalten zu wollen, denn der Inhalt des Berichtes war als Wahrung der ständischen Rechte angekündigt. Diese Wahrung wurde jedoch durch einen Zwischenfall hinausgeschoben. Vor der Eröffnung der Sitzung sah man den berufenen Berichterstatter, Herrn Duttlinger, mit seinem Papier in der Hand zu dem Staatsrath Winter treten, und ihm einige Stellen zeigen. Die Folge davon war, daß Hr. Winter die Mitglieder der Commission, worunter die Herren v. Itzstein, Merk und v. Rotteck, zu einer nochmaligen Berathung abrufen ließ, und der Bericht vorläufig nicht erstattet wurde. In dem Zimmer der Regierungscommissäre fand eine Besprechung statt, deren stürmische Debatten man von Außen vernehmen konnte; es ist indeß zu erwarten, daß unsere glorreiche Kammer sich nicht einschüchtern lasse, denn — die Commissionsberichte macht man auch nicht wie Kornickel. *) So ist also diese Competenzfrage, die so viel Aufsehen gemacht hat, noch nicht abgethan, und wird auch nicht zum Vortheil des Ministeriums abgethan werden. Die Motionsrede Welcker's ist nun hier im Buchhandel erschienen. In der Carlsruher Zeitung war sie von der Censur gestrichen worden; in dem Landtagsblatt des * ) D i e frühere F o r m Karnickel war ein Druckfehler, d e n wir hier erwähnen, weil er in andere Blätter ü b e r g e g a n g e n ist.
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1099 Herrn Grimm war sie ohne Rücksicht auf das, „was Europa dazu sagen würde," ebenfalls nicht abgedruckt worden, weder im Ganzen noch im Auszug, wahrscheinlich deßwegen, weil sie für eine Geschichte des Landtags unbedeutend ist. In einer der jüngsten Sitzungen der Kammer wurde aber auch die Unpartheilichkeit des Herrn Grimm von den Bänken der Regierung aus bezeugt, und gerühmt, daß er die gestattete Censurfreiheit niemals mißbraucht habe. Die nämliche Motionsrede, gegen deren Verbreitung durch den Druck man sich so sehr sträubt, war übrigens ohne merklichen Ruin fur den Staat, in der Stuttgarter allgemeinen Zeitung zu lesen, und selbst die würtembergische Censur, anstatt davon zu laufen, hatte nur wenige Stellen gestrichen. Jene oft belachte Retirade hat unserm Ministerium den stärksten Stoß in der öffendichen Meinung gegeben, der einer Autorität überhaupt, und dem politischen Ansehen insbesondere wiederfahren kann, nämlich den, daß es sich lächerlich machte. Auf die Volksstimmung hat diese Geschichte noch einen andern sehr wesendichen Einfluß gehabt; sie hat die Kammer wieder auf die höchste Stufe der Popularität erhoben, welche vorher durch den Beschluß über Anschließung an das preußische Mauthsystem etwas gelitten hatte. Ueberhaupt kann man nicht leicht einen auffallenderen Beweis finden, wie sehr der politische Geist in Baden herangereift ist, und zugleich, in welches Verhältniß sich die preußische Politik, von der russischen im Schlepptau gezogen, mit der öffentlichen Meinung in Deutschland gesetzt hat. In ganz Baden herrscht ein politischer Widerwille gegen eine Zollverbindung mit Preußen, und selbst in denjenigen Gegenden, welche materielle Vortheile daraus ziehen würden, wie ζ. B. am See und im Taubergrund, tritt dieser Widerwille in gleichem Maaß hervor. Dieß gilt nicht etwa blos von der Bevölkerung der Städte, sondern auch von dem Landvolk, das mit jener geistigen Bildung, welche sich vorzugsweise in Deutschland so weit hinab erstreckt, jetzt das Politische erfaßt hat, und an den Verhandlungen der Stände und der periodischen Presse lebendigen Antheil nimmt. Wer zu Fuß unsere Gebirge und Thäler durchwandern, und sich mit dem Volk in unmittelbare Berührung setzen will, der wird erstaunen über die ausgedehnte Macht der öffendichen Meinung. Es kann sich treffen, daß er in einer Hütte des Schwatzwaldes consequente politische Meinungen, und namendich Aeußerungen eines deutschen Nationalsinns antrifft, welche den erfreulichsten Beweis liefern, daß wir im Geist noch eine Nation sind, in dem vollsten und stolzesten Sinne des Worts, und daß die Bestrebungen nach einer nationalen Reform der Bundesverhältnisse nichts weniger sind als bloße Hirngespinnste ohne festen Boden im Volksleben, oder bloße unpraktische Träumereien. Auch die Franzosen, so weit es ihre Ignoranz in auswärtigen Verhältnissen gestattet, fangen an, etwas von dem Sinn dieser Bewegung zu ahnen, welche in Bezug auf die Theilung Europas nach allen politischen Prinzipien und auf die Stellung Frankreichs einmal einen gewichtigen Einfluß entwickeln wird. Deutschland, das die kirchliche Freiheit fur Europa errang, ist berufen, auch die «institutionelle Freiheit in Europa herrschend zn machen, und wenn diese einmal in Deutschland gesiegt hat, so ist für den ganzen Welttheil der Sieg entschieden. Von den Häuptern der po-
litischen Meinungen in Frankreich scheint Mauguin am meisten von Deutschland zu wissen, und einen Schein von der Erkenntniß zu haben, daß Frankreich nach seinem wahren Interesse die albernen Ansprüche auf Eroberung von deutschen Ländern aufgeben, und die Allianz der öffentlichen Meinung Deutschlands suchen müsse. Nachrichten aus Paris behaupten, daß Mauguin in diesem Sinn ein öffendiches Blatt gründen wolle, das unter dem vorgeschlagenen Namen le siecle aufFrankreich selbst und einen weitern Kreis außerhalb desselben zu wirken bestimmt sey. Ein solches Blatt, wenn es zur Ausführung kommt, könnte allerdings nicht wenig zu gegenseitiger Verständigung der beiden Nationen beitragen. Zum Schluß noch einige Lesefrüchte. Die Tribüne erwähnte vor einiger Zeit, daß Herr Seuffert in der Münchner politischen Zeitung vertheidigt worden sey; wir bringen ein Seitenstück: die Mannheimer Zeitung, von derselben Tendenz wie die Münchner, nur trivialer im Ton, hat kürzlich Herrn Münch in Schutz genommen. Die Aristokratie spielt ungeschickt, sie läßt sich in die Chane sehen. Dieselbe Mannheimer Zeitung verspricht in Nr. 313 spottend, die Preßfreiheit eruiren zu helfen und motivirt diese Mitwirkung durch den Satz, daß „viele — Tropfen auch ein Quantum geben." Das ist noch ungeschickter, allein man sieht, die Aristokratie wird - naiv!
Hört! Hört.
Die Aachener Zeitung spricht sich über die Beschlüsse der baierischen Deputirtenkammer vom 26. und 27. Okt. in folgender Art aus: „In den am 26. und 27. Okt. Stan gehabten Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten ist reichlicher Stoff zu Betrachtungen, zum Theil nicht sehr erfreulicher Art, angehäuft. Indem die Kammer ihren früher mit imposanter Mehrheit und nach reifer Berathung gefaßten Beschluß: „Die vorgelegten Preßgesetzentwürfe nur unter der Modifikation, daß die Censur in 6 Monaten ganz aufhöre", fallen ließ, und dagegen der Kammer der Reicnsräthe dahin beitrat, daß blos der Wunsch baldiger Aufhebung der Censur ausgesprochen werde, hat sie der Sache der Preßfreiheit nicht nur, sondern auch der Consequenz ihrer Beschlüsse unläugbar einen empfindlichen Stoß versetzt. Dadurch, daß die Kammer ferner das, allerdings in guter, veesöhnender Absicht von ihrem zweiten Präsidenten vorgeschlagene, Auskunftsmittel sich aneignete, und die geltende Kraft des Censurgesetzes nur bis zum Schluß des nächsten Landtags (also auf drei, vielleicht vier Jahre) aussprach, ist das Nachtheilige jenes Beschlusses keineswegs gut gemacht. Die Kammer hat nun einmal die früher von ihr lebhaft bekämpfte Censur durch ihr Votum sanktionirt und es dem Zufäll überlassen, ob auf dem nächsten Landtage Regierung und Stände sich zur gänzlichen Aufhebung derselben vereinigen oder wohl gar auf weitere drei, sechs und noch mehr Jahre ihr das Leben fristen werden. Sie hat sich ferner durch den Widerspruch der Kammer der Reichsräthe sogar bewegen lassen, von ihrer Modifikation wieder abzugehen, nach welcher die Caution erst nach Aufhebung der Censur eintreten sollte. Unsere Journalisten werden also den Vortheil genießen, zwar über das Ausland nichts schreiben, dagegen aber eine Caution stellen zu dürfen, und man wird behaupten, in Baiern existire Preßfreiheit!!" Es ist das Härteste, was der glorreichen Majorität des 26. Okt. widerfahren konnte, daß selbst die unter preußischer Censur stehenden Blätter die Mißbilligung des unglückseligen Beschlusses des 26. Okt. aussprechen dürfen. Verantwortlicher Redacteur: J . G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
c ο η s t i t u t i ο η e 11 e s
Mittwoch.
N—
Ein Blick auf Frankreich. (Aus dem W e s t b o t e n . ) Wir haben neulich der drohenden Sprache erwähnt, welche der Constitutionnel vom 29. und 30. Oktober gegen Europa führt. Eine ähnliche und noch viel stärkere Sprache fanden wir schon oft in einigen andern französischen Blättern, wo sie uns minder auffallend schien. Wir sind zwar weit entfernt, die Entrüstung Frankreichs gegen die drohende Stellung der Könige und Aristokraten zu tadeln; wie wir auch auf der andern Seite das Mißtrauen dieser letztern ganz natürlich finden. Die beiderseitige Stellung entspringt aus der Lage der Dinge und aus frühem bittern Erfahrungen, die Frankreich sowohl als Europa gemacht haben. Was der Constitutionnel jetzt verlangt, haben wir in der Zeitschrift Rheinbaiern schon im September 1830 und später schon oft verlangt; allseitiges offenes, ehrliches Anblicken und wahrhafte, treugemeinte Verständigung durch billiges gegenseitiges Nachgeben. Frankreich durfte nur die ernste Sprache fortführen, die es anfänglich wegen Belgiens geführt. Vergebens wirft das Ministerium der Opposition vor, daß in deren System nur Krieg lag: eine solche Behauptung ist entweder dumm oder verrätherisch. Frankreich mußte, auf die Nationalität aller gedrückten Völker gestützt und diese wahrhaft achtend, die Grundlagen des neuen europäischen Systems vorschlagen, und Europa mußte sie bewilligen. Europa würde sich gewehrt, gezögert haben; aber mittlerweile würde die Energie der Völker gestiegen und an einen allgemeinen Krieg nicht zu denken gewesen seyn. Allein die „göttliche Vernunft' der Doktrinäre war eines solchen Gedankens nicht fähig. Frankreich, d. h. das französische Cabinet, hat, statt des Systems der Kraft, das System der Schwäche ergriffen, es hatte, einmal im Nachgeben begriffen, keinen andern Ausweg mehr, so sank es immer tiefer. Dabei hat es fast gar keine Gegenbewilligung erhalten; es hat Schwäche bewiesen, die auf der andern Seite nur Uebermuth erzeugt; die Aufforderung des Constitutionnel kommt zu spät; auf diesem Weg ist kein Heil mehr zu hoffen. Für Frankreich, nachdem es die befreundeten Völker von sich gestoßen und entmuthigt hat, ist nur noch Heil in seiner innern Einigung und Kraft. Diese finden wir aber nirgend. Das Ministerium Perier, welches man aus Unkenntniß der
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Tagblatt.
München den 1 6 . November 1 8 3 1 .
Verhältnisse im Ausland preist, weil es den Frieden will, ist vielleicht ein Unglück für Frankreich und Europa; es ist das schwächste von allen seit den Julitagen, so laut es von seiner Kraft spricht. Frankreich spaltet sich täglich tiefer und unheilbarer in Parteien. Herr Perier führt dieses schöne Land, dieses großmüthige und edle, aber leichtfertige, dem Egoismus der Gewandten zum Spielball dienende Volk dem Bürgerkrieg, der Anarchie entgegen, und bahnt Napoleon II. oder Heinrich V. den Weg; letzterm nämlich im Fall einer unglücklichen Ueberziehung der Könige, jenem, indem das jetzige System der Nation die Ueberzeugung gibt, daß zwischen dem neuen Frankreich und einem Bourbon kein Bund besteht. Herr von Metternich, den Blick auf Italien und das constitutionelle Deutschland gerichtet, mag solchem System Beifall lächeln; auch die Cabinette Rußlands, Preußens und selbst Englands mögen günstige Wechselfälle berechnen: für Deutschland, für Europas Freiheit steht nur Unheil in Aussicht. Die französischen Blätter, die Kammer, das französische Volk ahnen das Mißliche der Lage; allein, statt nach dem einzig übrig bleibenden Mittel sich umzusehen, verstärken sie das Uebel und berauben sich dieses Mittels. Sie wissen, so wenig als die Diplomatie, gegen welche sie doch deßhalb beständig zu Felde ziehen, das alte Gleise der Routine, die alten Vorurtheile, die alte engherzige und kurzsichtige Politik aufzugeben. Die einzige Politik, welche der heutigen Civilisation entspricht, ist ein friedliches, die ftreieste gegenseitige Mittheilung aller Güter des Lebens bezweckendes Nebeneinanderbestehen der Völker. Vor dieser Politik verschwinden alle natürlichen und unnatürlichen Gränzen, welche die Völker scheiden; es verschwinden alle gegenseitigen Befürchtungen, Neid, Mißtrauen, Selbstsucht; denn durch das Wohl jedes einzelnen ist das Wohl aller, durch das Wohl aller ist das Wohl jedes einzelnen Volks bedingt. Eine solche Politik, ich weiß, ist den Cabinetten, dem Absolutismus und dem Aristokratismus fremd, weil diese im Bunde der Völker ihren Untergang sehen; aber eben darum ist jene Politik ganz allein der jetzigen Weltlage angemessen. Wie kommt es, daß kein einziges französisches Journal diesen einfachen Gedanken, worin doch allein einiges Heil 137
1103 für Frankreich und Europa liegt, recht faßt, und das französische Volk damit durchdringt? Es begreift sich ohne Schwierigkeit, wie die Gazette z. B., diese so gewandte und doch so unkluge Carlistenzunge, die deutschen Völker gegen Frankreich aufreizt, indem sie den freiheitmörderischen Angriffen der Aristokraten Deutschlands ihre Spalten bereitwilligst öffnet und das junge constitutionelle Leben bei uns zu zertreten sucht; der Sprache der Freiheit schaden, ist ihr trauriges Handwerk, und sind die deutschen Völker Frankreich abgeneigt, so ist eine dritte Restauration der verjagten Dynastie eher zu hoffen. Es begreift sich allenfalls auch, wenn die Feuerköpfe der „Tribüne", oder die alten Soldaten und Napoleonisten der „Revolution" nur von Schlachten, Siegen und Erorberung der Rheinprovinzen träumen. Es begreift sich endlich, wenn die Ministerblätter zu solchem Unfug schweigen, denn ihre Aufgabe ist ja nebenbei, die Nationalparteien Frankreichs im Angesichte des Auslandes zu verdächtigen, und das französische Volk gegen sich selbst in Mißtrauen zu erhalten, um die eidlich gelobten Folgerungen der Julirevolution ihm vorenthalten oder nur fur sich und die Partei, welcher sie dienen, fruchtbar zu machen. Aber was soll man dazu sagen, wenn selbst ein National, ein Courier, ein Constitutionnel in dasselbe Horn blasen, oder wenigstens sich nicht im mindesten damit befassen, die unseligen Vorurtheile auszurotten? Nationalität und Unabhängigkeit der Völker fuhren alle diese Blätter auf ihrer Fahne, aber ihre Spalten begehren die Rheinlande, begehren Belgien, Savoyen u. s. w. Ist denn Nationalität und Völkerunabhängigkeit nur fiir Frankreich, etwa fur Polen, zu dessen Herstellung Frankreich keine Provinz hergeben soll, und wo es keine zu gewinnen hat, und fiir Italien, wo Frankreich ebenfalls nichts besitzt? Und verlieren jene erhabenen Worte allen Sinn, wo ihre Anwendung den Vorurtheilen Frankreichs widerspricht? Worin besteht denn die Nationalität, wenn nicht in gleicher Sprache, gleichen Sitten, Religion und tausendjähriger Vereinigung in einem Staatsverbande, wodurch ζ. B. die Rheinlande unwidersprechlich zu Deutschland gehören? Das Verlangen Frankreichs nach Belgien und Savoyen ist nicht gegen Nationalität. Diese Landdistrikte gehören vielmehr nach Sprache und übrigen Lebensbedingungen zu Frankreich; aber was haben die deutschen Provinzen des linken Rheinufers mit französischer Nationalität zu schaffen? Ich weiß, ihr wollt diese Länder, nicht weil sie zu Frankreichs Nationalität gehören, sondern der militärischen Gränze wegen. Dies ist der alten eben so engherzigen als kurzsichtigen Politik gemäß, welche nur den Umfang der physischen Gewalt und der physischen Vertheidigung berechnete; aber nicht der heutigen Politik, welche die sittlichen Kräfte und Neigungen der Völker alsThatsachen und Motive in Berechnung nimmt oder nehmen soll. Darum sah ich mit Ekel das unwürdige Gezanke der geistvollen Männer Mauguin und Thiers über die Zahl der Bayonnette, welche gegen Frankreich stehen sollen, indeß weder der Eine noch der Andere die Bündnisse in Anschlag brachte, welche in den Zu- und Abneigungen der europäischen Völker und gegen Frankreich gegeben sind. Wie, ihr klaget, mit vollem Rechte, euer Ministerium an, daß es Frankreich isolire, ihm alle Bundesgenossen raube, dem Absolutismus und Aristokratismus es überliefere; ihr er-
1104 hebet solche Klagen, während ihr selbst eure wahren Freunde, die Freunde der Freiheit in Deutschland, in eure Feinde verwandelt, die Nationalität desjenigen Volks bedrohet, von dessen Neigung oder Abneigung es allein abhängt, ob Frankreichs Feinde einen Zug zu unternehmen wagen? Ihr klaget euer Ministerium an, daß es die Provinzen Luxemburg und Limburg zerschneiden half, und doch wollt ihr an fremden Ländern für euch dasselbe thun? Ihr tadelt die gewaltsamen Zerreißungen und Vereinigungen des Wiener Congresses, und ihr wollt deutsche Provinzen mit Frankreich vereinigen? Kommt euch denn keinen Augenblick in den Sinn, daß eure Sache die Sache Deutschlands, und Deutschlands Sache die eure ist? daß beide Völker nur einerlei gemeinsame Feinde haben, die Feinde der Freiheit? Vergesset ihr schon wieder, daß Napoleons Genie und Riesenkraft seinen Sturz nicht verhüten konnten, nachdem er die deutschen Völker gegen sich erzürnt und die übrigen entmuthigt hatte? Daß der Besitz der Rheingränze, daß Landau, Mainz, Saarlouis, Luxemburg u. s. w. Frankreich nicht vor zwei Einfällen schützten? Und werdet ihr niemals begreifen, daß die Kraft eines Volks in seiner innern Einigkeit, in der Gerechtigkeit und Weisheit seiner Politik gegen andere Völker liegt? Wohl, dann gebt auch den Ehrennamen der Liberalen auf, schleppt euch im alten Gleise der Diplomatie Ludwigs XIV. fort, arbeitet der heiligen Allianz, euren Feinden, den Feinden der Freiheit aller Völker, in die Hände, und begrabet euch unter den Trümmern des Einsturzes, den ihr über Frankreich und Europa herbeigeführt haben werdet. Der Westbote ist kein heimlicher, sondern ein offener Freund, ein wahrer und warmer Freund Frankreichs, aber nicht jenes Frankreichs, welches Krieg, Verwüstung, Plünderung, Brandschatzung und Despotismus in alle Länder trug, sondern jenes Frankreichs, das auf hoher Stufe der Civilisation steht, in 40 bittern Prüfungsjahren seine Irrthümer erkannt zu haben schien, als es in den Wundertagen des Juli eben so großartig als heldenmüthig das unerträgliche Pfaffenjoch abschüttelte, und auf die Siegesfahne der Freiheit die Nationalität und Unabhängigkeit aller Völker zeichnete; er ist ein Freund und Bewunderer Frankreichs, das 1789 den Wust barbarischer Jahrhunderte fortschaffte, und 1830 die große Frage entschied, ob Europa ein China werden, ob die Menschheit forthin eine Heerde melk- und schurbaren Viehes für einige Wenige seyn soll oder nicht; er ist ein Freund Frankreichs, weil Deutschland von diesem lernt, sein Haus allmählich eben so zu säubern und sein öffentliches Leben dem Geiste der Civilisation gemäß einzurichten; und weil Deutschlands Geschick von dem Geschicke Frankreichs, wie hinwieder Frankreichs Geschick von jenem Deutschlands wesentlich abhängt, wie es sich eben wieder unwidersprechlich bewährt, wo, nachdem Frankreichs Stern an der Weichsel und an der Scheide erbleicht, der nordische Absolutismus wieder in der ganzen Barbarei seines Uebermuths sich erhebt. Aber nimmermehr würde er ein Freund Frankreichs seyn oder bleiben, wenn es, von alten Vorurtheilen bewogen, Deutschland in seinen liebsten Provinzen bedrohte oder sonst seine Unabhängigkeit gefährdete. Ein Bund bestehe zwischen den ächten Patrioten aller Länder, ein heiliger offener Bund, der die Freiheit aller Völ-
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1105 ker zum Ziel hat; aber eine Freiheit, die das eigene Werk der Völker und auf ihre unverletzliche Nationalität gebaut sey. Wir werden dieses Blatt den französischen liberalen Blättern zusenden; möge es nicht unbeachtet bleiben!
Tages
Chronik.
England. London, 9. Nov. Die Nachrichten aus den Provinzen sind sehr betrübend, theils wegen der Cholera, theils wegen Volksunruhen. In Sunderland herrscht die Cholera jetzt offiziell, auch in Alnwick, Rothburg und mehreren andern Grafschaften soll sie ausgebrochen seyn. Die Arbeiter von Coventry werden morgen eine Versammlung halten, um über Herstellung des Taglohns auf den alten Tarif sich zu berathen. In Preston sollen neuerdings Unruhen ausgebrochen seyn. Mehrere Versammlungen in großen Städten haben Statt gefunden, ohne daß Exzesse dabei vorgefallen wären. Auch jene von Manchester, wegen der man so sehr besorgt war, ist ruhig abgelaufen. — Herr v. Talleyrand hat unserer Regierung wegen Beschlagsnahme der Schiffe Don Pedros ernstliche Vorstellungen gemacht, unter dem Vorwand, daß jene Schiffe französisches Eigenthum und fur einen französischen Hafen bestimmt seyen. Der Erfolg ist noch nicht bekannt. Herr. v. Talleyrand will in diesem Verfahren eine indirekte Feindseligkeit gegen Frankreich erkennen. Die Veranlassung dazu scheinen Handelsverhältnisse zu seyn, wie wir schon gestern bemerkten. Auch hat die englische Nation kein Mißfallen darüber geäußert, und enthalten unsere Journale keine deßfallsigen Betrachtungen, wahrscheinlich weil sie nicht recht wissen, wie sie sich über diesen Vorfall erklären sollen. — Nachrichten aus China sprechen von ernstlichen Unruhen, welche zwischen den Einwohnern und den englischen Residenten in Macao ausgebrochen sind. Eine erste Fvlge davon war die theilweise Zerstörung der englischen Faktorie, und die Drohung, jede Art von Handelsverbindung vom 1. August an aufzuheben. Frankreich. Paris, 10. November. Ich kann nicht umhin, noch mit einem Worte auf die neue Entschließung der baierischen Kammer zurückzukommen, und bin so frei, auf eine Lücke der dortigen Verfügungen aufmerksam zu machen. Die Verfügungen selbst anzugreifen, würde zu Nichts fuhren; ich sage blos, daß Etwas daran fehlt. Die baierischen Stände haben nämlich zugegeben, daß die auswärtige Politik der Censur unterworfen werde, aber sie vergaßen, den Correspondenten anzudeuten, in welchem Sinne sie schreiben müssen, um ihre Artikel gedruckt zu sehen. In der Absicht, das Ausfüllen der erwähnten Lücke zu erleichtern, schlage ich folgende Methode vor. Man muß offenbar, wenn es sich um Darstellung der auswärtigen Politik handelt, zweierlei unterscheiden: 1) die ausländischen Regierungen, 2) die ausländischen Institutionen. Was den ersten Punkt betrifft, so ist es nothwendig zu bestimmen, über welche man vortheilhaft schreiben darf, über welche nicht, welche man tadeln darf und welche nicht. Darf ich, wenn ich je einen Artikel nach Baiern sende, die französische Regierung tadeln? ich glaube Ja, doch möchte ich meiner Sache gewiß seyn. Dürfen die Correspondenten von der russischen Gränze das russische Cabinet in baierischen Blättern tadeln? ich glaube Nein, doch wäre es auch jenen lieb, sichere Aus-
kunft darüber zu erhalten. Darf ich in der etwaigen Correspondenz die französischen Institutionen loben, die Preßfreiheit, die künftigen republikanischen Institutionen? Darf ein Anderer von den Ufern des Bosporus aus die russischen Institutionen tadeln? Alles dieß wäre nützlich näher anzugeben. Es wäre dieß nicht blos nützlich, man würde sogar nur durch solche nähere Instruktionen genau erfahren, Was eigentlich der Zweck der neuen baierischen Verfügungen ist. Hier in Paris ist Viel davon die Rede. Die Abgeordneten sprechen darüber in den Couloirs der Kammer, und Damen fragen mich in den Salons, ob man in baierischen Blättern nicht erzählen dürfe, daß in Frankreich trikolore Schleifen Mode sind. Man will sogar in Paris ganz genau wissen, was am gesetzlichen Einfuhren der baierischen Censur Schnld sey. Man versichert, weder Warschaus Fall sey Schuld daran, denn auch zuvor habe die Censur der auswärtigen Politik in Baiern bestanden, noch das Durchfallen der Reformbill, von welcher man ja voraus wisse, daß sie dennoch durchgehe, noch besonders der geheime Wunsch des Königs von Baiern, der ja bekanntlich die Censurverfugungen des Polignac sehen Ministeriums in der Münchner officiellen Zeitung monstruöse Ordonnanzen *) nennen ließ. Schuld sey vielmehr daran die aristokratische Partei, welche den Thron umlagere, und welche befurchte, klare und vollständige Berichte von dem, was in Bezug auf die Pairskammer in Frankreich und das englische Oberhaus vorgehe, könnten den baierischen Pairs schädlich werden. Anstatt nun diese ihre Furcht zu gestehen, hätten sie dem Hofe eingeredet, wenn er die auswärtige Politik nicht mit Censur belaste, so würden zwei deutsche Staaten und Rußland zusammen gegen Baiern zu Felde ziehen. Es ist nun den französischen Politikern sehr leid, daß diese Drohung wirkte, denn sie sind überzeugt, wenn nur zwei fremde Soldaten feindlich in Baiern einrücken, so werde ihnen das französische Heer entgegen gehen. (Stuttg. allg. Ztg.) Paris, 11. Nov. In einer der letzten Versammlungen der Pairs hat sich zwischen einigen derselben und mehreren Gliedern des Ministeriums ein lebhafter Streit entsponnen, welcher das beabsichtigte Arrangement wegen dem Art. 23 der Charte wieder sehr in die Ferne zieht. Diese Uneinigkeit war bereits in der gestrigen Kammer fühlbar, namentlich durch die Art, wie ein großer Theil derselben über Herrn v. Argot herfiel. Alle bisherigen Bemühungen des Herrn Perier, um die Pairskammer für seine Pläne zu stimmen, waren also vergeblich. Herr Perier ist heute weniger weit vorgerückt als vor drei Wochen, und unentschlossener als je. Die Herren Dreux-Breze und Fitz-James haben Alles aufgeboten, um die Annahme des Gesetzesentwurfs, wie er aus der Deputirtenkammer gekommen, zu verhindern, und haben es dahin gebracht, daß jetzt das Ministerium denselben unmöglich durchführen kann, ohne neue Pairs zu ernennen. Wie wird sich das Ministerium aus dieser schwierigen Lage ziehen? Niemand weiß es, und vielleicht das Ministerium selbst am wenigsten. Paris, den 10. November. Consol. 5. Proz. 95, 15; 3 Proz. 68,40; Falconnet 79; ewige Rente 54 f. *) Dieß beruht auf einem Irrthum. In einem Aufsatze des Inlandes vom gegenwärtigen Redakteur der Tribüne wurden die Verfugungen Polignac's und Carl X. monströse Ordonnanzen genannt. Allein die Regierung hatte an jenem Aufsatz keinen AntheiL A. d. R. d. T.
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1107 Baiern. Die liberale baierische Regierung, eingedenk ihrer Unfähigkeit zur weisen Leitung der Staatsangelegenheiten, beschäftigt sich nun mit der Verfolgung freimüthiger Schriftsteller. Auch gegen den Redakteur der Zeitschrift Rheinbaiern, Herrn Siebenpfeiffer, ist eine frivole Anklage erhoben worden. Freilich wird sich die Regierung dabei nur lächerlich machen und den Triumph der liberalen Presse vermehren. Damit unsere Leser von der Frivolität jener Anklage sich überzeugen mögen, theilen wir aus dem Westboten folgenden Artikel mit: Der Redakteur Rheinbaierns angeklagt. Schon manchmal hat die Polizeibehörde Hefte der Zeitschrift Rheinbaiern mit Beschlag belegt, jedesmal aus dem Grunde, daß gewisse Artikel oder Stellen „seditiöser Natur" seyen, oder „stark auf Möglichkeit eines Aufruhrs hindeuten." Dieß der ewige Anfangs- oder Schlußreim des alten Lieds. Nie aber hat man Stoff gefunden, eine Anklage zu erheben. Endlich ist es gelungen, und wie! S. 186 des III. Bandes heißt es: „Und solche Mißbräuche, solche Gesetzverletzungen duldet das Volk, duldet der Landrath, dulden alle Behörden und die Volksabgeordneten selbst? Man duldet sie. Die Erklärung ist einfach. Man kennt seine Rechte nicht, die Kreisregierung, das Ministerium kennen ebenfalls die Volksrechte, die Verfassung und die Gesetze des Rheinkreises nicht, oder wollen sie nicht kennen, als da, wo etwas herauszudrücken, herauszupressen ist. Das Volk kennt seine Rechte nicht; Niemand ist, der sie ihm lehrt. Durch die Napoleonische Regierung an Willkühr, Mißbräuche, politische und bürgerliche Nichtigkeit gewöhnt, nimmt man alles ohne Prüfung hin, was von oben kommt, und unterwirft sich murrend, aber nur im Stillen. Dieß sind die unseligen Folgen der Preßsklaverei, worin man uns gefangen hielt, bis die Zeitschrift Rheinbaiern die Fesseln sprengte, und den politisch schlummernden Bewohnern des Rheinkreises die kostbarsten Rechte ihrer Verfassung und Einrichtungen ins Ohr schrie, die Rechte der freien Rede und Schrift. Diesen großen Dienst hat unsere Zeitschrift dem Lande geleistet, und sie darf es selbst sagen, sie hat das Recht, durch große Selbstopferung erlangt; das Würzburger Volksblatt hat diesen Dienst bei Erscheinung des ersten Heftes erkannt, indem es aussprach, daß eine neue Epoche der Preßfreiheit in Baiern dadurch begründet werde. Nicht nur in Baiern, sondern in ganz Deutschland hat sie die Mundsperre gelöst." Aus dieser Stelle haben die Ankläger die Worte: „Die Kreisregierung, das Ministerium kennen ebenfalls die Volksrechte, die Verfassung und die Gesetze des Rheinkreises nicht, oder wollen sie nicht kennen, als da, wo etwas herauszudrücken, herauszupressen ist", zu den schrecklichen Waffen umgebildet, womit sie - die Mundsperre wieder zu erzwingen hoffen. Wohlan! am 18. d. M. eröffnen sich die Schranken zu dem Kampfe, wozu der Angekagte die Regierung auf den letzten Seiten des ersten Bandes seiner Zeitschrift und später mehrmals herausgefordert hat. Den ersten civilrechdichen politischen Prozeß hat sie gegen ihn verloren; sie will auch eine zuchtpolizeiliche Bestätigung ihres Unrechts: solche wird
nicht ausbleiben, auf daß das Recht der politischen Erörterung sanctionirt sey. Wie könnte das Gericht den Wahn theilen, es sey in einem Staat, wo eine gesetzliche Verfassung wenigstens der Form nach besteht, eine strafbare Schmähung im Sinne des Artikels 222., wenn man der Regierung Willkür, Unkenntniß der Gesetze, oder Nichterfüllung derselben, wo solche dem Fiskus nicht etwas eintragen, vorwirft? Es ist nicht allein ein Recht, sondern eine Pflicht jedes Staatsbürgers dies auszuspiechen, wenn es eine Ueberzeugung ist; und nur die gänzliche Mißkennung ihrer constitutionellen Stellung konnte der Regierung zu Speyer den Gedanken beybringen, es sey die Absicht der Zeitschrift gewesen, eine Person zu schmähen, welche kein Fleisch und Bein, keinen Kopf und keine Glieder hat, sondern ein ideales Gedankending ist. Die Zeitschrift Rheinbaiern bekümmert sich wahrlich sehr wenig um die kleinen Personen, welche die hohe Person der Regierung bilden; das System der Staatsregierung hatte sie im Auge, nicht das der Regierung in Speyer, welche keines hat. Die Regierung will, daß der Angeklagte jene allgemeine Beschuldigung beweise; er wird dies thun durch eine Schilderung dessen, was seit 1817 im Rheinkreise geschehen ist, durch Darlegung einer Reihe von Thatsachen, die ein lebhaftes, ein buntes, ein schreyendes Gemälde, ein wahres Nachtstück bilden; und dann wird der Angeklagte den Rheinkreis fragen: ist es Wahrheit? Und der Rneinkreis wird antworten: Ja! wir habens empfunden! und empfindens täglich uoch! Der National enthält folgenden Conespondenz-Artikel aus München: „Die Auflösung unserer Kammern wird mit einem Ministerwechsel begleitet seyn. Einer der ausgezeichnetsten Redner der zweiten Kammer, Herr Rudhart, soll das Portefeuille der Finanzen erhalten. Die Regierung konnte einem Manne, der sich jüngst als einen so feurigen Helden der Censur bewiesen hat, keine geringere Belohnung geben. Der Fürst von OettingenWallerstein wird das Portefeuille des Innern erhalten. Wenn dieser Prinz im Privadeben verblieben wäre, so könnte ihm Niemand seine Hochachtung verweigern. Allein fur den Ministerposten hätte sich in Baiern sehr leicht ein fähigeres Individuum finden lassen. Herr v. Schenk hat das ihm angebotene Portefeuille der Justiz abgelehnt Derselbe ist nach der Meinung der ganzen Welt ein schlechter Dichter, besitzt aber vortreffliche Prinzipien des Absolutismus. Graf Armanspeig soll als Gesandter nach Petersburg geschickt weiden, um seine politische Bildung in diesem klassischen Lande des Absolutismus zu verbessern. Unmittelbar nach dem Schlüsse der Kammern wird wieder eine Censur-Oidonnanz erscheinen." etc München, 16. November. Um die Abreise des Redakteurs der Tribüne nach dem Rheinkreise möglich zu machen, wollte derselbe eine kurze Zeidang der Censur ausweichen, das heißt schon censirte Artikel aus andern Blättern in die Tribüne aufnehmen, die nicht gestrichen weiden könnten. Allein die Censurbehöide chicanirt seitdem den Redakteur auf das empörendste und entehrt sich vollends, indem sie sich zum Vertheidiger Don Miguels, so wie des Herzogs Carl von Braunschweig aufwirft und ihr schimpfliches Handwerk überhaupt im Geiste eines fanatischen Despotismus ausübt. Durch ein solches Benehmen wird der Redakteur der Tribüne abermals in die Schranken gerufen. Er wird daher von morgen an das Steuerruder seines Blattes wieder eigreifen, nunmehr aber jede Rücksicht gegen die Regierung ablegen, und eine Kraft zu entwickeln sich bestreben, die nöthig ist, um dem dem Pfaffenthum, dem Obscurantismus und der Despotie mit Erfolg sich entgegen zu stemmen. - Das Abdrucken gestrichener Stellen hat bereits gestern wieder begonnen. Verantwortlicher Redacteur: J. G . A.
Wirth
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Deutsche Ein
Donnerstag.
Tribüne.
constitutionelles
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Auszüge aus B ö r n e s Briefen aus Paris 1 8 3 0 - 1831. 1. Still, heiter, freundlich und bescheiden, wie ein verliebtes glückliches Mädchen, lustwandelte das Pariser Volk umher. Als ich dieses sah, und bedachte: noch sind zwei Monate nicht vorüber, daß es einen tausendjährigen König niedergeworfen, und in ihm Millionen seiner Feinde besiegt — wollte ich meinen Augen oder meiner Erinnerung nicht trauen. Es ist der Traum von einem Wunder! Schnell haben sie gesiegt, schneller haben sie verziehen. Wie mild hat das Volk die erlittenen Kränkungen erwiedert, wie bald ganz vergessen! Nur im offenen Kampfe, auf dem Schlachtfelde hat es seine Gegner verwundet. Wehrlose Gefangene wurden nicht ermordet, Geflüchtete nicht verfolgt, Versteckte nicht aufgesucht, Verdächtige nicht beunruhigt. So handelt ein Volk! Fürsten aber sind unversöhnlich und unauslöschlich ist der Durst ihrer Rache. Hätte Karl gesiegt, wie er besiegt worden, wäre das fröhliche Paris heute eine Stätte des Jammers und der Thränen. Jeder Tag brächte neue Schrecken, jede Nacht neues Verderben. Wir sehen ja, was in Spanien, Portugal, Neapel, Piemont und in andern Ländern geschieht, wo die Gewalt über die Freiheit siegte. Seit Jahren ist der Sieg entschieden und das Werk der Rache und der Verfolgung geht fort wie am Tage der Schlacht. Und es war ein Sieg, den man nur dem Meineide verdankte! Tausende schmachten noch im Kerker, Tausende leben noch in trauriger Verbannung, das Schwert des Henkers ist immer gezückt, und wo es schont, wo es zaudert, geschieht es nur, um länger zu drohen, um länger zu ängstigen. So entartet, so herabgewürdigt hat sich die Macht gezeigt, daß sie oft mit Grausamkeiten prahlte, die sie gar nicht begangen, sich der Gerechtigkeit schämend, manche ihrer Gefangenen nur heimlich schonte, und es als Verläumdung bestrafte, wenn man sie mild gepriesen! Mich empört die niederträchtige Unverschämtheit der Fürstenschmeichler, welche die Völker als Tiger, die Fürsten als Lämmer darstellen. Wenn jeder Machthaber, sobald er zum Besitze der Macht gelangt, gleich seine Leidenschaft zur Regel erhebt, grausame Strafen für jeden Widerspruch voraus bestimmt, und diese Regel, diese Anwendung sich herabrollt durch Jahrhunderte - nennen sie das Gesetzlichkeit. Das Volk
Tagblatt.
München den 17. November 1 8 3 1 .
hat seine Leidenschaft nie zum Gesetz erhoben, die Gegenwart erbte nie die Missethaten der Vergangenheit, sie vermehrt der Zukunft zu überlassen. Wenn dumme, feige oder bestochene Richter aus altem Herkommen und verblichenen Gesetzen nachweisen können, daß sie in gleichen Fällen immer gleich ungerecht gewesen - nennen sie das Gerechtigkeit. Wenn der schuldlos Verurtheilte durch Reihen schön geputzter Soldaten, durch die Mitte des angstzitternden Volkes, das nicht zu weinen, nicht zu athmen wagt, ohne Laut und Störung zum Blutgerüste geführt wird - nennen sie das Ordnung·, und schnellen Tod in langsame Qual des Kerkers verwandeln — das nennen sie Milde. 2.
Die Preßfreiheit ist noch nicht der Sieg, noch nicht einmal der Kampf, sie ist erst die Bewaffnung; wie kann man aber siegen ohne Kampf, wie kämpfen ohne Waffen? Das ist der Zirkel, der einen toll macht. Wir müssen uns mit nackten Fäusten, wie wilde Thiere mit den Zähnen, wehren. Freiwillig gibt man uns nie die Preßfreiheit. Ich möchte unsern Fürsten und ihren Rathgebern nicht Unrecht thun, ich möchte nicht behaupten, daß bei allen und überall der böse Wille, alle Mißbräuche, welche durch die Presse offenkundig würden, fortzusetzen, Schuld an der hartnäckigen Verweigerung der Preßfreiheit sey; das nicht. Wenn sie regierten wie die Engel im Himmel und auch der anspruchsvollste Bürger nichts zu klagen fände, sie würden doch Preßfreiheit versagen. Ich weiß nicht — sie haben eine Eulen-Natur, sie können das Tageslicht nicht ertragen; sie sind wie Gespenster, die zerfließen, sobald der Hahn kräht.
Glaubensbekenntniß eines Patrioten. (Eingesendet.) Von der Wohlthat eines wahrhaft repräsentativen Regierungssystems überzeugt, kann der Einsender gleichwohl nur dann hoffen, die Früchte desselben für das Volk reifen zu sehen, wenn jeder Vertreter der National-Interessen von folgenden Prinzipien geleitet wird: 1) Jede mögliche Ersparung im Staatshaushalte durch seine Abstimmung zu befördern, und dadurch des Volkes 138
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- kaum erträgliche! - Lasten zu mildern. Unter den möglichen Ersparnissen werden eben sowohl die moralisch als physisch möglichen verstanden. Folglich diejenigen nicht, wobei ein Prinzip a) des Rechts, b) der Ehre und c) der Erreichung des eigentlichen Staatszweckes verletzt werden würde. (Ζ. B. wenn man an dem Etat der Rechtspflege, zum Nachtheil der Rechtsuchenden oder der öffentlichen Bildung sparen wollte.) Dagegen muß jeder Luxus (auch derjenige, welcher mit Verwirklichung des Schönen und der Kunst getrieben wird) von dem ächten Volksvertreter streng zurückgewiesen werden. 2) Die möglichste Gleichheit sowohl der Lasten als der Wohlthaten, welche aus dem Staatsverbande für die Angehörigen desselben hervorgehen, approximative zu verwirklichen. Es darf also weder Vorliebe noch Abneigung in Beziehung auf irgend einen Stand der Staatsbürger, Kreis, Ort, Nahrungszweig etc. ihn leiten; sein Grundsatz sey vielmehr: „Suum cuique!" 3) So wie fur Ersparung, so auch fiir jede gesetzmäßige Freiheit muß er seine Stimme erheben, und darf mit der geistestödtenden Gewaltherrschaft, — so wie sie ζ. B. in der Censur geübt wird! — nicht nur in keinen Bund, sondern auch nicht einmal in einen Vergleich sich einlassen. - Dagegen muß er verwerfen: a) die, durch Gesetze nicht geregelte, die Rechte und Freiheiten Anderer verletzende Freiheit, d. i. die gesetzlose Willkühr; b) die durch Gewaltgesetze (eingeführt nach dem Grundsatze: „stat pro ratione voluntas!") und irgendwie oder irgendwann via facti geltend gemachte Sclaverei (oder, wenn das Wort Sclaverei zu hart scheinen sollte: „Unfreiheit". 4) Das Gute uud Rechte muß der ächte Volksvertreter befördern, von welcher Seite es komme. Es ist unächter Liberalismus etc., wenn man entweder a) um den geliebten Minister X. zu halten und zu heben, alle seine Entwürfe annimmt und unterstützt, sollten sie auch des Volkes wahres Beste nicht zum Zwecke haben; oder b) um den gehaßten Minister Y. zu stürzen, auch dessen beste Vorschläge von der Hand weißt und trotzig verwirft. Der ächte Volksfreund fragt nicht nach dem Namen, nur nach der Sache! 5) Um alle diese Grundsätze ins Leben treten zu lassen, muß der ächte Volksrepräsentant Gründen stets, Einflüsterungen nie sein Ohr und Herz offen halten. Würden diese Grundsätze stets und von Allen mit klarer Einsicht, redlichem Willen und strenger Consequenz durchgeführt und beobachtet, dann wülde die repräsentative Verfassung sicher das wahre Wohl des Volkes und die vollkommenste Eintracht zwischen Regierenden und Regierten verwirklichen. Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 29. Okt. Um Don Miguel in der Meinung des Volks mehr zu befestigen, soll er nun gekrönt werden. Die hohe Geistlichkeit will die Kosten dieser Ceremonie allein tragen. Man hoffte, daß am 26sten, am Geburtstage Don Miguels, die verhafteten Damen des hohen Adels wieder frei gegeben würden, allein statt dessen fanden
neue Verhaftungen statt. Unter denselben machten besonders Aufsehen j ene von dem Deputirten Jean Vincent Pementel Maldonado und von dem Major Pementa. Mehrere Personen waren so glücklich, zu entkommen, unter andern der Deputirte Suarco Franco. - Zu all diesem Unglück kommen auch noch Hungersnoth und Krankheiten, erstere in Folge einer magern Erndte, letztere in Folge der häufigen Ueberschwemmungen. Bereits muß Korn an die ärmere Volksklasse vertheilt werden. England. London, 10. Nov. Aus Furcht, die Handelsverbindungen unterbrochen zu sehen, geben die offiziellen Berichte von Sunderland bis heute nur 20 Cholerafälle an. Man befurchtet Unruhen in Douvres, wo Wellington die Wahlsitzungen von Harbour präsidirt. — In Coventry und Bristol ist die Ruhe vollkommen hergestellt; es werden Untersuchungen gegen die bei den Aufläufen compromittirten Personen eingeleitet. — In Preston haben neuerdings Unordnungen Statt gefunden. Es zog ein Trupp Individuen mit einer großen Fahne herum, worauf die Inschrift war: „wer keine Waffe hat, verkaufe seine Kleider, um sich eine zu verschaffen, denn Taxen ohne Repräsentation ist Tirannei." Die Unruhestifter besuchten zuerst mehrere Faktoreien. Im Präfektur-Gebäude setzten sie zwei Gefangene in Freiheit, verbrannten alle Papiere und Bücher und zertrümmerten die Meubles. Von da begaben sie sich nach einer bedeutenden Faktorei, wo sie des Wachthauses sich bemächtigten, die Bücher zerrissen und die Fenster zerschlugen. Endlich verfugte sich der größte Theil der Ruhestörer nach Gallony-Hill, um Beschlüsse zu fassen in der Art derjenigen, welche in London zur Ausführung kommen sollen. Man erwartet jeden Augenblick das Eintreffen von Truppen, um die Constabler zu verstärken. - Die Gährung in England ist übrigens allgemein. Auf allen Seiten, in jeder Stadt, ja in den kleinsten Flecken bilden sich politische Verbindungen nach dem Vorbild derjenigen von London und Birmingham. — Eines der mit Beschlag belegten Schiffe Don Pedros ist wieder frei gegeben worden, die andern bleiben unter Embargo in Folge wiederholt ergangener Befehle. Paris, den 12. November. Consol. 5. Proz. 94,60; 3 Proz. 67,55; Falconnet 78,90; ewige Rente 54 \. Belgien. Brüssel, 9. Nov. Man bemerkt, daß das Gesetz, welches das Gouvernement autorisiirt, den Konferenzvertrag anzunehmen, noch nicht publicirt worden ist. Wir hören, daß es in das gestrige Gesetzbulletin hat eingerückt werden sollen, daß es aber durch einen Umstand, dessen Enträthseln wir nicht über uns nehmen können, aus den Händen des Druckers zurückgenommen worden ist. (Aach. Z.) Vom 10. Nov. Von den Vorschlägen, welche in der letzten Sitzung der Repräsentantenkammer niedergelegt worden sind und heute verlesen werden sollen, bezieht sich der eine, von Seiten des Herrn Nothomb, auf eine Maßregel zur Sicherstellung der Beamten, welche dem an Holland abzutretenden Territorium angehören. Man hat sich gestern viel mit den MinisterialErnennungen beschäftigt, nämlich mit der des Herrn Goblet für das Ministerium des Auswärtigen und der des Herrn de Theux fürs Innere. Die Ernennung des Herrn Goblet setzt in Erstaunen, und man bedauert Herrn von Meulenaere. Herr de Theux scheint das Angenehme des parlamentarischen Lebens ungern gegen die ministeriellen Beschwerden vertauschen zu wollen. Statt seiner dürfte Herr Fallon einrücken. (Emancipation.)
1113 Man scheint in Vliessingen sich sehr vor der englischen Flotte zu furchten. Einige holländische Korvetten haben im schlechtesten Wetter die Anker gelichtet und die Scheide verlassen. Gent, 9. Nov. Es wird unausgesetzt an der Batterie der Brücke Mariakerke gearbeitet; man baut am linken Ufer des Kanals von Terneusen-Langerbrugge ein kleines Fort mit bombenfesten Gewölben, die zur Aufnahme der Garnison und zur Vertheidigung der Brückenpassage bestimmt sind. General Nielion hat sein Hauptquartier in Langerbrugge aufgeschlagen. Lüttich, 11. Nov. König Wilhelm hat an seine Bevollmächtigten in London Instruktionen gesandt, in deren Folge diese den Gesandten der fünf Mächte eine Note überreicht haben, in welcher auf einen Termin von vier Monaten zur Ertheilung einer kategorischen Antwort über die Annahme oder Verwerfung der 24 Artikel angetragen wird. Die Nachricht davon hat das belgische Gouvernement durch Herrn Robert Adair erhalten. Von einer andern Seite erfährt man, daß der Sohn des Baron Eckeren am 3. d. über Hamburg nach Petersburg abgereist ist, vom König Wilhelm beauftragt, den Kaiser Nikolaus zu fragen, ob er entschlossen sey, seine Neffen vom belgischen Thron ausgeschlossen zu sehen, und ob er nichts thun wolle, diese durch die Annahme des Friedensvertrags vollbrachte Ausschließung zu verhindern. Nur nach Ankunft der Antwort von Seiten Rußlands wird der König seinen definitiven Beschluß bekannt machen. Es scheint, daß Herr Goblet sich vor der Presse gefurchtet hat. Er nimmt das ihm bestimmte Portefeuille nicht an; Herr von Meulenaere behält das Ministerium und Herr Fallon erhält das Innere. Man spricht von einer neuen Eintheilung der Ministerien, nach welcher man das Departemeut der Kriegsmarine mit dem Ministerium des Innern vereinigen würde. Mit dem Ministerium des Auswärtigen würde man die Handelsangelegenheiten und die Handelsmarine vereinigen; die Gefängnisse und Hospizen sollen vom Departement des Innern zum Ministerium der Justiz übergehen. (Aach. Z.) Deutschland. Der Verfassungsfreund in Kassel enthält unter der Aufschrift „An die Völker Deutschlands" einen interessanten Artikel, wovon wir vorläufig Folgendes mittheilen: „Ihr habt die unbegreiflichen Worte eines der ausgezeichnetsten Vorkämpfer für deutsche Freiheit und Recht, die Worte des Herrn Seuffert, die er am 26. Okt. in der Deputirtenkammer zu München öffendich ausgesprochen hat, vernommen: „Seit wenigen Monaten hat sich so viel verändert, daß die baierische Deputirtenkammer die Presse nicht frei machen kann. Warschau ist gefallen und die englische Reformbill, und seitdem erheben die Feinde der Fortschritte des menschlichen Geistes überall das Haupt. Daß die baierische Kabinetsregierung die Ehre des Landes schützen werde, das darf man nicht hoffen, wenigstens ist in mir alles Vertrauen erstorben. Die Deputirtenkammer ist daher in der traurigen Nothwendigkeit, die Freiheit der Presse aufzugeben." Der Verfassungsfreund traute kaum seinen Augen, als er diese Zeilen las, und hätte gern an der Treue des Berichtes gezweifelt, allein auch das konnte er nicht, und so wendet er
1114 sich denn an Alle, die seine Stimme erreichen kann, um im Namen der deutschen Freiheit gegen jene Worte unwürdiger Verzagtheit feierlich zu protestiren." Carlsruhe, 11. Nov. In der heutigen Sitzung der Volkskammer erstattete Herr Dutdinger den lange erwarteten und vor Kurzem noch einmal ausgesetzten Commissionsbericht über das gegen die Welcker'sche Motionsbegründung geschleuderte Rescript, - mit Auslassungen und Veränderungen, wie es scheint; denn man bemerkte, daß der Berichterstatter in sein Papier Zettel eingelegt hatte, welche wahrscheinlich in Folge der vorgestern stattgefundenen Schritte der Regierungscommission als Ersatz fur zurückgezogene Stellen eingeschoben waren. Der ganze Geist des Berichtes entsprach so ziemlich dieser Vermuthung; es herrschte darin eine gewisse gesuchte Zartheit, so daß man fur nöthig hielt, am Ende dieses Berichtes Erklärungen über dessen auffallende Form zu geben. Es könne scheinen, hieß es, der Bericht hätte „nachdrucksamer" sprechen sollen, allein man wünsche ebenso, wie die Regierung es von sich ausgesprochen habe, daß der Landtag in Eintracht beendigt werde. Dieß ist nicht zu tadeln, aber es ist zu hoffen, daß nicht etwa die vollkommene Preßfreiheit dieser Eintracht geopfert werde, und Manche wollen vermuthen, daß das Ministerium diese friedliche Antwort auf eine martialische Erklärung durch Versprechungen in Bezug auf das zu verändernde Preßgesetz erkauft haben möge. Wie dem auch seyn mag, die ganze inconstitutionelle Einmischung eines unverletzlichen Namens, der nur dann mit den ständischen Verhandlungen in Berührung tritt, wenn sie in einer Adresse an den Thron gebracht werden, das Hinüberspielen einer parlamentarischen Streitfrage, welche blos in dem Saale selbst einen Sinn hatte, auf das Gebiet von „allerhöchsten" Rescripten, die Miene einer herabsehenden Correktur, um nicht zu sagen eines Verweises, welche ein Zweig der gesetzgebenden Gewalt dem andern gleichberechtigten gegenüber nicht annehmen kann, ohne einen Bruch zu erklären, dieses ganze inconstitutionelle Wesen jenes Rescriptes war in dem Commissionsberichte mit keiner Sylbe berührt. Derselbe beschränkte sich auf Rechtfertigung der Competenz der Kammer durch Grundsätze und Beispiele, zu welchen nun noch der Fall der in Cassel angenommenen Motion des Herrn Jordan beigefügt wurde, und gab ungefähr eine Wiederholung dessen, was in der betreffenden Sitzung selbst bereits gesagt worden war, nur daß es in dieser kräftiger und schlagender geschah. Die Commission trug darauf an, daß die Kammer das Rescript nicht stillschweigend, sondern mit einer Verwahrung der ständischen Rechte in ihr Archiv aufnehme. Nach Herrn Dutdinger sprach der Staatsrath Herr Winter im Namen der Regierung und erklärte, daß diese nicht die Absicht gehabt habe die Competenz der Kammer zu bestreiten, sondern nur in, einer mildern Form auf eine Auflösung der Kammer hinzuweisen. Das Erste ist ohne Zweifel sehr einleuchtend, wenn man in der Verfassung Gedrucktes lesen kann, aber es ist zugleich sehr sonderbar, da eben in jener Sitzung vom 15. Okt. die Regierungscommissäre die Competenz in Frage stellten. Durch diese Erklärung suchte man also den Commissionsbericht in ein Licht zu setzen, als wenn er gegen Windmühlen gekämpft habe, und damit war die Sache abgemacht, es wurde keine Discussion eröffnet. Die Commissionsanträge wurden einhellig angenommen, mit Ausnahme einer einzigen Stimme, der des Herrn Winter v. H., welcher sich später darüber erklärte. Herr Schaaff bat,
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1115 zu Protokoll zu bemerken, daß er flir den Antrag der Commission gestimmt habe; er hatte nämlich vorher, gleich nach dem Regierungscommissär zu sprechen versucht, war durch den allgemeinen Ruf zur Abstimmung unterbrochen und dann zur Ordnung gerufen worden; als er seinen Versuch dessen ungeachtet durchsetzen wollte, als er hierauf von „Mundfaustrecht" sprach, geschah es noch einmal. Dieß war jedoch nur das „Ende des Anfangs;" nach einem zwischen hinein erstatteten Commissionsbericht wurde die Sache wieder aufgenommen, indem Hr. Rindeschwender das Recht des freien Wortes für Hrn. Schaaf in Anspruch nahm. Dieser erhielt auch das Wort, nachdem einige Zwischenreden über Geschäftsordnung und parlamentarischen [B] rauch gefallen waren, und motivirte seine Abstimmung, welche sonst inconsequent erscheinen könnte; er sey gegen die Motionsbegründung schon bei ihrer ersten Ankündigung gewesen, allein er sey auch gegen die unzulässige Weise, auf welche die Regierungscommissäre dem Beschluß der Kammer entgegentraten. Man sieht, wie sehr diese Unrecht haben müssen. Bei dieser Gelegenheit äußerte auch Herr Winter von Heidelberg, daß er ohne jenen Ruf zur Abstimmung ebenfalls gesprochen haben würde, um zu erweisen, wie der ganze Bericht durch die darauf folgende Rede des Regierungscommissärs niedergeschmettert sey. Dieß war die zweite Berührung des Streitpunktes, wobei jedoch von diesem selbst Nichts weiter besprochen wurde, als zur Begründung des abgegebenen Votums unumgänglich erforderlich war; auch war kein Regierungscommissär mehr zugegen. Der Gegenstand ist also eigentlich mit jener drohenden Hinweisung auf eine Auflösung der Kammer, wenn sie die Motion an die Abtheilungen gewiesen hätte, beendigt worden. Wenn das Ministerium seiner Zeit nicht passend oder nicht rathsam fand, die Auflösung auszusprechen, — denn die Auflösung, nicht aber ein Rescript, wäre das constitutionelle Mittel gewesen - wenn das Ministerium seiner Zeit die Kammer aufzulösen versäumte, was sollen denn jetzt diese renommirenden Anspielungen, wie auf eine Heldenthat, welche man seiner Zeit einmal hätte thun wollen? Und wenn es etwa als Drohung gemeint wäre, sollte wirklich das Ministerium niemals daran gedacht haben, daß eine Auflösung der Kammer nach dem Erfolg der neuen Wahlen die Auflösung des Ministeriums höchst wahrscheinlich zum Resultat gehabt hätte, nnd daß der eintretende Fall auch jetzt noch ganz dieselben Verhältnisse entwickeln würde? Im Ganzen scheint aus den zusammengestellten Umständen hervorzugehen, daß der eigendiche Streit über das Rescript und die Competenzfrage mit der Regierung nicht in der öffendichen Sitzung ausgemacht wurde, und daß der Commissionsbericht nebst Antwort ein bloßes Spiegelgefecht war, das man Ehren halber aufführte, und dessen einzelne Akte, wie ein Ceremoniell bei Rangstreitigkeiten, durch vorhergehende Uebereinkunft bereits bestimmt waren. Darum scheute man so sehr einen improvisirten Gang und eine Abweichung von dem Plan, wenn die Rede des Herrn Schaaff zugelassen würde, und eine wirkliche Discussion unwillkührlich oder zufällig herbeiführte. Darum kam man auch zu einem Ausgang ohne Entscheidung; beide Theile können sich nach demselben den Sieg zuschreiben, aber die Streitfrage, ob die Kammer auch ohne die Erlaubniß und gegen die Drohungen des Ministeriums die Berathung einer Motion durchsetzen könne, diese Streitfrage, welche eine Le-
bensfrage der beiderseitigen Systeme werden wird, ist nicht erledigt, sondern blos bei Seite geschoben worden: - eine Aufgabe, die dem nächsten Landtag zur Lösung Übermacht wird. München, 17. November. Die baierische Regierung hat nunmehr gegen fünfzehn criminelle Anklagen wider den Redakteur der Tribüne erhoben, worunter drei die Beschuldigung des Verbrechens beleidigter Majestät enthalten. Wir freuen uns über diese Anklagen, weil sie uns eine sehr schöne Gelegenheit geben, nicht uur die Regierung lächerlich zu machen, sondern auch ihre völlige Unfähigkeit, so wie die gänzliche Verworfenheit ihres System unwiderlegbar nachzuweisen. Auf die verschiedenen Anfragen, ob die Subscriptionen auf unser Actien-Unternehmen bereits geschlossen seyen, erwiedern wir, daß zwar täglich noch Unterzeichnungen einlaufen, gleichwohl nur gegen zwei Drittheile der Actien subscribirt sind. Die Unterzeichnungen fanden statt: Pforzheim, Freiburg, Carlsruhe, Heidelberg und Offenburg (in Baden); Gießen, Darmstadt, Friedberg, Lieh, Wohl und Burzlach (im Großherzogthum Hessen); Stuttgart und Rottweil (in Würtemberg); Coburg (Sachsen Coburg); Montpellier und Straßburg (durch dort wohnende Deutsche, in Frankreich); und am zahlreichsten im baierischen Rheinkreise. In den sieben Kreisen des Königreichs Baiern diesseits des Rheins wurde nur eine Actie subscribirt und diese von dem Freiherrn v. Closen. Nachschnfi. Gestern haben wir angezeigt, daß gegen den Redakteur des Westbotens, Herrn Dr. Siebenpfeiffer in Zweibrücken, eine Anklage erhoben worden ist. Heute meldeten wir, daß gegen den Redakteur der Tribüne fünfzehn Anklagen erhoben wurden. So eben kommt uns vom Redakteur der Hanauer Zeitung, Herrn Kittsteiner, folgende Anzeige zu: „Ich erlaube mir, zur öffendichen Kenntniß zu bringen, daß ich aufAnsuchen der herzoglich-nassauischen Regierung wegen eines meiner Zeitung beigefügten Aufsatzes dahier in Untersuchung gezogen worden bin, daß diese auch gegen den Oberamtsgerichts-Anwalt Κ. B. Harz dahier mit gerichtet ist und daß in dieser, der von mir interponirten Revision, der gesetzlich mit diesem Rechtsmittel verbundene Suspensiv-Effekt nicht beachtet werden soll." Hanau, den 8. Nov. 1831. Kittsteiner. Dieß sind die neuesten Aussichten Deutschlands. Die deutschen Regierungen wetteifern in der Unterdrückung des Geistes-Aufschwungs. Dieß muß für uns die Aufforderung seyn, in dem Kampfe für Aufklärung und constitutionelle Freiheit nur noch kräftiger und entschiedener aufzutreten. — Speyer, 10. Nov. In der vorigen Nummer der Speyerer Zeitung ist weiter nichts gestrichen worden, als was den Herrn Censor selbst anging, nämlich der erste Artikel. - Censor war wieder der königl. Regierungsrath Hr. v. Reimans. - Der Diensteifer des Censors ist übrigens wirklich bewundernswerth. Ungeachtet unseres fortwährenden Abdruckens gestichener Artikel, läßt er sich nicht irre machen, sein Amt immer wieder auf's Neue zu handhaben. (Sp. Z.)
Verantwortlicher R e d a k t e u r : J . G . A.
Wirtb.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
Freitag.
N—
Herr Perier und die heilige Allianz. Die Stuttgarter allgemeine Zeitung, welche im Gebiete der europäischen Politik täglich interessanter und wichtiger wird, gibt folgenden Correspondenzartikel aus Paris vom 11. November. „Wir haben gestern nachgewiesen, in wiefern die Perier'sche Politik die Ursache der europäischen Entwaffnung ist; wir haben dargethan, wie sehr das Ausland sich mit Perier zufrieden zeigt, und daß es daher gerne einem Krieg gegen Frankreich entsagt. Nur in einer Hinsicht ist man noch unzufrieden mit dem französischen Ministerium, wiewohl es auch in diesem einen Punkte sich zu bessern beginnt. Noch hat Frankreich eine Freiheit, die man ihm entreißen möchte — nur dann ist der Frieden gewiß — die Freiheit der Presse. Bevor Perier nicht die letzte Freiheit opfert, wird er nicht gänzlich in Gnaden aufgenommen, Früher schon gelangten diplomatische Noten an die französische Regierung, worin geklagt wurde, die französische Presse sey Schuld an allem Unheil in Frankreich und im übrigen Europa; die Preßfreiheit unterminire alle Staatsgewalten, sie allein sey an allen Erneuten und Revolutionen Schuld. Aber früher fanden solche Vorstellungen kein geneigtes Ohr. Lafitte erwiederte: „Nicht in der Preßfreiheit liegen die Keime zu Revolutionen, sondern in den Ordonnanzen gegen die Preßfreiheit." Nicht so stolz sind die Antworten Periers, denn er will den Frieden um jeden Preis, Da er die Presse nicht mit Einemmale zur Sklavin machen kann, denn die plötzlich angelegten Fesseln würde man plötzlich sprengen, so übt er sich einstweilen in kleinen Verfolgungen gegen die Presse, und hat während seiner Verwaltung schon mehr Prozesse gegen die Schriftsteller geführt, als Carl X. während seiner langen Regierung. Dieß genügt nicht, man verlangt von Perier die Censur, und es ist nun die Frage, ob er dem Frieden — — — — — — — nachgeben wird. — Wir sagen es aber dem Premierminister voraus: „am Tage, wo er, auswärtigen Inspirationen Gehör gebend, auch nur eine Quasi-Präventivmaßregel gegen die Presse ausführen will, ist es um ihn und um die Regierung geschehen." Die Repressivmaßregeln kann er, wenn die Kammern ihm helfen wollen, vielleicht noch strenger machen, und er versucht es auf jeden Fall; es bleibt
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Tagblatt.
München den 18. November 1831.
dann immer der Jury anheimgestellt, welchen Gebrauch sie von diesen Repressivgesetzen machen will, und die Presse baut auf die Gerechtigkeit der Jury. Will er aber Präventivmaßregeln einführen, - — _ _ _ _ - - - — wie man dieß von ihm verlangt, so wird keine Jury, keine Nationalgarde, keine Linie dem Befehle des Ministers Kraft verleihen gegen den offenen Aufstand der Journale. Die, welche Herrn Perier rathen, sich an der Preßfreiheit zu vergreifen, haben keine Idee von der Macht, welche die Presse Frankreichs besitzt, und mit Recht besitzt; das Beispiel des vorigen Jahrs hat sie nicht belehrt. Oder wäre es ihnen nur darum zu thun, die nothwendigen Folgen eines solchen Kampfes herbeizuführen? — Es ist aber nicht blos inconstitutionell und gefährlich, wenn die franzosische Regierung die Preßfreiheit abschaffen will; es ist sogar unpolitisch, wenn sie die Repressivmaßregeln verstärkt. Die Presse hat der neuen Regierung weit mehr genützt als geschadet. Die Presse war es, welche der Anarchie ein Ende machte, welche die neue Regierung schuf, und ihr, so lange diese Hand in Hand mit der öffentlichen Meinung ging, in Allem den Weg bahnte. In den ersten Monaten nach der Revolution gab es nur wenige Oppositionsblätter, und die wenigen wurden kaum beachtet. Je mehr die Gazette und die Quotidienne gegen die Regierung schrien, desto mehr Anhang fand sie. Je lauter ein republikanisches Blatt seine Theorien predigte, desto mehr Neigung gewann man zum Königthum; wie Pitt, hätte Ludwig Philipp ausrufen können: Gäbe es gar keine Opposition, ich möchte eine kaufen! Erst später, als die Ministerien der neuen Regierung alle Sympathien der Nation unbeachtet ließen, als der schmutzige Geist der Agiotage und der Jesuitismus ausgesprengter falscher Nachrichten die Verwaltung zu charakterisiren begannen, da sprach freilich die Presse in einem andern Ton. Allein auch dieß ist ein Dienst, den die Presse dem Throne nicht weniger als dem Volke erzeigt, denn besser ist es, die Schuldigen werden bald ans Licht gestellt und verdrängt, als daß sie dem Fürsten und dem Staate zur Last fallen. Es liegt nur im Interesse der jetzigen Minister, nicht im wohlverstandenen Interesse Ludwig Philipps und Frankreichs, daß die Repressivmaßregeln gegen die Presse verstärkt werden. - Aber, wenden auswärtige Diplomaten von Neuem ein, es liegt in unserem Vortheil, daß die Presse in Frankreich nicht frei bleibe, und um die anderen Gründe zu übergehen, schon deßwegen, weil sie Krieg gegen das Aus-
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land predigt! Dieß ist wieder eine gehässige, falsche Anschuldigung. Wer predigt Krieg? Die Carlisten; das sind ja aber grade die Freunde jener Diplomaten, und jene Diplomaten besitzen selber Aktien der Quotidienne! Dann predigen noch einige Blätter Krieg; aber Wem? tauben Ohren. Die andern, fast alle Journale wollen keinen Krieg, nur wünschen sie, daß die französische Regierung von den auswärtigen Diplomaten nicht am Gängelbande gefuhrt werde. Doch, wird der Leser erwiedern: der Correspondent der Stuttgarter allg. Zeitung hat Unrecht; die meisten französischen Journale wollen Krieg. Diese Antwort fällt mir nicht auf, und zwar aus folgendem Grunde. Es erscheinen in Deutschland eine Menge Blätter, welche ganz verfäschte Auszüge aus den französischen Journalen machen. Einzelne Sätze heraushebend und obendrein falsch übersetzend, suchen sie den Lesern dadurch zu beweisen, daß die französischen Journale Krieg um jeden Preis verlangen. Nein, Freiheit im Inlande und auswärts wollen sie, keinen Krieg, keine Sklaverei im Auslande! Letzteres nimmt man ihnen übel. Daher jene Taktik. Daher jene falsche Ansicht, die sich in Deutschland verbreitet hat. Ich frage nun, indem ich fur heute meine vorläufigen Bemerkungen über die französische Preßfreiheit beschließe: auf welcher Seite ist der Preßunfug, hier in Frankreich, wo die französischen Journale dem Ministerium anrathen, eher Krieg zu fuhren, als sich von ausländischen Diplomaten am Gängelbande fuhren zu lassen, oder aber in jenen deutschen Blättern, welche, die Wahrheit verdrehend, die Franzosen als kriegslustig gegen die Deutschen hinstellen und dadurch die Deutschen zu einem Kreuzzuge gegen die französischen Freiheiten anspornen, welcher Kreuzzug ihnen immer noch nicht unmöglich scheint? - Die westlichen Blätter zählen täglich die Heldenthaten der königlichen Truppen und Procureurs auf, welche hie und da einen Chouan gefangen nehmen. Aber je mehr Verhaftungen, desto stärker werden die Banden. Die bisherigen Maßregeln sind nicht hinreichend. Nur wenn die Regierung auf die Vorschläge der Opposition eingeht, wovon sie bisher nur einen Theil ausführte, wird es ihr gelingen, die Chouanerie auszurotten; aber das thut sie nicht, — — *) vielleicht schon deßwegen, um der Opposition nicht nachzugeben. Tage s -Chronik. England. London, 11. Nov. Die französische Regierung hat wegen der Cholera strenge Maßregeln ergriffen, so daß der englische Handel sehr leiden wird. — Unsere Flotte in den Dünen hat Befehl erhalten, nach der holländischen Küste abzusegeln. Nach Briefen aus dem Haag vom 8. d. werden alle Forts längs der Scheide befestigt, um das Ergreifen von Feindseligkeiten zu erschweren. Dieselben Briefe erzählen, daß die orangefarbe Fahne in den Prnvinzen von Luxemburg aufgepflanzt sey. Frankreich. Paris, 13. Nov. Die Bewohner des Departements der Mosel haben eine Petition eingereicht um *) Vorstehende Censurlücken sind in der Sturtg. allg. Ztg. enthalten, aus welcher dieser Aufsatz entlehnt ist.
Anmerk. a. Redakti on.
Verlegung von Neys Asche ins Pantheon. Sie wurde sowohl in der Kammer als w m Publikum mit wahrem Enthusiasmus aufgenommen. Sogar Herr Dupin d. Ael. hat mit ungewöhnlicherWärme dafür gesprochen. Nur der Ministertisch blieb kalt und ruhig, selbst Marschall Soult hatte nichts zum Ruhm seines unglücklichen Waffengefährten zu sagen. Wie kann ein Ministerium dem Schicksal Frankreichs vorstehen, das nicht einmal die Sympathie des Landes kennt? - Herr Perier ist sehr besorgt wegen der eintreffenden Trümmer der polnischen Armee. Er furchtet, die Gegenwart dieser unglücklichen Helden möchte von neuem die Sympathie des französischen Volkes erwecken. Sollte er schon von Gewissensbissen verfolgt werden? Belgien. Brüssel, 11. Nov. Wir haben gestern von dem Antrag des Königs von Holland gesprochen, in welchem er eine Frist von vier Monaten verlangt, um sich währenddeß über die 24 Artikel erklären zu können. Die Mittheilungen unserer Diplomaten in London bestätigen diese Nachricht. Es scheint, daß Herr Vandeweyer Instruktionen erhalten hat, der Conferenz vorzustellen, daß eine solche Frist mit gutem Recht nicht bewilligt werden kann. Herr Lehon, unser bevollmächtigter Minister zu Paris, versichert laut, daß Preußen die Verbindlichkeit übernommen hat, Holland zur Annahme der 24 Art. zu zwingen. (Cour.) Die verschiedenen Bewegungen, welche bei der holländischen Armee stattgefunden haben, vorzüglich die einer Division nach der Gränze von Limburg zu, ließen glauben, daß Holland Venloo besetzen wollte. Sobald das Gouvernement hievon Nachricht erhielt, expedirte der Kriegsminister mehrere Estafetten, worunter eine an General Desprez, Chef des Generalstabes, damit demgemäß die geeigneten Maßregeln ergriffen werden könnten. Es sind Ordonnanz-Offiziere detachirt worden, um die ganze Linie zu recongnosciren. (Emanz.) Gestern Abend waren die Minister-Arrangements noch nicht beendigt. Die Nachricht von der Ankunft des Herrn v. Rothschild in Brüssel war irrig. Herr v. Rothschild hat allerdings eine Anleihe mit unserer Regierung abschließen wollen; aber er hat neuerdings angezeigt, daß er sich erst nach Annahme des Friedenstraktates von Seiten Hollands damit befassen könne. In der Repräsentantenkammer vom 10. d. wurde abgestimmt, ob man die Artikel der auf unsere Unfälle im August bezüglichen Untersuchung einer neu zu ernennenden Commission überweisen solle, und dieß mit 37 Stimmen gegen 24 verworfen. Antwerpen, 11. Nov. Wir erfahren aus einer ministeriellen Quelle aus Paris, daß man dort über das Verfahren Hollands durchaus nicht beunruhigt, und daß die Conferenz fest entschlossen ist, einen definitiven Beschluß herbeizufuhren, welcher mit ihren Verfügungen übereinstimmt. Unsere Lage ist unerträglich und kann den Winter durch nicht fortdauern. Lüttich, 12. Nov. Man liest im Journal von Luxemburg vom 9. November: Nachrichten vom Haag melden zuverlässig, daß der König und Großherzog die 24 Artikel angenommen hat. Man versichert, daß die Annahme des Königs durch die dringende Rücksicht für die Erhaltung des Friedens von Europa veranlaßt worden sey. Dieser Entschluß wird auf das Großherzogthum eine schnelle Wirkung ausüben. In Gent soll am lOten eine Orangefahne an einem der Bäume auf dem Waffenplatze, nicht weit von der Wache ge-
1121 funden worden seyn. Wahrscheinlich gibt es Agenten hier, die gerne unsere Ruhe stören möchten. (Aachn. Ztg.) Böhmen. Prag, 6. Nov. Vorgestern wurde unseren Kriegskommissären von dem Hofkriegsrathe aufgegeben, ein genaues Verzeichniß aller brauchbaren Bespannungen und anderer Kriegsrequisiten einzusenden. Zugleich ward ihnen der strenge Befehl ertheilt, sich aller Correspondenz mit französischen Beamten zu enthalten. Die Offiziere schaffen sich Feld-Kriegsbedürfnisse an; für den Train und andere, während des Kriegs reduzirte, Zweige des Kriegswesens werden fortwährend Ankäufe gemacht. Auch wird viel Geld geschlagen, und selbst unsere Prager Münze ist in Thätigkeit. Wohin dies Alles zielt, ist nicht schwer zu errathen, wohl aber, wie weit es fuhren wird. — Heute haben die Behörden bekannt gemacht, daß die Cholera an der schlesischen Gränze Böhmens ausgebrochen sey; an keinem Flusse, in keiner sumpfigen Gegend, sondern im Gebirge. Man hat diese Nachricht hier im Allgemeinen mit vieler Fassung vernommen. (Schwäb. M.) Deutschland. Der Temps enthält einen CorrespondenzArtikel aus Frankfurt a. M . über die Fortschritte der antiliberalen Reaktion in Deutschland. Es ist darin unter andern auch die Wehklage über die baierischen Deputirten erhoben, welche der Censur ihre Zustimmung gegeben und durch ihren Kleinmuth die gute Sache verrathen haben. Vom Main, 1. Nov. Nach dem §. 116 der kurhessischen Verfassungs-Urkunde vom 5. Jan. 1831 sollen Urtheile über politische und Preßvergehen mit den Entscheidungsgründen öffentlich bekannt gemacht werden, so weit nicht etwa eine Begnadigung des Verurtheilten erfolgt, oder ein Privatbeleidigter dagegen Widerspruch einlegt, auch nicht ein öffentliches Äergemiß daraus entstehen würde. Diese Gesetzesstelle ist wichtiger, als man zu glauben versucht ist, denn sie sichert des Staatsbürgers Freiheit in zwei sehr wesentlichen Punkten. Doch wäre zu wünschen, daß die Stände Kurhessens beachten möchten, daß, wie es bereits im Auslande zum Sprichwort geworden ist, kein kurhessisches Gesetz wegen der „Wenn und Aber" zur Ausführung kommen kann, so auch hier im Staatsgrundgesetz; denn auch hier ist die Klausel der Willkühr der heilsamen Satzung gleich angehängt. „Wenn kein öffentliches Aergerniß daraus entstehen würde," sagt das Gesetz. Wer aber hat denn die Beurtheilung davon zu geben? Das Gesetz schweigt darüber, der Richter sagt Ich, und das Volk sagt der Regent und die Stände. Nun sollte man freilich denken, das Volk hätte Recht, doch aber ist noch nicht ein einziges Urtheil mit den Entscheidungsgründen hier öffentlich bekannt gemacht worden, obgleich schon eine Menge Menschen wegen des erstem Vergehens verurtheilt worden sind, und so kann man wieder glauben, der das Urtheil gebende Richter habe Recht, und da man nun einmal nicht weiß, wer Recht hat, so kommt natürlich, wie alle kurhessische Gesetze, auch dies Gesetz nicht zur Anwendung; doch aber wäre es sehr erwünscht, wenn dasselbe befolgt würde, und die betreffenden Richter werden gewiß keinen Anstand nehmen, Folge zu leisten, zumal da sie hierdurch Gelegenheit erhalten, das Licht der Jurisprudenz ausströmen und Laien sich daran erwärmen zu lassen. Κ. Β. H . In der Zuschrift des von allen Deutschen so hochverehrten, großherzogl. badischen Abgeordneten Welcker „an die edlen Männer in den beiden Hessen" heißt es: „Ja, sprechen
1122 wir, wie die edlen Hessen so eben es thaten u. s. w. — sprechen wir (nämlich wir andern deutschen Männer, die wir fühlen und denken wie sie) täglich einmüthiger und vernehmlicher es aus, daß das deutsche Volk wieder eine freie, geachtete Nation seyn will, und daß sie das Recht hat, es zu wollen! Wie, frage ich, können wir das einmüthiger und vernehmlicher, als wenn aller Orten alle deutsche Männer alsbald ihre Namen unter folgende Erklärung: „Unterschriebene sprechen hiermit einmüthig aus, daß das deutsche Volk wieder eine freie, geachtete Nation seyn will, und daß sie das Recht hat, dies zu wollen, — auf die Axt wie die von uns allen hochverehrten Männer, der großherzoglich badische Abgeordnete Welcker und der kurhessische Abgeordnete Jordan, es in den Landtagssitzungen beantragt haben" — schreiben, und eben so bald an einen dieser hochverehrten Männer einsenden. M. Marburg, 8. Nov. Nachstehende Adresse der Bürger und Einwohner der Stadt Marburg ist „in Betreff der constitutionellen Bundesverfassung Deutschlands" an die hohe Ständeversammlung von Kurhessen abgegangen: „Hochansehnliche Versammlung der kurhessischen Landstände! Die in unsern vaterländischen Blättern zur Publizität gebrachten landständischen Verhandlungen über das von dem sehr ehrenwerthen Deputirten Jordan im Auftrage der hohen Ständeversammlung verfaßte Gesuch, die Staatsregierung zu ersuchen, dahin zu wirken, daß die Gesandten der sämmtlichen deutschen Bundesstaaten künftig nur nach dem constitutionellen Prinzipe stimmen möchten, damit endlich die deutsche Bundesakte in Vollziehung gesetzt und die durch solche staatsrechtlich anerkannten Rechte der Deutschen im Innern wie nach Außen hin auch geschützt werden und zur gesetzlichen Ausführung gelangen können, - dies mußte die Brust jedes braven hessischen Bürgers und deutschen Vaterlandsfreundes mit dem erhebenden hohen Gefühle freudig erregen, welches nur die höchste aller bürgerlichen Tugenden, der Patriotismus, einflößen kann! „Ergriffen von solcher patriotischen Begeisterung, fühlen auch wir, die ehrerbietigst unterzeichneten kurhessischen Bürger und Einwohner der Stadt Marburg, uns zunächst zu dem innigsten Ausdrucke unserer herzlichen Dankbarkeit und Anerkennung verpflichtet, wovon wir für unsere hochansehnliche Ständeversammlung ehrfurchtsvoll uns durchdrungen fühlen, indem wir die hohe Wichtigkeit erkannt haben, welche darin liegt: „der Deutsche denkt wieder an ein Vaterland, und will, daß Gleichheit vor dem Gesetze, daß Freiheit und Ordnung im deutschen Bunde heimisch werden." „Dazu helft Alle treulich mit! Wir wollen keine Revolution. Die beste ist ein Uebel. Wir wollen Reform auf gesetzlichem Wege, wir wollen die constitutionelle Verfassung mit allen ihren Consequenzen innerhalb des deutschen Bundes „mit voller Preß- und Handelsfreiheit und einer kräftigen Wehrverfassung, gegründet auf das Institut der Volksbewaffnung zum Schutze der Rechte des ganzen constitutionellen Bundesstaates als europäischer Macht!" Dahin wirke Jeder, der entzückt zu Deutschland sagt: das ist mein liebes Vaterland. Gegen die Feinde der Verfassung steht Alle für Einen! Jeder helfe, daß sie von Allen verstanden, damit sie auch von Allen liebgewonnen werde. Uebt Mäßigung - denn
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1123 durch sie werden die schönsten Güter erworben; aber seyd unerschütterlich in Euren Forderungen! Die Feinde der Gesellschaft, welche in Verwirrung und Zwist zu ernten suchen, treffe die allgemeine Verachtung. „Dies wollen wir uns Kurhessen und allen deutschen Brüdern zurufen. Es giebt der Feinde auch in Deutschland. Der gefährlichste Feind ist der Absolutismus des Nordens. Das deutsche Volk bedarf der fremden Vormünder so wenig, als der einheimischen, und wenn es auch die Fortschritte der liberalen volksthümlichen Reformen seiner westlichen Nachbarn weise benutzen soll, so muß es doch nie so schwach seyn, die Hülfe einer fremden Nation anzurufen. Laßt uns unsere Freiheit selbst erringen, uns frei und kräftig die eigene Bahn gehen und treu uns einander halten! - Freiheit, Kraft und Treue - dies sind die Worte, die in deutscher Brust ein Echo finden! „Freunde, Deutsche! über die Asche der Gebeine jener heldenmüthig gefallenen Polen, unserer Brüder, die noch einst glorreicher wieder auferstehen werden, reicht euch die Hände, und im verschlungenen Bunde aller redlichen deutschen Patrioten - gelobet Ihr deutschen Völkerstämme mit Euren constitutionellen Fürsten und Landständen, Euch mit Gut und Leben für die Unabhängigkeit unseres deutschen Vaterlandes und Eurer Rechte gemeinschaftlich zu einigen und den Eingang zum öffentlichen Leben, zu einer politischen Wiedergeburt Deutschlands, von keiner Allianz und ihrem Gefolge verhindern zu lassen! Die Stände, die freie Presse und die öffentliche Meinung könnten den Kampf mit ihnen aufnehmen, und er ist nicht schwer, nicht blutig, wenn dieser Kampf, Gemeinsinn und Vaterlandsliebe die enge Brust erweitern und die kleinlichen Interessen verdrängen. In welchem Kreise könnten wir Deutsche uns bewegen, und wie wohler müßte es selbst unsern Fürsten seyn, wenn sie lieber ein freies Volk regieren, als unter der steten Bewachung stehen wollten? „Darum laßt Euch, ihr aufgeklärten deutschen Männer! die Ihr für die öffentlichen Interessen fechtet, durch ungerechte Vorwürfe von Leidenschaft und Revolutionssucht nicht erschüttern; kämpft vielmehr mit Muth und Begeisterung für Deutschlands Freiheit und Wiedergeburt. „Und alle Landstände der deutschen Bundesstaaten, folget dem gegebenen muthigen Beispiele unserer kurhessischen Volksvertreter, auf die das Vaterland stolz ist und ganz Deutschland mit Achtung hinblickt. „Nachdem Welcker, der deutsche Mann, als Abgeordneter in der badischen Ständeversammlung, mit seiner Motion für eine vollkommenere Bundesverfassung nach constitutionellen Prinzipien und zum Schutz der staatsbürgerlichen Rechte der Deutschen, als Vorkämpfer auftrat, folgte ihm in der kurhessischen Ständeversammlung ein gleichgesinnter deutscher Mann, Jordan, mit einem ähnlichen Gesuche an die Staatsregierung, und hatte die Freude, keine Widersacher zu finden, wie dies bei dem Welcker'schen Vortrag in jener Versammlung der badischen zweiten Kammer der Fall war. Der reine Eifer, mit welchem unsere kurhessischen Landstände gegenwärtig das Recht der constitutionellen Staaten, durch ihre Vertreter bei der Bundesversammlung nur nach dem constitutionellen Prinzipe zu stimmen und auf diesen Grund die staatsbürgerlichen Rechte der Deutschen zurückgefordert haben,
wird überall im deutschen Vaterlande Anerkennung finden, aber wohl nirgends mehr, als in unserm Heimathslande, in Kurhessen, wo wir durch das Organ unseres constitutionellen Lebens, den Verfassungsfreund, schon mit diesen Wünschen, die auch die unsrigen sind, vertraut waren, und nun, da wir sahen, wie einstimmig auch unsere verehrten Volksvertreter uns damit entgegenkommen, dafür uns begeistert fühlen. „Genehmigen Sie, hochachtbare Landstände, daher die Versicherung unserer reinsten innigsten Verehrung, die wir in der dankbarsten Anerkennung Ihres patriotischen Strebens Ihnen hiedurch ehrerbietigst ausdrücken, und möge der Allmächtige Ihr und der Staatsregierung gemeinschaftlich edles Wirken fur die höchsten Interessen unseres Heimathlandes sowohl, wie unseres Gesammtvaterlandes, segnen. Vereinigen wir uns zu dem erhebenden Ausrufe: „Kurhessen fiir Gott und Freiheit zu Deutschlands Einheit!" Marburg, am 31. Okt. 1831. (Folgen die Unterschriften der vier Bürger, welche die Adresse veranlaßt haben, sodann die Unterschriften des damit einverstandenen Magistrats, so wie der Vorsteher der Deputirten der Kaufmannschaft und sämmdicher Zünfte der Stadt Marburg.) (Hanauer Z.) Karlsruhe, 8. Nov. Die Berichterstattung über das Preßgesetz wird in diesen Tagen erwartet. Der Entwurf der Regierung wird, sicherm Vernehmen nach, angenommen werden, jedoch nur mit beträchtlichen Modifikationen. Auf Geschwornengerichten wird der betreffende Ausschuß jedenfalls bestehen; ohne sie würde für die badische Presse kein Heil zu erwarten seyn. Nach § . 1 7 des Entwurfs wird die Umgehung der Censur nur dann bestraft, wenn die abgedruckte Stelle zu Reklamation auswärtiger Regierungen Veranlassung gibt. Die Unabhängigkeit der Gerichte kann hier aber gewiß nicht die Garantie gewähren, wie ein GeschwornenGericht. Der bei der Wahlkammer eingekommenen Preßfreiheits-Petitionen sind mehrere Dutzende; einige sind in sehr energischer Sprache abgefaßt. Wessenberg hat Urlaub genommen, um, wie es scheint, nicht wieder zurückzukehren. Er soll merkwürdige Aeußerungen über seine Stellung in der ersten Kammer gethan haben. (Frankf. J.) A n z e i g e . Wir müssen rücksichtlich der Original-Aufsätze der Redaktion die gütige Nachsicht unserer Leser leider noch eine kurze Weile in Anspruch nehmen, weil der Redakteur, seitdem er wieder in Freiheit gesetzt ist, an seiner Gesundheit leidet und der Arzt die geistigen Anstrengungen ihm auf kurze Zeit untersagt hat.
Druckfehler.
In dem gestrigen Blatte wurde unter den eingelaufenen Actien zu unserem Unternehmen fälschlich angezeigt: Wohl und Burzlach, statt: Vöhl und Butzbach im Großherzogthum Hessen. München, 17. Nov. 1831. Die Redaktion der deutschen Tribüne. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Auszüge aus B ö r n e s Briefen aus Paris 1 8 3 0 - 1831. 1. Alte deutsche Bekannte suchte ich gleich gestern auf. Ich dachte durch sie mehr zu erfahren, als was ich schon gedruckt gelesen, aber nicht Einer von ihnen war auf dem Kampfplatze, nicht Einer hat mitgefochten. Es sind eben Landsleute! Engländer, Niederländer, Spanier, Portugiesen, Italiäner, Polen, Griechen, Amerikaner, ja Neger haben für die Freiheit der Franzosen, die ja die Freiheit aller Völker ist, gekämpft, und nur die Deutschen nicht. Und es sind deren viele Tausende in Paris, theils mit tüchtigen Fäusten, theils mit tüchtigen Köpfen. Ich verzeihe es den Handwerksburschen, denn diese haben es nicht schlimm in unserm Vaterlande. In ihrer Jugend dürfen sie auf der Landstraße betteln, und im Alter machen die Zunfttirannen. Sie haben nichts zu gewinnen bei Freiheit und Gleichheit. Aber die Gelehrten! Diese armen Teufel, die in Schaaren nach Paris wandern, und von dort mit dem Morgenblatte, mit dem Abendblatte, mit dem Gesellschafter, mit der allgemeinen Zeitung correspondiren, die das ganze Jahr von dem reichen Stoffe leben, den ihnen nur ein freies Volk verschaffen kann, die im dürren Vaterlande verhungern würden—diese wenigstens, und wäre es auch nur aus Dankbarkeit gegen ihre Ernährer, hätten doch am Kampfe Theil nehmen sollen. Aber hinter einem dicken Fensterpfosten, im Schlafrocke, die Feder in der Hand, das Schlachtfeld begucken, die Verwundeten, die Gefallenen zählen und gleich zu Papier bringen; zu bewundern statt zu bluten, und die Leiden eines Volks sich von einem Buchhändler bogenweise bezahlen zu lassen — nein, das ist zu schmachvoll, zu schmachvoll! 2.
Gestern am achtzehnten Oktober, am Jahrestage der Leipziger Schlacht und der Befreiung Deutschlands, fing es mich zu frieren an, und da ließ ich zum ersten Male Feuer machen.
Tagblatt.
München den 19. November 1831.
scheintodt im Grabe gelegen. Aber die Freiheit lebt auch im Grabe fort und wächst, bis sie den Sarg sprengt. Das sollten sich die Todtengräber merken.
4. Ich komme so eben aus dem Lesekabinet. Aber nein, nein, der Kopf ist mir ganz verwirrt von allen den Sachen, die ich aus Deutschland gelesen! Unruhen in Hamburg; in Braunschweig das Schloß angezündet und den Fürsten verjagt; Empörung in Dresden! Seyen Sie barmherzig, berichten Sie mir Alles auf das Genaueste. Und wenn sie nichts Besonderes erfahren, schreiben Sie mir wenigstens die deutschen Zeitungen ab, die ich hier noch nicht habe auffinden können. Den französischen Blättern kann ich in solchen Dingen nicht trauen; nicht der zehnte Theil von dem, was sie erzählen, mag wahr seyn. Was aber deutsche Blätter über innere Angelegenheiten mittheilen dürfen, das ist immer nur der zehnte Theil der Wahrheit. Hätte ich mich also doch geirrt, wie mir schon manche vorgeworfen? Wäre Deutschland reifer, als ich gedacht? Hätte ich dem Volke Unrecht gethan? Hätten sie unter Schlafmützen und Schlafrock heimlich Helm und Harnisch getragen? Ο wie gern, wie gern! Scheltet mich wie einen Schulbuben, gebet mir die Ruthe, stellt mich hinter den Ofen - gern will ich die schlimmste Züchtigung ertragen, wenn ich nur Unrecht gehabt. Wenn sie sich nur erst die Augen gerieben, wenn sie nur erst recht zur Besinnung gekommen, werden sie sich erstaunt betasten, werden im Zimmer umher blicken, das Fenster öffnen und nach dem Himmel sehen, und fragen: welcher Wochentag, welcher Monatstag ist denn heute, wie lange haben wir geschlafen? Unglückselige! nur der Muthige wacht. Wie hat man es nur so lange ertragen? Es ist eine Frage, die mir den Schwindel gibt. Einer erträgt es, noch Einer, noch Einer — aber wie ertragen es Millionen? Der Spott zu seyn aller erwachsenen Völker! wie der kleine dumme Hans, der noch kein Jahr Hosen trägt, zu zittern vor dem Stöckchen jedes alten, schwachen, gräulichen Schulmeisters! .... Aber Wehe ihnen, daß wir erröthen! Das Erröthen der Völker ist nicht wie Rosenschein eines verschämten Mädchens; es ist Nordlicht voll Zorn und Gefahren.
3. Eben zog die Nationalgarde vorüber. Ich erstaunte über ihr gesundes und frisches Aussehen, da sie doch einige Jahre
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1127 Tages-Chronik. England. London, 12. Nov. Obgleich im Augenblicke alles ruhig ist, so kann man diese Ruhe doch nur als eine provisorische betrachten, und es bedürfte nur des geringsten Anlasses, um den Bürgerkrieg zu entflammen. Hätte die von Herrn Wakepeld angeordnete Versammlung von Gewerbtreibenden in unserer Hauptstadt wirklich Statt gefunden, so wäre er vielleicht schon ausgebrochen; so aber verbot Herr Wakepeld die Zusammenkunft auf's Ausdrücklichste, die Arbeiter gehorchten ihm, und es blieb ruhig. — Unsere Besorgnisse werden aber jetzt durch die Cholera vermehrt. In Sunderland sind bereits viele Opfer gefallen, welche die Aerzte dem Publikum zu verheimlichen suchen. Wenn diese Krankheit unsere Hauptstadt erreicht, wie nicht daran zu zweifeln ist, so wird sie fürchterliche Verheerungen anrichten. — Unsere Course sind gewichen, theils wegen der Besorgniß erregenden Gerüchte, welche aus Holland einlaufen, theils wegen der Furcht, welche das bevorstehende Auslaufen unserer Flotte veranlaßt, und endlich wegen dem Umsichgreifen der Cholera. - Das Embargo, welches auf Don Pedro's Schiffe gelegt wurde, ist nur der Indiscretion seiner Agenten zuzuschreiben, welche durch öffentliche Blättnr die englischen Soldaten hatten auffordern lassen, sich unter Don Pedros Fahnen zu stellen, während ein englisches Gesetz ausdrücklich die Werbungen gegen befreundete Mächte verbietet. Es mußte also das englische Ministerium den Reclamationen des portugiesischen Gesandten und spanischen Ministers Gehör geben, welche sich auf jenes Gesetz stützten. Indessen dürfte dieser Vorfall Don Pedro keinen wirklichen Nachtheil bringen, da ohne Zweifel das Embargo binnen Kurzem wieder aufgehoben wird. — Sir John Lillie wird das Commando über die Expedition erhalten. Frankreich. Paris, 14. Nov. Es muß wohl sonderbar lauten, einen politischen Artikel mit einer Abhandlung über Rauchtabak zu eröffnen, allein seit die Cholerafurcht in uns ist, und berühmte Aerzte den Tabak als Präservativmittel erkennen, kann Paris nicht genug dieses Krautes auftreiben. — Unsere Elegants gehen nicht anders über die Straße, als mit der Cigarre im Munde uud der Tabaksdose in der Tasche. Viele Aerzte blasen ihren Kranken Wolken von Rauch zu, um die schlechte Luft zu vertreiben. Damit die Hauptstadt vor der Pest gesichert werde, müssen wir in Gestank untergehen. Etwas Gutes hat aber doch diese Cholerafurcht. Sie gibt uns Veranlassung, unter dem Namen eines Sanitätscordons eine bedeutende Armee an unsern nördlichen Gränzen aufzustellen, um die Bewegungen des Königs von Holland zu beobachten. Sein Entschluß, den provisorischen status quo beizubehalten, fängt an, bei unserem Ministerium die Besorgniß zu erwecken, es möchte in seinen diplomatischen Unterhandlungen zum Besten gehalten worden seyn. — Die Verlegenheit des Herrn Perier wegen der eingeleiteten allgemeinen Entwaffnung dauert fort. Die Kabinete von Berlin, Wien und St. Petersburg verlangen dringend, daß dieselbe vor sich gehe, und zwar nicht, wie Herr Perier vorschlägt, durch Entwaffnung von einem Sechstheil der französischen Armee, sondern durch Reducirung derselben auf den vollkommenen Friedensfuß. Ferner dringen sie darauf, daß Frankreich in Aus-
fuhrung dieser gemeinschaftlichen Maßregel den Anfang mache. Auf der andern Seite müssen Herrn Perier die oben angeführten Besorgnisse wegen Holland davon abhalten, und mehr noch die Furcht, daß Entwaffnung in einem solchen Augenblick einen allgemeinen Aufstand in Frankreich herbeiführen müßte, indem sich die Nation verrathen und verkauft glauben würde. - Wirwollensehen, wie sich der weise Staatsmann aus dieser Verlegenheit zieht. Pans, den 14. November. Consol. 5 Proz. 94,55; 3 Proz. 67,25; Falconnet 78,60; ewige Rente 54 Holland. Aus dem Haag, 11. Nov. Die „Nieuve Amsterdamsche Courant" enthält in einem ihrer letzten Blätter einen „die englische Flotte" überschriebenen ausfuhrlichen Artikel, worin sie darzuthun sucht, daß es höchst unwahrscheinlich sey, daß man Holland mit Gewalt zur Annahme eines Friedens-Traktats zwingen werde, und worin sie die Hoffnung ausspricht, daß das holländische Gouvernement, einmal von den verderblichen Folgen der 24 Friedensartikel überzeugt, sich nicht durch Drohungen werde einschüchtern lassen, denen man keine Folge geben werde. Genanntes Blatt stellt hiebei den Satz auf, die fünf Mächte hätten blos zur Aufrechthaltung des allgemeinen Friedens, den ihr eigenes Interesse dringend erheische, keineswegs aber aus Sorge fur Hollands Wohlergehen, die 24 Artikel vorgeschlagen oder vielmehr geboten. „Sollten diese Mächte nun," heißt es weiter, „im Weigerungsfalle von Seite unseres Königs zur Erreichung ihres Zwecks uns den Krieg erkären? d. n. mit andern Worten: sollten sie Krieg anfangen, um den Frieden zu erhalten? Dieß ist mehr als unwahrscheinlich. Die Mächte würden dann gleich Jemand handeln, der Gift einnähme, um gesund zu bleiben." Von den Belgiern habe man nicht zu befürchten, daß sie die Waffen ergriffen, um Holland zur Annahme des Friedensvertrages zu zwingen; denn sie selbst hätten sich ja, als sie ihren Beitritt dazu gaben, ungefähr gebärdet, wie ein Reisender, der einem Straßenräuber, der mit gespannter Pistole vor ihm steht, freiwillig seine Börse überliefert u. s. w. Harlem, 11. Nov. Dem Vernehmen nach werden die festen Punkte auf der Küste von Holland in Vertheidigungsstand gesetzt. Als die englische Flotte in der Scheide erschien, ließ der König, der Quotidienne zufolge, den Admiral fragen, was er wolle? „„Wenn Ihre Expedition zum Zweck hat, mir zur Wiedererlangung meiner aufrührerischen Provinzen zu helfen, so seyen Sie mir willkommen! Kommen sie aber in einer andern Absicht, so machen Sie zuvörderst, daß Holland die im Jahre 1815 weggenommenen Colonien wieder erhalte, und dann könnt Ihr Euer Belgien behalten. Sonst werden die Waffen mit der Hülfe Gottes entscheiden."" (Frft. Jour.) Belgien. Brüssel, 12. Nov. Unser Ministerium ist noch nicht definitiv organisirt. Man will jedoch mit Bestimmtheit wissen, daß Herr Tallop das Portefeuille des Innern erhalten und Herr Goblet den Herrn Menlenaere remplaciren wird. Nach Aussage des Herrn Adair sollen dem König von Holland die verlangten vier Monate Frist zur Ertheilung einer kathegorischen Antwort wegen der 24 Artikel eingeräumt worden seyn, General Belliard versichert dagegen, daß die zwischen Belgien und Holland noch bestehenden Differenzen ehestens beigelegt werden würden. Unsere Briefe aus Haag stimmen damit keineswegs überein.
1129 Karlsruhe, 13. November. In der letzten Sitzung der zweiten Kammer vom 11. d. M. erstattete der Abgeordnete Merk Bericht über den Entwurf einer neuen Civilprozeßordnung, welcher von der Gesetzgebungskommission bearbeitet und von der Regierung als Gesetzesvorschlag der Kammer vorgelegt worden war. Der Antrag geht dahin: die vorgelegte Prozeßordnung ohne artikulirte Prüfung, und ohne weitere Aenderung—jedoch mit dem Vorbehalte einer Hauptrevision derselben auf dem nächsten Landtag, und der Suspendirung des Instituts der Kollegialgerichte in erster Instanz bis zur neuen Gerichtsverfassung - unbedenklich anzunehmen, und an Se. k. Höh. den Großherzog in einer Adresse um deren Einführung bis 1. Mai 1832 zu bitten. Von diesem Berichte einen eigentlichen Auszug zu geben, ist nicht thunlich. Nur im Allgemeinen so viel: Es wird zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß bei dem nahen Ende des Landtags es eine Sache der reinen Unmöglichkeit sey, ein so umfassendes Gesetz, welches das Prozeßrecht ganz neu gestaltet, und sowohl die das Verfahren leitenden Prinzipien, als die Lehren selbst begreift, noch von Artikel zu Artikel speziell zu prüfen; daß man sich daher, wenn noch Etwas zu Stande kommen soll, damit begnügen müsse, die Frage der Räthlichkeit der Einführung der neuen Prozeßordnung, nach einem vergleichenden Ueberblick von deren Grundzügen, überhaupt zu stellen und zu erörtern. Die Antwort ist ein nachdrückliches Ja, wobei zugleich dargethan wird, wie in dem Antrag, die Kammer möchte beistimmen, keine Uebergehung derselben liege, weil die Hauptgrundlagen, nämlich Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens, die Durchführung der Verhandlungs- und Eventualmaximen etc. auf erstatteten umständlichen Bericht von ihr genau geprüft und völlig angenommen, zwei Haupttheile, die Gant- und Exekutionsordnung aber ganz speziell von der Kommission erörtert worden seyen. Der Berichterstatter geht sodann auf die Nothwendigkeit einer Reform des Gerichtsverfahrens über, da eine eigendiche Untergerichtsordnung mangle, und sich fast jedes Amt aus den früheren verschiedenen Prvzeßvorschriften, mit Beimiischung neuer Doktrinen, eine besondere Gerichtspraxis, die viel Uebelstand mit sich führe, gebildet habe, die viel Gutes enthaltende Obergerichtsordnung aber mit dem neuen Landrecht nicht in Uebereinstimmung stehe, und überhaupt der lebendigeren und rascheren Bewegung nicht entspreche, welche die constitutionellen Institutionen in alle bürgerlichen Verhältnisse gebracht hätten. Sofort wird in allgemeinen Umrissen eine vergleichende Darstellung der neuen Prozeßordnung und ihrer Vorzüge gegeben, und davon im Allgemeinen gerühmt, daß sie sich durch Vollständigkeit, durch philosophische Kombination der Verbesserungen, welche die fortschreitende Wissenschaft in den Lehren des Prozesses geschaffen, durch zweckmäßige Anordnung des Ganzen und Eintheilung der Materien, durch logische Schärfe und Klarheit der Sätze, und endlich durch die Würde und Bündigkeit des Ausdrucks höchst vortheilhafi: auszeichne. Wenn auch, wird erinnert, der Grundsatz der Mündlichkeit nicht so ganz durchgeführt sey, als das Wesen des mündlichen Verfahrens vielleicht erfordere, so werde sich Dieß, so wie die eine oder die andere Verbesserung bei einer an der Hand der Erfahrung zu pflegenden Revision des Gesetzes ohne Schwierigkeit nachholen lassen, da man die Gewißheit haben könne, daß kein Verbesserungsvorschlag das System selbst, oder eine der Haupdehren betreffen werde. Als
1130 ein vorzüglicher Beweggrund wird empfohlen, daß man in den Besitz des mündlichen und öffendichen Verfahrens durch das Gesetz gelange, man aber die Erhaltung des Besitzes solcher Garantien der Verfassung keinen Augenblick aussetzen solle, eingedenk der Lehre, daß die Zeit eben so flüchtig als veränderlich sey. — Die Fassung des Berichts ist nicht streng und abstrakt juridisch gehalten, sondern von mehr politischpopulärem, allgemein verständlichem Standpunkte aus genommen, was bei einer Versammlung von sehr verschiedenartiger Zusammensetzung wie die einer landständischen Kammer immer sachdienlicher als die ganz gelehrte Fachform seyn wird. Allem nach dürfte also Baden der erste constitutionelle Staat diesseits des Rheins seyn, wo die Oeffendichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens in Civilsachen durch alle Instanzen stattfindet, und die Kammern sich durch die Annahme des Entwurfs ein weiteres Denkmal ihres großartigen Wirkens setzen. München, 18. Nov. Wider den Redakteur der Tribüne ist wegen Abdruckens gestrichener Stellen abermals ein dreitägiger Einsperrung breve manu verhängt worden. Ο glückliches Deutschland! Vor dreizehn Jahren warst du wounetrunken über deine Siege gegen die Feinde deiner Freiheit; gegenwärtig solltest du aber frohlocken über die Früchte dieser Siege, denn sie sind schon so weit gediehen, daß einem deiner Völkerstämme, den constitutionellen Baiern diesseits des Rheines — gegen Strafresolute keine Berufung gestattet ist, daß eine Polizeibehörde den Staatsbürgern ohne Strafgesetz die Freiheit auf Tage, Wochen, Monate und selbst Jahre entziehen kann *), alles auf den Grund von Verfügungen der ersten Instanz, gegen die man keine Berufung zuläßt. Ο du schönes Muster einer constitutionellen Charte, ο du preiswürdiges Ministerium, ο du erhabene, muthvolle Volksrepräsentation, vor deren Augen diese ächt constitutionelle Verfahrungsweise täglich vorgenommen wird!!! — Der Westbote enthält folgendes Schreiben aus Kaiserslautem vom 11. Nov. „Wackerer Westbote! Gruß zuvor und traulichen Handschlag! Die Freunde der gesetzlichen Freiheit haben Deinen Aufruf wegen des braven Wirths Presse mit Freude vernommen und sind stolz, zu dem wahrhaft großen Zwecke ihr Scherflein beizutragen. Wir und so viele andere würden sogleich Deinem edlen vorleuchtenden Beispiele gefolgt seyn, wenn nicht die Nachricht von der Niederlassung des edelmüthigen Verfechters der Freiheit zu Straßburg und die später angekündigte uns unbegreifliche Rückkehr zu seinem guten Freunde, Grafen von Seinsheim, nach München uns irre gemacht hätte. U m jedoch auf jeden Fall mit unsern Gaben nicht zu spät zu kommen, bitten wir Dich, solche in 6 Aktien bestehend, in Deinen Ranzen aufznuehmen. - Den Botenlohn bleibt Dir das dankbare Vaterland schuldig. Stolpere nicht auf Deiner Wanderung, halte Dich frisch und gesund und lebe wohl. *) Dieß würde, wenn der Preßgesetz-Entwurf durchfiele, der Fall seyn, sobald ein beharrlicher Censor, ein beharrlicher Redakteur und eine beharrliche Polizeidirektion beisammenblieben.
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Büchern,
Zwischen Neujahr und Ostern 1832 erscheinen bei dem Verleger des „Konstitutionellen Deutschlands" in Straßburg folgende Schriften:
landes aber zum Trost und zur Aufmunterung, jedem braven Bürger und Bauer zur Belehrung und Unterhaltung dienen. Passende Beiträge sind willkommen und werden auf Verlangen honorirt; auch Wünsche uud Rathschläge in Betreff des Aufzunehmenden werden möglichst berücksichtigt werden.
Wahrheit ohne Censur, herausgegeben in Verbindung mit mehreren Freunden von der
Redaktion des konstitutionellen Deutschlands. 18—20 Bogen in gr. 8. Preis auf ordinärem Druckpapier 1 fl. 21 kr.; auf Velinpapier 2 fl. 42 kr. Dieses Buch wird e n t h a l t e n : 1) Eine gedrängte faßliche Uebersicht der merkwürdigsten politischen Ereignisse in Deutschland, seit dem Juli 1830 bis Ende 1831, theils geschildert von Augenzeugen, theils aus den zuverlässigsten Quellen geschöpft. 2) Eine Sammlung der besten und allgemein interessanten Aufsätze, Gedichte und Einfalle, die das „Konstitutionelle Deutschland" bisher gab. 3) A n h a n g .
Badens Ehrenpreis oder die zweite badische Kammer von 1831, als Muster ächt deutscher Volksvertretung,
Badens Ruhm und Deutschlands Stolz. Herausgegeben von a u f r i c h t i g e n V o l k s f r e u n d e n . 18—20 Bogen in gr. 8. Preis auf ordinärem Papier 3 Fr. oder 1 fl. 21 kr.; auf Velinpapier 6 Fr. oder 2 fl. 42 kr. Dieses Buch wird e n t h a l t e n : 1) Einen badischen Verfassungs-Katechismus, zur Belehrung des constitutionellen Bürgers über seine Rechte und Pflichten. 2) Eine kurze Geschichte des constitutionellen Lebens in Baden, seiner Leiden uud Freuden. 3) Eine gedrängte faßliche Uebersicht des segenreichen Wirkens der zweiten badischen Kammer von 1831. 4) Charakteristiken und Biographiren ihrer Mitglieder. 5) A n h a n g . Jedem constitutionellen Bürger werden diese Schriften ohne weitere Empfehlung willkommen seyn. „Rede wahr, scheue Niemand" ist ihr Motto. Sie sollen allen Schlechten und Ungerechten, allen Servilen und Aristokraten zum ewigen Aergerniß, allen Freunden des Volks und des Vater-
Zu wünschen ist aber, daß an jedem Orte einige Volksfreunde die Mühe des Sammlens der Pränumerationen übernehmen, damit die Versendung und Abrechnung erleichtert werde. Wer den Betrag für 10 Exemplare der einen oder andern Schrift portofrei einsendet, an die Adresse von W. Cornelius in Straßburg, Mühlenbach Nr. 20, erhält zwei Freiexemplare. Buchhandlungen erhalten auf 20 acht, auf 100 fiinßzig Freiexemplare. Kein Leser des „Konstitutionellen Deutschlands" wird die eine, kein konstitutioneller deutscher Bürger die andere Schrift entbehren wollen. Es werden von jeder nur 300 Exemplare mehr gedruckt, als bis zum 1. Januar 1832 Pränumerationen und Bestellungen eingehen. Die Besteller werden nicht vorgedruckt, doch bitten wir um deutliche Adressen. Wir wollten erst den Ertrag dieser Schriften dem patriotischen Unternehmen des edlen Wirth widmen, da aber zu unserer großen Freude dasselbe hinlänglich durch Aktien gedeckt ist, so glauben wir den muthmaßlichen Ueberschuß nicht besser anwenden zu können, als wenn wir ihn zur Verbreitung guter volksthümlicher Schriften bestimmen. Wir werden also damit den Anfang machen, von dem „badischen Verfassungs-Ketechismus" mehrere tausend Exemplare besonders zu drucken und dieselben gratis zu vertheilen, und werden dann, so weit der Ertrag reicht, einen baierischen, hessischen, würtembergischen, nassauischen etc. etc. nachfolgen lassen. Auch zur Verbreitung einer Anzahl Freiexemplare liberaler Zeitungen durch Austausch soll eine bestimmte Summe verwendet werden. Jeder Freund des Volks und der Wahrheit, jeder ächte Sohn des deutschen Vaterlandes wolle dieses Unternehmen nach Kräften unterstützen, durch Rath und That; es ist wichtiger, segensreicher in seinen Folgen, als es beim ersten Anblicke scheinen mag. Lasset uns die Zeit der Saat nicht versäumen, wenn wir einst ärndten wollen. Offenes Streben nach Wahrheit und Licht, Freiheit und Ordnung, ist das einzige Mittel, Aufruhr und namenloses Elend zu verhindern. Einigkeit, Kraft, Muth und Ausdauer verhelfen allein zu unserem guten Recht, heilen allein den Krebsschaden unsers Vaterlandes. Die Redaktion d. Konstitutionellen Deutschlands. Anmerk. d. Redaktion. Die mit Strichen bezeichneten Stellen sind von der Censur unterdrückt worden, welche nun auch Anzeigen in ihr Bereich zieht. Um Deutschland ein Aktenstück darüber zu geben, haben wir diese Stellen nicht abdrucken lassen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Anzeige. Um die Befreiung unseres Redakteurs aus seiner Haft herbeizuführen und seine Abreise nach dem Rheinkreise möglich zu machen, bleibt uns bei der immer strenger werdenden Censur kein anderer Ausweg übrig, als einige Tage hindurch unser Blatt auf blose „Tages-Chronik" zu beschränken. Wir versprechen dafür baldigen und reichlichen Ersatz.
Die Redaction der deutschen Tribüne.
England. Ein Privatschreiben aus London Anfangs Novembers sagt: Wir sind hier nicht ganz ohne Besorgnisse wegen eines Krieges mit Rußland, und zwar dürfte die Veranlassung aus einer Gegend herkommen, wo die so ganz in europäische Angelegenheiten versunkenen Politiker sie kaum jetzt suchen werden - aus Persien und Indien. Bekanntlich ist zwischen dem persischen Kronprinzen und unserm Residenten seit einiger Zeit eine merkliche Erkältung eingetreten; gleichzeitig hiemit ist ein Hinneigen des Prinzen zu Rußland und umgekehrt unverkennbar. Dazu sieht John Bull gewaltig scheel, und nicht ganz ohne Grund. Aber noch mehr! Auch in Indien intriguiren unsere Rivalen mit dem unzufriedenen Rajah Rundschit Singh, so daß wir schon dadurch in die Kosten eines den Indus hinauf zu schickenden Beobachtungskorps gesetzt werden. Diese Vorfälle im Osten dürften auf den Gang der Dinge im Westen einen bedeutenden Einfluß ausüben. (Schwab. Merkur.) Frankreich. Paris, 15. November. Gestern Abend wurde mehreren der neulich dekorirten Nationalgardisten ein Pereat gebracht. Demohngeachtet soll die Regierung eine weitere Vertheilung von Kreuzen an diese Stützen des Staats beabsichtigen. — Man spricht von einer durch die Bevollmächtigten der fünf Mächte unterzeichneten Deklaration, wodurch der König von Holland aufgefordert wird, innerhalb einer bestimmten Frist über die Annahme der 24 Artikel sich zu erklären, widrigenfalls die fünf Mächte feindlich gegen ihn einschreiten würden. — Das politisch-religiöse Journal „l'Avenir", von Gewissensbissen ergriffen über sein bisheriges Erscheinen ohne Autorisation des Pabstes, zeigt an, daß es so lange aussetzen würde, bis jene nun nachgesuchte Autorisation von Seiten des kirchlichen Oberhauptes erfolgt sey. - Herr Dupin scheint bei dem Ministerium in Ungnade gefallen zu seyn, weil er die Verlegung der Asche Neys ins Pantheon vertheidigte. — In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer war an der Tagesordnung: Die Verhandlung über das Avancement bei der Armee und die Proposition des Herrn Brigueville wegen Verbannung der älteren bourbonischen Linie. Herr Pages machte aufmerksam, wie wenig die Verbannung der Bourbons durch den Convent und jene der napoleonischen Dynastie durch die Bourbons beider Rückkehr hätte verhindern können. Wenn politisch Todte wieder auferstehen sollten, so müßte das Volk selbst ihre Bahre öffnen. Von Holyrood brauche Frankreich nicht durch ein Gesetz getrennt zu werden. Zwischen Carl X. und der Nation lägen die JuliOrdonnanzen. Eine Regierung habe nur in sich selbst
den gefährlichsten Feind zu befurchten. Als Kind der Freiheit möge sie vor ihrer Mutter Achtung haben, und sie würde keine Proskriptionsgesetze bedürfen. Herr Salverte deducirt aus dem Interesse, welches immer die abentheuerliche Wiedereroberung einer Krone erwecke, wie nothwendig es sey, einem solchen Versuch durch ewige Verbannung der vertriebenen Linie unter Sanktionirung von Penalgesetzen zuvorzukommen. Welche Mittel hätten wir sonst, die heimlichen Reisen zu verhindern, welche zur Organisation der Carlisten in die mittäglichen Provinzen unternommen werden? — Was den Sohn des großen Mannes betrifft, so ruft er nur das oben angeführte eine Wort ins Gedächtniß der Versammlung zurück: „Napoleon, Sohn der Freiheit, hat seine Mutter ermordet." Dieses Wort wird weiter noch reichen, als Napoleons fast unglaubliche Siege. Herr Portalis weißt uach, daß ein Gesetz ohne Strafanwendung nach dem von dem Minister vorgelegten Entwurf seinen Zweck ganz verfehle. Wenn in Folge dessen die Bourbons einen neuen Versuch machten, sich der Herrschaft über Frankreich zu bemächtigen, so würden sie nur die Alternative haben, entweder den Thron zu erringen, oder einen neuen Rückzug von Paris nach Cherbourg zu unternehmen. Das beste Mittel, sich gegen alle Angriffe zu schützen, seyen die Associationen (Gemurmel im Centrum). Schließlich macht der Redner dem Ministerium Vorwürfe, die dem General Lafayette gemachten Versprechungen nicht erfüllt zu haben, welche der Ausdruck des allgemeinen Nationalgefuhls gewesen seyen (wiederholtes Gemurmel im Centrum). Noch spricht Herr Auguis gegen den Entwurf, die Debatten waren aber bei Abgang der Post noch nicht geschlossen. Paris, den 15. November. Consol. 5 Proz. 94,75; 3 Proz. 68; Falconnet 79,40; ewige Rente 54 Deutschland. Kassel, 14. Nov. Die Differenzen zwischen Sr. Höh. dem Kurprinzen Regenten und Ι. I. H. der Kurfiirstin haben noch immer keine Ausgleichung finden können. Letztere besteht darauf, die Gräfin Schaumburg nicht als Glied der Familie oder als Schwiegertochter, sondern nur als Dame von Stand bey sich zulassen zu wollen. Sie verlangt darum, daß diese gleich andern Damen vom Range sich durch ihre Schlüssel- oder dienstthuende Hofdame bei ihr einfuhren und vorstellen lassen solle, in welchem Falle sie als Gräfin Schaumburg von ihr empfangen werden würde. Wie man vernimmt, hat die Kurfiirstin rücksichdich ihres Verhältnisses und Benehmens zu der nicht ebenbürtigen Gemahlin ihres Sohnes um Verhaltungsregeln am Berliner Hofe nachgesucht, auch dort 141
[1139] angefragt, ob es nicht vielleicht unter den obwaltenden Umständen fur sie vorzuziehen seyn dürfte, einen andern O r t zu ihrem Wohnsitz zu erwählen, worauf die Antwort erfolgt seyn soll, daß wohl Kassel groß genug sey, u m hierselbst zu residiren, ohne in solche Berührung mit der Gräfin Schaumburg zu kommen, welche sie zu vermeiden wünsche. Der Prinz-Regent ist in Begleitung der Gräfin schon ein paarmal bey dem Palais der Kurfurstin vorgefahren, u m Höchstderselben einen Besuch abzustatten, aber nicht angenommen worden. Die Kurfurstin besucht nicht mehr das Theater, welches sie früher häufig mit hrer Gegenwart zu beehren pflegte, weil der Prinz nebst seiner Gemahlin sich dort befinden. Auch die Hof- und Garnisons-Kirche, in welcher die Kurfürstin bisher jeden Sonntag dem Gottesdienste beywohnte, wird von ihr vermieden, weil der Kurprinz und die Gräfin Schaumburg diese Kirche besuchen. (Schwäb. Merk.) Vom Neckar, 16. Nov. Es ist ein großer Irrthum, wenn man glaubt, in Deutschland Seyen die großen politischen Gegensätze schlechtweg das absolutistische und das constitutionelle System. M a n übersieht bei dieser Eintheilung eine sehr bedeutende, weitverbreitete Partei, welche es für ihr besonderes Geschäft erklärt, die Rolle der Versöhnerin zwischen jenen beiden zu spielen, was in ihrem Sinn nichts ist, als daß sie den Grundsätzen des erstem den Schein des letztern leiht. M a n kann diese Partei die der Quasi-Coristitutionellen nennen. D i e Q u a s i Constitutionalität ist im Grunde mit dem Absolutismus dem Wesen nach identisch, d. h. mit d e m Absolutismus, der überhaupt bei uns noch gedenkbar ist: denn ein Absolutismus im asiatischen Sinn, wenn man darunter reine reine Willkürherrschaft oder gesetzlosen Despotismus versteht, gibt es, wie uns auch der östersterreichische Beobachter vor einiger Zeit versichert hat, bei dem jetzigen Zustand der Civilisation in Europa nicht mehr; der einzige Unterschied unter den Absolutesten und Q u a s i Constitutionellen besteht darin, daß die einen sich zu den Repräsentativformen bequemt haben, mit dem Vorbehalt, nach Kräften darauf hinzuwirken, daß der Zweck derselben so illusorisch als möglich werde, während die andern an dem Grundsatz fürstlicher Machtvollkommenheit oder vielmehr (seitdem es bei unsern verwickelten Staatshaushaltungen mit dem Selbstherrschen längst vorbei ist) ministerieller Unverantwortlichkeit festhalten, hingegen durch wohlgeordnete Verwaltung und Berücksichtigung der materiellen Interessen den Mangel jener beschränkenden Formen weniger fühlbar zu machen, oder wohl ihre Entbehrlichkeit zu beweisen suchen. Was hat man in Deutschland nicht Alles gethan, u m den Souveränen den Schmerz constitutioneller Entsagung zu versüßen? Ist ihnen in ihren kleinen Vergnügungen (menus plaisirs) Abbruch geschehen? Nein. Eine deutsche Ständeversammlung überbot die andere in reichlicher Ausstattung des constitutionellen Throns; unverhältnißmäßige Civillisten wurden Grundsatz des constitutionellen Staatsrechts. Haben sich die Beweise der Anhänglichkeit, die Huldigungen vermindert? Nein; vielmehr mußten diese Huldigungen eine neue pikante Schmackhaftigkeit bekommen, indem sich selbst demüthige Knechterei als freier Männerstolz herausputzte. Wurde ihnen die Macht Gutes zu thun geschmälert, die Anerkennung des durch sie gestifteten Verdienstes verweigert? War das constitutionelle Prinzip, daß der Souverän nichts
[1140] Böses thun kann, schon dem absolut regierten Deutschen nicht fremd, so wunde es dem verfassungsmäßig regierten zum Evangelium, und der deutsche Verstand beurkundete in Aneignung dieser großen Staatsmaxime eine Gläubigkeit, ein Abstraktionsvermögen, worüber man staunen muß. Selbst was durch die Stände geschah , ging fortan auf Rechnung des Fürsten, wogegen, wenn etwas, was man von ihnen erwartete, nicht geschah, der Tadel blos ihnen, und wo man etwa über das Kabinet zu klagpn hatte, blos den Rathgebem zur Last fid. Wie kommt es nun, daß wir es trotz dieser gefälligen Seite, die man in Dentschland dem constitutionellen System zu geben wußoe, doch kaum weiter als bis zur Quasi-Constitutionalität gebracht haben? Weil man sich begnügte, wenn die Regierungen einigen guten Willeu zeigten weil man sie ruhig gewähren ließ und es als etwas Uebetflüssiges betrachtete, jenen ächt constitutionellen Geist von ihnen zu fordern, der die Nationalität belebt, den freien Bürgeisinn weda, und somit allein Garantien fur einen staatsbürgerlichen Rechtszustand darbietet. Wer das Geschrei beachtet, welches die Holpublizisten in der „unpartheiischen" Augsbuigerin anstellen, wird uns keiner Uebertteibung beschuldigen. Keine Preßfieiheit ist die Devise, welche der Absolutismus auf dem Schilde fuhrt; keine Ορροάήση ist die Devise derjenigen, welche sich für die Wortführer der constitutionellen Regierungen ausgeben. Das Geschrei ist von der Donau und der Spiee a u s g i n g e n und hat am Neckar und Rhein sein Echo gefunden, es ist das Feldgeschrei der Staatslenker von g3nz Deutschland gewoiden und wer den Sinn davon noch nicht ganz begreift, wind vielleicht bald vom Main her die authentische Interpretation vernehmen. So lange es sich um langes Coquettiren handelte, wie vor den Juliustagen, da war die Qpasi-Constitutionalität in ihrer Blüthe, sie drechselte schöne Redensarten und ließ sich darum feiern und bewundem; aber nun jener Schein-Enthusiasmus an dem Ernst der Zeit erkaltet ist, grollt sie, spielt die Beleidigte und kehrt offen und unumwunden wieder zu ihrer natürlichen Allianz — dem Absolutismus zurück. Darum fordert aber auch jetzt der Absolutismus Beschränkung der Preßfraheit — nicht in seinem, sondern im Interesse der constitutionellen Regierungen. Er hat ganz Recht, denn da es bei ihm keine Preßfieiheit gibt, so bedarfer für sich des Schutzes weder der Präventiv- noch der Repressivmaßregeln, um sichs behagjich wohl seyn zu lassen; es ist aber nicht mehr als billig, daß man auch einem guten Freund zu einem so schätzbaren Ruhestand verhilft. (Stuttg.allg.Ztg.) München, 20. Nov. Gestern ist der Redaktion nadifolgendes Schreiben aus Heidelbergsom 15. November zugekommen: „Mein Herr! ,Erlauben Sie uns, zur Anschaffung einer Schnellpresse in Rheinbaiem für Sie drei Aktien zu zeichnen. „Wir wenden uns freuen, wenn Sie diesen kleinen Beitrag als Beweis ansehen weiden, daß die Tendenz, welche sich in der Tribüne ausspiicht, mit unserer besten Ueberzeugung übereinstimmt, daß wir die Art und Weise bewundern, wie Sie das Fortschreiten Deutschlands auf dem Wege zur gesetzlichen Freiheit zu befbidem suchen, und den rücksichtslosen Muth innig verehren, mit welchem Sie das unveiäußeilkhe Recht der fieien Rede vertheidigen und behaupten. „Möge die Sehnsucht, daß Ein Deutschland sich gestalte, volkskiäftig, fiei und unzetsplittert, in den Herzen aller biedern Männer zum Entschluß wenden, kräftig und einmüthig zu handeln für die Erreichung dieses Zieles! — Möge der göttliche Geist des Wortes: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" sich verkörpern in der Anerkennung gleicher Rechte in der bürgerlichen Gesellschaft! Einige Heidelberger Studenten." Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Tages - C h r o n i k z u r
D e u t s c h e n Montag.
T r i b ü n e .
N— 142.
Portugal. Lissabon 2. Nov. Das Militärgericht hat bekanntlich von den in die letzte Revolte verwickelten Personen 49 theils zum Tode, theils zur Galeerenstrafe verurtheilt. Diese Unglücklichen blieben bis zum 26. Okt., dem Tag, an welchem das Urtheil Don Miguel vorgelegt wurde, in der Todesangst. Sie wurden aber durch Decret von demselben Tage begnadigt. Wer hätte das von Don Miguel erwartet, oder ist es die Annäherung von Don Pedros Expedition, welcher sie diese Begnadigung verdanken? Spanien. Madrid 8. Nov. Der König befindet sich besser. — Wegen immer zunehmender Desertion der Provinzial-Miliz nach Portugal wurde heute ein königliches Decret erlassen, wodurch die Auslieferungsverträge mit Portugal von 1778 wieder in Kraft gesetzt werden. — Die Auswanderung der amerikanischen Familien wird so erschwert, daß sie fast nicht mehr möglich ist. - Auch Spanien hat an sein Militair einen Tagesbefehl erlassen, wodurch die Chefs der Corps aufgefordert werden, die politische Meinung ihrer Subalternen zu bewachen. In Folge ihrer Berichte haben bereits mehrere Absetzungen statt gefunden. — Hat wohl Spanien uns diese Maaßregel nachgeahmt, oder haben wir dieselbe in Spanien endehnt? England.London, 16. Nov. Seitdem wir die Cholera in der Nähe gesehen, hat die Furcht vor dieser Krankheit sehr abgenommen. - Die Konferenz soll in einer besondern Sitzung die Einwendungen Hollands in Erwägung gezogen haben, ohne jedoch von ihren Vertragsbestimmungen abgewichen zu seyn. Es wurde beiden Theilen notifizirt, daß man von jedem eine Zustimmung ohne Bedingung erwarte. Wenn demnach der König von Holland nicht irgend eine geheime Stütze besitzt, so kann diese Angelegenheit binnen wenigen Tagen geordnet seyn. — Hinsichdich der Reform beobachtet unsere Regierung das tiefste Stillschweigen, was wenig Gutes erwarten läßt. Frankreich. Paris, 14. Nov. Kein Pariser Journal erklärt mit hinlänglicher Deutlichkeit die traurige Erscheinung, daß die Abgeordneten so saumselig im Erfüllen ihrer Pflichten sind, daß die Hälfte keinen Antheil an den Berathungen nimmt, daß diemeisten täglich eine Stunde zu spät in die Kammer kommen, daß Hr. Alby sich zum Vorschlage, die Saumseligen im Moniteur mit Namen zu nennen, genöthigt sah, und daß die Kammer diesen zweckmäßigen Vorschlag verwarf. Die ministeriellen Blätter erklärten jene Erscheinung dadurch, die Abgeordneten seyen mit Perier so zufrieden, daß sie ihn gern möchten allein die Staatsgeschäfte besorgen lassen. Die Oppositionsblätter sagten: die Abgeordneten sind Periers so überdrüssig, daß sie ihn nicht gerne vor Augen sehen. Beyde schämen sich wahrscheinlich den eigendichen Grund anzugeben. Er liegt in der Habsucht gar vieler Abgeordneten. Die Minister, um sich Anhang zu verschaffen, geben einzelnen Abgeordneten Stellen und Geld, diese kommen dann fleißig in die Kammer; Andere, welche
München den 2 1 . November 1 8 3 1 .
nicht so glücklich sind, bleiben zu Haufe, und so besteht denn die Kammer meist nur aus bezahlten Ministeriellen und aus Denjenigen, die weder Stellen noch Geld von Perier annehmen würden, wenn er es ihnen auch anböte. Es wäre nützlich gewesen, wenn Hr. Alby kühn diese Thatsachen auf der Tribune erklärt hätte. Denn wenn solche Skandale fortdauern, so wissen wir nicht, wozu eine Deputirtenkammer dient. Da kommen die Minister täglich mit ihrer Klage, die Deputirtenkammer enthalte das demokratische Prinzip, man bedürfe also einer aristokratischen Pairskammer und besonders einer starken königlichen Prärogative, damit sich die Staatsgewalten ordendich ponderiren, damit der demokratische Strom nicht aus seinen Ufern trete. Durch diese ewigen Klagen gelang es ihnen, dem Throne äußerst große Prärogativen zu verschaffen und die Pairskammer zu einem Werkzeuge des Throns zu machen; aber damit sind sie noch nicht zufrieden, das demokratische Prinzip wird verfälscht, welches in der Deputirtenkammer ausgedrückt werden soll. Die Majorität unserer Deputirtenkammer vertritt nicht mehr die Interessen des Volks. Die Wähler haben sich vergebens versammelt, sie haben vergebens die schönsten Versprechungen von der Welt erhalten, sie haben vergebens ihren Committenten die schöne Würde nationaler Stellvertreter verschafft — sie vos non vobis — die Gewählten haben die meisten Versprechungen vergessen, und sorgen nicht mehr für Nation, sondern für sich selbst. Daher kömmt es auch, daß bei den einzelnen Wahlen, die in der letzten Zeit vorgenommen werden mußten, die meisten Wähler zu Hause blieben: sie sind zu oft hintergangen worden, und trauen keinem Menschen mehr. Was in Frankreich vorgeht, mag allen constitutionellen Staaten zur Lehre dienen! Es reicht nicht hin, daß man ein Gesetz mache, die angestellten Deputirten müßten sich wieder erwählen lassen, bei welcher Wiedererwählung die Versprechungen wieder von Vorne anfangen, um noch weniger als zuvor erfüllt zu werden. Wenn das von den Ministern so hoch angerühmte Ponderationssystem eine Wahrheit seyn soll, darf überhaupt kein Regierungsbeamter Deputirter des Volkes seyn. Regierungsbeamte taugen nicht zum Verfechten des demokratischen Prinzips. Wer als Abgeordneter das Volk vertreten will, den binde hinftir das Gesetz, so lange die Sitzung dauert, und sogar in den ersten Jahren nachher keine Stelle von der Regierung anzunehmen! Und so lange das Gesetz ihn nicht bindet, fordere man ihm in dieser Hinsicht die feierlichsten Versprechungen ab, und zwar öffendiche, gedruckte, besonders klare Versprechungen — man kann nicht vorsichtig genug seyn — uud ganz vorzüglich untersuche man, wer der Mann ist, der die Versprechungen gibt. — Nicht einen einzigen ordendichen Grund wußten die Abgeordneten gegen den Albyschen Vorschlag zufinden,und doch wurde er verworfen. Wrr sind 142
[1147] keine Schulknaben, sagten die Deputirten des Centrums, wir sind keine Jungen, die man straft, wenn sie zu spät kommen. Sonderbarer Einwurf! Die Schulknaben werden ja vom Lehrer bestraft, die Abgeordneten würden sich ja nur gegenseitig bestrafen. In der Schule herrscht das monarchische Prinzip, in der Deputirtenkammer muß das demokratische herrschen. Der beste Beweis aber für die Trefflichkeit des Albyschen Vorschlags liegt darin, daß, als man ans Abstimmen ging, nicht Mitglieder genug zum Votiren anwesend waren. Man wartete, bis die andern sich einfanden, man hielt unterdessen Reden, und hierin liegt der Grund des Zeitverlustes, nicht in den Amendemens der Opposition, wie Hr. v. Harcourt und die ministeriellen Blätter klagen. - Das Elend der arbeitenden Klasse in der Provinz wie in der Hauptstadt nimmt überhand. Wie unlängst die Fabrikarbeiter in Lyon, haben sich dieser Tage auch die Steimetzen in Bordeaux zusammengerottet, und die Obrigkeit bedurfte des Beistandes der Linie und der Nationalgarde, um die Unglücklichen auseinander zu jagen. - Die Chouanerie greift um sich. Im Arrondissement des Sables ist eine neue grüne Bande erschienen. Die Haussuchungen dauern im Westen fort: dem Ami de la Charte zufolge ist die Wohnung der Frau von Larochejacquelin (verwandt mit dem Anführer der ehemaligen Chouans) von den königlichen Truppen umringt worden, und die vornehme Dame wurde mit einem Dolche in einem vermauerten Backofen ertappt. — Im Norden regt sich der Bonapartismus; das Echo de la Frontiere meldet, eine Menge Amazonen kämen zur Nordarmee, um fur den Sohn des Mannes zu predigen. — In Paris wird die Opposition von Tage zu Tage eifriger; wann wird denn endlich Herr Perier einsehen, daß er radical unfähig ist, die Parteien zn beschwichtigen, die innere Ruhe herzustellen? Nie wird er es einsehen, und so muß man denn auf die Folgen gefaßt seyn. (Stuttg. allg. Ztg.) Paris, 16. November. Es scheint sich zu bewähren, daß die Konferenz ein neues Protokoll unterschrieben hat, wodurch die fünf Mächte König Leopold als König von Belgien förmlich anerkennen. Dieses Protokoll wurde sogleich dem König von Holland mitgetheilt. Wir sind begierig, ob er mehr Rücksicht darauf nehmen wird, als auf die früheren. - Unter den Portugiesen sind Spaltungen eingetreten. Die Saldanhisten stehen in Opposition mit den Palmelisten. Erstere huldigen der Republik, letztere der constitutionellen Monarchie. Die Letzteren sind die zahlreichern. Diese Uneinigkeit der Partheien könnnte auf die Expedition Don Pedros einen nachtheiligen Einfluß ausüben. — Die Verhandlungen über den Gesetzesentwurf des Herrn Briqueville erregen viel Aufsehen; heute wurde damit fortgefahren. Der Minister-Präsident schlug vor, man solle unverzüglich zum Verkauf der Güter der abgesetzten Familie schreiten, jedoch so, daß dieser Verkauf keiner Konfiskation ähnlich sehe; es seyen Worte von militärischer Kommission etc. gefallen, diese Maßregeln gehörten andern Zeitperioden an, die Juli-Revolution finde ihre Stärke in der Generosität und Mäßigung. Herr Mahul fragt sich selbst, was die Juli-Revolution bewirkt habe? wenn sie auch nur den Dynastiewechsel herbeigeführt, seye das nichts? Da er bemerkt, daß man ihn nicht anhört und die immer zunehmenden PrivatUnterredungen seine Stimme nicht durchdringen lassen, so schlägt er schnell bis zum letzten Blatt sei-
[1148] nes Heftes um. (Ausbruch von Gelächter.) Nach geschlossener Verhandlung trägt Herr Ancilhan ihren ganzen Inhalt in einem Resume vor, und die Kammer schreitet zur Debattirung der einzelnen Artikel. Paris, den 16. November. Consol. 5 Proz. 95; 3 Proz. 68,30; Falconnet 79,50; ewige Rente 54 5 . Holland. Haag, 10. Nov. Sr. Κ. Höh. der Prinz Alexander, zweiter Sohn des Prinzen von Oranien, ist gestern nach dem Hauptquartier zu Herzogenbusch abgegangen. Man schreibt aus Herzogenbusch unterm 10. Nov.: Die Armee erhält täglich beträchtliche Verstärkungen, sowohl an Infanterie als an Kavallerie. In wenigen Tagen wird die Reservedivision um eine Brigade verstärkt werden. Andererseits hören wir, daß die Kavalleriedepots bereits 700 Pferde zur Armee geschickt haben oder noch schicken werden. Alle diese Maßregeln beweisen, daß unser Gouvernement sich nicht blindlings den Entscheidungen der Konferenz unterwerfen wird. (Aach. Z.) Belgien. Brüssel, 14. Nov. Es hat sich bestätigt, was wir gestern anzeigten, daß ein Courier von London nämlich, welcher vorgestern angekommen ist, ein neues Conferenzprotokoll überbracht hat, in welchem die Mächte den König Leopold als König der Belgier anerkennen. Da die Bedingung, welche Se. Majestät der Annahme der 24 Artikel unterstellte, nunmehr erfüllt ist, so hat Dieselbe den Friedensvertrag unterzeichnet. (Journ. de la Belgique.) Die Journale haben von der Ankunft eines neuen Protokolls gesprochen; man versichert uns, daß dieses Protokoll die Antwort der Conferenz an König Wilhelm enthält. Diese Antwort soll im Wesentlichen dahin lauten: daß die fünf Mächte dem Könige Wilhelm nicht das Recht eines unabhängigen Königs streitig machen, und daß es ihm als solcher frei stehe, Krieg zu fuhren, wenn es ihm gut dünke, daß sie aber auch als unabhängige Könige und im Interesse Europas sich das Recht vorbehalten, den König Wilhelm, wenn er die Feindseligkeiten wieder aufnimmt, gleichzeitig mit Krieg zu überziehen; daß es unnütz sey, wenn der König Wilhelm Bevollmächtigte absenden wolle, um über die 24 Artikel Raths zu pflegen, da die Discussion hierüber bereits geschlossen sey, und es jetzt nur auf die einfache Annahme der 24 Artikel und auf die Anerkennung des Königs der Belgier durch den König von Holland ankomme; eine Anerkennung, welche durch die fünf Mächte garantirt worden sey. (Independance.) Alle Gerüchte, welche im Publikum cirkuliren, stimmen darin überein, daß hauptsächlich auf die erfolgte Annahme der 24 Artikel durch die belgischen Kammern die holländische Regierung eine positive Antwort nach London geschickt habe. Man erschöpft sich in Muthmaßungen über den Entschluß des Königs Wilhelm; einige Personen versichern fortwährend, daß derselbe abschlägig laute, und stüzen sich dabei auf die anbefohlenen Bewegungen verschiedener Depotabtheilungen. Privatbriefe von der Gränze verkünden, daß die französischen Truppen Beferl erhalten hätten, sich zum Vorrücken bereit zu halten. Gent, 11. Nov. Die Holländer haben die Schleusen von Catus-Vliet geöffnet und das Land um Sas-de-Gand überschwemmt. (Aachn. Ztg.) Deutschland. - - - - - Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Dienstag.
Tribüne.
constitutionelles
N—
Verhandlnngen der badischen Kammer. Karlsruhe, 17. November. Wir fallen aus einer Krisis in die andere: kaum, daß das Ministerium einige halbe Schritte zum Guten gethan hat, so erinnert uns der Widerstand von einer andern Seite, daß wir auch mit einer Adelskammer behaftet sind, welche den Beruf hat, die Interessen eines besondern Standes zu vertreten, und das Wohl der Gesammtheit als auf kein historisches Recht begründet nicht aufkommen zu lassen. Ein neues Beispiel von diesem Egoismus veranlaßte energische Erklärungen in der heutigen Sitzung der Volkskammer, worin die von der Standeskammer verworfenen Bestimmungen des Gesetzesentwurfs über Abschaffung des Neubruchzehntens zur Sprache kamen. Nachdem nämlich Herr v. Itzstein eine Fortsetzung des Budgetsberichtes erstattet hatte, verlangte Herr v. Rotteck, ehe in der Tagesordnung fortgefahren würde, das Wort, um einen Gegenstand von höchster Wichtigkeit vor das Haus zu bringen: es war der g estrige Beschluß der Standeskammer gegen den von den Abgeordneten einstimmig angenommenen Gesetzentwurf. Der patriotische Redner äußerte sein tiefstes Bedauern, daß ein Gesetz, womit die Regierung den Interessen des Volks entgegengekommen, an dem Veto der andern Kammer und an dem Willen einer Hand voll Junker scheitern müsse. Diese hingerissene Sprache eines feurigen Sinns fur Gemeinwohl veranlaßte unruhige Bewegung auf den Bänken der Regierung, und theilweise auch wieder eine Retirade; Hr. v. Rüdt, Regierungscommissär und zugleich Mitglied der ersten Kammer, verließ den Saal, wie auf ein Stichwort, und kehrte erst nach vollendeter Discussion dieses Gegenstandes zurück; sey es, daß er an dem gebrauchten Ausdruck Anstoß nahm, und noch Mehr besorgte, sey es, daß er sich der etwaigen Anstandspflicht zu Vertheidigung der Deliquenten der Standeskammer entziehen wollte. Herr v. Rotteck fuhr unterdessen fort in der Entwicklung seines gerechten Unwillens gegen die Grundherrn, von welchen die Verwerfung ausgegangen war, und die er nach einer nachfolgenden Erklärung mit dem Ausdruck „Junker" gemeint hatte. Dabei äußerte er sich mit rühmender Anerkennung über die Haltung der Standesherren, welche edle und patriotische Mitglieder in ihrer Mitte zählen, und in gleichem Sinn über die in der Adelskammer erfolglos gebliebene Unterstützungsrede des Finanzministers. Uebrigens
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Tagblatt.
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Uebrigens vergaß er nicht, die auffallende Erscheinung zu beklagen, daß eine bedeutende Zahl den von der Regierung ernannten acht Mitglieder gegen deu von ihr ausgegangenen Gesetzentwurf gestimmt habe, und die öffentliche Meinung wird noch weniger vergessen, daß es gerade diese Stimmen waren, welche entschieden. Herr v. Rotteck entwickelte sodann die weitern Aussichten, welche der feindselige Ausspruch der Adelskammer eröffnet, die Erwartungen, welche man von dem Schicksal anderer Gesetzentwürfe hegen müsse, und stellte die inhaltschwere Folgerung auf: was wird nach diesen Vorgängen die endliche Frucht des Landtags seyn? — Nichts. (Zustimmung von vielen Seiten: wahr! wahr!) Nach dieser motivirenden Ausdehnung stellte der Redner eine Reihe von Anträgen, welche Energie und Scharfsinn in gleichem Maaße beurkunden, und an die Schritte des englischen Unterhauses gegen die Verwerfung der Reformbill erinnern. 1) Solle die Kammer der Regierung erklären, daß sie sich mit Festigkeit zu Durchführung des Gesetzes und zu Ergreifung aller Maßregeln an sie anschließe, welche geeignet seyen, das Veto der andern Kammer unschädlich zu machen. 2) Die Regierung solle angegangen werden, als die nächste Maßregel einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Aufhebung des Novalzehntens von den dem Domanialzehntrecht angehörigen, neu umgebrochenen oder noch in den Freijahren befindlichen Gründe verfüge, da ein solches Gesetz als Finanzgesetz die Zusammenrechnung der Stimmen von beiden Kammern erfordere, und somit die Majorität gesichert seyn werde. 3) In Beziehung auf die dem Domanialzehnrecht nicht angehörigen Gründe, welche noch in den Freijahren sind, solle die Regierung, im Interesse des Staatswohles und vermöge der ihr durch das Landrecht zuerkannten Befugniß, eine Verlängerung der Zehntfreiheit auf weitere 30 Jahre aussprechen. 4) Die Regierung möge den Grundsatz annehmen, in das Gesetz über allgemeine Zehntabschaffung, das für den Landtag zugesagt ist, in keinem Fall eine Entschädigung für das Zehntrecht von den oben bezeichneten Neubrüchen aufzunehmen. 5) Die Kammer solle die Erwartung aussprechen, daß die R[e] gierung für den künftigen Landtag keine Mitglieder in die erste Kammer ernenne, von welchen vorauszusehen wäre, daß sie einer von der Regierung selbst ausgegangenen volksfreundlichen Richtung entgegen seyn würden. Die Kammer erhob sich in Masse für diese Anträge, und zahlreiche Akklamationen gaben ihre Zustimmung zu erkennen. Hr. Win143
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1151 ter brachte einige Einreden im Interesse der Adelskammer, wie nachher Herr v. Böckh die Beurtheilung der andern Kammer als unparlamentarisch darzustellen suchte. Herr v. Rotteck fand dies von Herrn Winter sehr großmüthig und erinnerte ihn an das Jahr 1810, wo er als Deputirter einen freisinnigen Vortrag hielt, und dadurch bei der Adelskammer anstieß: — alte Geschichten aus den Zeiten des Abgeordneten Winter, woran der Chef des Ministeriums sich nicht gern erinnern läßt; erkennt er doch jetzt seinen frühern Hauptgegner, Herrn von Türkheim, als seinen wohlwollenden Kollegen, der ihm nur vermöge seines alten Blutes an Rang vorgesetzt wurde. Herr v. Rotteck erklärte, als er noch einmal auf den Ausdruck „Junker" zurückkam, er übernehme die Verantwortung, wenn die Grundherren der ersten Kammer, welche sich so oft sarkastisch gegen ihn ausgelassen, sich beschweren sollten; er hielt das Recht freier Beurtheilung eines öffentlichen Schrittes aufrecht, wenn er auch in der Wärme gesprochen habe, und behauptete, daß, wenn er seine Meinung in einer Schrift ausgesprochen hätte, kein badischer Censor Etwas daran gestrichen haben würde. Was das Letzte betrifft, so glauben wir, daß der badischen Censur zu viel Ehre widerfahren ist, da sie bekanntlich an den Kammerberichten badischer Blätter schon öfter gestrichen hat, und es nicht so ganz unmöglich ist, daß sie einmal selbst das Datum einer Zeitung striche; wenigstens wäre es nicht unvernünftiger, als der Strich eines Satzes, wie „gefüllte Tribüne" oder „tiefe Stille" oder dergleichen. Die Kammer erklärte sich durch das Organ der ausgezeichnetsten Redner kräftig im Sinn der Anträge Rottecks, wobei die Form in Beziehung auf den Ausdruck „eine Handvoll Junker" von mehreren Seiten bedauert, oder als improvisirter Ausbruch zugleich getadelt und entschuldigt wurde. Herr v. Itzstein hob die schmerzliche Erscheinung hervor, daß das Ringen langer neun Monate durch solche Hindernisse vereitelt werde; er berührte in Verbindung mit dem neuesten Beschlüsse der Adelskammer die vor Kurzem vorgenommenen Modifikationen des Wildschadengesetzes, und zog daraus den Schluß, daß die andere Kammer das Wild höher zu achten scheine, als die Menschen. Ein schlagendes Urtheil enthielten die letzten Worte, worin er die Wirkung solcher Schritte entwickelte, und den Satz ausführte, daß sie die Betrachtung herbeirufen müßten, ob nicht eine einzige Kammer dem Staatswohl zuträglicher sey. (Beifallsbezeugungen.) Wenn andere Redner von getäuschten Hoffnungen gesprochen hatten, so erklärte dagegen Hr. Knapp, daß er eine solche Täuschung nicht zu beklagen habe; schon vor Monaten habe er es kommen sehen, wie im Jahre 1822, und diese Ansicht laut ausgesprochen. Hr. Knapp machte auch noch auf die Merkwürdigkeit aufmerksam, daß der Berichterstatter in der Adelskammer gegen seinen eigenen Antrag votirt habe; diese parlamentarische Merkwürdigkeit ist Hr. Kirn, ebenfalls eines der von der Regierung ernannten Mitglieder. So hat sich die Volkskammer unzweideutig über einen Gegenstand erklärt, der bei der Mittheilung des betreffenden Beschlusses von der Standeskammer zur eigendichen Berathung kommen wird, wobei dann die Anträge des Hrn. v. Rotteck an die zu ernennende Kommission gehen sollen. Am Ende liegt auch hier wieder die ganze Schuld an dem Ministerium, das mit einer gewissen politischen Unschuld Mitglieder in die Adelskammer setzt, welche die Vorlagen der Regierung umwerfen, und den Grundstein zu
unübersehbaren Mißhelligkeiten legen. Entweder hat das Ministerium in Bezug auf diese Ernennung die Befugnisse eines konstitutionellen Ministeriums gar nicht ausgeübt, oder es hat damals einen Hinterhalt in seinen Absichten gehabt, oder — es giebt noch ein Drittes — der reine Zufall müßte hier gewaltet haben, wie etwa bei einem Falle, wo Jemand nach dem Traumbüchlein in eine Lotterie setzt. Unterdessen fällt das Ministerium wieder in neue Verlegenheiten, wenn es sich nicht mit der Kammer der Abgeordneten durch konstitutionelle Haltung in gutem Einvernehmen erhält. Im Dezember sind die provisorischen 6 Monate abgelaufen, welche die Verfassung zur Forterhebung der Steuern nach Verfluß der Bewilligungszeit gestattet, das Budget ist noch nicht votirt, und aus allen Theilen des Landes vernimmt man, daß die Steuerpflichtigen Nichts vor der ständischen Verwilligung entrichten wollen; - ein neuer Knoten, welcher nicht durch Temporisiren und Achselzucken zu lösen ist.
Politische
Miscellen.
Spittler spricht in seiner Geschichte der chrisdichen Kirche auch von der Aufhebung des Jesuitenordens. Er sagt: „Die Schlange zappelt zwar noch immer, auch, nachdem ihr der Kopf zertreten war. Clemens (Ganganelli) selbst schmeckte noch exjesuitisches Gift, und hie und da spuckt noch, besonders in Deutschland, der abgeschiedene Geist; aber sollte wohl Hoffnung da seyn, daß er je wieder auflebe? Man sieht, der gute Spittler lebte noch im Köhlerglauben seiner Zeit, wo man sich schmeichelte, die Schlange sey todt, weil es schien, als ob ihr Kopf zertreten wäre. Die Jesuiten verstehen sich auf Alles. Damals war schon bekannt genug, daß sie sich auf das Vergiften des Leibes und der Seele (der Jugend) verstehen. Jetzt weiß man aber auch, daß sie sich sogar auf Taschenspielerei verstanden, indem sie vorspiegelten, als ob ihnen der Kopf zertreten sey, während dieser noch ganz unversehrt war! (Ganganelli merkte dieses sehr wohl, als er den giftigen Biß empfand.) Wie hätten sie sonst daran denken können, wieder zum Vorschein zu kommen. Dazu muß man den Kopf beisammen haben, und daß sie diesen beisammen hatten, lehrt - die Gegenwart.
2.
Als Aemilius Paulus das Königreich Macedonien erobert hatte und seine Umgebung nach der Schlacht in sein Zelt trat, fand sie ihn, wie Plutarch erzählt, lange Zeit in stnmmem Nachdenken sitzen, bis er endlich sprach: „Ziemt es wohl, daß ein Mensch sich des Glücks in kühner Zuversicht überhebe, wenn er ein Volk, eine Stadt oder ein Königreich unterworfen hat? Sollte er nicht gerade durch solchen Wechsel des Glücks, der dem Sieger ein Bild der allgemeinen Schwäche vor Augen stellt, Nichts in der Welt als dauernd und beständig betrachten lernen? Wie hätten Menschen da Anlaß zum Selbstvertrauen, wenn gerade der über Andere gewonnene Sieg vor dem Schicksal zu zittern nöthigt, und der
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1153 Gedanke, an das in raschem Umschwünge bald über diesen, bald über jenen kommende Verhängniß so viel Bitteres unter die Freude mischt? Verbannt diesen eitlen Stolz und Siegesdünkel und beuget euren Sinn im steten Hinschauen auf die Zukunft, welche Buse für das gegenwärtige Glück die Gottheit Jedem auferlegen wird. Wird sich ein junger nordischer Herrscher dieser Stelle in Plutarch erinnern, den er einst las, ohne vielleicht zu ahnden, daß sich einmal ein Volk, eine Stadt, ein Königreich vor der Uebermacht seiner Waffen beugen müsse? Wird er an den Tod des Aemilius Paulus denken, von dem Plutarch erzählt, er sey aus Macedonien geschieden, indem er den Macedoniern Land nnd Städte mit den Rechten eines freien, selbstständigen Volkes überlassen habe, und habe sich so sehr die Achtung der Besiegten, fur die er während des Restes seines Lebens wie für Freunde und Angehörigen Sorge getragen hätte, erworben, daß sie ihm die letzte Ehre erwiesen, seine Bahre zur Stätte getragen und ihr gefolgt seyen. Und diesem Römer leuchtete nicht das Licht des Christenthums, der Lehre der Freiheit. Er stand nicht auf der Höhe des neunzehnten Jahrhunderts. 3. Herr von Ancillon sagt S. 86. und 87. seiner Schrift über die Staatswissenschaft. Berlin 1821. „Es wäre ein sehr beschränkter, kleinlicher und falscher Gesichtspunkt, wenn man in einer Monarchie die repräsentativen Formen, welche den Thron umgeben und zu seinem Glänze wie zu seiner Festigkeit beytragen, nur als Hemmketten der Regierung betrachten wollte. Dieselben sollen nicht eine todte Schranke abgeben, die im Nothfall der etwa durchbrechenden Macht Widerstand leisten kann, sondern die Kraft der öffentlichen Macht vermehren, und selbst ein Lebensprinzip seyn. Als solche bewähren sich immer gut berechnete repräsentative Formen. Sie bringen die Regierung und das Volk in enge Berührung und begründen oder vermehren ihr wechselseitiges Zutrauen. Sie öffnen den Talenten und dem Gemeinsinn eine gesetzmäßige Bahn, und bilden eine wahre Pflanzschule, in welcher die Regierung die herrlichsten Werkzeuge vorfindet. Es reifen im öffendichen Leben künftige Staatsmänner; bevor die Verwaltung ihnen übergeben wird, hat man die Zeit und die Mittel gehabt, dieselben zu beobachten, zu beurtheilen, zu erproben; und ehe sie die ersten Aemter des Staats bekleiden, sind sie dem Volk vortheilhaft bekannt." 4. Auch das Geld ist eine Waare, welche wie jede andere im Werthe steigt oder fällt, je nachdem viel oder wenig davon vorhanden ist. Von der Entdeckung Amerikas an, und dem Zuströmen edler Metalle nach Europa in so große Massen, fiel es eine lange Periode hindurch in einem fort. Was man laut allen Chroniken mit Pfennigen bezahlte, dafiir mußte man zuletzt Gulden anlegen. Seit der Befreyung dieses Welttheils und den veränderten Handelsverhältnissen steigt es wieder im Werthe, und wird, so lange dieser Zustand dauert, fortwährend steigen. - Wenn also gegenwärtig die Völker in ihrer Noth die Civilliste ihrer Herrscher zu verringern gezwungen sind, so ist dieß keine wirkliche, sondern nur eine scheinbare Verringerung, denn mehr als die Herrscher mit der größten Civilliste an Lebensbedürfnissen und Luxusgegenständen früher einzutauschen vermochten, können sie jetzt mit der verminderten Civilliste sich fuglich verschaffen.
Tage s -Chronik. Holland, Haag, 12. Nov. Wir Holländer zeigen mehr und mehr, daß unsre alte Devise: Eintracht erzeugt Macht, noch immer die unsrige ist. Unsre Vorfahren hatten das Recht erworben, sie zu fuhren, als sie die berühmteste Republik des neuern Europas gründeten. Auch wir haben uns dies Recht erworben und bewahrt, und waren ganz bereit, einen neuen Beweis hievon zu geben, wenn wirklich eine englische Flotte es gewagt hätte, uns anzugreifen. Es ist unmöglich, daß Lord Grey einen Erfolg errungen hätte, der dem schändlichen Bombardement von Kopenhagen gliche, es sind jedoch manche Gründe rorhanden, an einem solchen Erfolge zu zweifeln; jedenfalls aber wäre die Schändlichkeit von Seite der Engländer dieselbe gewesen. Es ist möglich, daß Holland nachgeben muß, aber man seye versichert, daß es nur der Gewalt und der Nothwendigkeit nachgeben wird. Ich habe gute Gründe an die unwandelbare Fesügkeit unserer Regierung zu glauben, und die Energie und Einigkeit der Nation scheinen mit den Schwierigkeiten zu steigen, welche die fremde Politik ihnen erweckt. Unbeschreiblich ist besonders der Unwille, der die Nation gegen das englische Kabinet beseelt. Unsre Bürger, unsre Staatsmänner, unsre Schriftsteller, unsre öffentlichen Blätter, von den verschiedensten Farben, alle sind in dieser Beziehung einig. Außer den in der Hauptsache bekannten Einwendungen von Seiten Hollands gegen das Wesen und die Form der 24 von der Londoner Conferenz dekretirten Artikel, fragt das Journal de la Haye schließlich auch: welche Bürgschaften Holland habe, daß der auferlegte Vertrag vollzogen und in der Folge werde aufrecht erhalten werden. Werde es etwa das Versprechen einer Conferenz seyn, deren ganzes Betragen gegen Holland in den letzten Monaten nur eine Reihe von Verletzungen feierlicher Versprechungen gewesen sey, und die am 15. Okt. versichere, sie wiederrufe durch eine unwiederrufliche Bestimmung eine Bestimmung vom 19. Febr., wörtlich also lautend: „Es versteht sich, so wie es sich von Anfang an verstanden hat, daß die durch das Protokoll vom 20. Jan. 1831 festgestellten Anordnungen unwiderrufliche Anordnungen sind." (Frankf. Journal.) In dem gestrigen Comite der zweiten Kammer der Generalstaaten machte der Minister des Auswärtigen über die Verhältnisse mit Belgien eine ausfuhrliche Mittheilung, welche den Gang der Verhandlungen mit der Konferenz darlegt. Es heißt am Schlüsse darin: „Die Regierung ist überzeugt, das Wohl und die theuersten Interessen des Landes in diesen wichtigen Umständen mit Eifer und Festigkeit, aber zugleich mit Mäßigung vertheidigt zu haben, und rechnet auf die beständige Mitwirkung Ihrer Edelmögenden, so wie auf die des niederländischen Volkes, welches Sie repräsentiren, damit so der große Zweck erreicht werden kann, nach welchem wir alle streben, nämlich billige, mit unserer Existenz als unabhängige Nation verträgliche Bedingungen hinsichtlich der Trennung zwischen Holland und Belgien zu erhalten." Es scheint also, daß die holländische Regierung immer wieder neue Verhandlungen anzuknüpfen und Zeit zu gewinnen suche." Die französischen Ministerialblätter suchen seit einiger Zeit die Meinung zu verbreiten, als biete die preußische Regierung Alles auf, den König von Holland zur Annahme der
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1155 vier und zwanzig Artikel zu bewegen und sey im Nothfall bereit, sich selbst bewaffneter Vorstellungen gegen denselben zu bedienen. Ja nach Einigen sollte der König von Preußen selbst in diesem Sinn an Se. holl. Maj. geschrieben haben. Dem leichtgläubigen Publikum, das dadurch veranlaßt werden könnte, an eine Uebereinstimmung der großen Mächte in der belgischen Sache, oder überhaupt an die aufrichtigen Versöhnungsabsichten derselben zu glauben, empfehlen wir folgenden Artikel der Augsb. Allg. Zeit. „In Berlin soll man nicht ganz mit den Beschlüssen der Londoner Konferenz zufrieden seyn, und sich mißfällig über die peremtorische Art ausgesprochen haben, womit die 24 Artikel dem Könige von Holland aufgedrängt werden, und ihn mit seinen insurgirten Unterthanen auf gleiche Linie stellen. Man wünschte in Berlin wohl eine friedliche und schnelle Ausgleichung der belgischen Streitsache, allein mit Beobachtung des Dekorums gegen den rechtmäßigen, unserer königl. Familie durch die nächste Blutsverwandtschaft befreundeten Beherrscher der Niederlande. Der Schritt ist nun einmal geschehen, und kann, ohne sich ein Dementi zu geben, schwer rückgängig gemacht werden. Mehr als Beobachtung des Schweigens und die strengste Unthätigkeit möchte indessen die Konferenz in jedem Falle von Seite des Berliner Kabinets nicht zu erwarten haben; denn daß sich Preußen zu keiner, auch nur dem Scheine nach, feindlichen Demonstration gegen den König von Holland hergeben wird, kann auf das Bestimmteste versichert werden. Was unter solchen Umständen die Londoner Conferenz durch ihr etwas herbes Ultimatum gewonnen hat, ist nicht abzusehen. Von welcher Seite könnten bei der vorgerückten Jahreszeit wohl wirksame Zwangsmittel gegen Holland zu ergreifen seyn, wenn Preußen und Frankreich nicht zu deren Vollziehung berufen werden? Wie wenig letzteres zu diesem Geschäfte bei dem allgemein gegen die Franzosen herrschenden Mißtrauen geeignet ist, bedarf kaum der Erwähnung. Preußen wird sich nie dazu verstehen. Also ist es England allein vorbehalten, die Execution gegen Holland zu vollziehen, falls das Haager Cabinet den Vorgeschriebenen Friedenstraktat zurückweisen, und die Feindseligkeiten gegen die Belgier wieder aufnehmen sollte. Die Conferenz hat die belgische Regierung darum ersucht, und von ihr die Zusicherung erhalten, daß ihren Beschlüssen Nachdruck gegeben werden solle. Allein Jedermann weiß, wie fruchtlos die momentane Erscheiuung eines englischen Geschwaders an der Küste von Walchern gewesen ist. Erstens muß man bemerken, daß die Jahreszeit zu einer See-Expedition nicht mehr günstig, die Annäherung an die holländischen Küsten bei den im Spätjahr herrschenden Stürmen äußerst beschwerlich, und das Einlaufen in die Scheide fast unmöglich ist, wenn irgend Maßregeln zu dessen Verhinderung getroffen sind. Diese bestehen aber in großem Umfange. Zweitens ist das Kabinet im Haag zu umsichtig, um sich und seine Freunde durch eine Unvorsichtigkeit in Verlegenheit zu setzen, und die Feindseligkeiten in einem Augenblicke zu beginnen, wo ein schnell entworfener und abgefaßter Akt die ihm befreundeten Mächte „mit den erklärten Feinden der legitimen Rechte" in Verbindung hält, und sie so zu sagen solidarisch verpflichtet, Anordnungen gut zu heißen, die sie selbst weder achten noch billigen können. Die Feindseligkeiten jetzt anfangen wäre also unklug, und temporisiren bleibt das sicherste Mittel, sich ohne Gefahr den
Bestimmungen zu entziehen: hiezu scheint König Wilhelm fest entschlossen. Er wird die Feindseligkeiten nicht anfangen, aber auch Nichts thun, was die Londoner Konferenz befriedigen und die den Belgiern so nothwendig gewordene Sicherheit gewähren könnte. Also wäre denn der Friede durch das Ultimatum aus London noch nicht besiegelt, und die Verhältnisse kaum dadurch verändert. In Berlin soll man diesen Stand der Dinge freilich sehr bedauern, aber ihn ändern zu wollen, bei den gegenwärtigen Umständen fur unpolitisch halten, so lange sich der Wunsch des Königs von Holland nicht damit vereinigt." (Stuttg. allg. Z.) Belgien. Brüssel, 13. Nov. Gestern ist Herr Peneranda nach London abgereist; Herr Faber wird sich nicht dahin begeben; die Regierung will, um Kosten zu sparen, nur Einen Kommissär an die Konferenz senden. Man weiß jetzt, daß die Bewegungen der holländischen Armee an der limburgischen Gränze, welche die Aufmerksamkeit des Generrl Desprez erregt hatten, nur aus der Verlegung der verschiedenen Korps in die Winterquartiere herrühren. (Emanzipation.) Der gestrige Moniteur, welcher gewiß nicht zuletzt dem Publikum solche Nachrichten mittheilen würde, wenn sie nämlich vorhanden wären, sagt kein Wort davon. Andererseits haben wir Privatnachrichten, welche alle diese Gerüchte widerlegen. (Courrier.) Lüttich, 15. Nov. In Arlon, berichtet das Journal de Luxemburg, sind am lOten Unruhen vorgefallen. Die Bürgergarden sollten nämlich auf Befehl der Regierung von den Bürgern nicht mehr Kost, sondern nur Wohnung erhalten. Da aber die wohlhabenden Bürger ihre Gäste dennoch Theil an ihren Tischen nehmen ließen, so wollten dieselben sich nicht umquartiren lassen. Das Volk nahm an dem Streite Theil. Die Bürgergarden wurden vom Pöbel beschimpft, einem Officier der Degen zerbrochen. Der Oberst Lescaille konnte mit einigen andern Officieren nur mit Mühe die Streitenden auseinander bringen. Einige jungen Leute wollten die Magazine stürmen, in welchen sich die Picken befinden, aber die Nacht brachte alles zur Ruhe. Es sind nur Wenige verwundet worden. Deutschland, Darmstadt, 15. Nov. Die Regierung erklärt im neuesten Regierungsblatt, sie habe bisher keinen Einfluß auf die Auswanderungen von Unterthanen nach aussereuropäischen Löndern ausüben wollen. Es sei nicht ihre Absicht, sie zu erschweren; sie würde sie auch dann nur begünstigt haben, wenn sie durch Staatsverträge ihren Angehörigen ein glückliches Los in jenen Ländern hätte sichern können, was, vielfältiger Bemühungen ungeachtet, bisher nicht gelungen sei. Die Regierung warnt sodann vor Auswanderung nach Algier, weil sie amtlich unterrichtet sei, daß die Französische Regierung durchaus dermalen keine Kolonisten nach Algier ziehen wolle, sondern die, die sich dort einfinden, zurücksende. (Schwäb. M.) München, 22. Nov. Für die Presse der Tribüne sind nunmehr auch in Augsburg fünf Actien von einigen deutschen Patrioten subscribirt worden. Auch in Plauen im sächsischen Voigdande fand nnser Unternehmen Anklang und Unterstützung. Unsere Pariser und Londoner Correspondenz ist heute ausgeblieben. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
constitutionelles
Mittwoch. Die richtige
Tribüne
N— 144. Mitte.
(Aus dem Westboten.) Die deutsche Tribüne Nro. 117 hat die Abstimmung der bayerischen Kammer wegen des Preßgesetzes heftig angegriffen, namentlich auch den Abg. Seuffert, welcher den unglücklichen Mittelweg wrschlug. Hiergegen trat das Würzburger Volksblatt wider Willen auf, um Hrn. Seuffert zu vertheidigen. Wir glauben, unser braver Colleg in Würzburg habe in der Hauptsache Unrecht, und durch persönliche Neigung sein Urtheil verrückt. Wir unterscheiden nemlich. Die Sache oder die Abstimmung an sich tadelt das Würzburger Volksblatt, stets seiner Fahne getreu, wie Hr. Wirth und der Westbote; gleichwohl tritt es gegen die Tribüne auf, theils wegen der Heftigkeit des Angriffs, theils aus Rücksicht auf den ihm ehrenwerthen Charakter des Hrn. Seuffert. Daß die Gesinnung des Hrn. Seuffert verdächtig sey, ist eine Annahme des Volksblattes, wozu die Tribüne mit keiner Sylbe Anlaß gegeben. Man kann die Abstimmung oder Ansicht eines Deputirten oder Ministers höchstverderblich finden, ohne damit der Gesinnung zu nahe zu treten. Wahr ist dagegen, die Tribüne tadelt heftig. Man nehme jedoch die Verhältnisse, unter welchen Herr Wirth jenen Artikel schrieb: von der Censur täglich gemißhandelt, hört er selbst die Debatten, sucht von Stunde zu Stunde darauf einzuwirken, warnt die Kammer noch am Tage zuvor mit dem schmerzlichsten Vorgefühl und - wie die die Tribüne sehr wahr sagt: das Entsetzliche geschieht doch! Wie hätte nun der ganze Unwillen der glühenden Begeisterung des Hrn. Wirth nicht ausbrechen sollen? Wir sitzen ruhig in der Ferne, und können darum kälter urtheilen; aber, was den Westboten betrifft, so stimmt er mit ganzer Seele und gleichem Schmerz in das Urtheil der Tribüne ein: Die Kammer hat sich vor ganz Deutschland, und Deutschland vor ganz Europa entehrt. Ja, die Kammer hat gegen die Sache Deutschlands, gegen die Preßfreiheit ein Verbrechen begangen, sie hat nicht nur Bayern um dieses edelste Gut gebracht, sondern die Erkämpfung desselben in allen andern deutschen Staaten unendlich erschwert; sie hat, indem sie Censur für Gegenstände des deutschen Bundes bestehen ließ, die freie Besprechung der
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größten und wichtigsten deutschen Nationalangelegenheit vernichtet. Denn wenn der Censor den Befehl erhält, alle Erörterungen hierüber zu streichen, was machen? Hat Hr. Seuffert, hat die Kammer dies wohl bedacht? Es scheint nicht. Aber welche Kurzsichtigkeit dann ist dies? Wie kann ein Mann, der nicht über die engen Grenzen der paar Quadratmeilen Bayerns hinaussieht, sich mit einem Vorschlag hervordrängen, der in aller Hinsicht kläglich ist? Aber, ich irre mich, Herr Seuffert hat bis an die Weichsel gesehen; er hat seinen Antrag fast noch übler begründet, als der Antrag selbst ist. Was ist der Grund? Warschau ist gefallen. Ums Himmels willen, wie kann ein Volksvertreter, ein Vormann, ein Führer der Kammer, ein Mann, der die meisten Stimmen zur Präsidentenstelle erhalten hatte, sich also vergessen! Heißt dies nicht alle Klugheit, allen politischen Tact aufgeben? heißt es nicht für sein Vaterland, die Kraft der Freiheit, die Unabhängigkeit Deutschlands verleugnen? Die Presse konnte hyperbolisch von den nachtheiligen Einflüssen jenes unglücklichen Ereignisses sprechen, aber wie kommt ein bayerischer Abgeordneter dazu, die Kammer, ja ganz Deutschland kleinmüthig zu machen? Ο unselige Verblendung, die alles ausgleichen, nirgends anstossen will und eben darum Alles verfehlt! Hr. Seuffert hat der großen Sache mehr geschadet, als alle ihre Feinde zusammen ihr schaden konnten. Es handelt sich hier nicht von Gesinnungen, sondern von politischer Halbheit, welche überall die Sache der Freiheit, die Sache der Völker verdirbt. Der günstige Augenblick, worin die bayerische Kammer sich befand, kommt so leicht nicht wieder. Sie hat von Anfang ihn nicht begriffen, sie hat ihre Stellung, ihre Macht, ihre Aufgabe nicht gefaßt. Die neuere Nummer der Tribüne stellt sie daher wenig höher als die von 1825. Wir stellen sie viel tiefer, wenn wir den Maaßstab der Zeit von 1831 mit 1825 vergleichen. Gewiß stimmt mit uns das Volksblatt überein, das zeigen hundert Stellen in demselben. Wem gebührt aber die Zurechnung? Den Führern der Kammer. Die große Mehrheit dieser Kammer besteht, nicht wie in Carlsruhe aus fast lauter Lichtmännern und ausgezeichneten Köpfen, sondern aus zwar meist sehr wackern und charaktertüchtigen Männern, denen aber die höhere Politik des constitutionellen Lebens nicht klar ist und die sich daher von den talentoder kenntnißvollsten, oder wenigstens von den gewandtesten Gliedern leiten lassen. Sind diese bessern Köpfe nun ohne Charakter oder selbst in kläglichen 144
1159 Irrthiimem befangen, so reißen sie jene Mehrheit mit sich zu verderblichen Entschließungen fort. Dies die Geschichte des bayerischen Landtags. Wie geeignet diese Kammer war zur Erreichung wesentlicher Resultate, beweist die Hingebung der kernhaften Männer, die nicht viel sprechen, aber wissen, wo das Volk leidet, an Schüler. Schüler hat keine Spur von Demagogismus; er ist vielmehr abstossend sowohl durch die Schärfe seiner Ansichten und seiner Dialetik, als durch äusseres Benehmen; gleichwohl gewann er die Mehrheit trotz allen unsäglichen Umtrieben und Einwirkungen, weil er gerade, offen und sonder Schwanken aufs rechte Ziel losging und ebensoviel Charakter als Einsicht bewies. Hätten andere talentvolle Köpfe die weit mehr Gewandheit als Schüler, aber leider nicht seine Charakterstärke, nicht die Festigkeit und Klarheit der Ansichten besitzen, ebenso gehandelt, so würde die Kammer ihren hohen Beruf sicher nicht verfehlt haben. Worin bestand die Aufgabe? Bayerns Verfassung, die in sich selbst und in der Regierung eine Lüge ist, zur Wahrheit zu machen, eine constitutionelle Regierung und Voklsvertretung in Wahrheit zu gründen und dafür die unentbehrlichen Garantien zu erzielen. Von allem diesem ist nichts, so gut wie nichts erreicht; dies wird sich zeigen, sobald die Kammer nach Haus gegangen. Man sage nicht, es war nicht mehr zu erwirken, man habe sich alle Mühe gegeben, man solle die Mühseligkeiten nicht verkennen, und was dergleichen Ausflüchte mehr sind .Je stärker der widerstrebende Geist, desto unbestreitbarer die Nothwendigkeit ihn zu überwinden. Dies lag in der Macht der Kammer. Was wollte die Regierung thun? Auflösen? Das stand ihr zu, und das Volk würde die tüchtigen Vertreter wieder gewählt, die schwankenden aber ausgeschlossen und die Kammer selbst mit neuer Kraft und neuem Muth ausgerüstet haben. Alles dies wußte die Regierung und sicher würde sie die Auflösung nicht gewagt haben. Männer nun (und dazu gehört in den meisten solchen Versammlungen die Mehrheit), welche die Macht und Natur der Dinge nicht klar erkennen, erschrecken vor ernsten, entscheidenden Beschlüssen, ohne zu bedenken, daß solche Beschlüsse in der Verfassung liegen; sie schwanken, sie zögern, tappen umher, und — folgen denen, welchen sie höhere Einsicht zutrauen, also: Entschiedenheit der Führer und Alles war gewonnen. Diese Führer aber verzagten selbst, sie stellten eine sogenannte richtige Mitte auf. Auch wir sind fur eine richtige Mitte, aber man muß nicht übersehen, worin denn die Extreme bestehn und wo somit die rechte Mitte sich befinde. Ist eine Kabinetsregierung, ist ein sechsjähriges Büdget, ist Censur die rechte Mitte, oder sind sie ein absolutistisches Extrem mit dem Gaukelspiel einer Verfassung? Was wir hier sagen, hat eine ganz allgemeine Bedeutung; der ganze Gang des öffentlichen Lebens in Bayern eckelt uns an, und es geschieht nie ohne schwere Ueberwindung, daß wir einige Notiz davon nehmen. Wir wünschen daher, daß man die Absicht dieses Artikels nicht verkenne.
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Die hauptsächlichsten Mängel des Entwurfes einer revidirten Landschaftsordnung für das Herzogthum Braunschweig. Den Landständen des Herzogthums Braunschweig sind im Jahre 1770 von dem damaligen Herzoge Karl fiir jene Zeit sehr bedeutende Rechte verwilligt worden, und es hätte daher nach der Wiederherstellung des Herzogthums aus der westphälischen Zwangsherrschaft weniger einer Feststellung des Verhältnisses zwischen der Regierung und dem Volke, als einer richtigem Vertheilung der Gerechtsame bedurft. Einer solchen, allerdings sehr zweckgemäßen, Idee waren aber die Ansichten der vormundschaftlichen Regierung, und insbesondere die des Grafen Münster, schnurstracks entgegen, auch die Stände selbst klebten zu sehr an ererbten Vorurtheilen, gefielen sich zu sehr in der Handhabung ihrer bedeutenden Privilegien, als daß sie der Stimme des Rechts und der Vernunft hätten Gehör geben sollen. Beide Theile, Regierung und Stände, deren letztere zeither aus den drei Curien der Titular-Prälaten, der Rittergutsbesitzer und der Städte bestanden hatten, begnügten sich mit Herstellung der höchst unwesendichen Verbesserungen, daß sie aus drei Curien zwei bildeten, daß sie wenigen im Herzogthume umherwohnenden Freisassen die Wahl von Deputirten, als einen schwachen Schatten einer Vertretung der Bauern, einräumten, und daß sie aus den beiden größern Städten Braunschweig und Wolfenbüttel neben den Bürgermeistern noch einige von den Stadtdeputirten zu erwählende Männer gestatteten. Die solchergestalt zusammengesetzten Stände sollten nicht mehr, wie bisher, ihre ständischen und persönlichen Interessen, sondern die gesammten aller Bewohner dieses Landes vertreten, — wobei, wie es scheint, eine leise Ahnung von der sich bei der Schöpfung bewährten Wirkung des göttlichen Hauches vorgeschwebt haben muß. Solches geschah im Anfange des Jahres 1820. Wie wenig aber dieses Verfahren gefruchtet, wie wenig dadurch eine rege Wechselwirkung zwischen dem Volke und seinen vermeintlichen Vertretern zu Stande gekommen, wie wenig unter diesen Wechselwirkungen ein Nachhall des ständischen Wollens und Wirkens im Volke erkennbar geblieben, das ergiebt zur Genüge die Betrachtung der ständischen Streitigkeiten mit einem Fürsten, an dem selbst ein Diogenes mit Hülfe seiner Laterne keine Spur von Regenten-Tugend entdecken würde. Solche Mißstände konnten weder der neuen Regierung noch dem Volke verborgen bleiben, und es regten sich, nachdem durch ein großes und kostbares Feuer die Bergangenheit von der Gegenwart und Zukunft streng geschieden war, in dem letztern mächrige Stimmen auf, mit dem Verlangen nach Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes. Ihnen zu genügen, war gewiß die Absicht der Regierung durch die Vorlegung des Entwurfes einer revidirten Landschaftsordnung am 30. September d. J., so wie es die Absicht dieser Zeilen ist, zu prüfen, ob dieselbe ganz oder nur theilweise erreicht sey. Glücklicher Weise hat man diesem Entwürfe noch eine Entwicklung seiner hauptsächlichsten Motive folgen lassen, aus welcher dann manches klar geworgen ist, was sonst leider ganz dunkel geblieben wäre; ein Umstand, welcher hie und da eine Bezugnahme auch auf die Entwicklung nothwendig machen wird. Und dieses ist namentlich schon der Fall in Betreff des Systemes, nach welchem die neue
1161 Vertretung beurtheilt werden muß. Die Entwicklung nämlich behauptet, sie sey im Systeme der staatsbürgerlichen Interessen gehalten, ja sie geht so weit, sogar der bisher bestandenen dasselbe unterzulegen. Denn, sagt sie, die Prälaten vertraten die Intelligenz, die Ritter den größern, die Freisassen den kleineren Grundbesitz und die Abgeordneten der Städte die Interessen des Handels und der Gewerbe. Da man nun in dem Entwürfe den drei Ständen der Rittergutsbesitzer, der Städter und Bauern, von denen ein jeder 13 Deputirte wählen soll, gestattet hat, von diesen 13 drei wissenschaftlich gebildete Männer zu wählen, und die Regierung denselben noch sechs Prälaten aus den bisher vorhandenen zwölfen beigeben will, so glaubt man eine ganz exemplarische Vertretung aufgestellt zu haben. Man hat dabei aber nicht bedacht, daß eine politisch mündige und selbstständige Person nur dann als vertreten gedacht werden kann, wenn sie durch freie Wahl zu dieser Vertretung mitgewirkt hat, und daß es daher eine wahre Verhöhnung aller derer, welche dem Interesse der Intelligenz angehören, so wie des ganzen Systemes ist, zu behaupten: daß durch den Entwurf vom 30. September d. J. das System der staatsbürgerlichen Interessen in Anwendung gebracht worden sey. Auch ist die Regierung in einem großen Irrthum befangen, wenn sie glaubt, sich durch die Ernennung von sechs Prälaten einen heilsamen Einfluß auf die Kammer verschaffen zu können und verschaffen zu müssen. Denn welcher andere Einfluß könnte wohl einer Regierung, der Volksvertretung gegenüber, auf diese gestattet werden, als der durch Vernunfi:und Zeitgemäßheit ihrer Ansichten und Maßregeln und der in beiden begründeten Uebereinstimmung mit der öffendichen Meinung? Welcher andere könnte wohl gedacht werden, außer im Gefolge unlauterer Mittel und gerechter Furcht des nachtheiligsten endlichen Ausganges? — Daneben aber hat man die Intelligenz noch dadurch sehr in Schatten gestellt, daß man sie nicht allein in Betreff ihrer vermeintlichen Vertreter der Willkühr der eben angeführten drei Ständen, welche 9 wissenschaftlich gebildete Männer nicht wählen müssen, sondern nach Belieben nur wählen können, hingegeben, sondern außerdem noch bestimmt hat, daß die Wählbaren mind[e]stens in der fünften Klasse begriffen seyn oder ein jährliches ständiges Einkommen von 1000 Rthlm. haben müssen, so daß man hier wiederum auf die eigendich reine Intelligenz und auf das Vertrauen der Wähler nur beiläufig einigen Werth gelegt hat. Dreierlei muß also nach dem bereits Bemerkten in dem Entwürfe geändert werden, und zwar: 1) das staatsbürgerliche Interesse der Intelligenz muß, durch freie Wahl seiner eigenen Interessenten, Abgeordnete aus seiner Mitte stellen; 2) die Regierung muß dem angemaßten Rechte der Prälatenernennung fiir immer entsagen, und 3) die Wählbarkeit fur die Deputirten der Intelligenz muß von jeder Steuerquote, von jeder bestimmten Einnahmssumme und von jedem Vermögensbesitz unabhängig seyn. Hiernächst nimmt der Haushalt des Fürsten, dem des Staates gegenüber, und die Art und Weise der Steuerbewilligung durch die Stände unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Es soll nämlich der erstere nicht auf einer feststehenden Civilliste beruhen, sondern das sämmdiche Domänialvermögen zur persönlichen Disposition des Regenten verstellt bleiben, beschränkt nur durch Steuer- und andere Abflüsse in die
1162 Staatskasse, widerruflich jedoch nach vorhergegangener einjähriger Kündigung des Regenten. Es liegt aber am Tage, daß ein solches schwankendes und in Betreff seiner Dauer durchaus unbestimmtes Verhältniß die so nothwendige Ordnung im Staatshaushalt nicht bewirken kann, nnd daher der beabsichtigte Zweck dadurch nie erreicht wird. Wenn die Entwickelung in der Besteuerung des Domänialvermögens eine Garantie finden will gegen jede nicht in der Nothwendigkeit beruhende Besteuerung des Vermögens der Staatsbürger, so würde dieses unter andern Umständen wenig Vertrauen in die lautern Gesinnungen des Regenten, unter den vorliegenden aber ein unstatthaftes Mißtrauen in die Pflichterfüllung der Stände verrathen, durch deren Bewilligung doch allein Steuern auferlegt oder erhöht werden können. Obgleich die Stände von drei zu drei Jahren zusammenberufen werden sollen, läuft das Budget dem Entwürfe gemäß doch von sechs zu sechs, ja die „Entwickelung" geht sogar so weit zu behaupten: „die Verwilligung der regelmäßigen Steuern nur auf eine Finanzperiode sey genau genommen von geringem praktischen Nutzen, da dieselben Ausgaben des Staatshaushaltes, besonders in einem kleinen Staate, regelmäßig widerkehren, so daß die neue Bewilligung nur eine Form wäre. Es würde überdieß eine wahre Calamität seyn, wenn alle sechs Jahre neue Steuersysteme eingeführt würden und neue Steuerregulirungen statthaben sollten." Drängt sich hier nicht die Frage auf: ob wohl überhaupt Verfassungen und Garantien von gewissen Leuten fur nöthig und nothwendig erachtet werden, oder ob sie vielleicht blos zum Spielwerk der Völker gegeben sind? Auch ist eigentlich unbegreiflich, wie man in einem Lande, in welchem die jüngste Vergangenheit in Betreffeines Zwiespaltes zwischen der Regierung und einem von ohnmächtigen Ständen vertretenen Volke auf die entsetzlichsten Gewaltsamen hinweiset, wie man gerade in diesem Lande eine sechsjährige Finanzperiode aufstellen, und dadurch die Deputirten der Möglichkeit neuer Lähmungen, den ganzen Staat aber derjenigen neuen Unordnungen hingeben kann. In Betreff der Oeffendichkeit der Verhandlungen sagt die Entwickelung: „Ueber die Bekanntmachung der ständischen Verhandlungen durch den Druck habe sich Se. Durchlaucht bereits in der Eröffnungsrede ausgesprochen, und es dürfte hier nur noch zu bemerken seyn, daß die Regierung geglaubt hätte, nicht weiter gehen zu können, weil Einrichtungen, die den Sitten und der Entwickelungsperiode voraus eilten, nur nachtheilig wirken könnten. Die Regierung scheint demnach der Meinung zu seyn, daß die Braunschweiger den übrigen Deutschen an politischer Bildung noch sehr nachstehen; in dem vorliegenden Falle aber scheint sie, wenn überall ein solcher Abstand anzunehmen ist, denselben fur größer zu halten, als er wirklich ist, — wenn nämlich das heiße Verlangen nach einer Einrichtung, und das Bewußtseyn ihres Vorzuges vor andern irgend ein Maaßstab seyn kann fur ihre Zeitgemäßheit und Nothwendigkeit. Zur Bestrafung von Verfassungsvergehen hat man einen durch Mitwirkung der Regierung und der Stände zu bildenden Gerichtshof vorgeschlagen, und demselben Untersuchung und Urtheil, letzteres durch nur einmaliges Erkenntniß, übergeben. Von Oeffendichkeit ist dabei durchaus keine Rede. - Das Protokoll in der Ständeversammlung soll nur von einem Sekretär oder dem Landsyndikus geführt werden. Die De-
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1163 putirten sind in Betreff ihrer Vorträge auf einmalige Rede beschränkt und jede geschriebene Beihülfe ist ihnen untersagt, — Umstände, die billig nicht von vorne herein so sehr beschränkt, sondern nach Maaßgabe der Wichtigkeit der Sachen mehr dem Ermessen der Kammer anheim gestellt seyn sollten. Endlich hat man die Annahme der Verfassung von Seite des Fürsten auf eine einfache Bestätigung beschränkt, statt daß man, so lange überhaupt noch Eide geschworen werden, die Uebernahme der wichtigsten und heiligsten Pflichten dieser Erde billig nicht anders, als gegen Ablegung des bündigsten und feierlichsten Eides gestatten sollte. — Möchte doch diesen gerügten Mängeln eine angemessene Erledigung zu Theil werden, damit nicht das nur halb Vollbrachte neue Unzufriedenheit hervorrufen, und auch nur unzureichende Mittel zur Besserung an die Hand geben möge. Unter den letztern sieht man mit großen Erwartungen den Vorschlägen der Regierung über Preßfreiheit entgegen, man vernimmt darüber aber auch, selbst von den wissenschaftlich gebildetsten Männern, mitunter die verkehrtesten und abgeschmacktesten Urtheile.
Politische
Miscellen.
1. Es soll ein neues Königreich der Polen gegründet werden — in Sibirien nämlich. Der Kaiser von Rußland will demselben seinen besondern Schutz angedeihen lassen. Bereits sind auf seine Veranlassung 3000 Colonisten in den neuen Staat beordert worden. So wie man hört, werden noch viele nachfolgen. 2.
So lange Eigennutz die Haupttriebfeder der Menschen bleibt, so lange werden die Völker von Despoten unterdrückt werden, sie verdienen es aber auch. 3. Voltaire äußerte sich einst: „vaut mieux un ennemi sage qu'un ami bete"; ebenso möchten wir von den politischen Partheyen sagen, daß jene der juste milieu-Leute und Halbliberalen unserer Entwicklung nachtheiliger ist, als jene der erklärtesten Ultras.
Tages-Chronik. England. London, 16. Nov. Nach der Versicherung wohl unterrichteter Personen soll der König von Holland weder von Rußland noch von Preußen unterstützt weiden. Wenn er also auf seiner Weigerung beharrt, die 24 Artikel anzunehmen, so wird die französische Armee oder die engl. Flotte ihn leicht dazu zwingen. Der König von Belgien ist durch die 5 Mächte nun förmlich anerkannt. - Noch liegen die Schiffe Don Pedros unter Embargo, allein es ist an ihrer baldigen Befreiung nicht zu zweifeln. Die Expedition wird vorerst nach Terceira gehen, sich mit den dortigen Liberalen vereinigen, und dann erst in Portugall landen. — Im Innern verdunkelt sich unser politischer Horizont. Lord Grey ist nicht mehr Herr des Volks, welches schlechterdings sich keine Veränderung an der Reformbill gefallen lassen will. Wenn das Volk nur eine
Erhöhung des Wahlcensus einräumen wollte, so würde die Regierung leicht die Majorität in der Pairskammer gewinnen, allein es verweigert jede Concession. Man spricht daher neuerdings von der Ernennung neuer Pairs. Lord Grey soll die Absicht haben, sich vom Ministerium zurückzuziehen. Frankreich. 15 Monate sind jetzt verstrichen, seit der July-Revolution; wie sehr hat sich durch die Unfähigkeit der Minister seitdem alles verändert. Im August 1830 blühten Frankreich die schönsten Aussichten der Unabhängigkeit, unter dem Veteranen der Freiheit hatte sich eine imposante Masse von National Garden gebildet, jeder Franzose, stolz auf Frankreichs Zukunft, ergab sich dem Dienste mit Eifer, der von der Nation erwählte Bürgerkönig war allgemein beliebt und Vertrauen herrschte überall. Bald aber traten elende Schmeichler zwischen Fürst und Volk und erstickten die Stimme des Letztern. Frankreich fieng an vor dem Auslande zu zittern; Frankreich ließ schmachvoll seine Brüder im Stich, die auf seinen Ruf die Waffen ergriffen hatten. Das alte System der Restauration wurde wieder hervorgerufen, die Gewohnheiten des vorigen Hofes giengen auf den Bürgerkönig über, der Mißbrauch vermehrte sich, die Abgaben nahmen zu, die Freiheit der Presse, welcher sämmtliche Machthaber des Augenblicks ihre Gewalt verdanken, wurde unterdrückt und mehr noch verfolgt als unter dem Ministerium von Gottes Gnaden. Ist es nach allem dem zu verwundern wenn die Nation in Entmuthigung dahin sinkt. Was ist aus ihrer so viel versprechenden Zukunft geworden? Antwortet, Minister! denen sie anvertraut war, welche Summe von Glück oder Ruhm habt Ihr der Nation verschafft, als Ersatz des vergossenen Blutes? Nach Aussen die Schande und Verachtung befreundeter Nationen, im Innern Aufruhr Armuth und Elend, das sind eure Wohlthaten. Möge Frankreich generös genug seyn, es fiir Immer zu vergessen. Paris, den 18. Nov. Consol. 5 Proz. 95,15; 3 Proz. 68,50; Falkonet 80,10; ewige Rente 55. München, den 23. Nov. Der Redacteur der Tribüne ist heute nach dem Rheinkreise abgereist. Wir werden nunmehr die verehrlichen Herren Abonenten für die bisherige Leere des Blattes hald entschädigen können. Der Entschluß des Redacteurs, die Preßfreiheit gegen alle Censurritter und Censuredikte zu behaupten, steht unerschütterlich fest und wird unnmehr unter dem Schutze des Gesetzes ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Deutschland muß, Deutschland wird wenigstens einige freie Pressen haben. Um in Ansehung der Abreise des Redacteurs die theilnehmenden Besorgnisse der Münchner politischen Zeitung und anderer hiesigen Blätter im Voraus zu heben, bemerken wir, daß der Redacteur seine Abreise bei den Behörden, auch dem k. Kreis- und Stadtgericht München, angezeigt und ohne Anstand Pässe empfangen hat. Es wird zwar alle lojalen und gutgesinnten Royalisten, wo nicht in Betrübniß, doch gewiß in Verwunderung setzen, daß man von dem schwer beschuldigten Redacteur nicht einmal eine Caution verlangte; allein wir können ihnen diesen Schmerz nicht ersparen; es ist nicht anders. Die Tribüne wird auch sehr bald auf den Boden des Gesetzes und der Civilisation verpflanzt seyn. Sie wird dort heimischer seyn kräftiger sich entwickeln. Begeisterung und Leidenschaft für Licht und Freiheit können im Lande der Aufklärung mehr Tiefe und mehr Aufschwung gewinnen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
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Bitte um Gerechtigkeit für die Rechtskandidaten in Bayern. (Auf besonderes Verlangen eingerückt.) Die neueste Art der Prüfung der bayerischen Rechtskandidaten steht mit den Forderungen der Gerechtigkeit in einem solchen Widerspruche, daß man deßhalb an das Unheil der öffentlichen Meinung zu appelliren gezwungen ist. Wir wollen einen Bericht hierüber abstatten und versprechen uns, daß derselbe über das theoretische Examen der Rechtskandidaten zu München im Volke die moralische Ueberzeugung verbreiten werde, daß dieses Examen eine unglückselige, ungerechte Anstalt sey, wo die Ehre und die Existenz der juristischen Jugend vom Zufall und der Willkühr abhängig gemacht wird. Eben deßwegen hoffen wir aber auch, daß unsere Relation zu den Ohren der Staatsregierung dringen, und den ins Unglück gestossenen Rechtskandidaten eine schleunige Hülfe herbeiführen werde, damit sie nicht verzweifeln müssen an der Gerechtigkeit, die sie selbst zum Gegenstande ihrer Anstrengungen und ihrer Liebe gemacht haben. Am 27. May 1830 fiel plötzlich die weise Verordnung vom Himmel, daß alle jene Kandidaten der Rechtswissenschaft, welche schon im Jahre 1827 ihr Fachstudium antreten konnten, zu ihrem Uebertritt in die Praxis zwar des Examens enthoben, alle später aber sich einer sogenannten theoretischen Prüfung unterwerfen sollten. Vorausgegangen war im Jahre 1826 die Erlaubniß für die Abiturienten des Gymnasiums, unmittelbar an eine Universität überzutreten und etwas später die Verordnung, daß von nun an die Lyceisten 4 Jahre, die Abiturienten des Gymnasiums aber 5 Jahre an einer Hochschule verbleiben müßten. Da die letzte Verordnung aber den aus den Gymnasien und den Lyceen abgehenden Studirenden erst bei ihrer Ankunft in der Residenzstadt München bekannt wurde und dadurch die lex posterior sehr ungerechter Weise zurückgewirkt hätte, so wurde sie jenes Jahr für die Lyceisten zurückgenommen, zum Nachtheile der Gymnasiasten aber blieb sie fest stehen, obgleich diese auf die Zurücknahme derselben deßhalb einen gegründeten Anspruch hatten, weil vielleicht mancher, wenn ihm die Verordnung noch zeitig genug bekannt worden wäre; das Studium aufgegeben, oder wenigstens noch ein Jahr an einem Lyceum zugebracht hätte; denn
Tagblatt.
München den 24. November 1 8 3 1 .
5 Jahre an einer Universität zuzubringen, dazu sind nicht jedem die Mittel und die Lust gegeben. Im Jahre 1830 erst fühlte man das Unpassende dieser Verordnung. Um aber die Gerechtigkeit für die im Jahre 1826 vom Gymnasium abgegangenen Rechtskandidaten nicht im ganzen Umfange zu gewähren, erlaubte man, wie den Lyceisten nach 3, jenen nach 4 Jahren, also im Jahre 1830 in die Praxis zu treten, schob ihnen aber, da sie gerade aus dem akademischen Leben treten sollten, ein Examen vor die Thüre, welches die Ungleichheit von 1826 nicht nur nicht gut machte, sondern die betreffenden Kandidaten sogar unendlich mehr in ihrem Rechtsstande gefährdete, als wenn man ihnen jenes Jahr gar nicht erlassen hätte. In jener Verordnung vom 27. März 1830, wurden eilf Lehrgegenstände bezeichnet, aus welchen die Studierenden gefragt werden sollten, um sich zu überzeugen wie dieselben in den Geist der Wissenschaft eingedrungen seyen. Natürlich war es nun nach Ablauf von 3 j Jahren zu spät, seinen Studien jene eilfache Richtung zu geben, wie sie grade in der Verordnung verlangt wurde und wie sie selbst kein einziger der Herrn Professoren im ganzen baierischen Reiche besitzt und besitzen kann. Im Vertrauen auf die Gerechtigkeit der Staatsregierung würde gewiß damals jeder um Erlassung dieses Examens gebeten haben, hätte er auf der einen Seite der Humanität der Professoren nicht vertraut und auf der andern Seite nicht den Schein des gepflogenen Unfleißes gefürchtet. Unglückliche Täuschung, die den Menschen verleiten kann haarbreit von seinem Rechte abzugehen und von der Willkühr abhängig zu machen, was ihm vor Gott und der Welt Niemand verweigern kann. Statt sich nämlich durch allgemeine Fragen, nach dem Sinne jener Verordnung, zu überzeugen wie die Studierenden in den Geist der Wissenschaft eingedrungen seien, ging man in die kleinlichsten Nebensachen ein und wenn hie und da Ausnahmen gemacht wurden so war dies, eben weil es Ausnahmen waren, nur um so empörender. So kam es denn daß schon im ersten Jahre bey dieser Prüfung ausgezeichnete junge Männer zurückgewiesen wurden, während beschränkte und mittelmäßige Köpfe sehr gut bestanden. Es kam sogar der Fall vor, daß ein junger Mann, welcher zwei seiner Commili tonen mit der größten Anstrengung zum Examen vorbereitet hatte, selbst zurückgewiesen wurde, während jene glücklich zu ihrem Ziele gelangten.
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1167 Im Jahre 1831 wiederholte sich das alte Unrecht, und zwar in einer so traurigen Gestalt und in so vergrößertem Maße, daß der allgemeine Unwille darüber laut wurde und noch laut wird. Wir unterlassen es, einzelne Beispiele anzuführen, wodurch das Unpraktische jener Einrichtung auch fur die Laien sichtbar wird und beschränken uns vielmehr darauf, die Hauptgrundfehler anzugeben, woran jene Einrichtung leidet. Der erste Fehler jener Einrichtung ist der, daß sie als Probe der Rechtskenntniß, selbst auf Unrecht fußt, indem, wie schon eben bemerkt wurde, die in der Verordnung vom 27. März 1830 ausgesprochenen Anforderungen und Prinzipien nur fur künftige, nicht aber für vergangene Fälle geltende Kraft haben konnten. Bis zu diesem Zeitpunkte war es den Studirenden frei gestellt, ihre Studien nach Belieben einzurichten, genug, wenn sie nur nach zweijähriger Praxis im Stande waren, das Staatsexamen zur Zufriedenheit zu passiren. Nun widerruft man auf einmal Alles, was 4 Jahre lang vorher gesetzlicher Grundsatz war und verlangt, daß man sich 4 Jahre in seinen Studien nach einer Verordnung richten sollte, die erst am Ende des vierten Jahres bekannt wurde. Seltsame Ansicht über das lex posterior, und um so liebenswürdiger, je nachtheiligere Folgen und Strafen damit verbunden sind. Soll die Verordnung Rechtsbeständigkeit erlangen, so kann es nur blos für diejenigen bindende Norm seyn, welche zur Zeit ihres Erscheinens ihr Fachstudium noch nicht begonnen hatten, alle übrigen stehen unter dem frühern Gesetz. Der zweite Fehler dieses Examens ist seine Unzweckmäßigkeit und Unzulänglichkeit. Es verstößt dasselbe erstlich gegen alle Analogien in andern Wissenschaften, indem Mediziner, Theologen, sogar Pharmazeuten und Architekten einer weit gründlichem und durch alle Zweige der Wissenschaft durchgreifendem Prüfung unterworfen werden; Juristen aber will man in zwei Stunden examiniren über das, was sie in vier Jahren gelernt haben; 11 Gegenstände in 2 Stunden durchexaminiren, an deren einem mancher Herr Professor 2 Semester lang liest und noch nicht genug hat?! Große Geister, die so die Quintessenz aus der ungeheuern Masse der Materien zu ziehen verstehen, und in einer halben Stunde nicht mit dem antestatus oder mit dem libripens u. d. g. fertig werden können, die gerne 2 Stunden darüber reden möchten, wer der Vater des Cujaz gewesen und sogar wissen, daß er seine Werke auf dem Bauche liegend geschrieben habe!! Diese großen Geister fragen zwar Kleinigkeiten und Detailsachen, allein lauter wesendiche (?) Kleinigkeiten und nicht viele, damit man sieht ob einer alle weiß!! Nach dieser Ansicht könnte man auf den Einfall kommen, als ob blos der Zufall in der Prüfungskommission entscheide. Zur Berichtigung diene Folgendes. Es giebt bei den Prüfungs-Commissionen dreyerley Meinungen: vortheilhafte, nachtheilige und gleichgültige. Will man Jemanden wohl, so entscheidet die Willkühr, und zwar im Fragen und Beurtheilen der Antworten, eben so wird entschieden, wenn man Jemanden nicht wohl will; ist man aber gegen einen Kandidaten gleichgültig, dann entscheidet der Zufall, und wohl ihm, wenn er Kleinigkeiten gefragt wird, die ihm schon einmal über den Weg gelaufen sind. Es entscheidet also das Wohlwollen, oder das Uebelwollen oder der Zufall. Wenn nicht geleugnet werden kann, daß dieser Vorwurf zunächst die Professoren trifft, so ist die in Rede stehende Verordnung gewiß in sofern nicht frey vom Vorwurfe als sie
1168 grade Willkühr und Zufall unmöglich machen sollte. Referent glaubt, daß es sehr leicht seyn würde, jeden der Herren Examinatoren durchfallen zu lassen, besonders wenn man, wie diese Bücher benützend, freie Wahl in schwierigen und kleinlichen Fragen hat. Dem Zufall kann blos dadurch abgeholfen werden, daß das Examen wenigstens 10 bis 14 Tage dauert, und in alZ?« Fächern, die in der Verordnung verlangt wurden, examinirt wird. Der Willkühr kann die Oefrentlichkeit blos scheinbar steuern, denn sobald der Examinant entweder Stärke oder Blöße bemerkt, kann er entweder, um zu chikanieren oder zu begünstigen, davon abspringen oder dabey beharren. Ein Kapitalfehler dieser Einrichtung ist ferner der, daß das Examen bloß mündlich ist, da die bisherigen Studierenden durchaus nicht an dieses unbefangene, schnelle Antworten, wie es in der Prüfung verlangt wird, gewöhnt sind. Der schnelle Uebergang aus einer Materie in eine ganz andere, ferner die bisher übliche, pedantische Examinationsmethode, fuhren eine Verwirrung herbei, die um so größer werden muß, je mehr der Candidat die Gefahr einsi[e]ht, in welcher er schwebt, je mehr er die Kraft der Beredsamkeit und die freie, geniale Auffassung der Gegenstände gelähmt fühlt. Unpolitisch ist jenes Examen endlich, weil es eine Masse junger Männer unglücklich macht und sie so zu sagen zur Verzweiflung bringt. Was sollen die unglücklichen Opfer jener ungerechten Verordnung noch anders beginnen, als bei dem Außerordentlichen, bei dem Ungeheuern Trost und Satisfaktion zu suchen? Muthwillig muß man nie in jugendlicher Brust die Flammen der Verzweiflung anfachen, selbst wenn das Vertrauen auf die Ruhe und Sicherheit des Staates nie wankend gemacht worden wäre, was doch in unsern Zeiten nicht der Fall ist. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, erscheint die vielgetadelte Einrichtung um so unbegreiflicher, da sie als überflüssig sich zeigt, sobald man nur daran denkt, welches Staatsexamen ihr nachfolgt. Wir könnten noch vieles Andere über die Ungerechtigkeit, Unzureichenheit und Unzweckmäßigkeit jener Einrichtung vorbringen, allein das Gesagte wird hinreichen, um jeden vernünftigen, rechdichen Mann zu überzeugen, daß dieselbe unmöglich, weder fur jetzt noch für die Zukunft bestehen könne. Die einzige Bemerkung möchte noch nothwendig seyn, daß das Urtheil der meisten betheiligten Professoren in dieser Sache sehr befangen und unzuverlässig ist, weil sie in derselben ein Mittel erblicken, ihr Ansehen zu vergrößern und die Zahl ihrer Zuhörer zu vermehren. Wir hoffen, daß es in Baiern auch ftir die Rechtskandidaten noch eine Gerechtigkeit gebe, und daß unsere Staatsregierung die Gekränkten bald zum neuen Leben und zur neuen Liebe rufen werde. Von mehreren unbetheiligten Juristen.
Politische
Miscellen.
1. Die Päbste, die Minister geben wichtige Posten nicht dem ersten besten, sondern einem Manne, den sie genau geprüft haben, weil sie mit ihm fast auferzogen wurden, nämlich einem Blutsfreund. Sie denken zu moralisch, als daß sie nach ihrer Erhebung ihre Verwandten nicht mehr kennen sollten, und sie halten den Hof fiir keinen Himmel, wo man
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1169 nach seiner in die Hölle verdammten Magenschaft nichts fragt. Weil ein Minister so viel verdauen kann wie ein Strauß, so wundert man sich, daß er nicht auch wie ein Strauß seine Eier voll Anverwandten in den Sand und vor die Sonne wirft, und ihr Aufkommen nicht dem Zufall anvertraut. Aber nichts verträgt sich weniger mit dem Nepotismus als das: selber der Strauß brütet zu Nachts und in kälteren Orten persönlich, er unterläßt es nur da, wo die Sonne besser brütet; so sorgt auch der Mann von Einfluß (ζ. B. eine Hofdame oder ein Generalcommissär *) nur in solchen Fällen fur die Vettern (Söhne **), wenn großer Mangel an Verdiensten es erfordert. Ich gestehe es, die Moral kann eben so wenig Nepotismus wie Freundschaften gebieten, aber das Verdienst ist desto größer, wenn man ohne alle moralische Verbindlichkeit mit seinem Stammbaum gleichsam die halben Thronstufen überdeckt. — (Jean Paul.) 2. An einem andern Orte sagt Jean Paul: „Mancher Staat gleicht den von den Zigeunern oft dargestellten Pyramiden, deren Spitze mit einem Kinde endigt." Tages-Chronik. England. London, 17. Nov. D o n Pedros Angelegenheit wegen des auf seine Schiffe gelegten Embargos ist nun dem General-Prokurator vorgetragen worden, dessen Ansichten morgen bekannt werden sollen. Einstweilen haben die Enrolirungen englischer Soldaten ganz aufgehört. — Das Vertrauen zum Frieden ist jetzt allgemein. Man hält zwar die Zustimmung des Königs von Holland zu den 24 Artikeln keineswegs fiir gewiß, allein man verläßt sich desto mehr auf den Entschluß der fünf Mäche, diese Zustimmung durch die Gewalt der Waffen zu erzwingen. Die früher bestandene Schwierigkeit, auf welche Weise und durch welche Mächte eingeschritten werden soll, ist beseitigt: Frankreich wird 25,000 Mann nach Belgien senden, Preußen mit 25,000 Mann dazu stoßen, und England die Kriegesoperation durch seine Flotte unterstützen. — Die Gerüchte von einem Rückzüge des Ministeriums bestätigen sich nicht. — Der Tag der Parlaments-Versammlung ist noch nicht bestimmt. In dem Courrier wird versprochen, daß er nicht länger hinausgeschoben werden soll, als zur Umarbeitung der Reformbill nöthig ist. - Die η ue Reformbill, obgleich verändert, wird eben so durchgreifend, vielleicht noch durchgreifender seyn, als die verworfene. Das Publikum wird sich überzeugen, daß Lord Grey und seine Collegen nicht durch Zugeständnisse die Stimmen der Antireformer zu erkaufen gesucht haben. — Man glaubt immer noch an die Ernennung neuer Pairs. - Das Land ist ruhig; die Versammlungen, welche in den Provinzen gehalten wurden, hatten keine Störungen zur Folge. Allgemein wünscht man aber, daß die Zusammenberufung des Parlaments möglichst beschleunigt werden möge, denn John Bull ist der ewigen Verzögerung müde, welche die Reformbill erleidet. Frankreich. Paris, 19. Nov. Wir wissen aus guter Quelle, daß der Pabst bei Rothschild,Tortonia u. Comp, in *) A. d. R. '*) A. d. R.
Rom und T h o m . Wilson in London ein Anlehen von 15 Millionen Franken abschließt, welches den genannten Häusern ungewöhnlichen Nutzen gewährt. — Im Staatsrath ist Spaltung eingetreten. Es bestehen drei Parteien: die des Ministeriums, die von Herrn Decazes und die von Herrn Dupin. D e m Letztern kann Herr C . Perier nicht verzeihen, daß er durch die verlangte Revision des Prozesses von Ney einen Theil seiner Popularität wieder zu gewinnen gesucht hat. Im Augenblick, wo das Institut der Pairie bis in seine Fundamente erschüttert ist, kam jener Vorschlag doppelt ungelegen. Es trat daher zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Wiedererwecker dieser National-Antipathien eine plötzliche Entferfernung ein, in Folge deren sie sich nun gegenseitig zu contrecarriren suchen. So hat sich bereits Herr Dupin mit Herrn Decazes verbunden, um die Ernennung neuer Pairs zu verhindern; diese beiden Männern, wovon jeder nach dem Präsidentenposten strebt, vereinigen vorläufig ihre Bemühnngen, um Herrn Perier zu stürzen. Möge es ihnen gelingen; Frankreich und Europa können nur dabei gewinnen. - Gestern um 6 Uhr fand die officielle Mittheilung des Vertrags vom 5. November in Bezug auf Belgien statt. - Endlich weiß man den Grund der bisherigen Schwankung in den Angelegenheiten von Algier. Unser früheres Ministerium unter der Restauration hatte England versprochen, sich auf Besitznahme der Stadt Algier zu beschränken. Bei Ausbruch der Julirevolution wurde entehrenden Concessionen dieser Art keine Gültigkeit eingeräumt, man sandte den General Clausel mit einer Vollmacht in Blanco dahin ab. Kam nachher das Friedensministerium um jeden Preiß, welches das Verfahren des General Clausel nicht mehr gut hieß, und sogar die durch ihn geschlossenen Verträge zu sanctioniren Anstand nahm. Heute endlich, wo der Friede gesichert scheint und das Ministerium die Nothwendigkeit einsieht, Algier zu erhalten, um nicht die Nation noch mehr zu reitzen, scheint es wieder thätiger in dieser Sache einschreiten zu wollen. Ueber alles das erwartet man ehestens Auf[k] lärung von der Tribüne aus durch Marschall Clauzel selbst. Paris, den 19. November. Consol. 5 Proz. 95,95; 3 Proz. 69,30; Falkonet 80,90; ewige Rente 56. Holland. Rotterdam, 16. Nov. Die holländischen Blätter melden ebenfalls, daß der König Leopold durch das 51ste Protokoll von den fünf Mächten anerkannt sey; in diesem Protokoll sollen ferner nähere Weisen in Betreff der Flußschifffahrt festgestellt seyn. (Frankf. J.) Von der holländisch-belgischen Gränze, 13. Nov. In dem guten Glauben, daß die Enclaven von Luxemburg, nach den Bestimmungen der 24 Artizel, an Holland zurückkämen, haben bei Arlon, unter der Anführung einer adelichen Dame und ihrer Söhne, verschiedene Dörfer sich geweigert, ferner an Belgien die Steuer zu bezahlen, und steckten, um noch deutlicher den Vorsprung zu gewinnen, die Oranische Flagge auf die Thürme. Die zahlreichen Anhänger der belgischen Sache aber rißen sie wieder mit Gewalt herab, wobei es allerdings zu Thätlichkeiten kam. Die nämlichen Unordnungen fallen noch immer vor, und verbreiten sich auch weiter. Für einzelne gehen unstreitig schlimme Folgen daraus hervor, und für das Ganze kein Nutzen. (Frkft. Journ.) Belgien. Brüssel, 16. Nov. Das zuletzt vou der Konferenz ausgegangene Dokument gestattet keinen Zweifel über die Unwiderruflichkeit ihrer Beschlüsse. Dasselbe ist vom 10.
1171 November datirt und kein Protokoll, sondern eine Antwort der fünf Mächte auf die durch die Bevollmächtigten des Königs von Holland eingereichten Bemerkungen. Die Konferenz erklärt darin, daß sie dem König Wilhelm das Recht des Krieges oder Friedens nicht abstreite und daß er selbst hingegen auch der Konferenz das Recht nicht streitig machen könne, Maßregeln zu nehmen, wodurch sie am sichersten zu ihrem Zwecke zu gelangen hoffe, nämlich, die Feindseligkeiten von beiden Seiten zu verhindern und schließt damit, auf einen von den Gesandten des Königs von Holland gemachten Einwurf, über die Art und Weise der Mittheilungen zu antworten, einen Einwurf, welcher sich auf ein Aachener Protokoll gründet. Hierauf gestützt, glauben wir, daß in Folge anderer von London erhaltener Depeschen, die Armee eine rückgängige Bewegung machen wird, da der Frieden als zuverläßig angesehen werden kann. Von den zwei Divisionen der Avantgarde, welche von den Generalen Goethals und Wauthier befehligt werden, wird die eine nach Lierre, die andere nach Mecheln zurückkehren. Das Hauptquartier wird in Brüssel seyn, und die ReserveDivision, die jetzt in Mecheln unter den Befehlen des Generals Duvivier steht, wird sich nach Ath, Möns oder Charleroi zurückziehen. Doch wird die Armee noch auf dem Kriegsfuß bleiben, und ihre fernere Organisation eifrig betrieben werden. Die Konferenz erklärt, daß wenn der König von Holland vorziehe, die Friedensbedingungen direkt mit den fünf Mächten abzuschließen, sie darin einwillige, so zwar, daß sie in den Vertrag wörtlich die 24 Artikel aufnehmen, und diesen noch einen 25. hinzufügen wird, in welchem sie aufs sörmlichste erklärt, daß die fünf Mächte dem König Leopold die Vollstreckung aller Stipulationen der 24 Artiket durch die niederländische Regierung verbürgt. Die Konferenz begleitet diese Antwort an die Holländischen Bevollmächtigten mit der wiederholten Erklärung, daß die 24 Artikel durchaus keinen Modifikationen unterzogen werden können, und daß die Konferenz sich selbst nicht mehr das Recht zugestehe, etwas daran ändern zu dürfen. Das ist, so treu als möglich, der Inhalt dieses wichtigsten Aktenstückes. Wir glauben, daß es außerdem nochmals in den bestimmtesten Ausdrücken den festen Wunsch der Konferenz ausspricht, einen allgemeinen Frieden herbeizuführen. (Emancipation und Moniteur.) Brüssel, 17. Nov. Herr Fallon hat das Portefeuille des Innern nur deßhalb nicht angenommen, weil derselbe sich nicht die nöthigen speciellen Kenntnisse für diesen Verwaltungszweig zutraute. (Courrirr). Die Vertheidigungsarbeiten in der Gegend von Diest werden unter der thätigen und geschickten Leitung des Oberstlieutenants von Puyds schnell und vortrefflich ausgeführt; Dieß ist, wie durch einen Zauberschlag, eine wirkliche Festung geworden; vorzüglich bemerkenswerth ist die vortheilhafte Lage und der Plan der Redouten auf einer nördlichen Anhöhe. Alle Thore sind verschanzt und die Werke überdieß durch Ueberschwemmungen gesichert. (Aach. Z.) Deutschland. Vor einigen Tagen kamen zwei polnische Officiere, welche nach Frankreich flüchteten, durch Mainz.
1172 Die herrliche Aufnahme, welche sie daselbst fanden, schildert ein in Mainz wohlbekannter Correspondent des Frankfurter Journals und Andere mit den Worten: „Verbannt von Eltern und Geschwistern, hinausgestoßen in die fremde Welt etc. - bei solchen Thatsachen schwindet jede politische Rücksicht, und man sieht in dem Polen, der um seine Freiheit focht, nichts anders als einen unglücklichen, „einen Menschen." So etwas ist den braven Mainzern wahrlich nicht in den Sinn gekommen, nicht ungeachtet, sondern gerade weil die Flüchtlinge Polen sind, nicht ungeachtet, sondern weil sie fiir das edelste Gut, fur Freiheit fochten, wurden sie so theilnehmend von allen Seiten aufgenommen. Die Mainzer sind nicht so servil, wie jener Correspondent, noch sind sie Rheinländer in jeder Beziehung! - Den Bewohnern von Mainz, welche den bei ihnen einquartirten fremden Truppen nicht Wohnung, Schläfung, Holz und Licht, wie es gefordert wird, geben wollen, ist von jenen fremden Truppen mit Militärexecution gedroht worden. Leben wir Hessen in einem constitutionellen Staat oder nicht? Nach unserer Verfassung ist, nach der Natur der Sache, selbst die inländische Regierung nicht befugt, auch nur die geringste Steuer eigenmächtig zu erheben, und nun kommt mitten im Frieden ein Heer Fremdlinge, und wir müssen sie ohne weiteres beherbergen. Daß solche Verhältnisse drückender sind als gewöhnliche Steuern (welche wir bezahlen, um vor Gewalt gesichert zu seyn) bedarf keiner weitern Auseinandersetzung. (Speyr. Ztg.) Frankfurt, 12. Nov. Im Anfange dieser Woche haben die Sitzungen unseres gesetzgebenden Körpers begonnen, und bereits hat sich ein reges Leben in demselben bemerklich gemacht. Die Oeffentlichkeit der Sitzungen kam sogleich in Antrag, und wurde nicht, wie im vorigen Jahre, zurückgewiesen, sondern vielmehr von allen Seiten unterstützt, und alsbald eine Kommission - aus sehr freisinnigen Männern bestehend — niedergesetzt, um darüber ein Gutachten abzugeben, in wie weit im Einklänge mit der Verfassung diesem Antrag zu willfahren stehe. Man ist nun auf das Resultat dieser Anregung sellr gespannt, und zweifelt nicht, daß entweder durch öffentliche Sitzungen, oder - wenn dieses mit der Verfassung nicht vereinbar seyn sollte — wenigstens durch den vollständigen Druck der Protokolle, dem so vielfach ausgesprochenen Wunsche eines großen Theils der Bürgerschaft Berücksichtigung werde. Ein weiterer Antrag betrifft die Freiheit der Presse für innere Angelegenheiten; dieser wird in der nächsten Sitzung diskutirt werden, und ebenfalls große Unterstützung finden. Frankfurt will bei dem allgemeinen Forschreiten nicht zurückbleiben. — Dem Vernehmen nach soll auch die Abschaffung der Thorsperre in Antrag gestellt werden, und die Regulirung des Steuerwesens zu erwarten stehen. Von einem Antrage wegen der Handelsverhältnisse verlautet noch nichts Bestimmtes, obwohl man im Publikum erzählt, es seyen bereits Verhandlungen wegen einer Annäherung und resp. eines Beitritts zum preußischen Zollsysteme eingeleitet. Hierüber muß die nächste Zukunft uns belehren; eine Entscheidung ist jedenfalls bald zu wünschen. (Han. Ztg.)
Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
Freitag.
N— 1 4 6 .
Ueber die Stellung der badischen Deputirtenkammer. Erster
Artikel.
Die große Frage über ganze oder halbe Preßfreiheit, über Wahrheit oder Lüge des constitutionellen Namens, ist noch immer unentschieden. Es ist die am sehnlichsten erwartete Frucht dieses Landtages, welche noch nicht fallen will: die Grundbedingung alles Besserwerdens erhält sich noch schwebend, und die Spannung der Gemüther steigert sich, je näher die Entscheidung heranrückt. Die Arbeiten der Kommission sind vollendet, und da es sich nur noch um Erstattung des Berichtes handelt, so dürfen wir nun in der nächsten Zeit den öffentlichen Verhandlungen über diese constitutionelle Lebensfrage entgegensehen. In der Ungewißheit der Erwartung beobachtet man aufmerksamer als je, die Schritte der Kammer, um daraus auf ihre wahrscheinliche Haltung in Betreff des Preßgesetzes Schlüsse zu ziehen und Vorbedeutungen aufzusuchen. Im Allgemeinen glaubt man noch vertrauensvoll an den Sieg der vollständigen Censurfreiheit, und diese Erscheinung zeigt zugleich das herrschende Vertrauen des Volkes in die Kraft der guten Sache und in seine eigene; man glaubt gerne, was man hofft, und man glaubt an Energie, wenn man sich selbst derselben fähig weiß. Andere fangen dagegen an, an ihren Erwartungen irre zu werden, und geben der Besorgniß Raum, die Kammer möchte sich mit einigen Veränderungen des Preßgesetzes, etwa mit Einsetzung der Geschwornengerichte, begnügen, die unbeschränkte Preßfreiheit aber fallen lassen. Die erste Entstehung dieser Besorgniß mag hauptsächlich aus einem Eindruck von Außen abzuleiten seyn, nämlich aus dem Eindruck des Schrittes der baierischen Kammer, wodurch sie ein so beklagenswerthes Beispiel von Muthlosigkeit und Schwäche gegeben hat. Denn wie soll man es anders nennen, wenn eine Versammlung von Männern die Preßfreiheit als ein vernünftiges, rechtliches und unumgänglich nothwendiges Erforderniß des constitutionellen Lebens in Anspruch nimmt, ihre Ueberzeugung auch bei der Zurücknahme dieses Anspruchs als unverändert zur Schau trägt, aber dabei wehmüthig erklärt, daß sie selbst zur Hoffnung zu niedergeschlagen, selbst zu einem Versuch zu resignirt sey, daß deutsche Kraft nicht hinreiche, in die durch Polens Niederlage ent-
Tagblatt.
München den 2 5 . November 1 8 3 1 .
standene Lücke auch nur mit einem festen Worte einzutreten. Der Fall Warschaus war allerdings eine moralische Niederlage für die constitutionellen Bestrebungen der deutschen Völker, allein er war dies nur durch den Eindruck auf die Gemüther, durch die Wirkung auf den Glauben, und jeder moralische Eindruck besteht nur dadurch, daß man sich ihm hingibt, und nur so lange, als man an ihn glaubt. Wenn die Polen gedacht hätten wie die Majorität der baierischen Deputirten, so hätten sie sich wohl gehütet, sich für ihre Rechte zu erheben. Sie hätten nie einen Versuch zu Wiederherstellung ihrer Nationalexistenz gewagt, sondern auf die Verhältnisse, auf die Umstände, kurz, auf Andere gewartet. Die Polen aber haben die Verhältnisse gemacht, anstatt sie passiv abzuwarten, sie haben mit eigener Hand in das Rad der Zeit eingegriffen, und so haben sich die Verhältnisse nach ihnen gerichtet. In einem großen Theil Europas stellten sich die politischen Verhältnisse je nach dem Gang ihres Kampfes, und jetzt, da dieser, nicht durch eine nothwendige, sondern durch eine zufällige Fügung, unglücklich geendet hat, jetzt zitirt man in einer deutschen Kammer das Beispiel dieses aktiven Einflusses selbsthandelnder Kraft, um damit die passive Ergebung zu motiviren! Das eigentliche Polen, welches handelnd auftrat, zählte weniger als vier Millionen Bewohnern: sollte das constitutionelle Deutschland mit mehr als 12 Millionen weniger mannhaft seyn? sollte es den Sieg der constitutionellen Sache, um den hier mit geistigen Waffen gefochten wird, noch vor dem eigentlichen Kampfe verloren geben, und die Niederlage freiwillig von seinen Repräsentanten unterschrieben sehen? Wir wagen eine für Deutschland so schimpfliche Meinung nicht auszusprechen, obschon durch sie allein die baierische Kammer ihren Rücktritt von dem Ziel der Preßfreiheit zu motiviren vermochte. Aber so viel ist gewiß: wenn Deutschland harren und zusehen soll, bis die Verhältnisse günstig liegen, das heißt, bis ihm die constitutionelle Freiheit von seinen Aristokraten auf dem Präsentirteller überreicht wird, dann braucht es wahrlich keine Repräsentanten. Die große Aufgabe der Preßfreiheit, eine nationale Aufgabe dieser Zeit für die Gesammtinteressen Deutschlands, in München ohne Lösung verlassen, hat sich nunmehr zunächst in den Schooß der badischen Kammer geflüchtet: was wird Deutschland von ihr zu erwarten haben? — Die öffentliche Meinung findet keinen zureichenden Grund, um den Glauben 146
1175 an einen Kraftnachlaß erträglich erscheinen zu lassen. In frühern Zeiten mochte es für unsere Kammer einige angehende Motive zu nachgiebiger Inconsequenz geben, da sich diese mit einer Hinweisung auf die politische Apathie und Theilnamlosigkeit des Volkes zur Noth enschuldigen ließ. Die Volkskammer fand nicht die hinreichende Stütze in den Massen, und selbst ein Feuergeist, wie der verewigte Liebenstein, konnte in dem Bewußtseyn dieser mangelnden Grundlage erkalten; und sich einen Sitz auf den Bänken der Regierung gefallen lassen, die Förderung des konstitutionellen Systems vertagend, „bis das Volk reif geworden wäre," ja, den Gedanken einer Vollendung desselben an den einstigen Besitz eines Ministeriums knüpfend. Eine solche Entschuldigung vor der Welt und vor sich selbst giebt es unter den heutigen Umständen nicht mehr. Das Volk ist reif geworden, eine Masse konstitutioneller Kräfte hat sich auf allen Seiten entwickelt, und der Kammer steht eine ausgebildete, mit Selbstbewußtseyn und Willensvermögen ausgerüstete öffendiche Meinung zur Seite. Die Regierung weiß dieses, und auch das badische Volk weiß sehr gut, daß ohne diesen Umstand seine Repräsentanten vielleicht nicht mehr versammelt wären. Von dieser Seite ist auch durch den Fall Warschaus keine Aenderung der Verhältnisse eingetreten; die Haltung des Volks ist nämlich, wie vorher, und die öffendiche Meinung, in erneuerten Petitionen einen gewissermaßen offiziellen Ausdruck ihres Geistes niederlegend, hat gerade die vollständige und unbeschnittene Preßfreiheit als die erste und dringendste Forderung an die Spitze aller andern gestellt. Auf einer andern Seite hat der Fall Warschaus allerdings seinen Einfluß geäußert, indem er eine vielköpfige Aristokratie und den vielnamigen Egoismus aller derjenigen, welche ihre unrechtlichen Interessen mit den Interessen des Gemeinwohles in Gegensatz stellen, zu neuem Widerstand ermuthigte. Auch in Baden hat sich dieser Einfluß nur zu sehr bemerklich gemacht, und die Reaktion erhebt ihr Haupt, wie in ganz Deutschland. Allein es ist ein alter Satz, daß die wahre Kraft sich erst recht ermißt, wenn sie einer ensprechenden Gegenkraft begegnet, daß die wahre Kraft sich steigert mit dem Widerstand, anstatt sich weibisch zu resigniren. Möge es an dieser Kraft nicht fehlen: an der Reaktion fehlt es nicht. Selbst die Franzosen bemerken den Umschwung der Verhältnisse in Deutschland, und der Temps zum Beispiel lieferte erst neuerlich einen Artikel, worin er die Kammern von Baiern und Baden die „strengste Zensur" beschließen läßt: Der Artikel ist geschrieben, wie die meisten französischen über Deutschland, mit einer gewissen naiven Unkenntniß, mit einer Mischung von Wahrheit und Dichtung: aber es liegt Etwas von beunruhigender Wahrheit darin, was auch die deutsche Presse oft genug ausgesprochen hat. Die Reaktion schmeichelt sich mit dem Gedanken, ihr Spiel bereits halb gewonnen zu haben. Wenn diese Wahrnehmung noch einer Bestätigung bedürfte, so fände sie solche in vollem Maaße durch die Haltung der römischen Kurie, welche sich mit Don Miguel in Einvernehmen setzt, und einen belgischen Bischof nicht bestätigt, weil er nicht von dem König von Holland vorgeschlagen ist. Die römische Kurie aber wußte jederzeit auf den Lauf der irdischen Dinge zu spekuliren, und politisch zu seyn, wie Talleyrand. Diese Verhältnisse haben auch auf den Gang des badischen Landtags einigen Einfluß gehabt; Schritt vor Schritt mußten die konstitutionellen Bestrebungen den hartnäckig versagten Boden
1176 erobern, und die Kammer wälzte einen Stein nach dem andern den Berg hinauf, während bald das Ministerium, bald die Adelskammer die Gegenstände dieser Anstrengung zurückzuwälzen bemüht war. Allein gerade dieses bedauernswerthe Verhältniß ist es, welches mit ernster Mahnung eine bis an das Ende ausharrende Kraft fordert, und nur die Schwäche, die unmännlichste Schwäche, wäre fähig, einen andern Schluß daraus zu ziehen. Ein konsequenter, fester Charakter kann sich über die Verhältnisse erheben, er kann sie beherrschen, wie der Geist die Massen, oder ein großer Mann sein Zeitalter, und er muß in jedem Fall den Versuch dazu machen. Montecuculi pflegte zu sagen, daß drei Dinge zum Kriegfuhren gehörten, Geld, und wieder Geld, und noch einmal Geld. Eine Kammer, welche parlamentarische Erfolge gewinnen will, muß ebenfalls drei Dinge dazu mitbringen; das erste ist Beharrlichkeit, das zweite ist Beharrlichkeit, und das dritte ist Beharrlichkeit!
Ε i η f a 1 1. (Eingesandt.) Die Censur vertheidigen heißt nichts anders, als den Kindermord in Schutz nehmen. Denn Gedanken unterdrücken ehe sie bekannt wurden, nützen oder schaden konnten, ist durchaus dieselbe Handlung, - es versteht sich: in geistiger Hinsicht! - die einst Herodes verschuldete, da er Kinder um deswillen erdolchen ließ, weil er befürchtete, daß Eines derselben ein Volksbefreier (Messias) werden möge. Wer will es unternehmen, der Anwalt dieses geistigen Kindermordes zu werden? wenn er sich scheut, die Behauptung aufzustellen: „Herodes habe sehr wohl und klüglich gethan, als er den neugebornen König (Befreier; ο mögten doch alle Könige Befreier seyn!) der Juden in der Wiege zu vertilgen beschloß." Einsender glaubt, hierbei Zweierlei bemerken zu müssen: 1) daß der Advocatus Herodis eine tausendmal schlechtere und verächtlichere Rolle spiele, als der bekannte Advocatus Diaboli bei Heiligsprechungen; 2) daß der physische Kindermörder Herodes, laut der Geschichte, seinen Zweck total verfehlte, indem er gerade den rechten Befreier zu treffen «zc/tf vermochte; woraus zu schließen ist, daß auch die geistigen Kindermörder nicht glücklicher seyn, sondern vielmehr das absolute Gegentheil von demjenigen herbeifuhren werden, was sie beabsichtigen. E.
Politische
Miscellen.
1. Die Geographen sagen, Deutschland ist das Herz der Jungfrau Europa. In der Politik gibt man überhaupt nicht viel auf das Herz, und darum auch nichts auf das geographische Herz Europas; das zeigen viele der übrigen Glieder der Jungfrau. Armes, ehrliches, deutsches Herz! In den meisten europäischen Kriegen wurdest du von Kugeln zerrissen, von Pferdehufen zerstampft, und jetzt im Frieden hat in dei-
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1177 nem Innern ein vielköpfiger Polyp Wurzel gefaßt, der deine Kraft vollends lähmt. - Wer, was wird deine Krankheit heilen können? (Zeitschwingen.) 2.
Le Clere histoire de Russie p. 55 sagt: „Leichter entwöhnt man sich des Befehlens als des Gehorchens. Der Sklave hat seine Seele verloren, wenn er seinen Herrn verliert, so wie der Hund, der sich in den Straßen verloren, heult, bis er das Haus wieder findet, wo er schlecht gefuttert und stark geprügelt wird." In constitutionellen Staaten, in denen die Wiedereinführung des Absolutismus gewünscht oder gar durch Adressen, öffentliche Blätter etc. erbeten wird, muß wohl ein ähnliches Gefühl vorherrschend seyn. Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 9. Nov. Es circulirt heimlich in unserer Stadt eine Brochure wegen Abschaffung der Päbste. Der Verfasser soll ein Bischof von der konstitutionellen Parthei seyn. Alle Portugiesen werden darin aufgefordert, sich der Hülfe des Pabstes und seiner Gesandten bei kirchlichen Verhältnissen jeder Art zu entschlagen. - Die Nachrichten von Terceira melden, daß man dort die Expedition Don Pedros mit großer Ungeduld erwarte, um endlich die beabsichtigte Landung in Portugal zu bewerkstelligen. Alles ist dazu vorbereitet, nur die vorgerückte Jahreszeit dürfte dem Unternehmen Schwierigkeiten in den Weg legen. Es scheinen aber die Liberalen auch dadurch sich nicht abhalten lassen zu wollen. Neuerdings haben wieder mehrere Verhaftungen Statt gehabt von Individuen, durch deren Hände Briefe emigrirter Portugiesen in Paris an bedeutende Personen in Portugal gelaufen seyn sollen. - Die vereinigten Staaten von Nordamerika haben die 400,000 Franken angenommen, welche Don Miguel als Entschädigung der durch die Blokade von Terceira erlittenen Verluste angeboten hat. Don Miguel ist aber jetzt nicht im Stande, sie aufzubringen. Er hat daher um Bewilligung eines Termines bei den vereinigten Staaten nachgesucht. England. Die Times räth dem Grafen Grey, eiligst Se. Maj. zu veranlassen, daß Pairs ernannt werden, wodurch das Land sich allgemein überzeugen könne, ob der König es aufrichtig mit seinem Kabinet halte; wo nicht, so würden die Tory's sich des Ruders bemächtigen, und es würde gehen, wie bei der Emanzipation der Katholiken. Die Reformers lassen übrigens den Muth nicht sinken und fuhren selbst eine drohende Sprache. Bei einer Versammlung in Lanarkshire ließ sich ein Hr. Walker unter unermeßlichem Beifall also vernehmen: „Karl X erbot sich, sein tyrannisches Edikt gegen die Freiheiten des Volks zu wiederrufen; allein es war um 48 Stunden zu spät; sollte König Wilhelm sich weigern, Pairs, zu ernennen, (ich sage nicht, daß Se. Maj. sich weigere), sollte er sich aber weigern und sich nochmals eines Andern besinnen, so möchte es wohl auch 48 Stunden zu spät seyn." (D. Α. Z.) London, 18. November. Es sind Gerüchte in Umlauf über den Ausbruch politischer Unruhen in Maranham. Man kennt aber noch keine Details darüber. — Von den Antireformern sollen zwölf Pairs dem Ministerium erklärt haben, daß sie fiir die neue Reformbill stimmen würden. Morgen wird der Tag der Einberufung des Parlaments bestimmt. — Holländische Briefe melden immer noch, König Wilhelm ver-
weigere seine Zustimmung zu den 24 Artikeln. - Die politische Vereinigung in Birmingham bleibt für die Regierung ein Gegenstand der Besorgniß. Frankreich. Paris, 19. Nov. Die Bricquevillesche Motion ist erledigt, und worüber man sich wundern muß, die Majorität war ziemlich stark: 251 gegen 69 Stimmen. Karl X und seine Familie sind verbannt. Aber das waren sie ja bereits faktisch. Wozu ist also euer Gesetz? Oder wollte man ein Gesetz als Verhinderungsmittel karlistischer Umtriebe, so mußte es offenbar geschärfte Strafbestimmungen enthalten, und gerade diese und somit die Hauptsache fehlen dem Verbannungsbeschluß. Doch was soll man noch die armen Karlisten furchten? Ihre absolutistischen guten Freunde haben ja mit Frankreich Friede, und zum Beweis zieht sich die Nordarmee auf der ganzen Linie an den Gränzen zurück. Ist das Pairiegesetz vollendet, (zu welchem Ende der Moniteur nächsten Montag 35 Pairsernennungen enthalten soll), so hat Hr. Perier den Schlußstein zu dem Glücke Frankreichs gelegt. (D. allg. Ztg.) Paris, 20. Nov. Der heutige Moniteur enthält vier Ordonnanzen, wovon die erste 36 Pairs auf Lebenszeit ernennt, die zweite Graf Grouchy als Marschall, die dritte Graf Trugent als Admiral ernennt, die vierte endlich auf Wiederverleihung der nach den 100 Tagen verlornen Grade und Dekorationen der Militärs Bezug hat. Paris, 20. Nov. Der Schleier ist gefallen, die Staatsstreiche beginnen. Der König hat auf lebenslänglich 36 Pairs ernannt, Herr v. Perier, Minister-Präsident hat die Ordonnanz contrasignirt. Die Charte ist verletzt, dieselbe Charte, welche fortan eine Wahrheit hätte seyn sollen. Schon früher haben wir auseinandergesetzt, worin diese Verletzung liegt, und warum der König vor der Hand keine Pairs zu ernennen das Recht hatte. — Das Ministerium verlangt, daß die Pairskammer Partei und Richter in ihrer eigenen Angelegenheit sey; wir lassen es uns gefallen, so absurd es auch ist. Das Ministerium stützt sich auf die Notwendigkeit der Sanktion aller drei Gewalten, damit die fragliche Verfugung gesetzliche Kraft erhalte, wir geben auch das zu, ob wir gleich als constitutionelles Prinzip ein solches Argument nicht anerkennen; allein diese wichtige Revision mußte doch jedenfalls nur durch dieselbe Kammer der Pairs angenommen werden, welche der Charte von 1830 unter dieser Bedingung ihre Zustimmung gegeben, und nicht durch eine ganz andere Pairskammer, welche zu schaffen es dem Ministerium gefallen hat. Es mag die Absicht des Ministeriums noch so gut gewesen und die zu Pairs erhobenen Männer mögen die rechtlichsten und die verdienstvollsten von ganz Frankreich seyn, so müssen wir doch gegen diese schreiende Verletzung der Charte auf's Lebhafteste protestiren, denn wir wissen, wohin ein erster Schritt in dieser Carriere fuhrt, und daß, wenn er durchgeht, kein Damm fiir den entschiedensten Absolutismus vorhanden ist. Alle Artikel der Charte würden nach und nach eben so viel Art. 14 werden, die man nach Gefallen ummodeln oder unterdrücken könnte. Die Charte von 1830 unterscheidet sich mächtig von jener von 1814. Das Volk hat sie mit seinem Blute erkauft; mit seinem Blute hat es jenen Vertrag zwischen dem Fürsten und ihm besiegelt; es hat ungestraft die Charte von 1814 nicht verletzen lassen, welche man ihm aufgedrungen, wie wird es erst diejenige vertheidigen, die es sich selbst gegeben. Aber Minister wollen nicht sehen.
1179 Holland. Herzogenbusch, 15. Nov. Man rechnet, daß sich gegenwärtig ungefähr 4000 nordbrabanter Schütter bei ihren respectiven Bataillonen befinden, und in dieser Woche sollen noch mehrere Hundert aufgerufen werden. Vorläufig ist die ausrückende Schütterei dieser Provinz in drei Abtheilungen getheilt. Aus dem Haag, 18. Nov. Der Prinz von Oranien und Prinz Friedrich der Niederlande sind zum Geburtsfeste Ihrer Majestät der Königin hier eingetroffen. Belgien. Brüssel, 18. Nov. Wir vernehmen, daß in Kurzem Geld mit dem Bildnisse Sr. Majestät des Königs Leopold in Brüssel gemünzt werden wird. - Wir hatten nach der Emancipation angekündigt, daß die Armee im Begriff wäre, eine rückgängige Bewegung zu machen, und zwar in Folge neuer, von London eingegangener Depeschen, welche die Gewißheit des Friedens verbürgten; diese Nachricht ist nicht richtig; wir wissen aus guter Quelle, daß der General Desprez dem König diese Bewegung nur vorgeschlagen hat, weil die Verproviantirung bei den schlechten Wegen fast unthunlich werde; der Vorschlag hat jedoch bis jetzt die Königl. Genehmigung nicht erhalten. (Beige.) Hier ist eine Karikatur erschienen; sie stellt einen schwachen Mann dar, der sich auf zwei Damen, Gallia und Brittania, stützt, die ihm jedoch unter den Armen zu entschlüpfen scheinen. Darunter liest man: „Sur les deux" (Surlet II.) Brüssel, 18. November. Der König und das Ministerium haben volles Vertrauen in die Conferenz von London, und sind überzeugt, daß sie den zwischen Belgien und Holland bestehenden Streit beendigen wird. Mit Ungeduld werden Couriere von London und Haag erwartet, welche entschiedene Nachrichten bringen sollen. Das Publikum glaubt übrigens, daß der König von Holland den Conferenz-Ukasen zwar beitreten, allein daß er seinen Beitritt an solche Bedingungen knüpfen werde, die vielleicht noch fünfzig Protokolle erfordern. - Durch das Abreißen eines Aufruhr predigenden Zettels in der Münzstraße entstund heute Morgen Streit zwischen der Bürgergarde und der Polizei, so daß das Militär zur Herstellung der Ordnung einschreiten mußte. Auch an dem Thore von Namur soll der nämliche Zettel angeklebt gewesen seyn, und auch dort sollen zu beklagende Scenen stattgefunden haben. Deutschland. Berlin, 16. Nov. Man erzählt sich, daß ununsere Regierung eine Liquidation, welche sie an die russische wegen Verpflegung der in das Preußische ü hergegangenen polnischen Truppen eingeschickt hatte, mit abschläglichem Bescheid zurückerhalten habe. So lohnt der Despotismus die ihm geleisteten Dienste. Möchten Fürsten und Völker es sich zur Lehre dienen lassen. Was diesen Vorfall zu bestätigen scheint, ist der Umstand, daß von Berlin ein Courier nach Wien geschickt worden ist, um anzufragen, wie es die russische Regierung mit Berichtigung der Kosten fur die Verpflegung des Dwernickischcn Corps in Oesterreich bis jetzt gehalten habe? In Oesterreich soll man, der Sache müde, anfangen, den Officieren jenes Corps den Laufpaß zu geben. - Zwei der ersten Handelshäuser haben sich erboten, von denjenigen durch Berlin nach Paris reisenden Polen, welche unbemittelt sind, jedesmal zwei in ihre Familien aufzunehmen und für ihre Verpflegung auf das Beste zu sorgen. (Schw. Merk.)
1180 Vom Main, 20. Nov. Deutschland ist wiedergeboren, es ist, ungeachtet daß es in nichtachtbare Fetzen zerrissen, ein einziges Reich geworden, dessen Gesammt-Regent das Princip des Liberalismus geworden, und dessen einziger Feind das entgegenstehende Prinzip ist. Der Deutsche hat erkannt, daß Freiheit ihm nothwendig ist, wenn er glücklich im Kreise seiner Familie leben will; er fühlt, daß das Vertretungssystem in den Staaten unerläßlich nöthig ist, wenn er nicht dem schmählichsten Erpressungssystem ausgesetzt und zugleich den Plackereien, den empörendsten Zumuthungen und auch dem schnödesten Hochmuthe der niedern Diener ausgesetzt seyn will. Diese Erkenntniß hat der Deutsche durch schwere Opfer sich erworben; eine sechszehnjährige Zeit hat hart auf ihm gelastet, und während derselben wurden allenthalben gar manche Gauen seines Vaterlandes verknechtet, so sehr verknechtet, daß deren Bewohner noch jetzt nicht das Wort Freiheit erfassen können, noch nicht wagen, ihre Meinungen frei zu äußern und gegen diese niedern Diener noch immer knechtisch kriechen und sich von diesen, die staatsbürgerliche Würde entehrend, mißhandeln lassen. Doch im Allgemeinen weiß der Deutsche, daß er zu einer großen Nation gehört, daß er geschaffen sey, die Ruhe eines Welttheils durch seine Kraft, seine ruhige Gemüthsstimmung, seine Ausdauer und durch seine Redlichkeit zu verbürgen, er fühlt, daß sein Vaterland, vereint, die Despotie des Nordens nicht zu achten braucht und die Zügellosigkeit des Westens von Europa in den gesetzlichen Schranken zu halten, von der Schöpfung berufen zu seyn scheint, und darum wird er weder die Massen einer Soldateska des Nordens furchten, noch den Leidenschaften des Westens fröhnen; Deutschland wird stark und gefürchtet, vielleicht erst nach hartem und blutigem Kampfe, dastehen und den zurückgeworfenen Feinden seiner Vereinigung und seiner Freiheit den Frieden und die zum Weltbürgerwohl erforderliche Ruhe gebieten. Diesen erhabenen Standpunkt wird es nie wieder aufgeben, und wird alle Institutionen, die ihm denselben rauben wollen, als dem Gesammt-Regenten widerstreitend mit unwiderstehlicher Kraft verdrängen. Aber auch die verknechteten Gauen unseres großen Vaterlandes werden sich erholen, und es werden deren Bewohner sich nicht lange mehr kleinen Despoten, sondern nur dem Gesetze ergeben und unterworfen zeigen. Darum deutsches Volk! lasse dich nicht abbringen von der gefaßten Ueberzeugung, in der du allein deine deutsche Ehre finden kannst, zeige Europa, daß du würdig seyst, das Stammland der Völker zu seyn, deren Kraft und Ausdauer das stolze übermächtige römische Reich vernichteten und, daß du deine Kraft zu versuchen nicht scheuest, sondern stets des Angriffs gewär tig seyest, um deinem Feinde zu zeigen, daß jeder Kampf gegen Prinzipien fruchdos und für den Angreifer höchst gefährlich ist, indem er, selbst als Sieger, unterliegen muß. Κ. Β. H. Würtemberg. Der Hochwächter enthält eine Beschweide wegen des Censurverfahrens. Dieselbe ist hauptsächlich gegen Vollziehung des Bundesbeschlusses gerichtet, wodurch die Presse beschränkt wird, als dem vorhergegangenen die Presse entfesselnden Verfassungsvertrag von 1819 geradezu widersprechend. Unter solchen Umständen wird die nächste würtembergische Kammer mit desto mehr Nachdruck die Deutschland so nothwendige Preßfreiheit verlangen und hoffentlich auch erhalten. Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Deutsche Ein
Samstag.
Tribüne
constitutionelles
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Neue aristokratische Umtriebe zu Gunsten der Censur. Seit dem Untergang der Polen hat die aristokratische Partei mit neuem Muthe beschlossen, den kaum frei gewordenen öffentlichen Geist der Deutschen wieder unter das alte Joch zu beugen. Ueberall spricht man in den Salons von der Nothwendigkeit, den Uebermuth der Presse zu zügeln, demnach die Censur, als das sicherste Mittel dagegen, mit größerer Strenge zu handhaben, und den Gedanken genau die Gränze vorzuschreiben, über welche hinaus sie nicht laut werden dürfen. „Läßt man dem Uebermuthe ferner freien Lauf," sagen die Herren, „so ist das Regieren unmöglich. Denn nichts ist den Journalisten heilig; jeder Schutz der Gewalt zur Aufrechthaltung der Ordnung wird von ihnen als Tyrannei angeklagt, zu deren Abwehrung sie das Volk auffordern; sie vergessen jede Rücksicht des Anstandes, jede Regel der Sitte, und suchen das Höchste der Gesellschaft mit dem Schmutze der Gemeinheit zu bewerfen, es zum gleichen Range mit Roheit und Niedrigkeit herabzuziehen. Um diesem Unwesen ein Ende zu machen, müssen wir die Censur wieder zum monarchischen Prinzip im Reiche der Geister erheben." Also vor ungezogenen Journalisten könnt Ihr nicht regieren, kann Eure Macht nicht bestehen? - So sagen die vornehmen Staatskünstler des heutigen Tages, und glauben dadurch größere Weisheit offenbaret zu haben, als alle sieben Weisen Griechenlands zusammengenommen, — was denn in so fern wahr ist, als die alten Philosophen von solcher modernen Weisheit sich nichts träumen ließen. Wenigstens sagt Pythagoras in seinen goldenen Sprüchen, oder hätte doch sagen können: „Willst du die Geister beherrschen, darfst du kein dummer Teufel, kein kriechender Hund der Gewalt, sondern mußt du ein Mann seyn - tief eingeweiht in die Geheimnisse der Wissenschaft, und empfindlich für die Ehre, die unverträglich ist mit dem Geschäft eines Büttels der Geister." Ocellus der Lucanier behauptet, Pythagoras habe mit diesem Spruch eine Satyre gegen die Herrschsucht der Dummheit und gegen die Anmaßung der Unwissenheit beabsichtet, welche zu seiner Zeit angefangen hätten, sich der Gewalt über die Völker zu bemächtigen. — Da wir keine Satyre auf ehemalige Unarten beabsichtigen, und nicht so unbillig sind, von unsern Aristokraten zu fordern, daß sie
Tagblatt.
München den 2 6 . November 1 8 3 1 .
wissen sollten, was schon den alten Weisen bekannt war und was seitdem in vielen guten Schulen gelehrt wurde; so abstrahiren wir von dem, was von einer gelehrten Bildung gefordert wird; wir wollen nur versuchen, mit ganz gemeinem Menschenverstände, zu welchem sich selbst vornehme Herren sollten erheben können, den Beweis zu fuhren, daß die Quintessenz aller Weisheit unserer Staatskünstler, nämlich die Censur, das schlechteste Mittel sey, die Autorität bei Ansehen, Würde und Macht zu erhalten. Die große Masse der gebildeten Menschen ist nun einmal zur Erkenntniß gekommen, daß das Geschäft der Censur ein verächtliches sey, zu welchem sich kein Mann von Ehre und erleuchteter Einsicht herabwürdigen läßt. Die Erfahrung hat bewiesen, daß die angemaßte, von der Feigheit und dem Unverstände ausgeübte Herrschaft über die Organe der öffentlichen Meinung keine Revolution verhütet, sondern durch Erbitterung der Gemüther vielmehr befördert hat. Denn am unleidlichsten sind die Fesseln, die dem Muthe und dem Verstände von der Feigheit und dem Unverstände angelegt werden. — Zwar könnte man meinen, die Censur würde nützlich und geachtet werden, falls man sie nur ausgezeichneten, wissenschaftlich gebildeten Männern, besonnenen Kennern des Geistes der Zeit, erfahrnen Beobachtern der menschlichen Natur übertrüge; allein diese Meinung wäre um nichts klüger als der fromme Vorschlag jenes gutmüthigen Polizeiministers, der beim Antritt seines Amtes nur ehrliche Männer als Spione angestellt wissen wollte; es fand sich kein ehrlicher Mann das Geschäft zu übernehmen bereit. So wird auch kein hellsehender und edler Geist sich zum Geschäft der Censur hergeben. — Nur gemeine Seelen, nur rohe, der Brutalität verfallene Köpfe wagen sich in den unsinnigen Kampf mechanischer Gewalt gegen die geistige Macht der Ideen. Wie werden nun solche Köpfe die Autorität in bedenklichen Zeiten schützen können? — Darum glauben die denkenden Männer aller civilisirten Völker, daß eine Autorität, die ein verächtliches Gewerbe zu Hülfe ruft, dadurch ihre eigene Würde, ihren Rnhm compromittirt, und einen Mangel an Einsicht, eine Charakterschwäche offenbart, wodurch die Achtung des Volks für die Autorität geradezu vernichtet wird. Wie kann die Censur das Ansehen und die Würde der Autorität erhalten, da sie ein Geständniß der Furcht ist, vor dem hohen Gerichtshof der öffentlichen Meinung nicht mit Ehren bestehen zu können? - Aber, sagt Ihr, die Journalisten verletzen auch das Höchste und Heiligste; vor ihren Angriffen, 147
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vor der Niedrigkeit ihrer Anklagen sey keine Macht gesichert? — Dies ist das große Argument unserer Staatskünstler. Legen wir es also ein wenig auf den Probierstein. — Ihr lästert jede gute und durch ihre Güte mächtige Regierung, wenn Ihr behauptet, sie habe die Roheit einiger Zeitungsschreiber zu furchten. Wo, meine Herren, ist je eine wahrhaft achtbare Macht durch schlechte Journalisten gestürzt worden? England erfreut sich seit länger als hundert Jahren der Preßfreiheit; wann ist dort durch die Journalisten die Macht der Regierung auch nur um ein Gran geschwächt worden? Aber die brittische Regierung war weise genug, um das Geschrei einiger ungezogenen Skriebler sich nicht zu kümmern, sie war nicht so einfältig, gleich von Gefahr des Staats zu faseln, wenn irgend ein vornehmer Herr einmal nach Verdienst von Satirikern gegeißelt wurde; ja, sie würde sich geschämt haben, großen Lärm zu schlagen, selbst wenn einmal ein guter Minister von schlechtem Pöbel mit Koth beworfen wurde. — Habt ihr die Briefe des Junius gelesen? Kein Journalist des Continents hat gegen irgend eine Regierung mit solcher Bitterkeit, Rücksichtslosigkeit und kaustischer Schärfe geschrieben, als dieser Engländer; und doch wurde dem guten Georg III dadurch kein Haar gekrümmt; doch fanden die Minister deßwegen nicht weniger Gehorsam unter dem freien Volke, als wenn eine brutale Censur dem Junius seine Feder zerknickt hätte. Die Regierung fand Vertheidiger unter den Schriftstellern, die aber weil man wußte, daß die Presse frei sey, nicht fur erkaufte Verfälscher der Wahrheit angesehen, sondern als unparteiische Zeugen geachtet wurden. Unabhängige, denkende, muthige Männer durften ohne Scheu den Glauben an Güte der Regierung predigen; dies wäre nicht der Fall gewesen, hätten sie sich dabei der Controlle der Censur unterwerfen müssen. Denn dies ist einer der großen Nachtheile der Censur, daß der ausgezeichnete Schriftsteller, der seine Würde fühlt, lieber schweigt, als daß er sich der Kurzsichtigkeit und den Launen eines obscuren Censors aussetzt, und diesem das Recht zugesteht, seine Gedanken zu verfälschen. Unter Censur schreiben nur mittelmäßige oder gewinnsichtige Leute. Bei diesen werdet Ihr also auch Eure Vertheidiger suchen müssen. Seht auf England, wo diese Dinge jedem Schüler bekannt sind, und wo jeder Minister über Eure Aengstlichkeit lacht. Die Erfahrung eines großen Landes, einer mächtigen Regierung spricht also gegen Euer Argument von Gefahr der Preßfreiheit. - „Aber," meint ihr, „in Frankreich sey doch Karl X durch die Gewalt der Journalisten gestürzt worden!" - bravo, meine Herren, dies wünschte ich von Euch zu hören. Ihr möchtet es also gerne machen, wie Herr von Polignac und zugleich gegen sein Schicksal gesichert seyn? Gesteht es nur, dies ist der heimliche Wunsch Eures Herzens. Nun freilich, wenn Ihr das Regiment so einfältig, so sinnlos, so brutal fuhren wollt, wie dieser dumme Teufel Polignac: so habt ihr Recht, die Sache der öffentlichen Meinung zu furchten; aber diese Sache wird nicht ausbleiben, auch wenn Ihr alle Censoren der Welt, wie losgebundene Kettenhunde, gegen die Jourralisten, ja gegen die Nationalmeinung selbst hetzen wolltet. Es gibt etwas, das schrecklicher ist, als die öffentliche Meinung, die sich in Zeitungen ausspricht, — dies ist die heimliche Meinung in dem verschlossenen Herzen eines gedrückten, sich seiner Rechte und seiner Würde bewußt gewordenen Volkes. Diese Meinung findet Ihr nicht auf dem offenen Markte der Druckerpressen; sie sitzt oft in
Euren Gefängnissen an Händen und Füssen gefesselt; aber in ihr wohnt eine von Gott verliehene Kraft, mit welcher sie die Ketten so leicht abstreift, wie die Jungfrau von Orleans in Schillers Trauerspiel. Ja, ja, so ist es! Dies seyen Wunder, meint Ihr, an welche Ihr nicht glaubt, obgleich Ihr zu solchem Glauben uns zwingen wollt? Gewiß, meine vornehmen Herrn, es gibt Wunder, und wie aufgeklärt Ihr Euch stellen mögt, es kommt die Zeit, da Ihr an die Wunder der Freiheit und Civilisation werdet glauben müssen. Dann werden Eure Censoren vor Angst und Schaam sich in die Erde verkriechen, oder bei der siegenden Civilisation um eine gnädige Concession betteln, mit Rattenfallen handeln zu dürfen. - Seyd Ihr so sicher der nächsten Zukunft, daß Ihr jetzt, nach dem Siege des Augenblicks, jeden Frieden mit den Völkern muthwillig versagt, und Euch das Recht vorbehalten wollt, die Geister nach Gefallen knebeln zu dürfen? Glaubt doch den besonnenen Leuten, die es auch unter Euch gibt, wenn Ihr sie schon auf halben Sold oder in Ruhestand gesetzt habt; glaubt ihnen, daß es besser sey, bei Zeiten billigen Forderungen Gehör zu geben, als eigensinnig auf Maaßregeln einer einfältigen Routine zu beharren, und dann, wenn es zur Nachgiebigkeit zu spät ist, Alles aufs Spiel zu setzen und in Gefahr zu gerathen, Alles zu verlieren. - Seyd vernünftig, besonnen, edel, dann wird es Euch auch an Muth nicht fehlen, den Uebermuth oder die Ungezogenheit einiger Journalisten nicht zu furchten; diese Leute sind durchaus unmächtig, und ein Spott aller Gutgesinnten, wo eine weise Regierung im Sinne der allgemeinen Interessen, nicht zur Bequemlichkeit der Camarilla, herrscht. Einer schlechten Regierung sogar dienen sie als Warnung; denn, finden sie Gehör unter dem Volke, so ist es ein Zeichen, daß die Regierung das öffendiche Vertrauen verloren habe, und daß es hohe Zeit sey, zu einem vernünftigen Systeme seine Zuflucht zu nehmen. Solcher nützlichen Warnung beraubt Euch die Censur; dies ist ihr Vortheil. Lohnt es da wohl der Mühe, Euch mit einer ehrlosen Macht, ich meine die Censur, zu alliiren, um über kurz oder lang, mitten in der Nacht, durch das Erwachen des Volkes überrascht zu werden? Verachtet das Geschrei ungezogener Skriebler, das an nichts Ehrwürdiges hinanreicht; aber achtet den Geist der Zeit, der mehr vom Regiren versteht, als Eure Intriganten und unwissenden Staatskünstler! Politische
Miscelle.
Der Niederrheinische Courrier enthält zur Charakteristik der bourbonischen Regierung Folgendes: Man ist ziemlich geneigt, der Leute Verdienst oder den Werth ihrer Zeit nach dem Gehalt, den sie beziehen, zu beurtheilen. Was müßte man denken, welchen Begriff müßten (und müssen noch, wenn die nämlichen Mißbräuche noch bestehen) Ausländer sich machen, wenn sie das Verzeichniß der TuilerienDienerschaft lesen? Vorzüglich wenn man die Gehalte der Küchenjungen Karls X. mit denen nützlicher Beamten, ζ. B. des Gerichtsstandes, vergleicht, kömmt man auf ein unglaubliches Resultat, das wahrhaft eine hohe Meinung von unserer Aufklärung einflößen muß. Es gibt in Frankreich Männer, die mächtiger sind als der König. Auf einen von gewissen Gerichtsmännern unterzeichneten Haftbefehl handelt die öffendiche Gewalt, und ein Mitglied der Gesellschaft wird seiner Freiheit beraubt; des Königs Unterschrift würde Solches nicht bewirken. Die Richter
1185 sprechen über Leben, über Ehre, über die theuersten Interessen der Bürger, der König selbst ihren Entscheidungen unterworfen. . . . Nun sehe man Ein erster Präsident des k. Ein erster Edelmann, das Gerichtshof oder ein General- heißt, ein erster Vorzimmerprokurator . . 15,000 Fr. Diener . . . 40,000 Fr. Ein Rath am Kassationshof Ein Hausmeister des König? 15,000 Fr. 40,000 Fr. Ein Richter am Civilgericht Ein Kammerdiener des der ersten Stadt (Paris) Königs . . . . 12,000 Fr. 6000 Fr. Ein Rath bei dem großem Ein Vorstand des Einkaufs Theile der k. Gerichtshöfe der Fische fiir die königl. 2300 Fr. Tafel 3000 Fr. Ein k. Prokurator in den 12 Ein Kammerhuissier des gr ößten Städten Frankreichs Königs . . . . 7000 Fr. 3600 Fr. Ein Generaladvokat 2900 Fr. Ein Tafelgeschirr-Bewahrer „ , . , ,, . d e s Königs . . 4000 Fr. Ein Substitut des General- c - np ·ι Ein Toilet-Diener des Köprokurators . . 1875 Fr. 3000 Fr. Der Präsident eines Gerichts ^ip . ~ Ein Kontroleur der köniel. TT in einem Hauptort in 60 K ü c h e 5 000Fr. Departements . . 2400 Fr. Ein Richter in denselben Der Barbier des König? Städten (die Bezirksrichter 2500 Fr. haben nur 1200 Fr. Gehalt) 1600 Fr. Derjenige, dessen Auftrag da- Ein Küchengehülfe in der rin besteht, Familien zu versoh- k.Küche . . . . 800Fr. nen, Prozessen vorzubeugen, d. h. ein Friedensrichter in einem großen Theile der Kan(Stuttg. allg. Z.) tone . . . . 800 Fr. T a g e s - C h r ο η ik. England. Die Einwohner von Manchester und Salford haben einen Verein gebildet, und sich schriftlich verbunden, auf keine Mobilien zu bieten, welche einem Steuerbaren versteigert weiden wollten, sofern es sich von Steuern handle, die eine Kammer der Gemeinden ohne Parlamentsreform bewilligt hätte. Dies ist ein wirksames und auf keine Weise zu hinderndes Mittel, die Reform zu erzwingen. Denn man kann mich nöthigen, Steuern zu zahlen, man kann mir meine Möbel nehmen und verkaufen, aber man kann Niemand zwingen, daß er solche ersteigere. (W B.) London, 21. November. Die Cholera beschränkt sich nicht mehr auf Sundeiiand, sondern ist nun audi in Newcasde und Stockton ausgebrochen. In England wie in Deutschland streiten sich die Aerzte, ob sie ansteckbar sey oder nicht. Unterdessen rafft sie tausende von Menschen weg. — Immer noch hält die Reform-Bill und die bevorstehende Einberufung des Parlaments alle Gemüther in Spannung. Man erwartete den Tag seines Zusammentritts in der gestrigen Zeitung bestimmt zu sehen, sie enthielt aber nichts, so daß sich beunruhigende Gerüchte über neue Schwierigkeiten verbreiteten, welche in der wichtigen Angelegenheit der Reform sich erhoben hätten. Der Courrier beeilt sich heute, diese Gerüchte zu widerlegen, um die aufgeregten Gemüther zu beruhigen. Er versichert, daß die Durchführung der Reformbill auf jeden Fall gesichert sey, und die neue Bill nicht nur in den Grundsätzen jener von Lord Russell vollkommen gleich komme, songern sie in mancher Beziehung an Volkstümlichkeit übertreffe. Was den Zeitpunkt der Einberufung des Parlaments betreffe, so habe sich das Kabinet heute versammelt, um dar-
1186 über zu berathen, bis zu welcher Periode das Parlament prorogirt werden solle, und ob es bis zum Tag prorogirt werden solle, wo es sich zur Wiederaufnahme seiner Geschäfte zu vereinigen habe. Wahrscheinlich wird es sich vor Anfangs Januar nicht versammeln. Frankreich. Der Cour. fr. theilt den Antrag mit, welchen der Deputirte Jordan in der hessischen Kammer aufbessere Constituirung Deutschlands gestellt hat, und drückt seine Freude nicht nur über das Erwachen Deutschlands, sondern hauptsächlich über dessen Streben nach Einheit und Kraft aus, indem er folgendermaßen schließt: „Die hessischen Stände, indem sie die Regierung auffordern, einzuschreiten, damit dieser große Entwurf verwirklicht werde, werden vielleicht den Ruhm genießen, den neuen Zeitpunkt der wahren Unabhängigkeit Deutschlands bezeichnet zu haben. Nicht blos gegen die beiden großen Mächte Deutschlands haben sich die Mitttelstaaten zu vertheidigen; Rußland, welches seit der Vernichtung Polens weit furchtbarer fiir sie geworden, zeigt hochher die Anmaßung, die Politik dieser Länder zu leiten; sein Despotismus furchtet die Ansteckung der Freiheit, sieht sie mit Schrecken sich nähern, und man kennt alle seine Bemühungen, sie in den deutschen Staaten zu ersticken, wo es einigen Einfluß hat. Durch eine freie und kraftvolle Verfassung des Bundes allein kann Deutschland jene Einheit und jene Macht erlangen, um den beklagenswerthen Folgen der Nachbarschaft mit dem nordischen Koloß zu entgehen. Frankreich, welches seine eigenen freien und constitutionellen Einrichtungen zu verbessern trachtet, verlangt nicht weiter, als seine Bande mit den Völkern jenseits des Rheins enger zu knüpfen; gelingt es ihnen, sich so einzurichten, wie es ihre wahren Interessen fordern, so werden alle ihre Sympathien künftig bei uns seyn, wie umgekehrt in Rußland der alleinige Gegenstand ihres Mißtrauens und ihrer Befürchtungen ruhen wird." (W. B.) Paris, den 21. November. Durch Ordonnanz vom 19. November ist Baron Cuvier zum lebenslänglichen Pair ernannt worden. — Der übleEindruck, welchen die Ordonnanzen nothwendig hervorbringen mußten, ist in den Salons besonders fühlbar, beim Volke aber haben sich bis jetzt noch keine Spuren von Unzufriedenheit oder Unruhen gezeigt. So ungesetzlich auch die Maßregel ist, so nachtheilig sie in ihren Folgen werden kann, so ist doch ihre Wirkung nicht augenblicklich fühlbar, und berührt daher die Masse nicht. Allein die aufgeklärtem Volksvertreter, die nicht allein die Gegenwart, sondern auch die Zukunft des Vaterlandes ins Auge zu fassen haben, sollten um so lebhafter davon ergriffen seyn, indem sie das Ministerium der Revolution von 1830 keck in die Fußstapfen derjenigen Regierung treten sehen, welche durch diese Revolution vernichtet wurde. Und doch bleiben die Volksvertreter ruhig, als wenn alles sie nichts anginge. Wahrlich, Frankreich geht mit Riesenschritten wieder rückwärts. Bald wird unser Juli 1830 dem 18. Okt. der Deutschen zum Seitenstück dienen. - In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer war die Errichtung von Gewerbsschulen an der Tagesordnung. Als zur Abstimmung geschritten werden sollte, fehlte abermals die gesetzliche Zahl von Mitgliedern. Es wurde von mehreren Deputirten der namentliche Aufruf verlangt. Der Präsident ließ die in den Bureaux versammelten Deputirten durch Huissiers in die Sitzung rufen, aber auch ihr Beitritt war nicht hinreichend. Es blieb immer noch ein großer Theil der Bänke zur Rechten und Linken
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1187 ganz leer, was zur Vermuthung Anlaß gab, daß PrivatVersammlungen wegen der Ordonnanzen von Seiten der Opposition gehalten werden. Der Kriegsminister legte einen Gesetzes-Entwurf vor über Regulierung der Pensionen, welche Offizieren der 100 Tage bewilligt worden sind. Paris, den 21. November. Consol. 5 Proz. 96,40; 3 Proz. 69,70; Falkonet 82,10; ewige Rente 57 |. Belgien. Brüssel, 20. Nov. Postscriptum des belgischen Moniteurs vom 20. Nov. - ,Anerkennung Belgiens und seines Souverains durch die fünf großen Mächte. Wir sind ermächtigt, die durch ein Morgen-Journal hierüber gegebene Nachricht, offiziel zu bestätigen. Die Regierung hat gestern Abend den Traktat erhalten, wie er zwischen dem Könige der Belgier, repräsentirt durch Hrn. Vandeweyer, einerseits, und andererseits 1. Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn und Böhmen, repräsentirt durch den Fürsten Esterhazy und den Baron von Wassenberg; 2. Seiner Majestät, dem König der Franzosen, repräsentirt durch den Fürsten von Talleyrand; 3. Seiner Majestät dem König der vereinigten Königreiche, Großbrittanien und Irland, repräsentirt durch Lord Palmerston; 4. Seiner Majestät dem König von Preussen, repräsentirt durch den Baron von Bülow. Seiner Majestät dem Kaiser aller Reussen, repräsentirt durch den Fürsten Lieven und den Grafen Matuscewitsch; abgeschlossen und am 25. November unterzeichnet worden ist. Dieser Vertrag enthält wörtlich die 24 Artikel des Trennungsvertrags zwischen Belgien und Holland, denen eine Einleitung vorangeschickt und außerdem nachfolgende drei Artikel beigefügt worden sind. Art. 25. Die Höfe von Oesterreich, Frankreich, Großbrittanien, Preussen und Rußland verbürgen Sr. Majestät, dem König der Belgier, die Vollziehung aller vorhergehenden Artikel. Art. 26. In Folge der Stipulationen gegenwärtigen Vertrags soll Frieden und Freundschaft bestehen zwischen Sr. Majestät dem König der Belgier einerseits und Ihren Majestäten dem Kaiser von Oesterreich, dem König der Franzosen, dem König des vereigten Königreichs von Großbrittanien und Irland, dem König von Preussen und dem Kaiser aller Reussen, andererseits, zwischen ihren Erben und Nachfolgern, ihren Staaten und respektiven Unterthanen immerfort. Art. 27. Der gegenwärtige Vertrag soll ratifizirt und die Ratifikationen binnen zwei Monaten oder wo möglich noch früher in London ausgewechselt werden. (Aach. Ztg.) Deutschland. Carlsruhe, 22. Nov. Die erste Kammer hat sich durch die in der Sitzung der zweiten Kammer von dem Abgeordneten v. Rotteck gehaltene Rede, worin ihr in starken Ausdrucken der Vorwurf gemacht wurde, als suche sie die Resultate des Landtags zu verkümmern, beleidigt gefunden, und in einer an diese Kammer erlassenen Adresse das Ansinnen gestellt, daß sie ihre Mißbilligung über die dabei gebrauchten Ausdrücke zu erkennen gebe, falls nicht Hr. v. Rotteck selbst sich zu deren Zurücknahme durch irgend eine entsprechende Erklärung verstehen wolle. - Nach Eröffnung dieser Adresse in der gestrigen Sitzung der zweiten
Kammer erklärte der Präsident, wie dieser Gegenstand eigentlich in seinen Geschäftskreis einschlage, da der Geschäftsordnung gemäß nur dem Präsidenten die Rüge gegen einen ordnungswidrigen Ausdruck eines Deputirten zustehe, die Kammer als solche darüber aber nicht beschließe. Er habe aber bereits gesagt, daß, wenn er einen gewissen Ausdruck (Handvoll Junker) gehört hätte, er den Redner aufmerksam gemacht haben würde, daß derselbe der wechselseitigen Achtung, welche eine Kammer gegen die andere beobachten müsse, nicht ganz gemäß sey; übrigens glaube er, daß hiernach in der Sache keine weitere Debatte und kein Beschluß nothwendig werde. Der Abgeordnete v. Rotteck zeigte hierauf in einem glänzenden Vortrage die UnStatthaftigkeit jenes Ansinnens der ersten Kammer und bewies zugleich, daß er in der Sache selbst nicht zu weit gegangen, und in den Worten an sich, und in der gemachten Verbindung nichts Beleidigendes liege, indem der Ausdruck „Junker" in der Pfalz nicht unüblich sey, und selbst für eine Hofcharge bestehe, das „Handvoll" aber nur eine kleine Zahl bezeichnen wolle. Er beschwerte sich, daß die Rede des Hrn. Regierungskommissärs, wie sie im Landtagsblatt vorkomme, Phrasen enthalte, welche in der Kammer selbst nicht gehört worden, woraus man hätte schließen mögen, als habe er von der ersten Kammer in herabwürdigendem Tone gesprochen, was er nicht gethan habe, und nie habe thun wollen können. Ein allgemeines Bravo folgte auf diese Vertheidigungsrede, und es wurde durch solche und die obige Erklärung des Präsidenten der Gegenstand fur so beseitigt gehalten, daß man ohne weitere Diskussion zur Tagesordnung überging. Es ist zu erwarten, daß sich hiebei die erste Kammer beruhigen werde. (St. Α. Z.) Berlin, 18. Nov. Es wird vielleicht nicht uninteressant seyn, die letzten Worte Hegels, als öffentlicher Lehrer, zu hören. Am 11. d. M. in seinem Vortrage über Rechtsphilosophie sagte er ungefähr Folgendes: „Die Freiheit des Menschen soll nicht allein ein Begriff seyn, welcher nur ein theoretisches Interesse hat, sondern sie soll auch das praktische Interesse verwirklichen, sie soll äußerlich in der Welt expliciren; Letzteres ist durch den ausgesprochenen Begriff bereits geschehen, aber die äußere Welt dem einmal erkannten Begriffe der Freiheit überall angemessen zu machen, das ist die Aufgabe der neuesten Zeit. (Schw. M.) München. Nachdem Börnes Briefe aus Paris, woraus wir einige Auszüge in der Tribüne gegeben haben, zuerst von Oesterreich, dann von Preußen verboten worden sind, ist billig Baiern unter den constitutionellen deutschen Staaten zuerst diesem Beispiel gefolgt. Was sich noch unverkauft davon vorfand, wurde von der Polizei in Beschlag genommen. - Selbst das verstümmelte Preßgesetz hat die Kammer der Reichsräthe nicht gutgeheißen, sondern mit Abänderungen versehen der Deputirtenkammer zurückgeschickt. Es ist doch kaum zu glauben, daß die Deputirtenkammer ein zweitesmal von ihren nach so reiflicher Berathung gefaßten Beschlüssen abgehen wird. — Neuerdings sind für unser Actien-Unternehmen Beiträge aus Carlsruhe, Pforzheim, Stuttgart und Ansbach eingelaufen; wir fühlen uns verpflichtet, für diese aufmunternde Theilnahme unsern Freunden den verbindlichsten Dank zu sagen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Sonntag.
Tribüne.
constitutionelles
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Betrachtungen über das badische Preßgesetz. Zweiter Artikel. Hören wir den Regierungskommissär selbst. In der Begründungsrede des Herrn v. Weiler macht sich Alles vortrefflich, denn „das Einverständniß über den Grundsatz: die Presse sei frei, die Censur sei aufgehoben! macht jede weitere Begründung entbehrlich." Dieses Einverständniß erhält sich eine ganze Seite lang; auf der zweiten tritt der hohe Bundestag hinter den Koulissen hervor, und wird uns als advocatus diaboli vorgestellt. Hier wird dann der alte Stoff der Verbindlichkeit gegen den Bundestag noch einmal geknetet und durchgearbeitet. Man wird es endlich überdrüssig, mit dem Bundestag, dieser ewigen Negation deutscher Freiheit und deutscher Nationalität, vernünftige Worte zu verlieren; wir halten uns an den Schlußsatz, welcher sagt: der §. 13. des vorgelegten Preßgesetzes bleibt den Bestimmungen des Bundestages wörtlich treu. Dieser Satz ist leider wörtliche Wahrheit und zugleich die bitterste Selbstkritik, denn die badische Regierung wird sich doch nicht daraus ein Verdienst machen wollen, daß sie nicht auch den Buudestag noch überbietet. Der Regierungskommissär erläutert den §. 17. unserer Verfassung: „die Preßfreiheit wird nach den künftigen Bestimmungen der Bundesversammlung gehandhabt werden", und findet, daß dieß „mit andern Worten" heiße: die Preßfreiheit soll stattfinden, jedoch unter der Bedingung, daß sie den künftigen Bestimmungen u. s. w. angemessen sei. Nun ja, und wieder „mit andern Worten" heißt dieses klar genug: die Pretzfreiheit soll stattfinden, jedoch unter der Bedingung, daß es keine Preßfreiheit sei; die Verfassung giebt ein heiliges Versprechen jedoch unter der Bedingung, daß es mit Beihülfe des edlen Bundestags eine Lüge werde. Die Regierung giebt ferner zu, was sie nicht läugnen kann, daß die Bundesakte der deutschen Nation Preßfreiheit zusichre, aber sie macht aufmerksam, daß die Gewährung an keine bestimmte Zeit gebunden sei. Wenn solche Grundsätze gelten sollen, so giebt es keine Treue mehr auf Erden, und jedes Versprechen ohne ausdrückliche Zeitbestimmung ist Nichts weiter, als eine plumpe Betrügerei für die Einfalt, wie sie von einer blinden Aristokratie bei den Völkern vorausgesetzt wird. Denn so gut man nach 15 Jahren sagen kann: es ist noch nicht Zeit, so gut kann man es nach 150 und nach 1500 Jahren auch wieder sagen, und das Versprechen wäre
Tagblatt.
München den 2 7 . November 1 8 3 1 .
erst dann gebrochen, wenn die Zeit und die Ewigkeit verflossen wäre. Weil aber ein solches Versprechen ein Unsinn wäre, so darf man einem verständigen und — einem ehrlichen Mann nicht die Absicht unterlegen, es so gemeint zu haben. Eine Zeitbestimmung bei einem Versprechen ist vielmehr eine Beschränkung, und wo sie nicht gegeben ist, da tritt der natürliche und sich von selbst verstehende Sinn des Versprechens ein, daß die Zeit der Erfüllung ganz in die Nähe gesetzt werde. Die Rede für den Regierunesentwurf gesteht zu, daß es andere Garantien gegen den Mißbrauch der Preßfreiheit gebe, als die Censur, stützt sich aber gegen den Einwurf, daß in den Karlsbader Ordonnanzen nicht einmal der Name der Censur vorkomme, auf Absicht des Bundesbeschlusses. Eine solche Absicht unterlegen heißt eine Unredlichkeit in Erfüllung der Bundesakte unterlegen. Indessen weiß die deutsche Nation längst, daß die Absicht despotisch, und nicht sowohl gegen den Mißbrauch, als vielmehr gegen den Gebrauch der Preßfreiheit gerichtet war; verträgt es sich aber mit den Pflichten einer konstitutionellen Regierung, in einen solchen Geist einzugehen, und soll sie nicht vielmehr den Buchstaben festhalten, der bei einem als Ausnahme gegen die Regel und gegen die Bundesakte gegebenen Censurbeschluß, wie bei jeder Ausnahme, nur im engsten Sinne verstanden werden muß? Eine mehrmals wiederholte Phrase ist endlich: „so lange dieser Beschluß in Kraft bleibt." Das ist eine sonderbare Einwendung. Der Beschluß ist bisher in Kraft geblieben, weil die Verfassungen und die Regierungen des konstitutionellen Deutschlands in der Schwäche blieben; die Ausnahme ist in Kraft geblieben, weil die Regel in der Schwäche erhalten ward. Jetzt aber ist durch den erwachten öffentlichen Geist in Deutschland das Verhältniß der Umkehr nahe gebracht, und jetzt will man von Seite der Regierung noch immer die alte Schwäche nicht fahren lassen? Es scheint, daß ein dunkles Bewußtseyn dieser Widersprüche sich nicht abschütteln ließe, denn Herr v. Weiler, der die Gebundenheit durch den Bundestag so gut vorzuwenden weiß, hält es fur nöthig, zu sagen, es müsse klar seyn, daß die Regierung keine hinterhaltenen Gedanken, keine selbstsüchtige Absicht haben könne, da sie in Beziehung auf sich selbst völlige Preßfreiheit gebe. Auf das Verhältniß mit dem Bundestag, der unpolitischer Weise die Gesammtsünden aller deutschen Regierungen auf seine Rechnung schreiben läßt, auf die dadurch bewirkte innerste Zerstörung seiner geistigen Bande mit der Nation, auf die von Frankfurt ausgehende Untergrabung des ganzen Nationalgebäudes, auf dieses unverzeihliche Mißverhältniß werden wir im 148
1191 letzten Artikel zurückkommen. Allein es ist trotz der Ablehnung hinterhaltener Gedanken noch sehr in Zweifel, ob nur über innere Angelegenheiten eine wahre Preßfreiheit durch den Entwurf gegeben sei, und die Versicherung des Herrn v. Weiler erscheint in dieser Beziehung als eine Vertheidigung vor der Anklage, welche auf das Bewußtsein einer Blöße deutet und dadurch verdächtig wird. „Wer die Verfassung des Großherzogthums, oder des deutschen Bundes, oder die Verfügungen ihrer öffentlichen Behörden durch Ausdrücke der Schmähung angreift." — wie vag ist diese Bestimmung, wie einladend fur den Mißbrauch, wie vieles läßt sich unter ihren Begriff bringen, was selbst eine nur halbwegs vernünftige Censur passiren ließe! Und kann nicht auch die Wahrheit, je nachdem sie ist, von einem politischen Philister unter die Schmähungen gesetzt werden? Die höchste Strafe für eine so vieldeutige Schmähung soll 6 Monate Gefängniß und 300 fl. Geldbuße seyn; aus §. 31. erfährt man aber, daß im ersten Wiederholungsfall die Strafe auf das Doppelte, im zweiten auf das Dreifache, und so fort in einer unendlichen Reihe gesteigert werden, und gleich im zweiten Wiederholungsfall als Strafzusatz die Zeitung verboten und dem Verleger oder Drucker auf 1 - 1 2 Monate das Gewerbe suspendirt werden kann. So ist dieses Preßgesetz. Mit der einen Hand hält es gerade in der Hauptsache die Censur fest, mit der andern giebt es den Namen der Preßfreiheit, setzt aber Jedem, der danach greifen will, das Messer an den Hals. Niemand aber hat schlimmere Aussichten bei diesem Entwurf, als die Post; denn nach §. 35. sind nicht nur Verfasser, Herausgeber, Verleger und Drucker für den Inhalt des Gedruckten verantwortlich, sondern auch—fünfmal genäht hält besser! — die Verbreiter. Dann wehe den Oberpost- und Postmeistern, Postdirektoren, Postexpeditoren, Postoffizialen, Postillionen und namendich den Postboten und Briefträgern; das Preßgesetz wird die Verbreiter heimsuchen bis ins dritte und vierte Glied. Die beste Erklärung für die Motive des Preßgesetzes liegt in den §§. 39. und 40., welche auch auswärtige Redaktoren, Verfasser, Verleger und Drucker fur die Befolgung des badischen Preßgesetzes verantwortlich machen und mit gerichdichem Verbote der betreffenden Zeitungen und Schriften drohen, bis dem Urtheil genügt seyn würde. Wenn auch alle andern §§. die Preßfreiheit auf Rosen gebettet hätten, hier liegt die Schlange, und zwar nicht einmal unter Blumen versteckt. Also darauf ιst es abgesehn? Wenn in einem glücklichern Lande die Preßfreiheit existirt, welche den Namen verdient, so will man uns davon abschneiden, das Land durch einen Kordon absperren, und Alles, was nach Baden eingeht, noch einmal einer Art von Censur unterwerfen? Und mit diesen Bestimmungen in der Hand versichert ein Regierungskommissär, man wolle das Urtheil frei geben, man habe keine hinterhaltene Gedanken? Man giebt vor, blos durch die Bundesbeschlüsse an der Einfuhrung vollständiger Preßfreiheit verhindert zu seyn, und doch läßt man sie nicht einmal auf Verantwortung eines andern Staates über die Gränze einfuhren. Man giebt sich die Miene, gegen seinen Willen gebunden zu seyn, und doch dehnt man die Censur auf Schriften unter 20 Bogen aus, während in einem andern Staat, in Baiern, schon Jahre lang unbeschadet der Bundesverhältnisse alle nicht periodischen Schriften censurfrei sind. Ein solches Gesetz nennt man heutzutage die Regel der Preßfreiheit mit einer einzigen Ausnahme. Die Regierung rühmt sich durch ihren Kommissär, daß der Grundsatz der Preßfreiheit an die Spitze gestellt sei; man muß gestehen, daß
1192 dieser Grundsatz mit sich handeln läßt. Die Schwurgerichte werden verworfen, weil sie sich in einer „isolirten" Stellung befinden würden, aber das ganze Preßgesetz ist Nichts, als eine Isolirung der angeblichen Censurfreiheit auf einem Gebiet, wo die Ausnahmen die herrschende Bevölkerung bilden. In wie fern es der Regierung mit wahrer Preßfreiheit Ernst seyn könne, sieht man zum Ueberfluß aus der weisen Art, mit welcher auch jetzt noch, nach der Vorlage des Preßgesetzes, die geliebte Censur gehandhabt wird; das Ministerium läßt durch die Censur der Karlsruher Zeitung an den Sitzungsberichten streichen, welche der Abgeordnete Schaasf verfaßt, und die man gewiß nicht in Verdacht eines übermäßigen Liberalismus haben wird. Wir haben endlich genug, und mehr als genug Bestimmungen über Preßfreiheit gehabt, welche ihren Namen Lügen straften: möge man uns lieber einmal Bestimmungen über Censur geben, etwa in folgender Fassung: §.1. Die im Großherzogthum herauskommenden Druckschriften sind sämmdich der Censur unterworfen, mit einer einzigen Ausnahme." §. 13. Ausgenommen sind solche Zeitungen und Schriften, welche den deutschen Bund und dazu gehörige Staaten betreffen, die Schriften unter 20 Bogen und die periodischen Blätter, welche sich mit Politik überhaupt beschäftigen. In der jetzigen Gestalt aber taugt das Gesetz so wenig, daß selbst der bisherige Zustand noch vorzuziehen wäre. Man sagt, Kaiser Nikolaus habe die Absicht, den polnischen Thron mit einem konstitutionellen Schein zu umgeben: was einen Schein von Preßfreiheit betrifft, so kann er nichts Besseres thun, als das badische Preßgesetz kurzweg ins Polnische übersetzen lassen. *)
Die Speyerer Zeitung fordert alle liberalen Journale auf, nachstehenden Artikel in ihre Blätter aufzunehmen. Wir halten es für Pflicht, ihrem Wunsche nachzukommen.
Projektirter Gewaltstreich der Aristokratie gegen die Presse. Von der Stunde an, wo Warschaus Fall bekannt wurde, erhob die Aristokratie höher das Haupt; mit jedem Tage tritt sie seitdem anmaßender und frecher auf. Unter die alte Willkür soll Europa wieder niedergebengt, die Aristokratie, der Adel, das Pfaffenthum von Neuem erhoben, das arme Volk von Neuem gänzlich in den Staub getreten werden. In diesem Sinne liefert die Augsburger Allgemeine Zeitung seit Kurzem eine Reihe der wüthendsten Lobpreisungen des Absolutismus; die Artikel sind gewöhnlich mit dem Worte „Eingesendet" bezeichnet, was in der Hofsprache, in der Sprache jenes priviligirten Blattes nicht anders als kommandirt heißt. Darum verdienen die fraglichen Aufsätze mehr als ihrem innern Gehalt nach, ernste Beachtung, sie mögen als die Manifeste des Aristokratismus betrachtet werden. Das neueste Aktenstück dieser Art ist in den Blättern *) Der Verfasser vorstehenden Aufsatzes, wovon der erste Artikel im liberalen Deutschland erschienen ist, wünscht denselben in der Tribüne fortgesetzt zu sehen, weil letzteres Blatt in Baden mehr verbreitet ist, als ersteres. W i r entsprechen gerne seinen Wünschen, indem wir denjenigen Abonnenten, welche das liberale Deutschland nicht halten, die Zusendung des betreffenden Blattes kostenfrei anbieten. (A. d. R.)
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1193 der allgem. Zeitung vom 11. und 12. Nov. enthalten, es fuhrt die Aufschrift „Ueber den Geist der deutschen Opposition und ihre Organe." Sein schlecht verhüllter Zweck ist auf einen Gewaltstreich gegen die Presse vorzubereiten. Die Mehrzahl der deutschen Ständeversammlungen wird in Bälde auseinander gehen: die Presse, mächtiger als die Kammern aber bleibt, ihre Wirkung ist nicht zu verhindern, sie dringet, wie der Sonne götdiches Licht, überall hin, unaufhaltsam. Alle Täuschung, alle Lüge, alles Schlechte stürzt vor ihr zusammen, nur das Wahre, das Gute, das Edle bleibet fest, es wird von zehnfachem Glanz, von hundertfachen Stützen durch die entfesselte Presse umgeben. Diese untergrabt jedoch die ganze Existenz des Aristokratismus. Darum soll sie gestürzt werden! Der vorliegende Artikel deutet an, daß die Censur in den meisten Staaten (Deutschlands) mit größter Liberalität (!!) (bisher) geübt wurde, was „dem Uebel nur unvollkommen vorgebaut habe; es sey zu bedauern (seht die Krokodillsthräne!) daß das demagogische Treiben der Opposition und ihrer Organe, welches schon früher die Bundestagsbeschlüsse (hört, woher das Preßheil wieder kommen soll!) hervorgerufen, die Aussicht auf eine völlige Aufhebung der Censur in weite Ferne rückt, und eine strenge Gesetzgebung gegen die Presse unerläßlich mache." (!!) Schlange du hast dich verrathen! Zische fort in deinen Syrenentönen! Da die bisherige, „zufolge Bundestagsbeschlüssen angeordnete," Censur unvollkommen seyn, — da die neue strenge Gesetzgebung gegen (ohne Zweifel blos gegen, nicht über) die Presse, wie ziemlich verständlich angedeutet wird, für ganz Deutschlnnd gelten soll, so ist es nicht zu verkennen, daß der Aristokratismus neue Beschlüsse des Bundestags im Auge hat. In allen institutionellen Staaten kann und darf aber, verfassungsmäßig, der Bundestag keine Gesetze geben, geläng es der Aristokratie, jenen zu dem Versuche dazu zu vermögen, würde je der Bundestag sich verleiten lassen, und wollte man die Durchführung solcher Maßregeln in den constitutionellen Staaten erzwingen, so hätte die Herrschaft der Gesetze mit diesem Augenblick aufgehört, jene der Ordonnanzen, der Willkür begönne; die Verträge, welche die Rechte der Völker und Fürsten gemeinsam heiligen, die Constitutionen, wären gebrochen und vernichtet! Schon seit einiger Zeit gehen dunkle Gerüchte wegen Gewaltmaßregeln gegen die Presse. Die Aristokratie bedroht uns jetzt ernstlich damit, sie hat sich verrathen! Habt Ihr Lust, die Würfel zu werfen, wohlan denn, so waget das Spiel! Die octroyirten Constitutionen der deutschen Staaten sind freilich weit entfernt, vollkommen zu seyn. Glaubt Ihr aber, daß die Völker sie mit dem Absolutismus vertauschen möchten? Diese mangelhaften Verfassungen habt Ihr den Nationen im Vergleiche mit Eurer Willkür theuer gemacht. Nochmals, wollt Ihr die Würfel werfen, wohlan! das stürzende Gebäude wird Tausende, es wird gewiß aber auch Euch Herolde des Absolutismus niederschmettern! — „Die Opposition, so lüget Ihr, suche Deutschland, das gemeinsame Vaterlandzu verrathen." Ist denn dieOpposition Schuld daran, daß die Deutschen kein gemeinsames Vaterland besitzen? Wäret Ihr es nicht selbst, die in den Ständeversammlungen die Entwicklung der Anträge, daß Deutsch-
land ein Ganzes werde, aus allen Kräften zu verhindern strebtet? War die Opposition es, wie Ihr uns vorwerfet, welche die Hälfte Luxemburgs von uns losriß? Wäret Ihr es nicht, die den Deutschen dem Deutschen, den Baier dem Sachsen, den Preußen dem Badener durch dreißig Zolllinien im Innern des Landes entfremdete! War die Opposition es, welche dahin es brachte, daß man den Völkern die in den Zeiten der Noth gegebenen Versprechungen nicht hielt, daß man die heilig gelobten Constitutionen, die unersetzbare Preßfreiheit nicht gab?! Habt Ihr, Aristokraten die edelsten unverjährbaren Rechte der Völker von diesen Euch nicht erst abjagen lassen! Deutschland, so behauptet Ihr, befinde sich in materiellem Wohlstande, es sey reich, sey glücklich! Wahrlich, Langbeins Fabel schaffet Ihr zur bittern Wahrheit um. Suchet das Hemd des Glücklichen. Der Glückliche, den Ihr etwa finden werdet, er wird kein Hemd besitzen! — Doch es ist wahrlich überflüssig, Eure Täuschungsversuche, Eure Lügen, alle einzeln zu widerlegen.
Patriotische Vereine. Diese, in unserm Blatte schon so oft und herzlich zur Ausführung empfohlene Idee, findet täglich mehr Beifall. Jedermann erkennt, je deutlicher die hohe Wichtigkeit und Dringlichkeit der Sache, je mehr der Sklavenherrscher mit seinen Aliirten die auftauchende Freiheit und Unabhängigkeit unseres Vaterlandes bedroht und je gewissenhafter er die den Polen verheissene Amnestie erfüllt; wir erinnern nur an die in Nro. 65 beleuchtete ächt russ. Note und an die Verbannung des Romarinoschen Corps. Mit herzlicher Freude melden wir daher vorläufig, daß in vielen Gegenden Deutschlands die Unterstützungsvereine für die Polen sich bereits in Rettungsvereine fur deutsche Freiheit und Nationalehre umgewandelt haben. Ausfuhrliches von den entstehenden Vereinen in Hamburg, Braunschweig, Hannover, Kassel, Marburg, Frankfurt etc. werden wir bald mittheilen können. (Const. D.)
Correspondenz. Großherzogthum Hessen, den 20. Nov. Was ein früherer Artikel der Tribüne als nahe bevorstehend ankündigt, ist erfolgt: der hohe Bundestag hat die Eingabe gemeinsamer Bitten geächtet, und der hohe Senat in Frankfurt, zu dessen Obliegenheiten die öffentliche Vermeidung hoher Wochenbette etc. etc. zu gehören scheint, hat diesen Beschluß bereits verkündet und die Uebertreter desselben mit gemessener Strafe bedroht. Wäre der Beschluß ganz im Geiste der Münchner politischen Zeitung erfolgt, so würde er auch das noch besagen, daß die eingegebenen Bittschriften für Polen an dem Untergange Polens schuld wären. Dieses politische Blatt behauptet nemlich, wie wir aus dem Frankfurter Lichtpostillion ersehen, der den servilen Rath und Unrath aus allen Himmelsgegenden zusammenkehrt, „der Wahnsinn der Tribüne sey an der Verbannung der Himmelstochter Preßfreiheit schuld." Ich will's einen Augenblick glauben, aber was soll man von der gesetzgeberischen Weisheit der baierischen Regierung oder Kammer urtheilen, wenn sie sich durch den s. g. Wahnsinn
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1195 eines Zeitblattes bestimmen läßt, dem deutschen Vaterlande das Himmelsgut der entfesselten Presse zu entziehen! Ihre Logik und Politik stünde dann noch tiefer, als die einer gewissen Regierung im innern Afrika, die sich angeblich durch den s. g. Wahnsinn einiger jungen Schwarzen bestimmen ließ, ein ganz großes Volk für mundtodt zu erklären. Die Wahrheit ist: hätte die baierische Kammer statt der Himmelstochter Preßfreiheit das Höllenkind Censur verbannt, so würden außer den vier Millionen Baiern mindestens vier andere Millionen Deutsche mit demselben Vertrauen und Danke nach dem baierischen Scepter ihre Blicke gerichtet haben. Daraus folgt natürlich, daß die eifrigste Kämpferin für baierische Preßfreiheit, die deutsche Tribüne, eine Feindin der baierischen Regierung ist. —
Tages-Chronik. Frankreich. Paris, 22. Nov. Die Deputirten der Opposition, welche gestern in der Kammer fehlten, waren wirklich wegen der Ordonnanzen versammelt. Heute sind sie abermals zusammen getreten, um eine Adresse an den König zu redigiren, wodurch er um Zurücknahme der Ordonnanzen gebeten wird. Die Versammlung war zahlreich, und scheint sich über die Abfassung der von Herrn Cormenin vorgelegten Adresse verständigt zu haben. Noch vor der heutigen Kammersitzung soll eine Versammlung in den Bureaus gehalten werden, und wenn, wie zu vermuthen ist, die Majorität sich für die entworfene Adresse ausspricht, so wird sie auch heute noch vorgelegt. Herr Perier ist entzückt über seinen Sieg. Er geht von dem Grundsatz aus, daß Staatsstreiche nie eine Revolution hervorrufen, so lange sie nicht das Schließen der Läden veranlassen, oder den Preiß des Brodes erhöhen. Daher seine Sorge für die ärmern Klassen während des Winters. Man ist beschäftiftigt, die öffentlichen Wärmanstalten zu vermehren. Die Regierung hat sich an die Spitze einer Gesellschaft gestellt, welche in allen Vierteln von Paris Niederlagen ökonomischer Fleischbrühtafeln errichtet. Auch Suppen und Fleisch werden dort zu sehr mäßigen Preißen an Arme verkauft. So verdienstvoll solche Anstalten sind, so ist doch sehr zu bedauern, das das Ministerinm sich ihrer als Mittel bediene, unsere Freiheiten gefahrlos zu unterdrücken. - Der Kammer gegenüber hat sich übrigens die Stellung des Ministeriums verschlimmert, wie wir schon vor einigen Tagen bei Mittheilung der eingetretenen Spaltung darauf aufmerksam gemacht. Das Ministerium kann auf die schwache Majorität, die es früher hatte, nicht mehr rechnen, denn Herr Dupin, welcher sich so sehr gegen die Ernennung der Pairs ausgesprochen, wird Herrn Perier nicht ferner unterstützen, zumal da er in Gegenwart des Königs mit demselben in heftigen Wortwechsel gerathen ist. Herr Dupin hat vielen Einfluß auf die ganze Sektion zur Linken; er wird sie wahrscheinlich mit sich fortreißen und dem Ministerium die schwache Majorität entziehen, auf die es schon vor diesem Vorfall nur mit Unsicherheit rechnen durfte. - In der heutigen Deputirtenkammer wurde mit dem gestern noch begonnenen Rechenschaftsbericht fortgefahren. Herr Dupont de l'Eure sollte einen Antrag
wegen der durch die Opposition an den König entworfenen Adresse stellen, eine Masse Neugieriger hatte sich deßhalb auf den Gallerien eingefunden; es scheint aber, daß diese Proposition erst morgen oder übermorgen Statt finden wird. Paris, den 22. November. Consol. 5 Proz. 96,15; 3 Proz. 69,70; Falconnet 82,30; ewige Rente 58 3. Deutschland. Mainz, 17. Nov. Gestern ist von unserm Bürgermeister abermals eiue Bekanntmachung in Betreff unserer unglückseligen Einquartierungslast ergangen, worin derselbe den kleinen Theil der Bürgerschaft, welcher den ergangenen Aufforderungen noch hartnäckig widersteht, väterlich zur Folgsamkeit ermahnt, indem bereits mit militärischen Zwangsmaßregeln gedroht sey. Der Eindruck, welchen dieses Verfahren der Militärbehörden auf unsere Stadt hervorbringt, ist natürlich im höchsten Grade betrübend. Zweibr. 21. Nov. Vorgestern kamen zwei polnische Offiziere, die ersten Flüchdinge oder Verbannten auf ihrer Reise nach Frankreich hier an, und wurden freundlichst empfangen. Bei dem Abendessen im Cassino brachte Hr. Savoye, Mitglied des Ausschusses der Polenfreunde folgenden Trinkspruch, der so ernst, rührend und edel ist, wie die Empfindungen, welche er ausdrücken sollte: „Was das Herz im Tiefsten bewegt, bedarf nur weniger Worte: Polen ist begraben; — Polen wird wieder erstehn; dessen sind die Völker gewiß: — reicht ja auch unser Glaube über das menschliche Grab hinaus." Gestern kamen der Oberst von Zeltner, mit ihm Niemovsky, der bekannte Adjutant des Generals Dwernizky und der Redakteur der Zeitschrift: das „neue Polen" hier an. An sie hatte sich unter Wegs ein vierter Pole angeschlossen. Daß sie nicht nur mit müßiger Neugierde, sondern mit wahrem Interesse und mit verdienter Achtung empfangen und behandelt wurden, versteht sich von selbst. Sie bleiben heute, auf dringendes Ersuchen hier, um die Merkmale inniger Bewunderung und herzlicher Theilnahme zu erwiedern. Diese Männer wandern, das Herz blutig und zerrissen wie ihr Vaterland, aber im Geist heiter und voll Hoffnung, wie die der Freiheit harrenden Völker, und resignirt wie ein Sterbender, den die innigste Ueberzeugung der Fortdauer emporrichtet. Unsere besten Wünsche werden die Wackern begleiten! München. Aus einer norddeutschen Stadt erhielten wir heute nachstehenden Brief vom 15. Nov. Hoffendich macht nicht allein das constitutionelle Deutschland, sondern jeder patriotische, und das heißt, jeder gebildete und bessere Deutsche, Ihre Aufforderung in Nro. 105 der Tribüne nach Kräften zu seiner Sache. Einige hiesige Abonnenten Ihres Blattes wünschen dies von Herzen und bieten Ihnen daher fur Ihr Unternehmen beiliegende Actien an. Fahren Sie fort, der muthigste Mann für die edelste Sache zu seyn, um die je gekämpft ist, die Anerkennung und der Dank des gesammten Vaterlandes ist Ihnen gesichert. Was auch alle stumpfsinnigen Regierungen mit ihren aristokratischen Trabanten und sonstigen Helfeshelfern noch unternehmen werden, die Sonne, die uns aufgegangen ist, hat nun einmal die Seelen und nicht blos die Kleider der Deutschen erwärmt, sie kann und wird nicht wieder untergehen! Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Ueber die Wahl der Deputirten im Großherzogthum Hessen. Wenn in Nr. 136 der deutschen Tribüne und in Nr. 69 des konstitutionellen Deutschlands ein Bürger aus dem Großherzogthum Hessen die Wahlmänner dieses Staats auffordert, zu dem bevorstehenden Landtage „rechtschaffene, uneigennützige unabhängige, sachkundige und muthvolle" Abgeordnete zu wählen, so kann der Schreiber dieses mit allen patriotisch gesinnten Hessen sich mit dieser Aufforderung nur einverstanden erklären, und wünschen, daß sie allenthalben die verdiente Beherzigung finden möge. Jedoch glaubt er, daß bei der Bezeichnung der wiederzuerwählenden früheren Deputirten nicht umsichtig und prüfend genug zu Werke gegangen worden sey, und daß man theils Männer vorgeschlagen habe, welche die Auszeichnung nicht verdienen, vor allen als vorzüglich tüchtig zur Volksrepräsentation vorgestellt zu werden, theils andere Staatsbürger nicht erwähnt habe, welche den wichtigen Beruf, die heiligsten Interessen des Volkes gegen Ministerialwillkür und Aristokratenegoismus zu schützen und überhaupt zu fördern, bei der letzten Ständeversammlung mit Festigkeit und Erfolg erfüllt haben. Hier wäre vor allen zu nennen gewesen der Hofgerichtsrath Schenk in Darmstadt, ein Bruder des Präsidenten der Kammer der Abgeordneten, der sich, überall freisinnig, keiner Art ministerieller und höfischer Einwirkung zugänglich, als wahrer Patriot und tüchtiger Repräsentant bewährt hat. Dagegen erscheinen unter den angeführten Namen einige, die sich durch nichts hervorgethan haben, wenig Interesse für ihren segensvollen Beruf an den Tag legten und nur mit dem Strome schwammen. Eine spezielle Benennung darf unterbleiben, weil die Männer unbescholten sind; doch kann nicht unbemerkt gelassen werden, daß die öffentliche Stimme den Oberfinanzrath Goldmann keineswegs als treuen Deputirten bezeichnet, sondern ihn vielmehr bezüchtigt, daß er - um Schlimmeres nicht auszusprechen - überall da, wo es mit Bewahrung des Scheinliberalismus geschehen konnte, im Interesse der Ministerial- und Hofpartei gestimmt und so mittelbar in dem eigenen gewirkt habe. Sind aber die wenigen zur Wiedererwählung bezeichneten Männer die einzigen Vaterlandsfreunde, welchen Hessen die Bedeutsamkeit seines nächsten Landtages anvertrauen kann?
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München den 28. November 1831.
Bedürfen wir nur solcher Deputirte, welche „gutgesinnt" heißen, um hinter der Zeit nicht zurückzubleiben? Nein — wir müssen in der Kammer Männer von Talent, Bildung und festem Patriotensinn haben, die in dem Geiste wirken, wie es von den Ständeversammlungen der Brüderstaaten in Süddeutschland, von der Kammer in dem andern, uns so innig verbrüderten Hessen geschehen ist und geschieht. Ohne das bleiben wir stets an der Schwelle politischer und bürgerlicher Freiheit, und die Verfassung, die uns mit ihren mancherlei — nicht unverbesserlichen Mängeln, ein theures Gut seyn muß, erhebt sich nicht aus dem Zustande der Lüge. Darum möchte es ein verdienstliches, von allen Freunden unseres hessischen Stammlandes zu unterstützendes Unternehmen seyn, demnächst die Männer öffentlich zu nennen, die, ausgerüstet mit den Eigenschaften eines wahren Volksvertreters, für die künftige ständische Versammlung wählbar sind, und in dieser Hinsicht die besondere Beachtung der Wahlmänner verdienen. *) Möchte doch unsere Hauptbildungsanstalt, die Universität Giesen, in dieser Beziehung eine Quelle bilden, aus der so reichlich geschöpft werden könnte, wie in Baden bei Freiburg dies geschehen ist! Leider ist das Mitglied der Universität, welches verfassungsmäßig Mitglied der Ständeversammlung ist, der Kanzler in Gießen, der entschiedenste Gegner aller Freisinnigkeit.
Der Bundestag von 1817 und der Bundestag von 1831. Die Fortschritte der organischen Entwickelung des deutschen Bundes müssen aus den Gesetzen der verschiedenen Zeiträume beurtheilt werden, und es wird darum interessant seyn, den neuesten Ausfluß bundesgesetzlicher Weisheit — das Verbot gemeinsamer Bitten an den h. Bundestag — mit der früheren Aufnahme der bekannten Petition um Erfüllung des 13. Artikels der Bundesurkunde zu vergleichen. Jene Bitt-
*) Wir möchten Hessen auffordern, durch das Zusammenwirken patriotischer Männer ein Blatt zu gründen, gleich dem Hochwächter in Stuttgart. Den Wahlen zur nächsten Ständeverhandlung und der Vorbereitung für den Landtag fast ausschließlich gewidmet, wird er ohne Zweifel schöne Resultate herbeiführen.
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1199 schrift, von dem vor etwa zehn Jahren verstorbenen Professor Görres verfaßt, war von mehreren Tausenden deutscher Bürger unterzeichnet, und ihre Aufnahme in Frankfurt ist aus der neuesten Schrift von Karl Th. Welcker (die Vervollkommnung der organischen Entwickelung des deutschen Bundes etc. etc. Karlsruhe, bei Ch. Th. Groos) ersichdich. In dieser Schrift - es ist die berühmt gewordene Antrags-Begründung - heißt es S. 7 und 8. „Das Recht zur Bitte an sich ist nicht blos fiir deutsche Landstände, sondern fiir jeden deutschen Staatsbürger schon begründet in dem, vom Bunde selbst anerkannten allgemeinen deutschen Staatsbürgerrecht etc. etc. Es wurde auch höchst erfolgreich anerkannt in den merkwürdigen Bundestagsverhandlungeu vom 22. Dez. 1817 über eine Petitien deutscher Bürger um allgemeine Verwirklichung der ständischen Verfassung in ganz Deutschland etc. etc. Denn in Gemäßheit jener Bundesverhandlungen etc. etc. wurde eine solche Erfüllung des 13. Artikels einstimmig beschlossen." Wohl Manche werden den neuesten Beschluß als einen Nachtrag zu den Karlsbader Beschlüssen und als eine Abwehr erneuter Mahnungen an den 13. Art., den die Aristokratie im Norden und Osten von Deutschland als einen auf die Ewigkeit ausgestellten Wechsel betrachtet, verdächtigen wollen; aber wie? wenn der h. Bundestag eine deutsche Volkskammer, nach dem Welckerschen Antrag, an seine Seite rufen und lieber durch sie, als aus gemeinsamen Bittschriften die Wünsche Deutschlands vernehmen und die Rechte Deutschlands sichern wollte? Wäre denn der Bundesbeschluß von 1831 nicht ein wahrer Fortschritt gegen den von 1817. Frage und Antwort. Fr. Können denn die liberalen Deputirten auf keine Weise dahin gebracht werden, ministeriell zu seyn? Antw. Ο ja! sehr leicht! sie werden in eben dem Augenblicke ministeriell seyn und stimmen, in welchem die Minister liberal sind. Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 9. November. Die hier eingetroffene Nachricht, daß Don Pedro die Kirchengüter als Hypothek des in London abgeschlossenen Anlehens verpfändet habe, brachte unsere Geisdichkeit ganz außer sich. - Seit einigen Tagen werden alle wegen politischer Vergehen zur Galeere oder Deportation Verurtheilte an die Orte ihrer Bestimmung gefuhrt, um andern Unglücklichen in den Gefängnissen Platz zu machen. Von pensionirten oder außer Dienst getretenen Offizieren sind in der letzten Zeit besonders viele verhaftet worden. - Das bösartige Fieber, wovon wir schon früher gesprochen, herrscht immer noch in der Hauptstadt, und rafft viele Menschen hinweg, selbst Vornehme der ersten Klassen. Unter solchen Umständen wächst das Elend von Tag zu Tag, so daß die Regierung unter die ärmeren Klassen Arzneimittel, Brod, Bekleidung und etwas Geld vertheilen lassen mußte. Spanien. Madrid, 15. Nov. Der König hat verordnet, daß spanische Aerzte in einige Länder geschickt werden sollen, wo die Cholera herrscht. Sie erhalten 15,000 Franken Besoldung pr. Jahr, und wird ihnen bei ihrer
Zurückkunft eine lebenslängliche Pension von 5000 Franken, oder im Fall des Absterbens, ihren Familien eine Pension von 3000 Franken zugesichert. — Viele unserer Officiere gehen nach Portugal unter dem Vorwande von Aufträgen verschiedener Art; ihre Absicht scheint aber keine andere zu seyn, als sich der fremden Legion anzuschließen, welche man dort bildet. Die Wege von Andalusien sind so unsicher, daß fast alle Diligencen angefallen und ausgeplündert werden. Der berühmte Martinez de la Roza befindet sich unter der Zahl der Beraubten. England. In Irland herrscht immer noch die gröste Noth. Drei Kirchspiele der Stadt Cork enthalten allein 26,000 Arme, und man schätzt die Zahl der Einwohner, welche überhaupt keine Subsistenzmittel besitzen, auf 60,000. — Das Parlament ist prorogirt bis zum 6. Dezember. Die politischen Vereine verbreiten sich immer mehr. Vorläufig haben dieselben blos zum Zweck, die Regierung in der Reform-Angelegenheit zu unterstützen, in der Folge dürften sie aber noch mehr Wichtigkeit erlangen. - Es sollen sich geheime Agenten des Don Miguel hier befinden, und seit zwei Monaten ziemlich bedeutende Geldsummen zu den Vertheidigungs-Anstalten gegen Don Pedros Expedition erhalten haben. Wir mögen an die Wahrheit dieses zwar aus guter Quelle fließenden Gerüchtes nicht glauben, weil sonst die Vorwürfe, welche England durch Beschlagnahme von Don Pedro's Schiffen sich schon zugezogen, neuen Grund erhalten würden, und England eine schwere Verantwortung über sich nähme. Frankreich. Straßburg, 24. Nov. Lyon ist in vollem Aufstand; alle Läden sind geschlossen; die ganze Nationalgarde ist auf den Beinen. Die Seidenarbeiter und andere, 40,000 Mann stark, sind aufgestanden, und drohen in die Stadt einzurücken, um sie zu plündern und in Brand zu stecken. Linientruppen und Nationalgarde wollten sich widersetzen, wurden aber wieder zurückgetrieben, und bereits zählt man beiderseits 40 bis 50 Todte und mehr als noch einmal so viel Verwundete. Weiber und Kinder brechen in der Rothkreuz-Vorstadt das Pflaster auf und werfen die Steine nach den Belagerern. Ein Posten Linientruppen wurde mit Stockschlägen gezwungen. Gräuliche Auftritte haben statt gehabt. General und Präfekt, welche die Ordnung wieder herstellen wollten, wurden von den Arbeitern gefangen, und sind noch jetzt in ihrer Gewalt, ohne daß man ihnen zu Hülfe kommen könne, denn die Insurgenten haben sich verbarricadirt. Man fürchtet sehr, daß sie diese Nacht in die Rhone geworfen werden. Vorzüglich auf den General ist man erbittert, der versprochen hatte, die Linientruppen würden nicht feuern. Demungeachtet hat eine VoltigeursCompagnie auf die Arbeiter geschossen und drei Mann getödtet; nun stieg die Wuth aufs höchste. Der größte Theil der Nationalgarde in der Rothkreuz-Vorstadt, der aus Arbeitern besteht, hält zu den Insurgenten. Schon den ganzen Tag wird Lärm geschlagen. Diese Nacht erwartet man noch gräulichere Auftritte; und erhält nicht die Besatzung, die nur aus einem unvollständigen Regiment und einer Dragonerschwadron besteht, Verstärkung, die aus Macon und Grenoble erwartet wird, so ist zu befiichten, daß die Insurgenten Meister werden. (D. allg. Ztg.) Paris, 23. Nov. Zwei der Direktoren des Journals „l'Avenir" haben gestern ihre Wallfahrt nach Rom angetreten. — Die Revision des Neyschen Prozesses wird sehr lebhaft betrieben, Herr Dupin besonders verfolgt diese Na-
1201 tionalsa che mit eben so viel Energie als Consequenz. - Der Grund, warum statt der beabsichtigten 70 nur 36 Pairs ernannt worden sind, liegt darin, weil man Glieder der Deputirten Kammer hätten wählen müssen, welche dann zweimal über den Art. 23 gestimmt hätten. Das Ministerium erkannte dies fur inconstitutionell, aber in der Ordonnanz selbst, welche die Verfassung offenbar verletzt, fand es keinen Anstoß. - Was Minister heißt oder zum Ministerium gehört, ist seit gestern in Bewegung, um die Majorität in Betreff der Adresse des Herrn Dupont de l'Eure zu untergraben, welche wegen ihres energischen Tones bei der anständigsten Haltung allgemeine Billigung gefunden hatte. Man war daher auf die heutige Sitzung der Deputirtenkammer, in welcher das Resultat der ministeriellen Umtriebe kund werden sollte, sehr gespannt. Es war überraschend. 133 Glieder stimmten dafür, 227 dagegen. Nur das neunte Bureau beantragte die Lesung der Proposition. Nachdem der Adressen-Entwurf fast allgemein gebilligt war, ist ein solches Resultat kaum zu begreifen. Auch ist die Freude des Ministerpräsidenten und seiner Partei aufs Höchste gesteigert, so daß sie in der Kammer selbst durch Glückswünsche Gelächter und Neckereien laut wurde. Paris, den 23. November. Consol. 5 Proz. 95,80; 3 Proz. 69,40; Falconnet 82; ewige Rente [5] 8 \. Belgien. Brüssel, 21. Nov. Gestern war die ganze Stadt erleuchtet. Eine Menge Menschen wogte von 5 bis 9 Uhr in den Straßen. Man vernahm den ganzen Tag bis tief in die Nacht den Lärm der Freudenschüsse. Die Kammer hat heute den Credit für den Minister des Innern genehmigt. Der Minister des Auswärtigen hat auf die Fragen des Herrn Gendebien zur Antwort gegeben, daß es vor der Annahme der 24 Artikel von Seiten Hollands gefährlich sey, die beiden der Conferenz von Herrn Vandeweyer zugestellten Noten, in Betreff der Schulden und der Schifffahrt, bekannt zu machen, daß das Ministerium die von Holland begehrten Modifikationen nicht kenne, daß die Ratifikation des Traktats nur eine unwesendiche Förmlichkeit sey. Herr Gendebien hat es dabei bewenden lassen. Lüttich, 21. Nov. Die Dislokation der französischen Nordarmee beginnt auf der ganzen Linie, und die Truppen beziehen die Winterquartiere und Festungsgarnisonen wieder. Ein Amsterdamer Journal sagt, man habe den König Wilhelm abermals vergeblich zur Annahme der 24 Artikel zu bewegen gesucht. Derselbe erklärte, von seiner ersten Antwort nicht abgehen und die 24 Artikel weder annehmen noch verwerfen zu wollen. Diese Antwort stimmt mit der der Generalstaaten vom vorigen Freitag vollkommen überein. Deutschland. Frankfurt, 24. Nov. Auszug des Protokolls der 58. Sitzung der hohen Bundesversammlung vom 10. November 1831. M i ß b r a u c h der Presse. Präsidium. Die Kaiserlich-Königliche Provinzialgesandschaft ist von ihrem allerhöchsten Hofe zu folgenden Anträgen angewiesen: 1) Da sämmdiche Mitglieder des dentschen Bundes die feierliche Verpflichtung gegen einander übernommen haben, bei der Aufsicht über die ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften mit wachsamen Ernste zu verfahren, und diese Aufeicht dergestalt handhaben zu lassen, daß dadurch gegenseitigen Klagen und unangenehmen Erörterungen auf jede Weise möglichst vorgebeugt werde, in neuerer Zeit
1202 aber der Mißbrauch der periodisch-politischen Presse in einer höchst bedauerlichen Weise zugenommen hat; so bringt die Bundesversammlung sämmdichen Bundesregierungen diese, bis zur Vereinbarung über ein definitives Preßgesetz in voller Kraft verbleibende, gegenseitige Verpflichtung mit dem Ersuchen in Erinnerung bringen, die geeigneten Mittel und Vorkehrungen zu treffen, damit die Aufsicht über die in ihren Staaten erscheinenden Zeitblätter nach dem Sinn und Zweck der bestehenden Bundesbeschlüsse gehandhabt werde. 1) Da die Bundesversammlung befugt ist, die zu ihrer Kenntniß gelangenden, unter der Hauptbestimmung des Preßgesetzes vom 20. September 1819 begriffenen Schriften, in welchem deutschen Staate sie auch erscheinen mögen, wenn solche, nach dem Gutachten einer von ihr ernannten Commission, der Würde des Bundes, der Sicherheit einzelner Bundesstaaten, oder der Erhaltung des Friedens und der Ruhe in Deutschland zuwiderlaufen, zu unterdrücken, diese Commission aber durch den Abgang eines Mitgliedes nicht vollzählig ist; so wolle diese hohe Bundesversammlung diese Commission durch die übliche Wahl ergänzen. Sämmdiche Gesandschaften erklärten ihr Einverständniß mit dem Präsidialantrag; es wurde sonach zur Wahl geschritten, welche auf den Königl-Dänischen, Herzoglich-Holsteinisch- und Lauenburgischen Herrn Gesandten fiel; sonach Β e s c h 1 u ß. 1) Da sämmdiche Mitglieder des Deutschen Bundes die feierliche Verpflichtung gegen einander übernommen haben, bei der Aufsicht über die in ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften mit wachsamen Ernste zu verfahren, und diese Aufsicht dergestalt handhaben zu lassen, daß dadurch gegenseitigen Klagen und unangenehmen Erörterungen auf jede Weise möglichst vorgebeugt werde, in neuerer Zeit aber der Mißbrauch der periodisch-politischen Presse in einer höchst bedauerlichen Weise zugenommen hat, so bringt die Bundesversammlung sämmdichen Bundesregierungen diese bis zur Vereinbarung über ein definitives Preßgesetz in voller Kraft verbleibende, gegenseitige Verpflichtung mit dem Ersuchen in Erinnerung, die geeigneten Mittel und Vorkehrungen zu treffen, damit die Aufsicht über die in ihren Staaten erscheinenden Buudesbeschlüsse gehandhabt werde. 2) Die nach dem Preßgesetz vom 20. Sept. 1819 bestehende Bundestagskömmission wird durch die auf den Königlich-Dänischen, Herzoglich-Holsteinisch- und Lauenburgischen Herrn Gesandten gefallene Wahl ergänzt. Auszug des Protokolls der 39. Sitzung der Bundesversammlung vom 19. Nov. 1831, das Verbot der in Straßburg erscheinenden Zeitung betitelt: „das constitutionelle Deutschland" betreffend. Β e s c h 1 u ß. Die Versendung und Verbreitung des in Straßburg bei G. Silbermann erscheinenden Zeitblattes: „Das constitutionelle Deutschland," wird in allen deutschen Bundesstaaten untersagt, und die Regierungen werden ersucht, diesen Beschluß öffendich bekannt zu machen, auch zur Handhabung desselben die geeigneten Verfügungen zu treffen, und diese baldmöglichst zur Kenntniß der hohen Bundesversammlung zu bringen. A. d. R Wir werden ehestens Betrachtungen über diesen Beschluß liefern.
1203 Berlin. Die Bücher-Verbote in Preußen vermehreu sich. Auch Rottecks neueste Ausgabe seiner Weltgeschichte hat der Bannstrahl getroffen. Man weiß nicht, ob diese Verfugung gegen ein Werk, dessen frühere Ausgabe verbreitet werden durfte, dem Falle Warschaus oder der ehrenvollen Stellung, welche der Verfasser in der badischen Kammer einnimmt, zuzuschreiben. Darmstadt, 24. Nov. Sie haben, Herr Redakteur, schon mancherlei Leiden durch die Censur erfahren, und wir wissen, Sie wollen ihnen aus dem Wege gehen. Kommen Sie hieher! Gewiß, Sie werden sich Wohlgefallen! Seitdem unser Hoftheater geschlossen ist und nun auch die Concerte auf der Neige sind — nächsten Sonntag ist das letzte - beschäftigt sich Alles hier mit Restaurationen. Sie fragen: „Mit Restaurationen?" und sehen auf der Charte nach, ob das Großherzogthum Hessen in Frankreich liegt, und ob wir in die Zeiten des seligen Ludwig XVIII. zurückversetzt sind? Ach nein, keines von beiden! Manchmal dünkt mir eher, ich sey in der Türkei, oder doch in einem Trappistenkloster, denn hier heißt es: Schweigen — Schweigen — Schweigen. Ich glaube, wenn der gute König Crösus noch einmal auf unsere arge Welt käme, und er hätte: „Solon! Solon! Solon!" zu rufen, so riefe er, selbst auf Gefahr des Todes hin: „Schweigen, Schweigen, Schweigen!" — Das ist jetzt das königliche Losungswort. Aber ich wollte Ihnen ja von unsern Restaurationen erzählen. Das sind sehr friedliche, wohlgesinnte und gutartige Dinger. Oder, mit andern Worten: Es sind Sonntags-Mittags-Gelegenheiten, wo die Leute essen und Musik hören und trinken, und auch einigemal anstoßen - versteht sich mit den Gläsern, und wenn's längere Zeit dunkel ist, nach Hause gehen. Ein viertel Dutzend solcher Restaurationen sind auf einmal aufgekeimt: in der Traube, im Darmstädter Hof und wo sonst noch. Ich begreife oft gar nicht, daß wir Darmstädter draußen in der Welt fast ein bischen politisch anrüchtig sind. Und nun vollends wieder, wo Harro Harring einen Roman geschrieben hat, betitelt: „Die Schwarzen in Gießen." Ist Gießen nicht eine großherzoglichhessische Universität, und zwar seine einzige? Ist nicht wahrscheinlich, daß einige jener Schwarzen nunmehr in großherzoglich-hessischen Staatsdiensten sich befinden, und ist Harrings Buch in Berlin nicht verboten? - Aber gewiß, die Restaurationen sind unschuldig, und wo nicht die erforderliche Unschuld sich vorfände, da machen sie sie. Noch - allerdings - spricht hier da und dort freier Sinn, thätige Kraft, schwerer Ernst, unter Einzelnen politisches Leben; aber nur Geduld, die Restaurationen und Reaktionen thun das Ihrige. Daß Sie übrigens ja nicht daran denken, hier Ihre Tribüne fortzusetzen. Das geht durchaus nicht. Denn erstens haben wir hier schon ein politisches Blatt, die berühmte Darmstädter Zeitung. Sie wird blos im Lande verbraucht, und deßwegen brauchen wir auch im Lande keine andere. Daneben curirt sie, wie alte Wäscherinnen, Schuß-, Hieb- und Stichwunden der Invaliden. Zweitens die Censur. Ο ich könnte Ihnen köstliche Dinge davon erzählen! Bekannt ist bereits, daß Aeußerungen des schon 150 Jahren todten Philosophen Spinoza über Preßfreiheit bei einem Wiederabdrucke gestrichen wurden; aber das noch nicht, daß selbst lumpige Zettelchen, Wirthsankündigungen, morgen Mittag 2 Uhr sey ein Essen u. s. w.; so neulich wegen des Essens
1204 zu Ehren des Herrn Dr. Huth bei Wiener, dem Censor vorgelegt werden müssen, und daß dieser keinen Anstand nimmt, sein Vdt. v. St. darauf zu setzen. - Ο kommen Sie doch zu uns! Bitte! Der Westbote enthält einen Art. aus dem Badischen über den Kleinmuth Deutschlands nach dem Fall von Warschau, welcher folgendermaßen schließt. „Wir fordern mit lauter Mahnung den Abgeordneten Seuffert, zweiten Präsidenten der baierischen Volkskammer vor den Richterstuhl der öffendichen Meinung und richten an ihn die ernste Frage: was ihn bewegen konnte zu jener Rede schmählicher Furcht, durch welche es ihm leider gelungen ist, die Mehrzahl der baierischen Kammer mit erdichteten Schreckbildern zu täuschen und sie abtrünnig zu machen von der heiligen Sache der Freiheit; durch welche es gelungen ist, die dringendste Rechtsforderung des Volkes, die Freiheit der Presse, vorzuenthalten. Gerade die wachsende Macht der Feinde, gerade die hereinbrechende Finsterniß, hätte euch, Abgeordnete des baierischen Volkes! bewegen sollen, desto fester zu halten an den gerechten Forderungen, die ihr im Namen des Volkes erhoben; die ihr im Namen des Volkes fleijge verlassen habt! Nach euch, Männer der badischen Volkswahl! richten sich jetzt Deutschlands bekümmerte Blicke. Euer einstimmiges Verlangen hat unumschränkte Preßfreiheit von der Regierung gefordert; und selbst die Aristokratenkammer, deren baierische Schwester die Veranlassung gab, daß dort die Censur noch ferner ihr castrirendes Handwerk treibe, ist in Baden eurem Verlangen beigetreten; - und dennoch hat eure Regiernng, unter dem Einfluß des bösen Feindes, statt Preßfreiheit, ein Flickwerk von einem Preßgesetz euch geboten, das mit dem Schandmahl der Censur gezeichnet ist. Wie groß und wichtig die Frage der Preßfreiheit an und für sich erscheinen mag; es ist ein noch höheres, heiligeres Interesse, das sich jetzt an diese Frage knüpfet. Wenn die badische Kammer durch beharrliches Festhalten an ihren gerechten Forderungen unbeschränkte Preßfreiheit der Regierung abnöthigt; wenn aus Baden die letzte Spur der jämmerlichen Censuranstalt mit dem Namen verschwindet; wenn auch die Einfuhrung der Schwurgerichte bei Preßvergehen die Möglichkeit willkührlicher Bedrückung entfernt wird: dann wird das deutsche Volk freudig erkennen, daß wenigstens in einem deutschen Staat die öffentliche Meinung stärker ist, als Metternich und seine Genossen; die Freiheit wird Fuß behalten in Deutschland und wir dürfen zuversichtlich erwarten, daß sie fortschreitend ihre heiligen Schwingen über Deutschlands Gauen verbreiten wird. Wenn aber auch hier das Volk durch die Männer seiner Wahl seine eigene Schwäche kund gäbe; wenn die Kammer, durch diplomatische Trugbilder in Schrecken versetzt, mit feiger Nachgiebigkeit statt Preßfreiheit das zweideutige Machwerk der Regierung annähme; dann würde das verzweifelnde Vaterland seines Vertrauens letzte Stütze verlieren; es würde zurücksinken in die Finsternitz feiger Abhängigkeit, in die absolute Gewalt der Despoten, und der Genius der Freiheit würde, sein Antlitz verhüllend, der deutschen Erde entweichen! A. d. R. Die Kammer ist auf ehrenvolle Weise zu ihrem früheren Beschlüsse zurückgekehrt. Wegen Abwesenheit des Redaktenrs können wir diese wichtige Verhandlung erst morgen nachbringen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Mittwoch
Tribüne.
constitutionelles
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Ueber die Stellung der badischen DeputirtenKammer. Zweiter Artikel. Folgt man mit prüfendem Auge dem Gang dieses Landtags, so wird man finden, daß unsere preiswürdige Kammer überall den Charakter jener wahren Kraft entwickelt hat, für welche der Widerstand blos eine Aufforderung ist, sich zu konzentriren und zu steigern. Auf jede neue Aeußerung von Reaktion folgte von Seiten der Volkskammer eine neue Kraftäußerung. Der Eintritt Türkheims hatte dem Ministerium eine gehässige politische Farbe gegeben: die Erfüllung gegebener Hoffnungen drohte sich in das Unbestimmte hinaus zu vertagen, wie weiland die nationalen Verheissungen des Bundestags; ein gerechtes Mißtrauen, bittere Erklärungen und stürmische Sitzungen bezeichneten die Annäherung einer Crisis. Da sprach die Volkskammer ihren festen Entschluß zu eventueller Verweigerung des Budgets aus, und diese konstitutionelle Appellation an das letzte Mittel fand nach dem Fall von Warschau statt. Gleich darauf wurde die Niederlage des Ministeriums vollständig, indem es sich vor der Welkerschen Motion schmollend zurückzog, seiner Autorität durch eine erfolglose Drohung schadete, und mit einer Makel von Lächerlichkeit behaftet vergebens den Bannstrahl eines Reskriptes hintennach fchleuderte. Der moralische Eindruck dieser Festigkeit der Volksrepräsentanten, in Verbindung mit dem festen Anschluß des Volkes selbst, that seine volle Wirkung; das Ministerium suchte den Frieden, und der Einfluß der polnischen Katastrophe auf die Reaktionspartei hatte ein Gegengewicht gefunden. Unterdessen richteten sich, wo so große und so hochwichtige Interessen in der Waagschale lagen, von allen Seiten die gespannten Blicke des Volkes auf den Punkt des Sinkens oder Steigens, sorgsam beobachtend, auf welche Seite das Zünglein der Waage schwanke. Es ist wahr, man hegte mit Rücksicht auf dieses Verhältniß andere Erwartungen von dem Ausgang der Kompetenzfrage. Daß der Kommissionsbericht in gewählten schonenden Ausdrücken sprach, machte keinen wesentlichen Unterschied; die Rechte der Stände waren jedenfalls gewahrt. Aber die nachfolgende Erklärung des Regierungskommissärs, daß mit dem Reskript in einer mildern Form die Drohung der Auflösung gemeint gewesen, diese das ganze Verhältniß anders stellende Erklärung hätte wohl ein
Tagblatt.
München den 30. November 1831.
Wort der Erwiederung verdient, eine Hinweisung auf das wahrscheinliche Resultat eines solchen Schrittes, eine wenn auch noch so kurze Bemerkung, daß eine Auflösung nicht in letzter Instanz entscheide, daß die Kammer keine Alles entscheidende Drohung darin sehen könne, daß im Fall der Ausführung die neuen Wahlen den Handschuh aufgenommen, und eine verständliche Antwort gegeben haben würden. Man sagt jetzt, die Kammer sey überrascht worden; es sey eine Uebereinkunft vorhergegangen, zum Zweck einer nicht durch improvisirte Zwischenfälle zu gefährdenden Ausgleichung keine Diskussion zuzulassen, und es sey nur in dieser Berechnung nicht mitgezählt gewesen, daß der Regierungskommissär seinerseits sich nicht Stillschweigen auferlegen würde, und möglicherweise eine neue in dem Kommissionsbericht weder vorgesehene noch widerlegte Einrede beibringen könnte. Wie dem auch seyn mag, die großmüthige Milde der Kammer konnte auch eine Einleitung zu desto wirksamerer Festigkeit in Sachen der Censurfreiheit seyn; daß kein Vorzeichen eines Kraftnachlasses damit gegeben war, das haben die neuesten Vorgänge bewiesen. Die Adelskammer, oder vielmehr eine durch Abwesenheit mehrerer Mitglieder, durch Zufall und zum Theil durch Fahrlässigkeit der Regierung aufgekommene Majorität in derselben, welche sehr richtig als „eine Handvoll Junker," als „einige wenige Grundherrn" bezeichnet wurde, setzte sich einem volksthümlichen Gesetz entgegen, der Volkskammer, der öffentlichen Meinung und der Regierung zugleich Trotz bietend, vielleicht darum, weil sie bei der letzten nicht den freiwilligen, herzlich gemeinten Wunsch flir das Durchgehn ihres Vorschlags voraussetzte. Kein Widerstand konnte gelegener eintreten. Das Vertrauen auf gütliche Erfolge des Landtags war längst geschwächt, einige Erwartungen unwillkürlich herabgestimmt, die Frische der Willenskraft abgenützt, ein neunmonatliches Ringen hatte die Deputirten allmählich etwas ermüdet. Da kündigte sich ein neuer Versuch der Reaktion an, und dieser Versuch war hinreichend, alle Kräfte neu zu spannen, und die Festigkeit der Volkskammer mit allem Reiz einer Herausforderung auf ihren Höhepunkt zu setzen. Wir danken der Adelskammer fur diese willkommene Einwirkung auf das wahrscheinliche Schicksal des Preßgesetzes, welches jetzt noch weniger, als vorher, auf eine laue, ermüdete oder abgespannte Stimmung treffen wird. Bei solchen Verhältnissen mag man sich getrost darüber wegpetzen, daß einige Elemente von Schwäche vorhanden sind,
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1207 welche sich bei Gelegenheit der Welker'schen Motionsbegründung herausgestellt haben. Die Nachzügler der ministeriellen Retirade haben sich zwar in öffendichen Blättern zu rechtfertigen gesucht, und gegen den Tadel der Presse, wobei sie auch den Korrespondenten der Tribüne nannten, einen Beweis von Kraft darin gesucht, daß sie ihrer Ueberzeugung folgten, auch wo sie allein und vereinzelt standen. Das Letzte ist wohl weder in ihrer Voraussicht noch in ihrem Willen gelegen. Uebrigens haben wir ihre Ueberzeugung nicht öffentlich in Zweifel gezogen, sondern eben diese Ueberzeugung als schlimm und unheilvoll mit aller Warme getadelt, und zwar mit Gründen, welche so lange gelten werden, bis es den Emigranten jener Sitzung gelingt, ihren Schritt zu motiviren, was noch nicht geschehen ist, und zwar mit hinreichenden Gründen zu motiviren. Wenn sie nicht darum gegen eine Motionsrede von nationaler Bedeutung auftraten, weil die Regierungskommissäre die Kompetenz bestritten, weil das Ministerium drohte, und weil noch ausserdem der durchlauchtigste Bundestag es hätte übel aufnehmen können, so hatte wenigstens das Davonlaufen keinen Sinn, da die parlamentarische Gegenrede den ganzen Zweck erfüllt haben würde. Wenn es aber eine Kraft gewesen seyn soll, bei der man nur die Verirrung auf ministerielle und gegennationale Wege zu bedauern hätte, so wird der Erfolg lehren, wie sich diese Kraft für Behauptung der vollkommenen Preßfreiheit entwickeln werde, welche durch einstimmigen Beschluß der Kammer, also mit Einschluß jener Emigranten, als konstitutionelles Lebensbedürfniß verlangt worden ist. Das Ministerium hat bisher fiir diesen Ausspruch, wie für andere, nicht viel Achtung gezeigt, und diese Gesinnung theils durch seinen Entwurf eines Preßgesetzes, theils praktisch durch die bis zum Lächerlichen getriebene Schärfung der Censur an den Tag gelegt. Es wird sich bald entscheiden, ob es die Mäßigung sey, welche einem solchen Ministerium gewachsen ist, das bei seiner Abhängigkeit von auswärtigen Einflüssen, selbst bei vorausgesetztem guten Willen fur das konstitutionelle System, offenbar als Bedingung des Erfolgs einer Nöthigung durch überlegene Kraft bedarf. Nun denn, im Namen des badischen Volkes, wir appelliren an die Kraft der Kammer! wir appelliren auch an jene gerühmte Kraft der Emigranten, welche damals unglücklicherweise auf einen Rückzug verwendet wurde, und fiir die Sache der Preßfreiheit ohne Zweifel zum Vorrücken verwendet werden muß, wenn sie für Kraft gelten will! Ein politischer Ruf läßt sich schwer wieder verbessern, wenn er einmal geopfert wurde; aber hier zeigt sich eine Gelegenheit, welche so leicht nicht wiederkehren dürfte, hier ist eine Amnestie zu gewinnen, welche das Volk leichter, offener, und redlicher ertheilt, als die Könige. Wir haben von Reaktionen gesprochen, denen man einen festen Damm entgegensetzen muß, wenn sie sich brechen sollen, es drängt sich dabei noch eine andere Betrachtung auf, welche ein prüfender Beobachter unmöglich übersehen kann. Von der Wirkung muß man auf die Ursache kommen, und es läßt sich fast mit Händen greifen, wo die letzte Ursache jener Reaktionen zu suchen sey: denn der Großherzog selbst, den die öffendiche Meinung sorgfältig von dem Ministerium unterscheidet, denkt aufrichtig Constitutionen, uud seine Aeußerungen tragen die ungeschmückte Farde einer bürgerfreundlichen, freisinnigen und volksthümlichen Herzensmeinung. So äußerte er sich gegen den Präsidenten der Deputirtenkammer über die Stellnng der
1208 Regierung der Kammer gegenüber in folgenden Ausdrücken: „Säße ich als Abgeordneter in Ihren Reihen, Sie würden mir gewiß daß Zeugniß streng constitutioneller Gesinnung und der Freisinnigkeit geben." Nach einer Hindeutung anf die Rücksichten fiir andere Staaten und die Vermeidung von Mißverhältnissen, wozu den Regenten seine Stellung verpflichte, folgten die schönen Worte: „Mit unsern eigenen innern Angelegenheiten werden wir leicht ins Reine kommen, wenn nicht allzuviel auf einmal und nicht augenblicklich gefordert wird, was nur die Zeit erst zur Reife bringen kann. Mein unausgesetztes Bestreben ist einzig darauf gerichtet, die Wohlfahrt meines Volkes in Vereinbarung mit meinen Kammern in allen Beziehungen auf die höchst mögliche Stufe zu bringen." So spricht ein ächt constitutioneller Fürst! In welchem Lichte erscheint neben diesem freundlichen Bilde ein Ministerium, das von „Kornickeln" und „Ungeschorenlassen" spricht, das die Censur in badischen Blättern an Verhandlungen der badischen Kammer und an Wiederholung von Artikeln aus censirten deutschen Blättern streichen läßt, das eine Menge von Wohldienern zu dem Glauben bringt, sie gefielen der Regierung durch gegenconstitutionellen Fanatismus, das endlich in seiner Weisheit Mitglieder in die Adelskammer ernennt, die dort gegen die Volksinteressen, zum Theil selbst gegen die Vorlagen der Regierung votiren! Die verehrte Persönlichkeit unseres Großherzogs ist dem Ministerium mehr, als einmal ein schützender Schild für seine Unpopularität geworden, ein Mantel der Liebe, der seine Blößen zudeckte, und dieses Verhältniß mag auch die Mäßigung der Kammer erklären. Allein auch die Mäßigung hat ihre Gränzen. Wenn auswärtige Einflüsse und eine Unheil säente Reaktionspartei sich zwischen Volk und Fürst in die Mitte [s] teilen, dann ist es Zeit, daß die Kammer dieses unberufene Eindringen zu vereiteln wisse, und die Hoffnung des Erfolgs ist dabei auf ihrer Seite. Der Großherzog ist freisinniger als das Ministerium, die Kammer ist es auch; welche Macht soll einer so vielversprechenden Uebereinstimmumg entgegenwirken? nter solchen Auspizien kämpft es gegen alle patriotischen Gefühle eines guten Badeners, an eine traurige Resignation zu glauben. An der Preßfreiheit, an einer wahren und ganzen Preßfreiheit liegt Alles, in dieser Frage concentrirt sich die Frage eines constitutionellen Lebens überhaupt, Leben oder Tod hängt daran; darum Festigkeit, Festigkeit, wie ihrerseits die Aristokratie und die Hierarchie sie zu allen Zeiten gezeigt haben, Festigkeit, wie sie in seinem Sinn eben jetzt der König von Holland entwickelt, Festigkeit, wie sie fiir die höchsten und theuersten Nationalinteressen eingesetzt werden muß, Festigkeit, wie sie in einer ähnlichen Reformzeit der ächt deutsche Ulrich von Hutten zu seinem Wahlspruch machte: Perrumpendum est tandem, perrumpendum!
Zweite dringende Bitte an die Männer im Großherzogthum Hessen. In Nr. 136 der deutschen Tribüne findet sich eine „dringende Bitte an die Männer im Großherzogthum Hessen." Nur rechtschaffene, uneigennützige, unabhängige, sachkundige, muthvolle Abgeordnete sollen auf den be-
1209 vorstehenden hessischen Landtag geschickt werden. Recht so, braver Unbekannter! Wir sagen mit vollem Herzen: Amen! dazu. Aber wo findet man solche politische Phönixe, besonders bei unserm Wahlgesetze, was Kopf und Herz nach 100 fl. jährlicher direkter Steuer wiegt, was die Wahl durch ein dreifaches Sieb treibt, was 20,000 fl. Besitz von großherzoglich hessischen Staatspapieren höher anschlägt, als 10,000 fl. Eigenthum von gerichtlichen Hypotheken und 10,000 gute Eigenschaften? Ich frage nochmals: Wo findet man sie? Ist die Wahl, das Finden schwer gemacht, so sind beide doch nicht unmöglich. Und wenn sie auch theilweise unmöglich wären, so gilt es doch immerhin, den möglichen Theil zu beleuchten und festzustellen. Der Verfasser der „dringenden Bitte" hat als brave Männer des vorigen Landtages, welche wieder gewählt zu werden verdienten, eine Anzahl nahmhaft: gemacht; er drückt sich dabei aber nicht deutlich aus, ob er zugleich für wünschenswerth halte, daß nur diese wieder gewählt würden, oder auch noch von den Andern, denn die zweite Kammer zählt 50 Abgeordnete und der genannten sind nur 24. Nun ist zwar allerdings richtig, daß der Verfasser die bekannten sieben (wozu eigentlich noch der Hauptmann Freiherr von Schenck zur Sorge - als achter - gehört hat) nannte, ohne ihre Wiedererwählung als wünschenswerth, oder selbst nun als wahrscheinlich zu bezeichnen, — aber auch den Fall gesetzt, die Sieben oder Acht kämen nicht in Betrachtung, so bleiben immerhin noch 28 übrig, von denen ich einzelne, recht brave Abgeordnete zu nennen mich anheischig machte, ohne damit sagen zu wollen, unter den Andern seyen keine mehr. Zu jenen zählte ich unter Andern: den Hofgerichtsrath Schenck in Darmstadt, den Staatsprokurator Parcus in Mainz und den Regierungsrath Haberkorn in Giesen (der freilich nunmehr gestorben ist). Dem sey aber, wie ihm wolle, es ist angemessen und nothwendig, neue Männer zu nennen, die des Vertrauens des Volkes würdig sind. Die alten sind dadurch nicht vom Vertrauen und von der Wahl ausgeschlossen. Aber in unserem Lande, wo beinahe nichts öffentlich ist, als der Gottesdienst, die Gerichte in Rheinhessen und der Kassationshof für Rheinhessen in Darmstadt, da thut es Noth, öffentliche auswärtige Blätter als Surrogat der inländischen, concessionirten und dann unter schwerem Censurdrucke seufzenden Blätter zu benutzen und die heiligsten Interessen des Volks — wenn auch leise — darin zur Sprache zu bringen. Und so sey dem Verfasser der zweiten dringenden Bitte erlaubt, wie der Verfasser der ersten Bitte zu sagen: Wählt rechtschaffene, uneigennützige, unabhängige, sachkundige, muthvolle Abgeordnete, ihr Wahlmänner Hessens! Vedenkt, daß ihr durch das Wahlgesetz schon genug beengt seyd; beengt euch nicht selbst noch durch Rücksichten, oder vielmehr durch Rücksichteleien! Statt wie der Verfasser der ersten Bitte einige der alten Abgeordneten hierauf nennt, so nenne ich einige neue, deren Namen, Gesinnung und Thun einen guten Klang haben - mindestens so weit meine Kenntniß reicht - und worüber ich die nähere Prüfung allen wackern Wahlmännern empfehle.
1210 Diese neuen, nicht unbekannten Männer sind: der Oberappellationsgerichtsrath Höpfner in Darmstadt, der Oberforstrath Beck in Darmstadt, der Professor Vogt in Giesen, der Apotheker Girsch in Darmstadt, der Oberforstrath von Wedekind in Darmstadt, der Inspektor Frank in Vöhl, der Hofger.-Advokat Η. K. Hofmann in Darmstadt, der Staabsauditeur Hoffmann in Darmstadt, der Hofgerichtsrath Groos in Giesen, der Pfarrer Frank in Lieh, der Regierungsrath von Gagern in Darmstadt, der Revierförster von Buseck in Niederweisel, der Regierungsrath Hesse in Mainz. Allerdings, es sind noch Lücken zu füllen; aus dem ehrenwerthen Bauernstande, und — von Provinzen zu sprechen — ist bei obigen Vorschlägen Starkenburg weit mehr als Oberhessen, und dieses mehr als Rheinhessen bedacht. Es ruht darin, weil Schreiber dieses ein Starkenburger und — vielleicht leider! — kein Bauer ist; — aber keineswegs, weil er deßhalb die andern absichtlich vernachlässigt, sondern nur, weil er sie nicht kennt. Mögen auch sie offene, freie Sprache führen! — Aber Intelligenz thut uns — mit Redlichkeit verbunden — auf dem nächsten Landtage besonders Noth. Alles zum wahren Heil des Fürsten und des Vaterlandes! Ueber die Vertheidigung Warschaus am 6. und 7. September 1831; geschrieben von dem G e n e r a l - M a j o r Bern, Commandeur der gesammten polnischen Artillerie. Bevor ich über die Ereignisse jener denkwürdigen Tage selbst rede und die Ursachen nenne, welche den Fall Warschaus herbeiführten, muß ich mich erst über die Lage dieser Stadt aussprechen und die Mittel erwähnen, welche zur Vertheidigung derselben angewendet wurden. Warschau ist, seinem ganzen Umfange nach, mit einem Walle umgeben, der eigentlich nur dazu bestimmt war, die Defraudation des Branntweins und auderer Waaren zu verhindern. Es umgibt ihn ein tiefer Graben. Da jedoch die Dicke dieses Walles nur unbedeutend war, und bei dessen Aufführung durchaus keine Regel der Befestigungskunst befolgt worden, so wurde eine Verstärkung durch Vedanen, Lunetten und andere Fortificationswerke besonders an denjenigen Theilen vorgenommen, wo die Eigenthümlichkeit des Bodens solche nöthig machte. Dieß war die inwendige Vertheidigungslinie, und wurde von uns die zweite Linie genannt. Außerhalb derselben befestigte man noch Marimont, Paris, Wola und Krolikarnia, und zwischen diesen Oerten wurden bedeutende Fortificationswerke aufgeführt; - dieses zusammengenommen bildete die erste Linie. Sie hatte den Zweck, den Feind so weit von der Stadt abzuhalten, daß er mit seinem Geschütz dieselbe nicht erreichen möchte. Es war diese erste Linie aber von zu bedeutendem Umfange, als daß jeder Punkt derselben mit einer starken Truppenzahl versehen werden konnte; nur
1211 die wichtigsten Punkte wurden in dieser Beziehung so besetzt, daß sie einen ersten feindlichen Angriff aushalten konnten und die zweite Linie Zeit geuug hätte, die etwa nöthige Hülfe herbeizusenden. Die polnische Armee, etwa 30,000 Mann stark, befand sich in der zweiten Linie, und die Reserven waren so vertheilt, daß man, wenn es nöthig seyn sollte, ansehnliche Massen leicht bewegen und in einen Punkt concentriren konnte. Wir hatten an 200 Kanonen, wovon fast die Hälfte aus Belagerungsgeschütz, die andere aus Feldgeschütz bestand. Diese waren gut bespannt und konnten mit Leichtigkeit dem bedrohten Orte zugeführt werden. Die russische Armee zählte wohl 80,000 Mann mit 400 Kanonen. Diese uns so sehr überlegenen Kräfte mußten daher von unserer Seite nicht sowohl durch den Geist unserer Truppen, als auch insbesondere durch den Generalissimus ausgeglichen werden, der mit Kraft die gesammten Massen leiten und mit weiser Entschlossenheit das Ganze regieren sollte. Untersuchen wir jetzt, ob der Mann, in dessen Hände das Schicksal Polens gegeben war, dem Vertrauen der Nation würdig entsprochen; ob er Alles gethan, was Pflicht und Ehre von ihm gefordert haben! Als die Gräuelthaten des 15. August, welche von dem sogenannten patriotischen Klub herbeigeführt und geleitet wnrden, unsere bis dahin so reine Revolution befleckten, stand unsere Armee bei Blonie und der General Krukowiecki befand sich in Warschau, entfernt von jedem Staatsdienste. Krukowiecki hatte schon längere Zeit daran gearbeitet, sich bei dem Volke beliebt zu machen, indem er öffentlich dasselbe in seiner Unzufriedenheit über die Regierung bestärkte, und letztere bei jeder Gelegenheit bitter tadelte. Er ging am genannten Tage, den 15. August, unter dem Pöbel umher, und wurde von demselben zum Gouverneur der Hauptstadt ausgerufen; worauf der Generalissimus Dembinski, den Umständen nachgebend, ihn denn auch in dieser Würde bestätigte. Schon waren zum innern Dienste der Stadt ein Kavallerieund ein Infanterieregiment, so wie eine reitende Batterie angekommen, und doch wurden noch einige Personen an die Laternenpfähle aufgeknüpft, denn Krukowiecki traf keine Anstalten, um fernere Gräuelscenen zu verhindern. Die Regierung fühlte indeß die Unzulänglichkeit ihrer Macht, und die Kammern, gleichfalls in Verlegenheit, hielten es fur's Beste, die ganze Civil- und Militärmacht in die Hände eines Einzigen zu legen; da sie nun glaubten, auf diese Weise die wirksamste und wohlthätigste Maaßregel fur den Staat ergriffen zu haben. Die seitherigen so oft wiederholten Versicherungen Krukowieckis, wie viel besser er wohl die Angelegenheiten seines Vaterlandes leiten möchte, und wie die Erhaltung desselben ihm das Theuerste sey, ließen erwarten, daß er dieser Würde mehr denn ein Anderer entsprechen möchte. Auf ihn fiel also die Wahl, und ihm übergab man die höchste Civil- und Militärmacht. Ruhe und gesetzliche Ordnung konnten in Warschau für den Augenblick nur durch strenge Handhabung der Gesetze wieder hergestellt werden; daher man mit Gewißheit erwartete, daß insbesondere jene Personen, welche die Ereignisse des 15. August herbeigeführt, oder an denselben auf eine unmittelbar thätige Weise mitgewirkt hatten, nun die ganze Strenge der Gesetze erfahren würden. Aber welch gerechten Unwillen mußte es erregen, als diese schon verhafteten Menschen, unter dem Vorwande, daß ihnen eine Straf-
1212 würdigkeit nicht nachzuweisen sey, wieder in Freiheit gesetzt, und statt deren vier Leute aus dem niedrigsten Pöbel erschossen wurden. Krukowiecki machte sogar eines der eifrigsten Mitglieder jenes Vereins, der in rasender Wuth kein Gesetz mehr achtete, zu seinem Adjutanten; daher man wohl annehmen darf, daß, wenn die Gräuelscenen nicht von ihm geleitet wurden, er doch von denselben gewußt und sie höchst wahrscheinlich gebilligt habe: - er unterließ nicht nur die Mörder zu bestrafen, sondern er beschützte sie auch! Sehen wir jetzt überhaupt auf den Zustand Warschaus. Es war diese Stadt mit keinen Lebensmitteln versehen, und hieran trug die Regierung die Schuld - eine schwere unverantwordiche Schuld. Man mußte daher auf irgend eine Art sich mit dem Nöthigsten zu versorgen suchen; und es schien am geeignetsten, wenn zu dem Zwecke das rechte Ufer der Weichsel von dem Feinde gereinigt wurde, um von dieser Seite, wo nur wenige russische Truppen standen, die Zufuhr der Lebensmitteln zu erleichtern. In dem Kriegsrathe äußerte der General Krukowiecki die Absicht, eine Schlacht vor Warschau zu wagen, damit hier das Loos des Reiches entschieden werde. Doch gab er der Stimmenmehrheit nach, welche der Meinung war, daß auf das rechte Ufer der Weichsel zwei Corps geschickt werden möchten; das eine in die Woiwodschaft Plock, das andere in die Woiwodschaft Podlaskie. Krukowiecki betheuerte auch bei dieser Gelegenheit, daß er Warschau auf das Aeußerste vertheidigen und sich in keine Unterhandlungen einlassen werde. Diese Aeußerung erregte allgemeine Zufriedenheit, denn jeder hoffte, daß sie ernstlich gemeint sey. Der General Lubienski marschirte nun gegen Plock mit einer Division Kavallerie von 2,800 Mann und einer reitenden Batterie, und sollte diese Truppenabtheilung von der Garnison Modlin's noch verstärkt werden. In die Woiwodschaft Podlaskie wurde der General Ramorino mit 2 Divisionen Infanterie von 16,000 Mann, einer Division Kavallerie von 3,300 Mann und 40 Kanonen geschickt. In Warschau blieben: 3 Divisionen Infanterie: 29,542 Mann, 1 Division Kavallerie: 2,385 Mann, Zusammen: 31,927 Mann und 92 Stück bespanntes Feldgeschütz. Das Kommando der Armee nahm der nunmehrige Regierungspräsident Krukowiecki dem General Dembinski ab, da zwischen diesen beiden einige Zwistigkeiten obwalteten. Es schien, daß Krukowiecki das Kommando selbst behalten wollte; da aber von den Kammern beschlossen war, daß der Regierungspräsident nicht auch Generalissimus seyn solle, so ernannte der Präsident den Generallieutenant Malachowski, dessen edler Charakter so wie seine patriotischen Gesinnungen bekannt sind, zum einstweiligen Stellvertreter eines Generalissimus. Er selbst aber traf alle Dispositionen in Hinsicht der militärischen Bewegungen, und General Malachowski hatte sie nur zu unterzeichnen. Es geschah auch wohl öfters, daß der Regierungspräsident die bereits gegebenen Befehle des Malachowski änderte und nicht in Ausführung bringen ließ; was natürlich dem Letztem sehr nnangenehm seyn und ihn bestimmen mußte, keine Verordnung mehr von sich ausgehen zu lassen. Es war daher gerade so, als hätten wir gar keinen Befehlshaber.
[1213] Unter diesen Umständen sahen wir den Feind vor Warschau, welcher alle seine Kräfte am 6. September zwischen Sluzewiec und Krulikarnia entwickelte und daselbst gleich des Morgens einen Angriff zu machen begann. Wola und Krulikarnia waren zwei Hauptpunkte, die als Schlüssel angesehen werden konnten, und von welchen durchaus einer genommen werden mußte, bevor an Warschau zu gelangen war. Es schien, daß der Feind die ersten Angriffe nur versuchsweise machte, um die Punkte kennen zu lernen, welche am leichtesten einnehmbar seyn möchten. Die Redoute Nro. 45, links von Wola, die nur mit einer Kompagnie Infanterie, und mit 6 Stück Festungsgeschütz bedeckt war, wurde hierauf von den Russen eingenommen. Und nun konnten sie ihren Hauptangriff auf Wola machen, da von der bereits eingenommenen Redoute die Schanzen Wola's mit einem Ennladefeuer zu beschießen waren. D a war es denn die dringendste Nothwendigkeit, an diesen gefährlich bedrohten Punkt zahlreiche Kolonnen heranzuziehen und ihn mit unerschütterlicher Entschlossenheit aufs Beharrlichste zu vertheidigen. Aber Niemand war da, der einen Befehl ertheilte. Der General Regierungs-Präsident erschien zwar auf der Linie, er entfernte sich aber bald wieder, ohne die geringste Anordnung gemacht zu haben. Der General Malachowsky, da er den Regierungs-Präsidenten gegenwärtig wußte, entzog sich ebenfalls jeder Leitung, daher wir wie schon gesagt, durchaus keinen Befehlshaber hatten. Indeß rückten durch die Lücken der eingenommenen Redoute die feindlichen Kolonnen schon gegen die zweite Linie an. Ich stellte nun die vierte reitende Batterie eiligst unter Wola auf und diese trieb durch ein Echarpen-Feuer Alles, was vorgeeilt war, zurück; als aber später das Infanterie-Bataillon, welches der Batterie als Assekuration diente, in die Schanzen Wola's einzog und auf die nun einzeln und unbeschützt dastehende Batterie starke feindliche Kolonnen anmarschirten, mußte auch sie sich zurückziehen. Jetzt stürmten die angekommenen feindlichen Kolonnen auf die Schanzen von Wola, deren Geschütze von der großen Zahl der feindlichen Artillerie bereits zum Schweigen gebracht waren, und nahmen sie ein. Ein Theil der Besatzung verließ die Schanzen, der andere wurde getödtet oder gefangen genommen. Wola hätte allerdings von uns wieder genommen werden können, wenn wir mit starken Massen vorgerückt wären. Es wurden auch wirklich 40 Kanonen bis auf einen halben Schuß unter Wola vorgeschoben, um den Angriff zu erleichtern; was aber vermag das Geschütz ohne Infanterie und Kavallerie? Zur Assekuration befand sich am linken Flügel dieser Linie nur ein Bataillon Infanterie, auf dem rechten Flügel aber waren zu dem Zwecke ein paar Kavallerie-Eskadrons. Dieses Vorrücken der Artillerie konnte den Feind wohl am weitern Vordringen verhindern, ihn aber nicht aus Wola treiben; da wir der Unterstützung unserer Infanterie gänzlich ermangelten. Gegen Abend endlich erhielt ich Befehl, mich mit der gauzen Artillerie bis zur zweiten Linie zurückzuziehen und da zu bleiben. Dieß waren die Ereignisse und der Ausgang des 6. Septembers, wo dem Feinde das stark verschanzte Wola mit einer Redoute links und einer Lunette vor Wola ohne besondern Widerstand überlassen wurden. Unser Verlust betrug wohl überhaupt 1500 Mann an Getödteten, Verwundeten und Gefangenen. Unter den Todten haben wir auch den braven General Sowinsky innig zu betrauern; welcher schon im Feld-
[1214] zuge von 1812 einen Fuß durch eine Kanonenkugel verloren hatte. Schon umringt von Feinden wehrte er sich noch mit einem Infanterie-Gewehre, bis er, durchbohrt von feindlichen Bajonnetsdchen den Geist aufgab. Heil deinem Schatten, edler Krieger! Dein Tod, einer schmachvollen Gefangenschaft vorgezogen, sey uns ein Vorbild, und mahne uns, Dir gleich zu seyn. Der Regierungs-Präsident Krukowiecki. der, wie schon bemerkt, öffendich in schön klingenden Worten den festen Entschluß ausgesprochen, daß er Warschau aufs Aeusserste vertheidigen werde, hatte jedoch an diesem Tage schon sich jeder militärischen Leitung entzogen und schickte noch in der nun folgenden Nacht den General Prodzyntzky ins Lager des Marschalls Paszkiewicz mit der Erklärung, daß er unterhaudeln wolle und um die Bedingungen bitte, uach welchen eine Kapitulation abgeschlossen werden könnte. Von Seiten des Regierungspräsidenten versprach der General Prodzynsky eine völlige Unterwerfung, und der Marschall wünschte nun, sich mit dem Regierungspräsidenten selbst zu besprechen. Als Ort der Zusammenkunft wurde Wola vorgeschlagen und auch Morgens 8 Uhr fand die Unterredung zwischen dem Marschall Paskiewiecz, dem Großfürsten Michael und dem Regierungspräsidenten wirklich Statt. Letzterer aber bemerkte jetzt, daß er zu einer bedingten Ergebung keine Vollmacht habe, und betheuerte zugleich, daß er auch den General Prodzynsky zu solcher Erklärung nicht ermächtigt hatte. Es wurde jedoch beschlossen, daß die Feindseligkeiten bis ein Uhr Nachmittags eingestellt werden sollten, damit Krukowiecki Zeit hätte, die nöthige Vollmacht von den Kammern einzuholen. Nach Warschau zurückgekehrt schickte der Regierungspräsident den General Prodzynsky, um sich von den Kammern solche Vollmacht ausfertigen zu lassen. Es wurde hierüber noch beratschlagt, als gegen zwei Uhr Nachmittags der Donner der Kanonen das Ende des Waffenstillstandes ankündigte. Der General Prodzynsky, welcher bei dieser Berathung zugegen war, schilderte jedoch unsere Lage so entmuthigend und so rettungslos, daß die Kammern ihm endlich die ausgedehnteste Authorisation fiir den Regierungspräsidenten zum Unterhandeln mündlich ertheilten. Derselbe wurde sofort von Sanchowicchi mit dem Auftrage ins russische Lager geschickt: daß er die unbedingte Unterwerfung der ganzen Nation so wie der ganzen Armee erklären solle. So bestätigte der General Krukowiecki seine Besheuerungen, der doch vor edichen Tagen nur von keiner Gefahr wissen wollte, und auch keine zu einer tüchtigen Vertheidigung zweckdienlichen Maaßregeln getroffen hatte. Man konnte ja im Falle der Noth nicht nur die Nationalgarden, sondern auch die Bevölkerung Warschaus zur innern Besatzung der Wälle gebrauchen. Aber nicht nur, daß der Regierungspräsident dieß zu thun unterließ, - er zog noch ein Kavallerie und ein Infanterie-Regiment in die Stadt, unter dem Vorwande, daß solches zur Erhaltung der Ruhe daselbst nöthig sey. D a der Marschall Paskiewicz damals an einem Arm und an der Brust eine bedeutende Kontusion erhalten und deshalb für den Augenblick das Oberkommando an den General Toll abgegeben hatte, so wurde der General Pradzynsky von dem Großfürsten Michael empfangen. Letzterer schickte sogleich den General Berg nach Warschau, um daselbst die Erklärung des Pradzynsky sich schriftlich bestätigen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit übergab der Regierungspräsident dem Gene-
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ral Berg einen Brief, an den Kaiser addressirt, dessen Inhalt ebenfalls eine unbedingte Unterwerfung aussprach. Die gesammten Kammern aber, nachdem sie solches erfahren, verlangten entrüstet, das Krukowiecki seine Endassung einreichen solle; welche Forderung auch sofort erfüllt wurde. (Beschluß folgt.) Tages-Chronik. England. Die Cholera greift in Sunderland immer mehr um sich. Ihre erste Wirkung ist auch hier ein furchtbarer Stillstand des Handels. Die nächste Folge wird ein Deficit in den Staatseinnahmen seyn. Dieses Deficit wird noch vermehrt durch die aussergewöhnlichen Ausgaben, welche die Krankheit mit sich bringt, und durch die Schwierigkeiten, welche das Ministerium in der Durchführung eines Reform-Projektes findet, dessen Rücknahme es in keinem Falle mehr wagen darf. — Holland beharrt immer noch auf seiner Weigerung, die 24 Artikel anzuerkennen, und man scheint dem König Wilhelm einen neuen Termin von einem Monat einräumen zu wollen. Inzwischen hat Rußland bei der Konferenz erklärt, wie ungerne es das Ergreifen von Gewaltsmaßregeln sehen würde, da Holland nur Antwerpen zurückzugeben habe, und sich Belgien an der zu bezahlenden Schuld schadlos dafür halten könnte. — Die Einberufung des Parlaments hat allgemein den besten Eindruck gemacht, unsere Fonds sind in Folge derselben bedeutend gestiegen. - Je inniger die Fürsten sich an einander schließen, je mehr thut es Noth, daß auch die Völker durch Association und politische Vereine sich verbinden. Dieß scheinen sie einzusehen, daher das Ueberhandnehmen dieser Vereine während der letzten Zeit. In Deutschland war ihre Unterdrückung leicht, auch in Frankreich ist sie zum Theil gelungen, nun wird sie auch in England durch Publicirung einer Proklamation des Königs versucht, in welcher fragliche Verbindungen als inconstitutionel und ungesetzlich erklärt sind, und mit Anwendung derjenigen Strafen bedroht werden, die das Gesetz fur Uebertretungsfälle vorschreibt, wodurch der Frieden oder die Sicherheit des Landes gefährdet würden. — Alle Schwierigkeiten, welche der Freigebung von Don Pedros Schiffen im Wege stunden, scheinen gehoben zu seyn. Man behauptet, der Auftrag seye bereits ertheilt, das Embargo aufzuheben. Fürst Talleyrand soll zu Herbeiführung dieses Resultates viel beigetragen haben. London, 23. Nov. Nicht freiwillig, sondern durch die Noth gezwungen, hat das Ministerium die Kammern einberufen; die politische Verbindung in Manchester erklärte nämlich, daß, wenn diese Zusammenberufung bis Januar sich verzögere, sie sich unverzüglich nach London in Marsch setzen würde. Ausserdem mag auch die Nothwendigkeit den politischen Verbindungen ein Ziel zu setzen, zu Ergreifung dieser Maßregel beigetragen haben, denn die Besorgnisse wegen dieser Verbindungen werden immer größer. - Man versichert jetzt, daß, so wie die Bill im Unterhause durchgegangen sey, mehrere Glieder desselben, welche dafür gestimmt hatten, zu Pairs ernannt werden sollten. Dieß wäre ein entschiedener Staatsstreich, dessen Folgen Niemand zu berechnen vermöchte. Sollte es denn keine gesetzlichen Mittel geben, die Reformbill durchzuführen, während König und Volk darüber einig sind. Frankreich. Der Moniteur zeigt an, daß die in Lyon
ausgebrochenen Unruhen kei[n]e politische Tendenz haben, sondern durch Reklamationen der Seidenarbeiter wegen eines verminderten Tarifs herbeigeführt wurden. — Es sind Befehle ergangen, die Nordarmee aufzulösen und die Regimenter, welche dieselbe bildeten, ins Innere von Frankreich zu verlegen. - Eine Deputation der Stadt Marseille, welche aus Handelsrücksichten um Aufschluß über Algier bat, erhielt die Antwort, daß die Regirung noch nicht entschlossen sey, ob sie die Colonie behalte oder auf einige Zeit wieder aufgebe. — Die Gerüchte der Verehelichung des neu anerkannten Königs Leopold mit einer Tochter Louis Philipps erneuern sich. - Die Minister haben die Initiative ergriffen und über die illegalen Pairs Ernennungen selbst ein Pamphlet verfassen und verbreiten lassen. Lyon, 23. Nov. Abends. (Priv. Corr.) Gerstern um 7 Uhr Morgens waren wir auf unserm Waffenplatz versammelt, unglücklicherweise nicht zahlreich, denn von den 1000 Mann unseres Bataillons waren ungefähr nur 200 anwesend. Kaum dort angekommen, marschirten wir nach dem Stadthaus, von wo man uns nach unserm Waffenplatze zurücksandte, um die Lafayette-Brücke zu vertheidigen. Schon auf dem Rückwege erhielten wir einige Flintenschüsse, und kaum waren wir angekommen, so schoß man auf uns aus den Fenstern und Alleen des Cordelierplatzes. Weiter oben hielt Kartätschenfeuer die aus der Rothkreuz-Vorstadt herabgekommenen Arbeiter zurück. Auf unserm Posten hatten wir nur eine LinienCompagnie und zehn Dragoner zu unserer Verfugung. Von einer Charge, die diese armen Dragoner zu unserem Schutze gethan, kamen nur sechs mit zwei Verwundeten zurück, und wir konnten uns nicht behaupten. Unsere Fahne ist von drei Kugeln durchlöchert. Wir haben ungefähr 28 Todte und Verwundete. Nun zogen wir uns im Eilschritte zurück, von Massen verfolgt und immer noch dem Feuer preis gegeben. — Ich sah, wie eine Frau einen Dragoner vom Pferde stürzte. Die Arbeiter haben mehrere Hausthüren mittelst Karren gesprengt, die sie rücklings gewaltsam eindrängten; allein sie sind nur in die Häuser eingedrungen, um gegen unsere Chargen sich zu sichern. Meine Compagnie suchte nun das Stadthaus zu erreichen, wo alle erschöpften Kräfte sich versammelten. Das Feuer dauerte fort bis 7 Uhr Abends, um Mitternacht begann es neuerdings; denn nun machte der Rest der Linientruppen und der Nationalgarde eine Art Ausfall, um sich zur Stadt hinaus zu ziehen, was aber nur mit Verlust vieler Mannschaft gelang. Von 600 Dragonern sind 200 übrig; urtheilen Sie darnach, was für einen Tag wir verlebt haben. Heute ist alles ruhig, allein befremdend ist, daß die Arbeiter ihren Vortheil nicht benützen. Sie beziehen die Wache, halten Polizei, haben bei einigen Fabrikanten alles verbrannt, was sie gefunden, allein blos bei denen, über die sie sich am meisten zu beschweren hatten. Einige Leute, die stehlen wollten, wurden erschossen. Ueberhaupt sind die Handelsleute, die anfänglich um ihr Vermögen zitterten, durch die nunmehr zu Lyon herrschende Ordnung völlig beruhigt. Ein großer Theil der Nationalgarde ist den Arbeitern beigetreten. In denjenigen Quartieren, wo die Ruhe nur durch Sturmglocke und Lärmmarsch gestört worden, machen die Nationalgardisten in Bürgertrachten Patrouillen. (Nrh. C.) Paris, 25. Nov. Die Nachrichten aus Lyon verbreiten allgemeine Bestürzung. Es ist ein trauriges Schauspiel, 100,000 Arbeiter zum Aufruhr schreiten zu sehen, weil es ih-
1217 nen an Brod fehlt. Der Herzog von Orleans und der Kriegsminister begeben sich nach Lyon. Dem Herzog von Dalmatien ist es überlassen, Anordnungen zu treffen, welche die Zeitumstände gebieten dürften. Der Moniteur bringt die uns bekannten Nachrichten bis zum 23. um 1 Uhr Morgens. Es sind Befehle ertheilt, um von allen Seiten Truppen nach dem Departement der Rhone zu detachiren. Das 58ste Linien-Regiment, welches auch dahin beordert ist, zog gestern durch unsere Stadt. Marschall Gerard ist durch den Telegraphen beauftragt, den größten Theil seiner Armee nach Lyon marschiren zu lassen. 100,000 M. Nationalgarden sollen theils in Paris theils in den nördlichen Departementen mobil gemacht werden. Im Staatsrath soll beschlossen seyn, die Stadt Lyon, falls sie sich nicht auf die erste Aufforderung ergiebt, mit der äußersten Strenge zu behandeln, sie sogleich in Belagerungsstand zu erklären und alle Personen, die mit den Waffen ergriffen würden, auf der Stelle erschießen zu lassen. Man befurchtet, der Geist des Aufruhrs möge sich auch den benachbarten Städten von Lyon mittheilen. Bei unserer Juste-milieus Politique war es den Karlisten leicht, sich überall im Mittäglichen bedeutenden Anhang zu verschaffen und dürften sie diese Gelegenheit benutzen, auch andere Städte zum Aufruhr zu veranlassen. — Hier werden alle möglichen Vorsichtsmaßregeln ergriffen, um die Ruhe der Hauptstadt zu sichern. Man ist so weit gegangen, von der Nordarmee auch einige Regimenter hieher zu berufen. — Die Polizey ist besonders auf die hier anwesenden Arbeiter von Lyon aufmerksam. Eine große Zahl derselben zog in Banden von ohngefähr 50 Mann nach Lyon - Die Addresse von Dupont de l'Eure wurde von vielen neuen Deputirten unterschrieben, denen eine bedeutende Zahl Bürger sich anschloß. Sie soll dem König Philipp durch die Bittsteller selbst überreicht werden. - Die Sitzung der heutigen Kammer wurde durch die Lyoner Unruhen, hauptsächlich aber durch eine Proposition Hrn. A. Girand unterbrochen, in Folge deren augenblicklicher Rückzug der Kammer in die Bureaus verlangt wurde. Die Opposition bestreitet diesen Vorschlag, sie stützt sich auf die erst vor wenigen Tagen in ähnlicher Angelegenheit erfahrene Verweigerung, allein umsonst sind alle ihre Gründe. Schon läuft die Kammer, wenigstens das Centrum derselben davon, ohne sie nur anzuhören. Die Proposition besteht übrigens in einem Addreß-Entwurfan den König, wodurch er der Mitwirkung der Kammer in der Lyoner Angelegenheit versichert werden soll. Es ist halb fünf Uhr und noch hat die Sitzung nicht wieder begonnen. Die Glieder der zwei Extremitäten sind immer noch unbeweglich auf ihren Plätzen. Wiesbaden, den 23. Nov. Das heutige VerordnungsBlatt sagt: Da die Hanauer Zeitung fortwährend Aufsätze über die innern Verwaltungs- und andere Angelegenheiten des Herzogthums enthält, die mit Unwahrheiten und Entstellungen aller Art überfüllt sind, daher in der unverkennbaren Absicht verfaßt und im Herzogthum verbreitet werden, um die Unterthanen gegen ihre gesetzliche Obrigkeit aufzureitzen, und Mißtrauen gegen dieselbe, so wie überhaupt Unzufriedenheit zu erregen; sogar auch insbesondere dergleichen Aufsätze in nur fur das Herzogthum bestimmten Abdrücken als Beilagen dieser Zeitung, mit Umgehung der Kurfürstlich Hessischen Censur Gesetze, in das Herzogthum versendet worden sind, so ist höchsten Orts beschlossen worden, daß die Verbreitung und
1218 Versendung der Hanauer Zeitung im Herzogthum untersagt werde. (Schw. Merk.) München. In der Sitzung der baierischen Deputirtenkammer vom 26. Nov. wurde über die Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe, das Preßgesetz betreffend, Berathung gepflogen. Die erste Kammer hat die Seuffertsche Modifikation verworfen, sie ist auf dem Art. [3] des Preßgesetzes, der die Censur sanktionirt, beharrt, mit Beifügung des Wunsches, daß die Regierung sich bemühen möge, die der Freigebung der Presse entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen. Der Ausschuß der Deputirtenkammer ist ihr beigetreten, nicht so die Deputirtenkammer selbst. Von den Rednern der letztern traten die Herren v. Dresch, Gmeiner, Lechner, von Eberz, von Anns, von Künsberg, Rabl der Ansicht des Ausschusses bei, weil die Preßgesetz-Entwürfe einen bessern Zustand herbeifuhren, man dieselben daher aus dem Grunde nicht verwerfen dürfe, da es nun einmal der Kammer unmöglich sey, den besten Zustand zu erreichen. Auch der Abg. Rudhart trat dieser Ansicht bei; er behauptete, der Beitritt der Kammer zu dem Beschluß der Reichsräthe könne ihr nicht zur Unehre gereichen, da sie die Presse sonst nicht gegen den gegenwärtigen elenden Zustand schützen könne. Die Kammer spreche sich dadurch nicht für die Censur aus, die nicht blos von ihr, sondern vom ganzen Lande verworfen werde. Dabei möge aber die Kammer nicht vergessen, daß die Censur nun einmal verfassungsmäßig eingeführt sey. Die Verfassung sey der Boden, auf dem die Kammer ruhe; die Kammer möge sich des Eides auf die VerfassungsUrkunde erinnern, sie werde dann einsehen, daß es ihr nicht erlaubt sey, einen weit bessern Zustand deßhalb zu verwerfen, weil die Staatsregierung ein verfassungsmäßiges Recht nicht aufgeben wolle. Der Abg. Seuffert erklärte, daß er bei seiner in den öffendichen Blättern so hart angegriffenen Modifikation einzig die Absicht gehabt habe, die Presse in kurzer Zeit frei zu machen. Nachdem dieses letzte Auskunftmittel von der Kammer der Reichsräthe verworfen worden sey, habe sich der Knoten noch mehr verwickelt. Auf der einen Seite stehe die Würde der Kammer auf dem Spiel, wenn sie nachgebe, sie erkenne an, daß ihre früheren Beschlüsse nicht das Ergebniß reifer Ueberlegung gewesen; sie ergebe sich auf Gnade und Ungnade. Auf der andern Seite lasse sich nicht verkennen, daß nach aufgehobener Sitzung die alte Willkür wieder eintreten werde, besonders wenn man bedenke, was unter den Augen der Kammer geschehen sey. Seine Abstimmung werde bei diesem Conflicte eine persönliche Rücksicht leiten; es sey nämlich die Meinung verbreitet worden, als habe er seine Modifikation nur eingegeben, um der Regierung die Beibehaltung der Censur möglich zu machen. Er werde durch seine Abstimmung zeigen, daß ihn dieser Vorwurf nicht treffe. Gegen den Antrag des Ausschusses sprachen die Herren Binder, Leinecker, v. Closen, Schwindel, Ziegler, Culmann, Heinzelmann. Der Abg. Leinecker hielt es ftir ein Spiel, getrieben mit der Nation, wenn man auf die Treue der Baiern Münzen schlage, während man sie auf der andern Seite zu fesseln suche. Allerdings bestehe bereits eine Censur, aber ohne Mitwirkung der Kammer, eine Sanktionirung dieser Censur von Seite der Kammer lasse sich durch das bisherige Verhältniß nicht rechtfertigen. Durch den Verfassungseid sey kein Mitglied der Kammer gebunden, die Censur fur etwas nicht absolut Verwerfliches zu halten. Wenn das Preßgesetz an sich gut sey, so sey die Censur überflüssig. Der Abg.
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1219 v. Closen vermißte an den neuen Entwürfen gerade die Hauptsache, die Freiheit; sie seyen todt wie Rolands Pferd, das bekanntlich auch nur diesen einzigen Fehler gehabt habe. Es sey nicht möglich, sich über innere Angelegenheiten zu äußern, wenn man die äußern nicht berühren dürfe. Ohne Freiheit der Presse könne die Regierung das Ausland nicht von sich abwehren. Wegen des gegenwärtigen heillosen Zustandes der Preßgesetzgebung dürfe man keine fehlerhafte neue sanktioniren; dieß heiße ein neues Haus in dieselbe ungesunde Pfütze setzen, in der das alte gestanden. Das Gesetz sey viel zu streng; deßhalb müsse durch vollkommene Emancipation ein Gegengewicht angebracht werden, sonst gehe die Versammlung rückwärts. Besorgnisse wegen erneuerter Ordonnanzen seyen ungegründet; sollte die Regierung einen neuen 28. Januar wagen, so würden ganz andere Adressen als die bisherigen erscheinen. Durch die Annahme der Gesetzentwürfe werde allerdings die Bürgerehre der Versammlung nicht berührt, sie verzichte aber auf eine höhere Ehre, auf die Ehre, bei der Emancipation Deutschlands den übrigen deutschen Kammern vorangeschritten zu seyn. Der Abg. Schwindel warf die Frage auf: ob die Censur nothwendig sey. Er beantwortete sie mit Nein, weil selbst zwei Minister in der Pairskammer sich auf diese Weise ausgesprochen hätten. Man solle dieses Scheusal nicht länger in der Hand der Regierung lassen. Ganz Baiern erkläre sich dagegen, wie der Abg. Rudhart selbst behauptet habe. Nur ein Häuflein Aristokraten wage es, gegen diese Gottesstimme in die Schranken zu treten. Die Kammer möge eine Tugend der Reichsräthe adoptiren - die Festigkeit. Der Redner Schloß mit dem Ausrufe: Verflucht sey das Preßgesetz, so wie es ist. Der Abgeordnete Culmann sagte, es handle sich nicht darum, ob die neue Gesetzgebung besser sey, sondern einzig darum, ob die Versammlung ewige Sklaverei vorziehe einem nur kurze Zeit dauernden heillosen Zustande. Er spreche sich für Letzteres aus, denn für das Leben der Völker seyen Jahre etwas kürzer, bei ihm komme augenblickliche Beschränkung nicht in Betracht. Er furchte keine Reaktionen; man solle wagen, den Geist Europas gefangen zu halten, er werde dennoch durchdringen. Allerdings werden diejenigen, welche den Geist überall ersticken möchten, über die Verwerfung der Gesetze Triumphe feiern; allein diese Triumphe werden sich bald in Wehklagen von ihrer Seite verwandeln. Heute zum erstenmal würde die Versammlung durch Annahme des Antrags des Ausschusses das Prinzip der Freiheit verletzen. Auch handle es sich hier nicht blos um die Preßgesetze, sondern auch um die Selbstständigkeit der Kammer. Wenn diese nur immer nachzugeben habe, so dürfe sie sich als ganz unnütz aus der Staatsverfassung ausstreichen lassen. Der Abgeordnete Heinzelmann forderte die Kammer auf, Baiern nicht durch Sanctionirung der Censur auf eine Stufe mit der Türkei zu stellen, wo auch mit des Sultans Erlaubniß seit neuerer Zeit eine Zeitung erscheine. Man hege Besorgnisse wegen Erneuerung der Ordonnanzen; er erinnere den Minister, daß derselbe eine solche Wiederholung in einer früheren Sitzung ein Attentat genannt habe. Hoffendich werde es in Baiern keine Leute geben, die auf beiden Schultern tragen.
zu bedenken, daß sie durch Zurückweisung der Gesetzentwürfe eine Censur beibehalte, bei der es zweifelhaft sey, ob sie sich nicht auch auf innere Angelegenheiten erstrecke. Zu weit getriebene Consequenz sey ein Fehler; wenn weder die Kammer der Deputirten, noch die der Reichsräthe, noch endlich die Regierung nachzugeben Lust habe, dann könne die erstere ihre Sitzungen schließen, denn das Wesen des constitutionellen Prinzips, das gegenseitige Nachgeben und Transigiren habe aufgehört. Jede Freiheit müsse nothwendig ihre Schranken haben, die Kammer möge bedenken, daß selbst die Reichsräthe, wie die Regierung, nicht auf ewiger Beibehaltung der Censur bestehen. Die Kammer rufe Schande über die Preßgesetze, also auch Schande über die Regierung, die sie vorgelegt. Er nehme diese Schande auf sich, mit dem Vorwurf, eine nachtheilige Ordonnanz zurückgenommen, und die Censur als ausnahmsweise bestehend vorgeschlagen zu haben. In Baiern dürfe frei geschrieben werden, aber schmähen dürfe man nicht. Dieß sey die Tyrannei, über die man sich beklage. Dadurch, daß Baiern auswärtige Regierungen nicht schmähen lasse, sey es so wenig abhängig, als ein Familienvater, der seinen Untergebenen nicht gestatte, sich giftig gegen den Nachbar zu äußern. Er sey nicht fur präcipitirte Einfuhrung neuer Institutionen, nicht für gewaltsame Sprünge, sondern fur allmähliche Entwickelung. Möge man ihn deßhalb für einen mittelmäßigen Kopf halten, sein Wahlspruch werde doch bleiben: est modus in rebus. Bei der Abstimmung wurde die Frage: ob der Beschluß der Kammer der Reichsräthe, daß die Censur ausnahmsweise fortbestehen soll, jedoch mit Beifügung des Wunsches, daß die Regierung die der Freigebung der Presse im Wege stehenden Hindernisse zu beseitigen suchen möge, beigetreten werde, verneint mit 59 gegen 52 Stimmen. Herr Seuffert stimmte mit der Majorität. Die Frage: ob es die Kammer bei der Seuffert'schen Modifikation belassen wolle, ward verneint mit 66 gegen 46 Stimmen. Eine Modifikation des Freiherrn v. Closen, daß die Preßgesetzentwürfe mit Ausnahme des Censurgesetzes erst dann in Wirksamkeit treten sollen, wenn die Censur ganz beseitigt sey, hatte 72 Stimmen für, 38 gegen sich. Da zwei Drittheile der Stimmen zur Annahme nöthig waren, so fiel sie gleichfalls durch.
Berichtigung. In der deutschen Tribüne Nr. 103 vom 13. Okt. 1831 ist in dem Artikel „Stand der politischen Verhältnisse in Baden" der Ausdruck des Herrn Winter: „daßman die Gesetze nicht mache, wie die Kornickel" falsch ausgelegt. Das Wort Kornickel ist nicht einem Spiele der Straßenjugend entlehnt, sondern man bezeichnet damit in Sachsen den Seidenhasen (im südlichen Deutschland Käniglhasen). Diese Thiere werfen bekanntlich alle Monate Junge, und in dieser Beziehung wollte vielleicht Herr Winter sagen, daß man nicht eben so oft andere Gesetze machen könne.
Der Ministerverweser v. Stürmergab der Versammlung Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Donnerstag.
Tribüne.
constitutionelles
N— 151.
Die badische Preßfreiheit und die Gazette de France. Die Gazette antwortet auf den ersten Artikel, welcher diese Ueberschrift trug, und so sehen wir uns veranlaßt, auf einen Gegenstand zurückzukommen, der seine traurigste Beantwortung von dem badischen Ministerium durch die Beschaffenheit des vorgelegten Preßgesetzes erhalten hat. In dem Artikel der Gazette paradirt am [E] ingang ein alter Vorwurf gegen die Liberalen, nämlich der: daß sie für sich Rechte ansprächen, welche sie Andern weigerten; so lärme auch die deutsche Tribüne, „ein Radikalblatt", über die große Freiheit, welche sich die Gazette herausgenommen, ihre Leser mit den Vorgängen im Großherzogthum Baden bekannt zu machen. Folgt eine Betheuerung an „die Herren Tribunen", daß die beiden frühern Artikel keineswegs aus Baden eingeliefert gewesen, da die Correspondenz der Gazette ihr hinreichende Notizen liefere, um sich über Alles, was in Europa vorgehe, ihre Meinung zu bilden und diese an den Tag zu bringen. Man könne ihre Artikel bekämpfen, nicht aber die Wahrheit der Thatsachen anfechten, da diese mit gewissenhafter Umsicht ausgehoben seyen, und einst eine brauchbare Quelle für den Geschichtschreiber abgeben würden. „Die Tribüne selbst," heißt es, „erkennt dieses an, denn sie bestreitet keine Thatsache, aus dem angeblichen Grunde, daß es unmöglich sey, mit Leuten zu discutiren, welche uns nicht begreifen wollen; dieß heißt so viel, als mit Leuten, welche nicht blindlings unsere Meinung annehmen wollen; denn die Gazette weigert sich niemals, sich mit irgendjemand oder über irgend einen Gegenstand in Erörterung einzulassen; aber diese Art, die Sache abzumachen, ist kürzer." So die Gazette; - eine Gedankenreihe, worin ein Mißverstand dem andern die H a n d reicht. Wir haben unsern Artikel Wort für Wort wieder durchgelesen, und auch nicht die leiseste Andeutung darin finden können, als wenn wir der Gazette das Recht der freien Meinung absprächen, das wir für uns selbst durch die Preßfreiheit geltend machen wollen. Wir haben vielmehr eben die von ihr geäußerte Meinung mit Gründen angegriffen, und demnach darüber discutirt; was die sogenannten Thatsachen betrifft, so haben wir allerdings dieselben bestritten, und zwar ebenfalls mit Gründeu, und
Tagblatt.
München den 1. December 1831.
dabei getadelt, daß die Gazette keine Begründung, sondern nur die nackte Behauptung hingestellt hatte. Was endlich über die widerwärtige Aufgabe gesagt wurde, mit Solchen zu streiten, welche nicht wissen, wann sie widerlegt sind, oder es nicht zu wissen scheinen, — ein von der Gazette verdrehter Ausspruch das bezieht sich auf das ganz eigenthümliche Verhältniß der Preßfreiheit, über welche die Akten längst spruchreif liegen, und auf die beständige Wiederkehr der alten oft genug widerlegten Einwendungen. Bei diesem handgreiflichen Verhältniß der überwiegenden Gründeflirdie Preßfreiheit haben wir jederzeit, wenn ein neuer Gegner ohne neue Gründe auftrat, keine andere Wahl vor uns gesehen, als, um es auf gut deutsch herauszusagen, entweder an seinen Geisteskräften oder an seinem redlichen Willen zu zweifeln. Es war eine Anerkennung von Geist an der Gazette, daß wir den letzten Zweifel vorherrschen ließen. Es war ferner ein Compliment für den Scharfsinn, womit die Gazette ihr schwer zu vertheidigendes System herauszuputzen weiß, und für die Consequenz eines Blattes, das nur durch die dem Liberalismus zu verdankende Preßfreiheit besteht: daß wir die jenem Artikel zu Grunde liegenden Behauptungen einer Einflüsterung der badischen Aristokratie, die sophistische Verarbeitung aber der Gazette selbst zuschrieben. In dieser Meinung sind wir auch jetzt noch durch nichts irre gemacht, da die Gazette von der Correspondenz spricht, welche ihr die Notizen liefere, aus denen sie dann ihre Meinung abstrahire. Wir sind vielmehr darin bestärkt worden, denn die Gazette sagt von der deutschen Tribüne: „ein Radikalblatt, vor kurzem in München, und jetzt, man weiß nicht wo, erscheinend." — N u n ist aber noch keine N u m m e r der Tribüne erschienen, in welcher nicht neben dem D a t u m der Druckort München mit großen Buchstaben zu lesen wäre. Diese auch jetzt noch feststehende Voraussetzung, daß damals eine badische Partei aus der Gazette gesprochen habe, hat uns allein bewogen, dagegen aufzutreten, und zwar mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß ein vereinzelter französischer Ausspruch uns gleichgültig gelassen hätte, nicht aber der einer badischen Partei, welche ohne Zweifel die nämlichen Scheingründe in einem andern Kreise als politischen Hebel anwende. Gegen das Letzte haben wir unsere Entgegnung gerichtet, nicht gegen ein Pariser Blatt, das in Bezug auf die öffentliche Meinung Deutschlands weder Einfluß noch Bedeutung hat. Niemals ist es uns eingefallen, die Gazette bekehren zu wollen, um so
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1223 weniger, als in ihrer neuesten Haltung mehr eine Streitfrage der Dynastie, als des politischen Systems hervortritt, und sie zu manchen Sätzen geführt hat, welche demokratischer Natur sind, und von unsern deutschen Aristokraten für gefährlich und ketzerisch gehalten werden. Man sieht, daß von der angeblichen „Anklage" der Gazette keine Rede war. Eben so wenig gab unser Artikel eine „pflichtschuldige Rechtfertigung" des „leitenden Ausschusses"; wir haben blos gelacht über die neue Heraufbeschwörung dieses mährchenhaften Ungethüms und über den Einfluß, den die frühern Reisen Benjamin Constants auf die gegenwärtige Volksstimmung und die letzten Wahlen in Baden gehabt haben sollen. Wenn die Gazette wirklich die Vorgänge in Deutschland kännte und den Geist derselben aufzufassen wüßte, wie sie sich die Miene giebt, so müßte sie längst zu dem Schluß gekommen seyn, daß der angebliche Einfluß eines „leitenden Ausschusses" von Frankreich nach Deutschland herüber ein Unsinn ist. Denn unsere Liberalen sind auch national gesinnt, gerade die liberale Presse ist es, welche sich mit voller Kraft gegen die Ansprüche der französischen Bewegungspartei auf die Rheingränze erhebt, und gerade der öffentliche Geist der Freiheit ist es, welcher die Nation in Masse gegen eine solche Anmaßung bewaffnen würde. Die Gazette, welche mit der Bewegungspartei diese Ansprüche theilt, und nur darin abweicht, daß sie den Triumph derselben an die Fahne des königlichen Kindes knüpft, die Gazette weiß sehr wohl, was sie thut, wenn sie gegen den öffentlichen Geist in Deutschland spricht. Wir wundern uns nicht darüber, wir sehen auch an sich keinen Akt von Einfluß darin: aber ist es nicht ein Hochverrath an der Nation, daß unsere deutschen Aristokraten eine solche Gesinnung theilen, daß sie lieber unsere Nationalexistenz täglich blosstellen, als den öffentlichen Geist und die liberalen Institutionen zulassen wollen, ohne welche eine kräftige Stellung Deutschlands gegen außen undenkbar ist? (Beschluß folgt.) Einige kurze Reflexionen über den Beschluß der Kammer der Abgeordneten vom 26. November 1 8 3 1 . (Eingesendet.) Die Sache selbst, um welche es sich hier handelt, als bekannt voraussetzend, begnügt man sich hier damit, folgende Folgerungen aus derselben zu ziehen: 1) Die Mehrheit der Kammer ist keineswegs so unbedingt nachgiebig gegen die servilen und absolutistischen Tendenzen der Reichs-Kammer, als man ihr vorwirft, das beweißt der Beschluß auf die Frage Nro. 1. 2) Sie eben so wenig als Hr. Seuffert in specie, welchem sie hierbei folgte, beabsichtigte sie bei ihrem Beschluße vom 26. Oktb. die Beibehaltung der Censur, sondern wollte nur durch einen gestatteten längern Termin zu deren Abschaffung, den Zweck dieser Abschaffung selbst erleichtern. Das Mittel dazu war irrthümlich gewählt; und als sie das einsah, ging sie von dem betretenen Wege ab, der nicht zum Ziele führte. Dieß beweist ihre Abstimmung. Nro. 2. 3) In dieser liegt also nicht die Inconsequenz, welche ihren
Zweck aufgiebt; sondern nur die Empfänglichkeit fur bessere Belehrung, die einen erkannten Irrthum von sich wirft. Sie verdient also nichtTadel, sondern Beifall. 4) Zugleich spricht sich in eben dieser Abstimmung ein so großer Haß gegen die Censur aus, daß die Kammer das längst gewünschte Preßgesetz noch lieber länger - vielleicht auf immer! - entbehren, als der Censur ihre Beistimmung geben wollte. Freilich besteht dieselbe gleichwohl; — aber man kann doch nun nicht sagen: daß die Kammer der Abgeordneten sie wolle, oder in Schutz nehme. 5) Sehr zu beklagen ist es, daß die sehr wohl überdachte Modification des Baron von Klosen, die alles erfüllt hätte, was man vernünftigerweise von einer solchen nur verlangen kann; obgleich dieselbe bei der Abstimmung über die dritte Frage 72 Stimmen flir und nur 37 Stimmen gegen sich hatte, gleichwohl durchfiel, weil nemlich die 37te verneinende Stimme 1 über 5 ausmachte, welches bei Fragen über Abänderung constitutioneller Bestimmungen durch die § der bejahenden Voten überwogen wird. Hätten also nur 36 Stimmen sich gegen die Modifikation erklärt, so hätten die 72 bejahenden Vota die gesetzmäßigen \ ausgemacht. Indessen hat doch die sehr große absolute Majorität in der Kammer sich der guten Sache zugewendet, und Sinn für Geistesfreiheit gezeigt. Dieß zur Berichtigung etwaiger falscher Ansichten! Anm. d. Red. Mit Vergnügen haben wir vorstehenden Aufsatz aufgenommen, mit wahrer Freude stimmen wir in der Hauptsache den darin entwickelten Ansichten bei, und behalten uns vor, in einem unserer ersten Blätter vom Ueberrheine Betrachtungen über diese höchst wichtige Sitzung nachzubringen. Tages-Chronik. England. Die k. Proklamation wegen der politischen Vereine hat einen lebhaften Eindruck gemacht. Der Londoner politische Verein protestirt gegen diese Maßregel und erklärt sie unausführbar. Dagegen billigen fast alle Tagblätter die gefaßten Beschlüsse der Regierung, indem sie den gefahrvollen Einfluß schildern, welchen diese Verbindungen erlangt hätten, und hieraus die Nothwendigkeit deduciren, sie zu unterdrücken. Wir glauben nicht, daß ihre Unterdrückung ohne Anstoß durchzufuhren ist. London, 26. Nov. Laut Nachrichten aus Birmingham vom 22sten hat der dortige politische Verein auf seine beabsichtigte Organisation verzichtet, ehe noch die königliche Verordnung wegen Auflösung dieser Vereine bekannt war. In seiner letzten Sitzung votirte er noch eine Adresse an den König wegen Ernennung neuer Pairs. — Das verbreitete Gerücht, es seye das Parlament nur deßwegen einberufen worden, um die Auflösung der politischen Vereine herbeizuführen, wird von dem Courier widerlegt. Er ruft ins Gedächtniß zurück, welche lautere Absichten den König fortwährend geleitet hätten, er versichert, daß keine weitere Einschreitung gegen die politischen Vereine im Plane Sr. Majestät läge, und daß die Reformbill den vollkommensten Erfolg verspreche. Frankreich. Lyon. Auszug aus einem Briefe vom 23. Nov. Abends. Nach Verbrennung der Seidenwaaren,
1225 Möbels und Kleinodien des Hauses Lariol und des Hauses Neyron war die Rede davon, die des Hauses Farges zu verbrennen; dieß ist jedoch bis jetzt nicht geschehen. Man spricht davon, die Truppen, die etwa Lyon zu betreten wagten, beharrlich zurückzutreiben. HofFendich wird dieß Alles ein Ende nehmen; doch ist gewiß, daß nicht geplündert wird. Nationalgarde und Arbeiter beziehen gemeinschaftlich die Wache. - Es bestätigt sich, daß am 23. Nov. Leute, welche Diebstähle begangen, Anfangs erschossen wurden; späterhin wurden andere blos nach dem Gefängniß von Roanne gebracht. - Die gemischten Posten und Patrouillen halten die strengste Polizei. — Die Arbeiter selbst haben an den öffentlichen Gebäuden die verwitterten dreifarbigen Fahnen durch neue ersetzt. Ein Privatschreiben aus Lyon vom 24. Nov. Abends meldet unter andern bereits bekannten Thatsachen Folgendes: Heute ist von nichts mehr die Rede, der Verkehr ist völlig frei; in Bellecour sind sogar die Magazine offen, ich komme so eben von einem Gang nach jenem Quartier. Den gräulichen Erzählungen, die man gibt, muß man keinen Glauben beimessen, ζ. B. als seyen die Verbrecher aus den Gefängnissen entkommen; sie hatten es versucht, allein die drei ersten wurden an dem Gefängnißthor getödtet. Die angesehensten Bürger der Stadt haben sich mit den Arbeitern vereinigt und versehen mit ihnen die Patrouillen zu Handhabung der Ruhe. Auszug aus dem Courier de l'Ain vom 24. Nov. Lyon wieder zu besetzen, ist nunmehr vielleicht höchst wichtig und schwer. Nur durch Zusammenziehung sehr bedeutender Kräfte läßt sich diese Maßregel vollziehen. Man meldet, das zu Macon, Taurus und Chalons stationirte 24. Linien-Regiment sey am Mittwoch auf Dampfschiffen hinabgefahren; von Montbrisson und Grenoble brechen Truppen auf, und von Valence und Auxonne wird Artillerie gesandt. — Am Mittwoch erhielt das zu Bourg stationirte Bataillon des 40. Regiments Befehl, nach Maximieux, das zu Nantua nach Pont d'Ain, das zu Belley nach Amberieux aufzubrechen; neue Befehle haben den Marsch nach Lyon beschleunigen sollen. Alle verfuglichen Patronen s[i]nd diesen Bataillonen gegeben worden. — Die Gendarmerie ist durch den thätigen Dienst der Ordonnanzen und Stafetten erschöpft; die Nationalgarde zu Pferd hat sich auf allen Straßen echelonnirt, und trägt auf diese Weise zur Beförderung der Depeschen bei. — Bereits auf die erste Nachricht von den Unordnungen hatten die Mairs mehrerer Landgemeinden bei Lyon die Nationalgarde unter Waffen treten lassen, nnd Sicherheits halber auf die Hauptpunkte Posten gestellt. - Es heißt, General Rognets Hauptquartier sey von Rillieux nach Fontainesur-Saone verlegt worden, um Proviant zu erhalten. Straßburg, 26. Nov. Laut einer heute hier angekommenen telegraphischen Depesche sind der Herzog von Orleans und der Kriegsminister gestern Abends um 4 Uhr in einem Dorfe, \ Stunden von Lyon, angekommen. — Eine andere telegraphische Depesche aus Paris vom 26. November um 1 Uhr ist diesen Abend hier angeschlagen worden. Sie lautet wie folgt: Paris ist völlig ruhig. Die Lyoner Ereignisse haben allgemeinen Unwillen erregt. Handhabung der öffentlichen Ordnung ist gesichert, die Regierung ist im Stand, Allem vorzubeugen. — Herr Generallieutenant Lallemand, Kommandant der Reitereidivision im Elsaß, hat heute Befehl erhalten, sich nach Lyon zu begeben; er ist diesen Abend abgereist. (Nrh. C.)
1226 Paris, 26. Nov. Lyoner Briefe melden, daß die aus der Stadt vertriebenen Truppen sich nach Macon zurückziehen, wo das Hauptquartier der zur Wiedereinnahme der Stadt bestimmten Truppen seyn wird, und wo sich bedeutende Streitkräfte sammeln. — Kein Bürger darf in der Uniform der Nationalgarde erscheinen. Die Arbeiter haben überall Wachthäuser errichtet, und sorgen selbst fur Erhaltung der Ordnung, welche seitdem nicht wieder gestört worden. — Die Insurrektion der Stadt Lyon dürfte auf die politischen Verhältnisse mächtigen Einfluß ausüben. In Folge der schon längst bestehenden Unterhandlungen wegen allgemeiner Entwaffnung war unser Ministerium auf dem Punkte, einen Theil der französischen Armee zu entlassen. Die Lyoner Vorfälle verhindern es aber jetzt. Durch das Ministerium des Auswärtigen wurden an alle in London repräsentirten Mächte Couriere abgesandt, mit der Erklärung, daß der jetzige Zustand der Dinge keine Verminderung der Armee in Frankreich zulasse. Europa wird daher noch einige Zeit unter den Waffen bleiben, ruhiger Zuschauer der Ereignisse in Lyon. Erst wenn diese Stadt und die mittäglichen Provinzen zur Ruhe und Ordnung zurückgeführt sind, kann die Entwaffnung vor sich gehen. - Man hat in aller Stille vier Linienregimenter nach Paris gezogen. Gestern wurde die 6te Legion der Nationalgarde beordert, sich auf das erste Signal bereit zu halten, was die Einwohner unnöthigerweise in Besorgniß versetzte, denn Paris ist fortwährend ruhig geblieben. Auch der befürchtete Abzug von Arbeitern fand nicht statt. Seit einigen Tagen erwartetete die Londoner Conferenz in behaglicher Ruhe, daß es dem König von Holland gefallen möge, sich den 24 Artikeln zu unterwerfen. Nachdem aber alle Vorstellungen der Diplomaten, welche zum Theil sich deßhalb nach dem Haag verfugt haben, fruchtlos geblieben sind, beginnt nun die Conferenz ihre Arbeiten wieder, und wird durch ein neues Protokoll die Bestimmungen festsetzen, auf welche Weise und durch welche Mächte mit Gewalt der Waffen gegen Holland eingeschritten werden soll. Man glaubt, daß Preußen gemeinschaftlich mit Frankreich zu handeln angewiesen werde, während eine englische Flotte in die Scheide einlaufe. Paris, den 26. November. Consol. 5 Proz. 94,85; 3 Proz. 68; Falconnet 80; ewige Rente 56 g. Die Börse ist wirklich unbegreiflich. Heute sind die Fonds ziemlich gestiegen, während man keine positiven Nachrichten von Lyon besitzt und auch die Regierung keine offiziellen Mittheilungen erläßt, was bestimmt geschehen wäre, wenn sie etwas Günstiges mitzutheilen hätte. Holland. Haag, 16. Nov. Vorgestern den 14. kam bei dem englischen Bothschafter das 51. Protokoll an, das vom 9. d. M., also schon von ziemlich altem Datum ist; die kürzlichen furchtbaren Stürme hatten die Fahrt des Dampfboots von London nach Rotterdam verzögert. Dies sehr kurze Protokoll besagt blos, daß die Konferenz zu der Vermuthung Ursache habe, daß die 24 Artikel in Belgien schon angenommen seyen, daß man sich ihnen dort unterworfen habe, und daß die Konferenz hoffe, der König werde mit seiner Annahme nicht lange mehr zögern. Eine angehängte Note erklärt, daß die Bestimmungen der 24 Artikel in Bezug auf den Durchgang von Schiffen und Waaren aus Belgien durch Holland zu Gunsten dieses letztern Landes modifizirt und geändert werden können (?). Demnach ist also zum Theil schon durch den Erfolg bewiesen, wie klug die fortdauernde Weigerung des
1227 Königs war, die 24 Artikel anzunehmen. Man zeigt sich also schon bereit, zu ändern, und die drückendsten Bestimmungen der Uebereinkunft zurückzunehmen. Wir werden nun weiter sehen. Die Repräsentanten der fünf in der Londoner Konferenz vereinigten Mächte in dieser Stadt haben vorgestern, sogleich nach Ankunft oben erwähnter Aktenstücke, gemeinschaftlich eine Unterredung mit unserm Minister der auswärtigen Angelegenheiten gehabt, welche sehr lange dauerte. (Frkf. J.) Belgien. Brüssel, 25. Nov. Ein Tagesbefehl des Hrn. von Bruckere macht der Armee den Abschluß des Friedenstraktates zwischen den fünf Mächten und dem König der Belgier bekannt. Die sechs Kanonier-Schaluppen, welche unser Gouvernement zu Boom hat erbauen lassen, sind hier angekommen und am Handelsbassin stationirt worden. Gent, 22. Nov. Gestern haben die hiesigen Unruhestifter neuerdings versucht, des Fest zu Ehren des Friedenstraktats zu Unordnungen zu benutzen. Auf dem Waffenplatze, der Wache gegenüber, hatten sich Gruppen gebildet. Gegen Abend bestand der Kern des projektirten Aufstandes kaum aus 100 Individuen. Um halb acht Uhr bestand die Zusammenrottirung nur aus Knaben von 10 bis 16 Jahren, die von zwei Erwachsenen angeführt wurden. Die Anstifter hatten sich in einige Entfernung zurückgezogen, um zur gelegenen Zeit zurückzukehren und den Haufen zu verstärken, wenn der Aufstand Erfolg gehabt hätte. Diese Kinder zogen unter großem Lärmmachen umher, ließen die Belgier und Leopold hoch leben, feuerten Gewehre ab und warfen mit Steinen nach der Konkordia-Societät. Nachdem sie sich fast eine halbe Stunde hier aufgehalten, begaben sich die Ruhestörer nach dem Estaminet des Courroyale, wo sie denselben Lärm begannen, bis der General Clump, vom Militär-Auditeur begleitet, plötzlich mitten unter dem Haufen erschien, der sich unverzüglich zerstreute, und dessen Führer sich so schnell, als sie konnten, flüchteten. Aber einige Augenblicke, nachdem der General sich fortbegeben, bildete sich der Haufen von Neuem. Jetzt hörte man keine Kinderstimme mehr. Mitten im Getümmel trug man eine Art weißer Fahne, auf welcher, wie man sagt, das Bildniß des Königs Leopold sich befand. Diese Bande, höchstens aus 100 Individnen bestehend, kehrte nach der Konkordia zurück, wo das Hohngeschrei und das Abfeuern von Schüssen lebhafter wurden; aber fast unmittelbar darauf erschien ein Polizeikommissär, der durch seine Energie die Menge zerstreute, und einen der Anfuhrer verhaftete. Eine Pompiers-Patrouille stellte die Ruhe vollends her. (Aa. Z.) Berlin, 22. November. Der Rückzug des größten Theils der russischen Armee aus Polen soll eine der vornehmsten Bedingungen seyn, die Frankreich für die allgemeine Entwaffnung stellt. Hieran knüpfen sich denn andere sehr wichtige politische Fragen. Zunächst die definitive Anordnung der polnischen Angelegenheiten selbst und hierüber ist, wie man mit Gewißheit weiß, die russische Regierung mit keiner der befreundeten Mächte einig. Preußen und Oesterreich verlangen eine milde und schonungsvolle Behandlung aller in der letzten Revolution verwickelten Personen. Frankreich nnd England fordern außerdem noch die Aufrechthaltung der von Alexander verliehenen Verfassung. Der letzte kaiserliche Ukas aber vom
1228 1. November hat keiner dieser Forderungen entsprochen und es sind Depeschen von hier nach Moskau abgegangen, um den Kaiser zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Unsere Staatszeitung sollte nicht einmal jenen Ukas mittheilen, weil man bald eine gemäßigtere Amnestie erwartet. (D. allg. Ztg.) Freiburg, 22. Nov. Heute ist von hier eine Dankaddresse an den ProfessorJordan in Marburg, abgegangen, ähnlich der, welche die Hanauer Zeitung und die deutsche Tribüne mittheilten, nnd welche von dem Magistrate und der ganzen Einwohnerschaft Marburgs unterschrieben war. Freilich haben wir hier nur wenige Subscribenten, aber einmal liegt uns Kassel etwas entfernt, und dann denken Viele durch mehr als bloße Worte diesen deutschen Mann dadurch zu begrüßen, daß sie ihm einen silbernen Pokal schicken wollen, nach der Art, wie Welker einen aus den beiden Hessen erhielt. Die Subscription ist dazu eröffnet, und nach andern Städten des Großherzogthums bereits versendet. (Fkft J.) Regensburg, 28. Nov. Mitten aus dieser Frnsterniß pfaffischer Umtriebe und aus dem fahlen Zwielichte freisinnig und schöngeistig scheinen wollenden Ehrgeitzes ist plötzlich einmal ein heller, heiterer Tag heraufgestiegen über unsere alte, deutsche Stadt, und die Pfaffen schreien: Es brennt! und die Regierung ruft der Polizei zu: Löscht!— und sie sehen nicht, daß es die Sonne ist, nach der sie mit Knüppeln schlagen, daß es das Licht ist, das sie gerne in Säcke binden möchten! — Die Generale Ramorino, Langermann und Schneider verweilten drei Tage in unserer Stadt. Das Festmahl, das ihnen zu Ehren veranstaltet wurde, war kein Siegesfest, keine Aussaat künftig aufblühen sollender Decorationen, Handbillets, Belobungen und Beförderungen, der daran Theilnehmende konnte blos Mißfällensbezeugungen, Verweise, - vielleicht auch noch mehr - für sich daraus aufschießen sehen; das Hoch! das jeder Anwesende den Polen rief, mußte ihn tief herabsetzen in der Meinung aller blos mit Auswahl und Vorsicht „Liberalen", und voraus mußte er es sehen, daß er von nun an in den Augen eines jeden ächten Wasserburgen, als ein Mann dastehen werde, der die Vande zwischen Regierung und Volk zu lösen strebt Und dennoch, — hört es, ihr Wasserburger! — dennoch strömte Alt und Jung zum Feste herbei, und wenn auch Manche aus allerdings beherzigenswerthen Rücksichten, Andere wieder aus übergroßer Aengpdichkeit zurückblieben, im Stillen der herzlichen Aufnahme sich freuend, welche die Braven fänden, so war doch kaum Ein Stand, der nicht wenigstens Einen Theilnehmer gegeben hätte, und wäre Herr von Schenk plötzlich in die Versammlung versetzt worden, ohne zu wissen, daß es sich hier um einen liberalen Zweck handelt, — er würde gesagt haben: Ich sehe hier den auserlesensten Theil der Bewohner Regensburgs versammelt, von denen ich gerne eine Ergebenheitsadresse unterschrieben wissen möchte. Aber kein Gnadenlächeln von oben herab wiegt die Thränen auf welcheflößen,als LangpmamifolgendenToast ausbrachte: „Den Manen unserer gefallenen Brüder, die mit ihrem Blute den Boden des Vaterlandes getränkt haben, und den politischTodten, derenTausende in den Sandsteppen Sibiriens schmachten, oder in den Bergwerken des Urals und Caucasus nie wieder das Tageslicht erblicken, bringe ich dieses Glas!" Das war nicht eines einzelnen Mannes Stimme, die Stimme war es des ganzen zum Selbstbewußtseyn kommenden Menschengeschlechts, die urälteste, heiligste, die Welt erschütternde Stimme der Freiheit Von einem Akbaier. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne.
constitutionelles
N— 152.
Freitag. Die alten Künste und die neue Zeit. Erster
Artikel.
„Mit wie wenig Weisheit wird die Welt regiert!" rief vor 200 Jahren der schwedische Kanzler in einer Zeit voll gewaltiger Bewegung. Die Zeiten ähneln sich wunderbar. Auch in der unsrigen bewegt sich's gewaltig, auch jetzt würde Oxenstierna das Regieren schwerlich weiser finden. — Als der gewaltige Geist, erstarkt unter der Politik der heiligen Einfalt, und entfesselt durch die Kartätschen des meineidigen Königs, vom Pariser Stadthause aus mit Sturmeswehen unter den Völkern herzog und nicht vom Meere noch von den Alpen gehemmt ward, als er zauberartig die Macht der Großen zernichtete, vor deren Zorn noch gestern die Völker erzitterten - da wich selbst der consequenteste Diplomat der Götterstärke. Müßig sah er seine Werke, wenn auch nicht bewundernd, untergehen. Einsam zogen die entthronten Fürsten über die Gränze. Kein Herr Bruder reichte ihnen die hülfreiche Rechte, die compromittirten Minister traten zurück, die vorenthaltenen Rechte wurden zugesagt und die Völker vertrauten. Der drohende Geist war beschwichtigt und die große Lehre gegeben. Die Räthe mit Ahnen und Orden und den alten Traditionen hatten die Fürsten trostlos gelassen. Was jene „den Geist der Zeiten hießen, das war im Grund der Herren eigner Geist. Da war's denn freilich oft ein Jammer!" Unter ihrer schulgerechten, diplomatischen Analyse war am Ende nichts als das Phlegma geblieben - caput mortuum nannten's die Alchymisten - und vom Geist keine Spur. Klar fühlte damals jeder, daßfortan im Geist der Zeit regiert werden, daßjede Regierung, um kräftig zu seyn, der Ausdruck der öffentlichen Meinung, daß ihre Stelle nicht am Schlepptau des eilenden Seglers, sondern, wie die des muthigen Feldherrn, an der Spitze der Bewegung seyn müsse. Damals, wie Grey u. Brougham noch jetzt, fühlten es die Regierenden selber, und Oxenstierna hätte wiederrufen müssen. Schade, daß es nur Momente waren! Wie Irrlichter stiegen seit Warschaus Fall die alten Künste wieder herauf, und die europäischen Staatskünstler schreien dem tollkühnen Polignac, während er noch im Kerker den Hochverrath abbüßt, sein famoses: „Plus de concessions" um die Wette nach. Sie haben Ohren und hören nicht, und haben Augen und sehen nicht. Pins
Tagblatt.
München den
2. December 1831.
de concessions! rufen sie in der Freude ihres Herzens sich zu und fallen mit altersschwacher Hand in das bewegte Rad der Zeit. Die große Lehre war vergebens. Ihr Armen! und wenn Euer Sprüchlein in tausend Salons wiedertönt, und wenn Ihr es unter dem Donner der Kanonen verkündigen wolltet - es gibt ein Echo, vor dem Eure Kanonen verstummen. Plus de France! rief's dem alten König gellend nach, als er traurig nach dem Meere zog. Ihr achtet der Tage nicht, die vor Euch auf und untergehen, wie solltet Ihr der Zeitungsschreiber achten, Euch ohnedieß ein verhaßtes Geschlecht von Jakobinern, oder, wenn Ihr gnädig richtet, von Enthusiasten undschwindelndenTheoretikern, die nicht einmal Eure Politik begreifen. Nun wohl! wenn Ihr auf uusere Stimme nicht achten wollt, ich weiß Euch zwei Männer, die keine Zeitungsschreiber sind, von denen aber die Zeitungsschreiber Größeres zu sagen wissen, als von allen Nachbetern des Polignacsc\\en Sprüchleins, Männer, die auch keine Jakobiner und keine Theoretiker sind — denn sie regieren den mächtigsten Staat der Welt schon ein Jahr lang mit Würde und Ruhe. — Höret doch diese! Einer ist aus altadelichem Geschlechte und dem Andern sprechen selbst die Aeltstadelichen ein weit überragendes Genie nicht ab. Höret Graf Grey's gewichtige Worte, die er zu Englands Aristokraten, zu Fürsten und Herzogen, sprach: „Man sagt, Mylords, wir dürften keine Concessionen machen, weil sonst, wenn man einmal nachzugeben begonnen hätte, der Forderungen kein Ende seyn würde. Dieß ist eine alte Lehre, die selbst in unserer Zeit zu vielem Unglücke geführt hat, und welche die ganze Geschichte als verderblich nachweist. Waren es Concessionen, welche die alte Monarchie Frankreichs stürzten? Wenn der alte Adel Frankreichs gethan hätte, was ich jetzt Ew. Herrlichkeiten vorschlage, wenn er die Wünsche des Volks berücksichtiget und dem Drange der Zeiten nachgegeben hätte, jene Familie wäre nie von Frankreichs Thron verjagt worden. In Irland hat die Emancipation nur darum nicht den gewünschten Erfolg gehabt, weil sie zu spät gekommen. Durch Widerstand hatte man es seine Kraft kennen gelehrt, und seine Ansprüche gesteigert. — Darum sage ich, Mylords, geben Sie in Zeiten und gutwillig nach, machen Sie aus der Reform einen Akt der Gerechtigkeit und nicht den einer erzwungenen Kapitula152
1231 tion. Wollen Sie sich der Nationalmeinung widersetzen? — Lange würden Sie dem wachsenden Strome der Volksmeinung sich nicht widersetzen können. Und wenn Sie dem Strome nicht widerstehen können, ist keine Gefahr vorhanden, daß er nicht zuletzt Sie mit Gewalt hinwegschwemmen wird?" Brougham aber sprach: „Ich betrachte die übermäßige Gewalt, welche von den Unionen und der Presse errungen wurde, als die Ausgeburt des jetzigen verdorbenen Repräsentationssystems; sie ist die Folge der verweigerten Gerechtigkeit, des entzogenen Rechts, des begangenen Unrechts, der Thorheit, daß man glaubt, Menschen wider ihren Willen regieren zu können. Die wahre öffentliche Meinung, die sich im Hause der Gemeinen nicht Bahn machen konnte, fand einen andern Weg in Journalen und Unionen. Aus Unrecht haben wir eine falsche Ansicht von der Sache bekommen. Man beachtete nicht die Ursache, und führte einen endlosen Kampf gegen die Wirkung, die in tausend verschiedenen Formen sich kund gab. Wir haben Unrecht gethan, wie unsere Vorgänger, wir haben Unrecht gesäet und ärndten Haß." Doch auch diese goldenen Wort sind hier wie dort vergebens gesprochen zu dem unverbesserlichen Geschlecht. Sie hören und sehen nicht, lernen und vergessen nicht, bis die Glocke heulend schallt. Die Sache der Freiheit wird zwar darum nicht untergehen, ob sich auch die Aristokraten der ganzen Welt gegen sie verschwören, aber ihre friedliche und gesetzliche Entwicklung ist gefährdet. Dazu bleibt nur eine, obwohl viel getrübte Hoffnung. Sie ist auf Euch, Ihr deutschen Fürsten, gerichtet. Ihr werdet nicht einstimmen in den Spruch der Diplomaten. Ihr werdet und dürft es nicht. In Jener Mund klingt er wie Unsinn, von Schuld würde er in dem [E]urigen zeugen. Fremdlinge riefen ihn dem französischen Volke zu; sie wußten nicht, was sie thaten. - Aber Ihr wißt es, Ihr kennt die Treue des Volkes, habt sie erprobt in guten und schlimmen Tagen. Euch vertraut das Volk! und ihr wolltet ihm nicht wieder vertrauen, weil selbstsüchtige Aristokraten Euch mit Anarchie und Frankreichs Beispiel ängstigen? Ein deutscher Fürst kann sein Volk des Hanges zur Anarchie nicht zeihen, er wäre seiner Stelle nicht werth. Und Frankreichs Beispiel ist fürwahr übel gewählt. Was dort die Geschichte beklagen muß, hat ein thörichter Hof, hat der Uebermuth bevorrechteter Stände verschuldet, und wann wurde je vom Hof oder vom Abel eine Mäßigung bewiesen, gleich der des Volkes in seiner großen Woche? Aber das Beispiel paßt auch sonst nicht. Ein anderes Volk wohnt diesseits des Rheines. In unserm Deutschland vergiftet keine blutige Revolution die Erinnerung an die letztvergangenen Jahre. Keine Republikaner, keine Karlisten und Napoleonisten stehen sich hier feindlich entgegen, kein fanatischer Pöbel ist fur seinen Glauben bang, keine Vergrößerungsfucht verletzt die Gemüther, keine tiefe Unwissenheit begünstigt die Plane der Parteien. In den deutschen Gauen wohnt ein treues, frommes und friedliches Volk, seinen Fürsten mit einem [V] ertrauen ergeben, das selbst die bittere Probe der Täuschung bestanden; ein Volk in allen, selbst den untern Ständen zu einem Grade gebildet, bei dem kein Verfuhrer gedeihen kann, durch den die Macht der Gutgesinnten stets
1232 gesichert bleibt. Und ein solches Volk sollte von seinen angestammten Fürsten der Concessionen - wie Diplomaten die Gewährung vorenthaltener Rechte nennen - für unwerth erachtet werden! Fürsten, mißtraut den schlimmen Rathgebern! Der Bundestag führt die Sache Deutschlands nicht zu Eurem Heile durch; - eine Macht wird er brechen, aber laßt Euch vom Doppelsi nn des Orakels nicht täuschen. Seyd verschwenderisch gegen das Volk. Es wird's Euch lehnen mit tausendfältigen Gaben, köstkicher denn das süßeste Lächeln aller Barone. Die Sache ist einfach. Ernstli ch fordert das Volk seine Rechte. In der Noth habt Ihr einige gewährt, die andern versprochen. Das Volk jauchzte Euch zu. Nach ausgetobtem Sturme war es mit dem zuvorkommenden guten Willen vorbei. Ihr gabt nur, was Ihr geben mußtet, und gabt es zögernd. Das Volk dankte Euch wenig. Ihr wurdet schwierig. Der Widerstand reizte, und wie er einen bösen Willen verrieth, so offenbarte das Nachgeben Eure Schwäche. Fahret so fort! Im Kampfe werden die Leidenschaften erwachen und diese beschwichtigt die einafche Gabe nicht mehr. Schreier werden sich hervordrängen, weil Ihr den Besonnenen kein Gehör gegeben. Das Mißtrauen wird den Haß gebären und die Parteien wird man durch Ausnahmsgesetze verfolgen. Dann lebe wohl, du goldene Eintracht! Dann wehe den Fürsten und wehe den friedlichen deutschen Gauen! In solcher Noth wird der Bundestag den verlornen Frieden nicht wiedergeben und die umgestürzten Throne nicht aufrichten können. Noch ist es nicht so weit und wird auch mit Gottes Hülfe so weit nicht kommen! Eine schöne Zeit habt Ihr zwar wenig oder schlecht genützt vo rbeigehen lassen. Warschau ist gefallen und die Protokolle des Bundestags lauten wie ehedem. Aber damit regieren die Herren Deutschland nicht mehr. Deutschland kann nur im Geiste der Zeit regiert werden, und noch ist Euch dieser Geist günstig. Das Zürnen des Bundestags wird Euch volksthümlich machen. Ihr müßt wählen, deutsche Fürsten! Plus de concessions ruft jener Euch zu. Freiheit und Vaterland ist des Volkes Spruch. Die Wahl ist nicht schwer. Ueber die Vertheidigung Warschaus am 6. und 7. September 1 8 3 1 , geschrieben von dem G e n e r a l - M a j o r Bern, Commandeur der gesammten polnischen Artillerie. (S c h 1 u ß.) Wenden wir uns je tzt zu den militärischen Ereignissen des 6. Septembers. S chon am frühen Morgen wurde die beiderseitige Artillerie in Schlachtordnung aufgestellt, die Russen zwischen Sluzewiec, W ola und Krulikarnia, wir aber zwischen Paris und den Moketower Barieren. Die Russen feuerten abwechselnd aus 400 Stück Geschützen, wir dagegen hatten nur 108 Stück Feld- und Belagerungsgeschütz auf der attakirten Fronte, die auch bis spät Abends ihren Posten nicht verließen. Das Belagerungsgeschütz blieb in den Schan-
1233 zen, und das Feldgeschütz auf freiem Felde zwischen den Fortifikationswerken der zweiten Linie. Um zwei Uhr Nachmittags fing das Feuer der russischen Artillerie an, auf das von unserer Seite wacker geantwortet wurde. Die russische Infanterie und Kavallerie, welche vor den Jerusalemer Barrieren standen, begannen gegen vier Uhr vorzurücken, und ein Bataillon drang selbst bis an den Graben der Lunette Nr. 72. vor, wurde aber von unserm Grenadier-Regiment sofort zurückgewiesen wurde. Nun kamen noch ein paar Escadrons unserer Cavallerie um die Fliehenden zu chargiren, welchen Letztern aber bald ein russisches Garderegiment zur Hülfe erschien, das unsere Escadrons zurückdrängte und sich mit ihnen so vermengte, daß sie zusammen auf unsere Kanonen fielen, die auf freiem Felde bei der Lunette Nr. 73. aufgestellt waren. Diese Cavalleriecharge hätte fur unsere Linien höchst nachtheilig werden können. Aber die Russen waren so betrunken, wie man es von Soldaten im Dienste der Despotie immer zu bemerken gewohnt ist, die man betäuben oder in ihnen einen gewissen Muth durch geistige Getränke erwecken muß, da sie die Sache in der Regel nicht kennen, fur die sie sich schlagen und ihr Leben aufopfern sollen. Als Beweis ihrer großen Trunkenheit kann ich anfuhren, daß sie mich, der ich zwischen den Kanonen stand, nicht erkannten, nur auf meinen Adjutanten einhieben und mich, nachdem einige russische Köpfe von mir ein paar Säbelhiebe empfangen, aus ihrer Mitte fast ungehindert weiter reiten ließen. Ja, man mußte sie fur ganz besinnungslos halten, denn ihre Cavallerie, zwischen unsern Kanonen hinwegstürmend, war den Mokotower Barrieren fast nahe gekommen. Aber nur Wenige kamen mit dem Leben davon. Die feindliche Infanterie versuchte noch mehrere Angriffe auf diesen Theil unserer Linie, wurde aber jedesmal von unserer vierten Division zurückgeschlagen. Weiter gegen Wola deploiirte sich die Kurassirgarde in der Absicht zu chargiren; auch sie wurde durch ein tüchtiges Kartätschenfeuer, unserer Artillerie zurückgetrieben und mußte das Feld, mit ihren Todten bedeckt, verlassen. Der Feind war überhaupt genöthigt, mit großem Verluste sich von den Jerusalemer Barrieren zurückzuziehen. Nicht derselben Vortheile hatten wir uns bei Wola zu erfreuen; hier rückten die russischen Colonnen vor. Unsere Bataillons, schon mehrere Stunden unter dem feindlichen Colonnenfeuer stehend, leisteten schon wenig Widerstand, und von den Reserven war nichts zu hören noch zu sehen, obschon es vorauszusehen war, daß hier eine Hauptattake vorfallen würde. Gegen Abend drangen bereits feindliche Bataillons in die Vorstadt Czyste ein. Hätten wir nur damals noch unsere so sehr vertheilten Reserven zur Hand gehabt und einen Feldherrn, der sie in die Flanke der russischen Colonnen gefuhrt härte, wie wären die Feinde zurückgeschlagen! Aber der General Krukowiecky sprach nur viel von der Vertheidigung Warschaus. Am verflossenen Tage hatte man ihn auf keinem Punkte unserer Linie gesehen, und als seine Gegenwart auf dem Schlachtfelde am nöthigsten war, und er Alles noch retten konnte, verlor er die kostbarste Zeit mit Parlamentiren und schimpflichem Unterhandeln. Ja, während des Kampfes berief er noch zwei Regimenter zu seiner Bewachung in die Stadt und verringerte auf eine unverantwortliche Weise die Zahl der Streitenden, um deren Vermehrung er doch aufs Eifrigste härte bemüht seyn sollen. Die Nacht war angebrochen, als endlich die ersehnten Reserven auf Befehl des Generals Malachowsky ankamen. Aber
1234 es war zu spät. Der Feind hatte schon die Vorstadt besetzt, ein Theil derselben stand in Flammen und die eingetretene Finsterniß hinderte vollends jede Ausführung eines Entschlusses von unserer Seite. Auch mußte wohl in Ermangelung zweckmäßiger Dispositionen Unordnung entstehen, und unter diesen Umständen behauptete der Feind die Vorstadt. Wir hätten am andern Tage uns in den Barrikaden halten und Warschau noch ferner vertheidigen können; aber die zahlreiche feindliche Artillerie konnte die Stadt in einen Schutthaufen verwandeln, und die plötzliche Vernichtung des uns so theuren Ortes durfte uns nicht gleichgültig seyn. Wir entschlossen und daher, noch in derselben Nacht unsere Hauptstadt zu verlas [s]en, da wir ja auch ohne sie den Krieg fortsetzen konnten. Allein die nun am Dringlichsten auszuführende Maaßregel wäre gewesen, Alles, was wir nur konnten, in derselben Nacht auf das rechte Weichselufer hinüberzuschaffen und die Brücke sofort hinter uns abzubrechen. Die ganze russische Armee wäre sodann auf dem linken Ufer geblieben, und wir härten den Krieg nicht ohne Hoffnung eines glücklichen Erfolgs auch ferner fortfuhren können, da das Romarinosche Corps sich alsdann hinter uns befunden, und Modlin mit dem Lubienskischen Corps wir noch zu unserer Rechten gehabt hätten. Mit dem Feinde konnten wir unter diesen Umständen uns um so eher messen, da die Einnahme Warschaus die feindliche Armee durch die große Zahl der Gebliebenen und Verwundeten schon sehr geschwächt, und nun eine starke Garnison in der Stadt zurück zu lassen noch nöthig war. Wir hingegen konnten all unsere Kräfte konzentriren und dem Feinde auf einem Punkte wohl an 50,000 Mann entgegenstellen. Im ganzen Kriege harten wir nie mehr Truppen gehabt und bei Grochow, Iganie und Ostrolenka bewiesen, daß die polnischen Soldaten, mit einer um die Hälfte schwächern Macht, dennoch den Russen überlegen waren. Aber der Himmel hatte es anders beschlossen. Als schon die ganze Artillerie, die Cavallerie mit der uns übrig gebliebenen Munition, und die Infanterie die Brücke passirten, erschien der russische General Berg in Warschau, um mit Krukowiecky über die Bedingungen der Uebergabe ein schriftliches Uebereinkommen zu treffen. Da Letzterer aber nach Niederlegung seiner Würde die Stadt sogleich verlassen hatte, so brachte der General Berg es doch dahin, daß mit dem General Malachowski eine militärische Konvention abgeschlossen wurde, zufolge welcher wir die Stadt, die Brücke und die Brückenschanzen bei Praga, so wie auch das ganze Belagerungsgeschütz, dem Feinde zu übergeben hatten, die polnische Armee aber verbunden seyn sollte, nach Modlin zu marschiren. Dies waren die unmittelbaren Folgen jener Schändlichkeit, mit welcher Krukowiecky die unbedingte Unterwerfung Polens gegen den Kaiser ausgesprochen hatte. Zwar war nun sein unmittelbar verderblicher Einfluß beendigt, da die Kammern ihn seiner Würde entsetzt hatten; doch die so plötzliche Umgestaltung der Dinge und der unaufhörliche Donner der Kanonen vermochten es wohl, diejenigen, welche nun ans Ruder der Regierung gelangt waren, augenblicklich zu betäuben. Besonders aber waren es die Zaghaften und die von Krukowiecki Irregeleiteten, von welchen der geschätzte Veteran unserer Armee zu der fur uns so wenig ehrenvollen Konvention fast gezwungen wurde. Wir Andern konnten leider um diese Angelegenheit uns nicht kümmern, da unsere Aufmerksamkeit während der ganzen Nacht nur zu sehr von der in Ordnung zu
1235 erhaltenden Armee und deren Fortschaffung in Anspruch genommen wurde. Wie waren wir bestürzt, als am andern Tage schon in der Frühe der General Malachowski iu Praga erschien und die 40 Kanonen, welche bereits zur Beschießung der Brücke aufgestellt waren, zurückzuziehen befahl! Es war dies der Todesstoß ftir unsere Armee, denn nun konnten ihr die Russen über die Weichsel unmittelbar nachfolgen und jede Verbindung zwischen uns die wir nach Modlin marschirt waren, und dem Romarinischen Corps vereiteln. Ausserdem hatte in diesen beiden Hauptabtheilungen unseres Heeres sich ein auffallender Mißmuth erzeugt, und das Vertrauen der Truppen zu ihren Chefs war sehr erschüttert, da man sähe, daß sie einer nach dem andern den Hoffnungen der Nation und der Armee nicht entsprachen. Indessen benutzten die Russen mit ihrer bekannten Hinterlist in Nichthaltung ihrer gegebenen Versprechen jeden unserer Fehler. So hatten sie sich verpflichtet, für die Erhaltung der Weichselbrücke die unsern Soldaten nöthigen Kleidungsstücke herauszugeben; als sie aber die Brücke erst in ihrer Gewalt sahen, so war von Erfüllung der in dieser Beziehung uns gemachten Zusage keine Rede mehr, und unser General Dzikonski, der deshalb in Warschau geblieben war, kam unverrichteter Sache zurück. Dies war der Ausgang der unglücklichen Schlacht des 6ten und 7ten Septembers. Unser Verlust betrug an Getödeten, Verwundeten und Gefangenen ungefähr 4000 Mann; die Russen dagegen haben wohl an 12,000 eingebüßt. Die große Verschiedenheit dieses Verlustes ist leicht zu erklären, wenn man bedenkt, daß ein Theil unserer Soldaten hinter den Schanzen stand. Unsere Artillerie, welche im ganzen Kriege Beweise der größten Tapferkeit gegeben, verschoß an jedem Tage beinahe zwei komplette Munitionen, also über 200 Schüsse auf jedes Stück gerechnet; sie verblieb in ihrer Stellung, ohne abgelöst zu werden. Die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten dieser Truppenabtheilung haben an diesen Tagen sich um das Vaterland wahrlich verdient gemacht. Aus der Infanterie waren nur etliche Bataillons im Feuer, die Uebrigen standen unthätig an verschiedenen Orten. Und aus der ganzen Kavallerie chargirten nur die Paar Escadrons, die vor den Jerusalemer Barrieren standen, wie schon bemerkt worden. Wir glauben mit dieser wahren Darstellung jener Ereignisse bewiesen zu haben, daß keineswegs durch die außerordentliche Tapferkeit der russischen Truppen, wie es dem Marschall Paszkiewiez zu behaupten gefallen hat, die Einnahme Warschaus herbeigeführt worden, sondern nur durch den General Krukowieki, der selbst nicht commandirte und keinen Andern commandiren ließ! Die Stadt hätte doch vor den Schanzen oder in denselben, und nicht im Palais der Regierung vertheidigt werden sollen! Hier mußte das eigene Leben daran gesetzt werden, um die Armee in Ordnung zu erhalten und sie zu jeder Aufopferung anzufeuern. Alle Kräfte, die nur zusammenzubringen waren, mußten dem jedesmal bedrohten Punkte zugeführt, und nicht alle Reserven in Unthätigkeit gelassen werden. Ganze Regimenter verließen die Schanzen und wurden nach Warschau geschickt; anstatt sie dem Feinde entgegen zu fuhren. Es ist hiernach leicht einzusehen, daß, da an den beiden Tagen außer der ganzen Artillerie nur einige Bataillons Infanterie, so wie ein Paar Escadrons Cavallerie aktiv waren, und der ganze Rest unserer Armee einen unthätigen Zuschauer abgegeben, - dieser Kampf nur in Folge
1236 des uns mangelnden tüchtigen Oberbefehlshabers zu Gunsten der Russen entschieden worden. Der Verlust Warschaus, die Trennung unserer Armeen, und vor Allem die Ueberzeugung, daß die europäischen Mächte fur das unglückliche Polen nichts mehr thun werden, und daher die fernem größten Anstrengungen von unserer Seite nur eine vollkommene Verwüstung unseres eigenen Vaterlandes zur Folge gehabt hätten; bewogen uns, mit den getrennten Armee-Corps, welche das geliebte Vaterland nicht mehr retten konnte, lieber in fremde Länder einzuziehen, als mit dem Feinde uns in entehrende Unterhandlungen einzulassen. So mußte Polen untergehen, welches doch allein nur als eine Schutzwehr Europas wider die Barbaren-Nation angesehen werden sollte, deren Horden bald ausströmen werden, Alles mit Krieg zu überziehen. Dann erst wird Europa seine Fehler erkennen und seine Verblendung beweinen. Die russischen Truppen, die in ihrem eigenen Lande auf eine erbärmliche Weise unterhalten werden, würden in den europäischen Staaten Ueberfluß haben und es daselbst sehr bequemlich finden; und die Kosaken-Horden, welche vom Raube leben müssen, da sie von ihrer Regierung gar nicht bezahlt werden, werden alsdann gute Tage haben, und mit großem Vergnügen die nahen deutschen Staaten, deren Wohlstand ihnen gute Beute verspricht, anfallen. Europa wird über seine Thorheit trauern; aber erst dann, wenn der nordische Despote seinen eisernen Scepter über die angränzenden Länder ausgebreitet haben wird. Wenn das deutsche Volk in seinem Kriege fur Unabhängigkeit in den Jahren 1813 und 1814 all seine Kräfte aufbot, um sich dem Despotismus eines civilisirten Volkes zu entwinden; wieviel mehr hätte es sich nun anstrengen müssen, um nicht einem asiatischen Despotismus zu unterliegen! Und doch, anstatt die Sache der Polen zu fördern, hat man sich wider die verschwornen und sie noch niedergedrückt. Wehe! Europa wird bald die unglücklichen Folgen empfinden.
Protestation wider Verfassungsverletzung. Was wir vorhergesagt haben, ist eingetroffen; die Bundesversammlung ist wider die Presse in Bewegung. Die Frankfurter Oberpostamtszeitung enthält den angeblichen Beschluß des Bundestags, wonach die frühern Bundestagsbeschlüsse gegen die Presse wieder, wie vor einigen Jahren, und zwar im ganzen Umfange von Deutschland vollzogen werden sollen. Damals hat man, wie 1823 der Fall des deutschen Beobachters, einer in Stuttgart erschienenen Zeitschrift, beweist, Beschlüsse gefaßt, wonach öffentliche Blätter unterdrückt wurden, und ihr Herausgeber eine Reihe von Jahren hindurch zur Redaktion anderer Journale nicht zugelassen werden sollte. Wollte man solche Maßregeln, da von ganz Deutschland die Rede ist, auch auf Baiern anwenden so protestiren wir hiemit feierlich gegen eine solche Verfassungsverletzung, gegen eine solche Verletzung unserer heiligsten Rechte. Nach unsrer Reichsverfassung—was selbst die Schenk'sche Censurordonnanz anerkannte und aussprach — hat jeder baierische Bürger das Recht zur Herausgabe politischer und anderer Blätter. Dieses Recht ist daher bei uns eines der
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1237 Bürgerrechte, welches Niemanden entzogen werden kann, als dem, den die gewöhnlichen Gerichte, keine Specialcommissionen, fur bürgerlich todt, sohin seiner staatsund civilbürgerlichen Rechte für verlusdg erklärt haben, Unsere Constitution ist älter als die Bundestagsbeschlüsse. Sie ist sohin, und nach der Natur der Sache das Alleingeltende. Jene Beschlüsse wurden überdies in Baiern nur unter der Bedingung amdich publicirt, daß sie blos soweit in Ausführung zu kommen hätten, als sie den Bestimmungen der Reichsverfassung nicht widersprächen. - Der Bundestag, ein Verein von Gesandten, kann wahrlich unsere Verfassung nicht umstürzen. In den früheren Jahren ist wirklich in Baiern kein einzigesmal eine derartige Bestimmung der Bundestagsbeschlüsse zur Ausführung gekommen. Wollte man jetzt, verfassungswidrig, jene heiligen Rechte jedes baierischen Bürgers verletzen, so bliebe zunächst nichts übrig, als den Schutz der Gerichte in Entschädigungsklagen gegen den Fiscus anzurufen. Wir fordern hiemit zugleich feierlich die Stände des Reichs auf, die baierischen Bürger, soviel ihnen möglich ist, zu schützen vor Gewaltstreichen! D a die Kürze der Zeit uns nöthigt, gegenwärtige Protestation im ersten Augenblicke, im Momente des Erstaunens über den Beschluß, niederzuschreiben, so müssen wir uns vorbehalten, die Sache näher zu entwickeln und alle unsere verfassungsmäßigen Rechte nöthigenfalls auf jede mögliche Weise geltend zu machen. (N. Sp. Z.)
Preussens constitutionelle Grundsätze. Man hat Preussen in der neuesten Zeit verdächtigen wollen, als beabsichtige es, eine Regierungsform beizubehalten, die dem Art. 13 der Bundesakte keineswegs entspricht. Folgende Zeilen, welche wir den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, endehnen, zeugen von dem Ungrund solcher Insinuationen. Es heißt da: „Er (der Verfasser) hat nicht erkannt, daß das Pabstthum, als historische Thatsache aus ephemeren Verhältnissen hervorgewachsen ist, mit deren nothwendiger Umgestaltung es auch ebenso allmählig wieder zu Grunde gehen mußte, wie im Politischen die absolute Monarchie früher oder später allerwärts sich selbst ihr Grab bereiten muß." (D. Vs. Fr.)
Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 12. Nov. Es werden 4 Lager längs unserer Küsten und in der Nähe der Häfen gebildet; eines südwärts vom Tajo zwischen dem Häfen von Setubal und den Dörfern in der Umgebung von Lissabon, zwei andere längs der Küste von Lissabon nach Mondego, und ein viertes landeinwärts zwischen dem zweiten und dritten, um jedes der drei erstem unterstützen und zugleich das Innere des Landes in einem Falle der Noth schützen zu können. — Man wundert sich, daß die Regierung keine Vertheidigungsanstalten fur Porto la Province de Minho und einige andere kleine Häfen gemacht habe. Dieses Räthsel wird durch die Uebereinkunft gelöst, welche mit dem spanischen Kabinette besteht, die Vertheidigung dieser Provinz und ihrer Häfen durch gallizische Truppen übernehmen zu wollen.
Spanien. Madrid, 17. Nov. Man hofft auf baldige Wiederherstellung des Königs. Das Gerücht, daß S. M . an Wassersucht leide, ist falsch, und scheint von den Carlisten absichdich ausgesprengt worden zu seyn, um irgend ein Vorhaben desto leichter ansfuhren zu können. — Man schreibt aus St. Sebastian, daß starke Detachements der regelmäßigen Truppen die an der Grenze stehenden königlichen Freiwilligen ablösen. - Die von Navarra abgegangenen Freiwilligen haben sich nach Tafalla d'Olite begeben, wo sie sich neu organisiren, um noch weitere Dienste zu thun. Dieß in Folge eines motivirten Decrets der Regierung über die Nothwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung in Berücksichtigung der immer noch fortdauernden schwierigen Umstände, welche ihre Einberufung veranlaßt hatten. England. London, 26. Nov. Vier von D o n Pedros Schiffen sind frei gegeben worden, nemlich der Congreß, die Asia, die Junon und der Tailie. O b bei der jetzt ungünstigen Jahreszeit die Expedition noch vor sich gehen wird, ist sehr zu bezweifeln. Frankreich. Lyon. Der Precurseur vom 26. Nov. meldet: Zur Beruhigung derer, die nicht, wie wir den Geist der Lyoner Arbeitsklasse kennen, muß man es sagen: Kein politischer Versuch im Interesse irgend einer Karlistischen, republikanischen oder Napoleonischen Parthei fände Beistimmung unter den Männern, die mit so glänzender Tapferkeit fochten, deren Ordnungsliebe wir aber noch mehr als ihren militärischen Muth bewundern. Unbekannte Aufwiegler haben erbärmliche Versuche gewagt, deren Erfolge aber bewiesen: daß wir uns nicht täuschten, indem wir behaupteten, die einzige Ursache des beklagungswerthen Streits, dessen Zeugen wir gewesen, sey eine Staatshaushalts- und Handelsgesetzgebungsfrage gewesen, und keine politische Verschwörung. Nachschrift. Im Laufe des Tags ging das Gerücht von Heranrücken verschiedener Truppencorps, die, hieß es, um Lyon her festen Fuß gefaßt. Diese Gerüchte sind ungegründet. Zwar sind Truppen in der Nähe der Stadt angelangt; allein es sind die, welche General Rognet von den nächsten Besatzungen begehrt hatte, in Hoffnung, sie würden vor Ausgang des Streits ankommen. Das seither Vorgefallene macht ihre Gegenwart unnöthig. Ein Schreiben General Rognets, das der Herr Prefect uns mitzutheilen beliebte, versichert ausdrücklich seine Absicht, keinen Militärversuch gegen die Stadt vorzunehmen; auch wir sind überzeugt, die Regierung sey um so weniger zu gewaltsamen Maßregeln geneigt, da die friedliche Rückkehr der Truppen, nach Regulirung der dringendsten innern Interessen, uns eine ganz einfache, ganz natürliche Sache zu seyn scheint, der sich Niemand wird widersetzen wollen. Straßburg. Folgende telegraphische Depesche aus Paris vom 26. Nov. um 4 Uhr Abends ist so eben bekannt gemacht worden: Die Nachrichten aus Lyon lauten beruhigend. Der regelmäßige Verkehr ist hergestellt. Die Truppen sammeln sich um die Stadt her. Alles läßt hoffen, die Gegenwart des Herrn Herzog von Orleans und des Herrn Kriegsministers werden zu völliger Wiederherstellung der Ordnung hinreichen. Die Nachrichten von den Lyoner Unruhen haben hier allgemeinen Unwillen erregt. In allen Theilen der Hauptstadt herrscht die größte Ruhe. Die Deputirtenkammer hat einstimmig, mit
1239 Ausnahme von 18 Stimmen, eine Adresse an den König, zur Unterstützung des Gangs der Regierung, beschlossen. - Eine zweite Depesche, datirt Paris den 27. Nov. um 1 Uhr, auch diesen Abend hier angekommen, enthält Folgendes: Die Regierung hat Nachricht aus Lyon erhalten. General Rognet hat sich mit dem Kriegsminister in Verbindung gesetzt. Verstärkungen treffen von allen Seiten ein. Die Einwohner werden wieder beruhigter, auch die Arbeiter kehren zu ihren Beschäftigungen zurück. Paris ist vollkommen ruhig. Straßburg vom 29. Nov. Unser Polen-Verein ist in voller Thätigkeit. Bereits sind 4038 F. 40 C . an Beiträgen eingelaufen. Aber auch die Ansprüche an denselben mehren sich von Tag zu Tag. Es wäre zu wünschen, daß man aus denjenigen Theilen in Frankreich, wohin die Polen nicht kommen werden, den hiesigen Verein als erste Station in Frankreich dotirte, um die Hülfsbedürftigen sogleich bei ihrem Eintritte auf unsern Boden genügend unterstützen zu können. Paris vom 27. Nov. Eine Menge Verhaftungen haben heute Nacht Statt gefunden. Man hat neuerdings Proclamationen gefunden, wodurch die Arbeiter aufgefordert werden, sich für Heinrich V. zu erklären: — Das Ministerium soll im Begriff stehen, die Bewilligung außergewöhnlicher Maßregeln von den Kammern gegen die Journale: Die Tribune, die Revolution und den Courier zu verlangen. Es wäre dieß eine Art Einleitung zur Unterdrückung der Preßfreiheit. - Heute früh verbreitete sich das Gerücht von ausgebrochenen Unruhen in Tarare und Nantes, wegen der Personalsteuer. Wir bezweifeln diese Nachricht sehr, da unsere Neuigkeitsfabrikanten seit einigen Tagen gar zu thätig und erfinderisch sind. Belgien. Brüssel, 25. Nov. Der König Ludwig Philipp hat den, zwischen den fünf Mächten und dem König der Belgier abgeschlossenen Vertrag, ratifizirt. Diese Ratifikation ist am 21. in Brüssel angelangt, und wurde gleich darauf dem Französischen Gesandten im Haag, durch einen von General Belliard ihm zugefertigten Courier, mitgetheilt. Der König Leopold hat seinerseits den Vertrag vom 15., am 22. ratifizirt. (Cour.) Holland. Privatbriefe aus Amsterdam melden: „Nach allem, was wir aus England vernehmen, ist unser Dafürhalten, daß die englische Regierung durchaus keine Truppen zur Bewerkstelligung einer Landung disponibel hat, während die Jahreszeit es für die brittische Flotte wenig rathsam macht, wieder an unsern Küsten zu erscheinen. Von Frankreich haben wir auch nicht viel zu befurchten, indem der innere Zustand dieses Landes so beschaffen ist, daß beinahe eine eben so große Truppenmacht, als jetzt unter den Waffen steht, erforderlich seyn dürfte, um die Mißvergnügten im Zaume zu halten, und das Volk zur Bezahlung der Auflagen zu zwingen." (Frkf. J.) Italien. Die alleinseligmachende römische Kirche verschmäht auch jetzt noch kein, einem ehrlichen und wahrhaft religiösen Gemüthe noch so sehr widerstrebendes Mittel, da und dort einen der verirrten Ketzer in ihren Schooß herüberzuziehen. — Einsender dieses las vor einiger Zeit einen vom Cardinal Staatssekretär eigenhändig geschriebenen Brief an einen angesehenen protestantischen Kaufmann, der um die Erlaubniß zur Verehelichung mit einem katholischen Frauenzimmer nachgesucht hatte, und dem in diesem Briefe erklärt wurde: Se. Heiligkeit könne solche Ehen nicht mehr zugeben (nämlich in
1240 italienischen Staaten, wo sie Macht und Einfluß hat, dieselben zu verhindern), selbst nicht bey dem Versprechen, alle daraus zu entspringende Kinder in der katholischen Lehre erziehen lassen zu wollen; ausgenommen, der Bräutigam werde selbst katholisch. - U m denselben zu diesem Entschluße zu bewegen, wurde hinzugesetzt: So Mancher habe schon aus Liebe zur - Braut (nicht zur Wahrheit) diesen Schritt gethan, und aus besonderer Begünstigung wolle Se. Heiligkeit dem Petenten erlauben, den Uebertritt, wenn er stattfinde, verheimlichen und äußerlich fur Protestanten fortwährend sich ausgeben zu dürfen. — Eine solche Handlungsart wollte dem Protestanten aber nicht ganz als ehrlich einleuchten, und er stand von jeder weiteren Correspondenz mit dem heiligen Stuhle ab. Die gleiche Festigkeit wird aber leider nicht immer bewiesen, wie dem Einsender aus anderen Fällen nur zu sehr bekannt ist; der angeführte reicht hin, den Geist, der noch jetzt in der römischen Kirche herrscht, darzuthun. (Κ. Z.) Deutschland. Aus dem Badischen. Den tragikomischen Auftritt zwischen dem Abg. v. Rotteck und der ersten Kammer wird die Tribüne hoffendich ausfuhrlich berichten. Die Sache ist von größerem, als nur badischem Interesse. Es ist eine wichtige Scene aus dem Drama unserer Zeit. Der Aristokratismus hat sich dabei „gar herrlich offenbart." Er mußte schon manche bittere Lektion hinnehmen, und glaubte einmal eine geben zu dürfen. — Es drohten die Hoffnungen des Landtags an dem Veto der wenigen Grundherren zu scheitern. Der Abg. v. Rotteck hatte es gewagt, sie eine Handvoll Junker zu nennen. Das forderte eine schnelle, eklatante Satisfaktion. Die Sitzung, in der darüber berathen ward, stellte, wie der servile Zeitungsschreiber berichtet, ein schönes Bild voll edler parlamentarischer Haltung dar, d. h. viele Mitglieder affektirten eine übel angebrachte Großmuth, um den unfehlbaren Triumph desto reiner und vollständiger genießen zu können. Aber der Triumph wie die eklatante Satisfaktion blieben aus. Das schimpfliche Ansinnen der ersten Kammer scheiterte an der kraftvollem zweiten und ihrem würdigen Präsidenten, und der edle v. Rotteck, dem man eine allzugroße Wärme, deren die Junker freilich nicht fähig sind, allerdings verwerfen konnte, ist gerechtfertigt und mit neuem Glänze aus diesem Kampfe hervorgegangen. Ihm gebührt der Dank des Vaterlandes; und das Baterland, das ganze liebe Deutschland wird ihn abzutragen wissen; — selbst diejenigen, die ihre Stimme sonst eben nicht fur die zweite Kammer erheben, sagen jetzt, er hatte Recht, daß er die Stelle bezeichnete, aus der uns so vieles Unheil erwächst, daß er, da die gelindern Mittel nichts fruchteten, ächt hippokratisch das glühende Eisen auf den Krebsschaden unseres Staatslebens ansetzte und dabei des Schmerzens und üblen Geruches nicht achtete. Ist erst der Aristokratismus in seiner schädlichen Uebermacht gebrochen, dann wird sich unser politisches Leben überallhin freier entwickeln. Dem badischen Ministerium, d. h. seiner numerischen sowohl als intelligenten Majorität, ist der Aristokratismus gewiß herzlich zuwider, aber diese Majorität hatte nicht Kraft und Selbstständigkeit genug, seinen Forderungen aus dem In- und Auslande zu widerstehen, daher das viel getadelte, unselige Schaukelsystem. Rotteck hat die Bahn gebrochen, der Moment ist günstig, das badische Ministerium säume nicht, ihn zu nützen! Kassel, 23. Nov. Der heutige Verfassungsfreund sagt: Der Verfassungsfteund hat in der vorigen Nummer wieder
1241 seine kräftigsten Zeiten erblassen sehen und schnell dahinsterben an der in Deutschland leider noch immer herrschenden Gedanken-Cholera. — In der Hoffnung, daß das Preßgesetz geben werde, was es geben soll, und daß es bald unsere kümmerliche Cxistenz in ein heiteres, frisches Leben umwandeln werde, opfern wir gerne die Worte auf, die ungewohnten Ohren vielleicht zu hart erscheinen dürften, aber den Sinn, unsere Meinungen und unsere Grundsätze, die können wir nicht opfern: man widerlege sie öffentlich, und, wir geloben es, wer uns mit Gründen überzeugt, der wird einen treuen Kämpen an uns finden; den Angriffen der Gewalt werden wir aber die unbezwingliche Kraft des Leidens entgegen setzen. Unser preßfreiheitliches Glaubensbekenntniß ist kurz folgendes: Art. 1. Die Preßfreiheit ist in der deutschen Bundesakte allen Deutschen gesetzlich zugesichert. Art. 2. Die deutsche Bundesversammlung hat dieß im Jahre 1819 wirklich anerkannt; denn wiewohl sie damals alle möglichen Vorkehrungsmaßregeln gegen den Mißbrauch der Presse getroffen hat, so hat sie doch der Censur in jenem Gesetz nicht erwähnt; ein sicherer Beweis, daß sie sich nicht ermächtigt fühlte, den klaren Worten der Bundesakte zuwider zu handeln. Art. 3. Die Staaten Deutschlands, welche auch den Art. 13 der Bundesakte nicht zu erfüllen geneigt waren, haben es zwar damals über sich genommen, auf den Grund jenes Beschlusses Censuredikte zu erlassen; allein in Hessen haben, durch unsere neue Verfassung, sowohl die Regierung als auch die Landstände, sich des Rechts begeben, neue Censurgesetze einzuführen, es sey denn durch Stimmeneinhelligkeit. Art. 4. Die bisherige gemäßigte Censur kann in Kraft bleiben, bis das versprochene Preßgesetz gegeben wird, aber jeder neue Beschluß des deutschen Bundestages wegen Einführung einer strengeren Censur wird an dem Schilde der deutschen Bundesakte, die erwiesenermaßen vertragsmäßig unter der Garantie der europäischen Großmächte steht, und an dem Panzer der hessischen Verfassung, womit sich unser Fürst und unser Volk vor fremden Anmuthungen wohl werden zu schützen wissen, wirkungslos abprallen. Art. 5. Und wenn endlich dennoch ein strengerer Censurbefehl erscheinen sollte, dann werden gewiß die biederen Hessen durch die unwiderstehliche Kraft des Nichtthuns (der Passivität) sich und ihrer gerechten Sache den Sieg erringen, d. h. dann wird jeder, der die hessische Verfassung beschworen hat, das Amt eines Censors auf den Grund der Bundesakte nnd jener von ihm beschworenen Verfassung unter jeder Bedingung zurückweisen; denn derjenige, der es annähme, würde sich ja selbst als einen Feind unserer deutschen Verfassung, mithin als einen Feind der Freiheit und Ordnung öffentlich bezeichnen. Würtemberg. Stuttgart, 1. Dez. Auch der Hochwächter weist die Ungültigkeit der vom Bundestage in Preß-Angelegenheiten gefaßten Beschlüsse nach, und fordert die künftigen Volksvertreter Würtembergs auf, den Minister der auswärtigen Angelegenheiten darüber zur Verantwortung zu ziehen; daß er den Bundestags-Gesandten nicht beordert habe, dieser, dem würtembergischen Landesgrundgesetz so vollkommen
1242 widersprechenden Verfugung seine Beistimmung zu versagen, und aufs feierlichste dagegen zu protestiren. Zweibrücken, 23. Nov. Ein polnischer Soldat, Johann Antoni, hat uns folgenden Aufsatz zugestellt, mit der Bitte, ihn in beiden Sprachen aufnehmen zu wollen: „Mit Schmerz habe ich in öffentlichen Blättern gelesen, daß die französischen Minister die polnischen Flüchtlinge, welche in Frankreich eine gastliche Freistatt zu finden hofften, nach Avignon und von da nach Algier senden wollen. Es kränkt mich zu sehen, daß die französischen Blätter bei Ankündigung dieser barbarischen Maßregel sich mit bloßen Ausrufungen des Mitleids begnügten. Ach! dieses Frankreich, gegen welches der Selbstherrscher die Polen zu bewaffnen gedachte, wollte diejenigen gefangen halten, die ihre Waffen gegen den Unterdrücker der Freiheit kehrten, die, für Frankreich streitend, einen zehn Monate langen blutigen Kampf bestanden und den Czar außer Stand setzten, das eingeschlafene Europa in Ketten zu schlagen? Wie, die Helden des Juli könnten ihren Gefährten solche Schmach anthun? Nein! das französische Volk ist zu großherzig, um eine solche Barbarei zu begehen; aber es ist getäuscht durch einige Schurken, die das Vertrauen der großen Nation mißbrauchend, nur den Willen des russischen Gesandten vollziehen. Durchdrungen von der brüderlichen Gastfreundschaft, die ich in ganz Deutschland gefunden, schwöre ich im Namen der Freiheit, fur die ich gekämpft, daß ich mich eher der Grausamkeit des nordischen Tyrannen aussetzen, als den Boden einer Nation betreten möchte, die aufgehört hat frei zu seyn; ich schwöre, daß ich Frankreichs Erde vermeiden werde, so lange die Regierung in den Händen Periers und Sebastianis ruht, die, fremd der Ehre der Nation und deren Rechte mißkennend, die Freiheit der Völker unterdrücken und sich zum Werkzeug der Despoten herabwürdigen. Preiß gegeben allen Unfällen, will ich das Geschick meiner Heimath und das Unglück Frankreichs beweinen, bis der Angenblick des Ruhms und der Freiheit die Braven meines Vaterlandes erweckt. (Westb.) München, 1. Decbr. Ausser den schon früher erwähnten Actienbeiträgen zu unserer Druckerei, welche aus Augsburg und Ansbach eingegangen, sind uns deren auch aus Regensburg geworden. Wir glauben hierin einen Beweis zu sehen, daß die in der Wasserburger Adresse ausgesprochenen Ansichten von Altbayern nicht durchaus getheilt werden. Die Angabe des Westboten, es habe in der bairischen Deputirtenkammer nur Freiherr von Closen Theil an der Unterzeichnung genommen, müssen wir dahin berichtigen, daß wir auch des Beitritts der Hrn. Jordan und Brogino, Deputirten des Rheinkreises, uns zu erfreuen haben. An dieselben schließt sich die Stadt Würzburg mit 4 Aktien an. Endlich ist uns vom Schwarzwalde aus Donau Eschingen die Unterzeichnung von mehreren Bürgern für eine Aktie zugekommen. — Wir erkennen alle diese Beweise von Theilnahme mit dem wärmsten Dank.
1244
1243 A n z e i g e n .
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Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche
Tribüne.
Ein c o n s t i t u t i o n e l l e s
Samstag.
N— 153.
Die badische Preßfreiheit und die Gazette de France. (S c h l u ß .) Kommen wir auf Baden zurück, und lassen zur Belustigung der Leser die Gazette selbst sprechen: — — — „die vorige badische Regierung, welche das dreifache Verbrechen begangen hat, das Land zu vergrößern, zu bereichern, und in Verfassung zu setzen ohne Zuziehung der Hrn. Welker, Botteck (!) und Duttlinger; dem Herzogthum Baden das französische Gesetzbuch zu erhalten, nnd ihm gerühmte Institutionen zu geben, ohne daß jene großen Bürger dabei waren; ihrer Bürgerkrone dadurch ewiges Laubwerk zu entziehen, ja selbst in ihr Hoheitsrecht einzugreifen. Es ist der verstorbene Herzog Ludwig, welcher alles dieses unehrerbietiger Weise gethan hat, daher die Nothwendigkeit, seinen Nachfolger Leopold dafür büßen zu lassen. Was sollte aus uns werden, wenn es den Fürsten gestattet wäre, das Glück ihrer Unterthanen ohne die Mitwirkung von Professoren, Advokaten und Kaufleuten zu machen?" Diese Reihe von gewissenhaft ausgehobenen Thatsachen und künftigen Geschichtsquellen, wie die Gazette sie liefert, ist eine Reihe so handgreiflicher Unwahrheiten, daß die bloße Anführung derselben genügt, um sie statt aller Widerlegung durch ein Lächeln beantworten zu lassen. Großherzog Ludwig hat bekanntlich das Land nicht vergrößert, er hat die Verfassung nicht gegeben; das Herzagthum ist ein Großherzogthum, und der Deputirte Botteck heißt eigentlich Rotteck·, das wissen bei uns die Kinder auf der Straße. Ob vielleicht die Gazette mit ihrer andern Behauptung besser besteht, daß der verstorbene „Herzog Ludwig", das Land bereichert habe? — Die Antwort liegt auf der Hand. Der unverantwordiche Staatshaushalt der vorigen Regierung ist in der Deputirtenkammer durch aktenmäßige Beweise aufgedeckt worden, wie denn die badische Kammer in der tiefgehenden, das materielle Wohl mit deutscher Gründlichkeit besorgenden Prüfung des jetzigen Budgets und der Verwendung des vorigen ein Muster für andere Staaten, auch für Frankreich, aufgestellt hat. Die Regierung selbst hat jene Nügen nicht nur anerkannt, sondern auch mit redlichen Willen die Hand zu Verbesserung und Ersparniß geboten, wo es sich nicht um politische Streitfragen
Tagblatt.
München den 3. December 1 8 3 1 .
handelte. Es giebt badische Landleute, welche einen Theil des Jahres hindurch nichts, als Kartoffeln, nnd oft nicht einmal Salz dazu haben: man übersetze für sie den Artikel der Gazette, theile den Wisch aus, und überführe sie, daß unsere Kammer sie mitten in ihrem Glück gestört habe. Aber Beweise sind der Gazette pedantische Dinge. „Die Tribüne," sagt sie, „fließt über von pedantischen Citationen, eine Art von Gegengift, wodurch die deutschen Jakobiner nach einer Fügung Gottes das Gift verwässern, welches sie auszugießen suchen." Wahrscheinlich ist damit die Berufung auf die Geschichte gemeint, daß die Censur nicht uach der Behauptung der Gazette mit der Sittlichkeit verschistert ist, oder die Appellation an den Ausspruch der Länderund Völkerkunde, ob die russische Herrschaft in Polen eine „edelmüthige und väterliche" gewesen. Man wirft der deutschen Presse nicht mehr vor, daß sie nicht praktisch sey; aber es ist freilich ein pedantischer Zug des deutschen Nationalcharakters: er verträgt auch in einem Tagblatt mehr Tiefe, als der französische, er will nicht blos den Schaum von der Oberfläche abschöpfen, sondern auf den Grund sehen, er baut nicht in die Luft, sondern auf eine feste Unterlage, und anstatt seinen Gegner, mit der Lanzenspitze in leichtem Tournier zu kitzeln, tritt er schwergewappnet auf den Kampfplatz, und schlägt gern mit Keulen darein. Das kommt daher, weil es ihm mit dem, was er für heilsam und nothwendig erkannt hat, ein heiliger Ernst ist. Der Franzose opponirt bisweilen aus Liebhaberei, aus Interesse, aus Laune; der Deutsche opponirt aus Pflichtgefühl, und darum wird in Deutschland die politische Reform zu einer alle Adern des Volkes durchbringenden Lebensanfgabe, zu einer Gewissenssache der Nation werden, wie es einst die kirchliche Reform geworden und dadurch siegreich geblieben ist. Daß man eben diesen eigenthümlichen Geist in der deutschen Presse fürchtet, das zeigt die ängstliche Festhaltung der Censur. In Betreff der Censur noch ein Pröbchen von der Logik der Gazette. „Nur Eines fehlt noch zu der allgemeinen Glückseligkeit: die unumschränkte Freiheit, zu schreiben. So wollen es die Tribünen von München, welche sich dennoch nicht allzusehr über die Strenge der Censur beklagen können, denn es ist sehr zu bezweifeln, daß man in Frankreich Artikel passiren ließe, wie sie häufig das constitutionelle Deutschland enthält, ein Blatt, dessen Umlauf nicht gehindert wird." Das ist in der That eine neue Schlußfolge153
1247 rung: in München kann man sich nicht über strenge Censur beklagen, denn — ein in Straßburg erscheinendes censurfreies Blatt enthält keine Spuren davon; — eine allerliebste Logik. Ferner heißt es, daß die deutsche Tribüne ungestraft Artikel abdrucke, welche die Censur gestrichen habe. Gerechter Himmel, „ungestraft!" Nach dem Gesetz konnte es nicht gestraft werden, und die Behörde selbst erkannte dies als „unwiderleglich" an, allein sie fand es unpraktisch, sich nach dem Gesetz zu richten, und der Herausgeber der Tribüne erkaufte die Freiheit seiner Presse mit Freiheit uud Gesundheit, indem man ihn unter den Augen der Deputirtenkammer in willkührlicher Haft hielt. Die Gazette tobt gegen die Tribüne, den Westboten, die Stuttgarter Allgemeine, das constitutionelle Deutschland, den Hochwächter, die Hanauer Zeitung, und doch sagt sie in dem nämlichen Satze: „Die Presse soll in allen Ländern frei seyn, so viel es geschehen kann, ohne die Ruhe der Nationen zu stören, ohne die Religion zu gefährden, ohne dem Ruf des Privatmanns zu nahe zu treten: das [w]ünscht jeder Vernünftige". Nun, wo hat man denn in Deutschland etwas Anderes verlangt? wo, wir bitten um Antwort, wo ist man denn auch nur um einen Zoll über die Gränzen dieser vernünftigen Forderung hinausgegangen? Aber die Gazette kennt eben die deutsche Censur nicht, unter welcher sie keine Woche bestehen könnte, sie weiß nicht, daß die deutsche Censur an den Verhandlungen deutscher Kammern streicht, daß sie Abdrücke aus censirten deutschen Blättern in andern Blättern noch einmal übercensirt, daß sie selbst historische Aktenstücke, ja Verfügungen der eigenen Regierung zu drucken verbietet. So stoßen wir überall auf nichts als Ignoranz und wieder Ignoranz. Von gleichem Gehalt sind die Vorwürfe gegen die badische Deputirtenkammer. Diese Kammer soll ein unausführbares Gesetz über die Presse veranlaßt haben, — die Gazette scheint nicht zu wissen, daß dieses Gesetz die Censur verfugt; sie soll sich vorgesetzt haben, die badische Verfassung zu ändern, - die Gazette sollte wissen, daß man blos die Wahrheit dieser Verfassung verlangt; sie soll einen guten Fürsten an dem Guten gehindert haben, das er thun wollte, — wir wären in der That begierig, einen Grund, nur das einfachste Was? oder Wie? zu hören. In diesem Tone geht es fort, durch völlige Entblößung von jedem Begründungsversuch eine Widerlegung ganz überfll]üssig machend. Doch man wird es überdrüßig, den Schlangenwindungen eines blosen Schimpfsystems zu folgen, und es wäre mit Recht pedantisch zu nennen, wenn wir einen ernsdichen Beweis unternehmen wollten, daß dennoch die Sonne hell und die Nacht finster sey, pedantisch, versuchsweise Vernunft an Jemand hinzupredigen, dem man bei vorausgesetztem gesunden Verstand zugleich zutrauen muß, daß er selbst nicht an seine Entstellungen glaube. Auch haben wir in dem ersten Artikel erklärt, und wiederholen es in diesem, daß wir nicht die Absicht hatten, die Gazette zu bekehren, sondern zu der öffendichen Meinung über die deutschen Trabanten zu sprechen, welche sich in gleichem Kreise mit der Gazette bewegen. Die französischen Angelegenheiten behandelt die Gazette, wie man auch immer über ihr System selbst denken möge, jedenfalls mit Geist; in dem ersten Artikel über Baden fanden wir eine, wenigstens fur Schwäche gefährliche Sophistik, sonst würden wir nicht dagegen aufgetreten seyn; in diesem Artikel vermissen wir Beides, und finden dafür die nackte Ausstellung handgreiflicher Unkenntniß, und eine Gehaltlosigkeit, welche
1248 dem blos schimpfenden Ton einer „Mannheimer Zeitung" näher steht, als der sonstigen Dialektik der Gazette. Bedauernd, daß wir diesesmal unsre Lanze nicht wider einen ebenbürtigen Gegner einzulegen hatten, kommen wir nothwendig wieder auf den alten Satz zurück: es kann nicht leicht eine Aufgabe widerwärtiger seyn, als mit Solchen zu streiten, welche nicht wissen, wann sie widerlegt sind, oder es ignoriren, weil sie andere Motive, als die widerlegten, im Hinterhalt haben — nämlich den Egoismus einer Kaste als ewige Negation des Gesammtwohls.
Stimme eines polnische Offiziers aus Preußen. Am 10. November begingen die polnischen Truppenweiche gegenwäntig in Elbing stehen, und unter denen der Oberbefehlshaber und mehrere Generäle mit dem Generalstabe, so wie auch der Stab der Artillerie sich befinden, eine kirchliche Trauerandacht zum Andenken an diejenigen ihrer Brüder, die den schönen Tod fürs Vaterland gestorben. Ein prunkloser Katafalk, und eine einfache von polnischen Militärs, und einigen Dillettanten ausgeführte Musik gaben dieser Ceremonie den Charakter der edeln Gefühle, welche die unglücklichen Söhne Polens immer und überall für ihre Brüder und ihr geliebtes Vaterland beseelen werden. Mit einer auf die Bedeutung dieses Tages bezüglichen Rede, welche in Aller Herzen den tiefen und rührenden Schmerz erneute, wurde die traurige Feier beschlossen. Diese kleine Zahl der übrig gebliebenen Krieger, gezwungen, die heimathliche Erde zu verlassen, und einem fremden Lande Schutz suchend sich anzuvertrauen, beneidet den ruhmvollen Tod, den ihre Brüder in dem heiligsten Kampfe für die Freiheit ihres Vaterlandes starben. Sie beklagen nicht mehr das unglückliche Ende so ausserordentlicher Anstrengungen, und so seltener Aufopferungen; sie dürfen nicht mehr in fremden Ländern umherirren, um dem schrecklichen Anblicke zu entfliehen, wie ihre Brüder nun wieder unter der Tyrannei ihrer Todfeinde seufzen, und deren Verfolgungen von Neuem preisgegeben sind. Polens Ruin ging nur aus dem friedlichen Charakter der Nation selbst hervor. Das Land war oftmals ganz unvorbereitet, wenn es von eroberungssüchtigen Feinden überfallen wurde, da es selbst niemals Eroberungen beabsichtigte, sondern nur die Erhaltung seiner Konstitutionen und seiner Freiheit zu bewahren suchte. Wie war wohl zu furchten, daß die angrenzenden Mächte mit einer so unerhörten Gewalttätigkeit Polen zerstückeln könnten; ein Land, welches nur den Krieg führte, wenn es sich zu vertheidigen gezwungen war! — Die endlosen Ränke Rußlands, gepaart mit tyrannischer Willkür, stürzten das unglückliche Polen vollends in den Abgrund, und als dieses endlich in seiner Verzweiflung zu den Waffen griff, um sich der barbarischen Herrschaft zu entziehen, da wurde seiner Faust das Schwert entrissen durch die Unempfindlichkeit und Verblendung der europäischen Mächte; und der dünkelhafte Graf von Erivan hätte in Warschaus Mauern nicht gemordet, wenn nicht insbesondere die Politik Preußens uns alle Kommunikation mit dem übrigen Europa abgeschnitten hätte! Preußen bahnte der Russen den Weg zu uns: — es ließ ihnen die Brücke über die Weichsel erbauen;
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1249 Preußen sicherte die Existenz der Russen in unserm Lande: - es versah sie mit Lebensmitteln und Allem, was sie nur bedürfen möchten. - Pasckiewicz hätte ohne diese Unterstützung wohl nur denselben Ruhm geerndet, wie sein Vorgänger, dessen balkanische Lorbeern an den Ufern der Weichsel schnell verblüheten. Die polnischen Krieger, jetzt auf preußischem Boden, werden in ihrer Treue durch die Hoffnung getröstet, daß eine ihnen gleichgesinnte Nation, ihnen ihre brüderliche Hand reichen werde, um sie vor gänzlichem Verderben zu bewahren. Diese Blüthe der Nation ist zugleich bereit, überall zu kämpfen, wo nur für die köstlichsten Güter: Freiheit und Unabhängigkeit gestritten wird. Eher wird sie ihr Vaterland nicht Wiedersehen, als bis die europäischen Mächte, aus ihrer Betäubung erwacht, ihre Waffen wider die BarbarenNation zu richten anfangen werden, die jetzt ganz Europa zu überreden sucht, daß sie mit ihren rohen Schaaren, welche von Raub und Mord leben, und wie das Vieh nur mit Stockschlägen zu regieren sind, für Recht und Freiheit streitet, und Glück und Aufklärung verbreiten will. Alsdann vereinigt sich die ganze Masse der polnischen Krieger mit derjenigen Macht, welche sich zuerst erheben wird, dieses asiatische Volk in seine eigenthümlichen Grenzen zurückzuweisen. Die Polen werden zu solch gerechtem und ehrenvollen Kampfe mit freudigem Muthe herbeieilen und sich glücklich fühlen, ihre Waffen in das Blut der Barbaren tauchen zu können, die jetzt ihre unglücklichen Brüder in Gefängnisse sperren, die Gefangenen nach Grusien oder an den Kaukasus senden, und unsere Güter an ihre Soldaten verschenken. In Kurzem werden sie unser armes Vaterland ganz entvölkert haben, und in diesem Polen, welches als eine Schutzmauer für Europa gegen die asiatischen Horden angesehen werden sollte, wird nichts übrig bleiben, als Greise und Kinder, die in ihrer Hülfslosigkeit das Unglück und die Schmach ihres Vaterlandes uns werden beweinen können. Elbing, im November 1831. Tages-Chronik. England. London, 26. Nov. Es scheint doch nöthig zu seyn, einige Concessionen zu machen, um die Majorität des Oberhauses für die Reformbill zu gewinnen. Sollten aber diese Concessionen Unwillen oder Widerstand von Seiten der politischen Vereine und des Volkes hervorrufen, so wird das Ministerium statt derselben zur Ernennung neuer Pairs seine Zuflucht nehmen. Diese Pairs würden unter denjenigen Gliedern des Unterhauses gewählt, welche schon für die Reformbill gestimmt haben. Hierin liegt eine offenbare Verfassungsverletzung, die wir niemals gutheißen können, selbst im vorliegenden Falle nicht, wo sie nur das Beste des Landes bezweckt. - Die Unbeugsamkeit des Königs von Holland setzt die Conferenz wieder in Thätigkeit. Nächsten Montag soll über die zu ergreifenden Maßregeln des Einschreitens berathen werden. — Don Pedros Expedition wird erst nächstes Frühjahr von Terceira abgehen. Sie besteht aus 12,000 Mann, worunter 2000 Engländer und viele Franzosen. Wenn diese Armee in
Portugal landet, so dürfte die Herrschaft Don Miguels, der man ohnehin müde ist, ein schnelles Ende nehmen. Frankreich. Paris, 28. Nov. Außer der gewöhnlichen Diplomatie, welche durch die verschiedenen Regierungen anerkannt ist, besteht noch eine andere, deren Verbindungen sehr ausgedehnt sind, und die über Frankreich wie auf seine Beute wacht. Es ist die Congregation der Jesuiten. Ein großerTheil der Personen, welche vor dem Juli 1830 an dieser Gesellschaft Theil nahmen, verschwanden schnell zur Zeit der Revolution, bald aber faßten sie wieder Muth und kehrten in großer Zahl nach Paris zurück. Unter ihrem Einflüsse finden die meisten Volksaufläufe statt; sie brüten nur immer über die Herbeiziehung alles möglichen Unheils, womit sie Frankreich heimsuchen möchten. Die Polizei scheint Kenntniß ihrer Intriguen zu haben. Sie bemächtigte sich gestern einer Sendung Pulver, welche nach der Vendee bestimmt war. Auch die Pulvermühle, deren Inhaber ein Congregations-Mann ist, wurde mit Beschlag belegt. — Die Londoner Conferenz berathet seit einer Woche, welche Maßregeln jede der fünf Mächte ergreifen soll, um den Eigensinn des Königs von Holland zu brechen. Hier befürchtet man, und wir glauben mit Recht, daß er unter der Hand Zusicherung der Unterstützung habe, sonst wäre wahrlich seine Hartnäckigkeit nicht zu begreifen. — Heute erschien das erste Blatt des neuen Journals: „Die Bewegung" — Die Regierung vermehrt immer noch ihre Vorsichtsmaßregeln zur Verhinderung von Aufläufen, während in ganz Paris die tiefste Ruhe herrscht; allein diese ausserordentlichen Anstalten, und das Herbeiziehen von so vielen Truppen erregt Besorgnisse im Volk. Man spricht von nichts als Arrestbefehlen, welche zum Theil ergangen und ausgeführt sind, zum Theil erst ergehen sollen. — Hr. Couchois Lemaire, so wie 6 andere Journalisten, sollen bereits in Verhaft seyn. Es wäre wahrlich kein Wunder, wenn durch solche Maßregeln gerade das herbei geführt würde, was dadurch vermieden werden wollte. Straßburg, 29. Nov. Der niederrheinische Courier erscheint mit schwarzem Rande. Er bemerkt: heute ist der Jahrestag, an welchem Polen das Panier der Freiheit aufpflanzte. Die heiligen Rechte, welche es vertheidigte, fanden keine Unterstützung. Mit blutender Schrift wird die Geschichte dieseThatsache in die Weltannalen eintragen. - Der Herr Präfect des Niederrheins theilt uns folgende telegraphische Depesche mit, die demselben heute vom Hrn. Präsidenten des Ministerraths zugekommen: Paris, 29. Nov. 1 Uhr. Ich erhalte aus Lyon eine telegraphische Depesche von gestern Morgends. Ordnung und Ruhe herrschen daselbst. Läden und Schauspielhäuser sind wieder offen. — Paris ist völlig ruhig. Paris, den 28. November. Consol. 5 Proz. 94,75; 3 Proz. 68,25; Falconnet 81; ewige Rente 56 } . Lyon, 2 [5]. Nov. Die Ordnung wird immer mehr hergestellt, die Geschäfte kommen wieder in den Gang, die Magazine werden wieder geöffnet und bald bleiben keine materiellen Spuren mehr von dem unglücklichen Ereignissen übrig, welche die verflossene Woche mit Blut befleckt. Wollte Gott, daß sich eben so leicht auch das Andenken an dieselben verwischen ließe. — Die Proclamation des Prefecten giebt, wie gestern gemeldet, die ausdrücklichsten Versicherungen, daß die Stadt kein Gegenstand eines Militärunternehmens seyn werde. Hrn. General Rognet's Wort ist nicht verdächtig, und soll
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1251 jede Besorgniß aus allen Gemüthern verbannen. — Schwerer hält es vielleicht, zu Paris amtliche Bestätigung alles Geschehenen zu erlangen, denn es giebt dort Männer festen Willens, die nicht ermangeln, unbeugsamen übermüthigen Trotz zu beweisen, sobald sie die Gefahr für vergangen halten, und die sich fiir die Furcht, die ihnen die tollen Verheerungen von St. Germain, l'Auxerois verursachten, durch die Entsetzung untergeordneter Beamten rächen möchen. — Man versichert, eine Deputation des Municipal-Corps solle morgen nach Paris abreisen, um die Regierung über die Beschaffenheit und wahre Ursache der Lyoner Unruhen zu belehren. Die Rechtsmitglieder, denen dieser Auftrag gegeben worden, sind die Herren Stephan Gauthier und Cazenove. HofFendich gelingt es ihnen, die Minister zu überzeugen, daß es nicht der Augenblick sey, auf Gesetzmäßigkeit zu pochen, noch zu Düreaucratischem Schnauben und auffallenden Entsetzungen zu schreiten; sie werden möglichst bescheiden, um nicht jene Reitzbarkeit zu verletzen, mit der man sich als einer Tugend brüstet, zu verstehen geben, daß die Sache bloß Lyon betroffen, folglich zu Lyon und nicht zu Paris abgethan werden müsse; daß unsere dringendsten wichtigsten Interessen uns gebieten, alle rechtmäßigen Bedürfnisse zu befriedigen, Eintracht und Frieden zu befestigen und es folglich zweckmäßig sey, daß es uns frei stehe, unsere Mittel zu solchem Zwecke selbst zu wählen; daß endlich wir den Grund der Sache besser kennen, und daher besser im Stande seyen, mit Klugheit und Erfolg zu handeln. Deutschland. Als Beweis, wie sehr der Sinn fur «institutionelle Prinzipien allenthalben sich entfalte, entnehmen wir einer in Sachsen erscheinenden Zeitschrift, den Blättern aus dem Voigtlande folgende Stelle: Das Licht, welches bereits vor Jahrhunderten immitten tiefer Finsterniß Britannien entzündete; welches seine transadantische Stieftochter, nach ruhmvoll erkämpfter Emancipation, dem erstaunten Europa in blendendem Glänze zeigte; welches Frankreich, nach dem Schattenreiche einer ephemeren Republik und dem Riesengedanken des Kaiserreichs, als beinahe einzigen Preiß einer blutigen Revolution errang und in den Julitagen mit kühnem Sinn behauptete: dieses Licht leuchtet jetzt herrlich über die deutschen Staaten des Südens, und sein heller Schein blitzt auch schon hie und da im Norden unsers gemeinsamen Vaterlands. Der Stern des constitutionellen Prinzips wird am Horizonte der Staatenwelt nicht mehr untergehen, er wird vielmehr gleich dem Nordsterne als Leiter dienen auf dem brandenden Meere der Zeit. Mag immerhin finsterer Nebel, erzeugt durch die Dünste der Willkühr und des Aristocratismus, das glänzende Gestirn manchem Lande noch verbergen; bald wird der Nebel, verjagt durch die Sonne der Intelligenz und Humanität, verschwinden, und heller als jemals werden dann die Strahlen des beglückenden Sternes leuchten. Das «institutionelle Prinzip wird, wie Mirabeau von der französischen Revolution sagte, die Reise um die Welt machen, geführt an der Hand der moralischen und intellectuellen Kraft der Zeit. Auf seiner Reise ist es in unserm Sachsen bereits eingekehrt und wenn man auch zur Zeit hier nur ein Kind in ihm erblickt, so bedenke man, daß ohne dieses der Mann nicht werden könnte. Je mehr es er-
starkt und Kräfte gewinnt, desto mehr wird sich sein Einsatz als heilbringend bewähren. München, 2. Dezember. In der heutigen Sitzung der Abgeordneten wurde über die Rückäußeruug der Reichsräthe auf die Anträge über das Gewerbswesen berathen. Die Reichsräthe waren den meisten Anträgen der Abgeordneten, welche auf mögliche Einschränkung der Gewerbsfreiheit hinarbeiten, beigetreten, und es mußte daher nicht wenig befremden, daß daß nebenbei die Kammer des Erbadels den Antrag stellte: Die Vollzugsinstruktion zum Gewerbsgesetze möge einer Revision unterworfen, und bei dieser Revision die Grundsätze der bereits in Rheinbaiern und in Preußen über Gewerbsfreiheit bestehenden Gesetze zur Basis genommen werden. Dieser Vorschlag veranlaßte einen einhelligen Aufstand unter den Abgeordneten, in Folge d[e]ssen die Gewerbsfreiheit noch einmal verworfen wurde. Ein geheimes Reskript vom 28. Dezember 1825, auf dessen Aufhebung die Abgeordneten angetragen hatten, sollte nach dem Wunsche der Reichsräthe nicht angegriffen werden; auch die Abgeordneten Dresch, Rudhart und Seuffert interessirten sich fiir dessen Beibehaltung, nachdem aber der Abgeordnete von Seinsheim geäußert hatte, es sey der Sporn gewesen, mit Hülfe dessen das Pferd selbst, (d. i. die Gewerbsfreiheit) durchgegangen sey, und der Abgeordnete Schwindel es die wächserne Nase des Gewerbsgesetzes genannt hatte, beharrten die Abg. auf ihrem früheren Beschlüsse, auf Abschaffung desselben anzutragen. — Bekanntlich hatte die Regierung an der ersten Berathung der Abgeordneten über diesen Gegenstand auch nicht im Geringsten Theil genommen; heute jedoch erklärte der Ministerverweser von Stürmer, es sey dies nicht aus Theilnahmlosigkeit geschehen; vielmehr beabsichte die Regierung eine Revision der bestehenden Instructionen über das Gewerbswesen, und habe daher den freien Lauf der Berathung nicht stören wollen: sie wolle hören, prüfen und das Beste behalten. — Unter dem Einlauf, welchen der erste Präsident beim Beginne der Sitzung verlas, befand sich auch die Rückäußerung der Reichsräthe auf den Beschluß der Abgeordneten über das Budget. Die Berathung hierüber findet in der folgenden Woche statt.
A n z e i g e .
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Verantworlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
constitutionelles
Sonntag.
N^
Die Pairskammer
Tribüne.
in
Bayern.
Ehre, dem die Ehre gebührt! (Eingesendet.) Hat man sich oft, — und sicher nicht mit Unrecht, - über die Hindernisse tadelnd ausgesprochen, welche der volksthümlichen Freiheit in Baiern von Seite der Majorität in der Kammer der Reichsräthe in den Weg gelegt werden; so erfordert es die Gerechtigkeit, auch anzugeben und anzuerkennen, wie hoch erhaben über die Vorurtheile der Meisten ihrer Amts- und Standesgenossen, manche Herren Reichsräthe denken und sprechen. Ehre ihnen! die jeder, auch der allerfreisinnigsten, Volksvertretung höchste Aufgabe lösten! (und nur zu bedauern ist es, daß ihres Gleichen so Wenige sind)! Diese Forderung der Gerechtigkeit un[d] Unparteilichkeit von Einer, und dann der Wunsch: „daß solche herrliche Ansichten bekannter werden möchten, als vorauszusehen ist, daß es geschehen werde, wenn sie blos in den wenig gelesenen Verhandlungen der Kammer der Reichsräthe vom Jahre 1831 hinterlegt bleiben;" von der Andern Seite, veranlaßt mich, folgende höchst liberale Aeusserungen eines Hrn. Reichs-Rathes *) zur Offenkunde zu bringen. Sie stehen in dem 5. Bande jener Verhandlungen, Seite 300 - 324. Vieles übergehend beschränkte ich mich auf die Mittheilungen des Ausgezeichnetsten und Entscheidendsten. Es heißt in dieser höchst merkwürdigen Rede unter andern: Seite 302. „Jeder präventiven Einwirkung entbunden, nur der gewöhnlichen Polizei-Aufsicht anheim gegeben, bewegte sich schon damals, (d. h. seit der Verordnung vom 13. Jänner 1803) die baierische Presse ebenfalls so fessellos in dem weiten Gebiete der Politik, als in jenem der spekulativen Wissenschaften. Erst später zog sich unsere junge Freiheit wieder schüchtern zurück vor dem blutigen Glänze eines welterschütternden Meteors etc. *) Wie sehr ist es zu beklagen, daß in dem Reglement der Kammer der Reichsräthe die Anonymität der Votanten vorgeschrieben ist, daß folglich das Protokoll die Namen solcher Männer nicht nennen darf, die es wahrlich verdienen, in ganz Europa wiederzutönen! Doch errathen kann man sie leicht. D. C .
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Tagblatt.
München den 4. December 1831.
Ebend. „Der 26. Mai 1818 gab unserm Vaterlande eine Verfassung, und mit derselben auch grundgesetzliche Normen, bezüglich auf die Presse, als oberster Grundsatz galt auch jenen Normen unstreitig jener der Freiheit. „Freiheit der Meinungen, mit gesetzlichen Beschränkungen gegen den Mißbrauch;" sprach sich im Eingange der Verfassungsurkunde als eine der 10 Grundsäulen unseres Staatsrechts aus. etc." Seite 303. „Doch das Edikt selbst blieb diesem Standpunkte nicht ganz treu, vielmehr umfaßt es wesentliche Beschränkungen. 1) durch die auf alle politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen oder statistischen Inhalts ausgedehnte vorläufige Censur; ( § . 2 . des Edikts) etc." „Ferner blieb das Edikt wesentlich zurück hinter den Anforderungen der Zeit. 1) durch die den Polizeybehörden ohne genügende Schranken eingeräumte Beschlagnahms-Ermächtigung (§. 7. des Edikts.) 2) etc. etc. etc. 3) Durch die der Polizei, also den Agenten der Verwaltung, auf Kosten des ordentlichen Rechtsgangs, zuerkannte Strafgewalt. (§. 6. des Edikts.) 4) etc. etc. etc." Seite 304. „Ueberdieß stand das gesammte Edikt ausser Einklänge mit seiner gegebenen Basis; die einzelnen §. §. nahmen Bezug auf Gesetze, welche die absolute Regierungs-Periode in dem Culminations-Punkte der Censur zu Tage gefördert hatte, etc. etc." Seite 305. „Groß sind unfehlbar, namentlich im Vergleiche zu dem bisher bestandenen Gesetze, die Vorzüge des neuen Entwurfs, etc. etc." Seite 306. „Und nun fragt sich nur: ist der so vielfach treffliche Regierungsvorschlag auch wirklich in allen Beziehungen genügend zu nennen? etc. etc." In der Antwort auf diese Frage heißt es unter andern: Ebend. „Der fessellose Gebrauch der Presse ist gegeben, mit dem Daseyn dieser Presse, etc." Seite 307. „Es giebt keine präventive GedankenSchranke für Enropa mehr; jeder Versuch zur Erhaltung oder Wiederbelebung der Censur würde früher oder später in sein eignes Nichts zurücksinken, vor der allgewaltigen Richtung unsrer Zeit, etc." Ferner Seite 307. „Unbedingte Offenbarung der Gedanken, etc. etc. etc., das sind offenbar jene großen Bürgschaften, durch welche allein unter den gegenwärtigen Umständen noch der Friede der Presse mit der Macht sich schließen
1255 und befestigen läßt. Unter diesen Bürgschaften steht die Freiheit selbst, als das allein gerechte, allein naturgemäße, allein mögliche Princip des Gegenstandes, etc." Nach diesen Regeln und Grundsätzen wird nun der neue Gesetzesentwurf über die Presse beurtheilt, und darüber Folgendes ausgesprochen: (Hört! Hört!) Seite 309. „Die meisten dieser Kriterien finden sich angeführtermaßen in dem neuen Entwürfe. Nur Eins läßt er unvollständig, und dieses ist gerade die oberste Bürgschaft, die Freiheit der Presse selbst." *) Nach dieser freimüthigen und vollkommen wahrheitsgemäßen Beantwortung der ersten Frage, bahnt sich der edle und geistreiche Redner sogleich den Weg zur Aufwerfung einer zweiten, indem er fortfährt: Seite 309. „Wir sollen noch ferner censirte Schriften behalten; der Name: Censur soll, wenn auch in beschränkter suspendirbarer Weise, doch immer noch Platz finden in unserm constitutionellen Staatsrechte. Von selbst drängt sich hier die Erwägung auf: „Ist dieses Fortbestehen nöthig? ist es mindestens räthlich? Wallten Gründe ob, dem Entwürfe in diesem wichtigen Punkte beizustimmen?" Alle diese Fragen verneint der freisinnige Redner. Seine vorzüglichsten Aeusserungen sind folgende: Seite 309. „Mir persönlich scheint jede Ceusur an und für sich fortan unhaltbar. Ich erblicke in ihr nur Ueberreste eines halb zerfallenen Gebäudes, Trümmer, die Niemanden Schirm, wohl aber dem sich an sie Lehnenden vielfaches Verderben, geben. «
etc. Seite 310. „Ist die Censur etwa nutzbringend für die Fürsten überhaupt? Fürwahr Nein\ diesen bringt sie nur Verderben; u. s. w. „Ist ferner die Censur vortheilhaft für potitische Bedeutsamkeit der Reiche überhaupt? Abermal Nein\ u. s. w." „Ist die Censur endlich insbesondere förderlich für Staaten des zweiten und dritten Rangs? Bei Gott! Nein!! und dreimal Neinl Hier vernichtet sie vollends jede Selbstständigkeit nach aussen; hier ist sie etc." Seite 311. „Ist aber eine Maßregel weder gerecht an sich, nach frommend den Fürsten, noch zusagend der Politik; ruht sogar in ihr für Staaten wie Baiern die sichere Gewähr ewiger Unterordnung sollten wir sie dann wohl dem Lande erhalten? Sollen wir die Initiative nicht ergreifen, zu deren gänzlicher Abschaffung:?? etc. etc. etc. etc. Ja! unbedingt Ja! muß ich antworten, sobald sie (diese letzte Frage) heute vor das Forum unsrer Entscheidung tritt." So ganz unbedingt alle Censur verwerfend, stellt sich der Herr Reichsrath unter die liberalsten Vertrauten voller Geistesfreiheit, und fährt fort, Einwendungen gegen seine Ansicht und Ueberzeugung siegreich zu bekämpfen. *) Was ist aber ein Gesetzesentwurf werth, der Alles giebt, nur das nicht, was er eigentlich soll, die oberste Bürgschaft für die Freiheit?!? Ist das nicht ganz wie Rolands Pferd, von welchem Hr. von Closen in der Deputirtenkammer sagte: es habe alle mögliche gute Eigenschaften gehabt, nur - kein Leben\
1256 Seite 312. „Und könnte selbst der eifrigste Censurfreund sich entschließen, ob dieses Restes von GedankenBevormundung, dem Kleinode zu entsagen, das Baiern die Augen Deutschlands zuwenden, das unsern Staat durch moralisches Uebergewicht zu einem Reiche ersten Ranges erheben würde?" „Nein, wahrlich nein! die Kammern werden solch' schlimme Gabe der Krone nicht zuwenden, sie werden das unbedingte Aufhören aller Censur, in dem Interesse des Thrones, wie in jenem des Vaterlandes, erwirken." Seite 313. „Nicht entgegen stehen uns die Beziehungen zum deutschen Bunde etc. Nichts hindert die Baierische Monarchie, in ihrem Innern alle jene Einrichtungen zu treffen, welche sie ihren Bedürfnissen und dem Bildungsgrade ihrer Nation angemessen erachtet." Seite 316. „Der Gegenstand ist also eine rein baierische, rein innere Frage; über welche, außer König und Ständen, Niemanden Einmischungsrechte zustehen." Seite 317, 318. „Der Herr Reichsrath und StaatsMinister hat bereits zu Protokoll anerkannt: daß der im Jahre 1819 geschlossene etc. Vertrag eine Aufkündigung völkerrechtlich zulasse etc." Seite 319. „Endlich darf uns auch der Zustand unsrer Journalisten und der Gedanke nicht abschrecken, als sey ein, nur in Oppositionsblättern sich versuchendes, Volk für volle Preßfreiheit noch nicht reif zu nennen. Allerdings etc. hat die Presse in unserm Vaterlande noch nicht jene Stufe erreicht, die öffentliche Moral und eigne Würde ihr anweisen etc.; woher aber rührt jener abnorme Zustand? woher sonst, als gerade von den Beschränkungen der Preßfreiheit?" Seite 327. „Oberster Grundsatz jedes constitutionellen Ministeriums muß seyn: das Volk zu verstehen und von ihm verstanden zu werden etc." Seite 322. „In dem gegenwärtigen Momente wollen wir also hoffen: keine der neuen Münchner politischen Zeitschriften einem Regierungseinflusse zuschreiben zu müssen." Seite 323. „Wollen wir ein Begehren stellen, so stellen wir selbes als förmliche Modification. Nur in dieser Gestalt wiegt unser Wort nach Außen. Nur auf diesem Wege erhält unsere Staatsregierung die Möglichkeit des Gewährens; NB. ohne zwischen Volkswunsch und diplomatischem Widerstande in peinlicher Verlegenheit zu schweben." Die letzte dieser Aeußerungen ist ganz besonders merkwürdig aus dem Grunde, weil sie e diametro der Meinung - oder wenigstens Aeußerung! (wobei die wahre Meinung immer gar wohl eine andere seyn könnte) - der eifrigsten Redner für die Annahme der Gesetze, über die Presse selbst mit beibehaltener Censur, entgegensteht, welche behaupten: „man würde durch eine solche Modification die Staatsregierung, eben ihrer diplomatischen Verhältnisse wegen, in die peinlichste Verlegenheit versetzen, indem kategorisch von ihr verlangt werde, was sie doch gar nicht gewähren könne." Eine von diesen Meinungen, die einander wechselseitig ausschließen, muß nothwendig falsch seyn. Aber welche von beiden? Darüber kann für den Wahrheitsfreund wohl kein Zweifel obwalten! Hoch erhaben steht in dieser Hinsicht der votirende Hr. Reichsrath über dem servilen Standpunkt der
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1257 Sophisten, welche lediglich ad captandam benevolentiam, (vielleicht gegen ihre eigne innere und bessere Ueberzeugung) den Grundsatz aufstellen: „Die Staatsregierung wolle zwar gern, aber sie könne nicht (gebunden durch ihr Verhältniß zu andern Staaten, und namentlich zum deutschen Bunde, dem sie nolens volens folgen müsse) die Censur aufheben." Endlich schließt der Redner mit folgenden schönen Worten: Seite 324. „Mit und durch die Modification wird die Regierung stark für die Sache der Preßfreiheit. Mit und durch sie schwindet sogar jedes Veto der größern Staaten; denn wo die Wahl nur zwischen Freiheit und Bürgschaften einerseits und zwischen Anarchie mit absolutistischen Reminiscenzen andrerseits schwebt, da bleibt die edle Gesinnung der großen Monarchen nie zweifelhaft etc. Ich habe gesagt, was Wissen und Gewissen mir zu sagen gebot. Ich habe geredet im Hinblicke auf meinen Eid, und in unbegrenzter Anhänglichkeit an jenen erhabnen Fürsten, dem meine Treue, dem jeder Pulsschlag meines Herzens angehört." „Meiner Pflicht ist genügt; die höbe Kammer wird entscheiden!" Ilaee ille. (Sie hat entschieden, aber leider! Nicht im Sinne des hochherzigen Herrn Votanten!!!) Ist diese Rede nicht vollkommen eines Welkers, des hohen Koryphäen deutscher Geistes- und Preßfreiheit würdig? — Sie gehalten zu haben würde sich zur größten Ehre rechnen ein liberaler Abgeordneter.
Warschauer National-Garde. (Eingesandt.) Von der Warschauer National-Garde theilten gegen 150 Mitglieder, und etliche mit ihren Familien, freiwillig das Loos des Hauptcorps der Nationalarmee. An diese Edlen, die es vorzogen, in fremdes Land zu ziehen, als im schändlich verrathenen Vaterlande unter russischer Knechtschaft zu seufzen, erließ in Rypin ihr würdiger Anführer Krainski folgenden letzten Tagesbefehl: Brüder Gardisten! Indem wir in die glorreichen Reihen der Warschauer Nationalgarde traten, haben wir uns fest vorgesetzt, der Nationalsache zu leben, und uns eher unter den Trümmern Warschaus zu begraben, als von unseren heiligen Rechten abzuweichen. Leider traf uns der gewünschte Tod nicht. Jetzt, da der Reichstag, die Nationalregierung und der Oberbefehlshaber mit dem Hauptcorps der Armee sich schon hinter die Gränze unseres Gebietes begaben, geziemt es auch uns in dem Völkerrechte und der Gastlichkeit des Königs von Preußen Schutz zu suchen. Brüder Gardisten! wir thuns mit Betrübniß, aber auch mit der Ueberzeugung, daß wir unsere Pflicht erfüllen. Gehen wir auf den benachbarten Boden, und erwarten mit Geduld, was uns das Schicksal und die Mächte Europas bestimmen werden. Rypin, den 4. October 1831. Der Befehlshaber, (unterzeichnet) Vincent Krainski. Ja, Dank und Lob Dir, edler Krainski! — Dank und Lob Euch, meine theueren Mitbürger, die ihr mit dem Ueberreste der Tapfern die Nationalehre zu retten gewußt habt!
Einst doch und gewiß; bald wird die gute Sache siegen. - Nicht umsonst hat Kosciuszko gelebt — nicht umsonst ist so viel Blut theuerer Bürger geflossen — nicht umsonst läßt der Tyrann so viele in Sibiriens Oeden fur ihr höchstes reinstes Menschengefuhl schmachten. — Die Weltgeschichte wäre nicht das Weltgericht — oder es giebt eine höhere Macht, zu der keine Despotie hinaufreicht. Joh. Nep. Janowski, ehemaliger Haupt-Redacteur der revolutionären polnischen Zeitung, Artillerist der Warschauer Nationalgarde.
Tages-Chronik. Frankreich. Paris. In der Nacht vom 25. auf den 26. November ward hier in der Vorstadt St. Maricaud über die Lyoner-Angelegenheiten eine Proklamation angeschlagen, deren Schluß folgendermaßen lautet: „Kameraden, wer ist Schuld an diesem Unheil? Wer hat diesen Anfang eines Bürgerkriegs herbeigeführt? Es sind die Menschen, welche die Juliusrevolution zu ihrem Nutzen abgelenkt haben; es sind meineidige Minister, welche so eben die Konstitution verletzten. Die Sache der wackern Lyoner ist die unsre; wie sie, sind auch wir im Elend; wie sie, richten auch wir vergebens unsre Klagen an die Obrigkeit. Laßt uns nicht warten, bis man uns zwingt, auf den Straßen Brod zu verlangen. Laßt uns die Regierung stürzen, die uns ihr Daseyn verdankt und welche die Mission, die wir ihr in den Juliustagen anvertrauten, nicht verstand. Es ist dies das einzige Mittel, dem Unglücke vorzubeugen, das uns bedroht, und das Interesse zu zeigen, das wir fur unsre Lyoner Brüder hegen." (D. Α. Z.) Paris, 29. Nov. Es scheint sich ein panischer Schrecken des Ministeriums bemächtigt zu haben, welchen es auch gerne dem Volk mittheilen möchte. Wenn wirklich Besorgnisse in Paris Platz greifen, so verdankt man sie allein diesen ungeschickten Umtrieben, denn seit einigen Tagen thut das Ministerium alles Mögliche, um Aufläufe herbeizufuhren; die Verhaftungen folgen rasch aufeinander, das confiscirte Pulver, welches von den Carlisten fiir die Vendee fabrizirt wurde, wird den Republikanern zugeschrieben, die Zahl der Stadtdiener soll vermehrt werden, man verbreitet Gerüchte von Proclamationen zu Gunsten Napoleons II. und von aufrührerischem Geschrei, ein Bataillon des 52. Regiments mußte gestern in der Umgebung derTuilerien bivuaquiren, den Municipalund Linientruppen wurden Cartouchen vertheilt etc.; alles das, während Paris nie ruhiger war, als im jetzigen Augenblick, denn kleine Vorfälle, wie eine angeschlagene Proclamation, der Ruf: es lebe Napoleon etc., kommen hier nicht in Betracht. Paris, den 29. November. Consol. 5 Proz. 94,90; 3 Proz. 68, 40; Falconnet 81; ewige Rente 561. Auf der Börse circulirte das Gerücht, die Lyoner Arbeiter wollten gern dem Herzog von Orleans die Thore öffnen, allein unter der Bedingung, daß er ohne Begleitung von Truppen in die Stadt ziehe und unter der Garantie, daß die Arbditer nicht entwaffnet würden. Lyon, 27. Nov. Die Secdonschefs, gemeinschaftlich mit dem Municipalrath, befassen sich thätig damit, den dringendsten Bedürfrussen desjenigen Theils der Bevölkerung abzuhelfen,
1259 die zufolge der Ereignisse ohne Hülfsmittel und Arbeit sind. Anderseits haben sich viele Fabrikanten erboten, unverzüglich ihre Werkstätten wieder zu eröffnen, und hebt eine Bekanntmachung der Behörde alle etwaigen Hindernisse auf, welche der Fortsetzung der Arbeiten in sämmtlichen Fabrikationsfächern noch im Wege stunden. Straßburg, 1. Dec. Mit wahrem Unwillen haben wir so eben die von Hrn. Perier getroffene Maßregeln gegen die geflüchteten Polen vernommen. Es ist verboten ihnen Pässe nach Paris zu ertheilen; alle diejenigen, die Straßburg verlassen, werden, wenn sie Militärdienst nehmen wollen, nach Avignon, die andern nach Besancon, Angouleme und Bordeaux gewiesen. Vom vorgeschriebenen Weg dürfen sie nicht abweichen. Diese heldenmüthigen Ueberbleibsel einer Nation, die nur deßwegen untergegangen, weil wir sie verlassen haben, werden demnach bei uns gleich Ausreißern oder Verbrechern behandelt und gleichsam unter Aufsicht der höhern Polizey gestellt. Wie sich aber auch das Ministerium gegen diese unsere unglücklichen Brüder benehme, wir Bürger werden durch eine um so herzlichere Aufnahme die Demüthigungen wieder gut zu machen suchen, womit sie das Ministerium heimsucht und wodurch es ihnen ohne Zweifel die Lust benehmen will, Frankreichs Gastfreundschaft anzusprechen. Telegraph. Depesche. Paris, 30. Nov. Der Hr. Herzog von Orleans und der Hr. Kriegsminister waren gestern zu Trevoux, 4 Stunden von Lyon, und in Verbindung mit dem General Roguet. Die ganze Bevölkerung der Umgegend zeigt den besten Geist. — Eine Deputation von Lyon ist zum Prinzen gekommen. Die vollkommenste Ruhe herrscht fortwährend in Lyon. - Ich erwarte jeden Augenblick die Nachricht von der gänzlichen Wiederherstellung der Behörden. - Paris ist vollkommen ruhig. München, 3. Dez. Schon seit Anfang dieser Woche circulirt hier das Gerücht, es habe Se. M. der König einer Deputation der Kammer bei Gelegenheit der Ueberreichung erledigter Gesetzesentwürfe erklärt: das geringste Streichen an der Civilliste würde eine augenblickliche Auflösung der Kammer nach sich ziehen. Wir haben ursprünglich diesem Gerüchte keinen Glauben beimessen wollen; es wird aber seitdem fo vielseitig und zum Theil aus so glaubwürdigen Quellen wiederholt, daß wir es, wenn auch nur als Gerücht unsern Lesern nicht länger vorenthalten dürfen. In der Augsburger Abendzeitung lesen wir so eben über diesen Vorfall, der Monarch habe die gewichtigen Worte gesprochen, daß, wenn an der Civilliste, die nun der Revision der ersten Kammer vorliege, auch nur eine kleine Zahl fehle, Er sich an seine treuen Bayern wenden würde; sein Volk solle darüber richten. — Ein hiesiges Localblatt, der baierische Volksfreund, meldet, es habe die Kammer der Reichsräthe in ihren Berathungen über das Budget beinahe alle Beschlüsse der Deputirtenkammer verworfen, und eine Civilliste von 3,140,000 fl. bewilligt. Wo nicht einmal Zeitungsschreiber wissen, wie und durch wen Staatsausgaben bewilligt werden, wie wenig muß da das Volk mit der Constitution vertraut seyn. Sollte es nicht eine Sorge patriotischer Männer werden, mehr Kenntniß davon unter dem Volke zu verbreiten. - Während der kurzen Zeit als die Tribün e hier noch erscheint, hat der Verleger die Redaktion derselben unter fortbestehender Verantwordichkeit des
1260 Hrn. Dr. Wirth übernommen. Nun ist ihm vor einigen Tagen ein Beschluß publicirt worden, in Folge dessen er selbst fur gestrichene aber dennoch gedruckte Stellen des Blattes verantwortlich gemacht wird und im Uebertretungsfalle mit Arrest bedroht ist. Seitdem hat sich dieser Fall wirklich ereignet. Es wurde ihm aber die Appellation eingeräumt. Sollte diese keine Folge haben, sondern der gefaßte Beschluß in Kraft bleiben, so wird bei eintretender Verhaftung des allein sich hier befindlichen Verlegers die Tribüne bis zu seiner Wiederbefreiung nicht erscheinen. Wir setzen davon unsere Leser vorläufig in Kenntniß, damit sie eine etwaige Unterbrechung vor einigen Tagen nicht falsch deuten. - Uebrigens können wir die Versicherung hinzufügen, daß wahrscheinlich schon in dieser Woche die ersten Blätter der Tribüne in Rheinbaiern erscheinen werden. Dagegen bitten wir die einzusendenden Aktien-Beträge nicht nach Rheinbaiern sondern hieher zu addresiiren, da von hier aus der Ankauf aller zu unserer Druckerei nöthigen Gegenstände besorgt wird. - Den Einsender eines Aktienbetrags, welcher sich nicht genannt hat, fordern wir auf, uns irgend eine Addresse zukommen zu lassen, an welche wir die Interessen sowohl als den einstigen Rückersatz des Capitals zu entrichten haben; wir dürften sonst von seiner freundlichen Unterstützung keinen Gebrauch machen. Von der polnischen Grenze, den 22. Nov. Das Amnestie-Deiret, welches Kaiser Nikolaus erlassen, hat den Polen und ihren zahlreichen Freunden nur wenig Befriedigung zu gewähren vermocht. Man glaubt darin die Absicht Rußlands zu gewahren, selbst diejenige Nationalität, deren Polen vor seiner jüngsten Revolution genoß, nicht wieder herzustellen, indem es durch die in jenem Decrete ausgesprochene Aechtung des Kerns des Heeres und des Adels beinahe zur Unfähigkeit herabgebracht wird, auch nur auf einen Eigennamen unter den Völkern Europas Anspruch zu machen. - Andererseits befinden sich die industriellen Interessen in diesem unglücklichen Lande nicht minder gefährdet, wenn man demselben nicht jene Begünstigung zurückgiebt, unter welcher die Polnischen Manufaktur-Erzeugnisse früher nach Rußland verfuhrt werden durften. Bis jetzt aber ist die Ukase, welche sie derselben gleich Anfangs der Insurrektion beraubte, noch nicht wieder zurückgenommen worden. Auch ist es nicht wahrscheinlich, daß dieses sobald geschehen dürfte, indem die Russischen Fabrikanten, und namentlich die von Moskau dagegen Vorstellungen bei dem Kaiser eingereicht haben. — Was endlich die ackerbautreibenden Klassen, d. h. die Bauern anbetrifft, so verlieren sie jetzt wieder alle jene Immunitäten und Ausstattungen mit Ländereien, welche verschiedene Dekrete des Reichstages und Liberalität der Grundherren ihnen bewilligt hatten; denn alle jene Akte werden, weil sie während der revolutionären Zeit und von einer ungesetzlichen Regierung erlassen wurden, für ungültig und für nicht geschehen erklärt. — Reisende, welche kürzlich Warschau und das Königreich besucht haben, so wie die wenig anlangenden Privatbriefe entwerfen die betrübendste Schilderung von dem heutigen Zustande dieses unglücklichen Landes und von der Betäubung, welche daselbst alle Klassen der Bevölkerung und selbst die Juden ergriffen hat, wiewohl diese eben nicht mit den polnischen Patrioten sympathisirten. (Schw. M.) Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne
constitutionelles
Montag.
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Badische Deputirten-Kammer. Karlsruhe, 29. Nov. Die Volkskammer verwendet eine außerordentliche Thätigkeit auf die parlamentarischen Arbeiten, welche die nächsten und dringendsten Ansprüche auf Vollendung haben. Am Schluß der vorigen Woche sind wieder zwei wichtige Gegenstände erledigt worden: die Besserstellung der Schullehrer im Interesse des Volksschulwesens nebst anderen Verbesserungsvorschlägen, zu welchem Zweck vorläufig eine Summe von 30,000 fl. ausgeworfen, zugleich aber Manches auf den nächsten Landtag ausgesetzt wird; und dann der Gesetzentwurf über Ablösung der Herrenfrohnden, wobei die Kammer unter Widerspruch der Regierungscommissäre den Ablösungsfuß der persönlichen Herrenfrohnden vom 12fachen Betrag auf den lOfachen herabsetzte, wie der frühere Beschluß bei Berathung der betreffenden Motion es ausgesprochen hatte. In der letzten Diskussion brachte Hr. Schaaff einen eleganten Scherz an, den er selbst (in der Karlsruher Zeitung) folgendermaßen berichtet: ,Abg. Schaaff (mit Laune): ich stehe nicht im Geruch ultraliberaler Gesinnungen, ja, wenn ich die öffentlichen Blätter lese, so sollte mich beinahe die Idee beschleichen, als stäcke etwas Aristokratisches in mir (launige Zeichen der Beistimmung); allein gleichwohl habe ich keinen Augenblick daran gedacht, anders zu stimmen, als für den lOfachen Betrag." In der gestrigen Sitzung wurde der Rest der bürgerlichen Prozeßordnung, in 1000 §§. bestehend, berathen, und gegen eine kräftige Opposition ohne Discussion des Einzelnen provisorisch angenommen, weil die Zeit nicht mehr zureiche, jedoch dem nächsten Landtag ausdrücklich die Revision vorbehalten. Bei dieser Verhandlung fielen die ersten Anspielungen auf die neusten Bundesbeschlüsse, welche gegen den angeblichen Mißbrauch der Presse gerichtet sind. Hr. Bekk meinte mit Hindeutung darauf, daß man die Prozeßordnung annehmen sollte, da man nicht wissen könnte, wie die Verhältnisse nach Verfluß von zwei Jahren seyn würden. Hr. v. Rotteck sprach hierauf ebenfalls von den schmachvollen Beschlüssen, wollte aber keine Discussion veranlassen, da man demnächst förmlich auf diesen Gegenstand zurückkommen würde. In der heutigen Sitzung kündigte er nunmehr an, daß er in einer der nächsten Sitzungen folgende Fragen an die Regierungscommissäre stellen würde: 1. über den Sinn jener Bundesbeschlüsse, 2. über ihre Rechtsverbindlichkeit für Baden, und 3. über den An-
Tagblatt.
München den 5. December 1 8 3 1 .
theil, welchen der badische Bundestagsgesandte daran genommen; damit würde er eine Anfrage über die Adresse der Fürsten von Löwenstein, welche in öffentlichen Blättern stehe, verbinden, ob nämlich dieselbe ächt sey, und wie die Regierung sie aufgenommen habe; denn durch diese Adresse sagten die Fürsten von Löwenstein ihr Gebiet förmlich los von dem Bereich der gesetzgebenden Gewalt. Hr. Winter schien diese Ankündigung nicht mit halb so viel Laune zu behandelu, als Hr. Schaaff die Herrenfrohnden; auf den ersten Punkt antwortete er, daß er die Kammer bitte, dringend bitte, diese Anfrage zu umgehen, oder dieselbe nicht zuzulassen. Motivirt wurde diese Bitte durch die alten Redensarten: „nicht zum Guten führen, Apfel der Zwietracht, Verwürfniß und dergleichen mehr - Redensarten, welche wahrscheinlich neuerdings „in milder Form" auf eine Auflösung hindeuten sollen, da hoffentlich nicht die Regierung, selbst im Fall der Behauptung ihrer Selbstständigkeit, irgend eine Furcht anzeigen will. Es ist nur bei dem Gedanken einer Auflösung noch der Umstand zu berücksichtigen, daß, abgesehen von dem wahrscheinlichen Resultat neuer Wahlen, das Ministerium nur noch für vier Wochen ein Budget hat. Hr. v. Rotteck verstand sich auf keine Weise zu einer Zurücknahme seiner parlamentarischen Ankündigung, und erklärte, daß bei Gegenständen von so hochwichtigem Interesse, bei einer Lebensfrage, der „treugehorsamsten" Kammer doch die Anfrage nicht abzusprechen sey. Hr. Winter machte in dem Lauf der schnell wechselnden Gegenreden eine geheimnißvolle Bemerkung; wenn es dahin käme, sagt er, so möge es ihm aber auch Niemand, (wiederholt und mit Nachdruck) Niemand übel nehmen, wenn er mit Freimüthigkeit von Dingen spreche, welche Manchem unangenehm seyn könnten. Hr. v. Rotteck fand die angekündigte Freimüthigkeit sehr wünschenswerth, das Publikum ist indessen auf die Mysterien begierig, welche der Oeffentlichkeit entgegengehn sollten. Die Löwenstein'sche Adreßangelegenheit kam heute schon zu einer vorläufigen Aufklärung: nachdem Hr. Winter sich von Anfang ebenfalls gesträubt hatte, mit der Erklärung, daß dies blos Sache der Regierung sey, entschlüpfte ihm in dem Feuer der Debatte der Ausdruck: Sie hätten viel zu thun, wenn Sie jedesmal eine ständische Berathung eintreten lassen wollten, so oft Jemand eine unverständige Bitte an uns richtet. Auf diese Erklärung hin riefen mehrere Stimmen: Antwort genug, dies genügt. Der erste Gegenstand, die Frankfurter Ordonnanzen, blitzte uoch
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1263 einigemal durch die nachfolgende Discussion, welche die von der ersten Kammer zurückgekommenen Bestimmungen über Verantwortlichkeit der Minister betraf. Diese sind, wie gewöhnlich, daselbst etwas aristocratisirt worden. Das Begnadigungsrecht soll unbeschränkt seyn, die Strafen der Deportation, der Landesverweisuug und des Todes finden sich gestrichen, nur die beiden Kammern sollen das Recht der Anklage haben, die Bundestagsgesandten nicht speciell als verantwortlich aufgeführt werden u. s. w. Die Kammer gab einige Punkte nach, und beschloß theils Redaktionsveränderungen, theils Weglassungen mit der Wahl einer allgemeinen Fassung, so daß die namendichen Bestimmungen nicht speciell darin anfgefuhrt, aber doch darunter enthalten sind. Hr. Winter, der heute besonders mürrisch war, warf zuweilen eine scharf betonte Phrase zwischen die Debatten, so ζ. B. zwischen die von Rotteck ausgesprochenen Wünsche, daß die reagirende Partei nicht obenan bleiben werde, schnell einfallend den Satz: „und die jetzt obenanstehe nde eben so wenig!" womit wahrscheinlich die volksthümliche Majorität der Kammer gemeint war. In Betreff der Verantwortlichkeit der Bundestagsgesandten hatte Herr von Rotteck schon in dem Kommissionsbericht, den er erstattete, die dringende Nothwendigkeit derselben hervorgehoben, mit der Bemerkung, daß die neuesten Vorgänge einen schreienden Beleg dazu lieferten. Bei der Diskussion dieses Punktes sagte Herr Winter, welcher sich dagegen setzte, entweder approbire die Regierung das Benehmen des Gesandten, dann übernehme sie auch die Verantwortung, oder sie approbire es nicht, dann werde sie ihn selbst zur Verantwortung ziehen. Es ist nichts dabei übersehen, als daß der Bundestagsgesandte, besonders bei der gewöhnlichen Wahl aus den widerkonstitutionell Gesinnten, ganz zweckmäßig eine ihn selbst unmittelbar bedrohende Strafe vor sich sehen soll, weil er durch sein Votum zu einem Beschluß mitwirken kann, der etwa das Ministerium selbst straflos machen, oder keinen Widerruf zulassen, oder nur eine zwar herausgeforderte, aber immerhin bedauernswerthe Selbsthülfe als Ausweg offen lassen möchte. Auch ist nicht recht abzusehen, warum Adelskammer und Ministerium sich so hartnäckig einer Bestimmung widersetzen sollten, wenn sie nichts weiter davon befurchten, als bloß, daß sie überflüßig seyn möchte. Am Ende der Discussion nahm die Kammer im Wesendichen die Kommissionsanträge an; das Begnadigungsrecht wurde beschränkt auf den Fall eines vorhergegangenen Antrags von Seiten des Gerichts, auch soll niemals eine Niederschlagung des Prozesses, eine Wiederanstellung oder eine Pension unter dem Namen der Begnadigung verfugt werden können; das Anklagerecht einer einzelnen Kammer und die Interpretation eines sich dunkel darüber aussprechenden §. der Verfassung, welche früher verlangt worden waren, wurden nunmehr aufgegeben, und dieser Vorschlag mit einem andern vertauscht, daß nemlich, wie bei Finanzgesetzen, die Stimme beider Kammern zusammengezählt werden sollten. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes wurde noch einmal über das Ganze mit namendichem Aufruf abgestimmt, wobei nur drei Stimmen dagegen fielen: es waren die Hrrn. Schaaff, Bordolo, und Wetzel I. - Die allgemeine Erwartung richtet sich nun mit der höchsten Spannung auf die angekündigten Fragen des Hrn. von Rotteck und auf deren Erfolg. Indessen setzt man zu viel Vertrauen in die Kraft der Kammer und des Volkes, sowohl in Baden als in den übrigen konstitutionellen Bundes-
1264 staaten, um zu glauben, daß ein Eingriff in die gesetzgebende Gewalt und ein Angriff auf die konstitutionelle Ehre der Regierungen selbst durchgesetzt werden können: denn hier ist die Entmündigung nicht bios fur die Nation eine Ehrensache. Je nach dem Befund des Votums des badischen Bundestagsgesandten wird Herr von Türkheim, der Minister des Auswärtigen, einen harten Stand haben: die öffentliche Stimme würde fur den Fall verfassungs feindlicher Instruktionen unausbleiblich die Anklage verlangen und auch durchsetzen. Jetzt oder nie! es ist einmal Zeit, den Absolutismus die Ohnmacht der Ordonnanzen gegen das durch ftirsdiche Eide und kräftige Völker gewährleistete konstitutionelle Recht fühlen zu lassen. Der Kommissionsbericht über das Preßgesetz wird nun nächstens erscheinen, da Herr Duttlinger zu dessen schneller Vollendung selbst den Besuch der Sitzungen ausgesetzt hat. Auch der Bericht über die Wehrverfassung nach der Motion des Hrn. Welker ist täglich zu erwarten, und dieser Gegenstand soll ebenfalls noch auf diesem Landtag erledigt werden, ein Gegenstand von doppelter Wichtigkeit, da eine gesicherte und unbeherrschte Stellung nicht blos Waffen des Rechtes erfordert.
Ueber die Preßgesetzgebung von Seiten des Bundestags. *) Es ist unnöthig, auch nur ein Wort zu verlieren, um die Absicht nachzuweisen, welche die neueste Bewegung des Bundestags gegen die Presse veranlaßt hat: darüber sind alle Theile, darüber ist ganz Deutschland einig. Es fragt sich aber, was kann der Bundestag in dieser Beziehung beschließen? Wo eine absolutistische Regierungsform noch besteht, wie in Preußen, Oestreich u. s. w., da freilich ist es genügend, jene Beschlüsse ftir das ganze Land geltend zu machen, sobald nur der Herrscher will. Anders aber ist es in den constitutionellen Staaten. Beschlüsse des Bundestags über die Presse sind nur fur diejenigen Staaten geltend, deren Regierung ihre Zustimmung zu denselben geben konnte und wirklich gab. Constitutionelle Regierungen können aber ihre Zustimmung zu solchen Verfügungen nur in so weit geben, als diese mit den Bestimmungen der Verfassung ihres Landes in vollkommenem Einklänge sind. Der deutsche Bund selbst hat die Verfassungen garantirt, er hat garantirt, daß sie nur auf dem der Verfassung gemäßen Wege abgeändert werden können.**) In den Staaten, in welchen kein neues verbindliches Gesetz ohne Einwilligung der Stände gegeben, noch ein bestehendes ohne dieselbe aufgehoben werden kann, d. h. in allen constitutionellen Staaten, ist es der Regierung staatsrechdich unmöglich, eine auf jenem Wege nicht erlassene Verfugung mit verbindlicher Gesetzeskraft bekannt zu machen. Rudhart, in dem unten bezeichneten, gewissermaßen amdichen Werke, weist dieses (S. 237 — 242) ausfuhrlich in jeder Beziehung auf eine nicht zu widerlegende Weise nach. Da in allen absolutistisch regierten deutschen Ländern die *) Mail sehe das auf Veranlassen des bair. Gouvernements von Rudhart 1822 herausgegebene Werk: das Recht des deutschen Bundes, etc. **) Art. LVI. der Wiener Schlußakte.
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strengste Censur eingeführt ist, so unterliegt es keiner weitern Untersuchung, daß die Maßregeln des Bundestags gegen die Presse blos auf die constitutionellen Staaten abgesehen sind, wo die Willkür der Censur weniger zu herrschen vermag. In allen constitutionellen Staaten hat aber der Bundestag keine Gesetze zu geben, kein Mensch ist daselbst verpflichtet, ihnen Folge zu leisten, und Jeder, der solche Ordonnanzen vollziehen wollte, wäre wegen eines Attentats gegen die Verfassung strafbar. Man wende nicht ein, daß die Bundestagsbeschlüsse von 1819 in einigen constitutionellen deutschen Staaten vollzogen worden sind; dies war verfassungswidrig, und den Ständen dieser Länder lag die, leider nicht erfüllte Pflicht ob, die betreffenden Minister deßfalls zur Verantwortung und zur Strafe zu ziehen. Ein zwölfjähriges Unrecht ist nirgends Recht geworden. In Baiern namentlich aber wurden jene Bundestagsordonnanzen mit dem ausdrücklichen, in der Natur der Sache begründeten Vorbehalte bekannt gemacht, daß sie nur vollzogen werden sollten „mit Rücksicht auf die Uns nach den bestehenden Staatsverträgen und der Bundesakte zustehende Souverainität (der Rechtstitel ist älter — s. Rudhart) nach der von Uns Unserem treuen Volke ertheilten Verfassung, und nach den Gesetzen Unseres Königreiches" (Regierungsblatt von 1819, Stück XLIX.) Demzufolge nnd den Bundestagsbeschlüssen zuwider, wurde namentlich auch seit 1819 keine Schrift, mochte sie gleich weniger als 20 Bogen umfassen, in Baiern einer vorgängigen Genehmigung oder Censur unterworfen. — Wollte man demnach in Folge der Bundestagsbeschlüsse ein von einem baierischen Bürger herausgegebenes Blatt (sein Eigenthum) unterdrücken; wollte man ihm überhaupt verbieten, ein Journal herauszugeben, so wäre dies ein Gewaltstreich, wie Karl des X Ordonnanzen es waren, die Verfassung wäre vernichtet, der Staat durch seine eigene Regierung in Anarchie gestürzt; die Rechte des Königs hätten aufgehört wie jene des Volkes! (Sp. Z.) Tages-Chronik. Frankreich. Paris, 29. Nov. In der gestrigen Sitzung der Abgeordneten Kammer kam außer den bereits erwähnten auch eine Bittschrift einiger alten französischen Gardisten zur Sprache, welche die Bastille erstürmen halfen, und jetzt die ihnen von mehreren gesetzgebenden Versammlungen seit 42 Jahren versprochene Nationalbelohnung ansprechen. Lameth und Lafayette nahmen sich ihrer alten Revolutionsgefährten theilnehmend an. Die Bittschrift wurde an die Minister verwiesen. (Sch. M.) Straßburg, 1. Dec. Der niederrheinische Courier meldet Folgendes: Paris, 29. Nov. 5 Uhr Abends. Man hat heute eine telegraphische Depesche von Marschall Soult erhalten, welche anzeigt, die Arbeiter-Deputation, deren Ankunft im Hauptquartier man bereits kannte, habe sich erboten, gegen völliges Vergessen der Auftritte vom 21. und 22. die Truppen nach der Stadt zurückzuführen, der Marschall habe aber geantwortet, die Rechtspflege müsse, vorbehaltlich des Gnadengesuchs, ihren Lauf haben, er könne keine Bedingungen
annehmen. — Diese Depesche hat sich, versichert man, mit einer andern von Paris durchkreuzt, welche die frühern Befehle abändert, und dem Kriegsminister befiehlt, die Anwendung der Militärmittel möglichst zu vermeiden, und nur gelinde aussöhnende Mittel zu versuchen. - Der König hat für 640,000 F. Seidenstoffe bei Lyoner Fabrikanten bestellt. Belgien. Brüssel, 26. Nov. Gestern verbreitete sich hier die wahrscheinlich nicht ungegründete Nachricht, daß der König von Holland, weit entfernt, die 24 Artikel anzunehmen, im Gegentheil bei seiner Opposition gegen dieselben beharren will. Zu diesem Ende ist vielleicht in diesem Augenblicke den Generalstaaten schon der Antrag zu einer Anleihe von 45 Mill. Gulden gemacht worden; als Beweggrund wird man die Nothwendigkeit anfuhren, den gegenwärtigen Kriegsfuß beizubehalten, und da in Holland eine Menge Kapitalien unthätig sind, so läßt sich erwarten, daß diese Axileihe bald zu Stande kommen wird. - Hier, wo nicht viele Kapitalien vorhanden sind, wird man wahrscheinlich die von dem Hause Rothschild in London angebotenen, sehr günstigen Bedingungen zu einer Anleihe annehmen. (Fkf. J.) Brüssel, 27. Nov. Gestern verbreitete sich das unbegründete Gerücht, die belgischen Posten seyen von den Holländern angegriffen, und mit Verlust zurückgeworfen worden, die Holländer hätten in der Gegend von Venloo ziemlich viele Gefangene gemacht, und augenblicklich erschossen. Mit Blitzesschnelle lief dasselbe durch die Stadt; die Bürgergarde versammelte sich auf dem Münzplatze, es wurde zu den Waffen gerufen, Belgien sey verrathen, man müsse gegen die Holländer marschiren, um sich an ihnen zu rächen. Ueberall bildeten sich Gruppen, deren sich die Orangisten immer bereit zu Aufläufen fiir ihre Absichten zu bedienen suchten. Wirklich entstanden auch Aufläufe und Unruhen sowohl in der Madelainenstrasse als auf den Boulevards, sie wurden aber theils durch audentische Widerlegung der ausgesprengten Gerüchte, theils durch energisches Einschreiten der Behörden ohne Blutvergießen wieder beigelegt. Brüssel, 27. Nov. Die franz. Nordarmee wird nicht aufgelöst werden. Diese Armee besteht aus mehr als 80,000 Mann; ungefähr 40,000 Mann werden in ihren Kantonirungen an unserer Grenze bleiben, bereit, auf die erste Aufforderung in Belgien einzurücken. Der Rest der Armee zieht sich ins Innere von Frankreich zurück. (Mon. Beige.) Brüssel, 28. Nov. In politischen Zirkeln behauptet man, daß der König von Holland gute Gründe zu seiner unhöflichen Weigerung gegen die Konferenz habe, und betrachtet diese Angelegenheit als noch weit von ihrem Ende entfernt. Lüttich, 29. Nov. Man will die Fortifikationsarbeiten hiesiger Stadt vermehren und die Citadelle mit mehr Kanonen besetzen. Holland. Aus dem Haag, 26. Nov. S. Κ. H. der Prinz von Oranien ist am 23. d. Mittags in seinem Hauptquartier zu Herzogenbusch angekommen, und der Prinz Friedrich der Niederlande vorgestern von hier dahin abgegangen. In der Sitzung der Generalstaaten am 23. α. wurde der Gesetzentwurf über den Dienst der Staatsschuld im Jahre 1832 mit 29 Stimmen gegen 11 angenommen. Ferner wurde beschlossen, daß bei der Aufstellung des Budgets von 1832 die ordentlichen Ausgaben von den außerordentlichen nach Anleitung des Artikels 122 des Grundgesetzes streng gesondert werden sollen (Frkf. J.)
1267 Rotterdam, 25. Nov. Von der Scheide vernimmt man, daß unsere Kriegsschiffe den Fluß langsam hinabsteigen, um sich nach Vlissingen zu begeben, wo sie überwintern werden. Haarlem, 25. Nov. Den 23. d. ging die zweite Kompagnie des Vataillons freiwilliger Artillerie, welche bis dahin zu Gorkum in Besatzung gelegen hatte, auf einem Dampfschiff nach der Festung Vrielle ab. Beim Abschiede gab der General Müller diesen Kanonieren seine wohlbegründete Erwartung zu erkennen, daß sie das Erbe unserer Väter gegen jeden Feind, der dasselbe anzugreifen wagen sollte, tapfer vertheidigen würden. (Fkf. J.) Italien. Turin, 18. Nov. Endlich hat man den Jesuiten den so lange von ihnen angestrebten Hauptort ihrer Niederlassung in Piemont wieder eingeräumt, die schöne Kirche der heiligen Märtyrer in Turin und das damit verbundene unermeßliche Kloster. Pater Manera ist zum Generalintendanten und geistlichen Direktor der Universität Turin ernannt, welche übrigens, wie die von Genua, gegenwärtig geschlossen ist. Es ist merkwürdig, daß Oesterreich allein in Italien seine Universitäten in Pavia, Padua etc. offen läßt, während der Pabst, nach dem Beispiel der sardinischen Regierung die Sapienza zu Rom und die berühmte Universität Bologna schließt. (D. Α. Z.) Deutschland. Frankfurt, vom Ende Nov. Die Frage über Oeffentlichkeit der Sitzungen des gesetzgebenden Körpers ist noch nicht enschieden, indeß ist schon das Leben in demselben reger geworden, und man sieht, daß man auch hier reif dazu ist; auch fehlt es nicht an Männern, welche die Gabe freier Rede besitzen, und die die Oeffentlichkeit nicht scheuen dürfen. Der Bericht über die Oeffentlichkeit ist von der Commission ganz zu Gunsten der Sache erstattet, und die nächste Sitzung wird der Berathung gewidmet seyn. (Schw. M.) München, 5. Dec. Das Gerücht einer bevorstehenden Auflösung unserer Ständeversammlung gewinnt immer mehr Consistenz. — Schon heute sollte das Budget der Deputirtenkammer wieder vorgelegt werden, es wird aber auf Verlangen der damit beschäftigten Commission bis nächsten Mittwoch oder Donnerstag zum Zwecke näherer Prüfung zurückgehalten. Die Spannung des Publikums ist außerordentlich. - Bekanntlich ward der mannhafte Redacteur der Zeitschrift Rheinbaiern von den Gerichten zu Zweibrücken wegen Preßvergehen um 50 fl. gestraft, und in die Kosten des Prozesses verurtheilt. Alsobald vereinigte sich eine Gesellschaft wackerer Bürger in Zweibrücken, um für die Bezahlung erwähnter Auslagen Sorge zu tragen. Dieser Act aufgeklärten Bürgerthums bildet einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Preßfreiheit in Deutschland; doppelt erfreulich in einem Augenblick, wo sich die Presse vom Bundestag bedroht sieht und wo festeres Aneinanderschließen, wo Vereinigung aller Kräfte so sehr Noth thut. Wir halten es für Pflicht, die Namen der Männer bekannt zu machen, welche Deutschland mit einem so schönen Beispiel voranleuchten. Es sind: C. Wildt, Bierbrauer. Ph. Theysohn, Kaufmann. G. Theysohn, Kaufmann. J. Koch, Schneidermeister. J. F. Ladenberger, Kaufmann. Schmidt, Handelsmann. D. Helwig, Bierbauer. L. Römer, Tuchmacher. G. Stengel, Uhrmacher. H. Klöckner, Kaufmann. J. Eisenmenger, Seiler. Ph. Heintz, Bäcker. J. Schmidt, Na-
1268 gelschmied. L. Heck, Gastwirth. G. Culmann, Drechsler. J. C. Lindemann, Kupferschmied. H. Schmidt, Messerschmied. A. Couturier, Hutmacher. M. Kegel, Kirschner. Ch. Dinger, Mechanicus. F. Rossi, Handelsmann. Ch. Kärth, Schuhmacher. L. Franck, Schlosser. G. Schmidt, Schuhmacher. G. Steuer, Zeugschmied. Ch. Schlimmer, Metzger. P. Rohrbacher, Bierbrauer. C. Heisner, Schneidermeister. G. Bauer, Kaufmann. L. Theobald. Römer, Färber. L. Schmidt, Sattler. C. Neubert, Kunstfarber. F. Theobald, Schönfärber. H. Lehmann, Lackirer. C. Ladenberger, Sattler. F. Faber, Gerber. C. Thoma. C. Gillmann, Bierbrauer. Aber auch Kaiserslautern und andere Städte des Rheinkreises, welche in dem Westboten nicht genannt sind, wetteiferten in ähnlichen Anerbietungen; in einer derselben ist der Vorschlag beigefügt, man solle im Rheinkreise, oder besser im gesammten deutschen Vaterlande, einen Verein gründen, der mittelst monatlicher Beiträge einen Fond bilde, woraus die über liberale Journalisten verhängten Geldstrafen und Prozeßkosten bezahlt würden. Möge dieser zweckmäßige Vorschlag in Berücksichtigung der jetzt so drohenden Verhältnisse Beherzigung finden. Alles Große, was England ausgeführt hat, wurde durch Vereine bewirkt. Giebt es ftir Deutschland etwas Größeres, etwas Wichtigeres, als die Befreiung seiner Presse, nach der alle liberalen Journale so eifrig streben? A n z e i g e n . Vom 1. Januar 1832 erscheint die Deutsche Tribüne in Speyer. Das Königliche Postamt dahier wird die Haupt-Spedition übernehmen. Außer dem Hauptblatte, das täglich erscheint, werden zur Entschädigung der Abonnenten des ersten halben Jahrganges noch Beilagen geliefert. Der Preiß des Journals wird von Seite der Verleger nicht verändert, sondern beträgt hier in Speyer halbjährlich 6 fl. rheinisch. Wir bitten, die Bestellungen auf das Blatt bei der nächstgelegenen Postbehörde baldmöglichst zu machen. In München bestellt man die Tribüne bei der Königlichen Zeitungs-Expedition dortselbst. Alle Zuschriften an die Redaction bitten wir hieher zu senden. Speyer, am 2. Dec. 1831. Die Redaction der deutschen Tribüne.
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Um die seit 1 Juli begründete, täglich einen ganzen Bogen stark erscheinende, überall, wo sie bis jetzt bekannt worden, vorzüglich günstig aufgenommene
Stuttgarter allgemeine Zeitung
um so rascher und allgemein bekannt zu machen, kann der Monat Dezember auf Bestellung unentgeltlich als Probe durch jedes Postamt bezogen werden. Eine ausführliche Ankündigung, die bei jedem Postamt und in den Buchhandlungen abgeholt werden kann, theilt darüber, so wie über den Plan des Blattes das Nähere mit. Die Pariser Post ist heute ausgeblieben. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Ueber die Sicherstellung der Privatehre dnrch Strafgesetze. (Eingesendet.) Man behauptet sehr häufig und mit sehr großem Eifer, daß es Strafgesetze geben müsse, um die Privatehre (richtiger die Ehre der Privaten), gegen die Angriffe der zügellosen oder boshaften Schriftsteller, zumal in Zeitschriften oder Flugblättern, in Schutz zu nehmen. Aber weiß man, indem man dieses behauptet, auch recht bestimmt, was man eigeutlich will? Mir scheint es nicht so. Auf alle Fälle ist der Gegenstand einer recht reiflichen und allseitigen Erörterung werth. Einige Bruchstücke derselben sollen hier geliefert werden, in der Hoffnung: ausführlichere und gründlichere Beantwortungen der aufgeworfenen Fragen dadurch zu veranlassen. 1) Vor allem fragt es sich: „ist die Ehre der Privaten ein großes, alles Schutzes würdiges Gut, dessen Sicherung jeder Staatsbürger verlangen kann?". Antw. Allerdings! die Ehre ist das größte aller Güter, unendlich mehr werth als jeder Besitz. 2) Es fragt sich ferner: „Wer aber soll dieses Gut dem Staatsbürger und jedem Privaten, sichern und gewährleisten?" Antw. Dieß kann jeder nur selbst thun, den es angeht, und ist dazu verpflichtet. Es folgt aus dem Begriff der Ehre. 3) Was heißt Ehre? Antw. Die öffentliche gute Meinung, die man von Jemanden hat, bezüglich auf seine Einsichten, Kenntnisse, moralischen Eigenschaften u. s. w. Allein diese Meinung kann im Wesentlichen durch nichts bestimmt werden, als durch das Betragen eines jeden Individuums selbst, indem es sich klug oder dumm, redlich oder falsch, uneigennützig oder feil, tapfer oder feig etc. etc. benimmt, und dadurch die gute oder schlechte Meinung Anderer über sich selbst begründet. Der mächtigste Monarch oder Staat kann keines Menschen Ehre schützen und sichern, der sie selbst nicht schützt, sondern vielmehr zerstört und wegwirft. Wie will es ζ. B. der absolute und quasi allmächtige Sultan anfangen, um die Leute zu zwingen, daß sie seinen
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Tagblatt.
München den 6. December 1831.
Vezier für klug halten, wenn seine Dummheit mit jedem Worte, das er spricht, mit jeder Handlung, die er verrichtet, sich offenkundig macht? Oder wie will er ihm die Ehre der Tapferkeit zuwenden, wenn er selbst seine Feigheit alle Tage beweist? u. s. w. Ueberhaupt wie könnte der Staat demjenigen Achtung, (wer aber keine Achtung genießt, hat doch wohl auch keine Ehre? —) durch Zwangsmaßregeln verschaffen, der Nichts ist und hat, und weiß und thut, was Achtung erwecken könnte und sie verdient; vielmehr alles thut, um sich verächtlich zu machen? Das ist unmöglich! und es bleibt daher dabei: „Jeder muß seine eigene Ehre selbst schützen!" 4) Aber kann und soll denn der Staat gar nichts zur Rettung der angegriffenen Privatehre thun? ist dieses Gut nicht auch seinem Schutze mit anvertraut? und was soll er in dieser Beziehung thun? Antw. Allerdings soll er die Ehre seiner Bürger dadurch in Schutz nehmen, daß er offenbar und boshafte Verleumdungen bestraft. Ueber diese Pflicht kann kein Zweifel obwalten. Allein dadurch wird der Private keineswegs von der Nothwendigkeit entbunden, seine eigne Ehre selbst zu schützen! er muß dabei immer das Beste thun; was die Gerichte thun, ist das Wenigste, ist immer nur Nebensache. Ein Beispiel möge dieß erläutern! Α beschuldigt den B, daß er sich habe bestechen lassen, dieses oder jenes zu thun, oder zu unterlassen. Die dem Β vorgeworfene Bestechung ist nun wirklich nicht erfolgt, oder doch wenigstens nicht erweislich. Was muß da das Gericht thun? Offenbar den Α als Verleumder bestrafen, und damit die Ehre des Β in Schutz nehmen. Darüber ist kein Zweifel. Aber ist durch dieses Urtheil, - und wenn es in 1000 Zeitungen publicirt würde! — die Ehre des Β wirklich vollkommen gesichert? d. h. wird das Urtheil des Gerichts auf die öffentliche Meinung so wirken, daß diese den Β für unschuldig und rechtschaffen erklärt? Das ist noch sehr zweifelhaft: und kömmt ganz darauf an, wie Β sich sonst verträgt, als was er im Publikum bekannt ist. Hat er sich sonst immer redlich, uneigennützig und unbestechlich erwiesen; so wird man ihn dafür auch anerkennen, das Strafurtheil gegen den Verläumder Α zwar sehr billigen, gleichwohl aber auch ohne dieses den Β hochachten und schätzen.
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Hat aber Β sich sonst schlechtdenkend und bestechlich erwiesen, so wird seine Ehre auch durch das gegen A verhängte Strafurtheil nicht wieder hergestellt werden können. Denn man wird denken: 1) es ist unerwiesen: daß Β nicht wirklich bestochen worden sey, sondern nur, daß Α ihn dessen nicht gehörig überfuhren konnte; 2) gesetzt aber auch, er sey in diesem Falle in der That unschuldig, so ist es doch nur Einer von Tausend, in 999 andern Fällen ließ er sich wirklich bestechen, und ist also doch ein schlechter Mann. Was ist nun fur seine Ehre durch jenes Urtheil gewonnen? Was ist also bei der Ehre immer die Hauptsache? Offenbar das eigne Betragen! Was ist dabei nur die Nebensache, nur das Minimum? Offenbar das richterliche Urtheil! Und verlohnt es sich nun wohl der Mühe, um dieser Nebensache willen so vielen Lärm von Preßgesetzen zu machen? C. F. T a g e s - C h r o nik. England. London, 28. Nov. Der Congreß, eines der Schiffe Don Pedros, welche unter Embargo lagen, ist nach Brest abgesegelt. Alle andern Schiffe der Expedition haben ebenfalls die Anker gelichtet und scheinen dem Congreß folgen zu wollen. Wahrscheinlich hält sie Don Pedro in England nicht fur sicher. — Nach Briefen vom 15. October hat sich sogleich nach erhaltener Kunde der Ankunft der Donna Maria das Volk von Madeira gegen die von Don Miguel eingesetzten Behörden erhoben und Donna Maria als Königin proclamirt. London, 29. Nov. Endlich hat der König von Holland die längst erwartete Antwort von St. Petersburg erhalten. Sie versichert ihn des Schutzes von Rußland. In Folge dessen entschloß er sich, ein Anlehen zu machen, welches bei der Stimmung der holländischen Nation gegen Annahme der 24 Artikel schnell zu Stande kommen wird. — Der politische Verein in Dublin gewinnt, trotz der königl. Proclamation, täglich mehr Bedeutung. — Unsere Nachrichten aus Persien melden das Beginnen des Bürgerkrieges in diesem Lande. Abbas Mirza belagert Schiraz, nachdem er seinen Bruder Hassan U. Mirza gefangen genommen. - Die Pest ist in Bagdad ausgebrochen und verbreitet sich in der Richtung gegen Bussorah. Es werden einige Maßregeln dagegen ergriffen. Frankreich. Paris, 30. Nov. In den letzten Tagen war die Diplomatie wieder sehr beschäftigt. Rußland und und Oesterreich widersetzen sich der Expedition Don Miguels, und sollen Frankreich und England, welche dieselbe unterstützen, darüber zur Rede gestellt haben. Man versichert sogar, die Bemühungen Oesterreichs hätten Don Miguel dazu vermocht, seiner Nichte, der Königin Donna Maria die Hand zu bieten. Don Pedro aber erklärte, er werde niemals seine Tochter einem meineidigen Usurpator geben. - Herr Perier trifft immer noch weitere Maßregeln zur Verhinderung von Unruhen. Es sind jetzt Commissäre ernannt, um alle Gewehre und Waffen, welche die Arbeiter oder sonstige Bewohner von Paris besitzen, zurückzuziehen. Niemand ausser der Nationalgarde soll mehr Waffen haben. Paris, 1. Dez. Wegen des neblichen Wetters erhalten wir keine telegraphischen Nachrichten aus Lyon. - Die mi-
nisteriellen Journale haben viel von der Bevollmächtigung gesprochen, welche Hr. Apponi zur Unterhandlung über eine allgemeine Entwaffnung besitzen soll; wir sind begierig, wie diese Journale das bedeutende Anlehen, welches Oesterreich beabsichtigt, damit in Einklang bringen werden. Der Moniteur hat bisher über eines und das andere Stillschweigen beobachtet. — Nachdem der Minister Präsident in der Kammer erklärt hat, es seyen 8 schwer beschuldigte Personen verhaftet worden, sind schon heute wieder 5 davon in Freiheit gesetzt. Es ist endlich Zeit, daß diese willkürlichen Verhaftungen ein Ende nehmen, und den Ministern begreiflich gemacht wird, daß man nicht ungestraft Individuen verhaften darf, welche unschuldig sind. Paris, den 1. Dezember. Consol. 5 Proz. 70,05; 3 Proz. 68,40; Falconnet 81; ewige Rente 58. Lyon, 28. Novemb. Der Herzog von Orleans und der Kriegs minister sind gestern Abends nicht wie wir meldeten, im Hauptquartier angekommen, sie waren diesen Morgen noch zu Trevaux. Die Truppen standen einen Theil des Tages unter Waffen, was vermuthen ließ, jene beiden hohen Personen würden jeden Augenblick erwartet. General Roguet ist ihnen entgegen gezogen. — Man versichert, zwei Werkstädte-Vorsteher seyen gestern nach Paris abgereist, um der Regiernng die nöthige besondere Auskunft über die wahre Beschaffenheit der Dinge zu geben. Auch heißt es, Hr. Perier habe einen seiner Privatfreunde (Hrn. Lancier) ohne amtlichen aber mit confidentiellem Auftrage hieher gesandt, um über Personen und Thatsachen Auskunft zu geben. - Panischer Schrecken vor Brandstiftern hat auch heute wieder, mit eben so wenig Grund, als an den verflossenen Tagen geherrscht. In der ganzen Stadt ist nun kein Kellerloch, keine einzige Oeffnung, innerhalb Mannshöhe, die nicht sorgfältig vermauert worden wäre. — Gestern wurden die Schauspielhäuser wieder eröffnet, die Geschäfte gehen ihren gewöhnlichen Gang, ein Theil der Arbeiter hat Beschäftigung erhalten, die Nationalgarde ist wieder organisirt, und wiewohl sie noch nicht die Uniform angelegt hat, wird doch der Dienst sehr thätig versehen. Zahlreiche Patrouillen ziehen Tag und Nacht in allen Quartieren um, und nie herrschte so lebhafter, so allgemeiner Eifer. - Eine Proclamation des Präfekten zeigt den bevorstehenden Einzug des Herzog von Orleans an. - Zu Chalons ertönte unter den Fenstern des Herzog von Orleans und Hrn. Marschall Soult wiederholter Ruf, Weg mit den Ministem! Weg mit den Ordonnanzen! (Nrh. C.) Straßburg, 1. Dez. Der Antrag der Badischen Ständeversammlung, die Abschaffung des Priester-Cölibats betreffend, hat bei unserer fanatischen katholischen Geisdichkeit gewaltigen Ingrimm erregt. Eine hier in deutscher Sprache und im Sinne des Avenir von Lammenais erscheinende Zeitung, betitelt: „Straßburger Correspondent fiir Religion, Recht und Politik," mit dem angeblichen Wahlspruch: „Gott und die Freiheit," ist gegen diesen Antrag besonders zu Feld gezogen; sie hat bei dieser Gelegenheit all die längst widerlegten Gründe gegen die Priester-Ehe wieder aufgewärmt, und das alte Mährchen wieder zu Tage gefördert, die Reformation sey vorzüglich durch die Wollust ehelustiger Priester entstanden. „Der Elsäßer" hat die Sache der Abschaffung des Cölibats auf das Lebhafteste verfochten, besonders als ein dringend nothwendiges Mittel, um der Unsitdichkeit eines großen Theils der französischen Geistlichkeit zu steuern, welche in neueren Zeiten
1273 die Gräuelthaten eines Contrafatto, Mingrat und gar mancher Andern, deren Schandthaten nicht so allgemein bekannt wurden, veranlaßte. (Schw. M.) Belgien. Brüssel, 29. Nov. Heute werden, wie bereits gemeldet, die Herren Osy und Rittweger nach London abreisen, um dort eine Anleihe abzuschließen. (St.-A. Z.) Deutschland. Karlsruhe, 2. Dec. Die heutige Sitzung der Volkskammer ist ein wahrer Triumph fur die gute Sache, fur die Wahrheit der Verfassungen und für die endliche Emanzipation des constitutionellen Deutschlands. Ein Männerwort ist gesprochen worden, das weithin widerhallen wird, und wenn nicht zur Schande Deutschlands dieses Beispiel ein vereinzeltes bleibt, so sind die gerechten Erwartungen der deutschen Nation noch nicht verloren zu schätzen. Die Kammer hat mit ihrer alten Energie Protestation gegen die neusten Bundes-Beschlüsse eingelegt. Herr v. Rotteck eröffnete die Verhandlungen, indem er die Stellung seiner vor kurzem angekündigten Fragen an den Minister des Auswärtigen mit einer Rede einleitete, welche die Baden und Deutschland zugefugte Rechtskränkung nachwies, die Rechtsverwahrung dagegen aussprach, und einen hinreißenden Eindruck machte. Er widerlegte das angebliche Daseyn einer Rechtsverbindlichkeit, welche die deutschen Fürsten nöthige, die Preßfreiheit so lange zu unterdrücken, bis eine Vereinbarung darüber in Frankfurt zu Stande käme, und setzte der Behauptung einer solchen Verbindlichkeit die feierlichste Protestation entgegen; er widerlegte noch besonders, auf dem Boden der Verfassung und der Bundesakte stehend, wodurch Preßfreiheit und Selbstständigkeit Baden zugesichert sey, die Behauptung einer Rechtskraft für Baden, und forderte die Repräsentanten des Volkes auf, laut zu protestiren gegen die vom Bundestag ausgehende oder drohende Verletzung der Souveränität des badischen Staates und unsrer verfassungsmäßigen Rechte. Der laute Beifallsruf der ganzen Versammlung begleitete diese Rede, und die Kammer erhob sich in Masse, um die Rechtsverwahrung zu der ihrigen zu machen, Hr. v. Türkheim, welcher etwas verwirrt war, und sich entschuldigte, nicht vorbereitet zu seyn, suchte den Ordonnanzen die Auslegung zu geben, daß sie blos eine Erinnerung an die ältern seyen, und keine Ausdehnung beabsichtigten, welche weiter gehe. Hr. v. Rotteck hatte nämlich dargethan, um wie Vieles die Karlsbader Ordonnanzen durch die neusten noch überboten werden. Wenn eine solche Ausdehnung, meinte Herr v. Türkheim, „mißbräuchlich" erfolge, so möge man dies erst abwarten; in Bezug auf die Absichten der Regierung berief er sich auf die Begründung des vorgelegten Preßgesetzes. Auch die Kammer bezog sich darauf, und mehrere Redner sprachen davon, als von einem Entwurf, der zwar den Erwartungen nicht genügt habe, aber durch Verbesserungen umgeändert werden könne. Es folgt daraus, daß die Frankfurter Ordonnanzen die bisherigen Verhältnisse des Preßgesetzes nicht verändern werden, daß man ihnen eine störende Einwirkung nicht gestatten wird. In der nächsten Woche soll der Commissionsbericht erstattet werden, und bei der Discussion des Gesetzes wird dann der Gegenstand der heutigen Verhandlung, welche mehrere Stunden dauerte, noch einmal aufgenommen werden. Der heutige Zweck, wie Hr. von Rotteck sagte, war blos Rechtsverwahrung, doch wurde von einem „zur schwersten Anklage geeigneten" Falle gesprochen, und damit ein Antrag bezeichnet, den man „flir jetzt" noch nicht stellen wolle.
1274 Nach Hrn. v. Rotteck sprachen noch die Herren Duttlinger, v. Itzstein, Welcker, Fecht, Winter von Heidelberg und Bekk, sämmdich in gleichem Sinn, wie denn überhaupt die vollkommenste Uebereinstimmung herrschte. Keine Gegenrede erhob sich, keine Stimme stritt für den Bundestag, als eine, welche schwach genug war: die des Hrn. v. Türkheim, Jedermann wundert sich, daß keine Retirade stattfand, weder eine große, wie bei der nationalen Motion Welcker's, noch eine kleine, wie bei der „Handvoll Junker": und doch wäre eine solche nicht ganz unmotivirt gewesen. - So viel über den allgemeinen Geist dieser Sitzung; wir behalten uns vor, in einem ausfuhrlichen Artikel darauf zurückzukommen. Passau, 3. Dez. Unser Regierungs-Präsident, Freiherr von Mulzer ist heute Mittags nach langwährender Krankheit an der Lungensucht und Abzehrung gestorben. Er war hier sehr wenig beliebt und versplitterte viele Zeit mit historischen Forschungen, denen er indeß keineswegs hinlänglich gewachsen war. Möchte der edle Closen das Regierungsruder erhalten! Er, von so umfassenden Kenntnissen, in die Bedürfnisse des Unter-Donau-Kreises genau eingeweiht, wäre der Mann, welcher dasselbe mit Einsicht und Kraft fuhren könnte. — Unverantwortlich wäre es, einen Mann von solchem Kopfe und mit dem glühendsten Patriotismus geziert, den Staatsgeschäften länger entziehen zu wollen. München, den 5. Dez. Auf der Tagesordnung stand die Rückäusserung der Reichsräthe über den Antrag des Abg. von Closen auf bessere Sicherstellung der Personen. Die Reichskammer beharrte bei ihrem früheren Beschlüsse, auf den Antrag als überflüßig nicht einzugehen, diesmal noch aus dem besonderen Grunde, weil derselbe ohne Abänderung lediglich wiederholt sey. Der Antragsteller selbst äußerte, es handle sich darum, ob die Abgg. zum drittenmale die Reichsräthe um ihre Bestimmung in einer Sache bitten sollten, die bereits vom Ministerrathe aus zugesichert worden sey. In der letzten Sitzung über diesen Gegenstand am 6. Sept. hatte nemlich der königl. Kommissär von Abel betheuert: die Regierung sey mit der Lösung dieser Aufgabe beschäftigt; erkenne sie als eine ihrer ersten und dringenden Obliegenheiten, und werde den Wünschen der Kammer hierin entgegen kommen. Auch sey es, fuhr der Antragsteller fort, der Würde der Abgeordneten angemessener, in dieser Angelegenheit lieber Vertrauen in die Regierung zu setzen, als von ihrem früheren Beschlüsse abzugehen. Die Kammer beschloß hierauf, da sich eine Vereinigung mit den Reichsräthen nicht denken ließ, die Sache auf sich beruhen zu lassen. — Die Rückäußerung der Reichsräthe über das Budget enthält im Wesendichen Folgendes: hinsichdich der Ausgaben, stimmen die Reichsräthe in den meisten Punkten mit den Abgeordneten überein, mit Ausnahme folgenden Etats: Ansatz Ansatz der Abgeordn. der Reichsr. Staatsschuldentilgungsanstalten 8,199,963 fl. 8,100,668 fl. Civilliste 2,500,000,, 3,149,420,, Staatsrath 68,545 „ 60,000 „ Kultus 1,341,017,, 1,346,617,, Industrie und Kultur . . . 173,591,, 175,591,, Militär 5,500,000,, 6,000,000,, Gendarmerie 599,775 „ 609,500 „
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1275 Landbau 528,940 fl. 531,440 fl. Pensionen (ausser dem Wittwenund Waisenfonds) . . . 295,403,, - Die Summe der Ausgaben beträgt nach dem Voranschlag der Abgeordneten 26,773,202 fl., nach dem der Reichsräthe 27,304,300 fl., also scheinbar nur um 551, 098 fl. mehr, allein da die Reichsräthe die Ausgabe fur die zuletzt genannten Pensionen im Betrag von 295,403 fl. ebenfalls anerkennt, und sie zwar nicht aus den laufenden Einnahmen der künftigen Finanzperiode, wohl aber aus den Erübrigungen der Vorjahre bestritten wissen will, so beträgt das Mehr eigendich 826,501 fl. Hinsichtlich der Einnahmen stimmen die Reichsräthe ebenfalls in den meisten Punkten überein, mit Ausnahme folgender: Ansatz Ansatz der Abgeordn. der Reichsr. Ertrag aus Oekonomien und Gewerben . . . . 370,000 fl. 350,000 fl. Wittwen- und Waisenbeiträge . 140,000 „ 70,000 „ Directe Steuern 5,949,009,, 6,504,074,, Die Reichsräthe verlangen also 555,065 fl. jährlich mehr directe Steuern als die Abgeordneten. Sie stimmen fol41ich nicht allein gegen den Nachlaß der lOten Klasse der Familiensteuer, welchen die Abgeordneten in den älteren 6 Kreisen beabsichteten, sondern sogar gegen den Nachlaß der 7ten, 8ten und 9ten Klasse der Familiensteuer ebendaselbst, welchen die Regierung im Gesetzesentwurfe vorschlug. Dagegen sollen im Untermainkreise die sämmtlicnen Schuldentilgungsextrasteuern und in den sechs älteren Kreisen der Stempelbetrag von den Schul- und Schulüberweisungszeugnissen außer Erhebung gesetzt werden. - Die Berathung über diesen Gegenstand beginnt morgen.
Wichtige Anzeige, In dem Verlagsmagazin für Literatur und Kunst zu Frankfurt a. M. erscheint mit dem Beginnen des Jahrs 1832 folgendes höchst interessante Werk:
Alles für oder
Alle
Universal-Chronik unserer Zeit
betitelt, herausgegeben von C. S t r a l h e i m , Verfasser des Werkes: Unsere Zeit, des Jahres 1830 u. s. w. Diese Schrift wird in systematischer Ordnung nur solche Thatsachen in einer fiir Jedermann verständlichen und klaren Sprache mittheilen, welche in der That verdienen für alle Zeiten aufbewahrt zu werden. Die Universal-Chronik wird demnach über alle wirklich wichtigen Begebenheiten, in welches Gebiet sie auch immer eingreifen mögen, vom 1. Januar 1832 in regelmäßigen Lieferungen, von denen jeden Monat eine ausgegeben wird, berichten. Dabei wird das unerläßliche Bestreben der Redaction dahin gehen, kurz und bündig zu seyn und mit wenig Worten viel und Gewichtiges zu sagen, alles weitschweifige Gerede über nicht ansprechende Gegenstände zu vermeiden, ohne der historischen Genauigkeit und Vollständigkeit Eintrag zu thun. Eine kurze Uebersicht der stehenden Artikel der Chronik, wird dem resp. Publikum deudich machen, was es von derselben zu erwarten hat.
I.
G e s c h i c h t e und P o l i t i k : Diese Rubrik wild die fortlaufende Tagesgeschichte aller Länder in wohlgaoidnetem Zusammenhange erzählt, liefern Π. E r d b e s c h r e i b u n g u n d S t a t i s t i k : Berichtet über alles, was im Gebiete der Länder- und Völkerkunde Wichtiges vorfallt DI. N a t u r g e s c h i c h t e u n d N a t u r l e h r e : Theilt alle alle neue Entdeckungen und Phänomene aus dem Reiche dieser Wissenschaft mit IV H a n d e l und G e w e r b e : Wird von Monar zu Monat über den Zustand und Geschäftige dieser wichtigen Zweige in allen ihren Theilen beichten. V LiteratunWrdnursc^eWerkeurKiSchriftmerwähnen, deren Gehalt oder Werth eine kritische Beleuchtung und die allgemeine Aufmerksamkeit verdienen VI. R e l i g i o n und K i r c h e : Ist besonders dazu bestimmt, die Ausbildung und Richtung, welche diese hochwichtige Angelegenheit der Menschheit nimmt, zu erörtern. VE. H e i l k u n d e : Durch sie sollen die Leser von allem Unterrichtet werden, was für die Gesundheit der Menschen und für die Heilung der Krankheiten neuerdings als bewährt und nützlich erfunden wird. VIIL J u s t i z u n d Polizei: Theilt meikwüidige Prozesse, Urtheilssprüche, Verbrechen und CriminalMe mit IX. K ü n s t e u n d W i s s e n s c h a f t e n : Alles, was Interessantes in diesem unermeßlichen GebietE vorgeht, und nicht sdion in einer besondem Rubrik der Chronik geordnet ist, wird man unter dieser Aufsdirift finden X. V e r m i s c h t e A u f s ä t z e g e d i e g e n e n I n h a l t s . XI. G e h a l t v o l l e und Äufscnluß gebende Correspondenzen. ΧΠ. TheateriEswirdnurvondenbessernBühnenDeutschlands und des Auslandes die Rede seyn, so wie nur von solchen Künstlern, welche durch ihre Leistungen diesen Namen in der TTiat verdienen Durch dieses Unternehmen, für welches gpnz vorzügliche Mitarbeiter aus allen Fächern gewonnen sind, deren Wahispruch seyn wird: „Viel Sinn und kurze Rede", wird einem schon längst gefühlten Bediirfniß abgeholfen, welches besonders solche Personen verspürten, denen es an Zeit und Gelegenheit mangelt, eine Sündfluth von Zeitungen,Tageblättern α s. w, von denenwir die Quintessenz geben, in allen Sprachen zu lesen, umfortwährendvon allem unterrichtet zu seyn, was sich Wissenswerthes auf unserm Planet ereignet Ohne großen Kosten- und Zeitaufwand weiden die Leser sich angenehm unterhalten und in allen Dingen mit der Zeit fortgehen Gediegene, unserm Plan völlig entsprechende Beiträge werden mttDankangerKjnunexiurxlanstär^horKjrirtweiden Unfiankirte Zusendungen, wenn sie nicht von schon bekannten Mitarbeitern kommen, gehen unerbrochen zurück Eine jede Lieferung wird mindestens 100 Seiten in gt 8. nebst einer guten Abbildung irgend eines interessanten, sich auf die Tagesbegebenheiten beziehenden Gegenstandes enthalten, und in geschmackvolle Umschläge geheftet, versandtwerden; sechs derselben bilden einen Band und zwei Bände ein für sich bestehendes Ganze, dem ein vollständiges Register beigegebenwird Der äußerst billige Subscriptrionspreis ist für das halbe Jahr oder 6 Hefie fL 4.30 kr oder Rthk 2.18 gn sächs., man macht sich nur aufein Jahr verbindlich Alle gute Buchhandlungen, so wie alle Postämter Deutschlands und der angränzenden Staaten nehmen Subsaiptbnen an Bei den Buchhandlungen zahlt man nach dem jedesmaligen Empfang eines Heftes, bei den Ibstämtem aberfindet jährigeVorausbezahlung statt Das lOte Exemplar wild gratis gesehen. Ftankfürta. M , im November 1831.
Das VerlagsmagazinfiirLiteratur und Kunst Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne
c ο η s t i t u t i ο η e 11 e s
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Baierische Deputirtenkammer. München, 6. Dezeber. Die Berathung über die Rückäußerung der Reichsräthe auf die Budgetsbeschlüsse nahm heute in der Kammer der Abgeordneten ihren Anfang. Nichts war von Seite der Regierung, so wie von der der Reichskammer gespart worden, um ein erwünschtes Ziel herbeizuführen. An dem Tage vorher hatte der Finanzminister von Armansperg thätigen Antheil an den Sitzungen des zweiten Ausschusses genommen, und darin unter Anderen bei Gelegenheit des Hofetats einen Vortrag gehalten, welcher aus den Aeusserungen der Abgeordn. Seufert und Vetterlein zu schließen, großen Eindruck gemacht haben muß. Ein Spzialbericnt des Fürsten Oettingen von Wallerstein über die Civilliste des Königs von Baiern, welcher deren historische Basis beleuchtet, so wie eine Vergleichung derselben mit der übrigen Civillisten Europas aufstellt, war an alle Mitglieder der Kammer vertheilt worden. Der Bericht des Ausschusses rieth Nachgiebigkeit und beantragte halb oder ganz den Beschlüssen der Reichsräthe beizustimmen. So war der Stand der Dinge als die Berathung begann. Der erste Punkt betraf die Staatsschuldentilgungsanstalten. Die Abgeordneten hatten früher beschlossen, auf eine Vereinigung der beiden Anstalten (nämlich der Hauptanstalt und der des Untermainkreises) nicht einzugehen, die Reichsräthe im Gegentheil hatten die Vereinigung beschlossen. Nachdem der Finanzminister nochmals versichert hatte, daß die Einführung des Steuerdefinitivums im Untermainkreise bis zum Schluß des dritten Rechnungszeitraums vorausgesetzt und berechnet sey, und daß dann die zu zahlenden 10 Simplen Schuldentilgungssteuer in jedem Fall aufhören würden, traten die Abgeordneten von ihrem ersten Beschlüsse zurück und vereinigten sich mit dem der Reichsräthe. — Die Berathung ging sodann zu dem Hauptpunkte, dem Hofetat oder der sogenannten Civilliste über. Die Reichsräthe wollten es bei der Forderung der Regierung nach Abzug des heimgefallenen Wittwengehalts der verstorbenen Frau Herzogin von Zweibrücken also auf 3,149,420 fl. belassen; die Mehrheit des Ausschusses beantragte dagegen mit vier Stimmen gegen drei, daß die Abgeordneten auf ihrem ersten Beschlüsse, die Civilliste auf 2,500,000 fl. herabzusetzen, beharren mögen. Die Minderzahl des Ausschusses, an ihrer Spitze den Abg. Vetterlein, hielt es, um ihre Ausdrücke zu
Tagblatt.
München den 7. December 1831.
gebrauchen, für die heiligste Verpflichtung der Stände, die Civilliste angemessen auszustatten, und nur die „Nothwendigkeit," die theils durch die Rede vom Throne, theils durch die Kammerbeschlüsse zugesicherten Erleichterungen unangetastet zu lassen, hielt ihn ab, nicht für die Forderung der Regierung überdieß zu stimmen. Jedoch beantragte er, „die eigentliche Civilliste" auf2,660,000 fl. und hiezu für die Hofbauten sowohl zur Unterhaltung der Hofgebäude als der Hofneubauten 240,000 fl. festzusetzen, so daß die eigentliche Civilliste mit dem (ausserordentlichen) Zuschuß nach diesem Antrage auf 3,000,000 fl. sich beliefe. Beim Beginn der Berathung nahm der Abg. Vetterlein das Wort und äußerte: wenn er auf die frühere Zeit zurückblicke und sich erinnere, daß damals für die treuen Herzen der Baiern nur Augenblicke nöthig gewesen seyen, um die für den Bedarf des geliebten Königs geforderte Summe zu bewilligen, so erfülle es ihn gegenwärtig mit Wehmuth, zu sehen, wie übel Unterrichtete den Saamen der Zwietracht und des Unsegens säeten, indem sie Fürst und Volk zu entzweien suchten. Seine Kräfte seyen zu schwach, als daß er hoffen könne, dieses Zerwerfniß zu vermitteln, jedoch habe er sein möglichstes gethan, um sowohl dem Rechte des Fürsten als der Nothwendigkeit, die Lasten des Volkes zu erleichtern, Genüge zu leisten. Von dieser Vermittelung hänge übrigens das Schicksal mancher Beschlüsse über die moralischen Interessen der Nation ab. Schön sey es, den Pflichten gegen das Volk nachzukommen, allein die Pflicht, die Volkslasten zu erleichtern, habe ihre Grenzen. Nicht dürfe es geschehen auf Kosten der Eintracht der Gewalten und der öffentlichen Ruhe, damit nicht im allgemeinen Unfrieden die zarte Pflanze der Verfassungsurkunde der Pflege entbehre, unter der sie allein gedeihen könne. Nicht als ob er glaube, daß dieser Unfrieden bereits ausgebrochen sey, aber doch sey der Anfang hiezu bereits gemacht. Man verkenne sich, man verstehe sich nicht mehr. Was seinen Antrag betreffe, so sey doch in der That die Eintracht mehr werth, als einige hunderttausend Gulden. Freilich müsse auch er beklagen, daß für die moralischen Interessen des Volks (Preßfreiheit, Wahlfreiheit) nicht so viel geschehen sey als auch er erwartet; allein er vertraue in dieser Hinsicht auf die Vorsehung. Der Steuernachlaß, den die Abgeordneten beabsichteten, werde dennoch gerettet, indem die Reichsräthe erklärt hätten, die Ersparnisse der Vorjahre betrügen 7 Millionen, und der Finanzminister habe es bestätigt. Dadurch seyen die
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1279 Mittel gegeben, auch diejenigen zufrieden zu stellen, welche im Nachlaß eines Steuersimplums das höchste Ziel ihrer Wünsche gesehen hätten. Er für seine Person halte darauf nicht so viel, er wisse andere Mittel dem Volke wirksam zu helfen, allein er glaube, den Beschluß der Kammer am besten dadurch zu ehren, daß er die Mittel aufzufinden gesucht habe, denselben aufrecht zu erhalten. Hierauf entwickelte der Abg. Heinzelmann seinen Antrag auf dem frühern Beschlüsse, die Civilliste auf 2,500,000 fl. zu beschränken, zu beharren, jedoch einen jährlichen Zuschuß von 200,000 fl. zum Behuf der Neubauten, welche aus der Civilliste bestritten werden, zu bewilligen. Er glaubte, daß der Maßstab, nach dem die Civilliste bemessen werden sollte, die Hülfsmittel des Landes seyn müßten; die Bedürfnisse des Hofes müßten der finanziellen Lage des Landes angepaßt werden. Offenkundig sey es, daß luxuriöse Bauten, statt den unteren Klassen des Volkes zu helfen, auf denselben mehr und mehr lasteten; das Augenmerk der Kammer müsse daher darauf gehen, diese Neubauten zu beschränken, und dieß lasse sich nicht anders als durch Beschränkung der Civilliste bewerkstelligen. Indessen mehrere Neubauten seyen einmal, zum Theil mit Zustimmung der früheren Ständeversammlungen begonnen worden, und sie müßten fortgesetzt werden. Darauf beziehe sich der andere Theil seines Antrages, jährlich 200,000 fl. Zuschuß zu bewilligen, jedoch nicht als integrirender Theil der Civilliste, sondern lediglich als außerordentliche Zulage, damit man aus ihnen bei einer künftigen Ständeversammlung nicht wieder eine historische Basis mache, wie es mit der Civilliste aus den srüheren Rechnungszeiträumen geschehe. O b diese 200,000 fl. aus den Ersparnissen der Vorjahre, oder aus dem Reservefonds bestritten werden sollten, überlasse er dem Ermessen der Kammer. Von diesem Beschlüsse abzugehen, bewege ihn nichts, auch die Drohung nicht, daß die Kammer aufgelöst werden solle, wenn sie nicht nachgiebig sich zeige. Der Abg. v. Closen: Es sey durchaus kein Grund vorhanden, von dem frühern Beschlüsse abzugehen, denn man möge nun die sogenannte historische Basis oder den Bedarf des Hofes zum Maßstab annehmen, so erwiesen sich 200,000 fl. stets als hinreichend. Das Ergebniß gewissenhafter Prüfungen sey gewesen, daß mit Hülfe dieser Summe die Privatkasse des Königs ungeschmälert erhalten werden könne, im Falle nur in der Hofhaushaltung einige zeitgemäße Ersparungen einträten. Der Fürst Oetdngen von Wallenstein habe zwar in seinem 63 Seiten langen Vortrag über den Hofetat behauptet, die aus der Civilliste zu bestreitenden Neubauten verschlängen allein 200,000 fl. jährlich; das Theater 200,000 fl. u. dgl. m., allein nach der Angabe des Baurath von Klenze selbst seyen ja zu den Neubauten nur 100,000 fl. jährlich erforderlich, und das Theater bedürfe nach den eigenen Rechnungen nicht mehr als 170,000 fl. Diese Data sprächen also eben nicht fur große Genauigkeit des Fürsten. Was die historische Basis anbelange, so betrüge die Minderung der Civilliste des jetzigen Monarchen gegen die des verstorbenen Königs Alles in Allem ungefähr 14 Prozent. Dürfe aber die Nation nicht hoffen, da überall gespart worden sey, daß auch bei der Civilliste gespart worden sey und gespart werden könne? Die Civilliste stehe ja nicht unwandelbar fest; verfassungsmäßig könne sie verändert und nach Maßgabe der Zeitumstände höher oder niedriger gestellt werden. Allein
1280 wende der Ausschuß ein, der Erlaß eines Steuersimplums sey ja doch gerettet, man möge nun auf die Erhöhung der Civilliste eingehen oder nicht. Er erwiedere, der Erlaß eines Steuersimplums sey nicht etwa eine fixe Idee bei denjenigen, welche denselben beabsichteten, so daß man sich glücklich schätze, ihn um jeden Preis zu erlangen. Um den Preis, wie ihn die Reichsräthe vorschlügen, sey er zu theuer erkauft, denn nicht allein, daß nach dem Vorschlage derselben 7 Millionen Ersparnisse aufgezehrt werden sollten, man werde auch, um alle Ausgaben zu decken, noch 12 Millionen neue Schulden machen müssen. Aber die Volksstimmen? die Adressen? einige kleine Städte entscheiden noch nicht über die wahren Volksstimmen; bisher hätten Augsburg, Nürnberg, Würzburg, Baireuth, Bamberg, Speyer u. s. w. noch keine dergleichen Adressen geschickt, und hätten sie es wirklich gethan, was habe das fiir einen Zusammenhang mit der Civilliste. Sie seyen in so allgemeinen Ausdrücken abgefaßt, daß er auf Verlangen, obwohl mit dem Bemerken, daß sie etwas ungültig seyen, eine jede derselben unterzeichnen wolle, mit Ausnahme der Wasserburger. Alle diese Addressen hätten mit der wahren Volksstimme nichts zu thun. Diese können nur durch eine Appellation an das Volk, durch eine Auflösung der Kammer von der Regierung kennen gelernt werden. - Man sage ferner, der König werde dadurch compromottirt, wenn ihm die Kammer eine so bedeutende Summe abstreiche. Allein wer kann das Budget machen? Nicht der Monarch, sondern die Minister. So lange aber der König nur die einseitige Meinung der Minister gehört habe, könne er ein enschiedenes Urtheil gar nicht fällen; und seinen Beschluß nach dem Gutachten der andern Partei, welche allein mit den Hülfsquellen der Nation vertraut sey, zu berichtigen, das in der That könne doch der Würde des Königs nicht zu nahe treten. Wenn ein Gutsbesitzer einen Kassier und Controlleur hätte, einen Neubau beabsichtigte und zu diesem Behufe in Abwesenheit des Controlleurs der Kassier Geld herzugeben verspräche, nachher aber der Controlleur die Unmöglichkeit nachwiese, die Summe aufzubringen, werde dadurch der Gutsbesitzer compromittirt? Nicht compromittirt werde der König werden, sondern neu gesegnet, wenn er es durch Verzichtung auf einen Theil seines Budgets möglich mache, mehr als bisher auf eine bessere Rechtspflege, auf Schulen, Universitäten, Kultur und die Sicherheit des Landes durch den Festungsbau zu verwenden. - Was endlich die Auflösung der Kammer anbelange, so seyen dergleichen Drohungen noch bei jeder Ständeversammlung vorgekommen; so bei dem Militäretat 1819 und 1822. Allein sie rührten auch nicht von der Regierung her, sondern von einigen Privatpersonen, die die Absichten ihrer Herrn auf jede mögliche Weise zu fördern suchten. Rührten sie aber wirklich von der Regierung, so werde es um so mehr Ehrensache der Kammer seyn, auf ihrem früheren Beschluß zu beharren, denn die Voraussetzung, daß die Kammer aus einer gemeinen Furcht nachgeben werde, sey schon schmählich. - Wenn er der Kammer rathe, sich nicht durch Gewalt bewegen zu lassen, so rathe er eben so sehr, keine Gewalt anzuwenden. Ein edles Gemüth lasse sich nicht durch die Gefühle der Faust, wohl aber durch die des Dankes bewegen. Er beklage zwar sehr daß die Regierung die Preßfreiheit nicht gegeben, daß noch kein Gesetzentwurf über Verantwortlichkeit der Minister vorgelegt sey, und noch mehreres andere, sowohl
1281 Erwartete als Verheissene, allein einer eigentlichen Rechtsverletzung hätten die Abgeordneten nicht mehr abzuhelfen, seit die Censurverordnung aufgehoben sey; wegen Verbesserungen der Verfassung, die man wünsche, könne kein Budget verweigert werden. Auf der andern Seite forderten aber die angefangenen Neubauten Zuschüsse; er beantragte daher in den nächsten drei Jahren jährlich eine außerordentliche Zulage von 300,000 fl. zu bewilligen. - Auf diese Weise werden die Kammern nicht nöthig haben, von ihrem Beschlüsse abzugehen. Daß übrigens die bisherige Civilliste mit den Hülfsquellen des Landes nicht in Einklang stehe, sey so allgemein an erkannt, daß die Mehrzahl der Abgeordneten und selbst viele Reichsräthe beim Beginn der Ständeversammlung der Hoffnung gelebt hätten, die Regierung werde selbst mit einer Verminderung des Hofetats den Ständen entgegen kommen. Schließlich deutet der Redner auf die Nothwendigkeit hin, auch um deßw illen auf den Beschlüssen zu beharren, um nicht einer späteren Kammer das erste böse Beispiel zu geben, daß die untere Kammer in Geldsachen durch Beschlüsse der obern Kammer sich bestimmen lasse; noch nie sey dies bis jetzt geschehen, und obwohl man auf die früheren Ständeversammlungen mit Geringschätzung herabsehe, so hätten sie sich doch nie so weit vergessen, von jenem Grundsatz zu lassen. Man solle dieses wichtige Princip auch dießmal aufrecht erhalten. — Der Finanzminister von Armansperg: Es freue ihn, daß alle Stimmen in der Versammlung die Pflicht der Stände anerkannt hätten, für das Bedürfniß des Hofes angemessen zu sorgen. Nur in dem Maße, nach dem dies zu geschehen habe, fänden Abweichungen statt. Er wolle mit Hinweglassung aller Wiederholungen nur bemerken, daß der von einem Redner ausgesprochenen Erwartung, die Regierung hätte selbst mit einer Verminderung des Hofetats entgegen kommen sollen, bereits genügt sey. Die von der Regierung geforderte Summe sey nicht allein schon an und für sich geringer als die der bisherigen Civilliste, sie werde es auch noch dadurch, daß bedeutende neue Lasten ihr aufgebürdet seyen, welche die Civilliste bisher nicht gekannt habe. — Der Abg. Seuffert: die Frage sey, ob denn neue Gründe gegenwärtig hinzugekommen seyen, zu denen, welche früher den Beschluß der Kammer motivirt hätten, und ob diese neuen Gründe zu einer Abweichung von diesem Beschlüsse veranlassen könnten. Diejenigen, welche kein sicheres Ziel vor Augen gehabt hatten, als den Nachlaß eines Steuersimplums, könnten gegenwärtig mit Hinblick auf die Beschlüsse der Reichsräthe und die des Ausschusses unbesorgt von dem frühern Beschlüsse abgehen und für eine Mehrung des Hofetats stimmen; ja, diese könnten sogar ein Interesse haben, darauf einzugehen, um endlich einmal durch eine friedliche Ausgleichung die wenigen Resulate zu sichern und ins Leben zu fuhren, die der jetzige Landtag bringen werde; denn sollte die Kammer aufgelöst werden, so würden auch diese noch einmal in Frage gezogen werden. Es sey freilich ein uraltes Recht der baierischen Stände gewesen, die Sicherung und Ausbildung der Volksrechte Hand in Hand mit der Bewilligung der Steuern gehen zu lassen, und was habe denn auch in der That das Volk für andere gesetzliche Mittel in Händen, gegen die Eingriffe der übrigen Gewalten seine eigenen Rechte zu erlangen, zu sichern und zu schützen, als die Bewilligung der Steuern? Nun sey es aber anerkannt von den einsichtsvollsten Männern, daß Bayerns Verfassung ohne Ergänzungen und Reform nicht wirksam ins Leben
1282 treten könne. Daß dies friedlich geschehe, dazu mahne die Geschichte aller Zeiten, und dazu sey bei Beginn dieses Jahres eine günstige Gelegenheit gewesen, doch man habe sie versäumt. Das Volk hatte beim Beginn der Versammlung Freiheit der Presse, Verantwortlichkeit, der Minister und Sicherstellung der Wahlfreiteit erwartet. Daß diese Erwartungen etwas heftig ausgesprochen worden seyen, wer trage davon anders die Schuld, als die Regierung selbst, die durch zweck widrige Anordnungen Leidenschaften ausgesäet, und wie sie gesäet, so auch geärndtet habe. Leicht sey es die Leidenschaften zu entfesseln, aber die entfesselten zu beschwichtigen sey nicht das Werk eben so kurzer Zeit. Da sey im Laufe der Versammlung ein Augenblick der Versöhnung gekommen; man habe ihn ungenützt verstreichen lassen und zu spät erst nachgeholt; zu spät, denn die Leidenschaften seyen bereits zu sehr entfesselt gewesen. Noch habe die Regierung umkehren, noch offen und ehrlich den billigen Wünschen entgegenkommen können, aber, obwohl er eine Zeitlang an eine so günstige Entwicklung der Verhältnisse geglaubt, so sey er doch schmerzlich getäuscht worden. Die Interpretation des §. 44. habe damals eine günstige Wendung genommen; ein Preßgesetz, das, wo nicht allen Erwartungen entsprochen, doch manches Gute geboten, sey vorgelegt worden; mit Betheuerungen sey ein Gesetz über Verantwortlichkeit der Minister verheißen worden, allein die Zeit der Budgetsberathung sey herangekommen und das Gesetz über den §. 44. nicht promulgirt gewesen, das Preßgesetz habe schon als gefallen betrachtet werden können, von der Verantwortlichkeit der Minister sey keine Rede mehr gewesen. Damals habe es Noth gethan, den Thron zu erinnern, und er habe gehofft, daß diese Erinnerung genug fruchten werde, um für die zweite Berathung günstigere Conjuncturen herbeizufuhren, und wäre es geschehen, so würde er nicht der Letzte gewesen seyn, welcher auch hier wiederum in vollsten Sinne des Wortes der Regiernng entgegengekommen seyn würde, wo sie es nur immer verlangt hätte. Allein er habe sich leider auch in dieser Hoffnung getäuscht, und sonach könne er nicht dazu anrathen, von dem früheren Beschlüsse abzugehen. Was jedoch den beantragten Zuschuß zu den Neubauten betreffe, so habe auch auf ihn die Rede, welche der Minister im Ausschuß gehalten, zu tiefen Eindrnck gemacht, als daß er nicht dafür stimmen sollte. Der Abg. Binder: Weder böser Wille noch Unkenntniß habe seine Stimme im Ausschuß geleitet; auch er kenne Vaterlandsliebe und Treue, und er glaube, daß diese Gefühle unangetastet blieben, wenn die Civilliste um einige hunderttausend Gulden herabgesetzt würde. Diejenigen säeten in der That Mißtrauen zwischen Fürst und Volk, die glauben machen wollten, daß die Minderung des Hofetats nicht in Berücksichtigung der mißlichen Lage des Volks, sondern aus persönlicher Abneigung gegen den Monarchen beantragt werde. Der Abg. Schwindel: Wenn ein Baum Früchte trüge, so fände er viele Verehrer, wenn aber die Früchte verzehrt seyen und das Laub abgefallen, so ließe man ihn allein stehen und übertrüge die Sorge für seine Erhaltung dem Boden, auf dem er stünde und seinen Wurzeln. So sey es auch mit den Fürsten, dem Adel und dem Volk. So lange die Fürsten im Glücke lebten, zehrte der Adel mit ihnen, kämen sie aber ins Unglück, so überließen dieselben sie ihrem Schicksal. So im Jahre 1705, wo der Bürger und Bauer in Baiern fur Fürst und Vaterland gefochten, ein großer Theil des Adels
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1283 aber zum Verräther geworden. In Geldsachen sey der Adel Richter in eigener Sache; denn er lebe am Hofe mit von dem Gelde des Volks; hier handle es sich lediglich von den Rechten und Pflichten des Volks. Zum Hofmann sey er verdorben; sey nicht in der Brühe der Aristocraten mürbe gebeizt, er werde sich stets nur der Vertretung der Volksrechte weihen; das Budget der Reichsräthe scheine fiir ein gantirendes Volk gemacht; er wolle nicht zum Schaden der Nation zu einer neuen Inconsequenz rathen, es möchte sonst wahrlich eine Zeit kommen, wo sie ihren in diesen Tagen so oft entweihten Namen rächen werde. (Diese Rede wurde zu verschiedenen Malen mit allgemeinem Beifall begrüßt.) Der Abg. Rudhart: Einen Maßstab müsse man doch zur Festsetzung des Hofetats annehmen, wenn man nicht in Willkür verfallen wolle. Was sich darüber sagen ließe, das habe er aus vollem Herzen bei der ersten Berathung gesagt. Ein Mitglied habe angedeutet, er würde für die volle Civilliste stimmen, wenn fiir die moralischen Interessen der Nation besser gesorgt sey. Er bedaure, daß das ehrenwerthe Mitglied hier nicht ganz auf verfassungsmäßigen Grund zu stehen schien, denn die gegenwärtige Verfassung gestattet nicht Freiheiten zu erkaufen. Indessen stelle er auch in Abrede, daß auf dem gegenwärtigen Landtag nichts fiir die moralischen Interessen geschehen. Die Interprätation des §. 44. werde noch promulgirt werden; die Censurvetordnung sey in der Hoffnung zurückgenommen worden, daß die Kammer das vorgelegte Preßgesetz annehmen werde; die Controverse über gemischte Ehen sey im Sinne der Kammer enschieden worden. In materieller Hinsicht seyen denn doch die Finanzen nicht so übel berathen. Zur Zeit eines bedeutenden Deficits habe man nicht daran gedacht, die Civilliste zu schmälern, und jetzt, wo das Unglaubliche errungen, wo das Gleichgewicht im Staatshaushalt wiederhergestellt worden sey und man bedeutend erspart habe, wolle man eine geringere Civilliste als vorher noch herabsetzen. Den erfreulichen Zustand der Finanzen danke man König Ludwig, aber wie danke man? dadurch daß man mit von ihm gemachten Ersparungen die Lage aller Stände zu verbessern, aber nur ihm seinen wohlbegründeten Antheil zu schmälern - gedenke! Er stimme für die volle Civilliste. — Der Abg. Scheuing. So lange noch das Lotto im Budget prange, können von einer glänzenden Lage der Finanzen und des Volks doch wohl die Rede nicht seyn. - Der Abg. Culmann: Weder die Kammer von 1819 noch die von 1825 habe constituirendes Recht gehabt, und doch versuche man es, die Civilliste jener Zeiten als historische Basis anzunehmen; weil man keine festgesetzte Civilliste habe, so versuche man es, eine historische zu erhalten, was so viel sagen wolle, als eine ewige, immerwährende. Dieß aber sey verfassungswidrig. Wenn übrigens die Kammern von 1819 und 1825 das Recht gehabt hätten, eine historische Basis zu gründen, so habe es die jetzige auch. Da man in Folge des Budgets der Reichsräthe während der nächsten Finanzperiode wenigstens 12 Millionen Schulden machen müsse, so könne man wohl an das patriotische Gefühl der Baiern appelliren, ob sie zu solch einem zerstörenden Verfahren die Hand bieten wollten. Freilich sey ja auch zu diesem Schuldenmachen eine historische Basis nicht schwer aufzufinden. Der Finanzminister von Armansperg: Er wolle der Kam-
mer nur zurufen: Friede! Eintracht! Ruhe! Man habe Erleichterung verlangt, und die Regierung sey mit derselben entgegengekommen. Er selbst sey ja, möge er auch angefeindet werden deßhalb, fiir eine freisinnige Verfassung, und ebendeßhalb fiir eine zeitgemäße Reform der baierischen; er selbst rufe ja: weg mit dem Minister, der die Uebereinstimmung der der drey Gewalten mit sich nicht zu erreichen im Stande ist; wenn aber die Kammer glaube, daß fiir die moralischen Interessen nichts oder nicht renug geschehen sey, so ruhe die Verantwortlichkeit davon edigTich auf den Schultern der Minister; offen möge man sie deßhalb anklagen; aber mit dem Hofetat stünde dies in keiner Verbindung. Noch einmal rufe er ihnen zu: Friede und Eintracht! Hierauf wurde die Berathung geschlossen und nach einer lebhaften Discussion über die Fragestellung beschlossen: 1) Von dem früheren Beschlüsse, die Civilliste auf 2,500,000 fl. im Ganzen festzusetzen, abzugehen, mit 82 gegen 38 Stimmen. 2) Der Modification des Abgeordneten v. Closen (Civilliste von 2,500,000 fl. mit einer Zulage auf drei Jahre von jährlich 300,000 fl.) nicht beizustimmen, mit 102 gegen 18 Stimmen. 3) Der Modification der Majorität des Ausschusses, die Civilliste auf2,504,000 fl. mit einer außerordentlichen Zulage von 200,000 fl. jährlich festzusetzen, nicht beizustimmen, mit 62 gegen 58 Stimmen. 4) Der Modification des Abg. Vetterlein, die Civilliste auf 2,760,000 fl. mit einer Zulage von 240,000 fl. festzusetzen, beizustimmen, mit 61 gegen 59 Stimmen. *) Wiesbaden, 1. Dec. Unsere zweite Kammer hat in der öffendichen Sitzung vom 28. Nov., welche bis Abends 9 Uhr währte, von ihrem wichtigsten verfassungsmäßigen Rechte Gebrauch gemacht; sie nat in Betracht, daß die Regierung keine Nachgiebigkeit in der Domänensache bewiesen und alle Vorschläge der Deputirten verworfen hatte, mit 18 gegen 4 Stimmen (Bischof Brand und Müller, Geisdiche Gieße und Professor Frorath) die Steuerzahlung verweigert; die erste Kammer dagegen, welche bis auf 16 Mitglieder vermehrt wurde, die Bewilligung einstimmig ertheilt. Da nun beide Kammern nach der Verfassung über Finanzgegenstände zusammenstimmen, so wurde also eine künsdiche Majorität von 2 Stimmen erzeugt; sonach dürften die Steuern, wie man allgemein glaubt, beigetrieben werden. Die Zukunft wird lehren, ob das nassauische Volk die Steuern gutwillig bezahlen, oder rücksichdich der Zusammensetzung der Herrenbank die Nichtigkeit der Steuerverwilligung fiir sich anfuhren wird. - Der Minister v. Marschall wurde mit 16 gegen 6 Stimmen (Brand, Müller, Gieße, Lohr und Baldus) von der zweiten Kammer in Anklagestand gesetzt; doch kann man die Verwerfung dieses Antrags von der ersten Kammer nächstens und sicher erwarten. — Die Sitzungen der Stände werden wohl noch bis zu Weihnachten dauern. (D. Α. Z.) Die Pariser Post ist heute ausgeblieben.
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*) Zeit u n d R a u m verbieten uns, für heute die Liste der von ihrem früheren Beschlüsse abtrünnigen Abgeordneten mitzutheilen; wir behalten uns jedoch dieses für morgen auf, wo wir zugleich das Verfahren des ersten Präsidenten u n d des Ausschusses in dieser Sitzung näher beleuchten u n d einige sonstige Denkwürdigkeiten berühren werden. D . R. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Donnerstag.
Tribüne.
constitutionelles
N— 158.
Der erste Präsident der Abgeordneten.
Als die Civilliste in der Kammer der Abgeordneten debattirt wurde, und der erste Präsident, Herr von Schrenk unverholen zeigte, daß ihm Hofgunst viel mehr gelte, als die Erfüllung seiner Pflichten, da glaubten wir zuversichtlich, daß irgend ein Abgeordneter sich erheben und verlangen würde, daß das Betragen des Präsidenten einer strengen Prüfung unterworfen werde. Keiner hatte den Muth dazu! und so muß denn wieder der Journalismus auf den Kampfplatz treten, der dazu berufen ist, die Rechte des Volkes zu verfechten, wenn sie nicht vertreten sind. Von den deutschen Regierungen für vogelfrei erklärt, weil er ihnen das Gewissen rege gemacht, von Häschern und Spionen umgeben, wird er das wagen, was kein unverletzlicher Repräsentant des Volkes wagte. Wir klagen den Freiherrn von Schrenk ersten Präsident der Kammer der Abgeordneten der Parteilichkeit an! Wir fordern die Kammer auf, sein Betragen streng zu untersuchen und ihn, wenn sie unsere Anklage für begründet findet, als unwürdig zu erklären, länger ihr Organ zu seyn; als unwürdig, die bayrische Nation fernerhin zu repräsentiren. Die erste und heiligste Pflicht eines Präsidenten ist die strengste Unpartheilichkeit; er muß sich erheben über die verschiedenen Meinungen, er muß sich von ihnen auch nicht im Geringsten berühren lassen. Daher haben mehrere Verfassungen die sehr weise Bestimmung, daß der Präsident der Kammern niemals eine Stimme abgiebt, damit er dadurch eher in den Stand gesetzt werde, eine imposante Unpartheilichkeit zu bewahren. Indem er im Voraus weiß, daß seine Meinung kein Gewicht hat, oder vielmehr, daß sie sich nicht äußern darf, wird er es bei weitem eher über sich gewinnen, seine politischen Ansichten zu verlassen und nur an die Gerechtigkeit zu denken. Selten oder niemals hat sich die öffentliche Meinung in England gegen den Sprecher des Unterhauses erhoben, und Frankreich hat nur einen Xavez gehabt. Leider findet sich diese Bestimmung in unserer Verfassung nicht; der Präsident hat bei uns entscheidende Stimme und in den Fäl-
Tagblatt.
München den 8. December 1 8 3 1 .
len, wo seine Stimme eine Gleichheit hervorbringt, gilt dieselbe sogar doppelt, d. h. der Präsident darf bei uns den Beschluß der Majorität umstoßen. (?) Wer jemals den Sitzungen des englischen Unterhauses beigewohnt hat, wird gestehen müssen, daß er nie auch nur vermuthen konnte, welcher Ansichten der Sprecher gewesen; kann man dieß auch von dem Präsidenten unserer Kammer sagen? Auch der Fremdeste muß in einer halben Stunde wissen, daß Herr von Schrenk, „vorn und hinten an den Hof gekettet," zum reinsten Servilismus sich bekennt. Grob und leidenschaftlich behandelt er die liberalen Abgeordneten, während er gegen seine Geistesverwandten die kleinlichste Schwäche, die unverzeihlichste Nachgiebigkeit darthut. Während der ganzen Sitzung dieses Jahres hat Herr von Schrenk noch keinen einzigen Ministeriellen zur Ordnung gerufen, während er dieß mehr als zu oft den Unabhängigen gethan, während er diese letztern sogar noch mit Schmähreden üherschüttet hat, wie dieß einst bey dem Abgeordneten Dietrich der Fall war. Einige Beyspiele verdienen aufbewahrt zu werden. Einst wurde der Abg. Schwindel in seiner Rede durch ein Geräusch unterbrochen, das von den Gallerien herabzukommen schien. Einigemal hatte er angehalten, um den Präsidenten darauf auch aufmerksam zu machen; — als dieser keine Notiz von dem Geräusche nahm, rief der Redner, es möge der, dem seine Sprache nicht zu gefallen schien, hinausgehen. Da fuhr der Präsident auf und bemerkte dem Redner, daß die Erhaltung der Ordnung seine Sache sei. Wir geben hierin dem Präsidenten ganz recht, und haben an seiner Bemerkung weiter gar nichts auszusetzen, als daß sie etwas barsch und unhöflich gegeben wurde. Vor Kurzem trug es sich zu, daß ein großer Redner, Herr Rudhart, während seines Vortrages ausgelacht wurde; dieß war unverzeihlich. Aber als der große Redner, von blinder Leidenschaft hingerissen, sich in den Schlamm der gemeinsten Schimpfwörter versenkte, als er auf die Tribüne hinaufrief, daß diejenigen, welche ihn ausgelacht hätten, Dummköpfe seyen, als er sich dadurch der Möglichkeit aussetzte, von irgend einem eben so leidenschaftlichen oder groben Zuhörer mit gleicher Münze bezahlt zu werden, - denn dadurch daß er sich mit der Tribüne in Gemeinschaft setzte und dieselbe anredete, gab er seine Stellung als Abgeordneter auf und sank zum bloßen Schimpfredner herunter - als er, mit einem Worte, 158
1287 die Kammer der Abgeordneten entweiht hatte, da hätte man wohl billig erwarten sollen, daß der Präsident dieses ungebührliche Benehmen mit Strenge rügen, man hätte wenigstens erwarten sollen, daß er die gegen den Abg. Schwindel gemachte Bemerkung wiederholen würde. But Brutus is an honorable man! Herr Rudhart sprach gegen die Preßfreiheit. Man wird wissen, daß der Präsident, sobald sich nur der leiseste einem liberalen Abgeordneten dargebrachte Beifall, oder das geringste einem Ministeriellen geltende Murren selbst in der Kammer erhebt, mit harten Worten die Ruhe zu erhalten sucht; man wird sich erinnern, daß er den Abgeordn. Schwindel fünf Minuten lang haranguirte, als dieser es gewagt, in Gegenwart des Hrn. von Schenk auszurufen: „Preßfreiheit." Man vergleiche hiemit folgendes: In der berühmten Sitzung vom 6. Dez. wurde der edle Baron von Closen als er von feilen Deputirten sprach, von einigen Abgeordneten mit Zeichen der Mißbilligung unterbrochen. Hr. Plattner unter andern, welcher ein getreuer Schüler seines Herrn und Meisters, seine Fehler wenigstens annimmt, da er noch keinen Nürnberger Trichter gefunden, der ihm auch zu dessen Talenten verhelfen könnte, Hr. Plattner machte die laute und einigemal wiederholte Bemerkung, daß Hr. von Closen gemein sey. Man hätte sehen sollen, wie der Präsident selbst aufsprang von seinem Sitze und in gerechtem Zorne den unbescheidenen Nürnberger Deputirten zur Ordnung rief; wie er ihn haranguirte fünf Minuten lang und wie er mit dem Reglement bewaffnet, dem Unterbrecher bewies, daß solche Ungezogenheiten, wie der Ehrenwerthe sie eben begangen, den Ausschluß aus der Kammer nach sich ziehen konnten! Aber was träume ich? Es giebt nur eine einzige mögliche Lüge, sagt Börne, „und die ist, der deutsche Bundestag hat die Preßfreiheit dekretirt;" es giebt noch eine, setze ich hinzu, „der Präsident der baierischen Deputirten-Kammer hat einen Ministeriellen zur Ordnung gewiesen, wenn er es verdient hat." Und so sind auch obige Zeilen nur eine Lüge; der Hr. Präsident hat Nichts von dem gethan, was eben erzählt wurde. Im Gegentheil, als Hr. von Closen selbst durch das Stillschweigen desselben gezwungen wurde, den voreiligen Plauderer zu Recht zu weisen, da sagte er in einem höchst affablen Tone: Baron Closen! es haben sich noch mehr mißbilligende Stimmen erhoben. Das ist wahrlich eine Logik ganz eigner Art; mit ihr kann man weit kommen, und diejenigen Uebelthäter, welche von ihnen, Herr von Schrenk, als AppellationsgerichtsPräsidrnt, ihr Urtheil zu erwarten haben, werden, wenn sie ihre Verbrechen nur gemeinschaftlich mit andern verübt haben, ganz gewiß sehr mit Ihnen und Ihrer Logik zufrieden seyn, vorausgesetzt, daß sie nicht liberal sind. Niemals entgeht ein liberaler Deputirter seinen Argusaugen, und wenn er einem solchen etwas nachsieht, so ist gewiß ein Ministerieller in dieselbe Schuld verfallen. Ich bin fest überzeugt, daß er den Abgeordneten, welcher bei einer Abstimmung einem seiner Collegen zurief, aufzustehen, zur verdienten Rechenschaft gezogen haben würde, wenn nicht zu gleicher Zeit der Herr Baron von und zu der Tann (dessen Andenken in Cassel, wo er Präfekt war, noch lange fortleben wird), seinen Nachbar beim Rocke niedergezogen hätte, um ihn am Aufstehen zu verhindern. Ja, der Hr. v. Schrenk geht noch weiter! - So wie es
1288 in Spanien Sitte war, daß die Edelknaben, welche mit den königlichen Prinzen erzogen wurden, die Ehre hatten, an ihrer Statt mit Ruthen ausgepeitscht zu werden, wenn die kleinen Hoheiten ungezogen gewesen waren, so ruft der Herr v. Schrenk die liberalen Deputirten zur Ordnung, wenn sich die ministeriellen vergingen. Unglaublich! wird man ausrufen; - ja wohl ist es unglaublich - aber es ist wahr! oder hat der Herr Präsident bei der Berathung über den Militäretat nicht den Abg. Schwindel zur Ordnung gerufen, als „ein großer Redner mit eben so viel Geschmack als Anstand" vom „Geläute der Kuhschelle" sprach? als er - um mich eines Bildes eben dieses großen Redners zu bedienen - „in die Luft spie, der Speichel aber auf sein eigenes Gesicht zurückfiel?" Diese Thatsachen sprechen laut genug, sie beweisen hinlänglich die Partheilichkeit des Präsidenten. Doch handelt es sich hier nur um die Persönlichkeit einzelner Deputirten; wenn wir noch beweisen können, daß Hr. v. Schrenk keine größere Unparteilichkeit an den Tag legt, wenn es sich um die heiligsten Interessen der Nation handelt, dann - dann werden wir nöthig haben, eine sehr ernste Schlußfolge zu ziehen. (Schluß folgt.) D i e
A d d r e s s e n .
In demselben Verhältniß als die ursprünglichen Beschlüsse der baierischen Deputirten-Kammer über das Budget Anklang bei der Nation gefunden haben, in demselben Verhältniß wird deren seither erfolgte Ummodelung nach dem Willen der lsten Kammer Tadel und Vorwürfe hervorrufen. In sich ist dieser Tadel jedenfalls gegründet, da nach der sehr richtigen Bemerkung des Abgeordneten Seuffert die Verhältnisse, welche den primitiven Beschluß herbeigeführt haben, seitdem keine Veränderung erlitten, folglich auch kein Grund vorhanden war, wieder davon abzugehen. Die Drohung, es werde in diesem Falle die Deputirtenkammer aufgelöst, hätte den entgegengesetzten Eindruck machen, und den Ständen jedenfalls erwünscht seyn sollen; denn durch Ausführung dieser Maßregel und die damit verbünd [e] ne Appellation an das Volk würde der Kammer entweder [d] ie Genugthuung geworden seyn, ihre Beschlüsse von der Ν [a] tion bestätigt zu sehen, oder sie hätte die Gewißheit erhalten, die Absichten derselben mißkannt zu haben. In beiden Fällen wäre ihr Bewußtseyn rein geblieben; nur was des Volkes Wunsch und Wille ist, hätte geschehen können. So aber freilich nicht. Es ist und bleibt immer zweifelhaft, ob die Kammer im Sinne der Nation gehandelt hat. Zu ihrer Rechtfertigung lassen sich hauptsächlich die Addressen anfuhren. Sie sind an sich von geringer Bedeutung, da sie nur die Gesinnungen von wenigen Städten, und vielleicht in diesen nur von einem kleinen Theile der Einwohner aussprechen, die zudem noch, wie das Volksblatt zeigt, auf eine ganz eigenthümliche Weise dazu ververanlaßt worden sind. Inzwischen sie existiren. Entsprechen sie den Gesinnungen der Nation nicht, so konnte sie ihnen durch Adressen an die Kammer entgegenwirken, wie dieß in allen constitutionellen Staaten der Fall ist. Allein die Kammer hat sich keiner solchen Adresse zu erfreuen gehabt. Kalt und spurlos gingen ihre Verhandlungen an der Nation
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1289 vorüber, nirgends suchte sie auf die Kammer zu influiren. - Während um Preßfreiheit eine Masse von Adressen in der baadischen Kammer unausgesetzt einlief, wurde der bairischen Kammer auch nicht eine über diesen so hochwichtigen Gegenstand übergeben. Die d. Tribüne forderte ausdrücklich dazu auf, jedoch ohne Erfolg. Ist es unter solchen Verhältnissen immer nicht zu entschuldigen, wenn die Kammer lau wurde, so trifft doch die Nation ein eben so schwerer, ja ein noch schwererer Vorwurf über ihre Gleichgültigkeit, über ihre Theilnahmslosigkeit. Nicht die Interessen der Kammer sind's, um die es sich handelte, es handelte sich um die Interessen der Nation. Die Kammer war nur die Bevollmächtigte der Nation. Ueberträgt aber ein Privatmann oder ein Verein von Privaten irgend einem Dritten die Ausführung von wichtigen Angelegenheiten, so bekümmert er sich auch darum, wie sein Auftrag vollzogen wird und sucht, so weit es in seinen Kräften steht, für dessen pünktliche Vollziehung mitzusorgen. Dieß hat die Nation versäumt. Ihr selbst ist es also zugeschrieben, wenn ihre Wünsche und Erwartungen, wovon die Bevollmächtigten keine hinreichende Kenntniß haben konnten, nicht in Erfüllung gegangen sind. Sie klage nicht oder sie klage sich selbst zuerst an.
Aufkündigung der Landbötin. Ein Lesezierkel dahier ersucht den Hrn. Redakteur der Landbötin für das noch laufende Jahr sein schon bezahltes Blatt von nun an nicht mehr zu schicken; denn ein Blatt, welches die Stände des Reichs auf eine so schimpfliche Art angreift, greift auf die nemliche Weise die ganze Nation an und kann von einem wahren Patrioten nicht mehr gelesen werden. Weissenburg, am 30. Nov. 1831. Ein patriotischer Lesezirkel. Die Veranlassung zu dieser Aufkündigung liegt in einem Artikel der Landbötin, welchen wir unsern auswärtigen Lesern mittheilen zu müssen glauben, um ihnen einen Begriff zu geben, welche Sprache ein in der Residenz erscheinendes Blatt zu führen sich nicht schämt. Leider müssen wir hinzufügen, daß die Landbötin ihrer auswärtigen Artikel wegen der Censur vorgelgt werden muß, und daß diese sonst so scrupulös zur zur Unterdrückung eines solchen Artikels keine Veranlassung gefunden hat. Und doch finden sich noch Personen, welche die Censur in Schutz nehmen. - Hier folgt er: Dulce et decorum pro patria mori, aber ja nicht davon laufen! München. Für Aufbringung eines MilitärDeserteurs werden bekanntlich 5 fl. bezahlt. Wieviel Aufbringungs-Gebühr zahlt denn die k. Staatsregierung für einen patriotischen Deserteur, — einen echappirten Landstand? - Wie verlautet, soll bei der Deputirtenkammer, seit die Abgeordneten Blaß und Dr. Lanzer den Anfang gemacht, die Desertion stark um sich greifen. Das ist wahrscheinlich der große Patriotismus, von dem so viel geschrieen worden. Jetzt, wo die Herren versuchen sollten, wenigstens ein gutes, ehrliches, deutsches Ende zu machen, da der Anfang so ganz revolutionär französisch war; jetzt, wo das Volk die
Früchte eines so langen Beisammensitzens erwartet, — jetzt laufen die papiernen Schreihals-Helden heimlich auf und davon! (S'ist am Ende das Beste, was sie thun können, — wird's Niemand aufhalten, — laßt sie's laufen!) Schande und Schmach haben diese Ausreißer, als Vertreter und Organe des Volks genug auf die baierische Nation gehäuft; jeder wackere Baier, der Gott und seinen König liebt, wird aber mit Freuden laut bekennen, daß er keinen Antheil daran habe. Nicht zur Empörung mag sich das treue Volk verleiten lassen, eben so wenig kann und mag es die Ehrfurcht gegen die geheiligte Person des gerechtesten Königs bei Seite setzen, oder, ihn wie einen, wenn auch den ersten Diener des Staates behandeln. „Gebt Gott, was Gottes, dem Kaiser, was des Kaisers ist," spricht Christus; die Landstände dagegen sagen: „Gebt uns täglich unsere 3 fl., wir wollen hernach sehen, wieviel wir dem Könige bewilligen; er braucht so viel nicht, er soll nur auch leben, wie andere Leute." - Abscheulich! — Hätte das Vater Max ahnen können, er hätte gewiß die Constitution nicht gegeben. Es ist ein schändlicher Mißbrauch dieses erhabenen Geschenkes, welches der großmüthigste aller Monarchen seinem Volke machte. - „Geschenk?" sagen einige der Schreier. „Die Constitution," fahren sie fort, „ist theuer erkauft durch die Ströme Bluts, die das Volk für das Haus Wittelsbach vergossen hat." - So! Und das königliche Blut, das sich zum Wohle des Vaterlandes opferte, achtet Ihr Herren für nichts? Theilte nicht Euer König alle Gefahren mit seinem Volke? - Macht Schwarz aus Weiß, so lang Ihr wollt, die Treue der Baiern werdet Ihr nun und nimmermehr erschüttern. Wollte Gott, es käme nur recht bald ein Tag, der diese so mißbrauchte Constitution aufhöbe und alles Glück und Heil des Volkes in die gerechte Hand unseres erhabenen Königs legte! - (Landb.)
V e r z a g e t
n i c h t !
Als der Napoleonische Druck minder den deutschen und übrigen Völkern Europas, als insbesondere ihren Regierungen unerträglich geworden war, und die alten Mittel, welche dem Absolutismus gegen den Absolutismus zu Gebote standen, die stehenden Heere nämlich nicht mehr zureichend schienen, das eiserne Joch des sich selbst überschätzenden Eroberers abzuschütteln, nachdem die alte Rüstkammer vergebens erschöpft und alle Finanzquellen versiegt waren, da sannen die bedrängten Fürsten und ihre Kabinete auf Hülfsmittel, Kräfte und Waffen ganz neuer Art. Schon bei Beginn des Feldzugs von 1809 rief Oesterreich durch die Proklamation vom April die Völker zur Theilnahme am Kampfe gegen Napoleon, und zur Empörung gegen ihre eigenen Fürsten, welche im Rheinbunde standen, auf. Die Proklamation der alliirten Mächte aus Kaiisch athmete gleichen Geist und redete Zauberworte der Freiheit. Den Mann, den Deutschland am meisten verehrte, Stein, den Napoleon geächtet hatte, stellte man an die Spitze der eroberten Länder, um diese für die Freiheit aufzuregen und die letzten Kräfte der erschöpften Völker in Wirksamkeit zu setzen. Freie Verfassungen wurden den einzelnen deutschen Stämmen, ein mächtiges und geachtetes Deutschland wurde allen verhießen. •
1291 Noch aber war Napoleon nicht überwunden, als schon die Reaktion begann und die traurigsten Folgen ahnen ließ. Dem trefflichen Stein nahm man zuerst die eigentliche Verwaltung ab und ließ ihm nur noch die Aussaugung der eroberten Länder. *) Bald beseitigte man ihn ganz: denn er war nicht nur entbehrlich, seine fernere Beibehaltung war mißlich geworden; ja es war nahe daran, daß er von der heiligen Allianz für dieselbe Sache in den Bann gethan ward, wofür der große Feind des deutschen Vaterlandes ihn für vogelfrei erklärt hatte. Der Wiener Congreß beschäftigte sich mit dem Seelen- oder vielmehr Leiberhandel, und setzte den Siegeslohn des deutschen Volks für die erste Versammlung des Bundestags, in der That aber zum griechischen Kalender hinaus. Der Siegeslohn ließ lang auf sich warten, aber fehlte nicht: Zeuge dessen die Carlsbader Beschlüsse von 1819, welche die deutsche Nation mit Koth bewarfen. Das war der Treue, der unendlichen Aufopferung würdig! Wenn der Jagdhund das Wild erlegt hat, so mag er ein Stück Schwarzbrod fressen und sich auf's Stroh legen. Aber die Sache der Fürsten war doch gewonnen? Ei warum nicht! Die Unabhängigkeit hat keinen Reiz, man wollte nur in Ruhe genießen, was der Eroberer als Handlohn hingeworfen hatte. Statt des genialen Schwertes Napoleons winkte nun die Knute, an Talleyrands Statt leitete Metternich die Kabinete. (Jetzt, ο jetzt! nach der Julirevolution! reichen sich beide die Hand.) Schattenbilder von Verfassungen erschienen in Süddeutschland, die Preußen mit Hülfe des Bundestags zu escamotiren sich angelegen seyn ließ, und statt der Fülle des Segens, der aus dem harten, von den Völkern nicht begriffenen Continentalsystem gegen England erblühen sollte, sahen wir Deutschland von Englands Krämern überschwemmt und die schmachtenden Bewohner an den Bettelstab gebracht; - das europäische China schien der Vollendung nahe, wozu Carl X. eben den Schlußstein aufsetzen wollte. Siehe, da donnerte es von Westen her, das ganze Gebäude wankte, die Völker erhoben sich wie schlaftrunken, rosenfarbene Gefichter schaukelten sich vor ihren Blicken; es war, als ob die Freudenfeuer des 18. Oktobers wieder auf den Bergen leuchteten. Und dies Mal leuchteten sie über die Pyrenäen, die Alpen, die Karpathen, und selbst ins nebelige Albion hinüber; überall loderte — der Geist der Freiheit. Wohl denen, die im rechten Augenblick von diesem heiligen Feuer den Prometheusfunken sich aneigneten! Denn bald, bald blies ein kalter Nordost herüber, zu tilgen die köstliche Flamme!
*) Ich war bei ihm 1814 im Hauptquartier zu Paris, mit Aufträgen von einem österreichischen Generalgouvernement. „Man weiß ja doch, daß ich nichts m e h r bin gehen Sie z u m Minister Baldacci", war seine Antwort. Ich bezeigte T h e i l n a h m e u n d ließ Worte fallen, die andeuteten, d a ß ich ahnete, was vorging. N u n blickte er mich scharf an - n a h m mich bei der H a n d u n d sagte: „junger M a n n ! die Sache ist weiter, sehe ich, als ich selbst geglaubt, u n d für N i e m a n d m e h r ein Räthsel. Ja, die schönen H o f f n u n g e n Deutschlands sind unwiderbringlich dahin." Heftig bewegt stürmte er mit mir im Z i m m e r auf u n d ab u n d schüttete die schmerzlichsten Klagen aus, die ihn, wie mich däuchte, seit lange schon drückten.
1292 An der Weichsel ward die Freiheit in Blut und Verrath ersäuft; in den italienischen Gefilden: Me ne pento, me ne pento: Siam fuggiti come il vento; in der andern Halbinsel erstickte sie im Mönchsfette; in den Niederlanden erdrückte sie die Schlange der Diplomatie; in England erstarrte sie beim Anblick des aristokratischen Medusenhaupts, und in Deutschland — großentheils - verlor sie sich in der Schlafmütze ständischer oder deutschthümelnder Philister und der Juste-milieu-Leute, jener politischen Hermaphroditen, jener Halb- und Scheinliberalen, die vor einem lauten Wort erschrecken, die vor einem gnädigen Blick hinschmelzen, und die, wenn's hoch kommt, den geweitigen Herkules mit den schimmernden Fäden der Herbstnebel zu binden wähnen! Und Frankreich — nun, da ist das droit divin zur raison divine geworden. *) Das Scepter und die Aemter sind aus einer Hand in die andere gegangen: das ist der Inhalt der glorreichen Revolution, die Perier jetzt, wo die Könige seinen Versprechungen zu trauen anfangen, im Angesi chte der Nation zu läugnen sich nicht scheut. Verräther oder Thor, wird er einst — und vielleicht bald schrecklich erwachen. So reifen schwere Begebenheiten im gährenden Schoose der Zeit und kein politischer Seher vermag den Faden zu verfolgen, an den sie sich anreihen; aber Ziel ist Europas Freiheit, dies Ziel steht am düstern Horizont geschrieben. Du aber, biederes, immer gedrücktes, ewig getäuschtes und verrathenes deutsches Volk, stehst voll Unmuth in dich gesenkt, nachdem du vergebens um einen Retter um dich geblickt in deiner unendlichen Noth. O, ich beschwöre dich, wanke nicht, werde nicht kleinmüthig, verzweifle nicht! Der Retter zur rechten Stunde wird erscheinen, wenn du — der Rettung werth bist. Dazu bereite dich! Siehe, die Feuer der Julitage wie jene des 18. Oktobers sollen erlöschen — duld' es nicht! Nähre die göttliche Flamme auf dem Altare deiner Penaten, ein jeder Deutsche nähre sie am patriotischen Busen! Siebenzehn Jahre haben deine Dränger an dem Feuer des 18. Oktobers gelöscht, und als eben der letzte Funke getilgt war, loderte die Flamme des Juli empor. Darum zage nicht du edles Volk! Die Flamme des Juli löschen deine Feinde nicht mehr; und möchten sie Europa mit Blut überschwemmen, sie löschen sie nicht mehr. Mag immerhin der Bundestag seine Blitze schleudern, sie werden abprallen an dem Panzer deiner Konstitutionen. Darum sey wachsam, sey männlich, sey treu und fest, bewahre die heilige Flamme - und die Stunde des Heils wird schlagen. (Westbote.)
Empfehlung verdienstvoller Polen. Als sich nach der Einnahme von Warschau das Haupt[c]orps von der polnischen Nationalarmee getrennt hatte, bildete sich in Zakroczym, unweit Modlin, unter dem Vorsitze *) Die D e p u t i r t e n k a m m e r u n d die Presse haben die Rede RoyerCollards für mystischen Unsinn angesehen; aber er wußte was er wollte, u n d seine Freunde nicht minder.
1294
1293 Joach. Lelecvel's ein Ausschuß, der den verdienstvollsten Personen eine Art Empfehlung ausstellte. Mitglieder des Ausschusses waren der Abgeordnete Joh. Ol. Szaniecki und der bekannte Priester Kas. Alexander Pulaski, Secretär Joh. Nep. Janowski, verantwordicher Redacteur der „polnischen Zeitung" (Gazeta polska) und V. F. Cyprysinski, Mitredakteur derselben. *) Mehrere solcher Zeugnisse sind auch von andern verdienstvollen Männern des Reichstags unterschrieben, ζ. B. von dem Abg. Val. Zwierkowski und dem Landboten Kant Tymowsky. Dasselbe ist in polnischer und französischer Sprache abgefaßt und gedruckt. Den polnischen Worten gegenüber stehen auf dem gebrochenen Bogen die französischen. Das Publikum kann fest darauf vertrauen, daß jeder durch ein solches Zeugniß legitimirte Pole um die heilige Sache des Vaterlandes reelle Verdienste hat. Die Worte lauten: Appel
aux
Peuples.
En egard ä la position des citoyens, qui ont activement servi la revolution de Pologne, et que leurs vertus civiques et leurs devouement ä leur patrie exposent a la haine implacable des ennemis de l'independence de la Pologne et de la liberte universelle; nous nous empressons de faire appel aux sentimens genereaux des peuples amis de cette cause, en les invitant a vouloir bien accueiller avec fraternite le citoyen Polonais: Ν. Ν. N. Ayant sacrifie tout ce qui lui etait eher dans sa patrie, au grand but de l'humanite; il a tout le droit ä la protection des peuples, pour qui la cause de la liberte est facree. Zacroczym ce 15. de Septembre 1831. Joach. Lelewel. Joh. Ol. Szaniecki. Kas. Alex. Pulaski. Joh. Nep. Janowski. Vin. Fer. Cyprysinski. Val. Zwierkowski. Kant Tymowski. Wir fordern alle Polenfreunde, alle Freunde ihrer heiligen Sache, welche auch die Europas ist, auf, diejenigen Personen, welche mit solchen Zeugnissen versehen sind, vorzugsweise zu berücksichtigen, ihnen die ausgezeichnete Aufnahme zu gönnen, deren sie würdig sind, und sie in ihrer mißlichen Lage nach besten Kräften zu unterstützen. Die Redaction der deutschen Tribüne. Tages-Chronik. England. London, 30. Nov. In Clonsen bei Dublin sind Unruhen ausgebrochen, wegen der Verhaftung von 8 Personen, bei welchen man Waffen vorgefunden. Aus Furcht, sie möchten vom Volke wieder befreit werden, hatte die Polizei eine Compagnie des 70ten Regiments requirirt. Diese wurde von einigen Hundert Individuen mit Steinwürfen angegriffen, so daß sie zu ihrer Vertheidigung Feuer geben mußte. Es sind mehrere Personen dabei geblieben. — Die bei Eröffnung des Parlaments zu haltende Rede des Königs setzt jetzt schon alle Gemüher in Spannung. Man glaubt, daß specielle *) Dieses Blatt erschien zuletzt mit dem Motto: salus populi.
Mittheilung über das Gelingen der diplomatischen Unterhandlungen zur Erhaltung des allgemeinen Friedens und Entwaffnung der verschiedenen Mächte gegeben werden wird. - Briefe aus Carthagena sprechen von neuen aufrührerischen Bewegungen. Frankreich. Paris, 2 Dez. Noch immer bringt der Moniteur keine Nachrichten aus Lyon. Statt derselben enthält er heute ein Circular des Hrn. Periers an alle Präfekten, dessen Hauptinhalt darin besteht: sie sollen wissen, sich Gehorsam zu verschaffen, nöthigenfalls aber ihn erzwingen. Die Versprechung, welche der Präfekt von Lyon den dortigen Arbeitern gemacht hat, um ohne weiteres Blutvergießen die Ruhe herzustellen, scheint Hr. Perier nicht halten zu wollen. - Die vertriebenen Portugiesen, welche das port. Juste milien bilden, syrechen den Wunsch aus, Don Pedro möge seine Tochter Donna Maria dem verruchten Don Miguel überlassen. Was wird uns dieses Juste milieu in der Folge noch zumuthen, wenn es sich erst recht ausgebildet hat. — Ein Reisender, welcher so eben aus Holland eintrifft, versichert, daß alle Classen der Einwohner mit ihrem König in Verweigerung der 24 Artikel sympathisirten, daß durch eine große Zahl Marine-Offiziere die Erklärung abgegeben worden sey, den Engländern nie ein holl. Schiff zu lassen, wenn auch ihre Escadre in die Scheide einliefe, sondern vielmehr dem heldenmüthigen Beispiel des van Spyck zu folgen, welcher sich mit seinem Schiff in die Luft gesprengt habe. Paris, 3. Dez. Eine portugiesische Expedition von Rio Janeiro kommend, soll auf der Insel Terceira angelangt se in. Sie besteht aus 600 Mann. — Trotz der Ernennung von 36 neuen Pairs wird es den Ministern nicht gelingen, das Gesetz über Abschaffung der Erblichkeit der Pairie in der ersten Kammer durchzufuhren. — Die Kriegsbesorgnisse erneuern sich wieder. Es ist keine Rede mehr davon Holland zur Unterschrift der Londner Vorträge zu zwingen, vielmehr versichert man, daß außer Frankreich noch keine Macht diejenige Uebereinkunft wodurch Belgien anerkennt wird, ratificirt habe. England will seine Zustimmung nur geben, wenn die von Rußland erfolgt ist. Rußland wartet bis Oestreich sich ausgesprochen hat. Oestreich wird erst nach Preußen unterschreiben. Preußeu aber würde ungerne sehen, daß man gegen König Wilhelm Gewalt brauchte. — Hier folgen immer noch Verhaftungen auf Verhaftungen. Man schreit „nieder mit mit den Ministern" im Heiligthum der Gerichtsstube, man schreit „nieder mit den Ministern" dem Herzog von Orleans ins Ohr. Die Pairie ist nicht constituirt, und das Budget wird nicht discutirt. Für die Civilliste werden 17,800,000 Fr. gefordert. Man ernennt auf ungesetzlichem Wege Pairs zur Erlangung einer Majorität, welche man nicht wünscht. Die Prärogativen der Kammer werden mit Füssen getreten, man kränkt die Offiziere der 100 Tage, man entrüstet die Republikaner. Die Carlisten gewinnt man nicht. Man stützt sich allein auf die Lauen, welche immer dem Meistbietenden gehören. Dieß unsere Lage mit wenigen Worten. Wenn sie mich fragen, wohin das fuhrt, so muß ich Ihnen die Frage zurückgeben, und sie auffordern, Philosoph zu seyn wie unsere Minister, für den Tag zu leben wie unser Ministerium. Paris, den 1. Dezember. Consol. 5 Proz. 90,30; 3 Proz. 79, 90; Flcoruet 81; ewige Rente 57 \ . Lyon. Alles läßt erwarten, und das Circular Hrn. Perier bestätigt die Ansicht, daß noch mehr Blut in Lyon fließen
1295 wird. Man versichert der Maire habe den MinisterPräsidenten beschworen, bei dem System der Nachsicht zu verbleiben, als dem einzigen Mittel, Lyon von seinem Untergange zu retten. Herr Perier soll aber auf seinem Beschluß beharren, durch Bestrafung der Lyoner Arbeiter ein warnendes Beispiel für Frankreich aufzustellen. Mögen alle Fabrikstädte untergehen, wenn nur der Wille des Hrn. Perier vollzogen wird. Straßburg, 4. Dez. So eben halb 6 Uhr zog der so lange sehnlichst erwartete General Romarino mit seinen tapfern Begleitern in die Stadt, doch nein er zog nicht, er ward gezogen. Nationalgardisten hatten die Pferde ausgespannt und zogen den Wagen, dicht umringt von der jubelnden Menge. Nur durch das Verbot der Obrigkeit konnte dieser Empfang das herzliche Feierliche gewinnen. Schon seit Mittag wogte es in den Straßen. Auf dem Place d'armes war große Revue vom Linienmilitär; Marschall Mortier ragte in seiner Riesengestalt hoch über den ihn umgebenden Generalstab hervor, aber sonst nahm Niemand von ihm Notiz, fast kein Fenster des großen Platzes war besetzt, kein Nationalgardist war zu sehen. Wie ganz anders diesen Abend. Wiewohl es regnete, die Straßen über die Maßen schmutzig waren, blieb doch fast kein Bürger zu Hause. Die Häuser vom Austerlitzer Thor an bis zum Kaufhause waren erleuchtet; aus den Fenstern wehten Fahnen und freundliche Frauengestalten empfingen grüßend die Helden der Freiheit. Mehrere hundert Bürger in Civilkleidung ritten mit Fackeln und 2 Musickchören voraus; gewiß mehr denn 3000 Nationalgarden zogen in Reihen Arm in Arm die Parisienne singend voraus. Jubel! Herzlichkeit! Schmerz! - Im Ochsen wo ich diese Zeilen schreibe, höre ich noch fortwährend den Jubel Vivent les Polonais, vive la liberte etc. Mehr denn 20,000 Menschen sind ihnen entgegengezogen. — Und hierzu die Parade von diesem Mittag, wahrlich eine wahre Verhöhnung des Unglücks der edelsten der Nationen. Romarino logirt im Geist, am Balkon seiner Zimmer wehen zwei polnische Fahnen und in der Mitte die Trikolor; es kann diesen Abend noch allerlei Interessantes vorfallen. — Belgien. Brüssel, 30. Nov. Die polnischen Militairs, welche französisch sprechen, werden in belgische Dienste genommen, diejenigen, welche sich nach Frankreich begeben wollen, werden auf Kosten des Polen-Comite nach Valenciennes geschickt. Der Graf Matuszewitz wird als Oberst-Lieutenant in die Fremden-Legion, welche vom Obersten Prinzen Mürat befehligt wird, eintreten. Holland. Haag, 21. Nov. Immer noch dieselbe Ungewißheit hinsichdich der Politik der fremden Mächte, immer noch von unserer Seite dieselbe Spannung. „Wir warten es ab, wir weichen nicht," das ist die Sprache der Holländer, das ist die Sprache ihres Königs, der zum zweitenmale in seinem Leben ihnen Alles verdankt, was er ist, der aber auch von so viel Zutrauen und Liebe tief ergriffen ist, und sich dessen würdig zeigt, durch eine Aufopferung ohne Grenzen und durch eine heroische Festigkeit. Denn es wäre wohl möglich, daß das Interesse der Dynastie, abgesondert betrachtet, die augenblickliche Annahme der 24 Artikel riethe. Die alsbaldige Rückkehr Belgiens, wenn auch nur als getre nnten Landes, unter die Souverainetät des Königs Wilhelm läge in den Wünschen des größern Theils der Velgier und im Privatinteresse der Dynastie, aber es erheben sich andere Schwierigkeiten von Seite der Holländer. Der König [i]st ih nen zu viel Dank schuldig, — und er fühlt dieß voll-
1296 kommen, — um freiwillig die 24 A[r]tikel annehmen zu können, die ihm und sein η Familieninteressen nicht nachtheilig sind, welche notorisch die Wiederkehr Belgiens unter seinen Scepter vorbereiten, aber die Interessen und den Nationalstolz Hollands verletzen würden. Darum also wird dieser Fürst, trotz persönlicher Gründe, die dafür sprechen, die vorgeschlagenen Bedingungen nie gutwillig annehmen. Die öffendiche Meinung ist und bleibt fest unveränderlich. Das einzige Hinderniß gegen die Plane des Königs wäre vielleicht Mangel an Geld; aber einem Könige, der so handelt, wird es bei uns nie daran fehlen; Gott sey Dank, wir haben noch patriotische Kapitalisten, wir haben ein Volk, das von Vaterlandsliebe glüht, und reich genug ist für alle Bedürfnisse des Staats, so groß diese auch seyn mögen. (Α. Z.) Deutschland. Verlin, 20. Nov. Die russische Armnestie-Ukase ist unserem König nur durch die vorgestrige Spenersche Zeitung bekannt geworden. Es heißt, sie habe Se. Majestät so wenig befriedigt, daß der König augenblicklich nach Moskau schrieb, daß man doch eine Amnestie erlassen möge, die ihrem Begriffe mehr entspreche, daß wenigstens den Offizieren des Rybinskischen Corps die Rückkehr in ihr Vaterland erlaubt werden möge. In der Stadt hat diese Ukase eine höchst schmerzliche Sensation erregt. Sie können sich denken, das es Preußen, bei aller seiner Hinneigung zu Rußland, nicht gleichgültig seyn kann, ob wir unmittelbar an Rußland stoßen, oder das Königreich Polen dazwischen liegen haben. Dieser Tage gieng in der That das Gerücht hier, daß der Kaiser alle Insignien der polnischen Krone nach Moskau habe bringen lassen, woraus man folgern wollte, daß es darauf abgesehen sey, Polen zu einer russischen Provinz umzugestalten. (H. Ztg.) Würtemberg, 1. Dez. Die erste Sparte der Neckarund Donauzeitung erscheint heute weiß. Wahrscheinlich enthielt sie eine Protestation gegen die letzten Bundesbeschlüsse in Betreff der Addressen und des Verbotes vom konstit. Deutschland. Stuttgart, 5. Dec. Die drei polnischen Generale Ramorino, Langermann und Schneider, welche schon seit einigen Tagen hier erwartet wurden, kamen, nachdem sie in Regensburg und Augsburg die ausgezeichnetste und ehrenvollste Aufnahme im Bürger- und Militärstande gefunden, am 1. Dec. Abends hier an, und stiegen im Gasthofe zum Waldhorn ab. Denselben Abend wollte ihnen der Liederkranz eine Serenade bringen. Da aber die Polizei dieses untersagte, so stimmte, als der vierstimmige Gesang aufhörte, das in außerordendicher Anzahl versammelte Publikum selbst das Lied an: „Noch ist Polen nicht verloren." Hierauf ertönte ein tausendstimmiges immer wiederholtes Lebehoch, für welches General Langermann mit den Worten dankte: „Es leben die constitutionellen Würtemberger!" Am folgenden Tage hatten die hiesigen Polenfreunde in dem Saale des Burk'schen Gartens ein Mittagessen von 130 Couverten bereitet, bei welchem die Generale fesdich empfangen wurden. Nachdem sich das Gefühl der Versammlung in mannichfachen Toasten zu Ehren der tapfern Generale und der heldenmüthigen polnischen Nation ausgesprochen hatte, wurde zuerst von General Romarino eine Rede in französischer Sprache gehalten. Nach ihm sprachen General Langermann und zuletzt noch drückte General Schneider in gebrochenem Deutsch seinen Dank aus für die seinem Vaterlande und dessen Vertheidigern bezeugte Theilnahme aus.
1297 Die Gesellschaft hatte sich nach Tische beträchtlich vermehrt, und der Andrang von Solchen, welche die Generale sehen und begrüßen wollten, war außerordentlich. Auch aus der nächsten Umgegend hatten sich zahlreiche Verehrer eingefunden, unter Andern ein Müller, der mehrere Stunden Wegs zurückgelegt hatte. Bei der Tafel wurde dem General Romarino von schöner Hand ein amarantrothes Serviettenband zugestellt, auf welches ein weißer Adler gestickt war. Man versichert, daß mehrere Posthalter auf der Reiseroute kein Postgeld angenommen haben. Die Generale wollten am [3] ten in der Frühe abreisen, allein da sie der französische Gesandte zu Tische gebeten hatte, so mußten sie ihre Abreise bis auf die Nacht verschieben. Den ganzen Tag wurde der Gasthof und ihre Zimmer nicht leer von Personen, welche sie sehen und ihnen persönlich die Gefühle der Bewunderung und der Verehrung darbringen wollten. Um die Stunde ihrer auf 10 Uhr festgesetzten Abreise hatten sich Gasthof, Straßen und Platz wieder mit einer außerordendichen Menge Volks gefüllt; Mitglieder der Liedertafel sangen zuerst im Gasthofe selbst nnd dann auf dem Platze mehrere vierstimmige Gesänge, nach deren Beendigung ein tausendstimmiges Lebehoch sich erhob, das die Abfahrenden noch durch die Stadt begleitete. Dresden, 23. Nov. S. M. und der Prinz Mitregent haben unterm 1. Nov. befohlen, daß der bisherige Unterschied zwischen den Adelichen und Nichtadelichen bei dem Universitäts-Examen aufgehoben werden, die Prüfungen der Ersteren vor dem Oberhofgerichte, so wie das sogenannte Grafen-Examen bei verschlossenen Thüren wegfallen, und überhaupt nunmehr eine allgemeine Gleichstellung durch die Prüfung fur die juridische Praxis fur jeden, der die Rechts-Studien vollendet hat, stattfinden soll. Karlsruhe, 4. Dec. Seit dem 1. Dezember ist in Straßburg an die Stelle des Konstitutionellen Deutschlands unter dem Titel „Deutschland" die Fortsetzung dieses Blattes erschienen; über letzteres Blatt macht nun das großherzogliche Ministerium in der hiesigen Zeitung Folgendes bekannt: In Gemäßheit höchsten Befehls aus großherzoglichem Staatsministerium vom 2. d. M. wird die Versendung und Verbreitung des bei Silbermann zu Straßburg unter dem Titel „Deutschland" erscheinenden Zeitblattes, welches an die Stelle des durch den Bundesbeschluß w m 19. v. M. verbotenen „constitutionellen Deutschlands" getreten ist, hiermit untersagt. Die Polizeibehörden haben ftir den Vollzug dieser Anordnung zu wachen, und das fragliche Blatt, falls es gleichwohl an öffentlichen Orten aufgelegt werden sollte, hinwegnehmen zu lassen. Hanau, 3. Dez. Als die polnischen Heere noch siegreich und kampflustig einem weit überlegenen Feind entgegenstunden, damals traten fast allenthalben Vereine ftir sie zusammen, und der Deutsche bestrebte sich dem westlichen Nachbar-Volke nicht nachzustehen, wenigstens zu zeigen, daß er großes Mitgefühl ihr die Leiden eines neu erstandenen Volkes habe. Namendich war es der hiesige Verein der zuerst diesen Namen führte, seine Existenz der damaligen polnischen Regierung anzeigte und von ihr förmlich als solcher anerkannt wurde. Polen ist nun durch Verrath untergegangen, das erst entstandene Reich hat aufgehört, seine treueste und kräftigste Vertheidiger haben den vaterländischen Boden, der ihnen nicht mehr Vaterland seyn konnte, verlassen, und haben Schutz in den Nachbarstaaten gesucht, welcher ihnen durch die Mensch-
1298 lichkeit der dortigen Herrscher geworden ist. Viele dieser Auswanderer suchen nun in Frankreichs Grenzen eine neue Heimath und eilen dorthin, oft von Allem entblößt, und in den dürftigsten Umständen, so daß sie genöthigt sind, die Hülfe ihrer deutschen Brüder anzusprechen. Der hiesige Verein hält es daher fur seine Pflicht, diesen Unglücklichen, alle ihm mögliche Hülfe zu leisten; und wendet sich deßhalb vertrauensvoll an Deutschlands biedere Bewohner, sie bittend, ihn durch Beiträge in den Stand zu setzen, dies vollbringen zu können. Der Verein ist überzeugt an seine deutschen Landsleute keine Fehlbitte gethan zu haben, denn Mideid zu üben ist ja eine Nationaltugend derselben. Im Namen des Vereins: der Obergerichts-Anwalt, Hartz. Aus der Pfalz, 29. November 1831. Ein neun und achtzigjähriger Mann hat mir den Auftrag gegeben, in seinem Namen eine Actie auf Wirths Presse bei der Redaction des Westboten zn nehmen. So muß es kommen! die Greise müssen aufstehen und gegen die Smach ankämpfen, die man dem deutschen Volke durch Hemmung eines freien Gedankenverkehrs anthun will. So sagte ich, wahrhaftig bewegt, mit Rücksicht auf die Schlaffheit so Vieler des jüngern Geschlechts, als mir der obige erfreuliche Auftrag meines würdigen Großvaters zu Theil ward Seinen Namen wünscht er nicht genannt zu haben, weil er weiß, daß man gern geneigt ist dem Alter so wie der Jugend Eitelkeit zur Last zu legen. (Westb.) München, 6. Dec. Am heutigen Tage versammelte sich das brittische Parlament, um die längst als Bedürfniß ererkannte Reform durchzuführen, eine Reform, von der sich die englische Nation die herrlichsten Früchte verspricht. Heute versammelte sich auch unsere Deputirten-Kammer, um über eine Rückäußerung der Reichsräthe in Betreff des Budgets zu entscheiden, eine Verhandlung, welche für die bairische Nation beinahe von derselben Wichtigkeit ist. Es handelte sich darum, ob ihr durch die Volksvertreter Erleichterung ihrer schwer drückenden Lasten werden sollte. Die frühern Verhandlungen über diesen Gegenstand und die nach reiflicher Erörterung gefaßten Beschlüsse berechtigten zu den schönsten Hoffnungen. Innige Ueberzeugung von der ungewöhnlichen Noth des Volks hatte die Deputirtenkammer gezwungen, selbst an der Civilliste zu streichen, denn welcher Deputirte würde ohne diesen moralischen Zwang dem unangenehmen Gefühle sich unterziehen, die Einkünfte seines Königs zu schmälern. Dieselbe gebietende Noth, welche jenen Beschluß dictirt hatte, bestand auch heute noch. Es hatte also die Deputirtenkammer immer noch dieselbe Obliegenheit, abzuhelfen der Noth des Landes, selbst dann, wenn es die Ueberwindung ihrer schönsten Gefühle für den Monarchen kostete und sogar auf die Gefahr hin, ihre guten Absichten verkannt zu sehen. — Zu dieser Obliegenheit kam eine zweite, diejenige nämlich, Beschlüsse aufrecht zu erhalten, welche sie nach so r[e]iflicher Berathung gefaßt hatte, und die Würde der zweiten Kammer nicht nur jener der Reichsräthe gegenüber, [s]ondern auch in den Augen des Volks zu behaupten. Noch gestern ging ihr hierin die Kammer der Reichsräthe mit einem leuchtenden Beispiele voran, indem sie auf ihrem frühern Beschluß über den wiederholt vorgelegten Antrag zur Sicherstellung der Personen mit Festigkeit beharrte. — Aber dessen ohngeachtet stieß die Deputirtenkammer durch ihre heutige
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1299 Abstimmung alles das wieder um, was sie nach vieler Berahung und reiflicher Verhandlung für zweckmäßig erkannt u nd durch Stimmenmehrheit beschlossen hat. Gerne enthalte ich mich ein Urtheil darüber zu fällen, die Nation, die Geschichte mögen richten. Nur eine Bemerkung sey mir vergönnt. Nachdem das geschehen ist, hat entweder die Kammer der Deputirten ohne Noth durch ihren ersten Beschluß die Civilliste verringert, oder sie hat bei ihrem zweiten Beschluß die Noth des Landes nicht berücksichtigt. Meiner Ueberzeugung nach wird das eine so wenig als das andere ihr zur Ehre gereichen. So viel ist jedenfalls gewiß, daß Deutschland von der bairischen Kammer nichts mehr zu hoffen hat. (F. A.) München, 7. Dezember. Nachdem die Abgeordneten in der gestrigen Abendsitzung, welche bis gegen 11 Uhr dauerte, über die Etats des Staatsraths, der Ständeversammlung, der verschiedenen Ministerien, der Landgerichte und der Staatsanstalten abgestimmt hatten, wobei sie fast durchgehends die von den Neichsräthen beantragten Modificationen verwarfen und auf ihren früheren Beschlüssen stehen blieben, — giengen sie heute zum Etat der activen Armee über, welcher von ihnen mit Ausschluß des Festungsbaues, der Gensdarmerie und des topographischen Bureaus auf 3 | Million festgesetzt worden war. Die Reichsräthe hatten jedoch beschlossen, fur dieselbe 5,572,903 fl. an Geld und 627,097 fl. an Naturalien zusammen 6 Millionen zu bewilligen. Die Mehrheit des zweiten Ausschusses (Referent über diesen Gegenstand war der Abg. Binder), in Betracht, daß auch diejenige Formation der Armee, wie sie von der Staatsregierung gefordert werde, nicht hinreichend sey, das Vaterland gegen einen Feind zu schützen, sondern daß im Falle eines Angriffs von Aussen nur in einer Volksbewaffnung heil zu suchen sey; daß also eine unbedeutende Minderung der gemeinen Mannschaft der Armee dem Staatszwecke keinen Eintrag, wohl aber nach den als richtig anerkannten Berechnungen d es Abg. Schüler für die Staatskasse einen bedeutenden Vortheil brächte; und in fernerem Betracht, daß eine Verminderung des Militäretats, der nach einem sechzehnjährigen Frieden die ganze directe Steuersumme verschlänge, höchst wünschenswerth sey, endlich bei dem wie der Kriegsminister erkläre trefflichen Zustande der Waffen und Kriegsbedürfnisse durch Ersparungen leicht ein durch etwaiger Ausfall als Folge erhöhter Naturalienpreise gedeckt werden könne, begutachtete dagegen, das Militärbudget bei der durch Kammerbeschluß festgesetzten Summe von 5,500,000 fl. zu belassen. Auch hier suchte der Abg. Vetterlein einen sogenannten Mittelweg einzuschlagen, indem er beantragte, 6 Millionen zu bewilligen. Der Bedarf der gegenwärtigen Armee, sagte er, sey genau berechnet, und gegen die Richtigkeit der Rechnungen sey nichts eingewendet worden. Die von dem Ausschuß beantragten Ersparnisse seyen sämmtlich auf eine Verminderung des Heeres gegründet, die man so auf Pausch und Bogen verlange, und die er fiir rein unmöglich halte, wenn nicht das Wohl der Armee und somit das des Vaterlandes darunter leiden „solle und wolle." Dagegen thaten die Abgg. Heinzelmann, Closen, Schwindel, Ziegler u. a. dar, daß das Referat des ehrenwerthen Abg. Schüler, dem der Ausschuß folgte, auf Vernunftgründen und Beweisen be-
ruhe, die man nicht gelesen zu haben scheine, auch nicht widerlegt habe; daß dieses Referat also nicht auf Willkühr oder „Pausch und Bogen" fuße, sondern daß umgekehrt die Forderung der Regierung die durchaus willkührliche und bereits widerlegte Annahme zur Grundlage habe, daß die Mannschaft der Armee auch um ein Geringes nicht vermindert werden könne, ohne einen Verrath am Vaterlande zu begehen. Noch bemerkte der Abg. Schwindel: Wenn das Budget der Reichsräthe, das die Nation in den folgenden Jahren in Schulden zu stürzen beantrage, angenommen würde, so zöge er das von der Regierung vorgelegte noch vor; denn nicht allein, daß die Reichsräthe fiir bestimmte Zwecke Ersparungen aufzuzehren und Schulden zu machen vorschlagen, diese bestimmten Zwecke liefen auch, wie der neue Festungsbau, in die vierte Finanzperiode hinein, und müßten dann mit neuen Schulden, und zwar im vergrößerten Maßstabe gedeckt werden, denn dann seyen keine Ersparungen mehr aufzuzehren. Der Abg. Scheuing: Er empfehle der Kammer Vorsicht bei der Abstimmung; wolle man auch hiervon dem früheren Beschluß abgehen, so verlöre man alle Vortheile, die man dem Volke zudenke, und dann sey es nur schade um die schöne Zeit und das viele Geld, das die Versammlung gekostet habe. Der Abg. Culmann: Eines der Choleragesetze verfiige bereits über die 7 Millionen Ersparungen aus den Vorjahren, und doch glaube der Abg. Vetterlein die sehr bedeutenden Ausfälle damit zu decken, die sich in Folge der Beschlüsse der Reichsräthe am Bucket ergeben müßten. Diese Ersparnisse sollten also zu gleicher Zeit für die durch die Cholera verursachten Kosten sorgen, wie fiir die ebengenannten Ausfälle. Das schien ihm unmöglich, da bereits der Versicherung des Ministers zufolge alle bei der Armee durch den Cordon verursachten außerordendichen Kosten davon bestritten würden. Der Abg. Dietrich: Er wünsche nur, daß ein Friedrich der Große bei dieser Berathung gegenwärtig seyn möchte; er würde dem Minister von Weinrich und dem Abg. Vetterlein bald zeigen, daß das Heer mit 5 Millionen auskommen könne. Freilich sey nicht einem Jeden der Geist dieser großen Männer eigen. Der Abg. Binder: Er habe sich die bisherigen Beschlüsse der Kammer auf natürlichem Wege zu erklären gesucht, sey aber dabei auf den Gedanken gekommen, daß wohl die alten Hausgötter dieses Hauses noch in ihrer Versammlung spucken müßten. Man werde sich erinnern, daß dieser Saal ein Tanzsaal gewesen sey; damals wie jetzt tanzten die darin Anwesenden, die damaligen nämlich nach der Musik des Orchesters, die jetzigen nach der Pfeife der Minister; damals möchte manche Schöne Versprechungen hier erhalten haben, an deren Erfüllung nicht gedacht wurde; jetzt erhielt hier dergleichen die Kammer; ein solcher Tanz möge fiir manchen Mann angenehm seyn, er bitte aber daran zu denken, wer ihn bezahle. Die Gegenparthei wiederholte, die Beschlüsse des Ausschusses beruhten auf Willkühr, seyen unmöglich auszuführen. - Bei der Abstimmung beharrten die Abgeordneten, mit 66 gegen 52 Stimmen, auf ihrem Beschluß, für den Militäretat nicht mehr als 5,500,000 fl. zu bewilligen. - Unter der bejahenden Parthei bemerkte man die Abgg. Kreß, Lang, Harsdorf u. a., unter der verneinenden Seuffert und Schulz. Verantwortlicher Redacteur: J. G . A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Freitag.
Tribiine.
constitutionelles
Ν—
Die badische Kammer und die Bundesbeschlüsse. Auf die erste kurze Mittheilung über die gestrige Sitzung und ihre Richtung im Allgemeinen folge hier der Versnch einer mehr ins Einzelne gehenden Uebersicht, wenn sie auch von einer mehrstündigen, höchst interessanten und inhaltreichen Verhandlung immer nur ein unvollkommenes Bild geben mag. Die Erwartung der angekündigten Fragestellung Rottecks hatte die Tribüne mit Zuhörern überfüllt. Unter den angezeigten neuen [E]ingaben bemerkte man eine kräftige Adresse von Freiburg, worin der Kammer für ihre feste Haltung in den Verhältnissen mit der andern Kammer wegen des Novalzehntens ein patriotischer Ausspruch des Dankes dargebracht wurde; ein neuer Beweis von der hohen politischen Bildung, welche Freiburg auszeichnet. Nach einer Verzögerung, welche durch das späte Erscheinen des Hrn. v. Türckheim veranlaßt wurde, setzte die Kammer die einstweilen begonnene Discussion über die Militärdienerpragmatik aus, und Hr. v. Rotteck erhielt das Wort. Zuerst sprach er über den treuen und loyalen Character der Kammer von 1831, über die Ansprüche auf Anerkenntniß durch ein fruchtbringendes Ende des Landtags, und über den festen Entschluß der Abgeordneten, nicht mit Unehre heimzukehren, nicht durch Fahrläßigkeit oder passives Verhalten dem badischen Volke oder der deutschen Nation Grund zur Beschwerde zu geben. Diese Pflicht wurde besonders auf die neusten Ordonnanzen des Bundestags bezogen, und dabei der hochwichtige und folgenreiche Satz entwickelt, daß die Kammer nicht nur gegen den badischen, sondern auch gegen den deutschen Staatsbürger eine Verpflichtung habe, daß jede deutsche Volkskammer sich als ein Element der deutschen Nationalrepräsentation betrachten müsse, daß ihre Interessen in Wechselwirkung und Gewinn oder Verlust auf dem Boden des constitutionellen Lebens Allen gemeinsam seyen. Wenn diese Anfragen Veranlassung zu Spannung oder Zwiespalt werden sollten, so würde dies nur ein schrecklicher Beweis für die Nothwendigkeit der Rechtsverwahrung seyn, da es auf einen hohen Grad von Furcht und Abhängigkeit bei der Regierung deuten würde, wenn sie schon bei der blosen Berührung des Bundestags erzitterte. Indem der Redner auf die theils von oben, theils von unten ausgehenden Angriffe gegen die Selbstständigkeit der Bundesstaaten einging, warf er einen Seitenblick auf die berüchtigte Adresse der Fürsten von Löwenstein,
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Tagblatt.
München den 9. December 1831.
welche kürzlich Hr. Winter als unverständig bezeichnete. Hr. v. Rotteck rügte mit kräftigen Ausdrücken die maßlos gesteigerten Ansprüche der Aristokratie, die Lossagung von dem Bereich der gesetzgebenden Gewalt, den Ton, der die Regierung und die Kammern des Jakobinismus zu verdächtigen suche, ( - man lacht —) und von einem „gewissermaßen legalisirten Faustrecht" spreche, zog hierauf eine Parallelle mit andern Fällen, wenn ζ. B. eine Gemeinde gegen das Gemeindegesetz protestiren wollte, und schloß mit der Frage, ob der souveräne Staat von einem hochadeligen Unterthan solche Aufsagung des Gehorsams leidend hinnehmen werde? Hierauf folgte die Hauptfrage, die Kränkung der Souveränität Badens durch die Bundesbeschlüsse. In Bezug auf das Verbot des Blattes: „Das constitutionelle Deutschland" erklärte der Redner, daß er an und für sich kein besonderes Interesse daran nehme, und daß er niemals einen Aufsatz hineingeliefert habe, wie er früher schon erklärt habe als freche Lügner, wie die Mannheimer Zeitung und die französische Gazette, ihn als Redacteur oder Mitarbeiter bezeichnet hätten. Er sprach die Ueberzeugung aus, daß das Blatt neben vielem Guten und Gemeinnützlichem auch manches Schlechte, Gemeine und Strafwürdige gebracht habe; allein es handle sich hier um das Prinzip, da die Karlsbader Ordonnanzen das Recht des Verbotes auf die in deutschen Bundesländern erscheinenden Schriften beschränkten, und hier dürfe man kein Haar breit weichen, da die erste Ueberschreitung eine weite Pforte für jede andre eröffne. In Bezug auf den andern Beschluß wegen der Preßgesetzgebung machte Hr. v. Rotteck bemerklich, daß er weit über die Karlsbader Ordonnanzen hinausgehe, indem diese blos provisorisch und zuerst blos auf 5 Jahre gegeben gewesen; der jetzige Beschluß aber sie bis dahin verlängere, wo sämmtliche Bundesregierungen, Oesterreich und Preußen mit eingeschlossen, sich zu allgemeinen Bestimmungen über Preßfreiheit vereinigt haben würden, d. h. bis zum Ende aller Dinge. Er berief sich darauf, daß schon die Verlängerung von 1824 in Baden nicht gesetzlich verkündet worden und daher auch keine Gültigkeit habe, bewies die in den neusten Beschlüssen liegende Verlängerung bis in die fernste Zeit, bis zu einem wie zum Spott angedeuteten Termin, und äußerte sich mit aller Schärfe über das constitutionswidrige Verfahren, wodurch ein badischer Minister eine solche neue Verpflichtung einging, eine Verpflichtung, wozu Niemand das Recht hatte, und deren Anerkenntniß nicht erzwun-
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1303 gen werden kann. Genügt es, fragte er, zur Vernichtung unserer kostbarsten Rechte, einmal, wie aus dem Stegreif anzufiihren, daß die Fürsten in Frankfurt sich gegenseitig verpflichtet hätten, ihren Völkern jene Rechte wegzunehmen? In Bezug auf die Verhältnisse der Preßfreiheit überhaupt verglich der Redner den Artikel der Bundesakte, wonach sich der Bundestag bei der ersten Zusammenkunft mit gleichförmigen Bestimmungen über Preßfreiheit beschäftigen sollte, mit dem Artikel der badischen Verfassung, wonach die Preßfreiheit nach den künftigen Bestimmungen des Bundestags gehandhabt werden sollte; er machte darauf aufmerksam, daß in beiden Pre&freiheit, nicht Vre&sclaverei zugesagt wurde, und wunderte sich, wie man aus der Nichterfüllung der ersten Zusage den sonderbaren Schluß ziehen könne, daß darum auch der einzelne Staat zur Nichterfüllung der seinigen verpflichtet sey, während vielmehr daraus folge, daß die Nichterfüllung auf der einen Seite auch die Verpflichtung auf der Gegenseite aufhebe. „Ich will, sagt der Bundestag zu den souveränen deutschen Völkern, daß euer Recht auf Preßfreiheit unterdrückt bleibe, bis mir einmal beliebt, meine eigene Verpflichtung gegen euch, die ich längst hätte erfüllen sollen, aber nicht erfüllt habe, endlich in Erfüllung zu setzen. — Wie? aus der beharrlichen Nichterfüllung seines eigenen feierlichen Versprechens soll dem deutschen Bund gegen uns ein Recht erwachsen?" Nach solchen Entwicklungen bezeichnete der Redner die neuesten Beschränkungen als einen Angriff auf die durch den Bund selbst ausgesprochene Selbstständigkeit der einzelnen Staaten, und widerlegte das angebliche Daseyn einer eingegangenen Verpflichtung, wozu ein Verein fürstlicher Gesandten gar nicht befugt seyn könne, da diese Selbstständigkeit nicht nur ein Recht der deutschen Fürsten, sondern eben so der Staaten selbst und der Völker sey. Wenn ein Conclusum der Gesandten in Frantfurt hinreiche, um das heiligste und kostbarste Besitzthum der Völker umzustürzen, so gebe es in Deutschland weder ein Recht noch eine Verfassung mehr, sondern blos eine prekäre, von der Gnade abhängige Gestattung. Die gefährlichen Consequenzen wurden klar dargethan; in dem Augenblicke der Beendigung des Landtags könne der badische Bundestagsgesandte oder der Minister in Karlsruhe uns unter der Firma des Bundestags unter das Joch von Oesterreich und Preussen werfen, uns an die seit Warschaus Fall übermüthig sich erhebende Reaktion überliefern, und die ganze Verfassung durch ein von Frankfurt bestelltes oder demüthig angenommenes Decret in Trümmer legen lassen. Als die im besten Fall hervorgehende Aussicht wurde die Beschränkung aller Erwartungen dahin gezeigt, vielleicht nach einigen Menschenaltern ein allgemeines Preßgesetz zu erhalten, welches die Völker an dem hellen Rhein verdammen werde, sich mit dem Maaß von Freiheit zu begnügen, welches man denen an der Oder und an der Niederdonau zu gestalten, sich herabließe. Sehr interessant war die Hinweisung auf die zu erwartende Ausübung solcher Bestimmungen nach dem Geist der bisherigen Censur, wobei Hr. von Rotteck das Berbot des Auszugs seiner Weltgeschichte in Preussen erwähnte; die preussische Monarchie mit 500,000 Bewaffneten erkläre dadurch, daß sie sich vor einigen Heften Auszugs furchte, und er fühle sich dadurch nicht gekränkt, sondern durch die denselben beigelegte Wichtigkeit auf eine Höhe gestellt, an die er in seinen kühnsten Träumen nicht gedacht hätte. (Fortsetzung folgt.)
Der erste Präsident der Abgeordneten. (Schluß.) Wir wollen uns wieder in die Kammer begeben und die Sitzung vom 6. Dec. näher beleuchten. Die Civilliste war der Berathungsgegenstand. Die Kammer der Reichsräthe hatte die Modification der Kammer der Abg. nicht angenommen, sie hatte vielmehr die Summe von 3,149,420 fl. bewilligt. Die Majorität des 2ten Ausschusses hatte den Antrag gestellt, fiir die eigendiche Civilliste auf der durch ersten Beschluß festgestellten Summe von 2,500,000 fl. zu beharren, jedoch als außerordentlichen Zuschuß zur unabweisbaren Vollendung von Neubauten jährlich 200,000 fl. zu bewilligen. Der Referent des Ausschusses Hr. Vetterlein und mit ihm noch 2 Stimmen endlich hatten folgendes in Antrag gestellt: „Summe der eigendichen Civilliste . 2,760,000 fl. hiezu für die Hofbauten 240,000 fl. diese letztere Summe ist von der Staatsregierung zu 180,000 fl. in der Voraussetzung postulirt, daß die Civilliste auf den Antrag von 3,149,420 fl. festgesetzt wird; sie reicht aber nach den eingegangenen Erkundigungen bei Weitem nicht zu, um nur den Residenzbau zu vollenden, nnd um deßwillen würde sie immer als das Mininum der Bewilligung erscheinen. Weil aber der Residenzbau vollendet werden muß, so hat die Minorität des Ausschusses fiir den Verlauf der 3 Finanzperiode den Baukostenzuschuß um 60,000 fl. mit der Ueberzeugung erhöht, dadurch nur dem strengsten Pflichtgefühl entsprochen zu haben; will aber gleichwohl auch die Alternative der 180,000 fl. der Frage und Abstimmung nicht entziehen." Als es nach dem Schlüsse der Debatte zur Abstimmung kam, wollte der Präsident zuerst über das Postulat der Regierung, als die höchste Summe abstimmen lassen, und erst nachdem ihm aus dem Reglement bewiesen worden war, daß dieß gegen das Gesetz sey, wurde er gezwungen — wie er sich selbst ausdrückte — nach dem Gesetze zu verfahren. Die Anträge der Majorität des Ausschusses wurden verworfen, und man kam zu denen der Minorität. Der Präsident erklärte, er würde über die beiden Anträge zugleich abstimmen lassen, weil sie zusammen nur eine Summe ausmachten. Gegen diesen in seiner Art einzigen Grund protestirte eine große Anzahl Abgeordneter. Sie zeigten, daß die Summe der beiden Positionen nicht einmal ausgesprochen war, und daß wohl von 2,760,000 fl. und dann wieder von 240,000 fl. die Sprache sey, nirgends aber von 3,000,000 fl. Sie machten aufmerksam, daß eines Theils von der eigentlichen Civilliste gesprochen war und dann von einem Zuschüsse, der noch der eigendichen Civilliste beigegeben werden sollte; sie sagten endlich, daß auf keinen Fall über die ganze Summe von 3,000,000 fl. abgestimmt werden könne, weil ja die Minorität des Ausschusses sogar darauf angetragen habe, daß hinsichdich des Zuschusses eine Frage gestellt und abgestimmt werden solle, ob dieser Zuschuß aus 180,000fl.oder aus 240,000 fl. zu bestehen habe. Aber alles dieses waren Stimmen in der Wüste. Herr Rudhart entgegnete, die Zertheilung der Civilliste in 2 Summen von 2,760,000 fl. und 240,000 fl. sey blos eine Motivirung des Antrags, die ganze Summe auf 3,000,000 fl. zu
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1305 stellen, - obgleich, wie schon gesagt worden, nirgends etwas von einer solchen Summe zu sehen ist. — Er und der Abg. Socher behaupteten noch, der Ausschuß habe dadurch, daß er die beiden Summen mit dem Wörtchen „und" verbunden hätte, beurkundet, daß er die beiden Summen nur in Verbindung gedacht hätte. Aber die beiden Ehrenwerthen hatten falsch gelesen, und dadurch die ihnen volles Zutranen schenkende Kammer getäuscht; denn es heißt nicht, „und" sondern „hiezu" wodurch gerade das Gegentheil von dem bewiesen wird, was die Ehrenwerthen beweisen wollten. Endlich frug man den Ausschuß, was er bei der Redaction seines Beweises habe sagen wollen. Der Referent, Hr. Vetterlein, erklärte, die fragliche Stelle sey im Sinne des Präsidenten und der Abg. Rudhart und Socher zu verstehen. Da rief der Abg. Schwindel voll Entrüstung über diese Erklärung: „dann hat uns der Ausschuß betrogen!" womach der Ab g. Vetterlein versicherte, es sey nichts weiter von ihm entfernt, als ein solcher schmählicher Betrug. Ferner traten noch auf die Abgg. von Closen und Schwindel, und stellten den Satz auf, daß auch die mündliche Erklärung des Referenten keine bindende Kraft: habe, - scripta manent, sagte Closen, der Referent kann seine ursprüngliche Meinung vergessen oder verändert haben, und man muß sich lediglich an den in dem Referate niedergelegten Sinn halten. Während dessen hatte der Präsident nach seiner schon so oft erprobten Taktik erklärt, er würde keine andere Frage stellen, als die auf 3,000,000 fl., weil es sein Gewissen ihm nicht anders erlaube. Da erzählte der Abg. Culmann, er habe während der Berathung den Präsidenten gefragt, ob er bei der Fragestellung eine besondere Frage auf jede der zwei Positionen, oder ob er nur eine einzige auf die ganze Summe von 3,000,000 fl. zu stellen gedenke. In solchem Falle würde er eine besondere Modification beantragen, damit die beiden Positionen getrennt würden. Daraufhabe ihm der Präsident erwiedert, das sey nicht nöthig weil er ohnehin zwei Fragen stellen würde. Diese Thatsache erregte allgemeinen Unwillen, aber der Präsident that, als ob er Culmanns Worte nicht höre, und unterbrach denselben mehreremale, bis ihm der Abg. von Closen zurief: „Herr Präsident, Sie sind angeschuldigt!" Nunmehr ließ er seinen Zorn gegen Closen aus und wußte so lang von seiner Gewissenhaftigkeit zu rühmen, daß Culmann nicht mehr gehört wurde. Endlich kam man ihm, dem Präsidenten zu Hülfe und rettete ihn so aus seiner Verlegenheit. Man verlangte die Abstimmung auf die Frage, wie die Kammer abzustimmen habe, ob über die zwei Positionen oder über die ganze Summe von 3,000,000 fl. So sehr sich der Präsident vor wenigen Minuten dagegen gesträubt hatte, so schnell gab er jetzt nach, wahrscheinlich, um Hm. Culmann los zu werden. Dieß gelang ihm denn auch, und die Kammer entschied, daß die Interpretation des Präsidenten die richtige sey. Nun sollte zur eigentlichen Abstimmung geschritten werden, als der Abg. Rudhart, von Furcht gequält, es möchten jetzt alle ferneren Positionen verneint werden, sich das Wort erbat und die Bemerkung machte, daß diejenigen, welche die Position von 3,000,000 fl. verneinen würden, damit zugleich zur weitern Position von 3,146,420 fl. ihre Zustimmung geben würden, indem dieß die letzte Modification sey und eine Summe doch auf jeden Fall bewilligt werden müßte, selbst ohne Abstimmung. Dieß war ganz fälsch, denn die Kammer kann nie einen Beschluß fassen ohne Abstimmung, indem nur
vermöge derselben ein Beschluß entstehen kann. Auch sagt das Reglement ganz ausdrücklich, daß, wenn alle Modificationen verworfen worden sind, die Kammer endlich über die Redaction der Regierung abzustimmen habe. Ferner ist es nicht nothwendig, daß irgend eine Redaction eines Entwurfes oder eines §. angenommen werde, die Kammer kann auch alle ohne Ausnahme verwerfen. Wir sind hier wirklich sehr in Verlegenheit zu bestimmen, aus welchen Motiven Herr Rudhart diesen Grundsatz aufstellte; wir halten ihn flir zu gewissenhaft, um ihn für gewissenlos, und fur zu verständig, um ihn für dumm zu erklären. Daß aber Herr Rudhart zwischen zwei Abstimmungen sprach und zwar über eine Sache, welche die Fragestellung nicht berührte, war nicht allein gegen alles Reglement und gesetzwidrig, es war auch sehr ungeeignet; denn er wollte dadurch einen Einfluß auf die Abstimmung bezwecken, und der Präsident hätte ihn sicherlich getadelt, wenn er nicht mit ihm einer Meinung gewesen wäre. Doch war der Präsident keineswegs mit ihm zufrieden, denn wenn er auch dieselbe Ansicht hatte, so hielt er es fur weit klüger, nichts davon zu sagen, und der Kammer, wenn sie die 3,000,000 fl. verneint haben würde, die 3,149,420 fl. durch Ueberraschung aufzudringen. Es ist Schade, daß sein Plan nicht zur Ausführung kam, denn dann hätte man noch einen Beleg von seiner heimtückischen Taktik aufzuweisen gehabt, wenn es ja noch irgend Jemand geben sollte, der durch die angeführten Thatsachen nicht schon wüßte, was er von Hrn. v. Schrenk zu halten habe. Daß aber dieser Plan wirklich in seinem Sinne lag, das beweist folgende Aeußerung, welche er an demselben Tage, wenige Stunden nach der Abstimmung, laut werden ließ: „Hätten mich die Andern (Rudhart und Cons.) nur machen lassen; ich hätte auch noch die 3,149,240 fl. durchgebracht!" Also präsidiren Sie die Kammer, um etwas durchzubnngen, Herr Präsident, nicht um die Berathungen der Kammer mit Unpartheilichkeit und nach Gerechtigkeit zu leiten? Sie haben sich selbst das Urtheil gesprochen, und daß Sie es gethan, dafür bürgt das Zeugniß von unverdächtigen Zeugen, welche ihnen diese Aeußerung wiederholen könnten, wenn Sie dieselbe schon sollten vergessen haben. Dieß sind die Thatsachen, auf welche wir unsere Anklage begründen. Wir fordern noch einmal die Kammer auf, dieselben einer genauen Prüfung zu unterwerfen und dann zu verfügen, was Rechtens. Sollte aber dieß nicht geschehen, so haben wir wenigstens unsre Pflicht erfüllt, und die öffentliche Meinung wird den Richterspruch thun.
Ta g e s - C h r o n i k . Spanien. Madrid, 24. Nov. Seitdem unsere Geistlichkeit die Publication einer päbstlichen Bulle befurchtet, in Folge deren ihr neuerdings jjtel (eine Art Abgabe) auferlegt werden soll, ist sie in großer Bewegung. — Alle Intriguen über auswärtige Verhältnisse sind aufgegeben, um sich nur mit der einzigen sie selbst so nahe berührenden Angelegenheit zu beschäftigen. Einerseits bemühen sie sich, einen Minister-Wechsel herbeizufuhren, andererseits suchen sie mit den Ministern ein Arrangement zu treffen, so daß es schwerlich zur wirklichen Publication der Bulle kommen wird.
1307 England. London, 2. Dez. Nachrichten aus Glasgow melden, daß unter den dortigen Arbeitern großes Elend herrsche. Ueber 3000 derselben waren schon vorige Woche ohne Beschäftigung und Brod. Ihre Zahl soll seitdem auf 6000 sich erhoben haben. Das Ministerium ist deßhalb sehr besorgt. Frankreich. Paris, 4. Dez. Don Miguel in seiner Geldnoth hat ein neues Mittel ersonnen, seinen Schatz zu füllen. Er bedroht die seit Monaten und Jahren gefangenen Personen mit Zwangsarbeit, wenn sie nicht gewisse Summen als Ersatz der durch sie verursachten Kosten bezahlen. So hat man dem Subserra allein 14,000 Reis abgepreßt. Straßburg, 5. Dec. So eben theilt man uns ein auf außerordentlichem Wege angekommenes Schreiben aus Lyon mit, laut welchem der Herzog von Orleans am 3. Dec. Morgens in Lyon eingezogen ist. - Als wir gestern über den glänzenden Empfang der Generale Romarino, Langermann und Schneider berichteten, wußten wir nicht, daß diese hochherzigen Vertheidiger des edlen unglücklichen Polens, schon bevor sie das französische Gebiet betraten, mit Ehrenbezeugungen vieler unserer Mitbürger empfangen wurden, deren Begeisterung das ausländische Ufer mit ihrem Jubel erfüllte. — In der That, mehr als 600 französische Bürger, beinahe sämmtlich Nationalgarden, worunter viele Officiere, empfingen die Generale auf der Post zu Kehl unter wiederholtem Ruf: es lebe Romarino! Es leben die Polen! Es lebe die Freiheit! Dieser Vorfall ist ein neuer Beweis des lebhaften Mitgefühls und der Bewunderung, die alle patriotischen Herzen hingerissen hat. Heute Abend wurden den Generalen nacheinander zwei Serenaden gebracht; die eine von der Musik des 3ten Bataillons, die andere von der Artillerie der Nationalgarde. Sie drückten aufs lebhafteste aus, wie sehr dieser neue Beweis von Aufmerksamkeit sie rühre. So oft sie sich zeigten, ertönte aus der vor dem Gasthof zum Geist versammelten Volksmenge der Ruf: Es leben die Polen! Es sterben die Russen! Auf Antrag des Rektors der Academie waren am Austerlitzer-Thore Befehle ertheilt, einen Zug von Studierenden, welcher mit einer schwarzen Fahne den Generalen entgegenzog, nicht passiren zu lassen, allein die allgemeine Theilnahme des Volkes ließ die Vollziehung dieses Befehles nicht zu. (Nrh. C.) Belgien. Brüssel, 30. Nov. Nach einem Privatschreiben ist die holländische Anleihe von 138 Millionrn Gulden durch freiwillige Subscription gedeckt. Die Stadt Amsterdam hat dazu für 80 Millionen, Rotterdam für 40 Millionen beigetragen. (J. d. Liege.) Brüssel, 2. Dez. Der König hat heute dem 4. Regiment eine Fahne überreicht. Der Londoner Correspondent des Intependant meldet, daß die Conferenz sich anschicke, Maßregeln zu treffen, den König von Holland zum Beitritt zum Traktate zu zwingen. (Aach. Z.) Holland. Haag, 28. Nov. Es heißt, daß zwischen den vier Mächten und Belgien ein Vertrag in Bezug auf die Schleifung eines Theils der belgischen Festungen abgeschlossen worden, nach welchem Menin, Ath, Möns, Philippeville und Marienburg geschleift werden sollen. Die Harlemsche Courant macht bei der Nachricht der belgischen Blätter, daß die Ratifikation des Vertrags der Lon-
1308 doner Conferenz mit Belgien von französischer Seite bereits zu Brüssel angekommen sey, folgende Einschaltung: „Man glaubt hier zu Lande gute Gründe zu haben, die Ratifikation von Seite Rußlands wenigstens als sehr zweifelhaft anzusehen." (Fkf. J.) Amsterdam, 1. Dez. Dem Vernehmen nach wird erster Tage ein Bataillon von dem dritten Regiment friesischer Schutterie nach dem Helder gelegt werden. Zwei Kompagnien freiwilliger Artillerie sind daselbst bereits seit einigen Tagen in Besatzung. (Der Helder, dem Texel gegenüber, vertheidigt die Einfahrt in die Zuyder See). Der Feldmarschall Prinz von Oranien nahm vorgestern die Werke von Nymwegen in Augenschein. Ein hiesiges Blatt sagt, einer seiner Correspondenten zu Paris habe ihm geschrieben, daß Hr. Casimir Perier eine Depesche aus dem Haag erhalten habe, worin der König sich bestimmt weigere, die 24 Artikel anzunehmen, ein Umstand, welcher die gegenwärtige schwierige Lage Frankreichs noch merklich verschlimmere. Man furchte nun zu Paris, mit jedem Tag die Nachricht zu erhalten, daß die holländische Armee wieder in Belgien eingerückt sey, während keine französischen Truppen disponibel seyn würden, um diesem Lande zu Hülfe zu kommen. (Fkf. J.) Hamburg, 22. Nov. Börnes Briefe sind confiscirt und deren Betrieb bei 300 Mark Strafe verboten und überdieß eine Untersuchung gegen den Inhaber der Verlagshandlung anhängig gemacht worden. München, 7. Dec. Von Auflösung der Kammer ist nun keine Rede mehr. Nach Erhöhung der Civilliste auf 3 Millionen zweifelt Niemand an der Annahme des Budgets durch die Reichsräthe. Der Landtag selbst wird binnen Kurzem beendigt seyn. Welche Früchte hat er uns gebracht? Die Preßfreiheit haben wir nicht erhalten, ein Gesetz über Verantwortlichkeit wird schwerlich noch vorgelegt werden, eine Verminderung der Steuer kann nach dem gestern gefaßten Beschluß nicht mehr eintreten. - Resultat: das Volk behält seine Lasten, die Aristocraten ihre Revenuen. Unter solchen Umständen wird es uns der Einsender des Gedichtes über die bairische Kammer nicht verargen, wenn wir demselben die Aufnahme versagen. Es würde seiner Absicht widersprechend zur Satyre werden. München, 8. Dec. Die Abgeordneten, welche in der ersten Abstimmung über die Civilliste fur die Summe von 2,500,000 fl. stimmten und in der Sitzung vom 6. Dec. ihrem Beschlüsse untreu wurden, waren die Herren Seefelder, Aumüller, Ebert, v. Closen, Kühbacher, Zeik, v. Ehrne, Schulz, Leuchs, Mager, Buchner, Heerle, Lang, Kapp, Scheiderer, Deuringer, Eisenhofer, Pöppel, Reich, Lösch, Schmidt, Biest, Schnitzer, Gehauf. Im Ganzen Vier und zwanzig. — Die Abgeordneten, welche früher fur die Civilliste von 2,500,000 fl. gestimmt, und denen in ihrer zweiten Abstimmung eine Summe von 3 Millionen noch zu wenig schien, waren die Herren Seefelder, Lang, Kapp und Eisenhofer. Wir werden nächstens im Stande seyn, unsern Lesern einige Mittheilungen über diese Herren zu geben.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche
Tribüne.
Ein c o n s t i t u t i o n e l l e s
Sonntag.
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Der zweite Präsident der Deputirtenkammer. Herr Seuffert hat in der Sitzung vom 6. Dec. eine parlamentarische Unbeholfenheit bewiesen, die an Unfähigkeit gränzt. Seine Rede über die Civilliste war ganz dazu gemacht, dem Ministerium einen vollständigen Sieg zu bereiten. Auch hat Hr. v. Armansperg die Blößen, die der zweite Präsident gegeben, meisterhaft zu benützen verstanden und ihn auf's Vollständigste geschlagen. Herr Seuffert hatte den Satz aufgestellt, daß, wenn er die Civilliste herabzusetzen beantrage, es nicht der Summe wegen geschehe, sondern nur, weil er Mißtrauen gegen die Regierung hege, welche nichts zur Besserung des moralischen Zustandes des Reichs gethan habe. Schon Hr. Rudhart versuchte diesen „inconstitutionellen Satz seines sehr constitutionellen Freundes" zu widerlegen; es gelang ihm aber nicht; wie überhaupt gestanden werden muß, daß der Ruf des Herrn Rudhart weit größer ist als sein Talent. Denn, wenn es sich nicht um Sachen handelt, welche er schon früher in seinen Werken, namentlich in seiner Statistik von Baiern, behandelt hat, so erhebt er sich nie über die Mittelmäßigkeit. Viel glücklicher war Hr. von Armannsperg, der nicht nur ein weit besserer Finanzmann ist, wie die dießjährige Versammlung der Stände aufs Deutlichste beurkundet hat, sondern auch viel mehr parlamentarische Fähigkeiten hat und überhaupt talentvoller und geistreicher ist, als der eben genannte Redner. Indem der Hr. Finanzminister dem zweiten Präsidenten entgegnete, daß man in constitutionellen Staaten streng unterscheiden müsse zwischen der Krone und der Regierung, und daß, wenn das Wohl des Landes nicht gefördert oder gar aufgehalten würde, nur die Minister allein dafür verantwortlich seyen; indem er darlegte, daß die Kammer sich an die Minister allein zu halten habe, und keineswegs an die Krone, wenn das Land mit der Regierung unzufrieden sey, machte er alle poetischen und wehmüthigen Phrasen des zweiten Präsidenten zu Wasser. Die Frage war eine rein materielle, eine einfache Geldfrage, und als solche mußte man sie behandeln, um dem Minister keine Waffen in die Hand zu geben. Von einer bis an die Schwäche gränzenden Lauheit war das ganze Auftreten des Herrn Seuffert in dieser Sitzung. Durch Herrn Culmann aufgefordert, zu wiederholtenmalen aufgefordert, einige Aufklärungen über die Sitzungen des
Tagblatt.
München den 11. December 1831.
zweiten Ausschusses mitzutheilen, welche Ansicht dem Ausschusse bei der Redaction des Abschnittes über die Civilliste vorgeschwebt habe, sprach er mit so matter Stimme, mit einer solchen Flauheit, daß ihn Niemand hören konnte. Und so oft es sich darum handelte, die Rechte der Kammer gegen die Anmaßungen des ersten Präsidenten zu vindiziren, schwieg er und begnügte sich die Hände zu winden. Dieser moralischen Ermattung muß man es wohl auch zuschreiben, daß er Herrn Rudhart lebhaft unterstützte, als dieser die Ansicht aufstellte, die Kammer würde an und für sich die höchste Position von 3,149,420 fl. für die Civilliste annehmen, wenn sie die Annahme der Position von 3 Millionen verneint habe. Mit einem Worte, Herr Seuffert hat seine Schuldigkeit nicht gethan.
Die badische Kammer und die Bundesbeschlüsse. (Fortsetzung.) Nach dieser einleitenden Rede wandte sich Hr. v. Rotteck zu den Fragen selbst, welchen er folgende Fassung gab: Will wirklich behauptet werden, daß eine bis zur künftigen Vereinbarung über ein definitives Preßgesetz in voller Kraft verbleibende gegenseitige Verpflichtung der souveränen Fürsten und freien Städte bestehe zur Unterdrückung der Preßfreiheit? - 2. Soll der fragliche Bundesbeschluß insbesondere für Baden von Rechtskraft seyn? - 3. Welchen Antheil haben der badische Gesandte oder das Ministerium an jenem Beschluß? — Die erste Frage begleitete der Redner mit der Erklärung, daß er das Daseyn und jedenfalls die Rechtskraft einer solchen Verpflichtung nicht anerkenne, und ihrer etwaigen Behauptung die feierlichste Protestation entgegensetze. So wenig bis zu künftiger Vereinbarung gegen den Nachdruck oder für allgemeine Handelsfreiheit die einzelnen Regierungen die Verpflichtung hätten, jenen zu dulden und diese zu unterdrücken, so wenig könnten sie verpflichtet seyn, so lange die Preßfreiheit zu unterdrücken. Eben so wurde die Rechtskraft jenes Beschlusses für Baden nicht anerkannt; eine Vollstreckung desselben könne in Baden nur eine faktische seyn, und die Pro testation der Kammer werde ihre Rechtswirkung fortsetzen selbst während des längsten Schweigens, das die Gewalt später etwa auflegen möchte. Bei dem dritten Punkte erklärte Hr. von 161
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1311 Rotteck, daß er den Fall der Theilnahme zur schwersten Anklage geeignet finde, aber fur jetzt noch keinen Antrag darauf stelle, weil er den Frieden wünsche, und nur Rechtsverwahrung sein heutiger Zweck sey. Die Rede Schloß mit folgenden Worten: „Zum Schluß noch ein Wort an Sie, meine Herren, verehrte Mitglieder der hohen Kammer, oder vielmehr an Euch, theure Freunde und edle Wortführer des badischen Volkes! Wenn je bei einer Verhandlung, so ist bei der gegenwärtigen eine laut ausgesprochene Eintracht der Gesinnungen und Richtung wünschenswerth. Unsere eigene Regierung und auch der deutsche Bundestag wird solche Einheit des Sinnes in der Repräsentanten Kammer eines Volkes von 1,000,000 Seelen werth der Beachtung finden, und alle andern deutschen Landstände uud Völker werden mit Freude und Trost sie vernehmen. Ο könnte ich meinen schwachen Worten das heiße Gefühl einhauchen, das in diesem Augenblicke mich durchglüht! — Volksvertreter! wenn die Reaktion wirklich ihr bereits angekündigtes und rückhaldos begonnenes Werk vollfuhrt, alsdann ist, sobald wir heimkehren, uns allen das Wort der Klage, der Bitte, des Wunsches, das Wort der gegenseitigen Belehrung, Ermuthigung, Erquickung verboten. Laßt uns also - wir sind dafür Baden und Deutschland verantwortlich — die kostbaren Augenblicke, da unsere Zunge noch ungefesselt ist, dieselbe gebrauchen im Dienste des Vaterlandes und der Freiheit! Laßt uns laut ausrufen, daß wir nie, nie, wenn auch Hände und Zunge, als welche der physischen Gewalt unterthan sind, doch nimmer unsern Geist, unser Gemüth unterwerfen werden unter solches Machtgebot, und daß wir nie aufhören werden, ob auch nur durch düsteres Schweigen und finstern Blick, zuprotestiren gegen die vom Bundestag ausgehende oder drohende Verletzung der Souveränität des badischen Staates und gegen die Unterdrückung unserer verfassungsmäßigen Rechte. Ich habe gesprochen." (Stürmischer Ausbrucn des Beifalls; die Kammer erhebt sich in Masse, und macht die Protestation zu der ihrigen). Gegen eine so geharnischte Rede sollte Hr. von Türkheim auftreten, und er hatte den Muth, es zu versuchen, allein es geschah mit so unzureichenden Kräften, daß man in Wahrheit sagen kann: Hr. von Türkheim ergriff diese Gelegenheit, um seine parlamentarische Unfähigkeit in das rechte Licht zu setzen. Eingerostete Standesvorurtheile und Standesegoismus hat man immer bei Hrn. v. Türkheim vorausgesetzt, der übrigens im Ruf stand, nicht ohne Geist zu seyn. Die erste Voraussetznng hat sich in seinem ganzen öffentlichen Leben bestätigt gefunden, die letzte ist gestern gewaltig erschüttert worden, und zählt nicht mehr viele Gläubige. Der Minister antwortete in einer langen verwirrten Rede, worin er stockend und und stotternd die Worte zu erhäschen suchte, die Zwischenräume mit jenen gedehnten Flicklauten aus füllte, wie man sie als Schulton an aufsagenden Kindern bemerken kann, kurze Sätze mit beständigen Wiederholungen, Nachbesserungen, und Konstruktionswechseln ohne Faden aneinanderreihte, und diesen sprechenden Kommentar zu dem apostolischen Ausspruch: „unser Wissen ist Stückwerk" damit entschuldigte, daß er nicht vorbereitet gewesen wäre. Wie? nicht vorbereitet! — Und diese Anfragen sind drei Tage vorher angekündigt, Hr. Winter spricht seine offiziellen Grillen darüber aus, und die halbe Bevölkerung der Stadt drängt sich auf die Tribüne, weil man die Verhandlung dieses Ge-
genstandes erwartete. Aber Hr. von Türkheim beklagte sich sogar, daß die Anfragen nicht nach parlamentarischem Gebrauch vorher angekündigt worden seyen! Wäre es möglich, daß Hr. Winter diese so mürrisch aufgenommene Ankündigung gleich nach der Sitzung vergessen, daß Hr. von Türkheim nichts erfahren, daß er sich gestern zufällig eingefunden, und endlich daß er nicht blos eine, nach der Stufe seiner parlamentarischen Beredsamkeit freilich sehr wünschenswerthe, Eutschuldigung in einer Nothlüge gesucht hätte? Wie dem auch seyn mag: es ist schwer, aus dieser Nichts sagenden Rede herauszuziehen, was eigendich Hr. von Türkheim gesagt oder gewollt habe: im Ganzen äußerte er sich dahin, daß der Bundesbeschluß blos eine Erinnerung an die Karlsbader Beschlüsse sey und keine weitere Ausdehnung beabsichtige, daß man also erst abwarten sollte, ob ihm eine mißbräuchliche Ausdehnung gegeben werden wollte, eine Erklärung, in welcher allerdings eine wichtige Concession liegt. Erst nach mehrfachem Wechsel von Erläuterungen begriff er, in welchem Sinne Hr. von Rotteck die Bundesbeschlüsse angegriffen, und daß es eben diese Ausdehnung sey, gegen welche man protestire; das Benehmen unsers Bundestagsgesandten erklärte er einfach so, daß dieser eben gethan habe, was die andern auch gethan hätten. Hr. von Rotteck räumte hierauf ein, daß dies eine bloße Gewohnheitssünde gewesen seyn möge, vielleicht Reminiszenz an ältere Instruktionen, immerhin mit dem Präsidium zu stimmen. Endlich meinte Hr. von Türkheim, daß die Regierung durch die Vorlage des Preßgesetzes ihre Gesinnung ausgesprochen habe, und daß bei den Verhandlungen über dasselbe der eigendiche Ort zu diesen Erörterungen seyn werde, indem dort — wir geben ein wörtliches Beispiel von der Wahl der Ausdrücke - „der Sitz der Materie" sey. Eine Hauptphrase, welche sich unermüdlich wiederholte, war: „abgesehen davon;" bei den Zuhörern, welche nicht davon absahen, wirkte diese beständig wieder auftauchende Redensart zuletzt auf die Organe des Lachens oder wenigstens des Lächelns, und abgesehen davon, suchte der Minister ihr auszuweichen, wenn sie ihm wieder in den Weg kam. (Schluß
folgt.)
Tages-Chronik. England. London, 3. Dec. General Bourmont bildet in Spanien ein Corps von ausgewanderten Franzosen, um aus der ersten royalistischen Reaction im Süden von Frankreich Vortheil zu ziehen.—Die Agenten Don Miguels in London sind über die Befreiung von D o n Pedros Schiffen so entrüstet, daß sie das Ministerium deßhalb aufs Heftigste angegriffen haben. Lord Londondery unterstützt sie. Ihrer Behauptung nach ist England durch Verträge verbunden, Portugal vor jedem Feind zu schützen, die Beschlagsnahme habe in Folge dieser Verbindlichkeit Statt gefunden, und es sey daher kein rechtlicher Grund zu ihrer Wiederaufhebung vorhanden. Lord Palmerston erwiederte, daß England wohl verbunden seyn könne, Portugal gegen seine auswärtigen Feinde zu schützen, daß aber aus dieser Verpflichtung noch keineswegs jene fließe, bei stattfindenden Bürgerkriegen zu interveniren, am wenigsten, wenn dieselben, wie hier, Folge einer schändlichen Usurpation seyen.
1313 Frankreich. Paris, 4. Dez. Die Niederkunft der Exkaiserin von Brasilien ist fast als eine inländische Begebenheit zu betrachten; denn II. MM. scheinen sich in Paris ganz einbürgern zu wollen. Als etwas Auffallendes wird bemerkt, daß die Exkaiserin am 1. Dez., als am Jahrestag (1640) der Thronbesteigung des Hauses Braganza ihrer Tochter Maria Amalie genas. — Eine wichtige Neuigkeit wäre, wenn sie sich bestätigt, daß der König von Holland geneigt seyn soll, Mastricht und einen großen Theil des rechten Maasufers aufzugeben, wenn man ihn mit der Schiffahrtsfreiheit verschont. Dies sollen der Handelsstand von Rotterdam nnd Amsterdam von ihm fordern, zu Erreichung dieses Zweckes stellen die Kaufleute ihm alle ihre Schätze zu Verfugung. Der Handel dieser Städte geht gegenwärtig zwanzigmal besser als in dem vorigen Jahre. (D. Α. Z.) Paris, 5. Dez. Ein Theil der Nationalgarden in den nördlichen Departementen von Frankreich soll mobilisirt werden, um diejenigen Corps der Nordarmee zu ersetzen, welche ins Innere von Frankreich gezogen worden sind. - Die Stellung, welche Holland annimmt, scheint diese Maßregel hervorgerufen zu haben. Demnach sieht es mit der von Hrn. Perier versprochenen allgemeinen Entwaffnung windig aus. — Das Zuströmen der Polen nach Frankreich erregt große Besorgnisse. Trotz aller Nachgiebigkeit Hrn. Periers gegen Rußland herrscht doch keine große Harmonie zwischen diesen zwei Kabineten. Nun furchtet man, daß durch die Anwesenheit so vieler Polen der Haß der französischen Nation noch mehr gesteigert werde. Wir bezweifeln dies, weil er längst den höchsten Grad erreicht hat. - Glücklicherweise gehen die Protokolle noch immer nicht aus. Das letztgefertigte hat zum Zweck, die neue provisorische Regierung Griechenlands auf so lange anzuerkennen, bis die Conferenz über eine definitive sich verstanden hat. — Der König von Holland soll in Gegenwart einer Person, der er besonderes Zutrauen schenkt, geäußert h aben, er vertraue auf die Gerechtigkeit seiner Sache und werde bis zum letzten Extrem fest bleiben. Das Blut der Nassauer fließe in seinen Adern, und sein wackeres treues Volk sey mit ihm einverstanden. Zudem welches Vertrauen könne er in die neuen Verträge setzen, nachdem die alten auf so schmähliche Weise gebrochen worden seyen? - Nach telegraphischen Depeschen aus Lyon ist der Herzog von Orleans unter allgemeinem Zujauchzen des Volkes in der Stadt eingezogen. Er erließ sogleich eine Proclamation, welche gute Aufnahme fand. Die Entwaffnung ist mit der größten Ruhe vor sich gegangen. — In Toulon fanden einige Unruhen unter den Arbeitern Statt, in Belleville bei Paris erhoben sie sich gleichfalls, hier endlich haben sich einige 50 zusammengerottet, um eine Erhöhung des Fabricationspreises der Mützen und baumwollenen Strümpfe zu erwirken. Durch Polizey-Commissäre wurden sie augenblicklich auseinander getrieben. Paris, 6. Dec. Die Kammer der Pairs hat fur die fremden Flüchdinge einen neuen Credit von 500,000 F. bewilligt. - Man versichert, daß Hr. Le Flahaut den Fürsten Talleyrand in London ersetzen und dieser als Botschafter nach Rußland gehen würde, indem das Petersburger Cabinet im gegenwärtigen Augenblick bei den schwebenden diplomatischen Verhandlungen sich am schwierigsten zeige. Der in dem Precurseur erschienene Brief des Präfekten Dumolard, in welchem er die von den ministeriellen Blättern und in der Rede des Herrn Perier rücksichtlich der Lyoner-Unruhen mitgetheilten
1314 Thatsachen und Aufklärungen fur unrichtig und falsch erklärt, macht hier einen nicht geringen Eindruck, und ist dem Ansehen des Herrn Perier nichts weniger als günstig. Auch in Brest sollen Unruhen unter den Arbeitern ausgebrochen seyn. Paris, den 5. Dezember. Consol. 5 Proz. 96,10; 3 Proz. 79,25; Falconnet 81; ewige Rente 581. Lyon, 3. Dec. Der Herzog von Orleans ist heute Mittag in unserer Stadt angekommen. Die mit demselben eingerückten Truppen sind sehr zahlreich; sie sind in allen verfuglich gewesenen öffendichen Gebäuden kasernirt. Einige Compagnien bivouakiren auf dem Bellecourplatz. Die Officiere sind zum Theil bei Privatpersonen untergebracht worden. Man hat unter den Linientruppen mehrere Nationalgarde-Bataillone des Saone- und Loireund des Goldhügel-Departements bemerkt. Der Herzog von Orleans wurde mit dem lebhaftesten Jubel empfangen. Nachmittags empfing er die Behörden und constituirten Corps. Am 3. Dec. sind mehrere Proclamationen zu Lyon angeschlagen worden; die eine ist vom Kriegsminister und macht eine königliche Ordonnanz vom 28. November bekannt, welche die Auflösung der Nationalgarde der Stadt Lyon und der Gemeinden La Guillotiere, La Croix Rousso und Vaise (Rhone-Departement) verfugt. Zufolge dieser Ordonnanz müssen alle Waffen, Vorräthe u. s. w., die der Nationalgarde dieser Gemeinden anvertraut worden, innerhalb 8 Tagen ausgeliefert werden. Die Zögerer werden gerichtlich belangt. (Niedern C.) Straßburg, 8. Dec. Die Generale Romarino, Langermann und Sznaydes (Schneider) haben gestern Abend dem Schauspiele beigewohnt. Lebhafter Jubel begrüßte sie bei ihrem Eintritt in den Saal. Im Zwischenact forderte das Publikum das Warschauer Lied, das Herr Bailly mit vielem Nachdruck sang. Auf jeden Vers erfolgte Beifallklatschen. Hierauf spielte das Orchester die Arie: Oü peut-on etre mieux. Sodann ertönte im Saal der Ruf: Es lebe Romarino! Es leben die Vertheidiger Polens! Eine Bürgerkrone wurde den edlen Vertheidigern der heiligsten Angelegenheiten zugeworfen, und zahlreiche Zufriedenheitsbezeugungen belebten diesen glücklichen Gedanken. Beim Ausgang des Schauspiels begrüßte die Volksmenge neuerdings die drei berühmten Generäle. Vier Nationalgarden zu Pferd, mit Fackeln, begleiteten den Wagen der Generale, wie bei deren Ankunft. Die Musik des ersten Bataillons der Nationalgarde hat ihnen diesen Abend eine Serenade gebracht. (Nrh. C.) Belgien. Brüssel, 2. Dez. Der König hielt bei der Revue der Truppen eine Rede, worin er die Belgier als ein nunmehr selbstständiges und unabhängiges Volk an Treue und Unterthanenpflicht ermahnt, sie an die Vergangenheit und Zukunft erinnert und davon zu überzeugen sucht, daß das Land durch die neue Verfassung unendlich gewonnen habe und es nunmehr die Pflicht eines jeden Bürgers sey, das so mühsam Errungene zu erhalten und Behufs dessen kein Opfer zu scheuen, sobald der Feind sich wieder zeigen sollte. (Fkf. J.) Brüssel, 3. Dez. Die drohende Haltung des Königs von Holland hat eine Reihe diplomatischer Noten veranlaßt, deren letzte ihrer großen Wichtigkeit wegen durch den Herrn A. Sol, der das größte Vertrauen des Generals Belliard besitzt, nach dem Haag geschickt worden ist. Die orangistischen Umtriebe sind wieder reger, und die Ränkespinner wieder kühner gewor-
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1315 den. Ihrer Sprache nach sind sie der Verwerfung der Londoner Protokolle von Seiten des Königs von Holland gewiß. (National.) Zu London angekommene Briefe aus Holland bestätigen die aus Brüssel erhaltenen Nachrichten von fortdauernden thätigen Militärrüstungen König Wilhelms. (Nrh. C.) Holland. Haarlem, 28. Nov. Die hiesige Courant theilt aus den belgischen Blättern die Nachricht mit, daß die von Frankreichs Seite erfolgte Ratifikation des Tractats der Londoner Konferenz mit Belgien bereits zu Brüssel eingetroffen sey; und setzt dann in einer Einschaltung hinzu: „Man glaubt hier zu Lande gute Gründe zu haben, die Ratification von Rußlands Seite wenigstens als sehr zweifelhaft zu betrachten." Deutschland. Vom Neckar, 5. Dec. Die Journalistik in Würtemberg hat neuerdings einen ziemlichen Schwung bekommen. Ein Lokalblatt, der Hochwächter, vertheidigt mit Muth und Geschicklichkeit die Interessen des Landes. Neben ihm ist seit dem letztverflossenen Juli die Donauund Neckar-Zeitung entstanden, die von dem früheren Redacteur der Neckar-Zeitung, Friedrich Seybold, redigirt wird. Sie umfaßt die allgemeine europäische Politik, mit Ausschiuß derTages-Neuigkeiten. Ihre Haupttendenz ist, den öffentlichen Geist in Deutschland zu heben und zu beleben. Der Ernst und Spott, womit sie die Traditionen der Willkührherrschaft und die eingewurzelten Mißbräuche bekämpft, erinnern an den Geist, der in früheren besseren Zeiten die Neckar-Zeitung beseelte, ehe ihr eine stumpfsinnige Censur die Flügel gänzlich beschnitten hatte. Stuttgart, 2. Dez. 1831. Die vorläufigen Versammlungen in unsern verschiedenen Oberämtern, um sich über die fur den nächsten Landtag zn wählenden Abgeordneten aufzuklären und zu vereinigen, gewinnen immer mehr an Bedeutung und Wichtigkeit, und werden hoffentlich vom glücklichsten Erfolge gekrönt werden. Die liberale Presse zeigt hiebei überall ihren wohlthätigen Einfluß, und namentlich läßt der wackere Hochwächter seine Augen nach allen Seiten umherschweifen, um das Korn von der Spreu zn sichten. Kein Adel, kein Rang, kein Ansehen findet Schutz und Anerkennung, wenn ihm nicht Geist und Charakter zur Seite stehen. Dagegen wird das bescheidene Verdienst des schlichten Landmannes und einfachen Bürgers verdienter Maßen hervorgehoben, und bisher oftgenannte, ja berühmte Namen sehen sich nicht selten völlig unbekannten hintangesetzt. Natürlich kann es hiebei an vielfacher Rede und Gegenrede nicht fehlen, aber im Kampfe der Meinungen und Ansichten gewinnt zuletzt immer die Wahrheit, und wie will das Staatsschiff von der Stelle kommen, wenn nicht der frische Hauch der Opposition es vorwärts dem ersehnten Ziele entgegentreibt? Mainz. Es hat sich hier ein Verein von Mädchen gebildet, welche allen entbehrlichen Putz und Schmuckgegenstände zusammenlegen und durch Verloosung veräußern wollen, zur Unterstützung der durchreisenden Polen. Schon einige 60 Artikel sind zusammengebracht, worunter Gegenstände von größerem Werth, zum Theil auch Andenken von theuren Personen. Der Altar der Wohlthätigkeit wird solche Gaben freudig empfangen, und Deutschland darf stolz seyn aaf solche edle Töchter, die dem tiefen Ernste der Zeit den Tand des Augenblicks opfern. Preiß ihnen! (W. B.)
Zweybrücken. Dem Westboten wurde die Aufforderung aus Rheinbaiern über das Befinden des Deputirten Schülers dem sich das Land so sehr verpflichtet fühlte, von Zeit zu Zeit Auskunft in seinem Blatte zu geben. Heute meldet er, daß dieser warme Vaterlandsfreund im Doppelschritt seiner Genesung entgegengehe. Wir beeilen uns, diese erfreuliche Nachricht weiter zu verbreiten, hauptsächlich in der Absicht, die Umtriebe einer gewissen Partey zu vereiteln, welche den Tod Schülers ausgesprengt hatte, damit er nicht in die Gesetzgebungs Comite gewählt werde. B e r i c h t i g u n g . Herr Plattner gebrauchte keineswegs, wie in der Tribüne No. 158. angegeben ist, gegen mich den Ausdruck: Sie sind gemein — sondern als ich bei Darstellung der Weise, „wie Knechte die Wünsche des Herrn auf alle Weise durchzusetzen suchten," die Drohenden redend einführte: ihr müßt nach Hause gehen, in Zukunft bekommt ihr keine Diäten mehr - und Bewegung unter unsern Mitgliedern eine von mir selbst beabsichtete Entrüstung ausdrückte, da rief Hr. Plattner aus: das ist gemein, worauf ich mir sogleich eine weitere Erklärung außerhalb des Saales vorbehielt. Diese Erklärung gab mir Hr. Plattner, wie ich nie anders erwartet hatte, vor einem Zeugen dahin ab: daß er nur die Zumuthung, man könnte aus solchen Gründen die Auflösung furchten, — die Sache — als gemein bezeichnen wollte, (und darin stimme ich ihm bey; ich nannte diese Drohung selbst schmählich), keineswegs aber weder meine Rede, noch meine Person. Freiherr v. Closen, Abgeordneter. A n z e i g e n . Die Redaktion der deutschen Tribüne sucht noch einige Correspondenten in Brüssel, Hannover, Frankfurt am Main, Darmstadt, Cassel, Stuttgart, München, Dresden, Berlin und Leipzig. Artikel und Aufsätze im Geiste des Blattes werden nach Maßgabe des Gehaltes bis zu 4 Louisdor per Bogen honorirt. Man bittet alle deutschen Männer, welche der Tribüne als Correspondenten und Mitarbeiter beitreten wollen, an die Redaction in Speyer sich zu wenden. Auf unverbrüchliche Verschwiegenheit kann Jedermann rechnen. Speyer, am 4. Dez. 1831. Die Redaction der deutschen Tribüne. Die gestrige Nummer 160 der Tribüne ist wegen eines Aufsatzes: „ Was hätte von der baierischen Deputirtenkammer sollen geschehen und was ist geschehen?" confiscirt worden. D. R. d. D.T.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Montag.
Tribüne.
constitutionelles
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Die badische Kammer und die Bundesbeschlüsse. (Schluß.) In Bezug auf die Verhandlungen über die Frankfurter Preßordonnanzen sind zum Schluß noch die Vorträge einiger Redner zu berühren, welche in den bisherigen Mittheilungen nur im allgemeinen erwähnt wurden. Es gewährt ein eigentthümliches Interesse, dem Gang derselben zu folgen, und dabei zu beobachten, wie vielseitig der fragliche Gegenstand beleuchtet, wie reich und mannigfaltig die Auffassung in den verschiedenen Reden sich zeigte. Hr. Duttlinger, welcher zuerst nach Hrn. von Rotteck sprach, brachte diesem seinen Dank für eine Rede dar, welche in allen Theilen des deutschen Vaterlandes wiederhallen werde, von welcher er jeden einzelnen Ausdruck unterschreibe, uud über welche die große Mehrheit der deutschen Männer sich in gleicher Weise erklären werde. (Gewiß! gewiß!) Nach einer Hinweisung auf die „in Frankfurt vergessene" große Wahrheit, daß nicht die Preßfreiheit, sondern ein Unterdrückungsversuch gegen dieselbe die furchtbare Bewegung seit den Julitagen hervorgebracht, stellte er noch zwei weitere Fragen an den Minister des Auswärtigen, nemlich 1) wie weit denn, da man in der Bundesakte eine Wahrheit voraussetzen müsse, die Vorbereitungen zur deutschen Preßfreiheit in Frankfurt gediehen seyen? (Ausbruch des Beifalls, man klatscht auf den Tribünen) und 2) ob der Minister im Ernst eine solche Vereinigung für wahrscheinlich oder für möglich halte? Der Redner gab zugleich seine Verwunderung darüber zu erkennen, wie man von Mißbrauch der Preßfreiheit sprechen möge, wo keine solche vorhanden sey? - Herr von Itzstein, gleichen Dank für die Freimüthigkeit und Mäßigung Rottecks aussprechend, rügte ebenso die furchtbare Ausdehnung der Karlsbader Ordonnanzen, und die Zustimmung des badischen Gesandten in einem Augenblicke, wo die Kammern einstimmig Preßfreiheit verlangten, und schon in der Antwortsaddresse auf die Thronrede gebeten hätten, durch die Bundesgesandschaft auf die Zurücknahme der Karlsbader Beschränkungen hinwirken zu lassen. Er bewies aus den neusten Ordonnanzen, daß weder der Bundestag, noch die Regierung den Geist des Volkes kenne, einen Geist, der nimmermehr ausgelöscht werden könne; aller Widerstand werde vergeblich seyn, und der
Tagblatt.
München den 12. December 1831.
zu straff gespannte Bogen springen. Der Redner versetzte sich in die Folgezeit, und ließ einen Vater die Geschichte unserer Zeit seinen Söhnen erzählen: die schönen Verheißungen von 1813 — 1815, die Proklamation von Kaiisch, die glorreiche Erhebung Deutschlands, den Lohn derselben in Täuschungen, Militärdruck, Preßzwang etc. etc., und aus der neusten Zeit das Verbot der Bitte an den Bundestag, und ein Preßgesetz, das die Bundesverhältnisse von der Preßfreiheit ausnimmt; - die Söhne würden es unglaublich finden, und die deutschen Völker bedauern, welche unter solcher Schmach bebten. — Hr. Melker berief sich auf die Aussprüche und Gründe beider Kammern gegen die Verbindlichkeit der frühern Bundesbeschlüsse, und auf die Sätze: nach Art. 2. der Verfassung sind nur die organischen Beschlüße des Bundes für Baden gültig, organische sind nach Art. 12. der Schlußakte bleibende Anstalten zu Erfüllung des Bundeszwecks, und eine sich selbst als provisorisch bezeichnende Ausnahmsbestimmung kann also nicht zu Beschränkung von Verfassungsrechten verbindlich seyn. Weiter berief er sich auf stillschweigend genehmigte Vorgänge, auf die Verkündung der frühern Beschlüsse in Baiern, mit der Klausel, soweit sie der Verfassung nicht entgegen seyen, und auf die ebendaselbst gestattete Zensurfreiheit für alle nicht-periodischen, und diejenigen periodischen Schriften, welche sich nicht mit auswärtiger Politik beschäftigen. Ueber das Blatt „das konstitutionelle Deutschland" äußerte er sich ungefähr im Sinn Rottecks, erklärte aber das Verbot für konstitutionswidrig, und wollte jedenfalls das Princip aufrecht gehalten wissen; er bestand darauf, daß nur gegen die in Deutschland selbst erscheinenden Schriften dem Bundestag das Recht des Verbots eingeräumt sey, und setzte hinzu, daß bei solchen Ausnahmsgesetzen die Auslegung im engsten Sinn gelten müsse, widrigenfalls kein Artikel unsrer Verfassung sicher wäre. Auch Hr. Welker wollte vor der Hand noch keine weitern Schritte, sondern abwarten, wie von Seiten der Regierung der Geist der Verfassungsmäßigkeit bei Berathung und Schlußfassung des Preßgesetzes hervortreten werde. Am Schluße sprach er den feierlichen Wunsch aus, Gott wolle die unglückseligen Folgen, welche eine solche Maßregel nur allzuleicht in unserer bewegten Zeit herbeiführen könnte, von Fürst und Vaterland abwenden! Er wisse wohl, daß die Reaktionspartei eine solche Besorgniß für übertrieben halte, und sich darauf stütze, daß Deutschland 16 Jahre lang geduldet, die Karlsbader Ordonnanzen geduldet habe, und auch die neusten wohl 162
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1319 sich gefallen lassen werde, allein die Verhältnisse seyen anders geworden. Der Redner entwickelte hierauf den zweifachen Unterschied der Verhältnisse daraus, daß man damals nicht so klar gewußt habe, was man an der Preßfreiheit verliere, und daß man damals das treue und sittliche Volk durch falschen Verschwörungslärm und durch Aktenverfälschungen getäuscht habe. „Treu ist unser Volk, aber Treue will es auch von seinen Fürsten, seinen Regierungen, Treue auch von den Rathgebern der Regenten. Sechzehn Jahre lang sind die heiligsten Fürstenworte nicht erfüllt worden, und wohin es fuhren kann, wenn der Glaube an die fürstliche Treue zu Grund geht, das überlasse ich Ihnen zur Beurtheilung, verwahre mich aber wiederholt gegen die traurigen Folgen dieser Beschlüsse, und lehne feierlich die Verantwortlichkeit ab." - Herr Winter von Heidelberg sah das badische Volk schwer beleidigt, und fragte den Minister, womit sich das treue Volk versündiget habe, daß man ihm solche Beleidigung zufüge und wo denn die Presse mißbraucht werde? Er kenne nur ein solches Blatt, das er fiir unwürdig halte, in diesem Saale genannt zu werden, das jedoch unter der Zensur der Regierung erscheine. (Stimmen: die Mannheimer Zeitung, die Junkerzeitung!) - Hr. Fecht warf seine Blicke auf die Büsten Karl Friedrichs und Karls, und ließ den ersten unter andern sagen: was hat mein Volk gethan, daß ihr solches Mißtrauen hegt? ich regiere so, daß ich das öffentliche Urtheil nicht zu scheuen brauche. Von dem Andern sagte er: der muthige Karl, welcher erklärte: „nicht eine Handbreit werde ich von dem Großherzogthum abtreten," und sich auf die öffentliche Meinung berief, dieser würde scharf mit dem Gesandten gesprochen haben, der zur Abtretung nicht blos einer Handvoll Erde, sondern des heiligen Rechtes der Denk- und Sprechfreiheit zustimmte; er würde sein Souveränitätsrecht im Verein mit seinen treuen Ständen selbst den größten Mächten der Erde entgegengehalten haben. - Herr Bekk sprach kräftig gegen den Ausdruck Türckheims, daß die Regierung die Protestation eines Einzelnen nur mißbilligen, wenn sie aber zu einer Protestation der Kammer werde, sie „nicht dulden" könne; (Hr. v. Rotteck: sie hat es schon geduldet!) die Kammer allein habe hier souveräne Gewalt, die Regierungscommissäre möchten eine Einsprache vorbringen, aber die Kammer beschließe. - Alle diese Redner sprachen unter dem lauten und wiederholten Beifallsruf der Versammlung. Nachdem Hr. v. Türckheim als Erwiederung auf die Rüge des Hrn. Bekk auf das Recht der Auflösung hingedeutet hatte, Schloß Hr. v. Rotteck als Antragsteller, erkannte den „gemäßigten" Ton in den Antworten des Ministers an, erklärte sich aber mit dem Inhalt und den Grundsätzen derselben keineswegs zufrieden; die beiden ersten Fragen würden bei Berathung des Preßgesetzes näher erörtert werden, in Bezug auf die dritte bestehe Grund zur Anklage, welche aber fiir jetzt, wie gesagt, nicht in Antrag gebracht werde, da durch die Rechtsverwahrung der Kammer der unmittelbare Hauptzweck erreicht sey. -
Es war Hr. v. Türckheim allein, der die schwierige Aufgabe lösen sollte, eine schlimme Sache mit schwachen Worten zu vertheidigen: die übrigen Mitglieder des Ministeriums hielten sich entfernt, vielleicht weil sie voraussahen, wie wenig er seiner Aufgabe gewachsen seyn würde, und dieser moralischen Niederlage wenigstens nicht persönlich beiwohnen
wollten. Nur Hr. v. Böckh erschien gegen das Ende der Verhandlungen, in die er sich jedoch nicht einmischte. Hr. Winter ließ sich gar nicht sehen, und so kam die Geschichte des 19ten Jahrhunderts um die freimüthigen Aufschlüsse, welche ihm „Niemand, Niemand übelnehmen" sollte, und die mit so viel Ostentation gegebene Andeutung über große Mysterien löste sich in eine leere Redensart auf. Die Regierung hat die Bundesordonnanzen bis jetzt nicht promulgirt, und darin liegt wohl auch eine Antwort auf die ständische Protestation; dagegen hat sie einen diplomatischen Umweg eingeschlagen, und das neue Blatt „Deutschland", welches an die Stelle des „constitutionellen Deutschlands" treten sollte, verboten, jedoch mit Selbstbestimmung zum Handeln, und ohne Erwähnung eines allerhöchsten Befehls von dem durchlauchtigsten Bundestage. Auch die Frage wegen der Löwensteinischen Adresse ist factisch beantwortet. Die Kammer, welche unterdessen bis zum 21. d. M . prorogirt worden ist, wird ohne Zweifel durch Frankfurter Ordonnanzen so wenig, als durch Löwensteinische Adressen, abgehalten werden, auf dem Weg der constitutionellen Ehre und Pflicht bis ans Ende fortzuschreiten. Der von der Regierung vorgelegten Militärdienerpragmatik ist ein Zusatzartikel beigefügt worden, nach welchem nur diejenigen Officiere der Vortheile des neuen Gesetzes theilhaftig werden, welche den Verfassungseid geschworen haben.
Tages-Chronik.
Portugal. Lissabon, den 17. Nov. U m die ungeheuern Kosten seiner Vertheidigungsanstalten zu decken, hat Don Miguel unter dem Namen einer Anleihe den Städten Lissabon, Coimbra, Porto und Figueira eine Contribution von 7 \ Millionen Franken auferlegt, welche unter die Kapitalisten und Kaufleute nach Maßstab ihres vermutheten Vermögens vertheilt werden soll. Oesterreich und noch eine Macht sollen sich gegen das Unternehmen Don Pedros gegen D o n Miguel förmlich erklärt haben. (Fkf. J.) England. In den meisten Fabrikstädten herrscht die größte Furcht vor neuen Unordnungen und Unruhen. Namentlich bieten in Manchester die Volksaufwiegler alles mögliche auf, um die untern Klassen zu einer gewaltsamen Bewegung zu veranlassen. Fast täglich werden Volksversammlungen zusammenberufen, und nächstens soll in einer derselben eine Deklaration der Menschenrechte vorgelesen werden, die mit dem bekannten Eingange der französischen Verfassung vom Jahre 1791 viel Aehnlichkeit hat. Auch die Brandstiftungen nehmen mehr und mehr überhand, und verbreiten sich von einer Grafschaft in die andere. — Ueber die Reformfrage herrscht noch immer die peinlichste Ungewißheit, die Tories, anstatt den drohenden Mahnungen der Zeit nachzugeben, beharren bei ihrem Wahnsinn, mit einer Hand voll Junker und Bonzen
1321 einer Bevölkerung von fünfzehn Millionen Menschen den Krieg zu erklären. London, 3. Dec. Die englische Aristocratie hat früher in der französischen Revolution das Prinzip der Reform bekämpft und besiegt; sie hat in diesem Kampf brittisches Nationalvermögen milliardenweise geopfert; zum Glück hat sie damals ihr Geld und ihren Kredit etwas erschöpft und es dürfte ihr nicht mehr so leicht werden, die Volksleidenschaften als blinde Werkzeuge ihrer Selbstsucht zu gebrauchen. Aber das ist gewiß, daß, ehe die englische Aristocratie gestürzt wird, kein dauernder Weltfriede möglich ist. Unterdrückung der Volksinteressen, Hemmung der Aufklärung in allen Ländern außer England und in England die Freiheit als Monopol - das ist ihre Politik; darum hält sie es mit Don Miguel und dem Pabst, darum hilft sie dem General Bourmont in Spanien royalistische Freiwillige werben, darum strömte das englische Gold zum Krieg gegen die polnische Nation, darum hat englisches Gold nie aufgehört in Deutschland Zwietracht zu säen. (D. a. Z.) Frankreich. Der Herzog von Decazes soll zum Berichterstatter über das Pairiegesetz in der Pairskammer ernannt seyn. Nach den bekannten Gesinnungen dieses Staatsmannes scheint man daher mit Recht anzunehmen, daß trotz des so laut und kräftig ausgesprochenen Volkswillens eine starke Partei in der Pairskammmer für das Prinzip der Erblichkeit ist. Die Geschichte scheint für die Aristokraten aller Länder nun einmal vergeblich zu sprechen. Der Marquis von Brizemont hat die ihm vom Ministerium angetragene Pairswürde ausgeschlagen; das Publikum ist über die Gründe dieses Schrittes getheilter Meinung. In Straßburg ist man über das Ausbleiben der letzten Lyoner Post in einiger Besorgniß wegen erneuerter Unruhen. Allerdings sind nur die Unruhen selbst, nicht aber die Keime derselben unterdrückt, und die durch eine übergroße Einquartirung und andere Verhältnisse über Lyon gekommene Lasten können auf die Stimmung der Einwohner nicht wohl beruhigend wirken. Belgien. Brüssel, 3. Dec. Noch immer hält der Zweifel über die nächste Zukunft alle Gemüther in der ängstlichsten Spannung. Holland rüstet ununterbrochen, erhebt neue Anleihen, läßt seine Heere an die Gränze rücken, und erklärt in hohem Tone, auf keinen Fall den 24 Artikeln seine Zustimmung zu ertheilen. Frankreich, mit innern Unruhen beschäftigt, zieht seine Truppen zum Theil zurück; ebenso Preußen, welches seine außerordentlichen militärischen Anstrengungen nur mit den größten Opfern fortsetzen könnte. Hundert Gerüchte durchkreuzen sich. So heißt es, der Kaiser von Rußland habe erklärt, er werde den König von Belgien nicht eher anerkennen, bis dieß vom König Wilhelm geschehen sey. Ferner: die Londoner Conferenz, durch die Hartnäckigkeit des Letztern in große Furcht vor einem europäischen Kriege versetzt, wolle zu Gunsten Hollands die 24 Artikel einer neuen Revision unterwerfen, und König Wilhelm, von dieser Meinung der fünf Mächte benachrichtet, beharre nur um so mehr auf seinem Widerstande. Endlich spricht man jetzt von der Verbindung des Königs Leopold mit der ältesten Tochter des Königs von Frankreich als von einer ausgemachten Sache. Nur solle die Vermählung wegen des Todesfalls
1322 der verwittweten Herzogin von Sachsen-Coburg bis auf den Januar verschoben werden. Deutschland. Thorn, 26. Nov. Es hieß hier vor Kurzem, daß die Landwehr-Kavallerie entlassen werden sollte, ein Theil ist wirklich nach Hause zurückgekehrt; doch jetzt hört man, daß die ganze Landwehr nächstens wieder einberufen werden soll, und zwar weil die Demonstrationen der Russen in Polen auf nächstes Frühjahr einen Krieg gegen Frankreich befurchten lassen. Die Bestimmung des in Ostpreussen stehenden Militärs ist hier noch immer Geheimniß. - Das Danziger 4. Regiment bleibt den Winter hier in Thorn stehen, obwohl es Anfangs zurück nach Danzig gehen sollte. Das 37. sollte auch kommen, aber jetzt wird es schwerlich mehr geschehen. Hier ist alles noch verpallisadirt und mit Wachen besetzt. Die Weichsel ist schon mit Grundeis bedeckt, aber kein Holz kommt aus Polen. (Schw. M.) Der östreichische Beobachter meldet: Aus einer Correspondenz zwischen dem Staatssekretär des Schatzamtes und dem Präsidenten der Bank der vereinigten Staaten geht hervor, daß die Totalsumme der Nationalschuld der vereiuigten Staaten beim Beginne des nächsten Jahres sich auf nicht ganz 25 Millionen Dollars belaufen wird. Die vereinigten Staaten sind im Besitze von 7 Millionen Bankactien, welche zum gegenwärtigen Kurse verkauft, über 8 Millionen geben würden; diese Summe zur Tilgung der Schuld angewandt, würde dieselbe auf ungefähr 16 Millionen reduciren. Außer diesem Fond wird die Regierung zu der oben erwähnten Zeit 20 Millionen in Bons, die für Zollgebühren ausgestellt sind, und welche nicht nur die Bank, sondern auch Privatleute zu escomptiren bereit sind, in Händen haben. Die Regierung der vereinigten Staaten besitzt also die Mittel, die Nationalschuld in jedem Augenblicke gänzlich abzahlen zu können. Ist diese Operation einmal bewerkstelligt, so werden die Ausgaben der Regierung nicht über 10 bis 11 Millionen betragen, während sich die Einkünfte nach den bestehenden Gesetzen auf mehr als 25 Millionen belaufen sollen. — Es wäre am Platze gewesen Betrachtungen hinzu zu fugen, warum in Oestreich die Staatsschulden, und mit ihnen die Volkslasten sich nur immer gemehrt haben, und täglich noch mehren. Der Beobachter hat aber nicht fur gut befunden, in eine solche Untersuchung einzugehen. Dresden. 20. Nov. Auch hier hat sich ein Verein gebildet, um die unglücklichen Vertriebenen einer hochherzigen Nation, welche mittellos durch Dresden wandern und in der Ferne eine Zuflucht suchen, zu unterstützen. Er besteht aus 18 Mitgliedern, die fur diesen Zweck Beiträge annehmen. (Η. Z.) Aus dem Hannoverschen wird, zum Beweis, wie sehr sich dort neuerdings die Verhältnisse geändert haben, berichtet: Man habe Secretaire zu Rathen in obere Verwaltungsbehörden ernannt, wovon die frühere Geschichte kein Beispiel aufzuweisen hat. Die Rathsstellen in den obern Verwaltungsbehörden waren Sinekuren fiir Adelige; ihre Geschäfte bestanden darin: daß sie Ja oder Nein sagten zu den Vorträgen der Secretaire, und daß sie ihre Namen unter die von Letztern entworfenen Ausfertigungen setzten. Neben Fechten, Reiten und Jagen hatten sie das gewöhnlich gut gelernt. Der Secretair war und blieb Secretair, und wenn er ein hohes Alter erreichte, erlebte er nicht selten 3 bis 4 Generationen von Räthen, denn von hier aus rückten die jungen
1323 Herren bald zu einträglicheren Stellen auf. Das Herkommen stand einmal fest: ein Secretair dürfte nie Rath werden, oder wie man es nannte: in die Rathsstube avanciren. Weiter herunter war und ist auch jetzt noch eine ähnliche Einrichtung. Jedem Subaltern ist seine bestimmte Karriere vorgeschrieben. Er kommt höchstens bis dahin und nicht weiter. (Sch. M.) Göttingen, 25. Nov. Mehrere von den hier durchreisenden Polen wünschten einen Aufenthalt in hiesiger Stadt zu machen; aber sie konnten die Erlaubniß dazu von der Localbehörde nicht erwirken. Vergebens übernahm einer derselben eine Reise nach Hannover, um diesen Zweck zu erreichen. Es scheint der Grundsatz der Hannöverischen Regierung zu seyn, keinem Polen den Aufenthalt zu gestatten, sondern nur die Durchreise. Die Universitätsbehörden und die Professoren benehmen sich ungemein ängstlich in diesen Zeitläufen und suchen alles zu vermeiden, was nur auf das Entfernteste bei der Regierung in Hannover Mißtrauen erregen könnte. Man behauptet, daß so ζ. B. sogar die Direction der hiesigen gelehrten Anzeigen Bedenken getragen hat, eine Beurtheilung des bekannten interessanten Werks Murhards: „die unbeschränkte Fürstenschaft", aufzunehmen, vermuthlich blos des Titels halber. (Han. Z.) Cassel. Im Ganzen wirkt das Gerücht von einer vielleicht nahe bevorstehenden Rückkehr des Churfursten nach Kassel nicht eben günstig auf die öffentliche Meinung, und erweckt mancherlei Besorgnisse. Indeß bei dem trefflichen Geiste, der das ganze Land beseelt, müssen diese Besorgnisse als völlig grundlos erscheinen. Die zahlreichen Danksagungsadaressen an die Ständeversammlung, die von allen Seiten wegen des ächt vaterländischen Antrags derselben in Betreff der deutschen Bundesverhältnisse einlaufen, sind wohl der schlagendste Beweis jenes trefflichen Geistes und der hohen Stufe politischer Bildung und Reife, auf die wir uns — Dank unserer neuen durch Oeffentlichkeit schon vollkommen mit dem Volksleben verwachsenen Verfassuug — in kurzer Zeit wie durch einen Zauberschlag versetzt sehen. Der Bote aus Westen schreibt aus München unter dem 29. Nov. „Befremdend ist, daß an dem vielbesprochenen Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 10. November der baierische Gesandte Theil genommen hat. War er in der That dazu instruirt, oder nicht? - Aus einer Erklärung des Ministers des Innern in der Sitzung der Deputirtenkammer von heute, muß man das letztere annehmen, denn Hr. Stürmer sagte ausdrücklich: „die Regierung hat nicht eher von diesen Beschlüssen Kenntniß erhalten, als auch Sie, meine Herren, (also durch die Zeitungen) - und erst seitdem sind ihr officielle Beschlüsse zugekommen." So wäre also der Gesandte nicht instruirt gewesen — ? oder etwa nur nicht von dem Minister des Auswärtigen, wohl aber von dem geheimen Comite directeur? Erwarten wir, ob er wegen Eigenmächtigkeit, Verletzung der Souveränitätsrechte und der Staatsverfassung, durch schnöde Hingebung in die Dictate des absoluten Bundespräsidiums, folglich wegen schwerer Pflichtverletzung angeklagt werden wird. Erfolgt dies nicht, so ist nicht zu zweifeln, daß er, von welcher Seite der Regierung es nun seyn mag, zur Beistimmung und Theilnahme an jenen Beschlüssen ermächtigt worden.
1324 München, 11. Dec. Es bildet sich gegenwärtig hieselbst ein Verein zur Unterstützung durchreisender Polen, der es sich zum Zweck gemacht hat, unseren unglücklichen Freunden auf jede Art hülfreiche Hand zu leisten. Wir rufen deßhalb die edeldenkenden Bewohner Münchens auf, ihre bekannte Wohlthätigkeitsliebe auch dießmal zu beweisen, und mit Eifersucht darauf zu wachen, daß die Hauptstadt nicht hinter den Provinzialstädten zurückbleibe. Beiträge werden von der Redaction der deutschen Tribüne, (Prannersstrasse Nro. 1748 über 5 Stiegen) angenommen und öffentlich verrechnet. Wir bitten zugleich alle öffentlichen Blätter, diesen kleinen Artikel aufzunehmen, um die heldenmüthigen Polen, von denen wahrscheinlich noch viele hier durchreisen werden, wissen zu lassen, daß auch hier ihnen menschliche Herzen entgegenschlagen. A n z e i g e n . Die Zeitschrift:
Der
Eremit.
Blicke in das Leben, die Literatur und Journalistik der Zeit; herausgegeben von Fr. G l e i c h , erscheint, vermehrt durch ein L i t e r a t u r - und A n z e i g e b l a t t , auch für 1832 zu demselben Preise (6 Rthlr. sächs. oder 10 fl. 48 kr. rhein.) wie bisher. Bestellungen darauf nehmen alle Buchhandlungen und Postämter an. Altenburg, im Dec. 1831. Expedition des Eremit. Benachrichtigung. Rücksichtlich eines aus Stuttgart an uns eingesandten und nur mit zwei Buchstaben unterschriebenen Briefes aus Stuttgart vom 24. Nov. 1831 bedauert die Unterzeichnete, die Anfragen des verehrten Herrn Zusenders noch nicht beantworten zu können, indem Herr Dr. Wirth schon einige Wochen abwesend, und der interimistischen Redaction die Handschrift und Chiffer des erwähnten Briefes unbekannt ist. Auch von den im Brief berührten Manuscripten findet sich nichts vor. Jedenfalls wird alles aufs Schnellste besorgt werden. D. R. d. d. T. Berichtigung. In Folge der Eile beim Setzen und Corrigiren von No. 157. der deutschen Tribüne sind folgende sinnstörende Fehler stehen geblieben: Seite 1278 Zeile 6 ist statt überdieß zu lesen: unbedingt 1280 " 19 statt ungültig — unzeitig. — " 26 statt kann — denn. — " 27 statt machen — mache. — " 8 v. u. statt schon — sehr. — " 4 v. u. statt Faust - Furcht. 1283 " 21 statt schien - scheine; dann statt gestattet — gestatte.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Ein
Tribüne
constitutionelles
Mittwoch.
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Die badische Kammer. Der Kommissionsbericht über die ersten Titel des Preßgesetzes (von der Polizei der Presse, und von den Strafen der durch die Presse begangenen Verbrechen und Vergehen) ist heute durch Hrn. Duttlinger erstattet worden. Der Entwurf der Regierung erhält duch die Vorschläge der Kommission wesentliche Abänderungen. Die Kammer fand auf dem Weg zu einem Preßgesetz denselben Stein des Anstosses, wie die baierische, nemlich die Gefahr, die Censur durch die Gesetzgebung zu sanktioniren, wenn sie auch nur zu einer Ausnahme der Censurfreiheit ihre Zustimmung ertheilte. Hr. Duttlinger erklärte, daß die Kommission zuerst den Willen gehabt habe, den §. 13., welcher die Zeitungen uud die Schriften unter 20 Bogen, die den deutschen Bund oder Bundesstaaten betreffen, unter Censur erhält, ganz aus dem Preßgesetz zu streichen; allein da die Regierungskommissäre in diesem Punkte durchaus zu keiner Vereinbarung zu bringen gewesen, so würde die Verwerfung dieses §. einer Verwerfung des ganzen Gesetzes gleichgekommen seyn. Nach dieser Aeusserung des Berichterstatters scheint es, daß in den übrigen Punkten die Vereinbarung mit der Regierung bereits vorläufig zu Stand gekommen seyn muß. In Betreff jenes §. hat nun die Kommission den Ausweg gewählt, den Namen der Censur nicht zuzulassen, nnd dafür die „vorhergehende Genehmigung" der Regierung als Bedingung hineinzusetzen; auch machte der Bericht darauf aufmerksam, daß die Censur nirgends in dem ganzen Gesetze genannt sey, als in dem ersten §., der ihre Aufhebung verfügt. Da die „vorhergehende Genehmigung" nichts anderes seyn kann, als Censur, so würde diese Redaktionsänderung Nichts ausmachen: allein die Umgehung dieser Censur soll nur dann bestraft werden können, wenn durch den Inhalt des ohne dieselben Gedruckten dem Bunde selbst oder einem einzelnen Bundesstaat Anlaß zur Beschwerde gegeben, und der Verfasser gerichtlich verurtheilt wird; wird er freigesprochen, so kann das Umgehen der Censur nicht bestraft werden. Als weitere wichtige Aenderungen oder Zusätze erscheinen: die Herabsetzung einiger Strafen und Kautionen, die unbedingte Censurfreiheit für alle nichtperiodischen Schriften nach dem Beispiele Baierns, die Bestimmung, daß unter den vorgeschriebenen Bedingungen die Herausgabe eines Blattes keiner besondern Bewilligung bedürfe, der Zusatz der Schwurgerichte,
Tagblatt.
München den 14. December 1 8 3 1 .
und der Ausspruch, daß die jene Ausnahmen enthaltenden §§. auf dem nächsten Landtag einer Revision unterworfen werden müssen. „Doch soll die Regierung ermächtigt seyn, dieselben schon vorher aufzuheben." (Gelächter.) Das für Redaktoren festgesetzte Schwabenalter von 30 Jahren ist beibehalten. Ueber den dritten Titel (von dem Prozeßverfahren) wird ein besonderer Bericht erstattet werden; die Diskussion über den hentigen ist auf den nächsten Montag festgesetzt. — Einen andern Commissionsbericht in der heutigen Sitzung erstattete Hr. Mittermaier über die Motion des Hrn. Aschbach auf einen Verfassungseid, der mit 18 Jahren von allen Staatsbürgern geschworen, und mit dem Huldigungs- und Diensteid verbunden werden soll. Der Bericht beleuchtete die verschiedenen Einreden gegen den Verfassungseid, welche sich jedoch fast von selbst widerlegen, und nur durch hinterhaltene Absichten eine zureichende Begründung erhalten können; interessant war dabei die Beziehung auf das Militär, wo man einen Widerspruch der Subordination mit dem Eide finden will. Hr. Mittermaier entwickelte in einer Reihe von Sätzen, daß Soldaten nicht blos willenlose Maschinen seyen, und berief sich, auf eine in Baden bestehende Vorschrift, daß kein Soldat den Befehlen eines Obern gehorchen dürfe, wenn diese Befehle gegen die heilige Person des Regenten oder gegen sein Haus gerichtet seyen. So gut man nun hier dem Soldaten eine eigene Beurtheilung nicht nur einräume, sondern sogar zur Pflicht mache, so gut könne dies auch, unbeschadet der nöthigen Subordination, in Bezug auf das Grundgesetz statt finden. Der Kommissionsbericht wurde mit allgemeinem Bravo aufgenommen, und die Kommissionsanträge einstimmig zum Beschluß der Kammer erhoben.
Neueste Probe deutscher Zollvereine. (Brief aus dem Braunschweigischen.) Der erste Tag dieses Monats hat eine Maßregel zur Ausführung gebracht, mit welcher wir und unsere Hannoverschen Brüder von unsern Regierungen beschenkt worden sind — ich meine einen vorläufigen Handelsvertrag, welcher am 7. October abgeschlossen und am 20. desselben Monats ratifizirt worden ist. Sie werden ohne Zweifel glauben, daß dieser 163
1328
1327 Vertrag diefreiesteWechselseitigkeit und Ungebundenheit in Betreff des Handels beider Staaten zum Gegenstand habe, und daß er den Bewohnern beider Länder das Anschließen an einen allgemeinen deutschen Zollverein in nächster Perspective zeige. Allein von alle dem kein Wort. Die ganze Begünstigung des Handels besteht darin, daß Artikel, welche auf gewissen Straßen durch das Hannoversche ins Brannschweigische gelangen, nur einmal Eingangs- und einmal Ausgangszoll entrichten, und bei dem Wiedereintritt in das Hannoversche Gebiet von der nochmaligen Entrichtung dieser Abgabe befreit seyn sollen. Bleiben jedoch solche Gegenstände beim Wiedereintritt in den Hannoverschen Landen, so kommt ihnen diese Begünstigung nur dann zu statten, wenn sie in Quantitäten zu mindestens 200 Pfund, die Weine aber in Gebinden von mindestens 1 Ohm versandt werden, und die Versendung an Hannoversche Kaufleute und Gewerbetreibende geschieht, insofern Letztere die Gegenstände zu ihrem Gewerbe gebrauchen. Ferner darf, gemäß dem siebenten §., keiner der beiden Staaten ohne Einverständniß des andern einem fremden Zoll-Systeme sich anschließen, und es heißt: diese Vereinbarung solle im Falle der Nichtausführung des Eimbecker Vertrages vom 18. Mai 1827, bis zum 1. August 1839 bestehen, dann aber, nach vorhergegangener Kündigung desselben, werde der Kassel'sche Vertrag vom 11. October 1829 bis zum Ablauf des Jahrs 1849 zur Hand genommen werden. Da sich jedoch die Unzufriedenheit des Publikums über den vorliegenden widersinnigen Vertrag bereits sehr unverholen ausgesprochen hat, so dürften die betreffenden Regierungen mit jenen Verlängerungsprojecten wohl kaum hervortreten. Das Beste unter dem Schlechten enthalten offenbar die §§. 9. und 12, indem der erste so lautet: „Die Unterhandlungen über die Einfuhrung eines gleichmäßigen und gemeinschaftlichen Eingangs-, Ausgangs- und Verbrauchs-Abgaben-Systems in Hannover und Braunschweig, auf den Grund des Eimbecker Vertrages vom 27. März 1830, sollen mit möglichster Beschleunigung fortgesetzt und zum Abschlüsse gebracht werden." Der letzte aber bestimmt: „ A u c h wollen beide Staaten baldigst und ohne die Ausführung der unter ihnen beabsichtigten Zoll- und Steuer-Verbindung zu erwarten, sich über Abgaben-Erleichterung oder Befreiung für die nothwendigsten Lebensmittel, verschiedene Producte der Natur, des Ackerbaues und der Viehzucht, so wie für einige Producte des Gewerbfleißes, gleichmäßige Besteuerung des Branntweins und des Biers, über Maßregeln zum Schutze der inländischen Bergwerksproducte, über einige specielle Transit-Verhältnisse, über gemeinschaftliche Maßregeln gegen den Schmuggel-Handel zum Schutze der in beiden Staaten bestehenden Zoll- und SteuerEinrichtungen, und über Einrichtungen wegen des Zoll- und indirecten Steuerwesens auf dem Harze oder einzelnenTheilen desselben verständigen." — Wollte Gott, nicht blos zwei Staaten, wie Hannover und Braunschweig, sondern alle Staaten Deutschlands dächten erst einmal daran, sich über Gleichheit der Besteuerung und über Gleichmäßigkeit aller Accise und Aufschlagsgebühren in den verschiedenen Bundesstaaten zu verständigen. Denn ohne diese innere Gleichheit und Gleichmäßigkeit ist ein vollkommen freier äußerer Verkehr eine höchst schwierige, wo nicht unausführbare Sache, wenn nicht das im Innern höher besteuerte Land den entschiedensten Nachtheil von dem minder besteuerten erleiden soll.
Tages-Chronik. Frankreich. Der Temps spricht sich über die gegenwärtige Lage Deutschlands folgendermaßen aus: Die heilige Allianz ist nicht mit ihrem Gründer gestorben; sie ist es, die zu Warschau triumphirt hat. Sie hat in diesem Augenblicke den Vorsatz, ihre Eroberungen gegen die Freiheit weiter auszudehnen. Alle Berichte, die wir aus Deutschland erhalten, sprechen von feindlichen Entwürfen, auf die sie sinnt, und welche sie durch das Organ des deutschen Bundes ausspricht, der nur zu bestehen scheint, um die armen Deutschen zu verhindern, eine constitutionelle Freiheit zu genießen... Nichts ist so bedauernswerth wie die Lage Deutschiends seit 1815. Sobald es frei athmen will, belasten es die nordischen Mächte mit ihrem Joche, und verlachen alle Garantien, welche es sich zu geben geglaubt hat, indem es das constitutionelle Regime einführte. — Die öffentliche Meinung hatte sich eben Luft gemacht; von allen Seiten verlangte man die Reform dieser in Mißcredit gefallenen Versammlung, welche sich nicht bewegt, als auf Kommando der heiligen Allianz: sogleich hat man ganz Deutschland mit dem Schweigen der Knechtschaft bedroht, etc. Lyon, den 3ten Dezember. Der Herzog von Orleans hat diesen Morgen die verschiedenen Omziercorps der jetzt zu Lyon befindlichen Brigaden, und diesen Abend den Generalstab der 19ten Militärdivision empfangen. Diesen Morgen hat S. Κ. H. mehrere Quartiere der Stadt besucht, und die darin stationirten Corps gemustert. Es heißt, eine große Anzahl mobilisirter Nationalgarden, die aus verschiedenen Departementen sich nach Lyon begaben, werden ihren Sold zum Besten der arbeitslosen Arbeiter dieser Stadt überlassen. Die von Besanc^on nach Lyon gesandten Artillerie-Batterien haben so eben Befehl erhalten, nach ihrer Division zurückzukehren. Die Dragonerregimenter und andere Truppen, deren Durchmarsch angekündigt war, haben Gegenbefehl erhalten und kehren nach ihren Besatzungen zurück. (Nrh. C.) Belgien. Brüssel, 6. Dec. Herr Vandeweyer hat die bestimmteste Versicherung erhalten, daß der Vertrag binnen wenigen Tagen von der englischen Regierung, so wie von den übrigen ratifizirt werden würde. Unser Kabinet beschäftigt sich mit der Wahl der Gesandten für die nordischen Höfe. Wie es heißt, wird Herr von Mayendorf russischer Gesandter in Brüssel werden. Die französische Regierung ist im Begriff, mit Belgien neue kommerzielle Verbindungen auf einer durchaus liberalen und für beide Länder vortheilhaften Basis anzuknüpfen. (St. Α. Z.) Deutschland. Die Leipziger Zeitung berichtet aus Wien: Die so viel besprochene Reduktion des Heeres mag sich nur auf eine Beurlaubung von etwa 20,000 Mann und auf ökonomische Ersparnisse beschränken, die aber in möglichst kurzer Frist wieder auf den Normalfuß gebracht werden können. Mainz, 7. Dec. Das Schicksal der geflüchteten Polen nimmt hier wie überall im deutschen Vaterlande das lebhafteste Interesse in Anspruch. Schon die ersten Durchzüglinge erhielten freies Logis bei einem polenfreundlichen Privatmanne, Unterstützung an Geld, freien Transport. Nachher organisirte sich die Hülfe immer mehr. Man sammelte Geld in größeren Kreisen, und trotz mancher dargereichten Spende ist noch einiger Vorrath übrig. Aber leicht dürfte dieser, selbst für die nahe
1329 Folge, nicht reichen. Es hat sich also hier ein Mädchenverein gebildet, welcher weibliche Arbeiten zusammen steuert. Diese sollen demnächst, nebst noch vielen wirklich werthvollen Gegenständen, ζ. B. mehreren zu jenem Zwecke abgegebenen goldenen Uhren, goldenen Ringen u. s. w., verloost und der Ertrag den armen Heimathlosen zugewendet werden. Der Loose sind 1000; eins kostet 1 fl. Ich halte ein solches Loos in der Hand. „Mädchenverein zur Unterstützung polnischer Verbannten" steht in gefälligen, schwarzen und blauen Lettern darauf. Rothe, geschmackvoll ausgeschnittene Kreise ziehen sich herum. Aus den Ecken des länglichen Vierecks keimen - in Blau ausgedrückt - Rosenknospen. Wohl scheiden blut'ge Kreise euch von dem Vaterland, Wie unsre Mädchen sagen, ihr Armen seyd „verbannt;" Die Rose selbst wird bläulich, die euer Loos umzieht, Sowie die Menschenlippe, gestorben, bläulich blüht; Doch nein! Floh auch das Rothe - die Lieb' ist ewig neu. Einst knospt die Rose wieder. Ihr Blau spricht: „Bleibe treu!" (D. a. Z.) Kassel, 1. Dec. Der schwäbische Merkur meldet, daß man mit der Untersuchung zur Entdeckung der Urheber jener Frevel und Verbrechen, welche von unbekannter Hand im Dunkel der Nacht an den Festen fur die Fahnenweihe der hiesigen Bürgergarden und fur die Feier des Geburtstages des Churfursten begangen worden sind, indem Kleider und Shawls theils zerschnitten, theils mit Vitriolöl begossen wurden, immer mehr ins Reine komme. Nach mehrseitigen Zeugenaussagen und Geständnissen sey die Gräfin Reichenbach bei dieser Gelegenheit stark compromittirt. Kassel, 6. Dec. Das Schreiben der churhessischen Ständeversammlung an den Landtagscommissär, Regierungsrath Eggena, die Verhältnisse zum deutschen Bundestage betreffend, enthält im Wesendichen den Wunsch der Versammlung: es möge der hohe deutsche Bundestag bei seiner Thätigkeit stets nur das von dem Wohle der einzelnen deutschen Bundesstaaten unzertrennliche Gesammtwohl Deutschlands im Auge haben, und durch aufrichtige und wahrhafte Förderung der höchsten Interessen der gedachten Staaten es dahin bringen, daß der Bund durch die Blüthe und Kraft, durch die Gesinnung und Anhänglichkeit der einzelnen deutschen Völker getragen, gehoben und befestigt werde — jeder einzelne Bundesstaat dagegen im Bunde die Gewähr fur freie äußere Unabhängigkeit und die selbstständige freie Entwicklung seines innern Lebens finde. Alsdann brauche der Bund auch die öffendiche Bekanntmachung seiner Verhandlungen nicht zu scheuen, deren Unterlassung das Vertrauen in den Bundestag so unverkennbar geschwächt, so manchen, wenn auch grundlosen, doch beunruhigenden und aufregenden Argwohn bisher erzeugt habe, in keinem Falle einen wesendichen Nutzen gewähre, wohl aber in vielfacher Hinsicht nachtheilig werden könne. Vorzugsweise liege es nun den Landständen eines jeden Bundesstaats ob, beim Bundestage dahin zu wirken, daß nicht nur das Bundesverhältniß auf die angegebene Weise sich gestalte und kräftige, sondern auch die öffendiche Bekanntmachung der Bundestagsverhandlungen wieder erlangt werde. Zu diesem
1330 Zweck stellt die hessische Ständeversammlung am Schluß ihres Schreibens außer einem speciellen Antrag zur Aufklärung über die bisherige Wirksamkeit des churhessischen Bundesgesandten, den allgemeinen Antrag an die Regierung: es möge sich dieselbe auf diplomatischem Wege mit den übrigen constitutionellen Staaten Deutschlands zu einer, dem constitutionellen Wesen in jeder Hinsicht entsprechenden Wirksamkeit beim hohen Bundestage vereinigen; insbesondere auch darauf antragen und hinweisen, daß wieder sämmdiche Protokolle der hohen deutschen Bundesversammlung durch den Druck öffendich bekannt gemacht werden möchten. — Ob die hessische Staatsregierung diesen Antrag der Stände berücksichtigen werde, ist sehr zn bezweiflen, gewiß aber ist, daß bei den bekannten Gesinnungen, zumal der größeren deutschen Regierungen, jeder fiir den beantragten Gegenstand hessischer Seits gethane Schritt völlig vergeblich und nutzlos seyn würde. Nichtsdestoweniger verdienen die hessischen Stände den wärmsten Dank aller Deutschen für ihr muthiges Wort. Denn wer möchte hinter der nothwendigen milden diplomatischen Form nicht die Strenge des Gedankens und den tiefsten Unwillen über die völlige Zwecklosigkeit, ja Schädlichkeit unseres ersten deutschen Staatskörgers erkennen? Die laute Offenbarung dieses edlen Unwillens wird unmittelbar nichts nützen, aber sie wird den Regierungen zeigen, daß nicht blos sogenannte Schwindelköpfe und Revolutionäre mit dem allgemeinen Zustande Deutschlands unzufrieden sind; sie wird dem Auslande durch das höchste und wichtigste Organ deutscher Volksvertreter den unwiderleglichen Beweis liefern, daß die Bürger der kleineren deutschen Staaten, wenn sie auch das Drückende und Schmachvolle ihrer Lage nicht ändern können, es wenigstens fühlen, und gegen diesen Zustand die einzig mögliche Protestation in dem von den hessischen Ständen befolgten Verfahren einlegen. Hoffendich werden dem leuchtenden Beispiele der freisinnigen Hessen noch mehrere deutsche Deputirtenkammern, namentlich die hochherzige badische nachfolgen. Alsdann kann Deutschland zum Mindesten theilweise sagen: Alles verloren außer die Ehre! Kassel, 8. Dez. Ein beklagenswertes Ereigniß betrübte gestern Abend unsere Stadt. Eine große Menschenmenge hatte sich auf dem Friedrichsplatze und in der Gegend des Theaters versammelt und empfing mit unbeschreiblichem Jubel I. K. Höh. die Kurfurstin, allerhöchstwelche auch im Theater mit wiederholten Zeichen der Verehrung und Anhänglichkeit begrüßt wurden. Die stets wachsende Menschenmenge, davon auch ein Theil ins Theater gedrungen war, verließ den ganzen Abend den Platz nicht; wie es scheint, blieben die Bemühungen der Polizeibeamten, sie zum Auseinandergehen zu bewegen, fruchdos, bis endlich kurz vor dem Schlüsse des Schauspiels die Menge durch die Truppen der Garnison, Infanteterie und Kavallerie, mittelst Gebrauch der Waffen vertrieben wurde, wobei mehrere Menschen verwundet wurden. Der Zusammenhang dieser aus dem friedlichen Erguß treuer Gesinnungen entsprungenen traurigen Vorfälle ist in diesem Augenblicke noch nicht vollständig bekannt und wir mögen die mancherlei zum Theil widersprechenden Gerüchte und Darstellungen über dasjenige, was diese unerwartete Anwendung der Gewalt veranlaßt hat, nicht zum Grunde legen, überzeugt, daß zur Würdigung dor Thatsachen eine nähere Beleuchtung nicht ausbleiben wird. Diesen Morgen fand eine vertrauliche Sitzung der Stän-
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1331 deversammlung in Bezug auf die Vorfälle des gestrigen Abends statt. Eine große Zahl Bürger, welche sich in den Hof des Sitzunghauses begeben hatten, äußerten laut ihre Klagen über gesetzwidrige Gewaltthätigkeit, ließen sich aber durch das Zureden des Herrn Bürgermeisters der Residenz und durch die Hinweisung auf die ständische Fürsorge beruhigen. Um 11 Uhr war die öffentliche Sitzung eröffnet. Der Präsident kündigte an, daß ein Ausschuß ernannt sey, um die Staatsregierung um möglichste Beeilung der vom Landtagscommissär bereits angekündigten Auskunft über die gestrigen traurigen Vorfälle zu ersuchen; dieser Ausschuß bestehe aus den HH. Schomburg, Jordan, Eberhard und Pfeiffer. Die Verkündigung dieser Wahl brachte die lebhafteste Zufriedenheit im Publikum hervor. Auf den Antrag des Herrn Dedolph wurde beschlossen, die laufenden Geschäfte auszusetzen, damit die Mitglieder des Ausschusses sich sogleich ins Staatsministerium begeben und mit der Staatsregierung unmittelbar benehmen könnten; heute Nachmittag um 3 Uhr wird der Bericht derselben in öffentlicher Sitzung erwartet. Der Präsident erklärte, die Ständeversammluug werde Alles thun, um die Gemüther zu beruhigen, und für die gesetzliche Ordnung in jeder Hinsicht wachen. Die vorliegende Frage sey für unser constitutionelles Leben viel wichtiger und von größerem Umfange als man sich vorstelle; jedermann werde indeß aufgefordert, das anwesende Publikum mit eingeschlossen, die ganze Thätigkeit für die Erhaltung der Ruhe der Stadt anzuwenden. Mit der Verpflichtung der neuen Deputirten für die Schaumburgischen Städte, Hrn. Werthmüller, wurde hierauf die Sitzung geschlossen. (Frkf. J.) Die Hanauer Zeitung meldet, daß die französische Regierung keineswegs die Absicht habe, allen polnischen Flüchtlingen bestimmte Aufenthaltsorte, namentlich Avignon, anzuweisen, und ihnen den Aufenthalt zu Paris nicht zu gestatten. Dies ist nur mit denen Polen der Fall, die Unterstützung von der Regierung verlangen. Diese bekommen täglich 20 Sous, mit Ausnahme der Offiziere, welche nach ihrem Range behandelt werden. Alle dagegen, die von eigenem Vermögen leben können und wollen, oder durch die Polenvereine genügsame Unterstützung erhalten, werden keineswegs als Sklaven in Frankreich hetrachtet, sondern können, so lange sie die Gesetze achten und befolgen, an jedem beliebigen Orte in Frankreich ihren Wohnsitz aufschlagen. München, 12. Dec. In den permanenten Gesetzgebungs-Ausschuß, welcher nach dem Schluß der gegenwärtigen Ständeversammlung zurückbleibt, um über den vorgelegten Entwurf des Strafgesetzbuches u. dgl. zu berathen, wurden folgende neue Mitglieder gewählt: Dresch, Rudhart, Mussinan, Korb, Windwart, Harsdorf, Eberz, Schwindel und Culmann. Der Abgeordn. Schüler hatte bei der Wahl von 109 Stimmen 54 bekommen. Die Abgg. Seuffert und Willich lehnten die Wahl ab. — Es geht das Gerücht, daß die Reichsräthe dem Beschlüsse der Abgeordneten hinsichtlich der Civilliste beigestimmt hätten, daß aber der Militäretat dürfte erhöht werden, indem sich bereits die Mehrheit der Abgeordneten dazu geneigt bezeige.
A n z e i g e n . Aeußere Verhältnisse haben den in Zweibrücken abwesenden Herrn Dr. Wirth bestimmt, einige Tage lang weder die von der Censur gestrichenen Stellen abdrucken, noch die Censurlücken unausgefüllt zu lassen, womit er sich indeß keineswegs seines Rechts zum Abdruck des von der Censur Gestrichenen begeben wissen will. Die Letztere wüthet nun wieder auf eine unerhörte Weise wider uns; so strich sie uns erst gestern einen auf Verlangen eingerückten Brief des bekannten polnischen Flüchtlings Herrn Pulaski, der sich einige Tage hieselbst aufgehalten hatte, so wie eine von uns dazu gegebene Nachschrift, in der wir alle edlen Bewohner Münchens zur Unterstützung der unglücklichen, oft der nothwendigsten Lebensbedürfnisse beraubten, hier durchreisenden Polen aufforderten. Da das Gestrichene gegen drei Spalten einnahm, so war es unmöglich, die durch die Censur verstümmelte Nummer der Tribüne noch gestern erscheinen zu lassen. Wir bitten die geehrten Abonnenten deßhalb um Nachsicht und versprechen ihnen später vollständigen Ersatz für die ausgefallene Nummer. Außerdem werden diese Vexationen nur noch wenige Tage dauern. Spätestens vom 18., vielleicht schon vom 15. d. M. an wird die Fortsetzung der Tribüne, von Herrn Dr. Wirth selbst wieder redigirt, in früherer Weise und Kraft in Zweibrücken erscheinen. Herr Pulaski hatte übrigens in seinem von der Censur gestrichenen Briefe das Publikum rücksichtlich einer in No. 158. der Tribüne erschienenen Anzeige nur benachrichtigen wollen, daß alle diejenigen wackern Polen, welche in dem Corps der Generale Ramorino, Rozycki und Kaminski gedient hätten, nur deßhalb nicht mit den in jener Anzeige erwähnten Empfehlungsschreiben versehen seyen, weil sie zur Zeit ihres Austritts aus Polen zu Zacroczym, dem Sitze der Committe, sich nicht befunden hätten. Das Publikum möge sie daher nicht minder freundlich und wohlwollend, als ihre mit Zeugnissen versehenen Brüder aufnehmen. D. R. d. d. T.
Die Zeitschrift: D e r
E r e m i t .
Blicke in das Leben, die Literatur und Journalistik der Zeit; herausgegeben von Fr. G l e i c h , erscheint, vermehrt durch ein L i t e r a t u r - und A n z e i g e b l a t t , auch für 1832 zu demselben Preise (6 Rthlr. sächs. oder 10 fl. 48 kr. rhein.) wie bisher. Bestellungen darauf nehmen alle Buchhandlungen und Postämter an. Altenburg, im Dec. 1831.
Expedition des Eremit.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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A n z e i g e . In reiflicher Erwägung der Postverhältnisse Rheinbaierns mußte die Redaction der deutschen Tribüne sich bewogen finden, ihren Wohnsitz in Homburg zu nehmen, um von hieraus mit Paris und Brüssel einerseits, dann Carlsruhe und Frankfurt am Main andrerseits Verbindungen auf außerordentlichem Wege herzustellen und zu unterhalten. Diese Einrichtung gewährt in Verbindung mit der PrivatCorrespondenz der Redaction den Vortheil, daß die Tribüne die Nachrichten aus Frankreich, Spanien, Portugal, England und den Niederlanden früher nach Deutschland bringen kann, als alle übrigen deutschen Blätter und in der Regel um 24 Stunden früher, als die Pariser Journale. Um zur ausgedehntem Verbreitung der Tribüne kein Opfer zu scheuen, hat die Redaction zugleich sich entschlossen, den Preis des Blattes bedeutend herabzusetzen. Das halbjährliche Abonnement wird demnach im ganzen Rheinkreis bei allen Postbehörden, welche die Exemplare von der K. Postverwaltung Homburg unmittelbar beziehen, nur 5 fl. 54 kr. betragen, in ganz Baden und Würtemberg dagegen höchstens 7 fl. bis 7 fl. 30 kr.; in ganz Altbaiern höchstens 7 fl. 30 kr. bis 8 fl.; im Großherzogthum und Chur[f]ürstenthume Hessen nur 7 bis 8 fl.; in Frankfurt am Main 6 fl. 30 kr. [b]is 7 fl. u. s. w. Da der innere Werth der Tribüne durch die Acquisition verschiedener Mitarbeiter von großer Auszeichnung erhöht werden wird, so darf die Redaction dem Wohlwollen des deutschen Publicums vertrauen, daß es die sehr bedeutenden Opfer, welche die Herstellung einer außerordentlichen Postverbindung und die Herabsetzung der Abonnements-Preiße mit sich bringen, durch zahlreiche Bestellungen ausgleichen werde. In Rheinbaiern wird die Versendung der Tribüne durch außerordentliche Verbindungen so schnell und regelmäßig erfolgen, daß das Blatt an den meisten Orten täglich eintrifft. Druck und Papier werden trotz der Herabsetzung der Preiße nicht verändert, das Blatt wird insbesondere fortwährend auf feinem Velinpapier geliefert werden. Bestellungen, die bereits in Speyer gemacht wurden, bedürfen bei der K. Postverwaltung Homburg keiner Erneuerung; dagegen bitten wir die Postbehörden, die von hier direct beziehen, alle neuen Bestellungen bei der hiesigen K. Postverwaltung unmittelbar und zwar schleunigst zu machen. Von Seite des Publicums beliebe man sich bei der nächstgelegenen Postbehörde zu abonniren. Für die verehrlichen Postämter fügen wir die Bemerkung bei, daß die K. Postverwaltung Homburg die Tribüne bei directer Beziehung um 5 fl. 24 kr. halbjährlich überläßt. Alle Briefe an die Redaction beliebe man nach Homburg zu senden. Es wird Vorsorge getroffen werden, daß sie schnell und sicher an die Adresse gelangen. Homburg, am 15. Dezember 1831. Die Redaction der deutschen Tribüne,
Wink
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Deutsche Ein
constitutionelles
Donnerstag. Das Jahr
Tribüne
N— 164. 18 13.
(Eingesendet.) Das Jahr Dreizehn (1813) brachte den Deutschen die deutsche Bundesacte, mit ihr den Artikel Dreizehn: „in allen deutschen Bundesstaaten sollen bestehende Verfassungen fortgesetzt, und wo keine bestehen, eingeführt werden." Im Laufe des 18ten, dann im Anfange des 19ten Jahrhunderts schlichen sich ein und steigerten sich von Zeit zu Zeit in allen Regierungsverwaltungszweigen die mannigfachsten Gebrechen, besonders seit der Auflösung der deutschen Reichsverfassung *) und Umschaffung reichsgesetzlich untergeordneter deutscher Fürsten in unbeschränkte Souveraine. Solche Umschaffung fand rechtlich nicht, doch faktisch statt. Fürsten und Minister, die Ultraaristokratie selbst verkannte die vielfachen Gebrechen nicht; sie konnten nicht in Abrede stellen, daß Sicherheit der Personen, des Eigenthums und der Ehre der Staatsbürger, wo Gesetz und Verfassung nicht, sondern Willkür die Herrschaft übt, gefährdet — der öffentliche und Privat-Kredit geschwächt, fast vernichtet - daß die Gewerbe, der Handel, mit diesem der Wohlstand gelähmt - daß die Staatsfinanzen und deren Verwaltung ohne genügende Controlle, deßwegen in Zerrüttung gerathen — daß die über die Gebühr gesteigerten Abgaben sehr drückend geworden seyen. Dieß alles, und noch viel Fehlerhaftes sonst, zugleich die Pflicht der Regierungen, Abhülfe zu leisten, ward anerkannt, ausgesprochen, in Aufforderungen an die Völker, in Proklamationen, in wiederholten Versicherungen, daß es besser werden müßte und sollte im deutschen Vaterlande. Dafür gaben die Regenten ihr Fürstenwort, die heiligsten Versprechungen. Die Akten des Wiener-Congresses, und die deutsche Bundesakte beurkunden das Gesagte. Der 13. Arti*) War diese gleichwohl in mancher Rücksicht fehlerhaft, veraltet, geschwächt; der aristokratischen und ministeriellen Willkür setzte sie immer noch einen kräftigen D a m m entgegen. Denn alle mußten sie bei den höchsten Reichsgerichten Rede stehen, Recht nehmen; besonders war bei dem kaiserlichen und Reichskammergericht zu Wetzlar wider Willkür und Bedrückung bereite Hülfe - denn dieses war von der römisch-apostolischen, kaiserlichen Hofluft entfernt und unverdorben. (A. d. E.)
Tagblatt.
München den 15. December 1831.
kel derselben, das sicherste Rettungsmittel bezeichnend, war gegeben, dem Vollzuge jedoch traten feindliche Elemente entgegen, zugleich aber auch mehrere biedere deutsche Männer auf, in Rede und Schrift, den Vollzug, die wirkliche Vollziehung gegebener Fürstenworte, mit Kraft und Würde fordernd. Unter diesen Einer, bei dessen Handschriften das hier folgende Gedicht sich unlängst vorfand. Da es noch nicht zur öffentlichen Kenntniß kam, so möchte die Bekanntmachung desselben im Jahre 1831 *) um so interessanter seyn, als gerade jetzt der Inhalt dieses Dreizehngedichts sich beurkundet, und jeder Vaterlandsfreund die unerläßliche Pflicht fühlt zur Fest- und Heilighaltung, dann Vervollkommnuug des Kleinods: Dreizehn geboren im Dreizehn!
D r e i z e h n . Die Dreizehn sey gepriesen Als eine heil'ge Zahl, So hat sie sich erwiesen, Dem deutschen Volk zumal; Dreizehn als man geschrieben, Da war die große Schlacht, Wo der Franzos vertrieben Siegreich durch deutsche Macht. Darauf zusammentraten Zu Wien, der Kaiserstadt, Die deutschen Potentaten, Und hielten hohen Rath; Sie haben sich verbündet Zum neuen deutschen Bund, Und wacker ihn gegründet Auf alten Reiches Grund. Und was sie hoch beschworen, Verfaßten sie in Schrift: Die deutsche Bundes-Acte, Ein unverbrüchlich Stift!
*) 31! — das verkehrte 13! - Nicht ominös, so hoffen wir, denn die 13 vom Jahre 13 ist eine durch Fürstenwort und Ehre geheiligte Zahl; das Heilige duldet nicht das Verkehrte. (Anm. d. Eins.)
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1335 Die hat Artikel viele, Doch die zu dieser Frist Just dir und mir nicht alle Zu wissen nöthig ist.
Arglist und Hochmuth trieben Lang damit Spott und Scherz, Doch blieb es fest geschrieben In aller Menschen Herz.
Doch ist darunter Einer, Das ist der Dreizehnte, Der für uns All', wie keiner, Der allerwichtigste; Den Einen möcht' ich geben Um keine Tonne Gold, Vielmehr mein Blut und Leben, Wer ihn anfechten wollt'.
Wir haben's neu errungen Dreizehn im großen Jahr, Dem Erbfeind abgezwungen, In dessen Bann es war. Der dreizehnte Artikel, Des Jahres Dreizehn Frucht: Ο schön Zusammenstimmen, Wie eigens ausgesucht.
Und wie heißt denn der theure Artikel? Allgemein Soll ständische Verfassung In deutschen Landen seyn. Und möchte Jemand fragen, Was da besonders scheint, Kommt her, ich will euch sagen, Was drunter ist gemeint. Seht ihr: wo sind Landstände, Da hat die Tyranney Von Groß und Klein ein Ende, Und Fürst und Volk sind frei; Da giebt's nicht Herrn und Knechte Vor dem Gesetz fortan; Da gelten gleiche Rechte Für Bau'r und Edelmann. Da darf kein Zwingherr dräuen Mit einem Machtgebot, Man braucht da nichts zu scheuen, Als das Gesetz und Gott! In freier Schrift und Rede Thut da der Geist sich kund: Preßfreiheit ist für jede Freiheit der Schirm, der Grund. Bei allen Steuersätzen Wird erst das Volk gefragt, Es folgt auch nur Gesetzen, Dazu es ja gesagt; Dem Volk von allen Thaten Wird Rechenschaft gelegt, Bei offner Thür berathen, Und so auch Recht gepflegt. Das und mehr, liebe Brüder, Gibt uns der dreizehnte Artikel endlich wieder, Das Recht, das göttliche; 'S ist sonst schon so gewesen, Und just was Neues nicht, Wie ihr in Büchern lesen Davon könnt den Bericht. Nur ist's abhanden kommen Im Sturm und Drang der Zeit, Das Kleinod nns genommen Uralter Herrlichkeit;
Warum just der Dreizehnte In der Artikel Zahl? Das ist bei Gott kein Zufall, Und auch nicht freie Wahl! Nein das ist Gottes Finger, Der den Artikel schrieb Mit deutschem Blut von Dreizehn, Drum ist er uns so lieb! Hat Gott gefügt die beiden Dreizehn zusammen nun, So soll kein Mensch sie scheiden Und von einander thun; Ein Zeichen ist's von Oben, Daß jeder Deutsche wohl Den dreizehnten Artikel In Ehren halten soll. Und was im Jahre Dreizehn Dem Volke ihr gelobt, Dem Volke, dessen Treue In Noth und Tod erprobt, Daß ihr's erfüllet bieder, Ohn' Deuteln und Verdrehn! Sonst, kömmt ein Dreizehn wieder, Möcht's nicht wie Dreizehn gehn. D'rum soll die Doppel-Dreizehn Dem Deutschen insgemein, Ihr Mächt'gen, euch vor Allen Hochtheu'r und heilig seyn! Vergeßt ihr je der Dreizehn, Erkauft mit Blut und Tod, So mag euch Gott vergessen In eurer letzten Noth! A n m e r k u n g der R e d a c t i o n . Obgleich wir es uns sonst zum Grundsatz gemacht haben, keine Poesien in unserm Blatt aufzunehmen, und deßhalb schon manche andre werthvolle Zusendung der Art oft mit Bedauern zurückgelegt haben, so glaubten wir doch dieses Mal theils aus Hochachtung für den verehrten Hrn. Einsender, theils wegen des vortrefflichen Geistes und der Frische des vorstehenden Gedichts eine Ausnahme von unserer Regel machen zu dürfen.
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1337 Tages-Chronik. Spanien. Madrid, 29. Nov. Die Straßenräuberei hat bei uns so überhand genommen, daß die französische Post durch Kavallerie escortirt werden muß. - Die Verhaftungen wegen politischer Meinungen, welche einige Zeit lang eingestellt worden waren, haben mit verdoppeltem Eifer wieder begonnen. Seit mehreren Tagen hört man wieder von nichts als von Verhaftungen. Auch werden wieder mehr Briefe aufden Posten entsiegelt als vorher; ein unbesonnenes Wort, ein zweideutiger Ausdruck in einem Briefe bringt die Person, an welche er gerichtet ist, in Gefahr. Nach 7 Uhr Abends sollen keine drei Personen mehr auf den Straßen beisammen stehen, ohne Laternen bei sich zu fuhren. Diese polizeiliche Maßregel gilt nicht nur fur die Städte im Innern des Landes, sondern besonders auch für die Küstenstädte, wo die Einwohner durch ihren fortwährenden Verkehr mit Fremden etwas aufgeklärter sind. — Die in St. Sebastian in Gefangenschaft sitzenden Personen, welche fur General Mina Geldunterstützung gesammelt hatten, werden fortwährend in strengem Gewahrsam gehalten; die gegen sie eingeleitete Untersuchung wird ein für sie sehr mißliches Ergebniß zur Folge haben. England. London, 6. Dec. Die Modificationen, welche das Ministerium in seiner neuen Reformbill vorlegen wird, sind noch völlig unbekannt. So viel indeß ist gewiß, daß sie modificirt ist; denn würde die Bill in ihrer früheren Gestalt in das Oberhaus gebracht werden, so würde sie ohne Zweifel, wäre es auch nur wegen gekränkter Eigenliebe der hohen Kammer, eine zweite Niederlage erfahren. Die Antireformpartei ist stärker und einiger als je. Kein einziger Lord hat sich gewinnen lassen; unter den Bischöfen indeß soll das Ministerium einige Proselyten gemacht haben; aber auch diese haben sich nur unter gewissen Vorbehalten verpflichtet. Man ist allgemein überzeugt, daß ohne wichtige Modificationen, Modificationen, mit denen das Volk unzufrieden seyn wird, die Bill schwerlich durchgehen wird. Das Ministerium befindet sich also in dem Dilemma, entweder mit dem Oberhause, oder mit dem Volke, oder am Ende wohl gar mit allen beiden zu brechen. Frankreich. Paris, 9. Decemb. Diejenigen, welche glaubten, die Regierung würde den Lyonern, wie früher den Straßburgern, eine vollständige Amnestie bewilligen, scheinen sich geirrt zu haben; man spricht von zahlreichen Verhaftungen, welche daselbst vorgefallen seyn und die von Seiten der erbitterten Bevölkerung bereits Repressalien veranlaßt haben sollen. Daher vielleicht die schnelle Rückkunft des Herzog von Orleans und des Marschall Soult nach Paris, welche die Zeitungen ankündigen. Sonderbar indeß, wenn man durch Prozesse den Arbeitern den Hunger stillen zu können glaubt. Der neue provisorische Präfekt, Herr Gasparin, hat seine Funktionen bereits angetreten. (D. Α. Z.) Paris, 9. Dec. (Durch ausserordentliche Gelegenheit.) Der Ministerrath beschäftigt sich seit einigen Tagen mit den Maßregeln, welche gegen den Rhone-Präfecten, Hrn. Dumolard zu nehmen sind. Die Meinungen sind sehr verschieden. Der Marschall Soult hat vorgeschlagen, ihn in seiner Funktion zu belassen; Hr. Perier will ihn dagegen absetzen, was, wer ihn kennt, auch nicht befremdet. Andere meinen, Herr Dumolard werde seine Endassung einreichen.
Die Art und Weise, wie der König von England die holländische Angelegenheit in der Thronrede berührt, hat hier in der bereits vorgefaßten allgemeinen Meinung bestärkt, daß dieselbe noch zu vielen Besorgnissen Anlaß giebt. Wäre von Seiten Hollands Hoffnung zum Beitritt, so hätte der König sich gewiß in bestimmteren Ausdrücken darüber ausgesprochen. (Fkf. J.) Belgien. Brüssel, 7. Dec. Man versichert, es existire ein neues Protokoll, welches die Räumung Venloos und Antwerpens anbefiehlt. Die Mächte sollen fest entschlossen seyn, jedes Hinderniß einer allgemeinen Entwaffnung aus dem Wege zu räumen. Holland. Haag, 5. Dec. Man spricht davon, daß unsere Regierung ein neues diplomatisches Aktenstück erhalten habe. Gestern, obwohl Sonntag Abend, wurde in einigen Departementen stark gearbeitet, und bei Sr. Maj. ein Ministerrath gehalten, welcher bis sehr spät dauerte. - Man sagt auch, erster Tage würden den Generalstaaten nähere Mittheilungen gemacht werden. - Was an dem Einen oder Andern Wahres seyn mag, wird sich bald zeigen. (Fkf. J.) Luxemburg, 30. Nov. Hier ist ein Aufruf erschienen, des Inhalts, daß die Einwohner des deutschen Theils des Großherzogthums Luxemburg doch die jetzige günstige Gelegenheit, da durch den Tractat der großen Mächte mit dem König Leopold die Verhältnisse Luxemburgs festgestellt seyen, ergreifen möchten, um sich zum unabhängigen Volke zu constituiren, alle Gemeinschaft mit Belgien aufzuheben und freiwillig sich unter die Verwaltung und den Schutz des Königs Wilhelm zu stellen. Das hiesige Journal ist mit dem Aufruf nicht ganz zufrieden, weil darin die Theilung Luxemburgs voreilig als etwas Ausgemachtes angenommen wird, da doch König Wilhelm den 24 Artikeln noch nicht beigetreten sey. Auch hätten die Luxemburger sich de facto bereits von Belgien losgesagt, und der Aufruf komme daher etwas zu spät. (Schw. M.) Deutschland. Aus Rhein-Preussen wird berichtet: Die seit dem September v. J. in Aachen stationirten Truppen sind von dort zurückmarschirt, und das Hauptquartier ist wieder in Düsseldorf. Mehrere bisher in den Rheinprovinzen gestandenen Regimenter kehren nach Westphalen zurück. - Aus diesen und andern Vorfällen mögen die Freunde des Friedens eine ewige Dauer desselben prophezeihen, und die Staatsschuldscheine rasch in die Höhe gehen. Es ist wohl natürlich, daß Preussen in diesem gespannten kostspieligen Zustande, in dem es sich nun schon weit über ein Jahr befindet, nicht ewig verharren kann. Auch muß der Winter die Aussicht auf einen bevorstehenden Krieg furs Erste hinausschieben. Zuletzt wird aber dennoch die Gewalt der Dinge über allen Witz und alle Vorsicht der Machthaber den Sieg davon tragen. Europa kann in seinem unnatürlichen Zustande, der hier getrennt zeigt, was verbunden, dort verbunden, was getrennt seyn sollte, nur durch beständige Künsteleien und Reizmittel, die am Ende ihre Wirksamkeit verlieren müssen, erhalten werden. Was chemisch sich vereinigen läßt, das besteht auch in Ruhe fort und fort als ein Ganzes. Wo aber nur ein Gemisch heterogener Gegenstände möglich ist, da muß die Flasche fort und fort geschüttelt werden, damit die Bestandteile dem Auge nothdürftig als vereinigt erscheinen. Kassel, 8. Dec. Die Polizeidirection hat eine Bekanntmachung erlassen, daß in Folge der hier stattgefundenen „Volks-
1339 bewegungen" sämmtliche Wirthshäuser in und vor der Stadt bis auf Weiteres geschlossen werden, auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sich nicht mehr als 4 Personen versammeln, die Hauseigenthümer von 6 Uhr Abends an ihre Häuser geschlossen halten und bei et[w]a ausbrechenden Unruhen die Fenster erleuchten sollen. Doch haben sich gegen die Fassung dieser Bekanntmachung viele Reclamationen sowohl außer als in der Ständeversammlung erhoben; selbst die höhere Behörde scheint sie keineswegs zu billigen. - Aus allem diesen läßt sich schließen, daß die Unruhen viel bedeutender gewesen oder einen viel wichtigeren Anlaß und Zweck gehabt haben müssen, als die öffentlichen Blätter bisher gemeldet haben. Kassel, 9. Dec. In der heutigen Sitzung der Ständeversammlung wurde auf den von Herrn Pfeiffer vorgetragenen Antrag des gestern ernannten Ausschusses beschlossen, in dem an die Staatsregierung zu richtenden Ersuchen um Auskunft über die Vorfälle des 7. December 12 Fragen zu stellen, die sich fast insgesammt auf die zuerst unnöthige Requirung und dann auf die Exzesse des Militairs beziehen. Ferner wurde beschlossen, die Staatsregierung um Dispensation der für Untersuchung dieser Vorfälle bestellten Richter von den laufenden Geschäften zu ersuchen. Herr Polizeidirector Giesler war auf sein Ansuchen von diesen Funktionen einstweilen schon dispensirt. Aus Niederhessen. Auch die Bewohner der Residenzstadt Kassel wollen, nach dem Vorgang Marburg's, Hanaus und Fuldas, an die Ständeversammlung Danksagungsadressen für ihren Antrag in Betreff der Bundesverhältnisse erlassen, und dabei besonders auf die so eben vom deutschen Bunde ergangenen geschärften Mandate gegen die Preßfreiheit Bezug nehmen. München, 13. Dec. Wir haben uns nicht geirrt, wenn wir behaupteten, daß Münchens Bewohner für die hülfsbedürftigen, würdigen Polen ein fühlendes Herz haben würden. Die Bildung des Vereins zur Unterstützung durchreisender Polen hat ihren Fortgang. In der That müssen auch alle politischen Rücksichten nach einem so unsäglichen Unglücke verschwinden, als die Polen betroffen hat. Und was ist Polens Verbrechen? Für seine Unabhängigkeit gekämpft zu haben, für welche ja auch die Baiern so vielmal Gut und Blut gewagt haben. München, 14. Dec. Nachdem andere Universitäten mit einem guten Beispiel vorangegangen waren, hat auch ein ehrenwerther Verein hiesiger Studierenden eine Actie auf die Schnellpresse der deutschen Tribüne genommen. Ein hiesiger ausgezeichnet kluger und gelehrter Professor soll bei dieser Nachricht bedenklich den Kopf geschüttelt und gemeint haben: „ob die jungen Leute denn nicht bedächten, daß man Mittel habe, ihre Namen zu erfahren? und wie es alsdann mit ihrem Examen und ihrer Staatsanstellung aussehen werde?" — In der That hätten die jungen Leute vielleicht klüger gehandelt, wenn sie ihr Geld dem unter den Auspicien des Herrn Grafen von Seinsheim und des bis jetzt unbegreiflicher Weise noch nicht gräflichen Herrn Görres blühenden oder vielmehr welkenden Verein für Verbreitung guter Bücher hätten zukommen lassen. So aber haben sie blos besser gehandelt, was in den Augen gewisser Leute ein Beweis bürgerlicher Beschränktheit ist. Allen Freisinnigen dagegen ist es ein neuer erfreulicher Be-
1340 weis des tüchtigen, aufgeklärten Geistes, der mehr und mehr bei der jüngeren Generation erwacht. Nur von ihr hat das Vaterland ein schöneres Loos zu erwarten. Das alte, unter der Herrschaft des Absolutismus geborne und aufgewachsene Geschlecht hängt zu sehr an seinen Jugendgewohnheiten und Jugendsünden, als daß Besserung und Heilung von ihm zu erwarten wäre. Aber dieses Geschlecht wird nach und nach dahinsterben, und ein edleres, besseres an seine Stelle treten.
A n z e i g e n .
So eben hat das erste Heft der
Universal-Chronik unserer Zeit die Presse verlassen, und ist an alle solide Buchhandlungen und an die resp. Postämter versandt worden. Es enthält: Das politische Glaubensbekenntniß der Redaction; Zustand sämmtlicher Staaten Europas gegen das Ende des Jahres 1831; der jüngst entdeckte Lauf des Niger; die neu entstandene Insel Fernandea; summarisches Verzeichniß von Deutschlands Regenten, ihren Familien, Ministern u. s. w.; das Sterben der Fische; die Feldmäuse; ein Elephant mit zwei Rüsseln; Zustand des Handels, Religion und Kirche; Verbreitungsgeschichte der Cholera Morbus; deutsche Gerechtigkeitspflege; eine merkwürdige Criminalgeschichte; die neuesten Erfindungen; die sichersten Mittel, die Staaten vor gewaltsamen Revolutionen zu bewahren; Schreiben aus London; Deutschlands vorzüglichste Bühnen. - Diesem Hefte ist die Abbildung der Ermordung des Präsidenten Capo d'Istrias beigefügt. Der Subscriptionspreis ist 4 fl. [3]0 kr. rhein. od. 2 Rthlr. 18 ggr. sächs. für das halbe Jahr (6 Lieferungen ä 100 Seiten). Bestellungen nehmen sowohl alle gute Buchhandlungvn, so wie die resp. Postämter an. Frankfurt a. M., im December 1831. Das Verlagsmagazin fur Literatur und Kunst.
Die antipietistische und antidemagogische Zeitschrift:
Salina, die zweite, herausgegeben von Dr. Fr. We i d e m a η η in Halle, erscheint auch im künftigen Jahre. Wöchentlich werden zwei Nummern ausgegeben. Der ganze Jahrgang kostet 4 fl. pränumerando, und nehmen alle Buchhandlungen Deutschlands, so wie die wohllöblichen königl. preuß. Postämter Bestellungen darauf an. Merseburg. Die Buch- und Kunsthandlung von Fr. Weidemann.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
Wirth.
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Deutsche Ein
Freitag.
Tribüne
constitutionelles
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Das braunschweigische Verfassungswerk. In dem Verfahren des Exherzogs Carl war weder System noch Consequenz. Sokam es, daß die aristokratische und liberale Partei ein wenn auch nicht gerade förmliches Bündniß zu seinem Sturze einging, und nur dieser Verbindung verdankte das Land die schnelle und glückliche Beendigung der Revolution. Kaum aber war hiemit der gemeinsame Wunsch aller erfüllt, so traten die Dinge in ihr naturgemäßes Verhältniß zurück, das Unvereinbare, das nur ein künstliches Gemisch gebildet hatte, trennte sich wieder in seine ursprünglichen Bestandtheile, und wundersam genug hörte man von einer Partei, die ihren angestammten Erbfürsten des Thrones beraubt hatte, die Polen, die sich nur einer aufgedrungenen Herrschaft entziehen wollten, als Revolutionäre und Aufrührer verdammen. Vor allem aber setzten die Fragen über Beibehaltung oder Veränderung, respective Verbesserung der durch den Sturz des Exherzogs wieder in Kraft gesetzten Verfassung vom 25. April 1820 die beiden sich feindlich entgegenstehenden Parteien der Liberalen und Aristokraten in die lebhafteste Bewegung. Diese Verfassung, nur mit geringen Modificationen dieselbe, welche, auf die Verhältnisse und Bedürfnisse früherer Jahrhunderte berechnet, bis zur französischen Herrschaft im Jahre 1807 bestanden hatte, gab dem Lande nur geringe Garantien gegen etwaige Uebergriffe und Willküren der fürstlichen Gewalt, und Schloß die Bürger und Bauern fast von aller und jeder Ausübung politischer Rechte aus. Das kleine Ländchen hatte unter dem Namen Sectionen in der That zwei Kammern, die erste aus sämmtlichen Rittergutsbesitzern, 78 an der Zahl, und aus 6 von der Regierung ernannten Prälaten, die zweite aus 19 Stadtdeputirten, einer ohngefähr gleichen Zahl nicht zur Ritterschaft gehöriger Grundbesitzer, und endlich aus 6 gleichfalls von der Regierung ernannten Prälaten bestehend. Von diesen 19 Stadtdeputirten aber waren 12 lediglich und allein in ihrer Eigenschaft als Stadtdirectoren und Bürgermeister der 12 braunschweigischen Städte zur Vertretung des Landes berufen; und, wohl zu bemerken, war die Wahl dieser Stadtdirectoren und Bürgermeister beinahe ohne alle Concurrenz der Bürgerschaft einzig in der Hand der Regierung. Ja
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Tagblatt.
München den 16. December 1831.
zum Beschluß war selbst die Wahl der 7 noch übrigen von der Bürgerschaft frei zu ernennenden Stadtdeputirten den mannigfachsten Beschränkungen unterworfen. Unter den 5, welche lediglich die Stadt Braunschweig davon wählte, mußten zwei aus der Classe der Großhändler, Banquiers und Fabrikherrn, die drei andern aus der Classe der übrigen Kaufmannschaft, der kleinen Fabrikanten, Rentirer, Künstler, Handwerker und andere bürgerliche Nahrung treibenden Personen seyn. Beschränkungen, wie bei der Wahl, fanden ferner auch bei den von den Ständen auszuübenden Rechten statt. So war zur Erhebnng von Zöllen keineswegs die Zustimmung der Stände erforderlich, und eben so wenig war inre Einwilligung nothwendig für die von der Regierung zu regulirenden Lasten der einzelnen Gemeinden, Städte, Ortschaften und Distrikte. Selbst bei Verordnungen, welche eine Abänderung in den bestehenden allgemeinen Civil- und Criminalgesetzen bezweckten, hatten sie nur, und auch so nur: „so oft es die Umstände gestatteten," eine berathende, keineswegs eine entscheidende Stimme. Endlich war nicht einmal von Verantwortlichkeit der contrasignirenden Minister die Rede. Zwar konnten die Stände, wie es hieß, über bemerkte Mängel oder Mißbräuche in Gesetzgebung, Rechtspflege und Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten angemessene Vorträge an den Landesfürsten richten, und sich über deren Abstellung gutachtlich äußern; ebenso konnten sie dem Landesherrrn Beschwerden und Klagen über die höheren Landesbehörden und Staatsdiener wegen pflichtwidriger Verwaltung ihrer Amtsgeschäfte, besonders wegen vorschrifts- und ordnungswidriger Willkühr und Eingriffe in die bürgerlichen Rechte der Unterthanen, oder in die Verfassung des Landes vortragen; und es sollten auf solche beschwerenden Vorstellungen jeder Zeit genaue Untersuchungen angestellt, und die Schuldigen zur gebührenden Strafe gezogen werden; aber bei jener Untersuchung und dieser Bestrafung konkurrirten sie selber nicht mit, weßhalb die eine wie die andere lediglich vom guten Willen der Fürsten abhing. Und wie nun, wenn dieser selbst mit seinen schuldigen Ministern im Einverständniß war? Damit endlich das Volk wenig oder gar kein lebendiges Interesse an seiner Verfassung nehmen sollte, wurden alle Geschäfte geheim verhandelt; die Verhandlungen der Landschaft mußten so lange verschwiegen gehalten werden, bis die Resultate derselben geraßt und zur Publikation gebracht worden. Ja nicht einmal die Meinungen und Vota einzelner Mitglie-
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1343 der durften bekannt gemacht werden, wodurch Unredlichkeiten und Ränken aller An Thor und Thür geöffnet und das Volk in völliger Unkenntniß über die Fähigkeit oder Unfähigkeit, den Werth oder Unwerth seiner Vertreter gehalten wurde. Jeder Verständige mußte einsehen, daß eine Verfassung dieser Art, in welcher der Adel und die von der Regierung Angestellten ein so unverhältnißmäßiges Uebergewicht über die aus dem Bürger- und Bauernstande freigewählten Abgeordneten hatten, in der Hand einer nicht ganz ungeschickten Regierung nichts als ein Werkzeug sey, jeder Willkühr und Ungesetzlichkeit den Mantel vollkommener Legalität umzuhängen. Daß der größte Theil des Adels mit diesem Zustande der Dinge vollkommen zufrieden war, versteht sich von selbst. Auch bemerkte man überall wieder, namendich in der Umgebung des neuen Herzogs Wilhelm, seinen verderblichen Einfluß. Um diesem nun entgegen zu wirken, und zugleich die nothwendige Vervollkommnung der Verfassung mit desto größerem Eifer und Nachdruck betreiben zu können, bildete sich schon im vorigen Winter ein sogenannter patriotischer Verein, der, fest consdtuirt, neue Mitglieder nur mit Stimmenmehrheit aufnimmt, und in wöchendichen Zusammenkünften sich über die vaterländischen Angelegenheiten bespricht und beräth. Von diesem ging ursprünglich auch die in der deutschen Tribüne früher abgedruckte Adresse an die braunschweigischen Landstände aus. Diese, in kurzer Zeit mit mehreren tausend Unterschriften versehen, sprach unter den sechs Wünschen, welche sie in Bezug auf eine Reform der Verfassung enthielt, sich namendich fiir Verantwortlichkeit der contrasignirenden Minister, fiir bessere Vertretung des Bürger- und Bauernstandes und fiir Oeffendichkeit der ständischen Verhandlungen aus. Vielen erschien es unbegreiflich, daß des Palladiums aller politischen Freiheit, der ungehinderten Presse, auch nicht mit einem Worte in dieser Adresse gedacht war. Der Grund davon lag wohl hauptsächlich in der Ansicht der Meisten, daß das kleine Land Braunschweig in dieser wichtigen Sache unmöglich den ersten Schritt thun könne, und daß aus diesem Grunde eine Berührung derselben auch nicht den mindesten Erfolg haben werde. Unterdessen bot die Partei der Aristocraten ihren ganzen Einfluß auf, um jede Reform der bestehenden Verfassung zu hintertreiben. Selbst Männer, wie der durch Gelehrsamkeit und einen freilich etwas zweideutigen Ruf der Liberalität berühmte Strombeck, erklärten bei Publizirung der neuen hessischen Constitution offen und unumwunden, daß sie der braunschweigischen bei all ihrem Guten doch immer noch nachstehe. Unter diesen Umständen machte der patriotische Verein, von den Besorgnissen des Publikums nicht minder beunruhigt, noch einmal den Versuch, durch eine unmittelbare Eingabe an den Herzog, worin die Wünsche des Volks rücksichdich einer bessern Volksvertretung offen dargelegt wurden, die Entwicklung des Verfassungswerks zu fördern. Zu diesem Behuf wurde die nachstehende Adresse entworfen, und gleich in den ersten Tagen zeigten tausende von Unterschriften, welch lebhaften Antheil das braunschweigische Volk an dieser Angelegenheit nehme. Obgleich diese Adresse nach Inhalt und Form gerade nichts Besonderes enthält, so mag sie doch als ein Zeichen der Zeit, und weil Actenstücke der Art jetzt immer mit Interesse aufgenommen werden, hier ihren Platz finden.
1344 Allerdurchlauchtigster Herzog, Gnädigster Fürst und Herr! Mit Sehnsucht erwarteten wir den Augenblick, der nach langen unverdienten Leiden, nach einer Zeit allgemeiner Herabwürdigung und Bedrängniß, Hoffnung und Vertrauen zurückfuhren und die Aussicht auf eine schönere Zukunft uns eröffnen sollte. Dieser segensreiche Zeitpunkt ist gekommen; durch die feierliche Entgegennahme unserer Huldigung haben Ew. Durchlaucht dem verderblichen Zustande der Unsicherheit ein Ende gemacht, und wir sind stolz darauf, der Welt das erhebende Schauspiel vollkommener Harmonie zwischen einem edlen Fürsten und einem treuergebenen Volke darzubieten. Tief gerührt und mit dankerfülltem Herzen haben wir die Worte vernommen, die Ew. Durchlaucht bei Höchst Ihrem Regierungsantritte an Ihre Braunschweiger gerichtet haben. Wir erkennen darin den reinen Abdruck wahrer Fürstengröße und ächter landesväterlicher Huld. Ja! wir werden fortfahren, uns des Vertrauens würdig zu zeigen, das Ew. Durchlaucht in uns gesetzt haben, wir werden den Sinn fiir Recht und bürgerliche Ordnung bewahren, werden fortwandeln auf der Bahn des Gehorsams und der Gesetzmäßigkeit, und während der Kampf leidenschaftlicher Meinungen das Glück anderer Völker in seinen Grundfesten erschüttert, wollen wir feststehen, wenn es gilt, Fürst und Vaterland gegen innere und äußere Feinde zu vertheidigen. Wir vertrauen dabei fest auf die Verheissungen Ew. Durchlaucht, die ein geregeltes Fortschreiten zum Bessern uns versprechen. Je höher ein Volk hinsichdich seiner Moralität und Bildung steht, je aufgeklärter es über seine wahren Interessen ist; desto größer ist auch die Theilnahme desselben an seinen öffendichen Angelegenheiten. Desto eher verdient aber zugleich seine Stimme bei Abfassung der Gesetze gehört zu werden, welche bestimmt sind, seinen gesellschaftlichen Zustand zu ordnen und zu befestigen. Nur wo ein Volk mit eigner freier Einsicht die Anordnungen der obersten Staatsgewalt als heisam und nothwendig anerkennt, werden alle seine Bürger in Einem Geiste handeln, und nur bei einem solchen einmüthigen Zusammenwirken kann das Wohl des Ganzen wahrhaft gedeihen. Wenn wir nun hoffen dürfen, daß Ew. Durchlaucht den Zustand der eben angedeuteten Reife und Würdigkeit bei uns nicht vermissen, so glauben wir uns auch der zuversichdichen Hoffnung überlassen zu können, daß Ew. Durchlaucht uns diejenigen Institutionen schenken werden, welche, den Fortschritten einer großen, verhängnißvollen Zeit angemessen, das Ziel unsrer gemeinsamen Wünsche sind, und die das Glück, welches Ew. Durchlaucht Thronbesteigung fiir uns herbeiführte, fiir eine lange Folgezeit sichern würden. Wie wir Ew. Durchlaucht als unsern von der Vorsehung gesandten Retter segnen, so mögen Sie noch von unsern spätesten Enkeln als Begründer ihrer Wohlfahrt mit dem heißesten Danke gepriesen werden. Werfen wir einen Blick auf diejenigen landesgrundg esetzlichen Institutionen, welche im Laufe vergangener Jahrhunderte in unserm Vaterlande allmählig entstanden, und in den vorhandenen Landtagsabschieden aufgezeichnet sind, so können wir, ohne deren Vorzüge zu übersehen, uns nicht verhehlen, daß solche, selbst in ihrer im Jahre 1820 erneuerten Form, keineswegs den Bedürfnissen der Gegenwart genügen. Eben das aber haben einsichtsvolle Männer mehrfach mit Recht von
1345 der erneuerten Landschaftsordnung gerühmt, daß das Fortschreiten zum Besseren in ihrem Zwecke liege, und daß sie den Grund gelegt habe, auf welchem eine Konstitution im engeren Wortsinn durch fortgehende Ausbildung ausgeführt werden könne. Nach dem jetzigen Standpunkte sind insbesondere die darin enthaltenen Bestimmungen, die Zusammensetzung der Landstände anbelangend, höchst unzureichend, indem sie der Idee einer den Interessen der verschiedenen Stände wahrhaft angemessenen Vertretung durchaus nicht ensprechen. Indem wir uns enthalten, die vielfach gerügten und von Allen, denen die Ausbildung eines ächten Gemeinsinnes innig am Herzen liegt, tief gefühlten Mängel unserer jetzigen Repräsentanten näher zu erörtern, erlauben wir uns nur, die Hauptpunkte kurz zu berühren, und die Erwägung, wie dieselben zu beseitigen seyen, der Weisheit Ew. Durchlaucht vertrauensvoll anheim zu stellen. Der bevorrechtete Grundbesitz ist bei unserer ständischen Verfassung in überwiegendem Maße berücksichtigt. Mögen die Rittergutsbesitzer nach den bisherigen Verhältnissen des Grundeigenthums mit Recht eine besondere Vertretung in Anspruch nehmen. Aber die Landstandschaft jedes einzelnen ihrer Mitglieder erscheint als ein veraltetes und fast in allen deutschen Staaten aufgegebenes Vorrecht, bei dessen Fortdauer eine verhältnißmäßige Repräsentation der übrigen Standesclassen kaum erreichbar scheint. Jedenfalls dürfte es der Gleichheit der staatsbürgerlichen Rechte widersprechen, wenn jener Körperschaft ein eben so großer Einfluß bei den landständischen Verhandlungen eingeräumt bleibt, als den im Ganzen viel wichtigeren Interessen des kleinen Grundbesitzes und der Städte gemeinschaftlich zukommt. Die gutsherrlichen Lasten unterworfenen Grundbesitzer sind bisher gänzlich von der Vertretung auf dem Landtage ausgeschlossen, und eben dadurch wird die Entwicklung einer lebendigen Theilnahme an den gemeinsamen Staatsangelegenheiten bei diesem Stande verhindert; wie wichtig es aber im Besondern sey, daß die Rechte der Bauern bei der auch unter uns bevorstehenden Aufhebung der gutsherrlichen Abgaben und Dienste durch eigene Repräsentanten derselben verwahrt werden, haben auch die Regierungen der Nachbarländer vollkommen anerkannt. Bei Vertretung der Städte empfindet man um so mehr das Bedürfniß, das Interesse derselben gegen den großen Grundbesitz mehr gesichert zu sehen, als die bisherigen Abgeordneten derselben keineswegs auf entsprechende Weise zu ihrem wichtigen Posten berufen wurden. Allerdings hängt dieses mit den anerkannten Mängeln unserer jetzigen Communalverfassung zusammen, doch würde auch jede mit dieser vorgenommene Umgestaltung das allgemeine Vertrauen nicht gewinnen können, wenn sie nicht von frei gewählten Vertretern der Städte mit berathen wäre. Wenn wir endlich in Hinsicht der Prälaten auf die bei Ernennung derselben anerkannter Weise eingetretenen Mißbräuche hinweisen, so erscheint die Frage nicht ungebührlich, ob nicht der Zweck ihrer Berufung auf eine andere Weise genügender erreicht werden könne, zumal da dieselben bei ihrer jetzigen Stellung kein wesendiches Interesse gehörig sichern zu können scheinen. Viele dem Lande geschlagenen Wunden sind noch zu heilen, vieles, was bei der lange gehemmten Aeußerung der Wünsche nnd Bedürfnisse des Volks nicht gebessert werden
1346 konnte, ist noch zu berathen und zu ordnen! - Manche Verwicklungen wird man nicht so leicht zu entwirren vermögen, manchen Lasten nicht augenblicklich abhelfen können! Allein das Vertrauen, daß das Mögliche geschehe, wird alle beruhigen und versöhnen! Durch Vertrauen der Unterthanen gewinnt die höchste Landesregierung, gewinnen die Volksrepräsentanten; durch dieses Vertrauen wird mehr, als durch alle übrigen Mittel, die Ausführung der aufgestellten gesetzlichen Bestimmungen gesichert. Doch wie kann ein freier freudiger Gehorsam gegen das Gesetz erwartet, wie können die Keime der Unzufriedenheit ausgerottet werden, wenn diejenigen, die das Gesammtwohl zu berathen haben, des allgemeinen Vertrauens nicht genießen? Ohne nun aber die großen Verdienste unserer gegenwärtigen Landstände herabsetzen zu wollen, und unter Anerkennung des vielen Guten, was von ihnen ausgegangen ist, glauben wir uns doch zu der Erklärung berechtigt, daß die gegenwärtige Zusammensetzung der Stände, wonach dieselben nicht als freigewählte Vertreter des Volkes erscheinen, ihnen das allgemeine Vertrauen nicht unter allen Umständen verbürgen kann. Zwar ist es in der Landtagsordnung 1820 selbst ausgesprochen, daß die vereinten Stände des Herzogthums Braunschweig-Wolfenbüttel und Fürstenthums Blankenburg die Gesammtheit der Einwohner beider Länder ohne besondere Beziehung auf die Classen, denen sie angehören, repräsentiren sollen, doch hat die Erfahrung gelehrt, was schon in der Natur der Sache zu liegen scheint, daß das Ziel einer wirklichen und gleichmäßigen Vertretung aller Interessen bei der bisherigen Einrichtung nicht erreicht wird. Vor allen Dingen erscheint uns daher eine zweckmäßigere Zusammensetzung der Landesrepräsentation einer Uebereinkunft mit den gegenwärtigen Landständen zu bedürfen, und wir getrauen uns in der Hoffnung einer gnädigen Aufnahme Ew. Herzoglichen Durchlaucht die unterthänigste Bitte vorzutragen: die auf den 30. September dieses Jahres einberufenen Stände des Herzogthums zur Feststellung einer der verschiedenen Interessen des Landes mehr entsprechenden Zusammensetzung der Volksrepräsentanten zu veranlassen, und alle übrigen nicht durch die dringendste Noth gebotenen Verhandlungen bis zum Zusammentritt neuer wirklicher Volksvertreter zu verschieben. Wir hegen die Hoffnung, daß die Mehrzahl der bisherigen Mitglieder der Landschaft, welche schon bei der Erneuerung unserer Landschaftsordnung dem Geiste der Zeit huldigten und unter schwierigen Verhältnissen, da wo das Interesse aller Bewohner des Landes vereinigt war, manchen Beweis von Standhaftigkeit und Aufopferung gegeben haben, auch jetzt die Stimme derjenigen nicht überhören werden, in deren Namen sie zusammentreten. Und diese Erwartung wird zur Zuversicht, wenn die Stimme eines geliebten Herrschers sie dazu auffordern sollte. Mit freudigem Vertrauen richten wir daher unsere Blicke auf Ew. Durchlaucht, da wir von Ihnen mit Grund erwarten dürfen, daß Sie erhaben über die Interessen der einzelnen Stände, das Wohl des Ganzen berücksichtigen, und jedem Unterthan die ihm auf seinem Standpunkte gebührende Rechte kraft des heiligen Gesetzes sichern werden! Möchte Ew. Durchlaucht dann auch geruhen, im Verein mit den wahren, durch das allgemeine Zutrauen einflußreichen Repräsentanten des Volkes unserm Vaterlande ein Grundgesetz zu gewähren, welches die gegenseitigen Rechte und Pflichten der einzelnen Staatsbürger sowohl als der Gesammtheit der-
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selben im Verhältnisse zum Throne mit weiser Berücksichtigung des Bestehenden so ordne, wie es nur unter dem freisinnigen Fürsten eines aufgeklärten Volkes geschehen kann. Durch diese Feststellung des Rechtszustandes würde das Glück und die Ruhe des Staates gegen alle Stürme der Zeit gesichert seyn, und rühmend es die Geschichte der spätesten Nachwelt verkünden: Herzog Wilhelm hemmte die Gesetzlosigkeit, welche die Stürme der Zeit herbeizuführen drohten, Herzog Wilhelm erkannte die Bedürfnisse der Zeit und sicherte Ordnung und Glück durch weises Fortschreiten zum Bessern! Ohne Rücksicht haben wir unsere Hoffnungen und Wünsche in die Hand Ew. Durchlaucht niedergelegt; mit froher Zuversicht nahen wir uns bittend dem Throne unseres heißgeliebten Fürsten, auf dessen theures Haupt wir des Himmels reichsten Segen herabflehen. Lange erhalte die Vorsehung unsern edlen Herzog Wilhelm! In tiefster Submission verharren wir Ew. Durchlaucht unterthänigste Diener. (Schluß folgt.)
sämmtlicher Staaten Europas gegen das Ende des Jahres 1831; der jüngst entdeckte Lauf des Niger; die neu entstandene Insel Fernandea; summarisches Verzeichniß von Deutschlands Regenten, ihren Familien, Ministern u. s. w.; das Sterben der Fische; die Feldmäuse; ein Elephant mit zwei Rüsseln; Zustand des Handels, Religion und Kirche; Verbreitungsgeschichte der Cholera Morbus; deutsche Gerechtigkeitspflege; eine merkwürdige Criminalgeschichte; die neuesten Erfindungen; die sichersten Mittel, die Staaten vor gewaltsamen Revolutionen zu bewahren; Schreiben aus London; Deutschlands vorzüglichste Bühnen. - Diesem Hefte ist die Abbildung der Ermordung des Präsidenten Capo d'Istrias beigefügt. Der Subscriptionspreis ist 4 fl. 50 kr. rhein. od. 2 Rthlr. 18 ggr. sächs. für das halbe Jahr (6 Lieferungen ä 100 Seiten). Bestellungen nehmen sowohl alle gute Buchhandlungvn, so wie die resp. Postämter an. Frankfurt a. M., im December 1831. Das Verlagsmagazin fur Literatur und Kunst.
Subscriptions-Anzeige. Tages-Chronik. Frankreich. Paris, 10. Dec. Man spricht noch immer von Veränderungen im Ministerio; namentlich soll eine Spannung zwischen Herrn Perier und dem Marschall Soult stattfinden. Durch den Austritt des Letztern würde indeß in der Politik des Ministeriums keine Aenderung eintreten. — Aus Bayonne hat der Telegraph die Nachricht gebracht, daß der König von Spanien die 21 Regimenter Provinzialmilizen habe verabschieden lassen, und daß man bereits mit der Vollziehung dieses Beschlusses beschäftigt sey. Die Milizen, welche in St. Sebastian und in andern Gränzplätzen in Besatzung lagen, sind schon aufgelöst und durch Linienregimenter ersetzt. Zwischen Spanien und Portugal soll eine Offensiv- und Defensiv-Allianz abgeschlossen seyn, um die Invasion Don Pedros zu verhindern. Dagegen versichert man, daß Frankreich und England mit einander einverstanden sind, die Expedition Don Pedros gegen Don Miguel zu begünstigen. Der Herzog von Rovigo ist vergangene Nacht nach Algier abgegangen, um dort das Commando zu übernehmen. Das Ministerium scheint von seinem Plan, diese wichtige Colonie aus Besorgniß vor England aufzugeben, wieder abgegangen zu seyn.
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die Presse verlassen, und ist an alle solide Buchhandlungen und an die resp. Postämter versandt worden. Es enthält: Das politische Glaubensbekenntniß der Redaction; Zustand Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Deutsche Ein
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Tribüne
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Das braunschweigische Verfassungswerk. (Schluß.) Der Grund, warum sich die Unterzeichner der mitgetheilten Adresse nicht wieder, wie früher, an die Landstände, sondern an den Herzog selbst wandten, war hauptsächlich in der kühlen Aufnahme zu suchen, welche die erste Adresse bei dem ständischen Ausschusse, dem sie überreicht worden war, gefunden hatte. Um indeß den Schein der Vernachläßigung in Bezug auf die Stände zu vermeiden, ward auch diesen nebst einer Abschrift der Adresse an den Herzog die nachstehende kurzgefaßte übergeben. Hoch, Hochwohl und Wohlgeborne, Hochzuverehrende Herren Mitglieder des engem und weitern Ausschusses der Hochlöblichen Braunschweig-Wolfenbüttel'schen und Blankenburgischen Landschaft! Gerechte Anerkennung fand die edle und muthvolle Vertheidigung ständischer Rechte gegen willkührliche Eingriffe des Regenten bei dessen völliger Rücksichtslosigkeit gegen den Zweck des Staatsverbandes, wovon wir Jahre lang Zeugen waren. Tief gefühlter Dank durchdringt alle Bewohner des Herzogthums gegen die Mitglieder der Landschaft, und vor Allem gegen Ew. Hoch-, Hochwohl- und Wohlgeboren. Aus inniger Ueberzeugung stimmen auch wir diesem Danke bei, welcher der hochverehrlichen Landschaft bei verschiedenen Gelegenheiten auf die unzweideutigste Weise zu erkennen gegeben wurde. Aber vertrauend überlassen wir uns auch der Hoffnung, daß der bisher so oft bewiesene Patriotismus der Stände sich durch Verbesserung der tiefgefuhlten Mängel unserer ständischen Verfassung ein neues herrliches Denkmal setzen werde. Eilf Jahre sind seit der Erlassung der erneuerten Landschaftsordnung verflossen, und wie wäre es zu verkennen, daß in diesen eilf Jahren die Bedürfnisse des Volks sich verändert haben, daß durch mannigfache Einwirkungen von Innen und Außen die Anforderungen an das Institut der Landesrepräsentation erhöht sind? Aber auch schon bei Abfassung der Landschaftsordnung selbst hatten manche Umstände eine zweckmäßige Gestaltung des ständischen Instituts verhindert. Die Stellung einer vormundschaftlichen Regierung bei weiter Entfernung des Regenten, die geringen Mittel, welche jener Regierung
Tagblatt.
München den 17. December 1831.
zu Gebote standen, um ihre Absichten nach Außen hin zu vertheidigen, in einer Zeit, wo man ängstlich dem Aufkeimen entgegen zu arbeiten strebte, mußten der Arbeit ebenso hinderlich seyn, wie die geringere Theilnahme, welche öffentliche Angelegenheiten bei den Staatsbürgern fanden. Während ferner in dem verflossenen Zeiträume die Erfahrungen über die Bedürfnisse unseres Staatslebens sehr bereichert sind, und die bewegte Gegenwart ein rascheres Fortschreiten dringend fordert, haben wir einen siebenjährigen Zeitraum zu beklagen, in welchem zur Fortbildung ständischer Verfassung nichts geschehen konnte. Es darf daher nicht auffallend erscheinen, wenn bei aller Achtung gegen die derzeitigen Mitglieder der Landschaft nach ihrer Persönlichkeit, die gegenwärtige Zusammensetzung der Stände denselben das allgemeine Vertrauen nicht in dem Grade sichern kann, in welchem es ihnen zumal bei der bevorstehenden Regulirung hochwichtiger Landesangelegenheiten zu wünschen wäre. Die Mängel der jetzigen Art der Repräsentation werden allgemein anerkannt, wenn auch über die Art und Weise, wie ihnen abgeholfen werden kann, eine Verschiedenheit der Meinungen statt finden sollte. Wir haben uns daher erdreistet, Sr. Herzoglichen Durchlaucht, unserm gnädigsten Herrn, die hier in Abschrift beigefügte Adresse zu überreichen; und da es den Ständen des Herzogthums vorbehalten ist, in Uebereinstimmung mit dem Durchlauchtigsten Landesherrn die Mittel ausfindig zu machen, durch welche jenen Mängeln abgeholfen werden kann; so wagen wir, überzeugt, daß der Patriotismus der Stände mit Uebersehung aller perpersönlichen Interessen bei der gewünschten Erörterung der hochwichtigen Frage nur des Landes Wohlfahrt und den Schutz des Rechts im Auge behalten werde, gegen Ew. Hoch-, Hochwohl und Wohlgeboren die unterthänigste Bitte auszusprechen: unseren, dem Durchlauchtigsten Landesherrn gemachten unterthänigen Antrag: „mit Hülfe der in möglichst kurzer Frist einzuberufenden Stände des Herzogthums die Feststellung einer, den verschiedenen Interessen des Landes mehr entsprechenden Zusammensetzung der Volksrepräsentanten anzunehmen", nach Kräften zu unterstützen, indem wir mit ausgezeichneter Hochachtung verbleiben Ew. Hoch-, Hochwohl- und Wohlgeboren unterthänige Diener.
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1351 War auch der Glaube an die Freisinnigkeit der drei geheimen Räthe, welche das Staatsministerium in Braunschweig bilden, nicht sonderlich stark, so setzte man dafür ein desto größeres Vertrauen in die Persönlichkeit des Herzogs, und bedauerte nur, daß der junge Fürst bei vielem guten Willen an Regierungsgeschäften leider keinen Geschmack fand, und all seine Zeit einzig und allein nicht immer lobenswerthen Privatneigungen widmete. Die Aristokraten, die den Herzog beständig umgaben und nach Möglichkeit vom Volke getrennt hielten, hatten inzwischen nicht gesäumt, ihm die ganze Thätigkeit des patriotischen Vereins im ungünstigsten Lichte darzustellen, und der ihm noch nicht zu Gesicht gekommenen Adresse nichts geringeres als eine revolutionäre Tendenz unterzulegen. So war es nicht zu verwundern, daß die drei Deputirten, welche ihm die Adresse persönlich überreichten, im ersten Augenblicke nicht eben freundlich empfangen wurden. Kaum aber hatte sich der Herzog mit Inhalt und Form der Schrift nur flüchtig bekannt gemacht, so erkannte sein gesunder Sinn auf der Stelle den völligen Ungrund aller jener böswilligen Vorspiegelungen, und er entließ die Abgeordneten mit der freundlichsten und bestimmtesten Zusicherung, die ihm mitgetheilten Wünsche des Volkes in jeder Weise zu berücksichtigen. Das fursdiche Wort blieb nicht unerfüllt. Die den 30. September vor den versammelten Ständen gehaltene Eröffnungsrede des Herzogs gab den Beweis davon. Sie verhieß die Vorlage einer Reihe der wichtigsten Gesetze, über den Staatsdienst, über die Organisation der Verwaltungsbehörden und über die Modification der Contribution; ferner die Vorlage einer Ablösungsordnung, eines Preßgesetzes, einer Städteordnung, und verschiedener Vorschläge über Regulirung der finanziellen Verhältnisse und über den Militäretat. Auch war dem in der mitgetheilten Adresse ausgesprochenen Wunsche gewillfahrtet, vor allen Dingen über eine verbesserte Volksvertretung überein zu kommen, und dann erst von den nach der neuen Norm gewählten Abgeordneten des Volks die obigen Propositionen in Berathnng ziehen zu lassen. Nicht minder sprach sich die Rede für Bekanntmachung der Verhandlungen in Zukunft aus, und überließ es der Erwägung der Stände, ob nicht schon gleich jetzt das nach der Verfassung zu beobachtende geheime Verfahren aufzuheben sey. Der Inhalt dieser Rede erregte beim Publikum eine um so freudigere Sensation, als man nach dem bisherigen Systeme der Staatsregierung Concessionen dieser Art kaum hatte erwarten können. Nicht allein, daß die Presse in den schmählichsten Fesseln gehalten worden war; mehr noch als dies hatte die Besetzuug ehrenvoller und einträglicher Staatsämter mit jungen unerfahrnen Adelichen, während man verdiente Bürgerliche dabei übergieng, das Vertrauen auf die Regierung und die Liebe zu ihr beim Volke geschwächt. Hatte doch selbst der hochgeachtete und in jeder Art seine Stelle ausfüllende Präsident des Oberappellationsgerichts zu Wolfenbüttel, Weidenkamp, dem Vater des geheimen Raths von Schleinitz weichen müssen, einem Manne, der früher dieses Amt nicht unwürdig bekleidet hatte, jetzt aber, in vorgerücktem Alter und schon seit mehreren Jahren in Ruhestand versetzt, ihm schwerlich mehr gewachsen war! Woher nun die neuesten den Volkswünschen entgegenkommenden Anordnungen? Schwerlich vom Grafen von Veltheim, dem einen der drei geheimen Räthe, einem Aristocraten, der bei totaler Regierungsunfähigkeit seine hohe Stellung nur der Gewandtheit verdankt, womit er in der Septemberrevolution des vorigen Jahres sich
1352 den Anschein einer liberalen Gesinnung zu geben und hierdurch Volk und Regierung aufgleiche Weise zu täuschen gewußt hatte. Auch dem zweiten geheimen Rath Schulz, früherm Cammerrath, konnte man den veränderten Gang der Regierung nicht wohl zuschreiben; denn, obwohl ein äußerst routinirter und thätiger Beamte, war er nichts weniger als Staatsmann und Freund liberaler Ideen. Somit konnte man nur noch in dem dritten geheimen Rathe, von Schleinitz, den Urheber der liberaleren neuen Anordnungen sehen. Zog auch er ohne alle Frage das aristocratische System dem liberalen vor, so war er doch auf der andern Seite ein viel zu kluger, einsichtsvoller Staatsmann, als daß er die Nothwendigkeit nicht erkannt hätte, durch zeitige, den dringenden Forderungen der Verhältnisse ertheilte geringe Concessionen, der Regierung spätere, ohne jene Bereitwilligkeit unerläßliche größere Opfer zu ersparen. Der Annahme [E]iniger, als ob die Regierung nur in der Hoffnung, ihre Anträge rücksichdich einer verbesserten Volksvertretung von der Majorität der Stände verworfen zu sehen und so sich selber den Schein der Liberalität zu retten, die Freisinnige gespielt habe, dieser Annahme liegt lediglich Mißtrauen und keine Thatsache zum Grunde. An eine unmittelbare Einwirkung des Herzogs aber wollte man je länger je weniger glauben. Staatsfragen zu erörtern und sich um Staatsverhältnisse zu bekümmern, war nicht die Sache des überhaupt nur zum Militär erzogenen Fürsten. Da das Volk wenigstens scheinbar mit der Regierung zufrieden war, so ließ er seine einmal erwählten Räthe nach Gutdünken gewähren, und zog sich gänzlich in den Kreis seiner gewohnten Privatthätigkeit zurück. Ein großer Theil der Landstände zeigte sich, wie zu erwarten war, der beabsichtigten Verbesserung der Volksvertretung keineswegs gewogen. Statt der bisherigen zwei Sectionen sollte die Landschaft nämlich jetzt nach dem Antrage der Regierung nur ein ungetrenntes Ganze von 45 Abgeordneten bilden. Von dieser Zahl sollten 6 Abgeordnete auf die Prälaten, 13 auf die Städte und 13 auf die Freisassen und Bauern kommen. Demnach sollte der früher so sehr begünstigte Adel von 78 Summen auf 13 reducirt werden! Schon die ständische Antwortadresse auf des Herzogs Eröffnungsrede zeigte deudich, wie ungern er daran ging, Rechte, in deren Besitz er einmal war, freiwillig aufzugeben und damit der Wohlfahrt des Landes und der Vervollkommnung der Volksvertretung ein nothwendiges Opfer zu bringen. Während man auf die übrigen Vorschläge der Regierung sehr bereitwillig einging, und außer denselben ihrer Aufmerksamkeit und Berücksichtigung auch noch eine Ordnung der Gewerbeverhältnisse, eine Ordnung für die Landgemeinden, eine Polizei-, besonders auch eine Wegeordnung, eine Gesindeordnung, eine modificirte Bestimmung über die Verfassung und Competenz der Gerichte, nebst Feststellung der Verhältnisse der Sachwalter, endlich den Entwurf eines Criminalgesetzbuches empfahl, so zeigte man rücksichdich der Verbesserung der Volksvertretung schon Schwierigkeiten, versprach zwar vorurtheilslose und von aller Selbstsucht freie Prüfung und Erwägung, brachte aber auch die stehenden Phrasen von jahrhunderdanger Erfahrung und von der Bedenklichkeit, das bewährte Alte gegen etwas Neues zu vertauschen, wieder vor. Auch bei der Frage, ob und wie man die ständischen Verhandlungen nach dem Wunsche der Regierung zur Kunde des Publikums bringen solle, zeigte sich das Hängen am Alten, die Abneigung vor aller Oeffendichkeit,
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1353 diesem dringenden Bedürfniß alles wahrhaften politischen Lebens. Zwar beschloß man, durch sogenannte passende Auszüge aus den Protokollen das Publikum mit dem Gange der Verhandlungen bekannt zu machen, und erwählte zur Ausarbeitung dieser Auszüge eine eigene Commission; aber ihre den Ständen zur Begutachtung vorgelegte Arbeit ward verworfen; vor allem sollte kein Name genannt werden. Darauf übertrug man dem Hofrath Bruns dies Geschäft, war aber auch mit seinem Entwurf nicht zufrieden, und begnügte sich endlich damit, über die Landtagsverhandlungen vom 30. September bis 11. October dritthalb, sage dritthalb Spalten in die zu Braunschweig erscheinende deutsche Nationalzeitung einrücken zu lassen. Diese Zeit war übrigens meist nur den nöthigen Vorarbeiten und vorläufigen Besprechungen über die von der Regierung vorgelegten Entwürfe gewidmet. Nachdem man zuletzt noch zur nähern Prüfung derselben eine Commission von 10 Mitgliedern, 5 aus jeder Section gewählt hatte, wurden die Landstände am 11. October einstweilen vertagt, bis jene Commission ihre Arbeiten beendigt habe. Man sieht nun mit gespannter Erwartung der Wiedereröffnung und den weitern Beschlüssen der Stände entgegen. Ueber das Benehmen der Mitglieder jener Commission, so wie über die vorgelegten Verfassungsveränderungen wird ein eigener Aufsatz nicht ohne Interesse seyn. Jetzt nur so viel, daß der schon durch frühere Verdienste um das braunschweigische Land bekannte und geachtete Herr von Cramm sich auch diesesmal seiner würdig gezeigt hat. Es giebt wohl keinen schöneren Lobspruch fiir ihn, als den Tadel mehrerer Aristocraten: „er denke und spreche, als wenn er gar nicht von Adel wäre, und verdiene in der That gar nicht, adlich zu seyn!"
Tages-Chronik. England. London, 7. Dec. Von allen Seiten gehen wieder Adressen fiir die Reformbill beim Parlamente ein. Eine derselben aus der Grafschaft York zählte gegen 140,000 Unterschriften. Aber die Antireformer lassen sich weder hiedurch, noch durch das Beispiel Sir Wethereis von ihren Entwürfen zurückschrecken. In einer Versammlung des hiesigen politischen Nationalvereins ward beschlossen, daß, im Fall die Reformbill abermals verworfen werde, eine Bittschrift wegen Verweigerung des Budgets an das Unterhaus gerichtet werden solle. Vor der Bank sind jetzt Kanonen aufgefahren, da die gewöhnliche Wache von einer Kompagnie Infanterie, die alle Abend vom Tower dahin marschirte, dem Gouverneur nicht hinreichend schien, dieselbe zu bewachen. London, 10. Dec. (Durch ausserordentliche Gelegenheit.) Unsere Lage im Innern ist äußerst gefahrvoll. Das Volk ist im höchsten Grade aufgeregt. DieToriemitglieder des Oberhauses, obwohl sie die Veränderungen noch nicht kennen, welche das Ministerium mit der verworfenen Reformbill vorgenommen hat, erklären laut, sie würden dieselbe verwerfen, was auch darans entstehe. Die Minister haben nun bei einigen Personen, welche sie ins Oberhaus wünschten, deßhalb erst anfragen lassen, denn unter den gegenwärtigen Umständen hat niemand nach dieser Ehre großes Verlangen. Zum Glück ist
die Armee dem Könige und ihren Anführern vollkommen ergeben, und wird hoffentlich in critischen Augenblicken nicht wanken. Frankreich. Paris, 10. Dec. Einen Beweis, wie bei dem reitzbaren Zustande der französischen socialen Verhältnisse selbst kleine Vorfälle im höchsten Grade nachtheilig auf die öffentliche Stimmung zu wirken vermögen, giebt unter andern ein vom Oberpostdirector an alle Postämter erlassenes Circular, dem zu Folge die königlichen Prinzen und und Prinzessinnen fortan fiir alle Briefe und Paquete vollkommene Portofreiheit haben sollen. Es ist ein unbegreiflicher Fehler der neuen, von tausend Gegnern und Feinden umgebenen Dynastie, bei einem Volke und zu einer Zeit, wo alle Privilegien gehaßt und verabscheut sind, ein neues Privilegium fiir sich anzusprechen! Und zwar bedingt in diesem Falle der unermeßliche Reiche sich eine Befreiung von Lasten aus, die der Arme fort und fort tragen muß. Der gesunde Sinn der Franzosen erkennt hierin auf der Stelle einen inconstitutionellen Akt und eine gegen die Steuerbaren begangene Ungerechtigkeit, indem der Staatskasse dadurch ohne ein Gesetz oder eine Bewilligung der Kammern aus rein administrativer Willkür ein wahrscheinlicher Weise nicht ganz unbeträchtliches Einkommen entzogen wird. Aber mehr noch als das Ungesetzliche, ist es das Kleinliche, fast möchte man sagen, das Schmutzige, was in diesem Akte liegt. In einer Zeit allgemeiner Noth und Verarmung lassen sich Prinzen und Prinzessinen, die eben erst ohne alle Verdienste aus den Reihen des Volkes zu der höchsten Würde gelangt sind, von diesem Volke das Porto für ihre Briefe und Paquete schenken! Nichts entfremdet einer Regierung die Gemüther der Menschen mehr, als wenn sie Habsucht und Geitz an ihr bemerken, wenn die Fürsten schwelgen wollen, während die Völker darben. - So vereinigt sich jetzt täglich mehr, Kleines und Großes, um die Popularität der neuen Dynastie zu schwächen. Seit dem Einzug des Herzogs von Orleans in Lyon stimmen die ministeriellen Journale zwar einen höhern Ton an, als je, und wirklich hat die Regierung äusserlich noch niemals stärker und kräftiger dagestanden. Dagegen nimmt ihre Schwäche im Innern, ihr Sinken in der Liebe und Verehrung des Volks immer mehr zu, und fast in keinem Lande kann eine Regierung ohne Mitwirkung und Zustimmung des Volks weniger bestehen, als in Frankreich. Auch die wahrscheinliche Strenge gegen die Arbeiter in Lyon, mit der man imponiren will, ist sehr am Unrechten Platz. Sie erbittert und reitzt auf, statt zu schrecken; denn jene Unruhen sind nicht Ausflüsse des Muthwillens, sondern der bittersten Noth, und Menschen, die dem Hungertode nahe sind, furchten sich auch nicht vor der Drohung von Strafen. Paris, 12. Dec. Die Mitglieder des Polencomites haben dem Herrn Casimir Perier einen Besuch abgestattet, aber nicht das mindeste Mitgefühl für die unglückliche Nation bei ihm gefunden. Es scheint, als ob er Mitleid und Bedauern für eine Intervention hält. Der König Ferdinand VII. soll seinem Ende nahe seyn. Lyon, 7. Dec. Eine große Anzahl hiesiger Fabrikanten will ihre Fabriken nach der Schweiz verlegen. Jedenfalls wird es lange Zeit dauern, ehe diese Stadt wieder zu ihrer früheren Blüthe gelangt. Es heißt, daß nach der völligen Entwaffnung der Lyoner Nationalgarde die Hälfte der jetzt
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1355 in der Stadt stehenden Armee sogleich in ihre Standquartiere zurückkehren werde. Belgien. Brüssel, 9. Dec. General Belliard hat gestern Depeschen aus dem Haag erhalten, welche einen wichtipen Beschluß mittheilen. Die Generalstaaten haben den König in einer Addresse gebeten, auf die neue Anleihe Verzicht zu leisten, und lieber eine Ausgleichung mit Belgien herbeizuführen, da sie bei der Erschöpfung der Nation und ihrem Wunsche, diesem drückenden Zustand und dieser Anhäufung von Lasten ein Ende gemacht zu sehen, sonst den Entwurf verwerfen müßten. (Jour. de Liege.) Brüssel, 10. Dec. Obgleich man in Belgien allgemein an Erhaltung des Friedens glaubt, so stimmen doch die Absichten des Königs von Holland und seiner Minister keineswegs mit diesen Hoffnungen überein. Es heißt, der König von Holland wolle, wenn die fünf Mächte zum Aeussersten gegen ihn schreiten, und ihn zur Annahme der 24 Artikel zwingen wollen, einen Angriff auf die belgischen Vorposten gegen Antwerpen machen, und wenn sich die Belgier widersetzten, Antwerpen neuerdings von der Citadelle aus beschießen lassen, um die Stadt, namentlich aber ihren Hafen zu Grunde zu richten. Dann wird man wieder unterhandeln, neue Protokolle entwerfen, einen neuen Waffenstillstand schließen, Antwerpen aber wird zu Grund gerichtet, und Amsterdam und Rotterdam ihrer Nebenbuhlerin entledigt seyn. Italien. Rom, 6. Dec. Aus Mittel-Italien lauten die Nachrichten keineswegs beruhigend, und wenn nicht von der päbstlichen Regierung neue Sicherheitsmaßregeln getroffen werden, so ist in den Legationen der Ausbruch neuer Unruhen sehr zu befürchten. Deutschland. Aus Oberhessen, 10. Dec. Auch die Hessendarmstädtische Regierung hat jetzt den Bundestagsbeschluß, wodurch das Straßburger Zeitblatt: „Constitutionelles Deutschland" in Deutschland verboten wird, bekannt gemacht, und somit sich für Vereinbarlichkeit desselben mit der Verfassungsurkunde des Großherzogthums, welche die Freiheit der Presse wie des Buchhandels anerkennt, ausgesprochen. Auch war es wohl nicht unabsichtlich, daß in der offiziellen hessischen Zeitung bei dem Abdruck der badischen Kammerverhandlungen das Urtheil Rottecks über das Straßburger Blatt: „Es enthalte viel Beherzigungswerthes, ja Treffliches, aber auch viel Gemeines, ja Strafbares," nur verstümmelt wieder gegeben wurde. Der Tadel nemlich war stehen geblieben, das Lob aber weggelassen. Welcher kleinen Mittel sich doch angeblich große Leute bedienen! Die Hanauer Zeitung bringt folgenden beachtenswerten Artikel aus Oberhessen vom 10. Dec. Mehrere Stimmen aus Marburg haben sich in der Hanauer Zeitung fur Fortsetzung der Polenvereine in Deutschland ausgesprochen, und zwar sollten sie die Richtung nehmen, daß sie zugleich Vereine für deutsche constitutionelle Freiheit würden. Dieser Gedanke erscheint in unsern, für die erste aller constitutionellen Freiheiten, die Preßfreiheit, mehr bedrohlichen als günstigen Zeiten sehr glücklich. Mögen jene Polenvereine fortdauern und sich erweitern! Mögen sie zunächst das herbe
Loos der polnischen Flüchtlinge, für welche der Hanauer Verein die Hülfe edelmüthiger Deutschen fordert, und für welche der Gieser Verein bereits die Summe von 300 fl. zusammenlegte, zu erleichtern suchen, dann aber zugleich der bedrohten constitutionellen Presse Deutschlands ihre Unterstützung widmen. Um ein Mitglied solcher Vereine zu werden, wäre ein kleiner jährlicher Beitrag zu entrichten; dies wäre zugleich das einzig nöthige Erkennungszeichen der Freunde der freien Presse. Jene Beiträge würden zur Unterstützung der verfolgten liberalen Blätter, zur Tilgung von Geldstrafen, die ein freisinniger Schriftsteller, vielleicht in Folge seines lebhaft ausgesprochenen Unmuthes über Geistesdämpfung, zu bezahlen hätte, u. s. w. verwendet. Möge das schöne Beispiel, das die wackern Zweibrücker Bürger (s. deutsche Tribüne No. 155) in dieser Hinsicht gaben, für Hessen nicht verloren seyn, und möge namentlich zwischen den Polenvereinen in Marburg, Giesen etc. hierüber eine baldige Verständigung erfolgen! Luxemburg, 3. Dec. Man meldet, der Artilleriedirection zu Metz sey der Befehl zugekommen, diesen Platz, so wie die andern Plätze der dritten Militärdivision zu entwaffnen. Frankfurt, 6. Dec. Die Bundesversammlung hat, erschöpft durch ihre seit zwei Jahren ununterbrochene rastlose Thätigkeit, zwei Monate Ferien gemacht. Bis dahin haben also auswärtige und einheimische Blätter Ruhe vor ihr. Literatur. Das in der Math. Riegerschen Buchhandlung (J. P. Wimmer) in Augsburg herausgekommene Gedicht „Diebitsch's Klage in Elisium" zum Besten der verunglückten Polen, dessen erste Auflage in mehreren tausend Exemplaren schnell vergriffen wurde, ist neu aufgelegt, und diese zweite Auflage eines so gelungenen, ausgezeichneten Gedichts aus der Feder eines theilnehmenden Bayern geflossen, wird wahrscheinlich den nämlichen schnellen Absatz finden, und verdient empfohlen zu werden. Der Preis ist nur 6 kr. Erklärung. Der Herr Ministerialrath Freiherr von Freiberg hat jüngsthin in einer großen Gesellschaft öffentlich geäußert: „der Unterzeichnete sey dermalen Redacteur der deutschen Tribüne." Ich erkläre hiermit diese Behauptung für eine Unwahrheit und erwarte von dem Herrn B. v. Freiberg den Beweis des Gegentheils. München, den 15. Dec. 1831. Wurm, vormals Polizeidirector zu Nürnberg.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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De u t s c h e
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Ein c o n s t i t u t i o n e l l e s
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München den 18. December 1 8 3 1 .
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Heute erscheint die letzte Nummer der deutschen Tribüne in München. Von jetzt an wird sie in Zweibrücken gedruckt, die Hauptexpedition aber ist, der gemachten Anzeige zufolge, in Speyer. Die Münchner Abonnenten belieben bis zu Ende dieses Monats die deutsche Tribüne nach wie vor in der Handlung des Herrn Schäfer abholen zu lassen. Das Abonnement für das nächste Jahr wird direct bei der Post bestellt. D. R. d. d. T.
Ein Capitel von der Treue. Die servilen Blätter füllen seit einiger Zeit ihre Spalten mit den Versicherungen ihrer Treue und Ergebenheit an das angestammte Regentenhaus. Sie mögen es thun, wir wollen ihnen nicht einmal entgegnen, daß der ehrliche Mann seine Redlichkeit niemals anpreißt, weil er im Voraus überzeugt ist, daß kein Mensch je einen Zweifel über dieselbe erheben wird. Würden sie sich begnügt haben, von ihrer Anhänglichkeit zu sprechen, wir würden ihre altweibermäßige Plauderhaftigkeit sehr gerne ignorirt haben. Aber sie entblöden sich nicht, die Treue gegen König und Vaterland als das alleinige Erbtheil des Altbaiern auszuposaunen, und somit einen Zwiespalt hervorzubringen zwischen den verschiedenen Theilen des Königreichs, oder Mißtrauen zu säen in das Herz des Königs gegen den halben Theil seiner Bürger. Diese Erbärmlichkeit darf nicht ungerügt vorübergehen. Wenn die servilen Journale von der durch Jahrhunderte oder gar durch Jahrtausende hindurch bewährten Treue an das angestammte Regentenhaus sprechen, so haben sie allerdings ganz Recht, dieß nur auf Altbaiern anzuwenden, denn nur dieserTheil des ganzen Königreichs ist seit langer Zeit von den Wittelsbachern regiert worden, wogegen die neubaierischen Länderstrecken erst seit wenigen Jahren dem Königreiche
einverleibt worden. Freilich kann Rheinbaiern auch Ansprüche machen auf alte Verbindungen mit dem Hause Wittelsbach, denn es war ja das Stammland der jetzt regierenden Dynastie. Aber darauf nehmen die Servilen keine Rücksicht, denn Rheinbaiern hat das Unglück gehabt, während ganzer 20 Jahre andern Beherrschern unterworfen zu seyn, und in diesem Zwischenraume ist ihm eine bessere Gesetzgebung, Freiheit der Gewerbe und der Personen und andere solche nichtswürdige Neuerungen zu Theil geworden. So ist denn Rheinbaiern in die Reihe der neuen Provinzen getreten, und wird als solche behandelt. Die Vereinigung dieser neuen Provinzen mit Baiern aber war nicht das Ergebniß des Volkswillens, sondern nur das der Gewalt. Napoleon hatte einen Theil von ihnen ihren legitimen, angestammten Herschern entrissen und sie Baiern zugewiesen; die andern wurden durch den Machtspruch der heiligen Allianz als Ersatz (?) für Tyrol und Salzburg an Baiern abgegeben. Von diesen Provinzen kann man allerdings nicht sagen, daß sie durch tausendjährige Bande an ihr Herrscherhaus geknüpft seyen, daß sie im Verlauf der Jahrhunderte Glück und Unglück mit ihrem Regenten getheilt, daß ihre Treue erprobt worden, u. dgl. m. Ihnen aber solches vorzuwerfen, ist eben so erbärmlich als unsinnig, weil sie ja früher eben so wenig gefragt wurden, ob sie Zollern oder Bi167
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1359 schöfe zu Herren haben wollen, als man sie in den neuesten Zeiten darnach frug, ob sie Lust hätten, Baiern zu werden. Aber wenn die neubaierischen Provinzen auch nicht durch die angestammte Gewohnheit an die regierende Dynastie gebunden sind, so folgt daraus noch keineswegs, daß zwischen ihnen und dem Wittelsbacherhause kein einziges heiliges Verhältniß bestehe; es ist damit noch nicht gesagt, daß Nichts sie binde an den erlauchten Herrscher. Wir glauben vielmehr, daß die Bande, welche sie mit dem Throne vereinigen, weit sicherer und zuverläßiger sind, als jene, welche ihre Bedeutung und ihren Grund nur in dem alten Herkommen haben; denn man braucht nicht weit zu gehen, um zu zeigen, daß Dynastien Thron und Land verloren haben, ob sie gleich Jahrhunderte lang im Besitz derselben gewesen. Frankreich und Schweden und England haben solche Bande freiwillig zerrissen, andere Länder haben unthätig zugesehen, als fremde Machthaber ihnen die alten Fürsten nahmen und andere auf den vaterländischen Thron einsetzten. Niemals haben Völker ihren Fürsten entsagt, wenn sie es verstanden hatten, die Bürger mit heiligeren Banden zu fesseln. Solche heilige Bande aber bestehen zwischen den neubaierischen Provinzen und ihrem neuen Regentenhause. Durch die Gabe der Verfassung hat König Maximilian ein Schutz- und Trutzbündniß geschlossen mit seinen Völkern, das ihm und seinen spätesten Enkeln den Thron sichert, weil er denselben auf festeren Grundlagen aufbaute, als die früheren gewesen. Er selbst hat durch die Verfassung diesem Gewohnheitsrecht, diesem sogenannten göttlichen Rechte, das die Finsterlinge wieder als die einzige Basis des Thrones anrühmen, feierlich das Urtheil gesprochen; er selbst hat es aufgegeben, und von 1818 herrschen die Wittelsbacher in Baiern nicht mehr, weil sie auch früher auf dem Throne saßen, sondern weil das heiligste aller Gesetze, weil die Verfassung es gebietet. Ist aber diese Basis nicht sicherer als jede andere? Durch die Verfassung hat jeder einzelne Baier Bürgschaft geleistet für die Rechte der Krone, und seine Rechte sind nur denkbar im Verhältniß zu denen des Königs; sie bestehen nur in so lange, als die des Monarchen bestehen, indem sie sich gegenseitig bedingen. Seine Rechte verschwinden mit denen des Königs, und er wird daher dieselben mit Gut und Blut vertheidigen, weil er in ihnen auch für die seinigen kämpft. Noch nie hat man den Neubaiern vorgeworfen, daß sie keine Liebe zur Verfassung hätten; man scheint es ihnen vielmehr zum Vorwurf machen zu wollen. Ο Ihr Unsinnigen! Ist nicht eben diese Liebe gerade die sicherste Bürgschaft fiir die Treue gegen den Monarchen? Wer treu und fest hält an der Verfassung, hält auch treu und fest an dem Monarchen: „denn König und Verfassung sind jetzt zu gleichbedeutenden Ausdrücken geworden; Verfassung ohne König ist eben so undenkbar, als König ohne Verfassung; Eines wird durch das Andere und mit dem Andern in ewiger Sicherheit fortbestehen; Eines ohne das Andere würde keine acht Tage zu leben haben!"
Ta g e s - C h r o n i k . Frankreich. Paris, 12. Dec. Man ist beinahe völlig ohne Nachrichten; nur weiß man, daß die Conferenz sich
jetzt beschäftigt, um fiir Griechenland zu protokollisiren, und baldige günstige Antwort vom König Wilhelm über die 24 Artikel hofft. Auf das bloße Gerücht, diese Annahme sey zu Paris angekommen, ist unsere Börse um 1 F. gestiegen. Obschon diesen Morgen ein Tagblatt Rußlands Beitritt zu den Entwaffnungsplanen meldet, so kann doch dieser Beitritt, der übrigens ziemlich wahrscheinlich ist, schwerlich schon zu Paris bekannt seyn. Die Börse ist heute immer noch gestiegen. Zugleich hat sich der Wechsel auf London sehr merklich gehoben. Deutschland. Stuttgart, 14. Dec. Unser Ministerium hat durch nachstehende Bekanntmachung das Verbot des in Straßburg erscheinenden constitutionellen Deutschlands mit unsern Gesetzen und unsrer Verfassung in Einklang zu bringen versucht: Um zu dem Beschlüsse der deutschen Bundesversammlung vom 19. Nov. d. J., welcher dahin geht: „die Versendung und Verbreitung des in Straßburg bei G. Silbermann erscheinenden Zeitblatts: „das constitutionelle Deutschland" wird in allen deutschen Bundesstaaten untersagt, und die Regierungen werden ersucht, diesen Beschluß öffentlich bekannt zu machen, auch zur Handhabung desselben die geeigneten Verfügungen zu treffen und diese baldmöglichst zur Kenntniß der hohen Bundesversammlung zu bringen;" nach Maßgabe der in Würtemberg bestehenden Gesetze mitzuwirken, haben Seine Königliche Majestät nach Anhörung des K. Geheimenraths befohlen, daß auf das erwähnte Zeitblatt, unter welchem Titel es erscheinen möchte, die in dem §.11. des Gesetzes über die Preßfreiheit vom 30. Januar 1817 vorgesehenen polizeilichen Maßregeln bis auf Weiteres in Anwendung gebracht werden. Stuttgart, den 12. Dec. 1831. Beroldingen. K a p f f . Karlsruhe, 14. Dec. Bei der zweiten Kammer sind mehrere Adressen eingegangen, um derselben fiir ihr kräftiges Handeln zu danken; Freiburg ging voran; Karlsruhe mit 68 Unterschriften folgte nach, was zu einer lebhaften Erörterung zwischen Staatsrath Winter und dem überreichenden Abgeordneten von Rotteck fiihrte; die Aemter Lörrach und Schopfheim mit einigen hundert Unterschriften erschienen auch und führten ohne Zweifel die entschiedenste Sprache, welche das Zeichen des constitutionellen Sinnes sehr gut beweist. Man schreibt aus Darmstadt, daß die AbgeordnetenKammer nicht, wie zu erwarten stand, künftiges Frühjahr, sondern erst im October zusammentreten werde. Diese Verspätung wird der Absicht der Regierung vorgeschrieben, bedeutende Abänderungen in der Verwaltung einzuführen, wozn die Anordnungen erst im October beendigt seyn dürften. Alsdann soll der neue Entwurf den Kammern zur Annahme vorgelegt werden. Wiesbaden, 13. Dec. Unsere Domainen Streitsache ist noch immer nicht beendigt. Unter den Ständen sowohl als unter dem Volke zeigt sich große Aufregung. Die durch Beschluß der künstlich und verfassungs widrig bewirkten Majorität gleichsam erschlichene Steuerauflage, welche mit kommendem Jahre in Wirksamkeit treten soll, findet in der Gesinnung des ganzen Landes großen Widerstand, und man weiß nicht, ob dieser sich nicht bei künftiger Erhebung der Steuer auch thätig zeigen wird.
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1361 A n z e i g e n . De la
Ν o uv eile
Jerusalem, par
Μ. Edouard Richer. Six volumes in 8. A l'epoque remarquable oil est arrivie la sociifte europeenne, on veut une theorie qui fonde sur une base solide le droit public devenu la garantie commune; la philosophie, l'objet de la recherche de plusieurs; la religion, le besoin de tous. On veut de resultats, pour ainsi dire, materiels, qui fassent entrer cette theorie dans la vie pratique; on veut, dans l'expose de la verite, des principes raisonnes, des applications positives et usuelles; et, pardessus tout, de l'impartialite, de Γ universalis et de la tolerance. La philosophie, exposee dans cet ecrit, parait repondre ä tous ces besoins. Le passe ne satisfait plus personne: sur les debris des opinions ecroulees et des croyances combattues, il doit y avoir quelque chose que le dedain et la proscription n'ont pas atteint. Nos penseurs n'ont pas epuise toutes les utopies. Audela de la doctrine que proclament les redacteurs de l'Avenir, il peut, sans doute, y avoir une religion plus vaste; la theorie dont le Globe s'est fait l'apötre, ne comprend pas tous les modes d'association. Apres les hypotheses ultramontaines et saintsimoniennes il doit etre permis de presenter une hypothese plus universelle, non moins rigoureuse et plus applicable peut-etre. Une fraction de la societe en Europe et aux Etats-Unis rattache ä cette doctrine, ou plutöt ä cette religion, son esperance et ses devoirs. Nous pensons que le lecteurs de toutes les classes verront avec interet l'exposition d'une philosophie devenue deja institution. D'ailleurs, dans la republique des lettres dans cette assemblee generale de tous les hommes sinceres, oü chacun vient produire son mandat, pourquoi refuserait-on d'accueillir celui d'une nouvelle corporation religieuse? Personne, jusqu'ä present en France, n'a discute les titres sur lesquels eile se fonde, personne n'a enumere les preuves des verites quelle avance, et expose les resultats positifs et les applications nombreuses quelle offre ä la vie civile et domestique. Cet ouvrage, sous plusieurs rapports, repond aux besoins les plus pressants du moment. En effet, dans le vide complet de tout sentiment religieux on en cherche un qui satisfasse les exigences de la raison; dans le defaut general de croyance immaterielle chez une generation portee vers l'industrialisme, on exige une foi qui s'accorde avec le reel et qui remplisse le but vainement cherche des utilitaires; daus la perplexite fatigante de la philosophie eclectique, on demande une theorie evidente, qui dispense d'un choix subtil entre des vraisemblances. Cet ecrit remplit egalement une lacune dans nos bibliotheques. La Nouvelle Jerusalem n'est connue que par les volumineux ouvrages de Swedenborg, publies
au moment de l'effervescence irreligieuse du XVIIIe siecle et paralyses, en quelque sorte, par nos troubles politiques. Aucun homme impartial n'a pris la defense de ces livres, ou n'en a discute les principes devant la dedaigneuse litterature qui les a laissds dans l'oubli, ou devant la philosophie hostile ou irreflechie qui les a prematurement condamnes. Ce travail manquait done tout ä fait; il etait necessaire de justifier des assertions, et de resumer des opinions qui jusqu'ici n'avaient pas eu de rapporteur. L'Europe eclairee attend qu'on lui rende compte de la mission religieuse d'un homme que la science compta parmi ses plus beaux genies. Le temps present est celui qu'il a le premier signale comme une ere nouvelle: il nous appartient done d'offrir ä l'epoque le tribut des enseignements qu'il a rassembles pour elle. L'ouvrage sera imprime ä Nantes, sous les yeux de l'auteur; il en sera tire trois cents exemplaires seulement. On souscrit a Paris, chez Μ. M. Treuttelut Wurtz, libraires, rue de Bourbon, No. 17.; ä Nantes chez M. Mellinet, editeur, ä Tubingen dans la librairie Zu-Guttenberg et chez tous les libraires solides de l'Allemagne. A Nantes on souscrit ä l'ouvrage mentionne dans le present Prospectus, a raison de 6 francs le volume. Des traductions allemandes des oeuvres de Swedenborg se vendent aussi dans la librairie Zu-Guttenberg a Tubingen et chez tous les libraires solides.
An Deutschlands Patrioten. An die Stelle der verbotenen Zeitbilder sind die
Neuen
Zeitschwingen
getreten. Der Beifall, der von so vielen Seiten dieser Zeitschrift zu Theil geworden, ermuthigt uns, ein Unternehmen, das, wenn man sich nicht selbst ein Schloß vor den Mund legt, mit vielen Unannehmlichkeiten verknüpft ist, mit kühnem Sinn fortzusetzen. Die Zeitschwingen werden, wie bisher, so auch in Zukunft, wo viele schweigen werden, die fortreden sollten, fortfahren, für die Freiheit zu sprechen und vor Allem für das deutsche Volk und das deutsche Vaterland. Für das kommende Jahr sind uns, wir kündigen es mit Vergnügen an, Zusagen zu Mitarbeiten von Männern geworden, deren Namen Deutschland mit Verehrung nennt, und unsere Zeitschrift wird sich auch in Zukunft des ihr gewordenen außerordentlichen Beifalls würdig zeigen. Die Zeitschwingen erscheinen wöchentlich dreimal. Diesem, freimüthigen politischen Betrachtungen bestimmten Journale schließt sich in zwei Blättern wöchentlich:
Der Ring des Saturn an, der, den Damen gewidmet, der Kunst, dem Theater, der Malerei, der bildenden Kunst, der Mode und der leichteren scherzhaften Unterhaltung bestimmt ist. Wir werden auch hier mit allem Eifer, den die Wahrheit einflößt, für das Unsterbliche, das Aechte, das Ewige reden und kämpfen, auf die Sonne des Wissens, auf den Stern der Kunst hindeuten.
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Allgemeine Anzeiger am Main und Rhein
beigegeben, in dem alle Benachrichtigungen gegen billige Einrückungsgebühr zur Kenntniß eines zahlreichen Publikums gebracht werden. Wir bitten unsere bisherigen Abonnenten, so wie die, welche sich neu zu abonniren wünschen, ihre Bestellungen unverzüglich ihrem Buchhändler oder dem nächsten Postamte zu übergeben, da wir bei spätem Abonnements keine vollständige Exemplare zu versprechen vermögen. Frankfurt und Hanau; den 1. Dec. 1831. Die Redaction. Um die geehrten Abonnenten für die am 13. December durch Schuld der Censur ausgefallene Nummer der deutschen Tribüne zu entschädigen, liefern wir auch noch heute eine Nummer, obgleich den letzten uns zugekommenen Nachrichten zu Folge Herr Dr. Wirth schon vom heutigen Tage an die deutsche Tribüne in Zweibrücken wieder selbst wird erscheinen lassen. Uebrigens bitten wir noch einmal um Nachsicht, wenn unser Blatt in der letzteren Zeit mitunter ärmlich ausgestattet und kraft- und geisdos erschien. Unter den ungeschickten Händen der baierischen Censur schrumpft Geist und Kraft zusammen. Die Art, wie sie gegen beide wüthet, ist in der That zu merkwürdig, als daß wir den Lesern nicht das Vergnügen machen sollten, sie später in der für die deutsche Tribüne nun wieder neu beginnenden goldenen Zeit der Freiheit damit bekannt zu machen. Und wenn in dieser schmählichsten aller Tyranneien noch Consequenz und Plan gewesen wäre! Allein der geehrte Herr Censor schien bald mehr bald weniger übel gelaunt, immer aber von einer Härte und Kurzsichtigkeit, welche auf die Länge die Unterdrückung der deutschen Tribüne hätte zur Folge haben müssen; denn wir sind an ein Publikum gewöhnt, das mit Recht etwas mehr als Zuckerwasser verlangt. Alles Geistige und Kräftige aber kann die nüchterne bäuerische Censur nun einmal nicht vertragen. Wir waren daher gezwungen, mehrere der gediegensten und lichtvollsten uns zugekommenen Arbeiten bis auf bessere Zeiten zurückzulegen; uns selbst fehlte Lust und Liebe zum Werke. Denn man muß der Willkür und den Vexationen der Censur einmal ausgesetzt gewesen seyn, um so recht innig von der Wahrheit überzeugt zu werden, daß die Censur fiir den freigebornen Geist dasselbe ist, was Gefängniß fiir den Körper! Der freie Gedanke wagt sich nicht einmal auf das Papier, wenn er gleich dem Schwerte des Damokles beständig die meuchelmörderische Scheere der Censur darüber schweben sieht. Auf der andern Seite aber kann der freie Geist sich auch nicht zum Sklaven, zum Höfling, zum Heuchler erniedrigen! Was haben wir nicht alles gethan, um unsern Geist in einer Weise zu schnüren und zu dressiren, welche der Censur vielleicht Mitleid und Erbarmen, wenn nicht Wohlwollen und Zufriedenheit einflößen könnte. Wir suchten jede bittere Wahrheit nach Möglichkeit zu verdünnen und zu verwässern, wir nahmen, bevor wir schrieben, regelmäßig die Münchner politische Zeitung zur Hand, um unsere Grundsätze zu reinigen, und unsern Geist jeder Kraft, jedes Feuers, jeder Einsicht zu berauben! Umsonst. Wir konnten es selten oder nie zu jener Nüchternheit und Leere bringen, an welcher die Censur und
Regierung einzig und allein ein treues kindliches Gemüth erkennt! Und so wurden wir denn auch beständig gequält und gemartert von ihr. Doch, Gottlob, die schönen Tage zu Aranjuez sind jetzt fiir sie vorüber. Von heute an wird Hr. Dr. Wirth seine verfassungsmäßigen Rechte wieder reklamiren, und das Blatt nach wie vor in unverstiimmelter Gestalt erscheinen lassen. Die Fesseln sind endlich gesprengt, und die Freiheit steigt aus dem Käfig wieder jubelnd und frohlockend zum Himmel empor. Noch müssen wir hier der Klagen und Beschwerden erwähnen, die uns von allen Seiten über das unverhältnißmäßig theure Porto zukommen, welches die baierische Postfiirdie Versendung der deutschen Tribüne berechnet. Während man ζ. B. zu Winterthur in der Schweiz die Augsburger allgemeine Zeitung gegen das geringe jährliche Porto von 1 fl. 44 kr. liest, muß die deutsche Tribüne 6 fl. Porto bezahlen. Die Absicht ist klar, man will auf diese Weise den Absatz der Tribüne erschweren und unterdrücken. Zu solchem edlen Zwecke ist jedes Mittel, jeder Weg gerecht! Zwar erhielten wir in den dießjährigen Verhandlungen der baierischen Deputirtenkammer vom Ministertische aus die Versicherung, der Posttarif fiir alle politischen Blätter solle ein durchaus gleicher seyn, welche Farbe sie immerhin haben möchten! Wer aber weiß nicht, wie sehr sich seit jener Versicherung Zeiten und Verhältnisse geändert haben! Seitdem ist glücklicher Weise Warschau gefallen, und der deutsche Bundestag hat durch Verbot des constitutionellen Deutschlands und durch Ernennung einer Commission zur Unterdrückung inländischer „gefährlicher" Blätter einen Triumph über die revolutionäre Hydra erfochten. Besser aber immer, meint die baierische Regierung vielleicht, man unterdrückt dergleichen Blätter durch Chikane, als durch oiFene Gewalt. Uebrigens werden wir alle constitutionellen Mittel anwenden, um jenem Uebelstande und jenen Klagen abzuhelfen. Sollten wir aber nichts damit ausrichten, so wenden wir uns noch einmal an die Hochherzigkeit aller constitutionellen Deutschen und freien Schweizer, voll Zuversicht, daß sie unserm Unternehmen ihren Beistand deßhalb nicht entziehen werden. D. R. d. d. R. Erklärung. (Auf besonderes Verlangen eingerückt.) Wäre der in No. 57. des Würzburger Volksblattes enthaltene „Commentar zur Wasserburger Adresse" gegen mich alkin gerichtet, so würde ich ihn um so mehr mit dem Stillschweigen der Verachtung beantworten, als seine pöbelhafte Leidenschaftlichkeit den eigendichen Zweck und die Quelle deudich genug bezeichnet. — Beleidigender ist er aber fiir die Stadt Wasserburg, als hätte sie (als hätte eine der vielen andern Adressen) meiner geringen Feder vonnöthen gehabt, um die Gefühle ihrer innigsten Ergebenheit und Treue gegen die geheiligte Person des Monarchen auszudrücken!? - Mich in Nichts mengend, was nicht meinem Beruf und Bereich angehört, sey es mein erstes und letztes Wort hierüber, daß meine Theilnahme an jener Adresse eine völlige Erdichtung sey, und der Einsender ein böswilliger Verläumder bleibe, bis er aus dem schmählichen Verstecke der Anonymität hervortritt, und Beweise jener angedichteten Theilnahme herbeibringt. München, am 1. Dec. 1831. j o s Freiherr v. Hormayr, Κ. B. Kämmerer, Ministerialrath und geheimer Rath. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A.
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Deutsche Sonntag.
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Der Wechsel des Jahres und der Zeiten. Als vor 12 Monaten das glorreiche Jahr der Bewegung in das Meer der Zeit hinabsank, die Völker ermahnend zur Pflege der jungen Staat der Freiheit, da war der Busen des Menschenfreundes noch freudiger bewegt, als heute, da schlug die Brust noch höher, da durfte man noch schwelgen in den Phantasien einer ruhmvollen nahen Zukunft. Man sah zwar die Zuckungen des erzürnten Absolutismus, man durchschaute auch dessen glühendes Verlangen, die erwachten Völker zurückzuwerfen in die Nacht ihres Nichts und sie abermals zu beugen unter das schmähliche Joch des absoluten Willens eines Einzigen; allein noch stand die Heldenschaar der ritterlichen Polen, noch glühte die Sympathie der Völker und bot ihren Beistand, das große Werk der Begründung weltbürgerlicher Freiheit zu vollenden. Alles ließ eine thatenreiche Zeit erwarten. Wer den Stand der Dinge nur einigermaßen zu würdigen verstand, der mußte glauben, Frankreich werde seine Aufgabe begreifen und seine Pflichten fühlen — es werde das Bündniß schließen mit der Sympathie der Völker; es werde mit Hülfe dieses allmächtigen Bundesgenossen, dem Heldenmuthe, der in Polen für Frankreich sich opferte, gerecht werden und dem ritterlichen Volke in dessen Todeskampfe andere Hülfe leihen, als - schöne Worte. Schon die weniger edlen Motive der Interessen mußten Frankreich eine solche Handlungsweise vorschreiben: denn die große Woche war nicht das Ende, sondern nur der Anfang der Revolution — der Schlußstein zur Freiheit des französischen Volkes mußte in Polen errungen werden. Doch da sollte der Fluch Gottes noch ein Mal auf den Völkern ruhen - die Männer der Hohlheit usurpirten die Leitung der Geschäfte, sie ergriffen mit ungeschickter Hand das Steuerruder der neuen Welt und leiteten das Schi ff] f aus den Regionen des Lichts in jene der Dämmerung, weil diese ihrem blöden Auge zusagender war. Die Männer der hohlen Mitte, gewöhnt nur nach Zahlen und Körpern zu rechnen, achteten die geistige Kraft ftir Nichts - sie, nur sie konnten nicht begreifen, was die Sympathie der Völker bedeute und welche Erfolge die Macht der öffendichen Meinung der Nation zu erringen vermöge. Darum ließen sie die heilige Sache fallen und fragen hinterher: „Was konnten wir denn thun fur sie — die gefallenen Helden?" Es ist so, es kann nicht anders sein, es war der Fluch Gottes, daß die Hohlheit berufen sein sollte, in einer großen Zeit die gemeinsamen Angelegenheiten der Völker zu leiten. Und so ist denn bei dem gegenwärtigen Jahreswechsel die schöne Hoffnung der Menschenfreunde wieder vernichtet, der liebliche Traum entflogen, Entmuthigung und bange Besorgniß zurückgeblieben. Der electrische Funke, den die Julius-Sonne in die Gemüther der Völker geworfen hatte, ist erloschen; das Vertrauen und der Uebermuth der Aristokraten dagegen zurückgekehrt. Wiederum war es das unglückliche Deutschland, das die Folgen des Sinkens der Volkssache zuerst fühlen mußte. Kaum hatten die russischen Bajonette der polnischen Freiheit den Todesstoß gegeben, als die abso-
Tribüne. 1.
Homburg, den 1. Januar 1832.
luten und quasiconstitutionellen Regierungen Deutschlands schon wetteiferten in dem Entgegenstemmen wider die Anforderungen des Zeitgeistes und in der Feindseligkeit gegen die Interessen der Völker. Schwache Volksvertreter riethen sofort zum Systeme der Nachgiebigkeit; eine deutsche Wahlkammer erlitt durch gänzliche Entmuthigung und gespensterscheue Angst eine beispiellose Niederlage; das Vertrauen der Völker schwand, die Macht der öffendichen Meinung sank, - alles ging mit Windeseile rückwärts. Natürlich mußte jetzt der deutsche Bund wieder ein Lebenszeichen von sich geben. So lange die Zeit groß und bedeutungsvoll war, so lange es galt, den zürnenden Genius unseres Volkes zu sühnen und nach dessen Winke Deutschland auf eine Höhe des Ruhmes und der politischen Größe zu stellen, so lange blieb die Bundesversammlung stumm und todt; ja sie ließ sogar von der formellen Theilnahme an der Berathung der europäischen Angelegenheiten mit stoischem Gleichmuthe sich ausschließen. Als aber die Feinde der Freiheit in Polen gesiegt hatten, als der Absolutismus sein gebeugtes Haupt wieder aufgerichtet sah, da regte auch der deutsche Bund sich wieder. Billig begann er seine Thätigkeit mit dem gewohnten Geschäfte eines geistigen Nachrichters, mit dem Kriege gegen das Licht, mit der Befestigung des Stützpunktes und des Lebensprinzips der deutschen Regierungen — der schimpflichen Censur. Allein gebietet, ihr mächtigen Gewalten der Finsterniß, immerhin: [»]es werde Nacht! [«] - es ist vergeblich, am lichten Rheine wird es nimmer Nacht. Die Pressen, welche das Volk sich baut, werdet ihr nie zum Schweigen bringen. Sie werden vielmehr, trotz aller Bundesbeschlüsse, in die dunklern Gegenden des deutschen Vaterlandes ohne Unterlaß Leuchtkugeln senden; sie werden die edlen Bürger der heilern Regionen unausgesetzt zur Ausdauer ermuntern fiir die große Sache der bürgerlichen Freiheit. Die Pressen, welche ihr so sehr furchtet, werden nie zur Anwendung roher Gewalt auffordern, noch sonst die Anarchie proclamiren; sie werden vielmehr die Bürger beschwören, dem Gesetze unter allen Verhältnissen gehorsam zu sein; allein sie werden auch der Willkür und der absoluten Gewalt mit Muth und Kraft entgegen treten, fur Aufrechthaltung der volksthümlichen Institutionen kämpfen, und nie ermüden, das Bedürfhiß einer durchgreifenden Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes und der politischen Wiedergeburt unseres deutschen Vaterlandes mit Wärme darzulegen. So wählt denn, meine deutschen Miitbrüder, die Devise »Ordnung, Freiheit und Licht« allenthalben zu eurem Wahlspruch; seid gehorsam dem Gesetze, allein schützet auch das Gesetz in rechdicher Weise, haltet fest an allen volksthümlichen Institutionen, lebet und sterbet für die Freiheit und schreibt vor allem den Satz: »Ohne vollständige Durchführung des constitutionellen Prinzips und ohne politische Einheit kein Heil ftir Deutschland« mit Flammenzügen in euer Herz. Gottes Segen walte über unser geliebtes Vaterland und bewahre es vor weiteren Rückschritten!
3 Geist der Volksstimmung in Frankreich. Der Juste-Milieu, welcher Frankreich seit der JuliRevolution mißhandelt und die billigsten Anforderungen der Nation durch drei auf einander folgende Ministerwechsel nicht befriedigen konnte, geht endlich seinem Sturze entgegen. Trotz seiner scheinbaren Stärke, stirbt er gleichwohl an Entkräftung und stürzt zusammen unter dem Gewichte einer allgemeinen Verachtung. Die Sophismen, welche dem Systeme der gerechten Mitte bisher zur Stütze dienttn, können sich nicht mehr halten vor dem kalten Blicke eines aufgeweckten Volkes; die öffentliche Vernunft ergründet diese Sophismen, verurtheilt und verachtet sie. Lebhaft und augenblicklich fortgerissen, geht das französische Volk nicht, sondern es stürmt zum Ziele, und alle Hindernisse verachtend, die seinem Laufe sich entgegen stellen, schöpft es erst wieder Athem, wenn es am Ziele siegreich angekommen ist. Die Macht, welche aus der Juli-Revolution hervorging, begreift aber den Geist des Volkes nicht; sie sucht nach Ausflüchten, wo sie alle Bedingungen des neuen Zustandes der gesellschaftlichen Ordnung erfüllen sollte, um durch dieselben statt der scheinbaren eine wahre und dauerhafte Kraft zu gewinnen. Die patriotischen Deputirten haben sich bisher vergeblich bemüht, die Gesinnungen Frankreichs geltend zu machen und der Regierung eine Richtung zu geben, wie sie dem Geiste des aufgeklärteren Theiles der Nation und den Interessen Frankreichs entspräche; allein diese Patrioten gewinnen allmählich die zusammenwirkende Unterstützung der Presse, und werden mit Hülfe dieser Macht ihrem Systeme das Uebergewicht verschaffen. In allen Theilen Frankreichs bilden sich neue Journale, welche wetteifern, die wahre Stimmung des Volkes zu verkünden und die Interessen der Nation zu vertheidigen. So hat sich seit einigen Monaten zu Evreuz der Patriot de l'Eure erhoben, und der glücklich gewählte Titel fand in vielen Städten Nachahmung. Auch Beauvais, Caen, Chalons sur Saone, Clermont-ferrand, Dijon, Toulouse haben unter dem Titel »der Patriot« neue Journale erhalten. Alle sind gegen die Regierung gerichtet. Tausende von Subscriptionen bezeugen die günstige Aufnahme dieser neuen Organe der Opposition und beurkunden auf solche Weise die wahre Stimmung des Volkes. Daß die Wirkung so vieler zusammengreifender Organe der öffentlichen Meinung sehr mächtig sein werde, ist wohl nicht zu bezweifeln. Die Redacteure der neuen Oppositionsblätter beabsichtigen auch nicht sowohl eine Polemik im Allgemeinen, sondern kündigen vielmehr der Regierung auch im Detail einen täglichen Krieg an. Sie bringen Präfecte, Unterpräfecte und Maires in Verzweiflung, indem sie das Verfahren derselben auch in einzelnen Fällen scharf beobachten, dasselbe gründlich beleuchten und allenthalben auf gewissenhafte Beobachtung der Gesetze rücksichtlos dringen. Und diese Bemühungen der Presse gewahrt man nicht etwa blos in diesem oder jenem Departement; der Kampf beginnt in solcher Weise vielmehr im ganzen Lande und wird in Bezug auf die innern Angelegenheiten Frankreichs, die bisher neben den allgemeinen politischen Fragen weniger berücksichtigt blieben, von den entscheidendsten Folgen sein. Auf solche Weise bildet sich dann eine neue Aera der Freiheit, deren einzelne Vortheile dem Franzosen bis jetzt vorenthalten
4 waren; so werden in Wahrheit und in der That Bürger gebildet, welche ihre Rechte so gut als ihre Pflichten kennen. Und was sollte auch eine freisinnige Charte helfen, sollte sich dieselbe nicht zuletzt auch im Leben der kleinsten Gemeinde des Staates wirksam erweisen? Paris, seit langen Jahren der einzige Mittelpunkt Frankreichs, aus welchem dessen politische Lebenskraft ausströmte, darf ein solches bedeutungsvolles Uebergewicht bei der neuen gesellschaftlichen Ordnung in Frankreich fernerhin nicht mehr ausüben. Die Revolution des Juli ging allerdings von der Hauptstadt aus; allein die Departemente, die durch ihren Beitritt den glücklichen Erfolg sicherten, werden ihre bisherige Nullität nicht länger ertragen wollen. (Man vergleiche die Lyoner Angelegenheit.) Sie können dies auch nicht einer Regierung gegenüber, die kein Mittel scheut, ein, im Widerspruch mit den Forderungen jener Revolution willkührlich angenommenes, System eigensinnig zu behaupten, ein System, das Frieden und Freiheit verspricht, während es Frankreich in seinen theuersten und höchsten Interessen verletzt hat und noch verletzt. Aber diese Regierung täuscht sich über ihre Stellung, sie bedenkt nicht, daß sie schon in den wenigen Monaten ihrer Existenz in die Fußtapfen und Gefahren der Restauration getreten ist. Schon tritt die öffendiche Meinung diesem verblendeten Gouvernement anklagend entgegen, schon ist es dahin gekommen, daß die neue Autorität sich bei jeder Bewegung vertheidigen muß. Wehe aber der Regierung Ludwig Philipps, wenn das öffentliche Vertrauen sich einmal völlig von ihr ab, auf des Gegners Seite gewendet hat! Es bedarf nach der Revolution des Juli keiner so offenbaren Verletzung der Charte, wie sie Karl X. verübt hat, um mit ihm ein ähnliches Schicksal zu erfahren. Und auch dies scheint diese Regierung nicht zu kümmern, daß sie, trotz ihrer Hartnäckigkeit auf halbem Wege stehen zu bleiben, oder gar Rückschritte zu versuchen, die vermeintlichen Stützen ihrer Macht, selbst preis zugeben, sich gezwungen sieht. — Die Erblichkeit der Pairie wird gegen ihren Willen aufhören müssen, und bei Bestimmung der Civilliste, wird der äussere Glanz der königlichen Würde vor der kältern Berechnung der Kosten schwinden, die vom Schweiße eines verarmenden Volkes bestritten werden sollen. Unter solchen Umständen, fragt die Nation nicht nach äußerer Pracht des Hofes, so wenig als überhaupt nach jeder Auszeichnung, die nicht auf innerm Werthe beruht, und so konnte ζ. B. die Deputirtenkammer es völlig überflüßig finden, sich für eine Strafe auszusprechen, in Fällen, wo es jemanden einfiele, sich etwa einen Adelstitel beizulegen; die Nobilität hat als solche in Frankreich ohnehin alle Bedeutung verloren, so daß sie nicht einmal dieses Todesstreiches mehr bedürft hätte. Mag die Regierung indessen ihre sonstige Blöße mit diesen veralteten Lappen des ancien regime behängen, sie wird nach und nach erkennen müssen, daß ihre Existenz doch nur in so weit gesichert sei, als sie den wahren Interesse des Volkes entspricht. Dieses Volk aber wird seine Kraft in den Gemeinden sammeln, wo es im Geiste der Zeit und seiner Institutionen weiter schreitet, um dann mit Festigkeit und klarer Einsicht alles zu erlangen, was in jenen ersten Bedingungen der Julirevolution lag. Und wir wiederholen es nochmals: Wehe dieser Regierung, wenn sie hin-
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5 ter dem Geiste der Nation; mit dem sie zum Wenigsten gleichen Schritt halten sollte, in gefährlicher Selbstverblendung zurückbliebe, und das Volk noch einmal in Zorn vor sie hintreten müßte, um im Namen jener Revolution, so wie deren Opfer und deren Erwartungen von ihr Rechenschaft zu fordern!
Deutsche Correspondenz. t f Berlin, 23. December 1831. Ueber den Fall von Polen herrscht hier noch immer eine so wehmüthige Stimmung, daß die Regierung sich veranlaßt fand, allen polnischen Flüchtlingen die Reise durch die Hauptstadt streng zu untersagen. Da bei uns VermögensConfiscationen nur bei denjenigen Individuen gesetzlich stattfinden, welche das Land verlassen haben, um sich der Militärpflicht zu entziehen, eine Absicht, welche die preußisch-polnischen Freiwilligen durchaus nicht gehabt haben, so sind alle Juristen hier sehr gespannt, wie die Gerichte auf die vom Fiscus angetragene GüterConfiscation erkennen werden. Unter den Zurückgekommenen befindet sich auch ein Kammergerichts-Referendär, welcher das Landrecht und die Gerichtsordnung verlassen hat, um für die heilige Sache der Polen zu fechten. Der junge Mann ist aus Posen gebürtig, heißt Bronowsky, ist als Gemeiner in die posensche Escadron eingetreten, hat mit dem tapfern Dembinsky den Zug nach Lithauen gemacht, und ist mit zwei Orden geziert als Rittmeister zurückgekehrt. Der Herr Kammergerichtspräsident v. Grollmann, sonst ein sehr guter Jurist, machte ihm bei der Meldung wegen seines Betragens Vorwürfe, und behauptete dreist, Preußen sey dergestalt mit Rußland verbündet, daß der junge Held auch gegen den König von Preußen, seinen Herrn, den Eid gebrochen habe. Man sieht, daß der Herr Präsident sich auf ein Feld gewagt hat, wo die genaue Kenntniß der Gerichtsordnung und des Landrechts nicht mehr hinreicht. Er wird daher wohl auch erlauben, daß die deutschen Publicisten an der Richtigkeit seiner Ansicht zweifeln. Die Berichte aus Warschau sind höchst traurig und niederschlagend, und Reisende, die vor einigen Tagen angekommen sind, erzählen öffendich, daß in der Nacht viele angesehene Leute verschwinden, ohne daß man wüßte wohin. — In einem streng monarchischen Staat wie Preußen gewinnt jede Cabinetsveränderung eine doppelte Bedeutung, und unter diesem Gesichtspunkte ist es besonders merkwürdig, daß der geheime Cabinetsrath Albrecht mit dem neuen Jahre seine bisherige Stellung verlassen wird. Daß er ein streng rechtlicher Mann ist, unterliegt keinem Bedenken, ob er aber diejenige Charakterfestigkeit und Thätigkeit entwickelt hat, die ein so wichtiger Posten erfordert, muß der Geschichte zur Beurtheilung überlassen bleiben. Als Nachfolger wurde der junge geheime Regierungsrath Tchoppe, ein Mann von geringen Fähigkeiten und kaum 35 Jahre alt, vom Fürsten Wittgenstein vorgeschlagen, vom Könige aber entschieden zurückgewiesen. Unter den Candidaten nennt man auch den geheimen Kriegsrath Müller, einen sehr thätigen Geschäftsmann, den Präsidenten v. Gerlach, einen sehr rechtschaffenen Mann, obgleich der aristokratischen Partei angehörend, den Präsidenten Bötticher, welcher an Thätigkeit und gründlicher Kenntniß der preußischen Gesetzgebung alle beide weit übertrifft.
Die so wichtige Stelle eines Justizministers ist noch immer nicht besetzt, und wird es auch sobald nicht werden. Herr v. Kamptz hat noch immer die öffentliche Meinung, die der König sehr achtet, gegen sich; jedoch Mittel genug, um jede andere Wahl aufzuhalten, was sein einjähriges Vikariat hinreichend beweiset. Die allgemeine Stimme designirt dazu den geheimen Legationsrath Eichhorn, welcher die juristischen Arbeiten des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten mit vorzüglicher Gründlichkeit stets bearbeitet hat. Der frühere Polizeipräsident v. Esebeck, welcher, obwohl zu einer solchen Stellung total unfähig, viel guten Willen zeigte, hat sich bei dem Herannahen der Cholera mit einer Pension von 1800 Rlhlr. zur Ruhe begeben, und lebt in ländlicher Muße auf seinen Gütern. Sein Nachfolger, Herr v. Arnim, hat alle diejenigen trefflichen Eigenschaften, die nie einem hohen Beamten fehlen dürfen; Thätigkeit, gründliche Kenntnisse, Takt und Charakterfestigkeit kann ihm Niemand absprechen. Er wird allgemein geliebt, lebt aber mit dem Minister des Innern wegen des feierlichen Begräbnisses des Professors Hegel, wozu er die Erlaubniß gegeben hat, im Streit, ist jetzt auf seine Güter verreist, und droht, den Abschied zu nehmen, wenn ihm nicht freie Hand gelassen wird. Alle Maaßregeln nämlich des Medicinalpräsidenten Rust gegen die Cholera haben sich als verkehrt ausgewiesen, da die Contagiosität der Krankheit längst widerlegt ist. Man kann daher den wackern Polizeipräsidenten nicht tadeln, wenn er, um den Verkehr wieder zu beleben, und das frühere Zutrauen herzustellen, sich darüber hinwegsetzt. Eine schlechtere Stellung als die eines Polizeipräsidenten in Berlin gibt es nicht. Bald kommt das Militär, commandirt nach Herzenslust und nimmt von seinem Dasein gar keine Notiz; bald befiehlt ihm der Minister des Innern die Vollziehung von Befehlen, die er den Umständen gar nicht angemessen findet. Man kann von ihm mit dem lateinischen Dichter in Wahrheit sagen: incidit in Seyllam, qui vult vitare carybdin. Allein Herr v. Arnim ist kein Mann, um sich zu einer Beamten-Marionette gebrauchen zu lassen, und wir werden bald hören, daß er entweder den Abschied oder eine würdige Stellung erhalten hat. **Hamburg im Dez. 1831. Wenn die edlen und männlichen Bestrebungen der Hessen, Baiern und Badenser für das Palladium des freien Wortes, »die Preßfreiheit,« uns erfreuen und doppelt erfreuen, insofern der endliche Sieg nicht lange mehr ausbleiben kann, da die Regierungen selbst das Prinzip anerkennen müssen und nur aus äussern Umständen den Grund zur Verweigerung herleiten; so muß es uns freien Reichstädtern um so drückender erscheinen, daß nicht blos unser Senat die Preßknechtschaft bezweckt, sondern daß auch eine frömmelnde Partei unter den Schriftstellern dieselbe fördern hilft, ja eigentlich herbeiruft. Die Briefe Börnes aus Paris, die allerdings den Hauptfehler haben, daß sie vor der Einnahme Warschaus geschrieben, nach derselben gedruckt und verbreitet sind, haben unsern wohlweisen Senat bestimmt, den ganzen Vorrath derselben zu confisciren, eine Strafe von 300 Thlr. auf den Verkauf jedes Exemplars zu setzen, und endlich eine criminelle Untersuchung gegen den Verleger anhängig zu machen. Wundert Sie dieses? Ach Sie kennen nicht unsere Regenten, die nie glücklicher sind, als wenn sie den fremden Gesandten ihre Unterthänigkeit durch Confiasctionen, Proscrip-
7 tionen und Censurzwang beweisen können. Anstatt des Einen Censors haben wir deren gar viele, denn keine irgend erhebliche Nachricht darf bekannt gemacht werden, ohne zuvor von dem betreffenden Gesandten censirt zu sein. Dafür werden denn aber auch die Senatoren, ja sogar die Zeitungs-Redactoren, welche hübsch artig sind, ab und zu, zur Tafel gezogen, und die großen Staaten sähen es gerne, daß ganz Deutschland aus freien Städten bestände. Welcher Triumph für uns Hamburger! Die Confiscation der Böme'schen Briefe dürfte daher gar nicht ausfallen, wenn sie nicht von so sonderbaren Umständen begleitet wäre, daß sie als das erste Resultat einer neuen Preßverschwörung erschiene, einer Verschwörung, die indessen den geständigen Theilnehmer nur goldene Fesseln anlegen dürfte. Die Sache erlangt hiedurch eine allgemeine deutsche Wichtigkeit und verdient die ernsteste Rüge. — Es sind nämlich diesmal nicht, wie gebräuchlich, die Gesandten Oestreichs, Preußens oder Rußlands gewesen, welche das Anzeigeamt übernommen, nein, man hat das Ding so fein angefangen, daß man der Verfolgung eine Art populären Anstrichs zu geben gewußt. Höneren Orts veranlaßte man nämlich eine Anzahl hiesiger Frömmler auf das entsetzlichste über das gedachte Buch herzufallen, es als irreligiös und revolutionär zu verschreien, im Namen des Staats und der Kirche es zu verdammen. Dies geschah, und da die Censur der entgegengesetzten Ansicht jede freie Aeußerung untersagte, hoffte man der großen Menge Sand in die Augen zu streuen, und dem ununterrichtetenTheile des Publikums Glauben zu machen, man verfahre nur im Sinne der öffentlichen Meinung, wenn man bei der Entfernung des Verfassers gegen den Verleger wüthe. So blieben denn die Diplomaten ausser Spiel, wenn schon jeder vernünftige Mann weiß, daß Marionetten nur springen, wenn sie gezogen werden. Das Antifreiheitssystem feierte also den Triumph, im Namen und Auftrage der Schriftsteller gegen ein Buch zu agiren. Da nun jene Recensionen literarischer Würmer actenmäßig der Untersuchung zum Grunde gelegt werden sollten, so ist es wichtig, daß deutsche Blätter von Gewicht über diese Sache sich aussprechen und diese machiavellistische Intrigue der Frömmelei und Diplomaten zu Schanden machen. Welcher Triumph wenn es hieße: »In einer freien Reichsstadt, die durchaus unpartheiisch, weil ihrer im fraglichen Buche gar nicht gedacht ist, wurde das erste strenge Exempel gegen die Preßfrechheit statuirt, nicht auf Verlangen der Mächte, sondern, auf das Verlangen des empörten deutschen Publikums, durch dessen Organe die Schriftsteller.« Wäre dies nicht der Plan, woher käme es denn, daß Preußen und der durchlauchtige deutsche Bund, die doch sonst so schnell mit dem Veto bei der Hand sind, sogar nichts gegen dieses Werk gethan haben, so daß es bis dato in Frankfurt und Berlin frei erkauft wird, obgleich es hier sogar am 1 sten dort am 3ten November ausgegeben wurde. Der bairische Staat muß noch nicht im Geheimniß sein, denn dem Vernehmen nach sind jene Briefe bei Ihnen verboten. Es mögen sich daher alle deutschen politischen Schriftsteller hüten, daß sie nicht aus Haß gegen den Verfasser einer Schrift oder aus Mißbilligung einzelner in seinem Buche widerlegter Ansichten, das Anathem gleich fällen und Feuer! Feuer! schreien. Das eben will man, die Freiheit ist nie mehr gefährdet, als wenn man sie im Namen der Freiheit angreift. Alle Privatgefiihle müssen jetzt schweigen, alle Schriftsteller sind solidarisch ver-
8 pflichtet, und die Sancta simplicitas verdient dermalen nicht Mitleid, sondern ernste Rüge, welche im frommen Wahne, Holz hinzuschleppt zum Scheiterhaufen der Preßfreiheit. Noch eine Bemerkung muß ich machen zum Schlüsse: Unter den alten erprobten Freunden der Freiheit, zumal den Professoren, sind manche ein wenig reizbar; man vermeide es, die Schwächen derselben unsanft zu berühren und sie dadurch von der enggeschlossenen Phalanx zu trennen, die zur Vertheidigung des Rechtes sich bildet und zur Eroberung sich anschicken muß. t Vom Neckar. Die deutsche allgem. Zeitung hat schon vor mehreren Wochen in einem kurzen Aufsatze den Satz aufgestellt, daß, weil die Vollmachten der letzten würtemb. Ständeversammlung mit dem 14. Januar 1832 erlöschen, auch die Vollmachten des von ihr gewählten Ausschusses mit diesem Tage erlöschen müssen. Da nun die Verfassung Permanenz der Repräsentation festsetzt, so folgt daraus, daß die Regierung verpflichtet ist, auf den 15. Januar 1832 die neuen Kammern einzuberufen, wenn auch nur, um durch die Wahl eines neuen Ausschusses die durch die Verfassung gebotene Permanenz der Repräsentation zu vollziehen. Mit Recht wunderte man sich, daß die zur Widerlegung der Opposition reorganisirte (v. Cottasche) Stuttgarter Zeitung von diesem Aufsatze der deutschen allgem. Zeitung gar keine Notiz nahm. Was soll denn jene Stuttgarter Zeitung der Regierung nützen, wenn sie ruhige, gründliche Aufsätze der Oppositions-Journale nicht zu bestreiten unternimmt, wie dies nun schon mehrmalen der Fall war, oder nur mit Redensarten über solche Aufsätze loszieht und plump schimpft oder gemein spaßt, ohne sich auf Gründe einzulassen? Aus dem Stillschweigen der Stuttgarter Zeitung folgert man nun allgemein, daß die Regierung die Richtigkeit des Satzes anerkennt: »die Stände müssen am 15. Januar 1832 einberufen werden.« Ein kürzlich in der (v. Cotta'schen) Augsb. Allgem. Zeitung erschienener Artikel »vom Neckar«, dessen halboffizielle Entstehung sich nicht verkennen läßt, deutet gleichfalls an, daß die Regierung jenen Satz zugeben muß. Warum aber dann noch nirgends Vorbereitungen zu der durch die Verfassung gebotenen nahen Einberufung der Stände? Wir glauben zwar gerne, daß die gegenwärtigen Mitglieder des engern ständischen Ausschusses vielleicht nicht abgeneigt sind, ihr ruhiges und einträgliches Amt ohne Weiteres fortzusetzen. Würde sich aber über ihr Recht dazu auch vielleicht noch streiten lassen, im Falle sie sämmtlich neuerdings gewählt würden, so ist doch klar, daß diejenigen Mitglieder dieses Ausschusses, welche nicht wieder gewählt werden, also vom 15. Januar 1832 an nicht mehr Repräsentanten sind, auch von diesem Tage an nicht mehr Mitglieder des ständischen Ausschusses sein können, sondern austreten müssen. Die nächste Kammer wird den engeren Ausschuß der vorigen Legislatur wohl über Manches zu Rede stellen, was derselbe gethan und unterlassen hat. Schwerlich wird die Verantwortung des Ausschusses durch neuen Eintritt in denselben mit zu übernehmen, irgend Jemand Lust haben. Mit allgemeiner Spannung sieht man der Lösung dieser interessanten constitutionellen Frage entgegen, die zugleich erklärt, warum die Regierungspartei Alles aufbot, das Ausschußmitglied, Gmelin d. Aelt., in die Kammer zu bringen, und weßhalb für des Ausschußmitglieds Feuerlein Wahl mit solcher Anstrengung gearbeitet wird. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Ueber die politische Lage Deutschlands. Wenn die politische Selbstständigkeit eines Reichs als das dringendste Bedürfniß sich darstellt und die Grundlage der gesammten Staatswohlfahrt bildet, so müssen wir vorzüglich in dieser Hinsicht den Zustand unseres deutschen Vaterlandes fiir höchst bedauernswerth erachten. Ein Blick auf die Verfassung des Landes und die Geschichte der neueren und älteren Zeit zeigt uns, daß in der Reichsverfassung fiir die Selbstständigkeit Deutschlands keine Garantie gegeben, sondern daß dieselbe nur durch die Eifersucht großer concentrirter Staaten aufrecht erhalten werden konnte. Frankreich hatte seit dem König Franz, noch mehr seit Heinrich dem Vierten, mit geringen Pausen die Rolle übernommen, das deutsche Reich gegen das Uebergewicht Oesterreichs zu schützen; sein Interesse war es, hier die Ohnmacht zu verewigen, und diese war so tief, daß selbst Schweden mit einer Armee von 20,000 Mann einige Zeit das Protectorat fuhren konnte. Was Gustav Adolph gethan hat, ist des unsterblichen Ruhmes werth, aber die Geschichte hat auch den Schimpf für Deutschland nicht vergessen, daß es seiner bedurfte und daß er - erschien. Friedrich II. von Preußen trat ein Jahrhundert später an diese Stelle, und sein letztes politisches System rettete Baiern. Frankreich, von seinem Bundesgenossen, Oesterreich selbst, aus seiner alten Position gedrängt, spielte kaum noch etwas mehr als den müssigen Beobachter und Deutschland hing ziemlich sicher zwischen der Eifersucht von Oestreich und Preußen, die nicht dem Wesen, sondern nur dem Namen nach zu Deutschland gehörten. Anders wurde die Lage des deutschen Reichs nach dem Ausbruch der französischen Revolution. Gleiche Gefahr und gleiche Grundsätze söhnten die lange Opposition zwischen Brandenburg und Habsburg-Lotharingen aus, und Napoleon bemerkte bald, daß bei der Verbindung dieser Mächte Deutschland eben so wohl aller Bürgschaften fur sein Fortbestehen entbehrte, wie ihrer Polen bei dem Einverständniß zwischen Rußland, Preußen und Oestreich entbehrt hatte. Er eilte, den Rheinbund zu stiften; er führte aus, was Friedrich II. mit dem Fürstenbunde gemeint hatte, und hatte dringende Beweggründe dazu; denn da er außer Stand war, den politischen Fehler Frankreichs in Rücksicht auf Polen wieder gut zu machen; da dieses Reich, der natürliche Freund Frankreichs, vor Frankreichs Augen gefallen war; so rückte eben jenes Rußland, eine dritte Macht, mit allen Elementen einer fürchterlichen Entwickelung nach dem Mittelpunkte Europas herein, und machte die Lage Deutschlands noch bedenklicher. Hätte sich England nicht dazwischen gedrängt, so würden sich Frankreich und Rußland in gleichem Interesse getroffen haben, und einige Zeit hatte es den Anschein. Aber mit dem Sturze Napoleons erhielt die ösdiche Hälfte Europas auf einmal ein furchtbares Uebergewicht, und Oesterreich, Rußland und Preußen waren es, welche die Politik des Continents regierten. Frankreichs Rolle schien auf lange Zeit gestrichen, und was Deutschland ohne
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Gegengewicht jener Mächte erwarten konnte, bewies die Theilung Sachsens. Ehe Frankreich sich seit dem Juli 1830 wieder an die Spitze der politischen Geisterbewegung stellte, hatte sich indeß die südliche Hälfte der deutschen Bundesstaaten weit selbstständiger entwickelt, als die nördliche. Baiern, Würtemberg, Baden sind eines achtungswerthen Widerstandes fähig, und mit constitutionellen Verfassungen, denen der Mensch sein heiliges Gut der Freiheit anvertraut hat, ist die Liebe zum Vaterland etwas weit Edleres geworden, als ein bloßes Heimweh. Der südliche Theil Deutschlands, der früher nicht in dem Ruf eines Uebergewichts der Intelligenz stand, hat also in der politischen Bildung den nördlichen überflügelt. Preußen streckt hier seinen Arm mitten durch bis an die Gränzen Frankreichs, und übt im constitutionellen Deutschland einen weit sichtbareren Einfluß aus, als Oesterreich. Dieser bedeutungsvolle Einfluß ist der Regeneration Deutschlands, im Sinne der neuen Zeit und des volksthümlichen Prinzips, höchst nachtheilig. Denn so gerne auch das Berliner Cabinet liberal scheinen und sogar als Pfleger der Volkscultur angesehen werden möchte, so ist dasselbe der Entwicklung verfassungsmäßiger Freiheit dennoch entschieden entgegen. Die politische Censur ist in den preußischen Staaten argwöhnischer und despotischer, als in jedem andern Lande deutscher Zunge, kaum Oesterreich ausgenommen, und ist es immer gewesen. Denn was man auch von der Freiheit der Meinungen unter Friedrich II. sagen mag, sie galt nur in der Sphäre der Philosophie, Theologie und den literarischen Debatten; von der politischen war keine Rede; es lag auch gar nicht in dem Charakter jenes Fürsten, sie zu dulden. Es ist ein allgemeiner Irrthum, unter seinem Scepter an ihr Dasein zu glauben. „La Prusse sous Frederic le Grand ηetait regie, que par la puissance militaire selon la volonte du roi: telle etait sa constitution. Ce serait une erreur de croire, comme ou l'a avance, que le gouvernement de Frederic etait tempere par la liberte de la presse: la liberte de la presse politique n'a jamais existe en Prusse." Diese Worte, welche wir anfuhren, wenn man uns nach deutscher Weise weniger glauben sollte, als einem Citat, hat ein ergrauter Staatsmann (Memoires tires des papiers d'un homme d'etat. - Paris 1828 I. p. 37.) geschrieben, und wer er gewesen, wissen die Kundigen wohl. Der preußische Staat, groß genug, um gefürchtet zu werden, zu klein, um nicht selbst zu fürchten, muß seinem System wie seiner Lage nach eine Herrschaft auf die nördliche Hälfte Deutschlands ausüben. Hannover ist an einen größeren gebunden, der in Bezug auf seine auswärtigen Besitzungen nichts weniger als Freiheit gewährt; in Deutschland folgt er dem System, das eben unter den größern Mächten gilt. Man erwarte die Verfassung, die Hannover erhält, und man wird diese Bemerkung bestätiget finden. Sachsen (das Königreich) ist endlich auch aus dem Schlaf gerüttelt worden, aber in der Enge zwischen großen Nachbarn gleicht es
11 einem Menschen, der sich ängstlich umsieht, ob seinem freiem Athemzug Jemand bemerke. Die Auswanderung, welche die Presse, mit ihr der Buchhandel, aus Sachsen vornehmen wird, mag von der Unabhängigkeit dieses Landes zeugen. Die Hessen allein trauen sich zu, ihren selbstständigen Weg zu gehen, aber man bemerke nur, wie schwer es ihnen wird, und mit welcher Opposition sie es zu thun haben. Gleichwohl ist das Streben nach verfassungsmäßiger Freiheit in Deutschlands nördlichen Stämmen nicht weniger lebhaft, als in den südlichen; die wissenschaftliche Cultur hat einen hohen Schwung erreicht und regelt die Wünsche. Man beachte nun wohl, was seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts die Cabinette zusammengeführt und geschieden, was sie seit dem Juli 1830 zusammenfuhrt und scheidet. Nicht mehr Berechnungen des politischen Bedürfnisses, kaum noch des Gleichgewichtssystems sind es, sondern Meinungen, Regierungsformen, Verfassungsinteressen. Während Preußen, Rußland und Oestreich mit ihrer zahlreichen Begleitung wieder Frankreich gegenüber traten, folgten die meisten kleinern Lande Deutschlands in ihrer innern Entwicklung, hier still, dort geräuschvoll dem neuen Aufschwünge Frankreichs und waren mit ihren Interessen nothwendig auch an den Chorführer gewiesen. Ihm vertrauten sie stillschweigend den Schutz ihrer Hoffnungen an, weil sie mit ihm die Richtung nach dem festen Zustande socialer Freiheit theilten. Selbst ihre Fürsten wurden durch starke Gründe der Staatskunst eingeladen, sich auf Frankreich zu stützen; aber auf der andern Seite wurden dieselben zum Theil durch persönliche Neigungen, zum Theil durch schmerzliche Erinnerungen, und zum Theil endlich durch Furcht vor den Früchten einer freien Verfassung von Frankreich abgewendet. Dieser Zwiespalt zwischen den Meinungen der Fürsten und der Völker ist nicht geeignet, die Kraft Deutschlands zu verstärken. Wem sind im Jahr 1830 die auffallenden Schwankungen in der Politik der kleinern Höfe, ihr Temporisationssystem entgangen, und wenn, was möglich war, die Stunde der Entscheidung gekommen wäre, was hätte Deutschland erwartet? Es hätte, wovon auch im Ernst die Rede war, zur Neutralität gegriffen, d. h. zu derjenigen Maßregel, die, wie die Geschichte aller Jahrhunderte beweist, in den meisten Fällen ihren eigenen Schöpfer verschlingt. In dieser Lage kam den zahlreichen Souveränen Deutschlands die Erhebung Polens zu Hülfe. Sie zerschnitt den furchtbaren Zusammenhang zwischen Rußland, Oesterreich und Preußen und theilte deren Kraft. Dem neuen Jahrhundert war eine Brücke von den Pyrenäen bis über die Weichsel hinaus gebaut und, verbunden mit dem Abtritt des Ministeriums Wellington, eine Bürgschaft gesichert. Gleichviel, welche Meinung von dieser Begebenheit in den Cabinetten der kleinern Staaten Deutschlands je nach den persönlichen Verhältnissen oder Grundsätzen ihrer Souveräne herrschen mochte, allen diente Polen, wenn sie sonst weiter rechneten als auf die Dauer eines Menschenlebens. In der Mitte zwischen Frankreich und Polen, die gleich starkes Interesse an der Erhaltung Deutschlands hatten, konnte dieser Staatenbund ohne Revolutionen seine innere Entwickelung zeitigen und selbstständiger den Tribut auf den Altar einer geregelten Freiheit niederlegen. Die sogenannte Nothwendigkeit, welche ohnmächtige Staaten verschlingt und einst Polen vernichtet hatte, wäre an Deutschland vorübergegan-
12 gen, und in dem Antheil unserer Welt an der prächtigen Morgendämmerung an der Weichsel lag noch eine andere Bedeutung, als die Begeisterung über den Heldenmuth einer Nation. Diese Brücke ist abgetragen, der Genius Deutschlands weint. Die Lücke zwischen den nordischen Kolossen ist wieder zugefallen und Rußland drückt wieder auf die Schwungfedern in dem Westen hinaus. »Es ist meinem Interesse nicht angemessen, daß an der alten Verfassung etwas geändert werde«, rief einst Katharina II. aus, als die Polen am 3. Mai 1791 aus einer langen Anarchie zu einer bessern Verfassung, dem Bürgen einer edlern Freiheit, sich aufrichteten, und legte das Schwert gegen die Türken nieder, um das Elend Polens und seine Abhängigkeit von ihr wieder herzustellen. Wo besitzen die kleinen Staaten Deutschlands einen Schutz, wenn einst — und wer mißt die Weltgeschichte nach Augenblicken? - eine ähnliche Erklärung an sie ergehen sollte? Werden es Preußen und Oesterreich gleichgiltig ansehen, wenn sich an ihren Grenzen und um sie die Freiheit der Verfassungen, der Meinungen, der Presse aufstellt? Man beobachte nur und die Antwort wird gegeben werden. Welche Bürgschaften besitzt nun Deutschland? — Seinen Bund? Eben die Mächte, von denen es früher oder später zu furchten haben wird, dirigiren ihn. Die Verträge? »Verträge«, erklärte einst Joseph II. durch den Mund des Fürsten Kaunitz einem holländischen Gesandten, »Vertäge sind nichts mehr, wenn die Umstände sich ändern, unter denen sie geschlossen worden sind.« Die Tugend der großen Monarchen? Aber wer meint sie? Und dann - das Ungeheuer der Politik, der Convenienz, jener sogenannten Nothwendigkeit, ist selbst von der Tugend eines und des andern Souveräns nicht bezwungen worden. Maria Theresia war die rechtschaffenste Fran ihres Zeitalters und — sie theilte Polen mit. Franz II. und Friedrich Wilhelm III. sind verehrungswürdige Fürsten, und - die Säcularisation, die Theilung Sachsens sind geschehen. Der Staat ist auf Sand gebaut, der sich nicht auf sich selbst verlassen kann, und das können die vielen kleinen Regierungen Deutschlands nur dann, wenn sie, unverbrüchlich einig unter sich, zugleich mit ihrem Volk einig sind, wenn sie ihm gewähren, was ihm die Scholle Erde, die es bewohnt, zum unantastbaren Heiligthum macht: die uralte germanische Freiheit durch eigen Gesetz und Herkommen. Diesen Wunsch bringen wir dem Vaterland zum neuen Jahr!
Die Presse des Volkes. Die freie Presse ist die Schutzwehr der Völker gegen die Tyrannei der Machthaber; sie ist der Zauberstab, welcher die Menschenbrust mit heiligem Feuer erfüllt, für alles Edle, Große und Schöne Begeisterung erweckt und für die erhabensten Zwecke der Menschen, Bürger und Völker Thatkraft entzündet. Sobald ein Volk zur Mündigkeit emporgewachsen ist und auf der Stufenleiter der Civilisation die höhern Sprossen erstiegen hat, ist ihm die freie Presse Bedürfniß. Sie muß ihm, soll das Volk edel sein, zum Bedürfniß werden, nicht minder dringend, als das Brod. Das Volk, welches sein Glück und seinen Ruhm nur im physischen Wohlsein sucht, das Volk, das sich gerne und willig den
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13 Mund verschließen läßt, wenn es nur gut genährt und gekleidet wird, ein solches Volk ist ein unwürdiges Volk. Höher als alles physisches Glück steht die Freiheit des Geistes. Je mehr daher eine Nation nach diesem höchsten Gute des Menschen ringt, je muthiger und ausdauernder sie sich beweist in der Ueberwindung der Hindernisse, die das böse Gewissen und das Gefühl der Nullität absolutistischer Machthaber den freien Gebrauch des Geistes entgegensetzen, desto größern Anspruch hat sie auf die Achtung aller civilisirten Völker. Blicken wir unter diesem Gesichtspunkte auf die neueste Geschichte Deutschlands, so dürfen wir den Gefühlen des Stolzes und der Freude weiten Raum gewähren: denn wir sehen einen heißen Kampf, welcher dem höchsten Gute des Menschen, der Freiheit der Meinungen, gilt und von dem Volke mit unsäglicher Anstrengung gegen die Uebermacht der Gewalt gefuhrt wird. — Als die deutschen Fürsten, in Folge ihrer Frevel gegen die Einheit und politische Selbstständigkeit des deutschen Reiches, von einem fremden Eroberer niedergeworfen worden waren, da bedienten sie sich des Zaubers der Presse, um die Vaterlandsliebe der Deutschen zu entflammen und die deutsche Kraft zu wecken zur Vertreibung des fremden Despoten. Die Presse erfüllte ihre Pflicht mit vollständiger Wirkung: Deutschlands Söhne erhoben sich, gaben ihren Fürsten Freiheit, Ehre und Macht wieder und erhielten dafür - Censur, Mauthen und Cabinets-Willkür. Wahrlich es ist eine große Selbstbeherrschung nothwendig, um bei der Erinnerung an diesen Lohn der deutschen Treue die Flammen glühenden Unwillens zurückzuhalten. Fünfzehn Jahre lang ließen die deutschen Regierungen durch ihre Schergen den Geist peinigen; fünfzehn Jahre lang lastete nach den Tagen des Ruhmes solche Schmach auf dem deutschen Namen; bis das Volk endlich seine Stimme laut werden ließ und das Urrecht der Menschen von den feindseligen Machthabern kühn zurückforderte. In allen deutschen Kammern wurde mit Nachdruck verlangt, man möge aufhören, die Deutschen durch die schimpfliche Censur zu entehren; überall fand die Sache des Lichts bei dem Volke Anklang. Die Regierungen widersetzten sich zwar der Emancipation des Geistes, weil über freie Männer nur kräftige Geister, niemals aber beschränkte Kinder regieren können: allein das Volk ermuthigte seine lichtvollen Deputirten durch Adressen und Ehrenbezeigungen zur muthigen Ausdauer. Das Volk ging aber noch weiter und baute sich selbst eine Presse, die unter dem Schutze der Gerichte die Rechte der Nation gegen Willkür und Gewaltthat vertheidigen soll. Des Volkes Presse ist es, die diese Blätter liefert. Hätten die deutschen Fürsten einen Sinn für Vaterlandsliebe, wären sie der Gefühle des Nationalstolzes fähig, so müßten sie sich sagen: »Ja dieses Volk verdient das Gut, nach dem es so inbrünstig verlangt — man kann es ihm unmöglich länger vorenthalten.« Wahrlich, die deutschen Fürsten sind nicht zu beneiden, daß ihre Seelen einer solchen Erhebung nicht fähig sind. Der Fürst, welcher die schimpfliche Censur fur das Element seines politischen Lebens erklären muß, der Regent, welcher ohne Unterdrückung der Gedanken zum Regieren unfähig ist - der ist wahrlich ein bedauernswerther Mann; beneide ihn keiner um seine Krone — sie ist um einen Preis erkauft, der jedem Manne von
Charakter zu hoch sein würde. — Des Volkes Presse ist es, die den Fürsten dieses sagen kann. Das Volk baute die Presse, weil es im deutschen Reiche noch ein Fleckchen giebt, wo nicht Willkür, sondern Gesetz regiert, es baute die Presse, weil in diesem lichten Theile Deutschlands das Gesetz nicht von der klagenden Parthei, sondern dem unbetheiligten Richter angewendet wird. Woher kommt es aber, daß das Land, wo des Volkes Presse steht, gesetzlichen Schutz der Person und des Eigenthumes genießt? - Weil es eine Zeitlang von Deutschland losgerissen war. Werden die Wangen der deutschen Fürsten nicht roth? Also dahin ist es mit den Deutschen gekommen, daß die Freiheit, welche der Gedanke in Deutschland noch genießet, daß der Schutz, welcher der Person des Staatsbürgers gegen die PolizeiWillkür noch gegeben ist, daß, sagen wir, die einzige noch bestehende Garantie für die Rechte der Staatsbürger aus dem Lande kommen muß, gegen welches die deutsche Kraft zur Erkämpfung der Freiheit sich erhoben hat. Solche Resultate werden also erzielt, wenn das Volk Gut und Blut opfert, um seine Fürsten von einer fremden Herrschaft zu befreien? Wahrlich, das deutsche Gemüth bedurfte eines Trostes, um nicht in seiner Vaterlandsliebe zu erkalten. Wohl uns, daß der Trost von dem Volke kommt, wohl uns, daß das Volk es ist, das durch seinen neuerlichen Geistes-Aufschwung den gesunkenen Muth der deutschen Vaterlandsfreunde wieder gehoben und den Nationalstolz neu belebt hat. Wollen wir daher muthig ausharren und das große Ziel mit Kraft und Eifer verfolgen. Es muß und wird in Deutschland lichter werden. Deutsche Correspondenz. Von der Donau. Die Adressen der guten Städte und Gemeinden in Baiern, welche von den öffentlichen Blättern auch nach Oestreich gebracht wurden, wollte man lange nicht als ächt anerkennen. Ruhige Beobachter waren nämlich immer der Meinung, das vorzüglichste Hinderniß der Kraftentwickelung Baierns sei dessen Zusammensetzung aus Landestheilen, die in Ansehung der Geistescultur zu heterogen seien, um ein compactes Ganze bilden zu können. Man hielt es fur eine schwierige Aufgabe der Staatskunst, die verschiedenen gegenseitig sich abstoßenden Elemente zu amalgamiren, und glaubte daher, die Politik des baierischen Gouvernements ginge vorzüglich dahin, jenerschweren Aufgabe nach Kräften zu genügen. Unter solchen Umständen, Schloß man weiter, müsse die Regierung hauptsächlich die gegenseitige Abneigung der älteren und neueren Provinzen zu verwischen suchen und sich sorgfältig hüten, durch Auszeichnung irgend einer Provinz, Stadt oder Gemeinde die Kluft zwischen Alt- und Neubaiern wieder aufzureißen und noch weiter zu machen. Welcher einsichtsvolle Mann konnte daher bei diesen Verhältnissen an die Authenticität der bemerkten Adressen glauben? Wenn auch die Behörde einer Stadt so unbesonnen gewesen wäre, zu einem solchen, den wahren Interessen der Regierung zuwiderlaufenden, Schritte sich verleiten zu lassen, so mußte man doch zuversichtlich erwarten, daß das Gouvernement seine Mißbilligung sogleich nachdrücklich ausgesprochen und dadurch der Nachahmung des bösen Beispiels vorgebeugt haben würde. Daß aber Adressen
15 wodurch ein Theil des Volkes von dem andern sich trennen will, von der Regierung des nämlichen Volkes nicht mit Mißbilligung zurückgewiesen, sondern wohlgefällig aufgenommen werden würden - dieß, sage ich, wollte man selbst in Oesterreich nicht glauben. Es gab eine Zeit, wo unser Fürst Staatskanzler das kräftig aufstrebende Baiern mit der höchsten Eifersucht betrachtete und öfters äußerte: »an Baiern wächst uns ein zweites Preußen heran; es wird wie Preußen unter Friedrich II. durch moralische Kraft ersetzen, was ihm in Vergleichung mit Oesterreich an extensiver Größe abgeht.« Die Besorgnisse des schlauen Staatsmannes waren wohl kaum ohne Grund. Wer erinnert sich nicht der Verehrung, welche der baierische Staat zu einer Zeit genoß, wo man dessen Regierung noch für liberal und aufgeklärt hielt? Dortmals verhielt sich die Kraft-Entwickelung der österreichischen so wie der preußischen Staaten zu dem baierischen im umgekehrten Verhältnisse. Während erstere Reiche durch den unklugen Widerstand gegen den Geist der Zeit von Jahr zu Jahr an innerer Kraft verloren, blühte Baiern immer schöner auf, und war auf dem Punkte, daß die Begeisterung des Volkes für die Verfassung den Unterschied der Provinzen verwischen und Eine Nationalität, im wahren Sinne des Wortes, hervorbringen würde. Da die aufrichtige Handhabung der Verfassung nicht blos diesen großen Zweck befördert, sondern dem Münchner Hofe zugleich in der öffentlichen Meinung von ganz Deutschland eine mächtige Stütze gewonnen haben würde, so besaß Baiern allerdings die Mittel, dem österreichischen Staate gefährlich zu werden. Alles dieß ist nun freilich vorüber, weil die baierische Regierung das verlorne Vertrauen niemals mehr erwerben kann und durch den wieder hervorgerufenen Unterschied zwischen Alt- und Neubaiern ihre Kraft auf lange Zeit gelähmt hat. Fürst Metternich wird daher den guten Städten München, Amberg, Ingoldstadt, Wasserburg, so wie den erleuchteten Bauern von Gauting heimlich den wärmsten Dank wissen. Dem Gerüchte, daß Hormayr der Verfasser der Wasserburger Adresse sey, wollte man bei uns wenig Glauben beimessen. Denn dieß würde, wenn auch wider Willen, eine Gefälligkeit gegen den Fürsten Metternich gewesen sein. Hormayr ist aber zu sehr der Feind des Fürsten, als daß er demselben auch nur indirect eine Gefälligkeit erweisen würde. Mehr Glauben fand das Gerücht, daß Graf v. Seinsheim, der standhafte Verfechter des göttlichen Rechtes, den Impuls zu den Adressen gegeben habe. Denn man kennt nicht blos den guten Willen und die innige Anhänglichkeit des lojalen Grafen an den Hof, sondern auch seine Begriffe von Staats- und Regierungskunst, die es erklärlich machen, wie man bei dem besten Willen zu den Adressen gerathen und solche befördert haben konnte. Braunschweig, im December 1831. Die jüngsten Beschlüsse des Bundestags gegen die Presse haben auch hier, so wie in Norddeutschland überhaupt, große Bestürtzung erregt. Was aber besonders schmerzlich fiel, war die hastige Bereitwilligkeit, mit welcher die einzelnen Regierungen zur Vollstreckung jener unseligen Beschlüsse sich anschickten. Man fragt nun, wie ein Fortgehen in der Bildung des öffentlichen Lebens möglich sey, wenn es einem kleinen Häuflein aristocratischer Diplomaten in Frankfurt frei stehe, ohne Beziehung von Organen des Volkes, über unsere theuersten In-
16 teressen abzusprechen und grillenhaft oder despotisch in einem Augenblicke das zu zerstören, was das Volk mit unsäglichen Opfern mühsam aufgebaut hat? Man wundert und betrübt sich, daß in der ganzen Versammlung der Frankfurter Absolutisten auch nicht ein einziger deutscher Mann sich gefunden hat, der es mindestens versucht hätte, von dem gemeinsamen Vaterlande Beschlüsse abzuwenden, welche nicht nur dessen Interessen, sondern auch dessen Ehre compromittiren. Nur das einzige Gute führten die monströsen Frankfurter Beschlüsse mit sich, daß sie das Bedürfniß einer Reform der Bundesverhältnisse noch weit fühlbarer machten, als früher. Im Vertrauen gesagt, betrachtet man hier die letzten Verfügungen des Bundes nur als die Vorboten ernstlicherer Feindseligkeiten gegen das constitutionelle Prinzip. Auch dem kurzsinnigsten Manne kann nicht verborgen bleiben, daß selbst constitutionelle Regierungen in Deutschland dem Repräsentativsysteme in dem Augenblicke gram zu werden pflegen, wo das Volk, von den ihm zugesicherten Rechten wirklich Gebrauch zu machen, einmal Miene macht. Manches Gouvernement würde es vielleicht nicht ungerne sehen, so bei Gelegenheit von den lästigen Fesseln der Constitution befreit zu werden, wenn die Sache nur nicht zu viel Aufsehen erregen würde. Was kann also willkommner sein, als Beschlüsse des deutschen Bundes, wodurch die constitutionelle Verfassung der einzelnen Staaten unter irgend einem Vorwande aufgehoben werden? Ist es dann doch der Bund, auf welchen man noch die Schuld schieben kann. Unsere ständische Commission hat von den letzten liebenswürdigen Beschlüssen des Bundes bis jetzt noch keine Notiz genommen. Dagegen soll sie, wie man als gewiß versichert, über vollständige Oeffentlichkeit der ständischen Verhandlungen sowohl unter sich, als auch mit der Regierung einig geworden sein, und das wäre denn auch wieder ein kleiner Schritt vorwärts. Anzeige. Deutsche allgemeine Zeitung. (Früher S t u t t g a r t e r a l l g e m . Z e i t u n g . ) Auf das mit 1. Januar 1832 beginnende Jahr dieser Zeitung kann bei allen in- und ausländischen Postämtern abonnirt werden. Täglich erscheint ein ganzer Bogen, in Großquartformat auf weißes Papier mit neuen deutschen Typen gedruckt. — Der Plan bleibt unverändert. Von den Verhandlungen der nächsten Würtembergischen Ständeversammlung wird dieses Blatt regelmäßig schnelle und ausführliche Berichte geben, auch wichtige Gegenstände schon vor ihrer Berathung durch die Kammer in eigenen Aufsätzen zur öffentlichen Diskussion bringen. — Der Preis des Halbjahrs ist in Stuttgart sechs Gulden. Nur die bestellten Exemplare werden verschickt, und die bisherigen resp. Leser belieben deshalb ihr Abonnement zeitig zu erneuern, um jede Unterbrechung im Empfang des Blattes zu vermeiden. Ebenso bitten wir neu eintretende Leser bei Zeiten zu abonniren, damit die Stärke der Auflage bestimmt werden kann. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Dienstag.
Tribüne.
Ν— 3.
Deutschlands Gegenwart. Wer vor einigen Jahren den beobachtenden Blick auf Süddeutschland richtete, konnte wohl nicht umhin, mit freudigem Gefühle sich der Hoffnung einer nahen schönen Zukunft hinzugeben, welche die bis dahin noch schwachen Blüthen des constitutionellen Lebens entwickeln und die ersten segensreichen Früchte desselben zur Reife bringen würde. In den drei deutschen Staaten, welche während der politischen Stürme der beiden ersten Dezennien dieses Jahrhunderts fast immer unter einer Farbe vereinigt blieben und stets einerlei Interessen verfolgt hatten, waren die Grundlagen des constitutionellen Lebens gesetzlich sanctionirt, und um das Glück der Völker dauernd zu gründen, kam es einerseits nur darauf an, daß das Gute von den Regierungen wirklich gewollt, und was in den Charten versprochen war, in das Leben auch wirklich eingeführt würde, und auf der andern Seite, daß der süddeutsche Staatsbürger sich in den Formen des constitutionellen Lebens bewegen, den Werth und die Bedeutung der constitutionellen Freiheit erkennen, liebgewinnen und gebrauchen lernte. Wenn diese Verfassungen nicht sogleich im ersten Augenblicke überall die erwarteten Früchte trugen, wenn vielleicht manche Regierung mit der einen Hand zum Theile zurückzunehmen suchte, was die andere gegeben, wenn sie auf die Verfassungsurkunde in der Hand des Volkes, wie auf die verhängnißvolle Büchse in der Hand der Pandora, etwas besorgte Blicke richtete, so müssen wir jene Zeit dennoch mit milder Billigkeit beurtheilen. Waren doch die baierische und die badische Verfassungsurkunde aus der Hand geliebter Regenten hervorgegangen, deren Persönlichkeit allein schon dem Volke für eine Verfassung galt. Sie waren Geschenke jenes Max Joseph und jenes Karl Friedrich, deren gesegnetes Andenken, wie es jetzt noch in den Herzen ihrer Landeskinder fortlebt, Bürge dafür ist, daß diese Verfassungen nicht von der Furcht im drohenden Augenblicke erpreßt, sondern im landesväterlichen Streben, das Wohl der Völker dauernd zu gründen, gegeben worden waren. *) Auch die Völker wußten diesen Umstand wohl zu schätzen, und man muß gestehen, es lebt in dieser Rücksicht im Volke ein richtiger und ein feiner Tact. Nicht leicht vergißt ein deutsches Volk eine Wohlthat, die es von seinem Herrscher empfangen, wenigstens nicht so leicht, als mancher Fürst die Opfer, die seine Unterthanen fur ihn brachten, das Blut, das sie für ihn verspritzten - vergaß. Es ist dem Fürsten so leicht, sein Volk an sich zu fesseln, er zeige ihm nur ein Herz für
*) Man sieht aus dieser guten Meinung, wie gerne das Volk zum Wohlwollen gegen die Fürsten geneigt ist, und Freude daran findet, alle guten Regierungsacte dem Monarchen als Verdienste zuzurechnen. Die obige Stelle mochte daher stehen bleiben, wenn schon die Meinung des Herrn Verfassers historisch widerlegt ist. Baiern hat seine Constitution ohne Zweifel nur den zerrütteten Finanzen und dem Drange der Umstände überhaupt zu verdanken. A. d. R.
Homburg, den 3. Januar 1832.
seine Leiden — nur den Willen, ihm zu helfen, so ist das Volk gern geneigt, dem gebieterischen Drange der Umstände die Schuld zuzuschreiben, wenn nicht allen seinen Beschwerden Abhülfe wird: ja sogar Mißgriffe der Regierung wird es zu entschuldigen geneigt sein, so lange es ihm möglich bleibt, ihren Grund nicht in dem Charakter seines Fürsten, sondern allenfalls in einer vorübergehenden irrigen Ansicht der Regierung zu finden. So war Max Joseph geliebt, während man seine Regierung nichts weniger als fehlerfrei nennen konnte, und mit aufrichtigem Schmerze trauerte Baiern am Sarge seines Königs. Eine neue Regierung begann, und was Max Joseph gewollt, schien sofort in Wirklichkeit zu treten. Es gewann das Ansehen, die Regierung wolle die moralische Kraft ihres Volkes wecken und ihre eigene in dem Bündnisse mit der öffentlichen Meinung suchen. — Europa richtete mit gespannter Erwartung seine Blicke nach Baiern, wo vom Throne der Geist der Freiheit und der bürgerlichen Ordnung auszugehen schien. Man glaubte, große Pläne seien vorbereitet und Gerechtigkeit und Beharrlichkeit gepaart mit weiser Kraft, um Baiern einem glänzenden Ziele rasch und glücklich zuzuführen. Baiern schien ein Vorbild für das Staatsleben Deutschlands aufstellen zu wollen, und wo konnte dies die Geister mehr anregen als in Würtemberg und Baden, in welchen Staaten Aehnlichkeit der Verfassungen und der Interessen ähnliche Bedürfnisse und Anforderungen erzeugten, und die ihrer politischen Stellung gemäß beinahe genöthigt gewesen waren, Baierns Beispiel sich zum Muster zu nehmen! Würtemberg war in derselben Zeit, wie Baiern, gleichfalls nicht vorwärts in der Bahn des constitutionellen Lebens, Baden unläugbar rückwärts geschritten. Baierns Fortschritte im constitutionellen Leben hätten daher offenbar überall die größte moralische Wirkung hervorbringen müssen. Allein diese Erwartungen gingen nicht in Erfüllung. Mit Bedauern mußte man die Regierung Baierns allmählich in eine Bahn einlenken sehen, welche der zuerst betretenen geradezu entgegengesetzt ist. Unterdessen war auch in Baden eine Regierungsveränderung vorgegangen. Großherzog Leopold zeigte seinem Volke ein menschenfreundliches Herz, und bewies durch die That, daß er seines Volkes Wohl sich zum Ziele seines Strebens vorgesetzt. Er berief seine Landstände. Keine Ordonnanz wies einen der endlich einmal wieder frei gewählten Volksvertreter zurück. Er wollte die Stimme seines Volkes hören; die verstümmelte Verfassung ward wieder hergestellt, und schnell vertilgt waren die traurigen Spuren der früheren Rückschritte im constitutionellen Leben. Offenheit war zwischen der Regierung und den Kammern; ein schönes Band des Vertrauens umschlang Fürst und Volk. Da fiel Warschau ein Opfer der preußischen Politik, und mit ihm das Bollwerk der constitutionellen Freiheit Europas. Wir können nicht sagen, daß hierdurch die Offenheit zwischen Fürst und Volk gelitten, daß das gegenseitige Vertrauen aufge-
19 hört habe; aber daß, seit diesem Schlage die Kraft der süddeutschen Cabinette gelähmt erscheint, daß die Regierung, die ihres Volkes Wohl redlich will, sich nicht mehr getraut, es offen auszusprechen, daß sie es nicht mehr wagt, das zu thun, was das Beste ihres Volkes — ihr eigenes Heil erfordert — das muß man mit bitterem Schmerze bemerken. Eine giftige Natter - nach dem Herzen des süddeutschen Staatslebens züngelnd, schlingt die preußische Politik sich um unsere Cabinette. Längst schon sind ihr unsere repräsentativen Verfassungen ein Greul *); sie zu vernichten, gibt es ein doppeltes Mittel — erstlich den Fürsten vom Volke zu trennen und ihn zu isoliren, um ihn desto sicherer zu gängeln, und vielleicht endlich, wenn man es für zeitgemäß findet, desto leichter, wie eine Puppe bei Seite zu schaffen: und zweitens einen Theil der Nation selbst in das preußische Interesse zu verflechten. Das Erstere erreicht sich leicht dadurch, daß man die Fürsten zum Beitritt zu illiberalen Bundesbeschlüssen inducirt, und ihnen hierdurch auf die feinste Weise die Hände bindet, ihrem Volke das zu gewähren, was es in Folge seiner politischen Mündigkeit mit Recht begehrt. Nicht eingeweiht in die Geheimnisse der Cabinette, müssen wir dahin gestellt seyn lassen, in wie fern vielleicht sogar directe Drohungen angewendet werden, zu welchen gewiß der bekannte beklagenswerthe Sponheimische Successionund Surrogat-Streit mit seinem juristisch unsichern Fundamente und seinen schwankenden Garantien, einer dritten Macht die bequemste Gelegenheit gibt - leider zu einer Zeit, wo die Verhältnisse dringender als je die erlauchten streitenden Fürstenhäuser zu einer festen Vereinigung und zu gemeinschaftlichem Wirken mahnen sollten. Das Zweite zu bewerkstelligen, ist das gewählte Mittel, die Errichtung der Mauthvereine. Es ist unläugbar, daß diese Mauthvereine dem Handelstande und durch diesen den Producenten bedeutende Vortheile gewähren. Aber diesen Vortheil gewinnt der süddeutsche Handelsstand und mit ihm ein großer Theil der Bevölkerung durch Preußen. Keine Maaßregel, welche Preußen im Innern zur Beförderung
*) Durch die Ertheilung dieser Verfassungen, die man eine unrichtige Interpretation des Art. 13. der deutschen Bundesacte zu nennen beliebte, hatten sich nach der Ansicht der Carlsbader Conferenzen die süddeutschen Regierungen auf gleiche Stufe mit neuerungssüchtigen Demagogen gestellt. M a n lese das Schreiben des Grafen von Münster aus Carlsbad vom 24. Aug. 1819, an die geheimen Räthe des Herzogsthums Braunschweig, abgedruckt in der Schrift des Dr. Zöpfl, die Regierungsvormundschaft im Verhältniß zur Landesverfassung, mit einem Anhange von Urkunden. In Commission bei K. Groos in Heidelberg, 1830. 8. Anhang. S. 10 - 12. Es heißt darin wörtlich: »Bei den hiesigen (Carlsbader) Conferenzen, die hauptsächlich den in Deutschland sich regenden revolutionären Geist zum Gegenstande haben, hat sich die Frage wegen einer gesetzlichen Erklärung des Art. 13. (der deutschen Bundesacten vom 8. Juni 1815) um so natürlicher aufdringen müssen, als nicht zu verkennen ist, daß die unrichtige Auslegung desselben, sowohl von Seite der süddeutschen Regierungen, als noch mehr von Seiten neuerungssüchtiger Demagogen den Hauptstoff zu Unruhen verbreitet hat, etc.« Theilweise aus der angeführten Schrift abgedruckt wurde dieses merkwürdige Actenstück kürzlich wieder in Pölitz Votum über den Entwurf der revidirten Landschaftsordnung des Herzogthums Braunschweig. - Leipzig, 1831. 8. S. 3. und 4.
20 seiner Industrie vornehmen wird, kann ohne Rückwirkung auf die süddeutschen Staaten bleiben: jede Erleichterung des dortigen Handelsstandes wird, um gleichen Schritt halten zu können, auch von unsern Regierungen unsern Kaufleuten gewährt werden müssen. Fällt etwa mit dem Ertrage der Mauth ein Theil des Staatseinkommens weg, so muß der Staatsbedarf durch neue directe, oder durch Erhöhung der bestehenden directen Auflagen gedeckt werden. Diese werden daher drückender für jeden, der nicht zunächst an den Vortheilen der veränderten Mautheinrichtungen participirt. Ein schroffes Entgegentreten der Interessen der Staatsbürger ist dann wohl schwerlich zu vermeiden, und wird Preußen im Falle eines Conflictes wohl den Theil verlassen, durch dessen Thätigkeit es die Vortheile seines Mauthsystemes zieht? Ist dieser Theil der süddeutschen Völker nicht sofort unmittelbar unter preußischen Schutz gestellt? Was wird dann noch weiter nöthig sein, um die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der süddeutschen Staaten aufzuheben, als die Erklärung, daß sie aufgehört haben, zu bestehen? Wird sich der Theil der Nation dieser Aufhebung widersetzen wollen, der dadurch nur noch mehr gewinnt, und was kann der übrige Theil der Nation einzeln ausrichten? Alle Personen, die durch den Mauthverband gewinnen, können nur die möglichst enge Verbindung aller dazu gehörigen Staaten wünschen, und werden ihr Möglichstes thun, sie herbeizuführen. - Der Mauthverband drückt einem solchen Streben das Siegel der Gesetzmäßigkeit auf. — Dieß ist die politisch so bedenkliche Seite der Mauthvereine, aber die materiell Interessirten werden zuverlässig die warnenden Stimmen übertäuben. Wir werden den Abgrund nur gezeigt haben, der Fürst und Volk verschlingen kann, aber wir werden den Sturz nicht hindern können. Bald vielleicht wird auch die Stimme der Warnenden verschlossen werden. Kaum mehr ferne ist die Zeit, wo eine fremde Macht den Fürsten nöthigen wird, die Männer, die für seine Selbstständigkeit, seine Souveränität streiten, mit dem Titel »Rebellen« zu belegen. Vielleicht spottet man über die hier ausgesprochenen Besorgnisse. Vielleicht erklärt man sie fiir eine übertriebene Furcht, die ihren Grund darin habe, weil Preußen kein consdtutioneller Staat sei; man wird diese Warnungen vielleicht als eine Folge einer achtungswerthen aber zu ängstlichen Anhänglichkeit des Liberalismus an die bestehenden süddeutschen Verfassungen erklären — man wird sie auf Rechnung einer natürlichen Antipathie der Liberalen gegen Preußen setzen. Darum sei es erlaubt, hier sich auf die Autorität eines Mannes zu berufen, der sich bis hieher ganz rein vom Vorwurfe des Liberalismus zu halten gewußt hat, dem man daher gewiß die größte Unpartheilichkeit und ruhige Ueberlegung der Sache zugestehen wird, wenn seine Ansichten mit denen der Liberalen zusammentreffen. Schon im Jahre 1828, als zuerst von Ferne der Gedanke an die Möglichkeit der Vereinigung der süddeutschen Staaten mit Preußen zu einem Mauthverein in Anregung gebracht wurde, äußert sich Geh. Rath Zachariä in Pölitz Jahrbüchern der Geschichte und Staatskunst, Jahrgang I, Heft 10, S. 31 dahin, »daß man die unter einem und demselben Mauthverein begriffenen Staaten sogar schlechthin, und nicht blos beziehungsweise, als einen und denselben Staat betrachten könne, oder daß man wenigstens einem Mauthvereine die Tendenz zur Zusammenschmelzung
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21 der unter dem Verein begriffenen Staaten in einen einzigen Staat mit Grund beilegen kann.« (Beschluß folgt.)
Der undeutsche Bund. Daß Namen nicht immer den Sachen entsprechen, welchen sie beigelegt werden, hat die Geschichte des JusteMilieu bewiesen; einen zweiten Beleg liefert die Redensart »deutscher Bund.« Nach dem Wortbegriff sollte man unter »deutschen Bund« eine Vereinigung der deutschen Völkerstämme zur Aufrechterhaltung und Beförderung der gemeinschaftlichen National-Interessen verstehen; allein dem Wesen nach ist das Ding, welches man »deutschen Bund« zu nennen beliebt, eine Cotterie der deutschen Höfe zur Beförderung der aristocratischen Zwecke und zur Verletzung der gemeinschaftlichen National-Interessen der deutschen Völker. Die Richtigkeit dieser Behauptung kann keinen Augenblick bezweifelt werden, sobald man darüber einig ist, worin die gemeinschaftlichen Interessen der deutschen Völker bestehen? Bestehen solche darin, daß das deutsche Reich in der europäischen Politik den ihm gebührenden Einfluß besitze, und daß im Innern die National-Wohlfart, nach den Gesichtspunkten des Wohlstandes, der Intelligenz und der bürgerlichen Freiheit, mit der Cultur des Zeitalters gleichen Schritt halte, so stehen die Zwecke und Handlungen des deutschen Bundes mit den National-Interessen der Völker im geraden Widerspruche. Nach der geographischen Lage und nach der Ausdehnung Deutschlands, so wie nach der Größe und der Individualität seiner Bevölkerung müßte dieses Reich unter den europäischen Großmächten den obersten Rang behaupten. Von Natur mäßig in seinen Ansprüchen und abgeneigt gegen die Verschmelzung mit fremden Völkerstämmen, ist das deutsche Volk dem Ehrgeize, der nach Vergrößerung trachtet, völlig fremd, sowie die Eigentümlichkeit des Landes Eroberung nicht einmal zu einem Gegenstande seiner Interessen macht. Wo wäre aber ein Reich geschickter zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts und der gesellschaftlichen Ordnung des europäischen Staatenbundes, als dasjenige, das vereinigt und gut regiert, im Nothfalle mit ganz Europa in die Schranken zu treten vermochte, zugleich aber weder Neigung noch Interesse haben kann, seine Macht zu Eroberungen zu gebrauchen? Deutschland ist denn auf solche Weise gewissermaßen zum Wächter über genaue Vollziehung des Völkerrechts, zum Vermittler der Differenzen anderer europäischer Völker, und endlich zum Beschützer der Civilisation berufen. Ohne die Einwilligung Deutschlands könnte Niemand, wer es auch sei, das Völkerrecht, den europäischen Frieden und die Rechte einzelner Nationen ungestraft versetzen. - Auch die Elemente der innern Nationalwohlfart wären im deutschen Reiche überall zu finden. & giebt kein Volk, das fleißiger, geschickter und mäßiger wäre: - der Boden ist überflüßig fruchtbar. Man findet eben so wenig ein Volk, das der wissenschaftlichen, politischen und technischen Bildung fähiger wäre, als das deutsche Volk; es giebt endlich keine Nation, bei welcher die bürgerliche und individuelle Freiheit schönere Früchte tragen könnte, als bei dem deutschen Volke. Sein Charakter der Besonnenheit und Mäßigung bürgt dafür. Wie ist aber in Vergleichung mit solchen Anlagen zu äußerer Größe und innerer Wohlfahrt der Zustand
Deutschlands nach Außen und Innen beschaffen? Im Innern ist zuvörderst der Wohlstand tief erschüttert: denn der Ackerbau ist durch Beschränkung des Eigenthums, durch die Lasten des Feudal-Nexus oder dessen Ueberbleibsel und durch unverhältnißmäßige Besteuerung des Grundeigenthums im tiefsten Stande. Der Handel ist durch ohnmächtige Stellung des Reiches gegen Außen und durch Zolllinien und Mangel an Rechtspflege im Innern völlig vernichtet: die Industrie leidet in Folge des Darniederliegens von Handel und Ackerbau, in einigen Ländern aber noch überdieß durch die Ueberreste des Zunftwesens. In dem kläglichsten Zustande ist aber vollends die politische und bürgerliche Freiheit, weil auf dem größten Theile des Landes die Geißel des Absolutismus ruht, nirgends aber fur Sicherheit der Person und des Eigenthums zureichende Garantien gegeben, vielmehr beide Güter durch das Uebergewicht der Verwaltungsgewalt über die Justiz, Allmacht der Fiscalität, despotische Gesetze und heimliches Gerichts-Verfahren gefährdet sind. Was aber vollends die Nation zu Boden drückt, das ist die Schmach geistiger Knechtschaft, wodurch man sogar den Gedanken in schimpfliche Fesseln geschlagen hat. Und wer ist es nun, dem ein solcher trauriger Zustand des deutschen Reiches zur Schuld zuzurechnen ist? - Niemand anders, als der deutsche Bund. Wenn derselbe seinem Namen entsprechen wollte, so müßte er nothwendig folgende Aufgaben erfüllen: 1) Einsetzung einer organisch-constituirten Reichsregierung, welche die gemeinschaftlichen Angelegenheiten aller einzelnen deutschen Völkerstämme zu leiten, Deutschland nach Außen zu vertreten und über den europäischen Rechtszustand im Sinne der Civilisation und weltbürgerlichen Freiheit zu wachen berufen ist; 2) Hinwegräumung der Hindernisse des Handels, durch zweckmäßige Maßregeln, zur Wiederbelebung des Welthandels, gegen Außen und durch Aufhebung aller Zolllinien im Innern; 3) Herstellung der Rechtspflege im Innern, durch Einfuhrung des öffendichen Gerichtsverfahrens und gleichförmiger Gesetzbücher; 4) Begründung der bürgerlichen und politischen Freiheit, durch Einfuhrung des repräsentativen Systems in allen einzelnen Ländern und einer gemeinsamen Repräsentation für das Gesammtvolk, durch völlige Aufhebung der Censur, durch Zurückfuhrung der Fiscalität und Verwaltungsgewalt in die gebührenden Gränzen, durch Einfuhrung einer gemeinschaftlichen Habeas-Corpusacte und endlich durch Reformation der peinlichen Gesetzgebung, im Sinne und nach den Anforderungen der neuen Zeit. Anstatt diese Aufgabe zu erfüllen, ist der deutsche Bund todt, wo es die Beschützung und Beförderung der deutschen NationalInteressen gilt, und nur lebendig, wenn die bürgerliche und politische Freiheit der Deutschen mißhandelt werden soll. In der Conferenz der europäischen Großmächte zur Berathung der Angelegenheiten der Völker sitzt nur ein östreichischer und ein preußischer Minister; von einem Minister des deutschen Bundes weiß man nichts. Eine solche Schmach fugt man dem deutschen Reiche zu, daß es als solches keine Stimme in der europäischen Diplomatie zählt. Von den Verpflichtungen, die der Bund in Beziehung auf den innern Zustand Deutschlands zu erfüllen hat, weiß Jedermann etwas, nur der deutsche Bund nicht. Die einzige Lebensfunction die man bezüglich auf das Innere des Landes an ihm wahrnehmen kann, ist das Einsetzen von Centrai-Untersuchungsgerichten zur Unterdrückung des Strebens nach Deutschlands
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Wiedergeburt, das Verbieten von Zeitschriften, die Verschärfung der geistigen Tortur — der edlen Censur und die Einschüchterungen der wenigen deutschen Regierungen, die zu einigen Fortschritten im Sinne der Freiheit und des Volksthums geneigt wären. Der Grund von allem diesen liegt darin, daß das Ding, das man die »deutsche Bundesversammlung« nennt, eine Gesellschaft von Diplomaten ist, die, den Befehlen der Cabinette von Wien und Berlin unbedingt unterworfen, entweder aus eigener Neigung ihrer Regierungen zur Aristokratie und zu dem Absolutismus, oder in Folge kläglicher Schwäche ihrer Gouvernements, die Diener sind der absoluten und aristokratischen Hierarchie. Von einer solchen Autorität kann man nur die Beförderung aristokratischer Zwecke, niemals aber irgend eine Maßregel erwarten, welche dem Geiste der Zeit und den Bedürfnissen des deutschen Volkes entsprechen könnte. Dieß ist denn kein deutscher, sondern ein undeutscher Bund. Die preußische Humanität. Eine wohllöbliche Redaction der deutschen Tribüne ersuche ich im Namen der unglücklichen polnischen Nation, folgende Mittheilung, die mir aus authentischer Quelle zukam, schnell möglichst abdrucken lassen zu wollen, damit sie zur größtmöglichsten Publicität gelange. Leipzig, Weihnachtsabend 1831. Doctor Spazier. Aus den Standquartieren des polnischen Armeecorps in Preußen und Gallizien. Sie erinnern sich, mein Herr, der Adressen, die vor Kurzem die preußischen Officiere v. Kraft und v. Canitz an unser Corps in Preußen richteten, und in welchen sie sich von ihrer Regierung autorisirt erklärten, von den polnischen Officieren die Erklärung zu verlangen, wer unter ihnen von der Gnade des Kaisers Gebrauch machen, in sein Vaterland zurückkehren und Soldaten wie Unteroffiziere bereden wolle, die sogenannte Amnestie, die man ihnen versprochen, anzunehmen. Diese Adressen waren in so edlen, gemäßigten und unsre Nationalehre so schonenden Ausdrücken abgefaßt, daß wir sie nur fur eine Handlung der Humanität des Königs und für die letzte Gefälligkeit desselben gegen seinen Schwiegersohn hielten. Der größte Theil der Officiere weigerte sich bestimmt, einen so entehrenden Schritt zu thun, und erhielt bereits Pässe nach Frankreich. Die ganze noch aus 12,000 Mann bestehende Armee folgte diesem Beispiel, und wollte lieber überall einen Zufluchtsort suchen, als einer Amnestie sich anvertrauen, die sie nur Knutenhiebe und Verbannung an die Gränzen des Kaukasus erwarten ließ. Vergeblich war diese Hoffnung auf die Humanität der preußischen Regierung. Es erfolgte Unerhörtes! Am 11 ten dieses Monats umgaben plötzlich preußische Soldaten unsere, wie eine Heerde zusammengetriebene Truppen und versuchten, sie auf die brutalste Weise zum Gehorsam gegen die Aufforderungen des Kaisers zu zwingen; man überhäufte die Unglücklichen mit Kolbenstößen, man mißhandelte die Officiere, ja man drohte ihnen sogar mit Flintenschüssen. Unsere Armee blieb unerschütterlich; die Soldaten warfen sich auf die Erde und erklärten, lieber die barbarische Behandlung erdulden, als Befehlen gehorchen zu
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wollen, die mit dem Völkerrecht und jedem menschlichen Gefühl in so grellem Widerspruch stehen! Ein so einstimmiger und imponirender Widerstand, so wie eine vom General Rybinski an den König gerichtete Adresse bestimmten den preußischen Commandanten, bis auf fernere Instructionen von seinem Könige die Vollziehung solcher grausamen Befehle aufzuschieben. Unterdessen wurde der tapfere General Bern[,] der die Ueberreste der Tapfern in ein gastfreundliches Land zu fuhren unternommen, die Armee zu verlassen gezwungen, und befindet sich jetzt bereits in der Quarantäne von Esterwende; die Entscheidung des Königs ist noch nicht bekannt. Wir beschwören Sie daher, mein Herr, in des Himmels Namen, das Ereigniß zur größtmöglichen Publicität zu bringen, vielleicht übt die öffentliche Meinung einigen Einfluß auf die fernem Entschlüsse der preußischen Regierung und erspart ihr eine Handlung, die von der Gegenwart und von der Zukunft verflucht werden muß. Wird der so eben ausgesprochene Widerwille unserer Soldaten gegen die Russen nicht ein neuer erwünschter Vorwand sein, ihnen die Wohlthaten der verheißenen Amnestie zu verweigern, die sie von sich gestoßen? Schon streifen mehrere russische Regimenter an den Gränzen umher, sich ihrer Beute zu bemächtigen und sie an die Gränzen von Asien zu fuhren. Unglücklicher Weise scheint die preußische Regierung in Uebereinstimmung mit der östreichischen zu handeln. Beide Mächte wollen ihre schuldvolle Gefälligkeit gegen Rußland mit beispielloser Härte beschließen, wollen lieber Tausende in den Abgrund stoßen, als ihnen freien Durchzug nach Frankreich gewähren. Schon sind Tausende dieser Opfer mit Gewalt aus Gallizien nach Rußland gestoßen, und ihren Henkern überliefert worden. Mehrere von ihnen haben sich in Verzweiflung in der Weichsel ertränkt. Neuigkeit aus München. Am Neujahrstage sollte in München zu Mittag eine glänzende Beleuchtung vorgenommen werden, um der Congregation fur ihre glücklichen Bemühungen um totale Verfinsterung der Residenz und eines Theiles des Landes den gebührenden Dank abzustatten. Auch erwartete man, daß nach dem Vorbilde von Preußen, wo es mehrere Residenzien gibt, die Adreß-Städte in gerechter Anerkennung deren unsterblichen Verdienste zu Residenzen ernannt werden würden, nämlich — der Finsterniß. A n z e i g e . Da der Miteigenthümer derTrübüne, Herr Friedrich Sonntag, auf der Reise zur Einrichtung der besondern Postverbindung für die Tribüne krank geworden ist, der Redacteur aber, ohne Unterbrechung des Blattes, seinen Posten nicht verlassen kann, so müssen die ZeitungsNachrichten in den ersten Tagen wegbleiben. Wir hoffen indessen, recht bald alles geordnet zu sehen, so daß wir demnächst unsern Lesern über die wichtigsten Ereignisse die frühesten Nachrichten zuverlässig werden liefern können. Homburg, am 2. Januar 1832. D. R. d. d.T. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Mittwoch.
Ν— 4 .
Rückblicke auf die jüngste Deputirtenkammer Baierns. Erster
Tribüne.
Artikel.
Es gab wohl nie eine Zeit, wo die Erwartungen unseres Volkes schmerzlicher getäuscht worden wären, als während der Periode der letzten Ständeversammlung. Der Zustand des Landes war in den jüngsten Jahren in einer Art hervorgetreten, daß ein längeres Fortbestehen desselben auch von den gemäßigsten Personen fur unmöglich gehalten wurde - nur eine Stimme herrschte darüber, daß einerseits die materielle Lage des Volkes durch wesentliche Steuerverminderung verbessert und anderseits die Interessen der Civilisation, der Aufklärung und der politischen Freiheit durch schützende Garantien gegen die Eingriffe einer herrschsüchtigen Camarilla und die Attentate einer finstem Congregation sicher gestellt werden müßten. Die Mittel zu dem einen lagen in der Verminderung der Civilliste und des Militairetats; zu dem andern dagegen in der Vollziehung des Wortlautes der Verfassungsurkunde und in der Beseitigung der mit ihm im Widerspruche stehenden perfiden Edicte. Anfangs schien die Kammer der Deputirten ihre Aufgabe erfaßt zu haben und von ihren Pflichten durchdrungen zu sein: fast einstimmig erhob sie sich wider das finstere System des Ministeriums Schenk, und zu einer bedeutenden Majorität war die Zahl derjenigen Deputirten gestiegen, welche von der Nothwendigkeit der Verminderung der Civilliste und des Militairetats, so wie der Purification der Verfassung durchdrungen waren. Wäre es nicht gelungen, die Endassung des unpopulären Ministers zu erwirken; so würde die Kammer der Deputirten ohne Zweifel ein bedeutendes Resultat erzielt haben: denn dann konnte nie eine Spaltung der Opposition erfolgen, es mußten vielmehr, wegen des allzu verhaßten Systems des Ministeriums, auch die Männer der halben Maßregeln unter der Fahne der entschiedenen Vaterlandsfreunde versammelt bleiben. Bei einem solchen Stande der Dinge war die Opposition zu Anfang der Session ein Kinderspiel; - es bedurfte nicht Charakter zu entwickeln, sondern es genügte, schöne Reden zu halten. — Durch die Endassung des Ministers v. Schenk ist aber der Stand der Dinge bis in seine Tiefe völlig verändert worden. Für eine Kammer, wie jene der letzten Session war nichts gefährlicher, als Concessionen der Regierung in Nebensachen und ein Ministerium, das zwar nicht geradezu die Grundsätze des Absolutismus und der Congregation proclamirt, jedoch himmelweit von consequenter Durchführung des «institutionellen Prinzips entfernt ist und so zu sagen auf dem Wege vom Systeme Carl X. zu dem Juste-Milieu Ludwig Philipps das erste Fünftheil zurückgelegt hat. Ein solches Ministerium trat nach der Entfernung Schenks an das Ruder - es war für Baiern weit gefährlicher als das gestürzte; mit ihm sympathesirte eine große Anzahl der Scheinliberalen in der Kammer; es mußte daher das Phänomen hervortreten, daß
Homburg, den 4. Januar 1832.
die Männer der halben Maßregel, welche durch die Januar-Ordonnanzen unter die Opposition versetzt worden waren, von den Characteren ausgestoßen und des Zweckes wegen mit den Jüngern der Congregation und des Servilismus vereiniget wurden. Die Bereitwilligkeit der Regierung zur Zurücknahme der Censur-Ordonnanz und zur Entfernung ihres Sündenbockes rief daher fiir die Mitglieder der Opposition die Stunde der Prüfung herbei. Die Stunde kam — und wie der Wind die Spreu von den Körnern sondert, so stäubte die Zurücknahme der Censur-Ordonnanz die Opposition der baierischen Deputirten-Kammer auseinander; der Körner, welche liegen blieben, waren leider nicht viele. Sobald nämlich der Scharfblick der Staatsmänner, welche ein neues Ministerium zu bilden wünschten, erkannt hatte, daß die Opposition der Kammer bei halsstarriger Festhaltung des offen proclamirten Congregations-Systems un[t]er keinen Umständen überwunden, durch Aufopferung des Sündenbockes — oder, wie man es zur Zeit der schottischen Stuarts nannte, des Prügelknaben — dagegen mit geringfugigen Concessionen auseinander gesprengt werden könnte, schlugen sie den Weg der Vermittlung ein. Um sich über die Mittel zur Herstellung der Einigkeit zwischen der Kammer und der Regierung zu berathen, wurde ein Zusammentritt der Organe beider Theile vorgeschlagen, zu welchem 12 Deputirte der Opposition - die sogenannten 12 Apostel - eingeladen wurden. Unter den Eingeladenen befand sich auch dasjenige Mitglied der Kammer, das ein anonymer Aufruf aus Zweibrücken zum Candidaten eines Ehrenbechers vorschlägt *) Herrn Schüler war die Ehre der Einladung nicht zu Theil geworden; wahrscheinlich ahnte man schon damals, welchen Coloß an Geist und Charakter man vor sich habe. Die Unterhandlungen begannen wirklich - ihr Resultat entschied über das Schicksal der Kammern, weil dadurch die beiden Deputirten, welche bisher fiir die Häupter der Opposition gegolten, und das mehrste Vertrauen genossen hatten, die Herren SeufFert und Culmann ihr politisches Glaubens-Bekenntniß ablegten. Dasselbe manifestirte sich dahin: »Daß man die Einigkeit zwischen der Regierung und der Kammer, wo es ohne Verletzung des volksthümlichen Prinzips nur immer möglich sei, wieder herzustellen suchen müsse, daß man das Bessere nicht darum zurückweisen dürfe, weil das Beste nicht gewährt werden wolle, daß man daher auf den tiefer eingreifenden Anforderungen, fiir deren Durchführung keine Hoffnung vorhanden sei, nicht hartnäckig bestehen möge, sofern dadurch andere von der Regierung gebotene Vortheile verloren würden.« Dieser, wir wollen gerne glauben, auf reiner Ueberzeugung beruhenden politischen Meinung lag immer noch ein gewisses Vertrauen auf die Regierung zum Grunde, das bei der Bereitwilligkeit zur Zurücknahme der Censur-Ordonnanz und der Entfernung Schenks wieder aufgelebt war. *) Das in Homburg circulirende Exemplar dieses Aufrufs zu Gunsten Herrn Culmanns war wenigstens von keinem Proponenten unterzeichnet.
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27 Eine wesentlich andere Ansicht belebte den eigentlichen Kern der Opposition. Das politische Glaubensbekenntniß dieser Fraction bestand darin: „die Charte ist eine Unwahrheit, treulose Edicte zerstören alle Prinzipien derselben: eine Regierung, der es mit dem constitutionellen Systeme Ernst ist, müßte die Purification der Verfassung aus freiem Antriebe zu einer Regierungsmaßregel machen: die gegenwärtige Regierung will aber nicht nur keine reinere Entwicklung des Repräsentativsystemes, sondern sie trachtet, wie eine Masse von Ordonnanzen, namendich gegen die Presse, Freiheit der Wahlen, Freiheit des Gewissens u. s. w. bewiesen hat, nach Beschränkung der constitutionellen Rechte des Volkes und nach Erweiterung der dem Absolutismus sich nähernden Rechte der Krone: die gegenwärtige Regierung lebt mit dem constitutionellen Prinzipe im offenen Kampfe, weil Regierungshandlungen, ohne Zustimmung der Minister theils versucht, theils wirklich vorgenommen werden: unter einem Gouvernement mit diesem Charakter ist die Verfassung ohne durchgreifende Reform und mindestens ohne schützende Garantie gegen Cabinetsoder Minister-Willkür ein leerer Name: ohne Verfassung, und zwar ohne Wahrheit der Charte gibt es aber kein Heil fur Baiern, gibt es keine Aussicht auf Entwickelung der bürgerlichen Freiheit, keine Aussicht auf Verbesserung der materiellen Lage des Volkes: durch Wünsche und Anträge ist gleichwohl diese Regierung weder zur Reform der Verfassung, noch zur Gewährung schützender Garantien der Volksrechte noch zur Einschränkung des Hofluxus und anderer unnützen Ausgaben, noch zur Vorkehrung der Maßregeln überhaupt zu bewegen, welche die öffendiche Meinung zur Verbesserung des Zustandes des Landes schon längst fur nothwendig erklärt hat: Wünsche und Anträge der Volksrepräsentation sind, Zeuge einer dreizehnjährigen Erfahrung, überhaupt unzureichende Mittel, diese Regierung zur Annahme des Systems zu bewegen, welches von allen Interessen des Landes gebieterisch gefordert wird: das einzige gesetzliche Mittel zur Ueberwindung eines mit den Interessen des Landes in Zwiespalt gerathenen Regierungs-Systems liegt bei der Hartnäckigkeit dieser Regierung in der „Behandlung des Budgets". — Ohne Garantien kein Budget, sagt daher das Pflichtgefühl und ruft die innere Stimme des treuen Freundes des Landes und des unerschrockenen unerschütterlichen Deputirten des Volkes." - Dies waren die Grundsätze der entschiedenen Opposition. So zerfiel denn die Kammer in drei Fractionen: 1) die Männer des Servilismus und des götdichen Rechts, Rudhart und Graf Seinsheim an der Spitze, 2) die Männer der sogenannten Mäßigung, angeführt von Seuffert und Culmann, und 3) die Männer des Characters, unter dem Schilde Schülers. Wir werden diese Classification in den folgenden Artikeln zu rechtfertigen suchen und zugleich nachzuweisen bemüht sein, auf welche Weise die verschiedenen Fractionen ihr System durchzuführen suchten und wem es hauptsächlich zuzuschreiben sei, daß die letzte Legislatur unsers Vaterlandes ein so jammervolles Ende genommen hat. Deutschlands Gegenwart. (Beschluß.) Wenn es auch zu den höchsten Wünschen eines Deutschen gehört und gehören muß, ein deutsches Vaterland zu
haben, so ist doch, um diesem Wunsche zu entsprechen, weder nöthig, noch kann es nach den jetzt vorliegenden historischen Verhältnissen in den einzelnen deutschen Staaten auch nur gewollt werden, daß diese NationalEinheit durch Aufhebung der bestehenden einzelnen Regierungen und Vereinigung unter einem Scepter bewirkt werde. Am wenigsten kann der Süddeutsche wollen, daß es Preußens Scepter sei, unter dem sich die Länder deutscher Zunge vereinigen sollen. Eine organische Entwicklung des deutschen Bundes, um Deutschland wieder in die Klasse der europäischen Mächte zu erheben, eine allgemeine National-Vertretung neben der Fürstenversammlung in ihren Ministern - dem Bundestage; wirksame Sicherung der Verfassungen, und der durch sie garantirten Staatsbürger- und Volks-Rechte in den einzelnen Staaten gegen Mißbrauch der Staatsgewalt, und dann, wenn diese Garantien der Selbstständigkeit der Staaten und der Unantastbarkeit der Verfassungen geleistet sind, dann Freiheit des Verkehrs durch das ganze Deutschland - dieß sind die schon oft ausgesprochenen Wünsche, die einfachen Mittel, durch welche man Einheit in Deutschland neben der Selbstständigkeit der einzelnen Staaten herstellen und erhalten kann. Vor Allem aber müssen jetzt die süddentschen Staaten nach möglichster Befestigung und Kraft im Innern streben. Dieß ist die erste unerläßliche Bedingung zum kräftigen Auftreten gegen Außen. Diese Festigkeit im Innern kann aber nur allein erreicht werden, durch die vollkommenste und allseitigste Entwicklung des constitutionellen Lebens. Eine constitutionelle Monarchie ohne reelle Preßfreiheit, Oeffendichkeit der Rechtspflege und Geschwornengerichte ist ein Leib ohne Seele, ein Organismus ohne Lebenskraft. Wie im 16. und 17. Jahrhundert man um Gedanken-Freiheit kämpfte, so hat unser Jahrhundert die Aufgabe, die Freiheit der Mittheilung des Gedankens zu erringen, ohne welche der Gedanke selbst fast werthlos wäre. Eine Regierung, welche das Bedürfniß ihres Volkes erkennt und ihm die Abhülfe verweigert, weil fremder Einfluß es verbietet, legt dadurch ein trauriges Bekenntniß - wir wollen nicht sagen, ihrer Schwäche - aber wohl der Unkenntniß ihrer Kräfte ab. Die Stärke der Regierung besteht in der öffentlichen Meinung, in der Uebereinstimmung der Ansichten des Volks mit denen der Regierung. Die Richtung des Zeitgeistes, das Bedürfniß - der Wille der Völker haben sich unzweideutig und laut ausgesprochen. Es kostet die Regierungen jetzt nur ein einziges Wort »die Presse istfrei«, so hat die Regierung die öffendiche Meinung großentheils für sich gewonnen, und mit ihr schon einen hohen Grad der inneren Stärke. Kühn mag sie dann den Anforderungen der nordischen Autokraten und ihrer Satelliten trotzen. Keine Macht kann wagen, einen souveränen Fürsten, der einen Act der Souveränetät ausübt, wenn er seinem Volke Preßfreiheit gibt, zur Verantwortung zu fordern. Polen zeigt, was ein Land vermag, ohne Mittel, ohne Einheit, ohne Fürsten, verrathen von Innen und Außen. Was der Deutsche vermag fur seinen angestammten Fürsten, steht noch zu neu auf dem letzten Blatt der Weltgeschichte, als daß wir nöthig haben sollten, daran zu erinnern. Kann es für einen deutschen Fürsten etwas höheres geben, als seines Volkes Liebe? Und dieses höchste Kleinod eines Fürsten will man sich leichtsinnig der Gefahr aussetzen, zu verscherzen, vielleicht des
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29 freundlichen Handschreibens eines fremden Gewalthabers wegen? Wen hat der deutsche Fürst zu fürchten? Rußland - blutend an den Wunden, die ihm seine Siege in der Türkei und Polen erkauften? Ein europäischer Krieg wäre die Folge eines feindlichen Schritts von dieser Seite, und diesen will man nicht, weil man ihn nicht führen kann. Preußen? Oestreich? Auch der Preuße und der Oestreicher sind Deutsche — das Wort — Freiheit, Vaterland - im Munde eines deutschen Fürsten hat immer begeistert und würde auch in diesen Ländern gewiß einen desto kräftigeren Anklang finden, je länger man dort bereits den hehren Klang dieser Worte entbehrt hat. Preußen selbst hat im sogenannten Befreiungskampfe dieß erfahren - welchen Erfolg muß erst die That eines Fürsten haben, die lauter fur ihn spricht, als alle Worte könnten. Und wie man Oestreich schlägt ohne fremde Truppen, dieß kann König Ludwig doch wohl nicht vergessen; und doch war es damals nur die Armee, nicht das Volk der Baiern, die den Sieg bei Abendsberg erfocht. Noch sind die Arme nicht vertrocknet, die dort und im Befreiungskampf gefochten; wenn auch seither ungebraucht, dochnichtverrostetsinddieSchwerdter, die schon die Schlacht der Freiheit schlugen; mit dem Vater tritt der Sohn jetzt in die Reihen, und lernt vom alten Helden siegend sterben. Würdig ihrer, würdig der Ehre ihrer Völker wäre es gewesen, hätten Süddeutschlands Fürsten die Einflüsterungen der fremden großen Höfe als Einmischungen in ihre inneren Angelegenheiten mit gerechtem Stolze zurückgewiesen. Das Gegentheil geschah. Die Regierungen bieten auf die Bitten der Stände Preßbeschränkung, aber keine Preßfreiheit; sie opfern den listigen Eingebungen der fremden Mächte die öffentliche Meinung - und mit dieser ihre Stärke. Nun erst wirklich schwach, fallen sie als Schutzbedürftige in die Hände ihrer fremden Beschützer, und haben hiemit ihre Selbstständigkeit factisch bereits verloren. Je schwächer sich aber die Regierungen gezeigt haben, desto kräftiger mußten die Völker und ihre Vertreter sich bewähren. Nicht blos die innere Wohlfahrt der Nation kam hier in Frage, sondern die Nationalehre stand auf dem Spiele, und es mußte sich in den gegenwärtigen Kammer-Verhandlungen entscheiden, ob Süddeutschland aus freien Staaten oder aus Provinzen einer nordischen Autocratie besteht. Zuerst waren die baierischen Kammern in den Fall gekommen, sich kategorisch aussprechen zu müssen. Es galt Begründung der constitutionellen Freiheit der Presse, oder gesetzliche Sanction der Fesseln, in die man sie bereits factisch geschlagen hatte. Mit Bedauern haben wir die Kammer der Reichsräthe sich von der Sache des Volkes lossagen und vor der fremden Drohung sich schmiegen sehen. Mit Mißbilligung haben wir das Amendement des zweiten Präsidenten in der Kammer der Abgeordneten vorschlagen, mit Schmerz es in derselben durchgehen sehen. Wir sind weit entfernt, dieses Amendement absolut unzweckmäßig zu erklären, indem wir alle Umstände, unter denen es gemacht wurde, wohl erwägen, aber wir müssen offen aussprechen, dieses Amendement war mit der Ehre einer deutschen Deputirtenkammer absolut unverträglich. Wäre dieses Amendement auch in der Kammer der Reichsräthe angenommen worden, so hätte Baiern insofern gewonnen, als die Censur dem Prinzipe nach aufgehoben gewesen wäre. Baiern hätte aber zugleich seine
Ehre verloren, indem der faktische Fortbestand der Censur, bis zum nächsten Landtage gesetzlich sanctionirt, die Selbstständigkeit des baierischen Staates gesetzlich desavouirt hätte. Die Annahme dieses Amendements wäre ein Schlag für ganz Deutschland gewesen, denn dieses traurige Beispiel wäre gewiß in den übrigen Staaten nicht ohne Folge geblieben. Sollte aber das Amendement nur eine List sein, unter dem Scheine des Fortbestandes der Censur das Prinzip der Preßfreiheit zu retten, so war sie gewiß nicht fein genug, um nicht von der ersten Kammer durchschaut zu werden. Die Verwerfung war mit Bestimmtheit vorauszusehen, und daher - was nie hätte geschehen sollen, ein unedles Mittel, und überdieß unnöthig gebraucht. Die Kammer der Abgeordneten hat ihre Ehre wiederhergestellt, als auch dieses Amendement verworfen von der Kammer der Reichsräthe zurückkam. Eine der schönsten Früchte, die man von dem Landtage hoffte, ging verloren, aber Baierns Ehre nicht. Der factischen Gewalt kann der Mann von Ehre, kann ein edles Volk allerdings unterliegen, allein den Stempel des Gesetzes auf seine eigene Schande drücken, das kann und darf es nie. Vielleicht im Augenblicke, in dem wir schreiben, schreitet Badens Kammer zur Discussion des beklagenswerthen Preßgesetzes, welches die Regierung ihnen vorlegte. Es wird diese Discussion der Probestein sein, an dem ächter Sinn und wahre Kraft sich entfalten, und jeder schwächere Charakter sich von dem gleissenden Scheine, der ihn bisher umgab, entkleiden wird. Möge die politische Tugend der badischen Volksvertreter nicht an dieser gefährlichen Klippe scheitern. Hochgestellt in der öffentlichen Meinung durch die Masse von Intelligenz, die sich in dieser Kammer vereinigt findet, möge sie diese hohe Meinung jetzt rechtfertigen durch die That, und mit Kraft die Unabhängigkeit ihres Landes und die Ehre ihres Fürsten bewahren! *)
Deutsche Correspondenz. Carlsruhe, 31. Dec. 1831. Als der letzte Landtagsbericht in diesen Blättern erschien, waren die Verhandlungen noch in vollem Gange; es war noch kein Preßgesetz angenommen, der Militäretat war noch nicht unter Subordination der Sparsamkeit gebracht, und das Budget wartete noch der Endabstimmung. Unterdessen ist dieses Alles geschehen, das Preßgesetz war so gut, daß es auch nach den Verstümmlungen durch die Adelskammer noch Preßfreiheit in sich fäßte, einige andere Dissonnanzen dieser Kammer lösten sich auf, in ihren Budgetverhandlungen bewegte sich blos ein fünftes Rad am Wagen, die Volkskammer setzte in der Eile noch manches Gute durch und votirte zuletzt einstimmig das Budget. Alle diese Erscheinungen drängten sich vorüber, während die Tribüne ruhte, und jetzt erscheint auf einmal der Bericht von dem letzten Akte; welcher heute erfolgte, nämlich von dem Schluß des Landtags. Der Großherzog wurde mit einem herzlichen Lebehoch bewillkommt, und *) Kann man behaupten, daß die nun vorliegende Abstimmung der badischen Volkskammer diese Hoffnung vollständig erfüllte? Wegen Unbekanntschaft mit den Details der Abstimmung vermögen wir noch kein Urtheil zu fällen — aus der Rede des trefflichen Izstein, der auf Verwerfung des Entwurfes antrug, möchte man jedoch Besorgnisse schöpfen. A. d. R.
31 sprach vom Thron herab mit gemüthlichem Ausdruck folgende Rede: „Edle Herren und liebe Freunde! Indem Ich heute in Ihrer Mitte erscheine, um den Landtag zu schließen, blicke Ich auf denselben mit dem Bewußtsein zurück, die wahren Interessen Meines Volkes stets im Auge gehabt, alle Meine Zusicherungen erfüllt, jeden gerechten Wunsch nach Möglichkeit berücksichtiget zu haben. Viele und wichtige Arbeiten sind dadurch veranlaßt worden. Sie haben solche mit Eifer und Sorgfalt erlediget, und dem größten Theil Meiner Vorschläge Ihre verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt, was Ich mit besonderem Dank erkenne. Sind Sie bei einigen Vorschlägen einer abweichenden Ansicht gefolgt, so bleibt Mir die Hoffnung, daß eine nochmalige Prüfung, gestützt auf die Ergebnisse der Erfahrung, zu einer andern Zeit die gänzliche Vereinbarung herbeiführen werde. Es ist Mein innigster Wunsch, daß Unsere gemeinschaftlichen Bemühungen dem Vaterland gute und reiche Früchte bringen mögen. Und sie werden solche bringen; die Gesinnungen der Eintracht und des Vertrauens, von welchen Ich und Mein Volk wechselseitig durchdrungen sind, geben Mir dafür Bürgschaft. Kehren Sie jetzt nach vollbrachtem Werk zurück in Ihre Heimath, zu den Ihrigen, zu Ihren Mitbürgern, deren aller Wohlfahrt das Ziel Meines Strebens, deren unerschütterliche Treue Mir die erfreulichste Gewißheit ist." So wurde, um einen Ausdruck des Hochprogramms zu gebrauchen, der »Schluß« des Landtags »beendigt.« Die Theilnahme des Volkes erschien in den letzten Tagen noch gesteigert, eine dichte Menschenmenge drängte sich stets auf den Tribünen und versäumte selbst die Nachtsitzungen nicht. Heute wurde der Fürst v. Fürstenberg, bekanntlich einer der wenigen freisinnigen Redner in der Adelskammer, beim Wegfahren mit vielstimmigem Bravo begrüßt. Diesen Abend noch brachten die Bürger von Carlsruhe, freudig über den guten Ausgang des Landtags, dem Großherzog einen Fackelzug mit Musik, wobei man ein eigends gedichtetes Festlied sang, und das ganze großherzogliche Haus, den Fürsten von Fürstenberg, die Verfassung, die Preßfreiheit, die Kammer der Abgeordneten etc. hoch leben ließ. Die gestrige Sitzung der Volkskammer dauerte bis tief in die Nacht - es war zwischen 9 und 10 Uhr, als sie geschlossen ward - am Ende becomplimentirte der Präsident die Kammer, die Kammer den Präsidenten, die Deputirten und die Regierungscommissäre sagten sich Artigkeiten, und selbst Herr Winter, der sonst die Kornickel *) vor-
*) In N r o . 150. der deutsch. Tribüne lasen wir eine andre Auslegung dieses Ausdrucks, wonach derselbe nach einem sächsischen Provinzialismus den Seidenhasen bezeichnen soll. Hier hat gewiß N i e m a n d daran gedacht,
32 zieht, vergaß sich bis zu einer schmeichelhaften Redensart. In dem ganzen Lande werden großartige Anstalten gemacht, um die heimkehrenden Deputirten jubelnd zu empfangen: man errichtet Ehrenpforten, und auf dem Straßenzug gegen Freiburg hin sind jetzt schon alle Pferde in Beschlag genommen. Hr. Schaaff allein wird von diesem Triumphzug ausgeschlossen sein, und sich lieber in der Stille in die Heimath begeben, — wenn dies angeht; denn in Freiburg sollen sich mehrere Dilettanten mit Vorübungen zu einem Scharriwari beschäftigen. Hier in Karlsruhe vereinigten sich Hunderte von patriotischen Staatsbürgern, um Herrn von Rotteck, als Zeichen der Verehrung und des Dankes, mit namentlicher Beziehung auf die Protestation gegen die Frankfurter Preßordonnanzen, einen Ehrenpokal darzubringen. Einige kleinliche Machinationen sind ohne Erfolg dagegen versucht worden, und in der That mehr aus Furchtsamkeit, als aus bösem Willen. Das Ministerium scheint mit großer Umsicht zu besorgen, man möchte es von außen etwa für constitutionellgesinnt ansehen, und als verdächtig in Wien oder Berlin auf die schwarze Tafel setzen. Diese Besorgnisse sind bezeichnend für die jetzige Lage der politischen Verhältnisse, allein sie erscheinen denn doch etwas zu weit getrieben: so lange wir das Glück haben, den Hrn. v. Türckheim an der Spitze des Ministeriums zu sehen, so lange kann kein Gesandter der Großmächte den Vorwurf eines zu weit gehenden Hanges nach constitutioneller Freiheit vorbringen, ohne sich lächerlich zu machen — und das ist noch das Einzige, was auch die Diplomaten und die Könige scheuen. München, 30. Dez. Unsere Kammern sind gestern durch den Ministerverweser von Stürmer geschlossen worden. — Wohl uns, daß es mit den Reden ohne Handeln ein Ende ist - möchte doch nicht blos die Session, sondern auch die ganze politische Lebenszeit der zweiten Kammer beendigt sein, damit Baiern endlich einmal Hoffnung hätte, eine wahre VolksRepräsentation zu erlangen. Alles was man gegen die Majorität der Wahlkammer am Schlüsse der Session thun kann, ist — sie bedauern.
sächsische Provinzialismen auf dem badischen Landtag aufzusuchen. Kornickel sind kleine, runde, aus jedem Brett leicht zu verfertigende Hölzchen, welche in einem Spiele der Straßenjugend vermittelst eines größern Holzes in einen bestimmten Kreis geschleudert, von dem Gegenspieler aber aufgefangen werden sollen. Dies das Ergebniß von nähern Erkundigungen, daß wir weder mit der Miene von Wichtigkeit noch mit der Rechthaberei eines Etymologen geben: allein wir fragen doch, mit welchem Rechte gibt sich jene abweichende Interpretation als eine »Berichtigung,« und läßt sich eine andre »Berichtigung« denken, als eine authentische I n t e r p r e t a t i o n des H r n . Winter selbst?
Die Tribüne, welche täglich erscheint, kostet in Homburg halbjährlich 5 fl. 24. kr. Die königl. Po stverwaltung Homburg hat die Hauptspedition übernommen und giebt das Blatt an die von hier direct beziehenden Postämter für 5 fl. 24 kr. ab. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Freitag.
Tribüne.
Ν— 5.
Der Bund der Völker. Ein Blick aufdie Ereignisse der beiden letzten Jahre und auf den innern Zustand der verschiedenen europäischen Länder zeigt uns überall das Streben der Völker nach bürgerlicher Emancipation und nach Anerkennung des Grundsatzes, daß die öffendichen Angelegenheiten nur im Sinne und nach den Interessen der Gesellschaft, nie aber nach dem willkürlichen Gutdünken eines Einzigen, als VolksEigenthümers, geleitet werden können. Dieses Begehren der Völker ist nur vernünftig, jeder Widerstand dagegen Unverstand und Barbarei. So wenig die Leibeigenschaft mit der Civilisation sich verträgt, eben so unvereinbarlich mit ihr ist die Unterwerfung einer großen Gesellschaft von Menschen unter das Eigenthumsrecht einer Familie. Der Ausdruck „mein Volk" empört das sittliche Gefühl und verletzt den Adel des menschlichen Geistes, i nsoferne man unter „Volk" nicht den Inbegriff der Staats-Souveränetät, sondern eine untergebene, zum Stoffe des Regierens bestimmte Masse, und unter „mein" die Bezeichnung des Eigenthumsrechts versteht. Der Absolutismus, welcher sich das Recht beilegt, alle öffendichen Angelegenheiten nach eigenem Belieben ohne Einwilligung und selbst gegen den Willen der öffendichen Meinung, d. h. des zur klaren Ansicht der Interessen der Gesellschaft gelangten allgemeinen Volkswillens, zu leiten, ist immer eine Art Leibeigenschaft der Völker. Diese Leibeigenschaft, welche bei der willkürlichen Vertheilung der Länder und Völker unter Fürstenfamilien am empörendsten hervortritt, vom Nacken der Völker zu nehmen, ist die Aufgabe der neuen Zeit. Die Lösung der Aufgabe ist keineswegs durch den Sturz der Monarchien bedingt, sie erfordert vielmehr nur die Beiziehung des Volkes zur Legislation und die Gewährung der Institutionen, wodurch der auf klarer Ansicht der National-Interessen beruhende Volkswille sich verkünden, und auf die Leitung der gesellschaftlichen Angelegenheiten den ihm gebührenden Einfluß gewinnen kann. Findet die oberste Staats-Autorität in dem Wohlbefinden und der Zufriedenheit der Gesellschaft ihren letzten Zweck, so kann sie der Beachtung des Volkswillens sich nicht weigern; ihre Aufgabe beschränkt sich alsdann vielmehr darauf, nur mit Sicherheit zu erkennen, welche von den im Streite liegenden Meinungen in den gegebenen Fällen fur den allgemeinen Willen der Gesellschaft zu erachten sei. Im Interesse einer Dynastie, die das Glück des Volkes will, kann es daher nie liegen, der öffendichen Meinung die Huldigung zu verweigern. Wo indessen der allgemeine Wille der Gesellschaft als oberstes Gesetz anerkannt wird, da kann man nicht willkürlich über das öffentliche Eigenthum zu Gunsten Einzelner verfügen, man kann nicht Aemter und Würden für das Eigenthum seiner Lieblinge erklären, man kann das Publikum nicht zwingen, den Personen ohne persönliches Verdienst Achtung und Ehrfurcht zu bezeigen. Das Prinzip der Freiheit eröffnet vielmehr den persönlichen Fähigkeiten der Individuen ein weites Feld zur
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Concurrenz um Ehre und Wohlstand; — die Waffen, mit denen man hier auf den Kampfplatz tritt, sind aber nicht alte Pergamente und historische Erinnerungen, sondern Talent, Geschicklichkeit, Fleiß und sittliche Würde, oder mit andern Worten: Tugend und Genialität. Diese Güter hat die Vorsehung nicht fur ein Privilegium der Aristokraten erklärt; darum können die Aristokraten unter der Herrschaft der Freiheit, Ehre und Wohlstand nicht als ihr ererbtes Eigenthum ansprechen, und weil sie dieß nicht können, so widersetzen sie sich dem Prinzipe der Freiheit. Sie sind aber schlau genug, ihre eigennützigen Absichten abzuläugnen und ihre Interessen denen der Krone unterzuschieben, damit letztere mit dem Volkswillen in Streit verwickelt und die Sache der Aristokratie zu vertheidigen gezwungen werde. Die privilegirte Kaste streitet bei allen Fragen des öffendichen Lebens immer nur für ihr Interesse: daher ist sie weder der Freund der Krone, noch jener des Volkes; sie ist vielmehr in den Discussionen der öffendichen Lebensfragen bald mit der Krone gegen das Volk verbunden, bald steht sie allein oder mit dem Volke gegen die Krone, je nachdem die letztere dem Prinzipe der Freiheit den Krieg erklärt, oder dasselbe mit Zustimmung oder vielleicht gegen den Willen des hinter einem aufgeklärten Geiste der Regierung zurückstehenden Volkes zu befördern strebt. Dieses Verhältniß ist in allen Ländern gleich; überall ist die Aristokratie der Widersacher des Volkes und das Hinderniß der Entwicklung der Nationalkräfte, so wie der Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes. Darum liegt es auch in den Interessen aller Völker, nicht gegen die Fürsten, sondern gegen die Aristokratie sich zu verbünden. Es ist vorzüglich die gegenwärtige Zeit, wo ein solcher Bund als ein allgemeines weltbürgerliches Bedürfniß sich darstellt: denn unsere Zeit ist es, wo die gesammte europäische Aristokratie gemeinschaftlich sich erhoben hat, um die Macht der Throne zu Feindseligkeiten gegen die Völker zu reizen und wider die aufstrebende Freiheit überhaupt einen entscheidenden Streich zu führen. Wollen aber die Völker die Kraft erwerben, den vereinten Bemühungen der Aristokratie mit Erfolg Widerstand zu leisten, so müssen auch sie von dem Prinzipe der Freiheit in seiner ganzen Reinheit sich durchdringen lassen. Auch die Völker laufen Gefahr, in die Sünden der Aristokratie verwickelt zu werden, wenn eine Nation sich besser dünkt, als die andere, wenn sie auf Kosten der andern einen Vorzug genießen und durch andere Gewalt, als die geistige und sittliche Kraft, über andere Länder ein Uebergewicht behaupten will. Diese Völker-Aristokratie ist noch weit verderblicher, als die der Individuen, weil sie das Spiel der letztern begünstigt, die Kräfte, welche vereinigt auf einen Zweck, Begründung der weltbürgerlichen Freiheit, hinwirken sollten, spaltet und aufreibt, und dadurch zuletzt die Völker immer wieder in die herrschsüchtigen und despotischen Hände der privilegirten Kaste liefert. Das oberste Gesetz der Freiheit ist jenes: „die Rechte des Andern gewissenhaft zu ehren und über ihn keinen andern Vortheil erlangen zu wollen, als denjenigen,
35 welchen bei freier Concurrenz der Kräfte das moralische Uebergewicht gewährt." Eroberung durch Waffengewalt und Beherrschung des Verkehrs durch HandelsBeschränkungen sind Feindseligkeiten gegen das Prinzip der Freiheit und Handlungen der plumpen Gewalt, wodurch die Volks-Aristokratie entsteht. Eine Zeitlang kann ein Volk auf solche Weise zwar in eine scheinbar glänzende Lage versetzt werden, allein das künstliche, auf widernatürlichen Grundlagen ruhende Gebäude stürzt über kurz oder lang immer wieder zusammen, und die Folge ist nur Zurückwerfung der sich selbst aufreibenden Völker unter die Herrschaft ihrer gemeinschaftlichen Feinde, der Aristokraten und Despoten. Freiheit ist die Fahne, zu welcher alle Völker schwören sollen; aber die Freiheit in ihrer ganzen Reinheit: daher Resignation auf Eroberung und Handelsbeschränkung. Jedes Volk muß die Nationalität und das Gebiet des andern heilig achten, jedes den unbedingt freien Verkehr als ein gemeinschaftliches Eigenthum aller Völker ansehen. Die Nationen sind von einander durch Sprache, Charakter und andere natürliche Schranken geschieden. Diese willkürlich zu verändern, ist ein eben so ungerechtes, als thörichtes Beginnen. Die Meinung, daß ein Volk zu seiner Selbsterhaltung und politischen Größe irgend ein Stück eines fremden Landes besitzen, daher es erwerben und dessen Bewohner, die von Natur einem andern Volke angehören, nach sich nationalisiren müsse, ist ein ganz gemeines Vorurtheil. Die Kraft und Selbstständigkeit eines Volkes beruht immer nur auf seiner moralischen Kraft, auf seinem geistigen und sittlichen Werthe, und wie kann von einem solchen die Rede sein, wenn man mit roher Gewalt eingreift in die Rechte anderer Völker? Ein nicht minder gemeines Vorurtheil ist die Meinung, daß man den Wohlstand befördere, wenn man die Erzeugnisse fremder Länder von sich abwehre, oder ihre Einfuhr wenigstens erschwere, dagegen aber, wo möglich, fiir die eigenen Produkte sich Handels-Vortheile verschaffe. So wenig die Beschränkung der Gewerbe, durch Zünfte und Concessionen, den Nationalwohlstand befördern kann, eben so wenig kann dies durch Beschränkung des Handels geschehen. Alles Zoll- und Mauthwesen läuft am Ende immer auf Zunftzwang hinaus. Freiheit des Handels, vollständige unbedingte Freiheit liegt zuletzt immer im gemeinsamen Interesse aller Völker. Doch auch angenommen, eine Nation könnte durch Eroberung und Handels-Beschränkung einen wirklichen Vortheil erlangen, wie könnte dieselbe von Freiheit sprechen, wie ihrer würdig sein, wenn sie selbst das oberste Gebot der Freiheit nicht achten, sondern, wie die Aristokraten, nur an sich denken, und nur ihren Vortheil, auf Kosten anderer Völker, durch rohe Gewalt befördern will? — Der Nationalstolz behält auch bei der Freiheit sein Gebiet, wo er Nahrung suchen und Befriedigung finden kann. Nur die Anwendung der plumpen Gewalt ist nicht die Bahn, die ihm sich öffnet, sondern das Feld freier Concurrenz der geistigen und sittlichen Kräfte. Hier ist den Völkern ein gränzenloser Raum eröffnet, ihre Kraft gegenseitig zu messen; hier mögen sie wetteifern, über einander sich zu erheben. Wo wäre ein schönerer Ruhm zu erwerben, als der, im freien Wettkampfe der geistigen und sittlichen Kräfte die Palme errungen zu haben? Der Kampf mit physischen Kräften entspricht, wie bei dem Menschen, so auch bei den Völkern, nur dem Zustande der Kindheit. Im Mannesalter soll bei gebildeten
36 Menschen nur Geist gegen Geist und Charakter gegen Charakter in die Schranken treten. Nationen, die durch Beschränkung des Handels und durch Waffengewalt über andere sich erheben wollen, stehen noch in der Kindheit der Civilisation. So lange diese Periode dauert, können die Völker niemals wahrhaft frei werden; sie bleiben vielmehr immer die Beute der Aristokraten. Wollen sie frei werden, so müssen sie den Bund der Freiheit unter sich abschließen, jedoch das Bündniß der reinen, gegenseitigen Freiheit. Nicht mehr ringen mit physischen Kräften, keine Eroberung, keine Zölle - jedoch den Wettkampf der geistigen und sittlichen Kräfte in freier Concurrenz aller Völker! Die neue Verfassung für Hannover, ein neuer Angriff gegen Deutschlands Ehre und Interesse. Der lange erwartete Entwurf der neuen Constitution des Königreichs Hannover ist endlich erschienen. Man hat sich zwar von dem neuen Verfassungswerke, in volksthümlicher Beziehung, nur wenig versprochen; allein daß der Entwurf auch die bescheidensten Wünsche des Volkes mißhandeln würde, hat man doch nicht erwartet. Die Sache ist nicht blos für Hannover, sondern fiir ganz Deutschland von Wichtigkeit, weil in diesem Entwürfe eines Staatsgrundgesetzes, ein neuer Beweis liegt, daß die deutschen Regierungen den sogenannten deutschen Bund nur als ein Mittel ansehen, die von der Noth ihnen abgezwungenen Charten bedeutungslos zu machen. An der Spitze des neuen Staatsgrundgesetzes für Hannover steht nämlich der Satz: „Die Beschlüsse der Bundesversammlung werden fiir das Königreich verbindlich, sobald sie vom Könige verkündiget sind." Und ein Ding, das mit diesem Grundsatze beginnt, nennt man eine Verfassung? Wahrlich, das fehlte noch, daß man das arme deutsche Volk auch noch mit solchem bitteren Spotte verfolgt. Es genügt nicht, dasselbe unter das Joch des Absolutismus zu beugen, sondern man will auch noch, daß es seine Unterjochung „Freiheit" und seinen rechtslosen Zustand „ Verfassung nenne. Erstaunet ihr Deutschen über die Großmuth der Hannoverschen Regierung. „Dem Lande ist ein Staatsgrundgesetz gegeben: dasselbe ist heilig und unverbrüchlich, so lange — als es d[e] m deutschen Bunde und dem Könige gefällt." Und wer ist dieser Bund, von dessen Beschlüssen die Aufrechterhaltung, Abänderung oder Aufhebung des Staatsgrundgesetzes abhängt? Derselbe Bund, dessen Lebens-Element die Censur ist, der offen erklärt: „deutsche Regierungen können ohne Unterdrückung des Gedankens nicht bestehen;" derselbe Bund, welcher dem constitutionellen Prinzipe den Krieg erklärt und die Befestigung, so wie Erweiterung des Absolutismus sich zur Aufgabe gesetzt hat; der nämliche Bund, der das willenlose Werkzeug der liberalen Höfe von Wien und Berlin ist. - Verbindlichkeit der einzelnen deutschen Völkerstämme zur Befolgung der Bundesbeschlüsse hätte einen Sinn, wenn diese Beschlüsse aus der Einwilligung einer gemeinsamen, freien NationalRepräsentation hervorgingen; allein unter einfacher Voraussetzung der landesherrlichen Genehmigung, ein Volk, ohne Vertretung, den Beschlüssen einer Für-
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37 sten-Congregation unterwerfen zu wollen, ist widersinnig, und wie wir sagen möchten, doppelter Absolutismus, da ein solches Verhältniß nicht nur dem eigenen Fürsten unumschränkte Gewalt verleiht, sondern auch das Land den absoluten Befehlen einer fremden Autorität unterwirft. Ein Staatsgrundgesetz mit solchen Institutionen ist schon im Allgemeinen, vorzüglich aber bei Hannover ein Angriff auf die deutsche Ehre, denn dieselbe Dynastie, welche im freien Großbrittanien regiert, sitzt auf dem Throne zu Hannover. Zu einer Zeit also, wo König Wilhelm mit dem englischen Volke dem großen Ziele der Freiheit Hand in Hand entgegen geht, soll das Volk, an dessen Spitze er in Deutschland steht, dem Joche eines doppelten Absolutismus unterworfen werden. Ο wodurch hast du es verdient, mein unglückliches Vaterland, daß dich alles verhöhnt, daß nur deine Söhne es sind, welche man des himmlischen Lichts der Freiheit und der Segnungen der Civilisation fur unwürdig hält? Wenn auch der Inhalt des in Rede stehenden Verfassungswerkes für Hannover, wie gesagt, Verschiedenes zu wünschen übrig lassen möchte, so wohnt in dem Ganzen desto entschiedener der Vorzug der Consequenz. Denn vollkommen folgerecht reiht sich an die Stelle, daß die Garantien der Verfassung in dem absoluten Willen des Landesherrn und des undeutschen Bundes liegen, der Satz: „das Land genießt Preßfreiheit, unter Beobachtung der gegen den Mißbrauch zu erlassenden Gesetze und der Bestimmungen des deutschen Bundes." Fast möchten wir eine Mystification vermuthen, da der Entwurf dieses Musters von Staatsgrundgesetz uns nicht selbst zu Gesicht gekommen, sondern der gegenwärtige Bericht der Mittheilung eines unserer Correspondenten entnommen ist. „Der deutsche Bund und Preßfreiheit!" Ο du Zierde von Preßfreiheit, die du von den Bestimmungen des deutschen Bundes abhängst! Das Land hat bereits einen Vorschmack dieser Preßfreiheit erhalten, da die Censur alle tadelnden Urtheile über das neue Verfassungswerk redlich unterdrückt und nichts ans Licht läßt, als ungemessene Lobhudeleien des trefflichsten aller Verfassungsurkunde. Armes Schwarzburg-Sondershausen! der Ruhm deiner Constitution ist überstrahlt; das Staatsgrundgesetz Hannovers ist von nun an die Sonne am Firmamente der politischen Welten. Zur Tagesgeschichte. München, 1. Januar 1832. In Erwägung, daß die Bemühungen des Herrn Rudhart um die Bewilligung der vollen von der Regierung postulirten Civilliste nicht vollständig gelungen sind, wurde derselbe anstatt zum Minister, zum General-Commissair und RegierungsPräsidenten in München ernannt; in Erwägung, daß die Verdienste des Herrn Fürsten Wallerstein um die Bewilligung der Civilliste noch glänzender waren, als jene des Herrn Rudhart, ist der Herr Fürst zum Minister des Innern befördert; in Erwägung ferner, daß der Herr Bundesgesandte in Frankfurt, Freiherr von Lerchenfeld, um die Aufrechterhaltung des Lebensprinzipes der baierischen und anderer deutschen Regierungen, der Censur, ausgezeichnete Verdienste bei der
Bundesversammlung sich erworben hat, ist derselbe zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt; in Erwägung endlich, daß der Versuch zu loben, jedoch das vollendete Werk erst den vollen Dank verdiene, wird der Herr Kabinetssekretär Grandauer vor der Hand und bis seine Versuche, die Gesetzgebung mit der asiatischen in Einklang zu bringen, vollends gelungen sein werden, zum Staatsrath und Verweser des Justizministeriums befördert. — Der Landtags-Abschied ist im ächt liberalen Geiste abgefaßt. Da vermöge der Qu asi-Leibeigenschaft des Volkes die Regierung auch unumschränkter Herr über den Geldbeutel desselben ist, so wurde die Civilliste von drei Millionen Gulden blos darum in einem so unbedeutenden Betrage angenommen, um der Nation einen neuen Beweis von den milden Gesinnungen des Gouvernements zu geben. Das Gesetz über die famöse Interpretation des §. 44 ist gefallen, weil selbst der absolute Geist, welcher demselben durch die Inconsequenz der Deputirtenkammer gegeben worden war, der konstitutionellen Regierung zu liberal und als eine Beschränkung der Rechte der Krone erscheinen mußte. Das Militairbudget ist nur unter dem Vorbehalt angenommen, allenfalls nothwendige Ueberschreitungen auf andere Art zu decken. Es versteht sich, daß die Beurtheilung der Nothwendigkeit als eine Prärogative der Krone angesprochen werden wird, und dann wäre das ganze Bewilligungsrecht der Kammer so ziemlich eine unnütze Form. Die Zeit geht indessen, ungeachtet aller Bemühungen des Münchner Gouvernements, vorwärts. Die Minister mögen sich daher hüten, das von den Ständen votirte Militär-Budget zu überschreiten. Es könnte doch bald eine Kammer kommen, welcher gegenüber der Schutz des Kabinets ihnen nichts frommen würde.Homburg im Rheinbaiern, 5. Januar 1832. Erst heute hat der Redacteur dieser Blätter in verschiedenen Zeitungen gelesen, daß Herr Rosenthal, Redacteur zweier Zeitschriften in Pesth, in seiner Wohnung plötzlich von Justizpersonen überfallen und ins Gefängniß abgeführt worden sei, weil man ihn beschuldige, den Artikel der deutschen Tribüne „die Glocke" verfaßt zu haben. Wenn das österreichische Gouvernement oder die betreffende Behörde den fraglichen Aufsatz in seinen verschiedenen Fortsetzungen nur oberflächlich überschaut haben würde, so müßten sie auf der Stelle die Ueberzeugung gewonnen haben, daß die Quelle, aus welcher dem Redacteur der Tribüne die Materialien zu dem Aufsatze zugekommen sind, in andern Regionen gesucht werden müsse, und daß Herr Rosenthal, der uns bis jetzt nicht einmal dem Namen nach bekannt war, unmöglich der Verfasser sein könne. Wir hoffen darum auch, daß das bemerkte Gerücht grundlos sei. Sollte dasselbe aber dennoch in Richtigkeit beruhen, so beschwören wir das österreichische Gouvernement, von der Verfolgung eines Unschuldigen abzustehen. An
das
Publikum.
Von verschiedenen Seiten ist uns die Nachricht zugekommen, daß man unter dem Publikum das Gerücht verbreite, die dem Erscheinen der Tribüne in den Weg gestellten Hindernisse seien zu groß, als daß deren Ueberwindung möglich
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39 wäre. Damit man sich durch solche Gerüchte nicht täuschen lasse, erklären wir, daß die Regierung, ohne offene Gewalt zu gebrauchen, nicht die Macht besitze, das Erscheinen unseres Journals zu hindern. Man hat zwar durch einen Eingriff in die Staatsverfassung eine Presse der Unternehmer versiegelt, allein Herr Ritter in Zweibrücken, welcher der heiligen Sache nie seine Unterstützung entziehen wird, hat vorläufig den Druck der Tribüne übernommen. Dieselbe wird daher bis zur Entscheidung des Prozesses über die Verletzung constitutioneller Rechte ohne Unterbrechung in Zweibrücken erscheinen. Zur Beruhigung der Actionäre der Tribüne bemerken wir zugleich, daß nicht die Schnellpresse, sondern nur eine Handpresse der Unternehmer unter Siegel gelegt worden ist. Die Schnellpresse ist in Zweibrücken in Sicherheit, und wird bis zur Entscheidung des Prozesses von Seite der Unternehmer nicht gebraucht werden. W i r bemerken ferner, daß wir nach den getroffenen Einrichtungen nunmehr schon binnen einigen Tagen in Stand gesetzt sein werden, die wichtigsten politischen Nachrichten schleunig mitzutheilen. Endlich finden wir uns gedrungen, diejenigen unserer Herren Correspondenten, welchen wir auf ihre Schreiben und Anerbietungen keine Antwort gegeben haben, um Entschuldigung zu bitten. Da nämlich der Redacteur keine Mitarbeiter hat und das Journal nunmehr ganz allein schreiben muß, so ist es ihm neben den vielen technischen Geschäften bisher unmöglich gewesen, die Privat-Correspondenz zu besorgen. Die Herren Correspondenten mögen daher mit ihren Mittheilungen fortfahren; die Bedingungen lassen sich später festsetzen.
Homburg,
am 5. Januar 1 8 3 2 .
Die Redaction der »deutschen Tribüne.« A n z e i g e n .
Deutsche allgemeine Zeiung. (Früher S t u t t g a r t e r a l l g e m . Z e i t u n g . ) Auf das mit 1. Januar 1832 beginnende Jahr dieser Zeitung kann bei allen in- nnd ausländischen PostGedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
ämtern abonnirt werden. Täglich erscheint ein ganzer Bogen, in Großquartformat auf weißes Papier mit neuen deutlichen Typen gedruckt. - Der Plan bleibt unverändert. Von den Verhandlungen der nächsten Würtembergischen Ständeversammlung wird dieses Blatt regelmäßig schnelle und ausführliche Berichte geben, auch wichtige Gegenstände schon vor ihrer Berathung durch die Kammer in eigenen Aufsätzen zur öffendichen Diskussion bringen. — Der Preis des Halbjahrs ist in Stuttgart sechs Gulden. Nur die bestellten Exemplare werden verschickt, und die bisherigen resp. Leser belieben deshalb ihr Abonnement zeitig zu erneuern, um jede Unterbrechung im Empfang des Blattes zu vermeiden. Ebenso bitten wir neu eintretende Leser bei Zeiten zu abonniren, damit die Stärke der Auflage bestimmt werden kann. Vincenzo
Verri's
untrügliches Mittel gegen Magen- und Nervenschwäche, unter dem Namen:
NETTARE di N A P O L I . (Göttertrank von Neapel.) Dieses in ganz Deutschland allgemeine Sensation erregt habende, und mit vollem Rechte obigen Namen verdienende Heilmittel, welches durch seine täglich neuen außerordentlichen Beispiele seiner herrlich wirksamen Eigenschaften sich stets mehr und mehr bewährt; bringt der Unterzeichnete zum allgemeinen Wohle in empfehlende Erinnerung. Preis p. Originalflasche 1 Dukaten flr. Briefe und Gelder erbittet franco die Haupt-Niederlage für ganz Deutschland. Carl Gaudelius-Razen, in Frankfurt am Main, große Sandgasse K. 163. Oeffentliche
Danksagung
zu Gunsten des Nettare di Napoli, gegen Magen- und Nervenschwäche. Obgleich in demjenigen Alter, wo mit Hülfe der Kunst nur wenig zu hoffen ist, und nachdem ich schon seit fünf Jahren die vorzüglichsten Aerzte zu Rathe gezogen, um von den, vielfach mich belästigenden Magen- und Nerven-Beschwerden befreiet zu werden, glaubte ich kein Mittel weiter finden zu können, welches meine Leiden nur einigermaßen lindern würde, als mir auf spezielle Empfehlung höchsten Orts das seit langer Zeit mit so ausgezeichneter Wirkung begleitete Nettare di Napoli angerathen wurde. Schon nach einigen Monaten empfand ich die Heilkräfte dieses vorzüglichen Mittels, und nach sechs monatlicher Fortsetzung desselben fühle ich mich in meinem 64jährigen Alter so wohl und munter, daß ich gleichsam neu geboren und mit erhöheten Kräften ins Leben getreten bin. Diese meine mit innigem Dank begleitete Erklärung glaube ich der Oeffentlichkeit schuldig zu sein. Manheim (im Großheizogthum Baden) im Juni 1831. Magdalena v. Serviere, geb. v. Frank. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Sonntag.
Ν—
Deutschland und der Krieg. In den ersten Acten der Komödie, welche die Protokollmacher in London spielten, war immer nur vom Frieden die Rede: das Ende ist also natürlich — der Krieg. Und in der That, es scheint, Europa werde nochmals den Krieg sehen. Erschütterungen des Despotismus und der absoluten Gewalt, wie jene in der Juliwoche, erträgt man so lange - als die Ohnmacht dauert, sie zu rächen; allein man vergißt die Beleidigung nie, sondern erwartet und bereitet nur die Gelegenheit vor, durch Zurückfuhrung der Dinge auf ihren frühem Stand sich Genugthuung zu verschaffen. Hierin liegt der Schlüssel des Benehmens der Höfe von Wien, Berlin und Petersburg seit der Vertreibung Carls X. Man legitimirte zwar die Juli-Revolution durch Anerkennung Ludwig Philipps, man duldete ferner die Losreißung Belgiens von Holland; allein beides nur darum, weil man die Macht der öffentlichen Meinung der Völker fürchtete und einen Krieg gegen die Freiheit nicht zu unternehmen wagte. Da demnach die Restauration mit offener Gewalt nicht bewerkstelliget werden konnte, so mußte man natürlich zur Politik seine Zuflucht nehmen. Dieses Mittel schlug an, denn die heilige Allianz fand in der Person des Herrn Perier einen zweiten Casdereagh, und der Juste-Milieu unterstützte das System Ludwig Philipps, welches die Freiheit im Munde und die Restauration im Herzen trug. Durch wechselseitige Anstrengungen des Cabinets und einer servilen Kammer gelang es, unter dem Vorwande der Mäßigung den Aufschwung der französischen Nation niederzuschlagen, die Kräfte des Volkes zu zersplittern und Frankreich der alten Ohnmacht wieder zu nähern. Sowie aber der Sturz der Despotie in Frankreich auf die andern Länder Europas Rückwirkungen im Sinne der Freiheit äußern mußte, so wurde umgekehrt durch die unseligen Rückschritte Frankreichs der aufstrebende Geist der Civilisation in den übrigen Ländern Europas fast gänzlich wieder erdrückt. Dahin wollte es die heilige Allianz oder die heilige Dreifaltigkeit von Berlin, Wien und Petersburg nur bringen, darum spielte sie die Komödie der Londoner Conferenz und Protokollmacherei. Nachdem aber die Vormauer der Freiheit in Polen eingestürzt, Deutschland halb entmuthigt und eingeschüchtert, Frankreich endlich ermüdet, erkaltet und uneinig ist, jetzt scheint es der Dreifaltigkeit des Absolutismus Zeit zu sein, die Maske fallen zu lassen und die Londoner Komödie mit dem Kriege zu schließen. Vieles deutet an, daß dieß wirklich die Absicht der drei Großmächte sei. Das Ministerium Perier würde dann mit dem Kriege endigen — mit demselben Kriege, dessen Vermeidung es den Ruhm und die Interessen Frankreichs geopfert hat. Am Ende also doch Krieg, jedoch nur mit dem Unterschiede, daß nun die Vorhut in den Armeen der Völker, die polnischen Ritter, vernichtet, daß die Gemüther anderer Völker Frankreich entfremdet und daß die Flammen der Begeisterung erloschen sind. Der Juste-Milieu wird Frankreich nicht vor dem
Tribüne. 6.
Homburg, den 8. Januar 1 8 3 2 .
Krieg bewahrt, sondern nur der Mittel, ihn glorreich zu nihren, wenigstens großentheils beraubt haben. Nächst Frankreich ist bei einem europäischen Kriege Deutschland am meisten betheiliget. Wir meinen nicht Oestreich und Preußen, sondern das deutsche Reich. Die Sehnsucht nach der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes und der Organisation eines deutschen Reiches ist in neuester Zeit wieder lebhaft erwacht. Noch lebt zwar das Ganze nur in der Idee freisinniger Patrioten; allein die Idee theilt sich rasch mit, findet allenthalben Anklang und wird unter der Pflege der Presse endlich zu einer Macht, welcher die absoluten Höfe nicht mehr zu widerstehen vermögen. Auch diesem soll durch den Krieg vorgebeugt werden; letzterer soll also nicht blos die Ideen der Freiheit, sondern auch die Gefühle der Vaterlandsliebe unterdrücken. Als die deutschen Fürsten ihre Völker vor 18 Jahren zu den Waffen riefen, war die deutsche Freiheit und Unabhängigkeit das Loosungswort und der Talisman, welcher die Gluth der Begeisterung über die Völker ausgoß. Jetzt wird die Unterdrückung der Freiheit und die Vernichtung der wiederaufstrebenden Nationalität Deutschlands das Losungswort sein, womit die Fürsten zwar nicht die Völker, doch ihre Armeen in das Feld führen werden. Freiheit nennt man dann «Anarchie,» und deutsche Vaterlandsliebe «demagogische Umtriebe.» Diese sollen die guten Heere unterdrücken. Man wird deshalb von der unerschütterlichen Treue der Völker gegen ihre angestammten Fürsten sprechen und dieses rührende Verhältniß durch Vervielfältigung jenes zart gewählten Sinnbildes, daß ein kriechender Hund zu den Füßen seines Herrn liegt, noch anschaulicher machen. Man wird von den Wohlthaten sprechen, welche die deutschen Völker durch die väterliche Fürsorge ihrer Fürsten genießen, als da sind: Mauthen, Censur, Civillisten, Cabinets-Regierung, Congregationen u. s. w. Man wird den hohen Standpunkt herausheben, zu welchem die Garantien der politischen Freiheit in Deutschland sich geschwungen haben, und wie man ζ. B. in Preußen schon Provinzialstände habe ohne Wirkungskreis und in andern deutschen Ländern sogar Landstände ohne Bedeutung. Gewiß die Aufzählung der Wohlthaten, welche Deutschland seit 18 Jahren von seinen Regierungen empfangen hat, muß die Bewohner der verschiedenen Länder auffordern, bei Eröffnung eines Kriegs Gut und Blut zu opfern, damit Karl X. wieder eingesetzt, die Münchner Censur-Ordonnanz vom 28. Januar 1831 durchgeführt, die Carlsbader Beschlüße in verschärfter Art vollzogen und wider die Freunde des Lichts, der Freiheit und der deutschen Nationalität kräftige Central-Untersuchungs-Commissionen eingesetzt werden. Eilt ihr Völker, fiir solche großartige und erhabene Zwecke euer Vermögen zu opfern und euer Blut zu verspritzen!
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43 Briefe aus der Zeit und über die Zeit. (Aus N o r d d e u t s c h l a n d . ) 1. Heute lese ich einem franzözischen Blatte von der Art und Weise, wie der König der Franzosen sich gegen eine alte arme Frau benommen, die ihn wegen Desertion ihres Sohnes um Gnade anflehte. Sie fiel dem Könige, als er im Garten der Tuillerien mit seiner Familie spazieren ging, zu Füßen, er aber hob die Frau von der Erde auf, tröstete sie, zeigte in aller Weise menschliches Mitgefühl und versprach Gewährung der Bitte. Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen, als Gegenstück dieses Benehmens, das eines deutschen Fürsten, und zwar des Königs von Preußen erzähle, welches ich im Schloßgarten zu Töplitz im Sommer vorigen Jahres mit eigenen Augen gesehen habe. Der König saß auf einer Bank eines großen breiten Weges, auf welchem vor Mittag die Badenden und nicht Badenden aller Classen auf und nieder zu gehen pflegen, in Gesellschaft des Fürsten Wittgenstein, seines Oberkammerherrn, und noch eines andern vornehmen Mannes, als sich eine weibliche Person dem Monarchen, der den einen Endplatz der Bank innen hatte, mit bittender Gebärde nahte und etwas zu sagen versuchte. Fürst Wittgenstein aber, ohne einmal des Königs Befehle zu erwarten, wehrte die Supplicantin mit solchem Ungestüm ab, als wenn sie der Böse selbst gewesen wäre, und da der König sich ganz passiv verhielt, und verlegen vor sich nieder sah, zog sich die arme Bittende alsbald zurück, der Bade-Commissär aber, der dieses große Vergehen von ungefähr gesehen hatte, nahm sie beim Fortgehen in Empfang, überhäufte sie mit den bittersten Vorwürfen und bedeutete sie, zur Stunde Töplitz zu verlassen. Sie beklagte sich über schreiendes Unrecht, welches man ihr zufüge, — was wollte das aber sagen gegen das viel größere des Versuchs, einen deutschen König in einer wahrscheinlich sehr wichtigen Unterhaltung mit seinem Oberkammerherrn auf einige Augenblicke zu unterbrechen. — Ueberall hört, wie Ihnen vielleicht schon bekannt ist, der König von Preußen höchst ungerne die klagende oder bittende Stimme seiner Unterthanen, welche daher in solchen Fällen auf schriftliche Eingaben verwiesen sind. Nicht einmal alle Minister, obgleich die einzelnen Departements derselben streng geschieden sind, läßt er Behufs abzustattender Relationen gern vor sich, sondern einer oder einige von ihnen treten als Mittelspersonen fiir die übrigen auf. Dagegen haben sämmtliche Officiere der Garden, oder nur die einiger auserwählter Regimenter das Vorrecht, dem Könige stets ihre Wünsche vortragen zu können, so wie es überall für eine Militärperson nicht schwer hält, vorgelassen zu werden. Eines der seltsamsten Verhältnisse ist aber auf jeden Fall das des Königs zu seinen Ministern, so seltsam, daß ich selbst an der Wahrheit seines Vorhandenseins zweifeln würde, wenn ich nicht darüber durch den Mund eines sehr vornehmen Mannes aus der nächsten Umgebung des Königs unterrichtet worden wäre. Es steht nämlich zwar Jedem, der sich beschwert erachtet, frei, sich direct schriftlich an den König zu wenden, der auch in der Regel sehr schnell antwortet, allein nie, auch wenn der Fall noch so sehr zu
einer durchgreifenden Maßregel sich eignet, selbst und gegen den Willen des betreffenden Ministers etwas verfugt, sondern höchstens eine Empfehlung an den Minister gibt. Dieser kehrt sich aber in der Regel nicht an die Empfehlung des Königs, wodurch er sich wohl gar beleidigt, und daher gegen die ihm empfohlene Person noch mehr eingenommen fühlt. Ich, sagt er, muß die Sache besser beurtheilen können als der König, und dabei bleibt es. Jedermann, der in Preußen die Verhältnisse kennt, wenn er nicht Soldat ist, kümmert sich daher wenig um die Gunst des Königs, bewirbt sich aber dagegen desto angelegentlicher um die der betreffenden Minister, deren Allmacht er kennt. Wie aber der Minister in dem weitesten, so ist nun wiederum jeder folgende Staatsbeamte mit einem verhältnißmäßigen Grade von eigenmächtiger Gewalt in seinem engern Wirkungskreise ausgerüstet, und Sie werden leicht in diesen Angaben die Grundpfeiler des gesammten Beamtendespotismus erkennen, welcher auf Preußen so schwer lastet, und von seinen, auch in mancher anderen Weise zu sehr belasteten Schultern wohl nicht ohne vorgängige Einfuhrung einer Verfassung abgenommen werden dürfte. So lange die Fürsten dem Volke die Constitution verweigern, erscheint es im höchsten Grade unverantwortlich, wenn sie sich aufeine solche Art unzugänglich machen, sich zu diesem Ende hinter einer lächerlichen Hofetikette verbergen und Zeitmangel vorschützen, da es doch nur zu bekannt ist, wie verschwenderisch sie bei andern Gelegenheiten mit eben der Zeit umgehen, die sie der Erfüllung ihrer ersten und heiligsten Pflichten so höchst kärglich zumessen. So ζ. B. erzählte man mir vor Kurzem auf der Durchreise in Braunschweig: der Herzog sei bereits über vier Wochen lang zur Betreibung der Jagd abwesend, und noch wisse man nichts Bestimmtes über seine Rückkehr. Erfolge diese aber auch über kurz oder lang, so sei damit auch nicht Vieles gewonnen; denn theils sei er sehr schwierig in Ertheilung persönlicher Audienz, theils nicht im Stande, in Betreff der ihm vorgetragenen Fälle ein selbstständiges Urtheil sich zu bilden, und demselben gemäß, seinen Geheimenräthen gegenüber, verfahren zu lassen. Noch übler sei es mit den schriftlichen direkt an den Herzog gerichteten Eingaben, indem man Ursache habe zu glauben, daß Sr. Durchlaucht von ihnen durchaus keine Notiz nähmen, sondern dieselben sogleich an das Staats-Ministeriums abgeben ließen. Welche seltsame Begriffe müssen nothwendig die meisten kleinen Fürsten von ihrer Bestimmung haben, und wie thöricht handeln offenbar ihre Rathgeber. — Wenn man auch das Unrecht gar nicht in Betracht ziehen will, daß sie dieselben nicht zu mehrerer Thätigkeit in Regierungs-Angelegenheiten, zu mehrerer Notiznahme von den Verhältnissen ihres Landes zu bewegen suchen; denn da ihre Entbehrlichkeit nothwendig immer mehr und immer allgemeiner in die Augen fallen muß, so ist doch auch nicht schwer einzusehen, welche Folge eine solche vermehrte Einsicht den täglichen Erfahrungen gegenüber nach sich ziehen wird. - Die Regenten des Königreichs Sachsens, übrigens grundgute Leute, sprechen, mit seltenen Ausnahmen, nur hoffähige Leute, andere müssen sich Sonntags in den Gang stellen, welcher aus der katholischen Kirche in das königliche Schloß führt, um daselbst den vorübergehenden Regenten ihre Suppliken zu übergeben. Zur Zeit der Dresdener Unruhen aber war dieser Weg, aus Furcht vor Ge-
45 walthätigkeit, versperrt, und jeder Sachse konnte nur Gott, nicht aber seinem Regenten bittend und beschwörend nahe treten. Das Resultat und der Sinn dieser Betrachtungen ist: »Gebt dem Volke eine gute repräsentative Verfassung mit allen ihren Consequenzen, und man wird von euch nichts weiter verlangen, als die verantwortlichen Minister, unter Controle der öffentlichen Meinung und deren Organe, regieren zu lassen. Man wird von den Beschwerlichkeiten der Audienzen, der Untersuchung und Abhülfe der Beschwerden, und der Last des Regierens überhaupt recht gerne euch befreien, demungeachtet aber zureichende Civillisten nach Maßgabe der Kräfte des Landes votiren. So lange ihr aber allein und unumschränkt regieren wollt, muß man auch die strenge Erfüllung aller Regierungspflichten von euch selbst fordern, und mit Hülfe der Presse darauf dringen, daß ihr alle Bitten und Beschwerden selbst hört, selbst prüft und im Sinne der Gerechtigkeit selbst entscheidet.« Die russische und preussische Logik. Der Hamburger Correspondent bringt von der russischen Gränze einen fanatischen Artikel gegen die unglücklichen Polen, der sich eben so sehr durch seine despotische Grundsätze, als eine seltsame Logik auszeichnet. Wahrscheinlich kömmt er aus der Feder eines lojalen Preussen, weßhalb wir, um Deutschlands Ehre zu retten, mit einer deutschen Feder antworten wollen. Der warme Vertheidiger der Tyrannei sagt am Eingange seines Artikels: „Nach einer mit Mord, Verrath und Treubruch begonnenen Empörung (der Polen) finden diese Herrn (deutsche Journalisten) auch fiir gut, das russische Amnestie-Decret anzufechten." Also der Kampf, wodurch Polen seine Freiheit und Unabhängigkeit wieder erringen wollte, war ein Act des Mordens? Nun so waren die Preussen, welche, nach der Trennung von ihrem Lande und der Abtretung an andere Fürsten, zur Wiederaufrichtung des preussischen Staates die Waffen ergriffen haben, ebenfalls des Mordens schuldig. Polen war mit Unrecht unter russische Herrschaft gebracht worden und derselbe Grund, welcher die Insurrektion der im Tilsiter Frieden abgetretenen Länder gegen Napoleon nicht blos legitimirt, sondern adelt, derselbe Grund macht den heldenmüthigen Kampf der unterdrückten Polen gegen ihren unrechtmäßigen Zwingherrn zu einem Gegenstande unsterblichen Verdienstes. Die Preussen sollten die letzten sein, diese Wahrheit zu bestreiten. Oder war sie vielleicht Verrath und Treubruch die polnische Revolution? Nun so war es auch die preussische Insurrektion gegen Napoleon. Nein nicht Verrath, sondern Treue gegen das Vaterland und politische Tugend war der wiederholte Versuch der Polen, ihre Nationalität wieder zu erringen. Eher war es Verrath und Treubruch an dem heiligen Rechte der Völker, an den bestehenden Verträgen und an der ganzen polnischen Nation, daß man Polen zerriß, eher Verrath und Treubruch, daß man Polen unter die Geißel russischer Herr-
46 schaft beugt, eher endlich Verrath und Treubruch, daß man die beschworne Ver[f]assung verletzte. Zweiseitig ist das Verhältniß zwischen Fürst und Volk. Kein Theil kann seine Pflichten verletzen, ohne den andern von der Erfüllung der seinigen zu entbinden. Von russischer Seite waren die Grundpflichten verletzt, auf welchen das ganze Staatsverhältniß beruhte. Dadurch wurden die Polen ihrerseits dieser Grundpflichten entbunden. Keine Pflicht ist also von ihnen verletzt worden. Keine Empörung war es daher, in welcher sich die Polen gegen die Russen erhoben, sondern ein edler Aufschwung für Nationalität, Freiheit und Recht, gegen schreiendes Unrecht und unerträglichen Druck. Der Artikel des Preußen von der russischen Gränze fährt aber fort: „Obschon es (nämlich das Amnestie-Dekret) nur Strafen für solche verfügt, die theils als Hauptschuldige bezeichnet und überführt sind, theils auf die wiederholte Warnung und den oft erneuten Ruf, zu ihrer Pflicht zurückzukehren, nicht achteten." Ist denn ein Amnestie-Dekret ein Dekret, welches Strafen verfugt, oder nicht vielmehr ein solches, welches Vergessenheit verkündet? Mit Recht tadelt man ein Ding, welches nicht dasjenige ist, wofür es sich ausgiebt, ein Ding, welches sich Amnestie-Dekret nennt und Strafen verfugt. Schuldige waren nur auf russischer Seite. Gewarnt vor Unrecht, zur Pflicht zurückgerufen, konnten nur die Russen werden. Die Polen waren durch jedes Gefühl von Recht und Edelsinn zum Kampfe gegen Rußland aufgerufen. Der Pole hat seine Pflichten am treuesten erfüllt, der zuerst gegen Rußland sich erhob, zuletzt die Waffen niederlegte, und mit der größten Kraft sie führte. „Billig", heißt es in dem famösen Artikel weiter, sollten alle Gutgesinnten, nachdem ihnen die bitteren Früchte der Revolutionen in Frankreich, Belgien, Italien und Polen klar geworden sind etc. Die bitteren Früchte der Revolutionen in Frankreich und Belgien sind den gut, d. h. friedlich aber frei und kräftig gesinnten Staatsbürgern nicht klar geworden. Im Gegentheil ist ihnen klar geworden, daß diese Revolutionen gute Früchte getragen haben, nicht nur für Frankreich und Belgien, nein! auch für Deutschland, für Brittannien, für die ganze Welt. Der Geist der Freiheit steht jetzt stärker und kräftiger in Europa, als vor jenen Revolutionen, und dieses ist ein unschätzbarer Gewinn, wenn schon nicht alle Hoffnungen erfüllt worden sind, welche der Gutgesinnte, in dem bezeichneten Sinne unmittelbar nach ihrem Gelingen begte. Auch die Früchte der italienischen Revolution sind nicht bitter zu nennen. Der Kirchenstaat kann jetzt mehr als jemals hoffen, aus dem Zustande der Erniedrigung hervorzutreten, in welchem er durch die Pfaffenherrschaft gestürzt worden ist. Diese Hoffnung bietet genügende Entschädigung für die Verluste, welche Einzelne in Folge dieser Revolution erlitten haben. Die Früchte der polnischen Revolution sind freilich bitter, wenn wir die Gegenwart betrachten; doch sie sind herrlich und erquickend, wenn wir die Vergangenheit und die Zukunft ins Auge fassen, wenn wir uns erinnern, wie die Russen trotz ihrer Uebermacht aus Polen verjagt, in vielen Schlachten geschlagen wurden, wenn wir der hohen Na-
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tionalkraft gedenken, welche Polen entwickelt hat, wenn wir uns alle die Züge glühender Begeisterung für Freiheit, Recht und Vaterland, welche den edlen Kampf der Polen bezeichnen, vergegenwärtigen. Dieser Blick in die Vergangenheit verkündet auch eine schönere Zukunft. Polen ist noch nicht verloren, so lange es sich selbst treu bleibt! Das Schreiben fährt fort: „Die Polen sollten mit dem höchsten Vertrauen auf einen Regenten blicken, dessen Milde und Großmuth sich vielfältig erwiesen haben." Gegen wen hat sich diese Milde und Großmuth erwiesen? möchte man fragen. Gegen die Polen etwa vor dem Ausbruche der Revolution? Wohl durch die Militärherrschaft, durch das Spionenwesen, durch die Unterdrückung jedes freien Wortes, jeder freien Bewegung, jeder freien Schrift, durch die Bestechlichkeit, die Gewaltthätigkeit und Verdorbenheit der von Rußland angeordneten Justiz- und aller andern Behörden? Oder unmittelbar nach dem Ausbruche derselben. Man konnte es nicht über sich gewinnen, mit den Polen auch nur zu unterhandeln! Hunderttausende wollte man lieber hinopfern, als nur einen kleinen Theil desjenigen gewähren, wozu man verpflichtet war, was man mit Recht gar nicht verweigern konnte. Oder endlich nach der Einnahme Warschaus? Etwa durch das Amnestiedecret, welches Strafen verfügt, durch die Confiscationen, welche die polnische Nation fast an den Bettelstab bringen, durch den an die Polen gerichteten Befehl, die russische Kokarde aufzustecken, durch die zahllosen Verhaftungen und Sendungen nach Sibirien, ungeachtet dieselben nur gegen diejenigen verhängt werden können, die einen untergeordneten Antheil an der Revolution genommen haben, weil alle übrigen ausgewandert sind? — Die unbetheiligte Mitwelt hat gerichtet, die Nachwelt wird richten. »Eine Regierung voll Einsicht, Thätigkeit und Wohlwollen« ist endlich dem Preußen das russische Gouvernement. Man erlaube uns indessen bescheidene Zweifel. Wo weder die Rede noch die Presse frei ist, kann die Regierung die Wünsche und die Bedürfnisse ihres Volkes gar nicht in Erfahrung bringen, auch wenn sie sich um dieselben kümmerte. Wo die Bildungsanstalten so ärmlich sind, der Besuch auswärtiger aber gänzlich untersagt, wo aller geistiger Verkehr so sehr gehemmt ist, als in Rußland, da sind diejenigen, welche berufen sind, an der Regierung des Staates Theil zu nehmen, gar nicht im Stande, mit Einsicht zu regieren, denn es fehlt ihnen die Kenntniß der Wünsche und Bedürfnisse des Volks nnd die erforderliche Bildung zum Staatsdienste. Wer übrigens die russische Regierung kennt, der weiß, daß bei keiner größere Gewalthätigkeit, bei keiner größere Willkür sich findet. Thätigkeit. Ja] doch nur die Thätigkeit eines Feldlagers zeigt sich bei Rußlands Regierung, und diese ist nicht geeignet, Glück und Seegen zu verbreiten. Und dieses gerühmte Wohlwollen ist es gewiß, welches Sibirien mit Colonisten überfüllt, dessen gewöhnliche Strafen die Ruthe und die Knute sind?
C o r r e s p o n d e n z .
die Hoffnungen zur Erhaltung des Friedens allgemein herabgestimmt. Was die gründlichste Logik achtzehn Monate lang vergeblich versuchte, das haben jetzt die ihr nachfolgenden Thatsachen bewirkt. Der Glaube an die Möglichkeit des Friedens ist dahin, und mit ihm das Vertrauen in die Unfehlbarkeit des großen Perier, der jetzt von seinen schönen Träumen einen nach dem andern vereitelt sieht. Auch ist dieser berühmte Staatsmann, dessen unerschütterliche Festigkeit schon klassisch zu werden begann, plötzlich so kleinlaut geworden, daß er jüngst in der Soiree bei Lafayette diesem verzweiflungsvoll ins Ohr schrie: »la societe est perdue,« was so viel bedeutet als: mon portefeuille est perdu. Denn durch eine wunderbare Reihe von Folgesätzen ist dieser Minister zu dem Schluß der Identität seines Portefeuilles mit der Gesellschaft gelangt. Das Portefeuille hat keine sichere Grundlage mehr, und in der That ist Perier s Lage bemitleidenswerth, da jeder politische Wechselfall, von welcher Beschaffenheit er auch sei, der ministeriellen Existenz desselben gefährlich wird. Neigt sich die Schaale zum Krieg, so ist die Mission des Meisters des Juste-Milieus vollendet. Kein Minister, selbst Villele und Polignac nicht, beging in so kurzer Zeit eine solche Menge von Sünden gegen die wahren Interessen Frankreichs. Daß Odillon-Barrot das neue Ministerium bilden wird, ist bestimmt. Seine Grundsätze lassen einem liberalern Gang der Regierung vermuthen. Gewiß ist, daß die auswärtige Politik Odillon-Barrot's einen der Ehre Frankreichs wie den Wünschen des europäischen Liberalismus mehr entsprechenden Charakter annehmen wird. - Namentlich wird die Wiederherstellung Polens und die Räumung Italiens von österreichischen Truppen verlangt, und nöthigenfalls erzwungen werden. — Die Verfolgungen der mauvaise presse, wie Perier die radicalen Blätter getauft hat, dauern immer noch fort, und werden zunehmen, bis eine der kämpfenden Parteien unterlegen sein wird. - Daß dieser Unfall ihm selbst begegnen könnte, scheint das Gouvernement nicht für möglich zu halten; denn in der Beschwichtigung der Lyoner Insurrection glaubt es einen schlagenden Beweis seiner Stärke zu finden, obgleich kein Vernünftiger etwas anders darin erblicket, als einen Beweis für die allgemeine Abspannung, welche in diesem Augenblicke dieThatkraft des Volkes lähmt, welche aber täglich, ja! stündlich, einer neuen furchtbaren Explosion Platz machen kann. - Man unterhält sich viel von einer Anekdote, welche vor einigen Tagen im Corps-de-garde der Tuillerien vorfiel, und welche den trefflichen, wahrhaft republikanischen Geist der Armee bewieß, es ist nämlich Sitte, daß die kommandirenden Offiziere der Wache in den Tuillerien zur königlichen Tafel eingeladen werden; als nun an dem fraglichen Tage den wachthabenden Offizieren die Einladung überbracht wurde, erwiederte der Capitain: „er danke, die Civilliste sei viel zu hoch, man müsse auf Einschränkung denken:" zwei Lieutenants fugten hinzu: „sie wollen ebenfalls keinen Antheil an der Verschwendung des Hofs nehmen:" und der dritte Lieutenant, welcher die Einladung annahm, wurde von sechzig bis siebenzig umstehenden Offizieren mit dem Ruf verfolgt: a bas tes pique — assiettes! Sollten wohl deutsche Offiziere einer gleichen Freimüthigkeit fähig sein?
Paris, im Januar 1832. Die neuesten Nachrichten, welche man hier aus Rußland und Italien erhält, haben Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Montag. Protestation wider eine Januar-Ordonnanz.
Tribüne.
Ν— 7 . zweite
Das baierische Gouvernement hat das System der Rückschritte wieder offen proklamirt und die Staatsverfassung abermals verletzt. Es war nicht genug, daß man die Kreis-Regierung zu Speyer wider die Pressen der Schriftsteller gesetzwidrige Gewaltthätigkeiten ausüben ließ, sondern man greift noch nachdrücklicher in die Staatsverfassung ein, indem man den Befehl ertheilt, daß die Post kein Journal versenden dürfe, worin sich eine von der Censur gestrichene Stelle befindet. Es ist hierüber folgendes Rescript der KreisRegierung in Speyer erlassen worden: „Zufolge allerhöchsten Rescripts vom 17. December wird über die Censur der Zeitungen und periodischen Schriften, für den Fall, daß die Redactionen die Censur umgehen oder die von der Censur gestrichenen Stellen dennoch abdrucken lassen oder sie in besondere Flugblätter aufnehmen, nachfolgende Weisung ertheilt: „Von jedem Blatte, in welchem von der Censur Stellen gestrichen worden, ist von der Redaction das corrigirte Blatt in bestimmter Frist wieder zu verlangen." „Wenn die Redaction das corrigirte Blatt nicht wieder vorlegt, oder es unternehmen sollte, gestrichene Stellen dennoch abdrucken zu lassen, oder sie in Flugblättern beizulegen, so ist sogleich und rechtzeitig vor Ablauf der Post die k. Post-Expedition zu requiriren, die Blätter nicht zu versenden. Eine solche Requisition darf niemals gegen die Versendung unter Couvert gerichtet werden, welche die Verletzung des Briefgeheimnisses fordern würde." „Den Redacteurs der Zeitungen und periodischen Blätter ist amtliche Eröffnung von den Maßregeln zu machen, welche sie zu er-
Homburg, den 9. Januar 1832.
warten haben, wenn sie sich der Censur entziehen oder gestrichene Stellen in Umlauf bringen." Daß diese als allgemeine Norm ausgeschriebene Verfügung des Gouvernements eine neue verfassungswidrige Ordonnanz sei, liegt ausser allem Zweifel. Wäre das Abdrucken gestrichener Stellen eine unerlaubte Handlung, in Ansehung deren eine Verfolgung des Urhebers gesetzlich zulässig ist, so stand es der Regierung frei, bei dem zuständigen Gerichte auf Bestrafung der Handlung anzutragen. Das Gouvernement weiß aber, daß kein Gesetz das Abdrucken gestrichener Stellen verbietet: dasselbe umgeht daher die Gerichte und will jene nicht strafbare Handlung durch das Verbot der Versendung der Blätter verhindern. Hierin liegt eine gesetzwidrige Verfolgung der Schriftsteller, und weil sie nicht blos gegen einzelne Individuen, sondern ganz allgemein befohlen worden ist, zugleich eine Verletzung der Staatsverfassung. Die Constitution sagt ausdrücklich: „Niemand darf verhaftet oder sonst verfolgt werden, als in den vom Gesetze bestimmten Fällen." Das Gesetz verbietet nun das Abdrucken gestrichener Stellen nicht: die Regierung verfolgt aber gleichwohl die Journalisten wegen dieser Handlung, indem sie deren Unternehmungen durch willkührliche und unerlaubte Verbote der Versendungen der Blätter zu ruiniren sucht: die Regierung befiehlt sogar, daß diese Verfolgung allgemein gegen alle Journalisten vorgenommen werden soll, welche sich in gleichem Falle befinden: sie stößt daher eine Hauptgrundlage der Verfassung gewaltthätig um. Der in Rede stehende Gewaltschritt ist um so empörender, als sich solcher auch auf die Flugblätter ausdehnt, in welchem eine von der Censur gestrichene Stelle abgedruckt ist. So weit wagte nicht einmal das Ministerium Schenk zu zu gehen, unter dessen Herrschaft der Versendung von Flugblättern mit gestrichenen Stellen nicht
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das geringste Hinderniß in den Weg gelegt worden ist. Wirprotestiren öffentlich undfeierlich wider die neue Verletzung der Staatsverfassung. Wenn die Postbehörden es wagen sollten, der verfassungswidrigen Ordonnanz Folge zu geben, so werden wir solche vor Gericht laden und zur Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Verbindlichkeit anhalten lassen, inzwischen aber unsere Blätter durch Estafetten versenden. Deshalb bitten wir das Publikum sich nicht irre führen und sich nicht einschüchtern zu lassen. Die Regierung besitzt die Macht nicht mehr, die Presse zu unterdrücken: alle indirecten Mittel scheitern an der Standhaftigkeit der Journalisten: es bleibt daher nur noch ein Mittel übrig — offene Gewalt, offener Umsturz der Verfassung. O b die Regierung zu diesem Mittel greifen wird, mag die Zukunft lehren; wir wünschen und hoffen es nicht, und zwar weniger im Interesse des Volkes, das durch solche Catastrophen gewöhnlich mehr vorals rückwärts geführt wird, als im Interesse der Regierung. Unsere Mitbürger bitten wir, in dieser verhängnißvollen Zeit einerseits um würdige, ruhige Haltung und andrerseits um Wachsamkeit über die constitutionellen Rechte des Volkes und um männliche Ausdauer. Es ist nicht möglich, es kann nicht sein, daß wir in die schwarze, finstere Nacht der GeistesTyrannei zurückgeworfen werden. - Käme es dahin, daß die Journale der Opposition von der Post nicht mehr versendet würden, so könnte man den Mehrbetrag der Kosten, welchen die Versendung der Blätter durch Estafetten erfordert, gewiß noch durch Subscriptionen decken. Wenn das deutsche Volk die freie Presse behaupten will, wenn es der Sonne der Freiheit und der Aufklärung nicht aus eigenem Antriebe den Rücken zuzuwenden geneigt ist, so hat es gesetzliche Mittel genug, um die Feindseligkeiten finsterer Regierungen zu überwinden. Darum nur Muth, Kraft und Ausdauer!
Die neue Verfassung für Hannover, ein neuer Angriff gegen Deutschlands Ehre und Interessen. Zweiter
Artikel.
Ohne Zweifel sind unsere Leser schon durch den ersten Artikel über den Constitutions-Entwurf für Hannover von der Vortrefflichkeit dieses Verfassungswerkes so innig überzeugt worden, daß sie eine Relation über die Details uns gerne erlassen würden. Deßungeachtet müssen wir die Geduld des Publikums noch einmal in Anspruch nehmen, um nur noch einige Hauptzüge der besten aller Verfassungen zu beleuchten. Der Constitutions-Entwurf zerfällt in zwei Haupttheile, wovon der eine von den Rechten und der andere von den Pflichten der Unterthanen handelt. Billig heißt es „Unterthanen", denn wie könnte man Personen, welche von der doppelten Willkür ihres Monarchen und des „durchlauchtigen" deutschen Bundes abhängen, Staatsbürger nennen? - Die Rechte, welche nun diesen Unterthanen vermöge der Verfassung eingeräumt sein sollen, bestehen 1) in der Preßfreiheit und 2) in der National-Repräsentation. Was die Presse betrifft, so ist solche zwar nur in dem Maaße frei, als der deutsche Bund es erlauben wird. Allein desto bedeutungsvoller sind die Rechte der Kammern oder der allgemeinen Ständeversammlung. Dieselben bestehen darin: 1) „Alle Gesetze, durch welche den Landeseinwohnern neue Leistungen an den Staat auferlegt oder die bisherigen abgeändert werden - soferne sie nicht von der Bewilligung der ProvinzialLandschaften abhängen — sollen der Einwilligung der allgemeinen Ständeversammlung bedürfen. 2) Bei andern neuen Gesetzen soll die Ständeversammlung mit ihrem Rathe gehört werden. 3) Die Ständeversammlung soll das Recht haben, in Beziehung auf etwaige Mängel oder Mißbräuche in der Verwaltung oder der Rechtspflege ihre Wünsche, Vorstellungen und Beschwerden dem Landesherrn oder dem CabinetsMinisterio vorzutragen; auch darf sie auf Erlassung neuer oder abändernder Gesetze antragen. 4) Den Ständen steht das Recht zu, das Budget zu prüfen und zu bewilligen; die auf bestimmten Verpflichtungen beruhenden oder für den öffentlichen Dienst uothwendigen Ausgaben dürfen aber nicht verweigert werden. Die Verwendung und Vertheilung der für jeden Hauptdienstzweig im ganzen bewilligte Summe soll der Bestimmung des betreffenden Ministerial-Departements überlassen werden. Dem Ministerium bleibt noch außerdem ein Reservefond von fünf Procent der gesammten Staatseinnahmen vorbehalten, so wie ihm auch das Recht zusteht, von einer Sitzung der Kammer zur andern ohne Zustimmung derselben ein Anlehen von Einer Million Thaler zu machen. In Ansehung der Verwendung der Staatseinnahmen darf den Ständen nur ein einfacher Bericht erstattet werden, daß die Einnahmen gehörig erhoben und zu den bestimmten Zwecken verwendet worden seyen. Eine Rechenschaftsablegung findet nicht statt. 5) Zur Gewähr der Verfassung haben die Stände das Recht der Beschwerdeführung wegen Verfassungsverletzungen. Eine Anklage gegen die Minister kann aber nur wegen absichtlicher Verletzung der Verfassung stattfinden. Gegen den schuldig bfandenen
53 Minister darf jedoch nie eine andere Strafe erkannt werden, als Entlassung vom Amte und Unfdhigkeitserklärung zur Wiederanstellung. - Dieß sind die bedeutungsvollen Rechte, welche die unsterbliche Verfassungs-Urkunde Hannovers den Unterthanen (ja wohl Unterthanen), eingeräumt wissen will. Ο die Glücklichen! Man kann zwar ihre gegenwärtigen drückenden Lasten in alle Ewigkeit fortbestehen lassen, ohne die Zustimmung der Kammern zu bedürfen; allein der Monarch kann doch eine Erhöhung der Steuern (die nach dem Zustande des Landes freilich physisch unmöglich wäre), doch nicht ohne Einwilligung der Stände vornehmen. Die Kammern haben ferner zwar nur das Recht, Geld zu bewilligen, nicht aber etwas zu verweigern: — denn wie könnte dies sein, da nothwendige Staatsausgaben unmöglich unterbleiben können und zur Beurtheilung der Nothwendigkeit natürlich nur die Minister fähig sind? — Allein die Last trägt sich viel leichter, wenn sie unter dem Scheine der Volks-Zustimmung aufgelegt wird. Und so muß denn die reinste Glückseligkeit über Hannover sich verbreiten: denn die „Unterthanen' besitzen ein Muster von Postulaten-Landtag, der noch überdieß das entscheidende Recht des Wünschens und des Bittens genießt. Nur ein kleiner Schatten fällt noch auf dieses Gemälde des Lichts: — nämlich das Kapitel über die Pflichten der »Unterthanen«. Dasselbe legt den letztern unter andern die Verbindlichkeit auf, ihr Eigenthum dem Staate abzutreten, sobald öffentliche Zwecke dies erheischen. Die Entschädigung haben die Behörden zu bestimmen, welche den Fiscus vertreten oder als verwaltende Stellen wenigstens Grund haben, das fiscalische Interesse zu befördern. »Eine Klage hei Gericht findet nicht statt.« Es lebe die Constitution Hannovers! Die russische und preussische Logik. Wir haben unsern Lesern gestern einen Beweis der Freisinnigkeit und des logischen Scharfsinnes der preußischen Schriftsteller gegeben. Die Art und Weise, wie dieselben die Sache des Despotismus im Hamburger Correspondenten führen, ist indessen zu merkwürdig, als daß wir nicht noch eine Probe liefern sollten. „Das russische Volk", sagt der edle Preuße, „ist von treuer Liebe für seinen Fürsten erfüllt, und schreitet auf dem Wege sittlicher und intellectueller Bildung sichtbar fort." Wir müssen fortfahren, bescheidene Zweifel zu äußern. Ein Sklavenvolk ist keiner Treue, keiner Liebe fähig. Am niedrigsten möchte aber der Sklave stehen, der dem Gebieter über seinen Leib, dem Urheber seiner Erniedrigung, dem Manne, dem es nur ein Wort kostete, ihm sein heiligstes Menschenrecht wiederzugeben, mit etwas zugethan sein könnte, was treuer Liebe ähnlich sähe. Was aber die fortschreitende Bildung des russischen Volkes betrifft, so weiß man, daß seit längerer Zeit die Grundsätze, welche die Kaiserin Katharina und Alexander, letzterer in der ersten Zeit seiner Regierung, in Betreff der Volksbildung beobachteten, verlassen worden sind, daß jetzt das Streben der russischen Regierung nicht dahin geht, die Leibeigenschaft zu vermindern oder zu erleichtern, sondern sie in ihrem ganzen Umfange
54 und in ihrer vollen Strenge zu erhalten, daß die Schulen welche für die Soldaten eingerichtet waren, aufgehoben worden sind, daß das Bemühen der Regierung nicht dahin zielt, die wenigen und ärmlichen Schulen für das Landvolk zu vermehren und zu verbessern, sondern eingehen zu lassen; daß die Mittelschulen in dem traurigsten Zustande sich befinden; daß auf den Hochschulen von den wichtigsten Professuren, oft in derselben Fakultät mehrere zu gleicher Zeit, Jahre lang offen stehen, und dann nicht mit Rücksicht auf Befähigung, sondern auf servile Denkungsart besetzt werden; daß endlich durch die neuerdings verschärfte Censur der erst zu druckenden inländischen und der schon gedruckten ausländischen Schriften der literarische Verkehr fast aufgehoben ist. Doch der russisch-preußische Publicist geht immer weiter in seinem Lobe Rußlands. Er hebt nun die russische Armee in den Himmel, und äußert seine Bewunderung über das Heer, „welches mit stürmender Hand, nach ungeheuren Anstrengungen und Opfern in die Hauptstadt der Rebellen eingedrungen ist." Ja es ist mit stürmender Hand eingedrungen; doch nur in Folge des Verraths von Krukowiczky! Diese Anstrengungen und Opfer waren freilich ungeheuer; so groß, daß ohne jenen Verrath der Sturm auf Warschau, und mit diesem der ganze Feldzug mißlungen wäre! „Ohne Plünderung, ohne Rache, nur der Stimme der Menschlichkeit und der Disciplin Gehör gebend"— sind die Russen nach des Preußen Bericht in Warschau eingezogen. Auch darüber ist der Preuße entzückt. Doch seit wann ist es ein Verdienst, nicht zu plündern? Wer die Unterlassung von Schändlichkeiten als Verdienst geltend macht, dessen Verdienst kann nicht groß sein. War es aber nicht Rache, welche den tapfern, mit Wunden bedeckten Wisozky am Jahrstage der Revolution dem Tode weihte? Doch unendlich viel mehr als dieses, alle die Uebel, mit welchem die Russen unter dem Namen von Strafen die Polen verfolgen, können nur der Rachsucht zugeschrieben werden. Denn wer das Völkerrecht und das Strafrecht kennt, der weiß, daß Völker kein Recht besitzen, sich einander zu strafen. Russen und Polen waren im Kriege begriffen. Zur Verhängung von Strafen konnte dieser Krieg keinem Volke, weder den Polen, noch aber auch den Russen ein Recht ertheilen. — Menschlichkeit? die russische mag verschieden sein von der deutschen. Der Deutsche findet das Verfahren Rußlands gegen Polen nicht menschlich. Disciplin! ja, diese findet sich in den russischen Heeren. Was wäre auch ein russisches Heer ohne Disciplin? Allein die Strafen, durch welche sie erhalten wird, gereichen demselben nicht zur Ehre. Der Preuße schließt seinen Panegyrikus der Tyrannei endlich mit den Worten: „Die Russen, und zwar Volk, Regierung und Armee, gehören unstreitig der civilisirten Welt an; sie verdienen Achtung und Bewunderung." Diesem Satze müssen wir aber unsere bescheidenen Zweifel vor allen andern entgegensetzen. Civilisirt kann nur diejenige Regierung, dasjenige Volk und dasjenige Heer genannt werden, die hinter den Regierungen, Völkern und Heeren, welche anerkannterweise als civilisirt gelten, nicht zurück,
55 oder doch nicht weit zurück stehen. Die Leibeigenschaft des russischen Volks, die Ruthe und die Knute, als gewöhnliche Vollstreckerinnen der Strafen im Heere, zeugen allein schon gegen die Civilisation der Armee und des Volkes, sowie auch gegen jene der Regierung. Achtung verdient eine Regierung, welche strebt, durch Handhabung der Gerechtigkeit nach Innen und nach Außen das Wohl des Volks zu gründen, welche in allen ihren Theilen und in jeder Beziehung diesem Streben mit unerschütterlicher Kraft folgt, und welche die Freiheit jedes Einzelnen im Volke, gleichwie des ganzen Volkes nicht mehr beschränkt, als der Zweck des Staats gebieterisch erfordert. Bewunderung verdient sie dann, wenn sie diese Pflichten mit ganz ungewöhnlicher Vollkommenheit erfüllt. Ob die russische Regierung aber auf Bewunderung oder auch nur auf Achtung Anspruch machen könne, wird sich nach dem Bisherigen leicht beurtheilen lassen. Ein Volk verdient Achtung, wenn es seine Rechte wie seine Pflichten kennt, diese erfüllt und jenen Anerkennung zu verschaffen mit Kraft bemüht ist. Bewunderung verdient es dann, wenn es auf dieser Bahn ungewöhnlich große Schwierigkeiten überwindet. Das russische Volk kennt aber weder seine Rechte, noch seine Pflichten. Es gehorcht nur, weil es seine Rechte nicht kennt, und ohne über seine Pflichten jemals nachgedacht zu haben. Als Volk verdienen daher die Russen das Mitgefühl der anderen Völker und den Wunsch, sie möchten bald ihre Rechte und ihre Pflichten kennen lernen, und in dessen Folge sich aus dem Zustande der Herabwürdigung emporschwingen, in welchem sie durch Leibeigenschaft und Militärherrschaft gehalten werden. Betrachten wir aber die Russen nicht als Volk, sondern einzeln, in keiner staatsrechtlichen Beziehung, so stellen sich uns nur zwei Theile zur Beurtheilung dar: Adelige und Gemeine; die übrigen sind zu unbedeutend, um eine Erwähnung zu verdienen. Die ersteren zeigen sich uns als durchaus verdorben, verdorbener als die Adeligen irgend eines anderen Landes, wie schon der Druck beweist, den sie gegen ihre Leibeigenen ausüben, und welchen sie sich wieder von ihren Oberen gefallen lassen. Der gemeine Russe ist dagegen durchaus roh, abergläubisch und unwissend, wenn schon gutmüthig, gefällig und ehrlich. Jene können daher nur Widerwillen, dieser nur Mitleiden über die Lage, in der er gehalten wird, einflößen. Ein Heer endlich erwirbt sich nur dann Achtung, wenn die Begeisterung fur eine edle Sache seine Kämpfer zu tapferen Thaten spornt. Der gemeine russische Soldat hat aber im Kampfe gegen die Polen nicht gewußt, welches der Gegenstand des Kampfes sey. Wenn er es wußte, um so schlimmer! Dann mußte er wissen, daß seine Sache schlecht war. Er ging in den Kampf, wie der Hunne und der Vandale, nur gehorchend dem Befehle, nur begeistert durch starke Getränke. Der höher stehende Russe war nur angetrieben, theils durch die Hoffnung auf Vorrücken im Dienste, auf Orden und Bänder und anderes Blendwerk der Eitelkeit, theils durch grundlosen Haß und Mißgunst gegen die Polen, theils endlich durch blinde Anhänglichkeit an das vermeintliche Interesse Rußlands. Für eine ungerechte Sache ist keine edle Begeisterung möglich. Die Sache der Russen war ungerecht. Dem Kämpfer fur eine solche kann weder Achtung noch Bewunderung, sondern nur Bedauern gewidmet werden. Wir widmen letztere auch Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
56 dem Deutschen, der zum Vertheidiger der Tyrannei und zum Lästerer eines eben so unglücklichen, als edlen und heldenmüthigen Volkes sich aufwirft.
Hoffnungen des deutschen Vaterlandes. Der Westbote enthält folgende Adresse aus Rheinbaiern: Den edlen, freisinnigen und freimüthigen, fur die Rechte des Volks kämpfenden Abgeordneten des Rheinkreises: Der Kanton Dürckheim. „Freude und Schmerz zugleich bemächtigen sich unserer Gemüther in dem Augenblicke, wo wir Euch, edle Abgeordnete des Rheinkreises, entgegen kommen, um Euch nach langer Abwesenheit auf heimischer Erde willkommen zu heißen; Freude, weil wir mit Stolz auf die meisten von Euch blicken dürfen, *) die, eingedenk der hohen Pflichten, welche das Vaterland ihnen auflegte, sich immer unter der Zahl derer zeigten, welche des baierischen Volkes wahres Beste zu befördern sich zum unverrückbaren Ziel ihrer landständischen Bestrebungen gesetzt hatten; Schmerz, weil nach zehnmonatlichem Kampfe wir von dem Ziele, dessen Erreichung wir Alle sehnlichst wünschten, immer noch gleich weit entfernt sind, ja, weil manche unserer theuersten Interessen noch schwankender stehen, wie zuvor. — Doch der Erfolg stand nicht in Eurer Hand. - Ihr habt als Männer gehandelt, und das Vaterland bringt Euch dafür seinen innigen Dank." „Um jedoch das große Ziel, dem wir entgegenharren, noch einmal zu bezeichnen, und zugleich jede Verunglimpfung von den Rheinländern abzuwehren, sprechen wir, bei dieser feierlichen Gelegenheit, im Angesichte von ganz Deutschland, unsre Wünsche und Hoffnungen laut und unverhohlen aus." „Diese sind: 1) „Unabhängigkeit Deutschlands von jedem Einfluß ausländischer Politik." 2) „Eine constitutionelle Verfassung flir jeden deutschen Staat." 3) „Kraft und Einheit des Gesammtvaterlandes." 4) „Freiheit des Gedankens, des Worts und der Presse." 5) „Freiheit des Handels und aller Gewerbe." 6) „Erleichterung der drückenden Abgabenlasten." „Was Ihr, edle Männer! fur die Verwirklichung dieser Wünsche, welche in allen deutschen Gemüthern ihren Wiederhall finden, gethan habt, wird die Nachwelt noch ehrend anerkennen." „Eure Mitbürger reichen Euch dafür die dankbare Rechte und wünschen, daß es nicht zu spät sein möge, wenn Deutschlands Fürsten einsehen, daß die freimüthigsten Vertheidiger der Volksrechte ihre treuesten Frenude und die festesten Stützen ihrer Throne sind." „Der Lenker uuserer Schicksale erhalte uns den Frieden, segne Baiern und das ganze deutsche Vaterland!" Diese Adresse, welche von den angesehensten Bürgern und Beamten eines großen Bezirkes in Rheinbaiern unterzeichnet wurde, ist von der größten Wichtigkeit. Möge sie Beherzigung und Nachahmung find en. *) Wir würden sagen: „Mehrere von Euch."
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Dienstag.
Ν—
Tribüne. 8.
Homburg, den 10. Januar 1832.
Höchst verschiedenartig sind die Elemente, aus welchen der Bund der deutschen Fürsten und freien Städte besteht. An der Spitze desselben stehen zwei Mächte, wovon jede einzeln physisch stärker ist, als die vereinigte Macht aller übrigen Bundesglieder. Welches Mißverhältniß muß also nicht erst bei der Vereinigung beider Mächte zu einem und demselben Zwecke erzeugt werden. Dieses Machtverhältniß und nicht das Verhältniß der Stimmen ist es auch, welches in der Bundesversammlung den Ausschlag gibt. Denn ungeachtet im engern Rathe den zwei Stimmen der beiden mächtigen Bundesglieder 15, und den 8 Stimmen derselben in Plenum 61 entgegenstehen, so haben dennoch die Ansichten jener beiden Mächte immer den Sieg davon getragen, wenn sie einig waren, und auf die Durchsetzung ihres Willens irgend einen Werth legten. In allen Angelegenheiten von höherer Wichtigkeit, welche sich nicht unmittelbar auf die eine dieser beiden Mächte bezogen, waren sie aber bisher immer einig, und haben daher den Bund stets beherrscht. Ventilirte einmal eine Frage über ein Particular-Interesse der einen Macht, und hatte diese dabei offenbar Unrecht, so verhielt sich die andere passiv. Doch auch dieß schon reichte hin, die Sache zu Gunsten der betheiligten großen Macht zu erledigen. Waren dagegen die Angelegenheiten zweier minder mächtigen Bundesstaaten in Frage, so dictirten die zwei Großmächte ihren Willen als Bundesbeschluß. Das Verhältniß der Bundesglieder ist also offenbar unnatürlich, und die minder mächtigen Staaten im überwiegenden Nachtheile.
Von ganz besonderer Wichtigkeit ist endlich, daß die beiden großen Staaten auch in Betreff der politischen Grundsätze mit ihren minder mächtigen Bundesgenossen im Streite liegen. Jene haben unumschränkt monarchische Regierungen, alle übrigen, mit nur ganz unbedeutenden Ausnahmen, beschränkt monarchische. Das Streben jener Regierungen geht auf Erhaltung ihrer unumschränkten Machtvollkommenheit, dasjenige der anderen sollte wenigstens auf Erhaltung und Erweiterung des repräsentativen Systemes gerichtet sein, weil nur hierin eine Bürgschaft fur die Unabhängigkeit der kleinern Staaten liegt. Die zwei deutschen Großmächte streben ferner, die Wünsche ihrer Völker nach Freiheit zu unterdrücken, die kleineren müssen dagegen die verfassungsmäßige Freiheit ihrer Völker beschützen und erweitern, um den Mangel an physischer Kraft durch Verstärkung der moralischen zu ersetzen. Die Völker jener beiden Bundesglieder zeigten bis jetzt noch nicht, daß sie die unumschränkte Herrschaft ihrer Fürsten mit Widerwillen ertragen und nach Freiheit lebendig sich sehnen. Die übrigen deutschen Völker haben dagegen mit sehr geringen Ausnahmen alle deudich an den Tag gelegt, daß sie nicht gesonnen sind, auf unumschränkte Weise über sich schalten zu lassen. Unendlich bedeutungsvoll ist aber diese Verschiedenheit zwischen den beiden großen Staaten Deutschlands und allen übrigen. Denn der Bund gewährt, wie wir gesehen haben, den Großmächten die Mittel, auf die Verhältnisse der kleineren einzuwirken. Es mußte daher dahin kommen, daß die Großmächte ihre Grundsätze den Regierungen der kleineren Länder mittheilen, und dadurch die Freiheit der kleineren Staaten in Gefahr setzen.
Die beiden großen Staaten haben von dem Auslande für ihre Erhaltung nichts zu befurchten, wenn sie dasselbe nicht muthwillig reizen; die übrigen dagegen können sich durch ihre eigene Kraft gegen Verletzungen und selbst gegen Vernichtung ihrer politischen Existenz einzeln nicht sichern. Jene bedürfen daher zu ihrer Sicherheit gegen äußere Angriffe weniger eines Bundes als diese. Der Zweck, welcher demnach die einzelnen, minder mächtigen Staaten gleichmäßig zum Eintritt in einen Bund auffordern muß, besteht vor allen Dingen darin, durch denselben Schutz gegen äußere Angriffe zu erlangen. Die beiden anderen Staaten dagegen haben nur in so fern ein Interesse an einem derartigen Bunde, als er ihnen die Mittel gewährt, Einfluß auf die Glieder desselben zu gewinnen, und deren Kräfte sich zu nutze zu machen. Sollte es jemals dahin kommen, daß dieser Einfluß unmöglich oder werthlos wäre, so würden sich beide Mächte von selbst zurückziehen. Umgekehrt können die kleinern Staaten durch den Bund keinen Einfluß auf die großen Mächte gewinnen, weil jede der letztern ihr eigenes, von den Interessen der kleinern Länder abweichendes System beharrlich verfolgt. Der deutsche Bund bringt daher in seiner gegenwärtigen Construction den großen Mächten nur Vortheil, den kleineren dagegen nur Nachtheil.
Der deutsche Bund ist noch überdieß ein Bund mit zwei Löwen an der Spitze, welche stets bereit sind, über denjenigen ihrer Genossen herzufallen, der sich ihrem Willen widersetzt. Kein Wunder also, daß auch diejenigen kleinen Fürsten dem Systeme der Rückschritte sich fugen, welche dem constitutionellen Prinzipe weniger feindselig gesinnt sind. Unter solchen Verhältnissen konnte daher das ganze Streben der minder mächtigen deutschen Bundesglieder höchstens nur daraufgerichtet sein, den Bund in allen seinen Bewegungen möglichst zu hemmen, weil sie höchstens hoffen dürfen, etwas zu hintertreiben, keineswegs, irgend etwas durchzusetzen. Daher rührt die Nichtigkeit des Bundes in allen Sachen von geringerer Bedeutung, und das Verfahren desselben im Geiste der Unterdrückung bei allen wichtigern. In jenen lassen sich die mächtigen die Unthätigkeit des Bundes gefallen, in diesen verlangen sie Gehorsam fur ihre Ansichten. Man muß es als ein Unglück Deutschlands beklagen, daß zwei Mächte an der Spitze des Bundes stehen, welche der unumschränkten Herrschaft der Könige blind ergeben sind und dabei das Uebergewicht der physischen Macht besitzen. Man strebe deßhalb nicht den Bund, an dessen Spitze zwei Löwen stehen, weiter auszubilden: man suche vielmehr von demselben sich loszumachen und zwar auf so lange, bis der
Ueber die Natur des deutschen Bundes.
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59 B u n d selbst durch H i n z u f u g u n g des Principes der Repräsentation eine organische Natur erlangt und bis der zerstörende Einfluß der Großmächte auf den B u n d durch Versöhnung derselben mit d e m constitutionellen Principe, also Einführung des Repräsentativ-Systems in ihren Staaten, beseitiget ist.
Rückblicke auf die jüngste Deputirtenkammer Baierns. Z w e i t e r
A r t i k e l .
D i e erste Gelegenheit, parlamentarischen Takt und Charakterstärke zu entwickeln, bot sich der baierischen Deputirtenkammer dar bei der Berathung über die Verbesserung der Geschäftsordnung. Es ist bekannt, welche Vormundschaft d e m Gouvernement nach der Verfassungs-Urkunde über die zweite K a m m e r zusteht, eine Vormundschaft, die eines gesetzgebenden Körpers höchst unwürdig ist, denselben in eine untergeordnete Stellung zur Regierung bringt und seine Kraft lähmt. S o lange die K a m m e r der Volksvertreter in ihren innern Angelegenheiten sich nicht frei bewegen kann, den G a n g ihrer Berathungen nach eigenem Ermessen nicht bestimmen, nach vollzogenen Wahlen und erfolgter Einberufung sich nicht selbst constituiren, auch ihre Magistraturen nicht frei wählen darf, so lange sie vielmehr in allen diesen Dingen an die Z u s t i m m u n g der Regierung gebunden ist, wie ein Kind an die Einwilligung seines Vaters, in so lange fehlt ihr die erforderliche Kraft und Selbstständigkeit. Ihre Majestät ist getrübt und ihre ganze Stellung corrupt, weil m a n in ihr nicht die souveräne Legislatur, sondern die allerunterthänigst treu gehorsamste K a m m e r erblickt, wie sie in ihren Adressen auf eine höchst unwürdige Weise wirklich sich selbst genannt hat. D i e Emancipation der K a m m e r aus dieser ihrer Vormundschaft ist daher eines der größten Bedürfnisse des öffentlichen Lebens. Wenn nun unter solchen Umständen von dem Gouvernement ein GesetzEntwurf über die Verbesserung der Geschäftsordnung vorgelegt wurde, so war es Pflicht des Deputirten von Einsicht und Charakter, auf Verzichtleistung der Vormundschaft zu dringen, welche die Regierung über die Wahlkammer ausübt. N u r unter dieser Bedingung durfte man dem Gesetz-Entwürfe die Z u s t i m m u n g ertheilen. Der G r u n d liegt ganz nahe. Jedermann weiß, daß die baierische Regierung auf ein Recht der Krone, welches keinem gegründeten Zweifel unterliegt, freiwillig nie verzichtet, wenn immer dasselbe den Interessen der Nation zuwiderläuft, und als höchst zweckwidrig, ja selbst als gemeinschädlich erscheint. M a n hält die Krone immer im scharfen Gegensatze mit d e m Volke. „Ich bin der Herr und ihr seid die Knechte; ich bin verpflichtet, die Rechte des Herrn meinen Nachfolgern ungeschmälert zu hinterlassen; mögen diese Rechte an sich immer werthlos, dem Volke aber nachtheilig sein, so sind es doch Rechte der Familie, welche man beschützen u n d erhalten m u ß : " - dieß sind die Grundsätze unseres liberalen Gouvernements. D a ß unter solchen Verhältnissen an einen freiwilligen Verzicht der Krone auf die über die Deputirtenkammer ihr zustehende Vormundschaft niemals zu denken sei, leuchtet ein. G a b es ein Mittel, die Regierung zur Emancipation der K a m m e r zu bewegen, so lag es ausschließend in der Be-
schaffenheit der im Edikte bestimmten Geschäftsordnung der Deputirtenkammer. Diese Geschäftsordnung war nämlich so verkehrt und widersinnig, daß die legislativen Geschäfte zuletzt rein unmöglich werden mußten, und daß die Regierung, ohne die K a m m e r n in ewige Permanenz zu erklären, zu ihren GesetzEntwürfen keine Z u s t i m m u n g mehr erhalten konnte. D a s Uebel lag so tief und war der Regierung dermaßen empfindlich, daß sie, u m nur von einer so großen Calamität befreit zu werden, in die Emancipation der K a m m e r hätte einwilligen müssen, wenn eine solche Concession als die Bedingung zur Einwilligung in die Abänderung der Geschäftsordnung wäre bezeichnet worden. Unter solchen Umständen war nichts gefährlicher als ein Gesetz-Entwurf, welcher die Hauptgebrechen der Geschäftsordnung beseitiget, und zugleich das Vormundschaftsrecht der Krone über die K a m m e r bestätiget, also die Regierung, ohne eine Concession der Krone, von einer großen Calamität befreit. D a s schlaue Gouvernement brachte in dieser Weise einen GesetzEntwurf an die Stände. *) Bei der Berathung desselben konnte man von den drei Fractionen in welche später die K a m m e r sich ausschied, die erste Spur wahrnehmen, so wie man auch in den Character der hervorstechendsten Deputirten den ersten Blick werfen konnte. Ein Theil der K a m m e r widersetzte sich d e m Gesetz-Entwürfe, weil er einen Fortschritt zum Beßern enthielt: diese Partei wollte beim Alten stehen bleiben und unter keiner Bedingung in die Verbesserung der Geschäftsordnung willigen. Ein anderer Theil der K a m m e r widersetzte sich dem Entwürfe, weil er zu wenig bot und in dieser Weise aus den oben angeführten Gründen nur als das Hinderniß der Emancipation der K a m m e r erscheinen mußte. Dieser Theil der K a m m e r war an Anzahl sehr schwach. Schüler, Scheuing, Schalkhäuser, Lösch und wenige Andere repräsentirten ihn. * * ) Zwischen beiden Fractionen, wovon die eine gar keine Maßregel der Verbesserung u n d die andere eine ganze durchgreifende Maßregel der Reform, Emancipation der Kammer, wollte, stand die Majorität in der Mitte, welche eine halbe Maßregel, nämlich die Annahme des Gesetz-Entwurfes unter geringfügigen Modificationen unterstützte C u l m a n n und Seuffert standen an der Spitze. Merkwürdig ist aber der
*) Es muß dabei eine Art Comödie gespielt worden sein. Die Deputirten-Kammer trug nämlich in ihrer Adresse auf Verbesserung der Geschäftsordnung an. Kaum war dies geschehen, so wurde die Gewährung des Antrages zugesichert und der GesetzEntwurf vorgelegt. Die gründliche und sorgfältige Ausarbeitung desselben beweist aber, daß er schon vor der Adresse der Kammer vollendet war. Es scheint also, daß das Gouvernement den Antrag auf Verbesserung der Geschäftsordnung durch das Organ eines willfährigen Deputirten selbst veranlaßt hat. * * ) Diejenigen Deputirten, welche blos darum opponirten, weil der Gesetz-Entwurf vom Minister Schenk vorgelegt wurde, zählen wir nicht; sie würden den Gesetz-Entwurf, wenn er vom Grafen Armansperg vorgelegt worden wäre, angenommen haben. Nicht so die Fraction Schüler. Wenn diese auch einen Grund darin fand, daß man einen unpopulären Minister durch Annahme seiner Gesetz-Entwürfe nicht unterstützen dürfe, so war dies doch nur ein untergeordnetes Motiv. Schüler und seine Geistesverwandten würden den Entwurf, des Principes wegen, auch dann verworfen haben, wenn derselbe von einem andern Minister vorgelegt worden wäre.
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Unterschied, der bei dieser Gelegenheit zwischen dem Character beider Männer der sogenannten Mäßigung hervortrat. Seuffert sah nicht ein, daß die Annahme des Gesetz-Entwurfes eine halbe Maßregel und als solche ein Hinderniß der durchgreifenden Reform und namentlich der Emancipation der Kammer sei. Er war vielmehr der reinen, innigen Ueberzeugung, daß in der Annahme des Entwurfes ein bedeutender Fortschritt zum Bessern liege. Dieser seiner schiefen Ueberzeugung wegen, unterstützte er die halbe Maßregel aus allen Kräften und fast leidenschaftlich. Culmann sah dagegen ein, daß der Entwurf eine halbe Maßregel und als solche ein Hinderniß der durchgreifenden Reform sei. Er erklärte dies in seiner Rede ausdrücklich—man lese solche in den Kammer-Protokollen nach - und dennoch unterstützte er den Entwurf aus allen Kräften und fast eben so leidenschaftlich, als Seuffert. Und aus welchem Grunde? Weil er nicht wüßte, ob seine Committenten nicht wünschten, wenigstens die halbe Maßregel einstweilen durchgesetzt zu sehen. - Merkwürdig war ferner der Widerspruch zwischen den Reden und der Abstimmung mehrerer Deputirten. Einzelne derselben, ζ. B. Willich, brachten zu dem Gesetz-Entwürfe die zweckmäßigsten Modifikationen in Vorschlag und zwar in der Art, daß die Kammer ihre Präsidenten selbst wählen, ihre Geschäftsordnung ohne Zuthun der Regierung selbst festsetzen, nach der erfolgten Einberufung der Kammer, ohne die Vormundschaft einer Einweisungs-Commission, sich selbst constituiren solle u. s. w. Als es aber zur Abstimmung kam, ließ man diese Anträge, in Form der Modification, wieder fallen, aus Furcht, es möge durch das Festhalten an einer ganzen, durchgreifenden Maßregel die Vortheile der halben verloren gehen. So zeigte sich denn in der Discussion über die Verbesserung der Geschäftsordnung der Character der ganzen Versammlung. Der aufmerksame Beobachter konnte schon damals das Ende des Dramas ahnden. Deshalb sagte der Redacteur dieser Blätter damals oft: - „in der Abstimmung über die Geschäftsordnung liegt das Schicksal der ganzen Session; man wird sich scheuen, entscheidende Maßregeln zu ergreifen, aus Furcht nicht durchzudringen und dann auch das vom Gouvernement Dargeborene zu verlieren: man wird deshalb immer bei halben Maßregeln stehen bleiben und dies ist in der gegenwärtigen Zeit zuverlässig der Weg, jedes Resultat der Session im voraus zu vernichten." - Die Erfahrung hat diese Prophezeiung gerechtfertiget. Je schärfer wir in der weiteren Entwicklung unseres Gegenstandes der Sache auf den Grund schauen werden, desto deudicher wird sich zeigen, wer die Schuld trägt, daß die jüngste Ständeversammlung Zeit und Geld unnütz verschwendet hat. C o r r e s p o n d e n z . Brüssel, im Januar 1832. Fünf Vierteljahre sind nun dahin verschwunden seit dem Beginne der Revolution, ein halbes Jahr seit wir in dem Besitz eines von uns selbst gewählten, allgemein geliebten Königs sind, und doch ist unsere Lage noch immer ungewiß, doch schweben wir, nicht zwar zwischen Furcht und Hoffnung, sondern ich möchte vielmehr sagen: zwischen Muth und Hoffnung. Die Hoffnung
beseelt uns nemlich immer noch, daß unsere Revolution anerkannt und dadurch ein allgemeiner Friede, eine allgemeine Entwaffnung herbeigeführt werde, und daß bald alle Völker sich im Innern ihrer Staaten mit den Segnungen des Friedens beglückt sehen, daß Handel, Wandel aufblühen, Künste und Wissenschaften gedeihen, und der überhandnehmenden Verarmung mit Kraft und Nachdruck gewehrt werden möchte. Wenn aber dies nicht geschehen sollte, wenn die fünf großen Mächte ihr Wort brechen, und so Treue und Glauben unter den Völkern vernichten sollten, wenn die Conferenz in London nichts als ein bloßes Possenspiel gewesen wäre, um die Belgier hinzuhalten bis Polen unterjocht worden sey, um dann auch über sie ein gleiches Schicksal zu bereiten, dann beseelt den Belgier noch immer der Muth, der ihn früher auszeichnete, und den die Augusttage zwar ein wenig verdunkelt aber nicht erstickt haben. Damals war es kein Wunder, daß die Belgier zurückweichen und die Hülfe der Franzosen in Anspruch nehmen mußten, denn man hatte den Versprechungen getraut und glaubte vor einem hinterlistigen Einfall der Holländer ganz sicher zu sein. Jetzt ist man behutsamer, und obgleich die Aufopferungen groß sind, scheut man sie doch nicht, zur Sicherheit des neuaufblühenden jugendlichen Staates, um ihn eine ehrenvolle Stelle in der Reihe der übrigen selbstständigen Staaten zu sichern, wenn die Ratification der 27 Artikel auch nicht erfolgen sollte. Doch läßt sich dies, trotz den verschiedenen Gerüchten, die circuliren, kaum glauben. Denn wenn man auch von gewissen Seiten her keine Rücksicht gegen einen revolutionären Staat zu erwarten hätte, so sollte man doch diese Rücksicht gegen das neue Oberhaupt dieses Staates haben, gegen den König Leopold, der sich nicht zu dieser Würde hervorgedrängt, sie anzunehmen sich vielmehr lange geweigert hat, und erst auf vieles Anhalten und Bitten der Abgesandten Belgiens und der Conferenz der fünf Mächte dazu bereitwillig sich fand, um den Frieden Europas zu erhalten und zu bewahren. Jedermann kennt die freie unabhängige und glückliche Lage, in welcher dieser edle Prinz in England sich befand, und kann die Opfer beurtheilen, die er Belgien brachte. Dort lebte er den Künsten und Wissenschaften, den Freuden eines engen Familienkreises und der stillen Zurückgezogenheit in die Tiefe seines Gemüthes. Hier ist er berufen, bei seinem ersten Eintritt an die Spitze einer Armee zu treten und sein Leben auf's Spiel zu setzen, Tag und Nacht zu arbeiten, um seinem Volke, die neuerworbene Freiheit zu bewahren sowie den Frieden, durch welchen es ihm erst möglich wird, zu beweisen, daß er ein Vater seines Volkes sein will. Welche Ungerechtigkeit durch die Nichtanerkennung dieses Staates und dieses Königs gegen den letzteren geübt wird, springt in die Augen. Noch hat Leopold nicht genug Gelegenheit gehabt zu zeigen, was er zu thun gesonnen ist, aber derjenige, der schon als sechszehnjähriger Jüngling im Jahre 1806 in den Straßen und auf dem Markte Coburgs umherwandelte, und den von den Franzosen auf das Aeußerste mißhandelten Bauern wieder zu ihrem Zugvieh verhalf, den Vermittler machte, daß sie wieder zurückkehren konnten und nicht noch weiter fahren mußten, der überall die Noth sich klagen ließ, und Abhülfe derselben suchte, der wird auch j etzt, zu so grossen Dingen berufen, nicht müde werden, Gutes zu thun. — Schon hat er bedeutende Summen aus Seiner Privatkasse zur Unterstützung der Armen des Landes auszahlen,
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63 lassen, und an seinem jüngsthin durch ein Te-deum gefeierten Geburtstag vermied er alle sonst üblichen Feierlichkeiten, hatte nicht einmal zur Tafel geladen, und speiste ganz allein zu Mittag. Aber die zu solchen Festlichkeiten bestimmten Summen wanderten in die Hütten der Armen. Seinen Geburtstag zeichnete er auch noch dadurch aus, daß er eine Capelle im Pallast einrichten und den darauf folgenden Sonntag den ersten Gottesdienst von dem Prediger der protestantischen Kirche in deutscher Sprache halten ließ, was nun fortwährend geschieht. Dadurch widerlegt er die Gerüchte, als ob er katholisch werden würde, am besten. Der König hat wohl andere Mittel, sich beim Volke beliebt zu machen; und ein solcher Schritt würde selbst von den Katholiken auf's Höchste mißbilligt werden, da ja der Belgier für sich selbst, nach seiner Constitution, vollkommen Religionsund Gewissensfreiheit in Anspruch nimmt. Diese kam in der Repräsentantenkammer erst neulich wieder zur Sprache, als der Minister des Innern die Kammer zur Beiwohnung des Te-deum einlud, wodurch man, wenn dieß gemeinschaftlich in corpore, geschehen sollte, diese Freiheit angegriffen erklärte. Jetzt beschäftigt die Zeitungen Belgiens das Staatsanleihen von 48 Millionen Gulden im Ausland, nachdem erst vorher 10 und 12 Millionen gezwungenen Anleihens im Inlande statt fanden. Manche glauben, es sei gar keines nöthig, andere wollten es lieber bei englischen und liberalgesinnten Banquiers gemacht wissen, als bei Rothschild. Eingestanden muß werden, daß gegenwärtig große Summen nöthig sind. Das Budget für 1832 verlangt auf dem Friedensfuß 74 Mill, und auf dem Kriegsfuß 91 Mill. Gulden. Bei diesem Anleihen sagt das Journal de Vervier et du District: „Es ist eine allgemeine Wahrheit, daß das Volk nur in der Absicht sein Schicksal zu verbessern, revolutionirt hat; gedrückt durch die Getraideabgaben und einige andere eben so lästige Auflagen, stürzte es sich, mit gesenktem Haupt, in die aufrührerische Bewegung, die im Monat August ausbrach, in der Hoffnung dadurch sein Dasein weniger beschwerlich zu machen. Die moralischen Interessen, wie die Freiheit des Unterrichts, die Gerichte, die Freiheit der Sprache u. s. w. rührten es wenig. Nie würde es einen einzigen Tropfen Bluts für irgend eine dieser Freiheiten, die es nicht einmal kennt, vergossen haben, also blos zu einem ganz materiellen Zwecke hat sich der größte Theil der Nation gegen die Holländische Regierung erhoben. Wahrlich, damals machte man dem Volke die herrlichsten Versprechungen; wenn man unsere Tonangeber hörte, so mußte das Land ein neues Eldorado werden, wo das Pflaster von Gold und die Häuser von Silber würden. Die Regierung, sagte man damals, wird von nun an nicht kostspielig sein; die Ausgaben des Staats werden auf das aller nothwendigste beschränkt; die Auflagen werden kaum bemerkbar sein, und wir werden Minister, wie Engel haben, die ihre Rechnungen mit der gewissenhaftesten Genauigkeit ablegen, wir werden nicht einen Heller ausgeben, ohne daß es der gemeine Mann wisse. Alles wird auf das Beste gehen, und wird zum allgemeinen Besten dienen. Jetzt sehen wir, die Gemißbrauchten, daß alle diese Versprechungen nur Gaskonnaden und derer würdig waren, die sie gemacht haben." Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
Wir sind auch überzeugt, daß allerdings viele Mißbräuche obwalten, und daß unter denen, die durch die Revolution erhoben worden sind, nicht alle von allem Eigennutzfreigesprochenwerden können, denn wo zeigen sich nicht menschliche Leidenschaften? Aber wir wissen auch, daß wenn man ein altes Gebäude niederreißt, um ein neues aufzubauen, Geld und viel Geld nöthig ist, daß man sich aber dies Geld nicht reuen läßt, wenn man nur bequem im Hause wohnen kann und dieses nicht jeden Augenblick, wie das alte, den Einsturz droht. Wir können daher wohl glauben, daß bei dem gegenwärtigen Standpunkt der Dinge die Bequemlichkeit der neuen Verfassung noch nicht recht geftihlt wird, aber wir sind gewiß, daß die belgische Nation nicht blos materieller Zwecke willen seine Revolution begonnen hat; denn dann möchte es vor der Hand wohl eher verloren als gewonnen haben, durch die Ungewißheit seiner Lage noch mehr verlieren. Wie die Staatskassen, so sind auch die Gemeindekassen erschöpft. Im Budget der Stadt Brüssel ergiebt sich ein Deficit von 800,000 Gulden. Mehrere dieser Städte sind angehalten, den durch mancherlei Verwüstungen und Zerstörungen angerichteten Schaden während der Revolution zu ersetzen, behaupten aber, dies sei Sache des Staats, wie es die Revolution gewesen, indem dies alles zum Besten der Revolution geschehen sei. Dennoch gedeihen bei allem dem die Früchte des Friedens, wenn auch nicht so allgemein, als es zu wünschen wäre und fur die Zukunft zu hoffen ist. So schreibt man von Löwen, daß die Spitalkommission dieser Stadt in ihrer Sitzung vom 20. December beschlossen habe, nächstes Frühjahr ein neues Spital zu bauen, das unvergleichlich mehr Kranke fassen könnte, als das gegenwärtige, und worin fur jede besondere Krankheit ein besonderes Zimmer bestimmt werden soll. Es sollen Hörsäle für die verschiedenen Unterrichtsgegenstände des Clinicums eingerichtet werden. Eine Einrichtung ftir Gebährende und eine andere fur unheilbare Kranke. Das Ganze soll fur das größtmöglichste Wohlbefinden der Armen und fur die größte Bequemlichkeit der Professoren und Studenten der Universität eingerichtet werden. A n z e i g e . Es sind uns von mehreren Seiten wiederholt Klagen zugekommen, daß die Postbehörden in Baiern fur das halbjährige Abonnement der deutschen Tribüne 10 fl. fordern. Dieser Umstand hat lediglich darin seinen Grund, daß nach dem zuerst intendirten Vertrage die Tribüne von dem Hauptspeditionsamte im Rheinkreise halbjährlich um 7 fl. 30 fr. würde abgegeben worden sein. Da aber die Unternehmer den Preiß später so weit herabgesetzt haben, daß das Blatt nunmehr von der Hauptspedition Homburg um 5 fl. 24 fr. halbjährlich abgegeben wird, so kann dasselbe in Baiern höchstens auf 7 fl. 30 kr. bis 8 fl. zu stehen kommen. Nach dem herabgesetzten Preise sind die Versendungs-Gebühren fur Altbaiern von der General-Administration der königl. Posten noch nicht festgesetzt. Sobald dies geschehen ist, werden den Herrn Abonnenten die zuviel bezahlten Beträge zurück vergütet werden. Man möge sich daher durch die nur scheinbar hohen Preise von der Bestellung des Journals nicht abhalten lassen. Hornburg, am 8. Januar 1832. 6
D. R. d. d. T.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Mittwoch.
Tribüne.
Ν— 9.
Ueber das Verhältniß der geistigen Interressen der Völker zu den materiellen. In dem ewigen Kampfe gegen die Freiheit der Völker ist es einer der gewöhnlichsten Kunstgriffe der Aristokraten, die geistigen und materiellen Interessen der Nationen als nothwendig mit sich im Streite liegend darzustellen. Sobald die Sache der Freiheit durch große Anstrengungen und Opfer des Volkes einmal gesiegt hat, suchen die Feinde desselben aus dem Zustande, in welchem die materiellen Interessen der Gesellschaft fur den Augenblick sich befinden, den Beweis zu fuhren, daß die Nation durch den Wechsel der Dinge nicht nur nichts gewonnen, sondern vielmehr noch verloren habe. Belege einer solchen perfiden Polemik fanden sich in der neuern Zeit häufig in der Pariser Gazette nnd der, zwar nicht dem Geiste, doch der Tendenz nach verwandten Münchner Zeitung. Der Kunstgriff ist an sich plump und nicht im Stande, das geübtere Auge zu täuschen; allein er blendet durch sein Sophisma den größern Haufen. Darum sollten alle gebildeteren Bürger sich angelegen sein lassen, jenes Vorurtheil in ihrem Kreise aus allen Kräften zu bekämpfen. Freiheit ist die Grundlage der geistigen, wie der materiellen Interessen: gleichwie die sitdiche und intellectuelle Bildung nicht gedeihen kann ohne Freiheit des Gewissens, der Meinungen und des Unterrichts, so kann auch der materielle Wohlstand eines Volkes und aller Völker nicht gedeihen ohne Freiheit des Eigenthums, des Handels und der Gewerbe. Durch das Prinzip und das Lebens-Element verwandt, können die geistigen und materiellen Interessen der Völker nie mit einander im Widerstreit liegen: der Grad des allgemeinen Nationalwohlstandes hängt vielmehr immer von dem Zustande der geistigen Interessen, nämlich dem Grade der Aufklärung und der politischen Freiheit der Nation ab. Nationalwohlstand ist indeß eine Frucht, welche nur allmählich reift und nicht durch einen Schlag hervorgezaubert werden kann. Erst säen und dann ärnten. Die Saat ist die Freiheit: ist diese errungen und gegen die Angriffe der Aristokratie und des Priesterthums gesichert, so wird die Aerndte nicht ausbleiben. Wer aber verlangen wollte, daß die Freiheit in dem Augenblicke, wo man sie erstrebt hat, auch schon allgemeinen Wohlstand über das Volk verbreiten soll, der fordert etwas, was gegen den Lauf der Dinge und wider die Ordnung der Natur geht. Ein solches Verlangen ist insbesondere dann thöricht, wenn die Freiheit durch eine gewaltsame Staatsumwälzung erkauft werden mußte. Die Natur des bürgerlichen Verkehrs bringt es mit sich, daß plötzliche Veränderung der politischen Verhältnisse, sobald solche bis in die Grundlage der Gesellschaft dringt, eine augenblickliche Stockung der Geschäfte und in deren Folge materielle Verluste zu Folge haben müsse. Alles dies ist indessen nur vorübergehend, nicht minder vorübergehend, als die Erhöhung der Staatsausgaben und Volkslasten, welche durch die Sorge fiir Aufiechterhaltung des neuen Zustandes der Dinge veranlaßt wird. Möge daher die Gazette immerhin über das um
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die Hälfte gestiegene Budget Frankreichs frohlocken, möge auch die Münchner Zeitung mit Wohlgefallen demonstriren, daß Frankreich durch die Besiegung der Tyrannei nichts gewonnen habe: ein verständiger Mann wird sich dadurch nicht irre leiten lassen. Wenn nur die Regierung Ludwig Phillipps dem Prinzipe der Freiheit aufrichtiger ergeben und dasselbe vollständiger durchzufuhren fähig gewesen wäre, - so möchte das Budget im Augenblicke immerhin um die Hälfte gestiegen, der Verkehr gleichwohl momentan gelähmt worden sein: die Nation würde sehr bald sich erholt und im Zustande des Friedens und des Bündnisses mit den übrigen Völkern die Früchte der Freiheit zuverlässig geärndtet haben. Sie wird auch jetzt die wohlthätigen Folgen ihrer Revolution noch erblicken, wenn schon verkümmert, weil das Prinzip der Freiheit in seiner Reinheit nicht aufrecht erhalten wurde. Darum, ihr Völker! laßt euch durch die trenlosen Einflüsterungen der Aristokraten, als habe die Freiheit der Völker nur materielles Elend zur Folge, nicht irre leiten: die Freiheit ist auch die Grundlage des bürgerlichen Wohlstandes, sie ist sogar die Bedingung, ohne welche ein gleichmäßiger vertheilter Wohlstand nicht möglich ist. Umgekehrt ist aber die Freiheit der Völker das Verderben der Aristokraten, und darum suchen diese das höchste Gut des Menschen mit giftigen Zweifeln zu tödten.
Die politische Lage Baierns. (Eine w o h l m e i n e n d e W a r n u n g f ü r das n e u e Ministerium.) Nachdem die Großmächte Deutschlands nach ihrer Befreiung vom fremden Joche gegen die treuen Söhne des Landes das System der Undankbarkeit ergriffen und mit strenger Consequenz durchgeführt hatten, nachdem der Bund verblendeter Machthaber dem Kriege wider die Erleuchtung und Befreiung der Länder und Völker auf den Congressen zu Carlsbad und Verona den Character des Fanatismus eingehaucht hatte, beruhte die nächste Hoffnung der Völkerfreunde darauf, daß über kurz oder lang irgend ein constitutioneller Thron Deutschlands einem Geiste zufallen würde, der den Muth und die Kraft besäße, das System der Feindseligkeit wider die Völker in das Bündniß treuer Liebe umzuwandeln. Fast schien es, diese Hoffnung wolle in Erfüllung gehen, als die letzte Regierungs-Veränderung in Baiern eingetreten war. Die ersten Handlungen der neuen Regierung erregten die Meinung, es beseele sie ein kräftiger, schwunghafter Geist: verschiedene Erklärungen über politische Grundsätze verbreiteten noch überdieß den Glauben, die Regierung huldige dem Systeme des Lichtes und der Freiheit. Dichterische Versuche des Fürsten erweckten sogar die Hoffnung, es glühe in dessen Busen das Verlangen nach Erleuchtung und Befreiung der Völker, und einzelne Handlungen im liberalen Sinne, namendich in Ansehung der Presse, gaben dieser Hoffnung selbst bei den Bedächtigem einiges Gewicht. Während die Höfe von Wien,
67 Berlin den Liberalismus als ihren Todfeind verfolgten, hörte es der König von Baiern gerne, wenn man ihn liberal nannte. — Kurz der große Haufe und selbst viele der besonnenem Beobachter waren entzückt über die Sonne, die über Deutschland aufgegangen zu sein schien. Die Völker, welche die Tugenden ihrer Fürsten so gerne anerkennen und hierin eher zur Uebertreibung ihrer Huldigung, als zur Ungerechtigkeit geneigt sind; die guten Völker, die ihr Glück und ihre Zufriedenheit so gerne den Fürsten verdanken, trugen ihre Herzen mit aufrichtiger Liebe dem neuen Monarchen Baierns an. Es ist so: - es waren nicht blos die Baiern, es waren die Deutschen, die gegen König Ludwig zu den Gefühlen der Hochachtung und Ergebenheit fast mit Enthusiasmus hingerissen waren. Dieser König war es daher, welcher die bedeutungsvollste Macht gewonnen hatte - die Allmacht der öffendichen Meinung der Völker. Und zu welcher Zeit besaß der baierische Fürst diese Riesenmacht? Zu einer Zeit, wo die Cabinette von Wien, Berlin, Paris und Petersburg durch die Verbündung gegen die theuersten Interessen der Völker an der Untergrabung ihrer Macht und Größe immer eifriger arbeiteten, zu einer Zeit, wo die Ausführung des Planes vorbreitet wurde, durch Vernichtung des Freiheits-Briefes der französischen Nation der Sache der Völker auf dem europäischen Festlande den Todesstreich zu versetzen. In einer solchen Zeit, sagen wir, besaß König Ludwig von Baiern die Macht der öffendichen Meinung Deutschlands. Es schien so, man konnte nicht anders glauben - als daß Baiern berufen wäre, der Wage, welche in Europa über die Frage des Jahrhunderts züngelte, im Sinne des öffendichen Wohles den Ausschlag zu geben. Die Pariser Catastrophe trat ein, und noch war der Münchner Hof im Besitze der Macht der öffentlichen Meinung Jetzt war der Zeitpunkt zum Handeln gekommen: der Genius der Zeit gab mit Flammenschriften die Losung. Sie hieß: „Verfolge, König Ludwig, diejenige politische Bahn, welche jener Carls X. gegenüberliegt, entwickle demnach alle Prinzipien der constitutionellen Charte, bekenne dich offen fur die Nothwendigkeit der Wiedergeburt Deutschlands, sowie der Reorganisation Europas — und der Weltgeist wird die Entscheidung der Fragen des Jahrhunderts in deine Hände legen." So lautete die ernste, dringende Mahnung des Zeitgeistes. Welche Folgen, welcher Gang der Ereignisse, wenn man ihr seine Ohren nicht gewaltsam verschlossen hätte! Die Sehnsucht aller Völker nach Freiheit war erwacht; alle sympathesirten in einer eben so glühenden als edlen Leidenschaft: auch die Kraft zum Handeln war der Entwicklung fähig: es fehlte nur an der Weckung der Kräfte und an deren Sammlung in einem Centraipunkte. Die Vorbereitung zu diesem großen Werke lag einerseits in der unverzüglichen Einberufung der baierischen Stände und Umschaflung der Schein-Verfassung in eine wahre constitutionelle Charte, sowie andrerseits in der engen Verbündung mit sämmtlichen constitutionellen Ländern Deutschlands. Hatten dann vollends die Polen sich erhoben, so war die Zeit gekommen, um, auf die begeisternde Liebe Süddeutschlands und die staunende Bewunderung Norddeutschlands gestützt, die Grundlagen der Reform Deutschlands, sowie die Basis der Wiederherstellung Polens und, durch beide, der Reorganisation Europas festzusetzen. Die Heere des Absolutismus würden zur Besiegung des Aufschwunges der
68 Völker und deren Bündnisses mit einem angebeteten Könige kaum ins Feld gerufen worden, noch weniger aber dasselbe gegen die Begeisterung der constitutionellen Franken, Deutschen und Polen zu behaupten im Stande gewesen sein. Wer glaubt, daß der Sieg der Freiheit in Frankreich auf Oesterreich und Preußen keine Rückwirkung geäußert habe, der irrt sehr. - Namentlich war der Einfluß auf Oesterreich, wenn auch weniger sichtbar, dennoch desto tiefer und erschütternder. Italien, Ungarn und Böhmen waren seit langer Zeit zu sehr gedrückt und in allen ihren Interessen zu sehr mißhandelt worden, als daß sie der Bewegung zur Emancipation der Völker nicht freudig sich angeschlossen haben würden. Es bedurfte nur einer Unterstützung der polnischen Sache und der österreichische Coloß war bis in seine tiefsten Grundsäulen erschüttert. Vergeblich würde man dann die preußischen Bataillone zur Unterdrückung Polens verwendet haben. Wie konnten sie zwei mächtigen Feinden, der Macht des constitutionellen Feindes und der Sympathie des eigenen Volkes fur Polen und seine Freunde, zugleich widerstehen? Gewiß, die Zeit war groß. Aber wie hat der Münchner Hof sie begriffen und benüzt? Aehnlich einem Schauspieler, der auf der Bühne zum Entzücken des Publikums einen Helden mit täuschender Wahrheit darstellt, und in der Wirklichkeit, über alle Begriffe feig, vor den Drohungen eines schwachen Knaben entflieht. Für den politischen Charakter der baierischen Regierung mußte die Catastrophe des Julius die Zeit der Prüfung sein: sie mußte zeigen, ob der zur Schau getragene Diamant des Liberalismus ächt oder falsch sei? Er war wirklich falsch: — Deutschland sah sich getäuscht. Jetzt war es freilich natürlich, daß der Sieg der Freiheit, anstatt Freude, Hoffnung und Thatkraft, Schrecken, Angst und Entkräftung zur Folge haben mußte. Wirklich sah man auch in dem Aufschwünge der Völker nicht das Mittel zum Ruhm und zur Größe, sondern vielmehr eine Gefahr fur den Thron. Augenblicklich waren daher die liberalen Phrasen und Gaukelspiele mit thatsächlicher Feindseligkeit gegen Freiheit und Licht vertauscht. Das deutsche Cabinet, welches man vor wenigen Monaten für den Repräsentanten der Aufklärung und der Volksthümlichkeit gehalten hatte, verkroch sich jetzt scheu unter den Fittich einer finstern Congregation und schmiegte sich zitternd unter die Herrschaft einer volksfeindlichen Camarilla. Unverzüglich begann nun auch der offene Angriff gegen die Institutionen und die Vertheidiger des Lichtes, so wie alle Freunde des Volkes. Die Presse schlug man gesetzwidrig in Fesseln: ein unheilbringendes Vorrecht der Krone benützte man zur Zurückweisung frei gewählter Volksvertreter: servile Organe der Volksrepräsentation wurden dagegen gewonnen zur Bekämpfung der VolksInteressen: dem Verlangen der öffentlichen Meinung nach Reformen im Sinne der Freiheit und der Aufklärung wurde ein halsstarriger Widerstand entgegengesetzt; jeder treue Freund des Vaterlandes, der jenem Zwecke mit Kraft und Eifer seine Thätigkeit lieh, für einen Feind der Krone erklärt: der Versuch der Nationalkammer dem erschöpften Wohlstande des Volkes durch Erleichterung in den Lasten und der untergrabenen Moralität durch Aufhebung eines verderblichen Hazartspieles — des Lottos — zu Hülfe zu kommen, wurde mit gereitzter Empfindlichkeit bekämpft, weil man den Schweiß der Nation und die Pfennige der Bettler
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69 zum Glänze der Krone unabweislich bedürfe: Ehrenstellen und Orden widmete man denen, welche den Hof in diesem Kampfe gegen das Volk unterstützten, Schmähungen und Verfolgungen aber jenen, welche in dem Kampfe dem Volke treu geblieben waren: taub gegen die Stimme der Vernunft und überwältigt von blinder, fanatischer Leidenschaft, warf man endlich den Brand der Zweitracht unter die Nation selbst, indem man die Verstandesschwäche Einzelner unter dem Volke benützte, um durch Aufforderungen zur Fortsetzung des unseligen Regierungs-Systems Factionen zu erzeugen und die Bewohner des Landes feindselig einander gegenüber zu stellen. Um nun das Werk vollends zu krönen, wird eine gänzliche Umgestaltung des Ministeriums vorgenommen, in einem Sinne, wodurch die allgemeine Besorgniß des Volkes noch höher gesteigert wird; denn es liegt in diesem schon lange befürchteten Ereignisse der Fingerzeig, daß das den National-Interessen widerstrebende System der Regierung mit trotziger Hartnäckigkeit durchgeführt werden soll. Bei einer solchen politischen Lage des Landes muß man mit Ernst und Nachdruck die Frage erheben: „Wie soll dieß enden, will man die Ruhe und Zufriedenheit des Volkes bis in ihre Tiefe erschüttern, will man in der Beleidigung der öffentlichen Meinung und in der tollkühnen Verhöhnung des Zeitgeistes von Stufe zu Stufe steigen, bis zu dem Extreme? Schon ist es dahin gekommen, daß Hoforgane die Frevel Carls X. ein Versehen nennen. Will man vielleicht noch einige Stufen höher gehen und zuerst zur Vertheidigung, dann aber zur Nachahmung der Juli-Ordonnanzen schreiten? Nach allem, was bisher geschehen, hat man freilich nur noch einige Schritte zu thun. Doch bedenkt, wir beschwören Euch, die Folgen! Geht umher im Lande und überzeugt Euch von dem Schmerze des Volkes über seine getäuschten Erwartungen, von seiner Betrübniß über die Feindseligkeit der Regierung gegen die freie Rede, von seinem Verlangen nach Mündigkeit und bürgerlicher Würde, sowie endlich von seinem Abschen gegen kriechende Adressen: — überzeugt Euch von allem diesen und mahnt dann ab von dem verwegenen Beginnen, ein fur bürgerliche Freiheit reifes und nach Licht verlangendes Volk unter die Herrschaft der Aristokratie und der Klosterbrüder zurück zu führen. Die Spaltung zwischen Regierung und Volk ist schon weit gekommen, weiter als es mit dem Glücke des Landes sich verträgt. Macht darum die Kluft nicht noch weiter: wer kann voraussehen, wen sie verschlingen wird; wer kann mit Gewißheit sagen, Gewalt könne den Geist des Volkes noch ersticken? Wenn es aber auch gelänge, wozu nützt dieses Palliativ-Mittel? Ist es der Weg, die Wohlfart der Gesellschaft zu befördern? Wenn Ihr daher von den Bedürfnissen und Wünschen des Volkes nur einigermaßen einen Begriff habt, wenn Ihr von Euren Pflichten durchdrungen seid, so entsagt dem Kriege gegen den Zeitgeist und tretet zurück von einem Posten, welchen nur Männer des Volks-Vertrauens, niemals aber Gegenstände des allgemeinen Mißtrauens, mit Nutzen für die Gesellschaft einnehmen können. Die Kluft, welche durch eine endlose Reihe politischer Sünden der Regierung im Lande entstanden ist, kann nur durch ein Ministerium der Bewegung wieder ausgefüllt werden, und zwar der Bewegung nach dem Ziele reiner, bürgerlicher Freiheit im Innern, durch Gewährung aller Consequenzen der constitutionellen Charte, und würdiger Selbstständigkeit nach Außen, durch
Herstellung eines engen Bündnisses der constitutionellen deutschen Staaten und Zurückweisung der Anmaßungen der absoluten Mächte. Eine solche Aufgabe zu lösen, widerstreitet indeß, wenn nicht Euren Fähigkeiten, doch Euren Neigungen und Grundsätzen, so wie Eurer ganzen Stellung gegen das Kabinet. Darum tretet lieber ab, als Euch in einen Kampf zu stürzen, bei welchem ein Sieg zugleich die Verwünschung des Volkes mit sich bringen muß.
C o r r e s p o n d e n z . Brüssel am 6. Januar. Unser einsichtsvoller König hat den Kammern einen Gesetz-Entwurf vorlegen lassen, nach welchem in jeder einzelnen Gemeinde des Landes wenigstens Eine Schule auf Kosten des Staats eingerichtet werden soll. Bei diesem Anlaß sagte Herr Seron in der Repräsentantenkammer: „Unsere Absicht war einzig, die beweinenswerthe Nachlässigkeit, welcher der öffentliche Unterricht hingegeben ist, zu verhindern. Will man Verbesserung der Volksmassen, so muß man sie unterrichten." Freilich werden sich Stimmen genug gegen diese Maßregel erheben, theils weil man den Unterricht ganz frei haben, d. h. jedem Vater das Recht lassen will, sein Kind unterrichten zu lassen wie er will, was ihn jedoch nicht hindert, die vom Staate eingerichtete öffentliche Schule zu benutzen oder eine andere; theils aber auch, weil man die Kosten, die darauf verwendet werden müssen, vorschützt und Oekonomie empfiehlt. Aber wahrlich, hier ist wohl nicht der Ort, von Ersparnissen zu reden. Nie wurde das Geld besser angewendet, als zur Verbesserung des Looses der Armen. Und kann das Budget wohl durch zu viele Kanale das wohlthätige Manna verbreiten, welches bestimmt ist, sowohl geistig als leiblich das Volk zu nähren, das in Unwissenheit versunken ist. Kann das Geld zu einem größern Werke verwendet werden als zu dem, welches die Nation moralisch höher heben soll? Und wenn, wie es eine Zeitung zur eigenen Schande gestand, die moralischen Interessen das Volk wenig kümmern, so sieht man gerade daraus, wie höchst nöthig verbesserte Schul.einrichtungen in diesem Lande sind. Aber man sagt uns vielleicht: Nehmt euch in Acht; bedenket die furchtbare Größe des Budgets, bedenket den Aufwand, den die Einrichtung einer Schule in jeder Gemeinde nothwendig herbeiführt: jährlich 800,000 Gulden! ... Was liegt daran, und sollte der öffentliche Unterricht der Regierung jährlich eine Million kosten, so wäre es nicht minder ihr Pflicht, Schulen zu errichten, und die schon errichteten aufrecht zu erhalten. Nein, der Aufwand von 800,000 fl. zur Verbreitung des öffentlichen Unterrichts darf zu keiner Klage Anlaß geben. Es ist von allgemeinem Interesse, daß die untern Klassen erleuchtet und gebildet werden; es ist also auch die Pflicht aller, nach Verhältniß beizutragen, es ist die Pflicht des Wohlhabenden, dem Armen dazu zu verhelfen. Was denVerkehr betrifft, so gewinnen die Fabriken des Landes wieder Leben, sowohl die Baumwollen- als Eisenund Gewehrfabriken, auch in den Steinkohlengruben ist neue Thätigkeit. Aus den Verhandlungen der Kammern vernehmen wir, daß eine Militärschule besteht, die bereits 39 Zöglinge zählt,
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71 welche täglich 85 Cents (51 Kr.) beziehen und den Grad vom Feldwebel haben. Desgleichen daß die Post 809,000 Gulden erträgt, aber dagegen den Staat die bedeutende Summe von 360,000 fl. kostet, weshalb aufbessere und einfachere Verwaltung angetragen wird, daß bei dem ungeheuren Verbrauch von gebrannten Wassern die Verbrauchssteuer nur 80000 fl. abwirft, die Grundsteuer aber 7278121 fl. Während man sich beklagte, daß die beiden Flandern zu hoch mit der Grundsteuer belegt sind, im Verhältniß zu den übrigen Provinzen, behaupten andere, daß in Zeiten großen Bedürfnisses nicht auf Minderung der Abgaben angetragen werden dürfe: finde ein Mißverhältniß statt, so müsse das dadurch gehoben werden, daß andere Theile des Landes eine höhere Grundsteuer zahlen müßten. Wenn aber Hr. Rodenbach sich beklagt, daß von 380 bei der Centralverwaltung Angestellten blos 22 aus den Flandern seien, und deshalb eine Gleichheit in Zahlenverhältniß hergestellt wissen will, so gränzt dies wahrhaft aus Lächerliche. Sind denn die guten und brauchbaren Köpfe jederzeit nach der Seelenzahl und Landesgröße vertheilt? Es ist ein Jammer, der in freien Staaten so oft sichtbar ist, daß man zu engherzig für seine Stadt, seinen District sorgt und das Allgemeine aus dem Auge verliert. Wann werden einmal unsere Freigesinnten von aller Engherzigkeit frei werden, und nur das wahre Wohl des ganzen Landes, ohne Rücksicht auf Individuelles, im Auge haben. Am 28. Dezember wurde ein Opfer der Septembertage 1830, der, bis jetzt an seinen Wunden leidend, vor mehreren Tagen starb, zu seiner Ruhestätte auf dem Märtyrerplatz begleitet, wo die übrigen für die Sache der Freiheit umgekommenen Helden liegen. Wie es scheint fordert die Revolution noch immer neue Opfer, durch die begonnene Gegenrevolution in Luxemburg, welches Uebel aus der Hartnäckigkeit des Königs von Holland und aus der Langsamkeit und Unbestimmtheit der Londoner Conferenz hervorgeht. Daß die Holländer sich zwischen Mästricht und Bois le Due an ein paar Kohlenschiffen (auf deren Mannschaft sie mit Kanonen schössen, und drei unglückliche Schiffer, Familienväter, tödteten), rächten, weil die Belgier ihnen jüngsthin einen mit Gewehren beladenen Wagen wegnahmen, zeigt von der Wuth die sie über Belgiens Verlust empfinden, obgleich ihr König anfangs sich stellte, als ob ihm an Belgiens Besitz nichts gelegen sei Möge eine schnelle und kräftige Maßregel der Conferenz den beiden Ländern und mit ihm ganz Europa, den Frieden und alle Segnungen desselben im freien Handels- und Geistesverkehr recht bald verleihen.
Zur Tagesgeschichte. München, 6. Januar. Als eine der ersten Regierungshandlungen des neuen Ministeriums erwartet man eine verbesserte Instruction für die Censoren. Dieses ehrenvolle Amt soll nämlich in Zukunft ein ausschließendes Privilegium des hohen Adels sein. Da aber derselbe bekanntlich nur sieben Ideen fassen kann, so soll die Instruction für die Censoren ganz einfach dahin festgesetzt werden, daß jeder Artikel zu streichen sei, worin die Ausdrücke: »Preußen«, »Constitution«, »Oesterreich«, »Freiheit«, »Rußland«, »AufGedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
klärung« vorkommen. — Man sagt sogar, diese Instruction sei in der zuversichtlichen Erwartung der nachträglichen Genehmigung des Ministeriums schon vor der Bildung desselben an den köngl. Land-Commissär in Zweibrücken expedirt worden. - Herr Director Rudhart ist, wie Sie gelesen haben werden, zum Regierungs-Präsidenten und zum Ritter des Civillisten-Vercüenst-Ordens ernannt worden. Das Räthselhafte in dem Benehmen dieses Staatsmannes, welches einige überspannte Köpfe wahrnehmen wollten, ist in einer Beziehung aufgeklärt worden. Man konnte zum Beispiel nicht begrefen, wie ein Freund der Preßfreiheit und anderer freisinniger Institutionen das Regierungs-System Baierns unterstützen könne. Herr von Rudhart hob aber den scheinbaren Widerspruch durch die Erläuterung: „er liebe die Preßfreiheit nur darum, weil sie den Werth des Talentes erhöhe: denn ohne Preßfreiheit gebe es keine Opposition und ohne Opposition habe die Aristocratie entweder gar keinen Beweggrund, die Talente fur sich zu engagiren, oder verstünde sich wenigstens nicht zu hohen Preißen." - So erklären sich scheinbar große Widersprüche öfters auf eine sehr einfache Weise. — A n z e i g e n . Vincenzo Verri's untrügliches Mittel gegen Magen- und Nervenschwäche, unter dem Namen:
N E T T A R E di
NAPOLI.
(Göttertrank von Neapel.) Dieses in ganz Deutschland allgemeine Sensation erregt habende, und mit vollem Rechte obigen Namen verdienende Heilmittel, welches durch seine täglich neuen außerordentlichen Beispiele seiner herrlich wirksamen Eigenschaften sich stets mehr und mehr bewährt; bringt der Unterzeichnete zum allgemeinen Wohle in empfehlende Erinnerung. Preis p. Originalflasche 1 Dukatenfix.Briefe und Gelder erbittet franc» die Haupt-Niederlage fiir ganz Deutschland. Carl Gauaelius-Razen, in Frankfurt am Main, große Sandgasse K. 163. Oeffentliche Danksagung zu Gunsten des Nettare die Napoli, gegen Magen- und Nervenschwäche. Obgleich in demjenigen Alter, wo mit Hülfe der Kunst nur wenig zu hoffen ist, und nachdem ich schon seit fünfJahten die vorzüglichsten Aerzte zu Rathe gezogen, um von den vielfach mich belästigenden Magen- und Nerven-Beschwerden befreiet zu werden, glaubte ich kein Mittel weiter finden zu können, welches meine Leiden nur einigermaßen lindem würde, als mir auf spezielle Empfehlung höchsten Orts das seit langer Zeit mit so ausgezeichneter Wukung begleitete Nettare di Napoli angerathen wurde. Schon nach einigen Monaten empfand ich die Heilkräfte dieses vorzüglichen Mittels, und nach sechs monatlicher Fortsetzung desselben fühle ich mich in meinem 64jährigen Alter so wohl und munter, daß ich gleichsam neu geboren und mit erhöheten Kräften ins Leben getreten bin. Diese meine mit innigem Dank begleitete Erklärung glaube ich der Oeffentlichkeit schuldig zu sein. Mannheim (im Großherzogthum Baden) im Juni 1831. Magdalena v. Serriere, geb. v. Fran k. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Freitag.
Tribüne.
Ν— 1 0 .
Die Censur und der „durchlauchtige" deutsche Bund. Die convulsivische Aengstlichkeit, mit welcher der deutsche Bund an die Censur sich anklammert, muß bei dem Unbefangenen die Frage erregen, warum diese Institution der Finsterniß zur Aufrechterhaltung des durchlauchtigen Bundes nothwendig sei. Diese Frage ist in der That überall laut geworden, und mußte es werden, da Ehre und Pflicht geboten, hier nicht zu verstummen. Aber der Bund ist, wo das deutsche Volksinteresse gegen ihn Klage fuhrt, bekanntlich sehr harthöriger und hartherziger Natur, daher es Noth thut, jene Frage, an welche sich gerade unsere bittersten und gerechtesten Beschwerden knüpfen, unausgesetzt und immer lauter zu wiederholen, bis die kranke und scheinbar unheilbare Natur des Bundes entweder Heilung oder Auflösung verspricht. Der hohe Bund will durch die Censur sich schützen, weil außerdem die alten vaterländischen Krebsübel berührt werden müßten, die er bei seiner Organisation, als ehrwürdige Muttermale, auf das wiedergeborne Vaterland nochmals vererbt hat; er will durch die Censur sich schützen, weil er, ein undeutscher Bund, nicht zur Wahrung Deutschlands gegen fremde Schmach, sondern einzig zu dessen innerer Unterjochung geschäftig ist; er will sich endlich durch die Censur schützen, weil er so wenig geachtet wird, daß von seiner unseligen Wirksamkeit nicht die Rede sein könnte, ohne daß die Verwünschung von Millionen über ihn erginge. - Einheit im Innern, nicht eine despotische, einerlei Fesseln bietende Einheit, sondern eine Deutschlands würdige, von freisinnigen Grundsätzen ausge[h]ende Einheit, zur Förderung sowohl der geistigen als materiellen Bedürfhisse des Volkes, und ein starkes, geachtetes Nationalband, in Bezug auf Angelegenheiten der europäischen Politik, dieß sind, wie der „durchlauchtige" Bund wohl weiß, die völkerrechdichen, unverjährbaren Forderungen des deutschen Volkes, das waren die rechtmäßigen Erwartungen von einer Zukunft, die nach dem Zusammensturze der letzten Trümmer des heil, römischen Reichs, nach einem Dezennium der tiefsten Schmach ausländischer Militärherrschaft und einheimischer Fürstendespotie, und nach dem erfolgten glorreichen Erwachen und Erkämpfen der durch eigene Kraft wieder erstandenen Nation, endlich einmal beginnen sollte. Eine Wiedergeburt des Vaterlandes in der That und Wahrheit, nachdem die Sünden der Väter in Strömen Bluts gesühnt schienen, nachdem die selbstsüchtige Politik der Fürsten wahrlich mehr als genug, so glaubte man, gewitzigt worden, eine Wiedergeburt Deutschlands in allen seinen Verhältnissen, war der flammende Wunsch des ganzen Volkes. - Es erschien die Bundesakte! - Sie entsprach zwar jenen Wünschen nicht, allein als Vorbote weiterer organischer Entwicklung, ward diese Akte im ersten Taumel des Sieges, gleichwohl als ein Pfand der bessern, noch zu gewährenden Institutionen mit Freude begrüßt. - Constitutionelle Staatsverfassung fur alle Deutsche, Freiheit der Presse (Geistes-
Homburg, den 13. Januar 1832.
freiheit — des Menschen ewiges Recht) und Freiheit des Verkehrs, diese Grundbedingungen eines ehrenvollen künftigen Staatslebens, waren im Allgemeinen zugesichert, - und das Volk hatte Vertrauen auf die Verheißung, weil es ihm unmöglich war zu glauben, daß alle seine Aufopferung fur die Throne der wiedererstandenen Legitimität nur als schuldiger Tribut der Sklaven gelte. - Demungeachtet wurde das Vertrauen des Volkes getäuscht, deßungeachte das von den Regierungen gegebene Wort gebrochen. Und damit das Volk den Cabinetten ihr Unrecht nicht vorhalten könne, greift das scheue Gewissen des deutschen Bundes nach der Censur, wodurch die Stimme der Wahrheit unterdrückt werden soll. Allein es ist zu spät: Ihr sollt die Wahrheit doch hören! Das Volk sammelt jetzt schon die Materialien für die Geschichte, welche das große Buch unserer Tage schreiben und Euch richten wird. - Wie habt Ihr, so fragen wir, die unveräußerlichen Rechte des Volks geachtet, wie das heilige Vertrauen desselben gerechtfertigt, oder was ist aus jenen Verheißungen geworden, in Noth und Unglück gegeben? - Diese schlichte bürgerliche Frage müssen wir an euch Gewaltige richten, die Ihr von Euern Cabinetten und Conferenzen aus die Welt regieren wollt: sie ist's, welche über Euch das Urtheil spricht; denn auch der Schlichteste unter dem Volke versteht und ehrt die Sprüche: „Was einer verspricht, soll er auch halten", und: „Fürstenwort sei ein heiliges Wort"! Auch der Schlichteste weiß: „Mit diesen Sprüchen, mit den gesetzlich (in der Bundesakte) garantirten Betheuerungen steht und fällt zuletzt das Vertrauen Aller, und stehen und fallen mit diesem Vertrauen die Throne der Fürsten selbst, wie des Tages Beispiele uns Zeugen sind." — Was aber ist denn aus jenen Verheißungen geworden? — Die Männer des Vaterlandes, die Männer, die in der Zeit der Noth für Euch sich opferten, waren nach dem Siege überflüssig. Nachdem das Vaterland gerettet, die Throne auch ohne sie gesichert und die heiligen Betheuerungen zu Nichts mehr nütze schienen, wurden diese Männer, als unbescheidene Mahner oder ärgerliche Zeugen dessen, wie man zur Zeit der Angst sich benommen, nach und nach entfernt: — sie mußten servilen Günstlingen und hochmüthigen Aristokraten weichen. Dem deutschen Volke war es bei diesem ernsten Akte der Entwicklung seiner Zukunft nicht zu verargen, wenn es die Zeichen gerechten Argwohns nicht verbergen konnte. Was hatte es denn fur sich zu hoffen, wenn seine Fürsten so klein waren, daß sie zum System des Undanks schreiten mußten: was konnte es noch erwarten, wenn es sehen mußte, wie an die Stelle der erprobten Männer der heiligen Sache, die geschäftigen Diener der Willkür in alter Weise wieder auftauchten? Es konnte unter solchen Umständen nur furchten - und hatte auch bald allen Grund dazu. Die Cabinette blieben nicht bei der einfachen Verweigerung ihrer Verbindlichkeit stehen, sondern sie beeilten sich, die Völker noch mehr zu unterjochen, als es vor dem sogenannten Freiheitskriege der Fall war. Die heilige Allianz ent-
75 stand, um den deutschen Bund zu beherrschen. Es gelang: anfangs suchte man indessen die dadurch eingetretene Entwürdigung des Bundes zu verbergen. Allein bald fand man es überflüssig, der politischen Mißgeburt, dem sogenannten deutschen Bunde die Maske länger vorzuhalten; statt als ein Stern der Wiedergeburt, als der froh begrüßte Bote deutscher Freiheit am trüben Horizonte unseres Vaterlandes aufzusteigen, erschien er jetzt, deutlich vor aller Augen, als ein widriges, neue Unterjochung verkündendes Meteor, abweichend von der gesetzlichen Bahn seiner erst verheißenen Bestimmung — ein schmachvoll folgsamer Trabant jener heiligen, volksfeindlichen Absolutisten-Allianz! — Und wer jetzt noch an Fürstenwort, wer nur an Erfüllung der Bundesakte zu mahnen wagte, hieß Hochverräther, geächtet in der Heimath, geächtet im Vaterlande, für das er im Kampfe geblutet hatte. Die Arme, die sich für die heilige Sache der Befreiung erhoben, die den umgestürzten Thron der Fürstenmacht wieder aufgerichtet, wurden in Fesseln geschlagen, und während in Ermangelung einer gesetzlich geschützten freien Presse auch die Geister in Fesseln lagen, wurde noch überdieß gegen die letzten Kämpfer fur die Freiheit ein Jahre lang geschäftiges Inquisitionsgericht niedergesetzt. Da sandte die Sonne des Julius ihre Strahlen auch nach Deutschland. Wie vom Blitze getroffen fuhr die geheime Excellenzenversammlung in Frankfurt von der diplomatischen Tafel auf, sich umsehend nach einem — ösdicher gelegenen Dinersaal. Sie zitterte sichtbar und fürchtete, die Stunde der Rechenschaft sei gekommen. Aber - so war es im unerforschten Rathe der Vorsehung beschlossen - die Excellenzen durften bleiben. Der Kern der Juli-Sonne trübte sich in unvertilgbaren Flecken, auch Polens schöner Mond ging nochmals im Blute unter; und jetzt, wo nach Warschaus verhängnißvollem Falle die despotische Fahne des Czars stolzer weht, wagen sie es wieder, gegen die Freiheit zu Felde zu ziehen. Wir haben die ersten Feindseligkeiten gesehen. Die öffentliche Meinung Deutschlands, die während der Angstperiode des deutschen Bundes durch gutmüthige Warnung gegen ungesetzliche gewaltsame Mittel eine so edle Probe bestand, darum aber auch jetzt einen um so herrlichem Schwung nehmen darf, diese öffentliche Meinung glauben die Unverbesserlichen so schnell als möglich wieder vernichten zu müssen. Die Stimme des Volks, die man nicht in Adressen hören wollte, will man durch Drohung und Verbote nun auch in den Journalen zum Schweigen bringen. — Aber ihr irrt Euch! - Das Volk, das ihr dazu gezwungen, sein Mißtrauen, seinen Spott und seine Verachtung gegen Euch laut werden zu lassen, das Volk dessen, auch über Deutschlands Gränze hinaus hörbare, unerschrockene Vertreter im Unmuthe rufen: Eine Hand voll Junker, eine Hand voll Aristokraten! Dieses Volk ist so feige nicht, die Nationalehre in stummer Fügsamkeit preiszugeben; es schweigt nicht, wo es die wichtigsten Anforderungen des Gesammtvaterlandes gilt. Es verlangt vielmehr feierlich und öffentlich gesetzlich garantirte Freiheit der Presse, zur ehrenvollen Äufrechthaltung seiner öffentlichen Meinung, und eine, seiner würdige Nationalrepräsentation — dem geheimen Bunde zu Frankfurt gegenüber, zur Wahrung gegen fremden, schmachvollen Einfluß. Es will und muß beides haben, weil es völkerrechtlich solches fordern kann, weil es auf gesetzlichem Wege darum kämpfen darf, und weil es dringend Noth thut, daß unser in allen seinen
76 bessern Interessen zerrissenes Vaterland, endlich einmal aus seiner staatsbürgerlichen wie politischen Unmündigkeit heraustrete. Die Schmach, daß der Despotismus des Auslandes unsere heiligsten Rechtsansprüche, im Innern beschränkt, und einer Nation von dreißig Millionen verbietet, ihre Sympathie für ein unterdrücktes Nachbarvolk, für Edelmuth und Tapferkeit auszusprechen: - diese Schmach kann nicht länger auf Deutschland lasten. Ch. Sch. Ueber die Nothwendigkeit einer Reform des katholischen Ritus. Es ist eine auffallende Erscheinung unserer Zeit, daß nach und nach fast alle Länder Europas der Schauplatz heftiger, politischer Erschütterungen geworden, und noch zur Stunde ein Geist der Zwietracht und eine Aufregung der Gemüther vorherrschend ist, womach der bürgerlichen Gesellschaft eine unheilschwangere Zukunft bevorstünde, wenn nicht die Regierungen mit allem Ernste sich bestreben, die Natur und die Veranlassung dieser Revolutionen zu ergründen, und solche Reformen eintreten zu lassen, als zur Vereinbarung der sich widerstrebenden Parteien am geeignetsten und unerläßlichsten erscheinen! — Wenn alle Stimmen sich dahin vereinigen, daß eine gemäßigte Monarchie die meisten Garantien für Handhabung der Ordnung und der Gerechtigkeit bietet, so ist es nicht weniger anerkannt, daß viele Institutionen und Gebräuche, die auf die Unwissenheit und geringe Stufe der Bildung früherer Zeiten berechnet waren, heut zu Tage nicht mehr anwendbar sind; die unendlichen Fortschritte in der Civilisation bedingen nothwendig Entfernung alles dessen, was der größeren Verbreitung des Lichts und der Wahrheit hinderlich sein könnte, und sonach müssen auch mehrere Gebräuche und Sätze der katholischen Kirche näher beleuchtet und reiflich erwogen werden, inwiefern diese einer Läuterung fähig sein möchten! - Religion, im edlern Sinne des Worts, ist eine unversiegbare Quelle des innern Friedens und Trostes bei schweren Leiden und Prüfungen; allein nur zu häufig wird sie zum Deckmantel der Willkür und der Selbstsucht herabgewürdigt, und deßhalb sehen wir auch den Despotismus und Katholicismus meistens Hand in Hand gehen. Der Protestantismus lehrt das Erkennen und Verehren eines höheren Wesens, nach fäßlichen, geistigen Begriffen, auf innere Ueberzeugung und den Glauben gegründet, daß wir einstens nach unsern Werken gerichtet werden, der Katholicismus hingegen ist mehr auf sinnliche Anschauung und den Glauben an das Wunderbare, Unfaßliche, Unerklärliche, mit andern Worten, mehr auf Aberglauben berechnet. Die Katholiken erkennen den Pabst als den Statthalter und Stellvertreter Jesu an, demnach müßte Rom der Sitz aller zeitlichen Glückseligkeit, und der Kirchenstaat ein Vorbild sein für die ganze Christenheit in Tugend, Frömmigkeit und Anhänglichkeit an die bestehende Verfassung der Dinge; statt dessen sind Aufruhr, Kabalen, Intoleranz, Mord, Trug und List dort an der Tagesordnung. Der geistliche Stand, berufen, das Wort Gottes in dem Geiste Jesu zu verkünden und zu verbreiten, durch
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77 Belehrung und Ueberzeugung auf das Gemüth des Menschen einzuwirken, wird bei den Katholiken meistens aus der untersten Klasse des Volkes gebildet, und ermangelt zum großen Theile des Grads von geistiger Bildung und moralischer Würde, welchen dieser Beruf voraussetzt. - Das Cölibat\ä&t die Geistlichen dem edlen Gefühle der Liebe entsagen, um statt dessen der Wollust und Selbstsucht zu fröhnen; sie predigen Verachtung der zeitlichen Güter und befriedigen ihre Habsucht durch Ertheilung des Ablasses für begangene Sünden! Ist es somit zu verwundern, wenn in katholischen Landen der Uebelthaten und Verbrechen mehr als an andern Orten verübt werden (?), und ist es nicht die höchste Zeit, den unseligen Wahn auszurotten, als ob ein Priester, von Staub wie wir, die Macht und Befugniß besitze, dem Gottesgerichte vorzugreifen. Wird nicht der Sünder, nach erhaltenem Ablasse, neue Missethaten an die früheren Vergehungen reihen, wenn er sich vor aller Verantwortung verwahren zu können glaubt? Ist es nicht vielmehr die Aufgabe des Geistlichen, der Gemeinde anschaulich zu machen, wie aufrichtige Neue wohl die Schuld vermindern, aber nie ganz austilgen könne (?), um auf diese Weise zu einem gottgefälligeren Lebenswandel aufzumuntern? Was der menschliche Verstand erfassen kann, findet um so leichter Eingang zum Herzen; deßhalb sollte bei dem Gottesdienste das Verkünden des Wortes Gottes, der Moral und der Sittlichkeit, das Wesentliche sein, und die Ceremonien nur bezwecken, eine kindliche fromme Stimmung hervorzurufen! - Bei den Katholiken ist dies umgekehrt; die Ceremonien, das Lesen der Messe in einer den Wenigsten verständlichen Sprache, Prozessionen u. d. m. füllen beinahe den ganzen Raum aus, zur Befriedigung der Sinne; die Predigt hingegen, welche durch Beispiele und Ueberzeugung auf die Besserung des Menschen hinwirken soll, wird als der minder wesentliche Theil des Gottesdienstes angesehen. Aus allem diesen geht hervor, daß der Katholicismus in seiner jetzigen Verfassung der Mängel viele hat; daß solche der Civilisation hinderlich sind und überdieß den Müßiggang und das Laster befördern; daß dieser Kultus mehr dem Beispiel des Erlösers in Vermeidung alles eiteln Pomps und in Beförderung und Verbreitung des Lichts und der Wahrheit nachkommen müsse, daß die Ohrenbeichte, das Fasten, die Wallfahrten als Mißbräuche erkannt und ein einfacher, erhebender Gottesdienst an die Stelle eitler Ceremonien treten müsse!! — Und welcher aufgeklärte Katholik sollte nicht besagte Reform für wünschenswerth und äußerst wohlthätig erachten? - Welcher aufgeklärte Katholik möchte nicht der Ohrenbeichte und des Gewissenszwangs enthoben oder noch länger ein Spielwerk von Pfaffen sein, die weder in Wort noch That sich als die wahren Verkündiger des Evangeliums bewähren! Alle Parteiensucht müßte schwinden, wenn die verschiedenen Culten der christlichen Kirche auf diese Weise sich näher geführt und das Wort Gottes in seiner ursprünglichen Reinheit erkannt und gelehrt würde; wer den Namen eines Christen fuhrt, würde sich liebend begegnen, nicht dem
Scheine und dem Trug, sondern der Tugend und der Frömmigkeit huldigen. Möchte dieses schöne Werk bald in Erfüllung gehen; möchte der Zauber der Religion eine Versöhnung der beiden gegenwärtig im Kampfe liegenden Prinzipien, der Aufldärung und des Obscurantismus, bewirken, und ersterer, zum Heil der Welt, der Sieg zuerkannt werden. — Alle politischen Interessen werden sich friedlich lösen, wenn die christliche Liebe als Vermittlerin auftritt; möchte die schwere Geißel, welche gegenwärtig, zur Besserung und Bekehrung der Menschen, unsem Welttheil heimsucht, eine solche Vereinigung befördern, und ein dauerhafter Friede an die Stelle der jetzigen bewegten Zeit treten!!! — Z....r. Zur Tagesgeschichte. Baiern. Das Würzburger Volksblatt schließt sich nunmehr auch dem Grundsatze an, daß gegen das Abdrucken einer von der Censur gestrichenen Stelle keine Strafe verhängt werden könne, und daß eine Behörde, welche deßhalb gleichwohl strafen wolle, gewissenlos handle. Dabei wird gesagt: „Das Ministerium Stürmer ehrenvollen Andenkens war auch weit entfernt, sich von dieser Rechtsansicht zu trennen, und wenn dessen ungeachtet unter den Auspicien des frommen Grafen Seinsheim das Recht mit Füßen getreten und der Redacteur der deutschen Tribüne mit Polizeiarrest gestraft wurde, ohne daß man ein Gesetz für ein solches Verfahren anführen konnte, so können wir versichern, daß das Ministerium des Innern an diesen Gewaltstreichen keinen Theil hatte, denn auch es huldigte dem Grundsatze: ohne Gesetz keine Strafe!" — Wir bedauern, diese Meinung des Volksblattes für einen Irrthum erklären zu müssen. Das Ministerium Stürmer hat redlich mitgewirkt, das Recht mit Füßen zu treten, ja es gab zu der spätem längern Einsperrung des Redacteurs der deutschen Tribüne eigentlich die Veranlassung. Anfangs waren nämlich gegen den Redacteur, wegen Abdruckens gestrichener Stellen, Geldstrafen verhängt worden. Auf den Recurs desselben wurden nun die Strafresolute der Polizeidirection und der Kreis-Regierung in München dem Prinzipe nach von dem Ministerium Stürmer bestätiget, dem Redacteur auf Befehl dieses traurigen Ministeriums wirklich 45 fl. abgenommen und nur diejenigen Geldstrafen aufgehoben, welche in die Tausende gegangen waren. Der Grund dieser theilweisen Abänderung des Strafresoluts lag einzig in der Sorge für die Aufrechterhaltung des amtlichen Ansehens der Polizei-Direction: denn man glaubte, diese mache sich durch inexigible Geldstrafen lächerlich. So lange das Ministerium Stürmer über die Zulässigkeit einer Bestrafung sich noch nicht ausgesprochen hatte, war die Polizei-Direktion München, nach dem ersten Einsperrungs-Versuche, von weiteren Gewaltthaten gegen den Redacteur der Tribüne abgestanden. Als aber die Beschlüsse, welche eine Geldstrafe dictirten, von dem Ministerium Stürmer im Wesen bestätiget, also das Unrecht sanctionirt worden war, ließ man den Verfolgungen blindlings den Zügel schießen. Das Ministerium erlangte von diesen alles Gefühl empörenden, Verfolgungen täglich öffentliche Notiz: allein es that nichts, ihnen abzuhelfen. So benahm
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79 sich das Ministerium Stürmer. Dasselbe hat durch seine halben Maßregeln, durch seine Plumpheit gegen die Opposition und durch sein planloses Herumtappen dem Lande überhaupt weit mehr geschadet, als das Ministerium Schenk: denn es hat die Kräfte auseinander gerissen, die das letztere vereinigt hatte. Wollen wir daher von ihm sagen „beklagenswerthen, nicht aber ehrenvollen Andenkens." — A n z e i g e n .
Der
Westbote.
Der Westbote wird auch für das künftige Jahr erscheinen, und zwar in etwas erweitertem Umfang. Die Grundideen dieses Blattes sind: Freiheit und Selbstständigkeit der e i n z e l n e n d e u t s c h e n V ö l k e r im Innern; W ü r d e v o l l e N a t i o n a l Unabhängigkeit durch Einheit und freie k r a f t v o l l e Verf a s s u n g des G e s a m m t v a t e r l a n d e s ; Verständigung aller civilisirten Völker Europas über deren gegenseitige und g e m e i n s a m e I n t e r e s s e n , wozu der Standpunkt am Rhein als besonders geeignet und an sich als vermittelnd erscheint. Dies die drei Strahlen des hohen Lichtziels, wornach die Zeitschrift Rheinbaiern und der Westbote, jedes Blatt nach seiner Weise und so weit die zu solchen Zweck vereinten Kräfte reichen, zu streben nimmer ermüden werden. Zu solchem Ende wird der Westbote 1) die wichtigem politischen Begebenheiten des Tags in Umrissen erzählen; er wird 2) die Bemühungen der Regierungen und Landstände, der Völker und einzelnen Männer nir Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes vergleichend andeuten und die Resultate mittheilen; er wird 3) täglich räsonnirende Aufsätze liefern, sowohl über politische Fragen, als über sonstige Gegenstände des Staatsund Volkslebens; Kirche, Schule, Kunst und Wissenschaft mitbegriffen, er wird 4) auch blos örtliche Vorfälle und Angelegenheiten aufnehmen und behandeln, jedoch nur dann, wenn sie an sich ein allgemeines Interesse darbieten, oder zu Erörterungen von solchem Interesse Veranlassung geben. Auf solche Weise wird der Westbote trachten, nicht blos ein allgemein-politisches Tag-, sondern auch ein wahres deutsches Volksblatt zu werden, wohin er von Anbeginn strebte. Er hält es fur Sünde, mit den Lesern, die ihm ihr Vertrauen schenken, blos zu kannengießern; er hat sich eine edlere Aufgabe gestellt, die nämlich, sich mit ihnen über die wichtigsten Angelegenheiten des Menschen, des deutschen Staats- und Weltbürgers zu besprechen und fruchtbare Resultate fur die Wissenschaft und das Leben zu gewinnen, wozu die politischen oder sonstigen Tagsbegebenheiten nur den Faden oder die Veranlassung leihen. Er will, wie man die Geschichte heute pragmatisch darstellt, auch die Politik pragmatisch auffassen und behandeln. Wie es für das Geschichtsstudium nicht mehr als genügend erachtet wird, todte Jahrzahlen und Namen zu wissen, so scheint das geistlose Erzählen der Tagesereignisse nicht mehr der Zeit angemessen, die eine gewisse politische Bildung im weitesten Sinne allen Staatsbürgern zum Bedürfhiß, ja zur Pflicht macht. Denn wie kann ein Volk seinen gesellschaftlichen Zustand wesentlich zu verbessern hoffen, so lang es nicht klar erkennt, was es bedarf, und welches die Mittel und Wege sind, die am nächsten und sichersten zum Ziel fuhren? Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
Der Westbote glaubt diese schwere Aufgabe nach ihrem ganzen Umfang zu ermessen, und wird keine Mühe noch Kosten scheuen, ihr möglichst zu genügen. Die Gesetze und Verhältnisse Rheinbaierns begünstigen ein solches Unternehmen vorzüglich, zumal so lange in den übrigen deutschen Staaten die schmachvolle Censur fortbesteht. Doch wird der Westbote zu keinerlei gegründeten Beschwerden über Mißbrauch der Presse Anlaß geben, sondern sich jene Besonnenheit zum Gesetz machen, welche der Sache den Fortgang sichert, sowie der so sehr erregten Stimmung der Gemüther und dem hohen Ernst des Tages geziemt. Der schnellen Versendung wegen (worüber uns aus dem südlichen Deutschland zumal vielfache Beschwerden zugekommen sind), wird der Westbote künfiig am Rhein verlegt und ausgegeben werden, und zwar sobald die Einrichtungen vollends getroffen sind. Das Blatt bestimmt seinen Titel näher so:
Westbote, ein
allgemein politisches deutsches Volksblatt.
und
Es erscheint wie bisher täglich, künftig aber noch mit Beilagen, nach Erforderniß der Stoffe. Der Preis ist vorderhand wie bisher 8 fl. jährlich oder vierteljährlich 2 fl. am Orte des Verlags. Druck und Papier wie die Probeblätter. Die Blätter vom 15. December an bis Ende des Jahrs kann man von jeder Postbehörde unentgeldlich als Probeblätter beziehen; die Bestellung wolle baldigst gemacht werden. Alle Zusendungen gehen an die Redaction des Westboten oder die Verlagshandlung. Mit den Mitarbeitern und Correspondenten, wozu wir hiemit alle Freunde der deutschen Volkssache dringend auffordern, wird man geeignet übereinkommen; gedrängte und vollkräftige, aber klare und gemeinfaßliche Darstellung und Beschränkung auf das Wichtigere, scheint ein unerläßliches Gebot, um die Leser nicht auf unwürdige Weise zu überschwemmen. Bekanntmachungen und Anzeigen aller Art werden gegen eine Vergütung von 4 kr. fur die Zeile eingerückt. Zweibrücken, den 5. December 1831. Der Herausgeber,
Dr. Siebenpfeiffer. Mein verehrter College Siebenpfeiffer hat den Wunsch geäußert, daß ich über den Stand der Actien für die Presse der Tribüne Auskunft geben möchte. Ich habe diese Pflicht schon längst gefühlt, solche aber noch nicht erfüllen können, weil ich über die Zahl der in München angemeldeten Actien erst Notiz einholen mußte. Es ist deshalb schon vor mehreren Tagen dahin geschrieben worden. Sobald die Antwort eintrifft, werde ich über den Stand der Sache sofort detaillirten Aufschi uß ertheilen. Homburg, am 10. Januar 1832.
Wirth.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Samstag.
Tribüne.
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Die Nemesis. Der eiserne Schritt der rächenden Vergelterin dröhnt hörbar durch die ganze Weltgeschichte; sie ruhet nimmer, und auf das Haupt des Thäters wirft sie jegliche Unbill zurück. Deudich sehen wir allenthalben in unsern Tagen die große Wahrheit bestätigt: „die Weltgeschichte ist das Weltgericht!" am deutlichsten jetzt wieder bei der vielfachen Erwähnung der sogenannten demagogischen Umtriebe, bei dem feilen Schmähen auf sogenannte demagogische Schriftsteller und bei der Confiskation ihrer Geistesprodukte. - Die Großen der Erde haben die Stimme der Geschichte nie gehört, oder nie hören wollen; aber dafür hat ihre Ignoranz und Verstocktheit ihnen immer schlechte Früchte getragen, trägt sie ihnen jetzt wieder, und wird sie ihnen tragen, so lange es noch solche Große der Erde giebt. Einen merkwürdigen Beleg hiezu mögen sie jetzt darin sehen, wenn jene Bluträcher ihnen so furchtbar entgegen treten, die sie sich selbst erzogen haben in ihrer Verstocktheit - ich meine die Rächer der fürstlichen Wortbrüchigkeit und der gemißhandelten Jugend aus den verflossenen Jahrzehnten. Deutschland, das arme deutsche Vaterland, auf dessen Fluren der größte Theil der ersten französischen Revolutionsfehde ausgefochten wurde - Deutschland, das dem großen Manne des Zeitalters so viele Opfer gebracht durch die Kleinlichkeit, Uneinigkeit, Feigheit und Einfalt seiner Unzahl von Machthabern — Deutschland, das sich damals durch seine Anhänglichkeit und Kindestreue gegen die angestammten Häupter selbst ruinirte, war gewiß berechtigt, eine große Entschädigung zu fordern, und in eine schöne Zukunft hinaus zu blicken. Aber diese hat ihm nicht jene Früchte getragen, auf welche es die unermeßliche Aussaat angewiesen zu haben schien; denn seine Fürsten hatten ihm ja die Entschädigung verbürgt, und diese Bürgschaft ist heute noch eine Unwahrheit. Der schöne Tag, der für Deutschland anbrechen zu wollen schien, endete leider schon wieder mit dem großen Judenmarkte zu Wien, wo man mit Völkerstämmen handelte, wie mit feiler, nichtsbedeutender Waare, und den Augenblick verstreichen ließ, wo Deutschland wieder Deutschland hätte werden können. Wen, der das Morgenroth des neuen Tages gesehen, wen sollte nicht edler Unwille ergriffen haben bei der Dämmerung, die Deutschlands Fürsten neuerdings herauf zu fuhren begannen? Deutschlands edlere Jugend hatte jenes Emporleuchten gesehen, während die Alten schon in die früheren Verhältnisse eingerostet waren. Diese Jugend mit dem ihr eigenen Feuer, mit dem offenen Sinne flür Recht und Wahrheit, mußte die edle Indignation zuerst und am stärksten ergreifen. Sie sah den Tag wieder erlöschen, sie erkannte wohl, wessen die Schuld sei, und maaß sie richtig den Schuldigen zu. Aber jene Schuldigen sahen gerade in der natürlich gleichen Stimmung der ganzen edleren Jugend ein berechnetes Einverständniß; die in die alten Vorurtheile Eingefleischten konnten sich jene Kraft und Wärme der Jugend
Homburg, den 1 4 . Januar 1 8 3 2 .
einer größeren Zeit, als die ihrige, nicht träumen, und sahen daher überall Verschwörung und verbrecherischen Plan, wo natürlicher heiliger Unwille die Gemüther verband. Der Schmerz der Zeit ward laut, und er konnte nur laut werden in jugendlichen Herzen, und gerade dort nur so donnerlaut, wie er es wirklich geworden. Diesen Schmerz wollten die Großen, die ihn nie erkannt und begriffen, unterdrücken, als sei er eine Fehlgeburt der schwer kreisenden Zeit, und nun entstanden jene finstern Inquisitionen, über die die Menschheit längst die Verwünschung ausgesprochen, als über die Ausgeburt der Feigheit und des bösen Gewissens. Wenn man diejenigen zu unterdrücken suchte, welche jenen Schmerz der Zeit am lebhaftesten fühlten, wenn die schreiendsten Ungerechtigkeiten und Gewaltthaten gegen Schuldlose und unschuldig Verdächtige verübt wurden: war es da wohl ein Wunder, daß man die Opfer des feigsten Despotismus als Märtyrer betrachtete? — Hätten die Regierungen die Menschen und ihren eigenen Vortheil verstanden, so hätten sie ohne Zweifel die hervorstehende Kraft zu ihrem Besten benutzen können und müssen, statt sie unterdrücken zu wollen, und so wäre ζ. B. ein Börne zwar niemals eine Knechtsseele, wohl aber ein tüchtiges Glied im Staate geworden. Doch wen der Herr verderben will, den verhärtet er den Sinn. Dieß scheint der Herr so vielen Regierungen gethan zu haben. Sie wollten sich stemmen gegen die Zeit, und die Weise, in welcher sie es thaten, mußte den edlen Unwillen zum nagenden Grolle gestalten in den Gemüthern der Gemißhandelten und Verfolgten. — Sehen wir hin auf jene Verfolgten, sehen wir ζ. B. Börne, Heine, und so viele andere, die zu der gemißhandelten Jugend jener Tage gehören, und wir können den Machthabern leicht das Facit jener Früchte ziehen, welche ihnen ihre bejammernswerthe Handlungsweise getragen. Wer mag jene Männer verdammen, wenn in ihren Seelen sich jene bittre Ironie gegen das Leben und gegen das Treiben unserer Zeit festgesetzt hat? gegen ein Leben, dem von Oben herab Niemand aufhelfen will, das Alle lieber hinunterdrücken möchten in die alte Nacht? Ihr Fürsten Deutschlands mit allen euern Schriftstellern, wie mögt ihr zürnen, wenn Heines Mund sich mit einem schmerzhaften Zucken zur bittersten Ironie verzieht? Wie mögt ihr das Anathema rufen über Böme, selbst wenn er zu weit geht in seinen donnernden Ergießungen der Verachtung gegen Deutschland, das seiner selbst nicht mehr werth werden will? wenn er euch Machthabern die ungeheure Blutschuld des langsam hingemordeten Vaterlandes mit ungeschminkter Sprache vorhält? — Fürsten, hoffet nicht, daß man in dieser Sache eure Partei ergreife gegen jene Männer; nein, thut immerhin wie wir es thun, sehet in ihnen die Eumeniden, die sich an eure Fersen heften, um euch zu strafen für eure Wortbrüchigkeit und für die Unthaten an der Jugend. Sie sind gegen euch aufgestanden, als die gewichtigsten Zungen für das Unrecht, das ihr dem ganzen Vaterlande angethan.
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83 Sie haben eure Versprechungen angehört, sie haben auch gesehen, wie ihr sie — nicht erfüllt habt, und als sie euch mahnten daran, habt ihr sie verfolgt, verbannt. Noch sind sie dafür nicht aufgetreten gegen euch, wie sie es berechtigt wären, wenn sie Selbstrache üben wollten, noch sprachen sie nur für die Zeit und gegen euch, als gegen die Hemmketten derselben, noch habt ihr nicht alle die bösen Früchte jener euerer Gräuel gesehen, aber die Vergelterin gehet rastlos fort und ruhet nimmer. Danket noch Gott, wenn die Saat, die ihr damals gesäet und in alle Welt zerstreut, nicht blutig aufgeht ftir euch. Und nun noch ein ernstes Wort! - Wir stehen am Vorabende einer ernsten Zeit und schauen mit bangen Ahnungen hinaus in die Zukunft. Ο lasset uns wirken und schaffen in dieser ernsten Zeit, so lang es Tag ist, daß nicht die alte Nacht wieder über uns komme, oder doch, daß wir nicht schuldig werden daran, wenn die furchtbare Krisis wieder Nacht herauffuhren sollte. — Wenn Niebuhr Recht haben sollte, daß wir am Vorabende der Barbarei stehen? — Und er wird Recht behalten, sobald es zum offenen Kampfe der Prinzipien kommt, und, wie es wahrscheinlich sein möchte, das russische Prinzip den Sieg davon trägt. — Den Lauf der Welt wird zwar Niemand hemmen, aber wenn Niebuhr Recht haben sollte (was Gott verhüte!) dann wehe euch, die ihr mit Wissen und Willen geholfen, die Nacht der Barbarei heraufRihren, wehe euch, die ihr euch nicht mit eurer ganzen Manneskraft gegen jene Nacht gestemmt habt! Die Menschheit wird nicht hadern gegen die Vorsehung, aber gegen euch wird sich der Fluch derselben kehren mit seiner ganzen vernichtenden Schwere, euch wird sie anklagen, euch verwünschen, und mit Recht. - Ihr Redlichen aber seid wachsam, daß nicht die Nacht über uns hereinbreche! —
C o r r e s p o n d e n z . Paris, 9. Januar. Der Salon von Lafitte war gestern Abend sehr besucht. Die Opposition sah sich zu ihrer Verwunderung auf einmal in eine compacte Masse von 165 Personen organisirt; so viele haben die Protestation gegen das Wort sujet unterschrieben. Es ist außer allem Zweifel, daß die Kammer, welche ganz unter dem Einfluß von Perier gewählt ward, sehr zurück war, wenn man sie mit der Presse verglich, und die Pariser Journale, einige wenige ausgenommen, auch wieder zurück, wenn man sie mit den Gesinnungen des Volks verglich. Das neue Jahr und die Ungeschicktheit des Ministeriums haben das Ihrige gethan, um Kammer, Presse und Volk sich ziemlich nahe zu bringen. Ein Wort ist ein Zeichen, und bedeutet, was man darunter versteht. Die Geschichte der Sprache zeigt, wie jedes Wort zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene Bedeutung hat. Tugend hieß einst Tapferkeit, wenn jemand aber jetzt das Wort Tugend in diesem Sinne brauchte, würde er verstanden werden? Sujet war hier noch vor zwei Jahren eine Formel, bei der man sich nichts dachte. Seit der Juli-Revolution wollten aber die Bürger nicht mehr sujets, sondern citoyens heißen. Der Minister Montalivet und das Ministerium suchten zu beweisen, das Wort sujet habe nichts Anstößiges. Kann es einen größern Unsinn geben, aln beweisen wollen, ein Wort habe einen
andern Sinn als den, welchen man darunter versteht! gerade jetzt darunter versteht! Für ein armseliges Wort also zeigte man Energie, und diese Energie hatte die Folge, eine compacte und systematische Opposition zu organisiren. Freilich waren schon andere Dinge vorhergegangen, die den Deputirten die Augen allmählich öffneten. Als die neuen Deputirten in die Kammer eintraten, war ihre Idee, nach Recht und Gewissen zu stimmen, dem Ministerium Recht zu geben, wo es Recht habe, Unrecht wo es Unrecht habe. Die Phalanx der ministeriellen Deputirten stimmten aber nach dem mot d'ordre, man muß den Feind mit seinen eigenen Waffen bekämpfen, oder man ist im Nachtheil, wie es der Fall mit der Opposition war; denn letztere bekämpfte unorganisirt eine organisirte Masse, und darum unterlag sie immer. — Nun kam aber eine Reihe scandalöser Prozesse: der des National und der Tribune gegen die Assommeurs, der einen tiefen Blick in den Unrath der Polizei thun ließ, darauf der Erbschaftsprozeß zwischen der Familie Kohan und den Orleans über die Verlassenschaft des Herzogs von Bourbon, der wenigstens dieses außer allen Zweifel setzte, daß der reiche Herzog von Orleans es nicht unter seiner Würde hielt, einer ehemaligen feilen Londoner Dirne, der Madame de Feucheres, den Hof zu machen, damit der alte Herzog von Bourbon seinen Sohn ins Testament setze. Die Madame de Feuch[e]res hat sich in den Augen des Publikums sogar nicht vollständig von dem Verdacht gereinigt, der Tod des Herzogs von Bourbon wäre kein natürlicher gewesen; und die Madame de Feucheres kömmt nach wie vor zu Hofe. Der FlintenlieferungsProzeß von Hisquet zeigte, wie gewissenlos man das Geld der Nation verschleudere; starke Geldsendungen nach Amerika schienen zu verrathen, der jetzige König wolle nur so lange König bleiben, bis er seine sämmdichen Güter mobil gemacht und ins Ausland befördert; der Widerwille des Ministeriums, das Budget vorzulegen und Rechnung abzulegen, combinirt mit der großen Sparsamkeit, die bei Hof herrscht, schienen den Verdacht zu bestätigen, daß der König sich auf das Schlimmste gefaßt mache, und eben deßwegen so viel Geld als möglich zu seiner Disposition zu haben wünsche, um darüber vor der Rechnungsabnahme zu disponiren. Das Wort Sujet brachte am Ende die Sache zur Explosion. In der Wohnung von Mauguin ward die Protestation redigirt, von Odillon-Barrot, wie man sagt. - Die 165, die diese Pro testation unterschrieben, werden nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Rambouillet mit 500,000 Fr. Einkünfte, sind von der Kammer der Nation zugeeignet worden; Compi[e]gne soll das nämliche Loos haben, wenn die Opposition bei dem verharrt, wovon gestern bei Lafitte die Rede war; die nämlichen 165 wollen gegen die Civilliste stimmen, wenn sie nicht auf die Chiffre von 6 Millionen, wie Dupont de l'Eure will, beschränkt wird; sollte die Majorität die Chiffre der Commission durchsetzen, so wollen die 165 protestiren und sich an den König wenden, und sogar die Kammer verlassen, wenn man sie nicht anhöret. - Die Kammer, wie man sieht, will die Sache auf's Aeußerste treiben; wird sich ein Ministerium dagegen halten können, was so lächerlich sein kann, durch d'Argout in der Kammer sagen zu lassen: »die Medaillen sind von der Bibliothek gestohlen worden, weil das Ministerium nicht Geld genug hatte, um Ein Fenster mit eisernen Stäben verwahren zu lassen«, ein Ministerium fragen wir, das Rümigny, den Chef der geheimen Hof-Polizei, bei den
85 Deputirten in der Stadt herumschickt, um zu sagen, der König wäre genöthigt, alle Diener und ihn selber fortzuschicken, wenn er keine ordentliche Civilliste bekäme; während der Hof keine Bälle geben will, als bis er durch die Civilliste das nöthige Geld bekäme, und man wundert sich, wenn eine solche armselige dumme Bettelei auch die Gleichgültigsten empört? Was die Journale betrifft, so begann der National das neue Jahr damit, daß er unumwunden erklärte, der König müsse verantwortlich sein; man sieht, das ist nicht sehr fern von der Meinung der Tribüne, die bisher einsam da stand, indem sie die Republik verlangte. Das französische Volk geht nicht Schritt fiir Schritt, so daß man Alles werden sieht: ein elektrischer Schlag geht im Nu von einem Ende Frankreichs zum andern. Daß aber das Volk fiir einen solchen elektrischen Schlag empfänglich sei, ist leicht zu beweisen, und zwar aus dem, was das Ministerium und die Börsenspekulanten thun. Die Börsenspekulanten, die großen, welche unter der freundschaftlichen Inspiration von Perier stehen, oder welche dem Finanzminister Louis die diplomatischen Geheimnisse abkaufen, ziehen sich zurück; große Verkäufe von Staatspapieren fanden auf der heutigen Börse statt, andere werden folgen. - Der Kriegsminister Soult, welcher von jeher immer mit dem Strome ging, macht Miene, die Hofpartei zu verlassen. Der Hof dachte noch vor wenigen Tagen ernsthaft an eine Abdication zu Gunsten des Erbprinzen: suchte man das Projekt heute wieder vor, so ist es schon zu spät. Es bleibt dann nichts übrig, als Leute anzustellen, die Proklamationen ins Russische übersetzen, um auf diese Art auf das russische Volk einzuwirken, was nicht lesen kann! Die englische Politik thut auch das Ihrige. Im Anfange wollte man Frankreich verhindern, von Belgien Besitz zu nehmen; und darum drehte sich die ganze englische Politik. Jetzt findet man die Uebermacht Rußlands zu stark, und Frankreich zu schwach; und um das Gleichgewicht herzustellen, dringt man auf ein populäres Ministerium in Frankreich; aber gerade im nämlichen Augenblick bricht Montalivet, der junge Schützling der Königinn und des Hofes, fur immer mit der Opposition, aus der dieses populäre Ministerium genommen werden sollte; und bringt es dahin, daß selbst der schwankende Odilon Barrot offene Opposition macht. Eine Lösung dieser Verwirrung steht vor der Thüre; kein Mensch hier weiß, womit der folgende Tag schwanger geht; ja manche sonst sehr umsichtige und gemäßigte Leute gehen so weit geradezu zu behaupten: »es ist uns gleichgültig, ob die Kammer 6 oder 60 Millionen für den König stimmt, wir nehmen ihm nächstens doch alles wieder ab.« Karlsruhe am 8. Januar 1832. Unser Landtag ist nunmehr geschlossen, und alle Gutgesinnten freuen sich über die daraus hervorgegangenen Resultate. Wir wollen nicht alle zu Stande gekommene, das Wohl und die Freiheit der Staatsangehörigen sichernde Gesetze hier aufzählen, und auch nur vorbeigehend erwähnen, daß der gegenwärtig in Baden herrschende lebendige und wahrhaft konstitutionelle Geist erst durch diesen Landtag seine Bedeutung und Richtung erhalten hat, aber wir wollen hier anfuhren, was für die nicht minder wichtigen materiellen Interessen des Volkes geschehen ist, weil wir erst kürzlich aus einem öffentlichen Blatte ersehen haben,
86 daß man nicht allenthalben hinlängliche Kenntniß davon hat. Auf dem Landtage von 1831 sind nemlich zur Erleichterung des Volkes aufgehoben worden: 1) de Straßen-Frohnden, 2) die Militair-Frohnden. Es ist ferner 3) ein Gesetz über die Ablösung der Herren-Frohnden zu Stande gekommen, welches den Pflichtigen es möglich macht, durch die Fortentrichtung der bisherigen Leistungen, sich in einigen Jahren aller Schuldigkeit für die Zukunft zu entledigen. Die Staats-Kasse hat hierdurch ein Opfer gebracht von circa 370,000 fl., eine Summe, die uns nicht zu hoch erscheint, wenn wir erwägen, daß hierdurch in Baden alle Frohnden abgeschafft sind. 4) Ist eine materielle Erleichterung eingetreten durch Aufhebung des Blutzehndens; 5) durch Aufhebung der besonders für den Landmann lästigen Schlacht-Akzisen; 6) durch Uebernahme der Bezirks-Schulden auf die Amortisations-Kasse; 7) durch Einfuhrung der Etappen-Gelder für die beurlaubten Soldaten; 8) durch Aufhebung des Neubruch-Zehndens; 9) durch Aufhebung des Karten-Stempels; 10) durch die Verminderung des persönlichen Verdienst-Steuer-Kapitals um 300 fl., wodurch die Steuer um mehr als einen Gulden bei jedem Individuum jährlich herabgesetzt wird, und also eine Erleichterung eintritt, welche höher anzuschlagen ist, als die Herabsetzung des Salzpreises um 1 kr. pr. Pfd. Endlich rechnen wir noch hinzu 11) die bei dem Regierungsantritt des Großherzogs Leopold provisorisch erfolgte Aufhebung des Chauseegeldes, die jetzt zum Definitivum geworden ist. Aus allem diesem ergibt sich eine Summe von Erleichterungen, welche dankbar anerkannt werden müssen, und über die wir uns nun herzlich freuen können. Aber dieß sind nicht alle finanziellen Resultate des Landtages von 1831, denn unerachtet der bedeutenden Minderung der Einnahmen, und unerachtet der Uebernahme von großen Lasten auf die Staats- und Amortisations-Kasse, war es noch möglich, AusgabenVermehrungen bei einzelnen Budgets-Positionen im Interesse der Gesammtheit eintreten zu lassen, und endlich noch einen Fond fiir die auf diesem Landtag zur Sprache gekommene Zehnd-Ablösung disponibel zu halten, womit diese, für die Grundbesitzer höchst wichtige und vortheilhafte Maaßregel fur den nächsten Landtag ausfuhrbar gemacht wird. Das badische Volk kann sich Glück wünschen zu diesen Resultaten. Es verdankt sie seinem bürgerfreundlichen Leopold, welcher den Einflüsterungen einer gewissen Parthei kein Gehör gegeben und getreulich mit seinen Ständen ausgehalten hat. Es verdankt sie der zweiten Kammer von 1831, welche mit Festigkeit und Ausdauer ihren hohen Beruf erfüllte. Aber wenn wir gerecht sein wollen, so dürfen wir nicht mit Stillschweigen übergehen, daß auch dem Minister der Finanzen ein wesentliches Verdienst zugeschrieben werden muß, indem ohne seine Ordnung und Finanzhaushalt, ohne
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87 Vorbereitung der ausgeführten Maaßregeln, und ohne Mitwirkung und Entgegenkommen von Seiten des Ministers, der sich bei diesem Landtage durch seinen parlamentarischen Takt so vortheilhaft auszeichnete, das erwünschte Ziel nicht hätte erreicht werden können. Wir schließen mit dem Ausrufe: Heil! Allen, welche für das Gesammtwohl nach Kräften gewirket haben, und entschlossen sind, nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben, sondern das angefangene Gebäude weiter aufzuführen und zu vollenden. Zur Tagesgeschichte. Baiern. Ein neues Blatt für die Volksinteressen, welches unter dem Titel der »Volks-Tribun« in Würzburg erscheint, meldet folgendes: »Als die Kunde anlangte, daß die Würzburger Deputirten heimkehrten, trat ein Ausschuß von zwölf Bürgern zusammen, um sich über einen zu bringenden Fackelzug zu benehmen. Dieser kam dahin überein, es sollten Beiträge hierzu gesammelt werden. Er versammelte sich zum zweiten Male, und beschloß durch Stimmenmehrheit, daß der Fackelzug bloß den Deputirten Leinecker und Ziegler zu bringen sei. Unterdessen wurde insgeheim gearbeitet, und kurz vor dem Fackelzuge wußte man es durch gewandte Redensarten dahin zu bringen, daß die Feierlichkeit auch auf den Abgeordneten Seuffert erstreckt würde. So viel ist gewiß: Alle Bürger waren einstimmig, daß man die fragliche Ehrenbezeugung den Herrn Zierler und Leinecker erweisen müsse. Rücksichtlich der dem Deputirten Seuffert zu erweisenden Ehrenbezeugung herrschte Verschiedenheit der Stimmen.« So richtet die öffentliche Meinung. Daß man den Männern der consequenten Opposition seine Huldigung darbringen müsse, darüber herrscht nur Eine Stimme; auch die sogenannten Gemäßigten oder eigentlich »Jünger der halben Maaßregeln« stimmen bei. Allein über die den Deputirten der vermeintlichen richtigen Mitte zu erweisenden Ehrenbezeugungen herrscht unter dem Volk Verschiedenheit der Meinungen. Dieß Schicksal hatte außer Herrn Seuffert auch Herr Culmann, da über die Frage, ob man ihm Festlichkeiten bereiten solle, die Stimmen wenigstens ebenfalls sehr getheilt waren. Homburg, 12. Januar. Unserer Stadt wurde gestern eine große Freude zu Theil. Die Stütze des Volkes, der Coloß an Geist und Charakter in den Reihen der Völkerfreunde, Herr Schüler, kam auf seiner Rückreise von Metz nach Zweibrücken hier an. Kaum war dieses frohe Ereigniß bekannt geworden, so zeigte sich in der ganzen Stadt die freudigste Bewegung: alles wollte dem Manne seine Liebe und seine Ehrfurcht beweisen, welcher flir alle Volksvertreter als leuchtendes Vorbild an den politischen Horizont Deutschlands getreten ist, dem Manne, welcher die Bahn gebrochen hat zur Einstellung der gedankenlosen Verschwendungen des Hofes, zur Einsetzung des Volkes und seiner Wahlkammer in die ihnen gebührenden Rechte und überhaupt zur Emporhebung des volksthümlichen Prinzips über die Aristocratie und die Ueberbleibsel des Absolutismus. Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
Es war das Werk einiger Augenblicke, daß die Bürgerschaft Homburgs sich versammelte, um dem gefeierten Haupte der charakterfesten Opposition für seine Verdienste um die Sache des Volkes ihren Dank darzubringen. Nachdem unter musikalischer Begleitung ein feierlicher Gesang die Gefühle der versammelten Bürger ausgedrückt hatte, wurde dem edlen Manne ein dreimaliges Lebehoch dargebracht, das tief aus dem Herzen kommend, den lebhaftesten Enthusiasmus verkündete. — Huldigungen dieser Art haben den höchsten Werth: denn sie sind ein aufrichtiges Zeugniß der öffentlichen Meinung und der Ausdruck innerer Ueberzeugung, wozu man ohne Vorbereitung und ohne Zusammenredung durch den Drang des Herzens von selbst getrieben wird. Heute morgen wollte die gesammte Bürgerschaft Homburgs den Liebling des Volkes bis Zweibrücken begleiten; allein der bescheidene Mann entging der vorbereiteten imposanten Feierlichkeit durch eine frühere Abreise. — Schlüßlich geben wir dem deutschen Volke nur noch die frohe Nachricht, daß Schüler vollständig genesen ist, einer bessern Gesundheit genießt, als jemals, und insbesondere einer ungewöhnlichen Geistesheiterkeit sich erfreut. So ist denn dem deutschen Volke wieder ein neuer Hoffnungsstern aufgegangen; den Feinden der Völker dagegen ihr heißester Wunsch zu Schanden geworden. Üeber das Resultat der letzten Ständeversammlung äußerte sich Schüler also: „Hätte ich dies nur ahnden können, so hätte man mich lebendig von München nicht weggebracht." — Nachruf aus Homburg an S c h ü 1 e r , der aus Frankreich zurück kömmt. Wir grüßten Dich auf vaterländ sehen Auen, Aus tiefer Brust erscholl das freud'ge Wort: Das ist der Edle, dem wir stolz vertrauen Des Vaterlands, der Ehre fester Hort! Der Genius der deutschen Erde nannte, Da unser Volk in dumpfer Ohnmacht schlief, Auch Schülers Name, und das Volk entbrannte Von heil'gem Zorne, als der Muth'ge rief: » Was du erkämpft mit treu vergoßnem Blute, Was dir der Menschheit ew'ges Recht verleih't, Erwache Volk, in ihrem freveln Muthe, Hat rohe Willkür schnöde es entweih't!« So sprach Er dort, — von Wahn und Trug umgeben, Durchdrang sein Blick des Heuchlers prunken Schein; Und wie das Wort, so war des Mannes Streben, Kein leerer Hall sollt' es dem Volke sein. Drum Heil Dir, Edler! — was Du kühn gesprochen, Was Du gethan, ist uns ein heil'ges Pfand: Der Knechtschaft Fessel wird mit Kraft zerbrochen, Undfrei und groß ersteht das Vaterland! Ch. Sch. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Sonntag.
Ν—
Die neueste Politik Oesterreichs. Während alle Blicke Europas, seit der erschütternden Catastrophe in Warschau, von dem unglücklichen Polen abgelenkt wurden und wieder nach Belgien und Frankreich sich kehrten, bereiten sich abermals große Dinge an der Gränze Polens vor. Wir sehen, daß Oesterreich, das Anfangs sehr bedeutende Streitkräfte nach Italien rief, um seinen, zur Wiederherstellung der Ruhe dieses Landes getroffenen Maßregeln im Auslande Ansehen zu verschaffen, nun plötzlich seine Bataillone nach der entgegengesetzten Gränze seines Reichs, nach Gallizien, marschiren läßt, und dort unter seinem Banner eine beträchdiche Armee versammelt. Wenn Oesterreich eine Armee nach Italien schickte, um eine mögliche Intervention Frankreichs zu Gunsten der italienischen Revolution durch materielle Kräfte zurückzuweisen, so scheint die Zusammenziehung von Truppen in Gallizien ein ähnlicher Zweck zu bedingen. Allein weder Frankreich noch Belgien, die schon fast seit zwei Jahren mit einem Kriege bedroht werden, können der Beweggrund dieser Maßregel Oesterreichs sein, sondern die Lage Galliziens und die neuesten unter diesem Himmelsstriche vorgefallenen Ereignisse deuten uns das Land an, worauf sich diese Rüstungen beziehen mögen. Rußlands ausgesprochene Vernichtung der Selbstständigkeit Polens scheint Oesterreich zu diesem Schritte bewogen zu haben, weil der Wiener Hofdurch die Vereinigung Polens mit Rußland seine nordösdiche Gränze bedroht sieht, und folglich zu seiner eigenen Sicherheit die Wiederherstellung der früheren Verhältnisse zwischen beiden Ländern fordern muß. Doch ehe wir diese unvermuthete Constellation in der Politik näher untersuchen, werfen wir einen Blick auf die Verhältnisse Polens, die das Hauptmotiv der Bewegungen Oesterreichs sind. Man sagt zwar, Polen habe sich gegen seinen rechtmäßigen Fürsten empört, und habe zuerst die Ordnung der Dinge umgestürzt, allein ohne in eine Untersuchung des Begriffes Empörung einzugehen, fragen wir nur, ob man das Verfahren eines Volkes mit Recht Empörung nennen könne, wenn es sich der Willkür entgegenstemmt, und zwar einer Willkür, die das ihm durch Traktate und feierliche Versicherungen zuerkannte Recht mit Füßen tritt? Wir fragen: ob man einem Volke noch Mäßigkeit in seinen Handlungen zum Gesetze machen kann, wenn die Machthaber die Verfassung fur einen Gegenstand der Gnade erklären und dieselbe, aller Eide, aller Versicherungen ungeachtet, nach Belieben verstümmeln, damit nur alle menschliche Gefühle und jeder Aufschwung des Volksgeistes erstickt werden? Der Schmerz, seine theuersten Rechte gekränkt zu sehen, trieb das kleine aber edelmüthige Volk der Polen in den Kampf gegen den Riesen eines halben Welttheils. Stark durch das wiedererwachte Nationalgefuhl, wog seine moralische Kraft die ungeheure Uebermacht Rußlands an physischen Massen lange Zeit auf. Fast schien es: die Welt werde das Wunder schauen, daß eine kleine gottbegeisterte
Tribüne. 12.
Homburg, den 15. Januar 1832.
Heldenschaar die Riesenmacht der übermüthigen Russen niederwerfen würde, allein da zerstörte ein niedriger Verrath die Hoffnungen aller Menschenfreunde: Polen fiel abermals, um fur seine Freiheits- und Vaterlandsliebe unter der eisernen Ruthe des Despoten bluten zu müssen. Man schmeichelte sich zwar eine Zeidang mit der Hoffnung: schon die Klugheit müsse den russischen Kaiser bestimmen, seine früher angedrohten Strafen in eine allgemeine Amnestie und Vergessenheit umzuwandeln; allein diese menschenfreundlichen Hoffnungen wurden durch das rücksichtslose Verfahren Rußlands gegen das unglückliche Volk schmerzlich getäuscht. Nachdem Polen überwältigt und ganz Europa auf das edelmüthige Benehmen des Kaisers von Rußland gespannt war, erhebt sich plötzlich eine Reaction, die sich dem Ergüsse der menschlichen Gefühle des Beherrschers aller Reußen als ein Damm entgegenstellt, und alle Bilder, die man von Gnade träumte, zerstörte. Es ist der russische Adel, der nun sein ganzes Ansehen aufbietet, um Milde und Schonung in Haß und Vernichtung umzuwandeln. — Schon längst sah der russische Adel mit Eifersucht auf eine Verfassung, die den Polen manche Vorrechte vor den Russen einräumte. Diese Vorrechte konnten den Neigungen der russischen Aristokratie um so weniger entsprechen, da so viele und mörderische Kriege alle Bande der Freundschaft zwischen beiden Nationen gelöst, und der leEte Kampf nur noch mehr die Rache der Russen gesteigert hatte. Natürlich ist daher, daß die russische Aristokratie die gegenwärtige Ohnmacht Polens zu benützen sucht, um ihren tief eingewurzelten Nationalhaß gegen Polen durch die Vernichtung des polnischen Namens zu befriedigen. Bei diesen Umständen mußte man annehmen, daß die Resultate der Versammlung der russischen Großen zu Moskau, unter dem Vorsitze des Kaisers, nicht günstig fur das fernere Fortbestehen der Selbstständigkeit Polens ausfallen würden, eine Ahndnug, die durch die zweideutige Erklärung Rußlands in Erfüllung ging. Das russische Cabinet sprach sich nämlich dahin aus, nur unter der Bedingung, daß die belgische Frage zu Gunsten Hollands entschieden würde, Polens Nationalität wieder herzustellen. Eine solche bedingte Erklärung ist bei den jetzigen politischen Interessen und Verwickelungen zu zweideutig und ausweichend, als daß die Wiederherstellung Polens von Rußland zu hoffen sei; auch überzeugt uns die gegenwärtige Lage Polens und das Verfahren gegen die in der Revolution verwickelten Individuen, daß man von Seite Rußlands wirklich nur das Schlimmste zu erwarten habe. Doch was werden die Großmächte zu diesem Schritte Rußlands sagen? Denn der Akt, wodurch die Nationalität, die Existenz eines Volkes aus dem Staatenbunde ausgestrichen wird, hat dieselbe Wichtigkeit und ist eben so gut eine europäische Streitfrage, als die Anerkennung eines neuen Staates, und seine Aufnahme in die europäische Staatengesellschaft. Rußland sucht zwar zu deduciren, daß es mit demselben Rechte, mit welchem Belgien die Bestimmungen der Wener Congreß-Acte umstürzte, seine ihm durch das-
91 selbe Actenstück auferlegten Verpflichtungen gegen Polen als aufgelöst erklären, und folglich nur nach seinen eigenen Interessen handeln könne, ohne auf das durch die Wiener Acte bezweckte Gleichgewicht und die Sicherheit der andern Staaten achten zu müssen. Allein die Verhältnisse sind wesentlich verschieden. Sie würden nur dann Aehnlichkeit haben, wenn Belgien an Frankreich gefallen und ftir einen integrirenden Theil dieses Reiches erklärt worden wäre. Nur in diesem Falle hätte Rußland sagen können: »so gut man Belgien an Frankreich überlassen und dadurch die gegen dieses Land aufgebaute Vormauer beseitiget hat, eben so gut kann ich die in dem polnischen Reiche gegen mich aufgerichtete Vormauer aus dem Wege räumen.« - Das von Rußland aus der belgischen Frage geschöpfte Argument ist daher, auch von allen übrigen Rechtsgründen abgesehen, in Ansehung des europäischen Gleichgewichts unhaltbar. Man erkennt hierin nichts weiter als eine Finte, hinter welcher die Absichten der russischen Aristokratie versteckt werden wollen. — Die europäischen Großmächte können indessen die Durchführung dieser Absichten nimmermehr gestatten; am allerwenigsten aber Oesterreich, das in der Aufrechthaltung eines von Rußland getrennten und durch eine besondere Verfassung geschützten polnischen Staates für das westliche Europa und insbesondere ftir das österreichische Reich gegen die wachsende Macht Rußlands eine Schutzwehr suchen muß. Der Nutzen einer solchen Organisation Polens hat sich gerade durch den letzten Kampf dieses Landes am besten bewährt, da die russische Kraft dadurch gelähmt und Rußland auf lange Zeit unschädlich gemacht worden ist. Hätte man Belgien zu einer französischen Provinz machen wollen, so würde ohne Zweifel ein europäischer Krieg ausgebrochen sein, weil man in der Vereinigung beider Länder eine Gefahr ftir das europäische Gleichgewicht erblickt haben würde. Aus denselben Gründen müssen nun die europäischen Großmächte der Vereinigung Polens mit Rußland sich widersetzen, und im äußersten Falle gegen Rußland selbst zur Kriegs-Erklärung schreiten. Diese Politik liegt zuverlässig der Vermehrung der österreichischen Streitkräfte in Gallizien zu Grunde. Polen erlangt dadurch fur Europa eine neue Wichtigkeit, so wie anderntheils aus dieser Conjunctur für die güdiche Beilegung der belgischen Frage neue Hoffnung entspringt. Wie aber auch der Knoten sich lösen möge, so muß man die Politik, die in Ansehung der polnischen Angelegenheiten im Wiener Cabinette aufzutauchen scheint, im Interesse der Völker als ein günstiges Ereigniß begrüßen, da die beiden Haupt-Repräsentanten des Absolutismus durch die Collision der materiellen Interessen einander entfremdet und dadurch außer Stand gesetzt werden, ihre Macht gegen die Freiheit der Völker zu vereinigen.
Einige Worte über vaterländische Dichtkunst. Die traurige Perückenzeit des vorigen Jahrhunderts liegt glücklich hinter uns. Malerei und Poesie, jeder Zweig der Kunst athmet ein frisches, selbstständiges Leben. Während man in der ersteren den Olymp mit seinen ewig wiederkehrenden Gestalten mehr und mehr vergißt und die großartigen Begebenheiten der vaterländischen Geschichte dem Auge des Volkes vorfuhrt, so hat auch die letztere das süßliche, wollüstige Flöten von Venus und Amor, von
92 Bacchus und Hebe durch ernstere, alle Herzen begeisternde Töne verbannt. Unsere epischen und tragischen Dichter steigen wetteifernd in die reichen Gruben der deutschen Vergangenheit und fördern hier goldne Schätze zu Tage. Aber auch die Gegenwart verlangt ihre Gaben; die großen heiligen Ideen von Freiheit und Recht, die alle edleren Gemüther gegenwärtig durchdringen und alle Künste in Bewegung setzen, sie müssen auch im geselligen Leben, bei den Freuden der Tafel und des Bechers, in Lied und Gesang laut und erweckend sich aussprechen und alle Herzen zum schönen Bunde inniger vereinen. Wer kennt nicht den Sturm der Begeisterung, mit dem die Kriegslieder des alten Tyrtäus das Heer der Spartaner zum Kampfe entflammten und trotz der Uebermacht der Athener siegreich in die feindlichen Reihen hineintrieben? Von den Bardengesängen der alten Deutschen ist keine Spur auf unsere Zeiten gekommen, aber von ihren Wirkungen erzählen die römischen Schriftsteller mit Staunen und Bewunderung. Eine ähnliche Bedeutsamkeit hatten auch noch in neuerer Zeit Körners, Arndts und Schenkendorfs Lieder fur deutsches Volk und deutsches Heer. Und welchen Zauber endlich übte und übt noch immer der Marseiller Marsch auf die Herzen der Franzosen? Der junge Ingenieur-Offizier Rouget von Lille war nicht im Irrthum, als er die Frage mehrerer von ihren Thaten erzählenden Republikaner: was er denn fur die Freiheit gethan habe? mit den Worten beantwortete: „Noch habe ich nichts fur sie zu wirken vermocht, aber noch in dieser Nacht will ich mehr für sie thun, als ihr alle zusammen für sie gethan habt und thun werdet!" Und vom Weine begeistert dichtete und componirte er dann auf der Stelle den Marseiller Marsch, dem die Franzosen die Stärke von 10,000 Mann zuschrieben. Auch Klopstock erkannte dieß an, indem er ihn später mit den Worten begrüßte: „Sie haben in Einer Nacht 50,000 brave Deutsche erschlagen." Aber nicht blos Kriegs-, auch andere patriotische Lieder sind von der höchsten Bedeutung ftir vaterländischen Aufschwung der Gemüther eines Volkes. Vor allen zeugt hievon das God save the king und Rule Britannia in England, das Hail Columbia in Amerika und das Tragalalied unter den spanischen Cortes. Es wäre zu wünschen, daß wir Deutschen ähnliche Lieder besäßen, die mit gleicher Wärme in das innerste Leben des Volkes übergegangen wären. Vorzüglich müßten sie Melodien untergelegt werden, die schon seit vielen Jahren im Ohre und Gefühle des Deutschen wiedergeklungen und deshalb ihm doppelt werth sind. Es müßten sich ferner in ihnen die Bedürfnisse der jetzigen und aller Zeiten aussprechen, welche Freiheit, Verfassung, Recht, Volksmäßigkeit und tüchtige Gesinnung hoch halten. Für jetzt aber erscheint es verdiensdich, Liedersammlungen fürs Volk im bezeichneten Sinne zu veranstalten. Eine sehr gelungene dieser Art ist das vor Kurzem herausgekommene Gesangbuch des Rektors Dr. Weidig in Butzbach, welches dieser patriotische Biedermann zum Besten der am 1. Oktober 1830 unglücklich gewordenen Familien zu Södel und Wölfersheim, im Großherzogthum Hessen, mit Melodien herausgegeben. Hübscher Druck, weißes Papier und gewählter Inhalt zeichnen das Werk auf gleiche Weise aus, und obgleich viele, ja die meisten der aufgenommenen Lieder bereits bekannt sind, so enthält es doch viel Neues und Treffliches.
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93 Hierunter verdient das nachfolgende Gedicht des Justizraths Karl Buchner in Darmstadt, des rühmlich bekannten deutschen Patrioten, welcher noch jüngst dem wackern Welcker den ihm gewidmeten Ehrenpokal nach Carlsruhe überbrachte, einen der ersten Plätze. Es eignet sich um so eher fur den geselligen Gesang, als es nach der bekannten herrlichen Melodie: Bekränzt mit Laub u. s. w. gedichtet ist, einer Melodie, die an ewiger Frische und Jugendlichkeit wohl kaum von einer andern übertroffen wird, während des braven Claudius Lied selbst doch hie und da manches nicht mehr Zeitgemäße enthält. Gesetz und Recht. Hell geht ein Klang durch alle deutschen Lande, Er heißt: Verfassung, Recht! Um Fürst und Volk schlingt er die festern Bande, Als je um Herrn und Knecht. Zum Grabe hin von Deutschlands edlen Söhnen, Zum blutgedrängten Thal, Geht hell der Klang und pocht in Jubeltönen An ihrem Todtenmal. Zum Goldpallast, zu jeder kleinen Hütte, Wo Deutschlands Marken blühn, Geht hell der Klang und spricht mit heißer Bitte, Und spricht gewaltig, kühn. Selbst nach der Zukunft festverschloßner Pforte Geht hell der Klang und frei. Verfassung, Recht! Ο wahrt die kräft gen Worte, Ihr Enkel wahrt sie treu! Verfassung, Recht, Gesittung, Freiheit, Leben: In diesem Zauberkreis Liegt unsre Gränze, blühen unsre Reben, Stählt unser Herz sich heiß. Verfassung, Recht — an diesem Zauberthurm Zerschellt der Zeiten Sturm; Und wandelte Europa selbst im Sturme, Fest steht und stark der Thurm. Wohl dir, ο Fürst, wenn sich in diesem Strahle, Der Krone Schein verklärt; Für dich und ihn, auf Höhen wie im Thale, Sich Volkeskraft bewährt! Wohl dir, ο Volk, wenn du den Führer achtest, Den Schirmer deines Rechts, Nach seiner kräftig edlen Fährte trachtest Inmitten des Gefechts. Gesetz und Recht! Ihr All' aus deutschem Stamme, Ο haltet fest dabei! Durch Alle glüh' die reine, eine Flamme: Gesittet, edel, frei! Belgische Frage. Nach einem Schreiben aus Luxemburg vom 10. dieses scheint man dort nicht an den Ausbruch eines allgemeinen Krieges zu glauben, indem man aus guter Quelle wissen
will, daß man den Streit zwischen Holland und Belgien diesen beiden Mächten überlassen und keine Intervention vornehmen werde. Diesen Glauben findet man durch den Umstand bestärkt, daß alle französischen Festungen an der holländischen und belgischen Gränze seit Kurzem entwaffnet worden und die Nordarmee auf den Friedensfuß gesetzt sei. Mit den Belgiern hofft man in einem bloßen militärischen Marsche von 10 Tagen fertig zu werden, da es dem Könige an einer disciplinirten und muthigen Armee fehle, das Volk, von Auflagen erdrückt, im höchsten Grade unzufrieden sei, der Handel völlig darnieder liege, die größte Noth und Armuth in der unbemittelten Volksklasse herrsche, und man sich nach der Restauration sehne, was auch belgische Blätter dagegen sagen mögen. C o r r e s p o n d e n z . Leipzig, 5. Januar. Unsre Hochschule hat am letzten Tage des vergangenen Jahres einen bedeutenden Verlust durch den Tod des Domherrn und Prof. primär. Dr. Tittmann erlitten, eines Mannes, ausgezeichnet durch gediegene Kenntnisse und geistvolle Behandlung der Wissenschaft. Er starb im 59sten Lebensjahre und in ihm verliert noch ausserdem ganz Sachsen einen wackern freisinnigen Mann, der als Landstand schon früher, trotz aller Hindernisse, welche die Schattenvertretung im Weg legte, die Freiheit und Rechte der protestantischen Kirche und des sächsischen Volkes auf ehrenwerthe Weise zu vertreten wußte. Auf jeden Fall rückt der Domherr Prof. Winzer an seine Stelle, denn es müßte wunderbar kommen, wenn man sich entschliessen sollte, einen gediegenen Mann, dessen Ruhm bewährt ist, vom Auslande nach Leipzig zu berufen. Besagter Winzer gehört aber unter die Sterne dritter Größe, wie denn überhaupt unsre Hochschule, die medizinische und philosophische Fakultät etwa ausgenommen, im allgemeinen nur sehr mittelmäßige Lehrer zählt. Unter den jüngern Lehrern in den beiden andern Fakultäten findet sich mancher geistreiche und gediegene Mann, aber leider fehlt diesen der Ruhm im Auslande und so sinkt die Zahl der Studirenden von Halbjahr zu Halbjahr, obschon das lügenhafte Verzeichniß der zur Zeit in Leipzig Studirenden, 1481 namentlich anführt, von denen aber ein großer Theil bereits seit Jahren abgegangen oder das gesetzliche Examen vollendet hat. Ueber den Landtag, der, wie das Gerücht geht, im März dieses Jahres zusammenberufen werden soll, verlauten nur wenige Stimmen, wie überhaupt im Volke wenig Antheil an der neuen Verfassung zu bemerken ist. Einestheils erklärt dies die Verfassung selbst, die sicher nicht unter die freisinnigsten gehört, andernseits liegt der Grund in der Strenge der Censur, die keine freimüthige Besprechung vaterländischer Angelegenheiten gestattet. Vor allen übt in Leipzig der Hofrath Methusalem Müller mit beispielloser Strenge das Amt eines geistigen Großinquisitors aus und wehe dem Manuscripte, das seiner streichlustigen Feder übergeben werden muß. Dem eigentlichen Sinne des Wortes werden alle Gedanken, die nur etwas nach Freiheit und Vaterland klingen, ermordet, und vergebens sind alle Klagen und Beschwerden bei der höchsten Behörde. Ja die Leipziger Censur treibt ihre Frechheit so weit, daß sie sich sogar erlaubt, ganze Sätze im Manuscript eigenmächtig umzuändern
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95 und somit den Sinn zu verunstalten. Vor kurzer Zeit beabsichtigte ich eine kleine Flugschrift über deutsche Angelegenheiten drucken zu lassen und übergab dieselbe dem Censor. Dieser beging die namenlose Unverschämtheit an einer Stelle, wo ich geäussert und später bewiesen hatte, daß Oestreichs Einfluß auf Deutschland fast unselig zu benennen sei, die Worte »fast unselig« auszustreichen und dafür »sehr wohlthätig« hineinzuschreiben. Zum Glück bekam ich das mit vielen rothen Censurbalken gezeichnete Manuscript noch vor dem Drucke zu Gesicht und rettete es vor der Wuth der Leipziger Censoren nach Altenburg, wo es ohne Weiteres das Imprimatur erhielt. - Dieser Censurdruck veranlaßt, daß die Sachsen nur in ausheimischen Blättern mitunter einmal etwas über ihre nächsten Angelegenheiten erfahren, denn das einzige in Zwickau erscheinende freisinnige Blatt die Biene ist zu beschränkt an Raum, um genugsam die Angelegenheiten des Vaterlandes zu besprechen und auch bis dorthin erstreckt sich der aristokratische Einfluß und sucht die Censoren einzuschüchtern. Das Vaterland, eine recht gediegene Zeitschrift, von zwei jungen freisinnigen Dozenten an unserer Universität herausgegeben, hat eine zu sehr doktrinäre Farbe und dringt weniger ins Volksleben ein, indem es bei seinen Lesern einen größern Grad von Bildung voraussetzt, als füglich erwartet werden kann. Der Eremit, in Altenburg erscheinend, fährt fort, durch wackere Freisinnigkeit und würdige Haltung den Kreis seiner Leser zu erweitern. Die übrigen in Sachsen erscheinenden Tagesblätter mögen aber nach Recht und Billigkeit mit Stillschweigen übergangen werden. Es zeigt sich hier viel Antheil an dem Schicksale der unglücklichen Polen, die der Fluch des russischen Zwingherrn von des Vaterlands heiliger Erde vertrieben hat und die sich in Leipzig der festlichsten Aufnahme zu erfreuen haben. So wurde gestern »zum Besten der Polen« ein großes Conzert gegeben, welches überaus stark besucht war. Die Behörden in Dresden wagten es nicht, dies zu verbieten; es ist ja uns so nichts weiter geblieben, als den letzten Polen das treue, deutsche Herz zu zeigen, das trotz aller diplomatischen Verknöcherungen den Unglücklichen die Thräne hoher Bewunderung weiht. Der moskowitische Einfluß, der sich in Sachsen auf die entehrendste Weise kund giebt, geht so weit, daß von Seiten des russisch. Gesandten, Freiherrn von Schröter in Dresden, die Auffuhrung des alten Feldherrn unsern Theatern untersagt wurde, und Sachsen, ein constitutioneller Staat des deutschen Bundes, hat sich's gefallen lassen. - Unsere Leipziger Zeitung, eine kleine servile preußische Staatszeitung, redigirt vom Prof. Hasse und Doctor Gretschel, hat während der polnischen Auferstehungstage, wo der lichte Gott der Freiheit aber nicht den Sieg errang, durchgängig durch russische Lobhudelei auf Kosten der unglücklichen Polen die Achtung des größten Theils ihrer Leser verloren; aber dennoch hat die Redaction zu wiederholten Malen Mahnbriefe von besagter russischer Excellenz, dem Freiherrn von Schröter, empfangen, die ihr untersagten, der Sache der Rebellen so kühn (!!!) das Wort zu führen. - Und die Redaction — ? — hat geschwiegen. Die Masse des deutschen Volkes hält es fur Fiebertraum, wenn man von Rußlands mächtigen Einfluß auf die Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
deutschen Angelegenheiten spricht, und doch bezeugen tägliche Erfahrungen diese Thatsache; fürwahr! mehr als je thut es jetzt Noth, zu wachen und um sich zu schauen, so lange es Tag ist, denn die Nacht wird kommen, ehe wir uns ihrer versehen. — Von Urväterzeiten her geht im deutschen Volke die Sage von Mund zu Mund, daß in bösen Zeitläufen der getreue Eckard das Land durchziehe, in sein Hifthorn stoße und rufe: »Nehmt Euch in Acht, das wilde Heer ist nah!« — Auch dießmal wird des Vaterlands getreuer Eckard rufen, aber wie Cassandra's Worte wird sein Ruf erhallen, und erst, wenn das Unglück unabwendbar über uns hereingebrochen, wird uns klar werden, was und wodurch wir leiden! Zur Tagesgeschichte. Zweibrücken, 14. Januar. Der treue und unerschütterliche Deputirte des Volkes, Herr Schüler, ist nach langer Abwesenheit endlich gestern in unsere Mitte zurück gekehrt. Lange schon hatte man ihn mit Sehnsucht erwartet, ihn, der unter allen Verhältnissen für die heilige Sache glühte und wirkte, ihn, der der Sache des Volkes im entscheidenden Momente mit Lebensgefahr seine Kräfte lieh und durch seine Geisteskraft und Hingebung einen glänzenden Sieg errang. Daß der Sieg wieder aus den Händen gegeben wurde, als Schüler durch gänzliche körperliche Entkräftung zu wirken ausser Stand gesetzt und durch die dringendste Lebensgefahr München zu verlassen gezwungen war: — dies muß dem gefeierten Manne nur desto größere Ansprüche bereiten auf die Verehrung und Dankbarkeit des Volkes. Von diesen Gesinnungen war die Bürgerschaft Zweibrückens immer durchdrungen. Als daher die Ankunft Schülers bekannt wurde, regte sich augenblicklich das allgemeine Verlangen, dem treuen Freunde des Volkes einen Beweis der Liebe und Verehrung seiner Mitbürger zu geben. Man beschloß, ihm vorläufig einen Fackelzug zu bringen, eine Festlichkeit, die gestern Abend vor sich ging. Alles drängte sich zur Theilnahme: sogar mehrere Greise verlangten lebhaft, eine Fackel tragen zu können. Nachdem der festliche Zug mit einem Musikcorps vor der Wohnung Schülers sich aufgestellt hatte, begab sich eine aus fünf Bürgern bestehende Deputation zu dem bewunderten Manne des Volkes, um die einstimmige Huldigung der Bürgerschaft ihm darzubringen. Herr Lindenmann aus Zweibrücken hielt zu diesem Zwecke eine Anrede, welche durch ihre Gemüthlichkeit und rührende Einfachheit den Stempel der aufrichtigsten Ueberzeugung trug und auf Herrn Schüler einen erschütternden Eindruck machte. Daß er so sehr geliebt sei, daß die Huldigungen seiner Mitbürger so tief in deren Herzen gegründet sei: dies ging über des bescheidenen Mannes Hoffnungen und darum ward er auch von der Rührung so sehr überwältiget, daß er kaum zu antworten vermochte. Unterdessen wurde von den vor dem Hause versammelten Bürgern dem treuen Deputirten ein dreimaliges, jubelndes Lebehoch dargebracht. — Dem unbefangenen Beobachter des Festes mußte sich unwillkürlich die Bemerkung aufdringen, wie himmelweit eine solche durch die Gefühle des Herzens dictirte Feierlichkeit von den Festen verschieden sei, welche der Servilismus den Königen bereitet. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Montag.
Tribüne.
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Ueber die neueste Lage Ungarns. Wir haben in diesen Blättern schon früher darauf aufmerksam gemacht, daß Ungarn bei dem gegenwärtigen Standpunkte der europäischen Verhältnisse eine hohe politische Wichtigkeit erlangt habe und durch die Natur seiner National-Interessen dazu bestimmt sein müsse, auf die Reorganisation Europas den mächtigsten Einfluß zu äußern. Es scheint nicht, daß wir hierin irrten. — Die Pariser Catastrophe hat das politische Gebäude unseres Welttheils zu sehr erschüttert, als daß sie in ihren letzten Schwingungen nicht auch Ungarn erreichen sollte. Empfänglichkeit war dort schon lange vorhanden; es fehlte nur an einem Impuls, und der ist durch die Folgen jener Catastrophe gekommen. Die treulose Politik Oesterreichs ging immer dahin, Ungarn, das große, reiche und schöne Land, nicht blos als die Hülfsquelle für seine Mutterlande und die Ausführung aller seiner politischen Plane zu benützen, sondern zu gleicher Zeit zu lähmen und zu schwächen, damit es nicht zur selbstständigen Macht emporreife und den deutschen Erblanden nicht gefährlich werde. Bisher ist es der Regierung immer gelungen, diese Politik durchzufuhren. Das Mittel lag darin, daß man durch Schmeicheleien, Ehrenstellen und Gunstbezeugungen die Großen des Landes, und durch mancherlei Concessionen auch die bedeutendem Städte des Reichs an sich zog, auf solche Weise die Nation in Zwiespalt versetzte, und durch die Trennung der Kräfte die Macht gewann, den selbstständigem, nach Emporhebung der ungarischen Nationalität strebenden Theil des Volkes mittelst Terrorismus niederzuhalten. Daher kam es insbesondere, daß die ungarischen Landtage stets erfolglos blieben: denn die Regierung hatte immer die ungleiche Mehrzahl der Magnaten und Deputirten der Städte fur sich gewonnen und hierdurch die Opposition der Comitate paralisirt. Der gesammte niedere Adel Ungarns, ein sehr großer und einflußreicher Theil der Nation, litt dabei am meisten: ihm galt die Absicht der Unterdrückung vorzugsweise, und er mußte seine Interessen in der That fortwährend verletzt sehen. Es ist daher natürlich, daß der gesammte niedere Adel, zur Zeit der mächtigste und wichtigste Stand in Ungarn, mit immer größerer Bitterkeit und Feindseligkeit gegen das Gouvernement erfüllt wurde. Diese Stimmung erhielt durch die jüngste französische Revolution große Nahrung, weil nun die Zeit gekommen zu sein schien, der Opposition gegen die Regierung einen ernsdichern Charakter zu verleihen. Da nach den Institutionen Ungarns im vergangenen Jahre ein Landtag hätte gehalten werden sollen, so war man entschlossen, diese Gelegenheit zu benützen, um gegen die Regierung mit Nachdruck aufzutreten, auf der Abstellung der alten, stets zurückgewiesenen Beschwerden hartnäckig zu bestehen, und die Dinge auf jede Gefahr hin auf die Spitze zu treiben. Dieß sah Metternich voraus, und bot deßhalb alles auf, um den Landtag zu hintertreiben, der um so gefahrlicher worden wäre, als auch die Sympathie der Ungarn
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fur die Polen erwacht war, und fur das unglückliche Land: Hülfe verlangt hatte. Die Verlegenheit des österreichischen Cabinets war in der That groß, denn es war nicht so leicht, die Versammlung der ungarischen Stände zu vereiteln. Endlich gelang es mit Hülfe der Cholera. Diese gab nämlich die Ausflucht an die Hand, den Reichstag in Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Landes zu verschieben; und daher kam es auch, daß das österreichische Cabinet beschuldiget wurde, die Fortschritte der Seuche in Ungarn nicht durch zweckmäßige Anstalten gehemmt, sondern vielmehr durch verkehrte Maßregeln absichdich befördert zu haben. Wie dem aber auch sein möge; genug es gelang, den Landtag zu verschieben. Für den Augenblick wurde der Wiener Hof durch jene Politik allerdings aus der Verlegenheit gerissen; allein nur fur den Augenblick: denn im kommenden Frühjahre kann der Hof ohne augenscheinliche Gefahr der Versammlung der ungarischen Stände sich nicht mehr widersetzen. Der Reichstag wird vielmehr vor sich gehen, zugleich aber einen ernsdichen Kampf wider die Regierung herbeifuhren. Es ist zwar nicht zu läugnen, daß die Elemente der Opposition vorzugsweise in der Aristokratie liegen, allein die Interessen derselben fallen wenigstens für den gegenwärtigen Moment mit jenen des Volkes selbst zusammen, weil es sich um die Aufrichtung der von Oesterreich eifrig und beharrlich untergrabenen Nationalität Ungarns, von Wiederherstellung der verletzten Reichsverfassung und von der Herbeiführung der Selbstständigkeit des Reiches handelt - alles Zwecke, wodurch auch die materiellen und geistigen Interessen des Volkes unmittelbar befördert werden. So verschieden deshalb die Zwecke der Aristokratie und des Volkes an sich auch sein mögen, so ist doch soviel gewiß, daß der Weg des Adels und des Volkes fur den Augenblick in der Opposition gegen den gemeinschaftlichen Gegner zusammentrifft und wenigstens eine Zeitlang derselbe sein muß. Die Kräfte gegen die Regierung werden daher zu einer bedenklichen Macht anwachsen: denn der glückliche Erfolg der Sache des Volkes in andern Ländern hat auch den ängsdichsten OppositionsMitgliedern in Ungarn Muth eingeflößt. Fast electrisch war vollends die Wirkung, welche der Aufsatz: „die Glocke" auf die Gemüther hervorbrachte. Wenn schon aristokratische Grundsätze und Tendenzen darin vorherrschend waren, so fand man doch alle die mannichfaltigen Beschwerden des Landes treu wiedergegeben, alle Wünsche und Sympathien des Nationalgefühles angeregt und endlich alle Interessen des Reiches richtig ergriffen. In einem Lande, wo ein so fürchterlicher Geistesaruck herrscht, als in Ungarn, muß ein Aufsatz dieser Art immer eine tausendfältige Wirkung hervorbringen. Und so war es auch mit der Glocke. Sie kam, trotz aller Anstrengungen der Regierung, im Original und im Nachdruck zahlreich nach Ungarn und wurde noch im Lande selbst durch unzählige Abschriften vervielfältigt. Der ausgestreute Saame wird nicht verloren gehen: die ersten Früchte werden sich auf dem bevorstehenden Landtag äußern und zwar um so gewisser, als alle in dem erwähnten Aufsatze berührten Beschwerden officiell vorgebracht
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D i e deutsche Reformbill.
eigenthums, der Gewerbe und des Handels, Schutz der Person und des Eigenthums durch unabhängige öffentliche Rechtspflege, Freiheit des Gewissens und der Meinungen, Auflösung der stehenden Kronenheere, Einschränkung der Civillisten, gewissenhaften Staatshaushalt und als Garantien für das Ganze: wirksame Verantwortlichkeit der Minister, freie Wahl der Volksdeputirten und nach gleichen Grundsätzen Stellvertretung des deutschen Volkes am Bundestage Daß ohne Befriedigung aller dieser Bedürfnisse kein Heil fur Deutschland sei, ist schon hundertmal gesagt worden: wir wollen es aber noch hundert und abermals hundert Mal sagen: wir wollen die Gewährung aller jener Institutionen „die deutsche Reformbill" nennen und so lange davon sprechen, bis auch der gemeinste unter dem Volke einen klaren Begriff davon erhält und von der Nothwendigkeit solcher Reform durchdrungen ist. Alle Stände und Jeder, der einen Deutschen sich nennen will, muß mit Verläugnung des Ichs, nur dem Vaterlande lebend, jenem großen Ziele mit Thatkraft entgegen streben, und gälte es auch der größten Opfer. Weg mit der bleichen Angst und der niedrigen Kriecherei, weg mit allen Sophismen! Dieß rufen wir vor allen den deutschen Gelehrten und den Professoren unserer Hochschulen zu, welche erst Untersuchungen angestellt und Beweise geliefert haben wollen, ob das deutsche Volk vermöge positiver staatsrechtlicher Bestimmungen berechtiget sei, eine Reform seines politischen Zustandes zu fordern. Das heißt so viel „weil die Verbesserung deiner Verfassung, die du verlangst, noch nicht besteht, so hast du kein Recht, solche zu begehren." - Ein deutscher Professor auf einer wesdichen Universität, der große Gelehrsamkeit, mehrere Orden und viel Geld besitzt, behauptete kürzlich in der That: „die badische Kammer und Welker hätten sehr Unrecht, auf Bundesrepräsentation anzutragen; das deutsche Volk habe kein Recht dazu; der Abgeordnete Regenauer habe allein die Wahrheit getroffen; das deutsche Volk überschreite seine Rechtsgränze, wenn es sich in Adressen an die Bundesversammlung wende etc." Ο du Muster eines Cathederlehrers! Welche tiefe Staatsweisheit, welche schlagende Logik liegt in deinen Lehren! Die Menschen haben kein Recht auf Civilisation, sie überschreiten ihre Rechtsgrenzen, wenn sie nach diesem Zustande verlangen. Wie könnte dieß auch anders sein? Sind sie doch Eigenthumsstücke der Könige und als solche in gesetzlicher Weise auf die Stufe der Bildung und des Wohlbefindens beschränkt, welche ihr Herr ihnen anzuweisen die Gnade hat! - Wenn Grundsätze dieser Art noch von deutschen Cathedern gelehrt werden, kann man dann die geistreichen Spottreden Börnes über Deutschland nur im Geringsten der Uebertreibung beschuldigen?
Nach einer langen Erniedrigung haben die Deutschen es endlich so weit gebracht, von Freiheit sprechen und schreiben zu dürfen, ohne vor das Inquisitionsgericht in Mainz geladen zu werden. Wir leben in einer neuen Zeit: - wollen wir wachsam sein, daß die Saat, die sie uns bringt, nicht wieder zertreten werde, bevor sie Wurzeln geschlagen hat. Soll es mit uns besser werden, sollen wir nicht immer der Gegenstand fremden Spottes und Mideidens bleiben, so müssen wir, unbeschadet der öffendichen Ruhe und Ordnung, mit festem, unerschütterlichen Sinne darauf bestehen, daß uns werde, was wir zum Ruhme des Vaterlandes und zur Wohlfart seiner Kinder haben müssen: Freiheit des Grund-
Unter solchen Umständen muß noch viel, sehr viel geschehen, bis das Licht die deutschen Auen durchdringt; unter solchen Umständen hat insbesondere die Presse noch viel zu thun. Sie soll alle Stände der Nation fur das große Werk der deutschen Reformbill begeistern und Jeden unbarmherzig geißeln, welcher dem Vaterlande untreu wird. Die Presse soll zu diesem Zwecke vorzüglich die Abstimmungen der verschiedenen deutschen Wahlkammern über Lebensfragen zusammen stellen, und dem Volke zeigen, wer seine Helden und Schwächlinge, wer seine Geister und Finsterlinge, wer seine Hoffnungen und Besorgnisse seien? Für die Hoffhungen Deutschlands wollen wir dann einen Orden
und nicht allein auf deren Abstellung, sondern auch auf Wiederherstellung der alten Verfassung und auf eine neue selbstständigere Organisation Ungarns gedrungen werden soll. Die Fortsetzung des Aufsatzes „die Glocke," welche demnächst in der Tribüne erscheint, wird die sämmtlichen Postulate der ungarischen Reichsstände zusammenstellen. - Wenn nicht alles trügt, so muß der bevorstehende ungarische Landtag eine Crisis herauffiihren, welche die österreichische Macht tief erschüttert. Widersetzt man sich nämlich den Forderungen der Reichsstände abermals hartnäckig, so wagt man bei der gereizten Stimmung vieler und mächtiger Mitglieder der Opposition das Aeusserste, will man dagegen nachgeben, so ist zur Emancipation Ungarns von den österreichischen Erblanden der Grund gelegt, in beiden Fällen aber an den Baum der erkünstelten Größe Oesterreichs die Axt angelegt. Es liegt klar vor Aller Augen, daß Oesterreichs Macht vorzugsweise auf den Hülfsquellen Ungarns beruht, und daß Oestreich ohne die unermeßliches Revenüen sowie die bedeutenden Streitkräfte aus Ungarn sein System der Verfinsterung der Länder nicht durchführen kann. Sobald Ungarn daher reorganisirt ist und sein Geld und seine Kinder nicht mehr zur unbedingten Verfugung des Absolutismus stellt, muß der Wiener Hof seiner Lieblingspolitik entsagen und seine Macht in der moralischen Kraft seiner deutschen Provinzen suchen, daher mit dem Geiste des Volkes sich versöhnen und liberalere Institutionen bewilligen. Dieser Weg fuhrt dann von selbst zur repräsentativen Verfassung. Wäre aber Oesterreich einmal dahin gekommen, so würde zwischen seinen Bewohnern und den Bürgern des «institutionellen Deutschlands leichter eine innige Verbindung herzustellen sein, als mit Preußen, dessen Einwohner weder nach Staatsbürgerthum, noch nach deutscher Einheit zu verlangen vorgeben, sondern als Unterthanen eines absoluten Königs, so lange sie wohlgenährt sind, auch unter dem Schimpfe der Censur sich glücklich preißen und nicht in der Wiederauflebung der deutschen Nationalität und der Wiederherstellung Eines deutschen Vaterlandes, sondern in der Befestigung und Erweiterung des Preußenthums ihren Ruhm suchen. - In Ungarn, wir wiederholen es, muß die Macht des Absolutismus und des Verfinsterungs-Systems gebrochen werden: Ungarn schickt sich zu diesem Werke an, und Ungarn ist es daher, dem die Organe des öffentlichen Lebens in den freiem Ländern, namendich aber die französischen und englischen Journale größere Aufmerksamkeit widmen sollten.
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gründen; keinen geheimen, sondern einen offenen, vor aller Welt bekannten Orden, nicht bebändert und besternt, sondern ohne äußern Schmuck und Glanz, den Orden der deutschen Bürgertugend, zuerkannt durch die öffentliche Meinung des Volkes und durch nichts ausgezeichnet, durch nichts belohnt, als das Zeugniß der öffentlichen Stimme: „Er ist der treue, fleckenlose und unerschütterliche des deutschen Vaterlandes!"
Freund
Politische Miscelle. Der Seelenadel des Menschen ist durch die Ausbildung der drei Grundanlagen des Geistes bedingt: 1) der Denkkraft, welche Erkenntniß gibt, und deren Bliithe, Wahrheit und Wissenschaft ist, 2) des Gefühls für Schönheit, welche den anderen Kräften die anmuthigere Darstellung verleiht, und 3) der Willenskraft, die den Charakter erzeugt und deren Ziel die Tugend ist. Die beiden ersten Kräfte des menschlichen Geistes dürfen stets nur die Hebel und Mittel sein für die Zwecke der Gesellschaft: - daß sie es aber werden, hängt von der Willenskraft, dem Charakter ab. Ohne Charakter werden die herrlichsten Talente der Denkkraft zum Gifte fur die großen und heiligen Interessen der Gesellschaft. Wissenschaft und Kunst sind ohne Charakter eine Hetäre, ein Stern ohne Wärme, nur Blendwerke und Irrwische. Diese Wahrheiten finden insbesondere bei der Beobachtung des Wirkens der Volksvertreter ihre Bestätigung. Blicken wir ζ. B. auf Rudhart, so finden wir Talent, Wissenschaft, feines Benehmen, und eine seltene Gabe, zu reden, - allein gänzlichen Mangel an Charakter. Man sollte glauben, es ginge in seinem Innern ein steter Kampf vor zwischen Talent und Kunst einerseits und der Willenskraft andrerseits; man meint zu sehen, wie die Willenskraft von andern Triebfedern, als Ueberzeugung, Wahrheitsgefühl und sittlicher Tendenz, zur Wirksamkeit verlockt, Anfangs widersteht, dann aber besiegt wird und fremden Beweggründen sich hingiebt. Die Folge ist, daß die genialen Kräfte jetzt nicht mehr den hohen Zwecken der Gesellschaft dienen, ihren Glanz verlieren und nur zum Ueberreden, Ueberraschen und Verfuhren anderer schwächerer Talente gebraucht werden. Je größeres Talent daher in einem charakterlosen Manne sich findet, desto gefährlicher ist ein solches Individuum den Interessen und der Freiheit der Völker. Darum möge man bei den Wahlen der Volksvertreter und anderer öffentlicher Organe den Rücksichten auf Talent doch ja nicht das Uebergewicht einräumen, auch nicht von dem Glänze der Genialität und liberalen Phrasen sich blenden lassen, sondern den Charakter erforschen und im Zweifel immer lieber einen Mann wählen von unzweifelhaften Charakter, wenn auch mittelmäßigen Fähigkeiten, als einen Mann von den überragendsten Talenten, jedoch ungeprüften Charakter.
C o r r e s p o n d e n z . Paris, 11. Januar. Der englische Courirer vom neunten enthält die Nachricht, daß Rußland und Preußen bestimmt erklärt haben, das letzte Protokoll, welches die Angelegenheiten von Holland und Belgien regulirt, nicht anzunehmen. Die Modifikationen, welche statt finden sollen, sind eine andre Regulirung der FlußschiffFahrt, so wie Verweigerung der Garantie für die von Belgien jährlich zu entrichtende Entschädigungssumme. Man' giebt nämlich vor, die Garantie würde einen Zweifel über die Rechte von Leopold voraussetzen. Der Courier giebt zum Schluß die tröstliche Versicherung, daß nun wieder alles von Vom angefangen werden müsse. - In der belgischen Angelegenheit hat das hiesige Ministerium seine große Unwissenheit vollständig beurkundet, so wie auch seine gänzliche Ungeschicktheit. England fürchtete, Frankreich werde sich in den Besitz von Belgien setzen. - Das ist das ganze Geheimniß der Allianz zwischen den beiden Ländern. Holland dagegen hat vor gar nicht sehr langer Zeit Sebastiani den Antrag gemacht, Belgien zu theilen zwischen Frankreich und Holland, in welchem Falle der König von Holland sich mit Frankreich alliiren würde, um die Theilung, wenn es nöthig wäre, mit gewaffneter Hand aufrecht zu erhalten. Sebastiani, wie natürlich, fragte um Erlaubniß darüber bei Lord Grey, der, eben so natürlich, dem franz. Minister einen Verweis gab. - „Man darf mit England nicht brechen, damit dieses Land, im Falle eines Krieges, mindestens neutral bleibe" sagen die Staatsmänner. So lange Frankreich in einem Zustande der Schwäche ist, wird England freilich sein Alliirter bleiben, damit der status quo aufrecht gehalten werde. Wäre aber Frankreich glücklich im Kriege, so würde England gleich gegen Frankreich sein. Denn dann käme ja wieder die Lösung der belgischen Angelegenheiten zur Frage. „England bleibt unser Freund ein bis zwei Jahre" sagen die nämlichen Staatsmänner. Wenn sie das wissen, warum fangen sie nicht gleich damit an, wo sie in 2 Jahren stehen wollen, mit der Theilung Belgiens zwischen ihnen und Holland. Frankreich könnte ausserdem einen Beweis von Mäßigung geben, indem es Algier, was hier doch zu nichts nützt, gleichfalls an Holland abgäbe. Die Kaufleute geben sich hier blos mit dem Börsenspiele ab, die französischen Kaufleute haben nichts vom abentheuerlichen Speculationsgeiste, der Waaren und Kenntnisse aus fremden Ländern holt. In den Holländern ist aber noch jenes Blut, was aus dem Handel eine Sache der Civilisation macht. In kurzer Zeit würden unter ihren Händen Städte und Dörfer auf der Küste Afrikas aufstehen. England würde es vielleicht aber auch nicht zugeben; denn wenn es Belgien den Franzosen in Freundschaft abgenommen, wird es Algier bei der ersten Feindschaft besetzen, und somit den ganzen mitteländischen Handel an sich reißen. Es ist eine Angelegenheit von Europa, dies nicht zu dulden; der einzige Ausweg wäre also Algier zum Voraus einer kleinern Macht zu geben; und unter den kleinern Mächten ist keine so geschickt, um Colonisationen anzulegen, als Holland. Die Folgen in diesem Falle wären sehr wohlthätig für den Rheinhandel und überhaupt für den deutschen Handel. Die englischen Blätter, namentlich die Times, die unter der Inspiration des hiesigen Ministeriums stehen, lesen der Opposition den Text, daß sie dem Worte „Sujet" eine
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103 so große Wichtigkeit beilegte. (Die englische Revolution entstand über das Wort abdication.) Als ob der nämliche Vorwurf nicht auch auf das Ministerium falle, welches das Wort Sujet mit so vieler Ausdauer und Herzhaftigkeit vertheidigte. — Mauguin ließ sich in einer Rede die Worte „roi de France" entschlüpfen; als man ihn aufmerksam darauf machte, sagte er roi des Francais. That er das Ganze absichtlich, um dem Ministerium zu verstehen zu geben, wie es sich hätte betragen sollen? Montalivet kümmert sich aber wenig darum; er steht zu gut bei Hofe, seine Mutter ist ja die Erzieherin der Kinder von des Königs Schwester, Mad. Adelaide, welche mit dem General Athalin, wie bekannt, heimlich getraut ist. Weimar, im Januar. Wir erwarten täglich die Zusammenberufung unserer Landstände und mit ihr die Erörterung sehr wichtiger vaterländischer Angelegenheiten. Auch im Großherzogthum Weimar zeigt sich das Streben des Volkes nach Mündigkeit und nach durchgreifender Verbesserung des staatsbürgerlichen Zustandes. Allein wie überall so stößt auch hier der Geist der Zeit auf den Widerstand der Regierung. Man findet es gar zu bequem, dem individuellen Willen die Kraft des obersten Gesetzes beizulegen: denn es bedarf dann keiner tiefen Einsicht in die Bedürfnisse der Gesellschaft, keiner Weisheit in der Leitung der Staatsangelegenheiten und keiner Selbstbeherrschung in persönlichen Wünschen und Neigungen, um das Staatsruder zur Zufriedenheit der öffentlichen Meinung zu führen, sondern man befielt, fordert Gehorsam und versperrt jedem den Mund, welcher die Ungerechtigkeit und Verkehrtheit des Befehls oder dessen Widerstreit mit den Interessen des Landes nachzuweisen im Stande ist. In der Bequemlichkeit, mit welcher unter der Herrschaft der Censur und anderer absoluten Formen ein Land regiert werden kann, liegt daher ein Hauptgrund, warum unser Gouvernement dem Impuls des Zeitgeistes nicht zu folgen geneigt, sondern vielmehr der Einführung einer wahren repräsentativen Verfassung abhold ist. Ein anderer Grund liegt in der unbedingten Unterwürfigkeit unserer Regierung unter die Herrschaft des deutschen Bundes, und ein dritter in dem russischen Einflüsse. Letzterer ist im Großherzogthume Weimar größer, als in andern deutschen Ländern, weil die Großherzogin, ihrer Vermählung mit einem deutschen Fürsten ungeachtet, sich immer noch als eine Russin ansieht und den russischen Neigungen Folge giebt. Daß von einer Regierung, die dem Absolutismus wegen der Reize der unumschränkten Gewalt an sich schon nicht abhold ist und noch unter russischer Großmuth steht, nichts zu erwarten sei, daß insbesondere unter ihr die Aristokratie begünstiget, die überdieß unter den Befehlen des deutschen Bundes und der Mittheilung der Gedanken aufs äußerste beschwert und die Regung des volksthümlichen Strebens auf das ängstlichste unterdrückt sein müsse, versteht sich wohl von selbst. Es kann daher nicht auffallen, daß der Adel bei Besetzung der Civil- und Militärämter einen unbedingten Vorzug vor den sogenannten bürgerlichen genießt und bei erstem die höhern, bei letztern aber fast alle Posten, bis aufdie untersten Grade, als ausschließendes Eigenthum besitzt. Die jüngste Besetzung der Stelle eines geheimen Referendars bei dem Ministerium und einiger Stellen bei dem Regierungs-Collegium in Eisenach lieferGedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
ten hievon schlagende Beweise. Die Unterdrückung der Gedanken geht aber so weit, daß man die Petitionen der Staatsbürger um Gewährung der Preßfreiheit in der Geburt zu ersticken sucht, und deßhalb durch die Censur sogar die Ankündigungen streichen läßt, welche die Orte bezeichnen, wo man jene Petitionen lesen und unterzeichnen könne. Auch auf Personen, die bereits der Geschichte angehören, soll sich der Censurschutz erstrecken: so wurde ζ. B. dem Redacteur des Neustädter Kreisblattes ein Verweis ertheilt, weil er den Kaiser Paul einen kaiserlichen Spaßmacher genannt hat. Ο civilisirtes, drei Mal glückliches Deutschland, wie sehr hat sich Börne an dir versündiget! - Manche unserer Mitbürger hegen zwar die Hoffnung, daß der bevorstehende Landtag im öffentlichen Leben uns etwas weiter fuhren soll; allein wo ist Hoffnung möglich, wo dem russischen Einfluß und der Dictatur des Bundestags weder eine muthige Presse, noch eine wirksame National-Repräsentation, noch irgend eine andere Schutzwehr der Volkssache gegenübersteht und wo selbst die Freisinnigem und Einsichtsvollem im Volke von den Vorurtheilen der Volks-Unterthänigkeit und der Fürstengottheit zu sehr erfüllt sind, als daß sie für das demokratisch-constitutionelle Prinzip mit Energie zu handeln fähig wären. Unsere Blicke sind daher nur nach den Fortschritten des constitutionellen Lebens in Süddeutschland gerichtet, und wir können nur der Hoffnung leben, daß die Rückwirkungen von dort allmählich uns weiter fuhren werden. A n z e i g e . In unterzeichneter Fabrik ist zu haben: 1) Tinktur, um rothe, graue und helle Haare nach Belieben dauerhaft braun und schwarz zu färben. Diese Tinktur ist von der unfehlbarsten Wirkung und die damit braun oder schwarz gefärbten Haare behalten diese Farbe für immer; sie gehet nicht ab, erleidet durch Waschen und Brennen keine Veränderung. Die gefärbten Haare sind von den natürlich braunen oder schwarzen auf keine Weise zu unterscheiden. Die Flasche 1fl.30 kr. Das Dutzend 16 fl. 2) Essenz zum Haarwachsen. Die Essenze dienet zugleich als Hautstärkung bei Personen, deren Haare stark ausgehen, oder ein kahler Fleck oder Platte vorhanden oder zu befürchten ist, wo sie bewirkt, daß die haarlosen Stellen wieder mit Haaren bewachsen, sie mögen durch Krankheit, Hauptschwäche oder Alter ausgegangen sein, und das fernere Ausgehen derselben in ganz kurzer Zeit völlig aufhört. Sie verbessert und vermehrt den zum Wachsthume der Haare nöthigen Nahrungssaft, verhütet das Austrocknen des Haarbodens und der Haare, befestiget die lockeren, daß keine mehr ausfallen, giebt der Haut neue Kräfte und setzt solche in den Zustand, daß Haare da wachsen müssen. Auf gleiche Weise befördert sie den Wachsthum des männlichen Bartes, welcher dadurch zu einer seltenen Schönheit gezogen werden kann. Die Flasche lfl. 15 kr. Das Dutzend 13 fl. Wer von diesen Pieren einiges zu haben wünscht, wolle den Betrag dafür an unterfertigte Addresse einsenden, worauf die Zusendung sogleich erfolgt. Bestellungsbriefe und Gelder erbittet man sich durch die Post, so weit möglich franko. Chemische Produkten-Fabrik. Lit. L. Nr. 123 der Kaiserstraße in Nürnberg. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Dienstag.
Tribüne.
Ν— 14.
Die französische Jugend. Die heutige Jugend Frankreichs trägt nicht nur die Zukunft des Vaterlandes in sich, sondern sie wird auch, früher als man glaubt, über die Gegenwart entscheiden. Sie mag im Schoose ihrer Familie bleiben oder in öffentlichen Schulen erzogen werden, so ist sie der Sache der Bewegung zugethan. Die heutige Jugend Frankreichs geht aus der bildenden Hand des Genius der neuen Zeit hervor: „Freiheit und Charakterstärke" muß ihre Losung, „Verachtung gegen die Despotie des Kaiserreichs", „Mitleiden gegen den Juste-Milieu" und „Haß gegen die Restauration" ihr Glaubensbekenntniß sein. Sie fühlt sich fremd in dem Zwitterzustande der Gegenwart und fremd in dem abentheuerlichen Thurme, in den man die JuliRevolution eingesperrt hat. Die Lichter der alten Opposition haben sich des Sohnes der neuen Zeit bemächtiget, um ihn hübsch artig zu ziehen und zum guten Kinde zu machen: sie sperren ihn ein, damit er desto folgsamer werde: — alles darum, damit sie den Lohn ihrer Opposition, wie weiland die Feldherrn des großen Kaisers die Belohnung ihrer Tapferkeit, in Ruhe genießen, d. h. im mühelosen Genüsse der höchsten Staatsämter Frankreichs bleiben können. Allein sie haben sich in ihren Berechnungen getäuscht, weil sie stehen, während Frankreich geht, sie stellen sich auf eine Mine, wenn sie es wagen wollten, Frankreich zum Stehen zu zwingen. Eine Regierung, die mit dem Bildungsprozesse des öffentlichen Lebens in einen solchen Widerstreit gerathen ist, besitzt keine wirkliche Macht: - eben so wenig liegt letztere in den Händen der Generation, die jenem Entwicklungsgange des Nationalgeistes entfremdet ist und deßhalb das System der gegenwärtigen Regierung unterstützt. Die wirkliche Macht liegt in der Sympathie mit dem Charakter der Zeit; sie beruht demnach auf der Jugend, sie wird mit ihr sich entfalten, mit ihr zur Reife gedeihen. — Die Jugend sollten daher die Staatsmänner zum Gegenstande all' ihres Denkens und all' ihrer Sorge machen: denn in sie verschließt sich das Geheimniß der neuern Freiheit. Man glaube nicht, daß die politische Bildung der französischen Jugend von Paris, dem Brennpunkte aller großen Umwälzungen, Schwungkraft und Richtung empfange. Der Geist des Jahrhunderts durchdringt gleichförmig ganz Frankreich, er strömt gleichzeitig in alle Schulen und alle jugendlichen Gemüther. Eine Hauptstadt des Geistes giebt es nicht mehr: Paris steht vielmehr hinter den Provinzen beinahe zurück. - So sprudelt ζ. B. in der Seeschule von Brest der Geist des Republikanismus: gleicher Aufschwung zeichnet den Charakter der Militärschulen in Metz, Saumur und St. Cyr, den Pflanzgärten der künftigen Armee Frankreichs. - Der Theil der Jugend, welcher die mobile Nationalgarde bildet, theilt diese Gefühle. Alle jungen Gemüther verabscheuen nicht nur die absolute Gewalt, sondern alles, was auch nur entfernt noch Aehn-
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lichkeit mit ihr hat. Sie sind diese sprudelnden und hochherzigen Gemüther, von Kriegslust entflammt, nicht zu Zwecken roher Eroberung, sondern zu den höheren Endzwecken des Cosmopolitismus und zur Verbreitung der schönen Ideen edler und reiner Freiheit: sie glüht diese Jugend, alle Institutionen der heiligen Allianz der Vernichtung und Vergessenheit zu überliefern. Die Zeit, wo die königliche Macht nicht nöthig hatte um Gunst zu bitten und um Gehorsam zu flehen, jene Zeit, wo Könige befahlen, ist für Frankreich in dem einen Sinne jetzt schon, in dem andern aber sehr bald vorüber. Mit einem Wort, die Jugend gebeut, daß das Geschlecht der Menschen in seiner Urwürde eingesetzt werde: sie gebeut es im glühenden Zorne über die Tyrannen, und wahrlich, sie wird ihren Befehlen Achtung und Gehorsam zu verschaffen wissen: denn sie opfert der großen Sache der Menschheit mit freudiger Begeisterung Vermögen, Gesundheit und Leben. Durch die Sympathie der Gefühle werden die Jünglinge Frankreichs auch ohne Verabredung und ohne besondern Verkehr mit der Jugend des übrigen Europa zur Thatkraft sich verbünden, und früher als man glaubt den Zweck erringen, daß überall berathende Volksversammlungen stattfinden und daß das repräsentative System aufhöre, ein leerer Gemeinplatz und eine schnöde Form zu sein, welche anstatt Freiheit zu geben, nur Abgaben erpreßt. Unsere Staatsmänner wurden durch den Gang, den sie mit der Juli-Revolution gemacht haben, sehr ermüdet, sie machten daher nach dessen Beendigung sogleich Halt und riefen fortwährend: „Hier sind die Gränzen der politischen Welt, Niemand wird weiter gehen." Allein die Jugend besitzt eine andere Schnellkraft, sie weiß nichts von Ermüdung, sie erkennt, daß das Werk nur das halbvollbrachte sei, und geht darum weiter. Die Jugend hat die Juli-Revolution überschritten, dies beweißt die Bewegung, welche man einerseits unter dem Volke in Frankreich bemerkt, die Schlaffheit der Macht auf der andern Seite. Die Macht hegt die Meinung, daß sie nur durch Ruhe sich wieder erholen könne; sie fühlt sich ermüdet und erschöpft, weil sie aus einer ungewöhnlichen Bewegung heraustritt, und zudem noch unter die Vormundschaft eines Prinzen gestellt ist, welcher wegen seines Alters und seiner zahlreichen Familie jede Gefahr, jede Wagniß furchtet. Da aber diese Juli-Regierung ihre Entstehung der unmittelbaren Kraft des Volkes dankt, wobei die Jugend das Meiste gethan hat, so giebt sie der letztern zuweilen nach, und beschränkt sich auf eine beständige Vertheidigung. In diesem Kampf erschöpft und entnervt sich jedoch die Regierung, ohne irgend ein positives Resultat herbeizuführen. Sie vegetirt nur, während die Jugend, welche mit ihr kämpft, ihre Kräfte übt und von Tag zu Tag steigert. Es ist leicht voraus zu sehen, daß Letztere am Ende Meister des Kampfplatzes werden muß. Die jungen Leute fühlen, daß man durch Stillstehen und Vereinzelung schwach wird.
107 - Sie vereinigen sich daher zur Thätigkeit, theilen sich ihre Ideen mit, und bilden in der Mitte der Hauptstadt eine Art besondere Gesellschaft, welche beim Ruf einer einzigen Stimme sich in Bewegung setzt. Dadurch erhielten die verschiedenen Aufläufe Bedeutung, welche seit 18 Monaten in Paris Statt fanden. Wenn wir nun zum Einfluß übergehen, welchen Frankreich auf Europa ausübt, so gelangen wir zur innigen Ueberzeugung, daß die Freiheit der Völker dem Ziele ihrer völligen Emancipation sehr nahe sei. Die abweichenden politischen Grundsätze einzelner, auf der Stufenleiter der Aufklärung zurück stehenden, Lokalitäten werden die Macht der freisinnigen Jugend Europas so wenig überwinden, als die Bajonette der Kron-Soldaten. Der lebhafte und bewegliche Theil der civilisirten Welt wird vielmehr nach dem Ziele reiner Freiheit unaufhaltsam vorwärts schreiten und es selbst wird eine sehr compakte Conföderation unvermögend sein, diesem Geiste eine Richtung im Sinne der Könige zu geben.
Ueber die Veränderung des baierischen Ministeriums. Unter dieser Aufschrift liefert das baierische Volksblatt vom 12. Januar einen zweiten Artikel, der von dem Lobe des Ministeriums Stürmer überfließt. Es heißt darin unter andern; „Hr. v. Stürmer genießt schon lange in Baiern eine vorzügliche Achtung als ausgezeichneter Staatsbeamte und redlicher Mann. In der kurzen Zeit seiner ministeriellen Laufbahn rechtfertigte er das Vertrauen der Nation in jeder Hinsicht durchgängig. Seine Wirksamkeit bei den ständischen Verhandlungen wird in rühmlichem Andenken bleiben, wenn auch der Erfolg nicht immer seinen wahrhaft patriotischen Bemühungen entsprach. Das allgemeine Anerkenntniß der Verdienste des Hrn. v. Stürmer macht es überflüssig mehr zu seinem Lobe hier zu sagen. Kennten wir das Preßgesetz so, wie es aus seiner Feder geflossen, es würde allein ein ehrenvolles Denkmal fiir ihn sein. — Genug daß er die Stellung eines constitutionellen Ministers in ihrem ganzen Umfange nicht blos erkannte, sondern auch mit unbeugsamer Festigkeit derselben gemäß handelte. Alle dem Staatsgrundgesetz zuwiderlaufende Verfügungen des Kabinets-Sekretariats fanden bei ihm kein Gehör noch weniger Vollzug. Mehreremale wurde er hierdurch veranlaßt, sein Portefeuille zurückzustellen, und nur auf den dringendsten Wunsch des Monarchen konnte er sich entschließen, es bis zum Ende des Landtags wieder zu übernehmen. Dieser ihm so erwünschte Zeitpunkt war mit dem 20. Dezemb. v. J. eingetreten, und sofort legte Hr. v. Stürmer seine ministerielle Funktionen nieder. — Der Dank aller Redlichen mag ihm Lohn fur seine Aufopferungen sein. Er wird als Staatsrath immer wesentlichen Antheil an den wichtigsten RegierungsGeschäften nehmen, und die Nation darin Beruhigung finden." Dieses ganze Urtheil muß auf Unbekanntschaft mit den Thatsachen beruhen; denn sonst könnte es in einem für freisinnig geltenden Blatte unmöglich einen Raum gefunden haben. Hr. v. Stürmer hat in der ganzen Zeit seiner ministeriellen Laufbahn das Vertrauen der Nation in keiner Hin-
108 sicht gerechtfertigt. — Nach dem Sturze des Ministeriums der Congregation und der Camarilla erwartete man eine Verwaltung, welche der Wahlkammer in deren Streben nach Erleichterung des Volkes und nach Entwicklung des constitutionellen Princips, wenn auch nicht zu Hülfe kommen, doch wenigstens nicht störend entgegentreten werde. Alles was Hr. v. Stürmer that, war aber nur die Zurücknahme einiger verfassungswidrigen Ordonnanzen, die bereits von der öffentlichen Meinung gerichtet waren; vorwärts ging er dagegen keinen Schritt, sondern er stemmte sich vielmehr den dießfallsigen Versuchen der Volkskammer, wenn schon mit weniger Anstand und Urbanität als Schenk, doch aus allen Kräften entgegen. Dieß beweisen seine hartnäckigen Vertheidigungen des Censur-Preßgesetzes, die Schutzreden fur das Verfahren der Autoritäten in den December-Unruhen, der Widerstand gegen die Beeidigung der Armee auf die Verfassung, die ewigen Drohungen und Protestationen gegen Beschlüsse der Kammer, welche einen freiem Geist athmeten, und endlich seine unüberwindliche Abneigung gegen entscheidende Reform-Maßregeln. Der PreßgesetzEntwurf des Ministerverwesers könnte auch in der Art, wie er aus dessen Feder flöß, nur insoferne ein ehrendes Denkmal für ihn sein, als die Censur eine ehrenvolle Institution wäre: denn auch in seinem Entwürfe war dieses schimpfliche Institut für die Angelegenheiten des deutschen Bundes beibehalten. Was aber dem Ministerverweser zum besondern Vorwurf gereichen muß, das ist sein Benehmen bei dem Scandale der Ergebenheits-Adressen und der letzten Bundestags-Beschlüsse über die Presse. Wenn von einzelnen Orten des Landes sinnlose Adressen einlaufen, wodurch der Brand der Zwietracht unter die Nation geschleudert und zu einer Spaltung derselben der Grund gelegt wird, so ist es eine heilige Pflicht des Ministers, dem Unfuge zu steuern. Diese Pflicht wird um so ernster und dringender, wenn dergleichen Adressen im Cabinete irgend eine Unterstützung finden sollten. Hat der Minister in einem solchen Falle nur einen leichten Anstrich von Energie, Würde und Charakter, so muß nicht nur Er selbst seine Mißbilligung solcher Adressen auf das bestimmteste öffentlich aussprechen und alles vorkehren, was zu deren Unterdrückung in seiner Macht liegt, sondern er muß auch darauf dringen, daß das Cabinett jeder Unterstützung dergleichen impertinenter (ungehöriger) Schritte sich enthalte. Der Mann von Ehre und Character kann nicht eine Minute länger Minister bleiben, wenn er bei der Ausübung dieser seiner Pflicht im Cabinete Hindernisse findet. Was that nun Hr. v. Stürmer? Er ließ die Adressen sich vervielfältigen und eine nach der andern beantworten, ohne ein Zeichen zu geben, daß es in Baiern einen verantwortlichen Minister gebe. - Der Bundestagsgesandte in Frankfurt am Main erlaubte sich hiernächst eine solche Verhöhnung der Regierung, daß er ohne eine Instruction und Autorisation anmaßenden Befehlen der absoluten Mächte sich unterworfen und den mit dem constitutionellen Principe in Widerstreit liegenden Beschlüssen derselben gegen die Presse seine Zustimmung gab. Ein Minister von Charakter mußte darauf dringen, daß der Gesandte deßhalb zur Verantwortung gezogen werde. Was that Hr. v. Stürmer? Wie immer, wo es auf Thatkraft und ächte constitutionelle Gesinnung ankam, Nichts! Was aber dem constitutionellen Minister, wie das Volksblatt Hrn. v. Stürmer an einem andern Orte nennt, vollends die Krone aufsetzt, das ist der jüngste Land-
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109 tags-Abschied. Dieser Regierungsact athmet den reinsten Verfassungsgeist. Wo irgend ein Beschluß der Stände und; wo die Volkskammer für sich schon competent ist, dieser allein dem Cabinete nicht angenehm war, findet sich in dem Landtagsabschiede eine Protestation und eine Verwahrung der Rechte der Krone. Bei dem MilitärEtat ist sogar der Vorbehalt beigefügt, alles, was man über die bewilligte Summe noch auszugeben belieben würde, auch ohne Zustimmung der Kammern, wo man es findet zu nehmen. Und ein Minister, der einen solchen, die Verfassung verspottenden Landtagsabschied unterzeichnet, hat die Pflichten eines constitutionellen Ministers mit unbeugsamer Festigkeit erfüllt. Ο Unmuth, glühender Unmuth, man muß mit Gewalt deine Ergießungen zurückhalten! - Doch damit ist es noch nicht genug. Herr von Stürmer hat auch die Verfassung und die constitutionellen Rechte der Staatsbürger ganz offen verletzt. Er ist es, der das Verbot der Censurlücken, ohne Zustimmung der Stände des Reichs, eigenmächtig erlassen hat; er ist es, der die gesetzwidrige Bestrafung des Abdruckens gestrichener Stellen legitimirt hat; er ist es endlich, dem die neueste schreiende Verletzung der Verfassung, der Befehl an die Post, daß Journale mit gestrichenen Stellen nicht versendet werden sollen, zur Schuld fällt. Diese Ordonnanz, welche die nämlich Wirkung beabsichtigt, als jene vom 28. Januar 1831, dieser feindselige Akt, welcher eben so gesetzwidrig, finster und gewalthätig ist als jener von Schenk, und nur dadurch sich auszeichnet, daß er hinterlistiger ist; diese Ordonnanz, sagen wir, ist vom 17. December vorigen Jahres - und das Volksblatt schreibt, daß Herr v. Stürmer noch am 20. December Minister war. Ein Minister also, der die Censur und die Gräuel der Decembertage vertheidigt, der Vereidigung der Armee auf die Verfassung mit Händen und Füßen sich widersetzt, die parlamentarische Opposition mit Drohungen einzuschüchtern sucht, dagegen bei staatsgefährlichen Adressen kein Lebenszeichen von sich gibt; ein Minister, der willkürliche Verbotsgesetze eigenmächtig erläßt, die Verfassung durch gewaltthätige Einsperrung von Staatsbürgern vor seinen Augen täglich mißhandeln läßt, und zu ihrer Mißhandlung durch Bestätigung gesetz- und formloser Strafresolute selbst mitwirkt; ein Minister, sagen wir, der Landtagsabschiede im Geiste der Cabinetswillkür, unumschränkten Herrschaft und Verhöhnung der Verfassung unterzeichnet, ein Minister endlich, der die Freiheit der Presse durch verfassungswidrige Verbote der Versendung der Journale zu unterdrücken sucht; ein solcher Minister ist ein Mann, der den Dank aller Redlichen verdient, und das Vertrauen der Nation in jeder Hinsicht gerechtfertigt hat? Ist die Nation denn so weit gesunken, daß sie mit einem solchen Minister sympathesirt, daß Er ihr Vertrauen besitzt, Er in ihrem Sinne regiert hat? Wäre dieß der Fall, so hätten Jene Recht, die zur Aufhebung der Verfassung rathen: denn was soll das Ding helfen, welches man »Constitution« nennt, wenn die Regierung, mit Zustimmung des Volkes, alle Gesetze und Institutionen nach Gefallen mißhandeln darf, und selbst in Ansehung des Budgets an die Bewilligung der Kammern nur in so lange gebunden sein soll, als es ihr eben gefällig ist? — Werft doch lieber auch den Namen weg, wenn ihr die Sache nicht haben wollt!
Zur Tagesgeschichte. England. Die Protokollmacher wollen wieder von vorne anfangen, weil Rußland noch nicht gehörig gerüstet sei, um seine treue Vasallen, die liberalen Preußen und die absoluten Heere der deutschen Charten-Könige, nach Frankreich zu fuhren. Um Zeit zu gewinnen, verlangen die Höfe von Berlin, Wien und Petersburg noch eine Frist zur Auswechslung der Ratifikationen, d. h. zur Genehmigung der Verträge, welche die Bevollmächtigten dieser Mächte nach deren Anweisung geschlossen haben. Man sieht, daß die Höfe von dem Werthe des diplomatischen Grundsatzes „Verträge gelten so lange, als wir es fur gut halten," lebhaft durchdrungen sind. Der englische Courier sagt im Ernste, folglich sehr naiv: „die Auswechslung der Ratificationen werde in 14 Tagen erfolgen."—Die Nachrichten aus den englischen Provinzen lauten noch immer beunruhigend, weil viele Arbeiter ohne Beschäftigung sind und bittere Noth leiden. Man schreibt die Ursache dieser Noth auch in den untersten Classen nunmehr den Getraidegesetzen, also dem Eigennutze der Aristokraten zu und befürchtet von der Verbreitung einer solchen, freilich nicht ungegründeten Ueberzeugung, am Ende Unordnung. - Die Cholera soll in der hastigen Absicht, ihren indirekten Verbreiter, Carl X., dankbar zu umarmen, große Distrikte übersprungen und Edinburg bereits erreicht haben. In New-Castle richtet sie noch immer große Verheerungen an. — Das enorme Sinken der Curse hat die Staatsmänner so erschreckt, daß sie beinahe ihre Rolle vergessen und in der Hersagung ihrer Friedensreden irre geworden wären. Ein guter Kopf half ihnen aber wieder auf und in die Rolle hinein, indem er zeigte, die englischen Fonds wären um '/ιοοοο Prozent weniger gefallen, und es habe daher das Sinken der Curse nicht in der Verworrenheit ihren Grund, in welche die europäischen Angelegenheiten durch die Bemühungen dee Conferenz glücklich gebracht worden seien, sondern in den Finanz-Spekulatione[n] der Pariser Papierhändler. Frankreich. Paris, 13. Januar. (Priv. Corr.) Daß die Civilliste des Bürger-Königs auf 12 Millionen festgesetzt worden ist, habe ich Ihnen schon gemeldet. Es ist der Juste-Milieu, der uns damit beschenkt hat; denn da die Freunde Ludwig Philipps 15, die Freunde des Volkes aber nur 6 Millionen bewilligen wollten, so mußte man deren 12 bewilligen, da zwischen 15 und 6 doch wohl 12 die richtige Mitte ist. Heute melde ich Ihnen nur, daß über die Civilliste wider alles Erwarten fast gar keine Debatte stattfand. Man hält es wahrscheinlich nicht der Mühe werth, über etwas, was nach allem Anscheine so bald vom Grunde aus sich ändern wird, viel Redens zu machen. So viel ist wenigstens gewiß, daß zur Befestigung der jüngern Restauration, wie man jetzt den Thron Ludwig Philipps nennt, nichts geeigneter war, als die Annäherung an die Civilliste der älteren Restauration. Genug, die theuere Familie der jüngern Bourbons kostet dem Lande fast eben so viel Geld, als der ältere Zweig und gewährt ihm die nämliche Freiheit. In dieser Thatsache liegt meines Erachtens die nächste Zukunft Frankreichs. Auch die Jesuiten zeigen sich wieder. Nach Briefen aus Lyon sollen ihretwegen in Chambery Unruhen ausgebrochen sein. Es kam zwischen dem Volke und den Truppen zu einem förmlichen Kampfe, in Folge dessen das Militär die Waffen streckte.
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Ill
Belgien. Brüssel, 11. Januar. (Priv. Corr.) Die Reise des Prinzen Friedrich von Holland nach Belgien hat die Gemüther neuerdings beunruhigt. Wir sind indessen auf alles gefaßt, und selbst zum Kriege vorbereitet. Die Berichte aus Luxemburg melden allerdings das Gegentheil, allein man darf ihnen keinen Glauben beimessen, da sie gewöhnlich aus preußischen Federn fließen oder von den Orangisten ausgestreut werden. Es ist wenigstens eine Thatsache, daß die Organisation von freiwilligen Corps, die sich selbst equipiren und unterhalten, den besten Fortgang nimmt, daß die ganze Linienarmee uniformirt, eingeübt und von dem besten Geiste beseelt ist, nicht minder, daß unter allen Truppen das Verlangen vorherrscht, für die durch Ueberraschung im vorigen Jahre erlittene Niederlage sich zu rächen. - Wie die belgische Frage sich lösen werde, darüber ist man auch hier nicht einig. So viel ist gewiß, daß man die Protokolle und Beschlüsse der Londoner Conferenz allgemein für Täuschnngen hält und an eine übereinstimmende Ansicht der fünf Großmächte nicht glaubt. Wahrscheinlich wird so lange intriguirt, bis irgend ein Zufall den Knoten zerhaut und wir entweder, je nachdem die Sache der Völker oder jene der Könige siegt, der französischen Republik oder dem restaurirten Königreiche der Niederlande einverleibt werden. Erklärung. Nicht ohne gerechten Schmerz mußte ich vernehmen, daß in Folge boshafter Verläumdung und irriger Verwechslung sich hie und da bei Leuten, die mich und meine Verhältnisse nicht näher kennen, der Argwohn festgesetzt habe, als hätte ich während meiner Redaction des nun verbotenen „Const. Deutschlands" (Nro. 35 - 73) mich irgend einer Denunziation schuldig gemacht. Unfähig, nur überhaupt an die Möglichkeit einer solchen entwürdigenden Handlung zu denken, kann und werde ich mich mit meinem Bewußtsein und mit dem Zeugniß meiner Freunde und Bekannten deren ich Gottlob viele habe — beruhigen und erkläre ich hiermit in aller Kürze denjenigen für einen Verläumder, der mir eine solche entehrende Handlung nachsagt. Ohne anmaßend zu erscheinen, könnte ich hier eine Aufzählung dessen folgen lassen, was ich meiner Ueberzeugung sowie meiner Freiheits- und Vaterlandsliebe zum Opfer brachte; ich könnte erzählen, wie man mir mit Undank gelohnt hat, und welchen Gefahren ich entgegen gehe, wenn ich im Oktober d. J. in mein preußisches Heimathland zurück kehren muß. Doch ich schweige hiervon. Wer ein deutsches Herz im Busen trägt, und einigermaßen die Welt und die Verhältnisse in Preußen kennt, wird wissen, ob meine Andeutungen Glauben verdienen. Nicht mit so gutem Gewissen aber kann ich über einen andern Punkt gänzlich schweigen. Ich halte es vielmehr für Pflicht laut und öffentlich einen Wink zu geben, welche schlechte Mittel oft Regierungen und hohe Personen, wenn sie Feinde der Volkssache sind, anwenden, um das gegenseitige Vertrauen unter Vaterlandsfreunden, mit einem Worte, die brüderliche Einigkeit der Liberalen zu untergraben. Es ist eine traurige Wahrheit, daß, wie schon im Hochwächter gesagt wurde, die Würtemberg. Regierung sich im Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
Mai vorigen Jahres (zwei Monate bevor ich die Redaction antrat), in den Besitz eines im C. D. abgedruckten Manuscripts zu setzen wußte. Die Folgen hiervon sind bekannt. Vielleicht finde ich Veranlassung, diese und noch mehrere Ereignisse ausfuhrlich zur Publicität zu bringen. Schonung eines unschuldig Verfolgten verbieten mir für jetzt alles Weitere; daher ich nur noch bemerke, daß ein Kriegsminister, ein reicher Buchhändler und ein Tuchfabrikant auch in diesem Drama die Hauptrolle spielten. Gotdob daß die Censur wenigstens nichts vergessen machen kann. Alle Redactionen öffentlicher Blätter sind gebeten diese Erklärung aufzunehmen; die Insertionsgebühren werde ich auf Verlangen dankbar entrichten. Straßburg, den 6. Januar 1832. F. W C. Cornelius, ehemaliger Redacteur des verbotenen Const. Deutschlands. Anzeige. In unterzeichneter Fabrik ist zu haben: 1) Feine orientalische Schönheits-Essenz. Aecht und nach der einzig wahren Vorschrift bereitet. Diese verdient als das allervorzüglichste Schönheitsmittel empfohlen zu werden, da sie die Haut wahrhaft verschönert, dieselbe von allen Mängeln reiniget und bis ins Alter schön erhält, die Sommer- und andere Flecken hinwegnimmt, und außerordendich rein, weiß und schön machet. Die herrliche Wirkung dieser Essenze beweiset, daß nie etwas Besseres in dieser Art existirt hat. Eine von Sonne und Luft verdorbene Haut stellt sie in reinster Schönheit wieder her, und verschönert das Gesicht auf eine angenehme Weise. Selbst eine grobe, verdorbene Haut setzt sie in einen angenehmen Zustand, indem sie dieselbe gelinde, und gleichsam jung und in ganz kurzer Zeit sichtbar weiß machet, ohne ihr im Geringsten nachtheilig zu sein. Die Flasche 1 fl. 15 kr. Das Dutzend 13 fl. 2) Circassische Schönheits-Tinktur. Diese, durch Erfahrung genau geprüfte Tinktur leistet alles, was man von einem Mittel zur Erhaltung der Schönheit nur erwarten kann. Einige Tropfen davon in eine Schale Rosen- und Brunnenwasser gethan, und mit einander vermischt, giebt ein vorzügliches Abwischwasser, dessen man sich mit außerordentlichem Nutzen täglich bedienen kann. Es macht eine gesunde, weiße und feine Haut, reiniget dieselbe von allen Mängeln, giebt ihr in der That Gesundheit und Kraft, erhält sie bis ins Alter schön, und ist derselben vollkommen unschädlich. Die Flasche 1 fl. 15 kr. Das Dutzend 13 fl. 3) Zuverlässiges Mittel zur Vertreibung der Sommerflecken. Dieses durch Erfahrung erprobte neu erfundene chemische Mittel vertilgt die so häßlichen Sommersproßen bei fortgesetztem täglichem Gebrauch binnen 14 Tagen vollkommen. Einzeln das Glas 1 fl. 15 kr. Das Dutzend 13 fl. Wer von diesen Pieren einiges zu haben wünscht, wolle den Betrag dafür an unterfertigte Addresse einsenden, worauf die Zusendung sogleich erfolgt. Bestellungsbriefe und Gelder erbittet man sich durch die Post, so weit möglich franko. Chemische Produkten-Fabrik. Lit. L. Nr. 123 der Kaiserstraße in Nürnberg. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Mittwoch.
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Die baierische Hofceitung und ihre Redaktoren. Die Münchner politische Zeitung wandelt auf der Bahn der Aufklärung und der Volksfreiheit auch seit dem neuen Jahre „gerecht und beharrlich" weiter. In der Nummer vom 10. Januar äußert sie ihre Freude, daß es nicht gelungen sei, die königliche Armee in ein Heer des Staates oder, wie sie sich ausdrückt, in eine staatsbürgerliche Truppe zu verwandeln. Sie hat gewiß recht: denn wer sollte sich nicht freuen, daß die constitutionelle Regierung zwischen „Heer des Königs' und „Armee des Landes" einen wesentlichen Unterschied festzuhalten, Ursache hat? — In den vorhergehenden Nummern schüttet das würdige Organ des Hofes ihren Zorn über die Opposition der Deputirtenkammer aus. Vorzüglich anstößig ist ihr die Verweigerung von Geld für den Ausbau der Pinakothek. „Es ward beschlossen, jammert sie, diesen Bau zur R[uine] werden zu lassen, — ja einige Oppositions-Wüthriche der Kammer gingen so weit, diese Ruine als ein Monument der Gesetzmäßigkeit darstellen zu wollen; alle besonnenen, gerechten und gebildeten Beurtheiler der Sache mußten aber darin nur ein Denkmal blinden Vorurtheils, einer Ueberschreitung verfassungsmäßiger Befugniß, rohen Vandalismus und kleinlicher persönlichen Rachsucht erblicken." — Wir sind der Münchner Zeitung sehr verbunden, daß sie die Grundsätze ihrer Machtgeber so offen und aufrichtig ausspricht. Wer kann nun die Oppositionsblätter noch der Uebertreibung beschuldigen, wenn sie der Regierung das Streben nach absoluter Gewalt und die entschiedenste Abneigung gegen die Verfassung vorwerfen. Das Organ der Regierung sagt ja deudich und bestimmt, daß die Deputirten des Volkes ihre Befugnisse überschreiten, wenn sie den Willen der Regierung nicht blindlings erfüllen, und insbesondere das Geld, das die Regierung fur Bilderhäuser verbauen will, nicht unbedingt bewilligen. Wir überlassen es unsern Lesern, aus diesem Glaubensbekenntnisse unseres constitutionellen Gouvernements die weiteren Consequenzen zu ziehen. Die Münchner Zeitung schließt ihren Artikel über die Pinakothek mit der Bemerkung: »in dem Unterbrechen des Pinakothekbaues würde eine Demüthigung des Volkes gelegen sein, weil diese Thatsache Mangel an Civilisation und Kunstsinn verrathen haben würde. — Daß das Volk keine Demüthigung empfinden könne, wenn man zu seiner Erleichterung unnütze Bauten einstellt, versteht sich wohl von selbst. Die Argumentation des Hoforgans besteht daher an sich in widersinnigen Phrasen. Doch wenn von einer Demüthigung des Nationalstolzes die Rede sein soll, so wollen wir der Gazette sagen, worin sie besteht: Darin, daß man mit Betdern und liederlichem Gesindel — wir bedienen uns nur der Ausdrücke eines Freundes der Münchner-Zeitung, des Herrn Präsidenten von Rudhart — ein Hazardspiel treibt, um durch den Vortheil, den hier der Staat als Banquier genießt, diesem armseligen Gesindel seine wenigen Pfennige zu dem Zwecke abzu-
Tribüne. 15.
Homburg, den 18. Januar 1832.
nehmen, daß die Civilliste auf drei Millionen festgesetzt werden kann. Der zweite Ausschuß der Deputirtenkammer hat die Möglichkeit der Aufhebung des Lottos nachgewiesen, wenn die Civilliste vermindert und der Militär-Etat, den man zum Theil als einen zweiten Dispositionsfond des Hofes anzusehen scheint, auf das wahre Bedürfniß der Armee zurückgeführt würde. Die Regierung hat sich aber beiden Maßregeln mit fanatischer Leidenschaft widersetzt und dadurch erklärt, daß sie die Pfennige der Bettler zur Erhaltung des Glanzes der Krone unabweislich bedürfe: sie hat dadurch erklärt, daß sie die Verfiihrung des Volkes zu einem wahnsinnigen Spiele nicht aufgeben, sondern einzelne Staatsbürger und ganze Familien fortwährend der Verzweiflung überliefern müsse, weil außerdem der Glanz der Krone leide. Dies ist, meine gute Gazette, die Demüthigung des baierschen Nationalstolzes. - Hier ist vielleicht ein schicklicher Ort, die geheimen Redactoren der Münchner politischen Zeitung zu nennen. Die Artikel über den Constitutionseid der Armee und das Militair-Budget, dann der Aufsatz: »die Feinde der Fürsten« sind von dem pensionirten Lieutenant Amman, der seit längerer Zeit in den Archiven arbeitet, ein Seitenstück von Kalb, dem Redacteur der alten und neuen Zeit: — er ist vom Marschall zur Theilnahme an der Redaction beauftragt. Die Briefe eines Landbewohners sind von dem Legationsrathe Oberkamp, — dem Großinquisitor der Congregation und der Metternich'schen sowie Münch-Bellinghausenschen Polizei des deutschen Bundes: er war schon 1820 bei den Wiener-Conferenzen über die demagogischen Umtriebe mit seinem Busenfreunde, dem Ministerialrathe Flad, der Vertraute des Staatsrathes Friedrich von Gentz und des Polizei-Ministers Grafen von Selnitzky. — Weitere Redacteure der Münchner Gazette sind der junge Regierungs-Assessor von Weiden, Sohn des General-Commissairs gleichen Namens und gleicher politischen Farbe, der junge StadtgerichtsAssessor von Aretin und der Archiv-Sekretair Zenker. Ein eifriger Mitarbeiter ist auch der junge Erbprinz von Löwenstein in Haibach, bekannt durch seine Fehde mit dem badischen Ministerium. Zuweilen sendet endlich der quiescirte Legationsrath Koch-Sternfeld, der ohnfern Wasserburg — ein ominöser Name - auf dem Lande wohnt, seine Stoßseufzer ein nach patriarchalischer Leibeigenschaft, nach dem Scheiterhaufen und nach andern Herrlichkeiten des Mittelalters.
Noch einige Proben vom Unverstände der baierschen Censur. In Nro. 8. des liberalen Deutschlands ist Unverstand und Absolutismus der baierischen Censur aus ihren eigenen Worten schlagend bewiesen. Aber so groß sind beide, daß acht Spalten noch nicht hinreichen, um ihr achttägiges Wirken oder vielmehr Wüthen in seinem ganzen Umfange zu schildern. Für diesen Zweck läßt sich noch eine reiche Nach-
115 lese halten. Namentlich ist das Lächerliche in der Wirksamkeit der baierischen Censur noch nicht genug hervorgehoben. Jede Censur ist gleichsam der Spiegel der Gesinnungen und Grundsätze, welche eine Regierung beseelen, und nach denen sie handelt. Welch eine Regierung also, die selbst die unschuldigste Satyre, die argloseste Laune furchtet und verfolgt. Nur eine solche wahrhaft zu bemideidende Furcht aber macht es erklärlich, wie die Censur selbst ein Citat aus dem österreichischen Beobachter streichen zu müssen glaubte, weil es in folgenden Worten scherzhaft eingekleidet war: „Höchst w i c h t i g e N a c h r i c h t . Der österreichische Beobachter enthält folgendes außerordendiche Ereigniß: Sr. Durchlaucht der Herzog von Anhalt-Cöthen haben Höchstihrem Oberhofmeister, Freiherrn von Sternegg, die Erlaubniß zu ertheilen geruht, den ihm von Sr. Majestät dem König von Preußen allergnädigst verliehenen rothen Adler-Orden zweiter Klasse zu tragen." Aehnliche unverständige Gründe, wie sie die meuchlerische Hand der Censur gegen die obigen Zeilen bewaffneten, bestimmten sie auch ohne Zweifel, aus einem Correspondenzartikel aus Carlsruhe folgende Bemerkung zu streichen: „Das badische Staatsministerium hat eine Erklärung an den Fürsten von Löwenstein erlassen, deren kräftiger und entschiedener Ton sich durch die üblichen Zierrathen von „Euer Durchlaucht," „Höchstdieselben" und dergleichen nur noch besser hervorhebt, und durch diesen Contrast einen neuen Beleg dafür liefert, wie sehr diese den Standesherrn zuerkannten Kanzleiformen lächerlich sind." Sollte die Regierung, in deren angeblichem Interesse die Censur handelt, denn wirklich so gänzlich mit dem herrschenden Zeitgeiste unbekannt sein, um nicht zu wissen, daß all jenen Ueberresten einer sclavischen Zeit, in denen die Würde des Menschen mit Füßen getreten wurde, schon längst der Prozeß gemacht ist? Weder Scherz noch Ernst ist jetzt mehr nöthig, den schon bestehenden tief eingewurzelten Widerwillen und Haß gegen das leere, sinnlose Titelgeklingel noch zu erhöhen. Wo die Embleme des verschwundenen Despotismus, die autokratischen Wörter: Allerhöchst, Höchstihren, Hochgeboren, Allergnädigst, Geruhen u. dgl. gewohnter oder gezwungener Maßen hier und da als todte Form noch erscheinen, da fiihlt sich der gesunde, freigeborne Sinn auf der Stelle verletzt, und macht seinem Unmuth Luft in leichter Satyre oder in bittrem Ernst. Nicht erst der Stimme der Journalisten bedarf es, um dieses Gefühl zu erwecken, und lächerlich ist es daher, durch Unterdrückung derselben einen Leichnam aufs neue beleben zu wollen. Eben so absurd erscheint der Versuch, mit Hülfe der Censur den in Verachtung gesunkenen Orden ihren früheren Glanz und ihre frühere Würde wieder zu geben. Der unwissende Taglöhner nicht einmal hat Auge und Sinn mehr fur solchen Kinderflitter. Der Verständige aber sieht, einige Militairorden abgerechnet, in jeder Ordensertheilung fast immer einen Beweis sclavischer und aristokratischer Gesinnung des also Hochbegnadigten. Hat die baiersche Censur sich nach den mitgetheilten Proben schon genugsam lächerlich gemacht, so erscheint sie dagegen auf dem Gipfel der Lächerlichkeit, wenn man sieht, wie sie sich zum wahren Schulmeister erniedrigt, und nicht blos auf revolutionaire Gedanken und Bemerkungen, sondern selbst auf einzelne Beiwörter Jagd macht, welche, abgedruckt, dem von ihr beschützten Staate Verderben und
116 Untergang bringen könnten! — Jeder Zeitungsleser kennt die unangenehme, traurige Lage, in welcher sich der badische Minister des Auswärtigen, Herr v. Türckheim, bei den Fragen befand, welche hinsichdich der berüchtigten Bundestagsbeschlüsse vom 10. November, von Duttlinger, Rotteck, Itzsteim und Andern an ihn gerichtet wurden. Der Carlsruher Correspondent der deutschen Tribüne schrieb also in richtiger Würdigung jener wahrhaft traurigen Lage: „Herr Duttlinger stellte noch zwei weitere Fragen an den beklagenswerthen Minister des Auswärtigen." Aber ο crimen lae sae majestatis! Einen Minister, diese beglückteste, beneidetste aller Creaturen, beklagenswerth zu nennen! Das war zu arg. Der edle Censor, des schwer beleidigten Ministers sich annehmend, riß ihn aus seiner beklagenswerthen Lage, indem er das Wort beklagenswerth strich. Möge er fur diese edle That einst selbst Minister werden, und in eine ähnliche Lage kommen! - Aber nicht blos an Correspondenten, selbst an Deputirten, deren Ruhm in ganz Deutschland, ja in Europa wiederhallt, übt der geistreiche Censor sein Schulmeisteramt. In einem rasch vorübereilenden Zeitblatt streicht er Worte, welchen durch ihre Aufnahme im officiellen Protokolle eine jahrhunderdange Dauer und Bedeutsamkeit sicher ist. Ein ehrenwerther Redner der badischen Deputirtenkammer hatte die bekannte Löwensteinische Adresse sehr richtig und wahr mit dem Ausdrucke: »einfältig« bezeichnet. In dem erwähnten Correspondenzartikel aus Carlsruhe war also ganz natürlich besagte Adresse mit demselben Beiworte beehrt, und zwar unter Anführungszeichen, so daß die individuelle Ansicht des Correspondenten hier gar nicht im Spiele war. Nichts desto weniger strich die »einfältige« Censur dieses Wort, wahrscheinlich nach dem Sprüchworte, daß eine Krähe der andern die Augen nicht hackt. Bedeutsamer indeß als alle diese Lächerlichkeiten ist ohne Zweifel die absolutistische Richtung, von welcher das willkürliche Verfahren der Censur die unzweideutigsten Beweise giebt. Wahrhaft mütterlich nimmt sie sich der Thorheiten, der Ungerechtigkeiten und Gewaltschritte aller Regierungen an, und duldet auch nicht den leisesten Tadel der Handlungen, nicht den gegründetsten Argwohn gegen die Absichten der geliebten Kinder. Unmöglich konnte daher folgende revolutionäre Stelle aus dem schon erwähnten Carlsruher Correspondenzartikel unverstümmelt stehen bleiben: »Der von der badischen Regierung vorgelegten Militärdienerpragmatik ist von der zweiten Kammer ein Zusatzartikel beigefügt worden, nach welchem nur diejenigen Offiziere der Vortheile des neuen Gesetzes theilhaftig werden, welche den Verfassungseid geschworen haben. Es wäre ein trauriges Zeichen von geheimen Absolutismus, wenn das Ministerium auch bei diesem Punkte Schwierigkeiten machte; denn es würde dadurch mit den Fingern darauf hindeuten, wie dringend nothwendig der Verfassungseid sei, und welche schlimmen Absichten man mit dem Militär haben müsse, um in der eidlichen Verpflichtung auf das Grundgesetz ein Hinterniß derselben zu sehen.« Nur die ersten Zeilen dieses Artikels bis zu den Worten: »welche den Verfassungseid geschworen haben,« hatten sich der Nachsicht der Censur zu erfreuen; alles folgende ward, wahrscheinlich als zu Empörung und Aufruhr ermunternd, von der weisen, ruheliebenden Censur gestrichen.
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117 Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 31. Dec. (Priv. Corr.) Wir haben heute eine frohe Nachricht zu geben. Don Miguel ist krank. Man weiß, daß Tyrannen feige sind und vor dem Rauschen eines Blattes zittern. So geht es auch dem Zögling des menschenfreundlichen Fürsten Metternich und dem Milchbruder des Herzogs Carl von Braunschweig. Er hörte um Mitternacht unter seinen Fenstern Menschenstimmen und glaubte, es bedeute eine Verschwörung gegen sein Leben. Schnell sprang er deßhalb aus dem Bette, ergriff seinen Degen und öffnete die Fenster. Die vermeintlichen Verschwörer waren zwar nur einige der eigenen Diener des Despoten, welche unter den Fenstern seines Schlafzimmers zufällig miteinander sprachen, allein Schrecken und Erkältung vermehrten das Fieber Don Miguels dergestalt, daß die Menschheit fast Hoffnung schöpfen dürfte. - Der Telegraph signalisirte heute eine Corvette, ein Linienschiff und eine Brigg. Die Stadt gerieth in eine große Bewegung, weil man glaubte, es sei ein Theil der Expedition Don Pedros. Es ergab sich indessen, daß das Geschwader aus englischen Kriegsschiffen besteht, welche zur Betreibung der Entschädigungsgelder fur die vor einigen Monaten so sehr mißhandelten Engländer bestimmt sind. Spanien. Madrid, 5. Januar. (Priv. Corr.) In unserer Hauptstadt herrscht fortwährend Ruhe, jedoch nicht jene Ruhe des Gemüthes, welche aus dem Genüsse gesetzlicher Freiheit, bürgerlicher Ordnung und geistiger Bildung hervorgeht, sondern die brütende Stille einer Sklavenheerde, die durch Grausamkeit in Furcht und Seelenangst gesetzt ist. Das Bündniß unseres Hofes mit Don Miguel wird durch die Macht der Sympathie und gleicher Interessen immer enger. So zerrüttet daher auch unsere Finanzen sind, so schicken unsere Staatsmänner doch die letzten Heller mit wahrem Seelenvergnügen nach Lissabon, um den treuen Freund und Geistesverwandten nicht sinken zu lassen. Man verdankt die Mittel zur Unterstützung Don Miguels vorzüglich dem milden Sinne der Geistlichkeit: denn diese ist ja berufen zur Menschenliebe, zur Cultivirung des Seelenadels der Menschen, durch Bildung des Geistes und des Herzens, und endlich zur Entwickelung der edlen reinen Freiheit; und wie könnte sie diese Zwecke besser erreichen, als durch Unterstützung Don Miguels? — Mit Hülfe der Subsidien aus Spanien hat der Usurpator in Lissabon seine Land- und Seemacht organisirt und seine Festungen in Vertheidigungsstand gesetzt. Dessen ungeachtet stimmen alle Briefe aus Portugal überein, daß der aufgeklärte Theil der Nation (und es ist dieß doch ein sehr großer), die Ankunft Don Pedros auf's sehnlichste erwartet. Man hat durch Aberglauben und Tyrannei aus dem schönen Garten unseres Landes zwar eine Wüstenei und aus dem Ebenbilde Gottes ein kriechendes Thier gemacht, allein noch ist die Anlage der bessern Bestimmung vorhanden, noch lebt der Adel des Geschlechts in einem Theile der Nation und es wird gewiß die Zeit bald kommen, wo das Licht der Aufklärung und der Freiheit auch unsern Himmelsstrich wieder findet. — England. London, 12. Januar. Der Globe und Traveller theilt nun die Antwort unserer verehrungswürdigen
Conferenz auf die Note der Bevollmächtigen Hollands wörtlich mit. Diese wichtigen Documente gleichen fast den Protokollen der durchlauchtigsten Bundesversammlung in Frankfurt (wo diese nämlich nicht mit der Unterdrückung der Volksfreiheit, sondern mit den Angelegenheiten der allerdurchlauchtigsten Heiligkeiten sich beschäftigen), das heißt sie enthalten: — Nichts. Lang sind sie, dieser Vorzng läßt sich ihnen nicht absprechen. Ein Eingeweihter könnte die Charaktere vielleicht dahin entziffern, daß die 24 Art. als verworfen zu betrachten sind. Nach dem Inhalte der Actenstücke scheint es aber in der That, daß die Conferenz die Comödie, worin sie zur Aufrechterhaltung der 24 Artikel sich anstellt, noch länger fortspielen wolle. Die Bevollmächtigten der fiinf Großmächte haben nun den Termin zur Auswechslung der Ratifikationen bis zum 31. Januar verlängert, diese Gelegenheit aber auch zugleich zur Verfertigung eines neuen Protokolls benützt. Man kann sich keine Vorstellung machen, mit welchem Entzücken die Conferenzmänner die Gelegenheit ergreifen, ein neues Protokoll zu machen, - das Nichts sagt. Das letzte ist von dem Gesandten Leopolds unterzeichnet. Man will daraus neue Friedenshoffnungen schöpfen. Selig sind die, welche glauben! - Ueber die Reform ist hier alles still. Vielleicht wartet man auf Gründe, d. h. Steine und Prügel. Aus Lissabon schreibt man, daß bedeutende Kriegsrüstungen im Werke seien. Sogar einige Priester haben die Waffen ergriffen. 500 Mann reguläre Truppen wurden nach Madeira eingeschifft, um diese Insel im Angriffsfalle gegen Don Pedro zu schützen. Don Michel scheint besonders Verrath zu befürchten, namentlich von den ihn zunächst umgebenden Personen. (Die Umgebung besteht ohne Zweifel aus Aristokraten.) Frankreich. Paris, 14. Jan. (Priv. Corr.) Während unsere Ministeriellen Frankreich für gerettet erklären und dreimal glücklich nennen, weil die Londoner Conferenz einen neuen Termin zum Hinhalten der Sache verstattet habe, ist das Publikum weit entfernt, die europäischen Angelegenheiten flir entschieden anzusehen. Es raisonnirt einfach in der Weise: „wenn auch von Wien und Berlin in 14 Tagen die Ratifikation eintreffen sollte, so könne sie aus St. Petersburg doch unmöglich vor einem Monat anlangen. Es muß daher nach Verlauf des bewilligten Termins wieder ein neuer Termin gegeben werden etc., bis endlich die geeignete Zeit zum Abwerfen der Maske und zu einem Kreuzzuge gegen Frankreich gekommen ist." Schon der Umstand, daß man den neuen Termin in einer Dauer bestimmt hat, daß von Petersburg eine Entschließung nicht eintreffen kann, beweist, daß das Ganze ein Possenspiel sei. - Unter dem Vorwand, daß neue Truppen nach Algier gesendet werden müßten, um einige noch Widerstand leistende Araberstämme zu unterwerfen und Bona wieder zu erobern, wird die französische Armee in aller Stille sehr verstärkt. Es wird in allen Departements geworben, und weil viele Arbeiter ohne Brod sind, mit bedeutendem Erfolg. - Die gestrige Tribüne wurde wegen zwei Artikel konfiscirt, wovon der erste beweisen sollte, 1) daß der General Gleichheit (Egalite) desertirt, 2) daß der Herzog von Orleans die Waffen gegen Frankreich getragen, 3) daß er sogar vom Ausland einen Gehalt bezogen habe. Der zweite Artikel über den Ball in den Tuillerien sollte den Contrast des König-Festes mit der Noth des Volkes im lebhaften Lichte darstel-
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len. - Die Tribüne enthält heute einen interessanten Artikel über die Achselträgerei des Constitutionels der seinen Ruf als liberales Blatt zu volkswidrigen Zwecken mißbraucht. Möge dies eine Warnung fur alle Journale sein. — Verhandlung der Kammer vom 13. An der Tagesordnung war die Discussion über die Beiwagen der Civilliste. Es wurde der Königin, im Fall des Absterbens ihres Gemahls, das Elysee Bourbon als Residenz eingeräumt, und ein jährliches Witthum zugesichert, welches durch Gesetz bestimmt werden soll. Der Kronprinz empfängt 1 Million, welche bei der Verehelichung zu verdoppeln ist. Herr Belleyme und verschiedene seiner Collegen erklärten, daß sie bei Votirung der Civilliste geglaubt hätten, die Dotation des Kronprinzen sei darin begriffen. Dagegen trugen Herr Lepelletier und Alnay darauf an, daß dem Kronprinzen auch Rambouillet übertragen werde, was jedoch nicht durchging; die Appanagen der übrigen Prinzen und Prinzessinnen sollen durch besondere Gesetze regulirt werden. Der Art. 21 über den Staatsschatz und die Krongüter, die dem König außer den Geld-Revenüen von 12 Millionen als ein Tneil der Civilliste zum Gebrauch und zur Nutznießung überlassen werden, bei dessen Tode aber dem Staate zurückfallen, gab zu lebhaften Discussionen Anlaß. Noch mehr aber der Artikel, daß das neue Gesetz über die Civilliste am 1. Januar 1832 in Wirkung treten, und daß dem Könige alles, was er bisher bezogen und was er an Krongütern bis zum 1. Januar noch zu erheben habe, definitiv behalten solle. Mehrere Redner erklärten durch dieses Verfahren die Charte verletzt, deßungeachtet ging der Artikel durch. — Verhandlungen vom 14. Januar. — Eine Petition über Besteuerung der Hunde, Pferde und Staatswägen wird durch den Eintritt des Generals Lafayette unterbrochen, dem alle Deputirte der Linken entgegen gehen, um ihm zu seiner Wiederherstellung Glück zu wünschen. Herr Laherando trägt 1) auf Abschaffung des Adelstitels an, 2) auf Verminderung der Bischöfe und ihrer Gehalte und 3) auf Besteurung der Hunde und Luxus-Gegenstände. An der Tagesordnung ist die Fortsetzung der Diskussion über das Gesetz die Civilliste betreffend. Ein Redner bemerkte hierbei sehrrichtig:„während man fortwährend von Charte und constitutioneller Freiheit spreche, führe die Restauration Frankreich nach und nach zum göttlichen Recht."
Neueste Fortschritte des Preußischen Censur-Despotismus. Nachstehende Anzeige sandten wir nach Berün zur Insertion in die dortigen Zeitschriften. Supscriptions-Anzeige.
Deutsche
Volksbibliothek.
Sie erscheint in unserm Verlage mit Anfang des nächsten Jahres in wöchendichen Lieferungen (deren 6 einen starken Octavband ausmachen), zu zwei und zwei drittel Groschen Sächsisch, — zwölf Kreuzer rheinl. oder drei und einen halben Silbergroschen Preuß. Courant, — ein Preis der die allgemeinste Theilnahme zuläßt. Der erste und der zweite Band enthalten:
Geschichte des Badischen Landtags von 1831,
als Lese- und Lehrbuch fur's deutsche Volk. Von C a r l v. R o t t e c k . Mit schönen Stahlstichen, den Porträts von Rotteck, WelGedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
ker, von Fürstenberg, von Itzstein, von Wessenberg und vom gefeierten Volksfreunde Leopold, Großherzog von Baden. ζ ^ 3 Alle soliden Buchhandlungen Deutschlands (in Berlin: Mittler, Logier, Hold Trautwein, Kecht, Nicolai, Lüderitz, Cosmar und Krause, Krafft und Klage, Oehmigke,) empfangen und besorgen auf dies wichtige Unternehmen Subscription. — Wem nach Empfang der ersten Zwölf Lieferungen Tendenz und Darstellung nicht zusagen, dem steht es frei, seine Subscription wieder aufzukündigen. — ζ ^ 3 Q g ^ Sammler bekommen von jeder Buchhandlung das siebente Exemplar unentgeldlich. Hildburghausen und New-York, im Dezember 1831.
Das Bibliographische Institut. Nach drei Wochen empfingen wir diese Anzeige zurück mit folgender Bemerkung des Berliner Censors: „Ich ersuche um Vorlegung der ersten Lieferung, sobald solche erschienen sind. Früher kann über die Ankündigungsfähigkeit (!??) des Werks nicht abgeurtheilt werden. — " Berlin, 15. December 1831.
Der Censor Gr. ... Also nicht allein an den Büchern selbst — sogar an der Subscriptionsanzeige zu einem noch gar nicht vorhandenen Buche übt jetzt in der Hauptstadt Preußens ein geistiger Nachrichter sein Schergenamt! Da ist Stoff zum Lachen und Weinen zugleich. Während die Absicht jenes neuesten Akts preußischer Censur zu den ernstesten Betrachtungen fiihrt, ist die Handlung selbst doch lächerlich, verräth so unglaublich viel Schwäche, Angst und Furcht, daß sie gerade das Gegentheil von dem wirkt, was sie soll. Sie schreckt nicht; sie hindert nicht die Entstehung, die Verbreitung und Bekanntwerdung des Buchs; sie gilt vielmehr als eine Empfehlung desselben, und reizt zur Theilnahme. Solche Mißgriffe, die die aufrichtigsten Freunde der preußischen Regierung nur bedauern können, besiegeln jene bittre Wahrheit, die Carl v. Rotteck, dieser Coloß an Geist und Charakter, in der Badischen Deputirtenkammer aussprach: „Preußen hat den Auszug meiner in 9 Auflagen verbreiteten Weltgeschichte verboten! Seht da eine Macht, die, hinter funfmalhunderttausend Bajonetten verschanzt, vor einem Büchlein zurück bebt!" — Stolz kann er jetzt sagen: Seht, man entsetzt sich vor meinem bloßen Namen!— Wir ergreifen diese passende Gelegenheit, das angekündigte Werk, welches, jedem unreinen, gesetzwidrigen Zweck fremd, tüchtige deutsche Volksbildung verbreiten will, und von den edelsten Patrioten des Vaterlandes geleitet wird, dem deutschen Publikum zur kraftvollsten Unterstützung zu empfehlen. Die erste Lieferung, mit Rotteck's ganz ähnlichem, von Barth in Stahl gestochenen Bild geschmückt, wird am 15. Februar in 20000 Exemplaren versendet. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Donnerstag.
Tribüne.
Ν— 16.
Ueber Börnes Briefe und deren Aufnahme in Deutschland. In den Memoiren des Satan läßt der Teufel die Polonaise von Oginsky aufspielen, um die Charaktere der Zuhörer zu studieren; ich gäbe viel darum, könnte ich alle die Gesichter sehen, mit welcher deutsche Leser Börnes Briefe aufnahmen. Der Eine knirscht mit den Zähnen, zerknittert das Buch oder wirft es gar in irgend einen Winkel — er ist ein Aristokrat, man sieht's ihm an der Unterlippe an. Der Andere sitzt vor dem Buche mit einer Physionomie, die in dem einen Augenblick in Lachen auszubrechen droht, im andern in Aerger; bald in Beifall, bald in bittern Tadel - es ist ein Liberaler, es kann sich nicht fehlen! — nämlich ein deutscher, sogenannter Liberaler, einer von den Herren, welche für die Freiheit begeistert sind, so lange sie ein Zeitungsblatt in der Hand haben, einer von denen, die sich zur Devise den Spruch erkoren haben: „Wasche mir den Pelz, aber mache mir ihn nicht naß!" die gerne einen Tyrannen durch Mäßigung stürzen und die Freiheit auf Devotion gründen möchten. Wer aber beim Lesen immer ernster würde, oft nachdenkend das Buch zur Seite legte und nur noch mit Mühe dem Drang seiner Gefühle zu widerstehen vermöchte — der ist einer von den Wenigen, welchen die Ehre ihres Volkes wahrhaft am Herzen liegt, welche einen höhern Begriff von der Stellung haben, die Deutschland einnehmen sollte, und nicht verblendet genug sind von Affenliebe zu ihrem Volke, um nicht einzusehen, daß gar manches wahre Wort in Börnes Briefen über die Deutschen gesagt sei. Wer von Deutschlands politischem Werthe eine nicht einseitige Vorstellung haben will, der gehe einmal ein paar Monate hinaus, nach London oder Paris, und erzähle uns dann, was er gesehen. Börne hat es gethan. Ich meine damit nicht, man solle hören, was Engländer oder Franzosen von uns urtheilen; die Aufgabe wäre für einen, der noch etwas Ehre im Leibe hat, gar zu traurig; auch dürfte allerdings das Urtheil oft schief ausfallen. Im Gegentheil, man spreche kein Wort mit den Ausländern über sein Vaterland, treibe sich blos umher, um des fremden Volkes Sitten kennen zu lernen, und lese zuweilen die deutschen Zeitungen. Und wer dann nicht Briefe nach Hause schreibt wie Börne, der muß ein Berliner sein oder eine fette Pension beziehen. Und in der That, wie wäre es möglich, daß ein Deutscher längere Zeit in Paris lebte, ohne daß ihm sein Vaterland unter einem ähnlichen Lichte erschiene, wie dem geistreichen Börne? In wie ganz andern Verhältnissen bewegte sich Börne daselbst, zumal seit der neuesten Zeit! Er lebt unter einem Volke, das erst kurz eine königliche Familie verjagt und eine andere auf den Thron erhoben hat, unter einem Volke, welches mit einem Zauberschlag so manchen hochberühmten Namen in Vergessenheit begrub, und jeden Ruhm vernichtete, der nicht in seinem Dienste erworben war, unter einem Volk, das jeden Tag in seiner Hauptstadt an 100,000 bewaffnete Bürger zusam-
Homburg, den
19. Januar 1832.
menrufen kann zum Schutz der selbstgegebenen Gesetze, das sich stark fühlt durch seine Einheit gegen jeden Angriff, und frei von jeder Willkürherrschaft; unter einem Volk, wo ein unbeschränkter Gedankenverkehr jeden Einzelnen erzieht zu einem offenen Sinne, zur Theilnahme am Gemeinwohl, und zu männlicher Unabhängigkeit. Wird man dort wohl über deutsche Lächerlichkeiten und egoistische Kleinstädtereien eben so nachsichtig sprechen als in Frankfurt am Main? Manche sind der Meinung geworden, Börne wolle den Cosmopoliten spielen, keinem Volke angehören, und sei deshalb ungerecht gegen die Deutschen, gleichgültig sie verachtend. Wie verkennen sie den Mann! Wen der Herr lieb hat den züchtiget er, und wenn Börne die deutsche Ehre nicht lieb hätte, würde er dann so sehr in Feuer und Flammen gerathen, weil er sie beschimpft sieht? Er war wohl der Meinung, und hatte vielleicht recht, die Deutschen hätten lange genug die Milch- und Wasserkure gebraucht, und es sei an der Zeit, ihnen einmal eine andere, bittere Arznei zu reichen. Für den Augenblick freilich gebehrden sie sich darüber, wie das Kind, welches Pillen schlucken soll, es verzieht das Gesicht, schreit ganz kläglich, schlägt auch wohl ein wenig mit Händen und Füßen um sich; indessen es läßt sich erwarten, daß die Pillen trotz dem ihre Wirkung thun und das Kind zur Ueberzeugung bringen werden, der Arzt habe so Unrecht nicht gehabt. Man hat Börne einen gewaltigen Vorwurf gemacht aus jener Stelle, wo er sagt: „die Göttinger Bibliothek verbrennen, ein erhabener Gedanke! eine halbe Million Bücher weniger, und die Deutschen werden um so viel weiser sein!" Die Philister schrieen: „Seht ihr da den Revolutionär! Er will sengen und brennen, schlagt ihn todt!" Ich denke, es ist so gefährlich nicht; wenn wir warten wollen, bis die deutschen Doktoren der Philosophie die Bibliotheken anzünden, so können die Bücher noch lange wachsen und sich mehren. Aber Frankreich, das nicht halb so viel wissenschaftliche Bildung in seiner Mitte beherbergt, als Deutschland, weiß mit seinem Pfund zu wuchern. Wir Deutsche studieren uns halbtodt und vergraben unsere Weisheit in die Erde. Giebt es irgend ein Land, wo man eifriger die Griechen und Römer liest, als bei uns? Aber es ist gar bequem, hinter dem Ofen von Epaminondas, Pelopidas und seiner heiligen Schaar zu lesen; zitternd vor Begierde, aus den Zeitungen die Großthaten der Polen zu vernehmen, und begeistert — fiir sie Charpie zu zupfen, oder einem durchreisenden Helden, der mit Wunden bedeckt seinem Vaterlande und Allem, was ihm theuer war, Lebewohl gesagt hat, einen Gulden Reisegeld in die Hand zu drücken. Die Erbitterung über Börnes Briefe ist allgemein. Nicht blos die Regierungen verbieten sie, nicht nur die bevorrechtete Klasse tobt, sondern selbst diejenigen, welche sich die Liberalen nennen lassen. Alles schreit über diese »berüchtigten« Briefe. Die Gründe einer solchen Erscheinung, welche zum mindesten nicht unerwartet war, dürften folgende sein.
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123 Der erste Grund ist der, daß niemand sich gerne einen Bedienten nennen läßt, der aus Trägheit sich nicht aus seiner Dienstbarkeit heraussehnt. - Mich sollte es nicht wundern, wenn Börne, um sich gegen die ihm darüber gemachten Vorwürfe zu rechtfertigen, statt aller Antwort die Adresse jenes baierschen (nahe bei München gelegenen) Dorfes Gauding abdrucken ließe. Kann es etwas hündischeres geben, als das Versprechen eines Volkes, seine Vertreter todt zu schlagen, wenn es der Majestät Spaß mache? Bösartig mögen nun zwar die Bauern von Gauding nicht sein *), dazu scheinen sie zu dumm; aber um so charakteristischer ist jene Adresse. Ferne sei es von uns, den hohen Werth verkennen zu wollen, welcher in einem vorherrschenden Charakterzuge unseres Volkes liegt: — die Treue gegen die Autoritäten; vereinigt doch derselbe Liebe und Consequenz in sich. Ein Mann, der keiner wahren Liebe fähig ist, sei es Liebe für Vaterland, Religion, Wissenschaft, Ideale oder fur was immer, ist an sich betrachtet, eine Form ohne Inhalt und für die menschliche Gesellschaft ein gefährliches Mitglied. Und ein Mann ohne Consequenz verdient nicht den Namen des Mannes, denn es fehlt ihm die Würde, und er ist in Gefahr der Wetterfahne zu gleichen und ein Spielzeug aller Partheien zu werden. Wird unser Volk reif, so wird es einmal mit derselben Treue der Republik anhängen als jetzt den Königen. Aber wenn die Treue nicht von einer verständigen Ueberzeugung geleitet ist, so artet sie aus in blinde Verfolgung alles Besseren, oder faules Anhängen an den alten Schlendrian. Darum hätte jene Adresse nie angenommen werden sollen, denn sie ist nicht blos verfassungswidrig, sondern auch ihrem moralischen Gehalte nach verächtlich, und rechtfertigt - wäre ein solcher Geist allgemein - nur zu sehr den Vorwurf einer gewissen Bedienten-Natur der Deutschen. Und leider ist diese Erscheinug nicht die einzige, welche Börnes Behauptung bestätigt. Wie allgemein verbreitet ist jene jämmerliche Aengstlichkeit, welche vor jedem Schritt, vor jedem Wort erst frägt: Wie wird die Sache wohl »oben« angesehen, wie wird man sie da oder dort beurtheilen? - So die unmännliche, in vielen Gegenden Deutschlands nur zu gewöhnliche Furcht, gegen die Volksvertreter unverhohlen und überall die Achtung an den Tag zu legen, die man ihnen ins geheim zollt. Gehen wir jedoch in unsern Vorwürfen gegen unser Volk nicht zu weit, denn es wäre Unrecht, wenn wir ζ. B. dem spanischen Volk einen gewissen fanatischen und heimtückischen Charakter zur Last legen wollten; der spanische Volkscharakter war früher einer der edelsten und ritterlichsten von Europa, und einzelne Ausnahmen, welche sich freizuhalten wußten von dem allgemeinen Verderben, bieten uns noch immer erhabene Beispiele davon dar. Aber er unterlag manchen widrigen Verhältnissen, und namentlich ist es die eben deswegen ewig fluchwürdige Inquisition, die sein Ausarten so gräßlich beschleunigte durch ihre Verfolgungen und Gräuel. Nicht der materielle Druck oder die Entziehung mancher Rechte, welche gewöhnlich von schlechten Regierungen ausgehen, ist die größte Sünde der Höfe, sondern die durch ihre Tyrannei herbeigeführte mora-
*) Die guten Bauern von Gauding haben wohl an der berüchtigten Adresse den geringsten Theil. Es ist aristokratischer Unsinn. A. d. R.
lische Verschlechterung des Volkscharakters. Und so dürfen wir hoffen, daß auch in Deutschland unter einer freisinnigeren Richtung, welche nothwendig die Regierungen immer mehr befolgen müssen, jener knechtische Sinn, der zumal in Städten (Residenzen besonders) so häufig gefunden wird, auch allmählich wieder verschwinden werde. Daraufhin zu arbeiten sei vor allem der Zweck wahrer Freunde des Vaterlandes. Denn nicht die Gesetze zunächst, sondern die Sitten machen das Glück eines Volkes; aber die Gesetze verschlimmern oder verbessern auch die Sitten. Das von Börne so sehr getadelte Benehmen der Deutschen war, den Franzosen und Engländern gegenüber, etwa folgendes: Welcher Idee huldigte England seit langen Jahren? Jener des Nutzens. Günstige Handelsverträge, gute Seehäfen, und alles was den englischen Handel befördern konnte, war der Hauptzweck der englischen Politik. - Frankreich dagegen blutete in einer unübersehbaren Reihe von Schlachten für den Ruhm militärischer Ueberlegenheit, für ein Phantom der Ehre. Deutschland endlich, oder vielmehr das deutsche Volk, denn nur um Völker handelt es sich hier, blieb ruhiger Zuschauer während des langen Kriegslärmens, soweit dieses möglich ist, bei einem Lande, das seine Söhne von immer neuen Schlachten verschlungen sieht. Wissenschaftliche Forschungen, vorzugsweise dem Wahrheitssinn des Volkes und seiner Liebe zur Ruhe angemessen, stockten selbst mitten unter den Verheerungen des Krieges nicht. Aber die Sache, welche die deutschen Heere vertheidigten gegen die französischen Adler, war nicht Sache des Volkes, sondern seiner Herren, der Aristokraten. Vaterland und Nationalehre kannte das Volk kaum; ihm war es gleich, wessen Sättel es trug. Aber das alte Prinzip erlag dem neuen, die Ehre Weniger der Ehre eines Volkes, und kein Mittel mehr blieb übrig, den verhaßten Gegner zu erdrücken, als ihn mit gleichen Waffen zu bekämpfen, d. h. dem Volke das Volk entgegen zu stellen. Der Sieg des deutschen Volkes über den fränkischen Eroberer war der Untergang der deutschen Aristokratie; sie war vernichtet, wenn auch nur vorerst in der öffentlichen Meinung. Nach dem Frieden ruhte Frankreich von der langen Erschöpfung; England fröhnte dem Handel und dem Nutzen, Deutschland seinen Büchern und der Ruhe. Das deutsche Volk trat wieder ab vom Schauplatz gleich dem Löwen, der durch augenblickliches Drohen seine Feinde verscheucht hat und sich befriedigt wieder nieder legt. Die neueste Zeit offenbarte noch einmal den Sinn der Völker. Frankreichs wahre Ehre war bedroht durch die Juli-Ordonnanzen, sogleich erhob es sich fur sein Heiligthum, um durch seine edle Revolution die ewige Wurzel der Schlachten anszureißen. — In England wird eine gleichumfassende Angelegenheit verhandelt, die Reform. Sie ist jedoch nicht eine Huldigung, der Ehre dargebracht, wie in Frankreich, sondern dem Nutzen, dem Schutzpatron Englands; sie bezweckt materielle Erleichterung der gedrückten Classe. Auch Deutschland fühlte sich aufgerüttelt aus der langen Ruhe. Man erinnerte sich, daß die Rechnung von der Leipziger Siegesfeier dem Volk noch nicht bezahlt sei. Das gemeinsame Interesse des deutschen Vaterlandes wurde lebhaft besprochen durch Landstände und eine würdigere Presse; man hielt herrliche Reden, man verschrieb Stöße von Papier, um zu beweisen (was Niemand läugnen konnte), daß die
125 Deutschen zu ihren Forderungen ein Recht hätten - und damit beruhigte man sich. Denn lächerlich machen oder prellen läßt sich zur Noth schon ein Deutscher, aber wehe dem, welcher behauptet, er habe nicht recht. So war es die ganze Zeit über gewesen. Im Jahr 1813 und 1814 sagte man uns: „Ihr seid nur Ein Volk vom Belt bis zu den Alpen, ihr seid das treueste und wackerste Volk, ihr verdient ein freies Volk zu sein u. s. w." Freilich lauteten die Gesetze des Bundestags hinterher etwas anders; allein man war klug genug, jene Worte nicht wörtlich zurückzunehmen, jene Verheißungen nicht augenblicklich Lügen zu strafen; vielmehr blieben die kränkendsten jener Gesetze nur als provisorisch in Kraft; dadurch war ja anerkannt, daß wir eigentlich etwas Besseres verdienten, und wenn diese provisorischen Gesetze auch länger dauerten als in andern Ländern die ewigen, so war doch der Grundsatz gerettet, und die Deutschen drückten sich in der ärgsten Noth heimlich die Hand, sich zuflüsternd: »Bruder, wir haben doch recht!« — Bei alle dem erhielt sich in Deutschland der Dünkel eines in sich vollkommenen Nationalcharakters. Denn die fünfzehnjährige Ruhe bot keine Gelegenheit dar, wobei dem Volke seine entwürdigende Stellung hätte klar werden müssen. Man ruhte auf den Lorbeeren der Jahre 1813, 1814 und 1815, und dachte nicht daran, daß sie indessen welk geworden, weil man vergessen, sie von Zeit zu Zeit zu begießen. Börne, der so scharf die Wahrheit der Entwürdigung Deutschlands aussprach, mußte daher nothwendig den bittersten Haß gegen sich erregen; aber er hat zwei unwiderlegliche Zeugen unserer Schande: das unter fremder Polizei schmachtende Italien, und vor Allem das geknebelte und erstickte Polen! Was aber die Liberalen besonders aufbrachte, war wohl das, daß sie bald einsahen, es sei um ihren Geruch von Liberalismus unwiederbringlich geschehen, wenn diese Briefe Eingang fänden; denn der war auch ein Liberaler, predigte aber gewaltiglich und nicht wie die deutschen Schriftgelehrten. In der That, wie unmännlicher Art war anfangs der Wiederhall, welchen die französische Revolution in Deutschland fand: Ein paar Schmugglerschlachten, Adressen der Handwerker fiir Erhaltung des Zunftzwangs; blutige Köpfe, weil man ein Stadtthor eine halbe Stunde zu früh geschlossen hatte; Studenten-Tumulte, weil die Herren auf den Straßen rauchen wollten; die Berliner Unruhen, veranlaßt, wie die preußischen Zeitungen sagten, von nicht mehr als fünf Schneidergesellen, welche im Thiergarten roochen wollten, gegen die jedoch sogleich sieben Regimenter ausgerückt seien; — eine Judenverfolgung; - die Göttinger Revolution, im Stich gelassen durch pulverscheue Philister, ins Lächerliche gezogen durch kindische Studentenwitze, endete mit einem halbdutzend Adressen, von denen eine vor der andern kroch. Und endlich, als im Osten das erhabenste Schauspiel sich darbot, der Verzweiflungskampf eines ganzen Volkes für seine Nationalität, als ganz Deutschland (die Berliner freilich ausgenommen) sich begeistert zurief, ein solches Heldenvolk nicht sinken zu lassen, da schickten die deutschen Liberalen allersubmißeste Adressen ein zu Gunsten Polens, — weil dieser Kampf uns die Cholera bringen könne!!! Ist's ein Wunder, daß bei so tiefliegenden Gebrechen Börne tiefe Wunden schlagen mußte? Zwar diejenigen, welche Börne persönlich kennen, behaupten, seine Briefe und die darin enthaltene bittere Critik, seien lediglich aus
126 individuellen Verhältnissen zu erklären, aus körperlichen Leiden u. s. w. Das mag sein, kümmert uns aber nichts. Hier handelt es sich blos um die Aufnahme, welche seine Briefe in Deutschland fanden, um die Frage: warum man mit solcher Wuth über dieselben herfiel? Und die Antwort ist nach unsrer Ansicht: weil sie, vielleicht hier und da etwas übertreibend, bittere Wahrheiten enthielten. Denn den Bürgern insgesammt sagt er: Ihr seid philiströse Schlafmüzen, welche die Ehre nach der Elle abmessen, und gerne Tauben essen würden, wenn sie ihnen von Engländern und Franzosen gebraten präsentirt würden. Zu den Liberalen sagt er: Ihr seid Maulhelden, und kämpft gegen die Aristokraten unter der Losung: „Geh weg, laß mich her!" Werdet erst der Freiheit würdig, und dann kommet wieder und schreit nach Freiheit. Einstweilen gehet hin und eßet Schwarzbrod! — Tages-Chronik. England. London 13. Januar. (Priv. Corr.) Man bewundert hier allgemein die entschiedene Weise, mit welcher Rußland die Beschlüsse der Conferenz durchzufuhren sucht, und die aufrichtigen Wünsche, von denen Kaiser Nicolaus für Aufrechterhaltung des europäischen Friedens durchdrungen ist. Der Czaar sagt: „Ich werde den König von Holland veranlassen, noch ein Opfer zu bringen fiir die Ruhe Europas; allein ich werde niemals meine Einwilligung dazu geben, daß der König durch Gewalt dazu gezwungen werde; ich werde ihm vielmehr die Entscheidung allein überlassen und derselben sodann meine Zustimmung geben. Bei ihr soll es dann, ich schwöre es, sein Bewenden haben." - Man hat schon viel Spott und Schimpf auf das Haupt des Juste-Milieu gehäuft, allein in dieser Erklärung des russischen Cabinets liegt doch der Culminationspunkt der Verhöhnung Frankreichs. In den Noten der Londoner Conferenz an die Könige von Belgien und Holland herrscht die Sprache von Mächten, welche zur Aufrechterhaltung des europäischen Friedens sich berufen glauben, deßhalb die Differenzen zweier Länder, wodurch der Friede compromittirt zu werden droht, auf den Grund des Völkerrechts entschieden haben und ihrem Beschlüsse nöthigenfalls durch Waffengewalt Gehorsam verschaffen wollen. Diese Sprache wird mit Zustimmung des russischen Bevollmächtigten gefuhrt. Sobald es aber zur That kommen soll, erklärt der russische Vollmachtgeber: „er genehmige die Entscheidung und wolle sie auch vollstrecken — wenn sie der einen Parthei, dem Könige von Holland recht sein würde." — Und unter diesen Verhältnissen erwartet man von der Londoner Conferenz die definitive Lösung des belgischen Knotens, die Aufrechterhaltung des europäischen Friedens? Selig sind, wir wiederholen es, alle, die da glauben. - Der französische Bevollmächtigte bei der Conferenz erklärte kürzlich: „seine Regierung wolle sogar ihre Popularität auf das Spiel setzen, um den Frieden zu erhalten" — Die französische Regierung und Popularität! wie kommen diese Categorien zusammen? Doch wir wissen ja, daß Talleyrand seiner satyrischen Laune auch bei den ernsthaftesten Geschäften nicht widerstehen kann. Frankreich. Paris, 15. Januar. (Priv. Corr.) Das französische Gouvernement verfolgt den Weg zur Restauration mit Kraft, Eifer und Beharrlichkeit. Kaum hatten nämlich die nordischen Höfe, als treue Bundesgenossen
127 Don Miguels, die Befehle zur Verhinderung der Expedition Don Pedros in der Form von Vorstellungen nach Paris und London gesendet, so beeilte sich der Juste-Milieu, solche zu vollstrecken. Graf Grey hat Anfangs zwar auch zum Adjutanten des Absolutismus sich erniedriget, allein die Beschlagnahme der Schiffe Don Pedros wurde in England bald wieder aufgehoben. Unser Restaurations-Gouvernement beharrt dagegen unerschütterlich bei der Vollstreckung der Ordren aus Norden, und bietet Alles auf, die Theilnahme an der Expedition Don Pedros zu verhindern. Ja die Jünger der Restauration wollen aus Liebe und Respekt vor der heiligen Allianz nunmehr sogar die Fremden abhalten, der Sache der Menschheit gegen einen Tyrannen zu dienen. Wirklich soll nun auch nicht blos den Franzosen, sondern auch den in Frankreich befindlichen Polen, Spaniern und Italienern die Theilnahme an Don Pedros Expedition verboten werden. — Die Partei der gefallenen Engel ist nunmehr entschieden durch den Constitutionel vermehrt worden. Dieses sonst so beliebte und in gewisser Beziehung um Frankreich verdiente Journal ist vom Ministerium ohne Zweifel definitiv erkauft. Schon seit einiger Zeit spielte der Constitutionel einen Juste-Milieu zwischen dem JusteMilieu und der Opposition, indem er behauptete, weder Carlist, noch Ministerieller, noch Republikaner zu sein. Er sagt zwar, er sei »Constitutionen«; allein das heißt: »mehr Juste-Milieu als die Nouvelle France und die Debats.« Mit Rührung sprach er vorgestern von dem Feste in den Tuillerien, mit Schmähungen überhäufte er gestern die Republikaner, und mit Feuer vertheidigt er heute die Nothwendigkeit einer Civilliste wie zu Zeiten der Restauration. Die GrandesConsommateurs sind natürlich vergessen. — In Paris nehmen die Verhaftungen in einer Art zu, wovon man unter der alten Restauration keinen Begriff hatte. Auch der Drucker der Tribune wurde kürzlich gefänglich eingezogen. Man fertigt keine Ladungen mehr aus zum Erscheinen, sondern läßt die betreffenden Personen auf den Grund von mandats d'amener sogleich aus ihren Wohnungen zu Gericht abführen. *) Dieß ist die Freiheit, die wir mit dem Blute unserer edelsten Jünglinge und unserer besten Bürger erkämpft haben! - Perier will die Preßfreiheit auf indirektem Wege unterdrücken, nämlich durch Terrorismus gegen alle Journale, zu denen sein Geld keinen Zugang findet. Er spielt ein großes Spiel, wir wollen nur wünschen, daß er consequent einen Schritt um den andern weiter geht. Deutschland. Die preußische Staatszeitung ist höchsten Orts angewiesen worden, ihrer Schwester, der Münchner politischen Zeitung, in deren hoffnungslosen Kampfe für den Absolutismus und die Congregation zu Hülfe zu kommen. Wir haben unsern Lesern von einem Aufsatze der baierischen Hofzeitung über den Pinakothek-Bau gestern einen kleinen Auszug mitgetheilt. Es geht daraus entschiedener Absolutismus, fanatischer Haß gegen die unabhängigen Volksorgane und unbegränzte Verschwendungssucht her*) Herr Perier scheint dies von der Münchner Polizei gelernt zu haben, welche diese Procednr in der letzten Zeit gegen den Redactenr der deutschen Tribüne versucht hat.
Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
128 vor. Die heute in Homburg angekommene preußische Staatszeitung vom 13. Januar meldet nun, daß die Münchner Zeitung einen interessanten Artikel über den Pinakothek-Bau enthalte. Sie bedauert zugleich, die Mittheilung davon nicht sogleich am 13. Januar haben machen zu können. Man sieht also, daß zwischen dem Berliner und Münchner Hofe das innigste Bündniß bestehe der Bund gleicher Gesinnungen und gleicher Interessen. Dieß sind die Erstlinge der guten Früchte des Zollvereines. In Folge dieses politischen Meisterstückes werden nun auch die preußischen Musterreiter häufiger in Baiern einsprechen und die Kämpfer fur den Absolutismus an allen öffentlichen Orten durch ihre bekannte Zungenfertigkeit kräftig unterstützen. Das Lob der unumschränkten Gewalt wird dann überall laut weiden, und man wird mit Recht sagen können: „die herrschende Stimme im Lande sei gegen die Constitudon" - denn die preußische Stimme ist es ja, welche fortan uns beherrschen wird. Heil dem Zollvereine der institutionellen Länder mit den Großmeistern des Absolutismus! München, 12. Januar. Nachdem seit dem Schlüsse des veigangenen Jahres das Ministerium der Finanzen erlediget war, und sich Niemand finden wollte, der in diesen schwierigen Zeitläufen das Portefeuille desselben hätte übernehmen wollen, erfahren wir endlich heute mit Gewißheit, daß der bisherige Regierungspräsident zu Ansbach Herr v. Mieg bereits hier eingetroffen ist, um die sehr fühlbare Lücke auszufüllen. Herr v. Mieg hat jedoch erklart, daß er das Portefeuille des Finanzministeriums nur nothgedrungen annehmen weide, wenn sich durchaus Niemand weiter dazu bereit zeige, und daß er es vorzöge, mit dem gegenwärtigen Minister des Innern den Platz zu wechseln, da er sich dem ihm zugedachten Posten nicht ganz gewachsen fühle. Fürst Oeningen von Wallerstein soll geneigt sein, auf diese Combination einzugehen, da sein Referat über das Finanzgesetz, in der Reichskammer, sehr beifallig am Hofe aufgenommen worden ist. — Der bisherige Finanzminister v. Armansperg ist bereits von hier auf seine Guter abgereist, und wird erst zu Anfänge künftigen Sommers nach seinen Gesandtschaftsposten zu London abgehen. Alle Maßregeln der Regierung geben das Zeugniß, daß in den obern Regionen unsers Staatslebens die bedauernswertheste Confiission herrscht, und es ist nicht zu viel gesagt, wenn wir behaupten, daß eigentlich Niemand weiß, wie viele oberste Behörden es in unserm unglücklichen Vaterlande giebt, und wer eigentlich zu befehlen hat oder nicht. Täglich kommt es, und zwar in den kleinlichsten Angelegenheiten wie in den größten vor, daß das Cabinet contremandirt, was das Ministerium anordnet, und ebenso wenig wissen die untern Behörden, wem sie eigentlich Folge leisten sollen; kurz, um es mit einem wenn auch nicht edlen, doch sehr bezeichnenden Ausdrucke des Volks zu sagen, es ist dahin gekommen, daß Niemand weiß, wer Koch oder Kellner ist. Wohin uns diese Zerrüttung der Regierung fuhren wird, wird die Zukunft enthüllen; sie wird auch offenbaren, wer im veigangenen Jahre die wahren Freunde des Thrones waren. Man hat hier übrigens allgemein die Ueberzeugung, daß die neuen Ministerien, denn von Einem Ministerium ist nicht die Rede, sich nicht lange halten können. — Noch eins! - Unser Libri Bagnano, der erst neuerlich wieder durch einen wahrhaft verworfenen Artikel gegen den biedern Abgeordneten Schwindel Alles, was rechtlich denkt, hier gegen sich empört hat, dieser Herr Saphir erhält nicht allein achthundert Gulden aus der Kabinetskasse, sondern ist auch als - Geheimsekretair im Kabinetssekretariat angestellt worden. — Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Freitag.
Ν— D i e
G l o c k e oder:
Was Ungarn Noth thut. In dem ersten Theile dieses Aufsatzes haben wir gezeigt, was das Haus Oesterreich aus Ungarn zieht und wie es für diese Wohlthaten dem Lande dankt: wir haben auseinander gesetzt, wie die Nation durch eine ihr fremde Regierung bis zur Ohnmacht entkräftet, in allen ihren geistigen und materiellen Interessen bis zum Tode verletzt und aus der Liste civilisirter Nationen gestrichen wird. In dem zweiten Theile dieses Aufsatzes, welchen wir heute liefern, sollen nunmehr die Mittel zur Regeneration Ungarns kurz berührt werden. Es ist hiebei nicht von der Ansicht eines Individuums die Rede, sondern von der öffentlichen Meinung des gebildetem Theiles der Nation, wie sich diese auf dem nächsten Reichstage durch das Organ der Deputirten der Comitate aussprechen wird. Ein Land, welches 12 Millionen Einwohner zählt, über ein Gebiet von 4000 Quadratmeilen sich ausdehnt und unerschöpfliche Hülfsquellen für den Nationalreichthum besitzt, ein solches Land ist der Selbstständigkeit würdig, und kann solche auch behaupten: allein die erste Bedingung ist, daß das Staatsoberhaupt nicht vom Körper getrennt werde, daß dasselbe also nicht im Auslände, sondern im Lande selbst wohne. Darum müssen die ungarischen Reichsstände vor allem auf dem Postulate bestehen: Der König ist das Oberhaupt des ungarischen Reiches, so lange er im Lande wohnt: er soll dagegen, Kraft der Verfassung, als verzichtend auf die Krone angesehen werden, sobald er ohne Erlaubniß des Reichstages außerhalb des Landes sich aufhält. Aber auch die Prärogative und das ganze Verhältniß des Königs zum Lande müssen einer durchgreifenden Reform unterworfen werden. Die Königliche Würde soll nur ein Mittel zu dem Zwecke der Gesellschaft, nicht aber die Gesellschaft das Mittel zum Zwecke des Königs sein. Auch auf der Basis der Geschichte erscheint das Institut der Könige nur als das Mittel zur Aufrechterhaltung und Beförderung der Wohlfahrt der Gesellschaft. Es folgt also von selbst, daß das Mittel nur in der Weise und nur so lange beibehalten werden könne, als es dem Zwecke noch entspricht. Bisher war aber dieses Verhältniß der Natur umgekehrt: das Wohl des Königs war der Zweck, und die ganze große Gesellschaft das Mittel zu seiner Beförderung: darin liegt der Grund alles Uebels. Da indeß die Menschen nicht befugt sind, die ewigen unveränderlichen Gesetze der Natur willkürlich umzustoßen und dadurch alle Verhältnisse umzukehren, da ferner der König auch jetzt schon schwört, daß er die Gesetze des Landes selbst beobachten und von Andern beobachten lassen wolle, so müssen die ungarischen Reichs-
Tribüne. 17.
Homburg, den 20. Januar 1832.
stände unerschütterlich auf dem zweiten bestehen:
Postulate
Daß der König Kraft der Verfassung, wie der übrige Adel, den Gesetzen des Landes unterworfen und fur ihre Befolgung und Aufrechterhaltung in seiner Person verantwortlich sei. Die dritte Forderung ist: Die Königliche Würde ist zwar erblich nach der Erstgeburt, allein die weibliche Linie bleibt von der Succession ewig ausgeschlossen, weil das Weib durch Heirath seinen Namen verliert. Da nach den ungarischen Grundgesetzen von der Berathung über Krieg und Frieden die Krieger und Anführer der Nation nicht ausgeschlossen werden durften, da ferner der König über das Leben der Menschen noch weniger ein Recht hat, als das Individuum selbst, so besteht das vierte Postulat darin: Der König darf Kraft der Verfassung ohne Einwilligung der Reichsstände keinen Krieg fuhren und keinen Frieden schließen. Das Unglück aller Nationen besteht darin, daß die Könige ihre Heere einander gegenseitig zur Verfügung stellen, um die Freiheit der Völker zu unterdrücken. Es ist indessen eine Entwürdigung der Nation und ein indirecter Angriff gegen ihre eigene Freiheit, wenn sie ihre Kinder zur Unterjochung eines fremden Volkes verwenden läßt. Darum müssen die ungarischen Reichsstände auf dem fünften Postulate bestehen: Daß ungarische Soldaten niemals zur Intervention für einen auswärtigen König oder sonst zur Unterdrückung eines andern Volkes verwendet werden dürfen. Minister und höhere Beamte, die der König wählt, verlieren ihre Unabhängigkeit. Das gefährlichste Vorrecht der Krone ist demnach die Befugniß, diese Staatsbeamten willkührlich zu ernennen und zu wechseln: denn immer finden sich Leute, welche zu volksfeindlichen Plänen sich gebrauchen lassen. Die ungarischen Stände müssen deßhalb sechstens fordern: daß dem Könige die Minister durch den Landtag zugetheilt, daß alle Landes-Barone, alle Obergespanne, alle Präsidenten der politischen und juridischen Dicasterien, nicht minder alle Bischöfe und Erzbischöfe, endlich bei dem Militair alle Öjficiere vom Obristen aufwärts durch den Landtag gewählt werden. In einem Uebergewichte der Krone über die NationalRepräsentation liegt eine Umkehrung der Gesetze und Verhältnisse der Natur; in ihr die Quelle alles Unheils und Un-
131 glucks der Völker. Das siebente Postulat der nngarischen Reichsstände muß daher darin bestehen: Die Beschlüsse der Kammer werden zwar dem Könige zur Genehmigung vorgelegt: der König hat aber nur das Recht, unter Anfiihrung seiner Gründe sie einmal zu verwerfen. Nach der Vorlage der Kammerbeschlüsse muß der König binnen 8 Tagen seine Entschließung den Ständen mittheilen. Was nun die Kammer darauf beschließt, ist ein Gesetz, welchem der König auch ohne seine Einwilligung zum Gehorsam verpflichtet ist. Dasselbe soll Rechtens sein, wenn der König auf die Beschlüsse der Kammer binnen 8 Tagen keine Entschließung ertheilt. Es ist gegen die Ordnung der Natur, wenn Millionen Menschen in Noth schmachten sollen, damit ein Einziger in einem Ueberflusse schwelgen könne, der ihm bei vernünftigem Gebrauche nicht einmal etwas nützt. Unverantwortlich ist es vollends, wenn einem Lande alle seine Hülfsquellen abgegraben und die Mittel, welche zur Belebung des Ackerbaues, des Handels und der Industrie dienen sollten, dazu verwendet werden, um die Einkünfte eines Königs zu vermehren. Ein solcher Zustand der Dinge hat außer dem materiellen Drucke des Volkes noch das Uebel zur Folge, daß der König in den Stand gesetzt ist, auf die Unterdrückung der Nation große Summen zu verwenden. Von allen diesen Leiden ist Ungarn heimgesucht. Der König zieht aus Ungarn jährlich mehr als 30 Millionen Gulden Conventionsmünze. Daher besitzt er auch ein ungeheures Privatvermögen. So oft ihm ein Kind geboren wurde, legte er fur dasselbe 10 Millionen C. M. in der Bank von England an. Auf diese Weise wurde seine zahlreiche Familie durch den Schweiß des Volkes reich: das gedrückte Volk aber immer ärmer. Außerdem zahlt noch Metternich von den Revenüen jährlich ΙΟΙ 2 Millionen an Spione, wie er dem Könige im vorigen Jahre nachgewiesen hat, als manche Präsidenten das Geld für Metternich nicht mehr auftreiben konnten. Alles dieß muß anders werden. Damit nun die Nation nicht vollends ausgesogen, und damit die Mittel, welche zur Beförderung des Ackerbaues, der Industrie und des Handels bestimmt sein müssen, nicht zur Unterdrückung des Volkes verwendet werden können, müssen die ungarischen Reichsstände auf dem achten Postulate bestehen: Daß alle Revenüen der Krone auf eine nie zu überschreitende runde Summe von 1 Ά Millionen Gulden Conventionsmünze herabgesetzt, und Alles, was der Hof jetzt bezieht, der Nation wieder zugewiesen und zur Disposition des Landtags gestellt werde. Wenn die Nationalgüter, welche bei dem Absterben der Besitzer dem Heimfall unterworfen sind und constitutionsmäßig zur Belohnung der Verdienste um das Vaterland wieder verliehen werden sollen, von dem Könige nach Belieben verschenkt werden können, so kommen solche in der Regel nur an Günstlinge des Königs, an Schmeichler und Kriecher, öfters auch an Verräther der Volkssache - also
132 nicht an würdige, sondern an verächtliche Personen. Dabei entsteht für das Land noch die Gefahr, daß der König die Stimme der Stände-Mitglieder kaufen und also sogar den Landtag zur Unterdrückung der Nation benutzen kann. Um allen diesen, das Land zerrüttenden, Uebeln abzuhelfen, müssen die ungarischen Reichsstände das neunte Postulat dahin stellen; Daß eine Belohnung fur Verdienste um den Staat aus öffentlichen Mitteln nur mit Zustimmung der Kammer ertheilt, nicht minder über heimgefallene Nationalgüter oder irgend ein anderes NationalEigenthum nur mit Einwilligung des Landtags (der Kammer) verfügt werden könne. Der Schlußstein der Garantien für bürgerliche und politische Freiheit liegt in einer zweckmäßigen Organisation der Gerichte. Darum stellt sich das zehnte Postulat dahin: Daß die Gerichtspflege in Ungarn fortan permanent sei, und daß alle Richter vom Volke erwählt und wie die übrigen Magistratspersonen alle drei Jahre restaurirt werden. Es ist eine Entwürdigung des Volkes, wenn seine Sprache nicht jene des Gerichts und aller übrigen Behörden ist. Damit also Ungarn nicht länger beschimpft werde, so müssen seine Reichsstände eilftens verlangen: Daß die ungarische Sprache, sowohl bei der Armee als auch bei Gericht und allen übrigen Behörden eingeführt werde, und daß Niemand ein öffentliches Amt bekleiden könne, welcher der ungarischen Sprache nicht mächtig ist. Die Geistlichkeit ist von dem Stifter der Religion auf den Satz angewiesen worden: »Regnum meum est non de hoc mundo.« - Wäre die Geistlichkeit ihrem Gesetze treu geblieben, so würde die Religion nie ausgeartet sein. Denn alle Sünden der Priesterschaft haben nur in dem Eigennutze und in der Herrschsucht ihren Grund. Hierin allein liegt die Ursache, daß die Geistlichen anstatt das Licht des reinen Evangeliums und der Aufklärung zu verbreiten, vielmehr Aberglauben und Vorurtheile zu befestigen und die Welt überhaupt in der Finsterniß zu halten bemüht sind. Dieß wird anders werden, wenn man die Geistlichkeit auf den Satz zurückführt: »Regnum meum non est de hoc mundo.« Darum muß endlich das zwölfte Postulat der ungarischen Reichsstände darin bestehen: Daß alle weltlichen Güter, welche die Geistlichkeit an sich gerissen hat, so wie auch die Sessionen der Pfarrer fur Nationalgüter erklärt, und daß den Geistlichen zu ihrer Lebens-Nothdurft ein fixer Geldbetrag verabreicht werde, daß die Vermächtnisse der Gläubigen fur kirchliche Zwecke der Genehmigung und Verfügung des Landtags unterliegen, daß keine Abgabe für den Pabst im Lande erhoben werden dürfe, und zwar weder direct, noch indirect, und daß endlich kein
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133 Geistlicher, bei Verlust seines Amtes, irgend etwas an den Pabst abgeben dürfe. Werden die Ungarn Männer sein und auf ihrem nächsten Reichstage diese von der öffentlichen Meinung der Nation dictirten Postulate mit unerschütterlicher Ausdauer auf jede Gefahr hin festhalten, so wird Ungarn aus seinem Zustande der Verarmung, Sclaverei und politischen Nullität sehr bald befreit werden.
Unverstand der baierischen Censur. (Stehender Artikel.) Die Liberalität der baierischen Regierung bedeckt mit ihren schützenden Flügeln alle verlornen Söhne, welche zum väterlichen Heerde des Absolutismus reuig zurückkehren. Kein rauhes Lüftchen der Opposition darf sie berühren. Dieser ausgezeichneten Gunst hatte sich auch Herr Ernst Münch in Stuttgart zu erfreuen: denn die Münchner Censur strich folgenden Artikel: „Stuttgart, 4. Dec. Die würtembergische Regierung hat, um der Opposition die Spitze zu bieten, ein ministerielles Blatt gegründet, an dessen Spitze der bekannte Ernst Münch steht, dessen wüthende Artikel gegen Belgien in der allgemeinen Zeitung ihn als liberalen Ueberläufer hinreichend charakterisiren. Er ist aus den Diensten des Königs von Holland in die des Königs von Würtemberg übergetreten und unter dem ostensiblen Titel eines geheimen Hofraths und Bibliothekars mit 3000 fl. Gehalt der Hauptredakteur der würtembergischen Hofzeitung geworden. Wer diese Hofzeitung liest, kann sich des Gedankens kaum erwehren, daß sich die Regierung Mühe gegeben habe, den unfähigsten Vertheidiger ihrer Interessen aufzufinden und auszuwählen." Ernst Münch, gegen die Angriffe der Opposition von der Censur in Schutz genommen! Wunderbares Zeichen der Zeit. — Aber auch die Regierung des liberalen Königs Wilhelm von England ist unter den mächtigen Schutz der Münchner Censur gestellt worden. Dieß bewährte sich bei einem dem Frankfurter Journal entlehnten Artikel, in welchem von der noch immer fortdauernden strengen Haft und Untersuchung gegen den Dr. König im Hannoverschen die Rede war und der großen Anzahl mit zahlreichen Unterschriften versehenen an den König von England eingereichten Bittschriften zu seinen Gunsten erwähnt wurde. Die deutsche Tribüne Schloß diesen Artikel mit folgenden Worten: „Wie läßt sich dieses Verfahren des constitutionellen Königs Wilhelm gegen Hannover mit seinem höchst freisinnigen Verfahren gegen England reimen? Man sollte glauben, Hannoveraner seien Hottentotten! Diese Unmündigkeit gegen das Ausland ist ein Schimpf mehr zu unserm großen Schimpf." Die Münchner Censur strich den Artikel. Nun ist das Verfahren des constitutionellen Königs natürlich gerechtfertigt!
Volksstimme — Gottesstimme. Kusel, am 18. Januar 1832. Herr Redacteur! Empfangen Sie hiermit 46 fl. mit der Bitte, sie an durchreisende Polen gefälligst vertheilen zu wollen. Wir bedauern alle, durch die Lage unseres Städtchens gehindert zu sein, diese Helden sehen und ihnen unsere persönliche Bewunderung und den Antheil an ihrer auf einige Zeit unterdrückten heiligen Sache bezeigen zu können, hoffen aber beim baldigen großen Kreuzzuge, in welchem die Völker Europas ihre Freiheit, und der Pole sein Vaterland wieder erkämpft, nähere Bekanntschaft mit ihnen zu machen. Zugleich erklären wir als Abonnenten der deutschen Tribüne, des Westboten und der Speyerer Zeitung, daß falls diese freisinnigen Blätter durch Estafette versendet werden müssen, wir uns die Ehre nicht rauben lassen, die Kosten derselben so wie den allenfallsigen Postaufschlag selbst zu übernehmen. Jedoch sind wir nicht gesonnen, dem Fiscus, im Falle er zur Vergütung angehalten wird, einen Heller zu schenken. Die Casinogesellschaft. Was deine Rechte gibt, soll die Linke nicht wissen, sagt man, aber es gibt auch Fälle, in welchen man sein Licht vor den Menschen leuchten lassen soll, und ich glaube, daß es jetzt mehr als je Pflicht ist, sich frei und unumwunden auszusprechen; daher bitte ich Sie Vorstehendes in Ihr Blatt, wenn noch ein Plätzchen übrig ist, aufzunehmen.
Tages
Chronik.
Spanien. In Madrid befinden sich russische und englische Agenten, welche einander den Einfluß auf das spanische Cabinet abzugewinnen suchen. Rußland will den Fanatismus der apostolischen Parthei benützen, um bei einem allgemeinen Kreuzzuge gegen die Freiheit auch Spanien zu bewaffnen und gegen Frankreich zu hetzen. Diesem Plane sucht der brittische Hof entgegenzuwirken und da vernünftige Vorstellungen bei einer Congregations-Regierung bekanntlich nichts nützen, so nimmt derselbe zu den verschiedenartigsten Drohungen, namentlich der Unterstützung Don Pedros und der Constitutionellen seine Zuflucht. Colomardo hat sich deßungeachtet entschieden für Rußland erklärt: seine Collegen schwanken dagegen noch, weil sie vorzüglich in Rücksicht auf die Finanzen vermeiden möchten, sich gegen das englische Cabinet in offene Opposition zu setzen. Das Resultat vom Ganzen ist, daß man den englischen Agenten zwar viel Schönes sagt, im Wesen aber den Einflüsterungen der Russen sich hingibt und deren Rath befolgt. Man ist im Begriffe neue Verstärkungen zur See nach Corogne und Ferrol zu senden, um der Flotte Don Pedros Widerstand leisten zu können. — Ueber das Urtheil von Terrij'os herrschte im Staatsrathe große Spaltung. Die Meinung des Herrn Colomardo und seines Anhangs drang aber durch; Torrij'os wurde verurtheilt und hingerichtet. England. London, 14. Januar. Man sagt, unter den neuen Pairs, welche zur Durchsetzung der Reformbill
135 würden ernannt werden, sollen auch die Söhne des Königs sich befinden. Die Ernennungs-Ordonnanz, die man schon so lange erwartet, will übrigens immer noch nicht zum Vorschein kommen. Verschiedene Radikale sind deßhalb der Meinung, der König sei, trotz seiner liberalen Phrasen, doch eben so gut ein Aristokrat, als überhaupt jeder König: er sei nur liberal, weil er müsse, und weine heimlich blutige Thränen, daß er, um den bekannten Gründen John Bulls nachzugeben, an den Lebensbaum der englischen Aristokratie, durch Parlaments-Reform und Pairs-Ernennungen, die Axt anlegen müsse*). Frankreich Paris 16. Januar. Vor 8 Tagen standen wir ä la guerre, heute stehen wir ä la paix. Allein dieser Friede, welcher unsere Staatsmänner so glücklich macht, gleicht der Ruhe des Vesuvs vor einer Explosion. — Die Deputirtenkammer wird sich nächstens mit einem Gesetzentwurfe über die individuelle Freiheit beschäftigen. Es thut dieß in der That Noth: denn die jüngsten Ereignisse beweisen, daß diese Freiheit selbst unter der alten Restauration nicht so keck verletzt und nicht so offen mißhandelt worden ist, als unter der Banquiers-Regierung. Wer die letzten Vorfälle in Paris gesehen hat, der mußte glauben, er habe von einer Revolution nur geträumt. Denn sobald die politischen Gesinnungen eines Bürgers verdächtig sind, wird ein mandat d'amener erlassen, die Heiligkeit der Privatwohnung verletzt und inquisitorisches Durchwühlen der Papiere vorgenommen. Damit der Streich auch immer gelinge, wählt man die Zeit der Nacht, wo die Wohnnng eines jeden Bürgers heilig sein sollte, wie ein Tempel. Früh um 4 Uhr erscheinen die Polizeischergen vor den Wohnungen der Patrioten, schlagen die Thüren ein und führen Bürger weg, die einer gesetzlichen Ladung niemals ungehorsam waren. Auf solche Weise werden die Gesetze der Civilisation verhöhnt und Frankreich vor ganz Europa beschämt. Wir hoffen nur, daß dieses System beharrlich durchgeführt werde. — So eben verbreitet sich das Gerücht, daß sich die Nordarmee concentrire. - Die Expedition Don Pedros scheint durch diplomatische Conjuncturen Aufschub zu erleiden. Spanien hat nämlich die Höfe von Wien, Berlin und Petersburg aufgefordert, bei den Cabineten der Tuillerien und von Set. James ihren ganzen Einfluß aufzubieten, um Frankreich und England von der Unterstüzung Don Pedros abzuhalten. Beide letztere Höfe haben Nichtintervention und Neutralität unter der Bedingung zugesichert, daß auch Spanien keine Parthei ergreife. Im entgegengesetzten Falle solle Spanien von beiden Mächten feindselig behandelt werden. Was hiervon zu glauben sei, wissen wir nicht: denn die Diplomaten haben es glücklich dahin gebracht, daß man ihnen auch bei den bündigsten und bestimmtesten Erklärungen kein Wort mehr glaubt. — Belgien. Brüssel, 14. Januar. Die Regierung Ludwig Philipps sucht unsern neuen König ganz an sich zu *) Diese Meinung scheint durch das Benehmen des Königs gegen seine deutschen „Unterthanen' die glücklichen Hannoveraner, namentlich durch die Behandlung des biedern und muthigen Dr. Koenig aus Osterode, sowie endlich durch das neue vortreffliche Verfassungswerk für Hannover eine mächtige Unterstützung zu erhalten. A. d. R.
Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
136 ziehen und zum Werkzeuge ihrer Plane zu machen. Da eine Autorität, die von der Sympathie des Volkes verlassen ist, keine wahre Macht besitzt und vor jedem Gespenst erschrecken muß, so ist die Regierung Ludwig Philipps natürlich auch von der freiwilligen Legion in Angst versetzt worden, die sich unter der Leitung des Prinzen Achilles Murat in Ath bildete. Denn das Corps des Prinzen könnte ja, wenn es 500-600 Mann stark wäre, eine Expedition nach Frankreich machen, den Thron Ludwig Philipps umstürzen und Europa erschüttern. Die französische Regierung verlangte deßhalb die Absetzung des Prinzen Murat — und die belgischen Minister waren so schwach, der Ordre zu pariren. Diese unwürdige Servilität ist nicht geeignet, der öffentlichen Meinung Vertrauen und Hochachtung gegen die Regierung Leopolds einzuflößen. Baiern. Die Regierung hat von ihrer großen Anhänglichkeit an das constitutionelle Prinzip, die sie in der letzten Thronrede in so schönen Worten versichert hat, einen neuen Beweis durch entsprechende Handlungen geliefert. Ein Landgerichts-Assessor, Namens Hacker, erfüllt von jenem Bedientengeist, der jedes bessere Gemüth empört, hielt bei einer öffentlichen Handlung eine Rede zu Gunsten des Absolutismus, worin gegen die Opposition der Deputirtenkammer grobe Beleidigungen ausgestoßen wurden. Der Scandal war so groß, daß die Sache in der Kammer zur Sprache kam und der Ministerverweser veranlaßt wurde, dem Kabinetsredner einen Verweis zu ertheilen. Nun war der constitutionellen Form Genüge geleistet; allein ein treuer Royalist geopfert. Dieß konnte nicht gehen, man mußte vielmehr dem Märtyrer des Royalismus Balsam auf die Wunde legen, und darum ihn befördern. Unsere Leser werden es unter solchen Verhältnissen nur natürlich finden, daß Herr Hacker sofort zum ersten Landgerichts-Assessor, und jetzt, wie wenigstens Münchner Blätter melden, zum Landrichter avancirt worden ist. Dieß ist der Commentar zur Erklärung der Regierurg, daß sie die unumschränkte Herrschaft nicht liebe. Wenn es doch eine halbe Million Landrichterstellen in Baiern gäbe: denn da die juristische Qualifikation nach dem Prinzipe der Regierung nicht immer eine Bedingung der Besetzung jener Stellen sein muß, so würden nun bald Bittschriften über Bittschriften einlaufen um einen Verweis für antikonstitutionelle Gesinnungen. Polen. Die Petersburger Zeitung publicirt wichtige Documente über die redliche Erfüllung der russischen Amnestie. Sie theilt nämlich einige Sentenzen des Kriegsgerichts mit, wodurch mehrere Polen, namentlich die Gutsbesitzer Zakrzewski, Lieski und Ziromski, dann die Schlachitzen Jankowski und Boguslawski zur Degradation, Verweisung nach Sibirien und Einziehung ihres Vermögens verurtheilt wurden, weil sie ihr Vaterland an Rußland nicht verrathen, nämlich die zum Aufstande getroffenen Anstalten den Russen nicht angezeigt haben. Man sieht, die Regierung des hochherzigen und milden Nicolaus, wie die Preußen ihn nennen, will den Beweis liefern, daß sie ihrerseits den Polen nicht die geringste Veranlassung zur Revolution gegeben habe. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Samstag.
Tribüne. des
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Demüthigung Deutschlands. Seitdem wahnsinnige Schmeichelei, auf die Theorie des göttlichen Rechts, eine Scheidewand zwischen Fürsten und Völkern gebaut hat, sind alle Verhältnisse der Natur umgekehrt und der Bildungsprozeß der menschlichen Gesellschaft in einen zerstörenden Kampf ewig feindlicher Elemente verwandelt worden. - Die Kraft ward zur Ohnmacht, der Segen zum Unheil, die Wahrheit zur Heuchelei, der geistige Adel zur niedrigen Gemeinheit. Die Deutschen finden in diesem Gemähide ohne Zweifel Dichtung und Leidenschaft; allein eben dadurch liefern sie den bündigsten Beweis von seiner treuen Objectivität. Gewiß die Schilderung von dem Königthume des göttlichen Rechts ist unwahr und excentrisch, denn welche Kraft würde Nordamerika besitzen, wenn es wie Deutschland 38 Könige, 39 Civillisten, 38 Mautlinien, 38 stehende Heere und Militärbudgets, 365 Minister, 591 Gesetzgebungen und andere die Kraft des Landes weckende Institutionen besäße? Wie würde sein Ackerbau aufblühen, wie der Segen der Natur sich mehren, wenn es wie Deutschland einige tausend kleine Könige hätte, die von dem Fleiße des Landmannes den fünften oder zehnten Theil verzehren? - Nun so wird es doch wenigstens die Wahrheit sein, die unter der Herrschaft des göttlichen Rechts gewinnt? Ohne Zweifel: denn ist es nicht ein Geständniß der reinsten innersten Ueberzeugung, daß alles Glück der Völker von den Königen komme, daß diese die Wünsche des Volkes belauschen und mit eigener Aufopferung erfüllen, und daß sie dem Ziele geistiger und materieller Vervollkommnung des gesellschaftlichen Zustandes mit dem Volke Hand in Hand entgegen gehen? Wer noch daran zweifelt, der blicke auf den Zustand Deutschlands. Will das Volk nicht die Herrschaft der Finsterniß durch entschiedene Beschränkung der Gewissens- und der Redefreiheit, will es nicht die Hemmung des Verkehrs durch Mauthlinien, will es nicht die Erdrückung der Agricultur durch Lebensverband, nicht Unsicherheit des Rechtszustandes durch Verwirrung in der Gesetzgebung, nicht Lähmung seiner Kraft durch Auseinanderreißen der Nation, und will es überhaupt nicht bürgerliche und politische Nullität? Und sind seine Fürsten nicht bereit, durch eigene Macht, wo aber dieß nicht geht, durch das Ansehen des Bundes diese Wünsche des Volkes mit eiserner Festigkeit in Erfüllung zu bringen? - Aber gewiß, der geistige Adel des Menschen ist es, welcher
Vaterlandes.
Homburg, den 21. Januar 1832.
unter der Herrschaft des göttlichen Rechts fleckenlos bleibt. Ja fürwahr! das Ebenbild Gottes strahlt wieder im Glänze erhabener Würde, wenn es ausruft: ,Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König und Herr; ich bitte Ew. göttliche Majestät um einen allergnädigsten Fußtritt, damit mein schlechter Leib mit dem Körper Eurer geheiligten Majestät in Berührung komme; - oder »Ihre königlichen Majestäten geruhten mit der Sonne ihres Antlitzes die versammelte Menge zu beleuchten: alles war bezaubert von Ihrer Huld und Ihrem herablassenden Lächeln; wen dieses Schauspiel nicht bis zu Thränen gerührt hat, der muß kein Herz, sondern ein Stück Fleisch im Busen tragen.« — Doch lassen wir den Spott, und gestehen wir dafür, daß die Theorie des göttlichen Rechts, wie sie von verworfenen Schmeichlern erfunden wurde, den Seelenadel des Menschen beflecke, die Wahrheit beleidige, den Segen der Natur in Unheil verwandle und die Kraft der Völker ersticke. Gestehen wir dieß, so finden wir den Schlüssel zu dem Streben der neuern Zeit nach der Umschaffung des politischen Zustandes der Völker, so wie den Grund, warum in diesem Kampfe nicht Nationen den Nationen, sondern Völker den Fürsten und Aristokraten gegenüberstehen. Der Kampf hat sich an allen Enden Europas gezeigt: auch Deutschland hat eine große Rolle dabei gespielt. Wollen wir im Interesse des Landes unpartheiisch prüfen, ob eine ehrenvolle? Es scheint nicht. — Ais das französische Volk, durch König, Adel und Geistlichkeit völlig entnervt, den Druck im vorigen Jahrhundert endlich unerträglich gefnnden und die Freiheit glücklich sich errungen hatte, zogen die Deutschen wider diese Freiheit zu Felde. Mit blutigen Köpfen zurückgeschickt, büßten sie die Sünde gegen das Volksthum durch den Verlust ihrer National-Unabhängigkeit. Durch einen vorübergehenden Aufschwung erlangten sie solche zwar wieder, jedoch nur dazu, um nun die Freiheit der Völker mit desto größerem Nachdruck von Neuem zu bekämpfen. Seit dem Sturze Napoleons wurden auch wirklich alle Kräfte der Deutschen mit ausdauernder Beharrlichkeit nur diesem einen Zwecke gewidmet. Die Geschichte der letzten zwölf Jahre beweist es. Als die Griechen mit ihrem Despoten zum Kampf auf Tod und Leben in die Schranken getreten waren, bot die erste Macht Deutschlands, Oestreich, alles auf, um Rußland von einer Unterstützung der Sache der Freiheit abzuhalten. War aber auch hier der Widerstand vergeblich, so gelang es doch, die Volkssache durch deutsche Truppen in Neapel zu unter-
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139 drücken. Inzwischen waren Freiheit und Licht in Spanien zur Herrschaft gekommen. Kaum hatten die Deutschen dies bemerkt, so ließen sie, nämlich Oestreich und Preußen, durch das Organ der heiligen Allianz zur Unterdrückung des Lichtes Befehl ertheilen. Eine französische Armee wurde mit der Vollstreckung des Befehles beauftragt, und Spanien unter die Herrschaft der Inquisition zurück geführt. Die Freiheit der Völker sollte endlich auf Anstiften der heiligen Allianz, also auch Oestreichs und Preußens, vollends in Frankreich den Todesstreich erlangen; allein der wohlberechnete Plan mißlang, Frankreich vertrieb die Despotie noch einmal und hatte nun die Macht, unter Benützung der gemachten Erfahrungen die Volksfreiheit dauerhaft zu gründen. Da drohten die Deutschen, wenn dies geschehe, mit Feindseligkeiten, und Frankreich ließ sich dadurch verleiten, alle Früchte seiner Revolution aus den Händen zu geben und unter die Herrschaft des göttlichen Rechts, wenn auch nicht dem Namen, doch dem Wesen nach, von Neuem zurück zu kehren. Deutsche waren es ferner, die gegen die heilige Sache der Freiheit in Amerika fochten, die Deutschen waren es, welche Polen zertrümmerten und es dann der Tyrannei der Russen überlieferten. Die Deutschen sind es, welche Ungarn in der Knechtschaft halten, die Deutschen sind es endlich, welche die Polen bei ihrem letzten Kampfe zu Grunde richteten: denn ohne den Widerstand der Deutschen würde Frankreich Polen zu Hülfe gekommen sein; ja das ritterliche Volk würde sogar die russischen Massen allein niedergeworfen haben, wenn nur die Deutschen, nämlich Preußen, Rußland nicht unterstützt hätten. - Es ist in der That so, Deutschland ist der Stützpunkt der Tyrannei und der Urfeind der Freiheit aller Völker. Aber ihr wendet mir ein, nicht den Völkern, sondern den Fürsten falle die Schuld zur Last? — Ich bitte, entwürdiget euch nicht noch mehr. Dreißig Millionen Menschen sind gegen ihren Willen die Feinde der Freiheit, weil 38 Individuen es wollen! - Seht ihr, daß durch die Theorie des göttlichen Rechts die Kraft in Ohnmacht, der Segen in Unheil, die Wahrheit in Heuchelei, der Geistesadel in Gemeinheit verwandelt wird? Ihr 30 Millionen wäret begeistert für die Sache der Griechen, der Neapolitaner, Spanier, Franzosen und Polen; ihr 30 Millionen besaßet die Macht, der Sache der Freiheit überall den Sieg zu erringen und euren eigenen Zustand vom Grunde aus zu verbessern. Allein ihr hattet nicht den Muth, eure Ueberzeugung ohne Rückhalt auszusprechen und geltend zu machen; Angst und Furcht brachte euch vielmehr dahin, durch Unterdrückung anderer Völker euer eigenes Joch zu befestigen. Glaubt Ihr! ich hasse die Deutschen, weil ich dieses schreibe? Ο ich umfasse mein Vaterland mit glühender Liebe - aber eben darum deute ich auf die Wunde, an der es zu sterben droht. — Oder glaubt Ihr, ich wolle Euch zur Revolution aufrufen? Eine Revolution macht nur eine Nation, und die seid Ihr nicht; gewaltthätiges Umstürzen der Tyrannei vermag nur die Resignation auf eigenes Glück, und Ihr lebt nur für Euer Ich, — für sonst nichts. Nicht zu Gewaltthätigkeiten, sondern nur zur Selbsterkenntniß will ich Euch aufzumuntern suchen, da mit Ihr in Euch die Feinde der Freiheit erblickt, dann aber die entwürdigende Kriecherei ablegt und wie es einer civilisirten Nation geziemt, Eure Würde auch gegen die Könige
behauptet, Eure Interessen kennen und befördern lernt und den Widerstand der Fürsten durch Ausbildung der Macht der öffentlichen Meinung in gesetzlicher Weise zu überwinden trachtet.
Ta g e s - C h r o n i k . Nordamerika. New-York. Daß es in der Vervollkommnung des gesellschaftlichen Zustandes keine Grenzen gebe, beweisen unsere Freistaaten auf das Deutlichste. Das öffentliche Leben hat bei uns schon lange eine Höhe erreicht, wovon man in Europa keinen Begriff hat; und gleichwohl entwickelt sich dasselbe täglich noch schöner und üppiger. Während man auf der andern Hemisphäre noch darüber streitet, ob die Sonne wärme, ist sie - die Preßfreiheit—in Nordamerika der allmächtige Hebel der Nationalwohlfahrt und die Nahrung für unsere politische Existenz. Wer bei uns auch nur von der Entbehrlichkeit der freien Presse sprechen wollte, den würde man für krank halten und einem Menschen vergleichen, der ohne Nahrung leben zu können behauptet. Bei einer neuen Ansiedlung ist das Aufrichten einer Bude für das Journal das erste - und die Fürsorge für den Brod- und Fleischmarkt erst das zweite Geschäft. Wie sehr auch die auswärtigen Journale zum Bedürfnisse der Nation geworden seien, beweist insbesondere eine neue Unternehmung, wodurch die Beförderung der Blätter beschleunigt wird. Eine Gesellschaft schickt nämlich den zahlreichen Paquetboten aus Europa Schnellsegler blos zu dem Zwecke regelmäßig entgegen, um ihnen die ZeitungsPaquete abzunehmen und sie schneller nach Amerika zu bringen. Die Ausrüstung dieser Schnellsegler kostet der Gesellschaft zwar 25,000 Dollars (75,000 fl.) demungeachtet sind diese beträchtlichen Kosten durch die Abonnenten der Blätter längst schon gedeckt. Europa sollte zu uns in die Schule gehen, um bei seinem Kinde die Freiheit kennen und schätzen zu lernen. Spanien. Unser Hof hat nun gegen das Londoner Kabinet alle Rücksichten vollends abgelegt, dem russischen Einflüsse sich unbedingt hingegeben und die Gegenvorstellungen der französischen und englischen Diplomaten entschieden zurückgewiesen. Man ist entschlossen, den Usurpator in Lissabon aus allen Kräften zu unterstützen. Graf Espagne wird demnächst nach Gallizien abgehen, um das Commando über die Truppen zu übernehmen, die von dort aus bei der Ankunft Don Pedros in Portugal einrücken sollen. Außerdem ist auch zur Befestigung der Gränzstädte gegen Frankreich Befehl ertheilt worden. Zum Theil sieht man diese Entwickelung der Dinge gerne, weil die wenigen Mittel der Regierung von mehreren Seiten zugleich in Anspruch genommen werden, und auf diese Weise den Constitutionellen nach Umständen Gelegenheit gegeben werden kann, einen letzten entscheidenden Streich gegen die apostolische Partei auszuführen. England. London, 14. Januar. Endlich erfährt man, warum zur Auswechslung der Ratifikationen über das Ultimatum der hiesigen Conferenz eine Termins-Verlängerung beliebt wurde. Der Grund soll nach der Versicherung der Diplomaten darin bestehen, dem Könige von
141 Holland dadurch noch eine letzte Bedenkzeit zu geben. Nach dem Ablaufe derselben würde dann der Beschluß der Conferenz unnachsichtlich in Vollzug gesetzt werden. Dagegen sagen naseweise Zweifler: „also war das Einholen der Ratifikationen doch wieder eine Comödie, und so gut dieß der Fall sein konnte, ist es auch in Ansehung der Bedenkzeit möglich." - Vielleicht liegt die Wahrheit darin: „die nordischen Höfe sind über die Maßregeln zur Unterdrückung des wiederaufgetauchten Freiheitssinnes noch nicht einig; darum halten sie die belgische Sache bis zum Frühjahre hin. Versprechen dann die Umstände einem allgemeinen Kreuzzuge gegen die Freiheit einen günstigen Erfolg, so wird die belgische Frage zum Vorwande genommen; im umgekehrten Falle aber aus der Noth eine Tugend gemacht und dem Könige von Holland zur provisorischen Annahme des ConferenzVorschlages der Rath ertheilt. Daß der König von Holland diesen Rath befolgen werde, ist dann eben so gewiß, als er jetzt nur auf die Anweisung von Rußland und Preußen den Spröden spielt." Frankreich. Paris, 17. Januar. Die Herren Beaumont und Tacqueville, welche nach Amerika geschickt worden waren, um ein civilisirtes Strafsystem zu studiren, sind mit großer Ausbeute zurückgekehrt; allein da Frankreich inzwischen restaurirt wurde, so kann von dem Resultate ihrer Reise kein Gebrauch gemacht werden; es sei denn, daß die beabsichtigte Verschmelzung der nordamericanischen Institutionen mit den preußischen besser gelingen würde, als das Experiment, den Thron mit republikanischen Einrichtungen zu umgeben. Die Tribüne hat es unter dieser Art von Republik glücklich zum 32sten Prozesse gebracht. Unsere Deputirtenkammer rechtfertigte sich heute gegen den Vorwurf der Verschwendung, der ihr wegen der Dotation der Civilliste gemacht worden ist. Unter den Ausgabs-Positionen des Budgets befinden sich nämlich 8000 Franken für fremde Journale. Ein Mitglied der Kammer trug auf die Vermehrung dieser Position an, damit die Regierung mit den Fortschritten der politischen Bildung in andern Ländern, namentlich in Nordamerika bekannt werden könne. Allein das Wort „Nordamerika" hat in den Gehör-Organen des Centrums einen so widrigen Klang, daß das Postulat der Regierung noch vermindert worden ist. Italien, Rom. Die Herren Mennais, Acordaire und Montalembert befinden sich hier, um zur Beruhigung ihres Gewissens für die Fortsetzung des frommen Journals l'Avenir die Genehmigung des heiligen Vaters einzuholen. Herr Perier hat dieselben zwar mit den besten Empfehlungsschreiben versehen, weil seinem Scharfsinne nicht entgehen konnte, daß Verbreitung der Frömmigkeit das beste Mittel zur Restauration sei, allein deßungeachtet macht der Pabst Schwierigkeiten, weil das Avenir bei dem heiligen Stuhle angeklagt worden ist, den quasiliberalen Maximen das Wort geredet zu haben. Man weiß daher noch nicht, ob diese im Interesse des französischen Ruhmes unternommene Sendung ein glückliches Resultat erreichen werde. Deutschland. Man hat bisher oft geklagt, daß die constitutionellen Regierungen Deutschlands ihre Kraft nicht vereinigen. Dieser Klage ist nun abgeholfen:—die Würtembergische Censur folgt der baierischen, wie der Schatten
142 dem Thiere, worüber in Abdera der bekannte Prozeß entstanden ist. — München, 14. Januar. Wenn ich Ihnen neulich schrieb, das Ministerium sei gewechselt worden, so muß ich, um nicht mißverstanden zu werden, nachträglich einen kleinen Commentar zu meinen Worten liefern. Sie wissen nämlich, daß unsere Minister im Grunde genommen unbedeutende Personen sind, die nicht mehr zu sagen haben, als ihnen höhern Orts erlaubt wird; das aber dürfte nicht ebenso bekannt sein, daß wir während der Dauer dieses Landtags in der Person des Fürsten von Wrede einen uns bisher unbekannten Staatsbeamten erhalten haben, einen Ministerpräsidenten, und noch dazu, ohne daß derselbe durch ein Decret dazu ernannt worden wäre. Solche Sachen können freilich nur in Baiern geschehen, indessen macht man doch so wenig Hehl daraus, daß ein hiesiges Lokalblatt, der Landbote, dessen Redacteur, des Vertrauens der Regierung ebenso würdig ist als die Herren Saphir und Consorten, daher auch mit ihren Geheimnissen eben so vertraut ist, den Ministerwechsel folgendermaßen ankündigte: „Dem Vernehmen nach erhält das Ministerium nachstehende Organisation: Fürst v. Wrede bleibt als erster Minister, Fürst Oettingen v. Wallerstein u. s. w." Fürst v. Wrede also ist eigentlich der Mann, welcher Hand in Hand mit Herrn v. Grandauer gerecht und beharrlich das Staatsruder führt, wie weiland Herzog Wellington; alle die übrigen Minister sind nichts als Staatssekretäre unter dem Commando des Herrn Feldmarschalls. Wenn ich Ihnen also schrieb, daß ein Ministerwechsel eingetreten sei, so durften Sie nicht etwa daraus schließen, daß die Regierung sich zu einem neuen System entschlossen habe, sondern höchstens, daß die abgetretenen Minister zu einer Maßregel, welche die Regierung beabsichtete, sich nicht wollten gebrauchen lassen, oder daß sie ihrer gänzlichen Nullität neben dem Herrn Feldmarschall müde waren. — Das Organ des neuen Premierministers ist die Münchner politische Zeitung, oder vielmehr besser gesagt, der Redacteur der Münchner Zeitung ist Fürst v. Wrede. Ich kann Sie nämlich auf das Bestimmteste versichern, das kein Artikel in das genannte Blatt aufgenommen wird, ohne vorher durch die Hände des Premier-Redacteurs gegangen zu sein. Alle jene schönen Artikelchen, worin von »OppositionsArtikelchen«, dem »stürm vollen Landtage« und dergleichen Artigkeiten mehr die Rede ist, sind der reinste Ausdruck seiner Gesinnung. — Einer neusten Regierungsmaßregel zufolge ist die Postanstalt aus dem Departement der Finanzen sehr passend in das des Aeußern verlegt worden; Minister des Aeußern — Herr v. Giese, ein offener Mann, der Geheimnißkrämerei, abhold! Wissen Sie, was das zu bedeuten hat? Wenn Sie es nicht wissen, will ich später darauf zurückkommen. — Die Cholera hat seit dem 2. Januar in Wels und der Umgegend par ordre de Metternich aufgehört; ob die Natur sich in diesen Befehl gefügt hat, ist zu wünschen, aber nicht sehr wahrscheinlich. Die Meinung steht hier so ziemlich fest, daß wir diese gefürchtete Krankheit im Frühjahr hier haben werden, denn bekanntlich bleibt sie im Winter stehen, reist aber im Frühjahr dann desto schneller weiter, wie 1831 von Moskau nach Warschau. Nichts destoweniger wurde vor
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143 Weihnachten unser Cordon an der Gränze aufgelöst, und die Truppen in die Residenz gezogen, um nöthigenfalls von Neuem die Gerechtigkeit zu handhaben, wie schon einmal glorreichen Andenkens. Fiat justitia et pereat mundus. In diesen Tagen ist vor dem hiesigen Stadtgerichte bei Gelegenheit eines Prozesses eine höchst interessante publizistische Controverse erhoben worden, welche ich mich nicht enthalten kann, Ihnen mitzutheilen. Wenn Sie nämlich den letzten Landtagsabschied durchlesen, werden Sie finden, daß mehreren von den Ständen gestellten Anträgen die „königliche Genehmigung mit gesetzlicher Kraft" ertheilt ist, d. h. es sind mehrere Anträge durch die Sanction des Königs zu Gesetzen gemacht worden, so unter andern einer, die Akteninrotulation betreffend. Es wurde die Frage aufgeworfen, ist der König durch die Verfassung ermächtigt, Anträgen der Stände gesetzliche Kraft zu geben, und wo nicht, sind die Gerichte gebunden, sich an solche ungesetzlich erlassene Verfügungen zu halten? Der Fragesteller glaubte die Frage verneinen zu müssen, indem die Initiative zu Gesetzen lediglich der Regierung zustehe, dies aber nicht der Fall sein würde, wenn Anträge, die von den Ständen ausgegangen sind, zu Gesetzen erhoben werden könnten, indem dann de facto die Stände ebenfalls die Initiative hätten. Die Gegner wendeten ein, daß die Verfassung im IX. Ed. Tit. II. § 53. den Ständen erlaube, Anträge in folgender Form an den König zu bringen: „Die u. s. w. übergeben Sr. Majestät dem Könige den beigefügten Vorschlag, welchen sie für den Staat vortheilhaft und nützlich halten, mit der ehrfurchtvollsten Bitte, demselben die königliche Genehmigung zu ertheilen." — Die königliche Genehmigung sei aber nichts anders als die Sanktion; einen Antrag sanktioniren aber hieße, ihm gesetzliche Kraft geben, und sonach könne der Verfassung nach weder den Ständen diese Initiative de facto, noch dem Könige das Recht abgesprochen werden, Anträgen gesetzliche Kraft zu geben. Das Gericht entschied, daß von dem Könige sanktionirte Anträge allerdings gesetzliche Kraft hätten. — In der That hat sich auch die Regierung in der Verfassungsurkunde Tit. X. §. 7. nur die Initiative zu „Vorschlägen" über Abänderung der Verfassung vorbehalten, alle andern „Vorschläge" (Ed. IX, Tit. II, §. 53.) über Gegenstände der Gesetzgebung (Tit. VII, §. 2.) können eben sowohl Verfassungsmäßig von den Ständen an die Regierung, als umgekehrt von der Regierung an die Stände gebracht werden, und sonach haben die Stände allerdings die Initiative mit Ausnahme der Anträge auf Abänderung der Verfassung. — Man hat zwar gesagt, die Stände hätten das Recht Vorschläge zu machen, die sodann sanctionirt werden könnten, allein unter diesen Vorschlägen seien keine articulirten Gesetzesentwürfe zu verstehen; allein dieses ist eine durchaus willkürliche Annahme, die sich durch die Verfassung selbst nicht erweisen läßt, im Gegentheil braucht dieselbe (Tit. X. §. 7.) den Ausdruck Vorschlag sowohl für Gesetzesentwürfe der Regierung, als für Anträge der Stände (Ed. IX. Tit. II. §. 53), und da nun zwei Sachen, die einer dritten gleich sind, auch unter sich gleich sind, so sind offenbar unter den Anträgen der Stände auch Gesetzesentwürfe, gleichviel ob Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
articulirt oder nicht articulirt, zu verstehen, denn Alles, was sanctionirt werden kann, ist ein Gesetzesentwurf. Aber noch mehr; die Verfassung selbst braucht Tit. VI. §. 18. das Wort Antrag für Gesetzesentwürfe, die von der Regierung ausgehen, indem sie sagt: Die Anträge über die Staatsauflagen (Finanzgesetz u, d.) geschehen zuerst in der Kammer der Abgeordneten u. s. w. — Vorschlag, Antrag, Gesetzesentwurf ist also der Verfassung nach durchaus gleichbedeutend, wenn man nicht annehmen will, daß in der Verfassung die Worte einen andern Sinn haben, sobald von der Regierung die Rede ist, als wenn sie sich auf die Stände beziehen, gleich als ob die Regierung sich eines andern Dialekts als die Stände bedienten. Indessen scheint es die Regierung auch selbst eingesehen zu haben, daß es für sie mehr vortheilhaft als nachtheilig ist, den Ständen die Initiative einzuräumen, und um so mehr muß es Wunder nehmen, daß nicht auch, wie viele andere Anträge, jene über die Landeskultur sanktionirt worden sind. Es giebt zwar viele Leute, die mit der Antwort der Regierung, daß sie nämlich diese Anträge in Erwägung ziehen werde, sehr zu frieden sind; diese bedenken aber nicht, daß dies nichts als eine Höflichkeitsformel für die verneinende Antwort ist, so wie die im englischen Parlament gebräuchliche: le roi s' avisera, womit der König eine ihm nicht genehme Bill abweist. — Das Dekret, welches Herrn von Mieg zum Verweser des Ministeriums der Finanzen ernennt, ist nun ausgefertigt. — Meine letzten Angaben über Hrn. Saphir muß ich dahin berichtigen, daß er zwar allerdings im Ministerinm des Innern aber als Redacteur des Regierungsblattes mit einem ansehnlichen Gehalt angestellt ist, das Gerücht setzt hinzu: mit den Titel eines Hofraths.
An die Polenfreunde. Nach eingegangenen officiellen Nachrichten gehen mehrere Colonnen polnischer Krieger, auf ihrem Durchmarsche nach Frankreich, in den nächsten Tagen durch Homburg. Die Bürgerschaft daselbst wird zwar ihr Möglichstes thun, die edlen Polen zu unterstützen, allein ihre Mittel werden ihren Wünschen nicht das Gleichgewicht halten können. Indem wir noch bemerken, daß die Colonnen ihre Marschroute nicht verlassen dürfen, daher die zu ihrer Unterstützung bestimmten Mittel in Homburg in Empfang nehmen müssen, bitten wir alle Freunde der Völkersache, die Märtyrer der Freiheit auch bei dieser Gelegenheit nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Die erste Colonne wird am 21. d. M. in Homburg eintreffen. Homburg, am 20. Januar 1832. Die Redaktion der deutschen Tribüne. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
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Wiedergeburt
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Das System der sogenannten Mäßigung. Das deutsche Volk bildet gegenwärtig gleichsam zwei feindliche Heere, die sich kampflustig einander gegenüber stehen. In dem einen findet man die Freunde des Lichts, der Freiheit, des Volks und der Fortschritte; in dem andern die Freunde der Finsterniß, der Despotie, der Aristokratie und der Rückschritte. Die Zahl der eigentlichen Kämpfer aber, die Gut und Blut an ihre Idee zu setzen bereit sind, ist keineswegs so groß, als ein nur flüchtiger Blick sie erscheinen läßt. Zwischen den beiden Lagern wogt und bewegt sich eine bei weitem größere Masse, fragend und schauend, hoffend und fürchtend, schwatzend, aber nicht handelnd, mögend, aber nicht wagend, begierig nach Sieg und Entscheidung, aber zitternd vor Kampf und Gefahr. Sowohl in dem einen wie in dem andern Heere lebt die feste Ueberzeugung, daß der Sieg einzig und allein von der endlichen lebendigen und thätigen Theilnahme dieser Masse abhänge. Wer daher irgend Geist und die Gabe der Rede besitzt, der tritt von der einen wie von der andern Seite hervor, und sucht die Menge für seine Sache zu gewinnen. Kann aber die Lüge gegen die Wahrheit, die dunkle Wolke gegen das allmächtige Licht der Sonne Stich halten? Freudig horcht das Volk den holden Tönen der Freiheit und des Rechts. Das Gezisch der Lüge, die Sophismen der Unvernunft gehen spurlos an seinem Ohre und seinem gesunden Sinne vorüber. Der Träge erwacht aus seinem Schlummer, der Zweifelnde erhält Gewißheit, der Furchtsame fühlt Muth durch all' seine Adern rinnen. Jeder Augenblick führt dem Heere des Lichts und der Wahrheit neue Freunde und neue Kämpfer zu. In dem einsamen Heere der Gewalt und Despotie dagegen herrscht Angst, Verwirrung und Verzweiflung. Im Gefühl ihrer Ohnmacht, aus dem offenen Kampfe des Geistes und Genies als Sieger hervorzugehen, greift die Partei zum heuchlerischen Dolche der Censur, um die feindlichen Redner nach Banditenart zum Verstummen zu bringen. Aber um so heftiger entbrennt der Unwille des Volkes gegen sie über solch hinterlistiges feiges Beginnen. D a erkennen die Klügeren allmählig das Verkehrte und Schädliche ihres Thuns, und suchen durch List und Heuchelei zu erreichen, was ihnen auf dem Wege der Gewalt und der Wahrheit unmöglich ist. Die Unsicherheit der Menge, ihre Scheu vor allen entschiedenen Schritten gar klüglich benutzend, gehen sie im weißen Friedensgewande, um freundlicher
Tribüne. des
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Vaterlandes.
Homburg, den 22. Januar 1832.
lächelnder Miene zwischen den Reihen aufgeregten Volkes umher, und predigen Liebe und Vertrauen. Sie geben der Sache der Freiheit und des Lichts vollkommen Recht, aber sie klagen zugleich, daß man die Gegner verkenne. Es seien alle gute, liebe Leute, die im Grunde mit den Freunden des Lichts nach einem und demselben Ziele strebten. Nur wollten sie es im auständigen, gesetzten Schritte erreichen, und sich nicht außer Athem laufen und der Gefahr der Schwindsucht aussetzen. Noch sei es Nacht; thäte nun mit einem Male die Sonne scheinen, so würden alle geblendet werden, und fortan in ewiger Finsterniß leben. Daher sei es gut, wenn man das Äuge zuvor in der lieben poetischen Dämmerung an das kommende Licht gewöhne. Die Sprecher des Volkes seien Schreier und Zungendrescher, von unruhigem Ehrgeize, von Gewinnsucht getrieben. Nur sie verhinderten eine Verständigung, ein freundliches Entgegenkommen beider Parteien. Man meine es im aristokratischen Lager gar herzlich mit dem Volke, man werde ihm gutwillig und aus freien Stücken alles gew[ä]hren, was es nur irgend wünsche, nachdem man seine Wünsche jetzt erkannt habe. Aber abtrotzen, mit Gewalt abdringen lasse man sich nichts; eher werde man es auf den blutigsten Kampf ankommen lassen, wobei das Volk selbst nach dem Siege nur verlieren könne, indem es alsdann in die Hände jener gewaltthätigen Schreier und Zugendrescher falle! Trefft also die Wahl — sagen sie zuletzt - ob ihr auf friedlichem Wege euer Ziel sicher erreichen, oder ob ihr es auf gewaltthätigem, blutigen höchst wahrscheinlich, wenn nicht gewiß verfehlen wollt! Im ersteren Falle entfernt die Schreier und falschen Freunde aus euren Reihen, legt die Waffen nieder und geht auseinander, so wird man aus freien Stücken euch alles, alles gewähren! Wohlan, mein deutsches Vaterland, folge diesen Sirenentönen, tilge aus deinem Herzen all den Grimm und die Erbitterung, die eine fünfzehnjährige Erniedrigung und Entwürdigung mit Recht in deinem Herzen erweckt und genährt hat. Laß die freisinnigen Männer, die für deine Sache offen und muthig gesprochen haben und sprechen, angeblich als deine Feinde und Verführer verfolgen, einkerkern, verbannen! Heuchle Vertrauen und Liebe zu Regierungen, deren frühere Handlungen dir weder das eine noch die andre abgewinnen konnten! Flehe demüthig bittend auf deinen Knieen um Erfüllung deiner Wünsche, um Ertheilung einer Verfassung, um Recht und Erleichterung deiner Lasten! Oder vielmehr bitte
147 und flehe gar nicht, so wirst du noch um so mehr alles Gute und alles Schöne von deinen väterlich gesinnten Regierungen erhalten! Blick umher im deutschen Vaterlande, um die traurigen Früchte der Exaltation und Ueberspannung, um die süßen und erquickenden der Mäßigung und Besonnenheit gewahr zu werden! Unter allen deutschen Männern haben sich die Preußen am ruhigsten, am gemäßigsten, am besonnensten benommen, keine Stimme der Unzufriedenheit ist laut geworden, keine unehrerbietige Adresse hat die Regierung verstimmt und ihren guten Willen gelähmt! Dafür hat nun auch Preußen die freisinnigste Verfassung und vollkommenste Preßfreiheit! Dagegen Hessen, Sachsen und Braunschweig! Die väterlichen, wohlwollenden Gesinnungen ihrer Regierungen so zu verkennen, Gewalt anzuwenden, wo eine unterthänige Bitte beim Bundestage allen Uebeln schnell und sicher abgeholfen haben würde. Dafür jammert das Volk jetzt unter schwererem Drucke, wie früher; statt des früheren schützenden Gesetzes gilt jetzt nur das Machtgebot einer unumschränkten Regierung, und von Verfassung wird nun in aller Zukunft nicht mehr die Rede sein. Wie schön ließ sich ferner der badische Landtag an. Aber war denn Mäßigung in den demagogischen Reden eines Itzstein und seiner Freunde? Natürlich ward die Regierung verstimmt, und jene exaltirten, aufbrausenden, Alles übertreibenden Männer sind Schuld daran, daß der badische Landtag die gewünschten Früchte nicht getragen hat. Fast ist es unmöglich, an die Aufrichtigkeit jener sogenannten Mäßigungsprediger zu glauben, wenn man nicht gänzlichen Mangel an Einsicht und völlige Unbekanntschaft mit den neuesten Zeitereignissen bei ihnen voraussetzen will. Entweder sind sie Gegner der Sache des Volks, des Lichts und der Freiheit: gut, dann seien sie aufrichtig! Dann sollten sie nicht immer sprechen: „was ihr wünscht und verlangt, ihr werdet es nur durch Mäßigung erlangen"; sondern gleich den anerkannten Verfechtern des Absolutismus und der Aristokratie sollten sie offen erklären: ihr habt kein Recht auf Licht und Freiheit, sie sind euch selbst schädlich, ihr dürft sie daher nicht bekommen. Oder sie meinen es redlich mit Volk und Aufklärung, redlich mit den nothwendigen Fortschritten der immer weiter strebenden Menschheit. Dann aber sollen sie durch eitle Sophistik, durch Verdächtigkeit und Verläumdung die Kraft derer nicht schwächen, welche für Volk und Vaterland ihr Alles freudig in die Schanze schlagen; sie sollen durch würdige, kernige Worte die Energie der Nation erhöhen, anstatt sie zu lähmen durch ein klug und geistreich erscheinendes, aber nichtiges und wässriges Geschwätz; sie sollen endlich zur Erreichung ihres Zwecks Mittel wählen, welche zum Ziele zu führen im Stande sind und ein Raubthier nicht etwa mit guten Worten zu zähmen oder mit hölzernen Säbeln zu erlegen wähnen. - Doch selbst zum edlen Zwecke, sagen die vermeintlichen Bedächtigen und Besonnenen, soll man nur gute, erlaubte Mittel anwenden. Wie aber, ist denn eure so höchlich gepriesene Mäßigung ein gutes, erlaubtes Mittel? Was verlangt diese Mäßigung? Sie verlangt, daß der freie Mann im Staube kriechen und schmeicheln, daß er flehen und betteln soll, wo er zu fordern ein Recht hat, daß er Vertrauen und Liebe heuchle, wo sein Herz des gerechtesten Argwohnes
148 voll ist! Oder hätte das Volk in der That kein ihm von Gott gegebenes unveräußerliches Recht auf Freiheit, Mündigkeit und Selbstständigkeit? Das Sklavenverhältniß des Einzelnen zum Einzelnen ist längst als eine Usurpation der Gewalt, als eine Entwürdigung der Menschheit abgeschafft; aber das Sklavenverhältniß eines ganzen Volkes zu einem Einzelnen wird von feilen Professoren und Schriftstellern noch immer als naturgemäß und naturgerecht dargestellt. Die rohe Gewalt, mit deren Hülfe früher die Regenten die Völker ihrer angebornen, unveränderlichen Rechte beraubten, soll diese Rechte für spätere Generationen vertilgt haben, und jede kleinste Rückgabe derselben soll nur als ein großmüthiges Geschenk betrachtet werden, das jeden Augenblick wieder zurückgenommen werden könnte! Selbst von Verträgen wagt man zu reden, durch welche Völker sich einem Fürsten als willenlose Sklaven dahingegeben hätten, und diese Verträge sollen nun auch gegen Kinder und Kindeskinder bindende Kraft haben! Bedächte man nur, daß selbst das positive Recht dem Vater auf den Todesfall nicht freie Verfügung über sein selbsterworbenes Vermögen zum Nachtheil seiner Kinder giebt. Er darf sie nicht ohne die triftigsten Gründe enterben. Und hier handelt es sich doch nur nm Geld und Geldeswerth, um elende äußere Güter, die jeder kräftige Arm, jeder rührige Geist sich selbst zu erwerben im Stande ist! Hinsichtlich der höchsten unveräußerlichen Güter der Gedankenfreiheit und Selbstständigkeit wegen sollten Väter ihre Kinder durch jene Verträge enterben können? Unglaublicher Unverstand! Dann hat auch der Vater das Recht, seine Söhne als Sclaven zu verkaufen, und die Unschuld seiner Tochter zu verhandeln. Beides wäre nicht entwürdigender, als wenn eine Generation alle folgenden als todtes Eigenthum und sclavische Heerde einem fürstlichen Hause schenken und vermachen könnte! Weg also mit jener sogenannten Mäßigung, welche die Völker entwürdigt und nimmer zum gewünschten Ziele fuhrt. Wo das unterdrückte Volk kein rechtliches und unpartheiisches Organ besitzt, auf gesetzlichem Wege seine ihm geraubten und vorenthaltenen unveräußerlichen Rechte wieder zu erlangen; da hat es die Befugniß, ja im Gefühle seiner Würde hat es die Pflicht, in erlaubter Nothwehr sich selbst zu helfen. Auf diesem Wege haben in der letzten Zeit mehrere Staaten Deutschlands ihre Rechte wieder erobert, und kein Mäßigungsprediger wird zu behaupten wagen, daß es ihnen auf dem Wege der Mäßigung damit gelungen sein würde. Dieser Weg der Selbsthülfe aber — wer mag es läugnen? — fuhrt mannichfaltige Leiden für die Völker mit sich. Glücklich daher alle diejenigen, denen zur Befriedigung ihrer gerechten Ansprüche noch ein milderer offen steht. Dieses Glück genießen vorzugsweise alle Staaten, in denen Volksvertretung statt findet. Allein bei dem überall mangelhaften Wahlsysteme sind die Volksvertreter noch keineswegs identisch mit dem Volke selbst, ihre Stimmen nicht immer und überall die Stimme des Volks. Nicht selten bringen Verstellung und Heuchelei unwürdige Mitglieder in die Wahlkammern; Schmeichelei der Großen bethört viele Schwache, Bestechung gewinnt die Selbstsüchtigen. So kann es kommen, daß die Beschlüsse einer Wahlkammer nur im geringem Grade die Wünsche des Volkes aussprechen, und seine Bedürfnisse be-
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149 friedigen. Alsdann liegt es vor allen andern der Presse, namentlich der politischen, und unter dieser wieder vorzugsweise den periodischen Blättern ob, die Sache des Volkes zu führen und zu vertheidigen. Das Volk selbst aber muß durch rege Theilnahme an der für seine Sache arbeitenden Presse und durch öffentliche Beweise dieser Theilnahme die Regierung überzeugen, daß die Stimme der öffentlichen Blätter auch die seinige ist. Das Volk muß ferner, wo ihm, wie in Preußen und Oestreich, ein vermittelndes Organ zwischen sich und der Regierung fehlt, oder wo dieses Organ bei einer unfähigen, bestochenen Wahlkammer seine Dienste versagt, durch zahlreiche, immer wiederkehrende Adressen mit seinen Wünschen, Bedürfnissen und Beschwerden sich unmittelbar an die Regierung wenden. Es muß endlich durch Ehrengeschenke, durch Feste und durch die Verherrlichung der Kunst die würdigen Volksvertreter, die sich seines Vertrauens werth bewiesen haben, auf alle Weise auszeichnen und verherrlichen, damit die Regierung auch hierdurch von den Wünschen und dem Geiste des Volkes Kunde und Zeugniß erhalte. Von allen diesem aber, worüber jetzt weitläufiger gesprochen werden soll, will das System der sogenannten Mäßigung nichts wissen und verdammt es als demagogisches Treiben. Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 4. Januar. Die Nachricht von der Krankheit Don Miguels, der in Queluz sich be[f]indet, hat in der Hauptstadt eine freudige Sensation erregt. Man bemerkte dem Usurpator, daß die Gerüchte von seiner Krankheit die Getreuen zaghaft und die Feinde muthig machten. Darum wollte der menschenfreundliche Herrscher zu Pferde in Lissabon erscheinen, um die Gerüchte zu widerlegen. Leider verließen ihn aber die Kräfte, und er mußte nach Queluz zurückkehren. Die Expedition Don Pedros versetzt den Usurpator fortwährend in große Beunruhigung, wiewohl er von seinen Spionen in England unterrichtet ist, daß die Feindseligkeiten vor dem Frühjahr nicht beginnen werden. Man trifft deßhalb schon jetzt solche Maßregeln als wenn die Flotte Don Pedros im Angesichte Lissabons wäre. Beide Ufer des Tajo sind befestiget. Mehrere Kriegschiffe, unter andern die Corvetten Cybele, Prinzesse Rojale und Infante Dona Isabelle, sind ausgelaufen, um an der Küste zu kreuzen. Die Staatsgefangenen, womit die Wuth Miguels unsere Gefängnisse überfüllt hat, werden in das Innere des Landes geschafft, damit der Tyrann im schlimmsten Fall seine Rache an diesen unglücklichen Schlachtopfern kühlen könne. - Wer übrigens glaubt, daß die Expedition Don Pedros die Einführung volksthümlicher Institutionen in Portugal bezwecke, der irrt sehr. Der Exkaiser ist eben so gut ein eingefleischter Aristokrat, als alle Könige überhaupt; er hat nie eine aufrichtige Zuneigung zu dem repräsentativen System gehegt, wie schon seine willkührlichen und gewaltthätigen Handlungen gegen die brasilianischen Kammern bewiesen haben. Durch die letzten Ereignisse in Rio-Janeiro ist er vollends in den heftigsten Feind der National-Repräsentation umgewandelt worden. Don Pedro fühlt durch seine Vertreibung
seinen Ehrgeiz tief verletzt: sein Streben geht nur nach der Wiedererlangung eines Thrones. Als Mittel bedient er sich der Patrioten; wenn er aber seinen Zweck erreicht hat, wird er diese als unnütze Werkzeuge wegwerfen und die Zügel des Absolutismus so fest halten, als Don Miguel; nur wird er sich mit mehr Klugheit benehmen. Einen Beleg für diese Meinung bietet bereits die Behandlung des Generals Salhanda dar. Dieser Patriot wurde des Commandos über die Expedition entsetzt, weil man in ihm einen zu entschiedenen Freund der Volkssache erblickte, und einen so gefährlichen Gegner schon im Voraus bei Seite schaffen wollte. Auch den Regierungen von London und Paris ist es nicht um die Einführung einer liberalen Constitution in Portugal zu thun; nur daraus läßt sich erklären, warum die englischen und französischen Schiffe, nachdem sie den Tajo forcirt hatten, an dem Usurpator keine Gerechtigkeit übten. England ist der Einführung einer volksthümlichen portugiesischen Verfassung wegen seiner Handels-Interessen abgeneigt, die Regierung Ludwig Philipps wegen der Verwandtschaft mit den Bourbons in Spanien, denen eine freie portugiesische Constitution gefährlich würde; die übrigen Großmächte aber wegen ihrer Sympathie mit jeder despotischen Regierungsform. Unter solchen Verhältnissen wird sich dann eine Revolution in Portugal, wenn sie in Folge der Expedition Don Pedros wirklich zu Stande kommen sollte, nur auf einen Wech sei der Personen und der Namen beschränken. Dem Volke kann nur durch eine von ihm selbst ausgehende und gegen die Aristokratie gerichtete Revolution, niemals aber durch eine von den Aristokraten unternommene Umwälzung geholfen werden. Spanien. Madrid, 10. Januar. In Folge eines Ministerraths ist den sämmtlichen Militärbehörden der Nord-Provinzen der Befehl ertheilt worden, von den dort liegenden Truppen alles, was nicht zur Besetzung der Festungen unumgänglich nöthig ist, nach Gallizien und Estremadura zu detachiren. Es sollen an der Gränze von Portugal mehrere Armeecorps zusammengezogen werden, um bei der Landung Don Pedros sogleich in Portugal einzurücken. Nach Briefen von Pampeluna setzen sich auch von dort zwei Regimenter nach Gallizien in Marsch, so daß die ganze Garnison nur noch aus einem Regiment bestehen wird. Alle Nachrichten aus den Provinzen stimmen übrigens darin überein, daß das Elend der Bevölkerung durch Krankheit und Mangel gränzenlos sei. Und doch hat Spanien Mittel genug zur Unterstützung Don Miguels. Den Priestern und Aristokraten fehlt es nie an Geld, wenn es um die Unterdrückung des Volkes und die Verbreitung der Finsterniß sich handelt. Nur zur Linderung der Leiden des Volkes hat man nie die Mittel. Dies ist natürlich, man muß sie ja zu den Zwecken gegen das Volk aufsparen. England. London, 16, Januar. Der Courier, der Globe und der Traveller sind voll Friedenshoffnungen, weil nach einer telegraphischen Mittheilung Preußen den Conferenz-Ukasen über Belgien seine Ratification gegeben habe. Aus der Abfassung sämmtlicher Artikel geht aber klar hervor, daß diese Ratification nur bedingt ertheilt ist, und daß eine Weigerung von Seiten Rußlands hinreichen wird, Preußen seines gegebenen Wortes zu entbinden. Wir kön-
151 nen daher, wie wir schon oft bemerkten, diese Friedenshoffnung nicht theilen. — Morgen werden sich beide Häuser versammeln. Lord Althorp hat die ministeriellen Mitglieder des Unterhauses durch ein Circular in Kenntniß gesetzt, daß die Commission für die Reformbill nächsten Freitag den 20sten zusammentreten wird. D a die Regierung der Noth des Landes nicht abhelfen kann, so hat sie, um wenigstens den Schein zu haben, sei wolle helfen, Commissionen in die Provinzen gesandt, um den Zustand des Handels zu untersuchen. - Die Maaßregel Rußlands, den Eingangszoll auf englische Waaren um 12 Vi Prozent zu vermehren, hat den englischen Handel in große Besorgnisse versetzt. M a n fürchtet, Rußland möchte die Spannung, welche gegenwärtig zwischen den englischen Faktorien in China und den Bewohnern jenes Landes herrscht, dazu benutzen, das Monopol des chinesischen Handels sich anzueignen. Nicht minder könnte Rußland in Indien eine nachtheilige Unternehmung fur England machen. Es hat daher die Regierung die Ausrüstung einer großen Zahl Schiffe angeordnet, um auf jeden Fall gefaßt zu seyn. Auch eine englische Gesellschaft läßt 15 Linien-Schiffe ausrüsten. Dieselben sollen vorläufig die Bestimmung haben, über die Bewegung der russischen Flotte zu wachen. Italien. Trotz der gemeinen Feigheit, mit der das französische Gouvernement die italienischen Patrioten aufgegeben hat, fahren dieselben doch fort, nach der Unabhängigkeit ihres Landes und nach einer freien Verfassung zu streben. Die Verfolgungen des römischen Hofes gegen die Patrioten und die Excesse der Beamten von Bontivoglio haben die Energie der Freunde von Menotti und Bovelli wieder aufgeweckt. Die römischen Staaten sind gegenwärtig fast ganz vom päbstlischen Drucke befreit; Oestreich, welches die Verbreitung der Revolution im Mailändischen befürchtet, beabsichtigt aber neuerdings eine Militair-Promenade nach Bologna. Die Quotidienne, der bekannte Vertraute des östreichischen Kabinets, kundigt diese neue Verletzung der Prinzipien der Volks-Souverainität folgendermaßen an: „Die Lage der Legationen, wo die besonders milde Autorität des Pabstes verkannt wird, scheint bald eine neue Intervention von Seiten Oestreichs nothwendig zu machen, welche man von französischer Seite dieses Mal geschehen lassen wird." - D a indessen das östereichische Gouvernement Ober-Italien unmöglich von Truppen entblößen kann, so beabsichtigt man, die neapolitanische Armee zu benutzen, und diese auf der entgegengesetzten Seite in die päbstlichen Staaten einrücken zu lassen. Die Reise des Prinzen Canosa hat zum Zweck, diese Unterhandlung ins Reine zu bringen. Briefe aus Bologna, welche diese InvasionsGerüchte bestätigen, fügen hinzu, man versichere dort, die französische Regierung wolle die zweite Intervention Oesterreichs zugeben. Deutschland. Die Großmeister des Absolutismus und der Congregation scheinen an der Hannöver sehen Zeitung eine neue Acqusition gemacht zu haben. Dieses Originalblatt beeilt sich, der Münchner Zeitung, welche außerhalb der finstersten Gegenden Baierns nicht gelesen wird, [d] adurch zu Hülfe zu kommen, daß sie deren Aufsätze gege η Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
152 die Opposition abdruckt. In der neuesten Nummer lieferdie Hannoversche Zeitung aus ihrem Schwesterblatte einen Artikel gegen Schüler. Sie sagt, dadurch sei eine Lobrede des Westboten auf Schüler widerleg: worden. U m unsern Lesern einen Begriff von dieser „Widerlegung zu geben, bemerken wir nur, daß solche in der Behauptung bestehen soll, Schüler habe den wesentlichsten Diskussionen über das Budget und den Rechenschaftsbericht gar nicht beigewohnt. Vortrefflich! der Mann, welcher die Deputirtenkammer durch hinreißende Beredsamkeit und durch tiefes Ergründen der Verhältnisse dahin gebracht hat, zu beschließen, 1) daß von den Staatsausgaben einer bedeutenden Summe die Anerkennung zu verweigern, 2) daß über die französischen Contributions- und Defensionsgelder von 40 Millionen Franken, welche der Hof durchgebracht hat und noch durchbringen will, dem Lande Rechenschaft zu leisten, und endlich 3) daß das Militärbudget um 1,200,000 fl. jährlich zu reduciren sei: dieser Mann, sagen wir, ist nach den Berichten der Münchner Zeitung in den Verhandlungen der Kammer über das Budget und den Rechenschaftsberichts gar nicht gegenwärtig gewesen.
E i n l a d u n g zu A n k ü n d i g u n g e n . Wir hatten bisher noch nie aufgefordert, die „Deutsche allgemeine Zeitung" zur Einrückung von Anzeigen zu benützen, weil im vorigen Semester die Auflage des neugegründeten Blattes noch nicht bedeutend genug war, um den eingerückten Anzeigen eine den Auslagen der Einsender entsprechende Verbreitung zu sichern. In Folge der zahlreichen Bestellungen auf das Taufende Halbjahr aber ist nun die Auflage so vergrößert, daß Ankündigungen in diesem Blatte eine sehr ausgedehnte Verbreitung durch einen großen Theil Deutschlands, besonderes Würtemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Nassau, Frankfurt, Hannover, die Rheingegenden, Baiern, die Schweiz und das Elsaß erhalten. Der sehr vermehrten Auflage ungeachtet bleibt die Einrückgebühr drei Kreuzer rhein. fur die Zeile; ein Preis, der um so billiger ist, da die Zeiten dieses Blattes breiter sind, als in den meisten deutschen Blättern und daher jede Ankündigung hier eine kleinere Zahl von Zeilen einnehmen wird, als in andern Zeitungen. Die Ankündigungen werden überdieß hier stets in die Zeitung selbst aufgenommen, wo sie mehr beachtet werden, als in Blättern, in welchen sie in besondere, blos aus Anzeigen bestehende Beilage verwiesen werden. Dem Angeführten zufolge, erlauben wir uns hiermit, sowohl die öffentlichen Behörden als Handlunghäuser, Fabrikanten, Buchhandlungen und Privatpersonen einzuladen, solche Ankündigungen, deren ausgebreitete Bekanntwerdung ihnen wichtig ist, in unser Blatt einrücken zu lassen, und an die „Expedition der Deutschen allgemeinen Zeitung in Stuttgart" postfrei einzusenden. Für beschleunigte Aufnahme soll immer gesorgt werden. Red. d. deutsch, allgem. Ztg. Die Versendungspreise der deutschen Tribüne sind fur Altbaiern von der königl. General-Post-Administration nunmehr festgesetzt worden. Hiemach regulirt sich der halbjährige Preis des Blattes, trotz des beträchtlichen Opfers, das die Redaction ihrerseits durch Herabsetzung des Abonnements gebracht hat, fur Altbaiern in folgender Weise: im ersten Rajon 7 fl. 30 kr., im zweiten 7 fl. 50 kr., im dritten 8 fl. 15 kr. und im vierten 8 fl. 45 kr. Homburg am 21. Januar 1832. D. R. d. d. T. Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Montag.
Tribüne. des
N— 2 0 .
Vaterlandes.
Homburg, den 23. Januar 1832.
An die B e w o h n e r R h e i n b a i e r n s .
Wenn ein Deputirter des Volkes die große Sache mit fleckenloser Treue, tiefer Einsicht und unbeugsamer Characterstärke vertheidiget hat, wenn er jede halbe Maßregel, jede Nachgiebigkeit gegen Anmaßungen der Krone und jede Verletzung der Volks-Interessen, durch Vergleich mit entschiedener Kraft zurückgewiesen hat, so sollen die Männer des Publikums ihm ihren Dank bezeigen, damit die Regierung wisse, was die Meinung der unabhängigen Bürger sei. Schüler befindet sich in diesem Falle: - er hat den Deutschen das Muster eines Volks-Deputirten gezeigt. An dem Volke ist es jetzt, seine Uebereinstimmung mit der Tendenz seines vorzüglichsten Vertreters an den Tag zu legen. - Um einen schwachen Beweis zu geben, haben die Bürger Zweibrückens auf Sonntag den 29. Januar d. J. ein Festmal zu Ehren Schülers veranstaltet. Da aber auf die Theilnahme an diesem bedeutungsvollen Feste Deutschland ein Recht hat, so sind die Unterzeichneten beauftragt, den Tag des Festes öffentlich bekannt zu machen, um wenigstens jeden Bürger Rheinbaierns die Möglichkeit der Theilnahme zu geben. Zweibrücken, den 22. Januar 1832. P. Lindemann, Glockengießer.
J. Wolff, Schlosser.
J. Römer, Färber.
C. Schlimmer, Metzger.
C. Dingler, Mechanikus.
C. Wildt, Bierbrauer.
F. Roßi, Kaufmann.
J. Koch, Schneider.
G. Stengel, Uhrenmacher.
C. Wies, Kaufmann.
L. Lindemann, Kupferschmidt.
P. Lellbach, Dreher.
L. Schmidt, Bierbrauer.
P. Wildt, Bäcker.
G. Bauer, Kaufmann.
C. Couturier, Hutmacher.
L. Römer, Tuchmacher.
J. Schmidt, Nagelschmidt.
L. Hatry, Handelsmann.
G. Schmidt, Schuhmacher.
C. Heußner, Schneider.
D. Helwig, Bierbrauer.
C. Neubert, Kunstfärber.
L. Helwig, Bierbrauer.
G. Cullmann, Dreher.
H. Lehmann, Lakirer.
M. Kegel, Kirschner.
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Deutschlands Demüthigung. Zweiter Artikel. Wo irgend die Categorien „Oberhaupt" und „Glieder" in einem richtigen Verhältnisse stehen sollen, müssen sie durch gleiche Interessen und gleiche Sympathien verbunden sein. Trennt das Oberhaupt seine Interessen von jenen der Glieder, und widerstreben sich die gegenseitigen Neigungen, so wird der Bildungsprozeß des Ganzen in ein Zerstörungswerk verwandelt. Hierin liegt die Gegenwart aller Königreiche des göttlichen Rechts: sie sind das verwirklichte Gleichniß der magern und der fetten Kühe, nur mit dem Unterschiede, daß ein einziges mageres Thier alle sieben fette verschlingt. Nach der Theorie des göttlichen Rechts sind die Könige, als Halbgottheiten, die Zwecke der Schöpfung: die Menschen aber nur Mittel zu diesem Zwecke. Darum wird auch jede Beleidigung eines Königs wie die eines Gottes angesehen. So groß ist der Unterschied zwischen den Königen und den Menschen, daß eine thätliche Beleidigung gegen die erstem, welche, wider einen Menschen verübt, einige Tage Arrest zur Folge haben würde, im civilisirten Deutschland mit dem Tode bestraft wird. In der Kluft, welche zwischen den Königen und den Menschen geschaffen wurde, liegt die Ursache des Verfalls der Völker. Von Leuten umgeben, welche ihre menschliche Würde abgelegt haben und zur Categorie kriechender Thiere hinabgesunken sind, wächst der junge König in dem Glauben an die Göttlichkeit seiner Person und an die Unfehlbarheit seines Ichs auf. Was bei dem Menschen ein Fehler oder ein Laster wäre, ist bei dem Halbgotte eine Tugend: »Geiz ist Sparsamkeit, Verschwendung Großmuth, Eigensinn Charakterstärke, Hochmuth Würde, Rachsucht Gerechtigkeit. Natürlich wird nun jede wirklich gute Eigenschaft eines Königs höher gepriesen, als die Begriffe der menschlichen Denkkraft zu reichen vermögen. Nicht ausgezeichnet im Laster zu sein, gilt schon für eine hohe Tugend des Fürsten. Die Schule der Leiden und der Prüfung, jenes reinigende Feuer, welches das edle Metall von den Schlacken sondert und im Leben öfters der Schöpfer großer Menschen wird, liegt außerhalb des Dunstkreises der Halbgötter: — selbst das Unglück eines Königs steht noch über den Gipfel des Glückes der Menschen. Eine solche Stellung und Erziehung der Könige bringt es mit sich, daß sie die Sympathien und Bedürfnisse des Volkes weder einzusehen, noch zu befriedigen im Stande sind. Vermöge der Trennung ihrer Interessen von jenen der Nation muß die Beförderung der letztern ein Opfer der Fürstenrechte voraus setzen. Opfer kann aber nur der Menschenfreund bringen, und wie soll eine unter den Einflüssen der Schmeichelei verdorbene Natur des Aufschwunges zur Menschenliebe fähig sein? Die Geschichte Deutschlands beweist die Unmöglichkeit. Ich berufe mich, meine Mitbürger, auf euer einfaches unverdorbenes Gefühl, auf euern schlichten natürlichen Verstand. Schaut um euch, betrachtet den Zustand unseres Vaterlandes und richtet dann, ob Wahrheit in meinen Worten liegt? Dreißig Millionen Menschen sind
durch das Land, welches sie bewohnen, durch die Sprache, die sie reden, durch die Interessen, die sie begreifen und durch die Neigungen, die sie fühlen - kurz durch alle Elemente der Nationalität von der Natur zu Einem Volke geschaffen. Diese Einheit ist die Bedingung der Wohlfart des ganzen Volkes: es giebt ohne sie kein Heil und zwar weder für das Ganze noch für die einzelnen Völkerstämme. Das Land ist groß, schön und fruchtbar, fast überreich an allen Hülfsquellen der Natur; die Menschen sind bieder, fleißig und mäßig. Regsamkeit der Hände und reiche Gaben der Nation könnten das Volk im Innern glücklich machen, hoher Muth und männliche Tapferkeit der Bevölkerung der Nation nach Aussen Ansehen und Achtung verschaffen. Da kommen aber die Könige des göttlichen Rechts und sagen: „unser sind Land und Leute, unser nach ewigen Gesetzen, damit wir einen Gegenstand zum Regieren haben." Sie theilen nun das Reich unter sich und leben fortan nur für Einen Zweck, Befestigung und Erweiterung ihrer Macht gegen einander und gegen das Volk. Um ihre Macht gegen einander zu behaupten, sagt Jeder zu seinem Volksstamme: „Ihr seid nicht Deutsche, ihr seid Baiern, Preußen, Oestreicher, Würtemberger, Sachsen u. s. w.; ihr müßt eure Kraft gegen die der andern Völker vereinigen." So lange das Volk lautlos den Zwecken der Könige dient, bezieht sich die Thätigkeit der letztern nur auf die Befestigung der Macht gegen ihre Mitkönige; sobald aber das Volk von seinen Rechten zu reden wagt, ist die Macht aller Fürsten gegen die Völker vereinigt. Ein König hat kein Vaterland: er verhandelt und vertauscht Theile seines Landes nach Willkür, wie es dem Vortheile seiner Krone angemessen zu sein scheint, er ruft mit kaltem Blute fremde Völker zur Niederwerfung seiner Nation herbei; ja er bezahlt diesen Dienst nöthigenfalls sogar mit einem Theile seines Landes, wenn es zur Aufrechthaltung seiner Macht nothwendig erscheint. So schalten die deutschen Könige über unser Vaterland. Sie halten große Kronenheere, um ihre Macht zu behaupten, umgeben sich mit Personen, die ihnen schmeicheln, befestigen die Gewalt der Edelleute, um in der Sympathie derselben eine Stütze gegen das Volk zu finden, stören den Handel durch gegenseitiges Versperren ihrer Gränzen, um partielle Interessen zu befördern, begünstigen die lichtscheuen Zwecke der Geistlichen, um das Volk nicht zur Erkenntniß seiner Würde gelangen zu lassen, verbieten die Aeußerung der Meinungen, um die Macht gleicher Ansichten und gleicher Gefühle zu unterdrücken, und vereinigen endlich ihre Kräfte, um die Patrioten zu Grunde zu richten, die zu dem Volke sprechen, um es über seine Interessen zu belehren und die erstorbenen Gefühle der deutschen Nationalität wieder anzufachen. Das widernatürliche Trennen der Fürsten- und VolksInteressen, dann das grausame Auseinanderreißen der Nation wälzt ungeheure Ausgaben auf das Land und macht die Abgaben des Volkes unerschwinglich. - Alle diese namenlosen Leiden unseres Landes auf der Stelle zu heben, liegt in der Macht der deutschen Könige. Es kostet ihnen nur ein einziges Wort und Deutschland ist Ein Reich, nur ein Wort und der freie Handel gießt seinen Segen über ein reiches Land von 30 Millionen Einwohner aus, nur ein Wort und der Gedank e und das Gewissen ist frei, nur ein Wort und das Land ist
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157 durch gleiche Gesetze und Institutionen unzertrennlich verbunden, endlich nur ein Wort und die Kosten der Höfe und Regierungen sinken auf den zehnten Theil herab, die Kronenheere verschwinden und die Quellen der National-Verarmung sind verstopft. Was früher auf den Luxus der Höfe, die Besoldung der Schmeichler und die Unterhaltung der stehenden Heere ausgegeben wurde, kann nun zur Emporhebung des Ackerbaues durch allmähliche Befreiung des Grundeigenthums vom Lehnverbande, auf Beförderung des Handels, durch Erbauung von Canälen und Eisenbahnen, sowie endlich auf Belebung der Industrie durch Versicherung des Credits, Verbesserung der Bildungsanstalten, Unterstützung großartiger National-Unternehmungen u. s. w. verwendet werden. Die Macht, die jetzt zur Unterdrückung der Völker dient, wäre dann concentrirt, um über die Freiheit und den Frieden Europas zu wachen, und als gerechter Richter zur Aufrechthaltung der Freiheit des Welthandels, zur Handhabung des europäischen Völkerrechts sowie überhaupt zur Beschützung der weltbürgerlichen Interessen zu Gericht zu sitzen. — Um aber unser Vaterland auf diese Höhe innerer Zufriedenheit und äusseren Ruhmes zu heben, bedarf es von Seite der Fürsten eines Opfers, nämlich Verzicht auf die Theorie des göttlichen Rechts und Herabsteigen zur Categorie der Menschen, ferner Verzicht auf partielle Souverainetät und Unterwerfung unter die Majestät eines deutschen Reiches. Ich frage euer natürliches Gefühl, meine Mitbürger, giebt es einen schönern Ruhm, als durch Aufopferung persönlicher Vorzüge das Glück einer Nation von 30 Millionen dauerhaft gegründet, die Freiheit aller Völker gesichert und den Frieden eines Welttheils errungen zu haben? Wären nicht Millionen unter Euch einer solchen patriotischen Handlung fähig? Sind es aber die Könige des göttlichen Rechts? Liegt also nicht Sinn in meiner Behauptung, daß ein König der Vaterlands- und der Menschenliebe nicht fähig sei? Ihr fragt mich vielleicht, was ist der langen Rede eigentlicher Zweck? Ich will es Euch sagen. Die Könige sind übermüthig im Glück, aber voll Kleinmuthes in den Tagen der Gefahr. Sie befehlen halsstarrig und trotzig, wenn das Volk, in moralische Ohnmacht und politische Nullität versunken, seinen Rücken stumm dem Joche beut und die Ruthe noch küßt, die seine menschliche Würde ihm nimmt; allein sie bitten und flehen, wenn die Kraft des Volkes sich regt und die Stunde der Gefahr erscheint. Ihr sähet sie winseln und flehen, als sie durch ihre Sünden gegen die Freiheit der Völker sich selbst einem fremden Joche überliefert hatten. Daß sie wieder halsstarrig und trotzig die Rechte der Völker mißhandeln, kommt nur daher, weil Ihr in moralische Ohnmacht und politisches Nichts zurückgefallen seid. Darum mein Volk erhebe dich wieder - nicht zu Gewaltthätigkeiten, denn die bedarf es nicht und soll es zur Wiedergeburt Deutschlands nie bedürfen - sondern zur moralischen Kraft und politischen Mündigkeit; sehe in den Königen fortan keine Halbgötter mehr, sondern nur Menschen, die man liebt und verehrt - wenn sie es verdienen; unterrichte dich genau über deine Interessen und deine Bedürfnisse, und spreche dann laut aus, was dir Noth thut; verlange auf erlaubtem Wege, durch Adressen und durch aas Organ deiner Vertreter, die Gewährung der Institutionen, welche zu deinem
Frieden unentbehrlich sind, verlange sie mit Würde, Kraft und Ausdauer und die Könige werden dir nicht widerstehen. Fliehe nur die halben Maßregeln, lege ab die Kriecherei, erhebe dich von der Gemeinheit des Egoismus zur Weihe der Vaterlandsliebe, und vertausche die bleiche Angst mit kalter männlicher Entschlossenheit. Vor allem schütze und pflege aber die freie Presse: sie ist deine mächtigste Waffe, sie erglimmt in der Sympathie mit Dir den Gipfel einer Macht, welcher keine Gewalt der Könige zu widerstehen vermag. Bilde dich so herauf mein Volk und das Morgenroth deiner Freiheit wird auf erlaubtem und gesetzmäßigem Wege in das strahlende Licht des vollen Tages übergehen. Tages-Chronik. England. London, 17. Januar. Die Wiedereröffnung der beiden Parlamentshäuser wird mit einer Rede des Königs vom Throne begleitet sein. Man ist sehr ;espannt darauf, wenn schon eine ewige Erfahrung ehrt, daß Thronreden sich stets gleich bleiben, nämlich unveränderlich - Nichts sagen. Auch dieses Mal ist man auf das »Nichts«, das man vorher weiß, unbeschreiblich neugierig. Vorläufig nimmt man allgemein an, die Thronrede werde die Ordnung, in welcher die europäischen Angelegenheiten sich befinden, und die unerschütterlichen Bürgschaften, die für die Aufrechthaltung des Friedens gegeben sind, in den schönsten Phrasen schildern. Nur ein Umstand scheint die Minister bei Verabfassung der FriedensPhrasen zu beunruhigen. Ihr eigenes Organ, der Courier, versichert nämlich, daß der Hof von St. Petersburg und die apostolische Majestät officiell erklärt hätten, den Conferenzvertrag nicht zu genehmigen. Ist dieß der Fall, so begreift Niemand, wie man unter solchen Umständen vom Frieden werde sprechen können. Die nächste Zukunft wird uns Aufklärung geben. Vor der Hand bestätiget die wichtige Nachricht, daß Rußland den Beschlüssen der Conferenz bestimmt und entschieden sich widersetze, unsere über die belgische Angelegenheit schon öfter geäußerte Ansicht.
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Frankreich. Die National-Erbitterung, welche seit der Diskussion der Civilliste allmählich auftauchte, vermehrt sich. Die Presse greift lebhaft an, und das Ministerium vertheidigt sich — durch Gewaltthätigkeiten. Zahlreiche Confiscationen, vorläufige Gefangennehmungen sind an der Tagesordnung. Seit 14 Tagen ist die Opinion schon viermal mit Beschlag belegt worden, fast eben so oft widerfuhr diese Ehre der Tribune. Auch der Courier des Electeurs, der Revenant, die Caricature, das Mouvement und andere Journale hatten dasselbe Schicksal erlitten, so wie die vierundzwanzigste Lieferung des Mayeux. Was aber besonders auffallt, ist die heute erfolgte Confiscation von einem Blatt der Caricature, welches schon ausgegeben war. Es wurde in Folge einer Ordonnanz des Untersuchungsrichters in den Lesekabinetten durch Polizeischergen weggenommen. Einige junge Leute, welche Nachts auf der Straße die Marseillaise und Parisienne sangen, sind als Störer der öffentlichen Ruhe verhaftet worden. - In den Provinzen vermehren sich die Aufläufe; dem Beispiele Lyons sind Gre-
159 noble, Poatiers, Marseille, Bordeaux, Toulon, Toulouse, Chambery, Trontignan und viele andere Städte gefolgt. Auch in der Vendee nehmen Gewaltthätigkeiten und Brandstiftereien überhand. Die immer steigende Noth und die allgemeine Unzufriedenheit mit der Regierung und den Kammern sind Ursache. Bald wird es nur noch Bajonetten möglich sein, den gegenwärtigen Zustand der Dinge aufrecht zu erhalten. Aus Nordamerika sind wieder bedeutende Summen für die Polen in Frankreich angekommen. General Lamarque, der den bittern Kelch der Verbannung selbst geleert hat, will zwei Polen zu sich nehmen. Möge sein Beispiel Nachahmung finden. Es ist um so nöthiger, daß die Völker sich Beistand leisten, da die Gastfreundschaft durch das böse Gewissen der Könige im constitutionellen Zeitalter immer mehr beschränkt wird und Europa so tief sinken soll, für Verfolgte keinen Zufluchtsort mehr zu besitzen. Augenscheinlich haben alle Regierungen zu einem Zwecke sich vereiniget — Unterdrückung des Volksgeistes. Wenn daher die Völker gegen diese Allianz, die man eher die gottlose, als die heilige, nennen sollte, nicht ihrerseits eine Ligue bilden, so ist die Gefahr vor der Thüre, daß die Prophezeiung Napoleons in Erfüllung geht und ganz Europa cosakisch wird. — Das Cabinet der Tuillerien hat eine große Sympathie mit dem Hofe der Congregation zu München. Gleichwie nämlich dort über die französischen Contributionsgelder keine Rechnung abgelegt wurde, so spricht die Regierung Ludwig Philipps kein Wort von den in Algier eroberten Summen. In München hat die Deputirten-Kammer doch noch die Rechenschaftslegung befohlen, allein in Frankreich giebt es keinen Volksvertreter, der nach den Geldern von Algier fragen möchte. - Einer unserer Minister ist kürzlich so weit gegangen, zu behaupten, es lasteten weniger Abgaben auf dem Franzosen als auf dem Amerikaner. Der Courier des Electeurs gibt sich die Mühe, das längst bekannte Gegentheil nachzuweisen, und schließt seinen Artikel mit folgender Betrachtung: »das beste Zeichen der Güte einer Regierung ist die Zufriedenheit der Regierten.« Nun ist aber nicht in Abrede zu stellen, daß die Staatsbürger Amerikas ihre Institutionen denjenigen Europas weit vorziehen. Welche Ungeschicklichkeit daher von Seiten des ministeriellen Scriblers, das schlechte System seiner Patrone einem Systeme gegenüber zu stellen, wo die Journalisten, ohne Widerlegung zu finden, folgende Phrasen drucken lassen können: »Unser Land befindet sich in der eigenen Lage, nicht zu wissen, wozu es den Ueberschuß seiner Revenüen verwenden soll.« (Man vergl. den Advertiser von New-York vom 28. Okt. 1831.) Paris, 19. Januar. — Herr Sebastiani ist jetzt vollkommen hergestellt. Allein seine Intriguen beim König, um wieder in seine Funktionen eingesetzt zu werden, waren fruchtlos. Herr Perier macht ihm den Vorwurf, die Angelegenheiten Italiens und Polens ohne alle Gewandheit behandelt zu haben; er, der Ministerpräsident, würde zwar eben so gehandelt, sich aber besser vor Vorwürfen zu wahren gewußt haben. — Die Besetzung der Romagne von Seiten Oestreichs ist nicht mehr zu bezweifeln. Das Kabinet des Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
160 Palais royal hat seine Zustimmung dazu gegeben. Wir sind neugierig zu erfahren, ob auch diese Politik von Frankreich geduldet werden wird und ob Herr Perier, der hier unmittelbar handelt, nicht die gleichen Vorwürfe ärndten wird, als Herr Sebastiani über die frühere Zustimmung zur Invasion Italiens. — In der Deputirtenkammer ist die Fortsetzung des Bugets an der Tagesordnung. Die Repräsentanten der Nation haben es indessen dahin gebracht, daß ihre Verhandlungen keinen Menschen mehr interessiren. München, 15. Januar. Ihre Protestation wegen Versiegelung Ihrer Presse hat im Allgemeinen hier einen sehr günstigen Eindruck gemacht; jedoch will man nicht begreifen, warum Sie nicht dieselben Schritte hier gethan haben, die Sie nun entfernt von der Hauptstadt, vielleicht was die Gesetze anbelangt, unter nicht gleich günstigen Umständen thun. *) In den diesseitigen Provinzen Baierns besteht kein Gesetz, das dem Schriftsteller verböte, für seinen eigenen Bedarf eine eigene Presse zu halten, und es unterliegt also keinem Zweifel, daß die Regierung, wenn sie es wagen sollte, Ihnen diesseits des Rheins die Pressen wegzunehmen, ihren Prozeß vor dem Gerichte verlieren müßte. Man könnte einwenden, daß in den diesseitigen Provinzen keine Gewerbefreiheit existire, und folglich auch die Erlaubniß, als Buchdrucker zu agiren, erst nachgesucht werden müsse; allein der Publizist treibt kein Gewerbe; er übt auch nicht die Buchdruckergerechtigkeit aus, wenn er seine eigenen Schriften druckt, und um die Erlaubniß, seine Schriften herauszugeben, braucht er bekanntlich nicht einzukommen; er hat dieselbe und folglich auch das Recht, sich der zur Herausgabe seiner Schriften nöthigen Werkzeuge zu bedienen, nach dem allgemeinen Grundsatz, daß zu jeder erlaubten Handlung auch die dazu erforderlichen Werkzeuge erlaubt sind. Da nun von diesem allgemein gültigen Grundsatz in Bezug auf die Schriftsteller kein Ausnahmsgesetz existirt, so haben dieselben auch unbestreitbar das Recht, die zur Herausgabe ihrer Schriften unentbehrlichen Werkzeuge zu besitzen und anzuwenden; man müßte es denn sehr natürlich finden, wenn ζ. B. die Regierung einem Gefangenen die Erlaubniß ertheilte, spazieren zu gehen, ihm aber zu gleicher Zeit die Füße bände. Preßfreiheit und das Recht, zur Ausübung derselben für seinen eigenen Bedarf eine Presse zu halten, sind ganz unzertrennliche Dinge; wo das Eine ist, versteht sich das Andere ganz von selbst. Wie gesagt, wollte die Regierung sich anmaßen, Ihnen hier Ihre Presse zu hemmen, so wäre dies eine durchaus ungesetzliche, rein willkürliche Handlung, die sie auf dem Wege Rechtens durchzuführen außer Stande wäre; thäte sie es dennoch, so wäre schon damit viel gewonnen, daß sie sich zu einem neuen unrechtlichen Schritt hätte verleiten lassen, — desto eher würde unser Recht dann siegen. *)
Die Entscheidung des Gerichts wird beweisen, daß Correspondent hierin irrt. A. d. R.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
unser
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
N— 2 1 . Ueber Adressen.
Die Aristokraten und Mäßigungsprediger, welch' letztere mit den ersteren meistens unter Einer Decke spielen, bedienen sich einer ganz sonderbaren Logik, um jede Verbesserung des gedrückten Zustandes der Völker zu hintertreiben. Werden Klagen, Bitten und Forderungen laut, so heißt es, wie schon gesagt: die Regierung, um ihre Würde und ihr Ansehen zu behaupten, dürfe sich nichts abzwingen lassen. Würden die „ Unterthanen" sich aber ruhig und bescheiden verhalten, so würde die allerhöchste Gnade die Erfüllung ihrer unterthänigsten Wünsche ihnen huldreichst gewähren. Verhalten die „Unterthauen" sich nun wirklich ruhig und bescheiden, d. h. schweigen und zittern sie wie Sklaven vor ihrem Herrn, dann wird ein anderer Ton angestimmt, dann heißt es: das treue Volk Sr. Majestät sei ja vollkommen zufrieden mit seiner gegenwärtigen Lage; denn nirgends lasse sich eine Klage oder eine Stimme des Mißmuths, der Unzufriedenheit, des Verlangens nach Neuerungen vernehmen. Wozu also Aenderungen und sogenannte Verbesserungen, nach denen das Volk sich nicht sehne? Ohnstreitig ist es einer der verderblichsten, die Menschheit entwürdigendsten Grundsätze, jede Erleichterung der Volkslasten als ein freiwilliges Gnadengeschenk der Regierenden anzusehen. Regierung und Thron sind einzig und allein um des Volkes willen da; diese Wahrheit kann nicht oft genug wiederholt werden. Erkennt die Regierung daher irgend eine Verbesserung als nothwendig, als nützlich und möglich an, so ist es ihre unerläßliche Pflicht, sie schnell und in ihrem ganzen Umfange eintreten zu lassen, das Volk mag nun bitten, fordern oder befehlen. Die Regierung steht nach einem hie und da ebenfalls verbreiteten Irrthum, zum Volke keineswegs in dem Verhältniß, wie der Vater zu seinen Kindern. Mag dieser den letztern wegen unbescheidenen Forderns eine Freude versagen, ein Geschenk entziehen; die Regierung dagegen ist ein vom Volke eingesetzter oder bestätigter, zugleich auch von ihm bezahlter Mandatar zur Führung seiner Geschäfte. Sie kann durch Abdankung dieses Verhältniß aufheben, aber niemals willkürlich wider den Willen des Bevollmächtigten schalten und walten. Und selbst der Vater dürfte den Kindern ja nicht einmal Nahrung und Erziehung versagen, weil sie, wie man das nennt, einen ungebührlichen Anspruch darauf machten!
Vaterlandes.
Homburg, den 24. Januar 1832.
Im Klagen und Fordern liegt daher nicht der mindeste Grund, die Wünsche und Bedürfnisse des Volkes unbeachtet zu lassen. Geklagt und gefordert muß also werden, damit die Regierung ihren Widerwillen und ihre Saumseligkeit in Erfüllung ihrer vom Zeitgeist dringend gebotenen Pflichten nicht mit dem Vorwand bemäntle: das Volk verlange ja keine Aenderungen und Verbesserungen! Geklagt und gefordert muß ferner werden, damit die Regierung sich von dem Ernste und von der Beharrlichkeit überzeuge, mit der das Volk auf Verbesserung seines Zustandes dringe. Von dem guten Willen der Regierungen, dieß haben fünfzehn Jahre zur Genüge bewiesen, ist nichts, auch gar nichts zu erwarten. Aber alles von ihrer Besorgniß, Angst und Furcht. Das stumme und demüthig bittende Volk tritt man mit Füßen, das kräftig fordernde befriedigt man. Daher Adressen an die Regierung, und wieder Adressen, und noch mehr Adressen; Adressen mit den Klagen, den Wünschen und Forderungen des Volks. Diese Adressen seien mit Würde, aber auch kräftig abgefaßt. Die Schmeichelei und Heuchelei, obwohl von der Regierung gefordert, wird nichts desto weniger innerlich von ihr verachtet, und der Verachtete wird mit Recht verächtlich behandelt. Sprich wie ein Sklave, so wird dir Antwort und Bescheid wie einem Sklaven. Läugne nur selber dein Recht, und sprich einzig und allein eine unverdiente Gnade an, so darfst Du dich nicht beklagen, wenn man dir das flehentlich erbetene Almosen in Gnaden abschlägt. Zwar ist zu vermuthen, daß die aristokratische Regierung im stolzen Gefühle ihrer angeblichen Hoheit und Macht die offene Sprache freier Männer zuerst auf eine brutale, übermüthige Weise erwiedern, und die Verwegenen in die Schranken ihrer Niedrigkeit zurückweisen wird. Ein Glück aber, daß Worte nicht verwunden. Tretet dem Stolze und der Anmaßung im Gefühle eurer Würde und eures Rechts unmuthig und wiederholt entgegen, und ihr werdet ihn schnell in Milde und Nachgiebigkeit verwandelt sehen. Jeder Uebermuth der Regierung ist auch ein Vorwurf für das Volk; denn er zeugt von dem Sclavensinn und der Hundedemuth des Letztern. Brutale und lieblose Antworten aber werden ferner noch das Gute haben, daß sie der gutmüthigen Leichtgläubigkeit einen unwidersprechlichen Beweis von der eigentlichen Tendenz, Gesinnung und sogenannten Liebe der Regierung zum Volke geben, und daß sie nicht minder der Schwäche und Feigheit, die ihre Unthätigkeit und Theilnahmlosigkeit an der Sache des Volks mit ihrem angeblichen
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163 Vertrauen auf die Regierung zu rechtfertigen suchen, diesen Vorwand raubt und beide zwingt, entweder Parthei zu nehmen für Volk und Freiheit, oder verdienter Maßen Achtung und Einfluß bei allen Bessern zu verlieren. Endlich dienen solche Adressen auch noch dazu, das Volk seine wahren und muthigen Freunde kennen zu lehren. Es ist eine nur zu häufige Erscheinung, daß dieselben Leute, die hinter dem Bierkruge oder dem Weinglase die Liberalen spielen und gegen den Absolutismus der Regierung eifern, im Stillen ihre eifrigsten Diener sind und Wohldienerei gegen sie treiben. So gewinnen sie auf der einen Seite gar wohlfeilen Kaufs eine ihrer Eitelkeit schmeichelnde Popularität und Ruf und Ruhm aufrichtiger Volksfreunde, während sie auf der andern an den vollen Krippen des Absolutismus fort und fort sich nähren und erquicken. Bei Vervielfältigung der angedeuteten Adressen kann ein solches Schaukelsystem nicht wohl auf die Länge bestehen. Das Volk wird mit Recht sagen: wofür du sprichst, dafür handle auch. Man wird den liberalen Schwätzern bei Verweigerung ihrer Namensunterschrift Gründe ihrer Weigerung abverlangen, und die Triftigkeit dieser Gründe ohne Mühe zu würdigen wissen. So werden alle Heuchler und alle Selbstsüchtige, welche der Sache des Volkes kein Opfer zu bringen im Stande sind, gar schnell und leicht entlarvt werden, dagegen die Bessern in ihrer Tüchtigkeit sich bewähren können. Wenn aber anerkannt verdiente und kenntnißreiche Männer, wegen der Theilnahme an solchen Adressen, von der Regierung verfolgt, mißhandelt und chikanirt werden, so giebt dies einen neuen Beweis von der Tendenz und der Gesinnung der hochgepriesenen Regierungen. Indeß wird die Theilnahme und Unterstützung des Volks solche Opfer hoffentlich zu ersetzen wissen. Constitutionelle Regierungen können, ohne Verletzung der Verfassung, Adressen dieser Art nicht verbieten, sobald nicht die Volksvertreter, was schwerlich zu befürchten ist, zu diesem Verbote mitwirken. Die absoluten Regierungen, wie Preußen und Oestreich, werden freilich, sollten solche Adressen in Gang kommen, nur der rohen Gewalt vertrauend, zu einem solchen Verbote ihre Zuflucht nehmen. Nun gut, dann hat das Volk zur Erringung seiner Freiheit auf gesetzlichem Wege wenigstens das Seinige gethan, und die Regierung eine neue Niederlage in der öffentlichen Meinung erlitten. Zu fragen wäre aber auch noch, ob ein solches Verbot nicht ein unveräusserliches Recht des Menschen und Bürgers antaste, das Recht nämlich, sich mit seinen Wünschen, Klagen, Beschwerden und Forderungen an die Regierung zu wenden; zumal, wo keine Preßfreiheit besteht. Ausserdem kann der Staat nicht tausende seiner besten Bürger in Strafe nehmen und ins Gefängniß werfen, wenn sie durch wiederholte Adressen auf der Bewahrung dieses unveräusserlichen Rechtes beharrten. Es leidet keine Frage, Preußen, das aufgeklärte Preußen hätte sich bloß mit Hülfe solcher Adressen Verfassung und Preßfreiheit erobern können; aber in Preußen fehlt es bei allem Geist und allen Kenntnissen an dem ersten Erforderniß eines achtungswerthen großen Volkes, an Muth und an Charakterstärke!
Was zunächst Noth thut. Witzige Schriftsteller sind oft die Geißel ihres Volkes, und dadurch zugleich die bessernde Zuchtruthe desselben. Nur in Deutschland scheint sich dieser Satz nicht zu bewähren. Wer weiß es nicht, wie lange man über unser deutsches Volk spottet! - Und wer kennt ein Beispiel, daß dieses belesenste aller Völker durch das Salz der Satyre je aus seiner torpiden Ruhe aufgerüttelt worden wäre? — Es erträgt alles ruhig, Spott und Schimpf, und wünscht sich auch wohl noch Glück, daß es nicht schlimmer mit ihm stehe! — Warum aber die Feuer-Kur des Spottes nichts wirke, das werden uns jene Gelehrten sagen, die darüber schreiben. Wir bleiben hier bei der Thatsache der Erfahrung, und erkennen es, in Berücksichtigung der Zeit, die uns noch nicht als eine Vergangenheit erscheint, und in Berücksichtigung dessen, was besonders Noth thut, als unumgänglich an, dem guten Volke, um auf dasselbe zu wirken, das nothdürftige Lob, das es wirklich verdient, nicht allzustrenge vorzuenthalten; so wie, auf der andern Seite, die ergrimmten Jünger des Absolutismus den Sturm nicht allzu entfernt wähnen sollen, der unter jener Ruhe über kurz oder lang denn doch hervorbrechen muß. Wer zweifelt, der gehorche nur dem überall lauten Rufe der Zeit: Wirke ungesäumt aus allen Kräften, damit es besser werde, denn das Erste ist zu wirket. - Man lasse den Spott über das Vergangene thun, was er kann; die öffentliche Meinung hat es mit der Gegenwart zu schaffen und mit dem, was geschehen soll! - Man zeige dem Volke die Mittel, durch welche der bessere Zustand errungen werden kann, so wie, im Gegensatze der nur augenblicklichen, scheinbaren Nachtheile des Ueberganges, den Werth des bessern Zustandes in allen seinen Beziehungen. - Das Drückende der Knechtschaft fühlt das Volk; die Entwürdigung, die darin liegt, und die unbedingte Nothwendigkeit, das Joch abzuschütteln, erkennt es dann, wenn Ihr ihm die Freiheit, nicht in allgemeinen Ausdrücken, sondern in der lebendigen Wirklichkeit gezeigt habt. Und dieß, dünkt uns, wäre nicht schwer, wollten nur alle wahren Vaterlandsfreunde thätig mitwirken zur Belebung der öffentlichen Meinung, besonders durch eine öffentliche Belehrung des Volkes. Dieß ist's, was vor Allem Noth thut, damit das Volk aufhöre, das schwankende Werkzeug selbstsüchtiger Parteien zu sein, und nicht die Fehltritte, die man an ihm tadelt, aus Unbekanntschaft mit den Thatsachen und aus Mangel an eigener selbstständiger Ueberzeugung, ewig von Neuem wiederhole. Nur wo das Volk zu dieser Selbstständigkeit gelangt ist, fühlt es nicht nur die Bitterkeit, sondern auch die Wahrheit gerechten Spottes, und nützt denselben zum Besserwerden. — Oder zweifelt ihr vielleicht, daß in dem deutschen Volke auch noch andere Kräfte geweckt werden können, als zu kleinstädtischen Raufereien? - Wenn nicht, so werdet ihr bei jener Belehrung des Volkes auch das ermunternde Wort nicht vergessen, das auch das Wenige, was wirklich geschehen ist, anerkennt, um bei der Aufforderung zu einem kräftigern und wirksamem Leben nicht den frohen Muth im voraus zu untergraben. - Hessen, Braunschweig - freilich jetzt getäuscht wie es scheint; Baden, die Schweiz, und selbst auch das baierische und nassauische Volk, haben doch mindestens bewiesen, daß nicht
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das gesammte Deutschland trotz seiner Zerstückelung so völlig gleichgültig geblieben sei. Wenn der Sturm losbricht, der die Schande von Gauting und Wasserburg, wie von Oestreich und Preußen ins Meer der Vergessenheit begraben wird, um einem würdigern Volksleben auch in Deutschland Platz zu machen, dann ist auch die Schweiz wieder Deutschland. Das baierische Volk aber ist durch eine servile Kammer, (nämlich den Juste-Milieu der Herren Culmann und Seuffert und den Servilismus der Herren von Seinsheim und Rudhart) durch ein Ministerium sans comparaison, und durch die, in Aristokratenund Jesuiten-Banden befangene Selbstherrschergröße des Kabinets betrogen worden. Die Gautinger und Wasserburger sind jedoch im Verhältniß zum ganzen Volke lange nicht von der Bedeutung, wie ζ. B. in Frankreich der Karlistische Süden, die Vendee im Verhältniß zu den revolutionären, nördlichen Departementen, oder im Verhältniß zu einer Hauptstadt, von der doch hauptsächlich die Revolution ausging. Wer sagt überdies, daß die Volksstimmung in Oestreich und Preußen aus den besoldeten Organen der Höfe erkannt werden könne? Es ist im Gegentheil nicht schwer zu glauben, daß namentlich in Oestreich und was Preußen betrifft, wenigstens in Schlesien, Westphalen, der Mark, Altpreußen (Königsberg), u. s. w. ein großer Theil des Volkes noch eine andere Herzenssprache führe, als die allein privilegirten Lobreden der Regierungen unter der Aegide eines empörenden Preßzwanges, uns glauben machen wollen. — Die große Catastrophe des Jahres 1830 hat allerdings die lebhafteste Empfänglichkeit für die Sache der Freiheit in Deutschland gefunden. Aber wer läugnet es auch, daß nur an Frankreich es lag, dem neu erwachten Geiste der Völker einen erfolgreichern Wirkungskreis zu öffnen? Der Erfolg in andern Ländern blieb schon deßhalb untergeordnet, weil alle Blicke auf Frankreich gerichtet waren, und blieb es noch mehr, als man die Flamme der Freiheit im Mittelpunkte ihres Heerdes selbst erlöschen sah. Wer damals, wo, gleich nach der Revolution des Juli, die Quasi-Männer in Frankreich das unglückliche Spanien nochmals opferten, und Belgien, Italien und Polen nach einander betrogen, um Ludwig Philipp, den Volksgewählten! von der heiligen Allianz als König endlich bestätigt zu sehen, wer von dem zerstückelten Deutschland mehr verlangte, als was geschehen ist, dem sagen wir nicht: Du hattest Unrecht; — wir sagen ihm nicht: es ist hier die Absicht, Dir, der du auch ein Deutscher bist, eine Lobrede zu halten dafür, daß Du nicht mehr, vielleicht gar Nichts - gethan hast, - sondern wir wiederholen ihm nur, was in diesen Blättern unaufhörlich geschehen wird: Wirke noch jetzt mit der ganzen Kraft deiner Einsicht, zeige die Mittel und den unfehlbaren Weg zur Freiheit, belehre vor Allem das Volk; denn dies ist's: was Noth thut!Chr. S. Tages — C h r o n i k . England. London 18. Jan. Der größte Theil der hiesigen Journale widerspricht der gestern im Courrier enthaltenen Nachricht von der Weigerung Rußlands und Oesterreichs, den Conferenz-Vertrag zu genehmigen. Der
Globe behauptet, daß gar keine officielle Nachricht über die Entscheidung dieser beiden Mächte eingelaufen sei. Nach dem fast unveränderten Stand der Course in London und Paris müssen wir vermuthen, daß das halb ministerielle Journal auf irgend eine Weise getäuscht worden ist, oder absichtlich täuschen wollte. - Das Gerücht verbreitet sich, daß die Reformbill definitiv verworfen werden würde. Der König spricht kein Wort mehr davon, sie durch Ernennung neuer Pairs durchzuführen. So scheint denn die englische Aristokratie durch den Schutz der Krone das Uebergewicht, welches sie seit so vielen Jahrhunderten ausübt, auch für die Folge zu behaupten. Man sieht aus diesen Umständen, daß die Liberalität aller Könige Schein und Täuschung ist, daß keiner eine Neigung zu volksthümlichen Institutionen hat und jeder nur die Interessen der Krone und der sympathesirenden Aristocraten zu befördern strebt. Wenn indessen die wahren Gesinnungen des englischen Königs an das Licht gezogen werden und derselbe mit dem Volke in Opposition geräth, so kann gerade hieraus eine mächtige Beförderung der Völkersache entspringen. Frankreich. Paris, 20. Januar. Es verbreitet sich hier das Gerücht, Rußland suche die Angelegenheiten des ihm befreundeten Don Miguels auf friedlichem Wege beizulegen, durch Vermählung des Usurpators mit Donna Maria, wozu Ersterer bei immer mehr herannahender Gefahr jetzt willig die Hand biete. Diesem Gerücht wiederspricht indessen die von anderer Seite einlaufende Nachricht, daß nächsten Dienstag die angesehensten zur Expedition Don Pedros gehörigen Portugiesen Paris verlassen, und Mittwoch Don Pedro selbst nach Belle-Isle aufbrechen wird. Unser JustizMinister verweigert entschieden die Revision des Prozesses vom Marschall Ney. — Der Handelsvertrag zwischen England und Frankreich ist noch nicht unterschrieben. Man schreibt diese Verzögerung der Kälte zu, welche wegen der Schleifung belgischer Festungen zwischen beiden Cabinetten entstanden ist. — Allgemein wurde erwartet, daß die Kammer der Pairs die Abschaffung der Feier vom 21. Jan. (Hinrichtnug Ludwig XVI.) votiren würde. Es geschah aber nicht. Da sich Priester genug finden werden, welche den Dienst versehen, und, wie zur Zeit der Restauration, das Testament Ludwig XVI. vorlesen, so wird die Polizei die dem Volke verhaßte Feierlichkeit nicht verhindern können, und es sind Unruhen zu befürchten. Man versichert, das Ministerium habe sich beim Erzbischof verwendet, damit die Feier dieses Jahrestags von seiner Seite unterdrückt werde, allein ohne Erfolg. Die Autoritäten sind nun in Verlegenheit über die zu ergreifenden Maßregeln, zumal da auch die amis du peuple den Entschluß gefaßt haben sollen, alle Kirchen zu bewachen, um die Feier zu verhindern. Deutschland. Der Volkstribun in Würzburg, ein neues gutes Zeichen der Zeit, enthält folgende Adresse: ,An d e n D e p u t i r t e n S c h ü l e r . " „Als zu uns, den Mitgliedern eines dahiesigen geselligen Vereines die Kunde drang, daß man den Beitrag annehme zu einem Silberbecher, woran gerade jetzt des Meisters Kunst sich übet, zu dem Pokale, der Dich nur ehren soll, so war das Röllchen unserer Sechser, gezaubert durch
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mal auf deinem heimischen Boden ihres Leibes und Lebens sicher sein, und wie lange wirst du diese schmähliche Anarchie deiner Könige noch zu ertragen haben? Lesen Sie übrigens, ich bitte Sie, die von Dr. Grosse neulich herausgekommene Flugschrift: „Lebewohl von Baiern\ worin seine Verfolgungen erzählt werden, und welche auf die Verzweigungen unserer Aristokratie durch ganz Deutschland beherzigenswerthe Blicke darbietet. - Die Regierung scheint ausruhen zu wollen, nachdem sie nach Monate langen Wehen vier neue Minister geboren und auf der Post den Journalen einen flachen Hieb gegeben hat; wenigstens verlautet nichts von irgend einer großen Regierungsmaßregel mit Ausnahme der, daß Lady bei Hof hat Zutritt erhalten sollen, wogegen Ihre Majestät protestirten, oder der, daß Herr v. Dresch und Herr Rudhart Orden erhalten haben, wogegen das Volk sich durch den feierlichen Empfang der volles thümlichen Abgeordneten verwahrt hat. Orden oder Ehrenpokale, Festgelage oder Fackelständchen, — der Titel als Regierungspräsident oder der in der Geschichte fortlebende Name eines Schüler das ist die Wahl jetzt. Was wohl ewiger währt? was wohl schöner ist? Werden die Rudharte, Seinsheime nach hundert Jahren noch zu beneiden sein? Der Flitterstaat ihrer Orden glänzt höchstens noch auf dem Trödel, uneingedenk seiner Besitzer, das Geklirr ihrer Champagnergläser ist verschollen, während auf den Blättern der Geschichte die Handlungsweise eines treuen Volksfreundes fortstrahlen und sein Name von den Edelsten des Volks gefeiert wird. - Man erzählt sich hier seltsame Dinge von der Unfähigkeit der neuen Minister; so soll unter Andern der neue Justizminister bei dem feierlichen Empfang des Personals vom hiesigen Stadtgericht gefragt haben, ob das genannte Stadtgericht zur ersten oder zweiten Klasse gehöre. Was ist hier mehr zu verwundem? Die Ungeschicklichkeit oder die Unwissenheit? - Vorgestern war großes Festgelage im Odeon zu Ehren des neuen Regierungspräsidenten von Seinsheim; der Herr Präsident und seine Genossen hatten des Tranks und der Speise vollauf und köstlich, und da ging es denn lustig her. Was verlangen denn diese Leute auch mehr als Triffein und Gänseleberpasteten, was sie dem Könige treu sein nennen? A n z e i g e . Da man mich an einigen Orten für einen Mitarbeiter des hieselbst erscheinenden Zeitblattes „Deutschland? hält, so zeige ich hiedurch an, daß ich nie den entferntesten Antheil daran genommen habe, und so lange die gegenwärtigen Redaktionsverhältnisse fortdauern, nie Antheil nehmen werde. Straßburg, 12. Januar 1832. H. Hundt-Radowsky.
Druckfehler. In der gestrigen Nummer S. 156 Z. 10 v. o. lese man anstatt „Gaben der Nation" — Gaben der Natur. Verantwortlicher Redakteur: J. G. A. Wirth.
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Wiedergeburt
Mittwoch.
Tribüne. des
N— 22.
Rückblicke auf die jüngste Deputirtenkammer Baierns. Dritter Artikel. Zu den guten Zeichen der Zeit gehört das sichtbare Streben des Volkes, Gericht zu halten über seine Vertreter und durch Ehrenbezeugungen zu belohnen oder durch Verachtung zu strafen, je nachdem der Nationaldeputirte seinen hohen Beruf erfüllt oder seine Pflichten verletzt hat. Wenn in dieser Tendenz der Zeit ein wirksamer Impuls zur Entwicklung der politischen Kraft der Nation gegeben ist, so liegt es im Interesse des gemeinen Wohls, die Thatsachen, worauf das Volksurtheil beruhen muß, in möglichste Klarheit zu stellen, um falsche Urtheile und dadurch eine schiefe Richtung der öffentlichen Meinung zu verhindern. Wirklich sind in Ansehung der Verhandlungen der jüngsten baierischen Deputirtenkammer die Thatsachen in eine solche Verwirrung gerathen, daß man hie und da Personen als Candidaten der Ehrenbezeugungen des Volkes bezeichnet sieht, welche die Nullität in der Resultaten der letzten Legislatur eben veranlaßt haben und deßhalb der Verurtheilung der öffentlichen Meinung verfallen sein sollten. Wir rechnen hieher unter andern einen Deputirten des Rheinkreises, den einige für liberal geltende Blätter, das baierische Volksblatt und die Speyerer Zeitung, dem Danke des Volkes empfehlen — Herrn Culmann. Die Pflicht gebietet, einem vielleicht auf Unbekanntschaft mit den Thatsachen beruhenden Irrthume entgegenzuwirken: wir müssen diese Pflicht selbst wider Willen erfüllen, um den Nachtheilen vorzubeugen, welche aus Täuschungen und in deren Folge aus schiefen Urtheilen der öffentlichen Meinung für das gemeine Wesen entspringen müssen. Man wird im Publikum nunmehr so ziemlich darüber einig sein, welche Aufgabe die letzte Deputirtenkammer Baierns zu lösen hatte. Sie war bedeutungsvoll und schwierig, diese Aufgabe: denn es galt die Ueberwindung eines mit äußerster Hartnäckigkeit verfolgten Systems der Regierung, wodurch das Gemeinwohl in seinen theuersten Interessen verletzt und die Nation bis zum Tode verwundet wird. Dieses System bestand und besteht auch jetzt noch in dem Verlangen: alle Reize der unumschränkten Herrschaft mit vollen Zügen zu genießen, durch ihre Hülfe die heftigen Triebe sinnlicher Genüsse und ungeregelter persönlicher Lei-
Vaterlandes.
Homburg, den 25. Januar 1832.
denschaften zu befriedigen, und dabei dennoch in den Augen des Volks als liberal zu erscheinen, also auf diese Weise in den Süßigkeiten der Sünde zu schwelgen und dennoch im Rufe der Tugend zu stehen. Das Mittel zur Durchführung eines solchen Systems sollte darin bestehen, im absoluten Sinne zu handeln und im liberalen zu sprechen. Daher kam es, daß man mit Eifer für Freiheit der Rede, des Gewissens und der Volkswahlen sich erklärte, zu gleicher Zeit aber verfassungswidrig die Preßfreiheit unterdrückte, die gemischten Ehen zu verhindern strebte und frei gewählte Volksvertreter zurückwies: daher kam es ferner, daß man für Einschränkung und Ordnung im Staatshaushalte sich aussprach, zu gleicher Zeit aber auch sinnlosen Bauunternehmungen sich hingab, zur Befriedigung anderer Leidenscharten über den Budgetsfond willkürlich und gesetzwidrig verfügte und über die Verwendung großer Staats-Capitalien auf die empörendste Weise die Rechenschaft verweigerte. Unter einem solchen Regierungs-Systeme waren weder die konstitutionellen Rechte der Staatsbürger, noch die für den öffentlichen Dienst bewilligten Budgetssummen sicher: unerläßlich war es deshalb, bei der diesmaligen Session der Kammern wirksame Garantien für den Schutz der konstitutionellen Rechte der Bürger und für verfassungsmäßige Verwendung der öffentlichen Gelder auszuwirken. So schwierig diese Aufgabe für die Deputirten-Kammer auch an sich sein mochte, so war ihre Lösung gleichwohl möglich und sogar wahrscheinlich. Man hatte nämlich unter andern einen Mann in die Kammer gesendet, wie keine frühere Session ihn gesehen, einen Mann, welcher das perfide S ystem des Gouvernements durchschaut hatte, und nicht blos Fähigkeit, sondern auch die unerschütterliche Willenskraft besaß, zur Ueberwindung jenes Systems Mittel und Wege an die Hand zu geben. Unsere Leser wissen, daß wir von Schüler sprechen. Durch ein glückliches Geschick wurde dieser treue Freund des Volkes in den Finanz-Ausschuß gewählt und sohin an die Quelle versetzt, von welcher die Mittel zur Lösung der Aufgabe der Kammer allein ausfließen konnten. Bis jetzt hatte man in Baiern von der Opposition einen sonderbaren Begriff: man verstand darunter, in schönen Reden über die tadelnswerthen Handlungen der Regierung mißfällig sich auszusprechen. Wer dieß gethan und zwar mit starken Worten gethan hatte, der galt für einen tüchtigen Mann, wenn er immer hinterher eben diese Handlungen der Regierung durch seine Zustimmung legitimirte oder wenigstens nicht mit der ihm zu Gebote
171 stehenden Kraft zu verhindern suchte. So wurden in den früheren Sitzungen der Deputirtenkammer über die Noth des Landes, die Verschwendungen der Regierung und die Mangelhaftigkeit des Staatshaushaltes die schönsten Reden gehalten, und doch hatte man nicht den Muth, willkürlichen und budgetwidrigen Ausgaben des Gouvernements die Anerkennung zu verweigern, oder zur Erleichterung des Volkes auf wesentliche Verminderung der Civilliste und des Militäretats zu dringen. Dieß sollte bei der letzten Kammer anders werden. Anstatt unnütze Reden zu halten, dachte Schüler ans Handeln. Er untersuchte daher mit aller Anstrengung den Stand des Staatshaushalts, durchschaute die Manipulationen, wodurch die Regierung die Möglichkeit zur willkürlichen Verfügung über die öffentlichen Fonds sich verschaffte und entwarf sodann den Plan, den Staatshaushalt dauerhaft zu ordnen, die Lasten des Volkes wesentlich zu erleichtern und zu gleicher Zeit nicht blos für die zweckmäßige Verwendung der öffentlichen Gelder, sondern auch für die Aufrechterhaltung der constitutionellen Rechte der Staatsbürger schützende Garantien zu schaffen. Zu diesem großartigen Zwecke mußten mit Zuverläßigkeit folgende Mittel führen: 1) Das Aufsichtsrecht der Stände über die Verwendung der Staatsgelder ist von einer leeren Form in eine lebendige Realität umzuwandeln, daher davon ein wirksamer Gebrauch zu machen und der Beweis zu liefern, daß die Nichtanerkennung irgend einer Ausgabe von Seite einer Kammer allein diese Ausgabe als ungebührlich darstellt und die Verantwortlichkeit der Regierung hervorruft: diese Responsabilität muß dann, so weit sie sich nach den Begriffen des Civilrechts über MandatsVerhältnisse erstreckt, mit allem Nachdrucke verfolgt werden, um von willkürlichen und widerrechtlichen Verfügungen über öffentliche Fonds abzuschrecken. 2) Zur Erleichterung des Aufsichtsrechtes der Stände muß in das Budget Klarheit, Ordnung und Präcision gebracht, namentlich die Art und Weise, wie die Verwendung der Staatsgelder zur Beförderung der öffentlichen Zwecke erfolgen müsse, mit Sicherheit festgesetzt werden. 3) Um in der Belegung mit Staatslasten eine Gleichheit hervorzubringen und die Modalität der Steuererhebung den individuellen Verhältnissen der Pflichtigen anzupassen, sind die Staatslasten nach Verhältniß des Vortheils, welchen jeder Kreis aus den öffentlichen Anstalten zieht, zu vertheilen, und die Steuererhebung sodann nach Maßgabe der besondern Verhältnisse des Kreises zu moduliren. 4) Die Ausgaben für Centraizwecke müssen in Rücksicht auf den Zustand des Landes auf das dringendste Bedürfniß zurückgeführt, insbesondere der Militair-Etat und die Civilliste wesentlich vermindert werden. Alle Bauten der Regierung, wofür kein dringendes Bedürfniß spricht oder eine Zweckmäßigkeit wenigstens nach Lage der Umstände nicht einzusehen ist, sollen für unnütz erklärt, daher für die Zukunft eingestellt und in Ansehung der Vergangenheit der Regierung zur Verantwortung (nämlich Ersatz der aufgewendeten Kosten), heimgewiesen werden. 5) Gelder des Volkes und Staates können nur auf öffentliche Institute, also in Ansehung des Militairs, nicht auf ein Privatheer des Königs oder wessen sonst, sondern nur auf ein
172 Heer des Staates verwendet werden: das Militairbudget, welches die Kammern verfassungsmäßig zu votiren haben, kann daher nur dann auf die gegenwärtig in Baiern bestehende Armee ausgegeben werden, wenn dieselbe in ein Heer des Staates verwandelt sein, daher deren Führer den Verfassungseid geleistet haben werden. 6) Alle Beschlüsse und Einrichtungen der Stände, sie mögen noch so zweckmäßig und wohlthätig sein, sind unnütze Versuche zur Beförderung des Volkswohles, wenn die Regierung das Gesetz nach Willkür nngestraft verh öhnen und verletzen kann. Letzteres ist aber in Baiern der Fall. Es sind daher Garantien nothwendig, daß Handlungen dieser Art nachdrücklichst geahndet und ihre Urheber der Strenge der Gesetze, sowohl in Ansehung der civilals der strafrechdichen Folgen unnachsichdich überliefert werden. Bevor also die Deputirten des Volkes über die Mittel für das Budget berathen, ist nothwendig, daß die Regierung für den Schutz aller constitutionellen Rechte der Staatsbürger und für pflichtmäßige Vollziehung der von den Ständen über den Staatshaushalt zu [f] assenden Beschlüsse vorerst wirksame Bürgschaften ertheile. Möge daher die Regierung vorher die Gesetzentwürfe über solche Garantien vorlegen, ehe die Deputirten des Volkes über das Budget berathen. - Wäre dieser Plan durchgeführt worden, so war sowohl der moralische als auch der materielle Zustand des Landes durchgreifend verbessert. Denn die Verminderung der Civilliste um Eine Million und des Militäretats um 1,700,000 fl., deren Möglichkeit und Nothwendigkeit Schüler nachgewiesen hat, dann wesentliche Einschränkungen in andern Ausgabspositionen hätten in Verbindung mit den enormen Summen, zu deren Ersatz die Minister und wegen civilrechtlicher Haftungs-Verbindlichkeit selbst das Staatsoberhaupt gesetzlich verpflichtet waren, die Mittel geliefert, außer dem Nachlasse an der Grundsteuer auch das verderbliche Lotto aufzuheben und verschiedene andere, vorzüglich drückende Lasten des Volkes zu mildern. Zweckmäßige Ausscheidung der Staatslasten unter die Kreise hätte ferner neben einer größern Gleichheit der Belegung auch den unschätzbaren Vortheil einer natürlichem und ungleich weniger fühlbaren Erhebungsweise der Steuern herbeigeführt. Außerdem wäre der Verkehr von seinen hemmendsten Fesseln befreit und den Verhältnissen der Natur näher gebracht worden. In moralischer Hinsicht mußte die Durchführung jenes Planes den Staatsbürgern die Wohlthat gewähren, daß die Prinzipien der Verfassung von leeren Formen in lebendige Realitäten umgewandelt und unter jenen Schutz gestellt worden wären, welchen bei einem wirksamen Gesetze über die strafrechtliche Vera ntwortlichkeit der Minister und die civilrechtliche Responsabilität des Staatsoberhaupts die jährliche Versammlung der Kammern zu gewähren vermag. Kurz die Bevölkerung Baierns würde zu dem Zustande politischer Mündigkeit emporgehoben worden sein. Es war in der That möglich, diesen erhabenen Zweck zu erreichen; ja eine zeitlang war es sogar wahrscheinlich, daß er erreicht werden würde. Daß er später dennoch gänzlich verfehlt wurde, ist den Männern der sogenannten Mäßigung und unter ihnen vorzüglich Herrn Culmann zur Schuld zuzurechnen. Diese haben dem Lande mehr geschadet, als alle Rudharte, Seinsheime, Jäger, Foliot, von der Tann,
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173 Weinzierl, Krämer, Clar, Faßmann, Schrenk, Dippel und andere Jünger des Servilismus und des göttlichen Rechts. Der Beweis dieser Thatsache soll morgen in dem vierten Artikel geliefert werden.
Tages-Chronik. Spanien. Madrid, 12. Jan. Unsere Regierung ist entschlossen, dem Ursurpator in Portugal jede Hülfe zu leisten, die in ihrer Macht steht; sie glaubt dieß wegen Verwandtschaft der Interessen ihrer eigenen Sicherheit schuldig zu sein. - Die Geistlichkeit war in ihrem Eifer gegen Frankreich und dessen neuen Institutionen in jüngster Zeit etwas erkaltet, allein nun hat auch sie wieder neue Schwungkraft erhalten in dem Streben nach Unterdrückung der menschlichen Vernunft. Der Fanatismus der Priester ist insbesondere in Gallizien wieder auf's Höchste gestiegen. - Vermöge einer Ordre des Kriegsministers sind alle Officiere, welche Urlaub hatten, angewiesen worden, längstens in einem Monate bei ihren Corps sich einzufinden, widrigenfalls sie ihrer Function entlassen würden. England. London, 19. Januar. Noch vor Kurzem war die Ueberzeugung allgemein, die neuen Pairs würden vor dem Wiederbeginn der Parlamentssitzungen ernannt werden. Diese Hoffnung beruhte aber, wie so viele früheren, blos auf Täuschung. Heute behauptet man, daß gar keine Pairsernennung stattfinden würde. Der Grund soll darin liegen, daß viele Lords, welche für die Reform gestimmt haben, für den Fall der Ernennung neuer Pairs zur Opposition überzugehen gedroht haben. Wie unter solchen Verhältnissen die Reformbill durchgeführt werden soll, begreifen wir nicht. - Der Courier bleibt trotz aller Widerlegung fest bei der Behauptung stehen, daß sowohl Rußland als Oesterreich erklärt hätten, den Conferenzvertrag nicht zu genehmigen. Das einzige, was er einräumt, ist, daß diese Erklärung auf die am 15. d. M. erwartete Ratification Bezug gehabt hätte. Da nun bis zum 31sten der Zustand der Dinge sich nicht verändern könne, so sei auch bis dahin kein anderer Entschluß zu erwarten. — Die Auswanderung der Schottländer nach den Colonien Amerikas nimmt noch immer zu. Die Zahl derjenigen, welche sich seit ungefähr einem Monat im hiesigen Bureau der Colonien gemeldet haben, ist ungeheuer, und deutet auf ein Elend in Schottland hin, welches früh oder spät durch eine heftige für England feindselige Erschütterung endigen muß. Frankreich. Paris, 21. Januar. Die Gewaltthätigkeiten gegen die Presse vermehren sich täglich in einer solchen Weise, daß wir durch deren Aufzählung unsere Leser nur ermüden würden. Gestern wurde die Tribune zum 33sten Mal mit Beschlag belegt, und zwar wegen eines aus der Augsburger allgemeinen Zeitung gezogenen Artikels über Ludwig Philipp. — Auch Lyon hat gegen die Bezeichnung „Unterthanen" protestirt. Ueberhaupt regt sich sowohl in der Hauptstadt, als in den Provinzen ein besserer Geist. Mancher Anhänger des Juste-Milieu kommt zur Erkenntniß. Allgemein aber sieht man ein, daß der gegenwärtige Zu-
stand der Dinge nicht fortbestehen könne. Das durch Herrn Lafitte bekannt gemachte Deficit von 492 Millionen muß den aufgeregten Gemüthern eine bestimmte Richtung geben. Herr Perier behauptet zwar, es belaufe sich nur auf 300 Millionen, allein ob 300 oder 492 ist in der Hauptsache gleich, da der Nachtheil weniger in dem Deficit selbst, als in dem immer mehr verschwindenden Credit liegt, der natürlichen Folge gerechten Mißtrauens. - Die Opinion rief gestern ihren Lesern zu: „zwischen dem Grab des Absolutismus und de r Wiege der Freiheit sei ein Abgrund: das Volk, welches vor diesem Abgrund zurückschrecke, sei unfähig, seine Fesseln zu brechen." Heute spricht sie noch entschiedener, indem sie sich auf eine Stelle von Lord Byron bezieht, des Inhalts: „Die Fürsten wollen mit den Völkern Krieg führen, sie werden am Ende geschlagen werden, die Zeiten der Könige nähern sich ihrem Ende, das Blut wirdfließen wie Wasser, die Thränen wie Regen. Die Völker werden Sieger sein. Ich werde nicht so lange leben, um es selbst zu sehen, aber ich sehe es voraus!'' — Die bevorstehende Invasion Oesterreichs in Italien erregt große Sensation. Unsere Minister sind einstimmig entschlossen, die Besetzung dieses Landes zuzugeben, nur beunruhigt sie die große Anzahl von Truppen, welche dazu verwendet werden sollen. — Während Herr Perier sich alle Mühe giebt, den General Saldanha von der Expedition Don Pedros entfernt zu halten, wendet er alles auf, die Polen zur Theilnahme an derselben zu veranlassen. — Auch in Frankreich kommen die Sendschreiben in die Mode. Die heutige Tribune enthält ein solches von Seite ihrer Redaktoren an die in Hamm verhafteten Exminister. Dasselbe scheint aber mehr an die jetzt regierenden Minister gerichtet zu sein, in der Absicht, ihnen bemerklich zu machen, daß bei einer Umwälzung ein noch schlimmeres Loos ihrer harren würde. Paris, 21. Januar. Nachmittags. Man erwartete heute irgend eine karlistische Bewegung wegen der Jahresfeier des 21. Januars. Wir haben diejenigen Kirchen besucht, welche als Heerd der Unruhen bezeichnet waren, nirgends aber auch nur eine Spur von einem Auflaufe gefunden. Die Karlisten scheinen zur Erneuerung der Thorheiten des 13. Februars nicht mehr geneigt zu sein; allein wir besorgen, daß es in den Departementen nicht eben so ruhig bleiben wird. - Unter die interessanten Erscheinungen gehört gewiß jene, daß auch ein Fürst ohne Land die angebornen Neigungen des Despotismus nicht zu beherrschen vermag. Don Pedro hat dem General Pizarro eröffnen lassen, daß derselbe keinen Theil an der portugisischen Expedition nehmen dürfe. Wollte er sich in Ländern, die Don Pedro erobern werde, blicken lassen, so würde er augenblicklich verhaftet und in gerichtliche Untersuchung gezogen werden. Don Pedro thut gewiß sehr wohl, seinen wahren Charakter jetzt schon zu zeigen, und durch die Entfernung Salhandas und Pizarros die Gemüther der Portugiesen gegen sich zu erbittern. - Wir ziehen uns aus diesem nur die Lehre ab, den Königen fällt es nicht einmal im Traume ein, andere Zwecke zu befördern, als die ihres herrschsüchtigen Ichs.
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175 Landstuhl, 22. Januar. Gestern gegen Mittag traf die erste Colonne der tapfern Polen hier ein, und wurde, da man in der Ungewißheit ob sie hier halten würden, für Quartiere nicht gesorgt hatte, im Gasthofe zum Rheinicreise bestens bewirthet. Ein jedes Haus beeilte sich, Vorräthe von Lebensmitteln dahin zu bringen, und des Abends wurde in einer halben Stunde eine Rechnung von 67 fl. für Getränke durch freiwillige Beiträge bezahlt. Die heute hier eingetroffene Abtheilung von 102 Mann war vor ihrer Ankunft in die besten Häußer zur Verpflegung vertheilt. Ein jeder Hauswirth nahm die ihm willkommenen Gäste auf dem Platze, wo sie, unter dem Donner der sie vom Schloßberge begrüßenden Böller, abstiegen, in Empfang, und begleitete dieselben auch wieder Arm und Arm dahin zurück. Mehrere Einwohner, die sich nicht auf der Liste der freiwilligen Quartierträger befanden, unter andern die Handwerker Bäcker, Most und Eislein, ließen sich die Ehre nicht nehmen, einen dieser tapfern Streiter für Freiheit und Vaterland zu bewirthen. Dadurch entstand einige Verwirrung. Ein jeder fürchtete weniger oder keinen zu erhalten, und rührend war's zu sehen, wie die auf drei Wagen ankommende letzte Abtheilung schon vor der Stadt angehalten und von den sich um sie streitenden übrigen Einwohnern, die sich zu ihnen auf die Wagen schwangen, im Triumph weggeführt wurde. An diesem herzlichen Empfang nahm allein der Herr Pfarrer Weber nicht Antheil. Ihm waren zwei Mann zugetheilt. Er unterschrieb zwar gestern Abend, äußerte jedoch, diese Polen hätten sich gegen ihren Herrn und Fürsten nicht empören sollen. Diese Aeußerung war den hiesigen Polenfreunden schon genug. Es bedurfte der heute erfolgten schriftlichen Entschuldigung des Herrn Pfarrers nicht, daß er wegen Amtsgeschäften sich mit der Bewirthung der Polen nicht abgeben könne, denn schon war sein Name auf der Liste gestrichen, und er wird es bleiben. Ihm werde nicht die Ehre zu Theil, daß einer dieser edlen Polen seine Schwelle betrete. Wir lassen ihm seine politischen Gesinnungen und appelliren an die öffentliche Meinung, die ihn richten wird. Die Anmaßung des Herrn Pfarrers, er werde die der Kirche gehörenden Böller einschließen lassen, womit heute die Polen begrüßet wurden, werden wir gebührend zurückzuweisen wissen. - Ο du heilige Congregation! Wir bitten den Herrn Redakteur der deutschen Tribüne, dieser unserer freimüthigen öffentlichen Erklärung ein Plätzchen in seinen Blatte zu gönnen. Er wird es der edlen Sache wegen thun. Die Polenfreunde Landstuhls. N. S. So eben erhalten wir durch unsern Correspondenten die Nachricht, daß dem Herrn Pfarrer Weber in der Nacht die Fenster eingeschlagen wurden. D. R. A n die Polenfreunde. So eben trifft die officielle Nachricht ein, daß die Marschroute für die nach Frankreich ziehenden Polen abgeändert worden ist. Die Colonnen gehen nun über Speyer Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
nach Straßburg. Wir setzen die Freunde der unglücklichen Helden davon in Kenntniß, um wegen der weitern Unterstützung derselben ihre Maßregeln ergreifen zu können. Zugleich appelliren wir noch einmal an die Sympathie unserer Mitbürger für die große Sache, und bitten um Erneuerung der Beiträge an das Polen-Committe zu Zweibrücken. Homburg, 24. Januar 1832. R. d. d. [T], A V I S . Vente par Licitation. De quatre beaux corps de biens, dependant de la succession de feu la Dame Creutzer, situes dans l'arrrondissement de Sarreguemines (Moselle). Adjudication definitive. Le lundi 13. Fevrier 1832, ä 9 heures du matin ä Wolmünster, en la maison dite le chateau. 1) De la ferme situee ä Wolmünster, chef-lieu de canton, consistant en une belle maison de maitre, avec un jardin y attenant, clos de murs, de la contenance d'environ 40 ares dont partie en bosquets; d'une maison de fermier, d'ecuries ä chevaux, etables, remise, engrangements, hangar, distillerie, rangs de pores, cour et autres dependances; en 46 hectares 80 ares de terres labourables pour les trois saisons, douze hectares de pres et vergers et un hectare quarante ares de bois taillis. Le lundi 27. Fevrier 1832, ä neuf heures du matin, ä la maison de ferme de Guising. 2) De la cense de Guising, commune de ce nom, canton de Rohrbach, consistant en une belle maison pour le logement du fermier engrangement, ecuries, etables, distillerie, jardin, cour et autres dependances; en 28 hectares 75 ares de terres labourables pour les trois saisons, et en 19 hectares de pres et vergers, le tout ä la proximite des bätiments de la ferme. Le jeudi 8. Mars 1832, ä dix heures du matin, ä la ferme de Dorst, commune de Walschbronne. 3) De la cense de Dorst, situee au dit lieu, consistant en deux maisons de fermiers, vastes engrangements, ecuries ä chevaux, etables, distillerie, huilerie, cour, jardins, et autres dependances; en 104 hectares de terres labourables pour la totalite, et en trente et un hectares quatre vingts ares de pres. Le 10. Mars 1852, ä dix heures du marin, ä la maison de ferme de Rolving. 4) De la ferme situee en la dite commune, consistant en maison de fermier, engrangements, ecuries, etables, bergerie, distillerie, jardin potager et autres dependances; en 95 hectares de terres labourables pour la totalite et en onze hectares 75 ares de pres. L'adjudication de la cense de Guising sera faite devant Me. Knöpfller, notaire ä Rohrbach, et celle des autres biens devant Me. Germain, notaire ä Wolmünster, oü les curieux pourront prendre communication du cahier des charges. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Donnerstag.
Tribüne. des
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Preußens Schuld und Verderben. Nicht selten vergleicht man unsere Zeit mit jener vor der großen Völkerwanderung; und wenn dieses Gleichniß auch hinkt wie jedes andere, so ist es doch in manchen Punkten treffend. Denn wir leben in einer Zeit, in welcher so Viele wissentlich und unwissentlich sich bemühen, die Fundamente des Völkerglückes zu untergraben; in welcher, wie zu den letzten Zeiten des römischen Reiches, im Leben der Staaten eine Schwäche einzutreten im Begriffe ist, die es einem Barbarenvolke leicht machen könnte, uns alle in Sclaverei zu werfen. Der Unterschied ist nur der, daß die Schwäche unserer Zeit nicht, wie die jener, aus der zunehmenden Erbärmlichkeit und Ohnmacht der Regierten, sondern einzig aus allzugroßer Uneinigkeit und gegenseitiger Abtrennung der durch einerlei Bildung und Interesse natürlich auf einander angewiesenen Völker entspringt. Der übrige Theil des Gleichnisses paßt ganz, denn den Attila unseres Jahrhunderts sehen wir in dem Selbstherrscher der Scythen mit seinen Horden. Es ist eine eigene höchst merkwürdige Erscheinung, daß in einem Zeitalter, das sich das constitutionelle nennen möchte, das, wenn der Schein nicht trügt, zu einer nie gesehenen Großjährigkeit herangereift ist, der Antipode dieser «institutionellen Größe, das absolutistische Rußland, ein so ungeheures Gewicht in die politische Waagschale werfen kann oder darf. Die Frage, woher dies komme, ist nicht schwer zu lösen. Das gänzliche Mißkennen des eigenen Vortheils von Seiten mehrerer europäischen Staaten ist allein schuld daran, und als Repräsentanten aller dieser Schuldigen nennen wir Preußen, welches leider derjenige Staat ist, der sich am störrischsten bezeigt gegen den Gang der Zeit, indem er das constitutionelle Prinzip am hartnäckigsten bekämpft. Würde Preußen dies nur zu seinem eigenen Verderben thun, so könnten wir seiner Verblendung ruhig zusehen und rufen: Fahre hin! Da aber das Wohl von ganz Europa Gefahr läuft, an jenem zeitwidrigen Streben Schiffbruch zu leiden, so können wir nicht gleichgültig mit ansehen, wie Preußen der großen Schlange im Osten in den Rachen fliegt. Preußen und alle übrigen russisch gesinnten Kabinete des gebildeten Europas scheinen schwerlich aus der ganzen Völkergeschichte sich die Lehre abgezogen zu haben, daß der Tod aller Staaten und aller Civilisation von daher droht, von wo ursprünglich die Bildung zu uns herüber gewandert
Vaterlandes.
Homburg, den 26. Januar 1832.
ist — von Osten. Von Osten her sehen wir durch die ganze Geschichte einen gespenstigen Arm herausragen, dessen schwere Hand sich auf ein Land um das andere legt; von Osten her scheint seit der ältesten Geschichte eine allmähliche Versumpfung und Versandung sich zu verbreiten; von Osten kamen stets in den blühendsten Zeiten die Barbarenhorden, um die Civilisation wieder auf Jahrhunderte zurückzuwerfen. — Aehnliche Ursachen lassen auf ähnliche Folgen schließen, und wenn das oben berührte Gleichniß richtig ist, so haben wir eine Demolirung unseres ganzen geistigen und staatlichen Lebens von Rußland her als wahrscheinlich zu gewärtigen. Man wird dagegen einwenden wollen, was oben schon berührt ist, daß wir unsere Zeit noch lange nicht deprimirt haben bis zu jener Niederträchtigkeit, welche die Zeit Attilas charakterisirt. Wohl! ja noch mehr zugestanden! Es läßt sich sogar behaupten, daß fur civilisirte Staaten von bedeutender Größe von barbarischen Völkern nie etwas zu fürchten sein wird, so lange jene ihre moralische Kraft noch besitzen, und diese sich eine solche noch nicht in hinreichendem Maaße gewonnen haben. Dieß beweist jedoch nichts gegen die vorige Behauptung. Denn für das nichtrussische Europa ist von Rußland nur so lange nichts zu fürchten, ist Rußland nur so lange gleichgültig, als es nicht zu einer höheren moralischen Macht sich emporgearbeitet haben wird. Allein, sobald Preußen und die mit ihm sympathisirenden Kabinette sich auf die Seite Rußlands hinneigen: so dürfen wir annehmen, daß diese Unterstützung fur Rußland denselben Nutzen und Erfolg habe, als eine bedeutend gesteigerte moralische Macht im eigenen Volke. Dies ist es, was die, an sich nicht in Anschlag zu bringende, kolossale materielle Macht Rußlands für das übrige Europa so furchtbar macht. Preußen, in den alten Absolutismus eingewurzelt, fürchtet den Westen, den Heerd des konstitutionellen Bürgerthumes, das sich freilich nicht mit seinem Systeme verträgt, und glaubt sich deswegen an den Erzabsolutisten anschließen zu müssen, statt daß es sich vielmehr vor diesem fürchten und bedenken sollte, welche Zukunft es sich durch seine jetzige Politik bereitet. Für Rußland nämlich wird dieses Bündniß von nicht zu berechnendem Nutzen sein, fur Preußen von eben so großem Schaden. Oder ist das preußische Kabinet so verblendet, zu glauben, es werde künftig die Präponderanz in diesem Bunde erhalten? Es sehe sich vor! Rußland wird es gebrauchen, bis die Zwecke der unbegränzten Herrschsucht befriedigt sein werden; ja Preußen, das Werk-
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179 zeug Rußlands, wird seine Selbstständigkeit verloren haben, noch ehe jene Zwecke erreicht sind, es wird sie verloren haben auch wenn sie gar nicht erreicht werden, und mit Recht. Wenn Europa sich vor einem ungeheuern Rückschritte sichern will, wenn die Fürsten sogar ihre Selbstständigkeit, ja ihre Throne behaupten wollen: so muß die Politik von ganz Europa die sein, ein allgemeines Bündniß gegen Rußland zu bilden, was auch ohne besonderes Uebereinkommen dadurch geschehen kann, daß man Rußland gleichsam isolirt stehen läßt. Dann, und nur dann kann und wird Rußland sobald nicht wagen, einen großen Plan zu hegen. — Sofern Preussen dies nicht bedenkt, so wird es eine ungeheure Schuld auf sich laden, denn dann ist es mehr als wahrscheinlich, daß es bald zum offenen Kampfe komme; und dieser Kampf darf gerade jetzt noch nicht beginnen, wenn Europa nicht unendlich verlieren soll. Es ist der Kampf zweier Prinzipien, und wir fürchten, das russisch-absolutische könne im Vortheile sein, gerade weil es jetzt noch einen Stützpunkt findet, wenn auch nur in dem Schwanken derjenigen Staaten, welche einen natürlichen Abscheu zeigen gegen das constitutionelle Prinzip. Jetzt, wo das Wort Constitntion in dem gebildeten Europa noch so viele Widersacher findet, sind die Redlichen in dieser Zersplitterung noch nicht stark genug, dem nordischen Kolosse zu widerstehen, falls seine materielle Kraft unterstützt wird durch Staaten, die überdies die ihm mangelnde moralische Kraft zu ersetzen im Stande sind. (Ein solcher Ersatz, eine solche Unterstützung bleibt es selbst in dem geringsten Falle, wenn blos der unausbleibliche Zwiespalt in den Ansichten der übrigen europäischen Staaten herbeigeführt wird.) Gestützt auf Preußen und die seiner Politik folgenden übrigen Mächte und Staaten, dürfte also Rußland den Kampf mit dem constitutionellen Europa wagen, und vielleicht mit Glück durchführen. Allein wir geben Preußen nochmals zu bedenken, daß es am ersten seine Selbstständigkeit geopfert, und dabei die entsetzlichste Schuld auf sich geladen haben wird. Möge es sich lieber zu dem constitutionellen Europa hinwenden, wenn noch eine gesunde Ader in seinem verpesteten Kabinette zu fliessen im Stande ist; denn wenn es dies nicht thut, so falle der Würfel wie er wolle, Preußen ist verloren, und mit Recht.
Wo ist der deutsche Bund? Jahrelang wußte man in Deutschland nur bei Annäherung der Badferien, oder bei ausserordentlichen diplomatischen Diners (die ordentlichen wurden nicht bekannt gemacht), oder wenn einmal Herr Schreiber eine zehnte oder zwanzigste Vorstellung fur die unglücklichen Domainenkäufer einreichte, daß es einen deutschen Bund gäbe. Kammergericht, Kammergericht! du elend gestorbenes, du hast ein böses Beispiel gegeben! Als aber die Luxemburgische Frage in London behandelt wurde, da dachte man allerwärts: „Nun wird sich unser Bund einmal zeigen." Unser Bund? Der deutsche Bund? Ich wollte sagen der Bund der deutschen Diplomaten in Frankfurt! Aber er zeigte sich nicht. Wundert euch darüber nicht, er hatte wichtigere Dinge zu thun. Die
Presse wollte mehr Land abreißen, als das Bischen war, was man mit 180,000 Luxemburgern Belgien geben wollte. Aber ist denn Oestreich und Preußen der deutsche Bund? Gehört Baiern, Baden, Würtemberg, der Großherzog von Luxemburg nicht zum deutschen Bunde? Was geht es euch an, wenn sie nicht dabei sein wollen! Genug, der deutsche Bund trat ab. Will uns nicht einmal Herr Rufs, Geschichtsforscher in Berlin, wieder sagen, das wievielste Mal dies ist seit Ludwig dem Frommen, daß das teutsche Volk - Reich, rheinischer Bund, Volk, deutscher Bund — Abtretungen an fremde Völker macht? Wo war der deutsche Bund bei dem jusqu a la mer, bei Polen, bei der Freiheit des Binnenhandels, bei Einführung der landständischen Verfassung in allen Bundesstaaten, bei der versprochenen Preßfreiheit? Er war in Frankfurt sage ich, wenn er nicht im Bade, oder verlegt war! Aber jetzt bleibt er beisammen, er berathet das Preßgesetz. Wenn wir halb so lang warten müssen, bis wir ein Preßgesetz bekommen, wie wir gewartet haben, um keines zu bekommen, so fürchte ich, daß der deutsche Bund es nicht mehr erleben wird; denn was wird aus dem deutschen Bunde werden, wenn es einen Continental-Krieg giebt; wenn Frankreich, um sich Bundesgenossen zu werben, Cannings Worte an die Massen richtet, wenn die konstitutionellen Staaten zwischen die großen autokratischen Reiche und die großen Repräsentativ-Staaten gekeilt werden? Werden die Völker, wenn ihnen doch ihre Verfassungen, ihre Gränzen, und endlich ihr Wohlstand, ihre wenn auch nur scheinbare Unabhängigkeit ganz genommen werden sollen, nicht sich lieber südlich zur warmen Sonne, als nördlich zur Erstarrung des Winters wenden? Werden Amnestien, Proklamationen, welche beim Frühling schmelzen, so verführerisch wie früher sein?
Β a i e r n. Nimmt man die Kammer von 1831 als politische Musterkarte von Baiern an, so wohnt der Liberalismus, Ausnahmen abgerechnet, nur in drei Kreisen, und diese nehmen unter sich folgende Rangordnung ein: 1) Rezarkreis, 2) Rheinkreis, 3) Untermainkreis. In den zwei altbaierischen Kreisen, dem Isar- und Unterdonaukreis herrscht die treuherzige offene alte Art, jedoch entwürdigt durch den niedrigsten Bedientengeist. Clar und Seinsheim haben diesen Geist repräsentirt. Muz vom Unterdonaukreise machte indessen eine Ausnahme von der Regel: er ist eine wahre Perle des Volksthums. Ein biederer ächter Altbaier ist ein Mann, den man achten und lieben muß, nichts ist schlecht an ihm als seine Einsicht; verbessert diese, und ihr werdet erstaunen, welche Kraft auch aus Baiern (und selbst aus Oesterreich), wie schon lange aus Schwaben, über Deutschland ausströmen wird. Die Gautinger Adresse, so gemein und strafwürdig sie ist, mag erfunden sein von Hofdienern, aber sie ist dem Verstände der altbaierischen Bauern gemäß. Sie mögen unter Preßfreiheit wohl wie jener Rheinländer die Moststeuerfreiheit verstehen, aber wissen sie einmal, daß die Stände die Steuern ermäßigen wollten, so werden sie dieselben nicht mehr fortjagen wollen. - Wer seiner Ueberzeugung folgt,
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ist ein Ehrenmann; sie mag vielleicht nicht klar, nicht richtig, nicht klug sein, aber dieß thut der Willenskraft keine Unehre an, sondern nur dem Verstände. Dieß ist bei den Altbaiern der Fall; sie sind ehrlicher, offener, willenskräftiger als alle andern, aber ihr Verstand ist um hundert Jahre zurück, das haben sie den lieben Mönchen und dem dreißigjährigen Kriege wohl zu danken. Am tiefsten an Willenskraft und fast auch an Verstand steht der Regen- und Oberdonaukreis. Der Servilismus ist hier nicht Treue, Gewohnheit, Unwissenheit, er ist Faulheit bei dem Armen, Egoismus und Berechnung bei dem Reichen. Wie überall gehen hier die ehemaligen Reichsstädte voran - Nürnberg vielleicht ausgenommen, es hat zu viel fränkische Kraft in sich. Augsburg kann halb Baiem mit Servilität versorgen*). Sie ist dort Waare, wie es in einer Handelsstadt sein muß. Da wird alles benützt, um Servilität zu zeigen. In Wirthhäusern hört man von Offizieren religiöse Systeme behandeln, und Zelotismus über Dichtungen üben. In der Nähe Augsburgs ist ein Garten, woran folgende Aufschrift ist. „Hier wird nach den vortrefflichen Verordnungen der königlichen Regierung der Dung bereitet." Sogar die Dungstätte mußte also zum Lobvehikel dienen. Ich sann über diesen Servilismus nach, der sich fast in allen Reichsstädten zeigt, nachdem ich diese plausible Aufschrift gelesen hatte, und fand als Grund die Enge ihrer Mauern. Wie die freie Biene über der kriechenden Ameise, und der gesellige Bieber über der Biene in seinem höhern Staat steht, so wird auch des Menschen Geist größer, wenn sein Land sich vergrößert und sein Staat sich erhöht. Es geht den Menschen im Staate, wie in der Familie, ein Hagestolzer wird kleinlich, wie eine Reichsstadt, aber ein Vater zahlreicher Kinder wird groß, wird lebensfroh wie seine Knaben, und wär' er noch so arm. Ach! dachte ich, was giebt's noch so viele Bienenstöcke in Deutschland. - Aber doch nur vier Ameisenhaufen! Haben wir auch ein Lichtenstein und Lichtenberg, ein Anhalt und Reus, so könnten und sollten sich doch alle in Deutschland wiederfinden, hierin sich vergrößern und durch Einigkeit verstärken!!! Tages-Chronik. Frankreich. Vor einiger Zeit war das Gerücht verbreitet, der Kaiser von Rußland habe von Frankreich als Bedingung eines guten Einverständnisses die Unterdrückung der freien Presse verlangt. Wenn man die Gewaltthätigkeiten überblickt, welche seit jener Zeit gegen die Presse ausgeführt wurden, so kann man an der Geneigtheit unsers Ministeriums nicht zweifeln, jedes Gefühl von Schaam bei Seite zu setzen, um so einen entwürdigenden Frieden zu erkaufen. Bald wird sich's jedoch zeigen, daß alles umsonst war und daß der Frieden in unsern Verhältnissen nur durch Krieg dauerhaft gegründet werden kann. - Alle Journale beschäftigen sich mit der italienischen Angelegenheit. Sogar der Constitutionen, welcher in der letzten Zeit ganz ministeriell geworden ist, ruft aus: »ein französisches Ministerium, welches einen zweiten Einfall der Oesterreicher in der *) Ausnahmen beweisen die Subscriptionen in Augsburg für die freie
Romagne zugeben würde, ohne darin eine Kriegserklärung gegen Frankreich zu erblicken, würde die Ehre und die Zukunft der Juli-Monarchie compromittiren, und ohne Gefahr das Staatsruder nicht mehr führen können.« Es ist aber dem Constitutionen damit nicht so ernst, denn schon bei der ersten Invasion hat er sich auf gleiche Weise ausgesprochen, und als die Besetzung wirklich vor sich ging, konnte Niemand auch nur die geringste Störung in seinen freundschaftlichen Verhältnissen mit dem Ministerium finden. — Der Courier des Electeurs schließt einen langen Aufsatz mit der Bemerkung: so war es denn der Juli-Revolution vorbehalten, die absolute Suprematie Oesterreichs über ganz Italien mehr als jemals zu sichern. - Die Opinion sagt, es handle sich diesmal nicht um eine bloße Frage über Prinzipien, sondern um eine Frage über persönliche Interessen. Nachdem Frankreich alle seine Alliirten verloren habe, und seine Gränzen gegen Norden offen stünden, sollten sie nun auch gegen Mittag geöffnet werden, und das einzige Volk, welches bei Ausbruch eines Kriegs sich als unsern Alliirten hätte erklären können, soll zum voraus und mit unserer Zustimmung unterdückt werden. Ο ewige Schande. In dem Zustande von Herabwürdigung, in welchen uns der Juste-Milieu versetzt, kann keine Nation mehr sich mit uns befreunden. Paris, 22. Januar. Der gestrige Tag ging ruhig vorüber, weil die Polizei ganz außerordentliche Maßregeln ergriffen hatte. In jedem Viertel von Paris war ein Bataillon der Nationalgarde aufgestellt. Dieselben Befehle sollten in alle Theile der Provinzen gesendet werden. Man wollte indessen den 19. Januar abwarten, weil an diesem Tage die Pairs über den hierauf Bezug habenden Gesetzes-Entwurf berathen sollten. Die Pairs parirten aber nicht, das Wetter war inzwischen neblicht geworden, und der Telegraph konnte seine Dienste nicht leisten. Die Befehle kamen also nicht in die Provinzen. Nun ist man sehr gespannt auf das was sich dort zugetragen haben wird. — Oesterreich steht auf dem Punkte in Italien einzufallen. Metternichs Plan dürfte wohl dahin gehen, sich dieses Landes für den Fall eines Krieges mit Frankreich zu bemächtigen. Er zögert daher mit der Besetzung nur so lange, bis die belgische Angelegenheit bricht. Auch Preußen scheint mit bewaffneter Macht in die Grafschaft Neuchatel eindringen zu wollen, um Frankreich im Falle des Krieges selbst von dieser Seite angreifen zu können. — Schon seit so langer Zeit wird an der Expedition Don Pedros gearbeitet. Warum erscheint kein Manifest von ihm? Personen welche nachzudenken gewohnt sind, äußern, Don Pedros Expedition sei nnr eine Demonstration. Eine Landung zu dem Zwecke, um sich mit bewaffneter Macht und im Namen der Donna Maria Portugals zu bemächtigen, läge nicht in seinem Plan, vielmehr dürfte alles durch diplomatische Verhandlungen oder gar durch Protokolle ins Reine gebracht werden. Protokolle sind der Ruhm unseres Zeitalters. Vielleicht würden Frankreich und England mit Don Miguel auf pecuniärem Wege sich abfinden. Unter solchen Verhältnissen mußte wohl Don Pedro die Hülfe des Generals Salhanda ablehnen, zumal da durch diesen Vaterlandsfreund die Pläne Englands und Frankreichs hätten durchkreuzt werden können.
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Der scheidende Pole.
V i n c e n z o
Verfolgt - hab' ich die Gränze überschritten, Doch immer trägt die Sehnsucht mich zurück, Wo ich so viel genossen und gelitten! Auf ewig war's vielleicht der letzte Blick, Und nur der Himmel hörte meine Bitten! — Ο fühltet ihr! was mir zerriß das Herz! Ihr weintet mit und theiltet unsern Schmerz!
untrügliches Mittel gegen Magen- und Nervenschwäche, unter dem Namen:
NETTARE
NAPOLI
(Göttertrank von Neapel.)
Dies Land! das liebend uns zum Schutz erzogen, Dies Land, das wir mit Liebesgluth gepflegt, Die wir an Mutterbrust schon eingesogen, Die jeder Pole stets im Herzen trägt; Dies Land sinkt rettungslos in Sturmeswogen!! Ο fühltet ihr! wie dies durchbohrt das Herz! Ihr weintet mit etc. etc.
Oeffentliche
Ja! — was der Brust zur Freude je entsprossen, Was theuer uns auf dieser Erde war, Was wir mit Liebe an das Herz geschlossen, Liegt Alles auf des Vaterlands Altar, Für das der Helden Blut im Strom geflossen!! Und - fühltet ihr! was mir zermalmt das Herz! Ihr weintet mit etc. etc. Selbst zarte Hand hat kühn das Schwert geschwungen, Der Säugling ward der Mutterbrust entwöhnt, Weil auch zu ihr der Freiheitsruf gedrungen! — Und all' die Opfer hat kein Sieg gekrönt, Umsonst nur ward geblutet und gerrungenü Ο fiihltet ihr! wie dies zerfleischt das Herz! Ihr weintet mit etc. etc. Doch nein! umsonst ist nie solch' kühnes Ringen, Ein solches Volk! kann so nicht untergeh'n; Dem Phönix gleich — muß es auf Adlerschwingen Aus seiner Asche wieder neu ersteh'n! Ο könnte doch mein Ruf die Welt durchdringen, Daß sies erfahre, was zerriß dies Herz! Ihr weintet mit etc. etc.
Danksagung
zu Gunsten des Nettare di Napoli, gegen Magen- und Nervenschwäche. Obgleich in demjenigen Alter, wo mit Hülfe der Kunst nur wenig zu hoffen ist, und nachdem ich schon seit fünf Jahren die vorzüglichsten Aerzte zu Rathe gezogen, um von den vielfach mich belästigenden Magen- und Nerven-Beschwerden befreiet zu werden, glaubte ich kein Mittel weiter finden zu können, welches meine Leiden nur einigermaßen lindem würde, als mir auf spezielle Empfehlung höchsten Orts das seit langer Zeit mit so ausgezeichneter Wirkung begleitete Nettare di Napoli angerathen wurde. Schon nach einigen Monaten empfand ich die Heilkräfte dieses vorzüglichen Mittels, und nach sechs monadicher Fortsetzung desselben ftihle ich mich in meinem 64jährigen Alter so wohl und munter, daß ich gleichsam neu geboren und mit erhöheten Kräften ins Leben getreten bin. Diese meine mit innigem Dank begleitete Erklärung glaube ich der Oeffentlichkeit schuldig zu sein. Mannheim (im Großherzogthum Baden) imjuni 1831. Magdalena v. Serriere, geb. v. Frank.
Anzeige und Bitte.
Ihr fühlet mit! denn tausend Arme senden Uns Bruderkuß, wo wir vorüberzieh'n; Ihr fühlet mit! dies sagen Eure Spenden, Dies sagt uns laut das liebevoll' Bemüh'n; Dies sagt der Druck von vielen deutschen Händen! — Ja! fühlet mit! Es hebt das arme Herz: Empfindet ihr und theilt ihr unsern Schmerz!
Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
di
Dieses in ganz Deutschland allgemeine Sensation erregt habende, und mit vollem Rechte obigen Namen verdienende Heilmittel, welches durch seine täglich neuen außerordentlichen Beispiele seiner herrlich wirksamen Eigenschaften sich stets mehr und mehr bewährt; bringt der Unterzeichnete zum allgemeinen Wohle in empfehlende Erinnerung. Preis p. Originalflasche 1 Dukaten fix. Briefe und Gelder erbittet franco die Haupt-Niederlage für ganz Deutschland. „ , „ ... „ Can Uaudelius-Razen, in Frankfurt am Main, große Sandgasse K. 163.
Des Vaterlandes Heerd, der Heimath Auen, Sie schwellten stets die Brust mit höchstem Muth; Uns schreckte keine Schlacht - kein Todesgrauen! Bedurft' das Vaterland des Herzens Blut: Mit Zuversicht konnt's auf die Söhne schauen! — Und fühltet ihr! was jetzt durchwühlt das Herz! Ihr weintet mit etc. etc.
J
Verri's
k.
Meinen Verwandten, Freunden und Bekannten in Deutschland und Polen zeige ich an, daß ich mich in Straßburg befinde. Ich bitte Sie daher, Ihre Briefe und Mittheilungen mir, wofern dieselben durch preußisches oder österreichisches Gebiet gehen müssen, mit einer sichern und möglichst schnellen Gelegenheit unter anderer Adresse zugehen zu lassen. Die hiesige Postdirektion ist von meinem jedesmaligen Aufenthaltsort in Kenntniß gesetzt und wird fur die richtige Abgabe der Briefe sorgen. Zugleich ersuche ich alle liberale und recntlichdenkende Redaktionen deutscher Zeitungen diese Anzeige, so schnell als möglich, aufnehmen zu wollen, und glaube der freundlichen Gewährung meiner Bitte versichert sein zu dürfen. Straßburg, 12. Januar 1832. H. Hundt-Radowsky. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Samstag.
Tribüne. des
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Rückblicke auf die jüngste Deputirtenkammer Baierns. Vierter Artikel. Ungeachtet die Zusammensetzung der baierischen Deputirtenkammer den Grundsätzen einer wahren Volks-Repräsentation geradezu widerspricht und obgleich das Wahlgesetz die Berufung tüchtiger Volksorgane fast unmöglich macht, hatte die letzte Kammer der Abgeordneten gleichwohl die Elemente zu einer siegreichen Opposition in sich vereiniget. Sämmdiche unabhängige und aufgeklärtere Deputirte waren von der Nothwendigkeit einer durchgreifenden Umänderung des Regierungssystems durchdrungen. Unter einer guten Anleitung würden wenigstens drei Fünftheile der Deputirten allen Mitteln zur Ueberwindung jenes Systems ihre Zustimmung gegeben, also auch die Vorschläge Schülers mit Beharrlichkeit unterstützt haben. Es war daher die Aussicht gegeben, daß man auf den in dem dritten Artikel (Nr. 21. d. T.) aufgezählten Postulaten bestehen und der Regierung zwischen der Reform der Verfassung und der Auflösung der Kammer die Wahl lassen werde. Der Widerstand des Cabinets gegen die Volks-Interessen mußte zwar zur Auflösung der Kammer fuhren; gerade dieß war aber der Weg, der Volkssache einen entscheidenden Sieg zu verleihen. Denn sobald die Opposition die Mittel, wodurch der Zustand des Landes vom Grunde aus verbessert werden konnte, öffendich nachgewiesen und gezeigt hätte, daß die Regierung der Beförderung des Nationalwohles mit leidenschaftlicher Feindseligkeit sich widersetzt, so würde die öffendiche Stimme das System der Regierung verurtheilt und nicht nur die treuen Freunde des Volkes wieder in die Kammer gesendet, sondern auch diese Legislatur von mehreren Verräthern an der Sache des Volkes gereiniget, also die volksthümliche Opposition intensiv und extensiv verstärkt haben. Der Regierung blieb dann kein Ausweg mehr übrig; — sie mußte nachgeben und die Postulate des Landes bewilligen. Daß die Dinge eine solche Wendung nehmen würden, blieb einem Theile der Minister nicht verborgen. Diese gaben daher den Rath, die zu einer compacten Masse gediehene Opposition zu entzweien und dadurch zu entkräften. Als Mittel zu diesem treulosen Plane wurde die Aufopferung des Ministers von Schenk, die Zurücknahme der Censurordonnanz und die Wiederaufhebung einiger anderer verfassungswidriger Machtsprüche, ζ. B. über die gemischten Ehen, das Conscriptionsgesetz u. s. w. vorgeschlagen.
Vaterlandes.
Homburg, den 28. Januar 1832.
Sobald das Cabinet bewogen worden war, dieses Opfer, wie man sich ausdrückte, der Sache des Volkes zu bringen, um nur die Einigkeit zwischen der Regierung und den Ständen wiederherzustellen, suchten die Minister die bisherigen Häupter der Opposition an sich zu ziehen, indem sie vorgaben, auf eine gemäßigte Parthei der Kammer sich stützen und mit deren Hülfe der Rückkehr des Cabinets zu dem Systeme der Congregation widerstehen zu wollen. Das ganze Resultat des Landtags sollte dann darin bestehen, die Zurücknahme einiger verfassungswidriger Verordnungen bewirkt zu haben. So leicht ein solcher Plan auch zu durchschauen war, so gaben sich Culmann und Seuffert den Ministern dennoch hin. Beide suchten darin das Heil, durch die Unterstützung der sogenannten constitutionellen Minister von Armansperg und von Stürmer die Pläne der Camarilla zu durchkreuzen und einem gemäßigten Regierungssysteme Bahn zu machen. Durch diesen Bund mit den Ministern wurde nun die Kraft der Opposition gebrochen. Kaum hatte die Regierung den Vergleich durch die Entfernung Schenk's und durch die Aufhebung der Censur halb erfüllt, so wurde Herr Seuffert schon gerührt und erklärte in einer Schutzrede für die Regierung über die beanstandeten Ausgabspositionen, daß sein ganzes Vertrauen zurückgekehrt sei. Wie ritterlich er bei der Frage über die Pinakothek von Herrn Culmann unterstützt wurde, sagen die Protokolle der Kammer. Die Parthei der Defektion wurde bei der Verhandlung über die Ausgabspositionen, denen der zweite Ausschuß die Anerkennung versagt wissen wollte, durch die Anstrengungen Schülers, der nun mit aller Kraft an die Spitze der Opposition getreten war, zwar gänzlich besiegt, allein die Reibung zwischen dem Juste-Milieu und der treuen Opposition kehrte bei allen Lebensfragen wieder, machte dadurch die weniger unterrichteten Mitglieder der Opposition irre und führte zuletzt zu dem gänzlichen Zersplittern der Kräfte. Dieß sollte sich nur zu bald zeigen. — Man weiß, daß das gesammte Repräsentationswesen in Baiern auf unnütze Anträge und Wünsche reducirt wird, wenn die Volkskammer nicht das Budget als das Mittel benützt, ihren Forderungen Nachdruck zu geben. Darum hatte Schüler vorgeschlagen, die Berathung über das Budget nicht eher vorzunehmen, bis die Regierung über Reform der Verfassung und Ergänzung der noch fehlenden staatsbürgerlichen Garantien Gesetzentwürfe vorgelegt und solche nach Maßgabe der Beschlüsse der Stände sanctionirt haben würde. Durch die Zurückhaltung des Budgets wäre sowohl der Widerstand der Regierung, als auch der Widerstand der
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187 Aristokraten-Kammer überwunden worden, da letztere durch Cabinetsordren förmlich kommandirt worden ist. Allein die Defection unterstützte diesen Vorschlag Schülers nicht: sie suchte vielmehr denselben zu vereiteln, und so kam es denn daß man in einer geheimen Sitzung beschloß, die Kammer wünsche die baldige Vorlage des Berichtes ihres zweiten Ausschusses über das Budget. Nun war die Sache des Volkes verloren. Alles, was jetzt noch zu erringen möglich blieb, beschränkte sich auf PalliativMittel: - das Prinzip war aufgeopfert. Man konnte höchstens noch einige Ersparungen und dadurch eine kleine Erleichterung des Volkes in den Lasten auswirken; allein der große Zweck der Verfassungsreform und der durchgreifenden Verbesserung des Steuerwesens, durch das von Schüler vorgeschlagene Ausscheidungsgesetz, war vereitelt. Darin liegt die unveranwortliche Sünde der Defection — Seuffert und Culmann - gegen das Volk, daß sie die aus der Tiefe der Verhältnisse geschöpften Vorschläge Schülers, welche zur radicalen Verbesserung der materiellen und geistigen Lage der Nation führen mußten, nicht nur nicht unterstützten, sondern ihnen noch entschieden entgegen handelten. Daher, nur daher kam es, daß der unter den günstigsten Auspicien begonnene Landtag mit einer gänzlichen Niederlage der Opposition endigte - nur daher. Denn hätten Culmann und Seuffert die Anträge der Minister zurückgewiesen, so würde die Regierung weder den Minister von Schenk entlassen, noch die Censur aufgehoben haben, vielmehr immer toller fortgerannt sein, dadurch der Opposition immer größere Kraft verliehen und am Ende sich in eine Lage gebracht haben, wo jeder fernere Widerstand gegen die Nation unmöglich gewesen wäre. Hätten Culmann und Seuffert die Vorschläge Schülers unterstützt, so war und blieb die Opposition eine feste compacte Masse und würde durch Beharrlichkeit alles erreicht haben, was im Interesse des Landes lag. Also nicht die Seinsheime, Rudharte u. s. w. sind es, welche das Resultat des Landtags vereitelt haben (sie waren gegen eine einige Opposition ohnmächtig), sondern die Mitglieder der Defection, welche einem Systeme der armseligsten Halbheit sich hingaben und dadurch die Opposition entzweiten. Die Personen der Herrn Seuffert und Culmann waren das wenigste, allein ihr Betragen führte die weniger unterrichteten Mitglieder der Opposition irre, weil durch blendende Sophismen und durch Ermahnungen zum Nachgeben die Gemüther der schlichten Landleute mit giftigen Zweifeln erfüllt wurden. Diese Kunst übte Herr Culmann vorzüglich bei der Frage über das Institut der Friedensrichter und bei der Berathung über das Preßgesetz. Bei jener Frage brachte er durch offenbare Entstellung der Sachverhältnisse, mit oder ohne Willen, es dahin, daß man an eine der wichtigsten staatsbürgerlichen Garantien die Axt anzulegen beschloß: bei der Berathung des Preßgesetzes, und zwar nach dessen Zurückkunft aus der ersten Kammer, brachte er aber die weniger unterrichteten Mitglieder der Opposition durch eine rabulistische Advocaten-Manier in eine solche Verwirrung, daß die Majorität der Kammer zur Schande Deutschlands das famöse Amendement Seufferts annahm. Herr Culmann perorirte nämlich, daß er zuerst für augenblickliche Aufhebung der Censur, ohne Aufkündigung gegen den deutschen Bund, wenn aber dies nicht
gehe, ftir die Aufhebung der Censur unter Vorbehalt einer sechsmonatlichen Aufkündigung und wenn auch dies nicht gehe, fur die Sanctionirung der Censur durch die Stände stimme, jedoch nur bis zum nächsten Landtag. Durch diese, eines Volksvertreters höchst unwürdige Eventualmaxime wurden viele, mit dem besten Willen ausgerüstete Deputirte zum Wanken gebracht. Denn wie kann man dem schlichten Landmanne verargen, daß er bei dem heißen Kampfe zwischen Licht und Finsterniß endlich in der Dämmerung einen Ausweg und Hoffnungsstern zu finden hoffet, wenn ein Sachkundiger, den man immer ftir einen Helden des Lichtes erklärt hatte (und jetzt sogar als Candidaten eines Ehrenbechers proclamirt) eventuell ftir die Sanctionirung der Censur sich aussprach? Für das Urtheil von Männern muß diese Thatsache allein entscheidend sein. Wer fähig ist, mit dem schimpflichen Institute der Censur Vergleiche zu schließen; wer dem Gedanken, eine halbe Preßfreiheit durch Sanctionirung der Censur ftir auswärtige Politik zu erkaufen, nur einen Augenblick Raum geben kann, der ist seiner Natur nach zu einem wahren Volksvertreter völlig unfähig, und eben so sehr von reiner Liberalität entblöst, als vom Charakter verlassen. Gerade, jetzt, wo alle Erscheinungen der Zeit eine große Catastrophe verkünden, ist die Freiheit der Presse, wenn auch nur factisch, das einzige Mittel zur Befreiung Deutschlands von dem Joche der Tyrannei. Und dieses letzte Rettungsmittel wollten Seuffert und Culmann dem deutschen Volke nehmen. Letzterer erklärte insbesondere privatim und öffentlich (in der Speyerer Zeitung), sehr bestimmt: „Die halbe Preßfreiheit, mit der Sanction der Censur für auswärtige Politik, kurz das Preßgesetz mit dem Amendement des Herrn Seuffert, sei dem gegenwärtigen Zustande weit vorzuziehen." Dies sind die Verdienste Culmanns um die Sache der deutschen Völker, daß nach seinem Plane auch der letzte Winkel Deutschlands, wo das Wort frei ist und wo man ftir die Wiedergeburt des Vaterlandes wirken kann, Rheinbaiern, mit den übrigen von Finsterniß umzogenen Ländern Deutschlands auf eine Stufe gesetzt werden sollte; darauf beruhen seine Ansprüche auf Festmahle und Ehrenbecher, daß er Deutschland die letzte Waffe gegen seine Unterdrücker, gerechte Nothwehr gegen die Tyrannei der Censur, aus den Händen spielen wollte. Schreibt daher auf den Ehrenbecher: „Die Censur würde nun mit Strafgesetzen gegen die Presse bewaffnet und zur Unterdrückung dieser Schutzwehr der Völker mächtig genug sein, wenn man den Rath Culmanns befolgt hätte."
Empfang der Polen in Gießen. Vier Colonnen polnischer Officiere vom Corps Rybinski's und Gielguds, etwa 430 Mann stark, sind vom 13. bis zum 19. Januar durch unsere Stadt über Frankfurt dem Rheine zugeeilt. Nicht wie heimathlose Flüchtlinge wurden die edlen Opfer treuloser Neutralität und schändlichen Verraths empfangen, sondern wie siegreiche Helden für Freiheit und Nationalität. Als die Nachricht ihrer Ankunft plötzlich und unerwartet sich verbreitete, strömten ihnen Studierende und Bürger, Jugend und reifes Alter in Masse entgegen, bewillkommneten sie mit lautem Jubel und geleiteten sie unter dem lebhaftesten innigsten Ausdrucke der Freude und Be-
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189 wundernng zur Stadt. Bürger und Studenten in großer Anzahl stritten sich um die Ehre, die Helden zu bewirthen und zu beherbergen. Unterstützung aller Art gaben Privatpersonen und der Polenverein. Es lebe Polen! - und - Polen ist noch nicht verloren! war der fortdauernde Ruf, von dem die Straßen wiederhallten. Dieses alles wiederholte sich an den folgenden Abenden, und am 19. Januar, dem letzten Tage, an dem wir die edlen Trümmer eines gemordeten Volkes bewillkommen durften, war ein Theil der Stadt, namentlich der Marktplatz und die anliegenden Straßen freiwillig beleuchtet. Wir sagen freiwillig, um dem von den Gegnern der allgemeinen Theilnahme und Aufregung (die sich unter den Studierenden besonders lebhaft äußerte) böswillig verbreiteten leeren Gerüchte zu begegnen, als seien die Bewohner der Häuser durch Bedrohung von Fenstereinwerfen zur Illumination gezwungen worden. Wir hätten gehofft, daß auch die übrigen drei oder vier Züge durch unsere Stadt kommen und das Band, das Polen und Deutsche umschlingt und umschlingen muß, wenn je Polen frei und Deutschland eins und selbstständig werden soll, noch mehr befestigen würden. Aber ein Ministerialbefehl verfügte den Transport auf dem kürzesten Wege durch das Großherzogthum. Daher wurden die Verbannten von Grünberg direct nach Friedberg gewiesen; hiedurch sparte man einige Wegstunden, vermehrte aber die Mühseligkeit der Reisenden, die jeden Tag 5—7 Meilen zurücklegen müssen, und dabei seit drei Wochen keinen Ruhetag gehabt haben. Es ist wahrscheinlich, daß jener Befehl auf einer Anzeige unserer hohen und geheimen Polizei sowie auf der Furcht beruhe, der Geist, der die Polen mit Nichtachtung aller Güter des Menschen antrieb, das Kleinod der Freiheit und Nationalität zu erlangen, möge sich über unser Volk, besonders über unsere Jugend verbreiten. Eitle Vorsorge - es war zu spät, dem zu begegnen! An dem Triumphzuge der Freiheit — denn dieß war der Zug der verbannten Helden von der Weichsel — haben sich die Herzen erwärmt und „der Funke der Freiheit ist glühend erwacht." Es ist ein Bund geschlossen worden für Tod und Leben: der Bund der Freundschaft, die sich bewähren muß im Kampfe um Polen und für Deutschland, wenn der giftige Drache des Nordens — ruhend jetzt von dem Mordgeschäfte in Polen - auch unser Vaterland zu verschlingen droht. Mit Trauer sahen wir die Letzten der Polen scheiden und ihrem ungewissen Schicksale entgegengehen. Auf Wiedersehn! so klang es in allen deutschen Herzen nach. So lebt wohl, ihr edlen Söhne eines unglücklichen Vaterlandes - lebt wohl! Nicht für immer lebt wohl; wir sehen uns wieder. Was in heiliger Stunde die Brust bewegte, das Gelübde dem Vaterlande zu sein, was ihr ihm wäret, es wird uns vereinigen - ob bald? — Gott lenkt unsere Schicksale. Lebt wohl! Zur Tags-Geschichte. Frankreich. Paris, 23. Januar. Das Haus, worin die St. Simonianer Unterricht ertheilten, ist heute von Gendarmerie und Linientruppen umstellt worden. Hr. Desmortiers, königlicher Prokurator, begab sich in den Sitz-
ungssaal und forderte die Versammlung auf, sich augenblicklich aufzulösen. Auf Ermahnung eines der anwesenden Vorsteher, Herr Barraults, entfernten sich sämmtliche Mitglieder in der größten Ruhe. Eben so wurde der Versiegelung des Saales kein Hinderniß in den Weg gelegt. Während dies in der Straße Taitbout sich zutrug, wurde durch andere Detachements der Linie und Gendarmerie, unterstützt von der Nationalgarde, die Wohnung der Herrn Enfantin und Rodrigues umzingelt, um dieselben in Folge ergangener Mandats d'amener sogleich zu verhaften. Auch ihre Papiere wurden mit Beschlag belegt, so wie die ganze Correspondenz der St. Simonistischen Doctrine. Sie sollen angeklagt sein, antisociale Lehren zu verbreiten, um den Umsturz der bestehenden Dinge herbeizuführen. - Diese Maasregeln sind ernst und gehen ohne Zweifel von der Regierung selbst aus, indessen scheinen die Folgen, welche daraus entspringen könnten, nicht gehörig ins Auge gefaßt zu sein. Der Simonisten Anhang unter der ärmern Klasse der Arbeiter ist schon groß, und dürfte sich eben durch diese Verfolgung schnell vermehren. Bereits zeigt der Courier des Elekteurs den erfolgten Beitritt von zwei angesehenen Bürgern an, welche bisher noch geschwankt hatten, aber nun ihr ganzes bedeutendes Vermögen der Gesellschaft überlassen haben. — Ein Beschluß, dessen Strenge wir eben so wenig zu erklären wissen, wurde in Bezug auf die hier anwesenden Polen gefaßt. Mehrere derselben, welche ihre Pässe gegen Aufenthaltskarten vertauschen wollten, sind mit der Erklärung abgewiesen worden, daß es nicht in der Absicht der Regierung läge, sie länger in Paris zu dulden. Diese Aufenthalts-Verweigerung betrifft nicht allein Militärs, sondern sie umfaßt auch Bürger, Deputirte, Administratoren und überhaupt jeden, der die Verbannung einer feigen Unterwerfung vorzieht. Herr Niemojowski, letzter Präsident der poln. National-Regierung, hat dagegen protestirt; auch die Journale wetteifern in Protestationen gegen einen so empörenden Act, mehrere Oppositions-Blätter sind gar nicht erschienen, wahrscheinlich in Folge desfallsiger Aufsätze; der Courier frar^ais schließt einen solchen mit folgender Stelle: „wenn das constitutionelle Deutschland unter der Zuchtruthe Preußens und Oesterreichs die glorreichen Trümmer von Grochow und Ostrolenka mit wahrem Enthusiasmns aufnimmt, und wir die Bürger von Leipzig sich um die Ehre streiten sehen, an den gefeierten Flüchtlingen Gastfreundschaft zu üben, wäre es nicht für Frankreich der Culminationspunkt von Verworfenheit, den Polen seinen Schutz und Beistand zu veweigern und sie entfernt von großen Städten unterzubringen, wie man mit einer Bande von Missethätern es halten würde. Wir haben ihr Vaterland untergehen lassen; verschließen wir ihnen wenigstens nicht das unsrige, und mögen sie da ruhig bessere Tage erwarten." Paris, 24. Jan. Unsere Regierung hat durch die Verfolgung der Anhänger des Simonismus einen neuen Beweis ihrer Unfähigkeit geliefert. Sonst allgemein verspottet, wird diese Secte nun von allen Partheien in Schutz genommen, seitdem die Regierung rohe Gewaltthätigkeiten wider dieselbe sich erlaubt hat. Alle Blätter, welche den Simonismus bisher verhöchnten, nehmen seine Anhänger nun in Schutz. Sogar der Figaro hat erklärt, daß er aufgehört habe, ihr
191 Gegner zu sein, seitdem dieselben mit den gesetzwidrigen Maßregeln der Regierung im Kampfe sich befinden. Alle ihnen zugedachte Satyre wolle er auf eine Autorität fallen lassen, welche nur gegen Bürger und ihre Freiheiten Energie beweise. Die Opinion erklärt: „in Berücksichtigung der vorgefallenen Gewaltthätigkeiten müsse man die Irrthümer der St. Simonisten vergessen, ihre Schwächen entschuldigen und die Bizarrerie ihrer Ideen ihnen verzeihen, indem man nur unrechtmäßig verfolgte und ungesetzlich mißhandelte Bürger in ihnen erblicken könne. Der Spott, mit welchem sie von der Presse verfolgt worden, würde sich in Sympathie verwandeln, denn als Opfer willkürlicher Gewalt hätten sie nunmehr ein Recht auf die Unterstützung aller Partheien; es gäbe eine Macht, an der die Urtheile der Menschen und die äußerste Strenge ungerechter Gesetze sich breche, nämlich die Macht der öffentlichen Meinung. Die Vergangenheit habe bewiesen, und die Zukunft werde bald wieder beweisen, daß man diese Macht ungestraft niemals beleidigen könne." - Spanien hat den Kabineten von Paris und London nunmehr officiell erklärt, daß in dem Augenblick wo Don Pedro in Portugal lande, eine Armee von 25000 Spaniern die Grenze überschreiten wird, um Don Miguel zu Hülfe zu eilen. - Die Polen werden alle in Städte gewiesen, worin sich Fremden-Legionen befinden; die meisten sind indessen gesonnen, bis zur Erledigung der belgischen Frage keine Dienste zu nehmen, um im Falle des Kriegs sich nach Belgien begeben zu können. Von Seiten des polnischen Comites ist hierüber mit Belgien bereits eine Unterhandlung angeknüpft. - Der Gerant der Revolution ist zu fünf Jahre Gefängniß- und zu 6000 Frk. Geldstrafe verurtheilt worden. Deutschland. Man wunderte sich bisher über die Ruhe, welche in dem wohlthätigen Wirken des deutschen Bundes seit seiner letzten Kraftäußerung gegen eine Zeitung eingetreten ist. Viele dachten an die lauernde Schlange, welche sich anschickt, die Gelegenheit zur Erdrückung ihres Opfers abzuwarten. Die Augsburger allgemeine Zeitung löst nun das Räthsel durch einen Correspondenz-Artikel aus Wien. Es heißt darin: „Die deutschen Angelegenheiten scheinen jetzt mehr Aufmerksamkeit als früher zu erhalten. Von den innern Einrichtungen Deutschlands, von der den Bundesbeschlüssen gebührenden Achtung und genauen Vollziehung dürfte die nützliche Ausbildung aller für das Wohl der deutschen Staaten getroffenen Verfügungen abhängen, so wie andererseits die Gesammtkraft und das Ansehen der durch den Bund vereinigten deutschen Nation zur Erhaltung des europäischen Gleichgewichts und zur Beförderung der allgemeinen Civilisation wesentlich ist. Die nächsten Berathungen des Bundestages dürften hauptsächlich die Erreichung dieses Zweckes zum Gegenstande haben." — Wir wissen, daß unter dem Wohl der deutschen Staaten, wenn die Cabinete davon sprechen, nur die Befestigung des Despotismus der Könige und die Unterdrückung der Volksfreiheit verstanden wird. In diesem Sinne kann dann freilich das Wohl der deutschen Staaten nur durch die genaue Vollziehung der Bundesbeschlüsse befördert werden. Allein die constitutionellen Völker Deutschlands haben von dem, was Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
192 ihre Wohlfahrt fördern kann, einen andern Begriff, und deßhalb wollen sie von der Vollziehung der Bundesbeschlüsse nichts wissen. Die Herren in Wien und Berlin werden den Ministern in Frankfurt die Befehle zu unserer Unterdrückung vergeblich zusenden. Nach den Grundsätzen des constitutionellen Staatsrechts kann kein Beschluß des Bundestags bei uns vollzogen werden, der nicht die Zustimmung unserer Kammern erhalten hat. Unsere Gerichte werden ihre Ehre heilig halten und den Anmaßungen des deutschen Bundes Widerstand leisten. Dem letztern bleibt also nichts anders übrig, als die Staatsverfassungen und die Gesetze Süddeutschlands gewaltsam umzustürzen und an die Stelle des Rechts die Macht der Bajonette zu setzen. Wollen die Fürsten in dieser Weise gegen die Völker in die Schranken treten, so mögen sie es thun. Es könnte doch sein, daß sie Männern den Krieg erklärt haben. Homburg, 26. Januar. Auch in hiesiger Stadt wurden die Märtyrer der europäischen Freiheit, die ritterlichen Polen, mit Enthusiasmus aufgenommen. Die Tage ihrer Anwesenheit waren die schö[n]sten und reinsten Volksfeste. Mit Betrübniß vernahm man daher die Abänderung der Marschroute, in Folge deren die Colonnen nun über Speyer nach Straßburg gehen. Als die letzte Abtheilung hier eingetroffen war, wurde den scheidenden Lieblingen auf dem Rathhause noch ein Fest gegeben, welchem viele hundert Personen beiwohnten. Wären die Minister der heiligen Allianz gegenwärtig gewesen, hätten sie die Erbitterung gegen die treulose und hinterlistige Politik des Berliner Cabinets wahrgenommen, und wären sie dann in dem constitutionellen, oder was dasselbe sagt, in dem civilisirten Deutschlande von Ort zu Ort gegangen, um sich zu überzeugen, wie nur ein Gefühl alle Gemüther durchdringt - Sympathie für Polen und Verachtung, so wie glühender Haß gegen Rußland und Preußen - wie nur ein Schrei dem beklommenen Busen entschlüpfte, der Schrei des Unwillens über die grausamen Unterdrücker des edelsten aller Völker - hätten sie davon sich überzeugt, so würden sie erschrocken sein über die Saat, die sie ausgestreut haben. Ο sie geht gewiß auf, diese Saat! Die Macht, welche die Gewalt über die Herzen besitzt, hat die constitutionellen Deutschen unauflöslich an die edlen Polen geknüpft: wir haben fortan einerlei Interessen: einerlei Sympathien: einerlei Zwecke. Wir werden uns wieder sehen, den Brüdern die Hand zur Thatkraft reichen und der Ehre eines Bündnisses mit den Söhnen des Ruhmes uns würdig zu machen suchen. — Ein schlichter deutscher Bürger schreibt an einen Freund: »Möge man doch in den Journalen ein Gemähide entwerfen von dem Eindrucke, den der Anblick der geopferten Heldensöhne in allen deutschen Gemüthern hervorgebracht hat: Möge man doch das deutsche Volk aufmerksam machen, daß es von seinen Cabineten auf die tiefste Stufe der Erniedrigung hinabgestoßen worden sei, indem es die Schlachtopfer derselben, die unglücklichen Polen, in die Verbannung wandern sehen muß.« Möge man in die Welt hinausrufen: »Kommt und schauet ihr Völker! wie in Avignon ein großer Sklavenmarkt abgehalten wird: - alles wegen des göttlichen Rechts!« Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Ein Wort an das französische Volk. Die Juli-Revolution war unläugbar die Hoffnung und das Gemeingut aller Völker. Nicht nur Frankreich, ganz Europa wurde enthusiastisch davon ergriffen. Es sollten Grundsätze festgestellt werden, welche die Rechte aller Völker gesichert hätten: was Frankreich bereits erlangt hatte, durften auch die Nachbarstaaten unter seinem Schutze zu erringen hoffen: selbst bis zu den Gränzen des russischen Reichs hatte ein begeisternder Aufschwung alle Gemüther ergriffen. Die Menschheit feierte ihren schönsten Sieg. — D a bemächtigten sich die Doctrinärs jener großartigen Revolution. Sie, die früher ruhige Zuschauer waren, als es galt, für das Vaterland das Leben einzusetzen, stellten sich jetzt an die Spitze einer Bewegung, deren [hjohe Tendenz ihre herzlose Natur nicht begreifen konnte. Während eine unendliche Masse moralischer Kraft im In- und Auslande zur Realisirung so edler Grundsätze vorhanden war, berechneten sie ängstlich die Zahl der Bajonette, welche gegen Frankreich aufgeboten werden könnten. Sie wußten nicht, was Begeisterung für die große Sache der Völker gegen die steifen Soldaten der Könige zu leisten vermöge. Sie, die ganz Europa den Frieden hätten diktiren können, erbettelten ihn für Frankreich. Die Männer, welche durch Usurpation der Geschäfte für die Revolution sich verantwortlich gemacht hatten, waren von der Ueberzeugung geleitet: das Glück Frankreichs bestehe einzig in Belebung seiner Industrie, diese könne nur durch das Fortbestehen des Friedens erhalten werden, folglich müsse man den Frieden um jeden Preis erkaufen. In diesem Satz lag ihr ganzes System, in seiner Verfolgung dünkten sie sich weiser als alle ihre Vorgänger, klüger als Napoleon. Was die Geschichte auf jedem ihrer Blätter nachweist, daß man den Krieg nicht fürchten dürfe, um einen dauernden Frieden zu erringen, daß man ein kleines Uebel nicht scheuen solle, um einem großen zuvorzukommen, das diente ihnen in ihrer Verblendung nicht zur Lehre. Ein Genie wie Herr Perier weiß alles besser, und wer so gut rechnen kann, braucht sich von der Geschichte nicht belehren zu lassen. Hat er doch ohne ihre Hülfe das System der Nichtintervention so vortrefflich ausgelegt und Frankreich mit gewandter Hand durch die Aufopferung Italiens und den Verrath Polens aus seiner schwierigen Lage gezogen, so daß es vielleicht noch Monate lang des ruhigen Genusses seiner Industrie im Schoose des Friedens sich zu erfreuen hat,
Vaterlandes.
Homburg, den 29. Januar 1832.
vielleicht auch noch länger, wenn Rußland noch mehr Zeit zum Sammeln seiner Kräfte bedürfen sollte. Aber, wird man einwenden, nicht das Volk, sondern die Doctrinärs, die Minister oder am Ende Perier allein tragen hievon alle Schuld. Wir widersprechen dieser Behauptung auf's entschiedenste. Die Repräsentanten des Volkes sind mit den Maßregeln der Minister jederzeit einverstanden, die Nationalgarde unterstützt den Ministerpräsidenten, und die meisten Franzosen, die wir in Deutschland zu sprechen Gelegenheit hatten, vertheidigen sein System mit der Bemerkung: »Herr Perier ist der Mann, der uns Noth thut, er, der selbst Geschäftsmann ist, kennt die Bedürfnisse des Landes« Unter solchen Umstanden ist denn der Verrath gegen die Sache der Völker im Einverständniß mit einem großen Theile der französischen Nation geschehen; es hat diese Nation ihrer Industrie wegen, folglich aus niedrigen Rücksichten des Eigennutzes, ihr eigenes Land, und was mehr ist, ihre Ehre geopfert; sie hat des Absatzes ihrer Produkte wegen Italien Preis gegeben, sie hat um des Verkaufs ihrer Fabrikate willen Polen verrarathen, sie hat die heilige Sache ihrer Revolution und der Völker befleckt, sie hat die Entwickelung des constitutionellen Lebens in Deutschland gehemmt, und durch ihr feiges, schwankendes Benehmen der Aristokratie wieder Macht verliehen, so daß sogar der Bundestag aus seiner Apathie erwacht ist, um die leider nur zu bescheidenen Adressen deutscher Bürger zu unterdrücken, und die Organe deutscher Völker zu Grund zu richten. Und diesen offenbaren Verrath an der Freiheit aller Völker sollte die große Masse der französischen Nation durch ihre Zustimmung fortwährend legitimiren? Man kann dieß unmöglich glauben. Die Blüthe der französischen Nation muß nothwendig ein System verachten, das Frankreich der Verwünschung aller Völker Preiß geben würde. Die französische Nation muß nothwendig zur Fahne des Ruhmes zurückkehren: sie muß mit Hülfe ihrer Institutionen sowohl für sich als für die übrigen Völker des civilisirten Europas nach der ganzen Freiheit ringen. Dann erst wird es Zeit sein, die Interessen der Industrie im Sinne der weltbürgerlichen Freiheit zu pflegen, also mit den Völkern zum unbeschränkten Wettkampfe der industriellen Kräfte in die Schranken zu treten. Sollte aber diese Hoffnung die Völker täuschen, dann werden sie zum Kriege gerufen gegen ihren Feind—nämlich den gemeinen Eigennutz der französischen Gevatter Schu-
195 ster und Handschuhmacher. Zwar werden es die Könige der heiligen Allianz nicht sein, welche den Krieg gegen den Feind der Völker unternehmen: aber die deutsche Nation soll ihn und kann ihn eröffnen. Ist unser Volk wirklich empört über die Geldaristokratie, welche in Frankreich an die Stelle der Adelsaristokratie getreten ist, empört über Perier, der einem falsch verstandenem Interesse die Ehre opfert, empört über die Nation, welche im Frohnen ihres Eigennutzes auch das Heiligste mit Füßen tritt, so giebt es Mittel eine so tief gesunkene Nation gerade an dem Punkte anzugreifen und zu strafen, für den sie alles hingibt. Sie schämt sich nicht die Erhaltung ihrer Industrie durch die höchste Schmach zu erkaufen. Wohlan denn so gehe diese Industrie, ihr goldenes Kalb zu Grunde. Wir erklären ihr dann förmlich den Krieg, indem wir alle Liberalen jeden Landes auffordern, sich der Consumtion französischer Produkte und Fabrikate völlig zu enthalten, im Kreise ihrer Familien, ihrer Freunde und Umgebungen dahin zu wirken, daß nichts französisches gekauft werde, und daß unsere Kaufleute alle Geschäftsverbindungen mit Frankreich abbrechen. - Diesen Krieg kann die deutsche Nation allein führen: sie braucht dazu keinen König, keine Erlaubniß der Regierungen. Keine Macht kann sie davon abhalten. Und gewiß, ich sage es Euch, das deutsche Volk wird die Kraft besitzen, ihn mit Nachdruck zu eröffnen und mit Beharrlichkeit durchzuführen. Eine augenblickliche Stockung im Verkehr muß die erste Folge einer solchen Maßregel sein, die Entlassung vieler Arbeiter die nächste. Vielleicht kommt dadurch Frankreich zur Besinnung, erkennt die Nichtigkeit seines Industriemannes und kehrt auf eine ehrenvolle Bahn zurück, ehe noch die Folgen seiner unterbrochenen Industrie diesen nothwendigen Wechsel gewaltsam herbeiführen. Wir wünschen es herzlich im Interesse Frankreichs und Europas, besonders aber in jenem Deutschlands, dessen constitutionelle Theile sich so gerne an Frankreich anlehnen möchten, ja durch die Natur der Verhältnisse angewiesen sind, sich auf's innigste mit ihm zu verbinden. Aber eben darum müssen wir alles aufbieten, zur Herbeiführung eines zeitgemäßen Systems in dem uns befreundeten Lande, und dürfen selbst eine scheinbar feindselige Maßregel nicht scheuen, um einen so hohen Zweck zu erreichen. Polen ist untergegangen, wir müssen Frankreich zu erhalten suchen.
Ueber die politische Lage des Königreichs Sachsen. Die so verschiedenartigen Gerüchte über unser unglückliches Sachsen, veranlassen mich Manches zu erörtern und näher zu beleuchten, um dem Auslande nicht noch mehr falsche Urtheile beizubringen. Mit Unrecht giebt man so Vieles den Personen der königlichen Familie Schuld, was man auf Rechnung des Königthums überhaupt schreiben sollte. Man bedenkt nicht, daß die Erziehung unserer Fürsten, die theils von pedantischen Hofschranzen, theils von ungebildeten böhmischen Pfaffen geleitet wurde, dieselben verhindert hat, Welt und Menschen kennen zu lernen, um aufgeklärt fortschreitend das Wohl und die wahren Interessen
196 der Nation befördern zu können. Unser König, wie die ganze Familie, gehören zu den guten Menschen im eigentlichen Sinne des Wortes; sie wollen nach ihrer Ansicht das Beste, kennen aber aus Beschränktheit und Furcht nicht die Bedürfnisse des Volkes und leben in steten Illusionen, welche durch schlechte Umgebungen noch vergrößert werden. So geschieht es denn, daß diese Prinzen, mit Unwahrheiten und Schmeicheleien aufgezogen, nie der Vormundschaft entwachsen und man mit ihnen machen kann was man will. Unsere jüngeren Prinzen haben viel gelernt und besitzen schätzbare Kenntnisse, aber was sie wissen sollten und am Nöthigsten brauchten, das fehlt ihnen, woraus denn Mißgriffe aller Art entstehen, die nicht Sachsens Glück befördern. Es ist vor Warschaus Fall viel versprochen worden, allein man hat wenig gehalten. Der Bürger wie der Landmann hat das Zutrauen verloren, dieTäuschung wirkt mit jedem Tage stärker und versetzt alle Gemüther in Gährung; der Regierung ist es nicht Ernst, uns durch Wahrheit, Freiheit und gleiche Rechte zu beglücken, und wie in Baiern und andern Ländern wird mit uns nur Komödie gespielt. Nur ein allgemeiner Krieg kann uns helfen und dann wird es für die Erdengötter, für unredliche servile Minister, für die verschiedenen Klassen der Aristokratie gewiß ein Trauerspiel werden. Wie es jetzt ist, kann es und wird es nicht bleiben. Der sehr bigotte alte König Anton geht trotz seiner 75 Jahre noch täglich sehr früh um die Stadt herum spazieren, wo er die von seinem Beichtvater aufgegebenen Gebete herpappelt; wenn es dunkel ist, bedient er sich sogar einer Laterne und dies ist das einzige Licht, was er in seinem Lande verbreitet. Er ißt mit großem Appetite, macht einige schlechte Witze, Lieblingsangewohnheit seit seiner Jugend, und meint am Abend, daß das Regieren doch eigentlich nicht so schwer sei. Der Mitregent, Prinz Friedrich, ist nicht bigott und hat schon öfters Aeußerungen gemacht, die das Publikum mit Hoffnungen erfüllt haben, doch ist es leider bis jetzt noch dabei geblieben. Man liebt ihn so zu sagen anticipando, in Erwartung der Dinge die er ausführen soll und bemitleidet ihn seiner unglücklichen ehelichen Verhältnisse halber, da seine Frau eine kränkliche, nicht besonders wohlgezogene Tochter des Kaisers von Oestreich ist. Seine unnützen Soldatenspielereien nehmen die schönste Zeit weg, die besser verwendet werden könnte, da unsere Truppen doch leider nur das Loos haben, unter den Befehlen eines fremden Generals zu figuriren. Sein Bruder, der Prinz Johann, ist bigott und mehr als katholisch; doch hat er trotz seiner Pfaffeninfluenza recht viele Kenntnisse; es wäre zu wünschen, daß er seine Talen [t] e bloß auf italienische Uebersetzungen, Gelegenheitsstücke und Gedichte beschränke, da sein Lehrer in Staatsgeschäften, um die er sich thätig annimmt, der Minister v. Manteuffel verhaßten Andenkens war und aus dieser Quelle nichts Gutes für Sachsen fließen kann. Ueberall zeigt sich der alte Schlendrian; so hat der Hof wieder wie vor Olims Zeiten das neue Jahr gefeiert mit Gratulationen, Handküssen und dergleichen lästigem Ceremoniel: - ein entwürdigender Frohndienst der Staatsdiener und Ekel erregend für die Unabhängigen. Die Inländer müssen dabei in rothen mit Goldborten besetzten BedientenLivreen aufwarten, was dem fremden Zuschauer wie eine Scene aus Don Ranudo di Calibrados erscheinen
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197 muß. Die Cholera ist uns sehr nahe und wir erwarten täglich ihre Visite; am meisten fürchtet sich der Hof und Alles was drum und dran hängt. Doch müssen sie Schanden halber bleiben, weil sich in ihrer Abwesenheit Vieles verändern könnte. Endlich scheint man auch hier dahinter zu kommen, daß der unvernünftige Militärcordon dem Lande viel gekostet und nichts genützt hat; entweder kommen unsere Maßregeln viel zu spät oder sind so widersinnig, daß man sie nur bemitleiden kann. — In keinem Lande thun die ersten Behörden so wichtig, in keinem Lande wird so viel geschrieben und debattirt als bei uns, und eben darin liegt es, daß nichts gut, kräftig und haltbar ins Leben tritt. Unsere ersten Ste llen sind von wahren Alltagsmenschen besetzt, die dem alten Schaden unserer Regierung mit Leib und Seele ergeben sind, alle Neuerungen tadeln und froh sind, als Excellenzen große Gehalte zu beziehen, und von den fremden Gesandten nicht ausgezankt zu werden. Herr v. Jordan, der preußische, und Herr v. Schröder, der russische Gesandte treten auf, als wenn Sachsen eine Provinz von ihrem Lande wäre; daß Metternich von jeher hier zu Hause war und quasi zur Familie gerechnet wird, versteht sich ohnehin von selbst. Unsere Verfassung ist der Schein der Freiheit, worüber die wahre Freiheit geopfert und statt eines wahren Guts nur ein Spielzeug gewonnen wird, das beim ersten Gebrauch schon zerbricht. Das Recept, wie sich's im Dunkeln am bequemsten regieren läßt, hat unser Hof vom Cabinetssekretär des Königs von Baiern erhalten, und daß es hier wirksam sein wird, leidet wohl keinen Zweifel. Handel, Fabriken u. s. w. liegen darnieder, die Abgaben sind nicht vermindert, der Bürger wird unter die Comunalgarde aufgenommen, wenn er sich gut aufführt, und dieser Vortheil ist das einzige Schlimme, was wir seit Jahren gewonnen haben. Die Wahl in der Besetzung unserer Minister ist so beklagenswerth als komisch, so ζ. B. kann der Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten so wenig französisch als der nach Paris geschickte Gesandte; in London haben wir einen Gesandten, der kaum der Leipziger Universität entwachsen ist, und der Gouverneur von Dresden ist ein in allen Lastern getränkter alter Sünder, den man mit dem Großkreuz des Hausordens belohnt hat, weil er den Bürgern in den Zeiten der Unruhen weiß machte, er würde ihnen helfen und sie zur Freiheit durch Ordnung führen; als Organ des Hofes spielte er seine Rolle auf beiden Achseln und ist nicht dabei zu kurz gekommen. Daß es übrigens noch viele Ehrenmänner in Sachsen gibt, die weder Licht ohne Wahrheit scheuen, werden Sie nächstens hören. C-H. Stimmen aus Norddeutschland über den deutschen Bund. Die Beschaffenheit des sogenannten deutschen Bundes ist sowohl in der deutschen Tribüne, als auch in andern freisinnigen Zeitschriften schon so oft, so vielseitig und so gründlich erörtert worden, daß das klägliche Verhältniß desselben zur deutschen Nation und seine Verderblichkeit für dieselbe nunmehr selbst dem schwächsten Verstände deutlich sein muß. Billig wundert man sich daher, wie die Bürger der constitutionellen Staaten Deutschlands geneigt sein können, dieses,
zur Besudelung der deutschen Ehre, zur Vernichtung der deutschen Freiheit und Nationalität und zur Zerstörung des deutschen Wohlstandes von den europäischen Despoten gestiftete und mit deutschem Gelde bezahlte Institut fortwährend anzuerkennen? Hört von Seite der deutschen constitutionellen Staaten die Anerkennung des Bundes auf; so fällt die Frage über die Verbindlichkeit der Bundestagsbeschlüsse von selbst weg. Damit aber diese Nichtanerkennung nicht bedeutungslos sei, ist nothwendig, daß die versammelten Stände der deutschen Staaten in dem Budget alle Ausgaben streichen, welche sich auf den deutschen Bund beziehen. Wenn nämlich die Bürger eines Staates das unbestreitbare Recht besitzen, ihrer eigenen Regierung die Steuern zu verweigern, sobald diese eine dem Staatswohl nachtheilige Bahn hartnäckig verfolgt und die lautesten Wünsche und dringendsten Bedürfnisse des Volks unbeachtet läßt, wie könnten die Bürger der constitutionellen Staaten nicht eben so gut befugt sein, ihr Geld und ihre Söhne zu verweigern, damit eine ihnen feindlich gesinnte, fremde Macht nicht länger fortbestehe? oder müßte es nicht als ein Zeichen der traurigsten Sklaverei erscheinen, wenn das Volk fortführe, den zu seinem Untergange Verschworenen die Mittel zu seiner Unterdrückung bereitwillig in die Hände zu liefern? Darum kein Bundesheer, keine Beiträge zur Erbauung und Erhaltung der Bundesfestungen, keine Beiträge zur Bundestagskanzelei, keine Besoldung für die Bundestagsgesandten! Der Bund muß, wenn die Bedingung seiner Existenz wegfällt, von selbst auseinander fallen. Es ist tausendmal besser, keinen Bund, als einen solchen! Gemeinsame Gefahr wird die deutschen Völker, sobald es nöthig ist, schon zu einer festen und innigen Vereinigung führen. Wollen dann die absoluten Mächte ihre so unverholenen frevelhaften Anschläge wider die deutsche Nation gleichwohl durchsetzen: so bleibt ihnen nur offene Waffengewalt übrig. Nun wohlan, sie mögen es versuchen. Vor der Hana dürfte der Erfolg noch zweifelhaft sein. Beugen wir uns aber fortwährend geduldig unter dem Bunde: so ist unser Untergang gewiß, und wir entsagen selbst dem geringen Tröste, daß die Nachwelt sich unserer, wenn auch trauernd, doch mit Achtung erinnert. Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 11. Januar. In der Absicht, den Muth der Truppen und das Vertrauen des Landes zu erhöhen, hat unsere Regierung ein Verzeichniß der Streitkräfte bekannt machen lassen, die wir Don Pedro entgegensetzen können. Sämmtliche Truppen belaufen sich auf 70,000 Mann theils Linien-Militär, theils königl. Freiwillige. Dabei sind noch die bewaffneten Bauern nicht mitgezählt, deren die Provinz Beyra allein 40,000 Mann aufstellen kann. - Man darf annehmen, daß diese Angaben wenigstens um zwei Drittheil übertrieben sind. Spanien. Madrid, 17. Januar. Bereits setzen sich Truppen in Bewegung, um der Erklärung unseres Hofes, in Bezug auf die portugiesischen Angelegenheiten, Nachdruck zu geben. Vier Regimenter Infanterie und eine Eskadron
199 Kavallerie verlassen Andalusien, und ziehen nach Badajoz in Estramadura, wo der Sammelplatz eines Corps ist, das General Quesada befehligen wird. Ein anderes Corps unter dem Commando von Odoneil wird sich in Gallizien bilden. Von 80,000 königlichen Freiwilligen, welche Spanien zählt, ist die Hälfte noch unbewaffnet, es soll aber jetzt für ihre Ausrüstung gesorgt werden, da man in ihnen die hauptsächlichste Stütze des Landes erkennen will. — Es ist zu wünschen, daß die spanischen Patrioten die Abwesenheit der Truppen benützen, um der Herrschaft des göttlichen Rechts und der Inquisition ein Ende zu machen. England. London, 23. Januar. Man weiß, welchen Einfluß von jeher das weibliche Geschlecht auf die Weltangelegenheiten ausgeübt hat, folglich wird die Nachricht unsern Lesern nicht unwichtig erscheinen, daß die Königin von England der Reform-Bill abgeneigt ist, und sich derselben fortwährend widersetzet. Als Lord Grey ihr vor einigen Tagen einen Besuch abstattete, wurde er sehr kalt aufgenommen, und es verbreitete sich bald das Gerücht seiner Abtretung und eines Minister-Wechsels überhaupt. So hängen oft die wichtigsten Ereignisse von wahren Kleinigkeiten ab. Frankreich. Paris, 25. Jan. Herr Perier muß wirklich mit ungewöhnlicher Stärke begabt sein, um so vielen und vielseitigen Angriffen zu widerstehen. Seitdem die Kammer der Pairs das Opfer der Erblichkeit gebracht hat, nimmt auch sie einen Charakter von Feindseligkeit gegen das Ministerium oder vielmehr gegen die Deputirtenkammer an, deren Majorität mit dem Ministerium gemeinschaftliche Sache macht. Diese Opposition der noblen Kammer beunruhigt Herrn Perier unbeschreiblich, und wird ihn zwingen, zu einer neuen Ernennung von Pairs seine Zuflucht zu nehmen, um die Harmonie zwischen den zwei Gewalten herzustellen. So werden wir wenigstens an Pairs immer reicher, wenn auch an Geld jeden Tag ärmer. — Man spricht von Auflösung der Londoner Conferenz, welche nach dem 31sten stattfinden solle, wenn bis dahin die Ratification der Vorschläge nicht ausgewechselt sein sollte. — Man hat berechnet, daß der Messager des Chambres, Organ des Ministeriums, 22mal die Ratifikation der Verträge vom 15. November angekündigt hat. Es ist etwas mehr als dreimal pr. Woche. — Don Pedro wird morgen abreisen, um sich an die Spitze der Expedition zu stellen, welche er in Belle-Isle vereinigt hat. Ohne Zweifel wird er vor dem 1. Febr. unter Segel gehen. Die Generale Salhanda und Pizarro sind nicht die einzigen, welche er seiner Armee entziehen zu müssen geglaubt hat. Auch die Generale Cabreira, Stubs, Moreira und Sampayo schienen zu patriotisch gesinnt, um Theil an der Befreiung Portugals nehmen zu dürfen. Selbst einige Soldaten, welche in der Normandie in Depot sich befinden, durften aus denselben Gründen der Expedition sich nicht anschließen. Würtemberg. Die Donau- und Neckarzeitung wollte von dem Unverstände der baierischen Censur aus der deutschen Tribüne einige Proben geben. Ihr Censor dachte aber, es wäre besser, wenn man dafiir von einer solchen Eigenschaft der würtembergischen Censur einen Beweis liefere. Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
200 Darum befindet sich in der Donau- und Neckarzeitung blos die Ueberschrift »Unverstand der baierischen Censur« und als Beweis einer gleichen Eigenschaft der würtembergischen folgt anstatt des Textes ein leerer Raum. — Baiern. Mehrere Bürger der Residenzstadt München haben gegen die Adressen protestirt, indem sie eine Actie unterzeichnet haben für die „Presse des Volkes." Dasselbe ist in Landshut geschehen. Man sieht, daß der bessere Geist trotz aller Verfinsterungs-Versuche und Kriechereien der Autoritäten doch nicht ganz unterdrückt werden kann. Er wird vielmehr auch noch in Altbaiern die Oberhand gewinnen und dann wird kein Völkerstamm eine kräftigere Stütze der vollen reinen Freiheit sein, als gerade der bairische. — Die fromme Eos stellt bittere Klagen an über die Verdorbenheit der Zeit. Sie sagt, „wer nicht zugeben wolle, daß die Krone den Königen von Gott unmittelbar auf das Haupt gesetzt werde und daß die Menschen ohne Könige nicht existiren könnten, der wäre kein Christ und könne keiner mehr sein." Wenn wir aber nur unter dieser Bedingung Christen bleiben können, so wollen wir lieber keine sein. Die Eos meint es indessen nicht ernstlich, denn sie weis ja aus der Bibel, daß Gott den Juden den König so lange vorenthalten hat, als er ihnen gewogen war und daß er ihnen einen solchen endlich nur zur Strafe gab. Die Bibel sagt also selbst, daß das Institut der Könige nur ein Strafgericht Gottes gegen die Menschen sei. Homburg, 27. Januar. Der Proceß der deutschen Tribüne wider die baierische Regierung wegen Verletzung constitutioneller Rechte wird am 13. Februar vor dem Bezirksgerichte in Zweibrücken verhandelt. Bei dieser Gelegenheit werden dem ächt constitutionellen und liberalen Geiste unserer Regierung große Lobreden gehalten werden. - Der österreichische Beobachter ist vor Freude außer sich, daß der Münchner Hof die Befehle seines Herrn — man kann den Herrn beliebig auf den Beobachter oder auf den Münchner Hof beziehen - so pünktlich vollstreckt und die Pressen des Westboten sowie der deutschen Tribüne versiegelt habe. Wir müssen bedauern, daß die Freude des Beobachters von kurzer Dauer sein wird: — denn die Tribüne wird schon in der nächsten Woche wieder auf der Presse des Volkes gedruckt werden. Herr von Metternich muß sich wohl an die fatale Erscheinung gewöhnen, daß seine Macht, die hinreicht, den Münchner Hof zum Kriechen zu bestimmen, nicht im Stande ist, ein paar armselige Journalisten zum Schweigen zu bringen. -
Ankündigung. Das K. R. K. Polnische Lotterie-Anlehen von 42,000,000 fl. bietet in seiner am 1. März beginnenden dritten Prämien-Ziehung 5800 Gewinne von 300,000 fl., 40,000, 2 ä 25,000, 3 ä 10,000, 5 ä 5000, 8 ä 3000, 20 ä 2500, 60 ä 1000 fl., zusammen 2,516,000 fl. P. C. Promessen zu dieser höchst empfehlungswerthen Verloßung sind nebst Plan ä 7 fl. oder 4 Thlr. P. C. das Stück und bei Uebernahme von fünf Stück das sechste unentgeldlich zu haben im Hauptbüreau von J. N. Trier in Frankfurt a. M. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Montag.
Tribüne. des
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Deutschlands Demüthigung. Dritter
Artikel.
Ein König ist kein Menschenfreund: - ein König hält die Treue nicht: - ein König hat kein Vaterland. Vergiftet durch die Schlange der Schmeichelei und erkältet durch das Eis der Selbstsucht, hat sein armes Herz nicht Raum für die unendlichen Gefühle der Menschenliebe, nicht Raum für die Sympathien des Volkes, nicht Raum für die Pulsschläge des Seelenadels. Er weiß nichts von Hingebung für die Zwecke der Gesellschaft. Unfähig durch Liebe und Tugend den Zauber der moralischen Herrschaft an sich zu ketten, verlangt der König durch die Gewalt der rohen Kräfte die Scheidewand zwischen sich und dem Volke aufrecht zu erhalten. Befestigung und Verstärkung dieser Gewalt ist der letzte Zweck der Könige. Ihm werden alle Interessen der Gesellschaft rücksichtslos geopfert: seinetwegen die Wahl der Mittel von den Gesetzen der Moralität dispensirt. Dasjenige Mittel ist erlaubt - das zum Zwecke zu führen verspricht. Der König ist kein Mensch: ihn berühren daher die Pflichten der Menschen nicht. Zur Tugend ist nur der Mensch — nicht der Fürst verpflichtet. Treue liegt daher den Fürsten nur so lange ob, als es ihrem Vortheile entspricht. Die Könige sagen laut und öffentlich: „Uns binden allerdings die Verträge: - so lange nämlich deren Aufrechterhaltung unseren Zwecken gemäß ist." - Zieht aus diesen Vordersätzen nun vollends den Schluß und ihr habt ein treues Bild des Königthums. „Land und Leute sind Eigenthum des Königs: das Volk ist unbedingt zur Liebe, Treue und Hingebung gegen den Fürsten verbunden: es muß ihm den Fleiß seiner Hände darbringen: ihm die Gefühle seines Herzens opfern: für ihn sein Leben, so oft er will, verbluten: es muß den Willen des Königs als GottesWillen verehren und es darf daher das Mißtrauen nicht mit Argwohn, den Haß nicht mit Feindschaft, die Grausamkeit nicht mit Nothwehr erwidern, sondern es muß mit ergebenen Gemüthe seinen Schweiß verzehren, die Gefühle seines Herzens mißhandeln und all seine Ansprüche auf moralische Würde mit Verachtung zurückstoßen lassen, dann aber gleichwohl hinsinken vor seinem Gebieter und ausrufen: Ich bin meinem angestammten Fürsten und Herrn mit unwandelbarer Treue und heißer Liebe ergeben." — Blickt auf unser zerrissenes unglückliches Deutschland und ihr habt in Zeit und Raum, was nur ein Gebilde der Phantasie zu sein scheint.
Vaterlandes.
Homburg, den 30. Januar 1832.
Das Land, das unsere Sprache spricht, das Land, in dem das Geheimniß aller unserer Sympathien und aller unserer Hoffnungen ruht, dieses Land soll nicht unserer Vaterland sein. Wir sollen die Mutter verläugnen, die uns geboren, die Mutter, die uns erzogen, die Mutter, welche das heilige Feuer der Vaterlandsliebe in unser Herz gelegt hat. Die Sonne der Aufklärung, welche die Völker erzieht zur geistigen Würde des Menschengeschlechts, soll unserem Vaterlande nicht leuchten; sie soll mit undurchdringlichem Nebel umhüllt werden, damit das Volk nicht zur Erkenntniß gelange, sondern im Zustande seiner Entwürdigung bleibe. Wißt ihr, warum ihr die Sonne der Aufklärung nicht schauen und nach der theuern Mutter - dem deutschen Vaterlande — nicht rufen dürft? — Weil ihr alle Anlagen zu der Majestät eines Volkes in euch vereinigt, weil eure Mutter, wenn ihr je sie wieder findet, eure erstorbene Kraft und euren zertretenen Seelenadel euch wieder gibt. Wie könnte aber ein König sicher sein, wenn ein Volk seine Bestimmungen erkennt, also von dem Geschenke der gütigen Natur Besitz ergreift, und zu der ihm angebornen Majestät sich emporschwingt; wie könnten eure 38 Könige sich sicher dünken, wenn ihr euer durch die Fürsten getödtetes Vaterland vom Tode erwecken und das Bündniß von Treue und Liebe mit ihm schließen wolltet? - Nein, so gewiß die Wege des Volkes und die Wege der Könige auseinandergehen, so gewiß werdet ihr euer Vaterland nicht wieder erstehen, eure Sehnsucht nicht befriedigt und eure Ansprüche auf bürgerliche Wohlfahrt und geistigen Adel nie erfüllt sehen, wenn ihr nicht aus eurer Apathie erwachet und euch mit Seelenstärke rüstet, um aus der Nacht eures politischen Nichts in den frischen Morgen des lichten Tages hinauszutreten. Als der Bund der Gewaltigen, jener Bund, den die Könige, den »heiligen« nennen, weil er bestimmt war, den verdoppelten Ansprüchen der Menschheit auf Freiheit und Geistesadel, Hohn zu sprechen, und den Völkern für ihre Hingebung sofort Censur, Ablaß, Inquisition, Mauten, Lehensherrschaft, Steuer-Provisorium, SteuerDefinitivum und Civillisten zu schenken, als dieser Bund, sage ich, nach der Unterjochung Deutschlands, Italiens und Spaniens sein Werk krönen und vollends Frankreich zu den Ländern der Finsterniß hinabstossen wollte, da schritt der Weltgeist zürnend über die Bühne der Welt und ermahnte die Völker zur Vertheidigung ihrer menschlichen Würde. Sein feierlicher Ruf war nicht vergebens: die Völker erwachten — aber was war der Erfolg ihrer Opfer. In Frankreich betrügt
203 ein neugeschaffener König die Nation um die Früchte der Saat, welche das Herzblut ihrer edelsten Söhne gedüngt hatte; und in Polen warf man die Kinder des Ruhmes nieder, weil sie das Verbrechen begingen, einem treubrüchigen König den Gehorsam aufzukündigen und dem Hülferufe ihrer geknebelten Mutter, der Stimme des Vaterlandes, Folge zu geben. Die Deutschen benützen die Zeit der Thaten zwar nicht zum Handeln — doch zum Sprechen. Sie wagten sich so weit, gegen die Glückseligkeit unumschränkter Fürstenmacht und gegen das Heil der Auflösung des Nationalbandes bescheidene Zweifel zu äußern; sie wagten es sogar, von Constitutionen und Wiedervereinigung des Vaterlandes zu sprechen. Aber wehe Euch, daß Ihr dieß thatet! Wißt Ihr nicht, daß Alles, was zum Wohle Eures Volkes und zum Ruhme Eures Landes dient, die Interessen nnd Zwecke Eurer Könige durchkreuzt, wißt ihr nicht, daß jeder ein Staatsverräther ist, welcher den Interessen der Könige ernstlich in den Weg tritt? Wundert Euch deßhalb nicht, daß der Bund Eurer Fürsten seine Maßregeln bereits vorbereitet, um die Dämmerung eures politischen Lebens in die tiefste Nacht zurückzuführen. Bald werdet Ihr die finstere Macht sich aufrichten sehen, die jetzt kein Lebenszeichen von sich giebt, weil sie im Hinterhalte lauert: bald werdet Ihr sehen, wie sie mit schwarzer kalter Hand eingreift in Euer warmes Herz und Eure Hoffnungen tödtet, Eure Gefühle erstickt und das kaum geweckte Feuer der Vaterlandsliebe auslöscht. Noch ist es den Freunden des Volkes vergönnt, mit ihm zu sprechen über seine Bedürfnisse, mit ihm zu trauern über seine Leiden, mit ihm zu träumen von einer schönern Zukunft. Allein bald wird die letzte Schutzwehr der Völker - die freie Presse — durch die plumpe Gewalt der Fürsten zertreten sein: bald werden die wenigen Freunde des Volkes den Kampfplatz für die große Sache des Jahrhunderts mit dem Gefängnisse vertauschen und den Verräthern Platz machen, die im Schmeicheln der Fürsten und im Beschimpfen des Volkes die Aufgabe ihres elenden Daseins erblicken. Darum erwache mein Volk und stähle dich zur unbedingten Hingebung für das Vaterland, wenn deine Seele nur einigermassen des Adels der Menschheit fähig ist. Sahst du die Söhne des Ruhmes, wie sie, von einem Despoten durch physische Uebermacht zwar niedergeworfen, dennoch als Sieger einherschreiten und durch die Hoheit ihrer Seelen zum Gebieter über die Sympathien aller Völker sich emporschwingen! Ist ihr Loos auch unter den Trübsalen der Verbannung nicht schöner, als jenes von armseligen Sklaven, die den Fußtritten ihres Herrn lautlos sich hingeben, und, weil sie zu essen haben, zur Beschimpfung der Menschenwürde ihr Schicksal noch glücklich nennen? Aber was sollen wir thun, fragt ihr mich wieder? Sollen wir die Fahne des Aufruhrs aufstecken? Nein! Ihr sollt dem Gesetze und stets dem Gesetze gehorsam sein. Allein Ihr sollt mit männlicher Entschlossenheit auch verlangen, daß man das Grundgesetz der deutschen Nation achte, daher das Band der NationalEinheit herstelle und durch die vom Genius des Jahrhunderts vorgezeichneten Institutionen des Volksthums befestige. Ihr sollt unter den Augen des Ge-
204 setzes einen offenen Bund schließen, um zur Wiedergeburt des Vaterlandes die Macht der öffentlichen Meinung zu gewinnen. Herrscht dann unter dem Gesammtvolke über die Nothwendigkeit dieser Maßregel nnr Eine Stimme, habt ihr euch durch die Presse und durch Volksversammlungen über die Art und Weise der Reform Deutschlands verständiget, so möge das Verlangen nach dieser Reform fortan von Munde zu Munde tönen, mit jedem kommenden Morgen wiederkehren, mit der Glut begeisterter Herzen über alle deutschen Zungen strömen. — Ein Widerstand der Fürsten ist alsdann auf gesetzlichem Wege unmöglich. Wollen aber die Könige den Aufschwung der Nation durch widerrechtliche Gewalt erdrücken — dann schützet das Gesetz und wetteifert in der Ehre, für das Vaterland zu sterben. Ο möchte der Geist der Beredsamkeit einem unserer Brüder die Weihe ertheilen, damit er die Flammen der Begeisterung in Aller Herzen werfe und sie entzünde für die Interessen der deutschen Ehre und des deutschen Ruhmes! Der Genius der Völker walte über unser Deutschland und führe es von Schimpf und Demüthigung doch endlich zur Würde und Größe!
Herr Perier und die freie Presse. Die volksfeindlichen Minister Frankreichs wüthen auf eine solche Weise gegen die Presse, daß die Journale der entschiedenen Opposition - diese Stützen der reinen unbeschränkten Freiheit aller Völker - fortwährend der Beschlagnahme ausgesetzt sind. Um den deutschen Freiheitsfreunden den Genuß der saisirten Artikel zu verschaffen, haben wir die Einleitung getroffen, daß wir von Zeit zu Zeit in den Besitz derselben gesetzt werden. Wir geben heute zwei solche Artikel im Originale und zwar einen vom „National" und einen vom „Mouvement." — Daß wir dies thun können, daß also Rheinbaiern eine größere Preßfreiheit genießt, als Frankreich, dies beweist den hohen Werth des Gutes, welches unsere eigenen Volksvertreter uns entziehen wollten. I. Ν a t i ο η a 1. D u flagrant delit en matiere d'impression et publication d'ecrits. Qu'est-ce que le flagrant delit? Nous ne renvoyons pas ä la definition des jurisconsultes de tous les temps et de tous les pays, nous en appelons au sens commun. Le delit flagrant, c'est celui dont Γ execution est commence [e] ou vient d'etre achevee. Un voleur est surpris aü moment oü il fait sauter la serrure de ma porte, ou s'esquivant par la fenetre de mon appartement les poches pleines; Un assassin est arrete le bras sur sa victime, ou tenant en main le fer sanglant dont il l'a frappee; Des eonjures sont cernes dans la chambre oil ils deliberent sur le lieu, l'heure, les moyens qui conviennent ä l'attentat qu'ils meditent; ils etaient epies, on a entendu leur conciliabule; Des hommes sont entoures par la force armee sur la place publique, armes eux-memes, faisant resistance ä la loi ou provoquant ä la revoke; Voilä des cas de flagrant delit. On en pourrait citer
205 une multitude d'autres; nous prenons les exemples frappans. Dans quel cas peut-il y avoir flagrant delit en matiere d'impression ou de publication d'dcrits? Dans un seul: dans le cas oil un appel ä la rdvolte, ä une levee de boucliers prochaine, immediate, contre le gouvernement, s'imprimerait dans un lieu connu ä l'avance par les agens de l'autorite. Dans ce cas lä seulement il peut y avoir flagrant delit. L'attentat est commence; il importe ä l'autorite d'intervenir avant qu'il se consomme; personne ne lui contestera le droit de s'emparer ä la fois de la presse, des imprimeurs, des ecrivains et des exemplaires dejä tires. II y a ce pendant un memorable exemple d'une conduite contraire de la part d'une autorite qu'on n'accusera pas certes de trop de douceur; c'est l'autorite usurpatrice qui lan$a les ordonnances de juillet 1830, et cet exemple, nous en pouvons parier. Le 26 juillet 1830, les ordonnances du ministere du 8 aoüt parurent. L'auteur de cet article fit publier, avant midi, un supplement du National qui contenait les ordonnances et appelait les citoyens ä s'armer pour la defense des lois. Ce supplement portait la signature du courageux Gauja, aujourd'hui prefet de l'Arriege, et alors gerant du National. Le 27 juillet au matin, un nouvel appel aux armes fut lance par le National. II y avait alors, ou jamais flagrant delit. La police de Μ. Mangin envoya saisir ces ecrits et briser les presses; Elle ne decerna point de mandat contre les ecrivains du National. La position etait fort critique. La consequence d'un mandat de depot eüt ete le jugement immediat par une commission speciale. Les ecrivains du National laisserent briser leurs presses, mais ils auraient resiste par la force ä un mandat de depot, qui eüt ete une condamnation capitale certaine. Dans tous les delits de la presse qui, depuis huit jours, ont motive les mandats de depot contre des ecrivains, et meme contre un imprimeur, sous pretexte de flagrant delit, il n'y en a pas un qui merite ce nom, ni de pres, ni de loin; il n'y en pas un que la mauvaise foi la plus inepte, celle de certains agens du ministere du 13. mars, puisse comparer aux provocations reflechies, reelles, immediates, que nous opposames aux ordonnances de juillet. Et cependant, nous le repetons, jamais le flagrant delit ne fut plus evident. Nos proclamations s'imprimaient et se distribuaient sous les yeux memes des commissaires de police, ä une heure oil Paris etait encore fort calme, oil les fauteurs des ordonnances etaient encore toutpuissans. L'utilite d'un mandat de depot contre nous [e]ut ete incontestable, puisqu'une heure apres la retraite de la poliec de Μ. Mangin, nos presses etaient reparees et lan^aient de nouvelles proclamations qui eurent leur effet dans la soiree meme. Voilä le seul cas de flagrant delit qu'on puisse imaginer pour la presse periodique. On voit que la police des hommes du 8 aoüt avait un reste de pudeur, que celle des hommes du 13 mars a perdu. II n'y a rien, rien absolument dans tout ce qui a ete publie contre le ministere ou meme contre la cour, ä propos de la liste civile, depuis un mois, qui puisse se
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qualifier de flagrant delit, qui ressemble ä une provocation ä 1'insurrection. On a fait des predictions; on a publie des conjectures hardies; on a repondu ä des actes violens par des protestations violentes. La presse η'est pas sortie un instant de son röle: eile a discute; Elle n'a point agi. Agir, tout est dans ce mot. La presse ne discute plus, eile agit, quand elle appelle les citoyens aux armes. Alors seulement, elle peut etre prise en flagrant delit, et nul gouvernement ne peut rester desarme devant elle. Tout le monde accorde sans peine que, pour empecher une provocation de se repandre et d'amener le peuple sur la place publique, il faut saisir la provocation; on convient encore que, pour empecher qu'une seconde provocation ne suive de pres la premiere, il peut etre bon de s'emparer immediatement des auteurs eux-memes. Dans-ce cas la, ce n'est pas pour que le coupable n'echappe pas au glaive de la loi qu'il y a necessite de se saisir de lui, car la loi ne se venge jamais; c'est pour lui öter la puissance de nuire, comme on s'emparerait d'un assassin pour qu'il n'achevät pas sa victime, ou d'un voleur pour qu'il n'emportat pas ce qu'il a derobe. Nous allons plus loin. Le flagrant delit, excepte en cas de revolution, n'est pas possible pour la presse periodique. La presse clandestine, la presse non autorisee, peut etre prise en flagrant delit en temps ordinaire. La presse periodique, la presse legale, la presse responsable, payant le timbre, les frais de poste, ayant un gerant cautionne et une propriete cautionnee, ne peut jamais etre surprise en commencement d'action contre le gouvernement. En effet, si un journal avait la folie d'appeler un beau matin la population aux armes quand les fictions legales sont encore respectees par le gouvernement, ce journal serait decide sans doute ä ne pas paraitre le lendemain. En temps ordinaire, il est tres difficile d'admettre le flagrant delit, meme pour la presse clandestine; quant ä la presse legale, on peut dire que l'eventualite n'existe pas. II ne se trouvera jamais un ecrivain periodique assez fou pour lancer une provocation ä la revoke, si la situation n'est pas telle, qu'avant le lendemain matin, la revoke puisse etre victorieuse. C'etait la situation de juillet. Est-ce encore cette situation aujourd'hui? Non, le ministere du 13. mars n'a pas amene les choses ä ce point. II n'y a pas un des ecrivains arretes depuis un m ois sur mandat de depot, de qui l'on puisse dire qu'il a ete surpris en flagrant delit, ä moins de renverser routes les notions du sens commun et de changer la signification des mots de la langue. Mais le pouvoir qui a ordonne ces arrestations et qui nous menace d'en ordonner de semblables, autant quil lui plaira, est lui-meme en etat flagrant d'ille galite, d'usurpation contre le pays, voilä ce qui est incontestable. Je sais qu'on ne se demande dejä plus si telle mesure est legale ou ne Test pas; mais si elle est bonne ou mauvaise, si elle excitera vivement ou n'excitera pas l'opinion. Du moment qu'on se croit rassure sur l'effet dans le public, et qu'on a reconnu l'utilite, on dit: „Laissons crier les ecrivains sur l'illegalite, personne ne les ecoutera." Cela a reussi dejä deux ou trois fois, nous ne le nions pas; mais cependant, nous avons la ferme persuasion que chaque
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207 illegalite nouvelle a trouve un public moins indulgent, et qu'enfin la mesure peut etre comblee. Le ministere croit l'illegalite peu dangereuse quand elle ne blesse qu'un petit nombre de citoyens. II se trompe, et, malgre toute sa fierte, il pourrait bien eprouver qu'un seul homme, convaincu de son droit et determine ä le soutenir par tous les moyens que lui dicterait son courage, nest pas facile ä vaincre. Pourquoi un de ces ecrivains, devenus l'objet des haines du juste-milieu, ne se rencontrerait-il pas, qui, penetre de son droit, opposerait la force ä la force et se devouerait aux chances d'une lutte inegale? Eh bien! il y en a dans la presse periodique de ces hommes qu'on ne provoque pas impunement, et qui certes ne seraient pas empörtes vivans ä Sainte-Pelagie, s'ils avaient jure de ne pas laisser violer en eux la majeste de la loi. II est facile de faire tuer, par cinquante hommes, un seul homme qui resiste, mais croit-on que cela put arriver deux fois sans peril pour l'ordre de choses actuel? Croit-on que si un ecrivain, dont tout le crime serait de ne pas penser comme le ministere, et qui d'ailleurs serait un citoyen recommandable, etait assassine de jour ou de nuit dans sa maison en resistant ä une arrestation illegale, ceux qui auraient ordonne l'arrestation et l'assassinat le porteraient bien loin? N o n , non, ce nest pas notre pensee, et il faut ici relever la dignite de l'homme et du citoyen, si souvent, si impunement insultee par l'indigne ministere du 13 mars. II ne sera pas dit qu'un regime qui intenterait les absurdes, les innombrables proces dont rougissent nos tribunaux, qui permettrait la confiscation de detail exercee sur notre propriete par les agens de la poste et par le parquet; un regime sous lequel les ecrivains seraient fletris, en attendant jugement, par leur accouplement avec des escrocs, ou tues ä petit bruit par les miasmes pestilentiels de Ste-Pelagie, pourra s'enrichir encore d'un arbitraire illimite qui s'intitulerait la jurisprudence du flagrant delit. Un tel regime ne s'appellera pas, de notre consentement, la liberte de la presse. Une usurpation si monstrueuse ne prendra pas. Nous serions coupables de le souf[f]rir, et il faut que ce ministere sache qu'un seul homme de cceur, ayant la loi pour lui, peut j ouer ä chances egales sa vie contre celle, non seulement de sept ou huit ministres, mais contre tous les interets, grands ou petits, qui se seraient attaches imprudemment ä la destinee d'un tel ministere. C'est peu que la vie d'un homme, tue furtivement au coin de la rue, dans le desordre d'une emeute; mais c'est beaucoup que la vie d'un homme d'honneur qui serait massacre chez lui par les sbires de Μ . Perier en resistant au nom de la loi; son sang crierait vengeance. Q u e le ministere ose risquer cet enjeu, et peut-etre il ne gagnera pas la partie. Le mandat de depot, sous le pretexte de flagrant delit, ne peut etre decerne legalement contre les ecrivains de la presse periodique, et tout ecrivain, penetre de sa dignite de citoyen opposera la loi ä l'illegalite,, et la force ä la force. C'est un devoir: advienne que pourra. ARMAND
II. Μ ο u ν e m e η t. 2 5 Janvrier - saisi. M . Armand National
Carrel
a p u b l i e ce m a t i n , dans le
u n article sur sa persecution dirigee contre
la presse p e r i o d i q u e q u i aura l'assentiment de tous les gens d e coeur. C e article se t e r m i n e ainsi: „II ne sera pas dit q u ' u n r e g i m e q u i intenterait les absurdes, les i n n o m b r a b l e s proces d o n t rougissent nos tribunaux, qui permettrait la confiscation d e detail exercee sur notre propriete par les agens d e la poste et par le p a r q u e t ; un r e g i m e s o u s lequel les ecrivains seraient fletris, en a t t e n d a n t j u g e m e n t , par leur a c c o u p l e m e n t avec des escrocs, o u tues ä petit bruit par les m i a s m e s pestilentiels d e Sainte-Pelagie, p o u r r a s'enrichir encore d ' u n arbitraire illimite qui s'intitulerait la jurisprudence
du flagrant delit. U n tel
regime ne s'appellera pas, d e notre c o n s e n t e m e n t , la liberte d e la presse. U n e u s u r p a t i o n si m o n s t r u e u s e ne p r e n d r a pas. N o u s serions c o u p a b l e s d e le souffrir, et il f a u t q u e le ministere sache q u ' u n seul h o m m e d e coeur, ayant la loi p o u r lui, p e u t j o u e r ä chances egales sa vie contre celle n o n - s e u l e m e n t d e sept o u huit ministres, mais contre tous les interets, grands o u petits, q u i se seraient attaches i m p r u d e m m e n t ä la destinee d ' u n tel ministere. C ' e s t p e u q u e la vie d ' u n h o m m e tue f u r t i v e m e n t a u coin d e la rue, dans le desordre d ' u n e e m e n t e ; m a i s c'est b e a u c o u p q u e la vie d ' u n h o m m e d ' h o n n e u r q u i serait massacre chez lui par les sbires d e Μ . Perier en resistant a u n o m d e la loi; son s a n g en crierait vengeance. Q u e le ministere ose risquer cet enjeu, et peut-etre il ne gagnera pas la partie. „ L e m a n d a t de d e p o t , sous le pretexte de flagrant delit, ne p e u t etre decerne legalement contre les ecrivains de la presse p e r i o d i q u e , et t o u t ecrivain, penetre de sa dignite de citoyen, o p p o s e r a la loi ä l'illegalite, et la force ä la force. C ' e s t un devoir: advienne q u e p o u r r a . " Pour ä
cette
notre part, protestation
nous contre
adherens
pleinement
l'arbitraire
legal
confrere et, c o m m e lui, n o u s saurons accepter tout entiere la responsabilite d ' u n e m i s s i o n q u i n o u s est commune.
CARREL.
Gedruckt bei G . Ritter in Zweibrücken.
du
parquet. N o u s e n t e n d o n s nos devoirs c o m m e notre
Verantwortlicher Redacteur: J . G . A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
N— 2 7 .
Die Nemesis Polens. Glaube niemand, daß der Weltgeist böse Thaten in der Geschichte der Völker ungeahndet lasse, wähne niemand, daß er das Unrecht, das man den Polen angethan hat, in das Buch der Vergessenheit eingetragen habe: Nein, wie ein nächtliches Gespenst, das den Gegenstand seiner Verfolgung in tausend Uebel führt, geht die Nemesis Polens durch die Geschichte und warnt die kommenden Geschlechter vor politischen Missethaten. Warum haben uns unsere Geschichtschreiber diesen dunkeln verhängnißvollen Weg der Nemesis nicht deutlicher gezeigt? Wir wollen bekannte Ereignisse nicht wiederholen, aber wir wollen die Spur des rächenden Gottes aufsuchen. Die erste Theilung Polens wurde bekanntlich aus Konvenienz beschlossen. Völker hatten Völker unterjocht, Eroberer hatten ganze Länderstrecken unter ihr Scepter gebeugt; aber mit einer so höhnischen Gleichgültigkeit gegen das Recht der Nationen, mit einer so ausgesuchten politischen Bosheit war noch niemals ein Reich, ein Staat der Civilisation behandelt worden. Es war weder ein Recht des Kriegs noch eine Handlung der Vergeltung; der Besitz des unschuldigen Nachbars war den Andern gut gelegen, dieß war das einzig wahre Motiv. So weit hatte es die Politik mit ihrem Arrondirungssystem gebracht; man schlug einen todt, um den andern zu retten. Und wer war dieser Andere? Der Türke war es, eben derselbe, welcher der Civilisation Europas den Weg vertritt. Dieser Schritt hob den Schleier von dem verrätherischen Angesicht der sogenannten Staatskunst: weil er gethan war, weil man mit ihm einmal das Geständniß eines Vergehens abgelegt hatte, waren auch der zweite und die folgenden leicht. Nichts war mehr heilig, ein unvertilgbares Mistrauen setzte sich in den Kabinetten gegen einander fest. Keins hatte Glauben mehr an die Rechtlichkeit des andern und die Tugend war eine Sache des Privatmanns geworden Nicht aus dem Chaos der Völker, sondern der Monarchen war die erste Revolution entsprungen d. h. Umsturz aller bestehenden Rechte, aller schützenden Ordnung; ehe Frankreich Europa umwandelte, hatten die Souveräne schon daran gearbeitet. Die Theilung Polens war der erste Zeuge der Zeit, die da kommen sollte. Mit Riesenschritten ging nun das Böse vorwärts. Weil die Presse feig oder gefesselt war, vor wem hätte man sich schämen sollen? Kurz darauf entwarfJoseph II. ein Attentat vnf das deutsche Reich: mit Baiern wäre die Freiheit Deutsch-
Vaterlandes.
Homburg, den 31. Januar 1832.
lands dahin gewesen, der Prinz Heinrich von Preußen, der bekannte Bruder Friedrichs II., debattirte schon mit jenem Fürsten über die schicklichste Weise, Deutschland wie Polen unter einander zu theilen. Holland hatte kein besseres Schicksal. Ohne die Verträge zu fragen, riß Joseph die Festungen an den belgischfranzösischen Grenzen, die Schutzmauern Hollands, nieder und bereitete dadurch den Revolutionsheeren Frankreichs den Weg in seine eigenen Staaten vor. Er erhob ungerechte Forderungen an die Generalstaaten und vermehrte dadurch den Haß derselben gegen das Haus Oranien, das zehn Jahre später vertrieben nach England wanderte. Um der Türkei willen war Polen geopfert worden, und doch rettete diese Uebelthat die Pforte nicht. Eben der Joseph, der mit getheilt hatte, entwarf nun gemeinschaftlich mit der Kaiserin Katharina den Plan, den Halbmond auszulöschen. In der Nacht bei Lugosch erschien ihm die Nemesis Polens. So waren alle moralischen Bande zerrissen, der Umsturz Europas schon vorbereitet, wenn auch nicht im Sinn der bessern Menschheit, als das schreckliche Gericht der französischen Revolution über diese Politik kam. Kaum war dieser Sturm ausgebrochen, als die Polen, ohne Jemandes Rechten nahe zu treten, das Elend ihres Zustandes, welches Rußland garantirt hatte, mit einer bessern Verfassung (3. Mai 1791) vertauschten. Sie rechneten auf den Beistand Preußens. „Ich preise mich glücklich, schrieb der König Friedrich Wilhelm II. am 23. Mai desselben Jahres an den König Stanislaus, daß ich etwas zur Aufrechthaltung der Freiheit und Unabhängigkeit der polnischen Nation habe beitragen können, und eine meiner angenehmsten Sorgen wird immer sein, die Bande, welche uns vereinigen, zu erhalten und noch enger zu knüpfen." Kaum waren zwölf Monate vorüber, wo sich die Aussichten zu einer neuen Theilung zeigten, als derselbe König auf die Aufforderung Stanislaws um Unterstützung gegen Rußland erwiederte: „In Betrachtung der neuen Constitution, die sich die Republik ohne meine Mitwirkung gegeben hat, habe ich niemals daran gedacht, sie zu unterstützen und zu beschirmen. - Seit dem Vertrag, den ich mit ihr eingegangen bin, hat sich der Stand der Dinge völlig verändert, und die Stipulationen desselben sind auf die gegenwärtigen Verhältnisse nicht mehr anwendbar." Nicht genug, bald darauf ließ Preußen im geheimen Einverständnisse mit Rußland Truppen in Großpolen und Danzig einrücken. Was war die Folge von so treuloser Politik? Man stand eben im Feld gegen die französische Revolution. Der Antheil Preußens wurde
211 gespalten, halb war es in Frankreich, halb in Polen; daher überall halbe Maßregeln und natürlich Siege der Franzosen. Daher der Rückzug aus Champagne. In Oesterreich war indeß auch der Neid erwacht über Preußens Vergrößerung in Polen, daher Kälte zwischen beiden, Mißklang in den Plänen und in der Ausführung. Oesterreich wollte nicht leer ausgehen, sondern die preußischen Heere benüzen, um sich durch Eroberungen in Frankreich für die Ausschließung von der Beute in Polen zu rächen. Das merkte Preußen bald, daher Rückzug des Herzogs von Braunschweig aus dem Elsaß in dem Augenblick, wo Wurmser Hoffnung hatte, Straßburg zu nehmen. Heimliche Unterhandlungen mit den temporären Machthabem der französischen Republik sowohl von Seiten Oesterreichs als Preußens, ohne daß die „Engverbündeten" sich gegeneinander etwas davon merken ließen; Argwohn gegen sich, wie mitten unter hinterlistigen Feinden, überall wachsende Halbheit, Streit und Zwietracht, die sich den Generalen mittheilte. War es nicht zu verwundern, wenn dieses elende Gebäude der Politik zusammenstürzte? Preußen schloß traktatenwidrig seinen Separatfrieden zu Basel mit Frankreich, trat bald darauf seine Besitzungen am linken Rheinufer ab, und säcularisirte, d. h. es nahm von Ländern Besitz, an die es kein Recht hatte. Die Nemesis Polens hatte diese Uebereinkünfte dictirt. Der gerade Weg von Basel lief nach Auerstädt, wo Preußen zusammentraf. Sieben fürchterliche Jahre duldete es, um den strafenden Weltgeist zu versöhnen. Aber nur im Unglück gut, vergaß es im Glück die warnende Stimme und ging wieder einher wie zuvor. Glaubt ihr, daß die Nemesis nun abgetreten sei? Wahrlich, ich sage euch, an Polen wird sich die morsche Axe Europas entzünden und das Feuer wird sich über den Erdboden ergießen. Im Morgen werden sich die rohen Horden aufmachen und mit dem Fußtritt des starren Absolutismus die aufsprossende Freiheit des Abends zertreten wollen. Deutschland wird, wie es immer gewesen, das Schlachtfeld sein - welche Mittel wird diese Staatensammlung (ungefähr wie ein Jude einmal das Wort Bibliothek in Enthaltsamkeit von Büchern übersetzte) besitzen, um diese Wahl der Schlachtfelder abzuwenden? Hätte man Polen nicht fallen lassen, hätte man sich zu einem kühnen Entschluß ermannen können und verstärkt durch die unermeßliche Kraft der öffentlichen Meinung Europas, sich an die Spitze der Bewegung gestellt — man hätte wahrscheinlich einen allgemeinen Krieg gehabt, das ist wahr, aber wird man den jetzt weniger haben? Und mit welchen Vortheilen wäre man damals in den Kampf gegangen und mit welchen wird man heute gehen? O! daß die Natur mit großen Menschen so sparsam ist. Ο daß sie nicht jetzt gegen den russischen Koloß in der Stunde seines Schwankens einen Moriz von Sachsen erweckte, wie sie ihn gegen den Habsburgischen erweckt hatte! Man hat den Churfürsten Friedrich August von Sachsen sehr gelobt, daß er zu dem Antrag der Polen 1791, ihre erbliche Krone seinem Hause zu vermachen, weder Ja noch Nein gesagt, d. h. es abgewarter hat, wie die Sache laufen würde und wenn man nur den Augenblick übersieht, so hat er nicht unrecht gehandelt. Das Schicksal Friedrichs V., von der Pfalz, der sich verleiten ließ, die
212 böhmische Krone gegen Ferdinand II., anzunehmen, möchte eine gute Lehre enthalten. Aber eine halbe Maßregel war es, was man auch sage; immer bleiben es mittelmäßige Menschen, die zu einem Unternehmen abwarten, bis die Schwierigkeiten vorüber sind. Es war weder derselbe Fall, wie bei Böhmen, noch dieselbe Gefahr. Ferdinand II. war König von Böhmen und Friedrich V. nahm nur an, was einem andern gehörte; Polen war, wenn dies auch die russische Herrschsucht nicht wollte, ein freier Staat, es konnte über seine Krone verfügen, ohne das Recht eines Andern zu verletzen. Was seine sächsischen Vorfahren auf allen Wegen der Staatskunst umsonst gesucht hatten, das bot man dem Churfürsten Friedrich August aus freiem Willen an, und er durfte damals gewiß auf die Unterstützung Oestreichs rechnen, wenn nicht auch Preußens. Ein Kampf mit Rußland hätte entstehen können, aber Katharina, in ihren Finanzen bis auf die Hefen erschöpft, von der Pforte bedroht, von Oestreich verlassen, ohne Verbindung mit Preußen, in Gefahr, daß sich Polen und Sachsen mit dem gefürchteten Frankreich verbänden, würde sich gewiß bedacht haben, dem Recht eines Andern und der öffentlichen Meinung abzutrotzen, was ihr von Gott und Rechtswegen nicht gehörte. Aber noch einmal, für diesen schönen Moment fehlte ein Moriz. Die Nemesis Polens rächte sich - durch die Theilung Sachsens! Noch einmal war ein Augenblick für die Auferstehung Polens gekommen, als Napoleon die Welt beherrschte. Er hinterging die Polen, die für ihn fochten und der strafende Gott antwortete ihm bei seinem Rückzug aus Moskau. Niemals wäre er gefallen, wenn er sich in Polen eine Schutzmauer aufgerichtet hätte! Und du, mein deutsches Vaterland, niemals würdest du, was du jetzt bist, der Preis der Mächtigern sein, wenn du jetzt andern Antheil an dem Schicksal der unglücklichen Nation genommen hättest, als durch deine Freudenund Schmerzes-Thränen! Jetzt ziehen sie, die lieber kein Obdach, als einen beschimpften Heerd besitzen wollen, stumm, wie die Todten des Weltgerichts, durch deine beschneiten Fluren. Alles, was dem Menschenherzen heilig ist, liegt hinter ihnen; jeder Blick, den sie auf dich werfen, ist eine Anklage, jeder Schritt, den sie nach Westen richten, schleudert dich von dem sichern Tempel deines Friedens, deiner Freiheit, deiner Civilisation weiter fort und hinter diesem herzzerreißenden Zuge sitzt für dich — die Nemesis!
Stimme aus Würtemberg. Der Aufsatz in dem Schw. Merkur vom 20. d. M. unter dem Titel „Beleuchtung" muß jeden redlichen Deutschen mit Unwillen erfüllen. Wenn man auch über Behauptungen, die nur eine Wohldienerei gegen die Regierung beurkunden, seinen Unwillen unterdrücken möchte, so sind doch die Ausfälle gegen den Hochwächter von der Art, daß sie allgemeine Indignation erregen müssen. Der Hochwächter repräsentirt die öffentliche Meinung des Würtembergischen Volkes, er hat für Aufklärung des Landmanns bereits sehr viel gethan, ihm hat man es hauptsächlich zu danken, daß die letztern Wahlen der Stände-Mitglieder größtentheils auf erprobte würdige Männer gefallen sind. Bei solchen
214
213 Verdiensten eines Journals ist jede Beleidigung desselben ein Unbild gegen die Nation. Dem Einsender jenes Aufsatzes scheint die Bewilligung der Steuern in dem Wirkungskreise einer Ständeversammlung die Hauptsache zu sein; kein Wunder, wenn er, da solche noch für ein Jahr bewilligt sind, auf die Einberufung der neu gewählten StändeMitglieder nicht nur kein Gewicht legt, sondern sie sogar als unzeitig erklärt! Derselbe hat den Geist der Zeit wenig erkannt. - Der Würtemberger hofft und verlangt: unsere künftige Stände-Versammlung werde ihren Beruf besser kennen: dieselbe werde bei den erschöpften Kräften ihrer Mitbürger möglichst wenig Steuern bewilligen; ihr Hauptbestreben werde dahin gehen, Ersparnisse in den Ausgaben zu bewirken; denn daß dies höchst nöthig und es überhaupt an der Zeit wäre, einmal von oben herab zu sparen, weiß Jedermann. Ihr Wirken wird neben dem auf Entwicklung der Volksfreiheit, Vereinfachung der Verwaltung sowie auf Freiheit der Presse gerichtet sein, und sie wird sich in der Beziehung von nichts hindern lassen. Eine baldige Versammlung der Stände-Mitglieder wird daher jedem Würtemberger erwünscht sein, und welcher redliche Mann wird sie nicht bei so schönen Erwartungen und bei dem glücklichen Erfolg der Wahlen von Herzen wünschen? Mehrere würtembergische Bürger. Tages-Chronik. England. London 25. Januar. Der Zustand Irlands wird immer bedenklicher. Schon ist in mehreren Gegenden die Verweigerung des Zehntens förmlich organisirt, wie in Kilhenny, Carlow, Queens-Country, und einigen Theilen der Tipperary. Allein selbst in den Gegenden wo die Verweigerung noch nicht organisirt ist, giebt es viele einzelne Personen, welche nicht bezahlen. Die Einnehmer haben dabei die schwierigste Stellung. Sogar in der Grafschaft Cork würde ein solcher sein Leben auf's Spiel setzen, wenn er sich in abgelegene Theile des Landes wagte. Es ist demnach das System der Zehnten nicht mehr aufrecht zu erhalten, ohne Einsetzung eines Kriegs-Gerichts über ganz Irland, zu dessen Unterstützung jedoch eine ausserordentliche Anzahl von Truppen erforderlich wäre. Diese Frage muß als sehr wichtig und dringend erkannt worden sein, da man die Diskussion der Reform-Bill unterbrochen hat, um sich damit zu beschäftigen. Frankreich. Paris, 26. Januar. Die Zeit wird wieder ernst und groß. In Paris erhebt das System des äußersten Despotismus abermals sein Haupt. Wahnsinnige Minister fordern die Nation von Neuem in die Schranken. Schon haben die Journale der Opposition den Handschuh aufgenommen: ihre Redactoren weihen sich rücksichtslos dem Vaterlande. Bald wird die Nation in diesem Kampfe für den einen oder den andern Theil sich entscheiden müssen. - Die saisirten Artikel des National- und des Mouvement haben wir mitgetheilt. Der Courrier francais, eines der geachtesten Journale in Frankreich, stellt sich nun ebenfalls kühn und fest an die Seite der entschlossenen Gegner eines treulosen Regierungssystems. In dem vorletzten Blatte spricht er sich ungefähr in folgender Weise aus: „Der
National hat sich heute mit gerechter Indignation gegen das System der vorläufigen Verhaftungen erhoben, welches seit einiger Zeit von den Ministern angenommen worden ist. Die öffentliche Meinung ist über diese willkürliche Ausdehnung des Gesetzes im höchsten Grade entrüstet; sogar viele Behörden fühlen ein peinliches Schamgefühl, zur Ausübung solcher Maßregeln sich hergeben zu müssen. Der National hat erklärt, daß gegen Gewaltthätigkeiten von so schamloser Art der unterdrückte Bürger das Recht der Nothwehr habe (etoit dans le droit d'une legitime defence). In Folge dieser Erklärung wurde der National mit Beschlag belegt. Die muthigen und talentvollen Redaktoren dieses Journals wünschen sich Glück, die Gewalthaber gezwungen zu haben, vor den Gerichten über ihr Verfahren, Rechenschaft abzulegen. Wir werden sehen, ob französische Geschworne wollen, daß die Freiheit des Staatsbürgers der Willkür eines Polizei-Präfekten oder Instruktions-Richters Preiß gegeben sei, daß man sich seiner Papiere bemächtigen und sie durchwühlen darf, nicht um die Indicien einer begangenen Uebertretung zu verfolgen, sondern um darin die Anzeigen einer nur vermutheten, noch nicht zur Wirklichkeit gekommenen Gesetzübertretung aufzuspüren; wir wollen sehen, ob französische Geschworne eine solche verachtungswürdige Maxime zum Prinzip erheben und zugleich aussprechen werden, daß der Bürger, welcher durch eine strafbare Ausdehnung des Gesetzes in seinen heiligsten Rechten gewaltthätig verletzt wird, das Recht der Nothwehr nicht besitzen soll. Ein Regiment nach solchen Grundsätzen müßte das verhaßteste, das feigste und das verabscheuungswürdigste sein welches je auf einer civilisirten Nation gelastet hat. Wenn es vollends durch ein richterliches Urtheil legitimirt würde, so würde Frankreich nach der Juli-Revolution hundert Mal tiefer stehen, als die Länder, welche nie die Freiheit gekannt haben. Es handelt sich hier um das heiligste unserer Rechte, um unsere Würde als Staatsbürger, um die Sicherheit unserer Wohnungen und um die Ruhe unserer Familien. Da man aber die Freiheit in allen Garantien, welche sie darbietet, und bis zu ihren letzten Asyl verfolgen will, so muß sie auf die Beständigkeit und die Energie ihrer Vertheidiger rechnen. Sie wird dieselbe bereit finden, ihre Aufgabe zu erfüllen." — In Lyon finden wieder Zusammenrottungen statt, welche aber dies Mal von den Carlisten geleitet werden. Paris, 27. Januar. Das entschiedene Auftreten des National, dessen Erklärung über das System der vorläufigen Verhaftungen trotz der Beschlagnahme des Blattes bekannt wurde, hat dem Geiste des Volkes eine neue Schwungkraft gegeben. Alles läßt vermuthen, daß die Dinge nochmals auf die Spitze getrieben werden. Die Aufregung und Erbitterung ist sehr groß. Herr Marast, einer der kraftvollen Redactoren der Tribüne, schreibt aus dem Gefängniß Sanct Pelagie folgendes an Herrn Carrel, Haupt-Redacteur des National: „Man soll sich überzeugen, und man soll allgemein wissen, daß das Leben eines Schriftstellers unter einer brutalen Regierung nicht blos dem Kampfe mit der Feder, sondern auch dem Kampfe mit dem Schwert gewidmet sein soll. Wäre ich so frei, wie Sie, so würde ich gleich Ihnen meine
215 Pflicht als Bürger zu erfüllen wissen" — D i e Tribüne erklärt, daß sie die Grundsätze u n d den Entschluß des National vollkommen theile. — S o eben ist eine neue Carricatur erschienen. Sie stellt einen feisten Pächter vor in der Mitte eines Hofes u n d umgeben von Geflügel aller Art. Dabei befindet sich folgender Dialog: Der Pächter. „Meine lieben Freunde! ich habe Euch alle versammelt, u m zu erfahren, in welcher Sauce ihr gespeist sein wollt." Der Hahn. „Wir wollen nicht, daß m a n uns speißt." Pächter. „Ihr entfernt Euch von der Frage." Paris, 2 7 . Januar. D i e Herren Paulin, Geraut, u n d Carrel, Haupt-Redakteur des National, sind heute vor d e m Untersuchungsrichter erschienen. M a n erwartet, die Anklagekammer werde entscheiden, daß der Sache keine Folge zu geben sei. D i e öffentliche M e i n u n g hat sich mit ungewöhnlicher Energie ausgesprochen, so daß selbst die ängstlichsten Leute die unglückliche Empfindlichkeit des Ministeriums nicht genug beklagen können. — Wir beklagen sie nicht, sondern freuen uns darüber. A. d. R. Zweibrücken, 30. Jan. D a s Fest zu Ehren Schülers fand gestern hier statt und gestaltete sich durch eine allgemeine Theilnahme des Kreises in Beziehung auf Rheinbaiern zu einem Nationalfest. Dasselbe ist zu wichtig und hat durch die Art, wie es begangen wurde, u n d den Geist, der sich aussprach, eine zu große Bedeutung fiir die große Sache der deutschen Freiheit und Wiedergeburt erlangt, als daß wir uns auf eine oberflächliche Relation beschränken könnten. Wir wollen daher heute nur über die Aeußerlichkeiten dieses schönen Nationalfestes einiges mittheilen u n d d a n n später den Geist, der die Versammlung beseelte, zur E r m u n t e r u n g und Erweckung unserer Brüder jenseits des Rheins wieder zu geben suchen. D i e Versammlung war zahlreicher, als m a n erwartet hatte: 3 5 0 Gedecke waren nicht hinreichend, der große Saal in Bubenhausen zu klein: m a n n a h m zwar die anstoßenden Säle zu Hülfe, allein auch hier konnte die Masse der zuströmenden Gäste nur mit M ü h e untergebracht werden. Schüler wurde durch eine Deputation der Bürger an den O r t des Festes begleitet: er wurde mit 102 Schüssen aus Mörsern salutirt. D a s hiesige Musikcorps, welches sich überhaupt sehr auszeichnete, eröffnete das Fest mit der trefflich ausgeführten Ouvertüre aus Fiorella. Ehe noch ein Toast ausgebracht worden war, legte der M a n n des Festes in einer umfassenden Rede der Versammlung über sein Wirken in der K a m m e r Rechenschaft ab, entwickelte vollständig die Gründe, w a r u m die letzte Session der baierischen K a m m e r n erfolglos war, und zeigte, daß bei der Beschaffenheit der baierischen Verfassungs-Urkunde, dann bei der Art u n d Weise der Zusammensetzung und der C o m p e t e n z der Deputirten-Kammer u n d endlich bei d e m Geiste und der Tendenz der baierischen Regierung das, was d e m Lande N o t h thut, auf parlamentarischen Wege nie zu erreichen ist. D i e Rede machte ungefähr einen solchen Eindruck, wie die bekannten Reden Schülers in der K a m m e r über den Rechenschaftsbericht u n d das Militärbudget. N a c h Beendigung derselben wurde d e m M a n n e des Volkes Gedruckt bei G . Ritter in Zweibrücken.
216 die Bürgerkrone überreicht Sodann traten die Deputationen der Cancone Neustadt, Landau, Kaiserslautern und Homburg vor und statteten dem Freunde des Vblkes den Dank ihrer Committenten in trefflichen Anreden ab. Die Cancone Neustadt und Kaiserslautern hatten zugleich Adressen an Schüler eingesendet; jene aus Neustadt war mit 800 Unterschriften bedeckt, die in vier Stunden geschehen waren. Wegen Mangd an Zeit konnte man die Adresse nicht längpr aufliegen lassen; hätte man Zeit gehabt, so würden die Unterschriften zu mehreren Tausenden angewachsen sein.—Nachts wurde Schüler unter dem donnernden Jubelrufe der Bürger mit einem Fackdzuge nach Hause begleitet. Was das Fest für Schüler zu einem Tagp höchster Wonne machte, war der Umstand, daß die vier andern treuen Deputirten Rheinbaiems, welche mit unerschütterlicher Charakterstäike an der Seite Schülers gekämpft haben, die Herren Schoppmann, Ritter, Brogino und Jourdan zur Vervollkommnung des Narionalfestes sich eingefünden hatten Von derpolnischen Gräme; 2. Januar. Die Diplomatie wagt es gegenwärtig nicht, öffentlich zu handeln, desto mehr thut sie im Geheimen. Die russisdie Aristokratie hatte nach dem Fall von Warschau beschlossen, das Königreich Polen in eine Provinz des russischen Reichs umzutaufen, und der Selbstherrscher aller Reußen kann trotz seiner Allmacht, trotz seiner heiligsten Versprechen nicht hindern, daß dieser Plan nicht ausgeführt werde. So wahr ist es, daß in absoluten Staaten nicht die Fürsten, sondern entweder der Add, wie in Rußland, oder die Pfaffen, wie in Spanien, das Ruder fuhren. Polen wird hinfiiio keine Armee, es wird keine selbstständige Regierung, keine selbstständigen Unterrichtsanstalten mehr haben. Während man durch alle diese Maßregeln den Haupcstreich vorbereitet, läßt man Polen vor der Hand noch im provisorischen Zustand, um die Gemüther durch eine übereilte Handlung nicht noch mehr zu erbittern - Indessen greift das Streben nach Freiheit immer mehr um sich, und macht sogar in der russischen Hauptarmee nidit unbedeutende Fortschritte, welche durch einen denkwürdigen Zufall noch begünstigt worden sind Nach dem Ausbruch der Revolution in Warschau nämlich fand man in den Papieren eines russischen Offiziers, der mit den Regimentern Constantins Polen verließ, den Entwurf einer Verfassung für das Kaiseneich Rußland in russischer Sprache, mit einer französischen Uebetsetzungzur Seite. Der patriotische Verein zu Warsdiau hielt es der polnischen Sache für angemessen, diesen Entwurfin mehreren Tausenden von Exemplaren abdrucken zu lassen, um ihn wo mögjich in den russischen Provinzen und in der russischen Armee zu verbreiten. Als bei der Einnahme von Warschau die Mitgjieder des patriotischen Vereins der polnischen Hauptarmee folgten, ließen die Redakteure der liberalen Zeitungen in ihren Bureaus mit Absicht noch eine gehörige Anzahl dieser Schrift zurück, weil sie wohl wußten, daß ihre Werkstätten vor allen Andern der Zielpunkt russischer Rache sein werden. So gsschah es denn auch wirklich, daß gleich in den ersten Tagen nach der Einnahme Wuschaus alle polnischen Druckereien zerstört wurden; die russischen Bücher, welche man daselbst fand, wurden jedoch als Pretiosen sorgpam erhalten, gelesen, und auf dieseAÄeise auch die russische Constitution in der Armee bekannt. Es entstand der Plan, Rußland fiei zu machen und die Constitution in Warschau zu Anfänge vorigen Decembers zu proklamiren; allein die Sache wurde verrathen, und in Folge dessen sind bereits 112 russische Offiziere von Warschau nach Sibirien verbannt worden — Daß General Berg in Warschau erschossen worden ist, werden Sie aus den Zeitungen wissen; er starb für den Großfürsten Michael, fur den die Kugel bestimmt war, und an dessen Seite er saß, als er getroffen wurde; jedoch hat General Berg der Sache der Polen mehr geschadet als der Großfürst, und so scheint es, die Nemesis selbst habe die Todeskugel gelenkt. Verantwortlicher Redacteur: J . G . A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Mittwoch.
N -
Der neueste Zustand Frankreichs. Die liberalen Ideen in Frankreich verbreiten sich mit einer Schnelligkeit und Tiefe, welche nur diejenigen in Erstaunen setzen, die diesen klassischen Boden der Freiheit nicht mit Aufmerksamkeit betrachtet haben. Die Bewegung, welche anfänglich nur die Jugend und die niedere Volksklasse electrisirt hatte, ist jetzt auch zu den höheren Stufen der Gesellschaft aufgestiegen, und hat sich sogar einer der drei Gewalten des Staates — der Klasse der Privilegirten bemeistert. Nicht ohne Absicht erhob sich gegen das Wort „Unterthanen", dessen Herr v. Montalivet auf der Tribune sich bediente, ein Widerstand in Masse. Die Opposition wollte diese Gelegenheit benutzen, um ihre Kräfte zu prüfen. Sie hat dem ganzen Land bewiesen, daß sie fest und und zahlreich ist, da die Protestation auf der Stelle 164 Stimmen vereinigte, denen sich seitdem noch andere anschlossen. Das Ministerium wurde durch das unerwartete Aufleben einer compacten Opposition in Bestürzung versetzt. Herr Barthe, welcher sich gewöhnlich des Ausdrucks „Unterthanen" bediente, unterdrückte ihn nun in dem Berichte, den er dem König als Großsiegelbewahrer erstattete. Diese Concession wurde einer förmlichen Niederlage gleich geachtet. Während aber das Ministerium in der Kammer der Deputirten besiegt wurde, zog sich über sein Haupt in der Kammer der Pairs ein neues Gewitter zusammen. In dieser Legislatur hat seit dem Verlust der Erblichkeit ein unversöhnlicher Haß gegen die Minister Wurzel geschlagen. Die Beweise davon vermehren sich täglich. Nicht genug, daß die Pairs den Geist des Gesetzes völlig verstümmelten, wodurch die Kammer der Deputirten neue Maßregeln der Strenge gegen Carl X. und seine Familie votirt hatte, so weigerte sich die erste Kammer auch, über das Gesetz in Betreff der Todesfeier Ludwigs XVI. nach den Wünschen der Regierung noch vor dem Abend des 21. Januar sich anszusprechen. Diese Weigerung hat die Freunde der Freiheit tief gekränkt und zur Unzufriedenheit der Gemüther nicht wenig beigetragen. Die Massen, welche nur in der Unabhängigkeit des Landes ihr Heil sehen, leiden sehr durch den Zustand von Ungewißheit, in dem Frankreich schmachtet. Sie hätten gewünscht, daß durch eine imponirende Stellung der Regierung die schmachvollen
Tribüne. des
28.
Vaterlandes.
Homburg, den 1. Februar 1832.
Verträge von 1815 vernichtet worden wären; sie sind empört über die Concessionen, zu denen die Regierung Ludwig Philipps sich herabwürdigt. Die diplomatische Hohlheit der Protokolle reizen ihren Üngestümm. Sie hatten erwartet, daß Frankreich durch die JuliRevolution ein moralisches Uebergewicht über Europa erlangen würde. So lange es auch der Regierung Ludwig Philipps gelungen ist, die Entscheidung des großen Dramas durch Temporisiren zu verzögern, so ist es doch unmöglich, daß der jetzige Zustand der Dinge bis zum Frühjahr fortdaure. Zu den Ansprüchen der Partei, welche CarlX. verjagt hat, gesellt sich noch materielles Elend eines großen Theiles der Bevölkerung, erzeugt durch Zerrüttung des Handels und der Industrie. Seit Menschen Gedenken hat man Aehnliches bei uns nicht gesehen. Nicht weil die Quellen einer großen Wohlhabenheit in Frankreich versiegt wären, sondern weil sie verstopft und abgeleitet werden, in Folge eines Regierungssystems, das die Nation mit Mißtrauen erfüllt und in steter convulsivischer Bewegung erhält. Die Aufrechterhaltung der neuen Dynastie ist so zweifelhaft und die politische Zukunft Frankreichs überhaupt so ungewiß, daß Niemand wagen darf, in eine Unternehmung von Wichtigkeit sich einzulassen, wäre sie auch noch so vortheilhaft und wohl berechnet. Denn jede läuft Gefahr, bei dem ersten Kanonenschuß in Europa völlig umzuschlagen. Kurz wir sind von allen Leiden heimgesucht, von welchen die Uebergangsperiode von einer Staats-Erschütterung in die vollendete Umwälzung der gesellschaftlichen Verfassung begleitet ist. Noch tiefer als Industrie und Handel, stehen die arbeitenden Klassen. Stolz auf die Dienste, welche sie vor 15 Monaten dem Vaterland geleistet haben, und entrüstet über die Unverschämtheit, mit der die Regierung Ludwig Philipps die gegebenen Versprechungen gebrochen und die Nation um alle Früchte ihrer Revolution betrogen hat, sind sie nicht nur an sich schon zu jeder Art von Empörung geneigt, sondern werden auch noch durch Wuth und Verzweiflung über ihr materielles Elend dazu angetrieben. In Frankreich sind auch die niedersten Klassen von dem Gefühle der Menschenwürde durchdrungen und mit einem edlen Stolze erfüllt, der es bei Mangel an Arbeit und Verdienst doch nicht über sich gewinnen kann, zu Gaben der Mildthätigkeit seine Zuflucht nehmen. Ungeschickte Maßregeln der Behörden, welche mit Beharrlichkeit verfolgt wer-
219 den, vermehren noch die Aufregung dieser Classe der Gesellschaft. Der neue Polizei-Praefect hat durch ein unzeitiges und deshalb höchst unbesonnenes Zartgefühl eine Masse von mehr als 4000 Individuen vollends zur Verzweiflung getrieben, indem er sie verhinderte, ihr elendes Leben mit Hülfe der Ueberreste von Lebensmitteln fortzuschleppen, die sie täglich aus dem Kehricht vor den Häusern heraussuchten. Die Chiffoniers von Paris gewannen bei dieser Art Industrie ohngefähr 30 Sols per Tag. Dieser allerdings traurige Nahrungszweig wurde ihnen plötzlich entzogen, ohne daß man Fürsorge getroffen hätte, einen andern an seine Stelle zu setzen. Die Unglücklichen beschlossen daher, sich zu erheben und Feuer an die vier Enden einer Stadt zu legen, in der man ihnen ihr Brod raubt. Man kam ihnen zuvor, allein ihre Rache wacht. Die Nationalgarde, welche man als die Stütze des neuen Königthums betrachten sollte, ist ermüdet und erschlafft. Sie weiß, daß sie die Unzufriedenheit und das Mißtrauen des Minister-Präsidenten erregt hat, indem sie bei manchen Vorfällen zum Mißbrauch der Waffen sich nicht verleiten ließ. Aus dem Volk hervorgegangen, ist die große Masse der Nationalgarde volksthümlich im republikanischen Sinne. Sie will zwar die Ordnung, sie verlangt aber auch eben so sehr nach Freiheit. Das System des Juste-Milieu ist ihr in neuester Zeit ein Abscheu, da es weder ihren Sympathien, noch ihrer Erinnerung entspricht. Besonders verächtlich ist ihr die Gespensterfurcht der Gewalthaber, und das Herz blutet ihr bei der Reihe von Prozessen, denen sie die Presse Preis gegeben sieht. Die vorläufige Verhaftung der Herausgeber der Journale, welche man 6 Monate lang in den Gefängnissen schmachten läßt, selbst dann wenn man die Ueberzeugung hat, daß sie frei gesprochen werden, eine Strenge die sogar Polignac sich nicht zu Schulden kommen ließ; die Erdichtungen der Polizei von Verschwörungen, deren Details in den Londoner Journalen zu lesen sind, ehe die Verschwörung noch ausgebrochen ist; die Versuche, welche Ludwig Philipp gemacht hat, um einen glänzenden Hof zu bilden und die alte Rangordnung wieder eintreten zu lassen; alle diese Gründe haben sich vereinigt, dem Königthum vom Juli die Zuneigung der Nationalgarde zu entziehen. Die Bürgergarde besteht noch überdieß aus Männern, welche nur bei Lebhaftigkeit der Geschäfte anständig leben können. Da aber auch diese stocken, so wird durch die Opfer, welche sich jeder als Familien-Haupt auflegen muß, jene Unzufriedenheit noch gesteigert, von der sie schon in ihrer Eigenschaft als Bürger erfüllt sind. Daher kommt es, daß sich ein großer Theil der National-Garde allmählich dem Dienste entzieht, indem sie ihre Uniformen verkaufen. Wenn wir von der Nationalgarde zur Armee übergehen, so finden wir auch dort neue Keime der Gährung. Offiziere und Soldaten werden es immer mehr überdrüßig, ohne wirklichen Kriegsich dennoch auf den Kriegsfuß gesetzt zu sehen. Sie sind unzufrieden, den Mühseligkeiten einer Campagne unterworfen zu sein, ohne weder den Ruhm noch die Vortheile derselben zu erndten. Die Spannung, in welcher die Nation seit 15 Monaten gehalten wird, ist ihr unerträglich. Hätte sie den Krieg, so würde sie den Wechsel-
220 fällen desselben mit Freuden sich aussetzen. Soll es aber keinen Krieg geben, so will sie wenigstens Gewißheit des Friedens, um die militärische Laufbahn, die keine Aussicht darbietet, verlassen und im Civilleben eine unabhängige Existenz sich verschaffen zu können. Das von dem Kriegsminister kürzlich vorgelegte Gesetz enthüllt die Absichten, welche das Ministerium bisher noch verborgen hat. Unter dem Vorwande, nach Art der römischen Censoren Ehrenrichter in jedem Regiment zu bilden, behält sich der Marschall Soult die Macht vor, jeden Offizier zu entfernen, dessen politische Meinungen mißfallen könnten, so daß der Soldat nicht mehr nach den Pflichten seines Standes, sondern nach seinen politischen Ansichten beurtheilt werden würde. Die Gewalt, um die sich das Kriegs-Ministerium bewirbt, ist so übertrieben, daß jeder Offizier nach Willkür seiner Pension beraubt und definitiv aus der Liste der Armee gestrichen werden könnte. Es würde also fortwährend das Schwerdt des Damocles über den Häuptern Aller schweben um sie zittern zu machen vom Unter-Lieutenant bis zum General en Chef. In dem Heer der öffentlichen Beamten wollen die Machthaber ihre kräftige Stütze finden. Aber auch diese wird zusammen stürzen: denn die Heftigkeit, die Laune und die Gewaltthätigkeit des Herrn Perier müssen bald alle Bande der Subordination lösen. Andrerseits sind es die Beamten müde, mit Befehlen geplagt zu werden, die sie bei einem Volke nicht zur Ausführung bringen können, welches mit allen seinen Kräften das administrative Joch von sich stoßt, als eine zu gleicher Zeit drückende und erniedrigende Last. Entstehen Aufläufe, so sind die öffentlichen Behörden von einer Masse drohender Gefahren umgeben, welchen sie auf die Dauer nicht mehr zu widerstehen vermögen. Hat des Einsetzens ihres Lebens ungeachtet ihre Anstrengung nicht den gewünschten Erfolg, ist das Glück ihnen untreu, so bedroht sie Entsetzung. Sie halten sich daher alle auf einem beständigen qui vive, wodurch ihre Ergebenheit paralisirt wird. Jeden Augenblick einen Ministerwechsel voraussehend, suchen sie sich eher mit Klugheit zurückzuziehen, als in Gefahren zu stürzen, wie sie es früher gethan; sie berücksichtigen zu Vieles, um die todten Instrumente einer willkürlichen Gewalt zu sein. Sie laviren beständig in der Furcht, auf eine oder die andere Weise ihre Posten zu verlieren. Was die Eigenthümer und Rentiers betrifft, so ist bei ihnen jede Zuneigung für eine Regierung erloschen, welche nach achtzehnmonatlicher Existenz den Ruin des Landes vervollständigt zu haben scheint. Domänen, Häuser und Bauerngüter sind fast alle ohne Werth. Man kann sie weder verkaufen, noch als Unterpfand einsetzen. Erdrückt von Abgaben schmachten Rentiers und Gutsbesitzer in einer Mittelmäßigkeit, die ihnen um so verhaßter ist, je weniger sie deren baldiges Ende erwarten dürfen. Eine letzte Hoffnung hatte bis jetzt den Muth der Nation noch aufrecht erhalten. Die Franzosen schmeichelten sich nämlich, daß die neue Freiheit sie für alle Opfer entschädigen würde, welche bisher gebracht wurden. Ganz im Gegentheil steht aber alles wieder in Frage, das Recht so gut wie die Freiheit. Noch vor Kurzem wurde ein Staatsstreich in der Mitte der Hauptstadt ausgeführt.
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221 Man be [m] ächtigte sich durch militärische Gewalt der geheimen Papiere, Familien-Correspondenz, Register- und Handlungsbücher der Simonisten; man versiegelte die Thüren ihres Sitzungssäle und überfiel ihre Vorsteher, um sie dem Schooße ihrer Familien zu entreißen. So verletzt das Ministerium alle Gesetze, nichts ist ihm mehr heilig. Die Folgen davon sind Elend, Noth, Aufreitzung und allgemeine Indignation. Wir wiederholen es, ein solcher Zustand Frankreichs kann nicht bis zum Frühjahr dauern. Die Republik ist unvermeidlich. Sie wird kommen und den Beweis liefern, daß die Freiheit alle Klassen der Gesellschaft glücklich macht, allein nur die volle reine Bürgerfreiheit, ohne Königthum und seine Anhängsel.
Aufruf an die Rheinbaiern, zur Unterstützung der Polen. Die Durchzüge der ihr Vaterland verlassenden Polen durch den Rheinkreis haben nun begonnen. Wir haben sie jetzt auch persönlich kennen gelernt, und jeder Tag erhöht unsere Hochachtung, unsere Begeisterung für das unglückliche Heldenvol[k]! Wer könnte ihnen seine innigste Theilnahme versagen, den hochherzigen Männern, welche für das heiligste Gut des Menschen, die Freiheit, Alles geopfert, welche Verbannung der Knechtschaft vorziehen, welche Alles verloren haben, nur die Ehre, den Muth und die Hoffnung nicht! welche ihr hartes Schicksal, ihre großen Entbehrungen ertragen, ohne die leiseste Klage zu äussern, ohne ihre Bedürfnisse kund zu geben! Auch zeigt sich die Gesinnung des Landes überall auf die lebhafteste und rührendste Weise. Allenthalben wird ihnen die möglichste Unterstützung zu Theil: aber noch ist das Meiste zu thun. Man kann sicher erwarten, daß binnen wenigen Wochen die polnischen Unteroffiziere und Soldaten aus Preußen ihren Offizieren nachfolgen, und wenn auch nicht Alle, doch ein großer Theil davon, vielleicht an 4—5000 Mann, den Rheinkreis durchziehen werden. Hier vor Allem ist Hülfe nöthig, um welche auch der polnische General Bern, durch seinen in öffentlchen Blättern erschienenen Aufruf an die deutschen Polenvereine, vom 10. d. M., auf's Dringendste bittet. Allein eben so nöthig ist es auch, daß die Hülfe nicht zersplittert, daß sie an den Hauptpunkten vereinigt werde, um Einheit und Gleichförmigkeit in die Vertheilung zu bringen. Da man noch nicht weiß, welchen Weg die Polen einschlagen werden, so müssen nothwendig zwei solcher Punkte im Rheinkreise bestimmt werden, wozu sich Speyer und Kaiserslautern am besten eignen. Alle, welche Gefühl für Unglück und für Hochherzigkeit haben, sind daher aufgefordert, in allen Gemeinden schleunigst Beiträge jeder Art, besonders aber an Geld, zu sammeln, und in den Kantonsorten Vereine zum Empfang derselben zu bilden. Letztere Vereine sind dringend gebeten, in der Regel
keine direkten Unterstützungen mehr zu verabreichen, sondern alle Hülfsmittel den Vereinen jener zwei Centraipunkte auf der Stelle zuzusenden, und zwar aus den Bezirken Kaiserslautern und Zweibrücken nach Kaiserslautern, und aus den Bezirken Landau und Frankenthal nach Speyer. — Diese beiden Centraivereine können dann leicht und schnell einander aushelfen. Findet auch kein Durchmarsch polnischer Soldaten statt, so wird sich immer Gelegenheit ergeben, die Beiträge für die Polen zu verwenden. Ueber Alles wird öffentliche Rechnung abgelegt. Nur rasch und eifrig zur That geschritten, und Gott wird das heilige Werk segnen! (Speyerer Ztg.) Speyer, 26. Januar 1832. Der Polenverein. Ta g e s - C h r o n i k . Portugal. Lissabon, 14. Januar. Noch ist das Anlehn von 1200 Millionen Reis weit entfernt, realisirt zu sein. Die meisten der belasteten Personen haben nur Abschlagszahlungen geleistet und einen ziemlich entfernten Termin zur Abtragung des Restes verlangt, in der Hoffnung, Don Pedro werde sie bis dahin von dieser Verbindlichheit befreit haben. - Man liest in unserer Zeitung häufige Anerbietungen von Klostern-Priestern, die Waffen gegen Don Pedro ergreifen zu wollen. Manche meinen, die Verkündiger des Evangelismus müßten dies thun, weil ihre für die Menschheit so heilbringende Existenz von jener des gnadenreichen Don Miguels abhängt. Allein wir können diese Ansicht nicht theilen, sondern glauben vielmehr, daß die Priester ihr heiliges Blut sparen könnten, da sie unter Don Pedro eben so gut ihr Wesen forttreiben dürfen, wie unter Don Miguel. Ein König ist ein König: Regierungswechsel bringen daher zwar Namens-Veränderung, aber niemals einen Wechsel des Systems mit sich. England. London, 26. Januar. Die Entwicklung des politischen Dramas nähert sich mit großen Schritten. Der König von Holland wird den Konferenz-Vertrag weder vor noch nach dem festgesetzten Termin annehmen. Zwang darf nach der feierlichen Erklärung des Kaisers von Rußland gegen Holland nicht angewendet werden. Oesterreich und Preußen, welche ebenfalls den Vertrag nicht ratificiren, unterhandeln mit Kaiser Nikolaus wegen einer zwischen ihnen abzuschließenden Allianz. Unterdessen scheint die Absicht des Königs von Holland dahin zu gehen, den Kampf mit Belgien zu beginnen, was nothwendigerweise den allgemeinen Krieg beschleunigen muß. Wir glauben nicht, daß er mehr zu vermeiden ist. In dieser Voraussetzung hat uns Frankreich eine Offensiv- und Defensiv-Allianz angeboten, noch ist aber nichts abgeschlossen. Man hält es nicht für unwahrscheinlich, daß wir uns mit unseren Rivalen verbinden, um die Regierung Hollands und Portugals zu stürzen. — Die Diskussion über die Reform-Bill dürfte in 14 Tagen geschlossen sein und die Bill nach Ablauf dieser Zeit der ersten Kammer vorgelegt werden. Frankreich. Paris 28. Jan. Der Constitutionen sprach gestern von einem zwischen England und Frankreich ab-
223 geschlossenen Allianz-Vertrag. Heute zieht er auch Oesterreich in diese Allianz. Wir halten diese Verträge für sehr schwierig, indessen scheint es keinem Zweifel zu unterliegen, daß Frankreich Vorschläge dieser Art gemacht hat. - Man kennt das Arrangement der Londoner Conferenz in Bezug auf die belgischen Festungen. Fünf Festungen sollen geschleift werden, aber nicht sogleich, sondern von Jahr zu Jahr. Der Rest der 60 Millionen, welche dazu bestimmt waren, die Vertheidigungs-Linie von Belgien nach dem Vertrag vom 20. November 1815 aufzustellen, soll nun zur Schleifung verwendet werden. Zuerst quält und preßt man das Volk, um Festungen bauen zu können, und dann zieht man dasselbe vollends aus, um die Festungen wieder einzureissen. Deutschland. Der österreichische Beobachter ist über unsern Aufsatz „Deutschland und der Krieg" (Nr. 6 d. T.) in Harnisch gerathen. Wir freuen uns, daß der Fürst Metternich dadurch sich getroffen fühlt und den Eindruck zu verwischen bemüht ist. Der Eifer, mit welchem der Beobachter die Aufrechterhaltung des Friedens versichert, ist fast ein juristischer Beweis, daß wir den Krieg haben werden: wer wüßte nicht, daß Herr von Metternich das Gegentheil seiner Versicherungen niemals entschiedener im Sinne hat, als wenn er auf den Glauben an diese Versicherungen einen Werth legt? - Der Fürst Staatskanzler scheint übrigens nicht zu wissen, daß der Erzherzog Palatin in Ungarn bei einer Generalversammlung des Pesther Comitats aus der Schule geplaudert und „den Frieden in Europa fur sehr zweifelhaft" - d. h. den Krieg fiir unvermeidlich erklärt hat. Die Censur in Stuttgart ist dem großen Werke der Regeneration Deutschlands sehr geneigt, und sucht dasselbe aus allen Kräften zu befördern. Während die Journale von der Demüthigung Deutschlands nur schreiben, stellt sie dem Publikum Dokumente dieses Zustandes täglich vor Augen. Die Donau- und Neckarzeitung wollte in ihrer 12ten Nummer den ersten Artikel der deutschen Tribüne „Deutschlands Demüthigung" aufnehmen. Allein die Censur ließ nur die Ueberschrift stehen; nnd so liefert das Blatt durch einen leeren Raum von 3 Vi Spalten sogleich die Urkunde über die Erniedrigung unseres Landes. Ο es ist gewiß gut, wenn die finstere Gewalt den Deutschen täglich neue Mißhandlungen bereitet, und es ihnen immer deutlicher fühlen läßt, daß sie nur Sclaven seien, denen ihr Herr so viel Licht und so viel Nahrung zukommen läßt, als er eben für gut befindet. Das deutsche Volk, welches von der Zersplitterung in mehreren Nationen nichts mehr wissen will, sondern jeden Volksstamm als einen Theil seines Ichs ansieht, wird indessen von den Vertretern der würtembergischen Brüder verlangen, daß sie unserer Entehrung durch die Censur in ihrem Lande ein Ende machen. Bei solchen Lebensfragen ist immer das ganze deutsche Volk betheiliget und die Deputirten eines Brüderstammes sind der gesammten Nation verantwortlich. Wir zweifeln nicht, daß die würtembergische Volkskammer ihren Beruf von dem höhern Gesichtspunkte der deutschen National-Interessen auffassen werde. Das Würtembergische Volk ist eines der kräftigsten deutschen Stämme: es kann zu dem Werke unserer Wiedergeburt sehr viel beitragen. Darum sollten wir uns mit diesem Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken
224 Stamme in einen steten Rapport setzen, und dazu fuhrt das Lesen seiner Blätter. Unter diesen nehmen, außer dem Hesperus, die deutsche allgemeine Zeitung, die Donau- und Neckarzeitung und der Hochwächter die ersten Stellen ein. Es liegt im Interesse unseres gemeinsamen Vaterlandes, diese Journale so sehr zu verbreiten, als es nur immer möglich ist. Wir machen alle Patrioten auf diese bedeutungsvolle Pflicht aufmerksam. Insbesondere ist es die deutsche allgemeine Zeitung, die man überall einfuhren sollte, weil sie die Aufgabe der Augsburger allgemeinen Zeitung im liberalen und patriotischen Sinne zu lösen sucht und so dazu geeignet ist, das treulose Augsburger Blatt, das sich unpartheiisch und allgemein nennt, jedoch niemals einen deutschen Oppositions-Artikel aufnimmt und überhaupt nur nach den Ordren des Fürsten Metternich und der Berliner Windbeutel redigirt wird, allmählich zu verdrängen. Hiernächst verdient die Donau- und Neckarzeitung die volle Aufmerksamkeit und Unterstützung des Publikums, da sie den Kämpfern des Volkes muthig und beharrlich sich angeschlossen hat und diesem Zwecke bedeutende Opfer bringt. Möge man ihr schnell und kräftig Hülfe leihen, damit sie nicht ermüde, oder wohl gar unterdrückt werde. So oft ein solches Journal durch die Indolenz des Volkes aufzuhören gezwungen wird, untergräbt das Volk abermals eine seiner wenigen Stützen und giebt ein neuen Grund an die Hand zum Spott und zum Unwillen über seine politische Nullität. Eine Nation, welche die ihrer Vertheidigung gewidmeten Blätter untergehen läßt, verdient nicht mehr, als unter der Zuchtruthe eines Despoten zu stehen, und bis auf's Blut gegeißelt zu werden. So lange Deutschland die liberalen Blätter nicht entschiedener unterstützt, so lange man nicht dahin strebt, daß die vorzüglichsten Oppositionsblätter aller einzelnen Stämme in jeder Gemeinde wenigstens einmal gehalten werden, in so lange wird das Gesammtvolk seine geistige und materielle Lage nie verbessert sehen. Denn es ist so klar als die Sonne, daß zur Erreichung unserer großen Nationalinteressen, bei dem halsstarrigen und leidenschaftlichen Widerstande der Könige, außer der freien Presse kein Mittel gegeben ist. Darum ist es eine heilige Pflicht aller Patrioten, mit allen Kräften und selbst mit Aufopferung dahin zu wirken, daß die volksfeindlichen Blätter, wie ζ. B. die Augsburger allgemeine Zeitung, dann auch die Organe des Juste-Milieu allmählich verdrängt, und daß von den liberalen Journalen, namendich dem Westboten, dem Verfassungsfreund in Cassel, dem Volks-Tribun in Würzburg, der deutschen allgemeinen Zeitung, dem Hesperus - dieser vorzüglich dann, wenn er von Wilhelm Schulz redigirt wird — der Donau- und Neckar-Zeitung, dem Hochwächter und dem Straßburger »Deutschland« in jeder Gemeinde wenigstens ein Exemplar angeschafft werde. - Wir bitten alle deutschen Volksfreunde auf das dringendste, diesem Zwecke ihre volle Thatkraft zu widmen, sowie wir auch die Redactionen der entschiedenen Volksorgane ersuchen, den gegenwärtigen Artikel mutatis mutandis in ihre Blätter aulzunehmen. —
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Freitag.
N^
Deutschlands Pflichten. Die Könige haben unter sich einen Bund geschlossen. - Der Bund gilt der Unterdrückung der Völker. Die Mittel sind, daß der Wille des Königs mit Hülfe der Gewalt als oberstes Gesetz geltend gemacht, alle Wünsche und Anträge des Volkes zur Beförderung der gesellschaftlichen Zwecke schnöde zurückgewiesen und die Vertheidigung der Volksrechte durch Vernichtung der freien Presse und durch Terrorismus gegen deren unabhängige Organe unmöglich gemacht werde. Die Früchte des Bundes sind: Verarmung der Völker und Entweihung der menschlichen Würde durch Kriecherei und Sclavensinn. Dieser Bund, welcher wie eine drückende eherne Kette ganz Europa umschlingt und den Segen der Natur in Calamität verwandelt, hat seine Hauptstütze in Deutschland. Die zwei mächtigsten deutschen Könige beobachten sorgfältig die Stimmung der Völker. Sobald sie eine Regung der bessern Natur bemerken und das geringste Streben nach Freiheit wahrnehmen, verbünden sie sich mit dem Slebstherrscher aller Reußen, d. h. aller Barbaren, um dem Geiste der Civilisation entgegen zu wirken. Ihre Politik besteht dabei darin, die Kraft des deutschen Volkes durch Auseinanderreißen des Landes, Zerstörung des deutschen National-Characters, Unterdrückung des Triebes nach Wiedervereinigung und endlich durch die grausamste Beschränkung der Gedanken-Mittheilung auf immer zu brechen, hiernächst aber die Freiheit des französischen Volkes zu untergraben, indem man die Umtriebe dessen Könige unterstützt und zugleich die deutsche Nation gegen Frankreich aufzuhetzen sucht. In der Erkenntniß der Politik des Bundes liegen zugleich die Mittel zur Vernichtung desselben. Sollen die Völker endlich die Freiheit erlangen, soll der Verarmung und dem Elende Europas ein Ziel gesetzt werden, so muß Rußland von Preußen und Oesterreich durch ein democratisch organisirtes Polen getrennt, das Uebergewicht des preußischen und österreichischen Königs durch die Organisation eines deutschen Reiches, mit democratischer Verfassung, aufgehoben, und eine europäische Staatengesellschaft durch ein treues Bündniß des französischen, deutschen und polnischen Volkes vorbereitet werden. Die Wiederherstellung Polens kann nur durch Deutschland geschehen. Unsere Nation ist hiezu moralisch und rechtlich verbunden, um die schwere Sünde der Vernichtung Polens zu sühnen: unser Volk muß die Wiederherstellung Polens aber auch wegen der eigenen Interessen zu seiner wichtigsten und dringendsten Aufgabe machen. Da es aber zur Zeit noch keine deutsche
Tribüne. des
29.
Vaterlandes.
Homburg, den 3. Februar 1832.
Nation giebt, so würde vor allem ihre Wiedererweckung nothwendig sein. Wie aber dies möglich wäre, wird Niemand einsehen wollen: denn man weiß ja, daß die deutschen Könige ihre Interessen von jenen des gemeinsamen Vaterlandes geschieden haben, man weiß, daß sie mit Hülfe der nämlichen Gewalt, welche das Vaterland ihnen giebt, also mit unserem Gelde und unsern Kindern der Wiedergeburt einer deutschen Nation aus allen Kräften sich widersetzen und überhaupt alles zerstören, was zum Heile des Gesammtvolkes dienen kann. Deßungeachtet giebt es gleichwohl ein völlig erlaubtes und völlig gesetzmäßiges Mittel, um den feindseligen und hartnäckigen Widerstand der Könige gegen die Interessen des Vaterlandes zu überwinden. Auch der größte Despot hat nur Gewalt über den Körper: über den Geist gebietet keine andere Macht, als die moralische. Wenn nun auch unsere Körper der Gewalt der Tyrannen unterworfen sind, so bleibt doch der Geist frei; und dadurch ist uns die Macht gegeben, die Wiedervereinigung Deutschlands im Geiste herzustellen. Die vereinigte Gewalt aller Könige ist nicht hinreichend, um das Bündniß der Geister zu verhindern. Aus dem geistigen Bündnisse entspringt aber die Macht der öffentlichen Meinung und da diese schwerer in die Wagschale der Gewalten fällt, als alle Macht der Fürsten, so führt die Wiedergeburt Deutschlands, im Geiste, von selbst auch auf die materielle Vereinigung. Die Aufgabe unseres Volkes besteht daher darin, die Nothwendigkeit der Organisation eines deutschen Reiches, im democratischen Sinne, zur lebendigen Ueberzeugung [a]ller deutschen Bürger zu erheben und Alle dahin zu bringen, daß sie die Herbeiführung einer solchen politischen Reform unseres Vaterlandes als den Lebenszweck der gegenwärtigen Generation anerkennen. Gebt der großen Mehrheit des Volkes diese Ueberzeugung in lebendiger und glühender Weise — und ihr seid nicht mehr weit vom Ziele entfernt. Ihr erreicht den großen Zweck sogar auf dem Wege friedlicher Reform: denn es ist ein Gesetz der Natur, daß keine materielle Macht der übereinstimmenden und mit Feuer erfaßten Meinung eines Volkes zu widerstehen vermag. - Das Mittel zur Wiedervereinigung Deutschlands im Geiste ist aber einzig und allein die freie Presse. Dieß wissen auch die Fürsten, und darum bieten sie alle Kräfte auf, um dieser allmächtigen Waffe der Völker in Deutschland den Eingang zu verwehren. Die Seelenangst, mit der die deutschen Könige bei dem Gedanken an Freiheit der Presse ergriffen werden, die namenlose Furcht, die sie vor dem natürlichen Rechte des Menschen, der Gedanken-
227 Mittheilung, hegen, muß die Völker auf den Werth und die Macht der Presse aufmerksam machen. So schlau nun auch die Könige sind bei allem, was zur Unterdrückung der Völker führt, so haben sie es in einem Punkte doch versehen. Es giebt in Deutschland einige Gaue, wo die Presse frei ist: die vereinigte Macht der deutschen Könige besitzt namentlich kein rechtliches Mittel, die Presse in Rheinbaiern zu fesseln. Es kommt jetzt nur darauf an, die Presse, wo sie frei ist, gegen die faktische Gewalt der Könige zu schützen und dann zum Gemeingute der deutschen Nation zu erheben. Alles dieß liegt in der Macht unseres Volkes, und so ist uns denn auch zur Wiedervereinigung unserer Nation, im Geiste, die Gewalt gegeben. Ich zeige dieß sofort näher. Der Bundestag, dieser Inbegriff aller Feindseligkeiten gegen das deutsche Vaterland, brütet zwar über Plänen zur Unterdrückung der Presse, allein seine Beschlüsse haben für das constitutionelle Deutschland ohne Mitwirkung der Stände keine verbindliche Kraft, und können von keinem Gerichte anerkannt werden. Die Presse bleibt daher dadurch unberührt. Wechselseitige Verbote der Oppositionsblätter der einzelnen Bundesstaaten müssen im constitutionellen Deutschland gleichfalls ohne Wirkung sein, weil man ihnen durch keine Strafgesetze Nachdruck geben kann. Die Macht der Könige ist daher auf das Verbot der Journal-Versendungen durch die Post beschränkt. Man hat zwar auch gegen diesen Gewaltschritt noch den gerichtlichen Weg; allein faktisch kann dadurch die Wirkung der Presse immer vernichtet werden, weil es Mittel geuug giebt, die richterliche Hülfe durch Verzögerung des Prozesses, Competenz-Conflicte und andere Chicanen unwirksam zu machen. Das deutsche Volk muß deßhalb zur Versendung der Oppositionsschriften, sie mögen inJournalen, Flugschriften oder Büchern bestehen, eine eigene Anstalt expresser Boten errichten. — Da die öffentliche Meinung die größte aller Gewal[t]en ist, so bilden auch die einzelnen Journale, als Organe derselben, verhältnißmäßig eine Macht. Diese wird aber in den Händen Einzelner dem Zwecke des Volkes oft gefährlich, weil sie zum Mittel persönlicher Tendenzen gemacht werden kann und die Selbstsucht dem allgemeinen Interesse vorziehen könnte. Diejenigen Journale, welche als der Hebel für die Nationalsache angesehen werden, müssen deßhalb in das Eigenthum des Volkes übergehen und ihre Redaktoren absetzbare Diener des Volkes werden. Die Anstrengungen und Talente eines Einzelnen oder weniger Einzelnen reichen nicht hin, um die Journale auf die Höhe zu stellen, wo sie stehen müssen, um die Sache des Volkes mit entschiedenem Erfolge führen zu können. Die besten Söhne des deutschen Vaterlandes müssen daher ihre geistige Kraft den Journalen des Volkes widmen, indem sie bei denselben als Mitredacteure, Correspondenten oder Mitarbeiter Anstellung suchen. — Wer auch geneigt ist, sich rücksichtslos dem Vaterlande zu weihen, muß doch die Mittel haben, das physische Leb[e]n zu erhalten. Das deutsche Volk soll daher für die Subsistenz aller derer sorgen, welche sich seinem Dienste wid-
228 men, und auch fur die Subsistenz der Familien seiner Vertheidiger, wenn diese im Gejangnisse sitzen oder sonst arbeits- oder dienstunfähig sind. — Die Wirkung der Volks-Journale wird nur dann vollständig, wenn dieselben in allen Gemeinden des Reiches sich befinden. Eine solche Verbreitung kann aber ohne Mitwirkung des Volkes auch das beste Journal nicht finden. Das Haupthinderniß ist die Beschränktheit der Geldmittel. Darum muß endlich das deutsche Volk durch besondere Vorkehrungen Fürsorge treffen, daß die Journale, welche es für geeignet hält, die Volkssache zu führen, in jeder Gemeinde gehalten und nöthigenfalls auf öffentliche Kosten angeschafft werden. Alle diese Zwecke zu erreichen, liegt in der Macht der deutschen Nation. Das Mittel dazu ist die Bildung eines öffentlichen Vereines zur Unterstützung der freien Presse. Die Mitglieder des Vereines übernehmen freiwillig die Verbindlichkeit: 1) nach Maßgabe ihres Einkommens und Vermögens einen regelmäßigen monatlichen Geldbeitrag zu leisten, 2) zur Verbreitung der Journale des Vereines aus allen Kräften mitzuwirken, 3) so weit es in ihrem Vermögen liegt, beizutragen, daß öffentliche Anzeigen und Bekanntmachungen von Privaten und Behörden in den Journalen des Volkes eingerückt werden, 4) diese Journale, so weit es Zeit und Fähigkeit erlauben, durch Aufsätze und Correspondenz-Artikel zu unterstützen und endlich 5) zur Spedition der Blätter des Volkes, durch expresse Boten, aus allen Kräften mitzuwirken. Schließt sich jeder Deutsche, dem die heilige Sache des Vaterlandes und der Völker am Herzen liegt, diesem Vereine an, so ist zur Wiedergeburt Deutschlands und der Organisation Europas, im democratischen Sinne, auf gesetzmäßigem Wege der Grundstein gelegt. Die Casse der Gesellschaft besitzt dann die Mittel, die Journale des Volkes an Zahl zu vervielfältigen und deren Macht durch Erhöhung des innern Gehalts und durch Verbreitung unter alle Gemeinden des Reiches unwiderstehlich zu machen. — Durchdrungen von der unermeßlichen Wirkung eines solchen Vereines haben einige Volksfreunde die ersten Elemente desselben bereits ins Leben gerufen. Die Unternehmer der deutschen Tribüne treten das Eigenthum dieses Blattes dem Vereine zur Unterstützung der freien Presse ab, und mit ihm alle Revenüen des Journals, wie solche nach Abzug der Kosten und der unentbehrlichsten Mittel zur Lebens-Nothdurft der Unternehmer sich ausweisen. Zugleich haben bis zur Wahl eines Comite's für den Verein die Herren Schüler (der Deputirte) und Savoie (Anwalt bei dem Appellationshofe in Zweibrücken, der bekannte feurige Vertheidiger der Freiheit) die Leitung der Geschäfte des Vereines übernommen. Es erfordert jetzt nichts weiter als den Beitritt des Publikums und zu diesem Behufe die Erklärung, daß man dem Vereine als Mitglied beitrete, und welchen Geldbeitrag man monatlich zu leisten geneigt sei. Diese Erklärung ist schriftlich an den Comite des Preßvereins in Zweibrücken einzusenden. Alles Uebrige wird demnächst weiter geordnet werden. Wer überwiegende Gründe hat, unbekannt zu bleiben, kann die Erklärung mit irgend einem Zeichen versehen und seine Beiträge an den Comite einsenden. -
230
229 Und nun mein deutsches Vaterland erhebe dich zur Thatkraft für den großen Zweck deiner politischen Wiedergeburt. Es ist nicht das Interesse Einzelner, die du befördern sollst, sondern nur dein eigenes Wohl. Diejenigen, welche durch mich zu dir sprechen und mit heißer Bitte dich beschwören, deine Kräfte zu sammeln und der großen Sache solche zu weihen, sie wollen keinen persönlichen Vortheil, sie bringen alle irdischen Güter, Leben, Gesundheit, Freiheit und Vermögen mit Freuden dir zum Opfer; sie erblicken nur in deinem Aufblühen die Hoffnung und das Glück ihres Lebens. So erwache denn, mein Volk, und schwinge dich zum Gemeinsinne empor, öffne dein Herz dem bittenden Rufe deiner geknebelten Mutter und sei nicht karg, wenn es gilt, sie durch freiwillige Opfer auf gesetzmäßigem Wege zu befreien. Du giebst, mein Volk, so viele Millionen nur zu dem Zwecke hin, daß man deine Kraft breche, deine Freiheit unterdrücke und deine Erwerbsquellen verstopfe: steure jetzt nur einen kleinen Theil dieser Millionen, damit auf gesetzlichem Wege deine politische Wiedergeburt herbeigeführt, dem Schimpfe deiner Knechtschaft ein Ende gemacht und der Reichthum deiner Erwerbsquellen dir wieder gegeben werde. Es ist ein so schöner Ruhm, der großen Sache des Vaterlandes mit Verläugnung seines persöhnlichen Vortheils und mit Aufopferung sinnlicher Genüsse gedient zu haben: es ist ein süßes Bewußtsein, während der irdischen Laufbahn für die Wohlfart der künftigen Generationen ein Saamkorn gelegt zu haben. Ο meine Brüder! werbet um jenen Ruhm und ringt nach diesem Bewußtsein. Die Gelegenheit ist einem Jeden, auch dem schwächsten und ärmsten, gegeben *) Wer mit Anstrengung und mit Aufopferung eine kleine Gabe auf den Altar des Vaterlandes niederlegt, giebt mehr als der Reiche, welcher von seinem Ueberflusse mittheilt. Reiche und Arme sollen zu dem Bunde der Vaterlandsliebe sich vereinigen. Blicket hin auf Polen, bedenket, was diese Helden für ihr Vaterland thaten. Wollt ihr, während sie ihr Blut in Strömen vergossen, dem Vaterlande nicht einmal auf friedlichem Wege durch kleine Geld- und Zeitopfer eure Kräfte weihen? Die Geschichte wird den Hülferuf des deutschen Vaterlandes in ihre Blätter aufzeichnen. Soll sie von Euch sagen: „zu derselben Zeit, wo die Polen für ihr Vaterland ihre Saaten zertreten, ihre Wohnungen verbrennen und ihre edlen Kinder verbluten ließen, zu derselben Zeit verweigerten die Deutschen dem Hülferufe ihres Vaterlandes geringfügige Geld- und ZeitopferV Wählet zwischen den Erstlingen des Ruhmes und dem Gipfel der Schande! Alle Journale Deutschlands werden im Namen des Vaterlandes zur Aufnahme und alle deutschen Bürger zur Verbreitung des gegenwärtigen Artikels aufgefordert. Man kann davon /r«-Exemplare in beliebiger Anzahl von der Redaktion der deutschen Tribüne beziehen. *) Es werden selbst Beiträge zu einem Kreuzer monatlich angenommen.
Tages-Chronik. Frankreich. Hr. Carrel Haupt-Redacteur des National bestund vor dem Untersuchungsrichter folgendes Interrogatorium: Frage: Erkennen Sie Sich für den Verfasser des Art. du flarant delit etc. Antwort: Ja, mein Herr. Frage: Wissen Sie daß der letzte §. dieses Art. als zum Ungehorsam gegen die Gesetze und zur Rebellion aufreizend beschuldigt wird. Antw.: Ich weiß es. Frage: Haben Sie gar keine Erklärung darüber zu geben? Antw.: Ich bemerke nur, daß ich nicht zum Ungehorsam gegen die Gesetze provocirt habe, sondern zur Beachtung derselben, daß ich nicht zur Rebellion aufgefordert habe, sondern zum Widerstande gegen Ungesetzlichkeit, und diese Ungesetzlichkeit hoffe ich vor den Geschwornen nachzuweisen. — Die entschiedene Sprache des National findet in den Provinzen noch mehr Anklang als in der Hauptstadt selbst. Die Chronik der Schulzeitung schreibt: Die öffentliche Freiheit findet ihre Garantie nur in Freiheit der Presse, die Freiheit der Presse nur in der der Journale, die Freiheit der Journale nur in dem persönlichen Muthe und der Hingebung der Journalisten. Ehre daher dem Redacteur des National, welcher seine Aufgabe so wohl erkennt und erfüllt. — Ein anderes Blatt, die Sent. piec. führt als Grund der sich immer mehr häufenden Preß-Verfolgungen an, das Ministerium habe nur dieses einzige Mittel entgegen zu setzen: 1) seiner auswärtigen Politik, verworfen von allen großmüthigen Herzen und allen in die Zukunft schauenden Geistern, welcher Parthei sie auch angehören mögen; einer Politik die uns in den schmachvollen Zustand versetzt hat, indem wir uns jetzt befinden; 2) seiner innern Politik, welche zur Welt gefördert hat, was? allgemeines Elend; 3) einer nichts voraussehenden Finanz-Administration, die uns ein Deficit von 500 Millionen herbeigeführt hat. So weit haben wir es gebracht mit unserm von republikanischen Institutionen umgebenen Thron. Dies sind die Resultate der ministeriellen Versprechungen, welche auf der Tribune gemacht wurden, die Früchte der vielen pecuniären Opfer, die wir fortwährend gebracht haben. Es muß darüber Rechenschaft gefordert werden, und gerade die Presse ist's, welche die Initiative dazu geben muß. — Unter solchen Umständen ist die Frage wegen weiterer Verfolgung der Presse im Staatsrath vorgekommen. Die Discussion dauerte über eine Stunde, ein Minister äußerte „das hat ja ganz den Anschein einer beginnenden Revolution," worauf der Minister-Präsident erwiedert haben soll: „es ist möglich, allein die böse Presse muß untergehen." Trotz dessen werden die gewaltthätigen Maßregeln zu ihrer Unterdrückung vor der Hand nicht fortgesetzt, aber es werden auch die widerechtlich verhafteten Personen nicht frei gegeben. Immer halbe Maßregeln im Geiste des Juste-Milieu. Die Sitzung der Deputirtenkammer vom 27. war von Wichtigkeit. Herr Salverte legte dem Finanzministerium unter andern Fragen auch die vor: „wieviel das von Herrn
231 Kesner hinterlassene Defizit betrage?" Der Finanzminister antwortete: die Prüfung der Register sei noch nicht beendigt und könne es vor Ende März nicht sein. — Wir übersetzen diese Antwort folgendermassen: das Defizit ist so bedeutend, daß wir es nicht publiciren dürfen in einem Augenblick, wo die Kammer sich damit beschäftigt, unsere Gehalte zu reguliren. Weitere Frage: „als der Rechnungshof Herrn Kesner im Besitz einer Summe von 130 Millionen bezeichnete, als es notorisch bekannt wurde, daß Herr Kesner an der Börse spiele, daß er täglich gegen 25 Mäkler empfinge und ihnen Aufträge ertheile, wie konnten Sie als Finanzminister diesem Manne noch Vertrauen schenken? warum haben Sie seine Kasse vor der eingetretenen Catastrophe nie stürzen lassen? Lag in dem Beispiel von Mathio keine Aufforderung dazu?" Antwort: „man hatte so viel Vertrauen zu Herrn Kesner, daß man ihm bei Ausbruch der Revolution sogar die Diamanten der Krone anvertraute. So viel Jahre der Dienste und Rechtlichkeit mußten dieses Vertrauen rechtfertigen." Mag sein, aber eine Ehrlichkeit von 30 Jahren bürgt für den nicht mehr, welcher dem Spiele sich ergiebt. Indessen gehen wir darüber weg. Die Millionen der Steuerpflichtigen sind nun einmal verschwunden und werden nicht wiederkehren. Allein wir fragen: warum wurde Herr Kesner nicht verhaftet? warum gab man ihm vielmehr Pässe nach Belgien? woher entspringt die zartfühlende Theilnahme der ganzen FinanzAdministration, das Erbieten, jenes Defizit zu decken? Spielte der unglückliche Kesner etwa nicht für eigene Rechnung? war er höhern Orts bevollmächtigt, das Geld von Steuerpflichtigen auf's Spiel zu setzen, mit den schwer erpreßten Pfennigen des Armen gewagten Wucher zu treiben? Bestund für das Ministerium irgend eine Verpflichtung der Ehre seine Flucht zu begünstigen? Wären die unglücklichen Operationen Kesners vielleicht nur die eines Strohmannes gewesen und hätte er den Namen für Personen höherer Bekanntschaft hergegeben. In diesem Sinne ohngefähr stellte Herr Mauguin seine Fragen. Der Minister blieb unbeweglich, erst als er sich von seiner Bestürzung erholt hatte, stammelte er wenige Worte der Beantwortung, die aber nichts sagend waren. Und unter solchen Verhältnissen hat die Kammer 87 Millionen für die Amortisationskasse votirt, für eine Anstalt, die in jeder Hinsicht das beklagenswertheste Beispiel von schlechter Verwendung der ihr anvertrauten Fonds liefert. Die Amortisation, sagen ihre Verfechter, empfängt Thaler und gibt wieder Thaler zurück, es ist ein Sparhafen, den man immer wieder finden kann. Wo sollen denn die Steuerpflichtigen die Miliarde wieder suchen, welche sie in weniger als 13 Jahren zur Amortisation geliefert haben. Etwa in der Casse dieses Etablissements? Nicht ein Sols liegt dort. Was ist denn daraus geworden? Vermöge des Anlehens-Systems ist das Geld in die Cassen der Herren Rothschild, Aguado, Lapanouze, Humann, C. Perier, B. Delessert etc. gewandert. Dieses Geld wäre gewiß weit besser placirt gewesen, wenn man es in dem Beutel der Steuerpflichtigen gelassen hätte, dort wäre im Nothfall es wieder zu finden gewesen, jetzt aber, wo es in den Banquierhäusern Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken
232 der hohen Finanzherren ruht, werde die Nation Mühe haben, seiner je wieder habhaft zu werden. König der Juden, Du trägst den Sieg davon. Paris, 30. Januar. Herr Talleyrand berichtet aus London: England würde die einzige Macht sein, welche mit Frankreich die 24 Artikel ratificire. Er fügt hinzu, daß Metternich die Triebfeder der ganzen europäischen Politik sei und für den Augenblick sein ganzes Streben aus allen Kräften dahin richte, England und Frankreich zu entzweien, um Letzteres um so leichter angreifen zu können. Endlich giebt unser Gesandte in London bestimmte Winke, daß für Erhaltung des Friedens fast keine Hoffnung mehr vorhanden sei und daß die drei absoluten Mächte, nachdem sie vergeblich alles angewendet, um Frankreich und England zu trennen, sich entschließen würden, Frankreich auch ohne die Hülfe Englands den Krieg zu erklären. - Man schreibt aus dem Kirchenstaate, daß die volksthümlichen Bewegungen der Legationen bei Weitem ernstlicher seien, als jene nach den Julitagen. Die Bewohner entwickeln mehr Kraft und scheinen entschlossen zu sein, sich bis auf den letzten Mann zu vertheidigen. - Es verbreitet sich hier das Gerücht, die Reformbill sei verworfen worden. Da unsere Briefe aus London vom 28. Januar nichts davon melden, so halten wir diese Nachricht für ungegründet. München. Es sollen höhern Orts wieder Censurordonnanzen im Werke sein, in welchen, Dank der unbegrenzten Verehrung für das klassische Alterthum, auch der bekannte Lehrspruch des Horaz eine Stelle finden soll: . . . in Metii descendat judicis aures, nonumque prematur in annum, membranis intus positis. Die Anwendung dieser Stelle würde allerdings Horaz den Ruhm des ersten Censors im 19ten Jahrhundert verschaffen. Keine unreifen Urtheile revolutionärer Menschen würden mehr das Auge der Majestät beleidigen; und im neunten Jahre nach den trüben Erscheinungen eines sturmvollen Landtags wäre richtig die Civilliste jedesmal ruhig vermehrt und verzehrt, ohne daß die membranae intus positae die königliche Verdauung inzwischen gestört hätten. A n z e i g e . Wegen Unpäßlichkeit des Redacteurs der Tribüne mußte heute noch eine Nummer dieses Blattes ausfallen. Da aber der zweite Redacteur bereits auf der Reise hierher begriffen ist, so werden fernere Unterbrechungen nicht mehr statt finden und auch die ausfallenden Nummern nachgeliefert werden. Man bittet daher das verehrliche Publikum um geneigte Nachsicht. Homburg, den 2. Februar 1832. D. R. d. d. Τ Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Samstag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
N— 3 0 .
Der Juste-Millieu des Würzburger Volksblattes. Die constitutionelle Zeitschrift, welche unter dem Titel „Baierisches Volksblatt" in Würzburg erscheint, enthält in ihrer neuesten Nummer die Replik wider den Aufsatz der Tribüne (Nr. 14) „Ueber die Veränderung des baierischen Ministeriums." Wir wollen hier die Duplik liefern und dann der öffentlichen Meinung das Urtheil anheim stellen. Der Streit betrifft die Frage: ob der Staatsrath v. Stürmer während seiner ministeriellen Laufbahn die Stellung eines constitutionellen Ministers in ihrem ganzen Umfange nicht blos erkannt, sondern auch mit unbeugsamer Festigkeit derselben gemäß gehandelt habe? oder ob derselbe in der ganzen Zeit seiner ministeriellen Laufbahn das Vertrauen der Nation in keiner Hinsicht gerechtfertiget habe? Ersteres behauptet das Volksblatt, letzteres die Tribüne. Zum Beweise ihrer Meinung hat die Tribüne in ihrer Exception eine Reihe von Thatsachen aufgezählt. Um nun diese Exception zur widerlegen, sucht das Volksblatt zu beweisen, daß ein gewisser Wirth, gegenwärtig zufällig Redakteur der Tribüne, früherhin andere politische Ansichten vertheidiget habe, als diejenigen sind, welche nun den Charakter der Tribüne bilden. Allein welchen Einfluß kann denn ein solcher Umstand auf die in Mitte liegende Streitfrage äußern? Ob Wirth sich konsequent geblieben sei oder nicht, deßhalb wird Herr von Stürmer weder ein konstitutioneller noch ein absoluter Minister. Nur das Gefühl der schlimmem Sache macht es erklärbar, warum man irrelevante Persönlichkeiten in die Streitfrage der Thatsachen einmischt. Da indessen das Volksblatt die scheinbare Inkonsequenz des Redakteurs der Tribüne öffentlich angeregt hat, so wollen wir hierüber eine kurze Aufklärung geben. - Der Mann, von dem hier die Rede ist, mußte sich seiner Natur und Individualität nach von Jugend auf zu den Grundsätzen bekennen, die er gegenwärtig in der Tribüne vertheidigt. Ein mehrjähriger Umgang mit einem trefflichen Freunde, der unbeschadet hoher Aufklärung und Liberalität, im christlichen Sinne, doch entschieden dem Prinzipe der Mäßigung und Vermittelung huldigte und in Folge eines kindlichen Gemüthes zum Vertrauen gegen Jedermann, also auch gegen die bairische Re-
Vaterlandes.
Homburg, den 4. Februar 1832.
gierung geneigt war, hatte indessen auf Wirth allmählich den Einfluß, daß er die innere Stimme eine Zeitlang zurückdrängte, mit dem Prinzipe der Vermittelung ebenfalls einen Versuch zu machen geneigt wurde und damit den Anfang machte, Vertrauen gegen die Regierung zu äussern und zur Versöhnung zu rathen. Dieß geschah im Kosmopoliten, der in Baireuth herausgegeben wurde; jedoch unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß die Regierung die Opposition durch innige Anhänglichkeit an die Verfassung, durch liberale Leitung der Geschäfte und namentlich durch faktischen Verzicht auf die Prärogative des bekannten §. 44. bekämpfen werde. Da diese Voraussetzung nicht in Erfüllung ging, vielmehr die Januar-Ordonnanzen erschienen, so trat der Kosmopolit in der 7ten Nummer sogleich in die Reihen der entschiedenen Opposition und munterte insbesondere die Kammern zur Verwerfung des Budgets auf. Nach Eröffnung der Kammern gelangte Wirth durch Zufall zur Redaction des Inlandes. Der Grund zur Uebernahme dieses Geschäfts lag darin, weil Wirth so schwach war, noch einmal der Versicherung zu trauen: die Regierung bereue ihre Rückschritte und werde nunmehr desto entschiedener auf der constitutionellen Bahn fortschreiten. Das Vertrauen war abermals getäuscht und auch das Inland trat augenblicklich in die Reihen der Opposition über, nachdem es seinen beharrlich gegebenen Rath zur Ergreifung eines besseren Systemes verspottet sah. Als letzter Versuch der Vermittlung bewegte sich das Inland noch kurze Zeit im Kreise der gemäßigten Opposition, und versuchte zuweilen sogar das Mittel des Lobes; allein alles war vergebens. Wirth sah deutlich, daß seine ursprüngliche Ansicht die richtige war — die Ansicht: „von dieser Regierung, deren Charakter Despotismus im Handeln und Scheinheiligkeit in Worten ist, erwarte keiner ein Heil." Er sah ein, daß der Freund irre — und die Tribüne erschien und athmete den natürlichen Charakter ihres Redacteurs. Eine Sünde hat sich Wirth allerdings vorzuwerfen. Die Sünde, zu der Regierung eines Königs Vertrauen gehabt zu haben. Diese schwere Sünde zu sühnen, soll die Aufgabe seines ganzen künftigen Lebens sein. So viel von der Person und nun zur Sache. Das baierische Volksblatt gesteht zu, daß die Censur für die Angelegenheiten des deutschen Bundes durch Herrn v. Stürmer vertheidiget worden sei. Dieß habe aber nicht anders sein können, „weil der Monarch darauf bestanden sei. Ein Minister könne unmöglich volle Preßfreiheit begünstigen, von der er weiß, daß der Monarch sie unter
235 den gegebenen Umständen auf keinen Fall genehmigen werde. - Die Schuld läge indessen nur an der Opposition, weil diese durch ihr rücksichtsloses Streichen veranlaßt habe, daß Herr v. Stürmer beim Monarchen allen Einfluß verloren habe." — Nun wissen wir, welchen Begriff das baierische Volksblatt von der Stellung eines constitutionellen Ministers hat. Ein constitutioneller Minister muß nach der Meinung des Volksblattes das Portefeuille behalten, wenn er allen Einfluß bei dem Monarchen verloren hat; er muß in diesem Falle bei so wichtigen Lebensfragen, als jene über die Preßfreiheit ist, seine Ueberzeugung dem Willen des Monarchen unterordnen. Bei solchen Grundsätzen, die vollständig der Polignac'schen Schule angehören, können wir mit dem Volksblatte unmöglich mehr in eine Diskussion uns einlassen. Das ganze Leben und Wesen der constitutionellen Monarchie beruht auf dem Grundsatze, daß durch die Macht eines moralischen Uebergewichts des Ministeriums über den Monarchen, ersteres dem Wesen und der König nur dem Namen nach die Regierung vorstelle. Sobald also ein Minister allen Einfluß bei dem Monarchen verloren hat und dennoch Minister bleibt, so hat er so wenig einen Begriff von der Stellung eines constitutionellen Ministers als das baierische Volksblatt. Streiten mögen wir hierüber nicht mehr. Das Volksblatt protestirt zwar gegen den Vorwurf des JusteMilieus, allein so vielen Spott man auch mit Recht auf dieses Zwitterding gehäuft hat, so steht dasselbe doch noch weit über dem Standpunkt des Volksblattes. Denn die Doctrine: „daß ein konstitutioneller Minister das Portefeuille auch ohne Einfluß bei dem Monarchen fortfuhren und seine Ueberzeugung auch bei Fragen, wie jene über die Preßfreiheit, dem Monarchen unterordnen müsse," würde auch der französische Juste-Milieu, ja sogar Casimir Perier, desavouiren. — Ein zweiter Grundsatz des Volksblattes besteht darin, „daß ein konstitutioneller Minister zu keiner Einrede berechtiget sei, wenn der Monarch Adressen, wie die Wasserburger, Gautinger etc. gnädig aufnimmt und freundlich beantwortet." Wir haben bisher in der That nicht geglaubt, daß die Redakteure des Volksblattes nicht einmal mit den Anfangsgründen des constitutionellen Staatsrechts vertraut seien. Wie die Sachen aber jetzt liegen, müssen wir dieß wohl annehmen. Herr v. Stürmer hat bei der Discussion über die Decemberunruhen zwar versichert, daß er und die Regierung kein System hätten. Allein dessen ungeachtet wird das gebildete Publikum mit uns den Grundsatz anerkennen, daß der Minister ein System haben soll, und daß der Monarch dasselbe genehmigen müsse. Will er nicht, so muß der Minister abtreten. Kommen nun Adressen ein, deren Einsender über eine politische Frage sich aussprechen oder wohl gar sich erbieten, die Anhänger der entgegengesetzten Meinung todt zu schlagen, so muß der Minister, der ein System hat, von dem Monarchen fordern, daß diese Adressen im Sinne des Systems des Ministers beantwortet oder behandelt werden. Besteht dagegen der Monarch auf einer Beantwortung im andern Sinne, so hat er sich fiir das entgegengesetzte System entschieden; und daß dieß in constitutionellen Staaten so viel heiße als Abdankung, daß also jeder Staatsmann, der von der Stellung eines
236 constitutionellen Ministers einen Begriff, und fur die Pflichten der Ehre und Würde ein Gefühl hat, sofort seine Entlassung geben müsse, weiß außer dem Volksblatte Jedermann. Ein dritter Lehrsatz dieses Journals besteht darin: „Der konstitutionelle Minister könne gegen einen Gesandten, der seinen Instruktionen oder dem Systeme seiner Regierung, das heißt seines Ministeriums zuwiderhandelt, nichts weiter thun, als dessen Handlungeu nicht anerkennen. Daß aber der Gesandte augenblicklich zurückberufen und zur Verantwortung gezogen werde, daß dessen Verfahren von der Regierung sofort annullirt und daß den fremden Cabineten davon Nachricht gegeben werde — alles dies könne ein konstitutioneller Minister nicht verlangen. Auch zu der Erklärung sei ein solcher Staatsmann nicht verpflichtet, daß der Monarch unter den vorliegenden Umständen zwischen dem Minister und dem Gesandten zu wählen habe." In der That, die verantwortlichen Mitglieder der constitutionellen Regierung, wie sie nach der Doctrine des Volksblattes beschaffen sein sollen, wären die unwürdigsten Organe, die man sich denken könnte, sie wären willen- und charakterlose Maschinen. In Ländern von höherer politischer Bildung würde das Publikum mit den Fingern auf einen Minister weisen, der noch einen Tag auf seinem Posten blieb, nachdem ein Gesandter mit Zustimmung des Monarchen ihm den Gehorsam aufgekündigt und den eigenen Willen durchgesetzt hätte. Daß die Redacteure des Volksblattes von den Pflichten keine Ahnung haben, welche in solchen Fällen Zartgefühl und männlicher Stolz auferlegen, beweist vollständig, daß sie noch weit tiefer stehen, als der Juste-Milieu. — Die Tribüne hatte es Herrn von Stürmer zum Vorwurf gemacht, daß er nicht darauf gedrungen habe, den Bundesgesandten v. Lerchenfeld wegen seines Ungehorsams gegen die Regierung, das heißt das Ministerium, zur Verantwortung zu ziehen. Hierauf erwiedert nun das Volksblatt ganz naiv: „dieser Vorwurf sei völlig ungegründet, denn Herr v. Stürmer habe ja in der Kammer erklärt, daß der Bundesgesandte von der Regierung zur Unterwerfung unter das Votum des Präsidialgesandten keine Instruktion erhalten habe. Der Ministerverweser möge wohl geahnet haben, fährt das Volksblatt fort, daß vielleicht der Minister-Präsident Wrede (ein unsichtbares Regierungs-Mitglied) oder das Cabinet selbst den Bundesgesandten bevollmächtiget habe. Wenn aber dieß der Fall gewesen, so hätte auch ein Mann von höchster Energie nichts thun können, als dem mit der Verfassungs-Urkunde in Widerspruch stehenden Bundesbeschluß die Vollziehung zu verweigern." Was versteht wohl das Volksblatt unter Energie? Wenn es seine Parade-Opposition vielleicht für Energie hält, so hat dasselbe freilich Recht. Männer des Charakters verstehen aber unter der Energie, welche ein constitutioneller Minister in einem solchen Falle zu entwickeln hat, etwas ganz anders. Ein Minister-Präsident hat Auftrag gegeben? Wer ist dieser Minister-Präsident, wer hat sein Ernennungsdekret contrasignirt, in welcher Nummer des Regierungsblattes steht dieses Dekret? Nirgends. Nun wohlan, so ist die strafrechtliche Untersuchung nicht nur gegen einen Gesandten einzuleiten, der den Aufträgen eines nicht existirenden Minister-Präsidenten Folge gibt, sondern nach Umständen auch gegen den Auf-
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237 traggeber selbst. Oder hat das Cabinet unmittelbar Auftrag gegeben, so ist die Untersuchung gegen den Gesandten darum zu veranlassen, weil er eine verfassungswidrige Autorität anerkennt und in deren Namen fremden Regierungen zu Geständnisse macht, die mit der Staatsverfassung im Widerspruche stehen. Ob der Minister durchdringe oder nicht, ob die Untersuchung ein Resultat gebe oder nicht, kümmert den Mann von Charakter nicht. Er besteht so lange auf ihrer Fortführung und ertheilt hiezu so lange die betreffenden Befehle, als er eben Minister bleibt. Dieß ist die Energie, die der Mann von Charakter mindestens entwickeln muß. Nach Umständen kann die Pflicht noch entschiedenere Schritte von ihm verlangen. (Schluß folgt.)
Neueste Urtheile der Franzosen über Deutschland. Ein genialer Franzose, Herr Quinet, hat unter dem Titil „de l'Allemagne et de la Revolution" so eben eine interessante Brochüre herausgegeben, welche die Aufmerksamkeit des deutschen Publikums verdient. Sie enthält in mancher Hinsicht zwar ein völlig schiefes Urtheil, allein sie gibt über den politischen Zustand Deutschlands, wie er in der Tiefe der Dinge sich darstellt, ein originelles Bild, das durch seine Neuheit überrascht. Wir wollen daher einen Auszug aus ener Brochüre unsern Lesern mittheilen. „Durch die Wendung, welche die Revolution des Jahres 1830 genommen hat, wurde dem Streben Deutschlands nach Einheit vollends der Impuls und die Stütze gegeben, deren dasselbe zum Gedeihen der Sache noch bedurft hatte. Die constitutionellen deutschen Staaten werden bei ihrer linkischen und schwerfälligen Form nicht stehen bleiben, sondern in ihrer bereits begonnenen Entwicklung unaufhaltsam fortschreiten, bis sie das gesammte System des deutschen Bundes werden umgeworfen haben. Das Geräusch, das sie machen, verliert sich zwar unter den colossalern Ereignissen Europas, allein laßt sie nur gewähren, laßt ihre unerwartete Aufregung, ihre zwiezähen Leidenschaften das große Werk nur mit Beharrlichkeit allmählich vollenden. Ihr werdet bald sehen, wie jeder von ihnen seine kleine Monarchie mit behaglicher Gewissenhaftigkeit ganz im Stillen untergräbt: ihr werdet sehen, wie die ephemeren Souverainetäten der einzelnen Länder durch die Macht der öffentlichen Meinung und durch den Ausdruck des Gesammt-Nationalwi llens ganz im Frieden zusammenstürzen. Das monarchische Prinzip, von dem man glaubt, daß es vorzugsweise in Deutschland sehr stark sei, hat gerade umgekehrt nirgends eine größere und tiefere Erschütterung erlitten als in Deutschland. Seit dem sechzehnten Jahrhundert, zersplittert und wie das Land selbst verloost, ist dieses Prinzip in einzelne Bestandtheile aufgelöst worden, wovon jeder einen Fetzen der alten kaiserlichen Majestät und Souveränetät darstellt. Bei diesem großen Leichenbegängnisse trug einer den Mantel, der andere den Degen, der dritte die Krone des begrabenen Königthums davon. Die Reformation hat die kaiserliche Majestät der Plünderung Preiß gegeben. In Folge dieser geistigen Umwälzung wurde das monarchische Prinzip in Deutschland gerade dadurch bis in
seine Grundfesten erschüttert, daß die einzelnen Reichsfürsten an jener Plünderung Theil nahmen und nun einzeln durch Aeste eine Doctrine stützen wollten, welche alle Aeste in der Vereinigung zu einem Baum nicht mehr zu halten vermocht hatten. Deutschland würde weit früher als Nordamerika unter den Wohlthaten der Republik aufgeblüht und groß gewachsen sein, wenn die Reformation nicht durch die Censur rückwärts geführt worden wäre. Durch Luthers Reformation ist der Grund zu einer deutschen Conföderativ-Republik gelegt worden: durch Luther wurde aber Deutschland zugleich auch über die Catastrophen hinübergeführt, die in Frankreich unter Mirabeau und Robespierre eintraten. Deutschland, ehre aus der Tiefe des Gemüthes seinen Doctor, es vergesse an dem Tage dessen Festes niemals, mit allen Glocken zu läuten: denn er hat sein Land, ohne daß dasselbe eine Ahnung oder einen Schmerz davon hatte, über seinen zweiten September, seine Blutströme auf dem Greve-Platz und seine Schlacht bei Arcole gleichsam wie im Schlafe schon vor 300 Jahren hinübergetragen[.] Traditionen, Potentaten, Monarchien, Aristokratie, und wie sonst das Rüstzeug des Mittelalters heißen mag, alles wurde von Luther untergraben, alles von ihm bis zum Tode verwundet. Man hatte schon lange nichts weiter zu thun, als die Leichname wegzuschaffen. Wer kennt nicht die Erzählung, daß ein König, scheinbar wohl erhalten, 200 Jahre lang in seinem Grabe aufrecht gestanden sei, durch den Hauch eines Kindes aber, der zufällig mit ihm in Berührung kam, in Staub verwandelt worden wäre. In diesem Gleichnisse habt ihr ein treues Bild von dem politischen Zustande Deutschlands. Die Verfassung dieses Landes gleicht jenem Könige in der Gruft. Es darf nur ein Mann an ihm vorübergehen und die Verwandlung in Staub ist vollendet. Ein solcher Mann wird aber vorübergehen." - So leicht hält Herr Edgar Quinet die politische Reform Deutschlands.
Stimmung in Preußen. Naumburg, im Herzogthum Sachsen, den 22. Jan. Bereits sind neun Colonnen der nach Frankreich wandernden Polen hier durchpassirt, und nur noch wenige Abtheilungen werden ihnen folgen; wir können daher mit Sicherheit die Aufnahme andeuten, welche diese Kämpfer für Freiheit und Recht, für Einheit ihres Landes und Volksthum hier und überhaupt im Preußischen Sachsen finden, und den Eindruck, welchen sie in den Gemüthern zurücklassen. Wahrlich! sähe mancher Fürst und namentlich Preußens König den Empfang dieser tapfern Sarmaten, er würde sich bekennen, ihm selbst sei solch ein aufrichtiges Entgegenjauchzen nie zu Theil geworden, er würde ferner einsehen, daß alles erdichtet ist, was seine Ohrenbläser von der Stimmung des Volkes ihm zuraunen. Allerdings mag in Nord-Preußen die Gesinnung im Allgemeinen noch nicht geläutert sein, aber das ist nur ein kleiner Theil des Königreichs und zugleich nicht gerade der gebildeteste. Je mehr aus diesem unsere politischen Helden herauskamen, desto sichtbarer glich ihre Reise einem wahren Triumphzug und nach mehrstimmigen Zeugnissen, wurden sie vorzüglich in den Städten Lützen und Weissenfeis, so wie
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239 Luckau und Andern mit Jubel bewillkommnet. Auch in unserer Colonie von Oberlandesgerichts-Referendarien, angefüllt mit königlichen (?!) Beamten, sprach sich die Freude über die Ankunft der Gäste unverhohlen aus; sie zu bewirthen drängten sich Alle, selbst ganz die ärmsten Leute herbei, wovon wir auffallende Beispiele vernommen haben; fast jeder suchte aufs Beste ihre Anwesenheit zu ehren, und so erscholl beim fröhlichen Becherklang mancher Toast, den man in Berlin wohl nicht vermuthen würde. Dies gilt besonders von einem in einem hiesigen Gasthause veranstalteten Mahle. - Höchst erfreulich ist es, wie die Polen durch ihr bescheidenes, gemessenes und in jeder Hinsicht löbliches Benehmen auch diejenigen sich freundlich gestimmt haben, welche früher sich ihnen sehr ungünstig zeigten. Augenscheinlich bemerkte man diese theilweise Veränderung der Gesinnung vornehmlich des Morgens bei der Abfahrt. Da kann man aus den Armen seines Gastfreundes kaum sich losreißen, da hat man ihm noch dieses oder jenes zu verehren, da zeigt der Eine dem Andern die mit Narben bedeckten Helden, und erzählt, welche Thaten sie verrichteten, welche widrige Geschicke sie erduldeten, da sucht man noch in den verschiedensten Sprachen sich verständlich zu machen oder vom begleitenden preußischen Officier die Erlaubniß zum Zurückbleiben Weniger auf nur noch eine Stunde zu erlangen. Natürlich zogen Einzelne an den verschiedenen Tagen die Aufmerksamkeit mehr oder weniger auf sich, wie ζ. B. ein junger Mann von fünfzehn Jahren, welcher mit einem Orden geschmückt war. Ihm waren an einem Tage seine zwei Brüder und der Vater vom Feinde erschlagen worden; er hatte ebenfalls verzweiflungsvoll den Tod gesucht, doch ihn nicht finden können. Auffallend war die Körperkraft eines ehemaligen Adjutanten von Kosziusko, der jetzt ein Alter von 63 Jahren hat. Er zerbrach mit den Fingern einen preußischen Silbergroschen, und bog mit drei Fingern einer Hand einen preußischen Thaler krumm. — Um nicht noch mehr ins Detail zu gehen, berühren wir nur noch, daß hier nun Jedermann völlig überzeugt ist, jener polnische Aufstand sei nicht von dem Adel angezettelt, sondern ein wahrer Nationalaufstand gewesen, so daß Alt und Jung, Mann und Weib die Waffen ergriffen, wie wir denn viele Damen sahen, welche tapfer mitgekämpft hatten, ζ. B. die Gattin eines Premier-Lieutenants der (Kavallerie-) Krakusen, die außerdem noch, selbst im dicksten Pulverdampfe, den Verwundeten den ersten Verband angelegt hatte; sie hatte den Orden vom weißen Adler erhalten. Noch erwarten wir fünf Colonnen Officiere nebst Bedienung (Gemeinen), außer den Unterofficieren und Gemeinen vom vierten Regiment und einem Sapeurbataillon. Möchten die Cameraden dieser Letztern nur nicht auf harte Weise von Preußen in ihre Heimath zurückzukehren genöthigt worden sein! Heute haben in unserer Stadt in Folge der Annahme der neuen Städteordnung die Wahlen der Stadtverordneten begonnen: wenn man den einzelnen Städten und Gemeinden eine leidliche Verfassung giebt, warum soll nicht auch dem ganzen Lande eine gegeben werden?" - Deßfalls hört man in der That manchen Bürger fragen: „was hier im Kleinen geschieht, warum soll es nicht auch im Großen geschehen? Gedruckt: bei G. Ritter in Zweibrücken.
Die Städte- und Gemeindeordnungen sind immer nur gut Grundlagen für eine Constitution." Solche Raisonnements des gesunden Verstandes lassen sich nicht durch einfältige Deklamationen gegen die Franzosen, gegen falsche Freiheit und dergleichen und durch die niedrigsten Lobhudeleien des Königs unterdrücken. Die Blätter in denen derlei Sachen stehen, muß freilich der Bürger und Landmann in die Hand nehmen, denn sie sind officiell und jede Gemeinde muß sie halten: aber in Hinsicht des Einflusses seid ihr im Irrthum. Man liebt, was nicht geleugnet wird, meist den König sehr; aber ob immer und ob allgemein auch seine Umgebung - das ist eine andere Frage. Man begnügt sich nicht mehr mit der Phrase: „das Gouvernement ist lojal," sondern man verlangt für die Zukunft Garantien der Volksfreiheit! Es tagt jetzt überall! — Zur Tagsgeschichte. Frankreich. Paris, 31. Jan. Man versichert heute, das Ministerium habe sich zur Ernennung von 13 neuen Pairs entschlossen. - Der Prinz von Oranien soll auf dem Punkte stehen, nach Berlin abzureisen, auch der Kaiser von Oestreich wird dort erwartet, um mit seinen Alliirten das große Werk des Kreuzzuges gegen Frankreich zu berathen. — Die seit gestern cirkulirende Nachricht, daß das englische Ministerium die Reformbill zurückgezogen habe, ist noch nicht widerlegt; wenn sie sich bestätigt, so kann man das Ministerium Grey für verloren ansehen. - Der Moniteur hält es für nöthig, die Gemüther wegen des immer mehr befürchteten Krieges zu beruhigen; er erschöpft sich in Gründen und stützt dieselben hauptsächlich auf die zu erfolgenden Ratificationen des belgischen Vertrags von Seiten Englands. Schwache Stütze! Belgien. Brüssel, 29. Jan. Durch den plötzlich erfolgten Tod des General Belliard erleiden wir einen empfindlichen Verlust. - In Gent soll eine Verschwörung der Orangisten entdeckt worden sein, welche zu gleicher Zeit dort in Antwerpen und Brüssel hätte ausbrechen sollen. - An Erhaltung des Friedens ist jetzt nicht mehr zu zweifeln: denn Rothschild hat unserer Regierung erklärt, daß, wenn Frankreich oder jede andere Macht in den Angelegenheiten Belgiens intervenire, er die Zahlung der Gelder für das letzt abgeschlossene Anlehen sistiren würde. Rothschild regiert also jetzt in Belgien und vielleicht auch anderwärts. Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. S u b s c r i p t i o n e n zu m o n a t l i c h e n Beiträgen. Boeninger, Drucker; Brennecke, Schriftsetzer; Klenck, Schriftsetzer - jeder 1 fl.; Klietsch, Factor, 3 fl.; Leiner, Drucker, 1 fl.; Schüler, Deputirter, 10 fl.; Sonntag, Buchhändler, 10 fl.; ein Ungenannter 10 fl.; Vogtherr, Schriftsetzer, 1 fl.; Vormwald, Schriftsetzer, 1 fl.; Wirth, Redacteur der deutschen Tribüne, 10 fl.; ein Ungenannter 1 fl.; Savoje, Advokat, 4 fl. 40 kr.; Heintz, Bürger in Zweibrücken, 30 kr.; Rost, Buchdruckereibesitzer in Zweibrücken, 30 kr. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Sonntag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
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Kampf für die freie Presse Deutschlands. Frankreich, Deutschland, Europa waren der Freiheit nie näher gestanden, als nach der großherzigen Revolution im Juli 1830. Wie mittelst Zauberwerk hatte die unwiderstehliche Volkskraft einen in vermessenem Wahnwitze dahinstürmenden Regentenstamm vom Throne herab in die neblichten Gefilde von Schottland geschleudert. - Volkssouveränität! — tönte der Triumphruf durch die schönen Provinzen Frankreichs — Volksmacht und Recht wiederhallte es in den aufhorchenden Gauen des herrlichen Deutschlands. Alle bezaubernde Träume, welche sich an diese erhabene Ur-Idee anknüpfen, die Natürlichkeit, ja die unbedingte Nothwendigkeit dieses, der Würde des Menschen einzig und allein entsprechenden, Zustandes erschienen mit jugendlicher Fülle vor dem entzückten Auge der Völker. Es war nur ein - Wort; die Sache sollte noch nicht vergönnt werden, mag auch die Verzögerung noch so kurz sein. Frankreich, noch berauscht von der strahlenden Größe seiner Thaten, ließ sich — dem Worte seines verehrten Freiheitsveteranen folgend — verleiten, auf den erledigten Thron einen neuen Fürsten aus der nämlichen Bourbonenfamilie zu erheben. Seine Garantie gegen die Wiederkehr königlicher Gebrechen? Er sollte ein Bürgerkönig — sein Thron ein volksthümlicher, umgeben von republikanischen Institutionen, sein. Die letzteren rein und unumschleiert waren, was der Natur, der Vernunft und dem Bedürfnisse freier Menschen entsprach — was Frankreich wollte, aber offen auszusprechen Anstand nahm. Eine noch nicht zweijährige Erfahrung der aufgewärmten Restauration hat der Wahrheit neuen Reiz verschafft. Ein König kann kein Bürger sein - so wenig als ein Bürger zum König taugt — Freiheit und Gleichheit, Anerkennung der unveräußerlichen Rechte seiner selbst, und seines Mitmenschen, unabhängige Bewegung und Genuß aller Güter der großen göttlichen Natur, verlangt der Bürger; Entäußerung der angebornen Rechte, Unterwerfung Aller unter den obersten Willen eines Einzigen, Suprematie des Thrones über Millionen, Verherrlichung der privilegirten Freiheit durch die Sklaverei der Masse, ungleicher Genuß des Nationalvermögens zum exorbitanten Vorzug des Einen, zum Mark und Schweiß vergeudenden Nachtheile der Andern — dieß ist was der König will! Beide Zustände lassen sich nicht mit einander vermählen
Vaterlandes.
Homburg, den 5. Februar 1832.
— eine solche Pflanze trägt das Prinzip der Zerstörung in sich selbst. Eine wohlfeile Regierung vor Allem, war der Talisman einigen Bestandes der neuen Dynastie in Frankreich. Die jüngsten Verhandlungen über die Civilliste haben dem Königthum mehr geschadet, als eine hundertjährige Fortsetzung der frühern Restaurationsherrschaft. Das Volk hatte um der Sache willen, um ihrer desto sicherer zu sein, auf den Namen des neuen Zustandes verzichtet; es gewahrte, daß der Bürgerkönig, von den Herrschern der übrigen Throne, durch nichts als durch seinen Ursprung und dessen Nichtachtung sich unterscheidet; es erblickt die Kräfte der Nation, im Wetteifer, in den nämlichen Schlund göttlich-königlicher Unersättlichkeit sich stürzen und verlieren! — Unnütz erscheint ihm die neue Form, beleidigt die Großmuth einer triumphirenden Nation, — das Königthum wird untergehen und die Republik, gereinigt und durch Erfahrung geläutert, wird auf immer die letzte Spur eines Thrones in Frankreich verdrängen. U n d abermals wird die siegreiche Volkshoheit ihren R u f über Deutschland erschallen lassen! Deutschland, das stets demüthig hoffende, hatte — seltsamer Wahn und Mißkennen aller Zeichen der Zeit — seinen Hinblick auf eine der größeren Mächte des sogenannten deutschen Bundes gerichtet, von ihr die freiwillige Ertheilung einer RepräsentativVerfassung, die Eröffnung der allgemeinen FreiheitsPeriode erwartet. Die Geschichte der polnischen Revolution, der Fall Warschaus und die Behandlung der ausgewanderten Heldenflüchtlinge auf preußischem Gebiete, werden die königliche Erwiederung einst der Geschichte aufbewahren, wie wir sie erlebt, — eine neue, unendlichsegenreiche, wenn auch blutig herzzerreißende Lehre ist den Völkern daraus erstanden. Die Bemühungen ständischer Versammlungen während beinahe eines Jahres haben in materieller Beziehung zur Erleichterung des Volkes bei nahe Nichts erzielt. — Nichts absolut, wenn der Preis der erdnldeten Erniedrigungen in Anschlag kommt. Ueberall haben mangelhafte Wahlgesetze, der Widerstand der Aristokratie in zweiter und erster Kammer, die Bestrebungen einzelner patriotisch hervorragender Männer vereitelt. So lange noch Warschau, das gefürchtete Bollwerk europäischer Emancipation stund, fand die Gewalt es angemessen, ihre volksfeindlichen Gesinnungen mit dem Gewände gnädiger Concessions-Möglichkeiten zu bemänteln. Dieser Mäßigungsgrund verschwand, und in
243 neuer Hartnäckigkeit betreten die gedichteten Reihen des Widerstandes die Kampfbahn. Offener Hohn und Verachtung der VolksErheischungen sind die ungescheute Antwort auf die dringendsten Begehren. — Leset den jüngsten Abschied der baierischen Ständeversammlung und urtheilet! Die Völker verlangen Entfesselung des Handelsverkehrs, Vernichtung aller Hemmungen der Industrie und des Absatzes. — Die Erwiederungen sind: Mauth und Zölle, Verbindung um dieser Herrlichkeiten willen, und mehr und mehr engeres Anschließen an Regierungen absolutistischer Grundsätze. Millionen von Stimmen erhoben sich zur Unterstützung Polens, - bereit, mit ihrem Arm zu bethätigen, was der Mund so flehend aussprach. Es bedurfte eines Winks, und Polen war gerettet. Das Veto von Personen, welche nicht die Einheiten der Zahlen übersteigen, widerstrebte, — und Polen ging unter. Das Volk wendete mit Bittschriften sich an die deutsche Bundesversammlung, - sein Begehren war, es möchte endlich geschehen, was die Versammlung seit 16 Jahren zu thun verpflichtet, das Volk zu erheischen berufen sei. Der Bescheid war: solche Gesuche an die hohe Versammlung seien als unstatthaft abzuweisen! Das deutsche Volk wußte ja noch nicht, daß der Bund nicht seinetwegen da sei. Darum diese Belehrung! Das Volk hatte Anerkennung und Aussprechung des Prinzips vollkommener Preßfreiheit, — Geschwornengerichte und öffentliches Verfahren verlangt. Verbot des vorzugsweise deutschen Blattes in Deutschland war die Entschließung des Bundestags. Nichtannahme des von der zweiten Kammer adoptirten Preßgesetzes, ja selbst Rücknahme des von der Regierung vorgelegten und mit unwesentlichen Aenderungen von der zweiten Kammer angenommenen Gesetzesprojektes über die Geschwornengerichte in Preßvergehen, — Projekt, welches für sich unabhängig bestehen konnte, war das Resultat in Baiern. In Baden sehen wir das Brandmal der CensurErniedrigung in vollem Maße, nur mit verändertem Namen das Preßgesetz beflecken: Kniebeugung vor dem deutschen Bunde! - Und Baden jubelt über seinen unendlichen Sieg? Aber — in diesem finstern Gemälde erheben sich zwei glänzeode Hellpunkte. Die Vorsehung hat es gewollt, daß Polen noch einmal unterliege, um die Fackel des Erkenntnisses über Europa zu schwingen. Wie ein Lichtstrahl durchziehen die Söhne Polens die deutschen Länder. Einhellige Begeisterung erschallt hinter ihrem Tritt, der Thräne des Schmerzes und Entzückens folgt die Rache geballte Faust des empörten Hörers. Wie erwacht aus dem langen schweren Traume sieht er staunend auf seinen Zustand zurück, — er horcht der Beschreibung des Landes, der Entschlüsse, der Kräfte und hehren Thaten seiner nordischen Freunde - und fester, in die Zukunft gerichtet, erhebt sich sein sinnender Blick! Diese Saat wird erblühen, gedeihen, und die Erndte wird Gemeingut des würdigeren Geschlechtes werden. Der Pfleger dieser Saat ist die freie Presse, das einzige zwar, aber das vollkommen hinrei-
244 chende Palladium der Ideen-Fortschritte. Aus ihrem Füllhorne entströmen die Herz- und Geist anregenden Ermahnungen, Belehrungen über die Rechte des Volkes, über die Gebrechen seines Zustandes, über die Kraft des National-Willens, über die Schwäche des Widerstandes, über die Garantien der Zukunft! Noch giebt es in Deutschland einen Winkel, wo die Presse — Dank sei es den überkommenen Institutionen des Republikanisch-französischen Reiches — an den unerschütterlichen Pfeiler des Gesetzes und unabhäugiger Gerichte gelehnt, dem Frevel der GeistesErdrückung Trotz zu bieten vermag. Rheinbaiern besitzt die beiden Vorfechter der deutschen Preßfreiheit, sicher und unangetastet werdem sie dem heiligen Dienste sich hingeben. Wo das Gesetz die unwandelbare Norm der Rechte und der Gerechtigkeits-Uebung ist — da muß die Willkür weichen! Stark und heilig durch sich selbst, wird es unter dem schützenden Arm freier, erleuchteter Bürger zur unbesieglichen Gewähr. Rohe Gewalt wird die Presse im Rheinkreise nimmer zerstören. Der bloße Name zukünftiger, vielleicht beabsichtigter Interdikte der Bundesversammlung, ohne Fug und Macht, die verfassungsmäßigen Freiheiten zu zerstören, wird an der freien Willenskraft unbestechlicher Richter, seine Ohnmacht erproben. Folget darum dem Drange der innern Eingebung. Heget, pfleget, haltet und schirmet die freie Presse, unbesorgt mögt ihr ihre Früchte genießen, das Gesetz und die Verfassung sichern sie Euch zu! Nur der Denkende, Selbsturtheilende ist wahrhaftig frei. Belehrung und Aufklärung des Volkes ist jetzt die höchste Aufgabe*).
Urtheil eines Polen über Deutschland. Briefe aus Dresden, Leipzig, Hannover, Frankfurt, Mainz, München, Carlsruhe zeigen uns an, wie die edlen Reste der polnischen Armee, die großmüthigen Opfer des reinsten Patriotismus überall in Deutschland mit freudigem Enthusiasmus empfangen werden. Die Bürger wetteifern, ihnen Geld, Kleidung und Wäsche zu liefern, sie gastfrei aufzunehmen nnd die Leiden ihrer Verbannung zu mildern, indem sie ihnen auf [j]ede Weise zu erkennen geben, wie sehr sie in ihnen die Tugend und das Unglück verehren. So spricht sich allenthalben die Sympathie der Deutschen für die Sache Polens aus, und zeigt sich überall lebendig, tief und allgemein. Es ist dies eine Erscheinung, welche die ganze *) Vorstehender Aufsatz ist die Einleitung einer Brochüre: „Garantien der freien Presse im baierischen Rheinkreise, von J. Savoye, Advokat am Appellhofe zu Zweibrücken," welche binnen 10 Tagen die Presse verlassen wird. Diese Brochüre wird die Bürger in Bezug auf die Preßfreiheit über ihre Rechte belehren und insbesondere die Widerrechtlichkeit des Verfahrens der Regierung gegen die Redakteure des Westbotens und der deutschenTribüne nachweisen. Der Gegenstand der Abhandlung ist ihre beste Empfehlung. Der ganze Ertrag ist zur Unterstützung der polnischen Flüchtlinge bestimmt. Die Bestellungen werden bei Herrn Buchhändler Ritter in Zweibrücken gemacht. Der Preiß der Brochüre ist 48 kr. A. d. R.
245 Aufmerksamkeit der Publicisten und Staatsmänner verdient. Wenige Verbindungen haben bisher zwischen zwei Völkern bestanden, welche durch einen so verschiedenen Character sich auszeichnen. Der Pole ist feurig, ungestüm, aufbrausend sogar; der Deutsche überlegend, ausdauernd, ruhig. Der Deutsche, welcher dem Polen nur unter der Insignie eines der Adler erschien, die des letztern Vaterland zerrissen haben, hat trotz seiner Nachbarschaft niemals so innig mit ihm sich verbünden können, als jene entferntere Nation, deren Fahnen so oft mit den polnischen vereiniget waren. Was aber weder die geographische Lage noch Handelsverbindungen etc. herbeiführen konnten, was neun Jahrhunderte vergebens versucht hatten, das konnten die Fortschritte der Aufklärung, das die erwachten Gefühle für Nationalität, das endlich die politische Erziehung der Völker, in Folge von Ueberschreitungen der Gewalt einerseits und von Erfolgen des Widerstandes andrerseits, in weniger als 20 Jahren glücklich vollbringen! Die Deutschen haben sich mit den Polen verbrüdert. Das deutsche Volk hat die letzte Schild-Erhebung Warschaus mit der lebhaftesten Sympathie begrüßt; die Sache der Unabhängigkeit Polens hat allgemeinen Anklang gefunden, von den Noriguen bis zu den Alpen, von der Spree an bis zum Rhein, sie wurde mit Begierde verfolgt, vom Augenblicke ihrer Entstehung an, bis zu ihren verschiedenen Wechselfällen von Ruhm und Unglück, bis zu ihrem Untergang. Und heute noch, wo nichts mehr davon übrig bleibt als die traurige Erinnerung, wer hat in Deutschland das traurige Ende nicht beweint, diesen unseligen Triumph der rohen Gewalt über die moralische, der Ungerechtigkeit über das Recht, der Zahl über den Heldenmuth? Indessen tröstet Euch großmüthige Männer aller Nationen, Männer deren Herz gebrochen ist, bei dem Gedanken an diesen Fall, dieses allgemeine Unglück der Völker. Tröstet Euch! Eine Nationalitat, die der Polen, ist für den Augenblick allerdings erdrückt, allein eine andere Nationalität erhebt sich dafür, jene der Deutschen. Wiedererweckt zu dem Widerstande gegen den Druck des europäischen Eroberers, geboren im großen Kampfe der Völker gegen die Riesenmacht eines Despoten, wieder eingelullt nach Eintritt des Friedens, doch neu geschaffen durch die Mißbräuche und Falschheit der Machthaber, angefeuert und begeistert endlich durch den 29. Juli in Frankreich und den 29. November in Polen, wächst die Nationalität der Deutschen von Tag zu Tag. Schon strebt sie nach Vereinigung der Kräfte, schon erlangt sie eine sichere Basis, auf der sie sich immer mehr ausbreiten wird. Vergeßt dabei nicht, großmüthige Männer, daß es sich um die Deutschen handelt, um dieselben Deutschen, welche sich nur sehr langsam entschließen, deren Grundcharakter aber darin besteht, mit Ernst zu wollen, und mit Beharrlichkeit durchzufiihren, was sie einmal beschlossen haben. - Der 30jährige Krieg liefert hievon einen merkwürdigen Beweis. Was das ehrenwerthe deutsche Volk in Beziehung auf religiöse Freiheit im ersten Jahre dieses glorreichen Kampfes verlangt hat, eben das hat es noch im 30sten Jahre verlangt, weder mehr noch weniger, und - es hat es errungen! Der Kampf der Deutschen um die politische Freiheit wird im Wesentlichen gleichen Charakter athmen. Dieß ist das treue Gemälde der Deutschen, so wie sie
246 waren, so wie sie sind und so wie sie nie aufhören werden zu sein, denn die Nationen bleiben immer ihren eigenthümlichen Charakter treu. Ruhe, Kraft und Beharrlichkeit, das sind die Grund-Eigenschaften des deutschen Volkes, würdig der Freiheit, der Nationalität und der Unabhängigkeit. Dieses Volk hat die Bestimmung, sich zuerst mit den Völkern von Frankreich und England zu verbinden, und dann kann das Schicksal der polnischen und italienischen Nationalität nicht mehr zweifelhaft sein, und dann ist Europa und die Menschheit gerettet. — Ein solches Urtheil meine Brüder! fällt ein Sohn des Ruhmes, ein polnischer Held über Euch Seid stolz auf dieses Urtheil, aber macht Euch desselben immer würdiger. Der erste Grundstein zu dem großen Werk der deutschen Nationalität ist durch den VaterlandsVerein zur Unterstützung der freien Presse gelegt. Laßt dieses Unternehmen nicht in dem Augenblicke untergehen, wo die Blicke Europas auf Euch gerichtet, wo die Hoffnungen Polens Euch anvertraut sind. Die unsterblichen Heldensöhne hörten Eure Klagen, sie sahen Euer Verlangen nach Thatkraft, sie entdeckten Eure geheimen Schwüre. Wollt Ihr nun sogleich nach Entfernung der edlen Gäste den Beweis liefern, daß Eure Sympathie für die große Sache nur in süßen Worten, all' Eure Begeisterung nur im Weingeiste bestehe, und augenblicklich in Kleinmuth sich verwandle, sobald man nur im Mindesten zum Handeln Euch aufruft? Soll das Eure Liebe zum Vaterlande, das Eure gerühmte deutsche Kraft und das Eure Hochherzigkeit sein, daß ihr den Muth nicht habt, einem Vereine zur Unterstützung Eurer mächtigsten Schutzwehr, der freien Presse, beizutreten oder daß Ihr der Triebe des Egoismus nicht so weit Euch bemeistern könnet, um dem Vaterlande freiwillig eine kleine Geldunterstützung zu geben? Die Polen haben Euch mit Bewunderung verlassen: der Bund der beiden Völker ist geschlossen. Soll er wieder gelöst werden, weil Ihr Euch unwürdig zeigt, mit Männern im Bündniß zu stehen? Ja meine Mitbürger! Die Polen schauen auf Euch. Ihr habt keine andere Wahl, als zwischen Ruhm und Schande. Jeder von Euch, der dem Hülferufe des Vaterlandes sein Ohr verschließt: jeder der aus Feigheit, sinnlicher Sklaverei oder unwürdigen Nebenrücksichten die vom Vaterlande begehrte Gabe verweigert: er wird von den Polen - bedauert werden. In seines Nichts durchbohrendem Gefühle schlage er dann die Augen nieder, wenn die Heldensöhne um den Tod für das Vaterland einst wieder wetteifern und unaufhaltsam zum Ruhme und zum Siege fliegen.
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247 Deutsche Söhne erfüllt Eure Pflichten, eilet ungestümm zur Unterzeichnung für Euren Vaterlands-Verein. Tages-Chronik. Spanien. Madrid, 24. Jan. Ungewöhnliche Thätigkeit herrscht fortwährend im Ministerium des Aeußern. Die zum Schutz von Portugal bestimmten Truppen sind allenthalben in Bewegung. Noch sind die Sparbüchsen der Geistlichkeit nicht erschöpft; die Priester haben sich neuerdings zu einer freiwilligen Gabe von 40 Millionen Reis (5 Mill. Gulden) erboten, um, eingedenk der Lehren Jesu, zum heiligen Werke der Unterdrückung der Menschenrechte aus allen Kräften mitzuwirken. England. London, 30. Jan. Die günstige Entscheidung der Reformbill wird von Tag zu Tag zweifelhafter. Die Königin selbst steht an der Spitze der Antireformer, deren vorzüglichste Chefs in den letzten Tagen häufige Audienzen bei dem Könige hatten. Es soll den Aristokraten dadurch wirklich gelungen sein, die Ueberzeugung des Königs wankend zu machen. Die Königin droht England zu verlassen, wenn der König sein Ministerium nicht entläßt. Man glaubt unter solchen Umständen, daß die Administration des Lord Grey nicht mehr lange dauern wird. In der That, die Völker dürfen Hoffnung schöpfen. Der Herr verdunkelt die Sinne der Könige, auf daß sie singen mögen: „Unser Wissen und Verstand ist mit Finsterniß umhüllet." Wo die Anstrengungen der Aristokraten noch nicht hinreichen, leisten vollends die Unterröcke hülfreiche Hand, und so kann es denn nicht fehlen, daß auch das englische Volk ersucht werden wird, die Bedenklichkeiten der Krone durch materielle Gründe zu beschwichtigen. - Aus Irland laufen immer niederschlagendere Nachrichten ein. In der Grafschaft Tipperary wurde der Rektor Golden ermordet, vor dessen Haus wegen Abschaffung des Zehntens ein Auflauf Statt fand, der zur Verhaftung von 40 Individuen Veranlassung gab. In [In]nishoven nehmen diese Unruhen einen noch ernsteren Charakter an. Die Bauern verweigern nicht nur die Entrichtung der Zehnten, sondern verlangen die förmliche Abschaffung dieser Abgabe für immer; ferner haben sie den Eigenthümern angekündigt, daß sie nur noch ein Zehntel des Pachtzinses bezahlen würden, den man von ihnen verlange. Ein bedeutendes Corps Truppen ist gegen dieselben detachirt worden. Frankreich. Paris, 1. Februar. Sebastiani hat in der Kammer seinen Platz am Ministertisch wieder eingenommen, ob er gleich das Portefeuille noch nicht wieder erhalten hat. Sein Erscheinen erregte allgemeines Erstaunen; Herr Perier konnte seinen Unwillen kaum verbergen. — Als gestern der General Lafayette die Kammer verließ, warf sich eine alte Frau in seine Arme, indem sie mit einer Petition in der Hand um seinen Beistand bat. Lafayette war sehr ergriffen, bemerkte aber, daß er nichts mehr sei und nichts mehr verGedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken
möge. Er hat in seiner Rührung ohne Zweifel die Wahrheit gesagt. — Herr Manguin soll die Absicht haben, in der Kammer Erläuterungen über die Invasion Oestreichs in Italien zu begehren. Viele dergleichen Erläuterungen sind in der letzten Zeit begehrt worden; keine Motion führte aber zu irgend einem Resultat. Mit Erläuterungen ist Frankreich nicht mehr zu helfen. - In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erhob sich General Lafayette wegen der angekündigten Allianz Frankreichs mit Oestreich und den übrigen Mächten gegen Italien, gegen ein Land, das nur das Unrecht begangen hat, unserem Beispiel zu folgen (Gemurmel im Centrum). Er schmeichle sich, sagt der Redner, daß das Ministerium die Worte verläugnen werde, die man unserem Gesandten, Herrn St. Aulaire zuschreibe. Er sei kein Bewunderer der Conferenz-Intriguen und aller ihrer Protokolle, indessen hätten die Mächte dadurch den Romagnolen Rechte und Freiheit eingeräumt. Ein Angriff gegen sie würde ein Angriff gegen Leute sein, die sich mit den ihnen bewilligten Rechten begnügten (allgemeiner Husten und Schnupfen im Centrum); der einzige Weg, das Unrecht wieder gut zu machen, welches man ihnen zugefügt, bestünde darin, das Geschehene zu desavouiren und auf Erfüllung der ihnen gemachten Versprechungen zu bestehen, vor allem aber auf der Erhaltung der Civilgarden. Der Großsiegelbewahrer erwiederte: General Lafayette möchte ohne Zweifel die Charte Frankreichs auf alle Staaten Europas übertragen, ein solches System sei aber nicht ausführbar für das Ministerium. General Lafayette: „Wir haben Italien durch unsere Erklärungen betrogen, wir hatten versprochen, daß die Oesterreicher keinen Fuß auf seinen Boden setzen würden, wir haben unser Versprechen nicht erfüllt. Diese Aehnlichkeit, diese Homogenität von Prinzipien der heiligen Allianz mit den Prinzipien des französischen Kabinets ist einer Regierung unwürdig, die ihr Entstehen den Barricaden verdankt." (Lebhafte Unterbrechung.) Mauguin und Lamarque greifen den Minister-Präsidenten heftig an. Lamarque bedient sich des Ausdrucks: „Perier ermangle der Redlichkeit und des reinen Willens (manquait de bonne foi). Guizot, Lemercier und eine Menge Leute des Centrums gesticuliren in der größten Aufregung. Sie überschrien einander. Niemand kann sie mehr verstehen. Belgien. Brüssel, 30. Januar. Unsere Regierung scheint Gewißheit zu haben, daß der Status quo vor der Hand noch erhalten werden wird, denn heute, am Vorabend des Termins zur Ratifikation der Protokolle, machen die Truppen auch nicht die geringste Bewegung, vielmehr befinden sich mehrere Offiziere, deren Corps die Vorposten bilden, hier in Urlaub. Ohne Zweifel geht der Plan der heiligen Allianz dahin, uns fortwährend in Ungewißheit zu erhalten, um dem Volke bei zunehmendem Elend seine errungene Freiheit verhaßt zu machen. Das Volk aber kennt seine wahren Interessen.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Montag.
Tribüne. des
N— 3 2 .
Ernste Mahnung an das deutsche Volk. Wer das patriotische Leben des constitutionellen Deutschlands im gegenwärtigen Augenblicke beobachtet, wird zugeben müssen, daß die großen Ereignisse der Zeit, in diesem Theile unseres Vaterlandes, nicht ganz fruchtlos geblieben sind. Nicht blos einzelne, vom Volke gefeierte Männer, die ganze Masse des Volkes ist in die Schranken getreten, um den Feind der gemeinsamen Sache, den bewaffneten Absolutismus, in seiner drohenden Stellung, mit entschlossenem Muthe zu beobachten. Man ist in Erwartung, ob der Bund der Könige es wagen wird, den Heerd der Freiheit, auf dem die Flamme zum drittenmale auflodern soll, mit seinen Heeren zu überschwemmen. Schon gleich nach der Catastrophe des Juli 1830 wußte das deutsche Volk zu unterscheiden·. es war zum Kampfe bereit, wenn es des Vaterlands Gränze zu schützen, wenn es Eroberungsversuche des Auslandes abzuwehren galt, aber es war eben so begeistert für die freisinnigen Bestrebungen Frankreichs, als empört gegen seine eigenen Unterdrücker, die es umsonst aufgefordert hätten zu einem Kreuzzuge gegen die Fortschritte einer Revolution, mit welcher es völlig gleiche Interessen theilte. Die öffentliche Meinung hat dies laut ausgesprochen, und die finstere Absicht der Könige war entlarvt, noch ehe sie es wagten, für das fromme Unternehmen zu Gunsten des untergegangenen göttlichen Rechts ihre getreuen Unterthanen ernstlicher aufzubieten. Der größte Theil dieser Getreuen hatte zum Bunde der Völker geschworen, sobald es sich darum handelte, das gemeinsame Gut derselben: die Freiheit, gegen den gemeinsamen Plan der Könige: die Unterdrückung, zu vertheidigen. Weil aber das deutsche Volk, auf diese Weise, das Gefühl seiner freien Selbstständigkeit, dem Bunde der Könige gegenüber, mit Entschiedenheit ausgesprochen hat, so wisse es nun auch, daß nichts gefährlicher sei, als auf halbem Wege thatlos stehen zu bleiben. Es ist die heiligste Pflicht jedes wahren Vaterlandsfreundes, das erwachte Gefühl der Selbstständigkeit im Volke aus allen Kräften lebendig zu erhalten, bis dasselbe, gesteigert zur Begeisterung, alle Klassen der Gesellschaft wirksam durchdrungen hat, und im gesammten Vaterlande kein Dörfchen mehr existirt, das nicht stolz sich rühmte: „auch hier ist für die gemeinsame Sache der großen deutschen Volksfamilie freudig gewirkt worden!" Der deutsche Vaterlands-Verein zur Unterstützung der fielen Presse giebt Gelegenheit dazu. Jeder Deutsche schließe sich
Vaterlandes.
Homburg, den 6. Februar 1832.
ihm an, auch der ärmste; er gebe monatlich Einen Krenzer, wenn er nicht mehr entbehren kann. Doch er schließe sich nur an und gebe den Kreuzer, damit er vor dem Schimpf sich bewahre, kein Gefühl für das Vaterland zu haben. Einen Kreuzer monatlich kann auch der ärmste Bürger entbehren. Es giebt also keine Ausrede für die, welche vom Vereine sich ausschließen, Feigheit ist es nur, niedrige Feigheit welche die kommenden Geschlechter verwünschen werden. Darum deutsches Volk stürme zur Unterzeichnung für deinen VaterlandsVerein. Nur alsdann können wir die schöne Anregung der Gegenwart als eine sichere Bürgschaft der bessern Zukunft begrüßen. — Wehe Deutschland, wenn es jetzt gleichgültig bleibt! - Der Despotismus hat gegen die ewigen Rechte der Menschheit das Todesurtheil gesprochen, es dürfte bald die Vollziehung abermals versucht werden. Deßhalb ruft der Genius der Zeit lauter als je zu den Völkern: „Ermüdet nicht im Kampfe; das Recht ist auf eurer Seite; die rohe Macht, die fur den Despotismns streitet, ist eine gezwungene, eine unnatürliche, die zusammenstürzt vor der Macht der öffentlichen Meinung und der unaufhaltsam fortschreitenden Volksbildung. Mögen Aengstliche aller Art und unter allerlei Masken am Siege der Vernunft und des Rechts zu verzweifeln sich bemühen; so wenig es dem entlarvten Despotismus der Könige mehr gelingt, die Kräfte des zu lange getäuschten Volkes zur offenen Unterdrückung der Freiheit zu mißbrauchen, so wenig soll es der deplorabeln armseligen Halbheit gelingen, über die kräftige, vor unsern Augen wirksame Entschiedenheit aller edlern Geister und der ganzen noch unverdorbenen Masse des Volkes zu triumphiren. Das vom Königthum und Aristokratismus ausgesaugte Volk hat es, trotz aller Hemmungen der Eigennützigen, endlich erkannt, auf welche empörende Weise es mißbraucht werde. Nach den langen Jahren der Täuschung muß das Volk aber auch einsehen, daß es mit dem Unwillen über die Tyrannei nicht genug sei, sondern daß nur volle und wirksame Begeisterung fur die großen Ideen der Gegenwart, die nothwendige Bedingung sei, siegreich hervorzugehen aus dem Kampfe mit dem Unsinn, der auf den Thronen sitzt, und sich durch Gottes Gnade berechtigt glaubt, über Gut und Blut des Volkes nach bon plaisir verfügen zu können. Keine Anarchie, keine Gesetzlosigkeit soll gepredigt werden; es handelt sich nur darum, fest zu stehen auf dem Boden unserer unverjährbaren Rechte als freie Menschen, und als Glieder des deutschen Volkes, das widerrechtlich mit allen seinen, ge-
251 setzlich garantirten wie völkerrechtlich begründeten, Ansprüchen abgewiesen wird. — Denn was half es sonst, für die Revolution des Juli begeistert gewesen zu sein; was half es von Sympathie der Völker zu sprechen, die kämpfenden Polen mit Geld und Charpie zu unterstützen, und zuletzt die trauernden Helden mit Händedruck und Bruderkuß zu empfangen, und mit dem heiligen Schwüre von ihnen zu scheiden, für die gemeinsame Freiheit beim großen Kreuzzuge das Leben zu opfern, was half dies alles, wenn es vorübergehende Aufwallung war! Die Begeisterung werde zur That, das deutsche Volk erkenne, daß es von ihm abhängt, nicht etwa einige kümmerliche Früchte jener Begeisterung in einigen Theilen des Vaterlandes reifen zu lassen, sondern durch gesetzliche Vereinigung seiner Kräfte und durch Verstärkung der Macht der öffentlichen Meinung dem unterdrückten Europa die Freiheit zu geben! Es erkenne, daß es hierzu verpflichtet ist, weil der Schimpf auf ihm lastet, dem Despotismus bei Unterdrückung der Völker durch seine politische Nullität gedient zu haben. Darum, deutsches Volk, sei nicht zufrieden damit, daß der Despotismus es nimmer wagt, dich zum offenbaren Werkzeug der Unterdrückung des Auslandes zu machen, du mußt dein ewiges Recht als Volk zurückfordern, um auch für die Freiheit selbstständig handeln zu können! Du hast, nach 15 Jahren des widerrechtlichsten Drucks, deine herrschsüchtigen Könige noch nicht bewegen können, die ärmliche Bundesakte in Vollzug zu setzen, die du mit dem Blute von hunderttausenden deiner Brüder bezahlt hast. Durch diese Gleichgültigkeit allein schon hast du das Unglück Europas verschuldet. Erwirktest du ζ. B. im Namen und im Interesse des gesammten Vaterlandes von dem Berliner Kabinet die Erfüllung des 13. Artikels der Bundesacte, dann war Polen nicht das Opfer des Despotismus, und das schnell erschlaffende Frankreich hätte nach einer Revolution des Juli nicht die Schande erleben dürfen, die schmählichste Rolle im Bunde der Könige zu spielen. Oder glaubt etwa das deutsche Volk, es stehe ihm nicht das Recht zu, Preußen zur Vollziehung jenes Artikels zu zwingen? Nicht nur die constitutionellen Staaten Deutschlands hätten, als solche, das Recht hiezu, wäre ihnen daran gelegen, den Schimpf ihrer politischen Nichtigkeit von sich abzuwälzen, sondern auch das deutsche Volk hat dieses Recht, durch seine historisch wie völkerrechtlich begründete Bestimmung eine selbstständige Macht mit einer einzigen Gesammt-Constitution zu bilden. Aber so weit ist es mit Deutschland gekommen, daß seine constitutionellen Staaten sich den Beschlüssen der beiden absoluten Bundesbeherrscher unterwerfen, die sich Glieder des Bundes nennen, ohne eine einzige gesetzliche Forderung der Bundesacte zu erfüllen, als daß sie etwa bereit wären, ein sechsfaches Contingent zu stellen, um, verschworen mit dem Despotismus und der Knute, die übrigen Bundesbrüder von sturmvollen Landtagen zu befreien. Das deutsche Volk dagegen, dem die Jahrhunderte seiner Geschichte sagen, daß aller auf ihm lastender Druck seiner 32 Könige nur ein Gefolge der Usurpation sei, dieses Volk ist in seiner moralischen Würde so sehr gesunken, daß es nicht nur die Nullität seiner constitutionellen Staaten, jenen Selbstherrschern gegenüber, ruhig erträgt, sondern sich auch noch von diesen constitutionellen Regierungen selbst, die ihm
252 verantwortlich sind, nach bon plaisir tyrannisiren läßt. — Wahrlich, wir Deutsche sind die verächtlichsten Bettler der Erde, und nicht mehr werth, als unter den Bajonetten des Absolutismus zu verstummen, wenn wir unsere gesetzlich garantirten Rechte nicht auf kräftigere Weise als der eines fünfzehnjährigen nutzlosen Gejammers auszuwirken wissen. - Wären wir bei dem sogenannten Befreiungskrieg, der nur ein Krieg wider die Freiheit der Völker war, besiegt und Einem auswärtigen König unterworfen worden, so hätten wir nicht schimpflicher und nicht empörender behandelt werden können, als die deutschen Könige es thaten, nachdem das Volk Gut und Blut für sie geopfert hatte! — Und noch ist das unwurdige Spiel, dessen schmachvolles Werzeug ein Volk von 30 Millionen ist, nicht zu Ende. Unsere Könige werden im Namen jenes Bundes, den sie mit Recht den deutschen nennen, so lange jeder Deutsche dessen Schande theilt, sie werden mit noch schimpflicheren Fesseln uns bedrohen; sie werden vor allem die freie Presse des Volkes, die eine Nationalangelegenheit aller Deutschen werden muß, mit ihren unsinnigen Beschlüssen oder gar mit Gewaltmitteln zu unterdrücken suchen. Wehe der Gleichgültigkeit des deutschen Volkes, rufen wir nochmal aus, wenn es aus Mangel an Theilnahme, diese mächtigste Stütze seiner bessern Zukunft, in dieser Zeit der Begeisterung zusammenstürzen ließe! - Nicht gegen die Gefahren der Gewalt, nicht gegen die unsinnigen Beschlüsse jenes Bundes ergeht der Aufruf dieser Blätter an das deutsche Volk. Der Despotismus wagt es nicht, gewaltsam einzuschreiten; und die Beschlüsse des Bundes sind nur Aktenstücke seiner Ohnmacht. Weder Gewalt noch Beschlüsse werden das unbezweifelte Recht des deutschen Volkes vernichten: es hat weiter nichts nöthig als den 32 Anstalten zu seiner Unterdrückung gegenüber, denen es den Schweiß seines Angesichts opfert, sich selbst eine einzige zu gründen, die seine Rechte vertheidigt, und auf gesetzlichem Wege es einem bessern auf Vernunft und Menschenwürde gegründeten Zustande entgegenführt. Das deutsche Volk darf nur seinem Vaterlandsvereine beitreten. - Die Beiträge sind bestimmt, die unvermeidlichen Plackereien und Hindernisse, die man der freien Presse, dem Mittel der deutschen Wiedergeburt, entgegensetzen wird, durch erlaubte Mittel zu Schanden zu machen, und durch die allgemeine Theilnahme der ganzen deutschen Nation, im Angesicht des uns anklagenden Europas, es auszusprechen: daß wir ein selbstständiges Volk sein wollen, daß wir den Schimpf von uns abzuwenden streben, das Werkzeug unseres eigenen, wie das Unglück fremder Völker zu sein, und daS nicht auch noch kommende Jahre der Völkerentwürdigung die Klage wiederholen sollen: „in jener großen Zeit der Völkererhebung, als Freiheit und Bürgerglück von den Ländern Europas Besitz ergreifen wollten, da ist das deutsche Volk, zum Theil feindselig, zum Theil unbewegsam entgegen gestanden; es hat für sich selbst in dieser großen Zeit nur Kleinliches vollbracht; es hat das verschuldete Unglück eines edlen Volkes, das der gemeinsamen Freiheit jenseits der deutschen Gleichgültigkeit den Weg bahnen wollte, nachher durch begeisterte Theilnahme zu versöhnen gesucht, - als es aber galt den letzten Anker der Freiheit auszuwerfen und des Vaterlandes Ehre und Wohlfahrt und die Hoffnung der Völker daran festzuhalten, da war es nochmals das deutsche Volk,
254
253 das sich, jedes edlern Sebstvertrauens unfähig, in die Wellen der Schande und des Unglücks begrub, die alsdann unaufhaltsam auch über das unglückliche Europa hereinbrachen!" — Christian Scharff. Herr Redacteur! Wenn der vorstehende Aufruf an das deutsche Volk zur Aufnahme in die deutsche Tribüne geeignet scheint, so bitte ich denselben, einstweilen, als einen Beitrag zu dem patriotischen Unternehmen zu betrachten, bis ich die Ehre haben werde, im Verein mit den Bürgeen unserer Stadt, auch an den materiellen Beiträgen, zur Unterstützung der freien Presse des Volkes, Theil zu nehmen. Ch. S.
Unterstützung der freien Presse nicht beitreten? Seht, schon vermag dieser Verein Hülfe zu gewähren gegen ein Gesetz Eurer Könige, das Deutschland beschimpft. Wir sind zu der Erklärung ermächtiget, daß der deutsche Vaterlands-Verein nicht nur zur Befreiung des Schriftstellers Dr. Grosse aus dem Gefängnisse unverzüglich für denselben Caution aufrecht machen und die geeigneten Anträge bei dem Kreis- und Stadtgericht in München sofort stellen wird, sondern daß er für die Dauer der Einsperrung des Dr. Grosse die Verpflegung desselben und seiner Familie übernommen hat. Die geeigneten Einleitungen sind bereits getroffen. Wollen die Deutschen Ihrem Vaterlands-Vereine nicht beitreten?
Deutschlands Beschimpfung.
Tages-Chronik.
Oeffentliche Blätter melden, daß der bekannte deutsche Schriftsteller, Dr. Grosse, wegen einer Brochüre - „des kranken Dichters Abschied von Baiern," - des Verbrechens der beleidigten Majestät angeklagt und wegen seiner Eigenschaft als unangesessener Ausländer verhaftet worden sei. Wir können über die Gesetzmäßigoder Gesetzwidrigkeit dieses Aktes kein Urtheil fällen, weil uns das Sachverhältniß im Detail nicht bekannt ist. Wenn aber die Verhaftung auf Anordnung des Kreisund Stadtgerichts in München geschah, so spricht die Vermuthung für die Gesetzmäßigkeit des Verfahrens: denn was Unabhängigkeit betrifft, steht kein Gericht über den bairischen jenseits des Rheines, nämlich den eigentlichen Justitzstellen mit unvermischtem Ressort, (Stadtgerichte, Appellationshöfe und Oberappellationsgericht). Die baierischen Gerichte jenseits des Rheines mögen oft schiefe Ueberzeugungen haben, allein unbeugsame Festigkeit und energische Behauptung ihrer Unabhängigkeit ist jedem eigen. Es kann kein Gericht geben, welches eine Wohldienerei oder Servilität gegen die Regierung mehr haßt, als sie. Dieß haben sie oft bewiesen; und wir machen hierauf aufmerksam, um ungerechten Urtheilen zu begegnen. Hat daher das Kreis- und Stadtgericht in München den Schriftsteller Dr. Grosse verhaften lassen, so ist dies höchst wahrscheinlich in Folge gesetzlicher Bestimmungen geschehen, und war dann eine unvermeidliche Pflicht des Gerichts. Allein das Gesetz ist es, das von der öffentlichen Meinung verurtheilt werden sollte, ein Gesetz, welches unserem Vaterlande eine empörende Beschimpfung zufügt. Wäre Dr. Grosse ein Baier, so würde er auf freiem Fuße processirt worden sein: da er aber nicht im baierischen, sondern im hannoverschen Theile Deutschlands geboren ist, so muß er im Gefängnisse sitzen: denn er ist ein Ausländer. Hört es ihr Schwaben, Sachsen, Baiern, Hannoveraner. Ihr seid gegenseitig Ausländer. Die Gesetze, welche Eure Könige gemacht haben, erklären Euch gegenseitig für Ausländer und die Folge davon ist, daß deutsche Bürger von den Gerichten bloß darum in das Geßingniß gesetzt werden müssen, weil Eure Könige Euch gegenseitig für Ausländer erklärt haben. So tritt man Eure Nationalität mit Füßen: so offen beschimpft man das deutsche Vaterland. Wollt Ihr Deutschen auch unter diesen Umständen dem Vaterlands-Vereine zur
Frankreich. Paris, 2. Febr. In der Deputirtenkammer erheben sich mächtige Stürme gegen die Regierung. Außer der gestern mitgetheilten Verhandlung über Oestreich, kam die Angelegenheit Belgiens zur Sprache. Marschall Soult hatte behauptet, das Ministerium sei mit dem Plane Englands eine Restauration in Belgien herbeizuführen nie einverstanden gewesen. Allein Hr. Maugnin bewies sofort, daß die Minister die Absichten von Lord Grey allerdings getheilt und gemeinschaftlich mit der heiligen Allianz eine orangistische Verschwörung vielleicht in diesem Augenblicke angezettelt haben. Zu einem noch heftigem Angriff gab die Lyoner Frage Anlaß. Mauguin erhob sich mit aller Kraft wider die Vertheilune von 85 Ehrenkreuzen an ein Regiment, welches sich in den Straßen von Lyon gegen die Bürger geschlagen hat, und warf der Regierung vor, daß sie die Truppen gegen das Volk aufreize, die Armee gegen die Bürger erbittere. Nun entstand ein fürchterlicher Tumult, „es ist ein Aufwiegler" riefen die Einen; „er provocirt den Bürgerkrieg" schrien die Andern, und das ganze Centrum brüllte mit einem solchen LungenAufwand zur Ordnung, wie nur eine lange Uebung in dieser Art von Kunst es hervorzubringen vermag. — Die opponirende Presse nimmt eine feste Stellung an, wie aus dem gestrigen National hervorgeht. Er erklärt sich für eine unabhängige und der Kammer weit überlegene Macht. Der Ansicht des National gemäß hat das Ministerium vom 13. März nicht mehr der parlamentarischen Opposition, sondern der Presse, dem wahren Tribun des Volkes, Rechenschaft zu stehen für seine Handlungen. Die parlamentarische Opposition, gebunden durch Convenienzen und zur Ohnmacht verdammt durch den Despotismus des Reglements, sei zu matt in ihren Angriffen, und käme der Presse immer hinten nach Zudem sei die Zusammensetzung der Kammer eine fehlerhafte, ein Ausfluß der doppelten Wahlen, eine Appertinenz der Restauration. Nur bei einer aus einem National-Congreß oder aus einem wahren Wahlgesetz hervorgegangenen Kammer, welche den wirklichen Willen des Volks auszusprechen vermag, wird der National ein parlamentarisches Uebergewicht anerkennen. Eine solche Doctrine hat die Erbitterung des Minister-Präsidenten gegen die böse Presse noch höher gesteigert. Wir müssen daher auf irgend einen Staatsstreich gegen die Presse gefaßt sein. Heute Nacht sollte eine Verschwörung ausbre-
255 chen, allein sie war verrathen. Polizei, Municipalgarde, Linientruppen, alles befand sich in größter Thätigkeit; sogar die in Versaille liegenden Regimenter mußten marschfertig aufgestellt bleiben. Demungeachtet fand um Mitternacht auf dem Platze der Bastille eine bedeutende Zusammenrottung statt, so wie auch in einigen Straßen, namentlich in der von St. Honore. Dort wollte die bewaffnete Macht einen Haufen von ungefähr 500 Menschen zerstreuen, welcher theils mit Stöcken, theils mit wirklichen Waffen Widerstand leistete, so daß auf beiden Seiten mehrere Personen getödtet und verwundet wurden. Das Militair erhielt die Oberhand; ungefähr 200 Personen, welche am Kampfe Theil genommen hatten, sind verhaftet worden, später wurde jedes Individuum, welches die Polizei auf der Straße antraf, in die Polizei-Präfectur geschleppt. — Auch die heutige Sitzung der Deputirtenkammer war sehr stürmisch; es wurde der Regierung vorgeworfen, daß sie es sei, die alle diese Aufläufe veranlasse. Abends 4 Vi Uhr. Man versichert, die Verschwörer seien zur Hälfte Karlisten, zur Hälfte von der Polizei angestellt gewesen. Indessen sollen mehrere Republikaner beim Ausgange aus einer Vereinigung der Freunde des Volks, in der 1500 Personen anwesend waren, verhaftet worden sein. - Die Polizei war seit 3 Tagen von allen Umtrieben unterrichtet, es hatten sich die Verschwörer einen Schlüssel zum Louvre zu verschaffen gewußt. — Nachschrift. Man erfährt im Augenblick, daß der Aufstand in der Vorstadt St. Antoine noch fortdauert. Die Deputirten des Centrums behaupten, der Auflauf sei durch die Rede von Herrn Mauguin veranlaßt. Baiern. Münchner Blätter schreiben, daß der Redacteur der deutschen Tribüne, J. G. A. Wirth, von dem Appellationsgerichte des Isarkreises zu sechswöchentlicher Festungsstrafe (soll heißen Festungsarrest, weil es eine sechswöchentliche FestungsStrafe gesetzlich nicht gibt) verurtheilt worden sei. Dem Redacteur der Tribüne ist das Urtheil noch nicht eröffnet worden. Enthielte dasselbe aber die definitive Entscheidung aller Anklagen, so würde ein solches Erkenntniß auf der einen Seite einen neuen Beweis der würdevollen und erhabenen Stellung der baierischen Gerichtshöfe liefern und auf der andern Seite den deplorabeln Zustand der Regierung zuverläßiger beurkunden, als alles Andere. Denn da die geringste der Anklagen wider den Redacteur der Tribüne, wenn man sie gegründet gefunden, eine Gefängnißstrafe von 3 bis 9 Monaten zur Folge haben mußte, die nur wegen ganz besonderer Entschuldigungsgründe unter den niedrigsten Grad von 3 Monaten herabgesetzt werden durfte, so würde das Urtheil des Appellationsgerichts in Landshut ungefähr folgenden Sinn haben: „Wir finden bei dem Kampfe der Opposition wider die Regierung das Recht vollkommen auf Seite der erstem; wir müssen sogar bei dem leidenschaftlichen Kampfe der Tribüne gegen die Regierung der erstem Recht geben; allein da die Wahl der Ausdrücke dieses Journals Strafgesetze verletzt, so mußten wir zu Folge des Buchstabens des Gesetzes eine Strafe Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken.
256 aussprechen, allein wir mußten sie auch unter den niedrigsten Grad herabsetzen, weil der Angeklagte in der Hauptsache Recht hat und demnach ganz besondere Umstände und ausserordentliche Entschuldigungsgründe vorhanden sind." - Wie tief müßte aber dann eine Regierung stehen, deren System nicht blos von der öffentlichen Meinung, sondern auch von den Gerichtshöfen verurtheilt wird. — Für Schülers Ehrenbecher sind aus Bliescastel 2 fl. 6 kr. eingegangen. Aus Rehweiler wurden zu gleichem Zwecke 24 kr. und für polnische Flüchtlinge 48 kr. eingesendet. D. R. d. d. T. A n z e i g e . HELDEN ZUR EHRE, VERBANNTEN ZUR UNTERSTÜTZUNG.
BILDNISS S
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nach einem vom ehemaligen patriotischen Verein in Warschau empfangenen Gemälde, in Stahl gestochen von F. Bahmann. HOEHE 10 Vi ZOLL; BREITE 8 ZOLL. Des jugendlichen Oberfeldherrn herrlich gelungene Büste erhebt sich aus Trophäen, zwischen den gekreuzten Bannern Polens und Lithauens. Links Polens Adler, ihm aus dunklem Gewölk den Lorbeerzweig zutragend; auf den Trophäen, kaum sichtbar, die Worte: HOFFNUNG - GLAUBE - VERTRAUEN. Preis eines Abdrucks auf chin. Papier: ZWEI THLR. PREUSS. COUR. auf Grand Colombier: EIN THLR. PREUSS. COUR. C^3 Die Hälfte des Erlösses von sämmtlichen Abdrücken gehört den polnischen Verbannten. Amtlich belegte Rechenschaft über die Verwendung geben wir zu seiner Zeit. Freunde der Polen, unserer Brüder, und der in ihnen mit Füssen getretenen Menschheit laden wir zum Ankauf dieses schönen Bildes, das sich zu einer vorzüglichen Zimmerzierde eignet, ergebenst ein. Es kann durch jede Buch- und Kunsthandlung Deutschlands bezogen werden. Den Deutschen Polen-Committe's werden wir auf gefälliges Verlangen Exemplare des Bildes in grösserer Anzahl mit Vergnügen unentgeldlich überlassen. Ende Januar 1832. DIE KUNSTANSTALT DES BIBLIOGRAPHISCHEN INSTITUTS ZU HILDBURGHAUSEN & NEW-YORK.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
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Wiedergeburt des deutschen Vaterlandes. (Ein Wort an die Fürsten Deutschlands.) Regeneration des Vaterlandes ist ein Wort, das in unsern Tagen so häufig ausgesprochen wird, dessen Bedeutung so vielfältig ein Gegenstand der Hoffnung ist, dessen Klang aber auch Manchem gar widerlich in die harten Ohren tönt, die so gern dem ernstlich mahnenden Ruf der Zeit sich verschließen möchten. So verschiedenartig das Wort diesen und jenen Ohren klingt, so verschiedenartig und oft wunderlich sind auch die Vorstellungen von der Bedeutung desselben, sonst würde es nicht dem Einen als Losungswort der freudigsten Hoffnungen, nicht dem Andern dagegen als ein Furchterregender Gespensterruf erscheinen. — Furchtsame Seelen wollen nichts hören von der Regeneration des Vaterlandes, weil sie wissen, daß jeder Geburt das Kreisen vorangeht, und doch können sie allenthalben um sich her in jedem Augenblicke den schreienden Mißlaut der Wehen vernehmen, in denen unsere ganze Zeit sich windet. - Egoistische Seelen fürchten diese Wiedergeburt, weil sie vielleicht genöthigt werden möchten, ein Scherflein beizutragen, weil sie herausgerissen werden könnten aus ihrer trägen Ruhe, aus ihrem schwelgerischen Genüsse, die ja doch ihre einzige Seligkeit, das höchste Ziel ihrer irdischen Wünsche sind. - Beschränkte Köpfe, die weder Leben noch Geschichte kennen, die nicht selbst zu urtheilen vermögen und denen daher Vertrauen immer fremd ist, argwöhnen stets, die redlichen Freunde des Vaterlandes, welche die Wiedergeburt desselben verlangen, möchten nur Umsturz des Bestehenden wollen, um aus den Trümmern sich den eigenen Pallast, die eigene sichere Hütte zu bauen. - Anderen stehet wohl gar der Gedanke an das hochselige römische Reich vor Augen, wenn sie von der Einheit des Reiches hören, welche die Folge der Reform sein soll; und wieder Andere stellen sich unter einer etwaigen Republik die Schreckenstage der ersten französischen Revolution oder den höchst nobeln Haarzopf-Zustand der lieben schweizerischen Eidgenossenschaft vor. An die Blume aller Staatsverfassungen, die nordamerikanische, an den vortrefflichen Zustand der herrlich aufblühenden Freistaaten in Nordamerika denkt keiner. Unsere 34 Männer von Gottes Gnaden fürchten das Wort Regeneration des Vaterlandes mehr als die Pest, fürchten die Blätter, die das Wort an der Stirne tragen, mehr, als das Contagium der Cholera, und ziehen ihre heil-
Vaterlandes.
Homburg, den 7. Februar 1832.
losen Cordons gegen diese Blätter fester, als die gegen jene Seuche. — Freilich, wer sich wohlbefindet in unbeschränkter Macht, oder bei einer überreichen Civilliste, mag in seiner Art Recht haben, keine Neuerung zu wünschen, da sie ihm wohl schwerlich Besseres bringen dürfte. Aber den Redlichen allen, die mit offenem Auge dem gewaltigen Getriebe der Zeit zusehen, und zugleich dem sinnlosen Bemühen derer, welche dem mächtig vorwärtsrollenden Rade dieser Zeit hemmend in die Speichen greifen, allen Menschenfreunden, welchen es am Herzen liegt, einen Zustand der Staaten realisirt zu sehen, der einer emporstrebenden Zeit würdig ist, diesen Redlichen allen ist die Wiedergeburt des Vaterlandes der schönste Gedanke, das höchste Ziel ihres Strebens. Sie achten nicht des Zetergeschreies, welches alle die Thoren erheben, die wir genannt haben; sie wirken und schaffen fort und fort für des Vaterlandes Wiedererstehung. Ihnen ist diese etwas anderes, als jenen, ihnen ist sie die Verwirklichung einer höheren Idee vom staatlichen und vom Völkerleben, einer höheren, als die ist, welche Despotismus, Servilismus und Obscurantismus zur Basis des höchsten Glückes der Welt machen möchten. Die moralische Idee, die einen Staat beleben, beseelen und kräftigen muß, ist Freiheit und Gemeinsinn, und diese beiden Elemente fehlen unseren armen Vaterlande noch gänzlich. Darum liegt das Wesen der Reform Deutschlands darin, daß jene beiden Prinzipien oben angestellt und in das Leben eingeführt werden. Die Fürsten und die Nachbeter ihrer göttlichlegitimen Ansicht sind es sich wohl bewußt, daß sie jene Worte den Völkern gegenüber auch im Munde geführt, aber nur als Worte, um deren Realisirung es ihnen nie zu thun gewesen; sie sind sich ihrer Unredlichkeit bewußt, und darum fürchten sie das Wort Wiedergeburt des Vaterlandes so sehr, weil dieses ihnen jene Worte, die sie längst gern vergessen hätten, wiederum vorführt, und zwar mit viel gewaltigerem Klange mit dem Klange einer aufgeregten Zeit. Fürsten, wir bedauern euch, daß ihr nicht selbst mit redlichem Eifer Hand an das Werk gelegt habt, um dem deutschen Vaterlande Freiheit zu geben, und dadurch jenen Gemeinsinn herbeizuführen, der uns wieder zu einer Nation machen, der dem deutschen Namen wieder Klang und Kraft zu geben vermag. Wir bedauern euch, daß ihr unsern Bitten und Vorstellungen kein Gehör gegeben habt. Vergeblich ist euer Vemühen,
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259 die neue Schöpfung aufzuhalten. Das große Werk wird gelingen, und ihr werdet dann den Eumenyden der Reue überliefert sein. Wir alle wissen es gar wohl, daß ihr die neue Form fürchtet, die sich jetzt zu dem großen Umgusse bildet in den Köpfen der Denkenden, aber wir sagen euch auch, daß es nicht die Form ist, nach welcher wir ringen, sondern das Wesen. Vielleicht liegt es noch in eurer Hand, wenn ihr uns das Wesen gebt, die Form so zu bilden, daß ihr weniger dabei verlieret. Thuet es zeitig, ehe es zu spät sein möchte. — Und wenn ihr noch schwanken könnt, wenn ihr noch anstehet, euch der Zeit zu fügen; so wallfahrtet einmal hinaus in den weiten Ocean auf das Felsengrab des neuen Prometheus, und holt auch dort ein Orakel eurer Zukunft. Dort auf Helena äußerte der größte Mann seiner Zeit, daß, wenn er seinen großen Gang nochmals zu machen hätte, er nicht mehr daran denken würde, das System des Despotismus durchzuführen, da er gesehen habe, wie die Völker diesen nicht mehr ertrügen, am wenigsten von Fürsten, die nicht durch großen Geist und große Thaten zu imponiren vermöchten. Er weissagte damals den Fürsten den Sturz ihrer Throne nach kurzer Zeit, wenn sie sich nicht geneigt fühlen sollten, dem Verlangen der Zeit und der Völker nachzugeben. Deutsche Fürsten, ja ihr Fürsten alle, ziehet euch aus jenem Orakel die Regeln eures Verhaltens für jetzt und für die Zukunft; das Orakel kömmt von einem Manne, dessen Einsicht ihre alle trauen dürft, dessen eigenes Schicksal auch schon die Bewahrheitung seiner Warnung bietet. Daher kommt zuvor, emancipirt eure Völker, ehe sie sich selbst emancipiren zu eurem Verderben; gebt ihnen Freiheit! Aber nicht die Freiheit, welche ihr für die beglückende erachtet, nicht die Freiheit mit den Hemmketten der Censur, der Mauth und einer unerschwinglichen Steuerlast; nicht die Freiheit, die an Metternich'schen Banden gegängelt werden soll; nicht die Freiheit, die durch das „Ich will's" des Berliner Cabinettes in den Schranken des preußischen Anstandes gehalten wird; nicht die baierische Freiheit, die nur den Namen der Constitution prunkend voranstellt, und sich in der Freude über die Wasserburger und Gautinger Adressen äußert; nicht die Freiheit, die sich modeln läßt durch das Gemunkel eines Pfaffenheeres, der Prediger der Legitimität. — Die Freiheit, welche die Völker jetzt von euch verlangen, ist anderer Natur, sie ist die Freiheit des Geistes, des Gewissens, — Preßfreiheit, Freiheit des Verkehrs, Gewerbsfreiheit, Erleichterung der für Hofglanz und hochbezahlte Knechte aufgelegten Steuerlasten, Umsturz des dreibeinigen Stuhles Petri, dieses Hemmschuhes aller geistigen Bildung, durch Aufhebung des Cölibats, Gleichstellung vor dem Gesetze, Abschaffung adelicher Rechte und der Standeskammern, Wahrheit der Volksvertretung, Abschaffung des königlichen Veto's, Abschaffung des Unsinnes der NichtVerantwortlichkeit des mächtigsten Regierungsmitgliedes, Sicherstellung vor ministerieller und polizeilicher Willkür, mit einem Worte, Freiheit, volle Freiheit- nach Art der nordamerikanischen Freistaaten, und Anerkennung der Volks-Souverainetät. Nur, wenn ihr zum Wohle der Völker diesen wahren JusteMilieu bewilligen wollt, kann Deutschlands Wiedergeburt
durch euch vermittelt werden, und zwar so, daß man euch ehren und lieben kann; nur dann wird selbst aus der Länderzerstückelung jene Einheit hervorgehen, welche einen deutschen Bund in Kraft und Wahrheit constituirt, und dem armen Vaterlande die ihm mangelnde moralische und materielle Kraft endlich zuführt. Deutschland in diesem schönen, begeisternden Bilde der Einheit und Kraft kann dann wieder die große Waaghalterin Europas werden, die Vermittlerin des Friedens, die es früher war; der Name Deutschland kann dann wieder gleichlauten mit dem Namen Europa. Fürsten, betrachtet im Geiste dieses wunderherrliche Bild des wiedergebornen Vaterlandes, und wenn ihr dann noch zaudern könnt, selbst Schöpfer der Verwirklichung dieses Bildes zu werden, dazu fahret hin in eurer Verblendung, und erfüllet das Orakel des großen Mannes unseres Jahrhunderts: — die Stunde der Wiedergeburt wird dennoch schlagen trotz eurer Widerspenstigkeit! Russische Glückseligkeit. Die Nummern 345 und 344 der officiellen Zeitung von Warschau vom 18. und 19. December sind der Aufmerksamkeit der deutschen, französischen und englischen Blätter entgangen. Man darf darüber nicht erstaunen, denn sie schöpfen ihre Nachrichten über den Norden größtentheils aus den Journalen von Berlin; diese aber sind zu knechtisch allem ergeben, was Rußland und sein glorreiches Oberhaupt betrifft, um nicht über Thatsa[ch]en ein tiefes Stillschweigen zu beobachten, welche eine Barbarei enthüllen, würdig des Mittelalters. Wir, die wir nicht bezahlt sind, um Schonung und Rücksichten gegen die Feinde unserer Existenz und der Civilisation zu beobachten, wir beeilen uns, zwei Verordnungen des russischen Cabinets zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, welche in oben erwähnten Blättern enthalten sind. Wir wollen dadurch den Staatsmännern aller Länder thatsächlich nachweisen, womit die Welt bedroht ist, wenn diese asiatische Macht die in der Augsburger allg. Zeitung vom 16. Januar angekündigte Prätention jemals sollte ausüben wollen, nämlich: „sich des hohen Schiedsrichteramts in allen europäischen Fragen zu bemächtigen, wozu Rußland durch die außerordentliche Ausdehnung seines Territoriums und seiner Hülfsquellen berechtiget sei, eines Amtes, das man geltend zu machen wissen würde." Von diesen beiden Verordnungen ist die eine vom 5. Juli und bezieht sich auf die Gewissensfreiheit; die andere ist vom Monat November und liefert einen Beweis der hohen Achtung, welche die russische Regierung für Gesetze und das Leben der Menschen hegt. Die erste verbietet unter Androhung der schärfsten Strafen Tempel in den polnischen Provinzen zu bauen, um den katholischen Cultus drinnen auszuüben; sie verbietet diejenigen auszubessern, welche schon existiren, und vermehrt noch außerdem die Schwierigkeiten, welche man schon seit einiger Zeit den Bekennern dieses Glaubens im Podolien entgegensetzt, sich zu vereinigen, um Gott auf ihre Weise anzubeten; alles zum größten Ruhm des russisch-griechischen Cultus, des allein orthodoxen, des allein begünstigten.
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Dem Kaiser Nicolaus war es also noch nicht genug, alle von seinem Vorgänger garantirten Institutionen zu vernichten und sogar den Gebrauch der polnischen Sprache bei allen Magistraturen zu verbieten; es war nicht genug, mit dem Köder der Amnestie die hochherzigen polnischen Krieger anzulocken, um sie zu proscribiren und die Eisfelder von Sibirien mit dem zu bevölkern, was Polen Edles und Großmüthiges besaß; es war noch zu wenig, die Opfer der reinsten und uneigennützigsten Vaterlandsliebe als Verräther erwürgen zu lassen, unsere Lyceen, Collegien und Universitäten zu verstümmeln und der Nationalität zu berauben, um auf diese Wei[s]e ein großes Land zum Schmerz, zur Trauer und zur Unwissenheit zu verurtheilen. Es war noch nöthig, und Nikolaus ist es, der es befiehlt, daß diejenigen, welche an den vaterländischen Boden noch gebunden sind, der Tröstungen einer Religion beraubt werden, welche ihnen theuer ist, und die sogar von den Türken heilig gehalten wird. Kein Mitleid, keine Verzeihung: entweder bequemt Euch, dumme schismatische Russen zu werden, oder das Gefängniß, die Knute und die Bergwerke vom Oural erwarten Euch. Die zweite Verordnung ermächtiget den militärischen Chef der Gouvernemente von Grodno und Wilna, alle gegen die litthauischen Insurgenten von den Tribunalen gefällten Urtheile zu revidiren. In Fällen, wo die Tribunale auf die Capitalstrafe nicht erkannt hatten, soll der Gouverneur general, d. h. der Chef der Administration ermächtiget sein, nach seinem eigenen Ermessen die Strafe des Todes zu diktiren, wenn er es für zweckmäßig erkennt. - Zeigt sich in dem ungesetzlichen Verfahren des Ungeheuers von Portugal ein einziger Akt, der willkührlicher un d barbarischer wäre, als diese Verordnung des Kaisers Nikolaus? Europa möge es endlich wissen, und zittern in der Erwartung des Tages der göttlichen Rache. Abscheu und allgemeine Verachtung möge über eine eben so unrechtliche als empörende Barbarei das Urtheil aussprechen. Ein Pole.
Die Polen in Deutschland. Stumm und niedergebeugt von herbem Schmerze, durchziehen die heldenmüthigen Opfer der Freiheit, die Trümmer des polnischen Heeres, die deutschen Länder. Nur hie und da wird ihre Stirne heller, wenn sie den Antheil sehen, welchen die deutschen Zuschauer des großen Dramas nicht zu verbergen vermögen, ihr Auge glänzt dann und wann von stiller Gluth, wenn sie einen Sinn erkennen, der gleicher Opferung fähig scheint, ihr Herz schlägt zuweilen höher, wenn ihnen aus dem Mitgefühl der Edleren die Hoffnung erwächst, dereinst von Neuem den blutbefleckten, zertretenen Adler gegen den Barbarismus zu erheben, und kraftvoll zu einem mächtigen Heldenvolke sich zu schaaren. Gewiß, die Theilnahme, die ihnen in Ländern deutschen Sinnes wird, ist groß; sie ist größer vielleicht als es die stets verblendeten Machthaber erwartet haben mögen. Der Jubel, mit welchem in freudiger Wehmuth das Volk sie begrüßt, die Segenswünsche, welche die Heimathlosen auf ihrem Wege begleiten, sie sind Zeichen eines schöne Hoffnungen erweckenden Sinnes des deutschen Volkes. Denn
ferne sei es zu denken, daß diese Theilnahme aus Mitleid nur entspringe, einem Gefühle, was die Schwächsten vielleicht im höchsten Grade besitzen, aus schaaler Rührung, die selbst manchmal den ,Allerdurchlauchtigsten" vom Throne herabzwingt, um die durch die Elemente zu Grunde gerichteten „Unterthanen" mit einem huldvollen Blicke zu segnen und mit seiner väterlichen Milde zu erquicken. Ο nein, diese Schmach soll doch unser nicht ganz zertretenes Volk nicht treffen! Verwahrt euch aller Orten, wo ihr euer Gefühl laut werden ließet, vor dieser Auffassung eures Sinnes. Nehmt dadurch dem Höflinge die Macht, mit diesem Gedanken seinen Fürsten zu belügen und in den Schlaf zu lullen. Sprecht frei aus, was die Triebfeder eures Handelns ist, rufet in die Gemächer der Paläste, rufet hinauf zu den umlagerten Thronen, daß euer Jubel die Helden darum laut begrüßt, weil sie für das gefochten, was auch ihr erringen wollet, weil sie ihr theuerstes Herzblut vergossen haben für die, wohl auf Augenblicke zu unterdrückende, nie aber zu besiegende Freiheit, die allein den Menschen vom willenlosen Thiere unterscheidet; daß ihnen eure Segenswünsche darum folgen, weil ihr hoffet, sie bald von neuem einem Kampfe entgegen fliegen zu sehen, der auch das deutsche Volk nicht als unthätige Zuschauer finden wird. Jetzt sehen wir die Früchte unseres Thuns, oder vielmehr unsres feigen Lassens! Ο weinet nicht über sie, die zwar allen glücklichen Verhältnissen und dem geliebten Boden des Vaterlandes grausam entrückt sind, die das Leben nur ertragen, weil es von einem Fünkchen Hoffnung noch nährend beleuchtet wird, die aber die Ehre gerettet haben, und das Bewußtsein, für das Höchste geblutet zu haben. — Weinet über euch ihr deutschen Männer, daß ihr unwürdige Fesseln erduldet, weinet, daß ihr den Muth nicht hattet, euren Willen, den Willen von Millionen kräftiger Menschen, dem Worte weniger Gewalthaber entschiedener entgegen zu setzen! Ο möchten doch wenigstens jetzt, da wiederum ein Volk hingeschlachtet worden, die Schuppen von Aller Augen fallen, möchten die Deutschen zu dem Gedanken erstarken, sich nicht mehr als bloße Werkzeuge in den Händen sinnlosen Despotismuses gebrauchen zu lassen; möchte der Anblick dieser Niedergedrückten doch alle mahnen an das noch bevorstehende Schicksal, und sie entflammen, mit aller Macht der öffentlichen Meinung dagegen anzukämpfen.
Deutsche Preßfreiheit. Rheinbaiern. Speyer, den 2. Febr. „Der Herausgeber der Speyerer Zeitung hat den Prozeß auch in zweiter und letzter Instanz gewonnen, welchen die Kreisregierung wegen der Aeußerung wider den gedachten Redacteur anhängig zu machen versucht hatte, daß hinsichtlich der Forderungen baierischer Staatsangehörigen an Frankreich die schändlichste Verschleuderung fremden Eigenthums, die abscheulichste Betrügerei statt gefunden habe. Die Berathungskammer des k. Appellationsgerichts hat nemlich die von der Staatsbehörde gegen das Urtheil der frankenthaler Berathschlagungskammer eingelegte Opposition verworfen, und sohin anerkannt, daß hier keine Calumnie (Verläumdung) vorhanden, und daß na-
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mentlich das Abdrucken von der Censur gestrichener Stellen durchaus keine strafbare Handlung ist." — So gibt es also doch einen Winkel in Deutschland, wo das Wort wirklich frei ist, wo man ungestraft die Wahrheit sagen, und die Sünden der Regierungen gegen die Völker mit dem rechten Namen benennen kann. Auf dem Wege des Rechtes und Gesetzes kann der gute Bund in Frankfurt die Schutzwehr des Volkes, die freie Presse, nicht mehr erdrücken. Schützt daher, meine Mitbrüder, diese Eure Retterin nun vollends wider Chikanen der Regierungen, tretet also Eurem Vaterlands-Vereine bei und Ihr werdet die volle Freiheit, das reine Bürgerthum und alle Wohlthaten der VolksSouveränetät in euer schönes Vaterland bald einziehen sehen. Eilet Ihr Deutschen zur Verbreitung der Subscriptions-Listen für Euren Vaterlands-Verein und zur Bedeckung derselben mit eben so viel Unterschriften, als im deutschen Lande Herzen schlagen für Freiheit, Nationalität und Bürgerglück!
Tages-Chronik. England. London, 1. Febr. Zur gestrigen Conferenz war die späteste Stunde bestimmt, damit die Ratifikationen noch etwas mehr Zeit zum Eintreffen haben sollten; allein halb 11 Uhr kam herbei und es konnte ihre Auswechslung nicht länger verschoben werden. So fand sie denn zwischen den Bevollmächtigten von England und Frankreich mit Belgien statt. Diese wollen nun einen allerletzten Termin zur Ratifikation der übrigen Mächte festsetzen, und wenn vor Ablauf desselben sie nicht erfolgt, die Conferenz für aufgelöst erklären. Welches Unglück für Europa, wenn die Conferenz sich auflöst, und wir keine Protokolle mehr erhalten! Frankreich. Paris, 3. Febr. Man erschöpft sich in Vermuthungen über den Zweck der gestrigen Unruhen. Ein Theil der ministeriellen Journale schreibt sie den Republicanern, ein andrer Theil den Karlisten zu. Die vielen Personen welche im Laufe der Nacht verhaftet wurden, sind bis auf ungefähr 50 wieder entlassen. Dagegen haben gestern neue Verhaftungen von solchen Statt gefunden, welche mit den für schuldig Erkannten in Verbindung stehen. Unter Letztern nennt man den General Dufour, Herr Castel Bajad, Herr Courteille und einen Adjudant des Herrn Laroche Jacquelin. Auch heute noch spürt die Polizei mehreren Personen nach und hat einige derselben arretirt. Die Zahl der Verwundeten, welche im Präfecturgebäude verbunden wurden, beläuft sich auf ungefähr fünfzig. Vorige Nacht scheint man wieder Unruhen erwartet, namentlich falsche Patrouillen von Nationalgarden befürchtet zu haben; kurz vor Mitternacht überbrachte ein PolizeiCommissär dem wachthabenden Offizier im Stadthaus Befehl, die Patrouillen erst um 3 Uhr Morgens zu beginnen, und alle diejenigen zu verhaften, welche sich früher zeigen würden. Paris, 3. Februar. Fast allgemein hielt man die letzte Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken
Verschwörung für eine republikanische, während die nun bekannt werdenden Thatsachen sie als karlistisch erweisen. Die Verschwornen waren im Besitz der Schlüssel zum Louvre, sie sollten mit Hülfe der ihnen bekannten Parole sich daselbst einschleichen und sodann, während Andere die Tuillerien angriffen, durch die Bildergallerie bis in die Zimmer des Königs vordringen. Wer hat den Verschwornen die Schlüssel zum Louvre verschafft? Es kann nur ein Karlist sein, da Jedermann weiß, daß die gesammte Bediennng des Louvre und der Tuillerien noch dieselbe ist, wie unter Karl X. Ein zweiter Beweis für unsere Behauptung liegt darin, daß die verhafteten Personen größtentheils sehr reiche Dolche trugen, und viel Gold in den Taschen hatten. Berlin, 1. Februar. (Priv. Corr.) Nichts deutet bei uns an, daß die von dem französischen Juste-Milieu so sehnlichst erwünschte allgemeine europäische Entwaffnung sogleich eintreten weide. Es ist zwar richtig, daß die vierjährige und dreijährige Kriegsreserve in ihre Heimath endassen worden. Allein erstere gehört nicht mehr dem stehenden Heere an und letztere Mt im künftigen Frühjahr ebenfalls der Landwehr anheim. Dagegen ist noch kein einziges Pferd verkauft worden, die Garde-Artillerie-Kompagnien haben alle einen neuen Zug erhalten und mit Beschlagen von Kanonen hört man g3r nicht auf Die bedeutende Reserve im Schatze ist schon erschöpft, und man war daher genöthigt unter der Hand eine Anleihe von 6 Millionen Thaler zu machen, welche jedoch in den ersten zwei Jahren von Rothschild nicht aufdie Börse gebracht werden darf Eine öffentliche Anleihe darf nämlich nach dem Gesetz vom 17. Jan. 1820 ohne Einwilligung der künfiigen Reichsstände nicht gemacht werden. Das preußische Staatsrechtreduzirtsich daher auf das einfache Dilemma; ,.Anleihen und Reichsstände oder keine Anleihen und keine Reichsstände. Dieses Gesetz, dessen Aufiechthaltung die Schuldentilgungs-Commission beschworen, ist bis jetzt ein unübersteiglicher Damm fur unsere kriegsgesinnte aristokratische Parthei gewesen. N a c h s c h r i f t der R e d a c t i o n . Wir haben auf das wichtige Gesetz, wodurch Preußen verhindert wird, ohne Reichsstände ein neues Anlehen zu schließen, schon öfters aufmerksam gemacht. Das Publikum sollte diesem Umstände mehr Aufmerksamkeit schenken, als bis jetzt geschehen ist. Es liegt klar am Tage, daß Preußen ohne Anlehen keinen Krieg fuhren und ohne Anlehen überhaupt keine Waffengewalt gegen die Freiheit anwenden kann. Will nun Preußen sein volksfeindliches System gleichwohl fortsetzen, so ist es gezwungen, seine eigenen Gesetze mit Füßen zu treten und das öffentliche Vertrauen zu täuschen. Ein solcher Schritt wäre bei der Macht, welchen die öffentliche Meinung auch in Deutschland schon gewonnen hat, der Gang zum Grabe. Die Privaten, welche unter dergleichen Verhältnissen ihre Capitalien zu einem neuen preußischen Anlehen verwenden wollten, würden ein enormes Risiko übernehmen. Daraus folgt, daß das Berliner Cabinet bei einem neuen Anlehen fast unüberwindliche Hindernissefindenmuß, wenn die Thatsache allgemein bekannt wird, daß Preußen ohne Reichsstände kein Darlehen mehr schließen kann. Wer also dazu beiträgt, diese Thatsache so sehr als möglich zur Publicität zu bringen, vermehrt die Hindernisse, welche dem preußischen Cabinete bei der Ausführung seiner volksfeindlichen Absichten und seiner Pläne zur Unterdrückung der Freiheit im Wege stehen. Wir hoffen, daß alle deutschen, französischen und englischen Journale des Volksthumes auf gegenwärtigen Artikel Rücksicht nehmen werden. — Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Beilage zur deutschen Tribüne. Zu N— 33. ganz Deutscliland hinstellte, stillschweigend geduldet hat, an den Rand des Unglücks gebracht sieht Soll auch das noch in den Tafeln der baierischen Geschichte glänzen, daß man das Unter den Augen der Stände und der Nation hat man redliche Talent, den moralischen, fiirVolk, König und Vaterland, bereits wiederum begpnnen, die unerschrocken, moralisch Tugend und Religion gptdich begeisterten Schriftsteller auf dem Schub über die Glänze transportirt? während man die witzigen richtende Feier des früheren Herausgebeis der baier. Blätter Speichellecker, die literarischen Schufte, die feigen und erkauften durch neue nun dreimal wiederholte Machtbefehle der Willkür Besudler der Kammer aus den Kassen des Staates belohnt, und Confiscation zum Stillschweigen zu bringen. - Eine und das platte Land mit den Sudeleien der Ntederträchtigkeit Stunde, nachdem die Schrift an den edlen Baron v. Closen in der überschwemmt und vergiftet' — letzten Sitzung der Ständeversammlung ausgetheilt war, wurde dem Unterzeichneten die dritte Weisung der Polizeidirektion Der gegenwärtige Verleger ist nicht gesonnen, wie die zugeschickt, München und Baiern mit Neujahr zu verlassen. früheren des Verfassers durch Schleich- und Winkelkünste eben so wenig als durch drohende Maßregeln der Gewalt Um zu verhindern, daß das Lebewohl Abschied ones kranken sich einschüchtern zu lassen; der constitutionelle baierische Dichters von BaiemamTagp des Landtagp-Abschieds in München Staatsbürger wird sein Privateigenthum gegen Eingriffe jeder Art nicht vertheilt werde, sind zwischen Augsbuig und München durch jedes, unter dem Schutze der Gerichte ihm zustehende im Postenlauf Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen Rechtsmittel zu behaupten und zu verwahren wissen; dann der v o r g i n g e n . Schon unter dem Ministerium Schenk sah sich der §. 7, 8, 9 haben das Eigenthum und Capital des baierischen Verfasser genöthigt, als seine kranke Familie von ihm, dem man Buchhändlers und Buchdruckers keineswegs seder Laune und bald auf der Flucht, bald auf der Festung sagte, 6 Wochen lang Willkür einer Polizei- oder Verwaltungsstelle anheimgegeben. ohne alle Nachricht blieb, durch das würtembeigische OberPostamt in Ulm eine Untersuchung gegen das baierische OberNachschriß. Der königl. Polizeiarzt in München, der sein wiederholtes Gutachten nach Erscheinung der Schrift an den Postamt in Augsbuig einleiten zu lassen. - Es blieb also nichts Baron v. Closen dahin abgpb: „daß die^nze Familie des Dt Grosse, übrig, als einem so hochachtbaren liberalen Ministerium wie besonders das jüngste Kind gefahrlich krank darnieder liege, dem der Finanzen die strengste Untersuchung des schuldigen daß es gegen sein Gewissen sei, die Abreise in solcher Jahreszeit Beamten öffentlich anheim zu geben; die Correktur der letzten zuzugeben, hat bereits zweimal άη besonderes Gutachten, wdches Bogen der Noten aber in aller Eile in der Druckerei selbst vorer einem Medicinal-Collegium unterstellte, über die Person des zunehmen; weßhalb das Publikum die häufigen Druckfehler Vferfassers abgeben müssen. Der unglückverfolgte Familienvater gütigst zu verbessern gebeten w i l d — wird wahrscheinlich das erste Opfer der Redaction in Baiern sein. Am 27. v. M . wurde bei Nacht und Nebel das Lebeivohl'm Es stehen, da der Schutz der Kammer, eines allgemein geachteten München confiszirt; die Furcht vor der einflußreichen Popularität Ministeriums von institutionellen Prinzipien ihm entzogen ist, eines Volksvertreters, dessen Schmuck das unbedingte Vertrauen jeden Augenblick Maßregeln der Gewalt gegen den Herausgeber des ganzen Landes ist, hat die Schrift an den Baron v. Closen, des patriotischen Westenrieder, gegen den Sänger Ludwig? und wovon die Auflage bereits vergriffen ist, bis jetzt wahrscheinlich der baierischen Freiheit zu erwarten. vor dem gleichen Schicksal gerettet -
Nachricht an das Publikum und die liberalen Journale.
Der §. 7. des Edikts über die Freiheit der Presse und des Buchhandels giebt genau die Gesetzübertretungen, welche ein Einschreiten der Polizei-Behörden hervorrufen, an. - Ist in dieser Broschüre gegen den Monarchen, gegen die Majestät gesündigt? - Es ist vielmehr das Verbrechen des Verfassers, daß er den Ruhm eines Königs zu retten suchte, welchen eine Parthei zu untergraben nur zu sorgsam bemüht ist, um den konstitutionellen Regenten für ihre Zwecke vollends vom Volke abzuschneiden. - Ist die Religion, die öffentliche Sittlichkeit beleidigt? — Meine Feder, die nur der Moral und ewigen Wahrheit diente, hat eben nur der Religion, die man „zur Dienstmagd des Despotismus" erniedrigt, ihre ewige Heiligkeit vindicirt — 1st eine fäktiöse, revolutionäre Temlenzni bemerken?—In dieser Schrift hat im Gigentheil ein rein versöhnender Geist alle Wohllaute des Heßens und Gemüthes aufgeboten, um die Bitterkeit der Partheien zu beschwichtigen, welche geschäftige Mantelträger für ihre schlauen Absichten zum Unglück Baierns immer mehr anzuschüren sicii bestreben. - Ueber Hr. v. Schenk hat Baiern längst gerichtet; den Ruhm des Exministers wird die Konfiskation doch nicht retten sollen? — Es enthält diese Schrift die Wehklage eines kranken Familienvaters von 4 Kindern, der sich, nachdem er über ein Jahr lang die schmählichsten Verfolgungen im Vertrauen auf eine Regierung, die der Herausgeber der Baien Bl. als constitutionelles Muster für
Die ganze Stadt ist von dem Schicksal und drohenden Unglück der Familie des Vertriebenen und Verfolgten voll; die Bürger bleiben stehen und fragen sich auf den Straßen, in den Bier- und Kaffeehäusern, wo die Biochüren von Hand zu Hand wandern und laut vorgelesen werden, hört man die Klänge der baierischen Freiheitsharfe rauschen. Die Patrioten jubeln; die Camarilla, der hohe Adel und die obskurante Pfaffenparthei verbeißt nur schlecht ihre Wuth. Bürgerfrauen haben Thränen des Mitleids geweint; ach! sie sind der süße Lohn vieler anderer Thränen; und die feurigen Blicke der Jünglinge und Männer, welche der bedrohten Freiheit, dem theuren Vaterlande gelten; der biedere Händedruck so manches braven Handwerkers - was ist gegen sie das fade Lächeln vornehmer Gönner? Nicht um den Orden des Hr Staatsrechtslehrers v. Dresch und des Hr. Präsidenten Rudhardt, möcht ich den Dank und Beifall braver Bürger und aufrichtiger Patrioten vertauschen. — Alle liberalen Journale werden gebeten, diese Nachricht aufzunehmen oder beizulegen. München, 3. Januar 1832.
Dr. E. Grosse, vormaliger Redakteur der Baierschen Blätter und Herausgeber sämmtlicher Werke Lorenz von Westenrieders.
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NB. Um vielfachen Nachfragen zu begegnen, wird hier zugleich angezeigt, daß das Sendschreiben an den König in Kurzem die Presse verlassen, und in wenig Tagen ausgegeben wird. (NB. Adieu an die Münchener Journalisten. Ein Frühstücksblatt für den Adel nebst einem Quodlibet für die Diplomaten, Kammern und neuen Minister von Dr. Grosse, vormaliger Redakteur der Baier. Blätter. Beigeheftet eine Beilage für Herrn Saphir und die hübschen Münchner Riegelhäubchen.) Gedruckt in der Albrecht Volkharisehen Buchdruckerei in Augsburg, an welche man sich mit Bestellungen hierauf franco zu wenden bittet. A n z e i g e n .
Neueste Fortschritte des Preußischen Censur-Despotismus. Nachstehende Anzeige sandten wir nach Berlin zur Insertion in die dortigen Zeitschriften. Supscriptions-Anzeige. D e u t s c h e V o l k s b i b l i o t h e k . Sie erscheint in unserm Verlage mit Anfang des nächsten Jahres in wöchentlichen Lieferungen (deren 6 einen starken Octavband ausmachen), zu zwei und zwei drittel Groschen Sächsisch, = zwölf Kreuzer rheinl. oder drei und einen halben Silbergroschen Preuß. Courant, — ein Preis der die allgemeinste Theilnahme zuläßt. Der erste und der zweite Band enthalten: Geschichte des Badischen Landtags von 1 8 3 1 , als Lese- und Lehrbuch fürs deutsche Volk. Von C a r l v. R o t t e c k . Mit schönen Stahlstichen, den Porträts von Rotteck, Welker, von Fürstenberg, von Itzstein, von Wassenberg und vom gefeierten Volksfreunde Leopold, Großherzog von Baden. Alle soliden Buchhandlungen Deutschlands (in Berlin: Mittler, Logier, Hold, Trautwein, Recht, Nicolai, Lüderitz, Cosmar und Krause, Krafft und Klage, Oehmigke,) empfangen und besorgen auf dies wichtige Unternehmen Subscription. — Wem nach Empfang der ersten Zwölf Lieferungen Tendenz und Darstellung nicht zusagen, dem steht es frei, seine Subscription wieder aufzukündigen. — ζ ^ 3 ζ ^ 3 Sammler bekommen von jeder Buchhandlung das siebente Exemplar unentgeldlich. Hildburghausen und New-York, im Dezember 1831. Das Bibliographische Institut. Nach drei Wochen empfingen wir diese Anzeige zurück mit folgender Bemerkung des Berliner Censors: „Ich ersuche um Vorlegung der ersten Lieferungen, sobald solche erschienen sind. Früher kann über die Ankündigungsfähigkeit (!??) des Werks nicht abgeurtheilt werden. — " Der Censor Gr. . . . Also nicht allein an den Büchern selbst — sogar an der Subscriptionsanzeige zu einem noch gar nicht vorhandenen Buche übt jetzt in der Hauptstadt Preußens ein geistiger Nachrichter sein Schergenamt!
Da ist Stoff zum Lachen und Weinen zugleich. Während die Absicht jenes neuesten Akts preußischer Censur zu den ernstesten Betrachtungen führt, ist die Handlung selbst doch lächerlich, verräth so unglaublich viel Schwäche, Angst und Furcht, daß sie gerade das Gegentheil von dem wirkt, was sie soll. — Sie schreckt nicht; sie hindert nicht die Entstehung, die Verbreitung und Bekanntwerdung des Buchs; sie gilt vielmehr als eine Empfehlung desselben, und reizt zur Theilnahme. Solche Mißgriffe, die die aufrichtigsten Freunde der preußischen Regierung nur bedauern können, besiegeln jene bittre Wahrheit, die Carl v. Rotteck, dieser Coloß an Geist und Charakter, in der Badischen Deputirtenkammer aussprach: „Preußen hat den Auszug meiner in 9 Auflagen verbreiteten Weltgeschichte verboten! Seht da eine Macht, die, hinter fiinfmalhunderttausend Bajonetten verschanzt, vor einem Büchlein zurück bebt!" — Stolz kann er jetzt sagen: Seht, man entsetzt sich vor meinem bloßen Namen! — Wir ergreifen diese passende Gelegenheit, das angekündigte Werk, welches, jedem unreinen, gesetzwidrigen Zweck fremd, tüchtige deutsche Volksbildung verbreiten will, und von den edelsten Patrioten des Vaterlandes geleitet wird, dem deutschen Publikum zur kraftvollsten Unterstützung zu empfehlen. Die erste Lieferung, mit Rotteck's ganz ähnlichem, von Barth in Stahl gestochenen Bild geschmückt, wird am 15. Februar in 20000 Exemplaren versendet. In unterzeichneter Fabrik ist zu haben: 6) Feinste rothe flüssige Schminke. Diese giebt das schönste, natürlichste und haltbarste Roth, welches sich nicht verwischen läßt und nicht abgehet. Einzeln 1. fl. Das Dutzend 10 fl. 4) Essenz zur Vertilgung der Haare an Stellen, wo man sie nicht haben will. Haare, welche durch ihre Gegenwart einen widerlichen Anblick verursachen, zu entfernen und gänzlich auszurotten, dazu dienet diese Essenz, welches ohne den geringsten Nachtheil oder Empfindung geschiehet. Einzeln 1 fl. 15 kr. Das Dutzend 13 fl. 5) Schwarze Mandel-Pomade zum Braunund Schwarzfärben der Haare. Das Dutzend 6 fl. Der Pot 36 kr. Wer von diesen Pieren einiges zu haben wünscht, wolle den Betrag dafür an unterfertigte Addresse einsenden, worauf die Zusendung sogleich erfolgt. Bestellungsbriefe und Gelder erbittet man sich durch die Post, so weit möglich franko. Chemische Produkten-Fabrik, Lit. L. Nr. 123 der Kaiserstraße in Nürnberg.
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Deutsche Zur
Mittwoch.
Wiedergeburt
Tribüne. des
N— 3 4 .
Ueber Landstände und stattsbürgerliche Garantien. Die öffentliche Meinung, das heißt die große Mehrheit der Nationen, ist in Ansehung des Werthes der gegenwärtigen landständischen Verfassungen darin einig, daß sie fiir die Menge sowohl in Frankreich als Deutschland bisher keinen Nutzen gewährt haben und wie sie sind auch für die Folge eine wirksame Beförderung der Volks-Interessen nicht versprechen. Nicht das Institut selbst ist an diesem Uebelstande schuld, sondern die Art der Erwählung und Zusammensetzung der Volkskammern. Die Wählenden wissen durchaus nicht, welche Partei der Gewählte ergreifen wird, wenn er nicht schon zuvor in einer Ständeversammlung seine Gesinnung öffentlich an den Tag gelegt hat. Die Gewählten werden von den Wählenden nicht in Pflicht genommen, ihre Rechte zu wahren, ihre Wünsche zu berücksichtigen, sie schwören nur einen Eid, dessen Auslegung und Ausdehnung ihrem Gewissen überlassen bleibt. Daraus folgt, daß sich die Abgeordneten in Parteien auflösen und je nach ihrer Individualität auf die äußerste Rechte, in die Mitte, auf die Linke und äußerste Linke sich pflanzen. So widersprechend dann auch diese Parteien unter sich dastehen, so kann doch jede äußerlich behaupten, sie handle ihrer Ueberzeugung, also ihrem geleisteten Eide treu. Nun fragen wir, würden wohl Bürger der Städte und Landleute einen Mann wählen, um ihre Rechte zu vertheidigen, wenn sie wüßten, daß er sich auf die rechte Seite oder in die Mitte setzen wird? Gewiß würden sie dies nicht thun, wenn sie klare Begriffe über diese Categorien hätten. Wozu in der Kammer der Abgeordneten eine rechte Seite? Sie vertritt zuverlässig nicht die Rechte des Bürgers, der sie gesendet, sondern die Partei des Hofes. Wozu eine Mitte? Sie ist das Werkzeug der Minister. Hof und Minister, welche im Staate ihre Interessen und Zwecke von jenen des Volkes absondern, haben in den ersten Kammern ohnehin ihre Ritter; wenn sie nun noch festen Fuß in der zweiten Kammer durch rechte Seite und Mitte fassen, so ist ein so entscheidendes Uebergewicht vorhanden, daß die Verfassung eine Nichts bedeutende Form wird, und daß in der Regel geschieht, was Hof und Minister wollen. Wenn nun unter solchen Verhältnissen das Volk spricht: „der Landtag kostet Vieles und nützt uns Nichts, es wäre besser, die Abgeordneten blieben zu Hause", so dünkt uns dieß ein gesundes, aus Erfahrung richtig geschöpftes Urtheil. In so zusammengesetzten Kam-
Vaterlandes.
Homburg, den 8. Februar 1832.
mern ist ein Uebergewicht der vollziehenden Gewalt nothwendig; ein Gleichgewicht zwischen Krone und Volk, welches der Zweck der Repräsentation ist, kann dagegen nicht wirklich vorhanden sein. Und wenn Cicero und Demosthenes aufstünden, durch das Feuer ihrer Reden die Wohlfahrt des Volkes zu fördern, sie würden gegen rechte Seite und Mitte nichts ausrichten. Alle Erscheinungen und Erfahrungen seit 17 Jahren beweissen dies. Die Länder, welche keine landständischen Verfassungen in diesem Zeiträume hatten, haben nicht nur nichts verloren, sondern vielmehr gewonnen, weil sie die Kosten der Landstände ersparten, und der neuen Auflagen überhoben sind, welche die verfassungsmäßig Regierten mehr bezahlen als jene. Möge der Würtemberger, besonders der mittelbar gemachte (mediatisirte) sein Steuerbuch von 1805 mit dem von 1818 und dem von 1831 vergleichen. Durch rechte Seite und Mitte werden die Bemühungen der besten Mitglieder der linken Seite zur Erleichterung des Volkes gelähmt und vereitelt Rechte Seite und Mitte haben glücklich Erhöhung der Abgaben zu Wege gebracht. Unter solchen Umständen ist es sehr ungerecht, daß das Volk solche Vertreter noch bezahlen muß. Noch ungerechter aber ist es, wenn das Volk dergleiche ungetreue Knechte auch sechs und sieben Jahre behalten muß, ohne sie mit andern vertauschen zu dürfen. Daß auf diese Weise keine wahre Vertheidigung der Vertretung der Volksrechte stattfindet, leuchtet ein, und daher kommt es, daß die zweiten Kammern der öffentlichen Meinung bisher durchgehends zuwider gehandelt haben. Man betrachte die sämmtlichen Landtage des Festlandes vom Jahre 1816 an, und vergleiche damit die wahre Meinung des Volkes, und man wird sich überzeugen, daß ihre Resultate fortwährend mit der öffentlichen Meinung im Widerspruche standen. Vielleicht würde man kein Gesetz ausfindig machen können, welches seitdem der wahren Volksmeinung entsprochen hat. Um aber die Beschlüsse des Hofes und der Minister zu genehmigen, bedarfs keiner Ständeversammlung, sondern vielmehr um denselben entgegen zu streben, wenn das Volk unter unerträglichen Lasten seufzet. Der Urdeutsche des Tacitus vertrat sich selbst bei der Volksversammlung, er scheint richtig begriffen zu haben, daß wenn man wolle, es möge etwas nicht zu unserem Nutzen geschehen, man es nur einem andern für uns zu thun übertragen dürfe. Ein beredter Priester hielt den Vortrag über die Bill, gefiel sie, so schlugen die Schwerter zusammen und an die Schilde, gefiel sie nicht, so entstund furchtbares Gemurmel. Das war einfach aber k ug
267 verständig wichtig für die Rechte des Volkes und des Einzelnen. Es geschah nichts, was nicht des Volkes Wille war, und das dünkt uns vortrefflich, weil das Volk alles zu bezahlen hat, was von den Regierungen unternommen wird.—Offenbar ist seit 17 Jahren nichts mehr geschehen, was dem Willen des Volkes gemäß gewesen wäre, und daher kommt die Unzufriedenheit der Menge. Was geschehen, war nur der Willen der Gewalthaber und der von ihnen gestimmten Abgeordneten. Wie ist nun aber dem Uebelstande abzuhelfen, daß das Volk sich durch seine Deputirten nicht neue Herrn zu den alten setzt und von allen sich getäuscht sieht? Das wirksamste Mittel besteht darin: 1) die Wahlfreiheit im reinsten Sinne herzustellen, so daß jeder Staatsbürger das Wahlrecht und die Erwählungsfähigkeit besitzt, ohne in ersterer Beziehung an einen Ort, Bezirk oder Stand gebunden zu sein; 2) die Standeskammern ganz abzuschaffen und die Volkskammern bei jeder Session neu zu wählen; 3) die Gewählten verbindlich zu machen, die von den Wählern empfangenen Instruktionen zu befolgen, und endlich 4) der Regierung die Verpflichtung aufzulegen, alle Anträge, Vorschläge und Gesetzentwürfe, die sie an die Kammer bringen will, einige Monate vor der Einberufung der Legislatur durch die Presse vollständig zu publiciren, damit die öffentliche Meinung hierüber sich aussprechen und damit die Vertreter des Volkes mit geeigneten Instructionen versehen werden können. Staatsgrundgesetz müßte dabei sein, daß, dringende Fälle ausgenommen, der Ständeversammlung von der Regierung nichts vorgelegt werden dürfe, was nicht vorher zur Publicität gebracht worden war. Auch die Volksvertreter könnte man verbindlich machen, die Anträge, welche sie an die Kammer stellen wollen, einige Monate vor der Session öffentlich bekannt zu machin, damit die Meinung des Volkes darüber sich äußern möge. U m endlich das Prinzip der Volks-Souveränität vollends durchzuführen und um zu bewirken, daß nichts gegen den Willen und die Meinung der Nation geschehen könne, ist nothwendig, daß ein permanenter ständischer Ausschuß die vollziehende Gewalt controlire und gegen jede ihm gesetzwidrig scheinende Handlung mit einem Veto ausgerüstet werde. - Den Schlußstein einer Staatsorganisation im wahrhaft volksthümlichen Sinne bildet aber immer die Presse. Sie muß sohin wahrhaft frei sein, daher nicht blos aus der Vormundschaft der Censur entlassen, sondern auch gegen die Plackereien rigoroser Strafgesetze geschützt sein. Alle Preßgesetze, auch die von einer Revolution geschaffenen, werden von den Gewalthabern benützt, um die Presse zu untergraben. Dieß beweist die neuere Geschichte Frankreichs. Soll daher die Presse wirklich frei werden, so müssen wir uns vor allem von dem Vorurtheile reinigen, daß dem Mißbrauche der Presse durch ein anderes Mittel wirksam abgeholfen werden könne, als durch die Macht der öffentlichen Meinung. Was kein Strafgesetz vermag, das bewirkt die Meinung des Volkes, wenn sie den Organen der Presse, welche letztere wirklich mißbrauchen, ihre Verachtung zu erkennen giebt. Wann und inwieferne die Presse mißbraucht werde, darüber kann keine Gerichtsstelle, ja sogar keine Jury mit Zuverlässigkeit urtheilen, sondern nur die öffentliche Mei-
268 nung. Steht das Urtheil des Gerichts oder der Jury mit letzterer im Widerspruche, so wird der verurtheilte und bestrafte Schriftsteller ein Märtyrer des Rechts und der Wahrheit: ein solches Märtyrerthum ist aber das Verlangen und die Wollust edler Menschen. Darum streben sie darnach und sohin auch nach Handlungen, welche nach dem Buchstaben des Gesetzes vielleicht unerlaubt, nach der Meinung des Volkes aber das höchste Verdienst eines Bürgers sind. Strafgesetze gegen die Presse hindern daher den formellen Mißbrauch nicht, sondern befördern ihn vielmehr. In civilisirten Ländern kann deßhalb die Verhinderung des Mißbrauchs der Presse lediglich der Wirksamkeit der öffentlichen Meinung überlassen werden. Diese irrt nicht, sie urtheilt richtig und gerecht, sie verurtheilt auch den Mißbrauch der Presse, allein sie straft nicht durch Peinigung des Körpers oder Abpreßung von Geld, sondern durch - Verachtung. Diese Strafe, die der That jederzeit und unabwendbar auf dem Fuße folgt, ist wirksamer als jede andere, sie ist das beste, ja das einzige Mittel zur Verhütug des Mißbrauches der Presse. Der wirklich redliche Mann kann durch eine Druckschrift nicht verläumdet werden, denn es steht ihm das Mittel öffentlicher Vertheidigung durch die Presse eben so offen, als dem Verläumder. Die wahre Ehre besteht in der Meinung der Menge, alles Andre ist nur Dünkel und Uebermuth. Oeffentlicher Angriff ist dieser Ehre nicht so schädlich, als heimliche Verläumdung. Gegen heimliche Verläumdung hat man keine Waffe, weil man sie oft nie erfährt. Der Hang der Menschen und ihr eignes Sünderthum geht darauf hin, von Andern gerne das Schlechteste zu glauben. In den Schwächen uud Sünden Anderer suchen die Menschen Entschuldigung für ihre eigenen Sünden. Die Verläumdung findet Beschränkung durch Oeffentlichkeit, sie fällt auf den Verläumder zurück, wenn der Verläumdete sich öffentlich vertheidigt und die Stimme des Volkes wird richtig entscheiden, wer Recht hat. Gerichtliche Urtheile haben diese Macht über die Menge durchaus nicht, sondern bestärken letztere vielmehr oft nur in der gefaßten Meinung; wahre Ehre kann daher nur durch diese allgemeine Meinung hergestellt werden. Ist aber das gedruckte Wort Wahrheit, nun so ist es gerathener zu schweigen und sich zu bessern. Freies Geständniß begangener Fehler ist ein Mittel, die Menge zu versöhnen, Entschuldigung und Rechthaberei in offenbaren Irrthümern und Verfehlungen reizt sie nur noch mehr auf. Also kein Preßgesetz mit rigorosen Strafen. Es ist eitel Machwerk, das die Schutzwehr der Völker, die freie Presse, chikanirt und zu untergraben droht, ohne dem Mißbrauche der Presse wirksam begegnen zu können.
Der Juste-Milieu des Würzburger Volksblattes. (Beschluß.) So sonderbar es auch scheinen mag, so löst sich die Schutzrede des Würzburger Volksblattes für den Ministerverweser von Stürmer gleichwohl in die Beweisführung auf, daß dieser Staatsmann die Stellung eines konstitutionellen Ministers nicht begriffen habe. In der That sind es die Redaktoren des Volksblattes selbst, welche dies beweisen und
269 auf solche Weise mit ihren eigenen Behauptungen in Widerspruch treten. Der Würzburger Juste-Milieu gesteht nämlich zu: 1) daß Herr von Stürmer keinen glücklichen parlamentarischen Takt hatte und daß manche seiner Verwahrungen und Einreden gegen Kammerbeschlüsse sehr am Unrechten Orte waren; 2) daß Herr von Stürmer in dem Widerstande gegen einen Landtags-Abschied, der von dem Cabinete in einem dem Geiste der Verfassung widerstrebenden Sinne dictirt worden war, auf halben Wege stehen geblieben sei. Und ein solcher Staatsmann hat die Stellung eines «institutionellen Ministers nicht blos erkannt, sondern mit unbeugsamer Festigkeit derselben gemäß gehandelt? Wir wissen nicht, welchen Sinn das Würzburger Volksblatt den Worten unterlegt, wenn es sagt, daß ein Staatsmann, welcher keinen glücklichen parlamentarischen Tact besitzt, den competenzmäßigen Beschlüssen einer Legislatur ungeeignete Verwahrungen entgegensetzt und endlich! den Anmaßungen einer absolutischgesinnten Cabinets-Regierung bei dem wichtigen Acte eines Landtags-Abschieds halb sich hingiebt, daß ein solcher Staatsmann die Stellung eines constitutionellen Ministers nicht blos erkannt, sondern auch mit unbeugsamer Festigkeit derselben gemäß gehandelt habe. So lange Worte die Bedeutung haben, welche der gesunde Menschenverstand gewöhnlich ihnen beilegt, so lange können wir in jener Behauptung des Volksblattes keinen Sinn finden. Dieses Journal der Mäßigung versichert ferner standhaft, Herr von Stürmer huldige dem Grundsatz „ohne Strafgesetz keine Strafe." Welchen Sinn diese Behauptung habe, möge das Volksblatt aus den Thatsachen entnehmen: 1) daß der Ministerverweser ein monströses Straf-Resolut der Münchner Kreis-Regierung bestätiget hat, wodurch der Redakteur der Tribüne wegen Abdruckens gestrichener Stellen zu einer Geldstrafe von 45 fl. verurtheilt wurde, obgleich kein Gesetz existirt, das jene Handlung bei Geldstrafe verbietet; 2) daß auf den Grund dieser Entscheidung des Ministeriums die Polizeidirection in München dem Redacteur der Tribüne das Abdrucken gestrichener Stellen nunmehr unter Androhung von Arreststrafe verboten hat; 3) daß der gewaltthätigen Einsperrung des Redacteurs der Tribüne als Hauptmotiv der Umstand untergelegt wurde: „das Ministerium (Stürmer) habe durch Bestätigung der Geldstrafe den Grundsatz legitimirt, daß die Polizei das Abdrucken gestrichener Stellen an sich zu bestrafen das Recht habe, obgleich diese Handlung von keinem Strafgesetze vorgesehen und verpönt sei." Da nunmehr das gesetzwidrige Verfahren der Polizei, dem Prinzipe nach, von dem Minister gut geheißen worden war, so hielt es der Redacteur der Tribüne unter seiner Würde, gegen die Einsperrungen einen Recurs an den constitutionellen Minister zu ergreifen. Die Thatsache, daß Herr von Stürmer aus eigener Machtvollkommenheit ein Verbot der Censurlücken erlassen und dadurch die unteren Stellen zu Strafverfügungen gegen jene durch kein Gesetz verbotene Handlung inducirt hat, übergeht der Würzburger JusteMilieu mit Stillschweigen. Wahrscheinlich liegt auch in diesem Acte ein Beleg, wie sehr Herr von Stürmer der Stellung eines constitutionellen Ministers gemäß gehandelt habe. Was endlich die Stürmersche Decern ber-Ordonnanz be-
270 trifft, wodurch der Post die Versendung von Journalen verboten wird, die eine gestrichene Stelle enthalten, so muß ein Volksblatt, welches mit der Vertheidigung constitutioneller Rechte sich abgibt, natürlicherweise auch diesen Akt rechtmäßig finden. Wirklich nennt auch die Zeitschrift des Juste-Milieu jene Ordonannz „ein scharßinnig gewähltes Mittel zur Aufrechterhaltung eines Verfassungsgesetzes. Dem Journale der Leidenschaft möge man aber erlauben, den Beweis zu führen, daß die Herren von der Mäßigung durch diese Behauptung ihre gänzliche Unfähigkeit zur Vertheidigung der Volksrechte documentirt haben. Ohne die Zustimmung der Kammern kann kein neues Gesetz, das die Freiheit oder das Eigenthum der Staatsangehörigen betrifft, erlassen, kein bestehendes geändert oder authentisch erläutert werden. Die Präventions-Maßregeln wider den Mißbrauch der Presse sind gesetzlich bestimmt. Ohne Zustimmung der Stände können diese gesetzlichen Bestimmungen nicht verändert, ohne Zustimmung der Stände daher keine neue, im Gesetze nicht enthaltene PräventionsMaßregeln als allgemeine Norm angeordnet werden. Die Präventions-Maßregeln, welche die VerfassungsUrkunde wider den Mißbrauch der Presse vorschreibt, sind: Censur der ρ eriodisch-politischen Presse, provisorische Beschlagnahme und endlich Confiskation der gesetzverletzend en Schriften. Eine andere PräventionsMaßregel kennt die Verfassungs-Urkunde nicht. Herr von Stürmer befielt nun der Postanstalt, welche auf den Grund eines Bilateral-Vertrages zur Versendung der Journale verpflichtet ist, die Erfüllung dieses Vertrages in allen Fällen zu verweigern, wo in den zu versendenden Blättern eine von der Censur gestrichene Stelle sich befindet. Der Sinn und Zweck dieses Befehls besteht darin: „Beschlagnahme eines Journals kann verfassungsmäßig nur dann eintreten, wenn der Inhalt ein Strafgesetz verletzt: da also dieses Präventionsmittel nicht hinreicht, um die Verbreitung der nicht gesetzverletzenden, jedoch von der Censur gestrichenen Artikel zu hindern, so soll für diesen Fall das weitere Präventionsmittel angewendet werden, die Versendung des Blattes, durch die Post, zu verbieten." Dieß ist also ein neues von der Verfassungsurkunde nicht angeordnetes Präventionsmittel wider den Mißbrauch der Presse, und da es durch eine Verordnung des Ministers als eine allgemein zu beobachtende Norm ausgeschrieben wurde, so hat sich dieser Minister angemaßt, ohne Zustimmung der Kammern ein allgemeines Gesetz wider den Mißbrauch der Presse zu erlassen, wodurch die gesetzlichen Bestimmungen der Verfassungsurkunde, über die Freiheit der Presse, mittelst Hinzufügung eines neuen bisher unbekannten Präventionsmittels erweitert und also alterirt werden. Und diesen Eingriff in die Staatsverfassung, wegen dessen Herr von Stürmer in der nächsten Session der Kammern zur Verantwortung gezogen werden wird, nennt ein konstitutionelles Volksblatt nur ein scharfsinnig gewähltes Mittel zur Aufrechterhaltungeines Verfassungsgesetzes? In der That, nicht die Journale des göttlichen Rechts sind es, welche durch Verbreitung irriger Lehren die Nationalbildung hindern und der großen Sache der Völker störend in den Weg treten — man kennt sie und lacht über ihren
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Eifer. Allein diejenigen Blätter, welche konstitutionelle Zeitschriften sich nennen und gleichwohl nicht nur zum Lobredner eines Ministeriums der armseligsten Halbheit, sondern auch zum Vertheidiger offenbarer Verfassungsverletzungen sich aufwerfen - diese Blätter sind der großen Sache der Völker schädlich und müssen fortan von den Patrioten scharf ins Auge gefaßt werden. Am Schluße unserer Duplik wollen wir nur noch einer Thatsache erwähnen, welche ebenfalls beweist, wie sehr Herr von Stürmer der Stellung eines konstitutionellen Ministers mit unbeugsamer Festigkeit gemäß gehandelt habe. Dieser Staatsmann konnte die Brutalität, womit man die Gesetze des Gastrechts gegen den Schriftsteller Dr. Grosse mit Füßen trat, nicht billigen. Er war vielmehr geneigt, dem verfolgten und kranken Manne den Aufenthalt in Baiern zu verstatten, allein das Cabinet war anderer Meinung. Herr von Stürmer gab als ein Mann, der seiner konstitutionellen Stellung mit unbeugsamer Festigkeit gemäß handelte, dem Cabinete natürlich nach und bedauerte, daß er durch den Widerwillen, den man dort gegen Grosse hege, die Pflichten des Gastrechts auszuüben verhindert sei. Die Verzweiflung trieb nun Grosse zu Aeußerungen, welche die Einleitung einer strafrechtlichen Untersuchung und in deren Folge die Verhaftung des verfolgten Schriftstellers vielleicht nach dem Buchstaben des Gesetzes rechtfertigen. Dieß ist eine indirekte Frucht von der unbeugsamen Festigkeit, wodurch Herr von Stürmer seiner Stellung als konstitutionellen Minister gemäß gehandelt hat. Tages-Chronik. England. London, 2. Febr. Das langsame Fortschreiten der Reformbill steigert täglich die allgemeine Unzufriedenheit, während die Torries immer noch neue Schwierigkeiten ihr in den Weg legen. Wenn die Bill, wie sehr zu befürchten ist, in der Pairskammer neuerdings verworfen wird, so sind Unruhen nicht mehr zu vermeiden, und werden um so kritischer für England sein, da sie mit dem Herannahen der Cholera, mit einer ganz ungewöhnlichen Stockung des Handels und mit den Unruhen in Irland zusammentreffen. Frankreich. Paris, 4. Februar. Im heutigen Moniteur wird die Auswechslung der Conferenz-Verträge zwischen England und Frankreich mit Belgien angezeigt und dabei bemerkt, daß die Bevollmächtigten von Oestreich, Preußen und Rußland um Offenhaltung des Protekolls nachgesucht hätten, bis ihnen neue Instructionen von ihren Höfen zugekommen wären. Diesem Gesuch ist willfahrt worden, aber selbst diejenigen, welche ihm willfahrt haben, glauben an keine Ratifikation. Es bleibt für Frankreich nur die Wahl, entweder Belgien gleich Italien und Polen der heiligen Allianz Preis zu geben, und durch das Einräumen einer Restauration daselbst jene von Frankreich zur Vollendung zu führen oder zum Kriege sich zu entschließen. — Obgleich die letzten Unruhen keine weitere Folge haben, so dauern doch die Verhaftungen fort. Es wurden junge Leute aus der einzige Ursache angehalten, weil sie Stöcke oder Gedruckt bei G. Ritter in Zweibrücken
Wachstuchhüte trugen, die vermeintlichen Kennzeichen der Republikaner. Zwei Sergeanten der Munici palwache, welche solche Verhaftungen vornehmen wollten, wurden vorige Nacht getödtet. Aufdem Boulevard Boissoniere fänden Kavalleriechargen statt. Auch der Herzog von Belluno soll verhaftet sein. - Die Feindseligkeit der Kammer der Pairs gegen die der Deputirten nimmt einen immer heftigem Charakter an. Eine Majorität von 69 Stimmen fur die Verwerfung der ministeriellen Beschlüsse der DeputirtEnkammer bei einer Zahl von 76 Votanten ist der Einstimmigkeit fast gleich zu errachten. - In Holland werden auf allen fiir schwach erkannten Gränzpunkten Befestigungpwerke angelegt, auch wird die Citadelle von Antwerpen stark verprovianrirt - Die gestrige Deputirten-Kammer hat wieder ein trauriges Schauspiel der completescen Unordnung dargeboten. Im Augenblick als man den Namensaufruf verlangte, erhoben sich alle Deputirten des Centrums um sich zu entfernen, damit die Kammer nicht mehr in gehöriger Zahl zur Deliberation sei. Es herrscht allgemeiner Unwille über dieses Verfahren. Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Zweibrücken. Rossi, 15 kr.; S. Lellbach, 15 kr.; ein Ungenannter 36 kr.; J. G. Neubert, 12 kr.; L Hatry, 30 kr.; J. Hatry, 30; Thoma, 30 kr.; Derselbe ftir einen Freund 30 kr.; J. Römer, 30 kr; G. Bauer, 12 kr.; M. Gugenheimer, 30 kr.; G. Ph. Theisohn, 30 kr.; Wild, Bierbrauer, 30 kr.; Ludw. Frank, 12 kr.; Chr. Herchenröder, 6 kr.; Jakob Helwig, 12 kr.; Ph. Frank, 6 kr.; Daniel Hehvig, 30 kr.; Mayer Simon, 4 kr.; Ludw. Ambos, 6 kr.; August Böhmen, 12 kr.; Frdr. Faber, Gerber, 12 kr.; J. Börner, 15 kr.; H. Lehmann, 6 kr.; Georg Culmann 15 kr.; Daniel Zatta[u], 12 kr.; Segmüller, Schullehrer, 20 kr.; L Gugenheimer, 12 kr.; C. Iindemann, 30 kr.; L Römer, 12 kr.; G. Stengel, 30 kr.; Raul Heintz, 4 kr.; Friedrich Ladenbeiger, 30 kr.; Ludwig Bergmann, 6 kr.; Peter Lindemann, 2fl.Ph. Kunz, [3]0 kr.; B. Bloch, 10 kr.; Ludwig Koch, 3 kr.; Conrad Wild, 3 kr.; Jakob Helwig, 3 kr.; Christian Culmann, 3 kr., Max Wrrth, 6 kr., ein Ungenannter, 6 kr.; mehrere Jünglinge, 5fl.30 kr.; J. Lindemann, 30 kr.; Aloys Woerie, Mechanikus, 1 fl. Mit den in Nr. 30 mitgetheilten Subscriptionen monatlich 76 fl. 6 kr. S u b s c r i p t i o n e n in Homburg. Ein Ungenannter, 40 kr.; Adam Zott, Weinhändler, 30 kr.; Christian Sauerbrei, Kaufmann, 30 kr.; Jakob Schönsiegel, Messerschmied, 6 kr.; David Hirsch, Bäcker und Weinwirth, 20 kr.; Heinrich Zott, Kaufmann, 1fl.;Karl Ruckart, Student, 15 kn; C Kommaul, Provisor, 24 kr; F Ruppenthal, 6 kr; S. Jackd, Saibent, 6 kr.; Georg Wecker, sen., Bäcker und Weinhändler, 30 kn; ein Ungenannter, 6 kr.; Christian Scharpff Candidal, 1 fl.; August Zöller, Gemeindeschreiber, 1 fl.; Ρ Scharpf£ 2 fl.; C. Leschhorn, Bierbrauer, 30 kr.; J. Megele, 30 kr.; ein Ungenannter, 30 kr.; Karl Scharpff, Rechtskandidat, 1 fl.; ein Ungenannter, 30 kr.; Friedrich Crussius, Metzger, 8 kr.; Peter Crussius, Färber, 6 kr.; Karl Schlemmer, Metzger, 12 kr.; Johann Getke, Schlosser, 6 kr.; Philipp Leyser, Messerschmiedt, 6 kr.; Friedrich Zöller, Fabrikant, 30 kr.; Jokob Bom, Schuhmacher, 6 kn; Valentin Zimmer, Müller, 15 kr.; Georg Wecker, jun., Bäcker und Weinhändler, 30 kr.; Jakob Lötz, Apotheker, 30 kr.; ein Ungenannter, 15; Ludwig Kappel, Gastwirth, 15 kr. Zusammen monatlich 14 fl. 32 kn Berichtigung. Von dem Aufsitze „Ernste Ermahnung an das deutsche Volk" in Nr. 32 der deutschen Tribüne lese man die Unterschrift Scharpffsxsxt ScharfE Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Donnerstag.
Tribüne. des
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Der 29ste Januar 1 8 3 2 . *) Die Bedeutung der großen Zeit ist in keinem Theile Deutschlands tiefer erfaßt worden, als in Rheinbaiern. Edle Bürger, ausgezeichnet durch Einsicht, Vaterlandsliebe und Willenskraft, sind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß durchgreifende Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes die Aufgabe des Jahrhunderts sei; sie wissen, daß nur freie Entwicklung des reinen Bürgerthums unter der Herrschaft vernünftiger Freiheit jene Aufgabe zu lösen vermöge. Entfernung aristocratischer und absolutistischer Tyrannei, Freiheit des Gewissens und der Rede, Freiheit des Verkehrs, Beseitigung des materiellen Druckes der Nation durch Hinwegräumung des Hofluxus und anderer Verschwendungssysteme, Schutz für alle Rechte eines freien Bürgers und freie Entwicklung aller volksthümlichen Institutionen in einem confoderirten Deutschland — dieß sind die großen Zwecke, welche die unendlich große Mehrheit der Bewohner Rheinbaierns mit Entschiedenheit zu fördern bemüht ist. Einer ihrer Deputirten bei der baierschen Ständeversammlung, Friedrich Schüler, hat bei seiner Sendung jene Tendenz der öffentlichen Meinung Rheinbaierns am schönsten aufgefaßt und zur Durchführung derselben, auf parlamentarischem Wege, die meiste Kraft und Einsicht entwickelt. Die Bürger des Kreises beschlossen deßhalb, den Bemühungen dieses Deputirten eine öffentliche Anerkennung zu bereiten, weniger deßhalb um die Person dadurch auszuzeichnen, als vielmehr darum, vor aller Welt über ihre politischen Grundsätze sich auszusprechen. Die vorherrschende Idee war dabei, hauptsächlich gegen alle halben Maßregeln und gegen Vergleich, auf Kosten der Volksinteressen, sich zu erklären. In diesem Sinne erließen die Bürger Zweibrückens durch einen bevollmächtigten Ausschuß in der Nummer 20. der deutschen Tribüne die Einladung zu einem politischen Feste, das am 29. Januar in Zweibrücken statt finden sollte. — Die Einladung fand allgemeinen Anklang, und obgleich die Zeit zum Tage des Festes etwas zu kurz bemessen war, so fanden sich doch aus *) Die gegenwärtige und die folgenden Nummern der Tribüne, welche die Beschreibung des politischen Festes vom 29. Januar 1832 enthalten, werden an die Mitglieder des deutschen Vaterlandsvereines zur weitern Verbreitung unentgeldlich abgegeben. Man kann daher Exemplare in beliebiger Anzahl von der Redaction beziehen.
Vaterlandes.
Homburg, den 9. Februar 1832.
den meisten Gegenden Rheinbaierns Deputationen ein, um ihre Uebereinstimmung mit dem aufgestellten politischen Systeme an den Tag zu legen. Die Versammlung selbst zählte über 350 Theilnehmer. Tiefes Gefühl der Wichtigkeit des Tages war die vorherrschende Stimmung. Der Mann des Festes wartete nicht, bis die Anerkennung seiner Verdienste in einem Toaste ausgesprochen wurde, sondern er nahm zuerst das Wort, um der Versammlung die Gründe auseinander zu setzen, warum auch die jüngste Sitzung der baierschen Stände erfolglos sein mußte und warum überhaupt die Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes und die Befriedigung der gegründetsten Forderungen der Nation auf parlamentarischem Wege nie zu erreichen sei. Wir geben hier die Rede Schülers wörtlich, wie folgt: „Bei der einmüthigen Begeisterung aller Classen unserer Mitbürger für die hohen Interessen des öffentlichen Lebens, muß es den Meisten unerklärlich scheinen, wie unsere jüngste Volksvertretung, aus der Wahl solcher Bürger hervorgegangen, anstatt ihr Wirken durch die durchgreifendsten Verbesserungen im Staatshaushalt auszuzeichnen, nur so wenigen Erwartungen der Freunde des allgemeinen Wohls entsprochen habe!" „Es liegt mir am Herzen, diese Zweifel durch einige Erläuterungen über die Verfassung unserer Stände aufzuhellen; einmal, um der Gerechtigkeit willen, damit sie nicht Einzelnen unter den Volksvertretern, was auch Jeder zu verantworten habe, eine Erfolglosigkeit zumessen mögen, welche in ganz andern Verhältnissen ihren Grund hat; dann aber und hauptsächlich darum: damit Sie zu ermessen im Stand seien, ob von dieser Art von Volksvertretung, oder woher sonst, eine wirksame Beförderung der gerechten Volks-Interessen zu erwarten sei!" „Nachdem Sie gesehen haben werden: Wie beschränkt der verfassungsmäßige Wirkungskreis der Stände, Wie ungünstig die Zusammensetzung der Volkskammer und Wie vergeblich zuletzt das Resultat der mühsamsten Berathungen der Stände sei, sobald die StaatsRegierung darauf zu achten nicht für gut findet, — dann wird Ihnen nicht sowohl das unbegreiflich scheinen, daß Ihre Volkskammer so wenig, als daß sie nur irgend Etwas zum allgemeinen Wohl zu bewirken im Stande gewesen sei." „Ihre Kammer der Abgeordneten bildet nicht allein die Stände, sondern nur einen Theil derselben; der andere Theil
275 ist die Kammer der Reichsräthe·. zusammengesetzt aus königlichen Prinzen, aus Fürsten und Grafen, aus Ministern und Kron-Beamten des Königs, und aus Personen, die Er, ihres hohen Standes oder ihres Reichthums wegen, zu Reichsräthen zu ernennen für gut findet, — d. h. gebildet aus der hohen Aristokratie, aus den durch Glück und königliche Gunst Bevorrechteten des Landes, — kann dieser Theil der Stände, seiner Natur nach, für die ihm fremden, oft entgegengesetzten, Interessen des Volks keine warme Theilnahme hegen; Vieles was das Volk als Mißbrauch empfindet, ist für Jene Vortheil·, eben so wie die Interessen müssen daher auch die Absichten zweier Staatskörper sich entgegen stehen, welche die Verfassung dennoch zu einem gemeinsamen Wirken berufen hat." „Nun aber kann, verfassungsmäßig, kein GesetzesVorschlag, kein Antrag auf irgend eine wohlthätige Einrichtung, keine Beschwerde gegen eine VerfassungsVerletzung, kein Wunsch sogar nach irgend einer Erleichterung oder Abhülfe, von Seiten der Kammer der Abgeordneten an die Staats-Regierung gelangen, wenn nicht die Kammer der Reichsräthe denselben beigetreten ist: ob aber ein solcher Beitritt häufig zu erwarten sei, sind Sie aus dem Gesagten zu beurtheilen vollkommen im Stande." „Eine selbstständige Macht, irgend ein Gesetz, eine Einrichtung oder Abhülfe zu liefern, hat also Ihre Kammer der Abgeordneten nicht; sie hat nur die Befugniß im Vorschlage zu dergleichen mit einzuwilligen; wird diese Einwilligung von der Staatsregierung getheilt, so erlangt das Vorgeschlagene gesetzliche Kraft; fehlt diese Beistimmung, so bleibt der Vorschlag wirkungslos. „Dahingegen geschieht Gleiches mit denjenigen Vorschlägen, welche von der andern Kammer oder von der Staatsregierung an die Kammer der Abgeordneten gelangen: versagt diese denselben ihre Zustimmung, so bleiben jene Vorschläge ebenfalls ohne Wirkung, ungeachtet des Beitritts der Staatsregierung und der Reichsräthe. „Diese verneinende Befugniß könnte aber in einem Fall so wichtig werden, daß, wenn nur die Art der Zusammensetzung der Kammer ihr Einverständniß in diesem Falle nicht beinahe unmöglich machte, jene Befugniß, die der Kammer fehlende, selbstthätige Macht großen Theils ersetzen würde: ich meine den Fall der alle sechs Jahre aufs Neue zu ertheilenden Steuerbewilligung. „In dem Recht der Kammer der Abgeordneten, diese Bewilligung zu ertheilen oder zu verweigern, liegt die Macht, die Staatsregierung und mit ihr die andere Kammer zur Annahme aller Vorschläge und Anträge zu vermögen, welche das allgemeine Volkswohl gebieten würde: die Kammer der Abgeordneten verweigere einer Regierung, welche sich die Verwirklichung des allgemeinen Wohls nicht zum Ziele setzt, die Mittel zum zweckwidrigen Regieren: und sofort sind die Minister einer solchen Regierung gezwungen, entweder nach jenem Ziele einzulenken oder die Laufbahn zu verlassen und besserm Willen Platz zu machen. „Aber einen so wirksamen Gebrauch jenes Verweigerungsrechts der Kammer der Abgeordneten macht die „ver-
276 fassungsmäßige" Zusammensetzung derselben beinahe unmöglich: dieselbe Aristokratie, welche schon allein die andere Kammer bildet, nimmt auch an der Volkskammer Theil: der Adel stellt ein Achttheil ihrer Mitglieder; die Geistlichkeit ebenfalls ein Achttheil; „Die Verfassung erkennt also die Interessen dieser beiden Stände als von dem allgemeinen Volkswohl verschieden an: sonst wäre kein Grund vorhanden, ihnen besondereVemeteT zu gestatten; wie soll demnach dieses erste Viertheil der Abgeordneten jenem allgemeinen Wohl, und nicht vielmehr seinem entgegengesetzten besondern privilegirten Vortheil zugethan und förderlich sein?" „Freilich, - dieselbe Verfassung welche zuerst besondere Vertreter privilegirter Stände in die Kammer beruft, läßt sie nachher schwören: daß sie ohne Rücksicht auf das besondere Interesse dieser Stände, berathen wollen!" „Ein zweites Viertheil der Mitglieder erwählen die Städte: Adelige und königliche Beamten sind in den ältern Theilen Baierns die einflußreichern StädteBewohner; also wiederum Adelige und besonders Beamte gehören hauptsächlich zu diesem andern Viertheil; an die so gebildete Hälfte schliessen sich die drei Abgeordneten der Universitäten an, und somit besteht schon eine Mehrzahl, von deren Mitgliedern viele theils durch besondere Standes-Interessen, theils durch die Abhängigkeit ihrer Amtsverhältnisse, der Einwirkung des Eigennutzes, der Furcht und der Hoffnung so vielseitig ausgesetzt sind, daß für sie die Bewahrung eines freien gemeinsinnigen Willens zu den schwierigsten Seltenheiten gehört." „Die noch übrige Zahl sendet die Klasse der Land-Eigenthümer. mancher ehrenwerthe Landmann erscheint hier: aber das bescheidene Mißtrauen in seine eigne Einsicht, die ächtdeutsche Deferenz für den Vornehmern, wird ihm die Meinung des Hrn. Grafen, des Hrn. Präsidenten, des Hrn. Direktors, viel besser scheinen lassen, als seine eigene, so oft der Hr. Graf oder der Hr. Präsident sich die Mühe geben wollen, es ihm persönlich einleuchtend zu machen." „So stellt die Zusammensetzung der Kammer einem Einverständnisse der Mehrzahl ihrer Mitglieder, zur kräftigen Anwendung jenes allein wirksamen Weigerungsrechts, unübersteigbare Hindernisse entgegen; eine Zusammensetzung, deren ungünstiges Verhältniß zwar größtentheils die Verfassung selbst - jedoch auch die bisherige Gleichgültigkeit und Unvorsichtigkeit der Wähler, nicht zu einem unbedeutenden Theil, zu verantworten haben. Freilich ist nicht zu verkennen, wie schwer es sei, eine gute Wahl zu treffen; hat doch vielfältige Erfahrung bewiesen, wie sogar die, in den alltäglichen Verhältnissen empfehlenswerthesten Eigenschaften hier irre leiten können; wie der schädlichste Einfluß auf die Beschlüsse der Kammer oft von Männern ausgieng, die im engern Kreise des Privatlebens musterhaft rechtlich, wohlgesinnt und achtungswürdig waren: es genügte, zu einem so beklagenswerthen Resultat, daß sich zu jenen Eigenschaften nur eine gewisse Weichheit des Gemüths, eine gewisse Scheu vor jeder energischen Maasregel, eine krankhafte Empfindsamkeit geselle, die gänzlich in die nächstgelegene peinlichen Anregungen aufgelößt, flir die dem Auge
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277 entrückten weit umfassendem Nachtheile keine Mitempfindung mehr übrig hat." „Ein Beispiel hievon ist leider zu wichtig und zu warnend, als daß ich es hier nicht anführen müßte: Im Jahre 1828 wurde ein Gesetz erlassen, welches das Militär-Conscriptions-Alter vom 20sten auf das 21ste Jahr erhob; im Jahr 1828 war die 20jährige Altersklasse ausgehoben worden: hätte man, dem neuen Gesetze zufolge, im Jahre 1829 die 21jährige Klasse ausheben wollen, so hätte man dieselbe K[l]asse getroffen, welche das Jahr zuvor schon als 20jährige in Anspruch genommen worden war; zu diesem doppelten Opfer aus einer und derselben Altersklasse lag in den damals friedlichen Zeitverhältnissen kein hinreichender Grund; jenes Gesetz verfügte daher, daß für die Heeresergänzung im Jahre 1829 keine Aushebung Statt finden solle und daß die schon einmal in Anspruch genommene Altersklasse von 1807 nur im Falle „außerordentlicher Ereignisse" — die frühere Klasse von 1806 aber „nur im Fall eines Kriegs" zum zweitenmal ausgehoben werden dürfe. Ungeachtet dieses ausdrücklichen Verbots, und obschon weder „außerordentliche Ereignisse" noch viel weniger „Krieg" dazu Veranlassung gaben, erhob die Staatsregierung dennoch aus den beiden Altersklassen von 1806 und 1807 eine Heeresergänzung von 9982 Mann. Der zweite Ausschuß der Kammer der Abgeordneten rügte diese offenbare Gesetzes-Uebertretung und trug darauf an, die Kammer möge die Staatsregierung auffordern, jene 9982 Mann sofort zu entlassen, und dieselbe für die Kosten verantwortlich machen, welche die Haltung dieser Mannschaft veranlaßt hatte. Kein Mitglied der Kammer vermochte in Abrede zu stellen, daß der Wille des Gesetzes verletzt worden sei; es wäre demnach nur übrig geblieben, die beantragte Aufforderung zu beschließen. Jetzt erhob sich ein Mann, — von jenen Guten der Beste, wovon vorhin die Rede war, - und erklärte: „es sei freilich unläugbar, daß durch jene Aushebung das Gesetz geradezu verletzt worden sei; - aber, welche abschreckende Folgen, wenn man streng dieser Ansicht gemäß verfahren wolle! Welche Verwirrung im Heere, welche Masse aufgeregter Klagen und Beschwerden der einzelnen Verletzten gegen die Organe der Staatsregierung! woher das Vermögen nehmen zur Beseitigung aller Entschädigungsansprüche!! Nun aber bestehe das ganze Uebel darin, daß jener Schritt der Staatsregierung von den Ständen nicht genehmigt gewesen sei: dem sei jetzt aber noch friedlich abzuhelfen, die Regierung möge nur hinterher durch die Stände gutheißen lassen, was vorher ungesetzlich war, so löse sich die ganze Schwierigkeit auf und Alles bleibe in Ruhe und Frieden!" Wie hoch aber dieser friedfertige Ausweg jenen 9982 Mann zu stehen komme, — das übersah der gute Mann in seiner Freude, - sein Heilmittel wurde angenommen; - aber die Staatsregierung hat es verschmäht, zu Entschuldigungen herabzusteigen, während gesetzwidrige Willkür so vollkommen ausreichte! (Fortsetzung folgt.)
Tages - Chronik. Spanien. Madrid, 30. Januar. Alle Regimenter, welche sich in den benachbarten Provinzen befinden und Befehl erhalten hatten, in ihre Garnisonen zurückzukehren, sind in Folge erhaltener Gegenbefehle an die Gränzen von Portugal gewiesen worden und größtentheils schon dort eingetroffen. In der Provinz Estramadura cantonniren bereits 7—8000 Mann. Die Stärke der ganzen zur Unterstützung von Don Miguel bestimmten Armee wird auf 50,000 Mann angegeben. Sie sind aber nur dann disponibel, wenn man einige Provinzen ganz der Obhut der königlichen Freiwilligen überlassen will. - Die Niederkunft der Königin mit einer Prinzessin hat den König, der auf einen männlichen Erben gehofft hatte, sehr mißstimmt. England. London, 3. Februar. Briefe aus Dublin melden, daß fortwährend Truppen eintreffen, um diejenigen Einwohner im Zaume zu halten, welche die Zahlung des Zehnten verweigern, und daß man den Ausbruch eines Bürgerkriegs immer ernstlicher befurchtet. In Kilkenny sind Excesse der heftigsten Art so schnell aufeinander gefolgt, daß die vereinigten Kräfte der Constabler und der anwesenden Truppen ihnen keinen Einhalt zu thun vermochten. — Das Oberhaus beschäftigte sich gestern mit der russisch belgischen Schuld. Lord Wyndford trug darauf an, daß man die Zahlung derselben nicht fortsetze, weil seit der Trennung Hollanas von Belgien ein offenbarer Vertragsbruch in dieser Zahlung läge. - Die englische Flotte, welche am Eingange des Tajo kreuzt, soll den ausdrücklichen Befehl erhalten haben, sich jeder Intervention der russischen Flotte in Portugal zu widersetzen. Frankreich. Paris, 5. Febr. Der Kampf zwischen den zwei Kammern wird immer ernster und es scheinen auch die Minister in ihren Ansichten darüber getheilt zu sein. Man versichert die Opposition der Pairskammer werde durch zwei derselben unterstützt, und es seie Wunsch des Ministeriums, die Kammer der Deputirten nachgeben zu sehen, um dadurch zu constatiren, daß die Pairskammer eine gleiche Gewalt im Staate sei, wie die Wahlkammer, und daß sie sich nicht darauf beschränke, Gesetze zu besiegeln, welche die Deputirten Kammer entwerfe. - Viele der bei den letzten Unruhen verhafteten Personen wurden gegen Caution aus dem Grunde frei gegeben, weil alle Gefängnisse überfüllt sind. Das lautet ganz miguellistisch. — Wir können als offiziell anzeigen, daß das Kabinet der Tuillerien seine Zustimmung zur Invasion Oestreichs in Italien gegeben hat. Unter andern Gründen hat Oestreich angeführt, nicht zugeben zu können, daß die Propagandisten aller Länder sich bald da bald dort vereinigten, um eine Revolution durchzuführen. So befindet sich gegenwärtig in Ober-Italien eine große Menge von Polen, unzufriedene Belgier, Spanier, Portugiesen und Deutsche, alle in der Absicht, Theil an den Unruhen zu nehmen, oder sie hervorzurufen. — Man kann sich keinen Begriff machen, welchen schmerzhaften Eindruck die Nachricht in Paris verbreitet hat, daß die dreifarbige Fahne in dem Augenblick zu Gunsten Oestreichs in Ancona wehe. Es wird allgemein und ohne alle Rücksicht die größte Indignation laut über eine so schimpfliche Entwürdigung der Nationalehre. Selbst zur Zeit der Restauration waren wir
279 in der Achtung der Völker nie so tief gesunken. Als unsere Truppen die Freiheit in Spanien unterdrückten, geschah es wenigstens nicht unter der dreifarbigen Fahne, sondern es war die Fahne eines Bourbon, welche einem andern Bourbon zu Hülfe kam. Allein heute ist es das Juli-Königreich, das aus den Barricaden entsprungene Königreich, das vermeindiche Princip der Volks-Souveränität, welches sich nicht schämt, den Untergang dieser Souveränität zu Gunsten des götdichen Rechts herbeifuhren zu helfen. & ist dies eine strafbare Anomalie, wovon die Geschichte kein Beispiel liefert. Belgien. Brüssel, 2. Febr. So eben überbringt ein englischer Kurier die officielle Nachricht, daß der Vertrag vom 15. November von England und Frankreich ratificirt ist, zu gleicher Zeit trafen vertraute Depeschen von Lord Palmerston ein, nach deren Inhalt diese zwei Mächte eine Of[fe]nsiv- und Defensiv-Allianz mit uns zu schließen geneigt wären, falls die nordischen Mächte ihren Beitritt zu obigem Vertrage definitiv verweigern sollten. Man würde eine solche Wendung der Dinge sogar der allgemeinen Ratification der 24 Artikel weit vorziehen. Heute wird die Civilliste discutirt, wofür 1,200,000 Gulden in Antrag gebracht sind. Deutschland. Die Münchner Hofzeitung behauptet fortwährend, das Mittel zur Beförderung der Gewerbe, Künste und Wissenschaften, dann zur Steuerung der Armuth und endlich zur Glückseligkeit der menschlichen Gesellschaft überhaupt seien — die Civiüisten. Nun wohlan, so wollen wir anstatt Einer Civilliste auch in Baiern 32 und in Deutschland anstatt 32 lieber 1024 votiren, wollen wir ferner jede auf 100 Millionen festsetzen, und wir sind dann mit einem Male glückliche Leute. Ο über den Segen des götdichen Rechts, wie es ihm so leicht wird, die Menschen glücklich zu machen. Man darf ja nur den „ JJnterthanen" Alles abnehmen, um ihnen eine Kleinigkeit davon aus allerhöchster Gnade wieder zu schenken. So ist es gewiß am besten. - Außerdem beweist die Münchner Hofzeitung, daß die Stütze der wahren Freiheit - der Adel sei. Ohne einen blühenden Zustand der Aristokratie sei keine Freiheit möglich. Den Beweis nimmt die Hofzeitung aus dem Zustande des Elends und der Sclaverei, in welchem die nordamerikanischen Freistaaten sich befinden, die in Ansehung der Verwendung ihrer Einnahms-Ueberschüsse in Verlegenheit sind. Dieser Noth Amerikas sei nur dadurch abzuhelfen, daß man die Civillisten und die Privilegien des Adels einführe, um die Staatseinnahmen anständig verzehren zu lassen und die Bürger vor der Gefahr zu bewahren, durch Ueppigkeit an Leib und Seele zu verderben. Wenn die Bürger einen Theil ihres Verdienstes an Leute von Stand abgeben müssen, so gereiche dieß ihnen an sich schon zur Ehre und sie gewännen noch überdieß den Vortheil, daß sie hübsch mäßig und fleißig bleiben müßten. — Unsere Leser geben diesen schlagenden Gründen zuverläßig ihren vollen Beifall.-
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nr. 34: 76 fl. 6 kr. — J. K. Zorn, Schriftsetzer, 12 kr. J. Zorn, Schreiber, 6 kr. J. Vogt, Schriftsetzer, 24 kr. L. Lehmann, Bäcker, 6 kr. A. Horn, Bäcker, 6 kr. Ein Unbekannter 6 kr. F. Portner 12 kr. J. Ritter, Schriftsetzer, 12 kr. A, Stiener, Buchdrucker, 12 kr. G. Müller, Buchdrucker, 6 kr. F. Scholl, BuchGedruckt auf der Presse des Volkes.
280 drucker, 6 kr. Schreiber, Buchdrucker, 8 kr. D. Müller, Buchdrucker, 12 kr. Zusammen monatlich . 78 fl. 14 kr. Ein Ungenannter aus L a n d s t u h l 5fl.24 kr. monatlich. -Alexis Wäller in Set. I n g b e r t giebt den halben Ertrag seines Billards an den Verein ab. I n M a r n h e i m ein Wahlmann 2 fl. 30 kr. monad.
Literarische Anzeige. So eben hat das zweite Heft der Universakhrtmik unserer Zeit (Alles fur Alle), redigirt von C. Strahlheim, die Presse verlassen und ist an die resp. Buchhandlungen und Fbstämter versandt woiden. Der höchst interessante Inhalt desselben ist folgender 1. Neueste Tagesgeschichte und politische Ereignisse. 2. Länder- und Völkerkunde: Die neuesten Entdeckungen in allen Welttheilen. 3. Naturgeschichte: Das Riesengerippe eines Wallfisches nebst Abbildung. 4. Handel und Gewerbe: Der Spiel-Handel mit Staatspapieren; die Mauthen in Deutschland 5. Literatur Das Buch der 101; Uebersicht der hauptsächlichsten belletristischen Blätter Deutschlands. 6. Religion und Kirche: Christen und Juden, Emanzipation der letztem. 7. Heilkunde: Die Lösung des furchtbaren Geheimnisses der Cholera; ein Spezificum gegen Zahnweh. 8. Justiz und Polizei: Ueber Polizei im Allgemeinen; die Polizeibeamten als Censoren; meikwüidige Criminalfalle. 9. Künste und Wissenschaften: Auffindung einer untergegangenen Stadt; die neuesten Erfindungen. 10. Vermischte Aufsätze: Die sichersten Mittel, gewaltsame Revolutionen zu verhüten (Beschluß). 11. Korrespondenz: Im Namen des deutschen Volkes an Deutschlands Regenten. 12. Theater Das Neueste der deutschen Bühnen; die Pariser Theater. Diesem Hefte ist noch eine zweite ausserordentliche Abbildung, die Hinrichtung Tbnjos und seiner Unglücksgefahrten darstellend, beigegeben. Diese höchst interessante Chronik ist besonders für solche Personen so nützlich, als angenehm unterhaltend, welche aus Mangel an Zeit nicht eine große Masse von Zeitschriften und Tageblättern zu lesen im Stande sind, und dennoch, ohne viel grübeln und denken zu müssen, sich gem in allen Dingen zu unterrichten und mit der Zeitfortzugehenwünschen. Sie weiden hier vollkommen befriedigt weiden, indem der Redaktion auch nichts entgehen wird, was von einigem Interesse und von Wichtigkeit ist. Die Besitzer dieses Buches erhalten demnach niciit nur ein wohlgeordnetes Ganzes von allen wichtigen Ereignissen, welche aufunserer Eide Stattfinden,sondern das W i k wild ihnen auch noch in späteren Jahren sowohl zur historischen Erinnerung, als zum Nachschlagen von großem Nutzen sein, da jeder Band ein vollständiges alphabetisches Inhaltsverzeichniß erhält Man subsaibirt bei allen Buchhandlungen und Postämtern Deutschlands. Der halbjährige Preis fur 6 Lieferungen ist 4 fl. 30 kr. ihein. oder 2 Rthlr. 18 ggr. sächs. Frankfort a. Μ., im Januar 1832. Das Verlagsmagazin für Literatur und Kunst Anzeige. Der Aufruf „Deutschlands Pflichten" dann Subscriptionslisten für den deutschen Vaterlands-Vferein, zur Unterstützung der freien Presse, werden von der Redaction der Tribüne unentgddlich abgegeben. Man kann von beiden eine beliebige Anzahl Exemplare beziehen. Wir bitten die Patrioten wiederholt, zur Verbreitung des Aufrufes und der Suhsaiptionslisten mitzuwiiken und von beiden in jeder Gemeinde ein Exemplar ciiculiren zu lassen, so wie andere in allen Gesellschaftslocalen und Gasthäusern aufzulegen. Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Freitag.
Tribüne. des
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Der 29ste Januar 1 8 3 2 . (Fortsetzung.) Wir haben gesehen, meine Herren, wie es die verfassungsmäßige Zusammensetzung der Kammer unerreichbar mache, daß ihr einziges Mittel auf den Willen der Staatsregierung vermögend einzuwirken, zur Anwendung komme; es bleibt also nur übrig, ohnmächtige Anträge, vergebliche Wünsche geduldig zu wiederholen. Es läge zwar in der Natur einer vernunftgemäßen Regierung, daß solche Anträge auch ohne äußere Nöthigung Eingang und Vollziehung fänden: es sind Resultate einer vielseitigen und darum sachkundigem Berathung, als es diejenige einzelner Minister zu sein vermag; aber was den Machthabern an Kenntniß abgeht, ersetzt reichlich jener vornehme Dünkel, der in jeder Belehrung nur eine Beleidigung sieht; jene Verblendung, welche, von vernünftigen Gründen unabhängig zu handeln, fiir eine Prärogative der Hoheit hält; jener unselige Hang zur Willkür, der aller, von Verdienst und Verantwortung unabhängigen Gewalt eigen ist - wenn auch ihre Worte versichern: „ich möchte nicht unumschränkter Herrscher sein!" und so scheitert zuletzt an dem Hange zum genußreichen Mißbrauch, an der Gewohnheit, die Laune der Gewalt fur Kraft des Willens zu halten, jeder Versuch einer volkserleichternden Abhülfe, den nicht schon die „verfassungsmäßige" Beschränktheit und Ohnmacht der Volksvertretung selbst unmöglich gemacht hat. Lesen Sie, zum traurigen Belege dessen, den jüngsten Landtags-Abschied, d. h. die Entschließungen der Staatsregierung über die Beschlüsse, Anträge und Wünsche der Stände; und wer noch an der Vergeblichkeit aller ständischen Bemühung, Mißbrauch und Willkür einzuschränken, Zweifel hegt, mag dort Gewißheit und Belehrung finden! In den Staats-Rechnungen der Jahre \B2eh, welche der Kammer der Abgeordneten zur Prüfung und Anerkennung vorgelegt wurden, fand diese Kammer eine Reihe von Ausgaben, vom Betrage von ungefähr einer Million Gulden, welchen sie, als nicht gerechtfertigt, die Anerkennung verweigerte; in Folge dessen trat für die Staats-Regierung die Verbindlichkeit ein, jene Summe wieder aufzubringen und in einer künftigen Rechnung nachzuweisen: wie weit entfernt aber die Staats-Regierung sei, sich diese Verbindlichkeit
Vaterlandes.
Homburg, den 10. Februar 1832.
gefallen zu lassen, beurkundet das Landtags-Abschied durch folgende Erklärung: „Wenn nun gleichwohl die Kammer der Abgeordneten Ausgaben, welche innerhalb der Etatsgröße zu Staatszwecken (diese „Staatszwecke" waren: ein Tanz- und Musik-Palast, ein Gemälde-Palast, ein Minister-Palast, Malereien auf die Wände von Bogengängen u. s. w.) gemacht wurden, ihre Anerkennung versagen zu können geglaubt hat, so müssen Wir auch hier Unsere verfassungsmäßigen Regierungs-Rechte verwahren." Die verfassungsmäßigen Regierungs-Rechte sind das Recht, verfassungsmäßig zu regieren·, so regieren heißt aber nicht: verfassungsmäßige Beschlüsse einer Kammer nicht achten; verfassungsmäßig ist aber ein Beschluß der Kammer der Abgeordneten, wodurch sie einer Ausgabe in den Staats-Rechnungen die Anerkennung ertheilt oder versagt: denn die Verwendung der Staats-Einnahmen zu prüfen und, in Folge dessen, anzuerkennen oder nicht anzuerkennen, dazu hat die Verfassung die Vorlage jener Rechnungen an jede Kammer geboten: sind das nun „verfassungsmäßige" Regierungs-Rechte, deren Verwahrung dagegen ausgesprochen wird? Vergeblich war also das lange Mühen der Kammer, der üppigsten Vergeudung Schranken zu setzen; vergeblich wird es bleiben, so lange die Verantwortlichkeit der Staatsregierung nichts weiter als eine constitutionelle Redensart sein wird! Die Kammer hatte ferner eine Masse von HofPensionen, welche der Staatskasse aufgebürdet worden, als nicht dahin, sondern auf die Hofkasse (Civilliste) gehörig, erklärt, und in Folge dessen sowohl zur Bestreitung dieser Pensionen, als der Hofausgaben überhaupt, die jährliche Summe von drei Millionen Gulden festgesetzt. — Darauf erklärt der Landtags-Abschied wie folgt: „Wir haben, um unserm Volke einen neuen Beweis unserer Liebe und Fürsorge zu geben, mit Vorbehalt unserer königlichen Rechte, die Feststellung des Hof-Etats auf 3 Millionen Gulden genehmigt, und hierdurch an der Civilliste, in Vergleich gegen die zweite Finanz-Periode, ein sehr bedeutendes Opfer gebracht; um so mehr müssen wir uns gegen jede Ueberbürdung von Pensionen aus der zweiten Finanz-Periode
283 zu deren Tragung dem Hof-Etat zu keiner Zeit eine Verbindlichkeit oblag, verwahren." Zur Würdigung obiger Liebe und Fürsorge und des damit verbundenen Opfers, ist zu bemerken: daß die Kammer der Abgeordneten zuerst nur 2 Vi Millionen Gulden bewilligt hatte, und erst später, durch die Anstrengungen des Ministeriums und seiner Redner, so wie durch das Verharren der Kammer der Reichsräthe auf der höchsten Civilliste, zur Annahme jener 3 Millionen vermögt wurde. Hinsichtlich der Verwahrung aber gegen die Uebernahme der fraglichen Hof-Pensionen auf den Hof-Etat, weil diesem „zu deren Tragung keine Verbindlichkeit obliege," ist zu bemerken: daß, wenn diese Pensionen nicht eben so wie jede andere HofAusgabe, durch die bewilligte Civilliste von drei Millionen hätten gedeckt werden sollen, die Kammer der Abgeordneten fiir das Ganze keine 3 Millionen bewilligt haben würde: eine Verwahrung gegen die Uebernahme jener Ausgabe, wofür man doch die Einnahme bezieht, hat also eben so viel Sinn, als wenn die Staatsregierung überhaupt, nachdem sie die bewilligten gesammten Staats-Einnahmen angenommen hat, sich dagegen verwahren wollte, nunmehr auch die Staats-Ausgaben damit zu bestreiten! Für die Unterhaltung der Armee und die Fortsetzung des Baues der Festung Ingolstadt forderte die Staatsregierung eine jährliche Summe von sechs Millionen siebenmalhunderttausend Gulden. Die Kammer der Abgeordneten bewilligte für das Heer fünf und eine halbe Million; erklärte in Betreff der fernem Kosten des Festungsbaues, daß damit unter keiner Voraussetzung die Staatsausgaben belastet werden könnten, und wies die Regierung für diese Kosten an jene Summe von 7 Millionen Gulden, welche Baiern „zum Zweck der Verstärkung des Vertheidigungssystems von Deutschland", nebst einer andern Summe von 25 Millionen Franken als Kriegsentschädigung, von denjenigen 700 Millionen Franken erhalten hatte, welche Frankreich nach seiner Besiegung im Jahre 1814 an die alliirten Mächte bezahlen mußte; zugleich forderte die Kammer die Staatsregierung auf, über beide Summen (zusammen 40 Millionen Franken) den Ständen zum erstenmale Rechnung vorzulegen; von beiden Summen war nur so viel nachgewiesen, daß ein Theil jener 7 Millionen Defensionsgelder bei der Schuldentilgungskasse hinterlegt sei, von woher solche zu erholen die Regierung von der Kammer angewiesen wurde. Darauf verfügt der Landtagsabschied, in Betreff der 5 Vi Millionen, auf welche der Militär-Etat beschränkt sein sollte: „Wir haben zwar die von der Kammer der Abgeordneten anerkannte Summe aufnehmen lassen, müssen uns aber — hiemit ausdrücklich vorbehalten, dasjenige, was für diesen hochwichtigen Zweck über diese Summen noch erforderlich sein wird, auf andere Art zu decken," eine „andere Art," die gesetzlich wäre, Staatsausgaben zu decken, als den von den Ständen dafür anerkannten Bedarf daraufzu verwenden, kennt die Verfassung nicht; die Kammer der Abgeordneten hatte nun aber „über diese Summe" (von 5 Vi Mill.) keinen höhern Bedarf für den fraglichen Zweck anerkannt und darum keine
284 weitern Geldmittel bewilligt; wie könnte denn verfassungsmäßig mehr aufgewendet werden? durch Anleheni die Stände haben keins genehmigt; durch Verwendung für diesen Zweck, von Summen, welche für einen andern votirt sind? das wäre Verletzung des Finanzgesetzes und der Verfassung; nun ist aber feierlich versichert worden: „gewissenhafter als Ich hält Niemand die Verfassung!" wie bestehen denn damit diese immer wiederkehrenden Vorbehalte und Verwahrungen gegen Beschlüsse, welche die Kammer der Abgeordneten innerhalb der engsten Gränze ihrer Befugnisse verfassungsmäßig erlassen hat? In Betreff der Kosten für den Festungsbau zu Ingolstadt erklärt der Landtags-Abschied: „in Ansehung des von den Ständen gestellten Antrags: daß zur Wiederherstellung der Festung Ingolstadt weiter die Summe von 7 Millionen bewilligt werden wolle, welche bei der Schuldentilgungs-Anstalt, in Folge der derselben zur Disposition gestellten Defensions-Gelder, succesiv zu erholen wäre, —" „ist uns genehm: daß zum bezeichneten Zweck ein allmählig zu erhebender Credit bis zu 7 Millionen Gulden bei der StaatsschuldentilgungsAnstalt eröffnet werde; ohne jedoch hierdurch an der Eigenthümlichkeit der Bestimmungen der Defensionsgelder irgend eine Veränderung zu bezielen." Anstatt also jene 7 Millionen Defensionsgelder selbst zu erholen und zum fraglichen Festungsbau zu verwenden, wie die Stände beantragt hatten, will die Regierung für 7 Millionen Credit eröffnen, d. h. zu deutsch: den Staat mit 7 Millionen neuer Schulden belasten, wozu die Stände keine Ermächtigung gegeben haben; obschon die Verfassung wörtlich erklärt, daß zu jeder neuen Staatsschuld die Zustimmung der Stände erforderlich sei; an der „Eigenthümlichkeit der Bestimmung jener 7 Millionen Defensionsgelder irgend eine Veränderung zu bezielen," ist aber mit Nichten der Wille königlicher Staatsregierung; diese sehr besondere Eigenthümlichkeit besteht aber, nach ihrer Behauptung, darin; daß jene Millionen, aller ständischen Nachfrage entzogen, und ohne irgend eine Verwendung zum Wohl des Landes, lediglich in den Händen der Staatsregierung hinterlegt bleiben sollen; „wozu? für Went" - darüber gerade soll keine Nachweisung vorgelegt werden; - eben so wenig über jene 25 Millionen Franken französischer KriegsEntschädigungsgelder, von welchen der LandtagsAbschied gänzlich schweigt. - Das Volk hat nur das Recht im Kriege zu bluten; nach dem, was durch sein Blut gewonnen worden, zu fragen, steht ihm nicht zu. „Die Staatsregierung hatte den Ständen fünf verschiedene Gesetze vorgelegt, 1) über die Censur, 2) über die Polizei der Presse, 3) über die Verbrechen und Vergehen der Presse, 4) über das gerichtliche Verfahren und 5) über die Bildung eines GeschwornenGerichts für dieselben; den drei ersten Gesetzen, welche die Preßfreiheit, unter dem Vorwand, gegen den Mißbrauch derselben zu schützen, vernichtet hätten, trat die Kammer der Abgeordneten nicht bei; die zwei letztern hingegen, wodurch den verfolgten Schrift-
285 stellern die Gewährleistung des Schutzes ihrer Mitbürger in höherm Grade geworden wäre, nahmen die Stände, beinahe unverändert, an; hierauf erklärt der Landtagsabschied: „Nachdem sich die beiden Kammern hinsichtlich der Gesetze über die Censur, die Polizei der Presse, dann über die Preß-Verbrechen und Vergehen nicht vereinigt haben, (die Kammer der Reichsräthe hatte diesen drei Gesetzen beigestimmt) so können Wir auch dem Gesammtbeschlusse über die Gesetzentwürfe, das gerichtliche Verfahren und die Bildung der Geschwornen-Gerichte betreffend, unsere Genehmigung nicht ertheilen." Die angenommenen zwei Gesetze waren anwendbar, ob auch die drei andern verworfen wurden; jene waren so angenommen worden, wie die Regierung sie vorgeschlagen hatte: warum nachher ihren eigenen Vorschlag widerrufen? — sieht das nicht einer Strafe ähnlicher, als einem Beweise der Liebe und Fürsorge? Die Stände hatten, schließlich, unter einer großen Anzahl von Verbesserungsanträgen und Wünschen, welche von der Kammer der Abgeordneten ausgegangen waren, sich über folgende vereinigt, und solche der Staatsregierung zur Annahme und Ausführung anempfohlen: 1) Antrag zur Abhülfe der, aus den CompetenzStreitigkeiten zwischen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, ftir die Rechtspflege hervorgehenden Nachtheile; 2) Anträge auf Vereinfachung des zu kostspieligen Geschäftsgangs der Verwaltung; 3) auf verantwortliche Stellung mehrerer Oberbehörden, ζ. B. der Oberbaubehörde, des Oberkirchenraths etc. 4) auf Verhütung mißbräuchlicher Quiescirung und Pensionirung von Staats-Beamten; 5) auf Revision des Heer-Ergänzungs-Gesetzes, zur Abkürzung unnöthiger Dienstzeit, Ausbildung der Volksbewaffnung etc.; 6) auf Erlassung eines Gesetzes zur Abhülfe gegen eine Menge von Hindernissen, welche, aus dem zehentherrlichen und dem Feudal-Verhältnisse, einer bessern Landeskultur im jenseitigen Baiern entgegenstehen; 7) auf Ergänzung des Cassationsgerichts des Rheinkreises, zu welchem Zweck die Stände eine jährliche Summe von 7000 fl. aus den Staats-Einkünften bewilligten. Auf diese Anträge entgegnet der Landtagsabschied: theils - man wolle „in reife Erwägung ziehen" (1. 6.); theils — man sei „den Wünschen längst zuvor gekommen" (2. 3. 4., d. h. derjenige Zustand, dessen Verbesserung verlangt wurde, sei die Verbesserung); theils — man finde „keine genügende Veranlassung, dem Antrag zu willfahren" (5); und — genehmigt und in Erfüllung gesetzt? - keiner! Zur belohnenden Anerkennung aber, daß die Kammer der Abgeordneten sich durch gründliche Berathung, durch die vielseitigsten und umfassendsten Vorschläge in jedem Zweig der öffentlichen Angelegenheiten verdient gemacht habe, — schließt der Landtagsabschied mit folgenden beherzigenswerthen Worten: „Wir bemerken noch, daß sich die vielfache Einmischung in Gegenstände des Organismus und
286 der Verwaltung — zum Wirkungskreise der nicht eignet1."
Stände
Nach diesem Ueberblicke über den beschränkten Wirkungskreis, den die Verfassung der Volkskammer zugemessen hat, die ungünstige Zusammensetzung dieser Kammer, und die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen, so lange die Wirksamkeit derselben von der Uebereinstimmung der entgegengesetztesten Interessen und der bloßen Willkür abhängig bleibt, — sind Sie nun im Stande zu ermessen: Welchem Grunde Sie die Täuschung Ihrer großen Erwartungen von dem Landtage des Jahres 1831 zuzuschreiben haben, und ob von daher allein jemals eine wirksamere Beförderung der gerechten Volkswohlfart zu erwarten sei? Nein; bei dieser Ohnmacht der Volksabgeordneten, muß die Abhülfe von den Bürgern selbst ausgehen: Licht muß unter Ihnen verbreitet, - helle Einsicht in Ihre Staatsinteressen allgemeiner werden; wie Ihre eignen Pflichten, so müssen auch diejenigen der Staatsregierung und der Volksvertreter immer mehr zu Ihrer Kenntniß gelangen: damit die alles verbessernde Macht der öffentlichen Meinung sich bilde, deren Stimme, auf die Dauer, kein Gebrechen, kein Mißbrauch, keine Willkür zu widerstehen vermag! Wer aber verbreitet dieses Licht, erzeugt diese Erkenntniß, und fördert den Bürger zur einsichtsvollem Theilnahme an den wichtigern Angelegenheiten unsers Staatslebens? Wer anders, als: die freie Presse! Ihr ist das Erwachen zu freisinniger Begeisterung zu verdanken, welche hinaus in das öffentliche Leben, an die Stelle der engherzigen Selbstsucht, getreten ist; ihr zu verdanken, daß jetzt kein Gutgesinnter dem Andern mehr fremd ist, daß jeder fortan nur im Wohlsein Aller auch das Seinige sucht! Ehre daher, den hochverdienten Männern der freien Presse! Wir haben das Glück, die würdigsten Zwei heute in unserer Mitte zu sehen: Hohe Ehre, dankbare und kräftige Unterstützung den erprobten Freunden des Volkes, seinen muthvollen Stimmfuhrern! „Der erleuchteten Tribüne," „dem patriotischen Westboten," ein feierliches Lebehoch! Nach Beendigung dieser Rede überreichte ein Mädchen in Begleitung einer Bürger-Deputation Herrn Schüler die „Bürgerkrone." Diese feierliche Handlung war mit folgender Anrede begleitet: „Gerührt blickt heute der Genius des Vaterlandes auf den verdienstvollsten seiner Bürger, — auf den unbefleckten Volksdeputirten, auf Friedrich Schüler, und schmückt dessen Haupt mit dem schönsten Zeichen seines Dankes, — „„mit der Bürger-Krone!"" und blickt auf zum Himmel und betet: „„ Gott segne, Gott erhalte Schüler!"" (Fortsetzung folgt.)
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Tages-Chronik England. London, 4. Febr. Wohl unterrichtete Personen in der Politik finden in der Ratification des belgischen Vertrags von Seiten Frankreichs und Englands mehr Anlaß zu Besorgnissen, als Aussichten auf Erhaltung des Friedens. Denn so lange der Vertrag noch von keiner Macht ratificirt war, hätte man immer noch hoffen können, die von Rußland verlangten Modificationen eintreten zu sehen, jetzt aber, wo er von einem Theil der Mächte ratificirt sei, müsse diese Hoffnung schwinden. Wie solle also der gordische Knoten anders als durch das Schwerdt gelößt werden? Lord Palmerston hat zwar in der gestrigen Sitzung des Unterhauses versichert, die noch fehlenden Ratificationen würden nachfolgen, allein Niemand will dieser Versicherung Glauben schenken, selbst der Courier setzt große Zweifel darein und bringt in Erinnerung, wie das Publikum durch ähnliche Versicherung vor dem 31. Januar getäuscht worden sei. — Mit jedem Tage vermehren sich die Schwierigkeiten, welche der Reformbill entgegen stehen. Man kennt die Maßregeln nicht, welche Lord Grey zu ergreifen beabsichtigt, allem Anscheine nach ist er selbst noch unentschieden, und will die Entwicklung der nächsten Ereignisse abwarten. Frankreich. Es hat sich keines der ministeriellen Journale dazu hergeben wollen, die vorläufigen Verhaftungen in Preßsachen zu vertheidigen, so daß Hr. Gisquet, Polizei-Präfekt, sich entschließen mußte, diese Vertheidigung selbst zu übernehmen. In einem Artikel, den er zu diesem Behuf allen Journalisten sandte, kömmt folgende Stelle vor: „Es ist erwiesen, es ist unwiderlegbar, daß alle feindseligen Journale, obgleich verschiedener Meinung, in ihren gemeinschaftlichen Angriffen gegen die Regierung ganz einverstanden sind, und daß sie einen und denselben Zweck verfolgen, den Umsturz des Juli-Throns. - Das polnische NationalComitee hat an die polnischen Krieger einen Aufruf erlassen, voll Begeisterung und Wärme. Sie werden an die lebhafte Theilnahme und brüderliche Aufnahme erinnert, welche sie allenthalben gefunden, die Aussicht wird ihnen eröffnet, daß die Stunde der Rache vielleicht bald schlage und der Stern der Freiheit über ihr Land wieder aufgehen werde, und endlich werden sie ermahnt, nicht als Sklaven auf einen von Basquiren entweihten Boden zurückzukehren, den sie als Eroberer wieder betreten können. Die Tribune, aus der wir diese Proklamation entnehmen, fügt bei, ja wackere Brüder des Nordens, laßt uns Alle in die Zukunft der Völker Vertrauen setzen, laßt uns die Könige nachahmen, welche sich vereinigen, um uns zu unterdrücken, laßt uns gleichfalls eine Allianz schließen, aber eine wirklich heilige, und mit vereinten Kräften an der Emancipation der Welt arbeiten. Paris, 6. Februar. Unser Ministerium hat nicht nur die Invasion Oestereichs in Italien förmlich gutgeheißen, sondern sich mit Rußland, Oesterreich und Preußen durch Verträge dahin verbunden, ihre Kräfte zur Unterdrückung jeder Revolution zu vereinigen, welche in Zukunft irgend wo in Europa ausbrechen dürfte. Dieser Uebereinkunft zufolge sollen die nordischen Mächte Belgien durch Ratifikation Gedruckt auf der Presse des Volkes.
des Vertrags vom 15. November anzuerkennen verweigert haben. Wir mögen nach Allem, was wir von Herrn Perier gesehen, die Möglichkeit eines solchen Vertrages nicht bestreiten. - Der Courier des Electeurs meldet: Nach erhaltenen Depeschen aus Toulon sind schon 1500 Mann Linientruppen für Italien eingeschifft, denen weitere 5000 ehestens folgen werden, um Civitavecchia zu besetzen. Man will in den Legationen eine solche Organisation treffen, daß die französischen Truppen mit den österreichischen in keine Berührung kommen. Inzwischen was soll aus diesen 6000 Mann im Falle eines Krieges mit Oesterreich werden? Was aus dem von Frankreich ausgesprochenen Prinzip der Nicht-Intervention? — Diese Nachricht des Courier des Electeurs ist noch sehr zweifelhaft, da keines der ministeriellen Journale Erwähnung davon macht. Italien. Bologna, 27. Jan. Die Oestreicher haben alle Anhöhen besetzt, welche die Stadt dominiren. Sie wollen zu 4 Thoren zu gleicher Zeit eindringen. Wenn sie allein einrücken, dürften sie keinen Widerstand finden, wenn sie aber blos den Päbstlichen als Begleitung dienen, werden die Lastträger und Arbeiter, welche durch die Metzeleien in Forli und Cesene im höchsten Grade erbittert sind, verzweifelten Widerstand leisten. Die Romagne ist ganz besetzt, die Straße von Toscana unterbrochen, so daß den compromittirten Patrioten kein Ausweg zur Flucht übrig bleibt. Den 28. Morgens 8 Uhr. So eben rücken die Oestreicher ein, es hat keine Unordnung Statt gefunden.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nr. 35: 78 fl. 14 kr. - W. Cornelius, 2 fl. 20 kr. Geib, Advokat, 3 fl. Fein, Mitredacteur der Tribüne, 5 fl. Wilhelm, 2 fl. 20 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Ein Ungenannter 6 kr. J. Schmidt, 12 kr. Ein Ungenannter, 12 kr. Für eine Freundin, 30 kr. Zusammen monatlich 92 fl. 6 kr. Ed. Fein, Student in H e i d e l b e r g , 1 fl. Anger, in V o g e l b a c h , 1 fl. 24 kr. monatlich. A n z e i g e . Der zweite Redacteur der Tribüne, Herr Fein aus Braunschweig, ist gestern hier angekommen. Es wird nun in der Herausgabe der Tribüne keine Unterbrechung mehr statt finden, so wie auch der innere Werth des Blattes durch die gediegenen Aufsätze seines zweiten Redacteurs vermehrt werden wird. Homburg, 9. Februar 1832. D. R. d. d. T.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Samstag.
Tribüne. des
N— 3 7 . Der 29ste Januar 1 8 3 2 . (Schluß.)
Hierauf brachte Herr Faber aus Zweibrücken folgenden Toast aus: „Die Wahl eines Ausschusses der Bürger Zweibrückens hat mich beehrt, im Namen der Staatsbürger von da, ja auch im Namen der Staatsbürger des ganzen Kreises, — Ihnen die wohlverdiente Danksagung für Ihr ruhmvolles Bestreben bei der Ständeversammlung, abzustatten." „Durchdrungen von den heisesten Gefühlen der Dankbarkeit, haben die Bürger sich versammelt, um der Welt zu zeigen, wie Sie verdienstvolle Abgeordnete, die ächte und treue Freunde des Volks sind, - zu schätzen wissen." „Hätte jeder Abgeordneter so felsenfest wie Sie und wenige andere, seine Sendung erfüllt, so würde Baierns Constitution ein Vorbild für ganz Deutschland, ja vielleicht für ganz Europa geworden sein." „Wir haben noch mehrere würdige Deputirte im Rheinkreise, ja auch noch viele im Mutterlande, die den Namen als wahre Volksvertreter verdienen, auch diesen zollen wir unsern Dank." „Damit aber auch, wenn wir alle schon in Asche liegen, der Nachwelt ein Andenken unserer heiligen Dankbarkeit für Sie zurückbleibe, mögen alle Edlen, die es mit der guten Sache halten, den im Monat März geborenen Kindern Ihren Namen Friedrich oder Friedricka beilegen, wo alsdann bei jedem Taufmale, dem verdienstvollen Abgeordneten Friedrich Schüler ein Lebehoch gebracht werden wird, in welches auch wir mit einstimmen, und rufen: Es lebe unser verehrter Abgeordneter, der felsenfeste Schüler." Ein donnernder Jubelruf folgte diesem Toaste. Der Geist des Volksthums schwebte über der Versammlung. Zunächst erhob sich nun Herr Dr. Siebenpfeiffer, Redacteur des Westbotens, und sprach zu den begeisterten Bürgern den Toast: „Das Eine, wofür wir erglühen etc." welcher in Nr. 37. des Westbotens bereits publicirt worden ist. Nun traten die Deputationen von Neustadt und Kaiserslautern vor, um Herrn Schüler die votirten DankAdressen zu überreichen. Jene von Neustadt, welche von Heim Fr. Κ Bruckner, Oberlehrer an der lateinischen Schule daselbst, mit einer trefflichen Anrede begleitet wurde, lautet also:
Vaterlandes.
Homburg, den 11. Februar 1832.
„So niederschlagend das Benehmen vieler Depu tirten der baierischen Kammer für den aufrichtigen Volksfreund war, eben so erhebend ist es für denselben, wahrzunehmen, daß bei weitem die meisten unserer Mitbürger sich beeifern, den würdigen Männern, welche man als treue Vertreter ihrer Committenten kennt, ihre dankbare Verehrung zu bezeigen." „Die unterzeichneten Bürger des Kantons Neustadt können es sich nicht versagen, die Gelegenheit, welche der heutige, festliche Tag darbietet, zu benutzen, um dem größten Patrioten der baierischen Volkskammer einen schwachen Beweis ihrer unbegränzten Verehrung zu geben." „Wtr erkennen es mit dem aufrichtigsten Danke, daß Ihr Geist mit seltener Klarheit die hohe Aufgabe erfaßte, welche ein Abgeordneter des Volks in unserer Zeit und bei der jetzigen Lage Baierns zu lösen hat, — wir erkennen es mit dem Gefühle wahrer Ehrfurcht, daß Sie mit seltener Charakterstärke auf der Bahn des Lichts, der Freiheit und des Rechts dem hohen Ziele entgegenschritten, und wir fürchten nicht, uns dem Verdachte der Schmeichelei auszusetzen, wenn wir Sie, ein würdiges Vorbild ächter Volksvertreter nennen; denn was wir aussprechen, ist die Stimme aller Gutgesinnten im Lande." „Weder Menschenfürcht, noch lächerliche Eitelkeit, weder feiler Eigennutz, noch unmännliches Buhlen um einen gnädigen Blick von Menschen, die höher gestellt sind in der Hirarchie des Staates, würde manchen Einsichtsvollen geblendet, und manchen Kräftigen gelähmt haben, wenn er Hand in Hand mit Ihnen hätte wandeln wollen. Eine andere Civilliste, ein anderer Militäretat, die Beseitigung mancher drückender Ausgaben, vollkommene Preßfreiheit, ein Heer, das seine Verfassungstreue durch einen Eid besiegelt hätte, vom Volke gewählte, und nicht durch unverdiente Begünstigung eingeschobene Richter und Vermittler, oder — eine neue Kammer, wäre dann die köstliche Frucht des jüngsten Landtags gewesen. Mit hohem Selbstgefühle könnten die, welche so großes errungen, auf ihr schönes Werk hinsehen; — viele würden heute nicht nöthig haben, ihr Thun zu bereuen, und Baiern, ja ganz Deutschland, müßte die baierische Volkskammer segnen." „Doch es sollte anders werden, ein so freundliches Loos war uns noch nicht beschieden. Wer kennt der höhern Mächte Rath? Wir sollen vielleicht nur trauern, damit unsre Freude desto vollkommener werde. Wohl aber dem, der, wie Sie, sich sagen kann, er habe seinem Vaterlande keine Seufzer und keine Thränen bereitet! Ihn lohnt das Be-
291 wußtsein erfüllter Pflicht, sein ist die Liebe, die Achtung und der Dank seiner Mitbürger. In den Gauen der Pfalz, am schönen Haardtgebirge, am Vater Rhein, unter den biedern Bewohnern der westlichen Gegenden unsers Kreises, ertönt aus dankbaren Herzen der Ruf, der heute widerhallt bei dem festlichen Mahle:" „Heil! Heil und Segen unserm Schüler, der Krone unserer Volksvertreter! Kindern und Enkeln wollen wir noch von Ihm erzählen, daß auch sie Ihn segnen! Der Himmel erhalte Ihn uns, erhalte Ihn dem Vaterlande noch lange, lange!" „Dieses ist der ungeschminkte Ausdruck unserer Hochachtung, unseres Dankes und unserer Liebe, die wir für Sie, geehrtester Mann! hegen werden, so lange wir leben." Die Adresse von Kaiserslautern hat folgenden Inhalt: „Haben alle Volksvertreter, die auf Abstellung von Einrichtungen hinarbeiten, welche die Menschenrechte verkennen, Anspruch auf Verehrung, verpflichten diejenigen sich ganz besonders alle und jeden ihrer Mitbürger, so bei ihrem festen Willen — sich über die gewissenhafte Verwendung der Staatsrevenüen und Nothwendigkeit der Ausgaben, unter Berücksichtigung sowohl der individuellen Bedürfnisse als der allgemeinen Staatszwecke, zu vergewissern — sich in eine gründliche und durchgreifende Revision des Gesammtstaatshaushalts einlassen — sogar mit Hintenansetzung ihrer eigenen Erhaltung - um, wo nur immer thunlich eine Erleichterung herbeizufuhren, an der auch der letzte Staatsbürger Theil nehme; so glänzt unter solchen der unerschütterliche Abgeordnete, eine Zierde der rheinländischen Patrioten, Herr Schüler:" „Seinen rastlosen Arbeiten hauptsächlich sind die gewordenen Steuerherabsetzungen zuzumessen, welche ausser den abgestellten indirekten Abgaben - dem Zehntel — weit über 300,000 Gulden für die diesseitige Provinz betragen." „Mag derselbe auch in dem Bewußtsein das Beste seiner Mitbrüder besorgt zu haben — den Lohn für seine gebrachten Aufopferungen finden, dürften sich diese nichts desto weniger doch verpflichtet fühlen, demselben persönlich nir die ihnen zugewendeten Vortheile und Erleichterungen den verbindlichsten Dank abzustatten." „Zu dem Ende beauftragen die unterzeichneten Bürger der Stadt Kaiserslautern die Herren Daniel Maret sen., Anwalt Lippert, Anwalt Gravius und Simon Schneider, Namens ihrer dem wackern Deputirten und Patrioten Herrn Schüler für die treue und gewissenhafte Erfüllung seines Mandats zu danken, und die Anerkennung der gegen sie erworbenen Ansprüche darzubringen." „Möge an diesem Felsen noch Mancher scheitern und derselbe uns, sowie allen ächten Verehrern würdevoller Freiheit, noch lange als Schirm und Schutz gegen sich selbst erniedrigende Menschen vergönnt sein!" Folgen die Unterschriften. Herr Advocat Jakob sprach als Organ Landaus in gleichem Sinne die Gefühle des Dankes jener erleuchteten Gegend aus. Im Namen Homburgs hielt Herr Notär More folgende Anrede: „Noch ist in Deutschland der Tag der Freiheit nicht erschienen. Mehr oder minder lastet die Finsterniß geistiger
[292] Bedrückung auf den Völkern. Aber die Völker sind mündig geworden und fordern mit immer lauterer Stimme ihre unveräußerlichen Rechte von den Fürsten zurück." „Und aus der Mitte der Völker erstehen kraftvolle Männer, gleich einzelnen Lichtfunken, die leuchten als glänzende Sterne über die Länder hin, lichtverbreitend in der Dämmerung. Die erwachenden Völker aber jubeln den Sternen entgegen, freuen sich des mehr und mehr sich verbreitenden Lichtes; und in herrlicher Wechselwirkung erglüht enthusiastisch das Volk, erstarken die Sterne in immer schönerem Glanz, bis aus ihrer und des Volkes inniger Vereinigung die Sonne sich erzeugt, und es Tag wird in unserm lieben Vaterlande." „Heil uns! daß wir mit Zuversicht diesem Tag entgegen sehen. Heil uns!" „Unter den Sternen erster Größe aber glänzen ausgezeichnet Schüler, der König unseres Festes, und seine treuen Gefährten. Nicht genug können wir Schülers großen Geist verehren; er ist eine Zierde Deutschlands, Europas. Mit dankerfülltem Herzen bringen wir im Namen des Rheinkreises, im Namen unseres ganzen deutschen Vaterlandes ihm ein dreifaches feierliches Hoch. Schüler, unser Stolz, er lebe hoch!" N u n folgten im freudigen Enthusiasmus Toaste auf Toaste: 1) Von Herrn Lellbach: „Dieser Toast sei allen deutschen Biedermännern gebracht, die gleich unserm würdigsten Volksvertreter Schüler, mit ausdauerndem Muthe und unerschütterlicher Festigkeit, die heilige Sache der Völker vertheidigen und keine Opfer, keine Anstrengungen scheuen, dies hohe edle Ziel zu erreischen. Bei Festen und Toasten dürfen wir aber nicht stehen bleiben, um diese Edeln zu würdigen! Wir müssen uns der Thatkraft weihen, wir müssen handeln, und insbesondere durch politische Bildung, durch Verbreitung des Bürgerthums, ihnen die Gewißheit geben, daß wir ihre Opfer, ihre Anstrengungen zu würdigen wissen. Wir werden unsern Gegnern dadurch zeigen, daß wir dieser hohen Bestimmung würdig sind." „Wir werden Lasten enthoben werden, die noch von wenigen genannt und ausgesprochen worden." „Laßt diesen Toast ertönen, daß er in unsern und den entferntesten Gegenden Deutschlands wiederhalle, zum Zeichen, daß wir den Weg betreten, den Sie uns bezeichnet, um zu dem edelsten aller menschlichen Ziele zu gelangen." „Es wird der höchste, der größte Lohn dieser treuen, wahren Volks- und Vaterlandsfreunde sein." 2) Von Herrn Savoye: „Der strahlendsten Erscheinung am politischen Firmamente, unsere Schmach, unser Stolz zugleich, unserem höchsten Vorbilde im Kampfe gegen den Absolutismus — den Vorkämpfern für Freiheit und Recht: Polens Heldensöhnen!" 3) Von Herrn Daniel Helwig: „Von Liebe und Hochachtung durchdrungen fühle ich mich berufen, Sie in einem Toast hoch leben zu lassen. Nicht in einer glänzenden Rede kann ich Ihnen meine Liebe, meinen Dank ausbringen, sondern die wahren Gefühle meines Herzens, das ganz Ihre großen Verdienste und Hand-
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293 lungen würdigt, welche Sie in unserer jüngsten Volkskammer auszeichnete. Es lebe der erhabene Volksvertreter! Es lebe dieser Mann, dem nicht Hofduft seine Geistes- und Seelenstärke lähmte! Es lebe dieser, der das baierische Volk in seine constitutionelle Rechte, und das Königthum in die Schranken der Constitution wies! Es lebe der Edelste der edlen Männer Deutschlands hoch!" 4) Von Herrn Pfarrer Hochdörfer aus Sembach: „Meine Herren! Liebe Mitbürger!" „Gewiß sagt sich Jeder: das ist der schönste Tag meines Lebens. Wem verdanken wir das? Ich will versuchen, es kurz auszusprechen." „Ja, meine Herren! das Volk ist nicht blos auch ein Recht, sondern es ist unter allen Rechten das älteste Recht, dasjenige Recht, welches unmittelbar von Gott stammt, das alleinige wahrhaft göttliche Recht. — Dieses Recht nun geltend gemacht in und durch Gesetz und Staatsverfassung: das ist die Volks-Souveränität. — Die Volks-Souveränität ist daher die Majestät aller Majestäten." „Die Volks-Souveränität entwickelt und sichert allseitig des Menschen und des Bürgers Recht, und gewährt allein Schutz und Sicherheit der Person und des Eigenthums." — „Die Volks-Souveränität schafft Gleichheit des Gesetzes und vor dem Gesetze für alle ohne Ausnahme." „Die Volks-Souveränität bringt Sparsamkeit und weise Ordnung in den Staatshaushalt; und Glück und Heil in die staatsbürgerliche Gesellschaft." „Die Volks-Souveränität führt die Sonne der Freiheit, führt das Glück der Civilisation über alle Völker herauf." „Die Volks-Souveränität, obgleich bei uns jetzt noch nur kümmerlich entwickelt, setzt uns in Stand, solche Tage zu feiern, wie der heutige: — Tage der Belohnung treuer Volksvertretung. — Hoch! hoch! dreimal hoch lebe darum die Volks-Souveränität!" — 5) Vom Redakteur der deutschen Tribüne: „Den Zierden des heutigen Festes, den treuen Deputirten Rheinbaierns, die für die Sache des Volkes mit unerschütterlicher Treue und Festigkeit an Schülers Seite kämpften, den Herren Ritter, Schoppmann, Brogino und Jourdan." Allgemein war die Begeisterung der Versammlung; man fühlte sich getrieben, den Gefühlen in einem Gesänge Worte zu geben. Mit ergreifender Sympathie wurde daher folgendes von Herrn Christian Scharpffin Homburg gedichtetes Lied abgesungen: Eint euch alle, Es erschalle Donnernd unser Festgesang: Den Gefeierten zu ehren, Es den Mächtigen zu lehren, Das ist freier Herzen Klang! Wahrheit siege! Es erliege Feiler Künste eitler Hort; Und der Throne Stolz erkenne, Daß des Unmuth's Flamme brenne, O b der Täuschung schnödem Wort.
Blut und Habe, Freie Gabe, Hat die Willkühr frech entweih't; Deutschlands Boden ward gerettet, Von Tyrannen ist gekettet Noch sein Volk, das ihn befreit. Es erstehe! — Nimmer flehe Es vor Thronen, ihm verhaßt! Seine Freiheit m u ß erblühen, Wird es stolz für sie erglühen, Bricht's die Fesseln, kühn erfaßt. Ordnung, Friede, Ewig biete Sie umsonst des Heuchlers Mund! Ordnung m u ß durch Licht gedeihen, Freiheit m u ß den Frieden weihen, Nicht der Kön'ge finstrer Bund. Bürgerehre Wachs', und mehre Wackrer Männer starke Zahl, Die, wie Schüler, standhaft streiten, Fest durch Ihn, zum Kampfe schreiten! Volk, dich ehrt nur solche Wahl! Schüler lebe! Es erhebe Zu den Sternen sich das Hoch! Daß der Ewige es walte, Diesen Edeln uns erhalte Lange, lange, lange noch! Der Redakteur der Tribüne las hierauf nach eingeholter Erlaubniß der Gesellschaft den Aufsatz vor, welcher unter dem Titel „Deutschlands Demüthigung" am andern Tage in jenem Blatte (Nro. 29.) erschienen ist. Die häufige Unterbrechung des Vortrages, durch Zeichen der Sympathie, und das allgemeine Verlangen wiederholter Ablesung einzelner Stellen bewies, daß nur in Worten wiedergegeben war, was in den Herzen Aller lebte. Es folgten sodann noch mehrere Toaste, namentlich: 1) von Herrn Frey in Neustadt: „Den edlen Bewohnern Zweibrückens·. die seit langer Zeit, durch ihren Freisinn und Liberalismus sich auszeichneten, und uns heute durch dieses Fest einen neuen Beweis ihrer Achtung für wahre Bürgertugend geben, ein Lebehoch." 2) Von Herrn Philipp Heintz in Zweibrücken: „Meine Herren! Theuer ist uns die Wahrheit, theuer ihre Verkünderin, die freie Presse, die alles sieht, gerecht richtet, die Gleichgesinnten einet und mächtig macht. Ja, ich wiederhole es, die Preßfreiheit ist das größte Gut aller Völker; das unschätzbare Mittel, dieselben zu belehren und Freiheit und Licht zu verbreiten. Kampffertig sei unser Arm, wenn es ihrer Vertheidigung gegen rechtlose Angriffe gilt. Die freie Presse und ihre würdigen Organe leben hoch!" 3) Vom Herrn Christian Scharpffans Homburg: „Meine Herren! Unsere Zeit fordert es, mit Entschie-
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[295] denheit aufzutreten, sie fordert es, die Ueberzeugung, von der man im Innersten beseelt ist, ohne Rückhalt auch öffentlich auszusprechen. Man hat umsonst bisher zwischen Thron und Volk eine Vermittlung versucht; wer das System der Kabinete beobachtet, wie dasselbe, trotz des Widerstreites der bessern öffentlichen Aufklärung, fort und fort dahin geht, eine, vom Volke abgeschlossene, Macht zu bilden, mit selbstsüchtigen Zwecken, eine Macht, welcher die Zwecke des Volkes, dessen gesammten Kräfte und theuersten Interessen, als bloße Mittel geopfert werden sollen, wer dieses Streben der Cabinete beobachtet, muß das Vertrauen aufgeben, daß eine vernünftige Vermittelung in der versuchten Weise möglich sei. Das Grundübel liegt darin, daß der Organismus der Regierungen auf dem Unsinne des sogenannten göttlichen Rechts beruht, statt aus der Vernunft, und dem mündig gewordenen Willen des Volks hervorzugehen." „Es hat deshalb der Kampf der Prinzipien begonnen, der hier kein vermittelnder, der nur ein vernichtender sein kann; der Kampf des Volksprinzips mit dem Absolutismus; der Kampf des freien Bürgerthums mit den barbarischen Institutionen einer verschollenen Zeit, der Kampf der Volkshoheit mit der Königshoheit. — Für welcher Sache Sieg unsere Brust entflammt sei, sprechen wir laut dies aus: es lebe der Sieg der Volkssache, es lebe der Sieg alles dessen, was an diesem Feste in den Herzen freier Bürger so herrliche Begeisterung fand." „Meine Herren! Es sind die Organe der öffentlichen Meinung, welche das Volk in diesem Kampfe führen werden. Diesen Organen Schutz und Ehre, vor allen Schutz und Ehre, der in unserm Rheinkreise, mit so entschiedener Kraft, auftretenden Opposition, die für alle gebrachten Opfer nur des Volkes Begeisterung für die Sache der Freiheit will; auf die ganz Deutschland, sammt dem unterdrückten und getäuschten Europa, schon jetzt seine Blicke richtet, dieser Opposition, der entschiedensten Stütze und Verkünderin der Freiheit,
Schutz und Ehre und donnerndes
Hoch!"
4) Von Herrn Advokat Glaser in Zweibrücken. „Bei einem Nationalfeste, wie bei dem heutigen, geziemt es sich auch, derjenigen zu gedenken, welche zwar nicht in Person unter uns gegenwärtig sind, deren Geist aber in diesem Augenblick uns unsichtbar umschwebend die erhabenen patriotischen Gefühle belebt, die uns Alle so mächtig durchdringen. Darum allen den edlen Männern überall, welche von dem göttlichen Hauche der Freiheit und des Lichtes angefacht, von reinen patriotischen Empfindungen durchglüht, dem Rufe der Zeit lauschend und ihm folgend, die Bedürfnisse und Rechte des Volkes nicht nur erkannt haben, sondern auch als muthige Streiter für sie in die Kampfbahn getreten sind, die des Volkes Freiheit und Rechte durch Wort und That unerschütterlich und unbestechlich gegen die Anmaßungen einer auf veralteten Vorurtheilen gegründeten Macht verfochten und vertheidigt, und welche die finstern Geister eines freiheitsmörderischen Zeitalters zu verscheuchen, so wie der Bahn zur Verwirklichung der großen Idee Gedruck auf der Presse des Volkes.
deutscher National-Einheit zu ebnen und zu lichten sich bemüht haben - allen diesen ein Lebehoch!" Was am Ende den schönsten Anklang fand, war folgender Toast eines Greises: ,Allen Völkern ihr Recht, Wer Gnade begehrt, ist schlecht!" Der Toast kam von einem Manne, der wegen seiner Liebe zur Freiheit vor 40 Jahren aus Deutschland vertrieben wurde und nun die Erstlinge der Freiheit in Deutschland wiederfindet. Doch genug nun der Beschreibung des Festes. Dasselbe war ernst, groß und bedeutungsvoll. Wir sehen dasselbe fur etwas mehr an, als eine bloße Dankbezeigung braver Männer gegen einen würdigen Volks-Repräsentanten. Wir erblicken vielmehr darin den Grundstein der politischen Reform unseres Vaterlandes. Die erste Frucht des Festes war die Bildung eines deutschen Vaterlands-Vereins zur Unterstützung der freien Presse. Möge Jeder der herrlichen Männer, die dem schönen Feste beiwohnten, und Jeder der erleuchteten Deutschen, die im Geiste bei dem Feste anwesend waren, die Beförderung jenes Vereines zu einer Aufgabe seines Lebens machen. *) Tages-Chronik. Frankreich. Paris, 7. Februar. Unsere Hoffnung, aus dem provisorischen Zustand herauszukommen, wird nicht in Erfüllung gehen. Bei dem Gang, welchen die Discussion des Budgets genommen, bleibt nichts anders übrig, als zu neuen provisorischen Zwölfteln die Zuflucht zu nehmen. Schon 22 Tage dauert jetzt die Discussion, und noch sind kaum 13 Paragraphen des Entwurfs erledigt, welcher deren 131 umfaßt. Es ist daher nicht denkbar, daß bis Ende März das Budget votirt sein könne. - Die gestrige Sitzung der Deputirtenkammer war wichtig, wegen der Geständnisse der Minister, zu denen sie Veranlassung gab. Der Minister-Präsident nahm die Chouans und Emigriten in seinen Schutz; ihre Pensionen angreifen, hieße nach ihm die Charte von 1814 verletzen. Hr. Viennet hatte die Gutmüthigkeit, zu bekennen, daß man die neue Charte zu schnell gemacht, und nicht gewußt habe, was man thue, indem man den Art. 60 ohne Diskussion beibehielt. Herr Odillon-Barrot und Laffitte erklärten, die neue Charte könne wohl die Restauration befestigen, keinesweges aber ein System entwickeln, welches einer aus den Barricaden hervorgegangenen Regierung angemessen wäre. Mit einem Worte, es wurde der Fundamental-Pact unsers constitutionellen Gebäudes so critisirt und in Frage gestellt, daß die Discussion die Behauptung des Herrn Cormenius über
die Nothwendigkeit
eines National-Congresses
und der
Primair-Versammlungen vollkommen rechtfertigte. -
Zweibrücken, 10. Februar. Von dem deutschen Vaterlandsvereine zur Unterstützung der freien Presse ist zur Befreiung des Dr. Grosse aus dem Gefängnisse ein Cautions-Dokument über 500 fl. schon vorgestern nach München gesendet worden; auch wurden zur Verpflegung der Familie des Hrn. Dr. Grosse monatlich 50 fl. ausgesetzt, wovon die erste Monatszahlung ebenfalls bereits abgesendet worden ist. *) Die Toaste in den Nebensälen und einige andere Vorträge von Herrn Fiz und Herrn Advokat Jakob sollen nachfolgen.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Sonntag.
Tribüne. des
N— 3 8 . Der Bund der Könige.
Wir haben in diesen Blättern öfter geäußert, daß die Könige sich verbunden haben zur Unterdrückung der Völker. In der Geschichte der Vergangenheit, wie der Gegenwart liegt der Beweis: in dem Zustande Deutschlands die Frucht, welche jener finstere Bund den Völkern bereitet hat. Sobald ein Strahl des Lichts in einem Lande Eingang findet, sobald die bessere Natur des Menschen in irgend einem Volk rege wird, schließt der Bund sich fester. Darum gewinnt er auch in unserer Zeit neues Leben und erhöhte Schwungkraft. Worin der nächste Plan dieses gesegneten und gnadenreichen Fürsten-Bundes bestehe, sagt uns die Münchner politische Zeitung, und, da sie die Hofzeitung ist, der Münchner Hof selbst. Um den betreffenden Artikel jener Zeitung, bevor wir ihn mittheilen, verständlicher zu machen, muß eine Entwicklung dessen vorausgehen, was die Völker und was die Könige unter der „Revolution" verstehen. Wenn die Könige in dem Mißbrauche ihrer Gewalt so weit gekommen sind, daß sie alle Rechte des freigebornen Menschen mißhandeln, alle Zwecke der Gesellschaft jenen der Launen und der Willkür des Königs unterordnen und mit der Sklaverei des Geistes auch noch die Last unerschwinglicher Steuern verbinden; wenn, sagen wir, ein solcher geistiger und physischer Druck das gute Volk zur Verzweiflung bringt, da bricht zuweilen der zu hoch gespannte Bogen, da erhebt sich endlich einmal die Kraft des Volkes gegen den rechten Ort, gegen seine Peiniger, und fordert mit Gewalt, was ihm gebührt, - das Recht des Menschen und die Freiheit des Bürgers. Jede Revolution wurde durch das Uebermaaß der Sünden eines Königs veranlaßt, jede durch die Unerträglichkeit der Tyrannei, zu welcher der Mißbrauch der königlichen Gewalt gesteigert worden war. Welche Leiden auch aus den Revolutionen für die Gesellschaft nebenbei entsprungen sein mögen, so sind diese doch nicht nothwendig, sondern nur zufällig, nicht bleibend, sondern nur vorübergehend. Immer war aber die durchgeführte Revolution der Sieg der Vernunft über den Unsinn, der Freiheit über die Tyrannei, der Volks-Interessen über die egoistischen Zwecke feindseliger FürstenFamilien — mit einem Worte ein Sieg des guten Volkes über einen treulosen König. Zweck der Revolution war ferner immer: die durchgreifende Verbesserung eines fortan unerträglichen Zustandes der Gesellschaft, eine Verbesserung, die aller Vorstellungen und aller Bitten ungeachtet auf dem Wege friedlicner Reform von den
Vaterlandes.
Homburg, den 12. Februar 1832.
feindseligen tyrannischen Königen nicht zu erwirken war. — Die Könige zittern vor Revolutionen, weil sie dadurch die Gewalt zur Unterdrückung der Völker verlieren: sie schildern dieselben deßhalb, um die Massen davon abzuhalten, als den Zustand der höchsten Gräuel. Haben sie auf diese Weise den ängstlichen Gemüthern eine Scheu vor jeder gewaltsamen Umwälzung beigebracht, so gehen sie einen Schritt weiter und nennen auch lojales Streben der Völker nach Reform des gesellschaftlichen Zustandes ein revolutionäres Verlangen. Sie wollen auf solche Weise, durch eine Verwirrung der Begriffe, die Massen von der energischen Forderung durchgreifender politischer Reform abwendig machen, indem sie auch eine solche Reform für eine Revolution erklären. In Deutschland wollen indessen selbst die entschiedensten Feinde der Könige keine Revolution, sondern nur die Reform — aber die ganze durchgreifende Reform durch Organisation eines conföderirten Deutschlands im demokratischen Sinne: in Deutschland wollen ferner auch die entschiedensten Feinde der Könige die Reform des Landes nicht mit Gewalt, sondern auf friedlichem, gesetzlichem Wege herbeiführen, nämlich durch die Ausbildung der öffentlichen Meinung des gesammten Volkes - einer Macht, die höher steht, als alle Gewalt der Könige. Deßungeachtet heißen die Fürsten und die Aristocraten das Streben nach der Reform Deutschlands „die Revolution." Diese Revolution wollen die Fürsten nun verhindern; d. h. die Könige wollen das friedliche Streben des Volkes nach Freiheit mit Waffengewalt unterdrücken, sie wollen das allmählige Ankämpfen der Vernunft gegen den Unsinn und der Menschenrechte gegen die Tyrannei mit der Gewalt der Waffen niederwerfen: sie wollen endlich den Mißbrauch der Königsgewalt theils befestigen, theils wieder erobern, indem sie durch Waffengewalt die Censur abermals einführen und die politische Bildung der Völker soweit zurückschleudern wollen, daß auch in den Repräsentativ-Staaten die alten servilen Kammern wieder gewählt werden, die nach Kabinetsordren sich regieren lassen, die Sache der Völker zu Gunsten der Könige mit leidenschaftlichem Eifer verrathen und alle Befehle eines despotischen Königs mit hündischer Ergebenheit vollziehen. - Daß alles dies in dem Plane der Könige liege, sagt uns die Münchner politische Zeitung, also der Münchner Hof selbst. In der Nummer 29. dieses Blattes befindet sich nämlich ein Aufsatz, dessen wesentlicher Inhalt in folgenden Sätzen besteht:
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„Die Souveräne, welche Provinzen verloren, haben ihren Verlust verschmerzt, ihre Vergrößerungsplane aufgegeben; alte Feindschaften, die zwischen manchen Regierungen bestanden, haben aufgehört. Zwei Bedürfnisse walten bei allen Kabineten vor, nämlich das, es mit der Revolution nicht zu verscherzen, um die Unterthanen, die ihr nur zu geneigt sind, nicht vor den Kopf zu stoßen; sodann das Bedürfniß, sich mit den andern Regierungen zu verstehen, um in Europa den revolutionären Geist zu unterdrücken. Dahin zielen alle politischen Combinationen; und wo noch andere bestehen, sind sie diesen beiden schlechterdings untergeordnet. Wollte man glauben, diese oder jene Regierung stünde hierin mit den andern in Widerspruch, würde man sich täuschen. Der Wunsch, sich populär zu machen, mag einige Souveräne verführt haben, und es kann auch noch einige Regierungen geben, die den Völkern, durch die sie gestürzt zu werden befürchten, schmeicheln; aber es gibt keinen Souverän, keinen Minister mehr, der nicht in der That an der Zerstörung des revolutionären Geistes arbeitete." „Schon verfährt Rußland mit wenig Rücksichten gegen England, trotzt Frankreich, erklärt sich für Holland, unterstützt offenbar Spanien und Portugal, vernichtet Polen und schärft allen deutschen Regierungen ein, daß sie den Revolutionsgeist niederhalten, oder seine Feindschaft gewärtigen sollen. Wenn dieß alles nicht bedeutende Zeichen sind, so wissen wir nicht, an welchen Zeichen sonst die Stimmung einer Regierung erkannt werden könne." „Preußen scheint zwar in der That zum Erstenmale, seit es eine Monarchie ist, den Krieg zu scheuen. Aber die Begebenheiten in Belgien, in Polen, in der Schweiz, in Deutschland und Italien, haben ihm die Augen über die es bedrohenden Gefahren geöffnet. Die Feuersbrunst, die aus der Ferne her wenig schreckt, wird furchtbar, indem sie sich nähert; man fühlt erst dann, daß es Noth thue, ihr entgegenzuarbeiten. Dieß ist der Fall mit Preußen und dieß seine Absicht. Sein Verfahren gegen Neufchatel offenbart seine Gedanken, seine Vorsicht verkündigt die unermeßliche Armee, die es schlagfertig hält; seinen Entschuß thut der Antheil kund, den es bei der Eroberung Polens genommen." „Oesterreich ist aber, nachdem es viel an sich gerissen hat, von seinen Vergrößerungsplanen, schon längst abgekommen; sein Beherrscher, der einen guten, von Natur menschlichen Charakter hat, regiert gewissenhaft, und alles läßt vermuthen, daß es sich nicht in die Angelegenheiten anderer Staaten mischen wolle, wenn die seinigen verschont bleiben würden. Aber das Wiener Kabinet, das gewandter ist als die andern, kennt das Gewebe und die Schliche der Revolutionsmänner; es weiß um die Plane der Anführer der Parthei und beobachtet ihre Ausführung auf eigenem Grund u nd Boden. Schon mußte seine Armee einschreiten, schon m ußten seine Gerichtshöfe Strafurtheile vollziehen." „In Wien fühlt man mehr als irgend and erstvo, wie Noth es thue, den revolutionären Umtrieben ein Ende zu machen; man hat dort wie in Preußen und Rußland die Mittel hiezu in Bereitschaft gesetzt. Der wäre wohl thöricht, der da glauben wollte, eine solche Entschlie-
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ßung lasse sich, wenn sie einmal gefaßt, wieder abändern." Revolutionärer Geist ist nach den Begriffen der Könige nichts weiter, als das Streben der Völker nach durchgreifender Reform ihres politischen Zustandes. Ein solches Streben ist aber gesetzlich erlaubt: es gibt kein rechtliches Mittel, dasselbe zu unterdrücken. Spricht man also von Mitteln zur Unterdrückung jenes Strebens, so sind diese Mittel nichts anderes als „Anwendung von Gewalt."' Der Satz: „daß alle Könige und alle Minister mit den Plänen zur Unterdrückung des revolutionären Geistes beschäftiget, und daß die Mittel zur Ausführung dieser Pläne von Oestreich, Rußland und Preußen schon in Bereitschaft gesetzt sind," sagt daher nichts anderes, als: „daß alle Könige sich verbunden haben, um das Streben der Völker nach VerbesserungihresZustandes zu unterdrücken, und daß zur Erreichung dieses Zweckes unter der Fahne Oesterreichs, Rußlands und Preußens Gewalt gebraucht werden soll, weil es ein gesetzliches Mittel zur Durchführung des Zweckes nicht gibt." Dieß ist der Sinn des Manifestes der Münchner Zeitung. Wegen der Eigenschaft dieser Zeitung, als Hoforgan, ist jenes Manifest zugleich die Erklärung des Münchner Hofes, die Erklärung der heiligen Allianz und die Erklärung aller Könige überhaupt. Deine Zukunft, deutsches Volk! liegt nun offen vor deinen Augen. Die Unterdrückung der Völker soll durch Rußland, Oesterreich und Preußen ausgeführt werden. Rußlands Kraft ist aber durch die Heldenschaar der Polen gebrochen worden. — Rußland ist ohnmächtig. Preußen und Oesterreich müssen also das Meiste thun zur Unterdrückung der Völker. Preußen und Oesterreich sind aber deutsche Mächte, und Deutschland ist es abermals, unser Land ist es, das das ruhmvolle Geschäft eines Henkers der Volksfreiheit nochmals verrichten soll. Deutschlands Jugend folgt als ein feiges Söldnerheer der Fahne despotischer Könige, um die Freiheit und den geistigen Aufschwung zu erdrücken, welche in den lichtem Gegenden des Reiches Wurzel geschlagen. Deutschlands Söhne erheben sich, um zur Befestigung der Willkür und der Königs-Tyrannei, ihre eigenen edleren Brüder zu erschlagen, die Brüder nämlich, welche der Organisation Eines deutschen Vaterlandes, mit einer vernünftigen Verfassung, Gut und Blut zu opfern bereit sind. Und was thut das Volk, einer solchen Zukunft gegenüber? Es bleibt wie immer gleichgültig und gefühllos. Jede Vorstellung und Bitte um Entwicklung der moralischen Kräfte und um Vereinigung derselben zum Widerstande gegen die finstern Pläne der Könige ist vergeblich. Verlangt nur Einen Kreuzer zur Bildung eines Vaterlands-Vereines gegen gesetzwidrigen und willkürlichen Mißbrauch der Königsmacht, und ihr predigt tauben Ohren. Wie ein Sklave, der durch Stoßen und Schläge das Gefühl für moralische Würde gänzlich verloren hat, liegt das schwerfällige deutsche Volk gemächlich an der Kette, und verzehrt zufrieden die Brocken,
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301 die seine Könige ihm übrig lassen und mit Blicken der Verachtung ihm vorwerfen. So sehr hat die Hundsnatur des Volks-Charakters sich bemächtiget, daß mancher als Vertheidiger der Freiheit und als Held des deutschen Reformkampfes vergötterter Volksvertreter in kriechender Schmeichelei vor einem Herzoge sich niederwirft: so sehr hat jene Hundsnatur die Oberhand gewonnen, daß zwölf Millionen Deutsche und gerade jene, welche sich selbst die gebildetsten nennen, in einem niedrigen und ekelhaften Sclavensinn erklären: „sie wollen keine Staatsbürger sein, sie schätzen sich vielmehr glücklich die Unterthanen eines absoluten Königs zu bleiben." - Es ist finster, dieses Gemähide Deutschlands — allein leider nur zu treu. Nur ein Lichtpunkt erhebt sich in dem düstern Bilde: nur eine Hoffnung leuchtet noch dem Freunde des deutschen Vaterlandes: die herrlich aufgeblühte Bildung und der edle männliche Stolz der Bürger Rheinbaierns und eines andren Theiles des constitutionellen Deutschlands. Da giebt es keine niedrige Seele mehr, die in hündischer Unterwerfung unter die Launen beschränkter und öfters sogar einfältiger Könige ihr Glück und ihren Ruhm suchen möchte. Die Bürger haben ihre Würde erkannt, sie sind gehorsam dem Gesetze und achten die Obrigkeit; allein sie verlangen, daß auch die Minister und die Könige dem Bürger den schuldigen Respekt bezeigen. Sie weisen die Benennung „Unterthanen" mit Verachtung zurück; sie weisen eben so die Phrase „König und Herr" mit Indignation zurück, denn der König ist nicht ihr Herr, er ist nur Oberhaupt und sie sind freie Bürger. Sie wollen deßhalb weder dem Namen noch dem Wesen nach „ Unterthanen" sein, sie verlangen, daß man sie als „Staatsbürger" anerkenne. Ο meine Mitbürger erhaltet und pfleget diesen schönen Geist. Pfleget ihn mit aller Anstrengung, damit euer edles Beispiel den gedrückten Brüdern der andern deutschen Länder zur Ermunterung diene; pfleget ihn, damit euer leuchtendes Vorbild den umnebelten Brüdern die Augen öffne, auf daß sie ihr Halsband und ihre Kette sehen, auf daß sie den Schimpf ihrer Hundsnatur empfinden und mit dem Licht der Erkenntniß die Ueberzeugung in ihnen erwache: daß der Mensch auch im Zustande der Freiheit zu essen habe, ja daß die Entwicklung des reinen Bürger- und Volksthums eben das einzige Mittel sei zur Emporhebung des materiellen Wohlstandes aller Völker. Laßt vor allem meine erleuchteten Mitbürger, den deutschen Vaterlands-Verein nicht fallen. Er ist das Mittel, das Licht der Erkenntniß in die finstern Gegenden Deutschlands zu bringen und das Volk zur Erkenntniß der bürgerlichen Würde zu führen. Habt ihr aber diesen Zweck erreicht, so ist der Bund der Könige ohnmächtig. Vergeblich werden diese Gewalt anwenden wollen, um den erwachten Geist des Volkes zu unterdrücken. Der Wille des Volkes, hervorgetreten in der öffentlichen Meinung, ist alsdann das oberste Gesetz, vor welchem die feigen Könige gerne den Rücken beugen.
Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 25. Jan. Vor einigen Tagen erhielt die Regierung von ihren Agenten in Terceira Nachricht, Don Pedro werde, wenn er die Insel verlasse, im Hafen von Peniche zu landen suchen. In Folge dessen begab sich Don Miguel auf den bedrohten Punkt, um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß alle Vertheidigungs-Anstalten in gutem Stande seien. Im Rückweg nach Queluz wurde sein Pferd scheu, stürzte und warf ihn zu Boden, jedoch ohne ihn zu beschädigen; den folgenden Morgen wiederfuhr ihm derselbe Unfall auf der Straße nach Arrios, allein wieder ohne alle Folge. Es scheint demnach, die Vorsehung wolle diese Geißel Portugals noch lange erhalten. — Der Termin, welcher zur Abrichtung des forcirten Anlehens bewilligt war, neigt sich zu Ende, ohne daß dem Schatze Zahlung geleistet worden wäre. Es wird daher unverzüglich ein Decret erscheinen, vermöge dessen die Güter-Sequestration aller derjenigen vorgenommen werden soll, welche ihren Antheil binnen drei Tagen nicht abtragen. - Nach erhaltenen Nachrichten von Madeira v. 22. verlangt der Gouverneur Verstärkung von Truppen, weil er sonst die Insel nicht behaupten könne. Es wurden sogleich Kriegs- u. Transport-Schiffe ausgerüstet, um 600 Mann überzusetzen. Die frühere unter den 30. Dezember abgegangene Expedition von 4 Corvetten mit 400 Mann an Bord, ist durch die letzten Stürme zerstreut worden. Spanien. Madrid, 31. Januar. Als die Deputation von Ästurien, welche der bestehenden Sitte zufolge dem neugebornen Königskinde Geschenke bringen sollte, unterwegs erfuhr, daß es eine Prinzessin sei, trat sie alsobald ihren Rückweg an. Welches Unglück für ein Land, wenn ein solcher König keine Thronerben erhält! - Aus zuverlässiger Quelle versichert man, Frankreich habe unserer Regierung erklärt, im Fall spanische Truppen in Portugal einrückten, würde es unser Land mit einer französischen Armee überziehen. Wie würde diese Erklärung Frankreichs mit seinem Benehmen gegen Italien in Uebereinstimmung zu bringen sein? England. London, 6. Febr. Wir halten es für interessant, die Hauptgegner der Reformbill zu benamen. In der ersten Reihe erscheint die Königin Adelaide, ihr zur Seite stehen die Prinzessinnen Auguste und Sophie von Gloucester, dann folgt der Prinz von Gloucester mit den Herzogen von Cumberland, Wellington und Aberdeen, endlich in dem Unterhause Peel und seine Freunde. An diese Reihe schließt sich das diplomatische Corps mit Inbegriff der Prinzessin Lieven und mit Ausnahme des Prinzen Talleyrand an. Die Antireformer haben ein Program publicirt, worin die Grundsätze angegeben werden, nach denen ein neues Ministerium, in ihrem Sinne zusammengesetzt, würde zu handeln haben. Frankreich. Die Majorität der Deputirtenkammer hat an der Dotation der Pairie nur eine Verminderung von 60,000 Franken zugestanden. Wenn dies geschehen ist, um die edle Kammer nicht noch feindseliger zu stimmen, so dürfte der Zweck verfehlt sein, denn selbst diese kleine Reduktion wird sie keineswegs gut heißen. - Gestern eingetroffene Depechen von St. Petersburg bringen die Nach-
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303 rieht, daß das dortige Kabinet noch keinen definitiven Entschluß wegen des Vertrags vom 15. December gefaßt habe. Nach dieser Erklärung kann vor 6 Wochen nichts entschieden werden, denn ein Kurier, der abermals nach St. Petersburg abgesandt werden soll, wird wenigstens so viel Zeit bis zu seiner Rückkunft nach Paris nöthig haben. Mittlerweile wird es Ende Merz und gestattet den Mächten das herannahende Frühjahr, sich auf eine entscheidendere Weise zu erklären. — So eben verbreitet sich das Gerücht, die Regierung habe das Projekt aufgegeben, Truppen nach Civita-Vecchia und Ancona zu senden, um an der Invasion Oestreichs in Italien Theil zu nehmen. Dieser plötzliche Entschluß soll durch Wiener Depeschen herbeigeführt sein, welche die schon bestehende Verlegenheit in den diplomatischen Verhältnissen noch vermehren. Alsobald gieng durch Telegraphen der Befehl nach Toulon ab, dem Schiffe, worauf unsere Truppen embarquirt sind, ein Fahrzeug folgen zu lassen, mit dem Auftrag: statt nach Italien nach Algier zu segeln. Schade, denn viele unserer Liberalen hätten gerne französische Truppen in Italien gesehen, überzeugt, daß Ludwig Philipp bald fallen müsse, und alsdann ihre Ordre nur zu verändern wäre, um sie wesentliche Dienste leisten zu lassen. - Don Pedro hat endlich ein Manifest publicirt, um sich über die Gründe und den Zweck seiner Expedition gegen Portugal zu erklären. Statt auf Volks-Souveränität gründet es sich auf die wurmstichigen Doctrinen des göttlichen Rechts. Nach Auseinandersetzung der Anklagspunkte gegen seinen Bruder versichert er: seine erste Sorge werde dahin gehen, die Cortes zusammenzuberufen, und eine permanente Regierung einzusetzen. Volle Amnestie ist allen zugesagt, welche an der Regierung Don Miguels Theil genommen haben. Wie kommts aber, daß die Generale Saldanha Pizarro und mehrere ausgezeichnete Liberale, welche sich im Auslande befinden, dieser gnädigen Gesinnungen des Ex-Kaisers sich nicht zu erfreuen haben? — Der Globe enthält einen Brief aus Mexiko vom 19. Nov. 1831 an Lafayette adressirt, womit Letzterem eine bedeutende Summe für das Polen-Comitee Übermacht wird, als Ertrag einer für die Freiheit der Völker veranstalteten Subscription. Italien. Bologna, 29. Januar. Nach den abscheulichen Metzeleien in Cesene und Forli haben sich 400 Mann päbstliche Truppen von dem Hauptcorps getrennt, um in Detachements die Compagne zu durchziehen. Diese Banden werden, wo sie hinkommen, Gräuel und Verwüstung verbreiten, denn sie bestehen aus den Mördern von Frosinone und andern Verurtheilten, welche der Pabst den Gefängnissen von St. Leo, Civita Castellane und Castel St. Angelo entzogen hat. Mit einer solchen Armee führt der Statthalter Christi die verirrten Schaafe in seinen Schooß zurück.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nr. 36: 92 fl. 6 kr. — J. Heinz, Schreiber, 30 kr. Maurer, Barbier, 12 kr. Ein ungenannGedruckt auf der Presse des Volkes.
ter Freund der freien Presse, 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Ein Ungenannter 3 kr. Graf Wittgenstein, der Alte, 6 kr. G. Ritter, Buchdrucker, 48 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Ein Ungenannter 12 kr. J. Koch, Schneidermeister, 12 kr. Ch. Dingler, Mechanikus, 30 kr. F. Lötz, Feilenhauer, 12 kr. L. Ladenberger, Bäcker, 10 kr.D. Leiner, Schreiner, 6 kr. Baumann, Buchdrucker, 12 kr. J. Scholler, 12 kr. J. M. 12 kr. Advocat Petri, 1 fl. E. Simon 12 kr. Für einen Freund 30 kr. Zusammen monatlich . 98 fl. 7 kr. Eine Gesellschaft in M a i n z 5 fl. 15 kr. Ein Ungenannter aus B i r k e n f e l d 3 fl. 30 kr. Ein Bürger aus Μ e i s e η h e i m 3 fl. 30 kr. monatlich. S u b s c r i p t i o n in N i e d e r a u e r b a c h . Carl Maurer, 6 kr. Georg Cloos, 6 kr. Jakob Hamm 4 kr. Jakob Hofmann, 8 kr. Charawell, 6 kr. Heinrich Hudlet, 10 kr. Georg Wolff, 12 kr. Christian Scherer, 8 kr. Christian Denger, 10 kr. Johann Nickel Denger, 12 kr. Zusammen monatlich . . . 1 fl. 24 kr. A n z e i g e n . Die bereits angemeldete Brochüre:
„Garantien der freien Presse im baierischen Rheinkreise, von J. S a v o y e , Advokat am Apellhofe zu Zweibrücken" hat so eben die Presse verlassen. Wir machen das Publikum auf diese wichtige Schrift vorläufig aufmerksam und behalten uns vor, eine ausführliche kritische Anzeige nachträglich zu liefern. Exemplare der Schrift zu 48 kr. sind bei Herrn Buchhändler Ritter in Zweibrücken zu haben. Der Gesammtertrag ist für polnische Flüchtlinge bestimmt. Da die deutsche Tribüne, als Journal des VaterlandsVereines zur Unterstützung der freien Presse, nunmehr die ausgedehnteste Verbreitung finden wird, so eignet sich dieselbe vorzüglich zu Bekanntmachungen. Für die Inserate werden 9 kr. für die Zeile berechnet. Indem wir bemerken, daß der ganze reine Ertrag des Blattes zu patriotischen Zwecken verwendet wird, bitten wir Jedermann, die Tribüne vorzugsweise zum Organe der Bekanntmachungen zu wählen, und zur Beförderung dieses Zweckes je im Kreise seiner Freunde mitzuwirken. Die befreundeten Blätter ersuchen wir um gefällige Aufnahme der gegenwärtigen Anzeige. Zweibrücken, 11. Februar 1832.
Die Redaktion der deutschen Tribüne. Der Barometermacher Petro Boggia, ein Italiener, findet in Zweibrücken wieder hinlänglich Arbeit. Sollte irgend ein Leser dieses Blattes seinen dermaligen Aufenthalt kennen, so bittet man, ihn hievon zu benachrichtigen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Undank ist der Welt Lohn! Es ist schmerzlich für uns Ultra, Fürsten und Aristokraten, täglich so sehr verkannt zu werden; als ob das Resultat unsers Wirkens nicht auch nothwendigerweise Freiheit, Licht und Ordnung wäre. Nur Tadel, nur Vorwürfe vernehmen wir, und alles dies weswegen? — weil wir, um zu jenem Resultate zu gelangen, ein anderes System verfolgen, als die Liberalen. Wir sind aber fest überzeugt, daß jeder vorurtheilsfreie, nicht leidenschaftliche Beurtheiler, der die Geschichte zur Hand nimmt, sich leicht überzeugen kann, daß unser System stets am sichersten und sehr oft auch am schnellsten zu jenem schönen Ziele, zur Freiheit, schon geführt hat und noch fuhren wird. Es beruht dieses System nämlich auf dem gewiß wahren Grundsatze: „Wenn das Maaß voll ist, so läuft's über." Unser Mittel, den Völkern, die Freiheit zu erringen, ist daher das System der Unterdrückung, der Knechtschaft. — Die Freiheit ist gewiß das höchste Gut, und die Völker dahin zu bringen, daß sie sich auf's innigste von dieser Wahrheit überzeugen, ist unstreitig das sicherste Mittel, das thatkräftige Sehnen nach Freiheit in ihnen hervor zu rufen. — Geschieht dieß vielleicht durch schöne Lobreden auf die Freiheit? Wäre dem so, so müßte jenes bis zur That kräftige Sehnen im Volke schon erwacht sein. Nein! nicht durch Deklamationen zu Gunsten der Freiheit, sondern durch ein wohlgeordnetes und gut durchgeführtes System der Unterdrückung und der Knechtschaft der Völker, wird die große Aufgabe des Jahrhunderts gelöst. Jegliche Freiheit muß dem Volke gänzlich entzogen, die Canaille muß vorerst geknebelt und bis auf's Blut ausgesogen werden; und wenn sie dann Miene machen wollte zu klagen, so muß sie erst nicht sprechen dürfen. Auf diese Art wird so lange fortgefahren, bis das Volk zur lebhaftesten Ueberzeugung der Wahrheit gelangt, daß die Freiheit das höchste Gut sei, welcher Grad der Ueberzeugung dadurch erkennbar wird, daß das Volk so frei ist, sich zu nehmen, was man ihm nicht gibt. Daß es aber bei jedem Volke das so manipulirt wird, dahin kommen muß, braucht wohl nicht näher nachgewiesen zu werden. Dieß ist das System der Fürsten, der Aristokraten, dieß unser System, das gewiß sicher zum Ziele fuhrt, und über dieß noch den Vortheil hat, daß ein auf diese Art zur Freiheit gebrachtes Volk mit der Freiheit steht und fiillt. So zeigen sich also die Fürsten, die Aristokraten als die wahren Beförderer der Freiheit, und die Geschichte aller Zeiten, besonders aber die neueste widerspricht diesem nicht. Wir
Vaterlandes.
Homburg, den 13. Februar 1832.
sahen erst vor 18 Monaten, wie nur wenige Männer innerhalb weniger Tage ein ganzes Volk frei zu machen wußten; ich meine jene Märtyrer zu Ham und Holyrood, die so Großes durch Druck und Knechtschaft für die Freiheit thaten, und denen ich nur mit Schmerz zurufen kann „Undank ist der Welt Lohn." — Ja hätte jeder unserer 32 Sessel in Deutschland einen Carl X. und jeder Carl X. einen Polignac, so würde es bald mit der Einheit Deutschlands besser stehen. Jedoch sei dieß unbeschadet und in gerechter Anerkennung der Bemühungen und Verdienste unserer Regenten gesagt; auch sie berechtigen zu Hoffnungen. — Jene beide aber leisteten Ungewöhnliches. Was Hunderte von liberalen Journalen in Tausenden von liberalen Artikeln mit ihrem System nicht dahin brachten, das brachten jene beiden Helden der Freiheit in zwei Artikeln dahin, die sie Ordonnanzen nannten. Nur darin fehlten sie (mehr ein Fehler des französischen Charakters) daß sie die Unterdrückung consequent noch nicht auf's Höchste gebracht hatten, als sie schon das letzte Mittel, das Volk zu befreien, die Ordonnanzen, anwendeten. Daher war das Volk noch nicht ganz zur Freiheit reif und erlitt bald einen kleinen Rückfall in die Unterdrückung, was, wie wir aber gezeigt haben, bei einem Volke, das bis zur höchstmöglichsten Unterdrückung gebracht war, nicht mehr möglich ist. Noch hegt man die gegründetste Hoffnung, daß Ludwig Philipp und Perier durch eine consequentere Durchführung des Systems der Unterdrückung jenen Fehler wieder gut machen werden. — Jedoch brauchen wir die Belege fur das, was wir gesagt haben, nicht im Auslande zu suchen. Sehen wir nicht die so verkannten Fürsten und Aristokraten in unserm lieben Deutschlaod in der größten Thätigkeit die Völker zu befreien, und zwar in so folgerichtiger und hartnäckiger Durchführung des Systemes der Unterdrückung, wie es nur der deutsche Nationalcharakter möglich macht. Sobald irgend ein Geist der Freiheit bemerkbar wird, so bald nur eine Spur von Sinn für deutsche Einheit und Nationalität sich zeigt, so werden gleich Mittel der Unterdrückung angewendet, damit jener Geist und jener Sinn nicht untergehe, sondern im Kampfe mit diesen Unterdrückungsmitteln erstarke, und so zuletzt siegreich zum Ziele führe. Diese Taktik kann man in Preußen, Oesterreich, Braunschweig, Sachsen, Baiern, Hessen und mehr oder minder in allen Ländern Deutschlands befolgt sehen. So erklärt es sich, warum in Nassau die Herrenbank zu klein wird; es erklären sich so die Schenkischen Ordonnanzen, die Verfolgungen liberaler Schriftsteller und Journalisten, so
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307 unser letzter Landtagsabschied, die hohen Civillisten, kurz es erklärt sich so die ganze Handlungsweise deutscher Kabinete. Es sind dieß Bemühungen von Seite der resp. Regierungen durch körperlichen und geistigen Druck den Sinn der deutschen Völker für Einheit und Freiheit aufzumuntern. Sollten jedoch auch alle diese Bemühungen der Regierung im Volke keine Wirkung hervorbringen; so besteht in Deutschland noch eine Anstalt, eigends dafür gegründet, die deutschen Völker mit Gewalt durch Druck und Demüthigungen zur Freiheit zu zwingen, ich meine jene ehrwürdige Gesellschaft zu Frankfurt, Bundesversammlung genannt, weil sie den Beruf hat, die Völker durch aufeinanderfolgende Erniedrigungen zu einem Bunde wider ihre Unterdrücker zu nöthigen. U n d diesen schönen Beruf erfüllt sie treulich, so oft sie ein Lebenszeichen von sich gibt, nur schade, daß dieß nicht öfters geschieht. — Noch einmal muß ich daher sagen, daß es schmerzlich für uns Ultra, Fürsten und Aristokraten sein muß, bei allen diesen Bemühungen so verkannt zu werden; und wenn wir nicht so unmenschlich ständhaft wären, so müßte durch dieses Verkanntsein unsere Thätigkeit gehemmt werden. Dieß soll jedoch nie geschehen, du theures Volk! nein, sei versichert, daß wir zum Zweck deiner Befreiung unser System hartnäckig verfolgen werden. Wir wollen dich geistig und körperlich knebeln und beharrlich plagen, bis wir dich endlich zwingen, im höchsten Schmerze auszurufen: „Ja die Freiheit ist das höchste Gut. En avant marchons etc." Ein Ultra.
C o r r e s p o n d e n z . Darmstadt, 10. Febr. Mit wahrem Vergnügen habe ich seiner Zeit den Artikel „Dringende Bitte an Hessens brave Bürger" in ihrem Blatte gelesen. Gewiß, es ist an der Zeit, daß man sich im Großherzogthume Hessen mit solchen Sachen beschäftigt. Ehe man sich versieht, heißt's: „Gewählt!" und dann weiß man nicht, wem man die Stimme geben soll. Hat man aber vorher sich bedacht und besprochen, einträchtig und offenherzig; hat man sich befragt, wer wird des Landes Bestes kräftig, ohne Scheu und mit Einsicht vertheidigen; ist die gesetzlich erlaubte, unverhehlte Verabredung getroffen: „Den und den wollen wir wählen!" ja nun, dann geht man vorbereitet zum Wahlakte. Auch in Würtemberg geschah's so, und in Frankreich ebenfalls, was gewiß nachahmenswerth ist, obgleich Viele von Frankreich gar nichts wissen wollen, ohne deßhalb bessere Deutsche zu sein. Ich will nicht den Lehrmeister meiner hiesigen ehrenwerthen Mitbürger abgeben. Gott behüte! Ebenso wenig den Beistand oder den Rechtsfreund. D e n n meine Mitbürger sind aus der Schule, sie sind mündig, sie sind Männer. Aber werden sie mirs übel nehmen, wenn ich ganz schlicht ihnen meine Meinung vortrage; wenn ich ihnen sage, was ich thun würde, falls ich unter ihren Wahlmännern säße? Nein, sie nehmen mir's nicht übel, gerade deshalb, weil sie aus der Schule, weil sie mündig, weil sie Männer sind. Wer sich seines eigenen Werthes und seiner Selbstständigkeit bewußt ist, warum sollte der nicht gerne hören, was ein dritter von der Sache hält? Gefällt's ihm wohl
so schließt er sich an. Gefällts ihm nicht, so sagt er seine Gegengründe und überzeugt wohl gar den dritten eines besseren. Der ewige und weise Gott hat uns nicht blos Redelaute, sondern auch Verstand und Urtheilskraft gegeben. Laßt uns sie benutzen! Er hat uns aber auch im Laufe der Jahrhunderte mit Schreibeund Buchdruckerkunst beschenkt. Laßt uns sie nicht weniger benutzen! U n d wenn der Gedankenzwang im Vaterlande es nicht erlaubt, so laßt uns die Gedanken wo anders ansiedeln, vorzugsweise in der deutschen Tribüne, welche keine Censur anerkennt. Wir Einwohner Darmstadts haben zwei Deputirte auf unsern Landtag zu wählen. Sie müssen nicht aus der Stadt Darmstadt sein, aber bisher waren sie es, es hat auch Manches für sich, und ich bin selbst ein bischen zu sehr Darmstädter, um einem andern Orte des Großherzogthums die Ehre zu gönnen, daß Darmstadt, eine Stadt von 2 2 , 0 0 0 Einwohnern, von ihm seine Deputirten sich holt. Bisher war es weiter Brauch, den einen Darmstädter Deputirten aus dem Staatsdiener- und den andern aus dem Bürgerstande zu wählen. Gut, auch das hat Manches für sich, obgleich es nicht entfernt wesentlich ist, und jeden Falls keinen Ausschlag geben kann. Daß der Herr Geheimerath Schenk in Darmstadt wieder als Abgeordneter der Stadt Darmstadt gewählt werde, läßt sich voraussehen. Denn Manche haben ihm zwar zum Vorwurfe gemacht, daß er bisweilen gar zu gerne vermittele und dergleichen, aber auf dem letzten Landtage, gerade, wo es hauptsächlich galt, stand er als Mann. Ihm sei Ehre dafür! Der zweite Abgeordnete der Stadt Darmstadt auf dem vorigen Landtage war dem Bürgerstande entnommen; aber doch nicht so völlig dem Bürgerstande, um nicht anzudeuten, daß man unter Umständen geneigt sei, vom bisherigen Brauche ganz abzugehen. Denn der Mann ist nebenbei auch Staatsdiener. Ich ehre und schätze diesen Mann, wie ihn jeder Darmstädter ehrt und schätzt, und wie er es in vollem Maße verdient. Aber unsere zweite Kammer (von der ersten spreche ich gar nicht) bedarf nothwendig größerer Intelligenz, größerer geistiger Kraft, als sie bisher zu Zeiten in ihrer Mehrheit entwickelte. Damit trete ich der Kammer nicht zu nahe. Ihr guter Wille, ihre Tüchtigkeit, das viele Gute, was sie gewirkt, bleiben ihr ungeschmälert, und eben so wenig behaupte ich auch nur entfernt, daß sie bis jetzt nicht intelligent gewesen. M a n überlese nochmals meine Worte, und man wird's finden. Aber es ist durchaus nöthig, daß in unserer Zeit, und um mit der churhessischen Kammer (bei unserem so sehr illiberalen Wahlgesetze) nur einigermaßen concurriren zu können, alle Kräfte angewendet werden, möglichst viel Kenntniß und Geist, mit Charakterfestigkeit und Redlichkeit verbunden, in die neue Wahlkammer zu schaffen. Wem ich als zweitem Abgeordneten Darmstadts, nach dem eben erwähnten Maasstabe, meine Stimme gebe, habe ich vielfach überlegt. Ich dachte an den wackern Hofgerichtsrath Schenck, den braven Gemeinderath Ε. E. Hoffmann, so manches achtbare Mitglied des Gemeinderaths, so manchen andern braven Bürger, der nicht im Gemeinderath sitzt, so manchen Staatsdiener, der Herz und Kopf am rech-
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309 ten Fleck hat. Aber ein Theil — so sagte ich mir — wird da oder dort als Abgeordneter gewählt, ein anderer ist zu alt; ein dritter zu jung; und dabei habe ich mir vorgesetzt, nur Einen zu nennen. Endlich entschloß ich mich für Einen. Er ist zwar ein Staatsdiener, aber ein Einwohner Darmstadts und zugleich wirklich sein Bürger. Er ist wohlthätig, freisinnig, redlich, voll Kenntniß, bewährt und fest. Jahre lang wohnt er in unserer Stadt, ohne Prunk, einfach, von Allen geachtet. Es ist der Oberappellationsgerichtsrath Höpfner. Oder kann man sagen: Dieser verdiene nicht der Mann des Vertrauens zu sein? Wer sagt es? — Gewiß, jede Lippe verstummt. Wahlmänner Darmstadts, ich hasse Schmeichelei und Schönthuerei. Aber was ich von Höpfner sage, ist weder das Eine noch das Andere. Ich ehre euern freien Entschluß. Aber meine Meinung durfte ich aussprechen. Tages-Chronik. Portugal. Lissabon, 28. Januar. Im Augenblick verbreitet sich das Gerücht, die Insel Madeira habe sich für Donna Maria de Gloria erklärt. Wenn dem so ist, erhält der portugiesische Handel den letzten Herzstoß und Lissabon wird in die größte Noth versetzt. Spanien. Unsere Regierung hat erklärt, sie werde jedenfalls Don Miguel zu Hülfe kommen, mögen Lord Grey und Herr Perier davon denken und darüber sagen, was sie nur immer wollen. Dieses entschiedene Auftreten von König Ferdinand ist ohne Zweifel die Folge russischer Einwirkung. Frankreich. Die neuen Stadt-Sergeanten haben größtentheils ihre Anstellung wieder aufgegeben, weil ihnen zugemuthet wurde, sich als Mouchards gebrauchen zu lassen. - Eingetroffene Briefe aus dem Haag vom 4ten lauten sehr kriegerisch. Die Prinzen und die Herzoge von Sachsen-Weimar sind zur Armee abgegangen, die Flotte dringt tiefer in die Scheide ein, alle Soldaten, welche in Urlaub sich befinden, sind zu ihren Corps zurückberufen. - Das Ministerium soll wieder Veränderung erleiden, und Herr von Talleyrand aufgefordert worden sein, das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten zu übernehmen. — Kesners Deficit wächst immer fort, man schätzt ihn jetzt auf 9 Millionen. - Heute wurde das Mouvement wegen eines heftigen Artikels gegen die Kammer mit Beschlag belegt. Wir werden diesen Artikel Morgen unsern Lesern liefern. Paris, 9. Febr. Man wird nun bald Nachrichten über den Erfolg der portugiesischen Expedition haben. Gestern ist die Proklamation von Don Pedro erschienen. Sie ist zwar sehr lang, aber die Perioden haben sämmtlich viel Numerus, und die Auswahl der epitheta ornantia zeugt von großer rhetorischer Einsicht. Ich für meinen Theil bewundre den Styl, um so mehr, als ich mich wenig um den Wohllaut der Perioden bekümmere, wenn ich zornig bin. Don Pedro dagegen verräth durch die Zierlichkeit der Sprache die weise Mäßigung im Zorne, die uns die alten Philosophen so hoch anrecommandirt haben. Don Miguel selbst würde einen neuen Beweis seiner Brutalität geben, wenn ihn die Proclamation beleidigte; alles ist darin so edel und
so erhaben; namentlich der Schluß, worin er volle Amnestie verspricht und dann endigt: »Je declare que je ne veux point porter dans le Portugal les horreurs de la guerre civile, mais la paiz et la reconciliation, en arborant l'etendard royal de sa souveraine, ainsi que le demandent les lois de l'eternelle justice et les voeux de toutes les nations civilisees de l'univers.« Les horreurs de la guerre civile ist nicht allein eine schöne Phrase, sondern zeigt auch daß Don Pedro seinen Bruder nicht mit den Waffen — wie dieses schon aus der frühem Ausschließung des Generals Saldanha von der Expedition hervorging — sondern mit romantischer Ritterlichkeit - en arborant l'etendard royal de sa souveraine - überwältigen wird. Vermuthlich hängt die Donna Maria ihren Schleier, l'etendard royal de sa souveraine, an den Mastbaum, und steigt mit 20 weißgekleideten Jungfrauen in einen grünen Kahn reich mit Bändern verziert. Ihr Onkel, Don Miguel, kommt dann auf der Jagd an das Ufer des Meeres, er sieht die Jungfrauen nahen: ohne sie zu kennen, verliebt er sich in die Prinzessin und heirathet sie; der Vater erscheint endlich, alles klärt sich auf und Don Miguel bessert sich und wird ein braver Ehemann. Alsdann schließt alles mit der Amnestie; die Wölfe erhalten Verzeihung und leben mit den Schafen hinfüro friedlich zusammen. Wer sich die Mühe geben will, die Proclamation zu lesen wird mir meine Ironie vergeben. Amnestie freilich ist nothwendig, und das Anerbieten derselben kann niemand beleidigen, wohl aber der weinerliche mattherzige Ton und der Mangel an jeder kräftigen Männlichkeit; mit einem Wort, wer eine so weibische Proclamation schreibt, ehe er an ein ernstes Werk geht, bricht sich den Stab zum Voraus. Die Leute, welche Don Pedro begleiten, sind ausserdem größtentheils so unpopulär in Portugal, daß Don Miguel ruhig schlafen kann. Einer der Hauptanführer ist Carvalho, bekannt durch seine Uebersetzung der Annalen von Tacitus. Deutschland. Die Baireuther Zeitung schreibt aus Berlin, daß das preußische Cabinet geneigt sei, der Erhaltung des Friedens alle mit der Ehre Preußens nur irgend vereinbarliche Opfer zu bringen, daß aber eine dem Throne nahe stehende Person, (also der Kronprinz) andere Gesinnungen hege, weil die Ehre Preußens mit gewissen Familien-Interessen in zu innigem Zusammenhange stünde, als daß sie, ohne diese zu berücksichtigen, unverletzt bewahrt werden könnte. - Wünsche dir Glück deutsches Volk, daß man ganz offen an dein Halsband dich erinnert. Die FamilienInteressen der preußischen Könige sind die Ehre des preußischen Volkes. Wenn eingebildete Interessen der Königs-Familie verletzt werden, so muß sich die Nation wie eine Sclavenherrde in den Krieg hetzen lassen. Das Volk ist eine Sache—es ist das Eigenthum der Könige und das willenlose Werkzeug zu deren Familienzwecken. Ο du hochgebildetes preußisches Volk, wie glücklich bist du in deiner legalen Bereitwilligkeit, der Launen eines Prinzen deine Kinder freudig zum Opfer zu bringen! — Die Baireuther Zeitung ist ein Seitenstück der Münchner Politischen; oder sie übertrifft sie vielmehr noch, da letztere nur von dem Sohne, erstere aber nach den Ordern des
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311 Vaters Freiherr von Weiden redigirt wird. Unter diesen Umständen gewährt ein Artikel der Baireuther Zeitung, worin der Grund, der dem Grafen von Seinsheim in München bereiteten Feste angegeben wird, ein großes Interesse. Jener Artikel lautet also: „Die Installation des Grafen von Seinsheim, der mit einer seltenen Beharrlichkeit die ministeriellen Interessen in der Kammer und die Prärogative der Krone zu wahren sich bemühte, zum Präsidenten der Regierung des Isarkreises, gab Veranlassung zu einer Reihe von Festlichkeiten, wie sie noch keinem Minister widerfahren: Festmahle, Musiken, Beleuchtung und decorirte Säle, Deputationen von Privatvereinen, wiederholte feierliche Galla-Aufwartungen, folgten in ununterbrochener Reihe und dauern seit dem Neujahrstage noch bis heute fort. Herr Graf von Seinsheim, einem der ältesten adelichen Geschlechter entsprossen, gehört aus freieigener Wahl zu den StrengMinisteriellen ohne gerade eines servilen Sinnes zu sein, weil Servilität gegen eigene Ueberzeugung ist, der Graf aber aus Ueberzeugung der Hofparthei ganz angehört, und in dem Festhalten an das patriarchalische System alles Heil sieht. Seine Persönlichkeit ist ehrenwerth, sein Charakter tadellos, seine Herzlichkeit groß und sein Wille fest. Dennoch paßt er nicht für die Zeit des Tages, und dieses ist es, was von vielen Seiten getadelt wird. Jene Ehrenbezeugungen so ausserordentlicher, ungewöhnlicher Art haben ihren Grund darin, daß der Graf der Jugendfreund des Monarchen war, und noch sein Vertrauen besitzt, die Bürgerschaft von München aber durch seinen persönlichen Einfluß Erhaltung und Vermehrung ihrer Privilegien erwartet. Die Zünfte und der Magistrat verehren ihn, weil er gegen die Gewerbsfreiheit entschieden sich erklärte und das Zunftwesen gern wiederhergestellt wissen möchte. Ueber die neuen Minister hat sich die öffentliche Meinung noch nicht ausgesprochen; und mit Recht, weil ihr Wirken noch nicht bekannt ist. Welches naive Geständniß der Hofparthei, welche reinen Motive zu Festlichkeiten für den Herrn Grafen des Obscurantismus. Die Münchner Bürger mögen aus der offenen Verspottung ihrer Unterthänigkeit durch Organe des Hofes einen Beweggrund finden, eine würdevollere Stellung gegen den Hof anzunehmen. Mainz. Der hiesige Mädchen-Verein hat an das polnische National-Comite in Paris folgendes Schreiben erlassen: „Unser Laut versagt. Eure Thaten zu preisen Dazu sind wir zu schwach. Wie man glaubt Sind Tapferkeit, Vaterlandsliebe die ersten Tugenden Und stellen oben an den Eigner, ist dem so So können die Männer, mit denen wir reden Keine aufwägen in der Welt. Shakespeare. „Wir wagen es, vor Euch zu treten, um im Namen unseres Vereins eine Zuschrift zu beantworten, die uns tief beschämen müßte, da unser Streben nicht geeignet ist, die Aufmerksamkeit von Männern zu erregen, die der polnischen Nation angehören. Die Polen haben ohne Unterschied des Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Geschlechts, des A Iters, der staunenden Welt gezeigt, zu welcher Geistesstärke der Mensch gelangen kann, und was Opfer bringe η heißt. Sie haben ihren Namen mit solchem Glanz umgeben, daß er die Bezeichnung für alle vereinigten Tugenden geworden ist. Ihr Starken sprecht nun von unsern Opfern — ο erhöht nicht das Gefühl der Scham, das lastend genug unsere Brust drückt, daß wir nur unnützen Schmuck den Tapfern widmen, die für uns, für die europäische Freiheit gek ämpft haben, als wenn sie nie den Namen Tod gehört." Als der weiße Adler so siegreich seine Schwingen hob, damals hätte es so wenig Anstrengung bedurft, um ihn zum Ziele zu leiten, doch nur leere Bewunderung, ohnmächtige Thränen hatten die Völker für eine Nation, die zu allen Zeiten die Civilisation gegen die Barbarei vertheidiget hat. Aber die große Revolution des Novembers ist noch nicht verloren, der Enthusiasmus, mit dem die Polen in ganz Deutschland empfangen werden, ist ihr entsprossen, und wird Früchte tragen; wo ihre Krieger hinkommen, erwecken sie selbst in der kältesten Brust die Liebe zu ihrer heiligen Sache. Die Aufregung ist allgemein, möchte sie nicht nutzlos vorüber gehen, nur Rußland's Drohungen nicht gefürchtet - und Deutschlands Einheit ist gegründet. Deutschlands Erhebung, ο schöne Hoffnung, wenn unser Volk den hohen Beruf erfüllen würde, die Sympathie für eure Nation durch Thaten zu bewähren. Wenn Frankreich und Deutschland die große Schuld abtragen, dann wollen wir eure Begrüßung verdienen und zeigen, daß das große Beispiel der polnischen Frauen für uns nicht verloren war. — Mainz, 1. Februar 1832. Der Ausschuß Emilie Müller. Johanna Klauprecht. Elisa Merkel. Caroline Tels.
des Mädchen-Vereins, Johanna Becker. Josephine Müller. Franziska v. Zabern. Wilhelmine Pels.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nr. 38: 98 fl. 7 kr. — J. Schmidt, Nagelschmidt, 12 kr. L. Schmidt, Bierbrauer, 24 kr. Franz Zöller, 6 kr. Carl Kurz, 12 kr. Leßwing, Schneider, 12 kr. Joseph Pilla, 6 kr. Jakob Wolff, Schlosser, 12 kr. Philipp Molz, Leistmacher, 4 kr. Fried. Bietz, Gerber, 20 kr. Phil. Mayer, Drechsler Sohn, 12 kr. Gebrüder Hainisch, 24 kr. P. Bail, 6 kr. Philipp Dienst, Schlosser, 4 kr. G. Schaav, 4 kr. Georg Steuer, Zeugschmidt Sohn, 12 kr. Michael Kegel, 24 kr. Jakob Rumpf, 12 kr. Einige Unbekannte 58 kr. Zusammen monatlich . . 102 fl. 19 kr. In St. W e n d e l : ein Ungenannter, 5 fl. 24 kr. Ein Ungenannter 3 fl. 30 kr. mit der Bemerkung: Diese kleinen Beiträge sind nicht für den Monat, nicht für das Jahr, sondern nur für die augenblickliche Unterstützung dieses herrlichen Unternehmens, denn fernerhin werden wir nicht zurückbleiben, wo es dem Heiligsten der Völker, der freien Presse gilt. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
N— 4 0 . Einigung der Völker.
Als Deutschland im Jahre 1830 mit freudigem Staunen auf den Sieg der Völker blickte, den der Genius Frankreichs an den Ufern der Seine errungen hatte, da erwachte mit der fast erstorbenen deutschen Vaterlandsliebe zugleich eine lebhafte Sympathie für den ehemaligen sogenannten Nationalfeind. - Gleiches war auch in England, und überhaupt bei allen gesitteten Völkern Europas der Fall; sie hatten die große Bedeutung jenes Sieges erkannt; die fortgeschrittene Civilisation ließ das gemeinsame Interesse, das hier betheiligt war, sogleich wahrnehmen. — Beruhete doch die frühere gegenseitige Abneigung der Völker Europas großentheils nur auf dem gewaltsamen Umkehren aller Naturverhältnisse, und zwar jener Naturverhältnisse, welche die Völker einladen, die gemeinsamen Interessen der Menschheit zu cultiviren, ohne durch Egoismus und Unverstand in dem freien Wirken der Kräfte gewaltsame und feindliche Reibungen zu veranlassen. — Die Politik der Throne, die von jeher ihren selbstsüchtigen Zwecken das Wohl der Völker zum Opfer brachte, war stets bewaffnet, gegen den selbstständigen Geist der Völker, der die gemeinsamen Kräfte der Massen zum Untergange des gemeinsamen Feindes aufzurufen drohte. — Die Zeit zu diesem Aufrufe war da: die Revolution des Juli sollte, in der Erwartung der Völker, eine europäische werden; — als plötzlich, wie ein Spott auf den Triumph des Volkes, ein quasilegitimer Königsthron errichtet wurde, der, unbegreiflich keck, sogar das Dasein einer Revolution läugnete, und nichts zu thun hatte, als sich von der heiligen Allianz in den Bund der Könige einschreiben zu lassen. — Die den Thron geschaffen hatten und darum her standen trieben hinterher ein empörendes und lächerliches Spiel. Die Einen schrien Krieg, die andern besorgten Revolutionen in aller Welt Enden! — Diese sprachen von Soldatenruhm und Eroberung, als den nöthigen Stützen jedes jungen Thrones; - jene benutzte der furchtsame Hof, um durch auswärtige Verwirrung der heiligen Allianz Stoff zu Conferenzen zu geben, auf welchen man sich — kennen lernen konnte. Die Völker, die sich erhoben, sind das Opfer geworden - kindischer Halbheit und erbärmlicher Selbstsucht, die sich anmaßten, an die Spitze einer Weltrevolution zu treten, welche zu begreifen sie weder fähig noch werth waren. Was sie vollbrachten, war: die große Aufgabe der Zeit zu verrücken und sehr begreiflich ist, wie die allgemeine Sympathie für Frankreich so plötzlich in Entrüstung sich verwandelte. - Die Beute
Vaterlandes.
Homburg, den 14. Februar 1832.
eines Soldatenkriegs zu werden, der mit dem Rufe „Freiheit und Gleichheit" begonnen, und mit dem Rechte der Bajonette geendet hätte, war eine Aussicht Europas; die zweite war ein Kreuzzug im Namen der Vertheidigung - gegen die Freiheit der Völker, den man hinterher vergeblich mit Fluch und Verwünschung begleitet hatte. Wahrlich unter diesen Umständen blieb das zerrissene Deutschland, zum Heile Europas, mit Recht auf die Regungen des wiedererwachten Nationalgefuhls, und die Begeisterung für selbsterrungene innere Reform hingewiesen, - hätte nicht ein Volk, ebenfalls jetzt geopfert und betrogen, mehr als Geld und Charpie von uns verlangt! - aber Polen, das sich für die Freiheit Aller erhob, und für die Freiheit Aller den Heldentod starb, Polen, das allen vertraute und von allen verlassen wurde, Polen bleibt ein ewiger Vorwurf für uns. - Und dennoch sagen die Söhne des Ruhmes, daß sie, trotz unserer politischen Nichtigkeit, auf uns mehr vertrauen als auf Frankreich, das die Völker der Erde befreien konnte, und sie getäuscht hat, wenn auch - nur drei Tage lang. — Aber nein, nicht Frankreich — Unwissenheit, Schwäche und Selbsucht Einzelner haben Frankreich verrathen, wie sie Europa verrathen haben: die Edeln Frankreichs schmachten in den Kerkern, wie die Edeln Polens, und aller Länder: die Masse des Volkes glüht für die Freiheit wie überall: die Männer des Juli, die begeisterten Jünglinge Frankreichs, die nicht für Ludwig Philipp und die Geldaristokraten ihr Blut vergossen haben, sie sind wach und harren der Stunde. Die Journalisten, durch edle Polen über unser Deutschland belehrt, belehren ihrerseits das französische Volk: Nicht Krieg um des Krieges und der Eroberung willen, nicht Revolution um des Krieges willen, sei fortan das Losungswort der Erhebung, sondern vielmehr Freiheit der Völker, Einigung der Völker, um der Freiheit Aller willen, Vereinigung der Macht der öffentlichen Meinung und der Presse gegen die Könige, die unverholen durch ihre bezahlten Organe es aussprechen, daß sie gegen die Freiheit der Völker ins Feld ziehen wollen: — dieß allein ist die Aufgabe des Zeitalters. Frankreich hat schwer gebüßt, daß es einem König mehr glaubte als der Sympathie der Völker. Es hat das Vertrauen der Völker dadurch verloren, es hat die Völker gezwungen, für Ehre und Nationalität gewaffnet zu stehen, wenn ihnen im Namen des Zwittergeschöpfes der Quasi-Legitimität die Freiheit mit dem Schwerdte geboten werden sollte. — Frankreich sei selbst frei, und dann proklamire es die Freiheit der Völker: die Sympathie der Völker wird herrlich
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315 erwachen, sobald es sich um innigste Verbindung, zur Erreichung des großen gemeinschaftlichen Zieles handelt: Nur der vollkommene Sieg sichert gegen alle unseligen Folgen der Halbheit! - Die Leiden der Völker, seit den 15 Jahren, während welchen die heilige Allianz der Könige Europa tirannisirt: Spanien und Portugal, Frankreich und Italien, Deutschland und England, Griechenland und Polen, sie haben der frömmelnden Scheinheiligkeit die Maske abgerissen, die letzten unglücklichen Ereignisse haben am meisten bewirkt, daß die Macht der verbündeten Throne, durch die Macht der öffentlichen Meinung der Völker gerichtet ist. — Jene Macht der Meinungen muß den Kampf offen beginnen, wo der Volksfreiheit die Kriegswillkür und den unveräusserlichen Menschenrechten die Feudalinstitutionen des göttlichen Rechts feindlich entgegen treten. Die Schlechtigkeit einzelner Menschen aber, in der großen Zeit, die sie zu führen sich vermaßen, gibt die gewichtige Lehre: daß die Völker einig sein müssen, wenn der Sieg des Rechts und der Freiheit über Willkür und Despotismus errungen werden soll. — Polen vertraut auf Deutschland und Deutschland rechtfertige das ehrende Vertrauen, es begreife seine Stellung, die Freiheit Europas hängt von ihm ab: es vertraue auf sich selbst, mit der ganzen Kraft des neuerwachten Gefühles der Nationalität; es vertraue auf das französische Volk, das seine Fesseln brechen, und nicht zum drittenmal die Beute der Selbstsucht werden wird! — Dann soll der Absolutismus erkennen, daß seine Stunde geschlagen hat! — Die Menschheit tritt in ihre Rechte wieder ein, und Europa feiert den Völkersieg, dessen feierlicher Toast ist: „Freiheit und Unabhängigkeit der Nationen, nicht unter der Schirmvogtei einer ränkevollen Diplomatie, einer alle Naturverhältnisse und Gesetze der Vernunft umkehrenden Politik; sondern gegründet auf Civilisation, Völkerrecht und Völker-Souveränität, und auf die ungehemmte Entwickelung aller Kräfte der menschlichen Gesellschaft, unter dem Schutze vernünftiger Institutionen und Verfassungen !" — Ch. Scharpff. Fragmente aus dem Brevier eines Oesterreichers. 1. Wir sind nahe daran, zu verwesen; mindestens kriechen bereits Würmer auf uns. Großer Gott! wodurch haben wir dieß schreckliche Loos verdient, das Bewußtsein noch nicht verloren zu haben, den Geist noch im Leib zu wissen, und doch dem Ekel hingegeben zu sein, der Verwesung? Freilich sind wir veraltet, aber unsere Jugend war keusch und fleckenlos; wir werden scheintodt eingesargt, ja man stellt uns sogar den Todtenschein aus, und doch hören wir über unsern Häuptern die letzte Erdscholle auf den eisernen Sarg kollern, schlagen mit der Faust ohnmächtig an den Deckel, schlagen uns die Faust blutig und ersticken in diesem verrammelten Schneckenhäuschen. Man macht sich über die Wiener Bären lustig! „Da haben Sie mir wieder einen Bären aufgebunden" hat man ein Sprichwort gemacht, Castelli hat eine ganze Menagerie solcher „Bären" gesammelt.
Und wahrhaftig! wir sind auch nicht bl os Bärenhäuter nein! wirklich Bären, wie man sie auf Jahrmärkten zeigt, das Maul hübsch eingezäumt und eingekorbt, mit den Affenreutern auf dem Rücken, die Sehnen der mächtigen Tatzen verstümmelt. Pfui! Pfui! so elend und so verspottet zugleich, zum Kinderschreck sogar verdorben, mit Hefe bemalt, damit man uns nicht kennen soll, als ob es Schande brächte, einen Helden zu spielen! Wer hat sich jemals nicht geärgert, wenn er vor einer herrlichen Statue von blendendweißem Marmor stand, der Bildsäule einer Göttin; der irgend ein witzloser Gassenjunge mit dem Bleistift einen Schnurbart anzeichnete. In der That! man weiß, daß unser Volk versteinert ist, und noch glauben Begeisterte, die es mit Entzücken beschauen; der Stein athme! Pfui! daß Straßenjungen ihre unsaubern Schwänke daran ausübten. Eher schleudert das heilige Bild vom hohen Felsen hinab, wie die steinernen Tafeln der Gesetze, daß es in tausend Stücke zerspringe, als daß es der Uebermuth entweihe, oder die Habsucht in Quadern zerhaue, um sich eines Stalles Grundmauern daraus zu erbauen. Wie? allzuscharfe Lauge! Allzumilde ist's noch; wird man einen Rostfleck mit kaltem Wasser abwaschen? einen beizenden Tintenkleks mit Löschpapier? Den ersten brennt man aus, den zweiten muß eine scharfe Klinge radiren. Wer sich die Ohren mit Baumwolle verstopft und mit verbundenen Augen am Rande eines Abgrundes tanzt, dem soll man nicht auf der Maultrommel aufspielen; eine Posaune muß man ihm dicht ans Ohr halten; auch wird man ihm nicht noch eine Kapuze über den Kopf werfen, sondern mit der einen Hand das Tuch vom Auge, mit der andern den Fuß vom Abgrund zurückreißen. Einem Fieberkranken tischt ihr nicht Malaga auf, wenn er's auch verlangt, sondern heilsame Arznei, die ihm nicht behagt. Wozu sich auch mit der Lüge, dieser Allerweltsdirne, mesalliiren, wenn man die Wahrheit zur Braut haben kann, deren Adel so alt ist, als die Sonne, die jene im Wappen führt. Oder würde uns ein Fürst Dank wissen, wenn er am klaren Brunnen steht und Wasser verlangt und der Trabant ginge eine Meile Weges, um ihm den Pokal aus der Pfütze zu füllen. Es ist noch nicht so weit gekommen, daß ein Sterbender, dem der Tod im Leibe sitzt, sein Testament in einer welschen Arie singen sollte. Man wird den letzten Willen auch so respektiren müssen, wenn er in Todesseufzern sich äußert; zitternd, aber nicht vor Frost und Furcht, sondern vor Schmerz. 2. Warum ist der Oestreicher ausgeschlossen aus dem Verband aller Deutschen. Warum hat er kein Vaterland? Das sind zwei Fragen, welche wir vor allen andern beantwortet wissen wollen; denn sie sind die Basis, das Fundament alles Lebens, das Sein oder Nichtsein des Volkes. Nur das Vaterland ist ja das Sein, das Wesen, das Sonnensystem, in welchem jeder Bürger (in Oestreich spricht man nur von „Unterthanen" sujets!) Inbegriffen. Wie sollen die Sterne sich erhalten, wenn die Gravitation, die Schwere hinweggenommen ist? Das gehört eben so heilig zusammen, als das ganze Sonnensystem zu nichte wird, wenn ihr einen einzigen Himmelskörper daraus entfernt! Einer, ein einziger
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317 hinweggerissen durch fremde Polarkraft und das ganze System wird zu nichte. Es gibt keine Pflichten, wenn man die Rechte austilgt; der Begriff einer Pflicht kann nur durch das reelle Bestehen des Rechtes eine Wahrheit sein. Jede Pflicht ist eine Medaille, deren Kehrseite ein Recht ist. Sobald die Persönlichkeit des Menschen, die Würde desselben angenommen und zugestanden wird, muß auch eingeräumt werden, daß jene Würde anerkannt werden müsse; sonst existirt sie nicht, ist todt; wessen Wesenheit man zugiebt, dessen Bestehen muß man auch äußerlich anerkennen; sonst läugnet man das Bestehen selbst, und es wird gewiß auch dem ärgsten Despoten nicht beifallen, die Persönlichkeit, die Würde zu läugnen, sonst giebt er zu, daß er selbst nur eine Sache ist. Anerkennung der Würde ist aber die äußere Freiheit. Beschränkung der Freiheit der Einzelnen gibt die Möglichkeit der Geltendmachung der Persönlichkeit. Diese Geltendmachung der Persönlichkeit in Individuen ist Recht, die Beschränkung Pflicht. Das ist durch Uebereinkunft, durch Vertrag begründet, Recht und Pflicht im engern Sinn. Hebt dieses Recht auf, und die Pflicht fällt zugleich hinweg, mit ihr die Würde, die Persönlichkeit, und wer dies aufhebt, bekennt sich selbst als Sache.
tes bedienen, wie soll der Schild zum Schutz, das Schwert zur Wehr geführt werden, wenn das Auge von einem vergifteten Pfeil getroffen ward. Glaube und Vertrauen ist Eins! Wer das Vertrauen mordet, hat den Begriff Gott hinweggetilgt. Schleudert immerhin die Perlen in den Koth; ihr mögt dann auch wie ein unfläthig Thier im Kothe darnach wühlen; und zusehen, ob euer Antlitz rein bleibt. Immer wer den ersten Wurf gethan, hat den letzten, äussersten zu fürchten! Wie weit sind wir Oestreicher frei? Bis zur Gränze, wenn wir nämlich einen Brief ins Ausland schreiben, bezahlen wir bis zur Gränze und dann steht auf dem Brief ganz revolutionär: Frei bis - zur Gränze! Die Freiheit in Gränzen?! gränzenlose Ironie! Und doch sagt man immer: wir Oestreicher wären nicht frei!
In diesem Punkte sind die Franzosen weiter als wir; sie haben nur zwei Geschlechter, männliches, weibliches. Die Deutschen haben noch ein drittes, einen Bastard der beiden, das sächliche; das sind wir selbst; ist nicht das Vaterland bei uns sächlich? — Pfui der Verschnittenen! Wie straft man den Mörder? Man macht ihn um einen Kopf kürzer! Doch es gibt Mörder, die man nicht verkürzen kann, denen man den Kopf nicht vor die Füße legt, aus einem einfachen Grunde; um was sollte man sie denn verkürzen? Was sollte man ihnen denn vor die Füße legen? Und doch setzen sie ihren Kopf auf! Ihren Kopf? Freilich ihren, denn auch der Dieb sagt, das ist meine Uhr, wenn er sie gestohlen; Diebstahl und Besitzergreifung sind Eins und unsere Gesetze heiligen die Verjährung. Die alten Römer waren gleichfalls sehr günstig gesinnt für die Verjährung; es begreift sich, woher hätten sie sonst ein Recht auf den orbis terrarum hergeleitet? -
Les Devoirs de la tribune.
Wenn ein Kirchenräuber ein kostbares Weihgefäß stiehlt, so schreien die Priester: „Verflucht sei, wen der Athem seines Mundes berührt." Was aber dann, und wer soll den Kirchenbann rufen, wenn der Priester selber zum Kirchenräuber wird? Es ist eine häßliche Sünde, Kelch und Sakrament zu stehlen; aber das Sakrament zu bespeien und den Kelch zu vergiften, das ist Todsünde. Kennt ihr die Sünder im Spiegel, ihr heuchlerischen Pfaffen in Oestreich! Holla! Noch ist's Carneval; aber wie bunt ihr in der letzten Fastnacht wirbelt, denkt an die Aschermittwoche, da man den Judas verbrennt. Mit Huß! Huß! wird man euch dann zum Scheiterhaufen hetzen. Glauben, Hoffen, Lieben; das ist die eigentliche Dreieinigkeit; die dreifache endliche Erscheinung des Ewigen. Nehmt eines hinweg und das Dreieck ist zerstört und durchbohrt den Kreis. Wo der Glaube angefressen, wurmstichig wird, zusammenstürzt, da wanken die beiden Hypothenusen Hoffnung und Liebe. Ihr seid betrogene Betrüger! ihr wollt euch der beiden Hypothenusen wie des Schildes und Schwer-
Herr Perier und die freie Presse. In Folge unserer Zusage in Nro. 29. der Tribüne fahren wir fort, die Artikel der französischen Oppositions-Journale zu liefern, welche den Streichen des Herrn Perier erliegen. Der heutige sollte in dem Mouvement erscheinen. Sein Inhalt war folgender:
II est bien triste de ne prendre la plume que pour repeter des predictions sinistres; mais c'est la notre mission, jusqu'au jour du desastre, si la nation n'ouvre pas les yeux ä temps pour se sauver. D e tous les cotes les revelations percent, les lumieres abondent, le danger est imminent; prenez un ä un les deputes de l'opposition; ils vous diront, c o m m e nous, que la trahison ne devient que trop apparente, que Henri V et l'etranger nous menacent, que, si Ton n'a pas souscrit avec eux un traite en forme, on les attend du moins avec patience dans la certitude d'en
avoir
meillenr
marche
que
d'une
liberte
democratique dont on a, avant tout, horreur. C'est la la conviction de tous les patriotes, quelle que soit leur position sociale, et cependant ces tristes verites ne se font jour nulle part, et ce m o t de trahison qui vient glacer le coeur dans toutes les conversations particulieres ne se repete pas en public; on n o s e pas le porter ä la tribune de peur d'y soulever un epouvan table orage, et jusqu'ä present encore il n'a pas ete profere par les journaux. Le drame honteux marche cependant ä grands pas. Hier la chambre a vote des recompenses aux chouans; aujourd'hui elle a maintenu les pensions de la pairie et toutes les autres profusions de la restauration. C'est chose curieuse que d'entendre la naivete des argumens employes dans eette occasion. En verite si nous sommes dupes ce sera bien notre faute. O n ne prend guere la peine
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319 de nous cacher que les affaires de la nation viennent en derniere ligne ä l'esprit de nos pretendus mandataires. Ne bouleversons pas les positions acquises, disent les orateurs ministeriels, sans cela, d'autres reactions bouleverseraient les nötres: ce serait ä n'en plus finir. Ainsi, on s arrange dejä pour d'autres reviremens de fortune: vienne Henri V, on ne craindra pas de perdre ses pensions apres avoir respecte Celles des chouans, de cespauvres vieillards qui ont verse leur sang avec honneur, au milieu des Prussiens et des Cosaques. C'est ä la tribune dite nationale que ces argumens sont etales avec complaisance, et la majorite se les approprie par des votes qu'il n'aurait pas ete permis de prevoir il y a six mois, sans passer pour calomniateur. Mais c'est peu de chose encore que ces declarations de principes etranges. La chambre a fait plus encore par sa seule inertie. L'intervention despotique ensanglante la Romagne, et eile se tait! Le baton des sergens de ville regne dans Paris, et eile se tait! A quoi sert done une tribune, si en sa presence, on peut faire des arrestations en masses, au hasard; si l'on peut assommer les citoyens incarceres sans pretexte, au caprice du plus ignoble agent? ä quoi sert done une tribune, si, quand eile est ouverte, la liberte individuelle nest plus garantie; si l'honneur national n'est plus qu'un mot, si a responsabilite des agens du pouvoir n'est plus qu'un jeu? Et qu'on ne dise pas que la chambre n'est pas avertie! Combien y a-t-il de temps quelle a connu et juge les embrigademens d'assommeurs? Alors elle a innocente le ministere en rejetant la faute sur de vils instrumens. Eh bien! ne lit-elle pas ces journaux du pouvoir qui provoquent ä la guerre civile, qui invitent non la justice, mais les citoyens ä sevir contre les porteurs de chapeaux cires? Peut-elle rester muette en presence de ces infamies qu'on ne connait pas meme ä Constantinople? car ä Constantinople le cadi separe les esclaves qui se battent au lieu de les pousser ä s'entre-tuer! Certes, une telle inertie est le plus affligeant de tous les spectacles. Le despotisme de quelques hommes est peu de chose; mais comment ne pas verser des larmes de sang quand le despotisme le plus abject peut s'exercer en presence de deputes qui se pretendent les elus de la nation meme? Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Ii faut le dire, ce spectacle ignominieux tue le systeme representatif et la liberte meme. Quel enthousiasme voulez-vous exciter dans les masses pour l'arbitraire legal, dont la brutalite pese sur nous? Ne semble-t-il pas que les discussions politiques ne soient qu'un jeu oü gagnent les plus habiles ou les plus fripons? Ne voit on pas l'atonie et le decouragement gagner de proche en proche, et nos ennemis ne parviennent-ils pas ä etouffer le sentiment national meme par l'aspect de turpitudes dont, pour quelques esprits faux, ils ont su rendre la revolution de juillet solidaire? Deputes de la France, il est temps d'y songer, si vous voulez conserver chez nous quelque lueur d'esprit de liberte et de patriotisme. Votre marasme est le plus grand de tous les maux qui nous minent. L'ordre social meme en est menace. Quel preparatif pour la guerre que l'aspect de ces Polonais et de ces Italiens, punis pour avoir eu du courage! Quelle Ιεςοη de respect des lois que ces agressions des agens du pouvoir contre les citoyens qui leur deplaisent! Ne vous y trompez pas, vos fautes ont developpe d'une maniere inouie l'egoisme et les mauvaises passions. Vous n'avez jusqu'ä preseut su fomenter qne l'anarchie. II est temps encore de retablir le pouvoir sur ses bases, et de rendre ä la France son bei elan de juillet; il est temps de punir la trahison et de se poser en face de l'ennemi; mais pressez vous. Les Espagnols aussi ont voulu raviver l'esprit national quand le dauphin etait sur la Bidassoa: tout etait fini.
Tages-Chronik. England. London, 8. Febr. Seit dem 31. Januar hat die Conferenz mehrere Sitzungen gehalten, sie waren aber alle den griechischen Angelegenheiten gewidmet. Man scheint einzusehen, daß Griechenland sich einer Krisis nähert, und darf daher seine definitive Constituirung nicht länger verschieben. Der Erledigung derselben stehen jedoch die entgegengesetzten Interessen der drei contrahirenden Mächte entgegen, namentlich das Verlangen Frankreichs und Englands, vor allen Dingen die holländisch-belgische Frage entschieden zu sehen. Es ist inzwischen wenig oder keine Hoffnung vorhanden, daß diese Angelegenheit nach den im Vertrag vom 15. November festgesetzten Bestimmungen erledigt werde. Lord Palmerston, der durch Talleyrand zu der Ratifikation veranlaßt worden ist, befürchtet nicht ohne Grund, es möchten die Antireformer diesen Vorfall benutzen, um ihn und das Ministerium zu stürzen. — Das Beispiel des Königs Ferdinand hat von Seiten des Königs von England Nachahmung gefunden, gleich ihm verordnet er Fasten, gleich ihm giebt er sich der Freude der Vaterschaft hin. Die Königin von England ist nämlich guter Hoffnung, und trotz der weisen Haare des Monarchen erhebt sich kein Zweifel in ihm über die unerwartete Erscheinung dieser Nachkommenschaft. Wenn man König ist, so liefert man Meisterwerke in jedem Alter. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Mittwoch. Der Kampf des deutschen Bundes mit der deutschen Tribüne. Sicherm Vernehmen nach wird der deutsche Bund in den nächsten Wochen seinen lang verkündigten Kreuzzug gegen die liberale deutsche Presse beginnen. Die deutsche Tribüne kann wohl kaum der Anmaßung beschuldigt werden, wenn sie des festen Glaubens ist, daß die ersten und heftigsten Angriffe der hohen Bundesversammlung vorzugsweise gegen sie gerichtet sein werden. Die deutsche Tribüne erwartet diese Angriffe einer Hand voll Fürsten mit gewohnter Sicherheit und Ruhe. Aber die deutsche Tribüne thut mehr. Sie bedauert jene traurige Versammlung, und gibt ihr den wohmeinenden Rath, in keinen ungleichen Kampf sich einzulassen. Um diesem Rathe mehr Nachdruck zu geben, will sie den hohen Gesandten den ganzen Verlauf des zu eröffnenden Feldzuges kurz und bündig im Voraus jetzt darlegen. Oder trauet die edle Diplomatie einem plebejischen Blatte so hohe Sehergabe nicht zu? Nun wohlan, so wollen wir zu unserer Legitimation jene denkwürdige Sitzung, in welcher über die Unterdrückung der Presse berathen werden wird, jene Sitzung, in welche kein profanes Auge dringen darf, und die noch im Schooße der Zeiten ruht, schon jetzt in bestimmten Umrissen schildern. Jene Sitzung wird ernster und feierlicher sein, als je eine zuvor. Vermissen wird man das süße diplomatische Lächeln, die gewohnte Leichtigkeit, mit welcher ehemals die wichtigsten Gegenstände fast tändelnd hier behandelt wurden, den sichern Glauben endlich an die Weisheit und Unfehlbarkeit allerhöchster Beschlüsse. Und warum dieses alles? Weil die hohe Versammlung sich wider Willen bekennen muß, sie habe jetzt Männer und keine Knaben vor sich, Männer, die sich das Wort darauf gegeben haben, den Absolutismus in Deutschland zu stürzen, oder im heiligen Kampfe ehrenvoll unterzugehen. Vor einem einzigen Mann aber im ächten Sinne des Worts, einem Manne, dem Hab und Gut und Freiheit, ja selbst das Leben für seine Idee nicht zu theuer ist, vor einem solchen erzittern hundert jener Maschinen, welche, Fürsten genannt, auf wankenden Thronen stehen. Daher wird es den edlen Bundesgesandten beklommener als j emals um die Brust sein, zum ersten Male wird sich gegen die anmaßenden Stimmen Oestreichs und Preußens hier ein lauterer, dort ein leiserer Widerspruch zeigen. Man
Tribüne. des
41.
Vaterlandes.
Homburg, den 15. Februar 1832.
wird nicht alles an alles setzen, nicht um weniger Zeitungsblätter willen die Ruhe Deutschlands auf's Spiel setzen wollen. Würde England, würde selbst Frankreich für erobernde Zwecke mit hunderttausend Bajonetten drohen, man würde mit freudiger Zustimmung den Krieg erklären und den Ausgang ruhig erwarten. Aber der deutschen liberalen Presse den Krieg zu erklärrn wird man Bedenken tragen und zögern. Und warum dieses alles? Weil der Geist der ewigen Wahrheit und Vernunft in eine einzige Feder mehr Kraft legt, als hunderttausend Bajonette besitzen. Allein umsonst, daß diese Wahrheit den Augen der hohen Versammelten in feurigen Zügen sich darstelle! Die Leidenschaft wird über die Besonnenheit, der Dünkel über die Klugheit den Sieg davon tragen. Denn wenn der Herr die Großen dieser Erde demüthigen und stürzen will, so verwirrt er ihre Sinne und umnebelt ihren Verstand.
Die deutsche Tribüne wird von der verboten werden.
Bundesversammlung
Das Verbot wird nun in den öffentlichen Blättern erscheinen, alle Philister Deutschlands werden es lesen, die Zeitung gelassen auf den Tisch legen, bedächtig eine Priese nehmen und zu ihren Nachbarn sagen: „Der deutsche Bundestag hat die deutsche Tribüne verboten. Schade um das Blatt; allein warum auch so heftig und leidenschaftlich? Ich habe ihm seinen Untergang vorausgesagt." Die deutsche Tribüne aber wird allen Philistern zum Trotze nicht untergehen. Nach jenem Verbote beweist sie vor allem das Unzulässige desselben als eines gesetzwidrigen Eingriffs in die Verfassung der einzelnen Bundesstaaten. Die bäuerische Regierung muß nun, will sie dem Bundesverbote Gesetzeskraft in Baiern geben, dasselbe im Regierungsblatte mit der Contrasignatur eines Ministers zur öffentlichen Kunde bringen. Welcher baierische Minister aber wird, uneingedenk jenes nicht genug zu preisenden ersten Begründers der jungen Freiheit, jenes trefflichen Polignac, solcher verfassungswidrigen Ordonnanz seinen Namen beizusetzen wagen? Allein gesetzt, irgend ein Thor hätte Verwegenheit genug dazu. Was nun? So erschiene das Verbot allerdings im Regierungsblatte, und die Tribüne? - die druckte ruhig fort und bewiese mit schlagenden Gründen: die baierische Regierung habe ihre Eide gebrochen, die Verfassung sei verletzt, das Verbot null und nichtig, der contrasignirende Minister in Anklagestand zu versetzen.
323 Große Verlegenheit für die Regierung. Will sie bei den Gerichten auf Unterdrückung der deutschen Tribüne antragen? Kaum glaublich. Selbst mit den blödesten Augen muß sie voraussehen, daß die unabhängigen Gerichte die deutsche Tribüne in Schutz nehmen werden. So nimmt man denn zur Chikane seine Zuflucht. Man befiehlt der Post, die deutsche Tribüne fortan nicht mehr zu versenden. Die Post aber, kennt und ehrt sie ihre Pflicht, protestirt gegen einen solchen Befehl und versendet die Tribüne nach wie vor. Indeß gesetzt, sie kennt und ehrt sie nicht? Nun gut, so wird sie von der Tribüne verklagt, und vom Gerichte zum Schadenersatz und zur schleunigen Wiederaufnahme der Versendung verurtheilt. Inzwischen ist bis zum Ausgang dieses Prozesses die Versendung der Tribüne durch die Post allerdings unmöglich gemacht, der Prozeß kann sich durch mehrere Instanzen längere Zeit hinziehen. Auch dieser Fall ist vorausgesehen, und, um dem Uebelstande zu begegnen, der deutsche Vaterlands-Verein gegründet. Vom deutschen Volke belohnte Boten und Estafetten verbreiten die Tribüne durch alle Gauen Deutschlands. Neue Verlegenheit für die Regierung. Alle Rechtsmittel, alle Chikanen zur Unterdrückung der Tribüne sind erschöpft. Die baierische Regierung steht jetzt am fürchterlichen Scheidewege zwischen Nachgeben und zwischen förmlicher Vernichtung der Verfassung, offener Gewalt und ihren unzuberechnenden Folgen. Was wird sie thun? - Sie wird nachgeben, gewiß, sie wird nachgeben, und der deutsche Bundestag wäre somit, wie wir vorausgesetzt, in seinem großartigen Unternehmen gegen die deutsche Tribüne gescheitert. Wie aber, wenn sie, durch höllische Künste verlockt, nicht nachgäbe? Wir wollen, um unsere Aufgabe theorethisch vollkommen durchzuführen, den unmöglichen Fall einmal annehmen: sie werde nicht nachgeben. Alsdann [e] rtheilt die Regierung dem Militär im Rheinkreise gemeßnen Befehl, mit dem Bajonet in die Druckerei der deutschen Tribüne einzudringen, die Presse zu zerschlagen und die Theilnehmer des Blatts als Hochverräther zu verhaften. Die Regierung giebt hiemit zugleich eine faktische Erklärung, warum sie sich dem Verfassungseide des Militärs widersetzt habe. Die Truppen also marschiren - wenn sie marschiren; — aber beim Himmel, jetzt werden auch die Bürger marschiren. Schützend besetzen und umgeben sie die Druckerei, und hinter dieser Bürgerwache druckt die Tribüne ruhig fort. Vor allem ermahnt sie die Bürger, nicht eher Gewalt anzuwenden, bis das Militär damit den Anfang mache. Das Militär steht also den bewaffneten Bürgern, d. h. seinen Brüdern, seinen Vätern, seinen Freunden gegenüber! Der kommandirende Offizier befiehlt den Bürgern, auseinander zu gehn, und ihm Platz in die Druckerei zu machen. Die Bürger beweisen ihm das Verfassungswidrige seines Verfahrens, als freien Bürger desselben Staates, als ruhmvollen Krieger, als Ehrenmann bitten und beschwören sie ihn, die Fackel des Bürgerkrieges nicht zu entzünden. Der commandirende Officier? — der kehrt entweder in seine Vesatzung zurück, oder er befiehlt den Soldaten, mit dem Bajonet vorzudringen, wenn nicht gar Feuer zu geben.
324 Gebt denn Feuer, ihr Kinder des Vaterlandes, auf eure Brüder, eure Väter, eure Freunde! Aber seid sicher, der erste Funke, der von der Pfanne fliegt, entzündet den Bürgerkrieg in diesem Paradiese Deutschlands, im herrlichen Rheinkreis! Doch nein, - sagen die guten deutschen Philister - die Bürger werden die Druckerei nicht beschützen, die Soldaten werden ungehindert einziehen, die Presse zertrümmern und die Schreier und Fanatiker drinnen zur gebührenden Strafe führen. Könnten die deutschen Philister oder die deutschen Fürsten, die nicht viel schlechter sind als sie, könnten sie diese trefflichen Männer des Rheinkreises in der Nähe sehen, und wüßten den Geist zu würdigen, der sie alle beseelt, bei Gott, sie würden nicht so reden. Und wenn sie die Wahrheit geredet, was wär's? Einige Männer würden ins Gefängniß geworfen, ihrem ordentlichen Richter, der sie jedenfalls freisprechen würde, gesetzwidrig entzogen, und von den Henkershelfern des Despotismus zum ewigen Kerker, wenn nicht zum Tode verurtheilt. Und damit hättet ihr kleinen Seelen den Geist der Freiheit in Deutschland unterdrückt? Täuscht euch nicht! Von ihrem Beispiel entflammt würden hundert bessere in die Schranken treten. Und hättet ihr die hundert gewürgt, so würden tausende dastehen, und würdet ihr der tausende Meister, so stände Europa da! Der Baum des Waldes hat Regen und Thau vonnöthen, der Baum der Freiheit gedeihet nicht ohne Märtyrerblut. Doch nein, zu solchem Märtyrerthum ist kaum eine Aussicht da. Der Bürgersoldat würde mit dem Bürger gemeinschaftliche Sache für die Freiheit machen, und der baierische Rheinkreis in nie gesehener Eintracht die Gautinger und Wasserburger erwarten. Mögen die Kugeln dieser aber besser treffen, als ihre Adressen! Der Rheinkreis fürchtet die Freunde des Meineids nicht; das ganze baierische Heer würde im unredlichen Kampfe umsonst versuchen, die gesetzmäßige Freiheit des einzigen Rheinkreises zu unterdrücken. So bliebe zur Realisirung des ungesetzmäßigen Verbots der Tribüne durch den Bundestag denn nur noch ein letztes Mittel übrig, daß nämlich Oesterreich und Preußen seine absolutistischen Heere marschiren ließen; nicht etwa, um das bedrohete Wohl des eigenen Landes zu beschützen und zu vertheidigen; sondern um die gesetzmäßige Freiheit eines brüderlichen Nachbarvolkes zu vernichten und zu ermorden. Von dieser Seite her drohete der Sache der Freiheit allerdings Gefahr, wäre die weitverbreitete Meinung vom Geiste jener Truppen in der That etwas mehr, als ein trauriger Ueberrest der inneren Entzweiung der einzelnen deutschen Völkerschaften. Die österreichischen und preußischen Truppen soll nämlich ein unbedingter Knechtssinn beherrschen. Ohne Achtung für Menschenrechte, für Gesetz und Wohlfahrt der Völker suchen sie eine Ehre darin, im Sklavengehorsam gegen ihren Herrn mit den Russen zu wetteifern. Auf einen Kabinetsbefehl würden sie ohne Weiteres für oder gegen die Freiheit, für oder gegen ihre deutschen Mitbrüder gleich bereitwillig ins Feld ziehen. Namentlich herrsche im preußischen Heere ein wilder Eroberungsgeist und verkehrter Stolz auf den Namen Preußen, verkehrt in der Art, daß
325 sie der übrigen Deutschen Anstrengungen für Freiheit und politische Mündigkeit schon deßhalb verachteten, weil Preußen s Selbstherrscher seinen sogenannten Unterthanen jene höchsten Güter der Menschen bislang noch vorenthalte. Wie allgemein herrschend diese Ansicht übrigens sein mag, dem deutschen Herzen fällt es schwer, wenn nicht unmöglich, ihr ohne faktische Beweise unbedingt beizustimmen. Ein nicht zu verkennendes Mißbehagen zeigt sich in Preußen wie in Oesterreich. Das Heer, nach seinem größten Bestandtheile doch immer innig mit dem Volke verbunden und aus ihm hervorgegangen, kann sich diesem Mißbehagen nicht gänzlich entziehen, und wird so, seinen durch bessere Institutionen beglückteren Mitbrüdern gegenüber gar, leicht zu Aeußerungen hingerissen, die es bei kälterem Blute mit dem Schwerte wohl kaum verfechten möchte! Möge die österreichische und preußische Regierung daher nicht so sehr auf die absolutistische Stimmung ihrer Truppen sich verlassen! Es wäre ein gefährliches Wagstück, wollte sie von Mainz und Coblenz her zur Unterdrückung der gesetzmäßigen Freiheit des Rheinkreises ihre Heermassen in Bewegung setzen. Sehr möglich, daß die durch eine schändliche Kabinetspolitik getrennten und mit Bruderhaß gesäugten Kinder desselben Vaterlandes, vom heiligen Zuge der Natur unwiderstehlich getrieben, in Eintracht und Liebe sich wieder verbänden, und zur Verwirklichung von Plänen schritten, die bis jetzt in den Herzen der meisten noch schlummern, oder höchstens als fromme Wünsche sich aussprechen. Sollte aber den blindgehorchenden Massen die conventionelle Ehre des Soldaten höher stehen, als die ewige Ehre und Würde des Menschen: nun dann, so bliebe den von der Despotie verrathen und mißhandelten Gauen kein anderer Ausweg mehr übrig, als gegen den beabsichtigten Brudermord sich fremder Hülfe zu bedienen. Mit oder ohne Willen ihrer verächtlichen Regierung würden die Franzosen zum Schutze eines Prinzips herbeieilen, für welches sie selber gestritten und geblutet haben, eines Prinzips, das in Deutschland nicht untergehen kann, ohne die französische Freiheit in seinen Untergang mit hineinzuziehen. Vor allen aber würden die heldenmüthigen Söhne Polens des brüderlichen Empfanges gedenken, den sie im gastlichen Rheinbaiern fanden und finden. Sie würden die sehnlich gewünschte, zur Wiedereroberung ihrer eigenen Freiheit und Selbstständigkeit sich ihnen darbietende Gelegenheit nicht unbenutzt vorübergehen lassen. Mit einem Worte, die bewaffnete Einmischung eines Bundesstaats in die Angelegenheiten eines andern würde ohne Zweifel einen europäischen Krieg zur Folge haben. Mag der edle Bundestag, mögen alle Philister mideidig die Achseln zucken über unsern unerhörten Wahn und Stolz, der uns an die beabsichtigte, gesetzwidrige Unterdrückung eines einfachen Zeitungsblattes so große Ereignisse knüpfen lasse. Aber so wahr wir Männer sind, so schwören wir euch: so lange nicht Bavaria's Charte vom eigenen Fürsten zerrissen und mit Füssen getreten, so lange nicht von den Henkershelfern der Despotie unsere Presse zerschlagen und unsere Hand gefesselt ist, so lange wird auch allen Verboten des Bundes zum Trotz, von Recht und Verfassung
326 beschützt, die deutsche Tribüne bestehen und wird reden gegen den Despotismus der Fürsten und für die Freiheit der Völker!
Cantarrhiden zur Erweckung des preußischen Patriotismus. Berlin, 3. Februar. „Die Wiederkehr des in der Geschichte Preußens unvergeßlichen Tages, an welchem Se. Maj. der König im Jahre 1813 den Aufruf an sein Volk erließ, die Waffen zur Vertheidigung und Rettung des Vaterlandes zu ergreifen, wird heute durch ein brüderliches Mahl der Freiwilligen Berlins gefeiert. Das Fest findet unter den günstigsten Auspizien Staat, und namentlich ist der Umstand erfreulich, daß auch fast alle diejenigen, denen spätere Lebensverhältnisse einen andern Wohnort als Berlin angewiesen haben, von nahe und fern, der Einladung zu dieser schönen Feier gefolgt sind. Möge die freudigste Stimmung bei diesem Mahl der Waffenbrüder herrschen, und mögen sie jetzt als gereifte Männer die ganze Macht jener schönen Begeisterung wieder empfinden, mit der sie vor neunzehn Jahren als Jünglinge den väterlichen Bannern zuströmten." So schreibt die legitime Aachener Zeitung, und gibt dadurch einen erfreulichen Beweis, daß es mit dem Franzosenhaß und der Kriegswuth der Preußen doch nicht so gar sein muß, als man gemeiniglich glaubt. Denn wie man nur Ohnmächtigen Schläfe und Stirn mit geistigen Wassern einreibt, erfrorne Glieder in den Schnee steckt, Scheintodte mit glühenden Zangen zwickt und den letzten Lebensodem durch einige Tropfen nervenerschütternden Moschus zu verlängern strebt, so muß die Lebenskraft des preußischen Volks in der That außerordentlich gesunken sein, wenn sie zur Stärkung und Wiedererweckung so gefährliche und revolutionäre Mittel bedarf, als Erinnerungen aus dem Jahre 1813 sind. Wie ist uns denn? Ward denn nicht einst offiziell befohlen, in den Jahren 1813 bis 1815 habe keineswegs eine schöne und heilige Begeisterung, sondern nur ein commandirtes loyales Pflichtgefühl das preußische Heer und Volk beseelt? Ward denn die Feier des 18. Oktobers und 18. Juni nicht streng untersagt und Jahn und Arndt wegen ihrer angeblich deutschen, oder, wie es sich jetzt zeigt, vielmehr stockpreußischen Gesinnung verfolgt? Und jetzt auf einmal wieder Begeisterung, brüderliche Mahle der Freiwilligen, Waffen-Aufruf zur Vertheidigung und Rettung des Vaterlandes! Es liegt klar zu Tage: die preußische Regierung sammt allen Stockpreußen fürchtet Frankreich und Frankreichs junge Freiheit, sie zweifelt an der lebendigen Zeugungskraft des allgemeinen preußischen Patriotismus, und sucht sie daher durch obige Cantarrhiden in etwas wieder aufzustacheln. Schade nur, daß bei der großen Intelligenz des preußischen Volks dies Mittel schwerlich zum Ziele führen wird. Jene Intelligenz muß alle Denkenden auf den Unterschied der Jahre 1813 und 1832, sie muß sie auf den Inhalt des königlichen Aufrufs selber hinweisen. Im ersteren Jahre erhob sich Preußen, das damals an der Spitze der Civilisation stand, gegen den ärgsten Feind und Unterdrücker aller Freiheit, den unersättlichen Eroberer Napoleon.
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327 Im Jahre 1832 will Preußen oder vielmehr die preußische Regierung, in fortwährend rückgängiger Bewegung ein Nachbarland, das bis jetzt noch immer die Hauptstütze der neuerweckten Freiheit ist, in den Abgrund der Despotie und des Absolutismus zurück stoßen. Der Aufruf des Jahres 1813 enthielt das Versprechen, dem preußischen Volke eine freisinnige Verfassung zu geben; und eben diesen Aufruf soll das preußische Volk jetzt mit Festmahlen feiern, nachdem jenes Versprechen auf das schaamloseste gebrochen ist. Aber kein Zweifel, daß der gesunde Sinn des preußischen Volkes durch solche Fastnachtsspiele seiner Aristokraten und Absolutisten sich nicht wird täuschen lassen.
Tages-Chronik.
Paris, 11. Februar. Der Moniteur enthält heute eine Ordonnanz, vermöge welcher 80,000 Mann aus der Klasse von 1831 unter die Waffen gerufen werden. In den Bureaux des Kriegsministeriums herrscht seit 8 Tagen ungewöhnliche Thätigkeit, angeblich um Truppen nach Italien, Algier und Griechenland zu senden. Daß deren schon nach Ancona detachirt sind, unterliegt keinem Zweifel mehr. Die Kammer muß jetzt Erläuterung über die Motive fordern, welche das Ministerium veranlaßt haben, sich so innig mit der heiligen Allianz zur Unterdrückung der Völker zu verbünden. - Die erste Vorstellung von Louis XI., welche mit so großer Ungeduld erwartet wurde, hat endlich im Theater Francais Statt gefunden. Mehrere Beziehungen wurden lebhaft erfaßt, besonders aber folgender Vers „der Platz (der Thron) ist gut, man hält sich darauf so lange als man kann." Der König war während der ganzen Vorstellung anwesend. Italien. Bologna, 30. Januar. Wer sollte es glauben, die Oesterreicher fangen an, volksthümlich bei uns zu werden. Nach den Masacren, welche die Erscheinung der päbstlichen Truppen bezeichnet, und die Invasion der Oesterreicher herbeigeführt haben, erkennt die Romagne in Erstem Räuber, welche ermorden, in Letztern aber Freunde, welche sie beschützen. Es ist ein Freudentag für eine Stadt, wenn sie statt der päbstlichen österreichische Garnison erhält. Forli und Cesene haben den Einzug der Oesterreicher als einen Befreiungstag gefeiert. Dahin kann es nur unter einer geistlichen Regierung kommen, daß man den Feind mit Freuden das Land besetzen sieht.
England. London, 9. Februar. Man fürchtet allgemein, die jetzt vorliegende Reformbill möchte dasselbe Schicksal erleiden wie die frühere, nämlich nach mühsamer Durchführung im Unterhause von der Kammer der Pairs entweder ganz verworfen oder so verstümmelt zu werden, daß die Grundzüge derselben verschwinden. Schon scheint eine Parthei des Ministeriums nicht mehr fest auf ihren ursprünglichen Ansichten zu beharren, indem sie den Pairs das Recht einräumen will, die Details durch Amendements zu alteriren, und die Ernennung von neuen Pairs nur dann gut heißt, wenn kein anderes Mittel zur Vermeidung allgemeiner Unordnung und Anarchie mehr übrig bleibe. Frankreich. Der Courier francais meldet: Es scheint, die Aristokratie aller Länder hat, im Einverständnisse mit einigen Kabineten, am Berliner Hofe ein großes Gewebe der Intrigue angezettelt, um den König von Preußen zu vermögen, zu Gunsten des Kronprinzen, seines Sohnes, abzudanken. Der Zweck dieser Intrigue ist nicht schwer zu durchschauen. Es ist bekannt, daß die weise Erfahrung des Königs Friedrich Wilhelm und seine Neigung zum Frieden bisher gar viele Anschläge zum Kriege gegen Frankreich scheitern ließen. Nichts vermochte, ihn zu einem Kampfe hinzureißen, dessen Ausgang er unmöglich voraussehen kann. Umsonst belagerte ihn bis jetzt seine eigene Familie, bestürmten ihn der Generalstab seines Heeres mit Vorstellungen, einige Kabinete mit dringenden Bitten. Zwar hatte man auf die nahe bevorstehende Reise des Kaisers Nikolaus nach Preußens Hauptstadt einige Hoffnung gesetzt; allein man ist nicht ganz gewiß, daß diese Reise sich verwirkliche, und zudem fürchtet man, der König möchte sonst bei seinen Ansichten beharren und die Zukunft seines Landes den Wechselfällen eines abenteuerlichen Krieges nicht aufopfern wollen. Dieß der Grund, warum man an die Abdankung dachte. Das stille, ruhige Leben behagt ihm; man hofft, er werde den Genuß der sanften Freuden desselben noch lieber gewinnen, wenn ein fürstlicher Freund ihm ein Gemälde derselben vorhält. Sollten diese Anschläge gelingen, so begreift man, daß die Flamme des Krieges in Europa bald auflodern würde. Der Kronprinz hat seine Neigung zum Kriege lange offen gezeigt.
W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nr. 39: 102 fl. 19 kr. - Ein Freund der freien Presse 8 kr. Peter Schmölze, 6 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Kuhn, 8 kr. Z. Schwarz, 4 kr. Ch. Faber, Sohn, 6 kr. H. Portner, 12 kr. G. Schmidt, 15 kr. Elisa Schmidt, 6 kr. H. Ambos, 6 kr. Ein Freund der freien Presse, 8 kr. Ein Ungenannter, 6 kr. J. Hähnchen, Tuchbereiter, 30 kr. Ein Freund der freien Presse, 8 kr. Ph. König, 15 kr. G. Gretsch, 15 kr. C. Schlimmer, 24 kr. J. G„ 12 kr. J. E„ 12 kr. J. Römer, 12 kr. F. K„ ein Münchner, 12 kr. F. M., 6 kr. Ferdinand Glaser, 1 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Zusammen monatlich 106 fl. 36 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in N i e d e r a u e r b a c h . Transport von Nro. 38: 1 fl. 24 kr. — Heinrich Schaack 3 kr. Zusammen monatlich . . 1 fl. 27 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in H e i d e l b e r g . Transport von Nro. 36: 1 fl. - Eilf Studirende der Universität 5 fl. 30 kr. Zusammen monatlich. 6 fl. 30 kr. Die Franconia für überlassene drei Actien auf die deutsche Tribüne 150 fl. Ein Ungenannter in W e b e n h e i m , 30 kr. Ein Ungenannter in C a r l s r u h e , 5 fl. Ein Ungenannter in E l t v i l l e , 1 fl. Α. Ζ in F r a n k f u r t , 1 fl. 45 kr. Der Westbote in O g g e r s h e i m , 5 fl. alle monatlich.
Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse.
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Deutsche Zur
Donnerstag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
N— 4 2 .
Die Erwartungen des deutschen Volks von seinen n ä c h s t e n Ständeversammlungen. Wir rücken vorwärts! Wie man auch bemüht ist, den mächtig rollenden Zeitenwagen in die alten schmutzigen Gleise zurückzufuhren, er trägt uns auf neuen Bahnen zu den sonnenhellen Höhen der Freiheit, von welchen der unheilbare Schwindel die tollgewordene Partei der Reaction in den finsteren Abgrund stürzen wird. Auch sind es nicht diese dummdreisten Gegner der Volksrechte, die geradehin sich entgegenstellen, um mit einem Phalanx harter Köpfe die Bahn der Freiheit zu sperren und dann zermalmt und zertreten zu werden, welche der guten Sache der deutschen Nation die größte Gefahr bringen. Es sind vielmehr die lauwarmen Halbfreunde der Freiheit, die ängstlich Bedächtigen, die mit alberner Vorsicht den Hemmschuh anlegen, während es mühsam bergauf geht, und die damit nichts anderes gewinnen, als daß wir, auf halbem Wege von der Gewalt der Ereignisse ergriffen, vielleicht noch einmal zurückgeschleudert werden, um dann ohne ihre verderbliche Hülfe von unten wieder in die Höhe zu streben; es sind jene gutmüthig Umsichtigen, welche das Beste fördern, aber die Schlechten schonen wollen, welche die bunte Jacke, in die man die 39 Glieder des deutschen Staatenkörpers gesteckt, da und dort noch etwas flicken möchten, um die immer sichtbarer werdenden Blößen zu decken, welche den neuen Most in alte Schläuche füllen, bis die gährenden Elemente die morsche Hülle völlig zerreißen. An solchen Zögerern und Zauderern, die oft: mit dem besten Willen den Feinden des Volks in die Hände arbeiten, ist unser deutsches Vaterland nur allzureich, und diese Ultramoderantisten, welche unser armes Volk bis zum Hungertode zur Mäßigung anhalten, haben auch noch in unseren letzten Ständeversammlungen das Uebergewicht behauptet. So war in der Kammer der baierischen Abgeordneten von der drückenden Abgabenlast und von der dringend nothwendigen Erleichter ung des Volkes in volltönenden Phrasen viel und lange die Rede, — und wie ist doch das endliche Resultat so weit hinter den bescheidensten Hoffnungen zurückgeblieben! Mehr als in Baiern geschah, hat die so ausgezeichnete badische Volkskammer auch für die materiellen Interessen geleistet; aber selbst dieses mehr ist nur wenig, wenn man gleich gern einräumen mag, daß vielleicht der Erfolg glänzender gewesen sein würde, hätte es nicht vor Allem
Vaterlandes.
Homburg, den 16. Februar 1832.
um die Erringung des Palladiums der Volksfreiheit gelten müssen, und hätte nicht der Kampf für die Freiheit der Presse vorzugsweise die Zeit und die Kräfte in Anspruch genommen. Auch die baierischen Stände sahen wir diese Freiheit der Presse, das Schwert und den Schild der Volksrechte, als das Erste und Dringendste fordern, und wie es im Anfange schien, mußte man wohl erwarten, daß sich die Stände nimmer mit einer Regierung vereinigen würden, welche die Schmach der Censur zu verlängern wagen könnte; allein dennoch, nach langem vergeblichem Ringen hat auch darin die Partei der vermittelnden und versöhnenden Halbheit das Feld behalten. Näher dem ersehnten Ziele drangen die Abgeordneten des badischen Volks; sie errangen sich wenigstens die bestimmte Versicherung eines die Freiheit der Presse zum Theil sichernden Gesetzes. Aber sie auch traten vom Schauplatz ihres parlamentarischen Wirkens zurück, ehe die Erfüllung des Versprechens erfolgt war, und es ist nur allzu wahrscheinlich, daß das badische Volk wie alles deutsche Volk zu Tantalus Schicksal verdammt bleibt, daß es nur lüstern gemacht wurde nach der so theueren Frucht seines Landtags, und daß im Namen der Gesammtheit des deutschen Bundes ihm wieder entzogen wird, was ihm seine Regierung zu gewähren den Anschein hatte. Endlich finden wir die Vertreter des deutschen Volkes noch bei weitem nicht völlig erstarkt in dem Gebrauche der wichtigsten Waffe der Freiheit, in der Anwendung des Rechts der Steuerverweigerung. In der Kammer der baierischen Abgeordneten hörte man nur erfolgleere, eitle Versicherungen, daß man vielleicht zu dieser Waffe zu greifen sich veranlaßt sehen könnte. In Baden kam es wenigstens zu einer einstimmigen ernsten Drohung der Steuerverweigerung, für den Fall, daß die Freiheit der Presse auch ferner verweigert werden sollte. Endlich in Nassau wurden in Wahrheit die Steuern verweigert, aber zugleich schreckten die Deputirten dieses Landes vor ihrer eigenen Kraft zurück, und ma[ch-] ten die Folgen derselben mit der Erklärung zu nichte, daß sie persönlich auch die verfassungswidrig verlangt werdenden Steuern bezahlen würden. So bemerken wir denn doch wohl einiges Fortschreiten auf der constitutionellen Laufbahn, aber zugleich müssen wir erkennen, daß wir von einem belohnenden Ziele noch weit entfernt sind. Es ist Thorheit, zu wähnen, daß die materielle Wohlfahrt unseres Volkes gefördert, ja daß es nur möglich werden könnte, die letzten Trümmer derselben zu retten, ehe eine engere Vereinigung der deutschen Volksstämme zu Stande gebracht ist, ehe hiedurch die S[ch]wierig-
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331 keiten gehoben sind, welche allen größeren gemeinsamen Unternehmungen im Interesse der Industrie und des Verkehrs im Wege stehen, ehe es Deutschland möglich geworden, auch gegen die Beeinträchtigungen des Auslandes sich zu schützen und ein festes System der Handelspolitik zu verfolgen. Es ist Thorheit, zu wähnen, daß das Streben der Stände, von den einzelnen Regierungen die Freiheit der Presse zu erringen, je mit Erfolg gekrönt werden könne, so lange die Aristokratie der Kabinete in der jetzigen Verfassung des deutschen Bundestages ein Organ findet, wodurch sie alle diese Bestrebungen fort und fort zu vereiteln hoffen darf. Vor Allem bedürfen wir also eine aus dem Vertrauen des Volkes hervorgegangene Nationalvertretung, mit hinlänglicher Macht ausgerüstet, um gegen jedes einzelne Kabinet, wie gegen die Gesammtheit der Kabinete den Nationalwillen geltend zu machen. Ehe durch ein solches nationales Band alle deutschen Gliederstaaten zu einem großen Volkskörper vereinigt sind; ehe volle Freiheit des geistigen Verkehrs diesen Nationalkörper mit einem Nationalgeiste belebt, haben wir keine politische Existenz und so lange wir nichts sind, soll man auch nichts von uns verlangen. Darum ist es die erste Pflicht jeder künftigen Ständeversammlung, das Ministerium von Anfang an für unfähig zu erklären, das nicht in dem Geiste des von dem badischen Abgeordneten Welker gestellten Antrags auf Vervollkommnung der organischen Entwickelung des deutschen Bundes, entschieden sich ausspricht und hiernach seinem Gesandten am Bundestage die erforderliche Instruction ertheilt; und es ist Pflicht, einem solchen unfähigen Ministerium die Steuern durchaus zu verweigern. Da werden die Schwachen und Scheuen ängstlich fragen: Aber bedenkt Ihr auch den ganzen Umfang der Folgen dieses Schrittes? Wir haben diese Folgen scharf ins Auge gefaßt und glauben sie klar und bestimmt bezeichnen zu können. Bei der ersten Verweigerung der Steuern in dem einen deutschen Bundesstaate, werden vielleicht wenige der Steuerpflichtigen der verfassungswidrigen Erhebung derselben ernstlichen Widerstand entgegensetzen und die Gewalt wird durchdringen; aber das strafende Schwert für das Verbrechen des Hochverraths an der beschworenen Verfassung bleibt über dem verantwortlichen Ministerium gezückt, bis es der endliche Sieg der gerechten Sache auf das schuldige Haupt niederfallen läßt. Ergriffen von der begeisternden Idee einer deutschen Nationalsache werden dann die Vertreter eines zweiten Bundesstaats dem einmal gegebenen Beispiele [f]olgen: jetzt wird der gesetzmätzige Widerstand des Volkes gegen die Erhebung verfassungswidriger Steuern schon entschiedener hervortreten, und schon wird die ministerielle Willkühr sich genöthigt sehen, die fremden Werkzeuge der Gewalt zur Unterdrückung der Rechte ihres Volks zu Hülfe zu rufen. Aber auch für einen dritten Bundesstaat wird das Beispiel seiner deutschen Bruderstämme nicht verloren gehen: dann aber vertheilen und schwächen sich bereits mehr und mehr die Mittel der Unterdrückung und immer kräftiger und immer unüberwindlicher tritt dagegen das einmüthige Volk in die Schranken. — Wir wissen sehr wohl, daß durch die verfassungsmäßige Zusammensetzung der verschiedenen Kammern der Abgeordneten die Erwartungen von einem nachdrücklichen
Gebrauche des ständischen Rechts der Steuerverweigerung wesentlich herabgestimmt werden müssen. Doch sind die Schwierigkeiten nicht allerwärts unüberwindlich, und wenn wir erst von einer einzigen Volkskammer das Beispiel einer unerschütterlichen Thatkraft und einer entschiedenen deutschen Nationalgesinnung vor Augen sehen, so wird der erhebende Eindruck und die Macht des öffentlichen Geistes alles Weitere vollenden. Dies ist noch der einzig übrige gesetzliche Weg, der von dem Abgrunde uns entfernt, in welchen der Sturm eines äußeren Kriegs unfehlbar uns schleudern würde; ohne diesen letzten Weg zu betreten, fallen wir der Wuth der Factionen anheim, den Schrecken der Anarchie, den Gräueln eines brudermörderischen Bürgerkriegs. Vertreter des deutschen Volkes! Hütet Euch, durch Maßregeln der Schwäche und der Halbheit so schwere Blutschuld auf Euch zu laden; Vertreter des deutschen Volkes wagt es, Euere Pflicht zu thun! Tages-Chronik. Frankreich. Paris, 12. Febr. Nach und nach verändert sich die Stimmung in Paris. Viele der Juste-Milieu-Männer fangen an, einzusehen, daß die Regierung auf dem eingeschlagenen Weg ihrem Verderben entgegen geht, und ziehen sich zurück. In den zwei letzten Sitzungen der Deputirtenkammer verließ die sonst so treue Majorität das Ministerium, um sich auf die Seite der Opposition zu schlagen. Herr Perier war über diese Verwegenheit äußerst entrüstet, auch sind bereits die ministeriellen Journale von Angriffen auf die pflichtvergessene Kammer überfüllt. Wir bezweifeln, ob dieß der rechte Weg ist, die Ungetreuen wieder zur ministeriellen Fahne zurückzuführen. - Das englische Ministerium gibt sich viele M[ü]he, einen Handelsvertrag mit Frankreich zu Stande zu bringen, und soll hauptsächlich in dieser Absicht dem Vertrag vom 15. Nov. beigetreten sein, allein weit entfernt, seinen Zweck zu erreichen, wird es höchstens eine Tarifs-Verminderung erwirken. So stehen die Regierungen in beständigem Wettkampf mit einander, um sich zu überlisten, und die Völker zahlen die Zeche für den hintergangenen Theil. - Herr v. St. Aulaire Sohn soll sehr befriedigende Nachrichten aus Italien überbracht haben. Nach denselben verspricht der Pabst volle und allgemeine Amnestie, so wie Einräumung der von den Romagnolen verlangten Institutionen. Man fragt mit Recht, warum er so viel Blut habe vergießen lassen, wenn er den Wünschen der Nation zu entsprechen geneigt war. Indessen, man weiß, was man von solchen Versprechungen zu halten hat. Eine Amnestie von Ferdinand VII., von Nicolaus oder Don Miguel würde Furcht einflößen, allein eine Amnestie des Pabstes ist schauderhaft. Der Himmel bewahre die Romagnolen vor der Amnestie des heiligen Vaters. Was die freie Institution betrifft, so sind sie nicht einer Versprechung unseres Justemilieu werth, und was von letzterem zu halten, weiß Jedermann. — Briefe aus Belle-Isle vom 2. Februar, me[l]den die Ankunft Don Pedros an Bord eines englischen Dampfschiffes, und seine Absicht sogleich den folgenden Tag nach Terceira überzufahren, wohin der Rest der Expetition ihm folgen wird. Unsere kleine Stadt ist von Portugiesen
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333 und Engländern überschwemmt; erstere sind sehr arm, letztere leben im größten Ueberfluß. Alle Schiffe sind englisch und in dem besten Zustand, besonders die Dampfschiffe, welche gleich Fregatten jeder Witterung trotzen können. Deutschland. Homburg, 15. Februar. Die Verhandlung des Prozesses der deutschen Tribüne wider die baierische Regierung, wegen Verletzung constitutioneller Rechte, ist am 13. d. M. vor sich gegangen. Es hatten sich viele Zuhörer eingefunden, um das Lob der Regierung zu vernehmen. Mehr als der klagenden Parthei ist es dem Herrn Staatsprokurator gelungen, Gericht und Auditorium von der Widerrechtlichkeit des Verfahrens der Regierung zu überzeugen und über das System der letztem allgemeinen Unwillen hervorzurufen. Der Herr Staatsprokurator erklärte nämlich: „die Regierung könne nicht blos die Pressen, sondern auch die Backöfen der Bäcker versiegeln lassen, ohne daß der betheiligte Bäcker gegen eine solche Maßregel bei Gericht Schutz suchen könne." Durch dieses sehr passende Beispiel hat auch der schlichte Verstand von der Legalität des Regierungs-Verfahrens einen deutlichen Begriff erhalten. Die anwesenden Landleute sagten: „So! die Regierung kann uns also unser Eigenthum willkürlich und eigenmächtig versiegeln, sie kann an der Ausübung unserer Gewerbe nach Belieben uns hindern. Und gegen all' diesen Unfug giebt es keine richterliche Hülfe: da haben wir in der That einen vortrefflichen Rechtszustand." - Gewiß der Backofen des Herrn Staatsprokurators hat das System der Regierung und die Theorie der Inkompetenz der Gerichte, wo es um Schutz des Privateigenthums gegen die feindselige Regierung sich handelt, in der öffentlichen Meinung mehr zu Grunde gerichtet, als alle Oppositions-Artikel der Journale. - Das Gericht hat das Urtheil vertagt. Dasselbe wird am 20. Februar verkündet. Die Nro. 29. der Tribüne soll wegen des Aufsatzes „Deutschlands Pflichten" konfiscirt werden. Man sieht, daß die Regierung den Vaterlands-Verein indirekt unterstützen will, weil sie durch die Confiskation des Aufrufs die Aufmerksamkeit des Publikums noch mehr daraufhinlenken will. Die Confiskation steht natürlich nur auf dem Papiere: denn es sind von jener Nummer bereits 12000 Exemplare versendet. Andere 12000 werden nachgedruckt und unentgeldlich vertheilt. Wir bitten daher das Publikum, noch mehr Bestellungen darauf zu machen und deßhalb schriftlich an die Redaktion sich zu wenden. Wir werden die Exemplare dann unter Couvert an die Adressen versenden. Die Macht der Regierung ist zu gering, um die Versendung zu hindern. Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Gießen im Februar. Die patriotischen Männer unserer Stadt haben begonnen, die Subscriptionslisten für den vaterländischen Verein mit ihren Namen zu füllen. Denn kein ächter Deutscher kann kalt bleiben, wenn ihm die hohen Worte tönen: Einheit, Freiheit, Nationalität. Willig bietet er Gut und Blut, wenn es gilt, solches Ziel zu erstreben für Volk und Vaterland. Glühend lodert die Flamme der treuesten Vaterlandsliebe in tausend und tausend Her-
zen, und mit freudigem Zuruf, fern von Feigheit und knechtischer Furcht, begrüßen sie ihre Vorfechter, die ungefesselt nnd kühn den Völkern Europas es aussprechen, was Deutschland ersehnt, was es verlangt und erringt. Ungestümer Beifall empfängt die Wortführer der Nation, wenn ihr Ruf erschallt zu kräftiger Handlung. Ο hört ihn alle, Ihr deutschen Männer, den Ruf zur That, reihet Euch fest an einander zum vaterländischen Bunde, ganz Deutschland sei unser Rütli. München., 7. Februar. Verehrter Herr Redacteur! Der in Ihrem Blatte der Oeffentlichkeit übergebene Plan eines Vereines deutscher Männer, dessen Zweck Erringung wahrer Freiheit und zunächst Schutz der Freiheit der Presse ist, gibt allen, welche es mit ihrem Vaterlande redlich meinen, Gelegenheit, für die gute Sache mitzuwirken. Wir beeilen uns daher, unsern Beitritt zu dem Vereine zu erklären, indem wir die Redaction ersuchen, die anliegenden Beiträge in Empfang zu nehmen, und in der Tribüne gefälligst Auskunft zu geben, auf welche Weise die den Mottos beigesetzten Monatsbeiträge dem Vereine für die Presse in der Folge am zweckmäßigsten zugestellt werden können. Möge ein segenreicher Erfolg dieses männliche Unternehmen krönen und der Dank der Mit- und Nachwelt den kraftvollen Deutschen werden, in deren Geiste es zur Reife gedieh! Motto's: Beharrlich, 24 kr. Für die Vereinigung Deutschlands, 24 kr. Für die allgemeine Freiheit, 24 kr. Freiheit und Licht, 24 kr. Untergang dem Absolutismus, 24 kr Preußische Liberalität, 30 kr. Noch ist Polen nicht verloren, 24 kr. Zum Wohl der Aristokraten, 24 kr. Tod den Russen, 24 kr. Deutsche Republik, 30 kr. Für das demokratische Prinzip, 30 kr. Der Polnische Adler, 24 kr. Frangitur non flectitur 24 kr. Für Gott und Vaterland, 24 kr. Tod dem Herrn und dem Knechte, 24 kr. Einigkeit und Freiheit, 30 kr. Impavidum ferient ruinae. 24 kr. Den Russen und Konsorten die Knute, 24 kr. Nunquam retrorsum. 30 kr. Bona causa triumphabit. 30 kr. Presse, ja du viel gepreßte, Werde frei zum Völkerfeste, 24 kr. Einigkeit sei unser Ziel, 24 kr. Dem deutschen Volke 24 kr. Zusammen monatlich 9 fl. 48 kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nro. 41: 106 fl. 36 kr. — Friedrich Dümmler, Rothgerber, 12 kr. Eine gute Freundin C. Α., 12 kr. Ein guter Freund, G. W., 12 kr. Ein guter Freund L. G., 12 kr. Ein guter Freund G. B., 6 kr. Zusammen monatlich 107 fl. 30 kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in H o m b u r g . Transport von Nro. 34: 14 fl. 32 kr. — Louis Weber, Bierbrauer, 12 kr. August Köbig, Seifensieder, 8 kr. Jakob Emig, Hutmacher, 6 kr. Berkmann, 8 kr. Philipp Gillmann, Bäcker, 4 kr. Georg Emig, Hutmacher, 6 kr. Georg Seiszdorf, 4 kr. Karl Klein, Schumachermeister, 6 kr. Georg Weisenbach, Schornsteinfeger, 6 kr. Georg Isemann, Wagner, 6 kr. Friedrich Klein, 4 kr. Philipp Philippe, 9 kr. Valentin Cußler, Dreher,
335 6 kr. Heinrich Schäfer, Rothgerber, 6 kr. Friedrich Schäfer, Rothgerber, 6 kr. Jakob Rohr, Drehermeister, 6 kr. Michael Klug, Lohgerber, 12 kr. Friedrich Heininger, Bäker, 6 kr. Ludwig Hirsch, Bierbrauer, 6 kr. Friedrich Couturier, Färber, 12 kr. Ludwig Georg, Seiler, 6 kr. Aron Levie, Handelsmann, 6 kr. Johann Leyser, 8 kr. Heinrich Mo[lt]er, 8 kr. Georg Reinheimer, 8 kr. Ludwig Purpur, 8 kr. Karl Bauer, 4 kr. J. Heß, 6 kr. Philipp Purpur, Messerschmidt, 6 kr. H. Purpur, 4 kr. Jakob Simon, 6 kr. Jakob Schäfer, Bäcker, 4 kr. Heinrich Reinheimer, 6 kr. G. Enelbach, 30 kr. Georg Lötz, Seifensieder, 4 kr. Chr. Lötz, Kaufmann, 30 kr. G. J. Köbig, Metzger, 6 kr. J. L. 6 kr. Karl Moses, Handelsmann, 4 kr. Heinrich David, Handelsmann, 6 kr. Elias Benjamin, Handelsmann, 4 kr. Hypolit Moses, Handelsmann, 12 kr. Jakob Zimmermann, Schneidermeister, 6 kr. F. C., 12 kr. Ludwig Ottmann, Privatmann, 6 kr. J. H. Cußler, Drechsler, 18 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Wilhelm Hatry, Handelsmann, 16 kr. F. Sommer, 12 kr. G. J. Emig, Hutmacher, 4 kr. Philipp Heß, Gerber, 4 kr. Johann Peter, Ackersmann, 4 kr. Jakob Rosche, Maurer, 4 kr. P. C., 12 kr. Η. M„ 12 kr. P. C., 12 kr. Christ. Scharpff, Kaufmann, 1 fl. 30 kr. Philipp Low, Spengler, 4 kr. Ludwig Isaak, Metzger, 4 kr. Zusammen monatlich 25 fl. 45 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in L a n d s t u h l . Transport von Nro. 35: 5 fl. 24 kr. - Ein Ungenannter 2 fl. 20 kr. Zusammen monatlich . . 7 fl. 44 kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in F r a n k f u r t a. M. Transport von Nr. 41:1 fl. 45 kr. - Joh. Dan. Völker, Associe von Alexander Baert, 2 fl. 42 kr. Ein Ungenannter 1 fl. 12 kr. Zusammen monatlich . 4 fl. 39 kr. S u b s c r i p t i o n e n in K a i s e r s l a u t e r n . C. H. Karcher, 30 kr. Jakob Hoffmann, 12 kr. C. Bleßmann, 16 kr. Ein Ungenannter, 15 kr. Franz Müllinghoff, 30 kr. Wilh. Mahla, 12 kr. Carl Raßiga, Kand. d. Pharm., 15 kr. Ferd. Bühler, 12 kr. Durlacher, 16 kr. Ein abwesender Kaiserslauterer, 30 kr. Joachim, 30 kr. Scheret, 15 kr. Kirchweger, 1 fl. Crusius, 30 kr. D. Gelbert, 30 kr. Ritter, Forstakt., 12 kr. Schmitt, 24 kr. Schöneck, 12 kr. Zinkgraff, 12 kr. Gießen, 12 kr. Ernst Deha[u]t, 24 kr. Carl Frayß, Sohn, 12 kr. Haard, 12 kr. Schm[i]tt, 6 kr. F. G. 30 kr. W. Seiffert, Kand. d. Pharm. 15 kr. [C.] Sa[v]art, 12 kr. Lötz, 24 kr. J. Schandein 12 kr. J. Thomas, 30 kr. M. Schandein, 12 kr. Kohlhepp, Red. d. rheinb. Anzeig. 3 fl. 30 kr. Rügemer, 15 kr. Valentin Graf, Dreher, 4 kr. Carl Fischer, 6 kr. D. Maret, sen. 1 fl. D. Maret, jun. 24 kr. J. Leich, 12 kr. Jean Gelbert, Bierbrauer, 15 kr. H. Krämer, 15 kr. M. Stubenrauch, 6 kr.P. Gabel, 6 kr. Andreas Dieterich, 6 kr. N. Schmitt, 24 kr. J. Korn, 6 kr. A. Compter, 15 kr. Carl Grohe, 6 kr. H. Augustin Keim, 6 kr. Carl Stephany, sen. 6 kr. F. K. Dedreux, 6 kr. Georg Guth, 12 kr. J. Diel, 6 kr. Heinrich Guldi, 3 kr. J. H. Braun, 16 kr. Ludwig Folz, 3 kr. Jost Gelbert, 4 kr. Ludwig Schuberth, 14 kr. Peter Menges, 4 kr. W. Mayer, 6 kr. Peter Gedruckt auf der Presse des Volkes.
336 Dedreux, 6 kr. Hirt, 6 kr. B. Görg, 30 kr. Wannemacher, 4 kr. Joh. Schneider, 12 kr. Hornung von Lauterecken, 20 kr. Eine Tischgesellschaft, 1 fl. Zusammen monatlich 20 fl. 55 kr S u b s c r i p t i o n e n in S i p p e r s f e l d . Ein Ungenannter, 30 kr. Ludwig Serwald, Wagner, 2 kr. Ein Ungenannter, 3 kr. Adam Dick, Ackersmann, 3 kr. Ein Ungenannter, 3 kr. Wilhelm Hepp, Wirth und Ackersmann, 3 kr. Zusammen monatlich . . 44 kr S u b s c r i p t i o n e n in P i r m a s e n s . Peter Hübler, Musikant, 6 kr. Justus Welcker, Taglöhner, 6 kr. Heinrich Jünger, Schuster, 6 kr. Georg Emmerling, Schuster, 8 kr. Adam Heimach, Weber, 6 kr. Georg Jünger, Geschirrhändler, 8 kr. Wilhelm Jünger, Schuster, 8 kr. Philipp Heller, Schuster, 6 kr. Lorenz Lepine, Schuster, 4 kr. H. Hübler, Musikant, 4 kr. Ein Ungenannter 3 kr. Peter Theobald, Wirth, 3 kr. Jakob Ganß, Bandhändler, 3 kr. Louis Schill, Nagelschmidt, 3 kr. Philipp Müller, Nagelschmidt, 3 kr. Ein Ungenannter 3 kr. Simon Gundelwein, Wirth, 6 kr. Ludwig Brandstetten, Schreiner, 3 kr. Zusammen monatlich . . 1 fl. 19 kr. Ein Ungenannter in L a u 56 kr. monatlich. Ein coustitutioneiler Staatsdiener in D a r m s t a d t 20 kr. monatl. Der Aufruf zur Bildung des deutschen VaterlandsVereines hat allenthalben den lebhaftesten Anklang gefunden. Man schreibt uns aus Mainz, Frankfurt am Main, Altenburg, Gießen, München, Darmstadt, Heidelberg, Dürkheim, Bensheim und mehreren anderen Städten, daß die Subscriptionslisten circuliren und bereits mit vielen Unterschriften bedeckt sind. In Set. Wendel, im benachbarten Fürstenthume Lichtenberg, sind in einigen Tagen schon 400 fl. jährlich subscribirt worden. Welcher herrlicher Geist der Freiheit in Set. Wendel herrsche, wollen wir demnächst in einem besondern Artikel entwickeln. — Auf die verschiedenen Anfragen über die Art der Einsammlung und Einsendung der Beiträge für den Verein erwiedern wir, daß binnen Kurzem ein Plan hierüber von den provisorischen Vorständen bekannt gemacht werden wird. Es ist vor der Hand nichts weiter nöthig, als nur zu subscribiren und die Listen einzusenden. Wir bitten wiederholt, die Subskriptionen an allen Orten Deutschlands zu eröffnen und zu deren Ausbreitung alle Kräfte aufzubieten. Auf die Größe des Beitrags kommt es durchaus nicht an. Ein Kreuzer monatlich ist eben so willkommen, als zehn Gulden. Wir bitten sehr, das Publikum hierauf ganz besonders aufmerksam zu machen. Später wird an jedem Orte ein Patriot mit der Einsammlung der Beiträge von den Vorständen des Vereins beauftragt werden. Sobald die Subscription auf mehrere Dörfer und Städte sich ausgedehnt haben wird, soll die Erwählung eines definitiven Comite's, durch die Mitglieder des Vereins, und die Festsetzung von dessen Wirkungskreise und Befugnissen eingeleitet werden. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Freitag.
Tribüne. des
N— 4 3 . Fürsten und Juden.
Wenn die Fürsten bei der Bestimmung ihrer Civilliste bisher alles aufboten, ihre getreuen Unterthanen zu betrügen und auszusaugen, so war das ganz in der Ordnung. Es war sogar ein verdienstliches Werk; denn nach dem göttlichen Recht der Legitimität stehen die Fürsten zu ihren getreuen Unterthanen in demselben Verhältniß, wie nach dem Talmud die Juden zu den Christen. Sie sind das auserwählte Volk Gottes, dem der Herr alle übrigen zu Knechten und Sklaven bestimmt hat. Da nun aber durch die revolutionäre Lehre des Christenthums die Juden unter die Herrschaft der Christen gekommen sind, und durch die revolutionäre Lehre der Volks-Souveränität der alleinseligmachende Absolutismus der Fürsten unter die fürchterliche Herrschaft der Constitutionen und Volksfreiheiten zu kommen Gefahr läuft, so hat der Himmel den Juden und Fürsten zu einiger Entschädigung das unschätzbare Privilegium ertheilt, jenen, die Christen, und diesen, die Völker zu betrügen. Und siehe, der Herr hat es wohl mit ihnen gemeint; denn die Juden werden reich und die Christen werden arm, und die Fürsten werden fett, und die Völker werden mager. Da aber die Fürsten gesalbte Häupter und die Juden nur gemeines Volk sind, so hat der Herr den ersteren zur größeren Auszeichnung noch ein besonderes Privilegium ertheilt. Die Juden dürfen nämlich niemals einen ihrer Glaubensgenossen hinter das Licht führen, betrügen oder berauben. Im Gegentheil: will es mit diesem oder jenem nicht recht fort, drohet Gefahr oder gar Bankerot, so müssen sie alle einmüthig zusammenstehen, den Gefährdeten Hülfe und Beistand zu leihen. Auch der reichste Jude muß in dem ärmsten seines Gleichen erkennen und ihn als solchen behandeln. Und nicht zu läugnen ist, mit musterhafter Strenge halten die Juden über diesem Gesetze. Dagegen sind die Fürsten dieser kleinlichen und hemmenden Rücksichten überhoben. Sie brauchen Niemanden zu schonen, weder ihre Väter noch ihre Brüder, geschweige denn ihre bloßen Vettern und Liebden. Der russische Thron, als der Urquell aller Gnade und Glückseligkeit, hat außerdem noch das besondere Vorrecht, daß hier die Familienglieder sich unter einander morden dürfen, die Gattin den Gatten, der Sohn den Vater, der Bruder den Bruder, alles nach dem göttlichen Recht der Legitimität. Hierauf folgen die kleineren Rechte, wonach ein Bruder seinen Bruder der Krone berauben, eine gekrönte Tochter ihren entthronten Vater
Vaterlandes.
Homburg, den 17. Februar 1832.
hülflos in der Welt umherirren lassen, ein Fürst seinem früheren getreuen Mittyrannen, einem standhaften Verfechter der heiligen Allianz, nach gezwungener Entsetzung den Eintritt in sein Land versagen, ein erbotenes Exil verweigern darf, und mehr dergleichen Kleinigkeiten. Darnach folgt das Recht der Eroberung und Confiscationen, und endlich das Recht der Erbschleicherei, der Prellerei und des gewinnbringenden Schacherhandels zwischen Vater und Sohn. Von letzterem Recht hat ein hoffnungsvoller junger deutscher Fürst, der Curprinz von Hessen-Cassel, vor wenigen Tagen den ausgezeichnetsten Gebrauch gemacht. Diesem edlen Prinzen hat die königliche Hoheit seines würdigen Vaters nicht allein die Regierung, sondern mit Vorbehalt von 50,000 Thaler sogar die ganze Civilliste von 392,000 Thaler abgetreten. Aber dem armen jungen Mann ist es unmöglich mit dieser Summe auszukommen; wahrscheinlich, weil nach allen Regeln der Erfahrung ein Kebsweib zehn Mal so viel kostet, als ein sittliches eheliches Gemahl. Daher sucht er denn jetzt durch Vermittelung des Staatsministeriums und der Stände seinem lieben Vater auch jene 50,000 Thaler noch abzudringen. Gott segne die Bemühungen des Staatsministeriums und der Stände! Betrachtet man nun die große Anzahl ähnlicher Erscheinungen und die ausgezeichnete Weise, mit welcher die Fürsten das obengenannte Privilegium benutzen, so kann man sich kaum des Gedankens erwehren, daß die Bemühungen der Fürsten um das Wohl der Menschheit nicht nach Verdienst geehrt und anerkennt werden. Wenn Jemand auf eine recht ausgesuchte Art knickert, schachert, betrügt und überliste[t], so heißt es immer: das ist ja ein wahrer Jude! oder das ist acht jüdisch! An die Fürsten aber, die ein weit größeres Recht auf solche ehrende Vergleichungen haben, denkt keine Seele. In der Folge gebe man daher den Juden, was der Juden, und den Fürsten, was der Fürsten ist. Für Kleinigkeiten behalte man den Ausdruck: Jude und jüdisch immerhin bei. Allein, wo es um größere Dinge sich handelt, da heiße es: der handelt wie ein wahrer Fürst, das ist fürstlich, herzoglich und königlich gehandelt. Und will man das höchste ausdrücken, was die menschliche Seele in dieser Art fassen und begreifen kann, so sagt man kurzweg: das ist kaiserlich gehandelt! Gleichviel ob österreichisch oder russisch.
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C o r r e s p o n d e n z . Von der preußischen Gränze. Es ist bekannt, daß die Preußen, noch ehe sie die Trümmer des polnischen Heeres ihr Gebiet hatten betreten lassen, demselben Zuflucht und Schutz zugesichert haben. Ihre Absicht war — nach dem jetzt Geschehenden zu urtheilen — die Trümmer des polnischen Heeres in ihr Land zu locken, die Truppen zu entwaffnen, alle für die heilige Sache, der sie so edle Anstrengungen geweiht, begeisterten Offiziere in die Fremde zu schicken, und dann den ganzen Rest ihren getreuen Verbündeten auszuliefern, gleichviel auf welche Weise, jedoch nicht ohne ihrem schwarzen Verrath einen Anstrich von loyalem und großmüthigen Benehmen zu geben. Nachdem man ein russisches Amnestiedekret verkündet hatte, von welchem der größere Theil der Soldaten keinen Gebrauch machen wollte, versuchte man, sie zur Rückkehr in ihr Land zu zwingen, indem man sie mit Kolbenstößen fortstieß; man lud im Angesichte dieser Krieger die Flinten, und gab ihnen zu verstehen, man würde auf sie schießen, wenn sie widerständen. Indessen ließen sich die zum Bleiben Entschlossenen durch Drohungen nicht einschüchtern, und blieben, indem sie theils sich zur Erde warfen und widerstrebten, theils die Flucht ergriffen und in ihre frühern Standquartiere zurück eilten. Einige Tage später schritt man von den Drohungen zu Thätlichkeiten. Die preußische Kavallerie entehrte sich durch ihre Angriffe gegen zusammengetriebene Soldaten, welche die Regierung entwaffnet und nnter ihren hohen Schutz genommen hatte. Dessen ungeachtet wollten die polnischen Soldaten durchaus nicht nach Polen zurück. Von Seiten der preußischen Militärbehörden hatte man daher den Beschluß gefaßt, diejenigen auszusondern, die man der Bestrafung bloßgestellt achten würde, und ihnen Pässe zu ertheilen, die übrigen aber mit Waffengewalt zur Rückkehr nach Polen zu nöthigen. General Krafft, der Oberbefehlshaber, erließ desfallsige Befehle, und man begann jene Aussonderung bei der Kavallerie. Am 27. Januar versammelte man einige hundert Mann Kavallerie zu Fischanz, stellte verschiedene Fragen an sie, und sonderte dann eine ganz geringe Anzahl davon ab, die man in die Fremde schicken wollte; die übrigen ließ man andere Standquartiere beziehen, um dann den Weg nach Polen einzuschlagen. Die Soldaten, welchen der preußische General Schmidt bereits Pässe ins Ausland versprochen hatte, wollten sich nicht trennen, sondern im Gegentheil diesen General um Schutz bitten gehen; da ließ Hauptmann Richter - dessen Name der Schmach heimfallen muß — die Gewehre laden, und unter Trommelschlag auf die Unglücklichen schießen, welche, da sie ohne Waffen, selbst ohne Stöcke waren (die Staatszeitung sagt, sie seien mit aufgehobenen Stöcken angerückt, was falsch ist, weil sie deren durchaus keine hatten), nicht daran dachten, die bewaffneten Preußen anzugreifen, sondern ruhig ihres Weges fortzogen, um zu Marienburg dem preußischen General ihre Beschwerden vorzutragen. So fielen bei dem Abfeuern der preußischen Henker — wie die Staatszeitung selbst in ihrer Nro. 36 berichtet — neun Mann Todte und zehn Verwundete. Sehet, deutsche Völker, - so verfahren die, welche eine Sprache mit euch reden und die durch ihre Handlungsweise
ärgere Russen sind, als die Russen selbst. Alle Gefühle von Rechtlichkeit, Gerechtigkeit, Menschlichkeit werden ihnen von Tag zu Tag fremder, und wenn man noch in den euch benachbarten Provinzen einige Scham in den Schritten und Handlungen beobachtet, so ist dieß völlig in den entfernten Provinzen verschwunden, wo jede Maßregel gut ist, wenn sie nur zum beabsichtigten Ziele führt. Preußen war nicht zufrieden, zu Polens Untergang beigetragen, oder vielmehr ihn herbeigeführt zu haben; auch jetzt noch strebt es, seinen treuen Bundesgenossen die unglücklichen Ueberreste eines Heeres auszuliefern, welches sich im Vertrauen auf seine Redlichkeit unter seinen Schutz gestellt hatte. Es metzelt selbst diejenigen nieder, welche sich seinen mörderischen Absichten zu widersetzen wagen. Sehet, Teutonen, wer euch in süße Hoffnungen von Freiheit und Glückseligkeit einwiegt, was eurer wartet, und was ihr von einer Regierung hoffen könnet, welche, das Vorbild der Handlungsweise der russischen Regierung befolgend, zu vergessen beginnt, daß der asiatische Despotismus den civilisirten Völkern Europas nicht mehr angemessen sein kann, und daß die persönliche Freiheit - dies heiligste Gut des Menschen - nie verletzt werden darf, besonders wenn man sie zugesichert hat, wie die preußische Regierung gethan, als sie den polnischen Truppen - schriftlich — eine Zuflucht und Schutz verhieß. Frankreich sieht von ferne und ruhig den Gewaltthätigkeiten der preußischen Regierung zu. Sollte es denn nicht wenigstens den unglücklichen einzelnen Polen zu Hülfe kommen, und nicht dulden, daß fast unter seinen Augen jene Krieger gemordet wer den, die durch ihren Muth und ihre Unerschrockenheit lange Zeit die asiatischen Horden aufgehalten haben, welche unfehlbar bald das gesammte Europa die Absichten ihrer Regierung werden fühlen lassen. Was bisher geschah, kann für das Kommende bürgen. Ein Äugenzeuge. Ich beehre mich, der Redaktion der deutschen Tribüne die Umstände der fraglichen Metzelei mitzutheilen und verbürge die Richtigkeit derselben. General Bern. Nachschrifi der Redaktion. Indem wir den obigen durch gütige Mittheilung des Herrn General Bern uns zugekommenen Artikel mit Vergnügen in unser Blatt aufnehmen, so müssen wir uns doch dagegen verwahren, als ob die darin ausgesprochene bittere Stimmung gegen das ganze preußische Volk durchaus die unsrige sei. Ohnmöglich kann die schmachvolle Politik einer durch Familienrücksichten verblendeten absoluten Regierung, die Brutalität und Nichtswürdigkeit eines Hauptmanns und der Sklavengehorsam einiger Compagnien einer ganzen großen Nation von 13 Millionen zur Last gelegt werden. Das preußische Volk, um es so zu nennen, kann allerdings den Vorwurf der Schwäche, der Furcht, der Unentschlossenheit nicht wohl von sich abweisen. Seit anderthalb Jahren geschah selbst von Seiten der Bessergesinnten auch nicht das Mindeste, um den König von Preußen von ihren Gesinnungen, Wünschen und gerechten Forderungen auf eine eindringliche Weise in Kenntniß zu setzen. Aber blos deßhalb ist das preußische Volk als solches noch nicht absolut, legitim, despotisch gesinnt. Bedenkt man die schreckliche Mundsperre der Censur, die
341 fürchterliche Sklavenkette, welche in einem unterthänigen Soldaten- und Beamtenheer um jedes kleinste Glied des Staats gelegt ist, so wird man die Unthätigkeit der bessergesinnten Preußen keineswegs gut heißen, doch aber entschuldigen. Indeß, Gotdob, Preußen fängt an zu erwachen; immer drückender wird ihm das Gefühl der Schmach, statt den übrigen Deutschen, wie früher, an Civilisation und Freiheitssinn voranzugehen, jetzt im hintersten Gliede that- und ruhmlos dastehen zu müssen. In diesem Sinne spricht sich eine nicht geringe Anzahl von Preußen in Briefen an uns aus. Ob sie die Wahrheit reden, ob sie wirklich als Autor ität fur die Gesinnung ihrer Mitbürger gelten können, dieß alles wird sich jetzt nach Gründung des deutschen Vaterlands-Vereines ausweisen. Zeigt das preußische Volk lebendige und thätige Theilnahme daran, so steht es gerechtfertigt da. Sieht es dem Wetteifer seiner übrigen deutschen Mitbrüder müssig, wohl gar spöttelnd und tadelnd zu, so bricht es den Staab über sich selbst. Unvermögen und persönliche Rücksichten, die im Grunde doch nur von Furcht und Aengsdichkeit zeugen, kann Niemand vorschützen. Den erstem Vorwand räumt der geringe Beitrag weg, bis zu welchem monatliche Beiträge angenommen werden; den zweiten die Anonymität, die jedem Unterschreibenden nach Wunsch gestattet ist. So liegt es also nur in der Macht der bessern Preußen selbst, ob sie die Achtung, welche sie in einem großen Theile Deutschlands eingebüßt haben, wieder gewinnen wollen oder nicht. An den Redacteur der deutschen Tribüne. Herr Redakteur! Glücklich preise ich das Land, dessen Bürger in der Tugend wetteifern. Diesen edlen Wetteifer habe ich in ganz Deutschland gefunden. Als Zeichen meiner Erkenntlichkeit kann ich ihm für jetzt nur Thränen darbringen, die ich während meiner Reise durch die deutschen Lande bei mehreren Gelegenheiten vergoß. Ich werde nicht verfehlen, die verschiedenen schönen Züge der Stuttgarter und liebenswürdigen Stuttgarterinnen, so wie aller biedern Deutschen, welche, weit entfernt von dem Stolz und der Eitelkeit ihrer Nachbarn, das Gute am liebsten im Stillen thun, ohne irgend äußern Ruhm dadurch gewinnen zu wollen, bekannt zu machen. Für jetzt aber wünschte ich vor allem, durch das Organ Ihres Journals die Bürger Stuttgarts von einem edlen Zuge ihres Mitbürgers, des Herrn Albisser, Eigenthümer des Gasthofes zum Waldhorn, in Kenntniß zu setzen. Ich hoffe zuversichtlich, daß Sie mir die Gefälligkeit nicht versagen werden, in die erste Nummer Ihres Blattes, oder sobald es möglich sein wird, folgende Zeilen einzurücken. Vor etwas mehr als vierzehn Tagen kam ich in Stuttgart an. Da aber der traurige Zustand meiner Gesundheit mir nicht erlaubte, meine Reise weiter fortzusetzen, so mußte ich meine Abreise verschieben. Sogleich eilten die verehrten Mitglieder des Polencomites zu meiner Unterstützung herbei; nicht minder alle Freunde dieser unglücklichen Nation, welche jetzt leiden muß fiir ihre leidenschaftliche Liebe zum Vaterlande und zur Freiheit, jener Freiheit, deren sie während neun Jahrhunderten mit eben so viel Ruhm als Weis-
342 heit genoß, ach bis zu den Unordnungen und Ränken, welche seit der ersten Zerstücklung Polens im Jahre 1686 durch die tiefe Verworfenheit und die verabscheuungswürdigen Künste des Moscowitischen Kabinets immer erneuert wurden. Um mir Kosten zu ersparen, bot mir das Polencomite eine Privatwohnung bei einem seiner Mitglieder an. Aber Herr Albisser, dieser würdige Mann, gab schlechterdings nicht zu, daß man mich aus seinem Hause bringe. Er sah, wie er sich ausdrückte, in meinem Eintritt in seinen Gasthof sein gutes Glück, das ihm die Gelegenheit darbiete, das Verlangen seines menschenfreundlichen Herzens zu befriedigen. Er machte sich ein Vergnügen daraus, für mich zu sorgen, und weigerte sich, auch das Geringste von mir anzunehmen. Im Gegentheil, er verdoppelte seine Gefälligkeiten, leistete mir alle möglichen Dienste und bestand fortwährend auf dem Hinausschieben meiner Abreise. Theuere Kameraden! Wir sind getrennt von unsern Familien, von unsern Freunden. Unsere Henker jauchzen, indem sie uns als Bettler im Elend umherirrend glauben. Aber überall finden wir Schwestern und Brüder als schönen Lohn fur jeden, der sich der heiligen Sache der Völker weiht. Darum laßt uns nicht verzweifeln, Brüder. Die Ausdauer wird vom Glücke gekrönt; und kommen wird die Zeit, wo wir durch neue Anstrengungen die Schulden der Dankbarkeit abtragen werden, die wir jetzt zu machen genöthigt sind. Brave Stuttgarter! Es würde überflüßig sein, wollte ich euch Gefühle der Achtung einflößen, die einem Mitbürger von euch gebührt, der sich so sehr bemühte, von dem Geist und den Grundsätzen, die eure Stadt und euer Land vor andern zieren, der Welt einen Beweis zu geben. Brüder der Freiheit, ich reiche euch meine Kriegerhand, noch jüngst geröthet vom Blute der Unterdrücker der Menschenrechte. Ich umarme euch mit einem in alle Ewigkeit treuen und liebenden polnischen Herzen. Lebt wohl. Vielleicht, daß wir uns einst in einer glücklicheren Zeit wieder sehen. Lebt wohl, aber nicht fur immer. Und ihr, liebenswürdige Stuttgarterinnen, Zierde eures Landes! Wie lebendig seid Ihr von der ewigen Wahrheit durchdrungen, daß vorzugsweise eurem Geschlechte die Erweckung aller edlen Gefühle obliegt, wodurch der Charakter des Mannes gebildet und folglich die Unabhängigkeit der Völker gesichert wird. Wie würdig wißt ihr euren Platz auszufiillen. Wäre der Geist, der in euch lebt, und das Gefühl, das euch beseelt, in allen deutschen Landen verbreitet, so würde das deutsche Volksthum jedem fremden Einfluß widerstehen, widerstehen allen Wechseln der Zeit, allen Sophismen einer höfischen Vornehmthuerei, und allen Uebeln, mit welchen die Feinde des Glücks und der Freiheit der Völker euer Vaterland bedrohen. Wie wir die Blüthe unseres Ruhm unsern Heldinnen, so würden die Deutschen den ihrigen euch verdanken. Ehre und Segen über euch! Euer Ruhm und euer Glück blühe fort und fort! Nur mit dem tiefsten Schmerz verlasse ich eure Stadt, und glaube mich beim Abschied noch einmal aus dem Schooße meines Vaterlandes loszureißen. Carlsruhe, 6. Februar 1832. C G , polnischer Bürger und Soldat.
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Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Zweibrücken, 3. Februar. Einem Freunde der Freiheit und der Unabhängigkeit konnte der Aufsatz in der deutschen Tribüne vom heutigen, betitelt „Deutschlands Pflichten," in welchem die Bildung eines öffentlichen Vereins zur Unterstützung der freien Presse empfohlen wird, der hauptsächlich eine allgemeine Verbreitung liberaler Journale zum Zweck hat, nur höchst erfreulich erscheinen. Und wer möchte dann der große Egoist sein, der nicht wünschte, bald seine Mitbürger vom Lande auf der nämlichen Stufe der Bildung und der Aufklärung zu erblicken, auf der er selbst steht oder zu stehen wähnt? Die großen Opfer, welche die Unternehmer der deutschen Tribüne zur Erreichung dieses edeln Zweckes brachten, so wie die Hingebung zweier für das Wohl des Volks so sehr begeisterten Ehrenmänner, die sogleich die Leitung der Geschäfte übernommen haben, bürgen für ein herrliches Resultat. Wollen Sie demnach die Güte haben, mich als Mitglied des Vereins, mit einem monatlichen Beitrag von 30 Kreuzer — den ich für den laufenden Februar hier beilege — zu bezeichnen. Diesen Betrag werde ich fortwährend und so lange entrichten, als nicht meine Person zur Vertheidigung verletzter Menschenrechte in Anspruch genommen wird. Da ich nur durch die Bürger und von meiner täglichen Arbeit meine Existenz habe, so darf ich ohne Furcht wohl auch meinen Namen nennen, den ich zeichne — J. Heintz. Zweibrücken, 4. Februar. Durchdrungen von der Wichtigkeit der Tendenz Ihrer Aufforderung in der deutschen Tribüne — und mit wirklichem Bürgerstolz uns Glück wünschend zu den würdigen Organen — unserer inneren Empfindungen, beeile ich mich, so viel es im Augenblick meine Kräften erlauben, etwas zur guten Sache beizutragen. Ich bitte Sie daher, werthester Freund, mich mit 2 fl. 24 kr. für dieses Jahr, in den Verein gütigst aufzunehmen. Rossi. Vom Rheine. Auf, schließt den Reihen, drückt euch brüderlich die Hände. Der deutschen Völkerstämme Namen sei fortan aus dem Gedächtniß ausgestrichen. Von dem Niemen bis zum Rhein, von der Ostsee bis zu den Welschen gebe es nur ein Volk, ein deutsches. Lenker der Geschicke, laß nur dießmal nicht dein Volk in die verdammungswürdige Schmach der Gleichgültigkeit zurücksinken! Seid ihr Deutsche, seid ihr Germanen? seid ihr die Nachkommen der Heldensöhne, vor denen Rom erzitterte? Nein — ihr seid es nicht, wenn ihr jetzt nicht zusammentretet und mit festem Willen erklärt, wir wollen ein Volk sein oder untergehen. Herr Redacteur, ich schicke Ihnen hier einen Beitrag zu unserem nationalen Vereine. Es ist alles, was ich in diesem Augenblicke übrig habe, ich habe kein eigenes Vermögen, ich habe nichts als was ich mir verdiene, und dieß Gedruckt auf der Presse des Volkes.
reicht eben hin zu den Lebensbedürfnissen; hätte ich Tausende übrig, ich würde sie Ihnen schicken. Ich hoffe Ihnen bald wieder einen Thaler schicken zu können, wenn möglich auch mehr. Aus dem Rheingau, 8. Februar. „Einfach ist die Wahrheit und klar. Ihre Sprache ist würdevoll und Allen verständlich. Sie findet freudigen Anklang in allen unbefangenen Gemüthern; denn sie ist das Bedürfniß der Menschheit, das Glück derselben. Rede sie, vertheidige sie bis in den Tod, und Gott wird mit dir sein." Auch ich nenne Deutschland mein süsses, heiliges Vaterland. Mit hohem Entzücken weihe ich ihm mein Leben, mein kostbarstes Gut, als Opfer zu seiner Wiedergeburt; denn ich sehe Deutschland versunken in Knechtschaft, Elend und Schmach. Ich erblicke der Unglücklichen so viele, welche von Abgaben erdrückt, ihr Dasein kümmerlich fristen, ich begegne so vielen Jammergestalten, welche durch die schlechten Regierungen an den Bettelstab gebracht, gleich Gespenstern, mit Lumpen kaum hinlänglich bedeckt, ihre abgezehrten Körper umherschleppen; ich sehe, wie mancher unglückliche Bruder in seiner elenden Hütte sein letztes Stückchen Brod mit Thränen benetzt, während in Pallästen die Tische unter der Last der Speisen sich beugen und die köstlichsten Weine fliessen. Tief erschüttert von diesen traurigen Erfahrungen rufe ich aus: Sind denn nicht alle Menschen vom Schöpfer ins Dasein gerufen, um froh zu leben, um glücklich zu sein? Die bis zum Himmel erhebenden Schmeicheleien, in deren Erfindung feile Seelen sich zerquälen und erschöpfen, um die Fürsten damit zu überschütten, weil sie das Mark des Vaterlandes aufzehren, was sind sie anders, als frecher Hohn, welchen man der leidenden Menschheit spricht! Doch getrost, die Stunde der Vergeltung, der Gerechtigkeit schlägt. Schon schimmert lieblich die Morgenröthe einer Sonne, die bald belebend und erfreuend den heißersehnten Tag herauffiihren soll, den großen Tag der Wiedergeburt des Vaterlandes. In Erfüllung geht, was ich vor kurzem las: „Le peuple, epuise d'impots, victime des grands, des ministres, des juges, des esclaves du tröne, meme du roi, le peuple, opprime, foule aux pieds, tendoit au ciel des mains suppliantes, et le Tout-puissant a exauce ses pri£res." Dem Vereine zur Unterstützung der Preßfreiheit, zur Wiedergeburt des Vaterlandes werde ich monatlich einen Gulden liefern. Klein ist zwar dieses Opfer, welches ich auf dem Altare des Vaterlandes mit kindlicher Treue und Liebe niederlege; aber als Gabe eines gänzlich Unbemittelten, der nur so viel hat, als er sich durch eigene Thätigkeit erwirbt, wird sie doch einigen Werth haben. Hätte ich nicht noch andere, dringende Pflichten zu erfüllen, so würde ich die Gabe größer gemacht haben. Wackerer Patriot! Kämpfen Sie muthig fort den schweren, aber edeln und belohnenden Kampf für Wahrheit, Recht und Menschenwohl. Von Tausenden werden Sie geliebt, werden Sie gesegnet, wird für Ihr Wohlsein zum Allvater gebetet. Dies ist gewiß ein schöner Lohn! Was Ihnen zu Leide geschieht, das geschieht mir, das geschieht meinem Volke. Getrost, getrost, Sie werden gerächt. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Samstag.
des
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Eine zweite dringende Bitte an Hessens brave Bürger. Eine erste solche Bitte findet sich in einer frühern Nr. der deutschen Tribüne. Nur rechtschaffene, uneigennützige, unabhängige, sachkundige, muthvolle Abgeordnete sollen auf den bevorstehenden HessenDarmstädtischen Landtag geschickt werden. Wir sagen mit vollem Herzen: Amen! dazu, und drücken dem Biedermann, der für jenen Zweck zuerst seine Stimme erhob, aufrichtig die Hand. Noch mehr solche Stimmen müssen nachfolgen. Wir müssen uns über das verständigen, was dem Lande frommt. Wir müssen gemeinschaftlich wacker daran arbeiten. Auch die Staatsregierung thut es - in ihrem Sinne, d. h. sie erläßt Rescripte an Provinzial-Regierungen und WahlCommissäre, und wir hätten nicht so sehr viel dagegen einzuwenden, wenn man nicht uns dabei die Hände bände, wenn wir im Lande schreiben und drucken lassen dürften, was mit unserer Ueberzeugung übereinstimmt und was wir verantworten können. Das wäre ein billiges Zugeständniß von Seiten der Staatsregierung. Denn unser Thun käme dadurch zur vollständigsten Oeffentlichkeit und würde durch sie controlirt. Nichts geschähe unterm zehnpfündigen Siegel des Amtsgeheimnisses, wie dort, wo sogar, wenn einmal ein solches Siegel springt und dem Volke offenbar wird, was das Ministerium sich, aber ja nicht dem Volke erlaubt, alsbald wegen strafbarer „Propalirung eines MinisterialRescripts" Untersuchung eingeleitet wird. Doch das Ebenangedeutete ist vor sechs Jahren noch unter einem andern Ministerium und unterm Einflüsse des damals wehenden politischen Sirocco geschehen. Wir schlagen es uns aus dem Sinne, nehmen die Zeit wie sie ist, (nämlich ziemlich miserabel) und thun, was man thun darf und was Männer thun sollen. „Offen, redlich, ohne Scheu", mit diesem Wahlspruche muß man durch die Welt kommen; und wenn die Welt so unsinnig wäre, Nein! dazu zu sagen, so sagen wir Ja! und nehmen ein paar Kopfbeulen hin, und sehen, wer Recht behält. Als brave Männer des vorigen Landtags, die wieder gewählt zu werden verdienten, werden in der oben gedachten Nummer genannt: Geheimerath Schenck; * Freiherrv. Rodenstein *); *) Die mit Sternen bezeichnete sind Gewählte des Adels.
Tribüne. Vaterlandes.
Homburg, den 18. Februar 1832.
Freiherr v. Dörnberg; * Freiherr v. Schenck zu Wöldershausen; Hofrath Andre; Bürgermeister Fritz; Hofgerichtsrath Müller; Notar Wieger; Regierungsrath Elwert; Weinhändler Schenck; Gemeinderath Ε. E. Hoffmann; Schaffner Mohr; Stadtschultheiß Breimer; Lederfabrikant Hellmann; Landmann König; Tabaksfabrikant Gail; Landmann Görich; Kaufmann Koch; Oberfinanzrath Goldmann; Hauptma nn Helmrich; Bürgermeister Ewen; Bürgermeister Brunck; Bürgermeister Grode; Bürgermeister Möllinger. Das sind 24 Abgeordnete. Aber 50 Abgeordnete erscheinen ja auf dem großherzogl. hessischen Landtage, nämlich 6 Abgeordnete vom gütersäßigen Adel; 10 Abgeordnete von den Städten und 34 Abgeordnete von den Wahldistrikten. Wo sind die übrigen 26? Sind sie alle zu den bekannten Sieben geworden, nämlich: dem Regierungsrathe Küchler in Darmstadt; dem Geheimen Rathe und Hofgerichts-Direktor Dietz in Giesen; dem Ober-Appellationsgerichtsrathe Weller in Darmstadt; dem Geheimen Regierungsrathe v. Grolmann in Darmstadt; * dem Landjägermeister Freiherrn v. Bibra in Romrod; * dem Oberstlieutenant und Flügeladjutanten Grafen von Lehrbach in Darmstadt; * dem Major Freiherrn v. Breidenbach in Darmstadt, und * dem Hauptmann v. Schenck zur Sorge, der, obgleich ein Achter, auch zu den Sieben gehört, was die landständischen Verhandlungen eines Deutlicheren ergeben. Noch immer fehlen also 18. Der Vollständigkeit wegen, und damit kein Genannter sage, man habe ihm besondern Tadels wegen genannt, und kein Ungenannter, man habe besondern Tadels wegen seinen Namen weggelassen, folgen sie: Großhändler Kertell in Mainz; Bürgermeister Schütz in Fürth; Großhändler Mayer in Mainz; t Bürgermeister Braunwart in Eppertshausen; Landmann Becker (man lege es mir nicht für aristokratischen Sinn aus, wenn ich nicht alsbald weiß, wo der gute Mann her war;) Bürgermeister Malerwein von Gimbsheim; Staatsprokurator Parcus von Mainz; Particulier Trommler aus Mainz; Hofgerichtsrath Schenck von Darmstadt; Landmann Roßmann von Großbieberau; Vicepräsident Pittschaft von Mainz; t Regierungsrath Haberkorn von Giesen; Rath Seitz
347 von Okarben; Medicinalrath Rube von Darmstadt; Geheimer Regierungsrath Knorr von Giesen; Bürgermeister Glas von Selters; Oekonom Staudinger aus Thal-Itter; Landmann Walter (wie bei Landmann Becker). Gewiß hätten auch viele von diesen eine Anführung unter denen verdient, welche als Abgeordnete wieder erwählt zu werden, durch ihr Benehmen auf dem vorigen Landtag wohl verdient hätten. Ζ. B. der treffliche und feste Hofgerichtsrath Schenck. Fragt sich nun, welche das Volk nicht wieder als Abgeordnete zu wählen, zweckmäßig und gut thun wird? Es unterläge gar keinem Bedenken, diese Frage offen zu beleuchten. Denn es kann einer ein recht achtbarer, redlicher und auch gescheidter Mann sein, ohne daß ich ihn zum Landstand möchte; ja bloße Gescheidtheit und Pfiffigkeit verschlöße - meiner Ueberzeugung gemäß — von Rechtswegen jedem Landstands-Kandidaten die Thüre. Denn bloße Gescheidtheit und Pfiffigkeit richtet sich einzig nach dem Vortheile. Bloße Gescheidtheit und Pfiffigkeit, wenn ich dabei Stillschweigen verspreche, ist mir feil. Aber diesseits des Rheins hegt man noch gar große Bedenklichkeit mit solchen Dingen. Man weiß noch gar wenig zu unterscheiden, was der Mann als Privatmann und was er in seinen öffentlichen Beziehungen als Beamter, als Staatsmitglied ist. Man erkennt noch gar zu wenig an, daß er in diesen letzteren Beziehungen unbedingt dem öffentlichen freiesten Urtheile unterworfen ist. Man möchte den Mantel der sogenannten christlichen Liebe, der aber richtiger der Mantel unchristlicher Gleichgültigkeit heißt, gern über Alles ziehen, vielleicht nur deßwegen, weil der eigene Kopf darunter steckt und ungewaschen davon kommt. Und so unterlassen wir eine ausführlichere Kritik. Aber Einzelnes von Einzelnen möge man uns erlauben: Vom geheimen Regierungsrathe Küchler wird versichert, daß er einmal in einer angefangenen Rede stecken geblieben sei, und zwar nach der Passage: „Als die Staatswissenschaft noch in der Wiege lag." Wir wissen dieß nicht gewiß, und halten es sogar für unwahrscheinlich, denn in der großherzoglich hessischen Kammer liest man seine Reden ab. Aber immer bedenklich erscheint uns, wenn viele Administrativ-Staatsbeamte in einer landständischen Kammer sitzen, und insbesondere solche, die nicht durch Unabhängigkeitssinn, Kraft und Geist eine öffentliche Anerkennung bereits erworben haben. Geheimerath Dietz machte beim Eintritt in die Kammer die curiosesten Sprünge wegen seiner Eigenschaft als Direktor des Gieser Hofgerichts, glaubte sich deßhalb unwählbar und protestirte, als die Kammer seine Wählbarkeit aussprach, ausdrücklich im Protokoll. Gegen Schluß der Sitzungeu äußerte er gelegentlich, es wäre ihm lieb, wenn man ihn nicht mehr wähle. Oberappellations-Gerichtsrath Weller ist ein sehr gescheidter, geschickter und scharfsinniger Jurist. Geheimer Regierungsrath v. Grolmann nannte die unschuldige Augsburger ,Allgemeine Zeitung" zürnend ein bereitwilliges Leseblatt, weil sie bescheidenen Zweifel hinsicht-
348 lich der Competenz der Kammer zur Uebernahme der zwei Millionen geäußert hatte. Graf v. Lehrbach ist der Urheber der berühmt gewordenen Motion auf Zurückgabe von zwei Drittheile Domänen an Se. k. Hoheit den Großherzog statt der Civilliste; eifriger Vertheidiger des Militärs. Rath Seitz, der Einzige, der gegen Verwendung der Kammern bei der Staatsregierung, wegen Verwendung dieser um Aufhebung des Cölibates stimmte. (In der ersten Kammer fand er Collegen.) Geheimer Regierungsrath Knorr, der meinte, alles, was die Staatsregierung hinsichtlich der Preßfreiheit gewähren könnte, wäre (in Betreff der inneren Angelegenheiten, denn die äußeren Angelegenheiten sollten ganz in Ruhe bleiben) eine mildere Censur u. s. w. Jedenfalls kann es gewiß gelten: 1) es finden durchweg neue Wahlen statt; 2) es werden manche frühere Abgeordnete nicht wieder gewählt werden, theils weil sie gestorben sind (wir haben oben deren zwei mit Kreuzen bezeichnet), theils weil sie wegen verminderten Steuerquantums nicht meh r fähig sind (wir könnten gleichfalls deren mehrere nennen), theils sonst aus Gründen, wie ja auch seiner Zeit der berühmte Staatsrath v. Gagern bei der dritten Wahl (jede Wahl gilt für zwei Landtage) nicht gewählt ward, während ihn bei der zweiten zwei Distrikte wollten. Für die Ausfallenden erlauben wir uns folgende zu bezeichnen: die würdig ers[c]heinen, die Wahl der Wahlmänner auf sich zu lenken: Oberappellations-Gerichtsrath Höpfner in Darmstadt, Regierungsrath v. Gagern in Darmstadt, Sohn des Staatsraths, Pfarrer Frank in Lieh, Revierförster v. Buseck in Niederweisel, Oberforstrath Beck in Darmstadt, Hofgerichtsrath Krebs in Darmstadt, Inspector Frank in Vöhl, Hofgerichtsrath Groos in Giesen, Apotheker Girsch in Darmstadt, Oberforstrath v. Wedekind in Darmstadt, Staabsauditeur Hoffmann in Darmstadt, Professor Vogt in Giesen, Hofgerichtsadvocat Heinrich Karl Hofmann in Darmstadt. Allerdings, wir vergessen nicht, daß dieß Verzeichniß sehr mangelhaft sei; und zwar hauptsächlich deßwegen: 1) weil fast nur Einwohner der Provinz Starkenburg darin genannt sind, und gar keine der Provinz der Rheinhessen. Es geschah dieses aber nicht aus Absicht, sondern aus Unkunde. Mögen dort Bekanntere diese Lücken füllen! 2) weil es beinahe nur Staatsbeamte nennt, und fast gar keine Gewerbs- und Landleute. Aber auch hier ist Unkunde der Hauptgrund. Doch nicht der Einzige. Intelligenz thut uns vor der Hand in der Kammer sehr nöthig Möge einst und bald die Zeit kommen, wo Bürger- und Bauernstand so gebildet werden, um mit dem Staatsdienerstande in der Deputirtenkammer auf ganz gleiche Weise zu concurriren! 3) weil wir in Hessen ein äußerst schlechtes Wahlgese[tz] haben. 100 fl. jährliche direkte Steuer muß einer zah-
349 len, wenn er wählbar sein soll, oder 20,000 fl. in hessischen Staatspapieren hinterlegen, oder als Staatsbeamter 1000 fl. Besoldung ziehen. Durch letzteres ist denn der Eintritt des Staatsdienerstandes allerdings erleichtert. Von den Staatsdienern sind aber nicht wählbar: Mitglieder des geheimen Staatsministeriums (recht zweckmäßig!) aber auch Kollegialvorstände (!), Geistliche, welche in einem Orte wohnen, der keinen andern Geistlichen derselben Confession besitzt, Justiz- (!!) oder Polizeibeamte; angestellte Stadt- und Amtswundärzte. (!) — Wirklich, da arbeitet das Gesetz den Lücken in die Hände! 4) weil manche der Genannten nicht unbedingt gewiß wählbar sein mögen. Das Nähere geben demnächst die Listen. Nur aufmerksam machen wollte man einstweilen.
Der König von England und der Dr. König von Osterode. Die europäischen Fürsten scheinen fast absichtlich darauf hinzuarbeiten, den Völkern das monarchische Prinzip verhaßt zu machen, und sie gleichsam wider Willen zur Republik hinüberzudrängen. Die Weltgeschichte hat nicht leicht ein anderes Jahr aufzuweisen, in welchem gleich den beiden vergangenen, ein ächter Fürst selbst auf dem kleinsten Throne Macht und Gewalt in den Händen hatte, dem Zeitalter für alle Ewigkeit seinen Namen aufzudrücken, und die ganze gebildete Welt unter seinem menschenfreundlichen Scepter zu vereinen. Er brauchte sich nur an die Spitze der großen Bewegung zu stellen, in welcher Millionen hoffend und fürchtend, sinnend und sprechend rastlos hin und wieder eilen, alle im Einklang über das zu erstrebende Ziel, aber uneins und unschlüssig über die Wahl der Mittel. Er brauchte nur als Mann aufzutreten mit den Worten: Ich will! und eine Welt reihete sich unter seine Fahnen! Kommende Geschlechter werden es kaum begreifen können, daß unter vierunddreißig deutschen Fürsten auch nicht ein einziger den Muth dazu hatte, König oder Kaiser aller Deutschen zu werden. Nur des Muths und der Entschlossenheit bedurfte er, mit ihnen wäre ihm die Macht von selbst gegeben. Aber ums Himmels willen, welche Pygmäen, welche Misere auf unsern deutschen Thronen! Das Schicksal scheint uns in der That einen großen Fürsten nur deßhalb verweigert zu haben, damit das deutsche Volk lerne, auch ohne Fürsten frei zu sein. Dieß gilt von ganz Europa. Alle Welt sehnt sich nach einem großen Manne, nach einem durchgreifenden Regenerator der zerrütteten europäischen Staatsverhältnisse; aber auf den Thronen wenigstens will keiner erscheinen. Es ist nicht anders, als ob jede fürstliche Krone ein schleichendes Gift enthielte, das allgemach die Häupter verfinsterte und die Herzen verdorren machte. Wie viele Sonnen stiegen in den vergangenen Jahren auf, begrüßt vom einstimmigen Jubel der harrenden Völker. Wie bald aber hüllte sich eine nach der andern in Regen und Wetterwolken, und goß Schnee, Schloßen und Hagel auf die enttäuschten Völker herab. So erblich die Sonne König Ludwigs, so die Sonne
350 jenes vielgepriesenen Bürgerkönigs Ludwig Philipps, welchem der Name Bürgerkönig jetzt nur noch aus Satyre oder Ironie hie und da beigelegt wird. So sank endlich die Sonne des brittischen Wilhelm, welchem das Frohlocken und Entzücken eines liebenden Volkes von keiner Bedeutung zu sein scheint, sobald eine bethörte und aristokratische Gattin nebst ihrem weiblichen Anhang die Verstimmte und Beleidigte spielt. Welche Schmach für ein großes Volk und für einen König, der groß sein möchte, wenn ein Weib mit der lächerlichen Drohung, das Land verlassen zu wollen, eine für das Wohl Englands dringend nothwendige Maßregel zu hintertreiben gedenkt! Und welches Land? Ein Land, in dem sie als Fremde gastlich aufgenommen ist, den Schweiß der Bürger verzehrt, und ihnen höchstens einige gnädige Blicke dafür zukommen läßt! Mögen die Könige, und noch mehr die Königinnen das Volk nicht beständig zu der Frage reitzen: wozu es derselben vonnöthen hat? England mindestens kann eine Königin entbehren, und wird, wenn es seine Reform nicht anders durchführen kann, keinen Augenblick anstehen, der angebeteten Monarchin die verlangten Pässe zu ertheilen. Aber schwerer, als diese durch weibliche Ränke veranlaßte Unschlüssigkeit und wankelmüthige Stimmung des Königs Wilhelm spricht sein absolutistisches, illiberales Treiben im Hannöverischen gegen die Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen. Es soll hier nicht einmal von der Täuschung die Rede sein, die sich der König Wilhelm bei Proponirung der neuen hannöverischen Verfassung gegen sein Erbland hat zu Schulden kommen lassen. Eine solche Verfassung oder keine. Sie scheint im Grunde nur gegeben, um das Volk bei seinem ungestümen Verlangen in sanften Schlummer zu wiegen, und das schlummernde hinterher wehrlos zu überfallen. Aber eine noch schwerere Anklage erhebt sich aus dem dumpfen Gefängnisse des Dr. König von Osterode gegen den Scheinliberalismus Sr. brittischen Majestät. Glaubt man sich nicht nach Rußland oder Portugal versetzt, wenn man die Behandlung liest, welche ein angesehener, wegen politischer Vergehen in Untersuchung befindlicher Mann unter der Regierung eines Königs erleiden muß, der sich der Freisinnigkeit rühmt und jedenfalls der freiesten Monarchie Europas vorsteht. Die Hanauer Zeitschwingen melden hierüber nach den eigenen in einer Eingabe an den Herzog von Cumberland niedergelegten Aussagen des unglücklichen Mannes folgende empörende Thatsachen: „Ein Gatte und Vater wird krank und bei nächtlicher Weile von rohen Landdragonern ohne schriftlichen Verhaftsbefehl, ja nicht einmal im Beisein einer obrigkeitlichen Person, aus dem Schooße seiner Familie gerissen, mit militärischem Pomp von einem Ende des Königreichs Hannover zum andern geschleppt, gleich dem gemeinsten Verbrecher in das Kriminalgefängniß geworfen, wo er in den ersten drei Wochen nicht einmal ein Buch — nicht einmal Bibel und Gesangbuch haben durfte, wird binnen 6 Monaten nur Einmal flüchtig verhört, wird seinem gesetzlichen Richter willkürlich entzogen, und kann selbst von seinem ungesetzlichen Richter nach Jahresfrist nicht einmal einen Urtheilsspruch erlangen — und das Alles, weil Dr. König, wie viele andere, Mitglied der Osteroder Bürgergarde war, und weil
351 eine von ihm geschriebene Rede von einigen seiner Freunde mit mannichfachen Zusätzen und Abänderungen ohne sein Wissen und Willen dem Druck übergeben wurde!" Ein deutscher Mann muß einen deutschen Fürsten um Gerechtigkeit nach den Gesetzen des Landes bitten. Wer will indeß behaupten, daß sie ihm wird? Viele tausend Bitten des deutschen Volks sind spurlos an den Ohren ihrer Fürsten vorübergegangen. Es hat den Anschein, als ob nur die Stimmung der männlichen Drohung, oder das Geschrei und Toben des Aufruhrs von ihnen vernommen und berücksichtigt würde. Gerechter und edler, als die Fürsten, ist das Volk. Das deutsche Volk wird sich des unglücklichen Märtyrers annehmen, der Gericht und Fürst vergeblich um Gerechtigkeit anfleht. Schon hat der deutsche Vaterlandsverein Einleitungen getroffen, sich mit dem Dr. König in Verbindung zu setzen, und ihm alle mögliche Hülfe angedeihen, zu lassen, welche in seinen Kräften steht.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Heidelberg, 7. Februar. Dem wackern Aufrufe in Nro. 29. Ihres Blattes folgend legen wir freudig unser Schärflein auf den Altar des Vaterlandes. Zwar will uns Schaam und Unwille beschleichen, daß wir so vor ihm stehen und nur unsern Opferpfennig darbringen sollen, allein die Zeit, ihm in Wort und That zu dienen, ist vielleicht nicht so ganz ferne, und dann erhebt uns der Gedanke, so in etwas dazu beizutragen, der freien Presse, dieser Erstgebornen des Lichts, dieser Verkündigerin in der Wüste, ein festes, sicheres Haus, und ihrer Wirksamkeit eine starke Schutzwehr zu errichten. Als sich in den Wäldern und Gauen des Vaterlandes die milde Luft des Christenthumes verbreitet hatte, da machte ihre Begeisterung für den Glauben, da machte ihre Frömmigkeit es unsern Voreltern leicht, jene herrlichen gothischen Monumente aufzurichten, deren Pracht und Größe ein Gegenstand der Bewunderung aller Zeiten gewesen ist. Wie reichlich ward da gespendet, mit welcher Liebe gings da ans Werk, mit welchem Geiste ward dieses aufgefaßt! Die Steine sind noch da, es zu erzählen. Heute, ihr lieben deutschen Brüder! heute gilt's den Geist unserer deutschen Väter zu bewähren, zu bewähren, daß wir uns noch für Hohes und Göttliches entflammen, für den heiligen Glauben unserer Zeit, für Recht und Freiheit willig jedes Opfer bringen, freudig Gut und Leben lassen können. So strömt denn [h]eran, der Opferkasten ist geöffnet; laßt eure Spenden fließen, und tragt bei, ein Jeder nach seinen Kräften, zum Riesenbaue des Tempels der Freiheit, damit er sich bald erhebe, gewaltig und fest, ein Vereinigungspunkt unseres zerstückelten Vaterlandes, ein Asyl eines geistigen und materiellen Glückes, ein Denkmal der Bildung und Weihe unseres Volkes. Das Mittel aber zu diesem Ziele, der Hebel bei diesem Werke, der einzige Anker unserer Hoffnungen, das ist, ihr wißt es Alle, die freie Presse. Macht diese, die schon in ihrer Wiege so manche Schlange erGedruckt auf der Presse des Volkes.
352 drückte, groß und stark, und der Augiasstall ist bald gereinigt und die Hyder Willkür bald zertreten, und eure Enkel werden euch segnen und im Genüsse des hohen Guts, welches ihr ihnen errangt, begeistert ausrufen: Seht das haben unsere Väter gethan! 11 Studirende der Universität He idelberg. Es greift in der That an das Herz, wie das gute Volk mit freudiger Aufopferung seinem VaterlandsVerein unterstützt. Nachstehende Subscriptionsliste, auf welcher Wittwen[,] Dienstknechte und Jünglinge sich finden, giebt davon einen merkwürdigen Beweis. Gewiß, die Geschichte wird diese patriotischen Handlungen der Armen aufzeichnen und dem Benehmen der Rei chen gegenüber stellen. Unter den Subscribenten befindet sich ein israelitischer Jüngling, der seinen letzten Groschen freudig beisteuerte. Heil dem deutschen Volke! H a l b j ä h r l i c h e S u b s c r i p t i o n e n in G l a n - M ü n c h weiler, g e s a m m e l t von Peter J a k o b S c h r e c k , S c h u h m a c h e r daselbst. Ludwig Weber jun., Müller und Ackerer, 6 kr. Karl Weber, Müller, 1 fl. 45 kr. Konrad Weber, Rothgerber, 1 fl. 45 kr. Louis Lang, Kaufmann, 1 fl. 45 kr. Jakob Lang, Nagelschmidt, 18 kr. Ein Ungenannter 36 kr. Valtin Schreck, Lehrer, 12 kr. Daniel Hirsch, Ackersmann, 36 kr. Feis Franck, Mackler, 6 kr. Peter Lang, Taglöhner, 6 kr. Alexander Franck, Jüngling, 3 kr. Karoline Weber, Wittwe, Ackersfrau, 36 kr. Jakob Hirsch, Müller, 12 kr. Karl Hirsch, Gastwirth, 1 fl. Karl Hirsch, Jüngling, 6 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Peter Löffler, Schreiner, 12 kr. Karl Zimmermann jun., Rothgerber, 1 fl. 45 kr. Jakob Schneider, Ackerer, 12 kr. Jakob Franck, Handelsmann, 4 kr. Karl Zimmermann sen., Rothgerber, 36 kr. Peter Loosmann, Nachtwächter, 6 kr. Peter Jakob Schreck, Schuhmacher, 24 kr. Adam Müller, Ackersmann aus Haschbach, 20 kr. Jakob Schreck, Lehrer von Nanzweiler, 18 kr. Nikola Lang, Schönfärber, 24 kr. Jakob Lang, Tuchmacher, 12 kr. Ludwig Lang, Wirth und Bäcker, 24 kr. Nikola Klein, Knecht, 6 kr. Martin Müller, Knecht, 6 kr. Karl Zimmermann, Knecht, 6 kr. Johann Bartz, Schreiner, 12 kr. Jakob Hessel, Ackerer aus Quernbach, 12 kr. Zusammen halbjährlich 20 fl. 57 kr. Diese Unterstützung zum deutschen VaterlandsVerein ist einstweilen bis zum ersten Juli 1832, fernerhin werden die Subscribenten von Glan-Münchweiler nicht zurück bleiben, ihren Beitrag zu leisten, wo es dem Heiligsten der Völker, der freien Presse gilt. Indem wir mehreren Gemeinden, hoffentlich auf dem Lande, uns als Vorgänger zeigen wollen, um daß Jeder seinen Beitrag, ob er noch so klein sein sollte, zum Vaterlands-Verein der freien Presse beitragen möchte. Der Bürger Jakob Schreck, ging blos, um das Geld und die Subscriptionsliste zu überbringen, sieben Stunden weit von Glan-Münchweiler nach Zweibrücken. —
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Beilage zur deutschen Tribüne. Zu N— 44. Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Heidelberg, 12. Febr. Der deutsche VaterlandsVerein, an dessen Spitze ein Schüler und Savoye sich gestellt, findet hier eine erfreuliche Theilnahme. Trotz den Bemühungen der legitimen Professoren bedurfte es nur des Rufes, und Alles drängte sich herzu, dem Vaterlande seine Hülfe anzubieten. Unter den Studierenden zeichneten sich besonders diejenigen aus, die schon seit zwei Jahren wegen ihrer edlen und wahrhaft deutschen Gesinnungen den Neckereien des aristokratischen Senates sich ausgesetzt haben. Sie bieten dem Vereine nicht nur monatliche Beiträge, sondern auch drei Actien der Volkspresse. Dank ihnen, den wackern Söhnen unsers deutschen Vaterlandes. Aber der Jugend feuriger Eifer findet seine Weihe und seine Wahrheit in dem Ernste der Bürger. Schon sind mehrere Listen mit Namen überdeckt, und selbst der Aermste eilt, sein Scherflein beizutragen. Unter den thätigsten nennt man mit Stolz Herrn Fabrikant Änderst und Bierbrauer Speyerer. Sie mag man als beschämendes Beispiel denen vorhalten, die von Gelehrsamkeit und Selbsucht erfüllt, in den Denkmälern der Griechen und Römer Alles, nur keinen Vaterlands-Sinn und kein Bürgerthum finden. Tübingen, 11. Februar. Die Idee eines Vereines zur Unterstützung der freien Presse Deutschlands, durch Nro. 29 der Tribüne kräftig an das deutsche Volk gesprochen, muß, wenn irgendwo, so unter der deutschen Jugend Anklang finden. Es ist nicht mehr eine auf Pflanzung der nationalen Ideen gerichtete künstliche Pflege, der man die Gestaltung der volksfreundlichen öffentlichen Meinung verdankt: sondern, wie immer, wenn es um eine Lebensfrage sich handelt, treten sie unmittelbar im Bewußtsein hervor als lebendige den Willen erregende Kräfte. Und darin eben darf man die sicherste Bürgschaft für ein durch Hemmung nur gefördertes, endliches Gelingen des nationalen Strebens finden, daß die Ansicht über das, was werden soll, ihre Basis nicht allein in einer Reflexion über den gegebenen Zustand hat, sondern auf dem unmittelbaren geistigen Leben des Volkes beruhte. So ist es vornehmlich bei der deutschen Jugend ein innerer Drang, der hintreiben muß zu einem Verein, welchen der Zusammenklang der vaterländischen Gefühle, die Einheit der Gesinnungen gründet, in welchem das vereinigte Streben die Thatkraft des Einzelnen erhebt, welcher sich zum Zweck gesetzt hat, die Mittel darzubieten und zu bewahren, durch welche der volksfeindliche Widerstand gebrochen und dem Vaterlande zum Sieg geholfen werden kann über den Egoismus und die Willkür, durch welche Deutschland sich aus der ihm aufgedrungenen falschen Einheit herausrettet und in sich selbst sich wiederfindet. -
Jenem Antrieb zu folgen und eine dem Vaterland schuldige Pflicht zu erfüllen, eilten einige Freunde mit mir, den Aufruf der Tribüne unter den Studierenden der hiesigen Hochschule zu verbreiten und zum Beitritt einzuladen. Ich freue mich, im Namen derselben Ihnen anzeigen zu können, daß sich bis jetzt gegen 120 Studirende mit monatlichen Beiträgen a 12 kr. (Total: 288 fl. jährlich) unterzeichnet haben. Es wird wohl nicht nothwendig sein, daß ich Ihnen die Liste derselben mittheile, indem meine Freunde sich auch mit zur Besorgung alles auf den Verein sich beziehenden anbieten. - Die ersten Beiträge werden Sie demnächst erhalten. Wir treten mit dem innigen Wunsche bei, daß das Band, mit welchem eine heilige Sache alle Deutschen verbinden sollte, bald unsere Brüder aus den verschiedensten Gauen Deutschlands mit uns einigen möge zur Wiedererringung und Behauptung der unveräußerlichen Rechte der Nationen. Wie würden wir uns freuen, wenn wir Nachricht geben könnten, daß mit Eifer und Ernst für den Verein in unserem Theile Deutschlands gewirkt werde. Allein wir können bis jetzt hievon nichts sagen. Einerseits giebt es noch viele, welche im Grunde das rechte wollen, aber der rückhaltslosen Verkündigung der Wahrheit in politischen Dingen noch ungewohnt, vor der fulminanten Stimme derselben gleichsam zurückschrecken: andererseits ist der Aufruf der Tribüne noch nicht bekannt genug. Unsere liberalen Journale in Würtemberg haben ihn noch nicht aufgenommen. Wir bitten daher, uns eine Anzahl der von der Tribüne angebotenen Exemplare, welche die Aufforderung enthalten, zu weiterer Verbreitung zuzusenden, sowie uns von dem Fortgang der Sache und der innern Gestaltung des Vereines gütigst in Kenntniß zu setzen. Im Namen der Studirenden, welche dem VaterlandsVereine beigetreten sind, mit Hochachtung — Mainz, 8. Februar. Der Aufruf zur Bildung eines „ Vaterlands-Vereines zur Unterstützung der freien Presse" ist ohne Feldgeschrei durch die dreifachen Posten unserer dreiherrischen Stadt und Bundesfestung zu uns gedrungen und von jedem wahren Volksfreunde mit innigster Theilnahme empfangen worden. Glück und kräftiges Gedeihen diesem ächten deutsch [en] National-Unternehmen! Heißen innigen Dank Dir, Du wackres deutsches Volksblatt für diese herrliche Original-Idee! In allen einzelnen Ländern und Provinzen unseres zerrissenen und dennoch kräftigen Deutschlands werden sich rührige Vaterlands- und Volksfreunde gewiß gerne der Mühe des Unterschriften-Sammelns unterziehen, auch bei uns wird es daran nicht fehlen, da nach dem Art. 35 unserer Verfassungs-Urkunde, worin es heißt: „die Presse und der Buchhandel sind in dem Großherzogthum frei," eine Unterstützung dieser Freiheit gesetzlich erlaubt ist.
[352c] Nun wissen wir zwar leider noch nicht viel von dieser Freiheit, ja wir müssen sogar unser hessisches Volksblatt wegen unserer angstvollen Censur in Rheinbaiern drucken lassen. Das Gesetz, welches sie uns verliehen, — ist jetzt schon mehr als ein eilf Jahre altes Kind, das jedoch wie der altbaierische Kaspar Hauser vor der frischen freien Lebensluft sorgfältig bewahrt wird; - aber wir werden sie auch in unserem deutschen Heimathlande aufblühen und gedeihen sehen! Preßfreiheit ist uns verheißen in der deutschen Bundesakte! Sechzehn Jahre harren wir vergebens auf Erfüllung der heiligsten Versprechungen! Nicht länger läßt das mündige deutsche brave Volk sich hinhalten! Wer kann unserem Geiste, unserer Sprache, die wir beide von Gott zu unserer Vervollkommnung und Vorbereitung für jenes bessere Leben erhalten, Fesseln anlegen und uns trotz der verheissenen Freiheit in die Kerker der Finsterniß werfen?! Wir haben also als Menschen die heilige Pflicht, wir haben als Hessen und Deutsche die gesetzliche Pflicht, die gegebene Verheißung ins Leben zu rufen, die gesetzliche Bestimmung zur Wahrheit zu machen; - und wir können diese Pflicht nicht besser erfüllen, als wenn wir durch eine freiwillige Steuer die. freie deutsche Presse nach unseren Kräften unterstützen. Freunde, benutzet die schönen sonnigen Tage, die wohlthätige Luft des herrlichen Frühlings unseres Zeitalters; es ist die Epoche der Entwicklung unserer freien Presse, unseres wahren geistigen Lebens. Mit vereinter Kraft läßt sich Großes vollbringen und für eine edle heilige Sache findet sich überall warme Theilnahme, kühner und muthiger Enthusiasmus. Ο lassen wir sie nicht wieder sinken die heilige Sache unseres heißgeliebten deutschen Vaterlandes! Lasset uns durch die mächtige Stimme unserer Volksblätter fest vereint und kräftig dastehen! Retten wir die Ehre und die Freiheit unseres deutschen Vaterlandes durch eifrige Unterstützung der muthigen und unerschütterlichen Organe unseres Volkswillens. Durch Beharrlichkeit und Ausdauer wollen wir auf gesetzlichem Wege erlangen, was uns von unserem Fürsten, nach ihrer Befreiung, heilig versprochen, was andere Nationen durch Blut und Leichen sich erringen mußten. Mit deutscher Treue und Klugheit wollen wir das Erlangte bewahren und uns in Einigkeit zu dem hohen herrlichen Ziele erheben, dessen Erreichung einzig und allein das wahre Glück der Völker begründet! Ihr Zweifler und Ungläubigen betrachtet die Verfassung und das Leben der vereinigten Staaten Nordamerikas! D. Mainz, 8. Februar. Wie sehr mich jener Aufsatz in einem Ihrer jüngsten Blätter, in Betreff des „Vaterlandsverein" angesprochen und ergriffen, können Sie sich wohl leicht denken, wenn ich Ihnen sage, daß ich ein deutscher Jüngling von 22 Jahren, ein Mainzer, ein Rheinländer bin, die doch bekanntlich mit den Rheinbaiern jenes Gefühl der ächten Franzosen für Freiheit und Volks-Souveränität vor ihren deutschen Mitbrüdern besonders theilen. — „Dieglorreichejuliwochehatmich begeistert,einen Brennstoff in mein Inneres geworfen, Ihr Aufruf
[352d] zum Vaterlandsverein hat diesen entzündet, mich zum Handeln reif gemacht." Ja! ich will handeln mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln, und nach Kräften mich nach Ihnen und Ihren Herren Collegen richten, die an der Spitze unseres Vereins stehen, dem ein glorreiches Ziel sicher ist, alle liberal gesinnten Deutschen (jeder mit einem noch so kleinen Schärflein) denselben unterstützen. Welcher ächte Deutsche wird da zurückbleiben, oder womit könne er sich entschuldigen, wenn es sein höchstes Interesse, die Freiheit der Presse gilt, „die für ihn in den Kampf tritt, fechtend fiir alle seine Gerechtsame und gegen alle Willkür, Gewalt und usurpirte Recht seiner Feinde, der Aristokraten, das Hofgeschmeise und servilen Beamtengesindel der souveränen 32 Fürsten und Fürstchen." — Deutscher Löwe erwache! warte nicht, bis die an der Gränze gelagerten Cohorden von Barbaren dieselbe mit ihrem Panier der Knute überschreiten, es gilt denn unser Aller Gut und Blut, Wohlstand und Freiheit; gedenket des Sprüchworts: „viele Hunde sind des Hasen Tod," und bemerket, daß wir liberale Deutsche vereint eine kräftige durchführende Opposition gegen das knutische Despotenregiment sind, drum eile jeder, sein Schärflein und Namen zum großen Werke der „Freiheit der Presse" und der dadurch hervorgehenwerdenden Einigkeit Deutschlands darzubringen, damit die von Gottes Gnaden auf den Thronen durch unsere dem Verein beitretende große Zahl liberaler „Unterthanen" ihre bisherigen Sünden erkennen und vor des Volkes Gnade einst zittern! - Senden Sie mir eine Anzahl Listen, um bei nahen und fernen Freunden mich für diese großartige Unternehmung verwenden zu können. Mainz, 12. Februar. Hochgeschätzter Hr. Schüler! Sie haben sich mit mehreren edlen Männern an die Spitze eines deutschen Vereins zur kräftigen Unterstützung der freien Presse gestellt. Wir alle wissen Ihre großmüthige Hingebung für die heilige, gerechte Sache des Volks, des deutschen Vaterlandes vollkommen zu würdigen und wollen nicht ermangeln, Ihr großes Streben aus allen Kräften zu befördern. Zwei junge Deutsche, die gern das Vaterland frei und kräftig aufblühend sehen möchten, übersenden Ihrem Vereine hiermit einen kleinen Beitrag. - J. Κ. 1 fl. 45 kr. für den Monat, und N. F. monatlich die Zinsen von 1000 fl. Kapital, welches im Nothfalle selbst angegriffen werden soll. Von N. F. erhalten Sie für diesen ersten Monat 5 fl. 30 kr., der Beitrag des folgenden Monats wird sodann in 3 fl. 30 kr. beste hen. Schließlich bitten wir ergebenst uns eine gehörige Anzahl Subscriptionslisten und Blätter „ A u f r u f des Vereins zur Unterstützung der freien Pressen" gefälligst zukommen zu lassen. Un terzeichnet in vollkommener Hochachtung, N. F. Reichenbach, 15. Febr. Herr Redacteur der deutschen Tribüne! Kaum hatten wir aus Ihrem Journale den trefflichen Vorschlag zur Bildung eines vaterländischen Vereins, der die Unterstützung der freien Presse zum Zwecke haben soll, vernommen, als auch sogleich mehrere Bewohner von hier, denen die Sache klar einleuchtete, sich eilfertig
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[352e] zeigten, ihr Schärflein für des Volkes heilige Sache, der Preßfreiheit, auf den Vaterlands-Altar zu opfern. Dieselben beschlossen, zunächst eine Subscriptionsliste in Umlauf zu setzen, um zu sehen, welchen Sinn die Bewohner in dieser Hinsicht zu erkennen geben; und wo das Vorlesen des gedachten Artikels: „Deutschlands Pflichten" nicht hinreichend verstanden worden, ließ man sich eine mehrmalige mündliche Erläuterung gerne gefallen, und siehe! der Erfolg lohnte die kleine Bemühung. 50 Personen, worunter auch weiblichen Geschlechts, unterzeichneten und leisteten sogleich für diesen Monat ihre Beiträge, welche ich Ihnen mit dieser Gelegenheit zur gefälligen Weiterbeförderung an das Comite des Preßvereins nach Zweibrücken überschicke. Wir wünschen recht herzlich, unser Beispiel möge andern Dörfern zur Nachahmung dienen; denn obgleich die Summe klein und die Zahl der Geber groß ist, so muß doch berücksichtigt werden, daß ein jeder Beitrag aus willigem, treuem Herzen geschehe. Es kann ungemein Vieles ausgerichtet werden, wenn man die Sache mit Ernst ergreift, dieß haben wir ja selbst erfahren. Unsere Subscriptionsliste wird eine hinreichende Erklärung sein, daß wir dem Vereine beigetreten, und dieses werden Sie gefälligst dem Comite zu wissen thun. Wir bitten, die Bekanntmachung dieser beiliegenden Subscriptionsliste in einer Ihrer nächsten Nummern der Tribüne anzuführen. Conrad Rüb, 12 kr. Daniel Rüb, 24 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Karl Rüb, 15 kr. Heinrich Braun, Färber, 6 kr. Andreas Gabel, 1 kr. Philipp Heil, Bäcker, 3 kr. Wilhelm Haberstich, 1 kr. Karl Wolf, 6 kr. Daniel Rübel, 3 kr. Ein Ungenannter 15 kr. Jakob Muth, 1 kr. Johann Jenet, 1 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Jakob Heil, 1 kr. Peter Jenet, 6 kr. Daniel Jenet, 6 kr. Daniel Rüb, 6 kr. Daniel Göttel, 6 kr. Johann Jenet, 12 kr. Jakob Rübel, 3 kr. Philipp Leonhard, Drechsler, 3 kr. Adam Göttel 1 kr. Philipp Leonhard, Schreiber, 4 kr. Daniel Kadel, Messerschmidt, 2 kr. Ein Ungenannter 3 kr. Peter Braun, 6 kr. Franz Henrich, 3 kr. Philipp Kadel, Schreiner, 1 kr. Ein Ungenannter 3 kr, Ein Ungenannter 3 kr. Karl Jenet, 6 kr. Karl Brunn, 1 kr. Karl Heil, Rothgerber, 3 kr. Michael Müller, 3 kr. Konrad Wolf, 2 kr. Philipp Hertel, 6 kr. Jakob Schnabel, Schneider, 2 kr. Jakob und Philipp Leonhard, 3 kr. Peter Leonhard, 3 kr. Josehp Rupp, Barbier, 2 kr. Joh. Adam Ziemer, Dienstknecht, 3 kr. Andreas Müller, Dienstknecht, 2 kr. Heinrich Knapp, Dienstknecht, 2 kr. Eine Ungenannte 6 kr. Ein Mädchen, K. R. 3 kr. Desgleichen, P. R. 3 kr. Desgleichen, W. R. 3 kr. Desgleichen, Ρ. Η. 1 kr. Desgleichen, M. L. 4 kr. Zusammen monatlich . . 3 fl. 50 kr. Mit vollkommener Hochachtung Im Namen der Vereinsglieder Karl Rüb, Sohn.
Freiburg im Breisgau eine neue censurfreie, politische Zeitung unter dem Titel: D e r Freiburger
liberale,
F r e i s i n n i g e . politische
Blätter.
Diese neue Zeitung wurde durch eine Aktiengesellschaft gegründet, welche Eigenthümerin des Blattes ist. An der Spitze der Unternehmung stehen, und zwar nicht nur als Aktionäre, sondern als wirkliche Redakteure und thätige Mitarbeiter, die Abgeordneten der badischen zweiten Kammer von 1831: D u t t l i n g e r , v. R o t t e c k , Welcker. Außer diesen Publicisten nehmen noch viele andere bewährte Schriftsteller eifrigen Antheil an der Redaktion des Blattes, und zahlreiche Correspondenten in den bedeutendsten Städten in und außer Deutschland werden fortlaufende Beiträge liefern.
Ankündigungen
Der Freisinnige widmet seine Kräfte der großen Sache der Constitution in ganz Deutschland. Er wird im liberalen Sinne, freiwillig und furchtlos, doch würdig, besonnen, und fern von leidenschaftlichen Uebertreibungen redigirt sein. Das neue Blatt wird zeigen, daß Baden werth ist, das unschätzbare Gut der Preßfreiheit zu genießen, und daß es die freie Presse zur Wahrung seiner Verfassungsrechte zum Schutze und zur Ehre Deutschlands zu gebrauchen weiß. Der Freisinnige macht sich daher zur Pflicht, an der Begründung, Erhaltung und Fortbildung der constitutionellen Grundsätze, der staatsbürgerlichen und der kirchlichen Freiheiten im gesammten deutschen Vaterlande, und insbesondere im Großherzogthum Baden auf das Kräftigste mitzuwirken. — Das Blatt wird neben einer vollständigen Uebersicht der interessantem TagesNeuigkeiten täglich zugleich räsonirende und erzählende Original-Artikel liefern. Besondere Berücksichtigung sollen die deutschen Ständeversammlungen erhalten, und daher ihre Verhandlungen, soweit sie allgemeines Interesse darbieten, Aufnahme finden. Die Verhandlungen der badischen Kammern namentlich sollen ganz in der Art mitgetheilt werden, wie die Pariser Blätter über die Sitzungen der französischen Kammern berichten. Politische Lokal-Angelegenheiten erhalten zwar ebenfalls in dem Freisinnigen ihre Stelle, jedoch nur in sofern, als sie für das constitutionelle Leben im Allgemeinen von Interesse sind. Das Blatt wird ferner ein Organ sein für Beschwerdeführung oder einzulegende Appellation an die öffentliche Meinung wegen erlittener Ungebühr jeder Art, vorausgesetzt, daß die Form der Beschwerdeführung anständig und würdevoll und ihr Inhalt gehörig beglaubiget sei. — In Bezug auf die Darstellung wird der Freisinnige alle für constitutionelle Bildung empfänglichen Leser im Auge haben; weder für die höher ausgebildeten zu niedrig, noch für schlichte und verständige, zur Theilnahme am vaterländischen Leben fähige Bürger und Landleute zu hoch gehalten sein.
Mit dem ersten März d. J., dem Tage, an welchem die Preßfreiheit in Baden ins Leben tritt, erscheint zu
Die neue Zeitung erscheint vom ersten März an täglich, zu einem ganzen Bogen in breitem Median-Folio-Format, auf schönem weißem Maschi-
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nenpapier. Um im Interesse der guten Sache die Verbreitung des Blattes möglichst zu befördern, wird der Preis desselben nicht höher gestellt als auf 2 fl. 30 kr. für das Vierteljahr, oder zehn Gulden jährlich. Dieser Preis ist bei dem täglichen Erscheinen des Blattes in einem großen Folio-Bogen so äußerst mäßig, als er nur irgend festgesetzt werden kann. - Das erste Abonnement wird vom 1. März d. J. bis zum 1. Juli durch Vorausbezahlung entrichtet, und beträgt für diese vier Monate drei Gulden zwanzig Kreuzer. Das Postamt in Freiburg und unmittelbar jedes Postamt nimmt Bestellungen auf den Freisinnigen an, oder sie können auch direct an den Unterzeichneten eingeschickt werden. Man bittet diese Bestellungen wo möglich noch im Laufe des Februars zu machen, damit sich die Größe der Auflage darnach bestimmen lasse - Sachgemäße portofreie Correspondenz-Nachrichten für unsere Zeitung werden immer willkommen sein. Freiburg im Breisgau den 31. Januar 1832. Im Namen der Aktiengesellschaft des Freisinnigem Dr. C. Th. Welcher, Hofrath und Professor, Abgeordneter der badischen zweiten Kammer. Vollständiges Lehrbuch der französischen Sprache für Studienanstalten und zum Privatgebrauche, von Friedrich Bettinger, Lehrer der französischen Sprache am königlichen Gymnasium in Zweibrücken. Großoctav von 31 Bogen, auf milchweißem Druckvelinpapier. Ladenpreis 1 fl. 48 kr. rhein. oder 1 Thlr. sächsisch. Zweibrücken, 1831. Zu haben bei dem Verfasser und in Commission bei Georg Ritter. A n z e i g e n . In unterzeichneter Handlung ist zu haben:
1) Tinktur, um rothe, graue und helle Haare nach Belieben dauerhaft braun und schwarz zu färben. Ein ganzes Kistchen von 6 Gläsers kostet nur 7 fl. 12 kr. Die Flasche 1 fl. 30 kr. Es dienet diese Tinktur dazu, eine verhaßte Farbe, als: rothe, grüne und helle Haare, ohne den geringsten Nachtheil oder Empfindung, vollkommen dauerhaft dunkelbraun oder schwarz zu färben. Diese Tinktur ist von der unfehlbarsten Wirkung, und die damit braun oder schwarz gefärbten Haare behalten diese Farbe für immer; sie gehet nicht ab, erleidet durch Waschen und Brennen keine Veränderung. Die gefärbten Haare sind von den natürlich braunen oder schwarzen auf keine Weise zu unterscheiden.
2) Essenz zum Haarwachsen. Ein ganzes Kistchen von 6 Gläsern kostet nur 6 fl. Die Flasche 1 fl. 15 kr. Diese Essenz dienet zugleich als Hautstärkung bei Personen, deren Haarestarkausgehen,odereinkahlerFle[ck]
oder Platt vorhanden oder zu befürchten ist, wo sie bewirkt, daß die haarlosen Stellen wieder mit Haaren bewachsen, sie mögen durch Krankheit, Hauptschwäche oder Alter ausgegangen sein, und das fernere Ausgehen derselben in ganz kurzer Zeit völlig aufhört. Sie verbessert und vermehrt den Wachsthum der Haare, befestiget die lockeren, daß keine mehr ausfallen, giebt der Haut neue Kräfte und setzt solche in den Zustand, daß Haare da wachsen müssen. Auf gleiche Weise befördert sie den Wachsthum des männlichen Bartes, welcher dadurch zu einer seltenen Schönheit gezogen werden kann.
3) Feine orientalische Schönheits-Essenz. Ein Kistchen von 6 Gläsern kostet nur 6 fl. Die Flasche 1 fl. 15 kr. Aecht, und nach der einzig wahren Vorschrift bereitet. Diese verdient als das allervorzüglichste Schönheitsmittel empfohlen zu werden, da sie die Haut wahrhaft verschönert, dieselbe von allen Mängeln reiniget, und bis ins Alter schön erhält, die Sommer- und andere Flecken hinwegnimmt, und außerordentlich rein, weiß und schön macht. Die herrliche Wirkung dieser Essenz beweiset, daß nie etwas Besseres in dieser Art existirt hat. Eine von Sonne und Luft verdorbene Haut stellt sie in reinster Schönheit wieder her, und verschönert das Gesicht auf eine angenehme Weise. Selbst eine grobe, verdorbene Haut setzt sie in einen angenehmen Zustand, indem sie dieselbe gelinde, und gleichsam jung und in ganz kurzer Zeit sichtbar weiß macht, ohne ihr im Geringsten nachtheilig zu sein.
4) Circassische Schönheits-Tinktur. Ein Kistchen von 6 Gläsern kostet nur 6 fl. Die Flasche 1 fl. 15 kr. Diese durch Erfahrung genau geprüfte Tinktur leistet alles, was man von einem Mittel zur Erhaltung der Schönheit nur erwarten kann. Einige Tropfen davon in eine Schale Rosen- oder auch Brunnenwasser gethan, und mit einander vermischt, giebt ein vorzügliches Abwischwasser, dessen man sich mit außerordentlichem Nutzen täglich bedienen kann. Es macht eine gesunde, feine und weiße Haut, reiniget dieselbe von allen Mängeln, giebt ihr in der That Gesundheit und Kraft, erhält sie bis ins Alter schön, und ist derselben vollkommen unschädlich. Wer von diesen Ρΐεςεη einiges zu haben wünschet, wolle den Betrag dafür an unterfertigte Adresse einsenden, worauf die Zusendung sogleich erfolgt. Bestellungsbriefe und Gelder erbittet man sich durch die Post so weit möglich franco.
Chemische Produkten-Fabrik, Lit. L. Nr. 123 der Kaiserstraße in Nürnberg.
Da die Druckerei der Tribüne gestern von Zweibrücken nach Homburg verlegt wurde, so kann wegen dieser Störung heute am 19. Febr. kein Originalblatt ausgegeben werden. D. R. d. d. T.
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Deutsche Zur
Montag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
N— 45.
Ein König hat kein Vaterland, ein König hält die Treue nicht; ein König ist kein Menschenfreund. Blickt her im deutschen Vaterlande, und ihr findet allenthalben die Bestätigung dieser Wahrheit. Wir entsetzen uns über die Gräuel des portugiesischen Don Miguels, und sehen nicht, daß deutsche Fürsten nur um weniges besser handeln. Der englische König, welcher im Lande der Freiheit den Liberalen spielt, handelt im lieben finstern Deutschland im acht ultra-absoluten Sinne. Man richtet sich nach den Umständen. Wo das Volk geduldig sich treten läßt und für die Mißhandlungen seinem gnädigen Herrn noch dankbar die Hand küßt, ein solches Volk, das heißt das deutsche Volk regiert man nach der Weise des königlichen Bruders in Lissabon. Darum verspottet man die Nation durch den schmählichsten Entwurf eines Staatsgrundgesetzes, der je gedacht wurde: darum mißhandelt man ferner die Gesetze der Menschlichkeit und die Gefühle des Nationalstolzes, indem man einen der edelsten Deutschen, den Dr. König in Osterrode, durch inquisitorische Grausamkeit zu Grunde richtet. So handelt der hannöverische König. — In Polen sind Thaten geschehen, wovon die Geschichte bisher nichts wußte. Die Höhe von Edelmuth und patriotischer Tugend, zu der kaum die Phantasie sich emporzuschwingen vermochte, war dort in der Wirklichkeit zu schauen. Jeder, der ein menschliches Gefühl im Busen trug, war gerührt und wünschte dem großen Volke Heil und Segen; die Sympathie aller Völker glühte für Polen: - nur der preußische König blieb gefühllos und strebte das große Volk zu Grunde zu richten, weil der König, mit dem die Helden rangen, seine, des preußischen Königs, Tochter geheirathet hatte. Wie kann von einem menschlichen Gefühle die Rede sein, wenn es um die fürstlichen Interessen sich handelt. Die Könige sind von einem andern Stoffe als die Menschen, sie fürchten, wo wir hoffen, sie hassen, wo wir lieben, sie verfolgen, wo wir unterstützen. Polen, unglückliches Polen, du zeigtest, daß die Wege der deutschen Völker und der deutschen Könige auseinandergehen: deine Leiden, unglückliches Land, werden es aber auch dahin bringen, daß jene Wege für immer geschieden bleiben. Ein kleiner König in unserer Nachbarschaft, Fürstenthume Lichtenberg, ist so eben im Begriff, den Satz praktisch zu beweisen, daß ein König kein Vaterland hat. - Ein
Vaterlandes.
Homburg, den 20. Februar 1832.
Soldat der preußischen Zollschutzwache — Lichtenberg gehört zur preußischen Zolllinie — schoß in Set. Wendel unbesonnen sein Gewehr ab, und veranlaßte dadurch einen Auflauf. Die Landesregierung erblickte hierin schon die Revolution: denn man weiß, daß Könige und ihre Werkzeuge böse Gewissen haben, ein böses Gewissen aber vor dem Rauschen eines Blattes erschrickt. Kurz, die Regierung erließ sogleich eine Proclamation und drohte mit preußischen Bajonetten. Wie kann von patriotischen Gefühlen bei einem Könige die Rede sein. Das Volk ist eine Heerde, die er durch seine Schäfer scheeren läßt. Sträubt sich das Volk gegen die eine oder die andere Mißhandlung, so läßt man aus irgend einem Theile der Welt eine Horde Soldaten kommen, um die Canaille zu Ruhe zu bringen. Ob dadurch nicht das Nationalgefühl bis ins Innerste verwundet, das Volk beschimpft und ins Unglück gestürzt werde — alles dieß kümmert einen König nichts. - Daher erklärt es sich, daß die Regierung des Herzogs von Coburg in Set. Wendel, erschreckt durch den herrlichen Aufschwung, welchen die Bürger dort in der politischen Bildung gewonnen haben, aus Veranlassung eines nichtssagenden Zusammenlaufs folgende Proclamation erließ:
Bekanntmachung.
„Die Bürgerschaft von St. Wendel ist Zeuge einiger unbesonnener Auftritte geworden, die, durch Operationen der Zollbeamten veranlaßt, die öffentliche Ruhe auf sehr unangenehme Weise gestört haben." „Die Sache muß ernster ins Auge gefaßt werden. Wiederholen sich dergleichen Reibungen, so wird nicht allein die Polizeigewalt zu den äußersten Mitteln gezwungen, sondern Maaßregeln drohen im Hintergrunde, die dem Wohl der Stadt um so gefährlicher werden möchten, als ihr Maaß und ihre Wirksamkeit schwerlich in den Händen der Regierung ruht." „Wohlmeinend wenden Wir Uns deshalb an die Bürgerschaft der Stadt St. Wendel, vorzüglich an Männer von Einfluß, an Hausväter, Lehrer, Dienstherrn etc. mit der dringenden Empfehlung, doch ja allen Einfluß aufzubieten, damit dergleichen Auftritte und Reibungen in Zukunft unterbleiben, Zusammenläufe verhindert, und, sollte Neugierde und Unbesonnenheit sie dennoch versuchen, durch eindringliche Ermahnungen schleunig wieder aufgelöst werden." „Fruchtet der gütliche Weg nichts, so weiß der Oberbürgermeister von St. Wendel, daß die Gesetze ihn unter Androhung der Dienst-Entsetzung und strafrechtlicher Veraut-
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355 wortung verpflichten, den hartnäckigen Störern der öffentlichen Ruhe und Sicherheit durch unmittelbares Aufgebot der öffentlichen Gewalt zu begegnen." „Werden dann, noch mit Opfern, empfindliche Maßregeln herbei gerufen, so hat die Regierung das Bewußtsein für sich, gewarnt und die hiesigen bürgerlichen Gewalten erschöpft zu haben." St. Wendel, den 7. Februar 1832. Herzogl. S. Regierung. Sebaldt." Doch die trefflichen Bürger von Set. Wendel lassen nicht geduldig sich mißhandeln. Sie kennen ihre Würde nnd haben daher folgende männliche Protestation wider die Herbeirufung der preußischen Bajonette eingereicht:
„An die herzogl. sächsische Regierung des Fürstenthums Lichtenberg zu St. Wendel. „Der Verfinsterungsgeist der Hohen, der die Fortschritte menschlicher Größe und Charaktertugend unserer Zeit schelsüchtig belauscht, sie fesselnd auszurotten sucht, damit die grätzige alte Saat despotischer Willkür jugendlich ersprosse, fängt auch bei uns an, Spuren seines verderblichen Daseins blicken zu lassen." „Eine Drohung Herzoglicher Regierung, in dem Gewände wohlmeinender Warnung, datirt vom 7ten dieses, gezeichnet Sebaldt, erfüllte die hiesige Bürgerschaft mit gerechter Entrüstung. Sie schweigend hinnehmen, hieße jene die Drohung veranlassende angegebene Thatsache als wahr bestätigen, jene angedrohte Maaßregel selbst gut heißen. Mit keinem von beiden soll Herzogl. Regierung sich schmeicheln, am allerwenigsten aber damit, daß Ihr von Seiten hiesiger Bürger die Fähigkeit und Befugniß zugestanden werde, Handlungen der Neugierde (provocirt durch zweckwidrige Operationen einiger Beamten) als sträflich zu richten, und zur Vollstreckung dieses illegalen Spruches, mit einer widerrechtlichen schmachvollen Execution zu drohen, die um so gehäßiger erscheint, als selbe von einer unleidigen fremden Gewalt gegen den Staat und dessen Bürger erborgt werden soll." „Die Sache muß ernster ins Auge gefaßt werden. Die Bürger von St. Wendel sind nicht gemeint, durch derartige Bekanntmachungen sich prostituiren zu lassen." „Glaubt die Herzogl. Regierung in dem angedeuteten Zusammenlaufe einiger Neugierigen (meistens Kinder und Dienstboten) etwas sträfliches zu finden, so hat sie den gesetzlichen Weg einzuschlagen, und die Gerichte werden Ihr eben so wenig, wie die Bürger rechtlichen Gehorsam verweigern." „Sollte Herzogl. Regierung aber je zu einem Gewaltstreiche sich erkühnen wollen, der sehr wahrscheinlich Excesse herbeiführen würde, so hat nicht die Bürgerschaft, wohl aber Sie dessen Folgen zu verantworten." „Indem wir in der angedrohten Maaßregel nichts anders als die verhaßten Bajonette Preußens erblicken, was uns privatim ist eröffnet worden — protestiren wir andurch förmlich und mit allem Ernst gegen solchen Akt der
Despotie Preußens, gegen ihn unserer Regierung, als veranlassungslos und rechtsverletzend, mit dem Bedeuten, daß diejenigen, welche die Maaßregel herbeizuführen sich unterstehen werden, mit ihrer Person und Vermögen für deren Folgen verantwortlich sind." St. Wendel, 16. Februar 1832. Die Bürgerschaft von St. Wendel, folgen die Unterschriften." Aus den Thatsachen, die wir hier erzählten, läßt sich die Politik der deutschen Kabinete entnehmen. Die Bundesakte, welche nicht gilt, wo sie den Völkern ein Recht ertheilt, wird hervorgesucht, um die Intervention von Oestreich und Preußen in den constitutionellen Ländern Deutschlands zu beschönigen. Auf den Grund dieser treulosen und durch die Könige selbst außer Wirkung gesetzten Acte soll der Geist der Freiheit, wo er irgend in Deutschland sich zeigt, durch die preußische Liberalität, d. h. die rohe Gewalt der Bajonette zertreten werden. Doch noch giebt es Männer, die für die Ehre zu sterben wissen. Ihr Blut würde die Saat der Freiheit unseres Volkes düngen, auf daß sie gedeihe und bald, sehr bald herrlich emporblühe. -
Offener Brief an Herrn Geheimen Hofrath Luden in Jena. Der Absolutismus erhebt mit neuer Frechheit sein Haupt: mit Besorgniß blickt der Vaterlandsfreund auf unsere noch zarten Keime des constitutionellen Lebens. Nachdem zwei Ständeversammlungen Süddeutschlands, welche trotz aller Einsicht, Freimüthigkeit und Beharrlichkeit die Mächte der Finsterniß doch kaum in Schranken zu halten vermochten, in den Privatstand zurückgetreten sind: so wendet sich unwillkürlich der hoffende Blick auf die demnächst zu versammelnden neuen Landstände und deren muthmaßliche Stimmführer, von denen nicht nur einzelne deutsche Staaten, sondern auch das gesammte Vaterland Pflege und Weiterentwicklung des constitutionellen Lebens und Strebens erwartet und fordert. Wie sich diese Erwartnngen bereits in Bezug auf die würtembergische zweite Kammer, namentlich mit Rücksicht auf einen Uhland ausgesprochen haben, ist allgemein bekannt. Warum ist aber von der bevorstehenden Weimar'schen Ständeversammlung, die doch einen Luden, den berühmten Herausgeber der Nemesis, den geistreichen Verfasser der vaterländischen Geschichte unter ihren Gliedern zählt, so wenig die Rede? - Der Grund liegt wohl nicht allein darin, daß Weimar nur 66 Q . Meilen, Würtemberg aber deren 360 zählt. Er liegt wohl tiefer, liegt wohl hauptsächlich in dem veränderten Urtheil des Publikums über Sie, als einen ehemaligen Coryphäen der deutschen Liberalen. — Da Ihnen nun bei dem noch immer in Deutschland, und namentlich in Weimar herrschenden Preßzwang diese Veränderung schwerlich gehörigermaßen bekannt geworden ist (woran Ihnen doch natürlich sehr viel gelegen sein muß), so wird es Ihnen gewiß nicht unwillkommen sein, wenn einer Ihrer ehemaligen Schüler, welcher Sie schon als Student oftmals gegen leidenschaftliche Angriffe vertheidigt hat, seine Dankbarkeit und Liebe gerade
357 dadurch zu beweisen sucht, daß er Ihnen Gelegenheit verschafft, jene Vertheidigung selbst zu übernehmen, und sich vor dem Richterstuhl der öffentlichen Meinung durch Wort und That zu rechtfertigen. Als ich 182 — die Universität Jena bezog, mußte ich zu meiner nicht geringen Verwunderung bald bemerken, daß die Stimmung der Studenten gegen Sie eine ganz andere war, als ich nach Ihrer früheren Wirksamkeit und nach der Beschreibung älterer begeisterter Zuhörer von Ihnen erwartet hatte. Denn wenn man auch, gefesselt durch den Reiz Ihres Vortrags, Ihre Collegien immer noch mit mehr Liebe und Fleiß als viele andere besuchte, so war man doch im Ganzen kalt, ja zum Theil feindlich gegen Sie gesinnt. Ich forschte nach den Ursachen dieser mir so auffallenden Erscheinung. Man hieß mich das erste beste Heft Ihrer Nemesis mit der Vorrede zu Ihrem deutschen Geschichtswerke, Ihre frühern Vorlesungen, namentlich über neue Geschichte und Politik mit Ihren gegenwärtigen Vorträgen, Ihre anfängliche landständische Wirksamkeit mit der spätem vergleichen; ja man brachte mit diesen Hinweisungen sogar den Hofrathstitel, Besoldungszulagen, und einen Ring vom König von Preußen — ich weiß nicht recht in welche - Verbindung. Kurz, man beschuldigte Sie der Abtrünnigkeit von der heiligen Sache der Freiheit, und zwar so allgemein, daß der beim Antritt Ihres letzten Prorektorats gemachte Vorschlag, Ihnen einen Fackelzug zu bringen, von der überwiegenden Mehrzahl der Studirenden mit der Erklärung abgelehnt wurde: „ja wenn er noch der alte Luden wäre!"— S p ä t e r a b e r f a n d
ich diese Ansicht nicht nur in Jena, auch nicht bloß auf den Universitäten, sondern eigentlich überall im Vaterlande verbreitet, wo man sich für den politischen Charakter der Volksvertreter interessirte. Ich wurde bedenklich. Ich sollte den Mann, der bisher so hoch in meiner Achtung gestanden war, welcher durch seine begeisternden Vorträge über des Vaterlands Geschichte die Vaterlandsliebe in meiner Brust so mächtig genährt hatte — ihn sollte ich auf einmal aus meinem Herzen stoßen, sollte ihn für einen niedrigen Klugheitsmenschen, für einen feilen Schmeichler, für einen Heuchler, für einen Verräther an demselben Vaterlande halten, dessen Freiheit, Sicherheit und Ehre er so oftmals für das unverrückbare Ziel seines Strebens erklärt hatte! — Nein, Luden, so weit konntest Du nicht sinken. Der, welcher bei jeder Gelegenheit zum treuen Glauben an den unverlierbaren Adel der menschlichen Natur ermahnte, konnte diesen Adel unmöglich selbst so schnöde verläugnen. Der, welcher beim Antritt seines Prorektorats ein so ergreifendes Bild von dem entwarf, was unsere Väter unter einen Mann verstanden hätten, konnte unmöglich das schroffe Gegenbild dieses vorgehaltenen Ideals als sein Strebeziel verfolgen! — Wie aber sollte ich jene scheinbaren Widersprüche zwischen dem alten und dem neuen Luden lösen? Nach reiflichem Nachdenken half ich mir also: Die berüchtigte Stelle in der Vorrede zu Ihrer deutschen Geschichte erschien mir bei dem auf Deutschland lastenden Preßzwang als eine fein versteckte Satire auf die sonst unangreifbaren hohen Häupter. In Ihren Vorlesungen aber glaubte ich noch denselben GrundCharakter, welcher Ihre Nemesis und Politik in so hohes
358 Ansehen gebracht hatte, deutlich durchschimmern zu sehen, entschuldigte den geringem Grad von Freimüthigkeit mit dem allgemeinen Drucke der Zeiten, und glaubte sogar öfter in einzelnen Andeutungen und Winken eine entschuldigende Tendenz deutlich wahrzunehmen. Was aber die angeblich veränderte Richtung Ihrer landständigen Wirksamkeit anbelangt, so erklärte ich mir die geringere Energie Ihres spätem Wirkens, theils wiederum aus dem allgemeinen Drucke, besonders aber aus einer gewissen Niedergeschlagenheit über den Mangel an gehöriger Unterstützung Ihrer ehemaligen freisinnigen Bemühungen von Seiten der Volksstimme, und dachte an den römischen Spruch: Frustra niti et nihil fatigando nisi odium quaerere extremae dementiae est. Was endlich den angeblichen Kaufpreis, den Titel etc. anbelangt, um welchen Sie die liberalen Gesinnungen mit dem Servilismus vertauscht haben sollten, so hielt ich es unter Ihrer und meiner Würde, Sie gegen diese gemeine Beschuldigung zu rechtfertigen. So hatte ich für mich wenigstens die Ehre des mir so theuren Mannes gerettet. Aber ich möchte sie auch in den Augen Aller wiederhergestellt sehen, und darum hielt ich es gewissermaßen für meine Pflicht Ihnen durch diese unumwundenen Eröffnungen dazu behülflich zu sein. Der nahe bevorstehende weimarische Landtag, zu dessen Mitglied Sie abermals erwählt sind, bietet Ihnen zur Erreichung dieses Zweckes die günstigste Gelegenheit dar. Denn vorüber sind die Zeiten jener ängstlichen Nebenrücksichten; die Unverantwortlichkeit des deutschen Volkssendboten ist eine Wahrheit geworden, und die begeisterte Anerkennung, welche die wahren und würdigen Vertreter beim ganzen deutschen Volke gefunden haben, leistet sichere Bürgschaft, daß hinfort kein Verfechter der heiligen Rechte des Vaterlandes einsam und verlassen dastehen wird. Zudem sind Sie aber auch gewiß vor unzähligen Andern zu solch einer großartigen Wirksamkeit berufen und verpflichtet. Denn Sie, ausgerüstet mit tiefer Einsicht in Geschichte und Philosophie, Sie, denen der Donner der parlamentarischen Beredsamkeit auf den Lippen ruht, wie vielleicht kaum einem andern deutschen Volksvertreter, Sie, der Sie in der weimarischen Kammer eigentlich der einzige Vertreter der Intelligenz sind, — Sie oder kein Anderer haben den Beruf und die Pflicht, für das Vaterland etwas Großes zu wirken. Theurer Lehrer! Jetzt oder nie können und müssen Sie die hartbedrohte Ehre Ihres Namens wieder herstellen, jetzt oder nie das Mißtrauen, womit man Sie gegenwärtig betrachtet, in enthusiastische Verehrung umwandeln. Bei der Würde Ihres persönlichen Charakters, bei dem Segen Ihres heiligen Jugendlehreramts, bei der Ehre des Vaterlandes, dessen Geschichte Sie zu schreiben unternommen haben, bei der geschichtlichen Nemesis, welcher Sie einstmals Treue geschworen haben, welche Ihnen dereinst fluchen würde, wenn Sie als ihr unwürdiger Priester befunden würden, beschwöre ich Sie, diese kostbare Gelegenheit nicht ungenützt entfliehen zu lassen, sie kehrt nie wieder. Wohlan denn, erkämpfen Sie mit Ihrer siegreichen Rede unserm kleinen Vaterlande vor allen Dingen Preßfreiheit und Oeffentlichkeit der Verhandlungen, für welche Sie schon einmal so rühmlich in die Schranken traten, ein freisinnigeres Wahlgesetz, und noch gar manche an-
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359 dere materielle und intellectuelle Erleichterung, unserm großen Vaterlande aber die endliche Verwirklichung der Artikel 13. 18. und 19. der Bundesakte. Zeigen Sie mit einem Wort, daß der Löwe nur schlummerte, um desto furchtbarer wieder zu erwachen! Noch viel Verdienst ist übrig, auf! hol' es nur, die Welt wird's kennen! — Nachschrift. Daß ich meinen Brief auf diesem öffentlichen Wege an Sie gelangen lasse, wird Sie bei einer solchen Angelegenheit und in einer Zeit, wo Alles nach Oeffentlichkeit ringt, nicht befremden. Und gesetzt — was Gott verhüte — die Urtheile Ihrer Gegner über Sie wären richtig, so würde man aus hundert Stellen der Nemesis mit Ihren eigenen Worten beweisen können, daß Schweigen hier unzeitige und pflichtwidrige Schonung wäre. Ist aber meine Ansicht die richtige, so kann die Veröffentlichung meines Briefes nur dazu dienen, Ihren Triumph um so mehr zu verherrlichen. Einer Ihrer ehemaligen Schüler.
Nur mehr solche Verbote. Die Nummer 25. der deutschen Tribüne ist wegen sogenannter Ausfälle gegen die geheiligte Person Sr. Majestät des Königs von Sachsen bei 20 Thaler Strafe in Sachsen verboten worden. Ehe der deutschen Tribüne diese Nachricht zukam, war sie bei der Menge plötzlich einlaufender Bestellungen nach Sachsen hin wirklich in Verlegenheit, wem sie für die eifrige Verbreitung des Blattes in Sachsen ihren freundlichen Dank abzustatten habe. An die königliche Regierung konnte sie unmöglich denken, denn mit Fürsten, Höfen und Regierungen glaubte sie es so ziemlich verdorben zu haben. Und dennoch! Welcher Edelmuth, Böses mit Gutem zu vergelten. Und welche Zartheit in der Art, mit welcher die sächsische Regierung durch größere Verbreitung der Tribüne derselben die uneigennützigsten Dienste leistet. So zart, daß sie sogar den Dank für ihre Bemühungen dem Blatte ersparen will. Nun wohl, so wollen wir diesen Dank schweigend im Busen bewahren, und uns mit dem Bewußtsein trösten, daß wir der sächsischen Regierung doch auch einen kleinen Dienst geleistet haben, den Dienst, daß sie durch die jetzige größere Verbreitung der Tribüne den deutlichsten Beweis erhalten hat, mit welcher Begierde in Sachsen alles aufgenommen und gelesen wird, was von der geheiligten Person Sr. Majestät des Königs von Sachsen handelt.
An das deutsche Volk. Um Unordnungen zu vermeiden, bittet man, alle Zuschriften und Gelder, welche den deutschen VaterlandsVerein betreffen oder fiir solchen bestimmt sind, nicht mehr an die Redaction der deutschen Tribüne, sondern an den Comite des Vereines in Zweibrücken oder den Deputirten Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Herrn Schüler daselbst zu adressiren. Nur die Bemerkung erlauben wir uns noch, daß die innere Organisation des Vereines erst dann erfolgen kann, wenn die Subscriptionen über größere Distrikte sich erstrecken: denn erst dann läßt sich ermessen, ob und in welcher Ausdehnung das Ganze Wirklichkeit erlangen wird? Dringend wiederholen wir daher die Bitte, dem Hülferufe des Vaterlandes nicht mit den Aeußerungen des erstorbenen Nationalgefühles, also nicht mit tödtender Kälte und erdrückender Gleichgültigkeit, sondern mit Enthusiasmus und Hingebung zu antworten. Die Zeit ist groß, sie ruft zum Handeln. Läßt das deutsche Volk die Männer, welche für seine Freiheit und Wiedervereinigung zu sterben bereit sind, abermals hülflos stehen, so wird es in dem Schlamme der Knechtschaft noch tiefer sinken. Denkt, meine Brüder, an die Geschichte. Sie zeichnet euren Kindern auf, was ihr in der großen Zeit der Gegenwart für die kommenden Geschlechter thun konntet und was ihr wirklich gethan habt. Deutsche, geliebte Brüder, laßt euern Vaterlands-Verein nicht untergehen! Verbreitet den Aufruf und die Subscriptionslisten, welche von der unterzeichneten Redaction unentgeldlich abgegeben werden und bei ihr nur zu bestellen sind, in allen Theilen des Reiches, und bedeckt sie mit den Unterschriften aller derer, denen die Wiedererstehung Eines freien Vaterlandes mehr als eine Phrase ist. Homburg, 19. Februar 1832. D. Red. d. d. T.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nro. 42: 107 fl. 30 kr. — Ludwig Koch, Satder, 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Jakob Henrich, 6 kr. Christian Dielmann, 3 kr. Ein Unbekannter 6 kr. L. Seiinger, aus München, 12 kr. Η. M. aus Nürnberg, 12 kr. L. Jakoby, Schriftsetzer, 12 kr. D. E., Doktor, 30 kr. F. S., Bäcker, 12 kr. Openheim, Handelsmann, 6 kr. L. V. 3 kr. mit dem Motto: Gott sprach: es werde Licht und es ward Licht. Aber schon greift die vom Blute der gemordeten Brüder triefende Hand, den Leuchter auszulöschen, damit es dunkle Nacht werde, das Werk der Verruchtheit und des Frevels zu decken. Der edlere Genius verhüllt sein Angesicht und tief erschüttert spricht er: es lebt ein Gott. Zusammen monatlich . . . 109 fl. 24 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in H o m b u r g . Transport von Nro. 42: 25 fl. 45 kr. - Notar More, 1 fl. J. Paulus, 6 kr. C. Schramm, 12 kr. Zusammen monatlich . . . . . 27 fl. 3 kr. Für Schülers Ehrenbecher sind von den Bürgern in Waldmoor 3 fl. 36 kr. eingesendet worden; ferner 8 fl. 16 kr. aus Winweiler. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
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Deutschlands Demüthigung. Vierter Artikel. Alles Große, Edle und Schöne liegt im Volke. Das Volk ist großmüthig und menschenfreundlich, es ist der herrlichsten Leistungen im Gebiete des industriellen Schaffens und der höchsten Opfer für große begeisternde Ideen fähig. Man hat kaum eine Ahnung von dem Grade des materiellen Wohlstandes und der geistigen Größe, zu welchem eine Nation sich aufschwingen kann, wenn ihre Kräfte frei sich regen können. Aber ausschließend die Freiheit, nur volle reine Freiheit kann die im Volke liegenden Elemente zur Nationalgröße entwickeln, pflegen und zur Reife bringen. Wo das Volk frei ist, gibt es keine andere Auszeichnung und keine andere Macht, als die des persönlichen Verdienstes. Unter den Königen findet sich aber nur in einem Jahrhundert manchmal Einer, der durch persönliches Verdienst sich Achtung zu verschaffen weiß. Darum müssen die Fürsten ihre Ansprüche auf Macht und Ansehen durch andere Mittel unterstützen, als persönliches Verdienst, d. h. sie müssen den Volksgeist unterdrücken, welcher nach Freiheit strebt und den Beweis zu liefern droht, wie tief die Könige in allem, was groß, edel und nützlich ist, unter dem Volke stehen. Freiheit ist die Luft, welche das geistige Leben der Völker erhält. Ohne Freiheit gibt es nur ein physisches Vegetiren, nur ein individuell-körperliches, niemals aber ein geistig-öffentliches Leben des Volkes. Ohne das öffentliche Leben, namentlich ohne öffentliche Verhandlungen einer National-Repräsentation und ohne freien Verkehr der Meinungen hat das Volk keinen Begriff seiner höhern Bestimmung, und also auch keinen Sinn für sie. Findet sich die Nation nur physisch wohl, so ist sie zufrieden, und ist gleichgültig gegen höhere Güter, deren Werth sie nicht kennt. Hierin liegt der Grund der sonderbaren Erscheinung, daß das wissenschaftliche Preußen gleichwohl das absolute System seines Königs mit fanatischem Eifer unterstützt, und sogar fähig ist, die Hoffnung des deutschen Volkes, die im Süden auftauchende Freiheit, mit roher Gewalt zu zertreten. - Wunderbar haben die Folgen des Repräsentativ-Systemes in Süddeutschland sich entwickelt. Jene Völkerstämme, welche dem Norden Deutschlands an Bildung unläugbar weit nachstanden, sind schon durch einen Schatten von volksthümlichen Institutionen in wenig Jahren dahin gebracht worden, daß sie die Bedeutung des öffentlichen Lebens begreifen, demselben Opfer zu Dringen fähig sind und die Freiheit hin und wieder schon höher achten, als das ma-
Vaterlandes.
Homburg, den 21. Februar 1832.
terielle Wohlbefinden. Dieselbe Erscheinung würden wir in Preußen und Oestreich wahrnehmen, wenn diese Länder nur kurze Zeit im Besitze der Preßfreiheit und öffentlicher Verhandlungen einer Nationalkammer sein würden. Dies weiß Niemand besser, als die Kabinete zu Wien und Berlin, und darum sträuben sie sich nicht nur mit aller Kraft gegen die Einführung solcher Institutionen in ihren Ländern, sondern ringen auch nach der Unterdrückung der Freiheit in Süddeutschland. Ueber alle Maßen perfid ist vorzüglich die Politik des Berliner Hofes. Um das Volk nicht zur Einsicht gelangen zn lassen, was Freiheit sei, sucht jener Hof nur die materiellen Zwecke der Bevölkerung zu befördern, und unter dem Volke die Meinung zu befestigen, das physische Wohlsein könne unter der Herrschaft der Freiheit nicht gedeihen. - Leider steht das Volk wirklich so tief, daß es auf eine so plumpe Weise sich täuschen läßt. „Wir haben Brod, und darum wollen wir nichts wissen von Preßfreiheit, nichts von National-Repräsentation, nichts von den Institutionen des Volksthums überhaupt, ja sogar nichts von der Wiederaufrichtung Eines freien deutschen Vaterlandes" - so spricht das preußische Volk. Daß es fast einmüthig so spricht, hierin liegt eine herzzerreißende Demüthigung Deutschlands, hierin das Unglück, hierin der Fluch unseres Volkes. — In den «institutionellen Ländern Deutschlands ist der Nationalstolz wiedererstanden, die Liebe zur Freiheit erwacht und Gemeinsinn ans Licht getreten. Die Bürger dieser deutschen Länder fühlen ihre Würde, sie kriechen vor keinem Könige mehr, sie geben vielmehr ihre Verachtung gegen den Unsinn des göttlichen Rechts öffentlich zu erkennen, sie treten fest und ruhig vor die Könige und sagen ihnen mit männlichem Nachdruck: „Ihr seid die Feinde unseres Landes, denn ihr verzehrt das Mark des Volkes, ihr raubt durch Civillisten und stehende Heere dem Volke die Mittel, wodurch es seinen Ackerbau verbessern, seine Industrie befördern und seinen Handel emporheben könnte; ihr macht das Volk zu Bettlern, ihr macht es zu niedrigen Schmeichlern, ihr mißhandelt die Menschenrechte durch barbarische Gesetze, ihr begeht Verrath an dem gemeinsamen deutschen Vaterlande dur ch die gewaltsame Abtrennung der deutschen Völkerstämme, ihr hindert die politische Erziehung, ihr die Nationalgröße unseres Volkes durch Vorenthaltung volksthümlicher Institutionen; ihr, die Stützen des Pffaffenthumes, die Gegner von Freiheit und Licht und die Verfolger hochherziger Patrioten, ihr seid die Todfeinde unseres Volkes." Dieß und noch
363 mehr sagen die Bürger des constitutionellen Deutschlands den Königen. Die Preußen erschrecken aber über eine solche Sprache, die Preußen sind Automaten, die nur dann sprechen dürfen, wenn der König es ihnen erlaubt. Geistige Tyrannei verschließt ihnen den Mund, und sie schweigen nicht blos willig, sondern sie fühlen auch nicht einmal, daß man sie entehrt. Kein Hauch wird vernehmbar, daß man die Censur hasse und nach Freiheit der Meinungen verlange. Wirft man den Unterthanen doch Speise vor, und was braucht ein Volk mehr — als Futter. Dabei hat der Herr das preußische Volk noch überdieß mit Hochmuth gestraft. So tief die glücklichen Unterthanen auch in politischer Beziehung stehen, so räumen sie es doch nie ein. Weil der Preuße mehr sein muß, als ein anderer Deutscher, so scheut er selbst die Unverschämtheit nicht zu behaupten, sein politischer Zustand sei besser, als jener der constitutionellen Deutschen. Wer sein Volk leidenschaftlich liebt, wer fur die Verschmelzung der deutschen Völkerstämme zu einem Volke erglüht, dem möchte das Herz brechen, daß er den preußischen Brüdern solche Vorwürfe machen muß. Allein wer kann Thatsachen verläugnen, die so bestimmt sprechen. Nähert Euch, meine Mitbrüder in Preußen, nur einigermaßen den Prinzipien des Volksthums, lernet den Werth der reinen vollen Freiheit kennen, setzt diese nicht mehr dem physischen Wohlbefinden nach, zeiget vielmehr Verlangen nach der Volksvertretung und der freien Gedankenmittheilung, erwärmt euch für die Idee der Wiederherstellung Eines deutschen Reiches, schließt Euch freudig dem Bunde an, den zur Verwirklichung dieser Idee, auf dem Wege der Preßfreiheit, eure Brüder im constitutionellen Theile des Vaterlandes vor den Augen der Welt gegründet haben und zu verbreiten bemüht sind — thut dieß und ein Ruf des Jubels und der Freude wird Deutschland durchdringen. Wir wollen Euch umfangen mit heißer unendlicher Liebe, wir wollen Euch segnen als die Schutzengel unseres Vaterlandes, wir wollen Euch danken mit begeistertem Herzen, wir wollen euern Ruhm verkünden und den Kindern und Kindeskindern erzählen, daß das theure deutsche Vaterland den preußischen Brüdern seine Wiedererstehung zu danken habe. Zeiget nur die Neigung, meine Brüder, dem Aufschwünge der constitutionellen Deutschen auf gesetzlichem Wege zu folgen. Sprecht nur aus, daß ihr unsere Brüder sein, mit uns ein und dasselbe Ziel verfolgen wollet - und der Bund ist geschlossen. Benützet dann die freie Presse des constitutionellen Deutschlands, um euer Verlangen nach Volksvertretung, freier Gedankenmittheilung und deutsche Nationaleinheit auszusprechen: drückt dieß Verlangen einmüthig durch Adressen aus — und eure Regiemng wird der Macht eines solchen moralischen Aufschwunges des Volkes vergeblich widerstehen. Der Genius unseres Landes schwingt sich verklärt zu uns herab und ertheilt dem Bunde seinen Segen, der die Aufgabe des Jahrhunderts — Wiedererstehung Deutschlands und durch sie Reorganisation Europas — auf friedlichem Wege zu lösen vermag. Deutschlands Demüthigung verschwindet und Deutschlands Ruhm zu verkünden ist fortan der schönere Beruf der freien Presse.
364 Fürchtet die Danaer, und doppelt, wenn sie schenken. Täglich versuchen die Liberalen, und leider manchmal nicht ohne Erfolg, das schöne Verhältniß der Eintracht zwischen Regierung und Volk zu stören. Hinterlistigerweise suchen sie das Volk durch Belehrung immer mehr empor zu bringen, zu empören und dadurch die schönen soliden Bande, mit welchen das Volk annoch an die väterliche Regierung gefesselt ist, zu lösen. Nach jenem berüchtigten Grundsatze, „der Zweck heiligt die Mittel" scheuen sie selbst das Mittel der Aufklärung nicht, um zu ihren vermeintlich edeln Zwecken, zur Emancipation der Völker zu gelangen. Einer Regierung, deren gieriger Blick immer auf das Beste des Volkes gerichtet ist, und die gerne immer, wenn es nur möglich ist, des Volkes Sache zur ihrigen macht, einer solchen Regierung können diese Umtriebe nicht gleichgültig sein. Sie muß mit der größten Aufmerksamkeit die Wege der Liberalen, um zu jenem Zwecke zu gelangen, beobachten, um sie wo möglich abzugraben oder doch gehörig zu verrammeln. Wenn man auch namentlich der baierischen Regierung in dieser Hinsicht die höchste Einsicht und Thätigkeit nicht absprechen kann, so wird sie es doch allergnädigst nicht in Ungnade aufnehmen, wenn ein sujet allerunterthänigst gar behülflich zu sein sich vermißt. Nehmen wir Umgang von den kleinern Nebenwegen und betrachten sogleich einen der Hauptwege, den Liberale einschlagen, um Volk und Regierung zu entzweien, mit deutlichen Worten, die Sache von ihrem Eigenthümer zu trennen. Sie bemühen sich nämlich, das Volk durch Sophismen zu bethören und glauben zu machen, es habe noch außer [d]en Pflichten, die ihm von Seiten der Regierung zugestanden sind, dieser gegenüber erstlich noch Rechte überhaupt. So habe es gegen den Willen einer jeden, auch der vollkommensten d. i. absoluten Regierung das Recht zu existiren, sich von einer Stelle zur andern zu bewegen, Luft einzuathmen etc. Diese Rechte nennen sie unveräußerliche und nehmen dadurch dem Volke, während sie ihm mit der einen Hand diese Rechte geben, mit der andern das weit größere Recht diese sogenannten unveräußerlichen Rechte im Falle des Ueberdrusses zu veräußern. Unveräußerliche Rechte eines Volks gegen eine Regierung! Nihil est tarn absurdum, quod liberi non unquam disputarint. Rechte und Volk sind überhaupt schon Begriffe, die sich nicht gut mit einander vertragen können; allein Rechte eines Volks einer Regierung gegenüber zu behaupten, ist wohl die gröbste Sünde gegen die göttliche legitime Vernunft. — Und dennoch, credite posteri, ist es den Liberalen gelungen, die Verblendetsten im Volke nnd die, welche am meisten zum Revolutioniren disponirt sind, durch Scheingründe von der Wahrheit dieser Unwahrheit zu überzeugen, so daß leider die Zahl der Verirrten und durch diese Vorurtheile Befangenen zur Zeit schon nicht unbeträchtlich ist. - Ob nun gleich diese sogenannten unveräußerlichen Rechte an sich ziemlich unschuldiger Natur sind, so muß sich jede Regierung nichts desto weniger des Prinzips wegen mit Händen und Füßen dagegen wehren, um das Volk auch vom letzten Revolutionskrankheitsstoff zu desinficiren. Dieß geschieht nun von Seite der Regierung am besten durch Belehrung. Man muß dem
365 Volke zeigen, daß ihm Niemand das Recht, jene sogenannten unveräußerlichen Rechte zu veräußern, nehmen könne, ja daß seine Väter wirklich von diesem Rechte Gebrauch gemacht, und jene sogenannten unveräußerlichen Rechte ein für allemal in optima forma an die Regierung veräußert hätten. Wo auch die Regierung zum Volke spricht, soll sie ihm Lehren dieser Art durch Aufstellung faßlicher Beispiele beibringen. Besonders aber möchten jene Anstalten im Staate, deren Bestimmung es ist, Jemanden klar zu machen, daß er Unrecht habe, auch in diesem speciellen Falle sich dazu eignen, dem Volke sein Unrecht hinsichtlich jener sogenannten unveräußerlichen Rechte darzuthun, nämlich die Gerichte. — Welcher Bürgerverstand wird widerstehen können, wenn hier bei öffentlicher Verhandlung in faßlicher pöbelhafter Sprache dargethan wird, daß die Regierung ζ. B. das Recht habe, jedem Zuhörer seinen Hosensack zu versiegeln, oder wenn er gerade ein Bäcker ist, seinen Backofen. Jeder schlichte Verstand, der auch nicht einmal weiß, daß eine Logik existirt, schließt dann leicht daraus, daß dem Volke, wenn die Regierung dazu ein Recht hat, gar keine Rechte, also auch keine unveräußerlichen mehr zustehen können. Allein bei diesen sogenannten unveräußerlichen Rechten bleiben die Liberalen nicht einmal stehen. Sie gehen noch weiter. Du Volk, sagen sie, hast in minder vollkommnen, in minder absoluten Staaten, und namentlich in Baiern, auch noch dieß und jenes Recht. So das Recht der Meinungsfreiheit, der Preßfreiheit, das Recht, dich sechsjährlich zu überzeugen, daß du auch noch fernerhin, wenn nicht mehr, doch eben so viel zu zahlen hast, wie früher etc. Und diese Rechte sind dir durch die Verfassung. Und wirklich leiten sie dann durch Sophisterei, alle diese Rechte aus der Verfassung her. Allein schon der Umstand, daß die baierische Verfassung wenigstens, ein Geschenk der Regierung ist, möchte diese Sophistereien vernichten. Denn von welchem Vernünftigen kann wohl die Absicht vermuthet werden, daß er etwas herschenke, abtrete, ohne was er gar nicht existiren kann, oder was ihm doch in diesem Leben das Theuerste ist. Ist dieß nicht einer Regierung die willkürliche Gewalt? Sie konnte also diese vernünftigerweise durch Abtretung von Rechten an das Volk nicht haben beschränken oder gar aufheben wollen. Ja man muß eher annehmen, daß die Regierung durch das Geschenk der Verfassung dem Volke, wenn es ohngefähr Rechte gehabt haben sollte, diese entzogen und dasselbe rechtlos gemacht habe. Timite Danaos et dona ferentes. Es ist doch gewiß auch ein Geschenk, wenn ich meinem Nachbar im Vorbeigehen ohne Gegenleistung etwas Gift in sein Glas gebe. Und die Verfassungen, welche Geschenke sind, sind in der Regel Geschenke der letztern Art, Geschenke, welche, wenn sie aus 100 Paragraphen bestehen, in dem hundertsten dem Volke mehr Rechte nehmen, als sie ihm in den 99 Paragraphen vorher geschenkt haben. Auch Lehren der Art müssen dem Volke auf faßliche Art beigebracht werden, damit es einsehe, daß es auch aus der Verfassung keine Rechte für sich herleiten könne. Sollte das Volk aller dieser Aufklärung in seiner Verstocktheit kein willig Ohr schenken, so muß man auch das
366 letzte Mittel, es von seinem Unrecht zu überzeugen, anwenden. Man muß ihm ad oculos demonstriren, wo beider Systeme, das der Liberalen und das der Regierungen hinführen, und es kann dann unmöglich in der Wahl des einen oder des andern schwankend sein. Nach jenem sollen um nur einzelne Beispiele anzuführen, mehrere Millionen von Menschen, einer wie der andere ohne Unterschied das Recht haben reden zu dürfen. Welches Getöse. Man würde sein eigen Wort kaum mehr hören können. Ferner sollen mehrere Millionen Menschen durch Gewerbs- und Handelsfreiheit sich nach Willen regen und bewegen können. Welcher Wirrwarr auf allen Stegen und Wegen. Nicht zu seinem Nachbar könnte man gehen ohne Gefahr, gerannt, gestossen oder getreten zu werden. Während nach diesem die heiligste Stille und der tiefste Frieden überall herrscht, so daß ein ganzer Staat in der That einem schönen Friedhofe gleich sieht. Durch solche Demonstrationen wird dann das Volk von seinem Wahne, Rechte gegen eine Regierung zu haben, sicherlich geheilt werden.
Ein Ultra. Die baierischen Gerichtshöfe in den Kreisen jenseits des Rheines. W i r haben in diesen Blättern schon öfters von dem würdigen und unabhängigen Geiste der Gerichte jenseits des Rheines gesprochen. Ein merkwürdiger Beleg davon liegt in der bekannten Beschwerde des Appellationsgerichts in Bamberg wider den Minister von Lerchenfeld, wegen verfassungswidriger Eingriffe in die Justizgewalt. Die Veranlassung zu dieser bei den Ständen des Reichs angebrachten Beschwerde, war ein sehr interessanter Fall, in welchem die Gerichte bei einer Klage gegen Acte der Administration, aller Widersprüche und Competenz-Conflicte der Administrativ-Steilen und selbst eines unmittelbaren Befehles des Königs ungeachtet, sich für zuständig erklärten und ihr Urtheil gegen den Fiskus mit bewundernswürdiger Energie und Ausdauer zur Vollstreckung brachten. - Wie standhaft und freisinnig die Gerichte nunmehr auch bei dem Kampfe des Volkes gegen eine feindselige Regierung das volksthümliche Prinzip und das Recht der freien Rede in Schutz nehmen, beweist das Urtheil des Appellationsgerichts in Landshut, welches über einige der Anklagen gegen den Redacteur der Tribüne ergangen ist. Um unsern Lesern ein Bild davon zu geben, heben wir aus dem Urtheile folgende Stellen aus: „In dem Aufsatze »Wer sind die gemeinschaftlichen Feinde des Königthums und des Volkes?« in Nr. 122 der deutschen Tribüne spricht Inculpat lediglich als Journalist seine Ansicht über den Mangel eines Kreditvereins resp. Hilfsfonds in Baiern aus, und glaubt den Grund dieses Mangels in der beispiellosen Unfähigkeit der Minister zu finden. Es fehlt hier vor allem ein Requisit des Thatbestandes des Vergehens der beleidigten Amtsehre, wegen dessen Inculpat der Hauptuntersuchung unterlag, nämlich das amtliche Verhältniß, in welchem der Beleidiger und die beleidigten Beamten stehen müssen und wodurch die Beleidigung veranlaßt worden sein muß."
367 „Wenn also auch in den Worten »beispiellose Unfähigkeit« eine Ehrenbeleidigung gegen die Minister liegen würde, so könnte sie nur eine PrivatInjurienklage, nicht aber das in Frage stehende Vergehen begründen." ,Allein auch dieser Ausdruck enthält wegen seiner Unbestimmtheit keine Injurie. Es werden dadurch nämlich nicht besondere Eigenschaften des Geistes oder Charakters abgesprochen, sondern nur im Allgemeinen das Verfahren der Minister in Beziehung auf die Anforderungen der Zeit getadelt." „Der gebrauchte Ausdruck kann wohl die damit Bezeichneten kränken, allein da derselbe weder einen Schimpf noch eine Schmähung enthält und keinen positiven Angriff auf die intellectuelle oder gemüthliche Persönlichkeit darstellt, so kann auch eine Absicht zu beleidigen, nicht angenommen werden." „In dem Aufsatze: »Fortschritte der baierischen Regierung« in Nr. 122 der deutschen Tribüne tadelt Inculpat das Verfahren der Regierung gegen Dr. Grosse, und führt an: „„Mehrere Abgeordnete hätten in der Kammer sich dagegen ausdrücklich ausgesprochen, allein man fürchte, es werde auch dieses vergeblich sein; der Minister berufe sich, wie man sage, auf das Kabinet; wäre dieses richtig, so müßte man Herrn von Stürmer bedauern; denn es gebe nichts Unwürdigeres, als einen constitutionellen Minister, der gegen seine Ueberzeugung Befehle des Kabinets vollstrecke."" ,Auch hier liegt das Vergehen der beleidigten Amtsehre nicht vor. Einerseits fehlt hier zu dem Thatbestande das Requisit: ein amtliches Verhältniß, in welchem der Beleidiger mit dem Beleidigten zu thun hatte, andererseits das weitere Moment: eine Ehrenbeleidigung. Der Verfasser tadelt nämlich lediglich die Handlung des Herrn v. Stürmer, und stellt nur den allgemeinen Satz auf, es gebe nichts Unwürdigeres, als einen constitutionellen Minister, welcher Kabinetsbefehle gegen seine Ueberzeugnng vollstrecke. Hiedurch hat der Verfasser nur seine Ansicht über die Stellung und die Pflichten eines verantwortlichen Ministers in constitutionellen Staaten ausgesprochen." „Inculpat hat mit dieser Aeußerung, wiche nur im Interesse der Sache oder der Theorie gemacht zu sein scheint, nur seinen Tadel motivirt, ohne die Person des v. Stürmer direkt anzugreifen. Der gebrauchte Ausdruck endlich" „„man müsse Herrn v. Stürmer bedauern"" ist zwar nicht frei von kränkendem Spott, allein man kann die Handlungen eines andern noch so beißend und scharf kritisiren, eine Ehrenbeleidigung ist dadurch doch nicht gegeben, so lange keine Schimpfworte und andere den Menschen herabwürdigende Ausdrücke gebraucht sind." „Der Artikel „München 5. Oktober" in Nro. 95 der deutschen Tribüne enthält eine im Geiste der Opposition mit Leidenschaftlichkeit abgefaßtes Referat über die Debatten der Kammer der Abgeordneten bezüglich der sogenannten französischen Defensionsgelder. Es wird dort unter Andern gesagt: „„die Regierung habe diese Gelder verGedruckt auf der Presse des Volkes.
368 geudet, nnd der Abgeordnete Schüler habe in dieser Beziehung die Regierung in ihrer ganzen Nichtswürdigkeit dargestellt."" Inkulpat hat durch diese letztere Aeußerung nur seine Ansicht über eine Thatsache, nämlich über die von dem Abgeordneten Schüler gehaltene Rede ausgesprochen, er zieht aus dieser Thatsache nach seinen subjektiven Begriffen Schlüsse, welche, wenn sie auch bitter und sehr hart gegen die Regierung lauten, wegen ihrer Allgemeinheit kein bestehendes Strafgesetz verletzen. Auch das weiter vorkommende Urtheil des Inkulpaten über die Rede des Ministerialraths Dr. von Wirschinger enthält eine Ehrenbeleidigung, und somit auch abgesehen von dem Mangel eines amtlichen Verhältnisses des Inkulpaten zu genannten Staatsbeamten, das Vergehen der beleidigten Amtsehre, dessen Wirth beschuldigt ist, nicht, denn die hier ausgesprochene Kritik, daß jene Rede das Gepräge gänzlicher Nullität an sich getragen habe, ist zwar sehr beissend, sie äußert sich jedoch nur über die Sache, ohne die Person direkt herabzuwürdigen." — Unsere baierischen Brüder jenseits des Rheines mögen hieraus den Schutz entnehmen, den ihre Gerichte in dem Kampfe gegen ein unwürdiges oder nichtswürdiges Regierungssystem ihnen gewähren. Wenn man daher nur zum Kriechen, nicht aber zur kraftvollen Opposition den Muth hat, so liegt die Schuld wirklich nicht im Mangel des Rechtsschutzes. Wäre in den Kreisen jenseits des Rheines nur vollends die Polizei-Strafgewalt in den Händen der Gerichte, so könnten jene Kreise so frei sein, als es in Dentschland überhaupt möglich ist.
(Eingesendet.) Die Verfolgung russischer Satrapen und das unwürdige Benehmen einiger später noch nahmhaft zu machender preussischer Behörden, welche mich volle drei Monate hindurch in Gefangenschaft gehalten, nöthigte mich, incognito zu reisen. Indem ich dieß mir lästig gewesene Incognito endlich ablege, statte ich allen denen, welche mir und meinen früher aus drei, später aber aus zwei Personen bestehenden Gefolge auf meiner langen Reise von der Festung Thorn in Westpreußen über Bromberg, Posen, Töplitz, Dresden, Zwickau, Plauen, Nürnberg, Stuttgardt, Carlsruhe und Rastadt nach Frankreich zum weitern Fortkommen unter einem fremden Namen behülflich gewesen sind, und mich überall brüderlich behandelt haben, meinen verbindlichen Dank ab. Zugleich gebe ich ihnen das Versprechen, daß ich nach einiger Erholung von der weiten Reise, und im Besitze meiner sämmlichen, bis jetzt noch nicht angelangten Papiere keinen Augenblick anstehen werde, alles dasjenige zu widerlegen, was mir durch öffentliche Blätter, in specie aber durch den Hamburger Correspondenten vom J. 1831. Nro. 271., und dem Correspondenten von Deutschland vom 3ten Februar 1832. Nro. 34. verläumderischer Weise angedichtet worden ist. Den 8. Februar 1832. Der polnische Staatsreferendar,
Michael Hube.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Mittwoch.
Wiedergeburt
Tribüne. des
N - 47.
Wie kann Deutschland wiederaufstehen zu Ruhm und Größe? Nicht wiederholen wollen wir die trüben Resultate und Klagen, welche aus der Wahrheit hervorgehen, daß wir kein Deutschland, mehr haben, daß diejenigen sogar, welche seine Erhalter sein sollten, es eigentlich waren, welche Deutschland zu verlöschen strebten, nach Begriff und Wesenheit, von der Karte der Völker. Ach! wohl waren es Deutschlands Söhne, welche gegen Mutter Deutschland ihr Schwerdt zuckten; aber wiederholen wollen wir es nicht, daß es eine Zeit gab, wo es dem Deutschen zum Verbrechen angerechnet wurde, wenn er einer großen ruhmwürdigen Nation angehören wollte. Die Zeit des kleinlichen Separatism ist vorüber. Sie wurde, als solche, von der Nation erkannt und kehret deßwegen nicht wieder. Der Baier, Preuße, Oestreicher wird es hinfort an seinen Söhnen ehren, wenn sie mehr Deutsche sein wollen, wie Baier, Preuße, Oestreicher, wenn ihr Blick und Herz groß genug sich zeigt, ein Ganzes zu umfassen, ohne deßwegen aas Einzelne (im Ganzen) zu verachten. Kehret aber auch jene Zeit des ärmlichen Separatism nie wieder; so fragt es sich doch, welche Folgen hat sie hervorgerufen und zurückgelassen, bei den Söhnen des Vaterlands? Ein halbes Menschenalter hindurch waren sie verbannt vom freundlichen Antlitz der gemeinsamen Mutter - welcher Geist hat sich bei ihnen gebildet, während der Verbannung, durch die Verbannung Haben sie zittern gelernt vor ihren Machthabern? Sind sie niedergefallen, anzubeten diejenigen, welche eben so unfehlbare Mittel in der Hand haben wollten, das Volk zu beglücken, wie der Pabst? Haben sie sich um die Großen gedrängt, ihnen zugejauchzt, in höfischer Unterthänigkeit? Nein! sage ich; geduldig, aber nicht sklavisch gesinnt erschienen Deutschlands Söhne gegen ihre Dynasten — unterdrückt nicht; wohl aber aufgerichtet durch die Gefahren, welche ihr gemeinsames Vaterland bestanden hat - aufgerichtet nicht bloß; sondern sogar gekräftig bis zum innersten Widerstand - gegen allen Despotismus. Ha! wäre es hier nicht wieder Zeit, große Untersuchungen einzuleiten gegen Deutschland? Mit und ohne Central-Commission? Aufzuforschen diejenigen, welche eine mannhafte Opposition organisiren; eine Opposition gegen diejenigen Maaßregeln, welche Deutschland in seinen heiligsten Interessen verletzen, welche Deutschland gegen Deutschland verschliessen, erbittern,
Vaterlandes.
Homburg, den 22. Februar 1832.
bewaffnen? Sparet die Mühe, ihr Mächtigen! Nicht eine Verschwörung, ein Complott, eine äussere Verbindung ist gegen die Deutschlands Feinde im Anzüge — nein! die moralische Macht im Volke·, die Besten im Volke, ohne von einander zu wissen, ohne mit einander in Verbindung zu stehen, sind Brüder geworden, aus der Tiefe ihres Herzens. Ihre Zahl ist Riesengroß! Noch eine große Nationalkränkung und vielleicht consolidirt sich das Zerstreute in entscheidender Kraft. Hier möchte ich die Feder hinlegen, um auf Immer über das Fernere zu schweigen; aber die Zeit drängt — Deutschlands Herrscher ihr müßt die volle Wahrheit hören! Fürsten Deutschlands entsetzt Euch nicht, wenn Euch der Stand der Dinge vorgeführt wird, wie er ist, wenn er einen Abgrund zeigt, welchem ihr entgegen zieht! Was wollen denn die Völker Deutschlands? Ihr Vaterland, nach Innen und Aussen. Sie wollen ihr geliebtes, doch unglückliches Vaterland endlich so gestellt wissen, daß seine Stellung die höchste, herrlichste ist in der Reihe selbstständiger europäischer Staaten, so gestellt, daß nicht jeder ausländische Knabe es wagen darf, dasselbe ungestraft zu verhöhnen. Und in welchem Mittel scheint man das Heil zu suchen? In der volksthümlichen Einheit von Deutschland. Also alle Throne unseres Volks könnten fallen, bis auf Einen? Sie können fallen, sagen wir mit traurigem Herzen, es sei denn, daß wir uns geirrt hätten auf unseren Wanderungen durch Deutschland, geirrt in der Auffassung des Einzelnen zum Ganzen - es sei denn, daß es ein versöhnliches Auskunfts-Mittel gäbe, den versöhnlichen Geist des Volks zu beschwören! Sonst fallen sie, alle fallen sie — Einem Raum zu machen: — dem Throne des Volkes. Eine Zauberformel ist uns nur bekannt, welche, im Augenblick alle Deutschen Throne so stellen würde, als wären sie für die Ewigkeit gegründet, nur ein kleines Opfer von Seiten der Könige und der Friede Deutschlands und seine Größe wären auf Immer begründet: Nur D e u t s c h l a n d sende G e s a n d t e an a u s wärtige Höfe heißt die einfache Zauberformel, heißt das Opfer, was Deutschlands Genius fordert. Einfach ist das Mittel zur Größe und Beruhigung Deutschlands; aber wer möchte, wird es angewandt, seine Folgen zusammenfassen können, wer die Folgen, wenn zu St. Cloud, James, Petersburg kein Baierischer, Preußischer, Oestreichischer Gesandte mehr, wenn nur ein
371 Einziger und zwar ein Deutscher dort erschiene — im Namen der Regierungen von 40 Millionen Staatsbürger! Doch wir haben nicht bedacht, daß es so süß ist, für jeden einzelnen deutschen Herrscher, so reizend: seinem Throne das Recht der freien „politischen Intriguen und absoluten Gewalt" zu erhalten - die Freiheit sich bald an dieses, bald an jenes Volk anschließen zu können — wir haben nicht in Anschlag gebracht, wie lieblich der Weihrauch fremder Gesandten duften möge, in den Salons unserer Herrscher - wie es sich durch diese Lieblichkeit allein schon rechtfertigen lasse, eine große Nation zu zerreißen in ihrer Macht und Stärke, in ihren heiligsten Interessen! Zwar mag es auf der andern Seite nicht ganz fröhlich sein, wenn man Deutsche durch Deutsche fesselt, mißhandelt, besiegt, wenn sich eine deutsche Macht von der andern gezwungen sieht, sich ζ. B. an den Norden zu verkaufen, sich hinaus über die Grenzen ihres Vaterlands zu flüchten - zwar mögen die kleineren Staaten von Deutschland sich zu Zeiten gebehrden, als ob sie Bauchgrimmen hätten, wenn sie sich, wie politische Schulknaben, unter der Ruthe und Entschließung der Großmächte Europas fühlen, ach! oft so weit gebracht sehen, ihren eigenen Völkern ihre besten Gesinnungen verschließen zu müssen; aber bei Allem, was wir sagten — es ist doch süß: das Recht der freien politischen Willkühr üben zu können. Doch fort mit diesen traurigen Gedanken, denen nur das Verzweifeln am Bessern einen lustigen Anstrich geben kann - fort, sage ich: die geknebelte Mutter hat um Hülfe gerufen. Die Kinder werden sie ihr leisten, offen vor den Augen der Welt leisten, mit Zustimmung des Gesetzes leisten. Dynasten Deutschlands, gebt das Recht der partiellen Souveränität zurück ans gemeinsame Vaterland - gebt ihm hierdurch diejenige politische Einheit, welche Deutschland nach Innen vollkommen befreunden und nach Außen riesengroß machen wird! welche ihm die edelsten Bundesgenossen alsbald erwerben dürfte! Sprechet großherzig den Grundsatz aus: daß dem Bunde eines mächtigen Volkes, daß dem Bunde der Deutschen, niemals eine andere Macht nur partiell angehören könne - entweder ganz oder gar nicht möge sie sich anschließen dürfen! Könige, die ihr dem Kern des Binnen-Landes von Europa vorsteht, wisset, daß die Auslande erbeben werden, wenn sie berechnen, daß der auf diesen Blättern vorgetragne Hauptgedanke bei Euch nur einigen Anklang finde, wisset, daß sie Aposteln senden werden, welche das Herz von Deutschland wieder zerreissen sollen; aber seid taub gegen ihre Einflüsterungen, Eifersuchtanzettelungen, gegen ihre Andringlichkeiten! Gebt Deutschland die Einheit und die Volks-Souveränität zurück und mit dieser ihm Frieden nach Innen und Größe nach Außen. Heil! der Zeit, wo wir uns wieder ganz als Deutsche fühlen können, wo selbst der Kleinste des Schutzes einer großen, ungeschwächten Nation sich versichert halten kann. Heil, Heil, Deutschland in seiner Auferstehung!
372 D i e Freiheit k o m m t von Preußen. Die Hannöverische Zeitung ist eine neue morsche Stütze des Absolutismus. Zu der Rede, welche der Bischof Eylert in Berlin bei Gelegenheit des Krönungsfestes neulich gehalten hat, macht sie die Bemerkung, daß dieselbe wohl nicht als ein Manifest angesehen werden könnte, mittelst dessen die preußische Regierung die Gründe habe darlegen wollen, die eine vollständige Ausführung der verheißenen landständischen Verfassung unmöglich machen, da diese Regierung zu hoch stehe, um solcher Wege sich zu bedienen. Wir sind dieser Meinung nicht, sondern halten vielmehr für wahr, daß Herr Eylert veranlaßt worden sei, diesem geistlichen Moment ein politisches Kleid anzuziehen. Wer die Umtriebe einer gewissen Partei in Berlin ken nt; wer es weiß, wie willenlos in dieser Beziehung der König stets war und ist; wer den leeren Gehalt und die schiefe Richtung der Politik des preußischen Kabinets geschichtlich bis auf die letzten Tage verfolgt, der wird wissen, daß Herr Eylert kein Bedenken tragen durfte, im Priestergewand parlamentarisch zu reden, und daß die Regierung gerade dieser Wege am liebsten sich bedient, ihre Grundsätze zu veröffentlichen, weil hier mehr als irgendwo die Geistlichkeit willig und geschickt ist, heillose Maximen in das Gewand der Kirche zu hüllen. Den König von Preußen bindet Nichts, ertheilte Zusicherungen durch Worte zu widerrufen, wie sie der That nach längst widerrufen sind, und den Willen zu haben und offen auszusprechen, die monarchische Verfassung im Lande fortbestehen zu lassen. Was könnte verhindern, diesen Willen förmlich bekannt zu machen, zumal da die Regierung deutlich genug zeigt, zu welcher Farbe sie sich bekennt, und daß das Heil der Freiheit von ihr nicht kommen wird. Desto unverschämter ist das Bestreben, durch abgenutzte Mittel die öffentliche Meinung zu täuschen, die in Deutschland jedoch nicht mehr irre zu führen ist. Die Zeit ist vorüber, welche auf Preußen hoffen ließ. Eine Regierung, die nicht einmal das, was ihr eigenes ist, offen und ganz will, die von Umständen und Zufällen lebt und blos in starren Formen Begründungen findet, kann nicht mehr berücken; sie ist auf dem Wege, sich lächerlich zu machen, wenn sie wirklich hofft, ein politisches Uebergewicht zu gewinnen, so gewaltig und klug in ihrer Art auch die Versuche sind, Deutschland zu bestricken. Deutschland kennt den Wucher und seine Noth, um endlich klug genug zu sein, seine Interessen gegen Grundsätze zu bewahren, die in Preußen selbst keinen guten Anklang finden, in den jüngern Landestheilen aber verhaßt sind, so viel auch der Welt neulich Glauben gemacht werden sollte, daß man sich gerne blose Unterthanen heißt. Es ist sonderbar, daß gerade ein hannöverisches Blatt sich aufwirft, die Natur der berüchtigten Rede des Herrn Eylert auszulegen. Hätte hiezu etwa das vermuthliche Bündniß Englands mit Frankreich beigetragen, dessen Folge im Kriegesfall die Besitznahme Hannovers durch die Preußen sein könnte? Dem sei wie ihm wolle, jedenfalls ist es ungereimt, den König von Preußen damit zu complimentiren, daß man ihm beimißt, die Jahre von 1813 - 15 mit heraufgeführt zu haben. Allerdings hat Se. Majestät die Ereignisse dieser Jahre mit heraufge-
373 führt, weil sie nicht aufzuhalten waren; indessen am Willen hat es nicht gemangelt, sie wirklich aufzuhalten. Man war keinesweges geneigt oder geschickt, den Begriff von Tugend zu berichtigen und den Freundschaftsbund willig zu brechen; die Verhaftung des übergetretenen Generals von York war ganz ernstlich genommen. Die Sachen stünden anders, wenn nicht es gelang, dieselbe zu verhindern, wenn es nicht gelungen wäre, das Volk das glücklicherweise der Last und Plage übersatt war, zu bestimmen, auf jede Gefahr, selbst ohne Mitwirkung der Krone es herzhaft zu unternehmen, der National-Beschimpfung ein Ende zu machen. Viel Lüge und Entstellung drückt diese Periode. Man soll auch unabsichtlich dieselben nicht vermehren, da dergleichen Bemerkungen nur beitragen, die politische Fähigkeit des preußischen Volks zu bezweifeln, die wenigstens zu jener Zeit sehr selbstständig hervortrat. Thatsache ist es: daß nicht das Kabinet das Volk, sondern das Volk das Kabinet zu jener Weltbegebenheit fortgezogen hat. Mit der letzten Waffenthat erscheint freilich jene Fähigkeit in der Masse entschlummert, denn als er darauf ankommen mußte, die errungene Freiheit festzuhalten und sicher zu stellen, geschah nichts, was von dem Verlangen nach einer freien Verfassung gezeugt hätte. Daran ist der Mangel an politischem Ideen-Verkehr Schuld, welcher in keinem Lande mehr überhand genommen hat, als in Preußen. Diejenigen, welche durch Geschiehts- und Staats-Bildung berufen sein könnten, Theilnahme an Volk und Gemeinwesen zu erregen und am Leben zu erhalten, beschränken sich auf fromme Wünsche und lassen den Dingen ihren Lauf, hoffend auf moralische Besserung, welche auch die politische herbeibringen möge, als wäre jene Besserung hier mehr von Nöthen als irgend wo, und die göttliche Lehre bloß vorhanden, um den Menschen an das Joch zu gewöhnen. Jedermann müßte doch wohl wissen, daß der Mensch gerade des möglichsten Grades politischer Freiheit bedarf, um moralisch sich zu bessern und für den Himmel sich richtig zu erziehen. Wohin Demuth in politischen Dingen führt, ist weltgeschichtlich bekannt; sie kann ein Volk politisch verdummen! Unter den vorwaltenden Umständen liegt übrigens etwas anzügliches darin, „Reichsstände" und „Preußen" zusammen sich zu denken. Das Wort „Verfassung" aussprechen, heißt einen Geist citiren, vor dem alles zittert. Wir geben zu, daß die Herrn von Stein und Niebuhr geeignet waren, einen Reichstag zu führen; wir würden aber bestreiten, daß sie fähig gewesen, einen Reichstag zusammenzusetzen. Beiden ging die Idee eines richtigen Wahlgesetzes ab, ohne welches jede RepräsentativVerfassung schlimmer ist, als die Monarchische. Beispiele hievon liegen in Deutschland zu Tage. Es handelt fortan sich nicht mehr um Verfassungen, in welchen die Stände geführt werden; dies hieße die Gewalt der Minister vermehren, woran eben die Wohlfart der Völker erkrankt. Es handelt sich um solche Institutionen, welche das Recht geben, die Minister zu führen, da nur die Stände das Bedürfniß und die Stimmung des Landes gründlich kennen und allein ein Interesse dabei zu haben, darauf zu halten, daß das Land gesetzlich verwaltet und seine Stimmung geehrt werde. Andere Richtungen bringen Auswüchse und streben gegen die Natur:
374 denn von unten treiben die Säfte nach oben und geben schöpferisches Leben; was von oben nach unten schießt, sind gewöhnlich Gifte, die jedes Staatsgebäude faul machen, und wie den alten deutschen Reichskörper endlich über den Haufen werfen. Daraus sollen die Stände eine Lehre nehmen und davon ablassen, auf historisches Recht zu beharren. Die Zeit dringt groß und ernst auf freie Wahlgesetze, von welcher allein Deutschland sein Heil und seine Dauer erwarten mag. Ob die Fähigkeit, namentlich im preußischen Volke, vorhanden ist, die Wahlfreiheit auf das Wagniß einer Erschütterung der Festigkeit Preußens hin zu empfangen, hierüber zu entscheiden, möchten wir am wenigsten den „erleuchteten Führern" jenes Landes überlassen. Der deutsche Vaterlands-Verein und die baierische Regierung. Die Nr. 6 des Volks-Tribuns ist von dem StadtCommissariate in Würzburg mit Beschlag belegt worden, weil darin unser Aufruf an Deutschlands Kinder abgedruckt worden war. Zugleich erließ jenes Stadt-Commissariat folgende schriftliche Verfügung: „Nach einem Beschlüsse der k. Regierung des Untermainkreises, Kammer des Innern, vom Heutigen soll der in dem Zeitblatte »der Volks-Tribun« Nr. 6 Seite 44 enthaltene Aufsatz Deutschlands Pflichten durch die hiesigen Journale nicht weiter verbreitet werden." „Die Redactionen der dahier erscheinenden Journale werden hierauf aufmerksam gemacht, mit der Eröffnung, daß, wenn dieser Aufsatz in ihren Blättern gedruckt erscheinen würde, sie deßwegen zur Verantwortung gezogen und die Beschlagnahme des diesen Aufsatz enthaltenden Blattes erfolgen müßte." „Würzburg den 13. Febr. 1832. Königliches Stadt-Commissariat. Gessert." Die in dieser Verfügung enthaltene Drohung, „daß die Redactionen, welche unsern Aufruf aufnehmen, zur Verantwortung gezogen werden sollen", ist verfassungswidrig und lächerlich. Denn nach dem klaren Ausspruche des constitutionellen Preßedicts haftet für jeden Aufsatz zuerst der Verfasser, und nur dann, wenn dieser nicht bekannt ist, erst der Verleger, Drucker und Verbreiter. Der Unterzeichnete ist für den in Rede stehenden Aufsatz „Deutschlands Pflichten", dessen Verfasser er auch ist, allein verantwortlich. Kein Redacteur, der den Aufsatz aufnimmt, kein Bürger, der den Aufsatz verbreitet, kann zur Verantwortung gezogen werden. Diese
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375 Wahrheit ist bereits von den Gerichten anerkannt. In dem Erkenntnisse des Appellationsgerichts zu Landshut gegen den Unterzeichneten heißt es in dieser Beziehung ausdrücklich: „Wegen des in Nr. 69 der deutschen Tribüne abgedruckten Aufsatzes aus dem Westboten kann nach den klaren Bestimmungen des §. 10 des dritten constitutionellen Edicts, wenn er auch das Vergehen der beleidigten Amtsehre enthielte, der Inculpat als bloßer Verbreiter, so lange dessen Verfasser bekannt ist, nicht zur Verantwortung gezogen werden, denn nach dem allegirten Gesetze haftet der Verbreiter nur in Subsidium, wenn der Verfasser und Verleger nicht bekannt sind." Darum ist es lächerlich, wenn das StadtCommissariat in Würzburg behauptet, ein Verbreiter meines Aufsatzes könne zur Verantwortung gezogen werden. Man lasse sich deßhalb durch diese treulose, blos für ängstliche Gemüther berechnete Drohung von der Verbreitung des in Rede stehenden Aufrufes nicht abschrecken. Möge man vielmehr den Beweis liefern, daß die Zeit der Aengstlichkeit und der bleichen Furcht vorüber sei, möge man es als eine Ehrensache erkennen, den Aufruf an Deutschlands Kinder gerade darum auf das eifrigste zu verbreiten und den deutschen Vaterlands-Verein eben deßhalb auf das kräftigste zu unterstützen, weil die feindseligen Regierungen sich convulsivisch dagegen stemmen, und weil sie fürchten, das Volk vereinige sich endlich, um vor den Augen der Welt und auf dem Wege des Gesetzes offen und aufrichtig die geknebelte Mutter, unser eben so schönes als unglückliches Deutschland, zu befreien und zu Einem Lande zu machen. Deutsche, geliebte Brüder, bleibt nur in dieser großen Zeit nicht kalt und gefühllos. Laßt um des Himmelswillen doch nur einmal von dem heiligen Feuer der Vaterlandsliebe Euch durchglühen. Die Mutter ruft nach Hülfe, Kinder! Ihr könnt auf gesetzlichem Wege ihr sie gewähren. Das Gesetz schützt, die Gerichte wanken nicht. Soll auch da, wo keine Gefahr ist, das Vaterland vergeblich um Beistand flehen; soll der Genius unseres Volkes über unsere Kälte, Gleichgültigkeit und Unthätigkeit zur Verzweiflung gebracht werden? Wollt ihr dem Streben nach Wiederaufrichtung Eines Deutschlands definitiv ein Ziel setzen, durch den Beweis, daß man eher einen Stein erwärmen, als die Deutschen begeistern könne für die große Sache des Vaterlandes? NochGedruckt auf der Presse des Volkes.
mals, Brüder, beschwöre ich Euch, den deutschen Vaterlands-Verein über das ganze Land zu verbreiten: denn er ist der Grundstein des großen Gebäudes:
Ein freies deutsches Vaterland! J. G. A. Wirth. Zur Tagesgeschichte. Deutschland. Es ist auffallend, daß alle Ultrablätter in den Angriffen gegen die Opposition plötzlich verstummt sind. Die preußische Staatszeituug, der österreichische Beobachter, die Eos, die Münchner politische Zeitung, der Volksfreund, die Baireuther Zeitung, alle schweigen. Nur das baierische Volksblatt in Würzburg macht eine Ausnahme und nimmt das System der Willkür noch in Schutz. In der neuesten Nummer (21) sagt dieses muthige Blatt unter andern: „Die Polizei hat das Recht, in die Buchdruckereien einzudringen und den Abdruck gestrichener Stellen gewaltsam zu hindern, weil sie eben dadurch die Uebertretung eines Verfassungsgesetzes verhindert und — kein bestehendes Gesetz verletzt." - Der Münchner Hof scheint durch die Unterstützung des Volksblattes, die auf einmal so kraftvoll ihm zu Theil wird, neuen Muth erlangt zu haben: denn er hat befohlen, die beiden Schreier in Rheinbaiern, den Westboten und die Tribüne, zum Schweigen zu bringen. Wir lesen hierüber im Nürnberger Kriegs- und Friedens-Courier folgendes: „Die hier garnisonirenden zwei Escadrons des 6ten Chevauxleger-Regiments haben in Folge der aufgeregten Stimmung im Rheinkreis, Ordre erhalten, zum ungesäumten Aufbruch dahin bereit zu sein. Eine Escadron dieses Regiments liegt bekanntlich seit längerer Zeit schon daselbst und zwei andere marschiren morgen von Neustadt an der Aisch dahin ab." Im Nürnberger Correspondenten heißt es ferner: „Gestern eingetroffener Ordre zufolge, wird die bisher in Neustadt an der Aisch garnisonirende 3te Division des 6ten Chevauxleger-Regiments übermorgen nach Zweibrücken aufbrechen, um daselbst vorläufig in Besatzung zu bleiben." So unwissend und ungeschickt die Könige sonst sind, so scheinen sie sich doch zuweilen auf Menschenkenntniß zu verstehen. Mit zwei Escadrons können die beiden Druckereien füglich zerstört werden. Und dann ist die Comödie aus!
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Für den deutschen Vaterlands-Verein sind so viele Subscriptionen eingelaufen, daß der Raum unseres Blattes die Mittheilung der Listen nicht gestattet. Wir werden daher dieselben in einer Beilage nachtragen. — Verantwortlicher Redacteur: J. G. Α Wirth.
[376a]
[376b]
Beilage zur deutschen Tribüne. Zu N— 47. Der Aufruf zur Bildung eines vaterländischen
glieder bestehen, von
letztern
ein
Mitglied
zur
Vereins zur Unterstützung der freien Presse, hat bereits
Einsammlung der Beiträge beauftragt werde. Hiernächst
in vielen Gegenden Deutschlands lebhaften Anklang
ist auf dem Lande in jedem Bezirke oder Can tone ein
gefunden und wird bald in allen Kreisen desselben
Mitglied zu beauftragen, an welches die Beiträge der
bekannt geworden sein: in Betreff näherer Einrichtung
einzelnen Orte zur Weiterbeförderung an die Hauptkasse
dieses Vereins, worüber mehrfällige Anfragen eingelangt
eingesendet werden. Diese Einrichtung wird leicht
sind, wird Folgendes bemerkt:
herzustellen sein, wenn an den verschiedenen Orten einzelne Theilnehmer zur Uebernahme der bemerkten
Das provis. Comite, das die Unterzeichneten
Funktionen sich erbieten und dem provisorischen
bilden, kann einstweilen nur das Werden des Vereins
Comite des Vereines davon Nachricht geben, um die
beobachten, und den Umfang seiner wachsenden
Vereins-Mitglieder an den betreffenden Orten über die
Mittel beurkunden; sobald diese die erforderliche
Personen, welche die Beiträge in Empfang nehmen, auf
Größe
geeignete Weise in Kenntniß setzen zu können. — Alle
erreicht
haben werden,
um
die
Zwecke
- Unterstützung der Organe der freien Presse und
Zuschriften an den Verein sind mit folgender Adresse
allseitige Verbreitung ihrer Erzeugnisse — ausführen zu
zu versehen:
können, wird das provis. Comite die Verwendung jener Mittel den Händen derjenigen Männer übertragen, welche die freie Zustimmung der Vereins-Mitglieder definitiv bezeichnet haben wird.
, An das provisorische Comite des Vereins zur Unterstützung der freien Presse in Zweibrücken." Alle Nachrichten, Aufforderungen und Erklärungen sind nur dann als von dem provisorischen Ausschusse
Um dieses vorläufige Ergebniß möglichst zu beschleunigen, ist nothwendig: daß an jedem Orte, wo Vereins-Mit-
desselben ausgehend zu betrachten, wenn solche mit seiner Unterschrift versehen sind.
Zweibrücken, am 21. Februar 1832.
Schüler, Savoye, Geib.
[377]
[378]
Deutsche Zur
Wiedergeburt
Donnerstag.
Tribüne. des
N— 4 8 .
Der deutsche Vaterlandsverein und die baierische Regierung. (Zweiter Artikel.) Ein deutscher Ehrenmann, dem das Vaterland für diesen Dienst sehr verpflichtet ist, theilt uns so eben folgendes wichtige Aktenstück mit, welches finstere Umtriebe der baierischen Regierung gegen den deutschen Vaterlands-Verein beurkundet: ,Augsburg, 11. Februar 1832.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Baiern.
Die Redaction der zu Zweibrücken erscheinenden „deutschen Tribüne" hat in dem Blatte Nr. 29 vom 3. Februar d. J. einen Aufruf zur Bildung eines öffentlichen Vereines zur Unterstützung der freien Presse bekannt gemacht, als dessen nächster Zweck bezeichnet ist, die Verbreitung der Journale des Vereines durch allseitiges kräftiges Zusammenwirken; die Spedition der Blätter des Volkes durch eine mit gemeinsamen Beiträgen zu gründende Anstalt expresser Boten; das Zusammenwirken zur Einrückung öffentlicher Anzeigen und Bekanntmachungen von Privaten und Behörden in die Journale des Volkes; dann die Unterstützung dieser Journale durch Aufsätze und Correspondenz-Artikel. Als Journale des Vereines und als Blätter des Volkes aber werden diejenigen erklärt, die der National-Sache als Hebel dienen. National-Sache ist nach dem nämlichen Aufsatze, daß zur Erlangung der Freiheit für die Völker, und um der Verarmung und dem Elende Europas ein Ziel zu setzen: a) Rußland von Preußen durch ein demokratisch organisirtes Polen getrennt, die Wiederherstellung Polens durch Deutschland bewirkt, und da es zur Zeit noch keine deutsche Nation gebe, diese vor Allem wieder erweckt - dann daß b) Uebergewicht Preußens und Oesterreichs durch die Organisation eines deutschen Reiches mit demokratischer Verfassung aufgehoben, endlich c) eine europäische Staatengesellschaft durch ein treues Bündniß des französischen, deutschen und polnischen Volkes vorbereitet werde. Dieses Bündniß hätte sich dem Bunde entgegen zu
Vaterlandes.
Homburg, den 23. Februar 1832.
setzen, der nach dem Eingange des Aufsatzes von den Königen geschlossen worden sei, um durch gewaltsame Geltendmachung ihres Willens als obersten Gesetzes, durch schnöde Zurückweisung aller die gesellschaftlichen Zwecke befördernden Wünsche und Anträge des Volkes, durch Vernichtung der freien Presse, und durch Terrorismus gegen ihre Organe, die Völker zu unterdrücken. Auf solche Weise ist denn nun auch das letzte Ziel genau bezeichnet, dessen Erreichung der zu stiftende Verein durch das Mittel der Journale und Blätter des Volkes sich zur Aufgabe machen soll. Die Aufhebung der Selbstständigkeit der einzelnen deutschen Bundesstaaten und die Umwälzung ihrer dermaligen, mit Ausnahme der freien Ständte, auf das monarchische Prinzip gebauten Verfassungen wird gefordert: denn sie bildet die unerläßliche Vorbedingung für die Verwirklichung des letzten und höchsten Vereins-Zweckes; gemeinsame Vereinigung gegen die Könige ist die Loosung. Der direkte Angriff auf die baierische von König und Volk beschworene Verfassung, und dem zu Folge der staatsverrätherische Charakter der zu bildenden Verbindung spricht sich somit in dem auch den baierischen Staat umfassenden Zwecke zur Genüge aus. Denn es kann, wie die Anmerkungen zum Str. Ges. B. Bd. III. S. 5. wörtlich aussprechen: „in dergleichen Fällen zur Entfernung oder Entschuldigung des rechtswidrigen Vorsatzes nicht dienen, wenn Jemand aus falschem Patriotismus, etwa in der Meinung, einen bessern Zustand herbeizuführen, eine verbotene Handlung gegen die Integrität oder Sicherheit des Staates in irgend einem Theile seines Organismus unternimmt, nachdem der Zweck nicht geeignet ist, die Mittel zu rechtfertigen, und keinem Unterthan gestattet ist, in Gegenständen, welche den Staat und die Regierung angehen, sich unberufen in Staatsgeschäfte einzumischen, oder gegen den Willen der Regierung seinen individuellen Ansichten zu folgen"; — und es ändern ferner nach eben diesen Anmerkungen a. a. O. S. 13, bei den gegen die Selbstständigkeit des Staates im Ganzen gerichteten Handlungen die Mittel, deren man sich bei dem Complotte oder bei der hochverrätherischen Verbindung bedient, und die Rolle oder Dienste, welche man dabei übernimmt, an der Strafbarkeit nichts ab. Wenn schon im Allgemeinen politische Gesellschaften ein für die Staatspolizei höchst wichtiger Gegenstand sind, wenn
379 der an sich höchst wohlthätige Associationsgeist von dem Augenblicke an, wo er aus dem NationalOekonomischen in das politische und staatsrechtliche Gebiet übergeht, die öffentliche Ordnung und die Herrschaft der Gesetze in dem Grade zu gefährden vermag, in welchem seine Erzeugnisse von den Zeitverhältnissen unterstützt und berechnet sind, die gesetzliche Wirksamkeit der Regierung durch scheinbare Legalität und durch Widerstands-Fähigkeit zu lähmen, so erheischen verbrecherische, die Selbstständigkeit des Staates und dessen Verfassung offen bedrohende Verbindungen in ungleich höherem Maaße das kräftigste Entgegenwirken der öffentlichen Behörden. Beauftragt mit der Sorge für Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, und angewiesen zur Wachsamkeit gegen unerlaubte Verbindungen, erhalten die Vorstände und Bezirks-Polizeibehörden, sowie die K. Commissäre der unmittelbaren Städte hiemit die Weisung: 1) Hinsichtlich der Hemmung der Verbreitung des bemerkten Aufsatzes wegen des darin enthaltenen Aufrufes zu einer unerlaubten Verbindung, die in dem Edikt über die Freiheit der Presse begründeten Einschreitungen unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften geltend zu machen. 2) Zu erwägen, ob in vorkommenden Fällen im Bezug auf diesen Aufruf nicht die Bestimmungen des Buch II. Tit. 2. Cap. 1. des I. Th. d. Str. Ges. Buch, in Anwendung zu bringen seien. 3) Der Bildung und Ausbreitung des beabsichteten Vereines ist vorbeugend zu begegnen; die Amtsuntergebenen sind daher durch kluge Einschreitung, Belehrung bei geeigneten Anlässen und Beseitigung der Verbreitung dieses Aufrufes vor den Folgen unbeachteter und leichtsinniger Einlassung in solche Verbindung zu bewahren, jedoch dabei zu vermeiden, daß nicht durch unzeitige Mittheilung die Verbreitung selbst zur Ungebühr befördert werde. 4) Nach der Verordnung vom 13. Sept. 1814 Reg. Bl. 1714 S. 1621 haben sich sämmtliche in öffentlichen Diensten oder Pflichten stehende Individuen aller Theilnahme an geheimen Gesellschaften, und überhaupt jeder Verbindung zu enthalten, deren Zweck dem Staate entweder unbekannt oder von demselben nicht gebilliget, oder dem Interesse des Staates fremd ist. Es sind daher alle untergeordneten Staats- und öffentliche Diener einschließlich der Patrimonialgerichte und mittelbaren Magistrate, insbesondere auch die Staatsdienst-Aspiranten ohne Verzug auf diese Bestimmung neuerlich hinzuweisen, mit der Bemerkung, daß in dem Falle der Verletzung des darüber abgelegten Eides der Verlust der Stelle oder der Aussicht auf wirkliche Anstellung unter jener Voraussetzung zu gewärtigen sei. 5) Sollte wider Erwarten der in Frage stehende Verein in dem Oberdonaukreise Theilnehmer finden, so wird der Amtsvorstand gegen diese sofort die Einschreitung der Gerichte unter Beobachtung der durch die Staatsverfassung vorgezeichneten Bahn hervorrufen. Die sich etwa zeigende Spuren solcher Verbindungen sind mit der erprobten Thätigkeit, Kraft und Umsicht zu ver-
380 folgen, von jedem auf diese Sache sich beziehenden Vorfalle ist sogleich anher Anzeige zu erstatten, auch binnen 8 Tagen nachzuweisen, daß die untergeordneten Staats- und öffentlichen Diener von dem Art. IV. der gegenwärtigen Ausschreibung geeignet in Kenntniß gesetzt wurden. Die K. Regierung des Oberdonaukreises Kammer des Innern. Link. Kliebenschedel, coli. An die Vorstände der sämmtlichen BezirksPolizei-Behörden des Oberdonaukreises, und an die K. Commissäre bei den sechs unmittelbaren Städten. Einen in der deutschen Tribüne vom 3. Februar 1. J. Nro. 29. enthaltenen Aufruf zur Bildung eines öffentlichen Vereines zur Unterstützung der freien Presse betreffend." — Vorstehendes Aktenstück ist eine merkwürdige Urkunde über die Treulosigkeit der baierischen Regierung. Dasselbe zeigt, wie man ein großes Unternehmen zur Freiheit und zur Einheit des deutschen Volkes auf niedrigen Schleichwegen untergraben will. Die Deutschen, welche fur die Wiederaufrichtung Eines Vaterlandes in die Schranken getreten sind, haben sich nicht nach Straßburg oder Paris geflüchtet, um dort in Ruhe und Sicherheit schöne Bücher über Deutschlands Erniedrigung zu schreiben: sie stehen vielmehr ihren Feinden offen gegenüber, und können stündlich von dem Arme des Richters erreicht werden: keiner wird so feige sein, zu entfliehen, wenn er für seine Handlungen auf gesetzlichem Wege zur Verantwortung gezogen wird. Hat der Unterzeichnete durch den Aufruf an Deutschlands Kinder das Verbrechen des Hochverraths begangen, so möge die baierische Regierung ihn dessen anklagen: er wird männlich Rede stehen. Die Regierung wäre unter dieser Voraussetzung ferner verbunden, den Aufruf zu confisciren und das Verbot durch die KreisIntelligenzblätter bekannt machen zu lassen. Allein diesen Weg will sie nicht einschlagen. Weil all' ihr Wesen in Nacht und Niedrigkeit beruht, so will sie dem VaterlandsVerein durch die Organe kriechender Beamten auf ächt jesuitische Weise heimlich entgegenwirken. Während sie es ist, welche zu heimlichen Umtrieben ihre Zuflucht nimmt, heißt sie den Vaterlands-Verein, der öffentlich unter den Augen der Autoritäten sich bildet, eine „geheime Verbindung." Ihr finsteres Streben geht dahin, ängstliche Gemüther von der Theilnahme an einem gesetzlich erlaubten Vereine abzuschrecken, indem sie von Hochverrath fabelt und durch das Anfuhren von Strafgesetzen, welche auf den vorligenden Fall keine Anwendung finden, Furcht zu erregen sucht. Laßt Euch nicht täuschen, meine baierischen Brüder! Das Verbrechen des Hochverraths wäre in concreto nur dann begangen, wenn man auffordert oder sich verbindet, die Staatsverfassung durch Anwendung thatkräftiger Gewalt umzustürzen. Der deutsche Vaterlands-Verein weiß nichts von einem solchen Zwecke. Er will die freie Presse unterstützen, sonst nichts. Für die Zwecke, welche die durch ihn zu unterstützenden Organe der Presse verfolgen, sind die Vereins-Mitglieder so wenig verantwortlich,
381 als ein Kapitalist, der den Jonrnalisten ein BetriebsKapital vorschießt. Zudem erklärt gerade diejenige Presse, welche nach Wiederaufrichtung Eines freien Deutschlands und durch sie nach der Wiederherstellung Polens sowie der Reorganisation Europas ringt, daß dieser große Zweck nicht durch Aufruhr und thatkräftige Gewalt, sondern durch Ausbildung der öffentlichen Meinung erreicht werden soll. Jeder Deutsche und überhaupt das gesammte Volk sollen die Ueberzeugung erlangen, daß jene Maßregel zur Wohlfart Aller nothwendig sei. Hat Jedermann diese Ueberzeugung, so erfolgt die Reform vermöge der Macht, welche in der öffentlichen Meinung liegt, auf friedlichem und gesetzlichem Wege — auf dem Wege freiwilliger Uebereinkunft von selbst. Es ist daher Thorheit, unter solchen Umständen von Staatsverrath zu sprechen. — Jetzt nur noch ein ernstes dringendes Wort an das gute Volk. Meine Brüder! Der Beitritt zum deutschen Vaterlandsverein ist eine Ehrensache für Euch geworden. Man droht den Bürgern mit CriminalUntersuchung, den Beamten mit Absetzung, den Candidaten mit der Ausschließung von Staatsämtern — wenn sie einem erlaubten Vereine zur Unterstützung der einzigen Schutzwehr des Volkes beitreten, wenn sie dem Hülferufe des unglücklichen Vaterlandes Folge leisten. Ist einer unter Euch, der nicht an der Ehre Theil nehmen möchte, für das Vaterland verfolgt zu werden? Zeigt doch der Welt das erhebende Schauspiel, daß die gesammte Bevölkerung Deutschlands wegen ihrer Liebe zum Vaterlande von den Königen in Anklagestand versetzt worden ist. Wollt Ihr Eure Brüder, welche dem Vereine bereits beigetreten sind und als freie Männer öffentlich sich nennen, feige verlassen, wo es das Höchste, das Heiligste, das Herrlichste gilt — die Wiederaufrichtung eines freien Vaterlandes? In der That, die Zeit ist gekommen, wo es sich zeigen soll, ob die Deutschen niedrige Bettler und verächtliche Sclaven sind, oder ruhmwürdige freie Männer. Noch sind Euch die unsterblichen Thaten der Polen im Gedächtnisse. Ihr habt dieselben aufrichtig bewundert; ihr müßt also Sinn für Hochherzigkeit besitzen. Die Gelegenheit ist gegeben, denselben nunmehr durch Hingebung für die große Sache Eures Vaterlandes männlich zu entwickeln. Deutsche Brüder! Laßt Euch nicht hinabstoßen in den Schlamm der Entehrung. Rettet unsere Nation von der Verachtung des Auslandes. Stellet den deutschen Namen wieder hoch durch großherzige Hingebung für das gemeinsame Vaterland. Wo nur irgend Edelmuth im Busen wohnt, da muß der Entschluß entstehen: „gerade jetzt, wo die Regierung durch Drohungen von dem Beitritte zum Vaterlandsvereine abschrecken will, gerade jetzt, will ich ihm öffentlich beitreten." Ο wie herrlich! wenn unsere Geschichtschreiber einmal von uns sagen können: „Die Zeit war groß und sie fand große Deutsche. Offen vor den Augen der Autoritäten und der Welt bildete sich der Vaterlandsverein. Als die Regierungen durch Terrorismus ihn zerstören und die Gemüther durch Drohungen einschüchtern wollten, da zeigte sich der Muth und der männliche Stolz der Deutschen in seiner ganzen imposanten
382 Größe. Alle stürzten herbei, alle wetteiferten und stürmten, sich einzeichnen zu lassen in den Reihen der Männer, welche den Muth haben, öffentlich auszusprechen, daß ohne Ein freies Deutschland für Europa kein Heil zu erwarten sei, in den Reihen der Männer, welche entschlossen sind, flir das Vaterland völlig sich zu opfern und zu seiner Befreiung so viel zu thun, als auf gesetzlichem Wege durch Ausbildung der öffentlichen Meinung möglich ist." Deutsche, geliebte Brüder! Der Ruf des Vaterlandes wird ernster, dringender, herzzerreißender! J. G. A. Wirth.
Sachsen wie es sein sollte. Die außerordentliche Beilage zur allgemeinen Zeitung Nr. 53 vom 11. Februar enthält einen Aufsatz von Dresden, der wirklich, wegen seines zu einfältigen Inhalts und seiner gedehnten langweiligen Construktionen interessant ist. — Dieser Artikel entwirft ein treues Bild, wie es in Sachsen zugeht. Alles ist im Werden, nächstens soll auch noch Vieles geschehen, bald wird es die Druckerei verlassen, und wir haben Hoffnung, daß es sogar ins Leben trete, wenn sich keine Hindernisse zeigen. Der Herr Redacteur der allgemeinen Zeitung ist durch die Aufnahme des fraglichen Artikels ganz von der Tendenz seines Blattes abgewichen; denn der Aufsatz stellt die sächsische Regierung offenbar an den Pranger und muß solche überall lächerlich machen. Sonst weigert sich der Herr Redacteur doch gewaltig, irgend etwas Anstößiges, d. h. nach Freisinnigkeit Schmeckendes aufzunehmen, aber dießmal muß aus Versehen besagter Artikel der Schnellpresse übergeben worden sein; der Herr C. S. Stegmann hat sicher nicht den Aufsatz vorher durchgelesen, sondern mit der Unterschrift des Einsenders zufrieden, diesen erbarmungswürdigen sächsischen Kanzleistyl in alle Länder spedirt. Der gute Sachse sagt unter andern: „der besonnene, prüfende, doch feste Prinz Mitregent hält mit nie erschlaffender Hand die Zügel. Die reif erwogene Städteordnung soll bereits in der Druckerei sich befinden. Bald wird auch das Frohn- und Triftablösungsgesetz, welches unter seinem Vorsitze bisher der gewissenhaftesten Prüfung unterlag, da es den Grundsatz einer neuen Basis bietet, zur Publication kommen." Die Prüfungen der veralteten Gesetze dauern nun schon über Jahr und Tag, und immer können diese Mitleiden erregenden Köpfe sich noch nicht entschließen, den alten Stall auf einmal zu reinigen; das Gewissen des Prinzen Mitregenten würde sich gewiß durch diese Reinigungen erleichtert finden. Der amtliche sächsische Scribent hat freilich nicht geglaubt, daß sein Artikel die hohe Regierung als höchst beschränkt und durchaus krebsgängig bezeichnet; sehr naiv sagt er daher zur Rechtfertigung der provisorischen Verwaltung verschiedener Regierungs-Branchen. „Und wie gut, daß hier noch Vieles nicht festgestellt wird." Diese aufrichtige Meinung sagt deutlich, daß sobald die provisorische Verwaltung aufhört, man nur noch ärgere Fehler, noch größere Dummheiten begehen würde; was die Erklärung über das Justizwesen anbetrifft, so brauchte
384
383 es nur eines östreichischen Fuhrmanns, um die verschiedenen Substantiva durch „hat er gesagt und sagt er" mit den Nachsätzen in Verbindung zu bringen, und dann wäre der Aufsatz vollkommen und selbst des östreichischen Beobachters würdig. Der Gesandte Graf Coloredo Walsee in Dresden würde bereitwillig dieß Geschäft übernommen haben, da er ohnedieß nicht viel zu thun hat, und man leicht den Wiener Polizeiraporteur dritter Klasse ohne Verdienst-Denkzeichen durchschaut, trotz des geheimnißvollen diplomatischen Aeußern, welches schon in Copenhagen verunglückte. Jedem Vaterlandsfreunde, jedem edeldenkenden freisinnigen Sachsen muß es ein schmerzliches Gefühl sein, zu sehen, wie es die Regierung absichtlich darauf anlegt, täglich neue Beweise des Zurückschreitens zu geben, indem sie schlechte oder halbe Maßregeln ergreift, und nichts mit Kraft und Verstand rasch und entschlossen ausführt. Es gibt in Sachsen noch eine große Parthei, die sich den herrnhuterischen Frömmler Detler Einsiedel wieder zurückwünscht. Wie er das Land regierte, war man nur einer, d. h. seiner Meinung, man war consequent, und nicht jeder durfte drein reden. Jetzt wollen sie alle ein wenig regieren, und da entstehen dann gewaltige Mißgriffe, an die wir leider gewöhnt sind. — Einsiedel war so übel gar nicht, hört man noch oft sagen, und seine Sünden mit dem Eisenhandel wären zu ertragen gewesen, aber jetzt geschehen noch schlimmere Dinge unter der Maske von constitutioneller Freiheit, — falsche Versprechungen, wodurch alles Vertrauen verloren geht. Wie sehr könnte mein Vaterland, das schöne Sachsen, glücklich sein, wenn es besser regiert würde, wenn diese Prinzen herunterstiegen und Menschen würden, wenn es ihnen Ernst und wenn sie fähig wären, den heiligen Beruf auszuführen, Volk und Land wahrhaft beglücken zu wollen. Jede Regierung ist frei und unabhängig, die es sein will, und der verhaßte Einfluß von Rußland, Preußen und Oestreich wäre unanwendbar; kein Land ist so reif, so fähig, Alles Edle, Freie und Deutsche zu empfangen und zu erhalten als Sachsen; durch Cultur, durch Industrie, durch wissenschaftliche Bildung steht Sachsen oben an und dennoch sind wir unglücklich, sind einheimische nnd fremde Sclaven! Freiheit der Presse müßten wir vor allen andern Institutionen haben, aber die Schuldbewußten fürchten die Wahrheit wie das Licht, fürchten Rußlands Knute und die Ungnade des heiligen Bundestages. — Eine wirklich liberale Regierung von Sachsen und Minister, die Kraft hätten, sich des Namens würdig zu zeigen, bedürften nicht mehr des hochmüthigen, hochadeligen bezahlten Hofgesindes, welches den König als Nimbus jetzt umgiebt, um die Erbärmlichkeit zu decken; eine volksthümliche Regierung würde sich von der Liebe und der Treue der Sachsen umgeben sehen und dies würde sie sicher für die Ungnade der Nachbarstaaten reichlich entschädigen; jetzt ist es noch Zeit, noch können wir das Beste hoffen und Gott gebe dem Gouvernement den Willen und die Kraft das auszuführen, was sein Volk so sehnlich wünscht. Geschieht dies nicht, so möge das Volk selbst seinen Zustand vom Grunde aus verbessern, durch Ausbildung der Macht der öffentlichen Meinung. Gedruckt auf der Presse des Volkes.
C o r r e s p o n d e n z . Kurhessen. Dem Vernehmen nach wollen alle kurhessischen Gauen in engere Versammlungen zusammentreten, um eine Adresse zu berathen, welche zum Zweck hat, den Prinz-Regenten zu veranlassen, den versammelten Landtag im Sinne der Constitution aufzulösen, d. h. das verfassungsmäßige Recht einer neuen Wahl noch einmal zu geben. Zwar ist das Zutrauen des Volks zu seinen Vertretern ehrfurchtsvoll unbegrenzt; jedoch sind Umstände vorhanden, welche dem Volk einige .Aber" in den Mund legen, und welche machen, daß es sich derselben bei dieser Gelegenheit entledigen möchte! Ob der Fürst das Volk erhören werde? Alle Hoffnung ist da, anzunehmen, daß der Mit-Regent nicht entgegen sein werde, demjenigen, was des Volkes Ruhe und Glück begründet. Endlich heißt es auch noch: daß die Provinzialhauptstadt (Universitätsort) Marburg es in ihrem Berufe und Interesse gefunden habe, aufzuwachen aus ihrem alten letargisch schwerfälligen Schlafe, d. h. sich in Bewegung zu setzen für die Verfechtung eines ächten Bürgerthums und der Interessen des wahren Deutschlands. Ihr Organ soll ein sogenanntes Oppositionsblatt sein, das an Herrn Elbert einen sehr uneigennützigen Verleger findet. Was die nächste Wirkung dieses Blattes betreffen möchte, so wäre eine Ausgleichung der verschiedenartigen Ansichten über Staats- und Völkerleben in jener Provinz wohl am nächsten zu erwarten, sogar höchlich zu wünschen; denn, unter uns gesprochen, ist man dort selbst noch etwas sehr roh und unbeholfen in allen den Dingen, welche das öffentliche Leben, d. h. das bürgerlich öffentliche, betreffen. Quot capita, tot sensus! Daher Ausgleichung der verschiedenen Ansichten und hiedurch Einheit und Energie im Zusammenhalten und Wirken wünschenswerth erscheint. Marburg ist eine geistige Schatzkammer, möge sie den Impuls geben zum entschiedenen Aufstreben des Bürgerthums.
Erklärung. Auf Verlangen erklären wir, daß das in der deutschen Tribüne abgedruckte Schreiben der Mainzer Damen an den polnischen National-Verein in Paris nicht von jenen Damen, sondern von dem PolenComite in Paris zum Abdrucken uns zugesendet worden ist. Homburg, am 22. Februar 1832. D. R. d. d. T.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Beilage zur deutschen Tribüne. Zu N— 48. Der Volks-Tribun in Würzburg, redigirt von G. Widmann, eine neue Hoffnung Deutschlands. Wir haben unsere Leser schon öfter auf einen neuen Vertheidiger der großen Sache anfmerksam gemacht, den in Würzburg erscheinenden Volks-Tribun. Das treffliche Blatt unterstützt die Sache des deutschen Vaterlandes auf das kräftigste. In der letzten Nummer (7) befindet sich ein Aufsatz, welcher alles übertrifft, was bis jetzt von deutschen Journalen geleistet wurde. Wir können uns deßhalb unmöglich das Vergnügen versagen, denselben vollständig mitzutheilen. Er ist folgenden Inhalts:
„Aufruf zur Theilnahme an dem deutschen Vaterlands-Verein zur Unterstützung der freien Presse. Der Volks-Tribun hat in seinem früheren Blatte den Aufsatz „Deutschlands Pflichten" zur öffentlichen Kenntniß gebracht, wozu er im Namen des Vaterlandes aufgefordert wurde. Lebendig von dem großen Guten, welches ans demselben hervorgehen muß, überzeugt, fühlen wir uns verpflichtet, zur allgemeinen Theilnahme wiederholt und dringend aufzufordern, unsere Aufforderung mit folgenden Worten begleitend. Deutschlands Völker! Die Finsterniß, die sich gegenwärtig über unsere Gauen verbreitet, ist Jedem ersichtlich, der die Erscheinungen der Zeit mit forschendem Auge betrachtet. Mit Nacht und Grauen möchte man die Freiheiten der Völker bedecken. Fessel möchte man legen an die Thatkraft der Nationen, die in der kürzesten Zeit zur riesenmäßigen Größe emporzuwachsen strebet. Verkrüppeln möchte man die Völker, nach Willkür sie gebrauchen, ihren Geist mit Binden umstricken, und sie bei unumschränkter Herrschaft hudeln. Das ist das Streben jener Hohen. Darum verdienen sie kein Vertrauen. Wer diesen traut, der ist ein Thor. Wer von den Obern Heil erwartet, der ist betrogen. Von diesen geht nichts Besseres aus. Das Bessere kann nur vom Volke kommen. Soll eine glücklichere Zukunft werden, soll des Menschen wahre Würde gelten, soll er die zugemessenen Tage seines Lebens bei vernünftigem Genüsse begrüßen, und nicht in Armuth darben und in Elend; so ist dieß einzig und allein nur möglich durch das Volk. Die Völker müssen thätig sein. Sie müssen an das Werk die geschäftige Hand jetzt legen; sie müssen die Reformer sein. Auf sich allein nur dürfen die Nationen das Vertäuen setzen. Schenken sie es Anderen, dann Wehe ihnen! sie sind verrathen, sind verkauft. Laßt Euch nicht berücken, Völker! von der Höfe süßen Worten, sie enthalten nichts als Täuschung. Die Völker haben für die Fürsten schwer geblutet,
diese haben ihr Blut getrunken, sich hieran gesättigt und gestärkt, und versucht, aus kräftigen Naturen nur Schwächlinge zu machen, und sie in Ohnmacht niederzuhalten. Das Leben wurde willig aufgeopfert, damit das Staatsgebäude auf verfassungsmäßigen Grundpfeiler errichtet würde; die Fürsten haben auch das feierlichste Versprechen hiezu gegeben, allein die Verheißungen waren bloße Worte, und sind in den Winden verhallt. Und hat man auch in mehreren Staaten die Verfassung gegeben, so sind die meisten Constitutionen zur Zeit nur als papierne Häuser zu betrachten, mit welchen Regierungen spielen, wie Kinder mit den Kartenhäusern. Kann man unter solchen Umständen dem Versprechenden noch Zutrauen schenken? Wäre es nicht zu verhöhnende Einfältigkeit, demjenigen Glauben beizumessen, der, was er versprochen, nicht nur nicht gehalten, sondern gerade das Gegentheil im Leben geübt hat? Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch, Völker! seid auf Eurer Hut. Lasset Euch durch die höfischen Versprechungen nicht mehr überlisten, gerade jetzt, wo man Gerüchte verbreitet, Preußens Regierung habe den ernsten Willen, das Volk mit einer Verfassung zu beglücken. Judasgerüchte! Zerreißet den Vorhang und schauet mit unbefangenem Blicke. Ihr seht Preußens Regierung in den Armen des nordischen Tyrannen; ihr erkennet, wie sie an seinem kalten Blicke den eigenen kalten Blick nur schärfet, wie sie an seinem Hasse gegen die Freiheit seiner Völker den Haß gegen die der ihrigen verstärkt. - Unter solchen Umständen wäre der Glaube an Verfassung nur unverzeihlicher Leichtsinn. Wer kann zur Freiheit streben, der an ihr den Mord verübt? Wer sollte bezwecken, daß nur Recht und Wahrheit gelte, der des Menschen Urrecht, die Freiheit der Gedankenmittheilung, im tiefsten Druck erhält? Wer sollte im Ernst der Völker Leben durch Verfassung regeln, der dieselben von der Theilnahme am Verfassungswerke gänzlich ausschließt? Würde nicht die Verfassung bei dergleichen Bewandnissen gegeben, eine reine Mißgeburt seyn, die tausend Nasen im Gesichte trüge, um dem Volke nichts als Nasen nur zu drehen? Ein feiner preußischer Kniff dürfte es seyn, durch dergleichen Versprechungen die Liebe des Volkes sich zu erschmeicheln, auf gewandte Weise Haß zu erregen gegen Frankreichs Völker, dieselben in Verbindung Oestreichs und des russischen Herrn Schwagers zu bekriegen, die freien Institute dieses Landes zu zertrümmern, und dann mit Allgewalt über Deutschland herzufallen, den freien Aufschwung niederzudrücken und die Freiheit Deutschlands mit einem Schlage niederzuschmettern. Zwar haben wir keine Furcht, daß diese Finte noch gelingen dürfte. Doch ist es unsere Pflicht zu wachen, wenn gleich Gewißheit herrschet, daß der Tiger todt zur Erde sinket, wenn er aus seinem Hinterhalt den Mordsprung waget. Fortwährend tönt der
[384c] Ruf den Völkern zu, stets wach zu stehen auf dem Posten, nie in den Schlummer zu versinken, nie der schmeichelhaften Rede zu vertrauen, die das ärgste Gift der Verbesserung entgegenspeit. Man glaubt und hofft, bis unter'm Galgen das Genick zerbricht. Auf Niemand dürfen jetzt die Völker das Vertrauen setzen, als auf sich selbst, auf ihren eigenen Geist, auf ihr eigenes richtiges Gefühl, auf ihre eigene Kraft; auf solche Männer, die ohne Stolz und Ehrgeiz, ohne Vortheil und Gewinn, nur begeistert für Menschheitsrecht und Würde, frei das Wort verkünden, und nach dem Worte auch das Leben richten. Jenen deutschen Männern muß das deutsche Volk vertrauen, in deren Brust die heiße Liebe brennt für Deutschlands Frei- und Einheit; die mit Offenheit und Biederkeit besprechen, wie der Noth zu steuern, und die mit Festigkeit darauf bestehen, daß entschiedene Schritte jetzt zu thun, um dem langgetragenen Elend abzuhelfen. Deutsches Volk! die größte Macht ist in deine Hand gelegt. Du vermagst die langgetragene Last des schwersten Elends von dir zu werfen, wenn du ein kleines Opfer bringst. Du kannst die Kerker öffnen, worin die deutsche Freiheit noch gefesselt sitzt. Du kannst die Wälle ebnen und die Graben überschütten, wodurch der Deutsche getrennt vom Deutschen wohnt. Du kannst die Hunderte Millionen für dich verwenden, für deine Kinder, welche jetzt die dreißig Fürsten mit ihren Hof- und Kriegstrabanten fressen. Du kannst das Schloß der Urne, worin der deutsche Wohlstand ruht, worin Unendlichkeit der Früchte sich verbirgt, eröffnen, damit sich reicher Segen überall verbreite. Du kannst die Quelle öffnen, die ein nicht starker Stein verschließt, auf das Milch und Honig, die aus ihr fließen, durch alle deutsche Gauen strömt. Du, deutsches Volk! du kannst dein eigener, dein baldiger Gründer deines Glückes sein. Und wodurch? »Durch Schutz der freien Presse.« Schütze die Freiheit der Presse, deutsches Volk! und unterstütze sie; gib ihr Mittel an die Hand, daß sie sich unabhängig bewege und die Gedanken in alle deutsche Gauen trage. Es wird hieraus Deutschlands Selbstständigkeit hervorgehen. Durch die Freiheit der Presse wird eine öffentliche Meinung erzeugt, hier die allgemeine Ueberzeugung von der Nothwendigkeit Deutschlands Einheit, damit dieses herrliche Land nach Innen und nach Aussen frei und unabhängig werde. Ein deutscher Nationalstolz wird erstehen, ein ächter, wahrer Stolz, ein hohes Selbstgefühl von nationaler Würde. Der Freundschaftsbund wird sich um die freien Völker schließen, und ein Völkerbund die Freiheit und das Lebensglück beschützen. Die freie Presse soll zu jedem biedern Deutschen sprechen, damit er sich lebendig überzeuge, es müsse jetzt ein einziges Deutschland sich erheben, und die Verfassung auf Institutionen ruhen, die aus volksthümlichem Geiste geboren sind. Dieser Glaube muß lebendig werden in jedem deutschen Herzen, er muß erstehen durch die freie offene Rede mittelst der Presse. Das rechte Wort soll die Waffe sein, womit wir kämpfen für das Heiligste. Eine mächtige Waffe, denn sie ist die göttliche. Das rechte Wort kommt aus dem Geiste Gottes, und wo die Gottheit Hfüe leistet in dem Kampfe, da muß der Satan unterlie-
[384d] gen. Aber dazu helfet, Deutsche Männer! wir rufen Euch hierzu im Ernste auf, daß man das rechte Wort an allen Orten höre, daß es jedes Ohr vernehme, jedes Herz bezaubere, jegliches Gemüth mit Begeisterung erfülle. Wie der Glaube an Gott fest steht in der Seele des Menschen, wie er ihn erfüllt mit Lust und mit Wonne; so muß der Glaube an Deutschlands Einheit und Selbstständigkeit, geschützt durch volksthümiche Institutionen, fest stehen in der Brust jedes Deutschen, und dieser heilige Gedanke muß sein Leben, alle seine Handlungen durchdringen. Hierfür muß er mit Ruhe das Schaffot besteigen, hierfür muß er sich mit Freude in den brennenden Scheiterhaufen stürzen. Dieser Glaube muß aber noch geprediget werden. Er soll verkündet werden mittelst der freien Presse. Und ist er übergegangen ins Leben und Blut der Völker, ist er den Deutschen zum Fleische geworden, dann werden wir, wie einst Christus die Käufer und Verkäufer zum Tempel hinaus trieb, die Tische der Wechsler und die Stühle der Taubenhändler umstieß; ich sage, dann werden wir eben so die Großen Seelen- und Völkerkäufer und Verkäufer aus dem Reiche verjagen; wir werden die Tische der Wechsler und die Hohen Stühle der Menschenhändler umstoßen. Wie Jesus sprach: Mein Haus soll ein Bethaus heißen; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht; so werden wir sagen: Deutschland soll Ein Tempel Gottes werden, aus welchem schönen Lande Ihr eine Räuberhöhle gemacht habt. Wie Jesus sprach: kommt ihr Lahmen und Blinden in den Tempel zu mir, um Euch zu heilen; so werden die Deutschen den Deutschen zurufen: Kommt ihr Bedrängten, ihr durch Elend und Armuth Niedergehaltenen, und lasset stillen die bisher erlittenen schweren Leiden. Alle Verbesserung wird mittelst der Presse erstehen. Es wird wahrlich aus Deutschland, das bisher eine Räuberhöhle war, ein großer Tempel werden, worin die beiden Engel thronen, die Freiheit der Bürger und die Gleichheit der Rechte. Zwei Genien, die in ihren Händen das Füllhorn tragen, aus welchem der Früchte Segen quillt. Wo Freiheit herrscht und Gleichheit, da blüht der Wohlstand, dort lachet das Glück. Wo keine volle Freiheit gilt und Gleichheit, da drücket die Armuth, dort brüllet das Elend. So nehme denn, deutsches Volk! regen Antheil zur Unterstützung des vaterländischen Preßvereins. Es gibt kein höheres, kein beseligenderes Bewußtsein, als zum Glücke und zur Befreiung seines bedrückten Vaterlandes mitgewirkt zu haben. Jeder gebe nach Maaßgabe seines Einkommens und seines Vermögens einen regelmäßigen monatlichen Geldbeitrag. Ein Kreuzer wird ja angenommen. Der Zweck ist der heiligste. Es soll hierbei Sicherheit eewirkt werden, daß die freisinnigen Zuschriften richtig versendet, allgemein verbreitet, und das wahre, freie Wort verkündet und die Vertheidiger der Freiheit geschützt werden. Hierbei bemerken wir noch schlüßlich: Das Nähere des Vereines wird demnächst bekannt gemacht werden. Wir fodern im Namen des Vaterlandes alle Gesellschaften und Gastwirthe und alle Patrioten auf, dergleichen Subscriptions-Listen zu eröffnen.
[384e] So eile, deutsches Volk! einen kleinen Beitrag nur zu geben, du wirst dein Glück und das der kommenden Geschlechter fest begründen!" Das Publikum wird aus diesem ausgezeichneten Aufsatz die Ueberzeugung schöpfen, es sei heilige Pflicht, den Volks-Tribun in Würzburg durch ganz Deutschland zu verbreiten. Da noch überdieß der Preis des Blattes äußerst gering ist und in Würzburg vierteljährlich nur 1 fl. 12 kr. beträgt, so ist die Anschaffung eines so gediegenen Blattes gewiß allgemeine Pflicht. -
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. J ä h r l i c h e S u b s c r i p t i o n e n in S t . W e n d e l . Ludwig Bonnet, einen Beitrag gleich seinen jährlichen Steuern, 8 fl. Philipp Sauer, täglich 1 kr. macht jährlich 6 fl. 6 kr. Schue, Rektor, 3 fl. 36 kr. Karl Juch, Conrektor und Pfarrer, 8 fl. Michael Tholey, Gastwirth, 12 fl. Alexander Schmoll, g. E., Geometer, 2 fl. 24 kr. Nikolaus Hallauer, ält. Eigenthümer 9 fl. E. Mall, Kaufmann, 6 fl. Philipp Cetto, Kaufmann, 30 fl. Karl Cetto, Kaufmann, 36 fl. Von einem Freunde ein für allemal 1 fl. 48 kr. Nikolaus Steiniger, Arzt, 12 fl. Nikolaus Hen, Notär, 18 fl. Gregor Bergmüller, Lehrer, 2 fl. Jakob Stoll, Thierarzt, 1 fl. 48 kr. Joseph Kockler, Rothgerber, 4 fl. Johann Simon, Wollenweber, 4 fl. Johann Jörg, Lehrer, 6 fl. Peter Keller, jun., Graveur, 1 fl. 48 kr. Besch, Rothgerber, 4 fl. Jakob Herold, Chirurg, 6 fl. Im Herzen gut, Freiheitsmann, 6 fl. Franz Ludwig Diefenhard, (unter uns gesagt Staatsprokurator) 8 fl. Schau um! 4 fl. Karl Schwalb, Physikus, 8 fl. Friedrich Massing, Einnehmer, 3 fl. Karl Heidacker, Huissier, 3 fl. Joh. Samuel Stephan, Advokat, 6 fl. Theodor Creim, Pastor, 12 fl. Christian Psotta, Blaufärber, 3 fl. Franz Demuth, Buchdrucker, 6 fl. Peter Bleking, Graveur, 6 fl. Wendel Demuth, Bierbrauer, 6 fl. Karl Winsweiler, Advokat, 6 fl. Georg Mohr, Huissier, 3 fl. Franz Kockler jun., Rothgerber, 3 fl. Johann Kohl, Barbier, 1 fl. 48 kr. Philipp Mary, Schneider, 1 fl. 48 kr. Nikolaus Jörg, Taglöhner, 1 fl. 48. Nikola Demuth, Eigenthümer, 6 fl. Ν. N . 6 fl. Nikolaus Hallauer, Advokat, 33 fl. Heinrich Hallauer, Wirth, 3 fl. 36 kr. Johann und Frank Demuth, Bäcker, 7 fl. 12 kr. Peter Wiegand sen., Geschäftsträger, 48 kr. Michelbach, Reisender von Kreuznach, 2 fl. 24 kr. Christian Nacher, Blechschmidt, 1 fl. 48 kr. Joseph Heyl, Rothgerber, 1 fl. 48 kr. Peter Kohl, Barbier, 1 fl. Joseph Waßnich, Bäcker, 2 fl. Nikolaus Kockler, Rothgerber, 5 fl. 24 kr. Franz Knoll, Rothgerber, 1 fl. 48 kr. Wilhelm Ecker, Bedienter, 1 fl. 48 kr. Joh. Joseph Wallauer, Kirchenrechner, 3 fl. Johann Eschrich, Kiefer, 1 fl. Nikolaus Monz, Bäcker, 1 fl. Karl Müller, Uhrenmacher, 1 fl. 12 kr. Nikolaus Collisi, Seifensieder, 1 fl. 48 kr. Johann Gros, Mehlhändler von Berschweiler, 1 fl. 48 kr. Jakob Fleck, Wirth, 1 fl. 48 kr. Anton Zangerle, Buchdrucker, 1 fl. 48 kr. Michael Sommer, Glaser, 48 kr. Nikolaus Schaadt, Tabackspinner, 1 fl. Jakob Simon, Rothgerber, 1 fl. 48 kr. Johann Veylstein, Weißgerber, 1 fl. 20 kr. Johann und Anton Freyberger, Sekretäre
[384f] 1 fl. 48 kr. Johann Kiefer, Nagelschmidt, 1 fl 20 kr. Michael Kirsch, Seiler, 1 fl. Michael Vol[tz], Schneider, 1 fl. 12 kr. Johann Marschall, Dreher, 2 fl. Nikola Schiffer, jun., Schreiner, 3 fl. 36 kr. Johann Deutscher, Ackerer, 1 fl. 48 kr. Jakob Münster, Leyendecker, 1 fl. Wendel Weißgerber, Schlosser, 1 fl. 12 kr. Michael Borree, Schuhmacher, 1 fl. Wendel Back, Krämer, 1 fl. 30 kr. Johann Knoll, Gerber, 2 fl. 30 kr. Heinr[i]ch Hallauer, Ackerer, 1 fl. 12 kr. Peter Voltz, Schuhmacher, 1 fl. Gerhard, Pastor zu Furschweiler, 9 fl. Wendel Hallauer, Pastor zu Nambor, 6 fl. Jakob Altes, Gymnasiast, 1 fl. 48 kr. Conrad, Geometer, Thiry, Gymnasiast, 1 fl. 48 kr. Franz Bruch, Krämer, 4 fl. Johann Psotta, Blaufärber, 3 fl. Karl Stupp, Schulgehülfe, 2 fl. 24 kr. Johann Wilhelm Kiefer, Nagelschmidt, 1 fl. 12 kr. Peter Maranka, Krämer, 2 fl. 24 kr. Tholey, Tüncher, 2 fl. Nikolaus Back, Schlosser, 1 fl. 48 kr. Johann Weber, Taglöhner, 48 kr. Nikolaus Riefer, Taglöhner, 1 fl. 12 kr. Jakob Bernhard, Taglöhner, 1 fl. 12 kr. Anton Weisgerber, Metzger, 1 fl. 12 kr. Philipp Recktenwald, Bäcker, 1 fl. 12 kr. Meyer Rothschild, Händler aus Haupertsweiler, 1 fl. 12 kr. Nikola Tholey, Metzger, 1 fl. 48 kr. Peter Keller, Bierbrauer, 6 fl. Nikola Cetto, Posthalter, 6 fl. Franz Simon, Tuchmacher, 1 fl. 48 kr. Zusammen jährlich . 449 fl. 58 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in H e i d e l b e r g . Transport von Nro. 41. 6fl. 30kr. — J . W Speyerer, Bierbrauer, 30 kr. A. Weick, Schlossermeister, 6 kr. J. P. Seyfriedt, Kaufmann, 12 kr. Anna Seyfriedt, geb. Fabel, 6 kr. J. Haarbarth, Kiefermeister, 6 kr. Nie. Kraus, Kupferschmidt, 6 kr. G. Hoedt, Condi tor, 12 kr. Ch. Vogt, Knopfmacher, 6 kr. Abel jun., Maurermeister, 12 kr. A. Schelldorf, Schuhmachermeister, 9 kr. Ph. Schmitt, Uhrenmacher, 6 kr. Paul Müller, Glaser, 6 kr. Dessen sechs Söhne, 6 kr. Louis Jetter, 6 kr. J. Schück, Schreiner, 6 kr. L. Walz, Kaufmann, 12 kr. G. L. Bitzhaupt jun., 6 kr. J. Stoß jun., 6 kr. Walter, Schneidermeister, 6 kr. A. Gump, Weber, 6 kr. Ch. Hems, Schuhmacher, 4 kr. M. Bussemer, Rothgerber, 24 kr. L. Nagel, Schneidermeister, 6 kr. Zahn, Gürtler, 6 kr. Eichhorn, Weißgerber, 6 kr. Laux, Hafner, 6 kr. Betz, Bäcker, 6 kr. Joh. Ernst, Bierbrauer, 16 kr. Dessen 2 Söhne, 6 kr. J. G. Siedler, Kaminfeger, 12 kr. Frißler, Schneidermeister, 18 kr. J.Förster, Bäcker, 12 kr. Jak. Sulzer, Metzger, 6 kr. S. Oppenheimer, Schneider, 6 kr. J.G.Frank, Seifensieder, 12 kr. M. Hübinger, Glaser, 6 kr. W. Schmidt, Zimmermann, 6 kr. F. Barth, Bäcker, 6 kr. Allmang, Weinwirth, 12 kr. L. Laux, 6 kr. M. Seeberger, Schuhmacher, 6 kr. H. Lebersorg, Hutmacher, 6 kr. L. Flatterer, Schneider, 6 kr. F. Weickart, Dreher, 6 kr. F. Müller, Kutscher, 6 kr. Ph. Werner, Sekler, 4 kr. H. Wagner, Sattler, 6 kr. F. Schmidt, Zimmermann, 6 kr. G . A. Hartmann, Zimmermann, 6 kr. H. Köhler, 12 kr. Val. Fleischmann, 12 kr. A. Kraus, Schlosser, 6 kr. H.Schneider, Geld-Senal, 6 kr. F. Braun, Müller, 6 kr. L. Haller, Schlosser, 3 kr. J. Hafner, Schiffer, 6 kr. J. Wagner jun, 6 kr. F. W. Haarbath, Kiefer, 12 kr. Für seine zwei Söhne, 6 kr. Ste[?]del, Musikus, 6 kr. Heißer, Zim-
[384h]
[384g] mermann, 6 kr. J. Hauck, Rheinschiffer, 6 kr. G. Hafner, Schiffer, 6 kr. W. Leiner, Kiefer, 6 kr. P. Hübinger, Holzmesser, 6 kr. A. Hamberger, 6 kr. M. Braun, Müller, 6 kr. J. F. Seyfriedt, Kaufmann, 12 kr. N. Bühler, Schreiner, 6 kr. Giese, 6 kr. C. Frau, 6 kr. M. Häßler, 6 kr. C. Hebler, Tüncher, 6 kr. P. Müller, 6 kr. Merkel, Schneider, 6 kr. L. Anspach, Schuhmacher, 6 kr. F. Hornung, Fuhrmann, 6 kr. A. Seeberger, 6 kr. J. Holz, Schuhmacher, 6 kr. C. Düpree, 12 kr. F. Gerk, Schreiner, 6 kr. A. Cuidon, 6 kr. J. Bayer, 6 kr. P. Weber, 6 kr. J. L. Schneider, 6 kr. Weiblinger, 6 kr. A. Weikardt, Schlosser, 6 kr. Klingelhöffer, 12 kr. Braun, 6 kr. A. Salamon, 6 kr. F. Zöller, 6 kr. Georg Nagel, 6 kr. Jak. Zöller, 6 kr. F. C. Bachmann, 12 kr. S. Weigant, 6 kr. M. Fahrbach, Kutscher, 12 kr. Ph. Sulzer, Metzger, 6 kr. J. M. Werner, 12 kr. Jos. Müller, 16 kr. Conrad Müller, 12 kr. J.Schäfer, Wagner, 6 kr. Carl Alt, 12 kr. J. Meiser, Maurer, 6 kr. Rumbach, Briefträger, 12 kr. Zusammen monatlich . . 20 fl. 4 kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Z w e i b r ü c k e n . Transport von Nro. 45: 109 fl. 24 kr. - Daniel Ritter, Buchbinder, 6 kr. Franz Koch, Buchdrucker, 6 kr. Ludwig Ritter, Bleicher, 6 kr. Peter Haagen, Schriftsetzer, 8 kr. Zusammen monatlich . . 109 fl. 50 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in K a i s e r s l a u t e r n .
S u b s c r i p t i o n aus O t t e r b e r g . Johann Peter Hubing, Kaufmann, 1 fl. 30 kr. Ein Ungenannter, 30 kr. Adam Wagner, 30 kr. Wilhelm Weigand, Wittrwe, 5 kr. Mad. Hundt, 5 kr. Jungfrau Harder, 5 kr. Amalie Waigand, 1 kr. Adolf Louis, 15 kr. Philipp Dahl, Schullehrer, 6 kr. Dessen Ehefrau, 5 kr. Karl Dahl, 3 kr. Sophie Dahl, 2 kr. Philipp Hubing, Rothgerber, 6 kr. Dessen Ehefrau, 6 kr. Dessen 3 Söhne, 6 kr. Lazarus Strauß, ältere, 20 kr. Dessen Ehefrau, 6 kr. Salomon Strauß, jüngere, 3 kr. Moritz Strauß, 3 kr. Jeanette Strauß, 3 kr. Gottfried Harder, 10 kr. Alexander Harder, 6 kr. Isaak Weil, 25 kr. Dessen Ehefrau, 10 kr. Salomon Maaß, 25 kr. Dessen Ehefrau, 10 kr. Isaak Preis, 7 kr. Dessen Ehefrau, 3 kr. Isaak Strauß, 5 kr. Dessen Ehefrau, 5 kr. Lazarus Strauß, jüngere, 3 kr. Babette Strauß, 3 kr. Jakob Strauß, 15 kr. Asser, Lehrer, 9 kr. Deutsch, 6 kr. Dessen Ehefrau, 4 kr. Lisette Deutsch, 6 kr. Zusammen monatlich 6 fl. 42 kr. In Wiesbaden hat eine Gesellschaft monatlich 20 fl. für den Vaterlands-Verein subscribirt. Advocat Würth in Sigmaringen 2 fl. monatlich. Herr N. W. in Bremen 12 Grote Gold monatlich. Zu Rüdesheim im Rheingau unterzeichneten 5 Bürger, jeder 30 kr. monatlich. — Mehrere Freunde der freien Presse senden hiebei zu dem von Ihnen gestifteten Vaterlands-Verein „drei Thaler preuß." mit der Bitte, den Empfang in der Tribüne neben Buchstaben v. C. E. H. M. S. S. W. anzuzeigen. Stud. jur. In Heidelberg sendete 2 fl. 42 kr. Aus Göttingen wurden von Bürgern vorläufig 17 fl. 30 kr. für den Monat Februar gesendet. - Die Fortsetzung der Subscribenten-Verzeichnisse folgt demnächst in einer weitern Beilage.
Transport von Nro. 42: 20 fl. 35 kr. - Die Dammmühle, 40 kr. Marsilius, Schreiner, 6 kr. Wilhelm Raquet, Schlosser, 6 kr. Dietrich, Spengler, 6 kr. Heinrich Haury, Dreher, 6 kr. Franz Deckendorf, Kammmacher, 6 kr. Heinrich Horst, 1 fl. J. J. Tascher, Buchhändler, 1 fl. Heilmann, Barbier, (Gehülfe) 4 kr. Weyland, Buchbindergehülfe, 12 kr. Jakob Pianett jun., 6 kr. Frank, Kan. d. Theolog., 12 kr. Charles Bo[u]da, 6 kr. Braun, Mehlhändler, 6 kr. Zusammen monatlich . . . 24 fl. 31 kr.
wird die deutsche Tribüne seit der Nummer 35
Weitere S u b s c r i p t i o n e n in M ü n c h e n .
an die Abonnenten von der Post nicht mehr
Transport von Nro. 42: 9 fl. 48 kr. - Koch, Mechanikus, 1 fl. Ein Student j. der Universität, 18 kr. Zusammen monatlich . . . . 11 fl. 12 kr, S u b s c r i p t i o n e n in M a i n z . Begasse, 30 kr. Ph. Bermann, 12 kr. Ludwig Besant, 18 kr. Gustav Blenk, 10 kr. J. D. 12 kr. H. O. 6 kr. J. H. 8 kr. C. L. H. 12 kr. C. J. 12 kr. Samuel Kannstadt, 20 kr. F.K. 20 kr. C.K. 18 kr. Köhler, Kaffeewirth, 12 kr. C. G. Kunze, 24 kr. C. L. 18 kr. J. Lehnhard, Lithograph, 24 kr. Κ. M. 6 kr. D. M. 20 kr. Massa, 12 kr. Eduard Müller, Maler, 30 kr. C. W. Müller, 24 kr. Müller, 30 kr. Pilliet, Oekonom, 24 kr. H. Prikarto, Setzer, 24 kr. J. R. 6 kr. S. 12 kr. J. S. 24 kr. Ein Ungenannter 24 kr. Ludwig Schulz, Maler, 30 kr. H. Stenz, 12 kr. F. R. (W.) 6 kr. A. W. 12 kr. Zusammen monatlich . . 9 fl. 12 kr.
Die baierische Regierung beginnt ihre Gewaltstreiche gegen die Presse. In München
abgegeben. Alles dieß geschieht
heimlich,
ohne daß für den Gewaltschritt ein Grund angegeben oder dem Redacteur etwas eröffnet wird. Um der Unterbrechung des Blattes vorzubeugen, wollen wir dasselbe nun unter Couvert nach München senden. W i r bitten die Abonnenten in München, uns privatim eine Person zu bezeichnen, welcher wir die Exemplare im Ganzen zusenden, und wo die Abonnenten solche abholen lassen können. Eben so bitten wir es zu halten, wenn an irgend einem andern Orte die Ausgabe der Tribüne gewaltsam gehindert wird.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Freitag. Briefe aus und über
Tribüne. des
N— 4 9 . Polen.
Mitgetheilt von Dr. Spazier. Ehemals unterhieltst Du mit mir eine häufigere Correspondenz, jetzt könnte das Vertrauen auf die Post den Schreibenden leicht nach Sibirien befördern; ich schreibe daher durch Gelegenheit. Warschau bietet jetzt einen ganz andern Anblick dar, als sonst. Alles Leben ist verschwunden; man sieht polnische Soldaten nur ohne Hände und Füße, der Nahrung mit dem Vaterlande beraubt, welche die Vorübergehenden um Unterstützung ansprechen. — Die öffentlichen Plätze sind mit Geschützen und mit phlegmatischen in großen Mänteln verhüllten Moscowiten angefüllt. — Marketender, welche mit Abbruch des örtlichen Handels, durch Privilegien geschützt, allerhand russische Waaren, ohne jeglichen Zoll, in schmutzigen Buden, die neben prächtigen Pallästen einen traurigen Contrast bilden, handeln, nehmen die vom Militär nicht besetzten Theile der öffentlichen Märkte ein. Die Grabesstille auf den Straßen wird zuweilen durch den Wagen und die Begleitung des Erivanski unterbrochen. Dieser wird, so oft er ausfährt, von einer Schaar Offiziere, meist Kirgisen, begleitet. Einer von diesen übt das Amt eines Vorreiters, und schreit durch die Straßen, der Feldmarschall folge ihm, und es müßten folglich alle Mützen abgenommen werden. Das Nichtabnehmen der Kopfbedeckung vor den Epaulets scheint überhaupt jetzt als ein Staatsverbrechen betrachtet zu werden, und wehe dem, der durch Unachtsamkeit dagegen verstößt. — Neulich ereignete sich der Fall, daß der Rath im obersten Appellationsgerichte Joseph v. Lubienski vor dem General der Cavallerie Witt die Mütze nicht abnahm; der General, der überdieß für einen gebildeten und höflichen Mann gilt, ließ den Rath durch Kosacken auf die Wache bringen. Nach den Spazierfahrten des Feldmarschalls empfängt derselbe gewöhnlich Audienzen, welche meistens polnische Militärs, ihre Wittwen und Waisen in Anspruch nehmen und um Ertheilung von Pensionen bitten, die ihnen rechtmäßig zukommen, weil der Fond, aus dem sie gezahlt werden, aus Procenten besteht, welche ihnen von ihrem Gehalte abgezogen wurden, und welche der Kaiser, zwar nur theilweise, durch einen besonderen Ukas auf drei Jahre versichert hat; dessen ungeachtet werden sie ihnen unter dem Vorwande abgeschlagen, daß die Pretendenten zum lsten, 2ten, 3ten, 4ten, 5ten, 6ten u. s. f. Regimente gehören, welche sämmtlich ge-
Vaterlandes.
Homburg, den 24. Februar 1832.
gen Se. Majestät gekämpft haben. Die Invaliden und Veteranen, obgleich sie in der Revolution nicht zu activen Diensten verwendet wurden, und obgleich ihnen in der Capitulation von Warschau Schutz und Unterhalt von Seiten der Russen versprochen worden ist, sterben fast vor Hunger. Vor einigen Tagen fiel einer von ihnen im Vorzimmer des Gouverneurs von Warschau, wo er Ordonnanzdienste versah, in Ohnmacht, weil er seit mehreren Tagen keine Nahrung zu sich genommen hatte. Die Civilbeamten sind nicht besser daran, als die Militärs, allen wird der Eid, den sie der revolutionären Regierung geleistet haben, als Verbrechen angerechnet, unter ihnen erleiden die Professoren der Universität die größte Ungnade; man wirft ihnen vor, der Jugend demagogische Grundsätze eingeflößt und sie zum Kampf gegen den rechtmäßigen Regenten ermuntert zu haben. Um dergleichen Mißbrauch für die Zukunft vorzubeugen, endigt sich der Unterricht in den gelehrten Schulen mit Tertia, und die Universität ist gänzlich geschlossen, die zahlreichen Bibliotheken, Kunstsammlungen und Kabinets aber versiegelt, und werden nächstens nach Petersburg geschafft werden. — Das Theater wollte man ebenfalls schließen; nach vielen Bemühungen der dabei Interessirten aber hat man es bei dem Feldmarschall so weit gebracht, daß es noch auf einige Zeit bestehen wird. Indessen kennen die Polen ihre traurige Lage zu wohl, um diesem Vergnügen oft beizuwohnen, daher sieht man nur in dem Schauspielhause russische Offiziere und Beamte mit ihren Dirnen, deren Praxis sich jetzt schon erweitert hat. Im Allgemeinen bietet die Stadt den traurigsten Anblick dar; fast alle Häuser sind unbewohnt, die Besitzer derselben scheuen sich bekannt zu machen, daß dieselben zu vermiethen sind, da sie dadurch nur die Einquartirung in ihren Häusern vermehren würden. — Die Fabriken stocken. - Die Nationalbank, trotz der thätigsten Bemühungen des Stellvertreters, des Vicepräsidenten Grafen Heinrich von Lubienski, wird ebenfalls baldigst ihr Ende finden. Der Fürst von Warschau hat nämlich verordnet, daß der Schatz 57,000,000 poln. Gulden bezahlen soll. Da dieser aber nur 27,000,000 Gulden besitzt, so muß die Bank das Uebrige zuschießen. Man blendet zwar das Ausland mit der Fiktion, daß der Kaiser gesonnen sei, einen Vorschuß aus eigener Schatulle zu leisten, es ist jedoch augenscheinlich, daß man nur den Zweck, zu blenden hat. Das Land bietet noch eine viel traurigere Ansicht als
387 die Hauptstadt dar. Es ist allgemein bekannt, daß die Grundbesitzer die größte Last der Revolution getragen, da sie die Abgaben fast dreimal bezahlt und noch außerdem viele freiwillige Beiträge geleistet haben. Ein Ukas zwingt sie, die Abgaben für das Jahr 1831, ohne Rücksicht, daß sie bereits dreifach entrichtet worden, noch einmal an den Kaiser zu zahlen. — Selbst die während der Revolution verkauften Nationalgüter werden als nichtrechtmäßig erworben betrachtet, und das Quantum, für welches sie gekauft worden sind, sowohl wie die Pacht noch einmal gefordert. Ueberdieß macht der Fürst von Warschau bekannt, daß viele Uebelgesinnte die allgemeine Unordnung benutzt haben, um fremde Waaren ohne Zoll ins Land zu bringen, weßhalb alle Kaufmannsläden untersucht und noch einmal verzollt werden. Das Königreich ist mit Militär, welches wenigstens aus 2 0 0 , 0 0 0 Mann besteht, überschwemmt. Diese militärische Besetzung des Landes fällt dem Grundeigenthümer doppelt zur Last, der zuweilen um 30 Meilen sein Getraide zur Anlegung der Magazine herbeischaffen muß. Die Magazine dienen nicht etwa dazu, das Militär daraus zu verpflegen, nein, der Gutsbesitzer ist gezwungen, Soldaten und Pferde, die bei ihm in Quartier liegen, aus eigenen Mitteln zu ernähren, die Magazine aber werden zn Nutzen der Befehlshaber der Regimenter anderweit verkauft. — Irren würde man, wenn man dieses Verfahren als den Willen des Fürsten von Warschau ansehen wollte. Im Gegentheil, es besteht ein Befehl, der jeden im Quartier liegenden Militär verpflichtet, vom Gutsbesitzer eine monatliche Bescheinigung vorweisen zu können, daß er sich bei ihm keiner Erpressung erlaubt habe. Der Gutsbesitzer stellt sie aber, wenn er auch das Gegentheil nur allzusehr fühlt, gern aus, aus Furcht vor den Kantschuschlägen, die bei der Verweigerung von seiner Seite unausbleiblich sein würden. Nur allzuviele Grundbesitzthümer sind in ihrer Verwaltung vernachlässigt, weil ihre Besitzer wegen politischer Verhältnisse das Land meiden müssen. Die Güter des Fürsten Michael Radziwill, des Fürsten Czartoryski und des Grafen Pac sind bereits in militärische Sequestration genommen worden; bald, fürchtet man, werden andere Besitzthümer dasselbe Schicksal erleiden. Die vom Kaiser erlassene Amnestie ist eine wahre Parodie einer solchen Verordnung, da sie Niemanden persönliche Freiheit garantirt, der nur im Geringsten bei der Revolution thätig gewesen ist. Schmerzhaft ist es aber, eingestehen zu müssen, daß die vom König von Preußen erlassene Amnestie, welche den ausgetretenen Polen aus dem Herzogthum Posen sogenannte Vergebung des sogenannten Vergehens ertheilt, ein würdiges Seitenstück der russischen Amnestie ist, und daß man in derselben den russischen Einfluß nur zu deutlich durchschimmern sieht. Welch' ein Unterschied zwischen diesen Amnestien zweier christlicher Regenten und der kürzlich ertheilten Amnestie des Sultans der Türken, den Rayas-Aivali in Kleinasien (s. Nr. 16 der Staatsztg. S. 63.)!!! Nach dem Begriffe der Russen betrachtet man die Einkerkerung vor dem Urtheile als keine Strafe, sondern als bloße Detention, daher geschieht es oft, daß ganz schuldlose
388 Individuen, mit Wissen, nur darum lange im Kerker gehalten werden, weil man vermuthet, sie könnten vielleicht Auskunft über Verbrechen geben, von denen sie häufig nicht einmal Mitwisser sind. — Von dem Gerichte, welches die Theilnehmer an der Revolution richten soll, ist uns noch nichts Gewisses bekannt. Der längst den Russen verkaufte Woyewode Czarnecki, der einzige, der während der Revolution für unwürdig erklärt wurde, im Senat zu sitzen, und daher aus der Senatorenliste gestrichen wurde, hat das Präsidium im genannten Gerichte ausgeschlagen, und man hat Ursache, zu vermuthen, daß kein Pole diese Stelle annehmen werde, nicht sowohl aus Patriotismus (denn es gibt Schurken in Polen, wie überall), sondern aus Furcht, einst Rechenschaft von seinen Handlungen geben zu müssen. Obgleich dieses Gericht noch nicht zusammenberufen worden ist, weiß man doch schon im Voraus, welches Urtheil es fällen wird. Die Schuldigen werden sämmtlich zum Tode verurtheilt werden, und der Kaiser will das Urtheil in der Art mildern, daß er die Todesstrafe in lebenslängliche Zwangsarbeit in den Giftbergwerken verwandeln wird. Der Grund dieser Milde des Kaisers liegt in der Erinnerung an die Vollziehung der Todesstrafe an Pestel, Murawieff u. A. m. Das Gräßliche dieser Execution hat einen so tiefen Eindruck auf die kaiserliche Familie gemacht, daß der Kaiser sein Wort gegeben hat, die Todesstrafe in seinem Reiche, während seiner Regierung, nicht mehr stattfinden zu lassen. Fast sämmtliche Generale sind in das Innere Rußlands geschafft worden, in Wotogda befinden sich deren acht, andere sind am Caucasus, noch andere in Sibirien. Kruckowiecki befindet sich in Orenburg, wohin ihn ein Geistlicher Namens Szynglarski durch die Aussage im Verhör, daß Kruckowiecki der eigentliche Urheber der blutigen Scenen am 15. August gewesen ist, geholfen hat. Das Gerücht von seiner Entleibung ist falsch, gleichwie die Gerüchte vom Tode des Wincent Niemojewski und Peter Wysocki, welche beide noch im Kerker schmachten. - Die Gefängnisse und namentlich die im Karmeliterkloster sind mit Gefangenen angefüllt, die jedoch gegen die Bürgschaft zweier Warschauer Bürger einstweilen freigelassen werden; der Zweck dieser scheinbaren Milde ist, immer mehr Compromittirte ins Land zu locken. Viele OfFiciere und Civilbeamte lassen sich dadurch verführen, kehren nach Warschau zurück und bereiten sich die bedauerungswürdigste Zukunft. Man ist nemlich allgemein der Meinung, daß sämmtliche Offiziere und Gemeine dem Rosenschen Corps zugetheilt werden. Der Grund dieser Muthmaßung liegt in der kürzlich bekannt gemachten Verordnung des Feldmarschalls, in der es heißt, daß es den Militairs der Insurgentenarmee gestattet ist, in die russische Armee zu treten, mit dem Zusätze, daß alle, welche in diesem Augenblicke sich ohne Unterhalt befinden, aufgefordert werden, freiwillig in russische Dienste zu treten. Unter diesem Vorwande werden nach und nach alle Militairs gezwungen werden, in active Dienste zu treten. Die, welche sich schon dazu haben bewegen la[s]sen, werden theils über Kiow ins Innere Rußlands, theils an den Kaukasus befördert. (Beschluß folgt.)
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389 Ein Wort über russische und preußische Amnestie. Daß die Russen ein ganzes Volk zu vertilgen suchen, daß sie den Freiheitssinn neben sich nicht dulden, weil er den Servilismus gefährden könnte, ist nichts Auffallendes. Daß sie im Kriege Kinder und Weiber mordeten, und die Tschermissen Asiens zum blutigen Fest beriefen, ist für sie ein alter Gebrauch. Daß sie, so lange sie noch nicht gesiegt hatten, manchesmal gefangene Polen mit Milde behandelten, liegt in ihrem Nationalcharakter. Sie waren der Zukunft unsicher, die Polen hatten mehr Gefangene, und schlau sind die wilden Menschen und Thiere. Jetzt rauben sie Kinder, treiben die Väter in die Wüsten Sibiriens, verdammen sie aus Geldgierde zu einem langsamen Tode in den Gold- und Silbergruben, vernichten die Kirchen, beschimpfen die Religion und verwerfen das Gesetzbuch. So handelte Tschingischan, so handelten die Voreltern der Russen, und die Handlung ist nicht auffallend; der Sohn eines Vaters, der Bruder eines Mannes, bei denen tartarische Gesichtszüge die Abstammung von rohen Horden bestätigten, konnte nicht anders handeln. Aber Preußen? Dieses Land, bei dem seither eine gewisse Moralität den Mangel der Constitution ersetzte, und dessen König in dem nicht unbilligen Rufe der Gerechtigkeit stand, läßt sich jetzt, betrogen von seinen Ministern, zum Werkzeug einer Schandthat mißbrauchen, und giebt zu erkennen, daß an jenem Tage, an welchem seine Haustochter dem Kaiser von Rußland die Hand reichte, die preußische Dynastie sich mit dem Moskowiter Czaarthum und dem tartarischen Zerstörungsgeiste vermählt hat. Wir schreiten zum Beweise. Die Polen des Großherzogthums Posen, denen durch das Patent der Besitznahme eine Nationalität versprochen, aber eben so wenig als ihren preußischen Nachbarn eine Constitution gewährt wurde, vergaßen vorJahr und Tag ihre gerechten Beschwerden, um ihren damals im Aufstand begriffenen polnischen Brüdern nicht an Preußen einen neuen Feind zuzuziehen. Sie brachten ihren Brüdern Geld und Blut zum Opfer, ließen aber Frieden und Güter den Preußen. Ueber diese Handlung der Polen sollte nun das preußische Gesetz richten. Die entsprechende gesetzliche Strafe wegen heimlicher Auswanderung schien für die edlen Flüchtlinge zu leicht, und es wurde demnach durch einen Machtspruch ein neues Gesetz erlassen. Nun sollte also dieses gelten. Nach dem Landrecht müssen, bevor über den Vermögenstheil eines Bürgers von Staatswegen disponirt werden kann, dreimal von drei zu drei Monaten Edictalladungen erlassen, und überall, wo nur immer der Aufenthaltsort des Betheiligten zu vermuthen ist, durch öffentliche Blätter publizirt werden. Nichts davon ist geschehen. Man eilte des fremden Gutes habhaft zu werden, man erklärte das eingezogene Vermögen zu gemeinnützigen Institutionen verwenden zu wollen — für Institutionen oder Stiftungen, denen man seit vielen Jahren ihre rechtmäßigen Fonds unrechtlich entzogen hat. Ein Fräulein, welches 30,000 Gulden ihren Landsleuten geschenkt, und als barmherzige Schwester die Charpie, welche in Berlin mit Erlaubniß des Königs ge-
zupft worden war, auf blutige Wunden gelegt hatte, wurde dessentwegen ihres ganzen Vermögens beraubt! Sie hieß Sczaniecka — möge ihr Namen leben im Andenken einer dankbaren und glücklichen Zukunft! So handelte und so handelt Preußen gegen diejenigen, welche an Polen Blut und Wünsche schenkten, den Preußen aber, ich wiederhole es, Frieden und Genuß des früher geraubten Gutes ließen. So sei es denn — und genug hievonü! Nach der Zerstreuung der Conföderation von Bax ließ der Russe Drewicz den Gefangenen die Hände abhauen und Cosziusko's Revolution folgte auf nahem Fuße. Sie war umfassender, kühner und glorreicher als die erste. Suwarow sah der Niedermetzlung von Frauen und Kindern auf den Trümmern Pragas zu, und allgemeiner noch und glänzender erhob sich der Aufstand unter Napoleon. Der Großfürst Constantin und seine Helfer drückten die polnische Nation zu einer solchen Tiefe, schnellten sie aber dadurch zu einer solchen Höhe, daß ihre jüngste Revolution durch den beispiellosesten Heroismus alle frühern Revolutionen zurückließ. So waren Unterdrückung neue Kräfte, und aus der Tyrannei erblüht die Freiheit. Darum werft euch ihr Könige über Polen und erfüllt der Vorsehung heimliche Beschlüsse! Ihr seid verurtheilt - verurtheilt die Langmuth Gottes zu erschöpfen und ohne einen Entschuldigungsgrund vor sein Gericht zu treten. Rache braust in den Herzen der Völker, und sie mögen das Geschick nicht hemmen, welches euch in den Abgrund hinunter zieht! Zur Tagsgeschichte. Deutschland. Die in der Gegend von Aachen und Dürer gestandenen zwei preußischen CavallerieRegimenter, welche nunmehr nach Westphalen abgerückt sind, haben durch ihr Betragen den Mißkredit nicht vermindert, in welchem überall die stehenden Heere stehen. Es sind blutige Ausschweifungen von den Soldaten verübt worden, wobei auch zwei Prinzen, die bei den Regimentern als Officiere dienen, betheiligt gewesen sein sollen. Diese Ausschweifungen haben um so mehr Sensation erregt, als andere vor einigen Jahren in eben derselben Gegend stationirte Regimenter, die aus Rheinländern bestanden, mit der Bevölkerung in freundlichen Verhältnissen lebten, woraus hervorzugehen scheint, daß die Schuld den Bewohnern nicht beigemessen werden kann. Man hofft, daß die Regierung ihr Interesse nicht verkennen und die Vorfälle auf sich beruhen lassen, oder im Stillen abthun werde, wie dieß mitunter wohl geschieht, wenn anders ihr daran gelegen ist, die seit fünfzehn Jahren sehr geschwächte öffentliche Meinung nicht noch mehr sich zu entfremden. Wenn es überhaupt irgendwo der Empfehlung bedarf, die Soldaten zu befähigen, dem Bürger gegenüber den Stand nicht in der Faust zu tragen, dann ist es gerade Preußen, das hieraus sehr nothwendige Belehrung ziehen könnte. Die schlecht arrondirte Lage des Staates dringt entschieden darauf, in der öffentlichen Meinung Stütze zu suchen. Die hetrogenen Theile können nicht durch starre Formen dauerhaft zusammengehalten werden. Ein Geist muß sie verzweigen, und
391 dieser auf eine fortschreitende Politik sich gründen, die nach Innen den materiellen Bedürfnissen und nach Aussen den Forderungen der Zeit nachgibt, wenn jene Erfahrung sich nicht wiederholen soll, die sattsam bewiesen hat, wie mißlich es sei, den Bürger blos als benutzbares Mittel für den Zweck eines soldatesken Heeres zu gebrauchen, und auf dieses ausschließlich sich zu stützen. Wir fürchten die Zeiten von Jena kommen wieder. Homburg, 24. Februar. Auch das Bezirksgericht in Zweibrücken hat sich in dem Prozesse der deutschen Tribüne wider die baierische Regierung wegen Verletzung constitutioneller Rechte für incompetent erklärt. Wir empfehlen dem Publikum auf das dringendste Savoye's Schrift: „Garantien der freien Presse im baierischen Rheinkreise, in Commission bei Ritter in Zweibrücken." - Aus dieser gediegenen Abhandlung wird Jedermann von der groben Widerrechtlichkeit des Regierungsverfahrens und von der wohlbegründeten Zuständigkeit der Gerichte sich überzeugen. Wir bemerken übrigens, daß das Urtheil des Bezirksgerichts in Zweibrücken nicht als ein Zeichen der Unterwürfigkeit unter die Regierung, sondern nur als das Werk juristischer Ueberzeugung anzusehen ist. Das Gericht hat die Ansicht, daß es in der Sache nicht entscheiden dürfe. Wir ehren daher diese Ansicht, wenn wir schon überzeugt sind, daß sie die irrige sei. Tritt nun auch das Appellationsgericht derselben Ansicht bei, so steht es fest, daß die Regierung die Backöfen und alles Eigenthum der Bürger nach Belieben versiegeln lassen kann, ohne daß die Bürger bei Gericht Schutz suchen können. - Herrlicher Rechtszustand der Bürger! In dem fränkischen Merkur liest man Folgendes: „Nürnberg, 17. Febr. Einer gestern angelangten Ordre zu Folge rücken nunmehr auch die hier garnisonirenden zwei Eskadrons des 6ten Chevauxleger-Regiments unverzüglich nach dem Rheinkreise aus. Die Ordre bestimmt den Aufenthalt des Regiments in genanntem Kreise vorläufig auf drei Monate. Mit Bedauern sehen die Bürger Nürnbergs ein Corps scheiden, das durch Bande gegenseitiger Freundschaft ihnen theuer geworden, in welchem sie während eines 17jährigen Aufenthalts so viele Biedermänner kennen und schätzen gelernt. Möchte mit diesen wackern Männern zu unsern Brüdern jenseits des Rheins jene ruhige Besonnenheit zurückkehren, ohne welche den Forderungen unserer großen Zeit nimmer zu genügen ist, möge nicht durch Mißkennen wohlerworbener Rechte von der einen, durch Ueberspannung und Leidenschaftlichkeit von der andern Seite ein Zustand genährt werden, der nimmer Gutes erzeugen, der vielleicht selbst die traurige Nothwendigkeit im Gefolge haben könnte, dem Krieger das Schwert, das das Vaterland ihm anvertraut, im Namen und zum Schutze des Gesetzes, ziehen zu lassen gegen die Mitglieder der großen Familie des baierischen Volkes, zu der ja auch er sich zählt." Der Verfasser dieses Artikels hat vielleicht die gute Absicht, zu versöhnen; allein er kennt dieThatsachen nicht, und schreibt daher, ohne es zu wissen, Unsinn. Die Rheinbaiern verstehen unter ruhiger Besonnenheit den kalten männlichen Entschluß, die Gedruckt auf der Presse des Volkes.
392 Gesetze hoch zu achten, aber auch sie zu schützen; die W ü r d e des Bürgers und seine Rechte zu bewahren und sie höher zu achten, als alles andere. In diesem Sinne hat kein Deutscher in höherem Grade ruhige Besonnenheit, als eben die Rheinbaiern. Kein Deutscher achtet ferner in höherem Grade das Gesetz, als die Rheinbaiern. Nirgends ist in diesem Lande eine Spur von Unordnung vorhanden. Einige Journale gehen zwar, im Sinne der öffentlichen Meinung, dem Despotismus und dem AussaugungsSystem der Könige zu Leibe, sie dringen auf eine durchgreifende politische Reform Deutschlands. Allein auch sie halten sich in den Schranken der Gesetze. Wenn sie es aber auch nicht thäten, so hat man die Gerichte, um sie bestrafen zu lassen. M a n hat also nicht nöthig, Militärmacht zu schicken. Daß man es thut, und daß man offen droht, das Schwert des einen Baiern in das Blut des andern tauchen zu wollen - dieß ist ein Fingerzeig, der viel bedeutet. Wenn die Regierung in der Bahn des Gesetzes bleiben und die Presse, wo sie ihr mißfällig ist, auf dem Wege des Gesetzes angreifen will, so wird Rheinbaiern fortwährend das Bild der Ruhe und der Ordnung darbieten. W i l l sie aber, wie es scheint, nur darum zur Gewalt chreiten, weil sie überzeugt ist, auf dem Wege des Gesetzes ihre Zwecke nicht zu erreichen; will sie also ihren Plan zur neuen Verfinsterung und Unterdrückung des Landes mit Waffengewalt durchzuführen suchen, so darf sie glauben, daß es in Rheinbaiern Männer gibt. Frankfurt am Main, 1800 (nicht 1600) 32. Bekanntlich ist es nur an 15 Juden gestattet, sich jährlich zu verheirathen, das heißt, unser Senat befaßt sich einmal des Jahrs damit, an alle diese 15 Ehepaare in einer Senatssitzung die Erlaubniß zu ertheilen. Diese dem Natur- und dem Menschenrecht zuwiderlaufende Staatsmaxime findet im Senat die wärmsten Vertheidiger; auch diesmal trugen die Obscuranten den Sieg davon, indem der Senator Dr. M. - g., Dr. K. - s. und Dr. S. — t. durchaus ohne Scheu, und mit den schmählichsten Ausdrücken, spanischer Inquisitoren würdig, sich gegen irgend eine menschlichere Maxime aussprachen. Alles was ein hoher Senat für Recht erkannte, war, daß von nun an die Anciennität der Verlobten den Maasstab der Erlaubniß bestimme, und nicht mehr wie bisher eine bonne volonte des Senats. Der schöne Aufruf des „Volks-Tribuns in Würzburg," welchen wir gestern in einer Beilage mitgetheilt haben, wird in unserer Druckerei unentgeldlich abgegeben. Er möchte sich vorzüglich zur Aufklärung der Landleute eignen. R. d. d. T. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Samstag.
Tribüne. des
N— 50.
Unvernunft des göttlichen Rechts. Es gibt gewisse Vorurtheile, welche nicht allein den einzelnen Menschen, sondern auch ganze Völker beherrschen und beherrscht haben. Dahin gehört auch dasjenige, nach welchem die Könige und Fürsten als eine Art höherer Wesen und darum für heilig und unverletzlich gelten. Gibt es ein Vorurtheil, das auf der einen Seite grundlos und lächerlich ist, auf der andern Seite den Völkern verderblich und ihrem Fortschreiten zur Humanität hinderlich war; so ist es dieses. Dieses Vorurtheil hat von jeher die Völker dem Grimme blutiger Tyrannen Preis gegeben, und sie so sehr entwürdiget, daß sie die Erpressungen unersättliche Herrscher, die Demüthigungen trotziger und übermüthigerr Despoten ruhig erduldeten. Dem Einflüsse dieses Vorurtheils haben wir auch in allen unsern Verfassungen das Gesetz zu danken: die Person des Königs ist heilig und unverletzlich. Ein öffentlicher Beamter, welcher überfuhrt werden kann, daß er das ihm anvertraute Staatsgut untreu und unredlich verwaltet habe, wird seiner Stelle entsetzt und zur Strafe gezogen; — aber der Fürst, dem die Gesetze und mit diesen die Freiheit, die Wohlfahrt, die Ehre, mit einem Worte die wichtigsten und höchsten Güter des Volkes anvertraut sind, soll unverantwortlich und unverletzlich sein, wenn er diese Güter an tastet? Welche Weisheit! Der Zweck der Constitution ist, das Volk vor der Willkür der Fürsten sicher zu stellen. Nicht der Fürst, sondern das Gesetz soll das Höchste sein, unter dem Alle ohne Ausnahme stehen. Folglich muß auch der Fürst dem Gesetze unterthan sein. Je wichtiger die Aufrechthaltung der Gesetze für das Volk im Allgemeinen und für jeden Staatsbürger insbesondere ist, desto schwerer muß die Verantwortung, desto strenger die Ahndung sein, wenn der Fürst, der Hüter der Gesetze, sich gelüsten lassen sollte, dieselben zu verletzen und umzustoßen. Ein Fürst, welcher die Bedingung der Verantwortlichkeit nicht eingehen will, verräth dadurch seine schlimmen Absichten gegen das Volk, und einen solchen Fürsten ist das Volk nicht verpflichtet, anzuerkennen. Nimmt er aber die Bedingung an und verletzt gleichwohl das Gesetz, so mag ihm widerfahren, was in solchem Falle das Gesetz wider ihn verhängt. Die fürstliche Gewalt, wenn gleich durch die Constitution eingeschränkt, ist doch noch immer sehr groß und in die Hand eines Einzigen gelegt, ist sie für diesen, zumal wenn er in den Grundsätzen der Willkür erzogen worden,
Vaterlandes.
Homburg, den 25. Februar 1832.
eine gefährliche Versuchung zum Mißbrauche. Ist es denn klug gehandelt, diese Versuchung durch die im voraus zugestandene Unverantwortlichkeit und Unverletzlichkeit des Frevlers noch lockender zu machen? Der Fürst, hört man einwenden, kann immerhin unverletzlich sein; wenn nur die Minister verantwortlich sind, so ist die Sicherheit des Volks und die Erhaltung der Gesetze verbürgt. Gut. Wenn nun aber ein kühner, kräftiger und mit Verstand reich begabter Fürst — freilich eine wunderseltene Erscheinung - Minister fände, mit denen er im Vertrauen auf die Unverletzlichkeit seiner Person einen Angriff auf die Verfassung und die Rechte des Volkes wagen könnte? Gelingt der Streich: so ist es um die Freiheit des Volks geschehen, gelingt er nicht und die verrätherischen Minister verfallen dem Strafgesetze, wäre es dann nicht eine empörende Ungerechtigkeit, nur die Irregeleiteten und Verführten zu opfern, den Urheber und Anstifter des Verbrechens aber leer ausgehen zu lassen? Aber, ruft man wieder, der König ist durch die Verfassung so gebunden, seine Macht ist so eingeschränkt, daß er durchaus nichts Gefährliches gegen das Volk unternehmen kann. - Dann, lieben Freunde, ist Euer König weiter nichts als ein Strohmann, den Ihr ganz und gar entbehren könnt. Der Aufwand, welchen das Puppenspiel des Throns erfordert, ist dann eine eben so unnütze als unwürdige Verschwendung der Staatskräfte. Haben die deutschen Völker in der That überwiegende Gründe, unter allen Regierungsformen, der constitutionellen Monarchie den Vorzug zu geben: so mögen sie wohl zusehen, daß sie sich mit der gesetzlich ausgesprochenen Unverletzlichkeit und Heiligkeit der Person des Fürsten nicht im Lichte stehen. Diese göttlichen Herren haben bisher unter dem Schirme ihrer Unverletzlichkeit dem Interesse und den Rechten der Völker einen trotzigen und hartnäckigen Widerstand geleistet. Lasset sie aber, indem ihr sie für die Zukunft verantwortlich macht, zu der Menschheit herabsteigen, und ihr dürft euch darauf verlassen, daß die Gerahr: Thron, Freiheit und vielleicht selbst das Leben durch gesetzmäßig-richterlichen Ausspruch zu verlieren, sie geschmeidig machen wird. Das leidenschaftliche Gemüth des Portugiesen ist bald zu einem Morde entschlossen. Nur des Volkes blödsinnige Scheu vor der Heiligkeit eines Fürsten erlaubte dem jetzigen Usurpator seine scheußliche Rolle bis zu diesem Augenblicke zu spielen. Unter dem Schutze dieses Aberglaubens durfte
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395 König Ludwig Philipp es wagen, den schmählichsten Verrath an Frankreich zu begehen, unter dem Schutze desselben Aberglaubens durfte sich König Wilhelm erdreisten, sich der Reform des Parlaments zu widersetzen. Dieser Wahnsinn ist's, welcher das Glück vieler Millionen Menschen zu Grunde richtet und die Civilisation unseres Erdtheils noch auf viele Jahre hinauszuschieben droht.
Briefe aus und über Polen. (Beschluß.) Das Militairkreuz virtuti militari, an dessen Stiftungstag (3. Mai) sich die schönsten Erinnerungen Polens knüpfen, wird jetzt allen russischen Militärs, sowohl Offizieren als Gemeinen, welche an dem letzten Kriege Theil genommen, ertheilt, und mit dieser letzten Ertheilung abgeschafft. Es ist von keiner Constitution die Rede, und man versichert, Polen werde in 7 Gubernien getheilt werden, demzufolge sind sämtliche russische Beamte, in Litthauen, Volhynien, Podolien u. s. w., weil diese den polnischen National-Charakter näher kennen, aufgefordert worden, zu erklären, ob sie nicht Aemter im Königreiche übernehmen wollten. — Dem Namen nach wird jedoch das Königreich in seinen frühern Grenzen bestehen und seine eigenen Zölle haben; ein sicheres Mittel, den polnischen Fabriken einen baldigen Verfall zu bereiten. — Kaiserl. Ukase werden an die Stelle des Code Napoleon treten. Alle diese verderblichen Maßregeln treffen zwar das Ganze, erwecken aber nicht soviel Schauder, als das barbarische Wegführen der Zöglinge des Cadettencorps von Kalisz nach Petersburg und Moscau, ohne Rücksicht auf ihr Alter und Familienverhältnisse. Dieses mit Füßentreten der zartesten Gefühle erfüllen das Land mit Jammern und Wehklagen der Mütter und Schwestern. Krakau theilt das Schicksal Polens. Die Russen sehen wohl ein, daß diese Stadt ihnen einst als Zufluchtsort der Mißvergnügten verderblich werden könnte. Rüdiger erhielt darum den Befehl, Rozycki wo möglich zu zwingen, seinen Rückzug über Krakau zu nehmen, und bei dieser Gelegenheit die Stadt zu zerstören. Rozycki wurde davon benachrichtiget, und zog sich nach Gallizien zurück, ohne das Territorium der Freistadt berührt zu haben. Rüdiger rückte dessen ungeachtet in Krakau ein und entschuldigte diese Verletzung des Wiener Traktats mit einem Artikel der Posener Zeitung, in dem es hieß, er wolle durch die Besetzung Krakaus Unruhen ein Ziel setzen, welche durch polnische Offiziere erweckt worden wären, die Chlopicki und Skrzynecki hätten ermorden wollen. Zur deutlicheren Bestätigung seiner Aussage verhaftete er 28 Offiziere, die, um sich den Beschwerden des Königs zu entziehen, unter dem Vorwande der Krankheit Krakau zum Aufenthaltsorte gewählt hatten, und schickte sie ins Innere Rußlands. Diese Fiktion täuschte indeß die Welt nicht dermaßen, als es die Russen bezweckten, auswärtige Zeitungen haben das Falsche des Artikels in der Posener Zeitung dargethan, darum ersann man eine neue Lüge, die jedoch noch viel ungeschickter ausgefallen ist. Der Kaiser ließ nämlich, lange
nach der allgemeinen Amnestie, eine besondere Vergebung für ein Bataillon des 6ten InfanterieRegiments, welches vermeintlich in Krakau stehen, und bei der Einnahme der Stadt durch Rüdiger, das Gewehr gestreckt haben sollte, bekannt machen. Allen, die an dem Kriege Theil genommen haben, ist es nur allzuwohl bekannt, daß das ganze 6. Infanterie-Regiment in den letzten Zeiten zum Corps Romarino's gehört habe, und folglich nicht in Krakau sein konnte. Alle diese Manövers dienten als Vorhang, hinter welchem diplomatische Verhandlungen um Krakau gepflogen wurden, die der Baron Mornheim, ehemaliger Chef des Bureaus des Großfürsten Constantin, leitete. Rußland wollte Krakau dem Königreiche einverleiben, Preußen hatte seine Einwilligung bereits gegeben, als die Bestechung Metternichs mißlang und es wird daher mit der Freistadt beim Alten bleiben, bis auf die Constitution, die umgeformt werden soll, und zu deren Ausarbeitung bereits drei Bevollmächtige sich in Krakau befinden. Alle diese rafinirten Maaßregeln rühren nicht vom Kaiser her, sie sind vielmehr die natürlichen Folgen der innern Verhältniße Rußlands. Ausser Millionen von Einwohnern, welche kaum den thierischen Instinkt überschritten, theilt sich der civilisirte Theil Rußlands in zwei Parteien, nämlich in die Partei des Hofs, der Fremden, der Deutschen, und die Partei der Stockrussen, Aristokraten, Bartträger. Vor dem Ausbruche der Revolution in Polen hatte die Hofpartei die Oberhand, und beherrschte von Petersburg aus das ganze Reich, während die Aristokraten in Moskau ohne allen Einfluß über die Ukase brummten. Mit dem Tode des Feldmarschalls Diebitsch unterlag die Hofpartei den Aristokraten, die JermailofFzum Oberhaupt hatten. Die Einnahme Warschaus bekränzte den Ruhm Erivanski's mit neuen Strahlen und befestigte seinen Einfluß in der aristokratischen Partei. Von nun an ist der Haß gegen die Polen zum Haß gegen alles Nichtrussische, Folglich gegen alles Europäische geworden. Alle in Rußland angestellten Fremden, als Deutsche, Lief- und Churländer, erhalten Aemter am Caucasus. Engel und Fuhrmann, Mitglieder der provisorischen Regierung in Polen werden ebenfalls andere Bestimmungen bekommen. Der Chef des Generalstabs Graf Toll hat in Folge eines Zwiespalts mit dem Feldmarschall nach Einnahme Warschau's die Hauptarmee verlassen. So weit treiben die Russen ihren Haß gegen alles Ausländische, daß sie den Schiffseigenthümern anbefohlen haben, daß nur ein kleiner Theil ihrer Matrosen aus Ausländern bestehen darf. Selbst in den Sitten der Russen bemerkt man eine auffallende Veränderung, das Kartenspiel und der Champagner hat den Debatten über russische Nationalität und russischen Ruhm Platz gemacht. - Die mit dem Feldmarschall nach Warschau eingerückten kaiserlichen Garden haben alle Schriften, die von der letzten Revolution handeln, angekauft, nicht etwa aus Vorliebe für die darin ausgesprochenen liberalen Grundsätze, sondern vielmehr, um das Volk, welches sie besiegt haben, in moralischer Hinsicht kennen zu lernen. Der Großfürst Michael, anderer Meinung als seine Untergebenen, unternahm in Kowno eine Revision und ließ aus sämmtlichen verdächtigen Werken ein prächtiges auto-da-fe veranstalten. Die geheime Polizei treibt ihr Wesen ärger als je. Das Bereisen des Landes vom General Wincent Krasinski
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397 scheint nicht sowohl den Zweck, den durch den Krieg erlittenen Schaden zu ersetzen, gehabt zu haben, als vielmehr die Meinungen und Gesinnungen der Einwohner zu erspähen, wenigstens scheint folgender Vorfall einen Beweis davon zu liefern. An der österreichischen Gränze ließ er den, auf seinem Schlosse Dzikow wohnenden, Grafen von Tarnowski zu sich laden, um demselben Vorwürfe zu machen, daß er und viele andere Einwohner Galliziens polnische Offiziere bei sich unterhielten. Er meinte sogar, daß die Mitglieder des patriotischen Clubs eine Verbindung unter sich erhielten, und den Entschluß gefaßt hätten, Paskiewitsch und andere Glieder der Regierung zu ermorden. Tarnowski behauptet, dieß sei nur ein der Wahrheit zuwiderlaufendes Gerücht, gestand aber freimüthig, daß er sowohl als viele Einwohner Galliziens polnische Militärs aus Mitleid unterstützten, auch verdiene er wohl, daß man seiner Aussage Glauben beimesse, weil er an der Revolution durchaus keinen Antheil genommen habe. Er habe die Detronisationsakte nicht unterzeichnet, sondern Graf Gustav Malachowski habe ohne sein Wissen und Willen seinen Beitritt zur genannten Akte, so wie mehrerer andern Senatoren dem Senat übergeben. Das Gerücht von dieser vermeinten Verschwörung kommt von einem Juden Lederer aus Gallizien her, der seine Rapports der geheimen Polizei in französischer Sprache redigirt. Das ausgesprengte Gerücht hatte einen jüdisch-merkantilischen Zweck. Der bekannte Philosoph Golachowski nämlich hatte in einem Städtchen das Brantweinmonopol in Pacht genommen, welche die Juden an sich ziehen wollten und Lederer zu ihrem Zweck benutzten, welcher in einem Rapport die Verschwörung beschrieb und Golachowski an deren Spitze setzte, um ihn dadurch der Pacht zu berauben. Da wir einmal auf den Schnappsartikel gekommen sind, so schließt sich hier noch eine andere Thatsache an: Ein Edelmann aus der Gegend Warschaus brauchte einen Brandweinbrenner, wozu sich bald ein Individuum meldete, welches ihm gestand, daß es vor der Revolution zu der geheimen Polizei gehört habe; der Edelmann aus Furcht vor den Russen, wollte mit dem Brandweinbrenner wegen dieses Geständnisses nicht brechen; einige Tage darauf erklärte dieser aber, daß er den Dienst bei ihm nicht annehmen könne, indem die Regierung ihn fur seine geleisteten eifrigen Dienste belohnt habe und er zum Kreishauptmann ernannt worden sei. Folgender Vorfall ist ebenfalls authentisch und verdient der Oeffentlichkeit überliefert zu werden. In einem Kaffeehause Warschaus kam das Gespräch auf die polnischen Truppen, welche die preußische Grenze überschritten hatten. Auf die Frage eines bekannten warschauer Anwalts, was wohl die preußische Regierung wegen der über die Grenze gegangenen Armee fur einen Entschluß fassen würde, entgegnete Jemand aus der Gesellschaft, die Truppen würden auf jeden Fall dem Kaiser überliefert werden. Der Advokat behauptete mit Feuer, daß die von Hugo Grotius und Puffendorf aufgestellten Grundsätze in unseren Zeiten nicht so frech mit Füßen getreten werden dürften. Ein bei dem Gespräch gegenwärtiger Spion glaubte nichts besseres thun zu können, als den Anwalt, Hugo Grotius und Puffendorf zu denunciren. Die Polizei ertheilte Befehl, alle drei sofort zu verhaften. Ein Gens'darme, der den Auftrag der Verhaftung erhalten
hatte, hatte den Anwalt und einen französischen Buchhändler Hugues gefaßt und meldete, daß er Hugo Grotius und den Advokaten bekommen habe, Puffendorf habe sich jedoch aus dem Staube gemacht. Eben erfahren wir, daß der bekannte RaquetenMeister Hube, wegen der Anklage, daß er Papiere, welche die russische und preußische Politik in Hinsicht Frankreichs compromittiren, bei sich führe, in Thorn angehalten worden ist und sich von da aus dem Staube gemacht. - Es ist ihm nämlich verrathen worden, daß die Russen die Absicht hätten, ihn aus Thorn zu entfuhren. Nach diesen Thatsachen beurtheile man nun die Artikel der Staats- und andrer Zeitungen unter der Aufschrift Polen.
C o r r e s p o n d e n z . Deutschland. Aus dem Breisgau. Sollte der Bund der Fürsten die Freiheit des Rheinkreises durch bewaffnete Einmischung unterdrücken wollen, so wird Deutschlands waffenfähige Schaar zum Schwerte greifen: Ihr werdet dann nicht allein dastehen, ihr wackern Bürger des Rheinkreises, und der Kampf wird enden mit dem Siege der Freiheit zur Ehre der Völker, zur Schmach der Zwingherren. Deutschlands Einheit ist auch hier das Losungswort. — Gegen Chikanen von Seiten der Regierungen schützt Sie verläufig der Vaterlands-Verein, und darum schließt man sich auch hier mit Lust und Feuer demselben an. SubscriptionsListen gehen hier von Ort zu Ort, und schon hat man sich in Freiburg, Herbolzheim, Riegel, Bischofsheim u. a. O. zu monatlichen Beiträgen verpflichtet. In etlichen Tagen erfahren Sie die Resultate. — Dieß zur vorläufigen Aufnahme in Ihr Blatt mit unserm deutschen Gruße. H. Frankfiirt a. M., 22. Febr. Auch bei uns findet der vaterländische Verein zur Unterstützung der freien Presse die wärmste Theilnahme. Angesehene Leute nehmen sich seiner mit der größten Liebe an: bald werden hier sehr bedeutende Summen beisammen sein. Frankfurt ist reich, und vielleicht war es sich dessen nie so freudig bewußt, als gerade jetzt. Das Vaterland gleicht einer verarmten Mutter; was wäre von den reichen Töchtern zu halten, wenn sie sich der nothleidenden Mutter nicht annehmen wollten? Aber sie werden es thun. In unserer Stadt lebt Sinn für die neue Reform. Wie konnte das auch anders sein, da unsere Censur hier allgemein verhaßt ist. Auch residirt hier der Bundestag. - Nicht gewichen, ihr Vertheidiger der deutschen Reform! Euer Wort rollt über Deutschlands Gaue hin, wächst an wie die Lawine, reißt jeden Widerstand nieder und wird gewaltiger werden von Tag zu Tag. Die Sache der Reform wächst zu einem Berg im deutschen Lande; Zwerge kämpfen gegen sie an. Aber wären die Ankämpfenden auch Riesen, so würde dennoch die Freiheit siegen. — Tretet also dem vaterländischen Preßvereine bei! — das Vaterland bettelt. Wollte man es lange betteln lassen, [s] ο wird solche Unempfindlichkeit und sündhafte Kälte von der Geschichte der kommenden Zeit mit Schmach gebrandmarkt werden.
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399 Schicken Sie uns umgehend Exemplare der Tribüne, welche Artikel enthalten, betreffend den Vaterlandsverein. Wir wollen solche bestens verbreiten. Auch Subscriptionslisten fügen Sie bei. Sie werden ansehnliche Beiträge erhalten. Aber nur schnell! schnell! — Es ist jetzt periculum in mora. Der Feind rüstet sich. Müssen wir nicht auch schnell unter Waffen treten? Im Namen vieler Frankfurter VaterlandsFreunde. Die deutsche allgemeine Zeitung schreibt aus Leipzig: „Wahrscheinlich, damit wir die Ruthe nicht vergessen sollen, sind seit acht Tagen wiederholte Konfiskationen von Numern der deutschen Tribüne (29, 32 u. a.) verhängt worden. Dieses Blatt genießt jetzt das Privilegium, bevor es von der königl. Zeitungsexpedition ausgegeben wird, dem Komthur, Hofrathe Dr. C . D . Beck, vorgelegt zu werden, der es nicht unverträglich mit seiner Würde und seinem Ruhme als Gelehrter findet, diesen Polizeidienst zu üben. Glück zu! erst über der Asche der in unterthänigster Unterthänigkeit Ergrauten wird das neue, stolzere Geschlecht die Tempel seiner Götter aufrichten." — Wir werden Sorge tragen, daß die Tribüne auf einem andern Wege nach Leipzig komme und regelmäßig dort ausgegeben werde. Bei dieser Gelegenheit bitten wir das Publikum wiederholt, uns sogleich Nachricht zu geben, sobald die Tribüne an irgend einem Orte unterdrückt wird. Wir werden dann sogleich Vorkehrungen treffen. München, 17. Febr. Ich kann es nicht unterlassen Sie zu benachrichtigen, daß schon seit einer Woche die Tribüne, der Westbote und das Volksblatt, wie ich aus guter Quelle weis, auf der Post confiszirt werden. Die letzte Nummer des Volksblattes und des Westboten ist jedoch heute wieder ausgegeben worden, aber die Tribüne wird fortwährend geraubt. Ich sage geraubt, denn ein Raub und Diebstahl ist es, das Eigenthum der Bürger wider alles Recht und Gesetz heimtückischer Weise wegzunehmen. Aber dieß ist noch nicht Alles; nur ein kleiner Anfang dessen, was noch kommen wird. Und Heil uns, daß die Regenten so mit Blindheit geschlagen sind. M a n muß die Deutschen betrügen und noch dreimal betrügen, und dann noch schinden, bevor sie den Tyrannen lehren, was Rechtens ist. - Jetzt ist ein Cabinetsschreiben an alle Staatsbeamte ergangen, worin sie sich mit ihrer Unterschrift eidlich verpflichten sollen, weder im Geheim noch öffentlich an der Unterstützung des von Ihnen gestifteten Vereins zur Verbreitung freisinniger Schriften, Theil zu nehmen, widrigenfalls sie volle Ungnade und gebührende Strafe zu erwarten hätten. — Gegen die edlen durchreisenden Polen benimmt man sich grausamer, als es die Türken thun würden. Kürzlich kamen 11 polnische Offiziere, meistens Studenten, hier an. Nur mit Mühe hatten diese in Regensburg die Erlaubniß erhalten, über München zu reisen. Kaum hier angekommen, bekamen sie von Oben die Weisung, binnen 24 Stunden die Stadt zu verlassen. D a wir Studirenden aber unsere akademischen Mitbürger nicht sobald von uns lassen wollten, so sagten wir ihnen, sie sollten sich an diese Weisung gar nicht kehren, und wenigstens noch einige Tage bei uns bleiben. O b nun gleich die Polizei ihnen noch Gedruckt auf der Presse des Volkes.
mehrere Male den Befehl ertheilte, München zu verlassen, so bekümmerte man sich wenig darum. Dieselben Maßregeln hat man gegen zwei hohe polnische Offiziere angewendet; den einen, Major Zaluky mit Familie, hat man genöthigt, heute München zu verlassen; dem andern, Major Crosciechowsky hat man noch 3tägigen Aufenthalt zugestanden. - Mit Angst beobachtet daher die Polizei die Theilnahme, welche den edeln Polen bei uns Studirenden zu Theil wird. Noch verdient bemerkt zu werden, daß die Regierung, um den freisinnigen Journalen einen kräftigen (?!) Damm entgegenzusetzen, eine neue Zeitung, unter dem Namen „bairische Staatszeitung mit dem 1. März ins Leben treten lassen wird. Die Redaction übernimmt der Dr. Hofrath Lindner von Stuttgard, der schon hier angekommen ist. — Auch soll der neue Finanzminister seine Dimission eingereicht haben, so daß wider ein Portefeuille zu haben ist. Celle. Die Untersuchung gegen die hier befindlichen Staatsgefangenen, d. h. deutschen Patrioten, wird von Seite der Regierung in 6 Wochen geendigt sein. O b das Urtheil gelinde sein wird, ist noch sehr zweifelhaft, besonders da der König von England erklärt hat, dem Rechte freien Lauf zu lassen. Es befinden sich gegenwärtig nur noch 12 Gefangene, meistens Gelehrte, in der Haft; die Bauern und Bürger sind fast sämmtlich gegen Caution freigelassen worden. Gegen diese 12 verfährt man aber seit Dezember v. J. mit aller Strenge, und seit 4 Wochen sind sie einzeln in ein weit schlechteres, ganz finsteres, feuchtes Gefängniß geworfen; kein Bett, sondern ein schlechtes Strohlager ist ihre Lagerstätte, und Wasser und Brod, oder die gemeinste Gefangenkost ist ihre Nahrung, und um sie recht zu peinigen, wird ihnen weder ein Licht, noch irgend ein Buch, noch Schreibmaterialien dargereicht. So sind sie in einem dumpfen Loche der Verzweiflung und sich selbst überlassen. So läßt König Wilhelm IV die Gefangenen in Celle behandeln, deren angeschuldete Verbrechen man nach 13monatlicher Haft noch nicht hat ermitteln können, denen noch kein Urtheil gefällt worden ist!! Aber noch nicht genug, man läßt diese Unglücklichen, die durch eine solche Behandlung krank geworden sind, fortwährend in denselben scheußlichen Kerkern ohne alle Bequemlichkeit und ohne wahre Pflege. - Nur der kann fühlen, was diese Armen leiden müssen, der die elenden Gefängnisse des Königreichs Hannover kennt.
Erklärung. Herr Änderst in Heidelberg gehört nicht zu den Männern, welche fur unser unglückliches deutsches Vaterland etwas wirken wollen. Es wird daher hiernach der Correspondenz-Artikel aus Heidelberg in der Beilage zu Nro. 44. der Tribüne berichtiget. D a Herr Änderst dies selbst verlangt, so bitten wir unsern verehrten Correspondenten in Heidelberg, darüber gefällige Aufklärung zu geben, durch welchen Irrthum man verleitet worden sei, Herrn Änderst unter die Patrioten zu zählen. —
Berichtigung. In der Nummer 44. der Tribüne heißt es, daß Ludwig Weber jun., Müller und Ackerer in Glan-Münchweil[e]r zu dem deutschen Vaterlands-Verein bis zum 1. Juli 6 kr. beigetragen habe. D a aber der halbjährige Beitrag dieses aufgeklärten und gemeinsinnigen Bürgers nicht 6 kr., sondern sechs Gulden beträgt, so zeigen wir dies zur Berichtigung des Druckfehlers nachträglich an. Verantwortlicher Redacteur: J. G . A. Wirth.
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Deutsche Zur
Sonntag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
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Zweite ernste Mahnung an das deutsche Volk. Die Völker Europas sind durch Gewalt, durch Geisteszwang und durch eine ebenso widerrechtliche als unsinnige Usurpation im Laufe der Zeit die Beute eines schmachvollen Despotismus geworden. Die Hierarchie des Priesterthums, die Aristokratie des Adels und die Könige des göttlichen Rechts haben durch jene Mittel von den Völkern Besitz ergriffen, um dieselben, zu Zwecken der Selbstsucht, in körperlicher und geistiger Knechtschaft zu halten. Institutionen der Willkür und der Unvernunft sind unter diesem Despotismus erwachsen; ihr drückendes Joch lastet noch heute auf den Völkern, allein im Namen der Civilisation, die nicht mehr durch Gewalt zu hindern ist, wird das Joch zerbrochen und abgeschüttelt werden. — Gutmüthige Menschen hofften eine Zeit lang noch, die königliche Gnade werde den flehenden Völkern das Joch freiwillig abnehmen, sie suchten den Königen begreiflich zu machen, daß, durch Beseitigung jener Institutionen der Barbarei, die Völker zufrieden gestellt, ja sogar die Throne fester und dauerhafter gegründet werden würden. Wollten aber die Fürsten, sagt man, vollends das System der Freiheit zum Lebensprinzip der Staaten machen, in deren Organismus bis jetzt nur das zerstörende Gift der Willkür wüthe, dann würden sie als Wohlthäter der Menschheit verehrt werden. Von dem Allen begreifen die Könige wenig, von der Freiheit aber gar nichts; ihr böses Gewissen, keines edlern Vertrauens fähig, sieht im Hintergrunde nur den zürnenden Genius der beleidigten Menschheit; sie fürchten, die mißhandelten Völker möchten nach der Befreiung von den Fesseln an den ungerechten und grausamen Königen Gerechtigkeit üben. Den Einfluß der Aristokratie und des Priesterthums hätte man vielleicht beschränkt — so weit er nämlich den Fürsten selbst lästig ist, um die Beute allein zu besitzen, und um desto unumschränkter über das Volk zu herrschen. Nur so viel Rücksicht verdient das Volk, als zu seiner Existenz nöthig ist, damit es wohlbehalten dem Enkeldespoten übererbt werde. — So aber versteht es das Volk nicht, wenn es den Königen zuruft, selbstsüchtige Aristokraten und scheinheilige Priester von sich zu entfernen! — Das Volk verlangt eine freie Verfassung im wahren Sinne des Wortes, eine Verfassung, mit der alle Vorrechte der Geburt und des Standes aufhören, und durch welche nicht einzelne Classen der Gesellschaft, sondern das ganze Volk gleich berechtigt ist, unter dem Schutze vernünftiger Gesetze und Gerichte seine Kräfte,
Vaterlandes.
Homburg, den 26. Februar 1832.
geistige und körperliche, frei zu entwickeln. Das Volk verlangt überdieß, daß der Verschwendung der Könige ein Ziel gesetzt werde durch Aufhebung der Civillisten. Ein solcher Zustand der gesellschaftlichen Ordnung, nach dem Europa strebt, ist natürlich den Königen ein Gräuel, er ist Revolution, Anarchie etc. und darum sind sie enger, als je, verbunden mit allen Helfershelfern des Absolutismus. In ihrer Angst nennen sie dieselben die getreuen Stützen ihrer Throne. Haben sie ja doch Jahrhunderte lang die Beute mit ihnen getheilt, warum so undankbar sein, und jetzt der Stimme einer revolutionären Canaille nachgeben, die es wissen muß, daß sie unter der Herrschaft des göttlichen Rechts geboren sei! — Wohl hat der geistige und körperliche Despotismus so vieler Jahrhunderte die moralische Kraft der Völker tief erschüttert, sie verlangen gutmüthig und bittend, was sie sich zu nehmen das heiligste Recht hätten. Ja ein großer Theil erträgt es mit stummer Gleichgültigkeit, wenn vor seinen Augen die empörendsten Gewaltstreiche, die schreiendsten Völkerverletzungen, im Namen der Despoten verübt werden. Man leihet dem geängstigten Despotismus den Muth zu noch schimpflicherer Unterdrückung, und man wirkt mit, daß der Wahnwitz der Könige bestärkt wird, die Sclaverei der Völker müsse ewig dauern. Nicht der Wahnwitz der Despoten, eure Gleichgültigkeit trägt die Schuld, wenn ihr noch zehnmal tiefer erniedrigt werdet. Schande über euch Gleichgültige! - Auch ihr verlangt nach Freiheit, aber eure ungeheure Selbstsucht will es abwarten, bis sie euch, ohne das geringste Opfer, erwachse! - Oder seid ihr Frevler genug, zu behaupten, daß ohne die Ketten des Absolutismus kein Heil zu hoffen sei. Die 15 Jahre der Tyrannei haben das Gegentheil bewiesen, die unglücklichen Völker haben es bewiesen, die trotz aller Congresse, Conferenzen und Beschlüsse der heiligen Allianz sich erheben mußten, weil das Joch unerträglich war. Den Frieden und das Glück, wie der heilige Bund der Könige sie will, kann Europa nicht ertragen, weil sie auf Menschenentwürdigung beruhen. Von einem System der Unterdrückung träum en die Könige, das seine Ketten um ganz Europa ziehe, damit an jeder aufkeimenden Freiheit alsbald das Henkergeschäft der diplomatischen Inquisition, ohne Gränzverletzung, vollstreckt werde. Gewisser aber scheint schon die Zeit, wo wenigstens vom Tajo bis in Rußlands Steppen hinein der eiserne Arm des Despotismus reiche, um die Wege nach dem Ural und den Eisfeldern Sibiriens mit gefesselten Märtyrern der Freiheit anzufüllen. - Deutsche Männer, ihr
403 besitzt den Muth, euch mit dem Theuersten eurer Habe, mit Weib und Kind, den Wogen des ungewissen Meeres zu vertrauen, um das ferne Land der Freiheit aufzusuchen, und hr verzaget, auf dem festen Boden des Vaterlandes vor eure Tyrannen zu treten, und sie mit dem donnernden Rufe erbeben zu machen: „Hier ist das Land unserer Heimath, unser theures Vaterland, es könnte das glücklichste Land der Erde sein, ihr habt es uns durch widerrechtliche Unterdrückung verleidet, wir fordern, daß es ein Land der Freiheit sei!" Welche Macht der Erde wird widerstehen, wenn ihr einstimmig diesen Ruf erhebt! - Die Könige haben die heiligsten Eide gebrochen, sie verprassen den letzten Schweiß des verarmten Landes an prunkvollen Höfen und in der Fremde, oder sie verprassen diesen Schweiß, um gezwungene Söldenheere zn errichten, denen empörende Metzeleien an wehrlosen Verbannten befohlen werden, und die auch wohl beordert würden, das Blut ihrer Eltern und Geschwister zu vergießen. Deutsche Männer, der Genius der Freiheit ist dennoch erwacht, er lebt in dem bessern Theile der Völker, er wird aus dem Blute der Freiheit um so kräftiger erstehen, sein Ruf wird donnernder durch die Länder Europas hallen, und nur Despoten werden alsdann noch vor ihm erzittern! — Aber verscheucht schon jetzt die bleiche Furcht, deutsche Männer, die ihr die Freiheit wollt, damit nicht die Geschichte sage: das deutsche Volk war das letzte, das kleinste in der großen Zeit, es erbebte vor ihrem gewaltigen Rufe, und nur seine Unterdrücker hatten Muth! — Seid einig, deutsche Männer, — Recht und Wahrheit sind auf der Völker Seite; es ist unmöglich, daß Willkür und Unvernunft triumphiren! - Es bedarf nichts als: euch zu erklären, und der Sieg der heiligen Sache der Freiheit ist errungen. Der deutsche Nationalverein, zu welchem diese Blätter auffordern, bietet eine herrliche Gelegenheit allen Deutschen, die für die Sache des unglücklichen Vaterlandes etwas wirken wollen. Die Unterstützung dieses Vereins ist eine Ehrensache unsers Volkes, auf das Europa, nach langen Jahren des Hohnes und der Verachtung, zum erstenmale wieder mit Vertrauen seine Blicke richtet. Eher sollte jeder Deutsche Gut und Blut und alles opfern, als daß auf dem Vaterlande die Schmach ruhe, vor den Augen der civilisirten Welt als keiner Freiheit würdig zu erscheinen. - Und doch wird nur eine kleine Gabe verlangt. — Wer freilich Kraft und Begeisterung in sich fühlt, auch durch schriftliches Mitwirken die heilige Sache zu fördern, dessen Beiträge dieser Art müssen dringend in Anspruch genommen werden. Er ist dem Vaterlande, dem er Alles verdankt, ein kleines Opfer der Zeit schuldig. Wer aber entschlossen ist, sich völlig dem großen Zwecke zu weihen, der reise hierher, er ist herzlich willkommen, besonders wenn seine Wirksamkeit in dieser Hinsicht schon bekannt ist, er komme ohne ängstliche Nebenrücksicht, die rohe Gewalt soll nicht triumphiren, wenn die Söhne des Vaterland's ihre Kräfte vereinigen! — Die Redaction der Blätter der freien Presse ist fürjeden Fall gesichert. Denn sollte auch ein Erster und ein Zweiter das Opfer der Willkür werden, so tritt Ein Schüler — den Gott segnen möge — Ein Savoye, Ein Geib an das Ruder der Blätter. Auch der Unterzeichnete und mit ihm viele Andere geizen nach der Ehre, die Verantwortlichkeit der Re-
404 daction zu übernehmen. Ihnen werden die Bürger Zweibrückens und Homburgs folgen. Intelligenz ist genug im deutschen Volke, um die Blätter der Nation, wenn auch alle Redacteure eingesperrt sind, durch einzusendende Aufsätze zu füllen. Die hochmüthigen Könige müssen sich dann gestehen, daß ihre Macht nicht hinreicht, um die Pressen des Volkes zum Schweigen zu bringen. Daß aber diese Pressen, wenn sie nur einige Zeit wirken können, unserem theuren Vaterlande die Einheit und die Freiheit gewiß erringen werden - dieß unterliegt keinem Zweifel mehr. Darum deutsche Männer unterstützet den Vaterlands-Verein. Ch. Scharpff. Fortschritte des constitutionellen Lebens in Hessen. An vielen Orten Deutschlands herrscht immer noch ein mehr oder weniger verkappter Aristokratismus des gebildeteren Theils des Volks, namentlich der Beamten. Alle gnädigen Herren und Excellenzen zusammengenommen schaden der wahren constitutionellen Volksentwicklung weniger, als dieser finstre unsaubre Geist. Er findet sich vorzugsweise bei denen, die mit hohlem Kopfe und verdorrtem Herzen unfähig sind zur Fassung großartiger freisinniger Ideen, unempfindlich für jedes bessere Gefühl. Indeß wozu noch von ihnen reden? Gleich den eingefleischten Aristokraten und Egoisten sind sie unverbesserlich und jedes gute Wort an ihnen verschwendet. - Zu beklagen aber ist, daß auch solche Männer, deren Gesinnungen keineswegs zu den schlechtesten gehören, von ähnlichen Standesvorurtheilen sich nicht loszureissen vermögen, daß sie ihrem Egoismus nicht einmal das kleine Opfer bringen können, sich in der That auch auszusprechen nach ihrem bessern Sinne, und mit der eigentlichen Masse des Volkes Hand in Hand zu gehen. Der Eigendünkel, besser zu sein durch Reichthum, feinere Erziehung und größere Geistesbildung, ist noch nicht ganz von ihnen gewichen. Im Umgang mit schlichten Bürgern und Landleuten glauben sie weder materiellen noch geistigen Genuß zu finden. Obgleich von gutem Kopf und Herzen fehlt es ihnen an Kraft des Willens, aus dem Gängelbande der Vorurtheile, des Aristokratismus und Egoismus sich ganz herauszuwinden und frei zu stehen auf eignen Füßen. Je achtbarer solche Männer von Seiten ihres Charakters und ihrer Wirksamkeit als Staatsdiener mitunter sind, um so mehr ist es zu bedauern, daß sie von hundert thörichten Bedenklichkeiten und unmännlichen Rücksichten zurückgehalten und abgeschreckt werden, Anstalten und Einrichtungen, denen sie im Stillen ihren Beifall nicht versagen können, zu unterstützen und kräftig zu fördern. Ja nicht selten zittern sie schon vor dem Versuche, ihre freisinnigen Ansichten und ihre bessere Gesinnung offen und unumwunden auszusprechen. Anstatt ihre Zeit zum Besten des Ganzen und also auch ihrer selbst zu verwenden, vergeuden sie dieselbe lieber in läppischen Unterhaltungen und geisttödtenden Spielen. Andrerseits besteht bei dem schlichten Bürger und Landmann immer noch eine gewisse Scheu vor den Vornehmen, oder doch wenigstens Aengstlichkeit und Befangenheit in der
405 Gegenwart derselben. Es ist dieß weniger Aeußerung wirklicher Furcht, als Folge eines Gefühls, von dem sich keiner gehörige Rechenschaft zu geben weiß, und welches Erziehung, Herkommen und Gewohnheit ihm eingepflanzt hat. Kaum darf man dieß Leuten zum Vorwurf machen, welche unter Willkürherrschaft, Beamtendruck und Abhängigkeit verschiedener Art erwachsen und gebildet, entweder ihre wahre Stellung im constitutionellen Staate nicht gehörig erkannt haben oder sie zu vindiciren unfähig sind. Dieser Uebelstand findet sich aber auch bei denen, welche unabhängig sind im Betriebe ihres Gewerbes und in der Bearbeitung ihres Grund und Bodens, ja selbst bei solchen Männern, welche im Besitze eines nicht unansehnlichen Vermögens einen ehrenvollen Platz in der bürgerlichen Gesellschaft einnehmen. Obwohl hinlänglich aufgeklärt über ihre Rechte und Freiheiten befürchten sie doch unbescheiden und frech genannt zu werden, wollten sie die ihnen gebührende Stellung im Leben einnehmen und würdig behaupten. Offenbar sind diese Erscheinungen in dem Verhalten sämmtlicher Staatsbürger zu einander noch Ueberbleibsel der absolut-monarchischen Zeit; sie sind ein alter Staub und Schimmel, dem zwar die Zeit sein ferneres Schmarotzerleben genommen, welchen sie aber noch nicht ganz von uns abgewaschen hat. Wie aber alle Zerklüftungen und Hemmnisse im gegenseitigen geistigen Verkehr die constitutionelle Entwicklung der Völker verzögern und zurückdrängen, so auch ist jenes Verhältniß für die wahre Einigung der ganzen Masse des Volks und für die volle Entfaltung seiner Kraft ungemein zu beklagen. Daher die mit einem Schein von Begründung immer wiederholten Behauptungen der hohen, höchsten und allerhöchsten Aristokratie, die Masse des Volkes sei noch nicht reif zum vollen Genuß der constitutionellen Rechte und Freiheiten; daher die ewigen Berufungen auf die Zeit, von welcher erst das Heil zu erwarten wäre. Durch solche Vorspiegelungen glauben die oben bezeichneten halben Aristokraten ihren Handlungen noch einen gewissen Anstrich von richtigem Takt zu geben. Allein was soll, was kann die Zeit wirken, wenn wir im angebornen Schlendrian hinwandeln, unserer Bequemlichkeit fröhnen, und nicht selbstthätig unsere Entwicklung fördern? Die Regierungen und ihre Helfer sind wahrlich schlau genug, diese Schlaffheit auf jegliche Art zu begünstigen. Sie theilen und trennen dadurch die Interessen der verschiedenen Staatskörper und verstehen es meisterhaft, ihrem Widerstreben gegen jede freie Entwicklung und Stellung des Volks nicht blos eine größere Wirksamkeit, sondern auch die Beschönigung einer gewissen Nichtigkeit und Accommodirung nach den gegenwärtigen Verhältnissen zu geben. Fahren wir fort in dieser Weise, und die Wirkung unserer Schlaffheit wird nicht ausbleiben. Wir müssen uns selbst die Schuld beimessen, wenn nicht allein der Zeitpunkt der lebendigen Entfaltung unsrer zum Theil noch papiernen Verfassungen länger hinausgeschoben bleibt, sondern sogar noch Rückschritte in unserer Entwicklung geschehen. Darum muß es zu den erfreulichen Erscheinungen der Zeit gehören, wenn man in Oberhessen die Zerklüftungen der verschiedenen Stände sich ausgleichen und die Besseren der Bürger und Beamten sich gegenseitig die Hände reichen
406 sieht zum gemeinsamen Wirken und zum Erstreben einer besseren Volksentwickelung in jeder Beziehung. Eine ziemlich freisinnige und dem constitutionellen Regierungssystem entsprechende Gemeindeordnung war zwar schon vor neun Jahren bei uns ins Leben getreten; allein sie konnte noch nicht durchgreifend wirken, weil alle die, welche des eigentlichen Ortsbürgerrechts nicht bedurften, vom Bürgerthum ssch ausschlossen. Seit mehr als Jahresfrist sind aber namentlich in Gießen viele achtbare Beamten, Advocaten, Professoren und Andere der Bürgerschaft förmlich beigetreten, und es zeigen sich überall die segensreichen Folgen dieses Schrittes. Eine neue Regung hat sich seit dieser Zeit unter allen Ständen entwickelt. Einer großen Zahl aller deren, welche ihrem Stande und ihrer Erziehung das Glück einer höhern geistigen Bildung verdanken, ist die geistige Entwicklung des Volks eine wahre Herzens-Angelegenheit geworden. Sie sehen mit Vergnügen, wie rasch die schlichten Bürger zur größeren Einsicht und besseren Aufklärung emporringen, mit welcher Freudigkeit sie jede Zeit und Gelegenheit er greifen, um dieses Streben zu bethätigen und zu befriedigen, und wie sie in der Förderung politischer Einsicht mit einander wetteifern. Am schönsten bewährte sich dieser Sinn der Gießner bei der Gründung einer bürgerliche Lesegesellschaft, worin alle Einwohner ohne Unterschied des Standes Theil nehmen können. Politische Bildung und Aufklärung durch Lesung von Zeitungen und Flugschriften, so wie durch Unterhaltung und gegenseitigen Austausch der Ideen, durch wahren geistigen Verkehr, mit Entfernung aller geisttödtenden Spiele und jedes erschlaffenden Treibens, ist Hauptzweck der Gesellschaft. Die ersten Anreger zur Constituirung derselben hatten es fast zweifelhaft gefunden, ob sechzig Mitglieder, (so viel waren zur Eröffnung der Gesellschaft nöthig erachtet), zusammen kommen würden. Allein bald wurden ihre Erwartungen übertroffen. Nachdem die Gesellschaft kaum anderthalb Monate eröffnet ist, sind schon gegen 140 ordentliche und ausserordentliche Mitglieder beigetreten. Die Sache findet die lebhafteste Theilnahme und berechtigt zu den schönsten Hoffnungen. Von des Morgens früh bis des Abends spät sind die Zimmer mit Personen der verschiedenen Stände gefüllt, welche die Blätter mit Aufmerksamkeit lesen, ihre Ansichten einander mittheilen und über die öffentlichen Angelegenheiten mit Eifer und Feuer sich unterhalten. Ein freier ungezwungener Ton verdrängt mehr und mehr das leere, geisttödtende Complimentenwesen. Täglich treten neue Mitglieder, hinzu und es ist zu bedauern, daß jetzt noch das Lokal zu beschränkt ist, und darum vielen außerordentlichen Mitgliedern, die sich bereits schon angemeldet haben, erst zu einer späteren Zeit der Zutritt gestattet werden kann. Alle erkennen, daß es sich hier um etwas Edleres, Ernsteres handle, als um bloßes Hinbringen der Zeit. Daß aber ein ähnlicher Geist auch die Mehrzahl der hiesigen Bürger durchdringt, welche noch nicht Mitglieder dieser Lesegesellschaft sind, hat sich wohl am klarsten durch die kürzlich stattgehabten Wahlen neuer Gemeinderaths-Mitglieder bewährt. Mit überwiegender Stimmenmehrheit wurden unter sechs neu zu erwählenden Gemeinderathsgliedern ein Professor und drei Advokaten gewählt, sämmtlich Männer, welche Kopf und Herz auf der
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407 rechten Stelle haben und zum Theil Gründer oder Vorsteher der Lesegesellschaft sind. So strebt die moralische Kraft des Staats mit der Intelligenz sich zu vereinigen, so zeigt sich klar, welche Gesinnung gegenwärtig der öffentlichen Meinung entspricht, indem diejenigen vorzugsweise zur Berathung und Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten der Bürger erkohren wurden, über deren entschiedenen Sinn und ernsten kräftigen Willen zur Förderung der volksthümlichen Freiheiten kein Zweifel obwaltet. Möge auf diesem Wege unsere Volksentwicklung immer rascher voranschreiten! Mögen auch die, welche jetzt noch dahintenstehen, hervortreten und dem Beispiel ihrer Mitbürger folgen, damit wir bald sagen können: Wir sind stark durch Eintracht und Einheit in Gesinnung, Wort und That! Mögen die Einen, durch die öffentliche Meinung gedrängt, allen Bedenklichkeiten, Rücksichten und Vorurtheilen entsagen, die Andern aber, ihrem inneren Herzensdrang folgend, auf der Bahn der Reformen und Fortschritte ihnen kühn und muthig vorangehen! So wird das Volk dem Gängelbande der Aristokratie entwachsen, die Aufklärung von Oben bis Unten das Ganze durchdringen und die wahre reine Volks-Freiheit der Schranken und Fesseln sich entledigen, welche jetzt noch theilweise ihr Aufblühen hemmen. Ein Bürger von Gießen.
Zur Tagesgeschichte. Homburg, 24. Febr. das Frankfurter Journal und die Leipziger Zeitung geben folgenden Artikel: „München, 10. Februar. In der Untersuchungssache gegen den Redacteur der deutschen Tribüne ist in erster Instanz der Inculpat zu sechswöchentlichem Festungsarreste verurtheilt worden. Der Verurtheilte ist nicht Willens, eine Berufung dawider einzulegen. Dagegen aber hat der Fiskal in Auftrag der Regierung appellirt und den Antrag gestellt, nebst der bereits verhängten Strafe auch noch auf öffentliche Abbitte zu erkennen. Die k. Regierung hatte 13 Klageartikel gegen den Redacteur ursprünglich eingelegt, wovon 9 auf Untersuchung wegen Majestätsverbrechen, die andern auf Untersuchung wegen Amtsbeleidigung gerichtet waren. Später nahm sie fünf Artikel wieder zurück. Der Gerichtshof sprach aus, daß ein Verbrechen nicht vorliege, auch die Spezial-Untersuchung, wegen beleidigter Majestät, nicht stattfinden könne, dagegen aber ein Vergehen wegen Amtsbeleidigung, vorzüglich gegen die Censurbehörde und deren Vorstand, den k. General-Commissär Grafen v. Seinsheim, vorliege. Die Strafe ist eine Civilstrafe, und in keiner Beziehung entehrend." Ueber die Anklagen wegen Majestäts-Verbrechen ist dem Redacteur der Tribüne das Erkenntniß noch nicht eröffnet worden. Er glaubt aber gerne, daß auch in dieser Beziehung die baierischen Gerichtshöfe jenseits des Rheins einen neuen Beweis ihrer hohen Auszeichnung geliefert haben. Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Homburg, den 25. Februar. So eben erschien der hiesige Bürgermeister, um unsere Pressen zu versiegeln. Wir hatten aber die Thüren verschließen lassen, verweigerten dem Herrn Bürgermeister den Eintritt und erklärten: „So lange nicht ein richterlicher Befehl vorgezeigt werden könne zur Oeffnung der Thüren, würden wir den Eintritt nicht gestatten." — Der Herr Bürgermeister zog darauf wieder ab, und wir sind nun in Erwartung der Dinge, die da kommen sollen. — Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Herr Redacteur! Was in Nro. 36 der deutschen Tribüne Seite 288 als Beitrag zur freien Presse auf meinem Namen steht, das geben die Bürger von hier. Da man die Sache früher nicht genau kannte, so fand man es überflüssig die Namen der Geber einzeln bekannt zu machen; allein jetzt ist der Wunsch Aller, auch ihren kleinen Beitrag im Einzelnen zur Oeffentlichkeit zu bringen. Mit Achtung -
Anger.
Verzeichniß der Subscribenten. Georg Klein, Taglöhner, 1 kr. Johanne Braun, 1 kr. Jakob Bäcker, Schuhmacher, 1 kr. Jakob Kiefer, Schmid, 3 kr. Johannes Kaiser, Taglöhner, 1 kr. Heinrich Fischer, 1 kr. Jakob Dintz, 1 kr. Jakob Leibrock, d. ältere, 2 kr. Jakob Maurer, 2 kr. Jakob Weber, 2 kr. Heinrich Klein, 1 kr. Adam Poth, 1 kr. Adam Gekeis, 2 kr. Michel Sommer, 2 kr. Peter Maurer, 1 kr. Paul Kleinen, Wittwe, 2 kr. Valentin Schäck, 2 kr. Karl Jung, d. ält., 2 kr. Karl Jung, d. jüng., 2 kr. J. Schubert, 4 kr. Johannes Maurer, 2 kr. Peter Groß, Müller, 6 kr. Adam Pfaff, Müller, 6 kr. Nikolaus Schneider, 1 kr. Johannes Dintz, 2 kr. Balthasar Leibrock, 70jähr. Greis, 1 kr. Ludwig Marx, Schneider, 1 kr. Ludwig Herrmann, 2 kr. Peter Kaiser, Taglöhner, 1 kr. Johannes Dietrich, 2 kr. Johannes Brabänder, Adjunkt, 4 kr. Theobald Krück, Leinenweber, 1 kr. Adam Bauer, 2 kr. Peter Gerhardt, Taglöhner, 1 kr. Peter Anger, 6 kr. Michael Bauß, 2 kr. Johannes Loch, 2 kr. Jakob Leibrock, d. jüng., 2 kr. Theobald Mayer, 2 kr. Valentin Höh, 2 kr. Paul Gallert, 1 kr. Philipp Leibrock, Taglöhner, 1 kr. Christian Klein, 1 kr. Adam Maurer, 2 kr. Zusammen monatlich . 1 fl. 27 kr. Es kommen neuerlich wieder viele Bestellungen, auf die Tribüne, der Redaction unmittelbar zu. Da aber eine directe Zusendung des Blattes nicht möglich ist, so bitten wir das Publikum wiederholt, alle Bestellungen bei der nächstgelegenen Postbehörde oder Buchhandlung zu machen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Montag. Das linke
Tribüne. des
N— 52. Rheinufer.
Freiheit ist die Grundlage der Wohlfart der Völker; allein die volle reine Freiheit und zwar nicht blos der Individuen gegeneinander, sondern auch der Völker zu einander. Das Volk, welches die Freiheit des andern nicht achtet, sondern fremde Gebietstheile erobern will, um nur sein Glück zu erhöhen oder zu befestigen, ein solches Volk ist der Aristocrat unter den Nationen. Alles was man jetzt von dem Unsinne bevorzugter Stände und von der Schädlichkeit der Aristocratie für das gemeine Wohl spricht, alles dieß gilt auch von einem Volke, das seine Zwecke auf Kosten eines andern gewaltthätig befördern will. Mißhandlung eines Volkes durch eine andere Nation ist ein Angriff auf das Prinzip der Freiheit und dadurch immer auch ein Angriff auf die eigene Freiheit: das Volk welches nach Abschüttelung seines Joches die frisch aufgeblühte Kraft benützen will, um seine Grenzen durch Eroberung abzurunden, eine solche Nation ist der Freiheit noch nicht werth und fällt früher oder später unter das Joch der Sklaverei zurück. — Napoleon hatte die Macht, Europa dauerhaft zu organisiren und die Bevölkerung dieses Welttheiles glücklich zu machen. Das Mittel dazu war: die Völker von der Tyrannei der Könige und der Priester zu befreien und ihnen alsdann zu überlassen, wie sie nach Maßgabe des National-Charakters im Innern ihre gesellschaftlichen Verhältnisse regeln wollten. Unter der Aegide der Freiheit mußte dann bei den Nationen Europas ein Völkerbund entstehen, der auf natürlichen Grundlagen beruhend, nämlich gleichen Interessen, Staatsgrundsätzen und Zwecken, nir die Freiheit und Integrität einer jeden einzelnen Nation hinreichende Gewährschaft bot. Napoleon wollte aber Europa auf dem Wege der Aristocratie organisiren. Er beraubte fremde Völker und Länder, um ein großes, reiches und mächtiges Frankreich zu schaffen: Frankreich war der Völker-Aristocrat, mißhandelte dadurch das Princip der Freiheit und sank eben deßhalb später unter das Joch der Sklaverei zurück. Frankreich hat noch einmal die Macht, die Sonne der Freiheit und der bürgerlichen Wohlfart über Europa heraufzuführen. Das Mittel dazu besteht darin: zuerst im eigenen Reiche die volle reine Freiheit zu erringen, die Freiheit ohne Legitimität und Royalismus, und sodann die Völker, welche nach gleichen Zwecken streben, in dem Kampfe gegen ihre Despoten zu unterstützen. Allein Frankreich muß da-
Vaterlandes.
Homburg, den 27. Februar 1832.
bei zur Idee des Weltbürgerthums sich erheben und jeden Gedanken an Aristokratismus aus seiner Seele verbannen. Gewissenhafte Achtung der Rechte, des Gebietes und der Nationalität eines jeden andern Volkes ist die unerläßliche Bedingung. Will aber Frankreich durch das Schicksal Napoleons sich nicht [w]arnen lassen, will es vielmehr wieder den Grundsatz aufstellen, es bedürfe zu seiner Sicherheit nothwendig des linken Rheinufers, so geht die große Sache des Jahrhunderts noch einmal unter, die Völker zerfleischen sich und fallen, auch Frankreich nicht ausgenommen, unter die Zuchtruthe der Könige zurück. Die Völker sind nach Anordnung der Natur durch Sprache, Sitten, Gesinnung und Eigenthümlichkeit des Charakters von einander geschieden. Bande der Natur vereinigen die Menschen zu einem Volke. Diese Bande gewaltsam zu zerreißen, und mehrere Millionen eines Volkes wider ihren Willen von ihrer Nation loszureißen und auf künstlichem Wege allmählich in eine andere Nationalität umzubilden — ein solches Verfahren ist die raffinirteste und empörendste Grausamkeit. Ein Volk, das eine solche Behandlung ruhig erduldet, wäre das unwürdigste. Das deutsche Volk ist so unwürdig nicht. Dasselbe wird daher nie dulden, daß man es auseinanderreiße. Verlangt Frankreich das linke Rheinufer, so erklärt es dem deutschen Volk den Krieg. Alle andern Interessen müßten in den Hintergrund treten, wir müßten sogar den Kampf gegen unsere Tyrannen, die Könige, aufgeben, um uns zur Niederwerfung Frankreichs zu vereinigen. Die Folge von allem dem ist dann, daß Ströme von Blut vergossen werden, um alle Völker abermals zu unterjochen. Frankreich lasse sich daher durch das Schicksal Napoleons warnen, und gebe das Gelüsten nach dem linken Rheinufer für immer auf. Sogar das eigene Interesse fordert eine solche Politik. Achtet Frankreich die deutsche Nationalität sowie die Integrität unseres Gebietes, und unterstützt es uneigennützig das Streben der benachbarten deutschen Länder nach Freiheit, so wird es bald Staaten aufblühen sehen, welche, durch die Macht der Sympathie und gleicher Interessen mit Frankreich verbunden, die beste Vormauer für dieses Reich bilden gegen die Horden des Absolutismus. Ist aber Frankreich nicht fähig, zur Idee des Weltbürgerthums sich zu erheben, will es in den Schlamm gemeinen Eigennutzes sich werfen und nach dem linken Rheinufer habgierige Arme ausstrecken, so ist allen Deutschen zum Kampfe
411 auf Leben und Tod der Handschuh hingeworfen. W i r würden den Kampf annehmen, mit unsern Tyrannen dann Waffenstillstand schließen und fortan nur nach einem Ziele streben - Zurückweisung der Anmaßungen Frankreichs. An einen europäischen Frieden, an eine wahre Freiheit der Völker wäre nicht zu denken, so lange Frankreich im Besitze des linken Rheinufers sich befände. Deutschland wäre beschimpft und entehrt: dieser Entehrung eine Ende zu machen, müßte fortan seine höchste Aufgabe sein. W i r müßten unseren Kindern glühenden Haß gegen Frankreich einflößen und sie ermuntern, mit diesem Feinde unseres Volkes so lange Krieg zu führen, bis die Integrität Deutschlands wieder errungen ist. Möge Frankreich dieß bedenken und zur Politik der neuen Zeit sich bekennen: d. h. zum Systeme der Freiheit, jener Freiheit, die für alle Völker eine gleiche ist, der Freiheit, deren Wesen darin besteht, daß man die Rechte, die Nationalität und das Gebiet eines jeden Volkes heilig achtet und erhaben ist über das niedrige und noch überdieß widersinnige Streben, durch Gebietsausdehnung auf Kosten eines andern Volkes sich Nutzen zu verschaffen.
Der Feldzug der Oesterreicher ins Nassauische. Die Nassauer leiden bekanntlich an der allgemeinen Krankheit des Zeitalters, am revolutionairen Schwindel. Diese Krankheit muß ausserordentlich hartnäckig sein. Die fünf größten europäischen Aerzte haben nun schon seit langen Jahren zu Aachen, Laibach, Troppau und dem berühmten Kurort Carlsbad Consultationen auf Consultationen gehalten, um die armen Völker von dieser Plage zu befreien; allein alles vergeblich. Sämmtliche Handbücher der Pathologie stimmen darin überein, daß der Schwindel theils in zu angestrengtem, namentlich in zu philosophischem Denken, theils in zu großer Vollblütigkeit und zu raschem Blutumlaufe seinen Grund habe. Man suchte daher durch die wohlthätige Anstalt der Censur die guten Völker vom übertriebenen und krankhaften Denken abzubringen, und sie auf alle Weise aufzuheitern. Für letzteren Zweck machten sich die Fürsten unter andern auch Pfeifen, übernahmen selber die M ü h e des Blasens, und ließen das getreue Volk nach ihren Pfeifen tanzen. Gegen die Vollblütigkeit aber verordneten sie häufige Aderlasse, und schrieben Diät vor. Viel Arbeit und wenig Kost, namentlich, das dicke Blut zu verdünnen, nichts als Wassersuppen — so meinten sie sicher, die übergroße Masse desselben zu verringern, und auf diese Weise ihren lieben Unterthanen den Schwindel zu vertreiben. Gegen den zu raschen Blutumlauf endlich wandten sie das Mittel der Mauthen und Zölle an, und suchten ihn solcher Gestalt gehörig zu regeln und zu ordnen. Unter allen Ländern Deutschlands leidet das unglückliche Nassau unstreitig am meisten an jener krankhaften Vollblütigkeit. Dazu der häufige Genuß der feurigen Rheingauer Weine, wodurch die Schwindelköpfe noch mehr exaltirt und erhitzt werden müssen. Kein Wunder also, daß der gute Herzog von Nassau, von diesem Jammer seines leidenden Volkes gerührt, einen General-Aderlaß für durchaus nothwendig hielt, und zu diesem Behufe seine Chatoulle bedeu-
412 tend vergrößern wollte, um das theure Blut seiner getrenen Unterthanen darin zu sammeln und aufzubewahren. Doch wehe der Undankbarkeit eines verblendeten Volkes! Die bethörten Nassauer verkennen durchaus die edlen Absichten und das großmüthige Herz ihres erhabenen Beherrschers, und wehren sich gleich den Kindern gegen den wohlthätigen Aderlaß. Der gute Herzog hält unverdrossen den Schnepper in der Hand, und bietet all seine Ueberredungskünste und seine ganze Freundlichkeit auf, damit der arme Kranke zu seinem eigenen Besten ihm doch den Arm hinreiche. Der unvernünftige Kranke aber verharrt hartnäckig bei seiner Weigerung. Was nun beginnen? Kein Zweifel, daß er nach den Regeln der Menschlichkeit selbst wider Willen geheilt werden muß. Also Zwangmaßregeln zur nothwendigen Applicirung des Schneppers! Indeß das väterliche Herz des allerdurchlauchtigsten Herzogs blutet beim Gedanken an diese traurige Pflicht. Er will zuvor noch Gnade vor Recht ergehen lassen, und seinen getreuen Unterthanen deßhalb ein wenig drohen. So machen denn Samstags den 18. Februar nicht weniger als 6000 Mann Oestreicher einen kleinen Spaziergang ins Nassauische. Die Kanonen sind kriegsmäßig bespannt, die Pulverwagen reichlich mit Munition versehen. Jetzt wird maneuvrirt. Hier wird ein Dorf mit Sturm eingenommen, dort der unsichtbare Feind aus dem Gehölz getrieben. Ein fürchterliches Knallen beginnt, daß der ganze Rheingau erbebt. Aber zum Glück sind Kanonen und Flinten nicht scharf geladen. Der gute Herzog ist überall zugegen, und blickt mit gnädiger, wohlwollender Miene auf seine absoluten Bundsgenossen herab. Seinen getreuen Unterthanen aber zeigt er ein gar finsteres Gesicht und giebt ihnen allergnädigst zu verstehen: jetzt gebt euch zur Ruhe, meine Lieben und Getreuen, und sperrt euch nicht ferner vor dem Aderlassen! Wo nicht, so lasse ich die gegenwärtigen Aerzte aus Mainz noch einmal kommen, und dann wird nicht blind, sondern scharf geladen. Der revolutionaire Schwindel muß euch vergehen, so wahr mir von Gottes Gnaden das Wohl meines getreuen Volkes anvertraut ist. Bei diesem fürchterlichen Schauspiele erbeben sämmtliche Nassauer, und vergessen in der Bestürzung sogar, vor ihrem allergnädigsten Landesvater mit gebührender Ehrfurcht den Kopf zu entblößen. Nichtsdestoweniger beharren sie bei ihrem Trotz und sträuben sich hartnäckig gegen jegliche Applicirung des Schneppers. Ja einige der Verwegenen erklären höchst revolutionair: sie hätten bis jetzt noch kein Pulver gerochen; aber nach dem östreichischen zu schließen, sei die Sache keineswegs so schrecklich, als sie gewöhnlich geschildert werde. Andere Nassauer haben an dem schönen Maneuvriren und Schießen sogar ein Wohlgefallen gefunden, und sich seitdem in Mainz und Frankfurt Flinten und Büchsen, so wie Pulver und Blei gekauft oder bestellt, um bei vorkommenden Gelegenheiten auch maneuvriren und schießen zu können. Man ist nun allgemein gespannt, ob und wann die 6000 Mann Oestreicher einen zweiten Feldzug ins Nassauische unternehmen, und dann statt blind, scharf laden werden.
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413 Der deutsche Vaterlands-Verein und die baierische Regierung. (Dritter Artikel.) Auch die Regierung des Isarkreises hat ein Rundschreiben wider den deutschen Vaterlands-Verein erlassen, ganz wie jenes der Augsburger Regierung. Man sieht daraus, daß der Auftrag dazu von dem Ministerium ertheilt worden ist. So hat denn der „durchlauchtige" Minister des Innern einen Beweis seiner Liberalität geliefert. Die Kreisregierung in München hat jedoch den Befehl des Ministers von dem Gesichtspunkte aufgefaßt, daß letzterer dem Vaterlands-Vereine indirekt Vorschub zu leisten suche. Darum sagt jenes erleuchtete Collegium in seinem Rundschreiben Folgendes: „Die k. Kreis-Regierung des Isarkreises sieht sich durch ihre Pflicht gedrungen, sämmtlichen DistriktsPolizeibehörden in Gemäßheit einer k. MinisterialEntschließung vom 10. Februar auf den Aufruf in Nr. 29 der deutschen Tribüne die größte Aufmerksamkeit auf das Nachdrücklichste zu empfehlen." Ein Beleg, wie sehr die Unterstützung der Regierung den Verein fördere, liegt in einer Proclamation, zu welcher ein Patriot in München durch das Ausschreiben der Kreisregierung veranlaßt wurde. Dieselbe lautet also: „An das deutsche Volk. Wenn der Aufruf der deutschen Tribüne zur Gründung eines allgemeinen Vereines für die Unterstützung der freien Presse jubelnd in allen vaterländischen Herzen wiederhallte: so waren jene Worte, welche jede deutsche Brust mit ungestümmer Freude durchglühten, Schreckensworte für die Fürsten. Die Donnerstimme des Volkes drängt mitten durch die bleiche Schaar der Höflinge ins taube Ohr der Könige. Letztere erkennen mit Schrecken, daß das Volk aus seinem langen Schlafe endlich erwacht ist, die lang getragene Fessel zerbricht und seine ewigen Urrechte kühn zurückfordert. Bange vernehmen sie die Axtschläge, welche die öffentliche Meinung auf die Throne von Gottes Gnaden führt, und dadurch den Despotismus in seinen Grundfesten erschüttert. Das Volk verlangt in tausend und aber tausend Stimmen eine freie Presse, und will Gut und Blut opfern, sie zu erringen, denn es weiß, ist die Preßfreiheit erkämpft, dann ist auch die Volksfreiheit und das Volksrecht nicht mehr fern, dann hat den Volkspressern die letzte Stunde geschlagen und in ihr Nichts stürzt zusammen die Adels- und Priesteraristokratie. Aber dein Wille, mein Volk, ist nicht der Fürsten Wille, dein Wunsch nicht der Wunsch des Adels und der Priesterschaft; freier Männer Glück läßt sich nicht einigen mit dem Glücke der Höflinge. Darum soll die Presse nicht frei werden, das freie Wort soll verstummen, es soll Nacht bleiben, finstere Nacht, wie bisher; dann regnet es Ordonnanzen und gnädigste Kabinetsbefehle, fette ächthistorische Civillisten werden ausgesetzt, prächtige Palläste werden erbaut, mag auch die Strohhütte des armen Bürgers verfallen. Hört es, ihr Deutschen am Rheine und an der Donau, an der Elbe und an der Weichsel, für Staatsverräther werden die Männer erklärt, welche euch die
Preßfreiheit erstreiten wollten, welche für eure Rechte muthig in die Schranken traten und euch die Siegeswaffe reichen wollten zum Kampfe gegen Gesetzlosigkeit und blinde Willkühr; eine hochverrätherische Verbindung wird die Verbindung genannt, deren einziger Zweck ist, euch die Freiheit und das verlorne Vaterland wieder zu geben. Freilich den Thronen ist ein solcher Bund gefährlich, die auf die Unterdrückung und die Knechtschaft des Volkes gebaut sind, aber nicht jenen, deren Grundlage das Recht und die Wahrheit ist. Jetzt oder nie, mein theures Volk, ist die Stunde der Gefahr und der ernsten Prüfung gekommen; jetzt sollst du bewähren, ob du und deine Enkel einst in freier Erde ruhen werden, oder ob der schwere Sclavenboden eure Gebeine vergraben soll; jetzt gilt's zu zeigen, ob deine Gesinnung eine reine und feste war, oder eine solche, die das erste ernst entgegentretende Hinderniß zu Boden drückt. Dein Warschau ist die Preßfreiheit, ist sie gefallen, so mögen deine freien Söhne die fernen Länder, verbannt und geächtet, durchirren, und auf fremdem Boden ein freies Grab sich suchen, was ihr Vaterland ihnen versagte. Aber ich zittre nicht, du wirst deinen großen Urvätern gleichen und die angestammte Freiheit wahren und schirmen. Was auch geschehen mag, der Zeiger der Weltenuhr deutet auf „Völker-Freiheit." Diese Worte vorausgeschickt, übergebe ich hier eine Verordnung der Oeffentlichkeit, welche die baierische Regierung an alle Distrikts-Polizeibehörden am 10. d. M. erlassen hat, und deren Autenticität ich verbürgen kann." — Hier sollte die Verordnung folgen. Da sie aber nur eine Wiederholung der bereits mitgetheilten Augsburger Weisheit ist, so haben wir solche nicht abdrucken lassen. Außer dem vorstehenden schönen Aufruf haben die Anstrengungen der Regierung für die Verbreitung des Vaterlands-Vereines noch den anderweiten guten Erfolg hervorgebracht daß man in München mit der Subscription fiir den Verein sehr eifrig beschäftiget ist. Wir bringen daher der Regierung für die großmüthige Unterstützung der vaterländischen Association unsern warmen Dank dar. C o r r e s p o n d e n z . Paris, 19 Februar. Die Sache der Freiheit, deren Zweck es ist, die Herrschaft der Völker zu sichern, findet überall viele Hindernisse. Dies erfahren vorzüglich die heldenmüthigen Auswanderer der polnischen Nation. Mit Betrübniß melden wir, daß einige Mitglieder der ehemaligen polnischen Regierung, aristokratisch gesinnt sind und sich um Hülfe des französischen Ministeriums (das Polen mit trügerischen Hoffnungen täuschte und es untergehen ließ) der Leitung ihrer unglücklichen Landsleute bemächtigen wollen. Das Ministerium darf zwar nicht wagen, seine Absichten offen zu zeigen, weil es die öffentliche Meinung dadurch zu sehr verletzen würde, aber im geheimen intriguiren die Minister auf eine empörende Weise. An die Spitze der polnischen Freiheitskämpfer wollen sie einen Mann stellen, der um sein Vaterland zwar früher sich Verdienste erworben hat, aber seines Alters wegen zur jetzigen Generation nicht gez ählt werden kann. Kurz, dieser General lebt ganz in dem alten Polen
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415 und die heutigen Revolutionäre wollen ein neues Polen, frei von Privilegien. - Ueber diesen Gegenstand theilt unser Korrespondent in Paris uns ein Schreiben eines polnischen Auswanderers mit, in welchem es unter Andern heißt: „Untergegangen durch Schwäche und Verrath, flüchteten wir uns auf französischen Boden, in der Hoffnung, ein sicheres der Tyrannei unzugängliches Asyl zu finden. Allein wir täuschten uns sehr. In Frankreich wehet nur die dreifarbige Fahne frei — und zwei Menschen regieren das ganze Land willkürlich. — Man versprach uns, daß die polnische Nationalität nicht untergehen werde (la nationalite polonaise ne perira pas*) und heute erlaubt man den Preußen, unsere Brüder zu morden und man denkt nicht einmal an Maßregeln, um letzteren die Ankunft an den Ufern der Seine zu erleichtern. Sogar die, welche das Glück hatten, der russischen Knute und den preußischen Bajonetten zu entgehen, will man als gemeine Söldner betrachten, aber wir werden keine Schweizer sein - wir werden an die Völker appelliren und mit ihnen vereint dem Despotismus noch einmal den Kampf anbieten. — Ja, später oder eher, die Menschheit muß triumphiren. — Die Tyrannei und ihre Stütze, der Aristokratismus, muß untergehen. Unser Wahlspruch ist: Salus populorum suprema lex etc." — So sehr unterstützt Frankreich die Sache der Polen, daß die vertriebenen Helden dort nicht so viel Freiheit haben, sich selbst einen Anführer zu wählen. Wir wünschen, daß sich die Polen vereinigen, und keine andere Macht über sich erkennen, als das von ihnen gewählte Comite. Aus den Statuten, Proclamatio nen und allen Handlungen dieses Comite soll man erkennen, daß die Mitglieder desselben den Geist und das Bedürfniß der Zeit begreifen, und daß sie populäre Grundsätze haben, welche einzig die Absichten ihrer Landsleute mit günstigem Erfolge krönen können. — Polen, gebt den Repräsentanten des Volkes Gehör, nicht den Aristokraten! Gebt den Menschen Gehör, die an die Sache der Freiheit denken, nicht an sich selbst! - privilegirte Egoisten haben Euch schon zu lange betrogen!
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Herr Wirth, Redacteur der deutschen Tribüne! Gutsbesitzer, — Landmann, - bin ich so unabhängig als irgend Jemand! - Habe ich meine Steuern bezahlt, so habe ich mit der Regierung nichts mehr zu schaffen; ich erwarte von ihr keinen Vortheil, keine Gunst, ich begehre nur den Schutz, welchen die Gesetze allen Bürgern gewähren müssen. — Macht meine Stellung im Staat mich unabhängig, so *) Worte der Adresse der französischen Deputirtenkammer auf die Rede des Königs Ludwig Philipp, welcher in seiner Rede bei der Eröffnung der Kammer am 23. Juli 1831 versprach Polen: la nationality qui a resiste au temps et ϊ ses vicissitudes.
hat doch Niemand mehr als ich, Unordnungen und gewaltsame Störungen zu fürchten. — Der Gedanke beschäftigte mich; ich besorgte, Sie möchten von den wenigen Aufgeklärten mißverstanden werden, ich befürchtete freche Zügellosigkeit und ihre Folgen. - Aber die Verhandlung Ihres Rechtsstreits mit der Regierung und die von dem Staatsprokurator aufgestellte Lehre, haben über meinen Entschluß entschieden. — Wenn die Regierung behauptet, das Recht zu haben, Ihre Presse zu versiegeln, den Backofen des Bäckers zuzumachen, was wird sie abhalten, auch meinen Pflug zu versieglen und das Joch meiner Ochsen? - Und wenn die Presse mit Beschlag belegt oder gar von Amtswegen zerschlagen ist, an wen wird alsdann der Unterdrückte seine Klagen richten? — Ihm bleibt nichts übrig, als die empörende Rechtsverletzung im Stillen hinunter zu würgen, und den milden Herrschern zu danken, wenn sie in Gnaden der Knute ihn würdigen. Belieben Sie mich auf die Subscriptionsliste der freien Presse mit 4 fl. 40 kr. einzuschreiben. Rittershof, den 21. Februar 1832. J. Villeroi. Die Subscriptionen für den deutschen VaterlandsVerein nehmen überall den besten Fortgang. Da der Raum unseres Blattes für die Aufnahme der neuen Subscriptionslisten nicht hinreicht, so werden wir solche in den nächsten Tagen durch Beilagen liefern. Vorläufig bemerken wir, daß unter andern ein Deutscher 460 fl. für den Verein eingesendet hat.
Erwiederung. Die Königsberger Zeitung, genugsam berüchtigt aus der Zeit des polnischen Kriegs, hat in einem Artikel, den die Berliner Zeitungen sämmtlich an einem Tage verbreiten mußten, die Wahrheit der Mishandlungen polnischer Soldaten in Zweifel gestellt, die in einer von mir in mehrere deutsche Journale eingesandten Zuschrift polnischer Militairpersonen gemeldet worden. Die fragliche Zeitung gab zugleich zu verstehen, daß diese Zuschrift am Ende wohl nicht von einem Polen herrühre. Vorläufig zur Antwort darauf so viel: daß demnächst der offizielle Bericht des Chefs des polnischen Generalstabes an den General Rybinski, derselbe, welcher Sr. Majestät, dem König von Preußen, lange vor Abfassung des Königsberger Artikels, von dem polnischen Generalissimus eingesandt wurde - in deutschen und französischen Journalen erscheinen wird. Die Königsberger und Berliner Zeitungen mögen daraus, daß dieser Bericht in meinen Händen ist, entnehmen, ob ich im Stand war, die Authenticität der mitgetheilten Thatsachen zu verbürgen oder nicht. Dresden, 9. Februar 1832. Dr. R. O. Spazier.
Anmerk. d. Red.
Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Dienstag.
N~
Einiges über die polnische Revolution. (Erster
Artikel.)
Der deutsche N a m e war in Polen nicht beliebt. Hatten wir denn nicht einen deutschen Nachbar, der es sich als Ehre anrechnete, bei dem russischen Schlächter Dienste zu nehmen! Unser Vaterland fiel: arme Vertriebene kamen wir ins Herz von Deutschland; überall waren die Herzen fur uns offen, und mancher herzliche Händedruck machte uns fur Augenblicke unseres Unglücks vergessen. Brave Deutsche, wenn wir jetzt von euch reden, so reden wir mit Liebe von euch, unsern lieben Brüdern. Unter Brüdern soll aber kein Hehl sein; wir wollen euch auch nichts verbergen; mögen euch dann unsere bittern Erfahrungen als Lehre dienen, nie jenem Zwitter-Geschlecht zu vertrauen, das aus Feigheit nie einen entscheidenden Schritt wagt, und aus Faulheit auf die Zukunft und auf das Geschreibsel der Diplomaten vertraut, anstatt auf die beiden treuen Freunde, die jeder Mensch in seinem Herzen und seinem Kopfe hat, daß sie den leisesten Ruf derselben vernehmen: auf seine zwei gesunden Arme. Nicht weil Frankreichs Regierung unter die Comptoirscheere eines Bankiers fiel; nicht weil Deutschlands Fürsten ruhig zusahen, als Preußen auf unsern Gränzen seine Douanierbesoldung von Rußland abverdiente: nicht deßwegen fiel Polen; nein Polen fiel, wie es auch die Zeitschrift: „Das neue Polen" lange vorher prophezeit hatte, durch die Unwissenheit seiner Führer und durch Verrath. Unsere Aristokratie stolzirt noch in Europa mit einem Purpurmantel um ihre Achseln: dieser Purpur ward bereitet aus dem edeln Blute unserer Plebejer; herunter darum mit dem Mantel von unwürdigen Schultern; der Mantel gehört der Canaille. Wir schreiben dieses letzte Wort mit Wohlbedacht, weil es sich in einem Briefe findet, den der edle Kanzler von Metternich dem Generale Skrzynecky geschrieben. Der gleich edle General Skrzynecky gab sich viel mit der Diplomatie ab; er schrieb an alle Höfe devote Briefe; man antwortete ihm traulich und freundschaftlich. Leute, wie der edle Metternich, schrieben ihm: alle Regierungen Europas sähen mit Bewunderung die Anstrengungen der edlen Aristokratie in Polen, aber man möge doch ja verhindern das Regiment der Clubbisten und der Canaille. Die Canaille waren die leibeigenen Bauern in Lithauen, Volhynien und Podolien. Die polnische Regierung verfuhr mit weiser Mäßigung; der Fürst Czartoricky, das andere Haupt
Tribüne. des
53.
Vaterlandes.
Homburg, den 28. Februar 1832.
der Regierung, hatte ja selber Leibeigene in Lithauen, die er so mild behandelte, daß sie gewiß keiner Freiheit bedurften. Diese edle Folgsamkeit wurde schlecht belohnt. Der edle Fürst Czartoricky gibt jetzt in London Soirees, fährt in London in der Kutsche, und wer des Abends an seiner schön erleuchteten Wohnung vorübergeht, sagt unwillkürlich: „Hier wohnt auch ein unglücklicher Pole." Das klingt wie Spott: es ist bitterer Ernst, und eine ernste Anklage wollen wir vor das deutsche Volk bringen. Unser Visir ist geschlossen, wir werfen den Handschuh hin: doch wenn man will, öffnen wir es auch wieder, und die wir bekämpfen, sollen ein wohlgebautes Antlitz sehen, das, trotz ihrer Bemühung, noch lebt. Zur Sache. Diese Einleitung hielten wir für nöthig, u m die Aufmerksamkeit des deutschen Publikums zu erregen, und ihm zu sagen, daß es die polnische Revolution nur aus lügenhaften Berichten der Doctrinärs kennt. Doch steht jetzt in der allgemeinen Zeitung ein Aufsatz über die Ursachen, warum die polnische Revolution in Rußland keinen Antheil fand, ein Aufsatz von würdiger Hand. M ö g e der Verfasser fortfahren, den Vorhang wegzuziehen, und die Dinge, wie sie sind, ans Tageslicht bringen. Wir gehen nun über zur ruhigen Darstellung. In der Nacht des 29. Novembers, am Tage der Befreiung Polens, in derselben Nacht schloßen sich der Fürst Lubecki, Minister der Finanzen, der Graf Mostowski, Minister des Innern, und der Baron Mornheim, Schwiegersohn von Mostowski und zugleich Sekretär des Großfürsten Constantin, mit dem Baron Chlopicki im Palais des Kriegsministers ein. Das adelige Vierblatt berieth sich über die Mittel, die polnische Revolution zu ersticken. M a n stellte dem Baron de l'empire, dem Napoleonischen Soldaten vor: „wie die Kräfte Polens numerisch geringer wären, als die des russischen Reichs, woraus sich ergäbe, daß er, Chlopicki, zum General der polnischen Truppen bestellt, Gefahr laufe, seinen militärischen Ruhm zu verlieren, sobald er es wagen würde, sich an der Spitze eines kleinen Häufleins mit den übermächtigen Moskowiten zu messen; daß der Aufstand der heutigen Nacht das Werk einiger Schwindelköpfe wäre, und man deßwegen, um weiteren Fortschritten der Unordnung zu begegnen, sich schleunigst einer unumschränkten Macht, der Dictatur bemächtigen müsse, während der Fürst Lubecki eiligst nach Petersburg reise, um die Gnade des Kaisers anzurufen." So war denn die Contre-Revolution geboren und rasch wuchs sie zur Thätigkeit. Lubecki reist [e] ab. Die Diete, aus Furcht vor den Garden Chlopicki's, bestätigte seine
419 Dictatur. Die Diete aber hatte nicht weniger Furcht vor den Revolutionärs und sprach somit auch die Absetzung von Nikolaus aus. Der Augenblick kam, wo man nothgedrungen die Maske ablegen mußte. Chlopicki, der die oberste Macht wollte, um mit dem Kaiser zu unterhandeln, ist genöthigt, seine Stelle niederzulegen, nicht ohne vorher zu versuchen, den Leuten, von denen er eine Verlängerung seiner Diktatur verlangte, das Gewissen zu erschüttern. „Wenn euer Gewissen," sagte er zu ihnen, „weit genug ist, daß ihr glauben könnt, ihr wäret des Eides entbunden, den ihr dem Kaiser geschworen, so wißt, daß ich nie vergessen werde den Eid der Treue, den ich geschworen." Trotz der Beredsamkeit Chlopicki's sprach die Diete die Absetzung des Kaiser Nikolaus aus. Desto eifriger hing sie aber an der Constitution, die der große Kaiser Alexander den Polen gegeben. Nach dieser Constitution bestand die Diete aus 77 Landboten, d. h. Vertretern des Adels, und 55 Deputirten, d. h. Vertretern des Bürgerstandes. Eine adelige Majorität von 77 gegen 55 konnte einem bescheidenen Herzen schon genügen. Ein Adeliger konnte aber auch zum Deputirten gewählt, während umgekehrt kein Bürgerlicher Landbote werden konnte - in Facto zeigte also die Diete eine Adelsmajorität von 99 gegen 33 Bürgerliche. Polen hatte aber auch seine Kammer der Senatoren. Um Senator zu sein, mußte man mindestens 2000 fl. Steuer bezahlen. Die Kammer der Senatoren, welche gleichfalls legislative Gewalt hatte, war somit ihrer Natur nach aristokratisch. Die Zahl der Senatoren war auf die Hälfte der Diete, d. h. auf die Hälfte von 132 bestimmt. Diese 66 Senatoren zu den 99 Adeligen in der Diete geschlagen, gibt eine Majorität von 165 gegen 33. Wiewohl eine solche Constitution das Machwerk des baarsten Machiavellismus war, so gab es doch ehrliche Leute, und sehr viele in der Diete, welche aus Ueberzeugung daran hielten, nämlich aus Furcht vor der Republik und vor dem Terrorismus, der sich aber nie zeigte. Dieser Popanz der Republik ward somit zur furchtbaren Veste in den Händen der Aristokratie. Die Aristokraten, unter dem Vorwand der Mäßigung, verhinderten sofort die RevolutionsMänner, die russischen Truppen des Constantin zu entwaffnen; die Aristokraten ließen ferner Constantin ruhig weiter ziehen, um indessen für ihn zu arbeiten, und die Diktatur zu befestigen. Die Diktatur oder die Contrerevolution, wie man will! Wir sagen nicht, daß es bewußter Verrath bei der Masse des Adels war: wir sagen nur, daß eine Anzahl Dummköpfe, und darunter auch bürgerliche, daß eine Anzahl Dummköpfe ohne Energie und ohne Muth sich unserer großen Bewegung bemächtigte, und daraus machte, was die Doctrinairs in Frankreich aus der Julirevolution. Wenn sie nicht begreifen wollten, daß ein Volk, ein kleines Volk, vom Worte Freiheit begeistert, den russischen Coloß mit den Thonfüßen über den Haufen werfen könne: warum liefen diese Zaglinge denn nicht gleich nach Petersburg mit dem Strick um den Hals und flehten um Gnade? Wären sie nur alle gelaufen, so säßen wir jetzt nicht in Paris. Der Aristokraten-Dictator hielt das Volk zurück, welches sich in Masse nach Lithauen stürzen wollte, um die russischen Truppen zu verhindern, sich zusammen zu ziehen;
420 zu gleicher Zeit umgab er sich mit einem Walle von Prätorianern; er bestach die Studenten von Warschau mit Schmeicheleien und Vorspiegelungen: jeder derselben trug Majors-Epaulets, und bezog Capitänsgehalt, 300 fl. monatlich. Von diesem Augenblicke an wehe jedem, der über Rückschritte der Revolution klagte; wehe vor allen denen, welche die Revolution gemacht: sie wurden verfolgt, gefangen gesetzt — doch stille davon. Die Verführten merkten endlich den Verrath; die Studenten selber frugen bei Krempowiecki an, ob sie ihr Benehmen sühnen sollten durch den Mord von Chlopicki. Krempowiecki rieth es ab, und rettete so den Dictator; der nämliche Krempowiecki, den Skrzynecki später zweimal in den Kerker werfen und vor ein Kriegsgericht stellen ließ für seinen Patriotismus; das Kriegsgericht sprach ihn zweimal frei; noch zweimal ward er auf den Tod angeklagt, und noch zweimal machte er seine niederträchtigen Feinde zu Schanden. Der Dictator ward gestürzt - ein Fürst, Radziwil, folgte ihm; er dankte ab zu Gunsten von Skrzynecki, noch ein ärgerer Aristokrat, als der erste, denn er ist ein Emporkömmling. Der polnische Adel - glaube niemand, daß wir dieses Wort mit Aristokratie als gleichbedeutend ansehen — erkannte allmählich diese Umtriebe; es fehlte ihm aber an Einsicht, er ward nach wie vor mißbraucht; oder vielmehr man gab ihm nie Gelegenheit, Opfer für das allgemeine Beste zu bringen. Oder hat man ihm vorgeschlagen, den Bauern Eigenthum zu geben? Nein; denn die Diete ließ sich von den Aristokraten leiten. Von den Aristokraten, welche verfluchten alle, so über die säubern Spießgesellen murrten, womit Skrzynecki sich umgab; welche sich so wie der Leitung d er innern Angelegenheiten, so auch der Leitung nach außen bemächtigten, und die Diplomaten spielten. In dieser Eigenschaft krochen sie in den Vorzimmern der Könige und Minister herum, und erwarteten das Heil Polens von denen, welchen Polen seine Theilung verdankt. Diese feinen Diplomaten haben denn auch die Armee von Dwernicki ruinirt. Dwernicki erhielt den Befehl mit 4000 Mann gegen 40000 Russen zu agiren, und daß der Ruhm des Gelingens allein auf ihn falle, verboten sie ihm streng, einen Versuch zu machen, Volhynien und Podolien in Aufstand zu setzen, und bei Leibe nicht den leibeignen Bauern alldort ihr gegenwärtiges Glück zu verleiden; weil nämlich ein so unkluges Benehmen den hohen Adel verschnupfen könnte. Ja ihr Diplomaten, als ihr Dwernicki mit 4000 Polen gegen 40000 Russen schicktet, wart ihr Diplomaten, feine Diplomaten; so fein, daß euch der Teufel selbst um eure Feinheit beneiden könnte! Denn bei Dwernicki waren ja alle die ächten tollen Revolutionärs; der verrufene Thadäus Krempowiecki, von dem wir schon sprachen, Earer Bronikowski, Michael Dembincki, der brave Priester Pulawski, sämmtlich Vicepräsidenten des patriotischen Clubs: Peter Wyrocki, Urbanski, Pawlowski und viele andere Offiziere, die am glorreichen 29. November Theil genommen haben. - Versteht man jetzt die Freiheit der polnischen Aristokraten, welche 4000 Polen gegen 40000 Russen schickten! Wer sie noch nicht versteht, ganz versteht, dem wollen wir
421 erzählen, was der edle Fürst Czartoricki zu einem Volhynier sagte, der dem Zug von Dwernicki nacheilen wollte. „Bleiben Sie," sagte der edle Fürst, „begehen Sie nicht die Thorheit, das Schicksal der Unsinnigen zu theilen, welche Narren genug waren, einen 29. November, eine Revolution in Warschau zu machen; und die nun durchs Schwerdt aufgerieben werden, um dem Strange zu entlaufen." So sprach der urbane gebildete Fürst, den wir nächstens die Ehre haben werden, in einem folgenden Artikel dem Publikum vorzuführen in seinem ganzen edlen AristokratenOrnat. Manche von der Armee kamen nach Warschau zurück, und hatten dort die Ehre von Skrzynecki verfolgt zu werden. Denn die uneigenützig, warm für ihr Vaterland fühlten, alle waren Patrioten, Jakobiner, Robespierristen und Bluthunde; die Umgebung von Skrzynecki dagegen, sein ganzer Generalstab bestand nur aus Leuten von uralterlicher Verherrlichung, aus Fürsten oder doch mindestens Grafen; denn unter den Grafen that es nun einmal Skrzynecki schlechterdings nicht. Die Armee war also eben so gut in den Händen der Aristokratie, als die innere Verwaltung und die Diplomatie; und das alles nutzte sie, um eine doktrinäre Juste-milieu Freiheit zu versprechen, mit der Aussicht auf imponirende adlige Majorate, und einstweilen flöß das edle Blut der tapfern Bauern, die man dereinst zum Danke wieder mit hochadeligen Fußtritten zu beehren gedachte. Will man zum Schlüsse nun eine Definition des Wortes Aristokrat: hier ist sie. Aristokraten sind nicht die Abkömmlinge der alten Familie — denn unter ihnen gibt es edle Herzen genug, die für das Wohl der Menschheit schlagen, warm schlagen. Der Gründer der Zeitschrift „das neue Polen", Adam Gurowski, er, den die Aristokratie nach Paris als Abgesandten abfertigte, um dort der College zu werden des unwissenden Plater und des schwachsinnigen Knesewicz, nur um in Warschau der derben Wahrheit des würdevollen und geistreichen Mannes zu entgehen; ist Adam Gurowski denn nicht auch ein Graf? Freilich, nur ist er seit lange nicht mehr einfältig genug, sich nur Graf zu nennen. Der Fürst Czartoricki ist noch immer Fürst, in London wie in Paris. Gleich groß wie Czartoricki, ich wollte sagen wie der Fürst Czartoricki ist der General Skrzynecki: er der Feind jeder liberalen Institution; der seine Offiziere zwang, eine Petition bei der Kammer einzureichen, worin Abschaffung der Preßfreiheit verlangt ward; der die Redactoren der öffentlichen Blätter willkührlich einsperrte, und als die Kriegsgerichte in ihren Urtheilen nicht folgsam waren, sich nicht entblödete zu sagen: „die Auditoren müssen zum Teufel; in der Türkei giebt es ja auch keine Auditoren, und doch wird Recht dort gehandhabt;" er, mit einem Worte, er, der Canaille nannte, was Characterstärke zeigte und nicht so schlecht war, wie er; und deren gab es viele. Polen fiel; die Aristokratie hat es gestürzt — oder wer sonst? Hatten sie denn nicht die Leitung von allem in der Hand? Die Beschuldigung, sein Vaterland verrathen, verkauft zu haben, sei es durch Unwissenheit oder Eigennutz, ist zu groß, als daß sie durch sonst noch etwas, was es auch immer sei, erschwert werden könnte: wir halten es da-
422 rum kaum der Mühe werth, noch zu bemerken, daß die Volksstimme laut die Aristokratie der Giftmischerei beschuldigte, sie habe sich so der hochherzigen Patrioten Joseph Kozlowski und Zukowski entledigt. Wahr oder falsch, gleichviel, es beweist, daß man die Aristokratie auch des Schlechtesten fähig hielt. Doch kam denn nicht auch das Juste-Milieu durch die verhängnißvollen Ereignisse des 15. Augusts, des Ergebnisses des gerechten Volksunwillens, mit Krukowiecki an die Spitze? Ja, aber als die Aristokraten schon alles rettungslos verdorben hatten. Die Partei des Juste-Milieu hat allerdings mit ihrer Feigheit und Unwissenheit beigetragen, was beizutragen war, Polen zu stürzen. Mit der Uebersetzung von Benjamin Constant in der Hand schlugen sie im Dienst der Aristokratie auf die Patrioten los; das Juste-Milieu war aber auch feig oder auch ehrlich genug, die Aristokraten stürzen zu helfen, aber erst einen Augenblick vor dem völligen Untergang, als nichts mehr gut zu machen und nichts mehr zu verderben war. Krukowiecki, ein Mensch ohne alles Talent, war aber ebensowohl der Erwählte der Aristokraten; sie haßten ihn, er schüchterte sie aber ein mit einer Proscriptionsliste, worauf die Namen derer standen, welche für die Guillotine bestimmt waren, und die er allein niedergeschrieben. — Völker, traut weder den Aristokraten, noch im Augenblicke der Gefahr den Lammherzen des Juste-Milieu; und denkt was der deutsche Landsknecht sagte, als er verklagt wurde, den Hund eines vornehmen Herrn mit dem scharfen Theil seiner Hellebarde erlegt zu haben. „Warum, sagte der Richter, wehrtest du dich nicht mit dem Stiele?" „Weil mich der Hund nicht mit dem Schwänze beissen wollte," antwortete der weise Partisanenträger. Zur Tagesgeschichte. Der König von Würtemberg war früherhin bekanntlich für die Wiedervereinigung Deutschlands begeistert. Allein seine Bemühungen scheiterten an der Macht der absoluten Könige. Darum versucht er zur Ausführung seines Planes jetzt ein anderes Mittel, d. h. er ahmt das Beispiel eines andern Köuiglichen Bruders nach, und sucht die moralische Kraft seines Volkes durch Mißhandlung desselben zu steigern. Zu dem Ende hat er zuerst den Offizieren das Sprechen verboten, freilich nur über politische Gegenstände, das heißt nur über das, was gebildeten Völkern die Hauptsache ist, das Sprechen über die Nationalinteressen und Begebenheiten des öffentlichen Lebens. Der würtembergische König geht dabei von dem Grundsatze aus, „daß er Alles verbieten könne, was den „Unterthanen" in der Verfassungs-Urkunde nicht als eine Befugniß allergnädigst zugelegt worden sei." Geleitet von solchen constitutionellen Prinzipien hat der liberale König auch befohlen, daß es keine Gesellschaften geben dürfe, welche mit Volksdeputirten sprechen. Zeige sich eine solche, so solle die Polizei sogleich einschreiten. Die Verordnung, welche hierüber erlassen wurde, lautet also: „Da die den Staatsangehörigen verfassungsmäßig zukommende Befugniß, bei allgemeinen Landesangelegenheiten
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423 mitzuwirken, wesentlich in dem Wahlrechte liegt und mit Beendigung der Wahlen erschöpft ist, überhaupt aber die Organe für die Ausübung der politischen Rechte der Staatsbürger durch die Verfassungsurkunde bestimmt sind; so kann ohne Verletzung der gesetzlichen Ordnung und ohne Gefährdung der verfassungsmäßigen Unabhängigkeit der Stände, ein neues Glied in den durch das Staatsgrundgesetz festgestellten Organismus nicht eingeschaltet werden. Diesemnach verordnen Wir nach Anhörung Unseres Geheimenraths: Die Constituirung von Vereinen, welche die Berathung landständischer Angelegenheiten, so wie die Belehrung der Abgeordneten oder Rücksprache mit denselben zum Zwecke haben, ist verboten. Den Polizeibehörden wird aufgegeben, dieses Verbot zu handhaben, und gegen Vereine der genannten Art, wo dergleichen zu bilden versucht werden sollte, ungesäumt einzuschreiten. Unser Ministerium des Innern ist mit der Vollziehung gegenwärtiger Verordnung beauftragt. Gegeben, Stuttgart den 21. Februar 1832.
Wilhelm."
Unsere Brüder in Würtemberg haben jetzt nur noch zu erwarten, daß ihnen das Essen verboten werde. Denn da das Recht zu essen in der Verfassungsurkunde ihnen nicht eingeräumt worden ist, so kann es der König eben so gut untersagen, als er das Sprechen einer Privatgesellschaft mit einem Volksdeputirten verboten hat. - Zu dieser Mißhandlung des Volkes und zu dieser perfiden Verletzung des Staatsgrundgesetzes kömmt nun noch ein Geistesdruck durch die Censur, der über alle Begriffe geht. Die Rede Schülers bei dem Nationalfeste vom 29. Januar sollte in der Donauund Neckarzeitung abgedruckt werden, allein die unwürdige Censur legte ihre Schergenhand auch an dieses Document von Anstand, Ruhe und erhabener Würde. Man treibt jetzt die geistige Tyrannei und die Verachtung der Menschenrechte bis zum Wahnsinn, indem die niedrige Censur sogar das Urtheil gestrichen hat, welches von dem Appellationsgerichte in Landshut über die Anklagen gegen den Redacteur der deutschen Tribüne gefällt worden ist. Man hat in Deutschland schon viele Beispiele von empörender Grausamkeit und fanatischer Tyrannei der Könige erlebt, aber der Gipfel der Nichtswürdigkeit einer Regierung liegt darin, wenn sie verbietet, die Urtheile eines Gerichtshofes der Nation mitzutheilen. Ο mein unglückliches Volk, womit hast du es verdient, daß man dich empfindlicher mißhandelt, als irgend eine Sklavenheerde im Orient? Bei Gott der Schimpf, den man auf dein Haupt häuft, ist unerträglich. So elend bist du, daß die Urtheile deiner Gerichte nicht mehr bekannt gemacht werden dürfen. Unglückliches, dreimal unglückliches Volk! — Das würtembergische Volk ist eines der kräftigsten deutschen Stämme. Mag es daher gegen die Tyrannei seiner Regierung Energie entwickeln. Die schimpfliche Censur gründet sich in Würtemberg nicht auf die Verfassungsurkunde. Ihre Einführung beruht vielmehr auf den treulosen Carlsbader Beschlüssen, die in Würtemberg ohne Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Zustimmung der Stände keine gesetzliche Kraft erlangen konnten. Ist aber die Censur nicht verfassungsmäßig, sondern vielmehr verfassungswidrig, so ist es Pflicht der Journalisten, der Willkür sich nicht länger zu unterwerfen, sondern alles drucken zu lassen, was die Censur streicht. Man zeige nur Kraft und Muth, es geht schon. Wir vertrauen unseren würtembergischen Brüdern, daß sie für die Rettung der deutschen Ehre in die Schranken treten werden. Würzburg, 25. Februar. Die hiesige Bürgerschaft wurde durch das Ausschreiben der Kreisregierung, welches den Beitritt zum deutschen Vaterlandsverein für ein Verbrechen erklärt, sehr entrüstet. Es wurde deshalb sogleich eine Protestation und Beschwerde wider jenes Ausschreiben nach München abgesendet. Von den Bürgern in Ansbach erwartet man ähnliche Schritte. Es ist Zeit, daß der Bürger seine Würde behaupte, und nicht länger wie eine recht- und willenlose Maschine sich behandeln lasse. Man hofft daher allgemein, daß die edlen Bürger von ganz Franken und auch unsere Brüder in Baiern gegen die bemerkte Verfügung der Regierung allgemein protestiren und dieser Protestatio η durch offenen Beitritt zum Vaterlandsvereine Nachdruck geben werden. In Würzburg nehmen die Subscriptionen auf den Verein raschen Fortgang. Der Volks-Tribun tritt für diese große Sache mit entschiedener Kraft auf. Auch das baierische Volksblatt hat sich jetzt dafür erklärt und gegen das Verbot der Regierung protestirt. Wider den Redacteur des Volks-Tribun soll wegen Aufnahme des Aufsatzes „Deutschlands Pflichten" eine CriminalUntersuchung eingeleitet werden. Diese kann aber nur eine Satyre sein, da die Verfassungs-Urkunde mit klaren dürren Worten ausspricht, daß der Verbreiter einer Schrift nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn der Verfasser bekannt ist. Letzteres ist aber der Fall, also eine Verantwortlichkeit der Verbreiter des fraglichen Aufsatzes nicht denkbar.
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Der Beitrag von 460 fl. zu dem Vaterlandsvereine ist von W. Wilhelm in Hamburg. Es ist dieser Beitrag nicht ein für alle Mal, sondern für die noch laufenden zehn Monate des Jahres gegeben worden. Möge dieses glänzende Beispiel von Vaterlandsliebe Nachahmung finden. Mögen die reichen Deutschen von ihrem Ueberflusse dem Vaterlande mittheilen. Auch unsere israelitischen Brüder haben jetzt Gelegenheit, den Beweis zu liefern, daß sie Deutschland als ihr Vaterland anerkennen. Die Fortsetzung der Subscriptionslisten folgt übermorgen in einer Beilage.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Erster
des
N- 54.
Mittwoch. Preußens
Tribüne.
Stellung. Artikel.
In einem Zeitraum von 132 Jahren stieg die Vergrößerung des preußischen Staates an Land und Menschen, Einkünften und Soldaten in folgenden Potenzen. BevölHeer. QuadratEinnahmen. Jahr. Mann. meilen. kerung. Thaler. 30,000 1688 1,961 1,500,000 1,533,795 1740 2,105 2,200,000 7,400,000 75,000 1786 3,396 5,800,000 27,000,000 200,000 1796 5,496 8,700,000 30,000,000 240,000 1804 5,640 9,000,000 36,000,000 250,000 1820 5,714 11,000,000 50,000,000 200,000*) 300,000t) *) Linientruppen. t) Landwehr in zwei Aufgeboten. In diesen todten Zahlen liegen die Antworten auf die wichtigsten Fragen. Ein Staat, der in der Kürze von vier Generationen, in der Mitte von civilisirten Ländern, also nicht wie in wilden Erdtheilen, wo der Eroberer nur das Schwert auszustrecken braucht, sich so auffallend ausdehnt, muß bei dem ewigen Bedürfniß der Vergrößerung kein Mittel ausgeschlagen haben, es zu befriedigen. Seine Geschichte bestätigt diese Bemerkung. Nachdem das Haus Brandenburg in der leisesten Berührung mit seinen Nachbarn und Verwandten immer sogleich mit Erbverträgen bei der Hand gewesen war, und auf diese Weise sich auch nach Preußen und Schlesien versetzt hatte, kam endlich die Zeit, wo es Macht genug besaß, vermöge günstiger Umstände auch der Gewalt sich zu bedienen. Auf jene Art war der Flächeneehalt seines Besitzes von 355 Quadratmeilen vom Jaiire 1417 bis zur Zeit des westphälischen Friedens auf 1443 Quadratmeilen vergrößert worden und wir haben gesehen, wie seit dieser Periode die Fürsten auf ihren Vortheil sich verstanden haben. Weit mehr noch würde man es sehen, wenn in diesen Blättern die Enthüllung ihrer Mittel und Wege an der Stelle wäre. Mit Ausnahme von Preußen, Schlesien, Polen und Neuenburg sind alle Acquisitionen auf Kosten Deutschlands geschehen. Vor 1695, wo Brandenburg den Schwibusser Kreis an Oestreich abtrat, hatte es nie eine Handbreit Landes an eine fremde Macht wieder cedirt, und selbst diese armseligen zehn Quadratmeilen vergaß es niemals. Nur ein einziges Beispiel von freiwilliger Ue-
Vaterlandes.
Homburg, den 29. Februar 1832.
bertragung der Landeshoheit von Seiten der Stände hat sich in Neuenburg und Valengin begeben. In der gegenwärtigen Ausdehnung streckt sich dieser Staat von den Ufern des Niemens bis an die Thore von Thionville; seine östliche Grenze ohne natürlichen Schutz wird von Rußland beherrscht, Oestreich kann ohne große Anstrengung seine Flanke in Schlesien anfallen, Frankreich ist bei dem mäßigsten Glück Meister seiner westlichen Provinzen. Ohne naturgemäßen innern Zusammenhang, ohne abgeschlossene Nationalität der einzelnen Bestandtheile, wie bei Oestreich, ohne Volksinstitutionen hat sich Preußen gegen drei große Mächte an seinen Pforten zu bewachen; es kann niemals einen Krieg ohne Verbündete führen, und wird niemals unabhängig sein. Und dieser Staat bietet unserm Deutschland Schutz an, und unser Deutschland glaubt an ihn? Jahrhunderte lang hat Deutschland vor Oestreich gezittert; die Zeiten sind vorüber. Wenn es nun den Supremat Preußens anerkennt, hat es darum Ursache, sich sorglos in den Armstuhl zu werfen? Mit geringen Ausnahmen hat Oestreich Deutschland immer aufgegeben, wenn sein Vortheil es gebot. Hat aber Preußen dieß weniger gethan? Mit pomphaften Ankündigungen für Deutschlands Ehre, Unabhängigkeit und Integrität zog es im Jahr 1792 gegen Frankreich zu Felde, und sobald es nicht mehr Krieg führen konnte, gab es das ganze linke Rheinufer preis, und entschädigte sich durch Besitzungen der Kirche. Ich schütze dich gegen die Böcke, sagt der Wolf zum Lamm in der Fabel; und für diesen Liebesdienst gibst du mir dein Fell. Im Jahr 1806 wiederholte sich der Fall, und wir erinnern uns, was daraus geworden ist. Preußen hatte Hannover besetzt, und die Erwerbung wäre ein willkommener Fund gewesen, wenn England gewollt hätte. Preußen nahm die Hälfte Sachsens, und außer dem sächsischen Volk und dem französischen Gesandten störte niemand dieses saubere Spiel der Politik, weil der wahre Schutzherr Sachsens, Napoleon, gefallen war. Sonderbar! Im Jahr 1806 war Preußen unglücklich und sein Verbündeter, der Churfüst Friedrich August, behielt sein Land. Im Jahr 1813 siegte Preußen, und Friedrich August verlor über die Hälfte seines Staates. Wie es also auch stehen mag, von Preußen hat Deutschland nichts zu erwarten, aber wohl alles zu fürchten. Jedes Reich hat das Bedürfniß der Unabhängigkeit; Preußen wird sich daher auch so lange zu vergrößern suchen, bis es im Stande sein wird, jeder einzelnen jener großen nachbarlichen Mächte das Gleichgewicht zu halten. Dazu aber braucht es noch viel
427 Material. Und wo liegen nun seine Hoffnungen? In Polen? Diese Welt ist ausgetheilt. In Böhmen? Friedrich II. wird Antwort geben. In Belgien? Man wird die Artigkeit haben müssen, erst Frankreich und England zu fragen. Im Elsaß? Schneidet dem Löwen einen Ohrlappen ab und sagt uns dann, wie euch die Arbeit bekomme. Nirgends stehen also die Ernten, die noch einzutragen sind, als in Deutschland. Bedauernswerthes Vaterland, deine Geschichte ist umsonst für dich geschrieben; du fällst, wenn Preußen unglücklich ist, du fällst, wenn es glücklich ist! Das Juste-Milieu und Herr E. Emil Hoffmann. „Bei dem ersten Aufruf des Herrn Wirth, ihn zur Errichtung einer eigenen Presse und zum Ueberzug nach Rheinbaiern zu unterstützen, war ich einer der Ersten, der es für Pflicht hielt, mehrere Aktien zu nehmen, und dieß nirgends zu läugnen. Wenn die Herren Professoren v. Rotteck, Duttlinger und Welcker zur Begründung und Erhaltung ihres Blattes „der Freisinnige" oder der deutschen freien Presse freidenkende Männer Deutschlands zu Beiträgen auffordern, so würde und werde ich monatlich zwanzig Gulden gerne beitragen. Zur Erhaltung der in den letzten Blättern der Tribüne und des Westboten ausgesprochenen Preßfreiheit kann ich mich aber nicht entschließen etwas zu geben. Der erste Artikel jeder deutschen Constitution ist Heiligkeit und Unverletzbarkeit des Regenten; jeder andere Weg führt, meines Erachtens, zum Unglück und nicht zum Glücke Deutschlands. Dieß fürchte ich nicht öffentlich auszusprechen, und geduldig den Vorwürfen dergleichen Blätter entgegen zu sehen. Ernst Emil Hoffmann."— Vorstehende Anzeige findet sich in den letzten Nummern des Frankfurter Journals und der Oberpostamtszeitung abgedruckt, mit der Bemerkung, daß sich dieselbe in einer Subscriptionsliste finde, welche auf Veranlassung des bekannten Aufrufs der deutschen Tribüne zur Gründung des deutschen Vaterlandsvereins in dem zahlreichen Leseklub zu Darmstadt aufgelegt sei. Die deutsche Tribüne befaßt sich nur ungern mit persönlichen Streitigkeiten. Einzig und allein ihr großes Ziel der Völker-Emanzipation im Auge, erhebt sie sich über das kleinliche Getriebe der Leidenschaften, und fühlt sich für die Angriffe und Schmähungen ihrer Gegner durch den Beifall aller Tüchtigen und ihren immer wachsenden Einfluß auf die öffentliche Meinung hinlänglich entschädigt. Indeß giebt es Fälle, wo sie gern oder ungern zur Vertheidigung ihrer Sache auch die Person ihres Gegners ins Auge fassen muß, den Fall unter andern, wenn Männer, die nicht allein eine achtbare Stellung im Leben einnehmen, sondern auch bei vielen im Rufe der Freisinnigkeit stehen, mit Anstand und Würde als Ankläger in die Schranken treten. Ein solcher Fall liegt hier vor. Darum zur Sache. Hat Herr Hoffmann den Aufruf zur Begründung des deutschen Vaterlandsvereins mit Aufmerksamkeit gelesen? Unmöglich. Er würde sonst erkannt haben, daß es sich hier um die Sache, um das Princip, und nicht um die beiden Blätter des Westboten und der Tribüne handle. Die deutschen Regierungen, namentlich die baiersche, legen nach ihren
428 bekannten Grundsätzen des Absolutismus und der Reaction die Absicht an den Tag, den noch bestehenden und durch den Ausspruch der Gerichte gesicherten Rest der Preßfreiheit auf dem Wege der Chikane, wenn nicht der Gewalt zu unterdrücken. Jene Absicht zu vereiteln, den Wirkungen der Chikane so wie der Gewalt mit Erfolg zu begegnen, dazu wird der genannte Verein gestiftet. Jedes Blatt ohne Unterschied also, welches die Regierung durch Chikane oder Gewalt zu unterdrücken beschließen möchte, hat Anspruch auf die Unterstützung des Vereins. Der Westbote und die Tribüne sind nur insofern inniger als andre Blätter mit dem Verein verbunden, als sich aller Wahrscheinlichkeit nach die Chikanen und Gewaltschritte der Regierung zuerst gegen sie richten, und so jene Blätter vielleicht zuerst in den Fall kommen werden, der Unterstützung des Vereins zu bedürfen. Liegt denn nun aber nicht klar vor Augen, daß unter jener Voraussetzung der Verein die Sache der Preiisfreiheit und nicht die Lehren des widerrechtlich unterdrückten Blattes vertheidige? Lassen die minder liberal Gesinnten ein Blatt widerrechtlich unterdrücken, weil es in seinen Ansichten weiter geht, als sie für gut halten; was wollen sie der Regierung entgegnen, wenn diese hinterher auch die mildergehaltenen Oppositionsblätter verfolgt und sich der Ausrede bedient: Euch war nur der Westbote und die Tribüne anstößig; uns aber ist auch das hessische Volksblatt und das ganze Juste-Milieu noch anstößig. Das eben ist der Fluch jenes sogenannten Juste-Milieu, daß es ohne alle leitenden Grundsätze sich immer nur an Einzelnheiten hält, und diese nach rein individueller Neigung oder Abneigung beurtheilt und behandelt. Der Absolutismus sagt: keine Preßfreiheit, Unterdrückung jedes Blattes nach Belieben der Regierung! Der Liberalismus dagegen: Preßfreiheit ohne Ausnahme, Bestrafung eines Blattes nur auf richterlichen Ausspruch nach den bestehenden Gesetzen. Das Juste-Milieu endlich: im Allgemeinen Preßfreiheit und keinerlei Art von Willkür gegen Journale und politische Blätter. Sollten dieselben aber schlechte Grundsätze predigen, so hat das Volk nicht das geringste Interesse dabei, wenn die Regierung sie chikanirt und widerrechdich unterdrückt. Der Absolutismus sagt: jeder Unterthan kann ohne Urtheil und Recht von der Regierung eingekerkert werden. Der Liberalismus dagegen: kein Staatsbürger darf ohne Urtheil und Recht eine Strafe erleiden. Das Juste-Milieu endlich: die unterthänigen Staatsbürger können im Allgemeinen nie ohne Urtheil und Recht zur Strafe gezogen werden. Wenn aber die Regierung es für gut findet, unnütze und unruhige Menschen, für welche vier Wochen Gefängniß nur heilsam sein können, ohne Urtheil und Recht beizustecken, so hat das Volk nicht das geringste Interesse, sich solcher Subjekte anzunehmen. So viel zum Beweise, daß der Juste-Milianer Ernst Emil Hoffmann die eigentliche Idee des Vereines auch nicht im Entferntesten aufgefaßt hat. Die JusteMilianer kennen überhaupt nur Thatsachen, niemals Grundsätze. Jetzt aber zu der Frage: was Herrn Hoffmann bestimmen konnte, sich in einer Sache auszusprechen, die ihm gar nicht zur Beurtheilung vorgelegt war? Noch mehr, seine individuelle Ansicht in zwei vielgelesenen Zeitungen abdrucken zu lassen? Denn daß jener Abdruck mit seinem Wissen und Willen ge-
429 schehen ist, muß doch wohl so lange angenommen werden, bis er das Gegentheil behauptet. Die Antwort auf jene Fragen ist leicht. Herr Hoffmann sieht durch den deutschen Vaterlands-Verein die Heiligkeit und Unverletzbarkeit der Fürsten bedroht. Periculum in mora. Also schnell dem deutschen Vaterlande mitgetheilt: ich Ernst Emil Hoffmann billige jenes Unternehmen nicht - und siehe da, mit dem deutschen Vaterlands-Vereine ist es aus. Und nun, welche Belohnung von den deutschen Fürsten, deren Heiligkeit und Unverletzbarkeit der berühmte Ernst Emil Hoffmann gerettet hat. Aber blos auf der Seite der Fürsten zu stehen? Beim Himmel nein, das wäre ja gegen das herrliche Juste-Milieu! Wer kann wissen, ob in dem Kampfe zwischen den Völkern und Fürsten die letzteren am Ende nicht doch den Kürzeren ziehen werden? Wie wäre alsdann der ganz unterthänige Ernst Emil Hoffmann compromittirt! Also nach der Anweisung des herrlichen Juste-Milieu wieder etwas eingelenkt. Um es mit den Liberalen nicht gänzlich zu verderben, wird also der Welt bekannt gemacht, daß der ganz unbemittelte Herr Hoffmann dem Liberalismus das ungeheure Opfer gebracht habe, einige Aktien auf die Presse des Volks zu nehmen. Ja, er hat die Kühnheit, dieß Verbrechen der beleidigten Majestät den Fürsten offen einzugestehen. Zugleich wird dem „Freisinnigen" in Freiburg der Hof gemacht. Das Kind wird gelobt, noch ehe es das Licht der Welt erblickt hat. Der Freisinnige wird doch höflich genug sein, zum schuldigen Danke auch die Bemühungen des Herrn Hoffmann bei den Wahlen zur hessischen Ständeversammlung, so wie seine Anstrengungen in der Kammer selbst gehörig herauszustreichen und zu loben. Jetzt ist nur noch ein Uebelstand zu beseitigen. Man wirft dem Herrn Hoffmann bekanntlich großen Egoismus und selbstsüchtige Spekulationen vor. Dieser Vorwurf muß weggeräumt werden, aber man muß sich dabei genau innerhalb der Schranken des JusteMilieu halten. Der Liberalismus nun thut etwas zur guten Sache. Der Absolutismus thut nichts dafür, das Juste-Milieu daher prahlt mit etwas zu Thuendem. Der Liberalismus gibt etwas, der Absolutismus gibt nichts; das Juste-Milieu daher verspricht, etwas zu geben. Und was verspricht Herr Hoffmann? 20 Gulden, sage zwanzig Gulden, und diese zwanzig Gulden monatlich, und das monatlich noch dazu groß gedruckt. So viel gibt auch nicht ein einziger Subscribent des deutschen Vaterlands-Vereines. Diese zwanzig Gulden müssen in ganz Deutschland eine ungemessene Bewunderung für den liberalen Ernst Emil Hoffmann hervorrufen. Und zum Glück ist keine Gefahr dabei. Der Freisinnige ist von Männern gegründet, welche im Besitze eines Vermögens sind, welches das Grund- und Betriebs-Capital eines Blattes, das schon im Voraus auf mehrere tausend Subscribenten zählen kann, bei Weitem übersteigt. Man wird niemals jene zwanzig Gulden ansprechen; aber der Ruhm, sie angeboten zu haben, wird bei allen gutmüthigen Thoren und denen, welche mit der Lage der Dinge unbekannt sind, nicht ausbleiben. Und wenn das Ungeheure geschähe und Herr Hoffmann müßte zahlen, so wird der Ertrag des hessischen Volksblattes diese unvorhergesehene Ausgabe decken. Dieses Volksblatt, das nur dazu bestimmt ist, den Bürger und
430 Landmann zu belehren, gibt bei einer Auflage von 7000 Exemplaren (so hoch gibt sie Herr Hoffmann selbst an; wöchentlich erscheint eine Nummer, und der Jahrgang kostet 1 fl. 36 kr.) eine Brutto-Einnahme von 11,200 fl. Berechnet man die reine Einnahme nun nach dem beliebten Juste-Milieu, so beträgt sie 5600 fl. Davon lassen sich die versprochenen 240 fl. allenfalls schon bestreiten. Ueberhaupt ist das hessische Volksblatt des Herrn Hoffmann ein Muster von Juste-Milieu. Der Liberalismus schreibt wahr, der Absolutismus schreibt falsch; das Juste-Milieu des Volksblatts daher schreibt halb wahr und halb falsch. Der Liberalismus schreibt anständig und geistvoll, der Absolutismus gemein und unverständig, das Juste-Milieu daher platt und trivial. Der Liberalismus tadelt die schlechten Beamten, der Absolutismus lobt sie, das Juste-Milieu daher tadelt sie wegen ihres Benehmens und lobt sie wegen ihrer Besserung. Der Liberalismus tadelt offen und ohne der Würde des Mannes und Staatsbürgers etwas zu vergeben; er sagt: der Minister ist auf's Neue mit einem verfassungswidrigen Akt der Willkür hervorgetreten. Der Absolutismus lobt auf eine kriechende und knechtische Weise; er sagt: Se. Excellenz der Herr Minister haben einen neuen Beweis Ihrer tiefen Einsicht und ausgezeichneten Talente gegeben. Das Juste-Milieu eignet sich vom Liberalismus den Tadel und vom Absolutismus das knechtisch Devote und kriechend Unterthänige an. Daher sagt es: Se. Excellenz der Herr Minister haben sich bewogen gefunden, einen Akt vorzunehmen, den man gewissermaßen beinahe willkürlich nennen dürfte. Der Liberalismus schlägt Männer zum Landtage vor, welche gut denken, der Absolutismus solche, die schlecht denken, das JusteMilieu daher Männer, die gar nicht denken, gute, nachgiebige Leute, welche dem Koryphäen des JusteMilieu unbedingt beistimmen werden. Der Liberalismus nimmt zu seinen politischen Blättern gute Lettern und gutes Papier, beim Absolutismus sind die einen wie das andere schlecht; das Juste-Milieu daher—doch nein, hier zeigt sich eine Inconsequenz des hessischen Volksblatts - Druck und Papier desselben sind unter dem JusteMilieu. Dagegen zeigt uns Herr Hoffmann in seinem vorletzten Blatt mit seltner Bescheidenheit an, daß eine große Anzahl der Besitzer des Volksblatts am Ende des Jahres dasselbe in Maroquin einbinden lassen wolle. Das wäre offenbar über dem Juste-Milieu. Geschähe es aber: welch' glücklicher Zufall! Schlechtes Papier mit schlechten Lettern in Maroquin eingebunden. Eins in das Andere gerechnet, käme ja offenbar wieder ein herrliches Juste-Milieu heraus! Doch im Ernst gesprochen, Herr Ernst Emil Hoffmann: welcher Unpartheiische wird nicht gern die großen und mannigfaltigen Verdienste anerkennen, welche Sie um die gute Sache sich erworben haben? wird die Geschäftskenntniß, so wie die Thätigkeit und Gewandtheit nicht bewundern, welche Sie bei jeder Unternehmung zeigen, und die, nur auf gute Zwecke verwendet, der Sache der Menschheit so unendlich viel Heil bringen könnte? Warum bei diesen schönen Eigenschaften nun jenen gränzenlosen Egoismus, jene fast schmutzige Gewinnsucht, und eine Eitelkeit, welche Sie, wie bei dem obenerwähnten Maroquineinbande, in der Regel nur lä-
432
431 cherlich macht? Alles, was Sie thun, muß an die große Glocke geschlagen werden; ginge es an, Sie würden das einem Bettler gegebene Almosen ins Tagblättchen setzen lassen. Sie glauben nicht, wie sehr diese Sucht, überall von sich sprechen zu machen - eine Sucht, welche Sie offenbar auch getrieben hat, gegen den deutschen Vaterlands-Verein öffentlich aufzutreten - wie sehr Ihre Ostentation, die sich sogar bei Ihren Bemühungen um Griechenland zeigte, in den Augen aller einfachen, wahren Männer Ihre Verdienste geschmälert hat! Möchten Sie es doch endlich über sich gewinnen, das Gute nur um des Guten willen zu thun. Möchten Sie es erkennen, daß in diesem Kampf der Parteien und Principien eine Vermittlung ein Unding, eine Unmöglichkeit ist; oder mit andern Worten, daß Niemand Gott und dem Mammon zugleich dienen kann. Wagen Sie es, tüchtig zu sein! Sie werden sehen, es geht. Und wenn Sie dann all Ihre schönen geistigen Eigenschaften und all Ihr zeitliches Glück der heiligen Sache der Menschheit geweihet haben, alsdann wird auch Ihr heißer Durst nach Ruhm gestillt werden. Und es wird wahrer Ruhm sein, den Sie erringen, Ruhm von ächtem gediegenem Golde. Ihr jetziger dagegen, was ist er? Höchstens sogenanntes Katzengold, das nur die Augen der Kinder und der Einfältigen blendet!
Zur Tagesgeschichte. Die französische Tribüne enthält folgenden Aufruf:
„An die Deutschen, welche sich gegenwärtig in Paris befinden. In der deutschen Tribüne sind alle Deutsche aufgefordert worden, einen Verein zur Unterstützung der freien Presse zu bilden. Kaum war dieser Aufruf erlassen, so beeilte man sich von allen Seiten ihm zu entsprechen. Bereits ist die Gesellschaft ins Leben getreten. Die Mitglieder derselben verbinden sich: 1) jeden Monat einen Beitrag an Geld, nach Verhältniß ihres Einkommens, zu bezahlen, (man wird sogar 1 kr. per Monat annehmen); 2) so weit es in ihren Kräften steht, zur Verbreitung der liberalen Journale beizutragen; 3) so viel möglich die Versendung dieser Journale durch expresse Boten zu begünstigen, in dem Fall nämlich, als die deutschen Fürsten deren Expedition durch die Post verbieten sollten. Die jungen Deutschen, welche in hiesigen Handlungshäusern sich befinden, wollten ihren Landsleuten einen Beweis geben, daß sie nicht umsonst das glorreiche Beispiel der Juli-Revolution miterlebt haben. Ein großer Theil von ihnen ist bereits dem gebildeten Vaterlands-Verein beigetreten. Sie haben sich auch an die deutschen Professionisten gewandt, welche in Paris sind. Ein großer Theil von ihnen wird das Scherflein des Armen beisteuern. Herr Kröger, rue Tirechappe Nr. 7. hat es übernommen, die Unterschriften zu sammeln. Die zwei Schriftsteller, worauf Deutschland besonders stolz ist, Börne und Heine, werden gemeinGedruckt auf der Presse des Volkes.
schaftliche Sache mit uns machen. Sie machen sich ferner ein Vergnügen daraus, ihre Federn der Sache zu widmen. Da ein deutscher Buchhändler nns erklärt hat, daß er keine Abonnements auf die Tribüne annehmen dürfe, so erbietet sich Herr Garnier, rue du Faubourgh St. Honore Nr. 10, ein Deutscher, welcher in directer Correspondenz mit der Tribüne steht, die einlaufenden Bestellungen derselben zuzusenden. Wir ersuchen alle Deutschen, welche sich mit uns vereinigen wollen, die Listen der durch sie gesammelten Unterschriften, mit Bezeichnung von Namen, Adresse und Summe der monatlichen Beiträge an Herrn Garnier einzusenden. Dieser wird sie nach Zweibrücken befördern. Ein Handelshaus wird ehestens beauftragt werden, die Erhebung der Gelder zu besorgen. Wolfrum, Leipheimer, Karpl, Arbeiter, Juli-Decorirte, Namens der 80 Subscribenten der ersten Liste." — Den nämlichen Aufruf enthält auch der National. Die Redactionen beider Journale, nämlich die der Tribüne und die des Nationais, haben in ihren Bureaus Subscriptionslisten fur den deutschen Vaterlands-Verein aufgelegt. - Wir werden durch einen Freund in London nunmehr veranlassen, daß auch in die englischen Journale ein Aufruf eingerückt werde, worin man die Deutschen in England zur Theilnahme an dem Vaterlands-Verein auffordert. Materielle Mittel werden auf diesem Wege bald in zureichender Weise gewonnen werden. Wenn nun auch die beiden ausgezeichneten Schriftsteller Börne und Heine ihre geistigen Kräfte durch Unterstützung der Journale des Volkes dem Vaterlande weihen, so sind fur Aufrechterhaltung der freien Presse bald hinlängliche Garantien gegeben. Die Presse wird aber, wenn sie ungestört wirken kann, den großen Zweck der Einheit und Freiheit Deutschlands zuverlässig erreichen. - Wir wiederholen daher unsere Bitten an Deutschlands Kinder zur eifrigen Unterstützung des Vaterlands-Vereines. — Die Fortsetzung der eingelaufenen zahlreichen Subscriptionslisten folgt morgen. A n z e i g e . Dienstag, den 13. März 1832 um 9 Uhr des Morgens läßt Herr Joh. Michael Seitz V. zu Rhodt bei Landau wohnend, in seiner Behausung allda nachfolgende, selbst gezogene, rein und gutgehaltene Weine Rhodter Gewächs an den Meistbietenden im Ganzen uud auch theilweise versteigern. 1) 33 Ohm 1825ger Traminer. 2) 70 „ 1825ger Gutedel und Rießling. 3) 41 „ 1827ger Traminer und Rießling. 4) 32 „ 1827ger Gutedel und Rießling. 1726ger Traminer. 5) 36 6) 56 „ 1828ger Traminer. 1828ger Gute[d]el und Rießling. 7) 22 „ 8) 82 „ 1829ger. 9) 70 „ 1831ger Traminer. 10) 75 „ 1831ger Gutedel und Rießling. 11) 10 „ 1831ger Traminer. 12) 11 „ 1830ger Gutedel und Rießling. Von diesen Weinen werden am Tage der Vergeisterung die Proben gegeben. Edenkoben, den 24. Februar. Medicus, Notär. Verantwordicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Donnerstag.
des
N— 5 5 .
Ueber die Mittel zur Wiedergeburt Deutschlands. Erster
Tribüne.
Artikel.
Wir haben in diesen Blättern bisher von der unglücklichen und erniedrigten Lage Deutschlands gesprochen, wir haben uns bemüht, die allgemeine Ueberzeugung hervorzurufen, daß der Zustand unseres Volkes, wie er ist, unmöglich länger bestehen könne, sondern daß derselbe vom Grunde aus verbessert werden müsse. Es wird nunmehr Zeit sein, von den Mitteln zur durchgreifenden Reform unseres Vaterlandes zu sprechen und den Beweis zu liefern, daß es ein leichtes sei, Deutschland zu Wohlstand, Macht und Größe zu erheben, wenn man nur das Volk frei sich bewegen läßt und der Entwicklung der Nationalkraft von Seite der Regierungen nicht störend in den Weg tritt. Um diesen Beweis auf eine klare und überzeugende Weise zu liefern, müssen wir in die Natur der gesellschaftlichen Verhältnisse etwas tiefer eindringen, daher für einige Nummern unseres Blattes die ernstere Aufmerksamkeit unserer Leser in Anspruch nehmen. Außer Nordamerika giebt es kaum ein Land, dessen materielle und geistige Lage befriedigend zu nennen wäre. Wohin wir auch unsere Blicke richten, überall stößt das Auge auf Lagen und Verhältnisse der Völker, welche in dem Gemüthe des Menschenfreundes schmerzliche Empfindungen erregen. Nur in der Art der Schattirung liegt der Unterschied. Ueberall finden wir aber eine zu große Zahl Unglücklicher, niedergebeugt durch Kummer und Elend. Selbst das überreiche England zeigt uns keine Ausnahme. Während der gewinnreichste Handel und die blühendste Industrie ungeheure Reichthümer aufhäufen, liegt Armuth und Elend auf einem sehr großen Theile der Nation. Also nicht die Früchte des Bodens, nicht der Segen eines unermeßlichen Handels, auch nicht die Wunder einer herrlichen Industrie, ja nicht einmal die Wohlthaten einer freien Verfassung sind im Stande, mäßigen Wohlstand und Zufriedenheit unter allen Classen des Volkes zu verbreiten. Wo liegt der Grund dieser auffallenden Erscheinung? Ist es die Bestimmung der Völker aller Zeiten, daß nur einzelne Individuen glücklich sein können und daß die Mehrzahl der Nation gedrückt sein müsse? Liegt die Ursache darin, daß die Vorsehung mehr Menschen entstehen läßt, als die Natur zu ernähren im Stande ist? Müssen Viele darben, weil die Gaben der Natur nicht für Alle zureichen?
Vaterlandes.
Homburg, den 1. März 1832.
O! wer wollte eine solche Anklage gegen die weise Vorsehung erheben? Nicht in dem Wirken der Natur, sondern in der Verblendung der Menschen und in der Verkehrtheit deren Einrichtungen liegt der Grund des Uebels. Während die Natur ihre Gaben in reichem Ueberflusse darbietet, giebt sie zugleich dem Menschen durch ihr rastloses Schaffen die Aufmunterung zur Thätigkeit und durch ihre einfache erhabene Ordnung die Andeutung einer zweckmäßigen Einrichtung des gesellschaftlichen Zustandes der Menschen wie der Völker. In dem Bilde der organischen Wesen zeigt die Natur dem Menschen, daß freie Regung der Kräfte das Prinzip der Lebensthätigkeit sei, daß in dem harmonischen Zusammenwirken aller Kräfte der Einzelnen das blühende Leben des Staates liege: indem sie offenbart, wie durch das Binden der einen Kraft die Thätigkeit der andern gehemmt wird und wie bei der Verletzung eines Theiles das Ganze leidet, warnt sie vor Beschränkungen der natürlichen Freiheit nicht minder, als vor roher Gewalt und vor dem Mißbrauche der Kraft des Einzelnen: indem sie die Wunder vor Augen hält, welche auch schwache Kräfte bei geschickter Vereinigung hervorzubringen im Stande sind, ermuntert sie die Menschen zur Vereinigung ihrer Kräfte, um in wechselwirkender Thätigkeit und Selbstbeherrschung nach einem Zwecke zu streben und durch gemeinsame Fürsorge für alle einzelnen Bestandtheile des Organismus die Wohlfart des Ganzen zu erhalten und zu fördern. Gleichwie aber die Natur durch ihr ewiges Schaffen und durch ihre unwandelbare Ordnung den Menschen gleich stark zur freien Thätigkeit wie zur Selbstbeherrschung aufmuntert, so giebt die Vorsehung durch Beispiele aller Art den Regierungen der Völker die große Lehre, daß das Wesen der Menschen in unbeschränkter Freiheit bestehe, daß der Mensch nicht geschaffen als ein Mittel zu den Zwecken der Fürsten, daß die Rechte desselben auf unbeschränkte Freiheit nicht beruhen in der Gnade der Könige, sondern in der göttlichen Ordnung und daß alle Versuche zur Unterdrückung der Urrechte des Volkes stets sich rächen müssen als frevelhafte Eingriffe in die Ordnung Gottes. In dem Bilde eines civilisirten Staates zeigt die Vorsehung endlich den Staatsmännern, wie der Charakter der gegenseitigen Verhältnisse der verschiedenen Staaten im Interesse aller Nationen nothwendig beschaffen sein müsse. So wenig in einem Lande, wo Gewalt über Gesetz und Gerechtigkeit herrscht und die Staatsbürger nicht regen dürfen ihre
435 Hände zur redlichen Arbeit, die Wohlfart gedeihen kann, so wenig kann sich Segen verbreiten über eine Gesellschaft von Staaten, welche unter einander die Macht des Stärkern höher stellen, als das Gesetz, die Gewalt an die Stelle des Rechtszustandes setzen und noch obendrein auch in Beziehung auf die natürlichen Erwerbsquellen der Länder, Handel und Industrie, ein feindseliges Verhältniß gegen einander annehmen. Freiheit, reine, volle Freiheit ist das Gesetz der Weltordnung: alle Leiden der Völker rühren nur von Eingriffen in die Freiheit her. Die Erwerbsquellen der Menschen sind: der Ackerbau, die Industrie und der Handel. Jeder Zwang bei diesen Erwerbszweigen stört den Gang der Natur und führt die Völker zur Verarmung. Deutschland muß nothwendig am Abgrunde des Elends stehen, weil 1) das Grundeigenthum durch die Ueberbleibsel und Surrogate des Lehensverbandes gefesselt ist und dessen Revenüen durch übermäßige Abgaben verschlungen werden, weil ferner 2) der Handel durch zahllose Mauthen im Innern vernichtet ist, und weil endlich 3) auch die Gewerbe in einem Theile des Landes noch gefesselt werden und ein Aufschwung derselben auch da, wo sie frei sind, wegen des Darniederliegens des Handels und des Ackerbaues sowie wegen des Druckes der Abgaben nicht möglich ist. Der Armuth Deutschlands kann nur durch gänzliche Befreiung des Grundeigenthumes vom Lehens- und Grundverbande, durch Aufhebung aller Mauthen und Zolle im Innern des Landes, durch vollständige Freiheit der Gewerbe und endlich durch wesentliche Verminderung der Steuern abgeholfen werden. Diese Zwecke sind aber einzig und allein durch Aufhebung der stehenden Heere, durch Umwandlung der Civillisten in Besoldungen und durch Vereinfachung der Staatsverwaltung zu erreichen. Vereinfachung der Staatsverwaltung tritt ein durch Entlassung der Gemeinden aus einer unnatürlichen und unwürdigen Vormundschaft der Regierungen, durch Zurückgabe der Administration der Provinzen an diese selbst, und vor allem endlich durch politische Einheit Deutschlands nach Außen. Ist Deutschland frei und einig, so bedarf es zu seiner Vertheidigung nach Außen des gegenwärtigen kostspieligen Systemes stehender Heere nicht mehr. Man kann die Bürger auf einfache Weise in den Waffen üben. Die Kraft der Bürger ist dann überflüssige Bürgschaft für die Aufrechterhaltung der Integrität und der Unabhängigkeit Deutschlands. Könnten die Könige sich entschließen, Vaterlandsfreunde zu werden, den werthlosen Luxus der Höfe aufzugeben und die Geldmassen, welche sie dem Volke abpressen, in die natürlichen Canäle zurückzuleiten, könnten die deutschen Könige ihre Herrschsucht überwinden und in Folge dessen sich entschließen, nicht nur den Provinzen und Gemeinden ihrer Länder die Verwaltung deren Vermögens und die eigene Leitung der gesellschaftlichen Interessen zurückzugeben, sondern auch einzuwilligen, daß Deutschland durch eine FöderativVerfassung nach Außen zu Einem Reiche erhoben würde, so bedürfte es zur Emporhebung des deutschen Nationalwohlstandes nichts weiter, als nur vollständig freien Verkehr zu gestatten und die Bürger gewähren zu lassen. Handel und Ackerbau würden durch die Befreiung von dem Drucke der Abgaben, Mauthen und Zölle von selbst herrlich aufblühen und dadurch auch die Ge-
436 werbe heben, weil die drei Erwerbszweige der Menschen wie Räder in einander greifen, und das Aufblühen des Handels und des Ackerbaues nach Naturgesetzen die Beförderung der Industrie und der Gewerbe zur nothwendigen Folge hat. Um das Glück eines Volkes zu gründen, reicht aber der Nationalwohlstand nicht aus. Dieser betrifft nur den körperlichen Theil des Menschen. Höher steht der geistige Theil. Darum bedarf das Volk ungetrübter Freiheit der Meinungen und des Gewissens, sowie Achtung des menschlichen Werthes durch vollständige und ausnahmslose Gleichheit aller Bürger. Die höchste Auszeichnung kann nur darin bestehen: ein rechtschaffner Bürger zu sein. Bevorzugte Stände und Vorrechte der Geburt sind Unsinn. Bei dem civilisirten Volke darf es keine, durchaus keine Aristokratie geben. Allein um das Glück eines Volkes rein und vollständig zu gründen, reicht sogar Nationalwohlstand und Aufhebung der Geburts-Aristokratie nicht hin. Durch das Emporblühen des Nationalwohlstandes entsteht vielmehr eine andere nicht minder gefährliche Aristokratie: — die Geld-Aristokratie. Wenn ein Land als solches zwar große Hülfsquellen besitzt, der Reichthum aber nur in den Händen Einzelner sich befindet, so entsteht das sonderbare äußerst unnatürliche Verhältniß, daß trotz eines unermeßlichen Nationalreichthums des Landes gleichwohl die Masse des Volkes im tiefsten Elende steht, dabei noch von einzelnen Reichen unbedingt abhängig ist, und so das zweifache Elend der Armuth und der Sclaverei tragen muß. England gibt ein Beispiel. Ein solches Verhältniß kann vermöge der Macht, die in den Kapitalien liegt, sogar in jenen Landern entstehen, wo unter dem Schutze freier und vernünftiger Institutionen Handel, Industrie und Ackerbau blühen. Die Völker werden daher niemals wahrhaft frei, wenn nicht die Geld-Aristokratie auf einem natürlichen Wege aufgehoben wird. Diese großartige und wahrhaft gigantische Maßregel, welche alle Völker und Länder umgestalten und die Civilisation auf eine Höhe stellen wird, von der man zur Zeit noch keine Ahnung hat, ist durch ein äußerst natürliches nud einfaches Mittel durchzufuhren: durch das Mittel der Associationen. Die Vorsehung vertheilt ihre Gaben sehr verschieden. Dem einen Menschen gibt sie Reichthum, dem andern Talent oder Genie, dem dritten die Tugend des Fleißes und der Mäßigkeit. Das Wesen der Glückseligkeit besteht nur in der Zufriedenheit. Reichthum und Talent sind darum nur die Mittel zur Glückseligkeit, nicht der Zweck. Schon die gegenwärtige Erfahrung lehrt, daß man bei beschränktem geistigen und materiellen Mitteln zufriedener, also glücklicher leben kann, als im Ueberflusse des materiellen und geistigen Reichthums. Ist also Zufriedenheit das letzte Ziel, so ist die Gabe des Fleißes und der Mäßigkeit, welche ebenfalls zur Zufriedenheit führt, nicht minder werthvoll als Geld- und Geistesreichthum. Mit GeldReichthum ist gewöhnlich Mittelmäßigkeit der Verstandesgaben und geringer Arbeitstrieb, mit Genie in der Regel Hang zur Trägheit, Ausschweifung oder Verschwendung verbunden. Wer endlich, und dieß ist bei den meisten Menschen der Fall, der Geburt weder Reichthum, noch Genie, sondern nur gewöhnliche
438
437 Geistes-Anlagen und nothdürftige Geldmittel verdankt, dem ist zur Entschädigung die Lust zur Arbeit, der Sinn für Ordnung und Häuslichkeit, und endlich die Tugend der Mäßigkeit gegeben. Dieß sind aber eben die sichersten Ansprüche auf Glückseligkeit, und darum wird das Glück der Völker durch die ungleiche Vertheilung der Gaben nicht absolut unmöglich gemacht; dieses Glück ist vielmehr möglich, und es wird insbesondere fur die große Masse der Völker herbeigeführt, wenn alle Menschen, die im eigentlichen Sinne des Wortes arbeiten, also Landwirthe, gewerbtreibende Bürger uud Handelsleute, nicht mehr von der Macht des Reichthumes abhängen, sondern auch ohne eigenes großes Kapitalvermögen ein selbstständiges Geschäft treiben und dazu aufgezogen und gebildet werden können, sei es auch, daß sie in äußerster Armuth geboren wären. Zu diesem Zwecke führen zunächst zwei Mittel. Erstlich die Gründung einer Association, welche die Kinder der Armen erziehen und nach Maßgabe der individuellen Anlagen und Neigungen zu einem frei gewählten Lebensberufe vollständig ausbilden läßt. Zweitens die Gründung einer Association, welche allen Geschäftsleuten aus dem Handels-, Gewerbs- und Fabrikstande die zum Etablissement oder zur vortheilhaften Erweiterung ihres Geschäfts erforderlichen Kapitalien gegen Verzinsung und Bezahlung einer verhältnißmäßigen Prämie unter der Bedingung vorschießt, daß das Kap ital aus dem mit dessen Hülfe errungenen Erwerbe allmählich zurückbezahlt werde. Beide Associationen sind sehr leicht ausführbar, denn sie beruhen auf dem sichern Fundamente der Interessen. Der Verein zur Erziehung und Bildung der Kinder der Armen gibt die Mittel zu diesem Zwecke nicht schenkungs-, sondern darlehensweise. Wer auf Kosten des Vereines zu einem Gelehrten, Staatsmann, Fabrikinhaber, Kaufmann, Gewerbsmann u. s. w. gebildet worden ist, bezahlt aus seinem Einkommen das auf seine Erziehung und Ausbildung verwendete Kapital mit den Zinsen und einer verhältnißmäßigen Prämie [w]ieder zurück. Die Prämien dienen zur Ausgleichung der Verluste, welche durch den Tod oder die persönliche Unfähigkeit einzelner auf Kosten des Vereins erzogener Individuen erlitten werden. Die zweite Association, von der wir oben sprachen, ist nichts weiter als eine Assecuranz des Credits. Alle Bürger, welche nicht durch einen schlechten Lebenswandel die Achtung verloren haben, empfangen von einer Nationalkasse, zur Einrichtung oder Betreibung eines Geschäftes, so große Kapitalien, als sie wollen, auch ohne Unterpfand oder andere Sicherheitsbestellung zu dem Zinsfuße, wie die Verhältnisse des Verkehrs es mit sich bringen. Alles was die Gesellschaft durch eintretende Zahlungs-Unfähigkeit einzelner Schuldner verliert, wird durch die Masse aller Bürger, welche bei der Nationalkasse Credit genießen, gedeckt und zwar dadurch, daß zu den Verlusten jeder Creditgenosse nach Verhältniß der empfangenen Darlehns-Kapitalien beiträgt. Hoher Stand des Zinsfußes hat niemals in dem Mangel an Kapitalien, sondern immer nur in der Unsicherheit der verliehenen Gelder und in der Schwierigkeit der Zinsen-Einziehnng seinen Grund. In einem Lande, wo bei den Darlehen die Möglichkeit eines Verlustes ausgeschlossen und für promte Zahlung der Zinsen gesorgt ist, sinkt der Zinsfuß
bedeutend. Die Association zur Versicherung des Credits der Bürger löst beide Aufgaben und führt dadurch den Zinsfuß auf ein natürliches Verhältniß zurück. Erstreckt sich ferner die Versicherung des Credits der Bürger über eine Bevölkerung von 30 bis 40 Millionen freier Menschen, ich sage freier Menschen, so werden die Bankerotte an Zahl und Umfang sich vermindern und es wird, auch abgesehen hiervon, schon wegen der großen Zahl der Creditgenossen der Beitrag zu den Verlusten der Association so gering sein, daß derselbe in Verbindung mit den Zinsen - die durch die Association zum bedeutenden Sinken gebracht werden müssen — 5% nicht übersteigen kann. N u n ist aber die Macht der Kapitalien gebrochen und die Geldaristokratie mit der Wurzel ausgerottet. Denn Erstens: Jeder Mensch, der in einem solchen Lande geboren wird, erlangt Kraft des Staatsgrundgesetzes, ohne Rücksicht auf Stand, Geburt oder Vermögen, eine Erziehung und Ausbildung wie sie seinen Neigungen und Anlagen entspricht, bis zu den obersten Stufen einschlüßig; Zweitens: Jeder, nach Maßgabe seiner Neigungen und Anlagen für einen Beruf gebildete, Mensch erlangt kraft der Institutionen des Landes und kraft der verfassungsmäßigen Rechte des Bürgers, ohne Sicherheitsleistung und zu billigen Bedingungen so große Kapitalien, als er zur Errichtung, zum Betriebe und zur Erweiterung irgend eines Geschäftes nothwendig hat.
Preußens Zweiter
Stellung. Artikel.
Um die zwölf Millionen Einwohner des preußischen Staates - denn so hoch ist seit 1820 die Bevölkerung gestiegen — schlingt sich kein Band der Nationalität; Polen, Preußen, Sachsen, Rheinländer, Schweizer, oder besser, Slaven, Deutsche und Halbfranzosen sind bunt durcheinander gewürfelt. Offenbar blickt aus allen Regierungsmaßregeln der Plan, diese Volksstämme mit ihren verschiedenen Gewohnheiten, Sitten, Interessen und Neigungen unter einen Hut zu bringen. Aber eben dieß verletzt jeden einzelnen, weil jeder einzelne opfern muß. Daher kommt es, daß der Pole den Pommer, der Pommer den Sachsen, der Sachse den Rheinländer nicht liebt. Das einzige Mittel, sie zu vereinigen, wäre die Oeffnung des Tempels constitutioneller Freiheit; und die Aufforderung dazu wird selbst von dem eigenen Vortheil des Hauses Brandenburg gegeben. Denn keinem Umstände hat es mehr verdankt, als der Reformation. Seit dieser Zeit hat es seine Arme ausgestreckt, mit reissender Schnelligkeit ist sein Körper gewachsen; es gäbe kein Preußen ohne die Reformation. Der Sinn dieser großen Umwandlung war aber kein anderer, als der Sinn der gegenwärtigen Bewegung: Freiheit des Menschen, dort im Kampf mit der Politik der Kirche, hier im Kampfe mit der Politik der Kabinette. Indem Preußen sich dieser Freiheit gegenüber stellt, erklärt es sich gegen seinen eigenen Ursprung, es wird der Idee untreu, der es
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439 seine Größe zuzuschreiben hat. Aber noch nie in der Weltgeschichte ist es ungestraft geblieben, wenn das Haupt eines Volkes die Bahn verläßt, die ihm von dem Lenker der Dinge vorgeschrieben ist. Der in seinem Innersten aufgewühlte Strom der Zeit wird jeden Widerstand vernichten, über kurz oder lang werden die Throne des Absolutismus fallen, wie der Absolutismus der Hierarchie gefallen ist. Diese Gefahr erkennt das preußische Kabinet sehr wohl; allein was thut es, um ihr zu begegnen? In seiner schwankenden Stellung muß es Verbündete suchen, und hat die Wahl zwischen Frankreich, England, Oestreich und Rußland. Mit England hat es niemals Glück gehabt, Oestreich hat abgeschlossene Interessen und bedarf wenig, Rußland bleibt übrig, der Bund ist durch Politik und Blut geschlossen. Was folgt daraus? Preußen steht Frankreich gegenüber, und ist eben darum von der russischen Freundschaft abhängig. In der Verlegenheit, einen Alliirten zu finden, hatte sich Friedrich II. einst mit Katharina verbunden; in jeder Bewegung fühlte er die Folgen, er mußte ihrem Ehrgeiz, ihrer Eroberungssucht nachgeben, und als er sich nicht mehr zu helfen wußte, als er in die Alternative gerieth, entweder den im politischen System Europas für nothwendig gehaltenen Halbmond stürzen zu sehen oder mit ihr zu brechen, fiel seine beängstigte Politik auf das Auskunftsmittel der Theilung Polens. Das war die Folge der Verbindung zwischen Preußen und Rußland, und sie wird feurige Kohlen auf das Haupt der Nachkommen Friedrichs II. sammeln. Jetzt, eben so abhängig von Rußland als sonst, opfert Preußen diesem Bunde die Richtung des Jahrhunderts. Es scheint die Zeitigung seiner politischen Kultur bis auf die Periode zu verschieben, wo ihm die Barbarei der Tataren und Mongolen nachgekommen ist. Mit einer bewundernswürdigen Naivetät gestanden die preußischen Zeitungen bei Gelegenheit der letzten Reise des Kaisers Nikolaus nach Moskau, daß dieser Fürst erst die Meinung der hohen Aristokraten hören müsse, ehe er über das Geschick des besiegten Polens beschließe. Also hier entspringt die Quelle der Macht über Europa. Der russische Hof von den großen Aristokraten in Moskau abhängig, Preußen vom russischen Hofe, Deutschland von Preußen - Armes Vaterland, an die Meinung einiger reichen Gutsbesitzer im Land der Moskowiten ist deine Zukunft gebunden! In dieser Abhängigkeit von dem Einfluße des Petersburger Hofes schaukelt Preußen immer zwischen halben Maßregeln; es umgab sich vor dem Falle Warschaus mit dem Schein der Liberalität und wartete ab, was kommen würde. Wäre Polen gerettet worden, so hätte sich das Kabinet von Berlin auf die Seite der Volksinteressen schlagen müssen. Das schien ihm selbst so unvermeidlich, daß es sich bei dem zweifelhaften Glück der Russen schon entschloß, in diesen Weg langsam einzubeugen. Es verhieß Städteordnung, wo sie noch nicht eingeführt war, seit fünfzehn Jahren wieder die erste Erinnerung daran; es ließ die Zügel der Censur etwas lockerer, weil es nicht wagte sie straff anzuziehen; es sprach von Erleichterung der Abgaben; es ließ in seinen Zeitungen leise den Ton des Volks anstimmen. Kurz, es wollte Gedruckt auf der Presse des Volkes.
scheinen, was es nach der Wiederherstellung Polens zu sein gezwungen werden würde. Mit dem Falle Warschaus war alles wieder vorüber. Man sieht also, daß die preußische Regierung allein von den Ereignissen abhängt, daß sie nur durch die Ereignisse genöthigt werden wird, dem Geiste des Jahrhunderts nachzugeben, und daß bei einem solchen Charakter, bei mäßigem Glück Rußlands und seinem eigenen, dem Genius constitutioneller Freiheit der Tod geschworen ist.
Zur Tagesgeschichte. Rheinbaiern. Der als liberale Schriftsteller und Vertheidiger der Volksrechte bekannte Pfarrer Hochdörfer in Sembach ist wegen freimüthiger Aufsätze vom Amte suspendirt worden. Wir behalten uns vor, dieses Verfahren, das wir als den Vorboten anderer Feindseligkeiten gegen die Völkersache betrachten, demnächst in einem besondern Artikel zu beleuchten. Vorläufig hoffen wir, daß das Volk einen seiner entschiedensten Vertheidiger nicht werde Mangel leiden lassen. A n z e i g e . Der Raum unseres Blattes gestattete nicht, in der heutigen Beilage alle Suscriptionslisten fur den deutschen Vaterlands-Verein, so wie alle jene Briefe, deren Mittheilung für das deutsche Volk von Interesse sein kann, abzudrucken. In einigen Tagen wird daher eine weitere Beilage erscheinen. Zugleich bemerken wir, daß früherhin einige Namen gegen die Absichten der Subscribenten abgedruckt worden sind, weil keine Anmerkung hinzugefügt worden war, welche uns die Pflicht auferlegt hätte, den Namen zu verschweigen. Wir bitten daher recht sehr, daß alle diejenigen, welche ihren Namen nicht genannt wissen wollen, es ausdrücklich bemerken und respective auf den dem Comite zu Zweibrücken einzusendenden Listen bemerken lassen. Ohne diesen Zusatz wird jeder Name abgedruckt, da dem deutschen Vaterlande daran liegen muß, seine ächten und eifrigen Patrioten kennen zu lernen. Zugleich bitten wir alle diejenigen, welche uns mit Beiträgen erfreuen, in ihren Briefen doch immer zu bemerken, ob wir die Manuscripte zurückschicken, oder vernichten sollen, im Falle wir wegen Ueberfülle an Stoff oder aus andern Gründen keinen Gebrauch davon machen können. Im Allgemeinen können die geehrten Einsender, wenn binnen vier Wochen der eingesandte Aufsatz in der Tribüne nicht abgedruckt erscheint, und wir wegen der verspäteten Aufnahme keine Nachricht ertheilen, anderweitig über ihre Aufsätze bestimmen. Die deutsche Tribüne ist nun auch im Königreiche Sachsen verboten. Den Abonnenten bei der Post sind daher zwei Dritttheile des bezahlten Preißes von den Postbehörden zurück zu zahlen. Da auf dem Wege des Buchhandels der Versendung der Tribüne nach Sachsen kein Hinderniß im Wege steht, so ersucht man das Publikum, die Bestellungen nunmehr bei der nächstgelegenen Buchhandlung zu machen. Die Herren Buchhändler belieben dagegen ihren Bedarf vom Herrn Buchhändler Ritter in Zweibrücken zu beziehen. Wenn sich in einer Stadt oder Gegend mehrere Abonnenten vereinigen und der Redaction Nachricht geben, so kann ihnen die Tribüne auch direkt durch den Postwagen zugesendet werden. Homburg, den 29. Februar 1832. D. R. d. d. T. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Beilage zur deutschen Tribüne. Zu N— 55. Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. I. S u b s c r i p t i o n e n . Aus d e m G r o ß h e r z o g t h u m H e s s e n - D a r m s t a d t . In Butzbach und in der Umgegend. Ein deutsches Vaterland, 1 fl. Selbstständigkeit Polens, 45 kr. Deutsche Nationalität und Kraft, 45 kr. J. S. Jontz, Bürger, 40 kr. Der freien Presse, 20 kr. J. Küchel, 20 kr. Heyl, Gastwirth, 15 kr. W. Küchel, Bürger, 20 kr. B. Küchel, zweiter Bürgermeister, 1 fl. J. Steinhäuser, Rothgerber, 12 kr. H. Kühl, Bürger, 6 kr. G. M. 6 kr. J. Rothhardt, 4 kr. J. Heil, Bäcker, 6 kr. J. Marguth jun., 9 kr. Chr. Küchel, 6 kr. J. Kuchel, 6 kr. Fr. Arndt, 6 kr. J. C. Kühl jun., 6 kr. J. Kraus, Schreiner, 9 kr J. Knabenschuh, 8 kr. P. W. Zeuner, Sprützenmacher, 12 kr. N. Flach, Kaufmann, 12 kr. V. Wiesler, Färber, 6 kr. E. Knabenschuh, Bäcker, 9 kr. J. Steinhäuser, Bäcker, 9 kr. N. Rübsamen, Metzger, 12 kr. Ch. Debus, Maurer, 12 kr. J. Gravelius, Pharmaceut, 12 kr. P. Fohrbach, Schuhmacher, 6 kr. B. Knöchel jun., 12 kr. J. Flach, Rothgerber, 9 kr. L. Vogt, Kaufmann, 15 kr. G. Sauerbier, Ziegler, 16 kr. J. Steinhäuser, Lederhändler, 16 kr. F. Holzhausen, Kaufmann, 16 kr. W. Seyfried, 6 kr. G. Seippel, Kaufmann, 6 kr. J. Steinhäuser, Bäcker, 16 kr. H. Feldmann, Bäcker, 6 kr. G. Zelb, Zimmermann, 10 kr. G. Seyfried, Apotheker, 16 kr. J. Heil jun., Bäcker, 6 kr. G. D. Mießler, Kaufmann, 6 kr. M. Pliska, Schlosser, 6 kr. J. Michel, Drechsler, 6 kr. L. Rabenau, Barbier, 4 kr. E. Gärtner, Kaufmann, 6 kr. J. Grüninger, 10 kr. J. Steinhäuser, 12 kr. W. Grüninger, 12 kr. L. Ferber, 12 kr. W. Steitz, 9 kr. B. Küchel jun., 9 kr. G. Marguth, 9 kr. J. Grüninger, 9 kr. J. Küchel, 9 kr. A. Wendel, 9 kr. J. Küchel, 6 kr. J. Marguth, 6 kr. W. Grüninger, 6 kr. V. Grüninger, 6 kr. N. Grüninger, 6 kr. K. Küchel, 6 kr. H. Küchel, 6 kr. Zusammen monatlich . . . 13 fl. 39 kr. In W ö r r s t a d t . C. Behlen, Gutsbesitzer, 30 kr. Ein Ungenannter, 30 kr. J. Weiler, Kaufmann, 30 kr. C. Kroth, Kaufmann, 30 kr. Becker, Notariats-Clerc, 30 kr. Ein Freund der freien Presse, 20 kr. Ein Freund der freien Presse, 20 kr. Zusammen monatlich 3 fl. 10 kr. In W a l l e r t h e i m . J. N. Minola, Gutsbesitzer, 30 kr. H. Behlen, Kaufmann, 30 kr. Ein Ungenannter 30 kr. P. M. Neck, Gutsbesitzer, 30 kr. Ρ Η. Schneider, Gastwirth, 30 kr. H. Brükhahn, Gutsbesitzer, 12 kr. Zus. monad . 2 fl. 42 kr. In U n d e n h e i m . C. Schilling, Gutsbesitzer, 30 kr. D. Schilling, Bür-
germeister, 30 kr. J. Schilling, Gutsbesitzer, 15 kr. D. Schilling, Gutsbesitzer, 15 kr. M. Michel, Gutsbesitzer, 6 kr. D. Jung, Gutsbesitzer, 8 kr. J. Michel, Gutsbesitzer, 9 kr. H. Specht, Schreinermeister, 30 kr. Zusammen monatlich 2 fl. 23 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in M a i n z . Transport von Nro. 48: 9 fl. 12 kr. - Mariane Müller, 20 kr. Emilie Müller, 12 kr. Adolph Müller, 24 kr. J. Rau, 15 kr. Christine Rau, 15 kr. P. Schumacher, 16 kr. Regina Schumacher, 10 kr. W. Volmer, 6 kr. J. Christmann, 6 kr. B. Müller, 8 kr. Antonie Müller, 4 kr. J. Lebrecht, 12 kr. M. Basqua, 8 kr. P. Sauer, 8 kr. C. Hishe, 8 kr. P. Umsonst, 8 kr. St. 12 kr. P. Z. 24 kr. Welzenbach, 35 kr. Ferdinand Müller, 24 kr. Fritz Klauprecht, 6 kr. Johanne Klauprecht, 12 kr. Klauprecht, 12 kr. Ph. Chielmann, 8 kr. Helene Chielmann, 2 kr. Ferd. Chielmann, 2 kr. A. Dieffenbach, 8 kr. Ruckeißen, 24 kr. F. 1 fl. 21 kr. A. Schmieg, 12 kr. J. H. 8 kr. Ein Ungenannter 1 fl. Ein Ungenannter mit der Devise: ä un coeur bien ne que la patrie est chere 55 kr. Mich. Reynier, Weinhändler, 2 fl. C. v. S. 1 fl. Zusammen monatlich 21 fl. 37 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in F r a n k f u r t a. M. Transport von Nro. 42: 4 fl. 39 kr. - Dr. Eder, 30 kr. Gottfried Malß, 30 kr. F. M. Mappes, Dr. Med., 30 kr. Wilhelm Mack, 30 kr. Carl Malß, 30 kr. Reinganum, Dr. Jur., 30 kr. Ν. N. 30 kr. J. F. J. Mack, 30 kr. J. D. Sauerländer, 30 kr. Dr. Stiebel, 30 kr. Dr. Claudius, 30 kr. Mendelstädt, Inspektor, 30 kr. Fritz Fay, 30 kr. J. F. Belli-Gontard, 30 kr. J. W. 30 kr. D. G. 30 kr. Reiß, Dr. Med., 30 kr. D. Hinkel, 50 kr. Carl Brönner, 30 kr. Erich, für die Monate Januar, Februar, Merz, 1 fl. 30 kr., durch Dr. Jur. Reinganum, also 30 kr. Ernst Herold, 30 kr. Ein Ungenannter 30 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Ferdinand Binding, 30 kr. F. W. Lohnsetzer, 12 kr. Fr. Winter zum Landsberg, 30 kr. A. Kammermann, 24 kr. B. Reuhl, 30 kr. E. Könitzer, 24 kr. Dr. Neuhof, 30 kr. E. Stibel, 24 kr. Schwartz, in Sachsenhausen, 30 kr. Schlottner, 30 kr. J. M. Fellner, Oekonom, 12 kr. J. Ohlenschlager, 24 kr. Dierk van Hees, 24 kr. Jonas Jäger, Lit. Μ, 41 Fischergaß, 24 kr. Fried. Grebenstein, S. G. 102, 24 kr. P. Sackreuter, 24 kr. Johann Gerhard Gruber, Metzgermeister, 1 fl. 45 kr. V. Stein, Associe von Thun und Stein, 30 kr. Bloß, Glasermeister, 24 kr. Bilger, 24 kr. P. Walluf, Maurermeister, 12 kr. J. F. Hoffmann, Gymnasiast, 30 kr. F. Vüchsel, 12 kr. J. P. Schwager, 18 kr. Α. H. Lüddecke, 12 kr. Jakob Thomas, 12 kr. J. B. Busch, 12 kr. J. K. 12 kr. J. C. P. 6 kr. C. S. 6 kr. Zusammen monatl. 27 fl. 4 kr.
[440c] W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in Landstuhl. Transport von Nro. 43: 7 fl. 44. kr - Joseph Hallauer, 6 kr. Ein Ungenannter 1 fl. Heinrich Rülp, 12 kr. Peter Keßler, 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Franz Eißlein, 6 kr. Adam Knörr, 4 kr. Adam Wirth jun., 12 kr. Friedrich Wies, 18 kr. Ein Ungenannter 1 fl. 45 kr. Jakob Most, 6 kr. F. Köbig, 6 kr. Joh. Hertel, 6 kr. L. Feinthel, 6 kr., Flamman, 25 kr. Peter Klos, 1 kr. Johann Kuhn, 12 kr. Jakob Kuhn, 6 kr. N. Müller, 8 kr. Carl Sartori, 6 kr. Carl Heim, 6 kr. Jakob Weber, 6 kr. Adam Zengerle, 6 kr. Peter Fatscher, 6 kr. Stephan Rupertus, 6 kr. Joseph Weber, 6 kr. Stadtmüller, 6 kr. Ein Ungenannter, 4 kr. Ein Ungenannter, 6 kr. Justus Becker, 6 kr. Joseph Machtler, 4 kr. Johann Schäfer, 6 kr. Jos. Schüler, Dr. med. 24 kr. Adr. Jung, stud. med. 24 kr. Adam Lutz, 12 kr. Zusammen monatlich . 15 fl. 20 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in M ü n c h e n . Transport vou Nro. 48: l l f l . 12 kr. - Ernst Schilderstein auf 1 Jahr 6 fl., mithin 30 kr. Zusammen monatlich 11 fl. 42 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in B i r k e n f e l d . Transport von Nro. 38: 3 fl. 30 kr. — Von einer Gesellschaft Bürger 3 fl. 48 kr. Zusammen monad. 7 fl. 18 kr. S u b s c r i p t i o n e n aus v e r s c h i e d e n e n anderen Orten. 1) Ein schweizerischer Patriot aus Basel, monatlich 2 fl. 24 kr. 2) W. Eine Gesellschaft von sieben Rheinhessen aus dem Kanton Wöllstein, zusammen monatlich 1 fl. 30 kr. 3) B. Ein Ungenannter aus Rheinbaiern monatlich 30 kr. 4) Aus Karlsruhe von 23 Ungenannten monatlich 3 fl. 4 kr. 5) Ein Ungenannter in Stuttgart 4 fl. 3 kr. 6) Aus Weimar einige Gymnasiasten und Gastwirth Müller von Niedergrünstadt, monatlich einen Friedrichsd'or oder 9 fl. 45 kr. 7) Aus Grähwinkel in Rheinhessen, Boxheim un[d] Bobenheim, für 6 Monat 3 fl. 30 kr. also monatlich 35 kr. 8) Aus dem Nassauischen von einigen Freunden der freien Presse, einen monatlichen Beitrag von 17 fl. 30 kr. 9) Aus Mannheim zwei Ungenannte monatlich 18 kr. 10) J. Villeroi, in Rittershof monatlich 4 fl. 40 kr. 11) Von drei Ungenannten in Landau 5 fl. 40 kr. 12) Von 52 Personen aus allen Klassen und Ständen der Stadt Koburg monatlich 18 fl. 13) Wilhelm, Advokat in Neuhof hex Fulda, monatlich 1 fl. 14) Ein Ungenannter ohne Angabe seines Wohnorts, mit dem Motto: Serrez, monatlich 24 kr. Zusammen monatlich 69 fl. 23 kr. 101 Heidelberger Studirende, zusammen monadich 54 fl. 20 kr. 86 Pirmasenser, zusammen monatlich 14 fl. 25 kr. 71 Frankfurter, zusammen monatlich 11 fl. 4 kr. Die eingesandten Listen der Herrn Heidelberger Studirenden, Pirmasenser und Frankfurter werden sobald als möglich abgedruckt werden.
[440d] II.
Briefe.
Cronach, 15. Februar. Die Aufsätze in der deutschen Tribüne „Deutschlands Pflichten und der 29ste Januar 1832" werden hier mit der wärmsten Theilnahme aufgenommen. Die Subscription zu diesem Vereine ist bereits im Werke, und das Officier-Corps der Landwehr hat diese mit einer Aversional-Summe zu 20 fl. eröffnet; und den beiliegenden Aufruf an die Einwohner von Cronach zur Unterstützung des Vaterlands-Vereins erlassen. Dieser Verein erscheint als das einzige gesetzliche Mittel der Einigung der Deutschen, und es ist daher heilige Pflicht jedes Freundes der Volkssache, zur Erreichung dieses in seinen Folgen allmächtigen Endzwecks nach Kräften mitzuwirken. J. M. Pabstmann.
Aufruf an die Einwohner Cronachs zur Unterstützung des deutschen Vaterlands-Vereines. Die Bestrebungen des Absolutismus drohen selbst der gesetzlichen Freiheit der Völker Gefahr, es ist daher ein sehr erfreuliches Zeichen der Zeit, daß man die Bemühungen in den dunkeln Werkstätten der SklavenKettenschmiederei allenthalben beobachtet, und Volksvereine sich bilden, um jedes Attentat gegen die geheiligte Volkssache zu vernichten. Ein solcher Verein, an welchem die meisten Städte Baierns bereits Antheil genommen, hat sich in Würzburg gebildet, der jedoch auf die allseitige Theilnahme jedes biederen Volksfreundes rechnet, um den großen Kampf für Sicherung gesetzlicher Freiheit gegen tyrannische Willkür mit Erfolg beginnen, und den Sieg der Volkssache erringen zu können. Männer, bekannt durch ihren Patriotismus und ihre Intelligenz, stehen zur Zeit an der Spitze dieses Vereines, der sich zu einem europäischen Vereine bilden wird. Ernster Aufruf zur Theilnahme an demselben ist in dem baierischen Volksblatte geschehen, und welcher Baier kann durch theilnahmslose Indolenz den Absolutismus noch kühner machen? Keiner! daher werden auch die biedern Cameraden mit freudiger Zustimmung meinen Vorschlag genehmigen, zu dem bereits ins Leben getretenen National-Verein aus unserer Privat-Dispositionskasse einen Beitrag von drei Carolin — und einen ferneren Beitrag von 20 fl. zur Unterstützung der freien Presse zu unterzeichnen. Der patriotische Sinn der Stadt Cronach hat schon in der öffentlichen Meinung Anerkennung gefunden; bewahren wir diesen Ruhm! Cronach am 12. Februar 1832. Der Major des Landwehr-Bataillons: M. Pabstmann. Einverstanden: Friedrich Link. A. Murmann. A. Gouvillet. Pfadenhauser. M. Mackert. Sauer. Schaller. Reinberger. Melchior Pfaff. J. Eberh. Pfaff. Andreas Filiweber. Heinrich Appel. Helfreich. Caspar Busch. Johann Scharf. Georg Lotzendorfer. Aus dem Nassauischen, 22. Febr. 1832. Wir übersenden Ihnen anliegend mit 17 fl. 30 kr. den monat-
[440e] lichen Beitrag einiger Freunde der freien Presse zu deren Unterstützung. Wie sollten wir versuchen, die Wirkung des zeitgemäßen Aufrufs der Tribüne auf jedes patriotische Gemüth auch in unserer Umgebung zu schildern, - wie den Eindruck, den die lebendige Theilnahme des Volkes im Rheinkreise an diesem acht nationalen Vereine in uns hervorbringen mußte! Wahrlich! der Mann von edlerem Gefühl hat vor dem Aufschwünge dieses Geistes das Knie gebeugt, und sein Haupt voll Ehrfurcht entblößt bei den Namen der Handwerker und Taglöhner, der Wittwen und Dienstboten, die den letzten Pfennig ihrer Armuth auf dem Altare des geliebten Vaterlandes zu opfern sich beeilt haben! ,Ziehe die Schuhe aus, denn diese Stelle ist heilig."' Aber ach! daß jene im Rheinkreise schon ins Volk übergegangene lebendige Theilnahme an dem gemeinsamen Vaterländischen, für uns nur noch in der Ferne, nur an dem Horizonte Deutschlands wie ein neu aufgegangener, den Blick zauberisch fesselnder Stern erscheinen muß! Noch mehr als Ein Jahr wird erfordert werden, bis das Volk auch unseres Herzogthums die gleiche Stufe politischer Bildung erstiegen haben dürfte. Noch sind nur hie und da einzelne weckende Strahlen bei diesem und jenem eingekehrt - der Sinn der Masse ist noch in dumpfer Theilnahmlosigkeit gegen alles Höhere gebunden - niedergedrückt zur Erde - unter das Joch der gemeinsamen Nothdurft gebeugt. — Doch es wird auch bei uns, es wird und muß überall im deutschen Vaterlande - wenn auch nur in langsamen Fortschreiten — besser werden. Die Lebensperioden der Völker wollen an der beschränkten Lebensdauer des Individuums nicht gemessen sein. Auf der Höhe einer umfassenden, geschichtlichen Weltansicht erscheint dem, das Zusammenleben einer Nation in seinem Zusammenhang wie ein Ganzes überblickenden Auge, oft nur als Schwankung leicht wieder ausgeglichener Aberration, was in dem befangenen Leben der Gegenwart als unheilbarer Rückgang sich darstellte. - Ein Volk, von dem, nach dem Ausspruch des größten Geschichtschreibers des neuern Europas, alles Große und Edle, was sich in unserer neuern Welt gestaltet hat, und alle Liebe zur Freiheit, die jetzt noch in derselben die sseits und jenseits des atlantischen Meeres athmet und webt, ausgegangen ist, - ein Volk, dessen Freiheit mit der Geschichte begonnen hat, nnd das länger als ein Jahrtausend seine ewigen Rechte auch kräftig ausgeübt - ein Volk, das gleich nach den finstern mittlem Jahrhunderten die Emancipation des menschlichen Geistes von dem Despotismus der Pfaffen für die Welt erobert, und mit diesem Siege die Bahn zur Emancipation aller Völker der Welt auch von dem Despotismus der Könige gebrochen hat - ein solches Volk kann unmöglich auf die Dauer das herabwürdigende, zum Thier erniedrigende System eines russischen Autokraten oder eines portugiesischen Unmenschen ertragen wollen. — Es wird und muß besser werden-, - oder wie könnte in einer Welt, wo ein so oder anders als jetzt gestreutes Sandkorn in rückgreifender Verkettung der Dinge, nichts geringeres als eine andere Geschichte der Erde erfordern würde, der gewaltige
[440f] Aufschwung dieser ungeheuern Zeit ohne die tiefst greifenden Folgen bleiben? Also getrost, ihr Freunde des Vaterlandes! Wenn die Morgenstunde am Himmel erscheint, ist die Nacht vorüber, nnd es mußT&g werden. Und wo, erhaben über den Thier- und Sinnenmenschen, Männer, das Auge auf die ewigen Sternbilder der Wahrheit geheftet, mit einem für das Vaterland glühenden Herzen, unerschrocken für dessen unveräußerliche Rechte ihre Stimmen erheben, und für dasselbe Anfeindung und Verfolgung, ja den Tod zu übernehmen freudig bereit sind, — da muß der Anblick eines so begeisternden Beispiels wie ein Blitz in immer mehr und mehr Herzen zünden, da wird und muß das Wahre, das Edle und Große seine heiligsten und schönsten Siege feiern! Basel, 20. Febr. 1832. Herr Redakteur! Die deutsche Tribüne, der Wiedergeburt des lieben Vaterlandes geweiht, wird auch hier in unserer versumpften Aristokratenstadt, wenn auch nur von einigen freisinnigen Männern, mit Vergnügen gelesen, und wenn auch die Schweiz nicht zum deutschen Vaterland gezählt wird, so wird sie doch von einem stammverwandten braven biedern Volke bewohnt, das in den gleichen Bestrebungen nach größerer Einigung seines vielzergliederten Staatskörpers begriffen, die innigste Theilnahme an der Wiedergeburt unseres Vaterlandes nimmt. Es kann daher nicht fehlen, wenn einmal die größtentheils errungene Gleichstellung aller politischen Rechte des Volks durch gänzliche Niederdrückung der städtischen Oligarchen-Gewalt gesichert ist, daß Ihr Blatt in der Schweiz noch mehr in Aufnahme kömmt, und daß der Antheil an den Bestrebungen des deutschen Brudervolks allgemein werden muß. Die Errichtung des so herrlich aufblühenden Vaterlands-Vereins zur Unterstützung der freien Presse hat mich mit lebhafter Freude erfüllt, wie es zu erwarten war, wird diese herrliche und große Idee in allen Gauen Deutschlands Anklang und Unterstützung finden, und alle treuen deutschen Herzen mit froher Zuversicht er füllen. Obschon nun ein Schweitzer, so ergreife ich als ein geborner Hesse, dem sein deutsches Vaterland über alles lieb geblieben ist, mit Freuden diese Gelegenheit, den zur Unterstützung der freien Presse überall so herrlich beginnenden Subskriptionen mit 1 fl. monatlich beizutreten. Würden es mir meine Verhältniße erlauben, gerne würde ich ein Mehreres leisten, ich hoffe aber später noch mehrere meiner Freunde zur Unterstützung dieser großen Angelegenheit zu veranlassen. Basel, 20. Februar. Während meines 16jährigen Aufenthalts in Deutschland habe ich außer den vielen Beweisen von Wohlwollen und Freundschaft, die mir in diesem schönen Lande zu Theil geworden sind, ihm auch meine Erziehung zu danken. Außer meiner Anhänglichkeit und dem wärmsten Gefühl meines Dankes hatte ich nichts, um mich erkenntlich dafür zu zeigen. Ihr Blatt giebt mir Gelegenheit dazu, und das wackere Volk der Rheinbaien geht mir mit einem guten Beispiel voran. Ich trete dem Preßverein als „schweizerischer Patriot" mit einem monatlichen Beitrag von 2 fl. 42 kr. bei. Schreiben an Herrn Schüler aus St. Johann bei Saarbrücken in Rheinpreußen:
[440g] „Hochverehrter deutscher Mann! Groß und vaterländisch ist das Unternehmen, welches Sie begonnen haben, um die Presse in Deutschland durch einen Verein zu unterstützen, damit sie, die in Fesseln seufzende germanische Tochter, die ihr gebührende Freiheit erlange. Gott verleihe dem deutschen Volke Kraft, Muth und Beharrlichkeit zur Ausführung dieses Werkes — denn es thut Noth! — Hier (in St. Johann) ist unter der arbeitsamen Gewerbsklasse freisinniger Einwohner Ihr Vorhaben mit dem lautesten Beifall aufgenommen und sogleich eine Subscriptionsliste gebildet worden; dieselbe enthält bereits mehrere Unterschriften, die den monatlichen Betrag von 5 fl. 20 kr. ergeben. Freunde der wahren Volksfreiheiten, welche letztere nirgends ohne freie Presse gedeihen werden, sind hier besorgt, das schöne Ziel, zu dessen Erlangung Sie den Impuls gegeben haben, mit allem Eifer zu verfolgen. Später wird man Ihnen eine Liste der Subscribenten übergeben und Ihnen die Beiträge zusenden. Genehmigen Sie einsweilen die Versicherung der Hochachtung, von welcher für Sie und fur die schöne Sache durchdrungen ist Ein Deutscher." Grähwinkel in Rheinhessen, 18. Febr. Die beiden großherzoglich hessischen Beamten Roxheim und Bobenheim in Grähwinkel beehren sich, Ihnen anliegend zwei preußische Thaler in Cassa-Anweisungen zu übersenden, als ihren halbjährigen Beitrag zur Unterstützung der freien Presse, und versprechen in dem Monat Juli 1832 eine ähnliche Sendung für das nächste Halbjahr. Zugleich fügen sie den frommen Wunsch hier bei, die freie Presse möge ihrer Seits so wacker fortarbeiten wie sie begonnen, und wie die Gewalthaber seither auf ihre Art und nach ihren Grundsätzen es getrieben haben, und ferner noch treiben zu wollen scheinen; dann ist mit Sicherheit zu hoffen, daß beide Theile recht bald ein gemeinschaftliches Ziel erreichen werden, obgleich es wahrscheinlich den letzteren nicht ganz nach ihrem Wunsch sein wird. Neuhof bei Fulda, 21. Febr. Der Unterzeichnete tritt hierdurch dem Preßverein in Zweibrücken öffentlich bei, und steuert monatlich 1 fl. Das Nähere wird derselbe noch an den Verein gelangen lassen, sobald ihm einige Blätter des betreffenden Aufrufs zugekommen sind. Deutsche Bürger! Unser Geist ist frei, opfert ihm die Einwikung der Sinnlichkeit, der Sieg ist gewisser als jener aller Armeen der Welt, den Geist hat Niemand bezwungen, wenn er sich nicht bezwingen lassen wollte. Folget meinem und aller meines Gleichen Beispiele. Männer, längst desselben Sinnes, jetzt brecht die Fesseln, die hie und da noch Euer Geist freiwillig trug. Fürsten zittert nicht, die Geister sind Eure Feinde nicht, sie suchen und sie finden gewiß auch die Eurigen, die bisher allein gestanden; wie schön und fest werden sie dann mit den unsrigen vereint stehen; auch Euer höheres Leben fängt erst jetzt an. Wilhelm, Adv. Gersheim, den 17. Februar. Herr Ritter, ich habe gestern Ihre Blätter erhalten und alles eingesehen. Also fahren Sie fort mit der ganzen Gesellschaft, mein Geschirr
[440h] ist auch auf der Reise. Ich will auch der Letzte nicht sein, gebe des Monats 6 kr. und zahle für diesen Monat und Monat März gleich. Weiter grüße ich Sie Alle vielmal. Michel Quirin, Schmidt. Ein Ungenannnter beehret sich, Eurer Wohlgeboren anliegend 1 fl. 12 kr. als seinen Beitrag für drei Monate zur Unterstützung der freien Presse zu übersenden. Er bedauert nichts inniger, als daß sein beschränktes Einkommen, das bei gegenwärtigem Nothstande von zu vielen Seiten in Anspruch genommen wird, es ihm nicht erlaubt, eine reichlichere Gabe zur Beförderung eines Unternehmens zu spenden, welches ihm nach der Einführung der christlichen Religion und der Reformation als das größte und in seinen Folgen segensreichste für die Menschheit erscheinet. — Indem er demselben von ganzem Herzen eine möglichst allgemeine Anerkennung, Unterstützung und - Vertheidigung wünscht, hat er die Ehre, unter den vielen Tausenden Ihrer aufrichtigen Verehrer sich zu unterzeichnen als Ihr Aufrichtigster — Mein Motto: Serrez! Literarische Anzeige. Zur Ostermesse 1832 erscheint bei Osterwald in Rinteln: Deutschlands Constitutionen. Ein g e n a u e r und c o r r e k t e r A b d r u c k der d e u t s c h e n B u n d e s a c t e und der seit dem E r s c h e i n e n d e r s e l b e n in den e i n z e l n e n Bundesstaaten eingeführten Verfassungsurkunden. Auf dieses in gr. 8. Format auf Druckvelinpapier erscheinende Werk nehmen alle guten Buchhandlungen Bestellungen an. Der Ladenpreis kann noch nicht bestimmt werden, indeß wird derselbe 1 und dreiviertel Thaler (2 fl. 24 kr. rhein.) nicht übersteigen. Für die, welche das Werk vor dem Erscheinen bestellen, besteht ein Subscriptionspreis, welcher ein drittel billiger sein wird, als der spätere Ladenpreis. Durch alle Buchhandlungen ist zu beziehen: Tabellarisch-statistische Uebersicht der deutschen Bundesstaaten. Ein Blatt in gr. Folio. Velinpapier 3 gGr. Eine genaue Uebersicht der Größe, Einwohner, Verfassung, Landesherrn, Eintheilungen, Finanzen etc. jedes einzelnen deutschen Bundesstaates. Von H. Maltens Bibliotek der neuesten Weltkunde ist für 1832 eben der erste Theil erschienen, und in allen Buchhandlungen zur Einsicht zu erhalten, damit besonders diejenigen verehrten Literaturfreunde, welche Tendenz und Werth dieser ausgezeichneten Sammlung interessanter und zeitgemäßer Mittheilungen noch nicht näher kennen, sich mehr damit vertraut machen mögen. Es beginnt mit diesem Jahrgang 1832 eine neue Folge, und somit ein neuer Anfang dieses Werkes für die, so sich jetzt dafür abonniren wollen; der Preis des ganzen Jahrgangs von zwölf Theilen ist 12 fl. oder 8 Thlr.; und mit Anfang jeden Monats erscheint ein Theil von zehn Großduodezbogen im Verlag bei H. R. Sauerländer in Aarau.
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Deutsche Zur
Freitag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
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Warum sucht der Bund der Fürsten das Volk in Dummheit zu erhalten? Die Aristokraten erklären das Volk für durchaus unfähig, seine wahren Interessen zu erkennen und zu fördern. Die Rohheit seiner Erziehung mache es ihm unmöglich, über öffentliche Angelegenheiten klar zu sehen, und seine bürgerlichen Geschäfte ließen ihm keinen Augenblick Zeit übrig, um mit dem Wohle des Staates sich zu beschäftigen. Daher müsse die Leitung des letztern nothwendig Leuten anvertraut werden, welche auf einem höheren Standpunkte geboren und erzogen, mit freieren, unbefangeneren Blicken das Ganze zu überschauen vermöchten; Leuten, die wegen der Nothdurft des Lebens gesichert, alle ihre Zeit einzig nnd allein dem Wohle und Gedeihen ihrer lieben Untergebenen zu widmen im Stande seien. Diese Leute sind natürlich die hohen Aristokraten, Aristokraten des Adels und Aristokraten des Reichthums. Wäre die Rohheit und Dummheit des Volks auch wirklich so groß, als die Privilegirten sie ohne Unterlaß schildern: an wem läge die Schuld? An den Fürsten und Regierungen, an Niemand anders. Was ist seit Jahrhunderten für die Bildung und Aufklärung des Volks geschehen im Verhältniß zu dem, was hätte geschehen können? Sehet euch um. Die Civillisten eurer Fürsten verschlingen mehr, als alle Kosten für die Gerechtigkeitspflege und für die Bildungsanstalten des Volkes zusammengenommen. Der Mann, dem die Obhut über hundert fürstliche Pferde anvertraut ist, wird höher besoldet, als der Richter, in dessen Händen das Wohl vieler tausend von Menschen ruht. Der Diener, der die fürstlichen Hunde zu besorgen und abzurichten hat, ist ein reicher Mann gegen den gelehrten Oberaufseher einer Schule, und der Ofenheitzer im Schloß würde sich wohl hüten, mit einem Dorfschulmeister zu tauschen. Es gibt keinen jammervolleren, keinen herabgewürdigteren Stand, als den des letztern. Bei den meisten kann man nicht einmal das Sprichwort anwenden: sie haben zu wenig zum Leben und zu viel zum Verhungern. Nein, sie haben nicht zu viel zum Verhungern. An vielen Orten ist der Dorfschulmeister zugleich Schneider, Schuster oder was sonst; ja es gibt einen Ort, wo er auch Nachtwächter ist. Gar häufig findet es sich, daß er das ganze Jahr hindurch [s]ich im Dorfe umheressen, daß er um einige Kartoffeln gleichsam betteln und so sich allen Demüthigungen des brutalen Reichthums aussetzen muß. Und
Vaterlandes.
Homburg, den 2. März 1832.
solche Unglückliche und Gedrückte sollen die Jugend bilden und belehren! Aber das gerade ist die Absicht der Fürsten: das sogenannte gemeine Volk soll nicht gebildet und belehrt werden. Die Bildung und Belehrung gehört nur für die höheren, privilegirten Stände; allein eine Bildung ganz besonderer Art. Schauspiel, Oper und vor allem das Ballet, das edle Waidwerk, zu dessen Behuf die Felder der Bauern vom Wilde verwüstet werden müssen, Pferderennen und Kutschiren - das gibt jene höhere, freiere Bildung, welche zu Staatsgeschäften nnd zur Sorge für das Wohl der getreuen Unterthanen vor allen andern fähig macht. Und gestehen muß man: Fürsten und Adel wissen den Werth dieser Bildung nicht allein zu schätzen, sondern auch überschwenglich zu belohnen alle jene, welche zu dieser ihrer Bildung beitragen. Die Arie einer Catalani und Sonntag wird mit Diamanten und einer Rolle Goldes erkauft; und in den Armen der Prima Donna oder ersten Tänzerin zur Besorgung der schweren Staatsgeschäfte sich neue Kraft gesammelt zu haben, das verdient schon ein Kapital, womit zehn ausgepfändete Familien dem Jammer entrissen werden könnten. Fundirt man in einem Dorfe, das eines Schulmeisters bedarf, eine Stelle von hundert Gulden; so kann man alsdann mit gutem Gewissen auch Hunderttausende auf ein Ballet verwenden. Zu dieser Art der Bildung steuerst du dein sauererworbenes Geld her, mein gutmüthiges deutsches Volk; auf diese Art werden die Leute gebildet, in deren Händen dein Wohl und dein Wehe ruht! Gottlob, endlich ist die Zeit gekommen, wo das Volk die Wichtigkeit der Bildung für sein inneres und äusseres Glück anerkannt hat. Es sehnt sich, es schmachtet nach Bildung und Aufklärung; es fühlt die ungeheure Last, die auf ihm ruht, und will die Mittel kennen lernen, die unerträgliche von seinen Schultern herabzuwälzen. Da also die Fürsten ihm hartnäckig Lehrer und Belehrung verweigern, so stellt es in den öffentlichen Blättern sich selber seine Lehrer an. Daher die Wuth der Fürsten gegen diese unberufenen Lehrer; daher ihr verzweiflungsvolles Anklammern an der Censur, dieser letzten Beschützerin aller Unterdrückung, alles Unverstandes, aller Schändlichkeit. Im offenen Kampfe wird die Lüge immer und ewig von der Wahrheit, das Schlechte vom Guten besiegt; daher sucht man die Wahrheit und das Gute, ehe beide auf dem Kampfplatz erscheinen können, meuchlerisch zu ermorden; man vergiftet das Kind im Mutterleibe, damit es todt ans Licht der Welt komme.
443 In der Dummheit, in der Nichtswürdigkeit muß das Volk erhalten werden, damit es die Dummheit und Nichtswürdigkeit über sich dulde. Der Dumme weiß nichts von Gesetz und Recht; daher läßt er sich Willkür und Unrecht gefallen, und jammert und leidet, statt zu handeln. Der Dumme wird vom Glanz der Krone und des adelichen Glanzes geblendet, und erkennt nicht, daß unter dieser Krone und hinter diesem Glänze ganz gewöhnliche Menschen mit den kleinlichsten Leidenschaften ihr schamloses Spiel treiben. Der Dumme erkennt nicht, daß sein Haab und Gut, das er für Staatszwecke und für Beförderung seiner Wohlfart hinzugeben vermeint, größtentheils die Habsucht einer kleinen Anzahl Müssiggänger befriedigen und ihren Privatleidenschaften dienen muß. Der Dumme ist unfähig, seinen Besitz zu vergrößern oder auch nur zu bewahren; in jeder Berührung mit verschmitzter Klugheit wird er von dieser getäuscht, betrogen und um das Seine gebracht. Der Dumme endlich, wenn er auch zuletzt zur Ueberzeugung des ihm widerfahrenen Unrechts gelangt, erkennt weder Mittel noch Wege, sich Recht zu verschaffen; und eben deßhalb wird er im Kampfe gegen Gewalt und List fast immer der schlauen Bosheit unterliegen. Dieß und nichts Anderes sind die Gründe, weshalb der Bund der Fürsten die Völker in der Dummheit zu erhalten sucht, und daher vorzugsweise gegen die freie Presse, das sicherste Mittel der Aufklärung und Bildung, predigt, eifert und wüthet.
Ueber die Mittel zur Wiedergeburt Deutschlands. (Zweiter Artikel.) Der Keim zur schönsten Blüthe des Nationalwohlstandes liegt bei uns vorzüglich im Grundeigenthum. Dieses ist noch einer großen Cultur fähig. Erheben wir uns zu ihr, so wird der Beweis geliefert, daß Deutschlands Bevölkerung zur Erhöhung der Nationalmacht noch unendlich vermehrt werden kann. Ist das Grundeigenthum von allen widernatürlichen Fesseln befreit, so bedarf es zur Entwicklung dieses Nahrungszweiges nichts weiter, als zur Erwerbung und Verbesserung der Güter den Credit zu erleichtern und wohlfeil zu machen. Das Mittel dazu liegt in der Errichtung einer Creditanstalt für Grundeigenthümer. Man kennt diese Art der Associationen schon länger. Das Wesen derselben besteht darin, daß der Verein Capitalien aufnimmt und diese wieder an Grundeigenthümer gegen Verpfändung ihrer Güter ausleiht. Die Aufnahme der Capitalien durch den Verein erfolgt mittelst Emission von Schuldbriefen au porteur, wofür der Verein und die demselben verpfändeten Güter seiner Schuldner haften. Den Gläubigern gewährt eine solche Einrichtung den Vortheil, 1) daß ein Verlust an Capital und Zinsen nicht möglich, 2) daß sie die Zinsen von dem Vereine, der sie wieder von seinen Schuldnern erhebt, pünktlich bezahlt erhalten, und 3) daß sie ihr Capital durch Veräußerung der im Course befindlichen Pfandbriefe au porteur jeden Augenblick wieder einziehen können. Solche Vortheile für den Gläubiger haben die Folge, daß der Zinsfuß der Pfandbriefe bedeutend sinkt, und daß letztere im Verkehr sehr beliebt sind, also zu jeder Zeit realisirt werden können,
444 weshalb denn jeder Grundeigenthümer die erforderlichen Darlehen stets ohne Opfer erlangen kann, und bei richtiger Zinsenzahlung noch überdieß vor der Aufkündigung des Capitales gesichert ist. Eine solche Creditanstalt muß daher, bei Befreiung des Grundeigenthums von allen widernatürlichen Fesseln, den Ackerbau auf eine sehr hohe Stufe heben. Um nun die drei Erwerbsquellen der Menschen, nämlich den Ackerbau, die Gewerbe und den Handel, gleichmäßig auf eben so wunderbare als natürliche Weise zu erweitern und in reiche Ströme zu verwandeln, bedarf es jetzt nur noch jener segenreichen Unternehmungen, wodurch die innere Communication erleichtert, die Verbindungen und Reisen des inneren Handels rascher, leichter und wohlfeiler gemacht werden, das Land mit seinen Erzeugnissen den Städten näher rückt, die Entfernung aller Geschäftsfreunde von einander abgekürzt wird und alle Werkstätten, alle Handelsplätze im Lande einander sich nähern: — wir meinen die Erbauung von neuen Straßen und
Brücken, vor allem aber von Eisenbahnen oder Canälen.
Je mehr neue Land- oder Wasserstraßen im Innern des Reichs geschaffen werden, je zahlreicher hiernächst und je zweckmäßiger diese neuen Straßen das Reich nach allen Richtungen durchschneiden, desto größer und erstaunenswerther sind die Wunder, welche jene Unternehmungen in Beziehung auf Lebendigkeit des Verkehrs, Zunahme der Bevölkerung, Emporfliegen der Industrie und überhaupt wesentliche Vergrößerung des Nationalwohlstandes hervorbringen. Dies beweist vorzüglich England, das seine ungeheure Handelsmacht und insbesondere den riesenhaften Umfang seiner Industrie vorzugsweise und größtentheils seinen vortrefflichen innern Communicationslinien zu verdanken hat und ohne dieselben aller seiner übrigen Vortheile, die es rücksichtlich des Handels und der Industrie vor allen Ländern voraus hat, ungeachtet nie zu der Größe und Stellung gelangt sein würde, welche es gegenwärtig behauptet. Ohne uns daher mit den Engländern vergleichen zu wollen, kann man gleichwohl mit allem Grunde behaupten, daß wir durch Nachahmung der englischen innern Verbindungswege — nach Ort und Umständen modificirt — verhältnißmäßig dieselben unermeßlichen Vortheile erlangen werden, welche England von den seinigen gezogen hat und noch genießt. Diese Vortheile werden unfehlbar so bedeutend sein, daß Handel, Industrie und Ackerbau sofort mächtig gehoben, aller Noth, die gegenwärtig im Lande herrscht, großentheils abgeholfen wäre, das Nationalvermögen bald sich verdoppeln müßte und zum fortwährenden Weiterschreiten der Nationalwohlfart überhaupt für immer ein dauerhafter Grund gelegt wäre. Vermöge der geographischen Lage Deutschlands müßte dasselbe durch großartige Ausführung der Canalbauten der Mittelpunkt des Welthandels werden. Wer von den Segnungen des Handels einen deutlichen Begriff hat, der erkennt, was aus unserm geliebten Lande werden muß, wenn in seinem Innern der Welthandel sich concentrirt. Laufen dann von den Hauptstämmen der Canäle nach allen Richtungen des Reiches auch noch Eisenbahnen aus, so werden wegen enormer Verminderung der Transportkosten die Erzeugnisse des Bodens und der Gewerbe werthvoller. Insbesondere müssen in vielen Gegenden des Landes die Hölzer, wel-
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445 che, wegen Mangel an Consumtion an Ort und Stelle und Unmöglichkeit des Transportes, fast werthlos sind, preißwürdig werden und durch alles dies sowohl das Grundeigenthum der Privaten, als auch der Staatsdomainen sehr bedeutend im Kapitalswerthe steigen. In der That, Deutschland müßte schon durch das einfache Mittel der Bauten von Canälen und Eisenbahnen in kurzer Zeit eine Riesenmacht erlangen. Das Mittel zu diesem großartigen Zwecke liegt wiederum in den Associationen. Es vereinigen sich Gesellschaften, um Canäle und Eisenbahnen auf ihre Kosten bauen zu lassen. Dafür erheben sie auf dem geschaffenen Verbindungswege in so lange einen Zoll, bis ihr Kapital, dessen Zinsen und eine entsprechende Prämie, als Gewinn, davon bezahlt sind. Ist dies geschehen, so wird der Zoll nur noch so lange erhoben, bis daraus ein Kapital gebildet ist, von dessen Zinsen der Canal oder die Eisenbahn unterhalten werden kann. Dann sind diese Verbindungswege öffentliches Eigenthum, welche ohne Zoll-Entrichtung vom Publikum benützt werden. So leicht wird es den Menschen, die großartigsten Unternehmungen gleichmäßig zum Heil des Gemeinwesens und zur Beförderung des Privatinteresse's auszuführen, wenn sie nur ihre Kräfte verständig vereinigen. Ja bei Gott, meine Brüder! Eure Armuth und Noth ist nicht natürlich, euer Leben muß glücklich und unser Land ein Garten werden, wenn nur der Widerstand der Könige gegen die Beförderung der National-Interessen beseitiget ist und ihr sodann eure Kräfte vereiniget, um die verstopften Erwerbsquellen des Landes zu öffnen und zugleich die Geld-Aristokratie mit der Wurzel zu vertilgen.
Preußens Stellung. Dritter
und
letzter
Artikel.
Die Bevölkerung des preußischen Staates theilt sich ihrem Interesse nach in vier Klassen: den Adel, den Beamten, den Bürger, den Bauer. Das Gewicht der Aristokraten schien gesunken zu sein, seitdem die Erhebung des Staates aus dem Druck Napoleons eine Umwandlung nöthig gemacht hatte. Und wirklich ist die Stellung des Adels als politische Partei ohne Bedeutung. Er ist nicht reich, seine wichtigsten Vorrechte, die auf dem Feudalsystem ruhten, sind vermodert, mit wenigen Ausnahmen steht dem sogenannten Bürgerlichen die Concurrenz bis in die höchsten Stellen offen. Aber hier eben ist der faule Fleck. Niemals kann der Adel seine Vergangenheit vergessen; je weniger ihn die Organisation des Staats mit Vorzügen bedacht hat, desto emsiger bietet er seine Kräfte auf, um den alten Rang wieder einzunehmen. Es herrscht zwischen seinen Gliedern ohne Verabredung eine geheime Sympathie, wie unter dem weiblichen Geschlecht dem männlichen gegenüber. Ohne besondere glückliche Umstände kann der Bürgerliche keine glanzvolle Laufbahn sich eröffnen; bei dem Adlichen versteht es sich von selbst. Was ihm daher als politische Partei abgeht, hat er als Beamtenpartei wiedergewonnen, und das Resultat läuft auf eins hinaus. Bei einem Thron des Absolutismus ist die Umgebung des Monarchen in Betracht zu ziehen, und diese Umgebung bildet der Adel. Es wäre wider die Natur der
Dinge, wenn er aus diesem Umstände nicht große Vortheile für seine Kaste schöpfen sollte. Sein Einfluß ist daher zwar heimlicher, aber um nichts geringer, und er hat bereits alle Zugänge zum Ohr des Thronfolgers besetzt. Niemals aber wird dieser Adel die Sache der konstitutionellen Freiheit ergreifen, weil sie den Ausfluß seines Glanzes und seiner Bedeutung verstopft. Die Verwaltungsbeamten sind Werkzeuge der Regierung, und Werkzeuge haben keine Stimme. Jeder Präsident in der Provinz hat seinen Hof; in seiner Hand liegen Glück und Unglück, er ist die Quelle der Gnade. Der Beamte ist geschieden von dem Interesse des Volks, weil er sich an den Schöpfer seiner Existenz halten muß. Die Justiz allein ist bis auf einen gewissen Grad unabhängig. Die Höhern fürchten die öffentliche Meinung, weil sie die Kontrolle fürchten; sie werden sich niemals für die freie Presse erklären. Wenn es sich in den höchsten Kreisen darum handelt, die öffentliche Stimmung zu erfahren, so giebt ein Beamter dem andern Auftrag bis herunter, und jeder sagt, was der obere gern hören will. So wenig der Anschein es verräth, so ist's doch wahr, daß keine Regierung weniger über die Stimmung der Unterthanen - denn Staatsbürger giebt es nicht - unterrichtet ist, als die Preußische, keine aber auch, die über die auswärtige es mehr wäre, als sie. Bürger und Bauer — im weiten Umfange der Worte — befinden sich im Allgemeinen wohl, der erstere trotz der Lasten die er zu tragen hat, der letztere vermöge einiger Begünstigungen, die sich von den Zeiten Friedrichs II. und von der Umwandlung der Dinge nach der Invasion der Franzosen herschreiben. Aber es herrscht nicht mehr jene Genügsamkeit an einem physischen Behagen vor, wie in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Den geistigen Gesichtskreis haben große Erfahrungen und Kultur erweitert; der Stamm des heutigen Geschlechts hat für die Nationalität, für die Freiheit des Volks die Waffen getragen; seine Söhne sind im Zeitalter des Aufschwungs geboren, sie haben im Spiel die ernste Sache der Väter wiederholt, ihre Mütter haben ihnen den Funken der Freiheit eingeblasen. Die Theilnahme an der Bewegung der Zeit offenbart sich durch alles, wodurch sich eine öffentliche Meinung kund zu geben pflegt. Der Bürger will Garantien, die Städteordnung erscheint ihm als halbe Maßregel; er schreitet vorwärts, wie die ganze Welt. Die Person des Königs ist geliebt, der Athemzug dieses Fürsten belebt die ganze Maschine; aber wenn einst eine Zeit kommen wird, wo er still steht, so wird der geheime Zwiespalt zwischen Bürger und Regierung sichtbar werden. Preußen wird der Bewegung folgen müssen, oder es setzt seine Existenz auf das Spiel. Immer beruft sich die Regierung auf ihre glänzende Zeit von 1813 bis 1815 und glaubt stark zu sein; aber der Unterschied muß sie fürchten machen. Damals rief sie das Volk für die Freiheit des Volks auf; jetzt — wenn es dahin kommen sollte — wird sie einen unpopulären Krieg führen. Die unnatürliche Basis dieses Staates, das Militärsystem ist auf das Volk gebaut; mit dem ersten Stoß wird es zusammenfallen, wenn dieses Volk gegen seine eigenen Interessen fechten und opfern soll. Das ist der Staat, der Deutschland imponirt und den Geist der Zeit beschwören will. Ausser dem siebenjährigen
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447 hat er noch nie einen Krieg mit eigenen Finanzen führen können; siebenzig Millionen Thaler fand der vorige König bei seinem Antritt im Schatze und nach drei Feldzügen 1794 war schon eine Schuldenlast von sechzig Millionen angehäuft. Ueber fünfzig Millionen muß jetzt der Staat zum Zusammenhalten der Maschine aufbringen, und die Hälfte verschlingt das Heer wieder; fünfzehn Friedensjahre sind ihm zur Erholung geschenkt worden; und kaum steht er wieder gerüstet, noch ist kein Krieg ausgebrochen, als wieder neue sechs Millionen Thaler geliehen werden müssen. So bebürdet man schon das Kind im Mutterleibe mit Schulden. Wo und wie soll das enden? Deutschland, überlaufe noch einmal die Skizze. 1) Preussens Bedürfniß der Vergrößerung und die Unbedenklichkeit in der Wahl der Mittel - und du wirfst dich ihm so sorglos in die Arme? 2) Preußens Untreue gegen seinen Ursprung und Verlust des innern Haltpunkts - und du erwartest eine Stütze? 3) Preußens heimlicher Zwiespalt zwischen Regierung, Adel, Beamten und Bürger - und du zitterst vor dieser Macht in deinen Freiheits-Athemzügen? 4) Preußens Erschöpfung und finanzielle Hilflosigkeit - und du glaubst, es werde dich halten können? 5) Preußens dringende Nothwendigkeit, sich an fremde Schultern zu lehnen — und du opferst dieser Nothwendigkeit das Recht, Staatsbürger zu sein?
Correspondenz. Paris, 24. Februar. In einer Gesellschaft Deutscher, welche gestern hier stattfand, um über die Art und Weise kräftiger Unterstützung der deutschen Preßfreiheit sich zu berathen, sprach ich einige Worte über den Zweck des deutschen National-Vereines, und über die Mittel, denselben in Paris zu fördern. Es kann dem deutschen Volke nicht unwichtig sein, zu wissen, wie die Deutschen in Paris, und ich glaube sagen zu können, in ganz Frankreich, denken; weshalb ich Ihnen hiebei einen Auszug meiner Anrede zum beliebigen Gebrauche mittheile: „Ein Verein patriotisch gesinnter Männer ruft das deutsche Volk zur Unterstützung der freien Presse auf. Wir haben den Ruf vernommen; ihm zu entsprechen, sind wir da. Die Diener des Despotismus hoffen durch fortwährende Verfolgungen und Gewaltschritte der Verberitung der liberalen Blätter Hindernisse in den Weg zu legen, vielleicht die Blätter selbst zu vernichten. Wohlan, eine allgemeine Subscription, wozu jeder nach seinem Willen und seinen Kräften beiträgt, möge die kühnen Verfechter der Freiheit in den Stand setzen, in ihrem edlen Wirken ungehindert fortzufahren, möge durch den fröhlichen Zuruf, mit dem ihre starke, wahre und freie Sprache selbst in fremden Ländern von deutscher Zunge beantwortet wird, ihren Muth wo möglich noch erhöhen. Dieß, meine Freunde, sei der erste Zweck unserer Zusammenkunft, aber nicht der einzige. Der zweite sei, alle in ganz Frankreich zerstreuten Deutschen zu benachrichtigen, daß endlich der Tage nahe, an welchem unser heißgeliebtes Heimathland die ihm seit achtzehn Jahren versprochene, aber hinterlistig und gewaltsam immer vorentGedruckt auf der Presse des Volkes.
haltene Freiheit durch seine eigene Kraft und seinen festen Willen erhalten werde; jene Freiheit, welche Deutschlands so weit vorgeschrittene Civilisation und Cultur vor allen andern Ländern der Welt so wohl verdient hat. Geduld und Mäßigung sind erschöpft. Nur Thoren oder Sklaven könnten noch länger harren und Gutes erwarten von dem bösen Willen wortbrüchiger Fürsten." „Zweifeln wir nicht: diese Nachricht wird von allen unsern deutschen Brüdern in Frankreich mit freudigem Jauchzen vernommen werden. Zum ersten Male seit langen Jahren werden wir in Frankreich, diesem Heerde der Freiheit, unsern Blick stolz wieder erheben können, ohne unseres Vaterlandes uns schämen zu müssen. Allen Vorkämpfern für die Freiheit dieses Landes werden wir Deutsche entgegen halten, die sich dreist mit ihnen messen können; wir werden Frankreich zu der Anerkennung zwingen, daß Deutschland nicht hinter ihm zurückgeblieben sei." „Lasset uns, Freunde, aus allen Kräften nun auch das Unsrige dazu beitragen, diese schöne Zeit so bald als möglich herbeizuführen. Laßt uns zumal hier in Paris allen Deutschen im übrigen Frankreich mit einem schönen Beispiel von Liebe für unser Vaterland vorangehen. Lasset uns wirken und streben für die große Idee des deutschen Vaterlands-Vereines, und sicher werden wir auf allen Punkten Frankreichs baldige Nacheiferer finden. Ueberall müssen Vereine Deutscher entstehen; und unsere Muttererde, welche seufzt unter den Quälereien ihrer großen und kleinen Tyrannen, wenn sie gewahren wird, daß auch in der Ferne ihre Kinder mit Treue und Liebe sich ihrer erinnern, so wird sie neue Hoffnung schöpfen in dem Uebermaß ihrer Leiden. Aber nicht blos mit geringen Opfern unseres Erwerbs laßt uns die Sache des Vaterlandes unterstützen. Bedarf es unserer, dringt unter den gedrohten Gewaltthätigkeiten und Mißhandlungen seiner Henker sein Angst- und Weheruf uns zu Ohren: dann sei ihm zur Rettung auch unser Arm bereit." „Und du, heldenmüthiges, blutendes Polen, das nur dem feigen Verrath aller europäischen Mächte unterlag, dessen verstümmelte, muthige Kinder fern vom Heerde des lieben Vaterlandes wandern, und deren muthiger Heldenblick Feuer in die Herzen aller Deutschen goß, durch deren Städte und Dörfer der Zug der Märtyrer sich bewegte; auch du, ο Polen, wirst in der Freiheitssonne, welche am deutschen Horizonte heraufzusteigen beginnt, die Sonne deiner eignen Freiheit erkennen. Ist erst dem deutschen Volke der Tag der Freiheit erschienen, dann brauchst du nicht erst aas ferne Frankreich zu Hülfe zu rufen. Näher stehen dir dann deine Freunde, deine Retter; und dein weißblutiger Adler wird mit kühnem Fluge sich wieder emporschwingen, und den gedemüthigten moskowitischen Vogel in seine ferne Heimath, die Wiege des Despotismus zurücktreiben." „An solchem Tage dann werden wir uns der heutigen Versammlung erinnern, und uns mit Wucher belohnt finden, wenn unsre vereinten Bemühungen zur Freiheit der Völker mit beigetragen haben. Die Fürsten und Völkerunterdrücker aber überlassen wir der Nachwelt zur Beurtheilung."
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Die undeutsche Bundesversammlung zu Frankfurt. Das baierische Regierungsblatt macht in seiner letzten Nummer den Beschluß der undeutschen Bundesversammlung zu Frankfurt: „in Betreff der Einsendung gemeinschaftlicher Adressen an dieselbe" zur Darnachachtung bekannt. Das baierische Ministerium muß bei der Bekanntmachung in großer Angst gewesen sein, da gleich den Juli-Ordonnanzen in Frankreich, sämmtliche Minister contrasignirt haben, um bei diesem kühnen Wagstück den Sturm des Volksunwillens im geschlossenen Quarre zu erwarten. Das baierische Ministerium hätte sich die Angst ersparen können. Früherhin wurden die Bundesbeschlüsse vom deutschen Volke gefürchtet, weshalb alle muthigen Männer gegen sie in die Schranken traten. Jetzt werden sie nicht mehr gefürchtet. Man zuckt mitleidig die Achseln darüber, man belächelt, bespöttelt und — vergißt sie. Also das deutsche Volk darf sich mit seinen Bitten, Beschwerden und Wünschen nicht mehr an seine erhabene Gönnerin und Beschützerin, die hohe deutsche Bundesversammlung, wenden? Armes, unglückliches Vaterland! Woher nun Hülfe und Rath in deinen Leiden? Wie zuversichtlich konntest du dich ehemals an das mütterliche Herz deiner Frankfurter Freundin legen! Zu jeder Zeit stand ihre gastliche Thüre dir offen und ein Stuhl für dich bereit, um an der reichbesetzten Tafel Platz zu nehmen. Was sie dir nur an den Augen absehen konnte, das geschah ohne Verzug, und dein Reichthum, deine Freiheit, deine Zufriedenheit zeugten von ihrer innigen Liebe zu dir. Und nun auf einmal müssen unverschämte Revolutionaire dieses schöne, innige Verhältniß stören. Sie kommen mit überspannten Adressen und verlangen, wo sie nur flehen dürften. Als ob ein Kind Rechte gegen seine Mutter habe, als ob der Diener dem Herrn vorschreiben und befehlen dürfe! Da ist nun die Strafe dem Vergehen auf dem Fuße gefolgt. Die schöne Freundin verschließt ihre Thüre, und das arme deutsche Volk draußen fängt bitterlich an zu weinen. Mögt ihr nun auch mit den dringendsten Geschäften kommen, die schöne Freundin läßt euch nicht mehr vor. Kommt ihr um 8 Uhr, so heißt es: die schöne Freundin schläft noch. Kommt ihr um 10 Uhr, so sagt man: die schöne Freundin dejeunirt. Kommt ihr um 12 Uhr, so wird euch geantwortet: die schöne Freundin ist spazieren gefahren. Kommt ihr um 2 Uhr, so meldet man euch: die schöne Freundin dinirt. Kommt ihr um 4 Uhr, so wird euch der
Tribüne. des
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Vaterlandes.
Homburg, den 3. März 1832.
Bescheid: die schöne Freundin dinirt noch immer. Kommt ihr um 6 Uhr, so bedauert man: die schöne Freundin sei in die Oper gefahren. Kommt ihr um 10 Uhr, so antwortet man: die schöne Freundin soupirt. Kommt ihr um 12 Uhr, so heißt es: die schöne Freundin sitze am Pharaotisch. Kommt ihr endlich um 2 Uhr, so sagt man euch im Vertrauen: die schöne Freundin habe Besuch. Das alles aber ist bloßer Vorwand, die reinste Lüge. Die schöne Freundin sitzt den ganzen Tag hindurch beständig am Schreibtische, nur auf euer Wohl sinnend, und in Sorgen und Bekümmerniß um euch vertieft. Aber weil ihr unartig und unbescheiden gewesen seid, so entzieht euch die schöne Freundin die Gunst ihres holden Angesichts und ihrer geistreichen Unterhaltung. Ob sie ein Recht dazu hat? Noch einmal: von Recht kann nach den Prinzipien des göttlichen Rechts, auf welchen das jetzige europäische Staatsgebäude ruht, gar nicht die Rede sein. Das göttliche Recht ist eben das Recht, die Rechte der Völker mit Füßen zu treten. Nach dem göttlichen Recht haben 34 göttliche Menschen das stolze Gebäude des deutschen Bundes aufgeführt, ohne die 30 Millionen unwissenden und rechtlosen Pöbels auch nur um Rath, geschweige denn um Zustimmung zu fragen; und eben deßhalb ist das Staatsgebäude selber auch göttlich geworden. Für Götter geziemt sich nur Nektar und Ambrosia; keine irdische Speise. Darum haben die göttlichen Menschen euch Schwarzbrod und Kartoffeln gelassen, und halten sich nur an euern Schweiß und euer Blut, diese köstlichen, theuren Tropfen! Die Götter thronen hoch über den Wolken. Wie also mag das leise Wimmern eurer Klagen und die schwache Stimme eurer Adressen bis hoch zu ihnen hinaufdringen? Aber gebt dessen ungeachtet Glauben und Hoffnung nicht auf. Die Götter sind bekanntlich allwissend. Weder eurer Adressen bedarf es, noch der freien Presse und der freien Rede, um eure Bedürfnisse, eure Klagen und Wünsche zu vernehmen und zu beachten. Die Götter kennen und wissen das alles, ehe ihr die Lippen nur öffnet; aber vermöge ihrer göttlichen Einsicht verstehen sie sich besser, als eure bürgerlichen Patrioten mit dem schwachen beschränkten Verstände, auf eure wahre Wohlfart und euer wahres Heil! Darum gaben sie euch Mauthen und Censur, einen Bundestag und Bundestagsgesandte, und selbst einige Constitutionen, die man bei mäßiger Klugheit weislich umgehen kann. Sind aber die Patrioten in dieser Zeit der Adressen durch vernünftige Gründe nun einmal nicht abzubringen von
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ihrer Adressenwuth: nun wohlan, da der deutsche Bundestag ihren Adressen Thür und Ohr verschlossen hat, so mögen sie sich mit denselben an das deutsche Volk wenden. Vielleicht, daß dieses sie annimmt und beantwortet. B r i e f e aus u n d ü b e r P o l e n . Mitgetheilt von Dr. S p a z i e r . 2. Die Masse von einzelnen Thatsachen, welche uns fortwährend zukommen, um den Jammer im Königreiche und in den russisch-polnischen Provinzen zu schildern, ist so groß, daß man kaum weiß, wie man sie alle zusammenstellen soll. Versuchen wir jedoch eine Classification. I) Solche, die auf die politische Zukunft des Landes hinweisen. Die Fürsten Jablonowski und Lubomirski, die während der Revolution in Petersburg waren, wurden trotz ihres heftigen Widerstrebens zu russischen Senatoren ernannt, und ihnen bedeutet, daß man sie nicht eher von Petersburg abreisen lassen werde, ehe sie nicht wenigstens einmal ihre Funktionen verrichtet. In Warschau ist dem königlichen Schlosse selbst der Name genommen und dasselbe Regierungspalais genannt worden. Aus den Sälen des Senats und der Landbotenkammer entfernte man alle Bänke und alle Verzierungen, und quartirte russische Soldaten hinein; vor Allem schaffte man den königlichen Thron heraus. Doch am besten gibt von den Absichten der russischen Regierung die Reihe von polnischen Ukasen Zeugniß, die seit der Revolution erschienen: 1) Ein Ukas, der in den, 1772 abgerissenen, Provinzen das alte Gesetzbuch: Status Litewski aufhob, und mit einem Federzug das letzte Vermächtniß der Väter vernichtete. 2) Der Ukas, der alle Civilhandlungen in allen übrigen Provinzen einstellte und die Hypothekenbücher allen Transaktionen verschloß. 3) Der Ukas, der alle polnischen Provinzen von nun an „revindizirte" zu nennen befahl, während selbst Catharina sie nur einverleibte nannte, und wobei den Distriktsmarschällen anbefohlen wurde, den russischen Titel: Peredwodytelc anzunehmen. 4) Der Ukas, der die von den Vorfahren gegründeten und dotirten Collegien der christlich-unirten Geistlichkeit entzog, und solche der schismatischen, der russisch-griechischen Kirche übergab. 5) Sechs schnell hintereinanderfolgende Ukasen, wodurch erwachsene Zöglinge aus den Schulen entfernt, die Lesevorschriften abgeändert, Rechts- und philosophische Studien aufgehoben, die übrigen in der russischen Sprache vorzutragen befohlen, endlich alle von der katholischen Geistlichkeit unterhaltenen Schulen geschlossen wurden. 6) Der Ukas, welcher die Aufnahme der Novizen in die unirten Klöster so sehr erschwerte, daß nach Aussterben der noch lebenden Geistlichen alle katholischen Klöster eingehen, und nur griechische übrig bleiben müssen.
7) Der Ukas, durch den das, den Provinzen von Catharina belassene, und von Paul und Alexander geschonte, Privilegium der freien Wahl der Richter aufgehoben, und deren unmittelbare Ernennung der Krone vorbehalten wurde. 8) Der Ukas, der rein katholische Kirchen, die in der Nähe einer nicht unirten bestehen, aufhebt, nnd alle Andachtsübungen in den katholischen Doifkapellen verbietet. 9) Der Ukas, der alle Adelsbücher, die durch eigends hierzu errichtete Commissionen verfaßt und von frühern Monarchen bestätigt waren, kassirt, und, was dem unmittelbaren Adel unmöglich wird, die Erwirkung neuer Legitimationen in der russischen Heroldie zu Petersburg mit dem Zwangsgebote befiehlt, daß jene, welche ihr Vermögen den feilen Dienern nicht bieten können, zu Rekruten ausgehoben werden. Man sieht, es ist auf nichts weniger abgesehen, als auf Ausrottung, nicht nur aller Nationalität, sondern aller Bildung, des ganzen Adels und der katholischen Religion. Um dies zu bewirken und das Wort des Kaisers Nikolaus noch als Großfürsten, „der polnische Adel ist nicht eher unterthänig, als bis drei Familien nur eine Ziege haben," wahr zu machen, folgt eine zahllose Reihe von Confiskations-Ukasen, nicht nur gegen diejenigen, die am Aufstande Theil nahmen, sondern selbst gegen diejenigen, deren Söhne, oder auch nur Brüder oder Neffen ausgewandert sind, wobei der Grundsatz aufgestellt ist: Familien und Personen sind identisch, persönliche Vergehen sind vererblich und gehen auf Familien über, und jeder Tropfen homogenen Blutes muß dafür büßen. Folgendes sind einige, aus der Warschauer Staatszeitung entnommene, Beispiele: Ukas vom 21. Dezember (alten Styls) Warschauer Staatszeitung Nro. 350. Zu Gunsten des Staates werden confiscirt: Die 404 Seelen des Grafen Ludwig Krascewski, 1845 Silberubel jährliche Einkünfte betragend, weil sein Sohn Gustav sich im Königreich Polen befand. Die 80 Seelen des Andreas Maszhowski, 120 Silberrubel Einkünfte, weil sein Sohn Kaspar sich mit den Insurgenten verband. Die 230 Seelen des Erasmus Rosciszewski, 1000 Rubel Einkünfte betragend, weil sein Sohn Adolph eine Reise ins Ausland machte. Die 22 Seelen Joseph Maleczynski's, Einkünfte von 60 Rubel, weil sein Sohn sich heimlich nach Oestreich entferute. Doch immer ist das der Regierung noch nicht genug. Selbst diejenigen, deren Verwandten gar nichts verbrochen, sollen arm werden. Daher ließ man vor Kurzem in Podolien und Volhynien durch die Gouverneurs drohen, daß alle Eigenthümer ohne Unterschied nach Sibirien geschleppt werden würden. Alles floh nach Gallizien, und nun confiscirte man ihre Güter, weil sie sich entfernt hätten; dann lockte man sie zurück, und führte sie nun wirklich nach Sibirien, weil sie sich Schuld bewußt gewesen sein müßten.
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453 II) Solche Thatsachen, welche blos persönliche Rache an dem Volke wegen der Revolution beurkunden. Deren sind eine Legion. Hier nur einige, noch gar nicht besprochene: 1) Fürst Roman Sanguscko aus Volhynien, ein Adjutant Skrzynecki's, wird in der Affaire gegen Rüdiger am 19. Juni von den Russen gefangen. Man legt ihn in Ketten, stellt ihn vor das Kriegsgericht und verurtheilt ihn, dem kaiserlichen Ukas gemäß, zur Beraubung seiner Adelsrechte, Confiscation seines Vermögens und Transportirung nach Sibirien auf Lebenszeit. Die Familie reicht beim Kaiser ein Gnadengesuch ein; doch statt die Strafe zu mildern, schreibt der Czaar eigenhändig auf das Urtheil: geht den Weg nach Tobolsk zu Fuß! So wandert ein Sprößling des Jagellonischen Stammes zu Fuß, mit kahl rasirtem Haupt, im Sträflingskittel den Schmerzregionen Sibiriens zu! 2) Pansza, ein wackerer Bürger, stellte sich auf die Amnestie; man ergreift ihn und führte ihn nach Zytorninz; dort wollte man ihn zwingen, ein entehrendes Geständniß seiner Schuld zu unterzeichnen, damit es in die Zeitungen gerückt werden könne. Er weigert sich. Man giebt ihm 300 Knutenhiebe; dem Tode nahe, läßt man ihn verbinden, und als er sich auf die Amnestie beruft, schreit ihm der Richter zu: Die Amnestie ist fiir Europa, fiir Rebellen die Knute. 3) Nichts gleicht dem Hohne, mit welch em man im Königreich seinen Sieg die Polen fühlen lassen will: Als nach dem Rückzug Rosycki's nach Gallizien die Kanonen ausgeliefert werden sollten, verlangten die Russen von den Öestreichern, daß man ihnen dieselben in der Gränzstadt Podgorze ausliefere, wo mehrere hundert polnische Soldaten in Quarantaine lagen, um sie in deren Angesicht im Triumpf fortzuführen. Die Oestreicher waren so zartfühlend, die Polen davon zu unterrichten, damit sie sich entfernten. Als die Kanonen nun kamen, stellten die Russen ihre Musik an das andere Ende der Brücke, nud ließen von den Einwohnern von Krakau die Melodie zum Jeseze Polska nie zginlta anstimmen, mit der sie im Triumph durch alle Straßen von Krakau zogen. Jetzt hat man in Warschau Spottverse darauf gemacht, und singt sie den Einwohnern ins Gesicht. Diese rächen sich damit, daß sie des Nachts Hunde aufhängen und ihnen russische Dekorationen anlegen. Hierher gehören noch folgende Ukasen: 1) Der Ukas, daß solche, die aus dem Verhaft sich retten und wieder eingebracht werden, oder später im Vertrauen auf die Amnestie freiwillig zurückkehren, als Deserteurs betrachtet, vorläufig 50 Stockstreiche erhalten. 2) Geheime Ukase, die den niedrigsten Polizeibeamten die Arretirung jedes Staatsbürgers auf den geringsten Verdacht freistellen, und dermaßen Alle der Willkür der allerverdorbensten Menschenklasse Preis geben. 3) Der Ukas, der die Gouverneurs berechtigt und ihnen sogar zur Pflicht macht, alle selbst von den Kriegsgerichten Freigesprochenen nach ihrem Ermessen abzustrafen. Zu bemerken ist schließlich übrigens noch, daß der Kaiser Nikolaus bei seiner mit Gefahren umgebenen Thronbe-
steigung das Won ausgesprochen: „Die Güterconfiskation ist fiir ewig aufgehoben."
Die freie Presse in Deutschland. Unser unglückliches Vaterland wäre ein Garten, unser Volk mächtig, reich und geachtet, wenn es nicht auf die grausamste Weise zerstückelt wäre. Die Wiedergeburt tritt ein, wenn wir wollen, daß man das Vaterland uns wiedergebe. Sie tritt im Wege friedlicher Reform ein, sobald es keinen Deutschen mehr gibt, der für die große Sache nicht begeistert wäre. Wer weiß, was öffentliche Meinung sei, der ist von der Ueberzeugung durchdrungen: „die Fürsten werden nachgeben, sobald sie sehen, daß das gesammte deutsche Volk nach seinem Vaterlande sich sehnt und dasselbe zurückverlangt." - Bevor aber die öffentliche Meinung für die Wiedergeburt des Vaterlandes entschieden und nachdrucksvoll sich erklären kann, muß ein Kampf der Patrioten mit den Aristokraten, Hofgünstlingen, Obscuranten, Scheinliberalen, Alltagsmenschen, Phrasenpatrioten, den lauen und endlich den ängstlichen Vaterlandsfreunden vorhergehen. Zu diesen Partheien gehören aber gerade die Wortführer des Volkes, und da die Blätter der entschiedenen Vaterlandsfreunde unter die Massen des Volkes, wo der meiste gesunde Sinn und die größte Kraft liegen, noch nicht gelangen, so wird der Kampf für des Vaterlandes Wiedergeburt, je weiter und consequenter er fortschreitet, immer schwieriger. Denn so lange man es nur mit den Aristokraten, Hofgünstlingen und Obscuranten zu thun hat, jaucht das ganze übrige Volk Beifall. Sobald man aber pflichtmäßig einen Schritt weiter geht, nnd nun auch die Scheinliberalen angreift, wird die Menge stutzig. Es beginnen sofort die gewöhnlichen Declamationen von Leidenschaft. Kommt die Reihe nun vollends an die Phrasenpatrioten und wird durch entschiedeneres, wenn immer nur consequentes, Auftreten gegen die Feinde des Volkes vollends die Furcht der ängstlichen Gemüther erregt, so erhebt sich ein gewaltiges Geschrei. Alles vereinigt sich und ruft: „Steiniget ihn, steiniget ihn." Dieß kann jedoch den Patrioten nicht rühren, der einen höhern Zweck im Auge hat. Unbekümmert um das Urtheil der Wortführer einer noch ängstlichen Generation geht er consequent von Schritt zu Schritt weiter, nur der inneren Stimme folgend. Das Volk mag sich aussprechen. Will es zersplittert bleiben, will es kein Vaterland, ist ihm jedes ernstere Wort über die Tyrannei seiner Könige zuwider, so lese es gegenwärtige Blätter nicht mehr, welche, so lange sie bestehen, nie aufhören werden, von der empörenden Grausamkeit der deutschen Könige zu sprechen. - Bleibe man auf der breiten, bequemen Bahn der Mäßigung. Man wird auf ihr jedes Vierteljahrhundert einige Kreuzer Steuernachlaß erwirken. - Die beste Gelegenheit, die entschiedenen Organe des deutschen Reformkampfes fallen zu lassen, ist das Verbot dieser Blätter durch die deutschen Könige. Der Westbote ist unseres Wissens jetzt in Preußen, Oestreich und Nassau verboten. In München ist er erlaubt, wird aber täglich confiscirt. Der deutschen Tribüne ist der Eingang nach Preußen und Oestreich auf dem Wege der
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455 Post schon von ihrer Entstehung an untersagt. Neuerlich wurde sie im Königreiche Sachsen, in Sachsen-Gotha und in Nassau verboten. In München theilt sie das Schicksal des Westboten. Unter solchen Umständen fällt das Blatt, wenn das Publikum dasselbe nicht durch die Buchhandlungen bezieht. Unterstützt man daher durch Gleichgültigkeit das Verbot wider die entschiedenen Organe des deutschen Reformkampfes, so kehrt Alles in das Geleise des Schlendrians zurück, ohne daß die Könige nöthig hätten, wider die freie Presse Gewalt zu brauchen. Sind also die Fürsten klug, so warten sie, bevor man Gewalt braucht, erst ab, ob die böse Presse nicht vom Volke selbst ausser Wirkung gesetzt wird.
Die bairische Staatszeitung. Wir haben die Ankündigung dieses Journals gelesen. Sie ist gut geschrieben. Auch das Blatt selbst wird zierlich und schön geschrieben sein. Allein es kann doch nichts helfen, weil schöne Phrasen häßliche Thatsachen nicht ändern können. Die Staatszeitung wird von dem väterlichen Wohlwollen der Regierung sprechen, und wie diese bemüht sei, nur das Landeswohl zu fördern. Wir halten entgegen: „Lotto, Mauten, Malzaufschlag, Classen-Stempel, Gradations-Stempel, Handlohn, Haupttodenfall, Nebentodenfall, Zehnden, Erbzins, Frohndgelder, Michaeliszins, Walpurgiszins, Gilten, Sportein, Taxen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Einregistrirungsgebühren, Grundsteuer, Häusersteuer, Familiensteuer, Salzsteuer, Kreisumlagen, Bezirksumlagen, Gemeindeumlagen u. s. w. u. s. w. u. s. w." - Die Staats-Zeitung wird von der Aufklärung der Regierung und deren zeitgemäßem Fortschreiten in den abgerundetsten Sätzen sprechen. Wir halten entgegen: „Concordat, Klöster, Unterdrückung der Juden, Censur, Verein zur Verbreitung guter katholischer Bücher, Verletzung des Gastrechts u. s. w. u. s. w. u. s. w." — Die Staatszeitung wird ferner von der Liebe der Regierung zur Verfassung reden und von der Gewissenhaftigkeit, mit welcher man dieselbe beobachtet. Wir halten entgegen: „die Ordonnanzen über die gemischten Ehen, das Conscriptionsgesetz und die Censur; wir erinnern ferner an die Decembertage, den Landtagsabschied vom Jahre 1831, das Verbot der Versendung von Oppositionsblättern, das Versiegeln der Pressen der Schriftsteller u. s. w. u. s. w. u. s. w." — Die Staatszeitung wird uns noch viel anderes Schöne über die Tugenden und Verdienste der Regierung vorsagen. Wir setzen indessen die Thatsachen entgegen, daß die Justiz jenseits des Rheines wegen der Knickerei des Gouvernements im kläglichsten Zustande sich befinde, und daß insbesondere der oberste Gerichtshof einem Geschäftsbankerott nahe sei, weil man nichts aufwenden will, um solchen zahlreicher zu besetzen; wir bemerken, daß die Schulen auf dem Lande wegen unzureichender Dotation immer tiefer sinken, wir erinnern, daß die Moralität der untern Volksklassen durch das Lotto völlig untergraben werde, wir zeigen, daß der Justiz aufgeholfen, die Schulen vom Grunde aus verbessert, das Lotto aufgehoben, dem übermäßig gedrückten Landmanne geholfen, der Verkehr belebt und der Credit gehoben werden könnte, wenn der Hof die französischen ConGedruckt auf der Presse des Volkes.
tributionsgelder nicht durchgebracht hätte, wenn ferner die Bauten der Pinakothek, des Odeon, der Walhalla und anderer eingestellt worden wären, und wenn endlich der Hof in die Sphäre der Menschen herabsteigen, und durch Einstellung des Hofluxus die Civilliste und die Reservefonds derselben auf ein vernünftiges Verhältniß zurückführen wollte. Alle diese Thatsachen - und wir vermöchten mit noch viel mehreren aufzuwarten — können auch durch die schönsten Phrasen nicht anders gemacht werden. Unter solchen Umständen würde jeder Streit mit der bairischen Staatszeitung unnütz sein. Wir werden daher die Opposition gegen das officielle Organ blos der Eos überlassen, die sich dazu schon vorbereitet. Da indessen die Eos nicht gelesen wird, so werden wir zur Opposition gegen das Hoforgan insofern mitwirken, daß wir die betreffenden Artikel der Eos in die Beilagen zur Tribüne aufnehmen.
Berichtigung. In der Beilage zu Nr. 48 der Tribüne steht, daß der von Herrn Widmann in Würzburg redigirte VolksTribun vierteljährig 1 fl. 12 kr. koste. Dieß ist ein Irrthum. Dieses schätzbare Blatt kostet halbjährig nur 1 fl. 12 kr., und eignet sich deßhalb um so mehr dazu, in recht viele Hände zu kommen. D. R. d. d. T.
Erklärung. Wir wurden von mehreren Seiten aufgefordert, über die Widerrechtlichkeit des Regierungs-Verfahrens gegen die Pressen der Schriftsteller, in unserm Blatte eine Deduction zu liefern. Da indessen dieser Gegenstand in dem Werke Savoye's: „Garantien der freien Presse im baierischen Rheinkreise, in Commission bei Ritter in Zweibrücken" eben so klar als erschöpfend behandelt ist, und der Ertrag dieser gediegenen Schrift noch überdieß für die edlen polnischen Märtyrer bestimmt wurde, so beschränken wir uns darauf, die Verbreitung der bemerkten Schrift allen Patrioten auf das Dringendste zu empfehlen. Der Preis der Abhandlung beträgt blos 48 kr. Homburg, am 3. März 1832. D. R. d. d. T.
Aufforderung. Magister Krolikowsky aus Warschau wird ersucht, seinem Freunde und Begleiter aus München durch die Redaktion der Tribüne Nachricht über seine Verhältnisse und seinen Aufenthalt zu geben, und, wenn es ihm gefällt, sein Asyl bei ihm zu nehmen. A. C. G. aus Baiern. A n z e i g e . Zur Seidenzucht, und zwar starke Hochstämme um 15 kr. Buschbäume um 8 - 10 kr. das Stück und dreijährige Sämlinge das hundert um 4 - 5 fl. sind einzeln und in Menge bei Unterzeichneten zu haben. Mannheim im Februar 1832.
C. u. L. Hout.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Sonntag.
N—
Aufruf an Deutschlands Hochschulen. Erster
Artikel.
Als nach dem sogenannten Freiheitskriege das deutsche Volk von seinen Fürsten auf das empörendste betrogen und gemißhandelt wurde, damals war es fast nur die deutsche Jugend, oder vielmehr nur der bessere Theil derselben, welcher die Rettung des unglücklichen Vaterlandes sich zur Aufgabe machte. Vom giftigen Hauche der Carlsbader Beschlüsse berührt, erstarrte und verdorrte alles frische aufkeimende Leben. Statt zu handeln wurde geklagt; die Stimme der meisten früher hochgepriesenen Volksmänner verstummte, leider mehr von der eigenen unmännlichen Furcht und Aengstlichkeit als von äußerer Gewalt unterdrückt und niedergehalten. Mit einem Worte, Deutschland bot das Bild einer Wüste dar, in deren weite Räume sich Schlangen und Raubthiere getheilt haben. Nur auf den Hochschulen unter dem heranwachsenden Geschlechte war noch männlicher Sinn, Muth und freudige Hoffnung zu finden. Von reiner Begeisterung und edlem Feuer getrieben, begnügte sich die Jugend nicht damit, in der unseligen Zersplitterung Deutschlands das immer weiter fressende Geschwür, fast möchte man sagen die Todeswunde des Vaterlands blos erkannt zu haben; sondern wie billig sollte die Erkenntniß auch zur That und zum Handeln führen. So ward die Burschenschaft gestiftet, und in der Burschenschaft wieder ein besonderer Verein errichtet, welcher mit Entschiedenheit und geraden Weges auf das von allen erwünschte Ziel loszugeben beschlossen hatte. Dieser Verein nahm die Gestalt eines geheimen Bundes an, seine ganze Zusammensetzung, wie die zur Erreichung dieses Zweckes gewählten Mittel waren mit dem Buchstaben der bestehenden Gesetze im Widerspruch. Verrätherei auf der einen, und die Spionirkünste der Polizei auf der andern Seite gaben den Regierungen von jenem Verein Kunde; die Tneilnehmer wurden eingezogen und mußten die Festungen Deutschlands bevölkern. Seitdem erlahmte auch auf den Hochschulen der jugendliche Feuereifer. Der Name und die äußere Form der Burschenschaft bestand fort, aber der Geist und die Seele entschwand mehr und mehr. Noch immer sang man die alten Freiheits- und Vaterlandslieder; allein ihr frischer muthiger Klang traf meistens nur das Ohr, selten das Herz. In den Kränzchen, bei Berathungen und Festmahlen wurden, wie früher, auch noch Reden gehalten. Reden? Es war meistens ein Flickwerk abgenutzter Redensarten und schöner
Tribüne. des
58.
Vaterlandes.
Homburg, den 4. März 1832.
allgemeiner Sentenzen, die mit dem ganzen Thun und Treiben der Leute in grellem Widerspruch standen. An wie vielen Orten war es fast einzig und allein das schwarzrothgoldne Band, vermöge dessen man die burschenschaftliche Verbindung von den landsmannschaftlichen, diesem treuen Spiegel der Zerrissenheit und innern Feindschaft Deutschlands, unterscheiden konnte! Die wenigen Bessern zogen sich mit tiefem Schmerz und bitterm Groll auf ihre einsamen Stuben zurück, oder mühten sich ab in dem vergeblichen Bestreben, den starr und athemlos daliegenden Körper der Burschenschaft aus seiner tiefen Ohnmacht aufzuschreien und aufzurütteln. Erst der Donner der Julikanonen in Paris vermochte alle Scheintodten zu erwecken. Ein großer Theil von Deutschland erhob sich gleich einem schlafenden Riesen, zerriß die Bindfäden, mit welchen das Zwergvolk der Fürsten ihm während des Schlummers die Hände gebunden hatte, und machte die Verläumdungen seiner Feinde und angeblichen Freunde wenigstens theilweise zu Schanden. So belebte und beseelte denn auch die Hochschulen wieder ein neuer, herrlicher Geist; die Burschenschaft erstand auf mehreren derselben in früherer Kraft und Herrlichkeit; das Vaterland kann wieder mit Hoffnung, Vertrauen und Stolz auf seine wackern Söhne blicken. Aber auch dem Edelsten ist leider fast immer ein geheimer Keim des Verderbens beigemischt, der in allmähliger Entwickelung das Schöne und Hohe selber vernichtet oder doch in seine niedrige Sphäre herabzieht und beschmutzt. Auch die früheren burschenschaftlichen Verbindungen auf den Hochschulen geben Zeugniß von dieser Wahrheit. Darum, meine Freunde, einige Worte an euch, damit nicht auch euer schönes Streben für das Vaterland, das eurer so sehr bedarf, gleich jenem früheren verloren gehe! Vor Allem keine Heimlichthuerei, kein Bündlerwesen! Am freien Lichte der Sonne gedeihet alles Gute; im düstern Keller dagegen erzeugt sich nur Schimmel und Pilz, und in der nächtlichen Finsterniß verfallenen Gemäuers schwirren die Eulen und Fledermäuse umher. Das eben ist's, was wir an unsern Feinden tadeln, daß sie ihr Wesen hinter verschlossenen Thüren treiben, und durch die Geheimnißkrämerei ihrer vertraulichen Sitzungen, ihrer abgezirkelten Protokolle und verächtlichen diplomatischen Künste das Verruchte ihres ganzen Thun und Treibens selber eingestehen. Pfui über den Menschen, der aus sogenannter Klugheit und Vorsicht als Lügner und Heuchler umhergehen muß. Und wenn diese sogenannte Klugheit noch etwas nützte! Aber fangt es so
459 schlau und listig an, wie es euch immerhin möglich ist. Die Aristokraten sind schlauer und listiger, als Ihr aufrichtigen, gläubigen Seelen. Der Spion und Verräther ist in eurer Mitte, ehe ihr es ahnt. Darum tragt euer Antlitz offen vor den Leuten, sprecht vor Hoch und Niedrig eure Meinung, euren Willen aus, und legt die traurige Furcht und Schwäche ab. Wahrscheinlich, daß ihr Verfolgungen deßhalb zu erdulden habt, leicht möglich, daß ihr untergeht. Aber die Verfolgung gerade, der Untergang der Kämpfer für Licht und Wahrheit ist es, was dem Licht und der Wahrheit den Sieg verspricht. Wir leben noch in der Zeit der Saat, nicht in der der Ernte. In dem Gange der Weltgeschichte aber ist der Zeitraum zwischen Säen und Ernten nicht wie der zwischen Frühling und Herbst. Menschenalter gehen darüber hin; selten, daß der Säemann sich der Früchte seiner Anstrengungen und seines Fleißes erfreut. Darum täuscht euch nicht; ihr werdet das freie und eine, von seinen unsaubern Fürsten gereinigte Deutschland nicht mehr sehen. Nur die Frage bleibt euch übrig: ob ihr dafür wirken und leiden, und wenn es sein muß, untergehen wollt? Es ist eine ernste Frage; beantwortet sie nicht, gleich Kindern und Thoren, frisch weg mit einem leichtsinnigen Ja. Auch das war ein Fehler jener früheren Verbindungen, daß sie in jugendlicher Eitelkeit und Unbesonnenheit mit dem Feuer spielten, und nicht bedachten, daß sie sich verbrennen könnten. Erst der Sieg, dann der Triumph! So aber waren die meisten von ihnen Helden mit dem Munde, die hinter den Wein- und Bierkrügen mit gar leichter Mühe das Vaterland erretteten. Es wurden Farcen aufgeführt mit Schwur und Dolch, und das Ende vom Liede war, daß die Mehrzahl sich lächerlich, wenn nicht verächtlich machte. Daher denn bittre Reue hinterher über das knabenhafte Beginnen, dessen ernste Folgen man nicht bedacht hatte. Daher Schaam über sich selbst: Ueberläuferei und das traurige Selbstgeständniß: die Triebfeder des ganzen Wesens sei nichts als Eitelkeit und Ehrgeiz gewesen! Sehr wahr; aber eben deßhalb hütet euch vor einem ähnlichen Fehler. So etwas kann nicht vorkommen, wo man mit ruhiger Besonnenheit und Ueberlegung an ein Werk geht. Man kann darin gestört werden, das ganze Werk, und alle, die dafür thätig gewesen sind, können untergehen, wie denn auch der geschickteste Feldherr für den Ausgang einer Schlacht nicht einzustehen vermag. Aber alsdann unterscheidet sich der Tüchtige vom Untüchtigen, der Wahre vom Falschen, der Ganze vom Halben, wie das Korn von der Spreu. Der erstere bewahrt nicht allein seine Ansicht, sondern auch seine ganze Freudigkeit bei, sei es im Kerker, sei es in der Fremde. Doch nein, in die Fremde werdet ihr nicht gehen als einzelne Verfolgte oder wohl gar nur Bedrohte. Ihr werdet jenen nicht gleichen wollen, welche von Paris und Straßburg aus in holder Sicherheit gegen die Nichtswürdigkeit und Feigheit des deutschen Volkes predigen. Auf deutscher Erde stand eure Wiege, auf deutscher Erde stehe auch euer Grab! Der Einzelne darf niemals flüchten, will er seinen Gegnern nicht selber einräumen: es sei ihm nur um seiner selbst, nicht um der Sache willen zu thun gewesen; nicht Ueberzeugung, sondern Eitelkeit, Ehrgeiz, Gewinnsucht oder
460 jede andere schmutzige Leidenschaft habe seine Handlungen bestimmt. Denn die ganze Weltgeschichte beweist, daß nicht sogenannter Geist und schöne Schreiberei, sondern Charakter auf die Völker nnd Individuen Eindruck macht und sie zum Handeln bestimmt. Nicht eher glaubt das Volk an die Richtigkeit einer neuen Idee, bis es freiwillige Opfer für dieselbe fallen sieht. Eine neue Idee wird anfanglich nur von wenigen gefaßt; die gedankenlose, in Vorurtheilen und dem Schlendrian des Altagslebens aufgewachsene Menge stößt sie als fremdartig und feindselig zurück. Ihre wenigen Verkünder werden von den Gewalthabern als Verbrecher, von den sogenannten Ruhigen und Besonnenen als Exaltirte und Fanatiker, von den Schriftgelehrten als Unsinnige, von den Aengstlichen als Hitzköpfe, die alles verdürben, von den Selbstsüchtigen und Witzlingen als Thoren und Narren verfolgt, bekämpft, gebrandmarkt, getadelt und bespöttelt. Die Mehrheit des Volks erhebt sich gegen sie; sie gehen unter, und scheinbar dauert der alte, sogenannte gute Zustand fort. Inzwischen wirkt Wort und Untergang im Stillen weiter. Es sammelt sich eine kleine gläubige Gemeinde, und bei der ersten Veranlassung, die niemals fehlt, tritt die zweite Generation schon mit größerer Kraft und beträchtlicherer Anzahl auf. Der Kampf wird hitziger und blutig; aber auch die zweite Generation geht unter. Noch einmal scheint der alte Zustand gesichert und gerettet; und eine, vielleicht zwei Generationen hindurch bleibt es ruhig und unthätig, gleich der Windstille vor dem hereinbrechenden Sturme. Jetzt aber durchbricht der angeschwollene Strom seine Dämme, und in fortwährenden ungeheuern Kämpfen, wobei das Glück der Einzelnen nothwendig leiden und das Ganze in eine vorübergehende fieberhafte Bewegung gerathen muß, er[f]icht das Gute und Wohlthätige endlich den Sieg. Aber noch einmal: im Gange der Weltgeschichte sind 30 Jahre nicht mehr, als ein einziges Jahr im Gange des Menschenlebens. Diesen Gang wird auch die Durchführung der neuen Idee eines einigen und freien Deutschlands nehmen, sowie der neuen Lehre, daß 34 Menschen vermöge eines sogenannten göttlichen Rechts nicht befugt sein können, Deutschland zerstückt und geschwächt zu halten, und das Glück und die Wohlfart desselben ihrem eigenen und der Ihrigen Vortheil aufzuopfern. Deutschland wird und muß frei und eins werden; aber vergessen wir nicht, daß wir noch in der ersten Periode dieser neu erwachenden Idee stehen, daß wir daher ihre Erreichung nicht erleben werden. Wir wenden uns zutrauensvoll an euch, ob ihr für diese hohe Idee, die bei vollem Anklang des deutschen Volkes ganz und gar auf gesetzmäßigem Wege erreicht werden kann, mitwirken und mitkämpfen wollt? Wir wenden uns vorzugsweise an euch, weil sich von jeher gezeigt hat, daß die Jugend, von den herrschenden Vorurtheilen des Zeitalters noch nicht befangen, und von den hemmenden Verhältnissen des Familienvaters oder Beamten noch nicht gebunden, für die Ergreifung und Vertheidigung einer neuen großen Idee am empfänglichsten und fähigsten ist. Aber eben deßhalb verlangen wir von euch auch die größte Besonnenheit und Ruhe. Durch eitle Sophistenkünste und schöne Vorspiegelungen einen Schwächling oder Ehrgeizigen auf eine Bahn gelockt zu sehen, auf welcher er nothwendig straucheln und fallen muß, dieß
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461 sei ferne von uns. Auch kämpfen zehn Tapfre, für sich allein, besser und mit größerem Erfolg zusammen, als wenn sie unter neunzig Feiglingen vereinzelt da stehen. Darum bedenket wohl, daß zwischen dem Entschlüsse und der That ein weiter Raum liegt, daß die großen Entwürfe, die man im fröhlichen Rausche eines Commerses oder im Kreise gleichgesinnter begeisterter Freunde baut, kaum den guten Vorsätzen gleichen, die der Neujahrs- oder Geburtstag bei vielen hervorruft. Bedenkt, was ihr aufopfert und wie wenig ihr für eure Person dabei zu gewinnen hoffen könnt. Bedenkt ferner, daß es nicht blos euer individuelles Glück ist, was ihr auf's Spiel setzt. Ihr habt Eltern, Verwandte, Wohlthäter und Freunde, die unmöglich alle mit euch einverstanden sein werden. Bedenkt den Kummer, den ihr ihnen macht, wenn ihr eine Bahn einschlagt, die ihren Ansichten und Wünschen nicht entspricht, und euer Verderben herbeiführen kann. Dies alles zu bedenken und zu würdigen, ist nicht Sache lauter, fröhlicher Versammlungen, sondern der Betrachtung auf der stillen Stube, wo die gefährlichen Lockungen der Eitelkeit und die trügerischen Bilder der Phantasie vor dem nüchternen Verstände in ihr Nichts zerfließen. Sucht die Glut eurer Begeisterung wo möglich abzukühlen, denn nur die kalte besonnene Begeisterung hält Stich in der Stunde der That. Die wenigen aber, die trotz aller dieser Betrachtungen und Bedenken für die Idee des einen und freien Deutschlands auf dem Wege des Gesetzes zu wirken und zu leiden noch bereit sind, die mögen uns dann noch einige Blätter hindurch mit Ruhe und Aufmerksamkeit weiter anhören.
Ueber die Mittel zur Wiedergeburt Deutschlands. (Dritter
Artikel.)
Um den Associationen zur Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes Eingang zu verschaffen, muß eine Nationalbank errichtet werden, welche dem Geldverkehr im Lande Leben einhaucht. Die Nationalbank soll die Vermitderin sein zur Befriedigung der KapitalienBedürfnisse der Staatsbürger. Sie treibt Banquiergeschäfte ganz nach kaufmännischen Grundsätzen, also nach Maßgabe des Interesse; allein der Gewinn, den ihre Geschäfte abwerfen, geht wieder der ganzen Masse der Staatsbürger zu gut, welche bei ihr Credit genießen. Die Nationalbank soll insbesondere: 1) allen Geschäftsleuten aus dem Handels-, Gewerbsund Fabrikstande, denen es an den nöthigen Kapitalien zum Etablissement oder zur vortheilhaften Erweiterung ihres Geschäfts gebricht, diese Kapitalien gegen allmähliche Zurückzahlung, aus dem mit Hülfe des Kapitals errungenen Erwerbe, vorschießen (Anhülfi-Kapitalien)·, 2) allen etablirten Geschäftsleuten aus dem Handels-, Gewerbe- und Fabrikstande einen laufenden Credit zum Betriebe ihres Geschäfts gewähren; 3) überhaupt den persönlichen, sowie den auf Sicherheit beruhenden Credit zu erhöhen und letztern hauptsächlich wohlfeiler zu machen streben; 4) der Einführung einer Creditanstalt für Grundeigenthümer den Weg bahnen und
5) die zu großen gemein nützigen Unternehmungen, Bauten von Canälen und Eisenbahnen, erforderlichen Kapitalien zu billigen Bedingungen aufbringen. Diese Postulate soll die Bank theils durch ihre Fonds, theils durch ihren Credit erfüllen. Man verwende von den zahllosen Millionen, welche die deutschen Könige verschwenden, nur einen kleinen Theil, etwa 10 Millionen jährlich, zur Dotation einer deutschen Nationalbank, und man kann Wunder wirken. Bei einer ewigen Revenüe von 10 Millionen, welche durch Anweisung von Staatsdomainen gehörig gesichert wäre, würde eine solche Bank einen unbegränzten Credit genießen. Dieselbe könnte nun Renten creiren, d. h. unaufkündbare Kapitalien aufnehmen, wofür sie eine ewige Rente bezahlt. Diese Kapitalien sind wegen ihrer Unaufkündbarkeit das eigentliche Werkzeug zur Emporhebung der Gewerbe und des Verkehrs, welches nach gemachtem Gebrauche von einem Bürger in die Hände des andern übergeht, von einer Generation der andern überliefert wird. Die Nationalbank kann ferner zur Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Creditgenossen verzinsliche und auflündbare Bankscheine emittiren. Sie kann endlich unverzinsliche, jedoch jeden Augenblick zahlbare Banknoten emittiren. Alles dies vermehrt das Numerär und setzt die Bank in den Stand, auch die ins Enorme steigenden Bedürfnisse der Bürger an Betriebs-Kapitalien zu befriedigen. Das ganze Institut beruht wegen der gemeinschaftlichen Haftung aller Creditgenossen der Bank für die Verluste und wegen der Vertheilung des Gewinnes der Bank unter die Creditgenossen auf natürlichen Grundlagen. Kommt man also einer solchen für die öffentliche Wohlfart bestimmten Anstalt noch mit einer ansehnlichen jährlichen Grunddotation aus öffentlichen Mitteln zu Hülfe, ζ. B. 10 Millionen jährlich, wie wir oben bemerkten, so muß jedem Geschäftsmanne einleuchtend sein, welche unendliche Erfolge eine solche Anstalt hervorzubringen vermag, und welchen riesenhaften Aufschwung sie den Gewerben, dem Handel und dem Ackerbau nothwendig verleihen müßte. Deutsche Brüder! Das Geld, welches erforderlich wäre, um ein solches Resultat herbeizuführen und euren Kindern ein glückliches Leben zu bereiten, alles dieses Geld zahlt ihr jetzt auch, ja ihr zahlt zehn und zwanzigmal mehr. Allein es wird von den Königen und den Aristokraten verschwendet. Wirst du mein Volk, niemals begehren, daß die Könige ein Zehntheil weniger verschwenden und dasselbe dir lassen zur Gründung einer gemeinnützigen Anstalt, welche den deutschen Handel, Ackerbau und Gewerbsverkehr zur schönsten Blüthe bringen würde? Möge es in Deutschland doch nur einmal Licht werden! —
Zwei Briefe über den Empfang der Polen. Basel den 22. Februar 1832. Der Empfang, welcher den auswandernden Polen in den verschiedenen Ländern und Städten zu Theil wird, gehört sicher zu den richtigsten Höhemessern der politischen Bildung und Aufklärung der letztern. Aus diesem Grunde fühle ich, ein ruhiger, seine unglücklichen Mitbürger auf der Landschaft liebender Basler
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463 Bürger, mich gleichsam gedrungen und aufgefordert, den Empfang der Polen in unserer Stadt in einigen Zügen zu schildern. Vielleicht trägt dieß bei allen denen, welche mit der in unserm Kanton ausgebrochenen Revolution nicht genau bekannt sind, doch etwas zur Berichtigung der servilen, lügenhaften Correspondenz in der Augsburger allgemeinen Zeitung bei. Wenn Polen hier in der Stadt ankommen, so bekümmert sich soviel als Niemand um sie. Der Kutscher fährt sie zu einem ihm beliebigen Gasthof, und damit ist es gut. Die ersten hier angekommenen verlangten nach einem Billard, sie wurden auf's Kaffeehaus zum Storch gewiesen. Dort verfehlten sie das öffentliche zum Spielen eingerichtete Zimmer, und geriethen in die von den hiesigen jungen vornehmen Kaufleuten geschlossene Gesellschaft. Beim Erscheinen dieser Wackern liefen diese Herrchen in Masse zum Zimmer hinaus. Obwohl erstaunt über dies unerwartete Benehmen, ließen sich die Polen doch nicht vom Spielen abhalten. Allein nach wenigen Augenblicken kam ein junger Laffe zurück, und rief dem Marquer zu: Gar5on, sag den Polen, das Billard gehöre uns, lösch die Lampen aus und hole meinen Mantel, sonst bekommt er noch Beine! Ein Millionär führte einen polnischen Offizier in das benachbarte badische Dorf Weil, bewirthete ihn, und beim Entlassen gab er ihm das Versprechen, um die Ehre der Bürgerschaft Basels zu retten, ihm Morgen zwei neue Hemden zu schicken. Die vergangene Woche passierten hier, unter Begleitung der wackern badischen Bürger Lörrachs und der Umgegend, zwanzig polnische Offiziere unsere Spießbürgerstadt. Man nahm ihnen Thor- und Brückengeld ab. Kein Laut der Theilnahme wurde hörbar, geschweige denn, daß eine Thräne geflossen wäre. Bei der Zurückknnft brachten die Badenser vor der Barriere unsern gesetzlichen Basler Bürgern ein Pereat. Unlängst wurde ein Fremder aus einer Weinschenke geworfen, weil er den Polen ein Vivat gebracht, und ein Krämer gab einem badischen Bürger, der mit ihm handeln wollte, zur Antwort: ,Ach was! gebt mir, was ich euch abfordre, anstatt alles an das Polenvolk zu hängen!" Ein Rathsherr läuft beständig in der Stadt herum und hält die Leute mit den Worten „Gebt dem Polengesindel, den Insurgenten, gebt ihnen nichts!" von milden Gaben ab. Auf dem Lande dagegen herrscht sehr viel Sympathie für die hochherzigen Opfer; aber die „Rebellendörfer" haben, weil sie nach Rechtsgleichheit ringen, seit einem halben Jahr Executionstruppen. Ihre Zahl nnd der dadurch verursachte Druck übersteigt alle Begriffe, denn alle diejenigen Dörfer, welche zur Stadt halten, sind ohne Truppen. Hildburghausen, 20. Februar. Diese Woche hatten wir hier Polengäste, folglich Festtage. So ist hier nie ein Fürst oder König geehrt worden, wie diese Trümmer eines Heldenvolkes! Gleich einem elektrischen Schlage wirkten sie auf den bessern Theil der Bevölkerung, dem der Aristokratismus und Helotismus das Herz für alles Große und Edle noch nicht fühllos gemacht hat. Es war erhebend, zu sehen, wie achtbare, angesehene Beamte, Offiziere und die begütertsten Bürger mit den Aermsten und Untersten des Volkes in Gedruck auf der Presse des Volkes.
gastlicher Aufnahme und Auszeichnung der mit Ehrenwunden bedeckten Helden wetteiferten. Festlichkeiten aller Art, wie kein Machtgebot, kein Regierungsantritt, keine Huldigung und Kindtaufe gekrönter Häupter sie je hätte hervorrufen können, wechselten und überboten sich einander. Vorgestern verließen uns die Helden mit dem reichen Ertrage einer Sammlung fur ihre geldbedürftigen Unglücksgefährten, welche im preußischen Erfurt gleich Gefangenen eingeschlossen gehalten werden. Die Thränen und das innige Lebewohl vieler Tausende folgten den Scheidenden nach. Die hiesigen Polenfreunde gaben ihnen bis in den nächsten preußischen Ort auf zwanzig Wagen das Geleit. Klingendes Spiel eröffnete den Zug, und über den Wagen flaggeten die polnischen Farben, vom umflorten Lorbeerkranze gekrönt. Dank sei es der Humanität und Klugheit der Polizeibehörde, nicht die kleinste Unordnung störte und befleckte die Freude dieser unvergeßlichen Tage. Nur die armen Aristokraten waren übel daran; sie wußten vor Jammer und Herzleid nicht wohin. Jetzt aber, nachdem sie die Unglückstage hinter sich haben, beraisonniren, belächeln, bespötteln sie das Geschehene. Aber noch verächtlicher, weil alles Halbe verächtlich ist, benehmen sich unsere Scheinliberalen, diese volksgefährlichen, feigen Prediger des traurigen Jüste-Milien. „Hättet ihr Hildburghäuser zur Rettung des guten Rufs eurer Liberalität den armen Polen die Wirthshauszeche bezahlt, und ihnen noch einige Batzen in die Hand gedrückt, um in der nächsten Schenke auf euer Wohl einen Krug Bier zu leeren, so wäre zur Genüge geschehen. Man muß auch das Gute nicht übertreiben." So predigt dies Zwittergeschlecht des Jüste-Milieu; und alle Philister, deren wir aber Gottlob nicht viel mehr hier haben, stimmen kopfnickend mit ein, und preisen die Mäßigung und Besonnenheit solcher gesetzten Männer. A n z e i g e . Die deutsche Tribüne ist nun auch im Königreiche Sachsen, in Sachsen-Gotha und in Nassau verboten. Den Abonnenten bei der Post sind daher zwei Dritttheile des bezahlten Preißes von den Postbehörden zurück zu zahlen. Da auf dem Wege des Buchhandels der Versendung der Tribüne nach jenen Ländern kein Hinderniß im Wege steht, so ersucht man das Publikum, die Bestellungen nunmehr bei der nächstgelegenen Buchhandlung zu machen. Die Herren Buchhändler belieben dagegen ihren Bedarf vom Herrn Buchhändler Ritter in Zweibrücken zu beziehen. Wenn sich in einer Stadt oder Gegend mehrere Abonnenten vereinigen und der Redaction Nachricht geben, so kann ihnen die Tribüne auch direkt durch den Postwagen zugesendet werden. Homburg, den 29. Februar 1832. D. R. d. d. T. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Montag.
Tribüne. des
N— 59.
Deutschlands (Fünfter
Demüthigung. Artikel.)
Das Vaterland lag zertreten unter den Füßen eines fremden Eroberers: sein Name war aus der Liste der Völker gestrichen: eingeborne Fürsten benützten das Nationalunglück, um ihre Familien zu heben: die Kinder verläugneten die Mutter und mißhandelten und tödteten sich gegenseitig, um die letzte Spur eines deutschen Volkes zu vertilgen und durch Anfachung glühenden Hasses die Brüderstämme auf immer zu trennen. Unselige Zeit! Es gab nicht blos dem Namen, es gab auch der Volksstimmung und der That nach kein Deutschland mehr. Endlich empörten sich die Elemente gegen die Anmaßungen des Egoisten, dessen herzloses Gemüth die Würde eines freien Bürgers nicht zu erfassen vermochte, wider den kleinlichen Egoisten, der den armseligen Flitterstaat einer Krone mit der Freiheit und dem Glücke seines Volkes zu erkaufen fähig war: — die Elemente zerstörten die Heere des Despotismus, und der Genius unseres Volkes mahnte an die Befreiung des Landes. Die Könige, welche am meisten verloren hatten, mußten sich zunächst zum Handeln getrieben fühlen. Erhoben sie sich auch wirklich zuerst? Wie kann man dieß einem Könige zutrauen? Sie zitterten schon vor dem Gedanken, gegen die Macht des Weltherrn aufzutreten: sie zitterten noch mehr, als vom Volke aus das Signal gegeben wurde. Die Mißbilligung der kühnen That Yorks war voller Ernst. Man würde die Patrioten, welche für Befreiung des Vaterlandes glühten, zuverlässig als Staatsverräther behandelt haben, wenn im Volke nicht eine andere moralische Kraft gelegen wäre, als in den Königen. Unglückliches Land! Deine Könige waren fähig, die reinste Vaterlandsliebe, den Versuch zur Befreiung des Volkes von drückenden und schmählichen Fesseln des Auslandes, für einen Act der höchsten Verworfenheit, für Verrath zu erklären. — Als das Volk mit unendlicher Begeisterung sich erhoben hatte, als man sah, es sei Ernst und es werde auch gehen, verwandelte sich der Kleinmuth der Könige auf einmal in Vertrauen, der Staatsverrath in höchstes, patriotisches Verdienst und die Halbbrüder der Götter in Menschenkinder, die von dem Verlangen nach deutscher Nationalität und nach Befreiung des Vaterlandes von fremder Despotie erfüllt waren. Vorwärts! hieß es, auf daß wir ein Vaterland uns erkämpfen. Das Volk hat gekämpft und gesiegt. Wo ist aber unser Vaterland? Es l i e g t z e r t r e t e n u n t e r den F ü ß e n der eingeborenen Eroberer.
Vaterlandes.
Homburg, den 5. März 1832.
Wer vor dem Freiheits-Kriege von der Erniedrigung Deutschlands sprach, wem nur ein Hauch entschlüpfte über den Schimpf und die Last der fremden Herrschaft, den ließ Napoleon zum Tode führen. Wer aber nach dem Siege des deutschen Volkes und der glorreichen Erkämpfung unserer Freiheit und Nationalität von Einem freien Deutschland sprach, wer nur leise flüsterte, man möge dem Volke doch geben, wofür es geblutet, der verfiel der Inquisition der eingebornen Eroberer. Die einheimischen Despoten hatten dem auswärtigen Bruder die Beute nur darum abgejagt, um sich selbst in solche zu theilen. Dummes Volk! das du glaubst, ein König habe ein Vaterland und kenne einen andern Zweck, als jenen seines Ichs und seiner allerdurchlauchtigen Familie. - Abermals war der Genius Deutschlands in trostlose Trauer versunken. Nach sechzehn Jahren der Finsterniß kamen endlich wieder die Strahlen des Lichtes. Die deutsche Presse trat rasch und muthig gegen die eingebornen Feinde des Volkes in die Schranken. Sie hielt den Fürsten ihre Wortbrüchigkeit vor, sie forderte vor den Augen der Welt, daß man dem Deutschen sein Vaterland wiedergebe. Wie die Zeichen eines herannahenden Sturmes wirkte die kühne Sprache freier Männer auf die schuldbewußten Gemüther der deutschen Könige, wie der Zauber himmlischer Melodien aber auf die reine Brust des deutschen Vol. . . ? — nein eines kleinen Häufleins eben so treuer, als entschiedener Patrioten. Das Volk blieb zwar auch nicht ganz kalt, sondern es glühte bei fröhlichen Mahlen für die große Idee der deutschen Einheit; allein es fühlte zur Zeit den Druck der äussern Noth weniger, es hatte noch zu leben und glaubte darum, es habe mit der Wiedergeburt des Vaterlandes so große Eile nicht. Daß die freie Presse die Schutzwehr der Bürger sei, daß mit ihr die Wohlfart des Volkes stehe und falle, daß nach dem Untergange der Presse auch der behagliche Zustand der Nation rückwärts gehe — so weit war die öffentliche Meinung in Deutschland noch nicht heraufgebildet. Kurz die Kühnheit und Kraft der deutschen Presse hatte eine ihrer Wirkungen vollständig, die andere dagegen nur halb hervorgebracht, d. h. sie hatte die Angst und den Zorn der Könige in dem Grade erregt, daß diese zur gewaltsamen Unterdrückung der Presse auch das äusserste zu wagen entschlossen waren, sie hatte aber die Sympathie des Volkes noch nicht soweit geweckt, daß man die Presse auch nur auf friedlichem und gesetzmäßigem Wege durch persönliche Opfer zu schirmen und zu pflegen fähig gewesen
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467 wäre. Die Waffengewalt der Könige, die durch keine Pflicht an die Beschützung der verfassungsmäßigen Rechte des Volkes gebunden war, wurde gegen die Presse ausgesendet. Die Schutzwehr des Volkes fiel. Und mit ihr etwa das Streben nach der Wiedergeburt des Vaterlandes? Ihr täuscht euch Könige. Monate und Jahre wird die dumpfe Stille und das geistlose physische Vegetiren dauern, das durch die Uebermacht der rohen Gewalt an die Stelle des lebendigen und begeisterten Aufstrebens nach Freiheit und National-Einheit getreten war. Aber dann wird das Licht auf einmal mit größerer Macht hereinbrechen. Eine neue Generation, welche im Kindesalter die Opfer für den Ruhm und die Größe des Vaterlandes fallen sah, ist zum Manne gereift, denkt dankbar an die Saamkörner der Freiheit und tritt den volksfeindlichen Königen kühner und kräftiger entgegen. Deutschland wird die Einheit, es wird die Freiheit sehen. Vergeblich ist der Widerstand der Fürsten. Genius des Vaterlandes! stärke deine Söhne, daß sie ihre Freudigkeit bewahren, wenn die Stunde der Prüfung naht! — Deutschland und die Revolution. Nach Edgar Quinet. Wir haben bereits in der Nummer 30 dieser Blätter auf die Schrift Quinets „de l'Allemagne et la revolution" aufmerksam gemacht. Die Ideen, welche in dieser Schrift über den Gang der Weltereignisse, die Bedeutung der letzten französischen Revolution und das Gewicht Deutschlands in der Wagschale der Zukunft entwickelt werden, sind zu genial, eigenthümlich und kühn, als daß wir unsern Lesern nicht ein deutliches Bild davon entwerfen sollten. Hören wir also Quinet: „Es gibt Zeiten, beginnt er, wo, unter dem Anscheine tiefen Verfalls, für ein Volk sich ein besseres Schicksal bereitet. Dann gilt es, zu reden. Eine solche Zeit ist die unsre. Wenn hundertjähriges Unheil unsere Lage und Bedürfnisse uns immer deutlicher erkennen läßt; wenn wir gelernt, daß das, was heute unsere Schwäche ist, später unsere Stärke sein wird, daß alle Gefahr nur der gegenwärtigen Staatsgewalt droht, die ihr Heil da sucht, wo die Mehrzahl ihren Untergang erblickt: dann hieße es dem Staate den allerschlimmsten Dienst erweisen, ihm aufs Neue seine Gefahren und seine Kraftlosigkeit zu verhüllen." „Jedes Volk besitzt irgend Etwas, worin es alle andere überwiegt, und dieß Etwas herrscht vor und erscheint wieder in jeder entscheidenden Epoche seiner Geschichte. In Italien ist es der freie, sorglose, lebensfrohe Kunstsinn; in Deutschland der Sinn für häusliches Glück und weitverbreitete, lebendige, liberale Wissenschaftlichkeit; England hat seine Industrie und seinen Welthandel; Südamerika seine Fruchtbarkeit, Nordamerika seine feste, ruhige Freiheit für sich. Frankreichs eigenthümlicher Vorzug ist sein Trieb der Civilisation, das Bedürfniß der Initiative in dem Fortschreiten der modernen Gesellschaft. In diesem Triebe ruht Frankreichs Einheit; er gibt seiner Geschichte Bedeutung, dem Lande eine Seele. Er ist der ihm zugefallene
Antheil, seine Kunst, sein Genie, sein Glück, seine Wissenschaft, seine Sittenlehre, sein Glaube, seine Religion, sein gesellschaftliches Leben und seine ganze Zukunft. Die französische Regierung ist bis jetzt auf dem Gedanken gegründet, die Revolution von 1830 bilde eine Ausnahme von genanntem Prinzip. Wiewohl ihr Widerhall im Auslande diese Revolution als ein längst vorbereitetes europäisches Ereigniß bekundete, dennoch beharrte die Regierung bei dem Wahne, jene gehe nur Frankreich an; sie glaubte, jeden Fortschritt im Innern durch einen Verlust nach Außen erkaufen, eine halbe bürgerliche Freiheit dem Fremdling mit völliger politischer Unterwerfung bezahlen zu müssen; sie zahlt die abgerungenen Fetzen eines Wahlgesetzes mit der Aufopferung Italiens, gibt für die Organisation des Gemeindewesens Belgien hin, und fur den Fall der Pärie — gräbt sie Polens Grab. Unseliger Widerspruch! Der Fortschritt Frankreichs hier, wird dort ihm Erschöpfung; seine Kraft wendet sich gegen es selbst; seine Siege sind sein Tod; seine Garantien erkauft es mit seiner Unabhängigkeit; seine Freiheit schafft rings eine Oede, die der Despotismus noch nicht zu schaffen vermochte. Allein es liegt in keines Menschen Macht, ein sociales Ereigniß der Bürgschaft der Civilisation zu entziehen. Wenn in einem Lande, das eben einen entschiedenen Sieg erkämpfte, und bei welchem die Hauptbedingungen seines neuen Vertrags - langsam zwar aber unwiderruflich sich verwirklichen, wenn hier in gleichem Verhältniß der öffentliche Wohlstand sichtbarlich versieget, alle Verbesserungs-Pläne scheitern, jeder Glaube bricht, jeder schöne Traum zerrinnt, wenn eine unerklärbare Trauer den Staat niederbeugt, und bis ins Mark alle Hoffnungen des Nationalgeistes zerstört, da muß wohl eine nothwendige Abweichung vom Plane der Civilisation selbst vorliegen. Nicht ohne Mühe verzichtet man auf ein tausendjähriges Ehrenerbtheil. Alles was Frankreich unter der Restauration fiir seine inneren Freiheiten gelitten, heute leidet es dasselbe im Gedanken der Civilisation, und wir trauern um die Völker, die in der Ferne für unsre Unabhängigkeit sterben, wie wir um die Männer getrauert, die unter unsern Augen die Schwelle unserer Privatfreiheiten vertheidigten. In dem Maße, in welchem sich Frankreich von dem Gedanken ablößt, der allein seine Theile zusammenhält, von dem Gedanken, vorherrschendes Organ der Civilisation zu sein — in gleichem Maße beginnt sein Verfall. Es gilt, ihn festzuhalten, oder unterzugehen. Denn immer hat sich die in den besondern Institutionen jedes Staates vorherrschende Seele, im Großen, in der Form und allgemeinen Verfassung Europas wieder dargestellt. Zur Zeit der Feudalverfassungen waren die Staaten abhängige Lehen, die Reiche große Baronien unter des Pabstes Oberlehensherrlichkeit. Als der Adel gesunken war und die Fürstenmacht herrschte, da begann Ludwig XIV. über den Continent die Kriegsgewalt zu üben, welche die Revolution entschieden gründete. So lange trug Frankreich erblich die Krone der occidentalischen Welt. Und heute birgt nicht dieß Gleichgewicht aller Mächte, dieß große Bild von Demokratie in Europas Verfassungen, in sich eine ähnliche Veränderung in der Form der besondern Einrichtung jeglichen Staates?
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469 und ist diese streng logische Folgerung nicht die Verzweiflung derer, die onne ihr Wissen sie beschleunigen und drängen? Allein, wenn auch Frankreich seinen Ehrenberuf sich rauben ließe - der Menschheit würde es an dem Organe hiezu nicht fehlen. Es gibt ein Land, das uns immer in unserm Urtheile getäuscht hat; immer suchten wir es um ein halbes Jahrhundert von der Stelle entfernt, wo es wirklich stand. Wir merkten sie nicht, die stille, tiefe Bewegung der deutschen Völker. Heute desgleichen; Deutschland, wie wir es uns denken, ist das Deutschland der Frau von Stael, ein Land der Verzückung, ein ewiges Träumen, tiefe wissenschaftliche Forschung, ein Rausch der Theorie, der ganze Geist des Volkes versunken ins Unendliche; hier romantische Gefühle, ewiges Schwärmen, weltbürgerlicher DonQuixotism; dort pietistische Entsagung, Verzichten auf socialen Einfluß, mystische Seligkeit, das Treiben der religiösen Sekten, wohlfeilen Glückes und häuslicher Feste, patriarchalisches Leben, ein geräuschlos hinrollendes Geschick; aber nirgends ein Mittelpunkt, kein Band, kein Verlangen, kein Gemeingeist, keine Nationalkraft. — Zum Unglück ist jetzt Alles anders. Die deutschen Völker eilen mächtigen Schrittes der Verwirklichung jener abstrakten Prinzipien entgegen, die sie seit 50 Jahren aufzustellen begonnen. Die allgemeine Reaktion, welche heut zu Tage in Deutschland gegen die Philosophie sich äußert, hat ihren Grund nicht im Hasse der Prinzipien an sich, sondern in einer Art von Schauder, man möchte in den Zauber des beschaulichen Lebens zurück versinken — ähnlich dem Schrecken der Franzosen vor dem Gespenste des Jahres 93. Die reichliche Verbreitung der Ideen aller Art hat ihnen den Geschmack daran verdorben. Noch dauert das Andenken an die Invasion von 1814 fort; die Deutschen haben seitdem eine Neigung zu politischer Thätigkeit gewonnen; ungestüm wünscht man sie zu befriedigen. Der so oft getäuschte Enthusiasmus hat sich in Galle verwandelt. Jene kindliche Schwärmerei, der alte Glaube die Selbstverläugnung, die politische Harmlosigkeit — sie sind nicht mehr. Nichts ist geblieben, als eine gränzenlose Bitterkeit, mit der sich Deutschland selbst verklagt und zernaget. Vor Allem gelten von Preußen diese Betrachtungen, wo sich eine leicht reizbare Nationalität gebildet, wo man zuerst die Bewunderung der Julirevolution abgeschüttelt, wo die Demagogen mit der Staatsgewalt auf die Bedingung Frieden geschlossen, Elsaß und Lotharingen wieder zu erobern. Von Preußen erhält heut zu Tage Deutschland das, wornach es am meisten verlangt, — Thätigkeit, wirkliches Leben. So geschieht es, daß die einzige jenseits des Rheines beim Volke beliebte Regierung, ihrer Form nach gleichwohl despotisch ist. Aber es ist ein verständiger, beweglicher, unternehmender Despotismus, im stillen Verständniß mit dem Volke, die Freiheit zu vertagen und Friedrichs Glück zu verfolgen; gefährlicher für das übrige Deutschland ist Oestreichs Despotismus, weil er im Land, im Volk, in den Sitten, im überliefernden Nationalgeiste liegt.*) Oestreich hat sich vom Bunde der deutschen Völker abgesondert, unbekümmert um jede Bewegung gräbt es sich immer tiefer seine Höhle nach *) Hier irrt Quinet sehr.
A. d. R.
Sclavonien und Italien hin. Aber der preußische Despotismus richtet fortwährend seine Blicke auf das innere Treiben der deutschen Völker; er will sie unterjochen durch Intelligenz und später wo möglich durch die Gewalt der Waffen. Dabei hat er einen unbestreitbaren Vortheil, der tausend Fehler aufwiegt, — in seiner Hand ruht Frankreichs Demüthigung, die Vergeltung für die lange Schmach des westpnälischen Friedens, und er weiß es recht gut, daß er es war, der dem Glücke Frankreichs den Flügel knickte. Dieser zweiköpfige Despotismus Oestreichs und Preußens schließt im Norden und Süden die constitutionellen Staaten des übrigen Deutschlands ein. Seltsame Erscheinung! das Prinzip der neuern Civilisation war in Frankreich besiegt; die Sieger vermochten nicht, sich desselben zu bemächtigen. Fünfzehn Jahre lang konnten sie auch nicht Einen Schritt vorwärts thun, und damit nicht länger ihr Sieg sie äffe, muß Frankreich selbst ihren Triumph vernichten und seine Niederlage brechen. - In der That, es ist einzig, mit welcher Hingebung Deutschland den Verlust seiner Hoffnungen trug. Die verhießenen Verfassungen wurden vertagt; die Menge war gleichgültig; auf den Universitäten fürchtete man, die ererbten Priviligien zu verlieren; die Preßfreiheit schien den Rang der Wissenschaft und Kunst zu bedrohen. Dazu gesellte sich ein geheimer Widerwille, so bald in eine Nachahmung Frankreichs zu verfallen; daher der Widerstand gegen Oeffentlichkeit der Gerichte und Einführung der Geschwornen. Endlich verdient bemerkt zu werden, daß das constitutionelle Leben und der Einfluß der französischen Revolution weder bei den ganz protestantischen noch ganz katholischen, sondern bei den Staaten gemischter Confession im Mittelpunkte sich entwickelt hat. Da hier die Reformation nur halb vollzogen wurde, so wünschten sie ungestüm, dieselbe von einer andern Seite zu vollenden. Als die Juli-Revolution ausbrach, da fühlten sie diese Völker am lebhaftesten, denn sie sahen ein sociales Prinzip hier auftreten, und ihre Eifersucht gegen Preußen fand eine erwünschte Gelegenheit zum Ausbruch. Den kurzen ihm günstigen Moment dieser Stimmung hat Frankreich versäumt. Und er kehrt nie wieder. Denn die Opposition der constitutionellen Staaten ist weiter gediehen als man vermuthet — ein Blick auf Baierns und Badens Ständeversammlungen läßt ihre Tiefe uns ahnen. Daß dennoch die constitutionelle Freiheit seit 15 Jahren in Deutschland nicht weiter schritt, kommt daher, daß sie nicht des Landes erstes Bedürfniß ist. Deutschlands politische Einheit ist die Grundbedingung ihres Bestehens und ihrer Entwicklung. Mit diesem Kleinod hatte Deutschland im 16ten Jahrhundert die Reformation erkauft. Seit der Rock des Reichs zerrissen und zertheilt ward, haben zwei Dinge die Theile einander näher gebracht, und dem Staate zum Selbstbewußtsein verholten. Erstlich Deutschlands philosophische und literarische Bewegung. Die Literatur war eine Reaction gegen das Ausland, und bei dem völligen Abgang aller Institutionen dienten die Wissenschaften als solche. Die Gesetze, das Land war verschieden; aber Alle fühlten sich unzertrennlich vereint in einem Lied von Göthe, in einem Trauerspiele Schillers, in einer Rede von Fichte. Ein halbes Jahrhundert lang war die Kunst das einzige Band des Staates. -
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471 Napoleon war die zweite Macht, welche Deutschlands Vereinigung vollendete - durch Blut und durch Großthaten. Hier welkte nicht das Gras der Gefilde unter dem Hufe von Attilas Roß; unter dem Fußtritt von 600,000 Feinden vollbrachte der Genius des Volkes sein Werk. Nur durch seine Opposition gegen das System und den Mann des Auslandes gelangte Deutschland zum Gefühle seiner selbst; darum erhebt es seinen todten Feind nun eben so sehr, als es im Leben ihn erniedrigte, und widmet ihm für diese großen Lehren eine aus Liebe und Haß seltsam gemischte Bewunderung. - Die Revolution von 1830 bot durch die Richtung, die sie nahm, der deutschen Einheit die letzte Stütze, deren sie bedurfte. In ihrer geknebelten Form, mit ihren verborgenen Ansprüchen, werden die konstitutionellen Staaten nicht ruhen, bis sie das ganze System der deutschen Staaten über den Haufen geworfen. Das monarchische Prinzip, welches in Deutschland so mächtig zu sein scheint, hat im Gegentheil nirgends eine tiefere Erschütterung erlitten. Die Reformation hat die kaiserliche Majestät der Plünderung Preiß gegeben. Luther brach und zerstreute die Lappen ihrer Macht. Ueberlieferungen, Gewalten, Königsmacht, Adelsmacht - er hat Alles untergraben, Alles im Herzen verwundet. Es bedarf jetzt keiner weitern Anstrengung, als der friedlichen Arbeit, die Leichen zu bestatten. Deutschlands ganze Verfassung gleicht jenem Könige der 200 Jahre lang stehen blieb in seiner Gruft. Ein Hauch, und die Gestalt zerfällt in Nichts. *) So bietet also die Opposition der constitutionellen Staaten alle ihre Kräfte auf, Gleichheit der Institutionen zu gründen. Aber Frankreich hat keinen Einfluß mehr auf sie, so jammervoll auch die Lage dieser Staaten ist, - und so schreiend der Widerspruch. Jetzt, wo die localen Freiheiten Bürger geschaffen haben, fehlt nur noch ein Land, darin zu leben; und unfehlbar muß einmal das Trugbild des deutschen Bundestags, belagert, wie es ist, von den Fürsten und Völkern — zusammenfallen in eine Versammlung constitutioneller Vertreter aller localen Souverainitäten. Wre die ParlamentsReform in England, wie die Umbildung der Pärie in Frankreich, so ist diese Reform des Bundestags eine politische Nothwendigkeit. Auch die Entwickelung des Protestantismus, der ebenfalls nach Vereinigung der bisher feindlichen Sekten strebt, fuhrt dieses Geschick herbei. Nicht minder der Drang der materiellen Interessen. Ein Gedanke lebt in aller Herzen Einheit des deutschen Vaterlands. Ein Schrei ertönt von allen Lippen - Abschaffung der künstlichen Grämen, Umsturz der willkürlichen Schranken, hinter welchen das Volk eingepfercht ist mit seinen Produkten, ohne Handel, ohne Verkehr, ohne Möglichkeit der Industrie. Wahrlich, man müßte blind sein, die unheilweissagende Trauer des deutschen Volkes nicht zu sehen; es ist ein furchtbarer Groll; keine Gebete, kein Gesang, keine Familienfeste mehr; keine Aufstände, wie in England oder Frankreich, keine Bittschriften, keine Adressen, aber in der Stille brütende Anschläge, ein verbissener Ingrimm, der ruhig harret, bis er aufs höchste gestiegen ist, der nichts sehnlicher wünscht, als auf s Aeusseiste getrieben zu werden, um seine natürliche Langsamkeit, die letzte Bedenklichkeit zu beseitigen. Und die diplomatischen Versammlungen haben vollkommen diese Sprache verstanden; alle haben an einem Vertrage zur Abschaffung der Mauthgränzen gearbeitet dessen unmittelbare Folge ist, Preußen das materielle Protektorat aller übrigen deutschen Völkerschaften zu übertragen. *) S. d. Trib. Nr. 30, wo wir diese Stelle vollständig mitgetheilt.
Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Zur Tagesgeschichte.
Die Leipziger Zeitung schreibt aus München: „Unsere volle Aufmerksamkeit erregt im erhöhten und immer mehr erhöhten Grade die sehr bedenkliche Stimmung und Aufregung des Rheinkreises und der fränkisch-bayreuthischen Provinzen, vorzüglich im Würzburgischen. Dort hat sich der neu errichtete Preßverein bedeutend gehoben und ausgebreitet, und Subscriptionen von monatlichen Beiträgen zu 95-100 fl. decken bereits schon zur Genüge die ersten Ausgaben dieses Vereines. Das sehr Bemerkenswerthe bei der Sache ist, daß die Subscribenten nicht blos vom Gelehrtenstande, sondern größten Theils vom Bürgerstande sind, wozu im gewissen Sinne auch die sehr raschen Weinbauern der dortigen Gegend zu rechnen sind, und, daß die Subscribenten aus dieser Classe kein Hehl daraus machen, sondern ihre Namen in von Zeit zu Zeit öffentlichen Listen drucken lassen. In diesem Betreffe herrscht zwischen dem Rhein- und Untermainkreise eine oonstante Verbrüderung, wenn auch sonst die Stimmung dieser beiden Kreise sehr heterogen ist, indem im Würzburgischen ein fanatischer Religionseifer die Intoleranz bis aufs Höchste gebracht hat. Die Regierung hat zur Unterdrückung dieses Vereins zwar polizeiliche Maßregeln getroffen, die Bediensteten durch Circularien vor dem Beitritte zu diesem Vereine gewarnt, aber kein öffentliches Prodama erlassen, was wohl sehr sachdienlich sein möchte und in ihrem Interesse läge. Einige Blätter höhnen das Unternehmen dieser Kreise und meinen, von der bekannten Feigheit der Rheinkreisler*) sei keine gewaltige Unternehmung zu befurchten. Dieser Meinung scheint aber die Staatsregierung nicht zu sein, denn bereits vor fiinfTagen sollen 4 Regimenter leichter Cavallerie aufgebrochen sein, und sich nach Landau, Speyer und Zweibrücken begeben haben, und heute soll das fünfte und sechste nachfolgen. Wir wollen wünschen, daß die Sache nicht so bedeutend werde; zu furchten aber ist, daß, wenn man sie öffentlich und mit Gewalt unterdrückt, geheime Verbindungen und Logen sich begründen, die dann viel gefährlicher werden würden." Wir gjaubten, der Münchner Correspondent der Leipziger Zeitung habe gescherzt, wenn er von Absendung mehrerer Regimenter nach dem Rheinkreise sprach. Allein es ist Ernst. Man liest hierüber Folgendes: 1) im Nürnberger Correspondenten: Nürnberg, 27. Febr. „Bei dem k. Divisionskommando dahier ist gestern die Ordre eingegangen, das 2te und 3te Chevauxlegers-Regiment in (Ansbach und Bamberg) sogleich in marschfertigen Stand zu setzen." 2) Im Kriegs- und FriedensKourrier Nürnberg 28. Febr. „Das 2te und 3te in Ansbach und Bamberg garnisonirende Chevauxlegers-Regiment hat Ordre erhalten sich marschfertig zu halten. Zwei Batterien leichte Artillerie sind dieser Tage von Würzburg nach dem Rheinkreise aufgebrochen. Ein Pulver-Transport mit 30 Pferdezügen ist am 26. von München nach Landau abgegangen." 3) In der Mainzer Zeitung: Würzburg, 27. Febr. „Die zwei leichten Batterien des 2. k. Artillerie-Regiments haben heute die Ordre erhalten, sich feldmäßig ausgerüstet, nach dem Rheinkreise marschfertig zu halten. Oberst-Iieutenant v. Halder wurde zum Kommandanten dieser Division bestimmt" *) Dieß sagt der Correspondent der Leipziger Zeitung. Die Redaction der deutschen Tribüne weiß nichts davon. Eben so wenig ist sie der Meinung, daß im Würzburgischen Intoleranz und fanatischer Religionseifer herrsche. Aufklärung und Duldung herrscht dort. Gerade vom Untermainkreise aus ist man gegen die finstern Ordonnanzen Schenks, wodurch die gemischten Ehen zu Gunsten des Katholicismus erschwert werden sollten, sehr entschieden aufgetreten. Gerade der Untermainkreis zeichnet sich in dem Streben nach Licht und Freiheit sehr vortheilhaft aus. A. d. R.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
N— 6 0 . Kurhessens
Ehre.
Schon öfter in jüngster Zeit ist Kurhessen im Kampfe für Recht und Wahrheit den übrigen deutschen Stammgenossen muthig und ehrenvoll vorangegangen. So eben hat es sich einen neuen Anspruch auf Deutschlands Dankbarkeit erworben. Der in Cassel erscheinende Verfassungsfreund meldet unter dem 29. Februar: „In der heutigen Sitzung gab der Herr Landtagskommissair die fiir alle Hessen so ehrenvolle Erklärung: daß sich Niemand mehr finde, der das Amt eines Censors übernehmen wolle, und daß daher die Staatsregierung außer Stande sei, die bundesgesetzlichen Verpflichtungen länger zu erfüllen." So ist es recht. Achtung und Dank allen jenen Ehrenmännern, die das beschimpfende Amt eines Censors nicht länger verwalten oder nicht annehmen wollten! Wahrlich, die widerrechtliche Macht der Gewalthaber hat keine andere Stütze, als den Sclavensinn und den Hundegehorsam ehrvergessener Käuflinge. Fände die Despotie und der Unsinn keine Diener und Vertheidiger mehr, so trüge die Sache der Freiheit ohne die geringste Erschütterung und ohne einen Schwertstreich den Sieg davon. Mehr als die Trägheit des Volks, verschuldet die Unentschlossenheit und Muthlosigkeit seiner Sachführer die Beleidigungen und Mißhandlungen, welche Deutschland von seinen Fürsten erduldet. Wenn plötzlich alle, oder nur zwanzig oder zehn der verbreitetsten und angesehensten deutschen Zeitungen der Censur den Contrakt aufkündigten, so gäbe es keine Censur mehr. Ja, aller Wahrscheinlichkeit nach, hätte ein einziger Mann diese Macht in Händen. Wollte unser Herr von Cotta, seines wahren Ruhmes eingedenk, die servile Richtung der Augsburger allgemeinen Zeitung in eine liberale verwandeln, und den widerrechtlichen Angriffen der Censur die Kraft und den Muth des Mannes entgegensetzen, so würde das baierische Ministerium in seiner Bestürzung und Ohnmacht den Forderungen der Vernunft und des Volks nachzugeben gezwungen sein. Schon hundert Mal ist gesagt und wiederholt worden, daß in keinem einzigen deutschen Staate ein Strafgesetz besteht, welches den Abdruck von der Censur gestrichener Stellen verböte; aber hundert Mal ist es tauben Ohren oder vielmehr muthlosen Herzen gepredigt worden. Denn, Dank der Unwissenheit, in der das Volk über seine Gesetze und Gerichte gehalten wird, so groß ist die moralische Scheu und Furcht des Deutschen, daß er vor einer Citation auf die Polizei mehr erschrickt, als vor einer Herausforderung zum Duell;
Vaterlandes.
Homburg, den 6. März 1832.
daß er sich schon verurtheilt sieht, ehe er nur einmal weiß, was man ihm zur Last legt. Es ist unglaublich, was die deutschen Regierungen mit den leersten, unsinnigsten Drohungen über die geängstete Phantasie der Meisten vermögen. Nur wenige haben eine Ahnung davon, welchen Schutz Gesetz und Gerichte gewähren. Selbst in constitutionellen Staaten sieht der rechtsunkundige Zeitungsschreiber, in seiner thörichten Angst, nach dem Abdruck gestrichener Stellen schon die Gensdarmen in sein Haus eindringen, die Pressen zerschlagen, und die Thür des Criminalgefängnisses fiir den Hochverräther öffnen. Auch könnte der Absatz des Blattes bei einer solchen kühnen Maßregel leiden; denn fremde, namentlich die absoluten Regierungen würden es verbieten! Leicht möglich; aber dann sucht die Anschuldigung eurer Gegner, es sei euch mit dem Blatte weniger um die Sache des Volks als um eine Finanzspeculation zu thun, nur nicht zu widerlegen. Aber die Post würde die Versendung verweigern? So verklagt sie! Und dann habt ihr den deutschen Vaterlands-Verein; seine Gelder liegen, sobald es nöthig ist, zu eurer Disposition bereit. — Aber man wird die Blätter confisciren? — So werden diese Confiscationen dem Volke mehr sagen, und es mehr zum Handeln anspornen, als eure schönsten Aufsätze zu thun im Stande wären. Noch einmal: die widerrechtliche Macht hat ihre sicherste Stütze in der Unentschlossenheit und Muthlosigkeit der Stimmführer des Volks. Darum muß vor allem die öffentliche Meinung noch mehr erstarken und noch bestimmter und kräftiger sich aussprechen! Nicht das Ehrlose des Geschäfts selber ist es, was vielen Censoren ihr Amt verleidet, und andere trotz aller Belohnungen und Versprechungen die Uebernahme desselben ausschlagen läßt, sondern mehr noch das Brandmal, welches die öffentliche Meinung auf die Stirn dieser Unglücklichen drückt! Schon bemeistert sich der Mehrzahl beim Anblick eines Censors und in seinem Umgang ein unheimliches Gefühl, gleich wie in der Nähe eines Großinquisitors und Polizeispions. Ohne Scheu und Furcht gebe man diesem Gefühle nur Ausdruck und Worte, so werden alle Ordensbändchen, alle Titel, Gehalte und Beförderungen bald nicht mehr im Stande sein, einen rechtschaffenen, gebildeten Mann zur Uebernahme dieses ehrlosen Amtes zu bewegen. Zu Censoren aber werden sich alsdann noch weniger Leute hergeben wollen, als zu Polizeispionen, denn sie können noch immer hoffen, unter dem Schleier des Geheimnisses, obwohl unverdient, der öffentlichen Achtung zu genießen. Der Name des Cen-
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475 sors dagegen ist bekannt; es ist ihm unmöglich gemacht, auf jene Hoffnung hin zu sündigen. Inzwischen darf die öffentliche Meinung bei diesem Act ihrer eigenthümlichen Gerichtsbarkeit nicht stehen bleiben. Dauert die Schande des Zeitalters fort, so muß sie bald nicht allein die Verbrecher, sondern auch die müßigen, unthätigen Zuschauer, welche den Geist erwürgen lassen, ohne ihm nach Kräften zu Hülfe zu kommen, vor ihr strenges Forum ziehen. Die Censurlücken und Censurstriche müssen in kurzer Zeit die Erbitterung des Volkes nicht allein gegen den Censor, sondern auch gegen diejenigen hervorrufen, welche sich tagtäglich die empörendsten Mißhandlungen gefallen lassen, ohne auch nur einen Versuch der Vertheidigung zu machen. Die öffentliche Meinung mißbilligt mit Recht das Betragen derer, die ohne Weiters sich eine persönliche Beschimpfung gefallen lassen; die eine Ohrfeige einstecken und mit philosophischer Ruhe den bekannten Bibelspruch über die Backenstreiche anführen wollten. Wo aber die geistige Würde des Menschen, welche noch weit über der persönlichen steht, auf das Empfindlichste verletzt und gekränkt wird, da nimmt der Gekränkte die Beleidigungen der Gewalthaber als etwas hin, was sich von selbst verstände; und die Zuschauer sind empört über die Beleidigung, aber nicht über die Unempfindlichkeit der keineswegs gebundenen und wehrlos dastehenden Beleidigten. Diese Schmach muß aufhören; Volk und Zeitungsschreiber müssen erwachen aus ihrem trägen Schlafe. Was aber Kurhessen betrifft, so wird die hohe deutsche Bundesversammlung durch die vom hessichen Landtagskommissär abgegebene Erklärung in keine geringe Verlegenheit gerathen, was sie mit einem Lande anfangen soll, wo sich keine Censoren mehr finden wollen. Obgleich nun Oestreich und Preußen sich sonst nicht eben sehr freigebig gegen die kleineren deutschen Staaten beweisen, so werden sie doch dieses Mal, dringender Umstände halber, wahrscheinlich sehr großmüthig gegen das censorarme Hessen sein, und ihm auf Bitten seiner Regierung aus der reichen Rüstkammer der östreichischen und preußischen Censoren einige vorzügliche Exemplare verabfolgen lassen. Damit wäre den verarmten Hessen wieder etwas auf die Beine geholfen, und die Aufrechterhaltung der Bundesbeschlüsse vom Jahre 1819 für alle Ewigkeit gesichert. Die übrigen deutschen Länder aber, die Gottlob noch kein Mangel an Censoren drückt, mögen das unglückliche Hessen bemitleiden, dem das nothwendigste Material zu einem geordneten Staate trauriger Weise ausgegangen ist.
Deutschland und die Revolution. Nach E d g a r Q u i n e t . So wirkt denn Alles, die Einheit der germanischen Stämme emporzurichten, Könige, Völker, Religion, Freiheit und Despotismus. Jene Einheit droht aber, Frankreich bei ihre m ersten Schritte niederzutreten.*) Sie ist die nothwendige, *) Hier zeigen sich die irrigen Ansichten unserer Nachbarn Uber Deutschland. Unser Land wird nach erlangter Einheit der Wächter sein über die europäische Freiheit.
unvermeidliche Entwicklung der Civilisation des Nordens. Wir achteten die in der Stille geschäftige Gährung der Ideen nicht. Und diese Ideen erheben sich nun mit Macht vor unsern Augen mit dem ganzen Schicksal eines Menschenstammes, und dieser Stamm stellt sich unter das Machtgebot eines Volkes, welches nicht aufgeklärter, aber gieriger, glühender, gewandter ist. Deutschland ist im Begriff, Preußen gegenwärtig zu seinem Geschäftsträger zu machen, und wenn man es nicht stört, so drängt es dasselbe zum Morde des alten Königreichs Frankreich. In der That — an die oben beschriebene sociale Bewegung hängt sich die nothwendige Folge, daß die deutsche Verfassung in gleichem Maße, wie sie sich emporrichtet, eine unwiderstehliche Anziehungskraft für die Völker gleicher Sprache und gleichen Ursprungs hat. Noch blutet Deutschlands Herz über den Verlust von Elsaß und Lotharingen. Es ist eine der Beschwerden der Volkspartei, daß man im Jahre 1815 nicht zugegriffen. Es ist ein Gemeinplatz des NationalEhrgeizes geworden, die Provinzen wieder zu gewinnen, die von jeher dem Lande zur Vormauer gedient, das sich zum ersten Repräsentanten der Civilisation erhob. Die gute Gelegenheit auszuspüren, hat man Preußen übertragen, welches die Schlü[s]sel zu unserm Gebiet an seinem Gürtel trägt. — Frankreich selbst aber - es kümmert sich nicht um dieses System der Civilisation; mit eigner Hand richtet es das Gebäude des deutschen Reichs wieder auf, ü berläßt Italien, die Niederlande deutschen Fürsten, legt den Finger in die Staatswunden des einzigen Volkes, welches Deutschland zu fesseln vermochte, und läßt selbst auf dem Brett, den es in Griechenland zum Throne gemacht, einen preußischen Prinzen sein Plätzchen finden. - Eins sollte uns doch die Augen öffnen: die französische Revolution hat immer eine Neigung geäußert, früh oder spät in ihrer Form sich jener der amerikanischen Revolution anzu schmiegen. Eine weise Verwaltung hätte um jeden Preis Frankreichs Freiheiten an Europas Freiheiten geknüpft. Nun ist Frankreich nichts mehr für den Süden, der Norden stößt es znrück. Seit es das letzte Band, die Erblichkeit der Pärie, zerrissen, steht es ganz einsam und verlassen da. Was bleibt ihm übrig, als zuletzt mit vollen Segeln dem System der neuen Welt in Amerika zuzusteuern? — Zudem ruhen die Anordnungen der französischen Regierung auf einer durchaus irrigen Ansicht der Dinge. Während Deutschlands Einheit in der Stille sich erhebt, haben die Kabinete Frankreich glauben gemacht, die Völker seien ihnen dennoch treu, und die Völker spiegelten ihm ihren tiefen Haß gegen ihre Regierungen vor. In seinem Haß, in seiner Liebe betrogen, steht Frankreich zwischen zwei Lügen. Die heilige Allianz ist nicht mehr auf den Thronen, sie ist zu den Völkern herabgestiegen. Aus diesem Chaos von Völkern und Königen wird ein mächtiger Bund erstehen, und an die Pforte des zu Grunde gerichteten Frankreichs klopfen. Es wird ihm nichts helfen, sich auf sein unveräußerliches Eroberung fremder, wir sagen fremder Gebietstheile wäre dem hohen Sinne, politischen Tacte und selbst dem Interesse des Einen Deutschland völlig entgegen. A. d. R.
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477 Erbtheil zu berufen; denn auch der Vorrang in der Leitung der Civilisation strebt, je weiter die Welt von der Vorwelt sich entfernt, mit jeder Revolution des Menschengeschlechts sich aus dem Schooße der alten Geschlechter herauszuwinden. Ueber Griechenland und Rom, über Byzanz, über den europäischen Süden kam dieser Vorrang an Frankreich, welches ihn drei Jahrhunderte lang besessen. Heute, wo die letzte Ueberlieferung der Vorzeit zerschlagen ist, will man nicht sehen, daß man alles mögliche thut, um Frankreich zu nöthigen, die Zukunft in die Hände der deutschen Völker abzutreten. Man muß im Auslande gelebt haben, um dieß alles ganz zu verstehen. Morgens stehen sie auf, die Könige und Völker, und sehen, ob Frankreich noch nicht am Boden liegt, ob es nicht in der Nacht in Stücke zerfallen ist, ob man nicht einen Fetzen davon erhäschen könne. Man fühlt auf einmal Frankreichs sociales Gewicht nicht mehr. Wo mag es hingekommen sein, das große Land? was mag wohl an seiner Stelle erscheinen? fragt man sich. Den Haß brauchen wir nicht zu furchten. Bleibe ja daheim, wer nicht in Schamröthe erglühen will. Man dringt uns das Almosen des Mitleids auf. Schüttelst du den Staub von deinen Füßen — Aha, das ist Frankreichs Staub! sagen sie. Doch staunen wir nur nicht über den Zustand, in den man den Staat versetzt. Der Staat erneuert sich; nicht ohne Schmerz streift er die alte Hülle ab. Die Zukunft bedurfte des Opfers einer ganzen Generation; die sind wir. Mit welchen Hoffnungen umschmeichelte man unsre Jugend! Wo ist nun unsre Männertoga? In Weh und Haß kleidet ihr uns. Unsre Jugend ist alt geworden in wenigen Monden; Eine Nacht hat unsre Haare gebleicht; unsem Seelen fehlt die Hoffnung, wie den Handwerkern die Arbeit; der Wurm, der an unsern Institutionen nagt, verzehrt auch das Mark unsrer Gebeine, und jeder begräbt mit dem ihm zugefallenen Brett vom Throne in der Stille einen Theil seines eigenen Selbst. Erklärung des provis. Ausschusses des deutschen Vereins zur Unterstützung der freien Presse. Der deutsche Verein zur Unterstützung der freien Presse ist, theils von Regierungsbehörden, theils von einzelnen Privaten, für die eigne Unternehmung irgend eines besondern Tageblattes, namentlich der „deutschen Tribüne" angesehen worden. Diese Ansicht ist irrig und beschränkt den Zweck des Vereins enger, als es in der Absicht seiner Gründer lag. Diese Absicht ist keine andere, als: „für die freieste Entwickelung patriotischer Gedanken, über die Mittel zur Förderung des Wohls der deutschen Völker, die Unterstützung der ganzen Nation in Anspruch zu nehmen." Jede Schrift, welche mit Ueberzeugung von diesem Gegenstande spricht, erfüllt auf gleiche Weise die Absicht des Vereins; kein besonderes Tageblatt, kein Organ der öffentlichen Stimme, das vom Hauch der Ueberzeugung belebt wird, ist, mehr als das andere, der Ausdruck des Vereins, noch vorzugsweise der Gegenstand seiner Beförderung; die-
jenige Ueberzeugung, welche sich Allen, oder doch den Meisten, mittheilen wird, soll fiir die bessere gelten, und ihre Beförderung ist der Endzweck des Vereins. Manche Machthaber sind sich nicht bewußt, daß das Maas ihrer Genüsse mit einem erträglichen Dasein ihrer „Untergebenen" unvereinbar sei; daß mithin die Rechtmäßigkeit eines solchen Verhältnisses auf die Ueberzeugung denkender Menschenfreunde Anspruch machen könne: diese verbieten die Sprache der Ueberzeugung; das Recht auf Wahrheit, das jedem vernünftigen Wesen zusteht, und durch die Handhabung solcher Verbote verletzt wird, dagegen zu schützen, ist Pflicht und Zweck des Vereins und der Grund seiner Rechtmäßigkeit. Der provis. Ausschuß des Vereins glaubt es der Würde dieses, von jedem edeln Gemüth geachteten Zweckes nicht angemessen, eine besondere Rechtfertigung des letztern gegen die Entstellungen der Diener solcher Machthaber zu versuchen; der Verein bedarf ihrer Billigung nicht; ihre Entstellungen berichtigen, ist vergeblich für sie, denn sie täuschen sich selbst nicht; unnöthig für Andere, denn kein rechtliches Herz wird durch sie irre geleitet: wofür es warm schlägt, das ist recht, seiner Achtung und Theilnahme werth und des Schutzes unentstellter Gesetze gewiß. Schüler.
Savoye.
Geib.
Zur Tagesgeschichte. München, 27. Febr. Unsere Staatsregierung fährt in ihren militärischen Demonstrationen gegen den Rheinkreis eifrig fort. Bereits hat sie auch zwei Batterien Geschütz von der Würzburger Garnison nach Zweibrücken beordert, und wird — wie man vernimmt — noch mehr Linienmilitär folgen lassen. Nach Würzburg ist heute von hier aus Succurs fur das Geschütz abgegangen. (Speyerer Ztg.) München, 26. Febr. Aus dem Rheinkreise müssen neuerdings Nachrichten von sehr ungünstiger Art in unserer Residenz eingelaufen sein. Wenigstens trifft unsere Staatsregierung gegen diesen Kreis Maßregeln von so außerordentlicher Art, daß es scheint, als ob sie den Ausbruch eines Aufruhrs in jener Gegend mit jedem Augenblick zu befurchten hätte. Dieselbe schickt nichts Geringeres als zwei Batterien Geschütz von Würzburg nach Zweibrücken. Damit aber Würzburg fur den dießfallsigen Verlust sofort entschädiget werde, wird morgen ein angemessener Ersatz von München nach Würzburg gesendet werden. Auch will man das ganze 5te Linien-Infanterieregiment in den Rheinkreis verlegen. (Frk. Journal.) München, 28. Febr. Vorgestern wurden 17 Wurstund 18 Munitionswägen in den Magazinen zu Grünwald und Oberwiesenfeld mit scharfer Munition und Feldrequisiten für vier Batterien ausgerüstet, und gingen mit 35 vierspännigen Zügen, wobei zwei Officiers, sechs Unterofficiers und fünf Mann Bedeckung nach Würzburg ab. (Fränk. Merkur.) Würzburg, 28. Febr. Zwei Batterien von dem dahier garnisonirenden k. 2ten ArtillerieRegiment sind, nach so eben eingegangener Ordre, marschfertig gemacht worden, und werden unter dem Commando des Oberstlieutenants v. Halder
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479 nach dem Rheinkreise abgehen. Von München werden in diesen Tagen 35 Wagen mit scharfer Munition und Feldrequisiten für 4 Batterien hier erwartet. (Nürnb. Corr.) Paris, 25. Februar. Wir wissen zur Stunde noch nicht, ob wirklich ein Theil der Rheinlande im Aufstand begriffen ist, doch ergibt sich aus allen Privatnachrichten, die man aus jener Gegend erhält, daß in der That die Gährung dort zu einem hohen Grade gediehen. Man glaubt schon ziemlich lange in Paris, daß sich Ereignisse in Rheinbaiern vorbereiteten. In dieser Stadt, besonders aber in Metz und Straßburg, ist ein großer Theil der freisinnigen Jugend im Einverständnisse mit der deutschen Bevölkerung am Rhein. Die Truppen besonders waren immer ungeduldig, eine etwaige Bewegung jenseits der Grenze zu unterstützen. Die Regierung, davon benachrichtigt, beschloß Anfangs die Regimenter der östlichen Grenzfestungen, wegen ihrer enthusiastischen Gesinnungen, nach andern Orten zu verlegen, doch entsagte sie nachher diesem Vorhaben, weil sie besorgte, daß die andern Regimenter, welche sie dahin schicken könnte, ähnlich gesinnt sein dürften. Die Nationalgarde der französischen Grenzdepartemente ist nicht weniger für die Sache ihrer Nachbarn entflammt; sie wird zwar den ersten Ausbruch nicht unterstützen; sollten aber preußische und österreichische Truppen nach den Rheinlanden geschickt werden, so ist sie fest entschlossen ihnen entgegen zu gehen. Auch Casimir Perier würde sich energisch gegen die Annäherung anderer Truppen als der baierischen erklären. - Ein hiesiges Journal verwechselt Homburg mit Hamburg, und läßt drucken, daß die freisinnigen Prinzipien jetzt von Zweibrücken bis Hamburg verbreitet sind. Sollte der Druckfehler das Richtige getroffen haben? Paris, 27. Februar. Das französische Blatt, welches gestern bemerkte, die liberalen Ideen der Deutschen reichten von Zweibrücken bis Hamburg, hat sich geirrt; sie reichen viel weiter, und besonders herrschen sie auch unter den Deutschen in Paris. Seit wenigen Tagen erst erging durch den National und durch den Courrier der Aufruf an die hier lebenden Deutschen, daß sie zur bekannten Association für die Freiheit der Presse Beiträge spenden möchten, und schon ist die Anzahl der Theilnehmer eine Legion. Es ist bemerkenswerth, daß sich unter den Pariser Mitgliedern des Vereins sehr viele vom Kaufmannsstande finden; einige reiche Bankier ausgenommen, welche befürchten, daß durch die Preßfreiheit ihre Renten fallen könnten, unterzeichnen fast alle Kaufleute die Association. Die Anzahl dürfte um so bedeutender werden, als auch die Polen sich an die deutsche Association anschließen wollen; schon haben Langermann, Gurowski und Andere sich unterschrieben, und heute ist davon die Rede, daß sich auch die in Paris anwesenden Italiener daran reihen möchten. Ganz vorzüglichen Eifer aber zeigen alle deutsche Handwerker in Paris; in der Straße Tirechappe und anderwärts haben sie sich schon mehrmals zusammengefunden und wollen den letzten Pfennig dazu hergeben, um das Ihrige zu dem schönen Zwecke der Association beizutragen. In Lyon, in allen Städten Frankreichs, wo sich Deutsche finden, sollen alsbald Anstalten getroffen werden, damit die Behauptung des französischen Blattes, Gedruckt auf der Presse des Volkes.
die freisinnigen Ideen der Deutschen erstreckten sich nur von Hamburg bis Zweibrücken, vollends als eine Unwahrheit erscheine. Der österreichische Botschafter hat, wie man versichert, heute einen Courier abgeschickt, um seine Regierung davon in Kenntniß zu setzen! Ich kann mir's nicht denken, denn die freisinnigen Schriftsteller beeilen sich ja selber, das Geschehene öffentlich bekannt zu machen. Oeffentlich, laut verkünden die Mitglieder der Association ihre Zwecke, denn diese Zwecke sind legal, streben dahin, daß eine der ursprünglichen Bestimmungen des Wiener Kongresses zur Ausführung gelange. (Deutsche allg. Zeit.)
Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. Herr Redacteur! Die von dem königl. Staatsprokurator bei Ihrem Prozesse aufgestellte Behauptung, daß die Regierung befugt sei, nicht allein die Pressen, sondern auch die Backöfen zu versiegeln, hat bei uns Landleuten keinen sehr erfreulichen Eindruck gemacht. Unser
Wahlspruch ist: „Freiheit undSchwarzbrod."
- Was nun
die liebe Freiheit betrifft, so hat uns diese noch nicht gar freundlich zugelächelt, dagegen war uns der Genuß des Schwarzbrodes bisher noch in so weit vergönnt, als uns hiezu das nöthige Korn nach Entrichtung der mancherlei Steuern übrig blieb. Der Gedanke aber, daß uns auch dieser frugale Genuß möglicher Weise entzogen werden könnte, hat bittere Gefühle erregt. Sollte es der Regierung, was wir jedoch weder hoffen noch glauben, je einfallen, von diesem ihr zustehenden Rechte der Backofenversieglung Gebrauch zu machen, so wollten wir deren Befehlsvollstreckern den wohlmeinenden Rath ertheilen, ihre Operationen doch ja nicht bei eingeheitzten Backöfen vorzunehmen, weil sie sonst leicht - die Finger verbrennen könnten. Wenn also, wie behauptet wird, die Regierung das Recht hat, unsere Backöfen zu versiegeln, so hat sie wahrscheinlich auch jenes, unsere Geldbeutel unter Siegel zu legen; was denn ein bequemes Mittel wäre uns die Möglichkeit abzuschneiden, den vaterländischen Verein, dem man ohnehin nicht sehr hold zu sein scheint, zu unterstützen. Da ich nun zur Zeit über den meinigen noch frei verfügen darf, so will ich hiermit einen kleinen Gebrauch davon machen, und Ihnen, Herr Redacteur, eine Aktie zur Begründung Ihrer Schnellpresse zurückgeben, mit der Bitte, dieselbe dem vaterländischen Vereine zur Verfügung einzuhändigen.
Ein Hoflauer. Berichtigung. In der jüngst zur Publikation übergebenen Subscriptionsliste sind unter „Zweibrücken" 15 als Ungenannte eingetragen. — Die Publikation sollte aber auf folgende Weise geschehen: „Fünfzehn Candidaten des Rechts und der Theologie in Zweibrücken zusammen monatlich 4 fl. 36 kr."
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Mittwoch.
Tribüne. des
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Krieg der Willkür gegen Recht, Gesetz und Verfassung. Unsere Leser wissen, daß der Bürgermeister von Homburg am 25. Februar auf Befehl der Kreisregierung unsere Pressen versiegeln wollte. Am 5. März eröffnete uns nun der Herr Bürgermeister in Auftrag der nämlichen Regierung: „Wir hätten uns des Druckens zu enthalten bei Vermeidung der Versieglung der Pressen." Die Regierung giebt also zuerst zur Vollstreckung eines Präjudizes Befehl und, wenn die Vollstreckung nicht gehen will, so läßt sie das Präjudiz androhen. Dieß ist eben eine andere Art von Logik. Die Versieglung der Pressen wird nun wahrscheinlich mit Gewalt durchgesetzt werden, und dann geht es vielleicht an das Versiegeln der Backöfen. Daß eine Gewaltthat wider die Pressen der Schriftsteller eben so gesetzwidrig sei, als das Versiegeln der Backöfen, ist in der Schrift Savoye's „Garantien der freien Presse im bair. Rheinkreise, in Commission bei Ritter in Zweibrücken," vollständig bewiesen. Bevor nun die Regierung ihre verfassungswidrige und empörende Gewaltthat gegen die freie Presse ausübt, ist es nothwendig, das gesammte Publikum zu überzeugen, wie unverschämt auf solche Weise die Rechte der Bürger mit Füssen getreten werden. Wir bitten daher alle Patrioten, die Verbreitung der bemerkten Schrift Savoyes aus allen Kräften sich angelegen sein zu lassen, und nach Anleitung derselben auch die Bürger über den Rechtspunkt aufzuklären. — Die Sache ist einfach. Man lese und überzeuge sich. Daß die Decrete Napoleons, worauf die Regierung ihr Verfahren gegen die Pressen der Schriftsteller gründet, vom Anfange an nichtig waren und im Rheinkreise keine Gültigkeit haben, ist von Savoye bewiesen worden. Die Regierung weiß auch, und hat früher schon anerkannt, daß jene Decrete Napoleons ungültig seien. Denn bei der Ansässigmachung des Buchdruckers Herrn Ritter in Zweibrücken erklärte die Regierung in Speyer ausdrücklich, daß das zur Paragraphirung eingeschickte Register remittirt werde, weil solches bei dem bestehenden constitutionellen Edikte über die Freiheit der Presse nicht mehr erforderlich sei, das heißt zu deutsch, daß die kaiserlichen Decrete, welche jene Register eingeführt wissen wollten, keine Gültigkeit haben. Jetzt aber, wo die freie Presse die Rechte des Volkes gegen eine feindselige Regierung vertheidigt, jetzt sollen die Decrete Napoleons auf einmal wieder gelten. Es
Vaterlandes.
Homburg, den 7. März 1832.
kann in der That nichts empörenderes geben, als ein solches Verfahren. Wenn aber auch die Regierung aus den kaiserlichen Decreten ein Recht wider die Pressen der Schriftsteller ableiten könnte, so müßte sie dasselbe, wie Savoye bis zur Evidenz gezeigt hat, bei Gericht geltend machen. Allein da die Regierung weiß, daß schreiendes Unrecht auf ihrer Seite ist, und daß sie auf gesetzlichem Wege ihre grundlosen Ansprüche nicht durchführen kann, so geht sie eben vom Wege des Gesetzes ab und greift zur Gewalt. Also nur Willkür, zügellose Willkür ist das Prinzip der Regierung. Schimpfliche Feigheit wäre es, von dieser Willkür fortwährend sich mißhandeln zu lassen. Mit Recht sagt daher Savoye in der oben angeführten Schrift: „Was die Regierung bei Vornahme von Zwangsmaßregeln gegen den Widerstand des Volkes sicher stellt, das Gesetz und dessen Befolgung, verleiht dem letzteren gleichen Schutz wider die Uebergriffe der Gewalt. Das Volk braucht nicht mehr zu dulden, als die Regierung vorzunehmen gesetzlich beauftragt ist, und so wenig das Volk ungesetzliche, nicht ständisch bewilligte Steuern zu zahlen brauchte, eben so gewiß ist es nicht verbunden, einem sonstigen gesetzwidrigen Zugriffe auf sein Vermögen Folge zu leisten. Mit dem letzten Buchstaben des beengenden positiven Gesetzes fängt das Recht der Natur an und vindicirt seine Souveränetät." „Richterliche Reparation ist überall nicht das erschöpfende Hülfsmittel, oft unmöglich, meist unzureichend gegen die Willkür; hierin gerade liegt der verderbliche Charakter dieser letztern. Die arbiträre Gewalt dagegen, in ihrem Effekt auf des Augenblickes Wichtigkeit berechnet, erreicht durch faktische Durchführung das vorgesteckte Ziel." „Welchen Sinn hätte dann noch die verfassungsmäßig gewährte Sicherheit der Person, des Eigenthums und der Rechte der Staatsbürger, welche Bedeutung die Garantie, daß Niemand verfolgt oder verhaftet werden dürfe, als in den durch die Gesetze bestimmten Fällen und in der gesetzlichen FormV „Dürfen diejenigen, deren heiligste Aufgabe ist, die Verfassung und das Gesetz gewissenhaft zu befolgen, davon abweichen, - wie sollte das Volk länger daran gebunden sein? - " „Findet aber die Regierung unbequem, die Constitution zu beachten, so möge sie in offener Gestalt hervortreten
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483 zur brutalen Gewalt ist von dem Geschehenen ohnehin nur ein kleiner Schritt mehr. Das Volk wird seine Rechte erkennen, und sie zu wahren wissen." „In allen Fällen, wo es sich um die persönliche Freiheit, um die Sicherheit des Eigenthums und die Heiligkeit der Wohnung handelt, ist es nicht nur des Bürgers erstes Recht, es ist seine höchste Pflicht, die Unantastbarkeit dieser Garantien zu erhalten, Eingriffe, Verletzungen derselben nicht zu dulden, sondern zurückzuweisen." „In diesem Falle waren die beiden Herausgeber der Journale, Tribüne und Westbote." Um kein Mittel unversucht zu lassen, was, ausser der Nothwehr, die rechtswidrigen Eingriffe der Regierung in das Privateigenthum zurückweisen konnte, haben die Herausgeber des Westboten und der deutschen Tribüne auch noch den Rechtsweg eingeschlagen und die Regierung vor Gericht laden laßen. Da aber auch die Richter erklärten, daß sie nicht ermächtiget seien, das Privateigenthum gegen die widerrechtlichen Eingriffe der Regierung zu schützen, da die letztere noch überdieß durch das Organ des Staatsprokurators erklärt hat, daß sie auch alle Backöfen, also eben so gut alles übrige Privateigenthum, versiegeln könne, ohne daß ein richterlicher Schutz dagegen statt fände, so sind denn die Bürger, gegen welche die Regierung von ihrem Recht der Privateigenthums-Versieglung Gebrauch machen will, auf die Nothwehr verwiesen. Im Zustande der Nothwehr befinden sich also die Herausgeber des Westboten und der Tribüne, wenn die Regierung die gesetzlichen Bande vollends zerreist und wider das Privateigenthum offne Gewalt anwendet. —
Deutschland und die Revolution. Nach Edgar Quinet. (Beschluß.) Nur Einen Schluß können wir aus dem Allem ziehen: Etwas in der Welt ist mit dem Untergang bedroht. Ist's Frankreich? Nein, Frankreich kann nicht untergehen. Wir möchten ihre Königthümer und ihre gekrönte Ehrsucht nicht tauschen gegen die keimende Frucht der Zukunft, die das ausgeplünderte Frankreich unter seinem zerlumpten Mantel trägt. - Denn es hat jene errungene Initiative der Civilisation immer behauptet, bald durch die vereinte Macht des materiellen Uebergewichts und der Ideen (unter Ludwig XIV.), bald durch die Ideen und die Wirksamkeit der politischen Lehren allein (unter dessen Nachfolgern), bald durch das materielle Uebergewicht allein (zur Zeit des Kaiserreichs), so daß niemals sein socialer Beruf unterbrochen ward. In unsern Tagen nun hat man, um des Landes willen, das Eine dieser beiden Schutzmittel aufgegeben, und das constitutionelle Europa steht drohend auf unsrer Schwelle. Wie entrinnen wir? Es bleibt uns nichts übrig, als die Wirksamkeit der Doktrinen; Frankreich muß eine Stufe höher steigen auf der Leiter seiner Privatfreiheiten, muß unwiderruflich in die letzte Folgerung seines Lebensprinzipes sich vergraben. Der Continent selbst drängt
es dahin. Nur durch eine Idee, die besser ist, als die der Völker rings, rettet es sich. An die Spitze der europäischen Bewegung gestellt, kann es nicht stehen, ohne daß ihm tausend Stimmen ins Ohr rufen: Vorwärts! — es kann keinen Rückschritt machen, ohne daß die hitzig hinter ihm nachschreitenden Völker es niedertreten. In der Wähl zwischen der Zerstückelung und einem neuen organischen Gesetze wird Frankreich, dieser Proteus der modernen Freiheit, am wenigsten sich bedenken. Europa glaubt sich nur nach ihm bücken zu dürfen, aber dann hebt es keine Städte und Landstriche auf, sondern bewaffnete Ideen, die in einer Stunde Königthümer von Einem Tage wie Königthümer von tausend Jahren über den Haufen werfen. Bei dem Allen ist also Frankreich selbst ausser aller Gefahr. Aber sein Königthum, — zwischen zwei sich widerstrebende Kräfte, Europas Reaction und die Volksgewalt, gestellt — wird, wenn es der einen Alles hingegeben hat, auch der andern Alles hingegeben haben, und nur in diesen von ihm selbst gewährten Kräften sich überleben. Nur sie selbst, die Monarchie, sieht nicht, — daß, was sie Frieden nennt und was es für die Welt ist, Krieg ist für sie selber, daß, was sie Eintracht Europas nennt, ihre eigene Zertrümmerung ist. Kann aber das Land dabei ruhig sein? Wahrlich nein! Wenn ein einziger Mensch von einer Institution herab seinem Untergang entgegen schreitet, so ist die Wunde des Landes heilbar. Geht aber eine Institution selbst unter, so öffnet sie mit jedem Schritte abwärts einen Abgrund für jeden häuslichen Heerd; ein ganzes Volk wird wie ein einzelner Mensch von bitterer Traurigkeit befallen. Täuschen wir uns nicht: unser Jahrhundert, bei seinem Eintritt durch die Revolution und das Kaiserthum überrascht, beugt sich noch unter diese doppelte Last. Das allgemeine Kriegsgeschrei seit einem Jahre ist nur der Wiederhall der Tritte des Convents und der Kaisergewalt. Man rechne es Niemand zur Ehre an, den Krieg vermieden zu haben. Er war unmöglich, er ist schon vollendet. Auch die Reformation trug in ihrer Mönchskutte den dreißigjährigen Krieg; aber nur ein Wallenstein und Gustav Adolph erschien. Wie Luther Gustavs, so bedurfte Mirabeau Napoleons. Das ist Napoleons Größe, daß er Alles vollendet, daß er den weitern großen, allgemeinen Krieg unmöglich gemacht. Mag Königthum und Volkthum jetzt mit einander kämpfen; es waffnet sich Niemand mehr, die Kämpfer zu trennen; jeder ist seiner natürlichen und innern Kraft überlassen. Je mehr künstliche Bündnisse, desto mehr täuschende Hoffnungen. Es sind zwei Prinzipien, die sich in geschlossenen Schranken zum Gottesurtheil waffnen. Beide haben draussen keine Hülfe mehr, und sollte das Königthum unterliegen, diesmal würde Europa nicht weiter sich beunruhigen, als wenn es ihm nachginge, die Rüstung des Gefallenen sich zuzueignen. Doch ich irre: zwischen die beiden großen Gewalten hat sich etwas in die Mitte gesteckt, wir nämlich, wir Männer von gestern, eine Aristokratie ohne Vergangenheit, die wir auf den Stufen der Revolution von den Resten der gefallenen Aristokratie zusammengerafft, was wir zu erhäschen vermochten, — wir, ein Rumpf ohne Haupt einherwandelnd, wie der heil. Dionys. Und was das Entsetzlichste ist, diesem hauptlosen Körper rennt das Königthum nach, und sieht
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485 nicht, daß dieses Unding, das weder Volk noch Adel ist, über den ersten Stein in die Straße stürzen und das vormalige entkrönte Haupt der alten Oligarchie auf das Pflaster wird fallen lassen. — Was bleibt uns übrig? - Würdevoll unterzugehen wie alle höhern Gewalten unter uns. Denn was man thut, uns zu retten, das bringt uns um, und unsre Größe ist, früh oder spät mit Resignation uns zu entschließen, unter die Größe des Staates hinzusinken, um seinen Sturz zu verhüten. Es geschieht für uns kein Wunder. Wir wandten die Augen von jener andern Demokratie weg, die uns mit offenem Mund anstiert. Seltsam!" - So schließt Quinet seine Abhandlung, die wir vielleicht in dunkel gewordener Kürze unsern Lesern mitgetheilt. - Seltsam! Man gesteht, daß der Geist des Wechsels Frankreich ergriffen hat, und man sucht nach Institutionen, die diesem Geist widerstreben, um ihn am Gängelbande zu lenken; aber ein Volk taugt nicht, den Stoiker zu spielen, und legt nicht lange Schlingen für seine eigene Natur. Wenn Beweglichkeit und Unbestand der Geist Frankreichs ist, wie man behauptet, so wird sich bei ihm der Unbestand organisiren und in sich selber sein Heilmittel und seine Dauer finden. Der aristokratischen Gewalt und der monarchischen Gewalt waren beiden, in Frankreichs Vergangenheit, Jahrhunderte vergönnt, sich gemächlich zu entwickeln. Nun ist noch übrig, auch der demokratischen Gewalt Zeit zu geben, daß sie sich entwickle und organisire. Wenn diese Organisation vollendet und sodann alle Entwicklungen erschöpft sind, so wird sich nun auf den Trümmern todter und unnatürlicher Formen die dauerhafte neue Ordnung erhoben haben, deren Geburt die Wehen der Zeit verkünden.
Nikolaus und Macchiavell. Wenn der alte Macchiavell aus seinem Grabe wieder auferstände, so würde er staunen und jauchzen über das endliche Verständniß seines bis jetzt noch immer räthselhaften Principe. Er würde uns sagen, nicht für Cäsar Borghia habe er ihn geschrieben, sondern gleich den Propheten des alten Testaments habe er den Messias des neunzehnten Jahrhunderts damit verkündigen wollen! Beim Himmel, noch niemals in der Weltgeschichte ward der geistige Mord einer Nation mit dieser Eiseskälte, mit dieser Ueberlegung und Consequenz vollbracht, wie wir den Mord Polens vom großmüthigen Czaar aller Reußen vollbringen sehen. Europa schaudert, aber Europa bewundert. Selbst Schiller muß in seinem dichterischen Ahnungsvermögen von Nikolaus und den Polen geträumt haben, als er den zweiten Philipp seine erhabensten Worte sprechen ließ. Die Welt, sie könnte sich verrechnet haben! Noch bin ich. Habe Dank, Natur! Ich fühle In meinen Sehnen Jünglingskraft. Ich will Sie zum Gelächter machen. Ihre Tugend Sei eines Träumers Hirngespinst gewesen. Ais Thoren schände sie die Welt. Ihr Sturz Erdrücke Freiheit, Recht und ihr Jahrhundert. Laß sehen, wie man mich entbehrt. Die Welt Ist noch auf wenig Jahre mein. Ich will
Sie nutzen diese Jahre, daß nach mir Kein Pflanzer mehr in zehen Menschenaltern Auf dieser Brandstatt ernten soll. Sie brachten Der Menschheit, ihrem Götzen, mich zum Opfer; Die Menschheit büße mir für sie! So sprach der zweite Philipp im dichterischen Gewände; so sprechen die russischen Ukasen in verständlicherer Prosa. Oderint, dum metuant! zu deutsch: mögen sie hassen, wenn sie nur fürchten! - das ist der Wahlspruch der russischen Regierung, welcher das Blut in Europas Adern ererstarren macht, daß es sich nicht mehr zu regen und zu rühren wagt. So weit wäre alles gut, und der alte Machiavell würde den Wunderbau mit wohlgefälligen Augen betrachten. Da aber kommt ein Ukas, den er unmöglich billigen kann. Die preußische Staatszeitung nämlich bringt folgende Nachricht aus Rußland: „Durch einen allerhöchsten Ukas wird bestimmt, daß der St. Alexander-Newski-Orden von jetzt an über dem Weißen Adler-Orden, der St. Annen-Orden erster Classe aber über dem St. Stanislaus-Orden erster Classe stehen soll." Zwei polnische Orden also werden unter zwei russische degradirt. Das ist in dem erhabenen politischen Trauerspiele, das der Kaiser Nicolaus vor Europa aufführt, ein offenbarer Fehler gegen den Klimax, der den berechneten Effekt stören muß. Nicolaus schickt Tausende nach Sibirien, Tausende in den Kerker, Tausende in die Verbannung, er vernichtet die Gesetze und unabhängigen Gerichte der Polen, er steckt ihre unmündigen Kinder in russische Erziehungsgefängnisse, er läßt unschuldige Greise für die Schuld ihrer Kinder und Enkel auf das grausamste büßen; und nun zum Schluß, was? — degradirt er zwei polnische Orden unter zwei russische! Da ist auf einmal die ganze wohlberechnete Wirkung auf das europäische Publikum gestört. Noch das Entsetzen im Herzen und die blutigen Thränen im Auge, muß das Publikum, über diese beißende treffliche Satyre auf Orden und Bändchen, wider Willen in ein schallendes Gelächter ausbrechen; und selbst die Polen im Kerker und in der Verbannung amusiren sich, ganz gegen die Absicht ihres großmüthigen Beherrsches, einen vollen Tag über diesen drolligen Spaß. Wo aber bleibt nun die Wirkung des erhabenen Trauerspiels? Noch einmal: das hätte der alte Macchiavell nicht gethan!
Correspondenz. Riegel im Breisgau den 1. März. Deutsche Patrioten hielten es in der letzten Zeit für zweckmäßig, die Erbärmlichkeit des jetzigen teutschen politischen Zustandes öffentlich zu schildern, und die Nothwendigkeit einer Radical-Reform desselben - zur Erlangung vaterländischer Einheit und vaterländischer Freiheit — kräftig darzuthun. Es beliebte mitunter blinden Anhängern des Historischen, Uebelgesinnten und anderen Finsterlingen, hiergegen den Einwand zu erheben: solche Ideen seien nur die Geburten einzelner Schwärmer, Phantasten, unruhigen Köpfe, und wie die Män-
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487 ner des Volks von dieser Parthei sonst noch titulirt werden das Volk selbst aber wisse und verlange nichts davon. Selbst einzelne hohe teutsche Regierungen fanden sich landesväterlichst bewogen, ihren schlechten Willen hinter jenem seichten Vorgeben zu verstecken. Bei diesem Stand der Sache ist es Pflicht jedes teutschen Bürgers, die Volksansichten über jene Interessen, wo und wie sie sich äußern, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Heute vereinigte sich in Riegel eine Anzahl Bürger aus dieser Landgemeinde und deren Umgebung, um diesen Tag, an welchem das lang ersehnte badische Preßgesetz endlich in Wirksamkeit tritt, als einen wahren Volkesfesttag feierlich zu begehen. Die Gesellschaft war zahlreich und bestand aus Landwirthen, Handwerkern, Kaufleuten, Ortsvorgesetzten, Staatsdienstkandidaten nnd andern mehr. Während des Mittagsmahls ward zuerst von einem Mitglied in einer kurzen, gediegenen Rede, die gleichfalls der Oeffentlichkeit übergeben werden wird, den Männern gedankt, welche in der badischen Kammer von 1831 um die Erwerbung der Preßfreiheit sich besonders verdient gemacht. Nach einer Betrachtung der schmachvollen jetzigen politischen Lage des Vaterlandes folgten die Schlußworte: „Heil der freien Presse, wenn sie mir heraufführt jenen Tag, an dem ich mein Vaterland in seinem Glänze sehen kann, einig und frei!" Es erscholl ein allgemeines, dreimaliges Hoch. Ein anderes Mitglied las später den bekannten Aufsatz der deutschen Tribüne über Deutschlands Pflichten vor, worauf eine Subscriptionsliste für den Beitritt zum vaterländischen Verein zur Unterstützung der freien Presse herumgegeben ward. Die Gesellschaftsmitglieder unterzeichneten zusammen einen monatlichen Beitrag von dreizehn Gulden. Der zweite Toast hieß: — „es lebe Deutschlands Einheit, Deutschlands Freiheit, Deutschlands Ehre - es leben alle, welche in den Kampf zur Erlangung dieser höchsten Nationalgüter — zu gehen, und dafür Gut und Blut zu opfern bereit sind!" Das donnernde Hoch zeigte das ungetheilte und ernstliche Einverständniß der ganzen Versammlung. Nachdem das bekannte Polenlied des Professor Reichlin mit dem beständigen Refrain Hoch leb des freien Mannes freies Land! Hoch lebe Polen, hoch das Vaterland! gesungen worden, ward der dritte Toast der Wiederherstellung Polens ausgebracht. Auch den verstocktesten Sündern, hätten sie dieses Fest gesehen und die Unterredungen angehört, wären die Augen geöffnet, und die Gewißheit gegeben worden, daß jedes deutsche Herz keinen höhern Wunsch in sich trägt, als Deutschlands Einheit und Deutschlands Freiheit! Κ. B.
Zur Tagesgeschichte. Der National und die Tribüne melden Folgendes: Ein erster Geldtransport wurde gestern an den Vaterlandsverein in Zweibrücken abgesendet. Die Deutschen, welche sich gegenwärtig in Paris befinden, wetteifern durch ihre Subscriptionen den Beweis zu führen, daß die Sache der in Rheinbaiern bedrohten Presse eine Sache aller Deutschen ist. Diejenigen, welche noch nicht unterschrieben haben, finden Subscriptionslisten aufliegen bei Blechschmitt, Platz Royale, N. 16.; Khun, Restaurateur, Passage du Saumon; Schriber u. Compag., Rue de Lancry, N. 3 [8]; Kröger, Rue Tirechappe, N. 7.; Berg, Bottier, Rue Saint-Denis, Ν. 245.; Ouvrier, Rue Joubert, Ν. 28. Alle diese Herren werden den Personen, welche es wünschen, den deutsch geschriebenen Prospektus einhändigen, worin die Ursache, der Zweck und die Bedingung der Association auseinandergesetzt sind. Es gereicht uns zum Vergnügen, dem Herrn Goudchaux, Banquier, Straße Vendome Nr. 9 im Namen vieler Deutschen öffentlich unsern Dank dafür abzustatten, daß er die Besorgung der finanziellen Geschäfte mit dem deutschen Vaterlands-Verein in Zweibrücken zu übernehmen sich erboten hat. Wolfrum, Leipheimer, Kargl. Homburg, 6. März. Der verantwortliche Redacteur der deutschen Tribüne war von den aufgeklärten Vaterlandsfreunden in St. Wendel zu einem Besuche eingeladen worden. Diese Gelegenheit wollte man benützen, den Hochverräther unschädlich zu machen. Allein es kam zur rechten Zeit noch folgende Warnung: „Man referirt mir so eben ganz zuverlässig, daß die Gensd'armerie-Brigaden der übrigen Cantone herangezogen, daß in diesem Augenblicke Patrouillen auf allen Straßen in der Richtung nach Homburg gehen, daß man Ihrer Person hier habhaft zu werden gedenke." Die Herren, welche etwa fangen wollten, werden sich also vergeblich bemüht haben. A n z e i g e . Um verschiedenen Anfragen zu begegnen, bemerken wir, daß von dem ersten halben Jahrgange der deutschen Tribüne noch ungefähr 80 vollständige Exemplare vorhanden sind, welche durch die Post oder durch Buchhandlungen bezogen werden können. Homburg, am 6. März 1832. D. R. d. d. T.
(Hierzu eine Beilage.) Gedruckt auf der Presse des Volkes.
Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Beilage zur deutschen Tribüne. Zu N— 61. Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse. I.
Subscriptionen.
W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in F r a n k f u r t a. M. Transport von Nr. 55; 27 fl.4 kr. - Salomon Strauß, 15 kr. Herrmann Istram, 12 kr. Samuel Ochs, 12 kr. Julius Meyer, 12 kr. Michel Zunz, 12 kr. W., 12 kr. S. M. Oppenheim, 12 kr. Η. H., 12 kr. M. Gamburg, S. S., 12 kr. Isaak S. Haas, 15 kr. Simon J. Rindskopf, 12 kr. F., 6 kr. C. Α., 12 kr. Louis Bamberger, 12 kr. X. N., 12 kr. G. Getz, 12 kr. Louis Oppenheim, 12 kr. A. S. Berlyn, 6 kr. Siegmund Stebel, 12 kr. J. Worms, 12 kr. Ein Ungenannter 12 kr. J. J. Baß, 12 kr. Enoch Löb Reiß, 6 kr. Heymann Straus, 15 kr. Simon Mainz, 12 kr. C. Adler, 6 kr. Carl Enoch, 12 kr. Carl Haas, 6 kr. David Landau, 12 kr. Eduard Hirsch, 12 kr. Abraham B., 6 kr. Lob B., 6 kr. Zacharias Bamberger, 12 kr. Abraham Wolff, 6 kr. Jakob Maas, 12 kr. S. M. Hamburg, 6 kr. Joseph Moses Hamburg, 6 kr. J. W. Neustetel, 6 kr. Getz Gumpertz, 6 kr. Leopold Elias Fränkel, 12 kr. Josnaf, 6 kr. Joseph Rindskopf, 15 kr. J. S. Seligenstadt, 6 kr. Justus Kulp, 18 kr. Jakob Doktor, 18 kr. Isidor Wetterhan, 6 kr. M. S. Oettinghausen, 1 kr. Α. Μ. M., 6 kr. J. Α. K. F. 6 kr. J. Α. K. F., 6 kr. Leopold Frank, 6 kr. Η. H„ 6 kr. J. B„ 6 kr. E. J„ 12 kr. S. S., 6 kr. L„ 6 kr. J. B. R„ 3 kr. Η .... g, 6 kr. Μ. Η - ζ, 6 kr. Η. R„ 6 kr. R. R„ (la cocarde tricolore fera le tour du monde (Mirabeau) 12 kr. B. L„ 6 kr. Moses B., 6 kr. C. H., 6 kr. Ludwig Braunfels, für Deutschlands Einheit, 12 kr. Β. T., 6 kr. S. Ph. Gumpertz, 6 kr. S. Benedict, 12 kr. Heinrich Bacharach, 12 kr. A. S. Simon, 6 kr. Ein Ungenannter, R., 12 kr. Ein Ungenannter. G. 12 kr. Gustav Dreßler, für ein Jahr gültig, 20 kr. C. Creutzer, 12 kr. Georg Göring, 12 kr. F. Lecourt, für 6 Monat gültig, 1 fl. Wilh. Kümmerer, 15 kr. Thomos, für 6 Monat gültig, 24 kr. F. A. Glöckler, 12 kr. Nestle, 30 kr. L. Roth, 12 kr. E. Hager, 12 kr. Ein Ungenannter D., 12 kr. J. A. Fester, 12 kr. Theodor Lattmann, 12 kr. Joh. Georg Heerdt, 12 kr. F. W. Buchka, 12 kr. C. M „ 12 kr. L. Klees, 12 kr. Foltz Eberle, 12 kr. Ehrmann, 12 kr. Ν. N„ 12 kr. K. J„ 12 kr., F. W. S„ 12 kr. C. F. Mettenheimer, 12 kr. G. Auberlen, 12 kr. C. B., 12 kr. J. N. d'O., 12 kr. Heinrich Weyrauch, 12 kr. G. L. S., 12 kr. F. Ernst, 12 kr. Zehner 12 kr. Sämmtlich Kaufleute. Zusammen monatlich . . . 46 fl. 1 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in Pirmasens. Transport von Nr. 42:1 fl. 19 kr.-F. Ha [u]ck, Kauf-
mann, 24 kr. L. Lippak, Apotheker, 30 kr. Kruel, Apotheker, 12 kr. Franz Dedreux, Gerber, 24 kr. Theobald, Wirth, 12 kr. Kehrwald, Kaufmann, 10 kr. Pöhn, Unterarzt, 8 kr. Ein Waldhorn, 12 1er. Fr. Greiner, der junge Private, 24 kr. Ein Unbekannter 12 kr. Deil, Buchdrucker, 18 kr. Ein Unbekannter 12 kr. Ein Freund der Congregation, 30 kr. Ein Feind derselben 30 kr. Julius Diehl, Privatmann, 10 kr. C. Schneider, Färber, 10 kr. J. Pfeiffer, Eigenthümer, 1 fl. Ernst Fahr, 24 kr. Η. E, 12 kr. Stkl., 12 kr. Philadelphos, 12 kr. Diston, 6 kr. Friedrich Diehl, Gerber, 12 kr. Ludwig Leinenweber, Becker, 12 kr. H. Rosenfelder, Oekonom, 12 kr. C. Herrmann, Fabrikant, 8 kr. Friedrich Müller, Schneider, 6 kr. Ch. Avril, von Rheinzabern, 30 kr. Karl Appel, Schuhmacher, 6 kr. J. Greiner, Schneider, 3 kr. Louis Bürkel, Bierbrauer, 6 kr. Karl Leinenweber, Gerber, 4 kr. Ein Ungenannter 3 kr. Raßmann, Apothekergehülfe aus Rheinpreußen, 6 kr. Jesuiten-Freund, 30 kr. Jeambey, Notar, 48 kr. F. Lützel, Bäcker, 3 kr. Ein Freund der Freiheit und Aufklärung, 16 kr. Balzer Kölsch, von S[t]auffemerhof, 8 kr. Ein Ungenannter, 3 kr. M. P. C. Baumann, Kaufmann, 12 kr. F. Kißling, Tanzlehrer, 3 kr. J. Beyersdorf, Handelsmann, 4 kr. Bourgos, 8 kr. Philipp Lüzel, Becker, 8 kr. Christian Knell, Handelsmann, 8 kr. Louis Fischer, Ordinärfuhrmann, 12 kr. Gottfried Achenbach, Barbier, 3 kr. Judas Hirsch, 3 kr. Gottfried Haltihnfest, 6 kr. Georg Fahr, 16 kr. Christian Hammel, Schuhmacher, 4 kr Gottfried Klein, Schuhmacher, 4 kr. Wilhelm König, Barbier, 4 kr. Gottlieb Krummet, 4 kr. Gottlieb Weber, 4 kr. Peter Pfeifer, 4 kr. Heinrich Diez, Schuhmacher, 6 kr. Lenz, Schuhmacher, 6 kr. Lösch, 4 kr. Achenbach, 4 kr. Jakob Herl, 4 kr. Peter Jung, 4 kr. Karl Kirchhöfer, 4 kr. Joh. Jakobi, 4 kr. Ludwig Drumpf, 4 kr. Ludwig Heberling, 4 kr. Heinrich Glaserm, 4 kr. Heinrich Pferdsdorf, 4 kr. Georg Gampfer, der erste, 4 kr. Georg Krummet, 4 kr. Joh. Roth, 4 kr. Georg Gampfer, der zweite, 4 kr. Anton Wien, 4 kr. Christian Klein, 4 kr. Heinrich Theobald, 4 kr. Joh. Hafenecker, 3 kr. Joh. Gaschot, 3 kr. Franz Pfeiffer, Mr. 3 kr. Georg Herter, Bierbrauer; 12 kr. Philipp Bormann, Schuster, 3 kr. Ludwig Keiser, 10 kr. Adolph Wilker, Kammmacher, 4 kr. Georg Adam Faul, Sattler, 12 kr. Carl Bohl, Bäcker, 4 kr. Heinrich Herter, 4 kr. Zusammen monatlich . . . 15 fl. 44 kr. W e i t e r e S u b s c r i p t i o n e n in H e i d e l b e r g . Transport von Nro. 48: 20 fl. 4 kr. - V . Dittmer, Stud. Theol. aus Lübeck, 30 kr. Heintzmann, Stud. Jur. aus Bochum in Westphalen, 36 kr. Feddersen, Stud. Jur. aus Altona, 40 kr. Biegeleben, Stud. Cameral. aus Darmstadt, 40 kr. Körner, Stud. Jur. aus Frankfurt a. M. 30 kr.
[488c] Bach, Stud. Med. aus Schweinfurt, 36. kr. Messerich, Stud. Jur. 36 kr. Ein Ungenannter 30 kr. Hude, Stud. Jur. aus Lübeck, 30 kr. Winkelmann, Stud. Jur. aus Münster, 36 kr. Böninger, Stud. Jur. aus Duisburg am Rhein, 40 kr. Gerlach, Stud. Jur. aus Altenburg, 30 kr. Brüggemann, Stud. Camer. aus Westphalen, 30 kr. Eichhorn, Stud. Theol. aus Wertheim, 30 kr. L. Fitz, Stud. Jur. aus Dürkheim, 30 kr. Gunkel, Stud. Camer. aus Dannenfels, 12 kr. Welz, Stud. Jur. aus Würzburg, 30 kr. Kämmer, Stud. Med. aus Wertheim, 20 kr. Bauer, Stud. Camer. aus Wertheim, 15 kr. Heß, Stud. Theol. aus Hofterheim, 15 kr. Luz, Stud. Med. aus Ansbach, 30 kr. Sträter, Stud. Med. vom Rheine, 40 kr. Jürgens, Stud. Jur. aus Holstein, 1 fl. Wilhelms, Stud. Jur. aus Parcheim in Mecklenburg-Schwerin, 30 kr. Moritz, Stud. Jur. aus Zweibrücken, 30 kr. Welsch, Stud. Jur. aus Odernheim in Rheinbaiern, 30 kr. Tillmann, Stud. Jur. aus Freinsheim, 1 fl. Blankenhorn, Stud. Philosoph, aus Mellheim im Breisgau, 1 fl. Reiter, Stud. Camer. aus Wertheim, 30 kr. Kühlwetter, Stud. Cam. und Jur. aus Düsseldorf, 1 fl. Ein Ungenannter 30 kr. Schmid, Stud. Jur. aus Braunschweig, 48 kr. Fleischmann, Stud. Theol. aus Rheinbaiern, 15 kr. Schmidt, Stud. Theol. aus Wertheim, 15 kr. Th. Kraft, Stud. Phil, aus Rheinbaiern, 30 kr. Gelpke, Stud. Jur. aus Goslar, 24 kr. Fricke, Stud. Jur. aus Braunschweig, 50 kr. W. Eigenbrodt, Stud. Med. aus Darmstadt, 36 kr. R. Bartsch, Stud. Jur. aus Striegau in Schlesien, 1 fl. Diehl, Stud. Jur. aus Annweiler, 36 kr. Ein Ungenannter 30 kr. Caspari, Stud. Jur. aus Schieder in Lippedetmold, 30 kr. Förster, Stud. Theol. aus Rohrbach, 24 kr. A. Glessen, Stud. Jur. aus Kirchheimbolanden, 30 kr. Umbscheiden, Stud. Jur. aus Speier, 24 kr. Neuberger, Stud. Med. aus Rheinbaiern, 30 kr. Schramm, Stud. Med. aus Sobernheim, 30 kr. Dingeldei, Stud. Jur. aus Darmstadt, 30 kr. Behrens, Stud. Med. aus Holstein, 1 fl. More, Stud. Med. aus Grünstadt, 30 kr. Sell, Stud. Pharm, aus Darmstadt, 80 kr. Bolley, Stud. Philos. aus Heidelberg, 24 kr. Walloth, Stud. Jur. aus Darmstadt, 30 kr. Ein Ungenannter 30 kr. Dauth, Stud. Jur. aus Darmstadt, 30 kr. Beck, Stud. Jur. aus Darmstadt, 36 kr. Weidenbusch, Stud. Jur. aus Darmstadt, 30 kr. Ein Ungenannter 20 kr. Ein Ungenannter 21 kr. Köhler, aus Holstein, 30 kr. Brunck, Stud. Med. aus Winterborn bei Kirchheimbolanden, 36 kr. Dieckhoff, Stud. Med. aus Westhofen, 30 kr. Berchelmann, Stud. Med. aus Frankfurt a. M. 30 kr. Bergmann, Stud, Jur. aus Bonn, 48 kr. Braun, Stud. Jur. aus Gotha, 36 kr. Esser, Stud. Jur. aus Mannheim, 30 kr. Kreic[?]hauer, Stud. Jur. aus Studernheim, 30 kr. Urich, Stud. Med. aus Erbach im Odenwald, 20 kr. Dötsch, Stud. Jur. aus Münster in Rheinpreußen, 30 kr. Jungh, Stud. Theolog. aus Rheinpreußen, 30 kr. Stube, Stud. Med. aus Waldeck, 30 kr. Murhard, St. Jur. aus Bockenheim, 30 kr. L. Ritter v. Hardenburg, 30 kr. Zahn, aus Rüdesheim, 30 kr. Nelsheimer, aus Körnbach, 30 kr. Coester, aus Hanau, 30 kr. P. L. Krafft, Stud. Theol. aus Rheinbaiern, 30 kr. Weber, Stud. Jur. aus Darmstadt, 30 kr. Schiel, Stud. Med. aus Heidelberg, 24 kr. Küchler, Stud. Jur. 15 kr. Eglinger, Stud.
[488d] aus Rheinpreußen, 24 kr. F. Pistorius, Stud. Jur. 48 kr. v. Thünen, 30 kr. C. G. Stud. Jur. aus Schwaben, 1 fl. F. J. Fikus, Stud. Theol. aus Frankfurt 36 kr. Ein Ungenannter, 1 fl. Carl W. Vinzenz, Stud. Med. aus Rheinbaiern, 30 kr. Z. Vaillant, Stud. Theol. aus Frankenthal, 30 kr. Heuß, Kand. Med. 30 kr. Franziskus, aus Rheinbaiern, 24 kr. Böcking, Stud. Jur. aus Rheinbaiern, 30 kr. Chaumont, St. Jur. aus Rheinbaiern, 24 kr. F. Braun, St. Med. aus Frankenthal, 30 kr. Lamey, Stud. Theol. 30 kr. BischofF, Stud. Ph. aus Rheinbaiern, 30 kr. Friedrich Braun, Stud. Ph. aus Rheinbaiern, 30 kr. Alt, Stud. Theol. aus Mosbach, 24 kr. Ein Ungenvnnter 40 kr. F. Krätzer, Stud. Jur. aus Dürkheim, 30 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Engert, Stud. Cam. aus Wertheim, 30 kr. Zusammen monatlich . . . 74 fl. 24 kr. S u b s c r i p t i o n e n in Gabsheim in Rheinhessen. Conrad Grode, 45 kr. Adam Grode, 6 kr. Johann Schilling, jun., 5 kr. Johann Diel, 3 kr. Peter Diel, 3 kr. Η* der Cherusker, 6 kr. Johannes Rickeshäuser, 4 kr. Philipp Andreas Rickeshäuser, 4 kr. Peter Daut Güb, 6 kr. Jakob Diel lste, 5 kr. Friedrich Grode, 5 kr. Adolph Lambert, 2 kr. Dominik Grode, 24 kr. Alban Becker, 16 kr. Zusammen monatlich 2 fl. 16 kr. II. B r i e f e . Heidelberg, 23. Februar. Als einen neuen Beweis, daß Ihr Aufruf an das deutsche Volk, zusammen zu treten in einen großen Verein zum Schutze seiner heiligsten Rechte, nicht spurlos an der deutschen Jugend vorüber gegangen sei, übersenden Ihnen dieselben Heidelberger Hochschüler, welche dem Vereine die drei Aktien für die Presse der Tribüne abtraten, beiliegende Subscriptionsliste für monatliche Beiträge. Wir legen diese geringe Gabe mit freudiger, hoffender Seele am Altare des Vaterlandes nieder, als ein Zeichen unserer wärmsten Theilnahme an seiner heiligen Sache, und zugleich als ein Unterpfand, daß sich keiner von uns weigern wird, in der Stunde der Gefahr Blut und Leben für dasselbe zu opfern. Mit besonderer Freude glauben wir, werden die Freunde des Volkes sehen, wie sich hier aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes Jünglinge beeilten, dem Vereine beizutreten, um nicht die letzten zu sein in der Reihe derjenig[e]n, die Alles, was an ihnen ist, dem Dienste der Freiheit und des Vaterlandes widmen; und daß nur wenige es sind, die durch Verhältnisse und Umstände gezwungen, ihre Namen bis jetzt verschweigen zu müssen glaubten. Möchten doch, von demselben Geiste durchdrungen, aus allen Theilen unseres Volkes sich Männer vereinigen zu diesem großen Zwecke, damit uns nicht auch noch dieses letzte Mittel entrissen werde, uns zu belehren und zu verständigen über das, was Noth thut, d amit es endlich einmal allenthalben in Deutschland Tag werde, und Fürsten und Völker einsehen, was zu lassen und zu thun an der Zeit ist. Rüdesheim bei Bingen, 5. Februar. Eine kleine Gesellschaft hiesiger Bürger, als Abonnenten Ihres vaterländischen Blattes, fühlt sich durch den Artikel in Nr. 29 „Deutschlands Pflichten" aufgefordert, 10—12 Exemplar
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Von d e m s e l b e n H e r a u s g e b e r : D e r W e s t b o t e , ein täglich erscheinendes deutsches Volksblatt für a l l g e m e i n - f a ß l i c h e B e s p r e c h u n g der Zeitereignisse aus dem Standpunkte des d e u t s c h e n B ü r g e r t h u m s . Subscriptionspreis vierteljährig 2 Gulden rhein. = 1 T h l r . preuß. Cour.
dernder Fürstenschlösser, Mauth- und Steuerregister geschrieben. - Da beschwor er, die Hände flehentlich emporhebend, in begeisterter Rede die Fürsten, den Druck ihrer Völker zu mildern, damit solche Gräuelauftritte sich nicht weiter verbreiten möchten. — Dem schwindelnden Despotismus den Abgrund zeigend, worauf er zustürmt, die Völker warnend vor der Selbsthülfe blutige Gräuel, hat er seit jenen großen weltgeschichtlichen Tagen, als Wortführer der Wahrheit, des Rechts, der Ordnung, der Freiheit und des Vaterlandes, unsere heiligsten Interessen mit unerschütterlichem Muthe vertheidigt. Aus jeder Prüfung, — er ertrug die härtesten - (ministerielle Verfolgungen unter jeder Form und Gestalt, Entfernung aus einem ehrenvollen Amte etc.) — ging seine Vaterlandsliebe, sein Feuereifer für das Rechte herrlicher, geläuterter hervor! - Er gehört zu den wenigen Patrioten, von denen wir mit Ueberzeugung sagen können: er ist bestanden! Lohne ihm nun auch das große GesammtVaterland so freudig, wie er ihm dient! Nehme es die Blätter, die er als ein von der schweren Zeit zwar abgezwungenes, aber williges Opfer auf den Altar des Vaterlandes niederlegte, mit dem Wohlgefallen auf, mit dem sie in den Thälern des Rheins seit ihrem Beginnen Eingang in Hütten und Paläste gefunden haben. In der Anerkennung der Bürger aller deutschen Länder finde sein eiserner Wille, allen Verfolgungen zu widerstehen, siegend Aufmunterung und Kraft. Und so mögen denn Allen, welche die Fesseln der Vorurtheile, in welchen ein Jahrhunderte lang absichtlich verkehrte Volkserziehung die Generation noch gefangen hält, fühlen, und sich ihrer zu entledigen wünschen; — Allen, welche des Erb-Staars los sein wollen, den zu pflegen und auszubilden — nicht ihn zu heilen! — unserer privilegirten Staatsärzte angelegentlichste Sorgfalt ist; -Allen, die hellen Auges die tausendfältigen Gebrechen unsers jammervollen Staatslebens bis auf seine Wurzeln ergründen mögen, und die erkennen wollen die wirksamsten Mittel zu deren Abhülfe; - Allen, die eines erfahrnen, treuen, verläßigen, unbestechlichen Führers bedürfen durch das Labyrinth der Ereignisse unserer schaffenden Zeit und zu ihrer rechten Beurtheilung; — Allen, welche die Bekanntschaft mit einem der edelsten Menschen, die ich kenne — einem Manne in der herrlichen Bedeutung des Worts - werth achten, und Allen, die sich einem wackern Volksschriftsteller befreunden wollen, der die hinreißende Beredsamkeit, den Geist, die Erhabenheit und Strenge Montesquieu's und Rousseau's mit Benjamin Constant's Anmuth und Faßlichkeit des Vortrags auf die glücklichste Weise in sich vereinigt — die angezeigten beiden Journale warm empfohlen sein. Hilburghausen, im Februar 1832. Mayer.
Die ersten Blüthen, welche die belebende Juliussonne von 1830 dem aus langer Erstarrung aufthauenden Boden der öffentlichen Meinung in Deutschland entlockte, waren obige das genialen Siebenpfeiffer's beide Journale. Ihre ersten Blätter und Hefte erschienen mitten in den Schreckensscenen des stürmischen Septembers, am Fackelscheine auflo-
Wie wir jedem Biedermann zu guten und vaterländischen Zwecken stets gern die Hand reichen, so kommen wir der ehrenden Einladung des Herrn Dr. Siebenpfeiffer, den buchhändlerischen Vertrieb seiner beiden Journale, Deutschlands (Rheinbaiern) und des Westboten zu besorgen, mit Vergnügen nach. - Wir bitten daher sämmtliche Vaterlands-
des erwähnten Artikels in Anspruch zu nehmen, um damit nach Kräften im Sinne desselben wirken zu können. Sie glaubt jedoch, daß die Mündigkeit der Deutschen so wie auch der größte Theil von Europa auf den Punkt gestiegen ist, daß die Gewaltstreiche gegen alle menschliche Rechte doch einmal scheitern müssen, wenn der Gott im Himmel seinen rechdichen Namen auf Erden behaupten will. In der angenehmen Hoffnung, Ihnen bald kleine Beiträge von dem Erfolg unsers Wirkens übersenden zu können zeichnet ein freier Mann. Gabsheim in Rheinhessen, 23. Februar. Anliegende Subscriptions-Liste zur Unterstützung der freien Presse zu übersenden, macht mir das größte Vergnügen. Fahren Sie fort wie seither, mit Muth und Beharrlichkeit. — Millionen mit schlummernden polnischen Tugenden ausgestattete Kinder des deutschen Vaterlandes sind fur die gute Sache. Was auch den allmächtigen Zeitgeist in seinem Voranschreiten aufhalten möge; nur Muth und Beharrlichkeit, und aus Deutschlands Völkern wird bald unfehlbar das, was sie werden wollen. A n z e i g e n . O r g a n e , für Wahrheit, Recht und Freiheit. D e u t s c h l a n d , (bisher unter dem Titel: Rheinbaiern) J o u r n a l für a l l g e m e i n e P o l i t i k und deutsches Bürgerthum. Herausgeber: Dr. Siebenpfeiffer. Diese Zeitschrift erscheint in halbmonatlichen zwanglosen Heften, etwa 20 Bogen einen Band ausmachend. Der Band — vierteljährig einer, — kostet 3 Gulden rheinl. (1 Thlr. 16 Gr. sächsisch oder 13A Thlr. preuß. Cour.) Subscription viertel-, halb- oder ganzjährig, nach Gefallen der Besteller.
[488g] freunde — unsere Herren Collegen aber insbesondere — angelegentlichst, in ihrem Kreise zur ausgedehntesten Verbreitung der erwähnten Organe, des Rechts und der Freiheit mit dem Eifer zu wirken, den die gute Sache verdient. Bei recht thätiger und erfolgreicher Verwendung bewilligen wir den respectiven Buchhandlungen ausser dem gewöhnlichen Rabatt noch angemessene weitere Vortheile. Bestellungen empfangen und besorgen alle soliden Buchhandlungen Deutschlands. Im Februar 1832. Frankfurt am Main: — J. V. Meidinger. Hilburghausen u. New-York: — Das Bibliographische Institut. In unterzeichneter Handlung ist zu haben: 1) Zuverlässiges Mittel zur Vertreibung der Sommerflecken. Das Kistchen mit 6 Gläsern 6 fl. Einzeln das Glas 1 fl. 15 kr, Dieses durch Erfahrung erprobte neu erfundene chemische Mittel vertilgt die so häßlichen Sommersprossen, bei fortgesetztem täglichen Gebrauch, binnen 14 Tagen vollkommen. 2) Feinste rothe flüssige Schminke. Ein Carton mit 6 Flacons 5 fl. Einzeln 1 fl. Diese gibt das schönste, natürlichste und haltbarste Roth, welches sich nicht verwischen läßt und nicht abgehet. 3) Essenz zur Vertilgung der Haare an Stellen, wo man sie nicht haben will. Ein Kistchen mit 6 Flaschen 6 fl. Einzeln 1 fl. 15 kr. Haare, welche durch ihre Gegenwart einen widerlichen Anblick verursachen, zu entfernen und gänzlich auszurotten; dazu dienet diese Essenz, welches ohne den geringsten Nachtheil oder Empfindung geschiehet. 4) Vortreffliche Zahntinktur gegen alle Uebel der Zähne und des Mundes. 6 Flaschen in einem Kistchen 3 fl. Einzeln 36. Diese Tinktur ist bereits seit vielen Jahren ihrer Vortrefflichkeit wegen bekannt und geschätzt. Sie ist ein die Zähne reinigendes und das Zahnfleisch stärkendes Mittel, welches allen üblen Geruch beseitiget, das Faulen der Zähne verhindert, und die Stockungen, welche oft der Grund des heftigsten Schmerzes sind, aufhebt. Der Gebrauch dieser Tinktur ist sehr einfach. 5) Feine arom. Haarconservations-Pomade. Das Dutzend 6 fl. Einzeln 36 kr. Ein vorzügliches Mittel, das Haar in seinem Wachsthum und seiner Schönheit zu erhalten. 6) Schwarze Mandel-Pomade zum Braunund Schwarzfärben der Haare. Das Dutzend 6 fl. Der Pot 36 kr.
[488h] 6) Pomade zur Beförderung des Haarwachsthums. Das Dutzend 6 fl. Der Pot 36 kr. Nach den Angaben berühmter Aerzte verfertiget. Wer von diesen Pieren einiges zu haben wünschet, wolle den Betrag dafür an unterfertigte Adresse einsenden, worauf die Zusendung sogleich erfolgt. Bestellungsbriefe und Gelder erbittet man sich durch die Post so weit möglich franco. Chemische Produkten-Fabrik, Lit. L. Nr. 123 der Kaiserstraße in Nürnberg. In allen Buchhandlungen Deutschlands ist zu haben: Ein B u c h f ü r j e d e n c o n s t i t u t i o n e l l e n Bürger Deutschlands und für Jeden, der aas gute Recht deutscher Nation kennen lernen will. J o r d a n s (Prof. in Marburg und zeitiges LandtagsMitglied der kurhessischen Ständeversammlung) Versuche über a l l g e m e i n e s S t a a t s r e c h t in s y s t e m a t i s c h e r O r d n u n g m i t Bezugn a h m e auf P o l i t i k v o r g e t r a g e n gr. 8. Marburg, Garthe. 4 fl. Der Name des würdigen Verfassers allein mag des Buches beste Empfehlung sein. Was Hessen ihm dankt in der Verfassungs-Urkunde, dessen Schildhalter er ist, hat die Welt erkannt. Möge jeder deutschen Ständeversammlung ein deutscher Jordan erstehen, und möge sein Buch, worin er nämlich seine Grundsätze ausspricht, immer mehr Leser finden. Es sollte in keiner deutschen Familie fehlen. Die deutsche Tribüne ist nun auch im Königreiche Sachsen, in Sachsen-Gotha und in Nassau verboten. Den Abonnenten bei der Post sind daher zwei Dritttheile des bezahlten Preißes von den Postbehörden zurück zu zahlen. Da auf dem Wege des Buchhandels der Versendung der Tribüne nach jenen Ländern kein Hinderniß im Wege steht, so ersucht man das Publikum, die Bestellungen nunmehr bei der nächstgelegenen Buchhandlung zu machen. Die Herren Buchhändler belieben dagegen ihren Bedarf vom Herrn Buchhändler Ritter in Zweibrücken zu beziehen. Wenn sich in einer Stadt oder Gegend mehrere Abonnenten vereinigen und der Redaction Nachricht geben, so kann ihnen die Tribüne auch direkt durch den Postwagen zugesendet werden. Homburg, den 29. Februar 1832. D. R. d. d. T.
[488i]
B e i l a g e zur d e u t s c h e n T r i b ü n e .
An die Bewohner Homburgs. Die Regierung hat beschlossen, wider unsere Pressen Gewalt zu brauchen. Man wird also die Thüren unserer Wohnung erbrechen, um die Pressen zu versiegeln. Diese Handlung wird mit Hülfe des Militärs morgen vor sich gehen. Wir haben zur Zeit nicht die Absicht, die widerrechtliche Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, sondern wir wollen die Thüren erbrechen lassen, um zu beweisen, daß es auch in Rheinbaiern keinen Rechtszustand gebe. Dann werden wir die Staatsbehörde auffordern, ihre Pflicht zu erfüllen, und den Beamten, welcher zur Erbrechung der Wohnung Befehl ertheilt hat, in den Anklagestand setzen zu lassen. Ist auch auf diesem Wege kein Recht zu erlangen, so werden die Umstände das weitere zweckmäßige Verfahren an die Hand geben. Damit aber durch voreilige Handlungen nicht der Zweck gestört werde, bitten wir alle Bürger Homburgs und vorzugsweise die Jugend, morgen bei der gewaltthätigen Einbrechung der Thüren unserer Wohnung sich ganz ruhig zu verhalten und jede Gewaltthätigkeit zu vermeiden. Homburg, 7. März 1832. Die Redaktion der deutschen Tribüne. Wirth.
[489]
[490]
Deutsche Zur
Wiedergeburt
Donnerstag.
des
N— 62.
Aufruf an Deutschlands Hochschulen. Zweiter
Tribüne.
Artikel.
Ein weiterer Fehler jener im ersten Artikel erwähnten, früheren geheimen Verbindungen war, daß sie zur Erreichnng ihres Ziels ungesetzliche Mittel wählten, und noch dazu über die eigentliche Art dieser Mittel nicht einmal recht im Klaren waren. So mußten sie nothwendig fallen als Sühnopfer für das beleidigte Gesetz. Ueberhaupt muß erst das Aergste, das Ungeheuerste geschehen sein, ehe der Bürger im Kampf für seine Rechte zur Waffe der Ungesetzlichkeit greift. Es ist eine scharfe, mächtige Waffe; allein sie hat das Eigenthümliche und Gefährliche, daß sie im Augenblicke des Sieges dem Sieger aus der Hand fällt, und wider ihn selbst gewandt, sich fur die geleisteten Dienste übermäßig bezahlt macht. Wer das Prinzip der Ungesetzlichkeit zu seinem Vortheil für sich in Anspruch nimmt, der muß es später zu seinem Nachtheil auch gegen sich gelten lassen. Es ist eine leichte Sache, die rohen Leidenschaften zum Schutze und zum Kampf herbeizurufen; aber schwer ist es, die durch den Sieg übermüthig und verwegen gewordenen, alle Dämme durchbrechenden, wieder zu binden und zu bändigen. Die mit ihrer Hülfe ohne Mühe errungene Freiheit hat hinterher noch den hartnäckigeren Kampf mit der hervorbrechenden Anarchie zu bestehen. Darum muß das Gesetz so lange geachtet werden, bis die Verletzung desselben durch die Regierungen selbst den Bürger seiner Verbindlichkeiten gegen Gesetz und Regierung entbindet. Oder ein ohne Zuziehung und Beistimmung des Volks ertheiltes Gesetz müßte die Würde des Menschen und Bürgers erbarmungslos mit Füßen treten, müßte den Menschen und Bürger zum Sklaven und Thiere erniedrigen. Und selbst in diesem Falle muß, so lange es nur irgend möglich ist, zur Rettung aus dem unerträglichen Zustande vor Allem der gesetzliche Weg eingeschlagen werden. Es ist mehr auf ihm zu erreichen, als die meisten begreifen und glauben. Aber Muth und Besonnenheit gehört dazu. Hätten eure unglücklichen Vorgänger dieß bedacht, so würden sie mit geringeren Anstrengungen und geringeren Opfern gleichwohl mehr erreicht haben. Und auch deßhalb mußten sie ihren Zweck verfehlen, weil sie ihre Stellung im bürgerlichen Leben nicht richtig erkannt hatten; weil sie sich Kraft und Einsicht genug zutrauten, sich an die Spitze eines Unternehmens zu stellen, dessen Leitung die größte Besonnenheit und die tiefste Berechnung verlangt. Dieß aber ist nicht gerade Sache der Jugend, und überhaupt lassen sich
Vaterlandes.
Homburg, den 8. März 1832.
Männer nun einmal nicht gerne belehren von Jünglingen, noch weniger von ihnen leiten. Anschließen müssen sich die letztern, nicht voranstellen. Geschieht dieß von eurer Seite mit Hintansetzung aller kleinlichen Leidenschaften und eitlen Projekte, so hat die Sache der Freiheit einen ihrer Hauptsiege gewonnen. Die Sache der Freiheit und Einheit Deutschlands kann nur gelingen auf dem Wege der Preßfreiheit, d. h. durch Belehrung der Ungebildeten über ihre wahren Interessen, durch Ermuthigung der Aengstlichen, durch Aufrütteln der Schläfrigen und Theilnahmlosen, durch Nachdenken und zuletzt aus ihm hervorgehende Uebereinstimmung über die zum Zwecke fuhrenden Mittel, mit einem Worte, durch Bildung einer kräftigen öffentlichen Meinung, vor deren imposanter Macht über kurz oder lang alle Gewalthaber sich beugen müssen. Darum zum Schutze dieser Preßfreiheit der deutsche Vaterlands-Verein, darum die Erbitterung und ungemessene Wuth der Regierungen gegen denselben, darum endlich die Verblendung derjenigen, welche den liberalen Blättern vorwerfen, daß sie nur einzureißen und von nichts als von Preßfreiheit und ewig von Preßfreiheit zu reden wüßten. Es wäre ein Fehler, thäten sie es nicht. Es hieße die Kräfte zerspittern, die nur, auf Einen Punkt gerichtet, Großes zu wirken im Stande sind. Wer viel anfängt, endigt wenig. Selbst in der Schlacht greift man nicht auf allen Punkten zugleich an, sondern man forcirt den wichtigsten, und nimmt eine Batterie nach der andern. Will man ein Haus bauen, so wird vor allem das Gebälk aufgeführt, und erst später kommen Fenstern, Thüren und Ziegel. Darum vor allem Preßfreiheit und nichts als Preßfreiheit. Nach allem diesen von der Nützlichkeit, ja Nothwendigkeit eures Beitritts zum deutschen Vaterlands-Vereine zu sprechen, wäre verschwendete Mühe. Aristokraten bekehren, aus Feiglingen Helden machen, Eisherzen erwärmen, das heißt so viel als Raben weiß waschen. Wer bei dem hellen, muthigen Ruf der Zeit noch immer nicht fur uns ist, der wird auch durch die einleuchtendsten Gründe schwerlich für uns gewonnen werden. Also nur an euch, die ihr fur den edlen Zweck zu wirken schon entschlossen seid, wollen wir uns jetzt mit einer wichtigen Frage wenden; mit der Frage nämlich, ob ihr dem Vereine als Genannte oder als Ungenannte beitreten sollt? Die Punkte der Klugheit, die zu dem Letzteren rathen, sind einfach die, daß man sich seine sogenannte bürgerliche Carriere nicht verderben, vielleicht auch, daß man seine besorgten oder anders gesinnten Aeltern und Verwandten nicht
491 beunruhigen oder aufbringen will. Ein drittes noch mögliches Bedenken rücksichtlich des verehrlichen akademischen Senats, der so väterlich vom Beitritt zum Vereine abräth, und diesen selbst mit dem Namen hochverrätherisch beehrt — ein solches Bedenken hält wohl Keinen von euch ab. Die Zeit, wo leere Drohungen, sei es von Seiten der Regierung oder von Seiten des akademischen Senats, eine unbegreifliche Wirkung hervorbrachten, ist hoffentlich vorüber. Wo etwas verboten und unter Androhung einer Strafe verboten wird, da fragt man nach dem Gesetz, welches verbietet, und nach der Strafe, die es für den Uebertretungsfall verhängt. Ein solches Strafgesetz aber gegen den Beitritt zu einem erlaubten Vereine — und das ist der deutsche Vaterlands-Verein zur Unterstützung der freien Presse ist nirgends vorhanden. Es ist unbegreiflich, in welchem Grade die Fürsten und Regierungen die jetzige Zeit und ihren Charakter noch immer verkennen. Gibt es etwas Lächerlicheres, als sich Wirkung zu versprechen von leeren Drohungen und gesetzwidrigen Verboten und Dekreten? Man bezeichnet Männer, die jeden Augenblick dem Gericht sich zu stellen bereit sind, und ein Unternehmen, das im vollen Gange ist, in amtlichen Schriften als Hochverräther und hochverrätherisch, und versäumt doch, die Männer zu verhaften und das Unternehmen ernstlich zu hemmen. Das heißt ein Spiel treiben mit der Gerechtigkeit und mit der Heiligkeit der Gesetze! Glaubt die Regierung an Hochverrath, so ist es ihre Pflicht, wie gegen Mörder und Räuber, gegen die Hochverräther einzuschreiten. Glaubt sie aber nicht daran, so lüge und verläumde sie nicht! Vor diesen blinden Schüssen also braucht ihr euch nicht zu fürchten. Dagegen erscheint die andere Besorgniß, daß ihr durch Nennung eures Namens die Thüre zum Staatsdienst euch selber verschließen möchtet, schon gegründeter. Eine erlaubte, ja moralische Klugheit, so meint ihr, machte euch die Verschweigung eures Namens zur Pflicht. Und dennoch räth, unseres Erachtens, euch gerade die Klugheit zum Gegentheil. Die Lage der Dinge in Europas civilisirten Staaten ist jetzt die: der Absolutismus liegt mit dem Liberalismus im Kampfe. Dieser Kampf ist zu hitzig und heftig, als daß er noch lange dauern kann; es muß bald zur Entscheidung kommen, und, gestehen wir uns offen, der Absolutismus kann für den Augenblick eben so gut siegen, als der Liberalismus; eine barbarische Tyrannei kann wieder Jahre lang, vielleicht eine Generation hindurch die Welt in Fesseln schlagen. Und wenn nun der Absolutismus siegt, was hat euch alsdann die Verschweigung eures Namens genützt? Oder glaubt ihr wirklich, daß die Kamptz, Arends und Consorten, die sich von den geheimsten Privatverhältnissen der Studirenden, ja von dem Inhalt ihrer Schreibtische und Kommoden Kenntniß zu verschaffen wußten, nicht auch die Anonymen auf den Subscriptionslisten ohne Mühe ausspioniren werden? Und nach dem Siege des Absolutismus, wehe dann allen Ganzliberalen, Halbliberalen und selbst Scheinliberalen! Man wird sich schwerlich die Mühe geben, sie zu scheiden und zu sichten. Liegt doch der Keim des Verderbens in ihrer aller Herzen und Geiste. Nur die reinen Royalisten, die Anbeter des göttlichen Rechts der Fürsten, die Kriecher und Speichellecker werden Gnade finden vor den Augen der Mächtigen, und werden die Ehre haben, unter
492 gräflichen und adeligen Präsidenten und Räthen als Assessoren und Sekretaire die nothwendigen Arbeiten für sie zu verrichten. Und was dann mit euch? Fragt euch selbst! Siegt aber der Liberalismus, und ihr habt euch durch freie, furchtlose Angabe eures Namens gleichsam als Vorkämpfer desselben hingestellt, so wird euch das schöne Bewußtsein lohnen, durch diesen rücksichtslosen Muth nicht wenig zum Siege des Guten beigetragen zu haben. Denn alle Gewalt der Fürsten besteht mehr oder weniger nur in Fiction, und aus dieser Fiction gehen ihre Gewaltstreiche hervor. Sie glauben an ihre unwiderstehliche Macht, die Bürger glauben ebenfalls daran, und so haben sie freies Spiel auf dem Felde der Willkür. Daher aber auch der panische Schrecken der Fürsten, sobald nur wenige unerschrockene Männer, in dieser Fiction nicht befangen und auf das unerschütterliche Recht gestützt, vor den Gewaltschritten der Fürsten nicht zurückweichen, und den offnen Beweis liefern, daß sie weder den Drohungen, noch den Schmeicheleien und Bestechungen der Willkürherrschaft zugänglich sind. Dann fühlt sich die unrechtmäßige Macht in ihren Grundfesten erschüttert, und bietet das Aeusserste auf, damit der Krebsschaden, wie sie es nennt, nicht weiter um sich fresse. So stehn die Dinge jetzt namentlich in Rheinbaiern. Im ganzen Lande herrscht tiefe Ruhe und Ordnung; überall werden die Gesetze geachtet und vollzogen; allein Gewalt und Willkür, womit die Regierung droht, will sich der aufgeklärte Rheinbaier nicht gefallen lassen, und einige wenige Männer sprechen diese Ansicht und diesen Willen des Kreises als seine treuen Organe aus. Und alsobald sendet die Regierung, um diese Männer zum Schweigen und zur Unterwürfigkeit zu zwingen, ganze Regimenter und Batterien gegen sie aus, und gibt damit den unwiderleglichsten Beweis vom Gefühl ihrer eigenen Schwäche. Sprächen nun Tausende oder nur Hunderte sich mit gleicher Freimüthigkeit und Unerschrockenheit aus: wo wollten die Regierungen alle Regimenter und Batterien gegen sie hernehmen? Selbst im Kriege ist es in der Regel nicht der physische Zwang, welcher den einen Theil zu einem nachtheiligen Frieden bestimmt. Noch immer sind Truppen und Generale da, und einzelne Landestheile vom Feinde unbesetzt; aber die Regierung hat das Vertrauen in ihre Kräfte verloren, sie furchtet bei erneuerten Feindseligkeiten nochmals den Kürzern zu ziehen, und wird durch diese gegründete oder ungegründete Furcht zum Abschluß des nachtheiligen Friedens bewogen. Das Gleiche findet im geistigen Kampfe der Parteien, im Kampfe um Recht und Verfassung Statt. Bei nur einigermaßen gebildeten Völkern hat Absolutismus und Despotismus seine einzige Stütze in der moralischen Feigheit der Völker. Unter hundert Gleichgesinnten ist kaum Einer, der offen und ohne Scheu vor wirklichen oder meistens nur eingebildeten Verfolgungen seine Ansicht und seinen Willen auszusprechen wagt. Die übrigen 99 wollen schwimmen, ohne ins Wasser zu gehen, wollen abwarten, ob der Eine nicht etwa für sich allein den Sieg erringe, auf daß sie dann hinterher frohlocken und triumphiren können. Freiheit und Einheit Deutschlands, unter 30 Millionen Deutschen von wenigstens 29 Millionen innig gewünscht, ersehnt und erfleht; aber von Heuchlern verdammt und zurückgewiesen; von den
494
493 Aengstlichen im Stillen geliebkost, vor der Welt nicht anerkannt; von den Achselträgern beraisonirt und bekrittelt, und nur von einigen muthigen Seelen offen gerühmt und vertheidigt — ginge deine Sonne erst über dem Vaterlande auf: wer möchte dann den Jubel schildern, die Triumphbogen, die Illuminationen, Preisgedichte und Festmahle aufzählen? — Aber das feige Volk will ärnten, ohne zu säen. Also schweigt es und gibt damit den Hofschranzen und Aristokraten die gewünschte Gelegenheit in die Hand, die Fürsten über die Stimmung und Wünsche des Volkes zu täuschen. Da heißt es denn: die entschiedenen Journale fänden keinen Anklang bei ihm, man verabscheue ihre Lehren und verdamme ihre Entwürfe! Bei Gott, sprächen alle Gleichgesinnte ihre Ansicht und Wünsche offen und unumwunden aus, die Fürsten, von ihrem Irrwahn geheilt und in ihrer tödtlichen Angst den Abgrund schon vor ihren Füßen erblickend, würden unter jeder Bedingung mit den Völkern Frieden schließen. Die Freiheit und Einheit Deutschlands wäre ohne Schwertstreich errungen. Darum, meine Freunde, geht ihr wenigstens eurem unentschlossenen Volke mit einem muthigen Beispiel voran! Weniger die Gaben sind es, die man von euch verlangt, als eure Namen und Unterschriften, zum Beweise eures ernsten Willens und Strebens. Die Freiheit der Presse wird siegen; aber die Frage ist nur, ob sie in zehn und zwanzig Jahren und auf blutigem Wege, oder ob sie in wenigen Monden auf dem Wege gütlicher Uebereinkunft siegen wird. Geben tausende eurer Unterschriften den Fürsten den offnen Beweis, daß sie von der kommenden Generation nichts mehr zu erwarten haben, daß ihr die Hoffnung auf Anstellung und jegliches Lebensglück dem großen Zwecke des zu befreienden Vaterlandes aufzuopfern im Stande seid; daß ihr die Verfolgungen eurer Vorgesetzten, den Tadel eurer Eltern und Verwandten, den Hohn und die Verläumdung der Welt nicht scheuet, wo es euere höchste und heiligste Pflicht gilt: alsdann werden die Fürsten und Regierungen in sich gehen, am Siege ihrer despotischen Pläne verzweifeln, und somit ihr grausames Spiel mit den Völkern aufgeben. Und welcher Triumph für Deutschland vor allen andern Ländern, wenn es solcher Gestalt auf rein gesetzlichem Wege, ohne Verschwörung und Gewalt, seine Freiheit und Einheit errungen hätte! Offen und redlich, das war von jeher der Wahlspruch der Deutschen, das sei und das bleibe er! Kein ComiteDirecteur, kein geheimer Bund, keine jesuitische Propaganda, keine tückische Verschwörung! Nur auf gesetzlichem Wege, unter den Augen der Fürsten und Regierungen selbst bereite und vollende sich das große Werk! Glaubensbekenntniß eines Bürgers. 1) Das Recht von Gottes Gnaden. Es ist eine eben so thörichte als menschenfeindliche Behauptung, daß die Fürsten ihre Rechte unmittelbar von Gott empfangen hätten, und deswegen durch Gott allein zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Denn vor Gott gilt kein Ansehen der Person, und die Rechte Aller ohne Ausnahme stammen gleichmäßig von dem Urheber unserer moralischen
Natur. Ohne Wechselseitigkeit gibt es kein Rechtsverhältniß, und Recht muß dem Rechte, Zwang dem Zwange gegenüberstehen. Wenn eine Majestät das Recht hat mich zur Achtung ihrer Rechte zu zwingen, so muß auch ich das Recht haben, sie zur Achtung meiner Rechte zu zwingen; oder es gibt kein Recht. Unbegreiflich aber ist es, daß man deswegen den fursdichen Ausdruck „Wir von Gottes Gnaden" antastet. Kein Witz könnte beissender den Mißbrauch der oberherrlichen Gewalt charakterisiren. Denn was heißt „Gnade?" Güte, die - Unwürdigen erwiesen wird. 2) Früchte des Preßzwanges. Unsere Regierungen schreien Zeter über den heillosen Zeitgeist, der überall sein Wesen treibe und die Gemüther des Volkes mit verderblichem Mißtrauen gegen seine Vorgesetzten erfülle. Aber sind jene Ankläger nicht selbst die Urheber dieses Unheils? Wer seine Pflicht erfüllet, scheuet kein öffentliches Urtheil. Wer lichtscheu jeder Laterne ausweicht, erregt mindestens den Verdacht, daß er nicht auf guten Wegen wandele. 3) Unsere Aussichten. Wird die gute Sache siegen? - Wer vermag den dunkeln Schoos der Zukunft zu enträthseln? Aber die Ungewißheit des Sieges ist nicht die einzige Gewißheit, die wir haben. Nicht minder gewiß ist es, daß wir den Sieg verlieren, sobald wir ihn verloren geben. Die Hoffnung des Sieges muß den Sieg erringen. 4) Verantwortlichkeit der Regierungen. Gibt es einen rechtlichen Aufruhr? Nein! Es kann kein Recht geben, das berechtigt, alle Rechte gewaltsam niederzutreten. Gibt es ein Vorrecht, die Rechte Anderer gewaltsam niederzutreten? Nein! Das wäre ein Recht des Aufruhrs. Wie kann daher ein Zweifel an der Richtigkeit des Grundsatzes, daß jede Regierung, die des Volkes Rechte kränkt, rechtlich zur Verantwortung gezogen werden könne, vernünftig genannt werden? Oder wie kann man ein Volk, das seine Rechte vertheidigt, rechtlich des Aufruhrs beschuldigen? — N a c h s c h r i f t der Redaction. Vorstehender Aufsatz ist aus der Feder eines Bürgers in Zweibrücken geflossen. Nur noch kurze Zeit und die Bürger werden mehr schärferes und gesunderes Urtheil sowie richtigeren politischen Takt entwickeln, als alle Doctrinärs. Dann wird es aber mit dem deutschen Vaterlande bald besser. In den Massen liegt Deutschlands schönere Zukunft, nicht in den Wortführern und Schriftgelehrten! Russischer Einfluß im Meiningischen. Der Herzog von Meiningen gehört noch zu den wenigen bessern deutschen Fürsten. Sein Privadeben ist durchaus rein und fleckenlos, sein Haushalt für einen Fürsten einfach und sparsam, und seine Stellung zum Volke etwas mehr
496
495 entfernt von der allgemein herrschenden durchlauchtigsten Anmaßung und Abgeschlossenheit. Dieß alles hat das im übrigen Deutschland schon gelockerte, wenn nicht zerrissene Band der Liebe und des Vertrauens zwischen Fürst und Volk im Meiningischen bis jetzt noch zusammengehalten. Und um so fester schien es geknüpft, als der Herzog, obschon in den Vorurtheilen des göttlichen Rechts auferzogen und gegen die freie Presse eingenommen, gleichwohl im Allgemeinen Sinn zeigte für alles Hohe und Edle. Eben darum versagte er auch dem herrlichen Freiheitsaufschwungder Polen keineswegs seine Achtung und Bewunderung, und ließ im vertrauten Gespräch sehr oft seine Theilnahme für sie durchblicken. Dieß mußte nothwendig auf seine nächsten Umgebungen und auf die Beamten des Landes zurückwirken, nnd so kam es, daß ein großer Theil der letzteren bei dem neulichen festlichen Empfange der Polen in Hildburghausen einen Eifer und eine Freisinnigkeit an den Tag zu legen wagte, wie sie in den gedrücktem Theilen Deutschlands kaum der unabhängigste Bürger zeigen mochte. Die Polen, gerührt über die herzliche Aufnahme, welche sie bei den wackern Hildburghäusern gefunden hatten, erließen von Gotha aus einen Nachruf an sie. — Dieser Nachruf sollte in der Dorfzeitung abgedruckt werden; allein damit sich der Satz bewähre: die Fürsten sind nur mit Worten liberal, verweigerte die Hildburghäuser Censurbehörde die Aufnahme, ohne Bemerkung warum? Der Grund liegt darin, daß es keinen deutschen Fürsten giebt, der die Kraft hätte, offen zum Systeme der Humanität sich zu bekennen, und die Anmaßungen der volksfeindlichen Großmächte mit Nachdruck zurück zu weisen. So wird denn auch das kleine Herzogthum Meiningen, gleich den übrigen deutschen Ländern von geringerem Umfange, vom eigenen Fürsten nur nominell und im Kleinen, in Wahrheit und im Großen hingegen von Berlin oder vielmehr von Petersburg aus regiert. Deßhalb müssen die Meininger officiell die Russen lieben und die Polen hassen. Der erwähnte Nachruf lautet: Nachruf. Brave Bewohner H i l d b u r g h a u s e n s ! Wir kamen zu Euch wie ausgestoßene Bettler, Ihr nahmt uns auf wie Fürsten, wir zogen von Euch wie Könige! — Wem galt dieß? Galt es ein paar armen, anspruchlosen, unbedeutenden und unbekannten Jünglingen, die zu ihrer Empfehlung nichts aufzuweisen hatten als den Namen Polen und ihre Narben? - Erhob sich für uns die Bevölkerung Eurer Stadt, ohne Unterschied des Ranges, in Masse, um drei Tage lang zu wetteifern in Anstalten zu Ehrenfesten, um sich zu überbieten in Beweisen der herzlichsten Theilnahme und Liebe? - Zerriß Eurer Tausende donnerndes Vivat unsertwegen die Lüfte, flössen bei unserm Scheiden die Thränen Tausender für unsi — Nein, Edle! Eure Feste, Eure Theilnahme, Eure Begeisterung galt Größerm. — Hochherzig und aufgeschlossenen Sinnes begrüßtet Ihr uns nicht als Individuen, sondern, da der Zufall uns als die ersten Polen zu Euch führte, die Eure Gastlichkeit ansprachen, als die Repräsentanten jenes Volkes, das, von einem MonarGedruckt auf der Presse des Volkes.
chen zertreten, Nationen hochachten. Eure Achtung und Eure Liebe, sie galten dem Volke der Polen, das der Allmächtige in seiner Weisheit den Märtyrertod leiden ließ im Kampfe für die heiligsten, unveräußerlichen Güter gesitteter Nationen: Unabhängigkeit, Ehre und
bürgerliche Freiheit. —
Und so sei es denn auch nicht in unserm individuellen Namen allein, sondern im Namen
der gesammten
Trümmer unsers unglücklichen Volkes,
jener Trümmer, die ein Herrscher über den Welttheil zerstreuen möchte, damit das Elend vollende das Werk unserer Vernichtung, die aber der ewige Vater der Verlassenen jetzt in des mündigen constitutionellen Deutschlands Gauen Männer verwandter Gesinnung und Bruderherzen finden läßt — daß wir Euch — hochherzige Männer, Frauen und Jungfrauen! — danken für die uns bei Euch gewordene, uns ewig unvergeßliche Aufnahme, Euch im Geiste umarmen, Euch segnen, Euch mit tiefem Schmerz noch einmal zurufen: Lebt wohl! - Der Glaube und die Hoffnung - nach langer, freudloser Wanderung, — bei Euch, im gegenseitigen Austausch unserer heiligsten Gefühle zuerst wiedergefunden, begleiten uns nach Westen. — Gotha, am 20. Februar 1832.
J. W. Szyling. — Charles
Trebertt.
Lieutenants vom ersten polnischen UlahnenRegiment. A n z e i g e . Herr Ernst Emil Hoffmann hat uns gestern in Erwiederung auf unsern Aufsatz gegen ihn in Nr. 54 einen Brief geschickt, und uns bei unsrer Unparteilichkeit und frühern Freundschaft um Aufnahme desselben in unser Blatt gebeten. Obwohl wir nun rücksichtlich unseres Blattes keine persönliche, sondern nur eine politische Freundschaft oder Feindschaft anerkennen, und der einen niemals Einfluß auf die andre gestatten; so würde uns dagegen unser unverbrüchliches Gesetz der Unpartheilichkeit allerdings zur Aufnahme des Briefes bestimmen, wenn wir ihn nicht schon im Frankfurter Journal, in der deutschen allgemeinen Zeitung, in der Speierer Zeitung und im Westboten abgedruckt sähen. Ohne Zweifel wird uns jeder neue Posttag den Abdruck auch in den übrigen deutschen Zeitungen bringen, denn Herr Ernst Emil Hoffmann wird nach dem Vorliegenden nicht versäumt haben, seinen Brief gleich einem Apostelschreiben in aller Welt Enden umherzusenden, damit Deutschland wieder einige Tage von dem berühmten Herrn Ernst Emil Hoffmann zu reden habe. Wir kämen also offenbar post festum, weshalb Herr Hoffmann uns verzeihen wird, wenn wir den Raum unsrer Blätter lieber für Schreiben an den vaterländischen Verein aufsparen. D. R. d. d. T.
Druckfehler. In Nr. 60 der Tribüne Seite 478, Zeile 6 von oben ist statt „unvereinbar" - vereinbar zu lesen. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Dienstag.
Tribüne. des
N— 6 3 . An das P u b l i k u m .
Nicht blos die baierische Regierung, auch der deutsche Bund hat die Tribüne verboten. Der Post ist die Versendung unseres Blattes gänzlich untersagt. Es hängt nun vom deutschen Publikum ab, ob unser Journal fortbestehen oder eingehen soll. Wirkt das Publikum zur Versendung und Verbreitung des Blattes mit, so sind alle Verbote des Bundes und der einzelnen Regierungen erfolglos. Es muß aber Männer geben, welche durch das Verbot sich nicht einschüchtern lassen. In den constitutionellen Ländern, wo ohne Mitwirkung der Kammern kein neues Gesetz erlassen werden kann und kein Strafgesetz gegen die Verbreitung der Journale besteht, ist das Verbot wirkungslos und lächerlich. Niemand kann gestraft werden, der die Blätter liest und verbreitet, oder Abonnements darauf annimmt. Deutsche Männer in den verschiedenen Städten Deutschlands, welche in unserem Unternehmen einen patriotischen Zweck erblicken und für das Vaterland etwas zu wirken geneigt sind, bitten wir daher, die Commission für den Debit der deutschen Tribüne in der Art anzunehmen, daß man bei ihnen auf das Blatt abonniren und dasselbe bei ihnen abholen lassen kann. Wer uns diese Unterstützung zu leisten geneigt ist, beliebe das Publikum seiner Stadt und der nächsten Umgebung auf irgend eine Weise davon in Kenntniß zu setzen und die eingegangenen Abonnements der Zahl nach uns bekannt zu machen. Wir werden sodann Sorge tragen, daß die Tribüne bei diesen Herren Commissionären regelmäßig eintrifft. Für die Besorgung des Commissionsgeschäftes, wozu auch die Einnahme der Abonnements-Beträge gehört, erbieten wir uns zu einem angemessenen Honorar nach Procenten. — Um die vermehrten Versendungskosten einigermaßen zu decken, müssen wir den Preis der deutschen Tribüne monatlich um 10 kr. erhöhen. Das halbjährliche Abonnement kostet daher allerwärts 1 fl. mehr als man jetzt an die Post bezahlt hat. Für diesen Preis soll aber das Blatt in alle Gegenden Deutschlands geliefert werden. Diejenigen Patrioten, welche das Commissionsgeschäft übernehmen wollen, können auf dem nächsten Postamte oder Postexpedition den halbjährlichen Postpreis der deutschen Tribüne erfahren und mit Hinzurechnung der Preiserhöhung von 1 fl. für das halbe Jahr den Betrag des halbjährlichen Abonnements für ihre Stadt und Umgebung sogleich bekannt machen. Um eine Stückrechnung zu vermeiden, werden wir für die bisherige Lieferung der Tribüne mit der Post auf
Vaterlandes.
Homburg, den 13. März 1832.
2 Monate abrechnen. Den Herrn Abonnenten sind daher von der Post zwei Drittheile des bezahlten halbjährlichen Abonnements zurückzugeben. Zugleich eröffnen wir vorläufig ein neues Abonnement für 4 Monate, mit der Bemerkung, daß im Laufe dieser 4 Monate sämmtliche ausgefallenen Nummern nachgeliefert werden. Der Preis dieses vier monatlichen Abonnements beträgt sonach allerwärts zwei Drittheile des bisherigen Postpreises und 40 kr. Aufschlag für die erhöhten Versendungskosten. Im ganzen Rheinkreise wird für das viermonatliche Abonnement 4 fl. 16 kr. bezahlt. In Homburg abonnirt man sich bei der Redaction und in Zweibrücken bei Herrn Buchhändler Ritter. Die Tribüne wird von heute an täglich über Kaiserslautern, Frankenstein, Dürkheim und Oggersheim nach Mannheim, dann täglich über Zweibrücken, Pirmasens, Landau nach Carlsruhe geliefert. Die Ortschaften, die seitwärts dieser Straßen liegen, belieben uns einen Ort der Hauptstraße zu bestimmen, wo sie das Blatt in Empfang nehmen wollen. Man kann auch die Tribüne täglich sowohl in Homburg, als in Zweibrücken abholen lassen. Nach Mainz, Frankfurt a. M., Gießen, Darmstadt, Würzburg, Nürnberg, Bamberg, München, Regensburg, Augsburg, Ulm, Stuttgart, Tübingen u. s. w. werden wir den Botenzug sofort einrichten, sobald uns AbonnentenVerzeichnisse aus jenen Städten zugekommen sein werden. In Baden muß die Tribüne durch die Postämter ungestört versendet werden, weil dort nach dem neuen Preßgesetze auch ein auswärtiges Journal nicht verboten werden kann, wenn es bei den Gerichten des Landes Recht nimmt. Ohne das Preßgesetz offen zu verletzen, kann daher die badische Regierung das Verbot der Tribüne nicht vollziehen, daher den badischen Postämtern die Versendung des Blattes an deren Abonnenten nicht verbieten. Den badischen Postämtern wird ihr Bedarf zur Befriedigung ihrer Abonnenten von uns portofrei überliefert. Wir wiederholen, daß es nun von dem deutschen Publikum abhängt, ob die Blätter, welche der Reform des Vaterlandes gewidmet sind, aufhören oder fortbestehen sollen. Unterstützt das Publikum unsern Plan, so ist die Macht des deutschen Bundes zu gering, die freie Presse zu erdrücken. Will man eine freie Presse oder nicht? — das ist jetzt die Frage. Das deutsche Volk entscheide!
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499 Die Reaction in Deutschland. Das Land, wo die Wissenschaft am tiefsten ergründet wurde, das Land, wo die Treue wohnt und die Kraft und der hohe Muth, das schöne Land, wo Arbeitsamkeit, häuslicher Sinn und Mäßigkeit die Mittel bietet für höchste Ausbildung des socialen Bandes, gerade dieses Land steht in der Stufenleiter der politischen Bildung noch auf den untersten Sprossen. Und was ist politische Bildung? Das Erkennen der Rechte und Würde des Bürgers, die Achtung vor sich selbst, der Abscheu gegen Sclavensinn und Kriecherei, die Hingebung für die Interessen der Gesellschaft und die Sache des Vaterlandes, die Wachsamkeit über die Ehre der Nation, endlich entschlossenes Auftreten gegen Anmaßungen der Fürsten, Aristokraten und Priester, entschiedenes Auftreten gegen jeden Eingriff der Machthaber in die Gesetze des Landes. — Wenn aber hierin die politische Bildung besteht, wenn also ohne diese Bildung das Dasein des Menschen, auch im Besitze aller materiellen Güter, werthlos und erbarmungswürdig ist, dann dürfen wir unsern Zustand nur unglücklich nennen. Freiheit ist ein hohes Gut, Sclaverei eine große Trübsal des Volkes. Aber der Zustand der Unterdrückung ist nicht der Zenith des Unglücks einer Nation, sondern die Zufriedenheit mit einem solchen Zustande, die Einwilligung zur Unterdrückung des Volkes und zur Mißhandlung der Nationalehre. Mag ein Volk noch so sehr gedrückt sein — wenn es nur mit der ganzen Macht der öffentlichen Meinung gegen die Tyrannei seiner Despoten sich erhebt, wenn es nur muthig nach seiner Emancipation ringt und gegen die Unterdrückung mit Abscheu sich ausspricht. Wo aber die Mehrzahl der Bevölkerung für die Sache der Despoten offen Partei ergreift, wo die Mehrheit, aus ängstlicher Fürsorge für die materiellen Güter, die Kämpfer für volles, reines Bürgerthum zu erdrücken strebt, eine solche Nation ist unglücklich und bedauernswürdig. Prüfet euern Zustand, meine deutschen Brüder, und ihr werdet erröthen. Man hat euch euer Vaterland genommen und es in 38 Patrimonialgüter zertheilt, man hat euch eure Nationalität grausam entrissen und euch in Natiönchen und Krähwinkelvölker umgewandelt; man hat Sperrketten um eure Ländchen gezogen, damit der Handel seinen Segen über euch nicht ausbreiten könne: man hat euch den Mund versiegelt, damit ihr eure Gedanken und eure Meinungen einander nicht mittheilen könnet; man hat euch barbarische Gesetze gegeben, die Euch nur Pflichten und den Machthabern nur Rechte beilegen, Gesetze, welche nur die Aeußerungen der Vaterlandsliebe, nur das Streben nach Nationalität, nach Volksehre und nach Bürgerglück mit Strafen belegen, nicht aber die Eingriffe der Machthaber in die Rechte des Menschen und des Bürgers; ihr habt den Regierungen gegenüber keinen Rechtszustand, die Machthaber können euch eure Gewerbe niederlegen, eure Wohnungen gesetzwidrig erbrechen lassen, und wenn hierdurch sogar nach den barbarischen Gesetzen der Könige offenbar ein Verbrechen begangen worden ist, so wollen die Richter den Schuldigen doch nicht zur Strafe ziehen, wenn es nicht dieselben Machthaber erlauben, die zur Vollftihrung des Verbrechens Auftrag gegeben haben. Bei
euch ist nicht einmal das Gewissen frei, ihr verfolgt diejenigen eurer Brüder, die einen andern Glauben haben als die Mehrzahl: bei euch gilt nicht einmal des Gastrechts heilige Sitte; was dem wildesten Volke ein Abscheu wäre, das treiben eure Machthaber, ohne zu erröthen, indem sie das Gastrecht unverschämt mit Füßen treten; eure Machthaber untergraben eure Moralität durch niedrige Hazardspiele, die sie mit den niedern Klassen des Volkes spielen, um diesen ihre Pfennige abzugewinnen; eure Machthaber verschwenden auf sinnlose Weise die Millionen, womit ihr durch Bauten von Canälen und Eisenbahnen, Versicherung des Credits und Errichtung von Beschäftigungsanstalten für Arbeitslose den Handel beleben, die Industrie aufrichten, den Ackerbau fördern, den Nationalwohlstand mehren und der Armuth steuern könntet; eure Machthaber nennen Sich eure „Herren" und Euch ihre „Unterthanen," sie wollen ihren Willen höher geachtet wissen, als den Gesammtwillen der Gesellschaft, sie widersetzen sich der Förderung politischer Bildung, der Entwicklung des volksthümlichen Prinzips, der Wiedervereinigung des Vaterlandes und der Emporhebung unseres Volkes zu Macht, Glück und Ehre, - kurz eure Machthaber mißhandeln alle eure materiellen und geistigen Interessen auf das empörendste — und was thut ihr? Seid ihr etwa blos stumm und gleichgültig; nein ihr seid lebhaft bewegt und entrüstet. Ueber wen? Ueber diejenigen, welche gegen das volksfeindliche System eurer Fürsten mit Entschiedenheit aufgetreten sind. Das, meine Brüder, das ist das Unglück und die höchste Demüthigung unseres Volkes, daß die Mehrheit der Nation gegen die entschiedenen Vertheidiger der Bürgerrechte und der Nationalehre offene und selbst leidenschaftliche Parthei ergriffen hat. Doch es ist nur die Mehrheit des Volkes, die so tief steht; es gibt dagegen auch ein Häuflein wahrer Vaterlandsfreunde, das auf der Höhe des Jahrhunderts steht. Und dann, wir leben ja erst in der Zeit der Saat, noch nicht in jener der Aerndte. Darum wende ich mich an Euch, ihr Getreuen! Haltet muthig aus in dem Kampfe für die höchsten Güter, für Freiheit, Nationalehre und Wiedervereinigung des Vaterlandes. In dem großen Haufen liegt zwar die physische Kraft, in dem kleinen Häuflein der Charaktere und der entschiedenen Vaterlandsfreunde dagegen die moralische Macht. Letztere herrscht am Ende immer über die erstere. Der große Haufe wird jederzeit nur durch Selbstsucht, Eigennutz und kleinliche Fürsorge für die Scholle und den Mammon bewegt. Er ist ein Klumpen ohne Charakter, ohne höheren Sinn, ohne geistige Weihe. Ihn bestimmt das grobe materielle Interesse und wirft ihn eben deßhalb bald auf die Seite der Patrioten, bald auf die Seite der Tyrannen, je nachdem er materiell schlechter oder besser sich befindet und über die Maßen oder für den Augenblick nicht gar zu viel an die Machthaber bezahlen muß. — Bei der unnatürlichen Organisation Europas, bei dem widersinnigen politischen Systeme der absoluten Höfe, bei der gänzlichen Verrückung des Schwerpunktes in dem völkerrechtlichen und socialen Bau der Länder, muß irgend eine politische Katastrophe nothwendig bald eintreten. Dadurch kehren die Zerrüttungen der Staats-Finanzen wieder, die Ausgaben der Höfe für Befestigung ihrer Tyrannei ver-
501 mehren sich, die Abgaben steigen, der vorübergehende günstigere Stand der materiellen Interessen ist auf einmal dahin, (weil er eben definitiv und bleibend nicht möglich ist, so lange die Völker Europas nicht emancipirt sind); kurz zum geistigen Drucke kommt Steigerung des materiellen Druckes - und augenblicklich steht der große Haufe auf Seiten der Patrioten und Charaktere. Große politische Ereignisse treten ein und die Wiedergeburt des Vaterlandes wird vollendet. Darum, ihr Treuen, wankt nur jetzt nicht, wo die Zeit der Reaction gekommen ist und alles im Sturmschritt rückwärts geht, nur jetzt nicht, wo sich die Gewalt der Machthaber mit der Stimme des großen Haufens vereiniget, um die treuen Patrioten zu Grunde zu richten, nur jetzt nicht, wo der Terrorismus durch gerichtliche Verfolgung, Entsetzung vom Dienste, Entziehung von öffentlichen Unterstützungen, sowie Drohungen und Chikanen aller Art die Patrioten von dem Kampfe für des Vaterlandes Wiedergeburt abzuschrecken sucht. Zeigt euch jetzt als Männer, laßt euch mißhandeln für das Vaterland, leidet und duldet, aber gebt die große Sache nicht auf, bringt ihr vielmehr freudig euer Alles zum Opfer. Die Zeit ist gekommen, wo das Korn von der Spreu sich sondert, der treue Freund des Landes von den Phrasen-Patrioten geschieden wird. Wer nicht zu den letztern, sondern zu den treuen Söhnen Deutschlands gehören will, der harre standhaft aus bei dem Vaterlandsvereine oder trete noch ihm bei, wirke muthig und energisch für ihn und werde nicht müde in dem geheiligten Kampfe der treuen kleinen Schaar der Patrioten wider die vereinigte Macht der volksfeindlichen Machthaber und der am Schollen klebenden Körper des Volkes. Treue Kinder Deutschlands, die Mutter segnet euch! Gießt darum Begeisterung in eure Seelen, stählt euch mit der Kraft des unerschütterlichen Entschlusses, steigert euern Muth zum Enthusiasmus, und bald werden die Geister mächtiger sein, als die Körper. Es lebe Deutschland, das vereinigte, freie, demokratische Deutschland!
Der deutsche Bund und die freie Presse. Die finstere Versammlung zu Frankfurt am Main, welche unter der Firma „Bundestag" bekannt ist, hat in der Sitzung vom 7. März die deutsche Tribüne, den Westboten, die Hanauer Zeitschwingen und den Eulenspiegel auf 6 Jahre lang verboten. Gleichzeitig ist die Weigerung Badens, sein Preßgesetz zurückzunehmen, in ernstliche Berathung gezogen und sämmtlichen Gesandten aufgegeben worden, binnen sechs Wochen von ihren Höfen darüber Instructionen einzuziehen, wie Baden zur Folgeleistung angehalten werden möge. - Man sieht, daß der Bundestag am feindseligsten gegen die Journale gesinnt ist, welche mehr oder weniger für die Umbildung des politischen Systems Deutschlands wirken und mehr mit den Gesammtinteressen des deutschen Volkes, als den partiellen Angelegenheiten einzelner Volksstämme sich beschäftigen. Auch das badische Preßgesetz ist dem Bundestage vorzüglich deßhalb ein Dorn im Auge, weil es dem Kampfe für des deutschen Vaterlandes Wiedergeburt einigermaßen Vorschub leistet. Der Schutz der Presse, wo diese für
502 das gesammte Volk und für die große Sache der deutschen Reform zu wirken vermag, ist daher die nächste Aufgabe der Zeit, die heiligste Pflicht der Patrioten. Partielle Gesetze eines einzelnen Volksstammes können diesen Schutz nicht gewähren. Wenn auch die badische Regierung oder das Volk die Anmaßungen des deutschen Bundes zurückweist, so wird die badische Presse das Schicksal der rheinbaierischen theilen. Man wird zwar die Journalisten drucken lassen, allein man wird die Blätter im übrigen Deutschland verbieten und den Postämtern dort die Versendung untersagen. Die badische Presse wäre dann auf ihr kleines Land beschränkt, wenn nicht gesorgt wird, die von dem finstern Bunde verbotenen Journale durch eigene Anstalten zu versenden. Baden hat den deutschen Vaterlandsverein, welcher vorzüglich diese Aufgabe zu lösen hat, bisher für weniger wichtig gehalten, weil es selbst ein Preßgesetz habe. Allein man wird jetzt einsehen, daß der deutsche Verein für Baden die nämliche Wichtigkeit habe, als für die übrigen deutschen Länder, ja daß das badische Preßgesetz gerade durch den Vaterlandsverein erst seine Bedeutung und volle Wirkung erhalten könne. Darum bitten wir unsere deutschen Brüder in Baden, die Brüder, welche in Deutschland zuerst in Masse für die freie Presse sich erhoben, mit ihrer gewohnten Kraft nun auch für den Vaterlandsverein sich zu erklären. Schließen sie sich diesem mit Nachdruck an, so ist das Fundament der deutschen Freiheit gesichert; die Presse ist gegen die Angriffe des deutschen Bundes geschützt, sie kann ungestört fortwirken, und daß sie dann das volksfeindliche System der Fürsten stürzen, daß sie das Volk zur Erkenntniß bringen und das große Werk der deutschen Reform vollbringen werde, alles dieß ist schon lange nicht mehr zweifelhaft. Möge daher Baden und alle andern Theile des constitutionellen Deutschlands die Zeit benützen, um den deutschen Verein fest und dauerhaft zu organisiren, bevor gegen die freie Presse der einzelnen Länder entschiedenere Feindseligkeiten des deutschen Bundes erfolgen. Alle partiellen Interessen müssen vor den allgemeinen Zwecken des gesammten deutschen Volkes zurückweichen. Die Aufgabe der Zeitgenossen ist, die freie Presse zu einem Gemeingute des ganzen deutschen Landes zu erheben. Kein einzelner Stamm soll diese Aufgabe deßhalb vernachlässigen, weil er für sich Preßfreiheit besitzt. Die rheinbaierische Presse bedürfte auch keiner Unterstützung, wenn sie blos auf die Angelegenheiten Baierns sich beschränken wollte. Sie wäre in diesem Falle aller ihrer Kämpfe gegen die Censur enthoben, weil für die innern Staatsangelegenheiten keine Censur besteht; ihre Erzeugnisse würden durch die Post ungestört versendet werden, sie hätte dabei noch ein weit größeres Publikum, als die badische Presse, allein sie will für Deutschland wirken, und die Journale setzen daher ihre Existenz nur darum auf das Spiel. Deutsch müssen wir werden, eine deutsche Presse müssen wir gründen; dies ist aber nicht möglich durch Preßgesetze einzelner Stämme, sondern nur durch feste Begründung des Vaterlandsvereins, der Sorge trifft, daß die von dem deutschen Bunde verbotenen Journale ungestört durch Deutschland versendet werden können. Wollt ihr also für euer Vaterland etwas thun, denkt ihr ernstlich an eine Reform Deutschlands, so müßt ihr den deutschen Verein mit dem größten Nachdrucke unterstützen.
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503 C o r r e s p o n d e n z . Paris, 7. März. Der deutsche Verein hat nun eine vorläufige Organisation erhalten in einer zahlreichen Versammlung, welche Montag Abend im Passage Saumon Statt fand. Die Sitzung eröffnete Herr Garnier mit Vorlesung eines Briefes, welcher dem Vereine durch die hier anwesenden Polen mitgetheilt wurde: er ist datirt Avignon und folgenden Inhalts: „Du mußt mir nicht vorwerfen, ich schreibe Dir nicht; ich schreibe Dir wohl, aber unsre und eure Briefe werden auf der Post eröffnet und so zum Theile zurückbehalten. Ich schrieb Dir ζ. B. von einer kleinen Gesellschaft, welche wir gebildet haben, und daß ich Präsident davon wäre. Aus Deinen Briefen ersehe ich aber, daß Du nicht eine Sylbe davon weißt. Doch das ist noch eine Kleinigkeit, es kommt noch besser. Die Regierung hat uns eine Verminderung in unserm Solde angezeigt — der Soldat erhält 3 Sous und nichts weiter als ein bischen altes Stroh in der Kaserne; ein Offizier erhält 25 Sous. Du kannst Dir unsere Lage nicht vorstellen; die unserer Soldaten ist aber natürlich noch beklagenswerther; sie würden Hunger sterben, wenn wir nicht alles, was wir haben, mit ihnen theilten. Wir ließen so eben durch den Telegraphen bei der Regierung anfragen, ob kein Irrthum vorwalte. Ich weiß noch nicht, was für eine Antwort wir erhalten werden. Uebrigens haben wir uns bereits berathen: wir sind zum Aeußersten entschlossen. Europa werden wir nie und nimmer verlassen, wir sind schon weit genug von unserm Vaterlande entfernt; und lieber, als noch weiter zu wandern, wollen wir baarfuß nach Paris laufen und die Lumpen, worein wir gekleidet, dem braven Pariser Volke zeigen, damit es sieht, wie man mit uns umgeht und damit das Ministerium wisse, daß wir keine Steine sind, sondern Menschen, empfindlich für Wohl und Wehe, die den Schmerz fühlen und das Elend. Ich weiß nicht, was aus unserm Schritte für Folgen entstehen werden; ich weiß nur, daß wir kommen und nicht umsonst. Weder der DeputirtenKammer, noch dem Könige wollen wir unsere Noth zeigen, wir wenden uns unmittelbar an den Souverain, an das Volk; es ist unglücklich wie wir, und wird fühlen mit uns. Reisepässe fordern wir keine; wenn man uns aber unterwegs anpackt, wehren wir uns. Wenn unsere Ankunft in Paris, was wir nicht glauben, umsonst ist, gut: so kehren wir nach Deutschland zurück, wo das Volk seine Kraft fühlt, wo die Jugend fur Freiheit und Vaterland glüht — und sie wird uns ein Vaterland geben, und wäre es unser eigenes. Vom edlen deutschen Volke läßt sich nicht zu viel hoffen. Pomaski." Es wurde diesem Briefe nichts weiter hinzugefügt: einestheils sprechen die Thatsachen laut genug, dann hat es sich der Verein als Gesetz auferlegt, seine Wirkung auf Geldsendungen nach Zweibrücken zu beschränken; wo ein Schüler an der Spitze steht, braucht man nicht weiter zu sorgen. Außerdem wirkt aber die Gesellschaft, die deutschen patriotischen Journale so viel als möglich zu verbreiten; von allen Seiten laufen bereits Anforderungen ein, und wir hoffen,
in Kurzem sehr viele Exemplare der Tribüne und des Westboten nöthig zu haben. Der Freisinnige soll gleichfalls verbreitet werden; wo Männer wie Rotteck, Welker und Duttlinger an der Spitze stehen, läßt sich nur Gutes erwarten; es sind Ehrenmänner, die, wenn sie vielleicht auch nicht unbedingt alle Ansichten der deutschen Tribüne theilen, gewiß stets das Prinzip der Preßfreiheit vertheidigen werden, und darum handelt es sich. Denn die Preßfreiheit ist bedroht; das zweideutige Lob eines Hofmann wird solche wackern Leute nicht hoch anfechten; und was die sogenannten Excesse der Presse betrifft, so ist es am Volke, darüber zu entscheiden, und außerdem wie die Tribüne am Ende ihres Aufsatzes über Polen sagte, muß man sich mit dem scharfen Theile mehren, so lange man nicht mit dem Schwänze gebissen wird. Zur Tagesgeschichte. Homburg. Am 8. März ließ der K. Landkommissär dahier unter dem Schutze von zwei Eskadrons Cheveauxlegers die Thüren unserer Wohnung gewaltsam erbrechen und die Pressen des Volkes unter Siegel legen. Es soll nun der letzte Versuch gemacht und auf den Grund der §§. 114 und 184 des franz. Strafgesetzbuches wider den schuldigen Beamten die Einleitung des strafrechtlichen Verfahrens in Antrag gebracht werden. Man wird jetzt bald erfahren, ob es in Rheinbaiern einen Rechtszustand und ein Eigenthum gebe. - Da die deutsche Tribüne von der baierischen Staatsregierung nunmehr förmlich verboten worden ist, so mußte sie einige Tage unterbrochen werden. Von jetzt an soll aber die Versendung durch Boten eintreten. A n z e i g e . B e r n , oder E m p f a n g d e r P o l e n in F r a n k f u r t a. M. dargestellt von Fr. Funk (Hanau bei Fr. König.) Preis geheftet 18 kr. Man erwarte auf dritthalb Bogen keine ins Breite gehende Beschreibung der Festlichkeiten, mit welchen die Helden empfangen wurden, svndern starke Umrisse mit Schlagschatten und hellen Lichtern. Die Zeichnung umfaßt den Zeitraum vom Juli 1830 bis in den Februar 1832 und hat einen weiteren Zweck als die Gelegenheitssudeleien, vor deren Sündfluth uns hoffentlich dieses Schriftchen bewahren wird. In Frankfurt a. M., Mainz, Darmstadt, Wiesbaden u. s. w. in allen Buchhandlungen vorräthig. Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Mittwoch.
Tribüne. des
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D i e R e a c t i o n in E u r o p a . In schwachen Umrissen haben wir gestern anzudeuten gesucht, wie in Deutschland die große Sache der Völker-Emancipation im Sinken begriffen sei, wie die Körper gegen die Geister sich verbünden und wie dem Streben nach reiner bürgerlicher Freiheit in der ängstlichen und kurzsichtigen Fürsorge für die materiellen Güter ein neuer gefährlicher Feind entgegen trete. Doch es ist nicht Deutschland allein, das mit raschen Schritten rückwärts geht: - die Reaction verbreitet sich über den ganzen europäischen Continent. Preußen und Oestreich sind die Schirmvoigte der Tyrannei. In Polen, Ungarn, Italien und dem unglücklichen Deutschland liegt der Beweis des Augenscheins. Mit der Wiedererstehung Deutschlands stürzt das Uebergewicht Preußens und Oestreichs zusammen, mit dem Einen freien Deutschland wird daher auch Rußland seiner Dictatur entsetzt, mit unserm Vaterlande erlangen demnach auch Polen, Ungarn und Italien ihre Nationalität, Unabhängigkeit una Freiheit wieder. Der politische Bau von Europa, welcher durch das unnatürliche Uebergewicht Preußens und Oestreichs aus seinen Fugen getreten ist, muß durch die Wiedererstehung Eines Deutschlands, im Sinne des Jahrhunderts, notnwendig vom Grunde aus verbessert und auf solide Fundamente gestellt werden. Frankreich schien berufen, zu seinem eigenen Wohle und zum Heile der Völker, die große Aufgabe der Völkerbefreiung und der dauerhaften Organisation Europas zu lösen. Es durfte nur das Bündniß der öffentlichen Meinung Deutschlands suchen, um die Vorbilder alles Großen und Edlen, die heroischen Polen, in dem Kampfe gegen die Grausamkeit und den Unsinn zu unterstützen. Allein während die polnischen Helden unsterbliche Thaten in das Buch der Geschichte einzeichneten, während Deutschland voll Bewunderung staunte und mit blutendem Herzen auf die Fesseln sah, die es hinderten, dem befreundeten Kämpfer zu Hülfe zu eilen, zu dieser bedeutungsvollen Zeit war Frankreich schon in der Reaction begriffen. Auch dort fürchteten die Körper die volle reine Freiheit, weil der große Haufe noch so beschränkt ist, zu glauben, daß bei wahrer Freiheit das Eigenthum nicht gesichert sei und der Wohlstand nicht so gedeihen könne, als unter dem Regime des Philisterthums. Auch in Frankreich hatten die herrschsüchtigen Machthaber mit den am Schollen klebenden Körpern ein Bündniß geschlossen. Dieser Bund war es, der Polen zu Grunde richtete.
Vaterlandes.
Homburg, den 14. März 1832.
In Ungarn hatte der Trieb nach Nationalität und Unabhängigkeit ebenfalls wieder ein Lebenszeichen gegeben. Die Katastrophe des Julius, welche, durch den Zeitgeist herbeigeführt, alle Völker Europas gemeinschaftlich berührte, gab auch in Ungarn dem Verlangen nach Licht und Freiheit einen wirksamen Impuls. Große Ereignisse bereiteten sich vor; Frankreich durfte nur einige Energie zeigen, und aus Ungarn würden tapfere Schaaren zur Befreiung der verwandten Polen aufgebrochen sein. Nie war die Verlegenheit Metternichs größer als damals. Man fürchtete nicht blos, man zitterte. Nur Frankreich war so kurzsichtig, diese Bewegung nicht zu sehen, sowie es auch die Macht nicht begriff, die in der Sympathie lag der deutschen Völker für die angebeteten Polen. Die große Zeit ging thatenlos vorüber. Im bevorstehenden ungarischen Reichstage lag aber eine neue Quelle von Verlegenheiten. Um auch von diesen sich vollends zu befreien, wirkte der schlaue Kanzler in Wien auf das Interesse der ungarischen Städte, um die Deputirten derselben schon im Voraus zu gewinnen. Wenn kleinliche und kurzsichtige Fürsorge für die materiellen Güter sogar in Deutschland und Frankreich über die Förderung der geistigen Interessen das Uebergewicht erlangen konnte, so mußte dieß noch viel leichter in Ungarn geschehen können. Auch dort wird Eigennutz und gierige Selbstsucht die Nation vom politischen Aufschwünge zurückhalten und das Volk um alle Früchte eines sorgfältig vorbereiteten und bedeutungsvollen Reichstages betrügen. — Wäre es wahr, daß die volle ungetrübte Volks-Souverainität das Eigenthum zerstöre, den Wohlstand untergrabe und die Anarchie herbeiführe, so ließen sich die Massen noch einigermaßen entschuldigen, welche wegen des materiellen Wohlbefindens den Kämpfern für die Freiheit feindselig entgegentreten. Allein jene Meinung des großen Haufens ist ein ganz gemeines hartköpfiges Vorurtheil. Die Freiheit, sobald sie voll und rein unter den Völkern lebt, ist eben die Quelle, aus der neue materielle Güter über die Gesellschaft ausströmen, sie ist der Hebel, welcher den Wohlstand Einzelner und des Gesammtvolkes emporhebt und durch Erweckung des Associationsgeistes auch den weniger bemittelten Gliedern der Gesellschaft einen schwunghafteren, edleren oder gewinnbringendern Erwerbszweig zuführt. Wer diese Wahrheit aus dem Begriffe der Freiheit sich nicht abzuleiten vermag, der vergleiche den Zustand der nordamerikanischen Staaten unter der Herrschaft Englands mit dem Zustande derselben Staaten unter dem Regime der Freiheit. — Wir
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507 wiederholen es, in der kleinlichen und beschränkten Fürsorge für die materiellen Güter liegt der Grund der Reaction in Frankreich, Deutschland und Ungarn. Die deutschen Könige sehen dieß recht wohl ein. Sie wissen, daß die Vorurtheile der Bevölkerung die sichersten Stützen des Despotismus sind. Darum schmeicheln sie dem Vorurtheile des Volkes gegen die Freiheit, und darum bieten sie ihre gesammte Macht auf, um die freie Presse, welche auf Belehrung des Volkes wirken könnte, zu Boden zu schlagen. Mit unsäglichen Anstrengungen hat sich ein kleiner Theil Deutschlands die freie Presse errungen. Allein der Bund der Fürsten hat beschlossen, diese letzte Schutzwehr, dieses einzige Mittel zur Emancipation der Völker und zur Organisation Europas den deutschen Stämmen wieder zu entreißen. Durch einen Berg von Chikanen und Hindernissen sucht der Bund der Fürsten die entschiedenen Journale der Opposition zu erdrücken. Ist dieß gelungen, so wird die Reihe an die gemäßigten Organe der Opposition kommen. Man duldet einmal keinen Widerspruch. Der Wille der Könige muß unbedingt als oberstes Gesetz gelten; was ein König sagt und thut, muß von selbst weise, wahr und edel sein. Wie kann die Canaille sich anmaßen, die Handlungen eines Königs zu beurtheilen? Keine Opposition will man, durchaus keine, die gemäßigte so wenig, als die entschiedene, oder wie man zu sagen beliebt, die leidenschaftliche. Die Schlauheit gebietet zwar, der gemäßigten Opposition den Hof zu machen und sie zu liebkosen, wenn die Partei der Entschiedenen gefährlich zu werden droht. Allein sobald die rücksichtslosen Patrioten ruinirt sind, fällt man mit gleicher Wuth die gemäßigte Opposition an, um auch diese niederzuschlagen. Kurz die deutschen Könige sehen ein, daß Despotismus, Unsinn und Vaterlandsfeindschaft unter der Herrschaft des Lichtes unmöglich existiren können; sie wissen, daß ihr ganzes volksverderbliche System durch die freie Presse zertrümmert werden wird. Die Presse ist es daher, die sie vernichten wollen, bevor deren Wirkung vollbracht ist. Doch alle Anstrengungen der Könige werden vergeblich sein, wenn das Volk die Organe des freien Wortes zu erhalten sucht. Nur eine kleine Mitwirkung des Volkes, und das Wüthen der deutschen Könige gegen die freie Presse wird zur Ohnmacht. Die Gelegenheit zur Mitwirkung ist den deutschen Stämmen gegeben. Man fördere den Vaterlandsverein und man unterstütze die Verbreitung der vom Bundestage verbotenen Journale. Wir wollen nicht ermüden, Deutschland auf seine Interessen aufmerksam zu machen. Deutschland selbst wird es am empfindlichsten fühlen, wenn es seinen kaum begonnenen politischen Aufschwung durch den Sturz der freien Presse gefühllos vernichten und sich selbst in den Zustand der Apathie und des gedankenlosen Hinbrütens zurückstoßen läßt.
Constitutionelles Großherzogthum Hessen. Provinz Oberhessen. Die Wahlen zu dem bevorstehenden Landtage nehmen mehr als jemals die Aufmerksamkeit aller Freunde des öffentlichen Wohles in Anspruch. Je wichtiger die Gegenstände
sind, welche auf diesem Landtage zur Sprache kommen werden, je mehr das Resultat der «institutionellen Wirksamkeit der Stände durch ihre Persönlichkeit bedingt ist, desto bedeutungsvoller erscheint die Frage der Wähler: welche Männer sind es, die wir mit Vertrauen zu Vertretern der allgemeinen Volksinteressen ernennen dürfen? Diese Frage muß öffentlich erörtert werden, damit jede Meinung sich geltend machen kann. Die Freiheit der Presse und die organische Entwicklung des deutschen Bundes zu einer selbstständigen europäischen Gesammtmacht, — zwei Gegenstände von der höchsten Wichtigkeit für alle deutsche Staaten - sollten sie nicht von den Vertretern des kräftigen und aufgeklärten hessischen Volkes zum höchsten Ziele ihrer landständischen Bestrebungen gemacht werden? Die innem Verhältnisse des Großherzogthums, vor Allem die Rechtszuständigkeiten des Regentenhauses, das Erziehungs- und Unterrichtswesen, die kirchlichen Verhältnisse und die Sicherung und Beförderung unabhängiger Rechtspflege durch eine den Zeitverhältnissen entsprechende, allen Staatsbürgern verständliche Gesetzgebung — sollten sie auch auf dem nächsten Landtage nur der ausschließlichen Thätigkeit der Staatsregierung anheimgegeben werden? Sie werden es nicht, wenn das Volk zu Landständen Männer wählt, die Intelligenz, guten Willen und Energie in sich vereinigen; sie werden es nicht, wenn solche Männer, vertraut mit den Bedürfnissen des Landes, zu gleicher Zeit die allgemeinen Interessen des deutschen, wie die besondern des hessischen Vaterlandes einer freien, selbstständigen Prüfung und Thätigkeit unterwerfen, und von dem Schauplatze eher nicht abtreten, als bis die dringendsten Bedürfnisse der Zeit hinreichende Befriedigung erhalten haben. Zwei Gesichtspunkte sind es sonach, die bei den bevorstehenden Wahlen vorzugsweise zu berücksichtigen sein möchten. Unter den zu wählenden Deputirten müssen nothwendig möglichst viele geistvolle und wissenschaftlich gebildete Männer und zugleich Sachkenner im Fache des Erziehungs- und Unterrichtswesens, so wie der geistlichen resp. kirchlichen Institute einerseits, und des Justiz- und Verwaltungsfaches andererseits sich befinden, und es ist aus diesem Grunde, wie in diesem Blatte schon öfter bemerkt wurde, sehr zu wünschen, daß alle Diejenigen, welche mit dieser Sachkenntniß die übrigen Eigenschaften eines Volksvertreters vereinigen, öffentlich als würdige Wahlkandidaten in Vorschlag gebracht werden. In diesem Sinne wurde der großherzogliche Oberappellationsgerichtsrath Höpfner für würdig erklärt, zum Deputirten der Stadt Darmstadt erwählt zu werden. Gleiche Tendenz hat der Artikel in Nr. 44 dieses Blattes, und wer möchte wohl verkennen, daß die darin in Vorschlag gebrachten Männer das Zutrauen des Volkes vollkommen verdienen? Der Verfasser des zuletzt erwähnten Artikels fordert zur Vervollständigung des aufgestellten Verzeichnisses auf, und wir unterlassen nicht, so viel an uns ist, seinem Wunsche zu willfahren. Den beiden von ihm genannten Geistlichen setzen wir einen dritten zur Seite, den Consistorialrath Köhler zu Gedern, einen Mann, dessen vielseitige allgemeine Bildung, dessen entschiedene Vaterlandsliebe und Freisinnigkeit, und, was wir besonders hervorheben wollen, dessen genaue Be-
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509 kanntschaft mit dem Zustande der Unterrichtsanstalten und der Kirchenverfassung dafür bürgen, daß er in jeder Hinsicht, und namentlich bei Prüfung der wichtigen Gesetzesvorschläge, welche die Staatsregierung in Beziehung auf diese letztern Gegenstände den Landständen vorzulegen beabsichtigen soll, als Abgeordneter dem Vaterlande ersprießliche Dienste leisten werde. Zugleich beschränken wir uns übrigens auf ihn, weil wir nicht wünschen können, daß viele der uns bekannten Geistlichen auf dem Landtage erscheinen, indem uns leider die Mehrzahl derselben zu wenig mit der bestehenden Gesetzgebung bekannt zu sein scheint, als daß wir ihnen die nöthige Festigkeit gegen etwaige Einflüsterungen in dieser Beziehung zutrauen könnten. Den Rechtsgelehrten gesellen wir einen Justizbeamten zu, dessen unbestechliche Gerechtigkeitsliebe wesentlich dazu beigetragen hat, das immer zunehmende Vertrauen des Publikums zu der Unparteilichkeit der Rechtspflege in der Provinz Oberhessen hervorzurufen. Gründliche wissenschaftliche Bildung, reiner Patriotismus, insbesondere warmes Interesse fur die Sache der freien Presse, verbunden mit rücksichtsloser Freimüthigkeit, muthvoller Energie und Ausdauer, zeichnen den großherz. Hofgerichtsrath Zuehl zu Giesen in hohem Grade zum Vortheile aus, und lassen in ihm einen Mann erkennen, der als Abgeordneter allen Anforderungen des Zeitgeistes entsprechen, und - wir wollen es auch hier ausdrücklich bemerken - insbesondere für die so wichtige, aber noch keineswegs hinreichend garantirte Unabhängigkeit und Unpartheilichkeit der Rechtspflege im Großherzogthum Hessen unstreitig mit Eifer und Sachkenntniß in die Schranken treten würde. Eine Kammer, in welcher ein Zuehl, Höpfner, Schenk und Auditeur Hoffmann die Gesetzesvorschläge prüfen, in welcher ein Köhler und Frank aus Lieh für zeitgemäße Reform der Unterrichtsanstalten und der Kirchenverfassung arbeiten und ein Hellmann und andere Gleichgesinnte auf Verbesserung des Finanzzustandes dringen würden, könnte die Bahn nicht verlassen, welche der vorige Landtag zu einer Zeit betrat, wo am politischen Horizonte noch keine Julisonne strahlte, und noch manches Bollwerk unerschüttert stand, das die Riesenkraft der öffentlichen Meinung seitdem zu Boden riß. Darum Ihr Wahlmänner! höret auf die Stimmen Eurer Freunde! Einen hohen wichtigen Beruf zu erfüllen; unterlasset nicht die sorgfältigste Berücksichtigung der Verhältnisse, und aus den Besten des Volkes wählet eine Kammer, auf die das Vaterland mit einem Stolze blicken darf, mit dem Ihr Euch freie Bürger eines constitutionellen Staates nennt.
Correspondenz. Paris, 10. März. Ich setze mein Schreiben vom 8. März weiter fort, indem ich zur Darlegung der Facta zurückkehre. Die Vorlesung des Briefes über die Lage der Polen zu Avignon hatte eine unmittelbare Collecte zur Folge; in wenigen Minuten, ohngeachtet die Gesellschaft fast ganz aus Handwerkern aus dem Faubourg St. Antoine bestand, waren 55 Fr. 15 Sous beisammen, welche alsdann zweien Mitgliedern des polnischen Comite's, Krem-
powiecki und Kraitsiz, welche bei der Versammlung gegenwärtig waren, eingehändigt wurden. Die ganze Versammlung brach in diesem Augenblicke mit einmal in ein donnerndes Hoch für die Polen aus; Krempowiecki war so gerührt, daß er nicht sprechen konnte; Kraitsiz antwortete dann mit einem Hoch für die Freiheit und die Vereinigung aller Völker, was auch wieder ein hundertfältiges Echo fand. Herr Kargl aus Wien hielt hierauf einen Vortrag, woraus wir folgendes ausheben: Meine Herren! „Die schnelle Ausdehnung, welche unser vaterländischer Verein bereits genommen, so wie die Hoffnung, welche wir für dessen Fortwähren hegen dürfen, hat Sie einstimmig veranlaßt, das von Ihnen vor 14 Tagen provisorisch ernannte Comite aufzulösen und zu einer neuen Wahl zu schreiten. Ehe Sie zur Vollführung übergehen, erlaubt sich das abtretende Comite, bestehend aus einem Director und zwei Secretairen, Ihnen von dem kurzen Wirken der bisherigen drei Vorstände (Wolfrum, Leipheimer und Kargl) mit Nachfolgendem Rechenschaft abzulegen. Mit Abschluß des Monats Februar, wenige Tage nach der Gründung, zählten die Subscriptionslisten bereits 174 Unterschriften, jene des polnischen Comite's ungerechnet, welches sich mit einer cumulativen Geldlieferung von 55 Franks an unsern Verein anschloß. (Lautes Bravo und der Ruf: die Schuld soll mit reichen Zinsen abgetragen werden). Die GesammtEinnahme betrug 229 Fr. 50 Cent., wovon 19 Fr. 75 Cent, noch im Rückstand. Es sind gegenwärtig bereits 10 Subscriptionslisten im Umlaufe, welche sich rasch mit Unterschriften anfüllen. Wir haben noch eine Pflicht zu erfüllen, der thätigen Mitwirkung der Gesellschafts-Mitglieder zu erwähnen, die uns auf eine, ihren edlen Sinn für die gute Sache bewährende Weise hülfreiche Hand leistete. (Hierauf wurden namentlich erwähnt die Herrn Garnier, Ouvrier, Kröger, Blechschmidt, Scheidler, Huber, und einige andere Mitglieder, welche dem Dank der Gesellschaft empfohlen wurden.) - Darauf wurde der Vorschlag motivirt, unmittelbar zur Wahl eines Comite's von 10 Personen zu schreiten. Dagegen erhob sich Herr Kröger, welcher statt eines Comite's die Organisirung nach Quartiers vorschlug, und es den Ermessen der Einzelnen anheim gestellt wissen wollte, nach den verschiedenen Quartiers zu wählen, die Organisirung blos auf das Financielle zu beschränken und auf Geldablieferungen nach Zweibrücken. Herr Kröger aus Hamburg ist ein Schenkwirth — viele Leute werden wohl die Achseln zucken, besonders wenn sie hören, daß Herr Kröger eine stark prononcirte Hamburger Aussprache hat und doch sein Deutsches liebt. Die ganze Gesellschaft war aber electrisirt, als sie diesen wackern Bürger klar und einfach und mit herzlicher Naivität seine Ansicht aus einander setzen hörte — jedes seiner Worte wurde bald mit heiterm Lachen, bald mit stiller Aufmerksamkeit, bald mit lautem Bravo begleitet. Seine Meinung wurde einstimmig angenommen, und viele Stimmen ließen sich hören, welche riefen: „so ist der deutsche Bürgersmann, schlicht, einfach, offen und voll Einsicht." Man motivirte nur in so weit, daß einstweilen ein Comite von 10 Personen bestehen sollte, welches in den nächsten 14 Tagen der Organisirung nach
511 Quartiers Platz machen wird. Hiezu wurden alsdann gewählt die Herrn Blechschmidt aus Moskau, Kargl, Börne, Leipheimer, Ouvrier, Heine, Berg, Wolfrum, Garnier, Kröger. Die meisten Stimmen erhielten die Herrn Kröger und Blechschmidt. Die Gesellschaft wollte sich trennen und die nächste Versammlung auf 14 Tage hinaussetzen: aber man verlangte laut eine Vereinigung in 8 Tagen, indem man sagte: „es ist uns so wohl, einmal als Deutsche zusammen zu sein und nicht als Baiern, Badener, Hessen u. s. w." Die Sammlungen für die Polen werden eifrig fortgesetzt, unsere deutschen Brüder in Deutschland werden sich hoffentlich von uns nicht beschämen lassen, sondern schnell Hülfe leisten, und vor den Augen von Europa beurkunden, daß sie nicht undankbar sind gegen die edle Nation, welche für uns sich geopfert. Der deutsche Verein zu Paris. Tübingen, 1. März 1832. Längst eines Sinnes mit Ihnen über die große Angelegenheit der Zeit, und einverstanden mit Ihren Bestrebungen für das wahre Heil der Völker überhaupt und insbesondere unseres mißhandelten Vaterlandes, komme nun auch ich, dem Aufrufe zur gemeinsamen Unterstützung der deutschen Presse, dieses edelsten und wirksamsten Mittels, unsere Rechte uns zu erkämpfen, bereitwillige, eifrige Folge zu leisten. Es hätte dieses, da jener begeisternde Aufruf schon so lange erklungen ist, und in allen für die Sache der Menschheit und des Vaterlandes schlagenden Herzen so schnellen und so vollen Anklang gefunden hat, freilich schon früher geschehen sollen; allein da ich das Anerbieten meiner Mitwirkung nicht auf blos materielle Beiträge beschränken zu dürfen und insoferne mich in directe Communication mit Ihnen setzen zu müssen glaube, so unterblieb bis jetzt die förmliche Erklärung meines Beitritts zu dem Verein für die Unterstützung der vaterländischen Presse. Da ich nun aber einsehe, daß wenn ich meine — jedenfalls mehr nach dem Maßstabe des guten Willens als nach dem einer glänzenden Fähigkeit zu schätzende - Mitwirkung durch publicistische Beiträge vor der Hand sehr kärglich ausfallen wird, Ihnen doch vielleicht daran gelegen sein könnte, zu wissen, aufweiche zu einer thätigeren und unmittelbareren Unterstützung Ihres wichtigen Unternehmens entschlossene Vaterlandsfreunde Sie rechnen können, so säume ich nicht länger, Ihnen hiemit meinen ernstlichen Wunsch, in die edle Kampfgenossengesellschaft für die gute Sache aufgenommen zu werden, zu eröffnen. — Ich verpflichte mich zu einem jährlichen Geldbeitrag von 12 fl. — Das Uebrige nach Umständen. Daß ich diesen Schritt gerade jetzt thue, in einem Augenblick, wo Ihr patriotisches Unternehmen als hochverrätberisch darzustellen versucht wird, wo, wie verlautet, hier in Tübingen eine Untersuchung gegen diejenigen Studierenden (denn von einem Beitritte Nicht-Studierender habe ich noch nichts in Erfahrung bringen können), welche Ihrem patriotischen Aufrufe so prompte Folge geleistet haben, stattfinden soll, daß ich gerade in diesem Augenblicke jenen
512 Schritt thue, darf Sie darum nicht wundern, weil ich, wie Sie mir wohl zutrauen werden, weiß, was Hochverrath ist, weiß, daß in Ihrem und aller wahren Volks- und Vaterlandsfreunde Streben keine Hochverrätherei ist, sondern daß vielmehr, wenn denn Hochverrath wirklich irgendwo vorhanden sein soll, hierunter nur dasjenige abscheuliche Verbrechen gemeint sein kann, welches seit 16 — 17 Jahren an den Völkern Deutschlands durch die schmählichste Vorenthaltung der von ihnen blutigtheuer erkämpften, ja ihnen so feierlich zugesagten Rechte verübt wird. - An das Gerücht von einer hier bevorstehenden Untersuchung gegen die Subscribenten für Unterstützung der deutschen Presse kann ich darum nicht glauben, weil ich unserer Regierung eine so schamlose Rechtsverachtung, eine so unkluge Mißkennung ihres eigenen Interesses nicht zutrauen darf, daß sie jenes Gerücht zur Wahrheit werden ließe, und sich nicht scheute, ihren Ruf mit dem Brandmale despotischer Meinungsverfolgung zu beflecken. — Der Gott des Rechts und der Wahrheit wird unsere Bemühungen segnen! Aide-toi, et le ciel l'aidera! sei unser Wahlspruch. Und hiemit empfehle ich mich Ihrer Freundschaft und verharre mit Hochachtung etc. Ferd. Kleinmann, Justiz-Referendär. Frankfurt a. M. am Februar. Das schändliche Gesetz der israelitischen Ehesperre (ganz den finstern Zeiten des Mittelalters würdig), das unser Senat wieder erlassen, hat mit Recht das Gefühl aller deutschen Liberalen empört; und mehrere liberale Blätter haben ihren Unwillen dagegen ausgesprochen. Wenn wir aber auf der einen Seite die tiefe Trauer von sechshundert Familien, auf der andern die Selbstgefälligkeit und Gefühllosigkeit der Machthaber sehen, so fragen wir, wird das was nützen? Kein Herz, kein wirklich entrüstetes Gemüth hat aus den deutschen Blättern gesprochen, und unsere Herren Senatoren werden auch dieses Jahr ihre dreitausend Gulden jährlichen Gehalt einstecken, und die armen Israeliten bleiben auf ein Viertel Schock Ehen beschränkt, vor wie nach. Die freie Presse muß nicht allein das Unrecht rügen, sie muß mit Feuerworten die Gemüther gegen die Willkür und Gewalt erregen, das Laster geißeln, wo sie es findet. Unser Senat glaubt — gleich dem Schilfrohr in der Fabel — durch seine Nichtigkeit dem Sturme der öffentlicher Meinung zu entgehen. Aber das soll ihm nicht gelingen. Wir wollen ihn aus seiner Dunkelheit ans freie Licht der Welt zerren, ihn da der Schmach Preis geben und vor den Augen des ganzen deutschen Volkes ihm das Brandmal der Schande vor die Stirn drücken. Da wollen wir sehen, ob er nicht zuckt und nachgibt. Thut er dieses nicht, ist sein bischen Herz zu Knochen geworden, so bleibt uns noch die Hoffnung, die auch den Unglücklichsten nie ganz verläßt. So lange noch in Deutschland ein Plätzchen für die freie Rede geduldet ist, so lange werden wir diese Keule gegen den Despotismus schwingen, und unser Spruch sey: Hilf dir, und Gott wird dir helfen. Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Donnerstag.
Wiedergeburt
N-
Vereinigung der deutschen Volkskräfte. Endlich haben wir einen Vaterlandsverein. Was unermeßlich in seinen Folgen sein kann, blieb bis jetzt unversucht. Heil der Zeit, in welcher der Gedanke eines deutschen Vaterlandsvereins verwirklicht werden soll. Ehre allen denen, welche den Patrioten zur Beförderung dieses großen Werkes die treue Hand reichen! Auf denn, erhebt euch alle, ihr Edeln, die ihr mit allen Kräften eures Gemüthes den Völkern Freiheit und reine Volksherrschaft wünschet! Die Zeit der müssigen, thatlosen Wünsche liegt hinter uns. Höret den Ruf des Vaterlandes! Er pocht an eines Jeden Pforte, fordert eines Jeden Kräfte. Jeder, der einen Sinn für das Gute im Innern trägt, betrachte sich für einen Geweihten der heiligen Sache des Vaterlandes. Glauben habe Jeder an die Kraft der guten Sache, aber auch Glauben an sein eigenes Vermögen und Können. Weg mit dem feigen, unwürdigen Zweifel. Dieser war es, welcher Riesenkräfte so lange gefesselt hielt und zum lenkbaren Spielwerk armseliger Marionettenfiguren machte, weil sie mit dem Purpur der Herrschaft bekleidet waren. Nur das Einzige geschehe, glaubet an eure Kraft, ihr Volksfreunde, und schon ist sie verhundertfacht. Was war es, das den Polen fast übermenschliche Stärke verlieh, das sie in den Rang der spartanischen Helden erhob? Nur der Glaube an ihre Kraft. Auch hatte dieser ihr Glaube sie nicht betrogen, denn ihr furchtbarer Feind mit aller seiner Macht siegte nur, weil er den schleichenden Verrath im Innern Polens und den tückischen Beistand einer Nachbarschaft zu Hülfe rief. Auch jetzt noch ist der Polen heiliger Glaube nicht von ihnen gewichen, die Besiegten sehen sich im Geiste als künftige Sieger, und Polen ist für sie noch nicht verloren. Deutsche Vaterlandsfreunde, glaubet auch ihr an das Auferstehen unseres Vaterlandes. Das deutsche Volk bewies es ja schon oft, daß es kein ohnmächtiges, leichtbezwingliches Volk ist. Wer stürzte das tückische Mönchthum von seinem himmelhohen Throne herab, von dem es seine Blitze über ganz Europa schleuderte? Wer hat so das heilige Licht der Aufklärung, das nach der langen Nacht des Mittelalters über den Völkern heraufzugehen begann, gegen seinen gefährlichsten Feind geschirmt und den spätem Jahrhunderten gerettet? Das deutsche Volk war es, sagen wir mit Stolz. Wird deutscher Muth im Bunde mit deutscher Beharrlichkeit durch die Macht der Meinung nicht auch fähig sein, den Despotismus der Fürsten von Gottes
Tribüne. des
65.
Vaterlandes.
Homburg, den 15. März 1832.
Gnaden zu erschüttern? Wird er das aufgeblasene dünkelvolle Königthum des göttlichen Rechts, das den Ursprung seines Rechts und seiner Macht über das Reich der Erde hinaus verlegt, nicht auch ganz friedlich umschaffen und mit den Zwecken der großen Gesellschaft in Einklang setzen können? Ja, er wird es. Auch das Königthum des göttlichen Rechts wird in Deutschland über kurz oder lang seinen Luther finden. Seht, schon wird der Katechismus des Knechtsinns und der Kriecherei verachtet, schon wird die neue Lehre des Menschenadels und der Menschenrechte überall auf den Altar erhoben. Freunde des Volkes, weihet euch rücksichtslos, fest entschlossen, unerschrocken dem Dienste der neuen politischen Lehre als Männer, die der Kraft der Wahrheit und des Rechts vertrauend, ihr einzelnes Ich einer ganzen feindlichen Welt entgegenstellen können. Zu solcher Höhe sollt ihr euren Muth steigern, doch nicht sollt ihr als Einzelne handeln, nein - in einer großen, immer wachsenden, fest verbundenen Masse sollen alle volksbefreundeten Kräfte handeln. Diese Masse — bemerket es wohl, ihr Freunde des Volks - soll in Ruhe und Frieden zu solcher Größe anwachsen, daß schon ihr bloßes Vorhandensein und Erscheinen die Macht aller volksfeindlichen Kräfte einschüchtert und zum freiwilligen Verzicht auf volksverderbliche Vorrechte und Regierungsformen bestimme. Dieß denket hell und lebendig. Zweifelt ihr an der Menge der eigentlichen Volkskräfte, so sehet hin auf die Millionen, welche in die Steuerkassen fließen, und erforschet, woher sie kommen; zählt die Bajonette, auf welche sich die Machthaber stützen, und seht, ob sie nicht fast alle eigentlich dem Volke angehören; betrachtet die vorhandenen Geisteserzeugnisse, und untersucht, ob ihre Hervorbringer nicht fast alle in den Reihen des Volkes stehen. Gewiß, das einzige Deutschland hat schon eine solche Menge von Kräften, welche ihrer Natur nach dem Volke angehören, daß dieselben in ihrer natürlichen Richtung von allen volksfeindlichen Kräften in ganz Europa nicht bezwungen werden könnten. Was gilt es also? Es gilt einzig und allein, die Kräfte des Volkes dem Volke zu gewinnen, d. h. dem Volke Volksgeist zu geben, das Volk zum Volke zu machen. Diese Aufgabe wird die Presse erfüllen, und sie nur kann sie erfüllen. Darum ergeht der dringende Ruf an euch, ihr Volksfreunde: vereinigt euch zur Unterstützung der Presse. Die Presse, durch euch an Macht verstärkt, wird wieder eure Macht verstärken: denn sie wird eurem Bunde Tag für Tag neue Anhänger werben, bis sie fast das ganze
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515 Volk euch zugeführt hat. Zweifelt nicht an der Macht der Presse. Sie ist die Sonne für den Redlichen, und der Blitz für den Schlechten. Seht, wie die Kühne, von keiner Macht geschreckt, überall die verkappte Unredlichkeit aufsucht, um sie zu entlarven, und säße sie auch auf Thronen; seht, wie sie dem heiligen Feuer der Vaterlandsliebe täglich neue Nahrung gibt, bis es zur hochauflodernden Flamme wird, die kein Widerstand zähmen, wohl aber zu verzehrender Gewalt anfachen kann. Die Presse also genieße euren Schutz; ihrer Sache gelte eure verbündete Thatkraft. Glaube Keiner, daß ihn Stellung und Lage zur Unthätigkeit verurtheile. Auch der Arme hat einen kleinen Ueberfluß; auch der Arme kann — was mehr ist — ein Herz besitzen, das für viele Gleichgültige ein Quell der Vaterlandsliebe wird. Hier liegt die größte Stärke des besseren Bürgers, daß er dem Vaterland auch fremde Kassen öffnen, auch fremde Arme und Köpfe gewinnen kann. Viele werden aber auch wichtigere Dienste leisten können. Viele hat die ihnen günstige Natur besser ausgerüstet, als Andere. An euch, ihr Begünstigten, wendet sich besonders das Vaterland, und ruft euch dringend um den Dienst eurer Geisteskräfte an. Ja, ihr Mächtigern an Geist und Seele, verschließet nicht das heilbringende Licht, die Frucht eures Mühens, Denkens und Sinnens in euren Köpfen, bringt es den Massen dar, damit Gedanke und Wille sie durchdringe, damit die blinden Werkzeuge schlauer Selbstsucht zu unabhängigen, geisterfüllten Wesen werden. Wäre dieser Beruf nicht groß genug, nicht würdig eurer Kraft? Unmöglich, das kann Keiner denken. Was wäre den groß, wenn die Bildung der Massen und alle die unberechenbaren Folgen, die daraus in allen geistigen und materiellen Dingen für die Völker überhaupt erwachsen müßten, nur ein kleines Werk wären? Doch könnt ihr's nicht über euch bringen, durch den Mund der periodischen Presse unmittelbar zu den Massen zu sprechen, so könnt ihr doch den höheren Beruf, Lehrer der Lehrer zu sein, nicht verschmähen, und ihr könnt in umfassendem Werken der überreichen Denkkraft vollen Spielraum verschaffen. Wie es also auch immer sein mag, seid rüstig und unermüdlich im Dienste des Vaterlandes. Die Bestallung zu diesem Dienste führt jeder in seinem Namen: „Deutscher." Am Erfolge zweifle Keiner. Die Zeit ist ein aufgelockerter Boden, der nur die Saat erwartet. Will die Frucht nicht kommen, dann verdoppelt euern Fleiß, denn wo ist die Gränze eurer Energie? Als Frankreich ganz von Feinden umlagert war, da rief Danton: Kühnheit, immer Kühnheit und immer Kühnheit. Auf den Ruf seiner Patrioten erhob sich Frankreich; wie durch ein Wunder schien die Zahl seiner Arme und Köpfe sich vermehrt zu haben, und der Sieg — mußte ihm werden, denn man wollte siegen. Bürger Deutschlands, auch euer Muth, auch eure Thatkraft ist erst ein Saamkorn. Allein vertrauet nur dem Boden die Saat. Die Erndte wird nicht ausbleiben. Sie wird herrlich sein, und unsere Kinder werden die großherzigen Männer segnen, die nicht für sich, sondern für das große Vaterland thätig waren.
Herr Perier und die Polen. So lange die Völker nicht von der Ueberzeugung durchdrungen werden, daß sie im Kampfe für die Freiheit, Nationalität und Volkshoheit sich nicht nur gegenseitige Theilnahme schenken, sondern auch thatsächlichen Beistand wechselseitig sich leisten müssen, so lange wird der Kampf zwischen Freiheit und Despotismus ungleich sein, und am Ende immer dem Letztern den Sieg verschaffen. Die Herrscher sparen weder Schätze noch Menschenblut, wenn es gilt, ein fur Selbstständigkeit und Freiheit kämpfendes Volk nieder zu werfen. Sie achten auf die größte geographische Entfernung nicht, wenn es gilt, einem bedrängten despotischen Bruder zu Hülfe zu kommen. Die Russen haben in der Schweiz, in Frankreich und in Italien gefochten, und würden unter den Mauern von Lissabon für Don Miguels Usurpation kämpfen, wäre ihnen der Durchzug in jene ferne Regionen gestattet. Dagegen wagte das französische Volk es nicht, den Polen, deren Blut so oft im Interesse Europas geflossen ist, ernstliche Hülfe zu leisten. Verlassen von allen Völkern mußten wir fallen! Alles ist verloren, nur die Ehre nicht. Aber auch dieses unschätzbare Gut will der Präsident des französischen Ministerconseils uns entreißen, wie seine am 21. Februar in der Deputirten-Kammer gehaltene Rede es beweist. An die deutsche Presse wenden wir uns, um unsere Ehre zu vertheidigen. Herr Perier behauptet, daß Polens Schicksal nicht der französischen Regierung, sondern den von Fremden uns ertheilten falschen Rathschlägen zuzuschreiben sei. Diese Behauptung bezieht sich auf die Entstehung der Revolution. Allein welche irrige Darstellung der Sache liegt in ihr! Das Edle und Großmüthige der letzten Revolution war nicht das Werk fremden Rathes; es war die Frucht hoher Begeisterung der ganzen Nation, und des tiefen Gefühls der Nationalehre und Nationalwürde. Nur das Bewußtsein der zur Durchführung einer Revolution erforderlichen Kraft und Muthes kann den Entschluß sie durchzuführen erzeugen. Fremden Raths und äußerer Beispiele bedurfte Polen hierzu nicht. Aber ein fremder Rath war es, der den unglücklichen Ausgang der hochherzigsten Unternehmung beschleunigte, und dieser Rath rührte gerade von dem französischen Ministerium her. In folgender Thatsache liegt der Beweis. Im Kampfe gegen einen überlegenen Gegner kann das Mißverhältniß der materiellen Kräfte nur durch die moralische Kraft, insbesondere nur durch rasche gewandte Kühnheit, ausgeglichen werden. Im Julius verflossenen Jahres wurde uns der Mangel an Geld, Munitions-Vorräthen und sonstigen Mitteln sehr fühlbar: deshalb war es für uns von höchster Wichtigkeit, die Vereinigung von feindlichen Streitmassen aus allen Kräften zu verhindern, und dem Gegner den Uebergang über die Weichsel wo nicht ganz unmöglich zu machen, mindestens doch möglichst lange zu erschweren. In dieser Lage der Sachen, langt in Polen ein auf Kosten der französischen Regierung durch den Minister Sebastiani geschriebener Brief an, mit dem Rathe: „den Kampf noch zwei Monate lang hinzuziehen und deshalb entscheidende Kriegswechselfalle zu vermeiden." Der Generalissimus der polnischen Armee, dessen Gewalt in strategischer Hinsicht
517 unbeschränkt war, befolgte diesen Rath, welchen der französische Gesandte in Berlin im Monat August wiederholt hatte. Unser späteres Schicksal war die Folge dieser Insinuation. Für die volle Wahrheit obiger Angabe verbürge ich mich, obgleich ich nicht glaube, daß mir irgend jemand darin widersprechen wird: und nun mag die öffentliche Meinung den Ausspruch thun, aus welcher Quelle die für Polen verderblichen Rathschläge geflossen sind. Was das uns zum Vorwurf gemachte fortwährende Nichtanerkennen der russischen Herrschaft betrifft, so folgt darin jeder Pole nur dem Gefühl der Mannesehre und der Würde seiner Nation, und wir finden uns hierin in keiner andern Lage als jeder Franzose sich befände, der im Nichtanerkennen Karls X. verharrte, wenn heute das Glück der Waffen diesen zurückführte. Die Behauptung, daß bevor eine Nation sich entschließe den Despotismus abzuschütteln, sie die Folgen eines so gewagten Unternehmens in ernstliche Erwägung ziehen, und von diesem Vorhaben abstehen sollte, wenn sie auf äußere Hülfe nicht rechnen könne, diese Behauptung sage ich, würde sonst nicht weiter auffallen, wenn der, aus dessen Munde sie kommt, nicht der Minister eines Königs wäre, dessen Herrschaft ihre Entstehung der Juli-Revolution verdankt, und mit dem Kampfe der Pflastersteine gegen die Schweizer-Bajonette begann. Konnte auch diese Revolution alle Wechselfälle berechnen und voraussehn? Wer von denen, die jetzt in die Früchte jenes Weltereignisses sich theilen, hat damals die Berechnung angestellt? Oder kann überhaupt kaufmännisches Berechnen den Aufschwung eines zu den Waffen greifenden Volkes aufhalten, eines mißhandelten und zertretenen Volkes, das der Rechte Heiligstes, die Freiheit, Nationalehre und die VolksUnabhängigkeit zurückfordert? Kann kaufmännisches Berechnen ein Volk vom Kampfe abhalten, wenn es so weit gekommen, daß die Niederlage ehrenvoller ist, als das Fristen schmachbeladener Existenz? Gewiß nicht! Und zugestanden, daß die Folgen der polnischen Revolution vorher erwogen werden mußten, kann man eine Unternehmung, die ihrem Ziele so nahe geführt wurde, wie es bei uns der Fall war, als unüberlegt ansehen? Neun ehrenvolle Monate hindurch waren wir gegen zwanzigmal stärkeren Feind unüberwunden geblieben, und würden ihn auch ohne fremden Beistand endlich auf lange hin besiegt haben, wenn er nicht von Preußen und Oesterreich unterstützt worden, während wir, von allen Völkern verlassen, allein standen im langen ungleichen Kampfe. Herr Perier behauptet ferner, er habe vor dem Falle Warschaus im Interesse Polens alles gethan, was in seinen Kräften gestanden sei. Nun ist es aber eine unbestreitbare Thatsache, daß wenn Preußen ein aufrichtiges Neutralitäts-System gegen uns beobachtet, und die Russen weder mit Lebensmitteln noch Munition versorgt hätte, während polnische Gelder und im Auslande für Polen erkaufte Waffen überall in Preußen mit Beschlag belegt worden, Feldmarschall Paskewitsch von aller Communication mit Rußland abgeschnitten, nicht über die Weichsel gehen und noch weniger Warschau hätte nehmen können! Hat nun das französische Ministerium nicht einmal die Bewahrung der Neutralität ausgewirkt, so hat es fur Polen nicht nur nicht alles, was es thun konnte, nein, es hat gar nichts gethan. Die Klagen, die Herr Perier gegen die Polen vorbringt, so wie das Lob, das er dem Mini-
518 sterium über die Aufnahme derselben in Frankreich ertheilt, will ich nur kurz berühren. Kein französisches Gesetz beraubt die in Frankreich Schutz suchenden Polen ihrer persönlichen Freiheit, und doch wird auf ministerielle Befehle Polen, die keine Unterstützung fordern, der Aufenthalt in Paris untersagt, und ihnen Chateauroux zum Aufenthalt oder eigentlich zum Verbannungsort angewiesen. Es war nicht zu befürchten, wie es der Minister zu besorgen vorgab, daß die Bevölkerung von Paris um zehntausend Polen vermehrt werden sollte; in ganz Frankreich befinden sich bis jetzt kaum zweitausend von ihnen, und diejenigen, welche Unterstützung von der Regierung erhalten, verlangten nicht nach der Hauptstadt zu kommen. Die Behauptung, als würden falsche Officierspatente vorgezeigt, ist rein verläumderisch. Die Dienstentlassungen können in vielen Fällen um einen Grad höher gestellt worden sein als Lohn für überstandene Anstrengung und dargebrachte Opfer, nicht aber um höhere Unterstützung in Frankreich zu erlangen. Wie kann Männern, die alle ihr Alles für das Vaterland hingeopfert, und zum Theil Millionen verloren haben, wie kann diesen die jämmerliche Absicht untergeschoben werden, sich falsche Zeugnisse ausstellen zu lassen, um in Frankreich auf höhere Unterstützung rechnen zu können. Die von dem französischen Ministerium gemachte Unterscheidung, die vor, und denen, die nach dem Falle von Warschau zu höhern Graden befördert wurden, ist ganz im Geiste der Petersburgischen Amnestie-Ukase. Denen, die in dem letzten, schwersten Augenblicke noch aushielten, wird dieser Muth zu einer Art Verbrechen gemacht. Einige Polen, wird behauptet, hätten sich Beleidigungen des Königs und seiner Regierung zu Schulden kommen lassen; mögen die Schuldigen die gesetzlichen Folgen ihrer strafbaren Handlungsweise treffen. Werden aber von keinem Beweise unterstützte Anschuldigungen egen Menschen gerichtet, die sich nicht rechtfertigen önnen, dann wird gegen Rücksichten gehandelt, fwelche das Unglück gebietet. Damit beschließe
ich die Beantwortung der ministeriellen Rede; der Würdigung der französischen Nation sowohl das Bild der ökonomischen Lage Frankreichs, als auch die Opfer, welche zu Gunsten der Polen gefordert werden, anheimstellend, wobei ich die Gesinnungen des französischen Volkes von dem System und den Grundsätzen des Ministeriums gar wohl unterscheide. Brüssel am 27. Februar 1832. B. Niencojowski. Der Speisewirth und die Verschwörung in der Straße Prouvairs zu Paris. Bekanntlich wurde eine Gesellschaft von mehr als 100 Verschwornen durch den Speisewirth Larcher, dessen Haus der Sammelplatz war, verrathen, und auf diese Weise der Schlag unterdrückt, welcher der segenreichen Verwaltung des Minister-Präsidenten Perier ein Ende machen sollte. Um einen Vorwand für den Verrath zu haben, geschah die Anzeige in Gemäßheit eines Gesetzes, das die Bürger zu Spionen macht. Larcher hat dafür den Trost, so oft er sich auf der Straße zeigt, von den Gassenjungen verfolgt zu werden, und sein Todesurtheil auf der Hausthüre täglich zu lesen. Die Leute meiden ihn und seine Wirthschaft wie die
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519 Pest, und der Mann ist genöthigt, sein Geschäft unter der Hälfte des Kaufpreises zu verkaufen. Dieß ist hart, aber - gerecht! Der Verrath muß überall sein Strafe finden: denn er ist ein Attentat gegen das Vertrauen, ohne welches der Mensch nur sich selbst lebt und das Volk unter den Gewaltstreichen der Regierung fallen läßt. Der unabhängige Bürger hat sich nicht darum zu kümmern, ob und wie die Staatsgewalt es für gut findet, von ihm zu verlangen, Verdächtiges in und außer seinem Hause zu ihrer Kenntniß zu bringen; sie mag hiezu ihre absoluten Agenten gebrauchen. Das Volk soll zum Spioniren und Anklagen sich nicht herabwürdigen, und mit dem Fluche sich nicht beladen, der seine Vertreter trifft, die Gesetzen ihre Zustimmung geben, wodurch Bürger zum Spioniren und Verrathen verpflichtet werden. Was unterscheidet solche Gesetze noch von den Sentenzen jener Ukasen, die haufenweise diejenigen nach Sibirien verweisen, die ohne Selbsttheilnahme an der polnischen Revolution nur um dieselbe gewußt, und unterlassen hatten, sie anzuzeigen? Es unterscheidet sie blos, daß schlechte Kammern die Gewaltthat der Regierung besiegeln! Darum sollten die deutschen Volksstämme, bei denen es als Erbtheile der Franzosen ähnliche Gesetze gibt, durch die öffentliche Meinung oder die Deputirtenkammern auf Abschaffung solcher entehrenden Gesetze antragen. Auch möge das deutsche Volk bei seinen Wahlen wachen und beten, damit List, Schmeichelei, Reichthum und jene Schwäche, die gleich Böses thut durch Nachgiebigkeit und Halbheit, nicht in seine Kammern dringen, und mithelfen, seine heiligsten Interessen zu vernichten. Seid auf Eurer Hut! Thuet die Augen auf, um zu sehen, daß Euer Wohl nicht das Wohl der Regierungen ist; daß ihre Wohlfart der Eurigen starr widerstrebt und daß die Minister daher ein sehr wesentliches Interesse dabei haben, Eure Kammern zu berücken, zu theilen und zu gewinnen, um mit der Kette scheinheiliger Gesetze an Leib und Seele Euch desto sicherer und fester zu knebeln. Jede Fahrlässigkeit und Zustimmung gegen Eure Freiheiten und moralische Würde sollet Ihr als Hochverrath gegen die Volksehre betrachten, und Gemeinwillen haben, überall da, wo es sich zeigt, das Verbrechen öffentlich zu verachten und auf diese Weise zur Strafe zu ziehen. Nur wenn Ihr Euch selbst beschützt, könnet Ihr hoffen, beschützt zu werden: denn die Ränke der Staatsgewalt sind eben so alt wie Eure Noth, und stark genug, Euch und Eure Kammern zu erdrücken.
Herr Ernst Emil Hofmann und der Mann von Hof. (Eingesendet.) Herr Hoffmann hat artig daran erinnert, daß er, zur freien Handhabung der Presse der Tribüne, Actien genommen. Es bedurfte des Geläutes der Eitelkeit nicht, da diese, wie seine Beiträge schon bekannt waren. Herr Hoffmann hat aber auch der Lesewelt wissen lassen, daß er sich nicht dazu entschließen könne, zur Erhaltung der in den letzten Blättern der Tribüne ausgesprochenen Preßfreiheit etwas zu geben. Mit dieser Erklärung hat er billig sich selbst beschenkt, denn der eitle Mann findet überall Beruf, das Wort unberufen
zu führen. Es wird indessen niemals der Redaktion, sondern immer nur dem Vaterlande ein Dienst entzogen, der lediglich allein die noch übrige letzte Lebensstütze, die Volkspresse, bewahren mag. Es kommt jedoch dem Vaterlande vorzüglich auf die Gesinnung an, mit welcher beigetragen wird, und nicht auf Gaben, welches Herr Hoffmann in beider Hinsicht sich merken, und im Ausdruck künftig bescheiden sein soll. In der Sache selbst halten wir dafür, daß der erste Artikel jeder deutschen Constitution das eilfte Gebot sein müsse: Laß dich nicht einschüchtern. Wie Israel in seine Hütten ging, als der König nicht gehorchte und sprach: „nicht mit Peitschen, wie mein Vater gethan, sondern mit Scorpionen will ich euch züchtigen," so scheint auch nun einmal die Reihe an das deutsche Volk gekommen zu sein, nach Hause zu gehen, und zuzusehen, was Recht ist vor Gott und Menschen. Der König aber bestieg frisch den Wagen und floh davon. Also geschehe den Fürsten, die durch Schuld und Schulden sich selbst entheiligen und andern die Mühe ersparen. Wir begreifen nicht, wie gescheidte Leute es über sich vermögen, nachzuplaudern, was weder göttlichen noch menschlichen Rechtes ist. Als Israel üppig und schlecht geworden war, und einen König verlangte, um gezüchtiget zu werden, gab Samuel ihm einen, damit es mäßig und gut werden könne. Die Deutschen, mäßig und gut, haben unerbeten Könige empfangen, um schlecht gemacht zu werden, damit sie einsehen, der Könige nicht zu bedürfen. Die Kirche, welche bei der Theilung der Gewalten die Gottlosigkeit noch für sich behalten, hat die Begriffe schamlos verwirrt, die jetzt zu entwirren die Staatsgewalt täglich sich bemühet, um Heil ihr! - es Jedermann verständlich zu machen, daß die Heiligkeit und das göttliche Recht der Fürsten herkommen vom Heilighalten der Würde und der menschlichen Rechte des Volks. Uebrigens wünschen wir dem Herrn Hoffmann Glück bei der Beharrung auf seiner Meinung, auf die zu subscribiren jedoch die Listen nicht vorliegen. Sie wird den Fortgang des Preß-Vereins nicht aufhalten, so wenig, als es dem Königs-Hoffmann gelang, Israel zu verführen, denn das Volk steinigte Hadoram zu Tode! 2. Chronik 10. 16, 18. A n z e i g e . Wir machen das verehrliche Publikum wiederholt darauf aufmerksam, daß die Abonnenten der deutschen Tribüne von dem an die Post bezahlten Betrage zwei Drittheile zurückzufordern haben, und dann auf die Fortsetzung der Tribüne bei der Redaction oder bei Herrn Buchhändler Ritter in Zweibrücken, oder bei den Commissionären, welche an den verschiedenen Orten zur Annahme von Abonnements sich erbieten werden, aufs neue sich abonniren mögen. Homburg, 14. März 1832. D. R. d. d. T. Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur W i e d e r g e b u r t
Freitag.
Tribüne. des
N— 6 6 . Deutschlands Unglück.
Wenn ein Volk ausartet, so verwandelt sich hoher Muth, Thatkraft und Vaterlandsliebe in Feigheit, Schwäche und niedrige Angst für das Wohlsein des Ichs. Die Frucht der Ausartung einer Nation ist daher jederzeit die Sklaverei. Wo Vaterlandsliebe die Brust der Bürger schwellt, da herrscht Freiheit, da bleibt das Recht eines Jeden unangetastet von der Gewalt der Machthaber: denn die Despoten sind feige und wagen es nie, gegen Männer in die Schranken zu treten. Was ist Deutschlands Unglück? Daß seine Kinder keine Vaterlandsliebe haben! — Ich sehe, meine Brüder, ihr beklagt euch über diesen Vorwurf, und doch ist er leider nur zu gegründet. Käme es auf Betheuerungen und Phrasen an, so hätte kein Land mehr Patrioten als Deutschland. Geht umher im Reiche und fragt die Bewohner: ob sie ihr Deutschland lieben? Allgemein wird man dem drohen, der daran zweifeln wollte. Allein es ist mit unserem Nationalunglück so weit gekommen, daß die Worte keine Bedeutung mehr haben. Vaterlandsliebe heißt in der Sprache des entarteten Volkes so viel: »gegen das Land, wo man geboren ist, nichts Böses zu verüben, sondern ihm alles Gute zu wünschen.« Bei den Alten bestand der Patriotismus im Handeln, in der Hingebung für das Vaterland, bei uns besteht er in frommen Wünschen, und höchstens in Gebeten. Seitdem es schöne Phrasen gibt, ist die Thatkraft erloschen. Erhitzt vom Weine, nimmt man patriotische Gesänge und Reden mit Begeisterung auf, schwört dem Vaterlande Treue und erklärt sich zum Aeußersten entschlossen. Kommt aber am andern Tage eine Aufforderung, der Nationalsache nur einen kleinen Dienst zu leisten, so führt die bleiche Angst die Schreckbilder der Criminal-Untersuchung, der Dienstentsetzung, der Einkerkerung u. s. w. vor. Aus ist es mit dem Patriotismus. Die Mehrzahl zieht sich scheu zurück, sogar in solchen Sachen, wo die Gefahr nur in der Einbildung beruht. Sobald aber der große Haufe Aengstlichkeit zeigt, erwacht der Muth der vaterlandsfeindlichen Machthaber wieder. Denn diese bilden in allen Dingen das Widerspiel des Volkes. Ist die große Mehrheit der Nation muthig, unternehmend und entschlossen, so sind die Könige furchtsam, unthätig und schwankend. So wie aber die Mehrheit des Volkes Aengstlichkeit und Abspannung verräth, so führen die Könige wieder eine übermüthige Sprache und nehmen au-
Vaterlandes.
Homburg, den 16. März 1832.
genblicklich ein strenges terroristisches System an. Wenn man nur diese Wahrheit beachten wollte, so würde es um unser Deutschland bald besser stehen. Daß unsere Nationalehre mit Füßen getreten werde, daß unser politischer Zustand unerträglich sei, und daß es in Bezug auf die öffentlichen Angelegenheiten nothwendig anders werden müsse, fühlt ein jeder. Allein handeln will fast Keiner, weil er für seine Person unangenehme Folgen befürchtet. Darin liegt aber eben das Wesen der Vaterlandsliebe, daß man, ohne Rücksicht auf die Folgen, freudig das vollbringt, was das allgemeine Wohl verlangt. Wir Deutsche sind indessen danin gekommen, daß man eine solche Definition des Patriotismus für Exaltation erklärt. Der Grund dieses traurigen Zustandes liegt in dem Mangel an öffentlichem Leben. Wo die Angelegenheiten des Landes öffentlich besprochen und berathen werden, wo es durch tägliche Volksversammlungen oder durch ein anderes allgemeines Berührungsmittel einen beständigen Verkehr über Volksangelegenheiten und dadurch ein eigentliches Nationalleben gibt, da nimmt dieses die Aufmerksamkeit und das Interesse aller Bürger so sehr in Anspruch, daß die Privatangelegenheiten in den Hintergrund treten. Man gewinnt ferner das Allgemeine so lieb, daß man es dem Besondern vorzieht. Nun entsteht von selbst die Neigung und der Drang, für das gemeine Wesen zu handeln und dem allgemeinen Wohle freudig die individuelle Wohlfart zu opfern. Soll daher die Vaterlandsliebe in die Brust der Deutschen zurückkehren, so muß ein öffentliches, d. h. ein Nationalleben wieder geschaffen werden. Unsere Voreltern hatten ein solches durch ihre Volksversammlungen. So lange aber die Deutschen ein Nationalleben hatten, so lange waren sie ausgezeichnet durch Patriotismus und Thatkraft. Durch die Civilisation ist ein neues noch wirksameres Mittel, als Volksversammlungen, erfunden worden, die Nationalangelegenheiten öffentlich zu verhandeln und durch einen beständigen Verkehr aller Bürger, über gemeinsame Interessen, ein öffentliches Leben zu schaffen. Dieses Mittel ist die Presse. In Deutschland ist die Buchdruckerkunst mehrentheils zur Bearbeitung der Felder der Wissenschaft benützt worden. Die öffentlichen Angelegenheiten wurden bis vor wenigen Jahren immer nur in dicken Büchern verhandelt: - eine periodischpolitische Presse gab es nicht. Gleichwohl liegt nur in der letztern eine Macht. Kaum war daher in einzelnen deutschen Staaten die periodische Presse für Nationalangelegenheiten
523 wirksam geworden, so zeigten sich auch alsbald die Ersdinge des öffentlichen Lebens. Die periodische Presse stieg stufenweise höher und das öffentliche Leben mit ihr. Ein Theil Deutschlands war wie durch einen Zauber verändert worden. Der Anfang ist nun gemacht, die Anlage zur herrlichsten Entwi[ck]elung ist vorhanden: das vereinte, gebildete und freie Deutschland wird kommen, wenn die periodische Presse fortwirken kann, um das Philisterthum vollends zu erschüttern und den PhrasenPatriotismus in ächte Vaterlandsliebe umzuwandeln. Der periodischen Presse vermag keine Gewalt Widerstand zu leisten, welche nicht unter der Aegide des Rechts, der Wahrheit und der Tugend steht. Jede andere Gewalt, und stützt sie sich auch auf zahllose Massen von Bajonetten, wird durch die periodische Presse zertrümmert. Der Charakter der gegenwärtigen Regierungsgewalten in Deutschland ist aber: „Feindseligkeit gegen die Einheit Deutschlands, Unterdrückung der Volks- und Menschenrechte, Verschwendung der Nationalkräfte und vornehme Verachtung der eigentlichen Volksmassen." In dieser Weise können die deutschen Regierungsgewalten der periodischen Presse gegenüber nicht bestehen, sie müssen entweder diese Presse vernichten, oder ein System annehmen, welches zur Einheit Deutschlands fuhrt, den deutschen Völkern volle bürgerliche Freiheit giebt, die Nationalkräfte zur Veredlung des gesellschaftlichen Zustandes verwendet und durch Anerkennung der Volkshoheit auch dem Geringsten unter dem Volke Achtung und Ehre zugesteht. Es giebt keinen Ausweg, die deutschen Könige müssen ein solches System im Laufe der Jahre annehmen, oder bei Zeiten die periodische Presse zerstören. Sie haben natürlich den letztern Weg gewählt. Was soll aber das Volk thun? - Es soll das Mittel, wodurch allein eine durchgreifende Verbesserung seines Zustandes möglich ist, um jeden Preis zu retten suchen. Dies ist leicht möglich, und das Volk würde die Presse durch allgemeinen Beitritt zu dem Vaterlandsvereine gewiß schützen und pflegen, wenn es den Werth derselben kennen würde, und wüßte, welches Mittel in ihr liegt zur Verbesserung des Zustandes der Länder. Weil nun aber die Massen noch zu tief stehen, so trifft die Verbindlichkeit zum patriotischen Handeln die Gebildeten und vor allen die Lehrer und Beamten des Volkes. Würden nur diese handeln, so wäre alles gewonnen. Allein sie sind es eben, die durch die ängstliche Fürsorge für ihr Ich von dem Wirken fur das Vaterland sich abhalten lassen, sie sind es, die den Muth nicht haben, in That und Wahrheit Patrioten zu sein. Und was hätten sie zu furchten, wenn alle oder wenigstens die große Mehrheit öffentlich für die Sache des Vaterlandes sich erklären würden? Nichts! Einen, zwei, drei oder vier Patrioten vom Beamtenstande, die offen in die Reihen der Volksfreunde treten, setzt man ab oder chikanirt sie auf andre Weise. Allein 200, 300, 400 oder noch mehr Beamte, die auf einmal fiir die Volkssache sich erklären, setzt man so wenig ab, als man mehrere tausend Bürger, die dem Vaterlandsvereine beigetreten sind, wegen Hochverraths processirt. Die Beamten dürften sich nur mit einander benehmen und in Masse für die Sache des Volkes sich erklären; die Gebildeten dürften nur in Masse dem Vaterlandsvereine beitreten, und die Könige werden sich wohl hüten, Absetzungen von hunderten und abermals hunderten vorzunehmen, oder gegen Hunderttausende Prozesse
524 einleiten zu lassen. Die Beamten und die gebildeten deutschen Bürger mögen daher bedenken, daß von ihrer Vereinigung mit den Volksfreunden unermeßliche Folgen, insbesondere die politische Reform Deutschlands abhänge. Sie mögen auch erwägen, daß sie nicht beitreten sollen, um die Doctrinen eines oder mehrerer Journale blind zu unterzeichnen, nicht um Werkzeuge irgend eines Wortführers zu werden, sondern um aus der großen Sache Ernst zu machen, daher auch ihrerseits das Wort zu ergreifen und die Reformen nicht im Sinne dieser oder jener Partei, sondern im Sinne der allgemeinen Stimmung zu fordern. Wenn aber die Beamten an der großen Sache des Jahrhunderts unter keiner Bedingung Antheil nehmen wollen, so werden sie von den kommenden Geschlechtern angeklagt werden. Das Volk wird sagen: „wir wußten damals noch nicht, was zu unserem Heile dient. Ihr hättet durch Wort und That, d. h. durch euer Beispiel uns belehren und ermuntern sollen. Daß ihr aus Sorge für euer Ich, daß ihr aus bleicher und überdieß grundloser Angst von einer großen vaterländischen Association euch zurückzöget und durch Zersplitterung der Kräfte den volksfeindlichen Machthabern die Gewalt gäbet, das Werk der deutschen Reform im Werden zu erdrücken, daß ihr dieß in einer großen bedeutungsvollen Zeit thatet — dieß war auf viele Jahre das Unglück Deutschlands."
Das öffentliche Leben in Kurhessen. Aus Mangel eines durchaus gediegenen öffentlichen Organs über die Angelegenheiten unseres Landes herrscht rücksichtlich der letzteren noch immer viel Irrthum und Dunkel in den übrigen deutschen Staaten. Die Kasseische Zeitung, ein ganz gewöhnliches zusammengeschriebenes Tagblatt, verdient keine Erwähnung, und selbst der mit Recht geachtete Verfassungsfreund, das einzige Blatt, welches sich mit unsern Landesangelegenheiten beschäftigt, unterläßt gar Manches zu besprechen oder doch mehr hervorzuheben. Theilweise wird er von der Censur dazu genöthigt. So wurde zum Beispiel der Aufruf der deutschen Tribüne zur Unterstützung der freien Presse dem Redakteur des Verfassungsfreundes, Herrn Feldmann, der ihn abdrucken wollte, mit dem Bemerken zurückgestellt, daß zur Aufnahme eine Umarbeitung erforderlich sei. Vergebens hat man bis jetzt dieser »Umarbeitung« entgegen gesehen; wahrscheinlich weil unsere »freisinnige« Staatsregierung mit dem Ausdruck Umarbeitung den Begriff verbunden zu haben scheint, daß der Aufsatz gar nicht aufgenommen werden könne; wie sie denn überhaupt schon oft bemerkbar gemacht hat, daß sie eine ganz eigenthümliche Grammatik studirt haben müsse. Mehr aber noch, als durch die Censur, wird die Wirksamkeit des Verfassungsfreundes durch den vermittelnden und versöhnenden Weg, den er eingeschlagen, gehemmt und gelähmt. Er hofft zu viel von unserer Regierung und den Regierungen überhaupt, er schiebt ihnen gute Absichten unter, wo keine sind. Unser Regierungswechsel hat uns doch auf's Neue belehrt, und das schnell und augenscheinlich genug, daß man von den Machthabern nie etwas hoffen soll.
525 Wann wird endlich diese thörichte Leichtgläubigkeit bei den Deutschen aufhören? Sie scheinen in dieser Hinsicht nie etwas lernen, sondern ewig Lehrgeld bezahlen zu wollen. — Der Verfassungsfreund servirt auch seine Wahrheiten auf eine zu delikate Weise, und nimmt zu viel Rücksichten. Will er ζ. B. darauf aufmerksam machen, daß der König von Preußen längst seinen treuen »Unterthanen« eine Verfassung durch sein königliches Wort schuldig sei, und daß er also eigentlich sein Königswort gebrochen habe, so sagt er: »man wolle Preußen verdächtigen, als beabsichtige es, eine Regierungsform beizubehalten, die dem Art. 13 der Bundesakte keineswegs entspreche«, und läßt dann ganz artig hoffen: »Preußens edler König werde, nachdem er der Welt den Frieden erhalten, nun auch nicht mehr länger anstehen, durch eine gewissenhafte Erfüllung der Bundesakte Deutschlands freien Verfassungen einen sicheren Haltpunkt zu geben.« Klingt das nicht komisch? Mit dem Bundestag geht er äußerst subtil und zart um, was bei den Censurverhältnissen wohl nicht zu tadeln ist; allein er thut auch, als wenn von diesem traurigen Institute mit der Zeit noch etwas zu erwarten sei. Wir wünschen dem Verfassungsfreund nichts mehr, als Kampf und Reibung. Allein ein ministerielles oder Hofblatt — dieses Hauptmittel, um »den lieben Unterthanen« die Augen zu öffnen über die wahren Absichten der Regierung und über die Art, wie diese sie »glücklich machen will« - haben wir leider noch nicht, und unsere Aristokraten haben Klugheit genug, ihre Absichten und Grundsätze nicht öffentlich zu vertheidigen, sondern jeden Kampf zu vermeiden. Unserer »liberalen« Staatsregierung ist auch die sehr ruhige, leidenschaftlose und schonende Sprache des Verfassungsfreundes schon zu keck und frei, und ihr Organ, der Landtags-Commissär, hat ihm den Vorwurf gemacht, daß er sich der öffentlichen Meinung unterzuschieben suche; ein sehr ungerechter und unkluger Vorwurf; denn er ist allerdings das Organ der öffentlichen Meinung, er spricht sie nur zu gemäßigt, zu schonend aus, und stimmt sie dadurch sogar herab. Die Staatsregierung muß wirklich einen guten Begriff von unserer öffentlichen Meinung gehabt haben; doch werden die vielen und kräftigen Adressen über Presse, Bürgergarden- und Gemeindegesetz ihr hoffentlich einen bessern beibringen. Sie hat bei Gelegenheit des erwähnten Vorwurfes zugleich die Erklärung abgegeben: daß sie nur die Mehrheit der Ständeversammlung als das verfassungsmäßige Organ der öffentlichen Meinung anerkenne; eine Maxime sehr schön und gut in der Theorie, in der Praxis aber möglicherweise sehr übel und gefährlich. Auch wir haben unsere Rudhardte, Seinsheime und andere Servile, und daneben eine Anzahl guter, aber beschränkter Landleute, die blos mitstimmen und von der Regierung vielleicht zu bestimmen sein möchten. Wir haben zwar keine Wasserburger und Gautinger Adressen gehabt, und auch wohl nicht zu befürchten; allein bei uns hat sich selbst ein Deputirter des Bauernstandes, Herr von Göddäus, im Einverständnisse mit der Staatsregierung an seine Committenten gewandt, um im Interesse der ersteren dieselben zu bewegen, sich in Adressen gegen die Bürgerbewaffnung auf dem Lande auszusprechen. Es gelang ihm auch, viele unerfahrene Örtsvorstände zu täuschen; allein diese ehrlichen Leute waren so brav, sogleich,
526 nachdem man sie über diese Niederträchtigkeit belehrt hatte, in neuen Adressen gegen die früheren zu protestiren und ein Gesetz über allgemeine Bürgerbewaffnung der Verfassung und ihrem Geiste gemäß zu fordern. Ist es nicht hart und ungerecht, sich von einem solchen Manne, der sich des in ihn gesetzten Vertrauens so unwürdig gezeigt und dasselbe so offen mißbraucht hat, noch ferner vertreten lassen zu müssen? Gewiß! Deßhalb muß die bessere Schutzwehr des Volkes in der Presse liegen, jedoch in der entschiedenen starken Presse. Ein Organ, das eine solche repräsentirt, haben wir noch nicht. Der Verfassungsfreund ist zu theoretisch und gehört noch überdieß zum traurigen Juste-Milieu. Darum hat ihn die Erklärung der Staatsregierung, „nur die Majorität der Stände als das Organ der öffentlichen Meinung anzuerkennen," freudig überrascht, denn nach seinen Ansichten sei ein Ministerium, welches, wie Perier jetzt in Frankreich, im Geiste der Mehrheit einer freigewählten Kammer handele, die größte Wohlthat für jedes mündige Volk. Wenn nun aber diese Mehrheit dem Herrn Perier gegen den Willen der Nation die Presse unterdrücken hälfe, würde das wohl der Verfassungsfreund gut heißen? Er erklärt ferner ganz folgerecht, „keine Waffen zu haben gegen ein Ministerium, welches im Geiste der Majorität regiert." Damit verzichtet er auch auf die Waffen gegen die schlechte Majorität selbst, die der Vaterlands- und Verfassungsfreund führen soll. Wir warnen deshalb den Verfassungsfreund vor solchen gefährlichen Theorien, wodurch er sich und der guten Sache nur schaden kann. Emil Hubert Leonhard. Rückschritte im Herzogthum SachsenCoburg-Gotha. Nro. 1. Hätte das entschiedene Auftreten der deutschen Oppositionsblätter bis jetzt auch keinen andern Nutzen gewährt, so verdankt ihm das deutsche Volk wenigstens die Entlarvung aller fürstlichen Heuchler und aller heuchelnden Regierungen. Lange genug wußte man das in Unwissenheit gehaltene Volk mit gleißenden Worten und Versicherungen allerhöchsten Wohlwollens und eifriger Sorge für das Glück der getreuen Unterthanen zu hintergehen und zu täuschen. Als aber endlich eine Anzahl aufgeklärter Volksfreunde ihren Mitbürgern die Augen öffnete über das schändliche Spiel, das man Jahre lang mit ihnen getrieben hatte; als sie mit aller Kraft und allem Nachdruck der Wahrheit auf die Erfüllung hinterlistiger Versprechungen auf den endlichen Uebergang von leeren Worten zu wirklichen Thaten drangen; da mit einem Male sank das künstliche Gebäude der Lüge und Hinterlist zusammen, und die verächtlichen Waffen, deren sich Fürsten und Regierungen zur Widerlegung der gegen sie erhobenen Anklagen bedienten, gaben den schlagendsten Beweis von der Wahrheit und Unwiderleglichkeit derselben. Schon längst mußten die Gewaltherrn bemerkt haben, daß bei der offenen überzeugenden Sprache der Volksfreunde ihr System der Heuchelei nicht ferner mehr bestehen könne. Entweder mußten sie mit Hintansetzung ihrer Herrsch- und Hab-
527 sucht, ihres kleinlichen Ehrgeitzes und ihrer niedrigen Leidenschaften sich in der That dem Wohle des Landes weihen, oder sie mußten, was sie nicht waren, auch zu scheinen aufhören, nämlich wohlmeinend und einsichtsvoll. Noch einmal trat der Genius des Guten und Bösen in den Rath der Fürsten. Jener versprach die Liebe und den Jubel beglückter, gebildeter Völker, und den ächten, ewigen Ruhm kommender Jahrhunderte; verlangte dafür aber Selbstüberwindung, Reinheit der Sitten und Verzicht auf einen leeren Prunk und die Wollüste dieses Lebens, welche die Fürsten nur mit dem Schweiße und Blute erniedrigter Völker erkaufen können. Dagegen versprach der Genius des Bösen allen Glanz und Schimmer asiatischer Despoten, unumschränkte Gewalt über Leben und Güter unwissender Sklavenhorden und Sättigung jeder irdischen Begierde; und zum Lohne für solche Gaben verlangte er nichts als die Erlaubniß, den Namen der also beschenkten Fürsten mit dem Fluche der Mitwelt und mit der Verachtung der Nachwelt brandmarken zu dürfen. Was die ächten Volksfreunde vorausgesetzt, die Völker aber zum Theil noch nicht geglaubt hatten, geschah: der Genius des Bösen triumphirte über den Genius des Guten, die Fürsten traten auf's Neue in einen engen Bund zusammen, um die junge Freiheit gleichsam im Mutterleibe zu ersticken. Der deutschen Regierungen bemächtigte sich eine Art von Muth der Verzweiflung, sie schleuderten jetzt ihre ohnmächtigen Verbote und Bannstrahlen gegen die Verkünder des Tags, und wähnen mit ihrer Vernichtung den anbrechenden Tag selber vernichten zu können. Wie weit es ihnen mit der deutschen Tribüne gelingen wird, lassen wir dahin gestellt sein; können dem deutschen Volke aber unmöglich vorenthalten, welche großartigen Maßregeln unser kleines Herzogthum Sachsen-CoburgGotha in dieser Hinsicht getroffen hat. So lange die deutsche Tribüne für die Sache des schmählich unterdrückten deutschen Volkes nur im Allgemeinen redete, oder ihre gerechten Angriffe einzig und allein gegen die Regierungen Baierns, des Königreichs Sachsens und sogar unsers benachbarten Weimars richtete, so lange verhielt sich die unsrige ruhig; eines Theils weil sich der hohe Bundestag ruhig verhielt, und es doch sehr gefährlich und dabei obendrein lächerlich war, allein in Deutschland gegen ein beliebtes Blatt aufzutreten; andern Theils aber von dem ächtfurstlichen Gedanken zurückgehalten: was geht's dich an, wenn der Andre auf den Kopf geschlagen wird? Doch da erschien plötzlich in Nro. 45 der Tribüne die kräftige Protestation der sehr verehrungswürdigen Bürger von St. Wendel, die das seltsame Glück genießen, mit uns von ein und demselben Hirten geschoren zu werden. Ein allgemeiner Jubel erfüllte die Stadt. Der Machtbefehl und die Erwiederung der St. Wendeler nebst der Einleitung der Redaction der Tribüne wurden unzählige Mal abgeschrieben, und liefen von Hand zu Hand. Wir hatten uns hier um die St. Wendeler noch wenig bekümmert; es war uns ziemlich gleichgültig gewesen, daß sie mit uns zu ein und derselben Schur gehen mußten; nun aber fühlten wir uns ihnen plötzlich befreundet, nun jubelten wir ihnen den Brudergruß zu, nun schlang sich auf ein Mal ein früher noch nicht bestandenes unsichtbares, aber unzerreißbares Band zwischen ihnen und uns. Wir begrüßen daher freudig unsere Brüder in St. Wendel,
528 und werden ihnen mit nächster Post erzählen, wie consequent unsere freisinnige gemeinschaftliche Regierung gegen die böse Presse auch bei uns vorgekehrt hat. Deutscher Vaterlands-Verein. Nachstehende Erklärung hat der Unt erzeichnete der königlichen Regierung des Rheinkreises geben zu müssen geglaubt, um nicht als untergebener Beamter der verwaltenden Behörde dasjenige vollziehen zu müssen, was gegen seine innere Ueberzeugung geht, indem er den sich bildenden National-Verein zur Unterstützung der freien Presse nicht allein für gesetzlich erlaubt (im Rheinkreise *) und als nicht staatsgefährtend anerkennt, sondern sogar der Meinung ist, daß ein solcher patriotischer Verein, wenn er einmal Anklang in allen deutschen Ländern gefunden, dazu beitragen wird, Deutschland stark und glücklich zu machen. Denn er will freie Entwicklung patriotischer Gedanken, über die Mittel zur Förderung des Wohles der deutschen Völker die Unterstützung der Nation in Anspruch nehmen. (Worte der Gründer dieses Vereines.) — Er will dadurch die Völker Deutschlands auf die Stufe der politischen Cultur bringen, daß sie einsehen, - nur Einheit und gleichmäßige volksthümliche Verfassung, nebst Aufhebung alles Industrie- und Geisteszwanges im Innern — könne Deutschlands Bewohner glücklich und den übrigen Völkern Europas gegenüber geachtet und unantastbar machen! — Und ich sollte mich als Scherge hingeben, einen solchen Verein unterdrücken zu helfen!? - Da sei Gott fur! Wer es thun kann, der thue es, - ich aber lege mit Vergnügen nebst meinem Amte die Einkünfte desselben mit circa 250 fl. als kleines Opfer auf den Altar der staatsbürgerlichen Freiheit! — *) Auch anderwärts. A. d. R. Erklärung an die hohe k. R e g i e r u n g des Rheinkreises, Kammer des Innern. Der Unterzeichnete glaubt sich verpflichtet, auf die unterm 5. d. M. in dem Amtsblatte des Rheinkreises enthaltene Verordnung, als der mit der Polizei beauftragte Adjunkt, offen erklären zu müssen, daß er seine Pflichten als rechtlicher Bürger des Rheinkreises zu verletzen glaubt, wenn er dieser Verordnung pünktlich nachkommen wollte. Er bittet daher eine königl. Regierung des Rheinkreises, ihn seines Amtes als PolizeiCommissär entlassen zu wollen, — etc. etc. Dürkheim, 12. März 1832. Job. Fitz. A n z e i g e . Da nun den Posten und Cantonsboten auch die Versendung des Rheinbaierischen Anzeigers untersagt ist, so werden die auswärtigen Abonnenten ersucht, sich direkt bei der Redaktion zu melden; man wird dann Sorge tragen, daß ihnen die Blätter auf anderem Wege regelmäßig zukommen werden. Kaiserslautern, 14. März 1832. Die Red. d. Rheinb. Anzeigers. Kohlhepp. Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur
Samstag.
Wiedergeburt
Tribüne. des
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Der Geistesbund des deutschen und französischen Volkes. In Nummer 5 der Tribüne haben wir von der Nothwendigkeit eines Bundes der Völker gesprochen, der auf reine, volle Freiheit sich gründet. Wir haben zu zeigen gesucht, daß jedes Volk die Nationalität und das Gebiet des andern heilig achten, jedes den unbedingt freien Verkehr als ein gemeinschaftliches Eigenthum aller Völker ansehen soll: wir erinnerten, daß ein Volk von Freiheit nicht sprechen und ihrer nicht würdig sein könne, wenn es selbst das oberste Gebot der Freiheit nicht achtet, sondern wie die Aristokraten nur an sich denkt und nur seinen Vortheil, auf Kosten anderer Völker, durch rohe Gewalt befördern will. In der Nummer 52 der Tribüne legten wir diese Wahrheit in dem Aufsatze »Das linke Rheinufer« insbesondere den französischen Brüdern an das Herz. Frankreichs Patrioten beweisen nun, daß wir nur der Dollmetscher ihrer Gesinnungen waren. Hochherzig und erhaben, wie es den Zierden einer großen Nation würdig ist, legen nun die französischen Menschenfreunde, die Männer des Charakters, die entschiedenen treuen Freunde des Volkes und aller Völker ihr Glaubensbekenntniß in folgender Weise ab: Paris, 10. März. »Mit dem Gefühle inniger Sympathie und mit dem festen Entschluß zur Theilnahme, folgen die französischen Patrioten dem Kampfe, welchen heute Deutschlands Patrioten kämpfen. Dieser Kampf offenbart ihnen nicht, er beweist ihnen die bürgerliche Energie einer großen Nation, deren Einfluß in allen Fortschritten der europäischen Civilisation sich wiederfindet, jener Nation, die zerrissen durch den Despotismus den Namen »Deutschland« doch rettete, indem sie sich immer unter Einem darstellt, wo die Geschichte die größten Bestrebungen, die schönsten Erzeugnisse des Denkens und der menschlichen Perfectibilität auf ihre Tafeln eingetragen hat. In dem Bunde, zu welchem sich öffentlich alle zersplitterten Theile des deutschen Volkes einen, schauen wir nicht blos einen Beweis von Einsicht und großherziger Vaterlandsliebe, ein Pfand des glücklichen Erfolges; wir erkennen in ihm das kündende Vorzeichen jener großen europäischen Verbündung, welche alle politischen Familien der alten Welt verbrüdern, und die Eintheilungen in Staaten, wie das feindselige Königthum sie gewollt, wie die Despoten sie gemeint, zerstören muß, jener Verbündung, welche die Volksthümlichkeit zugleich achtet und befestiget, wie das
Vaterlandes.
Homburg, den 17. März 1832.
Recht der Unabhängigkeit solche weiht, wie die sociale Intelligenz sie bestimmt. Darum vernehmen wir mit Befremden, daß das Mißtrauen, welches unsre Unterdrücker ausgesäet, in Deutschland einigen Glauben zu finden beginnt, und daß man sich zum Verdachte gegen die Absichten der französischen Propaganda hinreißen läßt. Minder befremdet es uns, wenn wir diese Propaganda der Gleichgültigkeit oder der Schwäche anklagen hören; denn es versteht sich von selbst, daß die Unterdrückten ungeduldig sind. Aber wir erwiedern zweierlei: einmal, die uns anklagenden Völker selber sollen sich thätig beweisen; und dann: sie sollen dem Unterdrücker nicht so leichthin glauben, wenn er zu gleicher Zeit ihre Freunde und seine ihm verhaßtesten Feinde anklagt. Deutsche, richtet in der That und ehrenhaft eure Nationalität auf, und Niemanden wird einfallen, sie anzutasten; Ihr sollt nicht rechten mit einem Volke, nicht anklagen eine Nation, welche für Europa so viel und so kräftig gewirkt hat. Freilich fiel sie feindlich in Eure Länder ein; aber selbst, als ein Despot es gegen Euch fortriß, da brachte und ließ Euch Frankreich vergleichungsweise große Verbesserungen. Das Uebel, so es Euch zugefügt, wurde durch manches Gute gemildert; das Gute hat die Eroberung überlebt, und seine Wirkungen dienen Euch heute noch in dem Kampfe, dessen Losung und Anfang die Juli-Revolution war. Auch Ihr brächet in unser Land ein, nachdem Ihr im Jahre 1792 zuerst über uns hergefallen wäret! Was habt Ihr Frankreich in den Jahren 1814 und 1815 gebracht, Ihr, von den Königen geleitet im Namen der Freiheit? — die Bourbonen! — Was habt Ihr selbst Euch geholt? — Eure eigene Knechtschaft! — Tilgen wir, Freunde, alle diese Erinnerungen; die Vergangenheit taugt nichts zwischen Volk und Volk; sie hat von jeher nichts getaugt. Bauen wir doch ja keine Schlüsse auf sie, denn an Gegenbeschuldigungen würde es dem einen wie dem andern nicht fehlen. Eben so wenig lasset uns in der Gegenwart uns verklagen. Zum zweiten Male hat Frankreich die Tyrannei erschüttert, und in ihrem Falle ist die Tyrannei abermals auf Frankreich gestürzt. Handelt; helfet auch Ihr nun uns, und statt uns Eroberungsabsichten vorzuwerfen, erobert Ihr Eure Rechte! statt uns Gefühllosigkeit vorzuwerfen, verdoppelt Euren Muth. - Nein, Brüder, klaget uns nicht an; ahmet uns nach! Zwar, wir sehen, Ihr denket daran, und darum ehren wir Euch, darum sind wir Euch innig ergeben, Ihr Deutschen. Wenn wir freimüthig mit Euch reden, so werdet Ihr
531 unser Lob und unsre Erklärungen nur um so aufrichtiger finden. Die französischen Patrioten sinnen in der That auf eine Eroberung; aber nicht um ein paar neue Departemente ist es ihnen zu thun, — Frankreich zählt deren genug! Die Eroberung, welche die Patrioten bedürfen, müssen Alle machen für Alle; nicht der Nationalität gilt sie, sondern dem Königthum, nicht Krieg ist ihr Zweck, sondern der Friede. Es ist der Bund der europäischen Völker, der Verein ist es, welcher zwei Geißeln der Menschheit entfernen soll, die sich gegenseitig erzeugen und dann die Menschen unglücklich machen, zwei Geißeln, gegen welche das Menschengeschlecht seit Jahrhunderten ringt: der Bund
der Fürsten und der Krieg der Völker.
Ja, ihr Deutschen, noch einen Krieg wird es geben, vielleicht einen langen Krieg, dessen Vortheile aber für uns Alle sind, dessen Ergebniß sein wird, daß die Völker sich nicht mehr bekämpfen! Ja, wir werden Mitbürger sein; nicht weil Ihr Franzosen werdet, - denn Euern schönen Namen müßt Ihr bewahren; und minder groß würde der unsrige sein, wenn wir ihn einem Andern mit Gewalt aufdrängen wollten; wir werden Mitbürger sein, weil wir Alle Bewohner Eines künftigen Vaterlandes, Europas, sind — wie wir Alle Glieder Einer Familie, der Menschheit, sind. Auf diesem Bruderbunde ruht das Geschick der europäischen Gesellschaft. Ihr gemeinsames Erbgut - der Boden ist's, den die Völker mit einander theilen, den sie befruchten, den sie nun bald nicht mehr für gebietende Herren oder für Eroberer wuchern lassen; jene Civilisation ist's, die heilige Mutter, deren Gedeihen sie alle so kräftig gefördert; endlich das gegenseitige Recht der Nationalität ist es, welches jedem seine Selbstständigkeit, seinen eigenen Bestand ungeschmälert wahrt, den Bund der Eintracht auf Unabhängigkeit gründet, und die Verschmelzung der Interessen um so mehr erleichtert, da es die gegenseitigen Ansprüche durch gleiche Garantien sichern wird. Denn wenn der Despotismus die Völker entzweit hat, so könnte nur die Tyrannei in ein einziges sie verschmelzen wollen; sie allein könnte jene verschiedenen Elemente, die charakteristischen Grundeigenthümlichkeiten, welche für jedes Volk aus seiner Geschichte, aus seiner Bestimmung, aus seinem geistigen und leiblichen Zustande sich ergeben, gewaltsam in ein Ganzes zwängen wollen. Man hat nun erfahren — und wir verdanken es der französischen Revolution — daß, je mehr der Boden vertheilt ist, um so mehr der Boden und der Besitzer werth sind. Dasselbe Gesetz gilt auch von den Ländern und den sie bewohnenden Völkern. Es handelt sich nicht um eine Mischung der Völker, trotz ihren verschiedenen Eigenthümlichkeiten; es gilt, sie durch das, was ihnen gemeinschaftlich ist, im Bunde zu vereinen. Gewiß, die Zeit ist nicht fern, wo überall ähnliche Bedürfnisse, wo eine gleichmäßige Würdigung der großen Interessen und der allgemeinen Rechte der Gesellschaften sie alle unter einander sich ähnlich machen, ihnen allen eine gleiche Richtung, eine gleiche Verfassung geben wird. Aber diese Gleichheit selbst erheischt ihre Unabhängigkeit; die freie Uebung ihrer Kräfte, ihres Willens, ist für die Nationen, wie für die Individuen die erste Bedingung ihrer Entwicke-
532 lung, und durch diesen Fortschritt wandeln sie zusammen, auf demselben Pfade, dem nämlichen Ziel entgegen. Mitbürger! die französischen Patrioten erkennen und verkünden als Grundzweck des Bundes der Völker die Unabhängigkeit und die Nationalität der Völker. Sie verwerfen eben so sehr das als König herrschende Volk, als den als König herrschenden Menschen. Wer doch könnte fordern, daß alle Bürger frei sein sollen, und daß die Völker es nicht alle sein sollen? Wer doch könnte darnach trachten, zum Vortheil eines derselben gegen die übrigen eine neue Lehenherrschaft zu errichten, und dieser ganze Völkerschaften zu großen Vasallen zu geben? Das revolutionäre Frankreich war nie eroberungssüchtig; darum wurde es auch nicht erobert, und das wissen wir recht gut. Der Mann, welcher euch unterjochte, hat uns selbst unterjocht; wir waren Knechte, als Ihr aufhörtet, unabhängig zu sein, so wie wir von fremden Heeren überschwemmt waren, als der Despot durch die Unterdrückung die Kraft verlor, Unterdrücker zu sein. Und dann, wie kam es, daß er unsere Kräfte sich dienstbar machen konnte, Euch sein Joch aufzulegen? Daher, weil Ihr uns nicht verstandet, als wir zum ersten Male den lauten Ruf der Freiheit in Europa erschallen ließen; weil Ihr Euch durch Eure Fürsten gegen Frankreich drängen ließet, welches, ohne diesen Fehler, 40 Jahre früher zu Eurer eigenen Befreiung Euch hätte beistehen können. Daher die Reaction, welche unsere Heere in Eure Städte führte, und jene, welche später Eure Krieger in unsere Städte zog. Verstehen wir uns dießmal recht! sonst wird er auf's Neue beginnen, der lange Kampf, welcher, nach mancherlei für die Freiheit Aller stets gleich verderblichem Wechsel, in den Strömen des Blutes der Völker die abgestorbenen Wurzeln des Despotismus auf's Neue beleben wird. Verstehen wir uns recht! Ein Irrthum könnte Eurer Zukunft noch verderblicher sein als der unsern. Schon vermochten wir, Europa allein zu widerstehen; schon vermochten wir, aus eigener Kraft, zweimal die Gebieter fortzujagen, die es über uns gesetzt: aber wenn wir auf's Neue erliegen müßten, was würden aus Euch die Eurigen machen? Was sie bereits aus Euch gemacht. Wenn Ihr Euch gar mit ihnen gegen uns verbündetet, so würde das französische Volk Euch besiegen, oder Ihr würdet es besiegen; aber Ihr würdet noch weniger bei Eurem Siege als bei Eurer Niederlage gewinnen. Weiset darum die unheilvollen Lügen zurück. Das freie Frankreich will Eure Befreiung, und wir haben es schon gesagt, es bedarf der Vergrößerung nicht; es hat nicht, wie der kleinstädtische Bürger, die Wuth, sich zu arrondiren. Die Natur und sein Genius haben es groß genug gemacht; seine Geschichte hat es hinlänglich gewarnt; es begreift seinen Beruf, und weiß wohl, daß die über den Völkern wachende Vorsehung es nicht dazu bestimmt hat, sie zu erobern, sondern ihnen beizustehen. Es kennt seinen Reichthum, und er genüget ihm. Durch sein weit ausgedehntes, zwiefaches Uferland, durch seine starken Gränzen, sein großes in eine Masse gedrängtes Gebiet, seine verschiedenen Klimate, seine tausend Erzeugnisse, seine zahlreiche, dichte Bevölkerung mit ihren vorragenden Eigenschaften, durch den universalen Ein-
533 fluß, den Ihr ihm zugestehet, durch jene ihm eigene Gewalt der Ideenschöpfung und Verbreitung in der politischen Welt — ist Frankreich für sich allein schon ein ganzer Continent. Unsinnig wäre es, wenn es sich vergrößern wollte! unsinnig, wer ihm so verderbliche Ehrsucht einflößen, sie ihm unterschieben wollte! Die Kraft der französischen Nation beruht auf ihrer Einheit. Dieß ist eine der bedeutendsten Folgen der ersten Revolution; und so wenig wir zugeben, daß jene Einheit durch niedrige Leidenschaften und engherzige Selbstsucht leide, welche sie ergreifen, — eben so wenig kann es uns einfallen, diese Einheit dadurch zu gefährden, daß wir mit Gewalt an unsere Nationalität neue Bestandtheile haften, die ihr gleichmäßiges Wesen und ihre Festigkeit beeinträchtigen könnten. Frankreich will nichts weiter, als mit seiner Einheit, mit dem Vollbestand seines Gebietes in Bündniß zu treten mit den europäischen Völkern. Es denkt nicht von ferne an Obergewalt, weil es selbst nimmermehr eine solche von andern fürchtet. Ja, seine Zustände genügen ihm, und sein schönstes Loos scheint ihm das zu sein, daß es für sich selbst nichts mehr zu wirken vermag, ohne nicht zugleich den andern Völkern nützlich zu sein. Diese Bestimmung wird Frankreich erfüllen. Es hat jetzt schon nichts gespart, sich derselben würdig zu beweisen. Sollten nun auch Etliche unter uns noch von Eroberungen träumen, — wer wird ihren Träumen Gewicht geben? Ihr, wenn Ihr Euch mißtrauisch gegen Frankreich zeigt, wenn Ihr Eure Provinzen und Eure Soldaten gegen es bewaffnet. Wenn die Revolution von 1830 in ihrem Laufe gehemmt ward, so ist es — man muß es zugestehen — gerade die Stimmung eines großen Theils von Euch, was dem Könige Ludwig Philipp nur noch mehr half, die Stimmung Frankreichs zu lahmen. Man verfiel sichtbarlich in das alte Mißtrauen gegen uns, und Ludwig Philipp konnte sagen, die Sympathie der Völker gegen Frankreich sei Täuschung, es würde der Regierung leicht sein, sie von Neuem gegen dasselbe zu bewaffnen. Deutschland wirft uns unsere scheinbare Unthätigkeit vor; es beweise uns, daß wir auf seine Kraft und seine Freundschaft zählen können. Europa stand bereit, sich gegen jede französische Revolution zu bewaffnen. Trotz dieser Drohung haben wir gehandelt. - Heute brauchen wir mehr als bloße Versprechungen. Wir verkennen — wir wiederholen es — wir verkennen sie nicht, die großherzigen Anstrengungen, denen sich heute die deutschen Patrioten unterziehen. Die alte deutsche Kraft, welche in Luthers Jahrhundert der religiösen und politischen Freiheit so viele heldenmüthige Vertheiaiger bot, sie erwacht endlich aus ihrem Schlummer. Die Presse ringt sich frei zu machen in dem Lande, welches die civilisirte Welt mit der Buchdruckerkunst beschenkte; die Völker erheben sich da, wo man durch die Erfindung des Schießpulvers den Völkern den Krieg Aller gegen die stahlgewappneten Feudalherren gab. Ehre dem alten Deutschland, welches jetzt im Herzen Europas ein Schlachtfeld rüstet für das sociale Denken - ein Deutschland, welches in seinem Schooße einen Leuchtthurm aufflammen läßt, dessen strahlendes Feuer die noch ungebil-
534 deten Völker rings schauen mögen, welche zu erleuchten und zu befreien es berufen ist! Mit Freuden sehen die französischen Patrioten diese kräftigen Ringer auf den Kampfplatz schreiten, sehen sie Deutschlands Volksthum durch das Bürgerthum sich offenbaren. Mit stolzem, beruhigendem Gefühl finden sie in dieser Aufregung der Gemüther Spuren des Antriebs, welchen das freie Frankreich seinen Nachbarn mitgetheilt hat. Es wird sie nicht verlassen, seine Sympathie ist für Euch, liebe Mitbürger, Euch beizustehen und als Brüder gegen Euch zu handeln ist unser Entschluß. So harret denn aus, und flößet dem Auslande fortwährend Achtung ein vor Eurer Nationalität, indem Ihr sie achtungswürdig und für Alle nützlich machet, indem Ihr beweiset, daß sie lebendig ist in Eurer Vaterlandsliebe durch die Kenntniß Eurer Rechte, durch Eure Anhänglichkeit an dieselben! Beweiset Eure Unabhängigkeit, indem Ihr für Eure Freiheit wirket! Vor Allem vergesset nicht, was Euch einer Eurer Wortführer in dieser heiligen Sache gesagt, daß der Widerstand gegen die Unterdrückung nicht blos ein Euch zustehendes Recht, daß es vielmehr die erste Eurer Pflichten ist, daß Ihr dafür allen Völkern verantwortlich seid. Diese Pflicht ist in unserer Zeit verkündet worden, und weil die Civilisation den Widerstand gegen die Tyrannei zum moralischen Geseße gemacht, darum wird sie vor den Augen der Nachwelt Gnade finden für Alles, was sie noch irre leitet und entwürdiget. Was uns betrifft, deren Väter zuerst das heilige Gesetz an die Stirn und an den Schluß aller Gesetzurkunden geschrieben, — wir wissen, welchen Beruf die Tugend uns auferlegt. Noch eine kleine Weile, und dieser Beruf wird erfüllet sein, zweifelt nicht daran; und wir werden nicht müde, Alles zu untergraben, was ihn hemmet. Deutsche, die Zeit ist nahe; und heute berufen wir Euch zu jenem großen europäischen Congreß, wo alle Völker, unsre Brüder, den Bund mit einander schließen, ihre Rechte anerkennen und die Dienste würdigen lassen werden, die jedes von ihnen geleistet hat und vielleicht noch leisten wird jener Volks-Civilisation, deren Fortschritt zu beschleunigen, deren Frucht zu pflücken die europäische Republik berufen ist.
Geheime Intriguen der preußischen Regierung gegen die Polen. Es wird nichts so fein gesponnen, endlich kommt es ans Licht der Sonnen. Selbst die geheimen Cabinets- und Ministerial-Befehle im lichtscheuen Preußen theilen dies traurige Schicksal mit allen Schändlichkeiten treuloser Fürsten und pflichtvergessener Regierungen. So ist erst jetzt ein Befehl des neuen preußischen Polizeiministers, Herrn von Brenn, womit er seine Laufbahn auf's Würdigste eröffnet hat, bekannt geworden. Alle Oberpräsidenten und Regierungen wurden nämlich angewiesen, keine Polencomite's aufkommen zu lassen und zu dulden, weil unter dem Vorwande der Wohlthätigkeit schlimmere Dinge im Hintergrunde steckten oder stecken könnten. Auch bedürfe es gar keiner PrivatWohlthätigkeit gegen die Polen, davon Seiten des Staats
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535 sowohl für diejenigen Polen, welche ihr Vaterland verlassen, als auch für die, welche dahin zurückkehren wollten, schon hinlänglich gesorgt werde. - Seine Excellenz befahlen jedoch ausdrücklich, daß diese Verordnung geheim gehalten werde\ Warum denn geheim? Solche Proben von Hochsinn und Großmuth einer Regierung, von Vertrauen auf sich und das Volk müssen öffentlich bekannt werden. - Auf ähnliche Weise operirte einst Herr von Schuckmann gegen die Griechen und ihre Freunde, verbot Griechenvereine, nannte das Thun der Griechen verbrecherisch und rebellisch - und siehe da, wenig Jahre nachher wurden auf allerhöchsten Befehl Collecten für sie veranstaltet und in den Kirchen für sie gesammelt, und die preußischen Unterthanen collectirten auf allerhöchsten Befehl, daß es eine Freude war. Sollte sich in der Folge etwas Aehnliches mit den Polen ereignen, so werden wir Wunder sehen; es werden sich Greisen-, Männer-, Knaben-, Frauen-, Jungfrauen- und Kinder-Comite's bilden, und Gelder auf Gelder zusammenströmen. Es kann in der That keine bessern Unterthanen, als die preußischen geben. Sie sind großmüthig und unedel, Freunde des Lichts oder der Finsterniß, civilisirt oder barbarisch - alles wie es ihr guter König und ihre weise Regierung befiehlt; den einen Tag so, den andern Tag anders! Knute oder Verfassung, alles willkommen, wie ihnen die eine oder die andere in Gnaden gegeben wird. Man hört jetzt häufig die Behauptung, das Regieren sei eine Bürde und Last; aber wahrlich, solche Unterthanen zu beherrschen, daß muß ein Entzücken und wahres Kinderspiel sein! A n die Mitglieder des deutschen Vereines zur Unterstützung der Preßfreiheit. Der provisorische Ausschuß des Vereines hat in seiner Bekanntmachung vom 21. Februar erklärt: »Er könne einstweilen nur das Werden des Vereines beobachten, und den Umfang seiner wachsenden Mittel beurkunden; sobald diese die erforderliche Größe erreicht haben würden, um die Zwecke — Unterstützung der Organe der freien Presse und allseitige Verbreitung ihrer Erzeugnisse — ausführen zu können, werde das provisorische Comite die Verwendung jener Mittel den Händen derjenigen Männer übertragen, welche die freie Zustimmung der Vereinsmitglieder definitiv bezeichnet haben wird.« Die bis heute dem provisorischen Comite bekannt gewordenen Unterzeichnungen sichern dem Verein ein jährliches Einkommen von neun- bis zehntausend Gulden; fernere Subscriptionen laufen täglich ein, und beträchtliche Sammlungen in entfernteren Gegenden Deutschlands sind angekündigt. — Diese Mittel gestatten bereits, die Ausführung der Zwecke des Vereins zu beginnen, und es ist nunmehr der Fall, ein definitives Central-Comite zu constituiren. — Die Wahl eines solchen unterliegt mannichfachen Schwierigkeiten; — die wesentlichste besteht darin, daß die Vereins-Mitglieder an einem Ort, Denen an einem andern Ort, größtentheils nicht einmal dem Namen nach bekannt sind, und daß das provisorische Comite selbst, da noch eine Menge
von Subscriptionslisten circuliren, weder die Namen, vielweniger die Personen aller Vereins-Mitglieder kennt, und deshalb ausser Stand ist, zum Behuf der Wahl eines definitiven Central-Comite die geeignete Aufklärung zu geben. Zur Beseitigung dieser Schwierigkeit fordert das provisorische Comite sämmtliche Vereins-Mitglieder hiermit auf: In möglichst kurzer Frist in jeder Stadt, Kanton oder Amtsbezirk ein Comite zu wählen, die Namen der Mitglieder an das provisorische Central-Comite in Zweibrücken einzusenden, außerdem aber unter den, durch den Druck oder auf sonstige Weise bereits bekannten VereinsMitgliedern diejenigen zu bezeichnen, welche sie zur Uebernahme der Geschäfte des definitiven Central-Comite für geeignet erachten. Bei dieser vorläufigen Bezeichnung erlaubt sich das provisorische Comite eine besondere Rücksicht auf folgende, die möglichste Wirksamkeit des Vereines bedingende Verhältnisse anzuempfehlen: 1) daß die für das definitive Central-Comite zu bezeichnenden Mitglieder an einem und demselben Orte wohnen; 2) daß dieser Ort von dem Innern Deutschlands möglichst wenig entfernt liege; 3) daß derselbe durch den Aufenthalt bekannter freisinniger Schriftsteller, Buchhandel, Druckereien, Postverbindungen etc. dem literarischen Verkehr möglichst förderlich sei; endlich 4) daß die daselbst hinsichtlich der Presse bestehende Gesetzgebung und der Geist der Regierung diesem Verkehr zur Zeit noch die mindesten Hindernisse in den Weg lege. Das Ergebniß dieser Wahlvorbereitung wird alsdann von dem bisherigen provisorischen Comite den sich bildenden Comite's mitgetheilt werden, um sofort die Wahl eines definitiven Central-Comite zu bewerkstelligen. Zweibrücken, 15. März 1832. Schüler.
Savoye.
Geib.
Aufforderung. Katharina Müller von Zweibrücken, gegenwärtig ohne bekannten Aufenthaltsort, wird hiemit aufgefordert, Erbschaftsangelegenheiten halber nach Zweibrücken zurückzukehren oder aber einen Bevollmächtigten daselbst zu bestellen. Zweibrücken, den 13. März 1832. Hosch, Notär. Berichtigung. In unserm gestrigen Blatte Spalte 528 Zeile 3 lese man statt »auch bei uns vorgekehrt hat« »sich auch bei uns bewiesen hat.« Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Sonntag.
Tribüne. des
N— 6 8 .
Fortschritte der Reaction in Baiern. Das Langerwartete ist geschehen: der verantwortliche Redakteur der Tribüne, J. G. A. Wirth, sitzt in peinlicher Haft. Freitags den 16. März durch einen Gensdarmen vom Mittagsessen weg vor den Untersuchungsrichter gebracht, wurde er unmittelbar von dort ins Gefängniß geführt. Die Regierung beschuldigt ihn, durch den Artikel: »Deutschlands Pflichten« in Nr. 29 der Tribüne, nnd durch alle nachfolgenden Artikel, welche von der Unterstützung des deutschen Vaterlandsvereines handeln, zum gewaltsamen Umsturz der bestehenden baierischen Staatsverfassung aufgefordert zu haben. Mit Einem Worte: die Regierung beschuldigt ihn des Hochverraths! Wer die betreffenden Artikel und den Abschnitt des Strafgesetzbuches über Hochverrath aufmerksam durchliest, der möchte sich kaum des Gedankens erwehren können: die Regierung habe den Kopf verloren. Was wird das Ende dieser, mindestens gesagt, thörichten und unbesonnenen Anklage sein? In wenigen Tagen wird sie von der Anklagekammer zurückgewiesen und der Verhaftete wieder auf freien Fuß gestellt werden. Und selbst den Fall gesetzt, die Anklagekammer erachtete die Anklage als begründet; glaubt die Regierung wirklich: die Assisen, aus Männern des Volkes zusammengesetzt, würden den kühnen Vertheidiger der Rechte des Volkes als Hochverräther verurtheilen? Gewiß nicht. So viel Klugheit besitzt die Regierung jedenfalls noch, sich solchen süßen, schwärmerischen Hoffnungen nicht hinzugeben. Ihre Absicht bei dieser Anklage liegt jedem Unbefangenen vor Augen. Sie will einschüchtern und Schrecken einflößen; sie will ferner die deutsche Tribüne, und mit ihr, als dem Organe des deutschen Vaterlandsvereines, auch diesen mit leichter Manier vernichten. Sie will einschüchtern und Schrecken einflößen. Waren die Deutschen bisher doch immer Kinder, die jeder Popanz in Furcht jagen konnte; die vor den Marionetten am Frankfurter Bundestage mehr Scheu und Ehrfurcht zeigten, als vor dem Herrscher aller Welten! Gefdngniß und Hochverrath — was bedarf es mehr als dieser Worte, um den »alten ehrlichen Deutschen« in gebührendem Respekt zu halten? Steckt nur den Wirth einige Monate bei, dann wird es keinen Zweiten gelüsten, in seine gefährlichen Fußstapfen zu treten! So ungefähr lautet das geistreiche Raisonnement unserer Congreß- und Bundestags-Helden; ein Raisonnement, das den deutlichsten Beweis liefert, wie un-
Vaterlandes.
Homburg, den 18. März 1832.
sere hohen Diplomaten sich mehr mit Kochbüchern und Modezeitungen, als mit den ewigen Büchern der Weltgeschichte beschäftigen. Geschähe das letztere, so würden sie die Hoffnung aufgeben, auf die Dauer mit Reactionen durchzudringen; sie würden einsehen, daß das Jahr 1832 doch ein ganz anderes ist, als das Jahr 1819. In dem letzteren fanden die schmachvollen, die Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten mit Füßen tretenden Carlsbader Beschlüsse auch nicht den mindesten Widerstand. Man klagte, man seufzte, man jammerte; aber man handelte nicht. Im Jahre 1832 dagegegen beginnt man zu handeln; das Klagen verwandelt sich in Erbitterung, und das Seufzen in Widerstand. Freilich ist es den Fürsten und Aristokraten blos darum zu thun, für das Jahr 1832 und 10 bis 15 Jahre nachher die Freiheit zu unterdrücken und den morschen Bau des Despotismus noch nothdürftig aufrecht zu halten; so kann man ihr ganzes Beginnen nicht tadeln. Illusionen haben sich die Männer des Volks, die beiläufig gesagt, die Geschichte studirt, und nicht blos historische Romane gelesen haben, niemals gemacht. Sie wissen sehr wohl, daß neue Ideen in dem kurzen Zeitraum von 18 Jahren, d. h.von 1814 bis 1832, noch keinen festen Fuß und Boden gewinnen können. Die Reaction im Jahre 1832 wird vollkommen gelingen, besonders da sich Preußen auf eine unbegreifliche Weise an die Spitze derselben stellt. Es wird ein Druck auf dem deutschen Volke lasten, wie wir ihn von 1819 bis jetzt noch nicht gekannt haben. Aber gerade mit Hülfe dieses Drucks werden die neuen Ideen desto tiefere Wurzeln in den Herzen schlagen. Und wenn dann in etwa 10 bis 20 Jahren bei einer günstigen Gelegenheit, die niemals fehlt, der Kampf zwischen Aristokratie und Liberalismus auf's Neue ausbricht, dann wird die Reaction nicht mehr durchdringen. 1819: unthätiges Murren; 1832: Widerstand; 1840 oder 1850: Sieg! So wird es kommen. Mögen die edlen Diplomaten bei allen deutschen Geschichtsprofessoren deshalb anfragen. Diese Herren, die sich auf ihre Hofrathstitel und Orden ungemein viel einbilden, aber trotz all ihrer Eleganz und Schönschreiberei ihre Büchlein nicht auf die Nachwelt bringen werden, weil der Geist der Wahrheit und der Männlichkeit ihnen abgeht, — diese Herren werden einem einfachen plebejischen Journalisten, der nicht einmal Doktor ist, vollkommen Recht geben, sie mögen wollen oder nicht! Diese wenigen Worte mögen hinreichen, um die baierische Regierung zu überzeugen, daß ihre Absicht, durch Wurths Anklage einzuschüchtern und Schrecken einzuflößen, schwerlich
539 gelingen wird. Gefängniß und Schreckworte, wie »Hochverrath«, »Majestätsverbrechen« u. dgl. haben ihre Kraft verloren. An der Stelle des Einen, den ihr ins Gefängniß steckt und verurtheilen laßt, stehen schnell zehn andere da. Aber die baierische Regierung hat bei ihrer Anklage auch noch eine andere Absicht. Sie will die deutsche Tribüne und mit ihr, wie schon gesagt, auch den deutschen Vaterlands-Verein unterdrücken. Sie denkt: kein Wirth mehr, keine Tribüne mehr! Keine Tribüne mehr, hoffentlich auch kein Vaterlands-Verein mehr! — Auch hierin irrt die baierische Regierung. Da Wirth im Gefängnisse nicht mehr schreiben darf, so wird dadurch das Blatt allerdings schwächer und ärmer werden. Indeß wird das deutsche Volk hoffentlich rein um der Sache, um des Prinzips willen das Blatt aufrecht erhalten; und die Redaction wird ihrerseits alles Mögliche thun, um durch neue Mitarbeiter den großen Verlust einigermaßen zu ersetzen. Ferner wird es nicht an Männern fehlen, welche dem Unterschriebenen als Redaktoren folgen, wenn auch seine Thätigkeit durch die rohe Gewalt gehemmt und abgeschnitten sein wird. Es thut ihm weh, seinen edlen Freund im Gefängniß, der nichts mehr von dem Blatt zu sehen bekommt, immer noch als verantwortlichen Redakteur auf dem Blatte dulden zu müssen. Ich sage dulden; denn ich kann es nicht ganz mit meinem unbefangenen Gefühle vereinigen; aber Wirths Gründe überzeugten mich. Die wirkenden Kräfte fürs deutsche Vaterland müssen so lange gespart, jede Thätigkeit so lange freigelassen werden, als es nur irgend möglich ist. Die Freunde des Unterzeichneten werden ohnehin überzeugt sein, daß er nicht aus Furcht mit seiner Verantwortlichkeit zurückhält; und die Zukunft wird höchst wahrscheinlich beweisen, daß trotz dieses Zurückhaltens das Gefängniß so wenig ihm, als er dem Gefängniß entlaufen wird. Nach ihm aber wird dann noch eine andere lange Reihe dem deutschen Volke zeigen, daß es Männer genug hat, die nicht blos für seine Freiheit und Einheit zu schreiben, sondern auch dafür zu leiden wissen. Und diese Männer werden eine Saat bilden, die dem nachfolgenden Geschlechte die schönste Aernte bringt. Und selbst gesetzt: die deutsche Tribüne würde schon in den nächsten Tagen durch die rohe, ungesetzliche Gewalt für immer unterdrückt, so hat sie in der kurzen Zeit ihres Wirkens das Ihrige geleistet, und kann beruhigt vom Schauplatz abtreten. In vielen tausend Herzen hat sie Gefühle des Großen und Edlen erweckt, sie hat den hohen Gedanken von Deutschlands Freiheit und Einheit, den sich die meisten nicht einmal zu gestehen wagten, ins frische freudige Leben eingeführt; sie hat dem deutschen Volke den Beweis gegeben, daß Charakterstärke mehr vermag, als alle Kenntniß, alles schimmernde Talent und alle eitlen Redekünste. Die deutsche Tribüne hat die Aengstlichen ermuthigt, die Schwankenden gehalten, die Trägen aufgeregt. — Es wäre uns ein leichtes gewesen, ein sogenanntes liberales Blatt zu gründen, das mit seinen Halbwahrheiten allen Halbmännern, mit seinem gelehrten Kauderwälsch allen Doctrinärs, mit seinem Zurückhalten und Nurdurchblickenlassen allen Mäßigungsschwätzern, mit seiner Sophistik allen sogenannten Geistreichen gefallen hätte. Dann würde das Blatt sich Jahre lang gehalten und uns Ehre und Gewinn
540 gebracht haben. Allein wir verschmähten all diese kleinen Künste. Wir zogen ein kurzes, aber nützliches und ehrenvolles Dasein einem langen, aber fruchtlosen und schmählichen vor. Wir haben nur die reine, volle Wahrheit, und nur für ganze Männer schreiben wollen. In diesem Bewußsein und Bestreben haben uns denn auch die Angriffe der ungesetzlichen Gewalt, der Heuchler und Thoren anstatt entmuthigt und gedemüthigt, nur gekräftiget und erhoben. Was hat man uns nicht alles vorgeworfen? Wir wollten das linke Rheinufer an Frankreich verkaufen! Wir gingen auf Finanzspekulationen aus! Wir seien feige Schreier, die bei der ersten Gefahr nach Frankreich fliehen würden! Wir wollten nur Aufsehen machen! Wir seien Narren, Wahnsinnige, Ueberspannte, Schwärmer, Fanatiker, und wie die schönen Titel weiter heißen! Schade nur, daß die Ankläger ihren eigenen Worten nicht glauben! Eben deßhalb aber werden wir in unserm Untergange, den wir vorausgesehen und vorausgesagt haben, uns glücklicher fühlen, als sie in ihrem Siege und Triumphe! Georg Fein, zweiter Redakteur der deutschen Tribüne.
Den deutschen Vaterlands-Verein für die freie Presse und die dagegen erlassene königlich baierische Verfügung betreffend. Die Regierung des Rheinkreises hat, in Folge einer von den gesammten baierischen Staatsministerien unterschriebenen allerhöchsten Verordnung vom 15. d. M., den sämmtlichen Administrativbehörden dieses Kreises durch Erlaß vom 4ten dieses anbefohlen: 1) »die in ihren Amtsbezirken »etwa« bestehenden Vereine derjenigen Art, worüber jene Verordnung sich verbreitet, 2) unverzüglich aufzulösen-, gegen die Urheber und Theilnehmer mit aller Kraft ihrer gesetzlichen Amtsbefugnisse rücksichtslos einzuschreiten·, 3) unter den gesetzlichen Voraussetzungen die strafrechtliche Cognition darüber 4) zu veranlassen; diejenigen Staatsdiener, welche solchen Vereinen beigetreten sind, namhaft zu machen, damit ihre Diensteutsetzung beantragt 5) werde, und endlich alle öffentliche Blätter, worin Aufforderungen oder Anpreisungen solcher Vereine oder Verzeichnisse ihrer Mitglieder enthalten sind, mit Beschlag zu belegen.« Da dieser Auftrag, offenbar gegen den deutschen Verein zur Unterstützung der Presse gerichtet, »in Gemäßheit der angeführten allerhöchsten Verordnung« ertheilt wird, und letztere durch das Ansehen ihrer Quelle, den darin ausgesprochenen irrigen Ansichten gegen die Gesetzmäßigkeit dieses Vereines leicht Eingang verschaffen, und so die Ausübung eines der wichtigsten Rechte des Bürgers hintertreiben könnte, so sieht sich der provisorische Ausschuß des Vereines veranlaßt, diese Verordnung sowohl als den in Gemäßheit derselben ertheilten Auftrag zu erörtern, und die Ungesetzlichkeit der ausgesprochenen Verbote nachzuweisen.
541 Die »allerhöchste Verordnung« geht von folgender Aufstellung aus: I »Die Verfassung und die 3te Beilage bestimmten genau: 1) »durch welche Organe die Mitwirkung der Staatsangehörigen zu den öffentlichen Angelegenheiten ausgeübt werden; 2) »durch welche Grenzlinien die freie Benützung der Presse beschränkt sein, und 3) »durch welche Organe die Gewähr der constitutionellen Rechte (jener Mitwirkung und dieser Benützung) stattfinden sollen. »Deßhalb könne man nicht gestatten: (ad 1.) »daß die Befugniß jener Organe von Dritten in Anspruch genommen, noch (ad 3.) »daß das Recht, diese Gewähr zu leisten, welches der Tit. X der Verf.-Urk. als ein Vorrecht der Stände bezeichne, gekränkt werde.« - Von allen diesen Sätzen ist Nichts auf den Verein zur Unterstützung der freien Presse anwendbar. Dieser Verein will keim derjenigen Rechte »in Anspruch nehmen«, welche die baierische Verfassung den baierischen Ständen als »Organen der Mitwirkung zu den öffentlichen Angelegenheiten und der Gewähr constitutioneller Rechte« ausschließlich zugetheilt hat: er will für Baiern weder Gesetze votiren, noch Steuern bewilligen, noch sich die Staatsrechnung vorlegen lassen, noch Staatsschulden genehmigen, noch Stiftungsvermögen veräußern oder Staatsdomänen als Belohnungen verleihen lassen, noch über alle diese Dinge dem Könige Wünsche vorbringen, noch endlich wegen Verletzungen der baierischen Verfassung Beschwerden oder Anklagen gegen die baierischen Minister an den König bringen«; das aber sind sämmtliche Rechte, welche die baierische Verfassung (Tit. VII u. X) »als ausschließliches Vorrecht der Stände bezeichnet«; weit entfernt aber, daß die Ausübung dieser baierischen Ständevorrechte von dem deutschen Vereine »in Anspruch genommen« werden wollte, so lag vielmehr in der nachgewiesenen Vergeblichkeit derselben der erste Entstehungsgrund eines Vereins, der nicht mehr darin, sondern allein in einer möglichst allgemeinen Verbreitung besserer Einsicht dessen, was des Volkes Wohl befördern kann, mithin in dem Schutze des alleinigen Mittels dazu, d. h. der freien Presse, ein strebenswerthes Ziel erkannt hat. Daß dieser Schutz der freien Presse ein Vorrecht der baierischen Stände sei, davon schweigt sowohl der in jener »allerhöchsten« Verordnung angeführte Tit. X der Verf.-Urk. als auch das 3te Edict. Auf jeden Fall ist dem deutschen Verein keine Absicht fremder, als diejenige, ein solches »Vorrecht« der baierischen Stände, wegen verletzter Preßfreiheit eine Beschwerde an den König bringen zu dürfen, auf irgend eine Weise schmälern oder »kränken« zu wollen; nicht der baierische König durch seinen Staatsrath, sondern die deutsche Nation durch die öffentliche Meinung soll über das lichtscheue Beginnen erkennen, das, unter dem Schilde buchstäblicher
542 Verfassungstreue, jedes freie Denken, jede würdige Geistesregung und jede Rüge des Mißbrauchs anfeindet. In dieser Art von Verfassungsmäßigkeit fährt die »allerhöchste« Verfügung folgendermaßen fort: II. a) »die baierische Verfassung räumt den Staatsbürgern nirgends das Recht ein, in politische Associationen einzugehen; b) »vielmehr sei nach wie vor der Verfassung die Bildung jedes Vereins, ohne Ausnahme, von der Genehmigung der Staatsregierung abhängig geblieben; c) »da nun mannichfache Versuche entgegengesetzter Art statt gefunden haben und noch täglich statt fänden, so erfolge — nach Vernehmung des GesammtMinisteriums 1) Hinweisung aller Staats-Angehörigen auf die verfassungsmäßige Begränzung der Theilnahme an der Vertretung öffentlicher Interessen; 2) Ernstliche Untersagung jeden Versuchs der bezeichneten Art; 3) Befehl an die Behörden, gegen die Urheber und Theilnehmer mit aller Kraft ihrer gesetzlichen Amtsbefugnisse einzuschreiten·, 4) gegen jene Vereine, aus deren Ankündigungen und sonstigen Verhältnissen ein der Verfassung oder der Souverainität des baierischen Staats zuwiderlaufendes Bestreben hervorgehe, unter den gesetzlichen Voraussetzungen, die strafrechtliche Cognition zu veranlassen; 5) und insbesondere gegen die der Theilnahme überwiesenen Staatsdiener, auf den Grund der Verordnung vom 13. September 1814, die Entsetzung vom Dienste hervorzurufen." ad a. Der erste der drei Sätze (a) auf welche diese Anordnungen gegründet sind, ist eine dem Buchstaben nach wahre, aber dem Sinne nach falsche Behauptung, welche zu dem Trugschluß verleiten soll: „eine Verbindung sei unerlaubt, weil die Verfassung nicht die Ermächtigung dazu ertheile." Unerlaubt, im gesetzlichen Sinn, ist nur diejenige Handlung, welche bestraft werden kann, wenn sie begangen wird; bestraft werden darf aber nur diejenige Handlung, welche das Gesetz zuvor mit Androhung einer Strafe verboten hatte: (Code jur. art. 4.) was nicht auf solche Art verboten war, kann nicht bestraft werden; was nicht bestraft werden kann, ist nicht unerlaubt-, nicht unerlaubt d. h. erlaubt ist also alles dasjenige, was die Gesetze nicht verboten haben, und falsch ist jener umgekehrte Satz: „verboten sei, was die Gesetze nicht erlaubt hätten." Denn an und für sich ist der Mensch zu allem befugt, wozu seine Kräfte und Anlagen ihm die Fähigkeit geben, und seine Bedürfnisse ihn antreiben; in diesen Fähigkeiten und Antrieben liegt das von der Natur selbst ihm verliehene ursprüngliche Recht zu den Handlungen und Gegenständen derselben; bevor und so lange dieses Recht nicht durch positive Gesetze beschränkt oder aufgehoben wird, besteht es von sich selbst, und wird nicht erst durch positive Gesetze verliehen. Daher enthalten die Strafgesetzbücher nicht ein Verzeichniß von Handlungen die für erlaubt —
543 sondern ein Verzeichniß von solchen, die für verboten erklärt werden; und ursprünglich erlaubt ist und bleibt alles, was unter dem ausdrücklichen Verbote nicht begriffen worden ist. Es muß daher in allen Fällen, wo es sich fragt, ob ein Recht bestehe, ob eine Handlung befugt sei? stets nur untersucht werden - nicht, ob die bestehenden Gesetze das Recht bewilligt, die Handlung erlaubt, sondern — ob die Gesetze sie verboten haben? nicht erlaubt, nicht eingeräumt, nicht gebilligt, im gesetzlichen Verstand, ist nur dasjenige was ausdrücklich verboten ist; nur letzteres Wort ist das bezeichnende, und jene Ausdrücke sind einer richtigen Gesetzes-Sprache fremd. Das Recht, Associationen zu bilden, ist also den baierischen Staatsbürgern nicht dann benommen, wenn die baierische Verfassung es ihnen nicht verleiht, sondern es ist ihnen zuständig, sobald diese Verfassung oder ein anderes Gesetz es nicht verboten haben. Die Falschheit jenes ersten Grundes (a) der erlassenen Verfügung, ist also nach gesetzlichen Begriffen dargethan. ad b. Der zweite jener drei Sätze (b) stellt geradezu eine Unwahrheit auf: es ist nicht an dem, daß, sei es vor, sei es nach der Verfassung, die Bildung jedes Vereins, ohne Ausnahme, in Baiern von der Genehmigung der Staatsregierung abhängig gewesen, oder noch sei: im Rheinkreis waren und sind zu beiden Epochen, nur diejenigen Verbindungen und Vereine von einer solchen Genehmigung abhängig, welche aus mehr als 20 Mitglieder bestehen, die zum Zweck haben sich täglich oder an bestimmten Tagen zu versammeln, (Code penal art. 291.) Zweierlei Arten von Vereinen, Associationen oder Gesellschaften sind also im Rheinkreise nicht verboten und unabhängig von jeder Regierungs-Genehmigung: a) Vereine von weniger als 21 Mitgliedern, gleichviel ob sie zum Zweck haben oder nicht, sich täglich oder an bestimmten Tagen zu versammeln; b) Vereine von jeder beliebigen größern Anzahl Mitglieder, welche nicht zum Zweck haben sich auf solche Weise zu versammeln; im übrigen Baiern aber ist, inhaltlich der Verordnung vom 13. September 181A, jede nicht geheime Association unverboten, folglich erlaubt; und da die Staatsregierung so wenig als irgend ein Private das Nichtverbotene verwehren darf, so ist es eine förmliche Rechtsverletzung, wenn dieselbe 1) im Rheinkreise eine der bezeichneten zwei Arten und 2) im übrigen Baiern, eine nicht geheime Association oder Verbindung verhindern will. Daß aber die angeführte Verordnung lediglich geheime Gesellschaften verbiete, und auf öjfentliche Associationen und Vereine, worauf die baierische Regierung solche beziehen will, durchaus nicht anwendbar sei, das ergiebt sich textuell aus dieser Verordnung selbst; schon die Ueberschrift derselben: „Erneuerung des Verbots geheimer Gesellschaften und Verbindungen" schließt ihre Anwendung auf nicht geheime Gesellschaften aus; die Einleitung der Verordnung bezeichnet wiederholt ausschließlich diesen Gegenstand: „Wir haben zwar gleich bei dem Antritt unserer Regierung unterm 4. November 1799 und später noch unterm
544 4. März 1804 alle geheimen Gesellschaften und Verbindungen politischen, religiösen oder angeblich wissenschaftlichen Zweckes, wenn solcher dem Staate verhehlt oder anders angegeben wird, in unsern Staaten strenge verboten." Also: nicht geheime Gesellschaften, d. h. solche, deren Zweck dem Staate nicht verhehlt worden, waren durch jene Verordnung nicht verboten; „da Wir jedoch vermuthen, daß diese Verbote zu Vergessenheit gerathen" (nicht also, daß solche etwa nicht umfassend genug seien und auch auf öffentliche Vereine ausgedehnt werden sollten), „so wollen Wir daß dieselben erneuert und in folgender Art öffentlich bekannt gemacht werden sollen." Nun folgt die Verordnung selbst in fünf Artikeln: der erste verbietet jede geheime Gesellschaft im Königreiche; der zweite untersagt die Theilnahme an solchen, welche ausser dem Reiche bestehen; der dritte fordert, daß alle baierischen Staatsdiener einen Revers darüber ausstellen, daß sie zu keiner geheimen Gesellschaft gehören, bei Verlust ihrer Stellen; der vierte erklärt (seltsam genug), diese , Ahndung und Strafen" (d. h. Dienstentsetzung) auch auf die geheimen Verbindungen, welche auf Universitäten, Lyceen und öffentlichen Unterrichtsanstalten sich etwa bilden mögen, anwendbar; (wonach also Studirende und Schüler ebenfalls des Dienstes entsetzt werden müßten; ein Beweis der besondern Ueberlegung und Aufmerksamkeit, welche man der Redaction dieser Verordnung gewidmet hat!) der fünfte Artikel endlich macht allen Behörden zur Pflicht, „gegen das Entstehen und die Verbreitung geheimer Verbindungen wachsam zu sein." Folgendes ist der wörtliche Inhalt dieser fünf Paragraphen: 1. Wird verordnet, daß keine geheime Gesellschaft, ihre Mitglieder mögen persönlich, oder durch Correspondenz zusammenhängen, in Unserm Reiche gestattet werden solle. 2. Jene Unserer Unterthanen und Diener, welche Anwerber, Verbreiter und Theilnehmer solcher Gesellschaften, welche außer Unserm Reiche bestehen, und Beförderer ihres Zweckes sind, wenn dieser dem Staate nicht bestimmt angegeben und gebilligt ist, sind nach vorgängiger gesetzlicher Untersuchung als Uebertreter des Gesetzes zu bestrafen. 3. Alle jene, welche in Unsern Diensten oder Pflichten stehen, und sich desfalls schuldig machen, werden hierdurch ihres Dienstes oder Amtes verlustig. Es ist daher strenge darauf zu sehen, daß der vorgeschriebene schriftliche Revers von einem Jeden, welcher in Unsere Dienste oder Pflichten tritt, ausgestellt werde. Alle und jede, welche ihn etwa noch nicht ausgestellt haben, sind zur alsbaldigen Befolgung hierdurch aufgefordert, und es wird der Termin hiezu auf drei Monate festgesetzt. Der Revers muß die Versicherung enthalten, daß der Aussteller zu keiner geheimen Gesellschaft, oder zu irgend einer Verbindung, deren Zweck dem Staate unbekannt, von demselben nicht gebilligt, oder dem Interesse des Staates fremd ist, gehöre, noch je in Zukunft gehören werde. Dieses muß ein jeder Angestellte und Verpflichtete durch einen Eid bekräftigen. Die Verletzung dieses Eide
545 zieht ohne weiters und ohne Nachsicht den Verlust der Stelle nach sich. Vid. Ed. IX. §§. 9. 18. 29. contre. 4. Den oben erwähnten Ahndungen und Strafen werden auch die geheimen Gesellschaften untergeben, die sich unter was immer für Formen auf Universitäten, Lyceen und allen öffendichen Unterrichtsanstalten etwa bilden möchten. Die Rectoren, Obern und Professoren werden, da ihnen ohnehin obliegt, auf Betragen und Aufführung ihrer Untergebenen zu wachen, zu einer besondern Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand unter strenger Verantwortlichkeit aufgefordert. 5. Alle Gerichte, Polizei-Behörden und OrtsObrigkeiten haben sich vorzüglich angelegen seyn zu lassen, gegen das Entstehen und die Verbreitung geheimer Verbindungen wachsam zu seyn, und wer immer davon Wissenschaft trägt, wird als getreuer Unterthan und redlicher Staatsbürger auf gesetzliche Art die Anzeige den erwähnten Orts-Obrigkeiten zu machen wissen, welche sodann von Amtswegen und ordnungsmäßig zu verfahren haben. Der 1. Art. bezeichnet diejenigen Gesellschaften welche innerhalb des Reichs nicht gestattet sein sollen, und nennt als solche ausschließlich die geheimen Gesellschaften; Der 2. § untersagt ebenfalls die Theilnahme an »solchen« Gesellschaften, welche außerhalb des Königreichs bestehen; das Wort »solcher« bezieht sich offenbar auf die im 1. §. enthaltene Bezeichnung »geheime« (Gesellschaften), um die Wiederholung dieses Wortes zu vermeiden; wollte man das Wort »solche« von dieser Beziehung auf »geheime« abreißen, und den 2. § außer Zusammenhang mit dem 1. setzen, und ihn so deuten, als wenn es allgemein hieße: »diejenige Gesellschaften welche außer unserm Reiche bestehen etc.« so bliebe immerhin zweierlei fest stehen, 1) daß dieses so verallgemeinerte Verbot im §. 2 sich doch nur auf Verbindungen »außer dem Königreiche« bezöge, und 2) daß fiir das Inland stets nur das Verbot der geheimen Gesellschaften gegeben wäre, und das irrthümlicher Weise auf nicht-geheime Verbindungen im Auslande ausgepöhnte Verbot im 2. §. dem Inlande immerhin fremd bliebe; Daß die Verordnung aber lediglich nur geheime Associationen und die Theilnahme daran, sey es im In- sey es im Auslande, verbieten wollte, davon liegt der Grund auf flacher Hand: öffentliche Gesellschaften und Vereine sind solche, deren Zwecke bekannt sind; es liegt dann sofort am Tage, ob diese Zwecke durch die bestehenden allgemeinen Gesetze verboten sind, oder nicht: im ersten Fall bedarf es keines besondern Verbots einer Gesellschaft mehr, deren Gegenstand schon durch die allgemeine Gesetzgebung untersagt ist; im zweiten Fall aber ist die Gesellschaft eben nicht verboten, mithin erlaubt und darf also ebenso wenig als die Ausübung jeder andern nicht verbotenen Befugniß durch die Staatsregierung untersagt werden. Geheime Gesellschaften hingegen haben unbekannte Zwecke: da diese eben sowohl verboten als erlaubt seyn können, das Erstere sogar die Vermuthungen fur sich hat, indem das Erlaubte sich in der Regel nicht verbirgt, so ist das Verbot geheimer Gesellschaften, d. h. von Gesellschaften mit unbekannten Zwecken, der Klugheit angemessen, ohne die Ausübung eines Rechts zu verwehren: denn sind jene unbekannten Zwecke von
546 keinem Gesetze verboten, so braucht die Gesellschaft solche nur kund zu geben, um sofort als erlaubt da zu stehen. Nachdem die Art. 1 und 2 das Verbot aufgestellt haben, spricht der §. 3 die Strafe gegen dessen Uebertretung aus: da die Strafe nur zur Aufrechthaltung des Verbots gegeben ist, so erstreckt sich dieselbe weder über etwas Anderes, noch weiter, als das Verbot selbst; untersagt dieses nur geheime Verbindungen, so straft jene auch nur geheime Verbindungen, und eine Strafe, auf einen Fall ausgedehnt, der nicht im Verbote begriffen wäre, würde aller gesetzlichen Ordnung den Krieg erklären. Das Alles bestätigen dann auch die Worte des 5. Art.: Nachdem der §. I die geheimen Gesellschaften im Inlande, §. 2 die Theilnahme an solchen im Auslande verboten hat, verfugt der Art. 3: „Alle Jene, welche in Unsern Diensten oder Pflichten stehen, und sich deßfalls schuldig machen, werden hiermit ihres Dienstes oder Amtes verlustig." Nur wer ein Verbot übertritt, macht sich schuldig. Verboten werden durch die vorhergehenden Verfügungen der Verordnung nur geheime Gesellschaften, also nur wer zu geheimen Gesellschaften tritt, macht sich deßfalls schuldig: nur dieser soll mit der angedrohten Strafe belegt werden. „Es ist daher strenge darauf zu sehen, daß der vorgeschriebene schriftliche Revers von einem Jeden, welcher in Unsere Dienste oder Pflichten tritt, ausgestellt werde. — Der Revers muß die Versicherung enthalten, daß der Aussteller „Zu keiner geheimen Gesellschaft, oder (d. h. mit andern Worten) „Zu irgend einer Verbindung, deren Zweck 1) dem Staate unbekannt, 2) von demselben nicht gebilligt (d. h. verboten, um gesetzlich zu reden), oder 3) dem Interesse des Staats fremd (d. h. feindlich) ist, gehöre." Daß der ganze 2. Satz mit seinen 3 Bestandtheilen nichts weiter begreife, als der erste, daß er nur die gleichbedeutende Umschreibung von diesem sey, daß somit, in der Sprache und Absicht der Verordnung, „Verbindung, deren Zweck dem Staate unbekannt, von demselben nicht gebilligt, oder dem Interesse des Staats fremd ist" — und: „geheime Gesellschaft" eins und dasselbe seyen·, daß beide Sätze die Anwendbarkeit auf nicht geheime Gesellschaften gleich sehr ausschließen: das beurkundet eben die Verordnung a) durch ihre Ueberschrift, welche nur die Erneuerung des Verbots geheimer Verbindungen anzeigt; b) durch die Einleitung, welche nur geheime Verbindungen als früher verboten angibt; c) durch die §. 1 und 2, welche dies Verbot ausdrücklich nur gegen geheime Verbindungen wiederholen; d) durch die Strafverfugung des §. 5, welche nur „deßfalls", d. h wegen Uebertretung des Verbots geheimer Gesellschaften die Dienstentsetzung verhängt; und e) durch die weitere Verfugung desselben §.3, „daher' von allen Staatsdienern schriftliche Reverse zu verlangen: f) durch die Verfugung des §. 4, welcher dieselben Ahndungen und Strafen auf diejenigen geheimen Verbindungen untergibt, die sich auf Universitäten und andern Unterrichtsanstalten bilden könnten; g) durch den §.5, der gegen das Entstehen und die Verbreitung der durch die ganze Verordnung als verboten bezeichneten Verbindungen die Wachsamkeit der Gerichte und Behörden aufruft, und als solche wiederum und ausschließlich nur die geheimen Verbindungen nennt; und schließ-
547 lieh h) die Thatsache, daß weder die baierische Staatsregierung noch die betreffende Kreisregierung denjenigen öffentlichen Verein, der sich neuerlich zu Würzburg, unter dem Namen baierischer Vaterlandsverein, gebildet hat (Volksblatt vom 23. Februar 1832), als verboten betrachten noch anfechten: obschon dieser Verein eben so wenig als der „deutsche Verein zur Aufrechthaltung der Preßfreiheit" irgend eine Genehmigung der Staats- oder Kreisregierung nachgesucht hat. Es ergibt sich demnach, sowohl aus dem ganzen Inhalt der Verordnung vom 13. September 1814, als aus der allerneuesten thatsächlichen Anerkenntniß der baierischen Regierung, daß durch diese Verordnung keineswegs „die Bildung jedes Vereins ohne Ausnahme" wie die „allerhöchste Verfügung" unwahrer Weise vorgibt, sondern ausschließlich nur geheime Verbindungen, d. h. Vereine mit geheimen Zwecken verboten werden sollen. Der Verein zur Unterstütznng der Preßfreiheit ist demnach, als Verein, weder nach den baierischen Gesetzen, noch nach denen des Rheinkreises, verboten; es ist demnach nur noch zu untersuchen, ob etwa der Zweck und Gegenstand desselben eine durch die Gesetze des Staats verbotene Handlung sey? Die „allerhöchste" Verfügung bezeichnet diejenige Vereine, „aus deren Ankündigungen, Aufrufen, Verhandlungen und sonstigen Verhältnissen ein, der Verfassung des Reichs oder der Souverainität des baierischen Staats zuwiderlaufendes, Bestreben hervorgeht, unter den gesetzlichen Voraussetzungen' der „strafrechtlichen Cognition" unterworfen. Mehrere Organe der baierischen Staatsregierung, namentlich die Regierung des Oberdonaukreises hatte „im Namen Sr. Majestät des Königs" erklärt: in dem Aufrufe zur Bildung des deutschen Vereins zur Unterstützung der freien Presse, wie solcher in Nro. 29 der deutschen Tribüne enthalten ist, liege ein solcher Angriff auf die baierische Staatsverfassung," wie er nach den gesetzlichen Voraussetzungen das Verbrechen des Staatsverraths bilde; zur Begründung dieser Anklage gegen den Verein, beruft sien jene Regierungsbehörde textuell auf die Verfügungen des Tit. 2, Cap. 2, des lten Theils des baierischen Strafgesetzbuchs: hier also sind diejenigen „gesetzlichen Voraussetzungen" aufgezählt, welche sich bei dem deutschen Vereine vorfinden müssen, um een „staatsverrätherischen Charakter" desselben auszumachen. Hier aber sind folgende gesetzliche Voeaussetzungen angegeben, unter welchen ein Angriff a) auf die Souverainität (Selbstständigkeit) des Staats, oder b) auf dessen Verfassung als staatsverrätherisch erscheint: ,Art. 300. - Hochverrath wird begangen: II. Durch Angriffe auf die Selbstständigkeit des Staats, unter folgenden Voraussetzungen·. »Wenn ein Unterthan, um das Königreich einem fremden Staate einzuverleiben oder zu unterwerfen, oder um die hierauf gerichteten Pläne einer auswärtigen Regierung zu begünstigen, ein Complott angestiftet, eine Verbindung mit Auswärtigen geschlossen oder einen Aufruhr erregt oder in gleicher Absicht an solchen verrätherischen Verbindungen Antheil genommen hat;«
548 III) »Durch Angriff auf die Verfassung, — Wenn ein Unterthan, um die bestehende Staatsverfassung durch gewaltsame Revolution zu ändern, oder um den rechtmäßigen Souverain von der Regierung zu entfernen, oder um die regierende Familie zu verdrängen, oder um die verfassungsmäßige Ordnung der Thronfolge zu verändern, sich in eine Verschwörung oder andere verrätherische Verbindung eingelassen, Aufruhr gestif[t]et oder auf eine Person des königlichen Hauses zur Ausführung solchen Zwecks thätlich einen Angriff gethan hat.« Ganz gleichen Inhalts sind die betreffenden Verfügungen des Strafgesetzbuches des Rheinkreises; als Staatsverbrechen werden demnach bezeichnet Art. 86. „L'attentat ou Complot contre la vie ou contre la personne du roi. Art. 87. „L'attentat ou Complot contre la vie ou la personne des membres de la famille royale, „l'attentat ou complot dont le but sera, - de detruir ou de changer le gouvernement, ou l'ordre de successibilite au trone." *) Attentat ist demnach ein gewaltsamer Angriff; Complot die Verabredung Mehrerer dazu; zu ersterm gehört nothwendig eine äußere Handlung, eine That (un acte)·, zu letzterm, eine Verabredung zu einer solchen That·, darum sagt das Gesetz: Art. 88. „II y a attentat des qu'une acte est commis ou commence, pour parvenir ä Γ execution de ces crimes." Art. 98. „II y a complot des que la resolution d'agir est concertee entre deux ou plusieurs etc.:' **) Also nur eine Gewaltthat, oder das Verabrede η und Beginnen einer solchen That, zum Umsturz der Regierung oder zur Veränderung der Verfassung, ist, nach dem Strafgesetze des Rheinkreises wie nach demjenigen von Baiern, ein staatsverbrecherischer Angriff auf die Selbstständigkeit oder die Verfassung des Staats; und nur der öffentliche Aufruf dazu (durch Wort oder Schrift) begründet eine Mitschuld an diesen Verbrechen. (B. Strafgesetzbuch Art. 308, Cod. penal, art. 102.) Man halte nun diesen »gesetzlichen Voraussetzungen« und Bestimmungen den Inhalt jener Aufforderung zur Bildung des deutschen Vereins gegenüber: die Falschheit des Vorgebens, dieser Inhalt treffe mit jener »Voraussetzung« zusammen wird dann eben so klar der Einsicht vorliegen, als schon ohnedieß jedem Gefühle vorlag. *) Art. 86. „Das Attentat oder der Complot gegen das Leben oder die Person des Königs. Art. 87. „Das Attentat oder Complot gegen das Leben oder die Person der Mitglieder der königlichen Familie, „das Attentat oder Complot, die zum Zweck haben die Regierung zu zerstören oder die Ordnung der Thronfolge zu verändern." **) Art. 88. „Ein Attentat ist vorhanden, sobald eine That verübt oder begonnen worden ist, um zur Vollendung dieser Verbrechen zu gelangen." Art. 89. „Ein Complot ist vorhanden, sobald die Entschließung zu solcher That zwischen zwei oder mehrern Verschwornen verabredet worden ist etc."
550
549 Der Aufruf sagt: »Die Aufgabe unseres Volkes besteht darin: die Nothwendigkeit der Organisation eines deutschen Reichs, im democratischen Sinne, zur lebendigen Ueberzeugung aller deutschen Bürger zu erheben;« »gebt der großen Mehrheit des Volks diese Ueberzeugung« »dadurch ist uns die Macht gegeben, die Wiedervereinigung Deutschlands im Geiste herzustellen« »die vereinigte Gewalt aller Könige ist nicht hinreichend, um das Bündniß des Geistes zu verhindern« — »über den Geist gebietet keine andere Macht, als die moralische«. — »das Mittel zur Wiedervereinigung Deutschlands im Geiste ist aber einzig und allein die freie Presse« »es kommt jetzt nur darauf an, die Presse gegen die factische Gewalt der Könige zu schützen: - dieß liegt in der Macht unseres Volks, und so ist uns denn auch zur Wiedervereinigung unserer Nation im Geiste die Gewalt gegeben;« »ich zeige dieß sofort näher: —1) »die Macht der Könige ist auf das Verbot der Journal-Versendungen durch die Post beschränkt: »das deutsche Volk muß deßhalb zur Versendung der Oppositionsschriften eine eigene Anstalt expresser Boten errichten;« - 2) »da die Journale in den Händen Einzelner zum Mittel der Selbstsucht gemacht werden könnten, »so müssen diejenigen Journale, welche als der Hebel für die Nationalsache angesehen werden, in das Eigenthum des Volks übergehen;« - 3) »da die Anstrengungen und Talente eines Einzelnen oder weniger Einzelnen nicht hinreichen, um die Journale auf die Höhe zu stellen, wo sie stehen müssen, um die Sache des Volks mit Erfolg zu führen, »so müssen die besten Söhne des deutschen Vaterlandes ihre geistige Kraft den Journalen des Volks widmen;« - 4) »wer aber auch geneigt ist, sich rücksichtslos dem Vaterlande zu weihen, muß doch die Mittel haben, das physische Leben zu erhalten; »das deutsche Volk soll daher für die Subsistenz aller derer uud ihrer Familien sorgen, welche sich seinem Dienste widmen.« »Alle diese Zwecke zu erreichen, liegt in der Macht der deutschen Nation; das Mittel dazu ist die Bildung eines öffentlichen Vereins zur Unterstützung der freien Presse.« Es ist also unter allen diesen Mitteln und Zwecken, sei es der Presse, sei es des Vereins zur Unterstützung derselben, weder davon die Rede, »das Königreich Baiern einem fremden Staate einzuverleiben oder zu unterwerfen,« noch davon, »die bestehende Verfassung dieses Königreichs durch gewaltsame Revolution zu ändern.«
Die einzige Macht, welche die Presse anwenden und der Verein unterstützen will, ist »die Macht des Geistes«·, die Revolution, die bewirkt werden soll, ist die friedliche Revolution der »Ueberzeugung«·, wer darin die »strafgesetzlichen Voraussetzungen des Hochverraths« wirklich erblickt, ist — wahnsinnig; wer aber gegen besseres Wissen durch den Mißbrauch amtlichen Ansehens Ununterrichtete zu diesem Wahn verleiten will, der ists, der Verrath begeht, und zwar Hochverrath, da das Recht auf freier Ueberzeugung das höchste Recht des Menschen ist. Die Regierung des Rheinkreises hat durch die am Eingang angeführte Verfügung vom 4. März befohlen, daß die in diesem Kreise bestehenden Vereine von der Art, wie solche in der »allerhöchsten« Verfügung vom 1. März bezeichnet sind, aufgelöst und gegen die Theilnehmer an denselben »mit aller Kraft der gesetzlichen Amtsbefugnisse rücksichtslos eingeschritten« werden solle; die allerhöchste Verfügung erklärt aber alle Vereine ohne Ausnahme für verboten, während gesetzlich in Baiern nur die geheimen Gesellschaften, und im Rheinkreis nnr solche verboten sind, die aus mehr als 20 Mitgliedern bestehen, die sich zu bestimmten Tagen versammeln wollen. Obiger Regierungsact untersagt also die Ausübung eines Rechts, das den Bürgern gesetzlich zusteht; ob ein solches Verbot, sei es von der Kreis- oder von der Staatsregierung, erlassen und vollzogen werden dürfe, wird der Beurtheilung des allgemeinen Rechtssinns anheimgegeben. Nun aber verfügt der Code penal des Rheinkreises, unter welchem die Regierungsbeamten wie die Bürger dieses Kreises stehen, im Art. 114 wie folgt: „Wenn ein öffentlicher Beamter, ein Agent oder Angegestellter der Regierung irgend eine willkürliche und entweder die individuelle Freiheit oder die staatsbürgerlichen Rechte eines oder mehrerer Bürger, oder die Verfassung verletzende Handlung befohlen oder verrichtet hat, so soll er mit der „degradation civique" (entehrende Entsetzung von den Rechten und der Würde eines Staatsbürgers) bestraft werden. Beweist er, daß er auf Befehl seiner Vorgesetzten gehandelt hat, in Dingen, die in der Amtsbefugniß der Letztern liegen und worüber er ihnen Dienstgehorsam schuldig war, so bleibt er frei von der Strafe, welche in diesem Fall nur jene Vorgesetzten trifft." Wenn nun die Bildung des deutschen Vereins zur Aufrechthaltung der freien Presse ein „rücksichtloses Einschreiten mit aller Kraft der gesetzlichen Amtsbefugnisse" veranlassen soll, so möge jeder Rechtdenkende nach Ansicht obiger Gesetzes-Stelle und jener Regierungs-Verfügung ermessen: ob ein solches Einschreiten gegen die Urheber und Theilnehmer des Vereins, oder aber gegen die Urheber und Theilnehmer dieser Verfügung gerichtet sein müßte, um einem wirklich verletzten Gesetze Genugthuung zu verschaffen? Das provisorische Comite des deutschen Vereins zur Unterstützung der freien Presse: Schüler.
Savoye.
Geib.
552
551 Die Polen in Paris. In mehreren deutschen Blättern wird gemeldet, es hätten 2000 Polen an der Expedition Don Pedros Theil genommen. Dieß ist eine Fabel, erdichtet von den Feinden des polnischen Ruhms. Das französische Gouvernement hat zwar durch Mißhandlung der Polen, namentlich durch Verweigerung der Unterstützung, welche die Kammer für sie bewilligt hat, dieselben zur Verzweiflung zu bringen, und so Don Pedros Projecte zu begünstigen gesucht; allein die Polen beschlossen einstimmig, lieber jeder Verfolgung sich preis zu geben, ja sogar dem Hunger, als ein Unternehmen zu unterstützen, dessen Zweck nur in dem Wechsel eines Despoten besteht. Bei der Feier des 25. Februar, als des Jahrestages des bei Grochow erfochtenen Sieges, wurden von mehreren Polen Reden gehalten, welche hierauf Bezug hatten; es wurde ausgesprochen, daß das Leben der Helden von Grochow einzig der Vertheidigung der Freiheit, der Vertheidigung unterdrückter Völker gewidmet sei. An einer servilen Unternehmung, gleich jener Don Pedros, Theil zu nehmen, hieße ihren Ruhm beflecken. Die Aufforderung dazu sei eine Beleidigung, eine Verhöhnung. Wenn aber die Stunde schlage, wo die Völker ergriffen von ihrer Würde das Joch abschütteln, unter dem sie schmachten, wenn Deutschland in den Fall komme, die Freiheit seiner bedrohten Presse vertheidigen zu müssen, dann würden sie alle der guten Sache sich hingeben, dann würden die zu erringenden Siege würdig sein der Helden von Grochow, Wawer, Iganie etc. Mit allgemeinem Enthusiasmus wurde diese Rede aufgenommen. Man erklärte, daß derjenige nicht mehr als Pole erkannt werden sollte, welcher sein Leben nicht zu erhalten suche für die Zeit des Kampfes unterdrückter Völker gegen ihre Unterdrücker. — Diese Gesinnungen theilen die Polen in Besan$on und Avignon mit ihren hiesigen Brüdern. A n z e i g e n . Für die Polen und Polenfreunde wird die Nachricht nicht ohne Interesse sein, daß der Herr Dr. Spazier sich seit zwei Monaten in Dresden befindet, um mit Benutzung der Reichstagsakten, der Notizen aus dem polnischen Quartiermeisterstabe und der hier anwesenden Generale, Offiziere, Regierungsmitglieder und Landboten, eine authentische und vollständige Geschichte der polnischen Insurrection auszuarbeiten. Für den deutschen Verein sind neuerdings sehr zahlreiche Subscriptionslisten eingelaufen und mehren sich noch täglich. Um die Druckkosten zu vermeiden, sollen die Listen nicht mehr zusammen in Beilagen, sondern allmählich in der Tribüne publicirt werden. In dieser Anordnung und nicht in dem Aufhören von Subscriptionen liegt der Grund, daß einige Zeit keine neuen Verzeichnisse von Theilnehmern bekannt gemacht wurden.
Da nun den Posten und Cantonsboten auch die Versendung des Rheinbaierischen Anzeigers untersagt ist, so werden die auswärtigen Abonnenten ersucht, sich direkt bei der Redaktion zu melden; man wird dann Sorge tragen, daß ihnen die Blätter auf anderem Wege regelmäßig zukommen werden. Kaiserslautern, 14. März 1832. Die Red. d. Rheinb. Anzeigers. Kohlhepp.
Bei Buchhändler Ritter in Zweibrücken ist zu haben: Abbildung von Schülers Ehrenbecher, entworfen und ausgearbeitet von C. Weihinger und in natürlicher Größe gezeichnet von T. Veiel. Preis 30 kr.
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FRANCE oder
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1832.
Preis des Jahrganges (24 - 30 Bogen) 16 Gr. Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
[553]
[554]
Deutsche Zur
Wiedergeburt
Montag.
Tribüne. des
N— 6 9 .
An die deutschen Arbeiter in Paris. Unter Euch sind wohl viele, die aus eigener Erfahrung wissen, in welcher Lage die Unterthanen der kleinen Fürsten sind. Ein Oestreicher ist hart daran: aber kann er nicht sagen: »wahr ist's, ich werde ;epriigelt, aber nur Einer hat das Recht mich prügeln zu assen, nur Einen Herrn hab' ich, den Kaiser: und ihr, ihr draußen im Reich habt ihr auch nur Einen Herrn?« Nein, jeder dort steht unter seinem Landesherrn; wenn aber außerdem der Fürst von Lichtenstein, der Bürgermeister von Frankfurt, der König von Schweden, der Fürst Reus, der Pascha von Algier, der Pabst, kurz wenn einer von den 699 Fürsten und Fürstlein in Europa etwas gegen uns hat, so schreibt er's nur unserm Minister, und Minister ist ein lateinisches Wort, was auf deutsch Knecht heißt, und ein Knecht folgt. Der Minister schreibt also auch wieder, und zwar an unsern Amtmann; der Amtmann läßt einen rufen, und sobald er sieht, daß man grobes Tuch am Rock hat, oder gar ein Loch im Ellenbogen, schnauzt er einen an und sagt: »Er ist ein unruhiger Kopf, ein schlechter Kerl und so und so.« Wenn man alsdann fragt: »aber Herr Amtmann, warum denn? ich hab' ja nichts gethan,« so heißt es: »so, er raisonnirt noch: Büttel steck er den Kerl ins Loch.«
S
Liebe Landsleute die ihr hier seid, habt ihr wohl schon vergessen, daß bei uns in vieler Herren Länder die Hasen Rechte haben (denn wer einen todt schießt, kommt ins Zuchthaus) aber die armen Leute nicht; denn wenn ein Jägerbursch den armen Mann todt schießt, der, weil es ihm durchs Herz schnitt, seine Kinder nach Brod schreien zu hören, hinaus ins Feld schleicht, um ein Häslein zu holen: sprecht, wenn der Jägerbursch ihn todtschießt, was geschieht? Kein Hahn kräht darnach. Wenn ihr das vergessen habt, so frage ich euch: Habt ihr mit eigenen Augen nicht schon hunderte von Deutschen in ärmlichen Hütten hier an der Seine campiren sehen, die auswandern und nach Amerika gehen? Ziehen diese Leute so weit, weit weg, weil ihr Land eine Wüstenei ist? Sie kommen aus den Rheinlanden und aus Schwaben, wo das Land drein sieht, als wäre es der Garten Gottes. Waren die Leute nicht arbeitsam, nicht betriebsam, oder nicht mäßig genug? Sie standen mit der Sonne auf, und gingen lang nach der Sonne zu Bett und ihr Mund wußte nicht wie Fleisch schmeckte, ohngeachtet sie selber das Vieh aufzogen, was der Metzger schlachtete; denn das Fleisch war für die
Vaterlandes.
Homburg, den 19. März 1832.
großen Herren, das Geld was er verdiente dem Steuereinnehmer, nichts gehörte sein, als sein Elend und seine nackten Kinder; und so zieht er über Meere, um seinen Kindern Kleider zu finden und sich ein Obdach. Ihr selber, ehrliche deutsche Arbeiter, warum seid ihr hier? warum sind eurer so viele in allen großen Städten und in allen vier Enden der Welt? Antwort: Weil man im Ausland euren Fleiß, eure Geschicklichkeit, euer stilles eingezogenes Wirken, eure Rechtschaffenheit zu schätzen weiß: weil ihr überall geachtet seid, nur nicht zu Haus, wo jeder Amtmann, jeder vornehme Dummkopf euch ungestraft aushunzen kann. Ihr habt Ehre im Leib und ein Herz in der Brust; und zornig ballt ihr die Faust! Seid ruhig, nur wenig verlangen wir von euch, und nichts als was die Gesetze unseres Landes erlauben, wie ihr gleich hören sollt. Wir haben Ständeversammlungen, die das Recht des Volks zu schützen da sind. Im Jahr 1814, als den Fürsten das Wasser an der Kehle stand, versprachen sie ihrem Volke Vertreter. Sie versprachen sie; alle Länder Deutschlands waren berufen, aber nur wenige auserwählt: und die wenigen? Die wenigen Volksversammlungen, die es gab, wurden weitläuftig und umständlich zu Rath gezogen, wenn ein Stadtthor ausgebessert, wenn ein neuer Schlagbaum aufgerichtet werden sollte: aber die Steuern vermindern, den Beamtenhochmuth dämpfen, das waren wichtige Dinge, die nur ein Minister entscheiden konnte, und folglich nie entschied. Die Juli-Revolution hat unser Volk aus dem Schlaf geweckt, und unsere Stände nahmen sich die Rechte, die man ihnen versprochen: aber bald ließen sie sich einschüchtern, und nur in dem einzigen Großherzogthum Baden haben sie etwas zu Stande gebracht: Steuerverminderung und Preßfreiheit. Preßfreiheit aber ist das Recht, zu schreien, wenn man geprügelt wird. Also dieses Recht, welches jeder Hund hat, will man dem übrigen Deutschland vorenthalten! Nein; nicht allein vorenthalten dem übrigen Deutschland will man es, man will die Preßfreiheit nehmen auch denen, die sie haben, gesetzlich haben, nehmen den Bewohnern von Baden, nehmen den Rheinbaiern, wo die öffentlichen Gerichte, die vom Staate bestellten Richter, die Schriftsteller in Schutz nehmen gegen die Verfolgungen der Regierungen. Wer will aber uns diese Preßfreiheit nehmen? Die Frankfurter BundestagsVersammlung, die tanzt wie der Kaiser Nikolaus pfeift. Und wir, die wir aufstanden, als Napoleon uns im Joche hielt — Napoleon, der doch ein großer
555 Mann w a r - w i r sollen uns vom Nikolaus befehlen lassen! vom Nikolaus, von dem es so weit ist zu Napoleon als von einem Kosackenpferde zu einem Menschen! In der französischen Zeitung, welche »National« heißt, las man gestern in einer Nachricht aus Wien: »Von Rußland erhält man die förmlichste Versicherung des Verlangens, den Frieden aufrecht zu erhalten;
zu gleicher Zeit setzt aber das russische Kabinet einen großen Werth darauf, daß die freie Presse in Deutschland eingeschränkt werde.«
Die Worte, welche hier groß gedruckt erscheinen, hat der französische Zeitungsschreiber gleichfalls durch den Druck hervorgehoben. Warum hat er das gethan? Weil er ein Ehrenmann ist, den ein heiliger Zorn erfaßte, als er in der allgemeinen Zeitung, wo die Diplomaten ihre Geheimnisse ausschütten, die obige Nachricht las; als er las, daß das edle hochgesinnte deutsche Volk nicht frei sein soll, weil es dem russischen Schlächter so beliebt. Ihr seid auch Ehrenmänner und außerdem Deutsche. Kann Euer deutsches Herz es ertragen, daß der Bruder von jenem Kaiser Alexander, der seinen Vater Paul erdrosseln half, daß der Nikolaus, der seine Hände jeden Morgen im Blut der edlen Polen badet, daß der Verruchte die Deutschen als seine Knechte ansieht und so behandeln will? Wißt: sogar ein hoher Beamter, der OberPostdirektor Fahnenberg in Karlsruhe, ein Mann, der dem Throne nahe steht, fordert die Deutschen dringend auf, sich zusammen zu thun in einen Verein, um die deutsche Presse zu unterstützen gegen jeden Angriff, woher er immer kommen möge, versteht ihr? gegen jeden Angriff von Rußland. Die Fürsten also selber fühlen die Schmach, welche darin liegt, sich von dem russischen Despoten Gesetze vorschreiben zu lassen: ein solches Beispiel, wackere Deutsche, ist nicht verloren für Euch! »Wachet und betet«, sagte der Heiland zu seinen Aposteln; »wachet«, sagt auch der Patriot, der die deutsche Tribüne schreibt, jeden Tag zum deutschen Volke, »wachet ihr Deutschen, denn der Feind ist nahe!« »betet«, d. h. vertraut auf Gott und euer Recht, und Gott und euer Recht werden euch schirmen.« Darum aber ist es eine heilige Pflicht, die Männer zu unterstützen, welche in ihren Zeitungen eine so heilige Mahnung an das deutsche Volk ergehen lassen, und sie thun noch mehr als nur eine Mahnung ergehen zu lassen; sie haben laut geschworen, eher zu sterben, als von der Vertheidigung der Rechte des Volks abzulassen; zu Euch aber sagen sie: »wenn wir aber sterben, sorgt für unsere Kinder, laßt sie nicht darben!« Was sie geschworen, werden sie halten; an euch aber ist es, zu verhindern, daß so edles Blut nicht vergossen werde. Und das ist leicht. Wenn das deutsche Volk zeigt, daß alle Herzen und alle Arme verbunden sind, um den gemeinsamen Feind fortzutreiben, wenn er es wagt, seine Horden in unser Land zu schicken, glaubt nur, so wird Zagen den Uebermüthigen befallen und Furcht und Schrecken; seine hochmüthigen Plane aber werden zu Staub sinken vor seinen eigenen Augen. Wenn er jedoch ganz mit Blindheit geschlagen, gut; so soll er kommen und sehen, was deutsche Kraft vermag; sein böses Gewissen mag alsdann
556 suchen, den Anblick jener Polen zu ertragen, die als Rachegeister vor ihren deutschen Brüdern herziehen werden; einer dem andern Schild und Schwerdt!
Plan des v a t e r l ä n d i s c h e n Vereins z u r U n t e r s t ü t z u n g der f r e i e n Presse, n a c h d e m V o r s c h l a g der d e u t s c h e n T r i b ü n e . Die Frankfurter Bundestags-Versammlung schmiedet Plane, die deutsche Presse zu unterdrücken; aber ihre Beschlüsse haben keine Rechtskraft in den constitutionellen Staaten von Deutschland, ohne Zustimmung der Kammern, die Gerichte müssen selbe sofort für null und nichtig erklären. Die Fürsten, welche den bösen Willen haben, die Beschlüsse des Bundestags zu vollziehen, können also nichts thun, als ihren Postbeamten verbieten, die patriotischen Zeitungen zu versenden. Das deutsche Volk muß also, um dem Nachtheile dieses Verbotes zu begegnen, die patriotischen Zeitungen und Schriften durch Boten und Privatanstalten an Ort und Stelle zu befördern suchen. Wenn aber diejenigen, so für die Sache des Volkes schreiben, sich ihrem Vaterlande ohne Rückhalt zu opfern gesonnen sind, so ist das Volk auch schuldig, sie selber jeder Nahrungssorge zu entheben, ferner für ihre Familien zu sorgen, im Falle die Vertheidiger der Volksrechte eingekerkert oder sonstigen Unfällen als Opfer fielen. Die Volksblätter müssen verbreitet werden in allen Gemeinden des Vaterlandes, auf daß das Volk überall über seine Rechte aufgeklärt werde; das deutsche Volk muß somit Sorge tragen, die Zeitungen, welche es würdig erachtet, seine Vertheidigung zu führen, zu verbreiten, und auch unentgeldlich, wo es immer nöthig, somit die Bezahlung aus der Vereinskasse zu bestreiten. Diese Zwecke werden erreicht, indem man dem bereits gebildeten Verein von Zweibrücken, an dessen Spitze vorläufig der baierische Deputirte Schüler und der Advocat Savoye stehen, beitritt; welcher die Lasten der Presse bestreitet. Die Mitglieder dieses Vereines verpflichten sich: 1) Einen monatlichen Beitrag zu entrichten (ein Sous sogar wird angenommen). 2) Nach Kräften zur Verbreitung der patriotischen Journale mitzuwirken. Denjenigen, welche nicht genannt sein wollen, steht es frei, statt des Namens mit einem beliebigen Zeichen zu unterschreiben. Hier in Paris liegen vor der Hand Listen auf und nehmen Geldbeiträge an: Herr Blechschmidt, Place Royale Nr. 16. „ Kröger, Rue Tirecharpe Nr. 7. „ Ouvrier, Rue Joubert Nr. 28. „ Schreiber et Comp., Fabricants d'equipemens militaires, Rue de l'ancry Nr. 33. Zu fragen nach dem Associe Herrn Levis, Berg, Bottier, Cordonnier, Rue St. Denis Nr. 245. Dem Banquierhaus Goudchaux, Rue Vendome Nr. 9, sind wir beauftragt, im Namen einer großen Anzahl Deut[-]
557 sehen, unsern wärmsten Dank abzustatten, für seine gütige Anerbietung, die Uebermachung der Gelder an den Zweibrücker Verein zu übernehmen. Wolfrum. Kargl. Leipheimer.
Rückschritte im Herzogthum Sachsen-CoburgGotha. (S c h 1 u ß.) Gleich einem Donnerschlage rüttelte die Nummer 45 der deutschen Tribüne unsere Regierung aus ihrer süßen Ruhe auf. Namentlich geriethen der Minister von Carlowitz, eine Art von Polignac, und seine rechte Hand, der Polizei-Obermann Eberhard, ein zweiter kleiner Fouche, in ungemessene Wuth. Zwar hatten sie schon früher durch ein im vorigen Jahre gegründetes offizielles Blatt, die gothaische politische Zeitung, der liberalen Ueberschwemmung einen Damm entgegensetzen wollen. Diese Absicht scheiterte aber nicht allein an der ewigen Natur der Dinge, welche im Kampfe mit gleichen Waffen stets und immer der Sache der Wahrheit und des Lichts den Sieg verleiht, sondern auch an der totalen Unfähigkeit des Oberredacteurs. Dieser Mann, Rath Ewald, Hofsekretär und Sekretär des geheimen Ministeriums, gehörte vor etwa 14 Jahren zu den überspanntesten Demagogen der Jenaer Studenten, ist aber jetzt der erste Speichellecker des Ministers Carlowitz und des Herzogs, dieses ausschweifenden und im höchsten Grade illiberalen Fürsten. Ein solcher unzuverlässiger Zuträger und verächtlicher Ohrenbläser spielt jetzt den Vertheidiger der absoluten Macht, und wird mit Ehrentiteln und Gnadengehalten überschüttet. Noch mehr aber muß es verwundern, in solcher unsauberen Gesellschaft selbst einen Jacobs und Bretschneider der Willkürherrschaft ihre Federn leihen, und so ihren wohlerworbenen literarischen Ruhm auf's Spiel setzen zu sehen. Von einem dieser Herrn rührt namentlich ein kürzlich erschienener Artikel: »Einige Worte über den falschen Liberalismus« her, welcher dem Westboten und der Tribüne den Todesstoß in der öffentlichen Meinung versetzen sollte; aber leider ebenfalls, gleich dem ganzen Blatte, seine löbliche Absicht verfehlte. So mußte man denn zur rohen Gewalt seine Zuflucht nehmen. Gleich den andern Tag nach Erscheinen von Nr. 45 der deutschen Tribüne erließ der Minister von Carlowitz an das hiesige Postamt, so wie an sämmtliche Justizämter und Patrimonialgerichte der Herzogthümer Gotha und Coburg ein allerhöchstes Rescript. Darin hieß es eingänglich: man habe seither viel zu viel Nachsicht mit den patriotischen Blättern gehabt, man habe sie aus Großmuth geduldet, die Regierung sei sich ihrer Rechtlichkeit viel zu sehr bewußt, als daß sie es nöthig geglaubt, diesen plebejischen Blättern nur die mindeste Aufmerksamkeit zu schenken. Allein diese Großmuth verleite die Herausgeber solcher Blätter zu Frechheiten, sie suchten das vortreffliche Verhältniß der Regierung zu den Unterthanen in ein falsches Licht zu setzen, und mehr dergleichen Unsinn. Den Aemtern und Gerichten ward nun aufgegeben, ein scharfes Auge auf alle in ihrem Distrikt gelesenen Blätter zu haben, ein Verzeichniß derselben einzu-
558 reichen, und den Westboten und die deutsche Tribüne, deren Annahme und Verbreitung bei 36 Gulden Strafe verboten wurde, wo sie nur angetroffen würden, wegzunehmen. Ja der Gothaer Stadtmagistrat sollte berichten, nicht allein was für Zeitungen in den Gothaer Bürgergesellschaften vorgelesen würden, sondern auch wer und wie man sie vorlese, und welche Stimmnung sich bei solcher Gelegenheit kundgebe. Der Magistrat hat indeß, wie man sagt, gegen dies ihm angemuthete Inquisitor- und Spionir-Geschäft männlich protestirt. Dem Postamte wurde ferner anbefohlen, ein Verzeichniß aller durch die Post bezogenen Blätter einzureichen, die beiden genannten Blätter aber sogleich nach ihrer Ankunft unter Siegel zu legen und an herzogliche Regierung abzuliefern; endlich auch - und das ist in der That das Stärkste — alle diejenigen der Regierung namhaft zu machen, welche sie von der Post bezogen hätten. Nach einigen Tagen erschien ein hiesiger PolizeiCommissär bei den Bestellern jener Blätter, und bat sich sämmtliche Nummern derselben aus. Ein Einziger war servil genug, sie ihm auszuliefern; dafür trifft ihn jetzt die Verachtung der ganzen Bürgerschaft. Auch wollte derselbe Polizei-Commissär jedem das Wort abnehmen, von der Sache kein Aufhebens zu machen, damit die edle Polizei das Ganze so hübsch im Stillen abmachen könne. Die famöse Geschichte sollte ein Geheimniß bleiben, die Tribüne nicht mehr ausgegeben, aber auch nicht öffentlich verboten werden, um Aufregung zu verhüten, und somit spurlos aus unserm Lande und unsern Herzen verschwinden. Wie man ferner vernimmt, so ist den Redakteuren und Herausgebern des in Gotha erscheinenden »Allgemeinen Anzeigers« von der Regierung auf allerhöchsten Befehl aufgegeben worden, sich fortan jeder Kritik deutscher Regierungen und ihres Thuns zu enthalten. Auch sind vor einigen Tagen zwei Ortsvorsteher von Landgemeinden, die in einer öffentlichen Versammlung von Ortsvorständen zu Hayna bei Gotha darauf angetragen hatten, wegen Abhülfe allgemeiner Beschwerden und wegen Verleihung einer auch den Bauernstand vertretenden Verfassung eine Petition beim Herzog einzureichen, von Bewaffneten arretirt und in festen Gewahrsam gebracht worden, wo sie nun wegen einer Handlung, die nur in Rußland verboten sein kann, ihr Urtheil zu gewärtigen haben. Alle diese empörenden Gewaltschritte verfehlen indeß durchaus ihr Ziel. Weniger leicht als die Behörden sind die Bürger einzuschüchtern. Auf diese haben die autokratischen Befehle gerade die entgegengesetzte Wirkung von dem hervorgebracht, was man beabsichtigte. Statt es zu fürchten, belächelt man das Verbot, da es der Wege genug gibt, sich die verbotenen Blätter zu verschaffen. Man wird sie jetzt nur noch allgemeiner und begieriger lesen. Der heimliche Genuß ist immer süßer, als der offene, erlaubte. Auf jenes allerhöchste Rescript hat sich hier in Gotha schnell ein Verein wackerer Bürger gebildet, welche den Pflichten eines Deutschen, wie sie in Nro. 29 der Tribüne ausgesprochen waren, getreulich nachzukommen sich das Wort gegeben haben. Sie werden sofort Subscribenten zu dem deutschen Vaterlands-Verein sammeln, sie werden gegen das rechtswidrige Verbot der Regierung die Tribüne in hiesigen Landen mehr und mehr
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559 verbreiten; und alle rechtlich Gesinnten, die es mit ihrem Vaterlande, mit ihren Nebenmenschen und sich selbst gut meinen, werden ihnen dazu behülflich sein; sie werden endlich über das Coburger Gouvernement von dessen Anfang bis jetzt allgemein bekannte Thatsachen allmälig zur Sprache bringen, und die nichtswürdige Erbärmlichkeit desselben ins klarste Licht setzen. Mit Einem Wort, die Regierung hat durch jene verfehlte Maßregel des Verbots eine Erbitterung gegen sich hervorgerufen, die sie nur schwer wird beschwichtigen können, und sich unendlich mehr geschadet als genützt. Nro. 2. St. Wendel. Durch eine Verordnung der herzoglichen Regierung ist nun auch bei uns die Versendung und die Verbreitung der deutschen Tribüne und des Westboten bei einer Strafe von 36 Gulden rhn. verboten. Es sind die Postbehörden, Buchhandlungen, ZeitungsExpeditionen und Leseanstalten bedeutet worden, alle von nun an ihnen zukommenden Blätter bei Vermeidung obiger Strafe an Niemanden weiter auszugeben; die Polizeibehörden aber haben die Anweisung erhalten, jene Blätter wegzunehmen, wo sie solche finden. — Die Bürger von St. Wendel dagegen sind fest entschlossen, sich diesem ungesetzlichen Verbote zu widersetzen. Sie werden die Blätter öffentlich beibehalten und öffentlich lesen und vorlesen, wie es bisher geschah. Sollte sich unter den Abonnenten hie und da ein Wasserburger oder Gautinger finden, so werden dafür zwei deutsche Biedermänner sich einstellen. Die Bürger von St. Wendel sind einig, und darum bieten sie Trotz jedem Gewaltstreiche ihrer Regierung, gegen welche so eben wieder eine kräftig abgefaßte Protestation an den Herzog abgeschickt wird. Die Bürger haben alle unterschrieben, und in der Protestation, welche alle Beschwerden gegen die Regierung unumwunden ausspricht, auch zugleich der gesetzwidrigen und unwürdigen Vorkehrungen gedacht, welche die Gefangennehmung des Redacteurs der deutschen Tribüne bei dem vermeintlichen Besuche in St. Wendel bezwecken sollten. - Herr Pfarrer Juch ist auf unbestimmte Zeit suspendirt, weil er sich weigerte das Koncept seiner gedruckten Predigt, „Streben nach Wahrheit," der Regierung abzuliefern. Zugleich soll wieder eine gerichtliche Untersuchung wegen seiner Weihnachtspredigt gegen ihn eingeleitet werden, so wie auch gegen den Verfasser der schon früher in der Tribüne abgedruckten Protestation. Trotz alles dessen bleiben die Bürger von St. Wendel fest entschlossen, der Willkühr ihrer Regierung in Nichts Folge zu leisten. Sie bestimmen ihrem würdigen Herrn Pfarrer das Doppelte seines bisherigen Gehaltes, wenn derselbe seine Stelle als Pfarrer verlieren sollte, so wie sie schon jetzt beschlossen und auch gezeigt haben, daß Niemand die Kirche besuche, so lange der Gottesdienst von einem Vikarius an Herrn Juchs Stelle gehalten wird. — Auch die Subscription für den deutschen VaterlandsVerein sucht die Regierung aus allen Kräften zu verhindern, wobei ihr einige Erzaristokraten und Vettern der Regierungsmitglieder in der Hoffnung auf Privatspeculationen behülflich sind. Welchen guten Erfolg diese Bemühungen indessen haben, mögen die fortwährenden Subscriptionslisten beweisen. Viele, welche bisher aus Furcht zurückgehalten haben, treten jetzt offen, aus Entrüstung über das ganze unwürdige Verfahren der Regierung, dem Verein bei, so wie überhaupt
bei jedem neuen Gewaltstreiche der Regierung die Bügerschaft ausruft: „abermals ein Schritt näher dem bessern Ziele." Deutscher Vaterlandsverein. Arnstein, 10. März. Auf die von k. b. Regierung des Untermainkreises vom 13. Febr. 1. J. und vom k. b. Staatsministerium vom l . d . M. erlassenen verfassungswidrigen Rescripte haben nachstehende patriotische Männer von hier und der Umgegend sich veranlaßt gefunden, dem patriotischen Verein zur Unterstützung der freien Presse beizutreten, und subscribiren wir monatlich, mit Monat Januar d. J. anfangend, wie folgt: J. V. Burkhardt, Landrichter, 1 fl. 45 kr. A. Weikard, Actuar, 1 fl. 30 kr. J. Blaner, Rechtspractikant, 48 kr. Blum, Schmitt, Engelbrecht, Sopp, Landgerichts-Scribenten, jeder 12 kr. Joh. Dietrich, Landgerichtsdiener, 1 fl. F. Englert, Rentamtmann, 1 fl. 45 kr. Dr. Laubreis, 1 fl. 12 kr. Fr. Söllner, Bürgermeister, 1 fl. V. Klug, lr. Magistrath, 1 fl. Fr. Kleinheinz, Spitalverwalter, 48 kr. A. Wehänkel, Apotheker, 1 fl. Joh. Müller, Kaufmann, 48 kr. Mich. Adelmann, Gastwirth, 36 kr. Mich. Mayer, 24 kr. Mich. Depisch, Färber, 24 kr. Chr. Läuser, Bierbrauer, 36 kr. E. Greul, 24 kr. Markus Frank, Kaufmann, 48 kr. Joh. Schulz, Seifensieder, 24 kr. J. W. Iff, 18 kr. Georg Läuser, Bäckermeister, 12 kr. Nikolaus Lautensack, Oekonom, 24 kr. Mich. Dunkert, Ortsvorsteher zu Heugrumbach, 12 kr. Joh. Wolf, Ortsvorsteher zu Buchold, 18 kr. Amend, Schullehrer daselbst, 24 kr. Steinmetz, Ortsvorsteher zu Schwebenried, 12 kr. Nik. Beusenwein, Ortsvorsteher zu Rutschenhausen, 12 kr. Nik. Schmitt, Ortsvorst, zu Breckersdorf, 18 kr. Georg Roth, Ortsvorst, zu Hundsbach, 12 kr. Valentin Riedmann, Ortsvorst, zu Reuchelheim, 12 kr. Georg Weisenburger, Ortsvorst, zu Müdesheim, 12 kr. Joh. Sauer, Ortsvorst, zu Halsheim, 24 kr. Joh. Mich. Sauer, Ortsvorst, zn Bunsfeld, 20 kr. Nikol. Weissenberger, Ortsvorst, zu Kaisten, 15 kr. J. Webenbauer, Ortsvorst, zu Bergtheim, 36 kr. Nik. Franz, Ortsvorst, zu Wülfertshausen, 30 kr. Adam Kraus, Ortsvorst, zu Hausen, 15 kr. Georg Pfister, Ortsvorst, zu Mühlhausen, 24 kr. Joh. Sauer, Ortsvorst, zu Opferbaum, 30 kr. Fr. Ziegler, Posthalter daselbst, 1 fl. Joh. Kaiser, Ortsvorst, zu Rieden, 12 kr. Georg Adam Adelmann, Ortsvorst, zu Gramschotz, 30 kr. J. G. Graps, Ortsvorst, zu Schwemmelsbach, 15 kr. Zusammen monatlich 25 fl. 17 kr. Sämmtliche Herren Ortsvorsteher haben versichert, daß sich in ihren Orten noch viele patriotische Männer befänden, die ungesäumt dem Vereine beitreten würden, und sich verpflichtet, an mich die weiteren Subscriptionslisten einzusenden. Unser aller Wahlspruch ist: »Muthig und beharrlich im Kampfe für Recht, Volk und Vaterland!« Belieben Sie, Herr Redakteur, diese Subscriptionsliste in der deutschen Tribüne, zur bessern Aneiferung für hiesige Gegend auf's baldigste abdrucken zu lassen und dem provisorischen Comite des Vereins zur Unterstützung der freien Presse mitzutheilen, daß dasselbe über obige subscribirte Summen jederzeit verfügen könne. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Dienstag.
Tribiine. des
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Soll es Parteien geben oder nicht? Es ist eine ausgemachte Wahrheit, daß die offnen Vertheidiger des Absolutismus, des göttlichen Rechts der Fürsten und anderer Ausgeburten finsterer Jahrhunderte statt zu schaden, der Sache der Freiheit nur nützen. Das Sinnlose ihrer Lehren beleidigt den gesunden verständigen Sinn, und das die Menschheit Entwürdigende ihrer Maximen empört jedes edle Gemüth. Desto gefährlicher aber sind die politischen Achselträger, die Mäßigungsschwätzer, die Sophisten und Doctrinärs, welche mit ihren scholastischen Schulkünsten das Unvereinbare zu verbinden suchen, und mit dem Schellengeläut ihrer prunkenden Gelehrsamkeit den einfachen natürlichen Menschenverstand nicht belehren, sondern verwirren. Voll Anmaßung und Ehrgeitz wollen sie die Welt glauben machen, sie ständen über den Parteien, da sie doch offenbar nur eigennützige Diener derselben sind. Mit der allen kraftlosen Naturen angebornen Schlauheit erkennen sie das Zweifelhafte in dem ersten Ausgange jenes Kampfes, der zwischen den Fürsten und Völkern, und zwischen den Aristokraten und Liberalen begonnen hat. Da sie es also mit keiner Partei gern verderben möchten, um hinterher, wohin auch der Sieg sich neige, überall beim Triumphmale als willkommene Gäste aufgenommen zu werden, so schleichen sie mit scheinheiliger Miene vom Einen zum Andern, und predigen mit seufzender Stimme Friede und Vertrauen. Die Fürsten und Regierungen sollen an die Treue und Liebe der Völker, und die Völker an die Weisheit und wohlwollende Gesinnung der Fürsten und Regierungen glauben! Eitles Bemühen. Nur der kann Vertrauen hegen, der weiß, daß er Vertrauen und Liebe verdient. Der Betrüger und Räuber kann dem Betrogenen und Beraubten niemals vertrauen; sein ganzes Bemühen kann nur dahin gehen, durch fortdauernde Täuschung oder Gewalt der gerechten Rache zu entgehen. Die Fürsten und Aristokraten werden dem Volke nur dann vertrauen, wenn sie es ohnmächtig zu ihren Füßen liegen sehen. Dagegen ist dieses in seiner Unbefangenheit und Unschuld jederzeit zur aufrichtigsten Versöhnung, zur unbedingtesten Hingebung bereit. Die geringsten Opfer von Seiten der Fürsten, sobald sie nur unter dem Paukenund Trompetenschall noch schönerer Versprechungen dargebracht würden, Versprechungen, die ja bekanntlich nicht das Geringste kosten, und keineswegs gehalten zu werden brauchen — sie wären noch jetzt im Stande, die Völker wieder jubelnd und Lebehoch rufend, um die Palläste ihrer Fürsten zu vereinigen. Aber statt dessen geschieht ge-
Vaterlandes.
Homburg, den 20. März 1832.
rade das Gegentheil. Fast ohne Ausnahme tritt überall die fürchterlichste Reaction der Fürsten und Regierungen mit jedem Tage kühner und entschiedener ans Licht. Und gleichwohl wagen es die bezahlten und auf Bezahlung ausgehenden Mäßigungsschwätzer, von Liebe und Vertrauen zu reden. Sie geben die Leiden der Völker und das Gerechte ihrer Wünsche und Forderungen zu, und machen das Volk in solcher Weise glauben, sie seien Männer und Freunde desselben. Stark und ermuthigt durch dieses leichtgewonnene Vertrauen des getäuschten, gehen sie aber sofort an ihre wahre Aufgabe, an die Verdächtigung und Anklage der ächten und unbestechlichen Volksfreunde. Da heißt es denn gar schön und erbaulich: der jetzt von Vielen eingeschlagene Weg der Entschiedenheit und des Parteimachens könne unmöglich zum guten Ziele fuhren. Es sei traurig, daß die unglückselige Juli-Revolution das bis dahin bestandene Band der Liebe und des Vertrauens zwischen Fürsten und Völkern so entsetzlich gelockert, wenn nicht zerrissen habe; noch trauriger und tadelnswerther aber, daß Ueberspannte und Exaltirte das Feuer beständig schürten, und die zwischen Regierungen und Unterthanen entstandene Kluft noch immer erweiterten! Welche tiefe glückselige Ruhe in den schönen Jahren von 1814 bis 1830! Jetzt aber, wohin man den Blick wende, Zwiespalt, Haß und Verfolgung; wildes Geschrei und Toben der Parteien, mit Einem Worte: ein trostloser, jammervoller Zustand in ganz Europa! Ja, beim Himmel, es ist ein trostloser, jammervoller Zustand; aber nicht deßhalb, weil der nothwendige Kampf der Parteien endlich ausgebrochen ist, sondern weil die Partei des Lichts und der Wahrheit noch nicht den Sieg davon getragen hat über die Partei der Finsterniß und des Trugs. Es ist allerdings ein Unglück für ein Land, wenn es, sei es geistig oder physisch, von Parteien getheilt und zerrissen wird. Aber nur Speichellecker und Wohldiener der Gewalt können die Schuld solchen Unglücks auf die schwächere oder gar unterdrückte Partei schieben. Die Schuld trägt billig die Partei, welche zuerst, dem allgemeinen Volksgefiihle sich entfremdend, eine Mauer zwischen sich und den übrigen Staatsgenossen zieht, die höchsten und heiligsten Rechte nur für sich in Anspruch nimmt, und den andern nur den Abfall gönnt. Wo aber eine solche Partei sich gebildet hat, da muß ihr nothwendig eine andere gegenübertreten; dieselbe Kraft und Entschiedenheit, welche sie bei Durchführung ihrer rechtswidrigen Zwecke zeigt, muß ihr von der andern Seite begegnen; oder aber die Masse des Volks wird von einer Partei
563 in Sclaverei gestürzt, sie wird von ihr gleichsam erobert. Dieser Zustand innerer Eroberung aber bestand bis jetzt fast in ganz Europa. Eine kleine Partei schwelgender Müßiggänger hatte alle Rechte an sich gerissen, und hielt den arbeitenden Theil des Volkes in schmachvoller Unterdrückung. Theil des Volks? Nein, vielmehr das ganze Volk; denn das Zahlverhältniß der Unterdrücker zu den Unterdrückten ist ungefähr wie 1 zu 300. Da sich nun aber von diesen 300 endlich einige wenige erheben, und mit den Unterdrückern den Kampf, und zwar nur den gesetzlichen Kampf beginnen, so erhebt sich das Natterngezücht des Juste-Milieu, und zischt und züngelt: es sei jetzt ein trostloser, jammervoller Zustand in Europa; man mache auf eine schändliche Weise Partei, man störe durch revolutionäres Geschrei, durch Provokationen zum offnen Aufruhr die Ruhe und den Frieden der Völker! Ist also wahr, daß die Bildung der ersten Partei die Bildnng einer zweiten ihr gegenüberstehenden nicht allein rechtfertigt, sondern sogar nothwendig macht, wenn nicht das Volk eben von einer Partei beherrscht und unterjocht werden soll, so frägt sich jetzt nur, welche Partei zuerst da war, die der Aristokraten oder der Liberalen? Hat etwa das Volk dem Adel die Betreibung bürgerlicher Gewerbe untersagt, ihm den Ertrag seiner Ländereien durch Zehnten und Frohnden geschmälert, ihn als unrein aus seiner Gesellschaft verbannt, ihm in seiner Eigenschaft als Bürger bei Berathung über die Angelegenheiten des Staates Sitz und Stimme verweigert? Oder hat nicht vielmehr der Adel, meistens durch positive Gesetze, faktisch aber immer den Bürgerlichen von allen höheren Staats-, Militär- und Hofstellen ausgeschlossen? Hat er dem Volke nicht den Zutritt in seine Paläste verwehrt und jede Verunreinigung mit ihm, sei es durch Heirath oder Freundschaft, als Vereinigung seines Blutes, als Wegwerfen seiner Würde getadelt und mit Schimpf belegt? Eben so das Verhältniß der Fürsten zum Volke. Die Völker jubeln, wenn die Fürsten einfach und bürgerlich unter ihnen umherwandeln; treten sie gar in eine bürgerliche Hütte, so wird das Ereigniß für Kinder und Kindeskinder als unverdientes Glück aufgezeichnet. Die Fürsten dagegen sondern sich durch Bewaffnete und durch eine zwiefache Reihe adelicher Schergen vom Volke ab. »Wir sind die Herren, ihr seid die Knechte!« An Gott kann man sich einfach und ohne Umstände wenden. Der Zutritt zu den Fürsten dagegen, die sich in ihrer Bescheidenheit doch nur die Stellvertreter Gottes auf Erden nennen, ist tausend Schwierigkeiten unterworfen. Die Völker haben nie behauptet, das Blut der Fürsten sei schlechter als das ihrige. Aber die Fürsten, die das ihrige durch Ehebruch und unnatürliche Wollust so häufig besudeln, legen ihm nichts desto weniger eine übernatürliche Kraft bei. Die Völker haben den Fürsten nie das Recht verweigert, über Frieden und Krieg mit zu entscheiden; aber die Fürsten schließen in ihrem Dünkel die Völker von jeder Berathung dieser Art aus; sie behandeln die Völker trotz ihrem Widerstreben als eine Heerde Vieh, verkaufen und verhandeln sie auf eine schmähliche Weise. Hier werden hunderttausend Bürger dem und dem Fürsten genommen und dagegen empfängt er dort hunderttausend andere. Von allem dem wissen und wollen die vertauschten und verschacherten
564 Völker nicht das Mindeste. Mit dem Willen des deutschen Volkes ist dasselbe durch Erbverträge, fürstliche Heirathen und einseitige Friedensschlüsse wahrlich nicht zersplittert und zerstückt worden! Wer also hat zuerst Partei gemacht, wer sich Rechte über andere eben so freigeborne Menschen angemaßt? Die Fürsten und Aristokraten, Niemand anders! Und selbst unter diesen macht sich wieder eine Partei. Fünf Menschen in Europa, die sich Großmächte nennen, legen sich ganz gegen den Willen ihrer übrigen fürstlichen Mitbrüder eine Diktatur bei, welche die Unabhängigkeit anderer Staaten für nichts achtet. Das Parteimachen geht also offenbar von den Fürsten und Aristokraten aus. Die Ruhe, die bisher in Europa herrschte, war nicht eine Folge geistiger Uebereinstimmung der Fürsten und Völker, des Adels und des sogenannten Pöbels, sondern eine Folge des Zwangs und der Fesseln, welche die Partei der Fürsten und Aristokraten den Völkern anzulegen wußte. Die Juli-Revolution hat diese Fesseln etwas gelüftet, und somit beginnt denn der Kampf, der geistig immer fortdauerte, Gottlob sich auch äußerlich zu zeigen. Es ist die Möglichkeit gegeben, der einen Partei die nothwendige andere entgegen zu stellen. Bilden wir diese Partei! Sie ist, wie wir gezeigt, nicht allein erlaubt, sie ist unerläßlich, wenn nicht alle Völker wieder in Sklaverei zurücksinken sollen! Bilden wir sie aber mit aller Entschiedenheit, mit aller Kraft, mit aller Energie, die uns möglich ist! Die ganz Weltgeschichte lehrt: die Halbmenschen, die zierlichen Redner, die vermittelnden Personagen haben nie etwas gewirkt. Eine gewisse Klugheit, wenn auch nur für den Augenblick, hat man den Aristokraten niemals abgesprochen. Woher denn nun die sonderbare Erscheinung, daß sie dem Juste-Milieu plötzlich schmeicheln und das Wort reden? Daß Herr Casimir Perier, das Musterbild dieses Systems, in so großer Gnade bei allen Diplomaten steht? Ganz einfach: blos deßhalb, weil sie wissen, daß das JusteMilieu den Aristokraten keinen Schaden bringt. Der Aristokrat drückt einem Juste-Milianer freundlich die Hand, und lispelt ihm die vertraulichen Worte zu: »Theurer Freund, keine Frage, wir haben Fehler und Unrecht begangen; so kann es nicht bleiben. Wir sind durch Sie belehrt; Sie werden sehen, Sie haben uns nicht umsonst die Augen geöffnet. Aber ich bitte Sie: Sie sind ein verständiger, besonnener Mann, nur keine Uebertreibung! Suchen Sie um jeden Preis die Schreier und Hitzköpfe zum Schweigen zu bringen, sonst geht alles wieder zurück!« Und siehe da, der Juste-Milianer kehrt mit triumphirender Miene zu seinen Mitbürgern zurück: „Es steht alles ganz herrlich und vortrefflich; aber nur ruhig, lieben Leute, nur ruhig; ich gebe euch mein Wort darauf, ihr kennt mich ja als euren alten Freund, es wird besser werden; aber nur ruhig, nur keine Uebertreibung und kein Geschrei!" Unterdessen aber lachen die Aristokraten den Gimpel von JusteMilianer aus, und lassen ihn hoffen und harren, bis er schwarz wird. Warum endlich denn die ungemessene Wuth der Aristokraten gegen alle entschiedenen Blätter? Die Juste-Milianer sagen: sie verdürben alles, sie gäben der Freiheit den Todesstoß. Wäre dem wirklich so, so ließen die Aristokraten sie ruhig bestehen. Aber sie
565 fühlen und erkennen sehr wohl, daß nur die Entschiedenheit, aber keineswegs das matte wäßrige Doktrinairgeschwätz ihnen Gefahr bringt. Darum ihr Eifer, ihr Zorn, ihre Raserei gegen alles Entschiedene! Aber eben darum, mein deutsches Volk, nur um so entschiedener! Gegen die Partei des göttlichen Rechts die Partei der Volkssouverainität; gegen die Partei des Adels die Partei des Volks, gegen die Partei der Aristokraten die Partei der Liberalen! Und auch die Wörter beibehalten! Sie sind eine Macht; an ihnen erkennen sich die Gleichgesinnten. Die Wörter »von, Graf, Fürst« sind auch nur Wörter; aber in eben diesen Wörtern liegt eine Gewalt, die wir kaum in Jahrzehnten zerstören werden. Also zum Schluß, mein deutsches Volk: Der Partei gegenüber Partei gemacht, und o f f e n e Partei gemacht! Die Freiheit kann nur durch die Partei der Freiheit errungen werden! Wer keine Partei nimmt, der wirkt auch nichts! Die geistige Emancipation der Israeliten. Aufruf eines Israeliten an die Aufgeklärten seiner Stammgenossen. Vor länger als 3000 Jahren entzog ein großherziger, zu seiner Zeit weiser, mit seltener Thatkraft ausgerüsteter Mann das Volk der Israeliten einem langen, schmählichen Drucke. Er gab ihm ein Vaterland und den damaligen Verhältnissen angemessene religiöse und bürgerliche Institutionen. Diese Institutionen waren berechnet für eine Zeit, welche mit der unsrigen wenig gemein hat, für das Klima Palästinas, für eine selbstständige Nation und eine hierarchisch despotische Regierungsform mit Rücksicht auf die götzendienenden Nachbarvölker. Alle Verhältnisse, aus denen jene Gesetze flößen, haben im Laufe der Jahrhunderte die mannichfaltigsten Veränderungen erlitten; wir leben nicht mehr in Asien, wir bilden keinen eigenen Staat mehr, wir sind unter aufgeklärten, dem Götzendienste abholden Nationen, meistens (?) unter nicht despotischen Regierunesformen; und doch sind wir noch immer an jene veralteten, der Zeit völlig entfremdeten Gesetze geschmiedet; ja noch mehr, wir sind der Herrschaft eines Buchs, des Talmuds, unterworfen, in dem wohl einiges Gute enthalten ist, das aber Ansichten und Grundsätze lehrt, die mit dem höchsten Gute des Menschen, der Vernunft und der geistigen Freiheit, in grellem Widerspruch stehen, eines Buchs, das sich anmaßt, allein die Wahrheit umfaßt zu haben, und hierdurch den Geist der Prüfung hemmt, welcher den Menschen allein zu seiner höheren Bestimmung, der möglichst freien Entwicklung seiner geistigen Kräfte, hinführen kann. Die Verfasser jenes Werkes erlauben sich viele willkürliche Abweichungen vom Buchstaben des Mosaismus, aber auch nur sich und Niemand sonst, und sei er der weiseste und unterrichtetste; ein Seitenstück zur Unfehlbarkeit der römischen Curie! Ja sie scheuen sich nicht, zu behaupten, es sei ein größeres Verbrechen, ihre, als der Bibel Gebote zu übertreten. Dadurch haben sie viel dazu beigetragen, daß die Israeliten bis auf die neueste Zeit als Sonderlinge in der Gesellschaft dastehen, daß sie abgeschieden sind von den Menschen, mit denen sie, wie sie glücklich leben, auch vereint leben sollten. Sie haben
566 Mißtrauen auch gegen diejenigen unter uns erzeugt, welche in Gesinnungen und Handlungen schon längst jenen Grundsätzen entsagt haben, so daß sogar sonst vorurtheilsfreie und freidenkende Männer ängstlich sind bei jedem Schritt, den sie uns entgegen thun sollen. Man muß es zur Steuer der Wahrheit gestehen, wer dem Absonderungsprinzip des Talmuds in seinem ganzen Umfange huldigt, kann wohl unter, aber nicht mit anderen Menschen leben. Es ist schmerzlich zu sehen, daß trotz einer nicht mehr schwachen, aus den Einsichtigern der Israeliten bestehenden Opposition, im 19. Jahrhundert dieses orientalisch-rabbinische Religionssystem noch mit einem solchen Drucke auf uns lastet, daß es uns nicht selten mit dem ganzen übrigen Bestand der Gesellschaft in Widerspruch setzt, und daß bis jetzt noch nichts geschehen, um dieser Tyrannei ein Ende zu machen. Vereinigen wir uns daher zur Vernichtung dieser uns so verderblichen Formen unseres Daseins, und setzen wir gleich etwas Besseres an die Stelle des alten Buchstabendienstes! Legen wir nach dem Beispiel der Protestanten hierbei die Bibel zum Grunde, aber betrachten wir sie, nach der Bezeichnung Herders, als ein Buch von Menschen und für Menschen geschrieben, das mit seinen Verfassern, wie alles in der Welt, den Einwirkungen der äußern Verhältnisse, unter welchen es geschrieben wurde, nicht zu entgehen vermochte. Entfernen wir daher für unseren Gebrauch alles das, was nur für den Orient gehört, und setzen wir dazu, was die Civilisation Europas und unseres Jahrhunderts fordert. In Frankreich hat der Staat die Scheidewand, welche die Israeliten von ihren christlichen Mitbürgern trennte, niedergerissen, und, wie wir glauben, nicht allein zum Vortheile der Israeliten, sondern auch zum Vortheile des Staats, der durch diese Maßregel 60,000 Fremde zu Franzosen umgewandelt hat. Laßt in Deutschland unsere Regeneration aus uns selbst hervorgehen, sie wird sicher dann auf noch festeren Grundlagen ruhen. Tilgen wir mit der Wurzel aus jene Ideen von einem auserwählten Volke Gottes; denn diesen Grundsatz würde Moses unter den gegenwärtigen Verhältnissen gewiß nicht mehr lehren. Nur bei einem, kaum der drückendsten Sklaverei entrücktem Volke mag er sie nöthig gefunden haben zur Erhebung des Selbstgefühls und der Nationalität, zur Entfernung vom Götzendienste, dem seine nächste Umgebung sehr zugethan war. Entfernen wir weiter jene fruchtlosen Vorstellungen von einem irdischen Messias; bestreben wir uns vielmehr, an ihrer Stelle ein Reich der Vernunft und der Wahrheit zu hoffen. Jene Speisegesetze, eine Polizeianstalt, mit dem Mantel der Religion umhangen, begünstigen ebenfalls das Prinzip des Separatismus. Sie sind in praktischer Hinsicht von dem schädlichsten Einfluß auf uns; denn sie hemmen den Verkehr im bürgerlichen Leben, und beschränken den Vermögenslosen auf eine einzige verachtete Erwerbsquelle, den Kleinhandel. In der Bibel heißt es: Ihr sollt sechs Tage arbeiten und den siebenten ruhen; warum kann dieser siebente nicht der Sonntag sein? Der Gottesdienst, wie er noch in fast all unseren Synagogen geübt wird, dieses leere Hersagen todter Gebetformeln, kann er das Bedürfniß eines religiösen Gemüths befriedigen, kann er auch nur Einen Vernünftigen in der Gemeinde zur Andacht stimmen? Der Religionsunter-
567 rieht unterbliebe auf dem Lande besser ganz, wenn er nicht eine völlige Umgestaltung erleidet; wenn die Jugend nicht den Bachern, jenen meist überspannten Halbnarren, entzogen wird. Von diesen und noch mannichfaltigen anderen Gebrechen muß das Judenthum gereinigt werden, wenn es bei der offenbar immer vorwärts schreitenden Civilisation in Europa nicht wie eine Ruine, von welcher sich ihre Bewohner abgewendet, in sich zerfallen soll. Diese freilich tief eingreifenden Veränderungen werden harten Widerstand finden an lichtscheuen, betrogenen oder betrügenden Rabbinen; sie werden auch Gegner an jenen Christen haben, die Keinen der Menschenweihe würdig halten, der nicht getauft ist. Aber lassen wir uns deswegen nicht einschüchtern oder zu jenen verderblichen halben Maßregeln verleiten, die nur reizen, ohne zu versöhnen, und eben deshalb aus offenen Gegnern heimtückisch lauernde, und mithin desto gefährlichere Feinde schaffen. Es wird nicht an Beschuldigungen fehlen; wir haben Spaltungen zu erwarten, Wirkungen, die immer das Gute und Vernünftige hervorbringt, wenn es sich mit lange bestandenen Vorurtheilen plötzlich auf den Kampfplatz wagt. Aber lassen wir uns hierdurch nicht irren. Fast Alle, die der Menschheit im Reiche der Wahrheit Dienste geleistet haben, hätten umsonst gelebt, wenn sie des Pöbels und der Pfaffen Geschrei beachtet hätten. An eine Vereinigung, an einen Frieden mit jenen Altgläubigen ist nicht zu denken; denn der Buchstabe ist ihr Götze, und wenn sie den Buchstaben aufgeben, haben sie ihren Gott aufgegeben. So wenig der Absolutismus und das Pfaffenthum für die Dauer in Einklang zu bringen ist mit dem Liberalismus und der religiösen Aufklärung, so wenig werden unsere durch die Vernunft gesichteten Ansichten, mit den Ansichten jener sich vereinigen können, denen nur die Dummheit und die Finsterniß gedeihlich erscheint für das Heil der Menschheit. Sie werden, und seien wir noch so nachgiebig, uns nie die geringste Abweichung vom Buchstaben verzeihen; und wenn sie uns jetzt manches nachsehen, so haben wir dies blos ihrer momentanen Ohnmacht, und nicht ihrer Toleranz zu verdanken. Wenn wir, so höre ich einwenden, mit vieler Aufopferung unsere religiöse Wiedergeburt errungen, wenn manche sogar ohne Rücksicht auf Verwandte, auf alte Freunde, auf ihre sonstige nächste Umgebung hierbei mitgewirkt haben, so werden wir, wie die bisherige Erfahrung lehrt, durch Hindernisse, die wir durchaus nicht zu entfernen im Stande sind, dennoch gehemmt sein, unsere Talente, unsere Kenntnisse vollständig zu entwickeln, und für den Staat anzuwenden; denn nur derjenige kann hierzu gelangen, der frei oder doch wenigstens seinen übrigen Mitbürgern gleichgestellt ist. Diese Gleichstellung wurde aber bisher in Deutschland nicht an das Ablegen unserer Vorurtheile geknüpft, wenigstens wurde dies bis jetzt noch von keiner einzigen Regierung ausgesprochen. In dem vermeintlich aufgeklärten Preußen hat die Regierung im Gegentheil thatsächlich bewiesen, daß sie keine Aufklärung unter den Israeliten will; denn der neue jüdische Tempel in Berlin, worin ein musterhafter Gottesdienst eingeführt war, wurde auf Befehl der Regierung geschlossen. Daher sind die Israeliten, die es durch ihr Leben und ihre Schriften an den Tag gelegt haben, daß sie mit den aufgeklärtesten und
568 unterrichtetsten Christen wetteifern dürften, in die traurige Alternative versetzt, entweder ihre Talente für den Staat unbenutzt zu lassen oder die Taufe anzunehmen — ich sage die Taufe anzunehmen; denn von dem eigentlichen Uebertritt aus Ueberzeugung und von der Wahrhaftigkeit einer der christlichen Kirchen, von welchen jede so vielen historischen Glauben fordert, als das Judenthum nur immerhin, kann bei einem Manne, der sich von diesem nach reiflicher Prüfung abgewendet, wohl nicht die Rede sein. Wollten die Regierungen überhaupt die bürgerliche Gleichstellung an die Dogmen der Kirche binden, zu welcher sich ein größerer oder kleinerer Theil der Staatsmitglieder bekennt, wie stünde es alsdann mit den Bekennern des Katholicismus, der Religion des Ablasses, der Sündenvergebung durch Menschen, der Religion, welche den Grundsatz predigt, daß dem Andersdenkenden kein Wort zu halten sei, daß nur sie allein zur Seligkeit führe? In consequenter Verfolgung solcher irrigen Annahme hat daher einer der größten Geister des vorigen Jahrhunderts, J. J. Rousseau, vollkommen Recht, wenn er die katholische Religion aus jedem guten Staatsverband ausgeschlossen wissen will. Nein, es bedarf weiter keines Beweises: die Rechte des Menschen und des Bürgers dürfen nicht an kirchliche Dogmen geknüpft werden; denn diese werden in der Regel durch die von der Natur in uns gelegten Gefühle für das Recht und die Wahrheit überwältigt. Wenigstens sollte man, wie gesagt, hierin mit uns nicht nach anderen Grundsätzen verfahren, als bei den christlichen Confessionen selbst. Aber bedenkt, daß für Verbreitung und Anerkennung der Wahrheit wir den schönsten Lohn in uns selbst finden müssen, und hofft von der Zukunft! Wie lange ist es her, daß die 6,000,000 Katholiken in Großbritannien und Irland von dem aufgeklärten England emaneipirt sind? Vor 20 Jahren hatte noch kein einziger deutscher Staat eine Constitution; in manchem existirte noch vor kurzem die Leibeigenschaft, viele seufzen noch jetzt unter dem Druck der Aristokratie, der Frohnden und der Zehnten, und so mancher andern Reste des Feudalwesens! Und gleichwohl zweifeln die, welche nicht ganz den Glauben an das Fortschreiten der Civilisation verloren haben, nicht im Mindesten daran, daß die Zeit nicht mehr so ferne ist, wo alle deutschen Staaten frei und glücklich sein werden! ... 1 Deutscher Vaterlands-Verein zur Unterstützung der freien Presse. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in F r a n k f u r t a. M. Transport von Nr. 61 der Tribüne . . . 46 fl. 1 kr. Von 20 Ungenannten aus Frankfurt, Bockenheim und Niederrad, monatlich 5 fl. 51 kr. Nach späterhin abzudruckenden Listen: Lit. Α. 41 Subscribenten 18 fl. 53 kr. Lit. Β. 13 Subscribenten 3 fl. 54 kr. Lit. C. 70 Subscribenten 29 fl. 51 kr. Lit. D. 21 Subscribenten 6 fl. 10 kr. Lit. Ε. 10 Subscribenten 4 fl. 18 kr. Lit. F. 36 Subscribenten 8 fl. 49 kr. Lit. G. 12 Subscribenten 18 fl. 24 kr. Lit. Η. 41 Subscribenten 7 fl. 48 kr. Zus. monatl. 149 fl. 59 kr. Verantwortlicher Redacteur J. G. A. Wirth.
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Deutsche Zur Wiedergeburt
Mittwoch.
Tribüne. des
N* 7 1 .
Die Freunde des Volkes in Frankreich. (Amis du peuple.) In einem Ministerium, gebaut auf Unwahrheit, auf Mißbrauch einer Volks-Revolution, zusammengesetzt aus verlornen Reputationen, aus berechnender Eitelkeit und spekulirendem Egoismus, was kann da Großes erstehen, wie sollte das Volk sein Heil von daher erwarten? Morsch, untergraben und nur noch mechanisch dauernd, hängt das Reich Louis Philipps über einem Abgrund, in welchem die Erwartungen des Volkes, sein Blut, seine Rechte und verletzte Verheißungen die erste Lage bilden. Die Restauration bedurfte 15 Jahre, um das Maß des Frevels zu überfüllen; Louis Philipp möge nicht verzweifeln, er ist auf gutem Wege, der Brennstoff ist aufgehäuft, Frankreich steht zum zweiten mal im Juli 1830, und eine berufene Hand wird unfehlbar die Stunde der Crisis bezeichnen. Größere Erfahrung läßt auf größere Vollkommenheit schließen, und schwerlich wird der ewig mißbrauchte Glaube des Volkes von Neuem als Schild dienen, unter welchem die Verräther der Nation, wo sie auch seien, einem gemächlichen, wohlgenährten Leben in Holyrood oder in Hamm zugeführt werden! Unter der allgemeinen Fäulniß und politischen Auflösung erhebt sich ernst und vorbedeutungsvoll eine Erscheinung, welche den verzweifelnden Patrioten aufrichtet und die Schrecken in das feindliche Lager schleudert. Sie besitzt weder Waffen, noch Geld, noch irgend einen andern Hebel der gewöhnlichen Macht; aber eine Gesellschaft von Männern, deren Fahne das Vaterland, des Volkes Wohl, deren Waffen die Sätze der Vernunft und der menschlichen Würde, Freiheit und Gleichheit, deren Ziel: Begründung dieser unveräußerlichen Rechte ist, muß der entnervten Regierung des Juste-Milieu als der gefährlichste Gegner erscheinen. Wahre Freunde des Volks suchen sie ihren Ruhm in der unermüdlichen Hinweisung auf die an seiner Majestät verübten Sünden. Einfach, mäßig, zurückgezogen und dem heiligen Dienste der Freiheit alle Muse opfernd, sehen sie mit der Verachtung eines alten Römers auf den Flitter herab, welcher die tödtlichen Gebrechen des dermaligen Staatsorganismus bedecken soll. Ihrer unerbittlichen Wahrheitsliebe, ihrem rastlosen Bemühen kann kein Mangel, keine Beleidigung entgehen, und mit resignirter Furchtlosigkeit lassen sie die anklagende Stimme zu den Ohren des Volkes gehen.
Vaterlandes.
Homburg, den 2 1 . März 1832.
Die Regierung kennt diese Feinde und weiß sie nach Gebühr zu schätzen. »Das eben ist das Gefährliche an diesen Starrköpfen, daß keine Versuchung, keines jener Blendwerke, welchen die menschliche Eitelkeit so selten widersteht, sie zu erreichen vermag.« Dies das Urtheil eines Gliedes des sehr rathlosen Ministerraths. Und in der That, die hier zu lösende Aufgabe des Ministeriums gehört zu den schwierigsten. Die barsche Derbheit eines ruhmgierigen Militärs, die scharfe Zunge eines adspirirenden Candidaten, die, undeckbare Blößen eines unvermeidlichen Deficits verrathenden Berechnungen eines Financiers, die Angriffe eines ambitiösen Oppositionsmannes: - alle diese Bedrohungen können fortan dem Ministerium von Louis Philipp keine Unruhe verursachen, die stets gefüllte Hand verfehlt die rechte Saite nicht, eine Beförderung im kritischen Moment, eine Anstellung gegen oder über die Gebühr, eine Verheißung aus der banqueroutirenden Kasse, ein Platz am Ministertisch — und überpreisende Anerkennung und Lob fließen von den allerunterthänigst treu gehorsamsten Lippen! — Der Mensch ist so willig, und der Schweiß des Volkes gehört ja seinen Peinigern! Aber in unverhüllter Nichtigkeit muß die versuchende Hand vor den Männern des Volkes zurückweichen. Sie reizt nicht die Uniform noch der Rang der Prätorianer - Soldat, da wo die Ehre und das Wohl des Vaterlandes ruft, ist ihr einziger Titel: der eines freien Bürgers; ihre Auszeichnung: das Bewußtsein erfüllter Pflicht und die ehrende Anerkennung gleichgesinnter Männer. Sie, die von Ludwig Philipp nie etwas fordern, haben ihm keinen Dank zu geben, ihre Worte entfließen keiner andern Quelle als jener der Wahrheit, und über dieser ist ihnen kein Gut bekannt, kein Mittel somit der Regierung belassen, den unerbittlichen Wächter zu beschwichtigen! Der vor einiger Zeit vor dem Assisengerichte zu Paris verhandelte Prozeß gegen 15 Glieder der Gesellschaft, hat die reinsten Charactere, die tiefsten Gemüther und den entschlossensten Willen dieser Märtyrer bewährt. Sie sind meist über die Jahre der jugendlichen Täuschungen und Eindrücke hinaus, hoher Ernst bezeichnet ihre Schritte und jede ihrer Handlungen. An das Wohl der menschlichen Gesellschaft haben sie die Wirkungen ihres kampfvollen Lebens gesetzt, darum jeder äußern Ehre, jedem Glänze, jeder Würde, jeder Auszeichnung völlig entsagt, und um der größern Unabhängigkeit willen, mittelst Aufgeben lucrativer Stellen, und
571 Einschränkungen ihrer selbst und ihrer Familien, die Weihe der höchsten Bürgertugend erreicht. Lange Jahre gingen dahin, ehe unheilvolle Verblendung und schwerfällige Gleichgültigkeit die Massen ihre muthigsten Kämpfer nach Verdienst würdigen ließen, — eine harte, bittere Prüfung! Aber diese so wenig als der Spott, die Verachtung und die Satyre jener sogenannten gebildeten Klasse, Zwitterding zwischen der pöbelhaften Tugend eines Bürgers und der schaamlosen Zügellosigkeit der Großen, konnte den ernsten Willen dieser Männer beugen. Verfolgungen, Verhaftungen, Verurtheilungen und Gefängniß, — Loos der derben Wahrheit, Belohnung des Königthums gegen unbefleckten Civism — stählten ihren Muth; ihr Lager war hart, kummervoll, das Auge schmerzlich auf die Gattin und die Kinder gewendet, aber das Gewissen war rein, und der innere Lohn tausendfach die Schande überwiegend. Die Uebel der Gesellschaft zu heilen, ist ihr Ziel - wie wollten sie dieses Berufes sich würdig glauben, ohne die Erfahrung jenes Uebels gemacht zu haben? Der herrliche, durchaus volksthümliche, menschenliebende Charakter ihres Glaubensbekenntnisses giebt sich in folgenden wenigen Worten des angeklagten Trelat kund: »Unsere Natur ist: über das Unglück unserer Mitmenschen Schmerz zu empfinden, uns unbehaglich zu fühlen, wenn sie Hunger haben, wenn sie frieren; uns über den Zustand der Gesellschaft zu beklagen, wenn sie vor Elend sterben, weil wir die Ueberzeugung haben, daß die Erde hinreichend hervorbringt, um das Menschengeschlecht zu nähren, und daß Menschen darum vor der Zeit sterben, weil andere zu reichlich leben, oder vielmehr zu viele Existenzmittel vergeuden.« Darum auch ihr unwandelbarer Grundsatz: der Zustand der menschlichen Gesellschaft, der Staaten, kann nur dann verbessert werden, wenn mit einer politischen Reform auch eine gesellschaftliche Revolution eintritt, wenn dem Satze gehuldigt wird: »Niemand, welcher arbeiten kann und will, soll fernerhin in die Möglichkeit gerathen, kein Brod zu haben.« Auch heute noch lastet die Verfolgung der Königsdiener auf diesen Volksfreunden. Louis Philipp kann nicht verzeihen, daß sie offen erklären und aussprechen: »Nicht um einen Orleans auf den umgestürzten Thron Carls X., einen andern Namen mit gleicher Sache einzusetzen, haben wir unser Herzblut in den Julitagen vergossen; wir verlangen ein Volksthum, keinen neuen Königsthron! Ihr bezahlt unseren wahren Kampf mit erlogener falscher Münze. — So sei denn unser Kampf mit erneuertem Eifer fortgesetzt! Aus der neuesten Erfahrung, daß Thron und Volksthum unvereinbar sind, muß die Nothwendigkeit der Beseitigung des Einen folgen, aber nur ein durch Jahrhunderte geübter, nicht geheiligter Mißbrauch kann sich zum Frevel der Vermessenheit verirren, daß des Volkes-Wohl dem Throne weichen müsse!« Die wahren Patrioten sitzen heute unter der Regierung des Bürgerkönigs wie früher im Gefängniß — und warum sollte dieß nicht sein; hat Louis Philipp seinen gesalbten Brüdern der heiligen Allianz nicht versprochen, nach den Grundsätzen seines Vorgängers zu regieren? Allein die hoch
572 herabsehende Gleichgültigkeit der Machthaber hat sich in aufmerksames Bedenken verwandelt, erzwungene Achtung— höchste Palme der Bürgertugend — ist an die Stelle der Verläumdung getreten, der sonst sprudelnde Spott ist auf der bebenden Zunge erstarrt oder zur ohnmächtigen Geistlosigkeit geworden, und nur erhebende, alles Ungemach tilgende Anerkennung ist hervorgetreten. Das Volk, gerecht, wenn auch langsam richtend, hat seine wahren Vertheidiger erkannt; es lebt, es fühlt, es leidet mit ihnen; der Bürger verläßt seine Werkstätte, um dem Gerichtssaale zuzueilen, wo der würdige Sohn des Vaterlandes auf der Bank des Angeklagten, den Stolz eines reinen, für Recht und Freiheit glühenden Bürgers der entlarvten Nichtswürdigkeit der höchstgestellten Würdigen entgegenhält; in der Person der Beschuldigten wird das heilige Recht des Volkes der Anklage unterstellt. Noch wird es den Prozeß verlieren. Aber Recht wird dennoch Recht werden und bleiben, und das schwere Gericht erwartet die Schuldigen. In der angeführten Gerichtsverfassung war die Gelegenheit gegeben, von einigen jetzt sehr hoch stehenden Personen zu sprechen. Manche unter ihnen gehörten von jeher der volksfeindlichen Partei an, andere, wie Barthe, waren früher der Fahne der Freiheit gefolgt, nach der Juli-Revolution aber als Ueberläufer dem Gesetz der Gemeinheit unterlegen. Von ihm sprechend, sagt ein Angeklagter: »Gehe, laufe, bleibe, suche das Geräusch oder die Stille, Du, dessen schönes Talent unsere Sache ehrte, der Du weder Kraft noch Talent mehr besitzest, seitdem der Meineid Dich befleckt; in der Einsamkeit wie im Lärm der Welt blühet Dir kein Glück, keine Ruhe und keine Freuden der Familie mehr! Und — wo wäre der Vorzug des Biedermannes, wenn er sich nicht in den Momenten der Verirrung bewährte, wo das Recht oft für Unrecht, das Unrecht für Recht geuommen wird, und wo dem tadellosen Manne nichts anders bleibt, als die befriedigende Stimme seines Innern, die Ruhe seines Herzens, das Lächeln seines Gewissens und seiner Kinder am Abend. Da ja alles ausgeglichen, bleibt es eine herrliche Rechnung ein Ehrenmann zu sein!« In diesen Männern ruht die Zukunft Frankreichs — in ihren Grundsätzen das Wohl des Volkes, in ihren Lehren das Heil der Menschheit, in ihrem Handeln das Gelingen der Bestrebungen. Die Sache ist: Völkerrecht, Freiheit und Gleichheit, das Gemeinwohl Aller! Der Name ist: Republik. Gegen diesen Namen mag noch hin und wieder eine Abneigung bestehen, welche zumeist Unkenntniß der geschichtlichen Thatsachen, Angewohnheiten falscher Eindrücke und unredlich geschaffene Besorgniß erzeugen. Aber die Sache lebt in der Brust eines jeden Denkenden rege und hell wie die Sätze der Wahrheit, sie erscheint fortan als das unabweisliche Erforderniß, als der Grundstein jeder vernunftgemäßen Staatseinrichtung und ein von dieser Grundregel durchdrungenes Gemüth ist der Versöhnung mit dem Namen nicht mehr unzugänglich.
573 Chikanen der baierischen Regierung. Die Lust am Chikaniren ist das deutlichste Kennzeichen einer schwachen, unfähigen Regierung. Kann diese einem erlaubten Akt der Staatsbürger, der ihr mißfällt und unangenehm ist, keine gesetzlichen Hindernisse in den Weg legen, so chikanirt sie wenigstens. Sie kann voraussehen, daß all ihre Chikanen an der Aufklärung und Festigkeit der Staatsbürger scheitern werden, gleichwohl kann sie sich das kindische Vergnügen nicht versagen, zu chikaniren. Sie mag ohngefähr denken: nützen die Chikanen auch nichts, so machen sie dem Manne, gegen welchen sie gerichtet werden, doch Aerger und Verdruß. Also frisch chikanirt, sein Müthchen gekühlt, sein kleinliches Rachegefühl gestillt! - Alle diese Gedanken müssen sich unwillkürlich eines Jeden bemächtigen, der die Schritte der baierischen Regierung gegen den deutschen Vaterlands-Verein aufmerksam verfolgt. Einer der traurigsten darunter war offenbar die Ausstellung eines Reverses, die man auf den Grund einer allerhöchsten Verordnung vom 13. Sept. 1814 von jedem Staatsdiener verlangte, Der Revers selbst aber lautete folgender Maßen: »Der Unterzeichnete erklärt hiemit, daß er zu keiner geheimen Gesellschaft oder zu irgend einer Verbindung, deren Zweck dem Staate unbekannt, von demselben nicht gebilligt oder dem Interesse des Staates fremd ist, gehöre, noch je in Zukunft gehören werde.« Als dieser Revers auch dem Deputirten des Rheinkreises, Herrn Friedrich Schüler, zur Unterschrift vorgelegt wurde, begleitete dieser die Verweigerung derselben mit folgender kernhaften und ehrenvollen Erklärung: Erklärung. Ein Advocat und Anwalt der rheinbaierischen Gerichtsverfassung ist nicht Staatsdiener; kein Theil der Staatsgewalt oder Staatsautorität ist ihm delegirt; er steht nicht in den Diensten des Königs, sondern nur in Mandatsverhältnissen zu Privaten; sein Stand ist kein Amt, sondern eine Profession; der Umstand, daß diese Profession nicht, wie jede andere, frei gegeben ist, sondern nur als Monopol ausgeübt werden darf, macht den Charakter derselben zu keinem andern und wandelt das Geschäft oder die Profession nicht in einen Staatsdienst um. In königlichen Diensten steht daher der Advocat nicht; in königlichen Pflichten aber nicht weiter, als jeder andere Staatsbürger. Die Verordnung vom 13. September 1814, welche lediglich denjenigen, die in königlichen Diensten oder Pflichten standen, die Verbindlichkeit auflegte, obigen Revers auszustellen, konnte daher an sich, niemals auf einen Advokaten und Anwalt nach der Gerichtsverfassung des Rheinkreises Anwendung finden. Aber auch die Anwendbarkeit derselben auf die Staatsdiener hat seit der Verfassung aufgehört: was seit dieser letztern die Amtsverhältnisse der Staatsdiener normiren soll, ist in der IX. Verfassungsbeilage ausgesprochen; kein anderes Strafgesetz ist dort gegen sie, wie gegen jeden auderen Bürger in Betreff solcher Handlungen, die beide mit einander gemein haben können, für anwendbar erklärt worden; und in
574 welchen Fällen, so wie auf welche Weise ein Staatsbeamter seines Dienstes entsetzt werden könne, ist in diesem IX. Edikt anders festgesetzt worden als in jener Verordnung von 13. September 1814; dazu verfügt sodann der letzte Paragraph des Edikts: daß alle demselben zuwiderlaufende Verfügungen eine Rechtsverletzung seien. Zudem ist in einem Lande, das nicht das Patrimonialgut eines absoluten Herrn, sondern ein verfassungsmäßiger Staat sein soll, worin nicht Privatwillkür, sondern allgemeine Gesetze herrschen, ein amtliches Verhältniß nicht mehr Privatsache zwischen Herrn und Diener, nicht mehr Gegenstand von Privatverträgen, Verhandlungen oder Reversen, sondern eine öffentliche Angelegenheit, ein Gegenstand d'ordre public, und daß darüber keine Verträge der Art ausgestellt werden können, lehrt die Natur der Sache, wie der Art. 6 unseres Civilgesetzbuches. Eben so wenig kann dasjenige, was in einem solchen Staate für Staatsdiener wie für andere Bürger verboten oder erlaubt sein soll, durch Privatbestimmungen oder Reversen festgesetzt werden. Auch ist weder dem Unterschriebenen, noch seines Wissens, irgend einem andern Advokaten und Anwalt bei dessen Ernennung seit dem Bestehen der Verfassung, die Ausstellung eines Reverses in Gemäßheit jener Verordnung angesonnen worden: eine Thatsache, welche beurkundet, daß namentlich auch die Generalund Staats-Procuratur unseres Kreises, welche über die Anwendung dessen, was in diesem Kreise als Gesetz gilt, zu wachen hat, derselben Ansicht gewesen ist, daß die fragliche Verordnung in jedem Falle auf Advokaten und Anwälte dieses Kreises keine Anwendung finden könne. Die »allerhöchste« Entschließung vom 1. dieses, enthält Nichts was die obigen Rechtsverhältnisse aufzuheben oder abzuändern vermögte; und auch eine »allerhöchste« Eutschließung gilt nur so weit als sie gesetzmäßigen Gehalts ist. Ich erachte demnach auch in Zukunft für ungesetzlich, was bisher selbst von den Wächtern über den Vollzug unserer Gesetze dafür angesehen worden sein muß: die Anforderung nämlich, daß ein Advokat und Anwalt im Rheinkreise sich den, in Betreff königlich baierischer Staatsdiener vor der Verfassung erlassenen Verboten und Strafverfügungen der Verordnung vom 13. September 1814 mittelst eidlichen Reverses zu unterwerfen habe. Ich verweigere demnach die Ausstellung des fraglichen Reverses. Zweibrücken, am 14. März 1832. Unterschrieben: Fried. Schüler, Advokat und Anwalt am königl. Appellationsgerichte. Politische Verhaftungen in München. Brief. Das jetzige Ministerium fängt bereits an, auf eine empörende Art gegen die Freiheit der Presse einzuschreiten. Der Dr. Pistor aus Rheinbaiern sitzt in der Frohnfeste. Er ließ dieser Tage eine Subscriptionsanzeige auf einen von ihm her-
575 auszugebenden Bürgerkatechismus für Deutschland circuliren. Am Sonntage Morgens 6 Uhr machte die Polizeidirektion Hausvisitation bei ihm, belegte seine Papiere mit Beschlag, citirte ihn dann auf die Polizei und behielt ihn gleich da. Ich begab mich sogleich zum Polizeidirektor Hrn. v. Menz und erkundigte mich, allein vergeblich, nach dem Grund seiner Verhaftung. Ich wollte ihn sprechen; er schlug mir's ab, weil, wie er mir sagte, die Polizeidirektion nicht mehr über ihn zu verfügen habe, da die Sache bereits beim Stadtgericht liege. Des andern Tages Montag wurde Pistor in die Frohnfeste transportirt, worauf ich mich zum Director des Stadtgerichts Allweyer begab und mich Caution zu stellen erbot. Er antwortete mir indeß, die Sache sei noch nicht eingelaufen. Am Dienstag kam ich wieder, und man bedeutete mir, daß man keine Caution annehme. Unter Pistors Papieren fand man eine Liste von 13 Subscribenten für den Preßverein, worauf auch er steht. Er ist des Hochverraths angeklagt. Die übrigen Subscribenten wurden auch vorgeladen und zwei davon, Dr. Krause aus Leipzig (als Ausländer) damit gestraft, daß er in drei Tagen das Land verlassen soll; Kießling aber, Agent der Volkhart'schen Druckerei in Augsburg, soll in drei Tagen die Stadt verlassen. Heute ist der Termin abgelaufen; sie haben appellirt und werden vielleicht hier bleiben. Unter andern stehen noch auf der Liste, ein katholischer Geistlicher, dann Baron Lerchenfeld, der Sohn des Bundestagsgesandten, derselbe, der schon wegen der Decembriaden drei Monate in der Frohnfeste saß. Gestern kam Pistors Sache in einer Sitzung des Stadtgerichtes vor, und man versicherte mich aus guter Quelle, daß man beschlossen habe, Pistorn freizugeben und alle Untersuchung über ihn aufzuheben, daß aber Allweyer auf eigne Faust die Sache nach Landshut an das Appellationsgericht geschickt habe, vielleicht um Pistors Verhaftung zu verlängern. — Deutscher Vaterlands-Verein zur Unterstützung der freien Presse. Weitere S u b s r i p t i o n e n in Zweibrücken. Transport von Nro. 48: . . . 109 fl. 50 kr. Mz. 28 kr, Adolph Lilier, Rechtskand., 1 fl. Theodor Handel, Rechtskand., 30 kr. Mehrere Canditaten des Rechts und der Theologie aus Rheinbaiern monadich 4 fl. 36 kr. Luzian Gugenheim, 6 kr. Ph. Rellek, 6 kr. Joh. Leiner, Schreiner, 3 kr. Kleber, Tabacksfabrikant 1 fl. Zusammen monatlich 116 fl. 39 kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in N i e d e r a u e r b a c h . Transport von Nro. 38: . . . 1 fl. 24 kr. Daniel Diehl, 3 kr. Daniel Albrecht, 3 kr. Balthasar Albrecht, 1 kr. Christian Lehmann, 4 kr. Johannes Sutter, 10 kr. Ein Ungenannter 2 kr. Daniel Schuck, 2 kr. Peter Rohr, IV2 kr. Peter Baumann, 1 ] h kr. Christian Maus, lV2kr. Zusammen monatlich . . 1 fl. 53]h kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Kaiserslautern. Transport von Nro 48: . . . 24 fl. 31 kr. Christian Diehl, 7 kr. A. D. 4 kr. C. Grub, 12 kr.
576 Schauwecker, 6 kr. Th. Huber, 8 kr. J. V. 8 kr. Lorenz Schmitt, 6 kr. Adam Pianett, 6 kr. Dr. Kröber, 30 kr. K. F. 6 kr. W. D. 8 kr. J. Faber, 8 kr. Joseph Maier, 6 kr. Fritz Kümmel. 12 kr. Franz Schuck jun., Bäcker, 4 kr. Brunk, 12 kr. Johann Peter Compter, 12 kr. J. Stieger, 4 kr. Wilhelm Gräff, d. j. 6 kr. P. M. 6 kr. Ein Ungenannter 12 kr. Ein Ungenannter 1 fl. 45 kr. L. 5. 30 kr. V. Orth, 48 kr. Zwei Freunde der gerechten Sache 1 fl. 21 kr. Andre, Schneider, 6 kr. Carl Pianett, 6 kr. Georg Schuhmacher, 6 kr. A. Leinhose, 6 kr. Carl Schwarz, Gerber, 24 kr. Möllinger, 12 kr. Ernst Kümmel, 6 kr. Jakob, 36 kr. Ein Ungenannter 15 kr. Ludwig Vatter, 40 kr. L. Pütter, 12 kr. Valentin Rothgeb, Schönfärber, 6 kr. Conrad Ruff, 6 kr. Fritz Hartmann, Barbiergehülfe, 6 kr. Ein Ungenannter 6 kr. Von einem Freunde der Preßfreiheit für immer 1 fl. 46 kr. D. Gelbert, 12 kr. Jakob Salomon, 4 kr. Heinrich Helfrich, 3 kr. Jakob Hoffmann, 4 kr. J. Theobald, 4 kr. Peter Steck, 6 kr. Peter Liebrich, 4 kr. Heinrich Groel, 4 kr. F. Kuby, 6 kr. Joh. Gelbert, Bäcker, 12 kr. Georg Becker, Schmidt, 6 kr. Daniel Kuby, 6 kr. Wilhelm Raquet, 12 kr. Ph. H. Karcher, 1 fl. Ein Ungenannter 4 kr. Franz Bender, Schuhmacher, 4 kr. Herzog, 6 kr. Zusammen monatlich . . . . 39 fl. 34 kr. Vom Dauborner Hofe bei Kaiserslautern. Johann Bläse, 12 kr. Theobald Bläse, 12 kr. Peter Rosset, 12 kr. Georg Häberle d. ält. 12 kr. Georg Häberle, d. jüng., 6 kr. Zusammen monatlich . . . 54 kr. Weitere S u b s c r i p t i o n e n in Koburg. Transport von Nro. 55: . . . . 18 fl. Von einem Ungenannten 1fl.Von demselben ein ausserordentlichen Beitrag von 7 fl. Zusammen monatlich 19 fl. Subscriptionen aus verschiedenen anderen Orten. Transport von Nro. 55: 69 fl. 23 kr. Ein Ungenannter von Bleiderding monad. 1 fl. 45 kr. Von einer deutschen Hausfrau aus dem Nassauischen 5 fl. Karl Scheu, von Dörrmoschel monatl. 12 kr. Von einem Freunde der Preßfreiheit 1 fl. 46 kr. Ein Ungenannter aus Worms 1 fl. 45 kr. Ein Ungenannter aus St. Goarshausen monatl. 18 kr. A. Wernher, Stud. Med. und sechs Freunde der Preßfreiheit aus Gießen monatlich 7 fl. Aus Fr. bei Fr. von J. Τ. T. eingesendet als monatlichen Beitrag mehrerer Einwohner daselbst 10 fl. 30 kr. Von einem gutgesinnten Ort im Unterdonaukreise monatlich 1 fl. 49 kr. Alexis Walter in St. Ingbert, welcher für die Hälfte des Ertags seines Billards subscribirt hat, und in Nro. 35 der deutschen Tribüne angezeigt ist, lieferte den 1. März 1832 an das prov. Com. des deutsch. Vat.-Vereins den Betrag von 2 fl. 45 kr. ab. Zusammen monatlich . . . 102 fl. 13 kr. Verantwortlicher Redacteur: J. G. A. Wirth.